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II. Zur Baukunde.


1. Zur Baukunde der vorchristlichen Zeit.


Der Burgwall von Teterow
und
die Stiftung des Klosters Dargun,

von

G. C. F. Lisch.

Für die Geschichte der Kreuzzüge der Sachsen und Dänen in die Wendenländer und für die Erkenntniß der in den ältesten Zeiten wurzelnden Eintheilung der meklenburgischen Länder ist die Entdeckung der alten wendischen Hauptburgen oder Gauburgen von der größten Wichtigkeit. Besonders aber erwecken die Burgen im östlichen Theile des Landes eine lebhafte Theilnahme, um so mehr, da bisher nur wenige bekannt geworden sind. Unter diesen machen vorzüglich die Burgen des Landes Circipanien (also ungefähr in der Längenausdehnung von Demmin bis Güstrow) Anspruch auf Berücksichtigung. Nachdem die alten Burgen Dargun bei Dargun ( Jahrb. VI, S. 70, XII, S. 453, und XXIV, S. 302) und Bisdede bei Güstrow im gutower See am Dorfe Bölkow (Jahrb. XII, S. 24) entdeckt waren, fehlte, nach der bisher erkannten ungefähren Größe der alten wendischen "Länder", offenbar noch ein Burgwall ungefähr in der Mitte zwischen diesen beiden Burgen,

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im Lande Tribeden (Jahrb. XII, S. 25 flgd.). Dieser Burgwall ist der Burgwall von Teterow.

Der Burgwall von Teterow war bisher wohl dem Namen und der Sage nach bekannt, aber nicht in seinem Wesen erkannt, weil es an wissenschaftlichen Untersuchungen fehlte. Ich unternahm 1 ) daher am 9. Junii 1860 eine gründliche Untersuchung an Ort und Stelle und kam zu der Ueberzeugung, daß der Burgwall im teterower See eine alte, sehr große, mächtige wendische Hauptburg ist.

In dem See bei Teterow, welcher jetzt der Teterower See heißt, in früherer christlicher Zeit auch wohl der See Teschow 2 ) genannt ward, liegen drei Inseln: eine große Insel, welche "Borgwallinsel", und zwei kleinere und niedrigere Inseln, welche der "kleine Bröken" und der "Sauerwerder" heißen. Durch die in den letzten Jahren vorgenommene Senkung des Sees ist der "kleine Bröken", die kleinste der Inseln, mit der "Burgwallinsel" in Verbindung gesetzt und der Sauerwerder Halbinsel geworden.

An dem südlichen Ufer des Sees liegt das Lehngut Teschow, an dem östlichen Ufer das Lehngut Bukow, welches in der christlichen Zeit bis ins 17. Jahrh. (1633-1644) ein Lehn der Familie von Hagen (mit drei schwarzen Queerbalken im silbernen Schilde) war. Am westlichen Ende des Sees liegt die Stadt Teterow und am nördlichen Ufer erstreckt sich ein Theil der Stadtfeldmark von Teterow. Hier liegt vor dem rostocker Thore der Stadt, rechts von der Chaussee nach Rostock, am See die sogenannte "Dorfstelle", wo vor der Gründung der Stadt im 13. Jahrhundert ein Dorf gelegen haben wird. Dies ist ohne Zweifel das alte Dorf "Budorp" (= Baudorf), mit 43 Hufen Acker, welches neben der Stadt Teterow lag ("villa ipsis civibus in Thiterow adiacens") und welches der Fürst Nicolaus von Werle am 17. Dec. 1272 den Bürgern der Stadt Teterow schenkte (vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XXV); dies wird das Baudorf oder das Ackerwerk sein, welches zu dem Burgwalle gehörte und daher noch im J. 1272 im fürstlichen Besitze war.

Die große "Borgwallinsel", welche der Stadt Teterow gehört, ist lang und schmal und liegt in ihrer Längen=


1) Ich fühle mich verpflichtet, der Stadt Teterow, besonders dem Herrn Burgemeister Wilbrandt und dem Herrn Senator Danneel den aufrichtigsten Dank für die thätige und lebhafte Beförderung der Untersuchung abzustatten.
2) "Stagnum Tessekow", 1297, vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 96.
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ausdehnung von Osten gegen Westen 1 ) ungefähr in grader Linie zwischen dem Gute Bukow und der Stadt Teterow. Die Insel ist ungefähr 5000 □Ruthen groß und wird seit etwa 40 Jahren als Weide benutzt; in alten Zeiten bis vor 70 Jahren war die ganze Insel bewaldet, darauf eine Zeit lang an den Stadtfischer verpachtet, der sie als Ackerland benutzte.

Die Insel ist gegen Westen nach Teterow hin niedrig und breit und wird gegen Osten hin höher und schmaler. Auf der östlichsten, höchsten Spitze, dem Gute Bukow gegenüber, steht ein hoher, viereckiger Burgwall, jetzt "Schloßberg" genannt, welcher an drei Seiten schroff in den See hinabfällt, an der vierten Seite aber mit dem festen Lande zusammenhängt.

Der Burgwall (Wohnsitz und Festung des Burgherrn) bildet ein regelmäßiges längliches Viereck, dessen innerer, ebener Burgraum von W. gegen O 100 Schritte lang und von N. gegen S. 40 Schritte breit ist. Die Ebene des innern Burgraumes ist 19 Fuß hamburg. Maaß 2 ) über dem jetzigen Spiegel des Sees erhaben. Auf dem Rande umher steht ein mächtiger, breiter Ringwall oder Schutzwall, welcher sich 8 Fuß hoch über den innern Burgraum erhebt. Die Burg erhebt sich also, auch nach Nachmessungen, 27 Fuß über den Spiegel des Sees und fällt ziemlich schroff nach dem schmalen Seeufer ab. Gegen Westen ist in dem Schutzwalle in der Mitte ein Einschnitt für den Eingang; auch neben der Südostecke ist ein Einschnitt bemerkbar, welcher vielleicht als Wasserpforte nach dem See hinunter diente, um so mehr, da sich an dieser Stelle am Seeufer auch heidnische Gefäßscherben fanden. Der ganze Burgwall mit dem Ringwall ist seit der Zerstörung der Burg vollkommen und ungewöhnlich gut erhalten.

Vor dem hohen Burgwalle im Westen liegt die Vorburg (Wohnplatz für das Volk), welche viel niedriger und 170 Schritte lang und 125 Schritte breit ist. Auf dem nördlichen Rande steht auch ein Schutzwall, welcher sich 7 Fuß über den Innern Raum erhebt, nach dem schmalen Seeufer hin; der Schutzwall auf dem südlichen Rande ist noch niedriger, weil hier Wiesengrund an den Wall stößt. Gegen Westen ist aber ein Queerwall oder Vorwall mit einem Graben er=


1) Die Himmelsgegenden sind nicht genau Ost und West, sondern richtiger fast Nordost und Südwest. Es sind jedoch in dieser Abhandlung die einfachen Haupthimmelsgegenden gewählt worden, um die Beschreibung klarer zu halten.
2) Die Höhenmaaße verdanke ich den kunstmäßigen Messungen des Herrn Senators Danneel.
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bauet, welcher 10 Fuß hoch ist und von Seeufer zu Seeufer die Insel queer durchschneidet. Auch in der Mitte dieses Vorwalles ist ein Einschnitt erkennbar.

Westlich vor der Vorburg liegt der größere Raum der Insel, welcher immer niedriger wird und sich nach und nach auf weite Strecken in Wiese und Wasser verliert.

Von dem festen Lande der Insel zieht sich durch die Wiesen der Insel, welche früher unter Wasser gestanden haben, ferner durch flaches Wasser und Rohr bis zu dem festen Lande bei der Stadt Teterow nach der Galgenbergsweide am südlichen Ufer ein eichenes Pfahlwerk, welches in alter Zeit ohne Zweifel eine leichte Faschinenbrücke getragen hat. Dieses Pfahlwerk ist ungefähr 1/6 Meile lang und geht von der Galgenbergsweide von einem Vorsprunge, welcher noch heute "Brügghôp" heißt, durch das Rohr, das flache Wasser und das Wiesenland bis zum nächsten festen Puncte der Insel grade auf die Mitte des Vorwalles und des Burgwalles. Dieses Pfahlwerk läßt sich noch in dem Rohr des Sees nach der Galgenbergsweide und in dem jetzigen Wiesengrunde der Insel, auch im Wasser genau verfolgen, da noch eine sehr große Menge von Pfählen stehen, welche aber auf der Wiese jetzt nach der Senkung des Sees wohl bald verschwinden werden. Das Pfahlwerk besteht aus zwei parallelen Reihen von Pfählen, ungefähr 5 Fuß weit aus einander, zwischen denen wohl ein Faschinendamm mit Erde aufgeführt war, so daß die Pfähle nur eine Seitenwehr des Dammes oder der Brücke bildeten. Die Pfähle, von Eichenholz, im Wasser noch jetzt sehr fest und schwer, sind nicht dick, etwa nur 3 bis 5 Zoll im Durchmesser, stehen aber, mit Unterbrechungen, sehr dicht, so daß oft mehrere unmittelbar neben einander stehen.

Auf der Insel zweigt sich von diesem Brückenpfahlwerk ein zweites, ganz gleiches Pfahlwerk ab, welches nach dem entgegengesetzten, nördlichen Ufer, gegen die Dorfstelle an der rostocker Chaussee bei Teterow sich hinzieht.

Dieser ganze, höchst merkwürdige Bau ist wohl eine der vollständigsten wendischen Burgen, welche noch vorhanden sind.

Um nun die Zeit dieser Burg festzustellen, wurden sowohl auf dem Burgwalle, als auf der Vorburg viele Nachgrabungen angestellt, deren Ergebniß den Beweis lieferte, daß dieser Burgwall eine wendische Hauptburg gewesen ist. Auf dem Hauptburgwalle fanden sich überall, neben Stücken von den Lehmwänden der Gebäude, wendische Gefäßscherben und Thierknochen aller Art in großer Menge; auch in der

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Vorburg wurden Gefäßscherben gefunden. Die Scherben sind nach heidnischer Weise mit Granitgrus und Grand durchknetet und häufig mit wellenförmigen Linien verziert, also ganz dieselben Scherben, welche sich auf allen andern geschichtlich bestätigten Wendischen Burgen in so großer Menge finden. Jedoch scheinen einige Scherben viel regelmäßiger gefertigt zu sein, als die Scherben vieler anderer Burgwälle, so daß man schon das erste Eindringen deutscher Bildung bemerken kann. Mehrere Scherben sind vom Häuserbrande röthlich gefärbt. Außerdem fanden sich an Alterthümern ein eisernes Messer und ein thönerner Spindelstein. Früher sollen sich hier auch einzelne, sehr alte Münzen gefunden haben. Viele Scherben sind nur mit graden Parallelstrichen verziert und scheinen einem etwas jüngern Geschmack anzugehören. Jedoch ward keine einzige Spur christlicher Cultur entdeckt, weder Scherben von festen, grauen Töpfen, noch Ziegel und Kalk. Der Burgwall steht also noch heute unangerührt so, wie er bei der Zerstörung in heidnischer Zeit verlassen ist; der Rath der Stadt Teterow hat jetzt in anerkennenswerther Weise den Burgwall aus der wirtschaftlichen Bearbeitung genommen, zur Erhaltung wüst liegen lassen und eingefriedigt. Am Eingange der Hauptburg wurden rechts und links große Feldsteine in graden Reihen gefunden, welche ohne Kalk und Thon in die Erde gelegt waren und ohne Zweifel Fundamente von Gebäuden bildeten; es wäre sehr wünschenswerth, diese bloß zu legen, um die Gestalt und Größe der wendischen Wohnungen kennen zu lernen.

Die größern Massen des Burgwalles und die Ringwälle sind nach der Erdmischung ohne Zweifel künstlich aufgetragen.

An Pflanzen wurden bemerkt: ungewöhnlich viele wilde Rosen, Verbascum Thapsus sehr häufig und üppig, Primula officinalis häufig und kräftig, Astragulus cicer, Allium scorodoprasum u. s. w.

Dies ist der alte wendische Burgwall von Teterow, oder von welchem wendischen Orte er sonst den Namen geführt haben mag. Ein anderer Burgwall auf dem festen Lande in oder bei der Stadt Teterow ist nicht vorhanden, da die Landesfürsten in der Stadt Teterow nie einen herrschaftlichen Besitz gehabt haben, außer dem zum Burgwalle gehörenden Dorfe Baudorf, welches neben der neuen Stadt lag und schon im J. 1272 an diese von den Fürsten überging, die Stadt auch, so viel sich erkennen läßt, nie der Sitz einer fürstlichen Vogtei gewesen ist. An den See stieß früher östlich

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das kleine Land Hart (d. i. Hochwald: vgl. Jahrb. IX, S. 399), welches sich zwischen Teterow, Neu=Kalen und Malchin ausdehnte und auch nie einen besondern Vogt gehabt zu haben scheint. Daher ist auch die politische Geschichte der Stadt Teterow sehr arm, ungeachtet der großen und schönen Stadtfeldmark.

So merkwürdig nun der noch so sehr gut erhaltene Bau dieser Burg ist, eben so merkwürdig ist die Geschichte des Unterganges derselben, wenn es gelingen sollte, dieselbe aus den Quellen aufzuhellen. Die dänischen Quellen geben merkwürdige und sehr ausführliche Berichte über die Belagerung und Zerstörung einer wendischen Burg, welche nach meiner Ansicht keine andere sein kann, als dieser Burgwall im teterower See.

Die Knytlinga=Sage erzählt 1 ) Cap. 124, zum J. 1171:

"Da zog der König (Waldemar) mit seiner Flotte nach Straela (Stralsund) und ritt da hinauf nach Tribuzis (Tribsees) und Atripiden (Tribeden) und verbrannte das Land weit und breit. Sie nahmen die Städte ein und tödteten das Volk, machten da Beute und zogen darauf heim."

Der König Waldemar zog also von Stralsund nach Tribsees und weiter nach Tribeden, welches er verheerte. Atripiden ist nämlich ohne Zweifel das Land Tribeden 2 ) oder Tribedne, welches nach Urkunden sicher östlich von Güstrow, zwischen Güstrow und Dargun im Lande der Circipaner, lag und zu welchem die Gegend von Teterow ohne Zweifel gehörte.

Auch Helmold II, 13, berichtet, daß Waldemar 1171 einen kleinen Theil von Circipanien verheert habe:

"Tandem, veluti somno excitus, congregavit exercitum et percussit partem modicam Cyrcipaniae regionis."

Sehr ausführlich beschreibt nun Saxo Grammaticus diese Zug 3 ) welchen der Bischof Absalon von Roeskilde mit=


1) Da hier nur die antiquarische Erforschung und Beschreibung der Burg zur Frage steht, so kann hier nicht wieder die kritische Beleuchtung der übrigens sichern Quellen vorgenommen werden, welche der Erforschung der Kriegsgeschichte angehört.
2) Vgl. Jahrb. XII, S. 25 flgd. - An Treptow a. d. Tollense, was früher wohl gemeint ist (Balt. Studien I, S. 72), ist nicht zu denken.
3) Giesebrecht Wendische Geschichten II, S. 202, und Fabricius Urkunden des Fürstenthums Rügen I, S. 44, gehen auf eine Nachforschung dieses Zuges Waldemars nicht ein.
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machte und sicher dem Saxo so ausführlich erzählte, weil er selbst in wiederholte Gefahr dabei kam. Dieser Zug beschränkte sich nun wesentlich auf die Eroberung einer wendischen Burg im Lande Tribeden, welche nach allen Einzelnheiten keine andere sein kann, als die Burg im teterower See.

Saxo Grammaticus 1 ) giebt folgende genaue Nachrichten, welche ich gleich mit den Ueberresten der teterower Burg und der Landesgeschichte vergleichen werde.

Der König Waldemar von Dänemark beschloß im Sommer 1171, nach der Unterwerfung und Bekehrung Rügens, einen Zug in das Circipanerland, in welchem noch viel Heidenthum herrschte. Hauptsächlich war es wohl Eroberungssucht, welche ihn dazu trieb; er hatte aber sicher noch einen andern, tiefen Grund. Es ist nämlich sehr merkwürdig, daß sich noch lange Zeit nach den verheerenden Kreuzzügen Heinrichs des Löwen im Circipanerlande noch unzerstörte wendische Burgen im Besitze wendischer Häuptlinge finden. Waldemar landete bei Stralsund und zog queer durch das Festland Rügen auf Tribsees. Von hier durchzog er die weiten Circipanermoore an der Trebel, welche damals noch so tief waren, daß es eine bewundernswürdige Arbeit und Ausdauer kostete, dieselben zu überschreiten. Nach der Ueberwindung dieses Hindernisses zog er durch "unermeßliche Wälder", von denen der "Hartwald" zwischen Malchin, Neu=Kalen und Teterow noch ein sehr stattlicher Ueberrest ist, und kam zu einer "Stadt" ("vicus" 2 ) und "oppidum") welche in einem schiffbaren See lag. Die Stadt lag auf einer Insel (insula) und war nur durch einen Wall von dem nicht bebaueten Theil der Insel getrennt; dies ist der heute noch gehende Queerwall, welcher vor der Vorburg queer durch die Insel von Seeufer zu Seeufer geht. Von diesem Walle ging eine mit Faschinen belegte Brücke durch den See zum festen Lande. Der Herr der Burg (urbs) wird Otimar genannt, ein Fürst (princeps) oder Häuptling. Als Waldemar die Einnehmung der Burg und Stadt beginnen wollte, ließ Otimar die Brücke bis auf den Seespiegel abtragen; dies zeugt für den leichten Bau des Faschinendammes, weil sonst diese Arbeit in etwa einem


1) Saxo Grammaticus nach der Ausgabe von Velschow, P. I, Vol. II, Kopenhagen, 1839, p. 883-886; vgl. p. 856.
2) Das Wort vicus laßt sich nicht gut anders als Stadt übersetzen; es sind damit die großem Ortschaften (Vorburgen) vor den wendischen Burgen gemeint, welche noch heute zum Theil Wîk heißen. Weiterhin wird der Ort auch gradezu "Stadt" ("oppidum") genannt.
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halben Tage nicht möglich gewesen wäre. Es blieben in dem See nur die Stumpfe der Seitenpfähle unter der Wasserfläche stehen. Dies ist die Brücke, welche von dem Vorwalle nach der Galgenbergsweide geht und von welcher viele Seitenpfähle noch heute stehen. Diese stehen gebliebenen Seitenpfähle und die Zäune des benachbarten Dorfes (villa) benutzten die Dänen, um damit den Bau einer "andern Brücke" ("alterius pontis") zu beginnen. Man kann annehmen, daß Waldemar die alten Seitenpfähle, welche stehen geblieben waren, benutzt habe, um zwischen dieselben an derselben Stelle eine zweite, neue Brücke zu legen, wie auch Giesebrecht Wend. Gesch. II, S. 203, annimmt; man könnte aber auch den Ausdruck nach der heutigen Sprechweise wörtlich deuten und annehmen, daß Waldemar eine "andere", d. h. zweite, ganz neue Brücke in anderer Richtung bauete, welche von dem nahen Dorfe, der noch jetzt so genannten Dorfstätte, nach der Insel ging, da auch hier Brückenpfähle stehen. Jedoch scheint die erstere Erklärung nach allen Worten des etwas gezierten Ausdrucks den Vorzug zu verdienen. Der Bischof Absalon war während des Brückenbaues auf Raub ausgezogen. Die Wenden errichteten vor der Stadt einen Thurm, um auf die Dänen schleudern zu können, und die Dänen schossen mit Pfeilen auf die Wenden. Der neue Brückenbau ward mit den größten Schwierigkeiten ausgeführt; bei der Schmalheit der Brücke mußten die Krieger die Pfähle und Faschinen über ihre Köpfe vorwärts heben und auf gleiche Weise wurden die Verwundeten zurückgeschafft. Der Kampf war hartnäckig und hart; Otimar legte sich auf schlaue Unterhandlungen und der König ward gegen Abend des mühevollen Tages unschlüssig. Da kam Absalon mit reicher Beute zurück, übersah die mißliche Lage und griff zu allen Mitteln, um die Burg zu gewinnen. Endlich erreichte die Brücke das feste Land und der Thurm ward bestürmt. Da springt ein dänischer Ritter Herberd, ein kühner Schwimmer, ins Wasser, um mit unter den ersten zu sein, die den Sieg gewinnen; die Massen der Dänen fangen an zu drängen; da stürzt die Brücke ein und die Menge der Dänen, unter ihnen auch Absalon, ins Wasser. Aber Absolon, obgleich in Waffen, bleibt als guter Schwimmer nicht nur am Leben, sondern rettet auch viele andere. So gewinnen die Dänen allmählig mit Noth und Gefahr die Burg, die Stadt wird genommen und die Männer werden getödtet und die Weiber gefangen fortgeführt. Dem Otiar aber ließ Waldemar Freiheit und Leben; er wollte den gewonnenen Sieg nicht mit der Treulosigkeit gegen

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Einen Mann beflecken. Darauf zog Waldemar auf demselben Wege nach Dänemark zurück.

Bei dieser genauen Uebereinstimmung dieser Eroberung mit den noch vorhandenen Ueberresten scheint es mir außer allem Zweifel zu sein, daß die hier genannte Burg Otimars die Burg im teterower See 1 ) ist.

Es wird von Wichtigkeit sein, hier die Stelle aus Saxo Grammaticus in einer möglichst getreuen deutschen Uebersetzung, welche freilich sehr schwierig ist, folgen zu lassen.

Saxo Grammaticus XIV, p. 883 f.

"Der König (Waldemar von Dänemark) fuhr (im Sommer 1171) nach Rügen und beschloß, das Circipanerland (provinciam Sircipinensem) anzugreifen. Auf seinem Zuge dahin legte ihm aber ein weites und sumpfiges Moor (palus) eine außerordentliche Schwierigkeit in den Weg. Die Oberfläche desselben, die mit einer dünnen Rasendecke überzogen war, zeigte freilich einen dichten Graswuchs, war aber so wenig haltbar, daß man gewöhnlich einsank, wenn man darauf trat. Denn da Schlamm die Unterlage bildete, so sank man in sumpfige Abgründe und schmutziges Moorwasser. Und doch gab es keinen andern Weg weiter vorzudringen. Um diese Schwierigkeit zu überwinden und keine Erschlaffung einreißen zu lassen, legten die Reiter ihre Waffenrüstung ab und packten dieselbe auf ihre Rosse und begannen diese hinter sich her zu ziehen. Wenn nun die Pferde in den Sumpf einsanken, so brachten sie dieselben wieder in die Höhe; wenn sie selbst aber beim Führen derselben einbrachen, so erfaßten sie die Mähnen und hielten sich daran oben. Auch die Bäche, welche in großer Zahl das Moor durchkreuzten, überschritten sie auf Flechtwerk aus


1) Dies vermuthet schon gleichzeitig der Herr Oberlehrer Dr. Wigger, dem ich viele Nachweisungen verdanke, in seinen Meklenburgischen Annalen, S. 126-127 und 148.
Die Lage von Rethra hat zwar viel Aehnliches mit Teterow indem es auch in einem See lag und auch eine hölzerne Brücke zu dem Heiligthume führte; (vgl. Wigger Meklenburg. Annalen, I, S. 57 und 88). Rethra kann aber nicht bei Teterow gelegen haben, wo man es auch wohl gesucht hat, da Rethra im Lande der Redarier, also im jetzigen Großherzogthume Strelitz lag. - Eben so wenig kann Otimars Burg im Festlande Rügen zwischen Stralsund und Tribsees gelegen haben (vgl. Balt. Studien X, 2, S. 162, und Barthold Pomm. Gesch. II, S. 224), da Waldemar bei Tribsees über das Moor ging und von Osten her kam.
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Buschholz (Faschinen). Manche zeigten sich außerordentlich brav dabei. Denn einige von den Reitern gingen mit ihren Waffen bepackt zu Fuße, indem sie ihre Pferde leiteten, und verschmähten es, im Vertrauen auf ihre Gewandtheit, die Last abzulegen. Dieses Benehmen war aber um so ruhmvoller, je ungewöhnlicher es war. Uebrigens traten auch bisweilen die Pferde, wenn sie allzu heftig ihren in das Moor eingesunkenen Leib herausarbeiteten, ihre Führer mit den Hufen in den Sumpf. Der König selbst gelangte mit Noth über das unsichere Moor, indem er, bis auf das Untergewand entkleidet, sich auf die Schultern zweier Krieger stützte. Selten wohl hat es sich die dänische Kraft mehr Schweiß kosten lassen. Voll Staunen darüber, daß man über das Moor hatte kommen können, waren die Feinde gewaltig betroffen und hielten es nicht für gerathen, denen Widerstand zu leisten, von welchen se sogar die Natur überwältigt sahen. Das Heer aber zog nach der Ueberwindung einer so großen Schwierigkeit nicht anders, als ob es einen Feind geschlagen hätte, weiter.

Nachdem das Heer nun unermeßliche Waldungen durchzogen hatte (ingentes deinde sylvas emensus), erblickte es eine Stadt (vicum), umgeben von einem schiffbaren Landsee (vicum apta navigiis palude circumdatum). Dieser Ort war fester durch das Wasser, als durch die Kunst, und hatte einen Wall (vallum) nur an der Seite, welche die Brücke (pons) berührte, die sich von hier nach dem festen Lande hinüberzog. Um den Angriff abzuhalten, ließ der Herr (princeps) der Burg (urbis), Otimar, bei dem Anrücken des Heeres die Brücke sofort bis auf den Spiegel des Sees abtragen (undis illico exaequare curavit), so daß nur die Stumpfe der Pfähle blieben, soweit sie unter dem Wasser standen (solis stipitum reliquiis inter aquam manentibus). Durch diese gewannen die Unsrigen aber das Grundwerk zu einer andern Brücke (quas nostri ceu quaedam alterius pontis iaciendi fundamenta sortiti), und indem sie die Zäune des benachbarten Dorfes dazu nahmen (propinquae villae sepibus applicatis), bahnten sie sich allmälig einen Weg durch den See (paulatim intermeandae paludis compendium moliuntur). Nachdem nun der König die Bestürmung des Ortes (loci), da er nicht durch Mauern geschützt war (hortante moenium inopia), in Angriff genommen hatte, ließ er mit der größten Mühe herbeischaffen, was er nur irgend zu dem Brückenbau Dienliches (exaedificandi pontis instrumento

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opportuna) bemerkte, während Absalon mit dem größeren Theile der Reiterei auf Beute ausgeschickt war.

Als die Bewohner der Stadt (oppidani) voll Besorgniß den Fortschritt des Brückenbaues sahen, trugen sie von allen Seiten her Pfähle zusammen und errichteten einen hölzernen Thurm, um von diesem, wie von einer Burg geschützt, den Feind abzuwehren, und im Schutze dieses Bollwerks begannen sie die Unsrigen, die eifriger auf die Förderung ihres Werkes, als auf den Schutz ihrer Leiber bedacht waren, durch eiligst aufgestellte Schleuderer anzugreifen. Die Dänen dagegen fingen an, den Kampf mit Pfeilen zu eröffnen und aus der Ferne zu entscheiden, weil sie noch nicht näher hinan kommen konnten.

Otimar aber, durch den Fortschritt des neuen Brückenbaues erschreckt, kam wiederholt auf einem Fahrzuge (rate) über den See zum Könige und ließ bald sparsamer, bald dringender seine Bitten um Frieden vernehmen, je nachdem er bemerkte, daß die Arbeit der Unsrigen matt oder lebhaft betrieben ward, und gab immer nach dem Stande der Belagerung den Vorschlägen zu seiner Ergebung eine verschiedene Fassung. Da ging es nun langsamer mit der Ausführung des Werkes; denn die Krieger wußten ja, daß sie, wenn doch der Kampf aufgegeben werden sollte, auch die Brücke nicht zu bauen brauchten. Auf diese hatte sich aber schon eine so große Masse von Bewaffneten zusammengedrängt, daß nicht einmal Raum blieb, um weiter zu fördern, was zum Bau nothwendig war: so sehr beschränkte die siegesbegierige Menge selbst den engen Raum zum Arbeiten. Die herbeigebrachten Massen von Zaunholz konnten daher nicht anders nach vorne hingeschafft werden, als indem die Krieger sie über ihre Köpfe weg von Hand zu Hand weiter gaben. Uebrigens war dies, wozu sie die Noth zwang, doch auch wieder nützlich, nicht nur deshalb, weil das Zaunholz dazu diente, das Wasser zu bedecken, sondern auch, weil es in die Höhe gehoben, die Leiber schützte. Auf gleiche Weise wurden auch die Verwundeten zurückgebracht.

Dann aber ward der Verband der Brücke weiter und dünner gelegt, weil die Krieger mehr auf die Verlängerung, als auf die Festigkeit derselben bedacht waren.

Und fast hatte die Brücke schon die Insel (insula) erreicht, als die Feinde, theils auf ihre Kunst, theils auf ihre Kraft vertrauend, mit einer ganz neuen Kampfesart den Kampf noch steigerten. Sie streckten nämlich Sicheln, die an Lanzenschäften befestigt waren, von dem Thurme her

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nach den Schilden der Unteren aus und entrissen diese, indem sie scharf anzogen, den Kämpfern. Manchmal, wenn diese Stand zu halten suchten, rissen sie dieselben mit einem heftigen Ruck von der Brücke und zwangen sie, ins Wasser zu springen. Fast wäre daher die dänische Mannschaft, ihrer Schilde beraubt, hier erlegen, wenn nicht schleunig gegen dieses Uebel Vorkehrungen getroffen wären. Einer der Unsrigen bemächtigte sich nämlich vermittelst eines hölzernen Hakens einer Sichel, die nach ihm ausgeworfen ward, und indem er nun mit dieser die andern erfaßte, nahm er dem Feinde seine Waffe.

Der Tag neigte sich schon, als der König, voll Besorgniß für die nächste Nacht und unschlüssig, was er thun sollte, befürchtete, die Eroberung der Stadt (oppidi) würde sich hinziehen und die Brücke in Brand gesteckt werden. Da er sich in solcher Bedrängniß sah, ward er, um nicht wie ein Besiegter mit dem großen Schimpfe der Feigheit die Belagerung aufzugeben, allmählich geneigter, Otimar's Bitten Gehör zu schenken.

Diese kleinmüthige Unschlüssigkeit hob aber Absalon, der eben mit ungeheurer Beute darüber zukam, auf eine wunderbare Weise durch seinen erfinderischen Scharfsinn. Er verwünscht den König, wenn er ohne sein Mitwissen Otimar's Wünschen Gehör geben wolle, zieht einen Dolmetsch bei Seite und fordert von ihm, alles was der Wende (barbarus) in friedlichem Sinne verhandeln werde, in entgegengesetztem Sinne wiederzugeben; dann aber schreitet er in Waffen auf die Brücke hinab, ermuntert die Krieger, welche glauben, er komme, um dem Kampfe Einhalt zu thun, immer hitziger vorzurücken, und verheißt, wenn sie siegen, die Beute ihren Händen zu überlassen. Dieses Versprechen war den Kriegern willkommen. Nachdem sie den Bau der Brücke vollendet haben, erkämpfen sie nicht nur den Zugang zu dem festen Boden der Insel (telluris aditum), sondern auch die Spitze des Thurmes, indem sie denselben mit Leitern und Treppen angreifen, zurückschlagen, wer ihnen in den Weg kommt, und tödten, wer ihnen Widerstand leistet.

Da sucht sich Herberth, ein dänischer Ritter (eques), um nicht durch die Enge der Brücke (pontis angustiis) und den dichtgedrängten Haufen seiner Gefährten aufgehalten zu werden und zu spät zu kommen, auf eine ganz neue Angriffsart einen freien Weg zu den Feinden hinüber: mit seinen Waffen belastet stürzte er sich ins Wasser und gelangte vermöge seiner unglaublichen Fertigkeit im Schwimmen voraus

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dahin, wohin er zu Fuß nicht kommen konnte. Während nun auch die Andern dadurch zum Wetteifer angespornt wurden, sank plötzlich unter dem massenhaften Gedränge der Krieger die dünne Brücke unter. Ihr Einsturz warf unter Andern auch den Absalon ins Wasser. Da dieser aber im Schwimmen geschickt war, so tauchte er, wiewohl mit Waffen bedeckt, nicht nur selbst wohlbehalten aus den Wellen empor, sondern rettete auch Andere, die dieser Kunst unkundig waren, aus der drohenden Gefahr.

Unterdessen wagten die Wenden (Sclavi), da ihre Fahrzeuge zur Flucht nicht ausreichten, sich auf Tonnen (doliis) zu retten, wurden aber, weil diese wegen ihres runden Baues sich umwälzten, von den Verfolgern ergriffen. Durch eine so ungewöhnliche Art von Schifffahrt wurden sie für die Ihrigen ein Gegenstand des Mitleids, für die Unsrigen großen Gelächters. So hatten sie zu ihrem Unglück auch noch den Spott.

Nachdem die Stadt (vicus) genommen war, wurden die Männer getödtet, die Weiber gefangen fortgeführt. Einige suchten den König zu bereden, er solle auch den Otimar gefangen nehmen; doch um nicht den Ruhm des eben gewonnenen Sieges durch die treulose Gefangennehmung eines Mannes zu beflecken, entließ er ihn unversehrt und wollte lieber seines Feindes schonen, als seinem eigenen Rufe schaden.

Darauf zog der König mit seinem ganzen Heere auf demselben Wege, auf welchem er gekommen war, zuerst zur Flotte, dann in sein Vaterland zurück."

Nach dieser Entdeckung kann ich denn auch nicht mehr glauben, daß diese Burg Otimare die Burg Bisdede im gutower See bei Güstrow ist, wie ich in Jahrb. XII, S. 27 angenommen habe, um so mehr, da sich bei diesem Burgwall nicht die geschilderten Eigenthümlichkeiten finden. Dagegen möchte die teterower Burg die Burg Bridder sein, welche 1171 am Lande Tribeden lag ("castrum Bridder cum terra attinenti Tribedne", Jahrb. XII, S. 25).

Die Zerstörung der Burg bei Teterow ist nun zwar an und für sich sehr anziehend; es könnte aber auch möglich sein, daß sie für Meklenburg von ganz besonders wichtigen Folgen geworden sei.

Es ist sehr auffallend, daß sich der Wendenhäuptling Otimar noch bis 1171 im Besitze einer starken Burg befand und daß Waldemar ihm nach seiner Ueberwindung Leben und Freiheit schenkte. Es läßt sich dies zwar aus dem ritterlichen

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Sinne eines Königs einem hochgestellten Manne gegenüber erklären, der sich mit ihm wiederholt auf Unterhandlungen eingelassen hatte. Aber so leichten Kaufes wird Otimar nicht davon gekommen sein und Waldemar und Absalon werden ihren mühevollen Zug nicht allein um die Zerstörung einer Wendischen Burg unternommen haben; es scheint mir außer Zweifel zu sein, daß sich Otimar zu einem Preise erbot, der eines Feldzuges würdig war. Wer aber war Otimar? Ich kann nicht glauben, daß der Name von Saxo ganz richtig wieder gegeben ist, denn Otimar ist keine wendische Namensform. Ich glaube, Otimar hieß eigentlich Chotimar . Chotimar aber war ein Bruder des wendischen Edlen ("baro") Miregrav 1 ), welcher mit seinen Brüdern Monic und Cotimar den Ort Dargun und den Hauptsitz zur Gründung des Klosters Dargun hergab. Wenn auch der Bischof Berno von Schwerin schon früh eine Kapelle zu Dargun gründete, so ging diese doch wohl bald wieder unter, und das Kloster Dargun ward erst im J. 1172, also unmittelbar nach der Besiegung des Chotimar und der Eroberung seiner Burg bei Teterow, gestiftet 2 ) und im J. 1173 bestätigt. Es ist also höchst wahrscheinlich, ja selbstverständlich, daß Chotimar oder Otimar nach der Erstürmung seiner Burg und der Tödtung seiner Krieger mit seinen Brüdern das Christenthum annehmen und noch in Waldemar's Gegenwart zu Dargun des Gelübde der Stiftung eines Klosters ablegen mußte. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß Waldemar gleich Dänen zur Colonisirung in Dargun zurückließ, indem seit dem J. 1174 dem Kloster Dargun (wie dem Kloster Eldena bei Greifswald) die Freiheit versichert war, auch Dänen 3 ) bei sich ansiedeln zu lassen; der Vertrag mit Waldemar wird sehr freundschaftlich geworden sein, da auch die Vergünstigung ertheilt ward, auch die sonst überall zurückgedrängten Wenden zur Ansiedelung zuzulassen. Im J. 1238 galt im Gebiete des Klosters Dargun die dänische Strafe für Diebstahl über 8 Schillinge 4 ). Bei der Bestätigung des Klosters Dargun war der Abt Walbert aus dem dänischen Cistercienser=Mönchskloster Esrom gegenwärtige und bis zum J. 1258 machte das Kloster Esrom Ansprüche auf die Vaterschaft des Klosters Dargun, welche


1) Vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 3, 4, 10, 24.
2) Vgl. daselbst, S. XIV.
3) Vgl. daselbst, S. 10, 11, 24.
4) Vgl. daselbst, S. 52 u. 54 und Lappenberg in Göttinger Gel. Anz. 1838, Stück 124, August, S. 1235 flgd.
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aber damals dem Kloster Doberan zugesprochen ward 1 ). Es ist also sehr wahrscheinlich, daß das Kloster Dargun in Folge der Zerstörung der Burg im teterower See durch Dänen gegründet ward und daß mit der Stiftung des Klosters Dargun zugleich auch die Burg Dargun unterging, auf welcher ein Bruder Chotimar's oder Otimar's wohnte, da die Knytlinga=Saga berichtet:

"(der König) verbrannte das Land weit und breit, nahm die Städte ein, tödtete das Volk und machte Beute".

Die Burg Dargun ist aber nur gegen 3 Meilen von der Burg Teterow entfernt und, wenn auch im Wiesenthale gelegen, doch ähnlich wie die teterowsche Burg gebauet, indem sie auch Querwälle vor der eigentlichen Burg zum Schutze der Vorburg hat.

Es würde nun sehr interessant sein zu wissen, wer die Nachkommen Chotimar's waren, da dieser sammt seiner Familie mit dem Heidenthume auch den heidnischen Namen ablegen mußte. Sollten es die Moltke sein? Die Moltke hatten noch im J. 1297 Besitzungen in Sührkow und Teschow, mit Fischerei auf dem teterower See, welche damals auch an das Kloster Dargun übergingen (vgl. Lisch Meklb. Urk. I, S. 205). Die Moltke hatten in der Gegend von Gnoien bis auf die neuern Zeiten ihre Haupt= und Stammsitze und der Vorname Waldemar war der Moltkeschen Familie eigenthümlich.



1) Vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 115.