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Alte Ofenkacheln von Rostock.

Beim Bau des Land= und Amtsgerichtsgebäudes zu Rostock, im östlichen Flügel des großherzoglichen Palais in der Schwaanschen Straße, an der Stelle des für das Gerichtsgebäude abgebrochenen sogenannten "Pavillons" (früheren "Cavalier=Hauses"), an der Ecke der Schwaanschen Straße und des "Grünen Weges", neben dem "Frater=Hause" (jetzt Wollmagazin) wurden im Jahre 1878 beim Abbruch eines Ofens neun sehr seltene und merkwürdige Kacheln entdeckt und von dem bauleitenden Architekten, Herrn Landbaumeister Luckow, an die großherzoglichen Sammlungen eingesandt.

Diese theilweise beschädigten Kacheln sind für Meklenburg von ungewöhnlicher Größe, Gestalt und Bearbeitungsweise. Die meisten sind mehr breit, als hoch, von oblonger Form, durchschnittlich etwas über 30 Centim. hoch und 40 Centim. breit. Sie sind von feinem Thon, gelblichroth gebrannt, ohne Glasur und Färbung, und sind auf der Oberfläche mit ungewöhnlichem Bildwerk in ziemlich hohem Relief verziert. Das Bildwerk besteht zum größten Theil aus erotischen Darstellungen, in welchen Löwen und Amoretten die Hauptfiguren spielen. So z. B. zeigen mehrere Kacheln die Venus auf einem Triumphwagen, von Löwen gezogen, welche von Amoretten gezügelt werden, und ähnliche Bilder; andere Kacheln stellen die Jahreszeiten mit Knabengestalten dar. Die bildlichen Darstellungen, im antiken Styl, sind sehr fein, richtig gezeichnet und modellirt und (auch nach Luckow's Urtheil) von großer Schönheit und Seltenheit. Diese Kacheln stammen wohl spätestens aus der Mitte 18. Jahrhunderts, als unter dem Herzoge Christian Ludwig II. (1747, † 1756) das Palais zu Rostock ausgebauet ward (vgl. Lisch, Meklenburg in Bildern, Heft III, 1844, S. 45 bis 46) und sind wohl französischen Ursprungs. Wahrscheinlich ist dieser Ofen mit den bildlichen Darstellungen später aus dem "Palais" in den "Pavillon" versetzt.

Die genaueren Beschreibungen und Beurtheilungen müssen Kunstforschern von Fach überlassen bleiben.

Dr. G. C. F. Lisch.