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von
großherzoglich=meklenburgischem
Archivar und Regierungs=Bibliothekar,
Aufseher der großherzoglichen Alterthümer=
und Münzensammlung zu Schwerin,
Ehrenmitgliede
der deutschen
Gesellschaft zu Leipzig und der geschichts=
und alterthumsforschenden Gesellschaften zu
Dresden, Hohenleuben, Meiningen, Würzburg,
Sinsheim, Königsberg und Christiania,
correspondirendem Mitgliede
der
geschichts= und alterthumsforschenden
Gesellschaften zu Lübeck, Hamburg, Kiel,
Stettin, Halle, Berlin, Salzwedel, Breslau,
Cassel, Regensburg, Reval, Riga, Leyden,
Kopenhagen und kaiserlichen archäologischen
Gesellschaft zu St. Petersburg,
als
erstem Secretair des Vereins für
meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.
Mit acht Holzschnitten.
Mit angehängtem Jahresberichte
Auf Kosten des Vereins.
In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.
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Gedruckt in der Hofbuchdruckerei in Schwerin
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A. Jahrbücher für Geschichte. |
Seite | |||||
I. | Ein Zeichen der Reformation vor Luther in Meklenburg, vom Archivar Dr. Lisch | 1 | ||||
II. | Beiträge zur Geschichte der Reformation in Rostock und des Dom=Capitels daselbst, von demselben | 9 | ||||
III. | Thomas Aderpul oder die Reformation zu Gressow, Malchin und Bützow | 57 | ||||
A. | Die Reformation im Klützer Ort, besonders zu Gressow, und ein Religionskrieg, von demselben | 57 | ||||
Nachtrag S. 243. | ||||||
IV. | B. | Die Reformation zu Malchin, von demselben | 98 | |||
V. | C. | Die Reformation zu Bützow, von demselben | 126 | |||
VI. | Ueber Christian Heinrich Paulßen, Hauptmann und Kammerrath des Herzogs Carl Leopold, von demselben | 135 | ||||
VII. | Ueber den beabsichtigten Uebertritt des Herzogs Carl Leopold von Meklenburg zur katholischen Kirche, von demselben | 152 | ||||
VIII. | Auszug aus dem Tagebuche des Czars Peters des Großen, von demselben | 161 | ||||
IX. | Elisabeth, des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg Tochter, Gemahlin des Grafen Gerhard I. von Schauenburg und Holstein, und deren Tochter Elisabeth, von demselben | 168 | ||||
X. | Miscellen und Nachträge: | |||||
1) | Ueber den südervissingschen Runenstein | 173 | ||||
Nachtrag S. 203. | ||||||
2) | Ueber den schweriner Bischof Albrecht von Sternberg | 174 | ||||
3) | Ueber den schweriner Bischof Nicolaus Böddeker | 174 | ||||
4) | Ueber die Fehde der Meklenburger mit den Grafen von Lindow=Ruppin im Jahre 1358, von demselben | 176 | ||||
5) | Ueber die Burg Ranis und die Gefangenschaft des Fürsten Albrecht von Meklenburg, von dem Diaconus Börner zu Ranis | 177 | ||||
6) | Ueber einige der letzten Fehdezüge gegen die märkischen Räuber in den Jahren 1447 und 1448, vom Archivar Dr. Lisch | 180 | ||||
7) | Ueber das Mauerwerk des Mittelalters und das Kalkbrennen auf der Baustätte, von demselben | 182 | ||||
8) | Ueber den Kalkbruch zu Stieten, von demselben | 185 | ||||
9) | Ueber den Wanzeberg, von demselben | 187 | ||||
10) | Ueber die Ture, von demselben | 187 | ||||
11) | Ueber die doberaner Klosterdörfer Wozezekendorf und Albertsdorf oder Abtsdorf, jetzt Zweendorf, von demselben | 188 | ||||
12) | Ueber die Heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg, von demselben | 188 | ||||
13) | Ueber die Filiale der Antonius=Präceptorei Tempzin, von demselben: | |||||
a. | ueber die Präceptorei Mohrkirchen in Schleswig | 189 | ||||
b. | ueber die Präceptorei Lennewarden in Livland | 190 | ||||
14) | Ueber die Brüder vom gemeinsamen Leben zu Rostock, von demselben | 191 |
15) | Ueber den Verfall der Universität Rostock während der Reformation, von demselben | 193 | ||||
16) | Ueber einen Besuch bei Dr. Martin Luther, von demselben | 195 | ||||
17) | Ueber die Zeit der Mündigkeit der Vasallen, von demselben | 196 | ||||
18) | Ueber das Schauspiel im 16. Jahrh., von demselben | 197 | ||||
19) | Zur Schilderung des Hoflebens im 16. Jahrh., von demselben | 198 | ||||
20) | Ueber des Herzogs Johann Albrecht II. von Güstrow calvinistische Bilderstürmerei und die Altäre in den Klosterkirchen zu Dargun, Doberan und Güstrow, von demselben | 199 | ||||
21) | Ueber den südervissingschen Runenstein, von demselben | 203 | ||||
22) | Dorothea von Lewetzow oder der Mensch in der Noth, ein Gedenkblatt, von demselben | 203 | ||||
XI. | Urkunden-Sammlung: Vermischte Urkunden, vom Archivar Dr. Lisch | 209 |
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B. Jahrbücher für Alterthumskunde. |
Seite | |||||
I. | Zur Alterthumskunde im engern Sinne. | |||||
1. | Vorchristliche Zeit. | |||||
a. | Im Allgemeinen | 249 | ||||
b. | Zeit der Hühnengräber | 252 | ||||
Mit 1 Holzschnitte. | ||||||
c. | Zeit der Kegelgräber | 258 | ||||
Ueber den Bronzewagen von Frankfurt a. D., vom Archivar Dr. Lisch | 261 | |||||
Mit 5 Holzschnitten. | ||||||
Ueber den goldenen Eidring von Woosten, von demselben | 268 | |||||
Ueber die Bronzen von Retzin, Eidring und Bronzeguß, von demselben | 271 | |||||
Mit 1 Holzschnitte. | ||||||
Ueber die Bronzen von Redentin, von demselben | 273 | |||||
Mit 1 Holzschnitte. | ||||||
d. | Vorchristliche Alterthümer gleichgebildeter europäischer Völker | 276 | ||||
2. | Mittelalter | 284 | ||||
II. | Zur Baukunde. | 286 | ||||
Ueber die Bemalung der alten Kirchen, von demselben | 286 | |||||
Ueber Messingschnitt und Kupferstich des Mittelalters, von demselben | 303 | |||||
III. | Zur Münzkunde | 310 | ||||
Ueber den Münzfund von Zahren, von Pastor Masch zu Demern | 310 | |||||
Ueber den Münzfund von Hof=Reinshagen, von demselben | 311 | |||||
Ueber die neueren meklenburgischen Münzen, von demselben | 319 | |||||
Ueber Münzsorten und Münzwerth im 16. Jahrh., vom Archivar Dr. Lisch | 339 | |||||
IV. | Zur Rechtskunde | 342 | ||||
Ueber die Polizei=Ordnung von 1542, vom Archiv=Registrator Glöckler zu Schwerin | 342 | |||||
IV. | Zur Naturkunde | 350 | ||||
Ueber Rennthiere in Meklenburg, von Pastor Masch zu Demern | 350 | |||||
Ueber Elengerippe in Meklenburg, von demselben | 351 |
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:
von
G. C. F. Lisch.
D as Bedürfniß der Kirchen=Reformation war schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. weit verbreitet und tief gewurzelt und war hervorgerufen und genährt durch den tiefen Verfall der Geistlichkeit, der endlich vor dem Lichte der lutherischen Reformation in das allergrellste Licht trat.
Die Anstalten, welche in Meklenburg die lutherische Reformation vorbereiteten, waren drei Klöster: ein Karthäuser=Kloster Marienehe (lex Mariae) 1 ) bei Rostock voll frommen Sinnes und ein Augustiner=Eremiten=Kloster zu Sternberg 2 ) mit freierer Geistesthätigkeit, vorzüglich aber ein Fraterhaus der Brüder vom gemeinsamen Leben 3 ) zu Rostock.
Ein helles Licht auf den Geist und die Richtung dieser Stiftungen giebt der unten mitgetheilte Brief des Karthäusers Vicke Dessin an den Herzog Magnus von Meklenburg vom J. 1477. Vicke Dessin war wahrscheinlich ein Glied der meklenburgischen adeligen Familie dieses Namens; er sagt selbst in dem Briefe, er sei der Herzoge eigen Mann geboren und von denselben von seinen jungen Jahren an in ihrem Lande erzogen (gevödet = ernährt) und in ihrem Dienste gewesen.
Er lebte damals in der Karthause zu Arensbök bei Lübek. Der Herzog hatte zum Andenken seines Vaters und seiner verstorbenen Brüder der Klosterkirche zu Arensbök gemalte Fenster
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mit ihren Wappen und Gewölbe (mit geschnitzten und gemalten Gewölbeschilden) gelobt, so wie sie der König und die Königin (von Dänemark) dem Kloster geschenkt hatten. Er erinnert den Herzog an dieses Versprechen mit dem Wunsche, daß es noch vor dem Winter erfüllt werden möge. Zugleich sendet er dem Herzoge und seiner Mutter und seinen Brüdern einen Fraternitäts=Brief 1 ) des Klosters, durch welchen denselben die Theilhaftigkeit an allen guten Werken des Klosters versichert ward. Der Herzog Magnus scheint überhaupt den Karthäuser=Orden sehr geliebt und begünstigt zu haben, da ihm und seinem Bruder Balthasar im J. 1493 sogar das General=Capitel des Ordens in der Karthause einen solchen Brief gab.
Sodann berichtet Vicke Dessin dem Herzoge über die Trauung ("vertruwinghe"). Hierunter kann nur die Vermählung des Herzogs mit der pommerschen Prinzessin Sophie verstanden werden. Diese war vorher mit seinem Bruder Johann verlobt gewesen, welcher jedoch auf einer mit seinem Bruder Magnus unternommenen Reise nach Rom und Jerusalem unterweges starb; sie that hierauf im Schmerze das voreilige Gelübde einer immerwährenden Jungfrauschaft 2 ). Der Herzog Magnus wünschte sie nun zur Gemahlin zu haben, fand aber ein Hinderniß in diesem Gelübde. Der Herzog fragte viele Gelehrte um Rath wegen Aufhebung des Gelübdes und hatte auch den Vicke Dessin beauftragt, mit den Prälaten in Lübek darüber zu reden. Das hatte Vicke Dessin denn auch gethan, gab ihm aber offen und ehrlich die Antwort, daß die von ihm befragten großen und weisen Geistlichen gegen die Vermählung seien, weil die Gerechtigkeit der öffentlichen Ehrbarkeit dagegen sei.
Der Herzog vermählte sich aber doch nach manchen Hindernissen mit der Prinzessin, welche am 3. April 1486 von ihrem Gelübde ("de servanda continentia") Dispensation erhielt.
Diese Gelegenheit nimmt Vicke Dessin denn nun wahr, dem Herzoge über einen rechten, christlichen Lebenswandel ins Gewissen zu reden. Er schärft dem Herzoge dringend ein, daß nur der Gott wohlgefällig sei, der seine Gebote halte. Aber es gebe wenige, die sie kennen und halten. Es helfe nichts, in Jerusalem und Rom gewesen zu sein 3 ) und Gelübde gethan zu haben, wenn man sich nicht bessere und wahrhaft gute Werke thue. Von der heiligen Schrift und der Wahrheit, die Gott selber ist, darf sich Niemand wenden, der
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selig werden will; ohne Arbeit, Rechtschaffenheit, Demuth und die Gebote Gottes kann Niemand selig werden. Wer hier das Kreuz mit guten Werken nicht trägt, dem wird es nach diesem Leben all zu schwer. So redet er, und ferner: Er sei ein Herr mit Leuten, um große Rechenschaft davon zu geben; die Wahrheit wolle gesagt sein. Außer allen guten Werken (nach kirchlichem Sinne) könne er viel Fruchtbares schaffen und Viele selig machen, vorzüglich wenn er die geistige ("geistlike") Freiheit beschirmen und die Klöster in seinem Lande zurechtsetzen und refomiren helfen werde; denn diese ließen sich dünken, sie lebten in der Wahrheit und seien doch in großer Fährlichkeit. Hiedurch könne er mehr verdienen, als durch die (kirchlichen) guten Werke, beten, fasten und Opfer.
Zwar ist die dringende Empfehlung eines gottseligen Lebens, das sich in guten Werken bethätigen soll, zu allen Zeiten ein Schatz des Christenthums gewesen, und insoferne hat die Anrede Dessins nichts Ungewöhnliches. Aber die Verachtung der papistischen Geistlichkeit und das Drängen nach der Reformation derselben ist das Eigenthümliche der lutherischen Reformation, als einer historischen Erscheinung, die sich schon in Vicke Dessin offenbart.
Vor allen Dingen bittet er den Herzog um Gottes Willen, den armen Brüdern zu Rostock 1 ) zu helfen; diese, sagt er, führen ein gutes und seliges Leben nach der Apostel Leben; sie heißen die gemeinen Brüder (Brüder vom gemeinsamen Leben), aber die schlechten ("quaden") Geistlichen haben ihnen den Spottnamen "Lollbrüder" 2 ) gegeben. Er sende diese in ihrer Noth zu dem Herzoge, denn viele böse Geistliche seien ihnen nicht gut; er möge sie in ihrem Vorhaben, worüber sie berichten würden, unterstützen, wie es der Herzog Albrecht gethan habe.
Der Brief enthält manche interessante historische Nachricht, ist aber sehr geeignet, einen klaren Blick in das geistige und geistliche Leben jener Zeit zu gönnen und in den trefflichen Charakter des Herzogs Magnus, der ein offenes Ohr für so redlich gemeinte Wahrheit hatte.
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Schreiben des Karthäusers (?) Vicke
Dessin an den
Herzog Magnus von Meklenburg.
D.d. Arensbök 1477.
Hochgebarne furste, gnehige here. Mith willichen densten vnde innighen beden bidde ick juwen gnahen denstliken weten, So alz juwe gnade gebeden heft den vader van der cartus mit juwen gnaden frouwmoder vmme gades willen der guden werken, des zende ick juwen gnaden der veder breff vppe dudesk; juwe gnade mit juwen frouwmoder vnde broderen dorff dar nicht vor geuen, men wat juwe gnade vnde ze dhon willen mit guden willen.
Ok, gnedige leue here, vmme de vinstere vnde welffte in de ewige dechtnisse juwes zeligen herevaders vnde juwer broder, alle jewelk zin wapent, alz de koningk gegeuen heft vnde de koninginne, alz juwe gnade zuluen geseen vnde gelauet heft dem vadere, dar mach juwe gnade to denken, dar weren wol borgere van Lubeke, de id gerne deden, wennere wy en des an synnen weren, de deme gadeshuß vele allemissen geuen alledaghe.
Ik reyse juwe gnade noch mer ist myn dar to, wente my des nicht tokumpt, men de warheit is id io, de gadesdenst is hir grot, vnde seghe gerne juwer gnaden zelicheit, juwes hereuaders zelich vnde juwer gnaden broder alle, des ik plichtich bin, wente gii alle van minen jungen iaren in juwen gnaden lande vodet vnde to denste hat hebben vnde juwe eghen man geboren byn.
Ok, gnedige leue Here, to uorhorende, ifte zulke vortruwinghe wol bestan mach nach der schrift vnde der hilligen kerken, ik dor juwe gnade hir nicht vp schriuen, wente juwe gnade so vele hochgelerden prelaten, doctores hebben in juwen landen vnde vele juwes rades, de juwen gnaden dar wol an raden vnde seggen, men iodoch zo juwe gnade mi heft gebeden, so hebbe ik mit groten, wisen gestliken mannen gespraken to Lubeke vnde menen, dat id nicht wesen mach vnde dar hindert ane dat genomet wert nach deme latine Justicia publice honestatis; wennere dat desset de vortruwinge vnde dat hillige echte behindert, in wo velen graden vnde wore dat aff zick zaket vnde wo dat dat hillige echte vploset, zo dat id nicht vullenkamen bestan mach vnde de vortruwinge nyne macht heft, dat weten ze wol vnde my behoret nicht, vppe zodane to sprekende ifte to schriuende, men alz wy suluen juwe gnade ge=
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secht heft; de mi hir van zeden, sint mit den berdesten vnde grotesten vnde wisesten to Lubeke.
Ok, gnedige leue here, juwe gnade ze an de kortheit, varlicheit vnde bedrechlicheit desser werld. Got is nyn annamer ifte vornemer de eynen vor den anderen der personen, men allenen dede gut don vnde sine bade holden. Hirumme behoret zick juwen gnaden to holdende de bade gades vnde rechtuerdicheit in allem richte to hebbende, zunder leue, fruntschop, ghaue vnde zunder fruchten. Hirumme zint gi eyn here mit landen vnde luden van geschapen, dar horet juw grot antwart vor to geuende. Wat helpet korte vrolicheit, groth gut, zunt liff vnde schonheit, mit groter herschop, zunder ewige frolicheit, zuntheit vnde zunder dat ewich is? Got is nyn got, ifte nicht waraftich, isset dat zine bade nicht warafftich zint, zunder de kann numment zalich werden. Ok wo weynich weten de vnde weynich holden de? Wat helpet to Rome geweset, to Jherusalem vnde gelofft gedahn vnde dar bi nicht gebetert vnde vullenbracht mit den werken? Wenere de ware lere vnde ewige versprekelke zoticheit rechte in dat herte tret, so merket de mynschen de varlicheit vnde duster kortheit desser erdesken dink, vnde so is eme bitter alle frolike titliche Schonheit. Vther schrift vnde warheit, de god zuluen is, moed zick numment geuen, we zalich werden wil; zunder arbeyt, rechtuerdicheit, odmodicheit vnde de bade mach numment zalich werden vnde kan numment daghet vorweruen sunder arbeyt. Hirumme behoret zick, in so korter tit klokliken vortoseende. We hir dat cruce mit guden werken nicht endrecht vnde dat nicht leff heft, deme wert id na desseme leuende altoswar. Juwe gnade my dat nicht to arge stellen, de warheit wil gesecht wesen.
Ok, gnedige leue Here, bauen alle veler guder werke mogen gi vele fruchtsamheit don vnde vele zalich maken, isset dat juwe gnade mit alleme flite, liue vnde gude de gestliken frigheit boschermen vnde de klostere in juwen landen to rechte setten vnde helpen reformeren; wente de zik dunken laten, dat se leuen in der warheit, vnde zint in groter varlicheit. Hir mede, bauen alle gude werke, bedent, vastent, offer, kone gi mer vordenen vnde de rede, de regulen rechte holden, dar gi de bi macht beholden vnde en bi stän.
Juwe gnade helpe vmme gades willen ok den armen broderen to Rostke, de eyn gud, zelich leuent hebben vnde heten de gemeynen brodere vnde leuen na der apostele leuende, den hebben hirumme gegeuen de quaden gestliken eynen spottliken namen vnde heten ze de lollebroder: den sende ik vmme gades willen to juwen gnaden in eren noden, wente vele
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bose gestlike zint en nicht gut, vnde juwe gnade en vmme gades willen willen vullebort geuen, zo ze juwen gnaden wol berichten, alz myn gnedige here Hertog albrecht gedan heft.
Ok gnedige here, scholden de vinster vnde dat murwerk rede werden, de wyle dat me kan muren vor deme winter, dat mach juwe gnade bi desseme brodere vorschriuen.
De zulue juwe gnade got friste zunt zelich to langen tiden wolmogende. Screuen mit der hast LXX septimo.
Der zuluen juwer gnade arme willigen denst
Vicko Dessin
nu in
der kartuß tor arnsboke.
Dem irluchtigenn Hochgebornnenn Furstenn Hernn Magnuße Hertogenn to meklemborgh
. Synem gnedigen lieuen Hernn denstlicken.
(L. S.)
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Das Siegel ist abgefallen.
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:
Beiträge
zur
und
von
G. C. F. Lisch.
D ie Geschichte der Reformation in Rostock ist von großer Bedeutung in unserer Landesgeschichte, nicht allein weil in Rostock zuerst in Meklenburg das Wort Gottes lauter und rein gepredigt ward, sondern auch weil der Rath der Stadt mit entschiedenem Nachdruck die neue Lehre anerkannte und durchführte. Daher ist auch die Geschichte der Reformation in Rostock sehr oft der Gegenstand der Arbeit gewesen, da es stets Freude gemacht hat, darüber zu forschen, zu schreiben oder zu lesen. In neuern Zeiten ist manches Neue darüber ans Licht gekommen, z.B. in Arndt's Joachim Schlüter, Lübek, 1832, - in Lisch Die Pfarre zu St. Peter in Rostock in Jahrb. III, 1838, S. 84 flgd., - in M. Joachim Schlüter oder die Reformation in Rostock, von Serrius, Rostock, 1840, - in J. Wiggers Kirchengeschichte Meklenburgs, 1840, S. 102. flgd. Jedoch ist der Verlauf der Begebenheiten und ihre Veranlassung noch nicht so klar, daß die Darstellung ganz befriedigen könnte, namentlich da nicht viel neues Material entdeckt ist und die Bearbeitungen meisten Theils auf ältere gedruckte Darstellungen fußen. Die Schicksale des Dom=Capitels nach der Reformation sind noch ganz unbekannt, und doch nicht ohne Interesse. Nach vieljährigen Forschungen ist es mir endlich geglückt, die Hauptschriften über die Durchführung der Reformation und den Untergang des Dom=Capitels in Rostock an verschiedenen Stellen im
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großherzoglichen Archive zu entdecken und zusammenzubringen. Die Mittheilung dieser Actenstücke ist der Hauptgegenstand dieser einleitenden Zeilen.
Unter heftigen, kriegerischen Kämpfen mit der Stadt Rostock, welche bekannt genug sind, erreichten die Fürsten und die Geistlichkeit im J. 1487 die Errichtung eines neuen, zum Bisthume Schwerin gehörenden Dom=Capitels in der St. Jacobi=Kirche zu Rostock. Es bestand aus 12 Domherren, von denen die 4 Würdenträger zugleich die 4 Pfarren der Stadt Rostock inne hatten: der Propst die Marien=Pfarre, der Dechant die Jacobi=Pfarre, der Cantor die Petri=Pfarre und der Scholasticus die Nicolai=Pfarre. Im J. 1493 wurden dazu von der Universität noch 4 Canonicate für ältere Professoren gestiftet (vgl. Krey Beitr. II, S. 259). So übte das Dom=Capitel einen unabweisbaren, grade nicht vortheilhaften Einfluß auf die Seelsorge und die Wissenschaft in Rostock. Die bedeutendsten Stellen waren in den Händen der Domherren, welche durch die Capitel=Verfassung ein geschlossenes Ganzes bildeten. Aber grade durch den lähmenden Einfluß, welchen diese Pfründner auf die ganze Stadt ausübten, ward die Opposition der Reformation desto heftiger.
1. Die Durchführung der Reformation in Rostock.
Der Capellan Joachim Slüter an der Petri=Kirche predigte schon im J. 1523 so muthig und laut das Evangelium, daß der Ruf von dem auch in Meklenburg eindringenden Lutherthum weithin erschallte. Am 14. Jan. 1523 sandte der zu Nürnberg weilende päpstliche Nuntius Bischof Franz Chieregatti 1 ) auch für den zum Bischofe von Schwerin erwählten jungen Herzog Magnus von Meklenburg das päpstliche Rundschreiben vom 30. Nov. 1522, welches zur Unterdrückung der lutherischen Ketzerei aufforderte, und richtete selbst an den Herzog die Bitte, "den Glauben mit aller Kraft vor den gottlosen und
"lasterhaften Ketzern (adversus impios sceleratosque schismaticos) zu schützen". Am 28. Febr. 1525 forderte der Cardinal=Legat Campegi 2 ) die Herzoge Heinrich und Albrecht zur
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Unterdrückung der "schändlichen Secte der Lutheraner" ("pessima isthaec Lutheranorum factio") auf. - Lübek, das Haupt der Hansa, war freilich schon in lutherischer Bewegung; aber der Rath dieser Stadt strebte lange Zeit mit aller Macht dahin, den Papismus aufrecht zu erhalten; dieses Streben hatte oft bedeutenden Einfluß auf Meklenburg, indem manche aus Lübek vertriebene, rüstige lutherische Prädicanten sich nach Meklenburg wandten, wie z.B. Thomas Aderpul 1 ) nach dem Klützer Orte. Daher dankte der Papst am 16. März 1526 dem Rathe der Stadt Lübek 2 ) sehr verbindlich dafür, daß er die lutherische Ketzerei von der Stadt Lübek abgewehrt und die benachbarten Gegenden, namentlich das Bisthum Ratzeburg, vor derselben habe schützen helfen. In diesem Sinne wandte sich denn auch der lübeker Rath am 30. März (1526) an den Rath der Stadt Wismar 3 ) mit der Bitte, die lutherischen Bestrebungen zu überwachen; Lübek sah Gefahr für den - Handel im Lutherthum! Der Rath beklagte sich, daß in "diesen laufenden lutherischen Geschäften" nicht allein die Jugend sich vergesse, sondern auch mancher Alte, und daß namentlich die deutschen Kaufgesellen in London und "westwärts" in Belgien lutherische und andere verbotene Bücher mit sich führten; hieraus könne dem Handel und den theuer erworbenen Privilegien großer Schade erwachsen, und daher sei Vorkehr nöthig.
Dies sind einige wichtige neue Entdeckungen, welche in den letzten Jahren für die erste Entwickelung der Reformation in Meklenburg gemacht sind.
Die Hauptschlacht für das Lutherthum ward in Meklenburg im J. 1531 geschlagen; in diesem Jahre kam es, namentlich durch den entschiedenen Uebertritt des Herzogs Heinrich und den gegen seinen Bruder Albrecht aufgenommenen offenen Kampf, in welchem bei weitem die Mehrzahl der Bewohner der Städte zu dem Herzoge Heinrich standen und der Herzog Albrecht fast nur die nichtsnutzige papistische Geistlichkeit hinter sich hatte, fast überall zur festen Entscheidung und zum unaufhaltsamen Fortschritte. Ein Vorspiel zu dieser Schlacht war die Zurückhaltung der geistlichen Zinsen, Zehnten und Pächte, vorzüglich durch den Adel, theilweise auch durch die Städter. Im Klützer Orte 4 ) waren schon lange weitläuftige Verhandlungen über die den lübeker Geistlichen schuldigen Zinsen gepflogen, welche aber dadurch unnütz wurden, daß am Ende des J. 1529 der ganze Adel des Klützer Ortes sich mit
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gewaffneter Hand gegen den Bischof von Ratzeburg erhob und dadurch factisch von allen älteren kirchlichen Verbindungen losriß.
Am 8. April 1526 hatten zwar die Herzoge auf einem Landtage zu Sternberg einen Vergleich zwischen den Laien und Geistlichen vermittelt, nach welchem alle Zinsen, Zehnten und Pächte fortan regelmäßig gezahlt werden sollten und der Zinsfuß auf 4 Procent heruntergesetzt ward. Aber auch auf diesem Wege ward nicht viel erreicht; die wenigsten zahlten. Zwar hatten die Herzoge in Folge dieses Vergleichs Execution verkündigt, aber es war nur eine zur Ausführung gekommen, welche ungefähr zu derselben Zeit ein ähnliches Schauspiel giebt, wie der Krieg des Klützer Adels gegen den Bischof von Ratzeburg. Heinrich Smeker auf Wüstenfelde war im J. 1487 während der rostocker Domfehde in der Schlacht bei Pankelow gefallen und hatte einen minderjährigen Sohn hinterlassen, welcher lange unter der Vormundschaft des Ritters Heinrich von Plessen auf Brüel stand. Dieser hatte im J. 1500 von dem Dom=Capitel zu Rostock 1000 Gulden geliehen, welche dieses aus dem Opferblocke des Heiligen Blutes zu Sternberg erhalten hatte, und die Zinsen von diesem Capitale aus dem Smekerschen Gute Pampow bei Teterow verschrieben. Als Heinrich Smeker, ein wunderlicher Mensch, den Bartholomäus Sastrow so ergötzlich schildert, volljährig geworden war, wollte er diese Schuld nicht anerkennen, weil Heinrich von Plessen damit sein Gut nicht gebessert habe. Gegen diesen "schändlichen Taugenichts" ("pessimum nequam", wie das Dom=Capitel in seinen geheimen Acten sagt,) erging nun im J. 1528 die Eine Execution, die das Capitel zu Rostock erreichen konnte. Das Capitel sagt darüber in einem Verzeichnisse:
Executores capitulo nostro dati contra vasallos, dicto capitulo contravenientes, vt nequam, sunt infrascripti:
Contra Hinrick Smeker in Wustenfelde, pessimum nequam, ambo prefecti in Gustrow videlicet Cordt Pentz et Merten Bibow. Facta est leuissima executio anno 28 sabbato post Dionysii (10. Oct.), sed oportet ad datam nouam nobis proxime in Gustrow executionem artius sequi executionem. Littere sunt scripte.
Und diese schärfere Execution ward denn auch noch im J. 1528 ausgeführt. Heinrich Smeker klagt 1 ) im J. 1531 den zu
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Rostock auf dem Landtage versammelten Landständen: im J. 1528 habe das Dom=Capitel wegen rückständiger Zinsen, weshalb er sich stets zu Recht erboten, ihn mit 300 Mann unter Anführung eines Priesters Heinrich Möller auf seinem Gute Wüstenfelde überfallen, ihm von dort Ochsen und Pferde fortgetrieben, Schlösser, Thüren und Kasten erbrochen und so viel Muthwillen getrieben, daß schwangere Frauen sich bis in den Tod erschrocken hätten. Dieser Streifzug und der Zug des Bischofs Georg gegen den Pfarrer Aderpul zu Gressow im December 1529 waren wohl die letzten priesterlichen Gewaltthaten im Lande. Heinrich Smeker zahlte wunderbarer Weise noch im J. 1558 das Capital 1 ) an die letzten papistischen Domherren zu Rostock zurück, welche es jedoch dem Capitel=Berechner M. Conrad Pegel herausgeben mußten, der es außerhalb Rostock sicher belegte; wahrscheinlich ist dieses Capital noch in dem Consistorialvermögen vorhanden.
Die Schmälerung des geistlichen Einkommens gab den 4 Dom=Capiteln Meklenburgs noch zu guter letzt Veranlassung, in Gemeinschaft aufzutreten, eine Erscheinung die den Höhenpunkt der Bedrängniß und der Kraft der Verzweifelung andeutet. Am 6. Dec. 1529 nämlich klagten 2 ) die Dom=Capitel zu Schwerin, Rostock, Bützow und Güstrow den Herzogen, daß ihnen, trotz des abgeschlossenen Vergleiches, ihre Zehnten, Pächte und Zinsen von dem Adel und den Städten vorenthalten würden und die von den Herzogen verhängten Executionsbefehle nichts fruchteten, da die Boten, welche sie überbringen sollten, mit Schmähworten und Schlägen zurückgetrieben würden, ja daß sie nicht einmal Boten erhalten könnten. Sie baten daher die Herzoge um Ausfertigung des Vergleiches auf Pergament, - gleich als wenn Pergament sie noch hätte schützen können, - damit sie bei ihren alten Gerechtigkeiten blieben, erboten sich auch, mit 5 Procent Zinsen zufrieden zu sein. Ferner beklagten sie sich, daß sie, was allerdings sehr bedenklich war, zu der vielfachen Rechtskränkung, die sie zu erdulden hätten, bei der Verantwortung vor die weltlichen Gerichte gezogen und von ihren Prälaten und ordentlichen Richtern verlassen würden. Endlich beschwerten sie sich, daß die "evangelischen Prediger" die alten Ceremonien nicht stehen lassen wollten, sondern dagegen "sängen, höhnten, schändeten und lästerten", in der Absicht, den alten Gottesdienst zu vernichten. Der Herzog Albrecht erwiderte 3 ) hierauf am 4. Jan. 1530, daß er, mit seinem Bruder, geneigt sei, ihnen
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den Vortrag mit den fürstlichen Siegeln besiegelt auszufertigen, ihnen durch gebührliche Execution zu ihren Einnahmen zu verhelfen und die Sache auf dem nächsten Rechtstage vorzunehmen und sich auch darüber in Unterhandlung einzulassen, damit die Geistlichen nicht vor die Stadt= und andere weltlichen Gerichte gezogen würden; was den Gottesdienst betreffe, so sei es sein Wille, daß derselbe nach altem Gebrauche und vermöge des speierschen Abschiedes gehalten werden solle.
Doch das - Pergament half nicht mehr 1 ); mit dem J. 1530 ging die katholische Geistlichkeit ihrem Untergange entgegen und im J. 1531 sehen wir sie im Todeskampfe liegen. Das Drama spielte vorzüglich in Rostock und der Sieg der Reformation in dieser Stadt war maaßgebend für das ganze Land. Wir sind jetzt im Stande, aus den Original=Urkunden 2 ) die merkwürdigen Vorgänge darzustellen.
Bekannt ist es, wie der rostocker Rath zuerst mit den lutherischen Prädicanten verhandelte und die nöthigen provisorischen Anordnungen machte. Darauf ging er der papistischen Geistlichkeit selbst zu Leibe.
Am 23. März ("Donnersdages na Gertrudis", "am Donredage S. Benedicti", "am Donredage na Lätare",) 1531 ward die gesammte papistische Geistlichkeit Rostocks vor eine Raths=Deputation auf die Schreiberei gefordert, wo der Syndicus Dr. Johann Oldendorp und die Rathmänner Vith Oldenborch, Joachim Quand, Nicolaus Bobbin und Heinrich Boldewan, so wie der Schreiber und Notarius Thomas Barkhusen versammelt waren. Der Rath ließ hier der Geistlichkeit erklären, er könne den gewaltsamen großen Haufen wegen der Religion nicht aufhalten; man müsse mit den Prädicanten und der Priesterschaft Mittel und Wege finden, die alten Ceremonien abzustellen. Der Rath begehre daher von der Priesterschaft Rathschläge und Aeußerung ihrer Ansichten. Dr. Oldendorp fügte hinzu, es sei nicht wahr, daß die Prädicanten nicht einig seien; sie seien ihres Dinges eins, wie es sein müßte; aber der Rath sei mit ihnen noch nicht einig, und deshalb solle die Priesterschaft ihren Rath einbringen. Es ward viel hin und her gehandelt, aber man kam zu keinem Beschlusse. Die Priesterschaft bat endlich um acht Tage Frist (terminum deliberandi ad octo dies) zur Ueberlegung und zur Berathung mit den Landesherren und dem Bischofe, da sie ohne diese sich auf nichts,
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es sei wenig oder viel, einlassen könnten. Nach vielen Reden und Gegenreden erklärte der Rath, er könne keine Frist von 8 Tagen, nicht einmal eine Frist von 8 Stunden, ja nicht 4 Stunden bewilligen; denn er wisse die Priesterschaft während der Frist vor dem gewaltthätigen Haufen nicht zu schützen und wolle die Verantwortung nicht tragen; die Priesterschaft müsse sogleich sagen, was sie haben wolle oder nicht.
Schon gleich darauf nachdem am Tage vorher, den 22. März, die Priesterschaft auf den folgenden Tag auf die Schreiberei geladen war, war der bischöfliche Official zu Rostock, Joachim Michaelis, nach Schwan gereiset, wo sich damals der Herzog Heinrich mit seinem Sohne, dem Bischofe Magnus, aufhielt, um mit diesen die wichtige Sache in Berathung zu ziehen.
Gleich nach Beendigung der Unterhandlung vor der Rathsdeputation hatte das Dom=Capitel, noch an demselben Tage (23. März) zwei Abgesandte, die Vicare und Priester Johann Mindemann und Nicolaus Bokholt, eben dahin geschickt, um zuerst mit dem Official J. Michaelis und darauf in dessen Beisein mit dem Herzoge und dem Bischofe die Sache zu berathschlagen 1 ) und wo möglich Rath und Hülfe von ihnen zu erhalten; sie sollten jedoch den Rath und die Bürgerschaft nicht verklagen, da die Priesterschaft noch keinen gewaltsamen Ueberfall zu erdulden gehabt habe; sie möchten nur Rath darüber haben, was und wie viel von den Ceremonien sie abstellen sollten, damit der Rath mit dem großen Haufen Friede behalten und die Priesterschaft keinen gewaltsamen Ueberfall erdulden möge. Endlich unterwarf sich die Priesterschaft ganz den Herzogen.
Kaum war diese Gesandtschaft abgereiset, als die ganze Priesterschaft von allen Kirchen des Nachmittags um 4 Uhr wieder durch die Stadtdiener geladen ward, am andern Tage Morgens 9 Uhr vor dem ganzen Rathe zu erscheinen; die Priesterschaft ahnte ganz richtig, daß ihnen ihre schließliche Meinung abgenommen werden sollte, da die so eben beendigte Verhandlung nicht zum Ziele geführt hatte. Die Prädicanten waren zu 8 Uhr Morgens vor den Rath geladen, die Priester wußten jedoch nicht weshalb. Slüter ("Mester Joachim de predicante von sunte Peter") war des Nachmittags um 3 Uhr mit einem Begleiter von Rostock zu einem "Herrn" (einem der Herzoge?) gefahren.
Sogleich schickte das Capitel dem Official und seinen Gesandten einen Boten nach Schwan nach 2 ), um ihnen diese Neuig=
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keit mitzutheilen und sie zu bitten, bis zum andern Morgen 9 Uhr die Antwort und Entschließung der Fürsten mündlich oder schriftlich zu schaffen, jedoch wenn möglich selbst wieder zu kommen. Zugleich erinnern die Domherren ihre Gesandten, daß sie wachsam über Slüter sein sollten, was der bringen und rathschlagen würde. Es ist also unter dem "Herrn", zu dem Slüter des Nachmittags gefahren war, einer der Herzoge, vielleicht der Bischof Magnus, zu verstehen. Wie viele Fäden aber die Papisten bei Hofe noch in der Hand hatten, geht daraus hervor, daß dieser durch einen Boten den Gesandten nachgeschickte Brief dem katholisch gesinnten Canzler Caspar von Schöneich, der dem Bischofe Magnus sehr widerwärtig war, mitgetheilt ward, da auf der Rückseite des Briefes eine Registratur von des Canzlers ganz eigenthümlicher Hand steht. - Die Priesterschaft hatte sich schnell zusammengerafft: auf der Schreiberei war sie ziemlich kleinlaut, konnte sich zu nichts entschließen und bat um Bedenkzeit; am Nachmittage desselben Tages konnte sie ihren Gesandten schon an die Hand geben, sie sei ganz gesinnt, in nichts nachzulassen, weder von kleinen, noch großen Ceremonien, es sei denn, daß der Bischof etwas anders bestimme und verantworten wolle.
Die Gesandten kamen noch früh genug nach Rostock zurück, um die Entschließungen der Domherren stärken zu können. Sie brachten von dem Herzoge Heinrich die mündliche Antwort zurück: sie sollten keinesweges die Ceremonien fallen lassen, und geschehe ihnen etwas darüber, so müßte er Gewalt mit Gewalt steuern. Diese Antwort war für den friedlichen Fürsten allerdings ungewöhnlich kräftig und konnte ihm nur dadurch entlockt sein, daß man ihm vorgetragen hatte, die Stadt Rostock stehe unter einem Pöbelregimente; der Rath hatte freilich oft genug ausgesprochen, er wisse die Priesterschaft nicht vor dem gewaltthätigen Haufen zu schützen, wenn sie sich gegen jede Veränderung sträube, aber immer deutlich genug zu erkennen gegeben, daß er dem Volke und den Prädicanten beistimme und daß irgend eine Veränderung in der Nothwendigkeit liege.
Die Priester traten daher am Freitage den 24. März ("profesto annunciationis",) sehr zuversichtlich und übermüthig vor dem ganzen Rath auf; sie beriefen sich auf den Ausspruch des Herzogs, brachten manche "scharfe, treffliche Entschuldigung" vor und baten noch einmal um eine Frist von acht oder mehr Tagen. Diese schlug ihnen jedoch der Rath rund ab und gab ihnen den bestimmten Bescheid, sie sollten während der nächsten zwei Tage (Sonnabend und Sonntag) und bis in die Woche die Kirchen meiden und nur die Hochmesse halten; der Rath wolle jetzt selbst auf dienliche Vorschläge denken und
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sie bis dahin zu nichts zwingen, ihnen jedoch treulich rathen, daß sie einem "mächtigen, großen Unheil" ("qwadt") zuvorkommen möchten. Ueber diese feste Antwort waren die Priester so "erschrocken", daß sie sich der "Beliebung" ("wolmeyninge") des Raths fügten und sich bis zum nächsten Mittwoch zurückhielten. Sie "hätten sich, so meinten sie, auch über den Rath nicht zu beklagen, vielmehr ihm für sein Benehmen zu danken, indem sie wohl wüßten, daß ihm das Verfahren eben so herzlich leid sei, als der Priesterschaft".
Am 29. März ("am middeweken na Judica",) ward die Priesterschaft wieder vor den ganzen sitzenden Rath auf die Schreiberei entboten. Dieser ließ ihr nun, "Gott zum Lobe und um gemeinen Friedens willen, den die Obrigkeit aus schuldiger Pflicht zu handhaben schuldig sei, folgende Artikel 1 ) und Mittel, aus Gottes Wort genommen, schriftlich überreichen und als freundlichen, treuen Rathschlag vorhalten", und lehnte dabei jede Verantwortlichkeit für die Folgen ab, falls der Rathschlag nicht angenommen werden sollte; sollte die Priesterschaft aber einen bessern Rath wissen auf dem Grunde der heiligen Schrift, so sei der Rath nicht abgeneigt, denselben zu hören, könne sich aber ferner mit unnützer Disputation nicht aufhalten. Die übergebenen schriftlichen Artikel enthielten Folgendes:
1) Die Gesänge, insoferne sie in der Heiligen Schrift gegründet sind, können in lateinischer Sprache gehalten, müssen jedoch mit mehr Verstand gesungen und nicht so "abgerumpelt" werden, wie bisher.
2) Die Messe kann täglich in lateinischer Sprache, jedoch allein vor dem Hochaltare, wie früher, gehalten und communicirt werden; begehrt jemand das Abendmahl unter Einer Gestalt, so soll es ihm, jedoch nach gehöriger Ermahnung zum rechten Gebrauche, nicht geweigert werden. Das Volk soll aber "zum heilsamen Testament" durch die Prädicanten oft ermahnt und ihm der wahre Nutzen vorgestellt werden. Jedenfalls soll aber am Ende der Messe der Priester eine kurze deutsche Rede halten darüber, was das Sacrament sei und wozu es empfangen werde.
Was die Sterbesacramente betreffe, so solle der Priester mit zwei Ministranten das hochwürdige Sacrament zu armen und reichen Kranken tragen, mit voraufgehender Glocke, zum Zeichen, daß Volkshaufen oder Wagen, die im Wege stehen möchten, ausweichen und Ehre geben mögen, jedoch sei mit der Zeit darüber nachzudenken, wie es mit dem Tragen des Sacra=
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ments in der Schrift gegründet sei. Es solle dem Kranken frei stehen, das Abendmahl unter einer oder unter beider Gestalt zu empfangen.
3) Es sollen aus der Priesterschaft in jeder Kirche tugendhafte und verständige Personen neben den Prädicanten zur Beichte abgeordnet werden, da die Prädicanten der Menge allein nicht warten können. Diese bestimmten Beichtväter, sollen das Volk zur Einigkeit im Glauben aus Gottes Wort treulich und recht unterweisen.
4) An jedem Sonn= und Festtage soll Vormittags in allen Kirchen eine Predigt und Nachmittags nach der Vesper wenigstens in zwei Kirchen eine Predigt gehalten und dem Volke nachgegeben werden, das Te Deum und einen oder zwei Psalmen (Kirchengesänge) vor und nach der Predigt zu singen.
Der Rath wollte durch diese Anordnung vorzüglich alle
"stillen und lesenden Messen, Marienzeiten, Processionen und Weihungen" abgeschafft haben.
Diese Artikel wurden ausgegeben, zu halten "bis zu gemeiner christlichen Kirche schriftmäßiger Verbesserung". Man sieht, daß der Rath noch ziemlich leise auftrat und von der Priesterschaft nur begehrte, sich in das Unabwendbare zu fügen.
Es ward der Priesterschaft nur Ein Tag Frist zur Willenserklärung gegönnt.
Am folgenden Tage, d. 30. März, gab denn die Priesterschaft, zuerst mündlich, dann schriftlich, ihre Erklärung 1 ) ab; diese war jedoch nur eine "Protestation" gegen die Vorschläge des Raths; die Priesterschaft wich auch den von dem Rath gestellten Artikeln mit unnützem Hochmuth aus, da nicht zu verschweigen war, was in jedem Munde lebte, und antwortete ziemlich allgemein:
Die Priesterschaft wolle bei dem "reinen und rechten Worte Gottes bleiben - - nach der Auslegung der heiligen Doctoren (!) und bei der Gemeinschaft der heiligen allgemeinen christlichen Kirche. Wenn jemand aus festem, rechten Verständniß der heiligen Schrift etwas nachweisen kann, was ein unleidlicher Mißbrauch ist, das will die Priesterschaft abzustellen bereit sein." Die Priesterschaft will auch, in Ansehung der guten Absicht des Rathes (!) in so gefährlicher Zeit, sich nach Vermögen und Gebühr eine "geringe Zeit lang" den Artikeln des Raths gemäß verhalten, jedoch unter folgenden Bedingungen:
1) daß die Messe und die Sterbesacramente nur von den
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Pfarrern oder ihren Capellanen und sonst niemand anders gehalten und
2) daß die Priesterschaft mit der Verreichung des Sacraments unter beider Gestalt verschont werde; es sei gegen ihr Gewissen und ihre Ehre, was in der heiligen allgemeinen Kirche seit tausend und mehr Jahren in festem Gebrauche gewesen, zu verlassen. Könne der Rath aber jemand finden, der sich dazu hergeben wolle, so müßten sie das eine Zeit lang geduldig ertragen und geschehen lassen, sie selbst aber dessen enthalten, bis die heilige Kirche und ihr Haupt ein anderes anordneten oder sie aus "grundfester, recht verstandener heiliger Schrift" schriftlich überführt würden, wo und wie der Gottesdienst gemißbraucht werde, u.s.w.
Diese Antwort der Priester ist allerdings der lebhafte Ausdruck einer verstockten, pharisäischen Gesinnung, man mag das Ding betrachten, von welcher Seite man will, in dem was ausgesprochen und nicht ausgesprochen ist. Schon die wiederholte Versicherung, daß sie auf kurze Zeit ein Auge zudrücken und sich geduldig stellen wollten, ist im höchsten Grade verächtlich.
Es war den Priestern auch gar nicht Ernst, auch nur im Geringsten nachzugeben. Namentlich aber sträubten sie sich bestimmt gegen das Abendmahl unter beider Gestalt, also gegen das Aufgeben der Messe. Lieber wollten sie, so erklärten sie, die Kirchen verschlossen bleiben lassen und vor der Volkswuth aus Rostock weichen und so böser Zeit "eine kleine Zeit" Stätte geben, als das Wesen der Messe aufgeben.
Um jedoch dem Rathe einigermaßen entgegen zu kommen und der Geistlichkeit nichts zu vergeben, entschloß sich der stark papistische Official Joachim Michaelis, am folgenden Tage, den 31. März ("Freitag nach Judica"), in der Marienkirche die Hochmesse 1 ) zu halten, was jedoch nicht ohne Tumult abging, so daß sein "Gemüth verstört" und vor dem Altare erschreckt ward.
Am andern Tage, den 1. April, ("am palmavend") stürmten nun wohl 250 Martiner auf das Neue Haus (des Rathhauses) in der Absicht, es niederzubrechen und die Fahne des Aufruhrs zu erheben. Es ward der aufgeregten Menge zwar augenblicklich zum Frieden geredet, aber der entscheidende Augenblick war gekommen, wo, nach der richtigen Erkenntniß und Voraussage des Rathes, sich der alte Zustand nicht mehr halten ließ. Da machte der Rath Ernst und führte die von ihm vorgeschlagenen Artikel ein. Und so ist dieser Tag, der 1. April, der Tag vor
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Palmsonntag, 1531, der eigentliche Reformationstag Rostocks.
Zuerst befahl der Rath sofort allen Priestern der Marienkirche, die "Messe" oder das "Testament" nach der neuen Ordnung des Rathes zu halten und unter sich umgehen zu lassen, und damit bei dem ältesten unter ihnen zu beginnen; diese wurden also von dem Haufen der Priesterschaft abgezogen. In der "Marienkirche" predigten Matthäus Eddeler und Peter Hakendahl; diesem, "dem kleinen Capellan zu Marienkirchen, Peterken genannt, warfen die Domherren vor, er habe am Palmsonntage zwei geweihete Hostien auf die Erde fallen lassen, wie der zu S. Peter es schon lange getrieben habe."
Darauf erschienen auch in der Domkirche zu S. Jacobi zwei Burgemeister und zwei Rathsherren und machten an die Domherren dieselbe Forderung; diese aber erklärten, sie würden bei der von ihnen übergebenen Erklärung bleiben und nicht davon weichen, sondern lieber ihre Pfründen im Stiche lassen und aus Rostock gehen. Da trat ein "armer, elender (d.h. "heimathloser) Priester, der kürzlich aus Lübek gekommen (verjagt) war" vor, und erbot sich, den Gottesdienst zu halten, wozu auch der Official seine Erlaubniß gab. Dieser hielt denn am Palmsonntage und den beiden darauf folgenden Tagen in der Jacobikirche das "Testament" (wie die Lutheraner das Abendmahl unter beider Gestalt nannten). Die Domherren waren rasend, daß sie das erleben mußten, ja sogar, daß am Palmsonntage auf der großen Orgel gespielt und das Abendmahl mit allen Feierlichkeiten gefeiert ward. Palmweihen und Lesemessen wurden nicht gehalten; die Marienzeiten waren aufgehoben. Zwar stellte das Dom=Capitel drei fromme, gelehrte Prädicanten; diesen ward aber das Predigen verboten. Auch Valentin (Korte) predigte am 4. April in der Jacobikirche; er ließ aber einfließen, daß es so nicht fortgehen könne; daher schalt ihn seine Partei einen Mantelträger ("Wendehoike") 1 ).
In der Nicolaikirche predigte Antonius Becker 2 ), hielt Messe nach der neuen Ordnung ohne Wandelung und reichte das Abendmahl unter beider Gestalt.
An der Petrikirche stand Slüter. Ueber diesen geben die Domherren die interessante Nachricht vom 4. April 1531:
"er liegt heute und agonizirt bis zu dieser Stunde; Gott will ihn nun vielleicht visitiren und Lohn für seine Werke geben."
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So war die Reformation in Rostock sicher durchgeführt und ein Rückschritt unmöglich.
Am 1. April, sogleich nach der entscheidenden Handlung, sandte das Dom=Capitel eine Erzählung aller Vorfälle und eine Klage 1 ) an das Dom=Capitel zu Schwerin und bat dieses dringend, bei den Fürsten, namentlich bei dem Herzoge Albrecht, dahin zu wirken, daß diese dem Unfug steuern möchten. Am 4. April berichtete 2 ) das Dom=Capitel über die Durch= und Fortführung der Reformation nach Schwerin.
Dies sind die letzten Zuckungen des Papismus in Rostock. Nach den hier mitgetheilten urkundlichen Berichten, welche unter einander genau übereinstimmen, werden sich nun die bisher bekannten gedruckten Ueberlieferungen bequemen müssen.
2. Das Dom=Capitel zu Rostock nach der Reformation.
War nun auch die Reformation zu Rostock im J. 1531 siegreich durchgedrungen und das geistliche Eigenthum größten Theils säcularisirt oder den protestantisch gewordenen Kirchen übergeben, so erreichte es doch das Dom=Capitel mit seiner seltenen Hartnäckigkeit, daß es noch über 30 Jahre mit seinen Einnahmen, so viel ihm nicht durch Zurückhaltung der Zinsen entzogen ward, in Bestand blieb, wenn auch die Capitelkirche zu S. Jacob mit der Pfarre schon im J. 1531 protestantisch ward. Diese merkwürdige Begebenheit, welche bisher ganz dunkel gewesen ist, verdient eine möglichst gründliche Beleuchtung, um so mehr, da mit den Capitelgütern das Consistorium zu Rostock dotirt ward.
Einige Domherren zogen sich wohl sogleich nach der Einführung der Reformation zurück. Der bekannte Professor und fürstliche Rath Dr. Peter Boye, Domdechant, gab einige Wochen nach dem Reformationssturme, als er die Sache des Papismus unwiderbringlich verloren sah, seine Stelle freiwillig auf. Er erklärte am 19. Mai. 1531 den Herzogen Heinrich und Albrecht, daß
"nachdem ick sunte Jacobs vnde J.f.g. Domkarcken tho Rostock ydlike tydlanck foregewest vnde ytzenn myt my so gelegenn, dat ick vmme anliggende van der
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suluigen karckenn beth vppe de oldenstadt in myn egene wanynge my wedder vmme tho geuende vnde my aldar tho vorholdende georsaket worden sy, also dat ick dar vmme gemelter J.f.g. Domkarcken regementhe hyr nach maal nicht langer gewachtenn kann".
Die strengen katholischen Pfaffen blieben aber in ihrer Stellung. Zwar starben im Laufe der Zeit manche; im J. 1543 empfahl der wackere Professor Arnold Burenius seinem ehemaligen Zöglinge, dem Herzoge und Bischofe Magnus, die nothwendige bessere Versorgung des nach einem Briefe Melanthons im J. 1542 seit kurzer Zeit in Rostock angestellt gewesenen Professors Heinrich (von Lüneburg) und schlug dazu irgend eine Pfründe vor, da die Domherren theils von Tage zu Tage mehr wegstürben ("canonici quotidie e medio discedunt"), theils ihre Priesterstellen nicht selbst verwalteten, man also solchen faulen Bäuchen und unnützen Kirchenlasten ("istis impuris ventribus et foedis ecclesie oneribus") immer einige geistliche Pfründen nehmen und guten Männern übertragen könne, welche der Kirche und der Wissenschaft nützten.
Die untergeordneten Pfründner starben weg, aber die Würdenträger hielten fest am Leben und an ihren Pfründen. Es ist interessant, diese Personen kennen zu lernen. Es waren in den Jahren 1550 und 1552 vorzüglich folgende 5 "Domherren der Collegiatkirche S. Jacob, die das Capitel bildeten" ("ista vice totum capitulum nostrum repraesentantes" 1555):
1) M. Dethlev Dancquardi 1 ), Vicedechant, früher Thesaurarius des Domstifts, 1517 Official des Archidiaconats Rostock, Pfarrherr von Kessin und "sonst rund mit Pfründen behängt", der übermüthigste und halsstarrigste aller Papisten in Rostock ("bynnen Rostock eyn geweldigher und averbostiger official").
2) M. Johann Lindberg, Senior, ward schon 1518
bei der Universität Rostock eingeschrieben; er
war 1521 beider Rechte Baccalaureus, Vicar an
der Marienkirche, Domherr
., in den letztern Zeiten ein
geschäftiger Führer des Capitels.
3) M. Lambert Takel, Baccalaureus des canonischen und Lector des kaiserlichen Rechts, schon 1500 bei der Universität Rostock eingeschrieben, z.B. 1539 Mitglied des akademischen Concils, 1540 Rector der Universität, 1557 "Principal des Capitels" genannt.
4) Arnold Bernow, Domherr.
5) Nicolaus Gribbenitz, Domherr, ein Meklenburger
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von Geburt ("incola"), Priester, auch Domherr zu Lübek, ward 1530 bei der Universität Rostock eingeschrieben, 1548 nach M. Johann Lüdekens Tode zum Domherrn in Rostock präsentirt.
Diese 5 Priester nach altem Schrot bildeten noch im J. 1552 das Dom=Capitel, als der Herzog Johann Albrecht sonst im ganzen Lande den Papismus mit Stumpf und Stiel ausrottete, mit Ausnahme weniger giftiger Pflanzen, die zähe im Boden saßen. Die giftigste von allen war Dethlev Dancquardi. Als dieser im J. 1550 vor fürstlichen Commissarien zu Kessin den Herzog Johann Albrecht "mit vielen Schmäh= und ungebührlichen Worten beleidigt und geschändet hatte", befahl der Herzog im Nov. 1550 dem Volrath Preen zu Neukalen, dem Pfaffen aus Rostock mit allem Fleiß und Ernst nachzutrachten und nach Neukalen ins Gefängniß zu bringen. Der Prozeß gegen Dancquardi dauerte mehrere Jahre. Wie die Domherren noch im J. 1551 zu Capitel saßen, beweiset am besten die nachfolgende Rechnung über die Ausgaben, welche meisten Theils in der Sache wegen Dancquardi gemacht wurden.
M. Johan Lintberges Rekenschopp ahn dat Capittel to Rostok [anno LII, XI Febr.]
Item VIII s. vorterden de domheren, alse M. Lambertus, her Arenth, her Nicolaus Gribbenitze vnde ick, myt Allexandro des stifftes notario, do he to deme capittel in min hus gesant was von den stadholdern mit den conceptbrefen to reviderende M. Dethleuo tome besten. De brefe scholden na Spir to hertogen Vlrichen
., des ick moste de mal>tith vnde koste bereyten laten, vthe ehrem bofehell vnde bleuen alle by ehm tor maltith vnde tor collation pro honore capituli, ad fructum M. Dethleui
.
Item noch VII s. lub. eodem tempore vor I Stoueken wines, dat ick moste vorleggen to der Collation
. vth M. Lambertus hête et aliorum
. Actum octaua die corporis Christi ao. LI.
Item I mark sund. vorterde de bade in minem huse, de mit den brefen scholde vppelopen na Spire, de myt deme baden dat capittel affdingede vppe VII daler to geuende vor de reyse, des krech he viff daler van Elseben, M. Dethleues kokinnen, vppe de hanth, de M. Lambertus den baden do in mineme huse vppe tellede.
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Item noch vor IIII s. lub. beer in minem huse gedruncken, wen de heren in mineme huse weren to capittel in M. Dethleues saken, ane andere vnkost dorch my nicht angeschreuen
.
M. Jo. Lintberch manu propria ssct.
Der Proceß gegen Dancquardi ward noch im J. 1553 betrieben, als man dem Herzoge "Verzug und Aufhaltung anrieth, bis der Gegner aller Menschen Gang gehen werde." Diesen Gang ging Dancquardi denn auch im April des J. 1556.
Nach und nach kamen protestantische Elemente in das Capitel, um die Gehalte der Professoren zu vergrößern, wenn keine junge Domherren zum Aufrücken mehr vorhanden waren.
Am 3. Oct. 1550 war nach M. Andreas Eggerdes Tode der M. Bernhard Mensing, Professor der Logik, präsentirt; dieser starb am 14. März 1567.
Dancquardi's Nachfolger war der berühmte protestantische Professor der Philosophie M. Conrad Pegel, welcher gleich Mitsenior des Capitels ward.
Nach Dancquardi's Tode griff der Administrator des Bisthums Schwerin, Herzog Ulrich, gleich energisch ein und bestellte noch im J. 1556 den M. Conrad Pegel zum Vice=Dechanten des Capitels und General=Administrator der Capitelgüter oder zum "Capitel=Präfecten", damit die Capitularen die Güter nicht verschleuderten.
Pegel erhielt hiedurch einen schweren Stand. Schon am 26. December 1556 beschwerte sich 1 ) das Dom=Capitel bei dem Herzoge Ulrich, daß Pegel es in seinen jährlichen Hebungen und täglichen Vertheilungen verkürze und alle Einnahmen des Capitels bei sich behalte und unterschlage und herzoglichen Befehl zu seiner Entschuldigung vorschütze. Das Capitel sprach die Hoffnung aus, der Herzog werde die Domherren in ihren Einnahmen nicht beeinträchtigen wollen, und bat, dem M. Pegel aufzugeben, daß er die Domherren in ihren Gerechtigkeiten ferner nicht turbiren wolle. Allerdings mochte Pegel wohl strenge Wirthschaft führen.
Pegel und Mensing waren zwar Capitularen, hielten sich aber von den Eß= und Trinkgeheimnissen des Capitels fern.
Im Juli 1557 waren Domherren: ("domheren und vicarien der domstiftes kercken s. Jacobi in Rostock"):
1) Dr. Caspar Heyer, Propst und Archidiakon, Lehrer des kanonischen Rechts, ein alter Mann, der schon 1506 Rector der Universität gewesen war;
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2) Dr. Johann Bemerke, Vice=Dechant;
3) M. Johann Lindberg, Senior;
4) M. Conrad Pegel, Senior;
5) M. Lambert Takel;
6) Nicolaus Gribbenitz;
7) Joachim Kordes;
8) Bernhard Mensing;
und mehrere andere junge und unbedeutende Pfründener.
Man sieht, die Zusammensetzung des Capitels war im Wesentlichen noch dieselbe, wie in - alten Zeiten; für Dancquardi waren Heyer und Bemerke, für Bernow war Kordes, lauter alte katholische Domherren, eingetreten; Pegel und Mensing waren protestantische Elemente, welche aus den Pfründen nur einen Theil ihrer Besoldung ziehen sollten.
Diese "fünf gottlosen Leute und schlimmen Pfaffen, die das Capitel zu Rostock sein wollten," nämlich Caspar Heyer, Johann Bemerke, Johann Lindberg, Nicolaus Gribbenitz und Joachim Kordes, trieben nun ihr Wesen im Geheimen mit allen Feinden der neuen Zustände; so hatten sie, obgleich dem M. Conrad Pegel im J. 1556 die Verwaltung der Capitelgüter anvertraut war, im J. 1558 von Heinrich Smeker ein in dessen Gut Pampow im J. 1500 belegtes Capital 1 ) von 1000 Gulden ohne Pegels Wissen und der Herzoge Consens heimlich endlich erlangt und aufgenommen. Conrad Pegel bat daher den Herzog Ulrich, er möge diese 1000 Gulden von dem Capitel fordern und einstweilen an sich nehmen, aber den Brief von Niemand lesen lassen, sondern seinem Secretair den Befehl mündlich geben. Die "fünf schlimmen Leute, das Capitel genannt" 2 ) hätten in der Sache übel gehandelt; sie hätten, wenn sie gewollt hätten, von den Smekern mit gutem Rechte 2000 Gulden erhalten oder das Dorf Pampow behalten können. Auch meldete Pegel dem Herzoge, er habe gehört, das "gottlose Capitel" wolle an Lorenz v. Reventlow das halbe Dorf Hukstorf verkaufen, und bat um Befehle, durch welche dem Capitel ernstlich verboten würde, bei Verlust aller ihrer Güter weder Güter zu verkaufen und zu verpfänden, noch Capitalien aufzunehmen. In der Nachschrift bat Conrad Pegel noch ein Mal, seinen Brief niemand lesen zu lassen, damit er durch denselben nicht in Ungunst etlicher Edelleute komme!
Am 26. Mai 1558 ward dieser Streit zwischen Conrad Pegel und den Domherren durch folgende Bestimmung geschlichtet:
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1) die durch die Domherren von Heinrich Smeker erhobenen 1000 Gulden sollten außerhalb Rostock wieder sicher belegt werden;
2) das Capitel solle die Copialbücher seiner Urkunden behalten;
3) eines der drei Siegel und Schlüssel solle bei dem Bevollmächtigten des Administrators des Bisthums Schwerin aufbewahrt werden;
4) solle von dem schwerinschen Bisthums=Administrator Herzog Ulrich einer seiner Räthe und Secretarien dem Domstifte adjungirt werden, um alle Urkunden des Collegiatstifts zu transsumiren und das Transsumpt aufzubewahren;
5) der M. Pegel solle in der Capitel=Casse wegen der 500 Gulden, welche des wail. M. Dethlev Dancquardi Köchin (!) in Anspruch nehme, nicht belästigt werden;
6) das Capitel solle seinen Procurator ("den Doctor") beim Reichskammergerichte wegen seiner Gebühren selbst vergnügen;
7) die rückständigen Zehnten sollten von dem Gelde, welches bei dem M. Pegel vorräthig sei, auf Anfordern der Landesherren durch das Capitel entrichtet werden;
8) das Capitel solle dem M. Conrad Pegel, welcher demselben ins dritte Jahr mit Fleiß gedient habe, 100 Mk. lübisch für seine Dienste verehren; wenn Pegel innerhalb 10 Wochen seine Rechnung abgelegt habe, wolle er in Betracht "seiner Unvermöglichkeit und seines Alters" die Präfectur dem M. Bernhard Mensing abtreten;
9) solle alle Erbitterung zwischen beiden Theilen vertragen sein.
Characteristisch ist es, daß noch im J. 1558 Dancquardi's Köchin mit Forderungen an dessen Nachlaß bei dem Capitel auftritt. Aus der oben mitgetheilten Wirthshausrechnung des Seniors M. Johann Lindberg ergiebt sich denn freilich, daß, während die Herren im Capitel aßen und tranken und die Collation mitunter frisch auflegten, Dancquardi's Köchin "Elsebe" die Thaler zum Lohn für die Boten nach Speier herschießen mußte.
Die Verfassung und der Zustand des Capitels dauerte noch einige Jahre, wie er im J. 1559 bestand. In den Jahren 1564 und 65, dem Pestjahre, starben aber alle alten Domherren 1 ), meistentheils hochbejahrt, und es war von den eigentlichen Mitgliedern des Capitels nur M. Conrad Pegel übrig.
Am 21. Dec. 1565 ward aber der herzogliche Secretair Johannes Molinus von den Herzogen mit einer Domherrenstelle bedacht. Johannes Molinus kam im J. 1560 aus hessi=
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schen Diensten nach Meklenburg und ward Secretair des Herzogs Johann Albrecht; er leistete als Geheimer und Legations=Secretair, als Begleiter des Herzogs auf dessen politischen Reisen, ja selbst als Gesandter dem Lande die wichtigsten Dienste.
Pegel und Molinus waren nun zwei Jahre lang allein im Besitz und Gebrauche der Capitelgüter und am 13. Mai 1567 1 ) die beiden "letzten Capitelspersonen", als die Herzoge den Entschluß faßten, zu Rostock ein Landes=Consistorium zu errichten und mit den Gütern des Dom=Capitels zu dotiren. Zu diesem Zwecke traten am 15. Mai 1567 die beiden Domherren den Herzogen alles Eigenthum des Capitels ab 2 ), wogegen diese ihnen auf Lebenszeit eine "Provision" aus der Oekonomie der Capitelgüter oder des Consistorii versicherten, nämlich dem M. Pegel, weil er ein alter und um das Fürstenhaus wohlverdienter Mann sei, jährlich 60 Gulden und dem Johannes Molinus, weil er bei der letzten Kirchen=Visitation sehr nützliche Dienste geleistet und fernerhin dem Consistorium wohl dienen könne, die Einkünfte der Vikarei im Dorfe Evershagen, von jährlich 10 Gulden Ertrag, und 40 Gulden Geld, nach dem Tode Pegels aber 60 Gulden. Die Vikarei zu Evershagen konnte aber der Herzog dem Johann Molinus nicht geben, weil er sie dem Hofprediger M. Johann Lindenberg versprochen hatte; Molinus erhielt dafür einen Bauern zu Biestow.
Der wohlverdiente M. Conrad Pegel starb schon am 13. Nov. 1567.
Johannes Molinus verwaltete nun vom J. 1567 bis zum J. 1571 die Güter des Capitels. Er lebte jedoch noch lange, gerieth aber bald mit dem Consistorium in Streit.
Das Consistorium ward am 8. Febr. 1571 von den Herzogen Johann Albrecht und Ulrich gestiftet und dotirt mit "allen und jeden Gütern, Renten, Zinsen, Diensten, Pächten, Zehnten und allen andern Einkommen, die dem Domstift zu Rostock bis dahin zuständig gewesen, mit Ausnahme des einen Bauern zu Biestow, welcher dem Johannes Molinus übergeben war".
Bis in das J. 1574 genoß Molinus geruhig das ihm verschriebene Einkommen. Als aber in diesem Jahre zwischen ihm und dem Consistorium Irrungen entstanden waren, verglichen sich beide Theile am 13. Febr. 1574 von neuem dahin, daß Molinus fortan jährlich 40 Gulden haben solle, da der Consistorialen Provision auch nur 40 Gulden betrage, und daß die
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Intraden nach Gelegenheit gleich erhöhet und verringert, kurz unter ihnen Gleichheit gehalten werden solle. Diese 40 Gulden genoß Molinus auch viele Jahre. - Am 14. Febr. 1574 übergab Molinus dem Consistorium die Rechnung über seine Verwaltung der Capitelgüter von 1567-1571, so wie sämmtliche Register und Urkunden des Capitels.
Nach des Herzogs Johann Albrecht Tode im J. 1576 ward Molinus mit mehreren andern herzoglichen Dienern "beurlaubt", jedoch im J. 1577 in braunschweigische Dienste berufen, indem er "fürstlich braunschweigischer Rath und Schultheiß in der Heinrichsstadt zu Wolfenbüttel" ward. Im J. 1600 ward ihm die versicherte Hebung aus den Capitelgütern thätlich entzogen. Nach vielen vergeblichen Verhandlungen verklagte Molinus das Consistorium am 10. Jan. 1609 bei dem meklenburgischen Hof= und Landgerichte. Das Consistorium wandte im Laufe des Processes ein, die Geldhebung sei in der Fundation des Consistorii 1571 nicht genannt, Biestow sei 1611 dem Consistorium entwandt, die Hebungen der Consistorialen seien so geschmälert, daß sie ihre Besoldung nicht hätten, die Consistorialen, welche 1574 den neuen Vertrag mit ihm abgeschlossen haben sollten, seien längst mit Tode abgegangen u.dgl.m.
Johannes Molinus starb am 3. Aug. 1610.
Nach seinem Tode setzten seine Erben den Proceß fort.
Diese waren am 28. Sept. 1610:
1) Elisabeth Eickhof, wail. Joh. Molini Wittwe;
2) Johann Albrecht Molinus, der Rechte Docter und fürstlich=braunschweigischer Hofgerichts=Assessor;
3) Gertrud Molini, des Dr. Caspar Arnoldus Wittwe;
4) Dr. Heinrich Andreas Cranius, Professor zu Helmstädt (nach 1619);
5) Dr. Franz Parcovius, Professor zu Helmstädt, und am 11. Nov. 1611 Elisabeth Molins, Dr. Franz Parkowen Wittwe;
6) Friederich Lembcke, fürstlich=braunschweig. Cammer=Secretair.
Dazu kamen am 17. Nov. 1611:
7) Friederich Molinus;
8) Gerhard Reiche.
Alle diese nennen den wail. Joh. Molinus ihren Ehemann, Vater und Schwiegervater.
Ferner kamen dazu:
9) Maria Molins (17. Nov.1611), Johann Rademanns seel. Wittwe (12. Juni 1619);
10) Daniel Rauschenplat (12. Juni 1619).
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Am 16. April 1610 bürgten für den Fall, daß Molinus oder seine Erben im Processe unterliegen sollten,
Bernhard Kellermann und
Christoph Jekel,
Bürger zu Rostock, des Johannes Molinus Schwäger und gute Freunde.
Am 15. Oct. 1619 wurden von dem Herzoge der fürstliche Rath Gebhard Moltke und der rostocker Rathsherr Joachim Schütte zu herzoglichen Commissarien ernannt, um diese so klare Sache auszugleichen, wiewohl ohne Erfolg. Jedoch endlich am 25. April 1620 hatte das Hof= und Landgericht zu Güstrow zu Gunsten der Erben Molins entschieden und ihnen die rückständigen Hebungen und Proceßkosten zugesprochen.
Die Erben Molins baten fortwährend um Beitreibung der Summe durch Execution, die Consistorialen um Erneuerung der - Commission.
Am 16. Julii 1625 sollten die Acten - revidirt (!) werden und dann sollte Bescheid (!) erfolgen.
Damit hören die Acten auf. Der dreißigjährige Krieg schwemmte auch diesen Proceß, wie so vieles Andere, ins Meer der Vergessenheit.
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Anlagen
zur Geschichte der Reformation in Rostock.
Nr. 1.
Der päpstliche Nuntius Bischof Franz Chieregatti übersendet dem zum Bischofe von Schwerin Erwählten Herzog Magnus ein päpstliches Breve und bittet ihn um Beschützung des Glaubens gegen die Ketzer.
D.d. Nürnberg. 1523. Jan. 14.
Reuerende in Christo pater et domine obseruantissime, Commendationem. Misit ad me his proximis diebus Sanctissimus Dominus Noster breue quoddam suae Sanctitatis ad Reuerendam Paternitatem Vestram directum mandauitque mihi per suas literas, ut illud ad eandem transmitterem procuraremque secum omnibus modis, ut ad illud rescriberet. Iccirco cum in presentia istuc breue ipsum destinare decreuerim, illam plurimum hortor et rogo uelit ob eius obseruantiam pietatemque erga eundem Sanctissimum Dominum Nostrum et Sanctam Sedem Apostolicam euestigio ad ipsum respondere ac ad me literas suas transmittere, ut curare possim, illas per meos tabellarios ipsi Sanctissimo Domino Nostro sine fraude reddi, Rogans preterea Reuerendam Paternitatem Vestram, ut causam fidci solito eius animi robore aduersus impios sceleratosque schismaticos tueri uelit, quod non solum fame eternitatem in hoc seculo, sed gloriam quoque sempiternam sibi in alio comparabit. Et beneualeat Reuerenda Pa-
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ernitas Vestra, cui me et commendo et dedo. Ex Nurenberga XIIII Januarii M. D. XXIII.
Eminentiae Vestrae Reuerendissime Pater Vti (?) frater et seruitor Franciscus Chieregattus
Electus episcopus Aprutinus
Princeps Terami orator apostolicus.
Reuerendo in Christo patri et domino obsernantissimo domino Magno Electo Suerinensi dignissimo.
Nach dem Originale, auf Papier, in einer schönen Schrift; nur die flüchtige Unterschrift ist eigenhändig. Der Brief ist auf rothem Wachs verschlossen gewesen mit einem kleinen runden Siegel mit einem dreimal queer getheilten Schilde, auf welchem oben zwei Muscheln (?), in der Mitte ein rechts schauender Adler mit ausgebreiteten Flügeln, unten eine Muschel (?) steht; Umschrift:
Nr. 2.
Klage der Dom=Capitel zu Schwerin, Rostock, Bützow und Güstrow bei dem Herzoge Albrecht über die Vorenthaltung der ihnen schuldigen Zinsen, Zehnten und Pächte durch den Adel und die Städte, die Kränkung ihres Gerichtsstandes und die Verringerung des Gottesdienstes durch die evanglischen Prediger.
D.d. 1529. Dec. 6.
Durchluchtige, hochgebarnne forste, G. here. Nach
vnßen vnderdenigen, schuldigen vnde
vorplichteden Densten vnde innigen bede tho deme
alweldigen gade erbedingen Bidden wy myth
gantzem demode J.f.G. supplicerende
vnderdenichliken tho erinnerende vnde tho
vorstande, wo vnde welker gestalt mith wath
grothem arbeyde, moye, vnkost, gheltspildinge
vnnde anderer bosweringe wy armen gestliken
personen J.f.g. vnderdenige Capellane, vmme vnse
Tegeden, pechte, Renthe vnde tinße
. tho bokamende, jegen etlike
juwen f. gnaden vnderdanen de vom Adel vnde
Steden, den eß belanget, an hochgedachte
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J.f.g. geclaget, ock mit felen gnedigen vorschrifften guthlich vnnde in der gude gesocht vnde vorgenomen, dar tho ßo vnde de wyle vnß dat gefeylet, desuluigen vormoghe J.f.g. vpgerichteden Recesß dorch forstlike Citationes rechtlick angelanget, den Proceß jegen de suluigen rechtlich geholden, Ordel, Sententien vnde Executorialbrefe rechtlich kegen ße erholden vnde bekamen hebben, wo woll gantz weynich bathlicken, men vnß armen gesthliken personen beth anher vnfruchtbar gheweset vnd by se vorachtliken, kleyn vnde geringe alße vor nichts geholden tho vnsem vnuorwinliken merckliken nachdel, vorderff vnnde schadenn.
Wy hebben ock J.f.g. gnaden Executoriales vnde breffe nicht by vns dalgelecht, men hochgedachten J.f.g. vogede vnde amptlude na Rade vnde befehele J.g. vth gnediger wolmeyninge vmme Execution to bokamende besocht vnde gebeden, deß se sick boswerth (vnnde dar vor wy dath achten) hir namalß sick boshwerende werden, in dem doch nicht mer dan eine Execution gescheen is bether tho, vor vnde na dem vpgherichteden forstliken Recesß, myth wath groteme arbeyde, vnkost, teringhe vnde moye wy J.f.g. breffe vnde Citation vorschicket vnde de baden tho bekamende, is fele to langk in de fedder to bringende, bofruchten vns ock nicht allene, men wy sinth deß seker vnde gewiß, dath wy nene baden mher konen offt mogen auerkamen, ßo vnß noch etzwes in vnßen anliggenden von J.f.g. vpgelecht worde, an J. gnaden vnderdanen tho uorschickende, angesehen de suluigen spytzich, trossich vnde nicht alleyne mith schmewordenn, sunderen ock myt sleghenn weddervmme to huß von sick wysenn vnnde gesanth synt worden.
So ock J.f.G. tho boqweme weghe vnde middel gnedichlich nicht trachten edder denckende werden, dat vnße tho bokamende, in deme wy vormerken, synt ock des in ethliker mathe in forfaringe kamen, datwelk vamme Adel vnde Stedenn, so eß bolanget, de vnß bether vor vnde na deme Recesß betalt hebben, sick in der betalinge echteren vnnde den anderen, de so nicht betalen, gelick maken werden, welker vns tho merkliken vnde groten treffliken schaden rekenen wolde.
Vnde nach deme denne, G.f. vnde here, de forstlike Receß klerlich vthdrucket, vormach vnde mytbringet, dat de vamme Adel vnde Steden bewilliget vnde togesecht hebben, alle vnnde iedere ghestliken in alle vnde iedere ohrer gulde, pechte, tinse vnde vphefingen, eth sint tegenden, egendom, wedderkopinge, pechte vnde Renthen, edder we de nhamen hebben mochten, de ße van olders vnde vor den negesth vorschreuen drien jaren in rowiger besittinghe vnde ghewere hebben konnen lathen, wo sie de ock in
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besittinge dersuluigen (wie angetoget) itz
jegenwardich wercklich kamen lathen, sick der
vpp kumpftige pacht vnnde tinsth tyden furder
beth tho ordelinghe der gebreke tho gebruken
.
Der haluen so bidden wy armen Gesthliken vnderdeniges flytes, dath wy des falls also mogen den forstlikenn Receß gheneten, ock dar by beschuttet, boschermeth vnde ghehanthauet werdenn, wy wyllen vns deß, wo wy bether tho wowoll myth vnßen merckliken schaden gedan hebben vnd noch to donde auerbodich, nicht boschweren.
Wo auers, g.f. vnde herr, etlike vomme Adell vnde Stedenn, den eß bolanget, deß forstlikenn vpgerichteden Recesß boschwerden (wo ahme daghe), So vorsehen wy vnß deß ock den suluigen weddervmme tho holdende nicht schuldich edder plichtich synt. Wyle auerß J.f.g. den suluigen van beyden dhelen wyll geholden hebben vnde dar by gedencken tho vorharren, So is vnße vnderdenige ansynnent vnde demodich byddenth, dat wy denne ßodanen J.f.g. Recesß vnder Iwen gnaden Ingesegelen in pergaminth vorsegelt na J.f.g. egen bowillinghenn vnde tosagen erlangen vnde bokamen moghen, vnde wo sick deß J.f.g. boswerden (deß wy vnß doch weniger dan weinich vorshen), dath wy alßedenne weddervmme tho vnser olden possession vnde aller vnsen gherechticheyden (deme rechten vnde aller billicheyt ghemeß) ghestadeth mogen werden.
Wo auerß hochgedachten J.f g. ßodanß nicht donlich edder anthonemende, so bidden wy -demodich vnde vnderdenichlicken gnaden, vnße treffliche vnde mannichfoldige geltspildinghe, ßo in desser saken gescheen, vnße armode, notroffte vnde gelegenheyt gnedichlicken bohertigen, betrachten vnnde bodencken willen, wenne wyder vnde mher kost vnde theringe darupp tho leggende is vnß nicht denlich offte mogelich, angesehen dat wy dar dorch in grotenn vnuorwinliken schaden ghefallen vnde ghekamen synt, vnnde J.f g. ethlike vnßere Segel vnde Breffe vor ghenochsamiger wedderstatinge vnde vaster vorwissinge vor temelike gelickmatighe jarlike tinste vnde Renthen, wo in anderen vmme liggende Chorforsten vnde forstendomen, alße viffe vor hundert, to geuende wonlich, willen annehmen.
Vnde so wy denne ock, g.f. vnde here, etlike Jahr vnd noch itzt in groten bedrucke gheleuet nicht allene vnser fodinghe vnde lyues nerynghe, jegen vnser vorschriuunge, breue vnde Segell, ock anderer orkunde, wo vorberoreth, enthsettet, sunder ock von ethliken werltliken myt waltßamen vornementh auerghefallen vnde alßo ock dorch gestliken vnnde werthliken in dat werthlike Recht richtlick tho antwerden vnde dar tho rechte tho
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stande getogenn jeghen alle ghemeyne boschreuen Rechte, priuilegia, fryheide, dar myth wy van keyseren, forsten, grauen vnde heren, ock desser lande landesforsten gnedichlicken vorsorget, vnde vnße rechtmetigen Exceptiones fori declinatorias vorlecht vnde reiiciert synt worden vnde dagelix mehr vorlecht werdenn, dar doch de werthliken in Steden vnde dorperen deß gheneten vnde vor ohren geborliken Richteren ghewyset vnde remitteret werden, vth anders neynen orßaken offte bowechnissen (dar wy dath vorachten) men dath wy armen gestliken beth nu her van vnßen prelathen vnnde ordentliken Richteren, allen priuilegien, olden herbrochten loffliken christliken wonheiden enthiegen, vorlathen synth worden, vnde mothen alßo vor den werthliken Stapell, dath ny ghehoreth, von nodes wegen to rechte stan, wethen nicht, konen offt moghen in vnßen anliggenden notrofften (dat doch kennet godt) kleghelich vnde erbarmelich iß, noch stede edder personen dar vmme tho besokennde, dan alleyne dyt ock ßo J.f.g. gnedich cleghelich to vormanende, vppe dat J.f.g. gnedichlicken dar tho mogen vnde willen gedenckenn.
Vnde sodenne ock, g.f. vnde here, etlike ewangelieschen predeker in desßen juwen gnaden forstendomen vnde landen von hochgedachte J.f.g., wo sick de suluigen predicanten horen lathen, to predikende vnde dat worth gades tho uorkundigende myt anderen louesengen thogelathen vnde angenhamen synt worden, de ghemeynen gothliken, chrisiliken, loueliken, anghesetteden vnde bether gheholden Cerimonien vnnde gades denste nicht konen noch wyllen lyden offte dulden, men darup singhen, honen, lastern vnde schenden, in andacht vnde meyninghe, de alßo tho uordelgende vnde nedder to leggende, vnde wo ßodans vthe J.f.g. bowillinghe, ßo sick de predicanten horen lathen, gheschege vnde hochgedachte J.f.g. de olden Cerimonien (deß wy vnß doch nummer vorhapen edder vorsehen) enthiegenden vnde contrarierden, so bydden wy vnderdaniges vnde demodiges flytes, J.f.g. gnaden wolden vnß doch gnedighe anthoginghe dhon, wo wy vnß dar inne schicken vnde holden scholen, nachdeme alle die olden Cerimonien to holdende vnß van J.f.g. vormaneth vnde vpgelecht is wordenn, ock vppe desse vor anghetogheden vnderdanigen bede, andacht vnde meyningen J.f.G. ghemote vnß gnedichlick in schrifften, edder wo eß J.f.g. tome ghefelligesten vorstendigen moghen, dar na wy vnß hebben tho richtende. Dath wille wy myt vnnsenn innighen beden tho deme alweldighenn gade vnnde alle vnsen vnderdanigen densten vnßes gantzen vormogenß, lyues vnnde ghudes vmme J.f.g. alße vnßen gnedigen landesforsten vnde heren, de wy langhe gheluckzeligeß Regiments herschende gade salich vnnde gesunth befhelen, myt alle vnßem vor=
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plichteden flyte gantz gerne vorbydden vnnde
vordenen. Datum vnder vnßer allere veer
Capittell, domkerken vnde kerken ingheßegelle,
ahme daghe Nicolai confessoris, Anno
. XXIX.
J. F. G.
alle tydt willige vnde vnderdenighe
Cleresie vnde vorplichteden Capellane
der veer Capittel vnde domstifftskerken Swerin, Rostock, Butzow vnde Gustrow in J. F. G. forstendom vnde landen bolegen.
Dem dorchluchtigen, hochgebarnen Forstenn vnnde heren hern Albrechte hertogenn tho Mecklenborch
. vnßem gnedigen leuen hernn.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Der Brief ist mit den Siegeln der 4 Domcapitel verschlossen gewesen und sind noch Reste von denselben vorhanden.
Nr. 3.
Bescheid des Herzogs Albrecht von Meklenburg auf die Klage der Dom=Capitel von Schwerin, Rostock, Bützow und Güstrow wegen versäumter Entrichtung der ihnen schuldigen Zinsen, Pächte und Zehnten, des gekränkten Gerichtsstandes der Geistlichen und der Abschaffung der alten Ceremonien.
D.d. Schwerin. 1530. Jan. 4.
Von gotts gnaden Albrecht hertzog zw Meckelnburgk
. Vnnsern gunstigen grus zuuor.
Lieben andechtigen. Wir haben ewer jungst
schrieben ahn den hochgebornen fursten Vnsern
lieben Bruder Hern Hinrichen herzogen zw
Megkelnburgk vnde vns getan nach der lenge
verlesen vnnd syn neben seiner liebe darauff
geneigt, euch den zw allerseits bewilligung
vertrag zwischen euch vnnde den vnsernn vom
Adell vnde Burgern ewer zehenden, pachte vnde
renthe halben auffgericht vermoge
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vnder vnsern ingesiegeln zu uorfertigen vnde euch
zwstellen lassen, Euch auch vber die
vorenthalten sollicher ewerer zehenden, pechte
vnde renthe mit geburlicher execution zu
uerhelffen lassenn, das ir die nach pilligkeit
bekummen mogett vnde dieselb zu uolstrecken, vff
negsten vnsern vorgenommen vnde bestimpten
Rechtstag ahnzeigen lassen, auch auff ferrern
ewern bericht vnde vnderrhedung neben vnßerm
lieben Bruder vns etzlicher ewerer schulde
halben in handelung zu lassen vff das die durch
euch zur guthe dester fuglicher, volliger vnde
schleuniger erlangt vnnd inbracht werden
mochten, auch zu uorfugen, wo in Stetten ader
vffen landhe jemandes von wertlichen personen,
wes standes auch die seint, niemants
außgeschlossenn, imandes van den geistlichen,
auch in Stetten ader vffem landhe, wes darzw sie
berecht ahnzulangen hett, das solhs von
niemandts anders, den von vnserm Bruder vnd vns
dar sie die geistlichen in betrachtung dieser
gefherlichen leuffte idern auff sein ahnsuchen
rechts zu pfflegen sich erbotten ader vor ihren
ordentlichen geistlichen richten gesucht vnde
außgetragen vnde das sie die geistlichen dar
vber vor kein stadtader ander wertlich gerichte
gezogen werden sollen. Szouill aber die
Gottesdinst vnde Ceremonien antrifft, ist hieuor
vnßer beuhel gewest vnde auch noch, das die nach
altem gebrauch der heiligen kirchen vnde vermoge
des abscheides des jungst gehalten Rechtstags zu
Speir, daruor wir zu vnderricht den artikel
cristlich religion vnde vnsern heiligen glauben
belangent hir in gelegt, gehalten soll werden,
Euch hirnha wissen zu richten, Dan euch gnedigen
willen zu ertzeigen seint wir geneigt. Datum
Zwerin ahm Dinstag nach Circumcisionis domini
Anno
. XXX.
Den wurdigen, hochgelarten, vnsern liebenn andechtigenn Probsten, Dechanten, Seniorn, Capittell vnd gemeiner Clerisien vnßerer Thumkirchen zw Swerin, Rostogk, Gustraw vnde Butzaw.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 4.
Heinrich Smeker auf Wüstenfelde klagt auf dem Landtage zu Rostock gegen das rostocker Dom=Capitel wegen gewaltthätigen Üeberfalls zur Erpressung nicht liquider Zinsen.
1531. (vor März).
Mich kleglich widderfharen, zich meiner in
vorgangenen jarenn, ßo me geschrieben XXVIII,
die Thumherren zu Rostock kegen meine
landesfursten nhun regimentende boklagtt,
vormeynth in meynem erblichem gutthe Pampow
tausent gulden zu haben, denn ich doch ghar nit
stheendich, dewyle Hennych von Plesßen in meiner
vnmuntschafft mein Erbe vnnd gudth ßo ßolle
vornegelt habenn vnnd nit gebeßert vnnd ich mich
doch stedes vorbotten zu Rechts erkantnuß, nicht
gehulffe vbir das meines vorbeittens haben ßie
von vnßerm landesfursten hinderwisßighenn
vrteyll kegenn mir erlangtt vnnd beholthenn,
ßich darauff ertrostett vnnd gestercktt, mit
drieen hunderth mannen vngeferlich ßampt einem
Er Heinrich Molre ghietzenn bey ßich geflicktt
vnnd inn meine gudth wustenfelte weltlichenn
gefaellenn, pherde vnd ochßenn dar von
gedriebenn, nit geschwuet, vnnd ehre vormeinte
phandth Pampow vnterwegen gelasßen, ßo
vbirveltigenn ßich dar inne vorgreiffen,
sloesser, dhoeren vnnd kasten vnfurschoent
gelaten nicht habenn vnnd dem als nit geßedigtt,
gade im hymmel erbarmeth, ires moetwillens
gebrauchtt, das szwanger frauwespersonen ßich
der halben pis in den doeth erschrecktt haben,
dat selbige ßo meinen fursten vnnd herrn
vnfurmeldeth nit gelassen, isth jedoch
vnfurboeth gebliebenn
.
Heinrich Smeker's Großvater Heinrich Smeker war vor 1487 gestorben, darauf war im J. 1487 sein Vater in der Schlacht bei Pankelow gegen die Rostocker gefallen und Hinrich von Plessen zu Brüel, Ritter, sein Vormund geworden.
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Nr. 5.
Instruction des Dom=Capitels zu Rostock für seine beiden Gesandten, Johann Mindemann und Nicolaus Bokholt, an den bischöflich=schwerinschen Official Joachim Michaelis aus Rostock, welcher bei dem Herzoge Heinrich von Meklenburg zu Schwan zur Verhandlung war, wegen der von dem rostocker Rathe beabsichtigten Reformation der Kirche.
1531. März 23.
Instruction der presterscopp aller 4 parkerken vnde des domes sancti Jacob to Rostok den geschickeden beyden personen alse Ern Johan Mindeman vnde Ern Nicolao Bockholte vicarien bofalen an den werdigen heren Magistrum Joachim Michaelis Officialen des Stifts to Szwerin Radtslages wise, myt ehm vorersth vnde dar na myt vnssen gnedigen landesforsten, ok vnsern g. hern Bischoppe to Schwerin dorch ehme vnde in bywesende der beyder vtgesanten personen myt vnsen g. landesforsten tho ratslagende, wath besth wil der armer papeschop in den kerken aftosettende edder to holdende, nichtes to vornyende gedan syn, vppe dat vorheyschendet gisteren, vnde huden vppe der Schryuerye ghescheen vor de viff personen des Rades vom Rade dar to vorordent, Doctor Johannes Oldendorp, her Vith Oldenborch, her Joachim Qwant, her Nicolaus Bobbin vnde her Hinrik Boldewan myt bywesende ohres Notarien Thomas Barckhusen Secretarien. Actum huten donnerdages na gertrudis ao. 31.
Erstliken vppe dat vorgeuent des Rades, dat se
nicht lenger konen den weldigen hupen ohres
befruchtens vppholden der Religion sake, men
moth wise vnde wege finden myt den predikanten,
ok der presterschop, dat vthe der presterschop
herkamen schal, de Rath vnde anslege,
aftostellende de Ceremonien, vnde wo dat scheen
schal vnde vth wath wise vnde mate, dar bogerde
de rath von der presterschop rath vnde ohre
andacht vnde wolmeyninge in, wente se willen
erst van vns hebben vnde myninge horen vnde vns
nichts vorgeuen, wat af schal edder nicht af
schall
.
Item dat de predicanten ohres dinges nicht eyns synt, vorerschwart so gesecht, dar in sede de doctor, se weren ohres dinges eyns, wo dat syn scholde, vnde de rath were
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des noch nicht myt ehn auer eyns, vnde des so
scholde wy vnsen rath inbringen, wat vnse
meyninge were
.
Vnder velen vorgeuende, myt bosprake, vth vnde inredenth vnde aller voreniginge vnder vns allen, by eynander to bliuende in eyns, vnde myt vnderdeniger dancksaginge, dem Rade ock den geschickeden, vor alle gueth hanthauent vnde boscherment beth an her der closter gescheen, beth vppe dessen hutigen dach, in vorhapinge to gade, se werden dat myt der hulpe gades alse de auericheyt wol vordan myt ohren vnderdanen in frede vorseen, dar wy vns gantzlik vp vortrosten.
Vnde dewile de handel schwar, groth wichtig iß
vnde gades densth belanget, so hebbe wy terminum
deliberandi gebeden ad octo dies, vppe dat wy
vnß mogen in der religion sake vnde Ceremonien
aftostellende, weynich edder vele edder gantz
aff, bedencken, ok myt vnsen g. landes forsten,
ok vnßem g. hern den Bischop boraden vnde
bospreken alse vnse patronen vnde ouerste
boschermer, dan buten ehn wete wy vnß nergende
war in to latende, id sy weynich edder groth
.
Vnder velen reden vnde inreden hebben se vns
nicht willen von des Ersamen rades wegen seggen,
offt wy VIII dage, III dage edder weniger
dilation hebben mogen, Se weten sik dar inne
nicht to vorseggen, vil weyniger VIII stunde
edder III stunde, vnde geuen vns alles alse den
Sticken vor der dhore, also offt se nicht in der
dilation vns wusten vor den weldigen hupen to
beschermen edder nicht, edder wath vnß
begegende, dat scholde wy deme Rade nicht
hernamals imputeren
., vnde hengen allen buß also vppe
vns papen vnde geuen vns doch nichts vor, wat af
scholde edder nicht af scholde, men gantz von
vnß papen scholde dat vtgesecht nu von stunth
werden, wath wy hebben wolden edder nicht hebben
wolden, vnde kunden vnß dar vp gar anders nicht
seggen, dan ehn rath wolde sik dar in
entschuldiget weten, id worde wo id worde.
Nu hebbe wy noch dar vp vnsen borath also vorsk
gebeden, in der stath ßo bliuen to laten vnde
des in middeler tyt by den hern official
erinneren vnde dorch ehn vnde den legaten beyden
by vnsen g. hern hertoch hinrike, ok syner f.g.
heren ßone also bischop tho Szwerin vnse
boschuttere, patronen vnde boschermer vmme ohren
gnedigen Rath, hulpe vnde bistant gnedichlik to
erlangen, wes wy vnß im dhome, ok in den andern
kerken alle myt den Ceremonien, Stacien,
vigilien vnde gadesdensten holden scholen, wente
buten ohren willen, macht vnde vulborth mogen,
konen edder willen wy nichts afsetten,
vormynnern edder vorringern
.
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Item se scholen ock den Rath, de Stath, Borger
edder nemandes noch tor tyt clawyß vorclagen,
wente wy weten se noch auer waltsamen auerfall
beth in desse stunde nicht to vorclagende
., men allene vmme vnderwisinge
willen bidden, offt wy ok scholen vndergan,
weynich edder vele aftostellende, vnde wat wy
afstellen scholen
., darmit de rath myt dem weldigen
hupen moge frede beholden vnde vns ok neyn
waltsam auerfare schut.
Item dewile vnß ohre f.g. muntlik bofalen, ok
schriftlik vormant, boneuensth den anderen
Stifftskerken Szwerin, Butzow vnde Rostok, dat
wy de Ceremonien scholen holden vnde nicht
afstellen edder fallen laten, na lude der
forstliken Scrift vnfes g. hern hertoch
Hinrikes, dat wy deme ok nicht weten buten ohren
f.g. fulbort vnde willen dar von aftostande
.
Item offt vnß yo hir bauen waltsam auerfaringe schege, wes wy vns to vnse gnedigen landesforsten, ok dem Bischoppe von Schwerin, also eyn houet vnsere prestere in gnediger boscherminge vortrosten mogen.
Item vnde offt nicht vornemlich edder dathlik
schege kegen vns vnde vppe den termyn der
dilation vnse bodenckent wedder inbringen
scholden, edder noch ehr, wath dat wesen schal
., angeseen dat wy nichts weten
von Ceremonien vnde herlicheyden der gadeßdenste
noch tor tyt aftostellen.
Vnde bauen alles dat wy vnß geuen vnde
vnderwerpen vnß vnder vnse gnedige landesforsten
allen alse vnsen g. hern hertoch Hinrich,
hertoch Albrecht, hertoch Magnus alse gestliker
vnde vnßer gnediger here bischop to Szwerin
sampt allen louelichen forsten vnde junger
herschop von Mekelenborch
. alse vnse gnedige heren
landesforsten vnde patronen des dhoms, der
parrekerken vnde aller herlicheyden vnde
Ceremonien, sampt dem hilligen R. Rike, Keys.
Mt. vnde pawstlicher hillicheyt ersth vnde tor
auerflot to deme alweldigen ewigen gade vnde
synem gotliken hilligen worde vnde by Cristo,
dar wy alle willen ok by bliuen, also
kristhlike, arme, elende, gesthlike lude
.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin, von derselben Hand, welche den Brief von demselben Datum geschrieben hat, wie es scheint von der Hand des Mag. Johann Lindberg.
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Nr. 6.
Nachricht des Dom=Capitels zu Rostock an seine zum Herzoge Heinrich nach Schwan geschickten Gesandten über den augenblicklichen Stand der Sache in der Reformation der Kirche zu Rostock.
D.d. 1531. März 23, am Abend.
Erwerdiger, leuer Magister Joachim, here vnde
frunt, vnnde erhaftigen, guden frunde. De heren
des presterliken standes alle thwiuelen nicht,
gy werden vthe gratien des almechtigen gades dat
factum Juw bovalen, von den Cerimonien to
bliuende, myt rade, hulpe vnde bistande vnsere
g. landesforsten vnde Bischops von Szwerin
vthrichten vnde gnedichlik by ehm erholden
., dar anne drage wy nenen thwiuell.
Forder hebbe wy Juw nicht mogen bergen, dat bauen
huten den genamen auescheyt vppe der Schriuerye
wy alle von allen kerken vnde alle personen synt
dorch de Statdener wedder vorbodeschoppet,
morgen to IX vor den gantzen Rath to kamende
. Vnde de predicanten sint to VIII
vorbodeschoppet, wy weten ouerst nicht wor vpp,
men wy achtens dar vor, dat wy vnse borat
inbringen scholen vnde neyne dilation lenger
hebben
.
Worvmme sende wy Juw clericis dessen Jungen nha,
dyt Juw so to vorstande to geuende vnde ok dat
Mester Joachim de predicante von sunte peter myt
noch eynem von hyr is gevaren to einem heren to
III slegen, dar wachtet Juw vor, wath de wert
bringen vnde ratslagen. Bidden densthlik, wo
vmmers mogelik is, by to bringende, dat gy vns
vor der tyt morgen to IX mogen wedder inbringen,
wes wy vns vppe vnsen g. forsten vortrosten
scholen, vnde dar to offt gy nicht jegen de tyt
kamen kunden, dat gy doch kamen, alles Juwen
guden Rath by jegenwardigen wedder schriuen,
vppe dat wy wath anwaringe mogen weten, wor wy
vns vp vortrosten scholen
.
Wy sint ouers gantz gesinnet, buten vnser landesforsten, ok vnsers g. hern von Szwerin bofehel vnde heth vns nergende, wor von aftogeuende, noch von kleynen offte von groten Ceremonien, wy vorstan denne, dat vnse g. forsten vnde vnser g. here bischop dat wol liden kan vnde vns heth, ok nagifft, vns hernamals in vngnaden dar vmme nicht to straffen edder to dencken.
Hir myt bidde wy, dat gy dyt alles in der hast ßo geschreuen willen vor dat beste mede annemen vnde radeswise mede borat=
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slagen. Hir myt gade geluckselich bovalen. Datum ilende Rostock vmme seygers 4 vppe den auent ahm donnerdage na Letare ao. 31.
Den werdigen, hochvorstendigen vnde erhaftigen heren Magistro Joachim Michaelis officiali Szwerinensis curie
. vnde Ern Johan Myndeman, ok Ern Nicolao Bockholte vicariis
. vnsen gunstigen heren vnde mithbroderen samptlik vnde besundern denstlik gescreuen.
Cito Cito.
Ueber der Ueberschrift steht von der Hand des Canzlers Caspar von Schöneich die Registratur:
Clerisia rotzstock ceremonien halben.
Also ist der Brief zur Hand des katholisch gesinnten Canzlers gekommen.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. und H. Archive zu Schwerin.
Nr. 7.
Vorschläge des Rathes der Stadt Rostock an das Dom=Capitel und die katholische Priesterschaft daselbst zur Reformation der Kirche.
D.d. Rostock. 1531. März 29.
In den Geistliken vnlitliken myßbruken (welker nemande den alleinen Gades worde tho ordelen betemen) hefft ein Ersame Radt Gade almechtich tho loue vnd vmme ghemeynes fredens wyllen, den de Ouericheit nha allem vormoghen vth schuldigen plichten vorthosthende vnde tho hanthauen schuldich, disse nhafolgende artikele vnd myddele vth Gotlikem worde beramen laten vnd der presterschop tho Rostock alze einen fruntliken truwen radtschlach vnd anwaringe vorholden laten,
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Myth protesiation, dath Ein Ersame Radt nemandes gerechticheit ahn werdtlichen dyngen hirmit gedeucket tho uorletzen.
Eft ock Jemant van der Presterschop mith eigenem vornemende in vndeinstlichen worden edder wercken disse gegrundeden fruntlichen vorschlage nicht annhemen, weygern, dar vph spotten, achterreden edder eine wyle holden vnd darnha tho argerunge fallen laten wolde vnd dar durch einen ahnstott, vnfrede vnd wedderwillen erwecken worde, dem Rade, der Stadt vnd syck suluest tho schaden vnd nhadeyle ahn zele edder lyue, des wyl ein Ersame Radt samptlich vnd sonderlich vor Gade almechtich, vnßen landesfursten vnd idermennichlick entschuldigt bliuen vnd hirmit apenbar vorbedinget hebben.
Im falle ock dath de Presterschop edder jemant vnder ene wuste in dissen anliggenden loiften vnd handelen der myßbruke beteren rathschlach vnd myddele vorthowenden, de suluigen were ein Ersame Radt anthohoren nicht vngeneigt, vth grunde der Godlichen Schrift, ane vorwylunge vndeinstlicher disputation.
I. Erstlick der geßenge haluen, ßo in bewerder biblischer hilligen schrift gegrundet, achtet men nicht vor vnguth, dath de Presterschoph de suluigen in latinscher sprake beholde vnde gebruke, doch etwes vnderschetliker 1 ) vnd mith mer vorstande tho syngen, dan betteher auergerumpelth.
II. Thom andern dath alle daghe dath hochwerdige Testament 2 ) in latinscher sprake vor dem hogen altar alleinen mit twen Ministranten in kledunge vnd form, wo vorhen (vthgenamen de canones), geholden vnd dat volck, ßo vorhenden were, communicert werde,
Doch den jennen, ßo dat Sacrament vnder einer gestalt begheren werden (nha ermaninge des rechten gebrukes vnd ahnsettinge Christi) nicht tho weigeren,
Dath ok dat Volck, tho solchem heilsamen Testament vnd starkinge des ghelouens durch die Predicanten vaken ermanet vnd ene de nutticheit wol ingebildet werde;
Ock is nodich alle wege (wann er communicanten vorhanden), dath als denne am ende der Missen de Prester syck vmmekere vnd eine korte dudesche rede vnd ermanynge dho, wath, wo vnd wor tho ße dath durbar Sacramente entfangen.
III. Thom drudden dath vth beuell jennen, de des tho donde, itlike vth der Presterschop dogetßame vnd vor=
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stendige personen thor bicht geordent werden neuenst den Predicanten, de der veelheit des volkes alleinen nicht ghewarden moghen, in jeder kercken,
Vnd dath de suluigen Bichtueder tho enicheit vnd nicht twedracht des gelouens dath volck vth Gades worde truwelich vnd recht vnderwyßen, als ße vor gades gerichte vnd idermennichlich in der werld gedencken tho verantworden.
IV. Thom veerden Des hilligen dages, welcker vmb gades worth tho horende vnd anthonemende allenen is angesettet vnder den Christen, wert vor nodych geachtet, vormyddages in allen kercken einen vnd nhamyddages ock einen sermon thom weinigesten in twen kercken nha der vesper tho geschende,
Vnd dath dem volcke vmme einicheit willen werde nhagegeuen Te deum laudamus vnd einen psalm edder twe vor vnd nha dem sermon tho syngende des morgens,
Doch dath sulckes in dem Chor durch den Scholemester, nicht in der kercken angehauen werde.
Myt den krancken ouerst, dar mercklich an gelegen, dath de swacken nicht auerlastet vnd de starken nicht vorkortet werden im latesten vthgange eres leuendes, is dat myddel gefunden, dat de Prester vnd twe Ministranten ßo wol thon armen, als tho den Ryken ghan vnd dragen dath hochwerdighe Sacramente mit Rochchelen vnd vorgander klocken, allenen tho erkenninge dath de hupe volckes edder wagen, ßo villichte im wege syn mochten, dem Sacramente wyken vnd Erhe geuen moghen, vnd mith der tydt furder tho trachtende, wo idt myt dem dregende sthan moghe vth der Schrift,
Vnd wo denne de krancke vth fryer conscientie beyde gestalt tho nemende gesynnet, ßo schal als denne dat testamente darsuluest geholden vnd de krancke communicert werden.
Wo he ouerst syn gemothe dartho nicht gheuen konde, als denne schal eme de eine gestalt, welcker dar henne gebracht, medegedeilet vnd vph Christum tho vortruwende ermanet werden, de anderen ministranten ock god vam hemmel mith orhem bede nha synem gotliken willen mith dem krancken tho schaffende anropen.
Dyth vnd alle anders vph gemeiner christliker kercken schriftmetige vorbeteringe.
Actum vph der Schriuerie tho Rostock myddewekens nha Judica Anno vefteinhundert einvnddruttich.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 8.
Antwort des Dom=Capitels und der katholischen Priesterschaft zu Rostock auf die Vorschläge des dortigen Rathes wegen der Reformation der Kirche.
1531. März 30.
Vor vnnde an jwen vorsichtigen vnde wollwysen Heren Borgermeystern vnde Radmannen desser louenliken Stad Rostock alß denn van gade allemechtigen geordentenn de werltliken swertz bouelhebberen repeteren vnnde vorhalen auermaels de presterscopp vnnd gemeyne clerisie de er vorgedanen bedinxisse vnde protestation,
alß nomlich myt syner gotliken gnaden tho bliuende by deme reynen vnde rechten worde gades nach vorstande vnnd vthlegginge der hilligen Doctoren.
Vnnde furdder dat se nicht gedencken, noch wyllen sick geuen edder wycken von der ordenynge der Menscopp der hylligen gemeynen vniuersalen christliken karcken edder samelynghen, dar auer vnnd inne herscoppet vnd regert de werdiger hylliger gest, leth de syne hyllige karcken ock inn den dyngen, de vnnsen hillygen louen andrepen, nicht erren edder dwelen.
Vnnde ock wer von jemande wes myt faster recht vorstande hillyger schrifft konde vnnd mochte angetoget werden (yd were denne groth edder kleine) vnlydelik mysbruk were, dat sulkeyns na gehor afftostellende de suluige Presterscopp allewege boreyt scholde ersport werden.
Nach alsulker protestation tho antwardende vpp ydliken gistern alhir vorgeholden artikell secht de presterscopp, dat des Erßame Rades gude wollmeynge, ock na legenheyt desser wyltlofftigen tyd, angesen de grothe ankundegede verlicheyt nich weten vththoslande, men nach vormoge vnnd allen gebor ene rynge tydlanck den suluen sick lickmetich moten weten tho holdende,
Doch alßo vnnd myt dessem bescheyde vnnd anhange:
I. Erstlich Dat wenner dat Testamente (dar de hillyge mysse myt vorstan werd) geholden edder de hillige licham christi to den krancken vthgedragen scholde werdden, Szodane werck durch den pastorn edder syne Capellane (denn dat ock van older gebrucke geboret) vnd durch nemand van vnns vthgerichtet moge werden.
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II. Thom anderen dar denne zo de Noth erforderde, dat woll manck edder van den presteren, vicarien benomlich alhir jegenwerdich Testamenten edder missen tho holdende offte de krancken tho heymisken ersucht wurdde, Dat alßdenne de fuluige prester dat Testamenten (ßo men dat nomen wyll) edder missam ane vnde sunder de canones to holdende vnde den communicanten vnder beyder staltenisse tho vorreken vnuorbunden moge blyuen vnnde dar myt in deme gefalle, alße der hylligen christene gemeynen karcken gebrucken gemeth, vorschonet moge werdden.
De wile vnde nach deme de hillige gemeyne vniuersale christene karcken in dusent vnde mer hundert negesten vorschenen jaren dyt suluyge in ereme gebruckliken ouinghe ßodanes nye vnnd nicht hefft gehadt vnnd dar vmme vnß allen vnnd eynem jeweliken van vns dat wedder vnse conscientien were vnd ane vorlust vnseren eren vnnd truwen, ock grothe straffe, szo woll van deme allmechtigen gade, alß van den mynschen, ock vnsen gnedigen heren vnd Landesfursten (de vnns dat ock scryfftlich vnde muntlich als der karken patronen hoge vorbaden hebbenn) dat nummer konden edder doen mochten.
Will ouer vnnd konde eyn Erßame rad dar wene tho ordyneren, he sy denne woll he sy, dat moth wy alßdenne dat eyne tyd langk duldichlich gedragen vnnd ßo laten geschen, men vns sulkeyns entholden,
Jo tome weynegesten Szo lange de hillige christelike karcke vnnd erer houede dat alßo tho holden beden vnnd bouelen, offte jo ßo lange dat de jenige, de dat ßo bogeren vnnd ßo ammodende syn, vth grunthfaster hilliger rechtuorstendiger schrifft egentlich vnnd schrifftlichen, (wo amme lasten muntlich vnde ock auer XIII wecken tho vorne schrifftlich gebeden wordden ys) vor dem rade schrifftlich antogen, wat, wor vnd wo de hillige gades denst edder ceremonyen in den karcken vnlidelike gemysbruket werdt edder jegen dat rechte gades wortd mach syn, vpp dat de suluige Presterscopp alßdenne myt rade, myt weten vnd thodade vnser g.h. vnnd Landesfürsten (denn alß patronen der karken dat jo wolde erstlich geboren) vpp de nyen vnnd im jungesten durch ydlike vorgenamen formen tho holden myt reden georsaket mogen werden.
Welker de presterscopp deme Erßamen Rade nu tor tyd vor eyn frunthlich antwardt vppe ßodane vorgeholden artykell alle vth eren truwen guden wollmeynynge ock by eren conscientien wedder vmme gestellet hebben wyll myt bede vnnd bogerent, nemant se dar bauen moge boschweren edder bolasten wyllen, dat myt allen eren innegen beden tho gade vnnd myt syner gotliken
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gnade dat wedder tho vorschuldende wytlich boreyt sick erbaden hebbenn.
Nach einer gleichzeitigen
Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh.
u. H. Archive zu Schwerin. Auf der Rückseite
steht die gleichzeitige Aufschrift:
Antwarde der presterscopp vpp vorslege
des Rades tho Rostock.
Nr. 9.
Schreiben des Dom=Capitels zu Rostock an das Dom=Capitel zu Schwerin wegen der in Rostock beabsichtigten Reformation der Kirche.
D.d. Rostock. 1531. April 1.
Vnße gudwillige vnnd stetz boreyte denste ßampt alles leuen vnde guden touorne. Hochgelerten, werdigen vnnde achtbaren, grothgunstigen heren vnnde frunde. Wat vnßeme almechtigen gade vnnde synem hemmelischen here in syneme godtliken densten vnnde Ceremoniis, ock vnß alß synen armen deneren tho Rostock vth anfuringe idliker nyen predicanten (infelicium hereticorum putamus) vnde eren scholeren in kortte vorschenen daghen boyegent wordden is, hebben J. ach. w. vth hyr by auerigeschickten, erstlich vorgeuendes des Rades, dar nach vnßes dar upp gegeuen allen schrifftligen antwerdes scedelen gar lichtliken to ermetende. Wy willen J. ach. w. ock nicht bergen, dat wy amme jungestenn donnerdage S. Benedicti vor deme Syndico vnde IIII ledemathen des Rades vorbadet, van gades densten vnnde Ceremoniis to cesserende vorgeholden vnnde vnße beradt vnnde frist dar upp boghert, nicht hebben konen erlanghen, men forth des anderen dages alß profesto Annunctiationis vor deme gantzen Rade alle wedder vorbadet, vormerkeden, wo dat jeneye, ßo men in des rades scedele vthgedrucket, wy by vns suluen vppnemen edder ander wyße vthdencken scholden, vnnde wy ander mael vnse borlike antwarde dar vpp bynnen VIII edder mer dagen to geuende fryst auermals gebeden hadden, doch nicht hebben konen beholden, men allene vor andwardt erlanget, wy scholden vns de twe done anstanden dagen vnnd beth in de weken der karcken ingandes entholden vnde nicht mehr denne de hoch=
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misse holden, Szo langen eyn Radt tho vorslegen mochte gedencken, wolde men vnß der weghen doche gar nichts war tho gedrunghen hebben, den ße vns dat truwelich raeden, ein mechtich grot qwadt (dat anders der Stadt muchte dar auer entstan) vortokamende. Wy hebben ock den radt nummer war mith to beklagende, men vele mher deß to bodankende, weten woll, dath enhe gelick vns hertlich leydt waß. Wy hebben ock des suluigen dages der ersten essching twe vth vnß an vnsern g.h. hertogen Hinrick, de dho tho Zwan was, van stunden an, van syner f.g. hyr ynne Radt tho halende, vthgeferdiget, de ock by den suluen geschickeden vnß muntlich (wo touorne, alße gy weten, schrifftlich er ereme f.g. vthtage gescheen) hefft lathen wedder seggenn, wy nenes weghes de Ceremonien scholden lathen vallen, vnnde gheschehe vns dar wes auer, syne g. moste waldt myt walde sturen, wy ock dat suluige syner f.g. antwardt vor deme sittenden rade klerliken hebben angetagen mit vnde nach velen scharpen treffelken vnßen entschuldigen, vns gar vnde gantz vppe vnße beyde landesfursten hochlich beropen, synt wy doch, deme vnangesen, van vorigen des rades worden ßo vorschrockken worden, dath wy erhe wolmeyninge hebben gefolligen vnnde vns beth vpp dohne negestkumpstigenn vnnde nw negest vorgangen middewecken duldichlich alßo mothen entholden, ßo langhe wy ßodanen des Rades vorslag vor deme suluigen gantzen sittende rade, wo bauen, scryfftlich erlanget hebben; wath wy auer des negesten dages (do men nicht lengher fryst erlangen kunde) erst munthlich vnnde dar nha vorth inden suluen hyr by auergeschikkenden vnsen schrifften wedder umme tho anthwarde, na legenheit vnde korthe der tyd, ghegeuen hebben, konen gy dar vth to ermetende ock woll hebben.
Idt hefft sick wyder ock bogeuen, dat done wy
vtrumque canonem vth der Myssen tho latende
vnnde sub vtraque specie dat volck tho
communicerende, vnß nenes weges vnderstand edder
vordristen konden, ja ock leuer wolden de gantz
karcken lathen tostande bliuen, edder vp dat ja
der guden Stadt vnnde dem Rade vnsern haluen
scholde nen vordreth tokamen, wolden wy vele
leuer vth Rostke tanto furori wichen vnnde ßo
boßer tydt eyne kleyne, tydt stede gheuen. Wuste
ock de Radt wene auer tho kamende, wolden vnnde
mosten wy eyn tydt lanck gedulden
. Quer do noch de radt, noch de
presterschopp sick ßodaner ordinantie vnderstaen
konden edder wolde, hefft Meister Joachim
Michaelis beyden parthen vnnde saken thome
besten, dat van weghen vnßes g.h. vnnde
postulaten ßo hefftigen vnnde gruweßame hyr
bauen gemelthen vnnd ankundigeden qwadt
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vortokamende, an vnde vpp sick genamen, dar ßo inseen vnde voerkamen, dath ßo de beyden alß hyr bauen gerurten articulen nen mangel hebben scholen, vnde hefft ock fort alß ghystern in vnser leuenn frouwen karken deme nha de hochmissen alßo geholdenn, wo wol ytlike synes gemötes vorstoringhe vnnde vor deme Altar vorschreckkinge ghekreghen hefft. De wyle nu durch den ersten articulen des rades (wo wol gar duncker vnde generaliter) alle stylle vnde leßende myssen, ock Marientyde vnnde processiones, ock palmen=, crude= vnde funtewigent, ßo de radt, dar vmme durch vnß gefraget, ock will vorsthan hebben, Szo konen wy vnß gar lichtlich erinnern, dat ßodane dinck vnßeme Landesfursten, negest gade vnnde synen leuen hilligen, ock ordinantien nw korttes tho Auspurch geholden gar vnnde gantz entiegen syn wyll, botrachten ock in sunderheit vnser karcken, dar Marientyde vnnde lauesenge to holdende nach lude der Confirmation werth vnde ys vnsen g.h. boualen, ßo se tome jungesten dage willen gade deme heren rekenschopp dar van don vnde ock faste vele confirmationes beneficiorum myt bringen, by vormidinghe gotliker groter straffe, idtlike Missen in genomeden tyden leßen werden scholen, vnde kanen dat suluige vnßeme g.h. hertogen Albrechte ock nicht vnvormeldet lathen, gelick ßo wy dath vnßeme g.h. hertogen Hinrik imme namen heren hertogen Magni ock vnses g.h. postulaten to voren wo bauen gedhan hebben, vnnde willen J. ach. w. der wegen alß vnsen heren oldesten vnnde Maioren mit alderfliteste angefallen vnnde gebeden hebben, Gade deme heren tho eren vnnde synen gotliken densten J. ach. w. myt desseme vnseme breuen mit hyr by geschickten des rades schriftliken vorschlegen vnnde vnseme dar vp ock schrifftlick antwarde willen bosoken vnsen g.h. hertogen Albrecht, de, ßo wy merken, gade loff, nu heym gekamen vnnde mit jw tho Szwerin villicht is, edder wenner syne f.g. erstlich dar kamende werdt, vnnde mit der syner f.g. vnde hochgedachten heren hertogen Hinrik vnde Magno, alß vnsen bosundergen vnde gnedigen schutzheren vnde eren f.g. karken Patronen, desse groten treffliken dinge vnderreden vnde unerwegen vnde vnß armen presterschop truwelich hyr inne helpen raden, vns ock ane mogeliken trost vnnd hulpe nicht vorlathen, dath ere f.g. in dem Erßamen rade (den wy doch bedancken vnde nicht vorklaghen) wath harde wolden schriuen, ße de nyen predicanten vnnde de ene anhangen in erern f.g. namen vnnde vth eghene bowechnisse (van vnß alß dath wy scholden gheklaghet hebben) ghar nichts tho wetende, edder suß, wo id erhen f.g. bofallen wolde, vnß armen to botrachtende vnde wedder to gades densten nach ouinghe vnnde brucke der hil=
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ligenn kerke gnedichliken vorhelpen wolden, Szo
vnnd alß wy dat to eren f.g. beneuenst gade vnß
wyllen vortrosten mit vnsen armen vnnde innigen
beden nacht vnde dach ock alle stunde
vnderdenichlich vnnde jegen J. ach. w. (de wy
hyr mith gade beuelen) gudwillich vorschulden
vnde vordenen, vnde bydden des mit deme ersten
schrifftlike antwerde. Datum Rostock amme
Sonnauende nha Judica Anno
. XXXI°
Prawest, videcanus, Senior vnnde gantze Capittel ok alle prester der dohmkerken S. Jacobi to Rostock.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 10.
Bericht des Dom=Capitels zu Rostock über den raschen Fortschritt der Reformation zu Rostock.
1531. April 4.
Ock dar nach alße meyster Joachim de officiale de
ersten missen alßo geholden hadde, hebben dat de
martiner eme noch tho qwade gedan vnde synt dar
auer schyr by II
c
mynschen vppet nyehus des andern
dages vorsamelt worden, wolden dat wreken, ßo
lange ße noch to freden gespraken wordden, vnd
ward ford vppen lest vorschenen palmauende de
presteren tho marienkarcken allen vorgeholden,
se scholden de missen edder testamenth manck
syck laten vmme gan vnde alle vppet nye nach
orderinge des rades artikelen holden, durch syck
suluen van deme oldesten anthoheuende, hebben se
vnser karcken alßo van der syden gethagen.
Da na synt ock tho vns in sunte Jacob karcken
gekamen alßebalde II borgermeystere vnde II
rades heren vnde vns dat sulue ock ansynnende
gewest; wy hebben auer dat by vnsem vorigen vnde
auergegeuenen scryfftliken antwarde blyuen laten
vnde dar nicht aff willen treden edder wyken
vnde leuer alle vnse pechte entberen, laten de
karcken tostaen vnde dar tho alle vth rosthock
henn vth ghan
. Tome lesten ys eyn arme elende
prester (korttlich van Lübeck gekamen)
vorgetreden vnde
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hefft myt vorlaue des herrn Officialis in
vorgangen palmedage vnde gystern vnde ock huten
myt vns tho sunte Jacob dat testamente (wo se
dat nomen) geholden vnde wy moten dat lyden, dat
he yd vordan ßo holdet, vnde moten eme ock
bolonen, willen wy dat suluen nicht ßo don, ßo
lange wy van gade vnde vnsen g.h. vnde
landesfursten trost vnde hulpe seen, mosten ock
dulden, dat in palmedage myt den groten orgelen
de myssa geßungen vnde gespelet warth vnde myt
allen solenniteten, ouer palmwyent, alle
lesemissen sint nicht geworden. Ock marien tyde
synt nedderlecht. Dar weren III frame gelerde
predicanten, den ys fort dat prediceren
vorbaden, gelyk wo den armen gelerten monneken
vorhenn vorbaden ys, vnde hebben nu tor tyd
nemant, de en wath entiegen spreken. Gelyck wor
II to samende scalen rechten, dem enen werden de
hende gebunden, de andere warth frye gelaten;
dar weren genoch, de myt groten vnde grundfasten
hilligen scryfften eme vnder ogen konde seggen,
ouer den werth fort de mund geslaten vnde weten
nu der guden stat rostock nenen trost mer
., vnd her valentyn hefft noch
huten wat lutlyke gepredicert, dat yd ßo noch
nicht mochte togan, dar vmme heten se ene rede
wendehoyke; men kan ene dat doch nicht tho
dancke maken
.
Tho sunte Nicolawese karcken ys ener genant her Thonnyes Beckker, holdt nu de missen ock vppet nye absque canone vnde communicert sub vtraque specie.
Vnde de lutke Cappellanus to marienkarcken, peterken genant, holt dat ock ßo, leth in ßondage II konsecrerde Corpora vpp de erde vallen vnde kerde syck dar nicht groth an, vnde vollgen ßo den tho sunte peter, de dat lange (wo amme dage) ßo geholden hefft; ouer god will eme nu villichte visitern, lon vor syne werke geuen, licht nu huten, agonizert faste vppe disser stunde.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin, von derselben Hand, welche die Actenstücke vom 23. März 1531 geschrieben hat.
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Nr. 11.
Das Dom=Capitel zu Rostock beschwert sich bei dem Herzoge Ulrich über die eigenmächtige Verwaltung der Capiteleinkünfte durch den M. Konrad Pegel.
D.d. Rostock. 1556. Dec. 26.
Durchluchtiger, hochgeborner furst, gnediger Herr. Vnse vnderthenige, phlichtwillige vnd gehorsame Dienste sein E. F. G. alzeit zuuorn. Gnetiger Furst vnd Herr. Wir konnen E. F. G. in vnderthenigkeit clagweiß nit verhalten, das wir durch E. F. G. promothoriall vnd vorschrifften zu vnderthenigem gehorsam den achtbaren vnd wollgelarten M. Conradum Pegell nach todtlichem abgangk M. Dethleui Danckquarth zu vnserm vnd des Capittels generalem administratorem bonorum haben verordneth vnd gesetzt, der trostlicher, freundlicher zuuersicht vnd hoffnung, das ehr solte sich der gestalt vnd maßen in administratione verhalten haben, das wir in annuis reditibus vnd quotidianis distributionibus nicht solten verhinderth sein wurden, viell weiniger derselbigen verkurtzt, so hatt ehr doch die Zeit seiner administration hero alle reditus vnd distributiones vnderslagen vnd bei sich allein behalten vnd furwenden laßen, das daßelbige geschehe auß S. F. G. Befhell vnd Mandat, das wir den nicht woll gleuben konnen oder mugen, weill wir ahnhero, ahn Rhom zu redten, gegen E. F. G. als gehorsame vnderthanen vnß haben verhalten, Auch E. F. G. kein vrsach gegeben, wie denn pillig, als vnserm von Gott verordenther Vberkeith vnd Administrator des Stiffts zu Swerin, das wir mochten in vnser vnd des Capittels gerechtigkeith verkurtzt werden, viel weniger vnser Hebung entsetzt, wiewoll aber auch etliche andere vrsachen von beruhrtem M. Conrado Pegell sein furgewandt worden, das vnser und des Capittels mituerwandte M. Johann Lindenberg solte von den Prenen zu Bannerßdorpff hunderth gulden, dem Capittel zu Butzou zustendig, vffgehaben haben vnd derowegen ihn seine hebung biß zu gepurlicher Compensation sollen vorenthalten werden. Es haben aber E. F. G. ganß gnetlichen zu ermeßen, weil das ein sonderige vnd singulari personae belangt, das das nit pillig zu einem gantzen Capittel soll extendirth werden, das sich bishero ganß vnderthenig vnd gehorsam gegen E. F. G. hatt erzeigt, auch nit anders in ihre gemuett gefurth, den als E. F. G. gehorsam, treu vnd
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phlicht in vnderthenigkeith zu erziegen, mit demutiger, vndertheniger bitt, das E. F. G. wollen ernstlich mhergedachten M. Conrado Pegell schrifftlich befhelen laßen, das ehr vnß in vnser gerechtigkeith vnd quotidianis distributionibus nicht weither perturbiren vnd verhinderen mochte, auch die vffgehaben hebung vnß zustellen, nachdem E. F. G. vnß neben vnse hab vnd guetter auch in ihre F. G. schutz gnetlich haben genhommen, dafur wir gegen E. F. G. alzeit vnß in vnderthenigkeith vnd gehorsam danckbar wollen erziegen vnd vnser phlicht nach verhalten. Vnd bitten auch gar vnderthenig, E. F. G. als vnsern von Gott verordnethe Vberkeith wollen gnetlich vnsers vnd des Capittels mituerwandten M. Johannem Lindenberges entschuldigung vnd gegenbericht, wen es ehur F. G. gelegen, persönlich ahnhören, weill ehr E. F. G. gnetlich, rechtlich erkantnuß als seiner hohen vberkeith woll leidten und erdulden kan. Vnd bitten dero wegen ganz vnderthenig E. F. G. gnetlich schrifftlich andwerth, Dieselbe Gott der almechtig gelucksamlich lang fristen vnd bewharen well, in furstlicher lobpreisung ihren G. gefellig. Datum Rostock am tag Steffani Ao. 56.
Dem Durchleuchtigen hochgebornen Fursten und Herrn Herrn Vlrichen Hertzogen zu Mechlen.
. vnserm gnetigen Fursten vnd Herren.
Nr. 12.
Der Professor M. Conrad Pegel, General=Administrator der rostocker Dom=Capitel=Güter, beschwert sich bei dem Herzoge Ulrich über den eigenmächtigen Eingriff des Capitels in die Verwaltung der Capitel=Güter.
D.d. Rostock. 1558. Mai 9.
Durchluchtige, hochgebarne furste, gnedige her. J.f.g. sindt mine vnderdeninge willige denste alle tidt bereidt. Gnedige
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furste vnde her. Ick moth J.f.g. in
vnderdenicheit nicht bargen, dat vif gotlose,
slimme lude vnde papen, de nu willen sin dat
Capittel to Rostock, hebben vor IIII Manten
vngeferlick entfangen van Hinrick smeker oft
sinem Sone Dusent gulden vngeferlick vor dat
dorp Pampow, gelegen bime Stedlin Tetrou, vnde
werde ock bericht, dat berorde Capittel wil
berorde gelt vp Renthe vthdon vp de orde vnde
den luden, den J.g. nicht gunstich oft gnedigen.
Nachdeme ouerst J.f.g. vor twen jaren mi
scriftlick beualen de guder vnde heuinge
gedachten Capittels vnde mi constituert vnde
vorordent einen prefecten vnde vorweser der
suluigen guder, wer io billich gewesen, dat
gedachte Capittel mi thome berorden handel mit
den Smekeren gefordert oft etwas hir van
vormeldet hadden, welker nicht gescen, men
hebben dessen handel hemelick also gedreuen mit
den Smekeren ane min wetent vnde willen, ock ane
J.g. consent vnde fulbort, ock J.g. tho scaden
vnde nadeel, nachdeme J.g. mochte berorde dorp
bekamen hebben mit rechte vnde billicheit vth
gudem grunde vnde orsaken, de nu to lange sindt
to uortellende
. Hirumme, gnedige furste vnde
her, ist mine vnderdenige, flitige bede, J.f.g.
wil mit den Ersten an mi scriuen vnde ernstliken
beuelen vnde gebeden, dat ick alß prefectus
capituli moge gedachte dusent gulden van deme
Capittel forderen vnde tho mi in truwe bewaringe
nemen vnde nicht gestaden, dat berorde gelt vp
Rente werde vthgedan ane J.f.g. wetent vnde willen.
Ick bidde vnderdenigest, J.f.g. wil dessen bref
nemende lesen laten, men berorden beuel an mi
J.g. Secretarien muntlick geuen. Es hebben
vorwar de vif slimmen lude dat Capittel genomt
in berorder Saken ouel gehandelt; sze mochten
van den Smekeren erlanget hebben II dusent fl.
edder dat dorp beholden mit gudeme rechte, J.g.
thome besten vnde der Religion
.
Ick werde ock bericht, dat gedachte gotlose
Capittel hebben handel vorgenamen mit Laurens
Reuentlou to Tzisendorp wanaftich, dat sze eme
willen vorkopen dat halue dorp genomt Hucstorp,
welcher gelegen bi Suan
. Hirumme wer wol nodich, dat imme
breue, den J.g. mi scriuende wert, wo borort,
ock J.g. mi beuöle vnde ernstlick both dede,
deme Capittel antoseggende, dat sze bi vorlust
aller erer guder nene guder vorkoften,
vorpanden, ock nene hoftsummen entfengen, sunder
J.g. wetend vnde willen.
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J.f.g. wil Christus gnedichlick regeren mit sineme geiste to seligem langem Regiment. Amen. Rostock amme Mandage des IX dages May. An. 58.
J.f. wert dessen bref nement lesen laten, dat ick
nicht durch dit scriuent moge in vngunst etliker
Edellude kamen
.
Dem durchluchtigen, hochgebarnen fursten vnde heren heren Vlricke hartogen to Mecklnborch, fursten to Wenden, grafen to Swerin, der lande Rostock vnde Stargart heren
. minem gnedigen heren vnderdenichliken.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 13.
Die Herzoge Johann Albrecht und Ulrich von Meklenburg empfangen von dem Professor M. Conrad Pegel und dem Secretair Johann Molinus, den letzten Capitels=Personen des Dom=Capitels zu Rostock, sämmtliche Güter des Domstifts zur Errichtung eines Consistorii, gegen Versicherung einer jährlichen Rente aus der Oekonomie des Consistorii auf Lebenszeit.
D.d. Doberan. 1567. Mai 13.
Von Gottes gnadenn Wir Johans Albrecht vnd Vlrich gebrudere Hertzogen zu Megklenburgk, Fursten zu Wendenn, Grafenn zu Schwerin, der Lande Rostogk vnnd Stargardt hernn, Thun kunt vnnd bekennen hirmit vor uns, vnse Erbenn vnnd nachkommen, Nachdem die wolgelarte, vnser Secretarius vnnd lieben getrewenn Magister Conradus Pegel vnnd Johannes Molinus, die disser Zeit in dem Thumb=Capittel in der Kirchen zu S. Jacob in vnser Stadt Rostogk die letzten Capittels=Personen seindt, die Dörffer vnnd
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Hebung des Capittels zu Rostogk ires teils
gutwillig abgetretenn vnnd vbergebenn, also daß
wir die Hebung derselbenn vnsers gefallens zu
einem Consistorio in vnser Stadt Rostogk legenn
mugenn, daß wir darkegenn inenn nachfolgende
Prouision vff ihr leben gnediglich verordnet
vnnd verschrieben, nemblichen daß Magister
Conradus Pegel, dieweill ehr ein alter vnnd vmb
vnsere vorfahrenn gottseliger, hochloblicher
gedechtnis wolverdienter man ist, die Zeit
seines Lebens alle Jar auß vnser oeconomia, die
von des Capittels güternn bestellet wirdt,
Sechtzig guldenn Muntz habenn vnnd börenn soll,
die ime auch der oeconomus ohn alle widderred zu
rechter Zeit jedes Jar oder quartell folgen
lassen soll, dessenn wir ime hirmit ernstlichen
beuehl gegebenn habenn wollenn. Dieweill aber
Johannes Molinus vns in disser Visitation sehr
nutzbarliche Dienst erzeigt, auch hinfuro vns in
vnsernn geschefftenn vnnd dem Consistorio wol
dienen kann, habenn wir ime die Vicari im dorff
Euerdtshagen mit Dienst vnnd Pechtenn, die sich
vngefehrlich in die zehenn guldenn erstreckenn,
sampt aller Gerechtigkeit, die Zeit seines
Lebens verschriebenn, immassenn wir die beide
darzugehörige Baurenn daselbst ahn inenn weisenn
haben lassenn, daß ehr dieselbenn seinem bestenn
nutz vnnd frommen nach geprauchen soll. Darzu
verschreiben wir ime aus der oeconomia des
Capittels jerlichenn vierzig guldenn Muntz, die
ime der Oeconomus biß vff Magistri Conradi
Pegels todtlichenn abgangk alle jar entrichtenn
soll, alßdann sollenn ime zu der vorigenn sum
noch zwantzig guldenn, also daß ehr darnach die
vbrige Zeit seines lebens Sechzig guldenn haben
soll, zugelegt, vnnd auß der jetztgedachtenn
Oeconomia entrichtet werdenn, vnd da wir ime die
obgedachte Vicari nicht vngehindert einreumen
vnnd darbei schutzen kontenn, alß wollenn wir
ime einen Baurenn im Dorff Bistow mit namen Hans
Knakenn mit dienst vnd Pacht zukerenn, den ehr
dann vor sich die Zeit seines lebens zu
gebrauchenn habenn soll, ohn vnser, der vnsernn
oder jemandt anders inrede. Dessenn zu vrkunth
habenn wir vnsere Pitschafftenn vff spacium
gedruckt vnd mit eignen Henden vnterschriebenn.
Geschehenn zu Doberan den 13. Maii Anno
. LXVII.
Nach dem Concept im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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:
oder
III.
A. Die Reformtion im Klützer Ort,
besonders zu Gressow,
und
ein Religionskrieg,
von
G. C. F. Lisch.
Geographisch=politische Anschauung des Klützer Ortes.
D er Klützer Ort, d.h. Klützer Ecke oder Spitze, von dem Flecken Klütz so genannt, bildet eine in sich abgeschlossene Landschaft, welche, weit und hoch in die Ostsee hinausgeschoben, im äußersten Nordwesten Meklenburgs stets eine bestimmte Einheit bewahrt und seit alter Zeit ihren eigenthümlichen Namen getragen hat; nach der staatlichen Eintheilung fällt dieses Ländchen mit der Vogtei oder dem Amte Grevismühlen 1 ) zusammen. Im Norden von dem freien Meere, im Osten von dem wismarschen Meerbusen, im Westen von dem dassower Binnensee begrenzt, liegt der Klützer Ort isolirt, ohne eine
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Stadt, ohne Handels= und Gewerbeverkehr. Im Süden streift die Landstraße zwischen den beiden einst mächtigen Hansestädten Lübek und Wismar das Land; das Innere ist aber in nassen Jahreszeiten wegen des fetten, fruchtbaren Landes und daher der schlechten Wege nur mit Beschwerde zugänglich. In den ältesten Zeiten unserer Geschichte hieß die Gegend: der Wald Klütz ("silva Clutze"), und mag allerdings wohl rauh und menschenarm gewesen sein; jetzt ist diese Gegend, die schon an das liebliche Holstein erinnert, das man von vielen Puncten über das Meer hinaus sieht, sehr cultivirt und angenehm: Stellen wie Brook, Schwansee, Hohen=Schönberg, Hafthagen, Boltenhagen (mit Seebad), Hohen=Wischendorf und viele andere, gehören zu den schönsten und bekanntesten des ganzen meklenburger Landes. Im Osten und Westen begrenzen das Land die Gebiete der Hansestädte Lübek und Wismar. Im Süden war im Mittelalter das Land von geistlichen Stiftungen begrenzt: im Südwesten unmittelbar von dem Bisthume Ratzeburg (dem Lande Boitin), gegen Südost hin lag das Bisthum Schwerin nicht weit. Im Süden lagen das Prämonstratenser=Nonnenkloster Rhena, die Deutsche Ordens=Comthurei Krankow 1 ), die Johanniter=Priorei Eixen und viele einzelne Güter der Klöster Neukloster und Reinfelden und der geistlichen Stiftungen Lübeks. Am Südsaume des Landes liegt die Stadt Grevismühlen, an der Landstraße und auf dem halben Wege zwischen Lübek und Wismar.
Der Klützer Ort lag, was sehr merkwürdig ist, in der nächsten Nähe von drei Bischofssitzen: Lübek, Ratzeburg und Schwerin. Das Land selbst aber hatte, außer den Pfarren, keine geistliche Stiftung, wie es auch keine Stadt hatte. Das ganze Ländchen war Lehn und von rittermäßigen Vasallen bewohnt und im eigentlichen Sinne des Wortes - beherrscht und das Stammland vieler alter Rittergeschlechter, welche hier ihre zahlreichen, alten Güter und Burgen hatten; selbst die Flecken Klütz und Dassow waren Lehn der v. Plessen und v. Parkentin. Gleiche Interessen hielten daher den Adel des Klützer Ortes immer enge zusammen und wir sehen ihn nicht selten als eine corporationsartige, geschlossene Masse auftreten. Seinen Hauptverkehr hatte er stets, wie noch heute, in der reichern und mächtigern Stadt Lübek; seltener wandte er sich nach Wismar, wiewohl er, je nach der Lage, dieser Hansestadt nicht ferne blieb.
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Die Verschuldung des Adels im Klützer Orte an die lübeker Geistlichkeit.
Der in sich eng geschlossene und verbündete Adel des Klützer Ortes fing schon sehr früh an, sich gegen die Geistlichkeit aufzulehnen und ungehorsam zu beweisen. Der Klützer Ort stand mit der Stadt Lübek in vielfacher, enger Verbindung. Daher kam es, daß die geistlichen Stiftungen dieser Stadt, namentlich die von geringerer Bedeutung, wie die Vikareien, Kalande und andere Brüderschaften, welche keine großen Landgüter kaufen und angemessen bewirthschaften konnten, vorzugsweise ihre Capitalien in den adeligen Gütern des Klützer Ortes zinsbar belegten. Als im 15. Jahrh. das Güterkaufen der Geistlichkeit nach und nach fast ganz aufhörte und dagegen durch den mehr und allgemeiner unter das Volk verbreiteten Verkehr und Wohlstand die kleineren geistlichen Stiftungen mehr bedacht wurden, während die großen Domstifter und Klöster schon Gegenstand der Schelsucht und auch des Hasses zu werden anfingen, sammelten diese kleineren Stiftungen sehr viele Geldcapitalien, welche sie gewöhnlich in Landgüter zu belegen suchten. So gab es denn wohl kein Gut des Klützer Ortes, in welchem nicht Capitalien kleinerer geistlicher Stiftungen Lübeks standen: der ganze Adel des Klützer Ortes war der lübeker Geistlichkeit verschuldet und die Summe, welche nach und nach bei ihm belegt war, kann nicht unbedeutend genannt werden.
Nun aber regte sich schon sehr früh das Gelüste des Adels, von den bei ihm belegten Capitalien der Geistlichkeit keine Zinsen zu entrichten und auch die Capitalien nicht zurückzuzahlen, d.h. das geistliche Vermögen zu säcularisiren. Wenn auch der Adel überall in Meklenburg späterhin diese Neigung hatte, so trat sie doch nirgends so früh und so grell hervor, als bei dem Adel des Klützer Ortes. Es ist dabei wohl zu merken, daß sich die Nachlässigkeit des Adels zunächst gegen die niedere Geistlichkeit geltend machte; die höhere Geistlichkeit, die vielfach aus seiner Mitte hervorging, ward mehr geschont und bestand, wenigstens in den Pfründen, noch in den neuesten Zeiten. Aber den armen Vikaren nahm man auch noch das Wenige, was sie hatten, während die höhere Geistlichkeit in Ueppigkeit schwelgte.
Schon im 15. Jahrh. findet sich ein Vorspiel der spätern Streitigkeiten. Am 28. April 1456 verglich der Herzog Heinrich von Meklenburg "auf dem Schlosse zu Schönberg", durch Vermittelung seiner Räthe und der Gesandten des Dom=Capitels zu Lübek, die lübeker Vikare und mehrere Vasallen aus den
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Geschlechtern v. Penz, v. Züle, v. Plessen, v. Blücher, v. Lützow und v. Wöltzow "in den Vogteien Boizenburg und Wittenburg und anderswo" in Meklenburg an gesessen dahin, daß die Vasallen die schuldigen Zinsen ("vorseten weddeschatt") zahlten, die Geistlichen dagegen den über jene und ihre Bürgen verhängten Kirchenbann ("ban unde sanglegeringe") aufhoben. Jedoch ward die Sache mit der Zeit ernsthafter.
Im Anfange des 16. Jahrh. war der Adel des Klützer Ortes der lübeker Geistlichkeit sehr stark verschuldet. In den J. 1501 und 1502 bemüheten sich die Bischöfe und Dom=Capitel von Lübek und Ratzeburg und die Herzoge von Meklenburg sehr um die Einleitungen zu einem Vergleiche, welcher jedoch erst im folgenden Jahre zu Stande kam. Die Geistlichkeit hatte schon in Rom geklagt und der Ausgang der Sache konnte für die Vasallen nachtheilig werden. Daher verglichen am 29. März 1503 zu Wismar die Herzoge Magnus und Balthasar von Meklenburg die "gemeinen Vicarien und Kalandsbrüder aller Kirchen und Kalande in der Stadt Lübek" und die Vasallen des Klützer Ortes (die sowohl in diesem Vergleiche, als später namhaft gemacht werden und hier weiter unten aufgeführt sind) über die von diesen seit vielen Jahren unbezahlt gelassenen Zinsen des Betrages von ungefähr 30,000 guten Mark ("etliker
"vorsetener rente van velen vorgangen yaren vngeuerlich vppe druttich dusent gude margk min offte mer"), durch Verhandlung des Domdechanten Wilhelm Westphal und des Domscholasters Johann Breyde von Lübek, im Namen der lübeker Geistlichen, und des Domdechanten Johann Thun von Güstrow und des Johann Berner, Domherrn von Schwerin und Lübek, der im J. 1501 auch Pfarrer zu Gadebusch war, im Namen der Vasallen, gütlich zur Beilegung der Sache, allerdings sehr zu Gunsten des Adels, durch "Willkührurtheil und Ausspruch", wie sie es selbst nennen ("wilkôrsordel vnde vtsprake"), auf folgende Weise: aller Streit, der bis dahin gewaltet hat, soll niedergeschlagen sein und jeder Theil die von ihm bisher verlegten Kosten tragen; die Geistlichkeit entsagt und quittirt - allen rückständigen Zinsen, welche ungefähr 30,000 gute Mark betragen, in Ansehung der "Armuth" der Vasallen und - setzt den Zinsfuß auf 5 Procent herunter, welche fortan jährlich in der Octave der Heil. Drei Könige in Lübek gezahlt werden sollen, die Schuldbriefe mögen lauten wie sie wollen; - dagegen wollen die Herzoge, welche "merklich zu Sinne genommen, angesehen und gerne gehört haben, wie die Vicarien und Kalandsbrüder nach ihrem Begehr ihren Mannen und Getreuen im Guten die rückständige Rente alle haben
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lassen wollen und ihrem Urtheil beifällig gewesen sind", den Geistlichen wiederum "günstig und gnädig sein und ihnen Gunst "und Gnade beweisen", nämlich: alle Gebrechen der Schuldbriefe, wenn diese etwa dergleichen haben sollten, erfüllen und ihnen die Erlaubniß geben, künftig ihre Schuldner mit geistlichen Gerichten und Strafen zu verfolgen, auch mit dem Banne, und diesen überall im Lande verkündigen und anschlagen zu lassen, und das Recht, daß die herzoglichen Vögte und Knechte zur Beitreibung der Schulden, bei Vermeidung fürstlicher Ungnade, treulich behülflich sein sollen! - Freilich sehr wenig, oder eigentlich gar nichts für 30,000 gute Mark! Die arme Geistlichkeit mußte viel leiden; die reichere saß sicherer im Wohlleben.
Und es wäre alles zu verschmerzen gewesen, wenn der Vertrag gehalten wäre. Aber der Adel zahlte so wenig nach, als vor dem Vertrage, weder Zinsen, noch Capital. Nach manchen Verhandlungen traten die Herzoge Heinrich und Albrecht am 17. Junii 1511 zu Grevismühlen mit der Geistlichkeit zusammen und beredeten, daß diese, um die Sache zu Ende zu bringen, die bis dahin aufgeschwollenen und künftig fälligen Zinsen wieder fallen lassen und die Capitalien in 15 Jahren abbezahlt erhalten solle. Zur Aufmachung der Rechnung sandten die Geistlichen Ostern 1512 die beglaubigten Abschriften der Schuldverschreibungen, zwei starke, eng geschriebene Folianten, die noch vorhanden sind, an die Herzoge ein. Endlich ward um Nicolai (6. Dec.) 1512 auf einer Zusammenkunft beider Theile zu Gadebusch durch die Herzoge ein schließlicher Vergleich "zwischen den gemeinen Vicarien, Commendisten vnd andern Geistlichen aller Kirchen, Kalande und Brüderschaften der Stadt Lübek" und "unsern Gudemannen und lieben getreuen im Creutzer Ort" in Grundlage der Briefe und Siegel nach Anzeige zweier Register und zweier Recesse dahin abgeschlossen, daß alle Zinsen niedergeschlagen und die Capitalien in 10 Jahren, jährlich im Umschlage zum zehnten Theile, "ohne fernern Aufschlag" abgetragen werden sollten.
Aber kein Vertrag ward gehalten. Nach drei Jahren war wieder nichts bezahlt! Da entschlossen sich die Herzoge Heinrich und Albrecht, durch eine gedruckte Aufforderung vom 12. März 1515 die Säumigen einzeln, und vielleicht auch öffentlich, zur Zahlung bestimmt aufzufordern und mit Execution zu bedrohen, falls bis Johannis keine Zahlung erfolgt sei. Aber es ward eben so wenig etwas aus der Zahlung, als aus der Execution.
Während der Zeit war mit dem Fortschritte der Reformation die Zurückhaltung der Zinsen und Pächte fast ganz allgemein und der Geistlichkeit im höchsten Grade bedrohlich ge=
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worden. Die Herzoge schlossen zwar auf einem Landtage zu Sternberg am 8. April 1526 einen Vergleich 1 ), daß der Zinsfuß von den geistlichen Capitalien allgemein auf 4 Procent herabgesetzt und die regelmäßige Zahlung der Zinsen und Pächte beschlossen ward. Aber selbst dies war vergeblich. Zwar versuchte die Geistlichkeit in der letzten Verzweiflung den Weg der Gewalt gegen einige vorzüglich boshafte Schuldner, wie z.B. das Dom=Capitel zu Rostock den Heinrich Smeker auf Wüstenfelde im J. 1528 mit 300 Mann unter Anführung eines Priesters überfallen ließ. Es kam aber schon in den nächsten Zeiten auf die Klagen der Geistlichkeit nirgends zur Execution, da sie die Ladungen zum Termine nicht anbringen konnte; denn die Boten wurden nicht allein mit spitzigen und trotzigen Schmähworten, sondern sogar mit Schlägen von den Gütern gejagt, ja die Geistlichkeit konnte am Ende keinen Boten zur Ueberbringung der Ladungen mehr finden: so klagten die vier Dom=Capitel 2 ) am 6. Dec. 1529 den Herzogen.
Im J. 1528 bat der Rath der Stadt Lübek im Namen der lübeker Vicare um Vollstreckung der gegen den Adel des Klützer Orts erlassenen Abschiede und zugleich, daß die Herzoge "diejenigen, die in diesen jetzigen Zeiten wider die Geistlichkeit ("papheidt") streben" würden, zur Billigkeit weisen möchten; am 29. Dec. 1529 sandte der Rath eine Specification der Schulden ein und bat noch einmal um Erfüllung der Verträge: beide Male ohne Erfolg und Antwort.
Und so sind wir zu dem Puncte angelangt, wo der Adel des Klützer Ortes mit gewaffneter Hand gegen die alte Geistlichkeit zu Felde zog und auf immer einen Bruch herbeiführte. Von einer Abtragung der Schuld war fortan natürlich keine Rede mehr.
Die Namen der Schuldner und zum Theil deren Schuldsummen sind im Folgenden aufgeführt. Zum Beweise können die noch vorhandenen Schuldverschreibungen und mehrere Register dienen. Die Vornamen der Schuldner lassen sich nur mit großer Schwierigkeit feststellen, da die Register zu verschiedenen Zeiten gemacht sind und daher den Schuldnern auch verschiedene Vornamen beilegen, je nachdem im Laufe der Zeit andere Erben der Güter eintraten. Auch sind nicht die Schuldsummen aller Schuldner aufgeführt. Die Schuldverschreibungen sind alle im 15. Jahrh. ausgestellt; viele sind schon aus den Jahren 1427 und 1430. Man kann annehmen, daß im J. 1530 wohl 50 Jahre
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keine Zinsen bezahlt waren. Die Namen der Schuldner und ihrer Güter sind folgende:
Die v. Plessen zu Klütz, Arpshagen, Grundeshagen, Gantenbek, Damshagen, Brandenhof, Großenhof, Hoikendorf, Tressow, Zierow, Barnekow, Parin, Hohen=Schönfeld | 10,000 | Mk. |
Die v. Buchwald zu Johansdorf | 2,262 1/2 | " |
Die Schotzen zu Dönkendorf, Nienhagen und Kalkhorst | 2,267 1/2 | " |
Die v. Quitzow zu Vogtshagen und Tankenhagen | 2,259 | " |
Die Negendank zu Redewisch und Zierow | 3,500 | " |
Die v. Parkentin zu Lütgenhof, Prischendorf und Dassow | 3,631 | " |
Die v. Schönfeld zu Schönfeld und Santow | 1,375 | " |
Die vom Brook zu Brook und Witsol | 1,110 | " |
Die Booth zu Kalkhorst und Walmstorf | 950 | " |
Die v.
Tarnewitz zu Tarnewitz, Stelshagen
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1,395 | " |
Die v. Bülow zu Plüschow, Wedendorf, Pokrent, Gartow und Marnitz | 2,350 | |
Die v. Penz zu Redevin und Toddin | 3,233 | " |
Die v. Lützow zu Lützow, Bakendorf, Goldenbow und Pritzier | 2,360 | " |
Die Preen zu Mödentin, Schönfeld und Schossin | 450 | " |
Die v. Barsse zu Gr. Stieten und Rambow | 1,161 | " |
Die v. Löwitz | 100 | " |
Die v. Wöltzow zu Wöltzow | 100 | " |
Die v. Züle zu Marsow | 400 | " |
Die v. Hoikendorf zu Brook | 100 | " |
Die v. Blücher auf Lehsen | 150 | " |
Die v. Halberstadt zu Zierow | 100 | " |
Die v. Bernstorf zu Teschow | 50 | " |
Die Raven zu Stük | 200 | " |
Die Scharfenberg zu Walmstorf | 125 | " |
Die v. Hagen zu Grevismühlen | 100 | " |
Die v. Stralendorf zu Krankow | 150 | " |
Die v. Plüschow | 100 | " |
Die v. d. Lühe zu Nienhagen | 600 | " |
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Hauptstuhl 37,420 | Mk. |
Ferner:
Die Sperling zu Rüting.
Die Bassewitz zu Thorstorf.
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Die v. Schack zu Rambow.
Die Zicker zu Badow.
Die v. Rosenhagen zu Löwitz.
Einleitung zur Reformation im Klützer Ort.
Die Bewegung der lutherischen Kirchenreformation durchströmte den abgelegenen Klützer Ort fast früher, als das ganze übrige Meklenburg, etwa mit Ausnahme von Rostock, wo das Lutherthum freilich früher gepredigt, jedoch erst später frei ward. Jedenfalls ist die Reformation des Klützer Ortes eine sehr merkwürdige und lehrreiche Erscheinung. Die Reformation des kirchlichen Lebens ward hier durch den Adel befördert; die Veranlassungen waren wohl verschieden: theils lagen sie ohne Zweifel in einer richtigen Erkenntniß der Lage der Dinge und einer gewissen Begeisterung für die Sache, theils aber auch in dem Streben, das Joch der übermüthigen, dummen und verdorbenen Geistlichkeit und damit ihre - Schuldforderungen abzuschütteln; denn, wie wir oben gesehen haben, benutzte der Adel ohne Zweifel die religiöse Bewegung, um sich zum Theile von seinen drückenden Schulden ohne große Anstrengung zu befreien.
Die Geschichte der Reformation des Klützer Ortes, welcher zum Bisthume Ratzeburg gehörte, dreht sich vorzüglich um die erste Besetzung der Pfarre zu Gressow im lutherischen Sinne. Die Sache ist schon früher besprochen 1 ) und in neuerer Zeit von Masch wieder aufgenommen und bereichert 2 ), aber doch noch lange nicht klar genug dargestellt. Ich habe das Glück gehabt, nach und nach mehrere wichtige Actenstücke zu entdecken, und zu bemerken Gelegenheit gefunden, daß die Sache in den Verhandlungen jener Zeit oft berührt wird, also mit Fug und Recht in die Landesgeschichte gehört. Zu den wichtigsten Actenstücken gehören, außer mehreren an verschiedenen Stellen entdeckten Briefen und Actenstücken vorzüglich die über den Gegenstand im J. 1530 geführte Correspondenz zwischen dem Bischofe von Ratzeburg und den Herzogen von Meklenburg 3 ) im bischöflich=ratzeburgischen Archive zu Neu=Strelitz und die seit dem J. 1530 verhandelten Reichskammergerichts=Acten im großherzoglichen Archive zu Schwerin, so wie daselbst
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ein Bericht des herzoglichen Mathematikers M. Tilemann Stella, welchen dieser im J. 1570 bei einer Grenzbesichtigung aus dem Munde mehrerer Adeligen des Klützer Ortes, namentlich des Sohnes der Hauptperson, zu Dassow vernahm und in der Form eines Protocolles 1 ) niederzuschreiben für wichtig genug hielt. Damals, also nach 40 Jahren, war die Sache noch als merkwürdig bekannt und besprochen. Die Hauptperson war Bernd von Plessen auf Tressow; sein Sohn Conrad hatte schon die Sache erlebt und häufig gehört und ist daher ein unverwerflicher Zeuge. Masch bezweifelt zwar die Wahrheit des Meisten des vor ihm Berichteten; aber aus der folgenden Darstellung wird es klar werden, daß im Allgemeinen nicht allein dieses, sondern noch vieles Andere wirklich geschehen ist.
Der ratzeburgische Bischof Heinrich Bergmeier war am 2. Oct. 1524 gestorben. Ihm folgte (13. Julii 1525) Georg von Blumenthal (bis 1550), welcher zugleich Bischof von Lebus war, ein kalter, eifernder Mann, welcher strenge an den altkirchlichen Satzungen hielt und dem Lutherthum entgegenwirkte 2 ), wo und so viel er nur immer konnte, der letzte katholische Bischof von Ratzeburg.
"Als sich im J. 1540 das Ministerium der Stadt Brandenburg den Anordnungen des Kurfürsten von Brandenburg widersetzte und mehr wollte, als er zugestanden, antwortete dieser: "Wollt ihr mich zum Ordinario nicht leiden, so will ich euch dem Papste oder dem Bischof zu Lebus befehlen, die werden euch wohl regieren". Hierauf antworteten die erschrockenen Geistlichen: "O gnädiger Herr, behüt uns Gott vor dem Papst und dem Bischof von Lebus, es ist ein Teufel wie der andere" 3 ).
Er verließ bald nach seiner Einführung sein neues Bisthum und lebte vom J. 1526 an mehrere Jahre in dem Bisthume Lebus, aus welchem er erst gegen das Ende des J. 1529 in das Bisthum Ratzeburg zurückkehrte. In dem Bisthume Lebus erlebte er am 8. Julii 1528 den Unfall, daß ihn Heinrich Queiß auf Plossin, im Vereine mit Nickel v. Minkwitz auf Sonnenwalde und Otto von Schlieben auf Baruth, wegen einer Privatstreitigkeit, in welcher Queiß von dem Bischofe kein Recht erlangen konnte, aufheben wollte; da der Bischof Zeit gewann zu entfliehen, so zerstörten seine Verfolger sein Schloß Fürstenwalde mit der Kirche und der Stadt.
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Bis zur Wahl des Bischofs Georg war das Land des Bischofs von Ratzeburg von der lutherischen Ketzerei verschont geblieben. Jedoch regte sich schon hin und wieder der lutherische Geist und auch der Geist der Säcularisirung. Es hatten mehrere Laien den Versuch gemacht, dem Bisthume Ratzeburg Güter zu entziehen; der Rath der Stadt Lübek, welcher bis dahin alle Ausbrüche der lutherischen Bewegung zu hindern gewußt hatte, war aber dem Bischofe beigesprungen und hatte sein Land gegen alle feindlichen Anfälle der Ketzerei und der Habsucht geschützt. Am 16. März 1526 dankte der Papst 1 ) dem Rathe sehr verbindlich dafür, daß er "die lutherische Ketzerei, "welche wie eine ansteckende Pest die meisten Länder Deutschlands vergiftet und hier viel Schaden und Unglück angerichtet habe, von der Stadt Lübek und dessen Gebiet abgewehrt und in einigen benachbarten Gegenden, auch dem Bisthume Ratzeburg, gegen die lutherischen Ketzer und die Zerstörer der Kirche Hülfe geleistet habe".
Die eigentlichen Gegner des klützer Adels waren also der Bischof von Ratzeburg, ihr geistlicher Oberherr, und der Rath der Stadt Lübek, als Landesherrschaft der vielen Stiftungen, dem der Adel tief verschuldet war, beide strenge altkirchlich und altpolitisch gesinnt.
Und grade zu der Zeit, als der Papst dem lübeker Rathe so verbindlich dankte, brach das Ungewitter im Klützer Orte los.
Die Reformation zu Gressow.
Die Kirche zu Gressow war der von Plessen rechte "Pfarrkirche, in welcher sie ihr Begräbniß hatten und viele des Geschlechts begraben lagen; auch hatten die von Plessen in der Kirche drei Vikareien und Lehen mit drei Häusern, die ihnen eigenthümlich und erblich zustanden." Der Bischof von Ratzeburg hatte aber die Pfarre zu besetzen, da ihm seit 1222 das Patronat aller Kirchen im Lande Bresen 2 ) (Vogtei Grevismühlen) gehörte. Zu der Zeit, als Georg von Blumenthal
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zum Bischofe von Ratzeburg gewählt war (1525), war Berend von Plessen, der seinen Sitz zu Tressow im Kirchspiele Gressow hatte, weltlicher Patron der Pfarre zu Gressow. So berichtete sein Sohn Curt auf Damshagen im J. 1570 an M. Tilemann Stella; und dies stimmt auch zu den Lehnacten, denn am 21. Sept. 1527 verkaufte Achim von Plessen, des alten Helmold von Plessen auf Damshagen Sohn, sein Gut Damshagen mit allen Zubehörungen, namentlich mit Pohnstorf, Kl. Damshagen, dem Dorfe Damshagen, 4 Erben zu Hagen, 2 Bauern zu Nieder=Klütz, 2 Leuten zu Tramm, dem Hofe zu Hove und 1 Erbe zu Gleschendorf, an seinen Vetter Berend von Plessen zu Tressow für 7750 lüb. Mark, unter der Bürgschaft seiner Mitgelober, nämlich der Brüder Achim und Heinrich von Plessen, des alten Johann's Söhne, vormals zu Barnekow wohnhaft, und des Johann von Plessen, des alten Reimars Sohn.
Der Bischof Heinrich Bergmeier 1 ) hatte nun einen "blinden Pfarrer," oder, wie Tilemann Stella berichtet,
"einen ungeschickten Pfaffen mit einem Auge", nach Gressow gesetzt, wie überhaupt der Bischof seine "Schreiber und anderes loses Gesinde mit den Pfarren hin und wieder" versorgte. Dieser blinde Pfarrer konnte nun sein Amt nicht gebührlich verwalten, sondern mußte oft aus der Kirche getragen werden zum Spott und zur Verachtung. Die Pfarre war also eigentlich gar nicht besetzt und dies war in einer Zeit, in welcher verschiedene Lehre und Irrthum gepredigt ward, sehr gefährlich. Die von Plessen beklagten sich nun bei dem Bischofe 1 ) und baten ihn um ein Einsehen; sie fanden aber bei demselben kein Gehör, vielleicht "weil es ihm mehr an Geld, als an der Pfarrkinder Seelen gelegen". Darauf starb der Bischof Heinrich. Der Bischof Georg war aber "in viel Zeit nicht im Stifte Ratzeburg" und konnte keine "Achtung auf die Mängel der Pfarre Gressow haben." Deshalb wandten sich der blinde Pfarrer selbst und alle Pfarrkinder an die von Plessen mit der Bitte, daß sie dem Pfarrer "einen Prediger zu Hülfe setzen möchten, der den Pfarrleuten die heiligen Sacramente reichen könne;" die von Plessen "handelten denn auch mit Gunst und Willen des blinden Pfarrers dahin, daß er, weil bei der geistlichen Obrigkeit kein schuldiges Einsehen zu finden war, darein willigte, daß sie als weltliche Pfarr=Kinder und Herren einen gedingten Helfer aufnehmen möchten."
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Da setzte denn Berend von Plessen auf Tressow, nachdem inzwischen "das Evangelium ausgekommen war, zu dem "er mehr Lust hatte, einen gelehrten und frommen Priester eines unberüchtigten, guten Lebens in die Pfarre, welcher das ewige Wort Gottes hell und lauter predigte," während er den blinden Pfarrer der Amtsgeschäfte enthob.
Dieser lutherische Prediger zu Gressow war Thomas Aderpul . Die Zeit seiner Bestellung und die Geschichte seines ersten Wirkens ist hier von großer Wichtigkeit und muß daher genauer untersucht werden.
Thomas Aderpul war ein Priester aus Lübek. Nach den Berichten des Bischofs hatte er "vorher in Lübek zum Aufruhr gepredigt und sich auch gegen kaiserliches Edict derselben Büberei beflissen und viel einfältige Leute verführt," d.h. er hatte lutherisch gepredigt. Der "Bischof von Lübek hatte ihn lange im Gefängniß gehabt und ihn endlich aus dem Stifte verwiesen, gegen Urfehde, dem Stifte auf 10 Meilen nicht nahe zu kommen." Dazu kam, daß Thomas Aderpul ein Weib hatte.
Die Bestellung des Thomas Aderpul geschah ohne Zweifel im J. 1526. Die Pfarrkinder zu Gressow waren mit ihren beiden Pfaffen unzufrieden, weil "ihre Lehre mit dem Evangelio nicht überein komme"; von diesen "beiden" Pfaffen war der eine ohne Zweifel der blinde Pfarrer, der andere wohl ein Vikar an den von plessenschen Vikareien. Berend von Plessen hatte hierüber mit dem fürstlichen Vogt zu Grevismühlen gesprochen und dieser ihm gerathen, er solle eine "Frage an das ganze Kirchspiel thun." Dies war denn auch geschehen und das Kirchspiel hatte in der Versammlung geantwortet:
"Lieber Berend und Reimer von Plessen, wir wissen, daß ihr nicht wieder Unchristen werden wollet, wie Andere, und wir sehen ein, daß die Lehre unserer beiden Pfaffen mit dem Evangelium nicht übereinkommt: wir begehren deshalb nicht einen von ihnen zu behalten."
Deshalb baten Bernd und Reimar von Plessen und die "ganze Gemeinde des Kirchspiels Gressow" am 11. März (Sonntag Lätare) 1526 den Vogt 1 ), er möge es bei dem Herzoge ins Werk richten, daß sie die beiden Pfaffen los und mit dem Prediger Herrn Thomas versorgt würden, der ihnen Gottes Wort besser zu sagen wisse. - Thomas Aderpul war also schon zu Gressow, da die Leute ihn kannten und er ohne Zweifel schon vor ihnen gepredigt hatte. Nach einer alten Nachricht soll er
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vorher in der von Plessen Hauskapelle zu Barnekow und zu Gressow gepredigt haben. Ob er, nach derselben Nachricht, den v. Plessen durch Luther geschickt sei, ist nicht zu ermitteln; es ist überhaupt die Frage, ob Luther ihn gekannt habe, da er in der Matrikel der Universität Wittenberg nicht zu finden ist.
Thomas Aderpul wird nun noch im J. 1526 gleich von den v. Plessen angestellt worden sein. Die Reformation machte im Klützer Orte sehr rasche Fortschritte. Der Dom=Propst J. Mus schreibt am 20. December 1526 an den Bischof Georg:
"De papen im krutzer orde stellen sich seltsem aen, nemen wiber, schelden vp de hillighen, missen, papen vnde moneke. In Jwer g. karken gressow is noch de disperate boue; derglick thom klutze is en ander her Hinrich fister furdreuen; tho frebershaghenn hefft her iochim wittenborch ock en wiff genamen; vnd Jw. g. hefft alle kerken im klutzer orde tho furlenen, wouol men sich hoghe erbut, werden doch de boesen prediger geledenn fast in allen flekken des landes thu mekelenborch. Vnser hergodt make idt alle gut. Jwen g. stifft, godt si loff, sampt eren vnderdanen stan noch wol."
Tilemann Stella berichtet, Berend v. Plessen habe "den Herrn Thomas Aderpul nach Gressow gesetzt und den andern untüchtigen Pfarrer ausjagen lassen." Dies muß in der Mitte des J. 1526 geschehen sein, da die v. Plessen in einer Streitschrift vor dem Reichskammergericht am 3. Junii 1530 sagen, daß sie "etliche Zeit her bei zwei Jahren oder länger einen gelehrten frommen Priester auf der Pfarre im Dorfe Gressow gehabt haben." Da nun Thomas Aderpul gegen das Ende des J. 1529 von dem Bischofe weggeführt ward, so war er gegen 2 1/2 Jahre auf der Pfarre (d.h. zwei Jahre oder länger), wenn er in der Mitte des J. 1526 angestellt ward.
Die Bestellung des Thomas Aderpul war allerdings nach altem Kirchenrechte eine gewaltthätige Handlung, die sich aber eben so gut entschuldigen läßt, als die Anstellung aller andern lutherischen Prädicanten. Zu vergessen ist freilich nicht, daß der Adel der Geistlichkeit stark verschuldet war und grade am 14. April 1526 die Herzoge mit der Ritterschaft zu Sternberg den besprochenen Vergleich 1 ) wegen Herabsetzung des Zinsfußes von den kirchlichen Capitalien geschlossen hatten. Und etwas eigenwillig mochte der Adel des Klützer Ortes wohl immer sein. So hatten
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im J. 1526 Claus v. Parkentin auf Dassow und der bischöflich=ratzeburgische Vogt Bernd Rohr zu Schönberg den Pfarrer Claus Voß zu Grabbin aufgegriffen und nach Dassow ins Gefängniß geführt, weil sie für ihn auf ihr Gelübde 40 Gulden gezahlt, aber von ihm nicht wieder erstattet erhalten hatten.
Thomas Aderpul war ohne Zweifel der erste lutherische Prediger im Klützer Orte, wenn auch nicht "der ersteMartinspriester der nach Meklenburg kam", wie es in einer alten Handschrift 1 ) heißt. Er hielt sich, "nach Aussage aller "Zeugen, in Gressow dermaßen, daß die Pfarrkinder alle wohl "mit ihm zufrieden waren," denn "er hatte das ewige Wort "Gottes hell und lauter gepredigt und sonst nach gebührlichen Pfarrrechten und alter Gewohnheit dermaßen christlich gehandelt, daß sie des Allen guten Gefallen und sonderliche Andacht gehabt hatten."
Der Religionskrieg im Bisthume Ratzeburg.
Nun begab es sich, daß der Bischof Georg mit strenge katholischem Eifer gegen das Ende des J. 1529 in sein Bisthum Ratzeburg kam. "Er habe", schreibt er am 17. Dec. 1529 an die Herzoge, "als er vor kurzem in sein Stift gekommen, zu großer Beschwerung seines Gewissens gefunden, daß in den meklenburgischen Landen und im Stifte an vielen Enden die lutherische Ketzerei bei etlichen vom Adel, Bürgern und Bauern, auch einem großen Theile der Geistlichkeit eingerissen sei, namentlich habe er einen vergeßlichen Pfaffen, der vorher in Lübek zum Aufruhr gepredigt, in Gressow gefunden. Die von Plessen berichten nun vor dem Reichskammergerichte, der Bischof hätte dies Alles wohl leiden können, aber er habe einige Pfarrkinder wegen rückständiger Zehnten in den Bann gethan und dem gedingten v. plessenschen Prediger zugemuthet, denselben von der Kanzel zu verkündigen; der Prediger habe sich aber solches zu thun geweigert und deshalb habe der Bischof einen Haß auf ihn geworfen, obgleich der Bischof ihn dadurch als Prediger ja anerkannt habe, daß er von ihm die Verkündigung des Bannes von der Kanzel verlangt". Der Bischof schrieb dagegen an die Herzoge, der Pfaffe habe öffentlich auf der Kanzel gepredigt: "alle Dinge über, unter und in der Erde, Holzung, Wasser, Weide und
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Jagd seien einem jeglichen gemein und Niemand sonderlich zuständig;" es seien auch Bauern aus andern Pfarren bei ihm, dem Bischofe, gewesen, "die sich über ihre Pfarrer, daß sie mit der lutherischen Ketzerei die Gemeinden verdürben, beklagt und gesagt hätten, so sie ein Verlaub hätten, sollte ihr Pfarrer nicht lebendig vom Predigstuhl kommen."
Am Tage darauf, nachdem Thomas Aderpul die communistische Predigt gehalten hatte, im Anfange des Monats December 1529, ließ "der Bischof den Er Thomas Aderpul "ohne einige Vorklage, auch unersucht und unversagt einiges Rechts, dessen sich der Priester alle Zeit erboten, mit einer guten Anzahl seiner Reiter und reisigen Diener auf dem Pfarrhofe bei nachtschlafender Zeit 1 ) überfallen, dem armen Priester alle seine Habe und Güter nehmen und denselben fangen, schlagen und gleich einem Missethäter binden, gewaltthätig in sein Schloß Schönberg führen und hier in schweres, hartes, verderbliches Gefängniß setzen und lange darin halten, so daß man lange nicht anders gewußt habe, als daß er darin umgebracht oder verdorben sei, obgleich der Bischof dem armen Priester keine andere Schuld zumessen könne, als daß er das Wort Gottes und das heilige Evangelium lauter und rein gepredigt habe".
Bernd von Plessen schrieb nun dem Bischofe bald auf frischer That, er möge seinen Pfarrer und Prädicanten auf freien Fuß und zu Rechte, dessen er sich alle Zeit erboten, stellen; aber der Bischof verachtete dieses Ansinnen hochmüthig und antwortete dem Bernd von Plessen stolz: "der Pfaffe sei ein Bube und Ketzer; er wisse wohl mit seinen Pfaffen zu handeln; die v. Plessen hätten ihm darin nicht Maaß zu geben, sie möchten mit ihren Bauern handeln; er, der Bischof, habe auch keine andere Obrigkeit als den Papst". - Da wandten sich die sämmtlichen v. Plessen an den Herzog Heinrich von Meklenburg mit der Klage: "der Bischof sei in ein fremdes Land gefallen; dem Herzoge gebühre zu Gressow das Gericht, Ablager und Dienst, der Bischof habe darin nur etliche Pacht und das Kirchenlehen." Der Herzog schrieb daher am 14. Dec. 1529 auf die Klage der v. Plessen an den Bischof: "er trage über diesen Eingriff in seine Gerichte nicht unbillig Mißfallen; der Bischof möge daher den gefangenen Priester Thomas
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Aderpul 1 ) seiner Haft entledigen, ihn sammt seiner Habe dem Gerichte übergeben und, falls er ihn der Klage nicht entlassen wolle, dort verklagen, wo ihm Recht wiederfahren werde."
Der Bischof schrieb zu gleicher Zeit am 17. Dec. 1529 an die Herzoge Heinrich und Albrecht unter einseitiger Schilderung der Personen und der Verhältnisse, wie sie schon oben angeführt sind: "da ihm das Kirchenlehn zu Gressow zustehe und er den "Pfaffen nicht in die Pfarre eingewiesen habe, so habe er ihn nach Schönberg holen lassen; darüber sei ihm von den v. Plessen eine unbedächtige, trotzige Schrift zugekommen; da nun aber der Kaiser ihm, dem Bischofe, so wie den Herzogen befohlen habe, bei dem alten christlichen Glauben und den alten christlichen Ceremonien zu bleiben, bis durch ein Concil etwas Anderes bestimmt sei, so bitte er die Herzoge, den v. Plessen und andern vom Adel zu befehlen, sich nicht anfechten zu lassen, was er mit den Geistlichen thue", und ihm ein offenes Schreiben zukommen zu lassen, daß ihm von den Amtleuten, Vögten und Städten Beistand geschehe. Am 18. Dec. antwortete der Bischof dem Herzoge Heinrich auf dessen Schreiben: das Kirchenlehn sei ihm zuständig und der Pfaffe sei ohne Wissen des Bischofs in die Pfarre eingedrungen; er räume weder den v. Plessen, noch irgend jemand das Recht ein, ohne sein Wissen einen Priester einzusetzen, und es stehe den Fürsten nicht zu, sich die Jurisdiction über die Geistlichen anzumaßen; er bitte um eine Zusammenkunft mit den Herzogen in Schwerin. Die v. Plessen meinten später in dem Rechtsstreite: "dem Bischofe habe nicht gebührt, den Seelsorger der Plessen gefangen zu nehmen und des Seinen zu berauben, sondern weil dieser ein Weib gehabt habe und von der weltlichen Obrigkeit (d.h. den v. Plessen) eingesetzt sei, habe er unter der weltlichen Obrigkeit und der v. Plessen Fürsprache gestanden".
Die v. Plessen waren aber stark lutherisch
gesinnt und meinten, sie "könnten in keiner
evangelischen Historie, noch "irgend einer
canonischen und apostolischen Schrift finden,
daß dem Bischofe also und mit solchem Trotz und
Hochmuth thätlich zu handeln und zu schreiben
geziemt habe, wie denn auch das Benehmen des
Bischofs den nürnbergischen und speierschen
Abschieden stracks zuwider laufe
."
Als nun die gütliche Unterhandlung keine Stätte finden wollte, brauchten die v. Plessen Gewalt und unternahmen einen Fehdezug in das Land Ratzeburg, "allein um ihren gefangenen
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Pfarrherrn zu befrein und sich und die Ihrigen nach ihrem Vermögen zu Recht zu vertheidigen". Es waren aber nicht bei 100 Bauern und viele andere Leute", die den Bischof überfielen, wie die ältern Nachrichten sagen, sondern es war der ganze Adel ("alle Junker") des Klützer Ortes.
"Aus Zulassen des Landfriedens, welcher zugebe, daß der Beschädigte oder Beleidigte sogleich oder hernach, sobald er sich stärken könne, wenn sonst nichts helfen wolle, sich stärke, thaten nun die v. Plessen einen Gegengriff" und verbanden "sich nothgedrungen mit etlichen ihren Freunden zur Gegewehr gegen den Bischof". Am 26. Dec. 1529, am Abend vor dem feindlichen Einfalle, sandten "alle die v. Plessen alle für einen" an den Bischof N. Blumenthal "einen Fehdebrief 1 ) der Unbilligkeit halben, die ihnen an ihrem Pfarrer und evangelischen Prediger geschehen sei". Der Bischof glaube in seinem Hochmuth wohl, "daß die Bäume für ihn zwei Male grünten, während sie für andere Menschen nur ein Mal grünten; aber sein Hochmuth solle von ihnen nicht schimpflich aufgenommen, sondern gedacht und gebrochen werden". Als der Brief bei dem Bischofe ankam, zeigte er ihn seinem Hauptmann (wahrscheinlich noch Bernd Rohr 2 ) und sagte zu diesem: "Was sollten die Klützerörter thun! Wenn es eine gute, große Kanne Bier wäre, so wären die Klützerörter gute Nachbaren dazu, sie söffen sie wohl aus." Darauf antwortete der Hauptmann: Gnädiger Herr, die Gesellen, die die große Kanne Bier wohl aussaufen können, die lassen sich auch wohl finden und halten, was sie zusagen". Und am andern Morgen früh war Bernd v. Plessen, oder "die v. Plessen mit etlichen ihren Freunden" (d.h. Verwandten), mit dem ganzen Adel des Klützer Ortes auf 100 Pferden, und natürlich mit vielen Knechten, vor dem Schlosse Schönberg und ließ es durch einen Trompeter zur Ergebung auffordern; diese ward ihm aber verweigert und als Antwort fielen drei Schüsse vom Schlosse. Wahrscheinlich weil Berend von Plessen nicht gegen den Bischof persönlich Gewalt gebrauchen wollte oder weil er zum Sturme eines festen Schlosses nicht gerüstet war 3 ), zog er ab und fiel
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mit seinen Gesellen in das Stift 1 ), plünderte hier 6 Dörfer, beraubte die Kapelle zu Blüssen und führte große Beute zum Werthe über 4000 Mark hinweg, welche sie nach der Rückkehr zu Gutow bei Damshagen im Klützer Orte theilten.
Was die Personen betrifft, welche den Fehdezug mitmachten, so reden darüber drei Verzeichnisse: 1) ein Verzeichniß 2 ), gleich nach dem Zuge ungefähr im J. 1530 angefertigt, - 2) das Verzeichniß in der Reichskammergerichtsladung 3 ) vom 7. Febr. 1530, - 3) ein Verzeichniß gleich nach dem ersten Urtheil ungefähr im J. 1540 4 ) angefertigt. Aus diesen Verzeichnissen ergiebt sich Folgendes.
Persönlich nahmen an dem Zuge gewiß Theil, nach allen Verzeichnissen, aus dem Klützer Orte:
Berend v. Plessen zu Damshagen (und Tressow).
Johann v. Plessen zu Bahlen 5 ) (bei Klütz).
Reimar v. Plessen zu Arpshagen.
Sivert v. Plessen zu Goldbek (später zu Klütz).
Berend v. Plessen zu Gantenbek.
Otto v. Plessen zu Hoikendorf.
Joachim v. Plessen zu Parin.
Volrath v. Plessen.
Hartwig v. Plessen.
Eggert v. Quitzow zu Vogtshagen.
Hans v. Parkentin zu Prischendorf.
Helmold v. Parkentin zu Prischendorf.
Joachim Negendank zu Zierow.
Volrath von dem Brook zu Brook.
Reimar von dem Brook 6 ) zu Brook.
Joachim Booth zu Kalkhorst.
Joachim Schosse zu Dönkendorf.
/ (Christoph) \
Die < (Vicke) > von Bassewitz 7 ) zu Thorstorf.
\ (Gerd) /
Hnning v. Scharfenberg zu Gr. Walmstorf.
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Moritz v. Warnstaed 1 ) zu Kl. Walmstorf.
Jaspar v. Stralendorf zu Krankow.
Curt v. Bülow
Henning v. Bülow 2 ) Brüder, zu Plüschow.
und von außerhalb des Klützer Ortes:
Hartwig v. Bülow zu Pokrent.
Ulrich v. Dambek zu Dambek.
Joachim v. Lützow 3 ) zu Lützow.
Knechte schickten zu dem Zuge:
Johann v. Plessen zu Barnekow.
Henneke v. Plessen zu Brüel.
Eggert's v. Quitzow drei Söhne zu Vogtshagen.
Dethloff v. Bülow zu Wedendorf.
Nach dem Verzeichnisse nahmen noch folgende vom Adel außerhalb des Klützer Ortes an dem Zuge Theil, wurden jedoch nicht mit in den darauf folgenden Proceß verwickelt:
Dietrich v. Plessen zu Neuhof.
Claus v. Plessen zu Müsselmow.
Heinrich v. Stralendorf zu Goldebee.
Joachim v. Stralendorf zu Prensberg.
Joachim v. Stralendorf zu Trams.
Die (? Curt) v. Bülow zu Scharfstorff.
Fylich (?) v. Bibow.
Es nahmen ferner Theil:
aus Wismar:
Hans Voitin.
Die Batenbergische Manne (?).
aus der Prignitz:
Melchior Warnstaedt zu Triglitz.
Ein Dupow.
Was ferner die Nahme und Beschädigung betrifft, welche die v. Plessen durch ihren Einfall in das Stift Ratzeburg ausübten, so sind auch hierüber die Original=Verzeichnisse 4 ) aufgefunden. Nach diesen plünderten die v. Plessen
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und ihre Helfer folgende zwischen dem Klützer Orte und Schönberg im Stifte belegenen sechs Dörfer: Gr. Bünstorf, Kl. Bünstorf, Blüssen, Rodenberg, Rüschenbek und Poppenhusen, ferner des Pfarrers von Gadebusch Mann (d.i. Bauer) zu Blüssen und die Capelle zu Blüssen. An Vieh z.B. trieben sie fort: 251 Pferde 1 ), 279 Kühe, 465 Schaafe und 32 Schweine. Der Gesammtwerth des Geraubten ward auf 4202 Mark 3 Schill. angeschlagen. Die v. Plessen behaupteten später freilich, "sie hätten dem Bischofe in ungefähr "2 oder 3 Dörfern etliche Kühe und Pferde von geringem Werthe nehmen lassen".
Sogleich an demselben Tage, 27. Dec. 1529, klagt der Bischof den Herzogen Heinrich und Albrecht: am gestrigen Tage hätten ihm die v. Plessen einen Absagebrief geschickt und sogleich darauf mehrere seiner Dörfer ausgeplündert; er fordere daher die Herzoge, theils in Gemäßheit des speierschen Abschiedes, daß, wenn ein Stand, der überzogen werde, einen andern zu Hülfe rufen würde, demselben geholfen werden solle, zur Hülfe auf.
Am 4. Jan. 1530 erging denn auch an die v. Plessen ein herzoglicher Befehl, den Landfrieden nicht zu stören. Aber der Bischof gab sich damit nicht zufrieden. Am 7. Jan. forderte er Ersatz für die angerichteten Schäden und klagt ferner: es sei auf dem Zuge auch die Capelle zu Blüssen erbrochen und der Meßgewänder beraubt, mit denen man Spott getrieben habe, auch der Vikar verwundet; in Klütz, Diedrichshagen und Friedrichshagen ("Fredebernshagen") seien evangelische Prediger, wie sie sich nennten, von dem Adel eingesetzt, obgleich dem Bischofe das Kirchenlehn zustehe; der von Friedrichshagen habe in Grevismühlen, wo er ein Pferd beschlagen lassen, nach der That gesagt: "der Bischof wollte mich jagen, nun habe "ich ihn helfen jagen". Der Bischof forderte schließlich die Herzoge auf, sie möchten sich darüber erklären, was sie thun wollten, erinnert sie an den Landfrieden, der in ihrer Gegenwart zu Worms bestätigt sei, und an das Schutzgeld, welches ihnen der Bischof zahle, und droht mit der Klage beim Reichskammergerichte. Am 14. Jan. versicherte der Bischof dem Herzoge Heinrich, er glaube nicht, daß er Theil an dem Unternehmen der v. Plessen habe, wenn auch in Lübek gesagt sei, daß ein Quitzow und ein Bülow die Reuter, die ihm den Schaden gethan, in des Herzogs Namen aufgebracht hätten; der Befehl an die v. Plessen sei bisher ohne Wirkung geblieben. Darauf
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erging am 22. Jan. wiederholt an die v. Plessen ein Befehl, den Bischof in Ruhe zu lassen und ihm den Schaden zu ersetzen. Zwar versicherten am 22. Jan. die Herzoge dem Bischofe, daß sie sich der Sache annehmen wollten; aber es geschah nichts Ernstliches.
Tilemann Stella läßt sich berichten: "Der Herzog Heinrich habe durch die Finger gesehen". Der Herzog Albrecht aber habe sich gerüstet und die v. Plessen überziehen wollen; als er nun nach Rehna gekommen sei, habe ihm die Aebtissin Elisabeth, die letzte Princessin des Hauses Meklenburg=Stargard 1 ), von seinem Vorhaben zurückgehalten.
Die v. Plessen gaben aber auch nicht nach, da ihr Prediger noch immer im Kerker saß.
Als aber der Bischof seinen Zweck nicht erreichte, nachdem er, wie die von Plessen sagten, bei den Herzogen gegen sie "in vielfältigen Schriften gepocht und geschändet" hatte, machte er die Sache beim Reichskammergericht anhängig. Er klagte jedoch nicht selbst, weil er den Landfrieden zuerst gebrochen hatte, sondern "hetzte nur gegen die vom Adel auf" und gab mit falschem Bericht den Hergang bei dem Reichskammergerichts=Fiscal an, welcher schon am 7. Febr. 1530 eine Ladung 2 ) gegen die v. Plessen, welche wegen der vielen Theilnehmer gedruckt ward, erwirkte. Und nun begann der Proceß gegen "Henneke, Johann, Reimar und Berend, Gebrüder und Vettern, von Plessen und Consorten". Am 1. Junii 1530 übergaben die v. Plessen ihre Protestation mit dem Vorbringen, daß "der Bischof wider des heiligen Reichs gemeinen Landfrieden gehandelt und die genannten vom Adel nur zur Gegenwehr veranlaßt habe". Am 3. Junii 1530 überreichten sie die Petition mit ausführlichem Bericht über die Sache. Und nun folgten die Schriften rasch: im Julii 1530 die Replik des Fiscals, darauf bald die Duplik der v. Plessen, am 24. Nov. 1530 die Triplik und Conclusionsschrift des Fiscals und am 14. Dec. 1530 die Conclusionsschrift der v. Plessen. Darauf ging die Sache langsamer. Am 27. Sept. 1531 übergaben die v. Plessen die Defensional=Artikel.
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Fernere Schicksale des Predigers Thomas Aderpul und der Pfarre zu Gressow.
Bis dahin hatte der Bischof den Prediger Thomas Aderpul im Gefängnisse gehalten, denn die v. Plessen sagen bei der Ueberreichung der Defensional=Artikel am 27. Sept. 1531 wörtlich, der Bischof habe den Priester bis an den "heutigen Tag gefänglich gehalten, ohne daß man habe erfahren können, ob er noch am Leben sei, und man wisse nichts anders, als daß der Bischof ihn wider Recht lebendig umgebracht habe". Dies wird aber jeden Falls ein Versehen sein, da Thomas Aderpul schon im Aug. 1531 in Malchin war; dieses Versehen wird wohl dadurch entstanden sein, daß der Anwalt der v. Plessen zu Speier die Proceßschriften ausarbeitete und dazu nicht immer die neuesten Nachrichten aus Meklenburg hatte. Es ist ohne Zweifel, daß Thomas Aderpul schon in der ersten Hälfte des J. 1531 frei gekommen war, nachdem er sicher länger als ein Jahr im Gefängnisse gesessen hatte. Dem M. Tilemann Stella ward erzählt: Berend v. Plessen habe einen Kerl aufgebracht, der sich für Thomas Aderpuls Blutsfreund ausgegeben und dem Bischofe Brandbriefe zugeschickt habe; als nun der Bischof gesehen, das er immer mehr Feinde erhalte, habe er den Prediger gegen Urfehde freigelassen, der denn auch wieder in Gressow eingesetzt sei.
Die Stellung Aderpuls in Gressow mußte jetzt jedoch sehr unangenehm sein. Auch gerieth er mit den Bauern des Kirchspiels Gressow, die wohl durch die Anhänger des Papismus aufgehetzt waren und das Ansehen des gefangen gewesenen Priesters nicht gehörig achteten, in Streit; sie waren, ohne die von Plessen, nach Walsmühlen zum Herzoge gewesen, welcher die Sache durch Parum v. Drieberg und Dietrich Maltzan hatte verhören lassen; nach der Angabe der Bauern habe sich ergeben, daß Thomas Aderpul in der Verkündigung des Wortes Gottes und der Austheilung der Sacramente nachlässig gewesen sei. Deshalb hatte der Herzog ihnen den Bescheid geben lassen, sie sollten sich nach einem andern Prediger, den sie haben möchten, umhören. Sie schlugen daher dem Herzoge den Erasmus Hermes 1 ) vor, der in Wismar Sacrist gewesen sei, damit ihnen "das Wort Gottes wieder lauter und rein, wie zuvor, verkündigt werde." Der Herzog nahm nun den Thomas Aderpul von Gressow und versetzte ihn als ersten evangelischen Pfarrer nach Malchin, wo er schon um die Mitte
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des J. 1531 auftritt. Hier wirkte er 17 Jahre lang. Als er hier von seinem Wirken nicht den gehofften Erfolg sah, legte er sein Amt nieder und ward im J. 1548 als erster evangelischer Pfarrer nach Bützow versetzt, wo er im J. 1556 starb.
Der Fortschritt der evangelischen Lehre im Klützer Orte ward aber durch die Heftigkeit des Bischofs nicht gehemmt, sondern nur befördert. Gressow blieb lutherisch, und in Klütz, Diedrichshagen und Friedrichshagen waren schon im J. 1530 lutherische Prediger durch den Adel eingesetzt, trotz des bischöflichen Patronats. Zu Mummendorf hatte sich der Pfarrer ("Kerkher") Claus Lütkens schon im J. 1532 "der lutherischen Secte und Ketzerei anhängig" gemacht. Auf Befehl des Bischofs hatte nun der bischöfliche Vogt Valentin Röbel zu Schönberg die Leute in den von dem Klützer Adel im J. 1529 ausgepochten Dörfern Rodenberg, Rüschenbek und Poppenhusen, welche von je her zu der Pfarre Mummendorf gehört hatten, von dieser genommen und ihnen die Leistung des "Kirchenrechts" an den Pfarrer verboten. Daher forderte der herzogliche Vogt Jürgen Wolder zu Grevismühlen am 1. Nov. 1532 den bischöflichen Vogt auf, die Leute wieder zur mummendorfer Kirche zu lassen, widrigenfalls er den Pfarrer bei seiner Gerechtigkeit handhaben und die Bauern zur Leistung ihrer Pflicht durch Pfändung zwingen werde. Hierauf schrieb der Bischof, auf Bericht seines Vogtes, am 12. Jan. 1533 von Lebus an Jürgen Wolder: er habe den Leuten durch seinen Vogt verbieten lassen, die Kirche zu Mummendorf zu besuchen und des Pfarrers verführerische Lehre und Predigt anzuhören, und er habe, als Ordinarius, dazu gut Fug und Recht; er möge ihm nur melden, ob er von seinem Herrn zu seinem Benehmen Befehl gehabt habe oder nicht, damit er sich darnach richten könne. Im J. 1535 klagte Nicolaus Lütke den Visitatoren, daß einer der Eingesessenen im Kirchspiel Acker und Wiese der Kirche entziehen wolle. 1 )
Im J. 1535 war in Gressow alles in Ruhe; bei der Visitation 1 ) hatte der Prediger, der nicht mit Namen genannt wird, nichts weiter zu klagen, als daß ihm eine Wittwe v. Parkentin von den Zehnten jährlich 3 lüb. Mark vorenthalte. Im J. 1540 war Johann Pawest 2 ) evangelischer Pfarrer zu Gressow.
Die feindselige Gesinnung zwischen dem Adel des Klützer Ortes und dem Bischofe war aber durch die Versetzung Aderpul's
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nicht gestillt. Dies ergiebt sich aus einem bemerkenswerthen Vorgange. 1 ) Nickel v. Minkwitz auf Sonnenwalde, der im J. 1528 mit Heinrich Queiß den Bischof gefangen nehmen wollte und sein Schloß Fürstenwalde verwüstet hatte, war nach der Vereitelung des Unternehmens nach Holstein und Lübek geflohen, wo er aber weichen mußte, und von hier nach dem Klützer Orte gegangen, "wo ihn vornämlich Eggert von Quitzow 2 ) "auf Vogtshagen und die von Parkentin auf Dassow in Schutz nahmen. Einst ertappte ihn der bischöfliche Hauptmann von Schönberg, dem er einige Pferde genommen hatte, in der Gegend von Vogtshaghen, jedoch gelang es ihm, ins Schloß zu entkommen. Der Bischof erfuhr nun seinen Aufenthalt und verlangte von dem Kurfürsten von Brandenburg Verwendung bei den Herzogen von Meklenburg, bei denen aber wenig ausgerichtet ward, vermuthlich weil sie ihn als einen wegen seiner Religionsveränderung Verfolgten betrachteten". Jedoch mochte Minkwitz einen ungünstigen Ausgang des gegen ihn erhobenen Processes bei dem Reichskammergerichte fürchten und that vor dem Kurfürsten und dem Bischofe Abbitte.
Der Adel des Klützer Ortes scheint sich aber die Reformation fernerhin nicht sehr zu Herzen genommen zu haben. Der Visitations=Bericht über das Amt Grevismühlen vom J. 1535 3 ) enthält nur Beschwerden der evangelischen Prediger über die Bedrückung des Adels. So z.B. heißt es:
"Ein ander Henricus, Kirchher zum Klucz, eyn fein man, beklagt sich des edelmans des Namens Bernhart von Pless zum Arbshagen gesessen, das er ym an seiner kirchen burung verkurczt, drawt ym am leben zu schaden, vnd bey 4 mal tödtlichen gesucht vnd überfallen hat".
So beginnt und endet die Reformation im Klützer Ort mit Güterentziehung durch den Adel. Außer den Zinsen, Zehnten u.s.w. hielt der Adel auch alle die zahlreichen Güter der Vikareien und anderer geistlichen Stiftungen, die nicht bestimmt zu dem Einkommen der Pfarren gehörten, zurück; und auch die Pfarren verloren nicht unbedeutend.
Im J. 1540 war der ganze Klützer Ort schon lutherisch 4 ).
Der Proceß zwischen dem Bischofe und den v. Plessen schleppte sich noch lange hin. Es ward ein Zeugenverhör vor=
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genommen; am 1. März 1542 übergaben die v. Plessen Erceptionalen gegen die Personen und Aussagen der Zeugen und am 16. Febr. 1543 eine Probationsschrift dazu. Und hiemit schließen die Acten. Das Endurtheil fehlt. Nach Tilemann Stella soll es der Bischof erreicht haben, daß die v. Plessen schuldig erkannt wurden und die einzelnen Theilnehmer 150 Thaler bezahlen mußten. Daß ein Endurtheil in der Sache erfolgte, ist gewiß, da nach dem ergangenen Urtheil ein Verzeichniß 1 ) der Theilnehmer an dem Zuge aufgenommen ward. Nach diesem Verzeichnisse waren schon mehrere Theilnehmer gestorben, einige hatten sich mit dem Bischofe verglichen, unter diesen auch Hartwig v. Bülow zu Pokrent, von welchem Tilemann Stella ausdrücklich, jedoch irrthümlich, sagt, daß er 150 Thaler nach dem Urtheil habe bezahlen müssen. Ob alle Theilnehmer Strafe und Schadensersatz zahlten, ist nicht mehr zu ermitteln. Der Bischof starb im J. 1550, und damit hatte alle Fehde sicher ein Ende.
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Anlagen.
Nr. 1.
Der fürstliche Vogt Jürgen Wolder zu Grevismühlen berichtet dem Herzoge Heinrich von Meklenburg über die Ausführung des Befehls wegen der Geistlichkeit im Klützer Ort und deren Zehnten.
D.d. Grevismühlen. 1525. Sept. 12.
Dorchluchtige, hochgebaren furste. Myne vorplichte vnde vorwanthe vnderdanige denste synth Jwen furstliken gnaden alle tidt vormals bereith. Gnediger here. Ick geue Juwen gnaden denstliken tho erkennen, vp beuell Juwer furstliken gnaden an den gheistliken imme klutzer orde in Jwen gnaden ampte to Greuesmollen belegen tho weruende, desuluen werue en vorgeholden hebbe in aller mathe, we ße my van Juwen gnaden beualen synth, dar ße sick in aller mate vnderdanichliken vnde gehorßam holden willen, alße eren landesfursten, de wyle ere gnade ße behanthauen vnde beschutten will, de suluen armen prestere mith vnderdanigen densten vnd ere innige beth alle tidt jegen gade tho vordenende, vnde alle ere trosth steith tho Juwen furstlichen gnaden in deme vnde vele meren, ick dith Juwen furstliken gnaden vnderdanichliken nicht tho vorbergende weeth, den teynden von eren guderen tho geuende, dar Jwe furstlike gnade mith ghenetliker meyninge woll tho trachten werth. Screuen tho Greuesmollen amme dingesthdage nach Marie Natiuitatis Anno XXV.
Jurgen Wolder.
Jwer
gnaden vnderdanige dhener.
Dem durchluchtigen hochchebaren fursten heren Hinrick heren heren hertoge tho Mekelenborch
. myneme gnedigen herenn.
Nach dem Original im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 2.
Die Gemeinde der Kirche zu Gressow bittet den fürstlichen Vogt zu Grevismühlen, die Anstellung des lutherischen Predigers Thomas Aderpul als Pfarrer zu Gressow bei dem Herzoge zu befördern.
D.d. 1526. März 11.
Vnsen frunthlyken densth. Leue her vagheth. Jungestem afscheyde ghy beualen hebben der papen haluen tho donde eyne vraghe dem gantzen kespel, welkere hebben syck bespraken vnd sus geantwerdet: "Leue Bernd und Reymer van Plessen, "wy wethen, ghy nycht ueder eyn vnchrysten wolden wesen, alse anderen, vnde wy verstan, de lere vnser beyden papen mythme euangelio nycht auer en kummeth, begeren darvmme der nicht eynen tho bholden". Bidden darumme wy Bernth vnde Reymer van Plessen vnde wy gemeyne des gantzen kespels tho Gressow, alse wy Jw gudes thoversen, ghy vnser ym besthen wolden gedenken by vnsem G. H., dath wy der beyden muchten anich syn, wenth wy ere nycht enen hebben wyllen, vnde van vnsen G. H. dorch Jwe vorbede myth er Tomas dem prediker muchten besorget syn, efth syne v.G. vns mith eme, de vns gades word beter weth tho seggende, besorgen, den wylle wy gerne annemen. Hyr inne bidden wy, ghy muchten Jwen vlyth don, dath wylle wy gerne wedder an Jw vordenen. Effthe so syne v.G. wyl hyr ynne mer beorsaketh syn, wyllen gerne suluesth personlych vor syne G. erschynen vnd de meyninghen enthdekken, wor vns syne G. horen wyl. Datum tho Gressow, am Sondage Letare im iare 1526.
Wyr Bernd vnde Reymer van
Plessen
vnde gantzen
gemeyne
des kespels Gressow.
Vnsen gunre vnde frund dem vagede tho Rhene, Greuesmolen vnde Meklenborch, Amptman vnses G. H. fruntlyck.
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenburg. G. u. H. Archive zu
Schwerin.
Im J. 1525 wird Jürgen Wolder
auch "vorweser des closters tho
Rene" genannt.
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Nr. 3.
Absagebrief der von Plessen an den ratzeburger Bischof Georg von Blumenthal wegen des von diesem gefänglich eingezogenen Predigers Thomas Aderpul zu Gressow.
D.d. 1529. (Dec. 26.)
Dem Erwürdigen inn godt vader vnnd Hern Hern N. Blomendal Bischop tho Ratzeborch ankame dieser Bref samptlich.
Würdiger Her. Gy hebben noch in guder gedachtniß, dat wy alle die von Pleßen jw schrifftlich hebben anzeigen lathenn der Unbillicheit halven, die vns geschehen synnt ann unsern Karkhernn vnd Euangelischen Prediger, Up sulke antheiginge en slecht anthwort erlanget hebben, dat wy nu in synen werden blyuen lathen, vnnd konnen vp solken Homuth annders nicht merken, sunder dath die boeme mith jw muth grenen twe mal ym jar, dar he nor ein mal mit vns andern gronet, Szo schole wy gelike vol unwethenn hebben vnd darthu verdacht syn, dat wy sulken homuth, die vns wedderfharen is, nicht schimplich willen von jw vpgenomen, sunder gedacht vnnd gebrakenn scal werden tho syner tide. Dat mach jw Gnade jw angedenk annehmen.
Geschreven mit Hasthe Anno 1529.
Alle die v. Plessen
alles vor ein geschreven.
Nach dem Originale im bischöflich=ratzeburgischen Archive zu Neu=Strelitz mitgetheilt von dem Herrn Pastor Masch zu Demern.
Nr. 4.
Verzeichniß der Adeligen des Klützer Ortes, welche an der Fehde gegen den Bischof Georg von Ratzeburg Theil genommen haben.
1530.
Disse nachbenompte seindt mit gewesen in der beschedigung des Stiftes Ratzeburgk:
Johan von Plesse zum Balen.
Berndt von
Plesse zum Dammeshagen.
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Otte Plesse tho Hoykendorpp.
Curdt vnd
Henning gebruder die Bulow von Pluskow.
Haus vnd Helmold Parkentin zu Pritzendorp.
Eggerd Quitzowen sone von Vagedeshagen.
Reymer Plesse thom Erpeshagen.
Siuert
Plesse thor Goltbeke.
Berndt Plesse thor
Gantenbeke.
Jochim Negendancke thor
Sirowe.
Die beide von dem Broke.
Ulrich Dambeke tho Dambeke.
Jasper
Stralendorp tho Kranckowe.
Johan von Plesse
tho Barnekowe hette seine knechte domit.
Detleff von Bulow tho Wedemendorp hatte seine
knechte domit.
Jochim Bott zur
Karkhorst.
Jochim Schotze tho
Donnekendorp.
Mauritius Warnestede tho
Lutken Walmerstorp.
Henning Scharpenberg
tho Groten Walmerstorp.
Jochim Plesse tho
Parin.
Die Basseuitzen tho Torstorppe.
Volrat Plesse.
Hartich Plesse.
Henneke
Plesse hatte knechte dorin
Hartich von
Bulow von Pockrent.
Jochim Lutzow, her
Claus Lutzowen sone.
Die Bulowen von
Scherpstorpp.
Hinrich Stralendorp zu
Goldebe.
Jochim Stralendorp thom
Prensberge.
Jochim Stralendorp tho
Tramptze.
Fylich Bibowen.
Dittrich
Plesse thom Nygenhoue.
Clawes Plesse von Mutzelmow.
Aus der Wismar:
Hans Boytin.
1 Batenbergeschen man.
Aus der Prignitz:
Melchior Warnstett von Triglitz.
Ein Dupow.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 5.
Schadensrechnungen der Bauern im Stifte Ratzeburg über ihre Verluste bei dem Fehdezuge der v. Plessen gegen den Bischof Georg von Ratzeburg.
1530.
Auszug
aus den Special=Verzeichnissen
der
"nahm und beschedigung."
An Vieh wurde den Bauern genommen:
Groten Bunstorp.
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Seite 87 |
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Auszug
aus den Special=Registern.
Um eine Anschauung davon zu geben, was den Bauern genommen ward, folgt hier das vollständige Verzeichniß dessen, was einem Bauern genommen ward.
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Seite 88 |
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Auszug
aus den Special=Registern
in Beziehung
auf die einzelnen Artikel
und
deren Preise.
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Seite 89 |
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Seite 90 |
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Nr. 6.
Des Reichskammergerichts Ladung an den Adel des Klützer Orts zur Vernehmlassung wegen des Einfalls in das Bisthum Ratzeburg.
D. d. Speier. 1530. Febr. 7.
Wjr karl der Fünfft, von gots gnaden Erwölter
Römischer Keyser, zu allen zeiten Merer des
Reychs
., In Germanien, zu Hispanien,
beider Sicilien, Hierusalem, Hungern, Dalmacien,
Croacien
. Künig, Ertzhertzog zu
Osterreich, Hertzog zu Burgundi
. Graue zu Habspurg, Flandern vnd
Tyrol
. Empieten vnsern vnd des Reichs
lieben getrewen Johan Pleß zum Balen, Bernten
Plessen zum Dammneßhagen, Otten Plessen zu
Hoickendorff, Siuerten Plessen zur Goldpeckh,
Bernten Plessen zum Gantenbeck, Joachim Plessen
zu Parin, Volrat Plessen, Reymer Plessen zum
Erpeßhagen, Hartich Plessen, Curten vnd
Hennicken Bulow von Plußgow, Hansen vnd Helmoten
Parckentin zu Pritzdorff, Eggerten Quitzow zu
Vagedeßhagen, Joachim Negendanck zu Syrow,
beiden brüdern von dem Procke, Ulrichen Dambeck
zu Dambeck, Casparn Stralendorff zu Kranckow,
Joachim Petten zur Kalckhorst, Joachim Schutzen
zu Danckendorff, Mauritien Wernstede zu Lutken
welmerßdorff, Hennigen Scharpenberg zu Grossen
welmerßdorff, die Basseuitzen zu
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Torßtorp, Hertich von Bulow zu Bockrent, Joachim Lutzow, Claußen Lutzowe Sone, Auch Egerten Quitzow zu Vagedeßhagen dreien Sönen, Joachim Plessen zu Berneckaw, Hennecke Plessen vnd Detolffen von Bulow zu Wedemendorff, vnser gnad. Lieben getrewen. Vnserem Keyserlichen Camergericht hat der Ersam gelert vnser vnd des Reichs lieber getrewer Caspar Mart der Rechten Doctor vnser Keyserlichen Camer Procurator Fiscal mit klag fürpracht: Wie jr alle vnd yede obenherab biß auff Euch gemelte Egerts Quitzow drei Soene benennt den Erwürdigen Georgen Bischoffen zu Ratzemburg vnd Lybus, vnsern Fürsten und lieben Andechtigen, mit vielen zu Ross vnnd Fuess an Sant Johansen Euangelisten tag nechstuerschienen diß yetzlauffenden jars vberzogen vnd seiner Andacht in nachuolgende Dörffer nemlich Grossen Bunßdorff, Lutken Bunßdorff, Blutzen, Ruschenbeck, Poppenhausen vnd Rotenberg gefallen, das vihe genommen vnd hingefürt, geystliche vnd weltliche Tempel vnd heuser geplöndert vnd also das vihe, haußrat vnd was jr funden, geraubt, in die Vogtey Greueßmolen gefürt, allda gepeutet vnd vertheylet, Vnnd dann jhr andre gemelte drei Söne, auch Johan Pless zu Berneckaw, Hennecke Pless vnd Dettelf von Bulow zu Wedemendorff Ewre knecht bei vnd mit solcher fridprüchigen that gehabt, Alles vnd yedes wehrhaffter, gerüster handt, freuenlich eygengewaltiger that, wider Recht, guldin Bull, vnsere vnd des Reichs Reformation Ordnungen und außgekündten Landtfriden, dardurch jr die penen solcher Rechten, Bullen, Reformation vnd Landtfridens verwirckt haben vnd darein gefallen sein sollet, Vnd daruff vmb nachuolgend Ladung, auch ander notturfftig hilff des Rechten gegen Euch diemütiglich angeruffen vnd gepetten: Wann wir nun nyemandt Recht versagen sollen, jme auch solche Ladung erkennt ist: so heyschen vnd laden wir Euch alle vnd yeden in sonderheit von Römischer Keyserlicher macht hiemit gepietend, das jr auff den Neunvndzwentzigsten tag des Monats Aprilis nechstkünftig, den wir Euch für den Ersten, Andern, dritten, letsten vnd endtlichen Rechttag setzen vnd benennen, peremtorie, Oder ob derselb tag nit ein gerichtstag sein würde, den nechsten gerichtstag darnach, selbs oder durch Ewren volmechtigen Anwaldt an gedachtem vnserm Camergericht erscheinet, zu sehen vnd hören, Euch vmb obangezogener fridprüchigen handlung willen in die penen sollicher obgemelten Rechten, Bullen, Reformation vnd Landtfridens vnd sonderlich vnser vnd des heyligen Reichs Acht gefallen sein, mit
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vrtheyl vnd Recht sprechen, erkennen, erclern vnd verkünden, Oder aber Rechtmessige inrden dargegen fürzupringen, Der sachen vnd allen jren gerichtstagen vnd termynen biß nach endtlichem beschluß vnd vrtheyl außzuwarten, Wann jr komet vnd erscheinet also oder nit, so wirdt nicht destminder mit gemelter erkenntnuß, erklerung, verkündung vnd anderm hierin im Rechten gehandelt vnd procediert, wie sich das nach seiner ordnung gepürdt. Darnach wiesset Euch zurichten. Geben in vnser vnd des Reichs Statt Speyer, am Siebenden tag des Monats Februarij, Nach Christi vnsers herren gepurt Fünfftzehenhundert vnd im Dreissigsten, Vnserer Reiche des Römischen im Eilfften vnd der andern aller im Viertzehenden Jaren.
Ad mandatum domini
Imperatoris proprium
Caspar Hammerstetter judicii
Camere
Imperialis prothonotarius subscripsit.
Nach einem gedruckten Exemplare im großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 7.
Die Bauern des Kirchspiels Gressow bitten den Herzog Heinrich um einen andern Prediger statt ihres bisherigen Predigers Thomas (Aderpul).
(1531).
Dorchluchtige, hochebaren F. Vnse vnderdanige, gehorsame vnd ganß willige denste syn J.f.g. stedes voran boreydt G. F. vnd here. Alse wy denne vorgangen tydt myt enem vnsem karckheren her Thomas N. in twistinge gestaen, der wegen Jwe f.g. de karchswaren vnd twe van den oldesten buren vth dem kirspel tho gressow vor J.F.g. in vorgangen herwiste gegen der walswollen bescheiden, dar den de suluen karckswaren vnd twe van den oldesten buren thor stede gewest vnd J.F.g. de sake dorch J.F.g. Redere Parum van deme truberch vnd Didderick Molleßane de sake vorhoren leth vnd also J.F.g. nha vorhoringe des handels vormercket, dat de feyle an dem bauenschreuen karckheren were, wyle myt vorkundynge Gades wordes vnd mytdelinge
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der hochwerdigen Sacramenten des altares vnd dope vorsumelich gewest, leth vns J.f.g. tor suluen tydt dorch de bauenschreuen J.f.g. reder den gnedigen affscheydt thor wallsmolen geuen, wy scholden vmme eynen karckhern, dar myt wy vorsorget syn mochten, vmmehoren vnd wo wy enen bokamen wurden, den scholde wy Jwen f.g. antegen, alsdenne wolde J.f.g. dyssen suluen myt der karcken tho gressow de tydt sines leuendes versorgen, des wy denne J.f.g. vnderdanichliken bedancken, vnd de wile wy denne vp solcken J.f.g. gnedigen affscheit einen gestliken Man Erasmus Hermens van der Wismer Sacrist geweset tho vnser leuen frowen vnd deme allen tho Szwerin gehat vnd als J.f.g. mpt tor stede gewest vnd vns armen luden beswerlick was, J.f.g. tokumpst tho erfharen, hebben wy de sake in ene Supplication schreuen vnd J.f.g. schriuer Michel vorreket vnd bidden laten, he mochte de J.f.g. in errer thokumst vorrekenn, Bydde derhaluen vnd dancklyken, J.f.g. wyllen vns armen lude so gnedich syn vnd den angetegeden Prester de bauengeschreuen karcke vmme Gades willen de tydt sines leuendes vorlehnen myt al der thobehorende vnd dat lon dar vm van godt dem alweldigen nemen, dar myt vns armen luden gades wort wedderumme lutter vnd reyne, alß thouoren geschen, vorkundiget vnd an den hilligen sacramenten nicht vorsumet mochten werden, alse wy denne tho J.f.g. eyn troslick vorhapent hebben, des wyllen wy wedderumme gegen J.f.g. na alle vnsem vormogen vngesparth liueß vnd gudes vnderdanichliken vordenen.
Ock, gnedighe F. vnd here, So licht im dorpe tho gressow eyn wedumen, dar vp waenth eyn Man myt namen Goslick ratzeborch, de suluige is eyn tornist man vnd puchet auer syne nabers nedden vnd bauen vnd nemant kan myt eme vmme gaen, der haluen beklagen sick etlike buren, dat he der buren holt aff houwet, wen se ene dar auer straffen, So wyl he dothslaen vnd kyuet vnd hefft sick boslyken, Darumme so willen de buren erue vnd egen vorlaten, er se scholden unwillen myt eme hebben, vnd bydden J.f.g., dat sodane man mochte vth dem dorpe kamen, vppe dat dar nen morth edder dothslant schege.
J.F.g.
vnderdaninge vnd gehorsamen
de
gemeynen buren
des kaspelß tho gressow.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 8.
Verzeichniß der Theilnehmer an dem Fehdezuge gegen den Bischof Georg von Ratzeburg nach Erlassung des Urtheils.
(1545).
Henning Plesse zum Brule ist todt, hatt aber kinder vnd lehns erben hintter sich verlassen.
Johan Blesse zum Balen ist todt, hatt aber lehns erben verlassenn.
Berndt Blessen zum Dammeshagen lebet noch, ist mit dem Bischoff vertragen.
Jasper Stralendorff zw Kranckow ist todt, hatt aber erben hintter sich verlassen.
Reimer Blesse zum Arpeshagen lebt noch.
Eggert von Quitzow zw Vagedeshagen ist todt, hatt keine lehns erben gelassen.
Hartich von Bulow zw Pockrent lebt noch, ist mit dem bischoff vertragen.
Achim Lutzow lebt noch, ist mit dem bischoff vertragen.
Curdt von Bulow zw Plusgow ist todt, hatt aber lehns erben gelassenn.
Helmolt Parkentyn lebt noch, ist mit dem Bischoff vertragen.
Siuerdt Blesse zum Clutze lebet noch.
Was aber Detleff von Bulow vnd Johan Blessen zw Bernekow im vrteil belanget, dauon ist Detleff von Bulow gestorben on lehns erben, aber Johan Blesse zw Bernekow lebt noch.
Was ferner den dritten Artikel im vrteil belanget vnd weitern bescheidt daran thut das ist:
Otto von Blesse zw Hoikendorff noch im lebend.
Bernd von Blesse zum Gantenbeke lebt noch.
Heinrich von Bulow zw Plusgow lebt noch.
Hans Parkentyn zw Pritzendorff lebt noch.
Beide brudere zum Bruke leben noch.
Vlrich Dambeke zum Dambeke lebt noch.
Berndt von Blesse zum Gantenbeke lebt noch.
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Jochim Bott zw Kalkhorst ist todt, hatt erben gelassen.
Jochim Plesse zw Parin lebt noch.
Jochim Schotze zw Dankendorff lebt noch.
Moritz Warnstett zw Triggelitz lebt noch.
Johan Blesse zw Bernekow lebt noch.
Henningk Scharpenbergk zw Grossen Wolmersdorff lebt noch.
Die angegebene Bassen zw Drosdorff leben noch.
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu
Schwerin.
In der Protestation vom 1.
Junii 1530 wird genannt:
Achim
Negendank.
Dagegen fehlen die v. Brook,
v. Dambek, v. Both, v. Schosse, v.
Warnstaedt, v. Scharffenberg und Sivert,
Otto, Bernd (zu Gantenbek), Joachim und ein
Johann v. Plessen.
Nr. 9.
Bericht
über den Anfang
der Reformation
im Klützer Ort,
niedergeschrieben
von dem
herzogl. Mathematiker Mag. Tilemann Stella
von Siegen
im J. 1570.
Kurtze Historia vnd Bericht
vom ersten
anfange des Euangelii
im Creutzer Ort.
Berend von Plessen, Curdt von Plessen zu Damshagen vatter, der seinen sitz zu Tressow gehabt, als er gehöret, das here Thomas Aderpul ein Euangelischer predicant gewesen, hat er in zu sich gefordert, vnd erstlich Dieweil ein vngeschickter paffe mit einem augen zu Gressow (do die Plessen ihr begrebnis hahen) gewesen, der dem ampt nit wol vorgestanden (dar der bischoff von Schönberg seine schreiber vnd andre loß gesindge also auff die pfarhen hin vnd wider gesetzt), als hatt obgemelter Berendt von Plessen (dieweil das Euangelium hier zwischen auffkommen, darzu er mehr lust gehabt) an den bischof von Ratzenburg gein Schönberg geschrieben (dessen dioecesis es gewesen ist), er wolte einen geschicktern
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pfarhern dohin setzen, dan der were, der albereit die pfahr inhette, darmit das kirspel versorget were. Das hatt der bischoff abgeschlagen (diser bischoff hat Berckmeier geheissen); do hatt gemelter Berndt Plesse den hern Thomas Aderpul dohin gesetzt vnd den audern vnduchtigen außgejagt. Darauff hatt der bischoff bey nacht zeiten etliche seiner diener hingeschickt vnd den pfarhern her Thomas Aderpul gefengklich hinweg vnd gen Schönenberg furen lassen vnd in ein hart gefengnis gesetzet. Darauff gemelter Berndt Plesse anforderung gethan, das der bischoff im den pfarher wider loß geben vnd in seine phar wolt volgen lassen, welchs der bischoff abgeschlagen. Do nun solche gutliche forderung kein stat gehabt, hatt Berndt von Plessen dem bischoff entsagt vnd den abent zuvor ein Fhedebrieff zugeschickt. Als nun der bischoff disen brieff entpfangen, hatt er zu einem hauptmann vber knecht, welchen ehr auff dem hause bey sich gehabt gesagt, im den brieff zeigende: "Was solten die creutzerörter thun? Wenn es eine gutte grosse kan bier were, so weren die creutzerörter gutt nachbaurs darzu, sie söffen sie wol aus". Darauff der Hauptman geantwortet: "Gnediger here. Die gesellen, die die grosse kan bier wol außsauffen können, die lassen sich auch wol finden und halten was sie zusagen". Des morgens frue ist Berndt Plesse mit 100 pferden vor dem Schöneberg gewesen vnd hatt das hauß durch einen Trometer auffgefordert, welchs im vnd seinen gesellen versagt ist worden, vnd sindt also baldt drey Schösse vom hause herunter geschehen. Demnoch ist Berndt Plesse mit seinen gesellen in des bischoffs landt gefallen vnd haben im die Dörffer außgeplundert vnd alles hinweg getrieben. Dise beute ist zu Gutaw bey dem Damshagen geteilet worden. Der bischoff aber ließ die theter an das chammergericht citiren vnd treibts so weit, das sie schuldig erkleret wurden, vnd muste Hartich von Bulow 150 taler geben, die andere seine mitgesellen, desgleichen Berndt Plesse den anfanges sollten auch gegeben haben. Darüber ist der bischof gestorben. Es sindt alle juncker im creutzer ort mit gewesen, desgleichen Chim Lutzow zum Eichhofe, Chim Stralendorff vnd andere vill mehr. Nach des bischoffs absterben ist die ansprache vnd forderung gar nachblieben. Hertzog Heinrich hatt durch die finger gesehen. Aber Hertzog Albrech hatt sich gerustet, ist gen Rhenen kommen vnd hatt die Plessen vberziehen wollen. Den hatt die Aptissin seine Schwester wider zurück gesprochen. Der pfarrher aber here Thomas ist lang darnach loß worden vnd auff dise weise: von Berndt Plessen ist ein kerle subornirt
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worden, der hat sich here Thomassen blutfreundt simulirt vnd dem bischoff brantbriefe zugeschickt. Als nun der bischoff gesehen, das er jho lenger jho mehr feinde bekommen, hatt er den here Thomas mit genugsamer orfeide widerumb loß gelassen vnd restituiret vnd ist gemelter pfarhere also gen Gressow wider eingesetzt worden. Do hatt Hertzog Heinrich in von Berndt Plessen loß gemacht vnd gen Malchin gesetzt, darnach gen Butzow, do ist er ein predicant gestorben, ist noch nit lange todt gewesen. Diser here Thomas Aderpul ist der erste predicant im creutzer ort gewesen.
Haec narrauit Conradus a Plessen, dicti Bernhardi filius, presentibus aliis pluribus nobilibus in Darssow in taberna.
Aus dem Concepte eines Protocolles und Zeugenverhöres über die Landesgrenzen von des Mag. Tilemann Stella eigener Hand. Die Verhandlungen schließt Tilemann Stella mit den Worten:
"Dis examen ist geschehen zu Darssow am 12. 14. 15. vnd 18. Aprilis Anno 1570.
Tilemann Stella hat die vorstehende Erzählung nur der geschichtlichen Merkwürdigkeit wegen in das Concept seines Protocolles geschrieben, da er am Ende bemerkt:
"Diß soll ausgelassen werden".
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:
von
G. C. F. Lisch.
D ie Geschichte der Reformation in der Stadt Malchin ist sehr interessant, weil die Kirchenverbesserung hier mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und uns darüber jetzt die Acten ziemlich vollständig vorliegen. Der Kampf in der Stadt Malchin ward besonders durch zwei Umstände hervorgerufen. Einmal war die Pfarre zu Malchin seit dem J. 1301 mit einer durch das Dorf Kotendorf dotirten Domherrenstelle des Collegiatstiftes Güstrow vereinigt und bald darauf das Patronat dem Domdechanten von Güstrow übertragen; im J. 1489 ward dieser Stelle auch noch die Pfarre zu Teterow einverleibt: 1 ) es war also immer ein güstrowscher Domherr Pfarrer von Malchin und Teterow, natürlich durch Vicare vertreten, unter dem Patronate des Domdechanten von Güstrow. Da nun die Dom=Capitel des Landes am längsten und heftigsten der Reformation widerstanden, so läßt sich annehmen, daß alle Mittel aufgeboten wurden, den lutherischen Geist in der Stadt nicht aufkommen zu lassen. Andererseits gehörte Malchin zu den Städten, welche durch den Neu=Brandenburger Hausvertrag vom J. 1520 in der Landestheilung den beiden Herzogen Heinrich und Albrecht zur gemeinschaftlichen Regierung geblieben waren. Die Herzoge hatten das Land getheilt; nur die Prälaten, (also die Bisthümer, Domstifter und großen Feldklöster), der Adel und 12 Städte: Rostock, Wismar, Parchim, Güstrow, Neu=Brandenburg, Schwerin, Sternberg, Malchin, Teterow, Röbel, Waren und Friedland, waren gemeinschaftlich geblieben; durch die Erneuerung dieses Vertrages vom 22. Dec. 1534 kam auch Woldeck zu diesen gemeinschaftlichen Städten. Aber
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grade durch den Widerstreit der beiden Brüder siegte und erstarkte die Reformation in diesen Städten früher, als anderswo, und mochte der Herzog Heinrich auch überall gerne der "Friedemacher" sein und leise auftreten, so zeigte er sich doch immer dort sehr entschlossen und kräftig, wo er mit seinem Bruder Albrecht in Opposition stand.
Bis zum J. 1531 hatte das güstrowsche Dom=Capitel unter dem Schutze des Herzogs Albrecht dafür gesorgt, daß sich das Verlangen nach lutherischer Predigt in Malchin nicht laut geäußert hatte. Jetzt war aber das Bedürfniß vorhanden und der Herzog Heinrich setzte gegen die Mitte des Jahres 1531 den bisherigen Prediger Thomas Aderpul von Gressow, der sich bis dahin lange Zeit in der Gefangenschaft des Bischofs von Ratzeburg befunden hatte und nach seiner Befreiung nicht gut in Gressow halten konnte, als Prädicanten nach Malchin: der Mann mochte ihm durch seine Erlebnisse 1 ) geeignet erscheinen, seinem Bruder die Spitze zu bieten. Kaum hatte er hier eine Zeit lang gepredigt, als ihn der Herzog Albrecht verjagen ließ. Sogleich befahl nun der Herzog Heinrich seinem Secretair Sebastian Schenck zu Güstrow und seinem Vogt Hans v. Quitzow zu Stavenhagen sich mit Thomas Aderpul nach Malchin zu verfügen, denselben dort wieder ins Predigtamt einzusetzen und dem Rathe und der Stadtgemeinde, auch der Priesterschaft in des Herzogs Namen zu befehlen, den Prediger in seinem Amte nicht zu hindern, sondern zu gestatten, zu schützen und zu handhaben. Zugleich befahl am 16. Aug. 1531 der Herzog 2 ) dem Thomas Aderpul, er solle sich sogleich mit seinem Fuhrwerke nach Güstrow zu Sebastian Schenck und mit demselben zu seiner Wiedereinführung nach Malchin verfügen, nach solcher Einführung "das Wort Gottes daselbst dem Volke ferner, wie zuvor, lauter und rein predigen und sich hinfort so leicht nicht erschrecken und verjagen lassen; damit er vor Ueberfall gesichert sein möge, schickte ihm der Herzog ein schriftliches "Sicher Geleit."
Der Herzog Albrecht hatte dies kaum erfahren, als er den Thomas Aderpul schriftlich zur Verantwortung aufforderte, wie er sich, trotz seines Verbotes, des Predigtamtes anzumaßen unterstehen könne. Thomas Aderpul antwortete 3 ) dem Herzoge Albrecht am 31. Oct 1531, daß sein Bruder ihn das Evangelium Christi zu predigen abgefertigt habe; er habe nach seinem Verbot Entlassung gefordert, aber sein Bruder habe ihm münd=
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lich und schriftlich befohlen, das Evangelium Christi nach wie vor in Malchin zu predigen, und ihn hier durch seine Commissarien, Sebastian Schenck und Hans von Quitzow, wieder einführen lassen.
Als nun der Einfluß des Herzogs Albrecht die lutherische Predigt nicht unterdrücken konnte, setzte das Dom=Capitel zu Güstrow seine Hebel in Bewegung. Der Dompropst schickte sogleich den Dechanten nach Malchin und ließ durch diesen dem dortigen Küster verbieten, dem Prädicanten, wenn er Messe mit dem Abendmahl unter beiderlei Gestalt halten wolle, weder Meßgewand, noch Kelch zu geben. Die lutherische Gemeinde wandte sich an den Rath, mit der Bitte, einen Befehl an den Küster zur Auslieferung des Kelches und Meßgewandes zu erlassen, damit kein Aergerniß gegeben werde; aber der Rath weigerte sich, dies zu thun. Es waren schon mehrere Gemeindeglieder aus der Welt geschieden, ohne die Sacramente zu empfangen. Auch die katholische Geistlichkeit wollte den lutherisch Gesinnten das Abendmahl nicht reichen, sondern sagte, um die Schwachen zu ärgern, mit vielen Lästerreden, "die Martinianer würden wie die Hunde ohne Sacramente hingeworfen;" der Herzog Heinrich habe dem Prädicanten nur den Predigtstuhl erlaubt. Viele Rathsmitglieder unterstützten die katholische Geistlichkeit, indem sie vorgaben, der Herzog Heinrich habe in andern Städten angeordnet, den Gottesdienst nur nach den Gebräuchen der römischen Kirche zu halten. Deshalb baten am 11. Nov. 1531 "die Versammlung des göttlichen Wortes und die Bekenner des Evangeliums Christi zu Malchin" den Herzog Heinrich 1 ) dringend, er möge sich ihrer Noth erbarmen und ihnen zum Gebrauche des heiligen Sacramentes verhelfen und deshalb die behufigen Befehle an den Rath und die Priesterschaft erlassen.
Der Herzog Albrecht versuchte nun die Verjagung der lutherischen Prediger in allen gemeinschaftlichen Städten. Er verbot persönlich den Prädicanten: Mathias Papenhagen zu Neu=Brandenburg am 15. Febr. und Jürgen Berenfelder zu Friedland am 16. Febr. 1532 die lutherische Predigt 2 ). Der Herzog Heinrich setzte sie aber am 11. März 1532 persönlich wieder ein. Der Herzog Albrecht prüfte auch selbst die Prädicanten; namentlich inquirirte er sie über ihren Glauben von der Messe. Die Lehre von der Wandelung im Abendmahl war allerdings der Hauptpunkt, in welchem die Partheien auseinander gingen;
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besonders ward damals im Lande die Frage besprochen, ob die in der Monstranz aufbewahrte Hostie auch der wahre Leib Christi sei. Der Herzog Albrecht hatte auch den Jürgen Berenfelder darnach befragt und dieser hatte erklärt, er glaube, daß in dem Abendmahle der wahre Leib Christi sei; ob er aber auch in der in der Monstranz aufbewahrten Hostie sei, darüber sei er, mit Luther und Bugenhagen, noch in Zweifel 1 ). Auf diese Erklärung hatte ihn der Herzog Albrecht für einen Ketzer erklärt und seines Amtes entlassen. - Auch gegen den Thomas Aderpul verfuhr der Herzog Albrecht auf gleiche Weise. Der Herzog Albrecht hatte geschrieben, Aderpul habe in seiner Gegenwart erklärt, das Sacrament, wenn es nicht von Menschen empfangen werde, sei kein Sacrament und kein Gott. Der Herzog hatte ihn gefragt, "wenn es im Hüseken (= Häuschen, Sacramenthäuschen) stände, ob es dann auch ein Sacrament sei"; Aderpul habe geantwortet: "außer dem Gebrauche sei es ein Mißbrauch; so lange das Wort, worin das Sacrament seine Kraft habe, bleibe, bestehe auch das Sacrament, übrigens sei man in Sachen des Glaubens nicht schuldig, etwas zu glauben und zu thun, was nicht in Gottes Wort gegründet sei."
Auf diese Anzeige übergaben die beiden Prediger Thomas Aderpul zu Malchin und Jürgen Berenfelder zu Friedland dem Herzoge Heinrich schriftliche Bekenntnisse 2 ), in welchen sie erklärten, "nach den von Christo gesprochenen Einsetzungsworten Christi sei bei der Consecration wahrhaftig der Leib und das Blut Christi in dem Brote und dem Weine; aber die Verehrung des Sacraments ohne das Wort sei eine Verspottung." Beide erboten sich, vor den Landesherren und den Prälaten, Mannen und Städten (d.h. den versammelten Landständen) gelehrten und unpartheiischen Richtern ihren Glauben zu begründen.
Der Herzog Albrecht versuchte nun alle Mittel, um die immer heller empor lodernde Flamme der Wahrheit zu löschen. Im J. 1532 oder 33 wandte er sich an den deutschen König Ferdinand 3 ) mit dem Berichte, er habe auf kaiserlichen Befehl die Neuerung in der Religion in seinem Gebiete überall abgeschafft und in den Städten, welche ihm und seinem Bruder ungetheilt gehörten, namentlich zu Wismar, Rostock, Parchim, Neu=Brandenburg, Friedland und Malchin, welche der neuen Secte
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anhängig seien, die Prädicanten ausgewiesen, sein Bruder habe dieselben aber alle Wege wieder eingesetzt; die kaiserlichen Befehle würden in Wismar und Rostock gar nicht geachtet, vielmehr habe sein Bruder sich vernehmen lassen, kaiserliche und königliche Majestäten hätten ihm in dem, was seiner Seelen Seligkeit betreffe, nicht zu gebieten, vielmehr habe er noch vor kurzem zu Parchim zwei neue Prädicanten an die Stelle der vertriebenen eingesetzt; die von Rostock und Wismar hätten die Schwarzen= (Dominikaner=) Klöster eingenommen u.s.w. Er bat daher, die königliche Majestät möge ein Einsehen thun und ein Pönal=Mandat ergehen lassen, damit die kaiserlichen Mandate befolgt würden; wenn der König dies nur thun wolle, so wisse er die Sache unter seinem Beistande wohl ins Werk zu bringen: er möge ihm daher seinen Rath mittheilen und dem Kurfürsten von Brandenburg befehlen, mit ihm denselben Weg zu gehen.
Am 17. Sept. 1533 wandte sich der Herzog Albrecht an den ihm gleichgesinnten Kurfürsten Joachim von Brandenburg 1 ) und klagte ihm, sein Bruder achte die kaiserlichen und Reichs=Abschiede gar nicht; er habe zu Schwerin, Güstrow, Sternberg, Wismar 2 ), Rostock und sonst lutherische Prädicanten eingesetzt und selbst die lutherische Lehre angenommen, auch in den ihnen beiden gemeinschaftlichen Städten, namentlich in Neu=Brandenburg, Friedland, Malchin, Parchim, auch in Jungfrauenklöstern 3 ), wo er, Herzog Albrecht, die lutherischen Prediger verjagt, dieselben in eigener Person wieder eingeführt; der Kurfürst möge daher doch den kaiserlichen und königlichen Befehlen nachsetzen, damit also die Irrung zwischen ihm und seinem Bruder wegen der Religion gehoben werde. Der Kurfürst erwiderte ihm am 3. Sept. 1533, er habe das, "was sich sein Bruder Herzog Heinrich der martinischen=lauterischen Lehre halben unterstanden, und daß er derselben anhängig geworden," ganz ungerne vernommen, und rieth ihm, er möge zuvor erst den Rath des Kaisers, des Erzbischofs von Mainz, des Herzogs Georg von Sachsen und der Herzoge Erich und Heinrich von Braunschweig einholen.
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Eine sehr interessante Erscheinung ist, daß um diese Zeit, wir wissen leider nicht in welchem Jahre, eine Deputation der evangelischen Bürger von Parchim, Neu=Brandenburg, Friedland, Malchin und Woldeck auf dem Landtage 1 ) erschien und um Schutz und Verwendung bei den Landesherren bat; sie brachten vor, obgleich in diesen Städten das "Wort Gottes rein, lauter, klar und ohne menschlichen Zusatz, ohne Aufruhr, zum Frieden und mit Frucht gepredigt werde", so werde doch täglich von den "elenden, unwissenden Papisten" mit heftigen Strafen, ja mit dem Tode gedrohet, um sie zu ihrem papistischen, antichristlichen Glauben zu zwingen, gleich als wenn dies ohne Umsturz (stortung) dieses guten, schönen, gnadenreichen Landes, in welchem alle Menschen gut evangelisch seien, möglich wäre; sie vertrösteten sich des edeln Adels des Landes und der besten "und mächtigsten Städte, welche sämmtlich der evangelischen Lehre anhängig seien", daß sie nicht mit Gewalt von ihrem Glauben gebracht würden.
Endlich ward doch ein Ausweg gefunden, um den Aufruhr zu unterdrücken, und grade dieser Wendepunct ist in der Geschichte der Reformation zu Malchin so klar, wie sonst nirgends im Lande. Am 30. Julii 1533 hatte der Kurfürst Joachim von Brandenburg an den Herzog Heinrich geschrieben: der Herzog Albrecht habe ihm persönlich gesagt, es sei "nie seine Meinung gewesen, seinem Bruder zum Verdruß, die Prediger, welche dem Volke Gottes Wort verkündeten, zu verjagen, vielmehr wolle er sie schützen und handhaben helfen, nur könne er nicht leiden, daß zu Wismar und an einigen Orten umher Prediger von der zwinglischen Secte lehrten und das Volk verführten; der Herzog habe sich gegen den Kurfürsten erboten, daß in den Städten, in welchen zwei Pfarrkirchen seien, er seinem Bruder eine Kirche überlassen wolle, wenn er ihm die andere gönnen werde, jedoch daß die Prediger auf der Kanzel sich alle Wege der Schmähworte und anderer undienstlicher Reden enthielten, die mehr den Aufruhr, als den Frieden beförderten".
Nach solchen Verhandlungen kam denn am 25. Jan. 1534 zu Güstrow zwischen beiden Herzogen eine Ausgleichung, wie ausdrücklich gesagt wird, zu Stande, deren Folge für Malchin eine Instruction 2 ) war, welche dort im J. 1534 für den Gottesdienst erlassen ward; wahrscheinlich wurden auch für andere
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Kirchen Einrichtungen ähnlicher Art getroffen. Es ward für Malchin, wo nur eine Pfarrkirche war, angeordnet, daß jeder Theil zur bestimmten Zeit dieselbe Kirche benutzen sollte; jeder Theil erhielt die Instruction dazu von dem ihn beschützenden Herzoge. Der Herzog Heinrich verordnete für den Prädicanten zu Malchin, daß in der Pfarrkirche, und sonst in keinem andern kirchlichen Gebäude, an jedem Sonntage und Festtage und auch an jedem Mittwoch und Freitage, wenn kein Festtag in der Woche sei, die Zeit des Morgens von 6 bis 8 Uhr für den lutherischen Gottesdienst, die übrige Zeit aber Vormittags und Nachmittags für die "andere Priesterschaft" zu deren gottesdienstlichen Ceremonien bestimmt sein solle; übrigens sollten beide Theile in ihren Predigten weder sich einander, noch jemand anders schmähen, schelten oder verachten, bei Strafe der Amtsentsetzung für den Uebertretungsfall, sondern nur die göttliche Schrift lauter und rein predigen. - Aus dieser interessanten Instruction geht hervor, daß damals beide Theile sich wohl noch so ziemlich die Waage hielten. Freilich waren die Protestanten in der Zeit sehr beeinträchtigt, indem ihnen nur wenig und dazu ungelegene Zeit gegönnt ward; von der andern Seite aber muß man berücksichtigen, daß die katholische Priesterschaft sehr zahlreich war und viel mehr Zeit gebrauchte, ihren alten Verpflichtungen nachzukommen; daß den Protestanten nur die Pfarrkirche eingeräumt ward, geschah theils ohne Zweifel deshalb, um ihnen nichts zu vergeben, theils aber auch um ihnen eine größere und passend eingerichtete Räumlichkeit zu gönnen und sie in einer bestimmt angewiesenen Kirche leichter beaufsichtigen zu können.
Zur Zeit der ersten evangelischen Visitation 1535 1 ) stand Thomas Aderpul in Malchin schon ganz fest; die Visitatoren hatten über Malchin nichts zu berichten. Dagegen stand es in der Pfarre Teterow, welche der Pfarre Malchin incorporirt war, noch sehr schlecht, indem dort damals noch kein evangelischer Prädicant war und Thomas Aderpul natürlich viel damit zu kämpfen hatte, indem die katholischen Geistlichen zu Teterow von denen zu Malchin eifrig unterstützt wurden. Die Visitatoren sagen:
"Zu Detro sind eyn ganczer hauff folcks, die sich mit Namen auffgezeichend, dem hern Thomas gen Malchin haben zugeschriben vnd bytten, er wöll helffen, das E. g. da hyn einen rechten evangelischen prediger möchte verordnen, vnd durst sy seer nach dem worth. Da haben wir hyn (nach Malchin) verbotschafft den
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predicanten auss detro, weil er sich hat hören lassen, er predige das Ewangelium recht; aber im examiniren ist erfunden eyn vngeschickt, vngelert man, der noch vom glauben, noch vom ewangelium, noch von versorgung der seelen weys, und doch gancz vermessen, als kunde ers besser, dann kein ander".
Im J. 1542 war, zur Zeit der großen Kirchen=Visitation unter dem Superintendenten Ribeling, die Reformation in Malchin schon völlig durchgedrungen und die Visitatoren konnten schon eine kirchliche Policeiordnung 1 ) für die ganze Stadt und alle kirchlichen Stiftungen erlassen. Namentlich ward in derselben der Rath der Stadt ermahnt, "daß sie bei dem heiligen wahren Worte Gottes standhaft bleiben und als Häupter und Vornehmste der Stadt ein gutes Beispiel geben sollten, wobei sie der Herzog Heinrich handhaben und schützen wolle gegen alle Verfolger und Feinde des Evangelii". Weiter als diese Anspielung kommt in der Ordnung nichts mehr von der katholischen Geistlichkeit vor. Es ward auch dem Rathe empfohlen, da es für einen Prädicanten zu schwer sei, der ganzen Stadt vorzustehen, noch einen christlichen Seelsorger anzustellen.
Daraus ward jedoch noch lange nichts. Die vielen Güter der zahlreichen Geistlichkeit wurden zum Kirchenvermögen geschlagen, ohne daß an die Seelsorge gedacht ward. Von der ruhigen, geregelten und beaufsichtigten Durchführung der Reformation in Malchin kommt es auch ohne Zweifel, daß die Kirche zu Malchin noch jetzt eine der reichsten im Lande ist; hier ward jeder Theil des geistlichen Gutes strenge beaufsichtigt. An andern Orten ging es wilder her und jeder behielt und nahm, was er erhalten konnte, namentlich dort, wo der Papismus lange florirte: hier hielt ein Gläubiger nach dem andern geistliches Gut zurück, bis es zuletzt nach langer Zeit - vergessen war.
Thomas Aderpul hatte nun 17 Jahre in Malchin gewirkt und allein die Reformation eingeführt und vollständig durchgeführt. Und doch ward es ihm nicht gedankt! Er verwaltete das schwere Amt noch immer allein und erhielt seine geringe Besoldung 2 ) sehr unregelmäßig, ja er mußte selbst in die Tasche greifen, wenn Kirche und Schule gehörig versorgt sein sollten.
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Dann sah er sich zu Malchin in seinem Wirken getäuscht: er befand keine Frucht des Evangelii nach seinem Sinne, sondern Sicherheit, Schwelgerei und Ungerechtigkeit, die Ausgeburten einer falsch verstandenen Freiheit, wie sie in jenen Zeiten wohl erscheinen. Im Gegentheile mußte er von den Uebermüthigen, die er gehoben hatte, hinter seinem Rücken viele unnütze und unleidliche Worte hören.
So faßte Thomas Aderpul denn den festen Entschluß, den Staub von seinen Füßen zu schütteln und Malchin zu verlassen. Er that diesen Entschluß im J. 1547 in einer offenen Erklärung 1 ) der Stadt kund und führte ihn auch bald aus, nachdem er, wie er selbst sagt, vor 17 Jahren seine erfolgreiche Wirksamkeit in Malchin begonnen hatte. Der Herzog versetzte ihn in demselben Jahre nach Bützow, wo er, wenn auch manche Prädicanten in der katholischen Stadt vor ihm nicht sehr erfolgreiche Versuche gemacht hatten, die Reihe der protestantischen Prediger beginnt und auch hier zuerst die protestantischen Kirchenverhältnisse ordnete und das Lutherthum ganz durchführte. In Bützow wirkte er noch ungefähr 10 Jahre lang.
Aderpuls Nachfolger in Malchin war Johann Stüdemann, welcher Prediger zu Danneberg und von Geburt ein Meklenburger war. Stüdemann war ein Bekannter und Freund des ersten meklenburgischen Superintendenten Johannes Ribeling, der früher zu Braunschweig gepredigt hatte. Als Aderpul im J. 1547 seinen festen Willen erklärt hatte, von Malchin gehen zu wollen, gingen zwei Rathspersonen mit Briefen des Herzogs Heinrich und des Superintendenten Ribeling ("meines gunstigen hernn vnd broders") persönlich nach Danneberg, um dem Johann Stüdemann die Einladung nach zu Malchin überbringen, nachdem er "vp des hochgedachten Fursten vorordentt tho iwer christlicken gemeinte Pastor vnd Sehelsorger geuocirtt." Auf diese Einladung antwortete er dem Rathe zu Malchin am 11. Dec. 1547 in einem plattdeutschen Schreiben, daß er gegen seinen eigenen Willen den Gesandten nicht auf dem Fuße folgen könne, aber auf nächsten Ostern, wenn er sich in Danneberg mit Ehren und gutem Gewissen expedirt haben würde, sich bestimmt nach Malchin ("alse christlicken vnnd gothfruchtigen schapen") zu begeben Willens sei, in der Hoffnung, daß der Herzog Heinrich bei den Räthen des Fürstenthums seine Beurlaubung erwirken werde. Er ging gerne aus Danneberg, da ihm dort das Amt, namentlich das Reiten (in die Umgegend) zu beschwerlich war:
"denne weile idt myne gelegenheitt des ridendes hal=
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uen aller by desser Condition die lenge nicht synn kann vnnd ick my hir myn leuelanck io nicht tho bliuende vorplichtett vnnd my mynem Vaderlande nach mynem vermoege tho denende schuldich erkenne."
An demselben Tage schrieb er in gleichem Sinne einen lateinischen Brief an den Superintendenten Ribeling.
Stüdemann wird also Ostern 1548 die Pfarrstelle zu Malchin übernommen haben.
Stüdemann setzte es bald durch, daß neben ihm ein zweiter Prediger angestellt ward. Dies war Martin Wagner aus Dinkelsbühl ("Zeapolitanus"), welcher im J. 1549 berufen sein wird, da David Chytraeus über ihn am 20. März 1557 sagt, daß er über 5 Jahre das Wort Gottes gepredigt habe. Er hatte 3 Jahre auf der Universität Wittenberg und namentlich bei Melanthon ("Philippum") studirt und darauf 2 volle Jahre seine Studien zu Rostock, namentlich bei Johann Aurifaber, fortgesetzt. Hierauf war er nach Malchin berufen 1 ). Hier zeigte er sich zwar von einer achtungswerthen Seite, jedoch stand seiner Wirksamkeit sein schwäbischer, also hochdeutscher, Dialekt im Wege, auch war, nachdem er sich verheirathet hatte, sein Gehalt nicht mehr ausreichend. Daher wünschte er im J. 1557 versetzt zu werden. Sein College Stüdemann empfahl ihn den Visitatoren dringend, obgleich er ihn gerne behalten hätte; David Chytraeus empfahl ihn eben so angelegentlich und rühmte seinen reinen Lebenswandel ("singulari vitae integritate et modestia "ministerium ornavit, - - typus fuit fidelium in doctrina et morum integritate"). Eben so stellte ihm die Universität Rostock ein rühmliches Zeugniß (von Joh. Aurifaber, David Chytraeus und Georg Reichius) aus. Namentlich empfahl ihn D. Chytraeus für Schwan oder Bützow (nach Aderpuls Tode?) und betheuerte, er werde sich überall auszeichnen ("Martinum, ubicunque collocabitur, singularem fidem, diligentiam, morum integritatem et modestiam nobis et omnibus bonis probaturum esse"). Martin Wagener erreichte jedoch seinen Zweck nicht.
Von den katholischen Geistlichen lebten mehrere noch lange während der Zeit dieser beiden Prediger, namentlich der ehemalige katholische Pfarrer oder Kirchherr Gert Süverke. Er wird noch aufgeführt bei der Visitation vom J. 1552:
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"de kerckhere er Suuerke".
Eben so heißt es in einem alten Register 1 ) der Einkünfte der Kirche:
"Tho S. Jacobs Altare twe Lehne, dat eine hort den Hanen tho Basedow, dat ander hefft de Kerckher Er Süverken verlehnt"
und
"Her Gerd Süverke".
Im J. 1568 starb der "letzte und älteste Pfaffe Herr Nicolaus Behrenfleth" 2 ).
Johann Stüdemann ward im J. 1578 nach dreißigjähriger Arbeit Alters und Kränklichkeits halber emeritirt und starb im J. 1579 3 ).
Martin Wagener lebte noch lange als Prediger zu Malchin. Im J. 1575 nahmen die "Pastores Herr Johann Stüdemann und Herr Martin Wagener Rechenschaft auf" 4 ). Er starb im J. 1596 5 ).
Auf Johann Stüdemann folgte Martin Möller, früher Pastor zu Boddin, 1578, † 1615.
Diesem folgte 1616, † 1631, Thomas Stindtmann, vorher des Herzogs Adolph Friederich Hofprediger.
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Anlagen.
Nr. 1.
Befehl des Herzogs Heinrich von Meklenburg wegen der Wiedereinführung des lutherischen Prädicanten Thomas Aderpul zu Malchin.
D.d. Sternberg. 1531. Aug. 16.
Hinrick van gots gnaden
hertoge to Meckelnborg.
Lieue andechtige. Diewile wy in bygeschigkeden briefen vnsem Secretarien Sebastian Schengken geschrieben vnd beualen, dat hie vnd vnser vaget tom Stauenhagen Hans Quitzow sich mit jw gegen Malchin vorfugen vnd jw wedderumb aldar ins predigampt insetten vnd dar up dem Rade vnd der gantzen gemeinheit, ock der papeschop van vnsent wegen beuelen schollen, dat sie solichs gestaden vnd jw forder dar anhe keyne vorhinderunge doen vnd dar by hanthauen schollen, wie gy des van vnsem secretarien wider vornemen werdet, Szo begeren wy derhaluen, wollet jw vonstundt mit jwen perden vnd wagen to gedachtem vnsem Secretarien gegen Gustrow, dar gy enhe itzt befinden werdet, vnd ferner van dar neuen emhe gegen Malchin vorfugen, emhe disse briefe vorreicken vnd jw synes beuels holden vnnd nach solicher inwisinge dat wort gots aldar dem Volcke ferner, wie vor gescheen, lauter vnd reyne predigen vnd vorkundigen vnd jw hinfurder alßo lichtlich nicht vorschregken oder vorjagen laten, vnd darmit gy auerfals vnbefart aldar syn moget, schicken wy jw ock hirmit vnße schriftlicke sicher
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gleide. Dat is vnse meyninge. Datum Sterneberg am
Middeweken nha assumptionis marie Anno
. XXXI.
Dem werdigen vnserm lieben andechtigen
Ern [Thomas Aderpul predicanten.]
Nach dem Concepte im großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin. Der Name des Prädicanten fehlt in der Aufschrift; es ist aber jedenfalls Thomas Aderpul gemeint und deßhalb hier dessen Name in [ ] beigefügt.
Nr. 2.
Erklärung des evangelischen Prädicanten Thomas Aderpul zu Malchin gegen den Herzog Albrecht, daß er von dem Herzoge Heinrich an sein Amt gewiesen sei.
D.d. Malchin. 1531. Oct 31.
Durchluchtiger, hochgeborne Fursthe, gnediger here. J.f.g. ßyn myne vnderdaninge gehorsam, vorplichte, stedes willige denste vor an allthyt borheyt. Hochgebarne furste, gnediger here, ick hebbe J.f.g. schrifthe an my gedan des dingesthages vor omnium Sanctorum myt vnderdeniger erbedunge entfangenn vnde auerlesenn, in welkern J.f.g. gnedichlick anthegeth, wo sick J.f.g. befromden late, wo ick nach J.f.g. vorbade des predigeamptes my vnderstha, vnde gnedichlick bogeren, wath my dar tho beorsaketh, J.f.g. vnderthenichlich tho erkennen geuen, bydde ick J.f.g. genedichlick wyllen annhemen, wenthe na J.f.g. afschede byn ick J.f.g. bouel gehorsam gewesth vnde van dar an J.f.g. here broder tho der thyt tho Swann vorfogeth vnde dweil syn f.g. my tho Malchin dat euangelium Christi tho predigen heft afgeferdigeth, vp J.f.g. vorboth van syner furstlyken gnadenn vorlof geforderth, welker syn f.g. my geweygerth vnde muntlick vnde scriflycken boualen, dat Euangelion Christi tho Malchin na wo vor tho predigen, myth syn f.g. geleide vnde geschickeden also Sebastian Schenken tho Gustrow vnde Hansen Quitzowen vagkthe thom Stauenhagen wedder in uorenn lathen vnde also, jodoch myth fruchte J.f.g., des herliken amptes tho gebruken vnderstanden, ock der thouorsicht, J.f.g. dath Euangelion Christi nicht tho predicken vorbeden werth. Is dar vmme myne vnderthenige demodige bede, J.f.g.
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wil my arme man vmme Godt vnde synes gnadenriken
wordes willen vnde mynes gehorsams haluen, den
ick Godt vnde J.f.g. here broder thor salicheit
vnde fredesamer enicheit J.f.g. armen
vnderthanen hyr ynne leysthe, gnedichlick
entschuldiget nheme. Dat wyl ick an J.f.g.
allthyt vngesparet liues vnde gudes tho
vordhenende gewyllich gefunden werden. Datum
Malchin in vigilia omnium sanctorum anno
. 1531.
J.F.g.
vnderthenige
Thomas
Aderpul
predicanth tho Malchynn.
Deme durchluchtigen hochgebarne fursten, gnedigen heren hern Albrecht herthogenn tho Mecklenborch
., mynem gnedigen herenn
vnderdenichlick.
(L. S.)
Nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Das Siegel hat einen längs getheilten Schild, rechts mit einer halben Lilie, links mit drei Querbalken, über dem Schilde die Buchstaben T. A.
Nr. 3.
Bitte der evangelischen Gemeinde zu Malchin bei dem Herzoge Heinrich von Meklenburg um Unterstützung der Wirksamkeit ihres Prädicanten und in der ungehinderten Reichung der Sacramente durch denselben.
D.d. Malchin. 1531. Nov. 11.
Durchluchtige, hochgebarne Furste, gnedige here. J.f.g. ßyn vnse vnderdanige, schuldige vnde gehorßam denste tho vorne boreyt. Gnedige furste vnnd here, wy geuenn J.f.g. vnderdenichlick hir myt klagende tho erkennen, da wowol J.f.g. den predicanten myt J.f.g. Szegel vnd breuen, scriftlyken furstlikem geleyde vnde gescickeden heft vorßekert vnd inuoren laten, des wy J.f.g. alße vnßem genedigenn landsfurstenn vnd heren myt vnderdenigem flythe sere hoch bodancken, Synt ouersth vp de sulue thyt des bestenn delß des Euangelii gar weldichlick, ja myt lysth berhouet geworden, wente alße de Domprawest tho
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Gustrow denn dekenn dar suluest myt J.f.g. bouel vnd schriften des predicanten haluen tho Malchynn an de geystlikenn dar suluest schickede, vorboth ßynn werde vort deme koster, wen de predicant wolde Missenn holden, dar ynne he vorrheykede den lyff vnde bluth Christ den de yd bogerden, scholde em nhenen kelck, misgewant vnd sus der Myssen thobehorich vorrheykenn. Dwile id denne ane gewonlyke Ceremonien mennigem hadde worden ergernisse geuen, hebbe wy vmme vormydinge der suluen den Erßamen Rhadt gebedenn, dwile id denn geystlyken in erhem kerckengeprenghe nene vorhynderynghe deyt, vns myt erem bouel an den koster ßodans wolden laten vorrheyken, ock vmme der krancken wyllen myth der pestilentie vnde sus van Gade tho hus gesocht, hebben sick ouerß ane suderlyken bouel J.f.g. sulckes tho donde gewegert, dat vele sunther ane entfangynge des hochwerdigenn Sacraments dorch den dodt (Godt erbarmeth) hebben mothen van hyr scheiden, wenthe vnße vormenthenn geysilyken vorhengen sulckes nicht allene tho vorhynderen, sunder wen ße vmme dat Sacrament tho vorrheyken geuordert werden, wyllent nemandt mytdeylen vnde dragen alßo eyn vorbolgen wolgeual myt velen lasterworden, de Suacken dar myt tho ergerende, vnde ßeggen, de Martinianer werden alße de hunde ane de Sacrament hen geworpen. Auer dyt alle weten se syck tho smucken vnde seggen, J.f.g. hebbe deme predicanten allene .den predickstoll boualen, vnde konnen van groter blyntheit nicht erkennen, dat dat Euangelium ock den notroftigenn gebruck der Sacramenth myth sick bringeth. Dar tho helpenn em ock eres anhanges etlyke vnßer Stathregentenn vnde spreken, J.f.g. hebbe in andren Steden J.f.g. furstendomß gebaden, nen kerckenampt anderß sunder na gewanlikem gebrucke Romisker kerckenn tho holdenn, dar myth wy des godtlyken trostes, hülfe vnde rhades in den hogen anliggenden dodes nhodenn entweldiget vnde entsettet synt wordenn vnde nhene hulpe weten, sunder by Gade vnd J.f.g. Byddenn der haluen J.f.g. myt vnderdenigem demodigem vlite, J.f.g. wil gnedichlick sick vnßer erbarmen vnde vnße droffenisse, angsth vnde nhodt myt hochgedachter wisheit gnedichlick botrachten vnd tho herten nehmen, vp dat wy vthe sulcker nodt vnde hellegrundt tho deme hochwerdigen gnaderyken trosthe, deme rechte vnde christlyken gebrucke des hilligen Sacraments (dar mede, dwile wy brukeden des Testaments Jhesus Christi, nie erem gades laster vnde grwel hebbenn inwerynge gedan) myt J.f.g. furstlykem insehende mogen gehulpen werden vnde by jegenwardtgem dem Erßamen rhade, vorstendern vnde presterscoph schriuen, ße dat genne tho deme
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hochwerdigen ampte tho gebrucken van nhoden tho
vorreyken gestaden vnde heten, welker wille wy
vmme J.f.g. myt vnßenn armen vnderdhenigen
densten in gehorsam myt hengeuinghe vnser lyue
vnde gudes gantz willich gerne vordenen. Datum
Malchyn am dage Martini Episeopi Anno
. 1531.
J.f.g.
vnderdenige
gehorßamen
vorsamlvnge des gotlvken wordes
vnde
Bekenner des Euangeliums Christi
tho Malchynn.
Deme durchluchtigen hochgebaren Fursten vnd Herenn heren Hynrick herthogen tho Mecklenborch
. vnßem gnedigen landsfursten vnde herenn
vnderdenichlick
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu
Schwerin.
Unter der Aufschrift steht
die gleichzeitige Registratur:
"Ewangeliste zu Malchin 31."
Nr. 4.
Bekenntniß des evangelischen Predigers Thomas Aderpul zu Malchin über seinen Glauben vom Sacrament des Abendmahls.
1532.
Durchluchtiger hochgeborne Furste, gnediger her. Dewyle J.f.g. here bruder hefft schrifftlick angegeuen, dat ick geleret vnd in syner f.g. jegenwerdicheit bekendt scholde hebben, Dat Sacramente, wen id nicht von menschen entpfangen werde vnd sus warinne entholdenn, wen id gleich sacrificert, were nicht vnd kein godt, Welcker ßo id vth myner beanthwerdinge s.f.g. gedaen vnde vth mynen Sermonen kan vorstan werden, dat ick jegen dat Evangelium gehandelt hebbe, will ick my gerne vth godtliker schrifft anderst vnderrichten laten, Wente do my s.f.g. fragede, wen id im huseken stunde, aff id denne ock eyn Sacramente were, Antworde ick s.f.g. met dessen worden: "De wyle dat
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wort, dar in dat Sacramente vorfatet vnd syne
krafft hefft, besteit, bliuet ock dat Sacrament;
auerst buten den gebruck, welkern dat wort
vorhett, gestellet, ys eyn myßbruck vnd den
beuehel Christi entiegen; Nachdeme Christus dat
Hochwerdige Sacramente, dat ys synen lycham vnd
blut, vns hefft gegeuen tho ethen vnd tho
drincken vnd syner dar by tho gedencken, so
schal men id buten dem beuehel nicht mißbruken:
wente in saken den gelouen belangende, sin wy
nicht schuldich noch tho leuende edder tho
donde, wat in gades wort nicht gegrundet
ist." Ock hebbe ick s.f.g. dat Sacramente
tho Sterneberge nhageuen, so hebbe ick ock
apenbar geleret, dat de Lycham Christi
vornhemelick dartho nicht gegeuen ys, dat he
schall beschlaten vnnd met solker anbedinge
geeret werden; Dar id denne geschuet ane tat
wort, ßo is idt mher eine bespottinge gades, wen
eyn dienst
.
Hirmede g.f. vnd h. hape ick, nicht hebbe vorlecht dat Sacramente an synem wesen, sondern allein den myßbruck. Szo id tenne s.f.g. so nicht verstan hadde, nachdeme ick nicht gestadet, mynen worden eynen rechten grunth tho geuen, Bidde s.f.g. my vp nhauolgende bokantnisße gnedichlick wille entschuldiget nemen, Welker ick my ock tho donde vorbede vor Juwen furstlichen gnaden, manne vnd stede vnd alle gelerden, wen vnd war id jwen f.g. geualt, vnd is desse:
Ick bekenne, tat nha den gesprakenen worden Christi sy de lycham vnd bluth Jesu Christi in dem brode vnd wyne.
Id werde mißbruket, we id kan.
Dit alle bidde J.f.g. gnedichlick wille annhemen. Dem alweldigen Gade sy J.f.g. sampt allen leffhebbern einiger warheit enich beualen. Amen.
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu
Schwerin.
Auf der Rückseite steht die
Registratur:
Bekentnus beder
prediger to Malchin vnd Fredelande. 32.
Daneben wird auch ein ähnliches Bekenntniß
des Predigers Georgius Berenfelde zu
Friedland aufbewahrt, welches im Folgenden
mitgetheilt ist.
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Nr. 5.
Bekenntniß des evangelischen Predigers Georg Berenfelde zu Friedland über seinen Glauben vom Sacrament des Abendmahls.
1532.
Ick Georgius Berenfelde eyn prediker des euangely bekenne vor alle Minschen vnd geloue, dat im Sacrament warhafftich der lychnam vnd dat bloth christi sy, wen ehr de worde der consectation gespraken werden na christliker ordeninghe, id is auer eyn Misbruck, solck sacrament in Stocken effte muren tho beschluten, vnd wo wol id vor de krancken bewaret werd tho berichtende, Szo werd dar doch men eyn part bewaret edder beholden, wo wol dat christus nicht kan gedelet werden in sick, Sonder dat ehn part des sacraments allene dar bewaret werd, vnd wen id recht were, dat sacrament in stocken effte muren tho bewarende vor de krancken, Szo moste men den kelck des heren ock dar by setten vnd na der rechten ordeninghe vnd insettinge christi handeln vnd nicht na minschlicker wisheit vnd gutdunckent vmb vngeschicklicheit effte Misbrukes willen der papen vorandern. Na dem Male ock dat word gades werd misbruket, gelestert vnd verfolget, Scholde men deme dat reyne luter word gades na laten tho prediken? Dat sy verne! Darumb vp solker korter bekenthnisse berope ick my vp bede landes forsten vnd prelaten, man vnd steden, solchs noch bekennen vnd tho uoranthwerden in jegenwerdicheit der gelerten vnd vnpartigischen Richtere, de do recht vorstendich syn gotliker schrifft, vnd war ick denne mit klarer gotliker schrifft konde anders vnd gewissers vnderwyset werden, wil ick my dar inne gerne leren lathen.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive, aufbewahrt neben einem ähnlichen Bekenntnisse des malchinschen Prädicanten Thomas Aderpul, auf dessen Rückseite die Registratur steht:
Bekentnus beder prediger to Malchin vnd Fredelande. 32.
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Nr. 6.
Beschwerde des Herzogs Albrecht von Meklenburg bei dem römisch=deutschen König Ferdinand I. über die Beschützung der lutherischen Lehre durch seinen Bruder Herzog Heinrich.
(1533).
E. Ro. Kho. Mat. weis ich auch in vnderthenigkeit nicht zu bergen, das ich hab von Key. Mt. der heiligen Religion beuelh gehapt, dem selbigen bin ich in aller gehorsamkeit so uill mir muglich nachgekomen, vnd wor ich nun befunden, da solche newerung erwachsen, die selbig ich mit allem vleiße abgeschafft vnd die predicanten in meines brudern vnd meinen stetten, so vns vngetheilt geboren, als zur Wismar, Rostock, Parchem, Brandenburg, Friedlandt vnd Malchin, die der selbigen secht anhengig vnd also wider die heilige religion, auch alten loblichen gebreuche der heiligen christlichen kirchen geprediget, in zweierley gestaldt communiceret, Tauf, teusch meß, und teusch begrebnuß vnd andere misbreuche vorgenommen und geubt, verweisen, so sein aber dieselbigen predicanten ye allwege durch vnsern bruder wider eingesetzet vnd gewiset worden, vnd alß denn von hochgemelter Ro. Key. Mat. ein mandat außgangen, daß selbig mir auch zugekhomen, darin gemelt, das niemandt dem andern der Religion halben angriffe noch verhinderung thuen soll, so wirdt doch dasselbig durch vnsern bruder zu verkleinerung Key. Mat. genzlich nicht geacht, noch ime vnd vns von der Wismar, Rostock vnd andern vnsern stetten gehorsam nicht erfolget, denn vnser bruder lest sich vornehmen, Key. vnd e. Kh. Mat. haben ime in dem das seiner sehelen seligheit betrift, nicht zu gebieten, vnd hat hieruber noch jungstlich in unser beider stat Parchim, nachdem wir daselbst die predicanten verweisen, zwe andere neue Predicanten widerumb hinuerordent vnd gesetzt, deßgleichen haben auch die von der Wismer daß Szwarzkloster darbinnen belegen versperet vnd verslossen vnd also das kheiner mher dar innen noch meß halten, andere lobliche gebreuche und alte Ceremonien halten ader prediken dorffen, wie ich dan derhalben ew. kho. Mat. des ein Supplication derjenigen, so darin gehorig vnd haben entweichen mussen, hiemit zuschicke, auch als ich in meine . . . doselbst zur Wismar in vnser lieben frowen einen prediger gesetzt gehabt, sie alsus
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mir denselbigen noch vnterdrucken, vnd die van Rostock desgleichen das Zwarze kloster vberwieset vnd giesbone, darin sie getrede vfgißen, darin angericht, auch doselbst . . meinen . . . . . . . . . digen dorin predicanten ires willens sezen. Weill aber von Key. Mat. in solchen Mandaten geboten wirdt, Ew. Kho. M. in Key. Mat. abwesen gleich Ire K. Mt., was dieselbig u. khon. Mt. beuelhen oder gebieten, als stathalter von Key. Mat. wegen darin gehorsam zu leisten, als bin ich demselbigen zu erfolgen erpittig vnd bit vndertheniglichs vleißs, Ew. Ro. Kho. Mt. wollen gnediges einsehens haben vnd das Sie ein penallmandat außgeen laßen, das Sie Key. Mat. mandat erfolgen vnd daßelbig nicht also in verachtung vnd verkleinerung Key. Mat. stellen, . . . . wo S.g. nun denselbigen . . . . icht verfolgen wolten, das aldan gegundt wirdt, ere guter . . . . . vnd ire hab vnd leib - - - - -, vnd so e. Ro. Kho. Mat. solchs endern oder wolten abgeschaft haben, so weiß ich das mit e. kon. Mat. geheis, hulf vnd beistandt ihns werg zu bringen, derwegen mir hierin Iren Rath gnedichlich mittheilen, wie ich mich desfals weiter halten solle, damit ich derselbigen vnderthenig gehorsam sein muge vnd derhalben e. Kho. Mat. dem Churfursten zu Brandenburg mandiren, das sein lieb neben mir daßelbig thuen, welchs sich sein lieb der Christlichen Religion - - - - - So schicke ich auch E. Ro. Kho. Mt. hierin etzlich brief zu meherer vnderrichtung, aus wes beuelh die predicanten zu solchem vornehmen - - - -.
Nach dem äußerst undeutlich geschriebenen und zum Theile zerrissenen Concept im großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin.
Nr. 7.
Bitte der evangelischen Bürger in den Städten Parchim, Neu=Brandenburg, Friedland, Malchin und Woldeck bei den zu Rostock auf dem Landtage versammelten Landständen, sie gegen die päpstlichen Verfolgungen zu schützen und ihre Bitte bei den Landesherren zu bevorworten.
(1533?).
Gnedigen, wirdigen, gestrengen, erbarn, vhesten, ersamen, wysen vnd vorsichtigen, grotgunstigen hern vnd guden frunde.
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Gegenwerdige van Parchem, Nien Brandenborch, Fredelandt, Malchin vnd Woldegge hebben jw frundtlick met flith anfallen vnd bidden laten, vns von wegen der Euangelischen borger genanter Stadte tho horen, welkes vns von jw gunstichlick nhagelaten, des wy arme, geringe, eynfoldige lude gegen jw hern vnd frunden von gedachter stede vnd borger, ock vnser persone wegen met vtersten flyte bedancken, willen daruann glo[rie]ren vnd vns dessuluen by den guden, framen luden, vnserm liuen Nabern, von denen wy affgeferdiget sind, mit frewden berhomen. - - - - - - - - - -. Wyle vns, ock jw vnd deme gantzen lande an bauen ertelden saken dat allerhochst vnd meiste gelegen vnd von noden ist, - - - -. So willen wy - - - - die thouersicht tho jw hebben, gy werden got tho eheren, dem gantzen lande thom besten vnd vmme fredes willen hir vorsammelt vnd des adelighen gemutes syn, dat gy vns solck nicht werden verseggen, vnd bidden in Summa, dit an eren f.g. tho gelangen laten, dat wowoll in gedachten stedern dat wort gades reyn, lutter, klar vnd sunder menschliken thosath, sunder vprhur, tho frede vnd met frucht gepredigt werd, Daran got, vngetwiffelt ock ere f.g. nicht vnbillich groten gefallen dragen, (den watt ist lofflicken landesforsten trostlicker, dan ein frames christlikes volck, dat ßick gegen got vnd eren gnaden in vnderdenigem gehorsam tho schicken weet, derwegen wy nicht fruchte vnd sorchfoldicheit dragen, sonder danck und frede gewarden scholen), So wert vns doch alle dage von den elenden, vnwetendenn papisten met geschwynder, hefftiger, vnuersinlicken straffe vnd vngnade, ock met dem dode gedrowet vnd hirmitt gepranget vnd gepucht, man werde vns von deme worde gades vp eren papistischen, antichristischen glouen thwingen, des wy vns noch thor tidt nicht weten tho besorgen; - - - - - - - - - - - - glick alß efft ere f.g. ock nicht wusten, dat solks ane stortung disses guden, schonen, gnadenriken landes, diewyle alle menschen dar inne gut Euangelisch sindt, nicht muchte vorgenhomen werden, Dartho wy vns des Eddeln Adels disses landes, ock der besten und mechtigstenn stede, die dar der semptlick anhengich, recht vortrosten, mit hulpe gades by synem worde tho bliuen vorhapen, vnd wo sick vns sonst je jemandes mit gewalt daruon tho werpen vndernhemen wolde, dat vns ere f.g. alß ere vnderdanenn in schuet vnd geleide nhemen vnd Ewr werden vnd gunsten alß vnser gunstige hern vnd guden frunde vor gewalt vordedingen helpen wollen, den wy vns vor allen vnsen gnedigen Forsten vnd hern den
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Hertogen tho Meckelnborch vnd Jw. Prelaten, Man vnd Stede tho recht vnd eynem jeden, so vns mit schrifft anthosprengen gedencket, thor andtwort erbaden hebbenn willen, - - - - - - - - - - des vnderdanigen thouorsehens, ere f.g. vnd mennichlick werden vns by deme Christlicken gelouen vnd ßolicken glickmatigen erbieden bliuen vnd ere gnade mit hulpe vnd thodoen jwer werden vnd gunsten vns von nemandts, alß die papistenn woll gerne sehen wolden, vorweldigen laten, dat wy jwer werden vnd gunsten klageswiße nicht wusten tho bergenn, fruntlich biddent, gy willen solks an f.g. gelangen vnd vns ercr g. antwort sampt jwer vertrostinge met deme ersten tho handen khamen latenn, willen wy vmme jw alße vnsere gunstige heren, gude nabern vnd lieuen frunde alletidt mit lyue vnd gude flitich vordhenenn.
Auszug aus dem den Fürsten
überreichten Originale im großherzogl.
meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin.
Auf der Rückseite steht die gleichzeitige
Registratur:
"Supplicatio der
van parchim vnd ander ewangelischer
steder".
Der vorstehende Auszug
enthält das für Meklenburg Wichtige.
Die hier ausgelassenen Stellen des sehr
langen Schreibens enthalten die oft
vorkommenden, weit ausgeführten Berufungen
auf die Reichsverordnungen wegen der
Religion.
Diese Schrift ist durch eine
Deputation den Landständen übergeben, nach
der Meinung früherer Archivbeamten auf dem
Landtage zu Rostock 1531, wahrscheinlich
aber auf einem spätern Landtage, etwa 1534
bis 1535.
Nr. 8.
Schreiben des Herzogs Albrecht von Meklenburg an den Kurfürsten Joachim von Brandenburg wegen der Beförderung der lutherischen Lehre durch seinen Bruder Herzog Heinrich.
D.d. 1533. Sept. 17.
Nachdem denn e.l. woll bewust, das ein Mandath vonn key. Mat. vnnserm allergnedigstenn hern ist ausgangenn vnnd volgends ein Bepestliche vnnd keiserliche legation vnnd beschickung ann Curfursten vnnd furstenn abgefertiget mit Beuellich das einer dem andernn in seiner Religion vnnd glaubenn nicht zu mollestiren, sonder bis auff das zukunfftigk Consilium pleiben
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zu lassenn, Ist doch vonn vnnserm Bruder Hertzogk
Heinrich zu Megkelnburgk vnangesehenn, Sunder
hat nach dem keiserlichenn Mandath vnnd
Bepestliche vnnd keiserlich beschickung zwey
predicanten itzo zu Gustrow in der Pfarkirchen
eingesetzt, - - Desgleichen hat er itzo einen
Predicanten zum Sternbergk verordenth, - - wie
dann vnsers Bruders Prediger, den Er stedes zu
hoff hat, Egidins, in gleicher meynung wider das
heiltgk Bluth zu Swerin ein schmebuch hat
lassenn ausgehenn. - - - Es haben auch die von
der Wismar das Swartze kloster, da vnnser fraw
Mutter mit sampt ihrer liebe Schwester, vnnsers
vettern Hertzogk Baltzers Gemahell hochloblicher
gedechtnus, einbegrabenn, zugeschlossenn vnnd
die Pfarkirche zu vnser lieben frawen - - mit
gewalth eingenomen, - - - darein sie dann itzo
einen lutterischen Predicanten gesetzt,
Desgleichen auch die von Rostogk gethann, alle
kloster zugeschlossenn, die alten Czeremonien
inn kloster vnnd Pfarrkirchenn, die vnnß zu
uerleihen, mit gewalth abgethann vnnd sonderlich
vnsernn thumb, so vnns zustendigk vnnd vnnsernn
hernn vnnd vatternn hochloblicher Gedechtnus
auffgericht, auch eingenommen, Welchs alles
nicht allein in diesenn angetzeigtenn Stetten,
sonder dieweill vnser Bruder die lutterische
lere angenomen, inn ander vnnsernn Stettenn, so
vnnserm Bruder nicht allein, sonder vnns so woll
als ime zukomen, vonn vnsern vnterthan auß
verheiß vnnsers brudernn angefangenn verursacht
hatt, als nemblich Newenbrandenburg,
Friedtlandt, Malchin, Parchim vnd sonst andere
Jungfrawklöster, da wir die lutterisch prediger
verjagt, ine zu predigenn verbotten, Seint doch
alwege vonn vnserm Bruder inn eigener Personn
wider eingefuhrt vnnd eingesetzt, - - - Demnach
ist an e.l. vnnser freuntlich bitt, e.l. wollenn
also key. vnnd kon. Mat. Beuellich nachsetzen,
auff das die Irrung der Religionn zwischenn
vnserm lieben bruder vnnd vnns mochten
vertragenn werdenn - - - Datum Swerin Mitwochs
nach Exaltationis sancte Crucis Anno
. XXXIII.
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Nr. 9.
Instruction für den evangelischen Prädicanten und die papistischen Priester zu Malchin wegen des Gottesdienstes, wie sich die Herzoge Heinrich und Albrecht darüber vereinigt haben.
1534. Jan. 25.
Vonn meins gnedigen hern hertzogk Heinrichs zu
Meckelnburgs
. wegen dem predicanten zu Malchin
zu befelenn:
Das er zu seyner predigen vnd Ampten in der pfarrkirchen, dar solchs vorhin vnd biß an diese tzeit volbracht, vnd sonst in keynem andern Closter, Stifft oder Capellen, alle Sontage des morgends vor Mittage zwu stunden haben, Als von Sechsen biß zu Achten, Nemlich wens Sechsse geschlagen, antzufhaen vnnd vor Achten oder im punct zu Acht schlegen vffzuhoren, vnnd die von den andern vngeirret gebrauchen sollen.
Dergleichen wen in der wochen eyn heyliger Tagk furfelt, So sol er auch angetzeigte zwu stunden zu seyner predige vnd Ampte zu gebrauchen haben.
Wen aber keyn Feyrtagk in der Wochen furfelt, So magk er auch ahne vorhinderung des Mitwochs vnd Freytags des morgendes zu berurten stunden zeyt, als von Sechsen biß zu oder nach Sieben vngeferlich predigen. Felt aber, wie gemelt, ein Fest in der wochen zu, So sal darkegen eyne predighe nachgelassen werden vnd an demselben Feirtage, wie gemelt, zwu stunden zu seyner predige vnd Ampt gebraucht werden.
Aber die ander tzeit vffen Sontagk, heylig tagk vnd Werckel=Tagk vor Mittagk vnd nach Mittagk sollen die ander priesterschafft, Prediger vnd Geistlichen in angetzeigter pfarkirchen zu irhen Ampten, Predigen, Gesengen vnd Cerimonien gebrauchen, auch anhe menniglichs vorhinderung.
So sollen sie auch zu Beyderseits, Als die gemelten verordenten predicanten, deßgleichen die andern prediger, so von alters gewest, in irhen predigen ausserhalben gotlicher vnd heyliger schrifft eynander, noch niemands anders schmehen, schelten oder verachten. Wo aber gemelte predicanten Eyner oder mher sich vnderstehen wurde, So offte vnd dicke das geschee, Jemands weiter, dan heylige vnd gotliche schrifft, die sie lauther vnd reyn predigen sollen, das mitbringen vnd zulassen, zu schmeen vnd verachten, Ader die andern obgeschrieben
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Artickel geferlicher weise zu vbertreten vnd fur gedachtem meynen gnedigen hern des vberweist, Ader sich solchs kuntlich erfunden wurde, Denn wil seine Furstliche gnade seins Ampts entsetzen vnd eynen andern ader andere an des oder der stadt, die aus gemelten vrsachen entsetzt, der ader die sich hirnach gehorsamlich schicken, ordnen lassen.
Darnach sie sich jeder in sonderheit ernstlich richten sollen.
Actum Gustrow am Tage Conuersionis Pauli Anno
. vier vnd dreyssygk.
Nach einer gleichzeitigen, vom
Canzler Caspar v. Schöneich corrigirten und
als Concept benutzten Abschrift im
großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive
zu Schwerin.
Auf der Rückseite steht
die wichtige Registratur:
34. prediger Zcettel.
Instruchtion belangend die ewangelische
handelung, so h.h. vud h.a. sich voreynigt
haben ao. 34.
Den predicanten Jr beider
der ceremonien halber.
Nr. 10.
Bestimmungen der Kirchen=Visitatoren zur Aufrechthaltung der evangelischen Kirchen=Ordnung in der Stadt Malchin.
D.d. Malchin. 1542. Jan. 14.
Artikell, die aus befehell der durchleuchtigenn hochgebarnen Fursten vnde Heren hern Heinriches Hertzogen zu Mekelenburgk
. vnßers gnedigen hern von vns Her Johan Ribelingk, Parum von Dannenbarch vnde M. Simon Lewpolt, als verordente visitatoren, vff dismal ein Ersamenn Rathe zu Malchin sint vorordent wordenn, wie sie es in der kirchen vnde Gotsdeenst hinfurder Got zu eheren christlich vnnde einthrechtiglich halten sollen, nemlich wie volget:
Erstlich ist vormanet wordenn ein Ersam Rath, das sie bei dem heiligen wahren wort gottes standhafftich bleiben vnde als heupter vnde furnehmste der Stadt ein gudt exempel geben sollen, darbei wil szie sein furstlich gnade hanthaben vnde schutzen vor allen Feinden vnde verfolgeren des heiligen Euangelii.
Zum anderenn ist nutze vnd notigk, das ein Ersam Rath vleissigk acht habe, das der heilige Catechismus in den
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kirchen vnde Schulenn mit allem vleisse gelert vnde geprediget werde, vnde das sich de predicanten der ordeninge, wie im gantzen lande gehalten sol werden, gleichmessig bezeigenn.
Zum dritten ist es christlich vnde notigk, das von eim Ersamenn Rathe offenthlich vorbotten werde, das vnder der predigte vnde dem gotsdiensth vnd sonderlich in feiertagen alle kauffmanschafft, alle Zecherey in weyn vnde bierhäusern vermiedenn werde vnde die thor mitler Zeit zugehalten werdenn, bis die gotsdeenst in der kirchen vorbracht, vnnde so ethlich sich darwider setzenn vnde solches vbertrettenn vnde vorechtlich haltenn werden, die sollen ernstlich vom Rathe drumb gestrafft werden.
Zum vierden ist Seiner Furstlich gnaden gnedigs begern, das alle wochenn vffen mitwoch in der kirchen ein Betetag wider dem Türckenn, ein Fiendt der Christenheit, vnnde andere noth soll gehaltenn werden, daruff man die Deudsche Letaney vnde ander bete Psalm singen soll.
Zum Funfften sollenn alle Freytage das Deudsche Te deum laudamus sampt andern Danckpsalmen in der Kirchen mit aller andacht geßungen werdenn.
Zum Sechsen soll vff alle Heilige abendt die Vesper zu latein vnd deudesch in der kirchen mit Christlichen Psalmen geßungen werden, darzu die Vicarien auch kommen vnde helffen sollen, wie ße zu thuen zugesagt.
Zum Siebendenn Deweyle es eynem predicanten zu swere, der gantzen Stadt mit predigenn, Kindertawffen, Sacrament verreichenn vnd krancken visitiren furzusthenn, So ist es von noten, das ein Ersam Rath sich bevleissige, das ßie noch einen Christlichenn Seelßorger vielenn trostloßenn leuten zum besten haben mugen, der auch mit geburlicher besoldunge nach notturfft versorget ßei.
Zum Achten begert hochgemelter vnser gnediger Herr gnedichlich, das der Rath zweene verstendige Rathsmenner vorordene, die neben dem predicanten alle vierzehenn tage ein mahll die Schulen visitiren sollenn vnd vleissigk acht haben, daß die Jugendt in guten kunsten, in eherlichen sitten, in gottes furcht moge vnderweißet vnnde mit vleiße aufferzogen werdenn.
Zum Neunden begert S. F. G. gudtlich, das ein Ersam Radt vleissigk soll acht habenn, das die kirche, kirchhoue, wedemen, Schulenn, Cappellaneyen vnde Spittaelhewßer im baw erhalten werden, damit ße nich verfallen mogenn.
Zum Zehenden begert S. F. G. das ein Ersam Rath mith
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ernste vnde vleisse darzu trachte, das von geistlichen gutern an heuptstulenn nicht vorkome, damit solchs in Gottes ehere bleibenn moge, die Predigstuele, Schulen vnde armen lewte zu erhaltenn.
Actum Malchin am Sonnabent 14. Januarii Anno 1542.
Nr. 11.
Offene Erklärung des Predigers Thomas Aderpul zu Malchin über die Gründe seines Abganges von dort.
(1548).
Dith sinth de orßakenn mynes afscheiden:
Thom ersten Dewile ick van goth dorch ordentlike
middel thom predickampthe vorordent, heft my der
durchluchtighe hochgebharne Furste vnd here here
Hynrick hertzoghe tho mecklenborch, furste tho
wenden, graue tho Schweryn, Rostock vnd
Stargharde der lande here
., myn gnediger here, alße eyn
christliker fursthe vnd lefhebber des Euangelii
vor souentein iaren hir tho Malchyn gescycketh,
up dat ick dat hillighe Euangelion thor
ßalicheit flitich scholde vorkundigen, welcker
ick ock hebbe ghedann. Quersth ick bouinde
leider keine frucht, suuder idel vorachtinge
ghades, sines hilligen wordes vnd der hillighen
Sacramente, wenthe iderman bogyfth sick yo lanck
yo mher in alle ßekerheit, gyricheit, schweren,
schwelghen vnd vngherechticheit. Wol ys dar, de
sick van ßinen ßunden beterth? Wol ys dar, de
ßick ßines negesten mith warheit annhymmeth? Ja,
eyn kan dem anderen schyr nicht mher gelouen.
Dar umme hebbe ick eyn bouel van mynem heren
Jhesu Christo Mathei im teynden capittel, den
stoff van mynen voten tho sclande vnd dar van
tho theende, vnd hedde idt ock vor ettliken
jaren ghedan, wen idt frame lhude nicht
ghehinderth hadden.
Thom andern Szo wyl eyn itlicker bohertighen, dat ick dath kercken ampth nicht lengher kann allene vorwaldenn, Darumme wath my vnmeghelick ys, werth my nhemanth mith billicheit ammhodenn, vnd wath ick etlike jar her van einem mithhulper, vnd wor me denßuluen mith holdenn kunde, geßecht hebbe, ys vnnnhus vnd vorgeuens geschen, dar umme moth ick des amptes in desser kercken afftreden vnd einem andren auerghunnen.
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Thom drudden Szo weth iderman tho Malchyn vnd
vornhemlich de eyn Erbar Rhath myne pechte tho
manen vorordenth hefft, wo ick mine beßoldinghe
tho vnthiden vnd ann ringhen ßummen bokamen
hebbe, vnd hebbe my ock andrer borden vnd
vnkost, der ick, ßo idt yn der kercken vnd
Schole scolde ordentlich thoghan, nicht hebbe
konnen vorhauenn ßynn, dath ick my, dewile ick
tho Malchyn gheweßen, wolde ick my anders
erholdenn, myth borghen vnd lhenen hebbe
behelpen mothen, dath ick, wen ick dath myne tho
gelde gemaketh vnd einem itliken botalen, moth
ick auer voftich guldenn, dath ick bowißen vnd
war maken kann, an andren orden lhenen vnd
vordhenen vnd hyr botalen
. Szo hebbe ick doch stedes myner
vpboringhe haluen tho minem schaden vele, grothe
vnd mannichfoldighe vnnuthe vnd vnlitlike worth,
de hinder my buten vnd binnen der Stath
ghehandelth ßyn, horen mothen, Szo moth ick der
ßake ock einen ende makenn; kan me denne mith
der upboringe. de ick ghehat, vele vthrichten,
ys der Stath ßo vele beter.
Dit ßint de Qrßaken; de anderen wyl ick goth (up eine ghelegen thyt) bouelen, de my beorsaken van hyr tho reißen vnd dath ampth tho uorlaten, vnd bidde der haluen gantz fruntlich, ein ider wyl my entsculdiget nhemen.
Ick bidde ock vmme den breff, de auer gescreuen ys, wente ick wil ene hebben.
Nach einer leichzeitigen
Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh.
u. H. Archive zu Schwerin; dies ist
vielleicht die am Schlusse erbetene
Abschrift.
Diese Erklärung ist um das
J. 1548 abgefaßt, da Thomas Aderpul im J.
1531 nach Malchin gekommen und 17 Jahre dort
gewesen war.
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:
von
G. C. F. Lisch.
D ie Reformation in der Stadt Bützow ging viel schwieriger und langsamer, als an irgend einem andern Orte. Die kleine Stadt Bützow war Domaine und eigentlicher Wohnsitz der Bischöfe von Schwerin und zugleich (seit 1248) Sitz eines Dom=Capitels, welches gewissermaßen den geistlichen Hofstaat des Bischofs bildete. Nun sollte man glauben, daß der junge, feurige und hochgebildet lutherische postulirte Bischof Herzog Magnus, seitdem er im J. 1532 das Bisthum zu eigener Regierung angetreten hatte, auch Macht gehabt hätte, die Pfaffen in seiner Stadt unter seinen Willen zu beugen; aber grade in der Kleinheit des Ortes und in dem frühern Ansehen des Dom=Capitels, das immer viele junge Adelige zu Mitgliedern hatte, wird es gelegen haben, daß dieses zur Zeit der Reformation einen nachhaltigen Einfluß auf die Einwohnerschaft ausübte. Bis zum J. 1532 war an die Einführung der lutherischen Lehre nicht zu denken, da des Bischofs Vater, der Herzog Heinrich, viel zu gewissenhaft und "friedfertig" war, als daß er als Verweser des Bisthums für seinen Sohn die übernommenen Verbindlichkeiten nicht sollte erfüllt und für die Aufrechthaltung der Ruhe gesorgt haben.
Freilich regte sich auch in der Pfarre Bützow das Verlangen nach Verbesserung des Gottesdienstes. Als es nun dem Herzoge Heinrich zu Ohren kam, daß "einige seines Sohnes
"Unterthanen zu Bützow auch im Vornehmen sein sollten, das Amt der heiligen Messe und andere christliche Ceremonien" ändern zu wollen, befahl er 1 ) in Folge des kurz vorher erlassenen Reichstagsabschiedes von Augsburg, also im J. 1531,
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daß sich die von Bützow "keineswegs unterstehen sollten, an den althergebrachten Ceremonien etwas zu ändern"; dieser Befehl sollte am nächsten Donnerstage von der Kanzel verlesen werden.
Der Herzog Magnus übernahm im J. 1532 sein bischöfliches Regiment und mochte nun wohl die lutherische Lehre, welcher er mit inniger Begeisterung anhing, nach Kräften befördern, ohne grade Gewalt zu gebrauchen; aber er konnte bei seinen Pfaffen eben so wenig etwas ausrichten, als die Gemeinde. Die Gemeinde erhielt zwar in der nächsten Zeit einen Prädicanten, welcher Christian, oder "Herr Kersten", wie er in den Visitations=Protocollen genannt wird, hieß; aber sie war genöthigt, den lutherischen Gottesdienst außerhalb der Stadt zu halten. Im J. 1535 wollten die von dem Herzoge Heinrich abgeordneten Visitatoren M. Aegidius Faber und Nicolaus Kutzke 1 ), da sie nicht Macht hatten, die bischöfliche Stadt zu visitiren,
"von Schwan durch Buzow gen Waryn, Aber her kersten yr prediger quam vnss auff der strasse entgegen, batte, wyr mochten vber nacht da herbergen vmb etlicher Sachen willen das Ewangelium belangend, da bliben wir, vnd das folk sampt dem ratt versamleten sich vnd beklagten, das dy predigt vnd testameut nicht ynn der kirchen der statt gehalten wirt, denn es möchte khomen, wye auch nu geschehen, das vnter dem testament, da das folk ausser der statt versamlet yst, eyn fewr möcht lose werdenn vnd dy statt mercklich, da got für sey, beschedigen yn abwesen des folks. Czum andern sprachen sy, das die pfarkirch vnd die Schule nicht vom Capitel, sondern vom statfolk gebawet yst, der halben begeren sy yr kirchen vnd schule wider für sich zu gebrauchen vnd baten vns, wy wöllens E.g. anzeigen, auff das sy czu yrer Erbkirchen wider qwemen, wo nicht, szo gedenken sy weiter keyn hulff vnd stewr zu kirchen vnd schule zu thun, sondern sy lassen verfallen vnd verwusten. In der pfaffen kirchengepreng vnd falschen gottesdienst haben wyr da nichtz vorendert, sondern sy bleiben lassen, weil wir bey yhnen kein besserung sahen."
Das Dom=Capitel bestand noch immer in seiner alten Verfassung und wich nicht im geringsten von den alten Satzungen und der öffentlichen Uebung derselben. Da nichts fruchten
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wollte, so nahm der bischöfliche Herzog Magnus endlich die Sache in seine eigenen Hände, damit er theils seine heilsamen Absichten leichter durchsetzen könne, theils bei seinem Vater keinen Argwohn gegen seine Diener errege, da derselbe dergleichen Dinge "öfter argwöhnisch und spitzig (suspiciosus et nasutus)" auslege. Er forderte daher im J. 1540 sämmtliche Domherren und Vicare vor seine eigene Person und verhandelte 1 ), in Gegenwart des Siftshauptmannes, mit ihnen freundlich und leutselig (civiliter et humaniter), ohne Bitterkeit, jedoch mit aller Beredsamkeit. Er erreichte seinen Zweck vollständig. So wie er seine Rede beendet hatte, versprachen sie ihm Gehorsam in allen Dingen: kein Domherr, Vicar oder Priester solle fernerhin zu Bützow Messe lesen oder in der Kirche die alten Gesänge oder Gebräuche üben , außer den täglichen Horen (horae canonicae); es solle die Hostie aus der Monstranz genommen werden und die Monstranz bis Ostern offen stehen, damit jeder sich überzeugen könne, daß der Götzendienst abgeschafft sei: kurz der alte Gottesdienst solle völlig abgeschafft sein, bis eine neue Ordnung des Gottesdienstes eingerichtet sei. Der Herzog schreibt dies Alles in einem freundschaftlichen Briefe 2 ), dem leider die Aufschrift fehlt, der aber wahrscheinlich an seinen Lehrer, den Professor Mag. Arnoldus Burenius zu Rostock, gerichtet ist, dem er den Auftrag gab, mit dem Mag. Heinrich Techen baldigst eine Sammlung von Kirchengesängen für die Domherren zu veranstalten und ihm zum nächsten Sonnabend nach Bützow zu schicken.
Hiemit war der Papismus abgeschafft, aber damit noch nicht die evangelische Lehre eingeführt; denn die Pfaffen zogen sich wohl mit ihren Pfründen zurück, waren aber zu verstockt, dumm und kalt, als daß sie die neue Ordnung hätten begreifen können. Der Herzog Magnus ließ zwei Male, um Ostern 1542 und im Spätherbste 1544, in dem Stiftslande Bützow Visitation halten. Nach den Protocollen war aber der Protestantismus noch nicht recht lebendig geworden. In dem Visitations=Protocolle vom J. 1542 heißt es:
"Bützow. Die Stadt vnnd kerspel ist sehr vbell und nicht so wol, wie sichs wol eigent vnd gepurt, mit christlichen seelsorgers versorget."
Es wird dabei nicht einmal ein Prädicant oder Pfarrer genannt, obgleich diese bei allen andern Pfarren des Stifts namentlich aufgeführt werden. Herr Kersten war damals noch Prädicant, da er noch im J. 1544 vorkommt, muß aber nicht
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besonders tüchtig gewesen sein. Es wurden auch andere Versuche gemacht, das Lutherthum zu predigen. Im J. 1542-1543 war ein Prädicant Johann Muethmann zu Bützow und im J. 1543 predigte Daniel Zander daselbst, da in diesen Jahren bei der Universität Rostock
1542-43. Johannes Muethman de Butzow, concionator Buzoviensis,
1543. Daniel Xander Rostochiensis, concionator Buzoviensis,
eingeschrieben 1 ) wurden.
Doch auch diese verschwinden sogleich wieder aus der Geschichte. Als der Herzog im J. 1544 das Stiftsland wieder visitiren ließ, lebten noch die Domherren in Bützow, denen die Visitatoren ihr schändliches Leben verwiesen und zur Haltung des Gottesdienstes nach der neuen Ordnung und zur Ehe ermahnten. Damals war zwar "Herr Kersten" Prädicant; daneben lebte jedoch noch der eigentliche Pfarrer Heinrich Rost, welcher wahrscheinlich aus dem Katholicismus übergegangen war. In dem Verzeichnisse der Lehen heißt es:
"De broderschop S. Johannis.
Einkumpft - - XL fl., welche sihe zu des predicanten vnd des schulmeisters auffenthaltung jherlichen vorreichent."
"Ein Lhen in des heiligen Creutzes Capellen vnd das hat ehr Heinrich Rost."
"Noch eynn Lehn hadt derselbige ehr Heinrich Rost, gehörende zu dem althar Trium Regum."
"Das dritte Lhen hadt ehr kerstenn der predicant vnd ist zu S. Jurgen aussenn der Stadt gelegenn."
Ehr Heinrich Rost oder Rust wird in diesem Protocolle und später öfter genannt.
Erst um das Jahr 1548 trat die Pfarre zu Bützow in die Reihe der ordentlichen evangelischen Pfarren, indem es einen kräftigen Vorkämpfer des Glaubens in der Person des Prädicanten Thomas Aderpul erhielt, der einer der ersten Prädicanten im Lande und schon über 20 Jahre lang eine starke Stütze des Protestantismus gewesen war. Er hatte im Klützer Orte zuerst, schon im J. 1526, die Reformation gepredigt und deshalb mit dem Bischofe von Ratzeburg harte Kämpfe gehabt. Um die Reibung zu vermeiden, hatte ihn der Herzog Heinrich um die Mitte des J. 1531 als ersten Prädicanten nach Mal=
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chin versetzt. Von hier wird er um das J. 1548 nach Bützow gegangen sein, da er in einer undatirten offenen Erklärung 1 ) sagt:
"Dith sinth de orßakenn mynes afscheidens."
"Thom ersten. Dwile ick von goth dorch ordentlike middel thom predickampthe vorordent, heft my der durchluchtighe hochgebarnhe furste vnd here here Hinrick hertzoghe tho mecklenborch. alße eyn christliker fursthe vnd lefhebber des Euangelii vor souentein iaren hir tho Malchyn geseycketh, up dat ick dat hillighe Euangelion allen thor ßalicheit flitich scholde vorkundighen, welcker ick ock hebbe ghedann, ouersth ick bouinde leider keine frucht, sunder idel vorachtinge ghades, sines hilligen wordes vnd der hilligen Sacramente, - - - Dar umme hebbe ick eyn bouel van mynem heren Jheßu Christo - - , den stoff van mynen vothen tho slande vnde dar van tho theende, vnd hedde idt ock vor ettliken Jaren ghedan, wen idt frame lhude nicht gehinderth hadden".
Eben so wird von Aderpuls Nachfolger zu Malchin, Johann Stüdemann, im Anfange des J. 1578 gesagt, daß "er fast in die 30 Jahr zu Malchin gepredigt" habe.
Es treffen also die Angaben beider über die Dauer ihrer Wirksamkeit in Malchin um das J. 1548 2 ) zusammen.
In Bützow wirkte nun Thomas Aderpul noch mehrere Jahre als Pfarrer. Es ist auch aus der Chronik bekannt, daß er hinter einander zu Gressow , Malchin und Bützow 3 ) wirkte.
Im malchinschen Visitations=Protocolle von 1552 heißt es öfter, wie z.B.
"Thom heiligen Geiste thom hogen altare ist er Thomas Aderpul vorlehnt gewesen.
Neben Aderpul muß damals schon ein zweiter Prediger in Bützow gewirkt haben, da im J. 1552-53 Mattheus Flege
" Matthaeus Flege Lubec. M. pastor Buzoviensis ".
bei der Universität Rostock 4 ) eingeschrieben ward.
Dagegen heißt es in dem bützowschen Visitations=Protocolle vom J. 1553:
"Capella sancte crucis."
"Possessor ist her Heinrich Rust seliger gewest. Item Buden vnd anders gehoren darzu sambt der Collacien, dar er Thomas Aderpuel pastor itzt wont".
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Wahrscheinlich war es schon sein Sohn, welcher ihm als Prädicant im Amte beistand, wenn es in demselben Visitations=Protocolle von 1553 gleich darauf heißt:
"Sanct andreas altar possessor ist er Adam Aderpul predicant 1 )".
Im J. 1556 lebte Thomas Aderpul noch, da er im J. 1556 bei der Universität Rostock eingeschrieben 2 ) ward:
" 1556. Thomas Aderpol Pastor Butzoviensis. "
Am 20. März 1557 war er aber schon gestorben oder zurückgetreten 3 ), da an diesem Tage der Professor David Chytraeus den Visitatoren den Martin Wagner, der Prediger zu Malchin ward (vgl. S. 117 flgd.), sehr warm und nachdrücklich zu einigen erledigten Pfarren, namentlich auch für Bützow, empfahl:
"Non nominabo Suanam uel Buzouium, uerum illud affirmo, Martinum, ubicunque collo cabitur, singularem fidem, diligentiam, morum integritatem et modestiam probaturum esse."
Eben so sagt auch Tilemann Stella in seinem Berichte über die Reformation zu Gressow 4 ) vom 18. April 1570:
"Do hatt Hertzog Heinrich ihn - - gen Malchin gesetzt, darnach gen Butzow, da ist er ein predicant gestorben, ist noch nicht lange todt gewesen."
Nachdem der Herzog Johann Albrecht I. seit dem J. 1552 die Reformation im ganzen Lande siegreich und gründlich durchgeführt hatte, fand ihre Verbreitung auch in der Pfarre Bützow keine Schwierigkeit.
Dem Thomas Aderpul folgte M. Matthaeus Ratke, über den nur wenig bekannt ist. Er hatte "die Kirche geärgert" und sollte Buße thun; David Chytraeus gab darüber ein Erachten ab und that für ihn Fürbitte, da er sich sonst musterhaft betragen habe.
Nach diesem finden wir schon zwei Prediger zu Bützow:
Daniel Crusius, aus Lüneburg gebürtig, der vorher Prediger zu Schwaan gewesen war, im J. 1578 nach Bützow kam und im J. 1581 an der Pest starb, und
Mag. Joachim Reiche, aus Güstrow gebürtig, vorher Pastor zu Parum, (College des D. Crusius im J. 1581,) der im J. 1568 nach Bützow kam und 1604 als Superintendent nach Schwerin.
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Anlagen.
Nr. 1.
Der Herzog Heinrich verbietet für seinen Sohn, den zum Bisthume Schwerin postulirten Herzog Magnus, die Aenderung des alten Gottesdienstes in Bützow.
D.d. (1531).
An den Cappellan zcu Butzow.
Lieber andechtiger. Als wir vorstendigt wurden, das etzliche vnsers sones herzog magnusen postulaten vndirthanen zcu Butzow auch in furnehmen seyn sollen, die ampt der heiligen missen vnd andere christliche Ceremonien zcu irren, vnd ßo denne vff jungst gehaltenem reichstage zcu augspurg beslossen, bey den alten cristlichen Ceremonien zcu bleiben vnd doryn fur dem kunftigen cristenlichen Concilio nichts zcu andern, ßo haben wir der halben von wegen gedachts vnsers Soens jungst durch vnsere rethe ernstlich befelen lassen, das sich die gedachten von butzow, bey vormeydung notturftiger vnd geburlicher Straffe keyns wegs vndirstehen sollen, in solchen altherbrachten crisienlichen Ceremonien wes abzcuthun adir zcu andern, auch die geistlichkeit solche zcu vorbringen nicht hindern sollen, vnd wie wol wir vns des der pillikeit noch zcu geschen vorsehen, ßo begern wir doch zcum vbirflus, das ir ine solchs vff nechsten dornstag durch vorlesung dis briffs vom predigstule vorkundigen vnd euch selbst auch deme gemeß halten vnd darnach richten wollet: das ist vnsere zcuuorlessige meynung.
Nach dem undatirten Concepte von des Canzlers Caspar v. Schöneich Hand im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Wahrscheinlich ist der Brief in den ersten Monaten des J. 1531 geschrieben, da der Reichstagsschluß zu Augsburg am 19. Nov. 1530 erfolte, und vor dem J. 1532, da der Herzog Magnus in diesem Jahre die selbstständige Regierung des Bisthums Schwerin antrat.
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Nr. 2.
Auszug aus einem Schreiben des Herzogs Magnus von Meklenburg, wahrscheinlich an den Professor Arnoldus Burenius zu Rostock.
D.d. Bützow. 1540 (vor Ostern.)
Magnus dux Megapolensis.
Ego ipse cum canonicis et vicariis meis egi de causa religionis, nolens hoc aliis committere, partim cum res sit tam pia, vtilis et necessaria, partim quod facilius me cum illis agente mouerentur, ne mei ad hanc rem ordinati a canonicis suspecti haberentur, ac si ipsi me ad hoc negotium curandum irritassent, partim propter vitandam meorum suspicionem apud patrem, qui saepius solet esse suspiciosus et nasutus huiusmodi rerum interpres.
Porro totum huius actionis effectum clementissimo patri meo libere et aperte indicaui scripto quodam, rogans S. Clementiam, si a Lindenberg vel aliis suarum partium rogata fuerit quid in hac actione mutandi, vt istius suorumque precibus non relinquat locum. Nam mihi hoc maximo dedecori fore. Sed vt rem paucis absoluam, sic actum est cum canonicis ciuiliter et humaniter, sine vlla acerbitate et ea persuasione, qua pro virili potui, vt statim finita mea oratione, quam coram ipsis praesente meo capitaneo habui, responderint: Totam causam esse in potestate mea et ipsos mihi tanquam eorum obseruando domino et administratori in hac re obtemperaturos, et in animi mei sententiam omnino pedibus iuerunt, ne posthac vllus vel canonicorum, vicariorum et sacrificulorum celebret Butzouii missam et nihil aut canticorum aut ceremoniarum in templo obseruent, preter horas canonicas quotidie cantandas, vt hostiam argento inclusam, die Monstrantz vt vocant, e ciborio tollant et sinant istam capsulam apertam esse vsque ad ferias paschales, vt pretereuntes videant, istam idolatriam e medio ablatam esse: in summa vt se abstineant ab omnibus abusibus et impiis cere-
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moniis, quas hactenus celebrarunt, tantum canentes horas canonicas et nihil amplius in templo agentes tamdiu, quoad legitimus modus celebrandi ceremonias pias et alia, quae consonant verbo diuino, ipsis suo tempore praescribatur. Cum vero nonnulla cantica, collectae, responsoria, antiphonae et huiusmodi similia indigeant in horis canonicis, velim vt vna cum magistro Henrico Techen excerpas et in aceruum redigas quodam ordine pia cantica, quibus in quibuslibet feriis per totum annum vtendum est, ne habeant excusationem quid impii canendi et culpam in me transferendi, qui huius erroris emendator non fuissem. Cura igitur pro fide et diligentia tua, vt ista excerpta et collectanea piorum canticorum optimo ordine et diligenter scripta ad me hoc sabbato certissime mittantur, quod si feceris, erit mihi gratissimum, nam tibi gratificandi sum paratus. Vale. Ex castro nostro Butzouiano, anno Christi M. D. XXXX. Raptim.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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:
Ueber
Hauptmann und Kammerrath des
Herzogs
Carl Leopold,
von
G. C. F. Lisch.
D er Hauptmann und nachmalige Kammerrath Christian Paulßen spielt in der Geschichte des Herzogs Carl Leopold eine zu merkwürdige Rolle, als daß sein Leben nicht genauer bekannt zu werden verdiente, um so mehr, da es bisher fast ganz im Dunkeln lag und eine Verbindung zwischen dem "Hauptmann", dem "Abgesandten" und dem "Kammerrath" Paulßen früher nicht klar zu erkennen 1 ) war, obgleich alle drei dieselbe Person sind.
Er stammte wahrscheinlich aus Holstein, da er von dort nach Meklenburg gekommmen war, seine erste Frau dort starb, seine Schwester sich dahin zurückzog und sein Sohn später in Jütland in dänischen Diensten stand. Christian Heinrich Paulßen diente zuerst in der kaiserlichen Armee. Im J. 1717 kam er, wie später sein Sohn sagte, aus Holstein mit 60,000 Thlrn. nach Meklenburg, um hier das Domainengut Redevin pfandweise auf gewisse Jahre in Pacht zu nehmen, kam aber nicht dazu, obgleich der Contract schon abgeschlossen war, indem er sich auf "dringen=
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den Antrag" veranlaßt fand, bei dem Herzoge Dienste zu nehmen. Jedoch bevollmächtigte im J. 1718 der Herzog "seinen Hauptmann und künftigen Administrator der gesammten redevinschen Pertinentien," einen verpfändeten Theil von Redevin wieder einzulösen.
Es trat während der Pachtverhandlungen mit Paulßen grade der Zeitpunkt ein, wo der Herzog gegen die zu Ratzeburg sich aufhaltenden Mitglieder des Engern Ausschusses und gegen alle ihre Anhänger, die einen eidlichen Revers nicht unterzeichnen wollten, daß sie dem zu Ratzeburg sich aufhaltenden sogenannten Engern Ausschusse nicht anhangen wollten, mit der größten Strenge verfuhr, indem er ihnen ihre Güter nahm und diese unter Administration stellte. Nun fehlte es ihm an tauglichen, ihm anhangenden Leuten, welche das gefährliche Werk anfassen konnten, die eingezogenen Güter zu administriren. Zu einem Hauptwerkzeuge hiezu ersah er den Christian Paulßen.
Am 29. April 1718 ward Paulßen von dem Herzoge Carl Leopold als "Hauptmann" zur Administration des dem Obristlieutenant von Bassewitz gehörenden, von den herzoglichen Commissarien unter dem Vorsitze des Canzleiraths Dr. Amsel zwei Tage vorher in Besitz genommenen Gutes Kl. Walmstorf, so wie mehrerer anderer im Amte Grevismühlen belegenen Güter, welche die Commissarien schon in Besitz genommen hätten oder noch in Besitz nehmen würden, angestellt. Amsel schreibt: "Wir wollen dem Herrn Oberstallmeister (v. Bülow zu Rolofshagen) den rechten Ernst methodice empfinden laßen; nur fehlen administratores."
Paulßen trat am Tage seiner Anstellung sein Amt als Ober=Administrator der sequestrirten ritterschaftlichen Güter des Amtes Grevismühlen an. Er hatte in diesem Amte jede Woche 45 Güter zu bereiten und zu beaufsichtigen, monatlich 4 bis 5000 Thaler einzunehmen und zu verwalten, überall Justiz zu administriren, dem Waldowschen Regimente Fourage zu liefern und demselben Quartiere anzuweisen u.s.w. Er selbst nahm seinen Sitz zu Walmstorf, über das er auch selbst die Specialaufsicht führte; auf den übrigen Gütern hatte er Unter=Administratoren, Schreiber u.s.w. Er war jedenfalls, wie auch seine fernere Laufbahn zeigt, ein sehr befähigter und in seinem Amte zuverlässiger Mensch; auch ist es nie erwiesen, daß er seine Stellung zu seinem Vortheile gemißbraucht habe: er handelte strenge nach den Befehlen seines Herrn, und daß man später Geld und Gut in seinem Besitze fand, konnte nicht als Beweis gegen ihn geltend gemacht werden, da er ein sehr vermögender Mann war. Paulßen war auch die Hauptperson unter den
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Administratoren; jedoch war er nicht formell "Hauptmann aller Ober=Administratoren", wie Franck 1 ) meint, sondern nur Hauptmann der Güter im Amte Grevismühlen. Jedoch nennt er sich selbst auch ein Mal "Landeshauptmann" und hatte ohne Zweifel bedeutenden Einfluß auf die Administration aller eingezogenen Güter überhaupt.
Die Schwester seiner Frau war Margarethe Francken, eines Amtsverwalters Wittwe, welche auf dem nahe bei Walmstorf liegenden Gute Güldenhorn 2 ), jetzt Christinenfelde, bei Klütz, wahrscheinlich als Pächterin, wohnte.
Paulßen hatte durch die Annahme seines Amtes viel zu leiden und der Hauptgrund seiner Leiden war, daß er grade das Gut Walmstorf zu administriren hatte. Der Besitzer desselben, der Obristlieutenant Joachim von Bassewitz, war nämlich einer der Hauptführer der meklenburgischen Ritterschaft. Als im Juli 1716 die Russen ins Land rückten, sollte auch der Obristlieutenant Joachim von Bassewitz, welcher Klosterhauptmann zu Dobbertin war, auf seinem Gute gefänglich eingezogen werden; sein gerade anwesender Sohn, der Obristlieutenant Dethlof Hans von Bassewitz, stellte sich aber für seinen Vater und ward irrthümlich für diesen gefangen genommen 3 ) und so entkam der Vater. Es wurden dieser von Bassewitz, der Kammer=Junker von Pederstorff auf Barnekow, der Obristlieutenant von Oertzen auf Roggow und von Plessen auf Barnekow gefangen. Nach vielen Verhandlungen wurden sie am 20. Sept. 1716 von den Russen zu Güstrow ihrer Haft entlassen, aber sogleich wieder von dem Herzoge Carl Leopold gefangen genommen und zu Rostock im weißen Collegium eingesperrt, bis sie am 20. Oct. entlassen wurden. Auf das Gerücht von der Verhaftung dieser Mitglieder der Ritterschaft, flohen alle adeligen Gutsbesitzer mit Frauen und Kindern aus dem Lande und nahmen mit sich, was fortzubringen war. Mehrere Mitglieder des Engern Ausschusses setzten sich zu Ratzeburg als Engerer Ausschuß fest, nämlich der Landrath von Lehsten auf Dölitz, der Landmarschall Levin Hahn auf Remplin und der Obristlieutenant Klosterhauptmann von Bassewitz 4 ) auf Walmstorf. Auf diesen Schritt griff der Herzog zu den strengsten Maßregeln und nahm zuerst die Güter dieser drei Edelleute und nach und nach die Güter der übrigen in Besitz, sobald sie den Revers nicht unterschreiben wollten. Da=
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her hatte auch Paulßen von den von Bassewitz unendlich viel zu dulden.
Seit der ersten Flucht des Adels war von dessen Gütern weggeschafft, was nur möglich war. Bei der Inventirung zu Walmstorf fand man nur Tapeten an den Wänden, einige alte Tische und Stühle und einige verschlossene Schränke, in denen sich einige alte Kleider, zerbrochene Gläser und "Knocken Flachs" und andere Kleinigkeiten fanden. Paulßen sagte, er gebe für die ganze Bettelei nichts.
Sogleich beim Einrücken der hannoverschen
Executions=Truppen nahmen die Edelleute die
Administratoren scharf aufs Korn. Am 5. März
1719, also am Tage vor dem Gefechte bei
Walsmühlen, ward Paulßen durch ein hannoversches
Commando des Obersten Lucius gefangen, ihm auch
seine ganze Habe an Mobilien, Briefschaften
. zum Werthe von 1500 Thlrn.
abgenommen, und nach Wismar gebracht, wo er in
sehr harter Gefangenschaft mit schweren Banden
an 11 Wochen "macerirt" ward. Zu
gleicher Zeit wurden acht andere Administratoren
1
) und
Aufseher: Mathias Joachim Dabelow von Barnekow
und Flimstorf, Jacob Piper von Harkensee,
Hinrich Schröder von Köchelstorf, Gabinus
Hofmeister von Zierow, Christian Böcke von
Blengow, Joachim Christian Millies von Gnemern
Hans Hinrich Lassow von Besendorf und Lüder
Hinrich Schmidt gefänglich eingezogen.
Hierauf wurden alle gefangenen Administratoren unter militairischer Bedeckung nach Rostock abgeführt, wo sie zuerst in ein "dunkles, sordides carcer geworfen" und dann von einem Logis in das andere gebracht wurden, in welchem die mit Seuchen behafteten Russen gelegen hatten und man es vor Gestank nicht aushalten konnte. In Rostock wurden die Gefangenen von der hannoverschen Commission in Behandlung genommen.
Die Edelleute machten bei der Commission Privatklagen gegen die Administratoren über deren Amtsverfahren anhängig, und die Commission nahm diese Klagen an. Hier kann uns nur das Verfahren gegen Paulßen interessiren.
Der Obristlieutenant von Bassewitz stellte gegen Paulßen eine Privatklage wegen Detereorirung (puncto praetensae deteriorationis) des Gutes Walmstorf an. Es ward Paulßen vorgeworfen, er habe das Inventarium "dolose" nicht ordentlich durch einen Notarius machen lassen, wogegen Paulßen einwandte, er habe sechs Zeugen zugezogen, weil kein Notarius zu haben gewesen sei, und die Inventarien auf fürstlichen Befehl vor den
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Commissarien aufnehmen lassen und die Inventarien und Rechnungen denselben befehlsmäßig übergeben. Ferner behauptete v. Bassewitz, Paulßen habe von seinen Unterthanen Geld erpreßt und sich aus seinen Gütern "bespickt". Franck 1 ) berichtet, Paulßen habe den Unter=Administratoren vor dem Einrücken der Executions=Truppen befohlen: "Alles für Gewalt zu verkaufen", natürlich für die herzogliche Casse. Vorzüglichen Anlaß zu dem Argwohn gegen Paulßen gab ein besonderer Vorfall. Paulßen hatte vor seiner Gefangennehmung seiner Schwägerin Francken zu Güldenhorn einen Koffer mit werthvollen Sachen übergeben, welchen diese nach Lübek gebracht hatte. Der Obristlieutenant v. Bassewitz verlangte die Auslieferung des Koffers, erreichte jedoch auf Veranlassung des Engern Ausschusses nur so viel, daß der Koffer in seiner Gegenwart geöffnet ward; es fanden sich darin an 1800 Thlr. baar Geld, für einige 1000 Thaler an Silber und sonst noch an Obligationen ein Ansehnliches. Jetzt setzte v. Bassewitz 2 ) alle Segel bei, um die Auslieferung des Koffers zu erreichen, vermochte sogar die hannoversche Commission, die Auslieferung am 17. April 1720 zu erbitten, aber der Rath der Stadt Lübeck weigerte sich standhaft und v. Bassewitz erreichte seine Absicht nicht. Paulßen rettete dadurch sein Vermögen.
Der Obristlieutenant v. Bassewitz verfolgte nun die Gefangenen mit der größten Heftigkeit und die hannoversche Commission unterstützte ihn darin nach Kräften. Paulßen schrieb an den Geheimen Rath v. Wolfrath in verschiedenen Briefen, "daß sein boßhafftiger, gewissenloser Gegner, der alte bekannte Bassewitz wider alle Rechte, wider beßer Wissen und Gewissen gegen ihn agitire, dem er doch lebenslang für seine Person nicht mit einer Miene incommodiret; er habe sein Gut in allen Stücken nach hochfürstlicher Ordre repariret und nicht ruiniret; das Iventarium habe continuirlich in verschlossenen und versiegelten Kammern gestanden. Als Bassewitzens Gevollmächtigter das Gut wieder angenommen habe und demselben Alles Stück für Stück überliefert sei, habe dieser gesagt: "er müsse es rühmen, daß alles im prompten Stande sei, so er nicht "vermuthet gehabt." " Er wandte auch ein, "er sei nicht Special=Administrator von Kl. Walmstorf gewesen, sondern v. Bassewitzens Leibeigener Claus Moll sei vor seiner Ankunft schon von den Commissarien dazu bestellt worden."
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Auch Claus Moll hatte von Bassewitzens Rache viel zu leiden gehabt; dieser hatte ihn über 12 Monate in Ketten und Banden in Wismar gefangen gehalten und ihm endlich all das Seinige abgenommen, auch dessen Frau 3 Tage lang im Garten eingeschlossen gehalten, so daß sie bald darauf davon crepiret."
Der Grund dieser harten Behandlung lag wohl darin, daß v. Bassewitz seinen Schaden von Paulßen ersetzt haben wollte, obgleich er sich nur an den Herzog hätte halten müssen; er hatte gesagt: "Paulßen solle nicht eher los, bis er ihm den Schaden bezahle, den er von Serenissimo glitten; was er von ihm bekommen könne, dürfe er nicht vom Herzoge suchen." Bassewitz rechnete seinen Schaden auf 8000 Thaler, und Paulßen behauptete, das ganze Gut mit Vieh und Fahrniß sei nicht 12000 Thaler werth.
Paulßen beschwert sich bitter: "Die adelige Commission thue nichts weiter, als was ihnen von den Edelleuten vorgeschrieben werde", und: "Alles was die vom Adel gegen uns ausbitten, darauf wird gleich decretirt, Alles nach einer Leyer." Die Commission hielt die Gefangenen sehr strenge; diese erhielten nichts, nicht einmal das versprochene Brot und Wasser und keine ärztliche Hülfe, selbst bei gefährlichen Krankheiten. Dazu mußten die Gefangenen ihre Familien erhalten; Paulßen gab an, er habe Frau und Kinder, 6 Domestiquen und 11 Pferde an verschiedenen Plätzen in Lübek uud Meklenburg während der Gefangenschaft erhalten müssen, und dabei habe die lüneburgische Commission all das Seinige mit Beschlag belegt und gebe ihm zu seiner Unterhaltung nichts. Gegen die hannoversche Commission werden stets die bittersten Klagen erhoben; es ward in Wien gegen die Commissarien vorgebracht, daß sie alle mit den meklenburgischen Edelleuten "verschwägert" seien und nur in deren Interesse handelten.
Paulßen bot 600 Thaler Caution (durch den Capitain Güldenhorn) für seine Freilassung; Bassewitz verwarf die Caution als unzureichend und verlangte Auslieferung der Inventarien und Rechnungen. Paulßen bestritt die Rechtmäßigkeit der Klage, aber die Commission schützte den Kläger; eine von Paulßen erbetene Untersuchung an Ort und Stelle unter militairischer Bedeckung ward auch abgelehnt. Der hannoversche Commissarius v. Alvensleven wollte die Gefangenen zu einem Eide zwingen, daß "sie sich auf Klage zu jeder Zeit vor die Commission stellen und thun wollten, was diese ihnen auflegen würde, auch sich an Niemand zu rächen." Da sie die Ablegung dieses Eides verweigerten, so sagte v. Alvensleven, wenn sie nicht wollten, "so hätte er schöne Mittel dazu."
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Paulßen klagte endlich beim Reichshofrath. Schon am 5. März 1720 befahl dieser, ihn auf freien Fuß zu setzen; aber er erhielt keine Resolution. Am 20. Aug. 1720 ("in carcere") bat er den Geheimen Rath v. Wolfrath um Geld, da er sonst "crepiren" müsse.
Durch des Reichshofraths=Agenten v. Klerff Vermittelung befahl der Reichshofrath am 31. Oct. 1720 wiederholt, "den Paulßen ohne Entgeld des persönlichen Arrestes zu entlassen." Aber v. Bassewitz gab dies nicht zu und wußte seine Entlassung bei der Commission zu hintertreiben.
Die Commission ward in der harten Behandlung der Gefangenen nicht müde. Millies, Administrator von Gnemern, eines Predigers Sohn von Gr. Tessin, ward zwar früh (vor 16. Oct. 1719), aber nicht eher der Haft entlassen, "als bis fast der letzte Athem aus ihm ging und er bald darauf crepirte", und Lassow ward vom Schlage gelähmt und nur gegen unerhörte Caution von der Haft befreit; als Dabelow einen Schlaganfall hatte, ward ihm sogar ärztliche Hülfe versagt.
Paulßen setzte jedoch seine Klage beim Reichshofrath eifrig fort und führte sie im J. 1721 "zur Ehre des Herzogs aus, so daß keiner ihn eines Hellers Werthes hatte überführen können".
Paulßen hatte 2 1/2 Jahre unverschuldet im Gefängnisse gesessen
Mögen nun auch die herzoglichen Administratoren gewiß nicht frei sein von Schuld; so verlangt doch die Geschichte zur Vollständigkeit auch eine Darstellung des Benehmens ihrer Gegner. Wir haben bisher bei Franck im Alten und Neuen Mecklenburg nur einseitige Schilderungen. - Das ganze damalige Geschlecht war verdorben, an Haupt und an Gliedern.
Ueber die Schriftstellerei in den Streitigkeiten des Herzogs Carl Leopold mit den Landständen berichtet der Geheime Rath J. P. Schmidt Folgendes:
"Eine Anmerkung veranlaßet die Streitfrage, ob der Herzog von Mecklenburg Nicolotus ein Bruder. des Pribislai I., mithin ein Sohn des Butue oder bloß ein wendischer Edelmann gewesen sei. Der Dr. Gerdes rückte zuerst in seinen Sammlungen Meckl. Nachrichten St. 3, p. 214, mit dem sonderbahren Lehrsatz hervor, daß der Mann=Stamm der alten Wendischen Könige in Mecklenburg anno 1142 gäntzlich ausgestorben sey und darauf die Wendische Nation den Nicolotum, der kein Bruder des Pribislai gewesen, aus dem inländischen Adel zum Regenten erhoben habe. Er schrieb dieses im J. 1737, zu einer Zeit, da die Ritterschafft mit dem HerzogeCarl
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Leopold aufs äußerste zerfallen war und zur
Erhebung ihrer Gerechtsame alles Erdenckliche
hervorsuchte. Er schrieb besonders auch mit
einer Feder, die sich nach dem Winck des
Mecklenburgischen Landraths von Negendanck
richtete, eines Mannes, dem nachhero noch der
Praepositus Francke in seinem Alten und Neuen
Mecklenburg in ähnlichen Behauptungen eben
dergleichen Dienste geleistet hat. Die Absicht
dieser und anderer mit dieser neuen Lehre war
also leicht zu errathen. Nun waren die durchl.
Herzoge nicht mehr aus dem Stamm der alten
Wendischen Könige, sondern aus einem Wendischen
adlichen Geschlecht entsproßen. Nun war in so
ferne nicht weiter ein sonderlicher Unterschied
zwischen Haupt und Gliedern. Wer wollte es nun
weiter bezweifeln, daß die Wendische Nation dem
Nicloto bei seiner Erhebung die Macht trefflich
beschnitten und für ihre eigene Gerechtsahme
bestens gewachet habe! Und so waren alle
Ritterschaftlichen Vorrechte in Sicherheit
gestellet und geborgen. Allein die Sache hat
sich bald wieder gewendet. Es suchte der Hofrath
Jargau die Ehre des herzoglichen Hauses zu
retten"
.
Am Ende des J. 1721, als Paulßen eben frei gelassen war, ging der Herzog Carl Leopold nach Danzig, wo er bis zum J. 1730 blieb. Paulßen tritt nun einige Jahre ganz in den Hintergrund. Der Herzog suchte auf alle mögliche Weise in Wien seinen Willen gegen die Ritterschaft durchzusetzen; jedoch blieben alle Mittel vergeblich. Seine bisherigen Agenten wurden müde oder er ward auch mißtrauisch gegen sie, weil sein Wille nicht geschah. Der gewandte Feiherr v. Eichholz hatte schon längst das Ende vorausgesehen und seine Entlassung erbeten und am 3. Jan. 1721 erhalten. So verfiel der Herzog darauf, sich des Hauptmanns Paulßen als eines geschickten Werkzeuges zu bedienen; und er mochte in ihm den rechten Mann gefunden haben: Paulßen war in Wien bekannt, gewandt, klug und fest, mit den Mitteln und Wegen vertraut und durch seine bittern Erfahrungen der Ritterschaft feindselig, wie der Herzog. Er empfahl dem Herzoge ganz offen den Weg der Bestechung ("Silber= und Gold=Gasse") als deneinzigen, der in Wien zum Ziele führen könne, und hetzte den Herzog noch mehr gegen die "boshaften Junker" und seine "gewissenslosen und gottlosen Unterthanen. 1 )" auf. In der Zeit von 1724 bis
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1726 mußte er sich, mit zwei Dienern, für den Herzog in Wien aufhalten und dessen "wichtige Affairen betreiben".
Da aber weder durch Vorstellungen, noch Geld sich in Wien etwas erreichen ließ, so griff er des Herzogs alte Neigung zum Katholicismus auf und trat hier mit dem Abte Gottfried von Göttweih, der schon im J. 1715 eine Mission an den Herzog zu dessen Bekehrung gehabt hatte, dem kaiserlichen Beichtvater Tonnemann, einem Jesuiten, und vielen andern in Verbindung 1 ). Er erreichte auch so viel, daß der Herzog nur zuzulangen brauchte; aber theils war der Herzog zu hartnäckig, theils mochte er die Winke nicht verstehen, die man ihm gab: er sollte nur erst seine Unterwerfung unter den Kaiser und das katholische Glaubensbekenntniß aussprechen, dann wolle man nach seinem Sinne handeln; aber grade zu dieser Unterwerfung konnte sich der Herzog bei seiner übertriebenen Vorstellung von "seinen Regalien" nicht entschließen. Der Plan zur Erreichung des Zieles war folgender. Der Herzog solle wieder an den Abt von Göttweih, den der Herzog bei seiner Mission in Meklenburg "mit einem kostbaren Diamantringe" beschenkt und mit andern Wohlthaten und Ehren ausgezeichnet habe, schreiben, daß dieser, "das größeste Licht," "den Reichs=Vice=Canzler Reichsgrafen von Schönborn, welcher des Prälaten bester Freund und herzensgetreuer Bruder und Landsmann sei, auf des Herzogs Seite zu sein persuadire, was der Prälat herzlich gerne thun wolle, da er dem Herzoge so zugethan sei, daß es fast gar nicht zu sagen; der Herzog solle ferner dem Prälaten Ordre geben, daß er dem Reichs=Vice=Canzler eine fürstliche Verehrung für seine Mühwaltung verspreche, so werde der Prälat es so anbringen, daß der Reichs=Vice=Canzler solches acceptire und sich für den Herzog bei dem Kaiser auf das allerhöchste interessire". Zu gleicher Zeit solle der Herzog sich bei dem Kaiser zur Annahme des katholischen Glaubens in einem Schreiben bereit erklären. Auch sollten "zugleich dem Prälaten alle gravamina gegen die Junkers und die partheiische Commission übergeben werden, welcher der Hauptmann Paulßen über hundert aufgesetzet und schon eines Theils hie und da bey großen Herren berichtet, welche alle mehrentheils auf der Junker Seite und der Commission gewesen und gemeinet, denselben wäre das größte Unrecht geschehen, da sie aber eines andern berichtet und man sie überwiesen, daß Ihro Durchl. ihnen nichts zu nahe gethan, sondern gottloser Weise wider Ihro Durchl. sich setzten und alle gott=
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lose Streiche von den Junkern erzählet, haben solche Herren die Ohren gespitzet und ganz anders geurtheilet und stimmen jetzo auf Ihro Durchl. Seite, inmaaßen der Herzog das größte Recht habe", u.s.w.
Des Herzogs Geheimer Secretair Casimir hat über diese Geschichte eine bestätigende Nachricht hinterlassen: "Gleichergestalt hat der Geheime Kammerrath Walter ("ein gewesener Laquai, ein schändlicher Fuchsschwänzer und Hofteufel") vorgeschlagen, man müste dem Herrn Prälaten von Göttweih, der im vergangenen Jahr in Meklenburg gewesen, um den Herzog catholisch zu machen, ein Present von 1200 fl. und darnach eine jährliche Pension von 600 fl., Item dem Herrn Reichs=Vice=Canzler ein Present von 10,000 fl. und darnach eine Pension von 1000 fl. offeriren, so würden die Sachen schon besser gehen. Der Herzog hat auch hierin consentiret und der Walter an beiden Orten die Proposition gethan, aber eine schlechte Antwort bekommen, wobei das Lächerlichste dieses ist, daß dieser Walter zu gleicher Zeit bei dem Herrn Reichs=Vice=Canzler soll angefragt haben, wo doch in Wien baares Geld aufzutreiben sei."
Die Sache ließ sich zuerst ganz gut an. Der Herzog hatte in Wien damals nur seinen Reichshofraths=Agenten, Peter Friedrich Edlen von Klerff, welcher aber nur die juristische Procuratur beim Reichshofrath besorgte, die Eingaben besorgte und die Antworten zurücksandte, übrigens aber fern von allen Umtrieben stand und gar nicht eingeweihet war. Paulßen verhehlte auch häufig seine Schritte sorgfältig vor v. Klerff. Als nun Paulßen sich überall Bahn gebrochen hatte, schickte der Herzog ihm einen förmlichen Gesandten in der Person des Canzlei=Raths Dr Christian David Schröder nach, da zu den Verhandlungen mit dem Wiener Hofe staatsrechtliche Kenntnisse gehörten, welche Paulßen nicht besaß.
Der Dr. Christian David Schröder war nicht, wie ich früher vermuthet 1 ) habe, aus Danzig und dem Herzoge nach Meklenburg gefolgt, sondern ein geborner Meklenburger. Er war zuerst Advocat in Güstrow und führte seit dem Ende des J. 1715 als Hofrath mancherlei Aufträge im Dienste des Herzogs Carl Leopold aus, blieb jedoch noch in Güstrow wohnen. Auch war er nicht katholisch, sondern vielmehr so eifrig lutherisch, daß er noch im J. 1727 seine katholische Hofmeisterin in Wien bekehren wollte. Er war dem Herzoge nach Danzig. ge=
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folgt. Am 29. Mai 1722 ward zu Danzig von ihm und dem rostocker Professor und Consistorial=Rath Dr. Jacob Carmon, "zwei berühmten Doctoribus juris", das Todesurtheil über den braven Minister v. Wolfrath gesprochen und unterschrieben. Am 1. Mai 1723 bestellte ihn der Herzog zu seinem wirklichen Canzlei=Rath in der Regierung oder auch "Minister", wie ihn sein Bruder Mathias Johann auf Selpin nannte, "zur Vindicir= und aufrechthaltung Seiner fürstlichen Hoheit und unschätzbaren Regalien". Im August 1723 ging er nach Dömitz, um das Todesurtheil an Wolfrath vollstrecken zu lassen. Seit seiner Bestellung zum Canzlei=Rath führte er die auswärtige, namentlich die Wiener Correspondenz des Herzogs. In der Zeit vom März 1726 bis Juli 1727 war er des Herzogs Gesandter in Wien, wo er einige Zeit mit Paulßen zusammen wirkte (vgl. weiter unten). Im J. 1730 kehrte er mit dem Herzoge von Danzig nach Meklenburg zurück und rüstete in demselben Jahre die Expedition des Duc von Falari 1 ) an den Papst wegen des Uebertrittes des Herzogs zur katholischen Kirche aus und ward am 8. März 1731 päpstlicher Graf und Ritter vom goldenen Sporn. Aber die Nemesis ereilte ihn schon in demselben Jahre 1731.
Ueber das Ende des Canzleiraths Schröder hat der Geheime Rath J. P. Schmidt Nachrichten von Wichtigkeit hinterlassen: "Auch ist der Canzlei=Rath Schröder von Herzog Carl Leopolden mahl dergestalt mit Schlägen hieselbsten auf dem Schloße zu Suerin zugerichtet worden, daß er die Treppe nicht hat hinunter kommen können. Wie er endlich kümmerlich hinuntergebracht war, so ward er desselbigen Nachmittags befehliget, mit dem Herzoge nach dem Werder auf die Jagd zu reiten. Es verbreitete sich nachhin sogleich das Gerücht in der Stadt, daß er vom Pferde gestürzt und den Hals zerbrochen habe. Er ward todt hereingeliefert, und andere wollen wißen, daß er einen Schuß bekommen hätte. Der Leichnam ward ins Archiv gesetzet, die Glocken wurden geläutet und es hieß, daß ihm ein standesmäßiges Leichbegängniß sollte zubereitet werden; aber als man immittelst unter seinen Schrifften verfängliche Papiere wollte gefunden haben, so ist er nachhin still eingesencket".
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Als der Herzog den Canzlei=Rath Schröder zu Danzig "zur Vindicir und Aufrechthaltung seiner hochfürstlichen Gerechtsame und unschätzbaren Regalien" als (Regierungs=) Canzlei=Rath in Dienst nahm, übertrug er ihm auch die ganze auswärtige, namentlich die Wiener=Correspondenz, welche er bis zu seinem Tode führte. Schröder war darauf vom Jan. 1726 bis Julii 1727 in Wien. Schröder war aber nicht der gewandte Mann, der die Sache des Herzogs hätte weiter fördern können. Er war ein langsamer, träger, sinnlicher Mensch, dessen Seele nur in stillen Eßfreuden schwelgen konnte und der fast nichts weiter that, als essen, Bitterbrunnen trinken und lieben; er hatte sich gleich eine Frau Hofmeisterin ("solatium in tenebris") zur Führung seines Haushalts engagirt, die Alles mit ihm theilte, und hatte außer seinen mitgebrachten Bedienten in Wien noch drei Laquaien in Dienst genommen, die immer Essen herbeischleppen mußten, und zwei Aerzte. Der Herzog hatte ihm einen Diener, Hertrich, mitgegeben, welcher unter Paulßens Aufsicht ein tägliches Protocoll über seine Lebensweise führen mußte, das auch nach Hertrichs Abreise von einem andern fortgesetzt ward, ein dickes Heft, das oft ergötzlich genug ist und den Canzleirath bei dem Herzoge nicht sehr empfehlen konnte. Und doch schrieb der Herzog an Schröder am 27. April 1726: "dem Capitain Paulßen traue er nicht zu viel," - während er Schröder durch Paulßen beaufsichtigen ließ. Schröder war sehr träge; er kam in anderthalb Jahren nur mit Mühe zu einigen Besuchen und erreichte nichts, obgleich er in seinem Dünkel viel für den Herzog hoffte, seitdem "Bernstorff todt" war. Die Acten beweisen auch, daß er gar nicht tief in die Sache einging. Der Herzog ward auch bald sehr ungeduldig, um so mehr da die Lüneburger in Meklenburg immer dreister zugriffen; vom April 1726 an wirft der Herzog ihm beständig sein "erbärmliches negotium" vor, und fordert Resultate oder Rückkehr; und doch konnte Schröder ihn 1 1/2 Jahre hinhalten. - Der Haupthebel in Wien sollte für ihn der kaiserliche Beichtvater, der Jesuit Pater Vitus Georgius Tonnemann sein, der sich auch zu Verhandlungen und zum Briefwechsel mit Schröder hergab; aber die ganze Correspondenz dreht sich von Seiten Schröders um die "Regalien", von Seiten Tonnemanns um die "Submission" des Herzogs: alle Briefe zwischen beiden sind förmlich und kurz und fördern nichts zu Tage. Uebrigens scheint Schröder von der Absicht des Herzogs, zur katholichen Kirche überzugehen dieser Lockspeise für den Wiener Hof, damals noch nichts gewußt zu haben, da er gar nicht davon redet;
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diese Angelegenheit ruhete damals ganz in Paulßens Hände. Der Herzog gab aber jetzt nichts mehr auf die "Pfaffen" und schrieb am 8. Jan. 1727 an Schröder, der "Prälat sei völlig eine Creatur von Schönborn" und er solle sich an den Grafen v. Zinzendorf halten. Aber Schröder kam zu nichts. Auch mochte er wohl nicht ganz zuverlässig sein, da er seit dem Anfange des J. 1727 täglich mit dem nach Wien gekommenen Obristlieutenant von Lehsten verkehrte, und mit diesem mehr, als mit irgend einem andern Menschen. Der damalige "Premierminister" des Herzogs Carl Leopold, der Baron von Clingen schreibt über v. Lehsten am 29. März 1721 von Wien: "Serenissimi Intention ist annoch beständig diese, die rebellische Ritterschaft, wie er sie nennet, insonderheit deren Autores oder Rädelsführer, als den Herrn v. Bernstorf, v. Lehsten, v. Holstein, die übrigen Namen sind mir entfallen, auszurotten und zu vertilgen".
Paulßen war viel klüger, gewandter und kräftiger und brachte die Sache weiter, als Schröder, ja er hätte sie zu Ende gebracht, wenn der Herzog hätte zugreifen wollen. Paulßen schrieb jedes Mal zuversichtlicher; aber der Herzog schwankte. Endlich kam Paulßen damit zum Vorschein, man wünsche in Wien, daß der Herzog das Kloster Doberan den Benedictiner=Mönchen wieder einräume 1 ). Aber alle Bemühungen und Hoffnungen Paulßens wurden an der Unschlüssigkeit und Hartnäckigkeit des Herzogs, der ihm immerfort gute Aussichten eröffnete, zu Schanden. Der Herzog unterstützte seine Unternehmungen durch nichts und so konnte Paulßen auch nichts ausrichten. Paulßen blieb noch das Jahr 1726 in Wien. Nachdem Hartrich dem Herzoge häufig über Schröder berichtet hatte, rieth er ihm am 23. Oct. 1726 wiederholt, er möge, wiewohl ganz im Geheimen und ohne Wissen Schröders, den Hauptmann Paulßen zurückberufen, damit er endlich gründlich erfahre, wie es hergehe, da man nicht alles der Feder anvertrauen könne. Schröder habe nichts weiter gethan, als gefressen, medicinirt u.s.w. Dies geschah denn auch; Paulßen reisete ab, ohne daß Schröder es wußte, und mußte im December 1726 "mit der größten Eilfertigkeit" auf des Herzogs Befehl nach Danzig zurückkommen. Paulßen sagt später über diese Mission, er habe 1724-1726 "des Herzogs Affairen in Wien auf Höchstdesselben "Ordre besorgt und mit so vieler Treue und Sorgfalt verrichtet,
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daß auch selbst ein vornehmer Geistlicher (d.i. wohl der Pater Tonnemann) gegen den ihm nachgeschickten Canzlei=Rath Schröder gestanden, daß er wie ein "ehrlicher Mann" in der Sache gearbeitet, alles observiret und gut betrieben habe, und er ihm solches alles schriftlich geben wolle, wenn es mündlich nicht genug wäre".
Nach seiner Ankunft in Danzig beredete Paulßen den Herzog, nach Meklenburg zurückzugehen, wo er ihm eine Leibgarde von 25 Mann auf seine Kosten halten wollte, wie der Herzog selbst an Schröder schrieb.
Kaum war Paulßen von seiner großen Reise in Danzig warm geworden, als er im Jan. 1727 in starker Kälte nach Holstein, so wie nach Lübek und Hamburg reisen mußte, um für den Herzog einige Gelder anzuleihen. Er war so glücklich, 6000 Thlr. zu erhalten; dem Herzoge war diese Summe aber wohl nicht groß genug, denn er nahm sie nicht an. Paulßen ging mit dem Gelde nach Schwerin, wo er auf des Herzogs Befehl bleiben und sich einmiethen mußte; aber noch im J. 1727 erhielt er den Befehl, nach Danzig zurückzukommen. Das Geld blieb 1 1/2 Jahre lahm liegen.
In den Jahren 1727-1728 war Paulßen zwölf Monate in Danzig bei dem Herzoge. Im Febr. 1728 ging er wegen des Todes seiner ersten Frau mit des Herzogs Erlaubniß wieder nach Holstein, wo er längere Zeit blieb.
Erst im März 1730 ging er wieder nach Danzig zurück, jedoch um seine Entlassung nachzusuchen. Der Herzog wollte ihn jedoch nicht von sich lassen, "da er ja Drangsal und Verdruß mit ihm ausgehalten", und versprach ihm die Stelle des verstorbenen Kammerraths Töppel 1 ). Und wirklich bestellte ihn der Herzog zu Danzig am 27. April 1730 zum Kammerrath und "ins Commissariat" mit dem Gehalte, welches den Kammerräthen Faber und Töppel verschrieben sei, - "nach hergestellter Landesruhe" zu beziehen. Im J. 1730 ging er mit dem Herzoge nach Schwerin zurück und mußte hier zur Feier der Rückkehr eine "kostbare Illumination und Feuerwerk präsentiren und Officiere tractiren", was ihn 400 Thlr. kostete, die ihm der Herzog wieder zu bezahlen versprach. In Schwerin unterstützte er nun die lebhaften Anstrengungen des Herzogs, zur
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unbeschränkten Herrschaft im Lande zu gelangen. Als endlich im J. 1733 des Herzogs Bruder Christian Ludwig zum kaiserlichen Commissarius ernannt war und Carl Leopold das allgemeine Aufgebot zu seiner Vertheidigung vorbereitete, um durch Waffengewalt sein Ansehen aufrecht zu erhalten, war auch Paulßen unter denjenigen, welche der Herzog zu besondern Werkzeugen ausersehen hatte; am 21. Mai 1733 unterzeichnete Paulßen, mit dem Kammerrath Gottfried Faber, dem Rentschreiber Christoph Nobisatzky und ferner Carl Friederich Berner und J. Meeknab, einen fürchterlichen Eid: "in der ihm gnädigst anvertraueten Function, sowohl beim Civil=Etat, als Landes=Defension, sich redlich und ohnverweißlich aufzuführen, den ihm zu ertheilenden Ordren und Befehlen bei allen vorkommenden Begebenheiten, attaquen, Kriegsexpeditionen zu waßer und lande, wo Ihro Hochfürstl. Durchl. selbst zugegen, jederzeit mit hinansetzung leibes und lebens willigst zu geleben und standhafft auszuführen, auch kein quartier zu nehmen, es sey denn daß er durch tödtliche blessuren außer Stande gesetzet, sich zu defendiren, imgleichen denen Landes Eingeseßenen und Unterthanen auf ihr Seel und Gewißen einzuschärfen, wie sie schuldig, für ihren angebohrnen Landes=Fürsten und Herrn Guth und Bluth aufzusetzen, auch unaufhörlich dahin zu trachten, die Landes=Defension zum völligen Stande zu bringen, - - und bis an sein in Gottes Händen stehendes seliges Ende Sr. Hochfürstl. Durchl. getreulichst anzuhangen."
Paulßen hielt seinen Eid und war einer der wenigen, welche vom Anfange bis zum Ende zu dem Herzoge standen. Der Krieg im Lande mißglückte; der Herzog mußte weichen und am 9. Febr. 1735 nach Wismar entfliehen, wo er bis zum J. 1741 blieb. Paulßen hatte schon im J. 1734 seine Mobilien nach Wismar schaffen lassen und folgte dahin dem Herzoge, ihm "bis an sein Ende treulich" anhangend. Hier blieb er bei ihm bis in das J. 1738.
Da des Herzogs Lage sich nicht änderte, so trennte sich Paulßen von ihm, jedoch nicht in Unfrieden, und nahm seinen Wohnsitz zu Grevismühlen, wo er wahrscheinlich aus der Zeit seiner Administration her Bekannte und Freunde hatte.
Das herannahende Alter mußte Paulßen über seine Lage besorgt machen. Während seiner zwanzigjährigen Dienstzeit hatte er nach seiner Behauptung keinen einzigen Heller, weder an Gehalt, noch an Reisekosten, bezahlt und ersetzt erhalten. Am 6. April 1739 liquidirte er bei dem Herzoge eine Forderung von 31,380 Thlr. 36 ßl. an Rückständen, deren Rechtmäßigkeit er
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jedoch großen Theils nicht beweisen konnte und nicht bewies, da ihm "seine Papiere beim Einrücken der hannoverschen Truppen durch den Obristlieutenant v. Bassewitz auf Walmstorf abgenommen" seien.
Er mußte jedoch aus dem Schiffbruche etwas gerettet haben, da er doch noch ein Haus machte und sich zum zweiten Male verheirathete. Im J. 1741 hatte er sich mit des Canzleiraths Scheffel Wittwe, Maria Elisabeth geb. Kröpelin, verlobt und bat am 26. Julii 1741 den Herzog Carl Leopold, weil "seine böse Tochter alle Vordrießlichkeit beim wismarschen Magistrat suche," um Erlaubniß, daß der Prediger zu Mulsow ihn kopuliren könne. Am Tage darnach erhielt er eine Dispensation vom öffentlichen Aufgebot und die Erlaubniß, sich an dem Orte im Lande, wo es seinen Umständen am convenabelsten sein möchte, copuliren zu lassen." Paulßen hatte seine Bitte von Dömitz datirt und war wahrscheinlich selbst zum Herzoge gereiset.
Noch am 1. Nov. bat er von Grevismühlen den Herzog Carl Leopold, daß er dem Herrn v. Sala auf Bellin, der ihn zu Grevismühlen besucht habe, die Erlaubniß geben möge, zwei Juden zum Tabackpflanzen zu Bellin ansetzen zu können, mit dem Bedauern, daß er dem Herzoge nicht persönlich aufwarten könne, da er alt und schwächlich geworden sei; er bat ferner, der Herzog möge ihm ein kleines Pferd geben für den Hengst, den er an die Reiterei habe abgeben müssen, da der Arzt ihm eine Motion angerathen habe.
Schon am 14. Febr. 1748 nach des Herzogs Carl Leopold Tode (28. Nov. 1747) bat er den Herzog Christian Ludwig um Berichtigung seiner Forderungen, worauf er ("Kammerrath Paulßen zu Grevismühlen") zum Bescheide erhielt, daß er erst die Verfertigung des Inventarii über des Herzogs Nachlaß zu erwarten habe. Paulßen erhielt aber eben so wenig Geld und Aussicht, als alle übrigen Gläubiger Carl Leopolds.
Paulßen starb am 29. Jan. 1753 einen sanften Tod zu Grevismühlen und ward dort begraben. Er hinterließ seine zweite Frau als Wittwe.
Der "verstorbene Kammerrath Christian Hindrich Paulßen hatte einen Sohn Carl Leopold von Leunbach geborner Paulßen, welcher unter diesem Namen von dem Könige von Dänemark (am 19. Julii 1765) geadelt 1 ) war", im
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J. 1766 zu Weyle in Jütland als Major bei dem jütischen geworbenen Dragonerregiment stand und späterhin General=Major ward. Dieser bat am 27. Oct. 1766 um Berichtigung der liquidirten Forderungen seines Vaters, die ihm als väterliches Erbtheil statt 60,000 Thlr., die sein verstorbener Vater in meklenburgische Dienste aus Holstein mitgebracht habe, übrig geblieben seien. Diese Bitte blieb, wie viele andere dieser Art, unbeantwortet, da die Schulden des Herzogs Carl Leopold aus seiner nicht anerkannten Regierung auch nicht anerkannt wurden.
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:
Ueber
den beabsichtigten Uebertritt
des
zur katholischen Kirche,
von
G. C. F. Lisch.
I n der von mir zur Feier der Vermählung unsers Allerdurchlauchtigsten Großherzogs am 3. Nov. 1849 herausgegebenen Schrift: "Graf Heinrich 24. Reuß zu Köstritz und Herzog Carl Leopold von Meklenburg=Schwerin" habe ich S. 14 flgd. den beabsichtigten Uebertritt des Herzogs Carl Leopold zur katholischen Kirche dargestellt. Die Hauptunternehmung auf den Herzog geschah im J. 1715, als der Kaiser den Abt Gottfried von Göttweih als Missionair zur Bekehrung abgesandt hatte. Diese Mission eines berühmten Prälaten endete zwar fruchtlos, blieb aber doch die Grundlage des ganzen Bekehrungswerkes für längere Zeit. Der Herzog sandte den Prälaten mit großer Danksagung zurück und erklärte dabei, "er habe noch eine oder andere dubia, zu deren Nachdenkung er noch Zeit gebrauche". Wie weit aber die Sache damals eigentlich gedieh, lag bisher nicht klar vor. Dies läßt sich aber jetzt durch eine spätere Entdeckung genau nachweisen. Im J. 1836 fand ich in einer ganz dunkeln Dachkammer des Residenzschlosses zu Schwerin einen kleinen, mit künstlich gearbeitetem Eisenwerk beschlagenen Koffer, dessen Schloß nur durch eine verborgene Feder geöffnet werden konnte. Nachdem die Art der Oeffnung entdeckt und der Koffer geöffnet war, fand es sich, daß
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er ganz mit Papieren des Herzogs Carl Leopold gefüllt war: er enthielt das geheime Hausarchiv des Herzogs. Der hochselige Großherzog Friedrich Franz I., der schon auf seinem Sterbebette lag, hatte hievon gehört und ließ sich jede Woche ein geordnetes Bund von diesen interessanten Acten nach Ludwigslust schicken und las sie mit der größten Theilnahme durch; es war die letzte wissenschaftliche Thätigkeit dieses so vielseitig gebildeten und lebhaften Fürsten. Unter diesen Acten befand sich auch das ausgearbeitete katholische Glaubensbekenntniß des Herzogs Carl Leopold, das sich nach den jetzt vollbrachten Studien genau bestimmen läßt und das ich hier wegen seines großen Interesses im Nachfolgenden mittheile.
Das vollständig und im Einzelnen ausgearbeitete Glaubensbekenntniß Nr. I ist von der Hand des Abtes Gottfried von Göttweih, also ohne Zweifel im J. 1715, geschrieben, eben so der Revers Nr. II, den der Herzog unterschreiben und untersiegeln sollte, was der Prälat durch C. L. und (L. S.) selbst angedeutet hat. Um diese beiden Papiere ist ein Bogen geschlagen, auf welchen der Herzog Carl Leopold eigenhändig das Bekenntniß Nr. III, geschrieben hat: daß er die Glaubenspuncte in Nr. I ganz unwidersprechlich zu halten und öffentlich zu bekennen glaube, sobald der Prälat von Göttweih (den der Herzog: Prelat von Kettwein nennt) ihm seine wenigen Scrupel benehmen werde. Diese Scrupel bestanden vorzüglich in dem Genusse des Abendmahls in Einer Gestalt, da der Herzog, der nach den Erzählungen des Geheimen Raths J. P. Schmidt in dem fast täglichen Genusse des Abendmahls nach lutherischem Ritus die vorzüglichste Beruhigung für sein Gewissen fand, für seinen Uebertritt immer die Beibehaltung des Genusses des Abendmahls unter beiderlei Gestalt zur Bedingung machte. Daher ist den Originalen der nachfolgend mitgetheilten Actenstücke auch noch in Abschrift beigelegt eine weitläuftige und sehr gelehrte aus den Kirchenvätern begründete "Questio oder Frag, ob in der ersten christlichen Kirche das heilige Abendmahl auch unter einerlei Gestalt sei ausgetheilt worden", deren Beantwortung natürlich für den Genuß des Abendmahls unter einer Gestalt ausschlägt, "angesehen unter einer gestaldt allein der ganze unzertheilte Christus mitt Gott= und Menschheit, mitt Leib und Seel, mit Fleisch und Bluet, alß die Einzige Brunquell aller göttlichen gnaden und des Ewigen Lebens empfangen und genossen wirdt; das aber aus der ganzen heyligen Schrifft kein gebott Gottes, beyde gestalten zu empfangen, probirt werden könne; Item daß der jenige, welcher das H. Abendmahl nur unter einerley gestalt
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geniesset, eben dasjenige und nicht Mehrers bekomme, alß wan er sollches unter zweyerley gestalten empfangen hette, ist in denen gehaltenen Glaubens=Conferentzen genungsamb erwiesen worden; deme noch hinzu kommet, daß der Catholische durch einen ordentlig hierzu geweiheten Catholischen Priester den wahren Christum empfange, da der Herr Evangelische von seinem Praedicanten, alß der eben so wenig gewaldtt hatt zu absolviren oder zu consecriren, alß ein jeder gemeiner schuster oder schneider, schändllich hinter das Licht geführet wirdt, undt da er unter denen beyden gestalten mehr als der Catholische zu empfangen glaubet, anstatt Christi Leib und bluets, aus Abgang des Rechtmässigen gewalts zu consecriren, nichts alß Brodt und Wein bekommet".
Im J. 1725 nahm der Hauptmann Paulßen, der damals als Abgesandter des Herzogs in Wien lebte (vgl. oben S. 143 und 146), die Verhandlungen mit dem Prälaten von Göttweih wieder auf, freilich auch dies Mal ohne Erfolg.
Der bedeutendste Erfolg aller Verhandlungen mit den Katholiken blieb die Stiftung der nordischen Jesuiten=Mission 1 ) oder, was gleich ist, der katholischen Kirche in Schwerin. Ueber diese von mir geschilderte Mission und deren Stiftung giebt mir der Herr v. Olfers zu Berlin, General=Director der königl. preußischen Museen, folgende authentische und berichtigende Mittheilung: "Die " "nordischen Missionen" " sind eine Stiftung des Bischofs Ferdinand v. Fürstenberg von Münster und Paderborn (1661, † 1683), bestehen noch unter dem Namen Missiones Ferdinandeae und dienen zur Anstellung armer katholischer Pfarrer oder Missionaire, wie sie genannt werden mußten, als gegenseitige Unduldsamkeit herrschte. Dem Jesuiterorden waren sie vom Stifter übergeben, nicht aber einverleibt, und haben ihn daher überlebt. - Der Weihbischof Twickel zu Hildesheim war kein Jesuit und konnte es auch nicht sein".
Ueber die kirchliche Stellung des Herzogs Carl Leopold giebt der Geheime=Rath Johann Peter Schmidt in seinem handschriftlichen Nachlasse folgende merkwürdige Ueberlieferung. J. P. Schmidt, ein sehr hochverdienter Staatsmann und Forscher der meklenburgischen Geschichte, war ein jüngerer Zeitgenosse des Herzogs, 1707 geboren, 1736-1750 Professor der Rechts=
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gelehrsamkeit zu Rostock und 1750-1790 Regierungsrath und später wirklicher Geheimer=Rath und Minister. Er war einer von den Männern, welche in höchster Ehrenhaftigkeit an der Schwelle einer neuen, bessern Zeit standen und diese selbstthätig mit ordneten. Die ältere Generation vor ihm, vom Anfange des vorigen Jahrhunderts, steht sehr tief: wohin man blicken mag, überall wendet man sich vor der Versunkenheit und Flachheit der Charaktere mit Widerwillen, oft mit Abscheu weg, und es ist in der That ein wahres Labsal, wenn man einmal einen gesunden Menschen findet, wie Liscow es war. Das ganze Geschlecht des ersten Drittheils des vorigen Jahrhunderts ist durchaus verderbt und verächtlich. J. P. Schmidt hat daher bei seiner ernsten, tiefen Wissenschaftlichkeit ein richtiges Urtheil und bei seiner hohen Stellung sichere Quellen. Er sagt über den Herzog Carl Leopold:
"In Religions=Sachen hatte er eigene Meinungen, wohin eines Theils die bekannte Controversie von dem Reserval=Bekenntniß zu rechnen ist, andern Theils auch glaubte, daß er als summus episcopus in seinen Landen sich das Abendmahl verreichen könne, welches er denn fast täglich, wenn er sich zumal einer Sünde schuldig gehalten, aus seiner eignen Hand genossen hat".
Höchst interessant ist es, das Urtheil des Geschichtschreibers Franck, eines erfahrenen, wenn auch parteiischen Zeitgenossen, zu hören, das mit meinem, aus dem Studium der Original=Acten selbstständig gewonnenen Urtheile 1 ) fast wörtlich übereinstimmt; es war mir Francks Urtheil bis dahin entgangen. Mag Franck auch ein einseitiger Verfechter der Ritterschaft seiner Zeit sein, so tritt er doch in seinem Urtheile über Carl Leopold als ein vorurtheilsfreier und würdiger Geschichtschreiber auf. Er sagt in seinem Alten und Neuen Mecklenburg XVIII, S. 388 flgd.:
"Vierzehn Tage nachher (den 28. Nov.) starb der Hertzog Carl Leopold zu Dömitz, nachdem er 68 Jahr gelebet und bis ins 34. Jahr mit der grösten Unzufriedenheit seiner selbst und des Landes regiert. Ein Herr, bei dem so viel
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Seltenheiten zusammen kamen, als sonst nicht leicht in einer Person zu finden. Er war von schönsten Leibes=Gestalt, lang, grossen hellen Augen einer der ansehnlichsten Fürsten; doch leuchtete auch der Grimm aus seiner heroischen Gesichts=Bildung hervor; also daß er beym ersten Anblick mehr gefürchtet als geliebet ward. Von Gemüht war er mißtrauisch, unschlüßig und herschsüchtig im höhesten Grad, nahm keinen guten Raht an, auch nicht von den grössesten Potentaten. Suchte den Ruhm der Standhaftigkeit in einem übertriebenen Eigensinn. Er hätte der glücklichste Fürst seyn können, wenn er nicht alles auf einen unrichtigen Begrif von Regalien gewaget, wer ihm darin besser rahten konte, den hielt er für seinen Feind. Wer von seinen Hof=Bedienten nicht nach seiner Pfeife tantzen wolte, den prügelte er, wie der Polack seinen brummenden Bären. Von Jagd, Comödien und andern Lustbarkeiten hielte er wenig, sondern fand sein meistes Vergnügen in der betrüglichen Goldmacher=Kunst. Dem äusserlichen Gottesdienst war er zu Schwerin wenig, zu Wismar gar nicht, zu Dömitz aber sehr ergeben und wohnte ihm hier mit grosser Aufmerksamkeit bey. Die Geistlichkeit ließ er bey ihrer Freiheit, führte aber die Simonie ein. - - Zu Wismar hängete sich seine " "gnädige Frau" " an einen andern. Er war weder mit seinen Gemahlinnen, noch mit seinen Herren Brüdern verträglich. Hatte keinen Lehns=Erben, wie denn keiner von den dreyen bisher so wunderlich regierenden Fürsten in 90 Jahren einen Lehn=Erben getzeuget".
So war Carl Leopold. Es ist unmöglich, seinen Charakter zu verkennen. Man hat aber wohl gefragt, wie sich ein solcher Charakter entwickeln konnte. Es ist allerdings interessant, dies zu wissen. Die Entwickelung seines Charakters lag theils in der bodenlosen Verderbniß der Zeit, der Ludwig XIV. und XV. von Frankreich, deren Saaten wir zum Theil heute noch ärnten, theils in einer nicht zu verkennenden sonderbaren Naturanlage, theils aber in seiner Erziehung; der Baron von Eichholz sagt: "Gott mögte es des H. Hertzogs Frau Mutter vergeben, daß sie so sehr schlechte Sorge für ihres H. Sohnes Erziehung getragen". Es wäre aber schlimm, wenn alle Handlungen durch äußere Umstände entschuldigt werden sollten; dann wäre Alles recht und wohlgethan und die Gerechtigkeit überflüssig in der Welt. Des Herzogs Brüder waren doch anders!
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Anlage.
Katholisches
Glaubensbekenntniß
des Herzogs Carl Leopold.
I.
Ich glaube mitt steifen undt festen glauben undt bekenne offentlig alle undt iede stück, so in dem Christligen glauben, den die heylige Römische Kirche auf diese weise gebrauchet, verfasset seindt, nemlich:
1) Ich glaube in einem gott Vatter allmächtigen schöpfer himmels undt der Erden, aller sichtbaren undt unsichtbaren Dingen undt in einen herrn Jesum Christum den eingebornen Sohn gottes, aus dem Vatter gebohren von Ewigkeit, gott von gott, liecht von liecht, einen wahren gott vom wahren gott, gebohren undt nicht erschaffen, gleicher Substanz undt wesen mitt dem Vatter, durch ihn seindt alle Dinge erschaffen. Der umb uns menschen, undt unsers heyls willen, von dem himmel gestiegen ist, undt hatt durch den heiligen geist aus Maria der Jungfrauen fleisch an sich genommen, und ist mensch worden. Er ist auch für uns unter Pontio Pilato gekreuziget worden, hatt gelitten undt ist begraben, undt am dritten tage laut der heiligen schrifft wiederumb auferstanden. Er ist gen himmel gefahren, sizet zur rechten gottes des Vatters, und wirdt wiederumb kommen mitt herrligkeit zu richten die lebendige undt die todte, dessen Reich kein endt wirdt sein. Ich glaube auch in den heiligen geist, einen herrn undt lebendigmacher, so von den Vatter undt dem Sohn ausgehet, der sambt den Vatter undt sohn zugleich wirdt angebettet undt verehret, der geredett hatt durch die propheten. Ich glaube auch eine einige heilige, Catholische und Apostolische Kirche; Ich bekenne eine tauffe zu vergebung der sünden, undt erwarte die Auferstehung der todten undt ein leben der künfftigen Zeit Amen.
2) Die Apostolische= undt Kirchensatzungen sambt allen anderen ordnungen undt gebräuchen der Kirchen lasse ich zu undt nehme sie festiglich ahn.
3) Item die heilige schrifft verstehe ich undt lasse sie zu in undt nach dem vorstandte, welchen hält undt bishero gehalten
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hatt, die Kirche, unsere heilige mutter, der da zugehöret von dem rechten Verstandte undt auslegung der heiligen schrifft zu urtheilen undt dieselbe will ich auch nimmermehr anderst, als nach dem einhelligen Verstande der heiligen Vätter annehmen undt auslegen.
4) Ich bekenne auch, das wahrhafftig undt eigentlig sieben Sacrament des neuen gesäzes seyen, von Christo Jesu unserm herren eingesezet und zur seeligkeit menschligen geschlechts (wiewohl nicht allen menschen alle zugleich) nothwendig: als nemlig die tauffe, firmunge, das Sacrament des Altars, die Busse, lezte öhlunge, die priesterweihe undt die ehe: undt das die Sacrament dem menschen gnade mittheilen: auch das aus denen die tauffe, firmung undt die priesterliche weihung ohne gotteslästerung undt schwere sünde nicht mögen wiederholet werden. Ich nehme auch an undt lasse zu alle gewöhnlige undt bewehrte gebräuche der katholischen Kirche, die sie bey öffentliger Darreichung dieser hochermelten heiligen Sacramenten gebrauchet.
5) Dessgleichen nehme ich auf undt ahn, alles sambtlig undt sonderlich, was von der Erbsünde undt rechtfertigung des sünders im heyligen allgemeinen Cencilio zu Trient erklähret undt beschlossen worden ist.
6) Ich bekenne auch zugleich, das in dem hochheiligen ambt der messe, gott dem herrn ein wahres, eigentliges undt versöhnliges opfer für die lebendige undt todte aufgeopfert werdte. Das auch in dem allerheiligsten Sacrament des Altars wahrhafftig leiblich undt wesentlich sey leib undt bluet, mitt seel undt gottheit unsers herrn Jesu Christi, undt das die ganze Substanz des brodts in den leib, undt die ganze Substanz des weins in das bluet Christi werwandelt werdte, welches die allgemeine Kirche eine Verwandelung einer Substanz in die andere nennet.
7) Ich bekenne das auch unter einer ieden gestalt allein der unzertheilte Christus undt das wahre Sacrament seines frohnleichnams genossen undt empfangen werde.
8) Ich halte festiglich dafür, das ein fegfeuer seye undt das denen seelen, so darinnen verhafftet, durch die Fürbitte, allmosen undt andere gottseelige wercke der gläubigen geholffen werde.
9) Dessgleichen, das man auch die liebe heilige, so mitt Christo regieren, ehren undt anruffen solle, und das sie auch gott für uns bitten; darzu auch das ihre heiligthumb in ehren gehalten sollen werden.
10) Ich bekenne beständtlig das man die bildnussen Christi, der mutter gottes allzeit Jungfrauwen, undt anderer lieben heiligen haben undt behalten, auch denenselben gebührende ehre undt reverenz (um das so sie uns fürhalten undt fürbilden) erzeigen solle.
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11) Ich glaube auch für gewiß, das Christus den gewalt des ablass in der Kirchen gelassen habe, undt das dessen gebrauch dem Christlichen volck hochnüzlich und heylsam seyn.
12) Die heilige Catholische und Apostolische Römische Kirche erkenne ich als eine mutter undt meisterin aller anderen Kirchen.
13) Vndt dem Römischen bischoff, als des heyligen Petri, Fürsten der Apostel Nachkömlinge, undt Christi Jesu statthalter, gelobe undt schwehre ich wahren gehorsam.
14) Item alle andere stücke, so von denen heyligen Kirchengesäzen und allgemeinen Concilien undt fürnemlich von dem Tridentinischen Concilio verordnet, nehme ich ungezweifelt ahn: hergegen aber alle Irrthümer undt Kezereyen, welche von der Kirchen verdammet, verworffen undt verfluchet sein, dieselbe verdamme, verwerffe undt verfluche ich gleichfals.
15) Diesen wahren allgemeinen glauben, ausserhalb welches niemandt seelig kan werden, den ich da gegenwärtig, freywillig offentlig bekenne undt wahrhafftig halte, denselben will ich auch mitt gottes hülffe bis ahn mein leztes Ende ganz unverletzt undt beständiglig halten und bekennen. Ich will auch, so viel mir möglig, allen fleiss anwenden, damitt dieser glaube von meinen unterthanen oder von denen, welche meiner sorge befohlen seindt, gehalten, gelehret undt geprediget werdte.
Von der Hand des Abtes Gottfried von Göttweih.
II.
Dies Catholische glaubensbekentnus erkenne ich in gottes wort festiglich gegründet undt die wahrhafftige undt alleinseeligmachende zu sein, bin auch bereit, auf allergnädigstes guetbefinden Ihre Kayserl. undt Königl. Catholischen Maiestät selbige mitt hertz undt mundt öffentlig zu bekennen.
Von der Hand des Abtes Gottfried von Göttweih.
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III.
Diese obengeschriebene glaubens puncten, glaube ich gantz unwiedersprechlich, unverwirt und unverletzt zu halten und mein glaubens bekentnis öffentlich zu bekennen, so bald der Hr. Prelat von Kettewein die mir vorsprochene noch wenige Scrupel völlig benehmen, und Jhro Kaiserl. und Königl. Cathol. Mayst. es allergnädigst guht finden werden.
Von der Hand des Herzogs Carl Leopold.
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Auszug aus dem
Tagebuch
vom Jahre 1698
bis
zum Schlusse des Neustädter Friedens,
aus dem Russischen Originale übersetzt,
so nach denen
im Archive
befindlichen
und von
Seiner
Kayserlichen Majestät
eigenhändigen
ergänzten Handschriften
gedruckt worden.
Berlin und Leipzig, bei G. J. Decker, 1773.
Vorbericht
des Russischen Herausgebers.
D ie Thaten Peters des Großen sind so glänzend gewesen, daß gleich nach dem Tode desselben, mehrere Schriftsteller in verschiedenen Sprachen, die Erzählung derselben unternommen haben.
Da es aber großen Geistern eigen ist, den Ruhm ihres Gleichen zu befördern: so haben auch Ihro Majestäten unsere Allerdurchlauchtigste Beherrscherin, zu der Menge von Beschäftigungen die Sie dem Besten des Staats widmen, noch diese hinzugefügt, die
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Thaten Peters des Großen bekannt zu machen. Dieselben haben mich in dieser Absicht mit dem Auftrage beehret, die Cabinets=Archieve dieses Kaysers zu durchsuchen; und wie glücklich schätze ich mich nicht denen Absichten Ihro Majestäten ein Genüge leisten zu können.
Ich habe ohne Aufschub diese Beschäftigung angefangen. Meine Bemühungen sind sehr gut belohnet, und meine Neugierde ist völlig befriediget worden. Denn ich habe ausser verschiedenen in diesen Archieven gefundenen Briefen, auch das Tagebuch Peters des Großen während denen Kriegen gegen die Schweden entdeckt. Dieses Tagebuch fängt mit dem Jahre 1698 an, und endiget sich mit dem Neustädter Frieden. Es war dasselbe mit einer sehr großen Anzahl von Briefen begleitet; so zur Verfertignng desselben gedienet haben.
Peter der Große, der wol wuste, daß die Handlungen der Regenten, öffters sehr unvollkommen der Nachwelt überliefert werden, selbsten in denen Ländern wo die Wissenschaften schon tieffe Wurzeln gefaßt haben, und wo eine Menge von Gelehrten durch ihre beständige Arbeiten die Welt bereichern; es sey nun durch neue Erfindungen, oder durch Beschreibung derer zu ihren Zeiten sich ereignenden Begebenheiten; glaubte daher, daß seine eigenen Handlungen eben dieses Schicksal zu befürchten hätten, fürnehmlich in einem Lande, in dem nur von seinen Zeiten an die Wissenschaften sich zu verbreiten angefangen haben, und in dem die alten Vorurtheile noch viele Gemüther beherrschen.
Dieser große Monarch, der dieses Uebel voraussah, befahl ein Tagebuch seines Lebens, vom Anfange des Krieges gegen die Schweden bis zum Ende desselben zu verfertigen, und verbesserte in der Folge dieses Tagebuch an vielen Stellen mit seiner eigenen Hand. Es befinden sich acht unabgeschriebene Handschriften in denen Archieven, von denen fünfe durch ihn selbsten wieder durchgesehen worden sind.
Der Lebenslauf dieses unsterblichen Kaysers endigte sich aber vor der gänzlichen Durchsehung dieses Werkes, und es war von demselben nur der erste Theil, so bis 1715 gehet, zu Stande gebracht. Ihro Majestäten die Kayserin Catharina, die Gemahlin Desselben, befahl den Druck davon, wie man solches aus dem, dieser Handschrift beygefügtem Titel ersehen wird. Man weiß aber die Ursache nicht, warum solcher unterblieben ist. - -
Petersburg, den 21. August 1770.
Fürst Michael Schtscherbatow.
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Vorbericht
des deutschen Uebersetzers.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinerich haben das russische Original des Tagebuches aus Petersburg mitgebracht. Da es nun gewöhnlich ist, daß sich große Helden gerne mit großen Thaten zu unterhalten pflegen: so wünschten auch Se. Königl. Hoheit das Tagebuch Peters des Großen in einer französischen Uebersetzung lesen zu können. Der Herr Geheimerath Formey vermochte daher einen jungen verdienstvollen russischen Officier, den Herrn Simon von Schtschepotieff, der sich zur Erweiterung seiner Kenntnisse hier aufhielt, zu einer französischen Uebersetzung, die unter der Aufsicht des Herren Geheimerathes verfertiget; durch denselben mit aller Genauigkeit durchgesehen; und in Absicht der Schreibart, weil die französische Sprache dem Herrn Uebersetzer nicht völlig geläufig war, verbessert wurde. - - -
Der Verleger dieser französischen Uebersetzung glaubte, daß eine nach der französischen verfertigte deutsche Uebersetzung nicht überflüssig sein würde. Ich entschloß mich daher zur Uebernehmung derselben, und schmeichele mir, daß man in dieser deutschen Uebersetzung, die französische deutlich und völlig ausgedrückt finden wird. Hätte ich eine Kenntniß der Rußischen Sprache; so würde ich meiner Uebersetzung noch mehrere Vollkommenheiten zu geben gesucht haben; so aber habe ich mich blos damit begnügen müssen, daß ich die, in der französischen Uebersetzung unrichtig angezeigten Nahmen, zu berichtigen gesucht habe. - -
Berlin, den 20. August 1773.
1712.
Der König von Pohlen speisete mit allen Generals und Ministern bey Sr. Majestät, worauf Se. Majestät zum Gebrauche derer Wasser nach Carlsbad abreiseten.
Dieselben gingen durch Anclam, und die Brandenburgischen Städte, Prentzlow, Templin, Oranienburg, und andere, und kamen den 30. zu Berlin an, woselbsten Sie sich zwey Tage aufhielten; den König von Preußen sahen und alsdann Deroselben Reise über Potsdam und Belitz fortsetzten.
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Se. Majestät untersuchten hierauf die Festung, setzeten Deroselben Reise durch Leipzig und Borne fort; und traffen den 8. October zu Carlsbad ein.
Der Kayser hatte bereits von Wien zum Empfang Sr. Majestät den Graf Wratislaw, wie auch ein Bataillon Soldaten, um die Wache zu geben, dahin abgeschickt. Se Majestät verblieben hierselbsten bis zum 31. October und reiseten hierauf nach Töplitz.
Den 5ten reiseten Se. Majestät von Töplitz ab; bestiegen auf der Elbe von Dresden gesendete Schiffe, und brachten die Nacht auf dem Königsstein zu. Den Tag darauf kamen Dieselben zu Dresden an, und verblieben daselbsten, um sich nach dem Gebrauche des Brunnens auszuruhen, bis zum 14ten.
Von Dresden gingen Sie auf demselben Flusse bis nach Wittenberg, und kamen von da wieder nach Berlin, woselbsten Sie den 16ten eintraffen.
Se. Majestät begaben sich auf einer Jacht nach Charlottenburg, von dannen Sie auf denselben Abend wieder nach Berlin zurücke kehrten.
Den 20ten reiseten Se. Majestät des Morgens sehr frühe von Berlin nach Mecklenburg zu Deroselben Truppen, und kamen durch Oranienburg, Zehdenick und Templin. Da sich aber in diesen Gegenden schwedische Partheyen aufhielten, so wurden Se. Majestät durch ein Commando Preußischer Cavallerie begleitet und kamen glücklich zu Demmin an.
Den 28ten traffen Se. Majestät zu Lago ein, woselbsten das Hauptquartier war. Die Garde=Regimenter Preobraschenski und Semenowski waren an dem Orte selbsten, und die andern Regimenter in denen benachbarten Dörfern.
Den 30ten als an dem St. Andreas=Tage machte der König von Pohlen, und alle seine Generals Se. Majestät die Aufwartung. Zu gleicher Zeit wechselten Ihro Majestäten ihre gegenseitigen Orden aus. Se. Majestät bekleideten zuerst den König von Pohlen mit dem Andreas=Orden, worauf der König Sr. Majestät den seinigen gab.
Den 2ten December begaben sich Se. Majestät von Lago nach Güstro, und die Garden, so den Befehl hatten, dahin zu marschieren, kamen daselbsten noch denselben Tag an.
Den 5ten statteten Ihro Majestäten bei der verwittweten Prinzessin von Mecklenburg einen Besuch ab.
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Den 7ten erhielt man die Nachricht, daß der schwedische Feldmarschall Graf Steinbock seine unterhabende Truppen gegen Schwerin und Gadebusch zu marschieren ließe, und den Vorsatz hätte, die Dänen und Sachsen anzugreifen. Man sendete daher von Güstro Truppen ab, die sich mit denen Dänen vereinigen sollten; und Se. Majestät schrieben an dem Könige von Dännemark einen Brief, in dem Sie demselben anriethen, vor der Vereinigung keine Schlacht zu liefern.
Wehrend der Zeit verließ der König von Pohlen Güstro um sich nach Warschau zu einem Reichstage zu begeben. Nach desselben Abreise sendeten Se. Majestät Abgesandte nach dem Reichstage, um Deroselben Interesse in acht zu nehmen, und denen Pohlen vorzustellen, daß sie vermöge derer Tractaten Hülfstruppen gegen die Türken geben müsten, so den Krieg gegen Rußland erkläret haben sollten, und von denen die russischen Ambassadeurs Fürste Georg Trubetzkoi, und der Secretair Basilius Stepanow in ein Gefängniß gesetzet worden wären.
Den 8ten des Morgens verließen Se. Majestät Güstro und begaben sich nach Kriewitz zu Deroselben Truppen. Dieselben hatten zu dem Könige von Dänemark, um denselben zu bewegen, mit Lieferung der Schlacht noch einige Zeit zu warten, indem der Sucurs nur noch drei Meilen entfernt war, dreymahl Officiers geschickt, nehmlich die Officiers Narischkin, Moris, und Lewenwold.
Der König von Dännemark aber achtete hierauf nicht, sondern bestimmte sich zur Lieferung der Schlacht, durch die Intriegen derer Sachsen bewogen, so die Ehre des Sieges alleine davon tragen wollten.
Den 10ten waren bereits die sämmtlichen Truppen versammelt, und man hatte die Absicht aus Kriewitz ausrücken zu wollen; als man erfuhr, daß die Schlacht bereits angefangen wäre; und zwey Stunden darauf erhielt man aus Schwerin von dem Fürsten von Mecklenburg die Nachricht, daß die Dänen und Sachsen bey Gadebusch von denen Schweden wären geschlagen worden.
In dieser Schlacht führte der König von Dännemark die dänische Armee in Person, und die sächsischen Truppen der Feldmarschall Flemming an.
Noch an demselben Tage verließen Sr. Majestädt mit Deroselben Truppen, diesen übeln Nachrichten zufolge Kriewitz, um sich nach Güstro zurücke zu ziehen, und brachten die Nacht in Silau zu.
Den 11ten rückte man aus Silau aus und kam den Abend zu Güstro an, woselbsten man bis zum 19ten verblieb.
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Wehrend der Zeit erfuhr man, daß der Feind in das Holsteinsche gerücket wäre.
Der König von Dännemark sendete seinen General=Adjudanten Meyer an Se. Majestät ab, Dieselben zu bitten, ihm in dieser unglücklichen Verfassung beyzustehen, und bath sich mit Denenselben zu Neustadt, oder nahe bey eben dem Orte, eine Zusammenkunft aus, woselbsten Se. Majestät vor Dero Ankunft eine Schlacht zu liefern, so sehr wiederrathen hatten.
Ob nun gleich der König von Dänemark an seinem Unglücke selbsten Schuld war, so entschlossen sich Se. Majestät nach denen Obliegenheiten der Freundschaft und Bundesgenossenschaft dennoch, den Feind zu verfolgen; und die Regimenter bekamen daher den 19ten Befehl sich in Marsch zu setzen.
Se. Majestät ließen Deroselben Gemahlin nach Petersburg abreisen, und gaben Derselben ein Bataillon Garde zur Begleitung mit. Sie selbsten aber begaben sich um der erwähnten Zusammenkunft willen, nach Neustadt, woselbsten unsere Cavallerie stand; zu welcher Absicht auch Dieselben durch Parchen, Pinno und Grabo gingen, um welchen Oertern herum sich die dänischen Truppen befanden.
Se. Majestät gingen nach dem Schlosse von Grabo, die verwittwete Herzogin von Mecklenburg zu besuchen, und kamen von da nach Neustadt, wo sich der General=Leutenant Bauer mit der Cavallerie aufhielt. Sie traffen aber in keinem dieser Oerter den König von Dännemark an; dahero Sie sich sogleich zu Deroselben Truppen begaben.
Den 23ten des Morgens reiseten Se. Majestät nach dem Dorfe Pampof, so anderthalb Meilen von Neustadt ist. Hier befand sich der General Allart mit denen sächsischen Truppen, und hatte den General=Leutenant Bauditz bey sich, der die sächsische Infanterie anführte. Nicht weit von diesem Orte befand sich der dänische General=Leutenant Dewitz an der Spitze der Cavallerie. Unsere Truppen kamen auch dahin.
Noch denselben Tag begaben sich alle unsere Generals nach Pampof, und den Tag darauf, nämlich den 24ten, ward ein großer Krieges=Rath gehalten, in dem beschlossen wurde, daß sich Unsere Truppen, mit denen Dänen und Sachsen vereinigen, und den Feind verfolgen sollten.
Diesem zufolge musten die rußischen Infanterie=Regimenter über den Fluß Ster gehen; und Se. Majestät kamen nach dem Dorfe Pacendorf, so zwey Meilen von Pampof liegt. Die Nacht ward zu Goldenbau zugebracht, woselbsten man bis zum 31ten verblieb, um alle Schritte des Feindes, und welchen Weg er nehmen würde, zu beobachten.
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Sobalde man nun erfuhr, daß sich derselbe Hamburg näherte, und daß er Altona, eine dänische und Hamburg nahe gelegene Stadt, in die Asche gelegt hatte; so begaben sich Se. Majestät nach dem Dorfe Galin, und nahmen von dannen den Weg nach Hamburg.
1713.
Die Nacht vom 1sten Januar brachte man zu Milen, im Lüneburgischen, zu, so dem Churfürsten von Hannover zugehöret. Der Churfürste hatte an diesem Ort, um Se. Majestät zum empfangen, seinen Minister Fabritius geschickt, so bereits bei Denenselben zu Greifswalde gewesen war.
Den 2ten des Morgens reiseten Se. Majestät von dannen, und brachten die Nacht, nach Zurückelegung von drey Meilen, in dem Dorfe Treptau zu. Zu eben der Zeit ward man benachrichtiget, daß der Feind nach der Zugrundrichtung von Altona, nach dem Holsteinschem ginge.
Den 3ten kam Se. Majestät nach Hamburg, und verblieben bis zum 5ten daselbst. Die Truppen hatten in denen benachbarten Dörfern ihre Quartiere, um sich daselbsten mit Lebensmitteln zu versehen; so sie von denen Dänen erhielten.
Den 5ten verließen Se. Majestät Hamburg, und begaben sich zu Deroselben Truppen nach Wantzbeck, so eine halbe Meile von Hamburg entfernt ist. Hier verblieben Dieselben bis zum 9ten. Wehrend der Zeit gingen Sie auch nach Altona, um diesen, durch die Schweden zu Grunde gerichteten Ort, zu besehen.
Den 9ten verließen Se. Majestät mit ihren Truppen die Dörfer um Wantzbeck, und folgten dem Feinde ins Holsteinsche nach. Nach einem Marsche von zwey Meilen, traf man zu Olensburg ein, wo man die Nacht zubrachte.
Den 10ten verließ man Olensburg und blieb zu Bromstedt.
Den 11ten blieb man zu Neumünster.
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Gemahlin des Grafen Gerhard I. von Schauenburg und Holstein,
und
vermählte Gräfin von Wölpe,
von
G. C. F. Lisch.
B isher ist von Töchtern des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg noch nichts bekannt geworden. Wir verdanken dem Herrn v. Aspern zu Hamburg die Entdeckung einer solchen, und es ist die Pflicht, dieselbe in die meklenburgische Geschichte einzuführen; die Materialien liegen in v. Aspern Urkunden zur Geschichte der Grafen von Schauenburg, oder Cod. dipl. Schauenburg II, 1850, an verschiedenen Stellen.
Des Fürsten Johann I. von Meklenburg Tochter hieß Elisabeth und war des Grafen Gerhard I. von Holstein und Schauenburg (1239 † 1290) erste Gemahlin. Gerhard I. hatte zwei Gemahlinnen, welche bisher nicht bekannt waren.
Daß der Graf Gerhard I. zuerst eine Tochter Johann's I. des Theologen von Meklenburg zur Frau hatte, geht aus Detmar's Lüb. Chronik hervor, welcher zum J. 1263 beim Tode des Grafen Johann I. von dessen Bruder Gerhard sagt:
"De Ghert hadde knese Janeken dochter von Mekelenborch."
Aus dem weitern Verlaufe der Erzählung ist es nicht zu bezweifeln, daß der Graf Gerhard I. gemeint sei.
Der Hr. v. Aspern hatte ihr, durch mehrere verwandt=
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schaftliche Verhältnisse und unbestimmte Angaben geleitet, den Namen Luitgard gegeben; vgl. v. Aspern in Cod. dipl. Schauenb. II, S. 145 flgd. und 319 flgd. und in Nordalbing. Studien III, 2, S. 209, dem auch Lappenberg in Melchior Lorichs Elbkarte, 1847, Stammtafel der Grafen von Schauenburg, S. 138, folgt.
Hierauf hat aber v. Aspern durch Unterstützung des Herrn Landschaftsdirectors v. Hodenberg eine Entdeckung gemacht, welche ihren Namen bestimmt angiebt. Am 17. Aug. 1272 verkauften die Grafen Gerhard I. und Johann II. von Schauenburg unter Nennung aller ihrer männlichen und weiblichen Erben dem Kloster Marienrode 16 Hufen in Geinhausen (vgl. Cod. dipl. Schauenb. II, S. 229 1 ). An dieser Urkunde hangen 9 Siegel, welche der Hr. v. Hodenberg dem Hr. v. Aspern in getreuer Zeichnung mitgetheilt und dieser auf Tab. VIII. zum Cod. dipl. Schauenb. hat abbilden lassen. Es hangen an dieser Urkunde die Siegel aller in derselben genannten ausstellenden und zustimmenden Personen, außerdem aber noch das Nr. 5 abgebildete Siegel einer in der Urkunde selbst nicht genannten "Gräfin Elisabeth von Holstein", und zwar vor den Siegeln der Töchter des Grafen Gerhard I. Es läßt sich also, da die Siegel nicht nach dem politischen Range der Aussteller angehängt sind, annehmen, daß diese Gräfin Elisabeth in einem bevorzugten Verwandtschaftsverhältnisse zu den Töchtern des Grafen gestanden habe, muthmaßlich ihre Mutter gewesen sei. Das große, runde Siegel stellt nun eine auf einem (mit Hennenköpfen (?) an den Seitenlehnen geschmückten) Sessel sitzende Frau dar, welche in der rechten Hand einen Schild mit dem holsteinschen Nesselblatte und in der linken Hand einen Schild mit einem Stierkopfe hält, mit der Umschrift:
Dies ist nun ohne Zweifel die durch bloße Anhängung ihres Siegels zustimmende Gemahlin des Grafen Gerhard I. und "Knese Janeken" Tochter. Zwar fehlt dem Stierkopfe in der Abbildung das Halsfell, und es ist daher nicht ganz sicher, ob der Stierkopf ein meklenburgischer oder werlescher sei; aber theils kann bei so kleiner Darstellung das Siegel nicht ganz ausgedrückt oder erhalten sein, theils hat der Stierkopf auf den Siegeln des Fürsten Johann I. von Meklenburg, also auch muthmaßlich seiner Tochter, noch kein Halsfell. Daher nimmt v. Aspern in seinem Cod. dipl. Zusätze S. XXIII flgd. seine frühere Annahme, daß
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Johann's I. Tochter Luitgard geheißen habe, zurück und legt ihr, und zwar mit Recht, den Namen Elisabeth bei. Dies wird auch aus andern Gründen richtig sein. Die Gemahlin des Fürsten Johann I. von Meklenburg war Luitgard, Tochter des Grafen Poppo 1 ) von Henneberg, dessen Gemahlin Elisabeth hieß; nun legten die Aeltern ihren erstgebornen Kindern gerne die Namen ihrer Aeltern und nicht ihre eigenen Namen bei, so daß herkömmlich nicht Johann's I. von Meklenburg Tochter, sondern seine Enkelin den Namen seiner Gemahlin Luitgard führte. Der Name Luitgard kommt im hennebergischen Grafenhause seit alter Zeit viel vor.
Und wirklich stimmt dies wieder zu der Genealogie. Gerhard's ältestes Kind hieß wieder Luitgard, welche im J. 1265 mit dem Herzoge Johann von Lüneburg vermählt ward (vgl. v. Aspern in Nordalb. Studien, III, 2, S. 209.). Die zweite Tochter hieß, wie die Mutter, Elisabeth und war mit dem Grafen Burchard von Wölpe vermählt. Beide besiegeln auch die Urkunde vom J. 1272.
Das Siegel der Gräfin Elisabeth von Wölpe bestätigt ferner diese Genealogie und ist heraldisch sehr merkwürdig. Es ist ein großes, rundes Siegel, welches in der Mitte ein rundes Schild und umher zwei kreisförmige Bänder hat. Auf dem Schilde in der Mitte steht das Brustbild der Gräfin; an dasselbe stoßen drei Wappenschilde (in gleicher Entfernung von einander), welche mit dem obern Rande bis in den Rand der Umschrift reichen: oben steht der Schild der Grafen von Wölpe mit den zwei verbundenen Stierhörnern, unten rechts der Schild mit dem holsteinschen Nesselblatte, unten links der Schild mit dem (meklenburgischen) Stierkopfe: es sind also, außer dem Wappen des Gemahls, die Wappen beider Aeltern dargestellt. Diese drei Wappen wiederholen sich auf dem Siegel noch drei Mal, indem sie auf dem Bande zunächst um das Brustbild zwischen je zwei Schilden drei Male (ohne Schilde) dargestellt sind, und zwar immer verschieden, so daß immer ein anderes von den drei Wappenzeichen in der Mitte zwischen den beiden übrigen steht. Die Umschrift dieses Siegels lautet:
Uebrigens war Elisabeth ungefähr 1250 - vor 1280 mit dem Grafen Gerhard I. vermählt.
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Die Abstammung ergiebt denn folgende Uebersicht:
Es fehlt bisher noch an urkundlichen Bestätigungen dieses Verwandtschaftsverhältnisses; es werden sich jedoch bei näherer Aufmerksamkeit ohne Zweifel mit der Zeit Andeutungen finden, welche die im Vorstehenden mitgetheilte Entdeckung bestätigen werden. So bestätigt eine im königl. dänischen Archive zu Kopenhagen entdeckte Urkunde 1 ) ohne Zweifel die nahe Verwandtschaft des holsteinschen Grafenhauses mit dem meklenburgischen Fürstenhause von weiblicher Seite: am 1. Julii 1303 verpfändete der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg, der Enkel Johanns I. des Theologen, wahrscheinlich zur Regulirung des Nachlasses seines im J. 1302 verstorbenen Vaters, unter Beistimmung seines Vetters ("patrui nostri carissimi") Nicolaus von Werle, seinem Vetter ("avunculo nostro carissimo"), dem Grafen Gerhard II. von Holstein, mehrere im Klützer Orte, also nahe bei Holstein, belegene Güter, nämlich 12 Hufen in Rolofshagen, 17 1/2 Hufen in Stelshagen, 18 Hufen in Schmachthagen und 3 Hufen in Dunkersdorf. Der meklenburgische Fürst Heinrich nennt den Grafen Gerhard von Holstein seinen "avunculus", d.h. Vetter von weiblicher Seite. Das Wort avunculus wird in den frühern Zeiten stets von Verwandtschaft von weiblicher Seite gebraucht, etwa bis zur Mitte des 13. Jahrh. für: Oheim, nach dieser Zeit aber auch für Vetter, jedoch immer noch von weiblicher Seite her. Den Fürsten Nicolaus II. von Werle oder Wenden nennt
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Heinrich aber seinen "patruus" d.h. Vetter von männlicher Seite; denn so wird das Wort patruus in jener Zeit ausschließlich gebraucht.
Die folgende Stammtafel wird diese Verwandtschaft klar machen.
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Miscellen und Nachträge.
1.
Der Südervissingsche Runenstein.
Nachtrag zu Jahrb. XII, 1847, S. 123 flgd.
I ndem der Ausschuß des Vereins den neu entdeckten Runenstein von Südervissing in unsern Jahrbüchern in Abbildung mitzutheilen für wichtig genug hielt, ging er, trotz mancher geäußerter Bedenken, von der Ansicht aus, daß die Runeninschrift auf die älteste meklenburgische Geschichte einst von Einfluß werden könne und man daher dieses seltene Denkmal zur Prüfung und Benutzung mittheilen müsse.
Die Inschrift lautet in Uebersetzung:
"Tuva ließ diesen Hügel machen; sie war eine Tochter von "Mistiri", machte ihn nach ihrer Mutter, und war Harald Gormsson des Guten Frau."
Bei der Mittheilung der Abbildung des Runensteins und der sie begleitenden Abhandlung stellte ich schon in Jahrb. XII, S. 131 und 135, die Behauptung auf, daß nach den Zügen der Runen nicht, mit Cand. Thorsen, "Mistiri", sondern "Mistivi" gelesen werden müsse, und S. 124, daß "Tuva, Mistivi's Tochter" keine andere sei, als des Wendenfürsten Mistewoy Tochter.
Der erfahrne und sichere Worsaae, der alle dänischen Monumente genau kennt, liest in seinem Buche "Dänemarks Vorzeit", Kopenhagen, 1844, unabhängig von mir, ebenfalls Mistivi und kommt mit mir zu derselben Erklärung, wenn er S. 96 flgd. sagt:
"Bei Harald Gormssön können wir nicht umhin, an Harald Blaatand zu denken, und falls es bestätigt wird, daß hier seiner Erwähnung geschieht, so begegnen wir hier dem merkwürdigen Umstande, daß uns die Inschrift über eine bisher ganz unbekannte Sache
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Auskunft giebt, daß nämlich seine Frau Tuva geheißen habe. Der Runenstein fügt noch hinzu, daß Tuva eine Tochter von Mistivi gewesen sei, eine Aussage die in dem Falle doppelt merkwürdig sein würde, weil wir aus andern Quellen wissen, daß zu der Zeit ein wendischer Fürst Namens Mistivi gelebt hat, der im J. 986 Hamburg zerstörte. Harald mußte also in einem Verhältniß zu den Wenden gestanden haben, welches in politischer Beziehung nicht ohne Bedeutung für Dänemark sein würde."
G. C. F. Lisch.
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2.
Der schweriner Bischof
Albrecht von Sternberg.
(Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 168.)
Stephan Sternberg (1322 † 1352), in hohem Ansehen unter dem Kaiser Karl IV., ist Ahnherr der noch blühenden Sternberg in Böhmen. Stephan's Sohn Albrecht, den einige mährische Historiker mit seinem Oheim Jaroslav verwechselt haben, widmete sich, wie sein früh verstorbener Bruder Peter, dem geistlichen Stande. Früher Domdechant zu Olmütz, ward er 1358 (?) Bischof von Schwerin, lebte jedoch als einer der vertrauetesten Räthe Karl's IV. beständig an dessen Hofe. Im. J. 1364 erhielt er das Bisthum Leutomischel, im J. 1369 ward er durch päpstliche und kaiserliche Mitwirkung Erzbischof von Magdeburg und Primas des deutschen Reiches. Er starb am 14. Jan. 1380. Sein Neffe Peter ward, als Erbe des Oheims und Vaters, der Mächtigste der Barone von Böhmen unter dem Kaiser Wenzel.
(Nach v. Zedlitz Preuß. Adels=Lexicon Supplem. Bd. S. 435.)
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3.
Bischof Nicolaus Böddeker von Schwerin.
In Jahrb. X, S. 195, Nr. 6, hat der Herr Prof. Dr. Deeke zu Lübeck die Inschrift auf dem Leichensteine des schweriner Bischofs Nicolaus Böddeker mitgetheilt, welche interessante und sichere Lebensverhältnisse des Bischofs enthält. Der Herr Dr. Crull
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zu Wismar theilt nun folgende neu entdeckte Inschrift über denselben Bischof mit, welche jene Inschrift nicht nur bestätigt, sondern auch erweitert.
In der nordwärts am Thurme belegenen Kapelle in der St. Georgenkirche zu Wismar ist etwa in Menschenhöhe der Bogen, welcher durch die östliche Wand die Kapelle mit dem nördlichen Flügel verbindet, mit Stuck übergesetzt, sowohl an der einen, wie an der andern Seite. Links liest man darauf folgende Inschrift in acht Zeilen:
Die Inschrift wird oben, links und unten von einem rothen Streifen umzogen, und rechts von der Ecke der Wand begränzt. Gegenüber ist ebenfalls eine Inschrift, und zwar in lateinischer Sprache, wahrzunehmen, die, nach dem Anfange zu schließen, aber nur dasselbe besagt, wie die deutsche, und schon zum allergrößten Theile zerstört ist.
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:
4.
Ueber die Fehde
der
Meklenburger mit den Grafen von
Lindow=Ruppin
im J. 1358,
von
G. C. F. Lisch.
Um das J. 1358 muß eine Fehde zwischen den Herzogen von Meklenburg oder deren Vasallen und den Grafen Lindow gewesen sein. Es haben sich nach und nach drei undatirte, sehr versteckt gewesene Actenstücke im großherzogl. Archive zu Schwerin gefunden, welche unbezweifelt in diese Zeit fallen und wahrscheinlich dieselbe Begebenheit betreffen; da diese Begebenheit noch ganz unbekannt ist, so kann es zunächst nur Zweck dieser Zeilen sein, die darüber redenden Urkunden in der Urkundensammlung mitzutheilen und die Forscher auf den Hergang aufmerksam zu machen, über den sich vielleicht mit der Zeit noch andere Urkunden finden.
Diese Urkunden sind:
1) eine Klage 1 ) des ersten meklenburg=stargardischen Erblandmarschalls Ritters Henning Bere oder Behr darüber, daß ihm von dem Grafen von Lindow die Lieze, welche die Herzoge zu dem Erblandmarschallamte gelegt hatten, verwüstet und sein Sohn bei der Fehde erschossen sei; (auch Henning Bere muß eine Fehde geführt haben, da er noch im J. 1363 im Banne des Bischofs von Havelberg 2 ) war;)
2) eine Klage 3 ) der Grafen v. Lindow darüber, daß die Vasallen und Hauptleute der Herzoge von Meklenburg unter deren Banner kriegsmäßig in ihr Land gefallen seien;
3) eine Kostenrechnung 4 ) des Ritters Otto von Dewitz zu Gnoyen über Kriegszüge des Herzogs Albrecht von Meklenburg, dieser am Ende des J. 1358 Straßburg, Lichen, Zehdenick und Löwenberg ausführte.
Alle diese Thatsachen gehören wahrscheinlich zusammen und ereignen sich vielleicht gegen das Ende des J. 1358, in Folge des hartnäckigen Krieges um die Grafschaft Schwerin.
Besonders merkwürdig ist die Geschichte des ersten stargardischen Erblandmarschalls Henning Bere, der bald darauf das
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Erblandmarschallamt und damit das Land Lieze verliert. Sehr bemerkenswerth ist dabei, daß in Folge des Krieges um die Grafschaft Schwerin der verdiente meklenburg=schwerinsche Canzler Bertram Bere, welcher mit dem Erblandmarschall Ritter Henning Bere aus demselben stargardischen Hause mit drei Schwanenhälsen im Wappen stammte, in Ungnade fiel. Der Canzler schreibt in einem undatirten Briefe an den Herzog Albrecht:
"Gnedighe here hertoge Albrecht van Mekelenborg, dit ys myn antwerde iegen her Hinrik Stralendorpes schuldinge. - - - - Vortmer alz vmb dat he secht, dat ik em scole napet hebben mit den bosen worden, de ik sproken hebbe vmb de breue des greuen van Tekneborg, dar antworde ik sus to: Nicht allene vmb de breue, men vmb alle bose handelinge, de my toschouen wart iegen ju here hertoge Albert vnd iegen andere heren vnde dat gi my to eneme vngenedigen heren maket worden, dar sprak ik vmb alsodanege wort, myne ere to vorantwordende, dar ik van eren nicht swigen mochte".
Nach ihm, sicher im J. 1361, erscheint Mag. Johann v. Cröpelin, als Canzler.
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5.
Geschichtliche Notiz über
Burg Ranis
und die
Gefangenschaft des Fürsten Albrecht
von Meklenburg.
Vgl. Jahrb. XV, S. 48 und 173.
Kaiser Günther von Schwarzburg hatte von 1323 bis 1349 die Herrschaft Ranis im Besitz. Einen Beleg hierzu liefert folgende merkwürdige Thatsache.
Im Jahre 1342 sandte der König Magnus von Schweden seinen Schwager Albrecht, Herrn (nachherigen Herzog) von Meklenburg, zu dem Kaiser Ludwig dem Baier. Günther (damals noch Graf) hatte von seinem Vater einen Anspruch an das meklenburgische Haus ererbt, der vermuthlich die Wiedererstattung eines Darlehns betraf, und lange schon hatte er auf Gelegenheit gewartet, um die Erfüllung dieser von Albrechts Vater übernommenen Verbindlichkeit, zu welcher auch der Sohn sich nicht
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verstehen wollte, ernstlich fordern zu können. Ganz in dem Geiste der damaligen fehdelustigen Zeit, wo jeder das Recht des Stärkern geltend zu machen suchte, benutzte jetzt Günther Albrechts Reise, um zu seinem Zwecke zu gelangen. Während der Letztere, ohne Gefahr zu ahnen, ruhig seines Weges zog, überfiel ihn Günther bei dem Schlosse Blankenburg, 4 Stunden von Ranis, nahm ihn gefangen und brachte ihn auf seine Burg Ranis 1 ) in strenge Haft. Der Kaiser, der bald von Albrechts Gefangennehmung Nachricht erhielt, konnte dies Verfahren gegen den königlichen Abgesandten selbst an seinem Freunde, wie Günther es war, nicht billigen. Lange aber weigerte sich der Letztere, den Vorstellungen Ludwigs, Albrecht zu entlassen Gehör zu geben, und mehrere Monate mußte dieser in seiner Haft auf der Burg Ranis aushalten. Ob ihn Graf Günther endlich gutwillig auf freien Fuß gestellt habe, oder durch Gewalt dazu genöthigt worden sei, läßt sich nicht gewiß bestimmen. Wahrscheinlicher ist das letztere, und vermuthlich erhielt der Gefangene in Folge des thüringischen Grafenkrieges seine Freiheit wieder, der noch in demselben Jahre ausbrach, und in welchem unter andern auch der Graf Günther von dem Landgrafen von Thüringen besiegt wurde.
Vorstehende Nachricht ist wörtlich aus dem Wochenblatte des Ziegenrücker Kreises, Jahrgang 1822, entnommen. Sie wurde damals mitgetheitt durch den Amtsverweser L. Greischen, welcher die Archive von Ranis und der Umgegend genau durchsucht hatte. Gleichwohl ist der Nachricht kein historischer Beleg beigefügt, und alle Urkunden sind aus den Archiven verschwunden. Unter dem Volke hat sich aus früher Zeit die Erzählung dieses interessanten Vorfalles erhalten. Noch jetzt zeigt man auf der alten Burg Ranis das ritterliche Gefängniß, worin der Herzog in Haft gehalten worden sei. Es besteht aus einem ziemlich engen Gemach, worein das Tageslicht durch ein einziges, hoch angebrachtes Fenster fällt. Eine steinerne Treppe führt aus dem zweiten Geschoß in dasselbe hinab. Von einer zweiten Treppe, die vom innern Hofe aus zum Aufwärtssteigen dorthin diente, sind nur noch einige Spuren vorhanden.
Burg Ranis selbst ist wahrscheinlich zum Schutze des Christenthums, so wie zur Verdrängung der heidnischen Götter=
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verehrung, schon im 10. Jahrh. erbaut worden. Früher war die Stätte ein großartiges Heiligthum unserer nichtchristlichen Altvordern germanischen Stammes. Zeugniß dafür ergiebt vornämlich die westliche Seite des Schloßberges, die mit großartigen Felsenmassen überdeckt ist. Die Einhegung des alten Heiligthums ist in geringer Entfernung durch Felsblöcke bezeichnet. Ein ganz durch Felsen gehauenes Thor scheint in das Innere dieser germanischen Verehrungsstätte eingeführt zu haben, worin am Abhange des Berges mehrere alte Steinmonumente von verschiedener Construction in die Augen fallen. Schon im 12. Jahrh. kommt Ranis als reichsunmittelbare Burg vor. Im J. 1199 wurde sie von dem deutschen König Philipp dem Landgrafen Hermann von Thüringen als Belohnung dafür verliehen, daß derselbe die Partei dieses Königs ergriffen, und die seines Gegners, Otto IV., verlassen hatte. Bei dieser Gelegenheit wird Ranis schon Castrum genannt. Der Landgraf blieb jedoch nur kurze Zeit in diesem Besitze, denn als er bald darauf auf die Seite des Königs Otto übertrat, nahm Philipp ihm Ranis in einem Feldzuge wieder ab. Nach dem Tode Philipps, im J. 1209, verpfändete Otto IV. die Burg Ranis zugleich mit der Stadt Saalfeld für 1000 Mark Silbers an die Grafen Günther und Heinrich von Schwarzburg. Beide wurden im J. 1212 vom Kaiser Friedrich II. förmlich damit beliehen. Schon im 11. Jahrh. wurde Ranis in kirchlicher Hinsicht zu dem Sprengel des damaligen erfurter Diaconats Pößneck gezählt. Im J. 1424 verkauften diese Burg die Grafen von Schwarzburg an das sächsische Haus. Sie fiel in der Theilung zwischen den Söhnen des Churfürsten Friedrich des Streitbaren dem Herzoge Sigismund zu. Als aber 1437 dieser auf seinen Landestheil verzichtete, wurde Herzog Wilhelm Besitzer von Ranis. Er behielt es bis zum Jahre 1448. Oftmals verweilte der Herzog auf dieser Burg. Hier lebte er der Liebe zu der schönen Katharina von Brandenstein, deren väterliche Burg Brandenstein Ranis gegenüber lag. Als der Herzog nach dem Absterben seiner ersten Gemahlin sich mit derselben 1463 vermählte, schenkte er Ranis mit Zubehör seinem Schwiegervater Eberhardt von Brandenstein und dessen Sohn Heinrich erb= und eigenthümlich. 1571 kam Ranis durch Kauf von dem Hause Brandenstein an die Familie von Breitenbauch. Der gegenwärtige Besitzer desselben, Hr. Kammerherr und Landrath v. Breitenbauch baute sich 1840, nachdem er seine Grundstücke arrondirt hatte, in einiger Entfernung an, und die ehrwürdige Burg steht seitdem verlassen.
Noch prangt die Burg Ranis in voller Größe und dient der weiten Umgegend zum schönsten Schmuck. Der Bau selbst ist aus den verschiedensten Zeiten, vom 12. Jahrh. bis zum Ende
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des 16. zusammengesetzt. Eine Münzstätte, die unter den Grafen von Schwarzburg in Thätigkeit gewesen ist, findet sich noch ziemlich gut erhalten vor.
Ranis, Kreis Ziegenr?ck, Regierungsbezirk
Erfurt,
am 6. September 1850.
W. Börner, Dioaconus.
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6.
Urkundliche Nachricht über
einige der letzten Fehdezüge gegen
die märkischen Räuber in den Jahren
1447 und 1448,
von
G. C. F. Lisch.
Dith sind die schulde vnde tosprâke, die wie F[rederik] . . . . . . . . . . [marcgr]âue to Branndemborch vnd borchgrâue to Noremberge vnd vnse heren prêlâten . . . . . . . . . . . [der M]arcke vnd Prignitcz hebben to den hôchgebôrnnen forsten, vnnsen lîuen sweger[n] . . . . . . . [hern Hinrick dem] oldern vnd hern Hinrick dem iungern hertogen to Mecklenborch vnd forsten to Wenden . . . . . . . . . . . [vnd eren] vndersâten, so hîr nâ geschreuen steit vnd ôk . . . . . . . denn edder etlike vnnse mannschapp . . . . . . . . . . . . . . [Mar]ke ader Priggenitcz obgnand hîr na ore schul . . . . . . . . . ake alle offte eyn deil nicht hedden . . . . . . . . . . . . . . [der sul]uen schulde vnde clâge wille wie vnd die vnns[en vn]uorswmet syn, âne geuêrde.
Tôm îrsten geue wie marcgrâue Frederick obgnand schult vnd schuldigen den obgenanten vnnsen swâger hertogen Hinricke den iungern, dat hy wedder vnser beyder parten vorbuntniez, vorschrîuinge vnd freden in dem achtundvîrtigsten iâre in dem mynre talle nêchstuergangen vmme sunte Gallen dâge (Oct. 16.) mit sînen mannen, steden vnd vndersâten dorch sîne amptlûde, als nemliken ern Bernde van Plessen vnd Wedigen van Czulen mit hêrschitde vnd lôszgeschlâgen banren 1 ) vnnse lannde vnd vndersâten be-
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rôuet, beschediget vnd to grôtem, vnverwintliken schâden gebracht hefft vnd doch vnnse vorbuntnisse inholt, dat vunser eyn den andern nicht beschedigen scholde, sunder an rechte vnd fruntschapp na lûde der vorsegelden brêue dâr ôuer geuen genôgen lâten, dâran vnns an sodânnem vorbunntnisz vnde freden vast vngûtliken vnd to kort geschîn is, vnd bidden dârvmme to erkennen, wes recht sie.
Schâde die den van Priszwalk geschîn is.
Jd geschach dat die hertoge van Bart sande die sînen vôr Priszwalk vnd lyt nehmen achte dûsent schâpp, sôuen stîge kûge, eyn reysich pêrd van achte schogken, XIII plûchpêrde. Die hertoge was to deme Sture mit Hans Vlotowen, dâr sie frede mit hadden, vnd Hans Vlotow hadde dârmede: III knechte, Vicke Schonowen, Priczebure vnd Czernekow, olde Achim Vlotow mit sînen knechten, Thoniges Pren voget to der Nygenstadt mit XXX pêrden, Achim Plote vnd Hans Bickkatel hadden dâr to lêgen XXX pêrde, Ertmer Behr, hertogen Hinricks man van Stargard, hadde mit des hertogen hingest, den hy van Stulpenagel koffte, Wisscherupp, Claus Cziker, Bertold Schulte die wêren fûrer, item Reymer van Plesse wônhafftich to dem Hagen beyde sône, Leueczow, Philipps Prigenicz, Claws Vosz, Claws Kerckdorpp, beider hern van Mecklnborch man: to der reysen slûgen dusse êrbenômden mit eren helppern dôt XVIII manne, XXVII grêpen se, die schâde der vangen loppet vpp XX hundert gulden rinisch.
Id is geschîn dat hertogen Hinriks hoffgesinde vnd Wedige van Czulen to der tyd hôuetman wêren vor Wistock vnd grêpen den krûger Heyne Granczow van Dannewalde vnd nyhmen em vnd den andern bûren VII pêrde so gût alse XIIII schog.
Item die Flotowen nymen vôr Dalmyn âne XVII kvge
III schogk kvqweks vnd XII plûchpêrde vmme
Bartholomei (Aug. 24) anno domini
. XLVII°.
Item am donredáge nah Cantate (Mai 11) nyhmen Achim Briszke mit sîner sellschopp Hartwige van Retstorpp vôr Dudeschen Gokzkow V pêrde, don blêff Achim Briske dâr ôuer dôet.
Auf einer Original=Schadenserechunng im großherzogl. meklenb. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin. - Der "Herzog von Barth" ist
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der Herzog Barnim VIII. von Pommern. - Aus Vorgängen, wie der oben beschriebene, geht die große Wichtigkeit der Burg Stuer deutlich hervor; vgl. Jahrb. XV, S. 317 flgd.
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7.
Ueber das Mauerwerk des
Mittelalters
und das
Kalkbrennen auf der Baustätte.
Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 327 und 332.
In den Jahrb. XV, S. 327 ist bei der Beschreibung des alten Mörtels 1 ) nachgewiesen, daß im Mittelalter bei größern Bauten der Kalk auf der Baustelle gebrannt ward und vorzüglich darin größtentheils die Festigkeit des alten Mauerwerks zu finden sei. Es ist auch S. 332 ein Beispiel beigebracht: zum Bau des Schlosses zu Güstrow ward noch im J. 1559 der Kalk auf der Baustelle gebrannt.
Beim Studium der alten Stadtrechnungen werden sich gewiß noch mehr Beweise finden. Es liegen uns aber schon zwei alte, sehr interessante Beispiele mit großer Vollständigkeit vor und zum Theil sehr nahe.
Zum Bau des Domes zu Schwerin ward der Kalk unmittelbar neben dem Bau gebrannt. Der Dom zu Schwerin entbehrte lange Zeit eines Kreuzganges, ja er selbst ward erst spät in seiner jetzigen Gestalt vollendet, indem die Seitenschiffe erst im dritten Viertheil des 14. Jahrhunderts vollendet wurden. Früher konnte auch der Kreuzgang nicht an das Seitenschiff angebauet werden. Der erste Theil des Kreuzganges, das Refectorium 2 ), in welchem jetzt die Lehrzimmer des Gymnasii sind, ward erst im J. 1392 gebauet. Genau an der Stellt dieses Theils stand der Kalkofen zum Dombau. Am 26. Junii 1328 verkaufte das Dom=Capitel dem Vicar Rotger und seinen Nachfolgern (also zur Vicarwohnung) das Kalkhaus ("calkhûs") mit Hofftätte (area) und Haus, behielt sich jedoch das Wieder=
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kaufsrecht für den Fall vor, daß es ein Refectorium (dormitorium seu refectorium) bauen würde 1 ). Es ward also nach ungefähr 50 Jahren das Refectorium an der Stelle des Kalkhauses aufgeführt; unter Kalkhaus aber muß man ein Gebäude verstehen, in welchem ein Ofen zum Brennen und Gruben zum Löschen waren. Das Interessante hiebei ist nun, daß der Kalkofen noch vorhanden ist. Das Refectorium liegt hoch und hat tiefe Souterrains. In diesen tiefen und hohen Kellerräumen steht nun unter den Lehrzimmern des Gymnasii noch der Kalkofen. Es ist ein gewölbter Brennofen von ungefähr 20 Fuß Länge; in der Mitte des Fußbodens liegt der Länge nach ein Heizungskanal und nach oben hinaus geht der Rauchfang an einem Pfeiler hinauf; der Ofen ist so groß, daß ungefähr 50 Tonnen Kalk darin gebrannt werden können: man fand noch Reste von Kalk in demselben. Bei der vor mehreren Jahren vorgenommenen Restauration der Lehrzimmer entdeckte man dieses Bauwerk, das man sich damals nicht erklären konnte; der Zugang zu dem Ofen von außen her ward damals geöffnet, jedoch wieder zugemauert. Der Herr Bauaufseher Jantzen, ein zuverlässiger Mann, hat damals der Entdeckung und Untersuchung beigewohnt und mir diese sichere Mittheilung gemacht.
Ein anderes Beispiel ist das alte Schloß zu Plau. Im J. 1448 ward dem Lüdeke Hahn zur Unterdrückung der märkischen Raubfehden von dem Herzoge Heinrich von Meklenburg die Vogtei Plau anvertraut. Lüdeke Hahn fing sogleich an, das Schloß neu zu befestigen und neue Gebäude und Thürme aufzuführen, von denen noch ein Thurm und viele Befestigungswerke stehen. Auch zu diesen Werken ward der Kalk beider Baustelle gebrannt. In der plauer Amtsrechnung vom J. 1448 2 ) heißt es:
Dyt is dat Ludeke Hane hefft vthgeuen to Plawe.
Item tôme êrsten amme jâre XLVIII, do Ludeken Plawe wart antwerdet in sunte Bartholomeus dâghe:- - - - - - -
Item do Ludeke den kalk brochte van Malchin, do Marquard van Oldenborg myt em was.
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Item do Hans Hane 3 ) den calk brochte to Plawe.
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Item do Ludeke den kalk brochte, do Marquart van Oldenborg myt em was.
Item do Hans Hane den kalk brochte. -
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Dyt is dat kostet heft dat têghelwerck vnde de calk vnde têghelschûne.
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Item Swynghen Gronowen vnde Clawes Tessen to Ghartze XXII vôr calk to brekende to Styten (also Steinkalk) 1 ).
Item XX dûsent calkes to Malchin (also Mergel= oder Wiesenkalk), vôr wâterdreghent vnde strîkent XXV lub. marck.
Item Pyste III s. myn wen IIII mark vôr III ôuen calkes to bernende vnde III lutke vêrndêl.
Item Berchmanne II lub. mark vôr den calkâuen to mûrende vôr Plawe.
Der Kalk von Malchin, welcher nicht gebrochen, sondern "gestrichen" ward, ist Mergelkalk. Zwischen den Feldmarken der Stadt Malchin und des angrenzenden Dorfes Gielow, auf oder an der Grenze, an dem Hohen Holze, war eine "Mergelgrube" ("mergelgrôve" oder "mergelkule"). Diese war im J. 1540 streitig geworden, aber sicher hatten die Malchinschen die Gerechtigkeit, hier Mergel zu Mauerkalk graben zu lassen. So heißt es in einem Zeugenverhöre:
"Item offt nicht de Malchinschen de suluige mergelkûle vôrlangest vnde allerlangest tho der stadt nutte gebrûket vnde noch dâgelicks tho tzîr vnde thôme besten der stadt Malchin mûren, torne, kercken vnde clûse dâr vth gebetert vnde entholden werden, de ôck van olders vnde thôme ersten anfange dâr vth gebûweth worden yss?"
Von diesem Mergelkalk wird in dem Streite immer gesagt, daß er "gegraben" wird, und im J. 1539, daß "etlich kalck in der Mergelkule zu streichen befohlen" sei.
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8.
Der Kalkbruch zu Stieten.
In dem vorstehenden Amtsregister werden offenbar zwei Arten meklenburgischen Kalks aufgeführt: bei Malchin wird der Kalk "gestrichen", d.i. geformt, und nach Tausenden, nämlich ziegelförmiger Stücke, gezählt, ist also Mergel= oder Wiesenkalk; bei Stieten wird der Kalk "gebrochen", ist also Steinkalk. Dieser Kalkbruch, so wie das Dorf Stieten sind bis jetzt nur hier genannt. Die jetzt noch bestehenden Landgüter Stieten im Amte Sternberg und Stieten im Amte Grevismühlen werden nicht gemeint sein, da in der Gegend derselben kein Kalk vorkommt und beide zu weit von Plau liegen. Es wird also ein untergegangenes Dorf Stieten zur Frage stehen.
Nach den Urkunden und Acten des Archivs lag früher ein Dorf Stieten bei Gaarz, in der Pfarre Lütgendorf, nicht weit nördlich von Malchow. Hierauf deutet auch schon das plauer Amtsregister hin, indem die Arbeiter (Swinge, Gronow und Claus Tesse) zum Kalkbrechen aus dem Dorfe Gaarz genommen wurden.
Am 13. Dec. 1474 verkauften die Brüder Hermann und Martin v. Koß auf Teschow an die Brüder Joachim v. Linstow auf Linstow und Gerd von Linstow auf Gaarz für 1865 lüb. Mark die wüste "Feldmark zu Stieten" und ihren Hof zu Gaarz mit 8 1/2 Hufen (darunter auch Swinge's Hufe). Es war also schon im J. 1474 das Dorf Stieten wüst; vielleicht schon im J. 1448 da Lüdeke Hahn die Arbeiter zum Kalkbrechen aus dem Dorfe Gaarz nehmen mußte.
Am 19. Oct. 1593 "verkaufte der Schulze Claus Hegert zu Hagenow, an Gaarz grenzend, unter Zustimmung des Klosters Malchow, seiner Obrigkeit, an Levin v. Linstow auf Gaarz
"sein erbliches und eigenthümliches Stück Ackers auf dem Stiterfelde, bei dem großen Vorde, auf der linken Seite am Landwege, der da führet vom Dorfe Gaarz nach der Stadt Waren, für 125 Gulden",
und setzt ihm für den Fall, daß der Verkauf angefochten und Linstow dadurch Schaden leiden sollte,
"zum Unterpfande seinen andern erblichen und zugehörigen Acker auf dem Stiterfelde".
Noch im J. 1731 kommt die Feldmark Stieten vor, indem bei Anlegung einer Glashütte
"das Buchholz des Gutes Gaarz vom Stieter Camp und Lüttendorfer Scheide an bis zu der hagenowschen
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Scheide und so bis zum Gaarzer Krug und von da ferner bis zum Hofsee"
begrenzt wird.
Durch alle diese klaren Angaben wird die Feldmark Stieten genau bestimmt: sie ist die Feldmark des neuern Hofes Neu=Gaarz, seit dessen Anlage das Gut Gaarz den Namen Alt=Gaarz erhielt. Die Feldmark Stieten liegt zwischen Alt=Gaarz, Hagenow, Sophienhof und Kirch=Lütgendorf, an der östlichen Seite der Seenkette, an der Alt=Gaarz liegt, links an der Landstraße von Alt=Gaarz nach Waren, also auf der Feldmark von Neu=Gaarz. Hier steht an der Nordgrenze der Feldmark von Neu=Gaarz auf der großen schmettauischen Charte noch die Stitner Wiese (irrthümlich Stilner Wiese) verzeichnet.
Ohne allen Zweifel ist also die Feldmark von Stieten bei Gaarz gemeint, wo im J. 1448 Kalk gebrochen ward, obgleich Lüdeke Hahn zu Basedow selbst Kalklager besaß. Die ganze Gegend vom malchiner See bis zu den Flesen= und Cölpin=Seen zwischen Waren und Hagenow sind geognostisch sehr merkwürdig und reich; hier stehen an mehreren Stellen die Kreidelager zu Tage, die einen guten Kalk liefern und gegenwärtig ausgebeutet werden 1 ), z.B. zu Basedow, Glocksin, Neuhof, Moltzow, Marxhagen, Jabel, Nossentin und Sparow. Hiezu kommt nun noch der Kalkbruch von Stieten oder Neu=Gaarz, der bisher noch nicht bekannt gewesen ist.
Das Kalklager zu Neuhof
"den kalck vp dem felde tho dem Nigenhofe, also vele bôger so he licht in dem êrgenômeden felde"
verpfändete schon am 11. Nov. 1423 Claus Linstow, als Vormund der Kinder seines Bruders Hans auf Neuhof, dem Kloster Malchow (vgl. Lisch Urk. des Geschl. Maltzan II, S. 543).
Die Gegend um Lütgendorf wird nicht ohne Interesse sein. Im J. 1543 ward zu Liepen, westlich an Lütgendorf grenzend, ein fossiler Elephantenzahn in einer Mergelgrube gefunden (vgl. Jahresber. VIII, S. 89).
G. C. F. Lisch.
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9.
Der Wanzeberg.
In Jahrb. XI, S. 123 flgd. ist der Wanzeberg (das Kirchspiel Conow im Amte Dömitz) als eine merkwürdige geographische und geognostische Individualität geschildert. Bemerkenswerth ist, daß der Wanzeberg noch spät auch als politische Individualität, neben dem angrenzenden Kloster Eldena, vorkommt. In den Renterei=Rechnungen von 1544 heißt es:
Boringe an gelde:
vonn Michelis XLIII. bis auff michelis in das XLIIII. jhar.
LX Mk. vom ableger von der eldenow, am Dinstage nach Galli.
XLVIII Mk. V ß. ableger von dem Buren awff dem wantzenberge, eod. die.
Eben so heißt es in der Renterei=Rechnung von 15 44/45:
XLVII Mk. ableger vom wantzeberge.
XX Mk. ableger vom closter zwr eldenaw.
G. C. F. Lisch.
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10.
Die Ture.
Im Jahrb. XIII, S. 401 hat Ritter die interessante Nachricht gegeben, daß das Wort Tûre oder Tûr in den südlichen Gegenden des ehemaligen Landes Ture (jetzt: Amtes Lübz) an der preußischen Grenze noch jetzt allgemein im Gebrauche ist, namentlich von Haide= und Tannenstrecken. Dies wird durch das Vermessungs=Register der Feldmark Ganzlin von 1726 bestätigt, in welchem es z.B. heißt:
"Aufn Tur=Stücken von der Retzower Scheide bis an die Sturische 1 ) Scheide".
Außerdem kommen noch folgende auffallende Benennungen von Ackerstücken vor:
"Auf Mallaschen Stücken".
"Aufn Sablatschen."
"Aufn Zachelinschen Stücken von der sturischen Scheide an."
Es sind nämlich bei Ganzlin 2 alte Dörfer: Zechlin und Drosenow, untergegangen.
G. C. F. Lisch.
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11.
Ueber die Doberaner
Klosterdörfer
Wozezekendorf und
Albertsdorf oder Abtsdorf,
jetzt Zweendorf.
Die Dörfer Wozezekendorf und Abtsdorf kommen noch im J. 1530 unter diesen Namen vor. Als in diesem Jahre die Herzoge Heinrich und Albrecht den am 21. Mai 1298 an das Kloster Doberan verkauften krakower See von dem Kloster zurückkauften, verschrieben die Herzoge demselben 50 rheinische Gulden jährlicher, den Fürsten zukommenden Pächte aus bestimmten Dörfern des Klosters, nämlich der Herzog Heinrich die eine Hälfte der Pächte aus mehreren in der Vogtei Schwan, der Herzog Albrecht aus den in der Vogtei Bukow belegenen Klosterdörfern Abtsdorf (mit 6 Bauern) Woesszceßigendorf (mit 6 Bauern), Basdorf und Jörnsdorf.
G. C. F. Lisch.
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12.
Die Heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg.
Die Heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg (nach Jahrb. XII, S. 218 flgd.) ist im J. 1494 angefangen und im J. 1496 vollendet. Von den milden Gaben sollte 1/3 zum Bau und Dienst der Kapelle und nach der Vollendung an die Domkirche zu Schwerin, 1/3 an die Pfarre zu Sternberg und 1/3 an das Domstift zu Rostock kommen. Wie reich schon in den ersten Zeiten die Gaben flossen, beweiset eine Obligation 1 ) des Ritters Heinrich v. Plessen auf Brüel, als Vormundes des jungen Heinrich Smeker auf Wüstenfelde, vom 14. Sept. 1498, nach welcher schon damals das Dom=Capitel zu Rostock 1000 Gulden, welche aus dem Blocke zu Sternberg gekommen waren, in das smekersche Gut Pampow ausgeliehen hatte.
G. C. F. Lisch.
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13.
Ueber die Filiale der
Präceptorei Tempzin,
Nachträge
von
G. C. F. Lisch.
a. Ueber die Präceptorei Mohrkirchen in Schleswig.
(Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 157.)
Die Stiftung der Antonius=Präceptorei Mohrkirchen in Angeln in Schleswig durch die meklenburgische Präceptorei zu Tempzin unter dem Präceptor Petrus Barlonis um das J. 1400 ist in Jahrb. XV, S. 152, 157 und 217 nachgewiesen, aber nicht genau bestimmt, weil es an weitern Nachrichten, als den dort benutzten, zu fehlen schien. Dies ist aber ein Irrthum, indem die Haupturkunden dieser Präceptorei in v. Westphalen Mon. ined. IV, p. 3387 (Diplomatarium monasterii Morkirchensis s. Antonii) abgedruckt sind, und unter diesen auch die erste Urkunde, durch welche die Präceptorei gegründet ward. Am 23. Junii 1391 ("in deme hilligen auende sunte Johannis baptisten alse he geboren ward") bezeugen nämlich der Graf Nicolaus von Holstein und der Graf Gerhard von Schleswig, daß vor ihrem Rathe und ihren Mannen zu Sonderburg der Knappe Marquard von Brokdorf aufgelassen habe "dem brôder Peter meistere vnde ghebêdere des hûses sunte Antonius tho Tempsin" und dem ganzen Orden des Heil. Antonius "den hof tho Morker, dat velt tho Spentinge vnde dat velt tho Buckstorpe". Dies ist ohne Zweifel die wahre Gründungsurkunde von Mohrkirchen. Der Präceptor Peter Barlonis regierte zu Tempzin 1390-1417; die Stiftung der neuen Präceptorei geschah also schon im zweiten Jahre seiner Amtsführung und giebt wieder einen Beweis, wie ungewöhnlich kräftig dieser Mann die Ordnung seines Ordenswesens in Meklenburg angriff.
Nach einer Regeste von einer Urkunde (bei v. Westphalen p. 3402) war zwar schon im J. 1390 "Geistlichkeit zu Mohrkirchen":
"Das halbe Dorf Dockendorff haben die Stacken
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"der Geistlichkeit zu Mohrkirchen verpfändet und wor es fürder hinkommen ist. ao. 1390";
aber es ist nicht gewiß, ob unter dieser "Geistlichkeit" schon Peter Barlonis zu verstehen ist: es ist wahrscheinlich, daß schon im J. 1390 Antonius=Brüder von Tempzin zu Mohrkirchen waren und in der Gegend wirkten, aber es ist wohl gewiß, daß das Kloster ("Morker, terre dicte Anglen, Slesvicensis diocesis") erst im J. 1391 durch die Erwerbung des Hofes Mohrkirchen fest gegründet ward.
Die Stiftung ward bald eine selbstständige Präceptorei, indem öfter ein "mester vnde bedegher des gadeshuses sunte Antonius tho Morkerch" genannt wird.
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b. Ueber die Präceptorei Lennewarden in Livland.
(Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 158.)
Die bisher ganz unbekannt gewesene Stiftung der Antonius=Präceptorei Lennewarden in Livland, eines Filials der Präceptorei Tempzin, ist in Jahrb. XV, S. 158, urkundlich dargestellt. Das Filial ward im J. 1514 gestiftet. Von hier bis zu seiner Säcularisirung und über diese ist nichts bekannt. Eine jüngst gemachte Entdeckung führt jedoch die Geschichte des Ordenshauses bis zum J. 1535 weiter. Aus diesem Jahre nämlich findet sich im Archive zu Schwerin ein Inventarium über den Nachlaß des verstorbenen livländischen Präceptors, welches mehrere bestimmte Berichte enthält.
Auf der Rückseite steht die gleichzeitige Registratur:
Dem Inventarium angeheftet ist ein Zettel folgenden Inhalts:
Frater Hinricus Hintze Anthonita mit etlikeme gûde, hûsgerath
. van Temptzyn in Lyfflandt des ordens hûsz vôr etliken iâren afgeferdiget, hefft im sommer schîrsth vorganghen syne klêder vnde hûsgerath tho Righe geschepet in êneme wismarschen schepe, in meynunghe wedder heim tho Temptzyn tho kámende, isz he dâr tho Ryge in godt vorstoruen vnde syn gerede tôr Wismar vp dat
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Ráthûsz gefôret vnde inuentêrt, Biddet de her Preceptor syne F. G. eyne vôrschriffte mocht geuen an den Râth tôr Wismar, dat sulue tûch deme hern preceptori lôsz tho geuen.
Das Inventarium selbst wird also eingeleitet:
Inuentarium rerum et bonorum quondam felicis memorie domini Henrici Hintzen dum vixit ordinis diui Anthonii et cruce signati ac in Liuonia nuper defuncti in presentia strennui militis domini Nicolai Lutzowen, venerabilium, prudentium ac discretorum virorum dominorum Sifridi Bunth, Thome Vaghet, sacerdotum, Heynonis Brabandt, consulis, Hans Munster, Claues Hanen, Swerins et Clawes Magherflesch, fratrum, Raceborg ciuium, conscriptum, vt sequitur, et sunt bona, que huc permare venerunt de Righe ac habita in custodia in domo senatoria Wismariensi: factum quarta feria post Inuocauit anno
. XXXV.
In eyneme groten vathe:
Etliche geprentede apostolica mandata.
II kussen.
II grote vnde I kleyn missinge becken.
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In Jahrb. IV, S. 1 flgd. ist die Geschichte des merkwürdigen Klosters der Brüder vom gemeinsamen Leben zu S. Michael in Rostock geschildert. Das Wirken der Brüderschaft ist so interessant, daß es sich der Mühe verlohnt, neue Entdeckungen aus der Geschichte der selben mitzutheilen. Ich gebe hier folgende Nachträge.
1) Am 10. März 1482 verpfändete der rostocker Burgemeister Gottschalk Buk den Brüdern 6 Mark jährlicher Hebung aus einem Bauerhofe in dem bei Rostock gelegenen Dorfe Bistow 1 ) für ein Kapital von 100 Mark sundisch. Diese Hebung ist, bei dem wahrscheinlich nicht lange darauf erfolgten Aussterben des Patricier=Geschlechts Buk, nicht wieder eingelöset und ohne
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Zweifel der "eine Bauer in Bistow", welcher späterhin an das Dom=Capitel und darauf an das Consistorium zu Rostock überging 1 ), indem das Dom=Capitel im Besitze der Original=Verpfändungsurkunde war; die Brüder vom gemeinsamen Leben hatten diese Hebung schon am 4. Julii 1499 der Collegiatkirche zu S. Jacobi in Rostock cedirt 2 ).
2) Es giebt nur wenig Spuren davon, daß Bruderhäuser östlich über Rostock hinaus existirt haben. Sicher bekannt ist es jedoch, daß zu Kulm in Preußen gegen das Ende des 15. Jahrh. ein Fraterhaus 3 ) gegründet ward, welches eine bedeutende Schule (Gymnasium im neuern Sinne) hielt. Zwar war dasselbe unmittelbar aus Zwoll gestiftet, ward aber gewöhnlich von Rostock aus mit Kräften versorgt. Das Haus fristete Anfangs nur ein kümmerliches Dasein. "Aber auf den Wunsch und auf Kosten "der pommerschen Stände ward 1508 ihnen und einigen aus "dem wegen seiner Gelehrsamkeit berühmten Rostocker Fraterhause herbeigerufenen Klerikern die Leitung einer allgemeinen "Landesschule, eines sogenannten Studium particulare, in "Kulm übertragen, in welcher sie die freien Künste, ganz besonders Philosophie, lehrten. Mit welcher Sorgfalt man von "Danzig aus das neue Institut pflegte und überwachte, bezeugt "ein Schreiben 4 ) des städtischen Rathes an das Fraterhaus in Rostock (14. Sept. 1517), in welchem er sich "beklagt, daß der gelehrte Pater Engelbert von demselben "aus Kulm abgerufen sei, und um Zusendung anderer gelehrter Präceptoren und Verweser bittet, damit die äußerlich so wohl gelegene Schule nicht durch Mangel an Lehrern wieder untergehe." Vgl. Th. Hirsch Die Ober=Pfarrkirche von S. Marien in Danzig. Danzig, 1843, I, S. 252 flgd.
G. C. F. Lisch.
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15.
Das Concilium der Universität
Rostock berichtet an den Canzler Caspar
von Schöneich über die Ursachen des
Verfalles der Universität.
D.d. 1530. April 24.
(Nachtrag zu S. 10 und 11.)
Vnnßen fruntliken groth vnnd wes wi leues vnnd gudes vormogen stets voran bereeth. Gestrenger vnnd erntfeste, ghunstiger here vnnd forderer. Alß vnnd nachdem j.g. vnnd achtbar werde in stedt der durchluchtigen fursten vnser g.h vnnß erer gnaden vnderdenigen Capellanen vnnd gantz gudtwilligeren erer F.g. wolmenunghe vnnd guedtlike toneginge, de ere F.g. tho erer vniuersitett, im groteren dele vth hir na angetegeden orsaken, gade geclaget, gesweket, dragen, angeworuenn vnnd dat ock ere f.g. erer vniuersitett tho helpende vnnd de wedder vptorichtende, ock to merende geneget, welkes wi samptlick vnnd sunderlick eren f.g. nach vnsem innigen beden to gade hochflitich vnnd demodich erstlick vnnd ock juwer achtbar werde vnnd g. fruntlick bedanckenn, kennen vnnß ock dat sulue jegen eren gnaden vnnd j. achtbar werde vnnd gestrenheit to vordenende schuldich. De wile den j. achtbar w. vnnd g. angesinnen, dat wi der vniuersitett to framen vnnd gedige antegen mochten vnse gebreke vnnd orsake der vniuersiteten verswekinge vnnd vnderganges, dem na ßo vele wi nu vor der handt ilendes by vnns bedencken konnen, befynden wi dusse grundt vnnd orßake: erstlick den ouerswendigen vnser vniuersitetenn armodt, de sick faste orsaket dat vele jaren, vornemlick de tidt lanck, dat de Martinianssche lere vnnd faction sick erhauen vnnd by na to der gantzen Dudesschen Nation ingedrunngenn vnnd erwassen is, vnnd dar durch dat groter deell der steden bewagen, ere kindere heym to holdende vnnd in de vniuersiteten nicht gesandt worden syn, dar van doch de sulue vniuersitett, alsz dorch intitulaturen vnnd promotion, sick enthold vnnd ere Collegiaten vnnd Doctoren dar van stipendiert vnnd sust ere nottrofft ensetten pleget, so vnnd alse wi hir namals in bequemer tidt muntlick vnderricht don konnen. De andere grundt vnnd orsake der affneminge gerurter vniuersitet is am dage, alse dat twe vnser g.h. kercken, nach lude vnnd vormoge dar vp gemaketen schynes j. achtbar werde vnnd g., do se am jungesten mith vnns to Rostock hadden laued hir eyn Copie van ouertoschickenn, etlike jaren hefft entberen mothen, dar dorch de lectores, de wile ße in ere older eyns standes by gedachten
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kercken, wen se nicht mer lesen konden, nicht to vortrostende hedden, georsaket wordenn, sick vth der vniuersitett to geuende vnnd andere stande vnnd stede in erer wolmacht in anderen orden to bekamende. Ock ßo mercklick, dat ßo men to wehnigesten mith troste, hulpe vnnd guden rade dar nicht wurde to trachtet, musten vher der vniuersiteten regentien huse verfallen, nemlick de Eynhorn, HalffMaenn, Arnszborgh vnnd sunte Olauuß huesz, edder tom minsten, so men dar van wath redden wolde, notlick vmme eyn ringe gelt geuen vnnd vorkopen moten, vnde wo wol etlike vorige regenten, alß mester Johan Tetezen, vorhenn der vniuersiteten mercklick gegeuen vnnd begifftiget hadde, hefft men doch van sodanen gifften nouw dat drudde deell vorlanget. Vmme welke vorige orsaken vele herlike tapper manne sick van vnns hebben geuen moten, alse Doctor Johan Brandes, mester Johan Tetezenn, beide Trempen, ock Doctor Frilde, Doctor Hoyer, Doctor Becker vnnd Doctor Glode, darumme se vp ere olden dagen neyne lyues naringe edder sust trost bynnen Rostock nicht hebben sick konnen vormoden vnde der haluen ock van Rostock na eren heymen vnnd anderen orden sick gegeuen hebben. Vnnde wen den noch de lectores vnnd regenten in ere older mith prouen besorget, hefft men doch in der collegiaten kercken nicht bewegen willen eren langen arbeit vnnd qualification, denne noch manckt den jungesten personen, ock vnder denn, de ere discipuli, vnqualificert, in stallo vnnd processionatu stande gedrungen, in affbruck der vniuersitett ere vnnd der olden grawen personen spot vnnd schimp. Vnnd bat den noch gantz erbarmlich de wile Keyserlicker Mayestet vorsichticheit vnnde de rechte, dat eyn frygh lateste condendorum testamentorum factionem nagegeuen, etlike van den ordinarien nicht hebben willen frigh blyuen laten vnnd testamenta personarum vniuersitatis dorch den Hernn Rectorem, wo van oldinges geholden, to approberende nicht gestadet, sunder van etliken der ordinarien gedrungen to approberende to laten, vnde muste ein persone, syner qualitett prester edder benefictate, der haluen twen ordinarten vnderworpen synn, de wile men doch gerne wolde vorßeenn, dat vnnse vnde der vninersitett Hochwerdige Cancellarius syner testamentsscher voreringe nicht scolde vorkortet werden: alsus vnnses bedunckens solde ock nicht eyn geringe middel syn der vniuersitett gediges, dat men vniuersitati, beide in capitibus et membris, sodane benefitium iuris vnnd dat ock uniuersitas iegen ere membra actualia, de prester weren, Censuram ecclesiasticam super excessibus, wo ock zelige here Cordt Bisscop to Swerinn
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lude syner gnaden breue in dussem falle nagegeuen vnnd vorgunnet hefft, wo wol vniuersitas durch vele behinderinge sick des nicht hefft gebruken konnen beth her to. Dusse orsake hebben wi sust ilendes Juwer achtbar W. vnnd G. antegen willen, wider vnnd eigentliker mher vnser gebreke vnnd de wi nach vlitiger inquisition vellichte noch vorsammelen werden, in tokumpste furstlicker gnaden Commissarien vnnd j. achtbar werde vnnd G. eropenn, Bidden der wegen gantz demodich, j. acht. W. vnnd G. wille vmme belonunge gades vnser beretwilliger densten, Nuth des gemeynen besten vnnd loff der gantzen werldt vnser gnediger fursten vnnd Herenn gnedige wolmenunge, alse vnse in dessem falle truwvornemste forderer, vortsetten, dat idt io eyn luckselich vortganck gewinnen moge mith gades hulpe, Dem wy vnse gnedige fursten vnnd Herenn in langer gesuntheit, vredetzamen luckßeligem vortgang vnnd regimente sampt J. achtbar werde vnnd G. nach dancksaginge vnderdennicklich beuelen. Screuen vnder vnnser vniuersitett Secret, Dominica Quasimodogeniti Anno XXX°.
Dem Gestrengenn, Achtbarnn vnnd Erenfesthenn Ernn Caspar vann SchonEke, Mekelnborgesschen Cantzeller, vnnßenn besundernn grotgunstigenn Herenn vnnd Forderernn to egenn Handenn.
(L. S.)
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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16.
Besuch bei Dr. Martin Luther.
Zur Neujahrsmesse 1539 schickte der Herzog Heinrich von Meklenburg seinen Hofbeamten Henning v. Warburg nach Leipzig, um dort Einkäufe zu machen. Dieser nahm seinen Weg über Wittenberg und besuchte hier den Dr. Martin Luther, dem er, wahrscheinlich im Auftrage des Herzogs, ein Gericht Brachsen schenkte, da er die Ausgabe dafür dem Herzoge bei den Einkäufen und nicht bei den Reisekosten in Rechnung stellte, wie folgt:
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Hennyng Warborgs rechenschafft, so er in leipzig vff dem nygen jarsmarke gekauft. ao. 39 am 8 tage conversionis pauli vberreicht zu gustrow. ao. 39.
Im jar dusent vyffhundert neghen vnd druttich, des II. dages januarii, in namen vnd von weghen des durchluchten hochghebaren Fursten vnd Hern, Hinricks hertoghen to Mekelnburch. hebbe yck Hennyng Warburg thor noghe ingenhamen vnd enthfangen:
III c Joachym daler von Marks Freseken to Olden Brandenburgh.
II c XXVII daler vor XXX Swyckouwesche kemellynghe, den dock IX fl.
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fl. vor de boker.
IGr. vor IIII brasszen Doctori Martino gheschenckt.
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Enthfanghen XVI theringhe na Lyptzick
van weghen mynes G. H.
.
(auf der Hinreise)
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I fl. V gr. to Beltzke I nacht.
fl. to Wyttenberghe den myddach.
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Ifl. I g. VI (Sym 16). tho Dyeben I nacht.
Ifl. to Wyttenberghe, alleyne vor XVIII gr. haueren myt ghenamen.
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G. C. F. Lisch.
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17.
Mündigkeit der Vasallen.
Am 20. Nov. 1572 schreiben die Vormünder der unmündigen Kinder des sel. Heinrich Lowtzow auf Lewetzow an die Herzoge Johann Albrecht und Ulrich von Meklenburg:
"E. F. G. gnediges schreibenn vnnd befehelich, so den
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"ersten dießeß Monats Nouembris datirt, haben wir reuerentialiter ihnn vnderthenigkeit empfangenn vnnd vnder anderm darauß vormerkett, daß E. F. G. Lehenleute die vom Adell, so E. F. G Ihre geburliche Lehenspflichte bißhero noch nicht geleistet, auch deßenn keinen beweiß, noch schein habenn vnnd innerhalb Landeß seindt, auch daß viertzehendt Jhar Ireß Alters erreicht haben, bei E. F. G. zur Wißmar auf den 26. hujus Personlich und bei vorlust Irer Lehen vnnd gutter erscheinenn vnnd Irenn schuldigenn Lehenßeid schwerenn sollen".
G. C. F. Lisch.
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18.
Schauspiel im 16. Jahrhundert.
In einer im J. 1569 angestellten Klage des Barbiers Claus Winholt zu Neu=Brandenburg gegen Georg Maltzan auf Penzlin und Joachim Hahn auf Basedow, wegen thätlichen Ueberfalls, wird Folgendes erzählt:
"Das in den heiligen Pfingsten 69 Albrecht von Quitzow, Joachim Hane vnnd andere von Hern Jürgen Moltzan dem jünern Freihern zu Pentzlein vff seine behausunge daselbst geladen vnnd gefurdert worden"; Das Montags in den heiligen Pfingsten in dem Stedtlein zu Pentzelin eine Comedia oder Spiel von Adam vnnd Eva ist ahngerichtet vnnd gespielet wordenn";
"Das her Jürgen Moltzan seliger seine gebetene geste vfgefurdt vnnd mit denselben von seinem hause ins Stedlein Pentzlin gefahren, in Meynung sollich spiel ahnzusehen vnd zu horenn".
"Das dieselbige Zeit zu Pentzlin ein Spilmhan oder Fidler Nickel Parmann genanndt gewesen, der sich bei obgemelten Jürgen Moltzan vnnd seinen gebetenen gestenn angegeben vnnd neben seinen mitgesellen ihnen mit seinem Spill zu dienen erbotenn".
Von Winholt wird gesagt:
"er wehr auch nur eine stunde, drei oder vier zu Pentzelin gewesen, daselbst die Tragedia von Adam vnd Eva angesehen":
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Ferner sagt ein Zeuge:
"Wie aber die Deners widerkommen vnd nicht den Fideler vinden konnen, hette Zeuge zu seinem Juncker Achim Hanen gesagt: Juncker, last den Fideler pleibenn, last nhun her Jürgen Moltzans einen seiner dener hin nach N. Jarmer dem Organisten schicken, das ehr vnß muge die Cimpfania lenen; ich will euch Junckern so viele diesen abent vorspielen, also ihr horenn mugenn, wie ehr den auch gethan, vnd also Zeuge vnd her Jurgen Molzans knecht midt der Cimpfania vnd dem organisten durch das Stadtdohr gangenn vnnd deselbige Cimpfania vff der Junckern wagenn setzen wollenn vnnd verharret, das sie midt dem wagenn vom Sloßdohr solten vor das Stadtdohr kommen, indem hette Zeuge wahr geworden, das sein Juncker und Jürgen Molzan eilich den fußstich nach Brandenburgk den berg hinan gelaufen".
G. C. F. Lisch.
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19.
Zur Schilderung des
Hoflebens im 16. Jahrh.,
von
G. C. F. Lisch.
Im J. 1531 klagt Heinrich Smeker auf Wüstenfelde auf dem Landtage zu Rostock:
Anno dusent vierhundert XCIX°, nach vormoge vnnd
inhalte Ern Heinrichen von Plessen Ritters
ßeines Registers rechenscapft mußen aus vorheis
vnnd botthe vnsers G. H. heren Magnußen
hochloblicher gedechtnus eyn ableger vnd
außrichtunge, welch vnwoentlich vnnd nie
gehorth, zum Wustenfelde meynem g.h. herrn
Buggeslauen to Stettin=Pommern
. dhoen mothen, do E.g. nach
Gustrow gezagen vnnd Hertzogk Henrich von
Luneburgk gelich dar wahr, mit anderthalbhundert
perthen, meinem gudte to einer grothen vorkleynunge.
Myr in meinen vnmuntichen jarenn boiegnet geschehnn aus vorfurtherunge meines g.h. herrnn Magnußen christloblicher vormanunge, alße vbirichen furmunther, mein Szwester
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Annen haben zu hafe ghenommen vnnd in allen zu irher zeith ghehalthenen furstlichen elichenn beyliggungen vnnd vielen mheren anderen iren vbirichen schaefften ahn gheßmuckte, goelthner sphanne, gelich thoen wonthlich, golthe, perlen, golthner Borthen, ßietten vnnd ßiethnem gewanthe, welchs alle myn g. frauwe er ßielbst haeth außgenhomen vnnd nachmaelß auff mein arme gudth zu einem schir vnfurwintlichen Nachtheil außzurichten vnnd zu betzalen gerechnett haben, des ich armer nicht von noden gehath, ßo mein Swester im meinen geblieben warhe vnnd meines gar weinichen achtens tragen ßolte, deme ßie gefurdert zu entrichten geburth haben.
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20.
Ueber des Herzogs Johann
Albrecht II. von Güstrow
calvinistische Bilderstürmerei
und
die Altäre
in den Klosterkirchen
zu Dargun und Doberan und der
Schloßkirche zu Güstrow,
von
G. C. F. Lisch.
Der in Jahrb. XIV, S. 352 flgd. beschriebene Hochaltar in der Kirche der ehemaligen Cisterzienser=Mönchs=Abtei Doberan ist ohne Zweifel der älteste, schönste und bedeutendste Altar in Meklenburg, ein merkwürdiger Schmuck der berühmten, in vieler Hinsicht ausgezeichneten Kirche, und stammt wenigstens aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Es giebt eine Sage, nach wecher dieser Altar aus der Schloßkirche zu Güstrow in die Kirche zu Doberan versetzt sein soll. Wenn man die bedeutende Größe des doberaner Altars betrachtet, so erscheint es sogleich unwahrscheinlich, daß dies ein Altar in einer Schloßkapelle gewesen und in dem großen Brande des Schlosses im J. 1557 gerettet sein sollte.
Jedoch giebt es Gründe, aus welchen sich die Unrichtigkeit der Sage beweisen läßt.
Von der einen Seite wird der noch vorhandene Altar in der Kirche zu Doberan schon im J. 1552 als dort stehend so bezeichnet (vgl. Jahrb. a.a.O. S. 354), daß sich gar nicht
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daran zweifeln läßt, daß der doberaner Hochaltar für die dortige Kirche gemacht und immer dort aufgestellt gewesen sei.
Von der andern Seite wird in dem nachstehend mitgetheilten, gleichzeitigen Berichte ausdrücklich gesagt, der Altar in der Schloßkirche zu Güstrow sei eine Tafel, also ein Gemälde, gewesen, welches "der Herzog Ulrich, also nach dem J. 1557, zum Gebrauche des H. Abendmahls" habe anfertigen lassen und der Herzog Johann Albrecht II. nach der Wegreißung des Altars im J. 1618 seinem Hofmaler geschenkt habe. Diese Altartafel ist also ohne Zweifel ein neueres Gemälde gewesen.
Nach dem folgenden Berichte ließ der Herzog Johann Albrecht II. im J. 1618 den Altar in der Schloßkirche zu Güstrow wegreißen und schenkte die Tafel seinem Hofmaler zum großen Verdruß der Wittwe des Herzogs Ulrich, die damals grade in Güstrow war. Johann Albrecht's II. Bruder, der Herzog Adolph Friederich I., ließ aber die Tafel durch seinen Hofmaler Daniel Block für 200 Thlr. wieder aufkaufen und in der Kirche zu Doberan aufstellen. Dies wird nicht allein in dem nachfolgenden Berichte gesagt, sondern auch von dem Archivar Schultz in seinen handschriftlichen Annalen nach Archiv=Quellen berichtet 1 ):
"und ist vormeinendlich derselbe an den Güstrowischen Hoffmahler verehret worden. Als Hertzog Adolph Friederich dieses erfahren, hatt er seinen Hoffmahler Daniel Block genannd abgefertiget, den Altar mit 200 Thlr. bezahlen und nach Dobbran fuhren lassen".
Diese Nachricht ist sicher aus des Herzogs Adolph Friederich eigenhändigen Tagebüchern genommen, in denen er schreibt:
"1618, den 5. Junii. Daniel den Maller 2 ) habe heutt nach Gustrow gesandt, das Altar da abzuhollen, welches mein Bruder auß der Sloß=Capelle hatt nehmen laßen (vnd an Stat deßen einen Caluinschen thisch dahin setzen laßen), vnd nach Dobran zu führen; ich muß dem Hoff=Maller alda 200 Reichßthaller dafür geben".
Die Sache machte damals ungeheures Aufsehen und es wurden viele, noch im Archive aufbewahrte lateinische Gedichte angefertigt, welche diese gotteslästerliche Handlung im Namen des unschuldigen Altares besangen; einige derselben wurden bei der Altartafel in Doberan angebracht.
Diese güstrowsche Altartafel ist nicht mehr vorhanden; sie ist entweder zerfallen oder auch im dreißigjährigen Kriege, als
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die doberaner Kirche im J. 1638 hart heimgesucht ward, zerstört worden.
Zugleich giebt der folgende Bericht Auskunft über die Zerstörung des alten Altars in der andern Cistercienser=Mönchs=Abtei Dargun, welche die zweite große Stiftung dieser Art im Lande war. Wahrscheinlich war dieser Altar ebenfalls sehr groß und ausgezeichnet. Die schamlose Frechheit, mit welcher hessische calvinistische Hofnarren und Mägde dieses ehrwürdige gottesdienstliche Kunstwerk behandelten, ist wahrhaft empörend.
Der nachfolgende Bericht ist einem aus dem güstrowschen Archive stammenden, umfänglichen, gleichzeitigen Berichte über den Calvinismus am Hofe des Herzogs Johann Albrecht II. entnommen:
"Den 4. Januarii wahr der Sontag zwischen New Jahr vndt Drey Könige, da J.f.g. Hertzogk Hans Albrecht zu Meckelnburgk von dero Hauptman zu Dargun Churtt Restorffen war zu geuattern gebeten, sein J.f.g. in der Persohn gen Dargun gezogen vndt dero Caluinischen Hoffprediger Johannem Rhuelium mitgenommen.
"Den 3. Marty dieses Jahres sindt J.f.g.
Hertzogk Hans Albrecht zu Mecklenburgk
. mit etzlichen weinig Räthen,
Junckern vnd Dienern verreisett vnd hatt man
nicht eigentlich wohin sie gereisett
2
) wißen können, bis das etzliche
weinig wochen hernach Post ankommen, das J.f.g.
ihren wegk auff Caßell genommen vnd daselbst den
26. Martii mit Frewelein Elysabeth, Landtgraff
Moritz zu Heßen Tochter, das F. beylager
gehalten.
Den 7. Aprilis sein J.f.g.
wiedergekommen vnd alsbald den 15. Aprilis den
Altar in der Schloskirchen
3
) niederreißen vnd an
deßelben statt auff Caluinischen schlag einen
höltzern Tisch dahin setzen laßen, Vngeachtett
das eben wie das Altar niedergerißen, Hertzogk
Ulrich's von Mecklenburgk
. Christmilden andenckens Wittwe
die durchluchtige hochgeborne Fürstin vnd Fraw
Anna, Geborn zu Stettin=Pommern, Hertzogin zu
Mecklenburgk
.; damahls zu Gustrow wahr, Wel=
Auch der Herzog Adolph Friedrich schreibt in seinem eigenhändigen Tagebuche:
"Aprilis 1. Habe heutt zeittung bekommen, daß mein Bruder solle zu Caßel mit des landtgraff Moritz Eltesten Tochter Erster Ehe beylager gehalten, habe es meiner F. Mutter zugeschrieben".
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cher F. G. dieses soll sehr schmertzlich zu
hertzen gegangen sein, Weil Ihr Sehl. Herr
solches zum gebrauch des H. Abendmahls dahin
setzen vnd mit einer schön kunstreichen Tafell
erorniren laßen. Es hat aber Hertzogk Hans
Albrecht die Altar Tafell seinem Contrafeyer vnd
Mahler verehrett, von welchem sie bald hernach
Hertzogk Adolph Friedrich Hertzogk zu
Mecklenburgk
. handeln, in der Nacht abholen
vnd gen Dobbran bringen vnd sie doselbst in die
Kirche wieder setzen laßen.
Denn 9. May ist Landgraff Moritz von Heßen anhero gen Gustrow gekommen vnd seine tochter Fraw Elysabeth Hertzogk Hans Albrechteu von Meeklenburgk vnlengst vermehlete stattlich heimbgefhurett - - vnd nachdem sie acht Tage lang alhir gewesen, wiederumb auffgezogen.
Worauf den 20. May zu Dargun in der Kirchen die Altar=Taffel auch abgenommen vnd mitt den Bildern darin durch den Hofnarren Lips, der mitt aus Heßen gekommen, vnd etzlichen Heßischen Mägden allerley gespött getrieben worden, bis man endtlich weinig Tage hernach den Altar doselbst auch gantz wegkreißen vnd einen höltzern Disch an deßen statt gesetzett hatt.
Weill aber solches sub illo praetextu geschehen, das auch die Kirche zu Dargun eine Schloßkirche sey, hat man es also mußen geschehn laßen, es ist aber zum vnterricht des gemeinen mannes darauff also bald D. Hunnii bedencken von den Altaren in den Druck gebracht worden, damitt menniglich, was von den Altaren zu halten sei, wißen mochte.
Alß man nun mit wegkreißung des Altars zu Gustrow in der Schlos=Kirchen den anfangk gemachtt, ist man doselbst mitt der Reformation hernach weiter fortgefahren vnd den 4. Sontag nach Trinitatis wahr der 28. Junii daß H. Abendmahl doselbst gehalten, den Sonnabend aber zuuor anstatt der privat absolution eine gemeine vorbereitung gehalten vnd folgenden Sontag bey haltung des H. Abendmahes die wortt der einsetzung vnd andere gebete nicht mehr gesungen, sondern abge= lesen, auch das Brodbrechen eingefhurett, womitt aber der Hoffprediger Er Rhuelius nicht gahr wohl sol haben wißen vmbzugehn, weil ers zuuor niemahls gesehn oder gebrauchtt, also das man ihm in ipsa actione einreden müßen."
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21.
Der südervissingsche Runenstein.
In Jahrb. XII, S. 123 flgd. und oben S. 173 ist der südervissingsche Runenstein zur Kenntniß gebracht. Die Inschrift sagt, daß "Tuva, Mistivi's Tochter, Harald Gormsson des Guten Frau", den Stein habe setzen lassen. Ich habe Jahrb. XII, S. 124 und 135, und, mit Worsaae, oben S. 173 die Ansicht ausgesprochen, daß unter Mistivi wahrscheinlich der Obotritenfürst Mistewoy zu verstehen sei. Während des Druckes dieser Blätter von meinem Freunde Dr. Beyer darauf aufmerksam gemacht, bringe ich aber noch nachträglich die Berichtigung, daß hier wohl nicht der Fürst Mistewoy (1018-1025), sondern vielmehr der Fürst Mistui Billug, welcher 960-985 regierte, anzunehmen sei; dieser stimmt nicht allein besser zu der Form des Namens Mistivi und der Zeit des dänischen Königs Harald Blaatand, Gormsson, (931-981), sondern auch zu der Geschichte, indem Mistui um die Ausbreitung des Christenthums bemühet war und unter ihm zu Aldenburg ein Bisthum und zu Meklenburg eine Kirche (zu Ehren des H. Petrus) und ein Nonnenkloster gestiftet ward (vgl. Rudlof M. G. I, S. 40). Vielleicht hellen tiefere Studien in den nordischen Quellen einst noch mehr auf.
G. C. F. Lisch.
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22.
Dorothea von Lewetzow
oder
der Mensch in der Noth, ein Gedenkblatt
von
G. C. F. Lisch.
Die Noth überwindet alle Hindernisse, selbst die Bekümmernisse des Herzens und die Vorurtheile des Standes, und führt die Menschen rasch zu Entschlüssen und Handlungen, welche in gewöhnlichen Verhältnissen von ihnen nicht erwartet werden dürfen. Es entgeht dem aufmerksamen Beobachter die Thatsache nicht, daß grade in den Zeiten, in denen nur das Elend zu herrschen scheint, die Menschen am leichtesten zusammen geführt werden;
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das Bedürfniß der Theilnahme und Unterstützung läßt Verbindungen entstehen, welche sonst wohl sicher nicht geschlossen wären: Ehen werden am leichtesten in der Noth ("im Himmel") geschlossen.
Die Geschichte kennt wohl kaum ein so furchtbares und allgemeines Elend, wie das, welches gegen das Ende des dreißigjährigen Krieges, namentlich im J. 1638, Meklenburg beherrschte. Die Würgengel des Krieges, des Hungers und der Pest hausten in Vereinigung auf nie erlebte Weise und brachten das Land dem völligen Untergange nahe. Fast alle Landgüter und Dörfer waren abgebrannt und verwüstet, die Saaten nicht bestellt, die Thiere sämmtlich geschlachtet oder durch die Seuche gefallen, die Menschen gestorben; sehr viele Dörfer hatten gar keine, die meisten nur einige Bewohner, viele Familien starben ganz aus; die Stadt Sternberg stand ein halbes Jahr lang ganz leer, im ganzen Amte Gnoyen lebten 1638 nur noch 2 Bauern und 3 Kossaten, im ganzen Amte Wredenhagen=Röbel nur ein Prediger, die meisten übrig gebliebenen Gutsbesitzer waren ein Jahr hindurch nicht aufzufinden. Die wenigen Menschen, die noch übrig geblieben waren, suchten durch Betteln oder Tagelöhnerarbeit das nackte Leben in den größern Städten zu fristen, namentlich in Rostock, welches verhältnißmäßig am wenigsten gelitten hatte.
Um nun einen tiefern Blick in so traurige Zeiten thun zu können, hilft es nicht allein, allgemeine Uebersichten zu gewinnen, es ist auch ersprießlich, einmal im Privatleben sich umzusehen, so schwierig dies auch sein mag, da die Quellen für solche Zeiten natürlich sehr spärlich fließen, indem man zum Schreiben weder Lust, noch Zeit hatte. Ganze zahlreiche, vornehme Familien starben weg, ohne daß etwas für die Pfarrkirchen davon niedergeschrieben, ohne daß ihnen eine Leichenpredigt gehalten und gedruckt ward, wie es doch damals allgemein Sitte war.
Ein sehr lebhaftes Bild giebt uns Dorothea von Lewetzow, deren Lebensverhältnisse wir aus den von der Universität Rostock bei ihrem Leichenbegängnisse aus Dankbarkeit an ihren letzten Mann herausgegebenen lateinischen Programmen kennen lernen. Diese Frau erlebte den in ihrem Stande seltenen Wechsel des Geschicks, daß sie in dem Zeitraume der drei fürchterlichen Jahre (Febr.) 1637-1639 (Oct.) hinter einander drei Männer hatte, von deren jedem sie Kinder hatte, und im Ganzen 16 Kinder zur Welt brachte.
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Dorothea v. Lewetzow
war im J. 1612 aus der alten adeligen Familie von Lewetzow geboren. Ihr Vater war Joachim 1 ) von Lewetzow auf Fienstorf, aus der Linie Lunow, welcher im J. 1623 Fienstorf bei Rostock gekauft hatte, ihre Mutter Anna von Speckin aus dem Hause Kämmerich. Nach einer sorgfältigen Jugenderziehung ward sie zur weitern Ausbildung in das Kloster Malchow gegeben, wo sie ein Jahr lang blieb. Es warben bald viele Freier um sie. Am 13. April 1631 reichte sie ihre Hand dem
I. Heinrich von Lewetzow
auf Schorrentin, aus einer andern Linie ihres alten Geschlechts. Die Ehe war eine so glückliche, daß sie als Muster aufgestellt werden konnte. Unter hereinbrechender Kriegsunruhe, Verwüstung und Noth starb der Gemahl plötzlich am 4. Febr. 1637 und hinterließ nach einer kaum 6=jährigen Ehe die 25=jährige Wittwe mit 4 kleinen Kindern der unerhörten, Bedrängniß einer fürchterlichen Zeit. Die Kinder dieser Ehe waren:
1) Margaretha, welche durch ihren spätern Stiefvater Lütkemann, der das ausgezeichnete Mädchen wie eine eigene liebe Tochter liebte, an den braunschweig=lüneburgischen Geheimen=Hofrath Im=Hoff verheirathet ward;
2) Anna Sophie,
3) Catharine Dorothea,
4) Heinrich,
welche drei letzteren jung und vor der Mutter, vielleicht 1638 an der Pest, starben. Der Sohn Heinrich war einer der letzten der Linie, welche im J. 1651 ganz ausstarb.
II. M. Zacharias Deutsch.
Trotz der vier Kinder bewarben sich viele angesehene Adelige um die junge Wittwe; sie reichte jedoch noch im J. 1637, auf Rath und mit Zustimmung ihrer Aeltern, aus edler Neigung und in der Sorge um das wahre Wohl ihrer Kinder, dem rostocker Pastor M. Zacharias Deutsch ihre Hand. Zacharias Deutsch war der Sohn des rostocker Stadt=Secretairs David Deutsch; er war den 25. Nov. 1601 geboren, hatte in Rostock und Lemgo die Schulen besucht und zu Rostock, Leipzig und Jena studirt. Nachdem er in Jena zum Magister promovirt war, ward er Prediger am S. Johannis=Kloster zu Hamburg. Im J. 1629 ward er
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von dort um Prediger am Heil. Geist in Rostock und von da im J. 1636 zum Archidiakonus der S. Jacobi=Kirche daselbst berufen. - Jedoch auch diese zweite glückliche Ehe ward noch in dem ersten Jahre gelöset. Im August 1638 brach die furchtbare Pest ("rothe Ruhr") aus, der auch Zacharias Deutsch am 2. Oct. 1638 erlag. Nach ihres Mannes Tode gebar die Wittwe Zwillinge:
5) Zacharias, welcher in seinem ersten Lebensjahre, vielleicht auch an der Pest, starb, und
6) Sophie Dorothea, welche späterhin an den Pastor Johann Schultze zu Marbeg im Braunschweigischen verheirathet ward.
Ob die Pest auch Kinder ihrer ersten Ehe hinweggerafft habe, wie es wahrscheinlich ist, oder ob diese späterhin jung gestorben sind, läßt sich nicht ermitteln.
Ihr Trauerjahr, 1638-1639, fällt in das schrecklichste Jahr Meklenburgs. Ihr Wittweneinkommen war sehr geringe, die Noth war groß und die Last der Kinder und Todesfälle schwer. Deshalb vermählte sie sich nach Ablauf des Trauerjahres zum dritten Male mit
III. Dr. Joachim Lütkemann.
Das Glück, mit diesem vortrefflichen Manne, den sie eben so hoch verehrte als aufrichtig lieben lernte, vermählt zu werden, trübte jedoch wieder ein sehr harter Schlag, indem während der Zurüstungen zur Hochzeit, welche am 1. Oct. 1639 vollzogen ward, ihr Vater, der bis dahin ihre vorzüglichste Stütze und Zuflucht gewesen war, starb und wenige Tage vor der Hochzeit begraben ward.
Joachim Lütkemann 1 ) war der Sohn des Apothekers Samuel Lütkemann zu Demmin, eines braven, frommen Mannes, der die Wissenschaften sehr liebte und beförderte, und der Catharine Zander aus Demmin. Joachim war 1608 in Demmin geboren, studirte in Greifswald und Straßburg und kam 1637 als Magister nach Rostock. Nach zwei Jahren ward er an der Jakobi=Kirche daselbst Diakonus und einige Monate darauf Archidiakonus, Nachfolger des zweiten Mannes seiner Frau, mit der er sich jetzt verheirathete. Vom J. 1643 an war er zugleich Professor der Physik und Metaphysik. Im. J. 1646 erhielt er als ein Mann von großer Gelehrsamkeit und trefflichen Gaben von der Universität Greifswald die hohe Würde eines Doctors
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der Theologie. Im J. 1649 gerieth er aber wegen einer von ihm herausgegebenen Dissertation mit dem Professor Joh. Cothmann in einen theologischen Streit, der allgemeine Theilnahme erregte und für ihn so unglücklich ausfiel, daß er sein Amt aufgeben und vor den eifernden Theologen das Land verlassen mußte, da er sich zur Heuchelei nicht entschließen konnte. Allgemeines, tiefes Bedauern folgte dem seltenen Manne und Tausende gaben ihm das Ehrengeleite, als er ohne öffentliches sicheres Geleite aus Rostock ziehen mußte. Während der Zeit des Streites hatte ihn jedoch der Herzog August von Braunschweig zum General=Superintendenten und Hofprediger nach Wolfenbüttel berufen, wozu er später noch Consistorial=Assessor und 1651 auch Abt von Riddagshusen ward. Leider starb er, im Besitze des höchsten häuslichen und amtlichen Glücks, am 18. Oct. 1655, erst 47 Jahre alt und hinterließ seine Frau mit vielen wenigstens 8 Kindern. Er machte sich, nach Arnd und vor Spener, in Deutschland vorzüglich um die Beförderung der häuslichen Andacht verdient, und sein im J. 1653 herausgegebenes Buch "Vorschmack göttlicher Güte" und seine geistlichen Lieder wurden häufig herausgegeben.
- Er hatte mit seiner Frau 10 Kinder:
7) Catharine, welche an den Pastor Johann Conrad Sachse zu Halle an der Weser verheirathet war;
8) Joachim, geboren am 17. Jan. 1642, gestorben 1 ) am 24. Juli 1643;
9) Samuel, welcher noch 1666 lebte;
10) Hanna Constantia, welche am 18. Febr. 1646 geboren ward und am 11. Nov. 1647 starb 2 );
11) Anna Concordia, welche an den Pastor Christian Schmidt zu Wolfenbüttel verheirathet ward;
12) Anastasius, welcher noch 1666 lebte;
13) Sophie Elisabeth, welche vor der Mutter starb;
14) August, wahrscheinlich der in Wolfenbüttel zuerst geborne Sohn, nach dem Herzoge so genannt, welcher vor der Mutter starb;
15) Eleonore Christiane und
16) Christiane Magdalene, welche beide, noch nicht erwachsen, bei der Mutter Tode im J. 1666 noch lebten.
Nach dem Tode ihres Mannes lebte Dorothea ganz und mit Anstrengung der Erziehung ihrer Kinder, von denen bei ihrem Tode noch 4 bei ihr lebten; 4 Töchter waren bereits verheirathet.
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Sie kam in Familien= und häuslichen Angelegenheiten öfter nach Rostock. Hier ward sie Weihnacht 1665 von einem Fieber überfallen, welches ihrem wechselvollen Leben im 53. Jahre ihres Alters am 8. Februar 1666 ein Ende machte. Zur Beisetzung ihrer Leiche gab die Universität Rostock ein Programm und eine Einladung an alle Universitätsgenossen heraus, um durch das Geleite sowohl das Andenken des um die Universität und die Stadt Rostock, so wie um die ganze christliche Kirche hochverdienten Lütkemann, als auch die des Mannes würdige, wackere Frau zu ehren.
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Nr. I.
Die Grafen Gerhard I. und Johann II. von Schauenburg verkaufen dem Kloster Marienrode bei Hildesheim 16 Hufen in Geinhausen.
D.d. Itzehoe. 1272. Aug. 17.
Gerhardus et Johannes dei gratia comites Holzatie omnibus presens scriptum cernentibus salutem in domino sempiternam. Ne ea, que geruntur in tempore, oblivioni tradantur, expedit, ut subscriptione testium vel scripturarum testimonio perennentur. Nouerint itaque tam prosentis, quam futuri temporis successores, quod nos, ob devotionem et reverentiam beate virginis Marie, eterne remunerationis gratiam intuentes, cum communi consensu et bona voluntate heredum nostrorum, scilicet Ludgardis ducisse de Luneburg, Elisabeth comitisse de Welpia, Gerhardi, Adolphi, Henrici, Alberti, filiorum nostrorum, tam presentium, quam futurorum, et de consensu heredum fratris nostri Joannis pie memorie, videlicet Heilwigis, uxoris domini Ottonis marchionis, Agnete, uxoris domini de Rostock, Adolphi, Alberti, et aliarum filiarum nostrarum Heilewigis et Mechthildis, omnia bona, que Herboldus miles de Herboldessen a nobis in pignore tenuit, id est wedeschacht, obligata, scilicet sedecim mansos sitos in villa Geinhusen vendidimus abbati et conuentui Novalis S. Marie, cum omni iure et utilitate, sicut predicti mansi dicto militi fuerunt obligati, cum allodio adiacente et areis ad allodium pertinentibus, silva, singulari piscatione in Leina, ab omni exactione cuiuslibet decime et onere aduocatie dicta bona soluta et libera protestamur et plane cum omni iure, utilitate et libertate, silvis, aquis, pascuis, pratis, paludibus, cultis et incultis, exitibus et reditibus, sicuti dicti mansi nobis et nostris heredibus presentibus competebant vel competere possent successu temporis aut nostris heredibus postfuturis.
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In recompensam vero pro dictis mansis recepimus ducentas marcas Bremensis argenti et quinqnaginta marcas, assignantes etiam cum omni libertate et commoditate supradictos mansos abbati et conuentui superius memorato, libere et in perpetuum possidendos. Ne autem hoc nostrum rationabile factum in posterum quis valeat infestare et uti perpetuam obtineat firmitatem et ne a nobis, nec a posteris nostris in ulla sui parte valeat retractari, presentem paginam sigillorum domini nostri archiepiscopi Bremensis, Joannis ducis de Brunswick, Burchardi comitis de Welpia, Ludolphi comitis de Wunstorp et nostrorum fecimus communiri. Ceterum testes huic facto adfuerunt: Henricus decanus s. Joannis in Hildesheim, Lupus, Ludewicus Post, Henricus Post, Henricus de Eck, Hartwicus Stormarius et frater suus Marquardus, Hartwicus de Retere prefectus, Harbertus de Mandeloe, tres fratres milites Poppones nomine, Bartoldus de Bevelte, Wernerus de Negenborn, milites, et alii quam plures. Datum in oppido nostro Itzeho, anno domini M°CC°LXXII°, in quarta feria infra octavam beate virginis Marie videlicet assumptionis.
Gedruckt in v. Aspern Cod. dipl.
comitum Schauenburg, II, S. 229.
Nach
der Mittheilung des Herrn
Landschafts=Directors von Hodenberg zu
Lüneburg an den Hrn. v. Aspern hangen an dem
Originale der vorstehenden Urkunde folgende
9 Siegel, welche in v. Aspern a.a.O. Tab.
VIII abgebildet und in den Zusätzen S. XXII
erläutert sind, in folgender
Reihenfolge:
1) das parabolische Siegel
des Erzbischofs Hildebrand von Bremen
(abgebildet Tab. VIII, Nr. 1);
2) das
runde Siegel des Herzogs Johann von
Braunschweig (abgebildet Tab. VIII, Nr.
2);
3) das runde Siegel des Grafen
Gerhard von Schauenburg und Holstein
(abgebildet Tab. V, Nr. 10);
4) das
runde Siegel des Grafen Johann von
Schauenburg und Holstein (abgebildet Tab.
VIII, Nr. 3);
5) das schildförmige
Siegel des Grafen Burchard von Wölpe
(abgebildet Tab. VIII, Nr. 7);
6) das
schildförmige Siegel des Grafen Ludolf von
Rhoden (abgebildet Tab. VIII, Nr. 4);
7) das runde Siegel einer Gräfin Elisabeth
von Holstein (abgebildet Tab. VIII, Nr. 5):
auf einem an beiden Lehnen mit
"Hennenköpfen" (?) geschmückten
Sessel sitzt eine Frau, welche in der
rechten Hand einen Schild mit dem
holsteinischen Nesselblatte und in der
linken Hand einen Schild mit einem
Stierkopfe hält; Umschrift:
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8) das runde Siegel der Herzogin
Luitgard von Braunschweig=Lüneburg
(abgebildet Tab. VIII, Nr. 6);
9) das
runde Siegel der Gräfin Elisabeth von Wölpe
(abgebildet Tab. VIII, Nr. 8): in der Mitte
steht ein rundes Medaillon mit dem
Brustbilde der Gräfin; an dieses Medaillon
stossen, in gleichen Entfernungen, drei
Wappenschilde, welche bis an den Rand des
Siegels gehen: über dem Haupte des
Brustbildes mit zwei verbundenen Schröter=
oder Stierhörnern (dem Wappen des Gemahles),
unten rechts mit dem holsteinischen
Nesselblatte (dem Wappen des Vaters), unten
links mit einem Stierkopfe (dem Wappen der
Mutter); um das Medaillon läuft ein durch
diese 3 Wappenschilde in 3 Theile getheiltes
rundes Band, auf welchem sich diese 3
Wappenzeichen, jedoch ohne Schilde, 3 Mal
(zwischen je zwei Schilden) wiederholen, und
zwar so, dass jedes Mal ein anderes von
diesen 3 Wappenzeichen in der Mitte steht;
auf dem äussersten Bande steht die Umschrift:
Nr. II.
Der Fürst Nicolaus von Werle verleihet dem Nonnenkloster zu Röbel mehrere Hufen: 5 in Kussekow (bei Röbel untergegangen), 2 in Sietow, 2 in Priborn, 2 in Buchholz, 2 in Spitzkuhn und 3 in Bütow.
D.d. Röbel. 1273. April 16.
Nach einer Abschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nicolaus dei gratia dominus de Werle omnibus presens scriptum uisuris salutem in perpetuum. Discretio proborum virorum hoc expostulat et requirit, ut pia hominum facta propter labilitatem sensus humani literis conscribantur. Hinc est quod notum esse uolumus tam presentibus, quam futuris, quod nos de bona nostra uoluntate ad honorem dei omnipotentis et beate Marie virginis ac sancte Marie Magdalene sanctimonialibus in Robele subscriptos mansos contulimus in remissionem nostrorum peccaminum et ad indulgentiam progenitorum nostrorum perpetuo et libere possidendos in pratis, pascuis, siluis, cultis et incultis et vsuagiis vniuersis, et etiam eosdem mansos esse uolumus ab vrbium et pontium structura necnon et aliis seruitiis liberos penitus et exemptos, sed soli deo soruiant et ministrent: in Cussecowe V mansos, in Si=
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towe II mansos, in Priborne II mansos, in
Bocholte II mansos, in Piscekun II mansos, in
Butecowe III mansos. Vt ergo huiusmodi factum
stabile perseueret et ne possit etiam a nostris
successoribus aliqua-tenus dubitari, appensione
sigilli nostri fecimus roborari. Testes huius
rei sunt: Stephanus prepositus de Robele;
milites: Henricus advocatus in Robele, Misnerus,
Ludolphus de Zwerin, Bertoldus de Dambeke,
Henricus et Bertoldus fratres dicti de
Hauelberge, Prisceburius et Johannes fratres
dicti de Robele; famuli: Olricus et Georrius
Clauiger, et alii quamplures prouidi et honesti.
Acta sunt hec anno domini
°CC°LXXIII°. Datum Robele, de manu
Godefridi prepositi Guzstroensis, XXI kalendas Maii.
Nach einer von dem im Kloster Malchow befindlichen Originale genommenen Abschrift des herzogl. Secretairs Dan. Clandrian vom J. 1576.
Nr. III
Der Bischof Hermann von Schwerin giebt dem Schulzen Heinrich zu Roetz die Hälfte aller Bischofszehnten von 5 Hufen des Dorfes Roetz in Erbpacht.
D.d. Waren. 1278. Jan. 1.
Nach einer Abschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrb. im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Hermanus dei gratia Zwerinensis episcopus omnibus presens scriptum uisuris salutem in eo, qui est salus et uita credentium. Tempus fluit et mundus defluit et cum eis fluunt, que mundus ordinat et disponit, nisi litterarum testimonio roborentur. Eapropter notum esse uolumus tam presentibus, quam posteris, quod nos Hinrico uillico de Rositz dimidietatem decime de quinque mansis in memorata uilla suisque heredibus, tam minutam, quam agrariam, conferimus liberaliter et absolute in perpetuum possidendam, tali tamen apposita conditione, quod nobis et successo-
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ribus nostris VI modios siliginis, unum tremodium ordei et XVIII modios auene annis singulis persoluant. Vt autem factum nostrum stabile perseueret et ne ab aliquo successorum nostrorum in posterum ualeat immutari, presens scriptum eisdem dedimus appensione nostri sigilli firmiter insignitum. Acta sunt hec anno domini Mo ducentesimo LXXVIII°. Datum Warne, in circumcisione domini.
Nach einer von dem im Kloster Malchow hefindlichen Originale genommenen Abschrift des herzogl. Secretairs Dan. Clandrian vom J. 1576.
Nr. IV.
Der Fürst Nicolaus von Werle, mit seinen Brüdern und seiner Mutter Sophie, versichert, dass, nachdem sein Vater Johann die in dem Gute Roetz liegenden ursprünglichen Pfarräcker der Kirche zu (Alt=)Malchow (d.i. jetzt Kloster Malchow) nachmessen lassen und (den "Ueberschlag") den Bauern derselben verkauft hat, er diese Aecker nicht mehr (zum Zweck einer höhern Besteuerung) nachmessen lassen will.
D.d. Parchim. 1284. Nov. 25.
Nach einer Abschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nicolaus dei gratia dominus de Werle cum fratribus suis necnon et matre eorum Sophia videlicet domina de Repin omnibus presens scriptum intuentibus salutem in omnium saluatore. Ne acta nobilium, que geruntur in tempore, simul labantur cum tempore, necesse est ea, que diutius uolumus commendare memoriis, literarum munitione et subscriptione testium stabilire. Hinc est quod tam ad presentium, quam ad futurorum noticiam uolumus deuenire, quod postquam pater noster dominus Johannes felicis memorie bona dotalitia ecclesie in Malchowe sita in uilla Rocisce fune suo mensurari fecisset, cuncta, que
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in eisdem bonis reperta fuerunt, tam in agris, cultis quam incultis, siluis, nemoribus, rubetis, pratis, pascuis, paludibus, uiis, inuiis, aquis aquarumque decursibus reuendidit agricolis iam dicte ecclesie pro sedecim marcis numerate pecunie et solute, uendidit inquam colonis memorate ecclesie prelibata bona, sicut ea pretaxata ecclesia libere et absolute a prima sua fundatione possederat, in suis ter[min]is et distinctis limitibus perpetuo possidenda, hanc prenominate ecclesie adiiciens libertatem, quod pretaxata bona nec per eum, nec per nos, aut per nostros heredes essent de cetero mensuranda. In cuius rei testimonium hominibus sepedicte ecclesie litteras nostras ad habundantem cautelam contulimus tam nostri, quam matris nostre sigillorum munimine roboratas. Testes huius facti sunt: Johannes prepositus antique ciuitatis in Robele, Johannes Stormo plebanus noue ciuitatis ibidem, Hinricus plebanus de Grussowe, Hinricus plebanus de Poppentin, Johannes plebanus de Cobbedin, dominus Johannes Coz, Nicolaus de Bruseuisce, Hinricus Stormo de Malchowe, Herderus et Marquardus ibidem, Bertoldus magister coquine, laici, et alii quam plures, tam layci, quam clerici, fidedigni. Datum Parchem, anno domini 1284, 7 calend. Decembris.
Nach einer von dem im Kloster
Malchow befindlichen Originale genommenen
Abschrift des herzogl. Secretairs Dan.
Clandrian vom J. 1576.
Derselbe fügt am
Schlusse die Nachricht hinzu:
"Noch ein brieff diesem vorgesatzten gleichlautendt, des Datum stehet Parchem anno domini 1294, 7 calendas Decembris".
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Nr. V.
Der Bischof und das Dom=Capitel von Schwerin überlassen dem Erzbisthum Riga die zwischen beiden streitig gewordenen Zehnten aus dem von dem Fürsten Borwin dem Stifte Riga geschenkten Dorfe Tatow und aus dem Dorfe Marien=Hagen.
D.d. (Schwerin). 1286.
Aus dem Codex Rugianus im pommerschen Archive zu Stettin.
In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Hermannus dei gracia episcopus, Nicolaus eadem gracia prepositus, Fredericus decanus totumque Zuerinensis ecclesie capitulum omnibus hoc scriptum visuris salutem et sinceram in domino caritatem. Ad perpetuam rei memoriam presentibus protestamur, quod cum illustris princeps dominus Borwinus Magnopolensis bone memorie ob remedium tam sue anime, quam suorum parentum et heredum, prout in ipsorum litteris manifestius continetur, predium in Thatecowe, quod XI mansos continere dicitur, cum omni iure et utilitate ad ipsum pertinente, ex pie deuocionis affectu ecclesie sancte Marie Rigensi possidendum perpetuo libere contulissct, et inter nos, ex parte una, et iam dictam Rigensem ccclesiam, ex altera, super decimis predicti predii mota fuisset materia questionis, considerantes tandem, quam graciosum et fauorabile sit, elemosinas fidelium non minuere, sed pocius aucmentare, supradicte donacioni, quam ob piam deuocionem excogitatam et factam discernimus, gratam uoluntatem apponimus et consensum, resignantes quicquid iuris et actionis super eiusdem universis predii decimis nostre ecclesie competebat aut forte posset competere nobis aut nostris successoribus in futurum. Sane eciam cum sepe dicta Rigensis ecclesia in Indagine Sancte Marie iuxta mensuram, qua metiri solent indagines, quinque mansos habeat, quorum terciam partem magistri dicte indaginis titulo locacionis in feodo tenent, decimas omnes de predictis mansis, tam absolutis, quam infeodatis, in perpetuam possessionem tenore presencium eidem ecclesie duximus conferendas. Igitur ne presens factum, quod in nullum dampnum nostre
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ecclesie recognoscimus peruenisse, eo quod prenarrate Rigensis ecclesie canonici et procuratores in Wolefeshagen, uidelicet Johannes et Wedekindus, nobis ad comparandum alios reditus in centum marcis seruierunt, aliqua instancia vel calumpnia ualeat impedire, nostra sigilla in robur perpetue firmitatis presentibus sunt appensa. Datum anno domini M°CC°LXXX°VI°.
Aus dem auf Pergament
geschriebenen Codex Rugianus im pommerschen
Provinzial=Archive zu Stettin, mitgetheilt
von dem Hrn. Burgemeister Fabricius zu
Stralsund.
Dieser Text hat mehrere
Abweichungen von dem in Jahrb. XIV, S. 257
nach einem Abdruck von dem Originale
mitgetheilten Texte in allen hier gesperrt
gedruckten Stellen, weshalb es passend
erschienen ist, den Text dieses alten Codex
hier noch ein Mal mitzutheilen.
Nr. VI.
Der Fürst Nicolaus von Werle giebt der Frau Adelheid, Wittwe des wail. Bürgers Heinrich von Utrecht zu Malchow, und ihren Erben die Hälfte des Zehnten aus dem Dorfe Lebbin zu Lehn.
D.d. Röbel. 1293. Mai 19.
Nach einer Abschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nicolaus dei gratia dominus de Werle omnibus, ad quos presens scriptum peruenerit, salutem in domino Jhesu Christo. Acta hominum perirent de facili, si non firmarentur munimine litterali. Hinc est quod notum esse uolumus vniuersis, quod domine Alheydi, relicte Henrici de Vthrecht, quondam ciuis in Malchow, et suis heredibus porreximus mediam decimam in uilla Lubin iure feodali libere possidendam, sicut Ericus et frater suus, a quibus eam emerunt, ipsam antea possederunt, eo tamen prospecto, quod predicta domina et eius heredes nobis et nostris heredibus occasione talis decime nullum teneantur seruitium exhibere, sed Ericus et frater suus et eorum heredes pro huiusmodi decima nobis seruient uno seruitio, sicut pro bonis suis antea consueuerunt. Prete-
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rea si predicta domina aut eius heredes in
exquisitione talis decime aliquod impedimentum
uel iniuriam paterentur et super talibus
impedimentis nostrum auxilium implorarent, super
talibus iniuriis eis nostrum auxilium non esset
denegandum, sed per impignorationem faciendam
nostro nuncio predicta erit decima exquirenda.
Si etiam aliquis dictam decimam impetrando
nomine domini modo quocunque eandem dominam cum
suis heredibus molestaret, nos ipsam decimam
expediendo eosdem a qualibet talis impetitionis
molestia eximemus, et hoc presenti scripto
sigilli nostri munimine roborato cum
subscriptorum testimonio declaramus. Testes uero
sunt hii: dominus Johannes archidiaconus noue
ciuitatis Robele, dominus Hermannus plebanus in
Malchow, Henricus de Eyxen, miles, Reynerus
Buno, Wolterus Pote et Marquardus de Wit, ciues
in Malchow, et quamplurimi fidedigni. Datum
Robele, anno domini
°CC°XCIII°, 14 kalendas Junii.
Nach einer von dem im Kloster Malchow befindlichen Originale genommenen Abschrift des herzogl. Secretairs Dan. Clandrian vom J. 1576.
Nr. VII.
Der Fürst Heinrich II. der Löwe von Meklenburg verpfändet, unter Zustimmung seines Vetters Nicolaus von Werle, dem Grafen Gerhard II. von Holstein 12 Hufen in Rolofshagen, 17 1/2 Hufen in Stelshagen, 18 Hufen in Schmachthagen und 3 Hufen in Dunkerstorf für 200 Mk. stendal. Münze.
D.d. 1303. Julii 1.
Nach dem Originale im königl. dänischen Staats=Archive zu Kopenhagen.
Nos dei gracia dominus Hinricus Mangnopolensis recognoscimus et tenore presencium protestamur, quod sano ducti consilio, cum consensu patrui nostri karissimi Nicolai domini de Wenden, vendidimus
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awnculo nostro karissimo illustri domino Gherardo
comiti Holdsacie et de Schowenburgh et suis
heredibus pro ducentis marcis Stendaliensis
argenti nobis integraliter persolutis in villa
Roleueshaghen duodecim mansos, in villa
Stellereshaghen decem et septem mansos cum
dimidio, in Smaghthaghen decem et octo mansos et
in Dunkerstorpe tres mansos, quando vacauerint
primo a nostris vasallis, quibus obligati sunt,
cum omni proprietate, iure et homagio, sicut nos
habuimus, tam diu pacifice possidendos, quousque
nos uel nostri heredes sen successores eosdem
mansos reemere poterimus pro ducentis marcis
argenti Stendaliensis superius iam predictis, et
interea quod awnculo nostro predicto uel suis
heredibus hos mansos in dictis villis non
assingnauerimus sibi aut suis, pro quibuslibet
centum marcis argenti duodecim marcas argenti
supradicti dabimus annuatim, quod si non
fecerimus nos vna cum nostris militibus
fidelibus videlicet: Johanne de Cernin,
Marquardo de Lo, Heynone de Stralendorp,
Hermanno de Modentin, Hinrico Pren dicto
Stênhûs, Nicolao de Chuthow, Ottone et
Heydenrico de Lu Wismariam ciuitatem in crastino
Martini intrabimus ad iacendum, non exituri,
nisi fuerit sibi aut suis anno quolibet de
redditibus summe capitalis satisfactum, capitali
pecunia non soluta. Quod autem nos uel aliqui ex
parte nostri dictum awnculum nostrum et suos
heredes ante reemptionem in prenominatis mansis
impedire non debeamus, pro eo nos et nostri
milites iam dicti stare volumus awnculo nostro
fidetenus memorato. In cuius testimonium
sigillum nostrum et patrui nostri domini Nicolai
de Werle presentibus sunt appensa. Datum anno
domini
°
° tercio, in octaua sancti
Johannis baptiste.
Die Siegel fehlen.
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Nr. VIII.
Der Bischof Dietrich von Havelberg bestätigt drei von dem wailand Ritter Conrad Bune früher gestiftete Vicareien in der Kirche zu Nätebow,
nach einem Transsumte des Propstes Dietrich und des Vice=Propstes Johann von Zarnow zu Neu=Röbel,
d.d. 1350, April 25,
Nach einer Abschrift aus der ersten Hälfte des 16. Jahrh. im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nos Theodoricus, prepositus in Noua Robele, ac Johannes de Cernow, viceprepositus ibidem, tenore presentium publice protestamur, nos litteras reuerendi in Christo patris ac domini domini Theodorici pie memorie quondam Hauelbergensis ecclesie episcopi illesas, inconuulsas et quauis suspitione carentes, sigillo oblongo, in quo erat schulpta imago episcopi, dextram habens erectam ad benedicendum et in sinistra tenens baculum pastoralem, sigillatas, tenorem vt sequitur continentes, vidisse et diligentius examinasse:
Nos Theodoricus dei gracia Hauelbergensis ecclesie episcopus omnibus Christi fidelibus, ad quorum noticiam presens scriptum peruenerit, salutem et sinceram in domino caritatem. Recognoscimus ac tenore presentium publice protestamur, legisse priuilegia nobilis domini Nicolai felicis memorie quondam domini de Werle, per que Conradum Bune beate requiei militem honestum mansos cum omni proprietate, libertate et vtilitate docetur cum suis legittimis heredibus possidere, quibus mansis supradictus miles pro salute sue anime tres vicarias in ecclesia beate Marie virginis Nedebow constituit bona voluntate maturaque deliberatione dotando perpetue duraturas Hii sunt redditus ad supradictas vicarias deputati: altare in honorem beate virginis consecratum habet XII marcarum redditus in Nedebow annuatim de quatuor mansis cum sex marcarum redditibus, quorum tres marcas in Bol=
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deweke et alias tres marcas in villa Vincke dominus Hinricus Rodepape memoriter comparauit; altare vero sancte Katerine habet duodecim marcarum redditus de quatuor mansis in Nedebow sitis cum sedecim pullorum prouentibus in Boldeweke annuatim suscipiendis; item altare in honorem sancti Mathei sanctique Andree consecratum habet XII marcarum redditus in Nedebow annuatim de quatuor mansis cum sedecim pullis in Boldeweke tollendis; dominus etiam Johannes de Cessin duarum marcarum redditus in quadam curia eiusdem ville ad suam vicariam perpetuos comparauit. Que omnia et singula sub appensione nostri sigilli auctoritate nostra ordinaria, qua fungimur, duximus in nomine domini presentibus confirmanda, ita sane quod altarista quilibet ibi suum altare per se vel per alium idoneum iuxta voluntatem patronorum debite officiet et in festiuitatibus in sollemnitatibus plebano humiliter assistet in missarum sollemniis obsequiosus ministrando. Datum anno domini millesimo tricentesimo tricesimo primo, dominica die Reminiscere qua cantatur.
Et in premissorum omnium euidentiam et testimonium, in qua auctenticum domini nostri Hauelbergensis episcopi vidimus, vt premittitur, sigilla nostra per modum copie presentibus appendimus requisiti amicabiliter et rogati, anno domini millesimo tricentesimo quinquagesimo, dominica qua cantatur Cantate domino.
Preinscripta copia per quendam dominum Simonem Gherardi clericum Hauelbergensis diocesis apostolica auctoritate vt apparuit auscultata fuit producta pro informatione.
Aus dem Original=Visitations=Protocolle vom J. 1534.
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Nr. IX.
Der Ritter Henning Bere klagt bei dem Herzoge Albrecht von Meklenburg über viele von den Grafen von Lindow auf der Lieze erlittene Gewaltthätigkeiten.
D.d. um das J. 1358.
Nach einer Abschrift im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Henningius Bere miles.
Lêue here herthoge Albrecht van Meclenborgh, dyt is myne clâge, dy ick hebbe vppe dy here van Lindow vnde Rore, ere manne, ere borger vnde ere bûr.
Thu deme êrsten mâle, dat se my aue wunnen myn hûsz vnde hoff vnde schâden dârane ghedayn also alse dûsent marke sulueren, alse ick ere manne was vnde bin, vnde eme ny lykes oder rechtes dâr anne wegerde oder nên manne, borger eder bûre: des geue dy ich lyue here tu wêten.
Tu deme anderen mâle so clâge ick, dat se my dôt schôten mynen sônne, also alse myn sônne ny dâre ane schâden was, wo se my don von rechtes wegen vôr hûten eder bôten scholen: des rechtes gâ ick lêue her tho wêten.
Thu deme drudden mâle so clâge ick, dat se my aue branden myn dorp tu Necebant vnde hebbe dâr ane entbâren drê iâr mîner pacht, also alse druttich brandenborgische punt, vnde gâ lêue here des rechte to wêten.
Tu deme vierden mâle so clâge icke, dat se my aue branden mîne kerke vnde mîne kerckhoff also spîker vnde grôuen vp myn klockhûsz vnde vôreden wech myne klocken, des ick ny heren hôrede dûn: des rechte gâ ick lêue here tu wêten.
Tu deme veften mâle so clâge ick, dat se my geschâdet an myneme dorp tu Necebant, dat se my afgebrandt hebben mine tymmere to deme dorpe vnde hebben my dâr ane schâden gedân, dat se my dat wûste gemâket hebben, also alse achtentich marke suluers: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Tu deme sosten mâle so clâge icke, dat se my hebben afgeuangen mine bûre tu Necebant vnde
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hebben den afgeschatdet also vele, also drutich brandenborgische punt: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Tu deme sôuenden mâle so clâge icke, dat se my hebben afgehowen mîne holte tu Necebant binnen vredes vnde hebben my dâran geschâdet also anderthalfhundert marke suluere: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Tu deme achten mâle so clâge ick dat se my gescâdet hebben an mîneme korne, dat se my auemeeden vnde vôrendent hen wech, also alse drîerley sâet an roggen, garsten vnd hâuer, vnde hebben my dâran geschâdett gedân also hunder marke suluers: des rechtes gâ ick tu wêten.
Tu deme negende mâle so clâge ick, done myne vrunt Necebant genômen, done dêdingeden myne vrunt mit den greuen von Lindow, wes up deme hûse wêre, dat scholden se lâten my tu gûde aue vôren mit eren wâgen wente tu Wesenberge, des enedêden se nicht, vnde nêmen my dâr an schâpvlesche vnde an kûevlesche vnde an pîlen vnde an andern mînem gerâde, an pannen vnde grâpen vnde an allen mîneme hûsgerâde, also alset ên boderue man in sîneme hûse plecht tu hebben, vnde hebben my dâran geschâdet also gût alse hundert marke suluers: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Tu deme teyden mâle so clâge ick, dat se hebben gerôuet mynen dich vnde hebben mynen dîch vtgesteken vnde mînen dîch gevischet vnde hebben my dâran geschâdet also vele alse voftig marke suluere: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Tu deme elften mâle so clâge ick, dat se my hebben wûste gemâket Drusedow vnde hebben my dâran geschâdet drê iâr mîne pacht, to des iâres negentein brandenborgische punt geldes: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Wortmer vmme myne kerke vnde spîker, dy se afbrenden, mîne klocken, dy se wech vôreden, vnde an mîneme timmere, dat se my afgebrant hebben, heben se my geschâdet also gût alse hundert marke suluers: des rechtes gâ ick tu wêten.
Wortmer tu deme druteyndeu mâle so clâge ick, dat se my afgehowen hebben mîne holte, dâr se mi an geschâdet hebben also gût alse hundert marke suluers: des rechtes gâ tu wêten.
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Wortmer so clâge ick, dat se my afmêheden drîerleye sât vp dem velde vnde vôrden dat enwech vnde hebben my dâran geschâdet also sostich brandenborgische punt: des rechtes tu wêten.
Wortmer tu deme vyrteiden mâle so clâge ick, dat se beschatteden mîne bûr tu Drusedow also hundert brandenborgische punt vnde drungen mîne bûre mit der beschattinge dat se mosten vnder eme varen wânen vnde mâkeden mîn gût dârmede wûste: des rechtes gâ ick tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my hebben afgehouuen mîne holte tu Grunenberge vnde hebben my dâr an geschâdet also gût alse tuuê hundert marke suluers: des rechtes tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my bebben genâmen mine pacht to deme dorp tu (Sym 18) drê iâr to des iârs also vele alse tein brandenborgische punt geldes: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my hebben genâmen mine bêde do deme dorpe tu Rogelin drê iâr, to des iârs sos punt brandenborgisch geldes: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my hebben wûste gemâket dat dorp tu der Kunst also vele alse tein punt geldes vnd hebben my geschâdet an mîner pacht drê iâr also vele alse druttich punt brandenborgisch geldes, vnde de schâde an mîneme holte to deme suluen dorpe, den se my gedân hebben, also vele alse twintich marke suluers: des rechtes gâ ick tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se wûste gemâket dat dorp tu deme Rotstil vnde hebben my dâran geschâdet also vele alse teyn punt vnde sôuen kânen to den kânen vôr twê schillinge brandenborges vppe deme see, vnde hebben my geschâdet an mîner pacht drê iâr also druttich punt geldes, âne dy kânen: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my hebben afgehôwen mîne holte tu deme Rotstil vnd hebben my geschâdet also vele alse achtentich marke suluers: des rechtes gâ ick tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my wûste gemâket mîn
dorp tu Dargitze vnde hebben my dâr geschâdet
drê iâr mîne pacht also vele alse sostich punt
geldes vnd sos punt: des rechtes
.
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Wortmer so clâge ick, dat se mi auemeeden myn korne to deme dorpe tu Dargitze drîerleye sât, also alse yt stundt to deme velde, vnde heft my dâran geschâdet also vele alse hundert marke suluers: des rechtes gâ ick tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se my auebranden kerke
vnde kerkhof vnde dat gantze dorp, dâr se mî an
geschâden dân hebben also vele alse hundert
marke suluers: des rechtes
.
Wortmer so clâge ick, dat se my hebben auegehowen mîne holte tu deme dorp tu Dargitze, dâr se my an geschâdet hebben also vele alse hundert marke suluers vnde tein marke: des rechtes gâ ick lêue here tu wêten.
Wortmer so clâge ick, dat se mi hebben getâgen
mînen see tu Katerbowe binnen vredes mit
weldeker walt vnde hebben mi dâran geschâdet an
mîneme see . . . . . . . brandenborgischende
alse vele alse sostich punt: des rechtes
.
Wortmer so klage ick vmme mîne dynest âuer sos dorp, de ick enbêren hebbe drê iâr, des hebbe ick schâden also vele alse twintich marke suluers: des rechtes gâ ick tu wêten.
Wortmer wente ick alle desse clâgen vnde sâken bewysen mach, wo ick van rechte schall, dat ick den greuen van Lindow, eren mannen, borgern oder bûren ny lîkes oder rechtes eneweygerde, vôr iw lyue gnedige here hertoge Albrecht van Meclenborgen oder vôr iuwe brôdere, alse gy lyue gnedige here suluen dêdingeden tu Wesenberge tuschen iuwen schwâger greue Albrecht van Lindow vnd synen mannen, van der einen wegen, vnd tuschen my vnde mynen brûdern, van der anderen wegen, dat dy greuen van Lindow my scholde helpen âuer dy Rore ere man also vele, alse recht wêre, wêre âuer dat se deme greuen rechtes engyuen, so scholden dy greuen my behulpe wesen vppe dy Rore vnd ere man, wêre âuer dat ick des gelykes nicht wedder dûn enwolde, so scholde myn here hertoge Albrecht van Meclenborch deme greuen vnde ere mannen wedder behulpen wesen vpe my uppe dy dêdingen, so wyssende wy an beyden syden einen vreden vnde einen sône, also ick dat tô an iw lyue here vnd an iwen rât vnd an iwes brôdern rât, des rêt dy greue wedder tu rugge,
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vnde dârna sande he my sînen brief vnd entbôtt my he nynes lykes oder rechtes konde weldech wesen âuer syne man, vnd gaf syne man âuer, des leydt ick ene bidden in mîneme bryue, also alse myn here hertoge Albrecht gedêdinget hadde tu Wesenberge, dat he my dy dêdinge holden wolde vnd entbôtt em mede in mîneme bryue, dat de greuen van Lindow scholde lykes vnde rechtes altyt âuer my weldich wesen, des me bôt my dy greue nicht oder im antwerde wedder, dâr setten ere man tu den greuen vnde greuen my an tuuyen mynen vyen dan (?) bynnen deme wissende vrede, den ich iâr vnde dach vredeliken boseten hadde sunder iêngerlye redelike ansprâke, dat hêt em dy greue van Lindow, done nam ick den bryf, den dy greue my gesant hadde, dat he nynes lîkes oder rechtes moge weldig wesen ôuer syne man, vnde sande iw den by mîneme pâpen, was gy my done wedder entbêden, dat blyue dâr by, wante ick alle dysse clâgen vnd artykelen bewysen mach, dy hyr vôr geschreuen stân, wo ick van rechte schall, vnde dy greue my dyssen schâden gedân hebben bynnen - - - - - -
Nach einer Abschrift aus dem 16. Jahrh. Ein Auszug ist mitgetheilt in Riedel Cod. dipl. Brand. I, 2, S. 308 flgd.
Der Schluss fehlt, indem ein Blatt abgerissen ist. Dadurch ist denn auch wahrscheinlich das Datum verloren gegangen. Nach dem Style und den historischen Angaben fällt die Urkunde in die zweite Hälfte des 14. Jahrh. - Am 12. Oct. 1337 gab der Fürst Albrecht dem Henning Bere ein Burglehn auf der Burg Stargard (vgl. Jahrb. VII, S. 280). Am 20. Dec. 1353 verlieh er Herzog Johann dem Henning Bere das oberste Marschallamt des Landes Stargard erblich und legte dazu das Land Lieze, in welchem die hier genannten Dörfer liegen (vgl. Jahrb. II, S. 203 nnd 92, XIII, S. 136 flgd. und Boll Gesch. des Landes Stargard II, S. 248 und I, S. 148). Die Urkunde ist also nach dem J. 1353 ausgestellt. Der Vertrag von Wesenberg zwischen den Grafen von Lindow und den Herzogen von Meklenburg, welcher in der Urkunde wiederholt genannt wird, ist wahrscheinlich zur Zeit des Vertrages vom 27. Oct. 1353, welcher in Riedel Cod. dipl. Brand. I, 4, S. 58 gedruckt ist, geschlossen. Ferner muss die Klage vor dem J. 1379, dem Jahre des Todes des Herzogs Albrecht, angestellt sein. Aber schon am 8. Sept. 1363 versprach der Bischof Burchard von Havelberg (aus dem Grafenhause Lindow), dass er dem Henning Bere und seinen Helfern Bittbriefe an den Papst geben wolle, dass dieser ihn von dem Banne löse, in den er von des Bischofs wegen gekommen sei (vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, 2, S. 465). Diese Urkunde bezieht sich wahrscheinlich auf die Begebenheit, wegen welcher diese Klage angestellt ward. Am Ende des 14. Jahrh. waren nicht mehr die Bere, sondern die von
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Plate im Besitze des stargardischen Erblandmarschallamtes (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn II, A, S. 160 flgd.). Und schon lange vor 1387 hatten die Bere die Güter auf der Lieze verkauft, zunächst an Hermann Gadow, welcher sie aber alsbald wieder an die Rohr überliess, welche nach der vorstehenden Klage zu den Grafen von Lindow gestanden hatten (vgl. Boll a.a.O. I, S. 149).
Wahrscheinlich ist also diese Klage um das J. 1359 oder 1360 angestellt, vielleicht in Folge des im J. 1358 wegen der Grafschaft Schwerin geführten Krieges, welcher manche uns noch unbekannte Begebenheiten in seinem Gefolge hatte.
Vgl. die Klage der Grafen Albrecht und Günther von Lindow und die Kostenrechnung des Ritters Otto von Dewitz, beide vom J. 1358, in den folgenden Nr.
Nr. X.
Die Grafen Albrecht und Günther von Lindow klagen gegen den Herzog Albrecht von Meklenburg wegen mehrerer kriegerischer Ueberfälle und Beschädigungen.
D.d. um das J. 1358.
Nach einer Abschrift im grossherzogl. meklenburg. Geb. u. H. Archive zu Schwerin.
Dit is dy schâde, dâr wy Albrecht vnde Gunther greuen thů Lyndowe vmme beschůldigen vnsen swâger hertogen Albrechte van Mekelenborg.
Thů dem îrsten mâle: dat syne houetluyde
th
ghen in vnse land met syner
banny
e
r vnde verdyngheden vnde
branden vnde dêden vns schâden in vnsen landen,
den wy achten wol vppe dry důsen mark
siluers vnde slůgen vns b
rgere thů dôden vnde vyngen
sy vôr vnser stad tů Reppyn, als wy synes
vnde syner man lyues vnde ghůdes veylich
sîn gewesen, also dat dit syne houetluide vnde
man syn geweset, dy
e
dâr mede wêren,
her Rauen Barnekowe, her Hinrik van Stralendorp,
her Kerstigen B
sel, Drewes Vlotowe,
dy
e
Molteken vnde dy
e
B
lowen, alleyne doch dat wy deser
sâke wêren geghân thů hern Henryke greuen
tů Holtzsten vnde senden vnser sâke eme
eyne scrift, dâr he vns mede entrichten sch
lde, dâr enkunde vns
ny
e
keyn recht weder
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vmme vâren, wen dy e van Holtzsten scrêf vns, dat syne scrift des van Mekelenborg eme nicht worden enwêre vnde bidden noch lîkes dâr vmme.
Thů deme anderen mâle sch
ldige wy em hîr vmme, dat syne man
dâr mede syn gewesen met des greuen man van
Sweryn, dâr vnse man gevanghen worden, dâr he
synen deil der beschattůnghe ane nam, als
wy syner lyues vnde gûdes veylich syn gewesen,
den schâden wy achten vppe twê důsen mark
siluers, vnde dese syn sîne h
uetluide gewesen, die dâr mede
wêren: Busso van Schuderen, Willeke van Helpit
vnde anderen syne man.
Thů deme drudden mâle sch
ldege wy eme, dat syne h
uetluide t
ghen in vnse land tů
Granzoy
e
: Vicke L
tzowe, Molteken vnde
dy
e
B
lowen vnde andere syne man met
Drewes Vlotowen, als wy synes vnde syner man
lyues vnde gůdes veylich syn ghewesen,
vnde branden, verdingheden vnde rôueden vnse
land, als wy den scâden achten wol vppe twê
důsent mark siluers.
Ok schůldege wy syne man Hanse vnde Beneken vnde Hinrike Roszkůlen vnde andere syne man, dy e vns binnen der heren vrede gherôuet vnde genômen hebben, als wi syner veylich syn gewesen, als wi den scâden achten vppe drîhundert mark siluers, vnde bidden lîk vnde recht dâr vmme.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift, auf Baumwollenpapier.
Diese undatirte Klage ist ohne Zweifel um das J.1359 oder 1360 angestellt, da der Fürst Albrecht von Meklenburg schon Herzog genannt wird. Der Graf Ulrich III. von Lindow tritt im J. 1358 mit seinen Brüdern Albrecht und Günther zuletzt auf (vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, 4, S. 8). Dagegen sind in der vorstehenden Urkunde noch "des Grafen von Schwerin Mannen" genannt; die Grafschaft Schwerin ging aber im J. 1358 an den Herzog Albrecht von Meklenburg über. Der Graf Heinrich von Holstein ist Heinrich II. der Eiserne († 1382).
Wahrscheinlich sind also die in dieser Klage genannten Schäden in Folge des Krieges um die Grafschaft Schwerin entstanden.
Vgl. die Klage des Henning Bere von 1358 in Nr. IX.
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Nr. XI.
Kostenrechnung und Bericht des Ritters Otto von Dewitz über die Züge des Herzogs Albrecht von Meklenburg in die Mark Brandenburg im J. 1358.
Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geb. u. H. Archive zu Schwerin.
Notandum quod hec infra scripta dominus Otto de Dewetze miles conquisiuit, excepit et consumpsit cum viris domini Magnopolensis et cum amicis suis et seruitoribus in seruicio domini ducis Magnopolensis in discordia ac guerra, quam ipse habuit cum comite Suerinensi.
Idem anno domini M°CCC°LVIII°, ipso die dominico ante purificacionis Marie virginis, primo dominus Otto a Gnoyen recessit in [terre] seruicium.
Item dominus Magnopolensis processit versus
Straceborgh; cum illo equitauit Bode de Dewytze
cum viris Magnopolensibus et cum suis amicis
metdecimus armatus. Tunc dominus Magnopolensis
retrorsum misit I nuncium ad dominum Ottonem,
quod deberet sequi eum, et hoc fecit ita, quod
sequebatur eum metdecimus, ita quod veniebant ad
dominum Magnopolensem versus Straceborgh. Quum
processit de Gnoghen, processit versus
Brandenborgh; ibi fuit per II noctes et
consumpsit VI mr. lub. Quum veniebat versus
Straceborgh, retrorsum misit I nuncium, qui sibi
conduxit II currus; illi portauerunt sibi
cereuisiam et panem; cuilibet currui dedit
semper ad quamlibet septimanam II mr. lub.;
illos habuit per quindenam, quibus dedit VIII
mr. lub. Item infra illam quindenam habuit XIIII
lagenas cereuisie, quamlibet pro XI sol. lub:
summa cereuisie
mr. et II sol. lub. Item XIIII
sexagena panum, quamlibet pro II
sol. lub: summa panis II mr. lub.
et III sol., item II latera lardi pro II mr.
lub. Item III mr. lub. pro butiro, ouis,
piscibus et allecibus ad illam quindenam.
Item infra illam quindenam dominus Magnopolensis
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proprie brak vp et processit versus Lychen, ibi iacuit III noctes vel IIII; tunc dominus Magnopolensis proprie ward tzo rade vnde togh tzo lande. Tunc dominus Otto misit econuerso suos currus versus Brandenborch; tunc hostes acceperunt sibi IIII equos curruum, quos persoluebat pro XX mr. lub., et acceperunt caldaria et ollas precii II mr. lub. Tunc iussit, quod dominus Otto deberet manere penes ipsum versus Røbele; ibi dominus Otto pernoctauit et consumpsit ibi de vespere et mane in auena et in pabulo et in illis, quibus indigebat, V que mr. lub.
Postmodum dominus Magnopolensis secundario suam
expeditionem demandauit et habuit suam
congregacionem in Sternebergh; ibi dominus Otto
veniebat cum viris Magnopolensibus et cum suis
amicis et consumpsit ibi per illam noctem IIII
mr. lub. Tunc dominus Magnopolensis proprie brak
vp et processit versus Tzedenak et expugnauit
hoc et Løwenberghe et Nyen Mølen. Item II mr.
pro II lateribus lardi, III mr. lub. pro butiro
et pro dimidia lagena allecum, pro strumulo et
pro piscibus, VIII lagenas cereuisie, quamlibet
pro XI sol. lub. Summa cereuisie V
mr. lub.; VIII sexagena panum pro
talento lub. Quidquid magis habuerunt in illa
reysa, hoc dedit eis dominus Magnopolensis. Item
quum dominus Magnopolensis proprie vp brak tzo
Myrowe vnd togh tzo lande, tunc dominus Otto
processit versus Malchyn; ibi pernoctauit et
consumpsit ibi IIII mr. lub. Item habuit II
currus cibariorum per III ebdomadas; cuilibet
currui dedit ad quamlibet septimanam II mr.
lub.: summa curruum XII mr. lub. Ibidem in Myrow
moriebatur caballus Hermanni Rogghelyn, quem
dominus Otto persoluebat pro XLV mr. lub.
Summa istarum duarum reysarum et consumptus et dampni centum mr. et XXXV mr.
Nach dem Originale, auf Papier. Die sehr umfängliche Rechnung enthält die Kosten des Krieges wegen der Grafschaft Schwerin; sie beginnt am 28. Jan. und schliesst mit dem 27. Oct. des J. 1358. Dieser Rechnung folgen dann die beiden vorstehenden und noch einige andere.
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Nr. XII.
Der Bischof von Schwerin, die Universitat zu Rostock und der Rath der Stadt Rostock ordnen eine gemeinsame Custodie unter dem Rathhause zu Rostock an zur gefänglichen Verwahrung aller Personen ohne Unterschied, welche des Abends und Nachts nach dem Läuten der Wächterglocke die öffentliche Ruhe stören.
D.d. Gr. Grenz. 1471. Oct. 14.
Nach einer Abschrift aus dem Ende des 15. Jahrh. im grossherzogl. meklenb. Geh u. H. Archive zu Schwerin.
Wy Wernerus van gades gnâden byschop tho Zwerin, cancellarius vniu ersitatatis, Hinricus Bentzyn archidiaconus, Albertus rector, doctores, meystere vam râde des studii, borgermêster vnd râdtmanne der stad Rostock dôn wytlick ôpenbâr betûgende vôr vns, vnse nakômelynge vnd vôr alsweme geystlyck vnd werlick, nademe vmme des ghemênen besten eyn yslick vrede vnde eyndracht plichtigen schal lêff hebben, vnstûre vnde twêdracht, dâr arch vnde vâre aff kômen mochte, behôret to vormydende, szo ys wol van oldynges dorch geistlike vnd werlyke gesette vnd statuta gebâden, gesettet vnd ôck iârlikes to meer tyden vorkundiget vnde ápenbâr vorbâdenn, wêrdt dat nêmant bynnen Rostock by nachtyden, wannêr de wachterklocke gelûth ys, sunder luchten, bernende lychte edder reddelyke werue yn den strâten ghân ofte wanken schal, wente denne dâr suluest ys eyne êrlyke vniuersitas eynes priuiligierden studii vnde eyne grôte clerisie, ôck veelheyt der leyenn vth manyghen landen vorsammelt, des doch vele van den suluen geystlyck vnd werlick iegen szodâne ordinantien vnde gesette dôn, etlyke yn nachtyden sick vorsammelen in den strâten vnde gassen myt messen, eggen, orden, kûlen, stênen vnde anderen wêren wancken, schryen vnde vnstûr dryuen, etlyke de hûsze, bôden vnde personen stormen vnde der stadt wechtere vnrichtigen ankâmen myt worden, werken vnde sze vnderstunden, szo yd leyder vâcken gescheen ys, werpen,
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stênen, vorwunden, lemen ofte dôt slân, wôr vann twysschen den geystlyken vnde werlyken vnde ôck den vnschuldigen twêdracht, vorsammelynge, vplôp, grôt vnwylle vnde vordrêth entstân mochte, dârvme szodânes vôrtokâmende vnde afftokêrende vmme dat gemeyne beste, lêue vnd eyndracht to holdende, hebben wy vôr vns vnde vnsze nakômelinghe eyndrachtige angenômen, belêuet vnde bewyllet, annemen, belêuen vnde bewyllenn iegenwardighen eyne ghemeyne custodien offte temenitze vnder deme râdthû sze bynnen Rostock, szo dat der stadt wachtere szodâner studentenn, clêryke, geystlyke vnd werlyke personen, de myt messze, kûlen, stênen vp der strâten wancken, vnstûre dryuen vnd vnrichtigen syck hebben edder togên desse vôrgenômeden gesette [dôn], môgen antasten, grypen, behemmen vnd âne vâre geystlykes bannes offte pêne, dâr wy Wernerus byschop vnsze vulbôrth vnde ôrloff tô gheuen, an szodâne custodien offte temnytze ynsetten vnde beslûten, beth szo lange de suluen handtdâgen na vthwysinge des rechtes eyn yslyck szynem behôrlykeme richt(ig)ere dâr vth sunder wedderstal ôuer andtwerdet scal vnd mach werden, sze na swârheyt erer schult to strâffende vnde to richtende, vns doch deshaluen wegen vnd eynem islyken van vns syne rechticheyt alle tydt vnuorsûmet to blyuende, tho welcker custodien offte temnytze wy sâmentlyken eynen hyr to geswâren schicken vnd hebbenn wyllen, de de slôtele bewôren schal vp vnde to to slûtende, szo vâken des behûff dônde werdt, dâr vôr eyn îslick, de dâr gesettet werdt, den slûter vôr syn arbeydt vnde môge bekenne myt twên schillingen lubisch. Wêre ôuerst welke geistlick offte werlick gegen szodâne statuta vnde ordinantien dêden, vormercket offte schuldiget wurden, hyr iêgen gebrâken hadden vnde der wegen vnbehardet vorqwêmen, dâr nâmâls sze bekômen mochten, synt sze studenten, schôlen sze van der vniuersiteten nicht wedder togelâten werden, beth szo lange sze nôgafftichlyk vôr de ôuerfâringe gedân hebben, synt sze ôuer clêrike edder ander geystlike, schal men sze den official vorantworden; des gelyk synt sze leyenn, wyllen wy borghermeyster vnde râdtmanne vp szodânes wol vordacht weszen; werden âuer ôck de suluen by nachttyden behardet, schal men sze an de custodien setten vnde deme vort, alsz vôrgerôret ys,
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eynen îslyken vorantworden synen behôrlyken rychtere, sze to strâffende vnde to hebbende lyck vnde vôr bôte vôr alle âuerfâringe to dônde. Dat susz alle vôrschreuen stuke vnde gesette eyndrachtigen dorch vmme dat gemeyne beste szo vorhandelt vnde angenômen syndt, hebben wy Wernerus bysschop, Hinricus archidiaconus, rector, vniuersitas, borghermeyster vnde râdtmanne to Rostock vôrbenômet vnse ingezegele wytlyken hengen hêten al an dessen brêff, dâr [an] vnde âuer gewesen synt de werdigen vnde êrsâmen heren: Hinricus Schone an der hilligen schryfft, Lambertus Wytinghoff am geystlykem rechte doctores, Johannes Sparlingh, Arnoldus Mesen, dômhern to Zwerin, Otto Bogkholt, officialis generalis, Johannes Pyckardi, licentiatus am geystlyken rechte, dômher to Gustrow, meyster Hermannus Becker, sancti Nicolai, vnde Hermannus Wydenbrugge, vnser lêuen frôwen to Rostock kerckheren. Geuen to Groten Grentze na Christi gebôrt veertheynhundert iâr am eynvndsôuentigestem iâre, am dâge Calixti pape et martyris.
Aus einem Papier=Diplomatorium der Universität Rostock aus dem Ende des 15. Jahrh. im grossherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
Nr. XIII.
Nicolaus Lakeman, Minister des Franziskaner=Ordens für die Provinz Sachsen, nimmt den meklenburgischen Vasallen Heyne Wotzen und dessen Frau Elsebe in die Fraternität des Franciskaner= und des St. Claren=Ordens auf.
D.d. Lübek 1473. Junii 5.
Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Jhesu Christo sincere deuotis Heyne Wotzen necnon vxori suo Elsebe frater Nicolaus Lakeman, sacre theologie professor, fratrum minorum prouincie Saxonie minister et seruus, salutem et gracie incrementa sempiterna. Etsi cunctis
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fidelibus mutue caritatis beneficia inpendere obligemur, illis tamen precipue, qui sunt ordinis fratrum minorum benefactores assidui deuotaque mente affectantes ordinis fraternitatem ac suffragiorum participacionem salubrem, et quia tales vos fore et talia optare agnoui, idcirco piis precibus vestris condescendens ad nostri ordinis fraternitatem pariter suffragia tam in vita, quam in morte recipio auctoritate apostolica, mihi in hac parte specialiter indulta, et presencium tenore participes vos faciens omnium missarum, canonicarum horarum, vigiliarum, oracionum, ieiuniorum, castigacionum aliorumque omnium bonorum operum, que per fratres nostros et sorores ordinis sancte Clare in bis mille centum octuaginta sex monasteriis domino deo digne famulantes operari dignabitur clemencia nostri saluatoris, et cum obitus vester diu secundum diuinum beneplacitum differendus nostro generali et prouinciali capitulo fuerit nunciatus, omnia suffragia pro vobis fieri debent, que pro fratribus nostri ordinis et sororibus ordinis sancte Clare ab antiquo fieri consueuerunt; ceterum cunctos vestros progenitores necnon singulos et singulas vestra de parentela iam feliciter in Christo defunctos et defunctas ad memorata recipio suffragia defunctorum. In quorum robur testimoniumque premissorum sigillum officii mei est appensum datumque in conuentu nostro Lubicensi profesto penthecostes anno domini millesimo quadringentesimo septuagesimo tercio, tempore provincialis nostri capituli inibi celebrati.
Auf Pergament in einer eilfertigen, undeutlichen Minuskel; die Namen der in die Fraternität Aufgenommenen (Heyne Wotzen necnon uxori suo Elsebe) sind von einer andern Hand in einen leer gelassenen Raum eingeschrieben. An einer Hanfschnur hängt ein elliptisches Siegel aus ungeläutertem Wachs mit eingelegter rother Wachsplatte: in einer gothischen Nische steht St. Johannes d.T. mit dem Agnus Dei auf dem linken Arme, zu beiden Seiten des Hauptes: s.- io; Umschrift: S'. Ministri . fratru . minorum . provincie . saxonie. Bemerkenswerth ist, dass die Hinterseite des Siegels, wahrscheinlich durch Eindrückung in eine Form, mit einem erhabenen Maltheserkreuze versehen ist.
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Nr. XIV.
Der Burgemeister Gottschalk Buk zu Rostock verpfändet den Brüdern vom gemeinsamen Leben zu St. Michael in Rostock 6 Mark jährlicher Hebungen aus Hans Stangen Erbe im Dorfe Bistow.
D.d. (Rostock) 1482. März 19.
Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
(Vgl. Jahrb. IV, S. 17.)
Ik Gotschalck Buck, borgermêster der stad Rozstock, bekenne vnde betûghe âpenbâre in desseme brêue vôr alsweme, dat ik myt mynen rechten eruen, na râde vnde wyllen myner nêghesten frunde vnde alle den iênnen, den dâr wes an ys offte wesen mach an tôkômenden tyden, hebben rechtliken vnde redeliken vorkoft vnde vorlâten, vorkôpe vnde vorlâte noch iêghenwardich in crafft desses mynes brêues den innyghen vnde êrsâmen heren prêsteren, clêriken vnde brôderen van deme ghemeynen leuende des hûses to sunte Mychaele bynnen der vôrbenômeden stad Rozstock beleghen by deme zwânschen dôre myt Hans Stanghen in deme dorpe Bystauen vôr hundert mark sundesch, de se my rêde âuer tellet vnde vornôghet hehben vnde ick se vortan an myne vnde myner erue nuth vnde frâmen kêret hebben vnde kâmen synt: dâr vôr scholen de vôrbenômeden heren prêstere, clêrike vnde ghemeyne brôdere hebben vnde vpbôren soes marck iârliker ghulde an ghûden schillingheren vnde wyttepennynghen, als bynnen Rozstock ghenghe vnde gheue synt, vth Hans Stanghen êrbenômden hûse, hâue, acker, wyssche, weyde, van den êrsten vnde rêdesten korne, rogghen, gersten, vp sunte Mertens dach vp to bôrende, sunder iênygherleye hynder, vôrwesen vnde schâden. Vnde wêret sâke, dat got vorbêde, dat den prêsteren, clêriken vnde brôderen vôrbenômed sulke renthe vnde pleghe van iâren to iâren nycht vth enquême, so môghen se sodâne renthe vthpanden offte vthpanden lâten vormyddelst eren brôderen, frunden offte vromeden vth den
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Hans Stangen vôrbenômeden rêdesten ghûde, wo vâken se wyllen vnde eme des nôt vnde behôff ys, bynnen dorpes, bûten dorpes, yn der stad vnde yn allen steden, vnde de pande dryuen, vlôten, offte vôren, wâr se wyllen, sunder mynen vnde myner nêghesten eruen wedderstal vnde insegghent vnde eren schâden dâr inne sôken; ôck môghen desse suluen heren prêstere, clêrike vnd brôdere vôrbenômed sodâne sôes mark geldes munte vôrbenômed myt gheistliken edder wertliken rechte mânen offte mânen lâten, wo vâke en des nôth vnde behôff ys. Ock wêret sâke dat dâr iênyghe ander brêue offte instrumente ghevunden worden vp desse hundert marck lûdende, dat se hôgher vorsettet, vorpandet vnde vorkofft wêren, dan de soes marck iârliker ghulde, dat wêren olde brêue offte nyghe, edder instrumente olt offte nyghe, dâr segghe ick Gotschalck myt mynen eruen den prêsteren, clêriken vnde brôderen vôrscreuen schâdelôs an to holdende to ênem gantzen ende, off des nôet wêre em an der bewârynghe to dônde. Vortan so hebben dusse suluen heren prêstere, clêrike vnde brôdere my vnde mynen eruen den wedderkôpp ghegunt yn dussen suluesten brêue, wen ick offte myne eruen den vôrbenômeden heren vnde ghemeynen brôderen vp sunte Johannes dach baptisten to myddensamer tôsegghe, sodâne hundert marck vp Martini dârnêgest kâmende myt aller nâstânden renthe to betâlende, denne schal desse vôrscreuen renthe van der weghen quyt vnde lôss wesen. Alle desse vôrscreuen stucke vnde articule lâue ick Gotschalck Buck vôrbenômed vôr my vnde myne eruen stede vast to holdende, sunder iênygherleye insegghent gheistlikes offte wertlikes rechtes. Tho mêrer tûchnysse, wârheit vnde lôuen so hebbe ick Gotschalk Buck vôrbenômed myt mynen beyden sôens alze Hinrick vnde Nycolaus Buck vnse inghezeghele wytliken henghet an dessen brêff, dede gheuen vnde schreuen ys na der bôrt Christi dûsent veerhundert vnde twê vnde achtentich, des dynxdâghes na dominica Letare.
Nach dem Originale, auf Pergament, in einer schönen, festen Minuskel, wie gewöhnlich die das Bruderhaus der Brüder vom gemeinsamen Leben betreffenden Urkunden, welche alle sicher von den Brüdern geschrieben sind. An Pergamentstreifen hangen 3 runde Siegel mit eingelegten grünen Wachsplatten:
1) ein rechts gelehnter Schild mit zwei schraffirten linken
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Schrägebalken, darüber ein Helm,
auf welchem drei zusammengeschnürte
Federbüsche oder Pfauenwedel im rechten
Winkel zusammengesetzt
stehen und vor denselben
wieder der beschriebene Schild; Umschrift
auf einem umhergelegten Bande:
2) ein Schild mit zwei rechten Schrägebalken; Umschrift ist unleserlich.
3) ein Schild mit zwei rechten Schrägebalken, darüber ein Helm mit mehreren, wenigstens 6 fächerförmig umhergestellten Federbüschen, vor welchen wieder der beschriebene Schild steht; Umschrift:
Ueber die Patricierfamilie Buck und deren Siegel vgl. Jahrb. XIV, S. 61 und 265, und XI, S. 332-337.
Nr. XV.
Der Rath der Stadt Rostock vertheidigt sich vor dem Administrator des Erzbisthums Bremen, Heinrich, Bischof von Münster, wegen der durch ihn angeblich um Strandraub verhängten Hinrichtung des herzoglich=meklenburgischen Vogtes zu Schwan, Gerd Frese.
D.d. (Rostock) 1485. April 1.
(Vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 848 flgd. und 856.)
Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Vnse gebôrlike dênste touôren. Erwerdigheste in
got vâder, hôchgebôrne furste, gnedige, lêue
here. Juwer forstlyken gnâde brêue, myt
ynghelechten copien Diderick vnde Hanszes
ghehêthen de Vresen ghebrûderen, hebben wy
entfanghen na ghebôrlicheyt vnde leszende na
oreme ynholde wal vornâmmen, in welkeren kopien
de vôrgenannten Vresen orroren, wo den
irluchtighen, hôchghebôren fursten vnde herenn
herenn Magnus vnde Baltazar, ghebrûder,
hertoghen to Mekelenburgh
., vnnsze gnedighen heren,
vormiddelst oren scriften vorwytlyken lâthen,
wodânne wys wy Ghert Vreszen, oren brûder, yn
vnszer gnedighen heren ampte vnde dênste, den suluen
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vnnszen gnedighen heren vnde den Vresen to hône
vnde smâheyde, enthôueden lâten myt synen dênre
sunder iênnighe redelike insâghe vnde spitlyken
vnder dat richte lâthen grâuen, anrôpen
derhaluen iuwe forstlyken gnâden, szo se den
suluen ghewand synt, vôr se an de âuerdâdighen
vorwelder de van Rostock wyllen vorscrîuen, wy
on derhaluen lîck, wandel vnde recht to
dônde
. Alszdenne ôk gnedighe here iuwe
forstlyken gnâdenn manck velen anderen
scrifftlicken orroren iuwer gnâden gûtlyke
beghêrte sy, dat wy vns deszhaluen ghebôrlyken
ieghen se hebben vnde en na ghebôrte wandel
vnnde bôthe dôn, de sâken zo endet môghen werden
vnd na mêreme inhalde orgerorde vnnsze
tôvorlâtige antworde
.: Desz, hôchghebôrne fursten,
gnedighe lêue here, vôgenn wy iuwen forstliken
gnâden wêthen, gode dem herenn irbarmet,
vnlanghes vorleden ichteswelk grôte, swâre
scheppe windes vnde wedders haluenn an den
strand gedreuen myt oren merlicken inheweden
gûderen, deme armen kôppmanne der stedere
tôbehôrende, den suluen armen sêfârende
kôppmanne neynen cleynen schâden vnde vorderue,
welkere gûdere, cleynâde, tâkel vnde tôw
rêdegelt de vôrgenannte Ghert Vresze in
mereckliken summen van dem vryen strande myt
synen medekumpânenn hefft wechfôrenn vnde
fluctighen lâthen, iegen alle gotlick, paweslick
vnde keiserlick rechte, vnszer gnedighenn herenn
van Mekelenborch êgene priuilegia, dâr wy denne
densuluen Ghert Vresen myt vnses râdes
dreppliken mêdekumpâne hebben vnderrichten
lâthen, he sick sodânner gûder neynerleye
scholde vnderwynden, wente sodânner strandrôff
yn allen rechthen vorbâden wêre, desz he allent
nicht en achtede, begêrden sodânne gûdere dem
armen, vnschuldighen kôpmanne, szo wântlick ys,
vôr redelick bergeghet mochte wedder ghegheuen
werden, mochte vns allent nicht bedîgen
.: Wôr vmme, gnedige here, hebben
wy den êrghenômpten Ghert Vresen vppe sodânen
strandrôue vnde vndâd myt synem dênre beharden
vnde grîpen vnde na syner êghen erkanttenisse,
na vthwysinghe lubesches rechtes vnde so
wôntlick ys, also eynen misdeder vnde
strandrôuer vppe sodânner stede, also wôntlyk
js, richten vnde grâuen lâthen, vorsêhen vns
genslyken, wy der haluen in nêner ôuerdâth offte
vorweldinghe, so se vns vngûtlyken ôuer
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scrîuen, gespôrt effte ghefunden werden wyllen,
ôck densuluen Vresen vôr den wendeschen steden,
den von Lubeck, Hamborch, Luneborch,
Stralessunde, allent pleghen, wes recht is.
Begêrenn, iuwe forstlyken gnâden desuluen
Vreszen wyllen vnderrichten, se sick sodânnes
vngûtlyken scrîuend enthalden mochten vnde de
vnsen ore gûdere vngherôuet lâthen, szo langhe
wy tosâmende vôr de wendeschen stedere môghen
kâmen willen, en dôn allent, wes recht is. Oft
wy densuluen ôrsâken haluen wes pleghen wêren,
so wy vns des doch nicht vorhôpen, vorschulden
wy vmme iuwen gnâden gade allemechtich in
seliger waluârt vnde de iuwen na alle vnseme
vormôghe gerne. Screuen vnder vnser stadt
secret, amme gûden frîdâghe, anno
. LXXX quinto.
Borgermeister vnnde
Rathmanne
der stadt Rostock.
Deme erwerdigesten in gade vader, hochgebornen furstenn vnde herenn herenn Hinrike biscop to Munster vnde der hilghen kerken to Bremen administratorn , vnnszeme gnedigenn heren na gheborlicheit gescreuen.
Nr. XVI.
Der Ritter Heinrich von Plessen auf Brüel, als Vormund des jungen Heinrich Smeker auf Wüstenfehle, verschreibt dem Dom=Capitel zu Rostock 100 sund. Mark Hebungen aus dem Dorfe Pampow für ein Capital von 1000 Gulden, welche das Dom=Capitel aus dem Blocke der Heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg erhalten und ihm zur Wiedereinlösung des Dorfes Pampow von dem Ritter Nicolaus Hahn auf Basedow angeliehen hatte.
D.d. Wüstenfelde. 1498. Sept. 14.
Nach einer Abschrift im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Ick Hinrick van Plesse, ritter, erffzeten to deme Brule, bokenne vnde betûge in desseme my=
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neme âpenen brêue vôr alsweme, de ene zûdt, hôrdt
edder lest, dat de hôchgebâren fursten myne
gnedighen heren hertich Magnus vnnde Balthasar
brôdere, hertighen to Mekellenborch, forsten to
Wenden, greuen to Zwerin, Rostock vnnde
Stargarde der lande heren et cetera, myne
gnedigen heren, bebben gesettet tho ênen
vullenkâmen vôrmunder des iungen Hinrich Smekers
tho deme Wustenuelde dâr syn gûdt alles nichtes
vthgenâmen vôrtostânde, szo bokenne ick in
desseme myneme brêue, dat ick hebbe gelôszet
Pampow van her Nicolaus Hanen to Basedow vôr
XII
mark vnde twê dûszent
stralengeldes, szo hebben my de hôchgebâren
fursten, myne gnedighen heren, wo vôrschreuen,
dûsent gulden, de vthe deme blocke tôme
Sterneberge quêmen in den dôm to Rostock, de my
ere gnâden vordan gunden wedder in Pampow to
nemende, szo dat de dhômheren vthe deme
vôrschreuen dhôme vthe Pampow scholen hebben
alle iâre hundert strâlen mark geldes vôr de
dûszent guldene tho heuende, szo bekenne ick
Hinrick van Plesse ritter vôr my vnnde myne
nakômelinge, dath in Pampow szo vele pacht nicht
tho bôrende was, sundergen de vrâmen lûde, de nu
tôr tydt in deme vôrscreuen dorpe wânen, hebben
bewilliget, êne strâlenmark hôgher van den hôuen
tho dênstgelde tho geuende, wen se yê gedân
hebben, dâr iegen scholen se van alleme dênste
frîge syn, wo men den benômen mach, vthgenâmen
der môlen tho Kotellde tho beterende tho
helpende, ôck êne stadtvôre edder twê des iârs,
anders scholen se alle fryge syn, wo
vôrschreuen; yffte dâr wol na my qwême, dede den
dênst van den lûden hebben wolde, de schall ydt
wêten, dat de lûde vôrhen ôck êne stralemarck
gêuen, dat in szâmendt nu mâket eynen rynschen
gulden: de suluen twê stralen marck he enen myt
alle môdt fryge geuen, wil he anders den lûden
nhyn vnrecht dôn. Dyth alle, wo vôrscreuen,
bokenne ick in disseme myneme brêue, dat idt szo
gheschên ys, vnde lâue vôr my vnde myne
nakâmelingen stede vnde vast vnbrekeliken woll
to holdende. Hyr an vnde âuer synt geweszen: her
Johan Kentzelin, der Smeker vicarius, vnde
Clawes Roff, myn vagedt to dem Wustenuelde,
vnnde mêr lôffwerdigen. Des tho grôterme lôuen
vnnde mêrer wissinge hebbe ick Hinrick van
Plesse ritter vôr my
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vnnde myne nakâmelinge myn ingesegell henget nedden an dissen âpenen brêff, gheschreuen to deme Wustenuelde, na der bôrt Christi vêrteynhundert XCVIII iâr, an deme dâge der vorheuinge des hilligen crûces.
Nr. XVII.
Der Rath der Stadt Danzig bittet den Pater Martin Hillemann, Rector des Bruderhauses vom gemeinsamen Leben zu S. Michael in Rostock, der von den Brüdern gestifteten Schule in Culm gelehrte Lehrer ihres Ordens zu senden.
D.d. (1517. Sept. 14.)
Szo unnd als denne etwann in bygewekenen jâren eyn etlike schôle gemeyner jugendt thôm besten hier im lande thôm Colmen gemâket vnd upgerichtet is, dâer denne szo woll der stelle als der luft halven eyn solk beqwême gewest vnd noch is, wo juw derwegen de werdige pâter Engelbertus N., thôger disses brêues, de datsulvige persônlick geszehn vnd gespôret heft, woll wîder wert berichten: dethalven is vnnsze gûtlick meynunge vnd bogeer, gyh neffens dem gemeld patri Engelberto dârna jw hebben wolden vnd eyn solckt by juwen senioribus angeven, dat zodân studium mit der tytt nicht gentzlick vndergynge, sunder durch gelêrde preceptores vnd vorweszere, zo etwan juwer ordens gewest, vnderholden wurde, dârvan gode loff vnd den vmbelegenen stedern vnnd landen, van danne ere kyndere dârhen mochten geschicket werdenn, profyt vnnd frâmenn erwassen mochte, datt wie umbe juwe werde vnnd ywer ordens brûdere gûtlick tho bescholdenn szynt gewilligeth gade bevâlen.
Ad Martinum Hillermann,
patrem domus S.
Michaelis
fratrum clericorum de communi
viventium
bynnen Rostock.
Gedruckt in Hirsch Die Ober=Pfarrkirche von St. Marien in Danzig, I, S. 252-253.
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Nr. XVIII.
Vertrag zwischen der Geistlichkeit und den weltlichen Landständen Meklenburgs über die von den letztern den erstern schuldigen Zehnten, Zinsen und Pächte.
D.d. Sternberg. 1526. April 14.
(Vgl. Jahrb. XVI, S. 62).
Nach dem Concepte im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Vortragk zwuschen Geistlichen vnd Wertlichen zum Sterneberge vffgericht.
Von gots gnaden Wir Heinrich Hertzogk zu
Meckelnburg, Furst zu Wenden, Graue zu Swerin,
Rostock vnd Stargart der Lande here Bekennen
offintlich mit diesem vnserm brieffe, Als sich
zwischen den werdigen vnsern lieben andechtigen
etzlichen geistlichen vnser Furstenthumb vnd
Lande, die es belangt, an einem, vnd den Erbarn
vnd Ersamen etzlichen weltlichen vom Adell vnd
den Stetten, die es beruert, am andern teile,
gebrechen begeben, darvnder die itztberurten
weltlichen den gemelten geistlichen etzliche ire
Zeheden, pechte, Zcinsze, Rente vnd Inkomen
entzogen vnd ine die nhu vf vorgangene
pachtzeit, eynsteyls drey, eynsteyls zwey vnd
etzliche ein Jar, enthaben vnd entberet,
Derhalbenn der hochgeborne Furste vnser lieber
bruder herr Albrecht hertzog zu Meckelnburgk
. vnd wir vns hirbeuorne zcum
mehrmalen zwischen ine gutlich zu handelen
vndirstanden, Sie solicher irsall vnd gebrechen
in der guthe nach pilligkeit freuntlich vnd
gutlich zu uortragen, Vnd szo vnns denne solichs
pis anher vbir vilgehabten vleisz entstanden vnd
Sein lieb vnd wir zu abwendunge weiter
zweitracht vnd beswerde, szo wir besorget das
sich zwischen ine dar ausz erfolgen mochten, mit
hohem vleisz itzt abermalen dar zwischen zu
handeln furgenhommen, So haben wir sie nicht mit
weniger muhe vnd vleisz itzt aller solicher
irrunge vnde gebrechen halben vnd der die pis
anher dar ausz geflossen, mit ir beiderseits
wissen vnd freyen willen in der guthe entlich
vereyniget vnd vertragen, wie hir nach folget:
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Vnd erstlich also so vil die zcehenden, Zcinse, pechte vnd Nutzungen belanget, so die werltlichen den geistlichen in den negistuorschienen dreyen Jaren, wie angetzeigt, enthaben, das sie die zu vnserm gutlichen ausspruche entlich vnd volmechtiglich gestalt haben, demselben vnserm ausspruche zu gelegener Zeit dorynn vnsers gefallens zu thun vnd bewilliget, ine dar anhe zu benogen lassen.
Doch mit deme anhange vnd bescheide, das die jennigen von den werltlichen des adels vnd den Stetten, die ine ire Zcehenden, pechte, Rente vnd boringen, wie geburlich, pis anher haben volliglich volgen lassen ader die nicht mehr den zwey oder ein Jar in den negistuorschienen dreyen Jaren soliche ire vfhebunge vnd eynkomen entzogen, Sich dar vff nicht behelffen, volgende ine dauon wes weiters zu entzihen, Sunder ine dieselben ferrer gleich den andern, als die Zcehenden, vnd in vorewigten vnd eigenthumblichen guttern, wie von alters, aber in widderkeuffigen guttern auff nachgeschriebene masz volgen lassen sollen.
Den sie die geistlichen haben ausz obgemelten vrsachen vnd in betrachtunge gelegenheit itziger szwerer zeit vnnd Leuffte nachgegeben, das sie in allen iren pfandt= vnd widderkeuffigen guthern, die sie itzt vnd zu dieser Zeit in Adels vnd der Burger guter haben, hinfur vff negistkunfftige Zcinsz vnd pachtzeiten antzufahen vnnd ferrer jerlich bis durch entrichtung derselben widderkeuffigen Summen sich die widderkeuffe geendiget, von hundert heubtstuls nicht mehr den vier zu pacht, zcinse adir rente nhemen.
Vnd ap sie gedachte weltlichen vom Adell vnd den Stetten adir auch andere vom adell vnd den Stetten vnsers Landes, die mit den geistlichen in negistuorschienen dreyen adir mehr jaren darumb nicht irrig gestanden, welche das weren, der geistlichen vill oder weinig, auch welcke das weren, solicher widderkeuffigen guther, auch der Zehenden adir eigenthumblichen guttern ewiges titels rechtlich zu belangen hetten, das sie dieselben geistlichen ine den werltlichen darvmb fur vns als dieser Lande Fursten vnd vnsern Reten vff vnser erfordern vngeweigert rechts
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pflegen vnd des dorynn zur pilligkeit genissen vnd entgelten sollen.
Dar vff die werltlichen von Adell vnd Stetten, die is belanget, auch sunst in gemeine, die des nachfolgig mit ine zu thuen mochten haben ader gewynnen, solichs alles von ine auch mit freyen guthen willen ingereumeth vnd angenhommen,
Vnd dar zu bewilliget vnd zugesagt haben, das sie alle vnd idere geistliche in alle vnd ider ire gulte, pechte, Zcinse vnd vfhebunge, is sein Zehenden, eigenthumb, widderkeuffige pechte vnd Rente, adir wie die Nhamen haben mochten, die sie von alters vnd vor den negistuorschienen dreyen jaren in gerhwiger besitzung vnd gewher gehatt, komen lassen, wie sie die auch in besitzung derselben, wie angetzeigt, itzt kegenwertiglich wirgklich komen lassen, sich der vffkunfftige, pacht vnd Zcinsztzeiten ferrer pis zu auszorterung der gebrechen zu gebrauchen, vnd welche vndir ine von den werltlichen dar zu forderung vnd zuspruche haben wollen, das sie vnd ire Erben die nicht anders dan mit rechte vor vns suchen, ine dar anhe genogen vnd pis zu austrage des rechten keine vorhinderung thuen, vnd ine von allen widderkeuffigen guthern, pis so lange sie die vmb vorschriebene vorpflichte ader geburliche summen widderumb erledigen, von hundert vier zu Zcinse vnd Rente geben vnd volgen lassen wollen, alles getrewlich vnd vngeferlich.
Doch ist in diesem vortrage Niemants anders dan die geistlichen ahn eynem vnd die werltlichen am andern teile getzogen wurden, vnd vorbehalten, was von vorschreybungen vnd vortregen die geistlichen vnder sich selbist haben, das dene wie pilligk vnd gewonlich gefolget solle werden.
Vnd ob sichs begebe, das durch Romische keyserliche Mt. vnnd Stende des heiligen Reichs zwischen den geistlichen vnd wertlichen im heiligen Reiche in gleichmessigen ader andern fellen andere ordenungen vfrichten vnd furnhemen wurden, das sie sich zu beiderseits der gemesz halten vnd dieser vnser vortragk dar anhe nicht hindern solle, dene sie vns sunst von beiderseits vor sich, ire nachkomen vnnd Erben stete, veste vnd vnuorrucklich zu halten bey hantgebenden trewen globt, zugesagt vnd vorsprochen haben, dene in
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allen seinen puncten vnnd artickeln, ein ider so vile is ine berurt, stete, vest vnd vnuorbruchlich zu halten, doch auch mit dem anhange, das dieser vnser vortrag beyderseits geistlichen vnd wertlichen ausserhalb der artickel hir inne begriffen sunst ahn iren brieffen, Sigeln, vrkunden, Zcehenden, eigenthumb, vorewigten vnd widderkeuffigen gutern, freyheiten, herligkeiten, alt herkommen vnd gerechtigkeiten gantz vnuorgreifflich vnd vnschedelich sein vnd dene widder geben, noch nhemen solle. Alles getrewlich vnd vngeferlich, deme wir zcu vrkunt vnd bekentnus eyns lauts, fur ider teil eynen, gezweyfechtigt vnder vnserm anhangenden ingesigel vorfertigen vnd geben haben lassen, zum Sterneberge, Sonnabends nach dem Sontage Quasimodogeniti, nach Christi vnsers herrn geburt Funfftzehenhundert vnd Sechsvndzcwentzigk Jare.
Nach dem von dem Canzler Caspar von Schöneich durchcorrigirten Concept, mit welchem eine gleichzeitige Abschrift von einer in dem Namen des Herzogs Albrecht ausgestellten und von beiden Herzogen unterschriebenen Original=Ausfertigung wörtlich übereinstimmt.
Unter einer andern Abschrift steht von des Canzlers Hand:
Es ist jedoch noch kein gedrucktes Exemplar von diesem Vertrage bekannt geworden.
In Jahrb. XII, S. 242, und XVI, S. 62, ist dieser Vertrag nach falschen Archiv=Registraturen irrthümlich als vom 8. April datirt angegeben; das Concept und mehrere gleichzeitige Abschriften, so wie auch eine beglaubigte Abschrift sind vom "Sonnabend nach dem Sonntage", eine Abschrift vom "Sonnabend vor dem Sonntage Quasimodogeniti" datirt; die hier benutzten Exemplare haben die gleichzeitige Ueberschrift: "26 Quasimodogeniti" (8. April).
Die Ladung an die Räthe war auf "Mittwoch in den Osterfeiertagen" (1. April) erlassen, um "die folgenden Tage gütliche Handlung vorzunehmen".
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im engern Sinne.
a. Im Allgemeinen.
Ueber Dornen auf den Heidengräbern.
Jacob Grimm hat: "Ueber das Verbrennen der
Leichen, "eine in der Akademie der
Wissenschaften zu Berlin am 29. Nov. 1849
gehaltene Vorlesung", Berlin, 1850,
herausgegeben und in derselben die Sitte des
Verbrennens der Todten in heidnischer Zeit bei
den meisten Völkern, welche uns Schriftdenkmäler
hinterlassen haben, aus diesen untersucht. Grimm
findet bei diesen Untersuchungen aus
Sprachdenkmälern die Eigenthümlichkeit, daß die
Scheiterhaufen zum Verbrennen der Todten bei
mehrern Völkern mit Dornen durchflochten und
bedeckt und daß Dornen auf den Leichenhügeln
gepflanzt wurden, so z.B. bei den Griechen S.
15, bei den Hochdeutschen im Allgemeinen S. 29
und 33, bei den Indiern S. 77. Am klarsten
findet er die Nachricht über diesen Gebrauch bei
dem deutschen Volksstamme der Franken
ausgeprägt. Zu dem salischen Volksrechte findet
sich nämlich in den malbergischen Glossen die
fränkische Uebersetzung: thornechale,
thurnichale, turnicale
. für die bestattete Leiche
(corpus sepultum), also die fränkische Benennung
für Grabhügel. Grimm erklärt S. 35 flgd. diesen
Ausdruck folgendermaßen:
"In thurni, thorne liegt ganz deutlich das goth. thaurnus, ahd. Dorn, vor augen, dessen bezug auf den leichenbrand schon so viel andere benennungen rechtfertigen; in chale, chali, chalis, challis erblicke ich das durch die zusammenstellung mit ramis erläuterte callis, hallis, allis. Challus oder challa vergleicht sich dem ahd. hala: siliqua. Thurni=
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"challus, oder wie man die endung bilden wolle, drückt also dorngezweig, dorngeflecht, dornschichte aus, womit man ursprünglich den scheiterhaufen, dann aber - - den grabhügel bezeichnete. Man dürfte bei challus auch ans goth. hallus: petra, altn. hallr: lapis und höll: aula, ags. heal, ahd. halla: steinsal denken und thurnichallis auffassen als dornhalle,dornstein. Seit das verbrennen mit dem begraben tauschte, konnte es natürlich sein, daß der bisher geheiligte dornstrauch auch auf das unverbrannte leichen umschließende grab gepflanzt wurde, es geschah vielleicht aus ähnlichem grund auch bei den hügeln verbrannter leichen
. - - Diese einzige glosse thurnichallis versichert uns also, wenn man meinen erörterungen folgen mag, daß die Franken gleich den übrigen Deutschen, ihre todten auf dörnern verbrannten und zugleich einen dorn über der grabstätte pflanzten".
Grimm geht bei seiner Untersuchung S. 25 von dem "kostbaren Zeugnisse des Tacitus" cap. 27 aus, daß die Germanen die Leichen ihrer berühmten Männer mit gewissen Hölzern verbrannten ("ut corpora clarorum virorum certis lignis crementur").
Grimm legt in seiner Abhandlung auf die Entdeckung der Anwendung von Dornen beim Leichenbrande ein bedeutendes Gewicht. Er schöpft aber, wie gesagt, nur aus Schriftdenkmälern und läßt absichtlich die Vergleichung des Inhaltes der alten Brandhügel einstweilen ganz bei Seite liegen, da sich das Zeitalter derselben wohl noch nicht ganz genau bestimmen lasse.
Es ist bei Aufgrabungen alter Grabhügel aus der Bronze= (also vermuthlich: germanischen) Periode noch nicht überall und immer die gebührende Aufmerksamkeit auf die Reste des Brandes verwandt. Jedoch sind in Meklenburg bei Aufgrabung großer Grabhügel einige Male verkohlte Eicheln gefunden, von denen einige in der Vereinssammlung zu Schwerin aufbewahrt werden. Ein Mal fand ich selbst auch verkohlte Wachholderbeeren unter den Kohlen tief unten im Grabhügel.
Was nun besonders die Dornen betrifft, so sind in Meklenburg sehr viele Grabhügel und Begräbnißplätze aus der Stein= und der Bronze=Periode mit einzelnen Dornbüschen und dichtem Dornengezweig bewachsen. Vorherrschend ist Schwarzdorn, seltener Kreuzdorn. Auch finden sich in großen Gräbern gewöhnlich dünne, zähe Strauch= oder Baumwurzeln, welche sich mühsam und breit zwischen die die Brandstätte bedeckenden Feld=
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steine durchgeklemmt haben. Diese Dornen könnten uralt sein, da der Dorn sich durch die herabfallenden Früchte fortpfanzt und überhaupt sehr wuchert, wo er einmal Boden gefaßt hat, und alt wird. Dieser Ansicht steht aber entgegen, theils daß sich eben solche Dorngebüsche an andern unbeackerten Stellen und Abhängen auf dem Felde finden, theils daß auf Grabhügeln in Nadelwaldungen nie Dornen stehen, obgleich die Grabhügel in Nadelwaldungen häufig die größten und am meisten ausgeprägten sind.
Der Dorn verlangt nämlich durchaus guten und fetten Boden, vorzüglich der Kreuzdorn, der einen Lehmboden liebt. Da die Nadelwaldungen auf Sandboden stehen, so kommt der Dorn in Nadelwaldungen nicht gut fort. Die vorkommenden Dornen auf den Gräbern auf Lehmboden können also keinen antiquarischen Beweis für Grimm's Entdeckung geben, da Dornen eben so häufig auf andern wüsten Stellen fetten Ackers wachsen. Würden die Dornen auf den Gräbern heilige Bäume sein und sich bis auf unsere Zeit fortgepflanzt haben, so dürften sich auch wohl auf Gräbern in Nadelwaldungen Dornbüsche finden, indem die Alten beim Auftragen des Hügels wohl für einen dem Dorn günstigen Boden, wenn auch nur hin und wieder, gesorgt haben würden.
Aus diesen Beobachtungen ergiebt sich, daß aus dem heutigen Vorkommen der Dornen auf alten Gräbern kein Beweis für die Bepflanzung der Gräber mit Dornen in alter Zeit zu gewinnen ist. Die Grimm'sche Entdeckung fordert aber zur sorgfältigen Beobachtung der Kohlen beim Aufgraben heidnischer Gräber auf.
G. C. F. Lisch.
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b. Zeit der Hünengräber.
Steinkisten von Grüssow.
Auf dem Felde des Hofes Grüssow bei Malchow liegen nicht weit von dem Hofe mehrere uralte Steinkisten, viereckige Kisten mit Seitenwänden aus Granitblöcken, auf denen ein großer Deckstein ruht, ohne jede Spur eines Grabhügels. Sie sind alle versunken; die Decksteine sind zwischen die seitwärts ausgewichenen Seitenwände gefallen. Nach allen Beobachtungen bilden diese die allerältesten Gräber; die Hünengräber, bei denen ein langgestreckter, mit Pfeilern umgrenzter Hügel um die Steinkiste aufgeworfen ist, sind jünger: in jene sind die Leichen unverbrannt beigesetzt, in diesen findet sich gewöhnlich schon Leichenbrand.
Eine der verfallenen Steinkisten von Grüssow war abgetragen. In dem Erdboden fanden sich noch die Reste einer nicht verbrannten Leiche, z.B. die Schenkelknochen noch fast ganz, und zahlreiche Gefäßscherben von dem bekannten Charakter der Steinperiode.
G. C. F. Lisch.
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Hünengrab von Viecheln.
Der Herr von Kardorff auf Remlin zu Gnoien schenkte dem Vereine den Inhalt eines beim Bau der Gnoien=Tessiner Chaussee zu Viecheln bei Gnoien abgetragenen Hünengrabes, nämlich:
1) einen Keil aus grauem Feuerstein, dünne und flach, 6" lang, 1 1/2" breit, 1/2" dick;
2) einen kleinen, hieneben abgebildeten Streithammer aus Bernstein, ungefähr 5/4" lang und 3/4" dick, regelmäßig bearbeitet und durchbohrt, an beiden Enden gleichmäßig hammerförmig gebildet, an der Oberfläche schon stark verwittert und zerbrechlich. Bernsteinperlen in Hammerform sind in Meklenburg sonst noch nie beobachtet. In Dänemark werden sie häufig gefunden und im Museum zu Kopenhagen sind sie nicht selten; man vgl. auch Sorterup Kurze Uebersicht der Alterthümer im Kopenhagener Museum, 1846, S. 15-16, und Worsaae Dänemarks Vorzeit, 1844, S. 16;
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3) eine eiserne Lanzenspitze, ohne Zweifel aus dem Mittelalter, wenig von Rost angegriffen, die in dem Grabe einmal abgebrochen sein wird; übrigens ist keine Beobachtung darüber angestellt, in welcher Tiefe sie in dem Grabe gefunden ist; vgl. Jahrb. X, S. 248 flgd.;
4) eine kleine dreiseitige Pyramide aus faserigem Bleierz, 1 1/3" lang, wie ein Pfeilbolzen, welche aber wahrscheinlich von außen oder durch Versehen zu dem Inhalte des Grabes gekommen ist, da sie ein neueres Schmelzproduct zu sein scheint.
G. C. F. Lisch.
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Hünengrab von Maßlow.
Auf der Feldmark von Maßlow, in der Pfarre Lübow bei Wismar, sind viele Hünengräber, von denen mehrere mit sehr großen Granitblöcken umstellt und bedeckt sind. Einige derselben sollten zu wirthschaftlichen Zwecken abgetragen werden; es ward aber nur eines ganz zerstört, da die Steine der übrigen nicht alle zu gebrauchen waren. Leider ward dies zu spät bekannt; jedoch gelang es dem Herrn Pastor Albrand zu Lübow von dem Herrn Keding auf Maßlow das zu erhalten, was in dem Grabe gefunden war; dies war:
1) eine kleine, cylinderförmige Urne, von bräunlich gebranntem, mit grobem Feldspathgrus stark gemengten Thon, mit wenig hervorstehendem, scharfen Bauchrande, ohne alle Verzierungen, von der Gestalt, wie die in dem Hünengrabe zu Prieschendorf gefundene, in Jahrb. X, S. 260 abgebildete Urne, nur daß der Bauchrand etwas niedriger liegt, in viele Stücke zerbrochen, welche jedoch zur Herstellung der Gestalt wieder haben zusammengesetzt werden können; ähnlich werden einige Urnen des Hünengrabes von Lübow gewesen sein (vgl. Jahresber. III, S. 38);
2) ein Keil von hellgrauem Feuerstein, kurz und sehr dick, ganz so wie die in dem so eben erwähnten Hünengrabe von Lübow gefundenen gearbeitet.
G. C. F. Lisch.
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Hünengräber zu Godern.
Der Herr Präpositus Schencke zu Pinnow schenkte dem Vereine einen Keil aus Feuerstein, welcher in einem großen, mit Steinen umstellten Hünengrabe zu Godern bei Schwerin gefunden ist, nachdem dasselbe zur Wiesenbesserung zum Theil abgetragen war.
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Bei einem andern Hünengrabe in der Nähe sollte vor etwa 25 Jahren der Kopf eines steinernen Götzen 1 ) gefunden, in den Besitz des Schullehrers Rosenow gekommen und von diesem dem Herrn Landdrosten, jetzigen Geheimen Rath von Plessen übergeben sein. Da die Sache von Wichtigkeit zu sein schien, so hörten die Herren Präpositus Dr. Schencke und Candidat Wigger zu Pinnow den Schullehrer Rosenow ab und schickten das Protocoll ein, in welchem der ,,Götzenkopf" genau beschrieben ist. Auf genauere Nachforschung ergab sich, daß der Herr Geheime Rath von Plessen diesen sogenannten Götzenkopf noch aufbewahrt hatte, welchen er dem Vereine überließ. Der Kopf ist nichts weiter, als ein faustgroßer, rundlicher, roher Feuerstein, an einer Seite mit einigen regelmäßig stehenden Eindrücken und Erhebungen, aus denen ein ungebildetes Auge wohl Augen, Nase, Mund und Bart herausdeuten mag, im übrigen aber in der ganzen Bildung von einer künstlichen Bearbeitung nicht die Rede sein darf, da diese gewöhnliche, klumpenförmige Feuersteinbildung kaum für ein Naturspiel ausgegeben werden kann. Dies zur Unterdrückung eines falschen Gerüchtes von aufgefundenen Götzen, welches im Lande immer hin und wieder auftaucht. Bis jetzt ist noch gar keine sichere Spur von ächten Götzenbildern im Lande zu finden gewesen.
G. C. F. Lisch.
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Feuersteingeräthe zu Seehof.
Zu Seehof, nördlich bei Schwerin , am schweriner See, wurden bei Erdgrabungen 16 Fuß tief mehrere Feuersteingeräthe gefunden und von dem Herrn Weidemann zu Schwerin, Besitzer von Seehof, dem Vereine zur Aufbewahrung übergeben, was um so mehr anzuerkennen ist, als diese Geräthe zu den seltensten in ihrer Art gehören. Diese Geräthe zeichnen sich nämlich zum Theil vor fast allen andern bisher in Meklenburg gefundenen durch ihre Größe aus und geben keinen andern in Beziehung auf Vollendung und Schönheit nach; sie gehören zu den größten von allen, welche bisher in Norddeutschland gefunden sind und stehen in dieser Hinsicht fast einzig da; in den meklenburgischen Sammlungen ist nur ein bei Ehmkendorf gefundener Keil (Jahresber. II, S. 34) von derselben Größe. In der kopenhagener Sammlung befinden sich mehrere Keile, welche den einen seehöfer an Größe noch übertreffen; außerdem habe ich aber nirgends Geräthe von so bedeutenden Maaßen gesehen.
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Dazu sind die seehöfer Geräthe höchst ausgezeichnet in der Bearbeitung, in der Regelmäßigkeit der Form und in der Vollendung der Schleiferei.
Die Geräthe sind folgende:
1) ein Keil aus hellgrauem, trockenen, undurchsichtigen Feuerstein, an den schmalen Seiten zugehauen, an den breiten Seiten ganz und äußerst regelmäßig geschliffen 10 1/2" lang, in der Mitte 2 1/2" breit und 2 3/4" dick, 2 1/2 Pfd. schwer;
2) ein Schmalmeißel aus hellgrauem, trockenen, undurchsichtigen Feuerstein, ganz und sehr regelmäßig geschliffen, 11 1/2" lang, l 1/4" breit und 1" dick;
beide Stücke gehören offenbar zusammen;
3) ein kleiner Keil aus schwarzgrauem, durchscheinenden Feuerstein, 6 1/4" lang, dünne, 3/8" dick, und so schön und scharf geschliffen, daß man damit leicht schneiden kann.
Ein vierter Keil, welcher beim Ausgraben zerbrach, ist in andere Hände gekommen.
G. C. F. Lisch.
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Feuersteingeräthe von Consrade.
Im Torfmoore von Consrade bei Schwerin wurden im J. 1845 mehrere Geräthe aus Feuerstein gefunden, welche alsbald verschwanden und in mehrere Hände gelangten, in denen sie lange verborgen blieben. Zuerst lieferte der Torfmeister Riepke ein Stück ab, welches ihm zugekommen war; erst im J. 1850 gelang es, die übrigen Stücke nach und nach für die großherzogl. Sammlung zu erwerben. Es sind im Ganzen:
zwei Paar halbmondförmige Feuersteinmesser,
und
ein Feuersteinspan, 3 1/2" lang,
welcher an einem Ende durch regelmäßiges
Schlagen zur Pfeilspitze zugerichtet ist; dies
ist das erste Exemplar einer solchen
Pfeilspitze, welches in Meklenburg gefunden ist,
obgleich die bekannten Feuersteinspäne sehr
häufig in Meklenburg gefunden werden.
G. C. F. Lisch.
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Streitaxt von Gotmansförde.
In dem zu dem Gute Gotmansförde gehörenden "Wahrholze" ward im Sommer des J. 1850 in der Nähe eines großen Holzes, in welchem mehrere Haufen von großen Steinen auf zerstörte Heidengräber schließen lassen, auf dem Acker eine Streitaxt ausgepflügt, welche durch ihre Gestaltung und Bearbeitung interessant und von dem Herrn von Böhl
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auf Cramonshagen dem Vereine geschenkt ist. Die Axt ist von Hornblende, aus einem ganz rohen, noch gar nicht bearbeiteten, aber der Form einer Streitaxt ähnlichen Steine, von zwei Seiten her trichterförmig zu einem sehr großen Schaftloche durchgebohrt, im Schaftloche aber noch nicht ganz vollendet. Die Axt ist von der ersten Größe, 4 Pfd. 4 Loth schwer und der in Frid. Franc. Taf. I, Fig. 3, abgebildeten ähnlich. Wir haben hier also eine Axt in den ersten Anfängen zu ihrer Bearbeitung.
G. C. F. Lisch.
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Streithammer von Retschow.
Zu Retschow bei Doberan ward ein merkwürdiger kleiner Steinhammer aus Hornblende, 3" lang, gefunden und von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow dem Vereine geschenkt. Der Hammer ist die untere Hälfte eines größern Streithammers, welcher in der Mitte queer durch das Schaftloch durchbrochen und an welchem noch ein Stück der alten Schaftlochwand zu sehen ist. Dieser neuere, kleinere Streithammer ist aber noch nicht fertig, sondern von beiden Seiten her erst trichterförmig bis zur Mitte durchbohrt und das Bohrloch noch nicht ausgeschliffen, eine Arbeit, welche bei ihrer großen Schwierigkeit von großer Geschicklichkeit und Erfahrung zeugt. Der Verein besitzt bereits ein anderes Exemplar eines gleichen, bei Plau gefundenen, aus einem zerbrochenen größern gefertigten Steinhammers, dessen Bohrung jedoch schon vollendet ist (vgl. Jahrb. XI, S. 352).
G. C. F. Lisch.
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Handaxt von Cramonshagen.
Zu Cramonshagen ward manche Jahre lang eine große Handaxt in dem herrschaftlichen Wohnhause aufbewahrt, welche wahrscheinlich auf dem Felde von Cramonshagen gefunden und jetzt von dem Herrn von Böhl auf Cramonshagen dem Vereine geschenkt ist. Diese Axt ist von Hornblende, hat statt eines Schaftloches einen Handgriff, ist wie die in Frid. Franc. Taf. XXIX, Fig. 3, abgebildete gestaltet und ein Exemplar erster Größe, da sie 4 Pfund 26 Loth wiegt.
G. C. F. Lisch.
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Säge aus Feuerstein von Rampe.
In dem Moor von Rampe am schweriner See ward beim Kalkgraben eine Säge aus Feuerstein gefunden und ange=
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kauft, jetzt 4 1/2" lang, jedoch an einem Ende abgebrochen, so daß das Ganze wohl 5 1/2" lang gewesen ist. Die eine Seite ist ganz grade, die andere in flachem Bogen gekrümmt, so daß das Werkzeug den bekannten halbmondförmigen Feuersteinmessern ähnelt, jedoch von diesen darin ganz verschieden ist, daß es nicht an beiden Seiten halbmondförmig gebildet und viel schmaler ist, nämlich nur 1" breit an der breitesten Stelle. Beide Seiten sind scharf, jedoch etwas unregelmäßig, gezahnt. Hierin gleicht das Werkzeug der merkwürdigen und ausgezeichneten Säge, welche bei Sternberg am Judenberge gefunden ist (vgl. Jahresber. VII, S. 22); jedoch ist letztere harpunförmig und ganz wie die feuersteinernen Pfeilspitzen gestaltet und völlig regelmäßig und vollkommen gearbeitet. Die hier beschriebene Säge von Rampe gleicht dem in den kopenhagener historisch=antiquarischen Mittheilungen Tab III, Fig. 25, abgebildeten Exemplare, welches auch im Norden so selten ist, daß man (1835) dort nur ein einziges Exemplar kannte.
G. C. F. Lisch.
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Nilson's Ureinwohner des skandinavischen Nordens.
Der Herr Gymnasiallehrer Masch zu Neu=Ruppin schenkte dem Vereine eine deutsche Uebersetzung des schwedischen Werkes:
"Die Ureinwohner des skandinavischen Nordens, ein comparativ=ethnographischer Versuch, von S. Nilson, Professor der Universität zu Lund".
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c. Zeit der Kegelgräber.
Kegelgräber von Kläden.
In den ersten Monaten des J. 1850 ließ der Herr Klosterhauptmann Baron Le Fort zu Dobbertin bei dem Dorfe Kläden Steine zur gelegentlichen Benutzung zu Bauten in dem Theile der klädener Forst ausbrechen, welcher das "side Holt" (niedrige Holz) heißt, und zwar links von der Landstraße, die von Dobbertin nach Sternberg führt, nicht weit von den Niederungen, in denen sich der Mildenitz=Fluß mit dem Bresenitz=Bache vereinigt.
Hier stießen die Arbeiter auf eine Gruppe von Kegelgräbern, die in jenen Gegenden nicht selten sind, und nahmen dieselben sogleich in Angriff, machten aber alsbald die Anzeige, daß man schon mehrere zerbrochene Knochentöpfe ("knâkenpött") ausgegraben habe. Der Herr Klosterhauptmann eilte sogleich an Ort und Stelle, um die Gräber und deren Inhalt zu untersuchen. Er fand die Scherben der zerbrochenen Urnen, aber von andern Alterthümern keine Spur. Die Grabhügel hatten die normale Beschaffenheit der Kegelgräber: sie waren von runder Basis, halbkugeliger Bedeckung und mit einem Steinkranze umgeben, von Sand, der Erde, die sie umgab, aufgeschüttet. Im Innern fanden sich nur wenig Steine, aber verschiedene, viereckige, kleine Abtheilungen oder Kisten, welche aus Steinplatten gebildet waren, in denen die Urnen geschützt standen. Bei sorgfältiger Aufdeckung gelang es dem Herrn Klosterhauptmann, zwei ganze Urnen, die mit Sand und Knochen gefüllt waren, ans Licht zu fördern.
Im Ganzen sind aus diesen Hügeln 6 Urnen hervorgegangen, welche mit den früher bei Dobbertin in den Jungferntannen gefundenen Urnen gleiche Beschaffenheit haben (vgl. Frid. Franc. Tab. V, Fig. 3 und 4, und S. 114), wie denn überhaupt dieser Fund ganz den frühern Funden in dieser Gegend gleicht und ohne Zweifel aus derselben Zeit der Kegelgräber stammt.
Es ist in den klädener Gräbern Folgendes gefunden:
1) eine große Urne, mit scharfem Bauchrande, ohne Verzierungen, ganz wie die in Jahrb. XI, S. 357, abgebildete, 10" hoch und 10" weit in der Mündung, mit Ausnahme eines ausgebrochenen Randstückes fast ganz erhalten;
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2) eine ganz gleich geformte große Urne, ohne Verzierungen, mit scharfem Bauchrande, 9 1/2" hoch, nur im Boden und einem Viertheil der Seitenwand erhalten, so daß sie in dieser Ausdehnung noch zusammengesetzt werden konnte;
3) eine ähnliche Urne, jedoch mit abgerundetem Bauchrande und der in Jahrb. XI, S. 356 abgebildeten sich nähernd, ungefähr wie die in Frid. Franc. Tab. V, Fig. 4 abgebildete, ganz zertrümmert;
4) ein kleinere Urne, stärker ausgebaucht und dünner in den Wänden, welche ganz zerbrochen ist und wahrscheinlich bei Nr. 2 gestanden hat, ganz zertrümmert;
5) eine große schalenförmige Urne, mit zwei kleinen Henkeln und ausgebogenem Rande, 8" hoch und 13 1/2" weit im Bauche und in der Mündung, ungefähr wie die in Jahrb. IX, Lithogr., Nr. 1, abgebildete Bronze=Vase von Peccatel und die in Jahrb. XI, S. 365, unter Nr. V, unten, abgebildete Schale geformt, jedoch sehr viel schöner, mit Gruppen von geschwungenen Linien auf dem Bauchrande, wie die in Jahrb. XI, S. 363, oben, und in Frid. Franc. Tab. V, Fig. 7, abgebildeten Gefäße verziert; dieses Gefäß ist eines der schönsten der nordischen Vorzeit, doch leider so sehr zerbrochen, daß es sich nur mit Mühe zum größern Theile hat wieder herstellen lassen;
6) eine Urne, mit Gruppen von eingekratzten, halbrund geschwungenen Parallellinien auf der untern Bauchwand verziert, jedoch ganz zertrümmert, ohne sie zur frühern Form herstellen zu können;
7) ein Doppelknopf von Bronze, ganz wie der in Jahrb. XI, S. 378, oben, abgebildete, jedoch ohne die lange Stange auf der Spitze, sondern nur mit einer kurzen, etwa 3/8" langen Stange.
G. C. F. Lisch.
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Kegelgräber von Moltzow.
Beim Steinbrechen für den Chausseebau wurden auf dem Felde von Moltzow beim malchiner See folgende Alterthümer gefunden, durch Fürsorge des Herrn Barons A. v. Maltzan auf Peutsch gerettet und von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan auf Rothenmoor, Moltzow ect. dem Vereine übergeben. Es lassen sich in diesem Funde mehrere Begräbnisse erkennen:
A. 1) eine Urne aus hellbraunem Thon, ungefähr wie Jahrb. XI, S. 356, und Frid. Franc. Tab. V, Fig. 2, 9 1/2" hoch und 8 3/4" weit in der Mündung; sie enthielt zerbrannte
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Menschengebeine und einen ganz kleinen Beschlag von Bronzeblech;
B. 2) eine Urne aus hellbraunem Thon, von ähnlicher Gestalt, mit mehr eingezogenem Halse, 7 3/4" hoch, mit "kalkigem Sande" (also wohl Sand und Asche) gefüllt, wie gewöhnlich die Urnen mittlerer Größe. Diese Urne war zugedeckt mit
3) einer Schale aus hellbraunem Thon, mit einem kleinen Henkel, 2 1/2" hoch, nur zur Hälfte vorhanden. In der Urne lag
4) ein ganz kleiner Napf aus hellbraunem Thon, mit Henkel, von scheibenförmiger Gestalt, 1 1/4" hoch und 3 1/4" weit, unten auf dem Boden mit einem runden Eindruck, als wenn das Gefäß auf einem Finger gedreht wäre, und
5) ein kleiner Ring von Bronze; 1 3/4" im Durchmesser;
C. 6) eine Schale aus hellbraunem Thon, mit einem kleinen Henkel, ungefähr wie Jahrb. XI, S. 365, Nr. V, gegen
4" hoch und 10 1/4" weit, wahrscheinlich Deckschale zu einer Urne;
D. 7) eine Schale, eben so, 4 1/4" hoch und 11" weit;
E. 8, 9) Scherben von zwei großen Urnen, deren eine mit einem Bande von fest eingeschnittenen Parallelreifen um den Bauch verziert ist, und von einer Schale;
F. 10) eine Urne von mittlerer Größe, hellbraun, 6" hoch, 5" weit in der Mündung, fast cylinderförmig, mit sehr tief liegendem Bauchrande.
Bei derselben Aufgrabung ward noch gefunden und schon früher eingesandt:
G. 11) eine Henkelurne, welche mit Knochen gefüllt war; diese ist im Quartalberichte 1850, XV, 2, S. 3, aufgeführt.
G. C. F. Lisch.
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Kegelgrab von Rothenmoor.
Der Herr Baron A. von Maltzan auf Peccatel übergab dem Vereine eine in einer Steinkiste im Sande zu Rothenmoor bei Malchin, in den Tannen vor dem Hofe, wo schon öfter Urnen aus der Zeit der Kegelgräber gefunden sind, ausgegrabene große Urne von der gewöhnlichen, cylinderähnlichen Gestalt der Urnen der Bronzeperiode, etwas zerbrochen , und eine dazu gehörende, ganz zertrümmerte Deckschale.
G. C. F. Lisch.
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Bronzewagen von Frankfurt a. O.
und
Räder von Frisack.
Beim Bau der Chaussee von Frankfurt a. O. nach Drossen ward vor ungefähr zwei Jahren der auf S. 262 in halber Größe abgebildete Wagen gefunden, welchen der Herr Graf von Zieten auf Wustrau bei Neu=Ruppin für seine Sammlung anzukaufen Gelegenheit fand. Der Wagen ist von alter Bronze, voll und in allen Theilen gegossen, ohne Rost, also wahrscheinlich im Moor gefunden, 9" lang und 4 1/2" hoch.
Der Wagen hat eine Deichsel, welche zuerst am Ende kurz, weit und hohl ist, mit einem durchgehenden Nagelloche zur Seite, also zum Einstecken eines längeren Stockes, dann aber in eine Gabel gespalten, welche auf der Einen Achse, welche der Wagen nur hat, befestigt ist. Auf der Achse laufen drei vierspeichige Räder, von denen zwei außerhalb der Gabel, das dritte innerhalb der Gabel steht. Am Ende der Deichsel, am Anfange der Gabelspaltung und auf jeder Gabelzinke steht auf einer perpendiculairen Stange die Gestalt eines Vogels mit breitem Schnabel: im Ganzen sind also vier solcher Vögel vorhanden. Auch die beiden Gabelzinken biegen sich mit einer Verlängerung nach hinten perpendiculair aufwärts und sind am Ende zu eben solchen, jedoch größern Köpfen gestaltet, wie die Vögel sie haben, aber auf dem Hinterkopfe oder Nacken mit zwei Hörnern oder Flügeln verziert.
Dieser Wagen, welcher der Bronze=Periode angehört, ist eine überaus wichtige und merkwürdige Erscheinung in der Alterthumskunde. Da der Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde zuerst in den Besitz eines ähnlichen Wagens gekommen ist, so hat es der Ausschuß des Vereins für seine Pflicht gehalten, die Literatur über diesen und verwandte Gegenstände weiter zu führen und namentlich den Frankfurter Wagen, von dem der Herr Gymnasial=Lehrer Masch zu Neu=Ruppin mit Bewilligung des Herrn Grafen von Zieten, welche beide Mitglieder unsers Vereins sind, eine getreue Zeichnung genommen und dem Vereine geschenkt hat, in Abbildung mitzutheilen.
Vor allen Dingen wird es von Wichtigkeit sein, eine Uebersicht über die bisher aufgefundenen alterthümlichen Denkmäler ähnlicher Art aus der Bronze=Periode zu geben.
Zuerst ward im J. 1837 bei Wismar am Meeresstrande das zu Jahrb. III abgebildete und in Jahresber. das. S. 67 beschriebene Heerhorn gefunden, auf welchem, neben Ruder=
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Halbe Größe.
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schiffen, ein Mal 4 vierspeichige Räder im Viereck und zwei Male 2 vierspeichige Räder neben einander durch Gravirung abgebildet sind. Schon in Jahrb. a.a.O. S. 75 ward darauf aufmerksam gemacht, daß diese vierspeichigen Räder oder "Kreise mit Kreuzen" Wagen zu bedeuten haben.
Im J. 1843 hatten wir das Glück, zu Peccatel bei Schwerin in einem unzweifelhaften, merkwürdigen und reich ausgestatteten Kegelgrabe 1 ) aus der Bronze=Periode einen solchen aus Bronze gegossenen Wagen, der in Jahrb. IX, S. 373, beschrieben und abgebildet ist, in der Wirklichkeit zu finden. Dieser Wagen hat vier vierspeichige Räder, und Achsen und Langbäume wie ein Joch (oder eine Glocke) gestaltet, und hatte ohne Zweifel die Bestimmung, eine große, darauf befestigte Bronzevase hin und her zu fahren.
Mit diesem Wagen von Peccatel ist nun der bei Frankfurt a.O. gefundene Wagen an Größe, Metall, Arbeit, Rädern, kurz in den hauptsächlichsten Einzelnheiten ganz gleich, nur die Einrichtung und Verzierung ist ganz anders. Der ganz vollständige Wagen von Frankfurt hat nämlich nur Eine Achse und drei Räder auf derselben, und nichts weiter, kann also wohl nicht dazu gedient haben , etwas zu tragen; ferner ist die Deichsel mit Vögeln verziert, welche auf perpendiculairen Stangen stehen. Der Wagen hat also überall Hindernisse, welche es unmöglich zu machen scheinen, daß etwas auf denselben hat gesetzt werden können. Auch ist nach genauer Untersuchung ohne Zweifel festgestellt, daß nirgends etwas abgebrochen und nirgends eine Spur zu finden ist, daß früher auf irgend einem Theile des Wagens etwas befestigt gewesen sei.
Die Vergleichung dieser beiden merkwürdigen Bronze=Wagen von Peccatel und Frankfurt, welche in kurzer Zeit nach einander gefunden sind und bis jetzt ihres gleichen nicht haben, führt schon ziemlich weit, indem sie wenigstens der Bronze=Periode eine nicht ganz gewöhnliche Geläufigkeit in Darstellung verschiedener Wagen zuweiset. Wir können aber der Deutung durch Vergleichung anderer Denkmäler vielleicht noch einige Schritte näher kommen.
Auf dem Kivik=Monumente, einem alten Begräbnißhügel mit einer Steinkiste in Schonen, auf welchem alte bildliche Darstellungen eingegraben sind, abgebildet in Suhm Hist. af Danmark, I, S. 529, Tab, I und II (vgl. Jahresber. III, S. 75, und Jahrb. XI, S. 373), ist auch ein Sieger, wie es
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scheint, auf einem Wagen stehend dargestellt. Dieser Wagen hat eine gabelförmige Deichsel und zwei vierspeichige Räder an derselben; der Mann steht auf der gabelförmig gespaltenen Deichsel.
Auch die Vögel auf der Deichsel des frankfurter Wagens finden jetzt eine Vergleichung. Die der Bronze=Periode angehörenden Hütchen oder Buckel von Vietgest, welche in Jahrb. XV, S. 268, beschrieben sind, tragen auf der Spitze einen
Ganze Größe.
Vogel, welcher den Vögeln auf der Deichsel des frankfurter Wagens sehr ähnlich ist. Die Vögel von Vietgest sind die ersten sichern Figuren, welche aus der Bronze=Periode bekannt geworden sind.
So trifft alles höchst günstig zusammen, um den Weg zur Erklärung des frankfurter Wagens zu bahnen.
Kleine Bronzewagen scheinen in der Bronze=Periode, nach den neuesten Entdeckungen, nicht so sehr selten oder beispiellos gewesen zu sein , wie es noch vor kurzer Zeit den Anschein hatte, wo noch kein einziger bekannt war.
Im J. 1846 wurden auf einem Berge bei Frisack die in Jahrb. XII, S. 414 beschriebenen und verglichenen, ebenfalls in den Besitz des Herrn Grafen von Zieten auf Wustrau gekommenen Bronzen aus der mittlern, reinen Bronzezeit,
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nämlich ein Messer, ein Armring, eine Nadel von einer Heftel mit zwei Spiralplatten und zwei Räder gefunden. Die Räder
Halbe Größe.
werden ebenfalls zu einem Gestell, d.h. zu einem Wagen, gehört haben, das aber zerbrochen und verloren gegangen ist, wie
denn überhaupt der Fund nicht ganz vollständig in die Hände des jetzigen Besitzers gekommen ist: von der Heftel mit zwei Spiralplatten, zu welcher ohne Zweifel die Nadel gehörte, ist nur diese Nadel, und zwar auch nicht mehr vollständig , vorhanden. Diese frisacker Räder sind von demselben Metall, derselben Größe und derselben Einrichtung, wie die Räder an den vorher beschriebenen Wagen von Peccatel und Frankfurt. Die frisacker Räder sind jedoch schon mehr künstlich gearbeitet. Die Speichen scheinen eingesetzt zu sein und die Naben sind sauber und regelmäßig mit Reifen verziert, wie die beistehende Abbildung zeigt. Hiernach scheinen die Räder von Frisack zwar jünger zu sein, als die Wagen von Peccatel und Frankfurt, aber doch noch der guten Zeit der Bronzeperiode anzugehören.
Außerdem ist noch in der Gegend von Warin ein Bronzewagen gefunden, jedoch verloren gegangen (vgl. Jahrb. XV, S. 276).
Es ist nun die große Frage, welche Bestimmung der Wagen von Frankfurt gehabt habe. - Der Wagen von
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Peccatel war dazu bestimmt, eine Vase zu fahren; dennoch scheint etwas Mythologisches oder Traditionelles darin zu liegen, daß die Achsen wie Joche oder Glocken gestaltet sind; so heißt es in einer althochdeutschen Glosse (vgl. Grimm Deutsche Mythologie, zweite Ausgabe, I, S. 138) von den Sternen des großen Bären, daß sie "nach eineme gloccun joche gescaffen sint", was ich nicht, wie Grimm, durch den "horizontalen Tragebalken", an welchem die Glocken hangen, sondern durch die joch= oder glockenförmige Gestalt der Achsen, also wesentlich des Wagens, wie bei dem peccatelschen Wagen, erklären möchte. - Der Wagen von Frankfurt kann aber keinen technischen Zweck gehabt haben. Ich halte ihn daher nur für ein Symbol, - für ein Symbol der höchsten und obersten germanischen Gottheit Wodan oder Odin. "Unsere Vorzeit erzählt von Wodans Wanderungen, seinem Wagen, Weg und Geleite." Daher hieß bei den alten Deutschen das Gestirn des großen Bären nur der Wagen, in der Schweiz herrawaga, in Dänemark, Schweden und England karl= (d.i. Herren=) wagn, im Niederländischen woenswaghen; vgl. Grimm Deutsche Mythologie, a.a.O. S. 138, 686 und 1223, auch Müllenhof in Nordalbing. Studien IV, 2, S. 202. Freilich ward "das Gestirn allgemein auf die höchsten Gottheiten, bald auf diesen, bald auf jenen bezogen", und auch wohl Irminswagen genannt (vgl. Grimm a.a.O. S. 329 und Müllenhof a.a.O.); freilich giebt die skandinavische Sage dem Gotte Thor einen Wagen und läßt die andern Götter reiten: aber die Beziehung auf den Wodan und seine Straße war in deutscher Sage vorherrschend und allgemeiner.
Hiezu stimmen denn auch die Vögel, wenn es Vögel sein sollen, die auf dem frankfurter Wagen, und auch vielleicht die, welche auf den vietgester Buckeln stehen. Dem Wodan oder Odin waren zwei Raben heilig und in Dänemark und Island heißt ein kleiner Wasservogel (tringa minima): Odens fugl (vgl. Grimm a.a.O. S. 134 und 145).
Was aber grade die drei Räder und die vier (oder sechs) Vögel bedeuten sollen, ist einstweilen schwer zu sagen. Wären es sieben Vögel, so könnte man sie auf die sieben Sterne des großen Bären deuten. - Vielleicht deuten die 6 Vögel aber auf das Siebengestirn der Plejaden, von welchem bekanntlich nur sechs Sterne zu sehen sind. Die Plejaden führen beim Volke in Deutschland, England und Frankreich den Namen: Gluckhenne (vgl. Grimm Mythol. S. 691 und 1223), und es knüpfen sich alte Sagen an die Wanderung des siebenten Sterns (vgl. Arati Phaenomena v. 254 sq.). Die
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Stellung des Fuhrmanns zwischen dem großen Bären (dem Wagen) und den Plejaden beim Stier mag auch nicht ohne Beziehung sein (vgl. Buttmann über die Sternbilder auf der griechischen Sfäre, Abhandl. der berliner Akad. der Wissenschaften vom 8. Junii 1836, S. 38 flgd.). - Die drei Räder mit vier Speichen (also zwölf Speichen) mögen auf die zwölf Monate zielen, in denen der Wagen alljährlich über den Himmel fährt, und auf die drei Jahreszeiten der alten Welt.
Eine mehr sichere Deutung muß künftigen Entdeckungen und gründlichern Forschungen solcher Männer überlassen bleiben, die tiefer in das altgermanische Schriftenthum eingedrungen sind; die antiquarische Seite scheint hinreichend gesichert und erhellt zu sein.
Schwerin, den 10. Dec. 1850.
G. C. F. Lisch.
Nachdem diese Zeilen niedergeschrieben waren, die ich so wiedergebe, wie sie die erste Forschung gestaltet hat, sandte ich einen Abdruck des während der Zeit fertig gewordenen Holzschnittes von dem Wagen an Jacob Grimm, Mitglied unsers Vereins, und bat ihn um seine Ansicht, die er auch in den folgenden Zeilen, die mit den im Vorstehenden ausgesprochenen Ansichten im Wesentlichen übereinstimmen, bald mittheilte:
Die gegossenen vögel auf dem wagen sind allerdings sehr merkwürdig und für unser alterthum bedeutsam. Ich kann mir nichts anders dabei denken, als dass ein himmelsgestirn darunter vorgestellt werde; vielleicht dass man annahm, alle beweglichen gestirne führen auf wagen, was eigentlich schon das wort rotation sagen will. Am liebsten möchte man an den himmelswagen, wuotanswagen oder donnerwagen, karlwagen denken und die vier grössten sterne der constellation des grossen bären dadurch ausgedrückt glauben. Warum aber sind es vögel? Es kann in verschollnen mythen erzählt worden sein, dass verwandelte menschen dahin an den himmel in vogelgestalt gesetzt wurden. Wem fällt hier nicht das siebengestirn, d.h. die plejaden oder peleiaden ein? Darum braucht kein griechischer mythus statt zu finden. Unser volk macht aus den sieben tauben eine gluckhenne mit ihren küchlein; vgl. das graben der schatzgräber nach der goldenen glocke und den küchlein: mythol. S. 932.
Dabei fällt mir ein, dass an Nestors becher bei Homer (II. XI, 632-635) zwei tauben auf jedem henkel
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sassen und darin eine anspielung auf die plejaden gesehen ward (Athenaeus XI, p, 489. Casaub.). Vielleicht brachten die künstler solche vögel öfter auf gefässen an, wie man aus den vietgester bronzen bestätigt finden könnte.
Dem vogel auf ihr wäre allenfalls noch trotz dem langen halse taubengestalt einzuräumen; die vögel auf dem wagen mit dem langen schnabel schliessen sie aus und begehren gänse zu sein. Augen in den köpfen mangeln überall. Vielleicht berichtet man unter dem volke, das diese bildwerke entstehen liess, von gänsen oder schwänen, die als sterne an den himmel gesetzt worden.
Die zwei handhaben mit ihrer auffallenden krümmung liessen sich allenfalls auch für zwei sterne nehmen, und dann hätten wir sechs sterne, die eigentlich auch im siebengestirne vortreten.
Das ist alles, was mir jetzt beifällt, und ich verzweifle, dass mir künftig bessere gedanken kommen.
Jacob Grimm.
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Goldener Eidring von Woosten.
Im Nov. 1850 fand zu Woosten bei Goldberg ein Tagelöhner beim Ausschaufeln eines Grabens auf dem Kirchenacker flach in der Erde einen schweren goldenen Ring, den er dem Präpositus Zander daselbst überbrachte. Durch einen unglücklichen Irrthum ward der Ring, der der großherzoglichen Alterthümersammlung angeboten werden sollte, an einen Goldschmied in Schwerin verkauft, welcher ihn durchschnitt und sogleich wieder in Hamburg, dem unfüllbaren Schlunde vieler Schätze, verkaufte. Durch sofortige Bemühungen ward glücklicher Weise der Ring nach Schwerin zurückgeschafft, wieder zusammengesetzt, von Schritt zu Schritt im Preise gesteigert und endlich Sr. K. H. dem Großherzoge angeboten. Um den Schatz zu retten, bewilligten Se. Königliche Hoheit die Summe von 100 Thalern und übergaben den Ring der großherzoglichen Alterthümersammlung. - Diese Geschichte enthält das Schicksal der meisten Schätze Norddeutschlands - mit Ausnahme des dies Mal noch glücklichen Endes, denn das Meiste geht spurlos unter. Es ist in der That merkwürdig, daß die Finder nie den offenen, graden Weg 1 ) gehen,
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auf dem sie sich viel mehr einbringen würden. Wie ganz anders ist es in Dänemark, wo gewiß Alles abgeliefert wird, was gefunden wird!
Der Ring ist von reinem Golde, wie es gewöhnlich die Natur giebt und stets in den goldenen Alterthümern der Bronze=Periode gefunden wird, und 5 1/4 Loth hamburg. Gewicht schwer. Er hat eine ovale Gestalt, ist geöffnet, und in der Mitte dicker als an den beiden Enden; an den beiden dünner auslaufenden Enden sitzen zwei hohle Halbkugeln. Der Ring gleicht daher den übrigen in großen Sammlungen befindlichen sogenannten Eidringen, welche ebenfalls alle von reinem Golde sind. Der Ring gleicht also dem bei Bresegard gefundenen, in Jahrb. IX, S. 383, abgebildeten und beschriebenen Ringe, nur daß dieser fünf Mal so schwer war. Bei dem bresegarder Ringe ward ausgesagt, daß ein gelblicher Stein zwischen den beiden Halbkugeln gesessen habe, jedoch verloren gegangen sei; ähnliche Gerüchte tauchten von dem Ringe von Woosten auf. Es ist allerdings möglich, daß die beiden Halbkugeln an diesen Ringen irgend ein Symbol (etwa eine Krystallkugel?) gehalten haben und daß überhaupt diese Ringe von edlem Metall nur dazu bestimmt gewesen sind, ein noch größeres Heiligthum darzubieten, um es nicht unmittelbar zu berühren. Hierauf scheint der im folgenden Abschnitte beschriebene, aus Einem Stücke gegossene Bronzering von Retzin zu deuten, bei welchem offenbar eine Kugel zwischen zwei Halbkugeln (aus einem Stücke gegossen) hat dargestellt werden sollen.
J. Grimm theilt uns brieflich die Bemerkung mit: "Der in den halbkugeln sitzende helle stein gemahnt an den iarknastein, dessen ich in den rechtsalterthümern und in der mythologie gedacht." Grimm sagt in seiner Mythologie S. 1167: Viel weniger mythisch als Kräuter sind Steine. - - - - Dennoch giebt es einzeln althergebrachte Mythen. Die Edda nennt einen heiligen iarknasteinn, der beim Kesselfang in das heiße Wasser geworfen wurde und den der künstliche Schmied Völundr aus Kinderaugen fertigte. - - - - Der entsprechende gothische Name airknast´ins, ahd. erchanstein, darf sicher vermuthet werden, da gothisch airknis: echt, heilig, ausgedrückt und ahd. erchan in andern Zusammensetzungen übrig ist. Es scheint aber der eirunde, milchweiße Opal zu sein, der sonst auch orphanus, pupillus, mhd. Weise heißt, und so köstlich war, daß er die deutsche Königskrone schmückte. - - - Aus Thiassis Augen wurden leuchtende Sterne, alle Sterne sind Edelsteine des Himmels u.s.w." Vgl. weiter Grimm a.a.O. und Rechtsaltth. II, S. 923.
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Der Ring gehört zu der Classe der großen goldenen Ringe, welche man in neuern Zeiten, zuerst in Dänemark, Eidringe genannt hat; man vgl. (Thomsen) Leitfaden zur nord. Alterthumskde. S. 43; Sorterup Kurze Uebersicht der Alterth. im kopenhagener Museum, S. 47; Worsaae Dänemarks Vorzeit, S. 50. Diese Ansicht, welche bis jetzt noch der wissenschaftlichen Begründung entbehrt hat, läßt sich jetzt schon ziemlich zur Gewißheit bringen. J. Grimm sagt in seinen Deutschen Rechtsalterthümern II, S. 895: "Der Schwörende in Standinavien faßte einen im Tempel bewahrten, vom godi (Priester) dargebotenen, mit Opferblut gerötheten Ring, der dem Gott Ullr geweiht war; daher schwören athrîngi Ullar Saem. 248 a ." In der Eyrbyggjasaga p. 10 heißt es (in Uebersetzung): "Es lag da (auf dem Altar) ein Ring (hrîngr), an dem man keine Zusammenfügung (môtlaus = sine compage, sine commissura) sah, zwei Unzen (tvieyringr) schwer, bei dem alle Eide sollten geschworen werden." In der Vîgaglûmssaga c. 25, p. 150 heißt es (in Uebersetzung): "Der Mann, welcher den Eid im Tempel ablegen sollte, nahm in seine Hand einen Silberring 1 ) (silfrbaug), der im Blute des Rindes geröthet war, das man geopfert hatte, und durfte (der Ring) nicht minder stehen (wiegen) als drei Unzen (aurar); ich leiste den Tempeleid und sage dem Gott, daß ich u.s.w.". In der Landnâmasaga p. 138 heißt es: "Ein Ring (baugr) zwei Unzen (tvieyringr) oder mehr schwer mußte in jedem Haupttempel auf dem Altar liegen und diesen Ring jeder Priester in der Hand halten in allen Gerichten, die er selbst hegte, und ihn vorher röthen in dem vergossenen Blute des Rindes, das er selbst geopfert hatte; jeder Mann, der eine gesetzliche Schuld sich im Gericht von der Hand zu lösen hatte, mußte an diesem Ring den Eid leisten". In seiner Deutschen Mythologie, S. 209, Note, sagt J. Grimm: "Ullr steht in Beziehung zu Baldr, welcher Saem. 93 a Ullar sefi (Ulli cognatus) heißt".
Die ganze Sache gewinnt noch mehr an Sicherheit, da auf einer zu Trier gefundenen alten Silbermünze ein solcher Ring dargestellt ist. Diese Münze ist abgebildet in Lelewel Etudes numismatiques et archéologiques, type gaulois ou celtique, Atlas, Tab. VI, Nr. 25, und wieder abgebildet in Wolanski Briefen über slavische Alterthümer, Erste
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Sammlung, Gnesen, 1846, Tab. XI, Nr. 13. Auf dem Averse dieser klaren Münze, welche im Besitze des Herrn de Sauley zu Metz ist, ist der Kopf des einäugigen Odin mit dem einen Auge auf der Stirn abgebildet; auf dem Reverse knieet ein Mann (Priester), welcher mit der Hand einen großen Ring emporhält, welcher geöffnet und an beiden Enden mit Knöpfen oder Halbkugeln verziert ist.
Man vgl. übrigens den folgenden Artikel.
G. C. F. Lisch.
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Bronzen von Retzin
in der Priegnitz,
und
Eidring und Bronzeguß.
Vor etwa drei Jahren wurden beim Bau der Chaussee zwischen Perleberg und Pritzwalck zu Retzin "in einem Loche unter Steinen" mehrere bronzene Alterthümer gefunden, welche zuerst in den Besitz des Eigenthümers, des Freiherrn Gans zu Putlitz auf Pankow, kamen und von diesem durch Geschenk an den Herrn Pastor Ragotzky zu Triglitz bei Putlitz, correspondirendes Mitglied unsers Vereins, der sie der Sammlung des Vereins schenkte. Diese Bronzen, welche ein edler Rost bedeckt, sind wegen ihrer Seltenheit von großem wissenschaftlichen Werthe:
1) Ein sogenannter
Eidring aus Bronze.
Die bisher bekannten sogenannten Eidringe sind von Gold (vgl. den vorhergehenden Artikel über den goldenen Eidring von Woosten); es sind starke, massive, ovale Goldringe, welche an einer Seite geöffnet sind und in den beiden Enden in zwei Halbkugeln zusammenstoßen. So sind die dänischen Eidringe (vgl. Sorterup Kurze Uebersicht der Alterth. im Kopenhagener Museum, S. 47, und Leitfaden zur Nord. Alterthumsk. S. 43); so war der in Meklenburg bei Bresegard gefundene große Goldring, welcher in Jahrb. IX, S. 383, abgebildet ist. Der bei Retzin gefundene Bronzering gleicht ganz dem bei Bresegard gefundenen Goldringe an Gestalt und Größe: er ist ebenfalls nicht rund, sondern oval, im Innern ebenfalls so weit, nämlich 4" in der Länge und 2" in der Breite. Der Ring von Retzin ist jedoch von Bronze, hohl gegossen und nach innen der Länge nach offen; ferner treffen die beiden Enden in einer großen, hohlen, ganz geschlossenen Kugel zusammen, und die sonst herkömmlichen zwei Halbkugeln sind durch Relieflinien angedeutet: der Ring ist also ein zusammenhangendes Ganzes. Es ist also
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hiedurch dargestellt, wie eine Kugel von zwei Halbkugeln gehalten wird. Diese Darstellung würde einen treffenden Beweis dafür geben, daß die beiden Halbkugeln an den geöffneten goldenen Eidringen dazu bestimmt gewesen sind, etwas zu halten (vgl. den voraufgehenden Abschnitt). - Der Ring von Retzin ist nach oben und unten hin sehr künstlich und reich durch Reliefs und Gravirungen verziert. Nach jeder Seite hin läuft zunächst um die äußerste Ausbauchung ein erhabener, glatter Reif, an welchem zu jeder Seite eingravirte, kurze Queerstriche stehen. In einiger Entfernung steht ein erhabener Reif, der durch eingravirte Queerlinien das Ansehen eines gedreheten Seiles hat; zwischen diesem Ringe und dem innern Rande steht ein, wie das letztere verziertes und mit demselben zusammenhangendes Band, welches in diese antike Form gelegt ist:
Eben so ist der Knopf oder die Kugel zu beiden Seiten verziert. Die Enden des Ringes vor der Kugel sind mit eingravirten Zickzacklinien verziert, welche zwischen Queerbändern von mehrern parallelen Linien stehen.
2) Ein Fragment eines bronzenen Kopfringes von der ausgezeichneten Beschaffenheit, wie der in Jahrb. XIV, S. 318, oben, abgebildete seltene Kopfring von Kreien. Das Fragment ergiebt, daß diese Ringe durch 4 rechtwinklig an einen dicken Drath gesetzte, 1/2" lange Flügel gebildet und dann gewunden sind, woraus die regelmäßigen, stark hervorragenden Windungen entstehen.
3) Ein kleiner, hohler, nach innen geöffneter bronzener Ring, 1" im Innern und 2" im äußern Durchmesser, ganz glatt, ganz so groß und so gebildet, wie der in Jahrb. XIV, S. 318, in 1/3 Größe dargestellte colossale Armring
von Kreien; es fehlt 1/3 des Ganzen, welches ausgebrochen ist. Wozu dieser Ring bestimmt gewesen sei, läßt sich nicht
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nicht ermitteln. Er ist hohl, von sehr dünnem Metall und in der Oeffnung und Politur meisterhaft gearbeitet. Das Innere ist ganz mit festem, wie es scheint, durch Hitze erhärteten Thon gefüllt; diese feste Füllung ist ohne Zweifel der Kern, über den der Ring gegossen ist, und wir haben hier einmal ein höchst wichtiges Stück für die Einsicht in die Technik und Kunstfertigkeit der Alten, und zugleich den Beweis, daß die vortrefflichsten Kunstsachen hier im Lande verfertigt wurden. Es leidet keinen Zweifel, daß die in dem Ringe sitzende Füllung der ursprüngliche Kern ist, denn eine meisterhaft eingeschnittene Thonerhöhung mit begleitenden Rinnen (Nuth), durch welche die innere Oeffnung des Ringes hervorgebracht ward, ist in ihrer Technik und glatten Vollendung fast noch ganz erhalten. Wir haben hier also ein Stück, wie es aus der Gußform gekommen ist und den Gußkern von Thon im Innern noch birgt; das Ganze ist aber so glatt, glänzend und vollendet, als wenn es eine vollendete Politur erhalten hätte, die jedoch nur durch den reinen Guß in Thon hervorgebracht ist. Das Metall ist sehr dünne, so dünne, wie starkes Papier; eben so dünne ist das Metall des mit feinen, gegossenen Reliefs bedeckten Eidringes. Alle Metallarbeiter erklären, daß es unmöglich sei, so etwas zu gießen; doch den neuern Metallarbeitern ist vieles unbegreiflich, was die Alten, trotz der Beschränktheit an Hülfsmitteln, mit Leichtigkeit übten. Zugleich geht aus diesem Stücke hervor, was auch schon längst aus vielen andern Beobachtungen und Zeichen feststeht, daß die dünnen Bronzegeräthe der Alten nicht aus Blech gebogen, sondern gegossen sind.
Dieser Fund von Retzin hat viel Aehnlichkeit in Form und Bedeutung mit dem oben erwähnten Funde von Kreien, welches nicht weit von Retzin entfernt ist.
G. C. F. Lisch.
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Bronzen von Redentin.
Im Julii des J. 1850 kaufte der Kupferschmied Herr Markwart zu Wismar von einem ihm unbekannten Manne mehrere treffliche Bronzen, welche dieser im Moore zu Redentin bei Wismar gefunden zu haben vorgab. Der Herr Markwart hatte die Freundlichkeit, diese Sachen dem Vereine nur gegen Wiedererstattung des von ihm aus gelegten Metallwerthes zu überlassen. Weiter ist nichts bekannt geworden. Die Bronzen, welche, mit Ausnahme der fremdartigen Schienen Nr. 3, ganz neu und ungebraucht und ohne Rost sind, sind folgende:
1) ein Schwert mit Griffzunge, 29" in der Klinge lang;
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2) ein Paar Armschienen in Spiralcylinderform, von dreieckigem 3/8" breitem Drath, 8" lang und 3 1/2" weit (für den Oberarm?), wie Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 7;
3) ein Paar Armschienen in Spiralcylinderform, aus breiten, glatten Streifen von Bronzeblech, welche nach beiden Enden hin in schmale, halbrunde Drathenden auslaufen, 5" lang und 2 3/4" weit, (für den Unterarm?); die breiten Streifen sind mit einer Zickzacklinie verziert, welche aus eingegrabenen, kurzen, senkrechten Parallelstrichen gebildet ist. Diese Spiralen sind ganz denen gleich, welche zu Dahmen gefunden und in Jahrb. X,
Halbe Größe.
S. 285, und hieneben abgebildet sind; weiter sind diese Armschienen noch nicht vorgekommen. Diese Armschienen sind, wie in Jahrb. a.a.O. angedeutet ist, ohne Zweifel fremden Ursprunges; sie sind auch in diesem Funde die einzigen Stücke, welche gebraucht und abgenutzt sind, während die andern Stücke ganz neu erscheinen;
4) zwei Paar Handringe, aus Bronzeblech, hohl gegossen, und auf der Außenseite reich mit Gravirungen verziert, alle 4 Stücke ganz gleich.
G. C. F. Lisch.
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Heftel von Krassow.
In einem Torfmoor zu Krassow, r. A. Güstrow, nicht weit von der Quelle, bei deren Aufgrabung im J. 1836 eine eiserne Axt gefunden ward (Jahresber. III, S. 96), ward im J. 1850 ungefähr 6 bis 7 Fuß tief im Torf eine kleine bronzene Heftel
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mit 2 Spiralplatten, 5 1/4" lang, ohne Rost und wohl erhalten, gefunden und von dem Herrn Gutsbesitzer Pogge auf Roggow und Krassow dem Vereine geschenkt.
G. C. F. Lisch.
Bronzene Commandostäbe.
Der Herr Gymnasiallehrer Masch zu N.=Ruppin schenkte dem Vereine die Zeichnung von zwei bronzenen Commandostäben (vgl. Jahrb. XV, S. 272), welche auf dem Rittergute Blankenburg in der Prignitz tief im Moor gefunden und jetzt im Besitze des Herrn Grafen von Zieten auf Wustrau sind.
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d. Vorchristliche Alterthümer gleich gebildeter europäischer Völker.
Ueber ein angebliches, zu Weitendorf aufgefundenes Götzenbild.
In Wismar und in der Umgegend ging bei einigen
Gebildeten das Gerücht, es sei vor mehrern
Jahren zu Weitendorf bei Wismar bei dem Herrn
Baron von Biel ein "Götzenbild"
aufbewahrt gewesen, jedoch wußte man nicht, wo
es gefunden und wo es geblieben sei. Um auch
diesen letzten "Spuk"
1
) zu bannen, wandte ich mich
an den Herrn Baron von Biel auf Zierow und
Weitendorf
. und bat denselben um Auskunft,
die ich denn auch sogleich erhielt, des Inhalts:
daß "der einzige Gegenstand seiner kleinen
Sammlung von Alterthümern, welcher einem Götzen
ähnlich sehe, eine kleine Figur in Form einer
Mumie sei; ob diese in einer schönen, mit
kleinen Knochen gefüllten Vase gefunden sei,
vermöge er jedoch nicht anzugeben". Der
Herr Baron von Biel erbot sich dabei
freundlichst, auf Verlangen das Bild zur Ansicht
übersenden zu wollen, was denn auch binnen
kurzem geschah.
Das besprochene, sogenannte Götzenbild ist nun nichts weiter, als eine von jenen in allen öffentlichen und in Privatsammlungen so häufig vorkommenden ägyptischen Statuetten in Gestalt einer Mumie, von weißlichem Thon oder Stein, ungefähr 2" lang, wie sie in Italien viel gefunden werden und zu haben sind. Wahrscheinlich ist also das Bild mit der Urne aus Italien hergebracht; es wäre freilich möglich, daß es in Meklenburg gefunden sei, es läßt sich dies aber nicht mehr ermitteln.
Es muß also auch dieses Bild aus der Reihe der angeblichen heimischen Götzen gestrichen werden. Es könnte für uns höchstens als römischer Fund von Interesse sein, wenn es sich nachweisen ließe, daß es im Lande gefunden wäre.
G. C. F. Lisch.
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Hünengräber von Kollund
in Schleswig.
Nachtrag.
Ueber die Aufgrabung des in Jahrb. XIV, S. 343, beschriebenen Hünengrabes von Kollund sind dem Vereine von dem Herrn Lieutenant von Raven, welcher die Aufgrabung leitete, noch interessante Beschreibungen mit genauen Zeichnungen übergeben worden, welche wir hier noch nachträglich mittheilen, da unsere früheren Berichte nur nach mündlichen Aussagen ge geben sind.
Es finden sich an dem Wege von Kollund nach Hönschnap im Herzogthum Schleswig, ungefähr 1/3 Meile nordwestlich vom flensburger Hafen, eine Menge von alten Gräbern, wahrscheinlich der ältesten Periode angehörig, neben und auf einem Höhenzuge, an dessen einer Seite sich ein großes, mit Haide bewachsenes Torfmoor befindet, dessen niedrigster Theil einen jetzt abgelassenen See bildet, an dessen Stelle man jetzt noch Sand erblickt.
Der Untergrund des Moors ist gelber Sand. Die in weiter Entfernung um das Moor liegenden Höhen und die steilen Ufer des Meerbusens machen eine frühere Verbindung mit der Ostsee nicht wahrscheinlich. Auch kann man von den Höhen, wo sich die beregten Gräber finden, das Meer nicht erblicken.
Die Größe des ganzen Kirchhofs mag einen Längendurchmesser von 200 bis 300 Schritten haben und 100 Schritte breit sein; obgleich sein früherer Umfang sich nicht mehr angeben läßt und der Boden in der Umgebung schon durch Kultur geebnet ist. - Die Bauern wollen beim Bestellen des anstoßenden Ackers häufig "schwarze jütische Töpfe" angetroffen haben. - Eine große Anzahl Gräber war zerstört. - Im Uebrigen war die ganze Bauart und Beschaffenheit der Gräber der Art, wie diese in einem Buche über die Alterthümer des Herzogthums Schleswig aus ältester Zeit beschrieben ist. - Auf den Höhen, welche rings dieses große Moor einschließen, liegen überall kleine, runde, kegelförmige Kuppen. Auf der Höhe hier neben dem Kirchhofe waren diese kleineren Kuppen sichtlich Gräber; einige derselben waren früher schon geöffnet worden. In der Niederung daneben lagen die Gräber reihenweise, oft dicht neben einander, andere ohne Ordnung dabei. In einer solchen Reihe waren sie der Länge nach 1, 2 bis 3 Fuß mit Erde bedeckt, und nur bei wenigen waren die Steine zu sehen.
Bei dem von uns aufgegrabenen Grabe lag der colossale Deckstein, 8 Fuß 5 Zoll lang und 6 Fuß 3 Zoll breit, ganz
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zu Tage; auch war dasselbe unter den umherliegenden Gräbern wohl das größte. Zu Seitenwänden dienten 6 etwas kleinere Felsblöcke, von denen 5 zugleich den Deckstein trugen und der sechste nach Osten zu die Thür des Grabes bildete. Die Zwischenräume zwischen den Felsblöcken waren durch kleinere Steine ausgefüllt. Die Länge des inneren Raumes betrug 9' 4", die Breite 5' 7", die Höhe vom Boden bis zur untern Fläche des Decksteins ungefähr 6'. Diese untere Fläche des Decksteins, so wie alle übrigen innern Flächen der Steine waren ziemlich eben. Der Fußboden war fest ausgestampft, gedielt mit zerschlagenen, ganz weißen, vielleicht gebrannten Feuersteinen. Das ganze Grab war mit Erde ausgefüllt; die ganze obere Schicht war schwarz und moorig und nur der allerunterste Theil auf dem Feuersteinboden reiner weißer Sand, und dicht über dem Sande eine etwa 2" hohe, feste Lehmschicht.
Anscheinend das Innerste umschließend, fand sich in ziemlich flach gerundeter oder vielmehr gewölbter Form eine etwa 2 Zoll dicke, gelbe, oft röthliche Lehmschicht, dem Anscheine nach früher gebrannte Erde, jetzt verwittert. Stellenweise war diese Masse sehr weich, stellenweise ziemlich fest und trocken. Die Form schien oval zu sein, jedoch schien kein Boden daran gewesen zu sein.
Dann unregelmäßig lagen im Grabe eine große Anzahl von 1/2 bis 1 Zoll dicken, nach der einen Seite hin eben geschliffenen Platten, verschiedener Größe bis zu 1/2 Fuß, von rothem Sandstein 1 ). Nach der andern Seite waren diese Platten behauen. Auch fanden wir an 2 dieser Platten an den ebenen Seiten Kanten eingeschliffen. Im Uebrigen paßten diese Stücke alle nicht an einander, da auch die Mitte fast jeden Stückes dicker war, als die Seiten.
Außerdem fanden sich noch, jedoch in weit geringerer Anzahl, von schon fast verwittertem Granit, theils auf beiden Seiten, theils aber nur auf einer Seite geschliffen (?), Platten, von ebenfalls verschiedener Größe bis zu ungefähr 3/4 Fuß, alle in der gleichen Dicke, von 1/2 Zoll Duodecimalmaß, und sehr flach gewölbt. - Während die Sandsteinstücke nur an einander gelegt zu sein schienen, konnte man jedoch bei den Granitstücken einige derselben, die gerade beisammen gefunden wurden, an einander passen.
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In dieser obern Schicht fanden wir sonst außer einem 1' langen keilförmigen Stein und einem auf beiden Enden abgerundeten länglichen Stein (vielleicht als Hammer gebraucht) nichts Bemerkenswerthes.
Im weißen Sande unten, auf dem Feuersteinboden und unter der Lehmschicht, fanden wir dicht neben einander, mehr an der nördlichen Seite des Grabes, 5 kleine aufrechtstehende und nur mit Sand gefüllte Urnen. Unter dem Feuersteinboden fand sich der gelbe Untergrund des Moores. Die Längenrichtung dieses Grabes 1 ) ging von Nordwest nach Südost.
Kollund, 1. August 1848.
In einem andern, jedoch kleineren Grabe 2 ) dieser Art, das jedoch von uns nicht weiter ausgegraben ward, weil es schon geöffnet gewesen zu sein schien, fand sich der Keil von Feuerstein, welcher ebenfalls eingesandt wurde.
Kollund, 5. August 1848.
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Ueber
Alterthümer aus der Eisenperiode
aus
der Umgegend von Gransee und Neustadt=Eberswalde.
Ich bin mit dem Herrn Superintendenten Kirchner zu Gransee in antiquarische Berührungen gekommen und erfreue mich dessen Bekanntschaft; im Interesse des Vereins habe ich seine Sammlung besehen und von dem, was ich bemerkenswerth gefunden, gebe ich hier Nachricht und begleite diese mit Zeichnungen. Das Vorkommen irgend einer Antiquität hie oder da kann, wenn einmal zu den Resultaten des Sammelns geschritten wird, sehr dienlich sein und dieser Gedanke bestimmt mich allein, mit meinen Berichten hervorzutreten.
Umgegend von Gransee.
Der Herr Superintendent Kirchner beutete besonders die Umgegend von Gransee aus. Vieles ist und wird dort gefunden, aber der ergiebigste Boden ist der Sonnenberg,
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1/2 Meile von Gransee, durch Zufall dem Herrn Kirchner seit nicht lange erst bekannt. Aus den Funden daher habe ich Einiges gezeichnet - ich fand es des Bemerkens werth - und es möglichst auf den Blättern erklärt, glaube aber manche Eigenthümlichkeit und Besonderheit nachtragen zu müssen.
Aus einer kugelförmigen Urne von fester, röthlich schwarz gefärbter Masse, ganz gefüllt mit Knochen, Erde und Asche, ragte 1" eine eiserne Spange hervor. Die Urne ward zunächst und dicht umgeben von concav geschlagenen Granitsteinen, und darüber stand eine kleinere, wegen schlechter Masse in sich schon zerfallene Henkelurne, die nichts als ganz schwarze Erde enthielt. Die Urne stand 1 1/2' tief auf reinem Sande; prismatisch geschlagene größere Granitsteine lagen in einem weiteren Kreise um sie her.
Die vielen Bruchstücke von hohlen eisernen Ringen, zu dreien, aber auch zu mehreren zusammengerostet, auch einzeln, sind in der Anwendung räthselhaft.
Urnen werden in großer Menge gefunden, aber nur wenige erhalten. Neues ist mir unter den Urnen nicht aufgefallen. Die Formen sind ganz verschieden, und es sind noch nicht zwei ganz gleiche unter der Menge gefunden worden.
Der Sonnenberg ist gewiß ein großer Wendenkirchhof gewesen und hat so viel Originelles, daß ich ihn mit Herrn Kirchners Worten beschreibe. "Er liegt auf einer Kirchenhufe und war bisher unbebaut wegen der vielen Steine. In der höchsten Mitte findet sich ein Bau von Kubikfuß großen Steinen, aber keine Urne, jedoch schwarze Erde, wahrscheinlich eine Brandstätte, wie aus Folgendem hervorgehen möchte. Der ziemlich lose Boden ist märkischer Sand. Auf der östlichen Seite zieht sich einige Zoll unter der Erde ein mehrere Schritte breiter, ordentlicher Steindamm hin und westlich eine Strecke am Rande entlang liegen viele große Steine. Scheint jene Seite eine ordentliche Fahrstraße gewesen zu sein, so mögen auf dieser in ältester Zeit Urnen gestanden haben; man findet dort einzelne Scherben. Auf beiden Seiten, hart an den bezeichneten Grenzen des Pflasters und der größern Steine, stehen die Urnen bis zur Mitte der Hufe, die größten jedoch nicht weit von der erhöhtesten Stelle, - die ältesten, von zerbrechlicher, mit Granitgrus vermischter Masse, auf der westlichen Seite, ohne weiteren Inhalt als Knochen, außer dann und wann eine Mantelspange, - auf der östlichen die feinen, festen und bis jetzt wenigstens mit den seltenern, wohl bekannten Kunstsachen.
Die Urnen sind fast immer mit Steinen umsetzt, stehen oft auch ohne Steinringe auf einem bedeutenden Steinbau und haben
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bisweilen einen thönernen Deckel, bisweilen einen flachen Stein zur Bedeckung. - Eine Urne, die auf einem Pflaster von kleinen Steinen 2' tief in der Erde stand, hatte einen breiten, flachen Urnendeckel. Trotz des Umbaues von großen geschlagenen Steinen hat sie doch nicht erhalten werden können. Der Inhalt bestand aus Knochen und einer eisernen Spange, 4" lang.
In einer Urne beim Sonnenberge fand sich ein großer, zusammengebogener Gürtelhaken, 7" lang und 2 1/2" breit, aus Eisen, wie dergleichen auch in Meklenburg vorkommen;
eine eiserne Nadel mit bronzenem Knopf;
ein sehr kleiner eiserner Ring;
Bruchstücke eines Ohrringes mit Glasperlen.
Die Brandstätten sind oft nahe, oft ferne. Eine solche fand sich auf dem Sonnenberger Kirchen=Acker, mehrere Fuß im Quadrat, dicht unter der jetzigen Oberfläche, mit eckigen, nur faustgroßen geschlagenen Steinen gepflastert, und mit kleinen, eckig geschlagenen Steinen ausgezwickt. Der ganze Boden war kohlschwarze, fettige Erde, die gewöhnlich auf Urnen leitet, hier aber keine finden ließ.
Bei Schulzendorf an einer sehr sandigen Stelle fand man dicht unter der Oberfläche einen 4□' großen, sorgsam von Steinen erbauten Heerd, darunter und umher 9□' weit eine Lage von schwarzer, fetter Erde, 5" stark, mit wenig Spuren von Kohlen.
Umgegend von Neustadt=Eberswalde.
Die Funde von Gransee sind mannigfaltig und
reichlich, aber ärmlich gegen die reichen, auf
Luxus, Krieg
. deutenden Gegenstände, welche
der Herr Kirchner aus der Gegend von
Neustadt=Eberswalde erhalten hat. In der Gegend
von Gransee sind nie Waffen gefunden. Bei
Neustadt=Eberswalde fanden sich
1
) dagegen schöne Speerspitzen,
ein schönes Schwertfragment, Schildbuckel, viele
Messer von verschiedener Größe, alles von Eisen,
und bronzene und eiserne Hefteln. Besonders interessant
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sind folgende Sachen, zu denen ich die Abbildungen hiebei übersende.
Die Urnen 1 ) sind an Gestalt und Verzierung selten und sonst wohl noch nicht beachtet, von bräunlichem Thon, schwarz, jedoch nicht gleichmäßig gedämpft.
Schildbuckel 2 ) von Eisen sind drei gefunden; sie weichen etwas von den sonst gefundenen ab.
Die Hefteln 3 ) sind in der Regel von der gewöhnlichen Form der Hefteln aus der Eisenperiode, mit einer cylindrisch gewundenen Feder, wie die in Meklenburg gefundenen, in Jahresber. VIII, S. 48 abgebildeten Hefteln. - Der kostbarste Fund ist jedoch eine ungewöhnlich große, 5" lange, eiserne Heftel dieser Art, welche auf der Höhe der Scheide eine erhabene quadratische Verzierung hat, die mit einem viereckigen Goldblech 4 ) ausgelegt ist. Eine solche Verbindung von Eisen und Gold ist sonst wohl noch nicht beobachtet.
Die graden und krummen Messer 5 ) von Eisen sind den sonst vorkommenden gleich.
Die Prachtstücke der Kirchner'schen Sammlung sind aber eine große Mantelspange 6 ) und ein großer, schön verzierter Ring (6" weit) 7 ), beide aus Bronze.
Neu=Ruppin.
A. G. Masch.
Die Urnen ähneln den Gefäßen zum häuslichen Gebrauche, welche in den fürstlichen Burgwällen aus der letzten heidnischen Zeit in Meklenburg gefunden werden.
G. C. F. Lisch.
Diese Schildbuckel sind spitz, zuckerhutförmig gebildet. Die in Meklenburg nicht selten gefundenen heidnischen Schildbuckel aus Eisen haben auf der Spitze gewöhnlich einen Knopf auf einer Stange. Zuckerhutförmige Schildbuckel wurden aber bei Klein=Plasten drei gefunden (vgl. Jahrb. a.a.O.).
G. C. F. Lisch.
Die kleinen Hefteln von Neustadt=Eberswalde sind den meklenburgischen Hefteln ganz gleich.
G. C. F. Lisch.
Gold ist bisher in der Eisenperiode in Meklenburg und, so viel ich mich erinnere, auch sonst nirgends gefunden. Bekanntlich erscheint nur Silber als edles Metall in der Eisenperiode. In Skandinavien erscheint Gold wieder in der letzten Zeit des Heidenthums und der ersten Zeit des Christenthums.
G. C. F. Lisch.
Die eisernen Messer aller Art sind den in Meklenburg in großer Zahl gefundenen völlig gleich.
G. C. F. Lisch.
Diese bronzene Mantelspange hat ganz den Charakter der Eisenperiode. Zwar sind in dieser Periode große Bronzearbeiten selten; aber auch zu Klein=Plasten wurden noch sehr schöne Bronzen gefunden. Andere dünne Bronzeringe mit Haken, Ringen und dgl. kleinem Beiwerk deuten bestimmt auf die Eisenperiode.
G. C. F. Lisch.
Dieser (Kopf=)ring scheint aus einem andern Funde zu stammen; er hat zwar nicht mehr den einfachen Charakter der reinen Bronze=Periode, scheint aber doch älter zu sein, als die Eisenperiode.
G. C. F. Lisch.
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Der Herr Baron Albrecht von Maltzan auf Peccatel übergab dem Vereine zur Aufbewahrung einige moderne Thongefäße von antiker Beschaffenheit, welche derselbe auf einer Reise in die kaiserlich=östreichischen Staaten im J. 1850 gekauft hat, nämlich:
einen großen Topf aus Thon, 9 3/4" hoch, von schwarzer Farbe, und
einen kleinen Topf aus Thon, 6" hoch, von grauer Farbe,
beide mit feinem Kiessand durchknetet und glatt und mit ganz kleinen Glimmerfünkchen durchsprengt auf der Oberfläche, wie sie in Krain und im südlichen Steiermark noch heute im täglichen Gebrauche sind, ferner
eine Scherbe aus roth gebranntem Thon, stark mit grob zerstampftem Granit und feinen Glimmerfünkchen durchknetet und mit reinem Thon überzogen, ganz wie die heidnischen Thongefäße gearbeitet, von einem Topfe, wie solche noch heute auf den Inseln bei Dalmatien gemacht und in Dalmatien gebraucht werden.
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2. Mittelalter.
Ofenkacheln.
In unsern Jahrbüchern ist öfter über alte Ofenkacheln berichtet und auf die Wichtigkeit derselben für die Geschichte der Kunst und des Gewerbes hingewiesen. Die in Meklenburg häufig gefundenen Ofenkacheln stammen meistentheils aus dem 16. Jahrh., der Zeit des Renaissancestyls, einige aus dem 17. Jahrh. Alle diese sind sauber gearbeitet und mit Reliefs bedeckt, die älteren hellgrün, die mittlern gelb, die jüngern schwarz glasurt.
Es sind aber öfter auch noch ältere Kacheln, aus dem Mittelalter, gefunden; alle diese haben die Gestalt tiefer, viereckig gedrückter, unglasurter Töpfe und gleichen Schmelztiegeln. Von verzierten Kacheln aus dem Mittelalter war bisher keine Spur zu finden. Endlich hat der Herr Bau=Conducteur Thormann zu Wismar eine mittelalterliche Kachel, die als Krönung eines Ofens diente, in Wismar gefunden; sie gleicht den Krönungen von mittelalterlichen Schnitzwerken aus Holz und bildet eine Spitze, die mit Blättern (später "Frösche" genannt) besetzt ist.
Aehnliche mittelalterliche Kacheln im schönsten Style des 13. und 14. Jahrhunderts sind bei der Aufgrabung der Ruinen der Burg Tannenberg im Großherzogthum Hessen in vielen Exemplaren gefunden und in dem Werke: "Die Burg Tannenberg und ihre "Ausgrabungen, von J. v. Hefner und J. W. Wolf", Frankfurt a.M. 1850, Tab. II-IV, abgebildet. Wir machen bei dieser Gelegenheit, alle Freunde der Kunst und des Gewerbes auf diese wunderhübschen Gebilde aufmerksam.
G. C. F. Lisch.
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Mittelalterliche Alterthümer von Rothenmoor.
Ein Krug, aus festem, blaugrauen Thon, gefunden auf dem Hofe zu Rothenmoor, beim Abbruche des Viehhauses im J. 1849, geschenkt von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan auf Rothenmoor. Dieses Gefäß stammt höchst wahrscheinlich aus der ersten Zeit nach dem J. 1400, da der Hof Rothenmoor erst um das J. 1400 (vorher Tribeschendorf, un=
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mittelbar am malchiner See) angelegt ward; vgl. Lisch Maltzan. Urk. II, S. 36.
Einen zu Rothenmoor beim Abbruche des Viehhauses gefundenen mittelalterlichen Krug aus blau=grauem Thon und
ein eisernes hackenartiges Reinigungs= oder Krautungs=Werkzeug, gefunden zu Rothenmoor ebendaselbst, übergab der Herr Baron Albrecht v. Maltzan auf Peccatel.
G. C. F. Lisch.
Der Herr Baumeister Wachenhusen schenkte dem Vereine einen im Lande gefundenen zinnernen Eßlöffel mit länglich rundem Blatt, aus dem 16. Jahrh., auf der Rückseite mit der erhabenen Inschrift:
DRINCK VND IS *
GOT NICHT VERGIS.
Der Herr Gymnasial=Lehrer Masch zu Ruppin schenkte die Zeichnung von einer bei Neu=Ruppin, auf einem Ackerstücke am "Klappgraben" gefundenen bronzenen Spritze, von 2 1/4" Länge, mit bräunlichem Rost, also wahrscheinlich aus dem Mittelalter stammend.
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II. Zur Baukunde.
Mittelalter.
Kirchliche Bauwerke.
Ueber die Bemalung der alten Kirchen.
Die Schmückung der innern Kirchenwände ist ein Thema, welches augenblicklich viele Forscher lebhaft beschäftigt. Daß die in Norddeutschland jetzt allgemein gebräuchliche, abscheuliche Uebertünchung der glatten Mauern mit weißem Kalk und die Bemalung der Sockel und Rippen mit schwarzem Kienruß nicht alt und stylgemäß sei, darüber sind alle einverstanden. Die Frage, was dagegen besseres zu thun sei, ist aber eben so schwer zu beantworten, als die seit 150 Jahren oft wiederholte Kalktünche schwierig zu entfernen ist. Man schlägt oft einen sogenannten warmen, grauen Ton vor, thut jedoch damit nichts weiter, als daß man die südlichen Kirchen aus Sandsteinquadern nachahmt. Dies ist freilich jedenfalls besser, als die weiße Kalktünche, aber keinesweges stylgemäß und daher auch früher nicht gebräuchlich gewesen.
Das Ausweißen der Kirchen ist gar nicht alt. Das selbstgefällige "Dealbatum", welches häufig in den Kirchen als Denkmal der weiß=schwarzen Ueberpinselung und eben so ekelhaften Restaurirung des Kirchen=Mobiliars an den Kirchenwänden prangt, giebt die Zeit der ersten Ausweißung bestimmt an: sie fällt in den Anfang des vorigen Jahrhunderts. Die Kirche zu Gägelow 1 ), deren Ausweißung und Bemalung in das Ende des 17. Jahrh. fällt, wird die erste Kirche gewesen sein, welche im modernen Geschmack zugerichtet ward; daher stammt
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denn auch das noch heute allgemein bekannte Sprichwort: "So bunt als die gägelowsche Kirche". Es gab im Anfange des 18. Jahrh. mehrere Stubenmaler, welche die verkehrten Bemühungen des Herzogs Carl Leopold um die Hebung der Kirchlichkeit dadurch zu unterstützen suchten, daß sie die Bemalung der Kirchen mit Posaunenengeln u. dgl. ausführten und deshalb der Ausweißung der Kirchen eifrig das Wort redeten, so daß sie sehr eifrig auf Kirchen Jagd machten, welchen noch nicht das "dealbatum atque depictum" aufgedrückt war.
Der Zustand einiger alten Kirchen giebt hinreichend Auskunft über die Art und Weise, wie die Alten ihre Ziegelkirchen geschmückt haben, und zwar gehören diese Kirchen zu den schönsten Baudenkmnälern des Mittelalters. In den brandenburgischen Marken hat z.B. die meisterhafte und älteste Kirche zu Jerichow in der Altmnark noch ihren alten Schmuck; in Meklenburg ist die berühmte Kirche zu Doberan allein noch in ihrem ursprünglichen Zustande. Man hat im Gegensatze zu der Ausweißung oft gesagt, die Alten hätten ihre Kirchen im Innern, wie im Aeußern, im Rohbau stehen lassen. Dies ist aber nicht ganz richtig. Die Alten haben ihre Ziegelbauten auch oft mit Kalkputz übersetzt und ausgetüncht, aber nur mit den Farben des rohen Materials. Sie übertünchten selbst Außenwände, mit Nachahmung der Ziegel und der Kalkfugen, wenn die Wand durch den Mörtel vielleicht zu sehr beschmutzt war. Im Innern übertünchten sie die Ringmauern gewöhnlich, da diese durch die Einsetzung der Gewölbe sehr verunreinigt wurden. Auch waren die Wände oft nicht schön genug gemauert. Die stark hervortretenden Kalkfugen deuten darauf hin, daß sie die innern Wände nicht immer gut im Rohbau stehen lassen konnten. Nur die Pfeiler und die Gliederungen der Pforten und Fenster, welche gewöhnlich sehr sorgsam und oft mit verschiedenfarbigen Ziegeln mosaikartig ausgeführt wurden, sind im Rohbau stehen geblieben. So ist es in der Kirche zu Doberan. Hier sind nur die berühmten Pfeiler der Kreuzschiffe Rohbau; die Wände sind roth übertüncht und die Kalkfugen mit weißer Tünche aufgesetzt. Die Kirche genießt der allgemeinen und verdienten Bewunderung, und doch hat sich noch Niemand an ihrer Farbe gestoßen, ja es fällt nicht einmal die Farbe irgend Jemand auf.
Außerdem putzten die Alten alle Vertiefungen, Bogenwölbungen, auch die Wände, welche bei beschränktem Raume zur nahen Ansicht kamen, mit einem sehr festen, gelbgrauen Mörtel, welcher oft sehr grob, oft aber äußerst fein und glatt ist, wie geschliffen. Auch die Gewölbe und Fensterleibungen wurden regelmäßig geputzt.
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Endlich schmückte man, wo es irgend thunlich war und es die Mittel erlaubten, nicht allein die Wände mit Gemälden, wie man die Fenster mit Gemälden schmückte, sondern auch die geputzten Bogenwölbungen mit Gemälden oder vielfarbigen Ornamenten.
Fast täglich werden neue Entdeckungen gemacht, welche alle das hier Gesagte bestätigen, und wir werden wohl noch den Tag erleben, wo wir den alten Schmuck der Kirchen wieder sehen. Freilich wird es manchen Kampf kosten, da der Mensch sich nur schwer über das Hergebrachte erhebt, Kampf mit den Architecten, welche, da ihnen oft die Geldmittel fehlen, sich schwer zur Entfernung der Kalktünche verstehen werden, Kampf vorzüglich mit den Malern, da die Ziegelfarbe den neuen Altarbildern nicht günstig ist; freilich gehören diese Altargemälde auch zu den Erfindungen der neuern Zeit. Die alten schmückten ihre Altäre mit Statuen in reichem Schnitzwerk, an dem das Gold nicht gespart ward. Ueberhaupt ist Gold der reichste Schmuck der Ziegelfarbe, und daher die Erscheinung, daß in den norddeutschen Ländern, wo der Ziegelbau blühete, die Altäre ungemein reich vergoldet sind, ja es keinen Altar giebt, der nicht vergoldet wäre. Der moderne Einfall, die Altarschreine aus rohem Eichenholz zu schnitzen und hinzustellen, wie etwa die Kirchenstühle, ist bei den Alten ganz unerhört, eben weil es an aller Wirkung gefehlt hätte.
Einige neuere Entdeckungen, in Zusammenstellung mit alten, bekannten Dingen, werden das Vorgesagte bestätigen; überhaupt werden wir nach Möglichkeit auf Entdeckung alter Kirchenverzierungen ausgehen und fortlaufend darüber Bericht erstatten.
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Kirche zu Doberan.
Die Wände sind ziegelroth übermalt, mit weiß abgesetzten Kalkfugen; nur einige, besonders gut gemauerte Pfeiler stehen im Rohbau. Die Gewölbekappen sind weiß geputzt; die Gewölberippen sind bunt. Der alte Altar 1 ) hat eine Bogenhalle, welche den Schmuck der alten Kirchen nachahmt: die Wände sind ziegelroth, die Gewölbekappen weiß, die Gewölberippen abwechselnd hochroth und blau. (Gewölbeschilde sind dabei nothwendig). - Die Bülowen=Kapelle 2 ) im nördlichen Seitenschiffe ist abgeputzt; die Wände sind am Ende des 14. oder im Anfange des 15. Jahrh. ganz mit lebensgroßen Figuren aus der Ge=
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schichte der Familie von Bülow, die Gewölbekappen
mit schönen Palmetten
. bemalt. - Auf den Pfeilern
hinter dem Altare sind vier lebensgroße
herzogliche Figuren auf dünnen Kalkputz
1
) in der zweiten Hälfte des 15.
Jahrh. gemalt.
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Die Dominikaner= oder Schwarze=Kloster=Kirche zu Wismar
in der meklenburger Straße, in dessen Schiff jetzt das Waisenhaus hineingebauet ist, hat über diesem in den höchsten Theilen auch noch die ursprüngliche Decoration aufbewahrt. Die Wände stehen im Rohbau, die Gewölbe sind geputzt, die Gewölberippen und die Gewölbekappen neben den Rippen mit Ornamenten verziert. Die Bogenleibungen der Verbindungsbogen sind geputzt, jedoch so, daß der Rand der Leibung einen Zoll breit nach innen nicht geputzt ist, und die geputzten Flächen der Leibungen sind mit Brustbildern von Heiligen in Medaillons bemalt. - Auch unten in der Kirche finden sich unter der Kalktünche überall Wandmalereien mit figürlichen Darstellungen 2 ) und schönen Ornamenten auf dem Putzgrunde an den Pfeilern und Wänden.
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Die Marien=Kirche zu Wismar
hat noch viele alte Wandmalerei. Vor nicht langer Zeit ward ein großes Wandgemälde, Christus am Kreuze mit zwei Heiligenfiguren, bloßgelegt, aber wieder übergeweißt, weil es in der ganz restaurirten Kirche zu auffallend befunden ward.
Gegenwärtig, im J. 1850, haben Kunstfreunde nach und nach den größten Theil einer über der alten Sakristei hoch liegenden Kapelle ("super armario"), welche hinter einem alten Drathgitter wohl das beste und vollständigste alte Glasgemälde in Meklenburg enthält, bloßgelegt und damit viele große Wandgemälde wieder ans Licht gebracht. Die ganze Kapelle ist mit großen figürlichen Darstellungen bedeckt. Dieser große Schatz wird bei der einsichtsvollen Theilnahme des Kirchen=Provisors wohl unbedeckt bleiben, da die Kapelle wegen ihrer hohen Lage nicht störend einwirken kann.
Auch hinter dem Altarbilde und wo sonst altes Mobiliar die Wände verdeckt, sieht man überall den Rohbau in der Kirche.
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Die Kirche von Dambeck oder Minzow,
welche als älteste Feldsteinkirche aus der Zeit des Rundbogenstyls und im freien Felde stehende interessante Ruine 1 ) sehr merkwürdig ist, hat in der mit einer Feldsteinkuppel bedeckten Sakristei unter den Gewölbekappen in Rundbogen alte rautenförmige Ornamente auf altem Putzgrunde.
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Die Kirche zu Alt=Röbel,
welche gegenwärtig in der Restauration begriffen ist, zeigt aber höchst merkwürdige Ueberreste von Wandmalerei aus der Zeit ihrer Erbauung und wird an Alter nur durch die Ornamente in der Sakristei der dambeker Feldkirche übertroffen. Die Kirche, ganz von Ziegeln, ist im Uebergangsstyle gebauet. Der Chor ist offenbar viel älter, als das Schiff, und stammt sicher aus der Zeit der Gründung der Stadt, wenigstens aus der Zeit 1220-1230. Im Friese stehen noch alte, sehr kräftige Halbkreisbogen und eine alte vermauerte Thür in der nördlichen Chorwand ist noch ganz im Rundbogenstyle erbauet, obgleich die Fenster schon im Uebergangsstyle gewölbt sind.
Bei einer Untersuchung im Sept. 1850 fand sich nun der Chor in der ursprüniglichen Weise aus der Zeit der Erbauung decorirt. Es ward ein Theil der südlichen Chorwand von der weißen Tünche befreiet und unter derselben lag der alte Schmuck ganz unversehrt. Die ganze Wand ist mit einem dünnen, festen Kalkputz aus der Zeit der Erbauung bedeckt.
Ueber der Erde sind an der Wand entlang Rundbogen, etwa 5 Fuß hoch, durch Einschneidung des Mörtels gezeichnet und die etwa 1/2 Fuß breiten Bogen quadrirt und die Quadern abwechselnd dunkelroth und blau gemalt. Die Füllungen der Bogen sind, wie gewöhnlich, mit einem ungefärbten, gelbgrauen, festen Putz übersetzt. In diesen Füllungen fanden sich zahlreiche alte - Urkunden, die Radirungen der Kinder aus allen Jahrhunderten, Fratzen und Inschriften aller möglichen Art. Ueber den Bogen ist die ganze Wand, wenigstens sicher bis zu den Fenstern, abgeputzt und dieser Putz mit einer angenehmen Ziegelfarbe, welche theilweise in Orange abgeblichen und abgescheuert ist, bemalt und mit weißen und bläulichen Linien in große Quadern, von der Größe der gewöhnlichen Sandsteinbauquadern, abgetheilt. In einer Ecke fanden wir die Malerei eines Kapitäls von weißen Linien auf dem ziegelrothen Grunde. Die
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Fensterleibungen sind blaugrau gemalt und, wie es scheint, mit Ornamenten verziert. Da der Kirche eine durchgreifende Restauration bevorsteht, so ist zu hoffen, daß die ganze alte Verzierung der Wände bloß gelegt wird und zur Erkenntniß kommt, vielleicht auch wieder hergestellt wird.
Fast noch interessanter ist eine alte Malerei auf der der Stadt zugekehrten südlichen äußern Wand der Kirche, eine Malerei, welche ebenfalls aus der Zeit der Erbauung des Chors stammt. Unter den Fenstern steht nämlich ein Gurtgesims 1 ), welches geputzt ist und auf hübschen, kleinen Ziegelconsolen ruhet, welche alle verschieden sind. Dieses Gesims ist nun sehr hübsch gemalt: auf grünlichem Grunde ist ein Zickzackband, welches eine sogenannte Stromschicht von Ziegeln darstellt; diese breiten Zickzackbänder sind links hinab grau, rechts hinauf in der untern Hälfte ziegelroth, in der obern Hälfte orange gemalt. Dieser Gurt ist an beiden Seiten zunächst von einer dunklern Linie, dann von einem orangefarbenen Bande und endlich zu beiden Seiten von einem ziegelfarbenen, etwas breitern Bande eingefaßt. Der Grund, auf dem die Consolen stehen, ist mit einem naturfarbenen Putz bedeckt. - Dieses Beispiel von Malerei an einer Außenwand einer Kirche ist bisher das einzige bekannte Beispiel in Meklenburg. - An der Ostseite und Nordseite der Kirche, welche der Müritz zugekehrt sind, fehlt diese Decoration, jedoch sind zur Andeutung dieses Gurtsgesimses in gleicher Richtung die Ziegel mit der breiten Seite eingemauert.
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Die Kirche zu Grüssow
bei Malchow hat auch eine Art alter Wandmalerei 2 ) an der Außenwand, indem die äußern Fensterleibungen mit sehr feinem, gelblich weißen, glatten Mörtel abgeputzt und die Wölbungen der Fensterleibungen mit rothen Strahlen bemalt sind.
G. C. F. Lisch.
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Die Kirche zu Grüssow.
Die Kirche zu Grüssow bei Malchow 3 ) ist ganz von behauenen Feldsteinen ohne alle Ziegel im Uebergangsstyle, also
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ungefähr 1230-1240 gebauet; sie bildet ein einfaches Oblongum, an dessen Westende ein großes Thurmgebäude steht. Im J. 1284 wird ein Pfarrer Heinrich zu Grüssow genannt (Hinricus plebanus de Grussowe). Die Kirche ist nur klein; aber die jetzige Kirche ist wahrscheinlich nur der Chor einer ältern, größern Kirche: man sieht dies deutlich am Westende, wo zwei im rechten Winkel über die Seitenmauern hinüberragende Wände abgebrochen sind. Dies wird aber schon im Mittelalter geschehen sein, da unmittelbar an dem Westende der jetzigen Kirche ein großes Thurmgebäude, ebenfalls ganz aus Feldsteinen, aufgeführt ist. Dieses Thurmgebäube ist ungewöhnlich breit und colossal und gleicht ganz einem weltlichen Burgthurme, zumal mit den kreisrunden Verzierungsnischen an den Ecken unter einem gewöhnlichen Hausdache; der Thurm ist wahrscheinlich in dem Jahrhundert von 1350-1450 erbauet.
Am 14. Februar (die Valentini) 1352 schenkte der Fürst Nicolaus von Werle das Patronat der Kirche zu Grüssow dem Kloster Malchow, welches dasselbe noch jetzt besitzt.
Durch den dreißigjährigen Krieg verfiel die Kirche sehr. In dem Visitations=Protocolle vom J. 1650 heißt es:
"Die Kirche ist heruntergefallen und stehet noch das unterste Mauerwerk vnd der Vorgiebel von Feldsteinen. Der Thurm ist von hohem Mauerwerk."
In dem Visitations=Protocolle vom J. 1664 heißt es:
"Die Kirche ist ein klein gebewte, mit Stroh gedecket. Der Thurm ist von Mauerwerck auffgeführet vnd oben mit Spohn gedecket, aber sehr bawfellig."
Daher kommt es, daß die Fenster in den Seitenwänden ganz verunstaltet und verbauet sind.
Die Pforte ist mit Ziegeln eingesetzt und ziemlich im Style, also wahrscheinlich noch alt.
Daß der Ostgiebel so tüchtig gebauet und im dreißigjährigen Kriege stehen geblieben ist, hat Veranlassung zu einer höchst interessanten Entdeckung gegeben. Die Giebelwand, welche drei schräge eingehende Fenster im Uebergangsstyle ohne Gliederungen hat, ist ganz von behauenen Feldsteinen (Granitquadern) aufgeführt und sowohl in der Basis, als in den Fensterleibungen sauber und regelmäßig bearbeitet. Diese ganze Wand hat auf der äußern Seite noch die Zurichtung aus der Zeit der Erbauung. Auf der großen Wandfläche sind die Stellen, welche nicht in gleicher Oberfläche mit der Mehrzahl der Quadern stehen, mit grobem Kalkmörtel geputzt und dadurch in gleiche Fläche mit der Mehrzahl der behauenen, ebenen Steine gebracht. In diesem Putz sind die großen Quadern durch eingeschnittene Fugen
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angedeutet. Die Fensterleibungen sind mit feinem, gelblich weißen, überaus harten und glatten Mörtel, der dem Porzellan gleicht, ganz abgeputzt. Hier stehen auf den senkrechten Wänden, bis zu den Fensterwölbungen, die eingeschnittenen Fugen dichter, indem durch dieselben die Umrisse von Ziegeln nachgeahmt sind. Vorzüglich merkwürdig aber ist es, daß die abgeputzten äußern Bogenwölbungen der Fenster bemalt sind: von innen (von dem Glasfenster an) gehen nämlich gegen 3 Zoll breite rothe Streifen, wie Strahlen, auf dem weißen Putzgrunde bis gegen die Außenfläche der Giebelmauer, so daß es scheint, als ströme oben durch die Fenster ein rothes Licht auf die Bogenwölbungen.
Auch die Umgebungen der Eingangspforte scheinen durch Malerei roth quadrirt zu sein, jedoch läßt es sich nicht bestimmen, ob diese Malerei jüngern Ursprungs ist. Die Malerei in den Bogen der Fenster stammt jeden Falls aus der Zeit der Erbauung der Kirche.
G. C. F. Lisch.
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Die Kirche zu Satow
bei Malchow ist aus Feldsteinen im Uebergangsstyle gebauet, hat jedoch in Thüren und Fenstern Einfassungen von Ziegeln. Die Südwand des Chores hat drei Nischen, welche im Uebergangsstyle gewölbt sind; dergleichen Nischen kommen in den Chorwänden der Kirchen öfter vor. Obgleich die Kirche zu Satow, wie alle Kirchen des Landes, mit Ausnahme der doberaner, ausgeweißt ist, so haben doch diese Nischen, weil ein Kirchenstuhl davor gebauet ist, die alte Verzierung: die vertieften Flächen sind mit dünnem, festen, gelblich grauen Kalkmörtel ohne Färbung abgeputzt, die Bogenspannungen sind mit rother Farbe in Nachahmung von Ziegeln bemalt. Uebrigens ist die Kirche in den einzelnen Theilen sehr verbauet und unklar geworden.
Vor dem Altare liegt der Leichenstein auf dem Grabe des Hans Andreas von Flotow auf Wolzegarten und seiner Gemahlin Anna Hahn: es ist ein Sandstein, auf welchem die Figuren der beiden Gestorbenen in Lebensgröße, der Mann im Harnisch, in Relief ausgehauen sind; die Umschrift lautet:
ANNO 1602 DEN 10. MARTY HORA MATV-
TINA IST DER EDLER VND ERENVHESTEN
HANS ANDREAS FLOTOW AVF STVER
ERBSESSEN SELICH GEST.
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ANNO [Lücke] IST DIE EDLE VND HEIL 1 )
DVGENTSAME ANNA HANEN HANS AN-
DREAS FLOTOW ELICHE HAVSFRAW SE-
LICHLICH GESTORBEN.
Wappen sind nicht vorhanden. - Die Frau, Achim's Hahn auf Hinrichshagen Tochter, starb also nach dem Manne, und ließ den Leichenstein legen; als sie später im dreißigjährigen Kriege starb, vergaß man es wohl leicht, ihr Sterbejahr in den Leichenstein zu meißeln. Die Frau lebte noch im J. 1629.
Von den in einem Glockenstuhle neben der Kirche hangenden Glocken ist die größere vom J. 1727; die zweite ist aus dem Mittelalter und hat folgende Inschrift auf dem Helme:
Auf dem Mantel stehen: ein Gießerzeichen und zwei Male dasselbe runde Medaillon mit der Verkündigung Mariä.
G. C. F. Lisch.
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Die Kirche zu Ludorf.
Die Kirche zu Ludorf an der Müritz, nahe bei Röbel, ist eine der merkwürdigsten Kirchen in ganz Mecklenburg 2 ). Betrachtet man die Kirche von außen, so sieht man eine seltsam verworrene, niedrige Steinmasse, welche ringsumher verunstaltete und im Aeußern unregelmäßige Anbaue und oben darauf in der Mitte eine plumpe Thurmspitze, natürlich ohne Thurmgebäude, hat. Dazu kommen ungeheure Strebepfeiler und ganze Berge von Ziegeln, welche, namentlich um den Chor, gegen die Mauern gelegt sind, um den Bau zu stützen. Tritt man aber in das Innere, so erblickt man einen ganz regelmäßigen und klaren, wenn auch sehr seltenen Bau.
Die Kirche war stets und ist noch heute eine Mutterkirche, wenn auch die Gemeinde seit Jahrhunderten keinen Pfarrer gehabt, sondern von Röbel versorgt wird.
Den Mittelbau bildet ein regelmäßiges Achteck 3 ); an dieses ist im Osten eine halbkreisförmige Altarnische, im Westen ein viereckiges Thurmgebäude angebauet. An der Süd= und
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Nordseite sind zwei gleiche dreiseitige Abseiten angebauet, welche sich an jeder Seite mit einer vierten halben Seite an den Mitteltheil schließen, so daß jede Abseite im Ganzen vier Seiten hat, von diesen aber nur drei ganz herausstehen, und die vierte zur Hälfte auf jede Seite zum Anschlusse vertheilt ist. Von den acht Seiten des Mittelbaues sind also 4 Seiten zugebauet und 4 Seiten frei, und durch die Fenster dieser vier freien Seiten und durch die Fenster der Altarnische fällt das Licht in die Kirche.
Alle Theile der Kirche sind gewölbt und zwar, mit Ausnahme der Altarnische, in derselben Weise, also zu derselben Zeit. Der Mitteltheil hat Ein großes Gewölbe von acht Gewölbekappen.
Die Frage nach dem Alter der Kirche ist die allerwichtigste bei dieser Untersuchung: sie kann nur durch die Bauconstruction selbst beantwortet werden, da alle Traditionen nicht zutreffend sind. Betritt man zuerst die Kirche, so kann man sich einer Ueberraschung nicht erwehren und man bedarf einiger Zeit, um sich zu der nöthigen Ruhe zu sammeln.
Vor allen Dingen muß entschieden behauptet werden, daß die Gewölbe jüngeren Ursprunges sind, als die Kirche. Die Gewölbe haben den Charakter der jüngern Spitzbogenzeit; die Gewölberippen sind sehr stark und sehr geziert profilirt, die Gewölbekappen gehen über die alten Fenster hinweg und bedecken diese oft zur Hälfte, so daß es mit Händen zu greifen ist, daß die Gewölbe in neuern Zeiten ohne Erkenntniß des Baustyles eingesetzt sind. Wenn nun auch die beiden Abseiten einen scheinbar jüngern Charakter haben, so werden doch die Ringmauern derselben zu dem alten Bau gehören, wenn in denselben nicht die Eigenthümlichkeit des Mittelbaues nachgeahmt ist. - Leider bedeckt eine dicke weiße Kalktünche die Kirche im Innern und im Aeußern, so daß die Bauweise und die Ziegel kein Zeugniß geben können.
Nach diesen Vorbemerkungen kann denn der Bau mit Bestimmtheit dargestellt werden.
Die Altarnische ist im Halbkreise aufgeführt; jedoch geht dieser Kreisbogen etwas über den Halbkreis hinaus, wie die beiden Abseiten etwas über das Dreieck, um den Anschluß leichter bewerkstelligen zu können und bei den kleinen Dimensionen der Kirche mehr Raum zu gewinnen. Diese Altarnische hat jetzt 4 Fenster, von denen 2 in der Mitte nahe bei einander stehen; wahrscheinlich sind wegen der vielen von außen angesetzen Stützpfeiler diese beiden Fenster in jüngern Zeiten eingesetzt, da man für eine halbkreisförmige Absis wohl nur 3 Fenster erwarten kann. Die Fenster sind aber alle sehr verbauet. - Die Altar=
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nische ist kuppelförmig gewölbt, jedoch ist das Gewölbe schon sehr entstellt. - Der Scheidebogen ist rund gewölbt, jedoch nach unten hin ebenfalls sehr entstellt, da die Mauern unten sehr verdickt sind, um die Gewölbe des Mittelbaues ansetzen zu können.
Der Mittelbau hat in jeder freien Seite des Achtecks ein Fenster. Diese 4 Fenster des Mittelbaues sind sehr schmal, schräge eingehend, im Uebergangsstyle leise zugespitzt und stehen in einer rundbogigen Nische. Die 4 Fenster unterscheiden sich paarweise von einander, indem die beiden östlichen und die beiden westlichen je unter sich gleich sind. Die Fenster in den nordöstlichen und südöstlichen Seiten sind im Innern mit einem Wulst eingefaßt, die beiden Fenster gegen Westen hin gehen ohne Schmuck mit glatten Leibungen ein.
In der nordwestlichen Wand ist eine einfache Rundbogenpforte, welche jetzt zugemauert ist. - In den beiden freien Südwänden sind im Innern unten in den Mauern unter den Fenstern rundbogige Nischen.
Das im Westen angebauete Thurmgebäude ist viereckig und gegen die Kirche durch einen Spitzbogen im Uebergangsstyle geöffnet.
Eben so sind die beiden Abseiten durch Spitzbogen im Uebergangsstyle gegen die Kirche geöffnet.
Die beiden Abseiten, von denen die südliche jetzt zum herrschaftlichen Kirchenstuhle, die nördliche zum herrschaftlichen Begräbnisse eingerichtet ist, haben ebenfalls schmale, schräge eingehende Fenster, welche aber durch die Gewölbe so sehr verbauet sind, daß sich gar kein Urtheil über diesen Anbau fällen läßt.
Wahrscheinlich sind nicht allein die Gewölbe, sondern auch die beiden Abseiten, vielleicht auch der Thurm jünger, als der Mittelbau und die Altarnische.
In den ältesten Zeiten stand wahrscheinlich nur der achteckige Mittelbau mit der halbkreisförmigen Altarnische frei. Und diesen Bau müssen wir in die ersten Zeiten der Ausbreitung des Christenthums in diesen Gegenden setzen, wahrscheinlich in die Zeit um das J. 1220, in die ersten Zeiten des Uebergangsstyls.
Die Traditionen über die Bauzeit dieser seltenen, für eine kleine Gemeinde ganz hübschen Kirche, sind alle grundlos.
An der Außenwand der westlichen Pforte im Thurmgebäude ist in einen Ziegel eingeschnitten:
Dies steht klar da, ist aber in jeder Hinsicht unwahr und eine
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sehr plumpe Nachahmung alten Styls. Die
arabischen Ziffern passen für die neueste Zeit;
kein Buchstabe hat einen alten Charakter; die
Abbreviatur
9
(für us) in
CLA
9
(Claus) ist ganz possierlich, da
in alter Zeit gewiß NI
OLA
9
oder
nicola
9
geschrieben wäre; und was hier die
Todesanzeige
(obiit: starb) bedeuten soll, ist
schwer zu errathen.
Aufklärung giebt eine Holfter auf dem Dache der niedrigen Kirchhofsmauer neben der Pforte; auf derselben steht sehr deutlich in neuerer Frakturschrift:
Anno 1738 Johan Sigmund Risch Ziegel mer in Ludorf.
Wahrscheinlich ist in dem Ziegel an der Thurmpforte einem ältern Zieglermeister Risch, vielleicht dem Vater, der vielleicht im J. 1737 bei der Restauration der Kirche starb, ein Denkmal gesetzt. Der Thurm war im dreißigjährigen Kriege eingestürzt.
Unter keiner Bedingung aber ist hier an ein Denkmal aus dem J. 1177 zu denken. Wahrscheinlich gründet sich die Sage von dem hohen Alter der Kirche auf eine andere Sage: daß ein Ritter von Morin mit dem ersten christlichen Fürsten Pribislav zum Heiligen Grabe gezogen sei und nach seiner Rückkehr diese Kirche gebauet habe.
Eben so wenig ist ein zweites Denkmal ächt. Auf der Thurmfahne steht mit arabischen Ziffern die Jahreszahl 1326; diese Zahl kann aber auch nur jung sein, da arabische Ziffern in dieser Anwendung erst in neuern Zeiten in Gebrauch sind. Von der Gutsherrschaft habe ich gehört, daß bei den Gutspapieren eine Urkunde in Abschrift vorhanden gewesen sei, nach welcher ein Bischof Buppo oder Busso von Havelberg die Kirche im J. 1326 geweihet habe. Nach dieser Sage, welche wohl einigen Grund haben mag, da Ludorf wirklich noch zum Bisthume Havelberg gehörte, indem sich die Bisthümer Havelberg und Schwerin innerhalb der Stadt Röbel zwischen der Altstadt und Neustadt schieden, wäre also die Kirche im J. 1326 gebauet. Dafür ist sie aber zu jung. Verhält sich die Sache also, so ist unter dieser Weihung vom J. 1326 wohl eine zweite Weihung nach einer Restaurirung zu verstehen.
Für das J. 1171 ist die Kirche zu jung, für das J. 1326 zu alt.
Im Innern ist nur eine aus Ziegeln gemauerte Kanzel, auch eine seltene Eigenthümlichkeit, alt.
Man könnte versucht sein, da alles Mauerwerk abscheulich, wenn auch sehr weiß, dick übertüncht ist, die Kirche für einen neuern Bau zu halten, wenn man nicht klar sähe, wie in allen Jahrhunderten des Christenthums in Meklenburg daran geflickt
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ist. Auch berichten die alten Visitations=Protocolle sehr bestimmt. Im J. 1649 heißt es bei der Kirchen=Visitation:
"Die Kirche ist in vier Creutzen vnd 4 Arkenern vnd oben rund gebawet, auf der Italiäner arth , gantz gewelbet, inwendig sehr verwustet, die gräber geöffnet, die Fenster weg. Beim altar ein gemauert predigstuell".
"Der Thurmb ist niedergefallen und sint die glocken daraus wegk, welche der Patronus Henneke Marin dem Bericht nach verkaufft vnd dafür ein pferd gekauft haben soll. Es ist aber dabey glaubwürdig berichtet, daß Henneke Marin mit Verkaufung der glocken weinigs glücks oder segens gehabt, bevorab er bald darauff im elende Ao. 1638 an der roten Ruhr 1 ) zu Röbel gestorben und nicht so viel nachgelassen, daß er ehrlich zur Erden bestattet worden, sondern es hat ihn das gekauffte pferdt auff einer Schlöpe im Sarcke zum grabe trecken müssen, vnd ist also ohne Ceremonien begraben worden, Inmaßen auch erwehntes pferd nicht lange darnach in einen brunnen gefallen und gestorben."
Im Visitations=Protocolle vom J. 1662 heißt es:
"Ludorff eine Mater=Kirche, vaciret anjetzo. Ist nach der Italiäner art in vier Rundehlen gebawet, oben rundt gewelbet, inwendig sehr verwüstet, die Fenster darauß. Beim altar ist ein gemauerter Predigstuel".
Hier ist die Angabe interessant, daß die Visitatoren den Bau mit einem italiänischen vergleichen.
Die Taufkirchen Italiens haben häufig eine achteckige Grundform (vgl. v. Quast die alt=christlichen Bauwerke von Ravenna, Berlin, 1842, S. 4). So hat z.B. das Baptisterium der Ecciesia Ursina zu Ravenna, welches schon im 5. Jahrh. aus dicken Ziegeln erbauet ist, eine achteckige Grundform (vgl. daselbst und Taf. I.), eben so die im 6. Jahrh. erbauete Kirche S. Vitale zu Ravenna (vgl. das. S. 31, und Taf. VIII.).
Ob sich aus der wiederholten Angabe, daß die Kirche "rund gewölbet" sei, schließen läßt, die Kirche sei damals noch mit einer Kuppel gewölbt gewesen und das jetzige Gewölbe erst nach dem J. 1662 eingesetzt, läßt sich nicht mehr ermitteln.
Das Gut Ludorf mit dem Kirchen=Patronat gehörte der alten, jetzt ausgestorbenen meklenburgischen Familie von Marin, welche ihren Stammrittersitz im Lande Röbel zu Leizen hatte. Im J. 1640 verpfändete Henneke v. Marin seiner Tochter Elisabeth, des Eggert Lüdeke Hahn auf Solzow Wittwe, damals zum zweiten Male an den Rittmeister Jacob Ernst Knuth auf
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Leizen und Priborn verheirathet, für ihr Ehegeld und Muttererbe das Gut Ludorf und hiedurch kam das Gut an die Familie von Knuth, eine altadlige Familie des Landes Röbel.
Die Pfarre zu Ludorf war eben so arm, als die Kirche. Schon in den J. 1532 und 1541 hatte sie keinen eigenen Prediger mehr. Eben so unvermögend war die Kirche zu Nätebow bei Röbel, ebenfalls im Bisthume Havelberg belegen. Da schon damals bei beiden Kirchen keine Pfarrhäuser mehr vorhanden waren, so wurden beide Kirchen von einem Pastor, der zu Röbel wohnte, versorgt. Seitdem wurden diese Kirchen immer hin und her geworfen. Im J. 1571 war die Kirche zu Ludorf dem Pastor zu Vipperow, darauf die Kirche zu Nätebow dem Pastor zu Cambs anvertrauet. Im Anfange des 17. Jahrh. ward die Pfarre Ludorf wieder von dem Prediger zu Alt=Röbel versorgt. Vor dem dreißigjährigen Kriege, war Joachim Warneke, der zu Röbel wohnte, Pfarrer für Ludorf und Nätebow; er predigte jeden Sonntag zuerst zu Ludorf und darauf zu Nätebow. Dieser Pastor war 1649 todt und seine Stelle nicht wieder besetzt. Nach dem dreißigjährigen Kriege 1 ) vereinigte man sich aber wieder über die eigene Besetzung der beiden Pfarren. Im J. 1667 ward Christoph Moltmann, Rector zu Röbel, zum Pfarrer der Kirchen zu Ludorf und Nätebow bestellt, mußte aber in der Stadt Röbel zur Miethe wohnen. Nachdem dieser im J. 1678 zum Pfarrer nach Gaarz berufen war, ward Andreas Willebrand, Sohn des Predigers zu Cambs bei Schwan, zum Prediger für beide Kirchen bestellt, mußte aber ebenfalls in der Stadt Röbel wohnen, wo er, wie sein Vorgänger, Stadtlasten tragen mußte. Dieser ward 1687 Pastor zu Dambek und behielt die beiden Pfarren Ludorf und Nätebow bei. Im J. 1710 ward ihm sein Sohn Christian Willebrand für diese drei Pfarren substituirt. Im J. 1732 ward aber die Pfarre Ludorf zu der Pfarre Vipperow gelegt. Gegenwärtig wird Ludorf von dem altstädter, Nätebow von dem neustädter Pfarrer zu Röbel versorgt.
G. C. F. Lisch.
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Die Kirche zu Zurow.
Zurow, früher auch Surow genannt, war in älterer Zeit ein Ort von Bedeutung, als dort oder in Beidendorf die Ritterschaft des Herzogthums Meklenburg tagte. Dem entspricht die Kirche, welche, die Bauten aus der Romanischen und Uebergangs=Periode abgerechnet, zu den vorzüglichsten Landkirchen in der Umgegend von Wismar gehört.
Die Kirche hat einen fünfseitig aus dem Achtort formirten Chorschluß. Chor und Schiff spielen gleich. Die Länge vom Chorschlusse bis zur westlichen Wand im Lichten ist der zwiefachen Chorweite gleich, welche 30 hamb. Fuß betragen wird. Der Chorschluß ist mit einem entsprechenden sechskappigen Gewölbe, das Schiff mit drei Kreuzgewölben, welche glatte Schlußsteine und Rippen und Gurte haben, die einen Stab zwischen zwei Platten zeigen, überdeckt. Gurte und Rippen steigen von fünfseitig aus dem Achtort kapitälartig gebildeten Kragsteinen auf, die auf Diensten von freilich ziemlich schwerer Bildung ruhen, was um so mehr hervortritt, da die Blendung der Mauer bis dicht an die Dienste herangeht, und alles mit dem eintönigen Weiß übergesudelt ist, während früher der weißliche Kragstein, wie der glasurte Träger des Dienstes den Dienst als solchen schärfer hervorhoben. Die Dienste steigen nämlich nicht von der Erde auf, sondern von Auskragungen, die in dem auch im Innern rings umher laufenden Kaffsimse angebracht und zu dem Ziegel vom Schrägsimse angewendet sind, so daß die Wand unterhalb des Kaffsimses nicht unterbrochen ist, außer durch Blenden, welche mit flachen Bogen geschlossen, unterhalb jeden Fensters angebracht sind.
Die den drei Kreuzgewölben und dem fünfseitigen Chorschlusse entsprechenden elf Fenster, welche wie die Thüren mit einem Spitzbogen von edler Form geschlossen sind, sind nicht breit und einpföstig; während sie natürlich im Chorschlusse fast den ganzen Raum zwischen den Diensten ausfüllen, haben sie im Schiffe an jeder Seite eine Wandfläche, die ziemlich eben so breit ist, wie sie selbst. Die Schmiegen sind sehr einfach durch zwei Platten gegliedert. An der westlichen Wand, wo auch eine Fensterblende ist, ein wirkliches Fenster aber wahrscheinlich nie war, sind keine Platten an der Schmiege.
Den Diensten entsprechen außen eben so viele Strebepfeiler, nämlich zwölf. Sie haben mit der Mauer zusammen das Schrägsims und das Kaffsims. Ersteres ist durch Ziegel gebildet, welche eine viertel Hohlkehle und einen viertel Stab durch einen Absatz verbunden zeigen, und zwar durch zwei Lagen solcher Ziegel, die
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durch eine Lage gewöhnlicher Ziegel getrennt sind. Das Kaffsims ist von gewöhnlicher Bildung; zu bemerken ist nur, daß an der Stirn der Pfeiler seine Wasserschräge sich noch eine Schicht höher hinauf zieht. Das Tragesims ist richtig und gut gebildet; das Pfeilersims, wie es scheint, besteht in einer bloßen Vorkragung.
In der Mitte des westlichen Giebels befindet sich die eine Thür, der Haupteingang, und unter dem dritten Fenster nach Süden eine zweite eben so große und mit einer gleichen gut gegliederten Schmiege versehene Pforte, welche von dem Kaffsims umrahmt werden.
Das Dachsims ist am größten Theile bloß durch einfache Verkragung gebildet, nur an den drei mittleren Seiten des Chorschlusses zeigt diese eine Platte.
Das Dach zeigt eine besondere Eigenthümlichkeit. Es ragen nämlich mehrere, nicht alle, die Sparren tragenden Queerbalken über die Mauern hinaus und sind dort dann mit kleinen, nach den Seiten abfallenden Schirmdächern geschützt. Man hat nämlich die im Innern angebrachten Balkenanker noch nicht für stark genug angesehen, und deshalb an die überragenden Queerbalken rechtwinklig nach unten Klötze angebracht, so daß auch diese Queerbalken als Anker zugleich wirken und ein etwaniges Ausweichen der Mauern verhindern.
Der Thurm steht mit der Kirche nicht im Mauerverband; er ist sichtlich jüngeren Datums, auch nicht ursprünglich projectirt.
Er hat nicht die volle Breite der Kirche, sondern ist schmaler. Er hat zwei Stockwerke, keinen Helm, sondern nach Westen und Osten Giebel, und ist mit einem nach Norden und Süden abfallenden Satteldach bedeckt. Ein Schrägsims hat er nur an der Westseite, doch ist es schon sehr verwittert, so daß eine Gliederung sich kaum erkennen läßt. Die Gliederung der Thürschmiege ist dagegen gut erhalten. Sie ist aber sehr manierirt und besteht bloß aus Stabwerk ohne alle Hohlkehlen und Platten, so daß es an der gehörigen Abwechselung von Licht und Schatten mangelt, woraus denn auch eben das spätere Datum des Thurmbaues hervorgeht.
Das erste Stockwerk, welches weder vom Erdgeschoß noch von dem zweiten Stock durch ein Sims oder ein Band geschieden ist, empfängt sein Licht von den drei freien Seiten durch je ein von einem Spitzbogen eingeschlossenes Lukenpaar; beide sind ohne Gliederung. Das zweite Stockwerk hat nach allen vier Seiten je zwei Lukenpaare, deren jedes ebenfalls von einem Spitzbogen eingeschlossen ist. Diese sind aber reich ornamentirt,
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denn außer, daß die Bogen sowohl wie die Luken mit Stäben eingefaßt sind, ist auch in der Spitze des Bogens ein glasurtes sechsstäbiges Rad angebracht, und die Einfassung aus abwechselnd rothen und glasurten Ziegeln gebildet. Auch zwischen den beiden Bogen ist ein Rad angebracht und eben so sind die beiden Giebel mit solchen Rädern und Bändern aus glasurten Ziegeln, welche Vierpässe bilden, reich, wenn auch freilich in etwas roher Weise, geschmückt. Ob das Satteldach ursprünglich projectirt war, ob man vielleicht noch einen Dachreiter darauf setzen wollte, oder ob man einen vollständigen Helm beabsichtigte, das läßt sich jetzt nicht wohl entscheiden; der Umstand, daß der Thurm mit einem Helm zu sehr gegen die Kirche dominirt haben würde, kann gegen die letztere Annahme nicht eingewandt werden, da in späterer Zeit, wo man in der Höhe der Thürme etwas suchte, ein solches Mißverhältniß übersehen wurde. Das zweite Stockwerk sammt den Giebeln stammt aber sicher aus späterer Zeit, wie der Charakter der Architektur hinlänglich zeigt, und zwar wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh., während der untere Theil des Thurms aus dem Ende, die Kirche aus der ersten Hälfte des 14. Jahrh. sein wird.
Der Altarschrein ist noch aus der katholischen Zeit. Das Staffelbild ist fast gänzlich zerstört und mit einer bemalten Leinewand jetzt überzogen. Der mittlere Theil zeigt in der Mitte links Christus, in der einen Hand die Weltkugel, die andere erhoben, auf einem Thronstuhl sitzend, zu seiner Rechten die h. Jungfrau ebenfalls sitzend, mit zum Gebet erhobenen Händen. Im rechten äußeren Winkel steht die h. Anna, links neben Christus Johannes der Evangelist, beide unter einem Baldachin, der über der Mittelgruppe fehlt. Die Flügel enthalten jeder in zwei Reihen über einander 6 männliche Heilige, wahrscheinlich die zwölf Apostel, doch sind nur Petrus, Johannes, Andreas und Bartholomäus noch zu erkennen, da den übrigen die Attribute fehlen. Diese 4 Figuren stehen unter einem Bogengehänge.
Auf der Rückseite der Flügel finden sich je zwei Darstellungen aus der Passionsgeschichte; auf dem linken Flügel oben Christi Geißelung, unten die Kreuztragung. Auf dem rechten Flügel scheint oben die Theilung des Rockes durch die Kriegsknechte, unten Pilatus, der sich die Hände wäscht, dargestellt zu sein.
Alles ist sehr beschädigt und man hat sich den Altarschrein nicht etwa in der Pracht des Goldes und der Temperafarben zu denken: der Grund ist vielmehr mit blauer Leimfarbe und die Figuren sind mit rother, grüner, brauner u.a. Oelfarbe übergepinselt, so daß dieselben jetzt einen zum Theil recht ab=
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scheulichen Eindruck machen. Ueber dem Ganzen stehen auf einem Brette mit erhabenen Buchstaben die Worte:
Die Arbeit gehört in das Ende des 15. Jahrhunderts.
Der Erwähnung werth ist noch das oberhalb des Chorschlusses oben auf dem Dache angebrachte eiserne Kreuz, als ein treffliches Beispiel künstlerischer Tüchtigkeit der alten Schmiede. Auch die Beschläge der Thüren sind alt und, wenn auch nicht besonders kunstreich, so doch von ansprechender, hübscher Form.
C. D. W.
Ueber die Altäre zu Doberan und Dargun und in der Schloßkapelle zu Güstrow
vgl. oben S. 199-202.
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:
Messingschnitt und Kupferstich des Mittelalters,
von
G. C. F. Lisch.
Im Deutschen Kunstblatt, 1850, Nr. 17, S. 133 und ferner Nr. 26, S. 206 bespricht Kugler wiederholt die kunstreichen "bronzenen Grabplatten des Mittelalters", nachdem er dieselben schon früher in seiner Pommerschen Kunstgeschichte, 1840, (Balt. Stud. VIII, 1, S. 179), und in seinem Handbuch der Kunstgeschichte, in beiden Aufl., S. 592 und 622, auf dieselbe Weise behandelt hat. Es geht aus allen diesen Stellen unbezweifelt hervor, daß Kugler, und mit ihm gewiß viele Kunstfreunde, alle mittelalterlichen, metallenen Grabplatten für Werke einer und derselben Kunstthätigkeit oder Fertigkeit hält: der Beweis liegt schon darin, daß er die im Kunstblatt Nr. 17 von ihm angezeigten, jüngst in Holzschnitt herausgegebenen 140 englischen Monumente für gleiche Arbeit mit den berühmten, auch von ihm besprochenen, norddeutschen Kunstdenkmälern hält, obgleich diese völlig verschieden von jenen sind, und es jetzt scheint, als wenn England kein Denkmal in der bekannten norddeutschen Kunstweise aufzuweisen hat.
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Die Gleichstellung aller mittelalterlichen metallenen Grabplatten ist aber durchaus unrichtig und hat einen höchst schädlichen Einfluß auf die deutsche Kunstgeschichte, indem eine scharfe Scheidung und Beobachtung viel wichtiger ist, als es auf den ersten Blick scheinen mag, ja eine absolute und große Wichtigkeit hat. Man muß die mittelalterlichen metallenen Grabplatten sowohl nach dem Metall, als nach der Art der Arbeit strenge in mehrere Classen scheiden, von denen jede, wie es scheint, einen bedeutenden neuern Kunstzweig hervorgerufen hat.
In den norddeutschen Ländern, so weit der
Ziegelbau reicht, fehlt es fast ganz an jenen
monumentalen und decorativen Steinbildern,
welche in Süddeutschland überall stehen; es
giebt nur wenige Beispiele, daß steinerne
Statuen zum Schmuck der Architektur benutzt
worden wären, in Lübek findet man z.B. einige
Beispiele in und an den Kirchen zum Heil. Geist
und S. Katharinen; in Meklenburg ist dagegen
kein einziges Beispiel bekannt. Eben so verhält
es sich mit den Grab=Monumenten mit ganzen
Figuren, die nie in Stein, sondern nur in
einzelnen Beispielen in Messingguß erscheinen,
z.B. im Dome zu Lübek die Statue auf dem Grabe
des Bischofs Heinrich von Bokholt († 1341) und
in der Dominikaner= oder
Schwarzen=Kloster=Kirche zu Wismar die Statue
auf dem Grabe der Herzogin Sophie von Meklenburg
(† 1504); eine andere, die früher auf dem Grabe
des Bischofs Gottfried v. Bülow († 1314) im Dome
zu Schwerin lag, ist im 14. Jahrh. von dem Grabe
genommen und im vorigen Jahrhundert
eingeschmolzen. Dagegen ward durchgehends
Eichenholz mit Gold= und Farbenschmuck zu
Statuen in Altären, Tabernakeln
. verwandt.
So glatt nun, wie die Wände der Ziegelbauten, sind auch alle Denksteine. Man nahm in den alten Zeiten große schwedische Kalksteinplatten und grub die für die Denkmäler bestimmten Darstellungen mit Linien in den Stein. Die nördlichen Länder besitzen viele vortreffliche Arbeiten dieser Art, jedoch kein einziges Relief aus alter Zeit, d.h. bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts.
Zur Zeit der höchsten Ausbildung des Spitzbogenstyls und aller ihn begleitenden Künste kamen aber im nördlichen Deutschland zur Herstellung von Grabplatten die beiden Künste zur Anwendung und Ausbildung, die ich in der Ueberschrift an die Spitze dieser Zeilen gestellt habe.
Ich muß nämlich gegen Kugler entschieden in Abrede nehmen, daß es in Norddeutschland "bronzene" Grabplatten gebe; ich glaube nicht, daß hier die "Bronze" je zu Grabplatten in Anwendung gekommen ist. Ferner muß entschieden
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verneint werden, daß die großen Grabplatten, welche Kugler meint, "gravirt" seien, in so fern man unter Graviren die Darstellung eines Gegenstandes durch Eingrabung der Umrißlinien in die volle Platte versteht.
Dagegen entstand im 14. Jahrh. in Norddeutschland
eine neue Kunst, welcher man keinen andern Namen
als Messingschnitt geben kann und der im 15. und
16. Jahrh. auch wohl in Stein nachgeahmt ist.
Alle jenen berühmten, großen Grabplatten, welche
Kugler bespricht und meint, sind nämlich alle
aus Messing, nie aus Bronze, weil Bronze und
Kupfer für diese Darstellungsart viel zu weich
sind; ferner sind die Darstellungen nicht durch
eingravirte Umrißlinien, sondern durch
Aussparung der ganzen Bilder zur Anschauung
gebracht. Es sind Messingplatten, auf deren
polirter Oberfläche die darzustellenden
Gegenstände mit starken Umrissen abgegraben
wurden und in glatter, gleicher Fläche stehen
blieben, der Grund dagegen bis zu einer gewissen
Tiefe durch Schaben oder Graben vertieft, das
Darzustellende also durch Aussparen zur
Anschauung gebracht ward. Man kann diese Arbeit
nicht anders als Messingschnitt nennen und sie
ist dieselbe, die noch heute bei Wappen
. in der Buchdruckerei angewandt
wird. Das Verfahren bei dem Messingschnitt ist
also wesentlich dem Verfahren bei dem
Holzschnitt gleich, und es ist mehr als
wahrscheinlich, daß in diesem Messingschnitt die
erste Veranlassung zum Holzschnittdruck und zur
Erfindung der Buchdruckerkunst liegt.
Diese Ansicht hat schon Sotzmann beiläufig in seiner "Aeltesten Geschichte der Xylographie und der Druckkunst" in v. Raumer's Histor. Taschenbuch, VIII, 1837, S. 490 ff. aufgestellt. Er nennt die Kunst des Messingschnittes, nach Plinius Vorgange, opus interrasile, und beginnt mit derselben folgerecht die Geschichte der Druckkunst, sowohl mit Holzschnitt, als mit Lettern. Ich habe darnach in den Jahrbüchern des Vereins für meklenburg. Geschichte und Alterthumskunde, XII, 1847, S. 479., diesen Gegenstand weiter verfolgt und durch die Scheidung zwischen Messingschnitt und Kupferstich festzustellen gesucht.
Diese ungewöhnlich kunstreichen Grabplatten in Messingschnitt sind bisher nur in Norddeutschland und Dänemark beobachtet und lassen sich zählen. Kugler scheint nur die drei Platten: zu Stralsund, Thorn und eine in Lübek zu kennen. Es sind deren aber viel mehr bekannt. In den verschiedenen Kirchen Lübek's habe ich einmal zwölf gezählt. Die Doppelplatte auf den Gräbern der lübeker Bischöfe Burchard v. Serken († 1317) und Johann v. Mul († 1350) im Dome zu Lübek,
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welche jetzt in Milde's Denkmäler bildender Kunst in Lübek, Heft I, ganz abgebildet und in einzelnen Theilen in Contre=Druck wiedergegeben ist, gehört zu den schönsten Erzeugnissen der Kunst des Mittelalters und des Spitzbogenstyls. Ihnen ganz ähnlich in Styl und Arbeit sind die beiden Doppelplatten (also 4 Platten) auf den Gräbern der schweriner Bischöfe aus dem Hause v. Bülow im Dome zu Schwerin: die eine auf den Gräbern der Bischöfe Ludolf († 1339) und Heinrich († 1347), die andere auf den Gräbern der Bischöfe Gottfried († 1314), welche 1375 nachgesetzt ist, und Friederich († 1375). Die letztere Doppelplatte ist wahrscheinlich die größte und schönste von allen, welche vorhanden sind. In der Kirche zu Ringsted liegt eine Platte auf dem Grabe des Königs Erich Menved und seiner Gemahlin Ingeburg (†† 1319), welche in "Antiqvar. Annaler" Kopenhagen, III, 1820, Tab. I, abgebildet ist. Die beiden bekannten Platten: zu Stralsund auf dem Grabe des Burgemeisters Albert Hövener in der Nicolaikirche und zu Thorn auf dem Grabe des Burgemeisters Johann von Soest in der Johanniskirche sind vortrefflich und den lübeker Platten auf den Gräbern weltlicher Personen ähnlich. Wenn ich nicht irre, liegt auch in Lüneburg eine solche Platte.
Dies dürften die Platten in Messingschnitt sein, welche sich im Norden finden. Es wäre wohl der Mühe werth, sie vergleichend zu untersuchen und zusammenzustellen. Als Quelle scheint Lübek betrachtet werden zu müssen, nachdem man aus Boutell's "Monumental brasses of England" gelernt hat, daß England, wohin man sonst wohl den Ursprung dieser Arbeit verlegen zu müssen geglaubt hat, keine solche Platte besitzt.
Eine ganz andere Arbeit zeigen uns die Grabplatten in Kupferstich, wie wir sie nennen wollen. Dies sind Platten, welche ganz voll geblieben sind; diese Grabplatten sind Nachahmungen der alten Kalksteinplatten. Die darzustellenden Gegenstände sind, wie auf den alten steinernen Grabplatten, nur durch eingegrabene Umrisse, je nach Licht oder Schatten breiter oder tiefer, dargestellt und der ganze Grund, mit Ausnahme dieser Umrisse, ist stehen geblieben. Dieses Verfahren ist also wesentlich das beim Kupferstiche angewandte. Das Metall dieser Grabplatten ist bald Messing, bald Kupfer; jedoch scheint mit dem Fortschritte der Zeit das Kupfer mehr angewandt zu sein. Diese "gravirten" Platten, welche man allein so nennen kann, sind ohne Zweifel die Vorläufer des modernen Kupferstiches und dessen Druckes.
Es liegt also auf der Hand, daß die Scheidung der norddeutschen metallenen Grabplatten in Messingschnitt= und
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Kupferstich=Platten von der allergrößten Bedeutung für die Geschichte der Entwickelung der deutschen Kunst ist.
Von Kupferstich finden sich selten ganze Platten.
Gewöhnlich sind einzelne Theile des
Grabmonuments, wie die Figuren der Verstorbenen,
Schilde, Helme, Inschriftstreifen
., ausgeschnitten, gravirt und
dann in Vertiefungen des Leichensteins
eingelassen und befestigt. Solche Grabsteine
finden sich in den Kirchen zu Stralsund und
Lübek viele, wenn auch Kugler sich solcher
Arbeiten in Deutschland nicht
"entsinnt". In Milde's Denkmälern I
ist eine großartig reiche Platte auf den
Burgemeister Tidemann Berk und seine Frau vom J.
1521 aus der Marienkirche zu Lübek abgebildet.
Auf dieser Platte sind alle Hauptdarstellungen
gravirt, der Grund scheint aber in
Messingschnitt gearbeitet zu sein, so daß hier
beide Kunstzweige vereinigt erscheinen. In den
Kirchen zu Wismar finden sich mehrere treffliche
Wappen und in der Königskapelle zu Gadebusch
findet sich auf dem Leichensteine das ganze Bild
der Königin Agnes († 1432) mit Wappen und (jetzt
nicht mehr vorhandener) Inschrift. Jedoch sind
Arbeiten dieser Art in Norddeutschland so selten
nicht und dürften sich allein in deutschen
Ostseeländern mehr finden, als in England.
Die jetzt bekannt gemachten 140 englischen Monumente in Boutell's "Monum. brasses" gehören alle der Classe des Kupfer= oder Messingstiches an.
Der Messingschnitt scheint ganz und allein dem 14. Jahrh. anzugehören; der Kupferstich (und Messingstich) beginnt im 14. Jahrh. und erhält seine größte Ausbildung und Verbreitung im 15. Jahrh.
Diese Andeutungen werden genügen, um die große Wichtigkeit der alten Grabsteine in's Licht zu setzen und alle Forscher zu ermuntern, die metallenen Grabtafeln nach Zeit, Metall und Kunst zu untersuchen und bekannt zu machen, damit man einen sichern Grund gewinne, die wichtigen neuern Erfindungen des Holzschnittes (und der Buchdruckerei) und des Kupferstiches aus ihren wahren und ersten Veranlassungen zu entwickeln, abgesehen von dem innern und zeitgemäßen Werthe, welchen alle diese Denkmäler in sich tragen.
Vorstehende Abhandlung habe ich zuerst im Deutschen Kunstblatt, 1851. Nr. 3, abdrucken lassen; ich theile sie, mit Erlaubniß der Redaction, hier noch ein Mal mit, weil unsere Jahrbücher alle Vorverhandlungen dieser nicht unwichtigen Angelegenheit enthalten.
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Kugler, durch dessen Vorarbeiten diese Abhandlung hervorgerufen ist, hat sich aber sogleich in Nr. 4 des Deutschen Kunstblattes in einem Artikel mit der Ueberschrift: "Metallene Grabplatten mit eingegrabener Umrißdarstellung" sehr gereizt gegen meine Auseinandersetzung ausgesprochen, sie persönlich aufgenommen und seine Erwiderung persönlich gegen mich gewandt. Ich will den Streit aus vielen Gründen nicht fortführen; die Zeit wird richten. Um aber kurz den Inhalt der Erwiderung Kugler's anzugeben, so berichte ich, daß er alle von mir besprochenen Arbeitsweisen leugnet, wie schon aus der unklaren Ueberschrift seiner Erwiderung hervorgeht, während er sie früher "gravirte" Platten nannte. Er sagt z.B.: "So weit meine Kenntniß reicht, besteht die Darstellung überall auch hier aus einer Zeichnung, deren Linien, wie im äußern Umriß (?), so namentlich auch im Innern der Darstellung selbst vertieft eingegraben sind, - also überall aus dem diametral Entgegengesetzten der Holzschnitttechnik. Es ist möglich, daß Beispiele vorkommen, bei denen gleichzeitig der gesammte Grund um den äußern Contour herum vertieft ist: bei den mir bekannten Beispielen ist dies aber keinesweges der Fall". Man sieht also, daß Kugler auf die nicht wegzuleugnenden Thatsachen gar nicht eingehen und sie auch nicht glauben will.
Wenn ich ferner sage: "Solche Grabsteine (in Kupferstich) finden sich in den Kirchen zu Stralsund und Lübek viele", so erwidert Kugler dagegen: "Doch kann ich in Betreff eines sehr ansehnlichen Theils dieser Ostseeländer, in Betreff Pommerns - - auf Grund ziemlich genauer örtlicher Untersuchungen die Gegenbemerkung hinzufügen, daß ich dort kein Denkmal der Art vorgefunden habe, auch in Stralsund nicht, wo ich, wie aus meiner pommerschen Kunstgeschichte zu ersehen (!), nur die Prachtplatte des sogenannten Messingschnittes in der Nicolaikirche aufzuführen weiß. Wenn also Hr. Dr. Lisch behauptet, daß in Stralsund (?) deren viele vorhanden seien, so muß ich ihn vorerst um den genauen Nachweis des Einzelnen bitten". - Damit kann ich aufwarten. In der Nicolaikirche zu Stralsund soll, außer der "Prachtplatte" auf dem Grabe des Burgemeisters Albert Hövener († 1357), in einer nördlichen Capelle gegenüber noch eine ganz gleiche auf den Burgemeister Valke gewesen sein, welche jedoch nicht aufzufinden ist. In dem Chore der Nicolaikirche liegt jedoch, halb von Kirchenstühlen bedeckt, auf dem Grabe des stralsunder Oberpfarrers Bernd von Maltzan († ungefähr 1452) ein Leichenstein mit einem eingelassenen metallenen Wappen in (Kupfer= oder) Messingstich. Im Chore, nicht weit von dem Altare, liegen zwei große Leichensteine
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mit eingelegten metallenen Wappen, Inschriftstreifen und Eckverzierungen; aus dem nördlichen Steine ist alles Metall verschwunden; in dem westlichen Steine sitzt noch ein rechts gelehnter Schild mit Helm und Helmdecke und etwa der Hälfte des Inschriftrandes, aus Messing, mit "gravirten" Darstellungen.
Dies mag einstweilen genug sein.
G. C. F. Lisch.
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Münzfund von Zahren,
von
G. M. C. Masch.
In Dänemark und Jütland werden unter den ältesten Münzen häufig Silberstücke gefunden, welche die Stelle des gemünzten Geldes vertraten, aber bis jetzt war in unserm Vaterlande noch kein Fund der Art bekannt geworden.
Im December 1850 wurden bei der Meierei Zahren,
zu Barsdorf im Stargardischen gehörig, in einem
Grabhügel, in dessen Mitte auch mehrere Urnen in
Fragmenten lagen, einige Münzen und drei Stücke
Silber in ganz blankem, rostfreien Zustande
gefunden. Die Münzen sind meistens aus der
Classe der Wendenpfennige, und zwar von den aus
dem Remliner Funde, Jahrb. IX, S. 462 und 463
unter I, II und III bezeichneten Formen, in
resp. 1, 5 und 1 Exemplaren, ferner 2 wendische
Nachbildungen von Otto=Alheidsmünzen, in der
bekannten Form mit Kreuz und Kirchengebäude,
dieselben Bilder auf der Nachbildung einer
Heinrichsmünze, wo zerstreuete Buchstaben des
Wortes Henricus in der Umschrift stehen. Es
findet sich ferner die bekanntere Münzform des
Stadtzeichens aus drei Linien mit dem Kreuze,
dann eine Münze mit der aufgerichteten Hand, an
deren Seite REX steht und auf der andern ein
Kreuz mit 4 Kugeln in den Winkeln in einem
Perlenkreise und mit Spuren des Wortes Henricus
in der Umschrift; die seltenste ist unstreitig
eine Münze der Alheidis, auf der die Umschrift
mir nicht lesbar war, welche auf der Hauptseite
ein Kirchengebäude und auf der Rückseite in
einem von 4 Kreisstücken gebildeten Kreuze die
Buchstaben hat
│ LHD │ I.
Die Silberstücke sind:
1) ein dreieckiges, 1/16 Loth weniger 6 Aß schweres Stück aus dem Rande eines Gefäßes, welches unter einem hervorstehenden Wulst, zwischen zwei Reihen Strichelchen, eine Reihe ein=
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geschlagener, dicht neben einander stehender, die Spitze niederwärts kehrender, mit drei Punkten belegter Dreiecke hat;
2) ein unregelmäßig viereckiges, 1/32 Loth schweres Stück aus dem Rande eines Gefäßes, auf dem unter einem Wulste eine Reihe Ringelchen zwischen zwei Reihen viereckiger Punkte eingeschlagen ward; von der darauf folgenden Verzierung, die aus Rauten, durch Punkte gebildet, in deren Mitte ein Ringelchen befindlich, bestanden hat, ist nur ein Theil, der aber zur Bestimmung ausreicht, vorhanden;
3) eine 13/16 Loth - 4 Aß schwere, rund gebogene und in sich aufgekrümmte, am Ende 2 Millimeter starke Silberstange, worin hin und wieder, gleichsam zum Probiren, hineingehackt ist.
Die beiden erstern Stücke geben durch die große Sauberkeit der Verzierungen ihren orientalischen Ursprung deutlich zu erkennen, das dritte Stück gehört wahrscheinlicher in die Classe der sogenannten Münzringe, als daß es der Henkel eines Gefäßes gewesen; die Münzen aber gehören ins 11. Jahrhundert.
Dieser Fund ist der großherzoglichen Sammlung in Neustrelitz vom Herrn von Ahrenstorff überwiesen worden.
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Münzfund von Hof=Reinshagen,
von
G. M. C. Masch.
Zu Hof Reinshagen, Amts Doberan, lag dicht am Wohnhause ein Hügel von 20 und einigen Schritten im Durchmesser und ungefähr 4 Fuß Höhe, welcher mit einem Kreise von großen Steinen umgeben war. Der Erbpächter Herr Hesse ließ im Januar 1851 den Hügel abtragen, um die großen Steine zu Fundamentsteinen anderweitig zu benutzen. Bei dem Abräumen stießen Arbeiter auf 3 Töpfe, von welchen einer mit silbernen Bracteaten gefüllt war. Herr Hesse nahm sogleich den Fund an sich, obgleich er nicht hatte verhindern können, daß die Arbeiter sogleich mehrere Münzen in die Taschen gesteckt hatten, um sie zu verkaufen. Der Herr Pastor Vortisch zu Satow eilte, nachdem er Nachricht von dem Funde erhalten, nach Reinshagen, um an Ort und Stelle Untersuchung und Erkundigung anzustellen. Er fand den Platz abgeräumt und geebnet, jedoch glückte es seinem eifrigen Nachforschen, Scherben von 2 Töpfen, die zerschlagen waren, wieder aufzufinden; es sind Scherben von
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den bekannten, festen, blau=grauen Töpfen aus dem christlichen Mittelalter.
Die Zahl der vergrabenen Bracteaten mag gegen 2000 betragen haben; in die Hände des Herrn Hesse kamen 1300, deren Werth von Sr. Königl. Hoheit, dem allerdurchlauchtigsten Großherzoge Friedrich Franz zum Besten der vaterländischen Münzsammlungen erstattet ist. Der Herr Pastor Vortisch erhielt 12 Stücke durch die dritte Hand geschenkt und schenkte sie dem Vereine wieder (sie sind in dem folgenden Berichte berücksichtigt); durch die Universitäts=Münzsammlung zu Rostock wurden 153 Stück von den Arbeitern angekauft 1 ), nebst einem in dem Hügel gefundenen eisernen Beile von gewöhnlicher Form, welches keine Zeitbestimmung abzugeben im Stande ist.
Die Bracteaten gehören sämmtlich zu der bekannten Classe der norddeutschen, welche sich durch ihr starkes Blech, durch den in der Mitte sich erhebenden Rand und durch ein stumpfes Gepräge specifisch von allen übrigen mittelalterlichen Hohlmünzen unterscheiden. Das Gewicht des einzelnen Stückes ist nicht völlig 1/32 Loth cöln., so daß etwa 40 ein Loth wiegen, wornach 640 aus der rauhen Mark 12=löthigen Silbers (denn so ist von einem Goldschmiede das Korn annähernd bestimmt worden) geschlagen wurden, also etwa 800 aus der feinen Mark, so daß der Werth des Stückes einen Schilling Cour. (d.i. 1/48 preuß. Thaler) (864 aus der feinen Mark) gleich angenommen werden mag, indem so wenig Gewicht wie Gehalt mit absoluter Genauigkeit bestimmt werden konnte, die man hier auch hoffentlich nicht vermissen wird. - Die Größe im Durchmesser ist durchschnittlich = 15 Millimeter.
Es fehlen bis jetzt noch immer feste
Anhaltspunkte, um die Zeit der Prägung dieser
gar nicht seltenen Form von Hohlmünzen
zweifellos zu bestimmen. Der reiche Münzfund von
Kolbow (vgl. Jahrb. VI, S. 126 flgd. und
Jahresbericht S. 114) ist dem reinshäger
durchaus gleichalterig und bietet dieselben
Formen. Mit dankenswerthem Scharfsinn haben
meine geehrten Freunde Lisch und Kretschmer die
darin vorkommenden, mit
bezeichneten Bracteaten dem
Könige Albrecht von Schweden, Herzoge von
Meklenburg zugewiesen, und so hätten wir also
das letzte Viertel des 14. und den Anfang des
15. Jahrhunderts als Umlaufszeit gewonnen. Wenn
man nun aber berücksichtigt, daß
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damals bereits die Hansestädte im Handel, wie in der Münze das ausschließende Uebergewicht hatten, und Münzfunde aus jener Zeit, z.B. den von Hagenow (Jahrb. VI, S. 50) und von Rüst (Jahrb. XV, S. 335) mit dem von Kolbow und dem gegenwärtigen vergleicht, so wird man gezwungen, letztere in eine frühere Zeitperiode zu versetzen, da, abgesehen von der ganz verschiedenen Technik der jener Zeit angehörigen Bracteaten, in beiden so zahlreichen Funden auch nicht eine einzige Münze vorkommt, die man Lübek, das damals so viel prägte, oder Wismar, das doch schon 1359 die Münze erhielt, beilegen könnte. Für die vaterländischen Hohlmünzen aus der letzten Zeit des 13. Jahrhunderts haben wir in dem malchower Münzfunde 1 ) einen Haltpunkt gewonnen, und es wird sich ergeben, daß die vorliegenden nicht mit ihm gleichzeitig sein können, obgleich sie ihm nahe stehen. So gewinnen wir denn für diese Classe die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts, etwa bis 1350 2 ), und haben die in den Urkunden der damaligen Zeit so häufig als denarii slavicales oder moneta usualis bezeichnete Münze vor uns.
Die Zahl der hier zur Untersuchung gekommenen beträgt 1312 Hohlmünzen, 1 Solidus und 81 Hälften durchschnittener Bracteaten, welche man ohne Zweifel als halbe Pfennige im Verkehr gebrauchte. Man hat dazu jedes vorkommende Stück benutzt, denn es sind eben so wohl meklenburgische durchschnitten, als diejenigen, welche nicht dem Lande selbst angehörten.
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Die zweiseitige Münze wiegt 1/32 Loth und 3 Aß,
hat 16 Millimeter im Durchmesser, ist roh
gearbeitet und hat auf beiden Seiten einen
erniedrigten Rand, so daß auf der Hauptseite die
aufgerichtete, flache linke Hand
(Händelpfenning), und auf der Rückseite das
Ankerkreuz mit einer Kugel in den Enden auf
einem erhöheten, länglichen Vierecke steht. -
Seeländer Zehn Schriften (XI die segnende Hand
T. C., N. 11.) hat eine ähnliche Münze
abgebildet, welche sich durch FR
F auf der Hauptseite als
frankfurtisch (S. 118) deutlich erweiset; ist
sie gleich schwerer (1 Quent.), so reicht sie
doch hin, um das Vaterland der vorliegenden zu
bestimmen. - Die Erscheinung, daß unter größeren
Münzfunden einzelne ferne Stücke sich finden,
ist nicht ungewöhnlich, und es läßt sich wenig
daraus schließen.
Meklenburgischen Gepräges sind bei weitem die meisten dieser Hohlmünzen (796) und es ergeben sich folgende Classen des Gepräges, wobei unwesentliche Verschiedenheiten des Stempels bei feststehender Form weniger berücksichtigt sind. (Die Ziffer weiset die Zahl der vorhandenen Exemplare nach.)
Stierkopf im glatten Rande.
(Universität 61).
1. Rohe Form, so daß der Stierkopf durch drei
Oeffnungen des Grundes gebildet wird.
(150).
2. Von dem Stierkopf treten die
Nase mit den Hörnern vorzugsweise hervor, die
Augen sind nicht gebildet. (100).
3.
Dicker Stierkopf ohne gebildete Augen.
(141).
4. Dicker Stierkopf mit gebildeten
Augen. (93).
5. Dicker Stierkopf mit
einem Punkt zwischen den Hörnern, theils ohne,
theils mit gebildeten Augen. (69).
6.
Dicker Stierkopf mit einem Kreuz zwischen den
Hörnern, theils ohne, theils mit gebildeten
Augen. (51).
7. Dicker Stierkopf mit
einem Stab zwischen den Hörnern. (1).
8.
Stierkopf, darüber 2 auswärts gebogene
Halbkreise. (115), (Universität 8), darunter 2
mit einem Knopfe im Rande.
9. Stierkopf
mit weitem Maule. (2).
10. Stierkopf mit
weitem Maule und aushangender Zunge. (2).
11. Stierkopf schrägliegend. (2).
12.
Stierkopf (?) mit Krone von 3 Spitzen. (3).
13. Stierkopf mit darüber schwebender Krone.
(18).
14. Stierkopf mit 2 geraden Hörnern. (2).
15. Schmaler Stierkopf mit Augen. (13).
16.
Dicker Stierkopf ohne Augen. (13).
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17. Dicker Stierkopf mit Augen. (18).
18.
Stierkopf mit darüber stehenden Halbkreisen.
(1).
19. Stierkopf in einem Rande, der
einem Mühlrade gleich ist. (1).
Anm. Es liegt nahe, dieses Gepräge der Stadt Grevismühlen zuzuweisen, welche dasselbe Bild früher im Siegel führte und noch bis in spätere Zeiten Münzen schlug.
20. Stierkopf über einer Brücke von 3 Pfeilern. (1).
Anm. Man pflegt diesen öfter vorkommenden Pfennig der Stadt Malchin zuzuweisen, jedoch ohne hinreichende Begründung, da das Stadtsiegel nicht dafür spricht.
Dänemark hat bekanntlich seine Münzen mit einem Königskopfe bezeichnet; da dieser oft höchst unförmlich gebildet ist, so hat man ihn auch wohl mit dem Stierkopfe verwechselt, wie dies namentlich in den Zahlenverhältnissen des kolbower Fundes geschehen ist.
1. Gekrönter Kopf. (38).
2. Gekrönter
Kopf mit einem Punkt an jeder Seite. (20).
3. Kopf mit einer Bischofsmütze bedeckt (sehr
unförmlich). (5).
4. Im gekerbten Rande
eine Krone. (4).
Anm. Da beide letztern Bilder auf dänischen Münzen häufig vorkommen, so sind sie auch hier als solche angenommen worden.
Stralsund.
1. Reiner Stral, groß und an den Rand stoßend.
(43).
2. Stral von 2 Punkten begleitet.
(7).
3. Stral mit einem Queerbalken auf
dem Pfahle. (7).
4. Stral mit einem
Widerhaken am Pfahle. (11).
5. Kleiner
Stral mit dickem Fuße.
6. Flagge ohne Beizeichen. (Vgl. Jahrb. VI,
Tab. Nr. 6). (34).
7. Desgleichen mit
einem Stern (vgl. das. Nr. 7). (13).
8.
Desgleichen mit einem Stern unter der Fahne.
(3).
9. Desgleichen mit einem Halbmond
unter der Fahne. (1).
10. Im gekerbten
Rande eine linksgekehrte Fahne von drei Lätzen
und unter derselben ein Stral. (4).
11. Im
glatten Rande eine rechtsgekehrte Fahne mit
einem Stral unter derselben. (2).
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1. Das
mit zugespitztem Queerbalken
(vgl. Tab. Nr. 2). (9).
2. Das
weit gedehnt mit zugespitztem
Balken. (6).
3. Ueber dem
mit zugespitztem Balken ein
Punkt. (19).
4. Neben dem
ein Stern (vgl. Tab. Nr. 4).
(3).
5. Ueber dem
ein Halbmond (vgl. Tab. Nr. 5).
(16).
6. Ueber dem
zwei vertiefte Punkte. (1).
Demmin.
1. Im glatten Rande die Lilie. (69).
2.
Dieselbe in unförmlicher, vertiefter Gestalt
(?). (10).
Stettin.
1. Der Greifenkopf rechts gewendet im glatten
Rande. (32).
2. Der Greifenkopf links
gewendet im glatten Rande. (13).
3. Der
Greifenkopf rechts gewendet im gekerbten Rande. (1).
Sternbracteaten , welche man Perleberg beilegt.
1. Ein sechsstrahliger Stern mit einem Knopf
auf der Mitte, in glattem Rande. (19).
2.
Ein gleicher Stern ohne Knopf. (6).
3.
Ein gleicher Stern ohne Knopf, im gekerbten
Rande. (2).
Bischofsstäbe in Form eines Andreaskreuzes gelegt.
Diese Pfennige hat man bald dem Bisthume Havelberg oder Camin, auch, indem man die Figur für zwei Pfannhaken erklärte, der Stadt Colberg zugewiesen. Evers bereits (II, S. 14) nahm sie als aus der Münzofficin der Bischöfe von Schwerin hervorgegangen an. Gegen diese Annahme läßt sich wenig einwenden; die Stäbe als Wappen des Bisthums sind zuerst vom Bischofe Albrecht (1356-1363) auf dem eignen und dem Vicariatssiegel gebraucht worden, sie können also auch sehr leicht früher schon, als man ein einfaches Bild für die Münze bedurfte, angewendet sein.
1. Im glatten Rande die beiden Bischofsstäbe.
(19).
2. Desgleichen mit einem Punkte
über sich. (8).
Thurm. Unter den bisher aufgefundenen Bracteaten ist dieses Bild noch nicht bemerkt worden, und man könnte sich versucht fühlen, diese Münzen, die durchaus den norddeutschen Typus haben, weniger einer Stadt, als dem Bisthume Ratzeburg beizulegen, welches einen halben Thurm als Wappen führte. Dem steht aber entgegen, daß das Wappenbild erst gegen das Ende des 14. Jahrh. unter Bischof Detlevus vorkommt und daß die Zustände des Bisthums zu Anfang des 15. Jahrhunderts nicht in der Art waren, daß man an Münzprägen denken mochte.
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1. Thurm, gebildet aus 2 Eckpfeilern mit einem
weit überragendem Dache. (15).
2. Thurm,
ganz zierlich halbrund gebildet, mit Thoröffnung
und kleinem, verhältnißmäßigen Dache. (5).
3. Ein sehr unförmlich gebildeter Thurm. (1).
Stern von 5 Strahlen, in der Mitte durchbrochen, einem Rade sehr ähnlich, nicht schön gearbeitet, in einem glatten Rande. (5).
Spange. Im gekerbten Rande ist eine sechsspitzige, an den Seiten eingezogene, spangenähnliche Figur, in welcher der mittlere Dorn deutlich zu erkennen. (3).
Rosetten, sämmtlich mit gekerbtem Rande.
1. Aus drei in ein Dreieck gestellten Blumen
gebildet. (2).
2. Aus vier Kreisbogen
gebildet, die in der Mitte eine viereckige
Oeffnung lassen und deren Spitzen mit einem
Punkte besetzt sind. (3).
Halbmonde, mit dem Rücken gegen einander gestellt.
1. Im glatten Rande. (1).
2. Im
gekerbten Rande. (2).
3. Im glatten Rande
zwei von einander gestellte Halbmonde, durch
einen Streifen, auf dem ein Stern liegt,
verbunden. (1).
Pilgerstäbe oder Dolche mit einem Handgriffe, zwei neben einander gestellt, im gekerbten Rande. (2).
Pferd im glatten Rande, links hin springend, mit erhobenem Schweife, zwischen den Füßen eine Kugel. (1).
Anm. Die Grafen von Schwerin führten in ihren Siegeln ein Pferd; jedoch ist dieses überall schreitend, nicht springend, gebildet, so daß man doch nicht unbedingt diese Münze für eine gräflich=schwerinsche halten darf.
Löwe , rechts gekehrt im flach gekerbten Rande, unförmlich gebildet. (1).
Anm. Wahrscheinlich Lüneburg.
Stadtzeichen im gekerbten Rande, aus 2 Eckpfeilern und darüber gelegtem Balken, auf dem 2 Stangen stehen, gebildet, mit einer unförmlichen Figur in der Oeffnung. (1).
Anm. Erinnert auch uns an die späteren hamburgischen Bracteaten und möchte dahin gehören.
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(Unter den von der Universität erworbenen Münzen findet sich ein Exemplar mit einem Nesselblatte.)
Vogelkopf über 2 halbmondförmigen Figuren in einem glatten Rande. (1).
Baum auf breitem Boden von 4 Aesten. (1).
Zwei Hirschhörner neben einander gestellt, die 2 Zacken auswärts gekehrt.
1. Im gekerbten Rande. (2).
2. Im glatten
Rande. (1).
Anm. Dieses Bild findet sich auch auf viel späteren Hohlmünzen, welche man den Grafen von Dassel zuschreibt, jedoch wohl mit wenigem Rechte.
Rose.
1. Im glatten Rande eine durch 6 umherstehende
und eine in der Mitte befindliche Oeffnung
gebildete Rose. (3).
2. Im gekerbten Rande
eine vertiefte Rose von 5 Blättern, in welche
von unten eine knopfähnliche Figur hineinragt. (1).
Anm. Die letztere Münze gleicht ziemlich einem Helme mit Schmuck von 5 Federn.
Buchstaben .
1. Im glatten Rande ein r, an dessen Schaft eine links gekehrte Fahne von 3 Lätzen befestigt ist. (1).
Anm. Ohne Zweifel eine rostocker Nachbildung der stralsundischen Flaggen=Bracteaten.
2. Im glatten Rande ein T, ein Exemplar ohne Beizeichen, über dem andern eine kreuzförmige Blume von 4 Blättern. (2).
Anm. Wahrscheinlich von Anclam (Tanglim).
3. Im glatten Rande ein
. (1).
Anm. Die bekannte Form der eimbeckschen Münzen.
Ein zerbrochener Bracteat von schwächerem Bleche als die übrigen, läßt noch einen Schild mit 2 Balken erkennen und wäre demnach vielleicht die früheste oldenburgische Münze, die vorhanden ist, denn die bekannten oldenburgischen ähnlichen Hohlmünzen sind viel jüngeren Ursprungs.
Drei Bracteaten mit glattem Rande haben Figuren, welche sich nicht bestimmen lassen, 20 andere sind bis zur Unkenntlichkeit abgegriffen oder zerdrückt.
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Die Zahlenverhältnisse dieses Fundes stellen sich also:
und kommen noch hinzu eine (frankfurter) zweiseitige Münze und 81 Hälften durchschnittener Bracteaten.
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Die neueren meklenburgischen Münzen,
zusammengetragen
von
G. M. C. Masch,
Pastor zu Demern.
Bei einer Veränderung des Landes=Münzfußes verschwinden sofort diejenigen Münzen, welche dem neueren Münzfuße nicht anpassend sind, ein jeder sucht sich derselben zu entledigen und nach wenig Jahren sind sie Seltenheiten geworden. Die meklenburgische Münzgeschichte liefert in den letzten hundert Jahren dazu mehrere Beispiele. Zur Zeit des siebenjährigen Krieges ward alles damals umlaufende Geld in die leichte Münze verwandelt, und es ist verschwunden, aber die leichte Münze ist eben so zur Seltenheit geworden, als die, woraus sie entstanden, denn als ruhigere Zeiten kamen, ward ihr geringer Silbergehalt ausgeschieden und ist in den schweren Münzen des Herzogs Friedrich enthalten. - Das schwedische und schwedisch=pommersche Geld, welches jüngst noch Meklenburg überschwemmte, ist verschwunden, es ist in die Landesmünze umgewandelt, und auch diese findet sich nicht mehr, seit die Verordnung vom 12. Januar 1848 den 14=Thaler= oder 21=Guldenfuß einführte.
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So ist es denn wohl Zeit, daß für künftige Münzsammler ein vollständiges Verzeichniß der bisherigen meklenburgischen Münzen geliefert werde und diese Jahrbücher sind gewiß der Ort, wo man es suchen wird. Das frühere hat Evers in seinem bekannten Werke "Meklenburgische Münzverfassung", Theil II, gegeben, und ihm schließt sich das folgende Verzeichniß an.
In Meklenburg war nach §. 204 des L.=Grundgesetzl.=Erbvergleichs der schwere Münzfuß grundgesetzlich, und nach ihm wurde seit dem 1. März 1763 die Mark fein, ganz in Uebereinstimmung mit dem dänischen, hamburgischen und lübekischen Münzfuß, in den gröbern Sorten bis zum Doppeltschilling hinab zu 11 Thalern 16 ßl. ausgeprägt, in den Schillingen zu 12 Thlrn., in den Sechslingen zu 12 Thlrn. 32 ßl. und in den Dreilingen zu 13 Thlrn. die Mark. - Zu der Zeit, welche die gegenwärtige Darlegung umfaßt, also von Anfang dieses Jahrhunderts an, sind keine Courantmünzen nach diesem Fuße geschlagen worden, wohl aber die unter Großherzog Friedrich Franz unter B. angeführten Schillinge bis 1817, Sechslinge und Dreilinge bis 1824.
Neben diesen schweren Münzen hatten schon seit lange die nach dem leipziger Fuß geschlagenen Zweidrittelstücke, in denen die Mark fein zu 18 Gulden = 12 Thlr. ausgebracht ward, ihren Umlauf in Meklenburg sowohl, wie in den benachbarten Ländern, und sie waren es bald, nach welchen sich der ganze Handelsverkehr einrichtete; sie wurden allen Rechnungen des gewöhnlichen Lebens zum Grunde gelegt, so daß das sogenannte "Meklenburgische Valeur" oder, wie es in andern Gegenden hieß, "grob dänisch Courant" meistens nur noch als Rechnungswährung angesehen werden konnte. Auch Meklenburg schlug, zuerst 1789, Zweidrittelstücke und durch Notification vom 4. Dec. jenes Jahres wurde ihnen bei den öffentlichen Cassen, wie im Handel und Verkehr derselbe Werth zuerkannt, wie den übrigen N 2/3=Stücken, mit denen sie nach gleichem leipziger Fuß ausgeprägt waren.
Mit der Ausprägung derselben fuhr man fort bis 1826, ohne daß eine Münze vorhanden war, welche die Theile derselben angab, es wurden überhaupt nur einmal, 1790 Eindrittelstücke geschlagen. Dieser Umstand führte denn die schwedischen 10 und 5 Oerstücke und das schwedisch=pommersche Geld in 4, 2 und 1 Schillingstücken ins Land. Um diesem Uebelstande abzuhelfen und dem Eindringen fremder, geringhaltiger Münzsorten zu
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steuern, wurden 1826 Schillinge und Vierschillingstücke nach dem 2/3=Fuß zum Behuf des innern Verkehrs geschlagen, ihre Annahme bei den Steuerstuben (laut Notif. vom 13. Mai 1826) angeordnet und eine Herabsetzung und Entfernung der fremden Geldsorten, vielleicht mit dem 1. Januar 1827, in Aussicht gestellt. Achtschillingstücke wurden 1827 geschlagen und mit dem Ausprägen der Vierschillinge, Schillinge und der kleinern Scheidemünze ward fortgefahren.
Als nun eine k. preußische Cabinetsordre vom 26. Januar 1830 die Circulation der altschwedisch=pommerschen Münze in den preußischen Staaten nur noch auf 6 Monate gestattete, nach deren Ablauf dieselben verrufen sein und confiscirt werden sollte, so beschloß der Großherzog (laut Notif. vom 24. April 1830) diese Münze dergestalt außer Cours zu setzen, daß vom 1. Sept. an die Annahme derselben im Handel und Verkehr gänzlich verboten sein solle, und daß der Vorrath, dessen man sich nicht bis dahin zu entledigen vermochte, im Laufe des Monats October in der großherzogl. Münze nach ihrem innern Werthe angenommen und gegen neu ausgeprägte Vierschillingstücke umgewechselt werden solle.
Durch Verordnung vom 6. Julius 1830 wurde dies Verbot dahin näher erläutert, daß nach dem 1. Sept. Niemand weiter verpflichtet sein solle, diese Münze anzunehmen, auch Niemand berechtigt sei, sie einem Andern wider Willen aufzudringen, es wird ferner bestimmt, daß im September und October in der großherzogl. Münze eine Umwechslung derselben geschehen würde, auch sämmtliche herrschaftliche Cassen sie bis zum letzten October in Zahlung anzunehmen hätten, und zwar nach einem ermittelten Werth, der bei 8=Schillingstücken zu 8 1/3 pCt. (1 Thlr. = 44 ßl.), bei 4=Schillingstücken zu 10 5/12 pCt. (1 Thlr. = 43 ßl.) und bei Schillingen zu 25 pCt. (1 Thlr. =36 ßl.) Verlust bestimmt ward, und durch eine zweite Verordnung von demselben Tage wurde der neu ausgeprägten Landesmünze, "welche bis auf den nöthigen Schlagschatz nach dem 2/3=Fuß ausgeprägt wird" bei sämmtlichen öffentlichen Cassen ganz derselbe Werth wie N 2/3 beigelegt. Durch Verordnungen vom 17. Julius und 6. August ward Sorge getragen, diese Münze bald in Umlauf zu setzen und so wurde denn unterm 12. Nov. bestimmt, daß die Einzahlung in die Cassen mit dem 30. Nov. gänzlich aufhören und daß die Verwechslung in der Münze vom 1. Dec an nur nach dem in einer beigelegten Valvationstabelle, die den wahren innern Werth der einzelnen Stücke angab, geschehen könne, und ward nach dieser, um nicht all zu sehr ins Einzelne zu gehen, der Thaler in den 8=Schillingstücken zu 43 ßl. 6 pf., in
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den 4=Schillingstücken zu 42 ßl., bei den 2=Schillingstücken zu 37 ßl. und den Schillingen zu 35 ßl. festgesetzt. Durch Verordnung vom 14. April 1831 hörte die Einwechslung bei der Münze nach diesen Ansätzen mit dem 31. Mai gänzlich auf, und sollten sie später nur als Silber nach dem Gewichte, nicht als Münze angenommen werden. - So entledigte sich Meklenburg dieser Eindringlinge; der Schaden, den sie dem Lande zugefügt, ist allerdings sehr bedeutend gewesen, läßt sich aber wohl schwerlich genau angeben.
Die Geschichte der Landesmünze ist kürzer; nachdem mit den Landständen über die Verbesserung des Münzwesens berathen, ward die Einführung des 14=Thaler= oder 21=Guldenfußes anstatt des bisherigen 11 1/3=Thaler= oder meklenb. Valeur=Fußes und des 12=Thaler= oder 18=Guldenfußes beschlossen. Die Verordnung vom 12. Januar 1848, welche diesen neuen Münzfuß einführt, bestimmt §. 15, daß die meklenb. N 2/3= und 1/3=Stücke in der Münze mit dem gesetzlich bestimmten Aufgeld von 16 2/3 pCt. nach und nach ausgewechselt, bis dahin aber bei allen öffentlichen Cassen mit diesem Aufgelde angenommen werden sollen. Die Scheidemünzen anlangend (§. 16), so sollen die 8=Schillingstücke sogleich eingezogen werden, was auch unterm 1. Febr. 1848 dergestalt verordnet ward, daß sie nur bis zum 30. April den alten Werth behalten, von da an als 8 ßl. Courant zu betrachten sind. Den Vierschillingstücken ward durch Verordnung vom 8. April 1848 bis zum 1. Mai der anfänglich zugebilligte Werth von 4 ßl. 9 pf. Cour. gelassen, von da aber auf das gesetzliche Verhältniß des 18=Gulden= zum 14=Thalerfuß, mithin zu 4 ßl. 8 pf. Cour., zurückgeführt. Hinsichtlich der Schillinge ward bestimmt, daß ihrer zwei in Courant 2 ßl. 3 pf. gelten sollten, den Sechslingen und Dreilingen, eben so den Kupfermünzen blieb ihr Cours, so daß sie auch für die Münzen des 14=Thalerfußes als Scheidemünze dienen, jedoch sind auch diese kleinen Silbermünzen im Lande sehr verschwunden, da sie sich nach Lübek und Hamburg, wo sie als Ausgleichung bei dem dortigen Münzfuß verwendet werden, hingezogen. Durch Verordnung vom 25. Nov. 1850 ist bestimmt worden, daß den Münzen meklenburgischen Gepräges der vorhin bemerkte Werth in Courant nur noch bis zum 31. März 1851 bleiben soll, mit dem ersten April erlischt jegliche Verpflichtung sie anzunehmen, so daß sie nur noch als Waare zu betrachten sind, jedoch werden sie noch im Laufe jenes Monats bei der Reluitionscasse und den Amtscassen zu ihrem bisherigen Werthe eingewechselt und dann - eingezogen.
In Meklenburg=Strelitz ward durch die Verordnung vom 27. Februar, und im Fürstenthum Ratzeburg durch Verordnung
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vom 16. Februar 1848 der 14=Thalerfuß eingeführt, letzteres hatte keine landesherrliche Münze, welche nach dem daselbst bestehenden 11 1/3=Thalerfuß ausgeprägt war; die bereits aber unter großherzogl. meklenb. strelitzschen Stempel ausgeprägten Vierschillingstücke sind ihrem Feingehalte nach (es wiegen davon 72 eine Mark) und die Schillinge ihrem Feingehalte und Gewicht nach, der Bestimmung des neuen Münzfußes vollkommen entsprechend (§. 9 der Verord. vom 27. Febr.), so daß also keine weitere Maßnehmungen dieserhalb erforderlich wurden.
Ueber die Ausprägung der Kupfermünzen in den beiden Städten Rostock und Wismar sind keinerlei gesetzliche Bestimmungen erlassen; die in einzelnen Städten zur Abhülfe eines temporairen Mangels an kleiner Scheidemünze von Privaten in Blei und Zinn ausgeprägten Dreilinge haben für die meklenburgische Münzgeschichte keine Bedeutung.
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A. Das Haus Meklenburg=Schwerin.
I. Großherzog Friedrich Franz.
Goldene Münzen.
1. Zehn=Thaler=Stücke. (= 26 Millimeter).
1.
HS
. (von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ V. G. G. GR. HERZOG. V. MECKLENBURG.
SCHW.
Das rechtsgekehrte Brustbild mit
kurzen Haaren und bloßem Halse.
RS.
ZEHN THALER
Das vollständige,
schraffirte, mit einer Krone bedeckte, von den
Schildhaltern gehaltene Wappen unter einem aus
einer zweiten Krone herabfallenden
Fürstenmantel. Unten 1828.
2. wie Nr. 1, nur mit der Umschrift auf der Hauptseite: FRIEDR. FRANZ. V. G. G. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG. SCHW. und auf der Rückseite mit der Jahreszahl 1831
3. wie Nr. 2, mit der Jahreszahl 1832
4. wie Nr. 2, mit der Jahreszahl 1833
2. Fünf=Thaler=Stücke. (= 21 Millimeter).
1.
SH
. (von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ. V. G. G. GR. HERZOG V. MECKLENBURG.
SCHW.
Das Brustbild in der Form von 1., Nr. 1.
RS.
FÜNF THALER Das schraffirte
Wappen ohne Schildhalter, mit einem offenen Helm
und darüber die großherzogliche Krone, von der
ein Fürstenmantel herabfällt, der das Wappen
umgiebt. Unten 1828
2. wie Nr. 1, mit der Jahreszahl 1833
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3. Zwei ein halb Thaler=Stücke. (= 18 Millimeter).
1.
HS.
(von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ. V. G. G. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG.
SCHW.
Das Brustbild in der Form von 1., Nr. 1.
RS.
ZWEI EIN HALB THALER. Das
schraffirte Wappen unter der großherzoglichen
Krone, ohne Mantel. Unten 1833.
4. Ducaten. (= 20 Millimeter).
1.
HS.
(von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ. V. G. G. GR. HERZOG V. MECKLENBURG.
SCHW.
Brustbild in der Form von 1., Nr. 1.
RS.
Das schraffirte, mit der Krone
bedeckte, von den Schildhaltern gehaltene
Wappen, rechts von der Kette des Elephanten=,
links von der des schwarzen Adler=Ordens
umgeben, deren Zeichen unten herabhangen. Unten 1830
5. Zwei Thaler Courant=Stücke. (= 20 Millimeter).
1. HS. (von unten nach oben) FRIEDR. FRANZ. V. G. G. GR. HERZOG V. MECKLENBURG SCHW. Das Brustbild in der Form von 1., Nr. 1. RS. 2. THALER COURANT . In einem graden, mit der Krone bedeckten Schilde das schraffirte Wappen, an der rechten Seite mit der Kette des Elephanten=, an der linken mit der des schwarzen Adler=Ordens umgeben, deren Zeichen unten herabhangen. Unten 1830
(Alle diese Goldmünzen haben eine fein gestrichelte Einfassung und der Rand ist gerändelt.)
Silberne Münzen.
A. Nach dem leipziger Fusze.
1. Zwei=Drittelstücke 1 ).
1. HS. (von oben nach unten) (Blume von 5 Blättern) FRIED. FRANZ V. G. G. HERZOG ZU MECKLENB. SCHWERIN. Unter einer Krone das ovale, nicht schraffirte Wappen in einer Einfassung, die sich nach beiden Seiten ausbreitet und unten in drei Lätze theilt.
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RS. 18: STUCK EINE MARK FEIN Im Felde 2/3 und darunter zwischen 2 Punkten 1800 (= 34 Millimeter).
2. Wie Nr. 1., die Jahreszahl 1801 ohne Punkte.
3. Wie Nr. 1., die Jahreszahl 1808 zwischen Punkten.
4. Wie Nr. 1., die Jahreszahl 1810 zwischen Punkten.
5.
HS.
wie Nr. 1., jedoch statt der Blume
von 5 Blättern eine sechsblättrige und ist die
Theilungslinie im Mittelschilde weggelassen.
RS.
18: STUCK EINE MARK FEIN Im Felde
2/3 und unter einer Linie DEM VATERLANDE 1813.
1
) (= 33 Millimeter).
6.
HS.
(von unten nach oben)
FRIEDERICH
FRANZ V. G. G. GROSHERZOG
(zweite Reihe)
VON MECKLENBURG SCHWERIN
Das Wappen
in den frühern Formen, jedoch kleiner und der
Mittelschild von Roth und Gold schraffirt.
RS.
wie Nr. 1., die Jahreszahl 1817
zwischen Punkten. (Größe wie Nr. 5).
7.
HS.
(von oben nach unten) (Blumen von 6
Blättern)
FRIEDR. FRANZ. V. G. G. GR. HERZ.
VON MECKLENB. SCHWERIN
Das schraffirte
Wappen im ovalen Schilde, in einer etwas von der
frühern abweichenden, nicht so weit ausgebogenen Einfassung.
RS.
18 STUCK EINE MARK FEIN
. Im Felde 2/3,
darunter 1825. (Größe wie Nr. 5).
8.
HS.
(von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ V. G. G. GR. HZ. V. MECKLENB.
SCHW
. Das rechtsgekehrte Brustbild mit
verschnittenem Haare, in Uniform mit gesticktem
Kragen und Epaulette, mit einem blauen
Ordensbande und dem Stern des schwarzen
Adlerordens; unten das Pelzwerk eines Fürstenmantels.
RS
. wie Nr. 7. (Größe = 34 Millimeter).
9.
HS.
(von oben nach unten) (Blume von 6
Blättern)
FRIEDR. FRANZ V. G. G. GR. HERZ.
VON MEKLENB. SCHWERIN
Das rechtsgekehrte
Brustbild mit kurzem Haare, in Uniform mit 2
Streifen auf dem Kragen, 4 Knöpfen, Epaulette
und dem Stern des schwarzen Adlerordens.
RS.
wie Nr. 7., mit der Jahreszahl
1826 (Größe wie Nr. 5)
2
).
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10.
HS
. wie Nr. 8.
RS.
wie Nr. 9.
11.
HS.
(von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ V. G. G. GR. HERZOG V. MECKLENBURG
SCHW
. Das rechtsgekehrte Brustbild in kurzem
Haare und bloßem Halse. (Form der goldenen
Münzen I, Nr. 1.
.).
RS.
18 STUCK EINE MARK FEIN. 1828 Das
schraffirte Wappen (wo das Schildlein in dem
Fürstenthum Schwerin purpurn, und das Feld des
stargardschen Arms blau bezeichnet), auf dem ein
offener Helm steht, der die großherzogliche
Krone trägt, aus welcher ein Fürstenmantel
herabfällt, unten 2/3. (Form der goldenen Münze
2., Nr. 1.) (Größe wie Nr. 5.)
12. Wie Nr. 11, mit der Jahreszahl 1829 (Beide haben einen ausstehenden Rand und alle sind gereifelt.)
2. Acht=Schillingstücke. (= 25 Millimeter.)
1. HS. Unter einer Krone der Namenszug FF , umher V. G. G. GR. HZ. V. M. S. RS. 8 (zwischen 2 Blumen von 4 Blättern) SCHILLINGE │ MECKL. SCHW . │ LAND. MÜNZ │ 1827 .
Anm. Die großherzogl. Verordnung vom 1. Febr. 1848 erwähnt 8=Schillingstücke von 1826, es liegt aber kein Stück davon vor.
3. Vier=Schillingstücke.
1.
HS.
Unter einer Krone der Namenszug
FF
, umher
V. G. G. GR. HZ. V. M.
S
. (Form der Acht=Schillingstücke.)
RS.
4
(zwischen 2 Blumen von 5 Blättern)
SCHILLIENG
│
MECKL. SCHW
.
│
LAND. MÜNZ.
│ 1826.
(Größe = 21 Millimeter.)
2.
HS
. (von unten nach oben)
FRIEDR.
FRANZ V. G. G. GR. HERZOG V. MECKLENBURG
SCH.
Brustbild in kurzem Haare und bloßem
Halse. (Form der goldenen Münzen 1, Nr. 1. u.s.w.)
RS
. (von unten nach oben)
12 EINEN
THALER
Im Felde 4 (zwischen 2 Blumen von 8
Blättchen) .
SCHILLINGE
. │
1828
, und am untern Rande
LANDES MUNZE
(Größe = 20 Millimeter.)
3.
HS
. wie Nr. 2., jedoch statt
SCH.
hier
SCHW.
RS.
wie Nr. 2., jedoch
1829
und
MÜNZE
4.
HS.
wie Nr. 2., jedoch
GROSSHERZOG
und
SCHW
RS.
wie Nr. 3., jedoch 1830.
5. HS. wie Nr. 4.
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RS. wie Nr. 3., jedoch 1831 und es fehlen die Punkte vor und nach SCHILLINGE und nach der Jahreszahl.
6.
HS.
wie Nr. 4.
RS.
wie Nr. 2, jedoch 1832.
7. HS. wie Nr. 4.
RS.
wie Nr. 2, jedoch 1833. (Nr. 2. -
7. haben eine feine Einfassung und gekerbten
Rand, die Größe ist gleich.)
4. Schillinge.
1.
HS.
Unter einer Krone der Namenszug
FF
, umher
V. G. G. G. GR. HZ. V. M. S.
RS.
1
(zwischen 2 Punkten)
SCHILLING
│
MECKL. SCHW.
│
LAND.
MÜNZ.
│ 1826. (Größe = 16
Millimeter.) (Form der 8=Schillinge und
4=Schillinge Nr. 1.)
2. Wie Nr. 1., jedoch 1827.
3.
HS.
Unter der Krone der Namenszug
FF
, und umher von oben nach unten
V.
G. G. GR HERZOG V. MECKLENBURG SCHW.
RS.
(von unten nach oben)
48 EINEN
THALER
. Im Felde 1 (zwischen 2 Blumen von 4
Blättern) .
SCHILLING
. │
1829
und am untern Rande
LANDES
MÜNZE
(Größe = 15 Millimeter. Form der
4=Schillinge Nr. 2 ff.)
4.
HS.
wie Nr. 3.
RS.
wie Nr. 3., jedoch die Jahreszahl
1830 und es fehlen die Punkte vor und nach
SCHILLING
.
5. Wie Nr. 3., jedoch 1831
6. Wie Nr. 3., jedoch 1832
7. Wie Nr. 3., jedoch 1833
8. Wie Nr. 3., jedoch 1834
9. Wie Nr. 3., jedoch 1835
10. Wie Nr. 3., jedoch 1836
11. Wie Nr. 3., jedoch 1837
5. Sechslinge.
1.
HS.
Unter der Krone der Namenszug
FF
und umher von oben nach unten:
V.
G. G. GR. HERZOG. V. MECKLENBURG SCHW
.
RS.
(von unten nach oben)
96 EINEN
THALER
. Im Felde
1
(zwischen 2
Punkten)
SECHSLING
│
1829
und am untern Rande
LANDES MÜNZE
(Größe =
12 Mill. Gewicht = 17 Aß. Form der Schillinge
Nr. 3.)
2.
HS.
Unter der Krone der Namenszug
FF
ohne Beischrift.
RS.
.VI.
│
PFENNINGE
│
M. S. L. M.
│
1831
│ . Größe = 14 Millimeter.)
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6. Dreilinge.
1.
HS.
Unter der Krone der Namenszug
FF
und umher von oben nach unten V. G. G.
GR. HERZOG V. MECKLENBURG SCH.
RS.
(von unten nach oben)
192 ENEN
THALER
. Im Felde
1
│
.
DREILING .
│
1828
und am
untern Rande
LANDES MUNZE.
(Größe = 11
Millimeter. Gewicht = 1/32 Loth. Form der
Schillinge Nr. 3., Sechslinge Nr. 1.) - Ein
anderer Stempel hat richtig
EINEN THALER
.
2.
HS.
wie Nr. 1.
RS.
wie Nr. 1., jedoch
EINEN
in der Umschrift, 1 zwischen 2 Punkten,
MÜNZE
und 1829 Die Punkte vor und nach
DREILING
fehlen.
3. Wie Nr. 2, jedoch 1830.
4.
HS.
Unter der Krone der Namenszug
FF
ohne Beischrift.
RS.
. III .
│
PFENNINGE
│
M. S. L. M.
│
1831
│ . (Form der Sechslinge Nr. 2. Größe =
11 Millimeter.)
5. Wie Nr. 4., jedoch 1832.
6. Wie Nr. 4., jedoch 1833.
7. Wie Nr. 4., jedoch 1836.
B. Nach dem schweren Münzfusze. 1 )
1. Schillinge. 2 )
1.
HS.
Unter einer Krone der Namenszug
FF
.
RS.
1 (zwischen 2 Blumen von 3
Blättern)
SCHILLING
│
COURANT
│
MECKLENB:
│
SCHWERIN:
│
MUNZE
│
1800
. (Größe = 16 Millimeter.)
2. Wie Nr. 1., jedoch 1801
3. Wie Nr. 1., jedoch 1802
4. Wie Nr. 1., jedoch 1803
(Von diesem Jahre giebt es falsche Schillinge, den ächten sehr ähnlich.)
5. Wie Nr. 1., jedoch 1804
6. Wie Nr. 1., jedoch 1805
7. Wie Nr. 1., jedoch 1806
(Die falschen Schillinge von diesem Jahre, angeblich in Birmingham fabricirt, sind den ächten ziemlich ähnlich, jedoch sind alle Buchstaben etwas kleiner.)
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8. Wie Nr. 1., jedoch 1807 (Von diesem Jahre giebt es auch falsche Schillinge.)
9. Wie Nr. 1., jedoch 1808
10. Wie Nr. 1., jedoch 1809 (Da der Stempel bei fast allen Schillingen um etwas größer ist, als die Platte, so ist die 9 meistens nicht ausgeprägt, und es scheint 1800 zu stehen.)
11. Wie Nr. 1., jedoch 1810.
(Ein falscher Schilling von diesem Jahre ist eine Zwittermünze, indem zur Hauptseite die Form der Schillinge des H. Friedrich (ein F unter der Krone), angewendet ward, die Buchstaben sind kleiner und klarer als auf den ächten.)
12. Wie Nr. 1., jedoch 1817.
2. Sechslinge. 1 )
1.
HS.
Unter einer Krone der Namenszug
FF
.
RS.
VI
(zwischen 2 Blumen von 3 Blättern)
PFEN :
MECK:
│
SCHWERIN:
│
SCHEID. M:
│
1800
│ . Größe = 13 Millimeter.)
2.
HS
. wie Nr. 1.
RS.
wie Nr. 1., jedoch über dem N
kein Strich, nach
SCHEID
ein : und
1801
3. Wie Nr. 2., jedoch 1802
4. Wie Nr. 2., jedoch 1803
5. Wie Nr. 2., jedoch 1804
6. Wie Nr. 2., jedoch 1805
7. Wie Nr. 2., jedoch 1810
8. Wie Nr. 2., jedoch 1811
9. Wie Nr. 2., jedoch 1813
10. Wie Nr. 2., jedoch 1815
11. Wie Nr. 2., jedoch 1816
12. Wie Nr. 2., jedoch nach SCHEID ein . und 1817.
13.
HS.
wie Nr. 1.
RS.
1
(zwischen 2 dreiblättrige Blumen)
SECHSLING
│
1820
.
14. Wie Nr. 13., jedoch 1822
15. Wie Nr. 13., jedoch 1823
16. Wie Nr. 13., jedoch 1824
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3. Dreilinge. 1 )
1.
HS.
Unter einer Krone die Buchstaben
FF
.
RS.
III (zwischen 2 Blumen von 3
Blättern)
PFENN. COUR
│
MECK.
SCHW
│
MUNZE
│
1797
(Größe = 12 Millimeter.)
2. HS. wie Nr. 1.
RS.
III (zwischen 2 Blumen von 3
Blättern)
PFEN:
MECK :
│
SCHWERIN :
│
SCHEID
: M : │
1801
3. Wie Nr. 2., jedoch 1803
4. Wie Nr. 2., jedoch über dem N in PFEN ein Strich und die : fehlen nach MECK und M und 1804 .
5. Wie Nr. 2., jedoch 1805
6. Wie Nr. 2., jedoch nach SCHEID ein . und 1810.
7. Wie Nr. 2., jedoch nach MECK und SCHWERIN keine : und 1811
8. Wie Nr. 4., mit dem Strich über dem N, einem . nach SCHEID und 1814
9. Wie Nr. 2., jedoch nach MECK und M fehlen die : und 1815
10. Wie Nr. 2., jedoch nach SCHEID ein . und 1816
11. Wie Nr. 10., jedoch 1817
12. Wie Nr. 10., jedoch 1818
13. Wie Nr. 10., jedoch 1819
14.
HS.
wie Nr. 1.
RS.
1
(zwischen zwei dreiblättrigen Blumen)
DREILING
│
1819
15. Wie Nr. 14., jedoch 1820
16. Wie Nr. 14., jedoch 1821
17. Wie Nr. 14., jedoch 1822
18. Wie Nr. 14., jedoch 1824
Kupferne Münzen.
1. Zwei=Pfennigstück.
1.
HS
. Unter einer Krone die Buchstaben
FF
.
RS.
2
(zwischen 2 vierblättrigen Blumen)
PFENNINGE
│
1831
, darunter
eine Blume. Beide Seiten haben eine feine
gekerbte Einfassung. (Größe = 19 Millimeter.)
2. Pfennig.
1.
HS.
Unter der Krone der Namenszug
FF
.
RS.
1
│
PFENNIG
│
1831
. Blumen und Rand wie bei den
vorigen. (Größe = 15 Millimeter.)
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Goldene Münzen.
1. Zehn=Thalerstücke. (= 26 Millimeter.)
1.
HS.
(von unten nach oben)
PAUL
FRIEDR. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG
SCHWERIN.
Das links gekehrte Brustbild mit
kurzem Haar und bloßem Halse.
RS
.
ZEHN THALER
Das
vollständige schraffirte, mit einer Krone
bedeckte, von den Schildhaltern gehaltene
Wappen, unter einem aus einer zweiten Krone
herabfallenden Fürstenmantel. Unten 1839 (Ganz
die Form wie auf den Zehn Thalerstücken von
Friedr. Franz Nr. 1., 2., 3.)
2. Fünf=Thalerstücke (= 21 Millimeter.)
1.
HS.
(von unten nach oben)
PAUL
FRIEDR. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG
SCHWERIN
. Das Brustbild in der Form von 1.,
Nr. 1.
RS
.
FÜNF THALER
Das
schraffirte Wappen ohne Schildhalter mit einem
offenen Helm und darüber die großherzogliche
Krone, aus welcher ein Fürstenmantel herabfällt,
der das Wappen umgiebt. Unten 1840 (Form der
Fünf=Thaler=Stücke des Großherzogs Friedr.
Franz, 2., Nr. 1. und 2.)
3. Zwei ein halb Thalerstücke (= 18 Millimeter.)
1.
HS.
PAUL FRIEDR. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG
SCHWERIN.
Brustbild in der Form von 1., Nr. 1.
RS
.
ZWEI EIN HALB THALER
Das
schraffirte Wappen unter einem aus einer Krone
herabfallenden Fürstenmantel. Unten 1840
(Alle diese Goldmünzen 1 ) haben auf beiden Seiten eine feine Perleneinfassung und gereifelten Rand.)
1. Zwei=Drittelstücke. (= 32 Millimeter.)
1. HS . (von unten nach oben) PAUL FRIEDR. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG SCHWERIN. Das links gekehrte Brustbild in Form der Goldmünzen.
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RS. XVIII STUCK EINE MARK FEIN SILBER . In einem Lorbeerkranze das vollständige, schraffirte Wappen im eingebogenen Schilde mit der Krone bedeckt. Unten 1839.
2. Wie Nr. 1., nur STÜCK.
3. Wie Nr. 1., jedoch 1840 1 ).
4. Wie Nr. 1., jedoch 1841
(Alle haben eine Perleneinfassung und gereifelten Rand.)
2. Vier=Schillingstücke. (= 22 Millimeter.)
1.
HS
. (von oben nach unten)
* PAUL
FRIEDR V G G GROSSHERZOG V MECKLENBURG SCHW
*
Zwischen 2 Lorbeerzweigen in einem
eingebogenen Schilde das vollständige
schraffirte Wappen unter der Krone (Form der
Rückseite der Zwei=Drittelstücke.)
RS
. (von unten nach oben)
12
EINEN
(Blümchen)
THALER
. Im Felde
4
(schraffirt und zwischen 2 Blümchen von
6 Blättern)
SCHILLINGE
(zwischen 2
Blumen) 1838 und am untern Rande
LANDES
(Blume)
MÜNZE
2.
HS
. wie Nr. 1., jedoch V. G. G.
RS
. wie Nr. 1., jedoch 1839.
(Beide haben eine feine, gestrichelte Einfassung und der Rand ist gereifelt.)
3. Schillinge. (= 15 Millimeter).
1.
HS
. Unter der Krone der Namenszug
PF
und umher
V. G. G. GR. HERZOG. V.
MECKLENBURG. SCH.
RS
. (von unten nach oben)
48 EINEN
THALER
. Im Felde
1
(zwischen 2
Blümchen von 4 Blättern)
SCHILLING
(zwischen 2 Punkten) 1838 und am untern
Rande
LANDES MÜNZE
2. Wie Nr. 1., jedoch 1839.
3. Wie Nr. 1., jedoch SCH : und 1840.
4. Wie Nr. 3., jedoch 1841.
5. Wie Nr. 3., jedoch 1842.
4. Dreilinge. (= 11 Millimeter.)
1.
HS
. Unter der Krone der Namenszug
PF
.
RS
. .
III
. │
PFENNINGE
│
M. S. L. M
.
│
1838
│ .
2. Wie Nr. 1., jedoch 1839.
3. Wie Nr. 1., jedoch 1840.
4. Wie Nr. 1., jedoch 1841.
5. Wie Nr. 1., jedoch 1842.
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Silberne Münzen.
1. Zwei=Drittelstücke. (= 32 Millimeter.)
1.
HS
. (von unten nach oben) .
FRIEDRICH FRANZ GROSSHERZOG V.
MECKLENBURG SCHW.
Das links gekehrte
Brustbild in kurzem Haar und bloßem Halse.
RS
. (von unten nach oben)
XVIII
STÜCK EINE MARK FEIN SILBER.
Der
gekrönte, schraffirte, vollständige, gerade
Wappenschild liegt auf 2 Lorbeerzweigen, unten
. 1845 .
Eine Perleneinfassung und
gekerbter Rand
1
).
2. Schillinge. (= 15 Millimeter.)
1.
HS
. Unter einer Krone der Namenszug
FF
, umher
GROSSHERZOG V. MECKLENBURG SCHWERIN.
RS
. (von oben nach unten)
48 EINEN
THALER.
Im Felde 1 (zwischen 2 Blümchen von
6 Blättern) .
SCHILLING
│
1842
und unten
LANDES MÜNZE
.
2. Wie Nr. 1., jedoch ohne Punkt vor SCHILLING und 1843
3. Wie Nr. 1., jedoch mit Punkten vor und nach SCHILLING und 1844
4. Wie Nr. 3., jedoch 1845
5. Wie Nr. 3., jedoch 1846
3. Dreilinge. (= 11 Millimeter.)
1. HS. Unter der Krone der Namenszug
FF
.
RS
. .
III
. │
PFENNlNGE
│
M. S. L. M.
│
1842
│ .
2. Wie Nr. 1., jedoch 1843
3. Wie Nr. 1., jedoch 1844
4. Wie Nr. 1., jedoch 1845
5. Wie Nr. 1., jedoch 1846
Kupferne Münzen.
Dreilinge. (= 21 Millimeter.)
1.
HS
. Unter der Krone der Namenszug
FF
.
RS
.
3
(zwischen 2 Blumen von 4
Blättern)
PFENNINGE
│
1843
(Blume wie oben)
(Perleneinfassung auf beiden Seiten).
2. Wie Nr. 1., jedoch 1845.
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Seite 335 |
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Anmerkung. Die neuesten nach dem 14=Thalerfuß geschlagenen Münzen sind folgende:
1. Thalerstücke. (= Millimeter.)
1.
HS
. (von unten nach oben)
FRIEDRICH
FRANZ GROSSH. V. MECKLENB. SCHW
.
Brustbild in Form der Zweidrittelstücke, jedoch
mit Lippenbart. Unten A (Berliner Münze).
RS
.
XIV EINE F. M. EIN THALER.
Das Wappen wie auf den Zweidritteln, von einem
Lorbeerkranz umgeben; unten 1848 Der Rand ist
mit Kreuzchen und Laubwerk verziert.
2. Acht=Schillingstücke. (= 23 Millimeter)
1.
HS
. Umschrift und Bild wie auf den Thalern.
RS
.
84 EINE F. MARK 6 EINEN
THALER
. Wappen in der Form der Thaler, unten
. 1848 .
Rand wie beim Thaler.
3. Vier=Schillingstücke. (= 20 Millimeter.)
1.
HS
.
FRIEDRICH FRANZ V. G. G.
GROSSHERZOG V. MECKLENB. SCH.
Brustbild
ohne Lippenbart.
RS
.
12
│
EINEN
│
THALER
│
1848
│
F. N.
(Franz Nübell).
4. Schillinge (= 16 Millimeter.)
1.
HS
. Unter der Krone der Namenszug
FF
, umher
V. G. G. GR. HERZOG. V.
MECKLENBURG. SCHWE:
RS
. .
48
. │
EINEN
│
THALER
│
1848
│
F. N.
5. Dreilinge in Kupfer.
1. Wie oben Nr. 1., jedoch 1848
Großherzog Georg.
Silberne Münzen.
1. Vier=Schillingstücke. (= 20 Millimeter.)
1. HS . (von unten nach oben) GEORG V. G. G. GROSSHERZOG V. MECKLENB. STR. Brustbild, links gekehrt, in kurzem Haar und bloßem Halse.
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RS . (von unten nach oben) 12 EINEN THALER. Im Felde 4 │ SCHILLINGE │ 1846 Unten: LANDES MÜNZE (Auf beiden Seiten eine Perleneinfassung.)
2. Wie Nr. 1., jedoch 1847
3. Wie Nr. 1., jedoch 1849
2. Schillinge. (= 16 Millimeter.) 1 )
1.
HS
. Unter der Krone G, umher .
V. G.
G. GR. H. V. M. ST.
RS
. .
48. EINEN
│
THALER
│
1838
│
. (Gestrichelte Einfassung.)
2. Wie Nr. 1., jedoch fehlen die Punkte hinter 48 und 1841
3. Wie Nr. 2., jedoch 1845
4. Wie Nr. 2., jedoch 1847
1. Dreilinge. (= 22 Millimeter.)
1.
HS
. Unter der Krone
G
, umher .
V. G. G. GR. H. Z. M. ST.
Unten eine
Blume von 4 Blättern.
RS
.
III
(zwischen 2 Blümchen
von 4 Blättern)
PFENNIGE
│
1832
│
F
(Blümchen)
N
(Franz Nübell).
2. Wie Nr. 1., jedoch 1843
3. Wie Nr. 1., jedoch 1845
4. Wie Nr. 1., jedoch 1847
2. Ein und ein halb Pfennige. (= 17 Millimeter.)
1.
HS
. Unter der Krone
G
.
RS
.
1 1/2
│
PFENNIG
│
1838
│ .
3. Pfennige. (= 14 Millimeter.)
1. HS. Unter der Krone
G
.
RS. .
1.
│
PFENNIG
│
1838
│ .
(Sämmtliche Kupfermünzen haben eine feine, gestrichelte Einfassung auf beiden Seiten.)
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Kupferne Münzen.
1. Dreilinge. (= 22 Millimeter.) 1 )
1.
HS
. (von unten nach oben)
ROSTOCKER
MUNZE
. Der Greif mit doppeltem Schweife auf
einem grasigen Boden stehend.
RS
.
3
(zwischen 2 runden,
vielblättrigen Blumen)
PFENNING
│
1815
. │
A. S.
│ Blümchen von 5 Blättern.
2. Wie Nr. 1., jedoch die Hauptseite von einem andern Stempel, wo der Greif nur einfach geschwänzt ist.
3. Wie Nr. 1., jedoch 1824 und unter A. S. keine Blume.
4. Wie Nr. 3., jedoch statt der runden, fünfblättrige Blumen.
5.
HS
. wie Nr. 1., jedoch
MÜNZE
und
der Greif steht auf einem glatten Boden.
RS
.
3
(zwischen 2
fünfblättrigen Blümchen)
PFENNINGE
│
1843
. │
B. S.
2. Pfenninge. (= 18 Millimeter.) 2 )
1.
HS
. (in einem Kreise, am untern Rande,
von oben nach unten)
ROSTOCKER MUNZE
(Blume von 5 Blättern oben im Kreise). Der Greif
mit niederhangendem Schweife auf einem Boden.
RS
.
1
(zwischen 2
vierblättrigen Blumen)
PFENNING
│
1800
│
F. L.
(Lautersack.)
2. Wie Nr. 1., jedoch 1 zwischen zwei natürlichen Rosen an langen Stielen mit 2 Blättern und 1802.
3.
HS
. (von unten nach oben in einem
Kreise)
ROSTOCKER MUNZE
. Der Greif in der
frühern Form auf einem durchgehenden Boden.
RS
.
1
(zwischen 2 Blumen von 4
Blättern)
PFENNING
│
1805
│
A. I. B.
(Blümchen von 4 Blättern).
4.
HS
. (von unten nach oben)
ROSTOCKER
MUNZE
. Der Greif mit erhobenem Schweife auf
einem Boden.
RS
.
1
(zwischen 2 in
Andreaskreuzform gebildeten Blumen von 4
Blättern)
PFENNING
│
1815
│
A. S.
5.
HS
. wie Nr. 4.
RS
.
1
(zwischen 2 Blümchen von
5 Blättern)
PFENNING
│
1824
│
A. S.
6.
HS
. Der Greif, doppelt geschweift, auf
einer Linie stehend.
RS
.
1
(zwischen 2
fünfblättrigen Blümchen)
PFENNIG
│
1848
│
B. S.
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Kupferne Münzen.
Dreilinge 1 ).
1.
HS
. (Blume von 5 Blättern)
MONETA
NOVA WISMARIENSIS.
Das Stadtwappen,
vorne ein halber Stierkopf und hinten 2
gegitterte Balken in einem geschweiften Schilde.
RS
.
III
│
PFENNING
│
1799
│
F. L.
In einem Kreise, dessen äußerer Raum mit
Arabesken gefüllt ist. (Größe = 22 Millimeter.)
2. Wie Nr. 1., jedoch 1824.
3. Wie Nr. 1., jedoch 1825 und die Buchstaben I. Z.
4. Wie Nr. 1., jedoch statt der Blume, ein o und 1829 mit den Buchstaben H. M. (Größe = 21 Millimeter.)
5.
HS
. wie Nr. 1.
RS
. wie Nr. 4., jedoch 1830. (Größe =
20 Millimeter.)
6. Wie Nr. 1., jedoch 1835 und . . I C M . .
7. Wie Nr. 1., jedoch eine Blume von 4 Blättern, dann 1840 und die Buchstaben F. S.
8. Wie Nr. 7., jedoch 1845 und der Buchstabe S.
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|
:
im 16. Jahrhundert,
von
G. C. F. Lisch.
Anno domini 1546,
ahm Mandaghe nach
trium regum
entfangen vth der kystenn
to Szweryn
van wegen des
Turkenscattes
durch Hans Karsten den
vaget tho Szwerin
vnde my Albertum
Pommeringe,
wo folget:
134 fl. ahn blafferdenn.
170 fl. ahn
Mekelenburgesken markstukkenn, dath stukke vor
15 ß. gerekendt.
42 1/2 fl. ahn helen vnde
halffen dalernn.
18 fl. 23 ahn 13
stempelden gulden, dat stukke 35 ß.
25
fl. Ryderfl., dat stukke 24 ß.
3 fl. 18
ßl. ahn 2 halffe [Cru]satenn.
8 fl. ahn
6 Rynsken fl., dat stukke 32 ßl.
7 fl. 2
ßl. ahn 3 kronen, enen hornekenfl. vnd 2 Mk. 10
ß. munthe dar by.
36 fl. 16 ß. ahn
dubbelden ß.
144 fl. ahn fustken
drelingen.
143 fl. 8 ß. ahn steder
ternosenn.
21 fl. 11 ß. ahn Orternn.
3 fl. 9 ß. 6 pf. ahn 12 Schrykkenbergernn
vnde 1 1/2 markstukke, dat stukke tho 21 ß.
15 fl. ahn stede wyttenn.
6 fl. 16 ß.
ahn steder drelingen.
Summa summarum alles entfangen geldes vth der kastenn tho Szweryn, den helfften dell lopt sick
--------------------------
780 fl. 5 1/2 ß.
22 fl. 8 ß. ahn 8 Engelotten to 4 Mk. 4 ß.
18 fl. 8 ß. ahn 11 kronen, dat stukke: 40
ß.
84 fl. 9 ß. ahn 17 hele ducaten vnde
11 halffe, to 3 fl. 18 ß. de gantze
gerekendt.
21 fl. ahn enem portugaloser
vnd enen lowengulden vor 2 fl.
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Seite 340 |
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8 fl. 12 ß. ahn 6 stempelden goltgulden, dat
stukke vor 2 Mk. gerekendt vnd 2 ß.
77
fl. 8 ß., 58 rynske gulden, dath stukke vor 2
Mk.
65 fl. Ryderfl., dat stukke vor 24
ß.
5 fl. 12 ß. ahn 6 klemmergulden, dat
stukke vor 14 ßl.
3 fl. 12 ß. ahn 7
hornkengulden, dat stukke vor 12 ß.
250 fl.
ahn dalern, markstukken, ortstukken, dubbelde
schillinge.
605 fl. ahn drelingen vnde
fumfflingen.
405 fl. ahn ternosen,
dubbelden ß., pruseske vnd merkeske
grossen.
-------------------------------
1571 fl. 11
ß. Summa, vnder dussem 8 1/2 szwediske daler, 1
klyppinck vor 11 fl. 6 ß., und 3 gulden vnder
den goltgulden weren gulden to 24 ß., geyt aff 1 fl.
343 fl. stederternosen.
240 fl. ahn
drelingen.
25 fl. ahn Ortern.
8
fl. ahn 6 goltgulden, dat stukke 2 Mk.
3
fl. 8 ß. ahn 2 kronen.
19 fl. ahn Rydern,
dat stukke 24 ß.
3 fl. 18 ß. ahn 2
vngerschen gulden.
10 fl. 1 1/2 ß. in 11
1/2 steter markstukken.
85 fl. 15 ß. ahn
86 1/2 dalern.
42 fl. ahn steder
blafferden.
55 fl. 15 ß. ahn m. g. h.
blafferden.
22 fl. 16 ß. ahn m. g. h.
markstukken, dat stukke vor 16 ß.
--------------------------------
858 fl. 1
ß. 6 pf. Summa.
Vth deme kasten to Brandenborch
entfangen den halffen dell
dorch
Ecksteten, de des hyr ghebracht
gen gustrow.
502 fl. ahn Mekelenburg. Drelingen.
282
fl. ahn steder ternosen.
47 fl. 16 ß. 6
pf. ahn dalern vnd gulden.
44 fl. 12 ß.
ahn Markstukken vnd pru. gros.
51 fl. 16
ßl. ahn dubbelden ß.
30 fl. ahn
mekelenburgesken ortern.
15 fl. ahn
brunswykesken dub. ß.
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Seite 341 |
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34 fl. 5 ß. ahn verkenn, gottinger vnde ander halffe grosken.
Hyr ahn mangeldt 2 dubbeldt ß. vnde ys eyn bose half zwedisk daler vnde 2 bose dubbelde ß.
-----------------------------------
1007 fl.
1 ß. 6 pf. Summa.
6 fl. 16 ß. ahn 4 kronen.
1 fl. 8 ß.
ahn enem goltgulden.
35 ß. ahn enem
stempelden gulden.
20 Rydergulden, dat
stukke vor 24 ßl.
106 fl. 6 ß. ahn 85
dalern, dar vnder syndt 2 halffe Szwediske
daler.
65 fl. ahn dubbelden
schillingen.
2 1/2 fl. ahn steter
Markstukken.
27 fl. 12 ß. ahn
mekelenborgischen Markstukke.
60 fl. ahn
ortstukken.
32 fl. 7 ß. 6 pf. ahn
großken.
2 fl. 4 ß. ahn ferken.
5 fl. 6 ß. 4 pf. bremer vnde gude wytte.
20 fl. 12 ß. ahn blafferden.
765 fl. 8
ß. ahn fustken drelingen vnde brunswykesken
schillingen.
400 fl. ahn steder
ternosen.
------------------------------
1516 fl. 17
ß. 4 pf. Summa.
Von Hans Meygern entfangen,
so he ahn
gelde bekamen van Idel Rugenn.
78 Mk. 6 ß. ahn dubbelden schillingen.
9
Mk. 8 ß. ahn dalern.
6 Mk. ahn 4
Ryderfl.
8 Mk. 7 ß. ahn 3 portugalesiske
ducaten, dat stukke
3 Mk. minus 3 ß.
25 Mk. 8 ß. ahn 6 Engelotten, dat stukke vor 4
Mk. 4 ß.
26 Mk. 4 ß. ahn 12 stempelde
gulden, dat stukke vor 35 ß.
12 Mk. ahn 4
kronen, 1 fresisken gulden vnde 8 ß. munthe dar
vp.
108 Mk. ahn 54 goltgulden, dat stukke 2
Mk.
200 Mk. noch ahn 100 goltgulden to 2
Mk.
100 Mk. ahn 66 Rydergulden vnde 16 ß.,
dat stukke 24 ß.
20 Mk. ahn 10 daler vnd
10 dubbelden ß.
200 Mk. ahn 106 daler vnd
10 dubbelden ß.
-------------------------------
794 Mk. Summa.
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Seite 342 |
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|
:
Ueber die meklenburgische Polizei=Ordnung vom Jahre 1542,
von
A. F. W. Glöckler.
Die meklenburgische Polizei=Ordnung vom J. 1542 ist in unserer Landesgeschichte und rechtswissenschaftlichen Literatur nicht unbekannt. Doch findet sich der Text derselben außer in dem alten Original=Drucke nirgends abgedruckt. Auch eine genaue Zusammenstellung des Inhalts derselben mit dem der voraufgehenden vom J. 1516, welcher sie allerdings entnommen ist, liegt nicht vor.
Franck, der Geschichtschreiber, erwähnt mehrere im J. 1542 gehaltene Landtage und führt als deren wichtigeres Ergebniß unsere Polizei=Ordnung an. Er theilt auch deren Titel, so wie das Publications=Patent mit 1 ). Auf welchem der verschiedenen Landtage des J. 1542 das Gesetz zu Stande gekommen sei, läßt er unbestimmt 2 ). Der Publications=Tag ("am Dage Francisci") ist der vierte October. Nach den Acten des Staats=Archivs ist im J. 1542 das Ausschreiben eines Landtags auf den 2. Febr. nach Sternberg wirklich ausgefertigt; über die angeblich später nach Wismar ausgeschriebenen Landtage d. J. aber liegen gleichzeitige Acten bisher nicht vor.
v. Kamptz führt in seinem Civilrecht der Herzogthümer Meklenburg (Bd. I, S. 76, 77) unsere Polizei=Ordnung an, theilt, wie Franck, deren Titel mit, beruft sich übrigens auf Gerdes und Rudloff und erwähnt dreier, in Meklenburg noch vorhandener Exemplare des alten urspünglichen Druckes. Es gebe nämlich 1 Exemplar im großherzogl. Archive, 1 zu Güstrow und 1 zu Plau in den dortigen Raths=Registraturen; die beiden letztern würden wenigstens in anderweitigen Schriften als um das J. 1740 noch vorhanden bezeichnet.
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Seite 343 |
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Ganz auffallend erscheint aber die in der Note (**) bei v. Kamptz enthaltene, bestimmt lautende Angabe:
Diese Polizei=Ordnung sei in der neuen (Bärensprungschen) Sammlung meklenburg. Landesgesetze, und zwar in dem Supplemente CCLIV zu Theil IV, abgedruckt worden.
Hier findet sich nämlich in der That nur das Publications=Patent gedruckt, welches v. Kamptz a.a.O. schon in Note (1) als bei Franck vorkommend nachweis't.
v. Rudloff Neuere Geschichte von Meklenburg, Bd. I, S. 106, 107, erwähnt die Publication unserer Polizei=Ordnung, theilt auch deren Titel richtig mit, bezieht sich aber im Uebrigen nur auf das im großherzoglichen Archive vorhandene gedruckte Exemplar. Von einem irgend sonst wo etwa noch vorkommenden Abdrucke des Textes weiß er nichts zu berichten.
Eben so kennt auch Gerdes, Nützliche Sammlung ungedruckter Schriften, Stück VI, einen solchen Abdruck nicht. In der That haben die verschiedenen älteren meklenburgischen Gesetzsammlungen, wie die Arp'sche und Bärensprung'sche, die Polizei=Ordnung vom J. 1542 eben so wenig mit aufgenommen, als dies von einem unserer neueren Gesetzsammler geschehen ist.
Ob die nach v. Kamptz früherhin zu Güstrow und Plau befindlichen Exemplare des alten ursprünglichen Druckes dort auch jetzt noch in den Raths=Archiven vorhanden sind, ist mir nicht bekannt. Das großherzogliche Staats=Archiv zu Schwerin bewahrt noch jetzt ein Exemplar des alten Abdrucks, und zwar ein solches, welches durch landesherrliche Besiegelung originalisirt ist. Der Druck, auf 6 Foliobogen, ist in scharfen, mittelgroßen Minuskeltypen gehalten, ohne Foliozahlen und Custoden, ohne Holzschnitte, ohne Angabe des Druckortes und des Druckers. Der Satz ist nicht als einzelne ganze Bogen durchlaufend, sondern durch Lagen von 3 Bogen fortlaufend gefertigt, so daß das Ganze aus zwei Lagen von je drei Bogen besteht. Das erste Blatt, bloß den Titel enthaltend, ist auf der Rückseite leer; das letzte Blatt ist ganz leer. Auf Folio 2 beginnt eine Signatur mit Aii und läuft blattweise bis Aiiii; auf Folio 7 beginnt die Signatur Bi und läuft blattweise bis Biiii, so daß die Signatur die beiden letzten Folien jeder Lage nicht mit ergreift. Daß der Druck bei L. Dietz in Rostock gefertigt sei, ist wahrscheinlich 1 ). Die Lettern sind wenigstens größten Theils noch die des Barkhusen in dessen Bambergensis vom J. 1510.
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Seite 344 |
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Auffallen dürfte es, daß Acten über diese Polizei=Ordnung im Staats=Archive nicht vorhanden, oder doch zur Zeit nicht nachzuweisen sind. Die Verhandlungen über die Erlassung der Landesgesetze und der landesherrlichen Constitutionen enthalten gar keine Nachrichten über dieses Gesetz. Auch die Landtags=Acten sowohl der voraufgehenden Jahre, wie des J. 1542 geben keinen Aufschluß über die Veranlassung, Redaction und Bekanntmachung dieser Polizei=Ordnung. Indessen ist bei den meisten Acten aus der Zeit vor dem J. 1550 eine wesentliche Unvollständigkeit zu bemerken, welches bei uns namentlich auch von den Landtags=Acten gilt. Ein Hinblick auf die ältere Kanzlei=Verwaltung, ferner auf die vor dem J. 1550 überhaupt noch vorherrschende nothdürftige Aufzeichnung der öffentlichen Geschäfte, und endlich auf die Mißgriffe und Verluste in den letzten beiden Jahrhunderten der verschlossenen Archive mag den Mangel an Acten in diesem Falle hinreichend erklären. Es kommt aber hinzu, daß die Polizei=Ordnung von 1542 nach Form und Inhalt im Ganzen allerdings dem älteren Gesetze des J. 1516 entnommen ist, so daß sie vom Gesetzgeber selbst wesentlich nur als eine neue Gesetzes=Auflage betrachtet und ohne weitläuftige schriftliche Verhandlungen - in Grundlage mündlicher Besprechungen auf Landtagen oder sonst mit Landräthen - erlassen sein mag.
Die Abweichungen der beiden ältesten meklenburgischen Polizei=Ordnungen und die Zusätze derjenigen vom J. 1542 sind zwar nur von geringem Umfange, doch nicht ohne sachliche Bedeutung. Eine kurze Mittheilung derselben ist um so mehr gerechtfertigt, als für die große Mehrzahl der Geschäftsmänner und Gelehrten, denen kein Text der Polizei=Ordnung von 1542 vorliegt, eine etwaige Vergleichung der beiden Gesetze in einzelnen praktischen Fällen nicht möglich ist. Die späteren meklenburgischen Polizei=Ordnungen seit dem J. 1562 erscheinen nach Umfang und Form als etwas wesentlich Neues, welches mit dem Früheren kaum mehr zu vergleichen ist. Sodann wird gerade in den Zusätzen des Gesetzes vom J. 1542 auf das Reichsgesetz vom J. 1530 über das Schuldenwesen verwiesen und die geschehene gesetzliche Verkündigung desselben in Meklenburg ausdrücklich hervorgehoben. Die Fixirung des Zinsfußes auf 5 Procent und die Beschränkung der Einlager=Mißbräuche bilden den Hauptinhalt der Zusätze.
Die Zusammenstellung der beiden ältesten meklenburgischen Polizei=Ordnungen ergiebt nun folgende Resultate.
1) Der Titel beider Gesetze ist in der ersten Hälfte, Zeile 1 bis 8 des gleichzeitigen Abdrucks, ganz übereinstimmend und zwar bis zu den Worten: "Landen, Steden vnd Gebeden dem gemeinen
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Nutte". Von hier an lautet der Titel der Polizei=Ordnung von 1542 abweichend und ausführlicher als früher so:
"tho Forderinge vnd Gude, mit vorgehatten Rade, Weten vnd Willen der Stende erer Förstendömer vnd Lande van Prelaten, Ritterschop vnd Steden vpgericht 1 ), vppet nye besichtiget vnd doch mit etliken weinigem Thosatte vormeret vnd gebetert, einmödichlick tho holden angenamen vnd bewilliget im Jare na Christi vnses leuen Heren Gebort vefftein hundert vnnd thwe vnd vertich dorch ere förstlicke Gnaden eren Underdanen in den Druck publicirt, vorkundigt vnd vnuorrugklich tho holden gebaden."
2) Die Vorrede stimmt in beiden Polizei=Ordnungen wörtlich überein; sogar die Form des Satzes und der Lettern ist ganz dieselbe mit Einschluß der Signaturen.
3) Erhebliche Abweichungen im Texte der beiden Gesetze finden sich nur im (ersten) Artikel "Van Renten" und im (dritten) Artikel "Mit Bereidinge vnd Uthsettinge der Pande". Diese beiden Artikel haben in der Polizei=Ordnung von 1542 aus Anlaß der inmittelst, seit dem Jahre 1516, erfolgten Reichsgesetzgebung, insbesondere der auf dem Reichstage zu Augsburg im J. 1530 ergangenen kaiserlichen Constitution über das Schulden= und Zinsen=Wesen, eine wesentliche Umgestaltung und Erweiterung erfahren, obgleich der Eingang des ersten und der ganze erste Absatz des dritten Artikels (von: "Wo he auer - - bis: edder plichtig syn") noch mit dem Wortlaute des Gesetzes vom J. 1516 übereinstimmen.
(Erster Artitel:)"Van Renthen 2 ).
"Nademe mit den vngewanlicken vnnd auermatigen Tinsen vnnd Renthen,
(hier beginnen einzelne Abweichungen des Wortlautes!)
de jnn Steden, Dörpern, vnd liggenden Gründen, standen Eruen vnd andern Güdern jn Wedderkopswise, ock in Breuen vnd Segeln vp Borgeschop vorschreuen
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worden, die Inwonere vnser Forstendome vnd Lande mergklich bedrengt vnd beschwert worden: So hebben wy gesettet vnd geordent, dat gewonlike Renthe vnd Tinse
(hier beginnen die eigentlichen sachlichen Zusätze!)
vormöge Keyserlicher Majestet Constituion, vp dem Ricksdage tho Augspurgk, der weiniger tall, na Christi Gebort, jm Drüttigisten Jare geholden, vpgericht, die wy allen vnsen Vnderdanen vnser Forstendome vnd Lande dorch vnsere gedruckede Schriuen, mit Inserirunge berorder Keyserlicker Constitution, opentlick verkunden, antögen vnnd befelen hebben lathen, vom Hundert Gulden höuetsumma nicht auer vyfe, vnd also vp vnd aue thoreken, vorschriuen, geuen, edder nhemen schollen 1 ).
So willen vnd befehlen wy, dat solicks, wo gemelt, van vnsen Vnderdanen vnuorrucklich schal geholden werden, indem wy vth Förstlicker Auericheit vns vorbeholden, Welckere vann vnsen Vnderdanen, nha geschener publication vnd Vorkundiginge gemelter Keyserlicker Constitution, vam Hundert auer Vife tho Renthe thogeuen vnd thonemen, edder Ene thouorschriuen lathen, auerschrieden vnd darauer genamen, edder nafolgick Enen vorschriuen lathen vnd nemen werden, dat wy desuluen Auerfarers vermöge vnnd jnholde dersuluen Keyserlicken Constitution darumme straffen laten mögen."
(Dritter Artikel:)
"Mit bereidinge vnd vthsettinge der Pfande."
(In den ersten beiden Sätzen übereinstimmend mit dem frühern Texte.)
"Wo he auer de Summa Geldes, daruor der edder de Börgen gelauet, geringer Pande, denn se sick am werdt noch so hoch, als de gelenenden Summa erstrecket, bekamen mochte, so schall he so vele deste geringer Pande vthsetten. So auerst de Börgen mit den Panden auer düsse Metigunge vnd Gesette schreden vnd treden, so schal eme edder ene tho Nadele vnd Schaden kamen vnd der Sackwoldige ene darin thouortreden vnd dersüluen auermals thobenemen, nicht schuldig edder plichtig syn.
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(Hier beginnt der Text der neuen Zusätze.)
"Wyle auerst de Mißbruck, Pande thom Sticken tho tehen edder tho setten, in vnsen Forstendomen vnd Landen nohende gantz affgestellet, vnd ein anderer beschwerlicker Mißbrugk jngerethen, de ock inn yle, wo sick gebört, nicht lichtlick afftobringen, dat Summen Geldes klein vnnd groth vp Borgen vnnd ere Breue vnd Segel hen vnd wedder vorlent werden, darin se sick vorplichten vnd vorschriuen, wo de Betalinge des Höuetstols edder Renthe, dere se, wo bauen angetöget, vam Hundert nicht auer vife vorschrieuen, nhemen noch gheuen schollen, sümich worden, dat se denne inn Leistunge vnd Inlager ryden, vnd nicht daruth scheiden schollen, solicke Betalinge sy denne vthgerichtet.
Vnd thom offtern sick thogedragen (wo wy des vann den Beschwerten vnnd andern mit whemodigen Clagen syn bericht worden) dath de Börgen vnd ere Knechte, de se in Leistunge edder Inlager hebben edder schicken, by den Werden eyne vnnödige vnnd vnnottorfftige Teringe dryuen, bidden tho sick Geste, lathen tho vnd vpdragen dat Beste, vnnd maken mit Fründen vnnd Fremden so vnnottorfftigen vnnd auermötigen Vpschlach vnd Teringe, so hoch, dat deme, vor deme jngelagen wert, tho holden vnd de vorschreuene vnd gebörlicke Betalinge Höuetstols vnd Renthe thodonde nicht vormach, vnd darumme dat Inlager dulden moth, solicks tho entlickem Vorderue gelanget, vnd thom offtern darumme ere Erue vnd Güder vorlathen vnd rhümen möthen.
Solicken schedelicken Mißbruck vnde Vorderff, de dorch solcke auerflödige vnd motwillige vnnottorfftige teringe herflüth, to uorhöden, hebben wy gesettet vnd geordenet, dat henfor ein Man vnd ein Perdt, so jn Lestunge sin, ein dach vnnd nacht, auer achte Lubsche Schillinge in de Herberge edder vtherhaluen nicht vortheren schollen. Vnd wo se wes darauer vortheren wollen, so schal derjennige, wedder deme ingereden vnd lestinge geholden wert, vor Man vnd Perdt, dach vnd nacht, nicht mher, dan achte Lubesche Schillinge, der veer vnnd twintich eynen Gulden an Münthe gelden, gerekent werden vnd tho bethalen vorplicht syn.
Vnd wo ein Borge edder syne Knechte wes darauer vortheren worden, so schal der, vor deme
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solick Inlager geholden wert, nicht meher denn vor Man vnd Perdt, ein dach vnd nacht, Achte Schillinge tho gelden vnde tobetalen schuldich syn. Vnd wo van Jemandes, de ingereden ys edder an syner stadt jemandes anders hedde inryden lathen, vp ein Man vnd Perdt, ein dach vnd nacht, darauer meher denn achte Schillinge in edder vtherhaluen der Herberge vortert worde, de schal dem Werde dat auerige, dat auer acht Schillinge, dach vnnd nacht, vam Man vnnd Perdt vorteret ys worden, suluest tho bethalen schuldich syn; darumme ock de Wert den Börgen nicht tho belangen, sonder solcks by deme, de solck auermatige Theringe gedan, tho fordern vnd inthobringen hebben scholle. Dat Borgermeystere vnd Rathmanne in Steden eren Börgern, vnd sunderlick by denen solck Inlager gewonlick geholden werden, antögen vnd vorkunden, vnd darin sick des thoholden vnnd vor eygen Schaden thouorhöden, warnenn schollen."
Außer in den vorstehenden Artikeln finden sich im Wortlaute des Textes beider Polizei=Ordnungen keine weiteren Abweichungen von Erheblichkeit.
Es bleibt in dieser Beziehung nur noch zu bemerken übrig, daß in der Polizei=Ordnung vom J. 1542 zwei, jedoch unwesentliche Artikel der frühern Polizei=Ordnung vom J. 1516 ganz ausgefallen sind. Es sind dies nämlich:
1) Der Artikel: "Van Lichten vnd Begencknissen", - der sich in der ersten Polizei=Ordnung (bei blattweiser Zählung) Folio 7 a findet, in der zweiten aber Folio 8 b nicht angetroffen wird;
2) der Artikel; "Van Wasse, Lichten, den Boldeken auer de Dodenbaren vnd Begengnussen", der in der ersten Polizei=Ordnung Folio 8 b steht, in der zweiten aber Folio 9 a ausgefallen ist.
Die Gründe der Auslassung dieser beiden Artikel - welche den, in den Handwerkszünften früher üblichen Luxus bei Beerdigungen und die Anlagen der Gilden zu solchen Zwecken betreffen - in der Polizei=Ordnung von 1542 werden in der Wirksamkeit der Reformation zu finden sein, in Folge deren die altkirchlichen Formen bei den Leichenbestattungen aufgehoben wurden oder außer Gebrauch kamen. Auch in der Polizei=Ordnung vom J. 1562 kommen diese beiden Artikel nicht weiter vor und nur in dem Artikel: "Von Handwerkern insgemein" werden noch die Wachslichte erwähnt, welche die Lehrlinge in einzelnen Gewerken zur Bestattung von Gesellen gaben.
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Endlich ergiebt sich auch eine Uebereinstimmung der beiden Gesetz=Redactionen rücksichtlich des Schlusses. Nicht bloß der letzte Artikel: "Van beiden Steden Rostock vnd Wißmar", sondern auch der "Besluth", in welchem die Bedeutung, die Verkündigung und Handhabung des Gesetzes eingeschärft werden, sind gleichen Wortlautes, nur daß die Besiegelungs=Formel im J. 1516 lautet:
"mit genanter Försten eins hyr vpgedrückten Ingesegel tho Orkunde besegelt";
und im J. 1542 so:
"mit genanter Försten vpgedruckeden Pitzschier tho Orkunde vorsegelt".
Die Datirung lautet 1516:
"am Dage . . . . . , im Jare Christi Vnses Heren Gebort, alse bauen gemelt ys;"
und im J. 1542:
"am Dage Francisci, im Jare Christi Vnses Heren Gebort, alse bauen gemelt ys".
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Rennthiere in Meklenburg.
Unter dieser Ueberschrift hat bereits früher (Jahrb. XI, S. 496) mein werther Freund, Herr Dr. Lisch, darauf hingedeutet, wie wichtig es für die Naturwissenschaft ist, nachzuweisen, welche Thiergattungen früher hier im Lande lebten, die jetzt nicht mehr gefunden werden, und namentlich wie unbestimmt es noch sei, ob das Rennthier in den deutschen Ostseeländern gelebt habe. Eine bei Gerdshagen gefundene Stange desselben ist bis jetzt der einzige bei uns beobachtete Beweis für die Bejahung dieser Frage.
Um so erfreulicher ist es mir, einen zweiten Beweis für das frühere Vorhandensein der Rennthiere geben zu können. Im Laufe dieses Sommers ward beim Ausmodden einer Grube auf einem Ackerstücke, welches dem Hauswirth Törper in Carlow, Fürstenthums Ratzeburg, gehört und das noch bei Menschengedenken als Bruch und Moor da lag, unten im Grunde, in einer Tiefe von 8 Fuß, eine in seltener Vollständigkeit erhaltene Geweihstange, und von der zweiten ein bedeutendes Bruchstück gefunden, welche beide nach dem Urtheile der zu Rathe gezogenen Jagdmänner, und namentlich des Herrn Oberforstmeisters von Lehsten in Rehna, einem Rennthiere gehört haben.
Die erhaltene Stange ist glatt, der Durchschnitt derselben würde unten fast rund, weiter hinauf eiförmig ausfallen und hat von der Krone bis zum Ende der Schaufel in gerader Linie gemessen eine Länge von 2 Fuß 8 1/2 Zoll. Da sie aber eine starke Rundung hat, welche von der Peripherie bis zu der gedachten geraden Linie zwischen Krone und Schaufel 11 Zoll beträgt, so würde die Länge, als gerade gedehnt, 3 Fuß 7 Zoll betragen. Die Dicke derselben wechselt; an der stärksten Stelle, nahe der Eissprosse, beträgt sie 2 1/2 Zoll, oben in der Biegung 1 3/4 Zoll.
Die Theile dieser Stange sind, abgesehen von der Krone, welche rund ist und 1 1/2 Zoll im Durchmesser hat, eine Augensprosse, welche sich niederwärts wendet, eine aufrechtstehende Eissprosse und eine Schaufel mit 3 Zacken.
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Die Augensprosse, unmittelbar an der Krone, ist 9 Zoll lang, mißt an der Basis 1 1/2 Zoll, verjüngt sich dann bis zu einem Zoll und gewinnt wieder eine Breite von 1 3/4 Zoll, ist jedoch am Ende etwas abgebröckelt.
Der Anfang der Eissprosse ist 3 1/2 Zoll von dem Ansatz der Augensprosse entfernt; sie ist an der innern Seite der Stange und aufwärts gerichtet, und jetzt noch einen Fuß lang, jedoch auch am oberen Ende nicht ganz erhalten; an der Basis 2 Zoll stark, verjüngt sie sich bis zu 1 1/2 Zoll und gewinnt dann wieder eine schaufelförmige Breite von 3 Zoll.
Die Stange, wie bereits bemerkt, ganz glatt, hat in einer Entfernung von 11 Zoll von der Augensprosse an der äußeren Seite einen kleinen Höcker von 1/4 Zoll Erhöhung und verbreitet sich dann zu einer 2 1/2 Zoll breiten und 11 Zoll langen Schaufel mit 3 Zacken. Diese sind an ihren Spitzen nicht mehr vollständig erhalten, haben jedoch noch eine Länge von 2 1/2 Zoll, sind an der Basis über 2 Zoll und an der Spitze etwa einen Zoll breit, und beträgt die Dicke nur 1/2 Zoll. Daß außer diesen 3 Zacken keine mehr vorhanden waren, ist entschieden zu erkennen.
Von der zweiten Stange ist nur ein 10 1/2 Zoll langes Bruchstück erhalten worden; auf geschehene Nachfrage ward mir die Nachricht, daß nicht mehr davon gefunden sei. Es enthält die Krone und von der Augensprosse 3 Zoll, von der Eissprosse 7 Zoll und von der Stange 6 1/2 Zoll. Der Ansatz der letztern Sprosse ist von dem Ende der erstern nur 2 Zoll entfernt, so daß also, wenn, wie es doch wohl als gewiß anzunehmen, beide Stangen einem und demselben Thiere gehörten, sie nicht ganz gleich gewesen, wie es ja überhaupt bei den meisten Gehörnen der Fall sein soll.
Beide Stangen sind in meinem Besitze.
Demern, den 22. Dec. 1850.
G. M. C. Masch.
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Elengerippe.
Es sind in neuern Zeiten in Meklenburg gefunden:
1) zu Meetzen bei Gadebusch vor einigen Jahren ein Gerippe mit ungewöhnlich großen Schaufeln;
2) zu Carlow im Fürstenthume Ratzeburg, bei Ratzeburg, im Sommer 1850 in einem Moderloche eine Schaufel.
Demern.
G. M. C. Masch.
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:
des
von
Dr. jur. und
Archivsecretair,
als
zweitem
Secretair des Vereins.
In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung in Rostock und Schwerin.
Schwerin , 1851.
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A uch in dem nun abgelaufenen Vereinsjahre hat sich das historische Vereinswesen in Deutschland noch nicht von dem Schlage zu erholen vermocht, von welchem es gleich allen übrigen wissenschaftlichen und industriellen Unternehmungen durch die jedes andere Interesse verschlingende politische Bewegung der Jahre 1848 und 1849 getroffen ward. Noch immer gehen uns aus fast allen Gegenden des Vaterlandes Klagen über abnehmende Theilnahme zu, wo nicht inzwischen mit den Klagen zugleich alle Nachrichten über das Schicksal der Vereine verschollen sind. - Ich beginne meinen Bericht auch dies Mal mit einer Rundschau durch die verschiedenen Gaue, will mich aber bemühen, mich möglichst kurz zu fassen, um nicht durch die Aufzählung der sich alljährlich wiederholenden Thatsachen zu ermüden.
In den Oesterreichischen Kaiserstaaten hatten sich 1848 die historischen Gesellschaften für die Provinz Steiermark, Kärnthen und Kraien unter dem Namen des Vereines für Inner=Oesterreich vereinigt. Diese Verbindung ist jetzt wieder aufgelös't; von den getrennten Vereinen hat aber bisher nur der für Steiermark (188 Mitglieder) seine Arbeiten publicirt. Auch das Ferdinandeum zu Innsbruck und der Siebenbürgener Verein haben überall noch nichts wieder von sich hören lassen, und das Museum Francisco-Carolinum, zu Linz hat zwar seinen Jahresbericht für 1850 ausgegeben, derselbe enthält jedoch nur eine wissenschaftliche Abhandlung nichthistorischen Inhalts (über die nordöstlichen Alpen).
Aus Baiern sind die Berichte fortwährend zufriedenstellend; alle dortigen, zahlreichen Vereine setzten, wenn auch etwas geschwächt, ihre Thätigkeit ununterbrochen fort, und haben uns ihre schätzenswerthen Arbeiten, mit Ausnahme von zweien, regelmäßig zugesandt. Namentlich hervorzuheben ist die von dem Bambergischen Vereine besorgte Quellensammlung für Fränkische Geschichte, wovon 1849 und 1850 die beiden ersten Hefte erschienen sind.
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Aus Würtemberg haben die Vereine für das Würtembergische Franken und für Ulm und Oberschwaben ihre Arbeiten resp. für 1849 und 1850 eingesandt; letzterer beschäftigt sich jedoch fast ausschließlich mit Kunstgegenständen.
Aus Baden sind dagegen dies Mal alle Mittheilungen ausgeblieben.
In Hessen=Darmstadt ist 1850 das zweite Heft der werthvollen Abbildungen des Mainzer Museums mit einer interessanten Abhandlung über das Schwert des Tiberius und 1851 das vierte Heft der Zeitschrift des Vereins zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer zu Mainz erschienen.
Ebenso hat der Kurhessische Verein für Geschichte und Landeskunde das vierte Heft des 5. Bandes seiner Zeitschrift für 1850 ausgegeben, wogegen uns die Rheinpreussischen und Westfälischen Vereine bis jetzt keine Mittheilungen eingesandt haben.
Aus Sachsen ist uns nachträglich der Bericht der deutschen Gesellschaft zu Leipzig für 1848 zugegangen, und die Gesellschaft des Osterlandes hat 1850 ein neues Heft ihrer Mittheilungen ausgegeben, worin sich namentlich eine Geschichte der Dynastie Orlamünde befindet. Ebenso sind in diesem Jahre nach längerem Schweigen auf Veranlassung der Jubelfeier des 25jährigen Bestehens des Vogtländischen Vereins 3 combinirte Berichte desselben erschienen, welche sich mit der Geschichte des fürstlichen Hauses Reuß beschäftigen, und unter andern auch einen Beitrag unsers Lisch enthalten. Von den übrigen Sächsischen Vereinen fehlen neuere Mittheilungen.
Die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften zu Görlitz hat mit gewohnter, ununterbrochener Thätigkeit den 26. und 27. Band ihres Magazins vollständig mit der Fortsetzung ihres Cod. diplom. Lusatiae superioris erscheinen lassen, und der Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens hat in diesem Jahre die Herausgabe des 2. Bandes seiner werthvollen Quellengeschichte Schlesiens besorgt. Auch die Zeitschriften der Schlesischen Gesellschaft für Kultur in Breslau, und der Alterthumsgesellschaft Borussia in Königsberg sind wie gewöhnlich erschienen, wogegen die historischen Gesellschaften in Pommern und Brandenburg für immer erstorben zu sein scheinen. Doch ist in dem Anfang des gegenwärtigen Jahres das 4. Heft des ersten Bandes des trefflichen Codex Pommeran. diplomaticus, welches bis z.J. 1244 reicht, ausgegeben worden, ein Werk, um das wir unsere Nachbaren fast beneiden mögten.
Aus Hannover ist uns der erst 1850 ausgegebene Jahrgang 1848 des Archivs des historischen Vereins für Nieder=
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sachsen, so wie dessen 13. Jahresbericht zugegangen, welcher letztere die höchst erfreuliche Nachricht bringt, daß die Fortsetzung des lange unterbrochenen Urkundenbuches für Niedersachsen sich 1850 bereits unter der Presse befand, und zunächst ein vollständiges diplomatarium des wichtigen Klosters Walkenried enthalten wird.
Auch der Verein für Hamburgische Geschichte hat seine unterbrochenen Arbeiten wieder aufgenommen, und die verschiedenen Schleswig=Holsteinschen Vereine haben auch in diesem Jahre mit in der That merkwürdiger Zähigkeit und Ausdauer unverrückt ihr Ziel verfolgt.
Aus diesem flüchtigen Umrisse der Geschichte des Vereinswesens scheint sich zu ergeben, daß in dem ganzen Westen Deutschlands, wo der Strudel der Revolution die Gemüther ohne Zweifel am tiefsten ergriffen hat, die Muse der Geschichte fast ganz verstummt ist, während in den östlichen Provinzen der wissenschaftlich=historische Sinn durch den politischen Kampf der Gegenwart noch nicht völlig verdrängt ist.
Diese allgemeine Wahrnehmung finden wir denn auch in Bezug auf Meklenburg bestätigt; unser Verein hat nach Ausweis der früheren Berichte allerdings gelitten, ohne daß jedoch seine Fortdauer jemals in Frage gestellt wäre, und in dem letzten Jahre hat derselbe sichtlich an Festigkeit gewonnen, wenngleich es auch dies Mal an herben Verlüsten nicht gefehlt hat. Unter diesen habe ich vor allen den am 10. Januar d.J. erfolgten Tod Sr. Hoheit des Herzogs Gustav von Meklenburg=Schwerin hervorzuheben; aber auf demselben Blatte der Annalen unsers Vereins, welches diesen Trauerfall meldet, haben wir zugleich den Namen Ihrer Königl. Hoheit der Frau Großherzogin Auguste, des damals jüngsten Gliedes unseres hohen Fürstenhauses, in die Reihe der hohen Beförderer unsers Strebens eintragen dürfen, um die entstandene Lücke auf eine höchst erfreuliche und würdige Weise wieder zu füllen.
Sehr bedeutend ist ferner der Verlust an correspondirenden Mitgliedern des Vereins, von welchen in dem abgelaufenen Jahre nicht weniger als 4 durch den Tod ausgeschieden sind: der Seminar=Director Prof. Asmussen zu Segeberg, Prof. Dr. Lachmann zu Berlin, der Oberstlieutenant v. Sommer zu Kopenhagen und der Gymnasiallehrer Masch zu Neu=Ruppin. Wiederaufgenommen dagegen sind der Hr. Dr. Petranowich, K. K. Landesgerichtsrath zu Zara in Dalmatien, und der Hr. Landschafts=Director v. Hodenberg zu Lüneburg Exc. Der Verein zählt daher gegenwärtig 55 correspondirende Mitglieder.
Dieser Verminderung der Zahl unserer auswärtigen Correspondenten ungeachtet ist unser wissenschaftliche Verkehr nach
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mehren Seiten hin erweitert und aufs Neue belebt worden; ein Resultat, welches wir abermals den unablässigen Bemühungen unsers ersten Secretairs verdanken, namentlich den von ihm unternommenen wissenschaftlichen Reisen. Durch das Zusammentreffen mehrfacher günstiger Verhältnisse ward es demselben nämlich möglich, einen doppelten, langgenährten Plan auszuführen, und im Laufe eines und desselben Sommers die Königl. Hannoverschen Archive zu Lüneburg und Hannover, so wie das Königl. Preußische Archiv zu Breslau und die K. K. Reichsarchive zu Wien zu besuchen. In Lüneburg war es ihm durch die dankenswerthe Vermittlung des Hrn. Landschafts=Directors v. Hodenberg Exc. gestattet, den reichen Urkundenschatz der wichtigsten Hannoverschen Kloster=Archive zu durchforschen, und sofort 120 die Meklenburgische Geschichte erläuternde Urkunden eigenhändig abzuschreiben. Auch in Hannover ward derselbe von allen Seiten, namentlich durch die dortigen Herren Archivbeamten, mit der dankenswerthesten Zuvorkommenheit empfangen, und die dort angeknüpften dauernden Verbindungen mit dem Archivsecretär Hrn. Dr. Sudendorf und dem bekannten Englischen Archäologen John Kemble sind für uns von der größten Bedeutung. Das Königl. Archiv zu Breslau, welches unserm Reisenden durch die Güte unsers correspondirenden Mitgliedes, Hrn. Geh. Archiv=Raths Stenzel daselbst zugänglich ward, gab, wie zu erwarten stand, für die allgemeine Geschichte Meklenburgs keine Ausbeute, wenn gleich es für die Geschichte einzelner Adelsgeschlechter unseres Landes sehr wichtige Documente enthält. Eben so wurden die Erwartungen in Bezug auf die reichen Archive der alten Kaiserstadt nicht erfüllt. Der Reisende ward in Wien von allen Gelehrten, an welche er sich wandte, namentlich dem Hrn. Vice=Archiv=Director Chmel und dem Director des Antiquarien=Cabinets, Hrn. Reg.=Rath Arneth, und andern, mit seltner Gastfreundschaft empfangen, und bei seinen Forschungen mit einer Bereitwilligkeit und Hingebung unterstützt, die er nicht genug zu rühmen weiß. Nur dadurch ward es möglich, in der kurzen Zeit seiner Anwesenheit zu Wien nicht nur das Kaiserl. Staats=Archiv, sondern auch das Reichs=Hofraths=Archiv so weit zu durchforschen, daß er die feste Ueberzeugung gewann, daß für die Geschichte des nördlichen Deutschlands, ja für die deutsche Provinzial=Geschichte überhaupt aus der Zeit vor dem Anfange des 17. Jahrhunderts von Wien her nichts zu hoffen ist. Namentlich in Bezug auf Meklenburg fand sich aus dieser Zeit außer einem halben Dutzend Urkunden gar nichts. Dagegen ist auch hier die Erneuerung älterer und neuer Verbindungen mit Oestreich sehr hoch anzuschlagen. Der Reisende hatte namentlich die Ehre, durch den
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Reg.=Rath Arneth in die Sitzung der philos.=histor. Section der K. Akademie der Wissenschaften eingeführt zu werden, und hielt dort einen Vortrag über den jetzigen Standpunkt der nationalen Alterthumskunde in Norddeutschland, welcher mit unzweideutigem Beifalle aufgenommen ward, und vielleicht nicht ohne Folgen bleiben wird. Die dadurch veranlaßte Fehde mit Hrn. Prof. Kollar in Betreff der Rhetraer Götzenbilder zu Neustrelitz glaube ich in diesem Berichte nicht ganz mit Stillschweigen übergehen zu dürfen; doch wird es genügen, desfalls auf die Neustrelitzsche Zeitung 1851 Nr. 6 und die Mecklenburgische Zeitung 1851 Nr. 154, 172 u. 178 zu verweisen. Mit größerer Genugthuung darf ich dagegen als die nächste Frucht dieser Wiener Reise den von der Akademie der Wissenschaften unserm Vereine offerirten Austausch seiner Arbeiten gegen die höchst wichtigen und interessanten Schriften der historischen Section der Akademie bezeichnen, eine Ehre, welche wohl noch keinem andern Privatvereine zu Theil geworden ist.
Mit Einschluß der in den früheren Berichten versehentlich übergangenen deutschen Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Sprache und Alterthümer zu Leipzig und des historischen Vereins für das Würtembergische Franken zu Mergentheim sind daher die correspondirenden Societäten und Vereine nunmehr zu der ansehnlichen Zahl von 58 angewachsen, von welchen jedoch mehre ihre Thätigkeit seit längerer Zeit eingestellt haben, und einige sich wirklich bereits aufgelöset haben mögen.
Noch durchgreifender und umfänglicher sind aber die Veränderungen im Innern des Vereins selbst. Zunächst war nämlich die vollständige Erneuerung des Präsidii erforderlich; denn während der schon im vorigen Jahre erledigte Präsidentenstuhl noch unbesetzt stand, hatte nunmehr auch unser hochverehrte Vicepräsident, Hr. Geheimerath v. Oertzen, zu der statutenmäßig am 11. d.M. abgehaltenen General=Versammlung die schriftliche Erklärung abgegeben, daß er durch die bevorstehende Veränderung seines Wohnortes aus dem Präsidio auszuscheiden genöthigt sei, und gleichzeitig machte auch der Herr Geh. Canzleirath Faull die Anzeige, daß er mit Rücksicht auf die ihm allerhöchst übertragenen Geschäfte bei dem zu errichtenden statistischen Büreau die Verwaltung der Casse des Vereines für die Zukunft ablehnen müsse. Beide Herren haben ihre Aemter seit der Stiftung des Vereines 16 Jahre hindurch mit seltener Umsicht und Hingebung geführt, und dadurch zur Förderung unserer Zwecke wesentlich beigetragen, weshalb die Versammlung denselben einstimmig ihre wärmste und aufrichtigste Dankbarkeit aussprach. Durch die demnächst erfolgende Abstimmung ward der Herr Minister=Prä=
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sident Graf v. Bülow Excellenz wiederum zum Präsidenten, der Herr Regierungsrath Dr. Knaudt zum Vicepräsidenten und der Herr Ministerial=Registrator Dr. Wedemeyer zum Rechnungsführer des Vereins gewählt. Alle drei Herren haben zu unserer größten Freude die auf sie gefallene Wahl bereitwillig angenommen, und sind wir gewiß zu der Hoffnung berechtigt, daß es dem Vereine unter der Leitung des neuen Präsidii gelingen wird, sich von den Verlusten der letzten Jahre dauernd zu erholen. Da die übrigen Beamten des Vereins sämmtlich wiedergewählt wurden, so besteht der Ausschuß nach der gesetzlichen Ergänzung der Repräsentanten für das nächste Jahr aus folgenden Mitgliedern:
Präsident: Herr Minister=Präsident Graf v. Bülow Exc.
Vice=Präsident: Herr Regierungsrath Dr. Knaudt.
Erster Secretair: Herr Archivar Dr. Lisch.
Rechnungsführer: Herr Ministerial=Registrator Dr. Wedemeyer.
Antiquar: Herr Hofmaler Schumacher.
Bibliothekar: Herr Archiv=Registrator Glöckler.
Zweiter Secretair: Archiv=Secretair Dr. Beyer.
Repräsentanten: Herr Oberstallmeister v. Boddien.
" Prorector Reitz.
" Canzlei=Director v. Bülow.
" Revisionsrath Hase.
Herr Pastor Masch und Herr Dr. Wedemeyer erklärten sich bereit, die Aufsicht über die Münz= und Bildersammlung auch fernerhin zu führen.
Von den ordentlichen Mitgliedern des Vereins sind in dem abgelaufenen Jahre der Hofrath Hartmann auf Greven und Lindenbeck, der Hof=Steindrucker Tiedemann zu Rostock, der Stadtbuchhalter Scheel zu Güstrow der Vice=Präsident des Ober=Appellationsgerichts Viereck zu Rostock, der Bürgermeister Hofrath Schmidt zu Waren und der Bürgermeister Hofrath Schlüter zu Crivitz gestorben, folgende 21 Herren aber durch Kündigung ausgetreten: Dr. med. Bartels zu Schwerin, Canzleirath Boccius daselbst, Canzlei=Vice=Director v. Maydell daselbst, Major v. Zülow daselbst, Senator Juhr daselbst, Kammer=Registrator Jeppe daselbst, Amtmann Schröder zu Wismar, Criminalrath v. Wick zu Bützow, Bürgermeister Vogel zu Dömitz, Amtmann Päpcke zu Boizenburg, v. Bülow auf Bäbelitz, Major v. Kardorff auf Böhlendorf, Pastor Mühlenfeld zu Boddin, Pastor Reuter zu Jördenstorf, Graf v. Rittberg auf Beselin, Baron v. Maltzan auf Kl. Rehse, Kammerherr v. Jagow zu Mirow, Richard v. Stralendorf, jetzt im Auslande, Dr. Ebeling
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zu Schönberg, Jahn auf Langhagen, Rittmeister v. Blücher auf Rosenow.
Der Gesammtverlust beträgt also 27, dagegen sind in Folge des in vorigjähriger General=Versammlung beschlossenen und vom Secretariat versandten Aufrufes folgende 35 Herren als ordentliche Mitglieder eingetreten: Staatsminister Graf v. Bülow Excellenz hieselbst, Generalmajor v. Witzleben hieselbst, A. Ackermann, Zeitungsredacteur hieselbst, Kayser, Zeitungsredacteur hieselbst, Dr. med. Crull zu Wismar, Senator Dr. Fabricius daselbst, Advocat Lembke daselbst, Dr. med. Techen daselbst, Advocat Haupt daselbst, Dr. med. Penzlin daselbst, Lehrer Reuter daselbst, Dr. phil. Plagemann daselbst, Professor Dr. Hegel zu Rostock, Senator Dr. Mann daselbst, Kaufmann Dumrath daselbst, Advocat Maassen daselbst, Kaufmann Warkentin daselbst, Kaufmann Daries zu Plau, Kaufmann Goldschmidt daselbst, Senator Schultetus daselbst, Präpositus Bauer zu Rehna, Oberforstmeister v. Lehsten daselbst, Bürgermeister Langfeldt daselbst, Bürgermeister Cramer zu Gnoien, Conrector Wiggers daselbst, Pastor Hast zu Hagenow, Kammerherr v. Schulse auf Ludorf bei Röbel, Gutsbesitzer Maue auf Groß=Siemen bei Kröpelin, v. Plessen auf Groß=Viegeln bei Rostock, Candidat Walter zu Kloddram, Pastor Vortisch zu Satow, Kaufmann Libnau zu Ribnitz, Erbpächter Stenzel zu Hirschburg bei Ribnitz, Advocat Schulz zu Parchim, Apotheker Timm zu Malchin.
Der Verein hat sich also im abgelaufenen Jahre um 9 ordentliche Mitglieder verstärkt, so daß deren Zahl jetzt wiederum auf 302 angewachsen ist, wie das in der
enthaltene namentliche Verzeichniß näher ausweist.
Ein gleich zufriedenstellendes Resultat weist der in der
angeschlossene Extract aus der in der General=Versammlung vorgelegten Rechnung fortwährend für die finanziellen Verhältnisse des Vereins nach, indem sich hiernach das Vermögen desselben durch erhöhete Sparsamkeit abermals um 144 Rthlr. Cour. und 25 Rthlr. Gold vermehrt hat. Es sind aber die Ausgaben nunmehr auch so durchaus auf das allernothwendigste beschränkt, daß eine weitere Einschränkung nicht möglich sein dürfte, und wird daher die grade jetzt wieder in Aussicht stehende Vermehrung der Einnahme doppelt willkommen sein.
Theils in Folge dieser uns aufgelegten Einschränkung, theils aus andern Gründen sind die neuen Erwerbungen für die Samm=
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lungen des Vereins, mit Ausnahme der Münzsammlung, in diesem Jahre nicht so bedeutend gewesen, als früher. Die
geben hierüber nähere Auskunft, und habe ich denselben nichts hinzuzufügen, als die Bemerkung, daß außer den hier nur verzeichneten Erwerbungen des Vereins auch die Großherzogliche Alterthumssammlung mehre zum Theil höchst werthvolle Stücke, namentlich einen goldenen Eidring, erworben hat, worüber in dem jüngsten Bande der Jahrbücher, S. 268, bereits ausführlich berichtet ist.
Diese mit dem gegenwärtigen Berichte gleichzeitig ausgegebenen Jahrbücher geben Rechenschaft über die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins, und ihr reicher Inhalt wird hoffentlich dazu beitragen, das neu erwachte öffentliche Interesse an unserm Wirken zu erhalten und zu heben. Unter den größern Abhandlungen dieses Bandes sind die Beiträge zur Reformationsgeschichte Mecklenburgs ohne Zweifel die interessantesten und wichtigsten, obgleich auch die Mittheilungen über den beabsichtigten Uebertritt des Herzogs Carl Leopold zum Katholicismus und die ersten Anfänge der neuern katholischen Kirche in Meklenburg grade zu unserer Zeit ein doppeltes Interesse in Anspruch nehmen.
Die Jahrbücher für Alterthumskunde gewinnen durch die reiche Ausstattung mit trefflichen Holzschnitten einen besondern Werth, und zeichnen sich im Uebrigen mehr durch die wissenschaftliche Bearbeitung des schon bekannten Materials, als durch Mittheilung wichtiger Neuigkeiten aus.
Weniger erfreulich ist dagegen die Bemerkung, daß, mit Ausnahme der numismatischen und naturhistorischen Berichte unsers Masch, S. 310 ff. u. 350 ff., und zweier kurzer Notizen vom Herrn Diaconus Börner zu Ranis, S. 177, und Herrn Archiv=Registrator Glöckler, S. 342, der ganze Band ausschließlich mit den Arbeiten unsers unermüdlichen und unerschöpflichen ersten Secretairs, Herrn Archivars Dr. Lisch, gefüllt ist; ein Verhältniß, welches auf die Dauer fast unausbleiblich die Wirksamkeit des Vereins in eine gewisse einseitige Richtung hineinzwängen würde, vor welcher derselbe bis jetzt glücklich bewahrt geblieben ist. Mit um so größerer Freude wird man die Mittheilung aufnehmen, daß von den neu beigetretenen Mitgliedern, welche in überwiegender Mehrzahl dem höhern Bürger=, Beamten= und Gelehrtenstande angehören, sich mehre ausdrücklich als künftige Mitarbeiter an den Jahrbüchern angekündigt haben. Mögte dies Beispiel noch viele Nachahmer finden! An zu verarbeitendem, jedem zugänglichen Stoffe fehlt es jetzt gewiß nicht mehr, da in den 16 Bänden unsrer Jahrbücher und den sonst
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durch den Druck veröffentlichten Quellensammlungen ein übraus reiches Material für alle Zweige der vaterländischen Geschichte aufgespeichert ist und seiner allseitigen Bearbeitung harrt.
Außerdem aber fließen für den denkenden Freund und Forscher des Alterthums noch andere Quellen, wenn auch allmählig sparsamer, doch immer noch in reicher Fülle, aus welchen in Meklenburg nur noch wenige geschöpft haben: Sprache, Sage, Sitte, Glaube des Volkes! Den hohen Werth dieser lebendigen Zeugen einer untergegangenen Zeit haben in der neuern Zeit namentlich die unsterblichen Werke der Gebrüder Grimm auf eine überraschende und schlagende Weise dargethan, namentlich Jacobs deutsche Rechtsalterthümer und deutsche Mythologie. Natürlich hat aber auch dieser Forscher, so emsig und mühsam er auch jeden Tropfen aufnimmt und benutzt, der ihm von irgend einer Seite zugetragen wird, doch nur in wenigen Gegenden des großen Vaterlandes unmittelbar aus der Quelle selbst zu schöpfen vermogt, und es erscheint daher jetzt fast als eine Pflicht der Pietät gegen diesen großen Genius des deutschen Volkes, ihn bei seiner erfolgreichen Arbeit so viel nur immer möglich zu unterstützen.
Daß aber diese Quelle auch in Meklenburg noch nicht versiegt ist, weiß ich aus eigner Erfahrung. Schon seit Jahren habe ich sorgsam alles gesammelt, was in unserm Volke, namentlich dem Landvolke, an alten Götterglauben erinnert, und bin dabei zu der lebhaften Ueberzeugung gelangt, daß das Wort des Dichters:
Alles wies den eingeweihten Blicken,
Alles eines Gottes Spur, -
nicht bloß von dem phantasiereichen Hellas, sondern auch von dem tiefsinnigen Norden gilt, und daß diese Spuren des alten Gottes auch bei uns noch wohl zu erkennen sind, wenn man sie nur zu deuten versteht. Noch lebt z.B. selbst Wodans Name in dem Munde unsers Landvolks, wenn es furchtsam von "Fru Woden" und ihrem wüthenden Heere erzählt, denn "Fru" heißt Herr, und jene nächtliche Jägerin ist kein anderer, als der durch Mißverständniß zum alten Weibe zusammengeschrumpfte gefürchtete Gott des Krieges und der Jagd. Ebenso zeugen zahlreiche Namen von Pflanzen, Thieren, Sternen und Naturerscheinungen von Wodans und des milderen Thors, des Donnergottes, Macht und Ansehen. Es ist nicht Zufall, wenn unser Bauer die giftige Wurzel des Wasserschierlings "Wodensdung" nennt, wenn überhaupt fast alle Giftpflanzen nach dem geheiligten Thiere dieses gefürchteten Gottes, dem Wolfe, benannt werden, während
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die Namen der Heilkräuter häufig, wenn auch nicht so unmittelbar, auf die Wirksamkeit des Frucht und Segen spendenden Donnerers hinweisen. Die Rolle, welche der gefürchtete Wolf und der Rabe, die Eule und andere Raub= und Nachtthiere, so wie andrer Seits der Stier und der Bock, als Symbole der Kraft und der Fruchtbarkeit, und die mit kindlicher Verehrung begrüßten Frühlingsvögel in den Sagen und dem Aberglauben des Volkes spielen, lassen einen tiefen Blick in das Wesen der genannten, die Herrschaft der gesammten Natur unter sich theilenden Gottheiten thun, das bisher aus den Bruchstücken der nordischen Göttersagen nur halb verstanden, wenn nicht völlig mißverstanden ist. Unverkennbar vertreten jene oft gradezu die Stelle des in andern Sagen durch den Einfluß des Christenthums zum Teufel umgewandelten Wodan, während diese als Stellvertreter Thors erscheinen. Oder ist es nicht Wodan, der furchtbare Todesgott, der dem zitternden Wanderer in der Gestalt seiner nimmer satten Wölfe Geri und Freki, oder durch den Ruf seiner weisen Raben Huginn und Muninn Tod und Unheil verkündet? Und wer anders als Thor, der Leben und Gesundheit spendende lichte Sommergott, ist es, der durch seinen heiligen Boten, den gegen den Blitzstrahl schützenden "Arebar" (Adebar), d.h. Glückbringer, dem zu ihm betenden jungen Paare den Ehesegen spendet?
Doch genug dieser Andeutungen, die ich in einem der nächsten Jahrgänge unserer Vereinsschriften weiter auszuführen und zu begründen gedenke. Ich wollte hier nur hinweisen auf das Verdienst, das sich namentlich die auf dem Lande lebenden Mitglieder unsers Vereins erwerben könnten, wenn sie es der Mühe werth achteten, solche meistens unscheinbare historische Blüthen, wie sie das unverfälschte Volksleben überall noch hervortreibt, in ihrer Umgebung zu pflücken und zu sammeln. Und es ist wahrlich hohe Zeit dazu, denn jedes neue Jahr läßt einige derselben verdorren, oder was noch schlimmer ist, entarten. Das ist an sich freilich nicht zu beklagen; sie gehören einer untergegangenen Zeit an, und haben keine Berechtigung mehr für die Gegenwart! Und wo die in der Masse des ungebildeten Volkes von Geschlecht zu Geschlecht vererbten Meinungen und Lebensansichten einer untergegangenen Bildungsstufe mit der Anmaßung auftreten, als die rechte Wahrheit und geheimnißvolle Weisheit zu gelten, da kann man sich natürlich nur freuen, wenn dieselben durch die steigende Kultur ihren Untergang finden, aber als Zeuge des religiösen Glaubens und der oft tief poetischen Naturanschauung unserer Väter kann selbst der häßlichste Aberglaube nicht bloß lehrreich, sondern selbst verehrungswürdig sein. Das Geschäft des Historikers aber
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ist es, was der frische Trieb des Lebens als abgestorbenes Glied von sich ausstößt, zu sammeln, zu ordnen und durch den vergeistigenden Hauch der Wissenschaft aufs Neue zu beleben.
Schwerin, im Julius 1851. * )
W. G. Beyer Dr.,
Archiv=Secr., als zweiter Secretair des Vereins.
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Beil. A.
der allerhöchsten Protectoren, hohen Beförderer, Ehrenmitglieder, correspondirenden Vereine, correspondirenden Mitglieder und ordentlichen Mitglieder,
am 11. Julius 1851.
I. Protectoren.
II. Hohe Beförderer.
III. Ehrenmitglieder.
IV. Correspondirende Gesellschaften.
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tung vaterländischer Geschichte und Kunstdenkmale, zu Dresden.
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In Baden: | ||
zu Sinsheim: | 1. | Wilhelmi, Pastor. |
in Braunschweig: | ||
zu Wolfenbüttel: | 2. | Schmidt Dr., Archivrath. |
3. | Schönemann Dr., Bibliothekar. | |
in Dänemark: | ||
zu Kopenhagen: | 4. | Molbech Dr., Etatsrath und Professor. |
5. | Rafn Dr., wirklicher Etatsrath und Professor. | |
6. | Thomsen, wirklicher Etatsrath und Director der königl. Museen. | |
in Frankfurt a. M.: | 7. | Böhmer Dr., Stadtbibliothekar. |
in Hamburg: | 8. | Lappenberg Dr., Archivar und Senator. |
in Hannover: | ||
zu Göttingen: | 9. | Havemann Dr., Professor. |
zu Stade: | 10. | Möhlmann, Auditor. |
zu Lüneburg: | 11. | v. Hodenberg Excellenz, Landschaftsdirector. |
in Holstein=Lauenburg: | ||
zu Ratzeburg: | 12. | v. Duve Dr. |
in Lübeck: | 13. | Behn Dr. |
14. | Deecke Dr., Professor. | |
15. | Dittmer Dr., Canzlei=Secretair. | |
in Oesterreich: | ||
zu Wien: | 16. | Chmel, K. K. Regierungsrath und Vicedirector des K. K. Geheimen Archivs. |
17. | Eduard Melly Dr. |
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zu Prag: | 18. | Hanka Dr., Bibliothekar. |
zu Zara: | 19. | Petranovich Dr., K. K. Landgerichtsrath. |
in Preußen: | ||
zu Berlin: | 20. | Friedländer Dr., Bibliothekar. |
21. | J. Grimm Dr., Professor. | |
22. | W. Grimm Dr., Professor. | |
23. | Höfer, Geheimer Archivrath. | |
24. | Homeyer Dr., Professor. | |
25. | Klaatsch, Geheimer Archivrath. | |
26. | Kretschmer. | |
27. | von Ledebur, Director des Kunstkabinets und der Sammlung vaterländischer Alterthümer.. | |
28. | Pertz Dr., Ober=Bibliothekar, Geheimer Ober=Regierungsrath. | |
29. | von Raumer Dr., Geheimer Oberregierungsrath und Archivdirector des preußischen Staats. | |
30. | Riedel Dr., Geheimer Archivrath und Professor. | |
zu Jüterbock: | 31. | Heffter Dr., Land= und Stadtgerichts=Director. |
zu Triglitz: | 32. | Ragotzky, Pastor. |
zu Salzwedel: | 33. | Danneil, Director und Professor. |
zu Greifswald: | 34. |
Barthold Dr.,
Professor.
von Hagenow Dr. Kosegarten Dr., Professor. |
zu Stettin: | 35. | Bagmihl, Buchdruckereibesitzer. |
36. | Giesebrecht Dr., Professor. | |
37. | Hering Dr., Professor. | |
zu Stralsund: | 38. | Brandenburg Dr., Syndicus und Archivar. |
39. | Fabricius, Bürgermeister. | |
40. | Zober Dr., Gymnasiallehrer und Stadtbibliothekar. | |
zu Königsberg: | 41. | Voigt Dr., Geheimer Regierungsrath und Archiv=Director, Professor. |
zu Breslau: | 42. | Stenzel Dr., Geheimer Archivrath und Professor. |
zu Liegnitz: | 43. | von Minutoli, Regierungsrath. |
zu Halle: | 44. | Leo Dr., Professor. |
zu Bonn: | 45. | Dahlmann Dr., Professor. |
zu Wetzlar: | 46. | von Medem, Archivrath. |
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in Reuß: | ||
zu Hohenleuben: | 47. | Alberti, Pfarrer. |
in Rußland: | ||
zu Petersburg: | 48. | Köhne Dr., K. K. Hofrath. |
in Sachsen: | ||
zu Jena: | 49. | Michelsen Dr., Hof= und Justizrath, Professor. |
in Schweden: | ||
zu Stockholm: | 50. | Hildebrand, Reichsantiquar und Director des Münzkabinets. |
zu Upsala: | 51. | Schröder M., Ober=Bibliothekar, Professor und Reichshistoriograph. |
zu Lund: | 52. | Nilsson Dr., Professor. |
in der Schweiz: | ||
zu Lausanne: | 53. | Troyon, Alterthumsforscher. |
bei Boizenburg: | 1. | von Lücken auf Zahrenstorf. |
2. | von Stern auf Tüschow. | |
bei Brüel: | 3 | Schnelle auf Buchholz, Dr. |
zu Bützow: | 4. | Bolte, Criminalgerichts=Director. |
5. | von Bülow, Criminalrath. | |
6. | Erhardt, Amtmann. | |
7. | Friedrich Seidel, Bürger. | |
bei Bützow: | 8. | Behrens, Pastor zu Qualitz. |
9. | von Meerheimb auf Gr. Gischow, Drost. | |
10. | Baron von Meerheimb auf Wokrent, Kammer=Director. | |
11. | Baron von Meerheimb zu Gr. Belitz. | |
zu Crivitz: | 12. | Martini, Ober=Amtmann. |
bei Crivitz: | 13. | von Barner auf Bülow, Major, Landrath. |
14. | Schencke Dr., Präpositus zu Pinnow. | |
Willebrand, Pastor zu Cladow. | 15. | |
zu Dargun: | 16. | von Pressentin, Amtsverwalter. |
zu Doberan: | 17. | Baron von Maltzan auf Kl. Luckow. |
bei Doberan: | 18. | Fromm, Präpositus zu Parkentin. |
zu Dömitz: | 19. | von Bülow, Drost. |
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zu Dömitz: | 20. | Zinck, Hauptmann a.D., Elb=Zoll=Inspector. |
bei Dömitz: | 21. | zur Nedden, Pastor zu Conow. |
bei Friedland: | 22. | von Oertzen auf Leppin, Geheimer Rath. |
23. | von Rieben auf Galenbeck, Landrath. | |
bei Fürstenberg: | 24. | von Buch auf Tornow, Kammerherr. |
zu Gadebusch: | 25. | Litzmann Dr., Ober=Medicinalrath. |
26. | Wilhelm, Apotheker. | |
bei Gadebusch: | 27. | von Döring auf Badow. |
28. | Rohrdanz auf Dutzow. | |
29. | von Leers auf Schönfeld, Landrath. | |
zu Gnoien: | 30. | Cramer, Bürgermeister. |
31. | Johannes Dr. med. | |
32. | von Kardorff auf Remlin. | |
33. | Wiggers, Conrector. | |
bei Gnoien: | 34. | von Schuckmann auf Viecheln. |
35. | Günther, Pastor zu Gr. Methling. | |
36. | von Oertzen auf Repnitz. | |
bei Goldberg: | 37. | Baron Le Fort auf Boek, Klosterhauptmann zu Dobbertin. |
zu Grabow: | 38. | Crull, Amtmann. |
39. | Römer, Rector. | |
40. | Rüst Dr., Amtsarzt. | |
zu Grevismühlen: | 41. | Friedr. Krüger, Amtshauptmann. |
42. | Martens, Pastor. | |
bei Grevismühlen: | 43. | Eckermann auf Johannsdorf. |
44. | von Müller auf Rankendorf. | |
45. | Owstin, Pastor zu Börzow. | |
46. | Rettich auf Rosenhagen. | |
47. | von Päpcke auf Lütgenhof, Justizrath. | |
zu Güstrow: | 48. | Diederichs, Advocat. |
49. | Mencke, Justizrath. | |
50. | Trotsche, Stadtsecretair. | |
51. | Türck, Pastor. | |
52. | Viereck, Senator. | |
bei Güstrow: | 53. | von Blücher auf Lüdershagen. |
54. | von Buch auf Zapkendorf. | |
55. | Engel auf Charlottenthal. | |
zu Hagenow: | 56. | Hast, Pastor. |
bei Krackow: | 57. | von Jasmund auf Dobbin. |
bei Kröpelin: | 58. | Maue, Gutsbesitzer auf Gr. Siemen. |
59. | Vortisch, Pastor zu Satow. | |
zu Lage: | 60. | Kues Dr. med. |
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zu Lage: | 61. | Lüders, Bürgermeister. |
bei Lage: | 62. | Graf von Bassewitz auf Prebberede. |
63. | von Lowtzow auf Rensow. | |
zu Lübz: | 64. | Drechsler, Geheimer=Amtsrath. |
65. | Gädcke, Stadtsecretair, Advocat. | |
zu Ludwigslust: | 66. | von Behr=Negendank auf Torgelow. |
67. | Brückner Dr., Ober=Medicinalrath. | |
68. | Gerdeß, Rektor. | |
69. | Ratich, Amtshauptmann. | |
70. | von Schmidt, Geh. Legationsrath. | |
zu Malchin: | 71. | Timm, Apotheker. |
bei Malchin: | 72. | Graf von Bassewitz auf Bristow. |
73. | Graf von Hahn auf Basedow. | |
74. | Walter, Pastor zu Bülow. | |
zu Malchow: | 75. | von Borck auf Möllenbeck, Kammerherr, Klosterhauptmann. |
76. | Engel, Küchenmeister. | |
bei Malchow: | 77. | Graf von Blücher auf Göhren. |
78. | Kollmann auf Grüssow, Domänenrath. | |
bei Marlow: | 79. | von Vogelsang auf Alt=Guthendorf. |
zu Mirow: | 80. | Giesebrecht, Pastor. |
zu Neubrandenburg: | 81. | Boll, Pastor. |
82. | Brückner Dr., Rath. | |
83. | Nicolai, Syndicus. | |
bei Neubrandenburg: | 84. | von Berg auf Neuenkirchen. |
85. | von Dewitz auf Kölpin. | |
86. | von Engel auf Breesen, Kammerherr. | |
87. | von Klinggräff auf Chemnitz. | |
bei Neubuckow: | 88. | Priester, Präpositus zu Westenbrügge. |
bei Neukalden: | 89. | von Blücher auf Teschow, Landrath. |
zu Neustadt: | 90. | von Bülow, Landdrost. |
zu Neustrelitz: | 91. | von Bernstorff, Staatsminister. |
92. | von Bülow, Lieutnant. | |
93. | Gentzen, Bibliothekar. | |
94. | von Grävenitz, Oberlandforstmeister. | |
95. | Görner, Hoftheater=Director. | |
96. | von Kamptz, Oberhofmeister. | |
97. | Lignau, Hof=Postdirector. | |
98. | Nauwerk, Hofrath. |
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zu Neustrelitz: | 99. | von Schultz, Geheimer Justizrath. |
100. | von Voß, Jägermeister. | |
101. | von Wenkstern, Oberstlieutnant. | |
bei Neustrelitz: | 102. | Kannegießer, Oberförster zu Glambeck. |
zu Parchim: | 103. | Flörcke, Bürgermeister. |
104. | Niemann, Pastor. | |
105. | Schliemann, Superintendent. | |
106. | Schulz, Advokat. | |
107. | Schumacher, Apotheker. | |
bei Parchim: | 108. | von Quitzow auf Severin. |
109. | Zehlicke Dr., Ober=Schulrath, zu Slate. | |
zu Penzlin: | 110. | Müller, Bürgermeister. |
bei Penzlin: | 111. | Flügge auf Gr. Helle. |
112. | von Gundlach auf Möllenstorf. | |
113. | von Gundlach auf Rumpshagen. | |
114. | Jahn auf Kl. Vielen. | |
115. | Baron von Maltzan auf Peckatel. | |
116. | Baron von Maltzan auf Mallin, Vice=Landmarschall. | |
117. | von Oertzen auf Marin, Kammerherr. | |
zu Plau: | 118. | Daries, Kaufmann. |
119. | Goldschmidt, Kaufmann. | |
120. | Schultetus, Senator. | |
bei Plau: | 121. | von Cleve auf Carow. |
122. | Kortüm, Erbpächter zu Klebe. | |
123. | Ritter, Pastor zu Vietlübbe. | |
124. | Zander, Pastor zu Barkow. | |
zu Ratzeburg: | 125. | Gentzken M., Consistorialrath. |
126. | von Wickede, Forstjunker. | |
127. | Zander Dr., Gymnasial=Director. | |
bei Ratzeburg: | 128. | Arndt, Pastor zu Schlagsdorf. |
zu Rehna: | 129. | Bauer, Präpositus. |
130. | Demmler, Senator. | |
131. | Langfeld, Bürgermeister. | |
132. | von Lehsten, Oberforstmeister. | |
bei Rehna: | 133. | Masch, Pastor zu Demern. |
zu Ribnitz: | 134. | zur Nedden, Amtmann. |
135. | Libnau, Kaufmann. | |
bei Ribnitz: | 136. | Stenzel, Erbpächter zu Hirschburg. |
137. | von Mühlenfels zu Neuhof. | |
zu Röbel: | 138. | Engel, Bürgermeister, Hofrath. |
bei Röbel: | 139. | Graf von Blücher auf Finken. |
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bei Röbel: | 140. | von Ferber auf Melz. |
141. | von Gundlach auf Hinrichsberg. | |
142. | von Schulse auf Ludorf, Kammerherr. | |
zu Rostock: | 143. | Ackermann, Oberappellationsrath. |
144. | Bachmann Dr., Professor und Director des Gymnasiums. | |
145. | von Bassewitz, Oberappellationsrath. | |
146. | Beselin, Advocat. | |
147. | Diemer Dr., Consistorialrath, Professor. | |
148. | Ditmar Dr., Geheimer=Justizrath und ritterschaftlicher Syndicus. | |
149. | Dumrath, Kaufmann. | |
150. | Hegel Dr., Professor. | |
151. | Mann Dr., Senator. | |
152. | Baron von Maltzan, Landrath. | |
153. | Baron von Maltzan, Canzleimitarbeiter. | |
154. | Baron von Nettelbladt Dr., Bibliothekar. | |
155. | Schmidt, Justizrath. | |
156. | Spitta Dr., Professor, Ober=Medicinalrath. | |
157. | Warkentin, Kaufmann. | |
158. | Weber Dr., Oberappellationsrath. | |
159. | von Wickede, Landes=Steuerdirector. | |
160. | J. Wiggers Dr., Professor. | |
bei Rostock: | 161. | von Hafften, zu Hohen=Schwarfs. |
162. | von Plessen auf Gr. Viegeln. | |
zu Schönberg: | 163. | Bicker, Buchdrucker. |
164. | Karsten Dr., Gerichtsrath. | |
165. | Kindler, Advocat. | |
zu Schwaan: | 166. | Ahrens, Gerichtsrath. |
167. | Daniel, Bürgermeister. | |
168. | von Schöpffer, Amtsverwalter. | |
zu Schwerin: | 169. | K. A. Ackermann, Zeitungsredakteur. |
zu Schwerin: | 170. | Ahrens, Geheimer=Finanzrath. |
171. | Assur, Privatgelehrter. | |
172. | Bartning, Baurath. | |
173. | Bartning, Hofrath. | |
174. | Bartsch, Pastor. | |
175. | von Bassewitz, Regierungsrath. | |
176. | von Bassewitz, Justizsrath. |
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zu Schwerin: | 177. | Beyer Dr., Archiv=Secretair. |
178. | von Boddien, Kammerherr, Oberstallmeister. | |
179. | von Bülow, Kammerjunker, Ministerial=Assessor. | |
180. | Graf von Bülow, Staatminister, Excellenz. | |
181. | von Bülow, Canzlei=Director. | |
182. | von Elderhorst, General a. D. | |
183. | Faull, Geheimer=Canzleirath. | |
184. | Fischer, Maler. | |
185. | Graf von Finkenstein, Kammerherr. | |
186. | Frese Dr., Brigadearzt und Hofrath. | |
187. | Gillmeister, Maler. | |
188. | Glöckler, Archiv=Registrator. | |
189. | Grimm, Kriegsrath. | |
190. | Groth, Archivar. | |
191. | Hase, Revisionsrath. | |
192. | Holm, Hofrath. | |
193. | Karsten Dr., Regierungsrath. | |
194. | Kaysel, Oberkirchenrath. | |
195. | Kayser, Zeitungsredacteur. | |
196. | Kliefoth Dr., Oberkirchenrath. | |
197. | Knaudt Dr., Regierungsrath. | |
198. | Lenthe, Hofmaler. | |
199. | von Lewetzow, Minister und Kammerherr, Excellenz, auf Lelkendorf. | |
200. | Lisch Dr., Archivar und Regierungs=Bibliothekar. | |
201. | von Lützow, Schloßhauptmann. | |
202. | Maaßen, Advocat. | |
203. | Mantius, Commerzienrath. | |
204. | Meyer, Schulrath. | |
205. | Meyer, Staatsrath. | |
206. | Müller, Geheimer=Canzleirath, Regierungs= und Lehnsfiscal. | |
207. | zur Nedden, Ministerial=Secretair. | |
208. | Nübell, Münzrath. | |
209. | von Oertzen, Geheimer=Rath | |
210. | Graf von der Osten=Sacken. | |
211. | Peters, Hof=Registrator. | |
212. | Prosch Dr., Regierungsrath. | |
213. | Prosch Dr., Geheimer=Cabinetsrath. |
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zu Schwerin: | 214. | Reitz, Prorector. |
215. | Baron von Rodde auf Zibühl. | |
216. | Schröder Dr., Pastor. | |
217. | Schumacher, Hofmaler. | |
218. | Schweden, Advocat. | |
219. | Seebohm, Dr. med. | |
220. | Wachenhusen, Baumeister. | |
221. | Wedemeier Dr., Ministerial=Registrator. | |
222. | Wex Dr., Director des Gymnasiums. | |
223. | Wigger Dr., Hülfslehrer am Gymnasium. | |
224. | von Witzleben, General. | |
225. | Wünsch, Oberbaurath. | |
bei Schwerin: | 226. | von Böhl auf Cramonshagen. |
227. | Flemming Dr., Ober=Medicinalrath, zu Sachsenberg. | |
228. | von Schack auf Brüsewitz, Geheimer=Rath. | |
229. | Schubart, Pensionair zu Gallentin. | |
zu Stargard: | 230. | Siemssen, Bürgermeister. |
bei Stavenhagen: | 231. | von Blücher auf Rosenow, Rittmeister. |
232. | von Heiden auf Bredenfelde. | |
233. | von der Lancken auf Galenbeck, Kammerherr. | |
234. | von Oertzen auf Jürgenstorf, Landrath. | |
235. | von Oertzen auf Kittendorf. | |
zu Sternberg: | 236. | Kleiminger, Consistorialrath und Superintendent. |
bei Sternberg: | 237. | von Barner auf Kl. Görnow. |
238. | von Bülow auf Wahmkow. | |
zu Sülz: | 239. | Koch, Geheimer=Amtsrath. |
240. | Lorentz, Hülfsprediger. | |
bei Sülz: | 241. | von der Lühe auf Redderstorf. |
bei Tessin: | 242. | Karsten, Präpositus zu Vilz. |
243. | von Koß auf Vilz. | |
244. | von der Lühe auf Gnewitz. | |
245. | von Oertzen auf Woltow. | |
246. | von Plüskow auf Kowalz. | |
247. | von Schack auf Nustrow. | |
bei Teterow: | 248. | Graf von Bassewitz=Schlitz auf Burg=Schlitz. |
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bei Teterow: | 249. | von Blücher auf Suckow, Landrath. |
250. | von Heise=Rothenburg auf Vollrathsruhe. | |
251. | von Heise=Rothenburg jun. zu Vollrathsruhe. | |
252. | Jordan auf Grambzow, Domänenrath. | |
253. | von Lewetzow auf Hohen=Mistorf. | |
254. | Baron von Möller=Lilienstern auf Rothspalk. | |
255. | Pogge auf Roggow. | |
zu Waren: | 256. | Müller, Lehrer. |
257. | Pries, Bürgermeister. | |
258. | Sprengel Dr. jur., Stadtrichter. | |
bei Waren: | 259. | Brückner, Präpositus zu Gr. Giewitz. |
260. | Conradi, Pfarrvicar zu Ankershagen. | |
261. | von Frisch auf Klocksin. | |
262. | von Oertzen auf Sophienhof, Kammerherr. | |
263. | von Oldenburg auf Marxhagen. | |
264. | Graf von Voß auf Gr. Giewitz. | |
zu Warin: | 265. | Bartsch Dr., Kreisphysicus. |
bei Warin: | 266. | von Bassewitz, Kammer= und Jagdjunker, zu Tarzow. |
zu Wesenberg: | 267. | Grischow, Bürgermeister. |
zu Wismar: | 268. | Crain Dr., Professor, Director des Gymnasiums. |
269. | Crull, Kaufmann, königl. niederländischer Consul. | |
270. | Crull Dr. med. | |
271. | Fabricius Dr., Senator. | |
272. | Frege Dr., Lehrer am Gymnasium. | |
273. | Haupt Dr., Lehrer am Gymnasium. | |
274. | Haupt, Advocat. | |
275. | Lembcke, Advocat. | |
276. | Reuter, Lehrer. | |
277. | Pentzlin, Dr. med. | |
278. | Plagemann Dr. phil. | |
279. | Techen Dr. med. | |
280. | Thormann, Baumeister. | |
bei Wismar: | 281. | Albrandt, Pastor zu Lübow. |
282. | Baron von Biel auf Zierow. |
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bei Wismar: | 283. | Heyden, Pastor zu Beidendorf. |
284. | Koch auf Dreveskirchen. | |
285. | Lampert, Pastor zu Dreveskirchen. | |
286. | von Strahlendorf auf Gamehl, Kammerherr und Vice=Landmarschall. | |
zu Wittenburg: | 287. | von Flotow, Amtsverwalter. |
bei Wittenburg: | 288. | von Grävenitz auf Zühr, Major. |
289. | von Lützow auf Tessin. | |
290. | Walter, Candidat zu Cloddram. | |
zu Zarrentin: | 291. | von Röder, Domänenrath. |
bei Zarrentin: | 292. | von Lehsten auf Testorf, Kammer= und Jagdjunker. |
B . Außerhalb Meklenburg:
in der Mark Brandenburg: | 293. | von Lowtzow, Domherr auf Gr. Markow, wohnhaft zu Glöden. |
294. | Graf von Zieten, Landrath, Erbherr auf Wustrau. | |
zu Hamburg: | 295. | Krüger, Postsecretair. |
296. | Weber, Commerzienrath. | |
in Pommern: | 297. | Rudolf von Oertzen auf Pamitz bei Anklam. |
298. | J. von Bohlen auf Bohlendorf (auf Rügen, Halbinsel Wittow). | |
299. | Graf von Krassow, Landrath zu Franzburg. | |
in Sachsen: | 300. | Sabinin M., Hofprobst zu Weimar. |
in Oestreich: | 301. | Benecke, Lieutnant. |
C . Im Auslande.
in Rußland: | 302. | Rußwurm, Ober=Inspector zu Reval. |
I. | Protectoren | 2 |
II. | Hohe Beförderer | 8 |
III. | Ehrenmitglieder | 6 |
IV. | Correspondirende Vereine | 58 |
V. | Correspondirende Mitglieder | 53 |
VI. | Ordentliche Mitglieder | 302 |
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Beil. B.
aus der Rechnung über die Vereins=Casse vom
1. Juli 1850/51.
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Schwerin, den 1. Juli 1851.
P. F. R. Faull, Geh. Canzleirath,
p. t. Cassenberechner.
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Beil. C.
der in dem Vereinsjahre 1850/51 erworbenen
Bücher,
wissenschaftlich geordnet.
I. Heraldik, Genealogie, Numismatik.
Nr.
II. Kunst= und Sittengeschichte. (Vgl. unten die Schweiz.)
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III. Historische Sammelwerke; Biographie.
IV. Europäische Staatengeschichte.
V. Allgemeine und classische Alterthumskunde.
VI. Slavische Alterthumskunde; Polen.
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VII. Russische Ostsee=Provinzen.
VIII. Nordische Alterthumskunde und Geschichte.
IX. Die Schweiz.
X. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.
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XI. Oestreich.
XII. Baden und Würtemberg.
XIII. Baiern.
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XIV. Hessen und der Mittelrhein.
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nischen Geschichte. II. Schwert des Tiberius. Mainz 1850. 4. (No. 62 und 63 Geschenke des Vereins.)
XV. Schlesien und die Lausitz.
XVI. Sachsen und Thüringen.
XVII. Preußen; Pommern und Rügen.
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XVIII. Nieder=Sachsen.
XIX. Hamburg und Lübeck; Schleswig=Holstein=Lauenburg.
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rath Lüders zu Malchin vom J. 1837; durch ein Versehen erst jetzt an den Verein gelangt.)
XX. Meklenburgica.
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Beil. D.
der in dem Zeitraume von Ostern 1850 bis dahin 1851 für die Vereinssammlung erworbenen Alterthümer.
I. Alterthümer aus der vorchristlichen Zeit.
A. Aus der Zeit der Hünengräber.
1 Streitaxt aus Hornblende (unvollendet.)
1
Handaxt aus Hornblende.
7 Keile aus Feuerstein,
1 aus Grünstein=Porphir.
1 kleiner Hammer aus
Hornblende.
2 halbmondförmige Messer aus
Feuerstein.
1 Schmalmeißel aus Feuerstein.
1 Säge aus Feuerstein.
1 Pfeilspitze aus
Feuerstein.
1 kleine cylinderförmige Urne.
B. Aus der Zeit der Kegelgräber.
1 Schwert mit Griffzunge aus Bronze.
2 Frameen
aus Bronze
1 Eidring aus Bronze.
1
Bruchstück eines Kopfringes aus Bronze.
2 Paar
Armschienen aus Bronze.
2 Paar Handringe aus
Bronze.
2 kleinere Ringe aus Bronze.
1
kleine Heftel mit 2 Spiralplatten aus Bronze.
1
kleiner Beschlag aus Bronze.
2 Urnen und 1
Bruchstück einer Riesenurne aus Thon.
3 Schalen
aus Thon.
1 kleiner Napf aus Thon.
C. Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe.
1 Spindelstein aus Thon.
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D. Aus dem christlichen Mittelalter.
1 Pfeilspitze aus Eisen.
1 Schüssel aus
Messing.
1 Eßlöffel aus Zinn.
7 gemalte
Glasplatten.
2 Krüge aus blaugrauem Thon, und
einige Scherben von Thongefäßen.
1
Wünschelruthe aus Messing.
1 russisches Kreuz
aus Messing.
Beil. E.
Bericht über die Münzsammlung.
Die Münzsammlung hat sich im verflossenen Jahre um 240 Stück vermehrt; ihr sind seit ihrem Bestehen 806 Hohlmünzen, 28 goldene, 3593 silberne, 974 kupferne zweiseitige und 194 Schaumünzen, im Ganzen 5595 Stück zugewendet worden, in welche Zahl alle Doubletten mit eingeschlossen sind.
Die Vermehrung, welche sie in diesem Jahre bekommen, besteht hauptsächlich in dem so wichtigen Münzfunde von Reinshagen, welcher durch die Gnade Sr. Königl. Hoheit des Herrn Großherzogs Friedrich Franz zur Auswahl dem Verein überwiesen ward. Ueber die Bracteaten dieses Fundes ist in den Jahrbüchern S. 311 flgd. ausführlich berichtet worden. Unter den übrigen Geschenken zeichnen sich aus die halbe Crown von Wilhelm und Maria von England 1689, durch Hrn. Pastor Lampert zu Drewskirchen, ein halber Thaler von Ludwig XIV. von Frankreich von 1690, durch Hrn. Reg.=Secret.
Grischow zu Neustrelitz, und die ungarischen, mährischen und antiken Münzen, welche Hr. Lieutenant Baron F. v. Maltzan in Ungarn aus Klingebeuteln einwechselte. Die Universitäts=Sammlung in Rostock überließ eine Form aus dem Reinshäger Funde, wo im platten Rande 2 aufrechte Schlüssel mit auswärts gelehnten Bärten stehen, welche sich in dem Vorrath, der zum Verein kam, nicht befand, und die Herren Pastor Vortisch zu Satow, P. Albrand zu Lübow, Pogge auf Roggow, Baron von Maltzan auf Peckatel, Klockmann und Glöckler in Schwerin haben die Sammlung zu vermehren freundlichst Sorge getragen.
Demern, den 9. Juli 1851.
G. M. C. Masch.
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:
XVI. 1.
des
D as interessanteste Ereigniss in dem abgelaufenen Quartale dürfte die glückliche Einbringung eines uralten Götzen sein, welcher seit längerer Zeit ganz in der Nähe unserer Residenz umher spukte, ohne dass man seiner habhaft werden konnte. Es ward nämlich glaubhaft erzählt, dass bei dem Dorfe Godern vor etwa 25 Jahren in einem zur Wiesenverbesserung theilweise abgetragenen grossen Hünengrabe, dessen Reste noch zu sehen sind, der wohlerhaltene Kopf einer steinernen Statue gefunden sei, also ein Götzenbild, und zwar aus der Hünenzeit! Das war ohne Zweifel der Mühe einer genaueren Nachforschung werth! Die Herren Präpositus Schenck und Candidat Wigger zu Pinnow übernahmen es daher bereitwillig, den Schulmeister Rosenew zu Godern, welcher bei dem Funde zugegen gewesen sein sollte, zu Protokoll über den Thatbestand abzuhören, und wirklich bestätigte dieser Mann das Gerücht vollständig in allen seinen Theilen, mit dem Hinzufügen, dass er selbst den von vielen Leuten gesehenen Kopf, welcher einen bärtigen Mann darstelle, zu sich genommen und längere Zeit in dem Besitze desselben gewesen sei, ihn aber später an den damaligen Herrn Beamten, jetzigen Geh. Rath v. Plessen hieselbst, abgeliefert habe. Letzterer erklärte denn auch auf weitere Nachforschung, dass er sich des Vorganges sehr wohl erinnere, und lieferte das Wunderbild, welches er glücklicher Weise aufbewahrt hatte, vor einiger Zeit an die Vereinssammlung ab, wo es nun Jedermann sehen kann, aber - nichts finden wird, als einen ganz gewöhnlichen runden Feuersteinklumpen mit einigen ziemlich regelmässig stehenden Eindrücken und Erhöhungen, in welchem eine lebhafte, aber rohe Phantasie die Formen eines bärtigen menschlichen Angesichts zu erkennen geglaubt hat.
Dieser Spuk ist also glücklich gebannt, und das ist allerdings für die Wissenschaft auch ein Gewinn. Fast scheint es aber, als wenn die Wissenschaft selbst gleichzeitig bemüht gewesen ist, einen andern - Spuk wieder zu beleben, welcher seit vielen Jahren in der gelehrten Welt umging, in der letzten Zeit aber fast verschollen war: ich meine die sogenannten Rethraer Götzenbilder zu Neu-Strelitz. Bekanntlich ist die Unechtheit eines grossen Theiles dieser Figuren durch gerichtliche Untersuchung erwiesen, während die Echtheit der übrigen zwar vielfältig angegriffen, aber von anderer Seite hartnäckig vertheidigt ward. Unser Verein beauftragte desshalb schon vor Jahren den Herrn Archivar Dr. Lisch mit der genaueren Untersuchung dieser angeblichen Alterthümer an Ort nnd Stelle, und dieser kehrte mit der vollkommensten Ueberzeugung zurück, dass alle, ohne Ausnahme, das Werk eines plumpen und augenfälligen Betruges seien. Seitdem waren die ehemals so berühmten Götzen wenigstens hier zu Lande, fast vergessen. Vor etwa 2 Monaten ist nun aber, wie die Zeitungen bereits gemeldet haben, Herr Kollár, Professor der Archäologie an der kaiserlichen Universität zu Wien, und Kenner der slavischen Sprachen, wir wissen nicht, auf wessen Veranlassung, in Strelitz angekommen, um diese im Auslande anscheinend immer noch in einigem Ansehen stehenden Alterthümer einer nochmaligen Untersuchung zu unterziehen. Dem Vernehmen nach hat Herr Kollár dieselben auf den ersten Blick als echt erkannt, und soll diese Ansicht auch mit nach Wien genommen haben, wohin er be-
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dauerlich bereits zurückgegangen ist, ohne die hiesigen Sammlungen zu sehen obgleich das Studium derselben bei einer Untersuchung über slavische Alterthümer unsrer Gegend doch nicht ganz ohne Nutzen gewesen sein dürfte. Hoffentlich haben wir nun bald einen öffentlichen Bericht des Herrn Kollár über das Resultat seiner Untersuchung zu erwarten, worauf wir natürlich in hohem Grade gespannt sind.
Unsere Sammlungen haben sich übrigens in dem letzten halben Jahre (seit Ostern) wiederum sehr reicher und werthvoller Geschenke zu erfreuen gehabt, wie die folgende Uebersicht nachweiset. Es sind nämlich erworben:
A. Für die Alterthums-Sammlung:
I. Aus vorchristlicher Zeit, und zwar
1) aus der Zeit der Hünengräber:
1 Keil aus Feuerstein, gefunden in einem Hünengrabe bei Godern, geschenkt vom dem Herrn Präpositus Schencke zu Pinnow. - 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein und 1 kleine cylinderförmige Urne aus bräunlich gebranntem Thon, gefunden mit mehren anderen zerbrochenen Urnen in einem Hünengrabe zu Masslow bei Lübow, durch Vermittelung des Herrn Pastors Albrand daselbst geschenkt von dem Herrn Keding zu Masslow. - 1 grosse unvollendete Streitaxt mit Schaftloch aus Hornblende, gefunden im Acker zu Gottmannsförde, geschenkt von dem Herrn v. Böhl auf Cramonshagen. - 1 vor mehren Jahren wahrscheinlich zu Cramonshagen gefundene grosse Handaxt mit Handgriff aus Hornblende, geschenkt von dem Herrn v. Böhl daselbst.
2) Aus der Zeit der Kegelgräber:
1 Schwert mit Griffzunge, in der Klinge 29" lang, 2 Paar Armschienen in Spiralform, das eine von dreieckigem Draht, das andere von platten, breiten Blechstreifen und 2 Paar Handringe von reichverziertem Blech, convex getrieben, aus Bronze ohne Rost sichtlich noch ungebraucht und vollkommen wohl erhalten, gefunden im Moore bei Redentin; angekauft und dem Verein gegen Erstattung des Metallwerthes überlassen von dem Kupferschmied Herrn Marquardt zu Wismar. - 1 gewöhnliche Urne, 1 kleiner Napf und drei Schalen aus hellbraunem Thon, so wie ein kleiner Ring und ein ganz kleiner Beschlag, welcher sich zwischen Knochen und Asche in der Urne befand, gefunden beim Steinbrechen auf dem Felde von Molzow, und geschenkt von dem Herrn Landrath Baron v. Maltzan auf Rothenmoor, Molzow etc. - 1 kleine Heftel mit 2 Spiralplatten aus Bronze, ohne Rost, gefunden im Torfmoore zu Krassow und geschenkt von dem Herrn Pogge auf Roggow und Krassow.
Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe ist diesmal nichts eingegangen.
II. Aus dem christlichen Mittelalter:
1 zinnener Esslöffel mit länglich rundem Blatte aus dem 16. Jahrhunderte, mit der Inschrift: DRINCK VND IS . GOT NICHT VERGIS. , geschenkt von dem Herrn Baumeister Wachenhusen. - 1 Schlüssel aus Messing, geschenkt von dem Herrn Candidaten Eberhard zu Grüssow. - 1 Krug aus blaugrauem Thon, gefunden bei dem Abbruch eines alten Gebäudes zu Rothenmoor und geschenkt von dem Herrn Baron v. Maltzan.
B. Für die Münzsammlung:
1 Lübecker Groschen aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts, geschenkt von dem Herrn Pogge auf Roggow. - 1 halbe Silberkrone des Königs Wilhelm III. und der Königin Maria von England, vom J. 1689, geschenkt von dem Herrn Pastor Lamppert zu Dreveskirchen. - 1 Rostocker Dütchen von 1627 und ein mecklenburgischer Groschen von 1754, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortittch zu Satow. - 1 französisches Zweifrankenstück von 1690, 4 silberne und 5 kupferne Scheidemünzen, geschenkt von dem Herrn Regierungs-Secretair Grischow zu Neustrelitz.
C. Für die Bibliothek:
1, 2) Mémoires de la socéité impériato d'archéologie de St. Pétersbourg. Publéa sous lea auspices de la société par B. de Koehne. X. XI. (Vol. IV. No. 1. 2.) St. Pétersbourg et Berlin. 1850. 8. (Geschenk: der Gesellschaft.)
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3) Geschichte Polens von Dr. Richard Roepell. Erster Theil. Hamburg. 1840. 8.
4) Tableaux génealogiques et historiqueg de l'empire Britannique par F. Baron de Reden. Hannovre. 1830. Fol. (Geschenk des Herrn Ministers v. Lützow Exc.)
5) Das Münster zu Basel von Dr. D. A. Fechter. Das. 1850. 4.
6) Ueber einige Gegenstände der Sammlung von Alterthümern im Museum zu Basel. Von Prof. W. Fischer. W. o. (No. 4 und 5 Geschenke der antiquar. Gesellschaft zu Basel.)
7) De gladiis veterum imprimis Danorum schediasma autore Tychone Rothe. Havniae. 1752. 8.
8) Bern. de Plessen commentatio histor. politico-jurid. de libertate Germanica. Editio revisa. Halae. 1729. 4. (No. 6 und 1 Geschenke des Herrn Pastors Ragotzky zu Triglitz.)
9) Mittlieilnugen des histor. Vereins für Steiermark. Herausgeg. von dessen Ausschusse. Erstes Heft. Gratz. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)
10) Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken. Herausgeg. von C. v. Hagen. Bd. IV. Heft 3. Bayreuth 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)
11) Dreizehnter Bericht über das Wirken des histor. Vereins zu Bamberg. Das. 1850. 8.
12) Quellensammlung für fränkische Geschichte, herausgeg. von dem histor. Vereine zu Bamberg. Bd. II. Das kaiserl. Buch des Markgrafen Albrecht Achilles. Bayreuth. 1850. 8. (No. 10 und 11 Geschenke des Vereins.)
13) Verhandlungen des histor. Vereins von Oberpfalz und Regensburg. Bd. XIII. Das. 1849. 8. (Geschenk des Vereins.)
14) Zweiundzwanzigster bis vierundzwanzigster Jahresbericht des Voigtländischen alterthumsforsch. Vereins. Herausgeg. von Fr. Albert i. Gera. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)
15) Sammlung von Quellenschriften zur Geschichte Schlesiens. Herausgeg. vom Vereine für Geschichte und Alterthumsk. Schlesiens. Bd. II. Breslau. 1850. 4. (Geschenk des Vereins.)
16) Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Bd. III. Das. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)
17) Die hochfürstl. Leichenbegengnis des Durchlaucht. Fürsten etc. Herrn Friederich, Erben zu Norwegen, Hertzogen zu Slesswig-Holstein, Stormarn etc. gest. den 10. Aug. 1659, beigesetzt den 30. Jan. 1661. Ein Kupferstichwerk mit Vorrede und Beschreibung von Celarius. Schlesswig. 1662. Kl. Qu.-Fol. (Geschenk des verstorb. Bürgermeisters, Hofrath Lüders zu Malchin vom J. 1837; durch ein Versehen erst jetzt an den Verein gelangt.)
18) Fünfzehnter Bericht der schleswig-holstein-lauenburg. Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländ. Alterthümer. Kiel. 1850. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
19, 20) Aktenstücke, betr. das Bündniss vom 26. Mai und die deutsche Verfassungs-Angelegenheit. Erster Band und neue Folge; zweiten Bandes erstes Heft. Berlin. 1819. 8.
21 - 23. Zeitblatt für die evangelisch-lutherische Kirche Meklenburgs. In Gemeinschaft mit der meklenburg. Geistlichkeit herausgeg. von Karsten, Kliefoth u. A. I., II., III. Jahrgang. Schwerin. 1848 - 1850. 8. (No. 18 bis 22 Geschenke des Herrn Geh. Raths v. Oertzen.)
24) Textrinum antiquorum: an occonnt of the art of the weawing among the ancients, by Yamcs Yates. Part I. London. 1843. 8. (Geschenk des Herrn Verfassers, der im Sept. d. J. die Vereins-Sammlungen mit grossem Interesse besuchte.)
25) J. G. Lavater, "Das menschliche Herz", Gedicht in 6 Gesängen. "Noch Manuscript für Freunde." An Ihre Majestät Charlotte, Königin von Grossbritannien, geb. Prinzessin von Meklenburg-Strelitz. Mit eigenhändig
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von Lavaler geschriebenem Titel, datirt den 28. Jan. 1790, und dem Motto: "Freud' an Daseyn und Licht und an Recht und an Gott und an Zukunft." Vom Verf. veranstaltete Privat-Ausg. in 12, ohne Angabe des Druckorts, (Geschenk des Herrn Regierungs-Secretairs Grischow zu Neustrelitz.)
26 - 28. Protokoll-Hefte der Verhandlungen des mecklenb. patriotischen Vereins. Vom J. 1821-1845. Mit beigebundenen Schriften dieses Vereins. 3 Bd. Fol.
29) Michelsen, der meklenburg. patriotische Verein, aus seinen Verhandlungen dargestellt. Güstrow. 1837. 8. (No. 26 - 29 Geschenke des Herrn Grafen v. d. Osten-Sacken, welcher früher fast ein Vierteljahrhundert lang Haupt-Director des patriot. Vereins war.)
D. Für die Urkunden- und Handschriften-Sammlung:
Das kaiserliche Original-Diplom für den herzogl. meklenburgischen Rath und königl. schwedischen Amtmann Johann Cornelias Müllern vom 9. Jul. 1792, geschenkt von dem Herrn Staatsminister v. Lützow Exc. auf Boddin. - Handschriftliche Nachrichten über die Familien v. Barner, v. Below und v. Schack; wahrscheinlich aus dem Nachlasse des Ministers v. Gamm, geschenkt von dem Herrn Kammerherrn v. Engel auf Breesen. - Die Ureinwohner des skandinavischen Nordens, ein comparativ-ethnographischer Versuch von S. Nilsen (Professor an der Universität Lund), aus dem Schwedischen übersetzt von dem Gymnasial-Lehrer Masch zu Neuruppin, handschriftlich dem Verein geschenkt von dem Herrn Uebersetzer.
An wissenschaftlichen Arbeiten sind eingeliefert:
1) von dem Herrn Diakouns Börner zu Ranis: über die Burg Ranis und die Gefangenschaft des Fürsten Albrecht zu Meklenburg;
2) von dem Herrn Archivar Dr. Lisch: Beiträge zur Reformations-Geschichte, namentlich in Rostock, im Klützer-Ort, Malchin und Bützow;
3) von demselben: Elisabeth, Gräfin von Holstein, des Fürsten Johann von Meklenburg Tochter, und deren Tochter Elisabeth, vermählte Gräfin v. Wölpe;
4) von demselben; über die Burgwälle zu Zislow und Lenz;
5) von demselben: Beiträge zur Geschichte der Baukunst im Mittelalter, namentlich: über das Mauerwerk im Mittelalter (Fortsetzung), über die Bemalung der alten Kirchen und Beschreibung der Kirchen zu Ludorf, Satow bei Malchow und Grüssow;
Herr Bau-Conducteur Krüger zu Röbel schenkte dem Vereine die Abbildung eines bemalten Gurtgesimses eines Fensters der Kirche zu Alt-Röbel (um 1225).
Ausführlichere Nachrichten über Alterthümer ausserhalb Meklenburgs sind eingesandt:
1) genauere Beschreibung der Hünengräber bei Kollund in Schleswig von dem Herrn Lieutenant v. Raven. (Vgl. den Aufgrabungs-Bericht in Jahrb. XIV., S. 343.)
2) Bericht über die Alterthümer aus der Umgegend von Gransee und Neustadt-Eberswalde aus der Eisenperiode von dem Herrn Gymnasial-Lehrer Masch zu Neuruppin.
3) Bericht über einen bei dem Bau der Chaussee von Frankfurt a. O. nach Crossen gefundenen Wagen von Bronze, jetzt im Besitze des Herrn Grafen v. Zieten auf Wustrau, mit einer Zeichnung dieses höchst interessanten Alterthums, dessen Veröffentlichung durch Holzschnitt von dem Vereine beschlossen ist.
Zur Personal-Chronik des Vereins ist zu bemerken; der Tod des Hofraths Hartmann auf Greven und Lindenbek hieselbst, und der Beitritt der Herren Dumrath und Warkentin, Kaufleute zu Rostock.
W. G. Beyer,
Dr., Archiv-Secr.,
als zweiter Secretair des Vereins.
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:
XVI. 2.
des
D as letzte Quartal des nun abgelaufenen Jahres ist für die Bereicherung unsrer Sammlungen, namentlich der Alterthumssammlung, von allen das ergiebigste gewesen, wie sich aus dem nachfolgenden Verzeichniss der neuen Erwerbungen ergeben wird.
A. Die Alterthumssammlung.
I. Aus vorchristlicher Zeit.
1) Aus der Zeit der Hünengräber.
1 Keil aus hellgrauem, trocknem und undurchsichtigem Feuerstein, 10 1/2" lang, in der Mitte 2 1/2" breit und 1 3/4" dick, 2 1/2 Pfd. schwer; 1 Schmalmeissel aus ähnlicher Masse 11 1/2" lang, 1 1/4" breit und 1" dick; ein kleiner Keil aus schwarzgrauem, durchscheinendem Feuerstein, 6 1/4," lang und 3/8" dick, gefunden zu Seehof beim Sandgraben, 16 Fuss lief unter der Erde, und durch die Güte des Herrn Weidemann, Besitzers von Seehof, in der Sammlung des Vereins zur Aufbewahrung deponirt. Diese Geräthe zeichnen sich durch Vollendung und Schönheit der Schleiferei vor allen ähnlichen aus, und die beiden ersten dürften zu den grössten Steinwaffen gehören, welche in Norddeutschland gefunden sind. - 1 kleiner Steinhammer aus Hornblende, aus der untern Hälfte eines grössern im Schaftloche durchbrochenen Streithammers angefertigt, aber noch unvollendet, indem namentlich das von beiden Seiten konisch eingetriebene neue Schaftloch in der Mitte noch nicht die erforderliche Weite hat; gefunden zu Rederank, geschenkt vom Herrn Pastor Vortisch zu Satow. Das Stück ist von besonderm Interesse, da es die Art und Weise der Bearbeitung des Steines, namentlich des oft besprochenen Eintreibens der Schafflöcher deutlich erkennen. lässt. - 2 Paar halbmondförmige Feuersteinmesser und 1 Pfeilspitze aus Feuerstein, 1845 gefunden im Torfmoor bei Consrade, und von verschiedenen Besitzern zusammengekauft. - In einer verfallenen Steinkiste bei Grüssow wurden Reste einer unverbrannten Leiche und zahlreiche Gefässscherben von dem bekannten Charakter der Gefässe aus der Steinperiode gefunden.
2) Aus der Zeit der Kegelgräber.
Der wichtigste hierher gehörige Fund ist ein auf dem Kirchenacker zu Wosten bei Goldberg beim Reinigen eines Grabens gefundener goldener Eidring, welcher nach mancherlei Schicksalen (er war ursprünglich für die Schweriner Sammlungen bestimmt, nach Schwerin gesandt, versehentlich in die Hände eines Goldschmiedes gekommen, für 60 Rthlr. angekauft, wieder verkauft, nach Hamburg gesandt, von dort aber auf geschehene Nachfrage wieder hieher zurückgekommen) durch die Freigebigkeit Sr. K. H. des Grossherzogs zu dem Preise von 100 Rthlrn. für die grossherzogliche Sammlung erworben und so für die Wissenschaft glücklich gerettet ward. Er ist von reinem Golde, 5 1/4
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Loth schwer, an der einen Seite geöffnet, und an den beiden dünner auslaufenden Enden mit hohlen Halbkugeln verschen. - Hieran reiht eich ein zweiter ovaler Eidring von Bronze, dem vor mehren Jahren bei Bresegard gefundenen (leider eingeschmolzenen) Goldringe ähnlich. Er ist hohl gegossen, und innen offen, der dicke Knauf aber nicht durchschnitten, sondern nur durch schräglaufende Relieflinien scheinbar in zwei Halbkugeln getheilt. Der in der Länge 4" und in der Breite 2" weite Ring selbst ist durch Reliefs und Gravirungen reich verziert. Zu demselben Funde gehört ferner ein Bruchstück eines bronzenen Kopfringes, von der Art des in den Jahrb. XIV, S. 318 abgebildeten, und noch ein kleiner hohler, nach innen offener Bronzring von 2" Durchmesser, wie der eben dort abgebildete kolossale Armring. Er ist ganz mit hartem Thone, sehr wahrscheinlich dem Kerne, über den der Ring gegossen ist, gefüllt. Alle drei mit edlem Roste bedeckten, höchst werthvollen Alterthümer sind zusammen vor etwa 3 Jahren beim Chaussee-Bau zwischen Perleberg und Pritzwalk, auf der Feldmark Retzin, gefunden und von unserm correspondirenden Mitgliede, Herrn Pastor Ragotzky zu Triglitz, dem Vereine geschenkt. - Endlich hat Herr Baron A. v. Maltzan auf Peccatel dem Vereine eine in einer Steinkiste im Sande bei Rothenmoor gefundene Urne mit zerbrochener Deckeschale übergeben.
Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe ist auch dies Mal nichts eingegangen. Zur Vergleichung mit den Graburnen dieser Periode hat Herr Baron A. v. Maltzan zwei thönerne Töpfe aus Krain und Steiermark und eine Topfscherbe von den dalmatischen Inseln, aus einer den antiken Cefässen ähnlichen Masse, angekauft und dem Vereine übergeben.
II. Aus dem christlichen Mittelalter.
1 Krug aus blaugrauem Thone, und ein eisernes hakenförmiges Werkzeug, wahrscheinlich zum Krauten, gefunden zu Rothenmoor, und dem Vereine übergeben durch Herrn Baron A. v. Maltzan. - Ausserdem hat Herr Gymnasial-Lehrer Masch zu Ruppin eine Zeichnung einer bei Neu-Ruppin gefundenen bronzenen Spritze mit bräunlichem Roste eingesandt, und Herr Bau-Conducteur Thormann zu Wiemar Nachricht von einer in seinem Besitze befindlichen seltenen Kachel gegeben.
B. Münzsammlung.
1 kurfürstlich Sächsisches Zweigroschenstück von 1695, 1 Braunschweigischer Grossen von 1619 und 1 Hamburgischer Schilling von 1726, gefunden bei Wismar und geschenkt von dem Herrn Pastor Albrand zu Labow. - 14 alte Römische Bronzemünzen und 10 neue östreichische und Italienische Kupfermünzen, 1841 - 1850 aus Klingebeuteln in Ungarn eingetauscht und geschenkt von dem Herrn Fr. v. Maltzan von Rothenmoor. - 4 neuere Östreichische und Sächsische Münzen und 1 Marienbild-Amulet von Mariazell, geschenkt von dem Herrn Baron A. v. Maltzan auf Peccatel.
C. Die Bibliothek.
1) Prof. Oken, Ueber die Bestimmung der Streitäxte. Aus der Zeitschrift Isis. Jahrg. 1848. Heft 12. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
2) G. F. Mooyer, Ueber die angebliche Abstammung des normann. Königsgeschlechts Siziliens von den Herzögen der Normandie. (Als Manuscript gedruckt.) Minden. 1850. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
3) Archiv für die Geschichte Liv-, Esth- und Curland s. Fdirt von v. Bunge und Paucker. Bd. VI, Heft 1. Reval. 1850. 8.
4) Esthnische Volkslieder. Urschrift und Uebersetzung von H. Neus. Erste
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Abth. Reval. 1850. 8. (Nr. 3 and 4 Geschenke der esthländ. literar. Gesellschaft.)
5) a. Verhandlungen der gelehrten Esthnischen
Gesellschaft zu Dorpat. Bd. II, Heft 3. Das. 1850.
8.
b. Zur Erinnerung an August Hansen, Dr.
und Lehrer zu Dorpat Das. 1849, 8. (Geschenk der
genannten Gesellschaft daselbst. )
6) Die Burg Tannenberg und ihre Aufgrabungen. Im Auftrage des Grossherzogs von Hessen bearbeitet von Dr. v. Hefner und Dr. Wolf. Frankf. a. M. 1850. Gr. 4.
7) Historisches Taschenbuch. Herausgeg. von Fr. v. Raumer. Dritte Folge. Zweiter Jahrg. Leipzig. 1850. 8. (Geschenk des Hrn. Geh. Rath v. Oertzen.)
8) a. Zeitschrift des histor. Vereins für das
Württemberg. Franken. Erstes und zweites Heft.
Crailsheim. 1847. Aalen. 1848. 8.
b.
Gutenbergs-Archiv Nr. III. Geschichte und Sage.
(Würtemberg betr.) 8. (Geschenke des histor. Vereins
in Mergentheim.)
9) Abhandlungen der histor. Classe der königl. bayerischen Academie der Wissenschaften. Bd. VI, Abth. 1. München. 1850. 4.
10) Einige Worte über Wallensteins Schuld. Festrede, gelesen am 28. März 1850 von Dr. Rudhart. Das. w. o.
11) Ueber die polit. Reformbewegang in Deutschland im XV. Jahrh. und den Antheil Bayerns an derselben. Rede, gehalten am 28. März 1850 von Dr. Const. Höfler. Das. w. o.
12) Bulletin der königl. Academie der Wissenschaften. Jahrg. 1819. Nr. 1 - 37. Das. 4. (Nr. 9-12 Geschenke der k. Academie zu München.)
13) Abbildungen von Mainzer Alterthümern. Mit Erklärungen herausgeg. von dem Vereine zur Erforschung der rheinischen Geschichte. II. Schwert des Tiberius. Mainz. 1850. 4. (Geschenk des Vereins)
14) Auszüge aus 2 Nekrologien des Klosters St. Emmeram zu Regensburg. Erläutert von E. F. Mooyer. Aus Bd. XIII der Verhandlungen des histor. Vereins zu Regensburg. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
15) Uebersicht der Arbeiten und Veränderungen der schlesischen Gesellschaft für vaterländ. Kultur im J. 1849. Breslau. 1850. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
16) Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der Oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften besorgt durch J. K. O. Jancke. Bd. 27, Heft 1, 2. Görlitz. 1850. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
17, 18) Neue Preussische Provinzial-Blätter. Herausgeg. von Dr. A. Hagen im Namen der Alterthums-Gesellschaft Prussia. Bd. IX. X. Königsberg. 1850. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
19) Schloss Steinbrück und Jürgen Wullenweber. Von Lüntzel. Hildesheim. 1849. 8. - (Geschenk des Museums zu Hildesheim durch Hrn. Justizrath Lüntzel.)
20) Aktstykker til Nordens Historie i Grevefeidens Tid. Af danske og fremede Archiver. Samlede og udgivne af Fijens Stifts literaere Selskab. Odense. 1850. 8. (Geschenk der literar. Gesellschaft von Fühnen.)
21) Nachtrag nebst Register zu Bd. I der Schleswig-Holstein-Lauenburg. Urkunden-Sammlung. Kiel. 1850. 4. (Geschenk der histor. Gesellsch. zu Kiel.)
22) Codex Pomeraniae diplomaticus. Herausgeg. von Hasselbach und Kosegarten. Bd. I. Lieferung 4. Greifswald. 1851. 4.
23) Hanc, Uebersicht der meklenburg. Geschichte. 1804. 8.
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An wissenschaftlichen Arbeiten sind eingeliefert oder angekündigt:
1) Urkundliche Geschichte der Stadt Plau vom Hrn. Archivar Dr. Lisch.
2) Ueber die Bedeutung der Bronze-Wagen, durch Holzschnitte erläutert und mit einem Briefe von Jacob Grimm über denselben Gegenstand, von demselben.
3) Ueber die neuen meklenburgischen Münzen, vom Hrn. Pastor Masch zu Demern.
4) Ueber ein im Ratzeburgischen gefundenes Rennthier-Geweih von demselben.
5) Die meklenburgische Polizei-Ordnung vom J. 1512, vom Hrn. Archiv-Registrator Glöckler.
In der heutigen Versammlung des Ausschusses ward der Hr. Dr. Th. Petranowich, k. k. Landesgerichtsrath zu Zara in Dalmatien, zum correspondirenden Mitgliede des Vereins ernannt. Auch ist neuerdings mit dem historischen Verein für das Würtembergische Franken zu Mergentheim Correspondenz und Schriftwechsel eingeleitet.
Dagegen habe ich leider abermals einen Verlust von 20 ordentlichen Mitgliedern zu berichten, grössten Theils in Folge der nach und nach eingegangenen Kündigungen zu dem gegenwärtigen Jahreswechsel. Es sind nämlich ausgetreten die Herren Dr. med. Bartels zu Schwerin, Canzlei-Rath Boccius daselbst, v. Bülow auf Bäbelitz, Kammerherr v. Jagow zu Mirow, Kammer-Registrator Jeppe zu Schwerin, Senator Juhr daselbst, Major v. Kardorf auf Bölendorf, Baron v. Maltzan auf Kl. Rehse, Canzlei-Vicedirector v. Maydel zu Schwerin, Pastor Mühlenfeld zu Boddin, Amtmann Paepke zu Boizenburg, Graf v. Rittberg auf Beselin, Pastor Reuter zu Jördensdorf, Amtmann Schröder zu Wismar, Richard v. Stralendorf jetzt im Auslande, Bürgermeister Vogel zu Dömitz, Criminal-Rath v. Wick zu Bützow und Major v. Zülow zu Schwerin.
Gestorben sind der Hofsteindrucker Tiedemann zu Rostock, und Stadtbuchhalter Scheel zu Güstrow. Neue Mitglieder sind bis jetzt nicht angemeldet, so dass unsere Zahl jetzt auf 275 herabgesunken ist. Der Ausschuss glaubte desshalb, mit der Erlassung des schon in der letzten General-Versammlung beschlossenen Aufrufs an die treugebliebenen Mitglieder, dem weitern Verfalle des Vereins mit verdoppelter Thätigkeit entgegen zu arbeiten, nicht länger säumen zu dürfen. Derselbe wird mit diesem Berichte zugleich ausgegeben werden, und erlaube ich mir, denselben nochmals dringend zu empfehlen.
W. G. Beyer,
Dr., Archiv-Secr.,
als zweiter Secretair des Vereins.
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XVI. 3.
des
D urch den bekanntlich am 10. Jan. d. J. erfolgten Tod Sr. Hoheit des Herzogs Gustav von Meklenburg-Schwerin hat auch unser Verein, der den Verstorbenen seit seiner ersten Gründung zu seinen hohen Beförderern rechnen durfte, einen herben Verlust erlitten. Dagegen haben fast gleichzeitig Ihre K. H. die Frau Grossherzogin Auguste aus Allerhöchst eigener Bewegung geruhet, sich die bisherigen Arbeiten des Vereins vorlegen zu lassen, und unter der Versicherung AllerhöchstIhrer besondern Theilnahme an unsern Bestrebungen allergnädigst zu gestatten, Ihren Namen wiederum in die Reihe der hohen Beförderer des Vereins aufnehmen zu dürfen.
Unter den correspondirenden Mitgliedern des Vereins ist schon am Ende des v. J. der um die norddeutsche Geschichtsforschung, namentlich durch seine Theilnahme an der Herausgabe der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Vereinsschriften mehrfach verdiente Seminar-Director, Prof. Asmussen zu Segeberg gestorben. - Ihm folgte am 13. März d. J. in Folge einer Amputation des linken Fusses der Prof. Dr. Lachmann in Berlin, ein Mann, der durch Gelehrsamkeit, Geist und Gemüth zu den edelsten unsers Volkes gehörte und dessen Name wegen seiner hohen Verdienste um die deutsche Sprachwissenschaft in der ganzen gelehrten Welt stets mit Ehren genannt werden wird. - In demselben Monate starb ferner der Oberstlieutenant von Sommer zu Kopenhagen, Commandant der Rosenburg, ein sehr einsichtsvoller, thätiger und glücklicher Sammler nordischer Alterthümer, welcher unserm Vereine durch die Uebersendung einer Sammlung grönländischer und amerikanischer Steinalterthümer den besten Beweis seiner aufrichtigen Theilnahme gegeben hat. - Diesen folgte endlich im April d. J. der Gymnasiallehrer Masch zu Neu-Ruppin, ein unablässig thätiges Mitglied unsers Vereins, welcher ihm namentlich eine Menge Zeichnungen von seltenen in der Mark gefundenen Alterthümern, so wie eine von ihm angefertigte deutsche Uebersetzung von Nilson Skandinavische Ureinwohner verdankt.
Durch den Beschluss des Ausschusses in der heutigen Quartalversammlung ist dagegen dem Herrn Landschaftsdirector von Hodenberg Excellenz zu Lüneburg, mit welchem unser erster Secretair, Herr Archivar Dr. Lisch, neuerdings eine vielversprechende Correspondenz angeknüpft hat, wiederum zum correspondirenden Mitgliede des Vereins ernannt worden.
Auch von den ordentlichen Mitgliedern hat der Verein in dem abgelaufenen Quartale drei angesehene Männer und alte Freunde, den Vizepräsidenten des Oberappellationsgerichts Viereck zu Rostock, den Hofrath, Bürgermeister Schmidt zu Waren und den Hofrath, Bürgermeister Schlüter zu Crivitz durch den Tod verloren, und ausserdem ist der Dr. Ebeling zu Schönberg ausgeschieden, wogegen mir diesmal die Freude gegönnt ist, eine Reihe von nicht weniger als 29 neuen Mitgliedern aufführen zu können. Es sind nämlich
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beigetreten der Herr Staatsminister Graf v. Bülow Excellenz, Herr Generalmajor v. Witzleben und die Herren Ackermann und Kayser zu Schwerin, die Herren Dr. med. Crull, Senator Dr. Fabricius, Advocat Lembke, Dr. med. Techen, Advocat Haupt, Dr. med. Penzlin, Lehrer Reuter und Dr. phil. Plagemann zu Wismar, Professor Hegel, Senator Dr. Mann und Advocat Maassen zu Rostock, Kaufmann Daries, Kaufmann Goldschmidt und Senator Schultetus zu Plau, Oberforstmeister v. Lehsten, Präpositus Bauer und Bürgermeister Langfeld zu Rehna, Bürgermeister Cramer und Conrector Wiggers zu Gnoien, Pastor Hast zu Hagenow, Kammerherr v. Schulse auf Ludorf bei Röbel, Gutsbesitzer Maue auf Gros-Siemen hei Kröpelin, v. Plessen auf Gros-Viegeln bei Rostock, Candidat Walter zu Cloddram und der im vorigen Jahre ausgetretene Herr Pastor Vortisch zu Satow. Man sieht, die Hoffnung, welche den Ausschuss bei Erlassung des mit dem vorigen Quartalberichte ausgegebenen Aufrufs an den Patriotismus der Meklenburger leitete, hat uns nicht getäuscht. Möge dieser Erfolg auch denjenigen Herren, welche unsere Zuschrift bisher nicht beantwortet haben, ein Antrieb zu verdoppelter Thätigkeit sein!
Im Uebrigen ist aus dem abgelaufenen Quartale wenig zu berichten; namentlich wird das übliche Verzeichniss der neuen Erwerbungen für die Sammlungen des Vereins ungewöhnlich mager ausfallen. Es ist nämlich nur eingegangen:
A. Für die Alterthumssammlung.
I. Aus vorchristlicher Zeit.
1) Aus der Zeit der Hünengräber.
1 Säge aus Feuerstein, 4 1/2" lang, gefunden bei Rampe am Schweriner See und vom Vereine angekauft. - 1 Keil aus Feuerstein, 6 1/2" lang und 1 3/4" dick, gefunden im See bei Satow, geschenkt von dem Erbmüller Herrn Tidemann daselbst. - 1 Keil aus Grünsteinporphyr, 4 1/2" lang, 2 3/4" breit und 3/4" dick, gefunden auf dem Gute Horst bei Kröpelin, geschenkt vom Herrn Pastor Vortisch zu Satow. - Ausserdem schenkte Herr Pastor Vortisch dem Vereine 2 schon früher resp. bei Kleefeld und bei Moisall gefundene Keile aus Feuerstein, welche von ihm mit ledernen Riemen auf hölzernen Hacken befestigt sind, um den muthmasslichen Gebrauch derselben im Alterthume anschaulich zu machen.
2) Aus der Zeit der Kegelgräber.
1 Bruchstück einer Riesenurne von etwa 1 1/2 Fuss im Durchmesser und 5/8" dick, deren Zeitalter jedoch nicht mit Sicherheit zu bestimmen ist, gefunden bei Satow, geschenkt von dem Erbmüller Herrn Tidemann daselbst. -1 hohlgegossene Framea aus Bronze mit Schaftloch und Oehr ohne Rost, gefunden in einer Wiese bei Boizenburg, geschenkt von dem Herrn Amtsmitarbeiter v. Schöpffer zu Schwaan. - 1 Framea aus Bronze mit Schaftrinne und überfassenden Lappen, von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow polirt und gleich den oben erwähnten Steinkeilen auf eine hölzerne Hacke gebunden und dem Vereine geschenkt.
3) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe ist auch in diesem Quartale nichts eingegangen, als ein Spindelstein aus Thon, gefunden bei Kröpelin, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow.
II. Aus dem Mittelalter.
Der Herr Hofglaser Beckmann zu Doberan schenkte dem Vereine wiederum 7 alte gemalte Glasplatten, meistens adlige Wappen darstellend; der Herr Amtsmitarbeiter v. Schöpffer zu Schwaan eine eiserne Pfeilspitze, gefunden am Töpferberge bei Boizenburg, und der Kaufmann Herr Fr. Warkentin jun. zu Rostock ein russisches Kreuz aus Messing, gefunden zu Rostock beim Auf-
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graben eines Fundaments * ). Außerdem sandte Herr Pastor Willebrand zu Kladow einige auf einem Burgwalle bei Gömtow, jetzt Friedrichsruh bei Crivitz gesammelte Scherben mit einem Berichte über diesen bisher unbekannten Burgwall ein, und dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow verdanken wir ausführliche Nachricht über einen höchst interessanten Fund in dem alten Wallgraben zu Berendshagen: das Gerippe eines vollständig bewaffneten Ritters und seines Rosses, nebst einer Menge anderer Waffen und Geräthe, welches alles sich im Besitze des Herrn Hillmann auf Berendshagen befindet.
Eine nicht minder interessante Entdeckung anderer Art ist dem Herrn Pastor V ortisch, den wir mit wahrer Freude wieder als den unsrigen begrüssen, selber gelungen, nämlich eines Instrumentes, welches zwar anscheinend der neuern Zeit angehört, aber doch recht eigentlich in das Mittelalter zurückführt: einer Wünschelruthe von Messingdrath, und zwar derselben, deren sich die Schatzgräbergesellschaft in der Gegend von Bützow, Schwaan, Doberan und Kröpelin, von welcher der verstorbene Pastor Mussäus zu Haustorf die erste Kunde gab ** ), noch vor einigen Jahren bediente. Sie ward ihm zu Anfang dieses Jahres in Folge einer gegen den Aberglauben gerichteten Predigt, nebst einer Sammlung sympathetischer Sprüche von einem Gliede seiner Gemeinde ausgeliefert, und ist somit glücklich zu einer Antiquität geworden.
B. Für die Münzsammlung.
191 Bracteaten aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts , gefunden zu Reinshagen, Amts Doberan. Geschenk Sr. K. H. des Grossherzogs Friedrich Franz. - 12 Bracteaten, gleichfalls zu dem Reinshagener Funde gehörig, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow. - 1 runde messingne Wallfahrts-Medaille, anscheinend aus dem 17. Jahrhundert, gefunden in einer Sandgrube bei Satow, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch daselbst. - 1 silberne Medaille auf die Vermählung des Kronprinzen Carl von Schweden mit der Prinzessin Louise von Holland, 1850, geschenkt von dem Kaufmann Herrn Friedr. Warkentin jun. zu Rostock.
C. Für die Bibliothek.
1) Physiologus. Nach einer Handschrift des XI. Jahrh. zum ersten Male herausgegeben und erläutert von Dr. G. Heider. Mit Abbildg. Wien. 1851. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
2) Das Westportal des Domes zu Wien in meinen Bildwerken und ihrer Bemalung. Von Dr. Ed. Melly. Mit Abbildg. Wien. 1850. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
3) T. v. Wolauski's Briefe über slawische Alterthümer. Zweite Sammlung. Mit 88 Abbildgn. Gnesen. 1847. 4.
4) Roberto de Valturi. Wissenschaftliche Bildung des Soldaten. Castellum Sigismundum. Von G. Friedländer. Berlin. 1850. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
5) Lebensgeschichte Albrechts von Waldstein, Herzogs zu Friedland. Aus dem Italienischen des Grafen Priorato. Nürnberg. 1769. 8. (Geschenkt von Fr. A. Buchheim.)
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6 - 13) Vierter - siebenter, neunter - elfter Bericht über das Museum Francisco-Carolinum. Mit Beiträgen zur Geschichte und Landeskunde von Oesterreich ob der Enns und Salzburg. 7 Hefte. Linz. 1840 - 1850. 8.
14) Statuten des Vereins: Museum Francisco-Carolinum. Linz. 1841. 8.
15) Dritter Bericht über die Leistungen des oben gen. Vereins. Das. 1839. 4.
16 - 20) Museal-Blatt. Zeitschrift des Museum Francisco-Carolinum für Geschichte, Kunst etc. Oesterreichs ob der Euns und Salzburgs. Jahrg. 1839 bis 1844. 5 Hefte. Linz. 1839 - 44. 4.
21) Histor. krit. Abhandlung über das wahre Zeitalter der apostol. Wirksamkeit des heil. Rupert in Baiern. Von P. M. Filz. Linz. 1843. 8. (Nr. 6 bis 21 Geschenke des Vaterland. Vereins zu Linz.)
22. 23) Oberbayer. Archiv für vaterländ. Geschichte. Herausgeg. von dem histor. Vereine von und für Ober-Bayern. Bd. X. Heft 3. München. 1850. 8. Zwölfter Jahresbericht desselben Vereins für d. J. 1849. Das. w. o. (Geschenk des Vereins.)
24) Archiv des histor. Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. XI. Heft 1. Würzburg. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)
25) Mittheilungen der Geschichts- und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg. Bd. III. Heft 2. Altenburg. 1850. 8. (Geschenk des Vereins.)
26. 27) Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen. Neue Folge. Jahrgang 1848. Zweites Doppelheft. Hannover. 1850. 8.
28) Dreizehnte Nachricht über den oben gen. Verein. Das. w. o. (Geschenk des Vereins.)
29) Gesetze, Verordnungen und Verfügungen, welche für das Fürstenthum Ratzeburg erlassen sind. Herausgeg von G. M. C. Masch, Pastor zu Demern. Schönberg. 1851. 4. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
30) Ein Wort über praktische Statistik und die Mittel und Wege zu ihrer Förderung in Meklenburg. Von C. A. Ackermann. (Als Manuscript gedruckt.) Kiel. 1850. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
31) Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Meklenburg. Herausgeg. von E. Boll. Viertes Heft. Neubrandenburg. 1850. 8. (Geschenk des Hrn. Barons A. v. Maltzan auf Peckatel.)
32) Berlin, historisch und topographisch dargestellt. Von G. Fidicin. Berlin. 1843. 8.
D. Für die Bildersammlung.
Das lithographirte Portrait des wailand Erblandmarschalls Barons Ferd. v. Maltzan auf Penzlin, geschenkt von dem Herrn Baron A. v. Maltzan auf Peccatel.
An wissenschaftlichen Arbeiten sind eingelieferte
1) Von dem Herrn Archivar Lisch: Geschichte der Stadt Plau mit einer Urkundensammlung.
2) Von dem Herrn Pastor Masch zu Demern: Ueber den zu Hof Reinshagen gemachten Fund von Bracteaten aus dem 14. Jahrhunderte.
3) Von dem Herrn Dr. Mann zu Rostock: Das Testament des Rostocker Patriciers Arnold Copman, 1336.
Der ausführlichen Berichte des Hrn. Pastors Vortisch über die Schatzgräber- und Beschwörungs-Gesellschaft in der Gegend von Kröpelin, und des Herrn Past. Willebrand über den Gömtower Burgwall ist oben bereits gedacht.
W. G. Beyer, Dr., Archiv-Secr.,
als zweiter Secretair des Vereins.