zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters.


a) Weltliche Bauwerke.


Das Schloß Ankershagen.

Das Schloß zu Ankershagen bei Waren ist in der Sage vielfach im Lande besprochen. Es soll nach der Sage im 12. Jahrh. erbauet sein und an das noch stehende Gebäude knüpfen sich sehr schauerliche Erzählungen, welche jedoch nichts weiter sind als grundlose Dichtungen.

Man muß das alte und das neue Schloß unterscheiden. Von beiden sind ohne Zweifel die von Holstein Erbauer, deren altes und Hauptlehn seit dem 14. Jahrhundert das Gut Ankershagen war, von welchem der Hof mit dem Schlosse Wickenwerder, das davon getrennte, in einiger Entfernung liegende Kirchdorf Ankershagen hieß (vgl. Jahrb. VIII, S. 124). Die Gründer waren ohne Zweifel die von Anker, welche schon früh im 14. Jahrh. ausgestorben zu sein scheinen.

Das alte Schloß liegt unmittelbar neben dem neuen Schlosse. Es wird sehr groß und fest gewesen sein und die Ueberreste gehören zu den bedeutendsten Ritterburgruinen im Lande. Die Ueberreste der Wälle sind sehr mächtig und haben mit den Spuren der Gräben eine große Ausdehnung. An zwei Seiten stehen noch Ueberreste der Befestigungsmauern mit engen Schießscharten und weiten Brustwehren; neben dem neuen Schlosse steht noch das Erdgeschoß eines mächtigen viereckigen Thurmes. Das Mauerwerk ist aus großen Ziegeln und Feldsteinen zusammengesetzt und scheint aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh. zu stammen.

Das neue Schloß ist ein Bau im Renaissance=Style, ungefähr 1550-1570 erbauet und über hohen, gewölbten Souterrains zwei und ein halb Geschosse hoch. Es hat eine einfache Fronte und ist mit Kalkputz übersetzt, welcher ungefähr

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

im 17. Jahrh. ziemlich geschmacklos erneuert und späterhin in demselben Sinne restaurirt sein wird. An einem Ende springt ein kleiner Flügel vor, welcher ein kleines Gemach enthält. Im Innern zeigt der Bau aber entschieden den Renaissance=Styl des 16. Jahrhunderts. Die Verhältnisse der Räume sind alle sehr groß; die Außenmauern und Hauptzwischenwände sind alle ungewöhnlich dick, gut 6 Fuß dick; das ganze Schloß hat aber nur eine Tiefe von einem Zimmer und keine Längs= oder Nebengänge. Die Verbindungen zwischen unten und oben sind daher, außer durch die Haupttreppe, durch mehrere kleine Treppen bewerkstelligt, welche in den Wänden liegen. Dieselben Eigenthümlichkeiten der queer durchgehenden Räume und der Wandtreppen hat auch das um dieselbe Zeit erbauete Schloß zu Güstrow; ähnlich sind auch die um 1555 erbaueten Schlösser zu Wismar und Schwerin, mit dem Unterschiede, daß hier die vielen Wandtreppen fehlen. Es giebt auch einen directen Beweis für die Erbauung kurz nach der Mitte des 16. Jahrhunderts. Ueber einer ehemaligen, jetzt zugemauerten Pforte in der jetzigen Hinter= oder Gartenseite, welche in die Mitte des Hauses führte, jetzt aber ohne Treppe hoch in der Wand über den hohen Souterrains zu sehen ist, ist ein sehr großer viereckiger Ziegel mit dem Reliefbrustbilde eines Mannes in Hofkleidung, von einem Kranze umgeben, eingemauert. Dieser Reliefziegel ist an Größe, Arbeit und Styl ganz den Bildziegeln gleich, mit welchen die Schlösser zu Wismar und Schwerin 1555 geschmückt sind. Ich glaube jedoch nicht, daß dies einer von den schweriner Ziegeln, sondern daß er eigens für das Schloß zu Ankershagen modellirt ist und einen v. Holstein darstellen soll.

Es geht über dieses Ziegelbild im Lande die Sage, daß ein Ritter Henning v. Holstein, vor dem jetzt zugemauerten Kamine des Hauptzimmers sitzend, einen Schäfer in denselben geworfen und lebendig gebraten habe. Wegen dieser Blutschuld werde das Bildniß, so oft man es auch mit Kalk übertünche, immer wieder roth. Die Sache ist aber einfach die, daß das ganze Schloß mit Kalkmörtel übersetzt, das fest gebrannte, glatte Ziegelbild in früheren Zeiten aber roth geblieben und erst in neuern Zeiten dünne übertüncht ist, die Kalktünche auf demselben aber nicht recht haften will.

G. C. F. Lisch.