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7.
Ueber das Mauerwerk des Mittelalters
und das Kalkbrennen auf der Baustätte.

Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 327 und 332.

In den Jahrb. XV, S. 327 ist bei der Beschreibung des alten Mörtels 1 ) nachgewiesen, daß im Mittelalter bei größern Bauten der Kalk auf der Baustelle gebrannt ward und vorzüglich darin größtentheils die Festigkeit des alten Mauerwerks zu finden sei. Es ist auch S. 332 ein Beispiel beigebracht: zum Bau des Schlosses zu Güstrow ward noch im J. 1559 der Kalk auf der Baustelle gebrannt.

Beim Studium der alten Stadtrechnungen werden sich gewiß noch mehr Beweise finden. Es liegen uns aber schon zwei alte, sehr interessante Beispiele mit großer Vollständigkeit vor und zum Theil sehr nahe.

Zum Bau des Domes zu Schwerin ward der Kalk unmittelbar neben dem Bau gebrannt. Der Dom zu Schwerin entbehrte lange Zeit eines Kreuzganges, ja er selbst ward erst spät in seiner jetzigen Gestalt vollendet, indem die Seitenschiffe erst im dritten Viertheil des 14. Jahrhunderts vollendet wurden. Früher konnte auch der Kreuzgang nicht an das Seitenschiff angebauet werden. Der erste Theil des Kreuzganges, das Refectorium 2 ), in welchem jetzt die Lehrzimmer des Gymnasii sind, ward erst im J. 1392 gebauet. Genau an der Stellt dieses Theils stand der Kalkofen zum Dombau. Am 26. Junii 1328 verkaufte das Dom=Capitel dem Vicar Rotger und seinen Nachfolgern (also zur Vicarwohnung) das Kalkhaus ("calkhûs") mit Hofftätte (area) und Haus, behielt sich jedoch das Wieder=


1) Der Herr Geh. Baurath Professor Stüler in Berlin schreibt mir: Schlechte, die Arbeit erleichternde Handwerksgebräuche haben uns von der guten Bereitung des Mörtels abgebracht, und erst in neuern Zeiten hat man sich bemüht, diese zu entfernen. Ich möchte noch die Bemerkung hinzufügen, daß man im Mittelalter wahrscheinlich fast durchgehends den Kalk unter dem Sande, d.h. einen oder mehrere Fuß hoch mit Sand bedeckt löschte. Für alles Mauerwerk beim neuen Museum habe ich diese in England noch allgemeine, außerdem in einigen Gegenden Süddeutschlands übliche Methode mit sehr großem Vortheil angewandt und einen überaus festen Mörtel erhalten".
2) Vgl. Jahrb. XIII, S. 157.
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kaufsrecht für den Fall vor, daß es ein Refectorium (dormitorium seu refectorium) bauen würde 1 ). Es ward also nach ungefähr 50 Jahren das Refectorium an der Stelle des Kalkhauses aufgeführt; unter Kalkhaus aber muß man ein Gebäude verstehen, in welchem ein Ofen zum Brennen und Gruben zum Löschen waren. Das Interessante hiebei ist nun, daß der Kalkofen noch vorhanden ist. Das Refectorium liegt hoch und hat tiefe Souterrains. In diesen tiefen und hohen Kellerräumen steht nun unter den Lehrzimmern des Gymnasii noch der Kalkofen. Es ist ein gewölbter Brennofen von ungefähr 20 Fuß Länge; in der Mitte des Fußbodens liegt der Länge nach ein Heizungskanal und nach oben hinaus geht der Rauchfang an einem Pfeiler hinauf; der Ofen ist so groß, daß ungefähr 50 Tonnen Kalk darin gebrannt werden können: man fand noch Reste von Kalk in demselben. Bei der vor mehreren Jahren vorgenommenen Restauration der Lehrzimmer entdeckte man dieses Bauwerk, das man sich damals nicht erklären konnte; der Zugang zu dem Ofen von außen her ward damals geöffnet, jedoch wieder zugemauert. Der Herr Bauaufseher Jantzen, ein zuverlässiger Mann, hat damals der Entdeckung und Untersuchung beigewohnt und mir diese sichere Mittheilung gemacht.

Ein anderes Beispiel ist das alte Schloß zu Plau. Im J. 1448 ward dem Lüdeke Hahn zur Unterdrückung der märkischen Raubfehden von dem Herzoge Heinrich von Meklenburg die Vogtei Plau anvertraut. Lüdeke Hahn fing sogleich an, das Schloß neu zu befestigen und neue Gebäude und Thürme aufzuführen, von denen noch ein Thurm und viele Befestigungswerke stehen. Auch zu diesen Werken ward der Kalk beider Baustelle gebrannt. In der plauer Amtsrechnung vom J. 1448 2 ) heißt es:

Dyt is dat Ludeke Hane hefft vthgeuen to Plawe.
Item tôme êrsten amme jâre XLVIII, do Ludeken Plawe wart antwerdet in sunte Bartholomeus dâghe:- - - - - - -
Item do Ludeke den kalk brochte van Malchin, do Marquard van Oldenborg myt em was.
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Item do Hans Hane 3 ) den calk brochte to Plawe.


1) Vgl. Jahrb. XIII, S. 325, Urk. Nr. XXXIX.
2) Vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn II, B, S. 113.
3) Hans Hahn war ein Bruder des Lüdeke Hahn auf Basedow und half diesem bei dem Bau des plauer Schlosses.
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Item do Ludeke den kalk brochte, do Marquart van Oldenborg myt em was.
Item do Hans Hane den kalk brochte. -
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Dyt is dat kostet heft dat têghelwerck vnde de calk vnde têghelschûne.
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Item Swynghen Gronowen vnde Clawes Tessen to Ghartze XXII vôr calk to brekende to Styten (also Steinkalk) 1 ).
Item XX dûsent calkes to Malchin (also Mergel= oder Wiesenkalk), vôr wâterdreghent vnde strîkent XXV lub. marck.
Item Pyste III s. myn wen IIII mark vôr III ôuen calkes to bernende vnde III lutke vêrndêl.
Item Berchmanne II lub. mark vôr den calkâuen to mûrende vôr Plawe.

Der Kalk von Malchin, welcher nicht gebrochen, sondern "gestrichen" ward, ist Mergelkalk. Zwischen den Feldmarken der Stadt Malchin und des angrenzenden Dorfes Gielow, auf oder an der Grenze, an dem Hohen Holze, war eine "Mergelgrube" ("mergelgrôve" oder "mergelkule"). Diese war im J. 1540 streitig geworden, aber sicher hatten die Malchinschen die Gerechtigkeit, hier Mergel zu Mauerkalk graben zu lassen. So heißt es in einem Zeugenverhöre:

"Item offt nicht de Malchinschen de suluige mergelkûle vôrlangest vnde allerlangest tho der stadt nutte gebrûket vnde noch dâgelicks tho tzîr vnde thôme besten der stadt Malchin mûren, torne, kercken vnde clûse dâr vth gebetert vnde entholden werden, de ôck van olders vnde thôme ersten anfange dâr vth gebûweth worden yss?"

Von diesem Mergelkalk wird in dem Streite immer gesagt, daß er "gegraben" wird, und im J. 1539, daß "etlich kalck in der Mergelkule zu streichen befohlen" sei.



1) Vgl. folgende Nr. 8.