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Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.



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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Steinzeit.


Alterthümer der Steinzeit von Ostorf bei Schwerin.

Zweite Aufgrabung.

Fortsetzung von Jahrb. XLIII, S. 193 flgd.

I n den Jahrbüchern XLIII, S. 193 flgd., sind die Alterthümer der Steinzeit beschrieben und beurtheilt, welche der Fischereipächter Herr Lude zu Schwerin im Jahre 1877 auf einer kleinen Insel im Ostorfer See bei Schwerin bei Grabungen in einer muthmaßlichen alten Höhlen= oder Grubenwohnung gefunden hat.

Im Frühling 1879 hat Herr Lude 1 ) an derselben Fundstelle weiter gegraben und dabei, unter befördernder Theilnahme des Herrn Gärtners C. Schumacher, neben einem Herde von Kohlen, eine Menge von gleichen und ähnlichen Alterthümern der Steinzeit gefunden, welche derselbe auch an die großherzoglichen Alterthümer=Sammlungen eingeliefert hat.


1) Herr Lude ist nach Abfassung dieses Berichtes am 30. September 1879 gestorben. Es ist also weitere Nachricht über diese Fundstelle nicht zu erwarten. G. C. F. Lisch.
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Diese Alterthümer sind folgende:

1) Eine große, feine Urne aus Thon, von hellbrauner Farbe, mit vielen Linien=Ornamenten der Steinzeit verziert, ähnlich der zuerst gefundenen, in Jahrb. XLIII, S. 195 flgd., Nr. 8, beschriebenen Urne. Diese Urne war ganz zerbrochen, hat sich aber zur vollen Ansicht wieder zusammensetzen lassen.

2) Eine mittelgroße, dickwandige Urne aus Thon, von dunkelbrauner Farbe, ohne Verzierungen, an einer Seite beschädigt.

3) Eine ganz kleine Urne aus Thon, von brauner Farbe, ohne Verzierungen, 4 Centimeter hoch. Dieselbe ist nur in einer senkrechten Hälfte vorhanden.

4) Zwei geschliffene Keile aus dunkelgrauem Feuerstein.

5) Drei roh geschlagene (Lanzen=?) oder(Harpun=) Spitzen aus hellgrauem Feuerstein.

6) Fünf kleine keilförmige Feuersteinstücke, roh geschlagen.

7) Fünfundzwanzig spanförmige Feuersteinmesser.

8) Fünf Pfriemen oder Meißel aus Knochen.

9) Fünf große Eberhauer.

10) Ein abgekeiltes Hirschhornende, wie Jahrb. XLIII, S.194, Nr. 5.

11) 129 in der Wurzel durchbohrte Thierzähne, Fangzähne (wie Jäger meinen) von Hunden 1 ), Wölfen? oder Füchsen? zu einem Halsbande. Die Bohrung ist sehr sauber ausgeführt und kegelförmig von den beiden flachen Seiten beschafft, wie auch die steinernen Streitäxte der Steinzeit gebohrt sind.

12) 30 im Bohrloche ausgebrochene gleiche Thierzähne, verunglückte Bohrungen.

13) Ein Unterkiefer vom Schwein.

14) Ein Klumpen Glimmersand, vielleicht zur Anfertigung der Thon=Urnen.

Diese Funde scheinen die in den Jahrbüchern a. a. O. S. 196 aufgestellte Ansicht zu bestätigen, daß die Fundstelle eine frühere Gruben= oder Höhlenwohnung der Steinzeit gewesen ist.


1) Solche durchbohrte Thierzähne zum "Hängeschmuck" sind in Dänemark öfter gefunden und als Hundezähne erkannt. Abbildung in Worsaae Nordiske Oldsager p. 17. Steenalderen Fig. 84 und Afbildninger, p. 15, Fig. 64. In einer Steinkammer bei Friedrichswerk wurden neben Feuersteingeräthen und Bernsteinperlen auch Bruchstücke von durchbohrten Hundezähnen gefunden; vgl. Aarböger for Nordisk Oldkyndighed für 1868, Heft 2, S. 99.
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Die in den Jahrbüchern a. a. O. XLIII, S. 194 und 196, mitgetheilte Nachricht, daß nach den in der Nähe der Fundstelle gefundenen Menschenknochen dort eine Begräbnißstelle gewesen sei, scheint sich nach den eingelieferten Fundstücken zu bestätigen. Aber diese Fundstücke gehören nicht zu der Höhlenwohnung der Steinzeit, sondern sind viel jüngeren Ursprungs. Nach Gerüchten sollen hier Ueberreste von acht Menschenskeletten gelegen haben. Eingeliefert sind zwei dolichocephale Menschenschädel; diese Schädel, von gelblicher Farbe, sind aber offenbar verhältnißmäßig jung und tragen kein einziges Zeichen eines hohen Alters.

Urnenscherben sind dabei auch viele gefunden. Aber alle tragen die Kennzeichen der jüngsten Eisenzeit (sogenannten Burgwalltypus).

Diese Begräbnißstelle wird also der letzten Eisenzeit angehören.

In der Nähe sollen auch noch einige alte Mühlsteine liegen. Schwerin, im Juni 1879.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Feuersteinmesser von Schwerin.

Herr Secretair Fromm zu Schwerin fand vor mehreren Jahren auf dem neuen Friedhofe zu Schwerin am Ostorfer See (also nicht weit von der Grubenwohnung am Ostorfer See) ein 2 1/2 Zoll langes Bruchstück von einem künstlich geschlagenen, spanförmigen Feuersteinmesser, welches 2 Zoll breit ist. Der Feuerstein ist im Innern weißlich und stark durchscheinend, auf der Außenfläche, auch auf der Bruchfläche, gelblich gefärbt und sehr glänzend. Der Schlagansatz von der Fabrikation ist noch zu sehen. Die Hauptschneide ist stark abgenutzt und das Messer als solches noch nach dem Zerbrechen gebraucht, da die Abnutzungsbruchstellen eben so wie die ganze Oberfläche gefärbt sind. Nach der Größe und Gestalt gehört das Messer der älteren Steinzeit an, wenn es nicht gar der Diluviumszeit angehört, da der Friedhof auf einem Vorberge einer ungewöhnlich ausgeprägten, hohen, hügeligen oder "bergigen", sand= und steinreichen Diluvialbildung liegt, welche die "Schweriner Schweiz" genannt wird.

G. C. F. Lisch.


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Feuersteinmesser von Schwerin.

Zu Schwerin ward in der Amtsstraße, in der Nähe der Turnhalle, nicht weit vom Antiquarium (im NO. der Neustadt), bei Grabung des Sieles im Sommer 1879 ein spanförmiges Feuersteinmesser von dem Steinsetzer Kröplin gefunden und dem Verein geschenkt; das Messer hat eine Schlagmarke, ist 9 Centimeter lang und an den beiden Schneiden vielfach abgenutzt und ausgebrochen.

G. C. F. Lisch.


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Hünengrab von Finkenthal.

Zu Finkenthal bei Gnoien wurden um das Jahr 1860 beim Bau der Chaussee von Gnoien nach Dargun mehrere heidnische Gräber abgetragen, darunter auch ein Grab der Steinzeit, in welchem der verstorbene Förster Harms drei zum Theil beschädigte Keile aus Feuerstein fand und an sich nahm. Diese Keile erhielt der Herr Harms zu Schwerin, Corrector in der Bärensprungschen Hofbuchdruckerei, von seinem Oheim, dem Förster, und schenkte sie 1879 wieder dem Verein. Die großen Granitsteine des Grabes sollen beim Bau des Försterhauses zu Finkenthal verwandt worden sein.

G. C. F. Lisch.


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Steinerne Schiene von Valluhn.

Herr Lehrer Wildhagen zu Friedrichsruhe bei Crivitz schenkte dem Verein, durch Vermittelung des Fräuleins Amalie Buchheim, Custodin der Vereinssammlungen, eine seltene steinerne Schiene, welche vor ungefähr elf Jahren zu Valluhn bei Zarrentin in einer Mergelgrube (Höhlenwohnung?) gefunden ist. Die Schiene ist eine gewölbte, oblonge Platte von braunrothem feinkörnigen Stein (alten rothen Sandstein oder Kieselschiefer?), 3 1/2 Zoll lang, 2 Zoll breit und 1/8 Zoll dick. Die untere, concave Seite ist ausgehöhlt und geglättet,

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die obere convexe Seite ist geglättet und polirt. In den vier Ecken sind vier runde Löcher, welche von der unteren Seite kegelförmig durchgebohrt sind, zum Durchziehen von Schnüren zum Festbinden auf einer gewölbten Unterlage.

Zu Dänemark sind solche Schienen öfter in Gräbern der Steinzeit gefunden. So z. B. ward in einer Steinkammer bei Assens auf Fühnen neben Menschengebeinen und Feuersteingeräthen eine solche Schiene von rothem Stein mit vier Löchern ("finkornet röd sten") gefunden, mit einem anderen Exemplar abgebildet in Aarboger for Nordisk Oldkyndighed, 1868, Heft 2, S. 100, welche der Valluhner an Steinart, Gestalt, Größe und Bearbeitungsweise ganz gleich ist. Auch ähnliche knöcherne Schienen mit zwei Bindlöchern sind in dänischen Gräbern der Steinzeit, mit Feuersteingeräthen und Bernsteinperlen, öfter gefunden und abgebildet in Worsaae Nordiske Oldsager, Taf. 17, Fig. 85, und in Madsen Afbildninger af Danske Oldsager, Steenalderen, Taf. 25, Fig. 16.

Nach den dänischen Funden gehört die Valluhner Schiene ohne Zweifel der Steinzeit an.

Es sieht nun zur Frage, wozu dieses Geräth gedient hat. In den dänischen Jahrbüchern (Aarböger a. a. O.) wird es ein unbestimmliches Stück ("ubestemmeligt Stykke") genannt, während Madsen a. a. O. es ein schönes Stück ("smukke Stykke") nennt. Ich glaube aber, daß es ein Schmuckstück ist zum Schmuck eines weiblichen Unterarms, zum Aufbinden obenauf mit den vier Schnüren, da es grade auf den Unterarm paßt, also das, was man jetzt ein Armband 1 ) nennt. Wegen der rothen Farbe des zur Steinzeit beliebten rothen Sandsteins und der überaus großen und schwierigen Arbeit wird in der Steinzeit, beim Mangel an Metall, das Stück ein seltener, weiblicher Schmuck und von hohem Werthe gewesen sein. - Daß das Stück eine Schutzplatte zum Unterbinden unter den linken Unterarm, für den Schutz des Pulses beim Bogen=Spannen und = Schießen, gewesen sei, wie wohl Einige gemeint haben, scheint mir eine zu weit hergeholte Vermuthung zu sein.

Dr. G. C. F. Lisch.



1) Auch ein kenntnißreicher, scharfsinniger Kaufmann erklärte das Stück gleich beim ersten Anblick für ein "Armband".
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Ueber Schalensteine in Meklenburg.

Von

Dr. Henry Petersen ,

Assistenten am Königl. Museum Nordischer Alterthümer
zu Kopenhagen.


Vorbericht.

Herr Dr. Petersen war auf seiner Forschungsreise in Deutschland vom 13. bis 21. September 1879 auch in Schwerin, um in den dortigen Sammlungen die Alterthümer einem eingehenden Studium zu unterwerfen, und machte darauf noch Ausflüge nach Wismar, Güstrow und Doberan. Von Wismar machte er auch einen Ausflug nach Grevesmühlen, um die an der Chaussee liegenden heidnischen Gräben namentlich die Steingräber bei Naschendorf, zu besehen. An einem Hünengrabe bei Naschendorf hat er nun bemerkenswerthe Entdeckungen gemacht, und dieselben auf seiner deutschen Reise nach seinem Wunsche in "Briefform" für die Jahrbücher des Vereins mitgetheilt, wie folgt.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Schalensteine in Meklenburg.

       Herrn
Geheimen Archivrath Dr. Lisch
in Schwerin.

Sie haben mir, als ich vor Kurzem zu Schwerin die meklenburgischen Alterthümer studirte, gesagt, daß noch nirgends in Meklenburg solche Steine mit schalenförmigen Vertiefungen - die sogenannten "Schalensteine" - nach=

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gewiesen seien, die besonders seit späteren Jahren Gegenstand der Beobachtungen der Archäologen geworden sind. Ich habe indessen jetzt das Vergnügen, Ihnen zu melden, daß es mir auf den Ausflügen nach meklenburgischen Hünenbetten bei Naschendorf 1 ), welche Sie mir angewiesen hatten, gelungen ist, sogar zwei "Schalensteine", jedoch auf einer Stelle neben einander, zu finden.

Sie wissen, daß man vor 6 bis 7 Jahren sehr wenig "Schalensteine" in Dänemark beobachtet, allerdings auch nicht in der Literatur berührt hatte. Sie waren aber schon lange auf der skandinavischen Halbinsel bekannt, besonders weil die schalenförmigen Vertiefungen in großer Menge unter den in flachen Felsen eingehauenen Figuren und Darstellungen, den sogenannten "Helleristninger" 2 ), vorkommen. In einer Abhandlung in Aarböger for Nordisk Oldkyndighed 1875 "Om Helleristininger i Danmark" (Résumé in "Mémoires" 1877) habe ich nachgewiesen, daß auch Dänemark einzelne Beispiele der "Helleristninger" besitzt, besonders aber viele Schalensteine 3 ), und seitdem sind mehrere in allen Theilen des Landes entdeckt worden, auch auf unserer Felseninsel Bornholm, wo man solche 1875 noch nicht kannte.

Hoffentlich werden in Meklenburg andere Funde dem ersten folgen und so wird dieses neue Verbindungsglied zwischen den Alterthümern Nordens und Meklenburgs stärker werden. Schon darin zeigen die zwei Schalensteine mit den dänischen und südskandinavischen eine genaue und interessante Verbindung, daß sie sich beide, wie sehr oft in jenen Ländern, als Decksteine eines Hünengrabes präsentiren.


1) Das Riesenbett von Naschendorf ist abgebildet in Friderico-Francisceum, 1837, Tab. XXXVI, Fig. II, und in Jahrbüchern Bd. XXXIII, 1868, S. 116. - D. Red.
2) Helleristninger = gravures en pierres: vgl. H. Petersen Notice sur les pierres sculptées en Danmark, Separatabdruck 1878, p. 330. Auch = Sinnbildliche Schalensteine. - D. Red.
3) Dr. H. Petersen schreibt in einem anderen Briefe: "Ich wage nicht, die Steine mit einem einzelnen Loch, sogar mit einem größeren Loch, als die Löcher der Schalensteine, und aus einer unsicheren Zeit stammend, unter den eigentlichen "Helleristnings", d. i. sinnbildlichen Schalensteinen, zu beschreiben". - H. Petersen.
Zu Althof bei Doberan liegt seit 1851 vor der Kapelle ein in der Nähe gefundener Stein mit einer großen polirten, schalenförmigen Vertiefung. - Vgl. Jahrb. XXVIII, 1863, S. 43. - G. C. F. Lisch.
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Das Hünengrab liegt in dem kleinen Gebüsch bei Naschendorf, unweit Grevesmühlen, in welchem auch dicht an der Chaussee das vorzüglich erhaltene Hünenbett (dänisch: "Langdysse") liegt, - südöstlich vor diesem und unmittelbar in der Nähe eines ziemlich zerstörten Hünenbettes. Ich habe vergeblich "Schalen" auf den vier Decksteinen des großen Hünenbettes gesucht, gleich aber habe ich sie auf den Decksteinen des genannten Hünengrabes gefunden.

Dieses Hünengrab ist den dänischen "Runddysser" sehr ähnlich: das Grabzimmer ist von einem runden Hügel, circa 10 Meter im Durchmesser, umgeben und im Rande stehen mehrere jetzt nur noch 30 bis 40 Centimeter hervorragende Steine. Das Grabzimmer, von großen Felsenblöcken gebaut, hat ganz den gewöhnlichen Charakter der Steinzeit, es muß viereckig sein; die Form und die Größe ist aber nur durch Ausgrabungen bestimmt anzugeben.

Der eine ziemlich kolossale Deckstein ruht noch auf drei Tragsteinen; der Deckstein hat eine unebene gewölbte Oberfläche, die mit von dem Hügel bedeckt gewesen zu sein scheint. An der höchsten Stelle der Oberfläche finden sich zwei schalenförmige Vertiefungen. - Der andere Deckstein ist nicht so groß und massiv als jener; er ist sogar ziemlich flach und seine Oberfläche ist eben. Der Stein scheint jetzt auf der Erde zu ruhen; seine Oberfläche liegt in demselben Niveau wie die Unterfläche des erstgenannten Decksteins. Den Stein mußte ich erst vom Moos befreien, bevor ich ihn untersuchen konnte; dann aber zählte ich wenigstens 27 "Schalen", 4 bis 6 Centim. im Durchmesser, höchstens 1,5 Centim. in Tiefe. Die schalenförmigen Vertiefungen sind ohne Ordnung über die Fläche gestreut.

Hannover, 1. October 1879.

Henry Petersen.


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Netz=Schwimmer von Gottesgabe.

Zu Gottesgabe bei Schwerin (im Mittelalter Davermoor genannt) ward 1879 in dem noch sogenannten Dabel=Moor im Torf einige Fuß tief unter der Oberfläche ein hölzerner Netz="Schwimmer" oder ="Flott" (hochdeutsch "Flosse") gefunden und von dem Gutsbesitzer Herrn von Schuckmann dem Verein geschenkt. Dies ist Holz oder Baumrinde am oberen Rande des Zugnetzes, um dieses in

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der Oberfläche des Wassers zu erhalten. Das Geräth ist von leichtem Holz, 12 Centimeter lang, 7 Cent. breit, 2 Cent. dick und gut erhalten. In der Mitte ist ein rundes Loch, ungefähr 2 Cent. weit, zum Durchziehen einer Schnur. Das Loch ist nicht mit einem stählernen Hohlbohrer gleichmäßig durchgebohrt, sondern von beiden Seiten kegelförmig eingebohrt, so daß in der Mitte ein etwas erhöheter, durchbrochener Rand stehen geblieben ist, also eben so gebohrt, wie die steinernen Streitäxte der Steinzeit. Da nun das Geräth ziemlich tief im Moor, also ungefähr in der alten Oberfläche, als das Moor noch See war, gefunden ist, und die Bearbeitung noch alte Arbeit zeigt, so läßt sich wohl annehmen, daß das Geräth aus der Steinzeit stammt, um so mehr, da das Ansehen eben so ist, wie das anderer hölzerner Geräthe aus der Steinzeit. - Runde durchbohrte Netzsencker aus Stein oder Thon zum Hinabsenken des unteren Randes des Netzes werden bekanntlich oft in der Tiefe der Torfmoore gefunden.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Ueber eine Streitaxt von Bastorf und die Bohrung der Streitäxte.

Zu Bastorf, Amts Bukow, auf dem Berge des neuen Leuchtthurms, ward eine Streitaxt von Diorit mit Schaftloch gefunden und von dem Herrn Erbpächter Wittholz zu Fulgen erworben und dem Verein geschenkt. Leider ist die Axt durch einen Fall beim Transport quer durch das Schaftloch durchbrochen.

Dieser Bruch gönnt aber einen Blick in das Innere des Schaftloches und läßt die Art und Weise der Bohrung der steinernen Streitaxt erkennen. Die regelmäßig geformten Wandungen des Schaftloches sind nämlich ganz mit seinen concentrischen Rillen bedeckt. Nach sehr zahlreichen Funden wurden die Streitäxte am Anfange der Arbeit von zwei Seiten her mit zwei kegelförmigen 1 ) Höhlungen angebohrt


1) Bohrungen mit einem Cylinderbohrer (aus Röhrenknochen), so daß ein Zapfen in dem Bohrloche stehen blieb, gehören zu den allergrößten Seltenheiten und sind in Meklenburg wohl nur dreimal beobachtet.
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oder vielmehr ausgerieben, bis sich die Spitzen der Hohlkegel in der Mitte trafen. Dann ward die dünne Scheidewand durchgeschlagen. Es waren jetzt aber in dem noch unregelmäßigen Loche noch viele Unebenheiten vorhanden, welche zur Herstellung eines regelmäßigen, cylinderischen Loches entfernt werden mußten. Dies geschah wohl durch Ausräumung mit scharfen Feuersteinen und hiedurch sind wohl die mit feinen concentrischen Rillen bedeckten Loch=Wandungen der vorliegenden Art entstanden. Endlich ward das so vollständig gebildete Loch glatt ausgeschliffen oder polirt, wahrscheinlich durch Holz und Sand. Fast alle steinernen Streitäxte haben polirte Schaftlöcher.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Steingeräth=Werkstätte von Eldenburg.

Nachtrag zu Jahrb. XLII, S. 131.

Im Jahre 1878 hat der Herr Gymnasiallehrer Struck zu Waren die in den Jahrbüchern schon oft beschriebene Steingeräth=Werkstätte von Eldenburg bei Waren wieder abgesucht und hier folgende Alterthümer gefunden und dem Verein geschenkt:

5 kleine Feuerstein=Späne und Splitter, alle mit Schlagmarken;

1 kleinen unfertigen und zerbrochenen Keil aus Feuerstein, roh zugehauen, 7 Centim. lang;

1 kleinen cubischen Schleifstein (?) aus schwarzem Kieselschiefer, 5 Centim. lang, auf allen sechs Flächen geschliffen;

1 halbe, kleine Streitaxt aus Diorit, quer durch das Schaftloch durchbrochen.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Handaxt von Zülow.

Eine Handaxt aus Diorit, mit kurzem Handgriff, ohne Schaftloch, ganz wie Frid. Franc. Taf. XXIX, Fig. 3, gefunden auf dem Felde zu Zülow bei Schwerin, ward im Auftrage des Herrn von Schack auf Zülow 1879 eingereicht durch den Inspektor Herrn Putzky.

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b. Bronzezeit.


Kegelgräber von Diestelow.

Kegelgrab Nr. 1.

Zu Diestelow bei Goldberg lag unmittelbar am Holze ein ausgedehnter, ziemlich flacher Hügel. Als aus demselben zum Chausseebau Steine ausgebrochen wurden, ergab sich, daß in dem Hügel ein großer Begräbnißplatz der Bronzezeit war, über welchen Fräulein Margarethe Klockmann von Hoppenrade aus eigener Anschauung Folgendes berichtet. In dem Hügel stand eine große "Mauer" (oder Umwallung) von Feldsteinen, welche einen länglich viereckigen Platz umschloß. Auf diesem Platze fand sich eine Unmasse großer Urnen mit Ueberresten von Knochen. Leider wurden alle diese Urnen beim Steingraben zerbrochen, bis auf eine ganz kleine Urne, welche Fräulein Klockmann dem Verein schenkte.

Dieses kleine, hellbraune Thongefäß, eines der kleinsten in den Schweriner Sammlungen, 7 Centimeter hoch und 5 Centimeter weit im Bauche, hat einen Henkel und eine sehr schöne Form, welche an kleine moderne Henkeltöpfe erinnert. Nach dem Material, der Farbe und der schönen Form gehört das Gefäß ohne Zweifel der Bronzezeit an.

Zum Beweise, daß dieser Begräbnißplatz in die Bronzezeit fällt, wurden unter den Urnenscherben folgende mit grünem Rost bedeckte Bronzen gefunden, welche Fräulein Klockmann zur Ansicht vorzulegen die Güte gehabt hat:

1 gewundener Armring, zerbrochen;
1 gewundener Halsring, zerbrochen;
2 Armringe, flach und breit, mit Schrägestreifen verziert;
1 Armring, dünn, mit Schrägestrichen verziert, in mehrere Stücke zerbrochen;
2 Hütchen;
3 Knöpfe mit Spitzen;
2 Knöpfe in Kegelform von dünnem Bronzeblech;
1 spiralförmiger Fingerring von Bronzedrath;
3 Spiralscheiben von Bronzedrath und Bruchstücke von Bügeln und Nadeln, wahrscheinlich Bruchstücke von Hefteln.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Kegelgrab Nr. 2.

Zu Diestelow ward im Frühling 1878 wieder ein Kegelgrab abgetragen, in welchem folgende Alterthümer gefunden wurden, die Fräulein Klockmann ebenfalls zur Ansicht vorgelegt und beschrieben hat:

1 Diadem von Bronze mit Spiralverzierungen, in vier Stücke zerbrochen;

2 Armringe von Bronze, schmal, dick und rundlich, mit Querstrichen verziert;

1 goldener Spiralfingerring von Golddrath von ungefähr sechs Windungen, in zwei Enden zerbrochen.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Kegelgrab von Friedrichsruhe.

Auf dem Landgute Friedrichsruhe bei Crivitz, dessen Feldmark reich an Gräbern aller Art war und ist, und in früheren Zeiten schon viele Alterthümer geliefert hat, wurden "beim Wegräumen von Steinen" folgende Bronze=Alterthümer mit starkem Rost gefunden und von dem Herrn Lehrer Wildhagen zu Friedrichsruhe dem Verein geschenkt:

1) eine bronzene Lanzenspitze oder Dolchklinge mit Griffzunge und zwei Nieten, fünf Zoll lang;

2) zwei kurze Bruchstücke von einem Bronzeschwerte mit Griffzunge.

Dr. G C. F. Lisch.


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Durchbohrte Bernsteinscheibe von Lüningsdorf.

Zu Lüningsdorf in der Pfarre Warnkenhagen, bei Teterow oder Lalendorf, ward in einem heidnischen Grabe eine durchbohrte Scheibe von braunem Bernstein gefunden und im Jahre 1878 von dem Herrn Ober=Inspector, Major a. D. Baron von Nettelbladt zu Güstrow dem Verein geschenkt. Die runde Scheibe, auf beiden Seiten convex gewölbt und nach dem Rande hin scharf auslaufend, hat einen Durchmesser von 5 Centimeter oder 2 Zoll und ist in der Mitte 1 3/4 Centimeter oder 3/4 Zoll dick. In der

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Mitte hat die Scheibe ein rundes Loch von 1 3/4 Centimeter oder 3/4 Zoll Durchmesser. Der "weitere Inhalt des Grabes ward leider zerstört". Wahrscheinlich stammt diese Scheibe aus der Bronzezeit, da ähnliche größere Bernsteinarbeiten vorherrschend in Kegelgräbern der Bronzezeit gefunden werden. Die Bestimmung ist schwer zu errathen. Vielleicht bildete die Scheibe, wie andere Fälle andeuten, einen Spangenring, oder diente als Spindelstein oder Hängeschmuck.

Aehnliche durchbohrte Bernsteinscheiben, welche aber wohl zum Halsschmuck gedient haben, sind schon früher im Lande gefunden.

Im Jahre 1868 schenkte derselbe Herr Baron von Nettelbladt eine gleiche, jedoch etwas kleinere durchbohrte Bernsteinscheibe, welche zu Wilserhütte bei Serrahn oder Krakow im Torfmoor gefunden war.

Schon früher ward eine ähnliche, aber gleichmäßig dicke Scheibe zu Benz bei Wismar gefunden.

Ein großes, schönes Stück aus hellgelbem Bernstein, welches zu Roga bei Friedland gefunden ist, war wahrscheinlich ein Schnallenring, da eine dünne Stange zur Umlegung eines metallenen Dorns ausgeschnitten ist.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Bernsteinschmuck von Zülow.

Herr von Schack auf Zülow bei Schwerin schenkte durch den Inspector Herrn Putzky einen Bernsteinschmuck welcher 1878 zu Zülow bei Schwerin im Torfmoor auf dem Urboden gefunden ist. Der Schmuck besteht aus einer dünnen, auf beiden Seiten polirten, bräunlichen Bernsteinplatte und hat eine dreieckige oder herzförmige Gestalt von ungefähr fünf Centimeter Höhe und Breite, mit abgerundeten Ecken. An jeder Ecke sind zwei größere Bindlöcher durchgebohrt. Auf der Oberfläche ist zur Verzierung eine Reihe von zehn kleinen, flachen Vertiefungen von zwei Millimeter Größe eingebohrt. Der Schmuck dürfte der Bronzezeit angehören, da diese in Meklenburg den meisten Bernstein liefert und auch die Bearbeitungsweise dafür spricht. Der Schmuck ist das größte bearbeitete Stück Bernstein der vorgeschichtlichen Zeit, welches bisher in Meklenburg beobachtet ist.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Framea von Dargun.

Bei Dargun ward 1879 in einem Torfstich unfern der Peene in einer Tiefe von ungefähr acht Fuß eine massiv gegossene bronzene Framea mit Schaftrinne gefunden und von dem Herrn Oberforstmeister Schröder zu Dargun an die Schweriner Alterthümersammlungen eingesandt.

Dr. G. C. F. Lisch.

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c. Eisenzeit.


Wendenkirchhof zu Alt=Jassewitz.

Im Sommer 1877 ließ der Erbpächter Herr Reuter zu Alt=Jassewitz bei Wismar in dem an der Grenze des Gutes Wohlde belegenen Brachschlage seiner Hufe nach Steinen graben und fand beim Ausheben derselben unmittelbar unter einem vom Pfluge schon etwas gehobenen flachen Stein eine Graburne ohne Verzierungen von 1 Fuß Durchmesser und 3/8 Fuß Höhe aus der Wendenzeit, welche ein Gemisch von Erde, Asche und zerbrannten Knochen enthielt. Dieselbe stand in fester Erde auf einem platten Stein und war in einer Entfernung von 1/2 Fuß von weitern Steinen kreisförmig dicht umgeben. Nach Entfernung dieser Steine und der die Urne umgebenden Erde fand sich jedoch, daß der Rand derselben durch den darüber hinweggegangenen Pflug bereits zerbrochen und der untere, in der Form noch vollständig erhaltene Theil derselben mehrere Risse bekommen, so daß derselbe beim Aufheben zerbrach und nur die Scherben geborgen werden konnten. - Etwa 30 Schritte von dieser Stelle entfernt hatten dieselben Arbeiter unlängst schon eine ähnliche, auf gleiche Weise zwischen Steinen vergrabene Urne gefunden, welche jedoch so mürbe war, daß sie sogleich gänzlich zerfiel. Alterthümer wurden weder in, noch neben diesen beiden Urnen gefunden.

Da der Untergrund dieses Ackerschlags noch viele Steine birgt, welche im Laufe dieses Sommers noch ausgegraben werden sollen, werden vielleicht noch weitere derartige Funde gemacht, für deren Schonung und Bergung Herr Reuter und Herr Schullehrer Seitz daselbst alsdann bestens Sorge tragen werden.

Wismar, im August 1877.

C. Mann.


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Wendische Begräbnißstätte von Granzow.

Im Frühling des Jahres 1871 ward ich darauf aufmerksam gemacht, daß auf dem westlich von der Gnoien=Teterower Chaussee gelegenen Theile der Granzow er Feldmark (bei Gnoien), aus dem sogenannten "Strietfelde", beim Ziehen neuer Gräben alte Urnen bloßgelegt worden seien. Unter freundlicher Unterstützung der Gutsherrschaft ließ ich weitere Nachgrabungen anstellen und fand in sandigem Terrain auf einer Fläche von etwa 50 □R. noch 6 Urnen in verschiedenen Abständen von einander. Diese Urnen, schwarzbraun von Farbe und ohne alle Verzierungen, waren aus einer mit Granitgrus durchmengten Masse gebildet und mit Asche und verbrannten Knochensplittern gefüllt. Sie standen sämmtlich etwa einen Fuß tief unter der Erdoberfläche, und zwar jede auf einer von kleinen, abgeplatteten Steinen hergestellten Unterlage. Da diese Urnen in so geringer Tiefe unter der Bodenfläche standen und sich hier und da auf jenem Ackerstücke noch zerstreute Urnenscherben fanden, so ist wohl mit Sicherheit anzunehmen, daß manche von den Urnen dieser Begräbnißstätte im Laufe der Zeit von der Pflugschar erfaßt und zerstört worden sind. Im Norden wird dieses Ackerstück von der Feldmark des Gutes Dölitz begrenzt, und auf diesem Theile derselben, ganz in der Nähe jener Begräbnißstätte, soll nach der Volkstradition in alten Zeiten das Dorf Dölitz gestanden haben. Das nun in alten Zeiten Dölitz nicht an der jetzigen Stelle, sondern weit mehr südwestlich nach der aufgefundenen Begräbnißstätte zu gelegen hat, steht historisch fest, wie denn z. B. auch die im dreißigjährigen Kriege zerstörte Dölitzer Kapelle nachweislich südwestlich von der jetzigen Dorfstätte lag. Da nun Granzow zu weit entfernt liegt, als daß an diese Ortschaft gedacht werden konnte, so ist nicht unwahrscheinlich, daß jene Begräbnißstätte den alten wendischen Bewohnern von Dölitz zur Bestattung ihrer Todten gedient hat.

Boddin.

Dr. Krüger, Pastor.


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Heidnische Wohnplätze zu Boddin.

Auf der Feldmark des Gutes Boddin bei Gnoien finden sich sehr zahlreiche thönerne Gefäßscherben, welche nach heidnischer Weise bereitet und in der Art der Gefäße

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aus der letzten heidnischen Zeit verliert und in jeder Hinsicht den Gefäßscherben von den bekannten großen Burgwällen Meklenburgs gleich sind. Diese Scherben finden sich hauptsächlich an zwei Stellen: in einer Sandgrube, in welcher eine Stelle sich durch die schwarze Farbe der Erde und der Gesteine auszeichnet, anscheinend durch mehrfaches Feuer gefärbt, und dann in einer Grandgrube, welche bei weitem die meisten Scherben liefert; die letzteren sind noch ganz vor kurzem, meistens 1 Fuß unter der Erdoberfläche, gefunden. Die Scherben haben alle den Charakter der Gefäße zum häuslichen Gebrauche und nicht zur Bestattung der verbrannten Leichen. Es gewinnt fast den Anschein, als wenn hier ein Lagerplatz gewesen ist, von dem die Benutzenden vertrieben sind und auf dem die Fliehenden alle ihre thönernen Gefäße zurückgelassen haben, 1 ) Interessant ist es, aus sehr zahlreichen Urnenscherben zu entnehmen, wie sich die Verzierungen von der einfachen graden Linie bis zu großer Mannigfaltigkeit entwickeln. Die Zahl der nicht figurirten Scherben beträgt reichlich das Doppelte der verzierten. Hin und wieder finden sich auch Knochen. Von andern Geräthschaften ist nur der eiserne Schlüssel gefunden, welcher im Folgenden beschrieben ist.

Boddin bei Gnoien, 1864.

L. v. Lützow.


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Schlüssel von Eisen.

Im März 1864 ward zu Boddin bei Gnoien in der oben beschriebenen Grandgrube zwischen heidnischen Gefäßscherben aus der Eisenzeit ein langer Schlüssel von Eisen gefunden und von dem wail. Herrn Staatsminister a. D. von Lützow auf Boddin geschenkt. Der Schlüssel ist lang, hohl, einfach construirt und zwar sorgfältig, aber nicht schön gearbeitet. Im Griffe hängt ein einfacher, zusammengebogener Ring von Eisen, welcher allerdings noch alte Formen der heidnischen Eisenzeit hat. Das Ganze scheint noch einen


1) Se. Excellenz der wailand Herr Staatsminister a. D. v. Lützow auf Boddin hat eine große Sammlung verzierter Scherben zusammengebracht und dem Verein geschenkt.
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alten, heidnischen Charakter zu haben, jedoch ist der Rost nicht tief. Wenn der Schlüssel noch heidnisch wäre, wie die Scherben andeuten, so würde er allerdings eine große Seltenheit sein. Für das christliche Mittelalter erscheint er zu einfach.


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Bunte Glasperle von Zülow.

Eine große Glasperle (oder Spindelstein?) von buntem Glase (oder Glaspaste) überreichte der Inspector Herr Putzky zu Zülow bei Schwerin, welcher dieselbe zu Zülow, wahrscheinlich im Torfmoor, gefunden hat, als Geschenk des Gutsbesitzers Herrn von Schack auf Zülow. Die Perle, welche 1 1/2 Centimeter im Durchmesser und ein großes Loch hat, ist von dunkelblauem Glase und auf der Oberfläche mit eingelegten gelben Parallel=Strichen verziert. Wahrscheinlich ist die Perle römische Arbeit.

G. C. F Lisch.

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d. Alterthümer anderer Europäischer Völker.


Ueber Riesenurnen.

Nachtrag zu Jahrb. XLII, S. 141 flgd.

Die sogenannten Riesenurnen, deren Vorkommen in Meklenburg in Jahrb. XLII, S. 141 flgd. bei Gelegenheit eines Fundes zu Ladowitz in Böhmen besprochen ist, scheinen in alter heidnischer Zeit weit verbreitet gewesen zu sein. Auch bei der Aufgrabung zu Olympia ward im Winter 1877 bis 1878 ein Exemplar gefunden. Die "Meklenburgischen Anzeigen" 1878, Nr. 54, März 5, berichten darüber kurz Folgendes aus einem Fundbericht:

"Das Hauptstück war ein mächtiges Thonfaß, indem zwei kleinere, bis an den Rand mit Kupfermünzen (aus dem 6. Jahrhundert nach Chr.) gefüllte Thonkannen verborgen waren."

Dieser Fund gleicht also in Hinsicht auf die gefundenen Thongefäße ganz dem Funde von Ladowitz, welcher jedoch keine Münzen enthielt.

Dr. G. C F. Lisch

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2. Christliches Mittelalter

und neuere Zeit.


Glasurte Ofenkacheln von Güstrow.

An der jetzt offenen Ostseite des Schloßvierecks zu Güstrow (jetzt Landarbeitshaus), der Stelle des abgebrochenen sogenannten "Wallensteinschen Flügels", lag ein großer Schutthaufen, welchen der jetzige Ober=Inspector Herr Major a. D. Baron von Nettelbladt bei Uebernahme des Ober=Inspector=Gartens abräumen ließ. In dem Schutthaufen fand derselbe eine große Menge zerbrochener glasurter Ofenkacheln, welche er 1877 an die Sammlungen zu Schwerin einsandte. Im Ganzen sind es ungefähr 50 kleinere und größere Bruchstücke, meistentheils kleine Bruchstücke mit allerlei Ornamenten, aber auch einige größere Bruchstücke von "Bildkacheln" mit Brustbildern fürstlicher Personen. Zur einen Hälfte sind die Kacheln grün, zur andern Hälfte schwarz glasurt und stammen wahrscheinlich von zwei Oefen, einem grünen und einem schwarzen.

Der grüne Ofen.

Die grün glasurten Kacheln sind den vielen am Schlosse zu Schwerin beim letzten Bau und öfter in der Stadt Wismar gefundenen Kacheln gleich. Sie enthalten größtentheils Ornamente der Renaissance=Zeit, einige aber auch Bildnisse fürstlicher Personen.

Unter den zu Güstrow gefundenen Kacheln ist eine in zwei Hälften zerbrochene große Kachel merkwürdig, welche das Bildniß der Herzogin Anna Sophia, † 1591, Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht I. von Schwerin, enthält. Diese Kachel hat dadurch Werth für die Kunstgeschichte, daß sie aus der in Jahrb. XLII, S. 146 flgd. beschriebenen Kachelform genommen ist, welche man in Wismar gefunden hat, wo man also die Fabriken der grünen Kacheln suchen muß. Das Alter dieser grünen Bildkachel von Güstrow und der Kachelform von Wismar läßt sich nun mit Hülfe der

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Baugeschichte des Güstrowschen Schlosses ziemlich genau bestimmen. Mehr als wahrscheinlich stammt die Kachel aus dem zweiten Bau am Schlosse 1587-88 nach dem Brande von 1586; vgl. Jahrb. XXXV, S. 19 und 22. Diese Zeit stimmt auch zu der Tracht der herzoglichen Wittwe Anna Sophia, welche 1591 starb, nachdem ihr Gemahl ihr 1576 im Tode vorangegangen war. Dies bestätigt wieder die Annahme in Jahrb. XLII, S. 146, daß die Wismarsche Kachelform in das letzte Viertheil des 16. Jahrhunderts zu setzen ist.

Ein anderes grünes Kachelbruchstück enthält den Kopf einer männlichen Figur mit der Inschrift H. Z. S. (Herzog zu Sachsen).

Der schwarze Ofen.

Die schwarz glasurten Kacheln kommen mit dem Anfange des 17. Jahrhunderts in die Mode. Unter den Güstrowschen Bruchstücken sind einige Stücke, welche dies zu bestätigen scheinen.

Eine längs durchbrochene Kachel enthält noch ein männliches Brustbild mit starkem Bart und hoher Mütze mit der Nebenschrift: SIGISM - -. Dies wird der König Sigismund III. von Polen, 1573, † 1632, sein.

Ein anderes Gesims=Bruchstück enthält von der Unterschrift noch die Buchstaben - - V. G. G. H. Z. M. Zu dieser Kachel wird ein Bruchstück mit einem männlichen Kopfe gehören, welcher sehr wahrscheinlich den Herzog Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow, 1611, † 1636, darstellt.

Die schwarz glasurten Kacheln stammen also wohl sicher aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, aus der Zeit der "Renovation" des Güstrowschen Schlosses seit 1604 durch den Herzog Karl, 1603, † 1610; vgl. Jahrb. XXXV, S. 22, Anm. 2.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Glasurte Ofenkachel von Wismar.

In Wismar ward vor längerer Zeit eine hohe Kachelform von Thon mit dem Reliefbilde (Knieestück) der Herzogin Anna Sophia, Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht von Meklenburg, gefunden und dem städtischen Museum, sowie 1876 von dem Herrn Dr. Crull dem Verein ein Gypsabguß davon übergeben. Bei der Untersuchung dieses seltenen Stückes zeigte es sich, daß quer durch die Mitte der Figur, durch den Gürtel, eine haarfeine Fuge geht, woraus sich schließen läßt, daß die Urform aus mehreren Stücken zusammengesetzt gewesen ist, so daß die einzelnen Stücke auch zu verschiedenen andern Kacheln benutzt werden konnten. Vgl. Jahrb. XLII, 1877, S. 176 flgd.

Im Jahre 1877 ward in Güstrow beim Schlosse in einem großen Haufen von Bauschutt neben vielen grünen und schwarzen Kachelbruchstücken eine grüne glasurte, hohe Kachel mit dem Bilde derselben Herzogin gefunden, welche ohne Zweifel aus der Wismarschen Form genommen ist und genau dieselben Eigenthümlichkeiten zeigt, wie die Kachelform. Vgl. oben S. 89.

Diese Wahrnehmungen werden durch einen neuen Fund glänzend bestätigt. Im Jahre 1878 schenkte Herr Dr. Crull dem Verein eine in Wismar gefundene kleine, grüne glasurte Ofenkachel mit dem Bilde der Herzogin Anna Sophia. Diese Ofenkachel ist quadratisch, wie gewöhnlich die grün glasurten Ofenkacheln, 7 Zoll hoch und 6 Zoll breit. Sie Zeigt das Brustbild der Herzogin bis zum Gürtel (oder der Fuge), welches genau dasselbe Bild ist, welches die Wismarsche Kachelform und die Güstrowsche Kachel darstellt. Zu dem Bilde ist also die obere Hälfte der Wismarschen Form benutzt. Die Umrahmung dieser Wismarschen Ofenkachel ist aber eine einfachere und ganz andere, als die der Form, und gleicht den Einfassungen anderer Wismarscher Ofenkacheln.

Es geht aus diesen Wahrnehmungen und Beweisstücken hervor, daß zur Herstellung dieser grünen Bildkacheln verschiedene Formstücke durch verschiedene Zusammensetzungen benutzt wurden.

Der Verein besitzt jetzt in diesen drei Stücken neben einander sehr wichtige Werthstücke zur Erkenntniß und Geschichte des Kunstgewerbes der Renaissance=Zeit.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Alte Ofenkacheln von Rostock.

Beim Bau des Land= und Amtsgerichtsgebäudes zu Rostock, im östlichen Flügel des großherzoglichen Palais in der Schwaanschen Straße, an der Stelle des für das Gerichtsgebäude abgebrochenen sogenannten "Pavillons" (früheren "Cavalier=Hauses"), an der Ecke der Schwaanschen Straße und des "Grünen Weges", neben dem "Frater=Hause" (jetzt Wollmagazin) wurden im Jahre 1878 beim Abbruch eines Ofens neun sehr seltene und merkwürdige Kacheln entdeckt und von dem bauleitenden Architekten, Herrn Landbaumeister Luckow, an die großherzoglichen Sammlungen eingesandt.

Diese theilweise beschädigten Kacheln sind für Meklenburg von ungewöhnlicher Größe, Gestalt und Bearbeitungsweise. Die meisten sind mehr breit, als hoch, von oblonger Form, durchschnittlich etwas über 30 Centim. hoch und 40 Centim. breit. Sie sind von feinem Thon, gelblichroth gebrannt, ohne Glasur und Färbung, und sind auf der Oberfläche mit ungewöhnlichem Bildwerk in ziemlich hohem Relief verziert. Das Bildwerk besteht zum größten Theil aus erotischen Darstellungen, in welchen Löwen und Amoretten die Hauptfiguren spielen. So z. B. zeigen mehrere Kacheln die Venus auf einem Triumphwagen, von Löwen gezogen, welche von Amoretten gezügelt werden, und ähnliche Bilder; andere Kacheln stellen die Jahreszeiten mit Knabengestalten dar. Die bildlichen Darstellungen, im antiken Styl, sind sehr fein, richtig gezeichnet und modellirt und (auch nach Luckow's Urtheil) von großer Schönheit und Seltenheit. Diese Kacheln stammen wohl spätestens aus der Mitte 18. Jahrhunderts, als unter dem Herzoge Christian Ludwig II. (1747, † 1756) das Palais zu Rostock ausgebauet ward (vgl. Lisch, Meklenburg in Bildern, Heft III, 1844, S. 45 bis 46) und sind wohl französischen Ursprungs. Wahrscheinlich ist dieser Ofen mit den bildlichen Darstellungen später aus dem "Palais" in den "Pavillon" versetzt.

Die genaueren Beschreibungen und Beurtheilungen müssen Kunstforschern von Fach überlassen bleiben.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Bunte gewebte Leinwand=Laken.

Herr Lieutenant Cordes zu Schwerin schenkte aus dem Nachlaß seiner Urgroßältern dem Verein zwei kunstvoll gewebte gleich gemusterte Leinwand=Laken, welche zu Bettüberzügen (Deckbett und Kopfkissen) zusammengenäht waren, jetzt aber aufgetrennt sind und Laken von zusammen 11 Ellen Länge bilden.

Die Laken bestehen aus starker Leinwand und sind auf blauem Grunde mit gewebten figürlichen Darstellungen oder gewebten Bildern von weißer Farbe geschmückt. Diese figürlichen Zeichnungen, welche sich oft wiederholen, stellen die Hochzeit zu Canaan, nach Evangelium Johannis, Cap. 2, V. l bis 11, dar.

Die Darstellungen enthalten in zwei Reihen oder Columnen neben einander wiederholt vier Gruppen oder Bilder unter einander, ohne Theilungs= und Einrahmungslinien, welche alle gleich sind, eine Reihe jedoch verkehrt gewebt.

Die vier immer gleichen Gruppen sind folgende, von oben nach unten:

1) Oben ein Ziehbrunnen mit einer Wasser schöpfenden Magd, daneben fünf Krüge, hinter denen ein Diener steht.

2) Darunter am gedeckten Tische der Speisemeister, dem ein Diener einen Becher reicht.

Darunter, in der Mitte, mit großen Buchstaben die Inschrift:

Die Hochzeit zu
CANA

3) Darunter die Stadt Canaan mit Häusern, Thürmen und Thoren, vor dem Thore Bäume und Sträucher.

4) Das Hochzeitsmahl. Am gedeckten Tische sitzen fünf Personen: Das Brautpaar, ein Aelternpaar, am Ende Jesus mit einer Strahlenkrone um das Haupt. Auf dem Tische steht auch ein (der sechste) Krug.

Eingefaßt sind die Decken an den Rändern umher mit Blumenranken.

Dieses Werk, ohne Zweifel ein kostbares Aussteuerstück oder Hochzeitsgeschenk, ein seltenes Kunstwerk seinerzeit und Art, wird, nach Styl und Schrift, aus dem Anfange des 18. oder Ende des 17. Jahrhunderts stammen. Aelter wird es wohl nicht sein.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Ein alter Maßstab.

Bei den Erdarbeiten für den Bau der Rampe des Museums an der Nordseite des Alten Gartens zu Schwerin, hinter dem Denkmale Paul Friedrichs, ward um das Jahr 1877 flgd., ungefähr 3 1/2 Meter tief im Moor, außer vielen häuslichen Geräthen, z. B. eisernen Messern, Beilen, thönernen Töpfen u. s. w., auch ein alter Maßstab ("Zollstock") gefunden, welcher wegen seiner großen Seltenheit von Werth ist. Der Maßstab ist ein schmaler, dünner Stab von Messing mit einer Scheide zum Einklappen des Stabes. Der Stab ist grade 1 Fuß lang und sind die 12 Zolle mit Strichen und Zahlen auf der Scheide eingravirt. Das Maß ist genau das noch heute in Meklenburg gebräuchliche Hamburger Maß. An einem Ende ist die Jahreszahl 1670 eingravirt. Es hat also in Meklenburg seit Jahrhunderten das Hamburger Maß als Längenmaß gegolten.

Dr. G. C. F. Lisch.


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Träger aus Schmiedeeisen.

Herr Hofbaurath Willebrand zu Schwerin schenkte einen kunstreich gearbeiteten Träger aus Schmiedeeisen, welcher wahrscheinlich eine meklenburgische Arbeit ist. 1 ) Der Haupttheil solcher Träger besteht aus einer horizontal gerichteten eisernen Stange, welche an der Außenwand des Hauses angebracht ist und in die Luft hineinragt, und ist dazu bestimmt, an der Spitze Aushängeschilder, Leuchten und dergleichen zu tragen. Der Schweriner Träger ist wohl ein Leuchtenträger gewesen, da an der Spitze ein zum Oeffnen eingerichteter breiter, eisener Ring hängt, offenbar zum Hineinsetzen einer Leuchte. Der rechte Winkel unter oder über der Tragstange ist gewöhnlich mit "gebogenen und geflochtenen Stäben mit aufgesetztem Blattwerk" gefüllt, welche immer Meisterwerke der Schlosserarbeit und oft wahre Kunstwerke aus der Zeit der Spät=Renaissance 2 ) sind.

In Norddeutschland mögen solche Träger schon sehr selten sein. In den Oesterreichischen Landen sind sie jedoch nicht selten; namentlich findet man in "Grätz" noch viele. In den "Mittheilungen der k. k. Central=Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst= und historischen Denkmale", Dritter Band, Zweites Heft, Wien 1877", S. LVI bis LX, sind 7 kunstreiche Träger dieser Art abgebildet.

Schwerin, 1879.

Dr. G. C. F. Lisch.



1) In Schwerin am östlichen Ende des "Großen Moors" hängt an dem alten vorletzten Hause rechts, Nr. 49, einer frühern alten (Schmiede= und Schneider=) Herberge an einem sehr schön gearbeiteten Träger ein Herbergsschild, neben andern minder schönen. Dr. Fr. Bärensprung.
2) Ich erinnere mich in Meklenburg nur eines großen Werkes von kunstreicher Schlosserarbeit. Dies ist das große eiserne Gitter um den Taufstein in der Domkirche zu Güstrow aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, aus der Zeit des Herzogs Ulrich. G. C. F. Lisch.
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Goldfund von Plau.

Im Frühling des Jahres 1863 wurden zu Plau in dem an der Eide gelegenen Garten des Herrn Kaufmanns Hirsch beim Ausgraben der Erde zum Fundamente eines Speichers folgende Goldsachen gefunden und durch Vermittelung des Herrn Bürgermeisters Klitzing zur Ansicht eingesandt:

ein Rosenobel des Königs Eduard III. von England;

ein goldener Fingerring, mit einem kleinen viereckigen Knopfe mit einem Amethyst;

ein goldener Fingerring, mit einem Herzen mit einem Amethyst;

ein goldener Fingerring, gebildet aus vier ineinander hangenden Drathringen.

Der Fund wird, nach der Arbeit der Ringe, aus der Mitte des 16. Jahrhunderts stammen; die alten Rosenobel werden mit Gegenständen des 16. Jahrhunderts in Norddeutschland öfter zusammen gefunden. Besondern geschichtlichen oder Kunstwerth haben die Sachen nicht.

G. C. F. Lisch.

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II. Zur Siegel= und Wappenkunde.


Siegel des Ritters Ludolph von Swanow.

Zu Markow bei Ivenack, Amts Stavenhagen, Pfarre Borgfeld, ward im Jahre 1878 auf dem Felde von einem Landwirthschaftsgehülfen ein mittelalterlicher Siegelstempel (von Bronze) gefunden und ein Lack=Abdruck davon durch den Herrn Director Dr. Schlie zu Schwerin dem Verein überreicht.

Das Siegel ist dreieckig schildförmig und 4 Centimeter hoch, also ziemlich groß. Es hat als seltenes Wappenbild im leeren Felde rechts gekehrt einen aufgerichteten gekrönten Leoparden (mit vorwärts gekehrtem Gesicht) und die Umschrift:

Umschrift

Das Siegel, welches nach allen Anzeichen aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts stammt, gehört also ohne Zweifel einem rittermäßigen Manne Ludolph von Swanow.

Ein rittermäßiges Geschlecht von Swanow oder Schvanow war bisher in Meklenburg und Pommern, auch sonst nicht bekannt. Durch das Meklenburgische Urkunden=Buch ist aber in neueren Zeiten diese Familie aufgeklärt.

Am 11. Junii 1318 schenkten die Brüder Bernhard und Heinrich Maltzan, Ritter, dem Kloster Dargun zur Vergütung für die demselben zugefügten Schäden drei Hufen in Bresen, Amts Stavenhagen. Unter den Zeugen ist auch der Ritter Ludolph von Svanow ("dominus Ludolphus de Zwanow miles"). Vgl. Meklenb. Urk.=Buch VI, Nr. 3986, und vorher Lisch Maltzahn. Urk. I, Nr. 127, S. 276. Dies war also ohne Zweifel 1318 der Besitzer des zu Markow gefundenen Siegels. Von den Brüdern Maltzan saßen in Pommern der Ritter Bernhard 1307-1320 auf Cummerow und der Ritter Heinrich 1307-1331 auf Loiz, nicht weit von der Meklenburgischen Grenze und von Markow. Vgl. Lisch Maltzan Urk. I, Stammtafel. Dieselben Brüder Maltzan besaßen um dieselbe Zeit auch das Dorf Grabow

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in Neu=Vorpommern, bei Cummerow. Vgl. Mekl. Urk.=Buch VI, Nr. 3985. Am 16. Julii 1318 kommt derselbe Ritter Ludolph von Svanow ("dominus Ludolphus dictus de Suanoue miles") noch ein Mal vor als Bürge für den Schweriner Bischof Hermann Maltzan vor, der ein Vetter der gedachten Ritter Maltzan war. Vgl. Mekl. Urk.=Buch VI, Nr. 3997. Wahrscheinlich war der Ritter Ludolph von Svanow mit dem Maltzan verwandt, da der Vorname Ludolph vorher und später in der Maltzan'schen Familie öfter vorkommt. Vgl. Lisch Maltzan'sche Urkunden.

Die Familie von Svanow läßt sich aber noch genauer nachweisen. Am 12. März 1341, zu Gnoien, verpflichten sich der Knappe Johann Grube und "Otto Swanow" ("van miner weghen") gegen den Fürsten Albrecht von Meklenburg zum Dienste "mit deme hus tůme Wolde"," "behaluern hern Ludeke Moltzan". Vgl. Meklenb. Urk.=Buch IX, Nr. 6117, und Lisch Maltzan'sche Urk. II, Nr. 226, S. 38. Die Svanow saßen also mit andern Rittern und Knappen, auch den Maltzan, wahrscheinlich als Burgmänner, auf der großen und berühmten Burg Wolde , auf der Meklenburg=Pommerschen Grenze bei Stavenhagen, nicht weit von Markow, welche bekanntlich lange Zeiten den Maltzan gehörte. * ) Bestärkt wird dies Alles durch eine Urkunde vom 15. März 1349, in welcher ein Heinrich Svanow gradezu "von Wolde" genannt wird. Hinricus Zwanowe de "Volde" ist bei der Familie Dargatz Gelübds=Mitempfänger von den Fürsten Johann und Nicolaus Vater und Sohn von Werle über die Geldbeden von den Dörfern Klokow, Ritzerow, Sülten und Kittendorf bei Stavenhagen. Vgl. Meklenb. Urk.=Buch X, Nr. 6934.

Von gleichen Ansichten geleitet hat auch Römer in seinem zweiten Personen=Register zum Meklenburgischen Urkunden=Buch (Meklenb. Urk.=Buch, Bd. XI, S. 579) die "Schwanow, Swanow, Zwanow, für eine Pommersche Adelsfamilie" erklärt und die obengenannten "Knappen" "Otto und Heinrich Svanow", 1341 und 1349, von "Wolde", "als Brüder" angenommen.

Durch die Entdeckung des Svanowschen Siegels hat die alte Geschichte des östlichen Meklenburgs etwas mehr Licht bekommen.

Dr. G. C. F. Lisch.



*) Markow, Fundort des Siegels, wird ein Gut des Ritters Ludolph von Svanow gewesen sein.
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Das von Flotow'sche Wappen.

Nachtrag zu Jahrb. XLII, S. 149.

Von

Pastor Ragotzky zu Triglitz.

Zu dem Berichte in den Jahrbüchern, Band XLII, S. 149, über einen alten v. Flotow'schen Koffer hat Herr Geh. Archivrath Dr. Lisch eine Bemerkung gemacht über das von Flotow'sche Wappen, welches mit der Jahreszahl 1710 an der Vorderwand jenes Koffers gemalt ist. Es sei mir erlaubt, dieser Bemerkung noch Einiges hinzuzufügen.

Ein älteres colorirtes v. Flotow'sches Wappen findet sich nämlich in dem Stammbuche eines Adam Köppen aus Malchow, welches Herr Dr. Crull zu Wismar besitzt. Die Inschriften dieses alten Stammbuches sind meistens zu Rostock, Wismar, Nürnberg, Padua vom Jahre 1609, dann auch an anderen Orten Meklenburgs bis zum Jahre 1613 datirt. Eingemalte Wappen sind nur wenige darin, aber ein von Flotow'sches aus dem Jahre 1609, also von einem noch 100 Jahre älteren Datum, als das dem Koffer aufgemalte. Das Wappenbild des Schildes ist hier genau eben so gemalt, wie an dem Koffer, und nur in der Darstellung der Helmzier zeigt sich folgende Abweichung. Der zwischen den beiden übereck in Silber und Roth getheilten Büffelhörnern auf dem von Silber und Roth gewundenem Wulste stehende schwarze, goldglänzende Vogel (? Amsel, Staar) faßt mit dem Schnabel über einen grünen mit Goldfäden durchflochtenen Kranz, welcher sich in zwei Rundungen, die sich auf der Brust des Vogels kreuzen, über die Büffelhörner hinzieht. Der Vogel hält also nicht einen Ring im Schnabel, sondern faßt mit demselben den Kranz, und dieser verbindet nicht oben die beiden Büffelhörner in einer Windung, sondern in zwei auf der Brust des Vogels sich kreuzenden Windungen umschlingt er die beiden Büffelhörner etwa in ihrer Mitte. - Die Helmdecken sind silbern und roth.

Abgesehen davon, daß in den ältesten v. Flotow'schen Siegeln bis zum 16. Jahrhundert das Kreuz immer als ein Andreaskreuz erscheint (vgl. Jahrb. XXVI, S. 288), seitdem aber immer als ein grades, rechtwinkliges dargestellt wird, so wurde das v. Flotow'sche Wappen doch auch im 17. und 18. Jahrhundert wesentlich anders geführt, als Masch im

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Mekl. Wappenbuche unter Nr. 56, und v. Lehsten in seinem Adel Meklenburgs S. 70 es als jetzt gebräuchlich angeben. Da nun auch in dem v. Hoinckhusen'schen Wappenbuche (vor 1746), und nach der v. Gamm'schen Beschreibung (1786 der v. Flotow'sche Wappenschild durchaus eben so dargestellt wird, wie ihn jene oben erwähnten wohl ältesten Abbildungen zeigen, so dürfte es doch kaum zweifelhaft sein, daß das von Flotow'sche Schildwappen nur so als richtig angenommen werden kann, wie auch v. Meding (Nachrichten von Adelichen Wappen, Bd. III, Nr. 225) es beschreibt, nämlich: Im silbernen (nicht rothen) Felde ein durchgehendes (nicht schwebendes) gemeines rechtwinkliches rothes (nicht silbernes) Kreuz, in jeder Ecke von einem rothen (nicht goldenen) Ringe begleitet. - Daß an Stelle der Ringe auch Kugeln sich dargestellt finden (wie z. B. auf zwei Siegeln meiner Sammlung aus den Jahren 1638 und 1641), ist jedenfalls nur der Unwissenheit oder Ungeschicklichkeit des Stempelschneiders zuzuschreiben; und ob für die in neuerer Zeit ziemlich allgemein beliebte Veränderung der Form des Kreuzes und für die Verkehrung der Farben noch ein besonderer Grund vorgelegen, ist wohl sehr zu bezweifeln!- Die Varianten in der Helmzier mögen als nicht eben wesentlich angesehen werden; solche Abweichungen kommen öfters schon auf alten Siegeln und Abbildungen der Wappen vor; aber der Wappenschild müßte doch füglich in seiner unzweifelhaften Richtigkeit allgemein von der Familie wieder angenommen werden! - Ragotzky.

Es dürfte nicht uninteressant sein, auch die v. Flotow'sche, neben dem Wappen stehende Inschrift aus dem Stammbuche des Adam Köppen hier mitzutheilen. Dieselbe lautet wörtlich:

Horatius.

Sperat infestis, metuit secundis alteram
sortem bene praeparatum pectus. -

Im Unglück habe eines Lewen mueth,
Traue Godt, es wird wol wieder guet!

Zu sonderlichem Gefallen schrieb
dieses dem Erbaren wolgelarten
Adam Köppen Ao. Christi 1609 den 7. Novembris
     Georg Flotow,
des Hauses Stuer Erb= und
Landes Malchow Pfandherr.


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Zur Siegel= und Wappenkunde.

Herr Schlossermeister Weber zu Schwerin schenkte dem Verein zwei alte eiserne Wappenstempel, welche er mit anderem alten Eisen erworben gehabt hat.

1) Siegelstempel, sechs Zoll hoch, eine achteckige, massive Stange zum Schlagen oder Klopfen von Wachs= oder Oblaten=Siegeln, an einem Ende mit dem ovalen bekannten Wappen der meklenburgischen adeligen Familie von der Lühe, mit Schild und Helm.

2) Eisernes Petschaft, mit eisernem Griff, von moderner Form, Wappenplatte und runder Griff aus einem Stück, drei Zoll hoch, mit einem Wappen, welches noch nicht hat bestimmt werden können. 1 ) Einer meklenburgischen Familie gehört es bestimmt nicht an. Das Wappen ist ein fremdes und das Petschaft vielleicht in Kriegszeiten in Meklenburg verloren gegangen. Ein Versuch zur Deutung des Wappens folgt hier.

Das Wappen ist zum Theil etwas undeutlich, enthält aber ungefähr folgende Darstellung: Schild mit einem Schildeshaupte, in welchem zwei Rosen, wie es scheint, stehen, im Schilde zwei an einem Baume mit kleinen runden Früchten (Nüssen) aufgerichtete Löwen, auf dem Helme zwei gegen einander gerichtete sitzende Eichhörnchen (ein seltenes Wappenbild). Dieses Wappen, welches anscheinend im 18. Jahrhundert gestochen ist, gehört wahrscheinlich in die Gruppe der dänischen Familien Friis , von denen mehrere die Wappenzeichen unseres Siegels führen. In dem "Lexicon over adelige Familier i Danmark" etc . Bd. I, 1787, sind S. 159-162 die Familien Friis aufgeführt und dazu Tab. XXVIII und XXIX, Nr. 72 - 87, 16 Wappen dieser Familien abgebildet. Von diesen Wappen haben: Nr. 72 im Schilde drei sitzende Eichhörnchen, welche Nüsse knacken, auf dem Helme zwei entgegengekehrte Eichhörnchen zu beiden Seiten eines Baumes; Nr. 74 im Schilde einen Querbalken, auf welchem ein Eichhörnchen sitzt, auf dem Helme zwei Hörner; Nr. 75 im Schilde drei Rosen, auf dem Helme zwölf Fahnen; Nr. 76 im Schilde ein gekröpfter Baumstamm mit einem Zweige mit Blättern, auf dem Helme eine Lilie; Nr. 78 im


1) Das Wappen ist mehreren erfahrenen, mir befreundeten Heraldikern nicht bekannt. Auch durch den heraldischen Verein "Herold" zu Berlin hat bei "Heraldikern von Fach" das Wappen keine Deutung finden können.
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Schilde ein Eichhörnchen, Helm leer; Nr. 80 einen Baumzweig mit Blättern.

Diese Wappen der dänischen Familien Friis enthalten also alle Bestandtheile des Wappens auf unserm eisernen Petschaft.

Das Eichhörnchen allein kommt sonst noch öfter als Wappenthier bei andern Familien in Dänemark vor. Vgl. Lexicon.

Für Meklenburg ist das Wappen=Eichhörnchen nur ein Mal beobachtet. Der dänische Graf Friedrich von Oertzen, aus dem Hause Helpte, 1733, † 1779, führte im viergetheilten Hauptschilde an 1. und 4. Stelle ein sitzendes Eichhörnchen, da seine Mutter eine geborne Gräfin Friis und seine Gemahlin eine Wittwe Friis war. Vgl. Lisch Geschichte des Geschlechts von Oertzen I., 1847, S. 26, und Wappen=Abbildung, Taf. II.

Schwerin 1878.

Dr. G. C. F. Lisch.

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III. Zur Münzkunde.


Münzfund von Gammelin.

Von

Dr. G. C. F. Lisch.

Im Jahre 1878 wurden auf dem Felde des großherzoglichen Domanialgutes Gammelin bei Hagenow von zwei Arbeitern beim Drainiren zwei Fuß tief viele große Silbermünzen gefunden und von den Arbeitern dem Gutspächter Herrn Beckmann übergeben, welcher sie nach einiger Zeit dem großherzoglichen Cabinet überreichte.

Die Münzen, 120 Stück an der Zahl, sind zum größten Theil alte Reichsthaler, nämlich 113 ganze und 7 halbe Thaler oder ähnliche kleinere Münzen, wie das hier unten folgende Verzeichniß ausweiset. Dem Gepräge nach sind die Münzen meist deutsche oder solche Thaler, wie sie zur Zeit des dreißigjährigen Krieges in Deutschland in Umlauf waren. Ueber die Hälfte (62) sind österreichische (23), niederländische (31) und spanische (8) Münzen, wie sie in Deutschland oft gefunden werden. Die übrigen gehören kleineren deutschen Staaten, Grafen und Reichsstädten an. Meklenburgische Münzen sind nicht darunter.

Der Zeit nach fallen die meisten Münzen in die erste Zeit des dreißigjährigen Krieges, 1618 bis 1632; einige wenige reichen noch bis in das 16. Jahrhundert zurück. Die jüngste Münze ist vom Jahre 1632. Der Schatz mag also in der schlimmsten Zeit des dreißigjährigen Krieges 1637-1638 vergraben sein.

Se. Königliche Hoheit der Großherzog hat geruhet, die in den hiesigen Sammlungen nur schwach vertretenen Münzen B, C, II, für die großherzoglichen Münzensammlungen nach dem Werthe zu erwerben und die übrigen den Findern zur Verwerthung zu überlassen.

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Verzeichniß

der

Zu Gammelin gefundenen Thaler.


I. Thaler.

A. Staaten.

Verzeichnis der gefundenen Thaler; Staaten

B. Städte.

Verzeichnis der gefundenen Thaler; Städte
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C. Grafen und Herren.

Verzeichnis der gefundenen Thaler; Grafen und Herren

D. Geistliche.

Verzeichnis der gefundenen Thaler; Geistliche

II. Halbe Thaler.

Verzeichnis der gefundenen Halben Thaler

Gesammtzahl.

Gesammtzahl
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Ueber Kreuzpfenninge (crucepenninge).

In den "Mittheilungen des Vereins für Hamburgische Geschichte", 2. Jahrgang, 1879, Nr. 6, S. 69 flgd., hat der Herr Dr. Koppmann den sehr selten vorkommenden Ausdruck crucepenninge (Kreuzpfenninge) zur Sprache gebracht und in den Hamburgischen Kämmereirechnungen von 1350 bis 1386 nachgewiesen. Nach den beigebrachten Stellen bezeichnete der Ausdruck in Hamburg eine "Abgabe", einen Grundzins. Zur Erklärung des Wortes hat Koppmann aber nichts vorgebracht. Auch Gädechens in seiner Fortführung der Koppmannschen Untersuchung in den "Mittheilungen", 2. Jahrgang, 1879, Nr. 8, S. 109 flgd., hat zur Erklärung des Wortes nichts beigesteuert.

Schiller im "Mittelniederdeutschen Wörterbuch, von K. Schiller und A. Lübben", 11. Heft, 1875, S. 588, unter "Kruzepenink" (denarii cruciales") führt nur eine Stelle v. Hammerstein's (im "Bardengau, S. 590") an, nach welcher der Ausdruck eine "Abgabe bezeichnen soll, um damit "Kreuze zu errichten."

Der Ausdruck cruzepennink ist, wie gesagt, sehr selten. Ich halte dafür, daß mit dem Ausdruck nicht eine Abgabe, sondern eine Münzsorte bezeichnet werden soll. Im Schweriner Haupt=Archive ist mir in 44 Jahren nur ein Mal eine urkundliche Stelle vorgekommen, welche zur Erklärung dienen kann. In einem großen, mit vielen alten Rechtsformeln ausgestatteten Pfandbriefe über das Gut Gr. Stove vom 21. December 1514 wird auch festgesetzt für die Pfandnehmer:

"se scholen dar mede nicht verplichtet wesen, uns efte unsen eruen yenich ghelt | krutze efte munthe | edder fruntscop na to gheuende efte to donde".|

Hier werden durch "krutze eft munthe" offenbar Münzsorten an "Geld" bezeichnet. - In dem Worte "krutze" finde ich eine Bezeichnung für "Wittenpfenninge" mit einem Kreuz auf der Rückseite. Seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, als die "crucepenninge" in Hamburg am häufigsten vorkommen, ließen die norddeutschen Städte statt der einseitigen Hohlmünzen viel zweiseitige "Wittenpfenninge" schlagen, welche ein Kreuz auf der Rückseite und auch Umschriften trugen, welche die norddeutschen Hohlpfennige nicht hatten. Ueber diese Kreuze auf den Wittenpfenningen hat Masch wiederholt gründlich gehandelt

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in den Jahrbüchern XV, 1859, S. 335 flgd. (Münzfund von Rüst) und Jahresbericht VI, S. 50 flgd. (Münzfund von Hagenow). Diese "Kreuzpfenninge" sind in Meklenburg auch in Münzfunden aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in großen Massen gefunden, wie die häufigen Berichte in den Jahrbüchern ausweisen. - Die Ausdrücke "Kreuzpfenninge" oder "Kreuze" mögen dasselbe bezeichnen, was in Oberdeutschland durch das hochdeutsche Wort "Kreuzer".

Mit "Munthe" sollen 1514 wahrscheinlich Geldsorten bezeichnet werden, welche jünger sind, als die kruzepenninge des 14. Jahrhunderts, vielleicht Münzen mit der Umschrift "moneta".

Dr. G. C. F. Lisch.

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IV. Zur Kunstgeschichte.


 

Zur

Geschichte der Glasmalerei in Rostock.

In Jahrb. XXIII, S. 377 flgd., ist dargelegt, daß das Amt der Glaser mit dem Amte der Maler im Mittelalter vereinigt war, daß sich diese Verbindung in den großen Städten, namentlich auch in Rostock, noch bis in die ersten Zeiten der neueren Geschichte fortsetzte und daß die Glaser auch auf Glas malen können mußten, jedenfalls aber alles Technische der Glasmalerei, auch das Brennen, besorgten, wie noch heute in Lübek. Es ist zugleich a. a. O. S. 382 nachgewiesen, daß in Rostock noch im Anfange des 18. Jahrhunderts die Glasmalerei von Glasern mit Erfolg, wenn auch in einfacher Manier, geübt ward.

In Rostock war es in der Schmiedestraße, in dem Hause Nr. 10, zur Rechten, wenn man von der Marienkirche nach der Langen Straße hinunter geht. Das Haus ist seit alter Zeit ein Glaserhaus gewesen, jetzt im Besitze des Kupferschmieds Herrn Schirmer, Steinhorst's Nachfolger, 1 ) Dieses Haus ist von außen schwarz mit Weißen Leisten getüncht und der schwarze Grund mit Verzierungen von Glas ausgelegt, eine Eigenthümlichkeit, welche sich auch in anderen Städten findet und vielleicht auf alte Glaserhäuser und deren Restauration im 18. Jahrhundert hinweiset.

In dem Hause befinden sich in den Fenstern noch mehrere alte Glasmalereien aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Der Herr Schirm er hat von diesen der großherzoglichen Sammlung im Jahre 1862 ein schönes meklenburgisches


1) Der Herr Hofglaser Beckmann zu Doberan ist es, der mich hierauf aufmerksam gemacht hat.
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Wappen des Herzogs Sigismund August (1586, † 1600) geschenkt mit der Unterschrift:

SIGISMVNDVS. AVGVSTVS. V.G.G.
HERTZOG. Z.M.F.Z.W.G.Z.S.D.L.R.V.S.H.

Das Wappen ist noch ungewöhnlich gut, auch in den Farben, gemalt, und das Glas der Helmdecken: blau, gelb, roth, ist an Tiefe und Gluth der Farben noch ausgezeichnet.

In diesem alten Hause, welches der Familie Steinhorst gehörte, ist seit alten Zeiten Glaserei und Glasmalerei getrieben. Der letzte, der in diesem Hause diese Kunst noch zu üben suchte, war, nach den Mittheilungen des Herrn Schirmer, der Glaser und Glasmaler Holz, ein Halbbruder von F. Steinhorst, welcher der Vater des Vorgängers des Herrn Schirmer war. Holz, welcher im Jahre 1789 starb, sammelte nicht allein die in dem Hause befindlichen alten Glasgemälde, sondern übte auch die letzten Regungen des Malens auf Glas, welche nicht mehr Glasmalerei zu nennen ist, indem er Gläser von hinten mit Farben belegte, diese aber nicht einbrannte. Die Familie bewahrt im Hause noch viele in dieser schlechten Manier als Staffeleibilder angefertigte große Portraits, Fruchtstücke und dergleichen. Mit diesen letzten Regungen erlischt die Ausübung der alten Glasmalerei.

Schwerin, 1862.

G. C. F. Lisch.

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Druckfehler

in Abhandlung A. IX von Dr. Hofmeister.


S. 53, Zeile 4 v. o. zu lesen: Emßer.
S. 62, Zeile 12 v. u. " " koninnck.
S. 63, Zeile 13 v. o. " " sproke.
S. 63, Zeile 15 v. o. " " be= | trachtende.
S. 63, Zeile 29 v. o " " aue=.
S. 63, Zeile 31 v. o. " " leuende.
S. 65, Zeile 26 v. o. " " Vnser.

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