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I.

Joachim von Jetze,

Probst zu Eldena und Canzler des Herzogs Albrecht
von Meklenburg.

Mitgetheilt

von dem Pastor Ragotzky zu Triglitz 1 ).


J oachim von Jetze, ein für die meklenburgische Geschichte nicht unwichtiger Mann, gehört einer altmärkischen adeligen Familie an, deren Stammeseinheit und ursprüngliche Zusammengehörigkeit mit den v. Gartow, v. Kerkow, v. d. Knesebeck und andern Geschlechtern schon durch ein und dasselbe Wappenbild - die Greifenklaue - und durch die nahe bei einander liegenden Stammsitze wahrscheinlich gemacht wird, theilweise auch noch urkundlich zu begründen ist. Die v. Jetze sind bis auf die neuere Zeit fast nur in der Altmark begütert gewesen, in Meklenburg zu keiner Zeit. Joachim v. Jetze mag ungefähr 1480 geboren sein: sein Vater war Henning v. Jetze auf Büste bei Bismark, nach dessen Tode (1506) er nebst seinen drei älteren Brüdern mit den väterlichen Gütern mitbelehnt,


1) Der Pastor Walter zu Beveringen in der Prignitz giebt jetzt eine aus Urkunden geschöpfte Geschichte der Familie v. Jetze heraus. Zu diesem Zwecke sind von demselben und von dem Pastor Ragotzky zu Triglitz bei Putlitz, correspondirendem Mitglieds unseres Vereins, die Forschungen über Joachim v. Jetze angestellt, deren Ergebniß hier mitgetheilt wird.
           D. Red.
Kurz vor dem Drucke dieser Abhandlung ist die "Genealogische Geschichte des Geschlechts von Jetze, von A. Walter, Magdeburg, 1860", im Druck erschienen und enthält S. 43 flgd. und S. 129 flgd. den geschichtlichen Kern der hier folgenden Abhandlungen.
          D. Red.
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auch bei einer Verpfändung derselben 1509 als betheiligt aufgeführt wird. Joachim trat in den geistlichen Stand und wird 1512 als der jüngste Domherr zu Stendal genannt; im J. 1516 wird er, jedoch ohne nähere Bezeichnung seines Standes, wieder mitbelehnt, 1519 ist er nicht mehr in der Heimath anwesend und ebenso 1522, wo er bei einer neuen Belehnung durch seinen Bruder Claus vertreten werden mußte. Es ist nicht nachzuweisen, wohin er zunächst sich begeben habe, aber nach einer sehr dankenswerthen Mittheilung des Herrn Archiv=Raths Dr. Lisch tritt Joachim v. Jetze von 1529 an als Propst 1 ) des Nonnenklosters Eldena bei Hagenow urkundlich auf, jedoch nur in Geschäften des Klosters, die sonst kein Interesse haben. Am 14. April 1532 unterschreibt er sich in einem Geschäftsbriefe als der Herzöge "cappelan Jochim vhan Jetze prawest zur Eldenha" und versiegelt denselben mit einem Ringsiegel, das die Greifenklaue zeigt in einem Schilde, über welchem die Buchstaben A. I. stehen; ebenso am 29. Mai 1533.

In dieser Stellung hat er die Aufmerksamkeit des Herzogs Albrecht des Schönen auf sich zu ziehen gewußt, und, wenn auch nur auf kurze Zeit, doch sicher schon seit dem J. 1530 für denselben Geschäfte als Canzler 2 ) versehen. In Briefen der Grafen Christoph von Oldenburg und Johann von Hoya, so wie des lübecker Bürgermeisters Jürgen Wullenwever an jenen Herzog wird er geradezu Canzler desselben genannt ("ern Joachim Jetze cantzler") 3 ).

Zu Anfange des Jahres 1535 sandte ihn der Herzog Albrecht nach Kopenhagen, damit er dort dessen Interesse vertrete. Es handelte sich damals um den Königsthron von Dänemark, ja selbst um den Besitz von Schweden. Christian II. von Dänemark saß gefangen, der Thronprätendent Herzog Christian von Holstein, nachmals König Christian III., konnte mit seinen Ansprüchen auf die Krone nicht durchdringen, zumal die Lübecker unter ihrem Bürgermeister Jürgen Wullenwever ihn heftig bekämpften. Die Gegner des Herzogs von Holstein, welche zugleich den Verbündeten desselben, den König Gustav von Schweden, befehdeten, hatten dem Herzoge Albrecht den


1) Von 1504 bis in den Anfang des Jahres 1529 war Heinrich Möller Propst zu Eldena (1531 "voriger probst"); dieser ward darauf Domherr zu Güstrow und lebte noch 1555.
           G. C. F. Lisch.
2) Ueber das Canzler=Amt des Joachim v. Jetze im J. 1530 vergleiche man die folgende Abhandlung II von dem Archiv=Rath Dr. Lisch.
3) Vgl. Palndan Müller, Aktstykker I, 312. 315. 332. 577.
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schwedischen Thron versprochen, wenn er sie in der Wiedereinsetzung des gefangenen Königs Christian II. unterstützen wolle: Albrecht mochte auch wohl selbst auf den Besitz von Dänemark sich Rechnung gemacht haben 1 ).

Joachim v. Jetze kam am 6. Januar 1535 in Kopenhagen an 2 ) und wußte durch mancherlei Versprechungen und geschickte Unterhandlungen die Sache seines Fürsten besonders bei der Volkspartei so gut zu vertreten, ebenso aber auch die damals dort dominirenden auswärtigen wie einheimischen vornehmen Persönlichkeiten so für denselben zu gewinnen 3 ), daß, wie er am 1. Februar schrieb, "ein Jeder Herzog Albrechten haben will" 4 ). Er rechnete dabei vorzüglich auf das Volk: "wir wollen, schrieb er, Herrn Omnes aufwecken und das Unkraut (den Reichsrath) ausweiden, sonst können wir zuvor zu keinem Thun kommen" 5 ). Doch mahnt er dabei immer zur größten Vorsicht: "derowegen wollen sich Ew. F. Gn., noch die Ihren, keineswegs hören oder vermerken lassen, daß Sie etwas mehr vom Reiche begehrten, oder begehrten König zu sein; denn es haben schon Etliche allhie Meuterei unter dem Volke gemacht, als meinte Ew. Gnaden nicht König Christian, sondern das Königreich" 6 ). Endlich am 4. März meint er Alles so weit geleitet zu haben, daß er dem Herzoge schreiben kann, derselbe möge "Gott den Allmächtigen getreulich in demüthiger Bitte anrufen, loben und danken für seine göttliche Gnade und Barmherzigkeit, daß er sichtbar in dieser Sache E. F. G. erhört hat; das ist seine göttliche Gnade und Gabe, sonst wäre das unmöglich, daß das ganze Volk und Königreich E. F. G. so heiß begehren, und schreien und klagen über E. F. G. Verzögerung; wie die lieben Altväter begehrten die Zukunft unseres Herrn, so begehren sie Ihre Gnaden" 7 ).

Aber trotz der dringendsten Bitten des Joachim v. Jetze erschien weder Herzog Albrecht selbst zur rechten Stunde, noch sandte er die von seinem Kanzler eben so dringend erbetenen Hülfstruppen, noch die nöthigen Gelder für die schon vorhandene kleine Mannschaft; er scheint selbst an dem glücklichen Ausgange des Unternehmens gezweifelt zu haben, auch durch


1) Vgl. Waitz, Jürgen Wullenwever II, 193 flgd.
2) Vgl. Paludan Müller, Aktstykker I, S. 309.
3) Vgl. daselbst S. 312, 319 flgd.
4) Vgl. daselbst S. 337.
5) Vgl. daselbst S. 311.
6) Vgl. daselbst S. 321.
7) Vgl. daselbst S. 350.
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andere gleichzeitige politische Verhandlungen behindert worden zu sein. Selbst als Joachim v. Jetze das dem Herzoge übertragene Wordingborg auf Seeland in Besitz nahm, und Alles zum Empfange desselben in Bereitschaft setzte 1 ), und als nun alle Freunde den rechten Zeitpunkt zum entschiedenen Handeln für Albrecht gekommen meinten, zögerte er immer noch. Dies und andere politische Combinationen ließ den Eifer für Herzog Albrecht erkalten und brachte seinen Kanzler den Machthabern in Kopenhagen gegenüber in eine so mißliche Stellung, daß er schon am 9. März über die dortige Stimmung sich unmuthig also äußert: "daß sich wohl etliche Leute hören lassen, sie könnten nichts Anderes vermerken, denn daß Ew. Gnaden ein Königreich mit Schreiben und Briefen wollen einnehmen, und hab so lange den Leuten vorgelogen und getrogen, daß ich schier Niemand mehr recht ansehen darf; derowegen ich mich auch in acht oder vierzehn Tagen will aufmachen und hinausziehen, denn ich muß mich deß vermuthen, wenn Ew. Gn. so bald nicht kommen, daß man mir und denjenigen, so Ew. Gn. hereingeschickt, den Hals entzweischlägt" 2 ). Dazu kam noch, daß auch in religiöser Beziehung das anfangs schon vorhandene Mißtrauen gegen Herzog Albrecht zunahm. Dieser gehörte noch der katholischen Partei an, während die Bewegung in Dänemark den Protestantismus begünstigte. Joachim v. Jetze fordert deßhalb seinen Fürsten mehrfach dringend auf, "sich der Messe und aller alten Ceremonien zu entschlagen, und mit dem gemeinen Mann zu helfen und zu bewilligen, die Bischöfe, Abte und den Adel zu verjagen und auszutreiben, und sich in allen Dingen auf die evangelische Weise zu schicken: wenn man erführe, daß Ew. Gn. mit Messen und anderen Ceremonien in der papistischen Weise umgingen, so wäre alle Mühe und Arbeit verloren" 3 ). Er bittet auch in einem sehr offenherzigen Schreiben vom 4. März, in welchem er sich E. F. Gn. armer elender Pfaffe unterzeichnet, daß nur "E. F. Gn. der Lutherei anhange, das sie das Wort Gottes nennen; es muß auch E. F. Gn. ganz heimlich halten mit dem hochwürdigsten Amt der heiligen Messe" 4 ). Aber auch in dieser Beziehung scheint des Kanzlers Bemühung vergebens gewesen zu sein, wie denn das ganze Unternehmen im J. 1536 gründlich gescheitert war.


1) Vgl. daselbst S. 349, 319.
2) Vgl. daselbst S. 358.
3) Vgl. daselbst S. 320, 337.
4) Vgl. daselbst S. 350.
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Mit einem kurzen Briefe aus Kopenhagen vom 4. Mai 1535 hören die Nachrichten über den Aufenthalt des Joachim v. Jetze in Dänemark auf. Darnach wird seiner in dieser Sache nur einmal noch gedacht: er begleitete nämlich - hier noch Kanzler genannt - am 17. August 1536 eine Anzahl gefangener vornehmer Dänen "alze einer vann eren giselernn" von Güstrow nach Hamburg 1 ).

Sehen wir auf die politische Thätigkeit des Joachim v. Jetze zurück, so ist die Gewandtheit gewiß nicht zu verkennen, mit welcher er jene so schwierige Mission durchführte, bis sie an der Macht der Umstände scheiterte. Er erscheint in diplomatischen Künsten und Umwegen bewanderter, als man es von dem geistlichen Herrn erwarten sollte; auch in seiner religiösen Ueberzeugung und kirchlichen Stellung weiß er sich nach den Umständen zu wenden, und sein Verhalten in dieser Beziehung ist zweideutig genug. Daraus, daß der katholische Herzog grade ihn zum Unterhändler mit den lutherisch gesinnten Lübeckern und Dänen wählte, so wie aus seinen Versprechungen, daß der Herzog nach der evangelischen Weise sich halten werde, namentlich aber auch aus seinen oben erwähnten religiösen Aeußerungen scheint hervorzugehen, daß er innerlich ziemlich indifferent zu den jene ganze Zeit so mächtig bewegenden religiösen Fragen stand, und vielmehr der Ansicht folgte, daß sich die äußere Stellung zu dem religiösen Bekenntniß ganz nach dem persönlichen politischen Interesse richten müsse. Nach seinem Briefe vom 4. März (s. o.) scheint er indeß dem lutherischen Glauben ganz abgeneigt gewesen zu sein, es wäre denn, daß jene Ausdrücke über die Lutherei auch nur Diplomatie waren. -

In den märkischen Lehnacten erscheint Joachim v. Jetze nach dem Regierungsantritt Joachims II. 1536 wieder als Propst von Eldena, ohne jedoch bis dahin persönlich gehuldigt zu haben, weil er damals noch in Meklenburg sich aufhielt. Nach einer von Dr. Lisch aufgefundenen Abschrift einer Urkunde verkaufen "prawest unde preyorin unde gantze convent unde Matheus van Jetze in (- vulhord oder volmacht ist hier durch Flüchtigkeit des Abschreibers sicher ausgelassen) des prawestes des closters tor Eldena" dem Jürgen v. Plate zu Perleberg und seiner Hausfrau Anna Negendanck auf 15 Jahre die zwei Höfe mit 6 1/2 Hufen in dem Dorfe Schoneveld, welche das Kloster bis dahin besessen hat. Diese Urkunde besiegelt auch Joachim van Jtze prawest des closters Eldena".


1) Vgl. daselbst S. 577.
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Aus Familien=Urkunden geht ferner hervor, daß Joachim v. Jetze im J. 1545 Senior seiner Familie ist und als solcher mit seinen Verwandten die Lehen nachsucht, auch - vermuthlich damals in seiner Heimath anwesend, um Familien=Angelegenheiten zu ordnen - am Pfingstmontage desselben Jahres einen Afterlehnbrief ausstellt. Uebrigens hat er sich, so weit ermittelt werden konnte, weder an Käufen noch an Verpfändungen seiner Angehörigen weiter betheiligt. Wahrscheinlich zu Anfange des Jahres 1551 ist er gestorben, denn am Freitage nach corporis Christi dess. J. hat Jacob v. Jetze, "nachdem Er Joachim gestorben", die Gerechtigkeit zur Verleihung geistlicher und weltlicher Lehen, so denen v. Jetze zustehen, "als der Elteste" erhalten.

Bald nachher ist auch - im J. 1556 - das Kloster Eldena aufgehoben.

 

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