zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

G. C. F. Lisch,

großherzoglich=mecklenburgischem Archiv=Rath,
Conservator der Kunstdenkmäler des Landes, Regierungs=Bibliothekar,
Director der großherzoglichen Alterthümer= und Münzen=Sammlungen zu Schwerin,
Ritter des Rothen Adler=Ordens 3. Classe, des Oldenburgischen Haus=, und Verdienstordens 3. Classe und des Dannebrog=Ordens 3. Classe, Inhaber der großherzogl. meklenb. goldenen Verdienst=Medaille und der königl. hannoverschen goldenen Ehren=Medaille für Wissenschaft und Kunst, der kaiserlich österreichischen und der kaiserlich russischen goldenen Verdienst=Medaille für Wissenschaft,
correspond. Mitgliede der königlichen Akademien der Wissenschaften zu Göttingen und zu Stockholm, der kaiserl. archäolog. Gesellschaft zu St. Petersburg und der oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz, Ehrenmitgliede der Deutschen Gesellschaft zu Leipzig und Ehrencorrespondenten der kaiserl. Bibliothek zu St. Petersburg, Mitvorsteher des naturgeschichtlichen Vereins für Meklenburg,
Ehrenmitgliede
der geschichts= und alterthumsforschenden Gesellschaften zu Dresden, Mainz, Hohenleuben, Meiningen, Würzburg, Sinsheim, Königsberg, Lüneburg, Luxemburg und Christiania,
correspondirendem Mitgliede
der geschichts. und alterthumsforschenden Gesellschaften zu Lübeck, Hamburg, Kiel, Stettin, Hannover, Halle, Jena, Berlin, Salzwedel, Breslau, Kassel, Regensburg, Kopenhagen, Gratz, Reval, Riga, Leyden, Antwerpen,
als
erstem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Sechsundzwanzigster Jahrgang.


Mit einer Kupferstichtafel, einer Steindrucktafeln und funfzehn Holzschnitten.


Mit angehängten Quartalberichten.

Auf Kosten des Vereins.

Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung (Didier Otto).


Schwerin, 1861.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

 

 

 

 

 


Gedruckt in der Hofbuchdruckerei von Dr. F. W. Bärensprung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Inhaltsanzeige.


A. Jahrbücher für Geschichte.

Seite
I. Joachim von Jetze, Canzler des Herzogs Albrecht von Meklenburg, von dem Pastor Ragotzky zu Triglitz 3
II. Joachim von Jetze, Canzler des Herzogs Albrecht und dessen Regierung, von dem Archiv=Rath Dr. Lisch 9
Ueber die Reformation zu Gadebusch 22
III. Ueber des Dr. Johann Knutzen Gesandtschaftsreise an den Kaiser Karl V. in Italien im Jahre 1533, von demselben 48
IV. Ueber die Reformation zu Stuer, von demselben 55
V. Ueber den fürstlich werleschen Gestüt= und Jagdhof Pustekow bei Güstrow, von denselben 60
VI. Ueber die Töchter und Schwiegertöchter des Fürsten Johann II. von Werle=Güstrow, von demselben 69
VII. Miscellen und Nachträge.
1) Das Schloß Kobelbrück 76
Nachtrag S. 303.
2) Die Schlösser zu Wismar und Schwerin 77
3) Das St. Georgen=Hospital zu Plau 79
4) Die von Moltke in der Schlacht bei Axenwalde 81
5) Tolle Wölfe in Meklenburg 81
6) Andreas Mylius 82
7) Hiob Magdeburg 83
8) Adam Siberus 84
9) Elias Aderpol 85
10) Faustinus Labes 86
11) Die Annaten des Bisthums Schwerin 87
12) Die Saline zu Golchen 87
13) Die Einräumung des Klosters Ribnitz 88
VIII. Urkunden=Sammlung, von dem Archiv=Rath Dr. Lisch 90

B. Jahrbücher für Alterthumskunde.

I. Zur Alterthumskunde im engern Sinne 113
1) Vorchristliche Zeit 115
a. Steinzeit 115
Ueber die Hünengräber von Alt=Sammit, von dem Archiv=Rath Dr. Lisch 115
a. Bronzezeit 135
Ueber die Bronzealterthümer von Stubbendorf und die Götterzeichen der Germanen, von demselben 138
Mit einem Holzschnitt.
Ueber Emaillirung der Schwertgriffe, von demselben 146
Mit zwei Holzschnitten.
Ueber Bronzewagen, von demselben 150
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
c. Eisenzeit 161
Ueber das Alter der Eisenperiode und das Grab von Wotenitz, von dem Archiv=Rath Dr. Lisch 161
Mit vier Holzschnitten.
Ueber die bronzenen Hängeurnen, von demselben 172
Mit vier Holzschnitten.
d. Alterthümer gleich gebildeter europäischer Völker 177
Ueber eine hetrurischeUrne in München, von demselben 177
2) Alterthümer des christlichen Mittelalters und der neuern Zeit 179
II. Zur Baukunde.
1) Vorchristliche Zeit 181
Ueber den Burgwall von Teterow und die Stiftung des Klosters Dargun, von demselben 181
Ueber die Burg Glaisin und die Connoburg, von demselben 196
2) Christliches Mittelalter 213
a. Weltliche Bauwerke 213
b. Kirchliche Bauwerke 215
Ueber die Glasmalereien in der Kirche zu Dargun, von demselben 215
Ueber die Kirche zu Bernit und ihre Wandmalereien, von demselben 232
III. Zur Münzkunde.
Ueber den Silberfund von Schwaan, von den Archiv=Räthen Lisch und Masch 241
Mit einer Kupferstichtafel und einem Holzschnitt.
IV. Zur Geschlechter und Wappenkunde 285
Ueber das Wappen der Familie von Flotow, von dem Archiv=Rath Dr. Lisch 288
Mit einem Holzschnitt.
V. Zur Kunstgeschichte 291
Ueber den bronzenen Thürring in der Petrikirche zu Lübeck, von dem Maler Milde zu Lübeck 291
Mit einer Steindrucktafel.
Ueber die Bilder der Königin Margaretha Spraenghest von Dänemark, von dem Archiv=Rath Dr. Lisch 293
Mit einem Holzschnitt.
VI. Zur Naturkunde.
Ueber Rennthiergeweihe, von demselben 298
Nachtrag: Ueber das Schloß Kobelbrück, von demselben 303

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

A.

Jahrbücher

für

Geschichte.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 2 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 3 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I.

Joachim von Jetze,

Probst zu Eldena und Canzler des Herzogs Albrecht
von Meklenburg.

Mitgetheilt

von dem Pastor Ragotzky zu Triglitz 1 ).


J oachim von Jetze, ein für die meklenburgische Geschichte nicht unwichtiger Mann, gehört einer altmärkischen adeligen Familie an, deren Stammeseinheit und ursprüngliche Zusammengehörigkeit mit den v. Gartow, v. Kerkow, v. d. Knesebeck und andern Geschlechtern schon durch ein und dasselbe Wappenbild - die Greifenklaue - und durch die nahe bei einander liegenden Stammsitze wahrscheinlich gemacht wird, theilweise auch noch urkundlich zu begründen ist. Die v. Jetze sind bis auf die neuere Zeit fast nur in der Altmark begütert gewesen, in Meklenburg zu keiner Zeit. Joachim v. Jetze mag ungefähr 1480 geboren sein: sein Vater war Henning v. Jetze auf Büste bei Bismark, nach dessen Tode (1506) er nebst seinen drei älteren Brüdern mit den väterlichen Gütern mitbelehnt,


1) Der Pastor Walter zu Beveringen in der Prignitz giebt jetzt eine aus Urkunden geschöpfte Geschichte der Familie v. Jetze heraus. Zu diesem Zwecke sind von demselben und von dem Pastor Ragotzky zu Triglitz bei Putlitz, correspondirendem Mitglieds unseres Vereins, die Forschungen über Joachim v. Jetze angestellt, deren Ergebniß hier mitgetheilt wird.
           D. Red.
Kurz vor dem Drucke dieser Abhandlung ist die "Genealogische Geschichte des Geschlechts von Jetze, von A. Walter, Magdeburg, 1860", im Druck erschienen und enthält S. 43 flgd. und S. 129 flgd. den geschichtlichen Kern der hier folgenden Abhandlungen.
          D. Red.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auch bei einer Verpfändung derselben 1509 als betheiligt aufgeführt wird. Joachim trat in den geistlichen Stand und wird 1512 als der jüngste Domherr zu Stendal genannt; im J. 1516 wird er, jedoch ohne nähere Bezeichnung seines Standes, wieder mitbelehnt, 1519 ist er nicht mehr in der Heimath anwesend und ebenso 1522, wo er bei einer neuen Belehnung durch seinen Bruder Claus vertreten werden mußte. Es ist nicht nachzuweisen, wohin er zunächst sich begeben habe, aber nach einer sehr dankenswerthen Mittheilung des Herrn Archiv=Raths Dr. Lisch tritt Joachim v. Jetze von 1529 an als Propst 1 ) des Nonnenklosters Eldena bei Hagenow urkundlich auf, jedoch nur in Geschäften des Klosters, die sonst kein Interesse haben. Am 14. April 1532 unterschreibt er sich in einem Geschäftsbriefe als der Herzöge "cappelan Jochim vhan Jetze prawest zur Eldenha" und versiegelt denselben mit einem Ringsiegel, das die Greifenklaue zeigt in einem Schilde, über welchem die Buchstaben A. I. stehen; ebenso am 29. Mai 1533.

In dieser Stellung hat er die Aufmerksamkeit des Herzogs Albrecht des Schönen auf sich zu ziehen gewußt, und, wenn auch nur auf kurze Zeit, doch sicher schon seit dem J. 1530 für denselben Geschäfte als Canzler 2 ) versehen. In Briefen der Grafen Christoph von Oldenburg und Johann von Hoya, so wie des lübecker Bürgermeisters Jürgen Wullenwever an jenen Herzog wird er geradezu Canzler desselben genannt ("ern Joachim Jetze cantzler") 3 ).

Zu Anfange des Jahres 1535 sandte ihn der Herzog Albrecht nach Kopenhagen, damit er dort dessen Interesse vertrete. Es handelte sich damals um den Königsthron von Dänemark, ja selbst um den Besitz von Schweden. Christian II. von Dänemark saß gefangen, der Thronprätendent Herzog Christian von Holstein, nachmals König Christian III., konnte mit seinen Ansprüchen auf die Krone nicht durchdringen, zumal die Lübecker unter ihrem Bürgermeister Jürgen Wullenwever ihn heftig bekämpften. Die Gegner des Herzogs von Holstein, welche zugleich den Verbündeten desselben, den König Gustav von Schweden, befehdeten, hatten dem Herzoge Albrecht den


1) Von 1504 bis in den Anfang des Jahres 1529 war Heinrich Möller Propst zu Eldena (1531 "voriger probst"); dieser ward darauf Domherr zu Güstrow und lebte noch 1555.
           G. C. F. Lisch.
2) Ueber das Canzler=Amt des Joachim v. Jetze im J. 1530 vergleiche man die folgende Abhandlung II von dem Archiv=Rath Dr. Lisch.
3) Vgl. Palndan Müller, Aktstykker I, 312. 315. 332. 577.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schwedischen Thron versprochen, wenn er sie in der Wiedereinsetzung des gefangenen Königs Christian II. unterstützen wolle: Albrecht mochte auch wohl selbst auf den Besitz von Dänemark sich Rechnung gemacht haben 1 ).

Joachim v. Jetze kam am 6. Januar 1535 in Kopenhagen an 2 ) und wußte durch mancherlei Versprechungen und geschickte Unterhandlungen die Sache seines Fürsten besonders bei der Volkspartei so gut zu vertreten, ebenso aber auch die damals dort dominirenden auswärtigen wie einheimischen vornehmen Persönlichkeiten so für denselben zu gewinnen 3 ), daß, wie er am 1. Februar schrieb, "ein Jeder Herzog Albrechten haben will" 4 ). Er rechnete dabei vorzüglich auf das Volk: "wir wollen, schrieb er, Herrn Omnes aufwecken und das Unkraut (den Reichsrath) ausweiden, sonst können wir zuvor zu keinem Thun kommen" 5 ). Doch mahnt er dabei immer zur größten Vorsicht: "derowegen wollen sich Ew. F. Gn., noch die Ihren, keineswegs hören oder vermerken lassen, daß Sie etwas mehr vom Reiche begehrten, oder begehrten König zu sein; denn es haben schon Etliche allhie Meuterei unter dem Volke gemacht, als meinte Ew. Gnaden nicht König Christian, sondern das Königreich" 6 ). Endlich am 4. März meint er Alles so weit geleitet zu haben, daß er dem Herzoge schreiben kann, derselbe möge "Gott den Allmächtigen getreulich in demüthiger Bitte anrufen, loben und danken für seine göttliche Gnade und Barmherzigkeit, daß er sichtbar in dieser Sache E. F. G. erhört hat; das ist seine göttliche Gnade und Gabe, sonst wäre das unmöglich, daß das ganze Volk und Königreich E. F. G. so heiß begehren, und schreien und klagen über E. F. G. Verzögerung; wie die lieben Altväter begehrten die Zukunft unseres Herrn, so begehren sie Ihre Gnaden" 7 ).

Aber trotz der dringendsten Bitten des Joachim v. Jetze erschien weder Herzog Albrecht selbst zur rechten Stunde, noch sandte er die von seinem Kanzler eben so dringend erbetenen Hülfstruppen, noch die nöthigen Gelder für die schon vorhandene kleine Mannschaft; er scheint selbst an dem glücklichen Ausgange des Unternehmens gezweifelt zu haben, auch durch


1) Vgl. Waitz, Jürgen Wullenwever II, 193 flgd.
2) Vgl. Paludan Müller, Aktstykker I, S. 309.
3) Vgl. daselbst S. 312, 319 flgd.
4) Vgl. daselbst S. 337.
5) Vgl. daselbst S. 311.
6) Vgl. daselbst S. 321.
7) Vgl. daselbst S. 350.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

andere gleichzeitige politische Verhandlungen behindert worden zu sein. Selbst als Joachim v. Jetze das dem Herzoge übertragene Wordingborg auf Seeland in Besitz nahm, und Alles zum Empfange desselben in Bereitschaft setzte 1 ), und als nun alle Freunde den rechten Zeitpunkt zum entschiedenen Handeln für Albrecht gekommen meinten, zögerte er immer noch. Dies und andere politische Combinationen ließ den Eifer für Herzog Albrecht erkalten und brachte seinen Kanzler den Machthabern in Kopenhagen gegenüber in eine so mißliche Stellung, daß er schon am 9. März über die dortige Stimmung sich unmuthig also äußert: "daß sich wohl etliche Leute hören lassen, sie könnten nichts Anderes vermerken, denn daß Ew. Gnaden ein Königreich mit Schreiben und Briefen wollen einnehmen, und hab so lange den Leuten vorgelogen und getrogen, daß ich schier Niemand mehr recht ansehen darf; derowegen ich mich auch in acht oder vierzehn Tagen will aufmachen und hinausziehen, denn ich muß mich deß vermuthen, wenn Ew. Gn. so bald nicht kommen, daß man mir und denjenigen, so Ew. Gn. hereingeschickt, den Hals entzweischlägt" 2 ). Dazu kam noch, daß auch in religiöser Beziehung das anfangs schon vorhandene Mißtrauen gegen Herzog Albrecht zunahm. Dieser gehörte noch der katholischen Partei an, während die Bewegung in Dänemark den Protestantismus begünstigte. Joachim v. Jetze fordert deßhalb seinen Fürsten mehrfach dringend auf, "sich der Messe und aller alten Ceremonien zu entschlagen, und mit dem gemeinen Mann zu helfen und zu bewilligen, die Bischöfe, Abte und den Adel zu verjagen und auszutreiben, und sich in allen Dingen auf die evangelische Weise zu schicken: wenn man erführe, daß Ew. Gn. mit Messen und anderen Ceremonien in der papistischen Weise umgingen, so wäre alle Mühe und Arbeit verloren" 3 ). Er bittet auch in einem sehr offenherzigen Schreiben vom 4. März, in welchem er sich E. F. Gn. armer elender Pfaffe unterzeichnet, daß nur "E. F. Gn. der Lutherei anhange, das sie das Wort Gottes nennen; es muß auch E. F. Gn. ganz heimlich halten mit dem hochwürdigsten Amt der heiligen Messe" 4 ). Aber auch in dieser Beziehung scheint des Kanzlers Bemühung vergebens gewesen zu sein, wie denn das ganze Unternehmen im J. 1536 gründlich gescheitert war.


1) Vgl. daselbst S. 349, 319.
2) Vgl. daselbst S. 358.
3) Vgl. daselbst S. 320, 337.
4) Vgl. daselbst S. 350.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mit einem kurzen Briefe aus Kopenhagen vom 4. Mai 1535 hören die Nachrichten über den Aufenthalt des Joachim v. Jetze in Dänemark auf. Darnach wird seiner in dieser Sache nur einmal noch gedacht: er begleitete nämlich - hier noch Kanzler genannt - am 17. August 1536 eine Anzahl gefangener vornehmer Dänen "alze einer vann eren giselernn" von Güstrow nach Hamburg 1 ).

Sehen wir auf die politische Thätigkeit des Joachim v. Jetze zurück, so ist die Gewandtheit gewiß nicht zu verkennen, mit welcher er jene so schwierige Mission durchführte, bis sie an der Macht der Umstände scheiterte. Er erscheint in diplomatischen Künsten und Umwegen bewanderter, als man es von dem geistlichen Herrn erwarten sollte; auch in seiner religiösen Ueberzeugung und kirchlichen Stellung weiß er sich nach den Umständen zu wenden, und sein Verhalten in dieser Beziehung ist zweideutig genug. Daraus, daß der katholische Herzog grade ihn zum Unterhändler mit den lutherisch gesinnten Lübeckern und Dänen wählte, so wie aus seinen Versprechungen, daß der Herzog nach der evangelischen Weise sich halten werde, namentlich aber auch aus seinen oben erwähnten religiösen Aeußerungen scheint hervorzugehen, daß er innerlich ziemlich indifferent zu den jene ganze Zeit so mächtig bewegenden religiösen Fragen stand, und vielmehr der Ansicht folgte, daß sich die äußere Stellung zu dem religiösen Bekenntniß ganz nach dem persönlichen politischen Interesse richten müsse. Nach seinem Briefe vom 4. März (s. o.) scheint er indeß dem lutherischen Glauben ganz abgeneigt gewesen zu sein, es wäre denn, daß jene Ausdrücke über die Lutherei auch nur Diplomatie waren. -

In den märkischen Lehnacten erscheint Joachim v. Jetze nach dem Regierungsantritt Joachims II. 1536 wieder als Propst von Eldena, ohne jedoch bis dahin persönlich gehuldigt zu haben, weil er damals noch in Meklenburg sich aufhielt. Nach einer von Dr. Lisch aufgefundenen Abschrift einer Urkunde verkaufen "prawest unde preyorin unde gantze convent unde Matheus van Jetze in (- vulhord oder volmacht ist hier durch Flüchtigkeit des Abschreibers sicher ausgelassen) des prawestes des closters tor Eldena" dem Jürgen v. Plate zu Perleberg und seiner Hausfrau Anna Negendanck auf 15 Jahre die zwei Höfe mit 6 1/2 Hufen in dem Dorfe Schoneveld, welche das Kloster bis dahin besessen hat. Diese Urkunde besiegelt auch Joachim van Jtze prawest des closters Eldena".


1) Vgl. daselbst S. 577.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aus Familien=Urkunden geht ferner hervor, daß Joachim v. Jetze im J. 1545 Senior seiner Familie ist und als solcher mit seinen Verwandten die Lehen nachsucht, auch - vermuthlich damals in seiner Heimath anwesend, um Familien=Angelegenheiten zu ordnen - am Pfingstmontage desselben Jahres einen Afterlehnbrief ausstellt. Uebrigens hat er sich, so weit ermittelt werden konnte, weder an Käufen noch an Verpfändungen seiner Angehörigen weiter betheiligt. Wahrscheinlich zu Anfange des Jahres 1551 ist er gestorben, denn am Freitage nach corporis Christi dess. J. hat Jacob v. Jetze, "nachdem Er Joachim gestorben", die Gerechtigkeit zur Verleihung geistlicher und weltlicher Lehen, so denen v. Jetze zustehen, "als der Elteste" erhalten.

Bald nachher ist auch - im J. 1556 - das Kloster Eldena aufgehoben.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II.

Ueber

Joachim von Jetze,

Canzler

des Herzogs Albrecht von Meklenburg

und dessen Regierung,

von

G. C. F. Lisch.


D er meklenburg=güstrowsche Canzler Joachim v. Jetze ist in der meklenburgischen Geschichte eine sehr wichtige Person, obgleich sie bisher gänzlich unbekannt gewesen ist. In der Geschichte unsers Vaterlandes ist die Regierung des hochherzigen Herzogs Johann Albrecht höchst bedeutsam, um so mehr da noch fast die ganze Gegenwart in derselben wurzelt. Zur richtigen Erkenntniß seiner großen und bewegten Zeit ist es aber nothwendig, daß man nicht allein ihn selbst, sondern auch den Gegensatz seines Strebens, die Regierung seines Vaters Albrecht, der schon mit seinem Bruder Heinrich in Widerstreit lebte, genau erkennt. Die Regierung des Herzogs Albrecht des "Schönen" ist bis jetzt aber völlig dunkel; wir kennen zwar den Gang seiner dem Geiste der Zeit widerstrebenden Handlungen, aber nicht die Hebel, welche ihn zu seinen Handlungen brachten. Wir müssen also seine geheimen Räthe kennen, und diese waren ohne Zweifel zwei bedeutende Geistliche: Joachim v. Jetze und Johann Knutze, jener Minister der innern, dieser Minister der auswärtigen Angelegenheiten, um die Stellung nach heutigen begriffen zu bezeichnen, beide klug, schlau, gewandt, heftig papistisch.

Der Herzog Albrecht war mit seiner Gemahlin Anna von Brandenburg im Anfange seiner alleinigen Regierung

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"gut martinsch", d. h. lutherisch gesinnt 1 ). Aber im J. 1530 traten beide offen mit heftiger Entschiedenheit zu der papistischen Kirche zurück und verharrten darin bis zum Tode. In dieser Zeit treten auch die beiden diplomatischen Papisten Joachim v. Jetze und Johann Knutze am Hofe zu Güstrow mit Uebergewicht auf und sind höchst wahrscheinlich die Urheber der Sinnesänderung des Herzogs und der Herzogin und vieler anstößiger Begebenheiten, welche freilich gerade das beförderten, was unterdrückt werden sollte.

Es ist daher höchst wichtig, das Leben des Joachim v. Jetze möglichst genau zu kennen. Bisher war die Person, selbst dem Namen nach, völlig unbekannt. Durch gemeinschaftliche Arbeit mit unserm Freunde und correspondirenden Mitgliede Ragotzky entstand die vorausgehende Abhandlung, welche ich so habe abdrucken lassen, wie sie aus gemeinsamen Studien bis zum Ende des J. 1859 hervorgegangen ist, da sie aus einem Gusse gearbeitet ist und aus hier schwer zugänglichen märkischen Quellen und Forschungen mehr das äußere Leben des Joachim v. Jetze darstellt. Angeregt durch die gewonnenen Ergebnisse habe ich aber weiter geforscht und bin, wenn auch nur durch sparsame Bruchstücke, zu einer vollständigen Erkenntniß des innern Lebens des Joachim v. Jetze gekommen, welches allerdings höchst merkwürdig ist.

Joachim v. Jetze war Canzler des Herzogs Albrecht von dessen Rücktritt zur papistischen Kirche bis zu seinem Tode und von strenger und heftiger papistischer Gesinnung.

Joachim v. Jetze gehörte dem geistlichen Stande an und war 1512 der jüngste Domherr zu Stendal, aber seit 1519 nicht mehr in der Altmark anwesend. Am Ende des J. 1527 tritt er zuerst in Meklenburg auf: am Montage in Weihnachten 1527 verhandelte er ("ern Joachim von Jetzte") ohne weitern Titel zu Waren für Hermann v. Kamptz, als dieser das Dorf Godow an Anna v. Dewitz, Wittwe des Achim v. Kamptz, und ihre Söhne Achim und Ewald verkaufte.

Im J. 1529 ward er Propst des meklenburgischen Nonnenklosters Eldena, zwischen Grabow und Dömitz, und blieb es bis zum Aufhören seiner Wirksamkeit in Meklenburg. Am 29. Jan. 1529 ward mit dem bisherigen Klosterpropst Heinrich Möller über dessen Verwaltung seit 24 Jahren abgerechnet; Heinrich Möller, welcher Domherr zu Güstrow ward, wird am Frohnleichnamstage 1529 der "Vorige Propst"


1) Vgl. Jahrbücher XXII, S. 9 und 15 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Joachim v. Jetze im J. 1532 "Propst" genannt und erscheint seitdem öfter in Geschäftsangelegenheiten des Klosters. Möglich ist es, daß der Herzog Albrecht den Joachim v. Jetze durch Heinrich Möller in Güstrow kennen lernte, welcher seinen Nachfolger als einen begabten Mann vielleicht dem Fürsten empfahl.

Seit dem J. 1529 erscheint Joachim v. Jetze sicher auch als Canzler des Herzogs Albrecht. Als solcher war er bisher völlig unbekannt. Um aber das Canzleramt des Joachim v. Jetze klar zu erkennen, ist es durchaus nothwendig, auch einen Ueberblick über das Leben der übrigen Canzler des Herzogs Albrecht zu haben, welche bisher ebenfalls fast ganz unbekannt gewesen sind.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Canzler Dr. Wolfgang Ketwig.


Die Canzler in dem güstrowschen Landestheile lassen sich nach der im J. 1520 vorgenommenen Landestheilung erst seit dem Anfange des J. 1526 verfolgen. Der erste güstrowsche Canzler war Dr. Wolfgang Ketwig, welcher am 6. Januar 1526 als Canzler angestellt sein wird, da die Markgrafen von Brandenburg späterhin sagen, daß seine Bestallung mit dem Tage der Heil. Drei Könige 1530 ablaufe und er nach andern Nachrichten auf 4 Jahre berufen war. Ketwig stand zuerst in brandenburgischen Diensten, wie die brandenburgischen Geschichtschreiber sagen und aus spätern Aeußerungen der Kurfürsten, daß "er dieser Lande Gelegenheit erfahren" habe, hervorgeht. Sein Vaterland war bis auf die neuern Zeiten nicht bekannt; v. Ledebur sagt in seinem Adels=Lexicon, I, S. 428, daß er "vermuthlich aus Westphalen stamme und der Begründer eines mit dem Obristlieutenant Johann Wilhelm Lebrecht v. Ketwig 1 ) um das J. 1780 wieder erloschenen Geschlechtes


1) v. Ledebur a. a. O. giebt als Wappen der Familie v. Ketwig an: im blau und golden quer getheilten Schilde ein nackter Bogenschütze, der sich in einen Fischschwanz endigt. - Zwei vorliegende kleine Siegel des Dr. Wolfgang Ketwig, welche etwas gedrückt sind, scheinen dasselbe zu enthalten: im Schilde ist ein Mann mit Fisch= (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geworden" sei, welches Güter in der Alt= und Neumark besaß, namentlich Matschdorf bei Sternberg. Seidel's Bildersammlung verdienter Männer, Berlin 1751, enthält sein Bild und Nachrichten über ihn in dem Texte von Küster, welcher zum Theil aus einer Jubelrede von Sartorius vom J. 1606 geschöpft hat. Hiernach war Ketwig ein Mann von großen Geistesgaben und Rechtskenntnissen, welcher in Italien Doctor und sogar Rector der Universität zu Padua geworden war. Nach seiner Rückkehr in Deutschland ward er Canzler am brandenburgischen Hofe. Buchholtz in seiner Geschichte der Mark Brandenburg erzählt: "Kurfürst Joachim war auf dem Reichstage zu Nürnberg 1524 erst selber gegenwärtig; da es aber auf demselben sehr unruhig herging und er ohnedem in Lebensgefahr gerathen war, von einer trunkenen Köchin erschlagen zu werden, reiste er wieder weg und ließ Dr. Wolfgang Ketwigen, seinen Canzler, als Gesandten" allda.

Am 6. Jan. 1526 ging Dr. Wolfgang Ketwig in meklenburgische Dienste als Canzler. Ohne Zweifel überließ der Kurfürst Joachim I. ihn dem Herzoge Albrecht von Meklenburg=Güstrow, welcher seit zwei Jahren mit des Kurfürsten Tochter Anna vermählt war, um den seit einigen Jahren durch die Landestheilung ihm zugefallenen Landestheil zu ordnen; denn der Kurfürst schreibt selbst am 20. Mai 1529, an den Herzog, daß er "ihm hievor dem Herzoge zuzuziehen gnädig und geneigt erlaubt" habe. Am 9. Januar 1526 ("am dinstage nach trium regum") verschrieb der Herzog Albrecht seinem "Canzler, Rath und lieben getreuen Ern Wolfgangk Ketwigk, der Rechten Doctori, und seinen männlichen Leibeslehnserben aus besondern Gnaden und auf geschehenen Vortrag, auch um seiner Dienste willen, die er sich vier Jahre lang laut seines Bestellbriefes zu thun verpflichtet" habe, ein Angefälle 1 ) von 1500 Gulden aus des Oswald v. Dohren


(  ...  ) schwanz zu erkennen, auf dem Helme ein wachsender Mann zwischen zwei Hörnern; neben dem Helme stehen die Buchstaben:
W          [V]
K D       V[C]
d. i. Wolfgang Von Ketwig Doctor Vnd Canzler. Das letzte C ist etwas undeutliche jedoch erscheint der Buchstabe gebogen; sonst würde man auch: DVI (Doctor Vtriusque Iuris) lesen können. - Ein gleiches Wappen führen 1533 seine Söhne im Siegel.
1) Am 2. März (Esto mihi) 1522 hatte der Herzog Heinrich seinen Canzler Caspar v. Schöneich mit den heimgefallenen Gütern der ausgestorbenen Familie v. Schönfeld, mit den Hauptgütern Schönfeld und Santow und deren Zubehörungen, belehnt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lehngütern (zu Rehberg bei Woldeck im Lande Stargard), sobald solche nach Dohrens Tode stch erledigen und heimfallen würden. Diese Verschreibung war nach der ganzen Fassung ohne Zweifel eine Folge der erst kurze Zeit vorher gegebenen Bestallung. Dr. Wolfgang Ketwig wird sowohl in dieser Verschreibung, als in einem spätern Briefe und in der Bestallung des Kurfürsten von Brandenburg mit dem Titel "Ern" (Abkürzung aus "Herr") geehrt, welcher nur Rittern und Priestern zukam, Beides war Ketwig aber nicht; es mag daher wohl sein hoher Rang als Doctor und Canzler diese Titulatur ausnahmsweise veranlaßt haben.

Das Geschlecht der Dohren auf Rehberg starb aber erst am Ende des 17. Jahrh. aus, und es mochte sich wohl bald herausstellen, daß das Aussterben noch nicht zu vermuthen sei. Deshalb verschrieben am 11. Nov. 1527 die Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg ihren Canzlern Caspar v. Schöneich und Dr. Wolfgang Ketwig jedem die Hälfte der Lehngüter, welche durch das Erlöschen des Geschlechts der Stalbom nach dem Tode des Vicke Stalbom erledigt und an die Lehnherren heimgefallen waren, nämlich des Gutes Ballin im Lande Stargard, welches zwar dem Rath Henning Behr verschrieben war, aber da auch dieser keine Leibeslehnserben hatte, auch wieder zu Falle stand, und des Gutes Rosenow im Amte Stavenhagen. Die Herzoge verliehen diese Güter ihren Canzlern wegen ihrer getreuen Dienste und besonders dafür, daß sie ihre Archive in Ordnung bringen 1 ) sollten "(unser Privilegien, Briefe, Siegel und Handlungen zu Schwerin in unser beider Gewölb verwahrt zu besichtigen und zu registriren"). Diese Güter kamen in den Besitz der Canzler. Bernd und Joachim v. Ketwig, Söhne, und Wolfgang v. Ketwig, Enkel des verstorbenen Canzlers Wolfgang v. Ketwig, "Vettern," auf Matzdorf erbgesessen, verkauften am 11. Nov. 1554 die Hälfte des Gutes Ballin an den Burgemeister Eitel Schencke zu Neu=Brandenburg auf 24 Jahre für 500 Gulden, und am 11. Nov. 1563 die Hälfte des Gutes Rosenow an ihren "Schwager" Joachim v. Arenstorf, welcher "Vicke Stalboms eine Tochter zur Ehe hatte, zu einem ewigen Kaufe" für 850 Gulden.

Ueber die kurze Zeit der Wirksamkeit des Canzlers Ketwig in Meklenburg ist bisher nichts bekannt geworden; so viel ist aber gewiß, daß der Herzog Albrecht und seine Gemahlin Anna, so lange Ketwig ihnen zur Seite stand, sich zur lutheri=


1) Vgl. Anlage.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schen Reformation 1 ) hielten, aber gleich nach seinem Abgange unter der Einwirkung strenge papistischer Canzler und Räthe wieder zur katholischen Kirche zurücktraten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Canzler großen Einfluß auf den Herzog und dessen Gemahlin übten, wenn es auch möglich sein mag, daß der Herzog sich Canzler nach seinem Sinne wählte.

Im J. 1529 verließ Ketwig seine Stellung in Meklenburg und trat als Canzler wieder in brandenburgischen Dienst.

Nach einem Schreiben des Kurfürsten Joachim d. ä. von Brandenburg vom 20. Mai 1529 ("Cölln a. d. Spree, dornstags nach pfingsten") war der brandenburgische "alte Canzler Doctor Sebastian Stublinger mit Krankheit seines Leibes fast beschwerlich beladen, daß er seines Amtes übel abwarten konnte". Schon im März hatte der Markgraf Joachim d. j. den Herzog Albrecht gebeten, seinem Canzler Dr. Ketwig Urlaub zu einer Reise an den brandenburgischen Hof und zu dem brandenburgischen Dienst zu geben, der Herzog dies aber, nach dem von dem schwerinschen Canzler C. v. Schöneich entworfenen Schreiben, abgeschlagen; der Markgraf wiederholte daher am 11. April ("Bernewitz, Sontags Misericordia domini") die Bitte, demselben baldigst auf ungefähr acht Tage Urlaub zu gönnen, da er "wegen seiner Nothdurft und Sachen mit ihm zu reden" habe. Der Herzog schlug aber dem Dr. Ketwig wieder den Urlaub ab und ließ dabei die Vermuthung durchblicken, als wolle der Kurfürst ihm "seinen Canzler abtrünnig machen". Da bat der Markgraf am 23. April ("Rathenow, freitags nach Jubilate") zum dritten Male und sprach unverhohlen aus, daß er die Weigerung nicht vermuthet habe; sein Herr Vater der Kurfürst sei um einen andern Canzler bemüht, weil der bisherige Canzler mit Schwachheit und Unvermögenheit beladen sei, und habe aus eigenem Bewegen den Dr. Ketwig, ohne dessen Wissen, dazu vorgeschlagen und ihm die Unterhandlung mit demselben befohlen; er habe auch seinen Herrn Vater abzurathen nicht gewußt, da er ihn dazu "geschickt und geübt, und sonderlich als einen der dieser Lande Gelegenheit erfahren kenne, dem die Unterthanen von Adel und Städten fast zugethan und geneigt seien", und bitte deshalb noch einmal um Beurlaubung des Dr. Ketwig, in der Hoffnung, daß es die Wege erreiche, daß er sich in brandenburgischen Dienst be=


1) Vgl. Anna von Brandenburg, von G. C. F. Lisch, in Jahrb XXII, S. 8 und 14 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gebe, da dies dem Herzoge eben so sehr und viel mehr förderlich sein werde, als wenn er an dem herzoglichen Hofe bliebe. Darauf wird Ketwig Urlaub zur Reise an den brandenburgischen Hof erhalten haben. Am 20. Mai 1529 ("Cöln a. d. Spree, dornstags nach pfingsten") erklärte der Kurfürst Joachim von Brandenburg dem Herzoge Albrecht geradezu, daß er "den hochgelehrten seinen Rath und lieben getreuen Ern Wolfgang Ketwig Doctor zum Canzler bestellt" habe, und bat, denselben schon zu nächstem Johannis zur Uebernahme des brandenburgischen Canzleramtes zu beurlauben, da er früher nicht allein ihn, sondern auch seinen Arzt Doctor Sebastian Schwarzwalder auf längere Zeit dem Herzoge überlassen habe. Dasselbe theilte Joachim d. j. am 21. Mai ("Cöln a. d. S., Freitags nach dem heiligen pfingstage") dem Herzoge mit und bat um Verabschiedung des Canzlers zu Johannis, obgleich dieser dem Herzoge noch bis zu nächstem Heil. Drei Königs=Tage mit Diensten verwandt sei. Am 7. Junii 1529 ("Cöln a. d. Spree, montags nach octavas corporis christi") bestellte 1 ) der Kurfürst Joachim "den hochgelehrten seinen Rath und lieben getreuen Ern Wolffgang Ketwig, der Rechte Doctor, zum Canzler die Zeit seines Lebens" und verschrieb ihm ebenfalls für "1500 Gulden Werth Güter zum Angefälle", in Ansehung daß er die Zeit seines Lebens dienen wolle. Der Herzog Albrecht sperrte sich zwar gegen die Entlassung, aber die Markgrafen Joachim, Vater und Sohn, erklärten ihm am 14. Junii (Montags am Abend Viti, Cöln a. d. Spree) 1529 in einem gemeinschaftlichen Schreiben, daß, da die Handlung vollzogen sei und nicht zurückgehen könne, er den Canzler baldmöglichst, spätestens zu Jacobi (25. Julii), entlassen möge.

Seit dieser Zeit finden wir den Dr. Wolfgang Ketwig als Canzler in brandenburgischen Diensten. Nach Buchholtz Geschichte der Kurmark Brandenburg, III, S. 348, war er im J. 1530 im Gefolge des Kurfürsten auf dem Reichstage zu Augsburg. Ketwigs Abgang war ohne Zweifel ein großer Verlust für Meklenburg, während die Mark Brandenburg in einer sehr wichtigen Zeit großen Gewinn 2 ) von seiner ausgezeichneten Wirksamkeit zog.


1) Die kurfürstliche Bestallung für Dr. Wolfgang Ketwig vom J. 1529 ist gedruckt in v. Raumer Codex dipi. Brand, contin. II, p. 265.
2) Sartorius a. a. O. sagt von ihm: "Omnia sua consilia ad scopum et ultimum jurisprudentiae finem, videlicet ad gloriam dei, administrationem justitiae et conservationem scholarum et ecclesiarum direxit."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ketwig blieb fortan mit dem Herzoge Albrecht in schriftlichem Verkehr und gab ihm oft sowohl im Namen des Kurfürsten, als für sich selbst offenen und ehrlichen Rath. Es liegen z. B. ausführliche Briefe aus "Berlin" aus den Jahren 1531 und 1535 an den Herzog vor, welche er als "Doctor "und Cantzler" unterzeichnet. Man hat hieraus irrthümlich geschlossen, daß er damals noch meklenburgischer Canzler gewesen sei, um so mehr, da er um Johannis 1535 zur Zeit der dänischen Grafenfehde sagt, daß er mit dem Herzoge "als seinem Landesfürsten und gnädigen Herrn ein treuliches und herzliches Mitleiden trage", was sich wohl noch auf die frühern Verhältnisse bezieht.

Ketwig starb im J. 1541. In Seidels "Bildersammlung" steht: "Seidel setzt seinen Tod, welchen der Kurfürst selbst beklagt haben soll, ins 1541 Jahr und merkt an einem gewissen Orte an, daß er in Berlin in der Nicolai=Kirche vor dem hohen Altare begraben worden. Das ihm zu Ehren errichtete Denkmal war ungefähr 1641 Alters halber heruntergefallen und nicht wieder in den alten Stand gesetzet worden."

Ketwigs Nachfolger im brandenburgischen Canzleramte war Johann Weinlöb (auch Weinleb und Weinleben genannt) aus Treuenbriezen, welcher schon im J. 1541 Canzler genannt wird, also sicher Ketwigs Nachfolger war, und am 10. Febr. 1558 starb und ebenfalls in der Nicolai=Kirche zu Berlin begraben ward.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Canzler Joachim von Jetze.


Der Abgang des Canzlers Ketwig um Johannis 1529 war ohne Zweifel die Veranlassung, daß Joachim v. Jetze, welcher so eben im J. 1529 Propst des Nonnenklosters Eldena geworden war, von dem Herzoge Albrecht zum Canzler nach Güstrow berufen ward. Wenn auch J. v. Jetze erst im J. 1530 als Canzler vorkommt, so wird man doch annehmen müssen, daß er schon im J. 1529 unmittelbar nach Ketwigs Abgange sein Amt angetreten habe.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Canzler J. v. Jetze war bisher ganz unbekannt. Rudloff in seiner Mecklenburgischen Geschichte III, 1, S. 237 (1. Aufl. S. 227) führt den Joachim v. Jetze unter den Canzlern des Herzogs Albrecht überall gar nicht auf, nennt aber dafür 1530 "Joachim von Eitzen Canzler des Herzogs Albrecht". Rudloff entnimmt diese Nachricht aus Schröders Evangelischem Meklenburg I, S. 168, welcher wieder aus Thomas Lutherus biseclisenex S. 19 schöpft, der in dem Gefolge des Herzogs Albrecht auf dem Reichstage zu Augsburg 1530 zuerst den "Joachim von Eitzen Cantzler" aufführt; Thomas aber nennt als seine Quelle Coelestini historia comitiorum August. Der Name Joachim v. Eitzen ist aber nichts weiter als ein Lese= oder Druckfehler für Joachim v. Jetze, welcher sich von Buch zu Buch über hundert Jahre durchgeschlichen hat. Es kam darauf an, die erste Quelle der Nachricht zu entdecken. Die Quelle ist ohne Zweifel eine kleine, gleichzeitige, sehr seltene Druckschrift, von welcher die königliche Bibliothek zu Berlin ein Exemplar besitzt (vgl. Lisch Maltzan. Urk. V, S. 94, Nr. 928), mit dem Titel:

Warhafftig anzaygung wie Kaiser Carl der fünft ettlichen Fürsten auff dem Reychstag zu Augspurg im MCCCCCXXX jar gehalten, Regalia vnd Lehen vnder dem fan gelihen, was auch jr. Kai. Maie. vnd derselbe bruder Künig Ferdinand zu Hungarn vnd Behem etc. ., auch andere Churfürsten, Fürsten vnnd Stende des Reichs für Räthe vnd Adelspersonen auff solchem Reichstag gehept haben.

In dieser Schrift heißt es:

Nach solchem fürbringen ward darauf alßbald durch etliche darzu verordenten der Herzogen von Pomern der Kaiserlich stul zum ersten berennt vnd nach dem berennen stunden die verordenten, so von wegen baider gebrüder Hertzogen von Pomern vor der Kai. Maie. ire bitt wie sich gebürt thun solten, von iren pferden abe, Nämlich Hertzog Hainrich der jünger von Braunschweigk und Lünenburgk, Hertzog Hainrich von Mechelburg, Hertzog Ernst von Braunschweigk vnd Lünenburg vnd Hertzog Albrecht von Mechelburgk, diese vier fürsten waren mit fürstlicher klaidung, auch mit perlin geschmücken vnd gulden ketten fast köstlich beklaidt, giengen alle vier neben einander die pruck in stiffel vnd sporn auffen zu dem kaiserlichen stul, darauff der Kaiser in seiner Maie. saß, knieten vor der Kai. Maie. nider, wie sich zu thun gebürt, die Kai. Maie. vmb belehnung der Fürsten zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bitten, vnd als die gemelten vier Fürsten, auch hinder denselben Fürsten etlich Pomerisch verordente Rath knieten, Nämlich Jacob Wobeser, Jobst von Dewitz vnnd Lorentz Kleist, fienge der obgemelt Hertzog Hainrich von Braunschweig an zu reden u. s. w. - - - - -Darnach im dritten Rennen kamen die zwen Fürsten nämlich Hertzog Jürg vnd Hertzog Barnym gebrüder beide Hertzogen zu Pommern u. s w.

Dann wird das Gefolge der Fürsten aufgeführt.

Hertzog Hainrichs von Mechelburgs
Räth vnd Hoffgesynde.

Caspar von Schöneich Cantzler.
Achim Haue.
Wentzel Herr zu Biberstain.
Hans Sperling Marschalck.
Parum von Dannenberg.
Volrath Preen.
Achim Wangelin.
Bastian Krauße.
Volrath von Bulow.
Volrath Sperling.
Clauß Hane.
Diterich Rhor.
Jtel Schencke von Sweinßberg.
Hanß Schencke von Sweinßberg.
Achim Ribe.
Kersten Gamme.
Hanß Parckentin.
Cristoffer Linstow.

Hertzog Albrechts von Mechelburgs
Räth vnd Hoffgesinde.

Er Joachim von Yetzen Canzler.
Friderich von Wolffenrade Marschalck. Jörg von Helinger.
Claus Finicke.
Joachim Klainow.
Mathias Thernew.
Hainrich von Bulow.
Kone Pfüell.
Valtin von Krosigk.
Eustachius Haussener.
Gotfrid Gringe.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jörg Sidew.
Vicke Stralendorff.
Hans Leutzew.
Cistoffel Zabelsitz.

Item drey Edelknaben,
der ain ist ein Freiherr hayst

Er Lienhart von Lamberg,
der ander Busse von Berchenflete,
der dritte Philip Roloff.

Dieses Gefolge wird in derselben Reihenfolge auch bei Thomas eben so aufgeführt, so daß man klar sieht, daß er aus derselben Quelle schöpfte; nur sind bei ihm die Namen oft theils in einzelnen Buchstaben falsch, theils ganz entstellt.

Man sieht aber aus dem Original=Namensverzeichnisse, daß Joachim von Jetze ("Yetzen"), ein Geistlicher ("Er"), den Herzog Albrecht schon auf den berühmten Reichstag der augsburgischen Confession von 1530 als Canzler begleitete und denselben in seiner kirchlichen Umstimmung bestärkte. "Joachim von Eitzen" muß also in dieser Namensform aus der Geschichte gestrichen werden.

Von kaiserlicher Seite war auf dein Reichstage als kaiserlicher Rath auch der berühmte Ritter und Marschall Joachim Maltzan, welcher mit seinen Nachkommen am 2. Aug. vom Könige Ferdinand zum Freiherrn erhoben und am 12. Aug. vom Kaiser Carl V. bestätigt ward.

Die meklenburgischen Reichstagsacten berichten geradezu nichts über die Reise des Canzlers Joachim v. Jetze zum Reichstage; jedoch kommen gelegentliche Beweise vor, daß er dort war und wirkte. Es war nämlich auf dem Reichstage von meklenburgischer Seite ein anderer wichtiger Mann, welcher zwar nicht unter den Räthen und Hofleuten aufgeführt ist, aber von einer sehr bedeutenden Wirksamkeit war. Dies war der Domherr Dr. Johann Knutze 1 ), reich mit Pfründen behängt, der "König der Papisten" (vgl. Jahrb. XIV, S. 33-34), ein gewandter Mann, der von dem Herzoge Albrecht vielfach zu großen Gesandtschaften gebraucht ward, in Mitteleuropa sehr bewandert war und manche große Versammlung kennen gelernt hatte. Dieser wohnte zuerst 14 Tage in Augsburg bei Joachim v. Jetze, nahm aber späterhin eine eigene Wohnung. Knutze's Rechnung sagt hierüber Folgendes:


1) Vgl. die folgende Abhandlung über den Dr. Johann Knutze.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Knutzen zerung. 30 Augsburg.

Jtem dem werde in Jetzens herberge gegeuen in jegenwerdicheit M. Johanns Rutzen, her Johan Meyne, Joachim Kock, hertich Albrechts Secretarien, vor XIIII dage hur II g. munte IIII patzsen.

Jtem alse ick von Jetzen toch, quam ick tho einem prester by sunte Moweritzius her Wolfgangk genant, dem gaff ick vor eyne kamer myt der dorntzen vann Sondags vor Laurenti wente mandags nha omn. sanctorum mit alle X gulden VI patzssen.

Schon aus dieser Freundschaft mit Johann Knutze kann man auch mit Sicherheit entnehmen, daß Joachim v. Jetze ein entschiedener Papist war, wie es damals an dem Hofe des Herzogs Albrecht auch wohl nicht gut einen andern Canzler geben konnte, als einen katholischen.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Joachim von Jetze als Probst zu Eldena.


Joachim v. Jetze war sehr heftig papistisch gesinnt. Dies offenbarte sich in vollem Maaße im J. 1537 zu Konow. Das Patronat der Pfarre zu Konow bei Eldena gehörte dem Kloster Eldena. Nun war aber durch Beförderung des "Magisters Egidius Faber, des Herzogs Heinrich Hofpredigers und Superintendenten", des Reformators der Stadt Schwerin, ein lutherischer Prediger Andreas Sachse zum Pfarrer zu Konow von der Gemeinde gewählt. Dieser berichtete am 4. Dec. 1537 an Egidius Faber über den Antritt seiner Pfarre folgende merkwürdige Vorgänge:

"Jwer jungsten prophecie nha kan ich Jwer werde beclagende nicht bergen, dath ich vmmhe bekentnissze godtlichs wordes alßbalde in der heymkunst des propstes einen vnhuldigen propst erlangeth, alß dath he mich ahm Sondage nach Omnium Sanctorum (4. Nov.) in myuer kercken tho Konow vor der predigt nicht ane vorkleininge vnd vorachtinge mynes pastor= vnnd sehelsorgeramptes, mitsampt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auerpuchens mynes kosters alß ock thom Capelanampte in noden vnduchtig, vnde dem volcke auerredeth, wir weren leyen vnnd bleuen leyen, wolde ock den god vnnd Sacramente, ßo wir makeden, wol mith den vöten treden, vnnd wen wy dat makeden, ßo makede ein Dünel den anderen, dem koster derhaluen frevelich gebeden als synem vndersaten, he scholde sich allewege des entholden, angesehen he were ein monnick gewesen, vnnd hedde ein ehelich wyff, mich auer im schine halff frundtlich, mynes gnedigen hern hertzog Hinrichs vngnade befruchtende, erloueth, alß dath he das predigen mich wol vergunnen wolde, die Sacramente auer tho handelendhe, de wile ich kein gesalueder platteupape were, vorboth he mich, betth das ich van hochgedachtem m. g. h. hertzog Hinrichen ein schrifftlich bewiß ertogede, dath syne furstlicke gnade vonn mich sollichs nachgeue."

Nach dem weitern Berichte des Andreas Sachse war er auf Befehl des Herzogs Heinrich von Egidius Faber examinirt und genugsam geschickt zum Pastoramt befunden und feierlich am 1. Nov. 1537 zum Priester und Pastoramte ordinirt worden, hatte auch dabei in Gegenwart "vieler ehrbarer und frommer Klosterjungfrauen und Kirchspielleute" seine erste Predigt ("Testament") gehalten. Bis zum 30. Nov. hatte er fleißig und unangefochten Gottes Wort gepredigt und die Sacramente ausgetheilt. Da hatte der Propst, der ihm wohl das Predigen vergönnt hatte, von ihm verlangt, er solle sich einen "Plattenpfaffen" halten, welcher Messe lesen möge. Hierauf war Sachse selbst am 3. Dec. nach Eldena zum Propste gegangen und hatte ihn gebeten, von seiner Forderung abzustehen und ihm den Herzog Albrecht ("de nicht unses des Evangelii weges is") nicht zum ungnädigen Herrn zu machen. Aber der Propst hatte in Gegenwart etlicher Jungfrauen die obige Antwort gegeben und die Einwilligung beider Herzoge verlangt, da er "den Herzog Heinrich dazu nicht für voll ansehe, daß er einen zum Priester machen könne". Andreas Sachse bat daher um Schutz und Beistand.

Dieser Vorgang klärt die Gesinnung des Joachim v. Jetze vollständig auf. Sein Streben war also die Aufrechthaltung der alten Kirche und des Priesterthums mit der Messe; daneben aber fügte er sich in die Gestattung der lutherischen Predigt, wahrscheinlich in der Hoffnung, daß diese mit der Zeit doch nicht von Bestand bleiben oder zu unterdrücken sein werde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese bestimmte Ansicht herrschte damals bei allen Priestern von entschiedenem Charakter, während eine große Menge unnützer Priester rathlos war und träge dahin brütete, bis die alte Kirche in sich selbst zerfiel.

Ein anderes Zeugniß für die Gesinnung des Propstes Joachim v. Jetze ist, daß im J. 1541 auch der Pfarrer zu Eldena ein Papist war, wie nicht anders zu erwarten ist. In dem Kirchen=Visitations=Protocolle vom J. 1541 heißt es:

"1541. Eldena. Her Dietrich kirchher ist pißher ein papist gewesen, aber er wil sich bessern, hat die freie kost vom kloster".


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Joachim Jetze als Pfarrer zu Gadebusch.


Vollständige Aufklärung über Joachim v. Jetze giebt aber die merkwürdige Geschichte der Pfarre und der Reformation zu Gadebusch, welche bisher völlig unbekannt gewesen und erst nach Ragotzky's Abhandlung entdeckt ist. Joachim v. Jetze war auch Pfarrer zu Gadebusch, wo er endlich seinen Untergang fand. Die Pfarre zu Gadebusch war reich dotirt und durch viele kleine Pfründen noch verbessert. Im Anfange des 16. Jahrhunderts, sicher 1480-1513, war Pfarrer Johann Berner, aus der adeligen Familie v. Barner, zugleich Domherr zu Lübeck und Vikar der S. Georgen=Kirche zu Wismar, ein begabter Mann, welcher auch 1473-1478 herzoglicher "Amtmann zu Gadebusch" und späterhin oft herzoglicher Gesandter und Bevollmächtigter in wichtigen Angelegenheilen war. Er wird im J. 1513 gestorben sein, da am 7. Aug. 1513 über seinen Nachlaß ("Johannes Berner zeliger") Rechenschaft aufgenommen ward.

Ihm folgte Johann Elling ("pfarrer" und "kerkhere to Gadebussze"), welcher als solcher 1513, 16 und 1525 genannt wird. Er starb wohl im J. 1529 vielleicht an der Schweißsucht, da im J. 1529 Joachim v. Jetze die Pfarre zu Gadebusch erhielt. Dies erklärt sich leicht dadurch, daß

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bei der Landestheilung vom J. 1520 Stadt und Amt Gadebusch dem Herzoge Albrecht zugefallen war.

In dem Visitations=Protocolle vom J. 1534 heißt es:

"Gadebusch. Dat kercklen is des fursten. Besitter Jochim Jetze, verlenet durch Hertzog Albrecht vor V Jaren vorgangen".

Unter diesen Umständen konnte von der lutherischen Predigt des Evangelii in Gadebusch nicht die Rede sein; vielmehr bot Jetze alles auf, den katholischen Gottesdienst zu stärken. In Gadebusch waren Marienzeiten mit 4 Priestern, welche wohl einige Zeit darnieder gelegen hatten; aber der Hertzog Albrecht und Jetze richteten sie wieder auf, nach dem Visitations=Protocolle von 1534:

"Jtem in der suluesten kercken IIII Commenden ad horas de domina in der Cappellenn, III daruan sindt des Fursten, die vierde is des Rades lehen. Darsuluest besitten Jochim Wilde, Petrus Horstman, Laurentius Westphall und Arnoldus Hacke, Anno 32. Diesse hebben de tide wedderumme angehauen van beuelh hartich Albrechts to ßingende".

Dagegen hob Jetze den Kaland auf, wahrscheinlich weil die Kalande Gesellschaften von gebildetem, meist weltlichen Personen waren:

"Der kalandt is nedderlecht, denn konde N. nicht wedderumme vpheuen, wente de forstender sedenn, dat her Jochim Jetze ere kerckher hedde von ene wechgenamen ere Register, breue vud Segell."

Joachim v. Jetze war dabei auch sehr irdisch gesinnt. Da er zugleich herzoglicher Canzler zu Güstrow und Klosterpropst zu Eldena war, so hatte er natürlich keine Zeit, die Pfarre zu Gadebusch selbst zu verwalten, sondern überließ den Kirchendienst Vikaren, während er die fetten Pfründen einnahm. Um sich aber vor jedem Reformationssturm zu sichern, hatte er, nach dem Berichte von 1534, den zu der Pfarre gehörenden Hausrath weggenommen:

"Jtem der kerckher heft vonn der wedeme (Pfarrhaus und Hof) wech genomen bedde, kannen, ketell, grapen, tinnen vate vnnd alle hußrat, so dar was to der wedeme, ock des kalandes Rentebreue, Register erer pechte."

Im J. 1510 wird die ganze Stellung des Joachim v. Jetze durch die Pfarre zu Gadebufch völlig klar. In einem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vertrage 1 ) zwischen der Geistlichkeit und dem Rathe der Stadt Gadebusch vom 15. Aug. 1540 über die von dem Rath nicht bezahlten Zinsen von einem der Geistlichkeit zugehörenden Capitale von 350 Mark lübisch, wird

"Herr Joachim Jeitze, Cantzler, Prawest thor Eldena und Kerckher tho Ghadebusch."

genannt. Seine ganze Stellung ist also hiedurch völlig aufgeklärt. Zu derselben Zeit war Jürgen von Karlewitz, einer der eifrigsten Hofdiener und Räthe des Herzogs Albrecht, auch Amtmann zu Gadebusch 2 ) und Wittenburg sicher, schon seit dem J. 1524 bis nach 1540.

Joachim v. Jetze wird aber nicht bis an sein Ende Canzler geblieben sein. Er trat schon im J. 1543, als die Staatsregierung größere juristische Kräfte erforderte, von dem Canzler=Amte zurück, welches er dem Peter v. Spengel überließ, wenn er auch sicher Rathgeber des Herzogs Albrecht mit dem Canzlertitel blieb.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Canzler Peter von Spengel.


Am Neujahrstage des J. 1543 berief der Herzog Albrecht den Licentiaten Peter v. Spengel zum "Rath und Canzler auf drei Jahre lang". Peter v. Spengel war wohl ein ausländischer Adeliger. Unter seinem Dienstreverse vom Neujahrstage 1543 führt er ein großes Siegel mit einem Schilde mit drei linken Spitzen und der Umschrift PETER VON SPENGEL. Vielleicht stammte er aus Walhausen bei Sanger=


1) Vgl. Anlage.
2) Jürgen v. Karlewitz, herzoglicher Rath, war sicher seit 1524 auch Amtmann zu Gadebusch und Wittenburg. Der Herzog Albrecht erneuerte ihm seine Bestallung Mich. 1531 auf 5 Jahre und Heil. Drei Könige 1535 auf 6 Jahre. Michaelis 1544 ward Achim v. Penz auf 3 Jahre zum Amtmann von Gadebusch bestellt. Vorher war 1523-24 Johann Krevet Amtmann.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hausen. Unter mehrern noch erhaltenen Privatbriefen wegen Beförderung sind einige aus Walhausen geschrieben, z. B. von einem Johann Steif, "gemeinen Diener zu Walhausen", welcher ihn 1543 um eine Anstellung bittet, da "der Herzog den ausländischen, fremden Leuten und getreuen Dienern mit Gnaden geneigt sein solle", ferner von einem Hans Ferneckel, der ihn seinen "Gevatter" nennt und seine "liebe Gevatter Gertrud", seine Kinder und "all, die gut walhausisch sind" grüßt. Hans von "Bendeleben" (mit einem quer getheilten Schilde im Siegel), Georg von Biela (mit zwei Beilen neben einem Baume? im Schilde), beide alten thüringischen Geschlechtern angehörend, und Jürgen v. Karlewitz (mit einem Dreiblatt im Schilde) nennen ihn in verschiedenen Briefen ihren "Schwager". Es ist daher wahrscheinlich, daß er seine Beförderung dem einflußreichen Rath Jürgen v. Karlewitz zu verdanken hat. Vielleicht hatte Spengel vorher in Hamburg gewohnt, da er hier bekannt war und später dahin zurückging. Er kam mit Frau und Kindern nach Güstrow.

Nach seinem Wirken und seiner spätern Stellung war er reiner, scharfsinniger Jurist, wahrscheinlich etwas ränkevoll, da er sich einige Male wegen übler Nachreden entschuldigt. Am güstrowischen Hofe gingen oft wunderliche Dinge vor. Im J. 1544 war er beschuldigt, "als sollte er und Jürgen v. Karlewitz die Herzogin Anna beredet und mit dieser beschlossen haben, den Herzog Albrecht mit des Kurfürsten von Brandenburg Hülfe und Zuthat des Regiments zu entsetzen und einen Sohn des Herzogs an die Stelle zu setzen", und die Herzogin dies in einem von dem Canzler entworfenen Schreiben dem Kurfürsten mitgetheilt haben. Spengel wandte sich, um diese Nachsage von sich abzuwehren, zur Rettung seiner Unschuld beschwerend an den Kurfürsten, welcher am 25. Nov. 1544 diesen Anschlag als "beschwerlich und erschreckenlich" erkannte, aber ihm seine Unschuld bezeugte, da ihm dieser Handel ganz fremd sei und er Spengels Person und Namen gar nicht kenne, auch den Herzog bat, seine Gemahlin, so wie Peter v. Spengel und Jürgen v. Karlewitz dieser Sache halber für unschuldig zu achten.

Peter v. Spengel kommt in den Jahren 1543-1545 oft als Canzler vor und unterzeichnet sich: "Peter von Spengel, Cantzler, Licentiat".

Ob Spengel länger als die bestallungsmäßigen drei Jahre im Dienste des Herzogs Albrecht geblichen sei, ist noch nicht ermittelt; wahrscheinlich blieb er bis zum Tode des Herzogs in seiner Stellung. Mit dem Tode des Herzogs am 7. Jan.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1547 erreichte seine Bestallung aber wohl sicher ihre Endschaft. Nach dem Tode des Herzogs ging Spengel mit Frau und Kindern nach Hamburg und lebte hier als Rechtsanwalt. Er zog sich hier aber bald die Ungunst und Verfolgung der Behörden zu, weil er "denjenigen, welche von dem Rath der Stadt an den Kaiser und das Reichskammergericht appellirten, zuständig und behülflich" war. Der Rath halte ihn daher "in schwer Gefängniß gelegt und thätliche gewaltsame Handlung wider Recht, Reichsordnung und Landfrieden gegen ihn geübt"; er war endlich des Gefängnisses entledigt, hatte aber Weib und Kinder verlassen und sich an "fremden Orten in großer Schwachheit aufhalten" müssen. Auf seine Klage befahl der Kaiser am 29. April 1551 dem hamburger Rath, sich jeden eigengewaltigen Landfriedensbruches gegen Peter v. Spengel zu enthalten.

Von Spengels weitern Schicksalen ist noch nichts bekannt.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Canzler Gislerius Gisler.


Der Canzler Gislerius Gisler, "der Rechte Licentiat", Spengels Nachfolger in Güstrow, aus einem Geschlechte der Stadt Göttingen, war schon im J. 1548 in meklenburgischen Diensten und Donnerstag nach Christtag 1518 nach Juterbock gesandt. Am Tage Michaelis 1519 bestellte der Herzog Heinrich den "Gißlerum Gißler" "noch" auf zwei Jahre lang zum Hofrath, Inhalts der "vorigen Verschreibung" und gab ihm, da "er sich neulich kurz verschienener Zeit in ehelichen Stand eingelassen", freie Behausung zu Güstrow, ohne Zweifel, um die Lehns= und Landtagsgeschäfte nach dem am 7. Jan. 1547 erfolgten Tode des Herzogs Albrecht von Meklenburg=Güstrow in diesem Landestheile bis zur eigenen Regierung der Söhne des Herzogs Albrecht fortzusetzen. Sein Leben ist äußerst dunkel. Nur so viel ist gewiß, daß er immer zu Güstrow wohnte und noch in der Zeit 1557-1565 mehrere Male als Canzler des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow auftritt. Am 2. Mai 1561 unterzeichnet

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

er sich "Giseler Giseler Cantzler". Sein Todesjahr ist nicht bekannt. Eine besiegelte Schrift von ihm ist nicht vorhanden; jedoch sind Siegel von ihm auf Papieren vorhanden, welche Schriftzüge von seiner Hand enthalten und ihm ohne Zweifel gehören; er führt: im Schilde einen Querbalken und auf dem Helme zwei Hörner, daneben die Buchstaben G. G.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Sturz des Katholizismus zu Gadebusch.


Die Pfarre zu Gadebusch ward aber die vernichtende Grube für Joachim v. Jetze, welcher sich nach seinem Rücktritte vom Canzleramt vorherrschend auf diese Pfarre zurückzog, da auch im Kloster Eldena nicht mehr viel für ihn zu machen war. Je weiter die Reformation um sich griff und von Bestand ward, desto gereizter und heftiger ward Jetze, wenn auch sein ganzes Thun ohnmächtig blieb. Jetze hatte, wahrscheinlich durch den Drang der Bürgerschaft getrieben, es zuletzt nicht hindern können, daß ein lutherischer Prädicant, Andreas Busse oder Bussow, zur Predigt des Evangelii berufen war. Als dieser nun um Ostern 1546 auch das Abendmahl reichen wollte, stürzte Jetze hinan, riß wütend die geweiheten Hostien vor dem Prädicanten von dem Altare und wollte damit zu einem Nebenaltare laufen, als ihm das Sacrament zur Erde fiel. Zugleich hatte er gepredigt: "Sieh, Du läufst nach Vietlübbe und Salitz nach den lutherischen Buben; siehe, mit dem Gott, den Dir die Lutherischen da geben, wollte ich meine Schweine mästen 1 ). Ich will meine Seele zu Pfande setzen, daß es genug sei, wenn man das Sacrament in Einer Gestalt empfängt." - Man kann sich kaum eine Vorstellung von einem solchen Fanatismus machen!

Bald nach diesem Auftritte, am 3. Junii 1546, starb Jetze's treuester Gesinnungsgenosse, der Domherr Dr. Johann


1) Solche Reden und Thaten sind zur Zeit der Reformation bei den papistischen Priestern allgemein und kommen unzählige Male vor. Es war daher nothwendig, sie, wie Luther that, derbe abzuführen, um Gewalthaten abzuwenden, und Luther war es wahrlich nicht allein, der "grob" war.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Knutze, der "König der Papisten", und schon am 7. Januar 1547 folgte ihm der Herzog Albrecht 1 ) in die Ewigkeit, so daß Jetze in kurzer Zeit aller seiner kräftigsten Stützen beraubt ward. Um so heftiger ward seine zügellose Leidenschaft. Im Kloster Eldena mochte er sich nicht ganz wohl fühlen, da dort, wie es scheint, der Protestantismus früh Wurzel geschlagen hatte, indem schon 1537 einige Klosterjungfrauen die lutherische Predigt zu Konow hörten. Jetze zog sich also nach Gadebusch auf seine Pfarre zurück. Hier aber wiederholte er den ärgerlichen Auftritt, zu welchem er sich im J. 1546 hatte hinreißen lassen. Als am Palmsonntage (3. April) 1547 der Prediger das Abendmahl reichte, stürzte er wieder auf den Altar, ergriff den geweiheten Kelch und setzte ihn an den Mund, um ihn auszutrinken, bedachte sich aber, ergriff jedoch die Kanne mit dem Weine und stürzte diesen in den Kelch, daß es schäumte. Die Leute, welche zum Abendmahl gingen, glaubten vor Entsetzen in die Erde zu sinken und baten ihn dringend, daß er sich doch bedenken und ihnen das Sacrament, als den Leib und das Blut Jesu Christi, reichen lassen möge, worauf er ihnen antwortete: "er wolle ihnen den höllischen Teufel geben".

Da war das Maaß der Geduld in der Gemeinde erschöpft. Einige Tage darauf, kurz vor Ostern (10. April), kam der junge Herzog Johann Albrecht von seiner oberdeutschen Reise heim 2 ) und brachte mit sich Hoffnung ins Vaterland. Rath und Gemeinde von Gadebusch beschlossen daher, Klage 3 ) über das unkirchliche und unchristliche Benehmen ihres Pfarrers an den jungen Fürsten zu bringen. Sie stellten dem Herzoge die erlebten Vorgänge vor und erklärten, daß sie einen so harten Druck und einen so großen Uebermuth nicht länger ertragen und dulden können, und baten um einen gelehrten Prädicanten. Mit dieser Klage und Petition ging eine Deputation der Gemeinde, bestehend aus den beiden Burgemeistern, zwei Rathmännern, dem Stadtvogt und vier Bürgern, nach Schwerin und traten in Begleitung von zwei Notarien am 29. Junii 1547 vor den Herzog, welchem sie, unter Versicherung der Wahrheit, die Klage überreichten.

Die Folge davon war, daß Joachim v. Jetze am 10. Aug. 1547 abgesetzt ward. Am 10. Aug. 1547 ward durch des Herzog Johann Albrecht Rentmeister Sigismund


1) Vgl. Jahrb. XXII, S. 191.
2) Vgl. Jahrb. XXII, S. 193.
3) Vgl. Anlage.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

v. Esfeld in Gegenwart des herzoglichen Küchenmeisters und des ganzen Raths zu Gadebusch ein Inventarium über die Güter und Kleinodien der Kirche "bei Absetzung Joachim Jetze's" ausgenommen 1 ). Bei der Inventur fand sich im Pfarrhause auch ein verschlossener Korb mit Siegeln und Briefen, welche für das herzogliche Haus von Werth ("thodrechlich") waren; ohne Zweifel hatte Jetze diese Urkunden noch aus der Zeit des Herzogs Albrecht und wahrscheinlich im katholischen Interesse heimlich mit sich genommen. Jetze mußte bei der Ablieferung bei seiner Seelen Seligkeit bekennen, daß er keine mehr bei sich habe und von keinen mehr wisse.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das Ende des Joachim Jetze.


Unter solchen Umständen konnte sich Joachim v. Jetze nirgends mehr halten, auch als Propst des Nonnenklosters Eldena nicht, da der Protestantismus auch in die stillen Klostermauern eingedrungen gewesen zu sein scheint und in den Klosterdörfern, z. B. in Konow, schon lange die Reformation blühete. Schon im Anfange des J. 1548 (11. Jan.) verhandelt die Priorin des Klosters wieder durch den alten güstrowschen Domherrn Heinrich Möller, welcher vor 19 Jahren nach 24jähriger Verwaltung der Würde eines Propstes des Klosters entsagt hatte.

Wahrscheinlich zog Jetze sich jetzt, nachdem ein Rückschritt unmöglich gemacht war, nach der Altmark auf die Güter seiner Familie zurück, deren Senior er sicher seit 1545 war, und starb hier bald darauf, wahrscheinlich im Anfange des J. 1551, sicher vor dem 29. Mai 1551.

Mit Jetze's Tode hörten am güstrowschen Hofe die papistischen Bestrebungen auf, welche jedoch noch die verwittwete Herzogin Anna zu Lübz und auf ihren Leibgedingsgütern bis zu ihrem Tode 1567 mit der entschiedensten Hartnäckigkeit, wenn auch ohne nachhaltige Folgen, fortsetzte.



1) Vgl. Anlage.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Reformation zu Gadebusch.


Nach der Absetzung des Canzlers Jetze ward die Reformation in Gadebusch ohne Anstoß und Schwierigkeit durchgeführt. Bald nach der Absetzung bat am 1. Sept. 1547 der herzogliche Rentmeister Sigismund v. Esfeld, derselbe welcher als herzoglicher Bevollmächtigter die Absetzung des Joachim v. Jetze hatte mit durchführen helfen, die Pfarre zu Gadebusch, welche "um Jetze's frühern Kirchherrn unchristlicher und schändlicher Verwirkung halben" erledigt sei, seinem unmündigen Sohne Ulrich zu verleihen 1 ), für welchen Fall er ihn auch bis zu seinen mündigen Jahren zum Studiren anhalten wolle, damit die Pfarre mit einem gelehrten, christlichen Prediger versehen werde. Dies ist ein merkwürdiges Beispiel, wie tief die papistischen Ansichten über Pfarrverwaltungen eingewurzelt waren, daß selbst Leute von angesehener Stellung und protestantischer Gesinnung noch den alten Unfug der Pfründenverleihung begehren konnten. Esfelds Wunsch ward natürlich nicht erfüllt, vielmehr ein älterer Mann als Pfarrer zu Gadebusch eingesetzt.

zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfarrer Heinrich Storbek.

Nach Jetze's Absetzung ward an der Kirche zu Gadebusch kein Pfarrer und Prädicant neu angestellt. Der Herzog bestellte nun den Heinrich Storbek zum Pfarrer. Dieser Mann ist bis jetzt ganz unbekannt; wahrscheinlich hatte er schon längere Zeit zu Gadebusch gewirkt und sich von der papistischen Kirche nach und nach zum Protestantismus gewandt; vielleicht ist er derselbe Capellan, gegen welchen Jetze 1546 und 47 mit so maßloser Heftigkeit in der Kirche auftrat. Denn bei der Visitation vom J. 1554 wird gesagt, daß "der Pastor Ern Heinrich Storbek im Kirchendienste schwach und gebrechlich "allhier" geworden sei." Heinrich Storbek ward schwach und kränklich, so daß er im J. 1554 der Pfarre freiwillig entsagte. Bei der Visitation vom J. 1554 wird gesagt, daß "Er Heinrich Storbek in anderthalb Jahren nicht predigen und der Kirche dienen


1) Vgl. Anlage.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

können und selbst williglich die Pfarre verlassen habe"; ja er war so schwach, daß er "Krankheit halber den Visitatoren keinen Bescheid über die sehr unklaren Register geben konnte". Es ward daher ihm, "dem gewesenen Pastor", eine Pension von 25 Mark, oder bei Geldmangel 20 Mark, ausgesetzt.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Capellan und Pfarrer Andreas Bussow.

Neben dem Pfarrer ward im J. 1548 Andreas Bussow oder Busse als lutherischer Prediger fest angestellt. Andreas Bussow ist bisher auch nicht bekannt. In seiner im J. 1548, jedoch ohne Angabe des Tages, ausgestellten Bestallung wird freilich gesagt, daß "die Pfarre zu Gadebusch der Zeit mit keinem Pfarrer und Prädicanten zur Nothdurft versehen" sei. Aber es ist wohl nicht gut anzunehmen, daß in einer so bewegten Zeit wenigstens ein halbes Jahr lang gar kein Geistlicher in einer Stadt und großen Gemeinde gewesen sein sollte. Auch wird bei der Visitation im J. 1554 gesagt, daß "Andreas Busse, dem die ganze Kirche gut Zeugniß gebe, lange Zeit im Lande und in Gadebusch gedient" habe. Wahrscheinlich hatte er schon zu Jetze's Zeit in Gadebusch gepredigt und die oben angeführten Worte der Bestallung sind wohl nur so zu verstehen, daß es im J. 1548 an fest angestellten Predigern in genügender Zahl fehlte. Bussow ward nun im J. 1548 fest angestellt als "Prädicant und Pastor" und sollte "in dem Pfarrhofe und Hause seine Wohnung" haben. Jedoch sollte "neben ihm noch ein Prädicant und Pfarrer gehalten werden". In einem Verzeichniß der kleinen Lehen zu Gadebusch wird wiederholt gesagt, daß "die Prädicanten" kleine Lehen besitzen. Andreas Bussow wird ein begabter Mann gewesen sein, da der Herzog bei seiner Bestallung im J. 1548 verlangt, daß neben ihm ein Prädicant und Pfarrer gehalten werden solle, um "in seiner Abwesenheit dem Amte des Predigens vorzustehen, so oft er auf herzogliches Vorschreiben zu Hofe kommen werde". - Und wirklich finden wir den Andreas Bussow auch mitunter an dem Hofe Johann Albrechts, damals noch zu Güstrow. In der Renterei=Rechnung vom J. 1549 findet sich bei der Besoldung der Räthe, Prädicanten und Kammerdiener: "Er Andreas Bossow, Predicant zu Gadebusch, so man auß der Visitacion widerumb nemen soll, Dinstagk nach Quasimodogeniti geben auß beuelh m. g. h. 10  ". - Mag nun aber Bussow schon zu Jetze's Zeit in Gadebusch gewirkt haben, oder erst nach dessen Absetzung

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dahin gekommen sein, so ist er doch jedenfalls als der eigentliche Reformator von Gadebusch zu betrachten.

Bei des Pfarrers Storbek Abgang ward Andreas Bussow bei der Visitation 1554 zum Pfarrer berufen. Die Visitatoren sagen 1554: "Er Andreas Busse ist zum Kirchhern geordnet", und "weil der Prädicant der Kirche nicht allein hat vorstehen können, haben wir Heinrich Storbeks Mitgehülfen Ern Andreas Bussen, dem die ganze Kirche gut Zeugniß gegeben, auch weil er sonst lange im Lande und allhie gedienet, zum Pastor verordnet". Sonst ist bis jetzt nichts weiter von Busse bekannt geworden. Wahrscheinlich lebte er bis gegen das J. 1565, da in diesem Jahre der bekannte lutherische Prediger Thomas Holzhüter von Ribnitz nach Gadebusch kam (vgl. Jahrb. XXII. S. 120), welcher 1585 an der Pest starb (vgl. Conrad Schlüsselburg, von Tamms I, S. 31).

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Capellan Johann Wunne.

Da die Visitatoren im J. 1554 für "nöthig befanden, daß der Pastor einen Gehülfen habe", so ward nach Storbeks Abgang und Bussows Berufung zum Pfarramte "Her Johannes Wunne mit Vorwissen des Raths und des ganzen Kirchspiels zum Caplan oder Prediger berufen", und es wurden 1554 "dem neuen Prediger Ern Johann Wunnen zu den Kosten seines Umzuges von Arnsberg nach Gadebusch 6 Fl." gegeben.

Die ersten lutherischen Prediger seit der Einführung der Reformation in Gadebusch sind also:

Pfarrer. Capellane.
1548-1554 Heinrich Storbek. 1546-1554 Andreas Bussow.
1554-(1565) Andreas Bussow. 1554-    - Johann Wunne.
~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueber

den Canzler Peter von Spengel.

Nachtrag zu S. 25.


Nach Vollendung des Druckes des Abschnittes über den meklenburgischen Canzler Peter v. Spengel (S. 24 flgd.) kommen mir durch die Güte des Herrn Archiv=Secretairs Dr. Otto Beneke in Hamburg noch mehrere wichtige Nachrichten zu Händen, welche derselbe theils in den "Geschichtlichen Notizen über Wandsbecks Vorzeit" in der Zeitschrift des Vereines für hamburgische Geschichte, Bd. III, 1851 S. 367, schon hat drucken lassen, theils noch handschriftlich besitzt. Ich lasse daher noch nachstehenden Nachtrag folgen, welcher noch durch manche Nachrichten vermehrt ist, die im Staats=Archive zu Schwerin in Folge der Mittheilungen aus Hamburg weiter entdeckt werden konnten.

Die Frau des Canzlers Peter v. Spengel war Cecilie von Mehre aus Hamburg, eine Tochter des aus dem alten niederländischen Geschlechte der von Mehre stammenden Joachim v. Mehre zu Hamburg.

Joachim v. Mehre hatte mehrere Töchter, von denen Anna in erster Ehe an den Dr. Heinrich Salsborg verheirathet war, welcher 1524 Burgemeister zu Hamburg und bei der Krönung des Königs Friedrich I. von Dänemark von diesem sogar zum Ritter geschlagen ward. Heinrich Salsborg kaufte mit dem Gelde seiner Frau das Lehngut Wandsbeck bei Hamburg und der König Friedrich belehnte um das J. 1525 damit den Heinrich Salsborg, seine Frau und seiner Frau nächste Erben auf ihre Lebenszeit. Salsborg mußte in Folge der Reformationshändel 1531 seiner Burgemeisterwürde entsagen und starb im J. 1534 auf seinem Gute Wandsbeck. Er hinterließ eine Wittwe und einen Sohn Heinrich, welcher Rath des Herzogs von Geldern ward; ein Enkel Heinrichs ward Schöffe zu Cöln. Anna verheirathete sich im J. 1543 zum zweiten Male mit Heinrich von Zesterfleth; diese Ehe blieb kinderlos. Sie lebte bis zu ihrem Tode (1553) im ungestörten Besitze des Gutes Wandsbeck.

Eine andere Tochter des Joachim v. Mehre war Cecilie v. Mehre. Cecilie war auch zwei Male verheirathet. Ihr Mann zweiter Ehe war der Licentiat Peter v. Spengel,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welcher früher wahrscheinlich zu Hamburg als Rechtsanwalt wohnte, aber Neujahr 1543 zum Canzler des Herzogs Albrecht von Meklenburg nach Güstrow berufen ward.

Mit dem Tode des Herzogs Albrecht am 7. Jan. 1547 verlor Spengel das meklenburgische Canzleramt und ging mit Frau und Kindern nach Hamburg zurück, wo er in einem seiner Frau und deren Kindern erster Ehe gehörenden Hause wohnte und wieder Advocaturgeschäfte trieb. Er blieb dabei jedoch noch einige Zeit in Verkehr mit Meklenburg, namentlich im J. 1549 "zur Ausrichtung der Geschäfte, welche der Herzog Georg von Meklenburg ihm befohlen" hatte, und war im Sommer 1549 nach Brabant gereiset. Während der Zeit hatte aber der Herzog Johann Albrecht von Meklenburg Ungnade gegen ihn gefaßt, wahrscheinlich nicht nur wegen seiner frühern Amtsführung, sondern auch wegen gefährlicher Umtriebe in der Zeit der Vorbereitung zum oberländischen Feldzuge gegen den Kaiser Carl V., und hatte "etliche auf ihn gestellt, ihn auf seiner Reise niederzuwerfen und gefänglich anzunehmen, wie ihm seine Hausfrau geschrieben, auch bei der erzbischöflichen Durchlaucht von Bremen die Werbung gethan, ihn gefänglich einziehen zu lassen, wie ihm sein Schwager Hans von Sondershausen, der Herzogin von Sachsen zu Neuhaus Hofmeister, berichtet habe." Spengel kam jedoch glücklich nach Hamburg und beschwerte sich am 30. Julii 1549 bei dem Herzoge, daß "man ihm also wider Gott und Recht nach Leib, Ehre und Gut trachte und ihm seinen treuen aufrichtigen Dienst, nachständige Schuld, Dienstgeld und verschriebenen Schaden so gar übel und mit unverschuldeter Ungnade vergelten" wolle. Spengel hatte auch dem Kaiser das ihm geschehene Unrecht geklagt und von demselben kaiserliches Geleit empfangen, welches er dem Herzoge mittheilte, indem er dabei um Aufklärung über das gegen ihn eingeschlagene Verfahren bat.

In Hamburg zog er sich aber als Advocat bald die Verfolgung der Behörden zu, weil er "denjenigen, welche von dem Hamburger Rath an den Kaiser und das Reichskammergericht appellirten, zuständig und behülflich" war. Der Rath von Hamburg hatte ihn daher im Sommer 1550 "nach seiner Heimkehr von einer Reise vom Rathhause aus durch viele Diener gefangen nehmen und wie einen Uebelthäter in schwer Gefängniß in einem Thurme werfen und in Ketten legen lassen, wider Recht, Reichsordnung und Landfrieden." Seine "Hausfrau Cecilia" wandte sich eiligst klagend an den Kaiser, welcher sogleich am 26. Aug. 1550 dem Rath befahl, des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Reichs sonderlichen Schutz und Schirm und Geleite, das dem Spengel früher ertheilt sei, zu achten, und ihn sofort gegen gewöhnliche Urfehde aus dem Gefängnisse zu entlassen", auch sich wegen der verübten Gewaltthat zu verantworten. Spengel ward auch des Gefängnisses entledigt, hatte aber aus Besorgniß Weib und Kinder verlassen und sich "an fremden Orten in großer Schwachheit aufhalten" müssen. Auf seine erneuerte Klage befahl der Kaiser am 29. April 1551 dem hamburger Rath wiederholt, sich jeden eigengewaltigen Landfriedensbruches gegen Peter v. Spengel zu enthalten. Nach diesen wiederholten kaiserlichen Gunstbezeugungen in einer stark aufgeregten Zeit scheint Spengel auch geheimes Spiel mit den Gegnern der evangelischen Fürsten gespielt zu haben.

Anna v. Mehre auf Wandsbeck starb im J. 1553; ihr Sohn und ihr Enkel war schon vor ihr gestorben: ihre nächsten Erben waren also ihre Schwestern, Cecilia, vermählte v. Spengel, und Elisabeth, welche an den hamburger Bürger Georg v. Tzeven verheirathet war. Diese klagten daher 1553 gegen Annens zweiten Ehemann Heinrich v. Zesterfleth auf Herausgabe des Gutes Wandsbeck und anderer Besitzthümer der Anna. Der Proceß nahm einen für die Schwestern günstigen Fortgang, wird aber im J. 1557 durch Vergleich beendigt worden sein. Seit dem J. 1557 erscheint als Besitzer von Wandsbeck der berühmte Dr. Adam Traziger, zuerst hamburgischer Syndicus, seit 1558 holsteinscher Canzler zu Gottorp, welcher des Georg v. Tzeven Tochter Gertrud zur Frau hatte.

Peter v. Spengel setzte aber nach den ersten gegen ihn entstandenen Stürmen seine rabulistischen Wühlereien fort. Nach einer hamburgischen Instructionsschrift vom 15. Nov. 1555 hatte er "sich gröblicher Injurien gegen den Rath und dessen obrigkeitliche Amtshandlungen schuldig gemacht. Dabei hatte er sich für einen kaiserlichen Salvaguardian ausgegeben und als solcher des Raths Gerichtsbarkeit vielfach gehemmt, z. B. durch Ertheilung freien Geleits an rechtskräftig verurtheilte Personen, durch Verhinderung der Vollstreckung gerichtlicher Urtheile u. s. w. Auf des Raths Beschwerde hatte jetzt aber der Kaiser den Spengel vollständig Lügen gestraft und erklärt, daß er ihn nie zum Salvaguardian ernannt und zu den von ihm vorgenommenen Handlungen befugt habe. Auf eingeholte Rechtsbelehrung der leipziger Juristenfacultät erkannte der Rath nun den fiscalischen Proceß gegen Spengel wegen gröblicher Injurien und fälschlicher Anmaßungen. Da entwich im Sommer 1555 Spengel heimlich nach Stade,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und der hamburger Rath verurtheilte ihn in contumaciam zur Ausweisung aus Hamburg, wogegen Spengel Beschwerde beim Reichsgerichte erhob."

Spengel trat nun sogleich in Stade als Canzler in "erzbischöflich=bremischen" Dienst bei dem Herzoge Christoph von Braunschweig=Lüneburg, welcher nicht allein das Erzbisthum Bremen, sondern auch das Bisthum Verden inne hatte, und erhob hier Klage gegen den hamburger Rath "in Assistenz seines nunmehrigen Herrn des Erzbischofs von Bremen." Gleich nach Spengels Uebernahme des Canzler=Amtes begannen die Verhandlungen über die Wahl des Prinzen Carl von Meklenburg zum Coadjutor des Herzogs Christoph und dereinstigen Administrator des Bisthums. Spengel correspondirte über diese Angelegenheit nicht nur mit dem Herzoge Johann Albrecht von Meklenburg, sondern auch mit dem meklenburgischen Rath Carl Drachstedt, mit Achim v. Lützow auf Lützow und Ulrich v. Stralendorf auf Goldebee, den er wiederholt "seinen lieben Schwager und Bruder" nennt. Schon am 30. Aug. 1555 zu Stade unterzeichnet sich "Peter von Spengel Lic. Bremischer Canzler" und eben so 21. und 31. Oct. 1555 und 24. April 1556, ferner zu Verden 15. Oct. 1557 und 30. Jan. und 5. Febr. 1558. Nachdem der Herzog Christoph am 22. Jan. 1558 gestorben und der Herzog Georg von Braunschweig=Lüneburg wieder zum Administrator des Erzstifts erwählt worden war, erscheint Spengel nicht mehr in erzbischöflich=bremischen Diensten.

An dem Vertrage über die Abtretung von Wandsbeck an Traziger scheint Cecilie Spengel, welche "vielleicht auf das übrige Erbtheil ihrer Schwester Anna angewiesen war, keinen Theil genommen zu haben. Sie klagte jedoch, wahrscheinlich auf Anstiften ihres Mannes, im J. 1558 beim hamburger Rath gegen den Syndicus Traziger, welcher den Hof Wandsbeck wider Gott, Ehr und Recht selbstwäldiglich eingenommen habe." In einem Schreiben in dieser Erbstreitigkeit an den Rath zu Hamburg vom 13. Aug. 1559, ohne Angabe des Ortes, nennt Cecilie sich "des Licentiaten und sächsischen Canzlers Herrn Peter von Spengel Hausfrau" und in dem beigelegten Klagelibell gegen Traziger wird Spengel "niedersächsischer Canzler" genannt. Peter v. Spengel war hiernach also als Canzler in sachsen=lauenburgische Dienste getreten.

Von Spengels lauenburgischem Canzleramte und Ende ist bis jetzt nichts bekannt geworden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlagen.


Nr. 1.

Die Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg belehnen ihre Canzler Caspar von Schöneich und Dr. Wolfgang Ketwig mit den heimgefallenen Lehngütern der ausgestorbenen Familie Stalbom, namentlich mit dem Gute Balin, für die Ordnung ihres Archivs.

D. d. Schwerin. 1527. Nov. 11.

Wir Heinrich vnnd Albrecht, gebruder, von gotts gnadenn hertzogenn zu Meckelnburgk, fursten zu Wendenn, graffenn zu Swerynn, Rostogk vnnd Stergerdt der lande herrn, bekennen offentlich mit diesem vnserm brief fur vns, vnser erben vnnd nachkamendenn, nachdem das geslechte der Stalbome etzliche lehengutere inn vnseren furstenthumben vnnd landenn gelegenn vonn unsern vorelternn vnnd vns zu lehenn rurend innegehapt, besessenn vnnd genossenn vnnd sich dyeselbigenn lehenguter, die wir hiemyt gemeynt vnnd ausgedruckt habenn wollenn, gleich als die myt irenn gepurlichenn namenn vnd aller irer invnnd zugehorung hiereynn bestimpt vnnd benendt werenn wordenn, durch todtfall Vicke Stalboms, des letzstenn desselbenn geslechts, geofnet vnnd ann vns als die lehensherenn derselbigenn vorlediget habenn, vnnd weylend die hochgebornenn fursten herr Magnus vnnd herr Balthasar gebroder vnsers liebenn vatter vnnd vetter loblicher gedechtnys dem erbarnn vnnserm rath vnnd liebenn getrewenn Hennyngk Beeren das lehengut Ballyn oder wie es vngeferlich mit seinen namen vnd zugehorung benent ist, das wir auch hiemit gemeynt, specificiret vnnd ausgedruckt haben wollen, gnediglich als eynn new lehen vorlehent habenn vnnd er keyne leibs lehenserbenn getzeuget, wie auch nicht ferner vermutlich, so das solch lehengut nach seynem abganck auffenn fall stehet vnnd vns sich offnenn vnnd vorleddigenn wirt, vnnd die erbarnn vund hochgelerten Caspar vonn Schoneich, vnser hertzog Heinrichs cantzler, vnnd Wulfganck Ketwigk, der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rechten doctor, vnser hertzogk Albrechts cantzler, rethe vnnd liebenn getrewenn, vns iederun im gemelten irenn cantzlers ampten getrewe vnnd vleyssige dienste gethann vnnd ferrer woll thuenn konen vund muegenn, auch wens inn vnser beyder gelegenheyt sein vnnd wir inenn des semptlich befelich gebenn wurdenn, vnser pryuilegien, brief, siegell vnnd handlung zu Swerynn inn vnser beyder gewelb vorwart, zu besichtigenn vnnd zu registriren, zu vnser beiderseitz notturft, nutz vund bestenn ires vormogens mit vleys zu thuenn erpotten haben, das wir zu gnediger ergetzung vnnd vorgleichung irer gethanenn dienste vnd die sie vns, wie angetzeigt vnnd sunst hinfur, thuen konthen vnnd mochten, vnnd dartzu aus besundernn gnadenn auch eigener gnediger bewegniss gemeltenn vnsernn cantzlernn, als wir hertzog Heinrich vnsernn gepurendenn halbenn antheill vnnd gerechtigkeyt vnserm cantzler Casparnn vonn Schoneich vnnd seynen leibs lehenserbenn vonn erbenn zu erbenn, vnnd wir hertzogk Albrecht vnserm cantzler Doctor Wolfganck Ketwigenn vnnd seynen leibslehenserbenn vonn erben zu erben vnsern gepurendenn halbenn theill vnd gerechtigkeit gemelter Stalbome vorlassenenn lehenguter aller orthenn, da die in vnsernn furstenthumben vnnd landenn belegenn vnd wie die namen habenn, nichts darnonn ausgeslossenn vnnd sich ann vns als denn lehensherenn derselbigen vorleddiget habenn, vnnd dartzu die gemelte lehenguter, die hochgemelte vnser vatter vnd vetter seligenn genantem Hennyngk Beernn geliehenn, mit allenn irenn zinsenn, pechten, dienstenn, eckernn, holtzenn, wassernn, mollen, deichenn, sehenn, gerichtenn, obristenn vnnd nidersten, vnnd allenn andernn irenn gerechtigkeiten inn= vnnd zugehorungen, wie die vonn alters vnd bis anher dartzu gelegenn, zu rechten erblichen manlehene gnediglich gegebenn, vorschrieben, gereichet vnnd geliehenn, auch sie inn gemelte vorfallene vnd aufgethane der Stalbome lehenguter geweysset habenn, wie wir sie auch hiermit wissentlich darein weisenn vnd derwegenn aller obenn berurter lehenguter halbenn vonn ine gewonlich lehenspflicht genomenn, die sie vnns auch darauf vndertheniglich gethann haben, so das sie solche der Stalbome vorfallene lehenguter vnnd die lehenguter, so vonn vilgedachten vnsernn vater vnnd vetter milder gedechtnis genantem Hennyngk Beernn geliehenn, so erst sich die durch seynenn todtfall vorleddigenn oder sie die myt seinem willenn bey seinem lebenn vonn ime bryngenn mochten, darin wir sie auch itzt alsdann vnnd denne vf solchenn fall als itzt weysenn vnnd geweiset habenn wollenn, solche lehenguter sie vnnd ire erben

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vonn erbenn zu erben gerugsam vnnd fridlich besitzenn, geniesenn vnnd geprauchenn, auch dieselbenn lehenguter vnnd solche ire gerechtigkeit, wenn vnnd weme sie wollenn, on vnser vnnd mennyglichs vorhinderung vorkeuffenn, vorgebenn oder vorlassenn, sich mit der Stalbomes seligenn zweyenn nachgelassenn töchternn vmb ire gerechtigkeit, die sie nach lands gewonheit an vilgemeltenn der Stalbome lehenguternn habenn mogenn, gutlich zu uortragen oder ires fals erwarten, gebenn, vorschrieben, reichenn vnnd leihenn semptlich vnnd sunderlich obenberurte der Stalbome ann vns gefallene lehengutere, auch die sie nach todtfall Hennyng Bernn, we er keyne seiner leibslehenserben hinder sich vorlassenn wirt, vorledigenn werdenn, mit allenn irenn gerechtigkeyten, in= vnd zugehorungen, nichts dauonn ausgeflossenn, gedachtenn vnsernn cantzlernn, ieder von vns seynenn gepurlichenn halbenn theill dauonn seynem cantzler, als wir hertzogk Heinrich vnserm cantzler Caspar vonn Schoneich vnd seynenn leibslehenserben vonn erbenn zu erben, vnnd wir hertzogk Albrecht vnserm cantzler doctor Wolfgang Ketwigen vnnd seynenn leibslehenserben von erben zu erbenn, alles inn craft vnnd macht dieses vnnsers briefs, doch mit dem vorbehalt, wo gemelts Bernn guter an gewonlichenn werdt sich vber tausendt guldenn streckenn wurdenn, das sie gemelte vnsere cantzlere sich vmb solche vbermasse inn erleddigung vnnd annemung solcher guter nach pilligheit vortragenn sollenn, aber die andernn der Stalbome guter sollen sie ane allenn abetzugk, wie gemelth, velligklich habenn vnnd behaltenn, doch vns ann vnsernn furstlichenn obrigkeitenn, mandinstenn vnnd sunst yderenn seinenn rechtenn one schadenn. Alles getrewlich vnnd vngeferlich. Des zu vrkundt habenn wir diesenn brief gleichs lauts fur yderenn vunsernn cantzler vnnd seyne leibsslehenserbenn eynenn mit vnsern eignen henden vnnderschriebenn, zwiefechtigenn vnnd mit anhangendenn ingesiegelnn wissentlich vorsiegeln vnnd gebenn lassenn zw Swerynn, am tage Martyni des heiligenn bischofs, nach Christi vnnsers herrnn gepurt funftzehennhundert vnnd siebenn vnnd zwantzigsten iare.

Heinrich, hertzog Albrecht, hertzog
zu Meckelnborgk. zu Meckelnborgk.
Manu propria. Manu propria.

Nach einer Abschrift aus der Mitte des 16. Jahrh. im großherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 2.

Der Amtmann Jürgen v. Karlewitz zu Gadebusch verträgt den Pfarrer Joachim v. Jetze und die übrige Geistlichkeit von Gadebusch wegen der rückständigen Zinsen von einem Capitale von 350 Mark lüb., welches die Stadt von der Kirche geliehen hat.

D. d. Gadebusch. 1540. Aug. 15.

Tho wethenn: Nademe der werdige, erbar vnnd hochgelerder her Jochim Jeitze, cantzler, Prawest thor Eldena vnnd kerckher tho Ghadebusch, vor szick vnnd szinen vicarien, dem erszamen Rade to Ghadebusch ludtt twyer vorszegelden houetbreue vmb dreehunderth L marcken lubb. vnnd etligker vorszeten Rente, szo der szuluigen vorfaren in orhem anliggen van der kercken tho Ghadebusch gelenet, geforderth vnnd gemaneth, dar twisken ick Jorgen van Karlewytzß Amptman tho Ghadebusch vp huten dato mith beiderszits bowyllinge gehandeltt vnnd szie vordragen, nomlich alszo, dewyle sick gnante radtt hochligken orhes vnuormogens, borurden heren Jochim van Jeitzen vnd den vicarien szodanen houetstoll vdttogefende, boclagit hebben, deszuluigen szulckes bowagen vnnd ehnne tho gefallen, ock datt szie der Radtt hirnamalß den kerckheren, vicarien vnnd kerckendeneren dester wylliger vnnd bohulplicher orhe sculde affthomanen szin scollen, vnd darto ßie in der stadtt ock der radtt vor ßig ßuluen to botalen bohulplich, darmidtt ßie ßodanes erlangen thu erschinende, ßo hebben deßuluige vorgedachter kerckher vnnd vicarien vor ßick vnd orhe nakomlinge gnanten Burgermeisteren, radtt vnnd orhen nakamen alle iar vpp Paschen vnnd Wynachten den kerckheren vnnd vicarien theigen marken lubb. vp twe tide, datt up ider termyn vyff marken thor Rente ßunder alle vdttfluchtt, inrede adder vortogeringe guthwyllich vann orhem Radthuße tho geuen vnnd vorreken, vnud efftt der brurde Radtt ehnne dem kerckheren vnnd vicarien sodan rente der X marken nychtt lenger wider adder mheer thu genen genegit adder gewylligit, alßdene schollen vnnd wyllen ßie dem kerckheren, vicarien adder orhen Nakomlingen de III 1/2 C marken hoffttstol in guder, gangbarer, Megkelenburger Munthe in twen iaren, vpp ider Ostern de helffte thotostellen, wedder botalen vnnd entrychten. Alleß getrwlich vnnd vngeferlich. Demßuluigen also laue wy gedachter Burgermeister vnnd Radtt vor vnß vnnd vnße nakomlinge by vnserenn eren vnnd trwen vnd gudem ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

louen natokamende, dat wy borurden Burgmeister vnnd Radtth ßodanes to steder, vaster vnuorbrakener holdinge vor vnß vnnd vnßer nakomlinge vnßer vnnd der stadtt ingeßegell vnnd ick bmelter Jorge vann Karlewytzs myn angebaren pytzer tho einer wytlickheit ahn dyßen breff dhon hangen, vnnd is durch den kerckheren die houethbreffh vpp dyße vordrachtt vpp de III 1/2 C marken dem Rade wedder thogestellett wurden. Gheschen tho Ghadebusch, ßondagis Marien hemeluardtt, anno dußent vyffhunderth vnnd veertich.

Nach dem Originale, auf Pergament, in Cursivschrift, im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. An Pergamentstreifen hangen:

1) das Secretsiegel der Stadt Gadebusch, in grünem Wachs,
2) ein Ringsiegel mit drei Blättern, deren Stengel in der Mitte zusammenstoßen, oben mit den Buchstaben l. K.


Nr. 3.

Klage der Gemeinde des Kirchspiels Gadebusch gegen ihren Pfarrherrn Joachim von Jetze.

D. d. Schwerin. 1547. Junii 29.

Anno domini dusent viffundert souenundeuhertich, Indictione V, Middewekens ouerst des XXIX dages Junii etc. ., synt vor deme Durchluchtigen Hochgebornen Fursten vnde Hern Hern Johansen, Hertogen to Mekelnborgh etc. ., vnserm g. h., Jn vnserer hiebenedden geschreuenen Notarien vnde getugen kegenwordicheit die Ersamen Vude Vorsichtigen Burgermeistere vnde Radthmenne sampt etzlichen vth ohrer gemeinde der Stadt Godebusch Jn stridiger religionsaken, ßo tuschen deme werdigen vnde Erbaren ern Jochim von Jetzen ohren kerckhern vnde vorgenompten Jn stadt vnde ohren sulues, ock desses des gantzen kerspels nhomen der kerken darsulues erwassen, wo ock hiebenedden genompt werden, Jrschienen, Vnde hebbeu eynen klagebreff vndertheniglich ouergegeuen vnde densuluigenn denstlick gebeden to lesen, wo von worden to worden Jtzt folgett:

Durchluchtiger, Hochgebarner Fursth, g. h., vnße vorplichtige schulde vnnd ghehorßam vnderdenige deinste ßynth E. f. g. vnghespart lyues vnnd ghudes tho uorahn boreith. G. f. vnnd h. Dat wy E. f. g. goth loff vnnd danck myt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ßundem ghelyue vnd luckzeliger woluarth wedder zw heyme ghekregen hebben, deß ßy der Almechtiger got hochgelaueth etc. ., Vnnd khonneu E. f. g. vdt hoger dranckzeliger noeth Clagende nycht vorbergen, wo wy armen lude myt vnßerm Pastorun Ernn Jochim Jeytzen Jn der boßweringe vnnd Hogem Vordruck Jtz Jn dyßen hylligen tydenn gheßettenn, dat Jd ghade Jm hogen hymmell Erbarmen vnnd ßyner gothlichen barmherticheit Vnnd E. f. g. ghenuchzam nycht tho clagen steyt, vuß armen luden ock nycht lenger zw dulden adder zw lyden, Vnd hefft ßyck g. h. alßo togedragen, Dat korthuorschenen Palmßondage Etliche lude myt got dem hernn sick, wie christlich Vnnd Szelichlich, myt ßynem hochwerdigen lychnam vnnd blode vorenigen wyllen, Szo yst gedachter Jeytz, dewyle he dat gheßehenn, dat ßyn predicante dat ßuluige Jn beyderley ghestalt den folcke tho gefende anghefangen, by dat altar ghelopen vnud aldar ein vprur ghemaketh, welches hie Nhw vorme Jar ock ghedan, dat hie de Ostien, alß den lichnam Christi, Wile ße Sacrerth, vor dem Predicanten van dem altar furiose to hope gherapet vnnd dar myt na dem anderen altare ghelopen, vnnd die lude ßuluest berichten wyllen, Szo dat Em dat Sacrament vth der Handt vp die Erden ghefallen, Dar to, g. h., Jn deme ßuluen Jar ßuluesth gheprediget vnnd geßecht: "Sw, dw lopst hen tho Fytelubbe vnnd hen to Szaltze na den lutterschen bouen; ßich den got, den dy de luttherschen dar ghefen, dar wolde Jck myne Szwyne wol myt mesten etc. ., Vnnd Jck wyl dyck myne ßele daruor to pande ßetten, Entfanget mau ßo Jn eyner ghestaltt, dat ydt dar ghenuch ahn sy etc. ." Vnnd Nhw dyt Jar Vorgangen Palm=Sondaghe, g. h., auermal ein Schreeck ghemaket, tho dem Altar ghelopen, dar der Prester den luden dat hochwerdige Sacramenth vorreketh, myt demßulbigen Prester eynen kyff anghefangen vnnd den kelck, dar dat bloeth Jhesu Christi Jngheweßen, vdt daffendigem ghemote vp ghegrepen vnnd tho dem Munde gheßettet, ßuluesth vdt drincken wyllen Vnnd ßick noch bodachtt vnnd die khannen myt dem Wyne ghenamen, den wyn dar to hen Jn den kelck to dem blode her Jn ghestortett, dat ydt schwmede, Jck ßwige etc. ., So dat die lüde, die dar by sthunden vnnd thom hochwerdigen Sacrament ghan wolden, gantz ßeer vorschrocken Vnnd nycht anders ghemeinth, ßie scholden van sthundth Jn die Erden gheßuncken, Dar to, g. h., deßuluen lude do uorth gedachten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jeitzen noch flytich ghebeden, hie muchte ßich doch bodencken vnnd En dat hochwertige Sacrament alß denn lyff vnnd dat bloeth Jheßu Christi (dewile id der almechtige goth also to uorgefinge vnßer ßunde nagegefen vnnd Jngheßettet) vorreken laten, Darup he gheanthwerdet, hie wolde En den helschen Duuel gefen, G. f. g.; dat wy armen lude ßo ghelich wie heyden vnnd torken leuen mothen, dat deme almechtigen vader vnnd E. f. g. alß vnserm g. l. f. vnd hernn vdt demodigem herten mothe gheclagit ßyn, dat wy armen Vnderdan Jn dem Vordruck deß boßen Vyendes ßweuenn mothen, g. h. f., wo wy armen lude myt Jeytzen Jn der boßweringe lenger lyggen schollen, bofruchte wyr vnß, dat wyr einmal vp grote ßorge vnnd moye myt Em khamen muchten, Denne wy khonnen Von Jm den auermoeth nycht lenger vordragen, ßo hie myt vnß armen luden, dat wy E. f. g. vp dyt mal ghenuchßam, wo hie myt vnß vmbgeit, nycht vdtdrucken mogen, wyllen derhalfen E. f. g. alß vnsern g. l. f. vnd h. gantz vnderdenich vnnd lutter vmb diß bytter lydendis Jhesu Christi wyllen vdt hertlichem ghemote ghebeden hebben, E. f. g. die wyllen doch dyt vnße klegelich byddent vnnd vnße vnßelich vnnd vnkristlich leuent guetlich bohertzigen vnnd außehen vud vnß doch myt einem ghelerden predicanten boßorgen, dat wy doch ock wie ander lude christlich leuen mochten, Denne, g. h., der Jeitz haet wol ßo felle ahn Egenen bwren, houen vnd acker vnnd Pechten, daß Ehr dar wol dreffalt einen Predicanten von holden khan, g. h. f., wyr armen lude wyllen E. f. g thor auerflot gebeden, Jw. f. g. die wyllen den auermoeth, ßo vnß van Jeytzen wedderfareth, styllen, denne wy khonens van Em nycht lenger vordragen, vnd wyllen E. f. g. dyße artikel heym gestellet vnd tho gnedigem ghedenck geghefen hebben, wat E. f. g. hyr uth boßinnen vnd maken wyllen, darmyt wy J. f. g. dem almechtigen Jn langer gheßuntheit vnnd luckzeliger woluart wyllen bofalen hebben. Datum Jn E. f. g. stadt Ghadebusch, Sondagis na Jo., Anno etc. . XLVII.

J. F. G.

Ghehorßam arme
vnderdann

Borgermeister vnd Raethmanne     
vnd gemeine Jn E. f. g. stadt          
Gadebusch.               

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  Dem Durchluchtigen Hochgebarnen
Fursten vnnd Hernn hernn Johanßen
Albrechtten, hertzogen zw Mecklenburch,
Fürsten zw Wenden, Grauen zw Tzwe=
rin, Roßstock vnnd Stargertenn der
lande hernn,
          Vnßerm g. h. vnderdenich g.

Alse nhu sodan vorangetogete klageschrifft ouerall verstendichlich gelesen vnde die sake, wo dar Jnne vermerkett gantz fele sorchsam vnde vhast wichtich, ßiut darvmme die suluigen klegere nicht alleine durch ohren hochgemelten Landtsfursten, dan ock durch Vnserer eynen Notarien tor ouerfludt by ohrem eydhe, darmit sie vnde ein Jder ohrem Landtsfursten verplicht, ohre sele selicheit betrachtenn wolden vnde scholden noch Vmme gnade, gloffte, gifft vnde gaue vnde sunst anderer rechts gebrugkligen gemeynen warninge angeholden, die warheit ohrer klacht schonen etc. ., Sunder ßowoll vor ohre kegendeill alse sick war seggen etc. . Dar tho hebben sie alle vnde ein Jslicher von ohn geanthwordet, datt alle wes ohre gelesene klageschrifft Jnhelt vudt vermagh, willen sie alle standthafftich dargedann vnde vngewandelt Ja hebben vnde enthlick dar by bliuen, wente sie hebbens sulues also touersichtichlich pro caussa scientie aldus gesehen vnde gehordt vnnde alsß war ruchtich gespordt etc. . Darvmme ohn ock nach Rechtsform vnde gebruck darmitt ahn sich to holden geboden etc. . Die Jennigen ouerst, ßo vonnem Ersamen Rhade der gemeinde vnde gantzen kerspels wegen der Stadt vnde kerken to Gadebusch to bouennberurter sake geschickt, ßint nhamhafftich dusse nhageschreuene:

kersten Kolbow burgermeister
kersten ploch burgermeister
peter rheme Rathman
Paul krywiße rathman
Hans schulte Stadtfoget
Hinrick bußekiste
Hans köler
Laurentz schunemhan
Herman Euerdes.

Vp sodane schrifftlicke vnde mundtliche belantenisse aller vnde Jslicher Vorgeschreueu hefft hochgemelter Vnser Gnediger herre my mit vndergeschreuenen mynem mitt Notaren syner Furstlichen gnaden eyn edder mher gemeyne Jnstrumente to fertigen vnde maken gesunnen. Geschen tho Tzwerin vppem Furstli=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

chen Huße dessuluigen Fursten vnde hernn, Am Jare, Dage vnde Jndiction, wo alle bouen geschreuen, Jn bywesende vnde kegenwordicheit der Erbarenn vnde Vhesten:

Achim rho e r Hoffmarschalck
Christoffer Metzradth
Leffin von Camptze
Mauritz Lynstow

semptlich Furstlichen Hoffdenern to dussem handell geheischeten vnde gebedenen getugenn.

Et ego Andreas Bekerher Notarius publicus ad huiusmodi premissum querelosum et superfitiale examen atque dicta eorundem conquerentium et deponentium conscribendorum cum Connotario meo infrascripto legitime requisitus, Ideo in euidens testimonium fideliter hec manu mea conscripsi et subscripsi.

Nach dem Original=Notariats=Instrumente im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Die abschriftlich eingeschaltete Klageschrift der Gemeinde ist hier nach dem Originale, welches dem Notariats=Instrument auch anliegt, buchstäblich wiedergegeben.


Nr. 4.

Inventirung der Kirchen= und Pfarrgüter zu Gadebusch bei der Absetzung des Pfarrers Joachim von Jetze.

D. d. Gadebusch. 1547. Aug. 10.

Jnuentarium der kirchenn gutter vnd klenott ahn Monstrantzen, kelchen, Meßgewandt inn der kirchenn, auff dem Rathhauß vnd auff der Pfar zu Gadebusch in absetzung Jochim Jetzenn auff Laurenti (10. Aug.) Anno etc. . XLVII durch Szigmundtt von Esfelth, in beysein deß Cuchmeisters vnd gantzen Rhatts, befunden ist.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Jtem in der kercken.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

I Altar jegen dem wigelsteine, is nychts dar by, de hefft Jeytz gheopenth.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I Altar in Sunth Annen kappellen, hefft de kerckher gheopent, dat hefft de Muntemeister inne.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

I lheen jegen dem hogen Altar boßit der kerckher Jeitz, scholde der kappelan hebben, vnd is deß hylligen krutzes Altar, dar by ghefunden II brune kamlut ghemißgewant, I roth ßindel mißgewanth, I Corporall, II altarlaken vp dem altar, I Scrin myt breuen, de ßuluigen togeßegelt dorch den Renthemeister vnnd den karckßwaren aueranthwerdeth.

I Altar gheheten dat fromissen altar, ghehort dem kerckhernn vnnd yst der fursten.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Jtem weß ich vp der wedeme von Jochim Jeitzen entphangen habe, in byweßen des kuchmeisters vnnd gantzen Rades.

I kapßelken, darinne boßlossen der kyrchen vnd phaffen Register, dat ßulbige vorßegelt zw myr ghenhamen.

Noch II kaßell vnnd II kynder kappen, de ßulbigen dem koster vberanthwerdet.

I bybell, de Er auss der kyrchen ghenammen.

Noch eynen boßlaten korff von Jeitzen in kegenwardicheit der ßulbigen entphangen, den thogeßegelt, darinne etliche ßegell vnnd breue boslaten, mynem g. h. thodrechlich, welche ich nych bhoßehenn, vnnd bokant, daß Ehr by ßyner ßelicheit kheine mher by sych haeth edder von keynen mehr weith.

Noch II misszeboke entphangen, de he vdt den altaren ghenhamen, welche he in der kyrchen gheoffenth hedde.

Jtem szo haeth Jeytz vp der wedemen ghelasszen:

XII tynnen khannen guth vnnd boße.
VI stope u. s. w.


Nr. 5.

Der Rentmeister Sigismund v. Esfeld bewirbt sich für seinen unmündigen Sohn Ulrich um die Anwartschaft auf die erledigte Pfarre zu Gadebusch.

D. d. Parchim. 1547. Sept. 1.

Durchlauchtiger, Hochgeborner Furst. E. F. G. ßindt Mein vntherthenigk Dinnst Jn aller Vntherthenigkheitt vnge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

spartts vleis zuuor. Gnediger Furst vnd her. Weil denn Jtzo die Pfar zw Gadebusch Vmb Jetzen etwan kirchhern daselbst Vnchristlicher, schendtlicher Verwirckung halben hatt musßenn Ledigk gemacht vnd Nun widerumb mit Cristlichenn Pastorn, wie gottes Ordnung vnd beuelch mitbringtt, soll vnd musß Verßorgtt werden, Jst an E. F. G. alß meinen gnedigen Fürsten vnd hern Mein vntherthenigs bitten, E. F. G. Wollenn mich mitt gnediger Furschrifft An E. F. G. Vetternn Vnd Hern Hern Johanß albrechten, Hertzogkh zu Megkellnburgkh etc. ., Meinen gnedigen Fursten vnd Hern, Daß J. F. g. solche Pfar Auß gnaden Meinem Szhon Vlrichenn gnediglich verleihenn wollenn, gnediglich verßhenn, Dan ich Szolche Pfar mit einem gelertten Cristlichenn Prediger, Daran Sz. f. g. vnd alle der Pfar Zuhorenden gnedigs vnd guts gefallen tragen soll, versehen wil, Auch bemelthen Meinen Szhon Vom Absent (?) zw studiren Biß zu seinen Mundigen Jarenn Halten, Vnd Szo solcher aißdan Dass Amptt zu brauchen nicht Annemen wurde oder nicht tuglich Darzu wher, Szo soll sie widerumb Reßingnirtt werden, Will aber gott trawen, Derselb werde Jhm gnad vnd Barmhertzigkheit zur lher verlihen, E. F. G. wollen Hirum Mein g. f. vnd her ßein, Szich Deß gnedigklich nicht beschweren, Daß Erkhen ich mich Jn aller vntherthenigkheit gegen E. f. g. zu uordienen schuldigkh, will auch ab got will Vnthertheniglich mit vleis befunden werden. Bitt E. F. G. gnedige Antworth. Datum Parchim, Am tagk Egidii, Anno etc. . XLVII.

E. F. G.   
Vntertheniger
gehorsamer
     Szigmudth Von Esfelth.

Dem Durchlauchtigen, Hochgebor=
nen Fursten vnd Hern, Hern Mang=
nussen, Hertzogen zw Megkelluburgkh,
Fursten zw Wenden, Grauen zu Schwer=
rin, Rostock vnnd stargardth Der Lande
hern etc. .
Meinem gnedigen Fursten vnd hern.

Nach dem Originale, im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Daselbst wird auch noch das Vorschreiben des Herzogs Magnus an den Herzog Johann Albrecht d. d. Grabow am Sonntage nach Egidii aufbewahrt.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III.

Des

Dr. Johann Knutzen

Gesandtschaftsreise

an

den Kaiser Carl V. in Italien
im Jahr 1533,

von

G. C. F. Lisch.


I n den Jahrbüchern XXIII, S. 91 flgd. ist ein Gesandtschaftsbericht und Tagebuch über den Reichstag zu Regensburg Julii und August 1532 mitgetheilt, welcher äußerst wichtig und belehrend ist. Es ist a. a. O. zwar erkannt, daß dieser Bericht sehr werthvoll, von einem Meklenburger verfaßt und an den meklenburgischen Hof eingeschickt sei; jedoch konnte damals der Verfasser nicht ermittelt werden. Dies ist jetzt gelungen, da ein von derselben Hand geschriebener und mit dem vollen Namen unterzeichneter Bericht über eine Gesandtschaft an den Kaiser Carl V. in Italien entdeckt ist, welcher die Verhältnisse völlig aufklärt.

Der Verfasser des regensburger Reichstagsberichts vom J. 1532 in den Jahrb. a. a. O. ist der Dr. Johann Knutze oder Knutzen, Domherr zu Schwerin, Lübeck und Schleswig, Propst zu Lüneburg, Pfarrer zu S. Marien in Wismar und Inhaber sehr vieler kleiner Pfründen 1 ). Dieser Mann, welcher am 3. Junii 1546 starb und zu Lübeck begraben


1) Vgl. Jahrb. XIV, S. 33 flgd. - So z. B. zu Gadebusch "de Capelle to dem hospitall hefft Doctor Johannes Knutzen, von hertzogk Albrechtenn vorlent."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

liegt 1 ), hatte sehr bedeutende Fähigkeiten und Erfahrungen und hing mit diesen in aller Kraft und Zähigkeit dem papistischen Glauben an, weshalb man ihn auch den "König der Papisten" nannte. Er war ohne Zweifel der letzte bedeutende Papist in Meklenburg und wahrscheinlich der bedeutendste von allen in Meklenburg während der Reformation. Daher diente er auch in diesem Sinne dem Herzoge Albrecht dem Schönen von Meklenburg zu Güstrow, welcher mit seiner Gemahlin Anna von Brandenburg um das Jahr 1530 zur papistischen Kirche zurückkehrte 2 ) und bis zum Tode (7. Jan. 1547) strenge darin verharrte. Der Hebel zu den vielen merkwürdigen Vorgängen am güstrowschen Hofe war ohne Zweifel der Dr. Johann Knutze, welcher schon früh in herzoglichen Diensten stand, aber vorzüglich seit dem J. 1530 seinen Einfluß geltend machte und dem Herzoge nicht nur in kirchlichen Angelegenheiten rathend zur Seite stand, sondern auch in dessen vielfachen politischen Angelegenheiten in der wichtigsten Zeit als Diplomat mit Eifer diente. Er war des Herzogs Albrecht beständiger Gesandter zu zahlreichen Höfen Europas und Versammlungen und hatte bei bedeutender Geschäfts= und Personen=Kenntniß alle wichtigen Angelegenheiten des Herzogs in seiner Hand. Er war schon vor dem J. 1525 3 ), wahrscheinlich als Secretair, am Hofe, da er unter den Räthen, welche Hofkleider erhielten, zugleich mit dem Dr. Nicolaus Marschalk Thurius († 1525) und dem Leibarzt Dr. Rembert Gilzheim (vor 1535) aufgeführt wird.

Schon im J. 1530 begleitete er den Herzog Albrecht zu dem berühmten Reichstage zu Augsburg, auf welchem die meklenburgischen Herzoge sich nicht an der augsburgischen Confession betheiligten; Knutze war zwar nicht unter den Räthen und Hofdienern des Herzogs Albrecht, jedoch im Stillen wirkend in Augsburg gegenwärtig und wohnte eine Zeit lang mit dem ihm ohne Zweifel geistesverwandten Canzler Joachim von Jetze in Augsburg zusammen 4 ). Im J. 1532, als sich die lutherische Reformation schon siegreich Bahn gebrochen hatte, schickte der Herzog ihn als Gesandten an den Reichstag


1) Vgl. Jahrb. X, S. 196.
2) Vgl. Jahrb. XXII, S. 15.
3) Der Herzog Albrecht verlieh ihm schon im J. 1526 die herzogliche Vikarei auf dem Schlosse zu Neustadt, nach dem Visitations=Protocolle vom J. 1534: "Vor Nienstadt vp dem Schlate is I furstenlehn, Besitter Doctor Johannes Knutzen, eme durch hertzogk Albrechten verlenet Anno etc. . XXVI."
4) Vgl. oben über den Canzler Joachim von Jetze, S. 19.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu Regensburg 1 ) wegen eines General=Concils; hier machte er die Bekanntschaft des Cardinals Campegius, welcher schon 1525 die Unterdrückung der Reformation in Meklenburg betrieb 2 ) und mit Knutze in Verbindung blieb.

Das nächste wichtige Ergebniß dieser Forschungen ist nun, daß in einer sehr wichtigen, entscheidenden Zeit auch die Staatsgeschäfte des Herzogs Albrecht in den Händen zweier papistischer Geistlichen (Knutze und Jetze) lagen.

Das in Jahrbüchern XXIII, S. 91 flgd. mitgetheilte Tagebuch über den Reichstag zu Regensburg ist nun von Johann Knutze eigenhändig verfaßt und geschrieben und gewinnt dadurch ungemein an Wichtigkeit.

Nachdem nun die Stellung und die Handschrift des Dr. Knutze entdeckt ist, mag es auch gelingen, seine Wirksamkeit, welche äußerst wichtig ist, weiter zu verfolgen, und werden die bisher erforschten Nachrichten feste Grundsteine dazu liefern. Ueber die Herkunft und das Leben dieses wichtigen Mannes ist bisher wenig bekannt geworden. Möglich ist es, daß er ein Schleswiger war, da er auch die Würde eines Domherrn zu Schleswig bekleidete, und aus der dortigen vornehmen Bürgerfamilie Knutsen stammte 3 ); jedoch läßt sich hierüber noch nichts Bestimmtes aussprechen.

Im J. 1533 schickte der Herzog Albrecht den Dr. Johann Knutze über Frankfurt und Speier nach Ober=Italien, um bei dem Kaiser Carl V. viele Angelegenheiten zu betreiben, bis der Kaiser nach Spanien ging. Knutze folgte vom 14. März, über Trient, immer der Reise des Kaisers nach Mailand, Alessandria und Genua, und trat auch mit dem Cardinal Campegius in Verbindung. Der hier folgende Bericht über diese Gesandtschaft, welcher von Knutze eigenhändig in seiner kleinen, sehr schwer zu lesenden Handschrift geschrieben ist und durch seine Namens=Unterschrift zur Entdeckung seiner Handschrift geführt hat, ist der eigentliche Gegenstand der gegenwärtigen Mittheilung.



1) Vgl. Rudloff Meklenb. Gesch. III, 1, S. 75.
2) Vgl. Jahrb. VI. S. 222.
3) Vgl. Westphalen Mon. ined. IV, p. 3359, mit Famlien=Portraits.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Des Dr. und Domherrn Joann Knutzen Bericht an den Herzog Albrecht von Meklenburg über seine Gesandtschaft an den Kaiser Carl V. in Italien.

D. d. Mailand. 1533. April 14.

Durchluchtiger, hochgeborner furste, gnediger her. Juwer furstliken gnaden synt myne ganßwillige gehorßame denste stedes vorahn boreith. Gnedige furste vnde her. Jck twiuel nicht, J. f. g. hebben myne breue vth Franckfort, Spyr gegeuen, entfangen, vnde kan J. f. g. wider nicht bergen, dath ick nach dem willen gades, wowol by wegelanck etliker mathe ganß swack gheweßen, am XIIII. in Martio to Trendth ingekamen, darsuluest nha dem Cardinal, in meninge J. g. warue vnde beuel, offt syn g. J. g. breue an Doctor Mathias gesanth, natokamende, ßo was syn g. van dar vor etlyken dagen in Osterich na dem Romischen koninge vorrucket, vude byn nach entfangener kuntschup, alße dath Ke. Mtt. vppe dusse syth Allexandrien noch syn schulde, vpgeseten vnde na Meylandt geredenn. Alße ick darsuluest am 18. in Martio in quam, was vor IIII daghen ohre Mtt. na Pigrucii myth dem hertogen van Meylanth in die jacht gereden. Dewyle myne perde mode vnde affgereden, byn ick dorch de post wente dar gekamen. De keyßer was dar, auerst doctor Mathias edder de cantzeler nicht. Des andern dages reth K. Mtt. na Valrutz, horth dem hertogen van Meylandt tho, vndt ßo vp Allexandrien, dar henne ick dorch de post in eynem dage reth. Am XX. dessuluigen Mantes quam Ke. Mtt. in Alexandrien vnde doctor Mathias am XXII, voruogede my by ohne, aueranthwordede ohm J. g. credentie myth aller instruction der articulen nach J. g. beuel, brochte idth ßo vor, dath he am 24 to pallaß toch, was myth ohm dar van III wente to VII vppe den auenth, kunde neue audientie krygenn. Darsuluest to Allexandrien krech ick mynes dynges eyn affscheth, muste J. g. sake haluen doctor Mathias synem beuel vnde gudtbeduncken nha wente to Genua volgen, dar ick hen reth dorch de post, was vul nha vmme den halß gekamen, byn des dodes ßo na ny gheweßen, quam darsuluest am XXVIII Martii, dede mennichuoldige anroginge, was myth ehm III edder IIII mal to pallaß, kunde nycht vorkamen, ist mandages nha palmarum (7. April), donsuluest gaff he my dusszen boscheth: Erstlich, dath he hadde van dem Cardinal van Trenth J. g. breue entfangen, wulde ouerst nicht ßo syn, wo J. g. mende, kunde edder muchte derhaluen by Ke. Mtt. nichtes

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vthrichtenn, myth widern worden etc. . Tom andern an de Commissarien auermals tho schriuende, flitlich vpßenth tho hebbende, J. g. myth dersuluigen Juwen g. broder gudtlich edder rechtlich mochte entscheden werden, achte Ke. Mtt. billich, hadde ock datsuluige ohm doctori Mathie ernstlich beualen, ouerst de doctor entschuldigede syck, kunde dar nicht sehen, muste volgen in Hispanien, welker ick my beswerde. To dem drudden myth den Hollendern etc. . nam ohre Mtt. myth hogenn gnaden ahn vnde wyl ßodanes vm J. f. g. myth allen gnaden vnde guden bedenken vnde wyl na ripem bedenckenth darup J. g. vnde dem Churfursten van Brandenborg wider schrynen. Koning Christians frouchen Koning fredericks ßone tho vortruwende, koninck Christian to gude, leth syck Ke. Mtt. wol geuallen, myth dem jungesten frouchen, dewyle dat oldeste dem hertogen van Meylandth togesecht. Dath ouerst Ke. Mtt. ßodanns jegen alle anderen schulde beuele, beswerde sick, ohre Mtt. wolde nichten van sick suluest ßodanns vornemen, lete ohre Mtt. wol gheschenn, doch ßo wolde ohre Mtt. dat in eyn bedenckenth nemen vnde darup J. g. wider schryuen.

Des tollens haluen wollde ohre Mtt. ock yn eyn bedenckenth nemen vnde vp wider ansokenth J. g. eyn gnedich boscheth geuen Doctor Mathias mende, mhen worde J. g. ßodanns nicht affslan, de sick erbuth vnde erbaden, J. g. in deme vnde anderen to denende.

Szo vel der bewillinge des vordrages myth J. g. ohme van Sasszen belangeth, kunde der acht haluen nichtes gheschenn, wanner he wedderumme der entleddigeth, muchten J. g. wider antoginge doen edder doen laten by Ke edder koninglike Mtt., worde ane twiuel nenen mangel habbenn. Ke. Mtt. werth J. g. radth schryuenn.

Vppe de andern articule der lutterschen hendele haluen kunde ick nhen boscheth edder antwerth erlangen. De sake suth my alßo ahn, vormarke ock nycht anders, sunder dath mhen werth vnde wyl dusche Nation in ohren vprorischen hendelen vnde vnencheith blyuen lathenn, in touorsicht, sick dar dath suluesth werde reformeren. To Bononien, ßo ick vorsta, ys ethwes jegen etlyke fursten sollicitiret vnde am dele upgebracht, wowol nichtes sunderges; wolde wol ick tho huß ghebleuen were, befruchte my, wowol dar nicht to der stede gheweßen, dath men my wat vordechtlich helden, mhen werth dath anders vinden; de dat gethan hebben vnde doenn, werden des wol stendich ßyn, synth des ock wol bekanth.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Doctorn Hoetfilter hebbe ick nergens gefunden, hebbe ehm J. g. credentie myth Campegius des cardinals synem breue vnde J. g. meninge scrifftlick dorch de post togeschicketh, de suluige werth J. g. edder my kortlich anthwerden.

Jck hebbe ock, gnedige furste vnde here, doctor Mathias eyn memorial lathenn van den articulen vnde J. g. beuel vnde eynem van Ke. Mtt. trabanten Hans Torne genanth, is J. g. vnderdane van Nigenbrandenborch, wolde dath ick J. g. den vor eynen dener ghewunschet hadde vp J. g. hußer eyn, beualen, by doctor Mathias autoginge tho donde, dath ick my wyl vorßenn, dath J. g. eyn gudt boscheth vth dem haue bekamende werth, wo auerst nycht, kan J. f. g. alle dynck in koningliker Mtt. haue vorder sollicitiren vnde vpbringen.

Jck wyl my eyn tydtlanck, ßo verre ick gelt bekamen kan, in welsche landth vorßeen, dar nha in eyn bath rucken vnde vorth na dem borgermeister, wo nhu desuluige my in koninglike Mtt. hoff schyckende worde, wyl ick mynen plichten nha J. g. in deme haue ock truwelich denen, wenner my J. g. scryfft, vnde J. g. schickt gelt by der sake.

Nigetidinge ßo vorlepich, befinden J. g. vth ingelechter cedulen.

Gnedige furste vnde her, yck byn in der vnderdenigen thouorsicht, J. f g. hebben myner gnedichlick gedacht vnde werden noch gedencken vnde myn gnediger her syn, my gnedichlick entschuldiget nemen, dath ick J. f. g. nicht ehr vth welsche lanth geschreuen hebbe, kunde dar tho nicht kamen, ehr ick boscheth hadde, ock kunde ick nene bodscup bekamen. Ke. Mtt. leth alle post vpnemen vnde affschryuen vor ohre Mtt. afftoge van Genua. Wes sust mher vorlopeth, schal J. f. g. vnuorhalen nycht blynen vnde beuele hyr myth J. f. g. myth dersuluigen gemal myner g. frawen dem almechtigen vnde my ganß vnde gar J. f. g. vude dersuluigen gemal.

Datum Meylandth des mandages in den paschen ao. XXXIII.

Jck wyl g. h. vor gudth achten, J. f. g. schryue dem Cardinal nach Trendt, dewyl de by Romische koninglick Mtt. ys; he werth baldt torugge vthruckken.

J. F. G.   
vnderdeniger Capellan
Jo. Knutze.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dem durchluchtigenn hochgeborenn
furstenn vnde herrnn herrn Albrechten
hertogen tho Meklenborch, furstenn tho
Wendenn, graue tho Szwerin, Rostock
vnde Stargarde der lande here, mynem
gnedigen herrn vnderdenichlich.
   Jm lande tho Meklenborch, syne
   gnaden to egen handen.

Nach dem Originale, auf einem Bogen Papier, ganz von der Hand des Dr. Johann Knutzen, ohne Siegel, im großherzogl. meklenburg. Geh und H. Archive zu Schwerin.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV.

Ueber

die Reformation zu Stur

und

die Verwaltung der Sacramente

in der ersten Zeiten der Reformation,

von

G. C. F. Lisch.


D ie actenmäßigen Nachrichten über die Einführung der Reformation sind äußerst selten und daher ist die Erkenntniß des Entwickelungsganges der großen Begebenheit noch immer nicht völlig klar. Bei dem gebildeten und festen, wenn auch gemäßigten Willen des Herzogs Heinrich des Friedfertigen und seines jungen Sohnes Magnus, Administrators des Bisthums Schwerin, so wie bei der fast durchgängigen Unfähigkeit der papistischen Geistlichkeit hielt es nicht sehr schwer, die evangelische Predigt im Lande durchzusetzen; entschiedenen und heftigen Widerstand fanden die evangelischen Prädicanten bei den papistischen Pfarrern aber in der Verwaltung der Sacramente, namentlich des Altars, welche nicht selten die allerheftigsten und ärgerlichsten Auftritte 1 ) veranlaßte. Die katholischen Pfarrer behaupteten nämlich, daß nur ein vom Bischofe katholisch geweiheter, "gesalbter" Priester das Sacrament des Altars verwalten könne und dürfe, und daher waren die evangelischen Prädicanten oft genöthigt, sich dazu einen katholisch ordinirten Priester neben sich zu halten, namentlich auf dem Lande, wo es an einer größern Gemeinde fehlte, welche durch entschiedenen Ausspruch das Wirken des Predigers unterstützen konnte.


1) Ein belehrendes Beispiel giebt das anstößige Benehmen des Pfarrers Joachim v. Jetze zu Gadebusch; vgl. S. 27 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein belehrendes, seltenes Beispiel 1 ) giebt die Reformation zu Stur. Die v Flotow auf Stur waren sehr früh protestantisch geworden; es werden die Brüder Dietrich 1505-27, Hartwig 1505-15, Jaspar 1505-27 und Melchior 1505 auf Stur genannt. Schon um das Jahr 1524 oder 25 hatten sie einen lutherischen Geistlichen, Cyriacus von Bernburg, als Lehrer ihrer Kinder bei sich aufgenommen und ihm dabei die Predigt des Evangelii erlaubt, weil die Geistlichen zu Stur "gar ungeschickt und ungelehrt" waren. Er hatte so 5 bis 6 Jahre gewirkt, als ihm die Flotow die Pfarre verliehen, an welcher er zwei Jahre lang das reine Evangelium predigte. Aber es war

"in Meklenburg keine gewöhnliche Weise für die Prediger des Evangelii, die Sacramente des Altars ohne Zulassung der Bischöfe zu celebriren,"

und Cyriacus von Bernburg hatte sich

"zur Ministrirung der Sacramente einen gesalbten Capellan um der Schwachheit des Volkes willen neben sich halten müssen,"

da das "gemeine Volk die Sacramente nicht gerne anders als von Gesalbten empfing."

Deshalb bat Cyriacus von Bernburg am 5. Junii 1532 den Herzog Heinrich, ihm die Verwaltung der Sacramente durch Einführung durch den Prediger zu Plau übertragen und ihn an das ganze Kirchen= und Pfarramt weisen zu lassen. Der Erfolg dieser Bitte ist nicht bekannt, aber es ist nicht zu bezweifeln, daß der Herzog die Erfüllung des Wunsches gewährt habe, da im J. 1532 die Reformation schon ziemlich feste Wurzel geschlagen hatte.

~~~~~~~~~~

1) Vgl. Anlage.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 57 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage.


Der Pfarrer Cyriacus von Bernburg zu Stur bittet den Herzog Heinrich von Meklenburg, ihn in seinem evangelischen Pfarramte zu bestätigen und ihm die Verwaltung der Sacramente und übrigen kirchlichen Amtspflichten zu übertragen.

D. d. Stur. 1532. Junii 5.

Dorchluchtiger, hochgeborner furste, gnediger herre. Myne vnderdenige, gehorsame, plichte deinste syn j. f. g. stets thouorn. Gnediger herre. Jck armer j. f. g. vnderdane geue j. f. g. hirmit vnderdenichlich tho yrkennen, wo ick nu eyne tydt lanck vngeferlich viff edder sos jar by den Erbarn den Flotowen thom Stur erhe kynder tho vnderwysende erholden geworden Vnde etliche tydt darnha van den Flotowen, alße mynen gunstigen junckern, deme Euangelio tho stur vnd hulpe (dewile ßie gar vugeschickte vnd vngelerte der schrifft yn erher kercken thom Stur gehat), vth sonderliker gunst vnde deinstbarheit my die vorbemelte kerken vorlenth vnde thogesecht ys worden, Derhaluen Jck denne (nachdeme dat arme Volck thor kercken gehorich van solchen vngelerthen pastorn der schrifft klechlich voruoreth) vororsaket vnd van Ampts wegen (dewyle ick my der kercken angenamen) vnde ock vth Christliker leue nicht hebbe konnen vnder wegen lathen, sunder dy armen lude der kercken thom Stur nach gnaden mynes vorstandes vnde vormogens myt wethen vud anfordernth myner Junckern Nu by twen Jaren vngeferlich dath reyne Euangelion gepredigt vnd vorgedragen hebbe. Gnediger Furste vnd Herr, nachdeme denne alhir jn j. f. g. landen tho Mekelnborch beth her die Sacramente des altares neffen deme Euangelio Ane besokinge vnde tholatinghe der Bischoppe anthofangende vnde to celebrieren keyne gewonliche wiße gewesen Vnde ick derwegen beth her tho ßodanen Sacramenten ministriren eynen gesalueden Cappellan vmme swackheit willen des Volckes vp mynen grothen schaden hebbe neuenst my holden mothen, denne de kercke thom Stur des vermogens nicht ys, eynen Cappellan tho holdende, Szo sin doch j. f. g. (gade pris vnd danck) wol des vorstandes jm gades worde gegrundeth, Dat dye Sacramenta des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 58 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

altars vth deme Euangelio vnde nicht dat Euangelion vth den Sacramenten fleten vnd kamen, denne dat worth yn dessen vnsen christliken saken dat rechte houeth ys, Alßo wol dat worth vth gotlicher gnade vnde eschunge driuen kan, mach ock wol de volginge vth deme worde driuen vnd handelen, ane besokinge der wielbischoppe erhe kresem vnd ansmeringe tho halende, Szo hedden de gemeine vnd Christlichen broder, de my thom Euangelio geeschet hebben, wol wider macht (wo des j. f. g. wol vorstendich ys), my tho den Sacramenten vth deme worde volgende, der gemeyne darmith to denende, tho vorordenen, Dewile dene dath gemeine volck ßo deyp yn der vthewennigen saluinge vnde wiinge ßo ßer vordruncken ys, dat idt nich gerne de Sacramente sunder van den gesalueden entfangeth, vnde sunderliken dye gotlosen vele apenspels hyr van vnder dat gemeine volck strowen, de alletydt wath butheweniges schins soken, Dem alle nach, G. h. vnd Furst, Dewile ick denne nu alhir vnder Jwer f. g. herre son hern Magnus, hertoch tho Meckelnborch etc. ., Alße bestetigten Bischoppe von Schwerin, m. g. h. (de wyle hyr Swerins stiffte ys,) eyn tidt lanck dat Euangelion gepreddiget vnde den anfanck der Sacramenta des altars tho mynistriern (vm der swacken willen) nergent anders dan allein by j. f. g., von wegen hochgemeltes j. f. g. herre ßones, alße van m. g. h., tho sokende weth, Denne ßo ick noch van andern bischoppen nach older gewonheit den Jnganck vnd anfanck der Sacramente des altares soken vnd fordern scholde, wolde my (dewile ick solches ym grunde fals wedder alle gotliche schrifft vp loßen wan gegrundet yrkenne) yu mynem geweten eyn grothen anstoth vnde boswer geuen, Nach deme eyn jder, ßo vor ehn den bischoppen derhaluen erschineth, muth lauen vnde beeyden, eren loßen vngegrunten vnd falschen vornemen vnd ordenunge nummer wedder tho redende, sunder tho bekrefftigende vnde tho verfechtende. Gnediger Furst vnd Herr, Js deme nach ahn J. f. g. alße ahn eynen sunderliken lieffhebber der warheit vnd eyn hanthauer des Euangelii myn vnderdeniges biddent, Jwe f. g. wyllen my von wegen hochgemeltes j. f. g. herr ßones, m. g. h, ahne wider ahnsokent anderer bischoppe eynen Jnganck der Sacramenten des altars (dewile idt dorch tholatinge des Euangelii vnde der schrifft wol gescheen mach) gnedichlich vorgonnen, vnde my des j. f. g. schyn (vm der swacken vnde gotlosen willen) by dessen gegenwerdigen gnedichlich (vm des Euangelii willen deme christliken Volcke tho deynste) geuen vnd mythdeylen, dar myt dath ick deme christliken Volke, wo angefangen, suluest mach

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 59 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verstan, de wyle ick des vermogens nicht byn, neuen my eynen Cappellan lenger tho holdende, Wyl ock j. f. g. bauen j. f. g. schin deme preddiger tho Plaw jn jwer g. Stat yn bouel don, dat he my moge alhyr thom Stur dorch eyn predige (went eme vnd my bequeme vnd gelegen ys) vor dem Christliken volcke vnd vorsamelinge van j. f. g. vnd j. f. g. herre sons wegen jn godtlichen Amptest bestedigen, Accesum 1 ) altaris geuen vnde de Sacramente sampt allen anderen kerckenampten beuelen, dar myth dath alle dinck mach ordentlich tho gha, nha der meininge Pauli: Dyt alle schal jn jwer f. g. gefallen stan, dan j. f. g. weth ahn myn vnderrichtent yn dessen vnd anderen saken wol tho handelen vnd vorth tho faren, Jwe f. g. sick yn deme vnbeswerth gnedichlich erthogen, Wyl ick vm j. f g. alße vm mynen g. h. vngespartes flytes, lyues vnd gudes myth mynen armen vordeinste tho vordenen boreith gutwillich vnd vnderdenich gefunden werden. Datum Stur, Middeweken nach Corporis Christi, Anno etc. . XXXII.

J. F. G.   
Vnderdenige vnd
   gehorsame
          Ciriacus von Bernborch.

Deme Durchluchtigen, hochgebaren
fursten vnd heren, hern Hinrich, her=
toghe tho Meckelnborch, furste tho Wen=
den, Grauen tho Swerin, Rostock vnd
Stargarde, der Lande heren, mynem
g. h., vnderdenich g.

Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

 

Vignette

1) d. i. ascensum.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 60 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V.

Ueber

den fürstlich=wendischen Gestüt= und Jagdhof

Pustekow

vor dem Dewinkel bei der Klus,

von

G. C. F. Lisch.


E s ist bekannt, daß in Ungarn und im südlichen Rußland noch heute die Pferde und anderes Vieh in die weiten Rasensteppen getrieben werden, wo sie wild züchten und leben und zum Gebrauche eingefangen werden. Diese Steppen heißen bekanntlich im Ungarischen Pußten. Dieses Wort ist aber nicht magyarisch, sondern slavischen Ursprunges, nach folgender Etymologie: 1 )

Wurzel: pust, verwandt mit dem Sanskrit pust: spernere.
Verbum: pust - iti: lassen, verlassen, loslassen.
Substantiv: puszt', pusztka, bömisch und slovakisch,
pustotins, pustatina, bömisch und slovakisch,
pushawa, windisch in Krain,
puszcza, pustynia, polnisch,
pusczina, lausitzisch,
pustosz, pustyr, russisch,
puslosx, pusxtina, serbisch und dalmatisch,
   überall in der Bedeutung: Wüste,
   Wildniß, sowohl als Steppe, als
   auch als große, wilde, ungehauene Waldung.

1) Diese Etymologie verdanke ich dem Herrn Dr. Cybulski in Berlin, Professor der slavischen Sprachen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 61 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Adjectiv: pust, pusty, verlassen, wild, desertus.
Ableitungen:      pustenik, pushawnek, puszenik, pustiniak,
pustynnik, pustelnik, Einsiedler.
pust-ka, pust-kowie: wüst liegender Ort,
     wüste Gegend.
pustki, pustost: Leerheit, Einsamkeit.

Auch in Meklenburg und sonst in Deutschland herrschte im Mittelalter der Brauch, die Zuchtpferde ("Wilden" genannt) in die großen Urwälder zu treiben, 1 ) und wir finden auch in Meklenburg unter ähnlichen Verhältnissen einen Ort, welcher wendisch Pustekow 2 ) oder abgekürzt Pustow heißt.

Ungefähr eine Stunde von der Stadt Güstrow beginnen große Urwaldungen, welche sich von dem jetzigen fürstlichen Forsthofe Klûs an der Landstraße nach Teterow hin noch jetzt sehr weit ausdehnen. Der Wald wird durch ein Thal, welchen ein Fluß, die Lösnitz, durchfließt, der sich nicht weit von dem Anfange der Waldung in den Nebel=Fluß ergießt, in zwei Theile geschieden, von denen der nördliche der Primer heißt, welcher schon früh (1228) der Stadt Güstrow zur Holzungsgerechtigkeit verliehen ward, aber den Landesherren zum Eigenthum und zur Jagd vorbehalten blieb, der südliche der Dêwinkel heißt, welcher bis heute fürstlich geblieben ist. Dicht vor dem Anfange dieses Waldes Dewinkel und nahe an dem Primer und der Lösnitz lag an dem Nebelflusse in alten Zeiten ein alter fürstlicher Landhof Pustekow, welcher den Fürsten von Werle, später von der Linie Güstrow, gehörte und an das Dorf Rosîn grenzte, in dessen Feldmark das Feld des untergegangenen Hofes Pustekow zum großen Theile aufgenommen ist.

Pustekow heißt nun nach der oben mitgetheilten Etymologie: Wüstendorf oder Einödendorf oder Einödenort, also der Ort an der Pustka oder Puste, d. h. Wildniß. Diese Etymologie wird auf eine überraschende Weise durch die Verleihung des angrenzenden Dorfes Rosin an das Kloster Michaelstein vom 1. Junii 1229 bestätigt, indem das Kloster die "Güter in der Einöde beim Dorfe Rosin" ("bona in solitudine ad villam Resin antiquitus pertinentia") 3 )


1) Vgl. Lisch Geschichte der Pferdezucht in Meklenburg, im Archiv für meklenburg. Landeskunde, 1856, und im Separat=Abdruck.
2) Auch in Pommern liegt ein Dorf Pustekow, jetzt Pustchow, zwischen Treptow a. d. R. und Camin, am Strande. Vgl. Klempin Diplomatische Beiträge etc. ., 1859, S. 325. Die Sprachwurzel scheint übrigens sehr verbreitet zu sein.
3) Vgl. Jahrb. XII, S. 309 und 311.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 62 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geschenkt erhielt. Diese Puste führte früh, sicher schon im Anfange des 14. Jahrhunderts, den Namen Dewinkel. Man könnte versucht sein, den Namen Dêwinkel für die plattdeutsche Form des hochdeutschen Wortes: Diebswinkel, zu halten. Jedoch würde die plattdeutsche Form hierfür Dêwswinkel lauten; ich habe aber nie diese Form, sondern an Ort und Stelle von Jugend auf nur die Form Dewinkel gehört. Es dürfte daher gerathen sein, auch in diesem Waldnamen eine slavische Wurzel zu suchen, welche dem Inhalte nach zu dem Ortsnamen Pustekow stimmt. Die slavische Wurzel diw, diwy, diwoky heißt 1 ): wild, wildwachsend, in der Wildniß lebend, von Thieren und Menschen; diwoke pole heißt: wildes Feld, Steppe, diky, diwoky: wüster Wald, Urwald, oder was oft, namentlich in der Mark Brandenburg, auch Haide heißt, um so mehr, da der Dewinkel mehr Nadelholz, der Primer mehr Laubholz hat.

Vielleicht hat das benachbarte Dorf Rosîn, welches in alten Urkunden freilich oft Resin heißt, auch von seiner Lage den Namen, indem man diesen von rog: Rand, Ecke, Saum, mit der Bildungssylbe — în ableiten und rozîn: einen Ort am Saume, am Rande des Holzes oder durch einen verpallisadirten Ort, von rozin: Pfahl, Spieß, Pallisade, erklären 2 ) könnte.

Auf diesem Hofe Pustekow hatten nun die Fürsten von Werle schon sehr früh ein Wilden=Gestüt, dessen Pferde in den Dewinkel getrieben wurden. Als die Fürsten von Werle am 2. Dec. 1316 3 ) ihre Lande theilten, ward auch bestimmt, daß Hof und Dorf Pustekow mit dem Dewinkel bei der Linie Güstrow bleiben, die Gestütpferde aber zu gleichen Theilen getheilt werden sollten:

"Pustecowe dorp vnde hof vnde de Defwinkel scal licken vnde bliuen in deme dele tho Gustrow, mer de stutperde scole wy like delen."

Das Wort "Stut" heißt 4 ) nämlich im Mittelalter: Gestüt. Auch der Fürst Heinrich der Löwe hatte zu derselben Zeit (1328) ein Gestüt zu Dierhagen bei Ribnitz an der rostocker Haide, welches ebenfalls "stût" hieß, (equitium seu gregem equorum, stût vulgariter appellatum").


1) Nach der mir gütigst mitgetheilten Etymologie des Herrn Dr. Cybulski.
2) Nach der Etymologie des Herrn Dr. Cybulski.
3) Vgl. Rudloff Urk. Lieferung Nr. 98, S. 279.
4) Vgl. Lisch Gesch. der Pferdezucht in Meklenburg, S. 8, und Rudloff. Urk. Lief. Nr. 128, S. 381.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 63 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Fürsten von Werle=Güstrow hatten also im Anfange des 14. Jahrhunderts zu Pustekow einen Gestüthof, welcher ohne Zweifel auch als Jagdschloß diente, da die großen Wälder des Dewinkel und des Primer ohne Zweifel das Jagdrevier dieser Fürsten bildeten, während die übrigen Ländereien um Güstrow schon früh an die Stadt und an Vasallen zu Lehn weggegeben waren.

Der an Pustekow grenzende Hof Rosin war seit dem J. 1229 dem Cistercienser=Mönchskloster Michaelstein 1 ) bei Halberstadt geschenkt, welches in Rosin umfängliche Culturanlagen, z. B. eine Walkmühle und eine Kornmühle, hatte; und so hatten die Fürsten nahe bei ihrem Jagdschlosse auch eine namhafte geistliche Stiftung.

Von diesem alten Gestüthofe zu Pustekow zeugen noch die Namen der Wiesen im Dewinkel. Im Jahre 1709 werden von dem "Pustowschen Felde" unter den "Wiesen, so die Holzbauern müssen abmähen, hinter dem Dewinkel" noch die "Studtwiese an der Hoppenradenschen Scheide und die Kälberwiese hinter den Pustowschen Hopfendämmen" genannt.

Durch die Entdeckung dieses Hofes Pustekow erhält die Werlesche Fürstengeschichte eine überraschende Aufklärung. Der Fürst Nicolaus II., der Vater des Fürsten Johann III., welcher am 2. Dec. 1316 mit seinem Oheim Johann II. die werleschen Länder und das Gestüt zu Pustekow getheilt hatte, erhielt die im Mittelalter so sehr verbreitete Aussatz=Krankheit. Kirchberg in seiner Reimchronik C. 178 erzählt davon weitläuftig, daß der Fürst weit umher reisete, um Befreiung von seinen Leiden zu finden; sein Wunsch ward zwar nicht erfüllt, jedoch erhielt er in Montpellier guten Rath, so daß die Krankheit auf längere Zeit gestillet ward. Er konnte aber seinem Lande nicht wie früher vorstehen, sondern sah sich veranlaßt, die Regierung niederzulegen:

im wart doch die gnade
nach der wysen meystere rade,
daz die suchede sundir nyd
wart gestillet lange czyd;
abir her inkunde sundir wan
dy lant so genczlich nicht virstan
als her hatte getan vur ee,
auch virsuchte hers nicht me.


1) Vgl. Lisch in Jahrbüchern, XII, S. 4 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 64 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hiezu giebt nun der um das J. 1375 angefertigte fürstliche Stammbaum zu der Parchimschen Genealogie (in Jahrbüchern XI, zu S. 26) die seltene Nachricht:

Nicolaus leprosus factus in Pustecowe obiit.

Der siechende Fürst legte also seine Regierung nieder, zog sich auf den Hof Pustekow zurück, wo er im J. 1316 an der Krankheit starb. Es kann keinen Zweifel leiden, daß mit "Pustecowe" in der Stammtafel der Hof Pustekow beim Dewinkel gemeint sei, welcher also doch so eingerichtet war, daß ein Fürst dort in seiner Zurückgezogenheit wohnen konnte.

Die genaue Lage des fürstlichen Hofes Pustekow oder Pustow hat sich nun noch ganz bestimmt erforschen lassen. Der Hof Pustow lag dicht neben dem jetzigen Forsthofe Klueß oder Klûs, 1/2 Meile von Güstrow, und bildet einen Theil des Ackers des Forsthofes. Dicht hinter dem Forsthofe Klueß, nach Rosin hin, liegt an der Nebel ein jetzt beackerter, etwas erhöheter Platz, welcher noch heute "auf dem Püster" ("up den Püster") genannt wird. Gerade vor der Chaussee nach Teterow und dem Chausseehause, hinter dem Forsthause der Klus, erkennt man 1 ) deutlich ein großes, regelmäßiges, erhöhtes, ebenes längliches Viereck, welches sich von dem festen Boden vor dem Chausseehause durch die Nebelwiese bis gegen die Nebel erstreckt und jetzt Kornland ist; an den Seiten dieses Plateaus sind in der tiefen Nebelwiese noch breite Gräben oder Teiche erkennbar, an deren Rande sich noch oft starke eichene Planken finden, mit denen die Gruben an den Rändern ausgesetzt waren. Von diesem Plateau ging in der Mittellinie desselben eine Brücke über die Nebel, von welcher noch eichene Pfähle in dem Flusse stehen, und in der Richtung der Brücke liegt in den Wiesen am andern, linken Ufer der Nebel noch ein alter Steindamm in der Richtung nach Güstrow hin. Diese Stelle heißt noch heute der "Püster" und ist die Stelle des alten Fürstenhofes Pustow oder Püstow oder Pustekow, Pustkow.

Die Lage und Richtung der verschiedenen Oertlichkeiten wird durch die folgende Bezeichnung der einzelnen Stellen, so weit es ohne eine Karte möglich ist, klar zu erkennen sein.


1) Nach der Mittheilung des Herrn Försters Evers zu Klueß und nach meiner wiederholten eigenen Untersuchung an Ort und Stelle.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 65 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Örtlichkeiten

Noch jetzt werden dort zuweilen Ueberreste von dem alten Fürstenhofe gefunden. Oft findet sich Bauschutt, auch kommen noch zuweilen einzelne Ziegel von dem größten Format des Mittelalters vor. Besonders merkwürdig ist es aber, daß noch verzierte Fußbodenziegel von der alten Fürstenwohnung gefunden werden. Diese dünnen Ziegel sind achteckig, ungefähr 6" im Durchmesser, durch eingeritzte Linien in Felder getheilt, welche buntfarbig: roth, grün und gelb, gefärbt und glasurt sind. Diese Ziegel gleichen den bekannten schönen figurirten Fußbodenziegeln des 13. und 14. Jahrhunderts; leider haben sich in neuern Zeiten keine finden lassen.

Es leidet also keinen Zweifel, daß diese Stelle der Ort des alten werleschen Fürstenhofes Pustekow ist.

Der Hof und das Dorf Pustekow sind im dreißigjährigen Kriege untergegangen. Der Rest davon ist noch heute der Forsthof Klueß. Es ist die Frage, woher "die Klueß" den Namen habe. Der Name Klueß ist nicht ganz jung, wenigstens älter, als man wohl glaubt. Der Name kommt zuerst im J. 1663 vor, wo bei den Hebungen der Pfarre Rosin von den Hofländereien Rosin und Püstkow auch "die Leute, so auf der Clueß wohnen", erwähnt werden. Dann wird im J. 1703 in dem Beichtkinderverzeichniß "Püstkow oder Kluße", genannt. Auf der um das Jahr 1720 vollendeten v. hoinckhusenschen Karte von Meklenburg steht neben dem Dorfe "Pustau" auch schon "Klus" als abgesonderter Wohnort, und in der Tabelle dazu aufgeführt: "der Meyer=Hoff Püstau benebenst der Kluß." Dies sind die ältesten Beispiele, die ich habe finden können. Clûs ist bekanntlich die plattdeutsche Form für das hochdeutschewort: Klause, Einsiedelei, wie Kirchberg C. 123 die ehemalige Stelle des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 66 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Klosters Sonnenkamp bei Parkow "die clûs by Westingebrucke" nennt und der lübische Canzler Albert von Bardewick in seiner lübischen Chronik zum J. 1298 sagt, daß die Friedebrecher von Glaisin rechtlos gelegt seien "an kerken unde an clusen unde in allen godeshusen", wo unter "clusen" ohne Zweifel "Klöster" zu verstehen sind (vgl. Grautoff Lüb. Chron. I, S. 416). Es ist möglich, daß im Mittelalter bei dem Hofe Pustekow eine Einsiedelei oder Klausnerei gestanden und die Stelle davon den Namen behalten habe. Es ist aber auch eben so leicht möglich, daß Klus nichts weiter als eine deutsche Uebersetzung des slavischen Namens Pustekow ist, da im Slavischen z. B. pustenik: Einsiedler heißt. Und für das letztere möchte ich mich entscheiden, daß also Pustekow und Klûs gleichbedeutend seien.

Die neuere Geschichte des Hofes und Dorfes Pustekow, welche die gegenwärtigen Mittheilungen noch mehr aufhellen, läßt sich ziemlich klar verfolgen.

Der Hof Pustekow blieb immer ein fürstlicher Hof. Nachdem der Hof Rosin von dem Kloster Michaelstein im J. 1433 an das Kloster Doberan verkauft und mit diesem im J. 1552 säcularisirt war, ward der Hof Pustekow oft von dem nahen Hofe Rosin mitverwaltet. Nach den Rechnungen des Amtes Güstrow ward der "Hof Pustkow" 1515 und 1525 von dem Amte verwaltet; nach dem Visitationsprotocolle vom J. 1552 gehörten zu der Pfarre Rosin: "beide Rosin, der Hof Rosin und der Hof Pustkow." In den schlimmen Jahren des dreißigjährigen Krieges brannten Hof und Dorf Pustow ab; in einem Amtsberichte vom 26. März 1639 heißt es:

"Die Meyerhöffe seindt theilß fast gahr in fewer aufgangen, als Puestow und Roßiehn"

Der Ort lag noch lange wüst. In einem Verzeichniß der Bauern und Kossaten vom J. 1644 wird Pustow gar nicht genannt und im Visitationsprotocolle vom J. 1646 wird noch gesagt:

"Hoff Püstow, so wüste."

In Kirchen=Rosin wohnten im J. 1646 nur 3 Bauern und in Mühlen=Rosin im Ganzen nur 6 Personen.

Bald darauf ward jedoch wieder eine Forstwohnung zu Pustekow gebauet, wenn auch gewiß nur zur Nothdurft, und hiedurch ward der Grund zu der Försterei Klueß gelegt. Am 6. Mai 1658 räumte der Herzog Gustav Adolph von Meklenburg=Güstrow seinem Jägermeister Jochim von der Osten den im Amte Güstrow belegenen Meierhof Pü=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 67 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stow mit einem Bauern in Bölkow auf Lebenszeit ein, so daß er denselben bewohnen und die beiden Schläge nach dem Landwege wärts besäen, zehn Kühe halten und auf einer Wiese 20 Fuder Heu werben könne, und gab ihm dazu freies Holz und 100 Thaler jährliche Besoldung. Mit der Zeit ward diese Ansiedelung baufällig: nach dem Amtsbuche von 1693 war "der Kathe zu Pustow alt und baufällig." Nach dem Beichtkinderverzeichniß vom J. 1703 wohnte in dem ehemaligen Pustekow nur ein fürstlicher Holzvoigt mit seiner Familie, und weiter werden keine Personen aufgeführt. Der Hof Pustow wird mit seinen Abgaben zwar noch immer aufgeführt, er war aber in der Wirklichkeit nicht vorhanden, sondern es werden darunter nur die herkömmlichen und gemessenen Abgaben von dem Felde gemeint, welche der Hof Rosin zu leisten hatte, zu welchem der größere Theil des Ackers gelegt war. Das Beichtkinderverzeichniß vom J. 1703 sagt:

"Pfarre Badendiek.

Fürstl. Hoff Rosien 1 ) und Püstkow. Der Verwalter Johann Maroht. Der Schefer. Der Hofhirt u. s. w.

Püstkow oder Kluße.

Jochim Prabst Fürstl. Holzvoigt hat mit seiner jetzigen Frauen 3 Söhne und aus erster Ehe 1 Sohn und 1 Tochter; hat eine Magd und einen Jungen, so frey sind."

Nach der Domanial=Landesvermessung im Anfange des vorigen Jahrhunderts lagen im J. 1709 der Hof Rosin, Pustow, die Bölkowsche Koppel und die Wiesen im Dewinkel in Einer Verwaltung; die "Dewinkelswiesen" mußten noch von den "Holzbauern" geworben werden. Nach der Vermessung war das zum Hofe Rosin gelegte "Pustowsche Feldt: der Kamp auf der Dorfstätte bei den sieben Buchen, der Brachschlag auf der Dorfstätte, der Sommerschlag an der Lößnitz, der Brachschlag, die Hopfendämme, die Hofstelle und der Garten, die neue Radewiese zwischen der Dorfstätte und der Löschnitz, die Wiesen hinter dem Dewinkel." Vielleicht war am Ende des vorigen Jahrhunderts wieder ein Pächter auf dem Forsthofe vorhanden, wenn am 23. Februar 1788 "von den Höfen Rosien und Püstow und dem Dorfe Mühlen=Rosin, folglich inclusive der Cluß und des jetzigen


1) In Rosin wohnte 1703 noch ein fürstlicher Vogelfänger.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 68 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Pächters von Püstow", die Rede ist. Auf der großen schmettauischen Karte von Meklenburg steht neben der Kluß noch der Name Pustohof. Dies scheint das letzte Vorkommen zu sein; denn gegenwärtig haben ältere Leute keine Kunde mehr davon, was der "Püster" gewesen ist. In den neuesten Zeiten ist nur der Forsthof Klueß bekannt.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 69 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber

die Töchter und Schwiegertöchter

des

Fürsten Johann II. von Werle-Güstrow,

von

G. C. F. Lisch.


I n der Zeit von 1316 bis sicher 1337 regierten im Lande Werle zwei Fürsten Namens Johann, Oheim und Neffe, nämlich Johann II. zu Güstrow und Johann III. zu Goldberg, nach folgender Stammtafel:

Stammtafel
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 70 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hinsichtlich der Söhne 1 ) stimmen hiemit auch die doberaner und die parchimsche Genealogien (Jahrb. Xl, S. 16-19) überein, indem diese ausdrücklich sagen, daß Nicolaus II. nur einen einzigen Sohn ("heredem unicum") Johann III., der sich zu Goldberg ein Schloß gebauet, - Johann II. aber zwei Söhne, Nicolaus III. und Bernhard III. gehabt habe.

Ueber die Töchter der beiden Fürsten Johann sind aber die Geschichtschreiber in ihren Angaben nicht zuverlässig. Rudloff giebt dem Fürsten Johann II. zwei und dem Fürsten Johann III. drei Töchter.

Es sollen hier die Töchter des ältern Fürsten Johann II. zur Sprache kommen.

Rudloff sagt (Mekl. Gesch. II, S. 282), daß die ältere Tochter, deren Name nicht bekannt geworden ist, im J. 1341 mit dem Herzoge Albrecht IV. von Sachsen=Lauenburg=Bergedorf in dessen zweiter Ehe vermählt worden sei, und ihm folgen neuere Schriftsteller, wie z. B. v. Kobbe. Die Quelle dieser Angabe ist Detmar's lübische Chronik, welcher sagt: "1341. In der tyd nam hertoghe Albert von Sassen sin andere wif, hern Johannes dochter van Wenden. Na siner hochtid toch he to deine keisere" u. s. w.

Es ist allerdings möglich, daß die Gemahlin des Herzogs Albrecht von Sachsen=Lauenburg eine Tochter Johanns II. von Werle war, da Kirchberg in seiner Reimchroinik C. 178 sagt, daß Johann II. "viele Töchter" gehabt habe, von denen er aber leider keine bei Namen nennt:

Von Werle der andir Johan,
hern Niclaws brudir sundir wan,
dy nam eyn wib erbar vnd mild
dy waz geheyszin Mechthild,
wirdig, wise vnd da by kurg,
herczogin Otten tochtir von Lunebrg,
dy hy ime czwene sone gebar
vnd andirs tochtere vil virwar.

Aber sie wird weiter nicht genannt, und daher wird es gerathen sein, sie einstweilen auch als eine Tochter Johanns II. anzunehmen, wenn man auch nach dem Tone der Erzählung Detmars annehmen sollte, daß damals im J. 1341 der Vater der Neuvermählten noch am Leben gewesen sei, während Johann II. schon am 27. Aug. 1337 starb; jedoch mag dies keinen Ausschlag geben. Wahrscheinlich aber war die Herzogin


1) Ueber die Gemahlinnen der Fürsten Nicolaus II. und Johann II. vgl. Jahrbücher XVIII, S. 189 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 71 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Sachsen=Lauenburg, wenn sie eine Tochter Johannas II. von Werle war, eine ältere Tochter, da eine jüngere bei ihrer Vermählung um das Jahr 1349 erst im 20. Lebensjahre stand.

Dagegen hatte der Fürst Johann II. von Werle wirklich eine andere vermählte Tochter, deren Name und Vermählung erst in den neuesten Zeiten entdeckt ist. Der junge Herzog Barnim IV. von Pommern=Wolgast, welcher nach vollendeter Minderjährigkeit im J. 1338 mit seinen Brüdern die Regierung angetreten hatte nämlich zur Zeit der heftigen rügischen Erbfolgekriege zwischen den Herzogen von Pommern und den Fürsten von Meklenburg und Werle, während eines der vielen in diesem Kriege geschlossenen Waffenstillstände zur Stillung der Kriegsnoth in seinem 25. Lebensjahre die im 20. Lebensjahre stehende Princessin Sophia, 1 ) Tochter des verstorbenen Fürsten Johann von Werle auf Rath der Verwandten und der Räthe des Herzogs und der Brüder der Princessin, geheirathet ("matrimonium contraxerunt et consummaverunt"). Nach der Vermählung ward es offenbar, daß die jungen Eheleute im dritten Grade blutsverwandt waren, und dieses Vergehen ward beim Papste Clemens VI. anhängig gemacht, welcher sie jedoch, um weiteres Blutvergießen und Anstoß zu verhüten, am 21. März 1350 unter der Bedingung dispensirte, daß sie sich eidlich verpflichteten, ein solches Verbrechen nicht wieder zu begehen und zu befördern, und drei ewige Vikareien in ihrem Lande mit 70 Goldgulden jährlicher Einkünfte stifteten. Dies alles wird durch die hier mitgetheilte päpstliche Bulle 2 ) völlig klar, welche wir durch eines warmen Freundes Mittheilung aus dem Geheimen Archive des Vatikans gewonnen haben.

Mit dieser Princessin Sophie, Herzogin von Pommern, ist nun ganz sicher eine Tochter des Fürsten Johann II. von Werle=Güstrow gemeint, da dieser schon im Jahre 1337 gestorben war, während Johann III. erst nach dem J. 1352 starb, und da Sophie "Brüder" ("fratres") hatte, während Johann III. sicher nur einen Sohn besaß. - Es steht jedoch noch zur Frage, ob Sophie auch die Tochter des Fürsten Johann II. sein könne. Johann II. war im J. 1311 mit der Herzogin Mechthild von Braunschweig verlobt und vor dem


1) Die Princessin Sophie hatte sicher von ihrer mütterlichen Großmutter Sophie, Gräfin von Lindow, des Fürsten Johann I. von Werle Gemahlin, ihren Vornamen.
2) Vgl. Urkunden=Sammlung. Diese Urkunde wird die erste sein, welche aus dem Vatikan nach Meklenburg in Abschrift gekommen ist. Der mittheilende Freund wünscht nicht genannt zu werden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 72 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

12. Mai 1318 vermählt; die Gemahlin starb aber schon im J. 1332 1 ). Da man nun annehmen muß, daß über die Verhandlungen mit dem päpstlichen Stuhle zu der Dispensation im März 1350 längere Zeit vergangen sein wird, so mag Sophie, da sie zur Zeit der Vermählung im 20. Lebensjahre stand, um das Jahr 1329, also einige Jahre vor dem Tode ihrer Mutter, geboren sein. Es ist also sicher, daß Sophie, des Herzogs Barnim IV. von Pommern=Wolgast Gemahlin, eine Tochter des Fürsten Johann II. von Werle=Güstrow war.

Mit diesen urkundlichen Nachrichten stimmen auch die Berichte der pommerschen Chroniken überein. In Kanzow's Chronik von Pommern, herausgegeben von v. Medem, heißt es S. 205: "Im Jar 1364 ist gestorben Sophia, Herzogs Barnims von Pommern Gemalin und ist zu Belgard begraben und des andern Jars darnach ist auch ihr her Herzog Barnim gestorben und gen Camin geführt und daselbst begraben." Klemzen im Pommerlande S. 50 sagt: "Barnim starb 1356, ist zu Camin begraben. Seine Gemalin "Sophia von Wenden verstarb zu Belgard 1364, ward zu Marienthron begraben." Hiernach bemerkt schon Rudloff II, S. 282, Not. v., daß in den pommerschen Chroniken Barnim's IV. Gemahlin Sophie genannt werde.

Johann II. von Werle=Güstrow hatte außer der genannten Sophia sicher noch eine Tochter, welche im J. 1344 in das Kloster Dobbertin gegeben ward. Hierüber redet eine geschichtlich wichtige Urkunde 2 ) sehr deutlich. Am 14. März 1344 zu Güstrow gaben nämlich die Brüder Nicolaus III. und Bernhard III. Fürsten von Werle ihre Schwester zugleich mit der Tochter des verstorbenen Knappen Heine von Gehrden in das Kloster Dobbertin, in Betracht der unermeßlichen Treue des Klosters gegen das Fürstenhaus und auf Bitten der Fürsten, und schenkten dafür dem Kloster das Eigenthumsrecht der Dörfer Sietow und Lärz, wogegen das Kloster der Schwester der Fürsten jährlich 12 Mark und der Jungfrau v. Gehrden 4 Mark Hebungen zahlen und den Nonnen jährlich zwei Male eine reichliche und festliche Fleischspende ("servitium") ausrichten sollte, um das Andenken ihres verstorbenen Vaters Johann und ihrer verstorbenen Mutter Mechthild, der verstorbenen ersten Gemahlin Agnes des Für=


1) Vgl. Jahrb. XVIII, S. 197.
2) Vgl. Urkunden=Sammlung. Die Urkunde befand sich im Originale vor mehreren Jahren nicht mehr beim Kloster Dobbertin, sondern nur in einer Abschrift in dem im J. 1748 angefertigten Diplomatarium der Klosterurkunden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sten Nicolaus und der noch lebenden Gemahlinnen der beiden Fürsten, Mechthild und Elisabeth, nach deren Tode würdig zu feiern. Die in der Gegend von Malchow angesessene, längst ausgestorbene Familie v. Gehrden stand dem fürstlich werleschen Hause sehr nahe. Am 6. Julii 1300 hatte Dietrich v. Gehrden das Dorf Sietow von der Fürstin Sophie von Werle gekauft und ward damit von deren Sohne dem Fürsten Nicolaus II. belehnt (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn II, A, S. 256 und II, B, S. 3, Urk. Nr. LXXXVII); am 25. Aug. 1342 hatten der Ritter Johann v. Gehrden, Mar schall der Fürsten von Werle, und dessen Bruder der Knappe Heyne von Gehrden das Dorf Sietow mit der Schamper Mühle an das Kloster Dobbertin verkauft, und die Fürsten Nicolaus und Bernhard bestätigten diesen Verkauf. Dies waren ohne Zweifel die Veranlassungen, aus welchen die Tochter des Heine v. Gehrden zugleich mit der Schwester der Fürsten am 14. März 1344 in das Kloster gegeben ward. Wie die fürstliche Klosterjungfrau geheißen habe, wird in den bisher bekannt gewordenen Originalquellen nicht gesagt. Rudloff nennt sie Anna, wahrscheinlich aus jüngern Chroniken oder aus Nachrichten des Klosters Dobbertin; schon Chemnitz in seiner handschriftlichen meklenburgischen Chronik, in welcher zuerst auch der Name nicht angegeben ist, hat das ursprüngliche N. N. durchgestrichen und Anna übergeschrieben.

Es ist also völlig sicher, daß der Fürst Johann II. von Werle wenigstens zwei Töchter hatte, von denen die wahrscheinlich ältere Sophie um das J. 1349 mit dem Herzoge Barnim IV. von Pommern vermählt, die jüngere Anna im J. 1344 Klosterjungfrau zu Dobbertin ward. Außerdem muß man einstweilen annehmen, daß Johann II. noch eine dritte Tochter hatte, welche im J. 1341 dem Herzoge Albrecht IV. von Sachsen=Lauenburg=Bergedorf vermählt ward und nach allen Umständen die älteste war.

Bei dieser Gelegenheit mag ein Irrthum berichtigt werden, welcher die Gemahlinnen der beiden Brüder der erwähnten Princessin betrifft. Die Brüder Nicolaus III. und Bernhard III., Söhne des Fürsten Johann II. von Werle, hatten sich auch im J. 1341 mit zwei Schwestern, Töchtern des Grafen Johann III. von Holstein=Plön, vermählt, welche in der dobbertiner Urkunde von 1344 ausdrücklich Mechthild und Elisabeth genannt werden. Von diesen lebte Elisabeth, die Gemahlin des Fürsten Bernhard II. von Werle=Waren am längsten und kommt noch sehr spät vor. Sie hatte ihr Leibgedinge im Lande Röbel, über welches 1362-1379

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 74 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wiederholt verhandelt ward 1 ). Am 12. März 1390 entsagte sie mit Bürgen aus dem Lande Werle zu Plön allen Ansprüchen auf ihr väterliches und mütterliches Erbe zu Gunsten ihrer Vettern Claus und Gerd von Holstein. In der in der holsteinschen Urkundensammlung abgedruckten Urkunde 2 ) nach dem Originale im Geheimen Archive zu Kopenhagen nennt sie sich "Elsebe van Godes gnaden vrowe van Wenden, wannedaghes her Berndes wif van Wenden, deme God gnedich si", grade so wie sie sich auch in einer meklenburgischen Urkunde 3 ) vom 25. April 1379 nennt. In einer zweiten Original=Ausfertigung derselben Urkunde vom 12. März 1390, welche mit dieser völlig gleichlautend und von welcher der Eingang und der Schluß in der holsteinschen Urkundensammlung ebenfalls gedruckt 4 ) ist, nennt sie sich aber "Beke van Godes gnaden vrouwe van Wenden, wannedaghes her Berndes wyf van Wenden, deme God gnedich si." Es ist in beiden Ausfertigungen derselben Urkunde nur der Name der Ausstellerin verschieden: "Elsebe" und "Beke". Hieraus schließen die Herausgeber der holsteinschen Urkundensammlung in dem Register zu dem Worte "Werle", daß Beke die Gemahlin des Fürsten Nicolaus III. gewesen, daß also in der zweiten Ausfertigung der Urkunde der Gemahl der Beke "irrthümlich wieder Bernd genannt" sei. Ein solcher Schreibfehler ist aber unmöglich anzunehmen und es ist kein Grund vorhanden, der zu einer solchen Annahme berechtigte, um so weniger, als auch der Name Beke für ein Versehen angenommen und in Mechthild oder Mette verändert werden müßte, da Beke nimmer eine Abkürzung aus Mechthild sein kann. Ich halte daher die beiden gleichlautenden Entsagungsurkunden vom 12. März 1390, wie ich schon angedeutet habe, nur für zwei verschiedene Ausfertigungen derselben Urkunde von derselben Ausstellerin, 5 ) welche


1) Vg. Jahrb. XIII, S. 192 flgd.
2) Vgl. Urkundensammlung der schlesw. holstein. lauenb. Gesellschaft II, S. 357, Nr. CCLXXXI.
3) Vgl. Jahrbücher XIII, S. 332, Nr. XLIII.
4) Vgl. Urkundensammlung etc. . II, S. 350, Nr. CCLXXXII.
5) Dieser Fehlgriff ist wieder ein Beweis, wie waglich es ist, bei den Abdrücken von Urkunden die höchst wichtigen Beschreibungen der Siegel zu verschmähen. Da es nach der angegebenen Zahl der noch au den Originalen hangenden Siegel höchst wahrscheinlich ist, daß auch noch die Siegel der Ausstellerin darin hangen, so würden die Beschreibungen der Siegel mit einem Schlage jeden Zweifel entfernt haben.
Der Name Beke ist eine Diminutivform von Elisabeth , wie noch heute Betty neben Else und Ilse. Der verstorbene Dr. (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 75 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der einen Urkunde Elsebe und in der andern Urkunde Beke genannt wird, da der weibliche Vorname Elisabeth. theils durch Apokope in Elsebe, Else, Ilse, theils durch Aphäresis in die diminutivartig gebildete, ungemein häufig vorkommende Form Beke abgekürzt wird.

Vignette

(  ...  ) Hermann Schröder in Lübeck, ein zuverlässiger Mann, in seinen "Topographischen und genealogischen Notizen aus dem 14. Jahrhundert bei Durchsicht der ältesten Ober=Stadtbücher gesammelt", Lübeck, 1843, S. 3, hat in den lübischen Ober=Stadtbüchern Beweise gefunden, daß Beke, ja Telse durch Aphäresis Abkürzungen des Namens Elisabeth sind. Da ich aber nirgends ganz sichern Beweis finden konnte, so wandte ich mich nach Vollendung der gegewärtigen Untersuchung an den Herrn Geheimen Achivar, Conferenz=Rath Wegener in Kopenhagen und bat denselben um Vergleichung der Original=Urkunden, welche derselbe auch freundlichdt ausgeführt hat. Beide Urkunden sind wohl erhalten im Geheimen Achive zu Kopenhagen: beide sind, mit Ausnahme des Namens (Elsebe und Beke) der Ausstellerin gleichlautend und beide haben dieselben wohl erhaltenen Siegel. Die Siegel der Ausstellerin Elsebe und Beke sind an beiden Urkunden gleich: auf geblümtem Grunde ein aufrecht stehender, dreieckiger Schild mit dem holsteinischen Nesselblatte, in welchem der werlesche Stierkopf steht; die Umschrift lautet auf beiden Siegeln:
Umschrift
Die übrigen Siegel sind an beiden Urkunden ebenfalls gleich, namentlich hat sich für beide Urkunden Henning Metzeke des Siegels des Propstes Wapzin aus Röbel bedient.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 76 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VII.

Miscellen und Nachträge.


1.
Das Schloß Kobelbrück.


N ach einer neu entdeckten Urkunde 1 ) vom 20. Aug. 1292 hatte der Fürst Nikolaus von Werle in dem heftigen Kriege gegen seine vatermörderischen Vettern gleich zu Anfange das Schloß Kobelbrück (also später wohl Kavelbrück ausgesprochen) erbauet. Um den Kriegsschauplatz genauer kennen zu lernen, würde es von großer Wichtigkeit sein, die Lage dieser nicht mehr vorhandenen Burg, welche bisher nicht weiter genannt ist, kennen zu lernen. Es ist möglich und wahrscheinlich, daß sie in der Gegend von Penzlin lag, welche reich an alten Burgplätzen ist (vgl. Jahrb. XXV, S. 271), und daher wünschenswerth, zu erforschen, ob in dortiger Gegend ein Burgplatz, eine Erhöhung oder ein Ackerstück liegt, welches noch diesen Namen führt.

In der Gegend von Penzlin hat sich trotz der sorgfältigsten Nachforschungen durch den Herrn Pogge auf Gevezin und in den Urkunden des Archivs kein Ort mit dem Namen Kobebruck finden wollen. Jedoch ist es möglich, daß der Ort bei der Stadt Alt=Strelitz an dem Durchgange zwischen den vielen Seen lag und in der Stadtfeldmark von Strelitz untergegangen ist. Bei der Stiftung der Stadt im J. 1349 legten nämlich die Grafen von Fürstenberg zu der Stadtfeldmark drei Dörfer, und unter diesen auch die Feldmark von Cobelbruke: "och late wy em dryer dorp veltmarken, de umme Streltz lighen, alse de veltmarke tu Domiuche unde de veltmarke tu Buristorpe unde de veltmarke tu Cohelbruke, ene ysleke veltmarke mit druttich hoven";


1) Vgl. Urkunden=Sammlung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 77 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach Latomus lag "Kavelsbrok" am Quassower Bach. (Vgl. Boll Gesch. des Landes Stargard, II, S. 29 und 223). Dieser Annahme steht aber entgegen, daß dieses Dorf Cobelbruck nicht im Lande Werle lag.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2.
Zur Geschichte
der Schlösser zu Wismar und Schwerin.


Bei der großen Wichtigkeit des Schloßbaues zu Schwerin ist es von Einfluß, die Geschichte auch des alten Baues möglichst genau zu verfolgen. Es sind in den neuesten Zeiten einige bisher unbekannte Nachrichten entdeckt, deren Mittheilung der Zweck dieser Zeilen ist. Für die Geschichte des Schlosses zu Schwerin ist die Geschichte des Fürstenhofes zu Wismar von Bedeutung, da die herzoglichen Bauten in Wismar gewöhnlich den Bauten in Schwerin voraufgingen.

Der alte Hof in Wismar, von welchem nichts mehr steht, mußte im Anfange des 16. Jahrhunderts schon sehr baufällig sein. Schon im J. 1487 klagte der Herzog Magnus, daß das Haus zu Wismar so undicht sei, daß er "vor Regen nicht darin liegen könne", und bat den Rath der Stadt, zu seiner bevorstehenden Ankunft das Dach etwas bessern zu lassen. Vgl. Anlage Nr. 1. Darauf ließen der Herzog Heinrich der Friedfertige 1512 und der Herzog Johann Albrecht 1553 die neuen Gebäude aufführen (vgl. Jahrb. V, S. 12 und 15), welche allein noch stehen.

In Schwerin mochte es damals nicht besser aussehen. Daher ließ der Herzog Heinrich um das Jahr 1525 auf dem Schlosse ein neues Gebäude aufführen (vgl. Jahrb. V, S. 48), welches nicht mehr steht, und der Herzog Johann Albrecht im J. 1553 das von dem Herzoge Magnus aufgeführte lange Haus ausbauen und nach dem Muster des neu erbaueten wismarschen Hauses verzieren (vgl. Jahrb. V, S. 35), wie es jetzt restaurirt ist. Aber auch 1534-35 ließ der Herzog Heinrich in Schwerin bauen. Am 7. März 1535 bat der Herzog den Rath der Stadt Wismar, den "Meister Achim, den er ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 78 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahr vorher zum Maurermeister für das neue angefangene Gebäude angenommen" habe, abziehen zu lassen, damit er die Arbeit vornehmen möge, da es zum Beginn der Arbeit Zeit sei. Vgl. Anlage Nr. 2. Es läßt sich noch nicht ermitteln, ob dieses neue Gebäude auf dem Schlosse stand, oder ob es ein anderes fürstliches Gebäude war. Um dieselbe Zeit, nach dem Stadtbrande von 1531, hatte der Herzog den Stall an der Salzstraßenecke aufführen lassen, in welchem die erste lutherische Predigt in der Stadt gehalten ward; jedoch scheint dieses Gebäude im J. 1535 schon fertig gewesen zu sein.

G. C. F. Lisch.     

Nr. 1.
D. d. Bukow. 1487. Nov. (3).

Magnus van gots gnaden hertoge to Mekelenborch. furste to Wenden, graue to Swerin etc.

Vnnsen gunstigen grud vnnde guden wille tovorn. Ersamen vnnde wisen, liuen getruwen. Wy sint in meyninge, will got, nah gelegenheydt vnnser saken am sonauende nechst mit den vnnseren tor [Wismer[ inkomende werden, so vorfare wy, dat vnnse hus vlack sy vnde vor regen dar inne nicht wol liggen konen, is derhaluen vnse beger mit flite biddende, bynnen . . . . . . . . vnse hus bestigen vnnde etlike schottilyen, die vthgefallen sint, wedder beteren willen lathen, dar mith wy droge liggen mogen . . . . . . . . . . . . . . mith gunstigen gnaden (?) yegen juw verschulden . . . . . . . . . . Bukow, am . . . . . . . . na omnium sanctorum, Anno etc. LXXXVII.
  Denn ersamen vnnde wisen vnsen
leuen getruwenn borgemesteren vnde
radmannen vnser stad Wismer.

Nach dem Originale, auf Papier, durch Moder stark mitgenommen, im Archive der Stadt Wismar, mitgetheilt von C. D. W.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 79 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 2.
D. d. Schwerin. 1535. März 7.

Heinrich van gots gnaden hertzogk zu Meckelnborgk, furste zu Wendenn etc. .

Vnnsernn gunstigen grues zuuorn. Ersamen, lieben getrewen. Weyl wir denne vorm jhare mit ewerm zulassen, bewilligung vnd guthem willen meister Achim den maurer bey euch vor vnserm maw(r)meister alhie zu Swerin vnsers newen angefangen gebewes angenommen haben, vnnd es nun vmb die tzeit ist, das wir zu erbeyten anheben lassen werden, dartzu wir seyner nottorfftigk sein, So ist demnach vnser gutlichs bogern, Wollet demselben ewerm mitburger vergonnen, das er vff vnser erfurdern sich alher verfugen vnd dieselbe vnser arbeith furnemenn muge, Mit gutwilliger ertzeigunge, Jn dem thut ir vns gefallen, Wydderumb kegen euch in gnaden zu erkennenn. Datum Swerin, Sontags Letare, Anno XXXV.
  Denn ersamen vnnsern lieben getrewenn
borgermeistern vnnd rathmannen vnser stadt
Wysßmar.

Nach dem Originale, auf Papier, versiegelt mit des Herzogs Ringsiegel, im Archive der Stadt Wismar, mitgetheilt von C. D. W.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

3.
Das S. Georgen=Hospital zu Plau.


Bei der großen Wichtigkeit, welche die Geschichte der ursprünglich zur Aufnahme von Aussätzigen gestifteten S. Georgen=Hospitäler in den neuesten Zeiten gewonnen hat, ist die Gewinnung von alten Nachrichten von Bedeutung, da, wenn auch wahrscheinlich jede meklenburgische Stadt ein Georgenhaus vor dem Thore gehabt hat, doch alte Nachrichten über diese Stiftungen sehr selten sind.

Auch die Stadt Plau hatte ein S. Georgen=Hospital vor dem Thore; aber die Nachrichten gingen nicht über das Jahr 1370 hinaus (vgl. Jahrb. XVII, S. 173). In den neueren Zeiten sind aber noch Nachrichten entdeckt, welche bis zum J. 1298 hinaufreichen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 80 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Am 28. Jan. 1298 hatte der Bürger Dietrich Filter zu Plau dem Georgen=Hospitale 5 Hufen in dem Dorfe Kuppentin mit 16 Mark jährlicher Geldpacht aus denselben und aller Freiheit und Gerechtigkeit, wie der Ritter Johann Pren dieselben von dem Bischofe von Schwerin zu Lehn getragen, zur Unterhaltung der Armen mit der Bestimmung geschenkt, daß der Rath zu Plau dieser Schenkung vorstehen und die Austheilung der Gelder beaufsichtigen solle, und der Bischof von Schwerin bestätigte diese Schenkung am 28. Jan. 1298 1 ). Am 21. Oct. 1298 hatte derselbe Bürger Dietrich Filter dem S. Georgen=Hospitale 16 Mark jährlicher Geldpacht aus denselben 5 Hufen in Kuppentin und seinen sonstigen Gütern zur Stiftung einer ewigen Vikarei und zur Unterhaltung eines Priesters zu S. Georg, unter dem Patronat des Bischofs von Schwerin, geschenkt und der Bischof von Schwerin bestätigte diese Schenkung am 21. Oct. 1298 2 ).

Ohne Zweifel sind dies zwei verschiedene Schenkungen, die eine zur Unterhaltung der Armen, die andere zur Unterhaltung eines eigenen Priesters, beide wohl aus denselben 5 Hufen zu Kuppentin, nur daß den Armen der Besitz der Hufen, also auch wohl mit Diensten, Nebenabgaben etc. ., dem Priester aber nur eine Geldpacht von 16 Mark geschenkt war.

Nach diesen Urkunden stand also schon im J. 1298 das S. Georgen=Hospital vor Plau, und die Annahme der Visitatoren, daß diese Urkunden die "Confirmatio" und "Fundatio S. Ceorgii" sei, kann nicht richtig sein. Wahrscheinlich ist es aber, daß die Vikarei zu S. Georg erst durch die zweite Schenkung gestiftet ward. Die beiden Urkunden werden aber dem Anscheine nach die ältesten Urkunden des Georgen=Hospitals zu Plau gewesen sein, welche im 16. Jahrh. erhalten waren.

Beide Urkunden sind vom J. 1298 datirt und in der ersten Urkunde wird der Bischof Gottfried I. von Schwerin, welcher 1292-1314 regierte, als Confirmator genannt. In der zweiten Urkunde wird aber der Bischof Nicolaus von Schwerin genannt; dies kann aber nur ein Schreibfehler sein, da die beiden schweriner Bischöfe Namens Nicolaus erst in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebten.

Die beiden Urkunden fallen aber um so sicherer in das Jahr 1298, da der Stifter, der plauer Bürger Dietrich Filter, sicher zu dieser Zeit lebte. Am 9. Dec. 1299 war


1) Vgl. Urkunden=Sammlung.
2) Vgl. Urkunden=Sammlung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 81 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach einer Original=Urkunde Thidericus Viltere der älteste Rathmann der Stadt Plau (vgl. Jahrb. XVII, S. 292); ohne Zweifel ist auch der älteste Rathmann Tidericus, welcher im J. 1293 noch ohne Vornamen neben Johann vom Berge ("Tidericus, Johannes de Monte") vorkommt (vgl. Jahrb. XVII, S. 281), derselbe Dietrich Vilter, da beide in der Urkunde 1299 mit vollem Namen getrennt genannt werden. Der Rathmann "Niclaws Vildhyder" 1307 (Jahrb. XVII, S. 295) ist wahrscheinlich des Rathmanns Dietrich Filter Sohn.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

4.
Die von Moltke

in der Schlacht bei Axenwalde (?) 1389.


Zeugen=Verhör vom J. 1563.

Frage: Wie die Moltken geheissen, die von Herrn Albrechten Koning in Schweden zuerst daß dorffs Goltberg zu Lehen sollen empfangen haben.

Aussage: Solchs sei ihm nicht gesagt, hab aber woll gehört, daß vff einmall zwolff Moltken in der schlacht vmbkommen.

Aus einem Zengenverhör vom Dec. 1563 in einem Processe zwischen Vicke v. Oertzen zu Gerdshagen gegen Otto Moltke zu Belitz wegen des Gutes Goldberg.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

5.
Tolle Wölfe in Meklenburg.


Zeugen=Aussage vom J. 1563.

Zeugin habe von den alten gehort, daß vff dem Nienhauer Felde (zu Tützen gehörig) ein hauehoff gestanden, welcher den Moltken gehort habe, darauf eine Erbjungfraw

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 82 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Beata Moltken geheissen einen mit Namen Tarleuitz soll gefreihet haben, die Fraw sey von einem tollen Wolffe gebissen, das sie daran gestorben, damalß der hoff verwüstet vnd einsteils ackers zu dem Dorff Goltberg geleget vnd die hoffe daselbst, welchs nur katen gewesen, damit gebessert worden.

Aus einem Zeugenverhör vom Dec. 1563 in einem Processe zwischen Vicke v. Oertzen zu Gerdshagen gegen Otto Moltke zu Belitz wegen des Gutes Goldberg.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

6.
Ueber Andreas Mylius


ist in den neuesten Zeiten eine Entdeckung gemacht, welche für denselben und für den Herzog Johann Albrecht von großem Interesse ist. In der Lebensbeschreibung des A. Mylius in Jahrb. XVIII, S. 16 ist nachgewiesen, daß derselbe im J. 1548 in des Herzogs Dienste trat. Es ist die Frage, in welcher Form dies zuerst geschah. Die im J. 1860 unter alten Renterei=Papieren aufgefundene höchst wichtige Renterei=Rechnung des Rentmeisters Sigismund Esfeld für die Jahre 1547-50 giebt den willkommenen Aufschluß, daß A. Mylius zuerst nur als "Student" Gesellschafter des Herzogs war. In der Renterei=Rechnung heißt es:

   "1549. Andreas Mylius studens auß beuelh m. g. h. 12 thaler."
"Biß auff Michaelis itzt Anno etc. . 49 in Besoldung entricht wie volgth."
   "1549 vnd 50. Andreas Mylius studens, so ihm m. g. h. aus der Pacht zw Ribbeniz 10 thaler Petri Pauli, 10 thaler zw Vnterhaltung Bartholomei."
   "Demselben 3 thaler den sonabendt nach Laurentii."

Im J. 1550 ward er "Präceptor" des Herzogs Christoph (vgl. Jahrb. a. a. O. S. 21 flgd.) und im J. 1556 "Hofrath" (vgl. S. 61).

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 83 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

7.
Hiob Magdeburg,

Lehrer des Prinzen Johann von Meklenburg.

Nachtrag zu Jahrb. XIX, S. 30.


Ueber Hiob Magdeburg, Lehrer des Prinzen Johann von Meklenburg 1574-1578, dessen Stellung in Jahrb. XIX, S. 30, dargelegt ist, theilt der Herr Pastor Seidemann zu Eschdorf bei Dresden eine Abschrift des folgenden eigenhändigen Briefes desselben aus dem königlich=sächsischen Staats=Archive zu Dresden mit:

Durchlauchtigster vnd hochgeborner Churfurst, Gnediger Furst vnd herr. E. C. G. seindt meyne vnderthenige vnd schuldige gehorsame Dinst alle Zeit Zuuorn etc. . Gnediger Churfurst vnd herr. E. C. G. gnediges abfordern aus disen landen beineben der vormeldung, Zu was dinsten dieselben mich Zu gebrauchen bedacht, hab Jch in vnderthenikeit gelesen vnd vornommen etc. . Hierauf thue E. C. G. vnderthenig Zu wißen, das mir vor dieser Zeit nichs libers wehr gewesen, den das ich in meynem liben Vaterlande, darin Jch Zwar ein gutte lange Zeit gedient, ferner hett dinen sollen, Auch noch nichs libers wunschen wolte, Do es Gottes Wille, den das Jch darin leben vnd sterben möchte etc. ., Aus was vrsachen aber solches nicht hat sein wollen, haben sich E. C. G. gnedigst Zu erinnern, Wie denn auch des, das Jch mit vorwißen aus dem lande geschiden, vnd mir lauts des abschides aus E. F. G. Cantzelej, nach meynem gefallen mich Zu dinste Zu begeben gnedigst vergonnet worden: Demnach hab Jch auch dise Zeit, do ich mich nuhn der Widerkunft in meyn libes Vaterland fast verzeihen müßen, vnd es meyne vnd der meynen notturft erfordert, mich von Lübeck wenden vnd in des Durchlauchtigen vnd Hochgebornen Fürsten vnd herrn, herrn Johann Albrechtes, hertzogen Zu Meckeinburgk etc. . m. g. h. bestallung begeben müßen, weil dan Jch vor wenig Wochen an gedachten dinst getreten, vnd S. f. g. solch vertrauen auf mich nicht gestellet, das Jch von S. f. g. gelibten eldesten Sohn, Zu des präceptoren er meyner gebrauchet, mich Widerumb so balde begeben würde, So haben E. C. G. gnedigst zu bedencken, das mir gewißens, vnd dan auch ehr vnd glimpfes halben beschwerlich fur=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 84 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fallen vnd dartzu schimpflich vnd nachtheilig sein wolde, wo Jch mich aus S. f. g. dinsten So unuorsehens entbrechen solte, Zu dem so erkenne Jch mich Zu der vorgeschlagenen Condition Zu gering vnd viel Zu wenig, als der wider mit geschicklikeit, noch Dignitet, wie eyn solche stelle erfordert, begabet ist, Dartzu nuhn auch durch das alter vnd viel ertragene arbeit, sorge vnd bekummernis, fast geschwechet etc. ., Gelanget derhalben an E. C. G. meyn vnderthenige bitte, sie wolle angezogene vrsache, warumb Jch noch Zur Zeit itzigen dinst nicht vorlaßen vnd dan auch mich nicht Zu vorgeschlagener Condition brauchen kan laßen, gnedigst erwegen, vnd meyns nicht erscheinens keynen vngnedigen gefallen tragen, Welches dan von E. C. G. Jch mich in vnderthenikeit tröste, vnd schuldigen gehorsam vnd danckbarkeit dafur Zu erzeigen, Desgleichen vor E. C. G. vnd alle ihre gelibten gesundheit vnd selige regirung teglich zu bitten pfligtig erkenne etc. . Datum Schwerin, den XI. Julii, Anno LXXIIII.

E. C. G.

vndertheniger                     
gehorsamer               
Hiob Magdeburgk.

DEm Durchlauchtigsten vnnd
Hochgebornen Fursten vnd herrn
Herrn Augusto, des heiligen Ro=
mischen Reichs Ertzmarschall vnd
Churfursten, Landgrafen in Dö=
ringen, vnd Marggrafen Zu Mey=
ssen, vnd Burggrafen Zu Magde=
deburg, meynem gnedigsten fursten
vnd herrn Zu handen.

Nach dem eigenhändigen Originale im königl. sächsischen Staats=Archive zu Dresden, Acten über den Krypto=Calvinismus, Locat. 10, 311. Das Siegel ist undeutlich.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

8.
Adam Siberus.

Nachtrag zu Jahrb. XIX, S. 26 flgd.

Adam Siberus, Rector der Fürstenschule zu Grimma († 1584), war der Bruder des Heinrich Siberus, welcher

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 85 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ostern 1572 zum Lehrer des Prinzen Sigismund August, des Jüngern Sohnes des Herzogs Johann Albrecht I, berufen ward. Wie eng damals die wissenschaftlichen Bande das höhere Leben umschlangen, beweiset eine im J. 1573 von Adam Siberus herausgegebene lateinische Uebersetzung der Psalmen, mit dem Titel:

Psalterium Davidis prophetae et Regis Hebraeorum, veteris translationis, cum M. Lutheri praefatione, et lemmatibus ac notis Adami Siberi. Lipsiae, M. D. LXXIII.

und dem Schlusse:

Lipsiae. Johannes Rhamba excudebat Anno M. D. LXXIII.

Dieses Buch ist durch ein vom 1. Aug. 1572 datirtes lateinisches Gedicht den beiden Söhnen des Herzogs Johann Albrecht gewidmet:

Illustriss. principis ac domini d. J. Alberti ducis Megalburgensis etc. filiis J. Allberto et Sigismundo Augusto fratribus.

Das vorliegende Exemplar stammt aus der Bibliothek des Herzogs Johann Albrecht; es ist in gepreßten Pergament gebunden und auf dem Deckel mit goldenen Buchstaben bezeichnet:

I. A. H. Z M.
1573.

Dieses Exemplar stammt ohne Zweifel aus den Resten der Bibliothek des Herzogs, welche der Professor Tychsen auf die Universitäts=Bibliothek zu Rostock entführte. Von dieser ward das Buch auf einer Doubletten=Auction vor ungefähr 30 Jahren verkauft, von dem jetzigen Herrn Oberlehrer Steffenhagen zu Parchim erstanden und von demselben jetzt dem Verein zum Geschenke gemacht.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

9.
Elias Aderpol.

Nachtrag zu Jahrb. XXII, S. 182.

Elias Aderpol, Pastor zu Jesendorf, Prilwitz, Lübz und Flotow, Sohn des bekannten reformatorischen Predigers

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 86 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Thomas Aderpol zu Gressow, Malchin und Bützow, ward in den Criminal=Proceß wegen Ermordung des Valentin Voß auf Flotow durch seinen Schwager den Wildschützen Claus Grünewald wegen angeschuldigter Mitwissenschaft verwickelt und in peinliches Verhör genommen und so weit getrieben, daß seine Hinrichtung in Aussicht stand. Die Archiv=Acten sind nicht vollständig. Cleemann in seinem Archiv=Lexicon, S. 6, berichtet, daß Elias Aderpol Gelegenheit zur Entweichung gefunden und nach Hessen geflohen sein soll. Dagegen theilt C. D. W. mit, daß in einem Fragment eines Schreibkalenders zu Wismar eingetragen ist:

(1576) "Oct. 5. Elias Aderpul zu Gustrow gekopfft vnd gevierteilt."

Bis zu weitern Entdeckungen wird hier diese interessante Nachricht mitgetheilt.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

10. Faustinus Labes.


Nach den Darlegungen in Jahrb. XII, S. 243 flgd. war der Priester Faustinus Labes der Reformator der Stadt Sternberg. Er war aus Treptow gebürtig und als Priester geweihet. Seine frühern Lebensumstände, welche in Meklenburg bisher noch nicht besprochen sind, werden aufgeklärt durch eine Nachricht in Gerhard Dröge's Leben Franz Wessel's, gedruckt in Rostock durch Stephan Möllmann, 1570, wieder gedruckt in Barth. Sastrowen Herkommen, herausgegeben von Mohnike, III, S. 316 (vgl. Vorrede I, S. LXII). Hiernach predigte Faustinus Labes im J. 1525 lutherisch zu Stralsund, einige Jahre nach der Einführung der Reformation daselbst (1522). In F. Wessel's Leben bei Mohnike a. a. O. S. 316 heißt es:

"Folgen die Namen aller Euangelischen Prediger, welcker selige her Franz Wessel gekant, gehöret vnd befördert. - - - -
Faustinus Labes, hoff an im Hilligen Geiste tho predigende, anno 1525."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 87 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese Angabe stimmt auch mit der Rechtfertigung der sieben evangelischen Prädicanten Stralsunds vom 24. Jan. 1525 überein, unter denen Faustinus Labes als der letzte genannt ist; vgl. den Abdruck in Johann Berckmann's Stralsundischer Chronik, herausgegeben von Mohnike und Zober, S. 255 flgd. Wenn Mohnike aber a. a. O. Einleitung S. XLI meint, daß Labes im J. 1525 gestorben sei oder Stralsund verlassen habe, so ist diese Ansicht nicht ganz richtig. Faustinus Labes ward der zweite lutherische Prädicant in Güstrow und predigte hier nach Jochim Kruse's Abgang 1531-1533 im Heiligen Geist und auch in der Pfarrkirche. In der Zeit 1533-1545 war Labes Prädicant zu Sternberg.

G. C. F. Lisch.     


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

11.
Die Annaten des Bisthums Schwerin

nach Rom waren 668 Gulden, wie in einer Druckschrift, mit dem Titel: In Hoc Libello Pontificii Oratoris continetur legatio, in conuentu Norembergensi, Anno M. D. XXII. inchoato, und dem Schlusse: Noremberge, apud Friderichū Peypus, Anno M D. XXIII, auf Blatt M III angeführt ist.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

12
Die Saline zu Golchen

(an welcher Broda und Dargun Antheil hatten).

Nachtrag zu Jahrb. XI, S. 162 flgd.


In der Mecklenb. Zeitung 1859, Nr. 178, den 3. Aug., steht in den "Reife=Briefen von E. B. (= Ernst Boll):

"In geognostischer Hinsicht bietet überhaupt diese Gegend (von Wietzow an der Tollense in Vor=Pommern) noch manches Interessante: an manchen Stellen um Klempenow herum (z. B. bei Burow und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 88 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Peselin) liegt dicht unter der Bodenoberfläche weiße Kreide und an andern Orten ein sehr schöner (tertiärer?) Thon in ansehnlichen Lagern; beide Mineralien werden durch Kalköfen und Ziegeleien ausgebeutet. Auch eine schwache Salzquelle ist endlich bei Golchen , wo man derartiges schon lange vermuthete, aufgefunden worden, und dadurch hat die Conjectur, daß unter dem Orte Colchele, wo, wenn ich nicht irre, dem Kloster Broda urkundlich Salzquellen verliehen werden, der Ort Golchen zu verstehen sei, eine neue Stütze erhalten."


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

13.
Die Einräumung des Klosters Ribnitz.

Nachtrag zu Jahrb. XXII, S. 139.


Unter dieser Ueberschrift enthält die "Rostocker Zeitung" und nach derselben die "Mecklenb. Zeitung", 1859, 8. März, Nr. 56, S. 3, Folgendes:

"In dem vierten Artikel der Reversalen vom J. 1572, so wie in der fürstlichen Instruction vom 7. October desselben Jahres war die wirkliche Einräumung des Klosters Ribnitz Seitens der Herzoge von dem Ableben der Aebtissin Ursula, Herzogin von Meklenburg, abhängig gemacht. Als daher diese Fürstin, 76 Jahre alt, am 22. April 1586 gestorben war, durften die Stände allerdings erwarten, daß nun auch dieses Kloster, welches ihnen längst überwiesen war, ihnen wirklich ausgeliefert werden würde. Indessen verzögerte es sich damit doch noch beinahe vierzehn Jahre; weshalb die Bemerkung von Lisch (Jahrb. 22, S. 139): ""Mit ihrem (der Aebtissin Ursula) Tode fiel die Verwaltung des Klosters Ribnitz an die Landschaft"", einer Berichtigung bedarf. Nachdem die Stände schon über drei Jahre vergeblich auf die Auslieferung des ihnen zugesicherten Klosters gewartet hatten, erinnerten sie am 10. Juni

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 89 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1589 an diese Auslieferung, erhielten aber vom Herzog Ulrich am 1. October zur Antwort, daß der Herzog sich seiner Zusage zwar sehr wohl entsinne, aber befinde, daß es mit der Einräumung von Ribnitz zur Zeit noch nicht so große Eile habe, indem in den beiden andern Klöstern noch weit mehr Jungfrauen aufgenommen und unterhalten werden könnten, als daselbst bis dahin untergebracht wären. Bis diese beiden Klöster gänzlich besetzt wären, könnten die Einkünfte von Ribnitz mit zur Abtragung der fürstlichen Schulden verwandt werden, ohne daß darum die Assecuration ungültig sein sollte. Die Stände erneuerten ihr Gesuch auf den Landtagen von 1590, 1595 und 1598, bis zuletzt der Herzog sich bereit erklärte, dem Hauptmann und den Provisoren das Kloster ausliefern zu lassen. Jedoch machte er, unter gleichzeitiger Wiederholung verschiedener schon früher gestellter Bedingungen, den Vorbehalt, daß eine Princessin des meklenburgischen Hauses darin zur Aebtissin bestellt würde. Die Einräumung erfolgte endlich am 18. December 1599. Die damit beauftragten fürstlichen Commissarien, der Canzler Bording, der Hauptmann Joachim von Oldenburg und der Landrentmeister Schönermarck, suchten die Bedingung wegen der meklenburgischen Princessin durchzusetzen. Doch lehnten die ständischen Deputirten, Johann Cramon, Dietrich Bevernest und der Rostocker Bürgermeister Dr. Stalmeister, dieses Ansinnen entschieden ab."

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 90 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VIII.

Urkunden=Sammlung,

von

G. C. F. Lisch.


Nr. I.

Der Papst Urban III. bestätigt das Bisthum Schwerin.

D. d. Rom. 1185 Febr. 23.

Nach dem Originale im königlich-hannoverschen Staats-Archive zu Hannover.


Urbanus episcopus, seruus seruorum dei, Venerabili fratri Bernoni Magnopolitane ecclesie episcopo eiusque successoribus canonice substituendis in perpetuum. Benedicta gloria domini de loco sancto suo, de quo pater omnipotens ad nostre mortalitatis cursum solita pietate respiciens ecclesiam suam nove prolis fecunditate multiplicat et fidelium predicatorum uerbo pariter et doctrina dilatat, trahens in sagena fidei barbaras etiam nationes, ut qui fuerant aliquando tenebre, filii lucis effici mereantur, et iuxta uerbum prophete, in cubilibus, in quibus prius dracones habitabant, uiror calami et iunci rore sancti spiritus oriatur. Ex eius itaque munere fuit, qui uult omnes homines saluos fieri et ad agnitionem ueritatis uenire, quod tu, uenerabilis in Christo frater episcope Berno, ad predicandum paganis et seminandum uerbum fidei episcopus institutus, exposuisti te ipsum laboribus et periculis, et attendens, quod Christus pro nobis mortuus est, ut qui uiuit, iam non sibi uiuat, sed ei, qui pro nohis mortuus est et resurrexit, in ancxietatibus mul-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 91 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tis sparsisti semen diuinum et erogasti talentum tibi creditum ad usuram, et gentes plurimas, que ignorabant deum, ueritatis lumine illustrasti et reduxisti ad cultum dei, que ante captiue laqueis diaboli tenebantur. Nunc igitur, quoniam a sede apostolica postulasti, ut episcopalem sedem in loco, qui dicitur Zuerin, auctoritate sacrosancte Romane, cui deo auctore deseruimus, ecclesie, confirmemus, nos tue postulationi grato concurrentes assensu, ad exemplar felicis memorie Alexandri pape, predecessoris nostri, pontificalem cathedram in eodem loco mauere statuimus et ei subscripta loca diocesiana lege futuris deinceps temporibus decreuimus subiacere: claustra et ecclesias edificatas uel edificandas per prouincias ducis Henrici, quarum una, que Mykelenburch nuncupatur, tendit usque ad prouinciam, que dicitur Brezen, usque in mare, et sic iuxta maritimam peruenit terminus episcopalis usque in Ruyiam, ipsam insulam dimidiam includens, a Ruyia autem usque ad Penum fluuium, ubi idem fluit in mare, inde autem usque Wolegost, et a Wolegost Penum fluuium sursum versus usque Mizerech, ipsam terram Myzerech usque Plote includens, et terram Plote totam usque Tolenze, ipsam prouinciam Tolenze cum omnibus insulis suis et terminis totam includens, a Tolenze autem ad siluam, que dicitur Bezwt, que distinguit terras Hauelherge scilicet et Moriz, eandem quoque terram Moriz et Veprowe cum omnibus terminis suis ad terram, que Warnowe uocatur, includens, et terram Warnowe cum omnibus terminis suis ex utraque parte fluminis, quod Eldene dicitur, usque ad castrum, quod Grabowe nuncupatur, ipsum flumen transiens ibidem tendit ad fluuium, qui dicitur Zuden, comprehendendo omnia attinentia prouincie Zuerinensis, et ab hoc fluuio procedunt termini secundum distinctionem prouinciarum Razeburk et Zuerin usque ad Brezen; ex predicti ducis dono secundum distinctionem ipsius partem ciuitatis Zuerinensis a domo piscatoris cuiusdam, cui nomen erat Suk, ad uetus cimiterium directe tendentem et idem transeuntem usque in Scalam, cuius medietatem includit, et ultra paludem eidem Scale proximam totam insulam et molendinum a ciuitate in parte aquilonis situm, et parrochiam predicte ciuitatis cum omni iure; quatuor villas in prouincia Zuerinensi: Medewede, Honthorp, Rampe, Wotuekiz nuncupatas; ex altera parte Albie tres uillas, et in Sadelbandia unam uillam Borist, et in terra, que dicitur Brezen, duas

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 92 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

villas, insulam, que dicitur Lypiz, et duas uillas Klinen et Galanze, et castrum Butessowe cum terra sibi attinenti, et octo uillas in Mikelenburch, quas Pribizlaus cum omni iure in Butessowe commutauit, quarum nomina sunt hec: Nezebul, Warin, Glambeke, Colenin, duas Mankemase uocatas, Lubitze, Dargemezle, et omnes uillas terre, que dicitur Noue, cum omni iure in Butessowe commutatas a Pribizlauo, a Butessowe in utraque parte aque, que Nebula dicitur, usque ad terram, que Tribeden uocatur; a Butessowe autem sursum uersus aquam, que dicitur Warnowe, ad locum, qui Ztulp nominatur, et terram adiacentem Butessowe, Werle dictam, usque ad fluuios Tichmenzeke et Zarnowe dictos, cum omni iure, et in terra, que Ylowe nuncupatur, decem uillas cum omni iure; Doberan uero et totam terram Gobange spectantem; in terra Kizin duas uillas, villam sancti Godehardi scilicet et aliam sibi adiacentem cum omni iure; ex dono Kazamari, principis cliristianissimi, in Bard duas uillas cum omni utilitate et terram eidem adiacentem Pitne dictam, cum omni iure; duas uillas prope Dimin: Wteneke et aliam adiacentem, et locum Dargun dictum, in quo predictus episcopus cenobium fundauit, et duas uillas in Scircipene, vnam uillam in Moriz et unam in Warnowe, et omnem decimam per uniuersum episcopatum. Preterea quascumque possessiones, quecumque bona eadem ecclesia in presentiarum iuste et canonice possidet aut in futurum concessione pontificum, largitione regum uel principum, oblatione fidelium seu aliis iustis modis prestante domino poterit adipisci, firma tibi tuisque successoribus et illibata permaneant. Decernimus ergo, ut nulli omnino hominum liceat, prefatam ecclesiam temere perturbare aut eius possessiones auferre uel ablatas retinere, minuere aut aliquibus uexationibus fatigare, sed omnia integra conseruentur, eorum, pro quorum gubernatione ac sustentatione concessa sunt, usibus omnimodis profutura, salua in omnibus apostolice sedis auctoritate. Si qua igitur in futurum ecclesiastica secularisue persona hanc nostre constitutionis paginam sciens temere contra eam uenire tentauerit, secundo tertioue commonita, nisi reatum suum digna satisfactione correxerit, potestatis honorisque sui dignitate careat reamque se diuino iudicio existere de perpetrata iniquitate cognoscat et a sacratissimo corpore et sanguine dci et domini redemptoris nostri Ihesu Christi aliena fiat atque in extremo

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 93 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

examine diuine ultioni subiaceat; cunctis autem eidem loco sua iura seruantibus sit pax domini nostri Ihesu Christi, quatenus et hic fructum bone actionis percipiant et apud districtum iudicem premia eterne pacis inueniant. Amen ac Amen.

( Monogramma
pontificale
) Ego Urbanus catholice ecclesie episcopus ss. BN.

† Ego Theodinus Portuensis et sancte Rufine sedis episcopus ss.
† Ego Henricus Albanensis episcopus ss.
† Ego Theobaldus Hostiensis et Velletrensis episcopus ss.

Links:

† Ego Iohannes presbiter cardinalis tt. sancti Marci ss.
† Ego Laborans presbiter cardinalis S. Marie frans Tiberi m u. Ca lixii ss.
† Ego Pandulfus presbiter cardinalis tit. basilic. XII apostolorum ss.
† Ego Albinus tit. Sancte crucis in ierusalem presbiter cardinalis ss.
† Ego Melior presbiter cardinalis Sanctorum Iohannis et Pauli tit. Pagmachii ss.
† Ego Adelardus tit. Sancti Marcelli presbiter cardinalis ss.

rechts:

† Ego Arditio diaconus cardinalis Sancti Theodori ss.
† Ego Gratianus sanctorum Cosme et Damiani diaconus cardinalis ss.
† Ego Soffredus Sancte Marie in via lata diaconus cardinalis ss.
† Ego Bollandus Sancte Marie in Porticu diaconus cardinalis ss.
† Ego Petrus sancti Nicholai in carcere Tulliano diaconus cardinalis ss.
† Ego Randulfus Sancti Georgii ad velum aureum cardinalis diaconus ss.

Datum per manum Transmundi, sancte Romane ecclesie notarii, VII kal. Martij, indictione IIII a , incarnationis dominice anno MCLXXXV°, pontificatus uero domni Urbani pape III. anno primo.

Nachdem Originale, auf Pergament, im königlich-hannoverschen Staats-Archive zu Hannover.
Links von der Unterschrift des Papstes:

Ego Urbanus catholice ecclesie episcopus ss.

steht das monogrammatische reichen des Papstes:

monogrammatische Zeichen des Papstes

und im Kreise um dieses Zeichen der Wahlspruch:

† Ad te d n mit Querstrich e Leuaui animam meam.

Rechts von der Unterschrift des Papstes steht das bekannte päpstliche Monogramm für BENE VALETE.
Die Stelle im Pergament, wo die papstliche Bleibulle gehangen hat, ist mit dieser halbkreisförmig ausgeschnitten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 94 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Urkunde war bisher nur durch eine lindenbrogsche Abschrift aus einem Copialbuche der bremenschen Kirche im Archive der Stadt Hamburg bekannt, nach welcher sie von dem Herrn Archivar Dr. Lappenberg in Hamburg verglichen und in Lisch Meklenb. Urkunden III, S. 38 flgd. gedruckt ist. Im J. 1851 machte mich der Herr Archiv-Registrator Dr. Sudendorf zu Hannover auf das Original im Archive zu Hannover aufmerksam und verglich die wichtigsten Stellen und Namen nach dem Originale. Im J. 1859 verglich der Herr Archiv-Secretair Dr. Grotefend zu Hannover die ganze Urkunde sorgfältig mit dem Originale, und hiernach ist der vorstehende Abdruck veranstaltet.

Der Gewinn einer sichern Abschrist von dem Originale dieser Urkunde ist wegen der vielen Ortsnamen sehr wichtig, da diese Urkunde die Grundlage zu mehrern folgenden Bestätigungen geworden ist.


Nr. II.

Der Herzog Boleslav von Schlesien und Polen schenkt der Kapelle zum H. Martin in Golgau die Freiheit des Kruges dieses Dorfes zur Haltung von Licht.

D. d. Gorkau. 1247. Oct. 1.

In nomine domini amen. Nos Boleslaus, dei gracia dux Slesie et Polonie, notum facimus vniuersis christifidelibus tam presentibus, quam futuris, presentem paginam inspecturis, quod nos ad honorem dei sanctique Martini, ob peticionem domini Vincencii abbatis sancte Marie fratrumque suorum in Wratislauia, de consensu comitis Boguslaui, castellani de Nemsi, capelle sancti Martini in Gogolow ad luminaria comparanda pro remedio anime patris mei ac predecessorum meorum circa terminos pretacte ville tabernam ab omni exaccione liberam perpelua donamus libertate gaudere. Vt autem hec donacio nulla valeat tergiuersacione immutari, presentem paginam sigilli nostri munimine fecimus roborari coram testibus ydoneis, scilicet duce Sobeslao, comite Boguslao castellano de Nemsi, comite Predeborro castellano de Slenecz, comite Iohanne de Domanez et filiastro suo comite Debessio et comite Prebirore de Parichim et aliis quam pluribus. Acta sunt hec in Gorckaw, anno ab incarnacione domini millesimo ducentesimo quadragesimo septimo, in festo beati Remigii.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 95 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach dem Abdruck in Heyne's Documentirter Geschichte des Bisthums Breslau, Breslau, 1860, I., S. 239, mitgetheilt von dem Herrn F. W. Kretschmer zu Berlin.

Unter dem unter den beugen aufgeführten "comite Prebirore (Pribicone?) de Parichim" ist wohl der meklenburgische Fürst Pribislav I. von Parchim-Richenberg zu verstehen, welcher sich auch in einer andern Urkunde vom J. 1247 und sonst "Pribizlaus dominus in Parchim" nennt (vgl. Jahrb. XI, S. 238) und mit einer hinterpommerschen Princessin vermählt gewesen sein soll (vgl. Jahrb. XI, S. 51).

Der Ausstellungsort Gorkau ist ein Dorf am Fusse des Zobtenberges und war bis 1810 im Besitze des Klosters der Augustiner auf dem Sande in Breslau.

Goglau ("Gogolow") ist ein Dorf bei Schweidnitz.

Unter den Zeugen ist:
dux Sobeslaus: Herzog von Böhmen,
Boguslaus castellanus de Nemsi: von Nimptsch,
Predeborus castellanus de Slenecz: vom Schlosse auf dem Zobtenberge,
Johannes de Domanez: von Domanze bei Schweidnitz.

Herr Kretschmer fügt die Vermuthung hinzu, dass Pribislavs I. Enkelin Lutgard, welche in Jahrb. XXV, S. 85 -87 entdeckt ist, wahrscheinlich die zweite Gemahlin des Herzogs Wladislav von Beuthen ward und um das Jahr 1360, wahrscheinlich zu Beuthen, gestorben sein wird, wo sie auch 1358 als Wittwe in ihrem Leibgedinge regierte (vgl. Sommersberg Script. rer. Siles. I, p. 886). Die schlesischen Chronisten kennen sie unter dem Namen Lukardis, wissen aber ihre Herkunft nicht.


Nr. III.

Der Fürst Nicolaus II. von Werle verleiht dem Ritter Heinrich Voss von Wolde zur Entschädigung für seine Dienste in der Kriegsnoth, besonders zur Erbauung des Schlosses Cobelbruck, die Bede, Münzpfennige, Dienste und Gerichte von den Dörfern Lupelow und Rosenow.

d. d. Stavenhagen, 1292, Aug. 29,

mit einem transsumt,

d. d. Wolde, 1381, Julii 22.

Nach beglaubigten Abschriften im grossherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.

Wy Bernd Bugghenhagen, her Arnd Buggenhagen sône deme godt gnedich sy, Reyward Drake,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 96 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hermen Vos tho Kerstorp vnde Gunter Stallb ee m to Bryghowe, knapen, bekennen vnde bet6#251;gen ôpenbâare an desser iêgenwardigen scrifft dat wy hebben geseen Nicolaus brê e f heren van Wenden, den hee hefft gegeuen her Hinrik Vos, ridder, van dem Wolde, in aller gantzheit vnde vngesêregeit, dâruôr ys ghehenget syn ingesegel, dat ghestalt ys alz een schilt, vnde dat ossenhôuet dâr inne steit vngesêreget, myd den bôcstâuen, de dâr vmme gâ e t, dede spreken: Ingesegel liere Nycolaus van Wenden, dat gantz heel ys vnde vngebrôken, in aller mâte alz een ingesegel bôrt to wesende, vnde de pressele, dâr yd ane hanget, heel ys vnde vntwêgh ghesneden, vnde de scrifft des brêues vngedelget vnde vngeuelschet vnde gantz alles wandels vrygh, dâr me ênen brêf mede magh tobreken vnde velschen, vnde begint sik an dessen wôrden:

In nomine domini Amen. Nos Nycolaus dei gratia dominus de Werle omnibus cliristifidelibus, ad quorum notitiam praesens scriptum peruenerit, cupimus fore notum, quod de bona et libera uoluntate nostra seu consensu haeredum nostrorum successorum dilecto et fideli nostro Hynrico militi dicto Vohs de Wolde ac suis ueris haeredibus dimisimus et contulimus pro seruitio nobis facto in nessessitate nostre gwerre uidelicet ad constructionem castri Cobelbruck et aliis temporibus nobis competentibus omnem precariam, denarios monete et omne seruitium, cum iudicio maiori et minori, cum omni fructu et utilitate et cum omni iure, quod ad nostrum dependebat domineum, de villis Lupegloue et Rosenowe perpetualiter possidendum, ita quod nos, nec nostri haeredes, successores siue iudicii nostri exsecutores incolas praedictarum villarum in nullo debeamus aggrauare. Vt autem collatio nostra firma et inuiolabilis perseueret, presentem litteram nostri sigilli munimine fecimus roborari. Huius facti testes sunt: Nycolaus Hane et Matthyas Ketelhot, Hinricus et Conradus Vulpes, necnon Reynerus et Echardus Cruse, milites, et alii quamplures fide digni. Datum et actum Stouenhaghen, anno domini millesimo ducentesimo nonogesimo secundo, in die decollationis beati Johannis baptiste.

Dat dyt aldus ys, des hebbe wy vôrbenômeden Bernd, Reyward, Hermen vnde Gunter

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 97 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tho êuer grôten ôrbârende betûginglie vnse ingezcgele ghehenget vôr dessen brêff, dcde screuen ys to dem Wolde, na godes bôrt drutteynhundert iar vnde in deme een vnde achtentigesten iâre, an deme dâglie sunte Marien Magdalenen.

Mit der pressel, daran das letzte sigel henget, ist auch ein pergamenen zettel durchgestochen vnd an disz Transumpt gefftet, der also lautet:

Vortmehr were dat her Bernd van der heren weghen zegghen wolden, dat myn brîff yerne mede verbrôken were edder verbôzed, dâr zegghe ick nê e n tô vnde hope to rechte, ick zy my des nêgier to wêrende, wen her Bernd my ôuer to zeggliende edder yênnich man van der heren weglicn, vnde ôk heft her Bernd gezecht, dat myn Brêff nerne mede schal vorbrôken wesen, vnde desse here, de nû here an deme lande is, is ên recht erfnâme des heren, de den brêf vtghegheuen hefft, vnde ick Bernd Vos ên recht erfnâme byn her Hinrik Vosses, deme de brêf tôschreuen is, vnde hôpe des to rechte, na der tyd dat id is, also alsz hîr vôre gheschreuen ys, dat my her Bernd van der heren weghen nerne ane bewêren schole an deme gûde to Rosenow vnde schole my na rechte lyk dô e n vmme dat he my dâr ane beworen hefft, wente ick de oldesten bewyzynghe hebbe. Rechtes lôue ick Bernd Vo e s iuw lêuen vrunden Hartwych Breyde vnde Rychard Vo e s.

Im grossherzoglich-meklenburgischen Geheimen und Haupt-Archive zu Schwerin befinden sich zwei von dem Notar Daniel Clandrian geschriebene und beglaubigte Abschriften:

1) von der Original-Urkunde vom J. 1292 allein mit folgender Beglaubigungsformel:

Dise Copey ist von mir Daniel Clandrianen auss key. Maytt. gewalt offenbaren Notario auss dem vorsiegelten Original welchs an schrifft und sigel vnargwonig befunden von wort zu worten, auch mit den buchstaben so etlicher wegen im Original nicht orthographice gesetzt, mit eigener handt abgeschrieben, welches ich mit diser meiner subscription thue bezeugen. Actum 13. Martij Anno 1584.

2) von dem Transsumpt vom J. 1381 mit dem eingeschalteten Originale, mit folgender Beglaubigungsformel:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 98 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das dise Copey mit dem Transumpt daran vier sigel hangen vbereinstimmt, vnd dan auch der angeheffte Zettel also laute wie hieruor geschrieben bezeuge ich Daniel Clandrian auss Key. maytt. Gewalt offenbarar Notarius mit dieser meiner subscription. Descriptum 13. Martii Ao. 1584.

In dem vorstehenden Abdruck ist die Haupturkunde vom J. 1292 getreu nach der von dem Originale genommenen beglaubigten Abschrift wiedergegeben.

Beide clandriansche Abschriften, nach dem Original und dem Transsumpte, weichen nur in unbedeutenden orthographischen Verschiedenheiten von einander ab; die bemerkenswerthesten Abweichungen bestehen darin, dass

nach dem Original: nach dem Transsumt:
Vohs
nessessitate
Cobelbruck
Vo e s
necessitate
Kobelbruk

geschrieben ist.

Bei den Abschriften liegt ein Zettel, auf welchem steht:

Einuerschlossene Copein hat mein gnediger Fürst und herr mir den 18. Martii Ao. 1584 zu Buetzouw aufzuheben zugesandt.

  Dem H. Doctori Martino
Bolfrassen zu eigen handen
zu uberantworten.

Nr. IV.

Der Bischof Gottfried von Schwerin und der Fürst Nicolaus von Werle bestätigen nach Anordnung des Ritters Nicolaus von Brüsewitz den Sprengel und die Hebungen der von dem alten Ritter Nicolaus von Brüsewitz gegründeten Kirche zu Brütz bei Goldberg und die Besitzungen und Hebungen der Pfarre und Küsterei deselben Kirche.

D. d. Parchim. 1295. Aug. 10.

Nach einer Abschrift im grossherzogl. meklenburg. geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Godfridus, dei gratia episcopus Zwerinensis, Nicolaus, dei gratia dominus de Werle, vniuersis presens scriptum

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 99 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

inspecturis salutemn imperpetuum. Ne rerum gestarum memoria per decurrentium temporum languescat spatia, non improuide humana solertia scripturarum sibi consueuit adhibere remedia. Notum itaque tam futuris, quam presentibus esse volumus, quod nos piam deuotionem Nicolai de Bruseuisz militis sincero affectu approbantes, ea, que ipse dei zelo ductus ecclesie Bruseuisz contulit ob commemorationem dominoruin suorum spiritualium et secularium, scilicet Brunwardi episcopi Zwerinensis et suorum successorum, Borwini principis Slauorum suorumque heredum, Henrici et Nicolai de Werle, Nicolai de Gadebuz, Hinrici occisi et vxoris sue, Joannis et Bernardi, Pribzlaui ac vxoris sue et omnis posteritatis eorum, necnon et comitis Hinrici de Zwerin, Guncelini et vxoris sue ac omnium heredum eorum, a quibus ipse seculo militans bona et possessiones tenuit temporales, et in recordationem progenitorum suorum, scilicet antiqui Nicolai de Bruseuisz militis, primi fundatoris eiusdem ecclesie, et Alheydis sue vxoris, Hermanni de Hagenow militis et Mechtyldis vxoris sue, Hinrici de Hagenow militis et vxoris sue Gertrudis et filiorum suorum, Fred[erici] de Hagenow militis, Tanquardi de Gusteuene militis et Gertrudis vxoris sue, Johannis de Gusteuene militis et Mechtyldis vxoris sue, Werneri de Lucow militis et Alheydis vxoris sue, Nicolai de Bruseuisz militis, presentis negotii promotoris, et vxoris sue Gertrudis, Martini de Malin militis et Berthe vxoris sue et filiorum suorum, Ioannis de Kroghe militis et filiorum suorum, Ioannis et Ioliannis sacerdotum predicte ecclesie, Hermanni Westfali, auctoritatis nostre amminiculo perpetuo retinenda confirmamus. Vt autem melius hoc factum elucescat, euidentius illud decreuimus declarare, quod prefate ecclesie assignauit: quatuor ville ipsi ecclesie dotaliter incorporate sunt, in quarum qualibet sacerdos et custos habent frumentum vnctionis: de quolibet manso sacerdos habet dimidium modium silignis, custos quartam partem modii; in Bruseuisz sacerdos habet septem modios, custos quinque; in Distelow sacerdos vndecim, custos sextum dimidii; in Grambow sacerdos nouem modios, custos sextum dimidii; in Buzeelstorp sacerdos decimum dimidii, custos quinque. Preterea assignauit sacerdoti septem mansos m terminis Bruseuisz

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 100 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sitos et in Grambow duos mansos cum omni prouentu, preter ius regiminis, in molendino Distelow alterum dimidii chorum siliginis, ita videlicet quod sacerdos, quicunque pro tempore ibidem deseruierit, duos tenebit sotios sacerdotes et in qualibet septimana tres missas pro defunctis ad summum altare in memoriam predictorum dominorum, nisi spetialis officii necessitate septimana fuerit excepta, celebrare sit obligatus. Ad altare domine nostre omnibus diebus domincis missam de angelis, in reliquis autem feriis pro defunctis in felicem memoriam progenitoruin suorum predictorum, necnon et posteritatis sue, excepto sabbato, quum de beata virgine celebrabit; ad altare vero beate Katerine omnibus diebus dominicis missam de trinitate vsque ad aduentum domini, ab aduentu domini vsque ad festum trinitatis de omnibus sanctis in secundis feriis pro defunctis in commemorationem Hermanni Westfali, in tertiis feriis de sancta Katerina, in quartis feriis de sancto Thoma apostolo, in quintis feriis de sancto spiritu, in sextis feriis de sancta cruce, de sancto Iohanne evangelista vero in sabbatis celebrabit. Ad lumen perpetuum in eadem ecclesia dimidium chorum siliginis in molendino Distelow, sex modios siliginis in molendino Scolentin, sacerdos etiam de mansis in Bruseuisz annis singulis dabit octo solidos denariorum, que predicta tollent prouisores ecclesie et ibidem lumen perpetuum ordinabunt. Ad vinum libaminum et hostias altaris sex modios siliginis in molendino Distelow et quatuor iugera m campo Bruseuisz, que prefata tollet custos et de vino et hostiis ecclesie prouidebit. Vt igitur tam pium et laudabile talis ordinationis factum nemo in sue salutis periculum presumat aliquatenus infirmare, nos Godfridus episcopus auctoritate dei omnipotentis et nostra sub pena anathematis districtius, nos vero Nicolaus dominus predictus sub obtentu nostre gratie ac sub pena proscriptionis firmiter prohibemus, volentes inconuulsa et rata perhenniter hec haberi, et ob hoc presentem paginam sigillorum nostrorum munimine dignum duximus roborandam. Huius confirmationis et ratihabitionis sunt testes: Iohannes et Godfridus milites dicti de Bulow, Gerardus, Bernardus et Nicolaus milites dicti de Malin, Denekinus de Welcin, Coz. (?) et Hermannus de Clenow, Tanquardus de Gusteuene, Iohannes de Karckdorp, milites, et quam plures alii clerici et layci fide digni. Datum Parchem, anno

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 101 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dominice incarnationis M. CC°. XC.V., in die Laurentii martiris gloriosi.

Nach einer Abschrift aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

In dieser Urkunde haben wir einen zweiten Beweis für die Gründung einer Kirche durch einen Ritter, wie in der Stiftung der Kirche zu Frauenmark bei Crivitz (vgl. Jahrb. XXV, S. 284 flgd.). Nach den in der Urkunde genanntem Personen, welche im Andenken bleiben sollten, also sich um die Kirche verdient gemacht hatten, wird die Kirche zu Brütz schon vor dem J. 1227 gebauet sein, da der Fürst Borwin im J. 1227 und der Bischof Brunward im J. 1237 starb. Der (alte) Ritter Nicolaus v. Brüsewitz wird im J. 1236 genannt. Der (jüngere) Ritter Nicolaus v. Brüsewitz, welcher die vorstehende Bestätigung veranlasste, wird wahrscheinlich ein Enkel des Gründers gewesen sein. Leider ist die Kirche zu Brütz noch nicht untersucht.


Nr. V.

Der Bürger Dietrich Filter zu Plau schenkt dem S. Georgen-Hospitale vor Plau 5 Hufen mit 16 Mark jährlicher Pacht im Dorfe Kuppentin zur Unterhaltung der Armen unter dem Vorstande des Raths der Stadt.

D. d. 1298. Jan. 28.


Dieterich Filter, Burger zu Plawe, hatt im Dorffe Cobbendyn denn Armen zu S. Jorgen allhie vor Plawe funff huuen mit XVI Mk. jehrlicher pacht, mit wischen, weiden, holtzen, Acker, gebauwet vnd vnbebauwet, mit zu- vnd abwegen, mit Soeden, mit wassern vnd derselben abflussen, zu ewigen Zeiten queidt vnd frey zu besitzen, gegolten, welcher einkunfft zu ewigen Zeiten die Armen zu vnderhalten vnd zu den gottlichen Embtern gebraucht sollen werden, mit aller freyheit vnd gerechtikeit, wie Er Johan Preen Ritter dieselben vom Bischoff inns Lehn besessen hatt, Vnnd soll der Rath zu Plawe denn Armen zum besten solche huuen zu Ewigen Zeiten vohrstehen, damit die einkunfft derselben den Armen ausgeteilt vnd zu den gotlichen Embtern gebraucht werden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 102 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Confirmirt durch Bischof Niclaus [richtiger Gottfried] von Swerin vnd Geben Anno Domini 1298, den VIII ten tag nach Agnete Virginis.

Urkunden-Regeste in dem Visitations-Protocoll von Plau 1558.


Nr. VI.

Der Bürger Dietrich Filter zu Plau schenkt dem S. Georgen-Hospitale vor Plau 16 Mark jährlicher Pacht aus dem Dorfe Kuppentin zu einer ewigen Vikarei in dem Hospitale unter dem Patronate des Bischofs von Schwerin.

D. d. Bützow. 1298. Oct. 21.


Diederich Filter hat Sechzehn marck Jehrlicher pechte aus funff huuen zu Cobbentyn vnd seinen redisten gutern, die Ihm vnser herr Got verliehen hatt, vnd zu vnderhaltung des priesters zu S. Jorgen zu einer Ewigen Vicareien gelegt etc. .

Ius patronatus gehort dem Bischoffe zu Swerin.

Confirmirt durch Bischoff Gothfriden, zu Butzow, Anno domini 1298, Am tage Vndecim M. Virginum.

Urkunden-Regeste in dem Visitations-Protocoll von Plau 1558.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 103 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. VII.

Peter, Graf von Neuenburg, Johann (Yesko) und Lorenz, Söhne des hinterpommerschen Palatins Swenza, verkaufen Ritter Gottfried von Bülow und dem Knappen Gerhard Ketelhot die Güter Crampe und Labuhn mit allen Freiheiten.

D. d. Bukow. 1313. März 25.

Nach einer alten Abschrift im königl. preuss. Archive zu Königsberg.


In nomine domini, Amen. Petrus, dei gracia comes de Nuwenburg, Iohannes et Laurencius. fratres, simul et filii honesti militis felicis memorie domini Szuensonis, tocius terre Pomeranie palatini, vniuersis Christi fidelibus presens scriptum visuris seu audituris salutem in filio uirginis gloriose. Quoniam humane uite inbecillitas nequaquam in eodem statu subsistere diu ualet, sed mutabilitati subiacent vniuersa, statuit consulta discrecio, ea que geruntur ne memoriam effugiant hominum, sigillatis apicibus aut uiua uoce testium perhennari. Hinc est quod cum manifesta recognicione presencium ad noticiam peruenire cupimus christifidelium vniuersorum, quod nos fidelibus nostris vasallis, videlicet domino Godefrido de Bulowe et Gerhardo Katelhode ac eoruin amicis duas villas, villam videlicet Crampen et villam Lebun, rite et racionabiliter, quemlibet mansum infra dislincciones ipsarum villarum mensuratum pro quinque marcis monete slauice taxando, vnanimi vtique consensu adhibito vendidimus cum subnotatis libertatibus iure hereditario libere et quiete perpetuo possidendas; predicti itaque nostri vasalli prenominatas villas absque omni seruicio et ab omni decima liberas cum mero iudicio aduocacie videlicet, cum sentencia manuali siue capitali et cum omnibus attinenciis ipsarum villarum, videlicet cum siluis, nemoribus, paludibus, pascuis, pratis, agris cultis pariter et incultis, aquis, riuis, molendinis et cum vniuersis vtilitatibus, que nunc ibidem sunt, uel que futuris temporibus ipsi et eorum heredes adipisci poterint, irrefragabiliter obtinebunt. Insuper patronatum ecclesiarum in terminis earundem villarum pro uoluntate ipsorum nostrorum vasallorum construendarum ipsos sine obstaculo ha-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bere protestamur. Preterea si pro necessitate nostra in nostro dominio pro aliqua exaccione danda vasallos nostros, qui dare tenentur, rogare vellemus, communiter omnes tam dominum Godefridum et Godehardum (?) cum omnibus amicis ipsorum, quam eciam alios nostros vasallos conuocabimus, quos si exauditi fuerimus, omnibus graciarum accicnibus referemus, sed si propter aliquem defectum suorum subditorum rationalbiliter simul omnes nobis negarent, domino Godefrido et sociis suis seu ipsorum subditis nullam omnino violenciam specialiter faciemus. Prefati nichilominus nostri vasalli futuris temporibus, si alicui vendere vellent villas pretaxatas, illi vtique, qui emerit, semola omni condicione et cum premissa libertate porrigemus. Ceterum si sepenominatos nostros vasallos seu ipsorum villas modo supranotato a nobis emptas racione alicuius decime siue distinccionis aliquis molestando repetere vellet, quod absit, ipsos ab omni impeticione seu grauamine quitos et solutos obligatorie faciemus. Huius nostre accionis et uendicionis testes sunt: dominus Biramus, abbas in Buchouia, frater Hermannus, prior, frater Hinricus, cellerarius, dominus Paulus Buzcewitcz, dominus Wlnoldus de Belowe, dominus Conradus de Borsen, dominus Conradus de Polnowe, dominus Matheus, Iohannes de Bystowe, Smyle, Woysiaus, Grossemarus, Conradus de Versen, Hintzeke Weyten et alii quam plurimi fide digni. Vt autem liec nostra vendicio et accio rata et impermutabilis perpetuis temporibus perseueret, presens scriptum ipsis porrigimus sigillorum nostrorum firmiter munimine roboratum. Datum Buchiowe, anno domini M°. trecentesimo tercio decimo, in die annunciacionis Marie.

Nach einer alten Abschrift im königl. preuss. Archive zu Königsberg, gedruckt in Cramer Geschichte der Lande Lauenburg und Bütow, II, S. 16, Nr. 23. - Der Palatin Swenza war der mächtigste Mann in Hinterpommern und nach des letzten Herzogs Mestewin II. Tode († 1. Julii 1295) Statthalter von Hinter-Pommern. Von seinen Söhnen ward Peter Herr und Graf von Neuenburg an der Weichsel, Johann oder Yesko Castellan von Rügenwalde und Schlawe, Lorenz Castellan von Tuchel. Swenza starb vor 1313 und seine Söhne verkauften mit der Zeit ihre Besitzungen an den Deutschen Orden. Vgl. Cramer a. a. O. I, S. 29, 40, 44, 46 und 47.

Die Besitzungen Crampe und Labuhn lagen im südlichen Theile der hinterpommerschen Landschaft Stolp.

Sehr merkwürdig ist das erscheinen zweier meklenburgischer Ritter als Vasallen in Hinter-Pommern. Es ist gar

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht zu bezweifeln, dass Gottfried von Bülow und Gerhard Ketelhot Meklenburger waren, wenn auch Cramer a. a. O. II, S. 17, Note 1, ohne Grund den Namen Bülow für einen Schreibfehler statt Below halten möchte; aus demselben Grunde, dass sonst keine Bülow in Hinter-Pommern vorkommen, müsste man auch an der Richtigkeit des Namens Ketelhot zweifeln. Die Vornamen Gottfried und Gerhard gehören in alter Zeit den Familien v. Bülow und Ketelhot eigenthümlich an, und in beiden Familien lassen sich aus der Zeit der Ausstellung der vorstehenden Urkunde Glieder dieser Geschlechter mit diesen Vornamen nachweisen, wenn sich auch aus den gedruckten Geschichten beider Familien die Identität der in dieser Urkunde genannten zwei Glieder dieser Geschlechter mit andern gleichzeitigen gleiches Namens nicht beweisen lässt. Dass in der vorstehenden Urkunde Ketelhot zum zweiten Male mit Vornamen Gotthard statt Gerhard genannt wird, ist ohne Zweifel ein Versehen des Abschreibers, wie in den Namen der Zeugen viele Versehen zu stecken scheinen.

Gottfried von Bülow, Ritter, und Gerhard Ketelhot, Knappe, werden in Folge der langwierigen und weitverbreiteten Irrungen über die hinterpommersche Erbschaft nach dem Tode Mestwin's II., deren Bewegungen sich bis nach Rügen und Brandenburg erstreckten, und durch den mächtigen Wachsthum des deutschen Ordens vorübergehend nach Hinter-Pommern gekommen sein. - Ungefähr um dieselbe Zeit waren die Bere, aus den rügischen und vorpommerschen Landen, durch den Einfluss des mächtigen vorpommerschen Marschalls Henning Bere auf kurze Zeit auch Herren der hinterpommerschen Lander Bütow, Belgard und Quarkenburg.

Jedenfalls liefert die vorstehende Urkunde einen interessanten Beitrag zur meklenburgischen Adelsgeschichte und der Rittergeschichte jener Zeit überhaupt.


Nr. VIII.

Die Brüder Röggelin werden aus der Stadt Rostock vervestet, weil sie den Bardenflet in Gegenwart des Herzogs Albrecht von Meklenburg in der Jacobi-Kirche zu Rostock ins Gesicht geschlagen haben.


D. d. Rostock. 1343. Julii II.

Anno domini MCCCXLIII, item feria sexta ante Margarete, Hermen, Zabel et Gerhart fratres dicti Roghelin proscripti sunt pro eo, quod percusserunt Bardevlet ad

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 106 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dentes in ecclesia beati Jacobi in presencia domini nostri Magnopolensis et sub conductu dominorum consulum huius ciuilatis. Judices: Hinricus de Ymbria et Hinricus Cruse; aduocatus de Cene; Reyneke Cersebom, Conradus Mulart, Bernardus Bom, Johannis filius, Hermen Molner, Lupus in platea lapidum.

Aus dem Vervestungsbuche der Stadt Rostock mitgetheilt von dem Herrn Burgemeister Fabricius zu Stralsund.


Nr. IX.

Die Fürsten Nicolaus III. und Bernhard III. von Werle geben ihre Schwester mit der Tochter des Knappen Heine v. Gehrden in das Kloster Dobbertin, schenken dem Kloster des Eigenthum der Dörfer Sietow und Laerz und verordnen Seelenmessen für ihre Familien.

D. d. Güstrow. 1344. März 14.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis, Amen. Nos Nicolaus et Bernardus fratres domicelli dei gracia domini de Werle, omnibus presentia visuris seu audituris salutem in eo, qui omnium est vera salus. Quoniam gen[eris] huma[ni] spiritus est vadens et non rediens, plura piorum facta laudabilia obliuionis nebula deperirent, nisi sapientum industria humano vsui sollicite (non) provideret, vt ea, que per lapsum temporis continuum a memoria hominum de facili euanescunt, saltem scripturarum et testium amminiculo notabili posterorum memorie perhenniter solidentur. Noscat igitur tam presentium natio reuerenda, quam felix successio futurorum, quod inspecta immensa fidelitate et dilectione, qua erga nos dilecti nostri et fideles prepositus, priorissa totusque conuentus sanctimonialium in Dobertyn propter deum et nostrarum supplicum precum interuentu fauorabiliter et amice preces nostras exaudiendo, sororem nostram dilectam una cum filia strennui famuli Heynonis de Gherden pie memorie in moniales receperunt, speciali fauore, quo ipsos amplectimur, tali recompensa ipsis et eorum monasterio fauorabiliter duximus prouidere, ita quod nostrorum

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 107 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fidelium tunc collateralium maturo consilio et bona deliberatione exacte prehabilis dedimus et dimisimus presentibus et donamus ipsi monasterio in Dobertyn proprietatem et ins proprietatis villarum infrascriptarum videlicet Sytecowe et Loretze, prius ipsi monasterio cum iure vasallico pertinentium, modo autem donamus cum omni iure maiori et minori, alto et basso, videlicet iudicandi in manum et collum, cum omni precaria pecuniaria et annonali, maiori et minori, cum agris cultis et incultis, pratis, pascuis, paludibus, viis et inuiis, aquis aquarumque decursibus, piscationibus, lignis, siluis et rubetis, cum vniuersis dictarum villarum Sytecowe et Loretze vtilitatibus, prout in suis iacent distinctionibus campestribus, terminis atque metis. Damus insuper specialiter ipsi monasterio et ecclesie in Dobertyn ins patronatus ecclesie parrocinalis ville Sytecowe supradicte, ita cum de celero et inantea ipsam ecclesiam Sytecowe vacare contigerit, prepositus, qui pro tempore fuerit, cum conuentu vni persone ydonee conferre dezent et presentare ad eandem. Preterea dedimus et specialiter presentibus donamus ipsi monasterio et conuentui in Dobertyn predictas villas Sytecowe et Loretze cum omni vtilitate et fructu secundum omnem earum positionem et situm in latum, longum et profundum, necnon cum omnibus et singulis, de quibus foret facienda mentio specialis, cum omni iure nostro, prout nostre essent, perpetuis temporibus possidendas. Insuper prepositus, qui pro tempore fuerit in Dobertyn, sorori nostre dilecte annis singulis duodecim marcarum redditus et filie Heynonis de Gherden quatuor marcarum redditus, dum vixerint de prouentibus et redditibus dictarum villarum erogabit expedite. Ceterum prepositus, quicunque fuerit in Dobertyn, de redditibus et prouentibus predidarum villarum annis singulis duo seruitia carnium, quodlibet seruitium de sex marcis monete vsualis, primum videlicetb seruicium die dominica qua cantatur Misericordia domini, secundum dominica proxima continua post festum beati Michaelis, monialibus large et sollempniter ministrabit, super eo vt meniales parentum nostrorum domini Iohannis patris nostri domini de Werle et Mechtildis matris nostre dilectorum atque Agnetis uxoris nostre domicelli Nicolai pie memorie noibis dilecte pariter et nostri et vxorum nostrarum Mechtildis et Elysabet, dum mori contigerit memoria quovis anno feria secunda post domini-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 108 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

cam quam cantatur Misericordia domini et feria secunda continua post festum beati Michaelis in vigiliis et missarum solempniis pro defunctis, vt oportet, in remissionem nostorum peccaminum et in salubre remedium animarum nostrarum perhenniter habeatur. Debent enim moniales predicte de choro earum descendere super eo vt hec nostra memoria et nostrorum progenitorum perpetuo et solempniter peragatur. Vt hec nostra donatio in omnibus et singulis premissis ipsi monasterio in Dobertyn a nobis, nostris heredibus et successoribus, officialibus nostris et potentibus rata et inconuulsa permaneat, de certa nostra scientia sigillis nostris appensis muniri fecimus et conscribi presens scriptum in seculorum secula valiturum, presentibus strenuis viris et ydoneis: Iohanne Cosze milite, Nicolao Hanen, Arnoldo Levetzowen Detmaro, nostre curie notario, thesaurario eeclesie Gustrowensis, Hermanno Distelowen, nostre curie officiali et aduocato in Gustrow, noibs fidelibus et dilectis, et quam pluribus aliis fide dignis. Datum et actum Gustrowe anno natiuitatis dominii millesimo tricentesimo quadragesimo quarto, die dominica qua cantatur Letare Ihierusalem.

Nach einer Abschrift in Rudloff's handschriftlicher Urkunden-Sammlung im Archive zu Schwerin und nach einem Auszuge der wichtigern Stellen von mir, beide aus dem Diplomatarium des Klosters Dobbertin vom J. 1748. Die Original-Urkunde habe ich im Kloster-Archive zu Dobbertin nicht finden können.          G. C. F. Lisch.


X.

Der Papst Clemens VI. dispensirt den Herzog Barnim IV. von Pommern-Wolgast und dessen Gemahlin Sophie, Tochter des wailand Fürsten Johann II. von Werle-Güstrow, von dem dritten Verwandschaftsgrade.

D. d. Avignon. 1350. März 21.

Nach dem Concept im päpstlichem Geheimen-Archive zu Rom.


Clemens, episcopus, seruus seruorum dei, venerabili fratri . . . . . . . episcopo Caminensi salutem e. c. Exhi-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 109 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bita nobis pro parte nobilis viri Barnym, principis Ruyanorum, et nobilis mulieris Soffie, nate quondam Iohannis domini de Werla, Zwerinensis dyocesis, petitio continebat, quod licet Barnym et Soffia predicti scientes se tercio consanguineitatis gradu inuicem fore coniunctos, tamen ipsi, ad sedandam duriciam guerrarum inter ipsum Barnym et fratres suos, ex una parte, et fratres dicte Soffie, ex altera, faciente humani generis inimico subortam et tranquillo statu patrie, adhuc Barnym infra vicesimum quintum et Soffia prodicta infra vicesimum etatum ipsorum annos existentibus, nobilibus viris fratribus Soffie et consanguineis et consiliariis Barnym predidorum ordinantibus et procurantibus, matrimonium licet de facto invicem contraxerunt illudque carnali copula consummauerunt, cum autem, sicut eadem peticio subiungebat, ex eorum separatione, si continget inter eos celebrari diuorcium, maximum scandalum et strages multorum hominum inde peruentura verisimiliter formidantur, pro parte ipsorum nobilium extitit nobis humiliter supplicatum, ut prouide eis super hoc de oportune dispensacionis beneficio dignaremur. Nos igitur, qui salutem querimus singulorum et libenter christifidelibus salulis et pacis comoda procuramus, huiusmodi scandalum et periculum obuiare ac ipsorum, Barnym et Soffie, supplicacionibus inclinati, fraternitati tue, de qua specialem in domino fiduciam gerimus, per apostolica scripta committimus et mandamus quot si est ila et tibi videatur expediens, quod dispensatio huius concedatur, super quo tuam conscienciam oneramus, ipsis Barnym et Soffia, prius ad tempus, de quo tibi expedire videbitur, separatis, ipsos a sentencia excemmunicacionis, quam propter premissa incurrisse noscuntur, absolucionis beneficium, si illud humiliter et deuote petierint, iuxta ecclesie formam impendes, iniunctis eis inter alia sub virtute iuramenti per eos prestandi, quod similia de cetero non committant, nec facientibus prebeant consilium, auxilium vel fauorem, et quod ipsi Barnym et Soffia infra annum a tempore dispensacionis huius conputandum teneantur, tribus perpetuis capellanis per eos in aliqua ecclesia terre sue tantum de bonis propriis perdotandis assignare, quod earum fructus, redditus et prouentus septuaginta florenos auri valeant annuatim, iure patronatus dictarum capellaniarum, postquam institute et

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 110 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dotate fuerint, ut prefertur, Barnym et Soffie predictis eoruimque heredibus et successoribus perpetuo remanente, ac eciam (iniunctis) eisdem Barnym et Soffie penitentia salutari et aliis, que de iure fuerint iniungenda, demum cum Barnym et Soffia predictis vt, impedimento, quod ex huiusmodi consanguinitate prouenerit, non obstante, matrimonium de novo contrahere et in eo, postquam contractum fuerit, licite remanere valeant, auctoritate nostra dispenses, prolem susceptam et suscipiendam ex iis legittimam nuntiando. Datum Auinione, XII. kalendas Aprilis, pontificatus nostri anno octauo.

Nach einer Abschrift aus dem päpstlichen Geheimen Archive zu Rom: "arch. secr. Vatica. Clementis VI. comm. an. 8. lib. 4. pars 2. fol. 139. epistola 506."


Nr. XI.

Bestimmung der Abgaben, welche die Antonius-Brüder für dem Besuch des heiligen Bisthums Camin (zum Einsammeln von milden Gaben) zu geben haben. D. d. (1400).

D. d. (1400)

Nach einer Abschrift im kön. preuss. Archive zu Stettin.


Item isti domini sancti Antonii in singulis annis visitantes cum reliquiis in diocesi Caminensi semper debent facere cum consensu, iussu et fauore domini Episcopi ecclesie Caminensis, Et pro Ista visitatione de Iure et sub pena Excommunicationis In tota diocesi Caminensi tenentur dare domino Episcopo ecclesie Caminensis et persoluent ad mensam suam in quolibet anno in perpetuis temporibus in curia sua ibidem in locis Cathedralibus Caminensibus predictis et ad Cameram suam in singulis annis in perpetuis temporibus in festo pasce Quinquaginta marcas denariorum Vinckonensium, et II talenta Croci et IIII talenta piperis et IIII talenta Sinzeberis et totidem talenta Cariofilorum, et vnum bonum cultellum et X paria Cyrotecarum de bono twino facta et X nachthuuen bona, Et I bonum balneamen et I bonum superplicium, Et in die Michaelis beati Archangeli etiam tenentur ei intrum (introitum?)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 111 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dare, sicut in feste pasce ipsi dederunt, Insuper etiam tenentur dare de jure domino decano ecclesie Cathedralis Caminensis, quantumcunque stationem suam in dicta ecclesia sua fecerit seu tenuerit, vnum talentum sinziberis et I talentum Cariofilorum et 1/2 (1/2) talentum muscatarum et vnum bonum cultellum et I nachthuue et I bonum par cyrothecarum de twino factum et II marcas denariorum vinckonensium, et plebano suo Capellano ibidem VIII solidos, et Custodi ibidem VIII solidos, et Subcustodi IIII solidos, et Rectori paruulorum VIII solidos, et IIII solidos cuilibet locato et Cancellario domini Episcopi predicti X marcas denariorum vinckonensium, Et subcancellario seu Notario eius quinque marcas eiusdem monete, Et vectigali suo II marcas et vnum bonum par ocrearum, Et sic etiam de Iure tenetur dare cuilibet plebano Ciuitatum vel opidorum in tota diocesi Caminensi, quantumcumque stationem in parrochialibus eorum tenuerit, et capellanis suis et custodibus et subcustodibus et rectoribus et locatis, sicut in ecclesia Caminensi decano dederunt et aliis ministris, Sub pena excommunicationis sententie et Interdicti pro illis in tota diocesi Caminensi, Statutum juratum et confirmatum ecclesie Camminensis.

Aus einem um das J. 1400 entworfenen Verzeichnisse der Einkünfte des Bisthums Camin, in Abschrift aus dem Anfange des 16. Jahrh. im Provinzial-Archive zu Stettin aufbewahrt, mitgetheilt vom Herrn Archivar Dr. Klempin zu Stettin.

Im J. 1340 schenkte der Herzog Barnim von Pommern den Antonius-Brüdern den Burglehnhof vor der Burg Demmin. Vgl. Tempzin. Urk. Nr. 3.


Nr. XII.

Der Abt von Reinfelden quittirt den Abt Johann von Doberan, als General-Collector der Cistrecienserklöster in den Ostseeküstenländern, über die Ablieferung gewisser eingesammelter Contributionen aus den Klöstern.

D. d. 1474. Julii 15.

Nach dem Originale im Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


Frater Johannes abbas in Reynuelde, ordinis Cisterciensis, Lubicensis diocesis, publice protestando

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 112 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

recognoscimus per presentes, nos a venerabili in Christo patre et domino Johanne, monasterii Dobbranensis, iam dicti ordinis, Swerinensis diocesis, abbate, stangnalium parcium reformatore ac contribucionum annalium collectore generali etc., pro nonnullis coniribucionibus per eundem dominum Dobbranensem a monasteriis infrascriptis collectis, videlicet de Dobbran X fl. de anno LXXIIII, de Nouo Campo X flor. de anno LXXIIII, de Dargu e n X fl. de anno LXXII et LXXIIII, item de Hilda X flor. vt supra, de Hiddensze quinque flor., de Colbatz XXX de annis LXXI, LXXII et LXXIII, necnon pro viagio ad sanctam sedem apostolicam et subsidio caritatiuo collectis, vt infra, videlicet de Colbatz octo flor., de Oliua octo fl., de Polplin octo, de Bukow sex, de monialibus in Sarneuisze quatuor fl., de monialibus in Keslyn duos fl., de monialibus prope Stettyn tres, de Nemore sancte Marie duos flor., de monasterio Locitch (?) duos et de omnibus premissis per totum duos flor. pro via recepisse in bono auro et legali pondere, de qua quidem floren. summula ipsum dominum abbatem Dobbranensem prenominatum quitamus, quitum habere uolumus ac eandem summam soluisse declaramus per presentes. In quorum fidem premissorum secretum nostrum presentibus est subimpressum. Datum anno domini millesimo quadringentesimo septuagesimo quarto, ipso die diuisionis apostolorum.

Studens domino suo abbati scribit toto cordis affectu sincerissimo me ipsum ad vestra mandata iugiter preparatum.

Religiosis ac honestis viris domino N. bursario necnon domino N. cellerario . . . . . . . . . . patribus suis in Christo diligendis.

Paternali reuerentia prelibati cum omnibus et singulis quibus mutue dilectionis fomenta (?) et conscientia roborantur.

Nach dem im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin aufbewahrten Originale, auf einem Duodezblatt Papier, in einer sehr kleinen, stark abbrevirten, sehr undeutlichen, abgescheuerten und verblichenen Minuskel. Die Urkunde ist sehr schwer zu entziffern gewesen und in manchen, jedoch untergeordneten, Einzelnheiten vielleicht nicht ganz richtig wiedergegeben. Ein Siegel ist nicht vorhanden gewesen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 113 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 114 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 115 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Steinzeit.


Hünengräber von Alt=Sammit.

von

G. C. F. Lisch.

Auf dem Felde von Alt=Sammit bei Krakow, welches schon früher reiche Bronzefunde aus Kegelgräbern geliefert hatte (vgl. Jahrbücher XI, S. 391, und XII, S. 407), standen mehrere große, mit gewaltigen Granitblöcken umstellte und bedeckte "Hünengräber" der Steinperiode, welche zu den ältesten ihrer Art gehörten; zwei derselben waren dem Anscheine nach noch völlig wohl erhalten und unangerührt und mußten aus unausweichbaren Bedürfnissen im Sommer 1860 abgetragen werden. Der Gutsbesitzer Herr Diederichs d. j. hatte kaum mit der Abtragung eines Grabes angefangen, als es sich mit Sicherheit ergab, daß wenigstens zwei von diesen Gräbern noch völlig wohl erhalten waren. Der Vater des Herrn Gutsbesitzers, der Herr Advocat Diederichs d. ä. zu Güstrow, vieljähriges Mitglied unsers Vereins, reiste auf Nachricht hievon aus wissenschaftlicher Theilnahme nach Alt=Sammit, um die aufgedeckte Hälfte des einen Grabes für den Verein genauer zu untersuchen. Als sich hiebei bald drei Keile aus Feuerstein, Feuersteinsplitter und Bruchstücke eines menschlichen Schädels fanden, ließen die Herren die weitere Forschung ruhen und luden mich ein, nicht nur dieses in Angriff genommene Grab, sondern auch ein zweites ähnliches Grab

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 116 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

selbst abtragen zu lassen. Am 9. und 10. Julii 1860 führte ich unter der Oberleitung des Herrn Diederichs d. j. auf Alt=Sammit und unter dem theilnehmenden Beistande des Herrn Diederichs d. ä. aus Güstrow die Forschung aus; ich fühle mich verpflichtet, dem Herrn Diederichs d. j. nicht nur für die äußerst umsichtige Leitung der schwierigen Arbeit und die Ueberlassung des Fundes an den Verein, sondern auch für die liberale Uebernahme der Kosten und die mir geschenkte freundliche Aufnahme und Beförderung den aufrichtigsten und wärmsten Dank zu sagen.

Die beiden jetzt abgetragenen Gräber gehören ohne Zweifel zu den ältesten Gräbern 1 ) der Steinperiode, also zu den ältesten Gräbern menschlicher Cultur, und bildeten freistehende sogenannte Steinkisten, welche noch keine angesetzte, mit Ringsteinen umstellte, lange Erdhügel hatten. Beide Gräber waren fast völlig gleich, und daher kann die Beschreibung derselben im Allgemeinen zusammengefaßt werden. Die Gräber standen auf ebenem Sandboden. Jedes Grab bildete eine große Steinkammer, welches an jeder Langseite 4 große, hervorragende Granitpfeiler hatte, welche je 2 immer einen großen, flachen Deckstein trugen, so daß jedes Grab mit 4 Decksteinen belegt war, wie es im Lande vorherrschend zu sein pflegt; an jedem schmalen Ende war das Grab mit einem großen, aufgerichteten Schlußstein geschlossen. Die natürlichen, sicher nicht gespaltenen, flachen Seiten der Steine waren nach innen gekehrt und bildeten hier regelmäßige, ebene Wände. So hatten diese Steinhäuser im Innern eine Länge von ungefähr 18 Fuß und eine Breite von ungefähr bis 8 Fuß. Die Steinkisten standen frei auf dem Urboden; jedoch war außen etwa bis ungefähr 2 Fuß hoch und 3 bis 4 Fuß breit eine schmale, niedrige Erdböschung gegen die Tragepfeiler angebracht, welche nach außen hin durch kleinere Steine geschützt war; die Gräber hatten aber keinen Hügel (tumulus). Die Längenrichtung der Gräber ging von Norden nach Süden. Auf den Gräbern standen sehr alte und große Dornbüsche, deren Wurzeln bis auf den Grund der Gräber gingen.

Die Tragepfeiler und Schlußsteine waren durchschnittlich 6 Fuß hoch, 5 bis 6 Fuß breit und 3 Fuß dick; die Decksteine waren eben so breit und 3 bis 4 Fuß dick, aber


1) Vielleicht gehören die weiter unten beschriebenen unterirdischen Wohnungen auf dem Hofe von Sammit demselben Volke, welches diese Steingräber errichtet hat.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 117 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6 bis 8 Fuß lang, so daß sie, auf den Seitenpfeilern ruhend, die innere Kammer queerüber bedeckten. Die einzelnen Steine mochten nach ungefährer Schätzung jeder 6 bis 10,000 Pfund schwer sein, und daher war die Abtragung mit nicht geringen Schwierigkeiten verknüpft, welche jedoch unter einsichtsvoller Leitung durch schiefe Ebenen, Untergrabung, Walzen und Hebel glücklich überwunden wurden.

Die Aufdeckung dieser Gräber giebt viel Licht über die bisher in Deutschland ziemlich unbekannte, wahre innere Einrichtung der Gräber der Steinperiode, und dies ist der Hauptgewinn aus dieser Aufgrabung. Die Seitenwände bestanden an jeder Langseite aus 4 Tragsteinen, welche die 4 Decksteine trugen, und aus 2 Schlußsteinen, alle mit den ebenen Flächen nach innen gekehrt. Die Tragesteine und Schlußsteine an den Enden standen jedoch oben nicht unmittelbar neben einander, schon deshalb nicht, weil die Decksteine oft breiter waren, als die Tragsteine. Alle Seitensteine standen aber auch unten nicht dicht neben einander, sondern es war zwischen je 2 Trag= oder Schlußsteinen immer eine Lücke von 1 bis 2 Fuß, welche auf dem Grunde mit kleinern Steinplatten von etwa 2 Fuß Höhe ausgesetzt war; diese Füllsteine waren an den Seiten und unten mit noch kleinern Steinen verzwickt, so daß der untere Raum im Innern bis etwa 2 Fuß hoch über dem Urboden, also so hoch als die äußere Erdböschung, eine vollkommen geschlossene, glatte Kammer bildete. Die innere Ansicht einer Seitenmauer war also ungefähr folgende

innere Ansicht einer Seitenmauer

Die Längenrichtung der ganzen Gräber ging von Norden nach Süden. Auf dem Urboden waren aber die Gräber queer über in kleine Kammern getheilt, welche in der Tiefe immer unter den Decksteinen lagen und von Westen nach Osten gerichtet waren. Diese kleinen Kammern waren durch flache, gespaltene, rothe Steinplatten, meistens von jungem rothen Sandstein, jedoch auch von jungem rothen Granit, welche ungefähr 1 Zoll und darüber dick und zwischen 1 und 2 Fuß im Quadrat groß waren, so gebildet, daß diese rothen Steinplatten einzeln, genau senkrecht und dicht auf einander folgend in den Sand des Urbodens gesetzt waren und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 118 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kleine, ganz gerade Mauern bildeten; die etwanigen Lücken an den Tragsteinen und Füllsteinen waren auch sorgsam mit kleinen, rothen Steinen ausgefüllt. Der Grund dieser Kammern war mit einer dünnen Schicht Lehm, der sich in der Nähe nicht findet, ausgeschlagen, und diese dicht mit einer Lage zerschlagener, ausgeglüheter, weißer Feuersteine (wie mit einer Chaussee) bedeckt; diese Lehm= und Feuersteinschicht war ungefähr 2 bis 3 Zoll dick. Die Feuersteine sind sehr unregelmäßige Stücke und fast alle durch Feuer ausgeglüht, von Fett befreiet und weiß gebrannt; nur wenig Stücke sind noch vom Feuer unberührt und diese sind fast alle Stücke von natürlichen Außenseiten von Feuersteinen. Weshalb dieser Feuersteingrund gelegt ist und weshalb die Feuersteinstücke im Feuer ausgeglüht sind, ist schwer erklärlich; jedoch kommt diese Erscheinung in allen Hünengräbern vor, war also in einer gewissen Zeit allgemein. Mir scheint diese Bildung der kleinen Kammern theils zur Sicherung gegen wühlende Thiere, theils zum Schmuck also eingerichtet worden zu sein. In jenen fernen Zeiten hatte man gewiß wenig Farben. Man mußte aber sehr bald dahinter kommen, daß der durch Feuer ausgeglühete und vom Fett befreiet Feuerstein sich rein weiß brenne. Auf die angegebene Weise erhielt man innerhalb der grauen Granitmauern kleine Grabkammern, welche mit hellrothen Steinen eingefaßt und mit Weißen Steinen gepflastert waren: eine Farbenzusammenstellung, welche sehr gut stimmt. Der innere Kieselkern der Feuersteine ist immer ganz weiß, die äußere Schale von den Feuersteinknollen oft röthlich gebraunt, da die Feuersteinknollen des Tieflandes oft einen Ueberzug von Thon haben. Die Feuersteinstücke scheinen der Abfall von Feuersteinblöcken bei der Verfertigung der Feuersteingeräthe zu sein; daher finden sich in diesen Fußbodenlagern auch keine Stücke, welche noch zu Geräthen gebraucht werden könnten, z. B. keine Späne, welche zu Messern und Pfeilen gebraucht wurden: die ausgeglüheten Stücke sind immer kurze, dicke, eckige Stücke und kleiner Grus in sehr großen Massen.

Auf diesem in Lehm gelegten Feuersteingrund liegen oder sitzen die unverbrannten Leichen und die Alterthümer, welche denselben mitgegeben sind. Die Leichen sind in diesen uralten Steingräbern immer unverbrannt beigesetzt; von Leichenbrand ist keine Spur und die ausgeglüheten Feuersteine haben mit Leichenbrand nichts zu schaffen. In den Gefäßen, welche in den ältesten Gräbern stehen, finden sich nie verbrannte Knochensplitter und Kohlen, sondern sie sind immer leer. Zwar finden sich in den Hünengräbern gewöhnlich einige Koh=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 119 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

len oder kohlenähnliche Körper weit zerstreut; diese sind ungefähr 1 Zoll groß und finden sich nur einzeln. Diese Kohlen können aber nur zufällig in die Gräber gekommen sein und sind vielleicht Bruchstücke von den hölzernen Geräthen, welche zur Aufrichtung der Steingräber gebraucht wurden, da die Menschen der Steinperiode ihre Balken, Hebebäume und andere große hölzerne Geräthe durch Ab= und Ausbrennen gewannen, wenigstens vorbereiteten, weshalb auch viele Enden gewiß noch stark verkohlt waren. Vielleicht sind die Kohlen aber auch mit den ausgebrannten Feuersteinen in die Gräber gekommen.

Die Kammern und die Leichen mit den Alterthümern waren dann mehrere Fuß hoch fest mit starkem Sande und vielen kleinen natürlichen Feldsteinen von ungefähr 1/2 Fuß Durchmesser bedeckt, so daß das in den Ringwänden dicht vermauerte Grab im Innern fest und dicht verpackt war. Diese Einfüllung war immer etwas höher, als die zwischen den Tragepfeilern stehenden Füllsteine, und ungefähr so hoch, als die äußere Böschung, so daß von außen von der eigentlichen Einrichtung des Grabes nicht das Geringste zu sehen war. Die Gräber erschienen oben, so weit sie sichtbar waren, als aus der Erde hervorragende Tragsteine, auf welchen die Decksteine lagen.

Ich halte nun diese Gräber von Alt=Sammit für Gräber, welche noch vollständig erhalten waren, und glaube, daß alle ähnlichen Gräber im Lande, welche gewöhnlich leer sind, so daß man wie in einem Hause darin sitzen kann, im Innern schon zerstört und ausgeräumt sind. Wenn man nur einen Schlußstein am Ende, der gewöhnlich nichts trägt, abwälzt, so kann man diese Gräber mit gewöhnlichen Hacken sehr leicht bis auf den Grund ausräumen. Das niedere Landvolk ist der irrigen Ansicht, daß in diesen großen Steingräbern große Schätze verborgen sind, und deshalb sind diese Gräber seit vielen Jahrhunderten ununterbrochenen Angriffen ausgesetzt gewesen. Ich halte daher jetzt die meisten sogenannten Steinhäuser, Steinkisten, Opferaltäre u. s w. für ausgeräumte Gräber der ältesten Steinperiode, welche ursprünglich eben wo eingerichtet waren, wie die Gräber von Alt=Sammit 1 ).

Die Errichtung dieser Gräber war allerdings sehr schwierig, jedoch nicht so schwierig, daß man glauben müßte, ein Riesenvolk von ungewöhnlicher Kraft habe zur Erbauung noth=


1) Dieser Ansicht ist auch Worsaae in Dänemarks Vorzeit, 1844, S. 65 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 120 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wendig gehört. Mit schiefen Ebenen, Hebeln, Walzen und Kugeln läßt sich bei einiger Erfahrung schon viel ausrichten. Die 28 großen und sehr vielen kleinern Steine der beiden Gräber von Alt=Sammit sind durch ungefähr 8 anstellige Arbeiter in höchstens 2 Tagen ab= und ausgehoben und von ihrer Stelle gebracht, freilich mit großer Anstrengung, aber doch nur mit ganz gewöhnlichen Mitteln, wie Hebebäumen, Hacken, Spaten u. s. w.

Die Gräber von Alt=Sammit geben aber besonders wichtigen Aufschluß über die Bestimmung der Gräber. Man hat bisher geglaubt, daß die gewöhnlich mit 4 Steinen bedeckten "Hünengräber" jedesmal nur Ein Grab gebildet hätten und daß die Decksteine queer über Eine Leiche gelegt worden seien. Dies ist aber nicht der Fall. Die Längenrichtung der Gräber von Sammit ging von Norden nach Süden so, daß die 4 Decksteine queer über die Länge der Gräber gelegt waren, also in der Längenrichtung von Westen nach Osten. Bei der Aufgrabung des Grundes der sammiter Gräber ergab sich nun, daß der Grund mit Kammern ausgesetzt war, deren Hauptabtheilungen immer grade unter einem Decksteine lagen, daß in jedem Grabe mehrere Leichen in den verschiedenen Kammern begraben waren, daß also ein solches Hünengrab mit 4 Decksteinen nicht ein Grab für Eine Person, sondern ein Bau von mehreren zusammengesetzten Gräbern ist, deren Kammern ihre Längenrichtung von Westen nach Osten haben, in welche die Leichen so gesetzt sind, daß der Kopf im Westen liegt, also nach Osten schauet. Hieraus erklärt es sich auch, daß man das Innere und Aeußere fest verpackte, weil immer neue Gräber angesetzt wurden und man die ältern Gräber nicht offen stehen lassen konnte. Man fing vielleicht im Norden an und setzte gegen Süden hin immer einen Schlußstein vor, welcher bei einer neuen Bestattung abgerückt und wieder benutzt werden konnte. Allerdings finden sich auch viele Gräber mit Einem Deckstein und Einer Kammer.

Die Alterthümer, welche in diesen Gräbern gefunden werden, sind immer von Stein oder Thon; von Metall ist nie eine Spur gefunden.

Ich werde jetzt das Innere der beiden Gräber und ihren Inhalt beschreiben, wobei ich immer die Kenntniß der vorstehenden allgemeinen Beschreibung voraussetze. Ich werde die Gräber, da sie fast gleich waren, durch Nr. I und Nr. II bezeichnen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 121 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Steingrab Nr. I.

Dieses Grab ward im Anfang April 1860 von den Arbeitern an der goldberg=lübzer Chausse im Beisein der Herren Diederichs in Angriff genommen, welche sich die Untersuchung des Grundes vorbehalten hatten. Der Anfang war im Süden gemacht.

A. Unter dem südlichsten Decksteine fand sich eine Kammer, welche mit Lehm und Feuersteinen ausgelegt war und von Westen nach Osten queer durch ging. In dieser fanden sie 3 Keile von grauem Feuerstein,

1) einen Keil, 5 1/2" lang, 5/8" dick,
2) einen Keil, 5" lang, 5/8" dick,
3) einen Keil, 4" lang, 1 1/4" breit, 3/8" dick.

Alle diese Keile sind an der Schneide auf beiden breiten Seiten gut geschliffen; die eine Oberfläche ist an mehreren Stellen angeschliffen, die entgegengesetzte Oberfläche außer der Schneide, und die beiden Seitenflächen sind aber noch gar nicht geschliffen. Dieser Mangel an durchgeführter Kunst läßt auf eine sehr ferne Zeit schließen. Alle 3 Keile sind sehr dünne und haben wohl zu Waffen gedient; es läßt sich überhaupt die Beobachtung machen, daß die in großen Gräbern gefundenen Keile in der Regel dünner sind, als die auf dem Felde gefundenen (welche wohl zu Ackergeräthen dienten).

B. Unter dem nächst folgenden Decksteine war wieder eine Kammer. In dieser fand sich

4) ein unverbranntes Gerippe eines erwachsenen Menschen, von welchem jedoch nur große Bruchstücke eines menschlichen Schädels erhalten sind. Die Bruchstücke sind alle vom Hinterkopfe; von Stirne, Zähnen u. s. w. fand sich keine Spur. Die Schädelbruchstücke sind sehr mürbe und haben sich queer gelöset, so daß meistentheils nur noch die Außenflächen vorhanden sind.

Als sich nun wissenschaftliche Ergebnisse herausstellten, untersagte der Herr Diederichs augenblicklich die Fortsetzung der Arbeit bis zu meiner Ankunft, nach welcher wir die Aufdeckung mit eigenen, anstelligem Leuten am 9. Julii 1860 fortsetzten.

Bei der genauem Aufräumung der zweiten Kammer fanden wir in derselben noch

5) zwei große Bruchstücke von einem thönernen Gefäße, aus denen sich jedoch der Charakter des Gefäßes nicht erkennen läßt, um so mehr, da sie keine Verzierungen haben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 122 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

C. Unter dem dritten und vierten Decksteine war in der Mitte queer eine schmale, lange Kammer, 3 Fuß lang und 2 Fuß breit; an jeder Seite war eine etwas schmalere Nebenkammer. Unter dem dritten Decksteine fand sich in den Kammern nichts.

Kammer

D. Unter dem vierten nördlichen Decksteine fand sich aber in der östlichen Kammer

6) gegen den dritten Deckstein hin ein Keil von Feuerstein, wie der Keil Nr. 3, jedoch etwas dicker, aber an beiden breiten Seiten ganz, an den schmalen Seiten nicht geschliffen.

In der nordöstlichsten Ecke unter dem nördlichsten Decksteine, nicht weit von dem Keile, lag

7) eine große Lanzenspitze von hellgrauem Feuerstein, 8 1/2" lang und 2" breit in der Mitte; diese Lanzenspitze ist zwar sehr regelmäßig, aber noch sehr derb und mit wenig Schlägen und großen Absplitterungen gearbeitet.

In der ausgeworfenen Erde fand sich nachträglich

8) ein Keil von Feuerstein, von dem es sich nicht genau bestimmen ließ, wo er in dem Grabe gelegen hatte. Derselbe ist schon in alter Zeit queer durchschlagen, vielfach abgesplittert und jetzt noch in dem Beilende gegen 4" lang vorhanden; in seiner ganzen Gestalt mag er 5 1/2" lang gewesen sein.

E. Hinter dem vierten, nördlichsten Decksteine hatte dieses Grab ausnahmsweise noch eine Kammer, und deshalb war der nördliche Schlußstein auch etwas weiter von den Decksteinen entfernt gesetzt, als gewöhnlich. Diese Kammer war nur 4 Fuß lang und 3 Fuß breit. In derselben fand sich eine unverbrannte Leiche sitzend beigesetzt, so daß sie gegen Osten schauete. Am westlichsten Ende der Kammer lagen nämlich ganz klar die Schädel=, Arm= und Rippenknochen über einander auf einem Haufen, so daß die Leiche nicht anders als sitzend beigesetzt gewesen sein konnte und die Knochen des Oberleibes beim Zusammensinken auf einander gefallen sein mußten. Die Beinknochen, welche von Anfang an wohl horizontal gelegen hatten, waren fast ganz vergangen. Von den Knochen des Oberleibes konnten nur einzelne Stücke ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 123 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rettet werden. Die Bruchstücke des Hinterkopfes sind sehr dick und gehörten nach den verwachsenen Näthen einem alten Menschen; vom Gesichte ließen sich keine Spuren finden.

Steingrab Nr. II.

Das zweite Grab war wie das erste gebauet und eben so groß, hatte jedoch einige Eigenthümlichkeiten. Die Längenrichtung dieses Grabes war ebenfalls von Norden nach Süden. Auf den beiden südlichsten Tragepfeilern fehlte der Deckstein; dagegen war der nördlichste Deckstein, welcher sehr groß, aber am östlichen Ende viel dünner war, von dem östlichen Tragsteine abgeglitten und eingesunken, und ein zweiter, kleinerer, jedoch immer noch großer Deckstein, war auf dieses schräge eingesunkene Ende aufgelegt. Ob dies von Anfang an so eingerichtet und der Bau ein verunglückter gewesen ist, wie es scheint, läßt sich wohl nicht mehr entscheiden. Ferner war an der östlichen Seite gegen den ersten und zweiten Tragstein im rechten Winkel ein kurzer Gang angesetzt, in dem zwei Reihen kleinerer Steine von etwa 3 Fuß Größe, an jeder Seite 3 Stück, parallel, ungefähr 2 Fuß von einander, im rechten Winkel auf die eben so breite südlichste Lücke an der Ostseite gingen. Der innere Raum dieses Ganges war eben so mit Erde und kleineren Steinen ausgefüllt, wie der innere Raum des Grabes und das Aeußere war von der äußern Böschung des Grabes zum großem Theile bedeckt. Dieser Gang hatte keine Decksteine. Dieses Grab war also ein Grab von der Art, welche von Nilsson (Nordens Ur-Invånare Kap. III, p. 18) Ganggräber genannt und im Norden häufig gefunden werden. Ein von ihm aufgedecktes Grab (Pl. XVI, Fig. 197) hatte einen Gang, welcher auch 2 Fuß breit war.

A . Unter dem Räume des ersten, fehlenden Decksteins im Süden und

B . unter dem zweiten Decksteine waren wohl Kammerabtheilungen mit Lehm= und Feuersteinboden, aber keine Alterthümer.

C . Der Raum unter dem dritten Decksteine hatte jedoch einen reichen Inhalt. Auf dem Urboden waren in der Längenrichtung des ganzen Grabes, also in der Richtung von Norden nach Süden, drei mit Lehm und Feuersteinen ausgelegte, gleich große, schmale Kammern. In der Kammer neben dem östlichen Tragepfeiler war

9) ein unverbranntes menschliches Gerippe von einem erwachsenen Menschen; wahrscheinlich hatte auch dieses

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 124 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gesessen, da der Raum der freilich am Fußende nicht mehr scharf abgegrenzten Kammer zum Liegen zu kurz schien; es konnten nur bedeutende Bruchstücke von den Beinknochen wahrgenommen und herausgeholt werden, vom Schädel war keine Spur mehr zu entdecken. Links neben den Knochen standen an dem Tragsteine einige gespaltene Steine, welche mit einer schmierigen schwarzen Masse, wahrscheinlich von der Verwesung der Leiche, bedeckt waren.

Gegen die Füße hin lagen neben den Knochen, wie es schien zur rechten Hand, 2 Keile aus Feuerstein, nämlich

10) ein großer Keil, ebenfalls lang, breit und dünn, 6 3/4" lang, 2" breit und 3/4" dick, an beiden breiten Seiten ganz geschliffen, an den schmalen Seiten nicht geschliffen,

11) ein kleiner Keil, 4" lang, 1 1/2" breit und 1/2" dick, gar nicht geschliffen, auch an der Schneide nicht, sondern nur ganz roh zugehauen, und dazu noch etwas krumm und unregelmäßig.

Nach dem Kopfe hin, wie es schien zur linken Hand, lag

12) eine Lanzenspitze aus Feuerstein, ganz von derselben, etwas unfertigen Arbeit, wie die Lanzenspitze Nr. 7, und dick, jedoch nur 6" lang.

Diese Alterthümer scheinen die Waffen der Leiche gewesen zu sein.

Aus der Gleichheit der beiden Lanzenspitzen dürfte sich auf ein gleiches Alter beider Gräber schließen lassen.

In den beiden andern kleinen Kammern, welche mit dieser parallel lagen, konnten keine Alterthümer wahrgenommen werden.

Diese drei kleinen Kammern waren ungefähr 1 Fuß hoch mit Sand und kleinen Steinen fest bedeckt. Auf dieser Packschicht, also 1 Fuß hoher, als die Keile und die Lanzenspitze, lagen grade über den 3 kleinen Kammern 3 Meißel aus Feuerstein und mehrere thönerne Gefäße, namentlich

13) ein Meißel, 4 1/2" lang und 5/8" breit und dick, vollständig, an den beiden breitern Seiten und an einer schmalen Seite geschliffen;

14) ein Meißel, an den beiden breiten Seiten geschliffen, welcher eben so groß gewesen sein mag, aber an der untern Seite abgebrochen und hier nothdürftig zu einer Schneide zugehauen ist, ohne geschliffen zu sein; das Bruchstück ist jetzt 3" lang;

15) ein Meißelblock aus Feuerstein, roh zugehauen, jedoch ohne Schneide und nirgends polirt.

Neben diesen Meißeln lagen viele Scherben von zertrümmerten, hellbraunen Thongefäßen, jedoch ohne In=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 125 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

halt, wie es schien; das ist gewiß, daß sie nicht zerbrannte Knochen und Asche enthalten hatten, wie überhaupt in dem ganzen Grabe keine Spur von zerbrannten Knochen zu finden war. Einige wenige Kohlen, welche zerstreut umherlagen, scheinen zufällig in das Grab gekommen zu sein. Es lassen sich nach den Scherben 3 Thongefäße unterscheiden:

16) ein gradwandiges, dickes Thongefäß ohne Verzierungen;

17) ein ähnliches Thongefäß;

18) ein dünnwandiges, hellbraunes, kugeliges Thongefäß mit zwei kleinen Henkeln auf dem Bauchrande, mit schuppenartigen Verzierungen und Strichen am obern Theile verziert, wie die in Jahrb. X, S. 258 und 259 abgebildeten Verzierungen, namentlich an der Urne des Hünengrabes von Remlin (Jahrb. IX, S. 362), dessen Grabkammer mit den sammiter Gräbern viel Ähnlichkeit hat.

Leider ließen sich die Scherben nicht vollständig zusammenbringen.

19) Ein regelmäßig abgerundeter und abgeschliffener bohnenförmiger Quarzstein von ungefähr 5/8" Größe kann eben so gut ein durch Wellenschlag gebildetes Naturproduct, als ein durch Menschenhand gebildetes Kunstproduct sein.

Ueber den Meißeln und Thongefäßen waren die Kammern mit Sand und kleinen Steinen bis zur Höhe der übrigen Bedeckung zugepackt.

D . Unter dem nördlichsten Decksteine war eine Queerkammer von Westen nach Osten, in welcher

20) ein menschliches Gerippe eines erwachsenen Menschen von Westen nach Osten hin lag, so daß der Schädel im Westen lag und nach Osten schauete. Es waren nur noch die starken Schenkelknochen erhalten und es war nicht mehr zu erkennen, ob die Leiche gesessen oder gelegen hatte.

Es wäre möglich, daß die Meißel und Urnen Nr. 13 - 18 zu dieser Leiche gehörten.

Unter den ausgeworfenen Steinen, mit denen das Grab im Innern verpackt war, fand sich

21) eine grauweiße Sandsteinplatte von altem Sandstein, 10" lang, 6" breit und durchschnittlich gegen 2" dick, welche ganz die Gestalt der Schleifsteine der Steinperiode hat und dazu bestimmt und auf einer Seite schon etwas dazu benutzt gewesen zu sein scheint.

Ferner fand sich unter den ausgeworfenen kleinen

22) ein vollständig abgerundeter und regelmäßig geschliffener und abgeglätteter, fast kugelrunder Granit von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 126 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Größe eines ausgewachsenen Menschenschädels, ungefähr 6" im Durchmesser; an einer Seite fehlt ein Stück. Es läßt sich nicht ermessen, ob dieser Stein durch Kunst bearbeitet und zum Roll= oder Reibstein bestimmt gewesen, oder ob er durch Naturkräfte im Diluvium so gebildet ist. So große natürliche, abgerundete Steine scheinen äußerst selten zu sein; die künstlichen runden Steine dagegen sind in der Regel nicht halb so groß.

Der Grundriß dieses Grabes II ist ungefähr folgender:

Grundriß eines Grabes

Nr. 1 ist die Kammer mit einem Gerippe.
Nr. 2 ist die Kammer mit einem Gerippe und den Keilen und der Lanzenspitze.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 127 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 3 der Raum der Kammer, auf welcher 1 Fuß höher die Meißel und die Urnen lagen.
Nr. 4, 5, 6 waren scheinbar leer.

Nach allen Erfahrungen und Erscheinungen gehören diese Gräber zu den ältesten Gräbern der Steinperiode 1 ). Die Aufdeckung derselben hat uns zuerst einen Blick in die Bestattungsweise gegönnt, indem bisher in Meklenburg, so viel ich mich erinnere, nur "Hünengräber" mit langen Hügeln aufgedeckt sind, welche ich für jünger halte, da in diesen schon oft Anzeichen von Leichenbrand auftreten. Besonders wichtig scheint mir die Erfahrung zu sein, daß diese Gräber oder Steinkisten mit 4 Decksteinen nicht Gräber für Eine Person, sondern für mehrere, wenigstens zwei Personen, also wahrscheinlich Familiengräber waren, welche nicht mit einem Male, sondern nach und nach aufgeführt wurden.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Höhlenwohnungen von Bresen.

Ein Bauer zu Bresen bei Rehna ließ im Sommer des J. 1858 auf seinem Felde nahe an der Scheide des Dorfes Demern ein Wasserloch ausgraben, wobei in dem ausgeworfenen Moder eine große Menge von heidnischen Gefäßscherben, Kohlen und Asche zum Vorschein kam. Bei diesem Graben ward nun die Beobachtung gemacht, daß 3 kreisrunde Vertiefungen, jede 6 Fuß tief, im Dreieck, alle 7 Fuß von einander, liegend, vorhanden gewesen waren, deren concaver Grund mit Gefäßen und großen Massen von Gefäßscherben, Kohlen und Asche bedeckt war; zwei Vertie=


1) Diese Gräber von Alt=Sammit sind in jeder Hinsicht den beiden großen Gräbern gleich, reiche auf lübeker Gebiet zn Waldhausen und Wulfsdorf standen und deren Aufdeckung von dem Pastor K. Klug in: Opfer= und Grabalterthümern zu Waldhausen, Lübeck, 1844, und in der Zeitschrift des Vereins für lübeckische Geschichte, Heft 3, 1860, S. 397 flgd. beschrieben ist. Diese beiden lübeker Gräber sind dadurch höchst merkwürdig, daß die großen Steingräber der Steinperiode zu jüngern Bestattungen in der Bronzeperiode benutzt und beide durch einen Erdkegel bedeckt waren, so daß man in dem Kegelgrabe oben ein Begräbniß aus der Bronzeperiode, unten ein Begräbniß aus der Steinperiode hatte. Warum Klug sich in beiden Beschreibungen noch immer dagegen sträubt, diese Gräber als Gräber anzuerkennen, sie dagegen dem "Opfercultus" zuschreibt, ist schwer zun ergründen, da er keine Erscheinungen angiebt, die dafür reden könnten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 128 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fungen waren im Westen, die dritte war im Osten davon erkennbar. Etwa 10 Fuß östlich von der östlichen Vertiefung stand in der Erde ein 4 Fuß hoher, ausgehöhlter, fester Eichenstamm, 2 Fuß im Durchmesser tonnenförmig ausgehöhlt, 1 ) welcher, ohne zu wurzeln, auf die Erde eingesetzt und ebenfalls, wie die Erdvertiefungen, mit Gefäßscherben, Kohlen und Asche ausgefüllt war.

Vertiefungen

Die Gefäße waren mit Kohlen und Asche gefüllt, jedoch so zerbrechlich, daß es nicht möglich war, ein einziges zu erhalten. Die Gefäßscherben, welche alle nicht verziert sind, sind nach heidnischer Weise mit Grand und Granitgrus durchknetet, theilweise sehr dick, auch rauh auf der Oberfläche, ohne mit geschlämmtem Thon überzogen zu sein, und tragen den Charakter der ältesten Zeit der Bronzeperiode oder der jüngsten Zeit der Steinperiode, sind jedenfalls älter als die jüngste Wendenzeit Eine in die innere Wand einer Scherbe eingegrabene grade Linie hat ganz den Charakter der Steinperiode. Viele Scherben sind von ungewöhnlich großen Gefäßen, welche ungefähr einen Fuß im Durchmesser gehabt haben; die vielen Gefäßhenkel, welche sich fanden, sind alle verhältnißmäßig groß gegen die der Todtenurnen, so daß man bequem mit dem Zeigefinger durchgreifen kann. Alle diese Eigenthümlichkeiten deuten darauf hin, daß diese Scherben Gefäßen zum häuslichen Gebrauche angehörten. Zwischen den Scherben lagen gewöhnliche Feldsteine (vom Fußbodenpflaster?) von verschiedener Größe. Knochen und Lehmklumpen fanden sich nicht.

Diese runden Vertiefungen und die vielen aufgehäuften Scherben scheinen darauf hinzudeuten, daß diese runden Vertiefungen die Reste von unterirdischen runden Wohnungen oder von dazu gehörenden Küchen oder Kellern waren, deren Dächer auf der Erde auf dem Rande der Vertiefungen standen. Es ist schon öfter beobachtet, daß sich in einer Tiefe von gut 5 Fuß in der Erde Steinpflaster, Scherben, Kohlen, Knochen u. dgl. finden, z. B. zu Dreveskirchen ( Jahrb. XIX, S. 289, und XX, S. 276), welche sicher die Reste von alten Erdwohnungen sind. Die Scherben und die Rundung der Wohnungen scheinen auf die älteste


1) Auch in Dargun ist mir erzählt worden, daß man dort bei Ausgrabungen einen tonnenförmig ausgehöhlten Eichenstamm in die Erde gesetzt gefunden habe.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 129 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zeit der Bronzeperiode hinzudeuten, da nach der Gestalt der Hausurnen und der Grabhügel die Wohnungen während der Bronzeperiode sicher rund waren, die Wohnungen in der Steinperiode aber vielleicht viereckig gewesen sein mögen, da die Gräber dieser Periode viereckig sind.

Alterthümer wurden bei dieser Ausgrabung nicht weiter gefunden, als ein thönerner Spindelstein von 1 1/2" Durchmesser, welcher leider zerbrochen und verloren gegangen ist, und zwei Reib= oder Rollsteine aus sehr feinkörnigem Granit oder altem Sandstein; der eine ist sehr unregelmäßig und nur an den Rändern abgerieben, während zwei flache Seiten noch die natürlichen Bruchflächen haben: der andere ist ganz eiförmig, 4" lang und 3 1/2" dick im mittlern Durchmesser und völlig regelmäßig auf der ganzen Oberfläche abgerieben, sonst ganz wie die zahlreichen, in neuern Zeiten gefundenen 1 ) Rollsteine (vgl. Jahrb. XXIII, S. 276).

Der Verein verdankt diese Nachricht und die Scherben und die Rollsteine den wiederholten sorgfältigen Nachforschungen des Küsters Herrn Bohn zu Demern.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Höhlenwohnungen von Alt=Sammit.

Zu Alt=Sammit bei Krakow, welches nennenswerthe Alterthümer aus der Stein=, Bronze= und Eisen=Periode und aus dem Mittelalter geliefert hat (vgl. oben und bei den verschiedenen Abtheilungen), ward im Sommer 1860 ein auffallender Fund gemacht. Auf dem Hofe (hinter der neuen Scheure) wurden beim Sandausfahren in einer Tiefe von 2 bis 3 Fuß unter der jetzigen Erdoberfläche, welche wahrscheinlich schon etwas abgetragen ist, große Massen von großen, sehr alten, groben Gefäßscherben ausgegraben, bei welchen überall Kohlen, oft in größern Stücken, lagen; es wurden wenigstens 30 Scherben aufgesammelt, von denen wenigstens 12 Stück verschiedenen Gefäßen angehörten. Die Gefäße müssen alle sehr groß gewesen sein, größer als die größten Begräbnißurnen; die Scherben sind in der Regel 1/2" dick und noch dicker, mit sehr grobem Granitgrus durchknetet, auf der Außenseite noch rauh und noch nicht mit geschlämmtem Thon überzogen; einige Rand=


1) Ungefähr 400 Schritte von der Fundstelle auf dem Felde von Demern wurden im Sommer 1859 in einem Gefäße 2 Reibsteine gefunden, welche in die Sammlung des Herrn Pastors Masch zu Demern gekommen sind.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 130 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stücke sind 1" dick. Ohne Zweifel sind diese Scherben Ueberreste von den Gefäßen unterirdischer Wohnungen oder Keller der ältesten Heidenzeit. Da mehrere Randscherben eine so weite Schwingung haben, daß die Gefäße so groß wie ziemlich große Tonnen gewesen sein müssen, so werden die Gefäße zur Aufbewahrung von Vorräthen, andere werden zum Kochen gedient haben. Es ist nicht unmöglich, daß hier (näher am Wasser) die Menschen der Steinperiode gewohnt haben, deren Gräber oben S. 115 flgd. beschrieben sind.

Diese unterirdischen Räume gewinnen ein hohes Interesse durch die (vorher beschriebenen) Ueberreste aus den Höhlenwohnungen zu Bresen bei Rehna, welche denen von Alt=Sammit so völlig gleich sind, daß an denselben Gebrauche und derselben Zeit nicht zu zweifeln ist.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Steinhacke von Friedrichshöhe.

Der Herr Ritter fand auf seinem Gute Friedrichshöhe bei Rostock in einem Moderloche, neben welchem Ueberreste von drei Feuerheerden erkennbar waren, nach und nach wenigstens 16 kugelrunde, gleich große Reib= oder Rollsteine und einen Schleifstein aus weißem alten Sandstein, so wie viele alte heidnische Gefäßscherben.

Späterhin fand derselbe in der Modde noch einen Stein, welcher sicher zu einer Hacke gedient hat, in seiner Art in Meklenburg noch nie beobachtet und sehr merkwürdig ist. Der Stein ist ein rohes, noch nicht bearbeitetes Stück Geschiebe aus weißem alten Sandstein, welches von Natur ganz passend zu einer Hacke geformt und ziemlich regelmäßig ist. Der Stein ist 4 1/2" lang, ungefähr 2" breit, in der Mitte 1" dick und läuft nach den Kanten hin allmälig scharf aus und ist nur am oberen Ende voll 1" dick. Die untere Fläche ist von Natur durch eine ursprüngliche Bruchfläche ganz eben und glatt, die obere Fläche ist gewölbt, in der Mitte der Länge nach am erhabensten und läuft nach den Seiten und unten hin scharf aus. Der Stein hat also ungefähr die Gestalt einer längs durchschnittenen Streitaxt und eignet sich ohne Bearbeitung vortrefflich zu einem Hackstein, welcher auf eine hölzerne Hacke gebunden ward. Dies beweiset auch offenbar eine leichte, rohe Bearbeitung zu diesem Zwecke. Oben, 1" unter dem obern Ende, ist nämlich an beiden Seiten eine kleine, halbrunde Einbiegung und auf der obern Fläche eine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 131 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

flache Rille ausgehauen, um das Band oder die Sehne aufzunehmen, mit welcher der Stein auf der Hacke befestigt ward. Der Stein ward also mit der untern glatten Fläche auf eine von Natur gebogene Hacke von Holz oder Horn gelegt, so daß das untere, scharfe Ende, welches ein wenig scharf abgeschliffen ist, etwas überragte, und in der ausgehauenen Rille mit einer Sehne auf die Hacke gebunden. Diese Hacke glich also genau den mit einem aufgebundenen, geschliffenen Stein versehenen Hacken der wilden Völker der neuern Zeiten (vgl. Worsaae Dänemarks Vorzeit, 1844, S. 10, Fig. 1, und S. 11, Fig. 3) und zeigt, daß ähnliche Hacken auch in Norddeutschland in Gebrauch waren. Ohne Zweifel sind auch viele von den dicken Feuersteinkeilen, welche einzeln auf den Feldern gefunden werden und wenig geschliffen sind, zu gleichem Zwecke verwandt worden.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Feuersteinkeil mit Holzgriff von Raduhn.

Zu Raduhn bei Crivitz ward beim Aufräumen des Baches in dessen Bette von den Arbeitern ein Feuersteinkeil gefunden, der an einem hölzernen Griffe befestigt war. Die Arbeiter zerschlugen den Griff und warfen ihn bei Seite, verkauften aber den Keil an den grade anwesenden Thierarzt Herrn Both aus Crivitz. Der Herr Kaufmann Hellerung zu Crivitz erwarb für den Verein theilnehmend nicht nur den Keil, sondern zog auch von dem Herrn Both genaue Nachricht und Zeichnung ein. Der Keil war nicht in oder auf den Griff gebunden, sondern als Herr Both ihn kaufte, in einen starken Holzklotz von 3 bis 4 Zoll Dicke sehr fest eingekeilt, so daß Both ihn daraus in der Schmiede zu Raduhn auf dem Ambos mit einem Hammer los geschlagen hat. In diesem Holzklotz ist ein hölzerner Griff von ungefähr 3 Fuß Länge befestig gewesen. Das Ganze hat nach der Zeichnung des Herrn Both folgende Gestalt gehabt:

hölzerner Griff

Das Holz des ganzen Griffes ist späterhin verbrannt. Der Keil, welcher wahrscheinlich durch einen besonderen Gehalt des Wassers ein marmorirte grüne Farbe hat, ist an allen 4 Flächen und selbst an den Bahnende geschliffen und ziemlich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 132 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dick. Es ist sehr zu beklagen, daß dieses seltene Stück des Alterthums nicht erhalten ist, da es wohl einzig in seiner Art gewesen wäre; jedoch verdient der Herr Hellerung doch immer noch großen Dank für die Einziehung der Nachrichten.

Die Art der Befestigung des Keils ist derjenigen der Keile aus den Pfahlbauten der Schweiz äußerst ähnlich. Die Steinkeile der Pfahlbauten sind erst in eine kurze Krone von Hirschhorn gefaßt, welche oben zu einem Zapfen ausgearbeitet ist, um diesen in den Stiel oder Griff einzulassen. Diese Fassung ist deshalb so gewählt, damit beim Schlage der Keil die Fassung nicht zersprengt; wenn auch der Stiel brach, so konnte doch die Hirschhornfassung noch halten. Aus demselben Grunde war der raduhner Keil erst in einen festen Holzklotz gefaßt, in welchem wieder der Griff befestigt war.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Streitaxt aus Hirschhorn von Everstorf.

Im J. 1859 ward in der Everstorfer Forst bei Grevismühlen im Torfmoore in einer Tiefe von 6 1/2 Fuß eine sehr seltene Streitaxt aus Hirschhorn gefunden und durch den Oberforstmeister von Lehsten zu Rehna Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge für die großherzogliche Alterthümersammlung überreicht. Die sehr wohl erhaltene Streitaxt ist aus einer starken Hirschstange gearbeitet und 9" lang; die sehr gut erhaltene und ausgebildete Rose ist zum obern Ende benutzt; das Schaftloch ist oval und von beiden Seiten konisch durchgebohrt, vielleicht noch nicht ganz fertig, da es in der Mitte noch etwas eng ist, und an beiden Enden sehr glatt ausgeschliffen.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bearbeitete Hirschgeweihe von Gägelow.

Zu Gägelow bei Wismar wurden in einem Torfmoor 12 Fuß tief zwei Hörner von zwei Hirschgeweihen gefunden und durch die Bemühungen des Unterofficiers Herrn Büsch in Wismar von einem Erbpächter in Gägelow für den Verein gewonnen. Diese zwei Hörner, welche nicht zusammengehören, sind sehr merkwürdig, weil sie aus den allerältesten Zeiten stammen und eine Bearbeitung zeigen, welche ohne Zweifel der Steinperiode angehört. Zuerst sind beide Hörner gespalten, und zwar so, daß nur ein kleines Stück von der Rose mit abgekeilt ist, dann aber die Spaltung mehr in die Mitte dringt und sich bis an die Spitze fortsetzt. Dann

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 133 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sind alle Enden oder Zacken bearbeitet, entweder so, daß sie an der Stange ganz abgekeilt oder daß die Spitzen der Enden abgeschnitten sind, um möglichst grade und runde Enden zu gewinnen. Man hat offenbar nicht hörnerne Streitäxte oder auch Griffe zu Feuersteinkeilen aus diesen Geweihen gewinnen, sondern kleinere Geräte, wie Hohlmeißel, Pfriemen, Bohrer u. s. w. daraus verfertigen wollen. Die Enden und Spitzen sind nicht mit metallenen Sägen oder Aexten abgenommen, sondern mühsam und unregelmäßig rund umher, wahrscheinlich durch Feuersteinmesser und Keile, bis auf den Markkern durchschnitten, und dieser ist dann abgebrochen. Der Arbeiter ist gewiß in seiner Arbeit gestört worden und hat daher die unvollendete Arbeit in diesem Zustande hinterlassen. Ohne Zweifel stammen die Geweihe von Gägelow aus der Steinperiode und sind in Norddeutschland bis jetzt vielleicht einzig in ihrer Art, wenigstens doch gewiß äußerst selten.

Auch bei Bützow ward im Torfmoor ein ganz gleich bearbeitetes Hirschhornende gefunden; vgl. den folgenden Bericht.

Die im J. 1841 zu Gr. Stieten 12 Fuß tief im Moder gefundene breite Elenschaufel (Jahresber. VI, S. 67) ist von der Rose her in der Stange 3" tief ausgehöhlt und an derselben abgeglättet. Es ist nicht klar, zu welchem Zwecke dies geschehen ist; das Gehörn würde zu einer Schaufel wohl etwas zu schwer sein.

In den aus der Steinperiode stammenden Pfahlbauten der Schweiz, namentlich zu Moossedorf und zu Wangen, auch an andern Orten, sind solche halb bearbeitete Hirschgeweihe äußerst häufig.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bearbeitetes Hirschhornende von Bützow.

In dem Torfmoore auf der "Sühring" im "Sandfeldsbruch" der Stadt Bützow ward beim Torfstechen ein starkes, 10" langes Ende von einem Hirschgeweih gefunden, welches offenbar durch viele Hiebe oder Schläge mit Feuersteingeräthen bis auf den Kern abgekeilt und dann abgebrochen ist, um es zu Geräthen zu benutzen. In demselben Torfmoore wurden auch zwei Rollkugeln von Granit, ein halbmondförmiges Messer von Feuerstein und ein abgebrochenes Ende von einem Rennthiergeweih gefunden. Alle diese Alterthümer schenkte der Herr Friedr. Seidel zu Bützow. Das Hirschhornende ist grade so bearbeitet, wie die Hirschhörner von Gägelow (vgl. die voraufgehende Mittheilung). Auch die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 134 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rennthierschaufel von Bützow ist abgekeilt und zeigt neben dem Durchhiebe noch einen Fehlhieb (vgl. Jahrb. XX, S. 368); die Rennthiere lebten hier also noch in der Steinperiode, als das Land schon von Menschen bevölkert war.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bearbeitetes Hirschgeweih von Röbel.

Bei der Ziehung eines Grabens in einem Torfmoor der Stadt Röbel ward 6 Fuß tief das untere Ende von einem mächtigen Hirschgeweih gefunden, dessen zwei Zacken am Ende abgeschlagen sind und absichtlich bearbeitet zu sein scheinen. Es ist nur von einem Horn die Stange von der Rose und der Augensprosse bis zum ersten Ende oder der ersten Sprosse vorhanden; dieses Stück der Stange, welches keine Enden hat, ist 2 Fuß lang und 2 1/2 Zoll dick. Der Bau scheint selten zu sein. Unmittelbar über der Rose sitzt eine Augensprosse; dann folgt kein zweites Ende weiter, als nach einer Entfernung von 2 Fuß, wo grade das Horn abgebrochen ist. So viel ich weiß, sind die Hirscharten der fernen Vorzeit noch nicht recht bestimmt. Leider gruben die Arbeiter nicht weiter nach und ließen Wasser in den Graben. Das herausgeholte Stück, welches die Arbeiter lange für Holz hielten und als solches gebrauchen wollten, ist durch den Herrn Burgemeister Hermes zu Röbel gerettet und geschenkt.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 135 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Bronzezeit.


Kegelgrab von Sammit
Nr. 7.

Von den in den Jahrbüchern XII, S. 407 beschriebenen Kegelgräbern zu Alt=Sammit, von denen früher mehrere aufgedeckt sind und einige eine reiche Ausbeute gegeben haben, standen noch einige unangerührt. Bei Gelegenheit der Aufdeckung der beiden großen Steingräber (vgl. oben S. 115) ließ der Gutsbesitzer Herr Diederichs zuletzt noch eines von diesen Kegelgräbern freundlichst für den Verein aufgraben. Der Hügel hatte, wie in den Jahrb. a. a. O. beschrieben ist, einen kreisrunden Umfang und bildete eine geringe kegelförmige Höhe, ohne Deck= und Ringsteine. Aus dem Rasen sahen überall kleine Feldsteine hervor und es ließ sich schließen, daß wir einen Steinkegel vor uns hatten. Und dies ergab auch die Aufgrabung. Der Kegel war fast ganz aus kleinen Feldsteinen mit wenig Erde aufgebauet. Wie es bei Gräbern dieser Art immer zu sein pflegt, stand grade in der Mitte eine viereckige Steinkiste von natürlichen, nicht gespaltenen, Granitplatten, welche einen Cubikinhalt von ungefähr 1 1/2 Fuß hatte. In der Kiste stand eine fein gearbeitete, dunkelbraune Urne, welche jedoch schon in viele kleine Stücke zerdrückt war und zerbrannte Menschengebeine enthalten hatte; von Alterthümern war in der Kiste keine Spur zu finden. Bau und Urnen derselben Art charakterisiren oft diese Steinkegel und man kann gewöhnlich mit großer Sicherheit die Aufgrabung leiten, wie es auch hier der Fall war.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgrab von Goldenbow.

Auf dem Felde von Goldenbow, A. Crivitz, wurden beim Steinbrechen zum Bau der Chaussee von Crivitz nach Parchim unter einem "Steinlager", ohne Zweifel in einem nie=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 136 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

drigen Kegelgrabe, im J. 1858 folgende bronzene Alterthümer gefunden und von dem Amte Crivitz eingefordert und an die großherzogliche Alterthümersammlung eingesandt:

1) ein Schwert, mit kurzer Griffzunge, in der Klinge gegen 20" hamb. Maaß lang (die Spitze fehlt), bei der Beisetzung in 3, jetzt aber in 7 Stücke zerbrochen;

2) eine Heftel, mit zwei Spiralplatten, 3 1/2" lang, in einer Spiralplatte und der Nadel, zerbrochen;

3) eine Heftel, mit zwei Spiralplatten, ganz zerbrochen und verbogen;

4) eine Nadel, mit rundem, plattem Knopf, 6 bis 8" lang, in 5 wahrscheinlich zusammen gehörende Stücke zerbrochen;

5) ein runder Beschlag, 1" weit und 1" hoch;

6) ein runder glatter Ring, 1" weit;

7) ein gleicher Ring, eben so groß;

8) eine Schmuckdose, klein und zierlich, 2 3/4" im Durchmesser und 1/2" hoch, ganz zerbrochen;

9) ein kleiner, in Form einer Schmuckdose, niedrig kegelförmig gestalteter, verzierter Knopf oder Buckel, 1 1/8" im Durchmesser und 1/2" hoch, mit queer durchgehendem Stift;

10) ein kleiner ähnlicher Buckel, 7/8" im Durchmesser, ganz zerbrochen;

11) Bruchstück eines platten, gravirten Armringes;

12) Bruchstück eines voll gegossenen, runden Armringes;

13) Bruchstück eines Messers, wie es scheint.

Nach den einzelnen Bruchstücken zu urtheilen, wird das Grab gewiß sehr unterrichtend gewesen sein.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgräber von Karstädt.

Beim Steinbrechen zu der Chaussee von Ludwigslust und Grabow nach Dömitz fanden die Steinbrecher auf der Feldmark des der Stadt Grabow gehörenden Dorfes Karstädt bei Grabow im Frühling 1860 "viele Aschenkrüge" und in drei derselben in jedem ein nur leicht gerostetes bronzenes Geräth. Der Herr Burgemeister Hofrath Dr. Flörcke zu Grabow wandte diese Sachen freundlichst dem Vereine zu, konnte aber nichts weiter retten. Die Alterthümer sind:

1 Messer von Bronzeblech, 4 1/2" lang, dessen kurzer Griff nur durch Umbiegung des einen Blechendes gebildet ist;

1 Ring von Bronze, geöffnet, mit zwei halbkugeligen, inwendig abgeflachten Enden, nur 1 1/2" und 2" im Durchmesser, ein kleiner Armring;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 137 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 Ring von Bronze, oval, 1 1/4" und 1 1/2" im Durchmesser, von rundem Drath, geschlossen, mit einer angegossenen Oese an einem Ende; das entgegengesetzte Ende des Ringes ist stark ausgerieben, und hat daher der Ring ohne Zweifel zum Tragen eines eingehängten Geräthes gedient.

Diese Gräber scheinen einen Begräbnißplatz für das geringere Volk aus der letzten Zeit der Bronzeperiode gebildet zu haben und den Gräbern ähnlich, aber jünger, zu sein, welche im J. 1852 auf der entgegengesetzten Seite der Feldmark der Stadt Grabow am "Grimoor" entdeckt wurden; vgl. Jahrb. XVIII, S. 251, und XIX, S. 312.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgrab von Malk.

Beim Bau der Chaussee von Ludwigslust=Grabow nach Dömitz ward im J. 1860 auf der Feldmark von Malk bei Eldena beim Steinbrechen eine schön geformte, hellbraune Kinderurne (vgl. Jahrb. XXIV, S. 296) von der hieneben abgebildeten Gestalt, 3 1/2" hoch, gefunden und an die großherzogliche Sammlung abgeliefert. Die kleine Urne, welche mit Asche gefüllt war, stand in einer größern Urne, welche jedoch beim Ausgraben zerschlagen ward.

Kinderurne

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bronzegeräthe von Teterow.

Am 12. Dec. 1859 wurden zu Teterow vor dem rostocker Thore beim Planiren des Terrains neben dem Friedhofe von dem Herrn Maurermeister Pohlmann zu Teterow gefunden:

2 Handbergen aus Bronze und

2 spiralcylindrische Armringe, mit leichtem edlen Rost, vollständig erhalten, jedoch alle beim Herausnehmen zerbrochen, und vom Burgemeister und Rath der Stadt Teterow geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 138 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bronze=Alterthümer von Stubbendorf
und
Götterzeichen der Germanen.

von

G. C. F. Lisch.

Im Dec. 1859 wurden zu Stubbendorf, im Amte Dargun, östlich von dem Darbein=stubbendorfer Wege, auf der Hufe Nr. 3 des Hauswirths Fritz Wulff, in einem Moderloche beim Modergraben mehrere Alterthümer der Bronzezeit gefunden und durch die sorglichen Bemühungen des Amtes Dargun zusammengebracht und der großherzoglichen Alterthümersammlung übergeben. Mit Ausnahme der Framea sind sämmtliche Alterthümer aus Bronze, ohne allen Rost und sehr fest vom Moor bräunlich gefärbt.

Diese Alterthümer, welche alle zu den seltenern und wichtigern gehören sind folgende.

Am höchsten lagen im Moor:

3 breite Armringe, 3" hoch und eben so weit im Durchmesser, blechartig gegossen, auf der obern Seite mit erhabenen Parallelreifen verziert. Diese Verzierung ist der Verzierung der Diademe mit Parallelreifen ähnlich, wie sie in Worsaae Afbildninger I. Aufl., S. 40, Nr. 164, und II. Aufl., S. 47, Nr. 218, abgebildet sind. Diese Ringe ähneln den Ringen bei Worsaae II. Aufl., S. 56, Nr. 258, und dem Schmuck bei Worsaae, I. Aufl., S. 50, Nr. 205, und II. Aufl., S. 58, Nr. 264. Zwei von diesen Ringen werden, obgleich sie nicht ganz gleich hoch sind, als Paar zusammengehören, der dritte Ring ist dünner gegossen und enger gereifelt, hat aber wahrscheinlich zu einem vierten gehört, welcher nicht gefunden ist, so daß 2 Paare in dem versenkten Bronzeschatze gewesen sind. Ringe dieser Art sind in Meklenburg noch nicht beobachtet.

Außerdem ward noch

1 Armring, für den Oberarm (?) gefunden, welcher ganz einfach und ohne Verzierung, nur 1/4" breit und 4" weit im Durchmesser ist.

Die drei breiten Ringe waren in einander geschoben und durch dieselben waren

5 Dolche gesteckt, welche so in dem Moore lagen, daß die Spitzen nach oben standen. Diese Dolche sind den im Frid. Franc. Tab. III, Fig. 2 und 3 abgebildeten gleich und 9 1/2, 9 3/4, 10, 10 3/4 und 12 Zoll lang. Alle sind mit dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 139 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Griffe und der über die Klinge greifenden halbmondförmigen Ueberfassung aus Einem Stücke gegossen, jedoch alle in den Griffen verschieden gebildet und verziert; vier haben ovale Griffe, der kleinste hat einen viereckigen Griff. Die Griffe der beiden größten sind mit parallelen Querreifen verziert und die halbmondförmigen Ueberfassungen der Klingen ohne Verzierungen und glatt; die Griffe der drei kleinem sind mit Schräge= und Parallelstrichen und die Ueberfassungen mit Puncten verziert, wie Frid. Franc. T. III, Fig. 2. Die beiden kleinsten haben auf dem Knopfe eine Verzierung von Strichen, die ins Kreuz gelegt sind, wie Frid. Franc. T. III, Fig. 2 und 3; der Knopf des zweitgrößten hat ein durch Kreuzlinien schraffirtes Kreuz, das einem Johanniterkreuze mit sich verbreiternden Balken ähnelt. Alle sind in den Klingen schartig und mitunter an einer Seite etwas porös, jedoch wohl als vollendet anzusehen, da grade an den porösesten die Griffe am meisten verziert sind. Es wäre jedoch möglich, daß die Geräthe erst theilweise fertig waren, als sie versenkt wurden.

Bisher sind in Meklenburg nur 5 Dolche mit Bronzegriff gefunden: 3 bei Malchin, in der großherzoglichen Sammlung, abgebildet Frid. Franc. T. III, von denen 2 auch aus Einem Stücke gegossen sind und 1 einen angesetzten Griff hat; 2 sind in der Vereinssammlung, von denen der eine aus Einem Stück gegossen ist, der andere einen angesetzten Griff hat.

Ungewiß in welcher Tiefe im Moor ward

1 Framea mit Schaftrinne, voll gegossen, aus Kupfer gefunden, welche der im Frid. Franc. T. XIII, Fig. 7 abgebildeten Framea sehr ähnlich, nur etwas größer, dicker und derber ist. Die Form gleicht noch mehr dem steinernen Keil, nur ist die Schneide mehr beilartig ausgeschweift; die Ränder der Schaftrinne sind noch sehr niedrig. Diese Form ist gewiß die älteste Form der Framea und daher ist auch dieses Exemplar von Stubbendorf sicher noch aus rothem Kupfer, und noch nicht mit Zinn legirt.

Ganz unten in dem Moorloche, etwa einen Fuß tiefer, als die Dolche, hat

1 Commandostab aus Bronze gelegen. Sicher ist, daß das obere Ende, welches die Dolchklinge trägt, in dieser Lage gefunden ist; das untere Ende des Griffes ist in der Nähe im Moor ausgegraben, die andern Stücke desselben sind später in der ausgeworfenen Modererde gefunden. Alle Stücke des zerbrochenen Commandostabes, welche jetzt wieder zusammengebracht sind, gehören zusammen und geben vielleicht sehr merkwürdige Aufschlüsse.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 140 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Der Commandostab
oder
ein germanisches Götterbild

mit seinen Eigenthümlichkeiten ist wohl der merkwürdigste Gegenstand des Fundes. Dies ist ein Geräth aus Bronze, wie es schon früher in Meklenburg mehrere Male gefunden und in den Jahrbüchern IX, S. 340, und X, S. 288, und hieneben wieder und im Frid. Franc. T. VII, Fig. 1, und T. XV, Fig. 6, und T. XXXIII, Fig. 1 in natürlicher Größe abgebildet und zu den betreffenden Stellen beschrieben ist. Es ist dort ein Commandostab genannt. Vielleicht dient der gegenwärtige Fund dazu, die Bestimmung des Geräthes fester zu stellen.

Commandostab

Zuvor möge eine Beschreibung und Beurtheilung des bei Stubbendorf gefundenen Exemplares Raum finden.

Dieser Commandostab, welcher aus alter Bronze gegossen ist, besteht, wie alle übrigen in Meklenburg gefundenen Exemplare, wesentlich aus zwei getrennten Theilen, welche von vorne herein keine feste Verbindung mit einander gehabt haben: dem obern Ende mit dem Beile oder der Dolch= oder Speerklinge, dem Aufsatze, wenn man es so nennen will, - und dem Griffe. Der Aufsatz des stubbendorfer Exemplars hat dieselbe Größe und im allgemeinen dieselbe Form, wie das im Frid. Franc. Tab. VII, Fig. 1 in natürlicher Größe abgebildete Exemplar; es hat dieselbe Form, dieselben drei Stacheln oder spitzenknöpfe an jeder Seite und ähnliche reifenförmige Verzierungen. Der Griff ist hohl gegossen und glatt, wie er im Frid. Franc. Tab. XXXIII, Fig. 1 zu dem Ganzen und Tab. XV, Fig. 6 im Einzelnen jedoch hier fälschlich verjüngt auslaufend) abgebildet ist Das ganze, bei Stubbendorf gefundene Geräth ist 28 1/2" lang. Der Griff ist 23" lang, von ovalem Durchschnitt, 1" im Durchmesser und überall von gleicher Dicke; er ist jetzt in zwei Brüchen in drei Stücke zerbrochen, von denen der eine Bruch in der Mitte alt, vor an=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 141 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dere, oben 3" unter dem Aufsatze, beim Finden geschehen ist. Der Griff, dessen Inneres man durch die Brüche genau sehen kann, ist hohl gegossen und enthält im Innern von unten auf 20" lang noch den alten Gußkern , 1 ) welcher aus grauem, thonhaltigen oder mit etwas Thon vermengten Sande besteht, der sehr fest und am äußern Rande neben der Bronze durch die Hitze des Gusses leicht bräunlich gefärbt ist. Das obere Ende war 3" lang von dem Gußkern befreiet. Der Aufsatz ist in der senkrechten Stange, der Fortsetzung des Griffes, hohl und ohne Gußkern. In dieser Höhlung des Aufsatzes steckt noch ein großer Rest eines wohl erhaltenen Holzpflockes ; eben so fanden sich in dem leeren obern Ende des Griffes von 3" Länge noch Holzreste. Es ist also ohne Zweifel, daß die beiden Theile, welche bei keinem Exemplare irgend ein Zeichen einer befestigenden Verbindung durch Metall zeigen, durch einen Holzpflock zusammengehalten wurden, wenn das Geräth gebraucht ward. Diese Art der Verbindung vermuthet schon Klemm, Handbuch der Alterthumskunde, S. 208.

Der Aufsatz des bei Stubbendorf gefundenen Exemplars ist aus alter Bronze, in der Fortsetzung des Griffes hohl gegossen, einfacher, aber edler in den Formen, als die bisher gefundenen Exemplare. Bei allen früher gefundenen Exemplaren ist der ganze Aussatz mit der eine Art Axt bildenden, hammerartigen, verzierten Schneide aus Einem Stücke hohl gegossen, so daß sich der Hohlguß, wie aus einem zerschlagenen Exemplare klar wird, auch noch in die hammerartige Schneide fortsetzt. Bei dem jetzt gefundenen Exemplare ist aber nur die senkrechte Fortsetzung des Griffes hohl gegossen und hat an der einen graden Seite eine durch den Guß bewerkstelligte, also beabsichtigte Ritze, in welcher im rechten Winkel abstehend eine überall stumpfe, voll gegossene Speerklinge oder Dolchklinge mit zwei nicht starken Nieten eingenietet ist. Dies ist das auffallendste und merkwürdigste an diesem Exemplare. Es dürfte sich aus dieser Einrichtung schließen lassen, daß wir hier ein Original=Exemplar vor uns haben.

Bisher sind folgende Commandostäbe dieser Art gefunden, und zwar alle in Mittel=Europa: in Meklenburg: 3 zu


1) Klemm, Handbuch der Alterthumskunde berichtet S. 208, daß zwei im Mansfeldischen gefundenene Exemplare im Griffe mit einer "Art Steikitt" gefüllt sind; dieser "Kitt" wird auch wohl der Gußkern sein.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 142 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Blengow im Sumpfe, davon einer in der großherzoglichen Sammlung (vgl. Frid. Franc. Erl. S. 115), 1 zu Hausdorf in einer Moorgrube, in der Vereinssammlung (vgl. Jahresber. II, S. 47), 1 zu Glasin, iu der Vereinssammlung (vgl. Jahrb. X, S. 287); in der Mark Brandenburg: 2 zu Blankenburg bei Ruppin im Moor, in der Sammlung des wailand Grafen v. Zieten (vgl. Jahrb. XV, S. 272, und XVI, S. 275); 3 in Mansfeld und in Thüringen (vgl. Klemm Altthsk. S. 208 und Taf. 15); 1 in Posen, in der Sammlung des Hofraths Klemm in Dresden; von den beiden Exemplaren in Dänemark ist 1 in der öffentlichen Sammlung zu Kopenhagen aus Lauenburg und 1 in der Privatsammlung des Königs, welches im Brande des Schlosses Frederiksborg untergegangen ist, aus Süd=Holstein. An allen diesen Exemplaren, von denen die in Norddeutschland gefundenen alle fast ganz gleich sind, ist der ganze Aufsatz aus Einem Stück gegossen, die aus Einem Stück mitangegossene Speerklinge etwas manierirt und mit Reifen am Rande verziert und das Ganze aus einem andern Metall, 1 ) als die Bronzeperiode zeigt. Sie enthalten mehr Zinn (24 pC.), als gewöhnlich, und dazu etwas Silber (1 pC.); dies beweist die chemische Analyse, welcher die meklenburgischen, gleichen Exemplare unterworfen sind (vgl. Jahrb. IX, S. 340), und schon das Ansehen.

Aus diesen Schilderungen wird es klar werden, daß das jetzt gefundene Exemplar von Stubbendorf ein Urstück ist und daß das Geräth nur dazu diente, eine Dolch= oder Speerklinge zu zeigen. Dieses Einnieten einer wirklichen Waffe zeigt etwas Ursprüngliches. Die übrigen Exemplare, welche an Größe und Form dem stubbendorfer gleich sind, sind alle nur Nachahmungen, welche hohl und aus einem Stück aus offenbar jüngerm Metall (wahrscheinlich Kupfer und silberhaltigem Zinn) gegossen sind.

Forscht man nach der Bestimmung des Gerätes, so läßt sich kaum annehmen, daß es zum kriegerischen Ernst gebraucht worden sei. Das Ganze ist zu unhandlich, zu schmal und zu dünne; es würde sehr schwer, ja unmöglich sein, mit der beilartig angesetzten Speerklinge einen wirksamen Schlag auszuführen. Die Unbrauchbarkeit zum Ernste beweiset aber vorzüglich der Umstand, daß der Aufsatz auf einen gar nicht sehr eng anschließenden Holzpflock, der aus dem Griffe hervorragte, aufgesteckt ward; der Aufsatz würde sich beim ersten


1) Auch Klemm a. a. O. S. 208 sagt, daß ein mansfelder Exemplar "aus sprödem, weißlichen, glockenspeisartigen Metall" bestehe.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 143 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hiebe von dem Griffe losgetrennt haben. Man kann sich also nur denken, 1 ) daß der Aussatz für gewisse Gelegenheiten als Zeichen auf gesteckt ward, vielleicht als ein Zeichen des Krieges, als eine Art Standarte, welche vielleicht durch die Richtung, welche man der Speerspitze gab, die Richtung des Kampfes andeutete. In diesem Sinne habe ich das Geräth einen Commandostab genannt. Vielleicht war das Geräth ein Würdenzeichen, und in diesem Sinne hat es Klemm (a. a. O. S. 208) einen Königsstab genannt.

Es ist aber auch möglich, vielleicht sehr wahrscheinlich, daß wir hier ein Sinnbild einer Idee, ein Sinnbild des Kriegsgottes, im Originale vor uns haben: und dies wäre allerdings sehr merkwürdig. Wir müssen dieses bei Stubbendorf gefundene Zeichen in eine sehr ferne Zeit, jedenfalls vor Christi Geburt, zurück versetzen. Jacob Grimm hat in seiner deutschen Mythologie, Zweite Ausgabe, S. 93 flgd. und S. 184 flgd. die Sache aus den Schriftstellen behandelt. "Tacitus weiß von keinem simulacrum, von keinem nach menschlicher Gestalt geformten Bilde germanischer Götter; nichts kennt er, als signa und formas, wie es scheint, geschnitzte und gefärbte, die zu der Gottesverehrung symbolisch und bei gewissen Anlässen herumgetragen wurden; wahrscheinlich enthielten sie irgend eine Beziehung auf die Natur und das Wesen einzelner Götter." Ammianus Marcellinus (17,12. a. 358) berichtet von den Quaden, "einem entschieden germanischen Volke", daß sie auf Dolche , "welche sie als Zeichen göttlicher Wesen verehrten, Treue schwuren" ("eductis mucronibus, quos pro numinibus colunt, juravere se permansurcs in fide"). Derselbe erzählt (31, 2) von den Alanen, daß sie in dem bloßen Schwerte den Kriegsgott verehrten ("nec templum apud eos visitur aut delubrum, sed gladius barbarico ritu humi figitur nudus, eumque ut Martem verecundius colunt"). Schon Herodot (4, 62) meldet, daß die Scythen den Kriegsgott in dem Bilde eines aufgerichteten Schwertes verehrten, und von andern alten Schriftstellern wird berichtet, daß die Scythen und die Römer in alten Zeiten bei dem Speere als dem Bilde des Mars schwuren, Juvenal sagt: "per Martis frameam" ("bei der Framea des Mars"). Wohl zu bemerken ist, nach den jetzt gereiften antiquarischen Forschungen, daß die alten Dolchklingen und Speerklingen oft von derselben Größe und sehr schwer zu


1) Auch Klemm a. a O. S. 208 und 209 ist der Ansicht, daß dieses Geräth nicht als Waffe habe gebraucht werden können.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 144 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unterscheiden sind, und daß die ältesten Bronzeschwerter sehr kurz, ja oft so kurz sind, daß man sie für Dolche halten muß. In den ältesten Zeiten waren die Klingen der Speere, Dolche und Schwerter fast ganz gleich und konnten zur Bezeichnung derselben Idee dienen. Die Klinge an dem stubbendorfer Exemplar ist aber mehr eine Dolchklinge. Daß grade in diesem Funde außerdem noch 5 vollständige Dolche, welche in alter Zeit sehr selten sind, gefunden wurden, mag zur entfernten Unterstützung dieser Ansicht dienen.

Ich zweifle daher keinen Augenblick, daß diese sogenannten Commando= oder Königsstäbe Zeichen ("signa") des Kriegsgottes (Tyr, Mars), des obersten Gottes der Germanen, waren, und die "Griffe" (vielleicht kleine Nachbildungen von Säulen) nur dazu dienten, das heilige Zeichen des Dolches oder Schwertes zu tragen und in die Höhe zu heben oder hinzureichen, keinesweges aber den Griff eines Streithammers bildeten. Wir würden hier also ein wahres Bild eines deutschen Saxnôt, haben den J. Grimm (S. 184) durch: Schwertträger, "ensifer, als die Gottheiten Zio oder Eor und den griechischen Ares", erklärt.

Würde meine Ansicht Beifall finden, so würden wir in den bisher sogenannten Commandostäben wirkliche Exemplare von heiligen Zeichen haben, welche die Schriftforschung wahrscheinlich gemacht hat.


Dieser Fund erhält eine merkwürdige Bestätigung durch den im Folgenden beschriebenen Fund von Neu=Bauhof.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bronze=Alterthümer von Neu=Bauhof,

von

G. C. F. Lisch.

Auf dem Erbpachtgute Neu=Bauhof bei Stavenhagen, ungefähr 4 Meilen in grader Richtung grade südlich von Stubbendorf bei Dargun, wurden im Sommer des J. 1860 beim Torfstechen im Torfmoor ungefähr 2 Fuß tief unter der Oberfläche 11 Geräthe von Bronze gefunden und von dem Erbpächter Herrn Dr. E. Prosch Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge zur großherzoglichen Alterthümersammlung überreicht. Diese Geräthe hatten im Moor unter einem Steine von etwa 2 Quadratfuß Größe gelegen, sind also höchstwahr=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 145 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

scheinlich absichtlich versenkt gewesen, wie vielleicht auch die zu Stubbendorf gefundenen Geräthe. Diese Alterthümer sind in jeder Hinsicht den merkwürdigen stubbendorfer Stücken völlig gleich und ohne Zweifel nicht allein zu derselben Zeit, sondern auch von demselben Manne gemacht, so daß hier die sehr seltene Erscheinung von zwei in der Technik völlig gleichen Funden auftritt.

Die Alterthümer von Neu=Bauhof sind folgende:

4 breite Blech=Armringe, 3" hoch und weit und auf der Oberfläche gereifelt, den bei Stubbendorf gefundenen durchaus völlig gleich (vgl. oben S. 138); dieser Fund spricht dafür, daß auch zu Stubbendorf ursprünglich wohl 2 Paare versenkt gewesen sind;

4 glatte, offene Beinringe oder Halsringe, etwas oval, 5" bis 5 1/2" und ungefähr 4 1/2" weit;

1 massiver, sehr schwerer offener Armring, gegen 3" und 2" im Durchmesser;

2 Dolche, denen von Stubbendorf völlig gleich (vgl. oben S. 138), in Griff und Klinge auch aus einem Stück gegossen, 10" lang; obgleich Griff und Klinge aus einem Stück bestehen, so sind doch auf der einen halbmondförmigen Ueberfassung des Griffes an beiden Seiten zum Scheine 3 Nieten angegossen.

Auch von diesen Alterthümern sind mehrere, namentlich der dicke Armring und der Griff des einen Dolches, auf der Oberfläche sehr porös und an einigen Stellen im Guß nicht gekommen, so daß es scheint, als wenn nicht allein diese, sondern auch die Alterthümer von Stubbendorf während der Aus= und Nacharbeitung verloren gegangen oder versenkt sind. Die Riefelungen an den Dolchgriffen haben ohne Zweifel noch nachgearbeitet werden sollen.

Ein "Commandostab" ward zu Neu=Bauhof nicht gefunden.

Der Fund von Neu=Bauhof erhält aber durch die Gleichheit mit dem Funde von Stubbendorf eine ungewöhnliche Wichtigkeit.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 146 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Emaillirung der Schwertgriffe
und
das Bronzeschwert von Retzow.

Die großherzogliche Sammlung in Schwerin besitzt zwei sehr schöne Schwerter aus der Bronze=Periode, welche höchst selten sind. Diese Schwerter haben hohle Bronzegriffe, welche von durchbrochenen und gravirten Verzierungen gebildet sind. Der eigentliche Griff selbst besteht aus dem durchgehenden Ornament der ausgebildeten Bronze=Periode, aus doppelten Spiralwindungen, gleich einem paar Handbergen, welche neben und über einander gesetzt und durch Bänder verbunden sind und so den Griff bilden.

Spiralwindungen

Die obere Platte des Knopfes ist ebenfalls mit diesen Spiralen verziert. Die großherzogliche Sammlung besitzt zwei Schwerter dieser Art, welche in Kegelgräbern gefunden sind. Das eine Schwert, gefunden zu Lehsen bei Wittenburg, hat 2 Reihen Doppelspiralen über einander, auf dem Knopfe eingravirte Spiralen und am Hefte 4 gewölbte Nieten ohne weitere Verzierungen. Dieses hieneben abgebildete Schwert ist auch abgebildet in Frid. Franc. Tab. XVI, Fig. 1. (vgl. Erläut. S. 126) und in Jahrbüchern IX S. 330.

Bronzeschwert

Auch in Dänemark sind ähnliche Schwerter gefunden, vgl. Worsaae Afbildninger, 1. Aufl S. 27, Nr. 106 und 107, 2. Aufl. S. 30 und 31, Nr. 127-130.

Ein zweites Schwert in der großherzoglichen Sammlung zu Schwerin, gefunden zu Retzow bei Lübz in einem Kegelgrabe, ist ähnlich, jedoch noch reicher ausgestattet. Der eigentliche Griff hat über einander drei Reihen durchbrochener und gravirter Doppelspiralen, jede Reihe von 6 Paaren, im Ganzen also 18 Paare; die Platte des Griffes hat 8 Spiralen, welche ebenfalls durchbrochen sind; die Anheftung der Klinge hat 6 halbkugelige Nieten, welche durch Bänder zu Spiralen gestaltet sind und deren Grund ebenfalls durchbrochen ist; der halbkreisförmige äußere Rand der Anheftung besteht aus Zickzackbändern, deren Grund ebenfalls durch=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 147 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

brochen ist; die Durchbrechungen, oder vielmehr Ausgrabungen, gehen ungefähr 1/10 Zoll oder 2/5 Centimetre tief bis auf eine innere, zusammenhangende Bronzehülse. Die sehr vielen, alle dreieckig erscheinenden Durchbrechungen sind meistentheils, wie es den Anschein hat, mit Schmutz, Erde und Rost gefügt. Dieser Anschein wird aber trügerisch und es wird glaublicher sein, daß die Füllung der Durchbrechung absichtlich mit harzigen Massen von verschiedenen Farben, vielleicht braun, roth und grün, geschehen ist, was auf der goldfarbigen Bronze eine sehr schöne Wirkung gemacht haben muß. Der Herr Professor Dr. Lindenschmit in Mainz, Conservator des römisch=germanischen Museums, hat diese wichtige Entdeckung gemacht und ich lasse dessen Ansicht hier wörtlich folgen:

"Ich fand, daß die Zwischenräume der Ornamente keineswegs durch Erde und Rost, sondern ursprünglich schon durch eine eigene Masse ab sichtlich ausgefüllt waren, deren genaue Prüfung aber der geringen Dimensionen und der beinahe gänzlichen Zerstörung wegen sehr schwierig ist. So viel scheint festzustehen, daß sie von verschiedener Farbe war in den einzelnen Zierbändern. Auf der wohl erhaltenen Außenseite des Knaufes findet sich in den innern Räumen zwischen den Spiralornamenten eine jetzt dunkelbraune Masse, die im Feuer lichte Flamme giebt, während den umlaufenden ovalen Ring sicher eine hellere Sub stanz füllte, die sich auch wahrscheinlich in dem Zickzackstreifen am Bügel fand. Oben am Knauf erscheint dieser harzige Stoff, der, wie das Vergrößerungsglas zeigt, eingetropft ist, am deutlichsten als eine Art Pech, das jedenfalls nur die Unterlage einer glänzenderen, ursprünglich helleren und stärkeren Farbe war. Ich bin zu der bestimmten Überzeugung einer alten Ausfüllung gelangt, die mit einer auf andern in unserm Besitz befindlichen Bronzen noch erkennbaren Emaillirung ganz identisch ist.

Die Sache ist insofern von Bedeutung, als diese Verzierungsweise abermals eine directe Beziehung zu hetruskischen Arbeiten zeigt, mit welchen ohnehin die ganze Technik und Ornamentbildung congruent ist.

So viel es noch möglich ist zu erkennen, muß ich mich mit dieser Ansicht einverstanden erklären. Vgl. den flgd. Abschnitt.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 148 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bronzeschwert von Bockup
und
Emaillirung der Schwertgriffe.

Beim Bau der Chaussee von Ludwigslust und Grabow nach Dömitz ward im J. 1860 auf der Feldmark von Bockup bei Dömitz in den Tannen ein Bronzeschwert gefunden und von dem Herrn Chaussee=Baumeister Lütkens zur großherzoglichen Sammlung eingereicht. Dieses Schwert ist sehr interessant. Es ist sehr kurz, mit dem 3 1/2" langen Griffe im Ganzen 17 1/2" lang, schmal, 1" breiten der Klinge, zweischneidig, mit edlem Rost bedeckt und mit dem Bronzegriffe aus Einem Stücke gegossen, ohne irgend eine Vernietung; es war beim Finden unverletzt, ist aber von den Arbeitern in zwei Stücke zerbrochen. Der kleine Griffknopf hat ganz die Gestalt, Größe und Verzierung der Knöpfe der Dolchgriffe und ist, wie diese häufig, mit einem gravirten Kreuze verziert; jedoch ist dieses Schwert wegen der Größe und Gestalt der Klinge kein Dolch, sondern ein Schwert zu nennen, wenn es auch klein ist. Merkwürdig ist der etwas plump halbmondförmig über die Klinge fassende Griff. Dieser hat 9 parallele, glatte Queerreifen von Bronze, zwischen und neben denen 10 eben so breite Vertiefungen liegen, welche ungefähr 1/8" breit und tief sind. Diese Vertiefungen zwischen den Reifen sind bis zur Oberfläche der Reifen, also des Griffes, mit einem festen, harzigen Kitt ausgefüllt, welcher noch vollkommen erhalten und fest und auf der Oberfläche glänzend ist, wie polirt. Der Kitt hat eine schwarze oder dunkelbraune Farbe, ist noch sehr hart, sowohl in sich, als an der Bronze haftend und brennt mit brenzeligem Geruche hell an der Flamme. Diese Erscheinung ist völlig sicher und klar; vgl. vorher das Schwert von Retzow.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kopfringe von Turloff.

Im J. 1860 wurden in der "turloffer Forst" bei Sternberg von sternberger Arbeitsleuten bei der Arbeit, 6 Fuß tief und nach der Angabe von Steinen und Kohlen bedeckt, drei bronzene Kopfringe von seltener Form und völlig wohl erhalten, ohne eine Spur von Rost, gefunden und in Sternberg von den Arbeitsleuten an den Thorschreiber Stofferan verkauft, welcher sie an Se. K. H. den Großherzog einsandte. Diese Kopfringe sind sowohl wegen ihrer vortrefflichen Erhaltung, als wegen ihrer besonderen Form äußerst selten und merkwürdig und im Lande noch nicht beobachtet. Alle drei sind gewunden und durchschnittlich zwischen 8-9 Zoll im Durchmesser weit. Der eine Ring ist dick, 1/2 Zoll dick, weit und hoch gewunden; der zweite ist etwas dünner und sehr eng und flach gewunden; der dritte ist der dünnste und auch flach gewunden. Der dünnste Ring ist offen, mit einfachen Haken an den Enden, welche in einander gehakt werden können. Die beiden dicksten Ringe sind aber geschlossen gegossen und laufen dort, wo die Enden hätten sein sollen, in breite Bleche aus, welche sehr sauber gravirt sind, der dickste mit Halbkreisen, der mittlere mit Dreiecken an den Rändern. Ueber der Stelle, wo man die Enden und die Oeffnung hätte erwarten sollen, sind auf jedem Ringe 2 Spiralen angegossen. Diese Einrichtung ist also eine Nachbildung jüngerer Zeit; man hätte erwarten sollen, daß die Ringe geöffnet gewesen und auf den beiden Enden in breite, verzierte Bleche ausgelaufen wären, welche Haken mit Spiralen an den Enden gehabt hätten, die in einander hätten gehakt werden können. Die Ringe hätten also eigentlich die Gestalt haben müssen, welche die in Frid. Franc. T. X, Fig. 1, und in Worsaae Afbildninger etc. ., 1. Aufl., S. 41, Nr. 167, und 2. Aufl., S. 48, Nr. 221, abgebildeten Kopfringe haben, denen die turloffer Ringe fast ganz gleich sind. Statt dieser natürlichen Einrichtung sind die turloffer Ringe mit allen Verzierungen, ohne Oeffnung, ganz aus Einem Stück gegossen und man kann hieraus schließen, daß diese Ringe eine handwerksmäßige, nicht mehr natürliche und verstandene Nachbildung sind, also in die jüngste Zeit der Bronze=Periode gehören, in welcher die alten Formen schon zu verschwinden anfingen und nur traditionell wurden. Daher und wegen der noch guten Arbeit sind die Ringe von großem Werth für die Culturgeschichte.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber Bronzewagen,

von

G. C. F. Lisch.

Von den höchst merkwürdigen Geräthen der kleinen bronzenen Wagen, welche zuletzt in den Jahrb. XXV, S. 215 behandelt sind, sind in den allerneuesten Zeiten mehrere Exemplare entdeckt, deren Auffindung schon im Jahrb. XXV, S. 320 und Jahresber. XXV, S. 71, vorläufig kurz angezeigt ist.

1) Der Bronzewagen von Ystad in Schonen ist für Meklenburg eine der wichtigsten Entdeckungen auf dem Felde der Alterthumskunde. Im J. 1855 ward in dem Graben eines Torfmoors ganz nahe bei Ystad ein kleiner bronzener Wagen von einem Schulknaben gefunden; dieser verkaufte ihn an einen Studenten F. Lundh, welcher denselben der bedeutenden Alterthümersammlung seines Vaters, des Pfarrers Lundh in Hammenhög, einverleibte. Hier stand er unbekannt, bis ihn der Docent Bruzelius aus Lund, welcher auf einer archäologischen Reise im J. 1858 den peccatelschen Kesselwagen in Schwerin gesehen hatte, sah und gewissermaßen entdeckte. Schon nach der Mittheilung des Professors Nilson aus Lund, jetzt in Stockholm, welcher 23.-25. Julii 1860 die Sammlungen in Schwerin studirte, ist dieser bei Ystad gefundene Wagen dem bei Peccatel in Meklenburg gefundenen und in Jahrb. IX, Lithographie zn S. 372, und Jahrb. XXV, S. 219 abgebildeten Kesselwagen völlig gleich. Bruzelius erhielt von dem Pfarrer Lundh die Erlaubniß, den Wagen zu beschreiben. Darauf starb der Pfarrer Lundh und der Wagen von Ystadt kam in das Museum zu Stockholm.

Zu gleicher Zeit gab Bruzelius eine Beschreibung des Wagens von Ystad heraus und ließ denselben dabei abbilden in Svenska Fornlemningar, of Nils Gustaf Bruzelius, II. Heft, Lund, 1860, S. 20 flgd. und Taf. V. Betrachtet man diese Beschreibung und Abbildung, so wird man überrascht durch die völlige Uebereinstimmung des Wagens von Ystad mit dem Wagen von Peccatel. Der Wagen von Ystad hat ebenfalls die Achsen und Langbäume jochförmig oder glockenförmig gestaltet, in ein Quadrat zusammengestellt und die Enden der Langbäume mit denselben vogelhalsähnlichen Ausläufern verziert. Auf der Zusammenfügung der Achsen und der Langbäume sind noch die vier bronzenen Füße angenietet, welche den "Hals" oder die Säule getragen haben, auf welchem der Bronzekessel stand. Der Kessel und der Hals sind jedoch verloren gegangen und liegen vielleicht noch im Torf=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

moor. Die Gleichheit der Wagen von Ystad und Peccatel ist überraschend. Das Wagengestell beider ist gegossen und dann gebogen. Die Räder sind gegossen, vierspeichig und an beiden Wagen 4 1/2 Zoll hoch. Bruzelius sagt, daß die Räder beider Wagen an Form, Größe und Aussehen so gleich sind, daß man behaupten möchte, sie seien in derselben Form gegossen (S. 24). Der Wagen von Ystad ist in alter Zeit viel gebraucht, da die Achsen ausgeschliffen und geflickt sind (S. 25).

Das Metall des schonenschen Wagens besteht nach der chemischen Analyse aus 92, 49 Kupfer, 6, 34 Zinn, 0, 63 Eisen und 0, 54 Nickel, also aus antik germanischer Bronze aus Kupfer und Zinn, da die geringen natürlichen Mengtheile von Eisen und Nickel nicht in Rechnung zu bringen sind.

Da nun die Metall=Legirung von Wichtigkeit für die ganze Forschung werden kann, so hat der Herr Dr. L. R. von Fellenberg zu Rosenbühl bei Bern, welcher sich mit Eifer der Analyse antiker Bronzen widmet, die Güte gehabt, einige Bruchstücke von der Vase des Kesselwagens von Peccatel einer chemischen Analyse zu unterwerfen. Die Bruchstücke, welche nach Befreiung vom Grünspan eine schöne, goldähnliche Farbe zeigten, 1, 997 Gramme schwer, ergaben folgende Zusammensetzung:

Kupfer  87, 20
Zinn      12, 75
Eisen       0, 05 .

Von Nickel, Blei, Silber, Autimon und Kobalt war keine Spur vorhanden. Die Bronze ist also auch hier die antike germanische Bronze, wenn auch in andern Verhältnissen gemischt, als der Wagen von Schonen. Dangen hat die Vase von Peccatel ganz dieselbe Mischung, wie ein dünne gehämmertes Bronzegefäß aus dem Kegelgrabe von Ruchow (vgl. Jahrb. IX, S. 334), welches ungefähr aus derselben Zeit stammen mag.


Wir haben hier also sicher die auffallende Erscheinung, daß in Meklenburg und Schonen in den fernsten Zeiten ein solcher Verkehr bestand, daß in beiden durch die Ostsee getrennten Ländern ganz dieselben seltenen Culturgegenstände in Gebrauch waren.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bruzelius giebt zwar zu, daß der schonensche Wagen als Transportmittel gebraucht sei, wirft aber (S. 25) doch die Vermuthung auf, daß er möglicher Weise als "Symbol" betrachtet werden könne, wie die "Miniaturschwerter" 1 ) derselben Zeit. Es ist aber zu berücksichtigen, daß der Wagen nicht das Hauptgeräth war, sondern der Kessel, zu dessen Transport der Wagen diente; der Kessel ist aber von so anständiger Größe, 14" weit und 7" hoch, daß er größer ist, als jedes gewöhnliche Becken, und den Gedanken an ein Symbol nicht aufkommen läßt.

Bei der Gelegenheit der Beschreibung des schonenschen Wagens hat Bruzelius auf Taf. VI, Fig 1, auch den ähnlichen kleinen Bronzewagen abbilden lassen, welcher 1834 in Siebenbürgen gefunden ist (vgl. Jahrb. XXV, S. 224).

2) Der Bronzewagen von Ober=Kehle. Im J. 1860 ward zu Ober=Kehle in Schlesien wieder ein Bronzewagen gefunden, welcher dem im Jahrb. XVI. S. 262 abgebildeten dreiräderigen Bronzewagen von Frankfurt a. O. völlig gleich ist. Der Herr Archivar Dr. Wattenbach berichtet in den "Zweiten Bericht des Vereins zur Errichtung eines Museums für schlesische Alterthümer". 1860, S. 7:

"Ganz abnorm ist unter allen Funden (von kleinen Wagen von Bronze) der frankfurter, weil die Achse mit ihren drei Rädern und der Deichsel gar nicht die Bestimmung gehabt zu haben scheint, etwas zu tragen. Und grade zu dieser Form bin ich jetzt im Stande ein vollkommenes Gegenstück liefern zu können. Dasselbe ist bei Ober=Kehle im trebnitzer Kreise gefunden, in der classischen Gegend von Massel, wo schon so zahlreiche Alterthümer aufgegraben sind, und ist durch die Güte des Besitzers, des Herrn Landraths von Salisch auf einige Zeit zur Ausstellung im hiesigen Museum für schlesische Alterthümer uns anvertraut worden. Es gleicht der Abbildung bei Lisch in den Jahrbüchern des Vereins für meklenburgische Geschichte etc. . XVI. S. 262 durchaus, nur in etwas weniger vollkommener Erhaltung, ist stark mit schöner grüner Patina überzogen und ein wenig kleiner (?), indem die Länge nicht 9, sondern nur 8 Zoll beträgt, die Höhe der Räder aber nicht 4 1/2" sondern nur wenig über


1) An die "Miniaturschwerter" glaube ich nicht. Ich halte dieselben für kleine, grade Arbeitsmesser. Ueberhaupt scheint mir der häufige Gebrauch von Symbolen sehr zweifelhaft.      G. C. F. Lisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 153 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4 Zoll. 1 ) Der Fundort ist ein ziemlich tief gelegenes Feld in der am nördlichen Abhange des trebnitzer Höhenzuges gelegenen Ebene, jedoch unweit des Höhenzuges. Der Wagen wurde beim Pflügen aufgefunden, indem der Pflug daran stieß. Einige Scherben, die an derselben Stelle zum Vorschein kamen, ließen vermuthen, daß er sich in einer Urne befunden hatte. Merkwürdig ist die geringe Tiefe, in welcher er aufgefunden wurde. Weitere Nachsuchungen in der Nähe blieben ohne Erfolg; auch sind auf dem Oberkehler Felde bisher, so viel bekannt, keine andere Antiquitäten aufgefunden, desto mehr aber, besonders Urnen, ganz in der Nähe, besonders in Massel."

3) Die in dem Jahresberichte XXV, S. 71 nachträglich gegebene Nachricht von einem zu Zarnefanz bei Belgard in Pommern gefundenen dreiräderigen Wagen hat sich nach genauerer Erkundigung hinterher als Irrthum ergeben. Der Herr von der Lühe auf Zarnefanz hat die Güte gehabt, genauere Aufklärung und eine Zeichnung des fraglichen Stückes in natürlichen Größe zu geben. Hiernach ist dasselbe zu Zarnefanz in einem heidnischen Grabe in einer Urne gefunden. Der angebliche Wagen ist aber nach der Zeichnung in natürlicher Größe nichts weiter, als eine etwa 1 Zoll lange dünne Bronzestange, an welcher drei ciselirte Queerscheiben von 3/8 bis 3/4 Zoll Durchmesser fest sitzen. Das Geräth ist also nichts weiter als ein bronzener Doppelknopf oder Nadelknopf, wie ein ähnlicher aus einem Kegelgrabe von Dobbin in Jahrb. XI, S. 378 abgebildet ist. - Der Herr v. d. Lühe hatte die Absicht, das Geräth dem Verein für pommersche Geschichte und Alterthumskunde zu Stettin zu übergeben.


Nachtrag zu Jahrb. XXV, S. 229 flgd.

Der Herr Professor Ewald sagt in:

"Jahrbüchern der biblischen Wissenschaft, von Heinrich Ewald. Zehntes Jahrbuch, 1859-1860. Göttingen, 1860. S. 273-275."


1) Die Verschiedenheit der Maaße dürfte nur scheinbar sein. Da in Meklenburg und in den Jahrbüchern nach hamburger Maaß, in Preußen aber nach rheinlandischem oder berliner Maaß gemessen wird, so werden die Maaße beider Wagen völlig gleich sein, indem 4 1/2" meklenburg. Maaß nur ein wenig mehr als 4" rheinland. Maaß sind. Es könnten die beiden Wagen also auch nach der Größe ganz gleich sein.      G. C. F. Lisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 154 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
"Biblische Alterthümer."

"Dagegen sind wir in jüngster Zeit durch eine eben so unerwartete als folgenreiche Entdeckung in der Erkenntniß der hebräischen Alterthümer um einen mächtigen Schritt weiter gekommen. Herr Archivrath Lisch in Schwerin hatte, veranlaßt durch einen Fund in Meklenburg, schon seit längerer Zeit den seltsamen kleinen Kesselwagen, welche man in den Trümmern ältester Bauten findet, eine besondere Aufmerksamkeit zugewandt, und fragte bei mir, ob nicht die "Gestühle" in der lutherischen Uebersetzung der Stelle vom salomonischen Tempelbau 1. Kön. 7, 27 flgd. eine Aehnlichkeit mit ihnen trügen. Indem ich nun diese aus vielen Ursachen sehr schwierige Stelle einer wiederholten noch schärferen Erforschung unterwarf und auch die letzten Dunkelheiten von ihr zu entfernen suchte, kam ich zu der Ueberzeugung, daß diese salomonischen ehernen Kesselwagen, welche zu einem so wichtigen Dienste im Heiligthume verfertigt wurden, sowohl ihrem Bau als ihrer Bestimmung nach die größte Aehnlichkeit mit den in den andern Ländern gefundenen aufzeigen und alle sich am besten gegenseitig erläutern. Diese Alterthümer, welche aus den tiefen Gräbern oder dem Schutte der Erde heute wieder ans Licht gezogen werden, können uns die althebräischen heiligen Kesselwagen zu erläutern dienen, da wir diese bis jetzt nur nach ihren alten Beschreibungen in der Bibel kennen; und umgekehrt besitzen wir über solche kleine Erzwagen nirgends so alte und so genaue Beschreibungen als in jenen biblischen Stellen, so daß auch von diesen aus sich ein helles Licht über jene verbreitet. Dazu ist dieses Zusammentreffen auch für die ganze alte Kunstgeschichte so lehrreich, da auch die sonst gefundenen Erzwagen dieser Art den salomonischen in keiner Weise nachgebildet sind. Ich veröffentlichte daher über diesen Gegenstand eine besondere Abhandlung, auf welche ich hier hinweise 1 ): sie enthält besonders eine neue Uebersetzung und Erklärung der Worte 1 Kön. 7, 27-39, mit ausführlicher Feststellung auch der rechten Lesarten. Später kam Lisch selbst auf den wichtigen Gegenstand in einer übersichtlichen Abhandlung 2 ) zurück, wo man alle diese Alterthümer


1) Ueber eherne Kesselwagen in den alten Heiligthümern, der k. Ges. der Wiss. überreicht (abgedruckt in den Gött. Gel. Nachrichten, 1859, S. 121-146)."
2) "Ueber die ehernen Wagenbecken der Bronzezeit, von G. C. F. Lisch, Schwerin, 1860, 28 S. in 8. (in den Jahrb. des Vereins für Meklenburgische Geschichte, Jahrg. XXV)."
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 155 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

näher beschrieben, auch die Abbildung eines solchen Wagens findet. Wenn der Vf. S. 26-28 hier auch die Hezeqielischen Bilder der viergestaltigen Kerube den vier Rädern der heiligen Kesselwagen gleich setzen will, so müssen wir eher auf die große Unähnlichkeit aufmerksam machen, welche sich hier zeigt. So gewiß Hezeqiel's Einbildung durch die altheiligen Kerube und sonstigen Tempelbilder angeregt war, sich diese Erscheinung Jahve's in seiner sich offenbarenden Hoheit gerade so zu denken, so geht doch eben diese seine Einbildung weit über jene wirklichen alterthümlichen Bilder hinaus, und man muß sich hüten, diese späten Gebilde des bloßen Geistes Hezeqiel's, welche er auch in seinen wirklichen Tempel aufzunehmen sich hütet, mit den ächtgeschichtlichen Bildern des alten salomonischen Tempels zu verwechseln oder sie in den Einzelnheiten diesen gleichzustellen."


Nachtrag zu Jahrb. XXV, S. 215.

Die in den Jahrbüchern XXV, S. 215 flgd gegebene Erklärung des bronzenenen Kesselwagens von Peccatel und die oben S. 150 mitgetheilte Entdeckung des völlig gleichen Wagens in Schonen werden die höchst merkwürdige Forschung über die ehernen Kesselwagen um einen guten Schritt weiter geführt haben. Um nun zu dieser höchst wichtigen Angelegenheit Alles zu liefern, was die Frage nur berühren kann, ist es nöthig, noch die von dem bekannten, jetzt verstorbenen englischen Sprach= und Alterthumsforscher Kemble in England vorgebrachten Ansichten mitzutheilen, welche mir erst jetzt nach seinem Tode bekannt und mir bei seinem Leben von ihm nicht mitgetheilt sind, obgleich ich mit ihm in gelehrtem Verkehr stand. Nach der ersten Versammlung der deutschen Geschichts= und Alterthumsforscher in Dresden 1852, welche auch Kemble besuchte, hielt sich derselbe im Herbst längere Zeit in Berlin und in Schwerin auf, um hier Studien in sicher verbürgten, reichen und geordneten Sammlungen des vaterländischen Alterthums der Heidenzeit zu machen. Am 13. Dec. 1855 hielt er in England einen Vortrag über die Bronzewagen: "On some remarkable sepulchral objects from Italy, Slyria "and Mecklenburgh, by John Mitchell Kemble" welcher in der British Archeologia XXXVI, p. 349-369 gedruckt ist. In dieser Vorlesung bringt er vorzüglich die in unsern Jahrbüchern oft und ausführlich behandelten Bronzewagen von Peccatel, Frankfurt a. O. und Judenburg mit ausführlicher

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 156 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Beschreibung zur Sprache und theilt Abbildungen derselben auf Pl. XXVI mit. Sein Hauptzweck ist, diese Sachen mit "ähnlichen" in Italien gefundene Sachen zu vergleichen.

Kemble geht von bestimmten vorgefaßten Meinungen aus und verrückt dadurch den wahren Standpunkt der Sache. Er schließt folgendermaßen. Der Wagen von Peccatel ist bestimmt, eine Bronzevase zu tragen; in den Rädern ähnlich sind die Wagen von Frankfurt, welcher keine Vase, sondern vogelähnliche Gestalten, und der Wagen von Judenburg, welcher Menschen= und Thierfiguren trägt. Kemble zieht nun allerlei italiänische Geräthe, welche Vogelgestalten tragen, aber keine Wagen sind, zur Vergleichung und will allein dadurch rückwärts Schlüsse auf den Wagen von Peccatel machen, läßt aber die Vase, von welcher er selbst doch ausgeht, ganz außer Rücksicht, obgleich diese doch die Hauptsache ist und allein und wesentlich zur Frage steht, wie er selbst sagt.

Kemble beschreibt nur nach unsern Mittheilungen die Wagen ausführlich, giebt aber zu ihrer Deutung nicht das geringste, so daß er für die Sache selbst eigentlich gar nichts thut. Dagegen geht durch die ganze Vorlesung der in England nicht seltene Ton wegwerfender Ueberhebung, in welchem er zuweilen Deutschland, Meklenburg und mich etwas achselzuckend zu bemitleiden scheint. Kemble sagt, wie es scheint, mit Seitenblicken auf die angeblich deutsche Vieltrinkerei, von dem Wagen von Peccatel: "Es ist klar, daß der Wagen bestimmt war, eine Vase zu tragen und zu fahren, ungefähr in der Art, wie jene Tafelwagen (dinier-waggons), die in den guten alten Zeiten bekannt waren, in welchen man es für nöthig hielt, die Trinkgefäße so leicht und rasch als möglich in die Runde zu befördern." Er macht ferner gegen die deutschen Forscher Front, indem er seine vorgefaßten Ansichten durchführt, und sagt S. 353, daß die "deutschen Alterthumsforscher in allen Dingen Opfergeräthe sehen, und so auch hier; Lisch bildet sich ein, daß der Wagen von Peccatel der Zeit angehört, welche er die Bronzezeit nennt; die Deutschen sehen in allen Bronzen aus Kegelgräbern die Ueberbleibsel des germanischen Volkes; germanisch soll nun einmal alles sein" u. s. w. Kemble will aber dergleichen "Bronzen lieber bei den Hetruskern, als bei den Germanen suchen" u. s. w. Kemble spricht sich am Schlusse (S. 366) ganz bestimmt aus: "Die Vase ist mehr hetruskisch, als deutsch. "Ich protestire gegen die Lehre meines Freundes Lisch, welcher in allen Kegelgräbern mit Bronzewaffen germanische Gräber sieht. Dies beruhet nach meiner Ansicht auf Irrthum, und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 157 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

heißt, deutscher Einbildung auf Kosten europäischer Geschichte ein Compliment machen. Die Vase ist mehr italiänisch, als deutsch; die germanische Bevölkerung hat nichts damit zu thun. Auch eine gälische Hypothese muß zugelassen werden(!)." In dieser Art ungefähr schließt er, um solche seltenen, sicher germanischen Kunstproducte, wie der Wagen von Peccatel ist, zu hetruskischen 1 ) Werken zu machen und der alten Bevölkerung Deutschlands das abzusprechen, was in ihren Gräbern in zahllosen Gegenständen gefunden wird.

Aber wir können ihm in keiner Weise beipflichten. Obgleich er immer behauptet, die Vase sei die Hauptsache, so führt er doch seinen Scheinbeweis durch Vermittelung des frankfurter Wagens nur durch die Vogelgestalten und läßt schließlich die Vase ganz außer Berücksichtigung. Wir haben nachzuweisen gesucht, daß die ehernen Kesselwagen, als phönizische Kunstwerke, auch vor dem Tempel Salomonis standen, und durch die Entdeckung des zweiten völlig gleichen Kesselwagens in Schonen ist es bewiesen, daß diese Geräte weit verbreitet waren. Durch viele entdeckte Fabrikstätten mit wenigstens eben so schönen Bronzen, als die Kesselwagen, und tausendfältige Analogien ist es außer allem Zweifel, daß die Bronzen in den deutschen und nordischen Gräbern im Lande verfertigt wurden. Sie gehören den Völkern an, in deren Ländern die Gräber stehen. Es ist möglich, daß diese Völker diejenigen, welche wir Germanen nennen, oder meinetwegen Kelten waren; es ist aber auch möglich, daß diese Bronzealterthümer germanischer Länder noch viel älter sind, als diese Völker, und in eine urgermanische, griechische Zeit hineinreichen, denn die Kegelgräber gehören gewiß einer viel ältern Zeit an, als wir bis jetzt geglaubt haben. Und warum sollen ausgezeichnete Sachen grade alle von den Hetruskern stammen? Je mehr die hetruskischen Alterthümer zusammenkommen, desto mehr überzeugt man sich, daß die Cultur des Hetruskervolkes lange so alt nicht sein kann, als die Cultur des in den Kegelgräbern Germaniens schlummernden Volkes der Bronzezeit. Man braucht z. B. nur die Sammlung hetruskischer Alterthümer in München zu sehen, um sich mit einem Blick zu überzeugen, daß die hetruskische Cultur der Cultur der beginnenden Eisenzeit, welche auch weiterzurückreicht, als man


1) Dem Vernehmen nach soll Kemble's letztes Werk, über die vaterländischen Alterthümer, welches noch angekündigt, aber nicht erschienen ist, viel gegen deutsche Alterthumsforscher gerichtet gewesen sein und alter italiänischer Kunst das Wort geredet haben.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 158 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bisher geglaubt hat, ganz analog ist. Es sind noch gar keine hetruskische Alterthümer bekannt geworden, welche sich mit den Alterthümern der nordischen Bronzezeit vergleichen ließen, und Italien hat überhaupt nur wenig sehr alte Geräthe dieser Art, wie z. B. die Hausurnen, aufzuweisen. Ja, es dürfte jetzt sehr gewagt sein, anzunehmen, daß die höhere Bildung der ältesten Zeit von Italien nach Deutschland und dem Norden kam. Es scheint jetzt vielmehr glaublich, daß in den ältesten Zeiten der Bronzeperiode die ebene Mitte Europas (Deutschland, Dänemark, Ungarn, Frankreich, Lothringen) der Sitz einer höhern Bildung war, welche von hier nach Italien verpflanzt ward, zu einer Zeit, als dort noch Völker wohnten, welche sicher noch keine höhere Bildung, als die in Deutschland lebenden Völker hatten; mit der allmähligen Entwickelung der Eisencultur hat freilich in jüngern Zeiten die Bildung den Rückweg von Italien nach Deutschland genommen, und in diese erste Entwickelung der Eisenzeit mag denn auch die hetruskische Bildung fallen. Die altgriechische Cultur in den Ländern des griechischen Inselmeeres fällt aber mit der Cultur der Bronzezeit Deutschlands zusammen, und die ältesten Bewohner Griechenlands werden mit dieser zusammenhangen oder ihre Bildung aus gleicher Quelle erhalten haben. Die Bildung der uralten Bronzezeit ist gewiß sehr alt, und wenn wir einem Volke Antheil an der Verbreitung der ältesten Bildung nach Mitteleuropa zuschreiben möchten, so wäre es das in allen Künsten der Erzbearbeitung so hoch ausgebildete Volk der Phönizier (vgl. Gerhard Ueber die Kunst der Phönicier in den Abhandlungen der Akad. der Wissenschaften zu Berlin, aus dem Jahre 1846, Philolog. und histor. Abhandlungen, S. 579 flgd.)

Doch, Kemble würde jetzt vielleicht anders reden, als damals, und wir wollen seine sonstigen Verdienste nicht schmälern, wenn er auch manche englische Eigenthümlichkeiten nie abstreifen konnte. Er hat sich durch diese Abhandlung doch ein Verdienst erworben, indem er einige werthvolle Gegenstände bei dieser Gelegenheit ans Licht gezogen hat. Wie oben gesagt ist, hat Kemble, indem er sämmtliche Vergleichungs= und Anhaltspuncte für die Bestimmung gänzlich mit Stillschweigen übergeht, für die Vase und deren Verfertigung nichts beigebracht, obgleich er sie für die Hauptsache erklärt, und hat sich allein auf die Vogelverzierungen beschränkt und seine Schlüsse allein hieraus gezogen.

Im britischen Museum finden sich in der Sammlung von Payne Knight zwei Bronzewerke, welche früher

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 159 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nur einem engern Kreise(!) von Forschern bekannt waren, welche aber Kemble S. 358 genau beschrieben und Pl. XXVII mitgetheilt hat. Dies sind Werke, welche auf den erste Blick Kronleuchtern ganz ähnlich und in Italien gefunden sind. Sie sind reich mit Vogelgestalten und gelben und bläulich=grünen Glasperlen, auch mit Ochsenfiguren besetzt, und gehören gewiß einer alten Cultur an, wenn sie auch nicht so alt sein werden, als die nordischen Bronzewagen. Es fehlen hier aber durchaus die charakteristische Wagen, auch hat Kemble keine Forschung und schärfere Beobachtung und Vergleichung angestellt.

Leider fehlt auch, wie bei so unzähligen aus Italien zusammengerafften Gegenständen, jede Nachricht über die Art und Weise, wie jene Sachen gefunden sind, und was sie begleitet haben mag.

So dankenswerth nun diese Mittheilungen auch im Allgemeinen sein mögen, so haben sie doch nicht den geringsten Einfluß auf den Bronzewagen von Peccatel und lassen mit diesem eben so wenig eine Vergleichung zu, als eine fahrbare Punschbowle und ein Kronleuchter mit einander verglichen werden können, "It is no Teutonic matter"


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die lüneburgische Bronzekrone

in der großen Sammlung des Herrn Wellenkamp zu Lüneburg, welche so eben, im Herbst 1860, an Se. Majestät den König von Hannover verkauft ist, ist nicht zu Wieren im Amte Bodenteich gefunden, wie nach einem Berichte des Herrn Wellenkamp in Jahrb. XVII, S. 366 angegeben ist; diese Angabe beruhet auf einem unerklärlichen Irrthume in der Mittheilung. Die Krone ist vielmehr zu Emmendorf, zwischen Uelzen und Bevensen, beim Torfgraben im Moor gefunden. Der Herr E. Küster zu Uelzen, früher Goldschmied, schreibt darüber am 10. Mai 1852: "Zugleich kann ich Ihnen auch den Fundort "des Ringes (der Krone) melden. Derselbe ist etwa 6 Zoll weit im Durchmesser und auf 1/3 seines Umfanges zum Oeffnen mit einem Charnier versehen. Derselbe ist bei Emmendorf, zwischen Uelzen und Bevensen an der Eisenbahn gelegen, beim Torfgraben gefunden; es soll aber weiter nichts dabei gelegen haben, möglich, daß es nicht bemerkt worden ist. Hiebei möchte ich bemerken, daß ich vor etwa 5 Jahren aus demselben Dorfe einen massiv goldenen Armring

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 160 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nebst einigen Metallbuckeln mit Goldblech überzogen (nicht vergoldet), welche ebenfalls im Moore gefunden sind, gekauft und darauf dem Herrn v. Estorf überlassen habe. Ob diese beiden Funde mit einander in Verbindung stehen, wage ich nicht zu behaupten, vermuthe es aber, da beide aus ganz ungewöhnlichen Sachen bestehen, welche sonst in unserer Gegend nicht gefunden werden."

G. C. F. Lisch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 161 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

c. Eisenzeit.


Ueber das Alter der Eisenperiode
und
das Grab von Wotenitz,

von

G. C. F. Lisch.

Der im J. 1859 aufgegrabene und in den Jahrbüchern XXV, S. 252 flgd. beschriebene "Wendenkirchhof" von Wotenitz bei Grevismühlen bot eines der reichsten und merkwürdigsten Gräber, welche je in Norddeutschland aufgedeckt sind. Die Aufgrabung des ganzen Begräbnißplatzes gab alle gewöhnlichen Alterthümer der Eisenperiode in sehr gut erhaltenem Zustande in Urnen, welche zum größten Theile mit hammerförmigen, aus kleinen viereckigen Puncten mit einem gezahnten Rade gebildeten Linien verziert sind, wovon ich hier eine möglichst klare Probe der Größe und Gestalt der Puncte gebe (vgl. Jahrb. XII, S. 430 und 433).

Verzierung einer Urne
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 162 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aus den häufig vorkommenden Formen der Geräthe aus der Eisenperiode und dem wohl erhaltenen Zustande sowohl der Geräthe, als auch der damit übereinstimmenden Urnen glaubte ich schließen zu müssen, daß dieser Begräbnißplatz aus der jüngern Zeit der Eisenperiode oder des Wendenthums stamme. Eine der Urnen, welche mit denselben Linien verziert war, wie die andern Urnen, also unstreitig auch derselben Zeit angehört, und welche nachstehend nach dem Originale abgebildet ist,

Urne

enthielt aber einen ungewöhnlich reichen und seltenen Schatz, nämlich eine sehr schöne und saubere Gold=

Golddrathkette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 163 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

drathkette mit einer Bommel, zwei silberne Hefteln, zwölf silberne Nadeln, eine silberne Spange, einen silbernen Haken, eine silberne Perle, zwei weiße und hellblaue Glasperlen und Räucherwerk, neben gewöhnlichen eisernen und bronzenen Hefteln und eisernen Messern.

Von besonderer Wichtigkeit ist die schöne goldene Kette mit der Bommel, welche nicht allein sehr kunstreich, sondern auch an der Bommel sehr charakteristisch gearbeitet ist, indem diese mit kleinen Punctpaaren bedeckt ist, deren jedes von eigner sehr feinen Spirale, einem S ähnlich, eingefaßt und zusammengehalten wird. In der großen Sammlung zu Kopenhagen werden wenigstens 12 solcher Bommeln und auch 1 solche Kette, so wie Ringe und Perlen zum Aufziehen auf die Kette, aufbewahrt, ohne daß jedoch alle diese Stücke zusammengehörten.

Außerdem sind in Dänemark Funde gemacht, welche gleiche oder gleich gearbeitete Schmucksachen enthalten und mit römischen Alterthümern zusammen gefunden sind, welche in eine frühe Zeit zurückreichen. Hieraus haben die dänischen Forscher, namentlich Worsaae, geschlossen, daß die Eisenperiode im Norden viel weiter zurückgehen müsse, als bisher angenommen ist, und diese Alterthümer noch aus der Zeit des römischen Kaiserreiches stammen, wie überhaupt die Alterthümer aller vorgeschichtlichen Zeit viel älter sein werden, als man gewöhnlich anzunehmen geneigt ist. Durch den Fund von Wotenitz veranlaßt, bin auch ich geneigt, die Eisenperiode weiter, als bisher zurückzuführen. Es wird zur Begründung dieser Ansicht dienlich sein, die entscheidenden dänischen Funde hier vorzuführen.

Zu Tjäreby bei Roeskilde wurden im J. 1847 in einem Hügel neben fünf unverbrannten Leichen viele seltene Alterthümer gefunden, welche von Worsaae in den Jahrbüchern für nordische Alterthumskunde, 1847, S. 376 flgd., mit Beziehung auf die Untersuchungen über das Alter der Eisenperiode beschrieben 1 ) und durch Abbildungen erläutert sind. In diesem Funde 2 ) war:


1) Jernalderens Begyndelse i Danmark, oplyst gjennem gravefund, af J. J. A. Worsaae, in Annaler for nordisk oldkyndighed, udgivne af det kongelige nordiske Oldskrift-selskab, 1847, Kjöbenhavn, p 376 flgd., mit Tab. II und III. Vgl. auch die Abbildungen in Worsaae, Nordiske Oldsager etc. . oder Afbildninger etc. ., 1. Aufl. p. 74, 2 Aufl. p. 87, und Boye Forteglnelse, I, p. 56.
2) Die Uebersetzung der Abhandlungen unsers Freundes Worsaae zur Benutzung zu dieser Arbeit verdankt der Verein dem Herrn Archivschreiber Jahr zu Schwerin.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 164 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1) Eine ausgezeichnete, große Nadel von Silber, 6" lang (Fig. 1); dies ist dieselbe große silberne Nadel in dem Funde von Wotenitz, welche krumm gebogen und daher in den Jahrb. S. 255 als "silberner Haken" aufgeführt ist; der Nadel von Wotenitz fehlt jetzt der aufgesetzt gewesene, verzierte, silberne Knopf.

2) Zwei silberne Hefteln (Fig. 2 und 3), welche den zwei zu Wotenitz gefundenen silbernen Hefteln ganz gleich sind.

3) Eine bronzene Heftel (Fig. 4), ebenfalls den zu Wotenitz gefundenen zwei bronzenen Hefteln gleich; die dänischen Hefteln haben jedoch silberne Queerränder.

4) Eine Bommel aus Electrum oder mit Silber gemischtem Golde (Fig. 5) mit aufgelegten Spiralverzierungen und einem Bügel oder Ringe aus geflochtener Arbeit. Diese Bommel ist in derselben Weise gearbeitete wie die wotenitzer, jedoch viel kleiner und einfacher.

5) Eine Schere aus Bronze in der Form der heutigen Schaafscheren (Fig. 6). Solche Scheren sind in Meklenburg wiederholt in "römischen Funden" entdeckt; aber einmal ist eine der dänischen Schere ganz ähnliche bronzene Schere auch in dem Wendenkirchhofe aus der Eisenperiode zu Kl. Plasten gefunden (Jahrb. XIV, S. 336).

6) Mehrere Beschläge von Bronze und Silber (Tab. III), welche ohne Zweifel Beschläge von Trink= oder Blasehörnern gewesen sind. Gleiche Beschläge sind bei römischen Alterthümern zu Hagenow gefunden (Jahresber. VIII, S. 44 mit Abbildungen Nr. 12, 15, 17) und einzeln noch an andern Stellen in Meklenburg.

Zu Nörre=Vroby bei Odensee auf Fühnen wurden unter vielem Gerölle wieder ähnliche Alterthümer gefunden, welche von Worsaae in den Jahrbüchern für nordische Alterthumskunde, 1849, S. 390 flgd., in Fortsetzung seiner ersten Abhandlung beschrieben 1 ) und durch Abbildungen erläutert sind. Hier wurden gefunden:

1) Ein kleiner runder Metallspiegel (Tab. IV, Fig. 1).
2) Eine bronzene Kelle (Tab. IV, Fig. 2).
3) Ein großer Bronzegefäß (Tab. IV, Fig. 3).
4) Ein bronzene Sieb in Bruchstücken, auf dessen Griff mit einem Stempel die römische Inschrift DIS AV CVSF


1) Fund af romerske oldsager i Danmark ved J. J. A. Worsaae in Annaler etc. . 1849, p. 390 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 165 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eingeschlagen ist. Diese Alterthümer gleichen ganz den bei Hagenow gefundenen römischen Alterthümern (Abbildung Nr. 2 bis 6).

Es fanden sich hier aber ferner noch:

5) Eine große silberne Nadel mit einem goldenen Knopfe (Tab. V, Fig. 5), welcher mit kleinen Puncten oder Perlen belegt ist. Diese Nadel ist der bei Wotenitz gefundenen gleich und die Arbeit der Arbeit au der goldenen Bommel von Wotenitz ähnlich. Außerdem fanden sich 2 kleine silberne Nadeln mit runden Knöpfen, wie sich solche zu Wotenitz viele fanden.

6) Eine goldene Bommel , welche überher mit sogenannter Kornarbeit oder mit kleinen Knöpfchen belegt ist, von denen immer je zwei durch eine Spirale in S Form verbunden sind. Diese Bommel ist, wenn auch kleiner, dennoch an Geschmack und Verzierung der Bommel von Wotenitz völlig gleich, so daß es keinem Zweifel unterliegt, daß beide aus derselben Zeit stammen.

Außerdem wurden noch gefunden:

7) Neun Perlen aus dünnem Goldblech.
8) Fünf längliche Perlen oder Knöpfe aus hellgrünem, durchsichtigen Glas.
9) Zwei Knöpfe oder Spindelsteine aus emaillirtem Glas.
10) Zwei Sporen aus Bronze.
11) Ein Pferdegebiß aus Bronze.
12) Metallbeschläge von einem hölzernen Eimer.

Zu Byrsted im Amte Aalborg ward 1846 in einem Hügel ein ähnlicher Fund gemacht, welcher auch von Worsaae beschrieben 1 ) und von Abbildungen begleitet ist. Die Hauptstücke sind zwei sehr schöne silberne Becher mit kunstreichen Henkeln (Tab. VI, Fig. 1) und eine zerbrochene große Bronzeschale (Fig. 8) beide bestimmt römischen Ursprunges. Dabei wurden sieben silberne Nadeln, groß und klein, eine silberne Heftel (Fig. 5), runde goldene Bommeln und Perlen und ein goldener Fingerring gefunden, alle von gleicher Arbeit wie die ähnlichen Sachen aus den andern Funden; in der Nähe lagen drei eiserne Lanzenspitzen.

Diese drei dänischen Funde sind nun gleich und werden durch den römischen Fabrikstempel in dem Funde von Nörre=Broby bestimmt, welcher ohne Zweifel in die erste römische Kaiserzeit fällt. Worsaae trägt daher kein Bedenken anzunehmen, daß die hervorragenden Kunstarbeiten dieser Funde


1) Annaler, 1849, S. 396 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

römische sind und aus "dem 1. Jahrhundert nach Chr. oder richtiger aus der ältern Kaiserzeit" stammen (Vgl. Annaler S. 397).

Mit diesen Funden stimmen nun wieder die charakteristischen Stücke des Fundes von Wotenitz vollkommen überein: die goldene Bommel, die goldenen Perlen, die silbernen und bronzenen Hefteln, die großen und kleinen silbernen Nadeln, welche alle charakteristisch sind und den dänischen Sachen vollkommen gleichen.

Von großer Wichtigkeit wird jetzt der bedeutende römische Fund von Hagenow, welcher im Jahresbericht VIII, S. 38 flgd. beschrieben und abgebildet ist. Dieser Fund giebt von der einen Seite Gegenstücke zu den römischen Arbeiten, welche in Dänemark gefunden sind, und greift von der andern Seite in den Fund von Wotenitz hinein, so daß er ein sehr wichtiges Mittelglied bildet. In dem hagenower Funde sind sowohl zweifellos römische Sachen, wie große Bronzeschalen, bronzene Kellen und ein Sieb, mit römischen Fabrikstempeln, eine schöne bronzene Gießkanne, als auch Alterthümer, welche den übrigen dänischen Sachen und den Alterthümern von Wotenitz gleich sind, wie die Hefteln und Lanzenspitzen; namentlich ist eine auszeichnet gearbeitete eiserne Heftel von Wotenitz einer bei Hagenow gefundenen Heftel ganz gleich, welche an den Rändern sehr sauber mit Silberperlen besetzt ist. Einen sehr wichtigen Vergleichungspunct bildet aber der aus Silber gearbeitete Beschlag und das Gehänge eines Horns von Hagenow, welche mit den gleichen Bronzesachen von Tjäreby vollkommen übereinstimmen.

Was aber alle diese Funde in ihrer innern Uebereinstimmung so sehr merkwürdig macht, das ist die Zeitbestimmung, welche durch die Fabrikstempel auf den römischen Gefäßen mit ziemlicher Sicherheit gegeben werden kann. Die nordischen Forscher setzen mit Recht die römische Inschrift auf der Kelle von Nörre=Broby in das erste Jahrhundert nach Chr. (vgl. Annaler 1840, S. 390), und die merkwürdigen Inschriften der Kellen von Hagenow fallen in dieselbe Zeit (vgl. Jahresber. VIII, S. 47, und XXIV, S. 292 flgd.). Wir gewinnen also durch diese vermittelnden römischen Alterthümer einen ziemlich sichern Anhaltspunct für die übrigen Alterthümer aller hier zur Sprache gebrachten Funde.

Diese Erfahrungen werden durch andere Funde kräftigst unterstützt.

In Ungarn wurden in der Pußte Bakod beim Graben von Fundamenten am 22. Sept. 1859 in einer Tiefe von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vier Fuß zwei wahrscheinlich weibliche Gerippe mit Goldgeschmeide und drei Klafter davon ein drittes Gerippe mit Silbergeschmeide gefunden 1 ). Unter dem Goldgeschmeide waren z. B. zwei Armringe von Gold, jeder ungefähr 22 Ducaten schwer, mit Drachenköpfen an der Zusammenfügung, eine Halskette, 22 Ducaten schwer, von Gold und Granaten, eine goldene Schnalle, 4 Ringe, 2 Ohrringe, 6 Glieder einer Kette, dabei ein schwarzes Thongefäß und Stücke verrosteten Eisens, wahrscheinlich von eisernen Hefteln. Außerdem fand sich dabei noch eine goldene Halskette (abgebildet bei Arneth a. a. O. S. 5, Fig. 3) aus vierfach geflochtenem Golddrath, 13 1/2 Zoll lang, mit 17 in die Matchen eingehängten Anhängseln aus Gold mit Granaten, 11 1/2 Ducaten schwer; die beiden Enden der Kette sind in cylinderförmige Goldblechkapseln eingehängt, welche mit Oesen versehen sind; das schließende Glied fehlt. "Die Halskette ist", wie Arneth S. 8 sagt, "von der Art, welche die Griechen στρεπτός, zusammengebunden, nannten". Diese geflochtene goldene Halskette ist ganz, wie die von Wotenitz gearbeitet, und die Hülsen am Ende sind ähnlich verziert. Bei dem dritten Gerippe mit Silbergeschmeide fanden sich mehrere Hefteln, welche den deutschen und nordischen Hefteln gleichen. Zuerst fand sich eine große Heftel aus Silber (abgebildet S. 6, Fig. 10), sehr groß, 9" lang, ähnlich den großen verzierten Hefteln der Rheinlande. Dann fanden sich zwei kleine Hefteln aus kupferhaltigem Silber (abgebildet Fig. 11), welche den häufig vorkommenden kleinen Hefteln der Eisenperiode gleichen. Außerdem fanden sich dabei zwei Kugeln von blauer Glaspaste und eine Bernsteinkugel. Arneth setzt (S. 12) diesen Fund von Kolocza in die Zeiten der römischen Kaiser Valentinian und Valens (364-378), und meint, daß durch Attila 442 das Land dermaßen verheert worden sei, daß die Gräber vergessen wurden. Möglich ist es jedoch, daß die Gräber noch etwas älter sind, als Arneth angenommen hat.

Alle diese Funde ergänzen und erläutern sich also wechselseitig und geben Bestimmungen, über welche man sich wohl nicht leicht täuschen kann.

Alles deutet darauf hin, daß alle diese Funde, von fremden und einheimischen Sachen, noch der ältern römischen Kaiserzeit angehören.


1) Vgl. Der Fund von Gold= und Silber=Gegenständen auf der Pußta Bakod unweit Kolocza in Ungarn, von Joseph Arneth. Wien. 1860. Mit Abbildungen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Da nun der Begräbnißplatz von Wotenitz mit seinen zahlreichen, schon ausgebildeten Alterthümern ganz der Eisenperiode angehört, so würde man nach den oben geschilderten Funden zu der Ansicht gelangen, daß die Eisenperiode viel weiter zurückgeht , als in Norddeutschland bisher angenommen ist.

Dagegen scheint aber die Erfahrung zu sprechen, daß die der Eisenperiode ausschließlich angehörenden Todtenurnen mit den aus kleinen Vierecken gebildeten Verzierungslinien nach den bisherigen Beobachtungen grade so weit reichen, als die Wohnsitze der Wenden oder Uferslaven gegen Westen hin, von Pommern und den nördlichen Theilen der Mark Brandenburg über Meklenburg bis in Holstein, Lüneburg und die Altmark, und daß sonst noch keine Spur von denselben gefunden ist. Ich habe wohl ähnlich verzierte Gefäße gesehen, welche aus Italien stammen sollen; aber es fehlt uns noch ganz an einer ausreichenden und geschichtlichen Kunde über die alten italischen Gefäße, wie überhaupt die Alterthumskunde Italiens noch lange nicht die wünschenswerthe Ausdehnung und Sicherheit erlangt hat.

So viel Licht nun aber auch diese verschiedenen wichtigen Funde auf eine ferne Vergangenheit werfen, so geben sie doch noch keine ungetrübte Einsicht in dieselbe. So viel scheint aber gewiß zu sein, daß sie einer Zeit angehören, in welcher das Eisen noch einen hohen Werth hatte, aber doch schon sehr verbreitet und ausgebildet war. Wenn ich diese Funde mit Worsaae auch nicht in das 1. Jahrhundert nach Chr. zurückverlegen und mit Arneth auch nicht bis in das Ende des 4. Jahrhunderts herunterführen möchte, so glaube ich doch, daß sie zwischen beide Endpuncte, also etwa in das Ende des 2. oder in das 3. Jahrhundert nach Chr. fallen, welcher Zeit ungefähr auch die meisten in Norddeutschland gefundenen römischen Münzen angehören. Funde, wie sie oben beschrieben sind, gönnen aber einen hellen Blick in den nicht unbedeutenden Handelsverkehr, in welcher die Völker des Nordens mit dem Süden standen.

Das aber scheint schon jetzt fest zu stehen, daß die Eisenperiode nicht der ausgebildeten Herrschaft der Wenden allein angehört, sondern viel weiter , als bisher angenommen ist, zurückreicht , wahrscheinlich bis zu Christi Geburt, und vielleicht noch weiter zurück, es sei denn, daß die Wenden viel früher in Deutschland eingewandert seien, als in der sogenannten Völkerwanderung.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wendenkirchhof zu Alt=Sammit.

In der sandigen, breiten Dorfstraße des Gutes Alt=Sammit bei Krakow, welche wohl uralt ist, ward dicht am Abhange einer Anhöhe eine weite, schüsselförmige Urne mit verbrannten Gebeinen ausgegraben; leider zerfiel sie, und weitere Nachgrabungen, welche der Herr Gutsbesitzer Diederichs gütigst für den Verein anstellen ließ, brachten nichts weiter zu Tage.

Auch auf dem Hofe zu Alt=Sammit ward aus einem Moderloche ein großes Stück von einem heidnischen Gefäße ausgeworfen und aus demselben Loche ein mittelalterlicher Krug.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wendenbegräbniß von Ganzer.

Zu Ganzer bei Wusterhausen in der Mark Brandenburg, nicht weit südlich von den meklenburgischen Enclaven Rossow und Netzeband, ward im J. 1859 eine zerbrochene heidnische Begräbnißurne ausgegraben, welche von dem Herrn Pastor Ragotzkyzu Triglitz, Mitglied unsers Vereins, erworben und dem Vereine geschenkt ward. Der Inhalt dieser Urne ist für die Eisenperiode sehr merkwürdig.

Die Urne, von heidnischer Arbeit, mit Kiesgrus durchknetet, welche mit zerbrannten Knochen gefüllt war, ist zerbrochen und nur noch in einigen großen Bruchstücken vorhanden. Sie war braun von Farbe und hatte ungefähr die Gestalt und dieselbe Verzierung, wie die Urnen der Eisenperiode, welche in Jahrb. XII, S. 429 abgebildet sind.

Außer den Knochen lagen in der Urne folgende Alterthümer:

ein eisernes Gürtelgehenk oder Brustgehenk, welches durch seine Arbeit und Einrichtung sehr selten und merkwürdig ist. Den Haupttheil bildet eine Platte von dünnem, gradem Eisenblech, welche 2 1/2 Zoll lang, 2 Zoll breit und an beiden Seiten etwas eingeschweift ist. Oben am Rande sind zwei kleine Löcher eingetrieben, um dieses zum Hängen bestimmte Blech an einen Gewandtheil oder ein anderes Werkzeug anheften zu können. Unten am Rande sind sechs kleine Löcher eingetrieben, in welchen dünne eiserne Ketten hängen, um kleine Geräthe daran zu befestigen. Diese Ketten, welche freilich zusammengewickelt und zusammengerostet und in einzelne Klumpen zerbrochen, jedoch in sehr vielen Gliedern noch wohl erhalten und klar zu erkennen sind, sind sehr merkwürdig. Die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einzelnen runden Glieder dieser Kettchen sind sehr vollkommen gearbeitet und haben einen äußern Durchmesser von nur 1/4 Zoll oder 1/2 Centimeter. Das Merkwürdige ist, daß diese Kettchen von Eisen gearbeitet sind; wenn auch, namentlich in mehr östlichen Gegenden, solche Kettchen aus alter Zeit von Bronze vorkommen, so sind doch so feine und gut gearbeitete Ketten aus Eisen äußerst selten beobachtet worden. Diese Ketten geben wieder einen Beweis von der äußerst tüchtigen Bearbeitung des Eisens durch die Hand in der Eisenperiode des Heidenthums (vgl. Jahrb. XXV, S. 261 und 249).

Ob ein 1 1/2 Zoll □ großes Bruchstück

   eines gleichen Eisenbleches, welches an einem Ende an gleicher Stelle noch ein durchgetriebenes Loch zeigt, zu dem erwähnten Gehenk als zweite Unterlegplatte gehörte oder ein zweites Gehenk bildete, läßt sich nicht entscheiden. Wahrscheinlich aber bildete es ein zweites Gehenk, zu welchem ein Theil der zerbrochenen Ketten gehört.

Ferner lagen in der Urne

   zwei eiserne Hefteln mit Spiraldräthen, wie sie sich so häufig in den Wendengräbern finden. Die Bügel dieser Hefteln haben aber nicht die gewöhnliche Form aus massivem Metall, sondern bestehen aus demselben graden, dünnen Eisenblech, aus welchem die Gehenke gearbeitet sind, und bilden grade Blechstreifen von 2 Zoll Länge und 1 1/8 Zoll Breite, welche oben an die Feder gesetzt sind und unten einen kleinen Knopf an der Spitze haben.

Endlich fand sich

   der bronzene große Knopf einer Nadel, wie es scheint, zerbrochen, rund, hohl, 2 Zoll im Durchmesser, wie solche in Wendengräbern, jedoch selten, gefunden werden.

Dieser äußerst seltene Fund wird dadurch noch merkwürdiger, daß sich im J. 1837 zu Kl. Wieblitz bei Salzwedel in der Altmark auf einem großen wendischen Begräbnißplatze ganz dieselben Gegenstände fanden: die Gehenke mit den Ketten, die Hefteln, die großen Nadelknöpfe, alle in denselben Größen und Formen, mit noch vielen andern Gegenständen. Dieser Fund ist im zweiten Jahresbericht des altmärkischen Vereins, 1839, S. 76 flgd. beschrieben. Die Gehenke sind S. 81 beschrieben und auf der beigegebenen Lithographie abgebildet; hiernach hing das Gehenk an einer Heftel, welche nach belieben an die Kleidung gestochen werden konnte. - Die damalige Ansicht Danneil's, daß der Kl. Wieblitzer Fund nicht der wendischen Periode, sondern der "zweiten Abtheilung der Kegelgräber" angehöre, weil die Urnen nicht die gewöhn=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

liche schalenförmige Gestalt der Urnen der Wendenkirchhöfe haben, dürfte nicht mehr stichhaltig sein, da sich in Wendenkirchhöfen sehr verschiedene Urnen finden. Jedenfalls wird man den Fund der Eisenperiode zuschreiben müssen, wenn man auch die Wenden außer Spiel lassen will.

Diese von den meklenburgischen eisernen Alterthümern abweichenden Geräthe, welche an zwei verschiedenen Stellen der Mark Brandenburg gefunden sind und sicher in eine und dieselbe Zeit gehören, werden die Eisenperiode sehr zu erhellen im Stande sein.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wendische Alterthümer
von der Burg Meklenburg.

Vor mehreren Jahren ward auf der Burg Meklenburg ein nach heidnischer Weise gearbeiteter, mit Kies durchkneteter, schwärzlicher Topf gefunden, in welchem 37 große, eiserne Niete lagen, welche oben einen aufgesetzten rhombischen Kopf von ungefähr 1 3/8" und 1" Durchmesser und unten einen runden Nietumschlag von ungefähr 1" Durchmesser haben. Es gehören nach der Länge offenbar immer mehrere zusammen; es sind nämlich: 1 Stück 2 1/2" lang, 4 Stück 2" lang, 20 Stück 1 1/2" lang, 12 Stück 1 1/4" lang.

Diese Niete oder Nägel gewinnen durch Vergleichung mit andern an Bedeutung, indem in Dänemark unter den in der Königin Thyra Danebods Grabhügel in Jelling gefundenen Sachen aus dem jüngern Eisenalter sich genau dieselben eisernen Niete ("Nagler of Jern") befinden, welche in Worsaae Nordiske Oldsager i det kongelige Museum i KJöbenhavn (Afbildninger, 2. Auflage), 1859, Kjöbenhavn, Taf. 115, Nr. 478 (vgl. S. 94), abgebildet sind.

Thyra Dannebod war die Gemahlin des Königs Gorm des Alten, welcher um das Jahr 940 starb, und wird in der Zeit 936-940 genannt; vgl. Königsfeldt genealogisk=historiske Tabeller etc. . S. 5.

Die Untersuchung des Grabhügels der Königin Thyra ist beschrieben in Antiqvariske Annaler, Band IV, Kopenhagen, 1827, S. 66 flgd. und S. 85 flgd; nach S. 171, Nr. 381 wurden dort 7 solcher Nägel ("7 Jernnagler med Nitter") gefunden.

Auch unter den auf dem Burgwalle von Allt=Lübek bei Schwartau gefundenen Alterthümern sind dieselben eisernen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Niete gefunden, welche um wenig jünger als die dänischen und grade eben so alt, als die meklenburgischer sein mögen.

Merkwürdig ist es, daß die alten, ungefähr aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammenden eichenen Thürflügel der Kirche zu Retgendorf, nahe bei Meklenburg, welche bei der jüngsten Restauration zurückgesetzt sind und jetzt im Antiquarium zu Schwerin aufbewahrt werden, mit denselben Nieten beschlagen sind, welche in jeder Hinsicht ganz genau mit den alten heidnischen Nieten übereinstimmen, als wenn diese jenen zum Muster gedient hätten.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber eine bronzene Hängeurnen und Buckel.

In den ehemaligen Wendenländern und mitunter auch außerhalb derselben werden bekanntlich oft bronzene Urnen gefunden, welche nur zum Hangen eingerichtet und mit gravirten Drachen und Drachenverzierungen geschmückt sind, und neben denselben gewöhnlich gleich verzierte, kleinere Buckel, welche außen auf der Spitze eine Art von kurzem Handgriff und inwendig eine Stange mit einem Knopf und daneben oft auch ein breites Oehr auf zwei Stangen haben. Diese Geräthe, welche wahrscheinlich der altern Zeit der Eisenperiode angehören, sind am häufigsten im Großherzogthum Meklenburg=Strelitz gefunden. Die Vereinssammlung zu Schwerin besitzt zwei solcher Funde, welche ebenfalls in Meklenburg Strelitz: zu Roga (Jahresber. VI, S. 110 flgd. und VII, S. 33 flgd.) und zu Lübberstorf (Jahrb. XIV, S. 324 flgd), gemacht sind.

Diese Buckel sind nicht allein für Helm= oder Schildbuckel erklärt, sondern haben sich außerdem die gewagtesten und wunderlichsten Deutungen gefallen lassen müssen. Die Buckel haben immer folgende Einrichtung: sie sind aus Bronze dünne gegossen, auf der Oberfläche mit Drachenverzierungen geschmückt und auf der Spitze mit einem kurzen, runden Griff versehen; das Innere ist hohl und hat entweder in der Mitte eine auf einem Stuhle von 3 Stangen stehende Stange, welche in einen runden, flachen Knopf endigt, der bis gegen den Rand des Buckels reicht, oder eine einfache, ähnliche perpendiculaire Knopfstange an einer Seite der Höhlung und gegen=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 173 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

über einen auf zwei Stangen stehenden Schemel, welche ein breites Oehr bildet. Ich habe schon in Jahrb. XIV, S. 329 angedeutet, daß wahrscheinlich der Schemel dazu gedient habe, einen Riemen darüber zu ziehen, und der Knopf dazu, einen Riemen anzuknöpfen, ohne einen bestimmten Gebrauch dieser Buckel wahrscheinlich machen zu können. - Die Bronzeurnen haben auf dem Rande immer zwei gegenüber stehende breite Oehren oder niedrige Henkel.

Es ist Sr. Majestät dem Könige von Dänemark gelungen, den Gebrauch dieser Buckel nachzuweisen, und Se. Majestät hat denselben in der Jahressitzung der k. Gesellschaft für nordische Alterthumskunde zu Kopenhagen im Schlosse Christiansburg am 14. Mai 1859 1 ) Allerhöchstselbst durch Vorzeigung der aufgefundenen Alterthümer und eines dazu angefertigten neuen Apparats auf eine sehr überraschende Weise erläutert. In dem kurzen Jahresbericht ist diese Angelegenheit vorläufig kurz dargestellt und durch Abbildung der aufgefundenen Alterthümer verdeutlicht:

"Unter den in dieser Sitzung vorgezeigten Bronzesachen zeichnete sich vorzüglich eine mit schönen Verzierungen geschmückte Hängeurne aus. Dieses Gefäß fand man beim Torfstechen auf dem Besitze des Parcelisten Christian Hansen bei Smidstrup, Pfarre Blidstrup, Harde Holbo, Amt Frederiksborg, ungefähr eine halbe Meile von dem Fischerdorfe Gilleleie, 40 Klafter von dem sogenannten Ullehügel, welcher zwei Steinkisten enthält. Das Gefäß stand aufrecht in der Torfmasse, ungefähr 2 Ellen tief. Inwendig in demselben lag (oder stand vielmehr) der Buckel, von dessen Art man bereits früher mehrere ziemlich ähnliche einzeln gefunden hat."

Hängeurne und Buckel sind genau von derselben Beschaffenheit, wie die in Meklenburg=Strelitz gefundenen, und ich bediene mich daher zur Erläuterung der meklenburgischen Abbildungen statt der dänischen, die mir nicht zu Gebote stehen. Der dänischen Hängeurne ist die (im Jahresber. VII, S. 34 abgebildete) Hängeurne von Roga, dem dänischen Buckel der (in Jahrb. XIV, S. 329 abgebildete) Buckel von Lübberstorf gleich. Se. Majestät der König ist nun der wohl begründeten Ansicht, daß Hängeurne und Buckel zusammen gehören und über einander gehalten gedacht und dargestellt werden müssen.


1) Ich hatte das Glück, dieser Sitzung beizuwohnen, und dabei den zu Peccatel bei Schwerin gefundenen bronzenenen Kesselwagen vorzuzeigen und zu erläutern.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 174 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Buckel und Hängeurne

Se. Majestät der König erklärt nun den Gebrauch folgendermaßen. Ein lederner Riemen von der breite der Oehren ward an einem Ende über den Knopf in dem Buckel geknöpft, dann über den Schemel in dem Buckel und weiter durch die beiden Oehren oder Henkel auf dem Rande der Hängeurne gezogen und schließlich mit dem andern Ende wieder über den Knopf in dem Buckel geknöpft. Sonst ist der Knopf und der Schemel in dem Buckel unerklärlich.

Der Buckel diente also zur Handhabe, um die an einem Riemen beweglich daran hangende Hängeurne, welche nicht stehen konnte, sondern getragen werden mußte, zu tragen, ähnlich den jüngern Weihrauchgefäßen, oder diente, wie der dänische Jahresbericht sagt, "als eine Art Deckel zu dem Gefäße, indem dieses mittelst eines Riemens mit demselben ver=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 175 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bunden" war. (Die ähnlichen bronzenen Urnen der Bronzeperiode, wie sie in Jahrb X, S. 281 und XIV, S. 320 abgebildet sind, hatten eine andere Einrichtung, nämlich einen flachen bronzenen Deckel mit einem Oehr, durch welches ein Riegel ging, welcher auch durch die beiden Oehren auf dem Gefäßrande geschoben ward). Es würden also hiernach alle Erklärungen über eine selbstständige Bedeutung der Buckel fortfallen, und die Hängeurnen und die Buckel mit ihren offenbar symbolischen Verzierungen zusammen erklärt werden müssen.

Andere Buckel haben eine andere, einfachere Einrichtung, nämlich im Innern nur eine oft auf einem dreibeinigen Stuhle stehende perpendiculaire Stange, welche am Ende einen runden Knopf hat.

Buckel und Hängeurne
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 176 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bei dieser Einrichtung ward der Riemen durch die beiden auf dem Rande der Hängeurne stehenden Oehren gezogen und mit beiden Enden über den Knopf des Buckels geknöpft. Es konnte auch noch das zwischen den beiden Oehren der Hängeurne liegende Ende des Riemens auf den Knopf geknöpft werden, um von oben her zwei getrennte Doppelriemen zu bilden.

Alle diese Deutungen scheinen vollkommen richtig zu sein. Es handelt sich also nur um die allerdings noch wichtigere Erklärung der Urnen und Buckel und ihrer Verzierungen.

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 177 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

d. Alterthümer gleich gebildeter europäischer Völker.


Hetrurische Urne
mit dem heiligen Hakenkreuz,
in München.

Es ist bekannt, daß das heilige "Hakenkreuz" mit den gebrochenen Balken über die ganze gebildete Erde sehr weit verbreitet ist. Der Ursprung dieses Zeichens mag in Indien zu suchen sein; es findet sich aber häufig auch in Skandinavien, z. B. noch auf den bekannten Goldbracteaten des Eisenalters (vgl. Jahrb. XXIV, S. 286 flgd.). Auch in Meklenburg und den angrenzenden ehemaligen Wendenländern ist es auf Alterthümern des Eisenalters mehrere Male entdeckt (vgl. Jahrb. XIII, S. 383). Namentlich steht es auf einer schwarzen Urne aus dem "Wendenkirchhofe" des Eisenalters von Kothendorf bei Schwerin in Meklenburg drei Male Hakenkreuz (abgebildet in Frid. Franc. Taf. XXXIV, Fig. 2)

und auf einer schwärzlichen Urne aus den Vierlanden bei Hamburg mehrere Male (vgl. Jahrb. XIII, S. 384).

In den "vereinigten Sammlungen" zu München befindet sich nun auch eine "hetrurische" Urne mit dem Hakenkreuze, welche bei der Versammlung der Geschichts= und Alterthumsforscher zu München im Sept. 1860 zur Untersuchung und Vergleichung gezogen ward. Es ist sicher, daß diese Urne aus dem hetrurischen Italien stammt; sie soll bei den "Hausurnen" am Albaner=Gebirge gefunden sein (vgl. Jahrb. XXI, S. 251 flgd.). Diese große Urne, welche aus gedörrtem Thon und Sand nach heidnischer Weise bereitet ist, hat noch ungefähr die Gestalt der Urnen des Bronzealters (ähnlich wie Frid. Franc. Taf. V, Fig. 1), aber das Aussehen und die Verzierung des Eisenalters. Die Urne ist ganz schwarz und glänzend, wie häufig die norddeutschen Urnen des Eisenalters und mit ähnlichen Verzierungen, wie diese, bedeckt. Die Urne hat

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 178 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

am obern Rande zwischen zwei horizontalen Parallelbändern eine Verzierung von 7 Figuren Verzierung , welche zum Theil durch eingedrückte Stempel hervorgebracht sind. Auf dem Bauche der Urne sind durch Linien 5 Quadrate gebildet, in deren jedem ein Hakenkreuz steht, welches jedoch mehr ausgeführt ist als gewöhnlich. Zwei Male ist es ein stehendes rechtwinkliges Kreuz in dieser Form. Hakenkreuz mit Verzierung An jedem Ende einer jeden Linie ist noch ein Queerstrich, so daß jeder der 4 Endbalken die Form Verzierung oder Verzierung hat. Die übrigen 3 Kreuze, zwischen denen diese 2 Kreuze stehen, haben ganz dieselbe Bildung, aber die Stellung eines Andreaskreuzes Andreaskreuz .

Diese Urne 1 ), welche in so vieler Hinsicht den norddeutschen Urnen des Eisenalters gleicht und sicher eine Vermittelung von einander entfernter Gegenden und Völker giebt, ist sehr merkwürdig und scharfer Betrachtung würdig. Sie wird augenblicklich wohl noch keinen Dienst leisten können; aber es wird, nach gründlicherer Erforschung des altitalischen Alterthums, eine Zeit kommen, in welcher sie eine wichtige Urkunde zur Geschichte der Völker ältester Zeit sein wird.

G. C. F. Lisch.     



1) Der geschickte Formateur Herr Joh. Kreittmayr in München hat in Veranlassung der Versammlung zu München diese wichtige Urne getreu abgeformt, um ihre Verbreitung durch Gypsabgüsse zu fördern.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Alterthümer des christlichen Mittelalters
und der neuern Zeit.


Alterthümer von Alt=Sammit.

Auf dem Hofe zu Alt=Sammit wurden an verschiedenen Stellen folgende mittelalterliche Gegenstände gefunden und von dem Herrn Diederichs auf Alt=Sammit dem Vereine geschenkt:

ein blauschwarzer Krug (Tragetopf = sêlpott), mit einem kurzen, 1 1/4" engen Halse (wie eine Flasche) und zwei kleinen, eben so weiten Henkeln, gefunden in einem Moderloche, mit einem Stücke von einem heidnischen, wahrscheinlich wendischen Gefäße;

ein Henkelstück von einem großen, blauschwarzen Henkelkruge, gefunden hinter der neuen Scheure;

eine halbe Scheibe (Netzsenker), von blauschwarzem Thon, 5" im Durchmesser.

Außerdem wurden noch ein kleines eisernes Messer, ein Sporn und andere Geräthe aus dem Mittelalter auf dem Hofe gefunden.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Thonkrüge von Müggenburg.

Der Herr Lehrer Struck zu Dargun schenkte dem Verein 3 thönerne Krüge, welche vor einigen Jahren zu Müggenburg bei Anklam gefunden sind:

1 weißlichen Henkelkrug, 11" hoch, am Rande zerbrochen, in welchem silberne Bracteaten mit gestrahltem Rande lagen, welche aus der Zeit um das Jahr 1400 stammen (vgl. den Münzbericht im Quartalberichte XXV, 4, S. 6);

1 schwarzen Trinkkrug, 8" hoch, am Rande zerbrochen, ohne Henkel, ungefähr aus derselben Zeit stammend;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 180 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 hellbraun glasurten Henkelkrug, gegen 8" hoch, ganz neu und vollständig erhalten, vielleicht etwas jünger, als die beiden andern. Vgl. den Krug von Dargun mit den Silberbracteaten im Quartalberichte XXV, 4, S. 5.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Sporn von Alt=Kalen.

Ein Sporn von Eisen, mit einem Stachel, (nach ältester Weise, statt eines Rades), gefunden auf dem Burgwalle zu Alt=Kalen, geschenkt von dem Herr Amtmann v. Pressentin zu Dargun. Dieser Sporn stammt wahrscheinlich aus dem 13. Jahrb., aus der Zeit 1250-1307 (vgl. Jahrb. XII, S. 458-460), da die christliche Burg nicht länger stand.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ofenkacheln von Wismar.

3 grün glasurte Ofenkacheln, sehr gut gearbeitet und fast erhalten, gefunden zu Wismar vor mehreren Jahren in der Großschmiedestraße beim Ausgraben eines Kellers, geschenkt von dem Unterofficier Herrn Büsch zu Wismar. Zwei große, lange Kacheln gehören zusammen: die eine stellt Christi Tod dar, mit dem Kriegsknecht und dem Hauptmann zu Pferde, mit einem Spruchbande: WARLICH DIS │ IST GOTTS; die andere stellt den gestorbenen Christus am Kreuze mit Maria und Johannes dar, mit der Unterschrift: HANS BERMANN 1562. Die dritte ist viereckig und eine Eckkachel und enthält vorne das Brustbild des Herzogs Johann Albrecht I. von Meklenburg, mit der Unterschrift ANNO 1561, und an der Seite ein Renaissance=Ornament.

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II. Zur Baukunde.


1. Zur Baukunde der vorchristlichen Zeit.


Der Burgwall von Teterow
und
die Stiftung des Klosters Dargun,

von

G. C. F. Lisch.

Für die Geschichte der Kreuzzüge der Sachsen und Dänen in die Wendenländer und für die Erkenntniß der in den ältesten Zeiten wurzelnden Eintheilung der meklenburgischen Länder ist die Entdeckung der alten wendischen Hauptburgen oder Gauburgen von der größten Wichtigkeit. Besonders aber erwecken die Burgen im östlichen Theile des Landes eine lebhafte Theilnahme, um so mehr, da bisher nur wenige bekannt geworden sind. Unter diesen machen vorzüglich die Burgen des Landes Circipanien (also ungefähr in der Längenausdehnung von Demmin bis Güstrow) Anspruch auf Berücksichtigung. Nachdem die alten Burgen Dargun bei Dargun ( Jahrb. VI, S. 70, XII, S. 453, und XXIV, S. 302) und Bisdede bei Güstrow im gutower See am Dorfe Bölkow (Jahrb. XII, S. 24) entdeckt waren, fehlte, nach der bisher erkannten ungefähren Größe der alten wendischen "Länder", offenbar noch ein Burgwall ungefähr in der Mitte zwischen diesen beiden Burgen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

im Lande Tribeden (Jahrb. XII, S. 25 flgd.). Dieser Burgwall ist der Burgwall von Teterow.

Der Burgwall von Teterow war bisher wohl dem Namen und der Sage nach bekannt, aber nicht in seinem Wesen erkannt, weil es an wissenschaftlichen Untersuchungen fehlte. Ich unternahm 1 ) daher am 9. Junii 1860 eine gründliche Untersuchung an Ort und Stelle und kam zu der Ueberzeugung, daß der Burgwall im teterower See eine alte, sehr große, mächtige wendische Hauptburg ist.

In dem See bei Teterow, welcher jetzt der Teterower See heißt, in früherer christlicher Zeit auch wohl der See Teschow 2 ) genannt ward, liegen drei Inseln: eine große Insel, welche "Borgwallinsel", und zwei kleinere und niedrigere Inseln, welche der "kleine Bröken" und der "Sauerwerder" heißen. Durch die in den letzten Jahren vorgenommene Senkung des Sees ist der "kleine Bröken", die kleinste der Inseln, mit der "Burgwallinsel" in Verbindung gesetzt und der Sauerwerder Halbinsel geworden.

An dem südlichen Ufer des Sees liegt das Lehngut Teschow, an dem östlichen Ufer das Lehngut Bukow, welches in der christlichen Zeit bis ins 17. Jahrh. (1633-1644) ein Lehn der Familie von Hagen (mit drei schwarzen Queerbalken im silbernen Schilde) war. Am westlichen Ende des Sees liegt die Stadt Teterow und am nördlichen Ufer erstreckt sich ein Theil der Stadtfeldmark von Teterow. Hier liegt vor dem rostocker Thore der Stadt, rechts von der Chaussee nach Rostock, am See die sogenannte "Dorfstelle", wo vor der Gründung der Stadt im 13. Jahrhundert ein Dorf gelegen haben wird. Dies ist ohne Zweifel das alte Dorf "Budorp" (= Baudorf), mit 43 Hufen Acker, welches neben der Stadt Teterow lag ("villa ipsis civibus in Thiterow adiacens") und welches der Fürst Nicolaus von Werle am 17. Dec. 1272 den Bürgern der Stadt Teterow schenkte (vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XXV); dies wird das Baudorf oder das Ackerwerk sein, welches zu dem Burgwalle gehörte und daher noch im J. 1272 im fürstlichen Besitze war.

Die große "Borgwallinsel", welche der Stadt Teterow gehört, ist lang und schmal und liegt in ihrer Längen=


1) Ich fühle mich verpflichtet, der Stadt Teterow, besonders dem Herrn Burgemeister Wilbrandt und dem Herrn Senator Danneel den aufrichtigsten Dank für die thätige und lebhafte Beförderung der Untersuchung abzustatten.
2) "Stagnum Tessekow", 1297, vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 96.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ausdehnung von Osten gegen Westen 1 ) ungefähr in grader Linie zwischen dem Gute Bukow und der Stadt Teterow. Die Insel ist ungefähr 5000 □Ruthen groß und wird seit etwa 40 Jahren als Weide benutzt; in alten Zeiten bis vor 70 Jahren war die ganze Insel bewaldet, darauf eine Zeit lang an den Stadtfischer verpachtet, der sie als Ackerland benutzte.

Die Insel ist gegen Westen nach Teterow hin niedrig und breit und wird gegen Osten hin höher und schmaler. Auf der östlichsten, höchsten Spitze, dem Gute Bukow gegenüber, steht ein hoher, viereckiger Burgwall, jetzt "Schloßberg" genannt, welcher an drei Seiten schroff in den See hinabfällt, an der vierten Seite aber mit dem festen Lande zusammenhängt.

Der Burgwall (Wohnsitz und Festung des Burgherrn) bildet ein regelmäßiges längliches Viereck, dessen innerer, ebener Burgraum von W. gegen O 100 Schritte lang und von N. gegen S. 40 Schritte breit ist. Die Ebene des innern Burgraumes ist 19 Fuß hamburg. Maaß 2 ) über dem jetzigen Spiegel des Sees erhaben. Auf dem Rande umher steht ein mächtiger, breiter Ringwall oder Schutzwall, welcher sich 8 Fuß hoch über den innern Burgraum erhebt. Die Burg erhebt sich also, auch nach Nachmessungen, 27 Fuß über den Spiegel des Sees und fällt ziemlich schroff nach dem schmalen Seeufer ab. Gegen Westen ist in dem Schutzwalle in der Mitte ein Einschnitt für den Eingang; auch neben der Südostecke ist ein Einschnitt bemerkbar, welcher vielleicht als Wasserpforte nach dem See hinunter diente, um so mehr, da sich an dieser Stelle am Seeufer auch heidnische Gefäßscherben fanden. Der ganze Burgwall mit dem Ringwall ist seit der Zerstörung der Burg vollkommen und ungewöhnlich gut erhalten.

Vor dem hohen Burgwalle im Westen liegt die Vorburg (Wohnplatz für das Volk), welche viel niedriger und 170 Schritte lang und 125 Schritte breit ist. Auf dem nördlichen Rande steht auch ein Schutzwall, welcher sich 7 Fuß über den Innern Raum erhebt, nach dem schmalen Seeufer hin; der Schutzwall auf dem südlichen Rande ist noch niedriger, weil hier Wiesengrund an den Wall stößt. Gegen Westen ist aber ein Queerwall oder Vorwall mit einem Graben er=


1) Die Himmelsgegenden sind nicht genau Ost und West, sondern richtiger fast Nordost und Südwest. Es sind jedoch in dieser Abhandlung die einfachen Haupthimmelsgegenden gewählt worden, um die Beschreibung klarer zu halten.
2) Die Höhenmaaße verdanke ich den kunstmäßigen Messungen des Herrn Senators Danneel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bauet, welcher 10 Fuß hoch ist und von Seeufer zu Seeufer die Insel queer durchschneidet. Auch in der Mitte dieses Vorwalles ist ein Einschnitt erkennbar.

Westlich vor der Vorburg liegt der größere Raum der Insel, welcher immer niedriger wird und sich nach und nach auf weite Strecken in Wiese und Wasser verliert.

Von dem festen Lande der Insel zieht sich durch die Wiesen der Insel, welche früher unter Wasser gestanden haben, ferner durch flaches Wasser und Rohr bis zu dem festen Lande bei der Stadt Teterow nach der Galgenbergsweide am südlichen Ufer ein eichenes Pfahlwerk, welches in alter Zeit ohne Zweifel eine leichte Faschinenbrücke getragen hat. Dieses Pfahlwerk ist ungefähr 1/6 Meile lang und geht von der Galgenbergsweide von einem Vorsprunge, welcher noch heute "Brügghôp" heißt, durch das Rohr, das flache Wasser und das Wiesenland bis zum nächsten festen Puncte der Insel grade auf die Mitte des Vorwalles und des Burgwalles. Dieses Pfahlwerk läßt sich noch in dem Rohr des Sees nach der Galgenbergsweide und in dem jetzigen Wiesengrunde der Insel, auch im Wasser genau verfolgen, da noch eine sehr große Menge von Pfählen stehen, welche aber auf der Wiese jetzt nach der Senkung des Sees wohl bald verschwinden werden. Das Pfahlwerk besteht aus zwei parallelen Reihen von Pfählen, ungefähr 5 Fuß weit aus einander, zwischen denen wohl ein Faschinendamm mit Erde aufgeführt war, so daß die Pfähle nur eine Seitenwehr des Dammes oder der Brücke bildeten. Die Pfähle, von Eichenholz, im Wasser noch jetzt sehr fest und schwer, sind nicht dick, etwa nur 3 bis 5 Zoll im Durchmesser, stehen aber, mit Unterbrechungen, sehr dicht, so daß oft mehrere unmittelbar neben einander stehen.

Auf der Insel zweigt sich von diesem Brückenpfahlwerk ein zweites, ganz gleiches Pfahlwerk ab, welches nach dem entgegengesetzten, nördlichen Ufer, gegen die Dorfstelle an der rostocker Chaussee bei Teterow sich hinzieht.

Dieser ganze, höchst merkwürdige Bau ist wohl eine der vollständigsten wendischen Burgen, welche noch vorhanden sind.

Um nun die Zeit dieser Burg festzustellen, wurden sowohl auf dem Burgwalle, als auf der Vorburg viele Nachgrabungen angestellt, deren Ergebniß den Beweis lieferte, daß dieser Burgwall eine wendische Hauptburg gewesen ist. Auf dem Hauptburgwalle fanden sich überall, neben Stücken von den Lehmwänden der Gebäude, wendische Gefäßscherben und Thierknochen aller Art in großer Menge; auch in der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vorburg wurden Gefäßscherben gefunden. Die Scherben sind nach heidnischer Weise mit Granitgrus und Grand durchknetet und häufig mit wellenförmigen Linien verziert, also ganz dieselben Scherben, welche sich auf allen andern geschichtlich bestätigten Wendischen Burgen in so großer Menge finden. Jedoch scheinen einige Scherben viel regelmäßiger gefertigt zu sein, als die Scherben vieler anderer Burgwälle, so daß man schon das erste Eindringen deutscher Bildung bemerken kann. Mehrere Scherben sind vom Häuserbrande röthlich gefärbt. Außerdem fanden sich an Alterthümern ein eisernes Messer und ein thönerner Spindelstein. Früher sollen sich hier auch einzelne, sehr alte Münzen gefunden haben. Viele Scherben sind nur mit graden Parallelstrichen verziert und scheinen einem etwas jüngern Geschmack anzugehören. Jedoch ward keine einzige Spur christlicher Cultur entdeckt, weder Scherben von festen, grauen Töpfen, noch Ziegel und Kalk. Der Burgwall steht also noch heute unangerührt so, wie er bei der Zerstörung in heidnischer Zeit verlassen ist; der Rath der Stadt Teterow hat jetzt in anerkennenswerther Weise den Burgwall aus der wirtschaftlichen Bearbeitung genommen, zur Erhaltung wüst liegen lassen und eingefriedigt. Am Eingange der Hauptburg wurden rechts und links große Feldsteine in graden Reihen gefunden, welche ohne Kalk und Thon in die Erde gelegt waren und ohne Zweifel Fundamente von Gebäuden bildeten; es wäre sehr wünschenswerth, diese bloß zu legen, um die Gestalt und Größe der wendischen Wohnungen kennen zu lernen.

Die größern Massen des Burgwalles und die Ringwälle sind nach der Erdmischung ohne Zweifel künstlich aufgetragen.

An Pflanzen wurden bemerkt: ungewöhnlich viele wilde Rosen, Verbascum Thapsus sehr häufig und üppig, Primula officinalis häufig und kräftig, Astragulus cicer, Allium scorodoprasum u. s. w.

Dies ist der alte wendische Burgwall von Teterow, oder von welchem wendischen Orte er sonst den Namen geführt haben mag. Ein anderer Burgwall auf dem festen Lande in oder bei der Stadt Teterow ist nicht vorhanden, da die Landesfürsten in der Stadt Teterow nie einen herrschaftlichen Besitz gehabt haben, außer dem zum Burgwalle gehörenden Dorfe Baudorf, welches neben der neuen Stadt lag und schon im J. 1272 an diese von den Fürsten überging, die Stadt auch, so viel sich erkennen läßt, nie der Sitz einer fürstlichen Vogtei gewesen ist. An den See stieß früher östlich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das kleine Land Hart (d. i. Hochwald: vgl. Jahrb. IX, S. 399), welches sich zwischen Teterow, Neu=Kalen und Malchin ausdehnte und auch nie einen besondern Vogt gehabt zu haben scheint. Daher ist auch die politische Geschichte der Stadt Teterow sehr arm, ungeachtet der großen und schönen Stadtfeldmark.

So merkwürdig nun der noch so sehr gut erhaltene Bau dieser Burg ist, eben so merkwürdig ist die Geschichte des Unterganges derselben, wenn es gelingen sollte, dieselbe aus den Quellen aufzuhellen. Die dänischen Quellen geben merkwürdige und sehr ausführliche Berichte über die Belagerung und Zerstörung einer wendischen Burg, welche nach meiner Ansicht keine andere sein kann, als dieser Burgwall im teterower See.

Die Knytlinga=Sage erzählt 1 ) Cap. 124, zum J. 1171:

"Da zog der König (Waldemar) mit seiner Flotte nach Straela (Stralsund) und ritt da hinauf nach Tribuzis (Tribsees) und Atripiden (Tribeden) und verbrannte das Land weit und breit. Sie nahmen die Städte ein und tödteten das Volk, machten da Beute und zogen darauf heim."

Der König Waldemar zog also von Stralsund nach Tribsees und weiter nach Tribeden, welches er verheerte. Atripiden ist nämlich ohne Zweifel das Land Tribeden 2 ) oder Tribedne, welches nach Urkunden sicher östlich von Güstrow, zwischen Güstrow und Dargun im Lande der Circipaner, lag und zu welchem die Gegend von Teterow ohne Zweifel gehörte.

Auch Helmold II, 13, berichtet, daß Waldemar 1171 einen kleinen Theil von Circipanien verheert habe:

"Tandem, veluti somno excitus, congregavit exercitum et percussit partem modicam Cyrcipaniae regionis."

Sehr ausführlich beschreibt nun Saxo Grammaticus diese Zug 3 ) welchen der Bischof Absalon von Roeskilde mit=


1) Da hier nur die antiquarische Erforschung und Beschreibung der Burg zur Frage steht, so kann hier nicht wieder die kritische Beleuchtung der übrigens sichern Quellen vorgenommen werden, welche der Erforschung der Kriegsgeschichte angehört.
2) Vgl. Jahrb. XII, S. 25 flgd. - An Treptow a. d. Tollense, was früher wohl gemeint ist (Balt. Studien I, S. 72), ist nicht zu denken.
3) Giesebrecht Wendische Geschichten II, S. 202, und Fabricius Urkunden des Fürstenthums Rügen I, S. 44, gehen auf eine Nachforschung dieses Zuges Waldemars nicht ein.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

machte und sicher dem Saxo so ausführlich erzählte, weil er selbst in wiederholte Gefahr dabei kam. Dieser Zug beschränkte sich nun wesentlich auf die Eroberung einer wendischen Burg im Lande Tribeden, welche nach allen Einzelnheiten keine andere sein kann, als die Burg im teterower See.

Saxo Grammaticus 1 ) giebt folgende genaue Nachrichten, welche ich gleich mit den Ueberresten der teterower Burg und der Landesgeschichte vergleichen werde.

Der König Waldemar von Dänemark beschloß im Sommer 1171, nach der Unterwerfung und Bekehrung Rügens, einen Zug in das Circipanerland, in welchem noch viel Heidenthum herrschte. Hauptsächlich war es wohl Eroberungssucht, welche ihn dazu trieb; er hatte aber sicher noch einen andern, tiefen Grund. Es ist nämlich sehr merkwürdig, daß sich noch lange Zeit nach den verheerenden Kreuzzügen Heinrichs des Löwen im Circipanerlande noch unzerstörte wendische Burgen im Besitze wendischer Häuptlinge finden. Waldemar landete bei Stralsund und zog queer durch das Festland Rügen auf Tribsees. Von hier durchzog er die weiten Circipanermoore an der Trebel, welche damals noch so tief waren, daß es eine bewundernswürdige Arbeit und Ausdauer kostete, dieselben zu überschreiten. Nach der Ueberwindung dieses Hindernisses zog er durch "unermeßliche Wälder", von denen der "Hartwald" zwischen Malchin, Neu=Kalen und Teterow noch ein sehr stattlicher Ueberrest ist, und kam zu einer "Stadt" ("vicus" 2 ) und "oppidum") welche in einem schiffbaren See lag. Die Stadt lag auf einer Insel (insula) und war nur durch einen Wall von dem nicht bebaueten Theil der Insel getrennt; dies ist der heute noch gehende Queerwall, welcher vor der Vorburg queer durch die Insel von Seeufer zu Seeufer geht. Von diesem Walle ging eine mit Faschinen belegte Brücke durch den See zum festen Lande. Der Herr der Burg (urbs) wird Otimar genannt, ein Fürst (princeps) oder Häuptling. Als Waldemar die Einnehmung der Burg und Stadt beginnen wollte, ließ Otimar die Brücke bis auf den Seespiegel abtragen; dies zeugt für den leichten Bau des Faschinendammes, weil sonst diese Arbeit in etwa einem


1) Saxo Grammaticus nach der Ausgabe von Velschow, P. I, Vol. II, Kopenhagen, 1839, p. 883-886; vgl. p. 856.
2) Das Wort vicus laßt sich nicht gut anders als Stadt übersetzen; es sind damit die großem Ortschaften (Vorburgen) vor den wendischen Burgen gemeint, welche noch heute zum Theil Wîk heißen. Weiterhin wird der Ort auch gradezu "Stadt" ("oppidum") genannt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

halben Tage nicht möglich gewesen wäre. Es blieben in dem See nur die Stumpfe der Seitenpfähle unter der Wasserfläche stehen. Dies ist die Brücke, welche von dem Vorwalle nach der Galgenbergsweide geht und von welcher viele Seitenpfähle noch heute stehen. Diese stehen gebliebenen Seitenpfähle und die Zäune des benachbarten Dorfes (villa) benutzten die Dänen, um damit den Bau einer "andern Brücke" ("alterius pontis") zu beginnen. Man kann annehmen, daß Waldemar die alten Seitenpfähle, welche stehen geblieben waren, benutzt habe, um zwischen dieselben an derselben Stelle eine zweite, neue Brücke zu legen, wie auch Giesebrecht Wend. Gesch. II, S. 203, annimmt; man könnte aber auch den Ausdruck nach der heutigen Sprechweise wörtlich deuten und annehmen, daß Waldemar eine "andere", d. h. zweite, ganz neue Brücke in anderer Richtung bauete, welche von dem nahen Dorfe, der noch jetzt so genannten Dorfstätte, nach der Insel ging, da auch hier Brückenpfähle stehen. Jedoch scheint die erstere Erklärung nach allen Worten des etwas gezierten Ausdrucks den Vorzug zu verdienen. Der Bischof Absalon war während des Brückenbaues auf Raub ausgezogen. Die Wenden errichteten vor der Stadt einen Thurm, um auf die Dänen schleudern zu können, und die Dänen schossen mit Pfeilen auf die Wenden. Der neue Brückenbau ward mit den größten Schwierigkeiten ausgeführt; bei der Schmalheit der Brücke mußten die Krieger die Pfähle und Faschinen über ihre Köpfe vorwärts heben und auf gleiche Weise wurden die Verwundeten zurückgeschafft. Der Kampf war hartnäckig und hart; Otimar legte sich auf schlaue Unterhandlungen und der König ward gegen Abend des mühevollen Tages unschlüssig. Da kam Absalon mit reicher Beute zurück, übersah die mißliche Lage und griff zu allen Mitteln, um die Burg zu gewinnen. Endlich erreichte die Brücke das feste Land und der Thurm ward bestürmt. Da springt ein dänischer Ritter Herberd, ein kühner Schwimmer, ins Wasser, um mit unter den ersten zu sein, die den Sieg gewinnen; die Massen der Dänen fangen an zu drängen; da stürzt die Brücke ein und die Menge der Dänen, unter ihnen auch Absalon, ins Wasser. Aber Absolon, obgleich in Waffen, bleibt als guter Schwimmer nicht nur am Leben, sondern rettet auch viele andere. So gewinnen die Dänen allmählig mit Noth und Gefahr die Burg, die Stadt wird genommen und die Männer werden getödtet und die Weiber gefangen fortgeführt. Dem Otiar aber ließ Waldemar Freiheit und Leben; er wollte den gewonnenen Sieg nicht mit der Treulosigkeit gegen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 189 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Einen Mann beflecken. Darauf zog Waldemar auf demselben Wege nach Dänemark zurück.

Bei dieser genauen Uebereinstimmung dieser Eroberung mit den noch vorhandenen Ueberresten scheint es mir außer allem Zweifel zu sein, daß die hier genannte Burg Otimars die Burg im teterower See 1 ) ist.

Es wird von Wichtigkeit sein, hier die Stelle aus Saxo Grammaticus in einer möglichst getreuen deutschen Uebersetzung, welche freilich sehr schwierig ist, folgen zu lassen.

Saxo Grammaticus XIV, p. 883 f.

"Der König (Waldemar von Dänemark) fuhr (im Sommer 1171) nach Rügen und beschloß, das Circipanerland (provinciam Sircipinensem) anzugreifen. Auf seinem Zuge dahin legte ihm aber ein weites und sumpfiges Moor (palus) eine außerordentliche Schwierigkeit in den Weg. Die Oberfläche desselben, die mit einer dünnen Rasendecke überzogen war, zeigte freilich einen dichten Graswuchs, war aber so wenig haltbar, daß man gewöhnlich einsank, wenn man darauf trat. Denn da Schlamm die Unterlage bildete, so sank man in sumpfige Abgründe und schmutziges Moorwasser. Und doch gab es keinen andern Weg weiter vorzudringen. Um diese Schwierigkeit zu überwinden und keine Erschlaffung einreißen zu lassen, legten die Reiter ihre Waffenrüstung ab und packten dieselbe auf ihre Rosse und begannen diese hinter sich her zu ziehen. Wenn nun die Pferde in den Sumpf einsanken, so brachten sie dieselben wieder in die Höhe; wenn sie selbst aber beim Führen derselben einbrachen, so erfaßten sie die Mähnen und hielten sich daran oben. Auch die Bäche, welche in großer Zahl das Moor durchkreuzten, überschritten sie auf Flechtwerk aus


1) Dies vermuthet schon gleichzeitig der Herr Oberlehrer Dr. Wigger, dem ich viele Nachweisungen verdanke, in seinen Meklenburgischen Annalen, S. 126-127 und 148.
Die Lage von Rethra hat zwar viel Aehnliches mit Teterow indem es auch in einem See lag und auch eine hölzerne Brücke zu dem Heiligthume führte; (vgl. Wigger Meklenburg. Annalen, I, S. 57 und 88). Rethra kann aber nicht bei Teterow gelegen haben, wo man es auch wohl gesucht hat, da Rethra im Lande der Redarier, also im jetzigen Großherzogthume Strelitz lag. - Eben so wenig kann Otimars Burg im Festlande Rügen zwischen Stralsund und Tribsees gelegen haben (vgl. Balt. Studien X, 2, S. 162, und Barthold Pomm. Gesch. II, S. 224), da Waldemar bei Tribsees über das Moor ging und von Osten her kam.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Buschholz (Faschinen). Manche zeigten sich außerordentlich brav dabei. Denn einige von den Reitern gingen mit ihren Waffen bepackt zu Fuße, indem sie ihre Pferde leiteten, und verschmähten es, im Vertrauen auf ihre Gewandtheit, die Last abzulegen. Dieses Benehmen war aber um so ruhmvoller, je ungewöhnlicher es war. Uebrigens traten auch bisweilen die Pferde, wenn sie allzu heftig ihren in das Moor eingesunkenen Leib herausarbeiteten, ihre Führer mit den Hufen in den Sumpf. Der König selbst gelangte mit Noth über das unsichere Moor, indem er, bis auf das Untergewand entkleidet, sich auf die Schultern zweier Krieger stützte. Selten wohl hat es sich die dänische Kraft mehr Schweiß kosten lassen. Voll Staunen darüber, daß man über das Moor hatte kommen können, waren die Feinde gewaltig betroffen und hielten es nicht für gerathen, denen Widerstand zu leisten, von welchen se sogar die Natur überwältigt sahen. Das Heer aber zog nach der Ueberwindung einer so großen Schwierigkeit nicht anders, als ob es einen Feind geschlagen hätte, weiter.

Nachdem das Heer nun unermeßliche Waldungen durchzogen hatte (ingentes deinde sylvas emensus), erblickte es eine Stadt (vicum), umgeben von einem schiffbaren Landsee (vicum apta navigiis palude circumdatum). Dieser Ort war fester durch das Wasser, als durch die Kunst, und hatte einen Wall (vallum) nur an der Seite, welche die Brücke (pons) berührte, die sich von hier nach dem festen Lande hinüberzog. Um den Angriff abzuhalten, ließ der Herr (princeps) der Burg (urbis), Otimar, bei dem Anrücken des Heeres die Brücke sofort bis auf den Spiegel des Sees abtragen (undis illico exaequare curavit), so daß nur die Stumpfe der Pfähle blieben, soweit sie unter dem Wasser standen (solis stipitum reliquiis inter aquam manentibus). Durch diese gewannen die Unsrigen aber das Grundwerk zu einer andern Brücke (quas nostri ceu quaedam alterius pontis iaciendi fundamenta sortiti), und indem sie die Zäune des benachbarten Dorfes dazu nahmen (propinquae villae sepibus applicatis), bahnten sie sich allmälig einen Weg durch den See (paulatim intermeandae paludis compendium moliuntur). Nachdem nun der König die Bestürmung des Ortes (loci), da er nicht durch Mauern geschützt war (hortante moenium inopia), in Angriff genommen hatte, ließ er mit der größten Mühe herbeischaffen, was er nur irgend zu dem Brückenbau Dienliches (exaedificandi pontis instrumento

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 191 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

opportuna) bemerkte, während Absalon mit dem größeren Theile der Reiterei auf Beute ausgeschickt war.

Als die Bewohner der Stadt (oppidani) voll Besorgniß den Fortschritt des Brückenbaues sahen, trugen sie von allen Seiten her Pfähle zusammen und errichteten einen hölzernen Thurm, um von diesem, wie von einer Burg geschützt, den Feind abzuwehren, und im Schutze dieses Bollwerks begannen sie die Unsrigen, die eifriger auf die Förderung ihres Werkes, als auf den Schutz ihrer Leiber bedacht waren, durch eiligst aufgestellte Schleuderer anzugreifen. Die Dänen dagegen fingen an, den Kampf mit Pfeilen zu eröffnen und aus der Ferne zu entscheiden, weil sie noch nicht näher hinan kommen konnten.

Otimar aber, durch den Fortschritt des neuen Brückenbaues erschreckt, kam wiederholt auf einem Fahrzuge (rate) über den See zum Könige und ließ bald sparsamer, bald dringender seine Bitten um Frieden vernehmen, je nachdem er bemerkte, daß die Arbeit der Unsrigen matt oder lebhaft betrieben ward, und gab immer nach dem Stande der Belagerung den Vorschlägen zu seiner Ergebung eine verschiedene Fassung. Da ging es nun langsamer mit der Ausführung des Werkes; denn die Krieger wußten ja, daß sie, wenn doch der Kampf aufgegeben werden sollte, auch die Brücke nicht zu bauen brauchten. Auf diese hatte sich aber schon eine so große Masse von Bewaffneten zusammengedrängt, daß nicht einmal Raum blieb, um weiter zu fördern, was zum Bau nothwendig war: so sehr beschränkte die siegesbegierige Menge selbst den engen Raum zum Arbeiten. Die herbeigebrachten Massen von Zaunholz konnten daher nicht anders nach vorne hingeschafft werden, als indem die Krieger sie über ihre Köpfe weg von Hand zu Hand weiter gaben. Uebrigens war dies, wozu sie die Noth zwang, doch auch wieder nützlich, nicht nur deshalb, weil das Zaunholz dazu diente, das Wasser zu bedecken, sondern auch, weil es in die Höhe gehoben, die Leiber schützte. Auf gleiche Weise wurden auch die Verwundeten zurückgebracht.

Dann aber ward der Verband der Brücke weiter und dünner gelegt, weil die Krieger mehr auf die Verlängerung, als auf die Festigkeit derselben bedacht waren.

Und fast hatte die Brücke schon die Insel (insula) erreicht, als die Feinde, theils auf ihre Kunst, theils auf ihre Kraft vertrauend, mit einer ganz neuen Kampfesart den Kampf noch steigerten. Sie streckten nämlich Sicheln, die an Lanzenschäften befestigt waren, von dem Thurme her

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 192 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach den Schilden der Unteren aus und entrissen diese, indem sie scharf anzogen, den Kämpfern. Manchmal, wenn diese Stand zu halten suchten, rissen sie dieselben mit einem heftigen Ruck von der Brücke und zwangen sie, ins Wasser zu springen. Fast wäre daher die dänische Mannschaft, ihrer Schilde beraubt, hier erlegen, wenn nicht schleunig gegen dieses Uebel Vorkehrungen getroffen wären. Einer der Unsrigen bemächtigte sich nämlich vermittelst eines hölzernen Hakens einer Sichel, die nach ihm ausgeworfen ward, und indem er nun mit dieser die andern erfaßte, nahm er dem Feinde seine Waffe.

Der Tag neigte sich schon, als der König, voll Besorgniß für die nächste Nacht und unschlüssig, was er thun sollte, befürchtete, die Eroberung der Stadt (oppidi) würde sich hinziehen und die Brücke in Brand gesteckt werden. Da er sich in solcher Bedrängniß sah, ward er, um nicht wie ein Besiegter mit dem großen Schimpfe der Feigheit die Belagerung aufzugeben, allmählich geneigter, Otimar's Bitten Gehör zu schenken.

Diese kleinmüthige Unschlüssigkeit hob aber Absalon, der eben mit ungeheurer Beute darüber zukam, auf eine wunderbare Weise durch seinen erfinderischen Scharfsinn. Er verwünscht den König, wenn er ohne sein Mitwissen Otimar's Wünschen Gehör geben wolle, zieht einen Dolmetsch bei Seite und fordert von ihm, alles was der Wende (barbarus) in friedlichem Sinne verhandeln werde, in entgegengesetztem Sinne wiederzugeben; dann aber schreitet er in Waffen auf die Brücke hinab, ermuntert die Krieger, welche glauben, er komme, um dem Kampfe Einhalt zu thun, immer hitziger vorzurücken, und verheißt, wenn sie siegen, die Beute ihren Händen zu überlassen. Dieses Versprechen war den Kriegern willkommen. Nachdem sie den Bau der Brücke vollendet haben, erkämpfen sie nicht nur den Zugang zu dem festen Boden der Insel (telluris aditum), sondern auch die Spitze des Thurmes, indem sie denselben mit Leitern und Treppen angreifen, zurückschlagen, wer ihnen in den Weg kommt, und tödten, wer ihnen Widerstand leistet.

Da sucht sich Herberth, ein dänischer Ritter (eques), um nicht durch die Enge der Brücke (pontis angustiis) und den dichtgedrängten Haufen seiner Gefährten aufgehalten zu werden und zu spät zu kommen, auf eine ganz neue Angriffsart einen freien Weg zu den Feinden hinüber: mit seinen Waffen belastet stürzte er sich ins Wasser und gelangte vermöge seiner unglaublichen Fertigkeit im Schwimmen voraus

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dahin, wohin er zu Fuß nicht kommen konnte. Während nun auch die Andern dadurch zum Wetteifer angespornt wurden, sank plötzlich unter dem massenhaften Gedränge der Krieger die dünne Brücke unter. Ihr Einsturz warf unter Andern auch den Absalon ins Wasser. Da dieser aber im Schwimmen geschickt war, so tauchte er, wiewohl mit Waffen bedeckt, nicht nur selbst wohlbehalten aus den Wellen empor, sondern rettete auch Andere, die dieser Kunst unkundig waren, aus der drohenden Gefahr.

Unterdessen wagten die Wenden (Sclavi), da ihre Fahrzeuge zur Flucht nicht ausreichten, sich auf Tonnen (doliis) zu retten, wurden aber, weil diese wegen ihres runden Baues sich umwälzten, von den Verfolgern ergriffen. Durch eine so ungewöhnliche Art von Schifffahrt wurden sie für die Ihrigen ein Gegenstand des Mitleids, für die Unsrigen großen Gelächters. So hatten sie zu ihrem Unglück auch noch den Spott.

Nachdem die Stadt (vicus) genommen war, wurden die Männer getödtet, die Weiber gefangen fortgeführt. Einige suchten den König zu bereden, er solle auch den Otimar gefangen nehmen; doch um nicht den Ruhm des eben gewonnenen Sieges durch die treulose Gefangennehmung eines Mannes zu beflecken, entließ er ihn unversehrt und wollte lieber seines Feindes schonen, als seinem eigenen Rufe schaden.

Darauf zog der König mit seinem ganzen Heere auf demselben Wege, auf welchem er gekommen war, zuerst zur Flotte, dann in sein Vaterland zurück."

Nach dieser Entdeckung kann ich denn auch nicht mehr glauben, daß diese Burg Otimare die Burg Bisdede im gutower See bei Güstrow ist, wie ich in Jahrb. XII, S. 27 angenommen habe, um so mehr, da sich bei diesem Burgwall nicht die geschilderten Eigenthümlichkeiten finden. Dagegen möchte die teterower Burg die Burg Bridder sein, welche 1171 am Lande Tribeden lag ("castrum Bridder cum terra attinenti Tribedne", Jahrb. XII, S. 25).

Die Zerstörung der Burg bei Teterow ist nun zwar an und für sich sehr anziehend; es könnte aber auch möglich sein, daß sie für Meklenburg von ganz besonders wichtigen Folgen geworden sei.

Es ist sehr auffallend, daß sich der Wendenhäuptling Otimar noch bis 1171 im Besitze einer starken Burg befand und daß Waldemar ihm nach seiner Ueberwindung Leben und Freiheit schenkte. Es läßt sich dies zwar aus dem ritterlichen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sinne eines Königs einem hochgestellten Manne gegenüber erklären, der sich mit ihm wiederholt auf Unterhandlungen eingelassen hatte. Aber so leichten Kaufes wird Otimar nicht davon gekommen sein und Waldemar und Absalon werden ihren mühevollen Zug nicht allein um die Zerstörung einer Wendischen Burg unternommen haben; es scheint mir außer Zweifel zu sein, daß sich Otimar zu einem Preise erbot, der eines Feldzuges würdig war. Wer aber war Otimar? Ich kann nicht glauben, daß der Name von Saxo ganz richtig wieder gegeben ist, denn Otimar ist keine wendische Namensform. Ich glaube, Otimar hieß eigentlich Chotimar . Chotimar aber war ein Bruder des wendischen Edlen ("baro") Miregrav 1 ), welcher mit seinen Brüdern Monic und Cotimar den Ort Dargun und den Hauptsitz zur Gründung des Klosters Dargun hergab. Wenn auch der Bischof Berno von Schwerin schon früh eine Kapelle zu Dargun gründete, so ging diese doch wohl bald wieder unter, und das Kloster Dargun ward erst im J. 1172, also unmittelbar nach der Besiegung des Chotimar und der Eroberung seiner Burg bei Teterow, gestiftet 2 ) und im J. 1173 bestätigt. Es ist also höchst wahrscheinlich, ja selbstverständlich, daß Chotimar oder Otimar nach der Erstürmung seiner Burg und der Tödtung seiner Krieger mit seinen Brüdern das Christenthum annehmen und noch in Waldemar's Gegenwart zu Dargun des Gelübde der Stiftung eines Klosters ablegen mußte. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß Waldemar gleich Dänen zur Colonisirung in Dargun zurückließ, indem seit dem J. 1174 dem Kloster Dargun (wie dem Kloster Eldena bei Greifswald) die Freiheit versichert war, auch Dänen 3 ) bei sich ansiedeln zu lassen; der Vertrag mit Waldemar wird sehr freundschaftlich geworden sein, da auch die Vergünstigung ertheilt ward, auch die sonst überall zurückgedrängten Wenden zur Ansiedelung zuzulassen. Im J. 1238 galt im Gebiete des Klosters Dargun die dänische Strafe für Diebstahl über 8 Schillinge 4 ). Bei der Bestätigung des Klosters Dargun war der Abt Walbert aus dem dänischen Cistercienser=Mönchskloster Esrom gegenwärtige und bis zum J. 1258 machte das Kloster Esrom Ansprüche auf die Vaterschaft des Klosters Dargun, welche


1) Vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 3, 4, 10, 24.
2) Vgl. daselbst, S. XIV.
3) Vgl. daselbst, S. 10, 11, 24.
4) Vgl. daselbst, S. 52 u. 54 und Lappenberg in Göttinger Gel. Anz. 1838, Stück 124, August, S. 1235 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aber damals dem Kloster Doberan zugesprochen ward 1 ). Es ist also sehr wahrscheinlich, daß das Kloster Dargun in Folge der Zerstörung der Burg im teterower See durch Dänen gegründet ward und daß mit der Stiftung des Klosters Dargun zugleich auch die Burg Dargun unterging, auf welcher ein Bruder Chotimar's oder Otimar's wohnte, da die Knytlinga=Saga berichtet:

"(der König) verbrannte das Land weit und breit, nahm die Städte ein, tödtete das Volk und machte Beute".

Die Burg Dargun ist aber nur gegen 3 Meilen von der Burg Teterow entfernt und, wenn auch im Wiesenthale gelegen, doch ähnlich wie die teterowsche Burg gebauet, indem sie auch Querwälle vor der eigentlichen Burg zum Schutze der Vorburg hat.

Es würde nun sehr interessant sein zu wissen, wer die Nachkommen Chotimar's waren, da dieser sammt seiner Familie mit dem Heidenthume auch den heidnischen Namen ablegen mußte. Sollten es die Moltke sein? Die Moltke hatten noch im J. 1297 Besitzungen in Sührkow und Teschow, mit Fischerei auf dem teterower See, welche damals auch an das Kloster Dargun übergingen (vgl. Lisch Meklb. Urk. I, S. 205). Die Moltke hatten in der Gegend von Gnoien bis auf die neuern Zeiten ihre Haupt= und Stammsitze und der Vorname Waldemar war der Moltkeschen Familie eigenthümlich.



1) Vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 115.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Burg Glaisin
und
die Connoburg

von

G. C. F. Lisch.

Viel besprochen ist die starke Burg Glesîn, in welcher im Jahre 1298 sich ein übermächtig trotzender Ritter Hermann Riben mit seinen Anhängern verschanzt hatte und von vielen mächtigen Fürsten Norddeutschlands belagert ward, bis endlich die Fürsten die Burg gewannen und zerstörten und die meisten der Ritter und ihre Genossen aufhängten, als eben der Fürst Heinrich der Pilger von Meklenburg aus seiner 26jährigen Gefangenschaft in sein Vaterland heimgekehrt und bei seinem Sohne Heinrich dem Löwen vor Glaisin angelangt war.

Diese Geschichte war bis auf die neuern Zeiten sehr dunkel, da alle Nachrichten sich auf eine nicht sehr ausführliche Erzählung in der lübischen Chronik beschränkten, deren Werth kaum erkannt war. Seitdem aber die lübischen Chroniken herausgegeben sind, fließen die Quellen etwas sicherer und reichlicher. Dennoch sind die lübischen Chroniken die einzigen Quellen, da bisher merkwürdiger Weise keine Urkunde aufgefunden ist, welche diese sehr merkwürdige Sache unmittelbar berührt.

Jedoch geben einige wichtige Urkunden Andeutungen über die Veranlassung dieser heftigen Fehde. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erhoben mehrere ritterliche Geschlechter in den ehemaligen Wendenländern kühn ihr Haupt gegen die wachsende Macht der Fürsten und die sich unglaublich rasch entfaltende Blüthe der Städte, wahrscheinlich aus Mißmuth über den Verfall der eigenen Macht und in Rückerinnerung an den ehemaligen Einfluß in der wendischen Zeit, und suchten auf eigene Faust durch Vesten, Fehden und Raubzüge ihr Gewicht wieder geltend zu machen. Vorzüglich machte sich dieser Uebermuth in den westlichen Gegenden von Lübeck bis an die Elbe, bis gegen Dömitz hin, besonders im Herzogthume Sachsen=Lauenburg 1 ), als dem Mittelpuncte, breit. Schon seit der Mitte des 13. Jahrh. hatten sich die Fürsten dieser


1) Vgl. Lappenberg von den Schlössern der sachsen=lauenburgischen Raubritter, Separat=Abdruck aus dem Vaterland. Archiv für Lauenburg, I, Heft 2, 1857.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 197 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gegend und die spätern Hansestädte durch verschiedene und wiederholte Bündnisse zu stärken gesucht und zuletzt, besonders am 14. Junii 1283, ein umfassendes Landfriedensbündniß zu Rostock geschlossen, welches immerfort durch Beitritt an Ausdehnung gewann. Dennoch wiederholten sich die ritterlichen Aufsässigkeiten, bis am 19. Jan. 1291. durch Vermittelung der Herzöge von Braunschweig und der Grafen von Holstein und Schwerin zwischen den meklenburgischen Fürsten, den Grafen von Schwerin und Danneberg und der Stadt Lübeck, von der einen, und den Rittern Hermann Ribe und Reimbern v. Karlow und ihren Genossen, von der andern Seite, zu Dutzow ein Vertrag 1 ) geschlossen ward, nach welchem viele ritterliche Festungen bis auf den Grund zerstört und deren Gräben ausgefüllt, auch keine andere Festung wieder aufgebaut werden sollte; unter den vielen abzubrechenden Festungen werden namentlich auch Wehningen und Walrow (Warlow) genannt, welche beweisen, wie weit gegen Südwest hin der ritterliche Festungsgürtel ausgedehnt war. Diesen Vertrag hatten nun Hermann Ribe und seine Genossen nicht gehalten, sei es daß sie ihre Festen nicht gebrochen, sei es daß sie neue aufgeführt hatten. Ohne Zweifel um dem Vertrage von Dutzow Geltung zu verschaffen, belagerten nun die Fürsten die Burg Glesin, in welcher Ribe sich mit seinen Gefährten verschanzt hatte.

Statt überarbeitender Erzählung lasse ich hier die ausführlichen Berichte der Chroniken selbst folgen.

Die sicherste gleichzeitige Quelle ist wohl das Fragment der lübischen Chronik des lübischen Kanzlers Albrecht von Bardewik 2 ) von 1298-1301 welcher den Streit erlebte und die sehr ausführliche Geschichte an die Spitze stellt.

"Jmme iare van godes bort over dusent unde twehundert in deme achten unde neghentychghesten iare leyt scryuen dyt registrum her Albrecht van Bardewic tho des rades unde der meynen stades uut.

By desen tyden seude och vele wonders in der werlde. De edele man de here her Hinric van Mekelenborch, de ghevanghen wart over mere au pelegrimaze uppe deme weghe tho deme heylyghen grave unde ghevanghen lach XXVI iar by Babelonie up eneme torne de heet Kere, den leyt de soldan ledich unde los der syne ghude, wente men sprach over al dat laut, dat he heylich were. Unde de soldan de gaf eme och weder sinen knapen, de myt eme


1) Vgl. Urk. Buch der Stadt Lübeck, I, S. 515, Nr. 572.
2) In Grautoff's Lübeckischen Chroniken, I, S. 414-417.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 198 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

over mer ghevanghen wart, de heet Martin Bleyer. - - - Darna karde he van dannen unde quam tho Rome des vrighedaghes vor pinckesten."

- - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - -

"Hyrunder stalleden vor dat hus tor Glesyn de edelen vorsten her Johan unde her Albrecht de brodere de hertoghen von Sassen unde marcgreuen Otten lude des langhen, (her Conrat Vulf was syn hovetman,) unde marcgreuen Otten lude myt dem pyle unde sines broder marcgreven Conrades, der edelen vorsten van Brandenborch, unde andere edele heren, greve Nicolaus van Zwerin unde greve Ghuncelyn van Zwerin, greven Helmoldes sone, unde de here her Johan von Ghodebuus unde de junghe her Hinric van Mekelenborch, des olden hern Hinrikes sone, de over mere ghevanghen was, unde her Ghans van Putlast unde de stat van Lubeke. De hovetman des huses, dar dyt here vore lach myt groter cost, dat was her Herman Rybe de iunghe, de andere was her Johan van Slawekesdorpe, dat drudde was her Syvert van Plone, heren Otten broder van Plone. De uppe deme hus weren cundich unde sere vormeten; se lepen de sperwescele van deme hus; de darvore leghen, lepen geghen se, dar wart eyn grot walch. To iunghest van dem hus wart ghevanghen Echart Rybe sulf veyrde, de dre waren blote knechte, an eyner sperwescele. Desse sulve Echart was hern Hermannes broder Ryben, des des huses was eyn hovetman. Desulve Echart Rybe hadde ane eynen blawen roch, do he ghevaughen wart; den roch leten eme de heren utthen unde leten eyneme van den dreyn, de myt eme ghevanghen worden, den roch antheyn, unde tho hant darna leten de vorsten unde de heren se hangen vor dat hus, der den willen, dat de uppe deme hus des wenen scolden, dat yt Ecchart Rybe were, de dar hanghede myt dem blawen rochke. Dese Echart Rybe wart ghevanghen in den torn to Zwerin ghevort. De uppe deme hus weren, worden grymmich unde deden deme heere groten scaden; se thohouwen de lude unde schoten riddere unde knapen dhot unde wundeden sere uter maten vele ghoder lude."

"Do de vorsten unde de heren dit seghen, dat man se unde ere man so hatlyken menden, se ghingen tho rade unde legheden eyn dync; hertoghe Albrecht van Sassen de sath dat rychte, de heren worden cleghere. Men loth se;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 199 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

se ne quemen nicht vore tho gherichte. Do toch men eyn sveyrt unde scryede over se eyne warve, ander warve unde drudde warve over de defrovere unde over ere rechte vredebrekere, de up deme hus waren. Darna worden se vorvestent myt rechten ordelen: do worden se gheleghet vredelos unde rechtlos an landen unde an wateren, an steghen unde an weghen, an kerken unde an clusen und in allen godes husen. Hyrna voreyneden sich de heren myt den vorsten, wat se der vyende kreghen van deme hus, de mosten sterven kranckes dodes."

"Hyrunder quam van Rome tho lande de edele man her Hinric de here van Mekelenborch, de ses unde twintich iar over mere ghevanghen was, myt sundeme lyve tho syneme truwen leven wive vrowen Anastasian, se was heren Barnymes dochter des hertoghen van Stetyn."

"Tho hant hyrna quam de houetman her Herman Rybe sulf drudde by nachttyden van deme hus dor dat here, dat yt neyn man ne wiste. Aldus so untlosede he sulf drudde. Unlanghe darua beheylden de anderen dat hus; yt wart ghewunnen van den ghenen, de darvore laghen und worden al ghevanghen, almestich unthovedet unde ghehanghen. De edele man her Gans van Potlast de hanc sulven myt der hant den hovetman here Johanne van Slawekesdorpe. He was sin hatlyke vient dor den willen, dat de iunghe Rybe, here Johannes sone van Slawekesdorpe, here Ganse vench tho Wittenberghe inme stoven. Desse sulve Rybe van Slawekesdorpe unde syn cumpanye worden ghehanghen vor der Glesyn. De van Lubeke de hencghen och eynen bosen man, de heyt Wolteblock, unde synen cumpan vor dat sulve hus. Aldus wart dat quade uest thovoret unde de bosen lude thostoret myt groter gewalt."

"Hyrna tho hant quam tho Lubeke de sulve here her Hinric van Mekelenborch, de over mere ghevanghen was."

In den neuesten Zeiten ist eine andere Quelle in den lübischen Annalen (Annales Lubicenses, herausgegeben von Lappenberg in Pertz Script. hist. Germ. XVI, p. 417,) eröffnet. Diese Annalen gehen von 1264 bis 1324 und sicher nicht über das Jahr 1324 hinaus, sind also nur 25 Jahre nach Albert von Bardewik geschrieben und theils gleichzeitig, theils ohne Zweifel nach der ältesten lübischen Chronik abgefaßt. Diese lateinischen Annalen berichten:

"Hinricus dominus Magnopolensis, quia soldano

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 200 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bailoniae captivatus et detentus erat plus quam 26 annis, perdita tota familia sua, liber dimissus est a soldano cum uno solo famulo suo Martine, qui tempore, quo esset dominus eius in diligenti custodia seratus, didicit contexere pannos sericos et totum pretium, quod a paganis deservivit, pro dicti sui domini exposuit nutrimento. Et venit ipse dominus Romae ad oscula pedum Bonifacii papae et, accepta ab eo benedictione, venit cum dicto suo famulo ad partes suas circa festum Bartholomaei, inveniens uxorein suam dominam Anastasiam, sororem Buxslai ducis Slavorum, adhuc vivam. Invenit etiam eius filium Hinricum, dominum Magnopolensem, in expeditione cum marchionibus et aliis principibus et nobilibus multis coram castro Glesyn, prope flumen Eldene fortissime aedificato a quodam Hermanne Riben, milite potente. Quod scilicet castrum cum difficultate expugnaverunt et praedones multos in eo captos suspenderunt."

Ungefähr hundert Jahre nach Albert von Bardewik giebt der Franziskaner Lesemeister Detmar (1368) in seiner lübischen Chronik 1 ) folgende Nachricht:

"1298. Jn deme sulven iare in sunte Bartholomeus daghe do quam to lande van over mer Hinric de here van Mekelenborch, den de soldan von babilonien hadde vanghen mer den ses unde twintich iar. - - - Do he quam uter vangnisse, he toch to Rome, dar vant he Allexander Hunen, der stat scrivere van Lubeke. - - - Do wart lutbar in deme lande, dat de edele here was ute so langher vangnisse van den heydenen over mere komen; dar halp eme en vorste in deme lande mit gohde, damede he mit sineme knechte Mertine quam to Lubeke. - - - Do he van Lubeke schedede, do toch he in sin land und quam vor Glesine, ein rofhus, dar sine sone Hinric do vore lag mit deme marcgreven unde mit anderen vorsten und heren vele, oc hadden de von Lubeke dar ere wepenere. Dat hus hadde buwet de weldige Ribe up de Eldene stark unde vast, manighen landen to schaden. Do de here dar quam, des wunderde en allen in deme lande, umme dat he so manich iar was dode seghet. - - - Jn corter tyd darna ghaf ghod, dat mit groteme arbeide wart das hus ghewunnen, dar we langhe hadden vore leghen.


1) Jn Grautoff's Lubeckischen Chroniken I, S. 172 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 201 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ritter und knechte wurden alle hanghen, de daruppe wurden vanghen.

Es ist die Frage, wo diese mittelalterliche ribensche Burg Glesin gelegen hat. Mehrere ältere Geschichtschreiber, z. B. A. Mylius in seiner Genealogie und Chemnitz sagen, sie habe am Schweriner See gelegen. Ihnen folgt noch Westphalen (Mon. IV, p. 891), indem er sagt, daß aus den Trümmern der zerstörten Burg Glasin der Hof Gallentin aufgebauet sei. Wahrscheinlich leiteten diese den Namen Glesin sehr gezwungen von Gallentin her und dachten vielleicht an die Glesin=Straße in der Stadt Schwerin vor dem Schlosse. Samuel Fabricius setzt in seiner handschriftlichen Chronik das "Schloß Glassin" nach dem Dorfe Glassin "bei Neukloster gelegen." Erst Rudloff verlegt, durch die lübischen Chroniken und einige Urkunden geleitet, in seiner Meklenb. Geschichte, II, 1785, S 122, 80 und 97, und in seiner Geschichte der Grafen von Danneberg, 1789, S. 38, die Burg Glesin nach dem Dorfe "Glaisin an der Elde, eigentlich Rögnitz". Und diese Bestimmung wird die einzig richtige sein.

Befragt man die Quellen, so berichten Albrecht v. Bardewik und gegen hundert Jahre später Ernst v. Kirchberg nicht, wo Glesin lag, dagegen sagen die neu entdeckten lateinischen lübischen Annalen und Detmar, daß die Burg Glesin an der Elde gelegen habe ("castrum Glesyn prope flumen Eldene" und "Glesine up de Eldene"); die lübischen Annalen sagen dabei vorsichtig, daß sie "nahe bei" ("prope") der Elde gestanden habe. Und diese Annahme wird wohl die richtige sein. Daß Glesin am schweriner See oder bei Neukloster gelegen habe, ist nicht gut anzunehmen, da diese Orte zu weit im Lande nahe bei den Festungen der kräftigen Herrscher von Schwerin und Meklenburg, im Lande Meklenburg, liegen. Vielmehr wird man durch die Umstände mehr in die südwestlichen Gegenden Meklenburgs geführt. Nach dem Landfrieden von Dutzow 1 ) vom 19. Jan. 1291 hatten die Riben und deren Genossen auch feste Burgen zu Wehningen und Warlow (Walerow) in der Grafschaft Danneberg gehabt, welche nach dem Vertrage abgebrochen werden sollten. Nun liegt aber Glaisin grade in dieser Gegend zwischen Warlow und Wehningen und den Orten am linken Ufer der Elbe gegenüber, in denen die ältesten Sitze der Riben zu finden sind.


1) Vgl. Lübeker Urk. Buch I, S. 515, Nr. 572.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zwar ward das Dorf Glaisin mit der Zeit eine Besitzung des nahen Nonnen=Klosters Eldena; aber zur Zeit der Zerstörung der Burg mochte es noch nicht ganz im Besitze des Klosters sein. Im J. 1285 schenkte der Graf Friedrich von Danneberg dem Kloster seine landesherrlichen Hebungen aus den Dörfern Glaisin, Grebs und Karenz und um dieselbe Zeit hatte das Kloster ein Pfund Hebungen aus dem Dorfe Glaisin. Aber in der Bestätigung der Privilegien des Klosters vom 19. Mai 1291 1 wird Glaisin selbst noch nicht als Dorf des Klosters Eldena aufgeführt, sondern erst 1308 bei der Bestätigung durch die Herzoge von Sachsen=Lauenburg. Wenn auch das Kloster Eldena nach und nach die Dörfer um Eldena, Glaisin und Konow erwarb, so hatten doch viele Vasallen noch um die Mitte des 14. Jahrh. Besitzungen in vielen Dörfern dieser Gegend, nach den ungedruckten Originalurkunden z. B. die v. Wenkstern in Konow (1353) Glaisin, Bresegard und Stück (1365), die v. Hitzacker in Mallis (1351), die v. Darsow (1330) in Konow (1325).

Es ist also, da die lübischen Chroniken deutlich dafür sprechen, höchst wahrscheinlich, daß die ribensche Burg Glesin bei dem Dorfe Glaisin nicht weit von Eldena und der Elde gestanden habe. Nun ist aber bei dem Bauerdorfe Glaisin kein Burgwall zu sehen. Merkwürdiger Weise lebte früher in der Gegend von Glaisin aber noch die Sage, welche "mit entstellten Zügen die Geschichte Heinrichs des Pilgers unter dem Namen ""Hans von de Wismar"" und seiner Gemahlin Anastasia überlieferte"; Studemund giebt in seinen "Mecklenburgischen Sagen" auch diese Sage (I, S. 42) und bemerkt dabei, daß "ein Einwohner des Dorfes Leussow sie ihm auf den Wällen der Burg Glaisin erzählt" habe. Die Burg aber, welche noch "Wälle" hat und bei Leussow liegt, ist weit von Glaisin entfernt und kann nur durch eine unrichtige Tradition für die Burg Glaisin genommen sein. Bei dem Bauerdorfe Glaisin ist kein Burgplatz zu sehen; er mag untergegangen sein, da das Dorf weit gebauet und groß ist und manche Höhen und Gründe hat, welche sich wohl zu Burganlagen eignen konnten. Da aber die Wahrscheinlichkeit nahe lag, daß die Burg in dem Dorfe gestanden habe, so veranlaßte ich den Herrn Förster Wiegandt zu Glaisin wiederholt zu genauen und aufmerksamen Forschungen, welche denn endlich auch mit Erfolg gekrönt sind. "Nach vielseitigen Erkundigungen, schreibt Herr Wiegandt, ist es ermittelt, daß ganz


1) Vgl. Rudloff Urk. Lief. S. 133, Nr. 51.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der Nähe von Glaisin eine runde Erhöhung gewesen ist, welche erst von jetzt noch lebenden Hauswirthen aus einander gefahren ist, und haben sich dabei im Mittelpuncte dieses Erdwalles Steine und verbranntes Holz gefunden; man sieht noch jetzt davon Spuren, daß dieser Punct in größerer Entfernung mit mehreren Ringwällen umgeben war. Die Stelle ist jetzt nur noch als eine kleine Erhöhung bemerkbar und liegt am Wege von Glaisin nach Hagenow, diesseit der Rögnitz."

Diese Stelle wäre also die ehemalige ribenschen Burg Glaisin, welche jetzt "der Erde gleich gemacht" ist. Zwar liegt das Dorf Glaistn nicht unmittelbar an der Elde, sondern der Rögnitz (früher Walerow) näher, an welche die Feldmark stößt, aber die Elde ist doch nicht weit (etwa eine gute Stunde) von dem Dorfe entfernt, und die lübischen Chronisten mögen diesen Fluß zur Bezeichnung der Lage der Burg gewählt haben, weil die Elde ein viel besprochener, die Rögnitz aber ein wenig gekannter Fluß ist, welcher in der Entfernung von einigen Meilen kaum mehr genannt wird. Es ist auch möglich, daß früher die Feldmark der sehr großen Ortschaft Glaisin in den ältesten Zeiten bis an die Elde gereicht habe. Die lübischen Chronisten haben also nicht ganz Unrecht, wenn sie sagen, daß die ribensche Burg Glaisin nicht weit ("prope") von der Elde gestanden habe.

In Verfolgung der Forschungen hat der Herr Förster Wiegandt nach und nach noch mehr Entdeckungen gemacht, welche die obigen Angaben bestätigen. Auf dem ehemaligen riebenschen Burgplatze in der Nähe des Dorfes Glaisin stellte der Herr Förster Wiegandt im Frühling 1860 bei der Beackerung Nachforschungen an und fand viele Gefäßscherben, welche aus dem christlichen Mittelalter stammen. Alle Gefäßscherben sind aus blaugrauem, fein geschlämmten, festen Thon, wie die meisten Krüge und Gefäße des Mittelalters vom 13. bis 16 Jahrhundert, und ein sicheres Kennzeichen der Bewohnung im christlichen Mittelalter. Von den bekannten, untrüglichen Scherben des Heidenthums mit eingeknetetem Grand oder Granitgrus fand sich hier keine einzige Spur. Diese Burgstätte in der Nähe des Dorfes ist also ohne Zweifel die ribensche Burg. Die Gefäßscherben haben einen sehr alten Charakter und große Festigkeit und werden noch in das 13. Jahrh. zurückreichen.

Bei der Gelegenheit der Forschungen in dem Boden erzählte der Bauer des Grundstücks dem Herrn Wiegand folgende Sage, die ihm von seinem Großvater überliefert war.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Auf dieser Burgstätte haus'te ein alter Ritter Namens Bliest. Dieser hatte über die vorbeiführende Landstraße von Hagenow nach Dömitz einen Drath gezogen, welcher in der Burg an einer Glocke befestigt war, deren Schall jeden Reisenden verrieth, welcher über die Landstraße zog, und die Reisenden der Plünderung des Ritters preisgab. Bekannte riefen, wenn sie vorüberzogen, ""Bliesken Vatter, sehent nich,"" und konnten dann unbelästigt weiter ziehen. Aber der Graf Heinrich zerstörte die Burg und machte dem Unwesen des Ritters Bliest ein Ende."

Nach den weitern Forschungen und Mittheilungen des Herrn Försters Wiegandt liegt an der andern Seite der Rögnitz zwischen den Dörfern Göhlen und Kummer noch eine Burgstelle und beim Dorfe Kummer eine andere Burgstelle. Hier sollen nach der Sage die "Belagerer der Burg Glaisin ein halbes Jahr gelegen und der Feldherr soll aus Kummer, daß er die Burg Glaisin nicht habe erobern können, den letzten Ort Kummer genannt" haben.

Fast eben so weit, als die Elde von Glaisin entfernt ist, steht unmittelbar an dem Ufer der Rögnitz ein wohl erhaltener, sehr großer wendischer Burgwall, welcher nicht die riebensche Burg Glaisin sein kann.

Die Connoburg.

Eine "gute Stunde Weges" zu gehen, westlich von dem Dorfe Glaisin, steht in dem Thale des Flusses Rögnitz ein großer wendischer Burgwall, welcher in der ganzen Gegend unter dem Namen "Borgwall" bekannt ist. Der kleine Fluß Rögnitz 1 ), (in alter Zeit auch Walerow genannt) welcher aus der Gegend von Wöbbelin und Warlow (oder Walerow?) bei Neustadt kommt und aus dem quellichten Boden und einer Unzahl kleiner Wasser, welche ihm zustießen, seine Nahrung empfängt, strömt in vielen Windungen durch ein niedriges Wiesenthal, welches noch sehr feucht, oft überschwemmt und von vielen Abzugsgräben und Kanälen durchschnitten ist, durch welche die Wiesen nach und nach nutzbarer gemacht sind; jetzt ist das Thal entwaldet und der Ackerbau dringt mit Macht hinein. In alter Zeit wird aber die Wiesenniederung sumpfig und die Thalwand bewaldet gewesen sein.


1) Vgl. Ludwigsluster Wochenblatt, 1858, Nr. 41 und 84, vom Pastor Danneel zu Ludwigslust. - "An der Rögnitz findet man die Fischotter".
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von Glaisin abwärts scheidet das Rögnitzthal das Hochland des Wanzeberges im Süden und die hohe Sandebene der Jabelhaide im Norden.

In diesem sumpfigen Thale steht in einer breiten Wiesenstelle, in welcher eine Wiese und ein "Torfmoor" liegen, dem Dorfe Leussow gegenüber, der "Burgwall"; er liegt "eine Stunde Weges" westlich von dem Dorfe Glaisin und gehörte früher zu diesem Dorfe, lag jedoch an der Grenze desselben. In geringer Entfernung von dem Burgwalle fließt zwischen der ehemaligen Feldmark von Glaisin und der Feldmark des Dorfes Grebs ein Kanal, der Elden= oder "Krullen=Graben", welcher von einem Holzhändler Krull zum Holzflößen angelegt 1 ) sein soll.

Die nächsten Umgebungen des Burgwalles scheinen nach alten Dorfkarten aus dem vorigen Jahrhundert viel Beachtenswerthes zu bieten. An der Rögnitz ist "der Borgwall" verzeichnet, daneben "achter (hinter) dem Borgwall." Hieran grenzte nach Glaisin hin die "Glaisiner Forstwiese" (jetzt Karentzer Wiese). In der Wiese, unweit des Burgwalles finden sich, nach den Mittheilungen des Herrn Försters Wiegandt, sogenannte "Horste" mit festem Boden, welche noch jetzt der "Garten" oder "Schloßgarten" genannt werden; auf einer alten Dorfkarte findet sich hier "der Castellan" verzeichnet, ein Wort, welches mir auch in der Form "Castellaun" sonst noch im Lande vorgekommen ist und wendisch zu sein scheint. An der andern Seite, nach Grebs hin, liegen die "große Menckenhorst" und die "kleine Menckenhorst" und daneben "auf dem Gusmer."

Seit dem J. 1827 haben sich aber hier die Dorf= und Grenzverhältnisse bedeutend verändert. Bei der Regulirung der Feldmark Grebs ward im J. 1826 "zwischen den karentzer Wiesen, dem Crullengraben und einer Linie von der Joachimsthals=Wiese nach dem Borgwall und von da "nach der Menckenhorst" die Anlage eines Dorfes von 10 neuen Büdnern projectirt, deren künftiges Land nur aus "Haide und Wiese" bestand. Im J. 1827 ward dieses neue Büdnerdorf Menckendorf, welches seinen Namen von der Menckenhorst erhielt, größten Theils auf der Haide der Menckenhorste angelegt und im J. 1833 der Name Menckendorf zuerst im Staatskalender aufgeführt. Der "Burgwall"


1) Vgl. Danneel a. a. O. Nr. 84, S. 333. - Der Name "Krottingraben", welcher sich auf einigen Karten von Meklenburg findet, scheint ein Schreibfehler, statt "Krullengraben" zu sein.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ward nicht zu der neuen Feldmark gelegt, sondern blieb wüst liegen, so daß er keiner bestimmten Feldmark angehörte, ward jedoch zu Glaisin gerechnet. Zwischen dem Burgwall und Menkendorf liegen, nach des Herrn Försters Wiegandt Mittheilung, so niedrige Wiesenflächen, daß noch bei der Gründung des Dorfes dort "Baumgänse geschossen wurden, folglich der ganze Burgwall in früherer Zeit in Sumpf und Morast gelegen haben muß."

In den letzten Jahren ward der innere Burgraum von einem Menkendorfer Büdner beackert, obgleich der Burgwall nicht zu Menkendorf gehörte. Am 17. März 1860 haben jedoch Se. Königliche Hoheit der Großherzog zu befehlen geruht, daß "der Burgwall zur Domanialforst gelegt und mit Holz bepflanzt werde", wodurch die Erhaltung auf lange Zeit gesichert ist. Die Einverleibung in die Domanialforst ist im Herbst 1860 geschehen und die Bepflanzung zum Frühling 1861 beschlossen.

Dies ist die Lage des alten Burgwalles und seiner Umgebungen. Der Burgwall selbst bildet ein sehr großes, aufgeschüttetes Viereck, und ist so gut erhalten, wie kaum ein anderer Burgwall im ganzen Lande. Die Burgebene ragt ungefähr 18 Fuß aus der Wiesenfläche empor. Auf dem Rande steht ringsumher ein Wall, welcher sich ungefähr 8 Fuß über den innern Burgraum erhebt. Auf der südlichen Seite, nach Menkendorf hin, hat der Wall eine Oeffnung, welche die alte Auffahrt bildet; an der nördlichen Seite, Leussow gegenüber, finden sich in dem Ringwalle zwei Einschnitte, welche jedoch neuere Ausgrabungen zu sein scheinen. Von dem Burgwalle liegt nach Leussow hin auch ein Weg durch den Wiesengrund, welcher alt zu sein scheint. Die Fläche des ganzen Burgwalles hat einen Inhalt von 280 Quadratruthen und der innere Burgraum ist so groß, daß ein rostocker Scheffel Roggen darin gesäet werden kann, also etwa 60 bis 70 Quadratruthen groß.

Was den Burgwall vor den meisten im Lande auszeichnet, ist der Umstand, daß er sowohl in seinem ganzen Bau, als in dem Randwalle vollkommen wohl erhalten ist. Die Ursache hievon ist wohl die Lage in einer Gegend des Landes, welche große unfruchtbare Strecken und wenig Verkehr hat.

Nach der Lage und der Gestalt stammt dieser Burgwall aus der wendischen Zeit. Dies wird aber auch durch die auf denselben gefundenen zahlreichen Alterthümer bewiesen. Schon die Oberfläche ist mit einer unzähligen Menge

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von heidnischen Gefäßscherben bedeckt, welche nach heidnischer Weise mit Granitgrus) bereitet und mit wellenförmigen und andern Linien am Rande verziert sind, wie die Gefäßscherben der geschichtlich gesicherten Burgwälle des Landes. Häufig finden sich ausgebrannet Bruchstücke von den Lehmwänden ("Klehmstaken") der Gebäude, und Kohlen und Thierknochen liegen überall umher. Merkwürdig ist es aber, daß auch in dem Ringwalle überall sehr große Kohlenstücke stecken. Der Büdner (Namens Stöhlmaker), welcher den Burgwall in den letzten Jahren bebauet hat, versichert, in dem Ringwalle überall Kohlen gefunden und an der Auffahrt große Kohlenstücke ausgegraben zu haben. Auch der Herr Förster Wiegandt hat "größere verkohlte Stücke Tannenholz" ausgegraben, und ich selbst legte große Kohlenschichten bloß, als ich von der Spitze des Ringwalles hinunterstieg. Es ist also die Ansicht des Büdners nicht unwahrscheinlich, daß in alter Zeit der ganze Ringwall hohl und mit Holz ausgebauet gewesen und zu Wohnungen (Kasematten) oder Ställen benutzt worden sei. Andere Alterthümer sind bis jetzt noch nicht gefunden; nur versichert der Büdner, daß er, als er einmal mit seiner Frau im innern Burgraume gegraben, dort eine sehr verrostete Waffe, 2 Fuß lang, mit einem noch ganz "blanken, gelben Handgriffe mit zwei Bügeln gefunden habe", welche der frühere Förster an sich genommen habe.

Die Reste von den Gefäßen und Gebäuden sind ohne Zweifel heidnisch. Trotz aller wiederholten Forschungen hat sich auch nicht ein einziges Stück aus dem christlichen Mittelalter finden lassen, weder an Gefäßscherben, noch an Ziegeln und Kalk, vielmehr ist es offenbar und sicher, daß der Burgwall noch grade so steht, wie er in heidnischer Zeit zerstört und abgebrannt ist; es ist auch in den Flächen und Umwallungen des Burgwalles nirgends die geringste Spur zu finden, daß hier im christlichen Mittelalter je sollte gebauet sein.

Es ist daher außer allem Zweifel, daß diese Burg nicht die große Burg der mächtigen Familie von Rieben gewesen sein kann.

Im Gegentheil scheinen die Alterthümer des "Burgwalles" zu beweisen, daß die Zerstörung desselben in noch frühere Zeiten fällt, als die Zerstörung der Burgwälle durch Heinrich den Löwen, wie der Burgen Meklenburg, Schwerin, Dobin, Ilow, Werle und anderer. Die auf diesen Burgwällen gefundenen Gefäßscherben sind alle ganz gleich gearbeitet und verziert und neben ihnen finden sich hin und wieder doch einige Ueberbleibsel von christlichen Geräthen und Bauten, da diese Burgwälle in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den ersten Zeiten des Christenthums noch einige Zeit bewohnt waren. Dagegen haben die auf dem "Burgwalle" von Glaisin gefundenen Scherben zwar auch dieselben, sicher wendischen Verzierungen, aber doch einen kräftigern, derbem und oft eigenthümlichen Charakter, so daß es scheint, daß sie älter sind und der Burgwall in früherer Zeit zerstört und wüst liegen geblieben ist, als die letzten Burgen des wendischen Königs Niklot. Dazu kommt, daß sich keine einzige Spur vom christlichen Mittelalter findet.

Der "Burgwall" wird also muthmaßlich eine andere Burg gewesen sein, als die Burg von Glaisin. Glücklicherweise findet sich ein Weg zu einer andern Deutung. Ich halte den "Burgwall" bei Glaisin für die berühmte, alte Connoburg .

Der Burgwall von Glaisin liegt zwischen den beiden alten wendischen Ländern Wehningen ("Waninke") und Jabel ("Jabele"), welche noch bis in das 16. Jahrhundert hinein wendisch waren, wie die gegenüber liegenden Gegenden am linken Ufer der Elbe. In der Mitte des südlichen Landes Wehningen, zwischen der Elde und der Rögnitz, erhebt sich ein gebirgsähnliches Land, der Mineraldistrict Meklenburgs, mit Mineralien, wie Braunkohlen, Gyps, Alaun, Salz. Diese Erhebung heißt seit alter Zeit der Wanzeberg oderWanzkeberg; die Form dieses Namens ist ohne Zweifel aus dem Namen Wehningen oder Waninke gebildet und aus Waninksberg entstanden. Auf der Höhe der Erhebung liegt das alte Dorf Konow , deren Pfarre fast alle Dörfer umfaßt, welche auf dem Wanzeberge liegen. Die Landschaft des hohen Wanzeberges fällt gegen Norden steil in das tiefe Flußthal der Rögnitz ab, in welchem der "Burgwall" von Glaisin liegt. Im Norden dieses Landes und der Rögnitz liegt das Land Jabel, eine über das Flußthal der Rögnitz erhobene sandige, dürre Kiefernebene, in deren Mitte das Kirchdorf Jabel liegt. Grade in der Mitte dieser beiden wendischen Länder liegt im sumpfigen Wiesenthale an dem südlichen Ufer der Rögnitz, nach Konow hin, der "Burgwall". In ältern Zeiten hatte das wendische Volk, welches diese Länder bewohnte, den Namen Smeldinger, welchen Beyer 1 ) so erklärt, daß er aus der wendischen Präposition Sa = jenseit (trans) und dem Flußnamen Elde gebildet sei und die Bedeutung: Uebereldinger (Trans-eldingii) habe. Auch macht v. Lede=


1) Vgl. Jahrbücher VI, S. 59.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bur darauf aufmerksam, daß in dieser Gegend die Dörfer Gr. und Kl. Schmölen liegen. 1 )

Nun erzählt Einhard: 2 )

Thrasko, der Fürst der Obotriten, habe im J. 809 mit Hülfe der Sachsen seine Nachbaren die Wilzen angegriffen, ihre Aecker mit Feuer und Schwert verwüstet und große Beute heimgeführt; darauf habe er, nachdem er noch ein Mal kräftigere Hülfe von den Sachsen erhalten habe, die größte Burg der Smeldinger erobert,

und das Cbronicon Moissiacense: 3 ) der Kaiser Karl habe seine Schaaren in die Marken geschickt und die Sachsen seien über die Elbe gegangen und hätten mit den ihm zugethanen Wenden eine Burg gebrochen, welche Semeldinc=Connoburg heiße.

("Thrasco dux Abodritorum, colleda popularium manu et auxilio a Saxonibus accepto, vicinos suos Wiltzos adgressus, agros eorum ferro et igni vastat, regressusque domum cum ingenti praeda, accepto iterum a Saxonibus validiori auxilio, Smeldingorum maximam civitatem expugnat." (Einh.)

"Karolus Imperator in illa aestate misit scaras suas ad marchias. Et aliqui de illis Saxones venerunt ultra Albiam et fregerunt unam civitatem cum nostris Hwinidis, que appellatur Semeldinc-Connoburg." (Chron. Moiss.)

Diese Smelding=Connoburg, welche gewiß nicht sehr weit von der Elbe und nicht tief im Wendenlande lag, kann nun wohl keine andere sein, als der "Burgwall" von Glaisin oder Menkendorf. Die Höhe des Wanzeberges mit trockenem Boden eignet sich eben so wenig, als die dürre Jabelhaide zur Anlage einer wendischen Burg und kein Ort in einiger Entfernung von der Elbe ist geeigneter zu einer Wendenfeste, als eben die Stelle des Burgwalles, welche grade in der Mitte der beiden Länder Wehningen und Jabel oder des Smeldingervolkes liegt, jedoch an dem Ufer nach Konow hin. Und die Burg konnte sehr gut die Burg von Konow oder die Konnoburg sein, da das hoch gelegene Konow nicht viel weiter von dem Burgwalle entfernt ist, als das eben so alte Dorf Glaisin; der Burgwall ist von


1) Vgl. v. Ledebur's Feldzüge Karls des Großen, Berlin, 1829, S. 191.
2) Vgl. Wigger Meklenburgische Annalen bis zum Jahre 1066, S. 8-9, aus Pertz Mon. I, p. 196.
3) Wigger p. 91, aus Pertz Mon. II, p. 258.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Konow ebenfalls nur eine "Stunde Weges" entfernt und zwischen dem Burgwall und Konow liegt nur die Feldmark Grebs mit Menkendorf, während sich zwischen dem Burgwall und Glaisin auch ein Stück von Karentz zwischenschiebt. Der Burgwall konnte also in alten Zeiten eben so gut nach Konow, als nach Glaisin benannt sein. Sehr wahrscheinlich ist es, daß auf dem "Burgwall" die Burg nach der Zerstörung im J. 809 nicht wieder aufgebauet ist, sondern der Burgwall noch heute so dasteht, wie er vor 1000 Jahren im J. 809 verlassen ist; das Alter der Gefäßscherben scheint hiefür zu sprechen.

Wenn nun auch die Umgebungen des Dorfes Konow nicht zur Aufführung einer großen wendischen Burg geeignet sind, so scheinen sich dort noch Merkwürdigkeiten zu finden, welche auf eine uralte Wichtigkeit des Ortes Konow hindeuten und dadurch die Annahme von der Connoburg sehr unterstützen.

Auf dem Plateau des Wanzeberges 1 ) erheben sich mehrere Spitzen auf der Feldmark von Karenz, namentlich an dem Wege von Karenz nach Maalk die sogenannte "Steinburg", 2 ) an deren Fuße das Dorf Karenz liegt. Diese Erhebung der "Steinburg" erscheint von Karenz aus als ein unregelmäßiges Achteck; die Plateaufläche beträgt ungefähr 13000 Quadratruthen, die eigentliche Spitze der Steinburg hat einen Flächeninhalt von 16 Quadratruthen. Die Nord= und Nordostseite der "Steinburg" sind sehr steil abfallend. Der östliche Abhang der "Steinburg", welcher noch Ueberreste einer Eichenwaldung trägt, führt den Namen Swantewit, auch Swantewiet oder Swanwit, und sollen hier dem Götzen gleiches Namens Opfer gebracht worden sein. Der Boden der Steinburg besteht aus Sand und Steinen, mit denen die Oberfläche wie übersäet erscheint. Durch Untersuchungen mehrerer Bergleute hat sich ergeben, daß unter dem Sande große Kies= und Thonlager liegen. Man sieht das ganze als ein Werk der Natur an und kennt durchaus nichts, woraus man schließen könnte, daß je Menschenhand hier thätig war, um Wallanlagen, Verschanzungen u. s. w. aufzuführen. Jedoch sind hier bei Ackerarbeiten viele Töpfe mit Asche und Knochen, auch Scherben von Gefäßen gefunden. In der Gegend bezeichnet die Sage die Steinburg als Begräb=


1) Das Folgende nach der Mittheilung des Küsters zu Konow.
2) Die Benennung "Steinburg" kommt im Lande öfter vor bei Anhöhen, auf denen viele, große Steinblöcke (Granitgerölle) liegen, und deutet daher nicht immer auf eine gemauerte Burg.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nißort des alten Wendenkönigs Wanzka oder Wanze, von welchem der ganze Wanzeberg den Namen erhalten haben soll; dieser König Wanzka soll in einem dreifachen Sarge liegen, einem innern von Gold, einem mittlern von Silber, einem äußern von Kupfer, auf welchem Schild, Bogen und Schwert liegen sollen. Jedoch sind gleiche und ähnliche Sagen im ganzen Lande verbreitet. Auch der Herr Förster Wiegandt zu Glaisin berichtet, daß die Ackerkoppeln an der Steinburg den Namen "Swanzwit" führen.

Diese Ansicht über die Lage der Connoburg und das Land der Smeldinger theilt auch v. Ledebur in seiner Schrift über die Feldzüge Karls des Großen, 1829, S. 185 flgd und 176 flgd. Nachdem er alle Gründe dafür gründlich entwickelt und die frühern Meinungen beleuchtet hat, kommt er zu der Ansicht, daß die Connoburg nur bei Konow gelegen haben könne, womit auch die geographische Lage von Konoenon bei Ptolomäus übereinstimmt. Diese Ansichten theilt und untersucht genauer auch Wigger in den Meklenburgischen Annalen, I, 1860, S. 112. Der von Pertz in Mon. I, p. 309, Not. 61, aufgestellten Ansicht, daß die Conneburg bei Kurthschlag in der Nähe von Zehdenik, oder bei Conow in der Nähe von Feldberg gelegen haben möge, kann ich nicht beipflichten, da diese beiden Orte für einen Einfall in die Slavenläuder zu weit von der Elbe entfernt und gewiß nicht im ehemaligen Smeldingerlande liegen; eben so glaube ich auch nicht, daß, wie Pertz will, das Land der Obotriten südlich bis nach Konow bei Dömitz hinaufreichte. Die Untersuchungen über das Land der Smeldinger können hier nicht von neuem aufgenommen werden; ich nehme dafür die Forschungen von v. Ledebur und Wigger als die richtigem an.

Zum Schlusse gebe ich hiebei einen Plan von der Lage der in Frage stehenden Ortschaften mit ziemlich genauer Angabe der Entfernungen, nach dem Maaßstabe von 2 1/2 geographischen Meilen für die beiden angegebenen Flußlinien; für Wehningen, welches etwas weiter entfernt liegt, ist aber nur die Richtung angegeben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 212 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Lage der Connoburg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters.


a) Weltliche Bauwerke.


Das Schloß Ankershagen.

Das Schloß zu Ankershagen bei Waren ist in der Sage vielfach im Lande besprochen. Es soll nach der Sage im 12. Jahrh. erbauet sein und an das noch stehende Gebäude knüpfen sich sehr schauerliche Erzählungen, welche jedoch nichts weiter sind als grundlose Dichtungen.

Man muß das alte und das neue Schloß unterscheiden. Von beiden sind ohne Zweifel die von Holstein Erbauer, deren altes und Hauptlehn seit dem 14. Jahrhundert das Gut Ankershagen war, von welchem der Hof mit dem Schlosse Wickenwerder, das davon getrennte, in einiger Entfernung liegende Kirchdorf Ankershagen hieß (vgl. Jahrb. VIII, S. 124). Die Gründer waren ohne Zweifel die von Anker, welche schon früh im 14. Jahrh. ausgestorben zu sein scheinen.

Das alte Schloß liegt unmittelbar neben dem neuen Schlosse. Es wird sehr groß und fest gewesen sein und die Ueberreste gehören zu den bedeutendsten Ritterburgruinen im Lande. Die Ueberreste der Wälle sind sehr mächtig und haben mit den Spuren der Gräben eine große Ausdehnung. An zwei Seiten stehen noch Ueberreste der Befestigungsmauern mit engen Schießscharten und weiten Brustwehren; neben dem neuen Schlosse steht noch das Erdgeschoß eines mächtigen viereckigen Thurmes. Das Mauerwerk ist aus großen Ziegeln und Feldsteinen zusammengesetzt und scheint aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh. zu stammen.

Das neue Schloß ist ein Bau im Renaissance=Style, ungefähr 1550-1570 erbauet und über hohen, gewölbten Souterrains zwei und ein halb Geschosse hoch. Es hat eine einfache Fronte und ist mit Kalkputz übersetzt, welcher ungefähr

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

im 17. Jahrh. ziemlich geschmacklos erneuert und späterhin in demselben Sinne restaurirt sein wird. An einem Ende springt ein kleiner Flügel vor, welcher ein kleines Gemach enthält. Im Innern zeigt der Bau aber entschieden den Renaissance=Styl des 16. Jahrhunderts. Die Verhältnisse der Räume sind alle sehr groß; die Außenmauern und Hauptzwischenwände sind alle ungewöhnlich dick, gut 6 Fuß dick; das ganze Schloß hat aber nur eine Tiefe von einem Zimmer und keine Längs= oder Nebengänge. Die Verbindungen zwischen unten und oben sind daher, außer durch die Haupttreppe, durch mehrere kleine Treppen bewerkstelligt, welche in den Wänden liegen. Dieselben Eigenthümlichkeiten der queer durchgehenden Räume und der Wandtreppen hat auch das um dieselbe Zeit erbauete Schloß zu Güstrow; ähnlich sind auch die um 1555 erbaueten Schlösser zu Wismar und Schwerin, mit dem Unterschiede, daß hier die vielen Wandtreppen fehlen. Es giebt auch einen directen Beweis für die Erbauung kurz nach der Mitte des 16. Jahrhunderts. Ueber einer ehemaligen, jetzt zugemauerten Pforte in der jetzigen Hinter= oder Gartenseite, welche in die Mitte des Hauses führte, jetzt aber ohne Treppe hoch in der Wand über den hohen Souterrains zu sehen ist, ist ein sehr großer viereckiger Ziegel mit dem Reliefbrustbilde eines Mannes in Hofkleidung, von einem Kranze umgeben, eingemauert. Dieser Reliefziegel ist an Größe, Arbeit und Styl ganz den Bildziegeln gleich, mit welchen die Schlösser zu Wismar und Schwerin 1555 geschmückt sind. Ich glaube jedoch nicht, daß dies einer von den schweriner Ziegeln, sondern daß er eigens für das Schloß zu Ankershagen modellirt ist und einen v. Holstein darstellen soll.

Es geht über dieses Ziegelbild im Lande die Sage, daß ein Ritter Henning v. Holstein, vor dem jetzt zugemauerten Kamine des Hauptzimmers sitzend, einen Schäfer in denselben geworfen und lebendig gebraten habe. Wegen dieser Blutschuld werde das Bildniß, so oft man es auch mit Kalk übertünche, immer wieder roth. Die Sache ist aber einfach die, daß das ganze Schloß mit Kalkmörtel übersetzt, das fest gebrannte, glatte Ziegelbild in früheren Zeiten aber roth geblieben und erst in neuern Zeiten dünne übertüncht ist, die Kalktünche auf demselben aber nicht recht haften will.

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 215 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b) Kirchliche Bauwerke.


Die Glasmalereien
in
der Kirche zu Dargun.

von

G. C. F. Lisch.

Im Jahre 1464 ward, unter Beförderung des Herzogs Heinrich und seiner Söhne Albrecht, Johann, Magnus und Balthasar, der Ausbau der Kirche und des Klosters zu Dargun angefangen. Da das Schiff der Kirche ein in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts vollendeter, alter Bau ist, so kann unter dem in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts ausgeführten Bau nur der Ausbau des aus dem 14. Jahrhundert stammenden Chores mit dem Kreuzschiffe verstanden werden, und hiefür sprechen auch alle noch vorhandenen Denkmäler der Kirche. Der Ausbau des Chores erstreckte sich über die Gewölbe, die Fenster, die Deckung des nördlichen Kreuzschiffes ("ghevel tho klosterwardt"), den Thurm (Dachreiter), das Weihbecken ("handvath") der Kirche und das Schlafhaus und die Bibliothek ("liberye") des Klosters. Dieser Bau, und damit die schöne Klosterkirche, ward nach 15 Jahren im J. 1479 vollendet.

Zu diesem Bau leisteten viele adelige Geschlechter, namentlich aus dem benachbarten Lande Wenden, unter der Verwaltung des Ritters Ludolf Hahn auf Basedow, ansehnliche Hülfe ("hulpe und hantrekinge") und brachten eine große Summe Geldes zusammen, welche zu der Wölbung, der Dachdeckung und den Fenstern ("glasevinstern") der Kirche

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 216 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verwandt ward. Am Tage des H. Alexius (17. Julii) 1479 legte der Ritter Ludolf Hahn ("ein woldeder des gadeshuses") dem Abt und Convent des Klosters Rechnung ab, und zum andenken ward diese Rechenschaft auf ein Brett ("an disseme brede") gemalt, welches im südlichen Kreuzschiffe des Klosters aufgehängt ward, wo es noch an der westlichen Wand wohl erhalten zu sehen ist.

Diese in ihrer Art seltene Inschrift ist schon im Jahresberichte III, 1838, S. 177 flgd., mitgetheilt, jedoch an mehreren Stellen fehlerhaft und lückenhaft; namentlich ist dort eine große Stelle im Eingange, welche die Theilnahme der adeligen Geschlechter einleitet, ganz ausgelassen, so daß diese nach dem alten Abdruck nicht recht begründet erscheint, indem sie sich an die Beförderung durch die Herzoge ohne Ueberleitung anschließt; auch ist unter den Wohltätern "Henneke Bulow tho Zibbul XXX sundesche mr." ganz ausgelassen, mancher Lesefehler in den Namen nicht zu erwähnen. Deshalb und der Vollständigkeit wegen theile ich hier einen neuen Abdruck nach einer "srgfältigen und zwei Male verglichenen Abschrift" des Herrn Amtmanns von Pressentin zu Dargun mit und begleite die Inschrift mit folgender Beschreibung der Tafel von demselben. "Die Tafel ist von Eichenholz. Der im Grunde braun gestrichene und mit gelben Rosen und weißen Sternen verzierte Rahmen von 3 1/2 Zoll Breite umfaßt eine Füllung von 3 Fuß 6 Zoll Höhe und 6 Fuß 6 Zoll Breite. Diese Füllung ist durch sechs 1 1/2" breite, senkrechte, braune, mit gelben Nelken verzierte Striche in sieben Spalten getheilt, auf deren weißem Grunde sich die Inschrift befindet", deren große Anfangsbuchstaben und Schlußverzierungen in den einzelnen An= und Absätzen roth, deren kleine Buchstaben schwarz sind. "Die Buchstaben und die Ziffern sind gothische Minuskelschrift. Die Tafel hat, wie der Augenschein deutlich ergiebt, eine Renovation niemals erfahren und ist mit der Schrift sehr wohl erhalten."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 217 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Denktafel

über

den Ausbau der Klosterkirche zu Dargun.

vom

Jahre 1479.

W y Johan . depzo w über w . abbet vnd gantzē Conuent to dargun / bekennen vor vns . vnse nak oe mlinge dat in den Jaren vnses lieren / M / CCCC / dar na in dem LXIIII / Jare / de was ein anbeginner der bu w über w ethe vnser kerkē. to dargun / vnse gnedige here / hertoghe hinrick . van meklēlburch / graue to swerin . forste to wenden / mit sinen leuen sons / vnsen gnedigen heren / hertoch Albrecht / hertoch Johan / hertoch magnus / hertoch baltzer / vmme erer selen salicheit willen / vnde oe rer olderen / mit mannigerleye g ue de / de se dar tho gedan hebben / vnde hir namals nocii wol donde werden / Des geliken hebben gedan de duchtigen manne / vnd ere almissen uas tlio hebben gegeuen / ock umme erer selē salicheyt willen / vnd ere olderen vnd alle ere slechte / so se hir na by namen gen oe met werden / ein Islick by sick / wo vele dat lie dar tho keret hefft In gades ere / Tho dem ersten hefft her

L udeke hane / wanhafftich tho basedow / veer


marck / vnd L sundesch / vnd XII gulden / de denne vordert hefft / geuordert dat vnse kercke rede worden is / vnd sodane gelt uorlonet hefft / [Vignette s. Originalseite]

A lso de guden menne / hir na ben oe met / dar tho gegeuen hebben / [Vignette s. Originalseite]

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 218 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

D e duchtige man Ludeke moltzan / tho dem Grubenhagen / IIII mr mit Strich / vnd L sundesch / vnd XII gulden / vnd III gulden tho enem knope [Vignette s. Originalseite]

H enneke van der osten / tho karstorpe / XL mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

H inrik hane / tho kuchelmisse / IIII mr mit Strich / vnd L sundesche / vnd XII / gulden / [Vignette s. Originalseite]

O tte vnde clawes / veddern / geheten . de moltken / wanhaftich tho dem stritfelde / L / sundesche mark / [Vignette s. Originalseite]

R atke kerckdorp / tho nikur / L VI / mr mit Strich / sundesche [Vignette s. Originalseite]

V icke moltzan / einen gulden tho enem knope / [Vignette s. Originalseite]

C lawes en oldenborch tho gremmelin / IIII vnd LXX / sundesehe mark [Vignette s. Originalseite]

H er / Viuientz uan dem kalden / C / vnd XXX marck /

G herlich kallf / van malchī XX marck sundesche /


G unter Leuetzo w über w tho schorrentin . L . mr mit Strich . sund' /

M atthias grabow tho wusten / XV. sundesche mr mit Strich /

G unter Leuetzow tho merkow. L . sundesche marck [Vignette s. Originalseite]

H er . Jürgen grabow to gametow / XXX / sundesche mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

C lawes holste / wanhafftich tho wickenwerder / XXX sundesche marck / [Vignette s. Originalseite]

C lawes bardenvleth tho dem zarnde / XXX sundesche mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

R eimer plesse . tho zulo w über w XXX. sundesche marck / [Vignette s. Originalseite]

H ans vā retstorp / tho boltze / XXX / sundesche mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 219 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

H enneken bulo w über w / tho zibbul / XXX. sundesche mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

H er / Nicola' breide / kerckhere . to malchin / XXX / mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

H er / Helmich vlotow / prawest tho dobertin / XXX / sundesche / mr / [Vignette s. Originalseite]

H er / Diderick sukow . prawest tho der Verchen / X / sundesche marek [Vignette s. Originalseite]

W edige buggenhagen / tho der neringe XV . sundesche marck / [Vignette s. Originalseite]


H enninck breide XV / mr . sundesche / [Vignette s. Originalseite]

A chim / vnde drewes / de Vlotowen / geheten / wanhafftig to dem sture / Jewehkes . XXII / sundesche mr mit Strich /

H inrick smeker tho dem wustenfelde / XV sundesche mr mit Strich /

B erndt van Lesten X mr mit Strich / sundesche [Vignette s. Originalseite]

J ohan van Lesten X . mr mit Strich alle wanhafftig to gottin /

V icke bere tho nuttzero w über w XV / sundesche mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

H ermen kerckdorp . tho webbekendorp . X . gulden / [Vignette s. Originalseite]

H inrich sch oe nefelt tho subbetzin / X . gulden /[Vignette s. Originalseite]

H ermen hageno w über w wanhafftig to parchim . X . gl /

A chim van Lesten / tho gottin / X / sundesche mr mit Strich / [Vignette s. Originalseite]

H yer . Peter warenstorp / prawest tho malcho w über w . X marc k über c .

H ermen hageno w über w tho parchim / X / gulden / [Vignette s. Originalseite]

H ans van retstorp / X / gulden / [Vignette s. Originalseite]

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 220 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

E ggert stall X / Lubsche marck [Vignette s. Originalseite]

G unter van retstorp / ratman tho malchin / XX / lubsche marck [Vignette s. Originalseite]


J oachim van prenses . husfrou w über w e van wedendorp . X / lubesche marck [Vignette s. Originalseite]

T itke Loutzo w über w / tho Leuetzow . X . sundesche marck [Vignette s. Originalseite]

U lrick van Lesten / tho gottin / X / sundesche marck / [Vignette s. Originalseite]

H inrick hane / van arnsberghe . X lubsche mr mit Strich [Vignette s. Originalseite]

H ans van adrum / tho zirstorp / V. sundesche marck /

A chim vam hagen / tho bukow / X / sundesche mr mit Strich /

J ohan smeker / tho gustzo w über w / X. sundesche marck / [Vignette s. Originalseite]

I n den Jaren vnses heren / veertein hundert / dar na In dem Negen vnd S oe uentighesten Jare / In deme dage / alexius / des hilghen bichtegers / hefft de Strenghe ridder / unde wolduchtige man / her Ludeke hane / wanhafftich tho basedo w über w / ein woldeder des gadeshuses / Also heft he rekenschop gedan / dem Er w über w erdigen heren / heren Johan becker / abbet / vnd synem gantzem Conuent tho Dargun / van sodaner gifft de de guden manne an disseme brede ben oe met . vmme


salicheit willen erer seien hulpe / vnd hantrekinge gedan / des de szumme was sostein hundert marck / Acht vnd achtentich / mr mit Strich c welcker geldt merkliken kamen / vnde kerdt ys / In nutticheit des gadeshuses / N oe meliken / tho den glasevinstern / tho dem welffte . tho dem gheuele / tho kloster wardt / tho deckende / tho der Liberye /

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 221 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tho deme slaphuse / tho dem torne / midt handtuathe dat vorgan wasz.

B auen disse rekenscop . hefft vns her Ludeke Hane / In redem gelde vorantwerdet sostich Sundesche marck ock to kerende In behoff / des gadehusz / vor welcker hulpe vnde woldadt / desset Conuent vnd her n mit Querstrich godt / den hern vor ere sele vnd slechte flitigen bidden willen / [Vignette s. Originalseite]

Vignette

A l dit geldt / vorben oe met / Is gekamen tho der kercken tho deckende / tho den glasevinstern / vnd tho dem welffte / [Vignette s. Originalseite]

A lle desse Jennen / de hir vorbenomet sin / de ere allmissen hebben gegeuen / tho der buwethe tho hulpe . vnd ock de noch hir namals to geuende werden / de werden began alle weken midt vilgen vnd midt selemissen / mit vns tho dargun in der kercken / vnde werden delhafftich aller guden wercke / de mit vns sihen in allē tiden / vurder wordenen se sodane aflat . also dar de orden mede begifftiget is / van vnsen geistliken vederen / D / pawese / des doch . gantz vele is / vnd mit enem ringhen mach vordenen dat ewige rike / / dar vns godt alle tho helpe /

A M E N

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 222 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In den Fenstern der Kirche zu Dargun saßen nun in den letzten Zeiten noch Reste von alten Glasmalereien, welche, außer den Bildern der Heiligen Katharine (nur zur obern Hälfte vorhandene und der Heiligen Barbara, aus Wappen bestanden, nämlich dem vollen Wappen des Herzogs Heinrich mit Schild und Helm, Resten von den Wappen seiner Söhne und 17 adeligen Wappen, welche offenbar aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammten und alle den auf der Denktafel aufgeführten Geschlechtern angehörten, mit Ausnahme eines Wappens des Geschlechts v. Hobe, welches noch nach der Rechnungsablegung eingesetzt sein wird, da es auf der Denktafel ausdrücklich heißt, daß auch derer im Kloster dankbar gedacht werden solle, "welche nachmals hiezu noch geben würden" (und ock de noch hir namals tho geuende werden. ") Von diesen 17 alten Wappen gehörten: 1v. Grabow, 3 Hahn, 1 Höbe, 2 v. Kalant, 3 v. Kardorf, 1 Lehsten, 4 v. Oldenburg, 2 v. d. Osten. Von diesen Wappen gehörten 10, nämlich 3 Hahn, 1 ) 1 Hobe, 2 v. Kalant, 2 v. Kardorf 2 ) und 2 v. d. Osten, dem Style nach zusammen; alle waren von gleicher Arbeit, gleich hoch, 7 1/4" hoch, von einem gleich verzierten blauen Kranze mit vier hervorragenden Blättern eingefaßt, und scheinen die ältesten und vorherrschenden gewesen zu sein, da sie den gleichzeitigen, datirten, schönen, im J. 1859 restaurirten 4 alten Wappen aus der Zeit des schweriner Bischofs Werner Wolmers (1458- 1473) in der Kirche zu Bützow gleichen. Die andern 7 Wappen sind 9" hoch; die 4 v. Oldenburg haben auch einen blauen Kranz, sind aber weniger gut gemalt; 1 v. Grabow und 1 Lehsten sind von einem weißen Kreise eingefaßt, auf welchem zwischen fünf Rosen der Name mit schwarzer Schrift steht; 1 v. Kardorf 3 ) ist jünger, da die Schildzeichen nur mit brauner Farbe auf weißem Glase ausgeführt sind.

Aus diesen letzten Resten der Wappenmalerei, von denen viele schon sehr stark mitgenommen und lückenhaft waren, ergab es sich mit Sicherheit, daß die Seitenfenster der Kirche nur von dickem grünen Glase gewesen waren und jede Fensterabtheilung wenigstens ein Wappen getragen hatte; in der ganzen Kirche ist keine Spur davon zu finden, daß je


1) Abgebildet in Farben in Lisch Geschichte des Geschl. Hahn, Bd. II, T. IV.
2) Abgebildet in Farben in Masch Geschichte der Familie v. Kardorf, T. IV.
3) Abgebildet in Farben in Masch Geschichte der Familie v. Kardorff, T. V.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 223 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die ganzen Seitenfenster sollten gemalt gewesen sein, wie die Fenster der Kirche zu Doberan.

Da die Fenster der Kirche im Laufe der Zeiten sehr schadhaft geworden waren und deren Erneuerung beschlossen ward, so daß im J. 1859 die ersten zwei großen, viertheiligen Fenster des südlichen Kreuzschiffes neu hergestellt werden sollten, so galt es, die noch vorhandenen, seltenen Ueberreste der Wappenmalerei, welche schon sehr schwach im Blei hingen, zu retten, da sie unter keiner Bedingung in ihrem wandelbaren Zustaude wieder eingesetzt werden konnten. Ich faßte daher den Plan, nach erhaltener Billigung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs, durch Hülfe der noch blühenden Familien, nicht allein die alten Wappen zu erhalten und zu restauriren, sondern auch die fehlenden Wappen, so weit es irgend möglich war, nach Anleitung der Denktafel im alten Geiste und nach alten Wappenbildern und Siegeln neu wiederherzustellen. Ich wandte mich daher an einzelne Personen der noch blühenden Familien, um für die Wiederherstellung des Ganzen, so weit es möglich war, Beiträge zu gewinnen, welche zwar je nach dem Grad und der Art der Theilnahme verschieden, jedoch hinreichend gewesen sind, um das Unternehmen glücklich zu Ende zu führen.

Das Unternehmen bot sehr große Schwierigkeiten dar. Die nächste Schwierigkeit lag in der Unterbringung und Anordnung der Wappen. Außer den drei Fenstern hinter dem Altare, welche für die landesherrliche Familie reservirt bleiben mußten, bot der Chor der Kirche 13 Fenster dar, welche verschieden getheilt und theils zwei=, theils drei=, theils viertheilig und zur Aufnahme zusammengehörender Wappen nach der Zahl der Theilungen oft ungünstig construirt waren; im Ganzen standen 42 Abtheilungen oder "Luchten" zu Gebote, es konnten also 42 Wappen aufgenommen werden. Die nächste Pflicht war, die alten Wappen zu erhalten; nun waren aber z. B. 4 alte Wappen der v. Oldenburg vorhanden, während die Tafel nur einen Oldenburg aufführt; es war ferner 1 v. Kalant, 1 v. Kardorf, 1 v. d. Osten mehr vorhanden, als die Tafel angiebt, und diese nahmen Raum weg. Daher mußten nach der Zahl einige Wappen wegbleiben, wenn eine geringere Betheiligung die Herstellung einer großen Zahl von Wappen verbot. Von anderer Seite erforderten die Wünsche derer Berücksichtigung, welche zu diesem Zwecke mehr als erforderlich beigesteuert hatten. Die zweckmäßige Zusammenstellung nach Größe und Farben mußte nothwendig auch berücksichtigt und dabei eine passende Gruppirung nach den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 224 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wohnsitzen der Familien und den in der Kirche vorhandenen Leichensteinen nicht übersehen werden. Eine sehr große Schwierigkeit lag aber in der Ermittelung der Wappen der ausgestorbenen Familien und deren Farben. Für die Familien v. Adrum, v. Breide, v. Hagen, v. Schönfeld und v. Schmeker ist die Ermittelung sicher gewesen. Für die Familien v. Barenfleth und v. Stal, für die Pröpste Dietrich Sukow zu Verchen und Peter Warenstorf zu Malchow, so wie für Gerlich Kalf zu Malchin ist die Feststellung unmöglich, für v. Hagenow schwierig gewesen; diese haben also wegbleiben müssen, zumal es für diese an Geld und besonders an Platz fehlte.

Die größte Schwierigkeit lag aber nicht allein in der dem alten Geiste und den alten Wappen gemäßen Herstellung der Wappenzeichen für die neuen Wappen, sondern auch in der so ungemein schwierigen technischen Ausführung, damit die neuen Wappen möglichst den alten auch an Ansehen gleich wurden. Und hiezu konnte ich nirgends bessern Beistand finden, als bei dem Geschichtsmaler Milde in Lübeck, welcher mir, bei aller Achtung vor andern Glasmalern, von allen Malern allein befähigt zu sein schien, ein so schwieriges Werk mit der Treue und Entsagung auszuführen, welche hiebei unbedingt gefordert wird. Tief eingedrungen in das Verständniß der alten Kunst und begabt mit der Kraft, sie auch nach Möglichkeit wiederherzustellen, völlig sicher in den strengen Formen der alten Heraldik und gereift in der alten Sphragistik, selbst Glasmaler, so daß vom ersten, jedesmal viel berathenen Entwurfe nach den besten gleichzeitigen Siegeln und Wappen bis zum fertigen Glasgemälde Alles in einer und derselben geübten Hand lag, war Milde der einzige Mann, mit dem ich von der ersten Idee bis zum Einrahmen und Einsetzen stets Hand in Hand gehen konnte, und daher habe ich auch nicht angestanden, ihm das Werk anzuvertrauen, um so mehr, da ihm in dem Glasermeister J. Achelius zu Lübeck ein mit der Technik der Glasmalerei vertraueter Mann für das Handwerkliche zur Seite stand.

Es mußte eine große Geschicklichkeit und eine vieljährige unverdrossene Sammlung von farbigen Gläsern aller Art vorausgehen, um die alten Farbentöne zu schaffen; viel zu den Wappen verwandtes farbiges Glas ist an Stellen und unter Verhältnissen gesucht und gefunden, wo es der Künstler sonst nicht zu suchen pflegt, da die schönsten, modernen Gläser nach dem Farbentone in der Regel nicht zu gebrauchen waren. Dazu kam, daß die alten farbigen Gläser oft sehr verschieden gefärbt und gebrannt sind, und sich in einer und derselben

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 225 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kranzeinrahmung oft mehrere verschiedene Töne in einer und derselben Farbe finden, z. B. im Blau. Die schwere Aufgabe, den Schein des Alten zu erreichen, ist nach Möglichkeit erreicht. Erhalten sind die kleinsten Stücke von den alten Wappen, und es ist oft schwer zu ermitteln, was alt oder neu ist.

Die Wappen sind alle in gleicher Höhe eingesetzt und alle von außen durch 5 Quadratfuß große Gitter von Kupferdrath gesichert, welche freilich anderthalbmal so theuer sind, als eiserne, aber nach allen, weit reichenden Erfahrungen die größte Dauerhaftigkeit haben.

Für alle sorgfältigen Bemühungen beim Ausnehmen, Einsetzen und Sichern bin ich dem Herrn Amtmann von Pressentin und dem Herrn Baumeister Koch zu Dargun den größten Dank schuldig.

Da die kleinem Wappen von 7 1/4" Höhe, in dem blauen Kranze mit den vier hervorragenden Blättern, bei weitem die schönsten, besten und zahlreichsten und wahrscheinlich auch die ältesten und ursprünglichen waren, so wurden diese zum Muster für die meisten neu gemalten Wappen genommen, wenn nicht vorhandene alte Wappen von anderer Anordnung die Herstellung ähnlicher neuer gebot. Alle diese 32 Wappen von derselben Größe und mit derselben blauen Einfassung sind in die Fenster an der Südseite, zu den Seiten des Altarraumes und am Eingange in die Kirche gesetzt, da sie sich an diesen Stellen am ersten und meisten dem Anblicke darbieten; die übrigen 10 verschieden umrahmten Wappen haben Platz in den Fenstern an der weniger zur Ansicht kommenden Nordseite der Kirche gefunden. Die Wappen der v. Flotow, Hahn und Maltzan stehen über den alten Gräbern und Leichensteinen, welche diese Familien im Kreuzschiffe der Kirche haben, da die alten Hahnschen Wappen über den Hahnschen Leichensteinen standen. Ferner haben die alten Wappen und die dazu gehörenden neuen Wappen ihre Stelle in den Fenstern gefunden, in welchen die alten Wappen vorher standen. Endlich ist bei der Anordnung Rücksicht auf den Wohnsitz genommen, indem an der Südseite der Kirche die Wappen der Familien in dem östlichen Lande Werle oder Wenden und in der Nähe des Klosters im südlichen Kreuzschiffe, der Eingangspforte gegenüber, den Anfang machen und die Wappen der westlichen Familien des Landes Meklenburg neben dem Altare den Schluß bilden; dabei ist möglichst viel Rücksicht auf die Farben genommen, um neben dem Wechsel auch Glanz und Harmonie hervorzubringen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 226 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Zeichnung und Färbung der Wappen ist nach den besten und ausgebildetsten, möglichst gleichzeitigen Mustern des Mittelalters ausgeführt. Für die noch blühenden Familien waren die Hülfsmittel ausreichend, wenn auch schwer herbeizuschaffen und für Glasmalerei anzuwenden. Für die im Lande ausgestorbenen Familien war die Ermittelung der Wappen und deren Farben oft mit sehr großen und zeitraubenden Schwierigkeiten verbunden. Es ist jedoch geglückt, folgende Wappen ausgestorbener Familien, außer den noch vorhandenen alten Wappen, mit Sicherheit herzustellen:

v. Adrum auf Zierstorf: im silbernen Schilde drei schwarze Hahnenköpfe;

v. Breide auf Kittendorf: im rothen Schilde ein silberner Löwe mit goldener Krone;

v. Hagen auf Bukow: im silbernen Schilde drei schwarze Queerbalken;

v. Schmeker auf Wüstenfelde: im längs getheilten Schilde: rechts im blauen Felde ein halber schwarzer Adler, links im goldenen Felde eine halbe rothe Lilie;

v. Schönfeld auf Subzin: im silbernen Schilde ein schwarzer Queerbalken.

Die Farben der Wappen der ausgestorbenen Familien v. Barenfleth, v. Stal und v. Sukow konnten nicht mehr ermittelt werden.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 227 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Folgendes Verzeichniß giebt eine Uebersicht über das ganze Unternehmen und die früher vorhanden gewesenen und die jetzt vorhandenen Wappen, mit Ausnahme der Wappen, deren Herstellung unmöglich gewesen ist:

Übersicht über Familien und Wappen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 228 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese 42 Wappen sind folgendermaßen vertheilt und eingesetzt, wobei zu bemerken ist, daß die einzelnen Abtheilungen die 13 Fenster der Kirche bezeichnen.

Verteilung der Wappen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 229 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Was schließlich die Kosten dieses Unternehmens betrifft, so haben die Beiträge dazu ausgereicht. Am 30. Nov. 1858 wandte ich mich unter Darlegung des Zustandes und des Planes schriftlich je an ein bekanntes Mitglied der betheiligten 18 noch blühenden Geschlechter, mit der Bitte, die Sache durch eigene Betheiligung und Verwendung bei andern Familiengliedern zu fördern, da ich unmöglich mit allen einzelnen Gliedern dieser Familien in weitläuftigen Briefwechsel treten konnte, der jedoch zum Theil doch nicht ausgeblieben ist. Mein Vortrag hatte, wenn auch verschiedenen, doch im allgemeinen günstigen Erfolg, so daß ich schon im März 1859 den Muth hatte, die Sache ernsthaft anzugreifen, welche in einem Jahre glücklich ausgeführt ist. Es sind von den Familien Behr, v. Bülow, v. Flotow, Hahn, v. Holstein, v. Kardorf, v. Lehsten, v. Lewetzow, v. Lowtzow, Maltzan, Moltke, v. Plessen und v. Restorf in sehr verschiedenen Beiträgen 678 Thlr. 38 ßl. Cour. in Einnahme gekommen, welche bei den in Lübeck und Dargun bedungenen Preisen vollkommen ausgereicht haben, um so mehr, da die Kirchenbaucasse die Kosten für die Fenster selbst und andere Nebenkosten zu nicht unbedeutendem Betrage bestritten hat. Ich mußte jedoch ganz darauf verzichten, die Preise für jedes einzelne Wappen zu berechnen, was auch schwer möglich gewesen wäre, sondern mußte, wenn das Unternehmen zur Ehre der Familien durchgesetzt werden sollte, die Sache auch als eine Ehrensache betrachten und alle Beiträge in "Einen Topf" werfen und die Kosten des Ganzen aus der Gesammtsumme bestreiten, was auch mehrere Familien wünschten.

Die Ausgaben sind folgende:

für den Glasmaler 188 Thlr. - ßl.,
für den Glaser 274 " -  "
für Emballage 1 " -  "
für Fracht 4 " 35 1/2  "
für das Einsetzen der Wappen 27 " 8  "
für kupferne Schutzgitter 52 " 24  "
für eiserne Rahmen 25 " 18  "
für Bemalen der Rahmen 3 " 35  "
für Reisen 54 " 8  "
für Copialien 4 " 11 1/2  "
für Porto 9 " 7  "
----- ------ ------ ---
644 Thlr. 3 ßl.

Es ergiebt sich hieraus, daß nach Bezahlung aller Rechnungen für die Glaswappen und deren Sicherung durch Kupferdrathgitter noch ein Cassenvorrath von 34 Thlr. 35 ßl.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 230 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Cour. geblieben ist, welchen ich, da er unmöglich zu repartiren und zu restituiren war, im Geiste der betheiligten Familien und des Unternehmens für den Druck und die Versendung des gegenwärtigen Berichts, theils für baare Auslagen, theils als Entschädigung für den Verein für meklenburgische Geschichte laut Berechnung bei demselben verwandt habe.

Die Original=Hauptrechnung, welche ich von dem Herrn Amtmann von Pressentin zu Dargun habe revidiren lassen, steht mit den erwachsenen Acten den Betheiligten bei mir offen und werde ich die Zeichnungen, die Acten und die Rechnung demnächst im Archive niederzulegen Gelegenheit haben. Das Revisionszeugniß lautet folgendermaßen:

Durch Vermittelung des Herrn Archivrath Dr. Lisch zu Schwerin sind in den Fenstern der hiesigen Schloßkirche 42 adlige Wappen, 1 Helm und 2 Tafeln Inschriften theils restaurirt, theils - und meist - im Style der alten Wappen neu hergestellt. Die ganze Arbeit ist in gelungener Weise möglichst in Grundlage der in der Schloßkirche vorhandenen eichenen Denktafel von 1464 und der gezeichneten Beiträge im Sommer dieses Jahres vollendet, die Glastafeln sind in eiserne Rahme gefaßt und durch kupferne Drathgitter geschützt.

Nach der mir von Herrn Archivrath Lisch zugesandten und von mir genau revidirten Rechnung nebst Belägen hat die gesammte Einnahme betragen 678 Thlr. 38 ßl. Cour., die gesammte Ausgabe Ausgabe 644 Thlr. 3 ßl. Cour., so daß noch ein Cassenvorrath von 34 Thlr. 35 ßl. Cour. verbleibt. Dieser dürfte zweckmäßig zu einem correcten Druck der Denktafel=Inschrift von 1464 und eines ausführlichen Berichts in den Jahrbüchern für Mekl. Geschichte über das ganze mühsame und schwierige Unternehmen des Herrn Archivrath Lisch, so wie zum Ueberdruck des letzteren und der Versendung desselben an die Beitragenden verwendet werden.

Dargun, 2. November 1860.

C. v. Pressentin, Amtmann.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 231 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach Vollendung dieser Arbeiten, deren Ausführung zum Ueberblick des ganzen Schmuckes nöthig war, hat Se. Königliche Hoheit der Großherzog am 15. Dec. 1860 geruhet, die Wiederherstellung und Ergänzung der übrigen Reste der alten Glasmalereien zu befehlen und dem Glasmaler Gillmeister in Schwerin zu übertragen. Es waren im Chor der Kirche noch die drei Fenster hinter dem Altare ohne malerischen Schmuck übrig geblieben, von denen das mittlere gerade hinter dem Altare fünftheilig, die beiden Fenster zu den beiden Seiten zweitheilig sind. Es waren noch ansehnliche Ueberreste von zwei herzoglichen Wappen mit Helmen und von zwei Heiligenfiguren: die H. Katharina (halb) und die H. Barbara (ganz) vorhanden, schöne, achtungswerthe Arbeiten. Da nun nach der Denktafel fünf Herzoge: der Herzog Heinrich mit seinen vier Söhnen, Albrecht, Johann, Magnus und Balthasar, den Ausbau des Chores und der Fenster befördert haben, so schien es durchaus angemessen, die Wappenschilde und Helme dieser fünf Herzoge mit Unterschriften getreu nach den vorhandenen, ziemlich ausreichenden alten Ueberresten herzustellen und in die fünf Abtheilungen des Fensters zu stellen. Da die beiden Seitenfenster zweitheilig waren, so ward beschlossen, die beiden alten Figuren der H. Katharine und der H. Barbara in das eine Fenster zu setzen und für das andere zweitheilige Fenster die Figuren der beiden Schutzheiligen des Klosters Dargun, der Jungfrau Maria und des H. Benedict, im alten Style neu anzufertigen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 232 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Bernit
und
ihre Wandmalereien.

Die Kirche zu Bernit bei Bützow ist zwar in den Jahrbüchern XXII, 1857, S. 314 flgd. von C. D. W., und der Altar von mir in den Jahrb. XXIV, S. 344, gründlich beschrieben, bedarf aber jetzt einer ausführlichem Darstellung da die Kirche seitdem der Restauration unterworfen gewesen ist, bei welcher sehr seltene und merkwürdige Kunstwerke zum Vorschein gekommen sind. Die Kirche stand in alten Zeiten unter dem Patronat des Klosters Rühn, und daher mag die künstlerische Ausstattung derselben kommen.

Die Kirche besteht aus einem niedrigen rechteckigen Chor, welches mit einem Gewölbe bedeckt ist, und aus einem breitern und höhern Schiffe, welches aus zwei gewölbten Rechtecken in der Länge besteht, welche auch durch einen starken, breiten Bogen getrennt sind; das westliche Rechteck des Schiffes springt etwas vor dem östlichen vor. Der Triumphbogen zwischen Chor und Schiff hat, da der Chor sehr viel niedriger ist, als das Schiff, eine verhältnißmäßig sehr kleine Bogenöffnung, und daher wendet der Triumphbogen dem Schiffe eine sehr breite Seitenfläche zu. Aus den verschiedenen Breiten der drei Rechtecke und den beiden starken Bogen, durch welche sie getrennt sind, dürfte sich schließen lassen, daß die drei Rechtecke der Kirche zu verschiedenen Zeiten, wenn auch bald hintereinander, gebauet sind. Der Thurm ist ein etwas jüngerer Bau von gleicher Breite mit dem westlichen Ende des Schiffes.

Die ganze Kirche ist im Allgemeinen von gespaltenen und an den Ecken behauenen Feldsteinen gebauet und nur die Thür= und Fensteröffnungen und die Thurmspitze sind von Ziegeln aufgeführt; die Bogen und Gewölbe im Innern bestehen selbstverständlich aus Ziegeln.

Der Bau der Kirche stammt aus der Zeit des Uebergangsstyls und zwar aus der jüngern Zeit desselben. Die grade Altarwand hat zwei niedrige Fenster, eben so viel die südliche Chorwand. Alle diese Fenster sind ursprünglich im Uebergangsstyle gewölbt gewesen; es ist sehr viel daran geändert und herumgebauet, so daß rundbogige Wölbungen nur scheinbar sind. Das höhere Schiff hat ähnliche, jedoch etwas jüngere Fenster gehabt, von denen nur noch das westliche Fenster der Nordwand in der Construction erhalten, wenn auch jetzt mit Feldsteinen zugemauert ist. Unter jedem Gewölbe stand in jeder Wand ein gekuppeltem Doppelfenster wel=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 233 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ches aus zwei hohem, schmalen Fenstern im Uebergangsstyle bestand, in deren oberm Zwickel eine kleine Rose oder ein Rundfenster angebracht ist. Diese Construction zeigt nur noch, wie gesagt, das westliche Fenster der nördlichen Schiffwand. Die übrigen drei Fenster des Schiffes sind in jüngern Zeiten ausgebrochen, und jedes zu einem, ungetheilten, rechtwinklig durch die Wand gehenden, ungegliederten Fenster umgestaltet, welches keine reine und ursprüngliche Wölbung mehr zeigt.

Alle Gewölbe haben Gewölberippen.

Die Pforten, Gurtbogen und Gewölbe sind ebenfalls im Uebergangsstyle aufgeführt. Der Chor hat einen Fries aus gestürzten Treppengiebeln auf Putzgrund. Der östliche Giebel hat an den Seiten einen Rundbogenfries aus flach aufgetragenem Kalkputz, "eine Eigenthümlichkeit, welche sonst im Lande noch nicht bemerkt" ist. Dies ist die einzige Andeutung an den romanischen Styl an der ganzen Kirche.

Ich halte dafür, daß die Kirche in den letzten Zeiten des Uebergangsstyls erbauet ist, oder vielmehr, daß der Chor in die letzte Zeit des Uebergangsstyls (etwa 1240) das Schiff in die erste Zeit des gothischen Styls (etwa 1280) fällt.

Dies ist im Allgemeinen der Styl, dessen Beschreibung zum Verständniß des Folgenden nothwendig ist.

Im Thurmgebäude liegt noch ein altes, würdig gestaltetes, großes Taufbecken aus Granit, dessen glockenförmiger Fuß zur Basis eines Pfostens im Thurmgebäude verwendet ist.

Von den drei Glocken hat die eine größere die Umschrift

Umschrift

und auf dem Mantel in Umrissen die Bilder der Jungfrau Maria und der H. Katharina. Die verzierten Buchstaben in gothischer Majuskel sind sehr schön und fallen wohl in den Anfang des 14. Jahrhunderts. Die zweite größere Glocke hat am obern Rande nur die Buchstaben A   M . Beide Glocken sind entweder zur Zeit der Erbauung des Schiffes oder bald darauf zur Zeit der Ausmalung desselben gegossen.

Die kleinste Glocke stammt aus jüngern Zeiten und hat die Inschrift:

Inschrift

Der aus dem Anfange des 16. Jahrh. stammende, große, gute Flügelaltar hat in der Vorderansicht in der Mitteltafel die Jungfrau Maria und die Heiligen Katharine, Georg und Erasmus und in den Flügeln die zwölf Apostel und wird gegenwärtig (1861) restaurirt.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 234 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese Kirche ist nun höchst merkwürdig durch eine so alte, durchgehende und schöne Wandmalerei, 1 ) wie sie bisher sonst im Lande nicht gefunden ist. Diese Malerei findet sich jedoch nur im mittlern Rechteck der Kirche oder in der östlichen Hälfte des Schiffes, wodurch die Annahme bestätigt werden würde, daß die drei Rechtecke der Kirche zu verschiedenen Zeiten erbauet sind. Nach dem Grundsatze, daß in der Regel die innern Wände nach der Farbe des Baumaterials decorirt und die innern Wände der Feldsteinkirchen mit Kalkputz übertragen sind, ist die Kirche im Innern mit Kalk geputzt, welcher jetzt eine gelblich=graue Farbe erhalten hat. Auf diesen Kalkputz sind nun große figürliche Darstellungen gemalt, welche wahrscheinlich im Anfange des vorigen Jahrhunderts mit Weißkalk übertüncht sind. Das ganze mittlere Rechteck der Kirche ist in Einem, schönen Gedanken bemalt und die Malereien sind im Monate Julii 1859 frei gelegt. Im Chor und im westlichen Rechteck der Kirche sind keine Malereien aufgefunden.

Die Wandmalereien bestehen hauptsächlich aus figürlichen Darstellungen in Lebensgröße. Ich möchte diese Malereien in die Zeit der Erbauung des mittlern Rechtecks der Kirche, oder sonst in das Ende des 13. Jahrhunderts oder spätestens in den Anfang des 14. Jahrhunderts setzen. Dafür spricht der Styl in den edlen, langen Gestalten, in der Würde und Einfachheit der Technik und der Farben und in vielen Einzelnheiten der Ausstattung. Der H. Georg und die Krieger sind noch mit blauen Ringpanzern bekleidet, und die oft vorkommenden, zweischneidigen, nicht langen Schwerter haben einen kurzen Griff, einen großen, runden, platten Knopf und eine kurze Parierstange. Vor allen Dingen sind aber die oft vorkommenden Inschriften entscheidend, welche in gothischer Majuskelschrift gemalt sind, und zwar in den ältern Formen, indem N und N , T und t wechseln, M (statt M) gar nicht vorkommt, c und e aber durchgeführt erscheinen. Ich möchte daher die Malereien in die Zeit 1280-1320 setzen. Jedenfalls müssen sie vor dem Jahre 1350 ausgeführt sein, da um diese Zeit die Majuskel der Minuskel weicht.

Von der Sockelmalerei ist wenig zu erkennen. An einer Stelle ist etwa 6 Fuß hoch über dem Fußboden ein altes bischöfliches Weihkreuz gemalt. Daneben bemerkt man in gleicher Höhe am Triumphbogen Spuren von einem rauten=


1) Die erste Entdeckung dieser Wandmalereien machte der Herr Bauconducteur Studemund zu Bützow, welcher mit dem Ausbau der Kirchen zu Bützow und Bernit betraut war.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 235 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

förmigen Gitterwerk in schöner rother Farbe und über diesem einen rothen Fries oder eine Leiste. Der Triumphbogen ist mit gemalten, sehr großen Quadern in sehr schöner rother Farbe eingefaßt.

Ueber dem Fries, ungefähr in der Höhe, wo die Wölbung des Triumphbogens anfängt, beginnen die figürlichen Wandmalereien. Die Seitenwände sind auf ungefärbtem Kalkputz mit natürlichem Rankenwerk bemalt, die südliche Seitenwand mit Rosen (wahrscheinlich als Hindeutung auf Maria und deren Bilder), die nördliche Seitenwand mit Weinlaub (wahrscheinlich Hindeutung auf Christus). Von den figürlichen Malereien ist auf jede Seitenwand auf jeder Seite eines Fensters eine Gemäldegruppe vertheilt.

Auf der südlichen Seitenwand sind in der östlichen Hälfte unter Rosenranken zwei große Figuren neben einander sichtbar, welche neben einem architektonischen Kreuze aus rothen Grenzlinien mit langem Stamme und rosettenartig ausgeschweiften oder kleeblattförmigen Balkenenden stehen. Ganz gleich gemalte Kreuze sind zu gleicher Zeit von dem Maler Milde in dem Chorgewölbe der alten, romanischen Kirche zu Semlow in Pommern bei Marlow entdeckt. Die rechts stehende dieser beiden Figuren ist eine weibliche Figur, welche ein noch klar zu sehendes, aufgerichtetes Schwert hält, also ohne Zweifel die H. Katharine. Die Figur zur Linken ist nicht mehr erkennbar; vielleicht ist der H. Erasmus abgebildet gewesen, so daß auch auf den Seitenwänden die Hauptfiguren des Altars dargestellt gewesen sind; denn auf der Wand gegenüber steht der H. Georg. - Auf der westlichen Hälfte der südlichen Seitenwand ist kein Gemälde entdeckt, da hier eine Eingangsthür ist und die Wand darüber durch scheinbar wiederholte Veränderung und Erneuerung des Thürbogens wohl viel gelitten hat. Vielleicht hat dieser Theil der Wand auch nie ein Gemälde gehabt.

Die nördliche Seitenwand ist auf dem Kalkputze mit Weinranken, mit röthlichen Ranken und Blättern und mit jetzt schwarz gewordenen Trauben bemalt. In diesen Weinranken steht an jeder Seite des Fensters ein großes Gemälde: in der westlichen Hälfte der Wand der H. Georg zu Roß, wie er den Drachen tödtet, in der östlichen Hälfte die Kreuztragung Christi, von Kriegern geführt. Diese Gemälde sind jetzt durch die Emporen verdeckt, welche im J. 1859 errichtet sind.

Alle diese Figuren haben Lebensgröße.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 236 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die westliche, der Gemeinde zugekehrte Fläche des Triumphbogens, welche sehr weit in die Kirche hineinspringt, ist mit einem sehr großen Gemälde bedeckt gewesen, welches jedoch äußerst lückenhaft war. Das Ganze scheint den Sündenfall dargestellt zu haben. In der südlichen Hälfte scheint Gott in riesenmäßiger Gestalt und neben ihm ein Engel unter einem Baume dargestellt zu sein. In der nördlichen Hälfte ist noch der Baum des Paradieses erkennbar, um den sich die Schlange mit einem Menschenkopfe windet. Neben dem Baume stehen Adam und Eva. Ueber dem Baume hangen von oben herab zwei große Wageschalen, deren eine, welche Gott am fernsten steht, mit kleinen Gestalten gefüllt ist und von zwei Armen (eines Teufels?) mit Krallen herabgezogen wird. An jedem Ende der Wand des Triumphbogens ist eine große Heiligenfigur erkennbar. - In der Mitte des Triumphbogens steht hoch über der Bogenöffnung und unter dem in der darüber stehenden Gewölbekappe thronenden Christus die Jungfrau Maria mit dem Christkinde.

Der bedeutendste und noch ziemlich gut erhaltene Schmuck scheint aber in die Gewölbekappen verlegt zu sein.

In jedem untern Zwickel der Gewölbekappen, ungefähr in gleicher Höhe mit den Gemälden auf dem Triumphbogen, steht ein drachenähnliches Thier, welche alle verschieden sind. Diese Drachen oder Lindwürmer versinnbildlichen die Welt, die durch die Erlösung befreiet ist, welche durch die großen Gemälde in den Gewölbekappen nach rein biblischem Geiste dargestellt wird.

Von den Gewölberippen ist die von Südwest nach Nordost durchgehende grün, die von Nordwest nach Südost durchgehende roth bemalt gewesen. Das Gewölbe hat einen einfachen Schlußstein.

Die reichen Darstellungen der Gewölbekappen bestehen aus lebensgroßen Figuren, in einfachen Farben, roth gelb und grün, jedoch ist roth und gelb vorherrschend.

Die südliche Gewölbekappe, über der Eingangsthür, enthält zwei Darstellungen neben einander: Christi Geißelung und Christi Kreuztragung, jede aus drei Figuren bestehend. Zur Rechten, gegen Osten hin, ist Christi Geißelung: Christus ist an eine Säule gebunden; zur Rechten neben ihm steht ein Knecht mit Ruthe und Geißel, zur Linken ein Knecht mit einer Ruthe und einem Knüppel oder einer Gabel. Zur Linken, gegen Westen hin, ist Christi Kreuztragung: Christus trägt das Kreuz; zur Rechten steht ein Knecht mit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 237 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einer Lanze, zur Linken ein Knecht mit einem Beil. - Zwei Knechte haben Spitzhüte auf den Köpfen.

Die nördliche Gewölbekappe enthält die Kreuzigung Christi und zwei Apostelfiguren, im Ganzen fünf Figuren. In der Mitte ist Christus am Kreuze auf der Schädelstätte, auf welcher am Kreuzesstamme ein Schädel liegt; die Füße Christi sind über einander gelegt. Zur Rechten steht Maria anbetend, zur Linken Johannes Ev. trauernd, mit einem Buche im Arme. Zu äußerst rechts steht der Apostel Bartholomäus, mit dem Messer in der rechten Hand und einem großen Spruchbande, auf welchem in großen Buchstaben das Wort S A N c TVS steht, in der linken Hand. Zu äußerst links steht der Apostel Jacobus d. ä., mit Hut, mit dem Pilgerstabe und Beutel, Hut und Beutel mit der Muschel verziert, in der linken Hand und mit einem gleichen Spruchbande mit dem Worte S A N c TVS in der rechten Hand.

Die westliche Gewölbekappe enthält drei Darstellungen. In der Mitte ist Christi Auferstehung: Christus mit der Siegesfahne tritt aus dem Grabe, neben welchem drei Kriegsknechte schlafend liegen, zwei vor dem Grabe und einer hinter dem Grabe. Die Kriegsknechte sind mit Ringpanzern bekleidet und haben kurze Schwerter und altförmige Schilde, beide in den Formen des 13. Jahrh., in den Händen. Zur Rechten davon ist Christi erste Erscheinung nach der Auferstehung am Ostermorgen vor der Maria Magdalena: Christus erhoben mit der Siegesfahne, segnend, zur Rechten von ihm eine anbetende weibliche Figur. Zur Linken davon ist Christi Höllenfahrt: Christus mit der Siegesfahne tritt vor den mit Teufeln besetzten Höllenrachen, den weit aufgerissenen Rachen eines großen Ungeheuers, aus welchem er einen bärtigen Mann mit einer Frau an der Hand, denen ein anderer bärtiger Mann folgt, herausholt.

Die östliche Gewölbekappe enthält den thronenden Christus und andere Figuren, im Ganzen fünf Figuren. In der Mitte in einer parabolischen Glorie (Osterei) oder einer alten architektonischen Einrahmung in parabolischer Form ohne Strahlen sitzt Christus auf einem Regenbogen, am Munde mit zwei kurzen Schwertern (nach der Offenbarung Johannis 1, 16: "Und aus seinem Munde ging ein scharfes zweischneidiges Schwert"), die rechte Hand zum Segnen erhoben. An den vier Enden der parabolischen Einrahmung stehen die vier Evangelisten=Symbole, welche ein Spruchband mit dem Namen tragen, oben zur Rechten ein Mensch oder

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 238 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Engel mit Flügeln mit dem Namen M A t h e VS, oben zur Linken ein Adler mit dem Namen IOhI A N N e S, unten zur Rechten ein geflügelter Löwe mit dem Namen M A R c VS, unten zur Linken ein geflügelter Stier mit dem Namen LV c A S . e W A . An jeder Seite Christi knieet eine anbetende Figur, mit Heiligenschein, ohne Flügel, zur Rechten eine weibliche Figur (Maria), zur Linken eine bärtige männliche Figur (Johannes d. T.). Eine gleiche Darstellung war auf dem Altar in der fürstlichen Begräbnißkapelle zu Doberan, auf welcher auch ein thronender Christus mit zwei Schwertern am Munde und zur Rechten Maria, zur Linken sicher Johannes d. T., in Felle gekleidet, knieend dargestellt waren (Vgl. Jahrb. XIX, S. 365 - 366). - Zu äußerst rechts von Christus und den anbetenden Figuren steht der Apostel Petrus mit einem aufgerichteten großen Schlüssel in der rechten Hand und einem großen Spruchbande mit dem Namen S A N c TVS P e TRVS in der linken Hand. Zu äußerst links steht der Apostel Paulus mit einem Schwerte in der linken Hand und einem großen Spruchbande mit dem Namen S A N c TVS P A VLUS in der rechten Hand.

Die beiden untern Zwickel dieser östlichen Gewölbekappe und der östliche Zwickel der nordöstlichen Gewölbekappe enthalten von den übrigen etwas abweichende Darstellungen. Während die übrigen Zwickel kleine drachenartige Unthiere in roth und gelb enthalten, hat der nördliche Zwickel der östlichen Gewölbekappe ein weibliches Gebilde mit einem abgerundeten und zugespitzten Kleide, welches einen Pfeil vom Bogen geschossen hat, der Zwickel daneben in der nördlichen Kappe östlich ein ähnliches weibliches Gebilde, welches mit der ausholenden rechten Hand eine Handpauke schlägt, und der südliche Zwickel eine weibliche Figur, welche ein Faß anzapft, und hinter derselben einen kleinen grünen Teufel ("Grasteufel"?).

Diese Darstellungen gleichen ganz den Darstellungen auf den alten Antipendien aus der zweiten Hälfte des 13. oder der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, namentlich den Darstellungen auf dem Antipendium vor dem Altare in der Klosterkirche zu Lüne, welches Waagen in die Zeit um 1260 setzt und auf welchem die elliptische Einrahmung mit den Evangelisten=Symbolen (wenn auch mit anderer Hauptdarstellung nach der Bestimmung), Christi Geißelung, Kreuzigung, Auferstehung und Höllenfahrt fast ganz eben so, wie in Bernit, dargestellt ist; vgl. die Alterthümer der Stadt Lüneburg und des Klosters Lüne, herausgegeben vom Alterthumsvereine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 239 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in Lüneburg, vierte Lieferung, Lüneburg, 1857, S. 5 flgd. und Abbildung.

Es ist gelungen, die Gemälde in den Gewölbekappen von der Kalktünche vollständig und klar zu befreien und gewissenhaft durch Ausbessern wiederherzustellen, 1 ) wozu das hohe Ministerium die Kosten außerordentlich bewilligt hat.

Auf dem östlichen Gewölbe über dem Altare und dem westlichen Gewölbe am Thurme, von denen das erstere älter, das letztere jünger ist, als das bemalte mittlere Gewölbe, sind bis jetzt nach genauen Untersuchungen keine Gemälde entdeckt.


Der Altar (vgl. Jahrbücher XXIV, S. 344 flgd.) welcher gegenwärtig restaurirt wird, ist ein ziemlich großer und gut gearbeiteter Flügelaltar, welcher nach den sich hier wiederholenden Eigenthümlichkeiten des im J. 1503 vollendeten großen Altars der Kirche zu Bützow sicher aus derselben Zeit stammt und wahrscheinlich von demselben Künstler gemacht ist. In der Mitteltafel stehen vier durchgehende große Figuren, in der Ansicht von der Linken zur Rechten: 1) der H. Erasmus, in einem Grapen stehend (vgl. Jahrb. a. a. O.), mit Bischofsmütze und Bischofsstab und mit der Winde in der linken Hand, 2) die Jungfrau Maria, auf dem Halbmond, mit dem Christkinde auf dem Arme, 3) die H. Katharina mit Schwert und Rad, 4) der H. Georg mit Lanze und Drachen. Diese Heiligenbilder scheinen auch auf den Seitenwänden der Kirche dargestellt gewesen zu sein. Die beiden weiblichen Heiligen sind dieselben, welche auf der großen Glocke stehen. Auf den queer getheilten Flügeln stehen die zwölf Apostel. Auf den Rückwänden der Flügel befinden sich vier ziemlich gute, jedoch schon verfallene Gemälde: 1) die Heimsuchung Maria, 2) die Verkündigung Maria, 3) die Anbetung der H. Drei Könige, 4) die Beschneidung Jesu.

Auf dem Schlußsteine des Chorgewölbes über dem Altare ist eine alte Gewölbescheibe aus Eichenholz angebracht,


1) Ich fühle mich verpflichtet, dem leitenden Herrn Bauconducteur Studemund zu Bützow für seinen lebhaften und gewissenhaften Eifer in der Entdeckung, dem Herrn Erbpächter Stoffer zu Bernit für seine rege Theilnahme und die vielfachen großen Opfer für die Sache und dem Herrn Maler Fr. Lange aus Bützow für die Treue und Geschicklichkeit bei der Wiederherstellung die aufrichtigste Anerkennung zu zollen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 240 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welche das Brustbild des Apostels Petrus in flachem Relief enthält. Die Zeichnung, namentlich in der Gewandung, ist sehr gut und die Reliefarbeit vortrefflich und verständig, wenn auch nach der Bestimmung flach, ausgeführt. Die Arbeit scheint aus dem Ende des 14. Jahrhunderts zu stammen.

Ein bis jetzt zurückgesetztes colossales Crucifix ist ebenfalls sehr gut gearbeitet.

Zur rechten Hand des Altars ist in der nördlichen Wand ein kleiner Monstranzschrein oder ein Tabernakel mit altem Eisenbeschlage. Die Mauernische ist inwendig blau bemalt und mit goldenen Sternen verziert und außer durch die Thür durch ein roth angestrichenes eisernes Gitter versichert. Die innere Fläche der Thür zeigt, wenn sie aufgeschlagen wird, die auf Goldgrund gemalte Darstellung des gegeißelten Christus.

In der Hinterwand rechts hinter dem Altare ist ein zweiter, kleiner, mit altem Eisenbeschlage stark versehener Wandschrein, wahrscheinlich ein Geldschrank.

Die Kirche besitzt auch noch einen theilweise alten Kelch, von dem jedoch nur noch der Griff alt ist; die Schale und der Fuß von Silber sind neu und ziemlich schlecht an den Griff gesetzt. Der Griff ist sehr kräftig und gut gearbeitet und hat wie gewöhnlich 6 Knöpfe, auf denen die Buchstaben des Namens ihecus (mit einem c) stehen. Zwischen je zwei Knöpfen sitzt vertieft ein kleines Marienbildchen. Der Griff ist stark vergoldet.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Glocke von Barnin.

Die im J. 1859 umgegossene Glocke 1 ) von Barnin hatte folgende Inschrift in einer Reihe:

Inschrift

jedoch kein Gießerzeichen.

D. C. W.     


1) Der Herr Dr. Crull zu Wismar hat den Sammlungen einen Gypsabguß von dem Stücke der zerschlagenen Glocke, welches die Jahreszahl und die Verzierungen enthält, geschenkt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 241 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III. Zur Münzkunde.


Der Silberfund von Schwaan,

beschrieben

von dem Archiv=Rath Dr. Lisch in Schwerin

und

dem Archiv=Rath Pastor Masch zu Demern.


Mit einer Kupferstichtafel.


Der Fund.

Am 18. October 1859 ward auf dem am linken Ufer der Warnow liegenden Theile der Feldmark der Stadt Schwaan in Meklenburg=Schwerin, auf dem Acker des Kaufmanns und Ackerbürgers Herrn Lewerenz, beim Pflügen ein thönernes Gefäß voll silberner Schmucksachen und Münzen gefunden. Der Acker liegt in der Linie zwischen der Stadt Schwaan und dem Kirchdorfe Neuenkirchen, also der am rechten Warnow=Ufer liegenden ehemaligen wendischen Fürstenburg Werle nahe schräg gegenüber, von welcher in alten Zeiten eine Brücke und ein Weg auf die Gegend von Neuenkirchen ging; der Fund kann also eben so gut mit Werle als mit Schwaan in Verbindung gebracht werden. Auf dem Acker lag ein großer Granitblock, welcher beim Vergraben des Schatzes ohne Zweifel als Merkstein benutzt war. Der Dienstknecht des Herrn Lewerenz pflügte diesmal sehr nahe an den Stein hinan, fühlte aber dabei ein Hemmniß und fand auf der Spitze der Pflugschar einen großen und dicken silbernen Kopfring und daneben mehrere silberne Münzen; er stellte daher die Pflugschar tiefer und warf nun das Gefäß mit dem übrigen Inhalt


*) Dieser Aufsatz ist auch gedruckt in Köhne Zeitschrift für Münz=, Siegel= und Wappenkunde, Neue Folge, Band I, 1861, 258 flgd.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 242 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in die nächste Furche. Der Pflug hatte zuerst auch den obern Theil des Gefäßes mitgefaßt und zertrümmert und dabei den Ring, der obenauf gelegen hatte, aufgenommen. Der Stein ward nun von seinem alten Ruheplatze gebracht und die Stelle ganz umgegraben: es ward aber nichts weiter gefunden, als was das Gefäß enthalten hatte. Das Silber ist also ohne Zweifel ein in Zeiten der Gefahr vergrabener Schatz.

Der Herr Burgemeister Daniel zu Schwaan brachte in seiner eifrigen und theilnehmenden Sorge für die Denkmäler des Vaterlandes den ganzen Fund sogleich in obrigkeitliche Sicherheit, erstattete schleunigst Bericht und leiste eine angemessene Vermittelung ein, so daß die Erhaltung des seltenen Schatzes ihm zu verdanken ist. Herr Lewerenz erbot sich sogleich, den Fund, gegen Erstattung des reinen Metallwerthes, das Loth zu 3/4 Thaler, an ihn und seinen Dienstknecht, dem Staate abzutreten, wenn derselbe den öffentlichen Sammlungen einverleibt werden würde. Se. Königliche Hoheit der Großherzog geruhete daher, die abgeschätzte und geforderte Summe von 133 1/2 Thalern auszahlen zu lassen und den Fund der großherzoglichen Sammlung zu überweisen.

Es wurden nun aus dem ersten Funde von Herrn Lewerenz ausgeliefert:

1) ein Kopfring und drei Armringe 13 Loth
2) viele zerhackte Ringe, Barren und kleineres Geschmeide 48   "
3) ungefähr 850 ganze oder wenig beschädigte Silbermünzen 64   "
4) ungefähr 1550 zerschnittene und in kleine Stücke zerbrochene Münzen, auch zerbrochenes Geschmeide 50   "
5) ganz kleine Bruchstücke allerlei Art 3   "
---- ----
178 Loth
Bei der Umgrabung der Fundstelle wurden noch mehrere Münzen und Schmuckbruchstücke gefunden, welche Herr Lewerenz der Münzsammlung nachträglich am 5. Novbr. zum Geschenk machte 4 1/2   "
Der Herr Amts=Exspectant Kranitzky zu Schwaan fand auf der Fundstelle nachträglich noch 2 Münzen und mehrere kleine Schmuckbruchstücke, welche derselbe mit Wissen des Herrn Lewerenz am 7. Novbr. zum Geschenk einsandte 1/2   "
---- ----
183 Loth
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 243 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  183 Loth
Endlich hatte die Münzsammlung der Universität Rostock aus spätern Funden auf der Fundstelle noch 15 ganze Münzen, 37 Bruchstücke von Münzen und 20 kleine Bruchstücke von Schmucksachen nach und nach angekauft, welche dieselbe, da sie keinen besondern wissenschaftlichen Werth hatten, durch Vermittlung des Herrn Bibliothekars Barons Dr. v. Nettelbladt am 9. April 1860 der großherzoglichen Sammlung zum Geschenk machte 3   "
---- ----
Der ganze Fund, welcher ohne Zweifel ganz vollständig zusammengebracht ist, hatte also das Gewicht von 186  Loth

Es haben sich freilich die sehr vielen kleinen Bruchstücke nicht gleich vollständig scheiden lassen; es wird jedoch der Wahrheit ziemlich nahe kommen, wenn man annimmt, daß der Fund 66 Loth ganze und zerstückelte und zerbrochene Münzen enthielt. Von den Münzen mochten wohl 900 vollständig oder doch in Bruchstücken genau bestimmbar sein. Auf eine ganz genaue Bestimmung der Gewicht= und Zahlenverhältnisse kann es jedoch nicht ankommen, da der Fund eine sehr große Masse von ganz kleinen Bruchstücken enthält.

Das Thongefäß,

in welchem der Schatz gelegen hatte, war freilich in der obern Hälfte durch den Pflug zertrümmert; jedoch war die untere Hälfte, in welcher die Münzen und die Schmuckbruchstücke gelegen hatten, vollständig erhalten, und von der obern Hälfte wurden noch so viel zusammengehörende Bruchstücke gefunden, daß sich die Gestalt zu der hieneben stehenden Abbildung vollständig und sicher herstellen ließ. Das Ge=

Thongefäß
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 244 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fäß, 6 1/2" hoch und 7 1/2" weit, von dunkelbrauner Farbe, ist nach heidnischer Weise aus freier Hand ohne Töpferscheibe verfertigt, d. h. aus Thon mit Kies oder zerstampftem Granit durchknetet und nicht fest gebrannt, sondern nur am offenen Feuer gedörrt; es ist nach wendischer Weise am Rande mit Wellenlinien verziert, wie gewöhnlich die häuslichen Gefäße der Wenden, jedoch reicher als die gewöhnlichen wendischen Gefäße, so daß sich daraus wohl schließen läßt, daß es aus einem reichen Hause stammt. Das Gefäß hat insofern auch einen großen Werth, als sich durch die Münzen die Zeit der Verfertigung bestimmen läßt und daß es also ungefähr dem Jahre 1030 nach Chr. angehört.

Das Innere des Gefäßes bot aber auch eine andere, höchst merkwürdige Erscheinung dar. Das Gefäß war nämlich ganz mit Streifen von äußerst weißer Birkenrinde ausgelegt, welche sich noch jetzt genau den Formen des Gefäßes anschließen und das Innere vollständig bedecken und in sich zusammenhalten, so daß man diese ohne Heftung nur zusammengelegte Ausfutterung in der Gestalt des Gefäßes aus demselben herausheben kann. Diese Birkenrindenausfutterung ist nun vollkommen und ziemlich fest erhalten 1 ), so daß auch die eigenthümlichen Farben und Zeichnungen der Rinde unversehrt sind, obgleich das Gefäß mit der Oeffnung nach oben unbedeckt und ungeschützt ungefähr 1 Fuß tief unter der Erdoberfläche über 800 Jahre lang dem Einflusse der Erdfeuchtigkeit ausgesetzt gewesen ist. Es liegt sicher eine tiefere Absicht und Erfahrung bei diesem Verfahren zum Grunde, da die Birke bekanntlich viele erhaltende Eigenthümlichkeiten hat. Ob es der Birkenrinde zuzuschreiben ist, daß

das Silber

unter sehr ungünstigen Lagerungsverhältnissen, mit Ausnahme weniger Münzen, ganz frei von Rost war, läßt sich wohl schwer entscheiden; die Reinheit des Silbers wird nicht allein Ursache der Rostfreiheit sein, da dieselben Münzen unter andern Verhältnissen oft ziemlich stark oxydirt sind.


1) Zu Herzfelde, zwischen Boizenburg und Templin in der Ukermark, wurden 8 Fuß tief unter Moder fünf neben einander liegende Eichenstämme und unter denselben 40 Stück Bronzen aus der Bronzeperiode gefunden; "merkwürdig war noch eine große Menge von Birkenrinde, welche, wenig schwerer als die Rinde heutiger Bäume, Jahrhunderte hindurch unversehrt geblieben ist". Bericht des Superintendenten Kirchner zu Gransee, im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, 1860, Oct., Nr. 10, Beilage, S. 390-391.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 245 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Vergleichung.

Der Fund von Schwaan hat eine sehr große Aehnlichkeit mit dem Funde von Vaalse auf Falster vom Jahre 1835 (beschrieben in Annaler of nordisk oldkyndighed, Kjöbenhavn, 1842-43, p. 22 flgld., mit Abbildungen) und dem Funde von Obrzycko vom Jahre 1842 (beschrieben von Dr. Julius Friedländer, Berlin, 1844), von denen der erstere keine nach 990 geprägte Münze enthält, der letztere spätestens 990 vergraben ist. Die Münzen des schwaaner Fundes gehen freilich in etwas jüngere Zeiten hinab, haben aber in mancher Hinsicht doch viel Uebereinstimmung mit den Münzen der genannten beiden Funde. Dagegen sind die Schmucksachen von Schwaan mit denen dieser beiden Funde ganz gleich, namentlich die größern und schwerern Sachen denen aus dem Funde von Vaalse, die kleinern und feinern denen aus dem Funde von Obrzycko. Auch der Fund von Farve 1847 (beschrieben von Julius Friedländer und Müllenhoff im fünfzehnten Bericht der schleswig=holstein=lauenburg. Gesellschaft für vaterländ. Alterthümer, 1850,) bietet manche Aehnlichkeit, jedoch sind die Münzen von Farve jünger, indem dieselben bis zum Jahre 1040 und weiter hinab reichen. Der Münzfund von Schwaan wird ungefähr zwischen die Funde von Vaalse und Farve fallen.


Schmuck-, Barren- und Ring-Silber.

I. Kopf= und Arm=Ringe.

Ziemlich vollständige, größere Schmucksachen:

1 Kopfring, 3 Armringe und 1 Endbruchstück von einem Kopfringe, im Ganzen über 13 Loth, richtiger 13 1/2 Loth schwer. Die einzelnen Gegenstände sind:

1) Ein Kopfring, 7" im Durchmesser, aus geflochtenem, nach den Enden hin dünner werdendem oder konischem Silberdrath, aus 6 Dräthen geflochten, welche in der Mitte glatt, an den Enden gewunden sind und deren Enden in ovale gravirte Platten mit einem Oehr und einem Haken auslaufen, 9 Loth schwer, ähnlich wie der Ring von Vaalse, Tab. III, Fig. 18, vgl. Worsaae Afbildninger, 1. Aufl. Nr. 356, 2. Aufl. Nr. 454.

2) Ein Armring von ähnlicher Arbeit, 2 3/4 im Durchmesser, aus sechs geflochtenen, konischen Silberdräthen geflochten,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 246 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mit einein dünnen Perldrath durchflochten, 1 Loth schwer, beinahe ganz wie der oben in Abbildungen augeführte Kopfring von Vaalse.

3) Ein Armring, 3" im Durchmesser, aus zwei glatten Silberdräthen gewunden, 1/2 Loth schwer, ähnlich wie im Funde von Schwerin, Jahrb. IX, S. 390.

4) Ein Armring, 3" im Durchmesser, aus massivem Silberblech, mit eingeschlagenen Dreiecken mit Punkten verziert, 2 Loth schwer. Dieser Ring ist mit dem Ringe von Vaalse, welcher Annaler a. a. O. Tab. II, Fig. 21, und darnach in Worsaae Afbildninger 1. Aufl. Nr. 352, 2. Aufl. Nr. 450, abgebildet ist, völlig gleich. Beide höchst merkwürdigen Ringe können nur aus einer und derselben Werkstätte hervorgegangen sein und geben einen auffallenden Beweis von der weiten Verbreitung dieser Schmucksachen, welche nach den Münzen zu urtheilen sich zu sehr verschiedenen Zeiten zeigen und lange gehalten haben.

5) Ein Endbruchstück eines Kopfringes aus gewundenem, mit Perldrath durchflochtenem Silberdrath, mit ovalem, gravirtem Endstück, 1 Loth schwer, ähnlich wie Friedländer: Fund von Obrzycko, Taf. I.

6) Zwei ovale Enden von Kopfringen mit einem Oehr und einem Haken.

7) Bruchstücke von einem Armringe von dünnem Silberblech, wie im Funde von Vaalse, .Tab. III, Fig. 27.

II. Kleine Zierrathen.

8) Randbruchstücke von einem runden Spangenschilde mit Perlenrand, wie im Funde von Vaalse, Tab. II, Fig 8.

9) Bruchstücke von einem runden Spangenschilde, ganz wie im Funde von Vaalse, Tab. II, Fig. 11, rechts.

10) Viele Bruchstücke von runden, mit feiner Arbeit, wie Blumen, belegten Spangenschilden, ähnlich wie im Funde von Vaalse, Tab. II, Fig. 11-13.

11) Hohle, mit Filigransilber belegte Perlen, wie im Funde von Obrzycko, Taf. I, im Funde von Schwerin, Jahrb. IX, S. 390, und Holmboe: de prisca re mon. Norveg., T. VII, Fig. 17.

12) Hohle, mit Filigransilber belegte Perlen an Dräthen, wie im Funde von Obrzycko, Taf. I. (Nadelknöpfe ?)

13) Hohle, ganz mit Filigransilber belegte Perlen an Bügeln mit schlangenförmig gewundenem Drath, wie im Funde von Obrzycko, Taf. I.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 247 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

14) Hohle, glatte Perlen an Bügeln, wie im Funde von Obrzycko, Taf. I, im Funde von Remlin, Jahrb. IX, S. 391, und Holmboe, T. VII, Fig. 28.

15) Ein durchbrochener Nadelknopf.

16) Ohrringe mit einer halbkreisförmigen dünnen Scheibe, an welcher kleine Kettchen hangen, wie im Funde von Obrzycko, Taf. I, und im Funde von Remlin, Jahrb. IX, S. 392, welche am Ende kleine glatte Perlen tragen, wie im Funde von Remlin, Jahr. IX, S. 391; zerbrochen. Die Größe und Flechtarbeit der Kettchen ist denen von Farve (abgebildet T. II) ganz gleich.

17) Bruchstücke von einer großen, hohlen, mit Filigransilber belegten Perle, wie im Funde von Vaalse, Tab. II, Fig. 17, und die Silberperle von Gudow in Jahrb. XXV, S. 265.

18) Bruchstücke von einer großen, hohlen, mit hohlen Knöpfen besetzten Perle.

19) Acht Ohrringe von glattem, dünnem Silberdrath, deren eines spitzes Ende in eine breit gehämmerte Scheide am andern Ende gelegt wird.

20) Eine aus vielen feinen Dräthen nach "venetianischer Weise" geflochtene Kette, wie die goldene Kette aus dem Wendenkirchhofe von Wotenitz, Abbildung in Jahrb. XXV, S. 257, Bruchstück 3 Zoll lang.

21) Eine ebenso gearbeitete Kette, Bruchstück 1 1/4" lang.

22) Viele Bruchstücke von feinen, mit sehr feiner Filigranarbeit belegten Plättchen.

23) Viele ganz kleine Bruchstücke von feinem Filigransilber und verzierten kleinen Schmucksachen, 8 Loth.

III. Barrensilber.

24) Silberbarren, gehämmerte, zerhackte Barren, in Enden von 1/2 bis 1 1/2 Zoll lang, ungefähr 20 Stücke, im Ganzen 12 Loth schwer, ganz wie die Barrenstücke aus dem Funde von Vaalse, Annaler a. a. O. Tab. II, Fig. 2-7, namentlich wie Fig. 4 und 7.

IV. Platten= und Ring=Geld.

25) Ein verziertes, dickes, regelmäßig bearbeitetes, oblonges Silberstück, von einer Schmuckplatte abgehauen.

26) Vier viereckige, platte, an den Rändern eingekerbte Silberstücke, ungefähr 1/2" im Geviert: 2, 04 , 2, 17 , 3, 13 , 4, 04 Gramm schwer.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 248 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

27) Zwölf leichtere viereckige, platte, an den Rändern eingekerbte Silberstücke, gegen 1/2" im Geviert, welche in der Mehrzahl zwischen, 1, 41 und 1, 58 Gramm, das leichteste 1, 41 , das schwerste 1, 80 Gramm, alle zusammen 17, 58 Gramm, jedes durchschnittlich also 1, 46 Gramm wiegen, also ungefähr einem deutschen Denar an Gewicht gleich sind, so daß man allerdings Versucht sein kann, anzunehmen, daß diese Stückelung so vorgenommen sei, um die einzelnen Stücke dem Durchschnittsgewichte der Denare von Cöln oder Otto und Adelheid annähernd anzupassen.

28) Zwei gleiche runde Platten von demselben Gewicht.

29) Drei kleinere runde Platten, 0, 58 , 0, 47 , 0, 33 Gramm schwer.

30) Eine viereckige Silberstange, über 2" lang, so schwer wie 6 deutsche Denare.

31) Sechs kleine gebogene Ringe, von dickerem Drath, unter sich gleich schwer, zusammen 8, 05 Gramm, durchschnittlich 1, 34 Gramm schwer, von denen einer besonders merkwürdig ist, indem er aus einem nach beiden Enden hin konisch auslaufenden Silberdrath besteht und ursprünglich als Ringgeld gemacht zu sein scheint.

32) Sechs kleinere Drathringe, unter sich gleich schwer, zusammen 4, 02 Gramm, durchschnittlich 0, 67 Gramm schwer.

33) Sechs ähnliche kleine Drathringe, unter sich gleich schwer, zusammen 3, 52 , durchschnittlich 0, 59 Gramm schwer.

34) Sechs ähnliche Drathringe von verschiedenem Gewicht, zwischen 0, 26 und 1, 38 Gramm schwer.

35) Zwölf dünne Drathringe, unter sich ungefähr gleich schwer, zusammen 3, 99 Gramm, durchschnittlich 0, 33 Gramm, also jeder ungefähr ein Viertel=Denar schwer.

36) Vier ganz kleine Drathringe, 1/4" im Durchmesser, unter sich gleich schwer.

Ein bestimmtes Resultat für das Geldwesen zur Zeit der Vergrabung des Schatzes geht aus den angegebenen Gewichtsverhältnissen nicht hervor; jedoch scheinen einzelne der aufgeführten Classen mit Rücksicht auf das Gewicht der deutschen Denare gemacht zu sein, Wenn auch die übrige große Masse des zerstückelten Silbers nur zum Schätzen durch die Waage zerhackt zu sein scheint.

V. Ringsilber.

37) Zerhackte dünnere, runde, zum Theil gebogene Stangen, 7 Loth.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 249 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

38) Zerhackte und zum Theil zu kleinen Ringen gebogene Enden von geflochtenem, dickerem Schmuck, 8 1/2 Loth.

39) Zerhackte und zum Theil zu kleinen Ringen gebogene Enden von geflochtenem, dünnerem Schmuck, 13 Loth.

40) Abgehackte, platte Enden von Kopf= und Arm=Ringen, 6 1/2 Loth.


Münzen.

Deutschland.

Kaisermünzen ohne Prägeort und Nachbildungen.

1) Karolingische Nachbildung. Hs. Im Felde das Monogramm von Carolus, schon etwas mißverstanden gezeichnet. Von der Inschrift scheint - VON - gelesen werden zu können.

Rs. Kreuz, mit einer Kugel in jedem Winkel.
Diese Münze ist eine jüngere Abart karolingischer Münzen.

1 Stück.


Halbbracteaten.

Sehr dünne, nach Bracteaten Weise geprägte Münzen, in Bruchstücken. In dem Funde ist keine einzige ganze Münze dieser Art; alle sind entweder zerbrochen oder zerschnitten, mehrere offenbar und scharf halbirt oder geviertheilt.

2) Nachbildungen von Nachbildungen der Münzen Karls d. Gr. von Dorestat, welche sich auch im Funde von Vaalse fanden und in Annaler a. a. O. S. 37 flgd. beleuchtet und Tab. IV, Nr. 30, abgebildet sind. Diese Münzen mögen hundert Jahre jünger sein, als die Originalstücke.

15 Bruchstücke.

3) Aehnliche Münzen, welche mit den genannten Nachbildungen von Dorestat zusammen gefunden werden und auf der einen Seite ein scharf ausgeprägtes sogenanntes Jerusalems=Kreuz, auf der andern Seite gebogene Linien haben, wie im Funde von Vaalse S. 38 und Tab. IV, Nr. 31.

30 Bruchstücke.

4) Aehnliche Münzen mit einem gleichen Kreuze, verschiedener Größe, eine, wie es scheint, viereckige.

10 Bruchstücke.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 250 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

5) König Otto III. und Adelheid, 991-993. Die im Münzfunde von Obrzycko von Dr. Friedländer begründete Annahme, daß diese Münzen unter K. Otto III., und zwar während der Zeit von 991, wo seine Mutter Theophania starb, bis 993, wo seine Großmutter Adelheid ihn verließ, entstanden seien, ist neuerdings die allgemeinere geworden. Früher legte man sie K. Otto I. bei, wie solches auch im Münzfunde von Egersund (Grote, Münzbl. III, S. 139) geschieht und wie es Lelewel, monn. du moyen-âge, III, S. 130, weitläuftig ausführt. Cappe, XIII, 1, S. 46 flgd., der viele Typen nachweiset, hat sich der neuern ansicht angeschlossen und sie Otto III. beigelegt.

Hier fanden sich zwei Hauptclassen, mit Hälblingen und auch Nachbildungen des Typus, welcher, wie man nicht ohne Grund annimmt, in Sachsen und wahrscheinlich in Magdeburg gemünzt ward.

Die erste Classe hat auf der Hauptseite im Kreise ein Kreuz und in den Winkeln den Namen: ODDO vertheilt; Umschrift: Umschrift Auf der Rückseite ein Kirchengebäude, mit einem Punkt in der Mitte und dem Namen A T e A HLT, wobei gleich vorläufig bemerkt sei, daß auf keinem Exemplare beide Umschriften vollständig ausgeprägt waren.

Die Veränderungen auf der Hauptseite bestanden darin, daß eine Type unter dem Namen ein T und einen Strich wechselnd hat (Cappe, Nr. 304), dann, daß sich auch in den beiden O noch ein Punkt befand. In der Umschrift ist ein schräger Strich, bald zwischen DI, bald zwischen R A gestellt.

Die Rückseite mit dem Kirchengebäude hat

1) gar kein Beizeichen (Cappe, T. III, Nr. 11);
2) an jeder Seite einen Punkt, und war diese Type am zahlreichsten vertreten. Wenige Exemplare hatten
3) an der rechten Seite zwei Punkte, an der linken einen Punkt;
4) von dem Dache hingen Quäste herab (Cappe, Nr. 277).
5) Im Innern des Gebäudes waren fünf in Form eines Schrägkreuzes gestellte Punkte.
6) Es war begleitet mit einem A und M (Cappe, Nr. 304)
7) oder mit einem M und einem Bischofsstabe (Groschen=Cab. I, Suppl. T. II, Nr. 18).

Bruchstücke zeigten drei Punkte und einen Keil an der linken Seite. - Ein Exemplar war auf der Rückseite durch einen Sprung ganz unförmlich gestaltet.

Von denen mit der rücklaufenden Umschrift (Cappe, Nr. 267) fand sich hier auch ein Exemplar.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 251 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die zweite Hauptclasse ist auf der Hauptseite hinsichtlich des Bildes wie der Umschrift der vorigen gleich. Die Rückseite aber zeigt ein rechtsgekehrtes gekröntes Brustbild, mit der Umschrift: Umschrift

Es fanden sich von dieser Art und von verschiedenen Stempeln nur 2 Exemplare, und ein Bruchstück. Abbildung davon giebt Groschen=Cab. I, Suppl. T. II, Nr. 12, 13 und 14, und Cappe, Nr. 313 flgd., beschreibt mehrere Typen.

Die Hälblinge stimmen hinsichtlich der Formen mit den ganzen Münzen überein, es fanden sich aber von denen mit dem Kirchengebäude 2 nicht wesentlich verschiedene Exemplare, von denen mit dem Brustbilde ein zerbrochenes. Die Umschriften ließen auf die gewöhnlichen Legenden schließen.

Als Nachbildung ist die Form zu bezeichnen, wo statt der Buchstaben Kugeln gesetzt waren, und wo in der Mitte des Gebäudes ein Kreuz sich befand; von den Umschriften war kaum eine Spur zu finden. Es fanden sich ein ganzes Exemplar und 2 Bruchstücke.

Von diesen Münzen fanden sich 145 ganze, 31 halbe und 50 Viertel=Exemplare.

145 Stücke           
81 Bruchstücke.

6)Kaiser Heinrich II. (1002) 1014-1024. Hs - NHR - Kreuz mit einem Ringel und Punkt in der Mitte und Kugel in den Kreuzwinkeln.

Rs. Inschriftskreuz IMPE . . . . . Links gekehrter Kopf. Aehnlich wie in Cappe I, T. XVII, Nr. 285.

1 Stück.

Mark Verona.

7) Verona, Kaiser Otto HL (983) 996-1002.

Hs. OTTO IMP' A TOR. Kleines Kreuz.

Rs. Kleines Kreuz. Umschrift umher in dieser Folge:

Umschrift

Verprägtes Exemplar. Vgl. Köhne Z., III, S. 157, Nr. 60.

1 Stück.

Lothringen.

8) Herzog Theodorich, 984-1026. Hs. (T)HEODERICus dux. Linksgekehrter Kopf mit einem Diadem.

Abbildung Nr. 5.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 252 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rs. Auf den Armen eines aus punkirten Linien gebildeten Kreuzes scheint zu stehen:

Inschrift

jedoch möchte sich, wenn man die Münze umkehrt, auch herauslesen lassen: Inschrift ; es sind aber beide Lesarten nicht sicher.

Im letztern Falle wäre dies die bei Köhne Z., III, T. V, Nr. 10, abgebildete Münze, welche Thomsen S. 135 einem Münzmeister Sigibod in Eil zuschreibt. Dickpfennig, am Rande behackt. Vgl. Fund von Farve, Nr. 24, S. 32; Köhne Z., III, T. 5, Nr. 10, S. 135; Fund von Egersund, S. 144, Nr. 1-2, T. IV, Nr. 10. Alle diese haben aber den muthmaßlichen Prägeort unserer Münze, wenn richtig gelesen sein sollte, auch nicht.

1 Stück.

9) Verdun, König Heinrich I., 919-936. Hs. Im Felde REX.

Rs. Kreuz mit Kugel in den Winkeln. Umschrift zu kurz und ganz unleserlich. Dies ist dieselbe Münze, welche in Cappe I, T. 13, Nr. 207 (mit rückläufiger Umschrift) und mit derselben Prägeweise Nr. 209 abgebildet ist. Vgl. S. 27, Nr. 92, und S. 29, zu Nr. 100 und 101. Nachtrag ebenso in Cappe II, T. 22, Nr. 234 und 235. Diese Münze ist eine deutsche Nachbildung der Denare Heinriche I. von Verdun. Vgl. Fund von Obrzycko, T. II, Nr. 5.

1 Stück.

10) Verdun, Kaiser Otto III. (983) 996-1002.

Hs. oTTO s R A DI . . . Rechts gekehrter Kopf.

Rs. VVIR—NI. Im Felde: Inschrift Vgl. Fund von Farve, T. II, Nr. 13, S. 45, Nr. 58. Die hier abgebildete Münze scheint dieselbe zu sein. Vgl. die folgende Nummer,

1 Stück.

11) Verdun? Hs. Hechts gekehrter Kopf mit Diadem. Links über dem Kopfe ganz klar N(O?).

Rs. Im Felde in drei Zeilen: scA
MA
RIA

Umschrift ist gar nicht zu erkennen. Vgl. die vorhergehende Münze,

1 Bruchstück.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 253 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

12) Trier, Kaiser Otto I, (936) 962-973. Hs. Im Felde queer durchgehend ODDO, in den Zwischenräumen als Umschrift: im-pr-at-Or.

Rs. TR . . . . . Kreuz mit Kugel in den Winkeln. Sehr verdrückte Exemplare derselben Münze, welche in Cappe I, T. 17, Nr. 277, abgebildet ist; vgl. S. 40 zu Nr. 162.

2 Stücke.

13) Trier. Hs. —X, sehr deutlich. Der Stempel ist sehr unregelmäßig aufgesetzt, so daß der innere Rand um das Kreuz durch die Mitte der Münze geht.

Rs. Im Felde ein sehr großes A , nichts weiter zu erkennen. Ein sehr abgegriffenes Exemplar. Vgl. Fund von Egersund, S. 145, Nr. 16, wo die Münze dem Erzbischofe Poppo (1017-1047) zugeschrieben wird.

1 Stück.

14) Huy, König Otto III., 983-996 (1002). Hs. oTTo gra di rex. Kopf undeutlich. Sehr abgegriffen.

Rs. Inschrift , die letzte Hälfte rückläufig. Im Felde: HOIV M . Vgl. Köhne Z., IV, S. 40; Cappe I, T. XIV, Nr. 221, S. 74, Nr. 345; Fund von Egersund, S. 145, Nr. 11.

1 Stück.

15) Cöln, König Otto III., 983-1002. Die frühere Annahme (vgl. Götz, Cappe I, S. 38 u. A.), welche die mit ODDO) bezeichneten Otto I. zuwies, ist hier nicht gegeben, und Dr. Friedländer (Farve, S. 83) und Dannenberg, Mittheilungen der Numism. Gesellsch., III, S. 176) legen aus überwiegenden Gründen sie Otto III. bei; es fallen also diese Münzen, abgesehen von den Nachbildungen derselben, in die Zeit von 996-1002. — Das Bruchstück einer Münze von K. Heinrich führt bis 1014 hin.

A. Münzen mit ODDO REX und der allen gemeinschaftlichen, aber oft unvollständigen Inschrift: S COLONI A .

a. Im Kreise ein Kreuz mit einer Kugel in jedem Winkel. (7 Expl.) Vgl. Cappe I, T. II, Nr. 1, 2, 3, 4. Auch fand sich die in Grote Münzz. III, T. V, Nr. 84, gegebene Nachbildung.

b. Im Kreise ist das schärfer und schmaler geschnittene Kreuz in den Winkeln von Punkten begleitet. (5 Expl.) Vgl. Cappe I, T. II, Nr. 5.

c. Das Kreuz hat keine Beizeichen. (6 Expl.)

B. Münzen mit OTTO REX und neben dem A auf der Rückseite ein liegendes G. Cappe I, S. 36, zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 254 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. 135 erwähnt, daß Mader I, S. 85, es für Agrippina lieset zweifelt aber an der richtigen Deutung, da das A doch nur als Endbuchstabe von Sancta anzusehen sei, weiß aber auch keine Deutung dieses Buchstabens.

d. Im Kreise das Kreuz mit Punkten in den Winkeln. (5 Expl.)

e. Im Kreise ist das Kreuz von drei Punkten und einem sogenannten Knoten begleitet. (1 Expl.)

f. Im Kreise das Kreuz von zwei Punkten begleitet. (1 Expl.)

g. Das Kreuz ohne Beizeichen. (3 Expl.)

h. Das Kreuz sehr flach, das große A auf der Rückseite ist in der obern Oeffnung mit einem, in der untern mit vier Punkten in Kreuzform geziert. (1 Expl.)

C. Münzen mit + ODDO + IMP AVG und ohne Beizeichen auf der Rückseite.

i. Ein starkes Kreuz, mit Kugeln in den Winkeln. (7 Expl.) Vgl. Cappe I, T. 2, Nr. 9.

D. Nachbildungen.

k. Die Hauptseite hat in einem Perlenkreise ein Ständerkreuz, ganz in der Form der wendischen Münzen; von der Umschrift sind nur einzelne Buchstaben deutlich, welche darauf hinweisen, daß ODDO REX zum Grunde gelegt ward. Auf der Rückseite ist das Monogramm ganz ohne Verständniß der Urform nachgebildet, was sich besonders durch das aus drei Keilen gebildete A beweiset. (19 Expl.)

16) Cöln, König Heinrich II., 1002-1014 (1024). Münze mit HENRICVS [REX]. Die Hauptseite hat einen ungekrönten Profilkopf; da aber nur ein Viertheil dieser Münze vorhanden ist, so sind nur einige Buchstaben des Namens erhalten. Auf der Rückseite ist das Colonia retrograd geschrieben. Vgl. Cappe I, Nr. 391, S. 86.

Von Münzen der Stadt Cöln fanden sich 59 ganze, 21 halbe und 5 Viertel=Exemplare.

59 Stück.          
26 Bruchstücke.

Allemannien.

17) Straßburg, Kaiser Otto III. (983)996-1002.

Hs. (O)T . . IM—. Im Felde eine Lilie.

Rs. A R s . . . . . . . IVl(T). Im Felde ein Kreuz, in dessen letztem Winkel ein sehr klarer, kleiner Bischofsstab steht. Selten, unedirt.

1 Stück.

Abbildung Nr. 8.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 255 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im Besitze des Herrn Kammerraths Herbst zu Kopenhagen befindet sich eine ähnliche Münze vollständig und klar:

Hs. Inschriftskreuz OT(T)O IMP. Rs. Inschriftskreuz A R s ENTIN A .

Abbildung Nr. 10.

18) Straßburg, Kaiser Otto III. (983) 996-1002.

Hs. . . . O IM. Im Felde eine Lilie.

Rs. A R . . . . . . . . Im Felde ein Kreuz, in dessen letztem Winkel noch gerade der Bischofsstab zu erkennen ist. Alles sehr klar. Vgl. die vorhergehende Münze. 1 Bruchstück.

Abbildung Nr. 9.

19) Straßburg, König Heinrich II. 1002-1014 (1024). Hs. (H)EINRICVS R(EX). Krone.

Rs. Im Kreuze: Inschrift mit halbem Perlenkreife mit Stern in den Kreuzwinkeln. Abgebildet in Cappe I, T. V, Nr. 80; vgl. S. 77 und 99.

1 Stück.        
1 Bruchstück.

20) Straßburg, König Heinrich II. 1002-1014 (1024). Hs. Inschriftskreuz . . . .R . HVEXI. Krone. Im Anfange der Umschrift über der Krone ein Inschriftskreuz .

Rs. Wie auf der vorhergehenden Münze, die Inschrift:
A R s ENTIN A im Kreuz, mit halbem Perlenkreise mit Stern in den Winkeln.

1 Stück.

21) Straßburg. Ein Bruchstück, ähnlich den beiden vorhergehenden Münzen.

1 Bruchstück.

22) Breisach, Kaiser Otto III. [?](983) 996-1002. Hs. OTTO (IIIPIIR . . . .). Kreuz, mit CRVX in den Winkeln.

Rs. Im Felde: Inschrift

Ganz wie im Funde von Farve, T. I, Nr. 6, S. 37. Nachahmung von der Münze in Köhne Z., III, S. 188. Vgl. Köhne Z, IV, S. 67-68, Nr. 294.

1 Stück.

23) Augsburg, Bischof Ulrich, 923-973. Hs. (vodalric)VS E(ps), sehr groß und klar. Kreuz mit Kugel in den Winkeln.

Rs. A (ug civita)S. Kirche mit V. unter dem Giebel.

1 Stück.

Diese Münze gehört wohl sicher dem Bischofe Ulrich von Augsburg.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 256 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

24) Augsburg, Bischof Bruno, 1006-1029. Hs. (pr)VNO (eps). Kreuz mit drei Kugeln, einem Ringe und zwei Keilen oder Dreiecken entgegengesetzt in den Winkeln.

Rs. AV(gsta civ). Kirche mit VV(I) unter dem Giebel. Die Hs. ist sehr scharf geprägt. Die Rs. ist aber halbbracteatenartig gehalten, indem das Gepräge der Hs. hier hohl liegt, die Rs. zwar noch deutlich, aber flach ist. Eine gleiche Münze war im Funde von Farve Nr. 37. Vgl. Köhne M., IV, S. 66, Nr. 289, T. XVI, Nr. 8; Lelewel T. XXI, Nr. 21.

1 Bruchstück.

25) Augsburg. Hs. CVN(O), ganz klar und scharf. Kreuz mit drei Kugeln, einem Ringe und zwei Keilen oder Dreiecken entgegengesetzt in den Winkeln.

Rs. .(V s ) . . . . . . . .S. Kirche, mit (A)ZZO unter dem Giebel.

Diese Münze hat nicht allein in der Wahl und Anordnung der Beizeichen, sondern auch in der Zeichnung und Technik derselben und des Kreuzes auf der Hs. ganz genau dasselbe Gepräge, wie die vorhergehende Münze des Bischofs Bruno von Augsburg 1006-1029 und scheint von derselben Hand gravirt zu sein. Jedenfalls gehört sie derselben Gegend an. Ueber die Augsburger Münzen mit AZZO vgl. Köhne Z., III, S. 186, Nr. 34.

1 Bruchstück.

Sollte die Münze von K. Conrad II., 1024-1027-1039, sein, wegen der Umschrift CVN, was jedoch nicht wahrscheinlich ist, so wäre diese Münze die einzige Münze von K. Conrad II. und seiner Zeit.

Franken.

26) Worms, Kaiser Otto I. [?] (936) 962-973. Hs. Umschrift ist nicht zu erkennen, nur ein V zu sehen. Kreuz mit einem Bischofsstabe im ersten Winkel und einer Kugel in den drei anderen Winkeln, wie bei Straßburg oben Nr. 17.

Abbildung Nr. 11.

Rs. (vvo)RMA(cia), sehr klar. Kirchengebäude mit Ring im Thor. Abgebildet bei Cappe I, T. 21, Nr. 373, S. 81, Nr. 363; Fund von Egersund T. III, Nr. 26; vgl. Fund von Farve S. 24, Nr. 9; Köhne M., III, S. 406. Es ist von manchen dieser Münzen oft irrthümlich gesagt, daß die vierte Kugel im Kreuze von einem Halbbogen oder Halbmond umschlossen sei. Auf unseren Stücken, welche den a. a. O. abgebildeten gleich sind, steht aber ganz klar und bestimmt ein Bischofsstab im Kreuzwinkel, wie auf den straßburger Münzen. Im Kirchenportale steht auf unseren Münzen ein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 257 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ring, keine Kugel. Die Umschriften sind auf einem Exemplare völlig abgegriffen, auf den anderen auf einer Seite nicht gekommen oder abgeschnitten. Die Buchstaben RMA sind aber ganz klar. Das abgegriffene Exemplar zeigt auf einer vertieften Stelle sehr feine Perlenlinien und Verzierungen, welche beweisen, daß diese Münze über ein älteres Gepräge nachgeprägt ist. Köhne a. a. O. (1849) hat schon auf einem Exemplare von Zwenigorod den Bischofsstab erkannt. Es giebt aber allerdings sicher ähnliche Münzen, welche einen Keil mit einem gestürzten Halbkreise darüber Keil mit Halbkreis in einem Kreuzwinkel haben. Vgl. die folgende Münze.

3 Stück.           
1 Bruchstück.

27) Worms? Hs. —A— Kirchengebäude mit Kreuz im Portal. Von der Umschrift ist nur ein A, aber sicher, zu sehen.

Abbildung Nr. 12.

Rs. Kreuz mit Kugel in drei Winkeln und einein Keil oder Dreieck mit einem gestürzten Halbkreise darüber ( Keil mit Halbkreis ) im vierten Winkel. Umschrift ist nicht zu sehen. Wahrscheinlich sind diese Münzen Nachbildungen der vorhergehenden Münze mit dem Bischofsstabe in einem Kreuzwinkel,

1 Stück.        
1 Bruchstück.

28) Mainz, Kaiser Otto I (936) 962-973. Hs. OTTO IMP AV s . Kreuz, mit Kugel in den Winkeln.

Rs. MOgONcIA CIVIT. Kirchengebäude mit Kreuz im Portal und auf dem Giebel. Vgl. Fund von Obrzycko, S. 7.

5 Stück.

29) Mainz, Kaiser Heinrich II. 1002, 1014-1024. Hs. HeINricVS (ein Exemplar HENI—). Kreuz mit einer großen Kugel und einer kleinen Kugel darunter in jedem Winkel.

Rs. MOgonCl A . Brustbild von vorn, mit kahlem Kopfe, in bischöflicher Kleidung. Vgl. Fund von Farve, S. 23, Nr. 5; eine ähnliche Münze ist abgebildet in Cappe I, T. 17, Nr. 287; Lelewel III, S. 144 (schlecht abgebildet); Groschen=Cabinet, Fach IX, Nr. 1.

5 Stück.

30) Mainz, Kaiser Heinrich II. (1002) 1014-1024. Hs. HEN C HV I—. Kreuz mit einer großen Kugel in jedem Winkel.

Rs. Inschriftskreuz MOGON . . . .IV rückläufig. Kirchengebäude mit einem Kreuz auf dem Giebel und einer dreizweigigen Blume oder Arabeske in dem Giebel, mit einem kahlen Menschenkopfe im Portale. Diese sehr scharf und gut gezeichneten und gravirten Münzen haben ganz den mainzer Typus. Die Arabesken=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 258 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verzierung in dem Kirchengiebel kommt auch auf mainzer Münzen Otto's III. vor; vgl. Köhne M., III, S. 394. Auch der Menschenkopf im Portale kommt auf mainzer Münzen des Erzbischofs Lupold (1051-1059) vor; vgl. Köhne Z. III, S. 175. Dieser Menschenkopf im Portale hat ganz den Typus des Kopfes des Brustbildes auf den mainzer Münzen mit dem bischöflichen Brustbilde auf der vorhergehenden Münze.

3 Stück.

31) Mainz, Kaiser Heinrich II. (1002) 1014-1024. Hs. H . . . . . . . Kreuz mit einer großen Kugel in jedem Winkel.

Rs. Inschriftskreuz MOG. . .IA. Kirchengebäude mit Kreuz auf dem Giebel und einer dreizweigigen Blume oder Arabeske in dem Giebel, mit einem kahlen Menschenkopfe. Diese Münze ist ganz der vorhergehenden gleich und weicht nur in der Umschrift der Rs. ab.

1 Stück.

32) Würzburg, Kaiser Otto III.. (983) 996-1002. Hs. —O— M . Kreuz mit einer Kugel in jedem Winkel.

Rs. Ganz unklar. Vgl. Fund von Farve, S. 25, Nr. 10; Cappe I, T. 13, Nr. 214.

1 Stück.

Baiern.

33) Regensburg, Herzog Heinrich I, 947-953. Hs. HIRICVS . VIX Kreuz mit einem Ringe in einem Winkel und einer Kugel in jedem der übrigen Winkel.

Rs. REGINA CIVITAS Kirche mit IVAL unter dem Giebel. Vgl. Köhne M., IV; Nr. 78; Cappe Nr. 55.

1 Stück.           
1 Bruchstück.

34) Regensburg, Herzog Heinrich I., 947-953. Hs. . . . . . .S DV . Kreuz mit Kugel in den Winkeln.

Rs. REG . . . . . . . Kirche mit (VV)O unter dem Giebel.

1 Bruchstück.

35) Regensburg, Herzog Heinrich I, 947-953. Hs. HEINRICVS . . . Kreuz mit einem Ringe in einen Winkel und einer Kugel in jedem der übrigen Winkel.

Rs. . . . INA CIVITAS Kirche mit ELLIN unter dem Giebel. Vgl. Köhne M., IV, S. 77.

1 Stück.

36) Regensburg, Herzog Heinrich I., 947-953. Hs. . . NRTC . . . . Kreuz mit einem Keil oder Dreieck in einem Winkel.

Rs. . . . .NA CIVIT Kirche mit (E)NC unter dem Giebel. Vgl. Köhne M, IV, S. 79.

1 Bruchstück.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 259 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

37) Regensburg, Herzog Heinrich I, 947-953. Hs. HENCIDV NH mit Halbkreis S VCX, rückläufig. Kreuz mit Ring, Keil und zwei entgegengesetzten Kugeln in den Winkeln.

Rs. Inschrift As, rückläufig. Kirche mit ENC (rückläufig) unter dem Giebel. Einen ganz ähnlichen Hälbling hat Köhne M., IV, S. 78, Nr. 325. Vgl. Sedlmayer, T. III, Nr. 78-82; Cappe Baier. M., Nr. 56.

1 Stück.

38) ?— Herzog Heinrich I., 947-953. Hs. H . . . .CVS DVX Kreuz mit Kugel in den Winkeln.

Rs. Inschriftskreuz E . . . . . . CITS Kirche mit VVOL unter dem Giebel und Kreuz auf dem Giebel im Anfange der Umschrift, welche ganz klar mit E beginnt.

1 Stück.

39) ?—Herzog Heinrich I., 947-953. Hs. H E — — Kreuz mit einem Ringe und einem Punkt in zwei von den Winkeln, halbbracteatenartig geprägt.

Rs. Inschriftskreuz —RC am Ende, ganz klar. Kirche mit Kreuz auf dem Giebel im Anfange der Umschrift. Eine ähnliche Münze mit —RC am Ende der Umschrift der Rs. war auch im Funde von Egersund, S. 143, Nr. 3.

1 Bruchstück.

40) ? —Herzog Heinrich V, 1017-1027.

Hs. Inschrift in einem breiten, durchgehenden Kreuze, in dessen Winkeln ein Dreieck, mit einer Kugel an jeder Dreieckspitze, steht.

Rs. (I)NLCONRAT Punkte CONC, von außen links herum zu lesen, Kirche mit CON unter dem Giebel. Diese Münze scheint ganz dieselbe zu sein, welche aus dem Funde von Egersund T. IV, Nr. 51 abgebildet ist; wenigstens gehört sie in dieselbe Zeit und Münzstätte. In Köhne M, IV, S. 83 sind dieselben Münzen beschrieben. Auf der Rückseite unserer Münze wird ganz sicher und klar — CONRAT Punkte CONC gelesen. Vgl. Sedlmayer Nr. 100.

1 Stück.

41) Regensburg? Kaiser Heinrich II., 1002-1024. Hs. Gekrönter Kopf, rechts gekehrt. Hinter dem Kopfe EX , vor dem Kopfe Inschrift Das R zu EX fehlt sicher.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 260 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rs. RIN c SVE c NO, rückläufig, Kreuz mit einem Ringe, einem Keile oder Dreieck und zwei Mal drei Kugeln in den Winkeln. Diese Münze ist, mit Ausnahme der Umschrift der Rückseite, dieselbe Münze, welche Köhne Z., III, S. 189, Nr. 46, beschreibt. Vgl. Sedlmacher Nr. 67. Wahrscheinlich barbarisirte Nachbildung.

1 Stück.

42) ?—Kaiser Heinrich II., 1002-1024. Hs. Gekrönter Kopf, rechts gekehrt, roh gebildet. Hinter dem Kopfe Inschrift , vor dem Kopfe Inschrift

Rs. Inschrift Kreuz mit drei Kugeln im ersten Winkel und einer Kugel in jedem der übrigen Winkel. Vgl. Sedlmayer Nr. 70 bis 73. Ganz barbarische Nachbildung.

1 Stück.

43) Baiern, Bruchstücke von den vorstehenden ähnlichen Münzen, nicht zu bestimmen.

10 Bruchstücke.

44) Salzburg? Erzbischof Hartwig? 991-1023. Hs. Inschriftskreuz XHCERTEIVIIS Kreuz mit einem Ringe, zwei Keilen oder Dreiecken und drei Punkten in den Winkeln. Das Kreuz im Anfange der Umschrift hat in jedem Winkel einen Punkt.

Rs. Inschriftskreuz DC Inschriftskreuz VHCVNEVS Kirche mit Kreuz auf dem Giebel im Anfange der Umschrift und (N)I C I unter dem Giebel. Ueber die Münzen des Bischofs Hartwig von Bamberg und des Erzbischofs Hartwig von Salzburg vgl. Köhne M., III, S. 400 flgd. Unsere Münze hat ganz baierschen Typus. Wahrscheinlich barbarische Nachbildung.

1 Stück.

45) Salzburg? Erzbischof Günther? 1024-1025. Hs. Gekrönter Kopf, rechts gelehrt. Hinter den Kopfe I, vor dem Kopfe Inschrift König Conrad H. (?) 1024-1039.

Rs. S c S · RVODVDlOV (Rudpertus). Kreuz, in den Winkeln mit den Buchstaben Inschrift Diese Buchstaben GVNT in dem Kranze könnten den Erzbischof Günther von Salzburg bedeuten. Diese Münze scheint eine barbarisirte Nachbildung zu sein.

1 Bruchstück

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 261 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Böhmen.

Herzog BoleslaV II. der Gütige, 976-999.

46) Hs. OM(ER)IZ Inschrift A C, rückläufig. Brustbild mit Kreuz und liegendem Pfeil zu den Seiten.

Rs. Inschrift rückläufig. Segnende Hand, mit A M zu den Seiten. Vgl. Voigt, S. 123, Nr. 6 und 7.

1 Stück.

47) Hs. . . .RIZ P . . . . Brustbild.
Rs. BO. . . . . . .VX, rückläufig. Segnende Hand mit A M .

1 Bruchstück.

48) Hs. . . ERIZ, rückläufig. Brustbild.
Rs. . . . EZL, rückläufig. Segnende Hand.

1Bruchstück.

49) Hs. . . . . .R A C Brustbild.
Rs. . . . . . . . . S . . . Segnende Hand mit A M .

1 Bruchstück.

50) Hs. . BO — von außen zu lesen.
Rs. . . . .C A . . . . . . ., rückläufig. Segnende Hand.

1 Bruchstück.

51) Hs. Brustbild mit Kreuz vor sich.
Rs. Segnende Hand mit A M .

7 Bruchstücke.

52) Hs. OM . . . . .VX, rückläufig. Vogel, links schauend.
Rs. —OEX. Segnende Hand.

1 Bruchstück.

53) Hs. —ZDC, rückläufig. Brustbild.
Rs. . . . . AV S . . . Segnende Hand.

1 Bruchstück.

54) Hs. . . . . .VS:D . Brustbild.
Rs. . . . . . . . .S:DV. Selten.

1 Bruchstück

55) Hs. —CV Kirchengebäude.
Rs. —VIZ— Segnende Hand mit A .

1 Bruchstück.

56) Hs. . . .EZL A . . . . ., rückläufig Kreuz mit Kugeln in den Winkeln.
Rs. . . . . .CIVIT . ., rückläufig. Kirchengebäude mit . HO oder .NO unter dem Giebel.

1 Bruchstück.

57) Hs. Kreuz mit Pfeil Pfeil in zwei Winkeln.
Rs. Kirchengebäude mit VV( A ) unter dem Giebel.

1 Bruchstück.

58) Hs. . . . .Z. . . . Kreuz mit Kugel in den Winkeln.
Rs. P. . . . . . . .TR Kirchengebäude mit Kreuz auf dem Giebel und s N unter dem Giebel. Vgl. Cappe Nr. 21.

1 Bruchstück.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 262 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Herzog Boleslav III. (?) 999 -1004.

59) Hs. . . . .AV. . ., von außen zu lesen. Im Felde ein Kreuz, in dessen Winkel ein Pfeil Pfeil steht.

Rs. Kirchengebäude mit Kreuz auf dem Giebel und den Buchstaben GN unter dem Giebel. Ganz wie im Fund von Farve Nr. 45, S. 40. Vgl. Köhne Z., IV, S. 95, Nr. 376-378.

2 Bruchstücke.

60) Hs. BO. . . . . . . . . . . .VX von außen zu lesen. Segnende Hand mit M .
Rs. . . . . . . . A CI. . . . von innen zu lesen. Kirchengebäude mit OH.

1 Bruchstück.

61) Hs. . . . . . . Z DV. Segnende Hand.
Rs. — —VB Kirchengebäude. Selten.

1 Bruchstück.

Herzog Jaromir, 1003-1005 († 1037).

62) Hs. I A ROMIR (DV)X Kleines, ungestaltetes Brustbild.
Rs. Inschrift . Roher Kirchengiebel. Selten. Vgl. Köhne M., S. 98, Nr. 385; ganz wie T. XIII, Nr. 6.

1 Stück.

63) Hs. Punkte I A ROMIR Punkte DVX. Im Felde Inschrift um einen Punkt.
Rs. :DEXTER A DEI Segnende Hand, ohne A M . Aehnlich Becker T. II, Nr. 57, S. 40; Köhne Z., III, T. VI, Nr. 3, S. 157.

1 Stück.

64) Hs. IA — —. Zwei Brustbilder über einem Gitter. Rs. IARO. . . .D E X. Rechts gekehrter Vogel. Selten.

1 Stück.

Abbildung Nr. 4 .

65) Hs. Gitter, wie auf der vorhergehenden Münze.
Rs. Im Felde —R—.

1 Bruchstück.

66) Hs. :I A . . . . . .VX. Im Felde PR—
Rs. : . . . . . . A DEI. Segnende Hand, ohne A M

1 Bruchstück.

67) Hs. . . . . MIR. . . Im Felde . . s A .
Rs. . . . . .DEI.

1 Bruchstück.

68) Hs. Im Felde Inschrift
Rs. Segnende Hand mit einem Krückenkreuze daneben. Wie Becker T. II, Nr. 57.

1 Bruchstück.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 263 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

69) Hs. —VX.
Rs. S . V— Krückenkreuz, wie auf der vorhergehenden Münze.

1 Bruchstück.

70) Hs. . . . .MIR. . .
Rs. R — — Am Rande drei Kreuze.

2 Bruchstücke.

71) Hs. Reste des Namens Praga im Felde

3 Bruchstücke.

Herzog Udalrich, 1004-1037.

72) Hs. OD A LRICVS DVX von außen zu lesen. Im Felde Inschrift

Rs. DEXTER A DEI von innen zu lesen. Segnende Hand ohne M . Ganz wie bei Voigt Nr. 7.

1 Stück.

Friesland.

73) Deventer, König Heinrich II., 1002-1024. Hs. HENRICVS. Im Felde Inschrift , nämlich A M und darüber ein kleines Dreieck und darunter ein liegendes S.

Rs. D A V A NTRI A Kreuz mit Kugel in jedem Winkel. Ganz wie in Köhne Z., III, T. V, Nr. 17, S. 152, und im Fund von Farve, S. 35, Nr. 34. Vgl. Cappe I, T. XIII, Nr. 225. Ueber die dieser Münze nachgebildeten Wendenpfenninge vgl. unten bei den Wendenpfenningen.

2 Stück.

Abbildung Nr. 13.

74) Utrecht, König Heinrich II., 1002-1014 (1024). Hs. HE. . .ICVS REX ganz deutlich. Vorwärts gekehrter gekrönter Kopf.

Rs. Inschriftskreuz XRIStiana reIGIO. Im Felde ein Kirchengebäude mit Kreuz auf dem Giebel im Anfange der Umschrift, im Kirchengebäude das Wort

Inschrift

Ganz wie in Cappe I, T. VI, Nr. 88, S. 109, Nr. 505. Diese Münze gehört jedenfalls Heinrich II., nicht Heinrich III, Wie Cappe will, da unser Fund keine einzige Münze aufzuweisen hat, welche so weit reicht. Ganz dasselbe Gepräge, jedoch vom Könige Conrad II. (1024-1027) war im Funde von Farve, abgebildet T. I, Nr. 5, vgl. S. 36, Nr. 36. Die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 264 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

drei Münzen im Funde von Egersund, Tab. IV, Nr. 65, sind dieselben, wie unsere; Grote legt sie auch Heinrich II. bei.

1 Stück.

Sachsen.

Herzog Bernhard.

In Sachsen folgte dem Hermann Billing, dem bekanntlich vom K. Otto das Herzogthum übergebn ward, sein Sohn Bernhard von 973-1011 und auf diesen dessen gleichnamiger Sohn Bernhard, der 1066 starb.

Früher legte man, und auch Lelewel III, S. 122 u. 123, dem ältern Bernhard alle mit dem Namen Bernhardus dux bezeichneten Münzen bei. Neuerdings hat Dr. Friedländer im Silberfund von Farve sie in der Art geschieden, wie sie auch hier geschieden sind. Auch Dannenberg, Mitth. der numism. Gesellschaft in Berlin, III, S. 161, scheidet sie eben so, bemerkt jedoch, daß es zweifelhaft sei, ob nicht Bernhard I. auch auf die dem II. in dieser Weise zugelegten Münzen Anspruch habe.

75) Herzog Bernhard I., 973-1011. Hs. Im Felde ein links gekehrtes Brustbild mit einem gestrichelten Helm. Die Umschrift giebt den Namen BERNHARDVS DUX.

Rs. Im Felde ein kleines Kreuz. Umschrift: IN NOMINE DNI AMEN. Auf keinem der hiesigen Exemplare ist die Umschrift vollständig.

Eine große Zahl ist nachgebildet, also daß die Bilder ziemlich deutlich hervortreten, jedoch die Buchstaben unter einander gemischt sind; andere sind als verwildert zu bezeichnen, indem das Brustbild nur mit einzelnen Buchstaben, das Kreuz mit einzelnen Zügen umgeben ist, bei flachem Gepräge. Andere, die man als barbarisirend bezeichnen kann, haben Kopf und Kreuz unförmlich, die Buchstaben sind dick und ohne Zusammenhang, die Perlen im Umkreise plump.

Nebenformen sind die, wo die Hauptseite den Namen ERNARDVS DVX hat, und dann die, wo das Brustbild fast unkenntlich ist. Beide sind flach und nähern sich durch den aufgebogenen Rand der Form der Wendenpfennige. Böhme Sächs. Groschen=Cab., I. Fach, T. I, Nr. 1 und 3; Lelewel Pl. XXI, Nr. 2; Orig. Guelf. II, p. 265. Silberfund von Farve, S. 23, Nr. 22. Dannenberg Mittheilungen, S. 162, hat die Nachbildungen augeführt.

79 Stück.        
17 Bruchstücke.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 265 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

76) Herzog Bernhard II., 1011-1066.

Erster Typus.

Hs. Im Kreise ein schwebendes Kreuz. Die Umschrift ist: BERNHARDVS DVX, auch BERNHAR und BERNHA; abweichend fand sich auch BERN, BER und retrograd BERN.

Rs. Im Kreise gleichfalls ein schwebendes Kreuz. Die schrift IN NOMINE DNI AM ist nur auf wenigen vollständig; die meisten haben nur einzelne Buchstaben derselben. Auch findet sich die Rückseite verwildert, flach und bracteatenartig durchgeschlagen.

Eine kleinere Form (15-17 Mm., während die andere 20 Mm. groß sind,) hat denselben Typus. Lelwel Pl. XXI, Nr. 3; Böhme T. I, Nr. 4, mit anderer Form des Kreuzes; Silberfund von Farve, S. 25, Nr. 13, mit denselben Abkürzungen und demselben verwilderten Gepräge, wie hier.

Zweiter Typus.

Die Zeichen sind auf der einen Seite ein Kreuz, auf der andern eine Kugel, und wechseln die dem vorigen Typus gleichen Inschriften, also daß man (bei 19 Exemplaren) die Kugelseite und (bei 9 Exemplaren) die Kreuzseite als Hauptseite ansehen kann.

Eine Anzahl kleiner Exemplare von 15 Mm., die jedoch wenig leichter sind, als die größern, und die man also nicht als Hälblinge ansehen darf, haben den Namen auf der Kreuzseite.

Silberfund von Farve, S. 26, Nr. 14, wo sich 115 von verschiedener Größe fanden. Dannenberg Mitth., S. 164, hat auch die wechselnde Namensstellung zum Bilde.

Drittem Typus.

Hs. Im geperlten Kreise eine Hand, die auf einem schmalen Kreuze liegt, neben derselben unten zwei Punkte Umschrift: BERNHARDVS.

Rs. Im geperlten Kreise ein schwebends Kreuz. Umschrift: LIVNIBVRII.

Abbildungen dieses Typus, der aber nicht ganz mit dem vorliegenden Exemplare, das nur einmal vorkam, übereinstimmt, sind in Seeländer, Böhme Sächs. Groschen=Cab., T. I, Nr. 1, S. 26, Orig. Guelf. II, S. 265, Lelewel III, S. 123.

Von diesen dem zweiten Bernhard beigelegten Münzen fanden sich 233 ganze und 72 Theile.

233 Stück.        
72 Bruchstücke.

77) Graf Wigman (944-968?) Hs. VVI s M A N COM. Krenz, mit einer Kugel in jedem Winkel.

Rs. EERBIS │ DOR(M) oder H oder PH. Die Inschriften sind hier aus mehreren Exemplaren zusammenbracht. Einige Exemplare scheinen über ältere Münzen geprägt zu sein. Vgl.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 266 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Köhne III, S. 178; Fund von Egersund, S. 145, Nr. 9; Fund von Farve, S. 30, Nr. 22. 5 Stück.

78) Dortmund, König Otto HIII., 983-996(1002).

Hs. Inschriftskreuz ODDO Inschriftskreuz REX. Kreuz mit einer Kugel in jedem Winkel.

Rs. Im Felde: Inschrift

Das N schwankt zwischen H und N.

5 Bruchstücke.

79) Dortmund, Kaiser Otto III. (983) 996-1002. Hs. ODDO IMPERI A TOR Kreuz mit einer Kugel in jedem Winkel.

Rs. tHerOTMANII, das M weit auseinander gezogen und das A daran gelehnt. Vgl. Fund von Farve, S. 26, Nr. 16; Köhne M. III, S. 414, Nr. 43.

2 Stück.

80) Dortmund, König Heinrich II., 1002-1014 (1024). Hs. HEN. . . . . . . X. Kopf.

Rs. . . . . .MON. . Kreuz. Vgl. Cappe I, Nr. 413.

1 Bruchstück.

81) Hildesheim, Bischof Bernward, 993-1022. Hs. -RDP S X. Kopf.

Rs. - Inschrift Kreuz.

Barbarisirt. Vgl. Köhne M. III, S. 121.

1 Bruchstück.

82) Hildesheim, Bischof Bernward, 993-1022. Hs. —RNVV A —. Kopf.

Rs. —ESHEV . Kreuz(?)

1 Bruchstück.

83) Hildesheim, Bischof Bernward, 993-1022.

Hs. —W A R—-

Rs. Inschrift .

In Meklenburg sind schon früher Münzen vom Bischofe Bernhard von Hildesheim gefunden, wie z. B. in dem Funde von Warlin aus dem Jahre 1050; vgl. Jahrbücher V, S. 134.

1 Bruchstück.

84) Hildesheim, Bischof Godehard, 1022-1038. Hs. goDEH A RDVs eps. Kopf.

Rs. HILDENESHEIM rückläufig. Ein rundes Gebäude mit drei hohen spitzen Thürmen. Zuerst aus dem Funde von Egersund T. IV, Nr. 60 abgebildet, vgl. S. 145, Nr. 10. Im Funde von Farve ein Exemplar, S. 27, Nr. 18. Vgl. Köhne M. III, 421, Nr. 61.

1 Stück.

Abbildung Nr. 6.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 267 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

85) Quedlinburg, König Otto I, 936-962 (973). Hs. DI[ s R A ]REX, rechtläufig. Kreuz, in den Winkeln mit [OD]DO.

Rs. [SCS]SERV A . . .[CIVS]. Kirche, mit drei Queerlinien und einem Punkte auf dem Thore und einem T an jeder Seite der Kirche. Dies ist, selbst in Einzelnheiten, dieselbe Münze, welche von Lelewel Pl. XX, 2, abgebildet ist, nur daß bei Lelewel die Umschriften rückläufig sind. Ueber die Bestimmung dieser Münze vgl. Köhne M. III, S. 425, Nr. 66. Vgl. auch Cappe M. des St. Quedlinburg Nr. 1, b.

1 Bruchstück.

86) Magdeburg, König Otto I. (?), 936-973. Hs. OTT— —. Kleines Kreuz, mit einer Kugel in jedem Winkel.

Rs. M A —, oben rechts am Kirchengiebel anfangend. Kirche. Eine sehr klar und regelmäßig gravirte und geprägte Münze, ein seltenes Urstück unter den vielen Nachahmungen magdeburger Münzen.

1 Bruchstück.

Abbildung Nr. 7.

87) Magdeburg, König Otto I. (?), 936-973. Hs. dI s R A —. Kreuz, mit ODdo in den Winkeln.

Rs. Inschriftskreuz M . . . . . . . . . Kirche.

1 Bruchstück.

88) Wendenpfennige.

Von diesen bekannten, in allen Funden aus dem 10. und 11. Jahrhundert hierorts vorkommenden Münzen, die sich durch ihren aufgebogenen Rand und größtentheils aus Strichen bestehenden Umschriften charakterisiren, und über deren Entstehung Köhne Zeitschrift, III, S. 359, zu vergleichen ist, fanden sich in sechs nicht ungewöhnlichen Typen 170 ganze, 33 halbe und 19 viertel Exemplare, deren Größe 15-16 Mm., deren Gewicht 20-25 Aß beträgt.

Erster Typus.

Hs. In einem geperlten Kreise ein Ständerkreuz. Die Umschrift hat zwischen acht Strichen vier Buchstaben CRVX, jedoch nicht in der angegebenen Folge, sondern wechselnd vertheilt, das C mit der Oeffnung bald rechts, bald links gekehrt.

Rs. Im Perlenkreise ein gemeines schwebendes Kreuz, in den Winkeln von Ringeln begleitet. Die Umschrift im Charakter der andern Seite hat die Buchstaben H, R oder P und X. Lelewel, T. XXI, Nr 22, abgebildet. Cappe Kaisermünzen I, S. 87, Nr. 393, hat die Buchstaben Heinricus rex gedeutet.

Zweiter Typus.

Hs. Der vorigen Type gleich.

Rs. Im Perlenrande das schwebende Kreuz des vorigen Typus, jedoch ist es von zwei Puncten und zwei Ringeln, in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 268 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

denen Punkte sind, begleitet. Die Umschrift enthält auch zwölf Stellen, wo die Buchstaben des Wortes crux oder auch H . PI hervortreten. Münzfund von Farve, Nr. 97.

Dritter Typus.

Hs. Das Ständerkreuz in der gewöhnlichen Umgebung; in der Umschrift von zwölf Stellen sind die Buchstaben VHRE oder die des Wortes crux vertheilt.

Rs. Im Perlenkreise ein Kreuz, dessen Arme sich kleeblattartig mit drei Puncten schließen. In der Umschrift sind meistens die Buchstaben von crux unter Striche vertheilt. Lelewel, T. XXI, Nr. 23 u. 24, abgebildet. Münzfund von Farve, Nr. 95, mit dem Bemerken, daß VHRE noch nicht erklärt sei und daß v. Posern=Klett in der Münzgeschichte Sachsens diese und ähnliche Münzen nach Naumburg und Magdeburg stelle. T. XXXVI, Nr. 2-6, und S. 264. Cappe I, T. XV, Nr. 250 und S. 87 legt sie K. Heinrich II. bei und liest Heinricus imp Lelewel III, S. 157, hat gleichfalls den Namen Heinricus herausgebracht.

Vierter Typus.

Hs. Im Perlenkreise ein Ständerkreuz. Die Umschrift hat in verwilderten Buchstaben die Legende: in nomine dei angedeutet.

Rs. In Perlenkreise ein Kirchengebäude, in dessen Mitte ein Kreuz, an dessen Seiten meistens drei Puncte, auch wohl ein Kreuz. Die Umschrift enthält zwischen Strichen die Buchstaben M s D; das B, das Andere gefunden, fand sich auf keinem der hiesigen Exemplare. Dannenberg Mitth. der Berlin. numism. Gesellschaft III, S. 158, Nr. 22, sagt: der Name Magdeburg ist, wie auf ähnlichen Münzen (Cappe I, T. XV, Nr. 249) ziemlich deutlich; daß aber die Inschrift wirklich so heißen soll und daß die andere Seite den Spruch: in nomine domini amen, enthält, wird zur Gewißheit durch einen unedirten derartigen Pfennig seiner Sammlung, der beide Inschriften deutlich erkennen läßt. Lelewel III, S. 157, will moguncia civitas lesen. Im Münzfund von Farve, S. 55, Nr. 99, fand Dr. Friedländer auf keinem der zahlreichen Exemplare die Buchstaben, die Magdeburg bezeichnen. Cappe XV, Nr. 252.

Fünfter Typus.

Hs. Der vorigen gleich, jedoch enthält die Umschrift weniger bestimmte Buchstaben.

Rs. Im Kirchengebäude ist in der Mitte ein O und an dessen Seite Puncte. Die Umschrift ist unbestimmter, als bei

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 269 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der vorigen, und bei einer großen Anzahl ist die Vorderseite bracteatenmäßig durchgeschlagen. Cappe XV, Nr. 249.

Sechster Typus.

Hs. Im Perlenkreise ein Ständerkreuz; in der Umschrift ist ein V und ein R zu erkennen, also vielleicht crux.

Rs. Im Perlenkreise ein rechts gekehrter Bischofsstab. Die Umschrift mit einein H und V weifet auf das VHRE des dritten Typus hin. Es fand sich nur ein Exemplar dieses Typus.

170 Stück.        
52 Bruchstücke.

89) Wendenpfennige, Nachbildungen von Deventer=Münzen.

Abbildung Nr. 14.

Die oben bei Friesland Nr. 73 beschriebene Münze von Deventer, welche in den schwaaner Exemplaren sehr gut, scharf und klar gravirt und geprägt ist, ist aus einem Funde von Frankfurt a. O. im Jahre 1840 von Dr. Friedländer in Köhne Zeitschrift, III, 1843, S. 152, Nr. 32, zuerst bekannt gemacht und dazu T. V, Nr. 17, abgebildet (vgl. auch Abbildung bei Cappe I, T. XIII, Nr. 225, vgl. S. 83, Nr. 378). Darauf ward sie noch im Funde von Farve, S. 35, Nr. 34, gefunden. — Diese Münze scheint über die Nachbildungen oder sogenannten Wendenpfennige willkommen. Aufschluß zu geben und deshalb eine besondere Behandlung zu verdienen. In dem schwaaner Funde kommen wenigstens 18 Münzen vor, welche an Größe, Gewicht, Prägeweise und Ansehen den Wendenpfennigen völlig gleich sind; man sieht aber klar, daß sie nur mißverstandene Nachbildungen sind, und zwar der Münze von Deventer. Man hat die Zeichen im Felde der Hauptseite ohne Verständniß grade so nachgravirt, wie sie sich auf den ächten Münzen zeigen, und dadurch sind sie beim Abschlag verkehrt zu stehen gekommen; außerdem hat das M ein kleines Kreuz auf dem mittlern Balken; das S ist durchstrichen und geschnörkelt. Von den Buchstaben der Jnschriften treten nur einige Buchstaben hervor. Diese Münzen erscheinen in mehrern Abstufungen. Einige wenige haben noch klar:

Hs. Inschrift

Rs. Inschrift

Die Mehrzahl ist aber schon mehr verwildert und hat fast nur Striche ││││.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 270 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese offenbaren Nachbildung im schwaaner Funde sind ohne Zweifel dieselben, von denen sich etwa 5 Loth im Funde von Farve (Nr. 101) fanden.

Neben diesen ganzen Pfenningen kamen noch vier Halblinge derselben Nachbildung vor, welche die Mehrzahl der wenigen kleinem Münzen im ganzen Funde bilden. Von diesen Dritttheilstücken hat ein einzig das Inschrift richtig gestellt, während alle andern, sowohl die ganzen, als die Dritttheilstücke, Inschrift haben.

22 Stück.

90) Hs. HIADMER[VS]. Kreuz, mit einer Kugel in jedem Winkel.

Rs. Der sogenannte gordische Knoten. Die Umschriften sind sehr undeutlich. Vgl. Fund von Farve S. 43, welcher 225 Stück enthielt, und T. I, Nr. 10. Auch früher oft in Meklenburg gefunden; Vgl. Jahresber. III, S. 105, und V, S. 137.

1 Stück.

91) Unbekannte Münze. Vielleicht Nachbildung von Bernhard=Münzen. Hs. Kopf, mit Kamm als Helm.

Rs. Kreuz.

Die Inschrift scheint auf beiden Seiten gleich zu sein. Die meisten Exemplare sind undeutlich geprägt. Auf einem Exemplare steht jedoch deutlich · VOI · IVOI · IOV. Dies ist dieselbe Münze, welche auch im Funde von Egersund war und dort T. V, Nr. 78 und S. 146, Nr. 6, VNOVNOVNO gelesen wird. Auch in ähnlichen, kleinern Funden in Meklenburg ist diese Münze vorgekommen; vgl. Meklenb. Jahresber. V, S. 138.

12 Stück.


England.

Nachdem B. E. Hildebrand in Anglosachcicka Mynt i Svenska kongl. Myntcabinettet, Stockholm, 1846, eine Menge Münzen der beiden Könige, die hier in Betracht kommen, bekannt gemacht hat, so genügt es, bei den Angaben der hiesigen auf jene zu verweisen und nur die dort fehlenden näher zu bezeichnen.

92) König Aethelred II., 978-1013, 1014-1016.

Erster Typus (Hildebrand A.).

Hs. Des Königs links gekehrtes Brustbild.

Rs. Ein kleines schwebendes Kreuz.
          Grosch=Cab. T. XX, Nr. 23.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 271 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1) Lincoln. Hildebrand, Nr. 872, in 4 Bruchstücken.
2) Theodford. Hildebran, Nr. 1892, 1955 und 1956, letztere mit MON.
3) Winceaster. Hildebrand, Nr. 2222 mit Inschrift .
4) Eoferwic. Hildebrand, Nr. 482.
5) Eine falsche Münze, welche nach der Hildebrandschen Uebersicht S. XC zu Aa gehört, da die Hauptseite eine regulaire Inschrift hat.
          Bruchstücke dieses Typus fanden sich 6.

Zweiter Typus (Hildebrand B.).

Hs. Brustbild.

Rs. Eine niederwärts gekehrte Hand zwischen AM .
     Groschen = Cab. T. XX., Nr. 22

1) Gipeswic.

Inschrift
Ein Bruchstück.
Dritter Typus (Hildebrand C.).

Hs. Brustbild, ein Scepter mit 3 Knöpfen haltend.

Rs. Ein doppelte Kreuz, das durch die Umschrift geht, mit dem Worte Inschrift in den Winkeln.
     Groschen=Cab., T. XX, Nr. 25.

1) Eoferwic. Hildebrand, Nr. 362.
2) Grantabricge. Hildebrand, Nr. 606.
3) Lincolne.

Inschrift
Bruchstück von 970.

4) Oxnaford. Hildebrand, Nr. 1633.

In Bruchstücken fanden sich Münzen mit den Orten Aesthe (Nr. 2), Caentwarabyrig (Nr. 87, Ciceaster (Nr. 149), Eaxeceaster (Nr. 297), Gifelceaster (Nr. 542) Lundene (Nr. 1264, 1370, 1281 und 5 kleinere Bruchstücke), Northwic (Nr. 1592), Suthbyrig (Nr. 1815), Totanaes (Nr. 1958), Werham (Nr. 2028), Crocglade (Nr. 193), außerdem 53 kleinere Bruchstücke dieses Typus.

Vierter Typus (Hildebrand D.).

Hs. Das Brustbild.

Rs. Ein doppeltes Kreuz, das durch die Umschrift geht.
     Groschen=Cab. T. XX., Nr. 24.

1) Lincolne. Hildebrand, Nr. 846 und 851.
2) Lundene Hildebrand, Nr. 1111, 1512, 1229.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 272 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3) Sitv. Hildebrand, Nr. 1735.
4) Theodford. Hildebrand, Nr. 1943 und 1935.

Dann ein Bruchstück von Eoferwic (Nr. 502) und 11 kleinere Fragmente.

Fünfter Typus (Hildebrand E.).

Hs. Das Brustbild.

Rs. Ein doppeltes Kreuz, in den Winkeln mit eingeborenen Ecken, die mit Knöpfen besetzt sind.
     Groschen=Cab. T. XXI, Nr. 26.

1) Lincolne, wie Nr. 1055, jedoch mit dem Namen des Münzmeisters Inschrift , während Hildebrand wulwgar hat.
2) Lundene, Nr. 1110, und 9 Fragmente dieses Typus.

20 Stück.          
201 Bruchstücke.

93) König Cnut. 1016-1035.

Erster Typus (Hildebrand E.).

Hs. Das gekrönte Brustbild in einem Kreise von vier Bogen. Rs. Ein doppeltes Kreuz, das durch die Umschrift geht, die von dem Felde durch einen Kreis von vier Bogen getrennt ist.
     Groschen=Cab. T. XXI, Nr. 27.

1) Lincolne. Hildebrand Nr. 668 und 540.
2) Haestinga. Hildebrand Nr. 397.
3) Snotingaham. Hildebrand Nr. 1171.

Von den beiden letztern nur unvollständige Theile und außerdem noch 6 Bruchstücke dieses Typus.

Zweiter Typus (Hildebrand G.).

Hs. Im Kreise das Brustbild mit Helm. Rs. Ein doppeltes Kreuz, dessen runde, durchbrochene Mitte einen Punct einschließt und das in den Winkeln von einem Punct in der Mitte begleitet ist.
     Groschen=Cab. T. XXI, Nr. 29.

1) Lundene. Hildebrand Nr. 824 und 723, mit 6 Bruchstücken.

5 Stück.          
34 Bruchstücke.

Von augelsächsischen Münzen fanden sich also:

1) von Aethelred: 20 ganze und 201 Bruchstücke.
2) von Cnut: 5 ganze und 34 Bruchstücke,
und ist es auffallend, daß verhältnißmäßig keine Münzclasse hier so viel zertheilt ist, als diese.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 273 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Byzanz.

94) Kaiser Constantinus X. Porphyrogenitus und Romanus II., 948-959.

Hs. Im Felde: Inschrift

Rs. ihsus xristUs N IC A , im Felde ein Patriarchenkreuz.

Abbildung Nr. 1.

Nur ein Bruchstück, etwa 2/3, eine Münze, wie sise im Funde von Obrzycko in vielen Exemplaren vorkam und von Friedländer S. 22 beschrieben ist. Im Funde von Vaalse (S. 44) fand sich auch nur ein Bruchstück. Dieselbe Münze fand sich in Meklenburg schon einmal in einem kleineren ähnlichen Funde von Sternberg vom Jahre 1050 (vgl. Meklenburg. Jahresbericht III, S. 102, Nr. 1).

1 Stück.


Georgien.

95) Fürst David, 983-1001.

Abbildung Nr. 2.

In dem Funde befindet sich eine Münze, welche bis jetzt unbekannt, jedenfalls unedirt zu sein scheint und sehr schwer hat erklärt werden können, obgleich sie viel zur Ansicht versandt ist. Sehr namhafte Forscher hielten sie für "wirklich armenisch"; die Buchstaben schienen ihnen als "armenische" gelesen werden zu können, konnten aber nicht erklärt werden. Die Münze ist aber eine georgische. Wir verdanken die erste Erklärung dem Herrn Conferenzrath Thomsen zu Kopenhagen und der Beihülfe des Herrn Kammer=Assessors Lassoe daselbst, Beamten am Münzcabinet, welcher in Nachsuchungen eifrigst bemüht gewesen ist. Die Erklärung giebt das Werk von dem georgischen Fürsten Baratajeff * ) über georgische Münzen, mit dem Titel: Documents numismatiques du royaume de Géorgie par le prince Baratajeff. St. Petersburg, 1844. In diesem Werke kommt die Schwaaner Münze zwar nicht mit denselben Buchstaben vor, aber es sind dort


*) Der Herr Staatsrath v. Erdmann aus Kasan, ein Meklenburger, welcher im Juli 1860 in Schwerin war und die Münze besah, versicherte, daß die Arbeit des Fürsten Baratajeff, den er persönlich gekannt habe, gewiß völlig zuverlässig sei.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 274 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

andere Münzen bekannt gemacht, welche auf der Hauptseite die Buchstaben des Namens des Münzherrn Name haben, welche DawiTH gedeutet werden (vgl. III, S. 38) nämlich König David von Georgien. Die Lesung und Erklärung anderer Forscher wollte deshalb nicht glücken, weil sie die Inschrift verkehrt angesehen und auf den Kopf gestellt hatten. Die beiden hier Wiedergegebenen Buchstaben bilden aber nicht die obere, sondern die untere Zeile der Hauptseite, jeder der beiden Buchstaben unter einer Linie — — oder Abkürzungszeichen.

Die über diesen beiden Buchstaben unter den Abkürzungszeichen — — stehende Zeile, deren Buchstaben verbunden zu sein scheinen, ließen sich aber eben so wenig deuten, als die vier Buchstaben in den Winkeln des Kreuzes auf der Rückseite.

Die bisherigen Werke von Langlois über georgische und armenische Münzen, welche derselbe im Jahre 1852, nach Brosset Revue de la numismatique georgienne, 1846, herausgab, hatten keine so alte Münze.

Die georgische Münze von Schwaan hat ganz den Charakter der byzantinischen Münzen, wie sie bei de Sauley (Essai de classification des suiles monétaires Byzantines, Metz, 1836, Pl. XV, Nr. 9, XVI, Nr. 6, 8, XVII, Nr. 8, und so weiter bis XX, Nr. 6) dargestellt sind; die letzten sind von Romanus Lacapenus und seinen Söhnen 928-944.

Aber die georgische Münze stimmt auch noch zu der in demselben Funde daneben gefundenen Münze von Constantinus Porphyrogenitus und Romanus II. (948-958): Silber, Größe, Dicke, die Inschrift auf der Hauptseite und das Kreuz auf der Rückseite, Prägeweise, der mehrfache Perlenrand mit den von Entfernung zu Entfernung dazwischen gesetzten Kugeln: alles stimmt genau überein. Die georgische Münze ist also wohl ohne Zweifel dazu bestimmt gewesen, um mit den byzantinischen Münzen zu coursiren. Die georgische Münze unseres Fundes, von welcher ein kleines Stück abgehackt ist, hat ein Gewicht von 2 1/2 Grammen, eine byzantinische Münze von Constantinus Porphyrogenitus und Romanus aus einem andern Funde, hat ein Gewicht von 3 3/10 Grammen.

Die Zeit paßt auch vortrefflich, sowohl zu den übrigen Münzen des Fundes, von denen die meisten deutschen etwas jünger sind, als zu der byzantinischen (948-959) und der altrussischen (981-1015) Münze.

Während der letzten Redaction dieses Berichtes erscheint:

Essai de classification des suites monétaires de la Géorgie,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 275 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

par V. Langlois, Paris, 1860, worin Langlois offenbar unsere Münze als in der "Collection J. Friedländer à Berlin" bekannt macht und untersucht; dies wird aber ein Irrthum sein, da Langlois wahrscheinlich von Friedländer eine Zeichnung unserer Münze erhalten hat. Langlois schreibt unsere Münze dem Davith Curopalates (983-1001) von der Dynastie de la Géorgie méridionale zu, und weist nach, daß sie weder von dem Könige David I. (876-881), noch von dem Könige David II. (1089-1125) sein könne. Unsere Münze wird von Langlois für die älteste Nachahmung des byzantinischen Typus erklärt. Diese Bestimmung paßt sehr gut zu dem Funde von Schwaan: von David II. kann die Münze nicht sein, da der schwaaner Fund vor 1050 vergraben sein muß; für David I. würde sie wohl zu alt sein, da sie mit der Münze von Constantinus Porphyrogenitus (948-959) völlig übereinstimmt.- Langlois übersetzt die Inschrift der Hauptseite durch: "Christ aie pitié de Dawith" und die vier Buchstaben in den Winkeln des Kreuzes auf der Rückseite durch: C P als eine Abkürzung des Titels CuroPalaTI.           T I

Diese Erklärungen werden wohl richtig sein. Man könnte aber doch versucht werden, in den vier Buchstaben der Rückseite eine Hindeutung auf das Kreuz Christi zu suchen und die zwei ersten Buchstaben für die Anfangsbuchstaben des Namens Christus zu halten, also CP statt des griechischen XP (χρ) , so daß die vier Buchstaben: Christi heißen könnten, oder griechisch geschrieben XPιςTI . Jedoch soll dies nur als reine Muthmaßung gelten, auf welche gar kein Gewicht gelegt wird.

Beim Schlusse dieses Berichtes erscheint; A propos du livre intitulé: Essai de classificalion etc. par Langlois, par M. Brosset, in dem Bulletin de l'Academie Imp. des sciences de St. Petersbourg, T. III, 1861, p. 153 sq., wo Brosset sich P. 173 flgd. für die Ansichten von Langlois entscheidet. Auch der General Bartholomäi hat seine Zustimmung ertheilt.

Zu gleicher Zeit schreibt der Staatsrath Kunik in St. Petersburg: "Brosset und Bartholomäi, welche Ihre Münze aus Langlois kennen zu lernen Gelegenheit gehabt haben, sind mit der Deutung einverstanden und erkennen sie für die älteste georgische Münze;" die älteste bisher bekannte georgische Münze ist von Bagrat IV. (1028-1072). Brosset giebt außerdem noch eine Erklärung und lieset:

Hs. Inschrift (d. i. Kriste cheitsgale)
(d. i. Dawith)

d. i. Christ aie pitié de Dawith.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 276 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rs. Inschrift (d. i. Curopalati)

wahrscheinlich byzantinische Aussprache für Curopalates. Zu derselben Zeit regierte zu Lori der Curopalates Coric I., von welchem eine armenische Münze vorhanden ist mit der Inschrift in französischer Erklärung: "Seigneur, assiste Coric couropalate." Nach Brosset war Dawith der Große († 1001) nicht König, aber ein mächtiger Dynast, ein Bagratide, welcher das Land an den Quellen des Tehorokh, d. i. den Tao, und an den Quellen des Araxes, d. i. den Basian, also das Land zwischen Kars und Erzerum, vielleicht bis nach Bajazid, eroberte. Nach der großen georgischen Chronik: "Histoire de la Géorgie, traduite du géorgien par M. Brosset, I re partie, St. Petersbourg, 1849: David le grand, couropalate, roi de Tao, p. 281, 291; adopte Bagrat, prince d'Aplikhasie, p. 292; secourt Basile II, p. 293; sa mort, p. 297"; — nach den "Additions et Eclaircissements à l'Histoire de la Géorgie, St. Petersbourg, 1851: couropalate Ibérien, secourt Basile II, p. 176; reçoit plusieurs forteresses, p. 178; prend la ville de Manazcert, p. 181; bat Mamlan, p. 182; sa mort, p. 184.

1 Stück.


Rußland.

96) Großfürst Wladimir Swjätoslawitsch d. H., 981-1015.

Hs. Inschrift

Eine menschliche Figur, sitzend oder Kniestück, mit einer Krone auf dem Haupte und mit einem aus Perlen gebildeten Heiligenscheine um das Haupt, mit der rechten Hand einen Kreuzstab haltend, die linke Hand auf die Brust legend, welche am Halse mit Punkte verziert ist. Kopf und Oberleib sind sehr groß und gehen bis an den Rand der Münze. Unten sind Andeutungen von den Knieen oder Füßen und zu den Seiten der Hüften charakteristische Verzierungen von zwei Ringeln Ringe , welche wohl die Lehnen eines Sessels andeuten sollen, so daß die Figur sitzend dargestellt sein soll. Die Umschrift beginnt unten links unter der rechten Hand und geht rechts hin weiter bis gegen den linken Elbogen.

Rs. Inschrift

in drei Absätzen, oben rechts anfangend, so daß Inschrift unten von den übrigen Buchstaben auf beiden Seiten getrennt stehen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 277 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im Felde eine Figur, welche Einige für einen Kirchenleuchter (?) ausgegeben haben, Köhne aber für die rohe Gestalt eines Vogels mit ausgebreiteten Flügeln (des altdänischen Raben) erklärt. Vielleicht sind beide Ansichten nicht richtig.

Abbildung Nr. 3.

Die Münze ist nicht ganz vollständig, da links neben dem Kopfe der Figur auf der Hauptseite ein Stück, etwa 1/5 oder 1/6, mit einem Theile der Umschrift, fehlt.

Thomsen in Kopenhagen, dem wir über diese seltene Münze manche Aufklärung verdanken, ist der Ansicht, (welche wir ganz theilen) daß diese altrussischen Münzen bestimmt gewesen seien, um mit den kufischen Silbermünzen zu coursiren. Von den byzantinischen Münzen weichen diese altrussischen Münzen in vielen Stücken ab.

Die sehr seltne Münze ist eine altrussische Münze. Altrussische Münzen sind als solche schon von Chaudoir (Aperçu sur les monnaies Russes etc. par le baron S. de Chaudoir, Petersburg et Paris, 1836 et 1837,) bekannt gemacht, und Grote hat in den Blättern für Münzkunde, Bd. IV, 1844, Nr. 6, S. 110 flgd., und Taf. III, den Hauptinhalt dieses Werkes mit Abbildungen weiter verbreitet. Chaudoir nimmt, gewiß mit Unrecht, an, daß bis zum Ende des 13. Jahrhunderts vor dem großen Tatareneinfall die Russen im Lande kein eigenes Geld geschlagen haben, und meint, diese Münzen seien zu augenscheinlich Nachahmungen byzantinischer Münzen, als daß man glauben könne, sie seien in Rußland geprägt, vielmehr seien sie dem Anscheine nach von Griechen gemacht, um bei besonderen Veranlassungen vertheilt zu werden (Grote a. a. O. S. 116). Andere gingen noch weiter, indem sie diese Münzen ganz aus Rußland verweisen wollten.

Im Jahre 1852 wurden bei Neshin ungefähr 200 altrussische Münzen gefunden, von denen die meisten die Inschrift Wladimir haben. Seit der Zeit ging man in der altrussischen Numismatik, nachdem der Fund von Woloschinski, Conservator des Münzcabinets zu Kiew, beschrieben war, weiter, schrieb aber diese Wladimir=Münzen dem Großfürsten Wladimir Monomach (1113-1125) zu. Man vgl. auch Kunik: Ueber die russisch=byzantinischen Münzen Jaroslaw's I. Wladimirowitsch, Petersburg, 1860.

In unseren Tagen hat Köhne (Zeitschrift für Münz=, Siegel= und Wappenkunde, Neue Folge, Bd. I, Heft 2, 1859, S. 72 flgd.) diese Forschungen wieder aufgenommen und weiter geführt, nachdem man ihm in Stockholm eine alte russische Münze in zwei Exemplaren mitgetheilt hatte. Er hat die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 278 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Stockholmer Münzen dem Könige oder Großfürsten Oleg (879-912) zugeschrieben, aber viel Widerspruch erfahren. Dieser Streit hat aber keinen anderen Einfluß auf unsere Münze, als daß er diese genauer bestimmen hilft.

Wir schreiben die schwaaner Münze dem Wladimir Swjätoslawitsch dem Heiligen zu. Chaudoir und Grote (Taf. III, Nr. 41) und Köhne (Taf. VI, Nr. 4) haben jeder eine ganz ähnliche, ja fast gleiche Münze abbilden lassen. Auf beiden Münzen ist der Name Wladimir deutlich ausgeprägt; die ganze Umschrift der Hauptseite lautet aber: "Wladimir na stolä", d. h. Wladimir auf dem Throne. Diese Umschrift hat die Hauptseite unserer Münze aber nicht ganz. Im Anfange ist deutlich ein B zu lesen, obwohl der untere Theil des B etwas verkümmert und verdrückt ist. Weiterhin läßt sich ein L und ein A erkennen. Man wird daher die Buchstaben B( L )A für den Anfang des Namens Wladimir halten müssen. Der Schluß der Umschrift ist aber völlig klar Inschrift geprägt. Diese Buchstaben scheinen dunkel im Sinne zu sein. Kunik sagt brieflich, daß die Endsylbe -mir in Wladimir oft auch -mer geschrieben wird. Köhne erklärt brieflich die Endung -era für das Ende der Genitivform des Namens Wladimir:

Inschrift , "des Wladimir".

Mehr Umschrift hat die Hauptseite nicht gehabt. In Folge dieser Erklärung möchten wir auch das Brustbild auf der Hauptseite, welches einen Heiligenschein hat, für das Bild des H. Georg halten.

Die Rückseite der beiden erwähnten Münzen ist der Rückseite unserer Münze, namentlich in der kaum zn erkennenden Darstellung des "Vogels", völlig gleich. Die Umschrift unserer Münze ist völlig klar:

Inschrift

welche nach den übrigen Münzen zu ergänzen ist:

Inschrift

und zu lesen:

a se ego srbro Inschrift

und zu übersetzen:

"und dies ist sein Silber".

Wir schreiben unsere Münze um so mehr dem Wladimir Swjätoslawitsch dem Heiligen zu, als sie für den Fall der wohl nicht zu bezweifelnden Richtigkeit der Bestimmung ungefähr 25 bis 30 Jahre vor dem Vergraben des shwaaner Fundes geprägt sein wird, zu gleicher Zeit mit der altgeorgischen Münze dieses Fundes. Wir haben hier also einen ganz bestimmten Anhalt für das Alter der ältesten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

russischen Münzen. So viel ist sicher, daß unsere Münze älter sein muß, als die jüngsten Münzen unseres Fundes, und keinem anderen Wladimir angehören kann. Für die russische Münzkunde ist aber diese Münze von der allergrößten Wichtigkeit, da sie durch den unzweifelhaft sicher bestimmten Fund von Schwaan eine feste Stelle erhält.

Auf die im Jahre 1852 bei Neshin gefundenen altrussischen Münzen wirft unsere Münze ein helles Licht. Von den in der russischen "Beschreibung der altrussischen Münzen, welche dem Münzcabinet der kaiserlichen Wladimir=Universität gehören, aus der Zahl der bei Neshin im Mai 1852 gefundenen Münzen, ausgearbeitet von Jacob Woloschinski, Kiew, 1853", in den "Arbeiten der Commission zur Bearbeitung des Gouvernements des Kiewer Lehrbezirks", abgebildeten Münzen ist die Münze Nr. 14, Taf. II, welche auch die charakteristischen Ringel ( Ringe ) am Gürtel des Bildes der Hauptseite hat, der unsrigen sicher völlig gleich, gehört also gewiß Wladimir dem Heiligen; ebenso scheint Nr. 18, vielleicht auch Nr. 17, gleiches Gepräge zu haben, und bei genauerer Forschung werden sich noch mehr Münzen dieser Gattung in dem gedachten Funde finden.

1 Stück.


Arabische Münzen.

Die kufischen Dirheme kamen seit dem 8. Jahrhundert, in großen Massen in der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts, nach Rußland und von dort wieder in den Occident. Die Zufuhr hörte im Anfange des 11. Jahrhunderts durch das Vordringen türkischer Horden plötzlich auf. Daher waren die kufischen Münzen in Rußland gewiß noch unter Wladimir Swjätoslawitsch d. H. (981-1015) in Umlauf, jedoch schon sehr zerstückelt und abgegriffen.

1. Abassiden. * )

97) 295-320 n. H., 908-932 n. C. Von der Jahreszahl ist noch zu lesen: "Geschlagen im Jahre zwei hundert und" — — —, auf der andern Seite vielleicht der Rest des Chalifennamens: Al Moktadir billah (908-932).

1 Bruchstück.


*) Die folgende Erklärung der arabischen Münzen verdanken wir dem verewigten Professor Dr. Kosegarten zu Greifswald.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

98) Al radhi-billah, 322-329 n. H. 934-941 n. C. 32(3) = 93(5). Hs. zeigt in der inneren Randschrift deutlich die Jahreszahl "zwanzig und dreihundert"; vor "zwanzig" ist die Einerziffer abgebrochen.

Rs. Al râdi.
Vgl. Tornberg Symbolae, T. I, Nr. 4.

1 Bruchstück.

99) Al Mottaki lillah, 329-333 n. H., 941-944 n. C.; 330 = 942: zu Basra 330 geschlagen, wie ganz deutlich zu lesen ist.

Hs. Abu Manssûr ben
emîr al mumenîn
(Abu Manssur Sohn des Beherrschers der Gläubigen.)

Rs. Al Mottaki lillah.
Vgl. Möller numi orientales, p. 88, und Hallenberg numi or. I, p. 168.
Diese Münze ist die einzige vollständig erhaltene kufische Münze des ganzen Fundes.

1 Stück.

2. Samaniden.

100) (2)9(0) = (9)0(2).

Man erkennt von der Jahreszahl noch den Zehner neunzig; vor neunzig kann auch noch ein Einer gestanden haben.

1 Bruchstück.

101) 301-322 = 914-943.

Nasr ben Achmed

Es scheint unten der Rest des Namens Nasr ben Achmed zu stehen.

2 Bruchstücke.

102) 33(0) = 94(1).

Man erkennt von der Jahreszahl noch: dreihundert dreißig; der Einer fehlt.

1 Bruchstück.

103) 34(0) = 95(2).

Von der Jahreszahl ist noch die Zahl: dreihundert und vierzig und . . . . . . zu erkennen.

1 Bruchstück.

104) ? Samarkand scheint der Prägeort zu sein.

1 Bruchstück.

105) Ungewisse Bruchstücke.

8 Bruchstücke.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
3. Buwaihiden.

106) Moïss eddaula, 334-356 n. H., 946-967 n. C. (344) = 956).

Hs. Al Hossain Buwaih, als Ueberrest des ganzen Namens Moïss eddaula Abu al Hossain Buwaih

Rs. al Motî
rk, d. i. Rokn eddaula.

Die Jahreszahl ist nicht mehr vorhanden; aber die Namen stimmen ganz zu Frähn's Münze vom Jahre 344; vgl. Frähn, S. 598.

1 Bruchstück.

107) Jahr ungewiß.

Man erkennt in der inneren Randschrift deutlich "Samarkand", häufig bei den Samaniden.

Unter dem Prägeort stehen Buchstaben, welche der Rest von "al Hossain Buwaih" sein könnten, in welchem Falle die Münze zu den Buwaihiden gehören würde.

1 Bruchstück.

4. Edrisiden.

108) 177—213 = 794—829.

Zwei Bruchstücke mit einem Baumzweige über der Inschrift, wie dies auf den Münzen der Edrisiden vorkommt; vgl. Frähn, Recensio, p. 13*** und 27**, und Tornberg, numi cufici, p. 128, Nr. 8.

2 Bruchstücke.

5. Hamdaniden.

109) 330—356 = 941—967.

Zeit ungewiß. Vielleicht Stück eines Hamdaniden.

1 Bruchstück.

6. Ungewiß.

110) Wahrscheinlich zu al Schâsch geschlagen, von welchem Namen noch der letzte Buchstabe zu erkennen ist.

1 Bruchstück.

111) Arrâfika, scheint der Prägeort zu sein, ein Beiname der Stadt Arrakka in Mesopotamien.

1 Bruchstück.

112) Schwer zu bestimmende Bruchstücke, alle sehr klein und abgegriffen, von denen die meisten viel behandelt zu sein scheinen

über 200 Bruchstücke.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

113) Unbekannte , undeutliche und unerklärte occidentalische Münzen.

27 Stück.

114) Ungeprägte oder zum Prägen überarbeitete glatte Rundstücke.

10 Stück.


Schluß.

Der Fund von Schwaan enthält also
845 ganze Münzen
und 828 bestimmbare Münzbruchstücke,
------
giebt also 1673 bestimmbare Münzen,
zu denen noch ungefähr 1567 unbestimmbare Bruchstücke
von verschiedenen einzelnen Münzen kommen, so daß der Fund ungefähr ------
3240 Münzen repräsentirt.

Die Beschreibung, welche oben gegeben ist, erläutert fast alle Münzen, und es sind nur 27 Münzen (Nr. 113) unerklärt geblieben, welche selten zu sein scheinen, in den Umschriften aber so sehr mangelhaft sind, daß sie wohl nur durch Hülfe gleicher vollständiger Exemplare bestimmt werden können.

Ueber das Gewicht sind zu anderen umfassenden Forschungen besondere Untersuchungen in Schwerin angestellt, indem der Herr Dr. Soetbeer aus Hamburg, unter dem Beistande der Herren Major Köhler, Rechnungsrath Vogler und Oberlehrer Dr. Hartwig zu Schwerin, so wie meiner Person, mit sehr genauen Waagen sowohl den Silberschmuck, als auch die Münzen, in einzelnen Stücken, so wie in verschiedenen bestimmten Massen, durchgewogen und berechnet hat. Aus diesen Untersuchungen ist hervorgegangen, daß von den für Niederdeutschland wichtigen und in größerer Menge in dem Funde vertretenen Münzen das Durchschnittsgewicht

eines alten Denars von Cöln 1, 41  Gramm,
eines Denars von Otto und Adelheid 1, 32     "
eines Denars von Herzog Bernhard 1, 24     "
eines Wendenpfennigs 1, 14     "
beträgt. Im besonderen beträgt das Durchschnittsgewicht von
10 Stück schweren, alten Denaren von Cöln 14, 47  Gramm,
10 Stück gewöhnlichen, alten Denaren von Cöln 13, 92     "
10 Stück gewöhnlichen, alten Denaren von Cöln 13, 85     "
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von großer Wichtigkeit für die Münzgeschichte ist die Zeitbestimmung der Vergrabung des Fundes von Schwaan. Sie wird leicht durch die Lebenszeit derjenigen Münzherren, deren Münzen sich sicher und fest bestimmen lassen. Die sicheren jüngsten Münzen in dem Funde sind von:

Kaiser Heinrich II. von Deutschland 1002-1024,
Herzog Theodorich von Lothringen  984-1026,
Bischof Bruno von Augsburg 1006-1029,
König Cnut von England 1016-1035,
Bischof Godehard von Hildesheim 1022-1038.

Die Münzen der deutschen Kaiser Otto III. (983- 1002) und Heinrich II. (1002-1021) sind in den einzelnen bestimmbaren Geprägen bei weitem überwiegend in dem Funde. Dagegen enthält der Fund keine einzige Münze von dem Kaiser Conrad II (1024-1039) und von Conrad II. und dem Erzbischofe Piligrim von Cöln (1027-1036) und Anderen, und es müßte wunderbar zugehen, daß diese Münzen in dem großen Funde nicht zu finden wären, wenn dieser zu oder bald nach ihrer Zeit vergraben wäre; diese häufig vorkommenden Münzen sind geeignet, den Ausschlag für die Zeitbestimmung zu geben. Der Fund wird also um das Jahr 1025 oder etwas später vergraben sein. Die deutschen Kaisermünzen sind noch immer nicht fest genug bestimmt. Da in unserem Funde die Münzen von Otto und Heinrich vorwiegend sind, so wird es gerathen sein, die Mehrzahl derselben für diesen Fund Otto III. und Heinrich II. zuzuschreiben. Durch die Vergleichung mehrerer umfassender Funde aus verschiedenen Zeiten wird es allein möglich sein, die Münzen der Kaiser nach ihrer Reihenfolge fest zu bestimmen. - Ein gleiches Resultat geben die angelsächsischen Münzen. König Ethelred II (978-1016) ist in dem Funde von Schwaan verhältnißmäßig stark vertreten; von König Cnut dem Großen (1016-1035) sind nur wenige Münzen zu finden, und von den Typen, welche derselbe in seinen letzten Regierungsjahren gebrauchte, ist keine einzige vorhanden. Dagegen sind keine Münzen von Cnut's Söhnen vorhanden und es fehlen z. B. Münzen von Harthacuut (1039 -1042) ganz. - Eben so verhält es sich mit den böhmischen Münzen, welche ziemlich zahlreich in dem Funde sind. Es sind Münzen von den Herzogen Boleslav II., Jaromir und Udalrich (1004-1037) vorhanden; aber es findet sich keine Münze von deren Nachfolger Bracislav (1037-1055), obgleich diese in etwas jüngeren Funden nicht selten sind. - Da also, wenn der Fund jünger wäre als 1025, Münzen von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Kaiser Conrad II. von Deutschland 1024-1039,
Herzog Bracislav von Böhmen 1037-1055,
König Harthacnut von England 1039-1042,

welche sicher in dem Funde erwartet werden müßten, fehlen, so läßt sich leicht schließen, daß der Fund bald nach 1025, oder, wenn man den damals langsamern Umlauf in Anschlag bringt, gegen das Jahr 1030 vergraben ist, also ungefähr zehn Jahre jünger ist, als der Fund von Farve.

Und hierzu stimmen auch die übrigen jüngsten Münzen von Theodorich von Lothringen (984-1026), Bruno von Augsburg (1006-1029) und Godehard von Hildesheim (1022-1038).

Eine ganz besondere Wichtigkeit gewinnt der Fund von Schwaan durch die in demselben aufgefundene altrussische Münze von Wladimir (Nr. 96), welche nach der nicht zu bezweifelnden Zeitbestimmung vor dem Jahre 1030 geprägt sein muß, also ohne Zweifel Wladimir Swjätoslawitsch d. H. angehört und daher durch die jetzt mögliche Bestimmung aller ähnlichen Münzen den bedeutendsten Einfluß auf die ganze altrussische Münzkunde haben wird, auf deren Felde gerade jetzt eine ungewöhnliche Bewegung herrscht. Nicht minder wichtig wird der Fund auch durch die altgeorgische Münze (Nr. 95) von dem Kuropalaten David.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Münzfund von Schwaan.
Münzfund von Schwaan
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 285 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV. Zur Geschlechter= und Wappenkunde.


Bronzenes Tauffaß
in
der St. Michaeliskirche zu Lüneburg

von

den Grafen von Schwerin.

Die St. Michaeliskirche zu Lüneburg besaß ein altes, mit Bildwerk gegossenes Tauffaß aus Bronze, welches im Jahre 1792 bei der Restauration der Kirche, ungewiß wohin, veräußert und wahrscheinlich eingeschmolzen ist. Die Bilder und Wappen sind jedoch auf 7 Seiten in Folio sauber gezeichnet in Gebhardi's Collectaneen, Band VI, S. 438 flgd., auf der königl. Bibliothek zu Hannover, mit weiteren Nachrichten S. 524. An diesem Tauffaß fanden sich außer den herzoglich braunschweig=lüneburgischen und mehreren andern Wappen auch die Wappen der Grafen von Schwerin und Danneberg und der Ritter Grote, vom Berge, von Estorf u. s. w., so daß es scheint, daß sämmtliche Burgmänner der Burg Lüneburg diese Taufe mitgeschenkt haben. Das Wappen der Grafen von Schwerin enthält in einer rosenartigen Einfassung von sechs mit Perlen besetzten Bogen zwei Lindwürmer an einem Baume, das Wappen der Grafen von Danneberg in einer gleichen, mit Rosen besetzten Einfassung zwei Löwen an einem Baume. Nach Gebhardi's Ansicht stammt diese Taufe nach dem Styl des Ganzen und den Zügen der Buchstaben der Inschrift aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts. Vorstehende Nachrichten und die Zeichnungen der Wappen der Grafen von Schwerin und Danneberg nach Gebhardi hat der Herr Staatsminister a. D. Freiherr v. Hammerstein zu Verden dem Vereine gegeben, und der Herr Archiv=Secretair Dr. Grotefend zu Hannover durch Beschreibung des Tauffasses vervollständigt.

Das Tauffaß war sehr reich mit figürlichen Darstellungen geschmückt, jedoch nichts wie es scheint, nach einer bestimmten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ordnung. Der Hauptinhalt der Darstellungen ist eine rein biblische Folge: Johannes d. T. (?), Verkündigung Maria, Geburt Christi, Anbetung der Heil. Drei Könige, Einzug Christi, Christus vor Pilatus, Christi Kreuztragung, Geißelung, Kreuzigung, Grablegung, Auferstehung, Christus umgeben von den vier Evangelisten, außerdem Maria mit dem Christkinde vier Male, Christus am Kreuze zwei Male, Christus drei Male; diese Darstellungen sind ungefähr dieselben, welche auf den Gewölben der Kirche zu Bernit stehen, welche ungefähr aus derselben Zeit stammen. Dann kommen vor die Heiligen: St. Michael, St. Georg, St. Katharine, ein Bischof, ein Abt und zwei andere Heilige. Ein Löwe, reißend und schreitend, kommt fünf Male vor, ein Adler ein Mal. An Ornamenten: Rose, Lilie, Stern. Wappen sind dargestellt: ein Adler (?), der Löwe (oft, an sieben Mal), der Doppeladler, die Wappen der Grafen von Schwerin und von Danneberg, vom Berge, Grote, gekrönte Harpye, Löwenkopf, sechsblätterige Rose, drei Mühlräder auf einem Schrägebalken mit einem Helme mit einem Adlerauge und dazwischen ein Beil, Wappen mit einem Löwen, ein Helm mit zwei Sicheln (zwei Mal).

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das Wappen der Grafen von Lüchow,

welche oft in der altern norddeutschen Geschichte in den Elbgegenden erscheinen und für die Erkenntniß der früheren Zustände wichtig sind, scheint noch nicht bekannt zu sein; wenigstens ist mir nichts darüber bekannt geworden, wenn auch hannoversche Forscher im Besitze ausreichender Kenntniß sein mögen. Jedoch spricht noch v. Hammerstein in seiner Darstellung der Besitzungen der Grafen von Schwerin am linken Elbufer in der Zeitschrift des hannoverschen Vereins, Jahrg. 1857, Hannover, 1859, S. 184 den Wunsch aus, daß es ein "Geschichtsforscher versuchen möge, endlich die Siegel der Grafen von Lüchow und der Grafen von Warpcke festzustellen", und nennt den Schild mit Rauten den "anscheinend (!) den Grafen von Lüchow angehörigen Schild". Sollte bisher noch keine Nachricht aufgefunden sein, so bin ich im Stande, eine Nachweisung zu geben. Als ich im Jahre 1851 bei dem Herrn Landschaftsdirector v. Hodenberg zu Lüneburg, von dessen ungewöhnlicher Theilnahme unterstützt, die Urkunden der lüneburgischen Klöster für die meklenburgische Geschichte studirte, fand ich einige wohlerhaltene Siegel der Grafen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 287 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Lüchow, welche ich bei der großen Menge der mir vorgelegten Urkunden und der mir knapp zugemessenen Zeit nur im Allgemeinen und leicht verzeichnet, jedoch sicher bemerkt habe und deren ich mich klar erinnere. Bei den Urkunden des Klosters Medingen (und vielleicht auch des Klosters Lüne?) ist wenigstens eine Urkunde, an welcher ein gut erhaltenes und sehr schön gearbeitetes gräflich lüchowsches Siegel hängt; jedoch habe ich weder das Jahr der Urkunde, noch den Namen des Grafen angezeichnet.

Das einfach, aber vortrefflich gearbeitete Siegel ist schildförmig und sehr groß, gegen 3 Zoll hamburger Maaß oder 7 Centimeter hoch und im Schildeshaupte ungefähr eben so breit. Es enthält im leeren Felde vier Rauten Rauten , so viel ich mir angemerkt habe und mich erinnere; es ist möglich, daß ich mich irre und daß der Schild nur drei Rauten Rauten enthält, jedoch glaube ich dies nicht, da ich mir die Form des Schildes mit vier Rauten leicht aufgezeichnet habe.

Es wird den hannoverschen Forschern leicht sein, Zugang zu diesen Urkunden und Zeichnung eines Siegels zu gewinnen.

Vielleicht führt dieses Siegel zu weiterer Erkenntniß, indem die Edlen von Diepholz und die Grafen von Osterburg einen queer getheilten Schild führen, dessen untere Hälfte drei Rauten enthält; vgl. v. Ledebur Märkische Forschungen III, S. 360 flgd. Mir ist unter den lüneburgischen Klosterurkunden ein Siegel des Johannes dicius Diepliolz vom Jahre 1256 vor Augen gekommen, welches einen queer getheilten Schild hat, in der untern Hälfte mit drei Rauten, in der obern Hälfte queer getheilt, so daß die obere Hälfte des Schildeshauptes schraffirt, die untere Hälfte leer ist.


Während der Correctur dieser Zeilen erscheint der Anzeiger des german. Museums, 1861, Nr. 6, in welchem S. 196 der vortreffliche Baumeister Adler zu Berlin Nachricht und Zeichnung von einem durch ihn in der Kirche des ehemaligen Klosters Diesorf in der Altmark entdeckten Leichenstein des Grafen Heinrich von Lüchow, † 1273, mittheilt. Auf diesem ist das Bild des Grafen in eingegrabenen Linien mit einem ganz gerauteten Schilde dargestellt, und stimmt dies also nach alter Weise mit dem Rautenschilde überein.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 288 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das Wappen der Familie von Flotow,

von

G. C. F. Lisch.

Mit einem Holzschnitt.

Das Schildzeichen der alten meklenburgischen Familie von Flotow ist jetzt ein grades Kreuz + mit vier Ringen in den Schildwinkeln.

In alten Zeiten war das Kreuz ohne Abweichung ein Andreaskreuz Andreaskreuz . Dies beweisen sowohl zahlreiche Siegel im großherzoglichen Staats=Archive zu Schwerin und im Archive des Klosters Malchow, als auch der schöne Leichenstein des Ritters Andreas Flotow vom Jahre 1367 in der Abteikirche zu Dargun (Jahresber. VI, S. 99), und in diesem Sinne sind auch die drei flotowschen Glaswappen über diesem Leichensteine in derselben Kirche (vgl. Jahrb. XXVI, S. 225 flgd.) eben so dargestellt. Im Laufe der Zeiten während des 14. und 15. Jahrhunderts stellte man die Wappenschilde vorherrschend rechts gelehnt dar, und dadurch kam es, daß das Kreuz, welches auf dem Schilde noch immer ein Andreaskreuz war, in der Ansicht grade aufgerichtet erschien. Dies scheint die Veranlassung gewesen zu sein, daß seit dem 16. Jahrhundert das Kreuz immer als ein grades, rechtwinkliges dargestellt worden ist.

Die ältesten Siegel der noch blühenden alten meklenburgischen Adelsfamilien gehören zu den allergrößten Seltenheiten. Daß ein altes Siegel der Familie von Flotow vorhanden gewesen sei, ward durch eine Urkunde vom März 1277 bezeugt, durch welche die Fürsten Heinrich und Johann von Werle dem Kloster zum Heiligen Kreuz in Rostock das Eigenthum von 6 Hufen in Damm verleihen, welche früher dem Ritter Heinrich von Flotow gehört hatten; diese Urkunde war nicht allein von den beiden Fürsten, sondern auch von dem Ritter Heinrich von Flotow besiegelt ("sigillorum nostrorum appensionibus et Henrici de Vlotowe roboratum"); vgl. Lisch Geschichte des Geschl. Hahn, I, B., S. 69, Nr. 30. Nachdem die Urkunden des Klosters zum Heiligen Kreuze in den neuesten Zeiten wieder ans Licht gezogen sind, entdeckte ich zu meiner freudigen Ueberraschung, daß das Siegel des Ritters Heinrich von Flotow noch ziemlich wohl erhalten an der Urkunde von 1277 hing. Der Ritter Heinrich von Flotow ist der älteste des Geschlechts; er erscheint sehr häufig in der Zeit von 1230 bis 1287 und wird als der Stammvater des Geschlechts be=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 289 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

trachtet; vgl. Gustav von Flotow Beiträge zur Geschichte der Familie von Flotow, Dresden, 1844, S. 22. Es ist nun freilich möglich, daß in diesem Namen zwei Personen gleiches Namens Vater und Sohn, stecken, von denen der jüngere auch fürstlicher Vogt in Röbel war; jedenfalls sind beide aber die ältesten des Geschlechts, und das Siegel, welches der Ritter Heinrich von Flotow im Jahre 1277 führt, deutet durch seinen Styl auf eine sehr ferne Zeit zurück und wird ohne Zweifel der älteste und einzige Abdruck, also sicher das älteste flotowsche Siegel sein, welches noch vorhanden ist. Dieses Siegel ist nun ungewöhnlich groß, wie häufig die Siegel aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert und zeigt einen Schild mit einem Andreaskreuze, welches mehr zwei nach verschiedenen Seiten hin gerichteten Schrägebalken ähnlich erscheint, mit vier Ringen (nicht Kugeln) in den Kreuzwinkeln. In Erkenntniß der großen Seltenheit und Wichtigkeit dieses Siegels für die Familie hat der Herr von Flotow auf Kogel die Kosten zur Zeichnung und zum Holzschnitt dieses Siegels hergegeben, und ich theile hier zur Erhaltung dieser Seltenheit einen Abdruck der Urkunde vom Jahre 1277 mit der Abbildung des daran hangenden Siegels des Ritters Heinrich von Flotow mit.

Heinrich und Johann, Fürsten von Werle, verkaufen dem Kloster zum Heiligen Kreuz in Rostock 6 Hufen in Damm, welche früher dem Ritter Heinrich von Flotow gehört haben, mit Zustimmung desselben.

D. d. Güstrow. 1277. März.

In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Heinricus et Iohannes dei gracia domini de Werle vniuersis Christi fidelibus presens scriptum visuris imperpetuum. Propter labilem memoriam variasque hominum voluntates dignum duximus estimandum, vt ea, que debent inconwlsa manere, litterarum testimonio roborentur, quatinus exinde habeatur cognicio veritatis, si super hiis, que acta sunt, suboriri contingat aliquid questionis. Scire igitur volumus tam natos, quam nascituros vniuersos Christi fideles, nos, ob reuerentiam dei omnipotentis et beate Marie, ex consensu vnanimi, prehabito mature deliberationis consilio, vendidisse cenobio sanctemonialium Sancte Crucis in Rozstok sex mansos in villa Damme, qui quondam fuerant Henrici de Vlotov militis nostri, pro ducentis marcis et X marcis

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 290 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

denariorum, soluentes annis singulis viginti marcas, cum omni iure et proprietate integra, quemadmodum iam fate sanctemoniales villam Bandowe in suis terminis possidere dinoscuntur, accedenle ad lioc libera voluntate memorati Heinrici militis de Vlotov heredumque suorum, libere imperpetuum possidendos. Ne autem hoc factum nostrum racionabile per processum temporis a nobis aut nostris posteris vel dicti Heinrici heredibus aliquatenus valeat irritari, presens scriptum inde confectum sigillorum nostrorum appensionibus et Heinrici fecimus in testimonium roborari. Testes huius rei sunt: Heinricus ecclesie sancte Marie plebanus in Rozstok, Heinricus plebanus de sancto Iacobo, Wolterus de sancto Petro, Lodowicus de sancto Nicolao, magister Theodoricus de Repin, clerici; Nicolaus Gallus, Heinricus de Vlotov, Iordanus de Kropelin, Iohannes de Antiqua Ciuitate, Heinricus de Kremun, Raddagus, Godeco Luch, milites; burgenses vero: Heinricus filius Adolphi, Iohannes Aurifaber, Iohannes filius Iken, Heinricus Miles, Hermannus Psalme et alii quam plures. Datum Guzterowe, anno gracie M °. ducentesimo septuagesimo septimo, mense Marcio.

Nach dem Original im Archive des Klosters zum Heiligen Kreuz in Rostock. An Schnüren von rother und gelber Seide hangen 3 Siegel:

1) ein schildförmiges Siegel mit dem fürstlich werleschen Stierkopfe und der Umschrift:

Umschrift

2) ein gleiches Siegel, mit Sonne, Mond und Stern in den Schildwinkeln, mit der Umschrift:

Umschrift

3) ein schildförmiges Siegel mit einem Andreaskreuze und einem Ringe in jedem Winkel, mit der Umschrift:

Umschrift

wie es hieneben abgebildet ist.

Siegel
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 291 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V. Zur Kunstgeschichte.


Bronzener Thürring

an der Sacristei der St. Petrikirche zu Lübeck,

gezeichnet

und

dem Verein für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde

am Tage seines fünfundzwanzigjährigen Bestehens
am 24. April 1860

gewidmet

von

C. J. Milde, Maler
und correspondirendem Mitgliede des Vereins.

Mit einer Steindrucktafel.

Beifolgende Tafel giebt in möglichst treuer Abbildung einen Thürring in Bronzeguß, der an der älteren Thür der Sacristei der St. Petrikirche in Lübeck angebracht ist. In der Mitte tritt ein gekrönter Stierkopf stark hervor und trägt in dem Maule einen Ring, der hier zum Anziehen der Thür bestimmt war und wohl nichts mit dem Nasenring der späteren meklenburgischen Fürstensiegel gemein hat. Der Kopf ist von einem flachen Kreis umgeben, der durch einfache Verbindungsäste mit ihm zusammenhängt, und innerhalb dessen vier Wappenschilde in alter Schildform angebracht sind, die alle wieder den Stierkopf gravirt enthalten, und zwar in der Form, wie ihn die Herren von Werle im Siegel führten, mit geschlossenem Maule und vorhangender Zunge. Eines der Wappenschilde ist verloren gegangen. Das Ganze ist in Bronze gegossen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 292 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und mißt 13 1/2 Zoll im Durchmesser; die Arbeit, besonders die des Kopfes selbst, ist sorgfältig, wenn auch die Umgebung noch einfach und unbeholfen behandelt ist. Der Charakter des Kopfes aber und namentlich die Krone so wie die Umgebung lassen jedenfalls auf das 13. Jahrhundert als die Zeit der Entstehung des Werkes schließen. Das Kunstwerk wäre demnach so alt, als die nach dem Brande von 1276 erneuerte Petrikirche; von der früheren Kirche, die schon 1170 genannt wird, haben sich nur wenige Spuren in der Nähe der Thurmthür erhalten. Die Thür der Sacristei, worauf der Ring jetzt angebracht ist, scheint jünger als der Ring zu sein; nach den Schloßblechen und Hespen zu urtheilen, möchte sie dem Ausgange des 15. Jahrhunderts angehören. Demnach könnte der Ring auch früher anderswo angebracht gewesen sein, doch fehlt hierüber, so wie über die Entstehung des Kunstwerkes überhaupt jedweder historische Nachweis, und die ganze Frage bleibt somit noch der Forschung offen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Bronzener Thürring.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 293 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die

Bilder der Königin Margaretha Spraengest
von Dänemark.


1. Die hölzerne Bildsäule in der Kirche zu Doberan.

Berühmt ist die dänische Königin Margaretha Sambiria, welche auch Margaretha Spraenghest (Sprengpferd, wegen ihres kühnen Reitens,) und "Schwarze Grete" genannt ward. Sie war die Tochter des Herzogs Sambor von Pommern und dem Könige Christoph I. von Dänemark († 1259) vermählt, mit welchem sie 1252 gekrönt ward. Nach ihres Gemahls Tode führte sie mit kräftiger Hand während ihres Sohnes Erich Glipping Minderjährigkeit die Regierung und starb am 1. December 1282 in Rostock und ward in der Klosterkirche zu Doberan begraben (vgl. Königsfeldt genealogisk=historiske Tabeller, Kopenhagen 1856, S. 29), wo noch ihre gewiß sehr alte, roh gearbeitete, fast lebensgroße Bildsäule aus Holz (wahrscheinlich von dem ursprünglichen Grabdenkmale) gezeigt wird.

2. Das Siegelbild vom Jahre 1270.

Nach vielen Kämpfen mit der Geistlichkeit, in welchen auch viele Klöster hart gelitten hatten, machte sie eine Wallfahrt nach Rom und kehrte mit Absolution und einem Stücke von dem Heiligen Kreuze zurück, welches ihr der Papst zum Geschenk gemacht hatte, und wollte mit diesem Schatze und der Absicht der Wiederherstellung der Klöster von Rostock nach Dänemark hinüberschiffen. Sie ward aber drei Male durch die gefährlichsten Stürme immer wieder an die meklenburgische Küste zurückgeworfen, da das Interdict über Dänemark ausgesprochen war, und konnte das dänische Land nicht erreichen. Da stiftete sie am 22. September 1270 in Rostock das Jungfrauenkloster zum Heiligen Kreuze, welchem sie die Reliquie zur Aufbewahrung übergab, und darnach gelangte sie auf ruhigen Wellen nach Dänemark.

Die Stiftungsurkunde dieses Klosters ist nun mit einem höchst merkwürdigen Siegel besiegelt. Das gewöhnliche große Siegel der Königin, welches in Thorkelin Diplomatarium Arna Magnaeanum I, Tab. IV, Nr. 4, abgebildet ist, ist den Siegeln der übrigen Königinnen ähnlich. Die zu Rostock am

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 294 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

22. September 1270 ausgestellte Urkunde (in Schröder's Papistischem Meklenburg I, S. 722, und sonst oft gedruckt) ist aber mit dem hier nach dem Originale abgebildeten Siegel

Siegel

besiegelt, welches von allen andern Siegeln in jeder Hinsicht abweicht. Das Siegel ist eine dicke, viereckige Platte aus rothem Wachs, auf welcher das sehr hoch modellirte Brustbild der Königin, ohne Wappen und Umschrift und ohne irgend eine sphragistische Andeutung zu sehen ist. Eben so merkwürdig und selten ist es, daß sie, welche offenbar kein Siegel zur Hand hatte, dieses Siegel in der Urkunde selbst beschreibt, indem sie sagt, daß sie "diese Stiftung durch ihr "Siegel bekräftigt habe, welches das Bild ihres in seiner Majestät thronenden Hauptes enthalte", um auszusprechen, daß sie ihr Siegel nicht bei sich gehabt habe:

"Fundationem nostri sigilli munimine continentis formam capitis regine in majestate sua residentis roboramus".

Ohne Zweifel ist diese hier zum Besiegeln benutzte Platte aber die Form eines kleinen Reliefportraits der Königin, welches sie sich wahrscheinlich zu Rom hatte machen lassen. Wir besitzen in dieser Seltenheit also nicht nur ein Bild der Königin, welches wohl Anspruch auf Aehnlichkeit gemacht haben mag, sondern auch ein in seiner Art seltenes Kunstwerk aus dem 13. Jahrhundert.

Uebrigens hat schon Thorkelin a. a. O. I, Tab. IV, Nr. 5, eine ziemlich getreue Abbildung dieses Siegels gegeben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 295 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
3. Das Oelgemälde im Kloster zum Heiligen Kreuz.

Das Kloster zum Heiligen Kreuz in Rostock besitzt ein auf Holz gemaltes Oelgemälde, welches das Bild der Königin in ganzer Figur in Lebensgröße zeigt, so dargestellt, daß sie in der rechten Hand das Modell der Klosterkirche, in der linken Hand ein Scepter hält. Dieses Bild ist nicht alt; zu den Füßen der Figur steht:

EMANVEL BLOCK
FECIT ET DEDIT.
Ao. 1673.

Dieser Emanuel Block war vielleicht ein Sohn des Malers Daniel Block in Schwerin, welcher Hofmaler des Herzogs Adolph Friedrich war. Emanuel Block lebte noch im Jahre 1688 in einem Alter von 80 Jahren in Dürftigkeit in Rostock und erhielt fürstliche Unterstützung. Das Bild ist also kein Original, auch kein altes Bild, scheint aber doch eine Copie von einem alten Bilde zu sein, wenn auch nicht von dem Originale, da so weit keine Bilder dieser Art zurückreichen. Unter der Figur steht eine Inschrift, welche also beginnt:

Bidded gnade alletid vor de leve koniginnen u. s. w.

Sprache und Schreibung dieser Inschrift deuten auf ein Vorbild, welches wenigstens bis in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts zurückreicht; im Jahre 1673 wurde die alte plattdeutsche Sprache nicht mehr zu Inschriften gebraucht. Auch ist die Inschrift bei der Malung des Bildes nicht mehr mit rechtem Verständniß copirt, da sie mit den Worten: Bidded gnade, statt: gade, beginnt. In dem zweiten Viertheil des 19. Jahrhunderts ist das Bild gereinigt, neu gefirnißt, vielleicht auch restaurirt.

G. C. F. Lisch.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 296 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Brand des Schlosses Frederiksborg.

In dem Brande des großartigen und schönen Schlosses Frederiksborg am 17. December 1859 ist eine ungewöhnlich große Menge der vortrefflichsten Kunstschätze untergegangen. In dem Schlosse waren auch viele schöne Bilder meklenburgischer Persönlichkeiten. So befanden sich dort auch die lebensgroßen Bilder in ganzer Figur des Herzogs Ulrich von Meklenburg und seiner guten, klugen und schönen Tochter Sophie, Gemahlin des Königs Friederich II. und Mutter des Königs Christian IV., ferner die kleinen Bilder in ganzer Figur: des Herzogs Magnus von Meklenburg und seiner Gemahlin Sophie, des Herzogs Ulrich von Meklenburg und seiner Gemahlin Elisabeth, des Königs Friederich II. von Dänemark und seiner Gemahlin Sophie, des Herzogs Johann Albrecht II. von Meklenburg und seiner Gemahlin Eleonore Marie, des Herzogs August Johann von Sachsen und seiner Gemahlin Anna Marie von Meklenburg. Im Corridor des dritten Stocks hingen die lebensgroßen Brustbilder auf Einer Tafel von "Dr. Simon Pauli Prof. Anat." und "Elisabeth D. Jac. Fabricii Rstoch. Datter", nach den gleichzeitigen Beischriften. Im Saale über der Auffahrt war ein großes Gemälde darstellend die Belagerung von Wismar.

Diese Bilder habe ich selbst im Jahre 1845 zu Frederiksborg katalogisirt.

Das große, schöne und geschätzte Bild des Herzogs Ulrich war dem vortrefflichen Bilde des Herzog, welches in der Kirche zu Doberan hängt, völlig gleich. Das doberaner Bild ist von dem niederländischen Maler Cornelius Krommony, Hofmaler des Herzogs Ulrich, im Jahre 1587 gemalt, und ohne Zweifel war das frederiksborger Bild von demselben Künstler gemalt und von dem Herzoge seiner Tochter geschenkt. Dieses Bild ist nach mir gewordenen Mittheilungen verbrannt. Das doberaner Bild und eine getreue Copie von demselben in der Ahnengallerie des Schlosses zu Schwerin haben jetzt also einen noch hohem Werth.

Das große und schöne Bild der Königin Sophie als Wittwe war von einem vorzüglichen holländischen Meister gemalt. Auch dieses Bild ist verbrannt. In der Kirche zu Doberan hängt ein gleiches Bild, welches vielleicht von demselben Meister gemalt oder nach demselben copirt und sicher von der Königin Sophie nach Doberan geschenkt ist. Dieses

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 297 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bild hat also auch durch den unglücklichen Brand von Frederiksborg einen höhern Werth erhalten.

Die kleinen fürstlichen Bilder, welche sicher von der Herzogin Sophie, zum Theil zum Zweck einer Ahnentafel in Bildern, gesammelt sind, sind nach sichern Mittheilungen alle verbrannt. Von diesen Bildern habe ich von dem Bilde des Herzogs Magnus II. († 1503) im Jahre 1852 eine sorgfältige Copie für das schweriner Schloß nehmen und darnach ein lebensgroßes Gemälde für die Ahnengallerie daselbst ausführen lassen. Die Copie wird gegenwärtig im großherzoglichen Antiquarium zu Schwerin aufbewahrt. Das Originabild dieses Herzogs Magnus II. in Frederiksborg ist, wie ich aus sicherer Quelle erfahren habe, verbrannt, und daher sind die Copien in Schwerin jetzt die einzigen Bilder des Herzogs. Ueberhaupt sind die meisten Fürstenbilder verbrannt; dagegen sind viele Bilder berühmter Männer, welche in den Corridoren hingen, gerettet.

Durch den Brand von Frederiksborg hat nun ein anderes großes Denkmal in Dänemark eine große Wichtigkeit für Deutschland erhalten. In der Stadtkirche zu Nykjöbing auf Falster findet sich eine auf Holz gemalte, über 16 Ellen lange und über 6 Ellen hohe Ahnentafel der Königin Sophie, welche die Königin, die am 4. October 1631 auf dem Schlosse zu Nykjöbing starb, im Jahre 1627 hat ausführen lassen. Auf dieser Tafel sind die Ahnen der Königin 5 Generationen aufwärts, bis zu 32 Ahnen in der obersten Generation, in Brustbildern mit Wappen und Namen dargestellt. Das Bild der Königin ist ein Kniestück in Lebensgröße; auch die Eltern der Königin sind in Lebensgröße gemalt; höher hinauf werden die Bilder immer kleiner. Ohne Zweifel hat die Königin zu dieser Ahnentafel auch die kleinen Bilder benutzt, welche im Schlosse zu Frederiksborg hingen. Die alabasternen Ahnentafeln des Herzogs Ulrich in der Domkirche zu Güstrow geben hiezu Anhaltspunkte, wenn sie auch lange nicht den Werth der Bilder haben.

Ob meklenburgische Privat=Portraits in Frederiksborg gerettet sind, weiß ich noch nicht. Es sind im Ganzen ungefähr 300 Gemälde gerettet, und unter diesen namentlich "viele Portraits berühmter Privatpersonen", wie ich aus guter Quelle erfahren habe.

G. C. F. Lisch.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 298 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VI. Zur Naturkunde.


Rennthiergeweih von Güstrow.

Auf dem Gebiete des Landarbeitshauses (ehemaligen Schlosses) zu Güstrow ward im Jahre 1860 beim Ausgraben von Kalk und Ziegelerde ein schönes Rennthierhorn gefunden und von dem Herrn Ober=Inspector von Sprewitz den Sammlungen zu Schwerin übergeben. Von dem "Sumpfsee" her erstreckt sich bis zum Schlosse eine große Wiesenniederung, in welche vom Bauhofe bis zum Stadtgraben ein langer, schmaler, fester Hügelrücken hineinragt und ein Stück der Niederung abschneidet, welche dem Landarbeitshause zur Benutzung überwiesen ist. In diesem Abschnitt der Niederung außerhalb des Stadtgrabens, in der Nähe des sogenannten "Pfaffenbruches", liegen folgende Erdschichten in nachstehender Folge und Mächtigkeit über einander: oben Torf 3 Fuß, darunter Sand 2 Fuß, darunter Wiesenkalk 10 Fuß, darunter Ziegelerde, auf welcher also ungefähr 15 Fuß Schichten jüngerer, fest gewordener Bildung liegen. Das Rennthierhorn lag 14 bis 15 Fuß tief unten im Kalk auf der Ziegelerde, ist also in alter Zeit so tief durchgesunken, bis es auf feste Erde gekommen ist, worauf sich die obern, früher weichem Schichten nach und nach theils befestigt, theils gebildet haben.

An dem Abhange des festen Hügelrückens, nach der Seite hin, wo das Rennthiergeweih gefunden ward, fand sich im Jahre 1861 unter dem Abraum 3 Fuß tief eine geschlagene Wurfspießspitze von Feuerstein, im Ganzen 6 Zoll, in der scharfen Spitze 4 Zoll lang und in der Mitte etwa 1 Zoll breit, welche vielleicht mit dem Rennthiergeweih aus gleicher Zeit stammen und mit der Tödtung des Thieres in Verbindung stehen mag. Neben dem Wurfspieß lagen viele Knochen, welche jedoch leider von den Arbeitern verworfen und verloren sind, ehe wissenschaftliche Untersuchung kam.

Das Rennthierhorn ist nur eine Stange, und zwar die der linken Seite, aber äußerst schön gebildet und erhalten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 299 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Es hat als charakteristisches Kennzeichen eine glatte, glänzende Oberfläche von gelblichgrauer Farbe (vgl. Jahrbücher XI, S. 496, und Naturgesch. Archiv, V, S. 116). Auf der Stange und den Sprossen liegen Längsfurchen, welche sehr klar und vollständig ausgebildet sind. Die ganze, noch vollständige, stark und bis zum rechten Winkel gekrümmte Stange ist in grader Richtung 3 Fuß 2 Zoll hamburg. Maaß und nach der starken Biegung 4 Fuß 2 Zoll lang; in der Mitte ist sie dünn. Unmittelbar über der Rose, welche keine Perlen hat, steht die wagerecht nach vorne gerichtete, 1 Fuß lange Augensprosse in Gestalt einer am Ende 9 Zoll breiten, ausgezinkten Schaufel. Etwa 2 bis 3 Zoll darüber steht, nach innen gekrümmt, ebenfalls etwas nach vorne gerichtet, der Eissprießel, welcher am Ende flach und nur 2 1/2 Zoll breit wird und zwei Zinken von 1 1/4 Zoll und 3 1/2 Zoll Länge hat. Weiter hat die Stange bis zur Krone keine Verästelungen oder Zinken, als am Ende die Krone, welche 1 1/2 Fuß lang, bis gegen 3 Zoll breit, flach und nach innen gekehrt ist und an der Seite drei Zweige von 8, 10, 12 Zoll Länge und auf der Spitze zwei Zweige von 2 und 3 Zoll Länge hat; das gewöhnliche eine Ende in der Mitte der glatten Stange fehlt und ist nie vorhanden gewesen.


Es sind bis jetzt, so viel bekannt ist, folgende Rennthiergeweihe in Meklenburg und in den Nachbarländern gefunden, und zwar alle im Moor oder Moder:

1) zu Lutterstorf bei Wismar, im Torf, jetzt im Besitze der Bürgerschule zu Wismar (Archiv für Naturgeschichte, V, S. 116, mit Abbildung);

2) zu Gerdshagen bei Güstrow, im Moder, jetzt im Besitze des geschichtlichen Vereins (Jahresbericht II, S. 114, Jahrbücher XI, S. 496, und Archiv etc. . VII, S. 8);

3) zu Karlow, bei Ratzeburg, im Moor, jetzt im Besitze des Herrn Pastors Masch zu Demern (Archiv VII, S. 8);

4) zu Cummerow in Hinterpommern, im Moor, jetzt im Besitze des meklenburgischen Staatsministers a. D. Herrn Grafen von Bülow auf Cummerow (Archiv VII, S. 8);

5) zu Kölpin bei Neubrandenburg, im Moder (Archiv II, S. 25);

6) zu Milzow bei Woldeck (Archiv II, S. 25);

7) zu Hinrichshagen bei Woldeck, im Moder, jetzt im Besitze des Herrn Baumeisters Koch zu Dargun (Archiv V, S. 10);

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 300 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

8) zu Gädebehn bei Stavenhagen, im Moder, in der Sammlung des Herrn Dr. Brückner zu Neubrandenburg (Archiv V, S. 118);

9) zu Ganschendorf in Pommern bei Demmin, im Moder, jetzt im Besitze des naturgeschichtlichen Vereins (Archiv XI, S. 152);

10) zu Bützow, im Moor, jetzt im Besitze des geschichtlichen Vereins (Jahrbücher XX, S. 368);

11) zu Bützow, im Moor, jetzt im Besitze des geschichtlichen Vereins (Jahrbücher folgd. Seite);

12) zu Güstrow, im Moor, jetzt im Besitze des geschichtlichen Vereins.

Aus den Fundorten im Moor oder Moder, welche allerdings in der Regel oft sehr tief hinabreichen, scheint mit Sicherheit hervorzugehen, daß Rennthiere während der jetzigen Schöpfungsperiode in Meklenburg gelebt haben, aber wohl früh ausgestorben sind, da die Knochen vorherrschend ein sehr altes Ansehen und mürbes Gefüge haben.

Die bei Bützow gefundene Rennthierschaufel Nr. 10 (Jahrb. XX, S. 368) ist offensichtlich durch steinerne Geräthe abgekeilt, um sie zu Werkzeugen zu benutzen; sie fällt also sicher in die Zeit, in welcher in der Steinperiode hier schon Menschen lebten. Eine vortreffliche Vergleichung für die Anwendung solcher Knochen zu Geräthen durch Menschen in der Steinperiode geben die zahlreichen knöchernen Geräthe und bearbeiteten Geweihe aus den Pfahlbauten der Schweiz.

Zu Mallin bei Penzlin ward tief unter Moder und Wiesenkalk ein abgearbeitetes dreizackige Stück von einem Geweih gefunden, so daß von der Stange an der Stelle des Eissprießels zwei Enden und von dem Eissprießel auch ein Ende, jedes von ungefähr 2 1/2 Zoll Länge, stehen geblieben sind. Das Stück, in den Sammlungen des geschichtlichen Vereins zu Schwerin, ist in der Mitte durchbohrt; jedes der drei Enden ist ausgehöhlt, um in der Höhlung ein (vielleicht steinerner Geräth zu befestigen. Vgl. Jahrb. XV, S. 263. Der Herr Professor Nilsson aus Lund erklärte diesen seltenen Griff im Sommer 1860 in Schwerin für ein Stück von einem Rennthiergeweih. In den Pfahlbauten der Schweiz haben sich gleiche Geräthe gefunden.

In der Sammlung zu Kopenhagen befindet sich auch eine Hacke oder Axt aus einem Rennthiergeweih. Vgl. Oversigt over det kgl. danske Videnskabernes selskabs forhandlingar, 1848, p. 12.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 301 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eine in den Sammlungen des geschichtlichen Vereins zu Schwerin aufbewahrte Schaufel von einem Eissprießel, welche Spuren eines verwachsenen, durchgehenden Hiebes zeigte scheint auch einem Rennthier anzugehören.

Es lebten also sicher während der jetzigen Schöpfungsperiode Rennthiere in Deutschland, wenn auch vielleicht nur im nördlichen Deutschland und von anderer Gattung als die lappländischen Rennthiere. In den Austerschalenhaufen Dänemarks und den Pfahlbauten der Schweiz haben sich keine Rennthierknochen gefunden, wenn auch einzelne Stücke sich in Dänemark und in der Schweiz, auch in Frankreich und Belgien gefunden haben. Ich kann aber wegen der norddeutschen Funde dem Professor Morlot in Bern nicht beistimmen, wenn er meint, daß diese in Mitteleuropa gefundenen Ueberreste von Rennthieren "vielleicht aus der Eisperiode stammen und also "älter sein könnten, als das Erscheinen der Menschen in Europa". Vgl. A. Morlot: Etudes géologico=archéologiques en Danemark et en Suisse, Bulletin de la société Vaudoise des sciences naturelles, Tome VI, Bull. No. 46, Lausanne, Mars 1860, p. 280 et 321.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Rennthiergeweih von Bützow.

In dem Torfmoore auf der "Sührung" im "Sandfeldsbruch" der Stadt Bützow ward beim Torf stechen ein 10 Zoll langes Bruchstück von einem ganz dünnen Rennthiergeweih gefunden und von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow geschenkt. In demselben Torfmoore wurden auch ein mit Feuersteingeräthen abgehacktes Hirschhornende, zwei granitne Rollkugeln und ein Feuersteinmesser gefunden. Man vgl. auch das Rennthiergeweih von Güstrow, oben.

G. C. F. Lisch.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Elengerippe von Ankershagen.

Zu Ankershagen bei Penzlin wurden in zwei verschiedenen Modergruben in einer Tiefe von ungefähr 10 Fuß folgende Knochen gefunden und von dem Herrn Gutsbesitzer Voß auf Ankershagen dem Vereine geschenkt:

1) Eine Geweihschaufel, Kinnladen und viele zerbrochene Knochen, alle Stücke, wahrscheinlich zusammengehörend, von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 302 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einem Elen, welches wahrscheinlich in den Sumpf versunken und so umgekommen ist.

2) Eine wahrscheinlich abgeworfene Geweihschaufel ebenfalls von einem Elen.

In einer der Modergruben ward auch noch ein altes, Zerbrochenes, starkes Hirschhorn gefunden.

G. C. F. Lisch.

Elengeweih von Kaltenhof.

Eine Schaufel von einem kleinen Elengeweih, gefunden vor ungefähr 15 Jahren zu Kaltenhof an der Elbe beim Steinbrechen unter einem großen Steine, ward von dem Herrn Förster Grohmann zu Altona bei Eldena geschenkt.

Elengeweih von Güstrow.

Eine Schaufel von einem kleinen Elengeweih, gefunden bei Güstrow in dem Torfmoore vor dem Primer Thore, nicht weit von der Klues, 2 Fuß tief, schenkte der Herr Senator Seitz zu Güstrow.

Einen Elenschädel

von einem jungen Thier, ohne Geweih, gefunden zu Müsselmow, ungefähr 12 Fuß tief im Torfmoor, schenkte der Herr Wiechmann auf Kadow.

Ein Elenschädel

von einem großen, kräftigen Thiere, gefunden bei der Klues bei Güstrow, schenkte der Gymnasiast Diederichs zu Güstrow.

Urstier=Zähne von Schloß Grubenhagen.

Zu Schloß Grubenhagen wurden im Jahre 1858 beim Drainiren acht große Zähne vom Urstier (bos primigenius) ausgegraben, von denen der Herr Kammerherr Baron v. Maltzan auf Schloß Grubenhagen drei Stück an den Verein einsandte. wahrscheinlich hat bei den Zähnen auch das ganze Gerippe gelegen, da die Arbeiter beim Durchstechen der Erde gefühlt haben, daß sie etwas Festeres, als Erde, durchstochen haben.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 303 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Nachtrag.


Das Schloß Kobelbrück,

von

G. C. F. Lisch.

Oben S. 76 und 96 ist die urkundliche Entdeckung eines werleschen Schlosses Kobelbrück mitgetheilt, welches im Jahre 1292 erbauet ward. Es ist nun auch eine Nachricht über die im Jahre 1315 vorgenommene Zerstörung dieses Schlosses gefunden. In dem im Staatsarchive zu Schwerin aufbewahrten Original=Vertrage von Bruderstorf vom 10. Junii (dingesdages vor sunte Vites dage) 1315 zwischen den Markgrafen von Brandenburg und dem Könige von Dänemark heißt es:

"Die hus twe, die vor dem Sunde nies ge-buwet sin, vnde dat livs, dat die von dem Sunde vp dat lant t v Ruien gebuwet hebben, vnde Hitzacker vnde Weningen, vnde dat hus, dat tů der Eldenenbrůgge nv gebuwet is, vnde Kobelenbruke die scal man beginnen tů brekende n v in vridage vnde scolen binnen achte dagen dar na gebroken wesen."

Diese Urkunde war bisher nur nach einer dänischen Uebersetzung des Inhalts in Huitfeld Danmarkis Rigis Kronike I, p. 371, wahrscheinlich nach einer Original=Ausfertigung im dänischen Archive, bekannt, welche voll der größten Entstellungen ist und auch die Urkunde vom Jahre 1314 datirt. In dieser Uebersetzung werden die Burgen "Hirdisacker, Veninge und Koblenebro genannt, das Schloß an der Eldenbrücke aber: "det hus hos den gamle Bronyes bygd"; dies soll nun heißen: "det hus hos den gamle bro nyes bygd" d. i. "das Haus an der alten Brucke neu gebauet". Huitfeld hat also aus der "eldenenbrůgge" (Eldenbrücke) eine alte Brücke ("gamle bro") gemacht, also irrthümlich "olden brugge" statt "eldenenbrugge" gelesen und dann aus den zwei Worten "bro nyes" einen Eigennamen "Bronyes" gemacht. Diese Uebersetzung verwirrt aber die Einsicht in die geographische Aufeinanderfolge dieser Schlösser.

Die in dem bruderstorfer Frieden genannten Festungen scheinen, mit Ausnahme der zuerst genannten Festungen bei Stralsund, in geographischer Aufeinanderfolge von Westen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 304 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nach Osten gelegen zu haben, nämlich Hitzacker, Wehningen (bei Dömitz), Eldenbrücke (Eldenburg bei Waren) und Kobelbruck. Wenn sich dies so verhält, so wird Kobelbruck im östlichen Theile des Landes Werle, vielleicht in der Gegend von Penzlin, gelegen haben.

Die meisten dieser Festungen wurden in Folge des bruderstorfer Vertrages im Jahre 1315 geschleift. Nur Hitzacker war nach den Verhandlungen des Friedens nicht gebrochen.

Der Name des Schlosses Kobelbruck scheint richtiger Kobelbrôk oder Kavelbrôk von Brook (= Moor) zu lauten; im Jahre 1292 wird es Cobelbruck und im Jahre 1315 Kobelenbruke genannt; das Wort "bruk" wird hier: Brook, oder Moor bedeuten, und nicht Brücke, da in der Originalurkunde vom Jahre 1315 das Wort Brücke: "brugge" geschrieben wird, dicht neben "bruke"; auch heißt nach vielen andern Urkunden eine Brucke plattdeutsch nie "bruke", sondern immer "brugge".

Der Name Kavelbrôk, wie er heute plattdeutsch lauten würde, findet sich noch heute im Lande häufig im Munde der Landbewohner. Es wird aber nie ein bestimmter Wohnort damit bezeichnet, sondern gewöhnlich die Strecke, wo grade ein bestimmtes Revier (Kavel) Holz im Bruche (Weichholz) abgeräumt wird.

Wenn sich in der Gegend von Penzlin die Lage des Schlosses Kavelbrok vermuthen läßt, so dürfte das Schloß bei Lapitz auf der "wendischen Stadt bei Lapitz", welche in Jahrb. XXV, S. 279 flgd. beschrieben ist, gelegen haben und hier auf einer alten wendischen Anlage aufgeführt sein. Auf diesem alten "Stadtgebiete" stehen noch im weiten Wiesengrunde die Reste einer hohen Burg, welche nach dem Ziegelschutt und christlich=mittelalterlichen Alterthümern noch in alter christlicher Zeit befestigt war. Nahe dabei liegen noch die Ueberreste weiter Befestigungen, welche nach der Lage offenbar mittelalterlich sind, wenn sie sich auch nicht genau bestimmen lassen. An der einen Seite liegt diese Befestigung noch heute an einem "Bruche".

Das "hus to der K v über o ghelen, welches am 19. April 1306 dem Fürsten Heinrich von Meklenburg zur "Willkür" gestellt ward (vgl. Höfer Auswahl deutscher Urk., S. 353), mag vielleicht Kabelbrok sein.

Die Stelle des Schlosses Wehningen ist in neuester Zeit bei Broda zwischen Dömitz und Wehningen entdeckt.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 2. Julius 1860.

Vignette

D en auf der letzten Festversammlung am 24. April d. J. gefaßten Beschlüssen gemäß, erscheint der gegenwärtige Bericht nicht nur wegen Ausfalles der ordentlichen Generalversammlung am 11. d. M. zu ungewöhnlicher Zeit, sondern auch zum ersten Male in dem vorgeschriebenen neuen Gewande anstatt des ausfallenden Jahresberichts. Die Ordnung der Mittheilungen ist dagegen wesentlich dieselbe geblieben, und auch der denselben künftig gestattete größere Raum hat aus zufälligen Gründen dies Mal noch nicht benutzt werden können.

Der wichtigste Gegenstand der Besprechung in diesem Blatte wird für die nächste Zukunft voraussichtlich die beschlossene Herausgabe des Urkunden=Buches sein. Für dies Mal beschränkt sich jedoch meine Mittheilung darauf, daß in der heute stattgefundenen Versammlung des Ausschusses eine Commission, bestehend aus dem Herrn Archivrath Dr. Lisch, Herrn Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier und dem Unterzeichneten, zur Vorbereitung der nach den gefaßten Beschlüssen auf der Festversammlung zunächst zu thuenden Schritte gewählt ist, über deren Thätigkeit ich demnächst Bericht erstatten werde.

An ordentlichen Mitgliedern hat der Verein seit dem Abdruck der Matrikel in dem Festberichte den hochbejahrten Herrn Probst Sabinin zu Weimar, den Lieutenant Herrn v. Bohlen zu Stralsund, welcher vorzieht, die Jahrbücher künftig durch den Buchhandel zu beziehen, und den Herrn Baron v. Maltzan zu Köslin, früher auf Mallin, durch Kündigung, so wie den Gymnasiallehrer Dr. Bleske hieselbst, welcher am 5. Mai d. J. in seiner Heimath gestorben ist, durch den Tod verloren. Beigetreten ist dagegen der Herr Kammer=Director a. D. Wendt zu Schwerin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Verzeichniß der neuen Erwerbungen für die Sammlungen des Vereins, die auch künftig durch diese Blätter vollständig und möglichst rasch zur Kenntniß der Mitglieder gebracht werden sollen, umfaßt dies Mal theilweise, wegen der beschlossenen Abkürzung des Generalberichts, einen größeren Zeitraum. Es sind nämlich nach den eingegangenen Berichten der Herren Archivrath Lisch, Pastor Masch und Candidat Dolberg erworben:

I. Für die Alterthumssammlung.

(Neujahr bis Johannis 1860.)

1) Aus der Zeit der Hünengräber.

1 Streitaxt aus Hornblende und 1 Streitaxt aus feinkörnigem Sandstein, beide durchbrochen, und 1 Schleifstein, welche 3 Stücke mit einer Framea aus Bronze von einem Steinhauer in einem "Hünengrabe" zu Leisten bei Plau gefunden sein sollen. Geschenk des Hrn. Apothekers Dr. Kühl zu Plau.

1 Keil aus Hornblende, 1 Keil aus Feuerstein, 1 Schmalmeißel aus Feuerstein, 1 Lanzenspitze aus Feuerstein, von einem Steinhauer auf der Feldmark Quetzin bei Plau gefunden und geschenkt von dem Herrn Apotheker Dr. Kühl zu Plau.

1 halbmondförmige Säge aus Feuerstein, gef. auf dem Burgwalle bei Plau und geschenkt von dem Herrn Apotheker Dr. Kühl zu Plau.

1 Keil aus Hornblende, gef. auf der Gaarzer Feldmark bei Plau, gesch. von dem Herrn Dr. Lechler zu Plau.

1 Streitaxt aus Hornblende, durchbrochen, aus einer Kiesgrube bei Schwaan, gef. auf der Eisenbahn und gesch. von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow.

1 Keil aus Feuerstein, gef. bei Pustohl im A. Bukow, gesch. von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

1 Keil aus Feuerstein, gef. zu Satow, gesch. von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

1 Keil aus Feuerstein, gef. in der Gegend von Gnoien, gesch. von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin.

2 roh zu Keilen zugeschlagene Feuersteinblöcke, gef. am Ziegelsee bei Schwerin, gesch. von dem Herrn Kammer=Ingenieur K. Beyer zu Schwerin.

1 Lanzenspitze aus Feuerstein, gef. 1859 neben einem menschlichen Gerippe zu Gottesgabe bei Gnoien, gesch. von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4 Rollsteine oder Quetschkugeln aus altem Sandstein, gef. in der Umgegend von Gnoien, und 1 desgleichen, gef. zu Leistenow bei Demmin, gesch. von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin.

1 Rollstein von altem Sandstein, gef. im Kies aus einer Kiesgrube bei Blankenberg, gesch. von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow.

1 Feuersteinspan, viel gebraucht, gef. bei Plau, gesch. von dem Herrn Apotheker Dr. Kühl zu Plau.

1 Keil aus Grünstein und Scherben zweier verschiedener Urnen, gef. in einem heidnischen Grabe in Ostpreußen, gesch. von dem Herrn Rittmeister Adolf Beneke in Ungarn.

Einige Fischschuppen, Fischknorpeln und Urnenasche, gef. in einem heidnischen Grabe bei Ridden in der kurischen Nehrung, gesch. von dem Herrn Rittmeister A. Beneke.

2) Aus der Zeit der Kegelgräber.

1 Framea aus Bronze mit Schaftrinne und das Band einer Schwertscheide aus Bronze, gef. zu Leisten bei Plau, angeblich neben Geräthen aus Stein (vgl. oben) und gesch. von dem Herrn Apotheker Dr. Kühl zu Plau.

1 Framea aus Bronze mit Schaftrinne, gefunden zu Quitzenow bei Gnoien, gesch. von dem Herrn Amtmann v. Pressentin zu Dargun.

1 gewundener Kopfring aus Bronze, gef. in der Gegend von Kröpelin, gesch. von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

2 Handbergen und 2 spiral=cylindrische Armringe aus Bronze, gef. 1859 beim Planiren des Terrains neben dem Friedhofe vor dem Rostocker Thore zu Teterow, gesch. von Bürgermeister und Rath der Stadt Teterow.

3) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe.

1 menschlicher Unterkiefer, 2 Pferdezähne, 1 viereckige, schmale Lanzenspitze aus Eisen, 1 eiserne Framea, 1 Spindelstein aus Sandstein, 2 Stücke geschmolzenen Glases von einem gläsernen Gefäße, 2 wendische Gefäßscherben, gef. bei Dargun, gesch. von dem Herrn Amtmann v. Pressentin daselbst.

1 thönerne Urne, gef. bei Bützow, gesch. von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow.

1 Heftel aus messingfarbenem Metalle von der Form der Hefteln der Eisenperiode in Norddeutschland, gef. in einem Steingrabe zu Reiding in Ungarn (Oedenburger Comitat), gesch. von dem Herrn Rittmeister A. Beneke in Ungarn.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4) Aus dem christlichen Mittelalter.

1 Pettschaft aus Bronze aus dem Ende des 15. Jahrhunderts mit der Umschrift: Umschrift gefunden zu Marlow, gesch. von dem Herrn Dr. Hüen daselbst.

Ein Gypsabguß von den Verzierungen der Glocke zu Mecklenburg vom Jahre 1415, gesch. von dem Herrn Dr. Crull zu Wismar.

1 Dolchmesser oder Rüting aus Eisen, gef. im Torfmoor zu Levin bei Dargun, gesch. von dem Herrn Amtmann v. Pressentin zu Dargun.

1 eiserner Sporn mit einem Stachel, gef. auf dem Burgwalle zu Alt=Kalen, gesch. von dem Herrn Amtmann v. Pressentin zu Dargun.

3 grüne glasurte Ofenkacheln, wovon zwei mit biblischen Darstellungen, die dritte mit dem Bildniß des Herzogs Johann Albrecht I. und der Jahreszahl 1561, gef. zu Wismar beim Graben eines Kellers, gesch. von dem Herrn Unterofficier Büsch daselbst.

1 eiserner Kesselhaken, gef. auf dem Felde von Wickendorf, gesch. von dem Herrn Kammeringenieur K. Beyer zu Schwerin.

II. Für die Münzsammlung.
(Von Neujahr bis Johannis 1860; sämmtlich Geschenke.)

1) Von dem Herrn Apotheker Dr. Kühl in Plau: 1 Rostocker Wittenpfennig o. J., 1 mansfeldischer Groschen von 1633, ein preußischer Viertelthaler von 1764, 1 österreichischer Viertelvereinsgulden von 1859, 5 silberne Scheidemünzen und 3 kupferne Scheidemünzen.

2) Von dem Herrn Kaufmann Wienke in Plau: 1 zinnerne Medaille zum Andenken der großen Theurung in Sachsen 1771-1772.

3) Von dem Herrn Pastor zur Nedden zu Konow: 1 oldenburgischer Groschen von 1858 und 11 kupferne Scheidemünzen.

4) Von dem Herrn Präpositus v. Santen zu Marnitz:

11 silberne Bracteaten aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, aus einem zu Marnitz auf der ehemaligen Dorfstraße, welche später zum Kirchhofe gezogen ward, gemachten größern Funde. Der Rest dieses Fundes ist leider zerstreuet.

5) Von dem Herrn Geh. Amtsrath Koch zu Sülz: 1 Thaler des Erzherzogs Ferdinand von Oesterreich von 1602 für Kärnthen (vergl. Madai I, Nr. 1383), gef. im Torfmoor bei Sülz.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6) Von dem Herrn H. Elkan in Plau: 1 Dreigroschenstück des Herzogs Albrecht von Preußen von 1535, aus einem vor vielen Jahren gemachten Funde.

7) Von dem Herrn Justizrath, Freiherrn v. Maltzan zu Rostock: 1 meklenburgisches Zwölfschillingsstück von 1774, 1 meklenburgisches Achtschillingsstück von 1764, 2 meklenburg=strelitzische Vierschillingsstücke von 1764 und 1766, 2 neuere meklenburgische Scheidemünzen, 1 hessischer Thaler von 1789, 1 cölnisches Viergroschenstück, 4 sächsische Zweigroschenstücke von 1763, 1764, 1819 und 1823, 1 braunschweigsches Zweigroschenstück von 1778, 1 schwarzburgisches und 1 stolbergisches Zweigroschenstück von 1764, 1 cölnisches Zweigroschenstück von 1765, 1 reußisches Zweisilbergroschenstück von 1850, 1 waldecker Silbergroschen von 1845, 1 koburg=gothaer Groschen von 1848, 1 weimarscher 1/2 Silbergroschen, 2 österreichische Kreuzer.

8) Von dem k. k. österreichischen Rittmeister Herrn Adolf Beneke aus Hamburg, früherem Mitgliede des Vereins: 1 Münze mit Diva Augusta Faustina und aeternitas aus großem Erze, 1 Münze von Antoninus aus kleinem Erze, 1 venetianische Silbermünze von Jacobus Contarini (1270-80) und 1 Kupfermünze von Nicolo Contarini (1630-31), bekannte Formen, 2 kupferne Schaumünzen auf die Siege über die Türken von 1685, eine kaiserliche und eine venetianische, 1 Pfennig von Salzburg und 1 Kaiserkreuzer von 1697, 1 Doppelschilling von Herzog Bogislav von Pommern, sämmtlich in Italien und Ungarn erworben.

9) Von dem Herrn v.Wickede zu Alt=Bauhof=Dargun: 166 Hohlmünzen, ungefähr aus dem Ende des 14. Jahrh., gefunden im Jahre 1852 beim Stämmeroden im Bruderstorfer Holze bei Dargun in einem noch erhaltenen kleinen braunglasurten Henkelkruge. Dieser Fund bietet ganz dieselben Formen, welche in dem Funde von Kolbow (Jahrb. VI, 114) und Reinshagen (Jahrb. XVI, 311) vorkommen, und zwar von Meklenburg die am letztern Orte S. 314 unter den Nris. 1 (hier 10 Exemplare), 2 (7), 4 (12), 5 (12), 6 (1), 8 (13), 16 (9), 17 (18) und 18 (2) aufgeführten. Neu waren ein Stierkopf mit rundem Maule in glattem Rande (1), ein Stierkopf mit Punkt zwischen den Hörnern im gestreiften Rande (1) und ein Stierkopf mit Sparren unter dem Kopfe und gestreiftem Rande (1). - Ferner von Stralsund mit dem Stral die Nris. 1 (3 Exemplare), 3 (1), 4 (2), 5 (4), und mit der Flagge Nr. 6 (5 E.), 7 (12). Neue Formen waren ein Stern über der Flagge (1) und ein Stral unter derselben im glatten Rande (1). - Desgleichen von Greifswald 13. - Von den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hohlmünzen mit A fanden sich 4, von Demmin mit der Lilie 5, von Stettin mit dem Greifenkopf 4, von den Sternbracteaten 7, von denen mit Bischofsstäben 16, mit dem Thurm 1, und neu war eine Blume von 4 Blättern im glatten Rande. Hinsichtlich der Größe (15 M. M.) und des Gewichtes (+/- 7 Aß) stimmen diese Münzen mit den bekannten überein.

10) Von dem Lehrer Herrn Struck zu Dargun: 2 Hohlmünzen aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, nämlich eine Stralsunder mit Flagge und eine Stettiner mit Greifenkopf in gestreiftem Rande, gefunden zu Müggenburg bei Anklam in einem noch erhaltenen, grauen Henkelkruge.

11) Von dem Herrn Archivrath Dr. Lisch: 1 meklenburgischer Schilling von 1860.

III. Für die Büchersammlung.

(Ostern bis Johannis 1860)

I. Amerika.

  1. The ancient Fauna of Nelbrasca by J. Leydy, Washington. June 1853. (Gesch. des Hrn. Pastors Vortisch zum 24. April 1860.)
  2. Annual Report of the Hoard of Regents of the Smithsonian Institution. Washington 1859.
  3. List of foreign correspondents. Washington 1860. (2 u. 3 Gesch. des Smithsonian Institution.)

II. Rußland.

  1. Schriften der in St. Petersburg gestifteten russisch=kaiserlichen Gesellschaft für die gesammte Mineralogie. I. B. 1 A. Geschichte der Gesellschaft v. U. A. G. Pott. Petersburg 1842. (Festgesch. des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)

III. Belgien und Niederlande.

  1. Annales de l'académie d'Archéologie de Belgique. T. XVI. 4 me liv. und T. XVII - 1 re liv. Anvers 1859 und 60. (Gesch. der Academie.)
  2. Dulletin de l'institut archéologique liégois. T. III - 4 e liv. Liége 1860. (Gesch. des Instituts.)
  3. Publications de la société pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans la grand-duché de Luxembourg 1858. XIV. Luxembourg 1859. (Gesch. der Gesellschaft.)
  4. Bericht über das Museum zu Leiden in No. 56. Nederlandsche Staats=Courant 6. März 1860. (Gesch. des Museums.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

IV. Schweiz.

  1. Der Geschichtsfreund. Mittheilungen des hist. Vereins der 5 Orte Lucern, Uri, Schwyz, Unterwalden, Zug. Bd. I. 1 u. 2; VI; VII; XI; XII; XIII; XIV; XV. Einsiedeln 1843, 44, 49, 51, 53, 56, 57, 58, 59. (Gesch. des Vereins.)

V. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.

  1. 5ter und 6ter Jahresbericht des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg v. 1. Jan. - 31. Dec. 1858. 59. Nürnberg 1859 u. 60. (Gesch. des Germanischen Museums.)

VI. Oestrreich.

  1. Fontes rerum austriacar. 2te Abtheilung. Bd. 16 u. 18. Wien 1859.
  2. Notizenblatt, Beilage zum Archiv für öst. Geschichtsquellen. 9ter Jahrgang. 1859. Wien 1860.
  3. Archiv für Kunde der österreichischen Geschichtsquellen, Bd. XXI, 2; XXII, 18; XXIII, I. Wien 1859.
  4. Sitzungsberichte der kaiserl. Academie der Wissenschaften. Phil. hist. Classe. Bd. XXX. XXXI. XXXII. 1 u. 2. Wien 1859.
  5. Dr. von Karajaw, Maria Theresia und Graf Sylva-Tarouca. Wien 1859.
    (11-15 Gesch. der k. Academie zu Wien.)
  6. 19ter Bericht über das Museum Francisco Carolinum zu Linz. Linz 1859. (Gesch. des Vereins zu Linz.)
  7. Archiv für vaterländische Gesch. und Topographie, ed. v. Verein für Kärnthen. Jahrgang 8. Klagenfurth 1860. (Gesch. des Vereins.)
  8. Jahresbericht des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. 1858/59. Hermannstadt 1859.
  9. Programm des evangelischen Gymnasiums zu Mediosch 1858/59. Hermannstadt 1859.
  10. Programm des Gymnasiums A. R. zu Hermannstadt für 1858/59. Hermannstadt 1859.
  11. Archiv des Vor. f. Siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. III. 3 und IV. 1. Kronstadt 1859.
    (18-21 Gesch. des Vereins.)
  12. J. A. Arnetli, die neuesten archäologischen Funde in Cilli. Wien 1860.
  13. Der Fund von Silber- und Goldgegenständen auf der Puszta Bákod in Ungarn, v. J. A. Arneth. Wien 1860.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. J. A. Arneth, Studien über Benvenuto Cellini (mit 10 Tafeln). Wien 1859.
    24 Festgeschenke des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)

VII. Baiern.

  1. Archiv des hist. Ver. von Unterfranken u. Aschaffenburg. B. V. H. 1. Würzburg 1860. (Gesch. des Vereins zu Würzburg.)

VIII. Nassau, Hessen, Frankfurt a. M.

  1. Das Fürstenhaus Nassau, vom Freiherrn v. Witzleben. Stuttgart 1854. (Festgeschenk zum 24. April 1860 vom Hrn. Verf.)
  2. Zeitschrift d. Vereins für hessische Gesch. u. Landeskunde. B. VIII. H. 1. Cassel 1859. (Gesch. des Vereins.)
  3. Mittheilungen a. d. Mitglieder des Vereins f. Gesch. u. Alterthumskunde in Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. 1859.
  4. Der Frankfurter Chronist A. A. v. Lersner, von Dr. E. Heyden. Frankfurt a. M. 1860.
    (28 und 29 Gesch. des Frankfurter Vereins.)

IX. Thüringen und Sachsen.

  1. Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte. IV, 1 und 2. Jena 1860. (Geschenk des Vereins.)
  2. J. K. Seidemann, Ueberlieferungen zur Geschichte von Eschdorf, Dittersbach und Umgegend. Dresden 1860. (Geschenk des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)

X. Niedersachsen.

  1. Lüneburger Urkundenbuch. Abtheilung XV. Archiv des Klosters St. Johannis zu Walsrode. Celle 1859. Ed. von v. Hodenberg.
  2. Archiv für Geschichte und Verfassung des Fürstenthums Lüneburg. Ed. von C. L. v. Lenthe, Bd. I-VII. 2. Celle 1854--59.
  3. U. F. C. Manecke, Topographisch=historische Beschreibung der Städte, Aemter und adelichen Gerichte im Fürstenthum Lüneburg. Celle 1858.
  4. Lüneburger Lehnregister der Herzöge Otto und Wilhelm, und Bernhard und Wilhelm, mitgetheilt von v. Hodenborg. Hannover 1856.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. L. A. Gebhardi, Kurze Geschichte des Posters St. Michaelis in Lüneburg. Celle 1859.
    (32-36 Festgeschenke Sr. Excellenz des Hrn. Landschafts=Directors v. Hodenberg zum 24. April 1860.)

XI. Pommern.

  1. Urkundliche Geschichte des Stralsunder Gymnasium von seiner Stiftung 1560-1860, von Dr. E. H. Zober.
    (Festgeschenk des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)

XII. Hamburg und Lübeck.

  1. Hamburgische Chroniken, ed. von J. M. Lappenberg. H. 2. Hamburg 1860. (Gesch. d. Vor. für hamb. Gesch.)
  2. Der Lübeckische Bischof Burchard v. Serken, von G. W. Dittmer, Dr. Lübeck 1860. (Gesch. des Hrn. Verf.)
  3. Bronzener Thürring in Lübeck, von C. J. Milde. Lübeck.
    (Festgabe des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)

XIII. Meklenburgica.

  1. Jahrbuch des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde. 25. Jahrgang. Schwerin 1860. (2 Exemplare.)
  2. Archiv für Landeskunde. 10. Jahrgang. III. u. IV. Heft. (Der Verein für meklenburgische Gesch. und Alterthumskunde, von Th. Schäfer.) (Festgabe des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)
  3. Ueber die Verdienste des Großherzogs Friedrich Franz I. um die vaterländische Geschichte. Vortrag am 24. April 1860, gehalten vom Archivrath Dr. F. Lisch, 25jährigem ersten Secretair des Vereins.
  4. Beyer, Ueber die bisherige Wirksamkeit des Vereins für meklenburgische Geschichte u. Alterthumskunde. Vortrag am 24. April 1860.
  5. Meklenburgische Siegel, ed. vom Fürsten von Hohenlohe=Waldenburg zu Kupferzell. (Geschenk desselben.)
  6. Milde, Meklenburgische Städtesiegel. Heft 2-4. Lübeck 1857-1860. (Geschenk des Hrn. Archivraths, Conservator Dr. Lisch.)
  7. A. L. Koch, die Ortschaft Langsdorf im Amte Sülz. (Festgabe des Hrn. Verf. zum 24. April 1860.)
  8. Jahresbericht über die Realschule zu Schwerin, vom Dir. Dr. Dethloff. Schwerin 1860. (Geschenk des Hrn. Dir. Dr. Dethloff.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. A. Th. Amtsberg, Gedächtniß=Predigt dem wail. durchlauchtigem Herzoge etc. . Friederich über II. Tim. 4. 7. 8. Rostock 1785.
  2. Letztes Wort bei Niederlegung meines Rectorats, von A. F. Fuchs, Prof. u. Rect. d. Güstrow. Gymnasii. Rostock.
  3. Paulus, Rede bei der Eidesleistung des freiwilligen Jäger=Corps 1. Mai 1813. Rostock.
  4. Gratulations-Schrift des Neustrelitzer Gymnasium zum dreihundertjährigen Jubiläum der Güstrower Domschule, verf. v. Prof. Dr. Ladewig. Neustrelitz 1853. 4.
  5. Carolo Ferdinando Crain diem auspicatissimum, quo ante hos quinquaginta annos in philosophia honores Lipsiae rite consecutus est, gratulatur F. L. Eggers. Strelitziae novae MDCCCLX.
  6. Oedipus in Kolonos V. 1-719. Zur Feier des 300jährigen Bestehens des Gymnasiums zu Güstrow von der Wismarschen Stadtschule. Wismar 1855.
  7. Mecklenburgisches Museum, herausgegeben von J. Ch. F. Dietz. Stück 1. Güstrow 1786.
  8. J. A. G. Schultz, Gott und Napoleon. 1811.
  9. M. L. Schultz, Merkwürdigkeiten der dritten Zahl. Rostock 1765. (Handschrift.)

  1. K. Percivals Beschreibung der Insel Ceylon, übersetzt von J. A. Bergk. Leipzig 1803.
  2. K. H. Tante, Wahrhaftiger Bericht vom — Gnadenworte Gottes in einem — Kinde Jonas Eilers. 1778.
    (49-59 Gesch. des Hrn. Dr. Niederhöffer in Berlin.)

IV. Für die Urkundensammlung.

1) Die Zunftrolle des Schneideramtes der Stadt Schwaan von 1629. Original mit dem Siegel der Stadt von 1551. Mit Bewilligung des Vorstandes des Amtes von dem Herrn Bürgermeister Daniel daselbst zur Aufbewahrung übergeben.

2) Bestätigung eines Kaufcontracts über ein Haus zu Güstrow zwischen Jürgen von Stralendorfs Wittwe, Margarethe v. Holstein, Verkäuferin, und Barthold v. Parkentin auf Belz, Käufer, vom 10. März 1636, durch den Herzog Adolph Friedrich von Meklenburg d. d. Güstrow den 17. Oct. 1636. Original auf Pergament, geschenkt von dem Herrn Advocaten Lembke zu Wismar. Vgl. Jahrb. XXIV, S. 49.

3) Denkwürdigkeiten der Kirche zu Doberan an Inschriften, Bildern, Reliquien u. s. w., aus der ersten Hälfte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

des 18. Jahrhunderts, geschenkt von dem Oberlehrer Herrn Dr. Schiller zu Schwerin.

Wissenschaftliche Arbeiten sind eingeliefert:

1) Beschreibung der Kirchen zu Bützow, von dem Herrn Archivrath Dr. Lisch.

2) Beschreibung der Kirche zu Tessin, von C. D. W.

3) Beschreibung der Kirche zu Konow, von Hrn. Archivrath Dr. Lisch.

4) Ueber das Wappen der Grafen von Lüchow, vom Herrn Archivrath Dr. Lisch.

5) Die Hausmarken in dem Amte Dargun, namentlich zu Brudersdorf, Damm, Darbein, Dörgelin, Dargun, Glasow, Küsserow, Levin, Groß=Methling, Salem, Stubbendorf, Upost, Warsow und Zarnekow, gesammelt von dem Herrn Amtmann v. Pressentin zu Dargun.

Auch sind wiederum mehre vorläufige Nachrichten über bisher noch unbekannte, anscheinend sehr bedeutende und wichtige Burgwälle aus der heidnischen Zeit, deren nähere Untersuchung bevorsteht, eingegangen.

Die schon im letzten Jahresberichte angezeigte Quellensammlung für die Geschichte der nördlichen Wenden, vom Herrn Oberlehrer Dr. Wigger hieselbst, ist inzwischen unter dem Titel: Meklenburgische Annalen bis zum Jahre 1066, im Verlage des Herrn A. Hildebrand erschienen. Der Herr Verfasser hat sich dadurch unstreitbar ein sehr hoch anzuschlagendes Verdienst um die meklenburgische Geschichtsforschung erworben, das durch die "zur Kritik und Erklärung" beigegebenen Excurse noch bedeutend erhöhet ist. Das Werk ist nicht nur den eigentlichen Forschern, sondern auch allen gebildeten Freunden der vaterländischen Geschichte um so dringender zu empfehlen, als der Verfasser, wie der Verleger die beabsichtigte Fortsetzung desselben bis in das 16. Jahrhundert von der Theilnahme abhängig zu machen genöthigt sind, die das vorliegende erste Heft finden wird. Erst nach der Vollendung dieser Annalen und der jetzt hoffentlich zu Stande kommenden Urkundensammlung wird es an der Zeit sein, eine gründliche Geschichte unserer Heimath zu liefern, die den wissenschaftlichen Anforderungen unserer Zeit entspricht.

Die auf den 18. bis 20. September d. J. angesetzte Generalversammlung der historischen Vereine zu München, welche für das Vereinswesen von großer Bedeutung zu werden verspricht, wird auch von unserm ersten Secretair, Herrn Archivrath Dr. Lisch, besucht werden. Auch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hofft derselbe bei dieser Gelegenheit nicht nur die süddeutschen Alterthumssammlungen genauer zu studiren, sondern auch die berühmten Pfahlbauten der Schweiz aus eigener Anschauung kennen zu lernen. Schließlich erlaube ich mir auch die durch den Gesammtverein kürzlich versandten historischen Preisaufgaben Sr. Maj. des Königs von Baiern vorläufig zur Kenntniß unserer Mitglieder zu bringen. Es wird nämlich gewünscht:

1) Ein gelehrtes Handbuch deutscher Geschichte von den ersten Anfängen historischer Kunde bis zum 19. Jahrhundert herab. Preis 10,000 Fl., wovon event. schon bei Ablieferung der ersten, bis zum Ende des 15. Jahrhunderts reichenden Abtheilung, welche spätestens bis zum 1. Jan. 1865 erfolgen muß, die Hälfte mit 5000 Fl. ausbezahlt wird.

2) Ein Handbuch deutscher Alterthümer bis auf die Zeit Karls des Großen, bis zum 1. Januar 1865 abzuliefern. Preis 2000 Fl.

W. G. Beyer, Dr. Archiv=Secr.,     
als zweiter Secretair des Vereins.     

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXVI. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 1. October 1860.

Vignette

D urch den Tod Sr. K. H., des hochseligen Großherzogs Georg von Meklenburg=Strelitz am 6. September d. J. ist der Verein des ältesten seiner beiden allerhöchsten Protectoren beraubt worden, ein Verlust, den wir um so aufrichtiger zu beklagen haben, je lebhafter er uns an die freundliche Theilnahme erinnert, mit welcher der hohe Verstorbene unseren Arbeiten von der Gründung des Vereins an ohne Unterbrechung folgte. Der Ausschuß des Vereins hat nicht verfehlt, diese Gefühle der Trauer dem durchlauchtigsten Nachfolger in der Regierung, dem nunmehrigen Großherzog Friedrich Wilhelm K. H. auszusprechen, und daran die unterthänigste Bitte zu knüpfen, wie auf dem Throne, so auch in unserm Vereine die Stelle Seines hohen Vaters allergnädigst vertreten zu wollen.

Auch von den correspondirenden Mitgliedern ist, seit der Festjubel verklungen, bereits ein stets bereitwilliger Helfer in der Noth von uns geschieden: der Professor der Theologie und orientalischen Sprachen zu Greifswald, Dr. Johann Gottfried Ludwig Kosegarten, Mitarbeiter an dem pommerschen Urkundenbuche und Verfasser eines Wörterbuchs der plattdeutschen Sprache, welche höchst schätzbare Werke er leider beide unvollendet hinterläßt, ein gründlicher Gelehrter, der uns schon durch seine Abstammung aus einer meklenburgischen Familie nahe stand, und seit dem 5. October 1835 Mitglied unsers Vereines war. Er starb am 16. August d. J., 67 Jahre alt. - Durch den schon früher angezeigten Tod des Pastors Wilhelmi zu Sinsheim in Baden, der gleichfalls zu unsern Correspondenten gehörte, hat sich seitdem auch die Sinsheimer Gesellschaft zur Erforschung der vaterländischen Denkmale der Vorzeit, deren Stifter und Vorsteher der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verstorbene war, und mit welcher wir seit dem Jahre 1838 in Correspondenz und Schriftentausch standen, wie zu fürchten war, aufgelöst. - Von den in der gedruckten Matrikel noch unter den Lebenden aufgeführten ordentlichen Mitgliedern ist der Obermedicinal=Rath und Professor Dr. Spitta in Rostock schon am 30. Jan. d. J. gestorben. Statt seiner trat jedoch der Herr Dr. med. Siemssen in Rostock wieder bei, so daß die Zahl der ordentlichen Mitglieder dieselbe bleibt.

Die zur Vorbereitung der Herausgabe eines meklenburgischen Urkundenbuches erwählte Commission hat inzwischen die beschlossenen Vorträge an die beiden allerhöchsten Landesregierungen, so wie an den hochlöblichen Engern Ausschuß der meklenburgischen Ritter= und Landschaft eingesandt, und bin ich so glücklich, schon jetzt aus den in kürzester Frist eingegangenen Antworten mittheilen zu können, daß sowohl das hohe Ministerium zu Schwerin, als die hohe Landesregierung zu Strelitz im Allgemeinen ihre Bereitwilligkeit zur Unterstützung des Unternehmens ausgesprochen haben. Die Commission wird nun sofort die geforderten näheren Vorschläge zur Ausführung des Planes unterthänigst überreichen, und wagt es zu hoffen, noch zeitig genug eine gewierige Antwort zu erhalten, um dieselbe den hohen Ständen auf dem bevorstehenden Landtage vorlegen zu können.

Die wissenschaftlichen Arbeiten dieses Quartals beschränkten sich auf eine Reihe kleinerer Abhandlungen und Berichte, wie immer größtentheils von Herrn Archivrath Dr. Lisch. Es überreichten nämlich

1) Herr Paster Ragotzky zu Trieglitz eine Arbeit über Joachim v. Jeetze, Canzler des Herzogs Albrecht des Schönen von Meklenburg; alle übrigen eingegangenen Arbeiten sind

2) vom Herrn Archivrath Dr. Lisch, namentlich: über den Canzler Joachim v. Jeetze und dessen Amtsführung (im Anschluß an die vorhergehende Abhandlung des Herrn Ragotzky); - über den Domherrn Johann Knutzen, Rath und Gesandten des Herzogs Albrecht; - über die Reformation zu Stuer; - über die Stadt Krakow und das Dorf Oldendorf; - über Schloß und Dorf Pustekow und die Klues; - über das Schloß Kobelbruck; - über ein Nekrologium des Dominicaner=Klosters zu Rostock; - über den eisernen Thürbeschlag mit bronzenem Ringe an dem Dome zu Güstrow; - über die Kirche zu Tarnow; - über die Aufdeckung zweier Hünengräber zu Alt=Sammit; - über die Höhlenwohnungen bei Alt=Sammit

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

aus der Hünenzeit; - über zwei bearbeitete Hirschhörner aus der Hünenzeit.

Hieran erlaube ich mir wiederum die übliche kurze Anzeige der beiden neuesten literarischen Erscheinungen auf dem Gebiete der Forschungen unsers Vereins anzuknüpfen. Das umfangreichste und bedeutendste der hierher gehörigen Werke ist

1) die urkundliche Geschichte des Geschlechtes v. Oertzen von G. C. F. Lisch, Archivrath etc. . Zweiter Theil, vom Jahre 1400-1600, und 1700. Mit 2 Steindrucktafeln. In Commission der Stillerschen Hofbuchhandlung (Didier Otto). Die Wichtigkeit dieses Werkes, dessen Plan und Ausführung aus dem ersten Bande, und den verwandten genealogischen Arbeiten des Herrn Verfassers hinlänglich bekannt ist, braucht gleichfalls nicht erst hervorgehoben zu werden, denn die Geschichte dieses ausgebreiteten altmeklenburgischen Geschlechtes, dessen Glieder wir zu allen Zeiten, sei es in der Regierung oder unter den Ständen, an der Spitze des Staates finden, ist ein Theil der Landesgeschichte. Ich bemerke daher nur, daß in dem gegenwärtigen Bande die schwerinsche Linie bis zu ihrem Erlöschen, die noch blühenden beiden Hauptlinien auf Roggow und Helpte aber bis gegen das Ende des 16. Jahrhunderts herabgeführt werden. Die beigegebenen Urkunden, 300 an der Zahl, wird der Forscher als Abschlagszahlung auf den in Aussicht gestellten vollständigen Codex diplomat. mit größtem Danke entgegen nehmen. - Weit ab von diesem Wege und doch zu demselben Ziele, der immer klareren Erkenntniß der Zustände und Eigenthümlichkeiten unsers Volkes führend, bewegt sich die Forschung des andern hier anzuzeigenden Werkes:

2) Zum Thier= und Kräuterbuch des meklenburgischen Volkes, von Oberlehrer Dr. Schiller zu Schwerin. Erstes Heft. Im Verlage der Hofbuchdruckerei von Dr. W. Bärensprung in Schwerin. Diese mit unendlichem Fleiße aus alten und neuen Werken, so wie aus dem Munde des Volkes selbst gesammelten Beiträge zu einer höchst originellen Volksnaturgeschichte werden so leicht keinen Leser unbefriedigt lassen. Sie gewähren dem Natur= und dem Sprachforscher, wie dem Historiker gleichviel Unterhaltung und Belehrung, und müssen jeden gebildeten Vaterlandsfreund fesseln durch die oft höchst überraschenden Blicke in das Leben und die Anschauungsweise des niedern Volkes.

Wenden wir uns nunmehr zu den neuen Erwerbungen der verschiedenen Sammlungen des Vereines, und zwar:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I. der Alterthumssammlung.

A. Aus der Steinperiode

wurden dem Vereine folgende Geschenke gemacht:

1) Von Herrn Diederichs auf Alt=Sammit: 4 ganze Keile aus Feuerstein, 4-5 1/2" lang und 3/8-5/8" dick; 1 ähnlicher Keil, zerbrochen; 1 Lanzenspitze aus grauem Feuerstein, 8 1/2" lang, 2" breit, nebst Bruchstücken von thönernen Urnen und Knochenüberresten von mehren unverbrannt beigesetzten Leichen; ferner: 1 gr. Keil aus Feuerstein, 6 3/4" lang und 3/4" dick; 1 kl. Keil, 4" lang und 1/2" dick; 1 Lanzenspitze, 6" lang, und 3 Meißel, 3-4 1/2" lang und 5/4" dick, gleichfalls nebst Scherben thönerner Gefäße und Knochenresten, gefunden in zwei großen Gräbern dieser Periode, jedes mit mehren Grabkammern, auf der Feldmark Alt=Sammit, welche Herr Diederichs in Gegenwart des Herrn Advocaten Diederichs zu Güstrow und des Herrn Archivraths Dr. Lisch mit großer Umsicht und Sorgfalt aufdecken ließ. Ein höchst interessanter und belehrender Fund, der in den Jahrbüchern weitere Besprechung finden wird.

2) Von dem Herrn Lehrer Struck zu Dargun: 1 große Streitaxt aus Hornblende, unvollendet und auf der Oberfläche noch gar nicht bearbeitet, aber von beiden Seiten beinahe bis zum Mittelpunkte kegelförmig angebohrt, gef. zu Wentow bei Fürstenberg. - Ferner: 1 Keil aus Hornblende, gef. bei Stavenhagen.

3) Von dem Herrn Förster Evers zu Tankenhagen durch Vermittelung des Herrn Hofmusicus Hühn zu Schwerin: 1 Keil aus Feuerstein.

4) Von dem Herrn Pastor Kossel zu Tarnow bei Bützow: 1 Keil aus Feuerstein, gef. auf der Feldmark Tarnow.

5) Von dem Herrn Oberinspector v. Sprewitz zu Güstrow: 1 Keil aus Feuerstein, gef. in einem Moore bei dem Schlosse zu Güstrow.

6) Von dem Unterofficier Herrn Büsch zu Wismar: 2 nicht zusammengehörige Stangen von Hirschgeweihen, künstlich gespalten und mehrfach bearbeitet, gef. in einein Moore zu Gägelow bei Wismar, 12 Fuß tief. (Sehr wahrscheinlich dieser Periode angehörig).

7) Endlich ward durch den Kaufmann Herrn Hellerung zu Crivitz 1 Keil aus Feuerstein, gef. beim Aufräumen des Raduhner Baches bei Crivitz, in einem von den Findern leider zerstörten Holzklotz mit Stiel befestigt, käuflich für den Verein erworben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

B. Aus der Bronzeperiode.

1) Von dem Herrn Hofrath Flörke zu Grabow: 1 Messer aus Bronzblech, 4 1/2" lang; 1 Ring aus Bronze, geöffnet und an beiden Enden in Halbkugeln auslaufend, oval, 1 1/2" und 2" im Durchmesser; 1 Ring aus rundem Bronzdrath, oval, 1 1/4" und 1 1/2" im Durchmesser, an einem Ende mit einer Oese versehen. Gefunden in Aschenkrügen beim Steinbrechen auf der Feldmark Karstedt bei Grabow.

2) Von Herrn Diederichs auf Alt=Sammit: mehre Urnenscherben aus einem von ihm aufgedeckten Kegelgrabe auf der Feldmark Alt=Sammit.

Außerdem wurden folgende diesem Zeitraum angehörige Alterthümer für die großherzogliche Sammlung abgeliefert: Durch Herrn Dr. E. Prosch zu Neu=Bauhof bei Stavenhagen: 4 breite Armringe aus Bronzeblech, 3" hoch und weit, auf der Oberfläche geriefelt; 4 glatte Bein= oder Hals=Ringe, 5"-5 1/2" hoch und 4 1/2" weit; 1 massiver und sehr schwerer, offener Armring aus Bronze, oval, 2" und 3" im Durchmesser; 2 Dolche aus Bronze, 10" lang, Griff und Klinge aus einem Stücke gegossen. Gefunden auf dem Erbpachtgute Neu=Bauhof.

Durch Herrn Baumeister Lütkens in Schwerin: 1 zweischneidiges Bronze=Schwert, mit dem 3 1/2" langen Griffe im Ganzen nur 17 1/2" lang und in der Klinge 1" breit, aus einem Stücke gegossen, höchst interessant durch den festen, harzigen Kitt, womit die Querreifen des Griffes ausgefüllt sind, gefunden bei dem Chausseebau zwischen Eldena und Dömitz auf der Feldmark Bockup.

Durch den Thorschreiber Stofferan zu Sternberg: 3 bronzene Kopfringe, gewunden, und durchschnittlich 8"-9" im Durchmesser weit, ohne allen Rost und wohl erhalten, gef. in der Turloffer Forst bei Sternberg.

Durch den Herrn Kammeringenieur K. Beyer in Schwerin: 1 hellgraue Kinderurne, welche mit Asche gefüllt in einer großem zerbrochenen Urne gestanden hat, gefunden beim Steinbrechen auf der Feldmark Malck bei Eldena.

C. Aus der Eisenperiode.

Von Herrn Diederichs auf Alt=Sammit: Scherben einer zerbrochenen schüsselförmigen Todtenurne, mit Resten verbrannter Gebeine, ausgegraben auf der Dorfstraße zu Alt=Sammit.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

D. Aus dem christlichen Mittelalter.

1) Von Herrn Diederichs auf Alt=Sammit: 1 blauschwarzer thönerner Krug mit einem kurzen, 1 1/4" weiten Halse und zwei kleinen, ebenso weiten Henkeln; 1 Henkelstück von einem großen blauschwarzen Kruge; 1 halbe Scheibe (Netzsenker) von grauschwarzem Thon, 5" im Durchmesser; 1 Sporn und 1 Messer aus Eisen, gefunden auf dem Hofe zu Alt=Sammit, zum Theil in einem Moderloche.

2) Von dem Lehrer Herrn Struck zu Dargun: 1 weißer Henkelkrug, 11" hoch, am Rande gebrochen, in welchem silberne Bracteaten aus dem Ende des 14. Jahrhunderts lagen, welcher also aus der Zeit um 1400 stammen wird, gef. zu Müggenburg bei Anklam. Vgl. Bericht vom 2. Juli d. J. - 1 schwarzer Trinkkrug, gegen 8" hoch, am Rande gebrochen, ohne Henkel, ohngefähr aus derselben Zeit, gef. zu Müggenburg; 1 hellbraun glasurter Henkelkrug, gegen 8" hoch, ganz neu und vollständig erhalten, vielleicht etwas jünger, gef. ebendaselbst.

3) Von dem Herrn v. Wickede zu Alt=Bauhof Dargun: 1 kleiner braun glasurter Henkelkrug, gef. zu Bruderstorf bei Dargun, mit Münzen aus dem Ende des 13. Jahrhunderts gefüllt. Vgl. Bericht vom 20. Julius d. J., S. 5, Nr. 9.

4) Von dem Herrn Baumeister Wachenhusen zu Rostock: 1 Hufeisen von ungewöhnlicher Größe, gegen 9" lang und 6 1/4" breit, 2 Pfd. 6 Lth. schwer, vielleicht für einen Streithengst gemacht, gef. auf der Feldmark Pastow bei Rostock beim Ausmodden eines Wasserlochs, 21 Fuß tief.

5) Von dem Herrn Erbpächter Rehm zu Settin bei Crivitz: 1 sehr kleines Hufeisen, 4" lang, stark gerostet, gef. zu Settin.

6) Von dem Herrn Hofglaser Beckmann zu Doberan: 1 Glasgemälde aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts, den Apostel Jacobus d. ä. darstellend, 11" hoch, jetzt Kniestück, da der untere Theil fehlt, in der Glorie mit der Inschrift: Inschrift

7) Von dein Herrn Oberinspector v. Sprewitz zu Güstrow: 1 halbe gläserne Granate, gef. bei dem Schlosse zu Güstrow.

II. Zur Münzsammlung

schenkte der Herr Architect Stern zu Schwerin eine Turnose von König Philipp IV. (um 1300), gef. auf dem Felde bei Schwerin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

III. Die Bibliothek

verdankt ihren Zuwachs wiederum zum größten Theile dem Verkehre mit den verbundenen Vereinen, wie das folgende von dem Herrn Candidaten Dolberg überreichte Bücherverzeichniß beweis't:

Russische Ostsee=Provinzen.

  1. Sagen aus Hapsal und Umgegend, von Rußwurm. Erste Sammlung. Reval 1856. (Gesch. des Hrn. Verf.)

Niederlande und Belgien.

  1. De vrije Fries, achtste Deel; Nieuwe Reeks 2. Deel, 4 Stuk. Leuwarden 1859.
  2. Een - en - dertigste Verslag der Handelinger van het Friesch genootschap. Leuwarden 1858/59.
  3. Theodor baron van Coehoorn het leven van Menno Baron van Coehoorn. Uitgegeven door J. W. van Syperstein. Leuwarden 1860. (2-4 Gesch. der Ges. zu Leuwarden.)
  4. Revue de la numismatique Belge. 3 e série T. IV me Bruxelles 1860. (Gesch. der numismatischen Gesellschaft in Brüssel.)
  5. Annales de la sociéé archéologique de Namur. T. V me - 2 e Namur 1859. (Gesch. der Ges.)
  6. Annales de l'academie d'Archéologie de Belgique. T. XVII me - 2 me et 3 me liv. Anvers 1860. (Gesch. der Academie.)
  7. Bulletin de la société scientifique et litéraire de Limbourg. T. IV. - 2 me fas. Tongres 1860. (Gesch. der Gesellschaft.)
  8. Bulletin de l'institut archeologique Liégois. T. IV. 1 re liv. Liége 1860. (Gesch. des Instituts.)

Schweiz.

  1. Der Geschichtsfreund. Mittheilungen des Vereins von Lucern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug. 16. Bd. Einsiedeln 1860. (Gesch. des Vereins.)
  2. Dr. F. Keller, Die Pfahlbauten. 3ter Bericht. Zürich 1860. 12. Dr. L. Rütimeyer, Untersuchung der Thierreste aus den Pfahlbauten der Schweiz. Zürich 1860.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Oesterreich.

  1. Mittheilungen des hist. Vereins für Krain. Jahrgang XIV. 1859. Laibach 1859. (Gesch. des Vereins.)
  2. Mittheilungen des hist. Vereins für Steiermark. Heft IX. Gratz 1859.
  3. 10. und 11. Jahresbericht und Bericht über die 10te Versammlung des hist. Vereins für Steiermark. (14 und 15 Gesch. des Vereins.)
  4. Gottfried Freiherr von Ankershofen von Gallstein. Klagenfurt 1860. (Gesch. des Vereins zu Klagenfurt.)

Würtemberg.

  1. Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben. XII. Bericht. Ulm 1860.
  2. Katalog der Bibliothek dieses Vereins. Ulm 1859. (17 und 18 Gesch. des Vereins.)

Thüringen.

  1. Variscia, Mittheilungen aus dem Archiv des Voigtländischen Vereins. 5te Lieferung. Graitz. (Gesch. des Vereins.)

Meklenburgica.

  1. F. Wigger, Mecklenburgische Annalen bis zum Jahre 1066; eine chronologisch geordnete Quellensammlung mit Anmerkungen und Abhandlungen. Schwerin 1860.
  2. Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. 14. Jahrg. Neubrandenburg 1860. (Gesch. des Vereins.)
  3. Teterower Zeitung. 12. Jahrg. Nr. 1211. 12. Juli 1860. Ueber den Wendischen Burgwall von Teterow. (Gesch. des Herrn Archivrath Conservator Dr. Lisch.)
  4. Hausordnung für die Alumnen der Knaben=Erziehungsanstalt in Ludwigslust. (Gesch. des Cadetten Herrn D. v. Stenglin.)
  5. Actenstücke, betreffend die Gehalts=Verhältnisse der Mitglieder des löbl. Magistrats zu Schwerin. Schwerin 1860.
  6. Festschriften, betreffend das Jubiläum des Vereins für meklenburgische Geschichte am 24. April 1860. (Gesch. des Herrn Archivrath Conservator Dr. Lisch.)
  7. Rede bei der Taufe des Herzogs Nicolaus, Schwerin 1855.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Reden beim Eröffnungs=Gottesdienste in der wieder hergestellten Schloßkirche. Schwerin 1855.
  2. Dr. Th. Kliefoth, Predigt am 10. Sonntage nach Trinitatis. Schwerin 1856.
  3. Freimaurer=Regeln, als Manuscript für Brüder. 5795 (26-29 Gesch. des Fräulein A. Buchheim).

IV. Zur Urkundensammlung

schenkte der Herr Geh. Kriegsrath Grimm zu Schwerin dem Vereine ein nicht uninteressantes Notizen=Buch des Geh. Rathes Johann Peter Schmidt aus dem Nachlasse seines Enkels, des wail. Hauptmanns v. Schmidt hieselbst.

Außerdem ist hier zu bemerken, daß Herr v. Engel auf Bresen dem Großherzoglichen Geh. und Haupt=Archive hieselbst die handschriftliche Sammlung von Genealogien des meklenburgischen Adels von v. Hoinckhusen d. j. und dessen Fortsetzer v. Pentz († 1782) zur Aufbewahrung übergeben hat. Zur Ergänzung dieser umfänglichen und werthvollen Arbeit hat der Ausschuß des Vereins geglaubt, diejenigen 34 Genealogien, welche früher davon abgetrennt und aus dem Nachlasse des Ministers v. Gamm zu Neustrelitz durch Geschenk seines Sohnes, des Herrn Kammerherrn v. Gamm auf Friedrichshof, in den Besitz des Vereins gekommen waren, nunmehr wieder damit vereinigen und gleichfalls an das Archiv abgeben zu müssen.

V. Zur naturhistorischen Sammlung

endlich wurden geschenkt:

1) Von dem Herrn Förster Grohmann zu Altona bei Eldena durch Vermittelung des Herrn Kammeringenieurs K. Beyer eine Schaufel von einem kleinen Elengeweih, gef. vor etwa 15 Jahren zu Kaltenhof an der Elbe beim Steinbrechen unter einem großen Granitblock.

2) Von dem Herrn Förster Evers zu Tankenhagen durch Vermittelung des Herrn Hofmusicus Hühn zu Schwerin eine regelmäßig krystallisirte Kugel von Schwefelkies, 4" Durchmesser.

Der Besuch der Vereinssammlungen ist fortwährend lebhaft; namentlich haben die Ferien auch in diesem Sommer wieder mehre auswärtige Gelehrte hieher geführt, unter denen vor allen der berühmte Natur= und Alterthumsforscher, Professor Nilsson, Präsident der Königl. Akademie zu Stockholm, und Herr Collegien=Rath, Professor Radloff aus

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Petersburg, Conservator des ethnographischen Museums der k. Akademie daselbst, zu nennen sind, welche zufällig hier zusammentrafen und vom 22.-26. Jul. mit dem eifrigen Studium unsrer Sammlungen beschäftigt waren. Ihnen folgte am 26. Jul. Herr Schulinspector Rußwurm aus Hapsal und am 27. Herr Senator Claudius aus Lübeck. Solche Besuche sind natürlich höchst erfreulich und auch für uns in hohem Grade belehrend. - Anderer Seits hat auch der Herr Archivrath Lisch seine Reise nach München zu der Versammlung des Gesammtvereines nicht nur benutzt, die dortigen, so wie die süddeutschen und rheinischen Sammlungen überhaupt wiederholt zu vergleichen, sondern er hat auch die Schweiz besucht, um die in den dortigen Seen neuerdings entdeckten Pfahlbauten, die für die germanische Alterthumskunde bereits von der höchsten Wichtigkeit geworden sind, durch eigene Anschauung kennen zu lernen.

Ueber die erwähnte Jahresversammlung des Gesammtvereines, welche unter dem Vorsitze Sr. Durchlaucht des Grafen Wilhelm von Würtemberg unter zahlreicher Betheiligung der verbundenen Vereine und anderer Gelehrten, unter welchen sich auch unser Ehrenmitglied Herr Pastor Masch aus Demern befand, am 18.-21. September d. J. zu München stattgefunden hat, erstattete Herr Archivrath Lisch, welcher wiederum, wie in der vorjährigen Versammlung zu Berlin, zum Vorsitzenden der antiquarischen Section erwählt ward, in der heutigen Ausschußversammlung mündlichen Bericht. Es wird genügen, daraus vorläufig mitzutheilen, daß der Antrag des Freiherrn v. Aufseß, das bisherige Correspondenz=Blatt des Gesammtvereins mit der Zeitschrift des germanischen Museums zu Nürnberg zu verbinden, wodurch die Direction des Museums zugleich der permanente Mittelpunkt des Gesammtvereins werden würde, vor der Hand abgelehnt und beschlossen ist, die bisherige Stellung des Gesammtvereins einstweilen aufrecht zu halten, da der Herr Vorsitzende gegründete Hoffnung zu haben erklärte, daß es gelingen werde, dem Vereine künftig die unentbehrliche pecuniaire Unterstützung zu erwirken. Das Weitere muß ich bis zum Erscheinen des genauern Berichtes in dem Correspondenz=Blatte verschieben. Die nächste Versammlung wird in einem mitteldeutschen Orte, entweder Altenburg, Erfurt oder Halle stattfinden.

Als Ergänzung des Festberichtes habe ich noch mitzutheilen, daß dem Herrn Archivrath Dr. Lisch auf Veranlassung unsers und seines Jubiläums von Seiten Sr. K. H. des Prinzregenten von Preußen, Namens Sr. Majestät des Königs,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

als hohen Beförderers unseres Vereines, in Anerkennung der erfolgreichen fünfundzwanzigjährigen Bemühungen für die Pflege der historischen Wissenschaft, der rothe Adlerorden dritter Classe huldvoll verliehen worden ist. - Auch der zu dem Festgeschenke, welches dem Herrn Archivrath bei dem Festmahle am 24. April d. J. überreicht ward, gehörige Untersatz ist endlich aus Berlin angelangt, so daß das Geschenk nunmehr vollständig in der heutigen Ausschußversammlung zur Ansicht ausgestellt werden konnte. Es gereicht mir zur besondern Freude, daß das Geschenk nunmehr den allgemeinen Beifall der Anwesenden fand. - Ueber die Verwendung der auf Antrag der Herren Repräsentanten des Vereins, Herren Canzleidirectors v. Bülow, Revisionsraths Hase, Directors Wex und Prorectors Reitz, theils an den Unterzeichneten, theils an den Herrn Berechner, Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier, eingesandten zahlreichen Beiträge zu dem Geschenke hat der letztere die von ihm hierüber geführte Specialrechnung den genannten Herren Repräsentanten zur Revision vorgelegt, und steht natürlich auch jedem Betheiligten deren Einsicht frei.

W. G. Beyer, Dr., Archiv=Secretair,     
als zweiter Secretair des Vereins.       

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXVI. 2.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 7. Januar 1861.

Vignette

D as neueste Blatt in der Personal=Chronik unsers Vereins ist wiederum reich an Ereignissen. Zunächst schließt sich an den früheren Bericht über den Thronwechsel in Strelitz die erfreuliche Nachricht, daß Se. Königliche Hoheit der jetzt regierende Großherzog Friedrich Wilhelm mittelst eines huldvollen Schreibens vom 10. October v. J. gnädigst geruht haben, das von AllerhöchstSeinem hochseligen Vater 25 Jahre hindurch geführte Protectorat unsers Vereins wieder zu übernehmen. Aber kaum war ein Monat verstrichen, als auch der Nachfolger des hochseligen Großherzogs Georg in dem Seniorate der deutschen Fürsten, Se. Durchlaucht der regierende Fürst Georg Wilhelm zu Schaumburg=Lippe, von seiner 53jährigen Regierung am 21. Novbr. v. J. durch den Tod abberufen, und dadurch auch unser Verein, dem der hochselige Fürst seit dem 12. Juli 1836 als hoher Beförderer angehörte, aufs Neue in Trauer versetzt ward. - Ihm folgte am 2. Jan. d. J. nach langen Leiden Se. Maj. der König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, den das ganze deutsche Vaterland seit einem halben Jahrhundert als den treuesten Beförderer deutscher Wissenschaft verehrte, und der seit Ostern 1857 unserm Vereine auch formell in gleicher Eigenschaft angehörte. Beide hohe Entschlafene, die wir fast als Glieder unserer engeren Heimath betrachten durften, jenen als einen der größten Gutsbesitzer des Landes, diesen wegen der vielfachen Bande des Blutes, wodurch er unserm eigenen hohen Fürstenhause so eng verbunden war, haben un=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

serm Vereine ihr lebhaftes Interesse namentlich durch mehrmaligen persönlichen Besuch unserer Sammlungen und Werthvolle Geschenke für die Bibliothek durch die That bewiesen.

Auch unter den correspondirenden Mitgliedern des Vereins ward ein in ganz Deutschland geachteter Gelehrte und deutscher Patriot, und unser specieller Landsmann durch den Tod abberufen: Friedrich Christoph Dahlmann, geb. zu Wismar am 14. Mai 1784, Prof. der Geschichte zu Kiel, dann zu Göttingen, das er 1837 als einer der "Sieben" verließ und nach Jena übersiedelte, 1848 als Königlich Preußischer Vertrauensmann nach Frankfurt gesandt, wo er später eines der einflußreichsten Mitglieder der Nationalversammlung ward, starb als Professor zu Bonn am 5. December 1860. - Statt seiner hat der Ausschuß des Vereins in seiner heutigen Sitzung den Herrn Prof. Morlot zu Lausanne wiederum zu unserm correspondirenden Mitgliede eingeladen. Dieser Gelehrte, mit dem unser erste Secretair, Herr Archivrath Dr. Lisch, schon vor längerer Zeit in schriftlichen und neuerdings auch in persönlichen Verkehr getreten ist, ist gegenwärtig anerkannt der bedeutendste Alterthumsforscher der Schweiz, welcher im nächsten Jahre auch Norddeutschland, namentlich Schwerin, zu besuchen beabsichtigt, und von dessen Eifer und Scharfsinn bedeutende Resultate für untere Wissenschaft zu erwarten sind.

Aus dem Kreise unserer ordentlichen Mitglieder endlich schied der ehemalige Domprediger hieselbst, Pastor Albrecht Bartsch, Mitstifter des Vereins und vieljähriger zweiter Secretair desselben. Er starb, nachdem seine geistige Thätigkeit schon vor Jahren gelähmt war, zu Warin am 15. Novbr. 1860. Ihm war schon am 11. desselben Monats der Postcommissair David Krüger in Hamburg, aus einer geachteten Familie Meklenburgs, vorangegangen, und am 27. Decbr. folgte ihm der Hofmaler Lenthe hieselbst, ein hochgeschätzter vaterländischer Künstler, der seit dem 27. August 1837 zu unsern Mitgliedern zählte. Außerdem ist der Herr Criminal=Director Bolte zu Bützow in Folge früherer Kündigung mit dem Beginne des neuen Jahres ausgetreten. - Als neue Mitglieder beigetreten sind dem Vereine die Herren Geh. Regierungsrath v. Kröcher zu Berlin, Graf Friedrich v. Zepelin auf Aschhausen bei Schönthal in Würtemberg und Ludwig Hänselmann, Cand. phil. zu Braunschweig.

Das folgende Verzeichniß der neuen Erwerbungen für unsere Sammlungen umfaßt wiederum alle Abtheilungen derselben, namentlich also nach hergebrachter Ordnung:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I. Die Alterthumssammlung.

A. Aus der Steinzeit.

1) Von dem Herrn Inspector Scheven zu Langhagen bei Serrahn: 1 große Streitaxt aus Hornblende, aus einer noch größern, welche im Schaftloche quer durchbrochen war, neu angefertigt und im Bohrloche noch nicht ganz vollendet.

2) Von dem Herrn Oberinspector v. Sprewitz zu Güstrow: 1 Keil aus Feuerstein, roh bearbeitet und nur an der Schneide geschliffen, gefunden bei dem Schlosse zu Güstrow.

3) Von dem Herrn Bauconducteur Daniel zu Schwerin: 1 Keil aus Feuerstein unbekannten Fundortes in Meklenburg.

4) Von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin: 1 Keil aus Hornblende, gef. zu Boddin bei Gnoien. - 1 Knopf aus Thonstein, 5/8" im Durchmesser, gef. zu Leistenow bei Demmin.

5) Von dem Herrn Kammer=Ingenieur K. Beyer zu Schwerin: 1 Pfeilspitze aus Feuerstein, gef. zu Laerz bei Mirow.

6) Von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow: 1 Pfeil= oder Dolchspitze aus braunem Feuerstein mit Schaftzunge, 4" lang und sehr schön gearbeitet, gef. zu Heiligenhagen bei Kröpelin von dem Holzwärter Herrn Neckel zu Satow.

7) Von dem Herrn Friedrich Seidel zu Bützow: 1 halbmondförmiges Messer aus Feuerstein, 2 Roll= oder Reibsteine aus feinkörnigem Granit, rundlich, mit mehren natürlichen Bruchflächen, 2 1/2" und 2" im Durchmesser, ein mit Feuersteingeräthen bearbeitetes Hirschhornende, alles gef. beim Torfstechen im Sandfeldbruch auf der Söhring bei Bützow.

8) Von dem Herrn Pastor a. D. Ritter zu Friedrichshöhe: 1 Reib= oder Rollstein, sichtbar viel gebraucht und geschliffen, gef. zu Friedrichshöhe bei Rostock.

9) Von dem Herrn Bürgermeister Hermes zu Röbel: die Stange eines Hirschgeweihes von der Rose bis zum ersten Ende, 2 Fuß lang und 2 1/2 Zoll dick, mit Spuren künstlicher Bearbeitung, gef. 6 Fuß tief in einem Torfmoore bei Röbel.

B. Aus der Bronzezeit.

1) Von dem Herrn Rector Dehn zu Brüel: 1 Schwertgriff mit einem Theile der Klinge aus Bronze, gef. auf der Stadtfeldmark von Sternberg. Der Griff, welcher vollständig gefunden ward, ist vom Finder zerbrochen und zur Hälfte weggeworfen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2) Von dem Herrn Friedrich Seidel zu Bützow: 1 Nadel aus Bronze, 3 3/4" lang, mit kleinem kegelförmigen Knopfe, unter denselben 1" lang geriefelt, gef. beim Torfstechen im Sandfeldbruch auf der Söhring bei Bützow.

3) Von dem Herrn Kammer=Ingenieur K. Beyer in Schwerin: ein kleines Gefäß aus Thon, völlig cylindrisch, mit ganz senkrechten Wänden, 3" in der Höhe und im Durchmesser, mit zwei kleinen Henkeln, gef. auf der Feldmark Laerz bei Mirow.

C . Aus der Eisenzeit.

1) Von dem Herrn Oberlehrer Dr. Wigger zu Schwerin: einige grünliche und weiße Glasperlen, zwei Bruchstücke von knöchernem Geräthe und einige Stücke braunen Räucherwerkes, wie es öfter in den Urnen der Eisenperiode gefunden wird (vergl. Jahrb. XXV, S. 256), von dem Herrn Apotheker Busch zu Bergen a. d. Dumme gefunden und für den Verein geschenkt.

2) Von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin: 1 Spindelstein aus Thon, überall mit eingegrabenen Punkten in sehr regelmäßiger Stellung verziert, gef. zu Boddin bei Gnoien am Rande eines Gehölzes.

D . Aus dem christlichen Mittelalter.

1) Von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin: 1 silberner, vergoldeter, durchbrochener und ciselirter, großer Fingerring, an den Seiten mit Aehren und Blumen, in der Mitte mit einem kleinen, erhaben gearbeiteten Medaillon, anscheinend die Anbetung Christi durch einen Engel darstellend, nach der Arbeit aus dem 16. Jahrhundert, bei einem Goldschmiede zu Gnoien für den Verein angekauft.

2) Von dem Herrn Apotheker Timm zu Malchin: 1 Löffel mit rundem Blatte aus Bronze mit Silber platirt, gef. im Hainholze bei Malchin zwischen den Wurzeln einer alten Buche.

3) Von dem Küster Herrn Bohn zu Demern: eine Schnippe, wie sie die Bauerfrauen in der Vogtei Schönberg im Fürstenthum Ratzeburg bis gegen das vierte Viertel des 18. Jahrhunderts beim Abendmahl trugen.

II. Die Münzsammlung.

1) Von der Frau Kammer=Commissairin Peltz zu Schwerin: eine zinnerne Medaille auf den Frieden von Lüneville 1801.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2) Von dem Herrn Architekten Stern zu Schwerin: 1 wismarscher Schilling von 1527.

3) Von dem Herrn Oberlehrer Dr. Wigger zu Schwerin: 1 braunschweigscher Silberbracteat.

4) Von dem Herrn Amtmann Blankenberg zu Schwaan: 1 Bronzemünze von Marocco von 18(5)0. Hs. 2 Dreiecke übereinander gelegt. Rs. Die Jahreszahl 12(?)8. Vergl. Grote's Bl. f. Münzkunde IV, 1844, S. 16 u. 251, Taf. XII, Nr. 281.

III. Die Bildersammlung.
(Seit 24. April 1860.)

1. Portraits. Herzogin Sophie, Johann VII. Wittwe, geb. 1569, gest. 1634 zu Lübz. Nach einem dortigen Gemälde. Lith. 8. (Aus dem meklenburg. Volksbuche des Stifts Bethlehem. Jahrgang 1861.) Freiherr Peter Heinrich v. Stralendorf, Kaiser Leopolds Geheimerath, Reichs=Vice=Kanzler, aus dem Hause Goldebee=Preensberg, gest. 1637. Kpf. 4. (Aus einem Sammelwerke. Signatur im untern Plattenrande: 37. Geschenk des Hrn. Dr. Crull in Wismar.) Chr. Wilh. Schumacher, Amtmann zu Schwerin, geb. das. 1736. Kpf. Willck del. 1806. S. Halle sc. 8. J. Ch. Edler v. Quistorp, schwed. O.=Appellat.=Rath und Wismarscher Tribunals=Beisitzer, auch Prof. zu Rostock. (Lebt 1737 bis 1795.) Kpf. Andorff del. Bolt sc. 1793. 4. Alphons v. Boddien, Königl. Preuß. Major, Abgeordneter des Parlaments zu Frankfurt a. M. Lithogr. Gez. von F. Hickmann. Fol. Mit Facsim. Herm. Joach. Hahn, Diaconus an der H. Kreuzkirche zu Dresden, geb. 1679 zu Güstrow, Bruder des Pastors J. E. Hahn das., ermordet von einem Fanatiker 21. Mai 1726 zu Dresden. Kpf. C. A. Wortmann sc. 4. Matth. Chr. Sprengel, Geograph und Historiker, geb. zu Rostock 1746, gest. als Prof. zu Halle 1803. Silh. 8. Joh. Nicol. Tetens, geb. 1736, um 1762 Dir. des Pädagogiums zu Bützow, hernach Dän. Conferenzrath, gest. 1807. Kpf. Lahde del. Laurens sc. 8. H. F. Link, Botaniker, Mediciner etc. ., geb. 1767, Prof. zu Rostock, Breslau, Berlin, gest. 1851. Kpf. von A. Tardien nach Krüger. 4. Ludw. Th. Kosegarten, Dichter, Pfarrer auf Rügen etc. ., geb. 1758 zu Grevismühlen, gest. 1818. Kpf. Kyolström del. Bolt sc. 1800. 8. Th. Körner. Gem. von Emma K., gest. von F. Müller. 4. Dr. G. H. d. Schubert, Naturforscher, Philosoph, Prof. in München, Lehrer der Herzogin von Orleans, geb. 1780, gest. 1859. Kpf. Gez. von J. Rigal, gest. von P. Barfus. Fol.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mit Facsim. Antonio Rosetti, Componist, Capellmeister zu Ludwigslust. Lebt 1750-1792. Lithogr. von H. E. v. Wintter 1818. Fol. Fritz Reuter, Dichter. Stich und Druck von Weger in Leipzig. Gr. 4. (Nach einer Zeichnung von Th. Schlöpcke. Hinstorffscher Verlag.)

2. Alterthümer und Denkmäler. Urnen von Wotenitz und von Schwaan, in denen Schmucksachen gefunden sind. Handz. von B. Schmidt. 8. Siegel des Plebans Werner v. Axecow zu Ribnitz vom J. 1330. Handz. von J. Milde. 8. Grabplatte des Marschalls Ulrich Maltzan auf Grubenhagen und seiner Gemahlin Beate Vieregge, in der Kirche zu Grubenhagen, vom J. 1459. Gez. von C. Schumacher, lith. von Tiedemann. 8. Grabplatte des Marschalls Joachim Maltzan auf Osten, gest. 1565, in der Kirche zu Demmin. Gez. von C. Schumacher, lith. von Tiedemann. 8. (Aus der v. Maltzanschen Urkunden=Sammlung. Bd. III. IV. Geschenkt vom Hrn. Archivrath Lisch.) Grabplatte des Knappen Ludolf Hahn auf Basedow und seiner Gem. Oelgard, in der Klosterkirche zu Dargun, vom J. 1448. Gez. von C. Schumacher, lith. von Tiedemann. 8. Grabplatte des Ritters Ludolf Hahn auf Basedow und seiner Gem. Jutta, in der Klosterkirche zu Dargun, vom J. 1480. Gez. von C. Schumacher, lith. von Tiedemann. 8. (Aus der Geschichte des Geschlechts v. Hahn. Bd. II. Geschenk desselben.) Grabplatte des knappen Vicke v. Oertzen auf Wustrow und seiner Gem. Adelheid v. Stralendorf, in der Kirche zu Alt=Gaarz, vom J. 1465. Gez. von C. Schumacher, lith. von Tiedemann. 8. Grabplatte der Knappen Hermann und Sivert v. Oertzen auf Roggow, in der Klosterkirche zu Doberan, vom J. 1449. Gez. von C. Schumacher, lith. von Tiedemann. 8. (Aus der Geschichte des Geschlechts v. Oertzen. Bd. II. (Geschenk desselben.)

3. Architekturen und Prospecte. Das Sophienstift zu Lübz. Lith. 8. (Aus dem meklenburg. Volksbuche des Stifts Bethlehem. Jahrg. 1861.) Die Stadt Wismar von der Landseite. Lith. von C. Herold das. 4. Hinstorffs Verlag. (Geschenk des Hrn. Dr. Crull das.)

4. Lokale Ereignisse; Tableaux. Das Faschingfest der Künstler und Kunstfreunde zu Schwerin am 5. Febr. 1858. Gez. und lith. von Puschkin. Royal=Fol. Festgelag der Neu=Braunschweiger Progreß=Verbindung zu Göttingen im J. 1851. Lith. Royal=Fol. (Mit meklenburg. Portraits. - Geschenk des Hrn. Dr. Bärensprung hier.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Für die Abtheilung der Siegel sind mehrere Ueberdrucke und Handzeichnungen erworben. Im Johannis=Quartalberichte wird ein übersichtliches Verzeichniß dieser Abtheilung der Bildersammlung mitgetheilt werden.

IV. Die Bücher=Sammlung.

I. Sprach= und Münzkunde.

  1. J. G. L. Kosegarten, Wörterbuch der Niederdeutschen Sprache älterer und neuerer Zeit. Bd. I. L. 3. amt- angetoget. Greifswald 1860.
  2. a. Valvation der hochwürdigsten - Fürsten und Städte des Löbl. Nidersächsischen Kraises. Leipzig 1601.
    b. Dasselbe. Hall in Sachsen 1621.
    c. Kurtzer Extract aus - des löbl. Niedersächsischen Kraisses Müntz=Ordnung. Hall 1627. (Gesch. des Hrn. Gericht=Registrators Jahr.)

II. Ordensgeschichte.

  1. Ph. Bonanni, Verzeichnis der Geist= und Weltlichen Ritter=Orden, in netten Abbildungen und einer kurzen Erzehlung. Chr. Weigel. 1720. (Gesch. des Hrn. Hauptmann Bruns.)

III. Russische Ostsee=Provinzen.

  1. Die Pädagogen, Schul= und Hauslehrer des classischen Alterhums. Dorpat 1858.
  2. Die Kinderwelt des classischen Alterthums. Dorpat 1859.
  3. Mittheilungen der Ehstländischen literarischen Gesellschaft. Heft 1. Reval 1860. (4-6 Gesch. der Gesellschaft.)

IV. Dänemark und Schweden.

  1. Antiquarisk Tidsskrift udgivet af det kongelige Nordiske Oldskrift-Selskab. 1855-57. Kjöbenhavn 1859. (Gesch. der Gesellschaft.)
  2. Konglica svenska fregatten Eugenies resa omkring jorden. 5 Hefte. Stockholm 1857 u. 58.
  3. Diplomatarium Dalekarlicum ed. C. G. Kröningssvärd. Stockholm 1853.
  4. Handlingar till upplinsning af Finlands Häfder, utgivne af A. J. Arwidsson. Fjerde Delen - Tionde Delen. Stockbolm 1851-1858.
  5. Samlingar utgifna af Svenska-Sällskapet. Heft 18-33. Stockholm 1853-1860.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Diplomalarium Suecanum edidit Bror Emil Hildebrand. Vol. IV. 1 u. 2. Vol. V. 1. Holmiae 1853. 56. 58.
  2. Skade-Penningar öfver de förnämsta Händelser som tillhöra konung Gustav III. Historia. Stockholm 1858.
  3. Arkiv till upplysning om Svenska krigens och krigsinrättningarnes Historia. Tidsskriftet 1630- 1632. Stockholm 1854.
  4. Sveriges Historiska och Politiska Visor. Första Delen. Örebro 1853.
  5. Svenska Run-Urkunder, utgisna af R Dybeck. Stockholm 1855-57.
  6. Kongl. Vitterhets Historie och antiquitets academiens Handlingar. 21. Tlieil. Stockholm.
  7. Svenska Språkets Lagar, af J. E. Rydquist. Andra Bardet. Stockholm 1857. (8-18 Gesch. der schwedischen Academie zu Stockholm.)

V. Die Schweiz.

  1. Anzeiger für Schweizerische Geschichte und Alterthumskunde. 4ter - 6ter Jahrgang, 1858-1860.
  2. Beiträge zur vaterländischen Geschichte, herausgegeben von der histor. Gesellschaft in Basel. Bd. VII. Basel 1860. (Gesch. der Gesellschaft.)
  3. Morlot, Allgemeine Bemerkungen über Alterthumskunde. Dem 1859 (Gesch. des Hrn. Verf.)

VI. Belgien und die Niederlande.

  1. Annales de l'académie d'archéologie de Belgique. T. XVII me 4 me liv. Anvers 1860. (Gesch. der Academie.)
  2. Publications de la société pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans le grand-duché de Luxembourg 1859. XV. Luxembourg 1860. (Gesch. der Gesellschaft.)

VII. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.

  1. Correspondenzblatt des Gesammtvereines für deutsche Geschichts= und Alterthums=Vereine. VIII. Stuttgart 1860.
  2. G. Waitz, Deutsche Verfassungsgeschichte. 3. B. Kiel 1860.

VIII. Oesterreich.

  1. Archiv für Kunde österreichischer Geschichts=Quellen. Bd. XXIII. 2. Bd. XXIV. 1. Wien 1860.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Notizblatt. Beilage zum Archiv f. Kunde österr. Gesch. 9ter Jahrgang 1859. Wien 1860.
  2. Die feierliche Sitzung der k. Academie der Wissenschaften am 30. Mai 1859. Wien 1859.
  3. Sitzungsbericht der k. Academie der Wissenschaften. (Philosoph.=histor. Classe.) Vd. XXII. H. 3 u. 4. Bd. XXIII. Bd. XXIV. Wien 1860. (26-29 Gesch. d. k. Academie.)
  4. Zeitschrift des Ferdinandeum für Tirol und Vorarlberg. 3te Folge H. 9. Innsbruck 1860.
  5. 28ster Bericht des Ferdinandeum über 1857, 58, 59. Innsbruck 1860. (30 u. 31 Gesch. des Ferdinandeum.)
  6. Programm des evangel. Gymnasiums in Schäßburg für 1853/54, 55/56, 57/58. Kronstadt 1854, Wien 1856, Kronstadt 1859.
  7. 4tes Programm des evangel. Gymnasiums zu Bistritz. Kronstadt 1855.
  8. Deutsche Fundgruben zur Geschichte Siebenbürgens, ed. von Eugen v. Trauschenfels, Dr. J. U.
  9. Programm des evangel. Untergymnasiums in Mühlbach für 1858/59. Hermannstadt 1859.
  10. H. Wittstock, Beiträge zur Reformations=Geschichte des Rösnergaues. Wien 1858.
  11. Jahresbericht des Vereins f. Siebenbürgische Landeskunde. Hermannstadt 1860. (Gesch. des Vereins.)
  12. Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge, Bd. IV. Heft 2. Kronstadt 1860. (32-38 Gesch. des Vereins.)

IX. Bayern und Würtemberg.

  1. Sitzungsberichte der königl. bayer. Academie der Wissenschaften zu München 1860. H. 1 u. 3. München 1860. (Gesch. der Academie.)
  2. Oberbayerisches Archiv, herausgegeben von dem histor. Verein von und für Oberbayern. Bd. XIX. H. 2, XX. H. 2, XXI. H. 2. München 1859.
  3. 21ster Jahresbericht des hist. Vereins von und für Oberbayern für 1858. München 1859. (40 u. 41 Gesch. des Vereins.)
  4. 23ster Bericht über das Wirken und den Stand des hist. Vereins zu Bamberg im Jahre 1859/60. Bamberg 1860. (Gesch. des Vereins.)
  5. Verhandlungen des histor. Vereins von Oberpfalz und Regensburg. Bd. XIX oder Bd. XI der neuen Folge. Regensburg 1860. (Gesch. des Vereins.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Die ältesten Glasgemälde im Dome zu Augsburg mit der Geschichte des Dombaues in der romanischen Kunstperiode von Th. Herberger. Augsburg 1860.
  2. 24ster und 25ster Jahresbericht des hist. Kreis=Vereins im Regierungsbezirk von Schwaben und Neuburg für 1858 u. 59. Augsburg 1860. (44 u. 45 Gesch. des Ver.)
  3. Würtembergische Jahrbücher 1858 H. 1 u. 2. Stuttgart 1860. (Gesch. d. königl. statistisch=topograph. Bureaus.)

X. Nassau, Frankfurt a. M. und Hessen.

  1. No. 12. Periodische Blätter der Geschichts= und Alterthums=Vereine zu Kassel, Wiesbaden und Darmstadt. Januar 1860.
  2. Annalen des Vereis für Nassauische Alterthumskunde und Geschichtsforschung. Bd. VI H. 5. Wiesbaden 1860. (47 u. 48 Gesch. des Vereins.)
  3. Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. Bd. I (neue Folge). Frankfurt a. M. 1860. (Gesch. d. Frankf. Ver.)
  4. Archiv für hessische Geschichte. Bd. IX H. 2. Darmstadt 1860.
  5. Hessische Urkunden ed. von Dr. L. Baur. Bd. I (Provinz Starkenburg und Oberhessen von 1016-1399). Darmstadt 1860.
  6. General-Register zu den Regesten - des Grosherzogthums Hessen, bearbeitet von Dr. H. E. Scriba. Darmstadt 1860. (50-52 Gesch. des hessischen histor. Vereins.)

XI. Sachsen und Thüringen.

  1. Jahrbücher der königl. Academie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Neue Folge - H. 1. Erfurt 1860. (Gesch. der Academie.)
  2. Mittheilungen der Geschichts= und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes. Bd. V H. 2 u. 3. Altenburg 1860. (Gesch. der Gesellschaft.)

XII. Schlesien und die Lausitz.

  1. Neues Lausitzisches Magazin. Bd. XXXVII H. 1 u. 2. Görlitz 1860. (Gesch. des Vereins.)
  2. 36ster und 37ster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur 1858 u. 1859. Breslau. (Gesch. der Gesellschaft.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XIII. Niedersachsen.

  1. Mittheilungen des histor. Vereins zu Osnabrück. Bd. VII. Osnabrück 1860. (Gesch. des Vereins.)
  2. Elfter Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie. Neuhaldensleben 1848. (Gesch. des Vereins.)

XIV. Lübeck.

  1. Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde. Heft 3. Lübeck 1860. (Gesch. des Vereins.)

XV. Meklenburgica.

  1. Großherzogl. Mecklenburg=Strelitzischer Staats=Kalender für 1857, 58, 60. Neu=Strelitz. (Gesch. des Hrn. Rentschreibers B. Schmidt in Neu=Strelitz.)
  2. Zweite Stammtafel des Geschlechts von Oertzen. (Gesch. des Hrn. Archivrath, Conservator Dr. G. C. F. Lisch.)
  3. Veränderungen in dem Bestande der bäuerlichen Wirthschaften in den ritterschaftlichen Aemtern u. s. w. von 1794-1860 Schwerin 1860.
  4. L. Fromm, Meklenburg. Ein niederdeutsches Landes= und Volksbild. Schwerin 1860. (62 u. 63 Gesch. des Hrn. Verlegers Dr. Bärensprung.)
  5. Programm der grossen Stadtschule zu Wismar. (Goethe's Balladen metrisch ins Griechische übersetzt. Carmina latina). Wismar 1860. (Gesch. des Hrn. Prof. Crain.)
  6. Programm des Gymnasium Fridericianum zu Michaelis 1860. (Zum Thier- und Kräuterbuch des mecklenburgischen Volkes von Dr. Schiller.) Schwerin 1860. (Gesch. des Hrn. Directors Dr. Wex.)
  7. Matthias, Trauerspiel in 5 Aufzügen von Julius Willborn. Leipzig 1857. (Gesch. der Verfasserin Fräulein Johanna Willborn in Schwerin.)

XVI. Amerika.

  1. Observations on terrestrial Magnetism in Mexico, conducted under the direction of Baron von Müller, by A. Sonntag. Washington 1860. (Gesch. des Smithsonian Institution.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

V. Die Urkunden= und Handschriften=Sammlung.

Vom Herrn Director Schmidt hieselbst ein Buch in Octav mit 100 Blättern, darauf 1) Landkarten der Länder der Erde und Wappen der Fürsten, Reichsstände und Städte mit kurzen geographischen Bemerkungen und Tabellen der Fürsten, "so biß annoch Regiert haben", darunter 1684 die früheste, 1725 die jüngste Zahlenangabe; 2) Tabellen aller Regenten bis um das J. 1724; 3) 173 Pläne und Abbildungen von Städten, Schlössern u. s. w., darunter Wahren am Müritz=See, Wallfisch in Mecklenburg an der Ost=See, Wismar, Dömitz in Wenden, Prezier In Meckelnburg, Rostock. 4) "Cronnalogische Lista" geistlicher und weltlicher Fürsten; 5) der Thirkreis, astronomische Bemerkungen, die Sternbilder; 6) "die Wapen der Alten außgestorbenen Häußer"; 7) Stammbäume; 8) verschiedene "Cronnal. Lista".

Diesem Inhalte entsprechend ist auf der ersten Seite eine Gruppe von 5 Personen, offenbar die Geographie, Heraldik, Genealogie, Astronomie und Baukunst darstellend, mit der Unterschrift: Trau, Schau, Wehm. Merk aber darbey, das keiner Jn der Weld, ohn Tadel lebet frey.

Die Bilder u. s. w. sind sauber in Wasserfarben ausgeführt.

VI. Die naturhistorische Sammlung.

1) Von dem Herrn Friedrich Seidel zu Bützow: 1 Bruchstück von einem dünnen Rennthiergeweih, gef. im Torfmoore auf dem Sandfeldbruch bei Bützow.

2) Von dem Gutsbesitzer Herrn Voß auf Ankershagen: 2 nicht zusammengehörige Geweihschaufeln, Kinnladen und viele Knochenbruchtheile zweier Elenthiere und ein sehr altes und starkes, zerbrochenes Hirschgeweih, gefunden in zwei verschiedenen Modergruben auf der Feldmark Ankershagen, in einer Tiefe von ungefähr 10 Fuß. Zwei andere in denselben Löchern gefundene, ganz ähnliche Kinnbackenknochen, wahrscheinlich denselben hier im Sumpfe versunkenen Thieren angehörig, hatte Herr Voß, bevor der Verein Kenntniß von dem Funde erhielt, bereits an das Museum in Berlin eingesandt.

3) Von dem Herrn Oberforstrath Passow zu Schwerin: 1 Hirschhorn von einem Spießer (mit einem einzigen kurzen Ende), welches in entfernten Zeiten als Werkzeug benutzt gewesen zu sein scheint, mit Eisenocker überzogen, in einer Mergelgrube zu Camin bei Lage gefunden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4) Von dem Herrn Oberinspector v. Sprewitz zu Güstrow: eine versteinerte Auster, vollständig und sehr wohl erhalten, gef. bei dem Schlosse daselbst 6-7 Fuß tief in der Ziegelerde unter einer mehre Fuß dicken Torfschicht.

Die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins wird bereits vorzugsweise durch die Vorbereitungen zu dem meklenburgischen Urkundenwerke, dessen Herausgabe nun völlig gesichert ist und das künftig unsere Hauptaufgabe sein wird, in Anspruch genommen. Durch ein allerhöchstes Rescript d. d. Schwerin den 1. Nov. 1860 ist nämlich dem Vereine in Folge unserer unterthänigsten Gesuche vom 10. Sept. und 26. Oct. desselben Jahres "zur Bearbeitung eines herauszugebenden meklenburgischen Urkundenbuches eine jährliche Beihülfe von 700 Thlrn. auf fünf Jahre" allergnädigst bewilligt, und die Vertheilung dieser Subvention an die zu bestellenden Mitarbeiter in Gemäßheit der solcherhalb vorläufig gemachten Vorschläge dem Ausschuß des Vereines überlassen worden, mit dem Anfügen, sowohl darüber, so wie über den Anfang und demnächstigen Fortgang der Arbeiten unter Nachweisung der gemachten Verwendungen nach Ablauf eines jeden Jahres an das hohe Ministerium des Innern Bericht zu erstatten. Eine gleiche Unterstützung unter denselben Bedingungen ist demnächst am 24. desselben Monats von den in Malchin versammelten hochansehnlichen Ständen des Landes zunächst zur Bestreitung der Druckkosten mit gewohnter Liberalität bewilligt. Von Seiten der allerhöchsten Landes=Regierung zu Neu=Strelitz fehlt zwar noch die definitive Entscheidung auf den letzten unterthänigsten Vortrag der zum Betrieb dieser Angelegenheit niedergesetzten Commission; indeß ist doch bereits in dem früheren allerhöchsten Rescripte vom 18. Sept. 1860 die Bereitwilligkeit der hohen Regierung ausgesprochen, unserem Antrage auf unentgeltliche Mittheilung der den dortigen Landesantheil betreffenden Urkunden zu entsprechen, wenn wir diese Urkunden zuvor näher bezeichnet haben würden, weßhalb wir zu hoffen wagen, daß unser in Folge dessen gestelltes Gesuch, einen dortigen Gelehrten mit der Erforschung und Bearbeitung des betreffenden Urkunden=Materials für das Großherzogthum Meklenburg=Strelitz gnädigst zu beauftragen, nicht unerhört bleiben werde.

Bei dieser Sachlage hat der Ausschuß des Vereines unter Vorbehalt allerhöchster Genehmigung die Bearbeitung und Herausgabe des Werkes einer aus unserer Mitte niedergesetzten Wissenschaftlichen Commission übertragen, welche aus dem Herrn

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Archivrath Dr. Lisch als Dirigenten, dem Herrn Oberlehrer Dr. Wigger als Redacteur für Meklenburg=Schwerin, dem Herrn Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier als Mitarbeiter und Cassenführer und Herrn Archivschreiber Jahr als Hülfsarbeiter besteht, und welcher eventualiter ein zweiter Redacteur für Meklenburg=Strelitz beizuordnen sein würde. Als freiwillige außerordentliche Mitarbeiter haben sich der Commission außerdem der Herr Pastor Masch zu Demern für die Urkunden der Stadt Gadebusch, Herr Dr. Friederich Crull zu Wismar für Wismar und der Unterzeichnete für die Urkunden der Stadt Parchim angeschlossen. Die obere Leitung und Überwachung des ganzen Unternehmens bleibt dagegen dem Ausschuß des Vereines vorbehalten, welcher zu dem Zwecke für jetzt 3 Mitglieder, Herrn Archivrath Dr. Lisch, Herrn Revisionsrath Haase und den Unterzeichneten aus seiner Mitte deputirt hat. Nach Feststellung dieser Ordnung hat die Commission ihre Arbeiten denn bereits begonnen, so daß wir hoffen dürfen, diesen langgehegten und von Anfang an als Hauptziel des Vereins hingestellten Plan mit Gottes Hülfe in nicht allzuferner Zeit glücklich hinausgeführt zu sehen.

Für die Jahrbücher des Vereins sind zur Zeit nur einige kleinere Abhandlungen eingereicht worden, namentlich

1) von dem Herrn Archivrath Dr. Lisch: über eine hetrurische Urne mit dem heiligen Hakenkreuze in München; - über die Kirche zu Neu=Kalen; - über das Wappen der v. Stralendorf; - über ein bei dem Schlosse zu Güstrow gefundenes, von dem Hrn. Ober=Inspector v. Sprewitz an das Großherzogliche Antiquarium eingesandtes vollständiges Rennthiergeweih. - Ferner

2) von dem Herrn C. D. W.: über die Kirche zu Moisall und über die Kirche zu Hornstorf. - Der Druck des 26. Jahrganges unserer Vereinsschriften, des ersten in dem zweiten Viertel=Jahrhundert, hat übrigens bereits im vorigen Jahre begonnen.

Als neuer literarischer Erscheinungen auf unserm Gebiete ist hier noch zweier Werke zu gedenken. Das erste der Zeit und dem Umfange der Erscheinung nach ist das Album für meklenburgische Burgen und Schlösser, herausgegeben von Hrn. Dr. Wedemeier unter Beirath des Hrn. Archivraths Dr. Lisch, dessen erstes Heft mit mehren Darstellungen des Schlosses zu Schwerin und des Landsitzes auf dem Rittergute Hoppenrade, im Beginn dieses Quartales ausgegeben, und dessen Werth bereits von Sr. Königl.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hoheit dem Großherzoge durch ein huldvolles Geschenk an den Herausgeber anerkannt ist. Das Werk gehört in sofern auch zur historischen Literatur, als der Text, welcher kurze in populärer Darstellung gehaltene Nachrichten über die in schönen Steindrucken veranschaulichten Gebäude und deren Bewohner enthält, auf selbstständiger Quellenforschung beruht. Das Unternehmen verdient daher jedenfalls auch an dieser Stelle wenigstens eine kurze empfehlende Anzeige. - Die zweite Erscheinung ist der Abriß der meklenburgischen Geschichte von der ältesten bis auf die neueste Zeit, von Fr. W., dessen bis zu Heinrich dem Pilger reichender Anfang in der 12. Lieferung der in der Hinstorffschen Hofbuchhandlung erscheinenden und weit verbreiteten meklenburgischen Vaterlandskunde so eben ausgegeben ist. Auch diese Arbeit ist nach dem Zwecke des Hauptwerkes für ein größeres gemischtes Publikum bestimmt, und wird, so weit sich nach diesem Anfange ein Urtheil fällen läßt, nach Form und Inhalt ihrem Zwecke entsprechen.

Das inzwischen ausgegebene neueste Heft des Correspondenz=Blattes von October bis December bringt die Protocolle der am 18.-21. Sept. 1860 zu München gehaltenen Generalversammlung des Gesammtvereins, worüber schon das vorige Blatt dieses Berichtes eine kurze Anzeige nach der mündlichen Mittheilung unsers ersten Secretairs, Herrn Archivraths Dr. Lisch, enthielt. Da in dieser besonders von süddeutschen Gelehrten recht zahlreich besuchten Versammlung, - deren antiquarische Section merkwürdiger Weise von zwei Meklenburgern geleitet ward, von Herrn Archivrath Dr. Lisch als Vorsitzendem und Herrn Privatdocenten Dr. v. Lützow zu München als Protocollführer, - nichts vorgekommen ist, das Meklenburg speciell berührte, so kann ich hier, wie in den früheren Jahren, wiederum nur auf das gedachte Organ des Gesammtvereins selbst verweisen.

W. G. Beyer, Dr., Archiv=Secretair,     
als zweiter Secretair des Vereins.       

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXVI. 3.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 8.April 1861.

Vignette

N achdem die von dem Vereinsausschusse niedergesetzte wissenschaftliche Commission zur Herausgabe des meklenburgischen Urkundenbuches unterm 28. Januar d. J. die allerhöchste Bestätigung erhalten hat, erstattete dieselbe in der heutigen Quartalversammlung den instructionsmäßigen ersten Bericht über den Fortgang ihrer Arbeiten, der in jeder Beziehung über alle Erwartung günstig lautete. Zunächst ist die Zahl der freiwilligen Mitarbeiter noch durch den Beitritt des Herrn Syndicus Dr. Mann und (unter Vorbehalt der Genehmigung des Engern Ausschusses) des Herrn Landesarchivars Sohm zu Rostock, sowie des Herrn Rectors Römer zu Grabow vermehrt worden. Von der energischen Thätigkeit der so verstärkten Commission aber zeugt die Masse des in so kurzer Zeit herbeigeschafften Materials. Es sind nämlich nicht weniger als 521 Urkunden der ältesten Periode bis zum Jahre 1300 theils nach den Originalen, theils aus den verschiedensten Druckwerken abgeschrieben und wissenschaftlich bearbeitet, so daß sie zum Drucke bereit liegen, außerdem aber noch 400 andere Urkunden eben dieser Zeit gesammelt und zur letzten Redaktion vorbereitet. Dieser rasche Fortschritt der Arbeiten ist aber auch nur möglich gewesen bei dem ungemeinen Reichthum an Material, das sich von allen Seiten der Bearbeitung darbietet, woraus zugleich die hohe Wichtigkeit des ganzen Unternehmens für die Geschichte Meklenburgs erhellt, da ein großer Theil dieses Materials bisher noch völlig unbekannt oder wenigstens für unsre Zwecke noch unbenutzt geblieben war.

Zu bemerken ist noch, daß die schon früher angezeigte Bewilligung unsrer Stände inzwischen von Seiten des Engern Ausschusses officiell bestätigt ist, und von Seiten der hohen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Regierung zu Neustrelitz sicherem Vernehmen nach bereits Schritte gethan sind, um für die Bearbeitung der dortigen Urkunden einen tüchtigen Gelehrten zu gewinnen. Mit dem aufrichtigsten Danke ist zugleich die Bereitwilligkeit anzuerkennen, mit welcher alle Behörden des Landes den Wünschen der Commission entgegenkommen, indem ihr nicht nur die Rathsarchive zu Rostock, Wismar, Parchim, Güstrow, Grabow und in andern Städten, sondern auch die sämtlichen noch für sich bestehenden Klosterarchive des Landes zu Dobbertin, Malchow, Ribnitz und zum H. Kreuz zu Rostock mit der größten Liberalität zur Benutzung geöffnet worden sind. So scheint sich alles zu vereinigen, das vollständige Gelingen des Unternehmens zu sichern, - eine Erscheinung, die wir um so freudiger begrüßen, als gleichzeitig auch in andern deutschen Ländern sich eine ähnliche Regsamkeit zur Eröffnung aller Quellen der vaterländischen Geschichte zeigt, indem z. B. auch von der Kammer der Abgeordneten im Königreich Sachsen auf zehn Jahre jährlich 2000 Thlr. zur Herausgabe einer Urkundensammlung bewilligt worden sind.

Die sonstigen wissenschaftlichen Arbeiten des Vereines in dem abgelaufenen Quartale beschränken sich auf eine Abhandlung des Archivraths Dr. Lisch über den Burgwall von Franzensberg. - Dagegen sind außer dem Vereine wiederum zwei Werke durch den Druck veröffentlicht, die hier nicht übergangen werden dürfen, nämlich ein Leitfaden der Geschichte Meklenburgs von L. Fromm und das Grab bei Wöbbelin, oder Theodor Körner und die Lützower von Fr. Brasch, ehemaligem Rector der Realschule zu Schwerin. Der Fromm'sche Leitfaden, welcher die Geschichte unsrer Heimath bis zum Jahre 1860 fortführt, ist hauptsächlich auf die Volksschule berechnet, für welche ein solches Handbuch allerdings Bedürfniß war. - Die Schrift des Herrn Rectors Brasch giebt nicht nur eine vollständige Biographie Körnens und einen auf eben so gründlicher Forschung beruhenden, als . mit hingebender Liebe für den Gegenstand derselben gearbeiteten Abriß der Geschichte des Lützow'schen Freicorps, sondern auch eine in mehrfacher Beziehung interessante und lehrreiche politisch=militairische Skizze jener ewig denkwürdigen Zeit der begeisterten Erhebung des deutschen Volkes gegen die erniedrigende Fremdherrschaft überhaupt. Als ein wichtiger Beitrag zur Geschichte des derzeitigen Kampfes an der Niederelbe gehört die Schrift zugleich speciell der historischen Literatur Meklenburgs an.

~~~~~~~~~~~~~~~
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Bericht über die Sammlungen des Vereines ist dies Mal insofern lückenhaft, als mir in Folge des Abgangs unsers bisherigen Bibliothekars das übliche Verzeichniß der neuerworbenen Bücher nicht zugegangen ist. Eben so fehlt der Bericht über die Bildersammlung. Beide werden im nächsten Quartale nachgeliefert werden. Auch die Bereicherung der übrigen Sammlungen ist weniger bedeutend als sonst. Folgende Herren haben sich jedoch durch willkommne Geschenke den Dank des Vereines erworben, und zwar

I. Zur Alterthumssammlung.

A. Aus der Steinperiode.

1) Herr Friedrich Seidel zu Bützow: das obere hammerförmige und achtseitig geschliffene Ende einer im Schaftloche queer durchbrochenen Streitaxt aus Hornblende, gefunden unter den aufgegrabenen Fundamenten eines Hauses in Bützow

2) Herr Dr. Crull zu Wismar: 1 Keil aus Feuerstein, an den beiden breiten Seiten geschliffen, vielfach abgeschlagen, gef. zu Neuenkirchen.

B. Aus der Bronzeperiode.

1) Herr Oeconom Karl Sibeth zu Neu=Wendorf bei Tessin: eine kleine, mit einer zerbrochenen Schale zugedeckte, cylindrisch gestaltete Urne aus hellbraunem Thon, 6" hoch und eben so weit im Bauche, mit einem großen Henkel, worin sich zerbrannte menschliche Gebeine, nach den sehr dünnen Schädelknochen zu urtheilen, einem kleinen Kinde angehörend, befanden; gefunden im Sommer 1860 beim Aufdecken eines Kegelgrabes auf der Feldmark Neu=Wendorf.

C. Aus der Eisenperiode.

1) Herr Oeconom Karl Sibeth zu Neu=Wendorf: eine schwärzliche Urne von kugelförmiger Gestalt mit eingezogenem Halse, 9" hoch und 8" weit im Bauche, mit einigen senkrechten Linien verziert, worin unter den Resten zerbrannter Gebeine eine schmale eiserne Hakenspange lag; gefunden im Sommer 1860 bei den von Herrn Sibeth angestellten Nachgrabungen auf einem von ihm entdeckten Wenden=Kirchhof zu Neu=Wendorf.

2) Herr Koch zu Dreveskirchen: Bruchstücke eines eisernen Messers mit dem aus mehren Stücken bestehenden Bronzebeschlage einer vermoderten Scheide dieses Messers,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ähnlich dem bei Bel=Air in der Schweiz gefundenen Beschlage 12 ), ein Endbruchstück eines ganz kleinen Hufeisens und eine ovale Spange aus dünnem Bronzeblech, 2 1/2" lang, mit Linien von feinen Querstrichelchen verziert, - alles in verschiedenen zu Alt=Bukow ausgegrabenen Urnen gefunden.

3) Herr Friedrich Seidel zu Bützow: ein Spangenbügel aus Bronze, eine Nadel aus Bronze und ein langer, gereifelter Nadelkopf aus Bronze, gef. auf dem Mahnkenberge bei Bützow. Vgl. Jahrb. IX, S. 405.

D. Aus dem christlichen Mittelalter.

1) Herr Unterofficier Büsch zu Wismar: eine kleine bronzene Pferdefigur, 2" lang und 1 bis 1 1/4" hoch, vielleicht eine Schachfigur, gefunden mit einigen Münzen aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (vgl. unten) beim Ausgraben von Fundamenten eines Hauses in der Hohen Straße zu Wismar.

2) Herr Dr. Kirchstein zu Schwerin: einen Spangenring von Messing, mit Lilienverzierungen auf einer Seite, gef. im Großherzogthum Meklenburg=Strelitz unter den Fundamenten eines Bauernhauses.

3) Herr Hofmaler Schlöpke zu Schwerin: eine eiserne Pfeilspitze aus dem Mittelalter.

~~~~~~~~~~~~~~

Zu der comparativen Sammlung von Alterthümern fremder Völker endlich schenkte Herr Hofmaler Schlöpke zu Schwerin ein Stück von einem bemalten ägyptischen Mumiensarge, gegen 2 F. lang und 1 F. breit, und zwei ägyptische Mumien=Halsbänder von blauen Glasperlen mit Amuleten.

~~~~~~~~~~~~~~

II. Zur Münzsammlung schenkten:

1) Der Realschüler Herr C. Plaschke zu Güstrow: 1 Messing=Jetton auf den König Ludwig XVI. von Frankreich, o. J., "Dignissimo".

2) Herr Pastor Dr. Unbehagen zu Badendiek: 1 Messing=Jetton auf die Hinrichtung des Königs Ludwig XVI. von Frankreich, 21. Jan. 1793: SOL REGNI ABIIT

3) Herr Unterofficier Büsch zu Wismar: 1 lübischen Silberbracteaten mit dem Doppeladler und 1 halben kleinen


12) Vgl. Mittheilungen der antiquarischen Gesellschaft zu Zürich, Bd. I, und Corresp.=Blatt 1861, Nr. 1 ff., Taf. 11, Fig. 3 und 12.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stralsunder Silberbracteaten mit der Flagge, beide mit gestrahltem Rande, gefunden mit einer kleinen bronzenen Pferdefigur (vgl. oben) beim Fundamentgraben in der Hohen Straße zu Wismar, 12 Fuß tief; ferner 1 stralsunder Wittenpfennig o. J., 1 schwedische Silbermünze mit einer Krone nachgestempelt, 1 Wismarschen Kupferdreiling 1622, 1 meklenburger Kupferdreiling von 1692, 1 rostocker Kupferdreiling von 1750 und 1 messingene Wallfahrtsmedaille mit der Anrufung der Jungfrau Maria.

Unter den Veränderungen der Matrikel des Vereines ist zuvörderst zu melden, daß Se. Maj. der König Wilhelm von Preußen uns unterm 16. März d. J. auf unsern Wunsch gnädigst zu gestatten geruht haben, allerhöchst Ihren Namen unter den hohen Beförderern des Vereines mit aufzuführen. - Von unsern Ehrenmitgliedern ist das jüngste, der Graf Friedrich Bernhard August v. d. Osten=Sacken, Oberst des meklenburgischen freiwilligen Jägerregimentes zu Fuß in dem deutschen Freiheitskriege von 1813, welcher dem Vereine seit dem 8. October 1838 als ordentliches Mitglied angehörte, bei der vorigjährigen Jubelfeier aber zum Ehrenmitgliede ernannt ward, bereits wieder aus unsrer Mitte geschieden. Er starb am 3. Februar d. J. zu Schwerin, aufrichtig betrauert nicht nur von seinen überlebenden Cameraden, sondern von allen Patrioten des Landes - Auch unter den correspondirenden Mitgliedern ist ein neuer Todesfall zu melden: am 12. Januar d. J. starb der kaiserliche Bibliothekar Hanka zu Prag, der berühmte Slavist, welcher unsrem Vereine seit dem 5. Oct. 1835 angehörte und in den ersten Jahren in ziemlich lebhafter Correspondenz mit demselben stand, später aber durch sein einseitiges panslavistisches Streben, wodurch er vielfach mit der deutschen Wissenschaft in Widerspruch gerieth, anscheinend auch uns entfremdet ward. Sein Verlust ist für die slavische Literatur und Alterthumsforschung von großer Bedeutung.

In Betreff der ordentlichen Mitglieder habe ich zunächst nachträglich den Tod des Herrn v. Heyden auf Bredenfelde anzuzeigen, welcher schon seit zwei Jahren zu den Todten gehört, was bedauerlich erst jetzt zu meiner Kunde gelangt ist. Zu diesem Verluste kommen noch fünf andere Todesfälle aus dem letzten Quartale. Es starben nämlich 1) der Domherr v. Levetzow auf Gr.=Markow, Mitglied des Vereines, seit dem 15. December 1845, gestorben zu Kläden bei Stendal am 29. Januar 1861 im 75. Jahre seines Alters; 2) der Landrath v. Blücher auf Sukow, Mitglied

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

seit dem 26. Februar 1840, gest. am 5. Februar 1861, im 72. Lebensjahre; 3) der Bürgermeister Daniel zu Schwaan, früher zu Rehna, Mitglied seit dem 29. Januar 1838, gest. den 25. Februar 1861, einer der aufrichtigsten Freunde des Vereines, dem namentlich unsre Sammlungen viele ihrer Werthvollsten Schätze verdanken; 4) der Geh. Finanzrath Ahrens zu Schwerin, Besitzer des Lehnguts Neu=Schlagstorf, Mitglied seit dem 22. April 1835, gest. am 27. März 1861. Er hat seine Theilnahme an dem Vereine durch wiederholte Schenkungen an die Bibliothek desselben bewiesen. Endlich 5) der Kammerdirector Wendt a. D. zu Schwerin, erst seit seiner Pensionirung im vorigen Jahre beigetreten, gestorben am 21. März 1861. - Außer diesen, durch den Tod von uns geschiedenen Freunden haben wir leider auch zwei lebende Mitglieder, die gleichfalls zu unsern aufrichtigsten Freunden gehörten, in Folge ihrer veränderten Verhältnisse durch voraufgegangene Kündigung verloren: den Herrn Oberstallmeister a. D. v. Boddien, früher zu Schwerin, jetzt in Görlitz in der Lausitz, und den Herrn Pensionair Haupt, früher zu Tressow, jetzt zu Barkow bei Plau.

Als neu eingetretenes Mitglied habe ich nur den Herrn Canzlei=Assessor v. Oertzen hieselbst zu melden.

Auch der Ausschuß des Vereines hat durch die Beförderung des bisherigen Bibliothekars, Herrn Candidaten Dolberg, zum Prediger in Ribnitz eine Veränderung des Personales erfahren, indem der Herr Gymnasial=Oberlehrer Dr. Schiller sich zu unsrer Freude bereit erklärt hat, die Aufsicht über unsre kleine, aber werthvolle Bibliothek wieder zu übernehmen.

Die Redaction des Correspondenz=Blattes des Gesammtvereines ist nach Anzeige des gegenwärtigen Verwaltungs=Ausschusses, - bekanntlich der würtembergische Alterthumsverein zu Stuttgart, - mit dem Beginne des laufenden Jahres auf den Herrn Karl Müller zu Stuttgart übergegangen, indem der bisherige Redacteur, Herr Canzleirath Rathfelder, auf sein Ansuchen aus Gesundheitsrücksichten von dieser Function entbunden worden ist. Mit dieser neuen Redaction scheint zugleich ein entscheidender Wendepunkt des ganzen Unternehmens eingetreten zu sein. Als auf der Münchener Versammlung des vorigen Herbstes unter dem Präsidium Sr. Erlaucht des Grafen Wilhelm von Würtemberg fast einstimmig beschlossen ward, daß das Correspondenz=Blatt auch fernerhin als Organ des Gesammt=Vereines zu erhalten sei, erließen die dort versammelten Mitglieder des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

letztern aus allen Gegenden Deutschlands zugleich die dringende Mahnung an alle verbundenen Vereine und einzelne Forscher, mit allen Kräften dahin zu streben, daß das genannte Blatt immer mehr der Ausdruck des wissenschaftlichen Lebens in Deutschland auf dem Gebiete der vaterländischen Geschichts= und Alterthumsforschung, der Sammelpunkt aller Forschungsergebnisse und ein stetes Zeugniß des deutschen Fleißes und deutschen Strebens werden möge. In Folge dieser Mahnung hat der auf eben dieser Versammlung neu bestätigte Verwaltungsausschuß des Vereines seine Thätigkeit vor allem darauf gerichtet, dem Blatte durch Gewinnung neuer Mitarbeiter und zweckentsprechender Beiträge einen hohem und möglichst gediegenen wissenschaftlichen Gehalt zu geben, und diese Bemühungen sind namentlich durch die großmüthige und patriotische Unterstützung Sr. Erlaucht des Grafen von Würtemberg, der in unsrem großen Vaterlande längst nicht nur als Beförderer, sondern auch als selbstthätiger Jünger der Wissenschaft bekannt und geehrt ist, bisher von dem glücklichsten Erfolge gekrönt worden. Die drei ersten Nummern des neuen Jahrganges enthalten zum Zeugniß dessen namentlich unter der Aufschrift: "Archäologisch=graphische Vergleichungen" einen umfänglichen, noch nicht vollendeten Aufsatz aus der eigenen Feder des Herrn Grafen über die germanischen Ueberreste aus der sogenannten Merovingischen Zeit, in welchem eine auf mühsamer Forschung beruhende Zusammenstellung aller, an den verschiedensten Orten gefundenen, dieser Zeit angehörigen Alterthümer gegeben wird, die zugleich auf 13 höchst werthvollen Steindrucktafeln durch zahlreiche Abbildungen veranschaulicht werden, - ein Unternehmen, das in seinem weitern Fortgange unsrer Wissenschaft endlich eine sichere Grundlage zu geben verspricht. Es ist daher gewiß in hohem Grade zu wünschen, daß dies edle Beispiel nicht ohne Nacheiferung bleiben, und die nicht dringend genug zu empfehlende Zeitschrift künftig auch in unsrer Heimath durch lebhaftere Betheiligung, mindestens durch zahlreiche Subscription auf dieselbe gefördert und unterstützt werden möge.

W. G. Beyer, Dr., Archiv=Secretair,     
als zweiter Secretair des Vereins.       

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 8 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXVI. 4.

Quartal= und Schlussbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den Juli 1861.

Vignette

W enn das im vorigen Jahre begangene Ehrenfest des Vereins zunächst auch der frohen Erinnerung an die Hoffnungen, Bestrebungen und Leistungen des ersten Viertel=Jahrhunderts unsers Bestehens gewidmet war, so ward doch damit zugleich der bewußte Zweck verfolgt, den Verein neu zu stärken und zu kräftigen, um ihm eine gedeihliche Zukunft zu sichern. Diesen Zweck hoffte man am besten dadurch zu erreichen, daß man dem Vereine innerhalb seiner ursprünglichen, unverrückt festzuhaltenden allgemeinen Aufgabe, der allseitigen Erforschung der heimathlichen Geschichte und Alterthümer, zugleich noch ein bestimmteres, der Anstrengung aller Kräfte würdiges Ziel stecke. So vereinigte sich die zahlreiche Festversammlung zu dem mit lebhaftem Beifall begrüßten und zum einstimmigen Beschlusse erhobenen Plane, die Herausgabe einer meklenburgischen Urkundensammlung, die von Anfang an als dringendes Bedürfniß anerkannt und im Laufe der ersten 25 Jahre vielfältig vorbereitet war, von nun an als eine Hauptaufgabe des Vereins zu betrachten, deren Lösung mit Aufbietung aller Kräfte zu erstreben sei. Seitdem ist wenig mehr als ein Jahr verflossen, und schon dürfen wir uns der frohen Zuversicht hingeben, daß die Aufgabe, so weit menschliche Voraussicht reicht, in wenigen Jahren vollständig gelös't sein werde.

In den drei letzten Quartalberichten ist vorläufig und stückweise mitgetheilt worden, was inzwischen in dieser Richtung geschehen ist; dennoch wird es angemessen sein, in dem Schlußberichte dieses Jahres, desSen Aufgabe es künftig überhaupt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sein wird, durch einen Rückblick auf das mit der statutenmäßigen Generalversammlung am 11. Juli ablaufende Vereinsjahr den frühern Jahresbericht zu ersetzen, auch über die bisherige Leitung und den Fortgang dieses wichtigen Unternehmens eingehender und im Zusammenhange Rechenschaft abzulegen.

Unterm 10. September v. J. richtete die in der voraufgehenden Quartalversammlung mit den vorbereitenden Verhandlungen beauftragte Committe, Herr Archivrath Dr. Lisch, Herr Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier und der unterzeichnete Archiv=Secretair Dr. Beyer, an das hohe Ministerium des Innern zu Schwerin und die hohe Landesregierung zu Strelitz im Namen des Vereins=Ausschusses die unterthänigste Bitte um Gewährung der nöthigen Unterstützung dieses gemeinnützigen Werkes aus Staatsmitteln, welche Bitte demnächst auf ausdrückliches Verlangen beider allerhöchsten Behörden durch Vorlegung bestimmter Vorschläge über die Art und Weise der Ausführung des Unternehmens in Grundlage der vorläufigen Beschlüsse der Festversammlung näher begründet ward.

Nach diesen Vorschlägen sollte der Verein als solcher die Herausgabe des Werkes übernehmen und zu dem Zwecke eine mit der planmäßigen Leitung des Unternehmens beauftragte Deputation des Ausschusses bestellen, die Sammlung und Bearbeitung der Urkunden selbst aber, sowie die eigentliche Redaction einem oder mehreren, auf Vorschlag der Deputation durch den Ausschuß zu ernennenden Gelehrten übertragen. Das Geschäft der gedachten Deputation sollte ein Ehrenamt sein, aber der oder die Bearbeiter des Werkes nach den demnächst von dem Vereins=Ausschusse zur allerhöchsten Genehmigung einzureichenden Vorschlägen angemessen honorirt werden. Zur Deckung dieses Honorars und der sonstigen Redactionskosten, namentlich zum Ankauf von Büchern, zu den nothwendigen Reisen, Correspondenzen, Copialien u. s. w. glaubte die Committe bei dem hohen Ministerium zu Schwerin auf die nächsten 5 Jahre eine jährliche Beihülfe von 700 Thlr. erbitten zu dürfen, wogegen sich der Antrag bei der hohen Landesregierung zu Strelitz im Allgemeinen auf die Bewilligung der nothwendigen Kosten der die selbstständige Sammlung und Bearbeitung aller diesen Landesantheil betreffenden, später jedoch dem Gesammtwerke einzuverleibenden Urkunden durch einen dortigen Gelehrten beschränkte. Zur Bestreitung der Druckkosten endlich ward bei dem löblichen E. A. der Ritter= und Landschaft die ehrerbietigste Bitte um hochgeneigte Bewilligung eines Pausch=Quanti von 4000 Thlrn. aus ständischen Mitteln auf dem bevorstehenden Landtage rechtzeitig überreicht.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hierauf erfolgte bereits unterm 7. November v. J. das in der Anlage

Nr. 1

vollständig mitgetheilte allerhöchste Rescript der Ministerien des Innern und der Finanzen, wodurch die Vorschläge der Committe von Seiten Sr. K. H. unsers allergnädigsten Großherzogs von Meklenburg=Schwerin huldvollst genehmigt und somit die Committe noch rechtzeitig in den Stand gesetzt ward, die eben versammelten Stände des Landes hievon in Kenntniß zu setzen, und die frühern, allgemein gehaltenen Vorschläge unter Mittheilung jener allerhöchsten Resolution näher zu begründen. Auch hier war der Erfolg ein völlig befriedigender, indem schon am 29. desselben Monats durch fast einstimmigen Beschluß des Pleni beider zahlreich versammelten Stände dem Vereine eine gleiche Unterstützung wie von Seiten des hohen Ministerii zu Schwerin hochgeneigtest bewilligt ward, wie das betreffende hohe Rescript des löblichen E. A. vom 21. Januar 1861 in der Anlage

Nr. 2

näher ausweis't. Endlich hat auch die hohe Landesregierung zu Strelitz in einer, an den inzwischen zum Archivrath ernannten Herrn Pastor Masch zu Demern gerichteten allergnädigsten Resolution vom 10. April d. J. unsere dorthin gerichtete Bitte vollständig gewährt.

Ein so rascher und vollständiger Erfolg hat gewiß die kühnsten Erwartungen Derer übertroffen, welche an den Verhandlungen und Beschlüssen der vorjährigen Festversammlung Theil nahmen, und in der That ist derselbe auch nur durch das Zusammentreffen vieler glücklicher Umstände möglich geworden. Vor Allem jedoch verdanken wir denselben ohne allen Zweifel dem regen Interesse und der gewichtigen Fürsprache hoher Beamten und Staatsmänner, welche der Verein seit vielen Jahren zu seinen Mitgliedern zu zählen die Ehre hat, und die zum Theil selbst die obere Leitung desselben übernommen haben, so wie der lebhaften Unterstützung unsers Antrags von Seiten mehrerer einflußreicher Mitglieder der Ritter= und Landschaft, welche unserm Vereine gleichfalls theils als Ehren=, theils als ordentliche Mitglieder angehören. Mit Freuden erfülle ich daher hiermit den mir in der jüngsten Generalversammlung gewordenen Auftrag, neben unsern allergnädigsten Landesherren, den beiden durchlauchtigsten Großherzogen KK. HH., unseren hohen Protectoren, und dem gesammten Corps der Ritter= und Landschaft, insbesondere auch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den bezeichneten Herren, als unseren hochverehrten Gönnern und Freunden, den warmen und aufrichtigen Dank des Vereins auszusprechen.

Nachdem auf diese Weise die Mittel zur Ausführung des hochwichtigen Unternehmens wenigstens für den Hauptlandestheil gesichert waren, säumte der Ausschuß nicht, zu Anfang d. J. bei der vorgeschriebenen Berichterstattung an das diesseitige hohe Ministerium mit weitern Anträgen in Grundlage des allerhöchst genehmigten Planes hervor zu gehen, um demnächst sofort Hand an das Werk legen zu können. Es wird hier der Ort sein, den ganzen Plan, wie er sich aus diesen und den folgenden Verhandlungen schließlich entwickelt und festgestellt hat, übersichtlich darzulegen, ohne den ermüdenden Bericht über die von nun an minder wichtigen Einzelheiten der Verhandlungen weiter zu verfolgen.

Das unter dem Namen und der obern Leitung des Vereins herauszugebende "Meklenburgische Urkundenbuch" wird hiernach aus zwei Hauptabtheilungen bestehen, von welchen die erste den Zeitraum vom Beginne der urkundlichen Geschichte unsers Landes und Volkes bis Ende des dreizehnten Jahrhunderts, die zweite aber den Zeitraum vom Anfange des vierzehnten bis zum Ende des fünfzehnten Jahrhunderts umfaßt.

In der ersten Abtheilung werden sämmtliche im In= und Auslande ausgefertigten, irgend zu ermittelnden Urkunden dieser Zeit, welche meklenburgische Zustände und Ereignisse, Personen und Orte betreffen, sie mögen bereits gedruckt sein oder nicht, Aufnahme finden; in der zweiten Abtheilung dagegen wird nur eine, nach einstweilen noch vorbehaltenen nähern Bestimmungen zu treffende Auswahl der wichtigeren Urkunden gegeben werden.

Die Ordnung des vorhandenen Materials ist in beiden Abtheilungen die rein chronologische. Zum bequemeren Gebrauche des Werkes sollten aber jedem Bande desselben mehrfache sorgfältig bearbeitete Register beigegeben werden, namentlich Orts=, Personen= und Sachregister.

Die aufzunehmenden Urkunden werden wenigstens für den ältesten Zeitraum in der Regel vollständig mitgetheilt, und zwar so weit das für unsere Kräfte irgend erreichbar ist, nach dem Originale. Nur ausnahmsweise, wenn in sonst völlig fremden Urkunden eine hervorragende meklenburgische Persönlichkeit z. B. als Zeuge erscheint, wird eine Regeste genügen.

Der Abdruck geschieht natürlich durchaus wortgetreu, jedoch mit Auflösung der Abbreviaturen, ferner mit Beibehaltung der Orthographie des Originals, jedoch durchweg mit kleinen Anfangsbuchstaben der Wörter, ausgenommen der Namen und des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ersten Wortes nach einem Punkte, so wie mit der heutigen Interpunktion.

Jeder Urkunde wird neben der laufenden Nummer eine kurze und bündige Inhaltsanzeige, so wie die Angabe des Ortes, des Jahres und Tages der Ausstellung nach der heutigen Schreibung und dem heutigen Kalender als Ueberschrift vorangedruckt.

Am Schlusse der Urkunde folgt in kleinerer Schrift die Angabe der Quelle, woraus sie genommen, und eine kurze Beschreibung der äußern Ausstattung des Originals, wenn dasselbe der Redaction zugänglich ist und bemerkenswerthe Eigenthümlichkeiten besitzt, so wie der daran befindlichen Siegel, endlich die Angabe der frühern Drucke nach der Zeitfolge.

Die nothwendigen kritischen Bemerkungen unter dem Texte beschränken sich auf die Erörterung der Aechtheit und der Zeit der Ausstellung, wenn darüber Zweifel möglich sind, die Angabe der etwaigen Varianten, die Hinweisung auf wesentliche Eigenthümlichkeiten in der Interpunktion des Originals, kurze Erklärungen dunkler Orts= und Personennamen und ähnlicher, zum Verständniß nöthiger Nachweisungen.

Das Format des Werkes ist Mittel=Quart und der Druck geschieht durchweg mit lateinischen Lettern. Die sonstige Ausstattung in Hinsicht auf Druck und Papier ist würdig, aber ohne unnöthigen Luxus zu halten, etwa nach dem Muster des Lübecker Urkundenbuches. Artistische Beigaben, z. B. Facsimilia der Handschrift, Abbildung der Siegel und dergleichen, sind zwar höchst wünschenswerth, gleichwohl aber auf das nothwendigste zu beschränken, so weit die dadurch verursachten Kosten nicht etwa außerordentlich von den dabei interessirenden Personen oder Commünen übernommen werden mögten.

Die Bearbeitung des Werkes nach diesem Plane ist in Ermangelung eines tüchtigen Redacteurs, der dieselbe auf seine alleinigen Schultern zu nehmen bereit wäre, einer von dem Ausschusse des Vereins gewählten, allerhöchst bestätigten wissenschaftlichen Commission übertragen. Dieselbe besteht zur Zeit aus 5 ordentlichen Mitgliedern, nämlich den Herren Archivrath Dr. Lisch als Dirigenten, Oberlehrer Dr. Wigger hieselbst als Redacteur für Meklenburg=Schwerin, Archivrath Pastor Masch zu Demern als Redacteur für Meklenburg=Strelitz, Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier als Mitarbeiter und Archivschreiber Jahr hieselbst als Hülfsarbeiter, welche aus wahrem Patriotismus und hingebender Liebe zur Wissenschaft die in der That riesenmäßige Arbeit gegen ein den vorhandenen, immer noch sehr mäßigen Mitteln entsprechendes

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Honorar zum lebhaften Danke des Vereins übernommen haben. Zu ihrer Unterstützung haben sich die Herren Syndicus Dr. Mann und Landes=Archivar und Bibliothekar Sohm zu Rostock, der Herr Dr. Friederich Crull zu Wismar, welcher seit Jahren aus rein wissenschaftlichem Eifer mit Ordnung des dortigen Stadtarchivs beschäftigt ist, der Herr Rector Römer zu Grabow und der unterzeichnete Berichterstatter der Commission als außerordentliche Mitarbeiter für einzelne Partien, namentlich beziehungsweise der Urkunden der Städte Rostock, Wismar, Grabow und Parchim, angeschlossen, und endlich hat Herr Archivrath Pastor Masch außerordentlich noch seine Hülfsleistung für den diesseitigen Landestheil, namentlich für die Urkunden der Stadt Gadebusch zugesagt.

Die Controlirung und Ueberwachung des ganzen Unternehmens liegt, wie bemerkt, dem Ausschusse des Vereins ob, welcher zu dem Zwecke eine zur Zeit aus dem Herrn Archivrath Dr. Lisch, Revisionsrath Hase und dem unterzeichneten Berichterstatter bestehende Deputation aus seiner Mitte ernannt hat. Die Redactions=Commission ist nach ihrer allerhöchst genehmigten Instruction verpflichtet, diese ständige Deputation über den Fortgang der Arbeiten in steter Kenntniß zu erhalten, zu welchem Zwecke namentlich am Ende jedes Quartals gemeinschaftliche Versammlungen stattfinden werden, worauf die gedachte Deputation sodann in der nächsten Quartalversammlung dem Ausschusse des Vereins, dieser aber nach Aufnahme der von der Vereins=Casse abgesondert zu führenden Specialrechnung, welche der Herr Dr. Wedemeier auf Ersuchen des Ausschusses gefälligst mit übernommen, am Schlusse des Jahres an das hohe Ministerium des Innern, so wie in der nächsten Generalversammlung dem Pleno des Vereins Bericht zu erstatten hat.

Nach Feststellung dieser Geschäftsordnung hat denn die Redactions=Commission ihre Arbeiten unverzüglich mit großer Energie und dem glücklichsten Erfolge begonnen, indem sie überall bei Behörden und Privatpersonen des In= und Auslandes freundliches Entgegenkommen und bereitwillige Unterstützung gefunden hat. Von größter Wichtigkeit ist namentlich, daß sämmtliche Klöster und alle Städte des Landes, welche zur Zeit darum ersucht worden sind, ihre früher meist mit der peinlichsten Eifersucht bewachten Archive ohne alle Schwierigkeit unserer Commission zu öffnen verheißen haben. In Folge dessen sind außer dem großherzoglichen Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin, dem der Herr Dr. Wigger mit allerhöchster Erlaubniß unter Anleitung des Archivraths Lisch, mit eifriger

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Unterstützung des Archivschreibers Jahr den größten Theil seiner Mußestunden opfert, und dessen außerordentlicher Reichthum an den wichtigsten Documenten erst jetzt für Staat und Wissenschaft wahrhaft nutzbringend gemacht werden wird, schon jetzt die Archive der Klöster Malchow und Heil. Kreuz zu Rostock, so wie der Städte Güstrow und Grabow durch den Archivrath Dr. Lisch, das Stadtarchiv zu Gadebusch durch den Herrn Archivrath Pastor Masch, und neuerdings das Stadtarchiv zu Parchim durch den Berichterstatter an Ort und Stelle benutzt, das wichtige Stadtarchiv zu Wismar aber durch Herrn Dr. Crull mit nicht genug zu schätzendem Eifer und lohnendem Glücke für ältere Zeit vollständig ausgebeutet, wogegen das Kloster Dobbertin vorläufig ein Copiarium der dort aufbewahrten zahlreichen Original=Urkunden zur Einsicht und Abschrift an die Commission eingesandt hat. Endlich ist auch die Bearbeitung der Urkunden in dem seit Gründung der Stadt stets unverletzt erhaltenen, reichen Stadtarchive zu Rostock durch die dortigen außerordentlichen Commissions=Mitglieder, Herren Syndicus Dr. Mann und Landes=Archivar Sohm, mit Eifer in Angriff genommen. Nebenher ist aber auch die Durchforschung der ältern und neuern Urkundenwerke benachbarter und entfernter, deutscher und außerdeutscher Länder, mit welchen Meklenburg in ältern Zeiten in politischem oder commerziellem Verkehre stand, mit Benutzung der früher von dem Herrn Archivrath Masch angefertigten werthvollen Regesten, nicht vernachlässigt, obwohl der größere Theil dieser schwierigen Arbeit, der sich namentlich Herr Dr. Wigger und Herr Rector Römer zu Grabow unterziehen, natürlich noch bevorsteht.

Das Resultat aller dieser Arbeiten ist die Sammlung von nicht weniger als 1546 Urkunden des ältesten Zeitraumes bis zum Anfang des 14. Jahrhunderts, welche zur Stunde in Abschrift und vollständig bearbeitet zum Drucke bereit liegen, während außerdem eine sehr große Zahl den Urkunden derselben und der nächst folgenden Zeit gleichfalls bereits abgeschrieben, oder noch in Arbeit begriffen ist. Gleichzeitig ist die Commission auch für die würdige Ausschmückung des Werkes durch artistische Beigaben nicht ohne Glück thätig gewesen, indem namentlich, von den bereits im Besitze des Vereins befindlichen älteren Holzschnitten, welche wieder benutzt werden können, abgesehen, Se. K. H. der Großherzog von Meklenburg=Strelitz geruht haben, den Holzschnitt der sämmtlichen Ratzeburger Bischofssiegel bis zum Jahre 1300 zu bewilligen, und ebenso der Herr v. Flotow auf Kogel den Holzschnitt des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ältesten v. Flotow'schen Siegels vom Jahre 1277 verheißen hat, welchem Beispiele hoffentlich die übrigen noch blühenden alten Adelsgeschlechter des Landes folgen werden.

Ein so über alle Erwartung günstiger Erfolg berechtigt gewiß zu der zuversichtlichsten Hoffnung, daß es uns in verhältnißmäßig kurzer Zeit gelingen werde, ein Werk herzustellen, das an äußerer Ausstattung und innerem Werthe hinter keiner ähnlichen Arbeit irgend eines andern deutschen Landes zurücksteht und dem Vaterlande wahrhaft zur Ehre gereicht. Mag denn das patriotische Unternehmen allen Mitgliedern und Gönnern unsers Vereins, so wie allen sonstigen Freunden der heimischen Geschichte, ja allen Vaterlandsfreunden überhaupt nochmals auf das wärmste empfohlen sein!


Die Veränderungen der Vereinsmatrikel seit dem Abdrucke derselben bei Gelegenheit des Jubelfestes im vorigen Jahre sind leider sehr bedeutend. Ich erinnere hier nur kurz an die in voraufgegangenen Berichten bereits besprochenen Todesfälle, nämlich des ältesten unserer Protectoren, des hochseligen Großherzogs Georg von Meklenburg=Strelitz K. H. am 6. Septbr. 1860, so wie der hohen Beförderer unseres Vereins, des Fürsten Georg Wilhelm von Schaumburg=Lippe Durchlaucht am 21. Novbr. 1860 und des Königs Friedrich Wilhelm IV. von Preußen Majestät am 2. Januar 1861, an deren Stelle Se. K. Hoh. der jetzt regierende Großherzog Friedrich Wilhelm von Meklenburg=Strelitz und Se. Maj. der König Wilhelm von Preußen wiederum beizutreten geruhet haben. Ich erinnere ferner an den Tod des jüngsten unserer Ehrenmitglieder, des Grafen v. d. Osten=Sacken am 3. Febr. d. J., so wie der correspondirenden Mitglieder, des Prof. Kosegarten zu Greifswald am 16. August, des Prof. Dahlmann zu Bonn am 5. Decbr. 1860 und des Bibliothekars Hanka zu Prag am 12. Januar 1861, wodurch die Zahl unserer Correspondenten mit Einschluß des am 8. April d. J. wiederum aufgenommenen Herrn Prof. Morlot zu Lausanne auf 54 gesunken ist. Auch von den am 24. April 1860 mit uns in Correspondenz und Schriftenaustausch stehenden 81 Vereinen und Gesellschaften ist seitdem die Sinsheimer Gesellschaft zur Erforschung der vaterländischen Denkmäler der Vorzeit in Folge des Todes ihres Stifters, Pfarrers Wilhelmi, eingegangen, welcher Verlust jedoch neuerdings durch den Beitritt des neu gegründeten historisch=statistischen Vereins zu Frankfurt a. O.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ersetzt worden ist. - In Betreff der ordentlichen Mitglieder habe ich aus dem letzten Quartale nur den Austritt der verwittweten Frau Baronin v. Meerheimb anzuzeigen, welche nach dem schon vor 2 Jahren erfolgten Tode ihres Gemahls, unsers vieljährigen Mitgliedes, Baron v. Meerheimb auf Gr.=Belitz, den Jahresbeitrag bisher fortgezahlt und dagegen die Vereinsschriften empfangen hatte. Dagegen ist der Herr Gymnasiallehrer Dr. Hager hieselbst in der jüngsten Generalversammlung wiederum beigetreten. Außerdem ist in den vorhergehenden Berichten seit dem 24. April v. J. der Verlust von 16 Mitgliedern angezeigt, von welchen 10 gestorben und 6 freiwillig ausgetreten waren, wogegen ich nur 6 neue Mitglieder anzumelden hatte. Die Gesammtzahl der ordentlichen Mitglieder ist daher von 278 auf 268 gesunken. - Endlich ist hier noch des Abgangs unsers bisherigen Bibliothekars, Herrn Candidaten, nunmehrigen Klosterpredigers Dolberg zu gedenken, an dessen Stelle in der Generalversammlung der Herr Oberlehrer Dr. Schiller, welcher sich auf Ersuchen des Ausschusses des verwaisten Instituts bereits mit sichtbarer Liebe angenommen hatte, als künftiger Bibliothekar bestätigt ward. Der Ausschuß besteht daher gegenwärtig, da die bisherigen Repräsentanten wiedergewählt wurden, aus den Herren

Minister=Präsidenten v. Oertzen Exc. als Präsidenten,
Geh. Canzleirath Faull als Vicepräsidenten,
Archivrath Dr. Lisch als erstem Secretair,
Archiv=Secretair Dr. Beyer als zweitem Secretair,
Ministerial=Registrator Dr. Wedemeier als Berechner,
Oberlehrer Dr. Schiller als Bibliothekar,

so wie den Repräsentanten der Gesammtheit, Herren

Canzlei=Director v. Bülow,
Revisionsrath Hase,
Gymnasial=Director Dr. Wex und
Prorector Reitz.

Die Aufsicht über das Münzcabinet hat der Herr Archivrath Pastor Masch auch als Ehrenmitglied des Vereins beibehalten, und ebenso bleibt die Bildersammlung unter der Obhut des Herrn Archiv=Registrators Glöckler.


Den Sammlungen des Vereins steht in der nächsten Zukunft theilweise eine bessere Aufstellung bevor, indem uns durch die Munificenz Sr. K. Hoh. des Großherzogs nicht nur die Mitbenutzung eines Hintergebäudes des jetzigen Antiquarii gestattet, sondern auch die nöthigen Mittel zur zweckmäßigen Ein=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

richtung dieses Locals gnädigst angewiesen sind. Es werden dort namentlich die kirchlichen Alterthümer des christlichen Mittelalters ihre Aufstellung finden. Die Sammlungen werden übrigens fortwährend fleißig besucht und benutzt. Am 30. Januar wurden sie z. B. von 83 Mitgliedern des Architekten=Vereins zu Hamburg mit großem Interesse in Augenschein genommen, welche eigens mit einem Extrazuge zum Besuche der Kunstdenkmäler und Sammlungen Schwerins herüber gekommen waren. Ueber die Vermehrung der Sammlungen in dem letzten Quartale, resp. Semester geben die Anlagen

Nr. 3 — 7

Auskunft. Der Zuwachs der Alterthumssammlung, Nr. 3, ist darnach auch in diesem Quartale, wie in den zunächst vorhergehenden, ein auffallend geringer gewesen. Er beträgt für das ganze Jahr nicht mehr als 96 Stücke, nämlich 39 aus der Steinzeit, 8 aus der Bronzezeit, 16 aus der Eisenzeit und 33 aus dem christlichen Mittelalter. Ebenso hat auch die Münzsammlung, Nr. 4, im ganzen Jahre nur 36 Stücke erworben, wovon 20 in dem letzten Quartale. Etwas reicher ist die Bildersammlung bedacht, worüber der Bericht Nr. 5 nähere Nachweisungen enthält. Nur die Vermehrung der Bibliothek, Nr. 6, welche seit Johannis 1860 wiederum 149 Bände erworben hat, ist gegen das voraufgehende Jahr, 145 Bände, nicht zurückgeblieben. Auch die naturhistorische Sammlung, Nr. 7, ist im Ganzen um 22 Stücke bereichert.


Der in der Generalversammlung vorgelegte Rechnungsextract, Anl. Nr. 8, giebt zu keinen besonderen Bemerkungen Veranlassung. Das Vermögen des Vereins hat sich darnach seit dem Rechnungsabschluß am 20. April 1860 um die Kleinigkeit von 4 Thlr. 4 ßl. 9 pf. vermehrt, da die außerordentlichen Ausgaben bei Gelegenheit des Jubelfestes durch eine außerordentliche Einnahme von 43 Thlr. 37 ßl. 9 pf. gedeckt werden konnten.


Der 26ste Band der Jahrbücher konnte in der letzten Generalversammlung zum ersten Male seit dem Bestehen des Vereins nicht ganz vollständig vorgelegt werden, da der für denselben bestimmte schwierige und höchst mühsame Bericht über den wichtigen Münzfund bei Schwaan vom 18. Octbr. 1859 bei der ausgedehnten Correspondenz mit fast allen Hauptstädten des Continents die Vollendung desselben zu der gedachten Ver=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sammlung unmöglich machten. Die Ausgabe des Jahrbuches wird aber gleichwohl zu der vorgeschriebenen Zeit, d. h. gleichzeitig mit dem Michaelis=Quartalberichte erfolgen. An kleinern wissenschaftlichen Arbeiten und Berichten sind in dem letzten Quartale nur die folgenden 12, fämmtlich von dem Herrn Archivrath Dr. Lisch, eingegangen.

1) Ueber die Connoburg bei Konow.

2) Ueber die Burg Wehningen bei Broda, nach dem Fundberichte des Unterofficiers Herrn Büsch aus Wismar, z. Z. in Dömitz.

3) Ueber die Burg zu Dassow.

4) Ueber die Gränzen des Landes Thure, nach Mittheilungen des Herrn v. Quast auf Radensleben.

5) Ueber das Schloß Kobelbrok.

6) Ueber einen Denkstein bei Bützow, nach dem Bericht des Herrn Friedr. Seidel zu Bützow.

7) Ueber einen Denkstein bei Tramm und Lütgenhof.

8) Ueber das v. Behr'sche Haus zu Freienstein.

9) Ueber die Tempelherren in Meklenburg.

10) Ueber die Gemahlinnen des Grafen Heinrich zu Schwerin.

11) Ueber die Bilder der Königin Margaretha Sambiria von Dänemark.

12) Ueber das Wappen der Familie v. Flotow.

Die diesjährige Generalversammlung des Gesammtvereins wird im September zu Altenburg stattfinden.

W. G. Beyer, Dr., Archiv=Secretair,     
als zweiter Secretair des Vereins.       


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage Nr. 1.      

Nachdem Se. Königliche Hoheit der Großherzog auf die an das unterzeichnete Ministerium des Innern gerichteten Gesuche des Ausschusses des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde vom 10. September und 26. October d. J. geruht haben, zur Bearbeitung eines von dem Vereine herauszugebenden Mecklenburgischen Urkundenbuchs eine jährliche Beihülfe von 700 Thalern auf fünf Jahre zu bewilligen, wird dem Vereine dies hiedurch mit dem Anfügen eröffnet, daß über die Vertheilung dieser Subvention, in Gemäßheit der solcherhalb vorläufig gemachten Vorschläge, sowie über den Anfang der Arbeiten zuerst nach Ablauf dieses Jahres, später aber nach Ablauf eines jeden folgenden Jahres über den Fortgang des Werkes, unter Nachweisung der gemachten Verwendungen, an das unterzeichnete Ministerium Bericht zu erstatten ist. Im Uebrigen versteht es sich von selbst, daß die Bewilligung dieser Beihülfe durch die wirklich fortschreitende Ausführung des Unternehmens bedingt bleibt.

Nach Erstattung des oberwähnten ersten Berichts soll die entsprechende Zahlungsanweisung an die Renterei erfolgen.

Schwerin, den 7. November 1860.

Großherzoglich Mecklenburgische Ministerien
des Innern,           der Finanzen.

J. v. Oertzen.           v. Levetzow.

     An
den Verein für Mecklenburgische
Geschichte und Alterthumskunde
     hieselbst.


Anlage Nr. 2.      

Dem Vereine für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde erwidern wir auf dessen Anträge vom 10. September und 20. November v. J., betreffend die Bewilligung einer Summe aus Landesmitteln zur Herausgabe einer Mecklenburgischen Urkunden=Sammlung: daß die letzte Landtags=Versammlung, welcher wir diese Anträge vorgelegt, beschlossen hat,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

demselben aus dem Landkasten auf fünf Jahre einen jährlichen Beitrag von Sieben Hundert Thalern Courant, unter denselben Voraussetzungen und Bedingungen zu bewilligen, welche von Sr. Königl. Hoheit, dem Allerdurchlauchtigsten Großherzoge von Mecklenburg=Schwerin, laut des uns mitgetheilten hohen Rescripts vom 7. November v. J. bei Gewährung einer gleichen Beihülfe gestellt worden sind.

Wegen Auszahlung der jährlichen Raten aus dem Landkasten werden wir demnächst, auf weitere Nachweisungen und Anträge das Erforderliche zu verfügen nicht entstehen.

Rostock, den 21. Januar 1861.

Landräthe und Deputirte von Ritter= und Landschaft der
Herzogthümer Mecklenburg zum Engern Ausschuß.


Anlage Nr. 3.      

Verzeichniß

der

neuen Erwerbungen für die Alterthumssammlung in dem Quartale
von Ostern bis Johannis 1861.

A. Aus der Steinzeit.

Geschenke:

1) Von dem Herrn Staatsminister a. D. v. Lützow Exc. auf Boddin bei Gnoien: 1 Keil aus weißem Feuerstein, an allen 4 Seiten und zwar an der einen breiten Seite hohl geschliffen, 3 1/4" lang, 1 1/2" breit und 1/2" dick, gef. zu Dölitz bei Gnoien beim Ausmodden eines Dorfteiches.

2) Von dem Herrn Glantz auf Wölzow, durch Vermittelung des Herrn Oeconomen Klentz daselbst: 1 Keil aus Feuerstein, gef. zu Wölzow.

3) Durch Herrn Küchenmeister Engel zu Malchow aus dem Nachlasse des verstorbenen Pastors Reuter zu Jabel bei Malchow: 1 Streitaxt aus Gneis, ein roh durchbohrter, aber quer durchbrochener Steinblock, gef. zu Jabel. - 1 Streitaxt aus Hornblende, schräge im Schaftloch durchbrochen und nur im Beilende vorhanden, gef. zu Jabel. - Bruchstücke von 2 Keilen aus Hornblende, gef. zu Jabel. - 1 abgeschlagener Feuersteinspan, gef. zu Jabel.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4) Von dem Herrn Gastwirth Dalitz zu Malchow aus dem Nachlasse seines Vaters: 1 sehr seltener kleiner Schmalmeißel von Feuerstein, nur 2 1/2" lang und auf allen Seiten gesachliffen. - Das Beilende einer im Schaftloche quer durchbrochenen Streitaxt aus Hornblende, auf beiden Seiten neu angebohrt. - Ein natürlicher Trapstein von der Gestalt einer Pflugschar, 8" lang, in der Mitte 5" breit und 2 1/2" dick, auf der einen Seite mit einer tiefen, 4" langen und 1 1/2" breiten, künstlich eingehauenen Rinne, anscheinend um den Stein auf einem Holze fest anbinden zu können.

5) Von dem Herrn Oberinspector v. Sprewitz zu Güstrow: 1 Wurfspießspitze von Feuerstein, gef. bei Güstrow 3 Fuß tief in der Erde.

B. Aus der Bronzezeit.

1) Von dem Herrn Unterofficier Büsch zu Wismar, z. Z. in Dömitz: 1 Framea aus Bronze und mehrere hellbraune thönerne Urnenscherben, gef. auf einem Burgwall bei Broda an der Elbe.

2) Von dem Herrn Oeconomen Karl Sibeth zu Neu=Wendorf bei Tessin: 2 Knöpfe aus Bronze, gef. in einem heidnischen Grabe zu Neu=Wendorf.

C. Aus der Eisenzeit.

1) Von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow: 2 Hefteln mit anscheinend religiösen Charakteren und eine Schnalle aus Bronze, ferner 1 breites Sichelmesser, Brüchstücke von 2 oder 3 graden Messern, kleine Nägel und Stifte u. s. w. aus Eisen, nebst einem kleinen Streifen Bronzblech, gefunden 1838 in zwei verschiedenen, aber anscheinend derselben Zeit angehörigen, zerbrochenen Urnen auf dem Mahnkenberge bei Bützow. - Endlich 2 Spindelsteine aus Thon, gefunden bei Bützow.

2) Von dem Herrn Glantz auf Wölzow, durch Vermittelung des Herrn Oeconomen Klentz daselbst: 1 großer, gewundener Kopfring aus Bronze, gefunden zu Walsmühlen.

D. Aus dem christlichen Mittelalter.

1) Von dem Herrn Unterofficier Büsch zu Wismar: 1 Lanzenspitze, 1 dicker Pfeilbolzen, 1 Pfeilspitze, 2 Messer und ein kleines Pferdegebiß aus Eisen, Scherben von verschiedenen, fest gebrannten, schwarzen, blaugrünen und weißlichen Gefäßen, so wie von grünlichem Fensterglase,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

alles etwa aus dem 14. und 15. Jahrhunderte, - ferner 1 Sporn, die Hälfte eines großen Pferdegebisses, 1 Hufeisen, 1 Sperrhaken, 1 Feuerhaken, 1 Fußangel, 1 Hülse, 2 große Nägel aus Eisen, 2 Zapfhähne und Bruchstücke eines Mörsers aus Bronze, so wie 1 Bruchstück einer grün glasurten Ofenkachel mit der Inschrift IOHANS, aus dem 16. Jahrhundert, - gefunden auf einem Burgwalle bei Broda an der Elbe bei Dömitz.

2) Von dem Herrn Gastwirth Dalitz zu Malchow aus dem Nachlasse seines Vaters: 1 kleines Hufeisen, gef. bei Malchow.

3) Von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow: 1 Bücherbeschlag aus Messing vom Jahre 1609.

4) Von dem Gymnasiasten Herrn Diedrichs zu Güstrow: 1 Glasgemälde aus dem 17. Jahrhunderte, oval, mit der Jungfrau Maria im Heiligenscheine auf dem Halbmonde stehend, mit Blumeneinfassung und der Unterschrift: SOPHIA BERGES.


Anlage Nr. 4.      

Verzeichniß

der

neuen Erwerbungen für die Münzsammlung in dem Quartale
Ostern bis Johannis 1861

1) Geschenk des Herrn Unterofficiers Büsch zu Wismar: 1 falscher brandenburgischer Gulden von 1698, 7 silberne und 7 kupferne und messingne Scheidemünzen und Rechenpfennige aus dem 17.-19. Jahrhundert, gef. auf der Festung Dömitz.

2) Geschenk des Herrn Amtmanns Rudloff auf Vogelsang etc. . zu Schwerin: 1 unbekannte zinnerne Medaille, gef. zu Vogelsang.

3) Geschenk des Herrn Maschinenbaumeisters Schumacher in Schwerin: 4 silberne meklenburgische Bracteaten mit glattem Rande, gef. in dem Garten an der Justiz=Canzlei zu Schwerin.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage Nr. 5.      

Verzeichniß

der

neuen Erwerbungen für die Bilder= und Autographen=Sammlung
in dem Semester von Neujahr bis Johannis 1861.

1) Bildnisse: 1. Carl, Herzog zu Meklenburg=Strelitz. Gem. von Zöller 1799, gest. von Bendix 1800. Gr. 4. Trefflicher Abdruck, (Geschenk des Hrn. Geh. Raths v. Plessen Exc.). 2. Georg, Großherzog von Meklenburg=Strelitz. Holzschnitt. 8. Anscheinend aus einer illustr. Zeitschrift. 3. Graf von Paris, ältester Sohn der Herzogin Helene von Orleans. Ganze Figur. Photogr. Visitenkarten=Format. Wien. L. Angerer. 1860. 4. Herzog von Chartres. Desgl. Ebenso. 5. Friedrich Franz, Erbgroßherzog von Meklenburg=Schwerin. Desgl. Ebenso. Photogr. Schwerin. 1860. 6. "Joannes Oltendorpius, Juriscons.", Syndikus zu Rostock, seit 1534 zu Lübeck. Holzschnitt. 8. Aus: Reusner, Icones sive imagines virorum literis illustrium. Argentor. 1590. 7. Joh. Chr. Huswedel, des Herzogs Gustav Adolph Rath und Canzleidirector, Gesandter zu Regensburg. 1665. Kpf. 4. Unten links das Wappen, rechts das Monogramm Huswedels. (Gest. von G. v. Sommer? Aus einem ältern Sammelwerke?) 8. Oberst von Kleeburg. Photogr. Visitenkarten=Format. Wien. 1860. 9. J. A. Hermes, ehemals meklenburg. Geistlicher, Oberprediger in Quedlinburg; Original des "Sebastian Nothanker". Kpf. 4. Ohne Namen des Künstlers. (Radirung von Chodowiecki.)

2) Ansichten: 1. Pädagogium zu Bützow. Im Vorgrunde Minerva mit latein. Inschrift. Kpf. 1760. 8. (Geschenkt vom Herrn Gymnasialdirector Wex.) 2. Hotel Baltique zu Boltenhagen. Gez. von Gundlach, lithogr. von Wüstney. Wismar. 1843. Q. 8. (Aus der Schrift: "Boltenhagen, wie es ist".) 3. Paulshöhe zu Boltenhagen. Gez. und lith. von Denselben. Ebenso. (Aus ders. Schrift.) 4. Ohne Schrift: Das Amthaus zu Stavenhagen von der Gartenseite. Lith. 4. (Geschenkt vom Herrn Archivrath Lisch.)

3. Die Abtheilung der Wappen und Siegel, bisher zurückgelegt, ist neuerdings von mir geordnet und durch Güte des Herrn Archivraths Lisch vervollständigt. Ich theile nunmehr ein übersichtliches Verzeichniß der Wappen und Siegel mit.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Siegel des Pribislav von Richenberg vom J. 1238. (Fragment.) Handz. von Schumacher. Siehe Jahrbücher etc. . XI, S. 237. Vgl. Jahrbücher X, S. 21.

Wappen der Grafen v. Schwerin und Danneberg auf dem ehemal. Tauffaß der Michaeliskirche zu Lüneburg. Handz. von v. Hammerstein. Vgl. Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen v. J. 1857. Jahrbücher XXI, S. 310, XXV, S. 182; Gebhardi, Sammlungen VI, 442, 524.

Wappen des Herzogs Job. Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow. Handzeichn. auf Pergament, aus Schriftlinien (mittelst der Lupe ausgeführt) und Goldcontouren bestehend, von Sebastian Sachs. 1620. Orig. (Aus Siemssen's Nachlaß).

Großer und mittleres Wappen des heutigen Großherzogthums Meklenburg=Schwerin. Holzschn. Siehe Hopf, Historisch=genealogischer Atlas, Bd. I; Jahrbücher XXV, S. 89.

Siegel meklenburg. Städte und Lehnleute aus dem 13. und 14. Jahrh. 2 Bl. Fol. Aus Westphalen, monumenta inedita, Tom. III.

Siegel des meklenburg. Hofrichters v. J. 1365. Handz. von Schumacher. Siehe Jahrbücher XI, Tf. 1.

Siegel ritterlicher Geschlechter (Cröpelin, Lewetzow, Schönberg) in Meklenburg, aus dem 14. Jahrh. Siehe Jahrbücher XI, Tf. 1.

Siegel des Plebans Werner v. Axecow zu Ribnitz v. J. 1313. Handz. von J. Milde.

Kleineres Siegel der Karthause Marienehe vom 15. Jahrh. Umschrift: "Sit Lex Marie Humilitas". Anscheinend Holzschn. Aus Schröter, Rostocksche Chronik von 1310-1314. Das. 1826. 4.

Siegel des Johann Gans von Perleberg. Lithogr. Aus Lisch: Verbindungen der Gans v. Putlitz mit altfürstlichen Häusern.

Siegel Rostocker Patrizier. 17 Bl. Handz. von Schumacher. Dieselben. 2 Bl. Lithogr. Aus Jahrbücher XI, Tf. 2. 3.

Adelige Familien:

Siegel des Geschlechts Hahn. Tf. I, IL Lithogr. Tf. IV. Glasmalerei zu Dargun. Color. Lithogr. (Aus Lisch, Gesch. des Geschlechts Hahn.)

Siegel der v. Kardorf. Tf. I. II. III. Lithogr. Tf. IV. V. Glasmalerei zu Dargun. Color. Lithogr. Tf. VI. VII. Leichensteine mit Wappen von 1350 und 1597. Lithogr. (Aus Masch, Geschichte der Familie v. Kardorf.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Siegel der v. Maltzan. Tf. I-IV. Lithogr. Tf. VII. VIII. Desgl. Tf. IX. Leichenstein v. J. 1452 mit Wappen. Lithogr. Wappen v. J. 1464 zu Verchen. Glasmalerei. Color. Lithogr. Wappen des Geschlechts v. J. 1851. Farbendruck. (Aus Lisch, Gesch. des Geschlechts v. Maltzan.)

Siegel und Wappen der Familie v. Oertzen. Leichensteine mit Wappen v. J. 1380 und 1465. 2 Bl. Handz. von Schumacher. Siegel der Grafen v. Oertzen. 2 Bl. Desgl. Aeltere Siegel des Geschlechts: Tf. III. Vom Jahre 1316 flgd. 6 Bl. Handz. von Dems. Tf. IV. Vom J. 1345-1384. 12 B1. Desgl. Tf. V. Vom J. 1372- 1384. 12 Bl. Desgl. (Als Lithogr. beigegeben: Lisch, Geschichte des Geschlechts v. Oertzen.) - Siegel des Hermann v. Oertzen vom J. 1431. 1 Bl. Desgl. Vgl. Jahrbücher IX, S. 302 flgd.

Siegel der v. Pressentin. Vom J. 1348-1595. Gez. von Milde. Lithogr. von Tiedemann. 2 Bl. Beigegeben den Jahrbüchern XXIII, S. 222.

Siegel des Paul Varenholtz zu Tornow. V. J. 1572 Handz. (Geschenkt vom Hrn. Dr. Crull zu Wismar.)

Hausmarken. 4 Stück. Gez. von Schumacher.

Die Sammlung umfaßte nach dem Jahresbericht v. J. 1859 im Juli jenes Jahres 817 Blätter, unter denen 164 Bildnisse. Von Johannis bis Weihnacht 1859 kamen hinzu 28 Blätter, unter denen 20 Portraits und 8 Blätter Alterthümer und Kunstdenkmälerr (siehe Quartalberichte vom 30. Octbr. 1859 und 5. Jan. 1860); weiter bis 24. April 1860: 10 Blätter, unter denen 1 Ansicht, 4 Situations=Pläne und 5 Bildnisse, so wie ein Album (Siehe Bericht über die am 24. April 1860 begangene Jubelfeier, S. 33). Der Bestand war demnach am 1. Mai vorigen Jahres 855 Blätter, unter denen 489 Portraits. In dem Halbjahre von Johannis bis Weihnacht 1860 sind nach Ausweis des Quartalberichts vom 7. Jan. d. J. hinzugekommen 14 Bildnisse, 2 Prospecte, 8 Denkmäler und 2 Tableaus, im letztverflossenen Halbjahre 9 Portraits und 4 Ansichten. Hiezu kommen nun noch 81 Blätter der neugeordneten Abtheilung der Siegel. Demnach hat gegenwärtig die Bildersammlung des Vereins einen Umfang von 973 Blättern erreicht, unter denen 512 Bildnisse befindlich sind.

Von diesem Bestande sind nur einige wenige, im Laufe der letzten Jahre erworbene Blätter in Abrechnung zu bringen, welche als eingegangene Geschenke mit verzeichnet sind, um den gütigen Gebern den Empfang zu bescheinigen, welche Blätter aber in der Sammlung bereits vorhanden waren.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

An bemerkenswerthen literarischen Nachweisungen sind hier mitzutheilen:

Die im hiestgen Staatsarchiv befindlichen Meklenburg=Güstrowschen Landtagsacten enthalten beim J. 1577 ein wahrscheinlich zu Rostock gedrucktes Rescript des Herzogs Ulrich vom 10. Juli d. J. an die Ortsobrigkeiten, betreffend die Besserung der Landstraßen und zugleich die Mittheilung der Zeichen der Mordbrenner, "so Stedte und Dörfer mit Brande zu verheren von etlichen außlendischen Potentaten vnd heimlichen Feinden ausschicket sein". Die Zeichen finden sich auf einem Quer=Fol.=Beiblatt in Holzschnitt, in zwei Reihen dargestellt. Die erste - Mordbrennerzeichen- zeigt u. A. die Bilder des Dudelsacks, des springenden Löwen, des Andreas=Kreuzes, der Pfeilspitze mit Ring etc. . Die zweite Reihe "Mordt= vnd Diebe=Zeichen" enthält u. A. die Unzialen H. B. T., ein umgewandtes K., ein Rad und dergl. mehr. Vermuthlich sind diese an sich rohen Holzschnitte 1577 in Rostock gefertigt. Ganz ähnliche Zeichen kommen um die Mitte des 16. Jahrb. in Brandenburg, Sachsen, Thüringen und andern deutschen Ländern, als von Mordbrennern, Räubern, Zigeunern etc. . gebraucht, vor.

Außer den in frühern Berichten (1857, 1859) von mir nachgewiesenen Holzschnitten der Rostocker Druckereien des N. Marschalk, L. Dietz und J. Lucius finden sich auf der hiesigen Großherzogl. Regierungs=Bibliothek auch von den Rostocker Druckern Job. Stockelmann und Andr. Gutterwiz mehrfache mit Holzfchnitten ausgestattete Festprogramme der dortigen Universität. Das Programm mit der kleinen biblischen Titel=Vignette vom J. 1574 (2 Bogen 4.) ist bereits erwähnt. Ein zweites Programm: "Triumphus Dei et Mariae Filii Dom. et Salvatoris nostri Jeseu Cliristi resurgentis scriptus a Petro Cotzebavio etc. Anno 1573. 17 Cal. Apr." (1 Bogen 4.) zeigt in der Titel=Vignette den aus dem Grabe auferstehenden Christus. Ein drittes Programm: "In laudem pueri Jesu vota natalitia Johannis Frederi, Rost. 1574. (3 Bogen 4.) ist auf allen Blattseiten mit Randleisten geziert, welche seitwärts aus architekton. Ornament, unterhalb und oben aus Arabesken von menschlichen und Thiergestalten bestehen. Auf diesen Randleisten bemerkt man auf Schildern die Monogramme: A. F. und P. G. Das Leistenwerk ist nicht ohne Geschmack erfunden, der Holzschnitt mit Geschick ausgeführt.

Von der bekannten Portrait=Sammlung des Nicol. Reußner aus dem Ende des 16. Jahrh. ("Icones sive imagines virorum literis illustrium. Argentorati. 1590. 8.")

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

befindet sich ein bemerkenswerthes Exemplar auf der Großherzoglichen Bibliothek zu Neustrelitz. Dieses Werk enthält übrigens nur wenig auf Meklenburg Bezügliches. Die Holzschnitte sind von Tobias Stimmer und Ch. Maurer. Das kürzlich antiquarisch erworbene Bildniß des Rostocker, nachher Lübeckischen Syndikus Johann Oldendorp ist dieser Sammlung entnommen.

Das von Ph. Kilian gestochene Bildniß des Rostocker Superintendenten Heinrich Müller (in Amtstracht, halbe Fig. Fol.) finde ich in der Frankfurter Ausgabe der "Evangel. Schlußkette und Kraftkern" vom J. 1672. (1 Exemplar auf der hiesigen Regierungs=Bibliothek.)

Das Portrait des Geh. Raths, Oberpräsidenten der Provinz Brandenburg Magnus Friedrich v. Bassewitz (geb. 1773 zu Schönhof, gest. 1858 zu Potsdam) ist beigegeben dem Werke: "Die Kurmark Brandenburg während der Jahre 1809 und 1810. Herausgegeben von K. v. Reinhard" (aus dem v. Bassewitz'schen Nachlaß). Leipzig 1860. 8. Das Buch enthält auch eine Biographie unsers verehrten Landsmannes. Das Portrait ist Lithogr. von F. Jentzen mit facsimil. Unterschrift.

Die beiden im Jahresbericht von 1855 (Jahrbücher XX, Jahresbericht S. 51) erwähnten Wismarschen Ansichten in dem "Curiosen Staats= und Kriegstheater" des Gabriel Bodenehr, Kl. Quer=Fol. (um 1717), welche oben rechts die Signatur: 194 und 195 tragen, sind einem größern Sammelwerke entnommen, betitelt: "Force d'Europe oder die Merkwürdigste und Fürnehmste, meistentheils auch ihrer Fortification wegen Berühmteste Städte, Vestungen etc. . in 200 Grundrissen. Herausgegeben von G. Bodenehr, Kupferstecher in Augsburg." Das. Quer=Fol.

Eine Zusammenstellung der in der Leipziger "Illustrirten Zeitung" seit deren Begründung im J. 1843 bis Ende 1859 enthaltenen meklenburg. Portraits, Architekturen, Denkmäler etc. . ist von mir mitgetheilt in der Mecklenburg. Zeitung, Jahrg. 1861, Nr. 14.

Das vortreffliche Werk: "Die meklenburg. Cholera=Epidemie des J. 1859 von Dr. Th. Ackermann" enthält folgende Situations=Pläne: Plan von Goldberg, gez. von C. Schmidt, Plan von Güstrow nach der ältern Zeichnung von Buschick. Skizz. Plan von Gnoien, nach einer Zeichnung vom Physikus Dr. Heucke. Skizze. Plan von Dargun, nach einer Zeichnung von Dr. Linsen. Plan von Rostock, gez. von Saniter.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das seit dem vorigen Jahre in Leipzig erscheinende "Album Meklenburg. Schlösser und Landgüter" enthält in Heft 1-4 folgende Anschten: Schloß zu Schwerin vom "Alten Garten" und von der Seeseite; Burg Penzlin; Schloß Basedow; Herrenhäuser zu Charlottenthal, Hoppenrade, Diekhof, Schwiessel und Grambow; Burg Schlitz; Schloß zu Ludwigslust und "Villa Gustavo".


Die Sammlung der Autographen ist seit dem 1. Mai 1860 durch folgende 16 Stücke erweitert worden:

Magdalene Sybille, Gemahlin des Herzogs Gustav Adolph von Meklenburg=Gütrow, geb. Prinzessin zu Holstein=Gottorf, gest. 1719: Eigenhändiger Brief mit Siegel, Güstrow, 5. Mai 1692.

Sophie Charlotte, Wittwe des Herzogs Friedrich Wilhelm, geb. Prinzessin von Hessen=Cassel, gest. 1749: Eigenhänd. Brief mit Siegel, Bützow, 19. Decbr. 1747.

Dr. Alban, Arzt, Maschinenbauer: Bescheinigung, Plau, 1. Novbr. 1847. (Geschenk des Herrn Senators Petters hier.)

B. F. Graf v. Bassewitz, bis 1808 Geh. Rathspräsident und Minister: Billet, Schwerin, 20. Juli 1810.

G. G. Beyer, Superintendent zu Parchim: Quittung, Michaelis 1802.

C. F. Döderlein, Dr., Prof. der Theologie: Brief, Rostock, 14. Mai 1760.

Dr. Dornblüth, Arzt, Schriftsteller: Brief, Plau, 19. April 1832.

J. Hartmann, Prof. der Theol.: Brief, Rostock, 21. Juni 1760.

Jac. Sebast. Lauremberg, Prof. der Philol.: Latein. Brief mit Siegel, "Rostochii, ultimo jduum Septembr." 1644.

v. Lützow, Oberhofmeister, Gesandter in Petersburg, Berlin, Paris: Schreiben, Doberan, 22. Juli 1805.

F. Martini, Hofprediger und Consistorialrath zu Schwerin: Brief, Schwerin, 5. Novbr. 1774.

G. H. Masius, Dr., Prof. der Medicin: Anweisung, Rostock, 14. Mai 1811.

Rudloff, Reg.=Rath, Historiker: Brief, Schwerin, 16. Febr. 1794.

Joh. Nicol. Tetens, Director des Pädagogiums zu Bützow, hernach dänischer Conferenzrath: Brief, Bützow, 26. Octbr. 1774.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ad. Diedr. Weber, Dr., Prof. der Rechte zu Rostock: Brief ohne Datum bei Uebersendung der neuen Ausgabe der Schrift: "Von der natürlichen Verbindlichkeit". (Geschenkt von Herrn Adv. Hobein hier)

C. H. Zachariae, Superintendent zu Parchim: Quittung vom 16. Juli 1774.

Die Sammlung ward im J. 1857 aus dem Sieinssenschen Nachlaß von etwa 30 und den von mir aus makulirten Acten assortirten ungefähr 160 Stücken formirt. Hinzugekommen sind bis Joh. 1858 bereits 29, im J. 1858/59 wiederum 15, im J. 1859/60 nur 10, im Ganzen mit dem Zuwachs dieses Jahres 71 Stücke.

Eine genaue Feststellung der Grundsätze und Gesichtspunkte, welche bei der Formirung und Fortführung der Sammlung zu beachten wäre, erscheint schwierig.

Die Ordnung der Sammlung ist eine alphabetisch=chronologische.

Die landesfürstlichen Autographen bilden eine besondere Abtheilung.

Schwerin, im Juli 1861.

A. Glöckler.      


Anlage Nr. 6.      

Verzeichniß

der

neuerworbenen Bücher in dem Semester von Neujahr bis
Johannis 1861.

I. Sprachkunde.

  1. Pful, Wendisches Wörterbuch. Heft 3 und 4. Bautzen 1859 und 1860.

II. Nordische Geschichte und Alterthumskunde.

  1. Annaler for Nordisk Oldkyndighed, udg. af. d. Kongelige Nordiske Oldskrift-Selskab. Kjöbenhaven 1838-1839. (Tauschexempl. der k. Geschaft).
  2. Die Dänischen Annalen und Chroniken des Mittelalters, kritisch untersucht von Dr. Rud. Usinger. Hannover 1861.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Svenska Fornlemningar, aftecknade och besrifna af Nils Gustaf Bruzelius. Heft 1 und 2. Lund 1853 und 1860.
  2. Beschreibung von einigen im Dorfe Onsvala, Bara Gerichts=Districte, Schonen, gefundenen Alterthümern. 1 1/2 Blätter. Abhandlung von Bruzelius in Lund. (Gesch. des Herrn Prof. Morlot in Lausanne.)

III. Rußland.

  1. Arbeiten der Allerhöchst niedergesetzten Commission bei der Kaiserl. Wladimir=Uuiversität zur Beschreibung des Gouvernements des Kiewer Lehrbezirks. Vermischtes. Beschreibung der altrussisch. Münze, welche dem Münzcabinet der Kaiserl. Wladimir=Universität gehört, aus der Zahl der bei Neshin im Mai 1852 gefundenen. Ausgearbeitet von Jacob Woloschinski. Kiew 1853. 4°. (Gesch. des Hrn. Staatsraths Kunik zu St. Petersburg.)
  2. Ueber die russisch=byzantinischen Münzen Jaroslaw's Wladimirowitsch mit dem Bildnisse des heil. Georg, des Siegverleihers. Eine historisch=numismatische Untersuchung von Kunik. St. Petersburg 1860. 4°. (Gesch. des Hrn. Verf.)

VI. Die Schweiz.

  1. FrédéricTroyon Habitions Lacustres des temps anciens et modernes. Lausanne 1860. (Gesch. des Hrn. Verf.)
  2. Bulletin de la Société Vaudoise des Sciences Naturelles. T. VI. - Bulletin No. 46 (enthält: A. Morlot, Etudes géologico-archéologiques en Danemark et en Suisse). Lausanne 1860. (Gesch. des Hrn. Verf.)
  3. Leçon d'uverture d'un cours sur la Haute Antiquité -par A. Morlot. Lausanne 1861. (Gesch. d. Hrn. Verf.)
  4. Die Klosterkirche Klingenthal in Basel von Dr. C. Burckhardt und C. Riggenbach, Architect. Mit 3 lithogr. Tafeln und 4 Holzschnitten. Mittheilungen der Gesellsch. für Vaterland. Alterthümer in Basel VIII. Basel 1860. gr. Fol. (Tauschexempl. von der Gesellschaft.)

V. Belgien.

  1. Bulletin de l'Institut Archéologique Liégois. Tom. IV. Deuxiéme Livr. Liége 1860. (Tauschexempl. von der Gesellsch.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

VI. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.

  1. Glockenkunde von Heinrich Otte. Leipzig 1858.
  2. Zur Geschichte des Aussatzes und der Spitäler, besonders in Deutschland, von Rud. Virchow. Fünfter Artikel, Separatabdruck aus Virchow's Archiv etc. . Bd. 20. (Gesch. des Hrn. Verf.)
  3. Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Neue Folge. Bd. VII, Jahrg. 1860. 4°. (Tauschexempl. von dem german. Museum in Nürnberg.)

VII. Oesterreich.

  1. Fontes Rerum Austriacarum. Abth. II, Bd. XX. Wien 1860.
  2. Archiv für Kunde österreichischer Geschichts=Quellen. Bd. XXIV, Hälfte 2. Bd. XXV, Hälfte 1. 2. Wien 1860.
  3. Sitzungsbericht der Kaiserl. Academie der Wissenschaften. Bd. XXXV, Heft 1-4. Wien 1860. (Nr. 16.-18. Tauschexempl. von der Kais. Academie der Wissenschaften in Wien.)
  4. Zwanzigster Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Linz 1860. (Tauschexempl. von der Gesellsch.)

VIII. Bayern.

  1. Erinnerungen an J. G. von Lori. Eine Rede, vorgetr. in der öffentl. Sitzung zur Feier des akad. Säcularfestes am 29. März 1859 von Dr. Georg Thomas von Rudhart. München 1859. 4°.
  2. Einleitende Worte zur Feier des Allerhöchst. Geburtsfestes Sr. Majestät des Königs Maximilian II., gespr. in der öffentl. Sitzung der Königl. Akademie der Wissensch. am 28. Nov. 1859 vom Prof. Marcus Joseph Müller. München 1859. 4°.
  3. Denkrede auf Alex. von Humboldt, gelesen in der Königl. Bayer. Akad. der Wissensch. am 28. März 1860 von C. Fr. Phil. v. Martius. München 1860. 4°.
  4. Sitzungsberichte der Königl. Bayer. Akademie der Wissenschaften zu München. 1860 Heft 4 u. 5; 1861 Heft 1.
  5. Abhandlungen der hist. Classe der Königl. Bayer. Akademie der Wissenschaften. Bd. VIII, Abth. 3. München 1860. 4°. (Nr. 20-24. Tauschexempl. von der Königl. Akademie der Wissensch. zu München.)
  6. Archiv des histor. Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. XV, Heft 2 u. 3. Würzburg 1861. (Tauschexempl. von dem Verein.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

IX. Mittelrhein, Nassau, Hessen und Fankfurt a. M.

  1. Jahrbücher der Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande. Jahrg. XIV, 2. XV, 1 u. 2. Bern 1860.
  2. Das Portal zu Remagen vom Prof. Dr. Braun. Bonn 1859. 4°.
  3. Kunstarchäolog. Betrachtungen über das Portal zu Remagen, vom Prof. Dr. Braun. Bonn 1859. 4°.
  4. Die Lauersforter Phalerae, erläutert von O. Jahn. Bonn 1860. 4°. (Nr. 26-29. Tauschexempl. von dem Verein zu Bonn.)
  5. Urkundenbuch der Abtei Eberbach im Rheingau, herausg. von Dr. K. Rossel. Erster Bd., Heft I. Wiesbaden 1860. (Tauschexempl. von dem nassauischeu Verein.)
  6. Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte u. Landeskunde. Bd. VIII, 2. 3. 4. Kassel 1860.
  7. Derselben Zeitschrift achtes Supplement (Kröger, Statistik von Schaumburg). Kassel 1861.
  8. Mittheilungen des Hanauer Bezirksvereins für hessische Gesch. u. Landeskunde. Nr. 1 u. 2. Hanau 1860.
  9. Periodische Blätter der Geschichts= und Alterthumsvereine zu Kassel, Darmstadt und Wiesbaden. Nr. 13. 14. 15. 16. (Nr. 31-34. Tauschexempl. v. d. Verein zu Kassel.)
  10. Mittheilungen an die Mitglieder des Vereins für Gesch. und Alterthumskunde in Frankfurt a. M. Bd. I, Nr. 1-4. Frankfurt a. M. 1860.
  11. Die Melanchthons= und Luthersherberge zu Frankfurt a. M.: Claus Brommen Haus, Lisa's v. Rückingen Haus, Wolf Parente's Haus. Eine Untersuchung von Georg Ed. Steitz. Frankfurt a. M. 1861. 4°. (Nr. 35-36. Tauschexempl. von dem Verein zu Frankfurt.)

X. Schlesien.

  1. Codex diplomaticus Silesiae. Tom. III Breslau 1860. 4°.
  2. Zeitschrift des Vereins für Geschichte u. Alterth. Schlesiens, herausgegeben von Dr. R. Röpell. Bd. III, 1. Breslau 1860. (Nr. 37-38. Tauschexempl. von dem Verein.)

XI. Westphalen und Niedersachsen.

  1. Zeitschrift für vaterländ. Geschichte und Alterthumskunde, herausgegeben vom Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens. Neue Folge. Bd. X. Münster 1859. (Tauschexempl. von dem Verein.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Urkundenbuch des histor. Vereins f. Niedersachsen. Heft 5. Urkundenbuch der Stadt Hannover bis zum Jahre 1369, herausgeg. von C. L. Grotefend und G. F. Fiedeler. Hannover 1860.
  2. Die Entwickelung der Stadt Hannover bis zum J. 1369. Vortrag zur Einführung des Urkundenbuches etc. , gehalten von Dr. C. L. Grotefend. Hannover 1860.
  3. Zeitschrift des Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1858, Erstes und zweites Doppelheft. Hannover 1859.
  4. Dreiundzwanzigste Nachricht über den histor. Verein für Niedersachsen. Hannover 1860. (Nr. 40-43. Tauschexempl. von dem niedersächs. Verein.)

XII. Brandenburg und Pommern.

  1. Statistische Nachrichten über den Regierungs=Bezirk Frankfurt. Frankfurt a. d. O. 1860.
  2. Novus Codex diplomaticus Brandenburgensis. Erster Haupttheil, Bd. 20. Dritter Haupttheil, Bd. 3. Berlin 1861. 4°. (Geschenke des Hrn. Herausgebers.)
  3. Urkundenbuch des Fürstenth. Rügen, herausgeg. von Dr. C. G. Fabricius. Bd. 4, Abth. 2. Berlin 1861. 4°. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)

XIII. Hamburg, Holstein, Lauenburg und Schleswig.

  1. Hamburger Chroniken, herausgeg. von J. M. Lappenberg. Drittes Heft. Hamburg 1861. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
  2. Jahrbücher für Landeskunde der Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, herausgeg. von der Schleswig=Holstein=Lauenburgisch. Gesellsch. für Vaterland. Geschichte. Bd. II, 2. 3. und Bd. III, 1. 2. Kiel 1859 u. 60. (Tauschexempl. von der Gesellsch.)

XIV. Meklenburgica.

  1. Epistola, qua Friderico Carolo Kraft S. S. Theol. Doctori meritissimo Johannei Hamburg. Directori die X mensis Decemb. a. MDCCCLX munus scholasticum semiseculare rite celebrandum - gratulatur Carolus Ferd. Crain. Wismariae. Fol. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  2. C. F. Crain, Zur Geschichte des grauen Klosters in Wismar. Sr. Hochwohlgeborn, dem Hrn. Gabriel Christ. Mann, Bürgermeister der Stadt Wismar, am 20. Jan. 1861, dem Jubeltage 25jähriger Amtsführung im Namen
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

des Lehrerkollegiums gewidmet. - Wismar 1861. 4°. (Geschenk des Herrn Verf.)

  1. Verzeichniß der Bürgermeister zu Wismar. Fol. (Geschenk des Hrn. Verf. Dr. Crull zu Wismar.)
  2. Jahresbericht über die Realschule zu Schwerin, vom Direct. Dr. Dethloff. Schwerin 1860. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  3. Programm der Domschule zu Güstrow. Ostern 1861. (Dr. Dräger, Zur Lexikographie der latein. Sprache.) Güstrow 1861. (Gesch. des Hrn. Direct. Dr. Raspe.)
  4. Scherzgedichte von Johann Lauremberg, herausgeg. von J. M. Lappenberg in der Bibliothek des liter. Vereins in Stuttgart. LVIII Stuttgart 1861. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.) Schwerin, den 1. Juli 1861.

K. Schiller.      


Anlage Nr. 7.      

Verzeichniß

der

neuen Erwerbungen für die naturhistorische Sammlung von Ostern
bis Johannis 1861.

Geschenke:

1) Von dem Herrn Glantz auf Wölzow, durch Vermittelung des Herrn Oeconomen Klentz daselbst: 1 Stück eines versteinerten vegetabilischen Niederschlages, mit vollständig erhaltenen Eichenblättern, gefunden in der Modde eines Teiches zu Blumenhof in Holstein.

2) Von dem Herrn Grafen v. Blücher auf Blücher: 2 fossile Pferdezähne, gef. zu Malchow zwischen Resten versteinerten Eichenholzes 12-16 Fuß tief in der Erde.

3) Von dem Herrn Senator Seitz in Güstrow: 1 Elenschaufel, gef. im Primer=Walde bei Güstrow 2 Fuß tief im Moore.

4) Von dem Gymnasiasten Herrn Diedrichs zu Güstrow: 1 sehr starker Elenschädel mit Hörnern, jedoch ohne Schaufeln und Kinnlade, gef. zu Kluß bei Güstrow.

5) Von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow: 1 Stange von einem Rehgeweihe, gef. in dem Bützowschen Torfmoore.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage Nr. 8.      

Auszug

aus

der Berechnung der Vereins=Casse vom 21. April 1860 bis
30. Juni 1861.

Auszug aus der Berechnung der Vereins=Casse
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Auszug aus der Berechnung der Vereins=Casse

Schwerin, den 30. Juni 1861.

F. Wedemeier , Dr., Ministerial=Registrator,     
p. t. Cassen=Berechner.               

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 30 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite