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Goldener Eidring von Woosten.

Im Nov. 1850 fand zu Woosten bei Goldberg ein Tagelöhner beim Ausschaufeln eines Grabens auf dem Kirchenacker flach in der Erde einen schweren goldenen Ring, den er dem Präpositus Zander daselbst überbrachte. Durch einen unglücklichen Irrthum ward der Ring, der der großherzoglichen Alterthümersammlung angeboten werden sollte, an einen Goldschmied in Schwerin verkauft, welcher ihn durchschnitt und sogleich wieder in Hamburg, dem unfüllbaren Schlunde vieler Schätze, verkaufte. Durch sofortige Bemühungen ward glücklicher Weise der Ring nach Schwerin zurückgeschafft, wieder zusammengesetzt, von Schritt zu Schritt im Preise gesteigert und endlich Sr. K. H. dem Großherzoge angeboten. Um den Schatz zu retten, bewilligten Se. Königliche Hoheit die Summe von 100 Thalern und übergaben den Ring der großherzoglichen Alterthümersammlung. - Diese Geschichte enthält das Schicksal der meisten Schätze Norddeutschlands - mit Ausnahme des dies Mal noch glücklichen Endes, denn das Meiste geht spurlos unter. Es ist in der That merkwürdig, daß die Finder nie den offenen, graden Weg 1 ) gehen,


1) Vor kurzem habe ich mehrere Leute, die sich in den Besitz von Alterthümern gesetzt hatten, gebeten, mir dieselben für die öffentlichen Sammlungen zu guten Preisen zu verkaufen. Sie thaten es nicht, verkauften sie jedoch sogleich wohlfeil an andere Liebhaber, von denen ich sie - um das Doppelte wiederkaufte.
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auf dem sie sich viel mehr einbringen würden. Wie ganz anders ist es in Dänemark, wo gewiß Alles abgeliefert wird, was gefunden wird!

Der Ring ist von reinem Golde, wie es gewöhnlich die Natur giebt und stets in den goldenen Alterthümern der Bronze=Periode gefunden wird, und 5 1/4 Loth hamburg. Gewicht schwer. Er hat eine ovale Gestalt, ist geöffnet, und in der Mitte dicker als an den beiden Enden; an den beiden dünner auslaufenden Enden sitzen zwei hohle Halbkugeln. Der Ring gleicht daher den übrigen in großen Sammlungen befindlichen sogenannten Eidringen, welche ebenfalls alle von reinem Golde sind. Der Ring gleicht also dem bei Bresegard gefundenen, in Jahrb. IX, S. 383, abgebildeten und beschriebenen Ringe, nur daß dieser fünf Mal so schwer war. Bei dem bresegarder Ringe ward ausgesagt, daß ein gelblicher Stein zwischen den beiden Halbkugeln gesessen habe, jedoch verloren gegangen sei; ähnliche Gerüchte tauchten von dem Ringe von Woosten auf. Es ist allerdings möglich, daß die beiden Halbkugeln an diesen Ringen irgend ein Symbol (etwa eine Krystallkugel?) gehalten haben und daß überhaupt diese Ringe von edlem Metall nur dazu bestimmt gewesen sind, ein noch größeres Heiligthum darzubieten, um es nicht unmittelbar zu berühren. Hierauf scheint der im folgenden Abschnitte beschriebene, aus Einem Stücke gegossene Bronzering von Retzin zu deuten, bei welchem offenbar eine Kugel zwischen zwei Halbkugeln (aus einem Stücke gegossen) hat dargestellt werden sollen.

J. Grimm theilt uns brieflich die Bemerkung mit: "Der in den halbkugeln sitzende helle stein gemahnt an den iarknastein, dessen ich in den rechtsalterthümern und in der mythologie gedacht." Grimm sagt in seiner Mythologie S. 1167: Viel weniger mythisch als Kräuter sind Steine. - - - - Dennoch giebt es einzeln althergebrachte Mythen. Die Edda nennt einen heiligen iarknasteinn, der beim Kesselfang in das heiße Wasser geworfen wurde und den der künstliche Schmied Völundr aus Kinderaugen fertigte. - - - - Der entsprechende gothische Name airknast´ins, ahd. erchanstein, darf sicher vermuthet werden, da gothisch airknis: echt, heilig, ausgedrückt und ahd. erchan in andern Zusammensetzungen übrig ist. Es scheint aber der eirunde, milchweiße Opal zu sein, der sonst auch orphanus, pupillus, mhd. Weise heißt, und so köstlich war, daß er die deutsche Königskrone schmückte. - - - Aus Thiassis Augen wurden leuchtende Sterne, alle Sterne sind Edelsteine des Himmels u.s.w." Vgl. weiter Grimm a.a.O. und Rechtsaltth. II, S. 923.

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Der Ring gehört zu der Classe der großen goldenen Ringe, welche man in neuern Zeiten, zuerst in Dänemark, Eidringe genannt hat; man vgl. (Thomsen) Leitfaden zur nord. Alterthumskde. S. 43; Sorterup Kurze Uebersicht der Alterth. im kopenhagener Museum, S. 47; Worsaae Dänemarks Vorzeit, S. 50. Diese Ansicht, welche bis jetzt noch der wissenschaftlichen Begründung entbehrt hat, läßt sich jetzt schon ziemlich zur Gewißheit bringen. J. Grimm sagt in seinen Deutschen Rechtsalterthümern II, S. 895: "Der Schwörende in Standinavien faßte einen im Tempel bewahrten, vom godi (Priester) dargebotenen, mit Opferblut gerötheten Ring, der dem Gott Ullr geweiht war; daher schwören athrîngi Ullar Saem. 248 a ." In der Eyrbyggjasaga p. 10 heißt es (in Uebersetzung): "Es lag da (auf dem Altar) ein Ring (hrîngr), an dem man keine Zusammenfügung (môtlaus = sine compage, sine commissura) sah, zwei Unzen (tvieyringr) schwer, bei dem alle Eide sollten geschworen werden." In der Vîgaglûmssaga c. 25, p. 150 heißt es (in Uebersetzung): "Der Mann, welcher den Eid im Tempel ablegen sollte, nahm in seine Hand einen Silberring 1 ) (silfrbaug), der im Blute des Rindes geröthet war, das man geopfert hatte, und durfte (der Ring) nicht minder stehen (wiegen) als drei Unzen (aurar); ich leiste den Tempeleid und sage dem Gott, daß ich u.s.w.". In der Landnâmasaga p. 138 heißt es: "Ein Ring (baugr) zwei Unzen (tvieyringr) oder mehr schwer mußte in jedem Haupttempel auf dem Altar liegen und diesen Ring jeder Priester in der Hand halten in allen Gerichten, die er selbst hegte, und ihn vorher röthen in dem vergossenen Blute des Rindes, das er selbst geopfert hatte; jeder Mann, der eine gesetzliche Schuld sich im Gericht von der Hand zu lösen hatte, mußte an diesem Ring den Eid leisten". In seiner Deutschen Mythologie, S. 209, Note, sagt J. Grimm: "Ullr steht in Beziehung zu Baldr, welcher Saem. 93 a Ullar sefi (Ulli cognatus) heißt".

Die ganze Sache gewinnt noch mehr an Sicherheit, da auf einer zu Trier gefundenen alten Silbermünze ein solcher Ring dargestellt ist. Diese Münze ist abgebildet in Lelewel Etudes numismatiques et archéologiques, type gaulois ou celtique, Atlas, Tab. VI, Nr. 25, und wieder abgebildet in Wolanski Briefen über slavische Alterthümer, Erste


1) Daß hier ein silberner, und nicht ein goldener Ring genannt wird, hat wohl darin seinen Grund, daß die nordischen Sagen zu dem Heidenthum verhältnißmäßig jung sind und in der heidnischen Eisenperiode das Gold von dem Silber verdrängt ward.
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Sammlung, Gnesen, 1846, Tab. XI, Nr. 13. Auf dem Averse dieser klaren Münze, welche im Besitze des Herrn de Sauley zu Metz ist, ist der Kopf des einäugigen Odin mit dem einen Auge auf der Stirn abgebildet; auf dem Reverse knieet ein Mann (Priester), welcher mit der Hand einen großen Ring emporhält, welcher geöffnet und an beiden Enden mit Knöpfen oder Halbkugeln verziert ist.

Man vgl. übrigens den folgenden Artikel.

G. C. F. Lisch.