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2. Christliches Mittelalter

und neuere Zeit.


Glasurte Ofenkacheln von Güstrow.

An der jetzt offenen Ostseite des Schloßvierecks zu Güstrow (jetzt Landarbeitshaus), der Stelle des abgebrochenen sogenannten "Wallensteinschen Flügels", lag ein großer Schutthaufen, welchen der jetzige Ober=Inspector Herr Major a. D. Baron von Nettelbladt bei Uebernahme des Ober=Inspector=Gartens abräumen ließ. In dem Schutthaufen fand derselbe eine große Menge zerbrochener glasurter Ofenkacheln, welche er 1877 an die Sammlungen zu Schwerin einsandte. Im Ganzen sind es ungefähr 50 kleinere und größere Bruchstücke, meistentheils kleine Bruchstücke mit allerlei Ornamenten, aber auch einige größere Bruchstücke von "Bildkacheln" mit Brustbildern fürstlicher Personen. Zur einen Hälfte sind die Kacheln grün, zur andern Hälfte schwarz glasurt und stammen wahrscheinlich von zwei Oefen, einem grünen und einem schwarzen.

Der grüne Ofen.

Die grün glasurten Kacheln sind den vielen am Schlosse zu Schwerin beim letzten Bau und öfter in der Stadt Wismar gefundenen Kacheln gleich. Sie enthalten größtentheils Ornamente der Renaissance=Zeit, einige aber auch Bildnisse fürstlicher Personen.

Unter den zu Güstrow gefundenen Kacheln ist eine in zwei Hälften zerbrochene große Kachel merkwürdig, welche das Bildniß der Herzogin Anna Sophia, † 1591, Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht I. von Schwerin, enthält. Diese Kachel hat dadurch Werth für die Kunstgeschichte, daß sie aus der in Jahrb. XLII, S. 146 flgd. beschriebenen Kachelform genommen ist, welche man in Wismar gefunden hat, wo man also die Fabriken der grünen Kacheln suchen muß. Das Alter dieser grünen Bildkachel von Güstrow und der Kachelform von Wismar läßt sich nun mit Hülfe der

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Baugeschichte des Güstrowschen Schlosses ziemlich genau bestimmen. Mehr als wahrscheinlich stammt die Kachel aus dem zweiten Bau am Schlosse 1587-88 nach dem Brande von 1586; vgl. Jahrb. XXXV, S. 19 und 22. Diese Zeit stimmt auch zu der Tracht der herzoglichen Wittwe Anna Sophia, welche 1591 starb, nachdem ihr Gemahl ihr 1576 im Tode vorangegangen war. Dies bestätigt wieder die Annahme in Jahrb. XLII, S. 146, daß die Wismarsche Kachelform in das letzte Viertheil des 16. Jahrhunderts zu setzen ist.

Ein anderes grünes Kachelbruchstück enthält den Kopf einer männlichen Figur mit der Inschrift H. Z. S. (Herzog zu Sachsen).

Der schwarze Ofen.

Die schwarz glasurten Kacheln kommen mit dem Anfange des 17. Jahrhunderts in die Mode. Unter den Güstrowschen Bruchstücken sind einige Stücke, welche dies zu bestätigen scheinen.

Eine längs durchbrochene Kachel enthält noch ein männliches Brustbild mit starkem Bart und hoher Mütze mit der Nebenschrift: SIGISM - -. Dies wird der König Sigismund III. von Polen, 1573, † 1632, sein.

Ein anderes Gesims=Bruchstück enthält von der Unterschrift noch die Buchstaben - - V. G. G. H. Z. M. Zu dieser Kachel wird ein Bruchstück mit einem männlichen Kopfe gehören, welcher sehr wahrscheinlich den Herzog Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow, 1611, † 1636, darstellt.

Die schwarz glasurten Kacheln stammen also wohl sicher aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, aus der Zeit der "Renovation" des Güstrowschen Schlosses seit 1604 durch den Herzog Karl, 1603, † 1610; vgl. Jahrb. XXXV, S. 22, Anm. 2.

Dr. G. C. F. Lisch.