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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Steinzeit.


Alterthümer der Steinzeit von Ostorf bei Schwerin.

Zweite Aufgrabung.

Fortsetzung von Jahrb. XLIII, S. 193 flgd.

I n den Jahrbüchern XLIII, S. 193 flgd., sind die Alterthümer der Steinzeit beschrieben und beurtheilt, welche der Fischereipächter Herr Lude zu Schwerin im Jahre 1877 auf einer kleinen Insel im Ostorfer See bei Schwerin bei Grabungen in einer muthmaßlichen alten Höhlen= oder Grubenwohnung gefunden hat.

Im Frühling 1879 hat Herr Lude 1 ) an derselben Fundstelle weiter gegraben und dabei, unter befördernder Theilnahme des Herrn Gärtners C. Schumacher, neben einem Herde von Kohlen, eine Menge von gleichen und ähnlichen Alterthümern der Steinzeit gefunden, welche derselbe auch an die großherzoglichen Alterthümer=Sammlungen eingeliefert hat.


1) Herr Lude ist nach Abfassung dieses Berichtes am 30. September 1879 gestorben. Es ist also weitere Nachricht über diese Fundstelle nicht zu erwarten. G. C. F. Lisch.
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Diese Alterthümer sind folgende:

1) Eine große, feine Urne aus Thon, von hellbrauner Farbe, mit vielen Linien=Ornamenten der Steinzeit verziert, ähnlich der zuerst gefundenen, in Jahrb. XLIII, S. 195 flgd., Nr. 8, beschriebenen Urne. Diese Urne war ganz zerbrochen, hat sich aber zur vollen Ansicht wieder zusammensetzen lassen.

2) Eine mittelgroße, dickwandige Urne aus Thon, von dunkelbrauner Farbe, ohne Verzierungen, an einer Seite beschädigt.

3) Eine ganz kleine Urne aus Thon, von brauner Farbe, ohne Verzierungen, 4 Centimeter hoch. Dieselbe ist nur in einer senkrechten Hälfte vorhanden.

4) Zwei geschliffene Keile aus dunkelgrauem Feuerstein.

5) Drei roh geschlagene (Lanzen=?) oder(Harpun=) Spitzen aus hellgrauem Feuerstein.

6) Fünf kleine keilförmige Feuersteinstücke, roh geschlagen.

7) Fünfundzwanzig spanförmige Feuersteinmesser.

8) Fünf Pfriemen oder Meißel aus Knochen.

9) Fünf große Eberhauer.

10) Ein abgekeiltes Hirschhornende, wie Jahrb. XLIII, S.194, Nr. 5.

11) 129 in der Wurzel durchbohrte Thierzähne, Fangzähne (wie Jäger meinen) von Hunden 1 ), Wölfen? oder Füchsen? zu einem Halsbande. Die Bohrung ist sehr sauber ausgeführt und kegelförmig von den beiden flachen Seiten beschafft, wie auch die steinernen Streitäxte der Steinzeit gebohrt sind.

12) 30 im Bohrloche ausgebrochene gleiche Thierzähne, verunglückte Bohrungen.

13) Ein Unterkiefer vom Schwein.

14) Ein Klumpen Glimmersand, vielleicht zur Anfertigung der Thon=Urnen.

Diese Funde scheinen die in den Jahrbüchern a. a. O. S. 196 aufgestellte Ansicht zu bestätigen, daß die Fundstelle eine frühere Gruben= oder Höhlenwohnung der Steinzeit gewesen ist.


1) Solche durchbohrte Thierzähne zum "Hängeschmuck" sind in Dänemark öfter gefunden und als Hundezähne erkannt. Abbildung in Worsaae Nordiske Oldsager p. 17. Steenalderen Fig. 84 und Afbildninger, p. 15, Fig. 64. In einer Steinkammer bei Friedrichswerk wurden neben Feuersteingeräthen und Bernsteinperlen auch Bruchstücke von durchbohrten Hundezähnen gefunden; vgl. Aarböger for Nordisk Oldkyndighed für 1868, Heft 2, S. 99.
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Die in den Jahrbüchern a. a. O. XLIII, S. 194 und 196, mitgetheilte Nachricht, daß nach den in der Nähe der Fundstelle gefundenen Menschenknochen dort eine Begräbnißstelle gewesen sei, scheint sich nach den eingelieferten Fundstücken zu bestätigen. Aber diese Fundstücke gehören nicht zu der Höhlenwohnung der Steinzeit, sondern sind viel jüngeren Ursprungs. Nach Gerüchten sollen hier Ueberreste von acht Menschenskeletten gelegen haben. Eingeliefert sind zwei dolichocephale Menschenschädel; diese Schädel, von gelblicher Farbe, sind aber offenbar verhältnißmäßig jung und tragen kein einziges Zeichen eines hohen Alters.

Urnenscherben sind dabei auch viele gefunden. Aber alle tragen die Kennzeichen der jüngsten Eisenzeit (sogenannten Burgwalltypus).

Diese Begräbnißstelle wird also der letzten Eisenzeit angehören.

In der Nähe sollen auch noch einige alte Mühlsteine liegen. Schwerin, im Juni 1879.

Dr. G. C. F. Lisch.