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Ueber eine bronzene Hängeurnen und Buckel.

In den ehemaligen Wendenländern und mitunter auch außerhalb derselben werden bekanntlich oft bronzene Urnen gefunden, welche nur zum Hangen eingerichtet und mit gravirten Drachen und Drachenverzierungen geschmückt sind, und neben denselben gewöhnlich gleich verzierte, kleinere Buckel, welche außen auf der Spitze eine Art von kurzem Handgriff und inwendig eine Stange mit einem Knopf und daneben oft auch ein breites Oehr auf zwei Stangen haben. Diese Geräthe, welche wahrscheinlich der altern Zeit der Eisenperiode angehören, sind am häufigsten im Großherzogthum Meklenburg=Strelitz gefunden. Die Vereinssammlung zu Schwerin besitzt zwei solcher Funde, welche ebenfalls in Meklenburg Strelitz: zu Roga (Jahresber. VI, S. 110 flgd. und VII, S. 33 flgd.) und zu Lübberstorf (Jahrb. XIV, S. 324 flgd), gemacht sind.

Diese Buckel sind nicht allein für Helm= oder Schildbuckel erklärt, sondern haben sich außerdem die gewagtesten und wunderlichsten Deutungen gefallen lassen müssen. Die Buckel haben immer folgende Einrichtung: sie sind aus Bronze dünne gegossen, auf der Oberfläche mit Drachenverzierungen geschmückt und auf der Spitze mit einem kurzen, runden Griff versehen; das Innere ist hohl und hat entweder in der Mitte eine auf einem Stuhle von 3 Stangen stehende Stange, welche in einen runden, flachen Knopf endigt, der bis gegen den Rand des Buckels reicht, oder eine einfache, ähnliche perpendiculaire Knopfstange an einer Seite der Höhlung und gegen=

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über einen auf zwei Stangen stehenden Schemel, welche ein breites Oehr bildet. Ich habe schon in Jahrb. XIV, S. 329 angedeutet, daß wahrscheinlich der Schemel dazu gedient habe, einen Riemen darüber zu ziehen, und der Knopf dazu, einen Riemen anzuknöpfen, ohne einen bestimmten Gebrauch dieser Buckel wahrscheinlich machen zu können. - Die Bronzeurnen haben auf dem Rande immer zwei gegenüber stehende breite Oehren oder niedrige Henkel.

Es ist Sr. Majestät dem Könige von Dänemark gelungen, den Gebrauch dieser Buckel nachzuweisen, und Se. Majestät hat denselben in der Jahressitzung der k. Gesellschaft für nordische Alterthumskunde zu Kopenhagen im Schlosse Christiansburg am 14. Mai 1859 1 ) Allerhöchstselbst durch Vorzeigung der aufgefundenen Alterthümer und eines dazu angefertigten neuen Apparats auf eine sehr überraschende Weise erläutert. In dem kurzen Jahresbericht ist diese Angelegenheit vorläufig kurz dargestellt und durch Abbildung der aufgefundenen Alterthümer verdeutlicht:

"Unter den in dieser Sitzung vorgezeigten Bronzesachen zeichnete sich vorzüglich eine mit schönen Verzierungen geschmückte Hängeurne aus. Dieses Gefäß fand man beim Torfstechen auf dem Besitze des Parcelisten Christian Hansen bei Smidstrup, Pfarre Blidstrup, Harde Holbo, Amt Frederiksborg, ungefähr eine halbe Meile von dem Fischerdorfe Gilleleie, 40 Klafter von dem sogenannten Ullehügel, welcher zwei Steinkisten enthält. Das Gefäß stand aufrecht in der Torfmasse, ungefähr 2 Ellen tief. Inwendig in demselben lag (oder stand vielmehr) der Buckel, von dessen Art man bereits früher mehrere ziemlich ähnliche einzeln gefunden hat."

Hängeurne und Buckel sind genau von derselben Beschaffenheit, wie die in Meklenburg=Strelitz gefundenen, und ich bediene mich daher zur Erläuterung der meklenburgischen Abbildungen statt der dänischen, die mir nicht zu Gebote stehen. Der dänischen Hängeurne ist die (im Jahresber. VII, S. 34 abgebildete) Hängeurne von Roga, dem dänischen Buckel der (in Jahrb. XIV, S. 329 abgebildete) Buckel von Lübberstorf gleich. Se. Majestät der König ist nun der wohl begründeten Ansicht, daß Hängeurne und Buckel zusammen gehören und über einander gehalten gedacht und dargestellt werden müssen.


1) Ich hatte das Glück, dieser Sitzung beizuwohnen, und dabei den zu Peccatel bei Schwerin gefundenen bronzenenen Kesselwagen vorzuzeigen und zu erläutern.
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Buckel und Hängeurne

Se. Majestät der König erklärt nun den Gebrauch folgendermaßen. Ein lederner Riemen von der breite der Oehren ward an einem Ende über den Knopf in dem Buckel geknöpft, dann über den Schemel in dem Buckel und weiter durch die beiden Oehren oder Henkel auf dem Rande der Hängeurne gezogen und schließlich mit dem andern Ende wieder über den Knopf in dem Buckel geknöpft. Sonst ist der Knopf und der Schemel in dem Buckel unerklärlich.

Der Buckel diente also zur Handhabe, um die an einem Riemen beweglich daran hangende Hängeurne, welche nicht stehen konnte, sondern getragen werden mußte, zu tragen, ähnlich den jüngern Weihrauchgefäßen, oder diente, wie der dänische Jahresbericht sagt, "als eine Art Deckel zu dem Gefäße, indem dieses mittelst eines Riemens mit demselben ver=

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bunden" war. (Die ähnlichen bronzenen Urnen der Bronzeperiode, wie sie in Jahrb X, S. 281 und XIV, S. 320 abgebildet sind, hatten eine andere Einrichtung, nämlich einen flachen bronzenen Deckel mit einem Oehr, durch welches ein Riegel ging, welcher auch durch die beiden Oehren auf dem Gefäßrande geschoben ward). Es würden also hiernach alle Erklärungen über eine selbstständige Bedeutung der Buckel fortfallen, und die Hängeurnen und die Buckel mit ihren offenbar symbolischen Verzierungen zusammen erklärt werden müssen.

Andere Buckel haben eine andere, einfachere Einrichtung, nämlich im Innern nur eine oft auf einem dreibeinigen Stuhle stehende perpendiculaire Stange, welche am Ende einen runden Knopf hat.

Buckel und Hängeurne
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Bei dieser Einrichtung ward der Riemen durch die beiden auf dem Rande der Hängeurne stehenden Oehren gezogen und mit beiden Enden über den Knopf des Buckels geknöpft. Es konnte auch noch das zwischen den beiden Oehren der Hängeurne liegende Ende des Riemens auf den Knopf geknöpft werden, um von oben her zwei getrennte Doppelriemen zu bilden.

Alle diese Deutungen scheinen vollkommen richtig zu sein. Es handelt sich also nur um die allerdings noch wichtigere Erklärung der Urnen und Buckel und ihrer Verzierungen.

G. C. F. Lisch.