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Schalensteine in Meklenburg.

       Herrn
Geheimen Archivrath Dr. Lisch
in Schwerin.

Sie haben mir, als ich vor Kurzem zu Schwerin die meklenburgischen Alterthümer studirte, gesagt, daß noch nirgends in Meklenburg solche Steine mit schalenförmigen Vertiefungen - die sogenannten "Schalensteine" - nach=

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gewiesen seien, die besonders seit späteren Jahren Gegenstand der Beobachtungen der Archäologen geworden sind. Ich habe indessen jetzt das Vergnügen, Ihnen zu melden, daß es mir auf den Ausflügen nach meklenburgischen Hünenbetten bei Naschendorf 1 ), welche Sie mir angewiesen hatten, gelungen ist, sogar zwei "Schalensteine", jedoch auf einer Stelle neben einander, zu finden.

Sie wissen, daß man vor 6 bis 7 Jahren sehr wenig "Schalensteine" in Dänemark beobachtet, allerdings auch nicht in der Literatur berührt hatte. Sie waren aber schon lange auf der skandinavischen Halbinsel bekannt, besonders weil die schalenförmigen Vertiefungen in großer Menge unter den in flachen Felsen eingehauenen Figuren und Darstellungen, den sogenannten "Helleristninger" 2 ), vorkommen. In einer Abhandlung in Aarböger for Nordisk Oldkyndighed 1875 "Om Helleristininger i Danmark" (Résumé in "Mémoires" 1877) habe ich nachgewiesen, daß auch Dänemark einzelne Beispiele der "Helleristninger" besitzt, besonders aber viele Schalensteine 3 ), und seitdem sind mehrere in allen Theilen des Landes entdeckt worden, auch auf unserer Felseninsel Bornholm, wo man solche 1875 noch nicht kannte.

Hoffentlich werden in Meklenburg andere Funde dem ersten folgen und so wird dieses neue Verbindungsglied zwischen den Alterthümern Nordens und Meklenburgs stärker werden. Schon darin zeigen die zwei Schalensteine mit den dänischen und südskandinavischen eine genaue und interessante Verbindung, daß sie sich beide, wie sehr oft in jenen Ländern, als Decksteine eines Hünengrabes präsentiren.


1) Das Riesenbett von Naschendorf ist abgebildet in Friderico-Francisceum, 1837, Tab. XXXVI, Fig. II, und in Jahrbüchern Bd. XXXIII, 1868, S. 116. - D. Red.
2) Helleristninger = gravures en pierres: vgl. H. Petersen Notice sur les pierres sculptées en Danmark, Separatabdruck 1878, p. 330. Auch = Sinnbildliche Schalensteine. - D. Red.
3) Dr. H. Petersen schreibt in einem anderen Briefe: "Ich wage nicht, die Steine mit einem einzelnen Loch, sogar mit einem größeren Loch, als die Löcher der Schalensteine, und aus einer unsicheren Zeit stammend, unter den eigentlichen "Helleristnings", d. i. sinnbildlichen Schalensteinen, zu beschreiben". - H. Petersen.
Zu Althof bei Doberan liegt seit 1851 vor der Kapelle ein in der Nähe gefundener Stein mit einer großen polirten, schalenförmigen Vertiefung. - Vgl. Jahrb. XXVIII, 1863, S. 43. - G. C. F. Lisch.
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Das Hünengrab liegt in dem kleinen Gebüsch bei Naschendorf, unweit Grevesmühlen, in welchem auch dicht an der Chaussee das vorzüglich erhaltene Hünenbett (dänisch: "Langdysse") liegt, - südöstlich vor diesem und unmittelbar in der Nähe eines ziemlich zerstörten Hünenbettes. Ich habe vergeblich "Schalen" auf den vier Decksteinen des großen Hünenbettes gesucht, gleich aber habe ich sie auf den Decksteinen des genannten Hünengrabes gefunden.

Dieses Hünengrab ist den dänischen "Runddysser" sehr ähnlich: das Grabzimmer ist von einem runden Hügel, circa 10 Meter im Durchmesser, umgeben und im Rande stehen mehrere jetzt nur noch 30 bis 40 Centimeter hervorragende Steine. Das Grabzimmer, von großen Felsenblöcken gebaut, hat ganz den gewöhnlichen Charakter der Steinzeit, es muß viereckig sein; die Form und die Größe ist aber nur durch Ausgrabungen bestimmt anzugeben.

Der eine ziemlich kolossale Deckstein ruht noch auf drei Tragsteinen; der Deckstein hat eine unebene gewölbte Oberfläche, die mit von dem Hügel bedeckt gewesen zu sein scheint. An der höchsten Stelle der Oberfläche finden sich zwei schalenförmige Vertiefungen. - Der andere Deckstein ist nicht so groß und massiv als jener; er ist sogar ziemlich flach und seine Oberfläche ist eben. Der Stein scheint jetzt auf der Erde zu ruhen; seine Oberfläche liegt in demselben Niveau wie die Unterfläche des erstgenannten Decksteins. Den Stein mußte ich erst vom Moos befreien, bevor ich ihn untersuchen konnte; dann aber zählte ich wenigstens 27 "Schalen", 4 bis 6 Centim. im Durchmesser, höchstens 1,5 Centim. in Tiefe. Die schalenförmigen Vertiefungen sind ohne Ordnung über die Fläche gestreut.

Hannover, 1. October 1879.

Henry Petersen.