zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 168 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IX.

Elisabeth,

des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg
Tochter,

Gemahlin des Grafen Gerhard I. von Schauenburg und Holstein,

und

ihre Tochter Elisabeth,

vermählte Gräfin von Wölpe,

von

G. C. F. Lisch.


B isher ist von Töchtern des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg noch nichts bekannt geworden. Wir verdanken dem Herrn v. Aspern zu Hamburg die Entdeckung einer solchen, und es ist die Pflicht, dieselbe in die meklenburgische Geschichte einzuführen; die Materialien liegen in v. Aspern Urkunden zur Geschichte der Grafen von Schauenburg, oder Cod. dipl. Schauenburg II, 1850, an verschiedenen Stellen.

Des Fürsten Johann I. von Meklenburg Tochter hieß Elisabeth und war des Grafen Gerhard I. von Holstein und Schauenburg (1239 † 1290) erste Gemahlin. Gerhard I. hatte zwei Gemahlinnen, welche bisher nicht bekannt waren.

Daß der Graf Gerhard I. zuerst eine Tochter Johann's I. des Theologen von Meklenburg zur Frau hatte, geht aus Detmar's Lüb. Chronik hervor, welcher zum J. 1263 beim Tode des Grafen Johann I. von dessen Bruder Gerhard sagt:

"De Ghert hadde knese Janeken dochter von Mekelenborch."

Aus dem weitern Verlaufe der Erzählung ist es nicht zu bezweifeln, daß der Graf Gerhard I. gemeint sei.

Der Hr. v. Aspern hatte ihr, durch mehrere verwandt=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schaftliche Verhältnisse und unbestimmte Angaben geleitet, den Namen Luitgard gegeben; vgl. v. Aspern in Cod. dipl. Schauenb. II, S. 145 flgd. und 319 flgd. und in Nordalbing. Studien III, 2, S. 209, dem auch Lappenberg in Melchior Lorichs Elbkarte, 1847, Stammtafel der Grafen von Schauenburg, S. 138, folgt.

Hierauf hat aber v. Aspern durch Unterstützung des Herrn Landschaftsdirectors v. Hodenberg eine Entdeckung gemacht, welche ihren Namen bestimmt angiebt. Am 17. Aug. 1272 verkauften die Grafen Gerhard I. und Johann II. von Schauenburg unter Nennung aller ihrer männlichen und weiblichen Erben dem Kloster Marienrode 16 Hufen in Geinhausen (vgl. Cod. dipl. Schauenb. II, S. 229 1 ). An dieser Urkunde hangen 9 Siegel, welche der Hr. v. Hodenberg dem Hr. v. Aspern in getreuer Zeichnung mitgetheilt und dieser auf Tab. VIII. zum Cod. dipl. Schauenb. hat abbilden lassen. Es hangen an dieser Urkunde die Siegel aller in derselben genannten ausstellenden und zustimmenden Personen, außerdem aber noch das Nr. 5 abgebildete Siegel einer in der Urkunde selbst nicht genannten "Gräfin Elisabeth von Holstein", und zwar vor den Siegeln der Töchter des Grafen Gerhard I. Es läßt sich also, da die Siegel nicht nach dem politischen Range der Aussteller angehängt sind, annehmen, daß diese Gräfin Elisabeth in einem bevorzugten Verwandtschaftsverhältnisse zu den Töchtern des Grafen gestanden habe, muthmaßlich ihre Mutter gewesen sei. Das große, runde Siegel stellt nun eine auf einem (mit Hennenköpfen (?) an den Seitenlehnen geschmückten) Sessel sitzende Frau dar, welche in der rechten Hand einen Schild mit dem holsteinschen Nesselblatte und in der linken Hand einen Schild mit einem Stierkopfe hält, mit der Umschrift:

Inschriftskreuz S' . e LIZ A B e T . COMITISS e . D e . HOLTS A CI A .

Dies ist nun ohne Zweifel die durch bloße Anhängung ihres Siegels zustimmende Gemahlin des Grafen Gerhard I. und "Knese Janeken" Tochter. Zwar fehlt dem Stierkopfe in der Abbildung das Halsfell, und es ist daher nicht ganz sicher, ob der Stierkopf ein meklenburgischer oder werlescher sei; aber theils kann bei so kleiner Darstellung das Siegel nicht ganz ausgedrückt oder erhalten sein, theils hat der Stierkopf auf den Siegeln des Fürsten Johann I. von Meklenburg, also auch muthmaßlich seiner Tochter, noch kein Halsfell. Daher nimmt v. Aspern in seinem Cod. dipl. Zusätze S. XXIII flgd. seine frühere Annahme, daß


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. I.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Johann's I. Tochter Luitgard geheißen habe, zurück und legt ihr, und zwar mit Recht, den Namen Elisabeth bei. Dies wird auch aus andern Gründen richtig sein. Die Gemahlin des Fürsten Johann I. von Meklenburg war Luitgard, Tochter des Grafen Poppo 1 ) von Henneberg, dessen Gemahlin Elisabeth hieß; nun legten die Aeltern ihren erstgebornen Kindern gerne die Namen ihrer Aeltern und nicht ihre eigenen Namen bei, so daß herkömmlich nicht Johann's I. von Meklenburg Tochter, sondern seine Enkelin den Namen seiner Gemahlin Luitgard führte. Der Name Luitgard kommt im hennebergischen Grafenhause seit alter Zeit viel vor.

Und wirklich stimmt dies wieder zu der Genealogie. Gerhard's ältestes Kind hieß wieder Luitgard, welche im J. 1265 mit dem Herzoge Johann von Lüneburg vermählt ward (vgl. v. Aspern in Nordalb. Studien, III, 2, S. 209.). Die zweite Tochter hieß, wie die Mutter, Elisabeth und war mit dem Grafen Burchard von Wölpe vermählt. Beide besiegeln auch die Urkunde vom J. 1272.

Das Siegel der Gräfin Elisabeth von Wölpe bestätigt ferner diese Genealogie und ist heraldisch sehr merkwürdig. Es ist ein großes, rundes Siegel, welches in der Mitte ein rundes Schild und umher zwei kreisförmige Bänder hat. Auf dem Schilde in der Mitte steht das Brustbild der Gräfin; an dasselbe stoßen drei Wappenschilde (in gleicher Entfernung von einander), welche mit dem obern Rande bis in den Rand der Umschrift reichen: oben steht der Schild der Grafen von Wölpe mit den zwei verbundenen Stierhörnern, unten rechts der Schild mit dem holsteinschen Nesselblatte, unten links der Schild mit dem (meklenburgischen) Stierkopfe: es sind also, außer dem Wappen des Gemahls, die Wappen beider Aeltern dargestellt. Diese drei Wappen wiederholen sich auf dem Siegel noch drei Mal, indem sie auf dem Bande zunächst um das Brustbild zwischen je zwei Schilden drei Male (ohne Schilde) dargestellt sind, und zwar immer verschieden, so daß immer ein anderes von den drei Wappenzeichen in der Mitte zwischen den beiden übrigen steht. Die Umschrift dieses Siegels lautet:

S' . e LIZ A B e T . COMITISS e . D e . W e L e P A .

Uebrigens war Elisabeth ungefähr 1250 - vor 1280 mit dem Grafen Gerhard I. vermählt.


1) Ein Sohn des Fürsten Johann I. führte daher den Namen Poppo.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Abstammung ergiebt denn folgende Uebersicht:

Stammtafel

Es fehlt bisher noch an urkundlichen Bestätigungen dieses Verwandtschaftsverhältnisses; es werden sich jedoch bei näherer Aufmerksamkeit ohne Zweifel mit der Zeit Andeutungen finden, welche die im Vorstehenden mitgetheilte Entdeckung bestätigen werden. So bestätigt eine im königl. dänischen Archive zu Kopenhagen entdeckte Urkunde 1 ) ohne Zweifel die nahe Verwandtschaft des holsteinschen Grafenhauses mit dem meklenburgischen Fürstenhause von weiblicher Seite: am 1. Julii 1303 verpfändete der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg, der Enkel Johanns I. des Theologen, wahrscheinlich zur Regulirung des Nachlasses seines im J. 1302 verstorbenen Vaters, unter Beistimmung seines Vetters ("patrui nostri carissimi") Nicolaus von Werle, seinem Vetter ("avunculo nostro carissimo"), dem Grafen Gerhard II. von Holstein, mehrere im Klützer Orte, also nahe bei Holstein, belegene Güter, nämlich 12 Hufen in Rolofshagen, 17 1/2 Hufen in Stelshagen, 18 Hufen in Schmachthagen und 3 Hufen in Dunkersdorf. Der meklenburgische Fürst Heinrich nennt den Grafen Gerhard von Holstein seinen "avunculus", d.h. Vetter von weiblicher Seite. Das Wort avunculus wird in den frühern Zeiten stets von Verwandtschaft von weiblicher Seite gebraucht, etwa bis zur Mitte des 13. Jahrh. für: Oheim, nach dieser Zeit aber auch für Vetter, jedoch immer noch von weiblicher Seite her. Den Fürsten Nicolaus II. von Werle oder Wenden nennt


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. VII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Heinrich aber seinen "patruus" d.h. Vetter von männlicher Seite; denn so wird das Wort patruus in jener Zeit ausschließlich gebraucht.

Die folgende Stammtafel wird diese Verwandtschaft klar machen.

Stammtafel

 

Vignette