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Inhalt:

Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

G. C. F. Lisch,

Großherzoglich meklenburgischem Archivar und Regierungs=Bibliothekar, Aufseher der Großherzoglichen Alterthümersammlung und Mitaufseher der Großherzoglichen Münzensammlung zu Schwerin, correspondirendem Mitgliede der pommerschen, der thüringisch=sächsischen, der schleswig=holstein=lauenburgischen und der altmärkischen Gesellschaft für vaterländischer Geschichte und Alterthumskunde
als
erstem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Dritter Jahrgang.


 

Auf Kosten des Vereins.
Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1838.

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Inhalt:

Inhaltsanzeige.


S. 
I. Die Stiftung des Klosters Broda und das Land der Rhedarier von Archivar Lisch zu Schwerin 1
II. Memorienbuch des Klosters Amelungsborn, vom Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel 34
III. Wismarsche Chronik über die Vormundschaftsführung der Fürstin Anastasia von Meklenburg, 1275 bis 1278, vom Dr. Burmeister zu Wismar 37
IV. Ueber die Wachstafeln im Stadt=Archive zu Wismar, von demselben 50
V. Nachricht von den wismarschen Kirchen, von demselben 55
VI. Die Schweißsucht in Meklenburg im Jahre 1529, vom Archivar Lisch 60
VII. Die Pfarre zu St. Petri zu Rostock in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, von demselben 84
VIII. Die deutsche Chronik des Klosters Ribnitz von Lambrecht Slagghert, vom Advocaten Dr., Fabricius zu Stralsund 96
IX. Handschriften mittelhochdeutscher Gedichte: Wilhelm von Orange, vom Archivar Lisch 141
X. Miscellen und Nachträge 147
XI. Briefsammlung 169
XII. Urkundensammlung 195
A. Urkunden des Klosters Broda 197
B. Vermischte Urkunden 231
Vignette
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I.

Die

Stiftung des Klosters Broda

und

das Land der Rhedarier,

von

G. C. F. Lisch.


A llgemein bekannt und viel besprochen ist die alte Stadt Rhetra mit ihren wendischen Heiligthümern im Lande der Rhedarier; eben so bekannt ist der alte Streit über die Lage dieser Stadt. Abgesehen von dem Interesse, welches die Erkenntniß alter topographischer Verhältnisse an sich für jeden Gebildeten hat, ist die Schlichtung des Streits für die slavische Alterthumskunde in mehrfacher Beziehung von so hoher Bedeutung, daß eine erneuete Behandlung dieser Untersuchung gewiß ohne Entschuldigung gerechtfertigt erscheint.

Die gefeierte Stadt ging nach vielen frühern Leiden in dem Verwüstungskriege des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen völlig unter. In welchem Jahre dies geschehen sei, läßt sich urkundlich noch nicht bestimmen; so viel ist aber wohl gewiß, daß im Jahre 1164 durch den letzten Verwüstungszug des Löwen bis nach Pommern hinein die letzten Reste slavischer Macht in Meklenburg vertilgt wurden: das Land war verwüstet 1 ). Nach einigen Jahren der Ruhe und Erholung


1) Omnis ergo terra Obotritorum et finitimae regiones, quae pertinent ad regnum Obotritorum, assiduis bellis, maxime vero hoc novissimo bello, tota in solitudinem redacta est, domino scilicet favente et dextram piissimi ducis confortante. Si quae Slavorum extremae re- (  ...  )
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ward, vorzüglich durch die eifrige Bemühung des Bischofs Berno von Schwerin, der Grund zu der neuen Gestaltung der Dinge gelegt; man kann das Jahr 1170 als den Anfangspunkt der Wiedergeburt des Vaterlandes annehmen. Nachdem Berno das Christenthum unter den größten Aufopferungen und unter härtern Kämpfen, als mancher andere gefeierte Heidenbekehrer sie geführt hat, mit Erfolg im Wendenlande verbreitet hatte, bestätigte ihm der Kaiser Friederich I. in einer äußerst huldvollen Urkunde vom 5. Januar 1170 zu Frankfurt das Bisthum Schwerin und bestimmte dessen Grenzen, wobei er zugleich die Fürsten, Großen und Völker Wendenlands in kaiserlichen Schutz und Schirm nahm und die Fürsten zu Reichsfürsten erhob 1 ). Alsbald ging Berno an die Ausführung seines Lieblingswunsches, indem er im Jahre 1170 die gefeierte Abtei Doberan Cistercienser=Ordens, dem auch er angehörte, gründete und eben dadurch, daß die Cistercienser=Mönche den ersten Rang erhielten, viel Segen über Meklenburg verbreitete; am 1. März 1170 nahm der Mönchs=Convent, aus Bernos Mutterkloster Amelungsborn kommend, seinen Sitz in der neuen Stiftung. 2 )

In demselben Jahre 1170 geschah für die Sicherung eines bessern Zustandes in den Wendenlandern eine andere wichtige Handlung: die Restauration des Bisthums Havelberg. Zwar war das Bisthum schon unter dem Kaiser Otto I. im Jahre 946 fundirt, hatte aber im Laufe der Zeiten durch die fortgesetzte Empörung der Wenden so viele traurige Schicksale erlitten 3 ), daß es mehrere Jahrhunderte hindurch fast nur dem Namen nach existirte 4 ) und die neue Kirche erst im Jahre 1170 geweiht werden konnte. Dies geschah denn, nach so viel Trübsalen, auf Wunsch und Antrieb des Mark=


(  ...  ) manserunt reliquiae, propter annonae penuriam et agrorum desolationes, tanta inedia confecti sunt, ut congegratim ad Pomeranos sive ad Danos confugere cogerentur, quos illi nihil miserantes, Polonis, Sorabis atque Boemis vendiderunt. Helmold Chron. Slav. II, cap. V, §. 2. — Hiemit stimmen auch die ältesten heimischen Urkunden überein.
1) Vgl. Schröders Wism. Erstl., S. 40, und Francks A. und N. Mecklb. III, S. 117, Rudloffs Mecklb. Gesch. I, S. 141. - Die eigentliche Dotirung des Bisthums geschah, nach den beiden im Großherzogl. Archive zu Schwerin befindlichen Original=Ausfertigungen der Dotations=Urkunde, durch den Herzog Heinrich erst am 9. September 1171 zu Artlenburg zur Weihe der Domkirche zu Schwerin. Dies zur Berichtigung der Vermuthung v. Raumers in Reg. Brand., als sei die Urkunde 1170 zur Einweihung der Havelberger Kirche ausgestellt.
2) Vgl. Jahrb. II, S 14.
3) Vgl. Riedels Mark Brandenb. I, S. 282-289.
4) "A barbaris oppressus et convulsus jam pene nullus erat", heißt es in der Confirmations=Urkunde vom Jahre 1170.
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grafen Albrecht des Bären 1 ) von Brandenburg auf eine glänzende Weise. Es waren bei der Ausstellung der Confirmations=Urkunde 2 ) gegenwärtig 3 ): der alte Markgraf Albrecht der Bär, sein ältester Sohn Otto I., dem der Vater schon die Regierung abgetreten hatte 4 ), seine vier jüngern Söhne weltlichen Standes: Hermann, Dietrich, Albert und Bernhard, mit vielen Grafen und Rittern, die Lutizierfürsten Kasimir und Bugeslav, und außer andern Geistlichen, vorzüglich vom Pramonstratenser=Orden: der Erzbischof Wichmann von Magdeburg, und die Bischöfe Walo von Havelberg, Wilmar von Brandenburg, Gerung von Meissen und Evermod von Ratzeburg. Diese Einweihung geschah am 16. August 1170 5 ).

An demselben Tage schenkte zur Verherrlichung desselben der Fürst Kasimir I. von Pommern, mit Beistimmung seines ebenfalls gegenwärtigen Bruders Bugeslav I., den


1) Nach der Schlußformel derselben Urkunde.
2) D. d. Havelberg die I consecrationis ecclesiasticae, anno dominicae incarnat. 1170, gedruckt in Kuster opusc. II, St. 16, S. 104.
3) Vgl. Riedel a. a. O. II, S. 60, flgd.
4) "Jus Marchie tunc tenente", nach der Schlußformel der Brodaschen Urkunde Nr. I
5) Der Tag der Einweihung ist bisher nicht bekannt gewesen. Riedel a. a. O. I, S. 238, sagt nur, daß Albrecht der Bär bald nach dieser Einweihung gestorben sei, und v. Raumer Reg Brand. I, S. 229, Nr. 1380, sagt: "Wahrscheinlich lag M. Albrecht in den letzten Zügen"; der Sterbetag Albrechts ist nach allen Quellen, bei v. Raumer Nr 1381, auf den 18. November 1170 angegeben - Ich bin so glücklich gewesen, den oben angegebenen Einweihungstag zu entdecken. Im Großherzogl. Archive zu Schwerin sind Rechnungen und wirthschaftliche Tagebücher des Klosters Wanzka, Havelberger Diocese im Stargardschen, von 1544- 1546, mit zwei Lagen beschriebenen Pergaments in Fol. eingebunden. Diese umfassen die 4 Monate: Februar, März, August und September eines Calendarii (wahrscheinlich des Klosters Wanzka). Diese Fragmente enthalten weiter nichts Merkwürdiges, als unterm 16. August im Monat
A u g u s t.

Kal.
XVII. Arnulphi epi. et conf. Dedicatio ecclesie hauelbergh.

Die letztere Aufzeichnung der Dedication ist roth geschrieben. Diese Eintragung steht unmittelbar nach dem, ebenfalls roth geschriebenen Feste "Assumptio S. Marie genitricis Dei", (l5. August), welches am Tage vorher eineVigilie hat. Es giebt im Kalender zwei Tage auf den Bischof Arnulph: 18. Julius seine Translation und 16. August sein Tod. Die jedesmaligen Umstände müssen für die Annahme dieses oder jenes Tages entscheiden (vgl. Pilgram Cal. Tent.). Hier kann natürlich nur der 16. August gemeint sein. Dieses Calendarium ist aus dem 15. Jahrhundert, wahrscheinlich vom Jahre 1440, da der Schalttag im Februar eingetragen und Ostern auf den 27. März gestellt ist. Es ist zwar etwas stumpf, jedoch noch gut geschrieben; Anmerkungen einer spätern Hand zeigen eine jüngere Schrift, in welcher z. B. bei: Purificatio sancte Marrie V. beigesetzt ist: summum festum. - Daß mit der, in diesem Calendario angezeichneten Dedication nicht die erste vom Jahre 946 gemeint ist, geht daraus hervor, daß die erste Fundation vom 10. Mai 946 datirt ist (vgl. v. Raumer Reg. Nr. 154) und das folgenreichere Ereigniß wohl das Hauptereigniß blieb.
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Prämonstratenser=Domherren des Stiftes Havelberg eine große Menge von Dörfern im Lande der Tollenzer und Rhedarier (oder im spätern Lande Stargard), um damit ein Kloster ihrer Regel zu gründen; als Hauptgut wird an der Spitze der Güter das Dorf Bruode mit Markt und Krug angegeben. Mit dieser Schenkung ward das Prämonstratenser= 1 ) Mönchs=Kloster Broda bei Neu=Brandenburg gestiftet 2 ). In demselben Jahre stiftete Kasimir auch das Kloster Belbug 3 ), und die Fundation des Augustiner= (Prämonstratenser= ?) Klosters Mansfeld durch den Markgrafen Albrecht den Bären im Jahre 1170 mag ebenfalls bei Gelegenheit der Havelberger Restauration geschehen sein 4 ).

Diese Stiftungsurkunde gehört zu den wichtigsten Denkmälern unserer Geschichte, aber auch zu den dunkelsten. Ihre Bekanntmachung hat eben so viel Verwirrung angerichtet, als sie Licht zu geben vermag, und eine Geschichte ihrer Bekanntmachung gehört zu den interessantesten Einzelnheiten der Diplomatik. Zuerst ward sie von Küster 5 ) im Jahre 1734 durch den Druck bekannt gemacht, offenbar nach einer schlecht gelesenen schlechten Abschrift. Eben so schlecht ist der Abdruck,


1) Rudloff in Meckl. Gesch. II, S. 454, nimmt an, und nach ihm sogar Krey in Beitr. II, S. 196, daß Broda ein Cisterzienser=Nonnenkloster gewesen sei. Hiergegen streitet schon Riedel a. a. O. I, S. 454, der einen urkundlichen Beweis dafür beibringt, daß das Kloster Broda ein Prämonstratenser=Mönchskloster gewesen sei. Für die letztere Ansicht redet schon die Brodasche Schenkungsurkunde an die "canonici regulam S. Augustini secundum institutionem Norberti professi". Einige fernere Angaben aus den noch unbekannten Original=Urkunden des Klosters Broda im Großherzogl. Archive zu Schwerin werden hinreichend sein, jeden Zweifel zu entfernen:

1244 VI kal. Junii. - Ecclesia sancte Marie perpetue virginis sanctique Petri apostolorum principis in Brode.
1271 VII. Id. Julii. - Ecclesia S. Petri Ap. in Brode, ubi collegium canonicorum S. Augustini jugiter Deo deseruit.
1275 Aug. 9. - Ecclesia in Brůde et conuentus ordinis Premonstr. ibidem.
1331. Prepositus in Broda totumque capitlum eiusdem ecclesie.
1428. Invent. Steph. — Prauest und de menen capitel heren des closters to dem Brode.
1450. Febr. 8. — Prepositus ecclesie Brodensis, Premonstratensis ordinis, Hauelbergensis dyocesis.
1500. prid. Id. Jan. (eine päbstliche Bulle). — Prepositus et conuentus monasterii in Brode, Premonstratensis ordinis, Hauelbergensis diocesis.
1518. — Prauest tom Brode unnd gantze Capittel darsuluest.

Der Convent wird vorherrschend Capitel genannt.
2) Vgl. die Urkunde in Urk.=Sammlung Nr. I. Vgl. Riedel a. a. O. I, S. 287 und 454, flgd.
3) Vgl. v. Dreger Cod. dipl. Pom. p. 10.
4) Vgl. Kruse deutsche Alterth. III, 5, S. 63, flgd.
5) Küster Collectio opusculorum hist. March. illustr. II, St. 16, S. 140.
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den Buchholz 1765 1 ) gab. Auf diesen Abdruck gestützt begannen 1773 die lebbaften Streitigkeiten zwischen Masch und Buchholz 2 ) über die Lage von Rhetra und die viel besprochenen Götzenbilder. Endlich gab Gercken 3 ) im Jahre 1771 einen Abdruck nach dem Originale heraus, der freilich einige, jedoch nicht sehr bedeutende, Fehler enthält, aber doch so bedeutend viel besser ist, daß er die frühern Abdrucke ganz in den Hintergrund schieben sollte. Leider aber ist dieser Gerckensche Abdruck von Buchholz und Masch eben so wenig gewürdigt, als er in neuern Zeiten, selbst von Riedel, übersehen ist; und doch kommt es hier allein auf sogenannte Kleinigkeiten an. Der Buchholzsche Abdruck ward, als der mehr zugängliche und verbreitete, der am meisten beachtete. Durch die fast unglaublichen Abweichungen veranlaßt, bemühte ich mich um das Studium des Originals im Königlichen Geh. Staats= und Cabinets=Archive zu Berlin und war im J. 1834 so glücklich, eine Abschrift davon nehmen zu können, welche hier, nach meiner Ansicht, möglichst getreu mitgetheilt ist 4 ).

Diese Urkunde enthält nun, nach dem Sinne des Originals, nicht allein die Stiftung des Klosters Broda, sondern auch die einzige urkundliche topographische Nachricht über das Land der Rhedarier. Beide Gegenstände mögen hier zur Untersuchung kommen und zwar zunächst die Forschung über

das Land derRhedarier
und
die Stadt Rhetra.

Zuerst ist die Beantwortung der Fragen von Bedeutung: wann zuerst und unter welchem Namen Land und Volk der Rhedarier erwähnt werden. Spätere Bezeichnungen für frühere Zeiten können hier nicht in Betracht kommen; es gelten nur gleichzeitige urkundliche Zeugnisse. — Zuerst scheint das Volk im Jahre 936 erwähnt zu sein, und


1) Buchholz Versuch einer Gesch. der Chur=Mark Brand. IV, Anh. 2, S. 15.
2) Rhetra und dessen Götzen, Schreiben eines Märkers an einen Mecklenburger, Bützow und Wismar, 1773, und Masch Beiträge zur Erläuterung der obotritischen Alterthümer, Schwerin und Güstrow, 1774.
3) Gercken Codex dipl. Brand. III, S. 73.
4) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. I. Ich verdanke diese Erwerbung der Güte des Herrn Geh. Ober=Regierungsraths und Archiv=Dirctors v. Izschoppe und des Herrn Geh. Archivraths Höfer zu Berlin. - Die Urkunde ist eine große, schön geschriebene Charte, welche freilich deutlich genug geschrieben. ist, aber doch noch manche Buchstaben=Verzierungen und Eigenthümlichkeiten aus dem frühern Mittelalter hat, die allerdings zu falschen Lesarten verführen können.
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zwar unter dem Namen Riadri, in einer Urkunde des Kaisers Otto I. d. d. Magdeburg 14. October 936 1 ), in welcher der Kaiser sagt:

"quando de provincia slavorum, qui vocantur Riadri, in pace venimus ad Magathaburg".

Im Jahre 965 werden sie in einer Urkunde desselben Kaisers Riedere genannt 2 ), welche Benennung sich in einer Urkunde des Kaisers vom Jahre 973 wiederholt 3 ). In einem Briefe vom 18. Januar 968 von Capua nennt der Kaiser sie Redares 4 ); in einer Urkunde des Kaisers Otto II. vom J. 975 heißen sie Ridera 5 ). Adam von Bremen nennt sie Retharii 6 ), Helmold nennt sie Redarii 6 ), Ditmar von Merseburg nennt eine "urbs in pago Riedir-erun" 7 ). - Die lateinisirten Endungen dieses Völkernamens sind sehr verschieden. Der Zeitfolge nach scheint der Stamm des Namens folgende, grammatisch erklärbare Hauptabwandelungen erlitten zu haben:

Namensabwandelungen

Der altdeutsche Diphthong - ia - der Hauptsylbe verwandelt sich regelmäßig in - ie -, und dieser schwächt sich in - e -; das - th - ist mundartlich hochdeutsch für das niederdeutsche - d -. Die zweite Sylbe ist der Hauptsache nach ein - r - Laut und gehört sicher nicht zur Endung, sondern ursprünglich zum Namen. Der lateinisirte Name desVolks möchte daher urkundlich

urkundlicher Name des Volkes

lauten.

Schwieriger ist die Bestimmung der Lage des Landes der Rhedarier (oder Rhederen). Diese ist bisher, meiner


1) v. Raumer Reg. Brand. p. 30, Nr. 128. - Statt weiterer Quellenanführungen werden hier, wenn nicht ein Anderes nöthig ist, v. Raumers Brandenb. Regesten citirt werden.
2) v. Raumer Reg. Nr. 207.
3) Derselbe Nr. 251.
4) Derselbe Nr. 224.
5) Derselbe Nr. 261.
6) Derselbe Nr. 353.
6) Derselbe Nr. 353.
7) Derselbe Nr. 386.
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Meinung nach, wenn auch im Allgemeinen und ungefähr richtig, dennoch zu unbestimmt angegeben und die Ausdehnung des Landes dabei zu sehr vergrößert. Ständen uns auch keine Urkunden zu Gebote, so würden schon die gleichzeitigen Annalisten bei genauer Erklärung genaue Aufklärung geben können. Adam von Bremen 1 ) sagt:

Zwischen der Elbe und Oder leben slavische Völkerschaften, wie die Haveller (um die Havel), die Doxanen (um die Dosse), die Leubuzen, Wilinen und Stoderanen und viele andere, unter denen die mittelsten und mächtigsten die Rhedarier sind. Ueber die Leutizier (oder Wilzen) hinaus kommt man an die Oder, welche mitten durch das Land der Wendenvölker geht.

Hiemit stimmt in der Hauptsache auch Helmold 2 ) überein. Es geht hieraus hervor, daß die Rhedarier ungefähr in der Mitte derjenigen slavischen Völkerschaften zwischen Elbe und Oder saßen, welche an den heutigen Südgrenzen Meklenburgs wohnten; die Wendenvölker am Ostseeufer waren vorher schon von dem Chronisten aufgezählt. Die genannten Völker waren dem Erzähler bekannt, und diese waren ihm die nächsten: sie wohnten nach der Elbe hin. Diese begrenzen die Rhedarier gegen West und Süd ziemlich scharf: die Haveler (an der Havel), die Doranen (an der Dosse) und die Leubuzen (Lebus oder Leubus). Gegen Norden wohnten in dieser Völkergruppe die Leutizier bis an die Oder; die Leutizier kommen, sogar im Titel der vorpommerschen Fürsten, noch urkundlich vor; sie wohnten im ehemaligen preußischen Pommern. Da die Rhedarier inmitten der Völker zwischen Oder und Elbe wohnten, so werden von den Ostgrenzen ihres Landes bis zur Oder auch noch Völker gesessen haben; und dies scheint auch Adam von Bremen unter den "vielen andern" Völkern (multi alii), die er nicht nennt, angenommen zu haben. Hierauf scheint auch Helmold zu deuten, wenn er unbestimmt sagt:

"Post Oderae lenem meatum - - ad occidenalem plagam occurrit Winulorum provincia eorum, qui Tholenzi et Redarii dicuntur".

Doch wir besitzen Urkunden, welche deutlich genug über die Lage des Landes der Rhedarier reden, und es geschieht nur, um die Angaben der Chronisten in Uebereinstimmung mit den


1) Adam. Brem. II, 10 - 13.>
2) Helmold Chron. I, 1.
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Urkunden zu bringen, wenn wir bei ihnen verweilen. - Seit der Eroberung des östlichen Theils des Wendenlandes zwischen Oder und Elbe werden die Völker dieser Gegend in den Urkunden deutlich genug geschieden, indem sie dem Erzbisthum Magdeburg beigelegt werden. Am 27. Junius 965 geschah es, daß:

"Otto Imp. -- quidquid censuali jure a subditis sclavorum nationibus videlicet: Ucranis, Riezani, Riedere, Tolensane, Zerezepani in argento ad publicum majestatis fiscum persolvitur, decimam illius S. Mauricio Magadeburg offert 1 ).

Dasselbe wird durch eine Urkunde vom 5. Junius 973 2 ) bestätigt, in welcher die zehentpflichtigen Völker folgendermaßen aufgezählt werden:

"Ucran, Rezem (Resian), Riedere, Tolensani, Zircipani",

ebenso in einer Urkunde vom 9. September 975 3 ):

"Ucrani, Ritzani, Ridera, Tolensane, Zerezpani".

Es unterliegt keinem Zweifel, daß in den urkundlichen Aufzählungen der Länder oder Provinzen eine genaue geographische Aufeinanderfolge beobachtet wird. Da die Pommern bis an die rechten Ufer der Oder reichten und es außerdem gewiß ist, daß unter der Ucra ungefähr die heutige Ukermark verstanden wird, so geht, in Betrachtung der übrigen Umstände, aus jenen Aufzählunaen hervor, daß die ottonischen Urkunden in der Aufzählung der genannten Völkerschaften an dem Westufer der Oder beginnen und damit in der Richtung gegen Nordwest bis zu Pene fortfahren. Die Pene schied, nach den Chronisten, bekanntlich die Länder Tolenz und Circipen; auch urkundliche Angaben zeugen dafür, indem z. B. das Kloster Dargun noch im Lande Circipen lag, jedoch auch Besitzungen im nahe gelegenen Lande Tolenz besaß 4 ); daß das Land Tolenz südlich mit dem See Tolenze begann, möchte kaum zu bezweifeln sein; es erstreckte sich also vom Südende des Sees Tolenze nördlich bis an die Peene, bis gegen Dimin. - Das Land der Rhedarier lag daher nach den urkundlichen Aufzählungen in


1) Vgl. v. Raumer Reg. Nr. 207.
2) Vgl. v. Raumer Reg. Nr. 251.
3) Vgl. v. Raumer Reg. Nr. 261.
4) Vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 2, 11 und 126.
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den ottonischen Urkunden des 10. Jahrhunderts sicher zwischen den Ländern Ucra und Tolenz. Die Uker reichte immer bis an die östlichen Grenzen des jetzigen Großherzogthums Meklenburg = Strelitz 1 ). Zwischen dem Lande Uker und dem Lande der Rhedarier lag nach der Aufzählung aber noch ein Land, das Land der Rizani; daß es hier lag, leidet keinen Zweifel, wenn man es auch nach Rathenow hat verlegen wollen. Welches die Grenzen des Landes der Rizanen gewesen sei, vermag ich nicht zu bestimmen; allem Anschein nach wird es das Land Pasewalk (Pozwolk), welches in unserer frühesten Urkundenzeit ein eigenes Land bildete 2 ), oder das Land Stargard gewesen sein; ich möchte mich für Pasewalk mit dem nördlichen Theil von Meklenburg=Strelitz um die Stadt Friedland entscheiden.

Diese urkundlichen Angaben werden noch durch andere verstärkt, nämlich durch die Bewidmungen des Havelberger Bisthums. Bei der Stiftung dieses Bisthums am 10. Mai 946 3 ) verlieh der Kaiser Otto demselben die Zehnten aus mehreren Provinzen, welche in strenger geographischer Folge von Südwest nach Nordost aufgezählt werden. Unter diesen kommen für die hier in Frage stehenden Provinzen folgende vor:

"(Dosseri, Linagga), Murizzi, Tholenz, Plot."

Das Land Müritz lag 4 ) am Westufer des Sees gleichen Namens und grenzte nordöstlich an das Land Tolenz. Auffallend ist es, daß dem Bisthum Havelberg der Zehnten aus der Provinz Tolenz verliehen ward, welchen im J. 965 der Kaiser auch dem Erzbisthum Magdeburg schenkte; freilich war das Bisthum Havelberg in den frühern Zeiten nur nominell und der Erzbischof konnte ihm verliehene Zehnten ja wieder an einen Bischof seines Sprengels abtreten. Aber das Bisthum Havelberg behielt nicht allein diese Provinz, indem im J. 1150 bei Confirmation des Bisthums durch den Kaiser Konrad II. unter andern folgende Länder als zu demselben gehörig genannt werden 5 ):

"Linagga, Morizi, Dolentz, Ploth",

sondern der Kaiser fügte zu den Zehnten aus

"Desseri, Linagga, Murizi

auch noch den Zehnten aus dem Lande der Rhedarier:


1) Vgl. Riedel M. B. I, S. 459, flgd.
2) Vgl. Riedel M. B. I., S. 459, flgd.
3) Vgl. v. Raumer Reg. Nr. 154.
4) Vgl. Jahrb. II, S. 102 flgd.
5) Küster Opusc. II., St. 16, S. 134.
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"decimam tributi, quod nobis solvitur de Rederi",

welcher früher auch dem Erzbisthum Magdeburg verliehen war. Dabei blieb es denn auch, als im J. 1179 der Kaiser Friederich I. da Bisthum bestätigte 1 ); zu den Provinzen des Bisthums gehörten

"Linagga, Morizi, Dolentz, Plote",

und dazu bestätigte er:

"decimam - - - proviniciarum, hoc est Desseri, Morizi et decimam tributi, quod- solvitur de Radwere."

Sehr genau trifft die Aufzählung von Südost her (Uker, Rizanen, Rhedarier) mit der Aufzählung von Südwest her (Dosser, Müriz) im Norden in dem Lande Tolenz zusammen, so daß das Land der Rhedarier gegen Norden hin im Keile zwischen den Ländern Ucra und Rizani von einer, dem Lande Müriz von der andern Seite, lag, mit der Spitze gegen das Land Tolenz.

Nach urkrundlichen Zeugnissen lag in dem Lande Desseri oder Dasseri (um den Fluß Dosse) die Stadt Wittstock, in dem Lande Linagga die Stadt Putlitz 2 ); beide Provinzen werden in ihrer Aufeinanderfolge oft verwechselt, ein seltenes Beispiel.

Nach diesen urkundlichen Ausführungen läßt sich die Lage des Landes der Rhedarier schon ziemlich genau bestimmen:

Gegen Osten ward es von dem Lande Ukra (Ukermark) begrenzt, zwischen welchem und dem Lande der Rhedarier jedoch noch das Land der Rizanen hineinreichte; im Norden grenzte das Land Tolenz, im Westen das Land Müriz; an der Südgrenze des Landes begegneten sich die Grenzen der Länder Ucra und Dasseri (um Wittstock).

Nach allem Vorgebrachten ist das Land der Rhedarier in seinen Grenzen wohl nirgends anders zu suchen, als in dem

jetzigen Amte Strelitz des Großherzogthums Meklenburg=Strelitz, dem Strelitzschen Cabinets=Amte und der Gegend um Stargard.

Diese Untersuchungen sind jedoch nur vorbereitende. Durch die Stiftungsurkunde 3 ) des Klosters Broda vom J.


1) Vgl. Küster Opusc. II., St. 16, S. 134, vgl. v. Raumer Reg. Nr. 1455.
2) Vgl. Riedel M. B. I., S. 276, flgd.
3) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. I.
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1170 können wir die Grenzen noch genauer ziehen und uns dem Ziel immer mehr nähern.

Zu dieser Stiftungsurkunde kommen zur Untersuchung noch die Confirmations=Urkunden 1 ) des Klosters, namentlich die Confirmation des Herzogs Bugeslav I. von Pommern vom J. 1182 2 ), so wie die werleschen Confirmationen von 1230 3 ), 1273 4 ) und 1312 5 ) und die pommersche Confirmation vom J. 1244 6 ). Nach dem Originale der Fundations=Urkunde werden dem Stifte Havelberg zur Gründung eines Klosters folgende Ortschaften geschenkt:

"uilla Bruode, cum foro, taberna et omnibus attinentiis suis, similiter et has villas: Woiutin * ), Caminiz, Wogarzin 7 ), Szilubin 8 ), Calubye, usque in fluuium, qui uocatur Pretustniza 9 ), Patsutin, Wolcazcin, Crukowe, Michnin 10 ), Pacelin 11 ), Vilim, item Vilim Carstici 12 ), Cyrize * ) 13 ), Wůzstrowe castrum cum uilla; In Raduir: Podulin ** ), Tribinowe, Wigon, Cussowe 14 ), Tuarduli ** ), Dobre, Step, Rouene, Priul-


1) Die Benutzug dieser Confirmations=Urkunden und der übrigen dieser Arbeit angehängten Documente verdanke ich der Gnade Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs von Meklenburg=Strelitz, Höchstwelche mir aus Dero Archive die Originalien zur Benutzung zusenden ließ. Die wichtige Urkunde vom J. 1182 war bisher noch gar nicht bekannt; die übrigen Confirmations=Urkunden existirten nur in schlechten Abschriften im schweriner Archive. Dankbar muß ich hiebei auch die wissenschaftliche Unterstützung des Herrn Raths Bahlcke zu Neu=Strelitz rühmen, welcher Höchsten Orts mit der Uebersendung dieser Urkunden beauftragt war.
2) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. II.
3) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. III.
4) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. VII.
5) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. XII.
6) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. IV.
*) Die fast unglaublichen Fehler in den ersten Drucken, welche auch die Bearbeiter aufgenommen haben, hier anzuführen, wäre überflüssig. Die Abweichungen von Gercken's Leseart müssen aber respectirt werden. Gercken hat an den mit * bezeichneten Stellen Wouitin und Cyxice, offenbar Versehen oder Druckfehler.
7) Die Confirmations=Urkunde vom J. 1244 (vgl. Urkund.=Sammlung Nr. IV.) hat einige sprachliche Abweichungen in den Namen, welche sich eher erklären lassen; namentlich hängt sie gerne ein -ow an die Namen: 7)Wogartzinov.
8) Silubinu.
9) Prituznitza.
10) Michninow.
11) Pancirin. Die Lesart Pancirin muß wirklich slavische Dialektverschiedenheit gewesen sein; auch das Dorf Penzlin bei Plau heißt in einer Dotations=Urkunde vom J. 1235 noch Pentzarin.
12) VilimCarstitze.
*) Die fast unglaublichen Fehler in den ersten Drucken, welche auch die Bearbeiter aufgenommen haben, hier anzuführen, wäre überflüssig. Die Abweichungen von Gercken's Leseart müssen aber respectirt werden. Gercken hat an den mit * bezeichneten Stellen Wouitin und Cyxice, offenbar Versehen oder Druckfehler.
13) Sirize.
**) Die Lesearten Potlutin und Tuartlutin Gerckens sind aber offenbar Lesefehler statt Podulin und Tuardulin. Das - d - der Original=Urkunde nähert sich dem -d- der ottonischen Zeit und hat viel Aehnlichkeit mit den eng Zusammengerückten Buchstaben -τl-. Auch ich las Anfangs, wie Gercken, bis die sorgfältigste Vergleichung aller Buchstaben der Urkunde mich und den Herrn Geheimen=Archiv=Rath Höfer für meine Lesart bestimmte. Auch die Confirmations=Urkunde vom J. 1244 liest Podulinov und Tuardulinov. - Die Endsilbe -tin bei Gercken, statt -lin, ist ein Versehen.
14) Cussiwo.
**) Die Lesearten Potlutin und Tuartlutin Gerckens sind aber offenbar Lesefehler statt Podulin und Tuardulin. Das - d - der Original=Urkunde nähert sich dem -d- der ottonischen Zeit und hat viel Aehnlichkeit mit den eng Zusammengerückten Buchstaben -τl-. Auch ich las Anfangs, wie Gercken, bis die sorgfältigste Vergleichung aller Buchstaben der Urkunde mich und den Herrn Geheimen=Archiv=Rath Höfer für meine Lesart bestimmte. Auch die Confirmations=Urkunde vom J. 1244 liest Podulinov und Tuardulinov. - Die Endsilbe -tin bei Gercken, statt -lin, ist ein Versehen.
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biz 1 ), Nicakowe, Malke, Kamino, Lang, Ribike 2 ), Tsaple, Nimyrow, Malkowe, Stargard, et Lipiz 3 ), cum omnibus uillis suis usque in stagnum Woblesko et sursum Hauelam usque Chotibanz, et desertas uillas, quae a Vilim inter fines Chotibanz, Lipiz et Hauelam iacent."

In dieser Aufzählung lassen sich leicht vier Gruppen von Dörfern scheiden, welche ebenfalls nach der Richtung der Himmelsgegenden genau auf einander folgen und welche das Räthsel über die Lage des Landes der Rhedarier lösen.

Zuerst werden die Dörfer aufgezählt, welche am westlichen Ufer des Sees Tollenze liegen. Mit dem Hauptorte Bruode 4 ), Brod oder Broda wird der Anfang gemacht. Dann folgen die Ortschaften, welche in der Richtung von Südwest nach Nordost, nordwestlich von Broda liegen, am westlichen Ufer des Tollenze=Flusses entlang:

Woiutin = Weitin,
Caminiz = Chemnitz,
Wogarzin = Woggersin 5 ),
Szilubin = Lebbin 6 ),
Calubye = Calübbe,

bis nördlich zum Flusse

Pretustnitza.

Dieser Fluß bildete die Nordgrenze des Gutes Calübbe und der Besitzungen des Klosters Broda. Als im J. 1249 der Herzog Wartislav von Demmin dem Kloster Reinfelden bei Lübeck die Dörfer Wildberg, Wolkow und Reinberg in der Provinz Gotebant schenkte, setzte er ebenfalls den Fluß Pretustniza zur Südgrenze der Besitzungen, dem Dorfe Calube gegenüber 7 ).

Hier hört die Aufzählung gegen Norden hin auf und der Verfasser der Urkunde wendet sich in derselben Normal=Richtung


1) Prilbiz.
2) Ribki.
3) Lipetz.
4) Broda liegt nahe vor den Thoren von Neu=Brandenburg, am Fuße des Belvedere, in einer reizenden Gegend. Von Kirche und Kloster ist jetzt keine Spur vorhanden; nur einzelne große Backsteine in und an den Fundamenten der Wirtschaftsgebäude des jetzigen Hofes Broda zeugen von alter Zeit.
5) Die Confirmation von 1182 hat Wigon statt Woggersin.
6) Bei Masch noch Slöbbin genannt; das angrenzende Tetzleben, südlich von Treptow, kann wegen des Grenzflusses Pretustnitza wohl nicht gemeint sein.
7) Vgl. v. Dreger Cod. dipl. p. 285 und 286.
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von Broda aus weiter von Nordost gegen Südwest, folgende Ortschaften nennend:

Patsutin = Passentin,
Wolcazcin = Wulkenzin,
Crukowe = Krukow, Michnin 1 ) = (Rehse),
Pacelin = Penzlin,
Vilim = Gr.-Vielen,
Vilim Carstici = Kl.-Vielen,
Cyrice = Hohen-Zieritz,
Wůzstrowe = Wustrow.

Hiemit schließt die Aufzählung der ersten Gruppe, welche von Broda aus nach zwei Richtungen in derselben Normal=Direction geschah.

Alle diese Dörfer liegen an der Westseite des Sees Tollenz und gehörten ohne Zweifel zum Lande gleichen Namens. Die Gegend von Wustrow bildete ein eigenes kleines Ländchen (wohl als ein Theil des größern Landes Tollenz) am südwestlichen Ende des Sees. Im Vergleiche von Cremmen 2 ) vom J. 1236 wird neben den Ländern Beseritz (Friedland) und Stargard auch das Land Wustrow genannt:

terra Wostrowe sicut sita est cum omnilius attinentiis usque ad flumen, quod dicitur Tholenze 3 ).

Daß es ein eigenes Ländchen war, läßt sich schon daraus abnehmen, daß zu Wustrow eine Burg (castrum) gehörte. Das Land Tollenze lag auch nach andern Andeutungen nur westlich von den Tollenze=Gewässern. Nach der Confirmations=Bulle des Papstes Urban III. für das Bisthum Schwerin vom J. 1185 4 ) ging nach den Worten:

"terram Plotam totam usque Tolenze, ipsam provinciam Tolenze"

gegen Norden die östlich von der Tolenze liegende Provinz Plote bis an die Tolenze, und nach den folgenden Untersuchungen im Süden das Land der Rhedarier bis an diese Gewäser. Es bleibt also für das Land Tollenze anderswo kein


1) Michnin existirt nicht mehr, muß aber ungefähr dort gelegen haben, wo jetzt Rhese liegt. Das Wort Michnin ist kein Lesefehler. In der Confirmation vom J. 1182, welche noch in voller Kenntniß des Gegenstandes ausgestellt sein muß, wird statt Michnin zuerst Reze et Wolcaz genannt und in der werleschen Urk. von 1230 werden Resze und Nyendorp ungefähr an der Stelle von Michnin aufgeführt; vgl. Urk. Nr. III. und XII. Das Dorf Rehse war ein altes Gut des Klosters Broda.
2) Vgl. Buchholz Brandenb. Gesch., IV., Anh. S. 67.
3) Vgl. Riedel M. B. I., S. 424 u. 435.
4) Vgl. Franck U. u. N. Meckl. III., S. 190.
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Raum übrig, als an der Westseite der Tollenze=Gewässer. Nach den angeführten Confirmations=Urkunden des Bisthums Havelberg folgt in der Richtung von Südwest nach Nordost unmittelbar auf das Land Tollenz immer das Land Plote; eben so wird in der schweriner Urkunde des Kaisers Friedrich vom J. 1170 das Land Plote zwischen die Länder Tolense und Lositz (Loitz) gestellt; nach Lositz folgt Tribuses. In einer Urkunde von 1284 1 ) wird das Land Plote neben das Land Treptow und in einer andern Urkunde von 1249 2 ) werden die Länder Gützkow (Cotscowe), Loitz (Lositz) und Plote als Grenzländer neben einander gestellt. Das Land Plote lag also unzweifelhaft zwischen der Peene und der Tollense. In Hinterpommern lag jedoch auch ein Plote 3 ).

In der folgenden Aufzählung der verliehenen Ortschaften herrscht aber bis jetzt die größte Verwirrung; die meisten Namen scheinen, mit Aunahme weniger, völlig dunkel; daher sind die ferner genannten Ortschaften von den Ausiegern in die verschiedensten Gegenden verlegt. Masch hält die meisten Namen für corrumpirt und corrumpirt sie noch mehr, indem er sie nach seiner Meinung verbessert, wie er z. B. sagt von: "Step, welches Flet, jetzt Fläth, ein See, heißen soll". Auf diese Weise findet er die meisten Ortschaften südlich von der Comthurei Mirow. Riedel 4 ), der neueste Bearbeiter der alten Geographie dieser Gegend, sucht "Malke, Malkow und Cumerow" (statt Camino) in Malchow, Malchin und Kummerow, obgleich er es für wahrscheinlicher hält, daß es untergegangene Dörfer seien; Chotibanz hält er aber für die nördlich gelegene Provinz Gotebant u. s. w.

Wohl in seltenen Fällen hat sich die Diplomatik und historische Kritik besser bewährt, als in dem vorliegenden Falle. Es hängt die ganze Untersuchung über diese interessante Gegend und das Land der Rhedarier ganz allein von einem Puncte ab. In dem Abdrucke der Urkunde bei Küster ist die in Frage stehende, nächste Stelle der Urkunde folgendermaßen interpungirt und geschrieben:

"Cyrice, Wuztrowe castrum cum villa in Raduw, Potlulm," etc.

und bei Buchholz:


1) Vgl. Balt. Studien II., 1, S. 133 u. 134.
2) Vgl. v. Dreger Cod. dipl. Pom. p. 307, wo v. Dreger, mit großer Wahrscheinlichkeit, Plote bei Plotz, südwestlich von Jarmen zwischen Peene und Tollense sucht.
3) Vgl. Höfer Zeitschrift für Archivkunde, II., 1, S. 117.
4) Vgl. Riedel M. B. I., S. 457 flgd.
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"Crukowe, Wustrowe castrum cum villa in Radun, Pothelin," etc.

Masch nahm Wustrowe allein für das Gut oder Land dieses Namens, setzte "castrum in villa Radun" zusammen und fand diese Burg in dem Dorfe Radun in dem Grapenwerder bei Radenfelde (d. h. jetzt Rahnenfelde) neben Penzlin wieder! Riedel nimmt "Schloß und Dorf Wustrow" zusammen, läßt das bedeutungsvolle in weg und nennt "Radur eine unbekannte Ortschaft". Damit trat Radur in die Reihe unbedeutender, untergegangener Ortschaften. Gercken hätte schon auf das Richtige leiten sollen, da er das Richtige hat; aber er ward fast unglaublicher Weise vernachlässigt. Die alten Urkunden bezeichnen bekanntlich jeden Eigennamen im Original dadurch, daß sie hinter denselben einen Punct setzen; dieser Punct ist im Original ebenfalls immer gesetzt; dabei kommt dann aber ganz etwas anderes zum Vorschein! Die fragliche Stelle ist im Originale folgendermaßen geschrieben:

"Cyrice. Wůstrowe. castrum cum villa. In Raduir. Podulin, Tribenowe," etc.

Im Originale steht nach dem Worte villa ein Punct und das folgende Wort In beginnt mit einem groß und sorgfältig geschriebenen großen I , so daß: In Raduir : als Einleitung zu einer neuen Reihe von Namen an die Spitze gestell wird 1 ). Der Sinn ist also folgender:

Der Fürst Kasimir schenkt dem Stifte Havelberg folgende Dörfer: Woiutin, Caminiz, - - Cyrize, Wustrowe mit Burg und Dorf; (Ferner schenkt er dem Stifte:) In Raduir: (die Dörfer) Podulin, Tribinowe u. s. w.

Dieses Raduir ist aber nichts anderes, als - das Land der Rhedarier. Schon oben ist nachgewiesen, daß der Zehnten aus dem Lande der Riederi oder Rederi (Redarier), welcher früher dem Erzbisthum Magdeburg angewiesen war,


1) In der pommerschen Confirmation vom J. 1244 (Urk.=Samml. Nr. IV.) ist freilich so unterpungirt, wie die Abdrücke interpungiren:

"Sirize. Wostrov. castrum cum vila in Radur. Podulinov."

Diese Urkunde ist aber ohne Bewußtsein der typographischen Verhältnisse ausgestellt, indem sie dem Kloster bestätigt, was es gar nicht mehr besaß; diese Urkunde ist nur zur Aufrechthaltung des politischen Princips ausgestellt und wiederholt nur die Worte der Fundations-Urkunde, indem bei schon völlig geregelten neuern Zuständen viele der geschenkten Dörfer gar nicht mehr vorhanden waren. Auch wenn man ihr Gewicht beilegen wollte, so würde die Nordwestgrenze von Radur nur etwas weiter gegen Westen verlegt, indem noch die Burg Wustrow hineingezogen würde.
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im J. 1179 vom Kaiser Friederich I. dem Bisthum Havelberg verliehen ward; in der Urkunde dieser Verleihung wird das Land des Volkes ebenfalls Radwere genannt 1 ). Auch eine zweite Ausfertigung 2 ) der Stiftungsurkunde des Klosters Broda vom J. 1170 hat die Lesart Radwer statt Raduir. Ohne Zweifel hieß also nach den Urkunden:

das Volk: Riaderi, Rederi,
und
das Land: Raduir, Radwer.

Hiemit ist also gegen Nordwest hin eine sichere Grenze des Landes der Rhedarier gegeben: sie lag zwischen den benachbarten Dörfern Hohen=Zieritz und Prilwitz, da Cyrize noch nicht im Lande Raduir, Priulbiz aber schon in demselben lag.

Alle in der Urkunde hinter Wustrow aufgezählten Ortschaften lagen also im Lande der Rhedarier (in Raduir). Und mit dieser Erkenntniß ist für die Alterthumskunde Meklenburgs unendlich viel gewonnen!

Die aufgezählten Güter im Lande Raduir 3 ) lassen sich nun in drei Gruppen scheiden, wenn dabei die geographische Aufeinanderfolge festgehalten wird.

Die erste dieser Gruppen lag von Nord gegen Süd am östlichen Ufer der Tollenze, da einige sichere Namen, wie Cussowe und Rouene darauf hindeuten. Die Ortschaften sind folgende:

Podulin = Podewahl 4 ),

nördlich von Neu=Brandenburg, da die Sylbe - in wohl nur für eine Endung zu halten ist und die Auflösung des - u -in -ewa- nicht auffallen kann; das folgende

Tribinowe = (Trollenhagen)

muß dann ungefähr in der Gegend von Trollenhagen gelegen haben;

Cussowe = Küssow,

östlich von Neu=Brandenburg;

Wigon 5 ),

1) Vgl. Küster Opusc. II., St. 16, S. 134.
2) Vgl. diplom. Bemerkungen zu Urk. Nr. I.
3) Alle Güter im Lande Raduir, östlich und südlich von der Tollenze, besaß das Kloster im J. 1182 nicht mehr; über dieselben redet also mit Sicherheit allein die Fundations=Urkunde.
4) Das Gut Podewahl besaß das Kloster in spätern Zeiten wieder, freilich aus einem Kaufe vom J. 1366.
5) In der Confirmations=Urkunde vom J. 1182, als die Pommerherzoge ihre Herrschaft am östlichen Ufer der Tollenze verloren hatten, wird das Gut Wigon statt Woggersin gesetzt, ein Beweis mehr, daß es nicht weit von den Niederungen am Nordende des Tollenze=Sees gelegen haben müsse.
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Tuardulin,
Dobre,
Step

müssen dann in dem Areal und der Feldmark der Stadt Neu=Brandenburg und südlich von dieser Stadt untergegangen sein;

Rouene = Rowa.

Diese Annahme wird dadurch ungemein bestärkt, daß "noch heutiges Tages die links am Wege nach Neu=Strelitz (bis zum Tannenkruge) belegenen und an die Felmarken von Rowa und Bergenstorff stoßenden Neu=Brandenburger Ackerstücke: die Stepen=Stücke heißen 1 ).

Die Güter Warlin, Stawen und Roga, östlich von Neu=Brandenburg, für Tuardulin, Step und Rovene zu halten, möchte etwas gewagt scheinen, obgleich Tuardulin auf das jetzige Warlin zu deuten scheint.

Die zweite dieser Gruppen legte sich südöstlich um den See Tollenz. Hier sind die Ortschaften schon bekannter; es erscheinen der Reihe nach folgende:

Priulbiz = Prillwitz;
Nicacowe und
Malke

sind wohl in den vielen, jetzt deutsch benannten Ortschaften östlich von Prillwitz untergegangen;

Kamino = Cammin;
Lang

fehlt jetzt, ungefähr bei dem jetzigen Carlshof;

Riebike = Riepke,
Tsaple = Sabel,
Nimyrow = Nemerow,
Stargard = Stargard (Stadt);
Malkowe

ist nicht mehr vorhanden.

Die dritte dieser Gruppen im Lande Raduir erstreckte sich vom südlichen Ende des Tollenze=Sees gegen Südwest bis gegen Wesenberg hin. Diese Gruppe wird nur in ihren Grenzen bezeichnet und umfaßte alle Dörfer der Lipiz,


1) Diese Nachricht verdanke ich der Forschung des Herrn Pastors Boll zu Neu=Brandenburg. In Beziehung auf die Namen Wigon, Tuardulin und Dobre ist derselbe nicht so glücklich gewesen. Derselbe bemerkt jedoch, daß der Augenschein lehre, daß früher wenigstens drei Dorfschaften auf der Neu=Brandenburger Feldmark gelegen haben müssen, da durch drei größere Thäler die jetzige Feldmark in drei natürliche Abschnite getheilt sei; er vermuthet, daß in dem deutschen Namen des Bauerdorfes Bergenstorf ein slavischer Name untergegangen sei.
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worunter ohne Zweifel die Gegend des Lieps=Sees bei Prillwitz verstanden wird. Zu bemerken ist, daß, gerade wie im Tollenzer=Lande der Hauptort Broda, so hier beim Lande Raduir die Gegend von Prillwitz zum Mittelpunct der Aufzählungen erwählt ist. Die Lieps mit ihren Dörfern umfaßte nach der Urkunde die Gegend von Lipiz (dem Lieps=See 1 ) beiPrillwitz) bis südlich zum See Woblesko, d. i. dem Wöblitz=See bei Wesenberg, und von da gegen Norden die Havel hinauf, welche durch den Userinschen See fließt, bis Chotibanz 2 ), d. h. der Gegend des Dorfes Kustall, jetzt Adamsdorf, zwischen Prillwitz und Kratzeburg, dort wo um die Quellen der Havel das Großherzogthum Merklenburg=Schwerin sich in Meklenburg=Strelitz hineindrängt.


1) Die Lipiz oder Lipse kommt, als mit der Tollenze in Verbindung stehend und an das Gut Prilwitz der Herren von Peccatel grenzend, in den Brodaschen Urkunden des meklenburgischen Mittelalters öfter vor. Vgl. auch Urk. Nr. VI.
2) Von Interesse ist hier die Frage nach dem Districte Chotibanz. Riedel M. B. I., S. 458 erblickt, nach Gerckens Vorgange, hierin das Land Gotebant. Die Lage des Landes Gotebant kann nicht zweifelhaft sein, da nach v. Dreger Cod. dipl. Pom. p. 285, die Güter des Klosters Reinfelden: Wildberg, Wolkow, Reinberg und Mönchhausen nördlich von Calübbe und dem Flusse Pretustnitza, westlich von Treptow in Preuß.=Pommern, in demselben lagen; es reichten die Grenzen dieser Güter bis nach Schorssow und bis, zum Kastorfer See. Nach einer ungedruckten Urkunde des Klosters Ivenack, d. d. die Thomae 1303, lag Pinnow, westlich von Calübbe, auch in terra Ghotebende. Das an Pinnow grenzende merklenburgische Dorf Gädebehn bei Bresen ist unstreitig der Name Gotebant. - Dieses Land kann hier aber unmöglich gemeint sein, da in der Urkunde ausdrücklich gesagt wird, daß die angedeuteten verlassenen Dörfer innerhalb der Grenzen Chotibanz zwischen der Lieps, der Havel und Vielen lagen, als nördliche Fortsetzung der Ortschaften zwischen dem Lieps=, Woblitz=See und der Havel. Nach den Worten der Urkunde (Lipiz cum omnibus villis suis - - usque Chotibanz) grenzte der District des Lieps=Sees an Chotibanz und die Gegend an der Havel aufwärts endete an Chotibanz. d. h. doch sicher wenigstens bei den Havelquellen in der Gegend von Kuhstall (bei Dambeck). Man kann Choribanz also nirgends anders suchen, als um das Gut Kuhstall, wo es schon Masch suchte, der das Dorf Kostel nennt. Jetzt hat das Gut seinen Namen verändert, indem der frühere Bestitzer Graf v. Blumenthal, es 1815 zum Andenken seines, im J. 1811 in Rußland gebliebenen Sohnes Adam - Adamsdorf nannte. In der Maschschen Familie hat sich ohne weitere Veranlassung die Tradition fortgepflanzt, daß das Gut früher Koschwanz geheißen habe. Oestlich von Kustal, auf dem Felde von Peccatel, nahe an den östlichen Grenzen von Kustal, ist auf der schmettauschen Charte ein Gr. und Kl. Kuckusberg und dabei ein Kuckasbruch. Dies würde zu dem Namen Chotibanz trefflich stimmen. Nach Hanka's Mittheilung kommen im Slavischen viele Zusammensetzungen mit Choti vor; Choti heißt: Braut, und banz kommt von buditi: wecken; daher z. B. Chotimir, Chotibor u. s. w. Chotibanz, polnisch Chocibacdz, ist dasselbe Wort mit Chotibuz, Choczebuz - Kotbus. Hanka hält die Verdrehung in Koschwanz oder Kusch=wanz für eben so leicht möglich, als die deutsche Verdrehung von Ratiborz in Rothwurst, Drahomyschel in Dreiamschel u. s. w, Hiezu kommt, daß die Sylbe Choti in derselben Gegend bei Kratzeburg (vgl. Mirowsche Urk. von 1257 in Jahrb. II., S. 287) (  ...  )
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Dazu kommen noch die verlassenen Dörfer innerhalb der Grenzen des Territoriums Chotibanz zwischen dem Dorfe Vielen, dem Lieps=See und der Havel, d. h. die Gegend rund um das Gut Kuhstall.

So ist alles in engem Zusammenhange dargestellt und nur wenige Orte ermangeln einer befriedigenden Nachweisung. Etwas Fehlendes muß man auch der Verdrängung durch die neuere Cultur zuschreiben. Alle die Meinungen früherer Forscher kritisch zu prüfen, würde zu viel Raum wegnehmen. Eine ziemlich sichere Stütze für die hier aufgestellte Ansicht ist die motivirte geographische Aufeinanderfolge der Ortschaften in den Urkunden. Ehe ich diese Ansicht faßte, suchte auch ich allenthalben nach ähnlichen Namen umher und glaubte untergegangene Ortschaften in den noch existirenden Namen der Gewässer gefunden zu haben; so suchte ich Podulin (oder Potlulin, nach Küster) in dem Plätlin=See, südlich von Wesenberg, Tuardulin in dem Twern=See, östlich von Strelitz, und dem zufolge Tribinowe in Trebbow, südlich von Strelitz, u. dgl. Doch schon abweichende Auffindungen durch andere Forscher überzeugten mich bald, wie gefährlich es sei, den Gleichklang allein zum Führer zu nehmen.

So ist, denn wohl ein großer Theil des Landes Raduir in seiner Ausdehnung und in seinen Westgrenzen wieder aufgefunden. Es reichte von Preußisch=Pommern über Neu=Brandenburg, Stargard .und Nemerow, Prillwitz, Neu=Strelitz und Alt=Strelitz bis gegen Wesenberg. Die Westgrenze des Landes war von Nord nach Süd: der Fluß Tollenze, der See Tollenz, die Grenze zwischen den Dörfern Prillwitz und Hohen=Zieritz und die Havel, so weit sie von ihrem Ursprunge in Chotibanz (Kuhstall, Adamsdorff, bei Freidorf oder Bornhof) durch die Havelseen 1 ) bis Wesenberg geht. Ueber den letztern Theil dieser Grenze läßt sich urkundlich noch etwas beibringen.


(  ...  ) öfter vorkommt, z. B. im See: Cuti=mer=she, im Felde Chut=kune, im Felde Chut=une, und vielleicht im See Co=bolc. - Doch abgesehen von diesen etymologischen Aufklärungen, kann nach den urkundlichen Grenzbestimmungen Chotibanz nur um Kustall gelegen haben. - Nach den Mittheilungen des Grafen von Blumenthal in dem Berichte der leipziger Gesellschaft von 1829, S. 12, ist hier eine große Umwallung mit einer sehr großen Anzahl von Gräbern, bei welchen eine Wendenstadt gestanden haben soll; vgl. Jahresber. II., S. 111. Nach den Mittheilungen des jetzigen Besitzers von Adamsdorf, des Herrn Jahn, ist dies zwar keine Umwallung, aber doch ein Steinwal l von fast ein viertel Meile Länge, in dessen Nähe ein christlicher Kirchhof liegt; in der Nähe desselben soll sich auch ein Heidenkirchhof befinden. Viele Hügel aus Steinen befinden sich auch dort, welche nach alten Anzeichen Germanengräber sein dürften.
1) Vgl. Jahrb. III in den Miscellen.
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Nach frühern Ausführungen 1 ) grenzte im Westen des Userinschen Sees, durch welchen die Havel fließt, das Land Turne. Dieses Land, dessen Lage zur Vorbereitung der Begrenzung des Landes Raduir bestimmt werden mußte, lag zwischen dem Userinschen und dem Müritz=See. Die Grenzen zwischen den Ländern Müritz und Raduir bleiben also nur um die Breite des Landes Turne zweifelhaft. Wenn man aber bedenkt, daß die Dörfer im Lande Raduir westlich durch die Havelseen begrenzt wurden, der nördliche Theil des Landes Turne, so weit die Comthurei Mirow reichte, immer zur Herrschaft der Herren von Werle gehörte, während das Land Raduir in alter Zeit unter der Botmäßigkeit der Herren von Pommern und später der Markgrafen von Brandenburg stand, auch das Land Turne im Anfange des 13ten Jahrhunderts zum Sprengel des Bischofs von Schwerin gehörte, das Land Raduir aber zum Sprengel des Bischofs von Havelberg gelegt ward, so ist nichts wahrscheinlicher, als daß das Land Turne entweder zum größern Lande Müritz oder zu einer andern, von NW. herunter reichenden Herrschaft der Herren von Werle gehörte, und das Land Turne oder die Comthurei Mirow am Userinschen See die südliche Westgrenze des Landes Raduir bildete.

Vielleicht kann eine Nachricht über den Besitz der Dörfer östlich vom Userinschen See noch zur weitern Aufklärung dienen. Nach einer Urkunde 2 ) besaß in ältern Zeiten die Güter östlich am Userinschen See das Kloster Stolpe. Diese Güter, bestehend aus den Dörfern Woserin (jetzt Userin), Quassow und Gor, hatte der Abt Habbrecht von Stolpe an die Ritter Otto und Ulrich von Dewitz verkauft. Diesen Verkauf bestätigt sein Nachfolger, der Abt Heinrich, am Matthias=Tage 1346 und giebt die Güter den Käufern zum Besitz, sich und seinen Nachfolgern das Eigenthum und die Verleihung an die Dewitze und ihre Nachfolger vorbehaltend. Zugleich zählt er die Besitzungen und die Grenzen dieser Güter auf. Dieselben waren der See von Vylym (jetzt der Userinsche See), welcher merkwürdiger Weise auf das nördliche Vielen im Lande Chotibanz hindeutet, - der See von Vylym, durch welchen die Havel fließt und welche eine Mühle (Userinsche Mühle) treibt, beide Ufer zu beiden Seiten des Flusses, der Bach, welcher aus dem See von Cyroch fließt, und der See von Cyroch (Ziercker=See bei Neu=Strelitz).


1) Vgl. Jahrb. II., S. 95.
2) Vgl. verm. Urk. vom 24. Februar 1346.
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Nach diesen Vorbereitungen wird es möglich sein, nähere Andeutungen über die Lage der vielbesprochenen

Stadt Rhetra

zu machen. Da die Stadt Hauptstadt der Rhedarier war so kann sie nicht westlich von den Havelseen und der Tollenze gelegen haben. Nach den östlichen und nordöstlichen Begrenzungen durch die Ukranen und Riezanen, wird das Land der Rhedarier also innerhalb des Großherzogthums Meklenburg=Strelitz, und zwar in den Aemtern Strelitz und Stargard gesucht werden müssen; also lag in diesem Raume auch die Stadt Rhetra. Freilich ist der Raum noch immer groß genug; nach der genauen Beschreibung Ditmars von Merseburg war aber die Lage dieser Stadt so ausgezeichnet und auffallend, daß es wohl wenig Gegenden geben möchte, die zu der Beschreibung passen. Und in dem angedeuteten Raume möchte wohl keine andere zu finden sein, als die, welche bekanntlich Masch 1 ) angegeben hat: bei dem Dorfe Prillwitz, nicht weit von Neu=Strelitz. Ich wenigstens habe bei einer persönlichen Untersuchung an Ort und Stelle die Localität von Prillwitz so überraschend und sowohl in den großartigen Ausdehnungen, als in den kleinsten Einzelnheiten so übereinstimmend mit den alten Berichten gefunden, daß ich keinen Augenblick zweifele: Prillwitz sei die Stelle von Rhetra. - Zu dieser glänzenden Lage, verglichen mit der von Ditmar angegebenen Entfernung von Hamburg, kommen noch besondere Umstände. Ohne hier auf die Aechtheit oder Unächtheit der bekannten Prillwitzer Götzenbilder einzugehen, möchte doch wohl so viel anzunehmen sein, daß ein Theil der berühmten Alterthümer wirklich zu Prillwitz gefunden sei. Auch noch später wurden dort Opferkessel und Urnen gefunden 2 ). Als eine große Merkwürdigkeit aber muß es angesehen werden, daß auf den erhabensten Stellen von Prillwitz, auf dem mit tiefen Wiesen umgebenen Plateau, namentlich in den Pfarrgärten und in dem fürstlichen Garten, eine so große Masse von (blaugrauen) Scherben von altmittelalterlichen Gefäßen 3 ) gefunden wird, daß sie wahrhaft in Erstaunen setzt. Als ich im J. 1835 die dortige Gegend mit


1) Masch Gottesdienstl. Alterth. der Obotriten, Vorrede und S. 5 flgd., wobei ich nur noch bemerke, daß die Gegend selbst noch klarer ist, als die Schilderung derselben von Masch. Uebrigens ist es hier nicht Zweck, die Lage und die Alterthümer Rhetras besonders zu beschreiben und zu untersuchen; diese Abhandlung soll nur den Weg zu gründlichern Local=Untersuchungen bahnen. - Schon Krantz Vand. und Latomus Genealochr. Meg. bei Westph. Mon. IV., p. 84 suchten Rethra bei Prillwitz.
2) Masch Alterth. der Obotr. Vorrede, Bogen B. 3.
3) Vgl. Jahresbericht III. Nachr. v. Alterthümern.
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dem Herrn Pastor Horn betrachtete und durchforschte, behauptete derselbe, es falle nicht schwer, an jeder Stelle der Gärten auf dem Raum einiger Quadratfuße Scherben zu finden, obgleich der (schön bearbeitete und bepflanzte) Boden unendlich viel gereiigt sei. Zwei angestellte Proben lohnten jedes Mal sehr schnell mit einer Hand voll Scherben, welche denen in den sogenannten Wendenkirchhöfen ähnlich waren, zumal da einige ganz charakteristische Verzierungen hatten. - Die vielen bedeutenden Grabhügel bei Prillwitz außerhalb der Berge, auf denen die alte Stadt gelegen haben soll, könnten auf den ersten Anblick stutzig machen, da sie, als große Kegelgräber von reiner Form nach neuern Untersuchungen 1 ) einer vorwendischen Bevölkerung angehören dürften; - aber es kann nur für die Bedeutsamkeit des Ortes reden, daß auch die Slaven den Ort heilig hielten, der schon bei den Germanen Bedeutung hatte, wie die Christen an den Stätten wendischer Heiligthümer Kirchen baueten.

Nach diesen Untersuchungen wird sich

die Stiftung des Klosters Broda

leicht darstellen lassen, wie die Stiftungsurkunde des Klosters das Hauptmaterial für die Auffindung des Landes der Rhedarier gab. Einige Wiederholungen werden hier nicht leicht vermieden werden können.

Die Verwüstungskriege des Sachsenherzogs waren im J. 1464 zu Ende, die heimischen Fürsten und Großen hatten ihren starren Sinn gebeugt und sich auch wohl überzeugt, daß es gerathen sei, einen bessern Zustand, wie ihn die Herrlichkeit des deutschen Reichs zeigte, auch in ihre Gebiete zu führen. Aber die Fluren lagen wüst und die Dörfer standen verlassen; vorzüglich war die südöstliche Gegend Meklenburgs von den Leiden des Krieges heimgesucht 2 ). Durch die eifrigen Bemühungen der Geistlichkeit, welche im Mittelalter für die Wiederbelebung Meklenburgs ein nicht genug zu schätzen des Verdienst hat, - namentlich durch die aufopfernden Arbeiten des Bischofs Berno von Schwerin, wurden schneller, als zu erwarten stand, die Spuren des Mißgeschicks verwischt. Auch die Fürsten, namentlich die Borwine, Vater und Sohn, und die Pommernherzoge erglüheten im heiligen Eifer, das Volk wieder aufzurichten und dem Boden wieder Früchte abzugewinnen. Selten ist in der Geschichte wohl ein Beispiel vorgekommen, daß


1) Vgl. Friderico-Francisceum und Lisch Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Alterthümer Meklenburgs. Schwerin 1837.
2) Vgl. Urk. Nr. I. (: "desertae villae" in Chotibanz), Nr. II. und Nr. X.
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geistliche Stiftungen so reich bedacht wurden und durch sie die Cultur so schnell erblüht wäre, wie in den verödeten Ländern des Wendenlandea durch die Geistlichen des Mittelalters. Vorzüglich aber bildete sich in dem östlichen Grenzlande Meklenburgs eine Reihe reicher geistlicher Stiftungen, welche, wie die Ringe eines klösterlichen Gürtels, das Land an der verletzbarsten Stelle in ununterbrochenem Zusammenhange umgab. Kaum ein Jahrhundert war vergangen, als hier, von Süden gegen Norden, die Besitzungen der geistlichen Stiftungen Dünamünde, Amelungsborn, Campen, Himmelpfort, Doberan, Dobbertin, Eldena, Mirow, Stolpe, Wanzka, Broda, Nemerow, Reinfelden, Ivenack, Dargun und etwas später Ribnitz, nahe der Ostsee, schon im 13ten Jahrhundert eine geregelte Verwaltung hatten. Wie durch einen Zauberschlag blüht unter dem milden Krummstabe das Glück auf: das Land wird gemessen und geackert, die Feldmarken werden begrenzt, die Dörfer gebauet, die Wasser werden gezähmt, abgelassen und geregelt, Kanäle gegraben und Mühlen angelegt, Handwerker und Künstler ins Land gerufen, Kirchen und Pfarren gegründet, selbst Städte und Flecken erhoben sich auf dem geistlichen Eigemhum. Der Friede war gesichert und ein Rückschritt auf lange unmöglich gemacht. Vor allen andern Stiftungen ragt aber die Stiftung des Prämonstratenser=Mönchs=Klosters Broda hervor.

Es war am 18. August 1 ) 1170 bei der Restaurirung des Havelberger Domstifts, als der Fürst Casimir von Pommern, aus Dank für die Reichtümer und Ehren, mit denen die Gnade Gottes ihn vor vielen andern Sterblichen überhäuft habe, unter Beistimmung seines Bruders Bugeslav, zum freiwilligen Geschenke Gott, der Jungfrau Maria und dem Apostelfürsten darbrachte und zu Händen der Domherren der Havelberger Kirche, Augustiner =Ordens nach der Regel des Heil. Norbert (Prämonstratenser), eine große Menge von Gütern mit allen Zubehörungen zum rechtlichen Besitze abtrat, um damit, wie es ihnen am passendsten scheinen würde, eine Stelle zum Dienste Gottes nach ihrer Regel zu weihen. Das künftige Kloster ließ der Fürst dem Dom=Capitel auf und entsagte der Ausübung aller fürstlichen Rechte an demselben und allen seinen Zubehörungen; er befreiete die Brüder 2 ) des Ordens und


1) Vgl. S. 3.
2) Der Fürst nennt die Domherren hier "seine Brüder" (fratres nostros); wahrscheinlich war er also in die Fraternität dieser Congregation aufgenommen. Auch das Kloster Grobe in Pommern, für welches Casimir ebenfalls (  ...  )
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ihre Leute (auf den geschenkten Gütern?), Slaven und Deutsche, von allen Land= und Wasserzöllen internem ganzen Lande und nahm das Kloster in seinen Schutz. Er schenkte dem Kloster unbeschränkten Gebrauch der Güter (also auch wohl das Eigenthum) mit allen Aufkünften, auch die Jagd und Fischerei, und gestattete seinen Vasallen ebenfalls die Abtretung von Gütern an das Kloster. Die geschenkten Güter, deren Lage schon oben ermittelt ist, waren: Bruode (Broda) bei Neu=Brandenburg, mit Markt, Krug 1 ) und allen seinen Zubehörungen; dazu im Lande Tollenze: Woiutin (Weitin), Caminiz (Chemnitz), Wogarzin (Woggersin), Szilubin (Lebbin), Calubye (Calübbe), Patsutin (Passentin), Wolkcazcin (Wolkenzin), Crukowe (Krukow), Michnin (Rehse), Pacelin (Penzlin), Vilim (G r. Vielen), Vilim Carstici (Kl.Vielen), Cyrice (Hohen=Zieritz), Wuzstrowe (Wustrow) mit Burg und Dorf; ferner im Lande der Rhedarier (d. h. im Lande Raduir): Podulin (Podewahl), Tribinowe (Trollenhagen?), Cussowe (Küssow), Wigon (bei Woggersin), Tuardulin (Warlin?), Dobre, Step (an der Stelle der Stadt Neu=Brandenburg), Rovene (Rowa), Priulbiz (Prillwitz), Nikakowe und Malke (unbekannt, östlich von Prillwitz?), Kamino (Cammin), Lang (unbekannt, bei Carlshof?), Riebike (Riepke), Tsaple (Sabel), Nimyrow (Nemerow), Stargard (Stadt Stargard), Malkow (unbekannt, bei Stargard?); ferner die Lipiz (Lieps) mit allen Dörfern von der Lieps (Lieps=See bei Prillwitz) bis zum See Woblesko (Woblitz=See bei Wesenberg) und die Havel hinauf bis Chotibanz (Kustall, Adamsdorf) und die verlassenen Dörfer im Distrikt Chotibanz (um Kustall, Adamsdorf) in der Ausdehnung zwischen Vilim (Vielen), Lipiz


(  ...  ) sorgte, war Prämonstratenser=Ordens; vgl. v. Dreger Cod. dipl. p. 6-8. Auch der Bischof Evermod von Ratzeburg, früher Probst zu Magdeburg, der bei der Stiftung des Klosters Broda zu Havelberg war, gehörte zu demselben Orden, zu dem auch sein Stift sich bekannte; vgl. Franck's A. und N. M. II., S. 221. Wahrscheinlich hatte er Antheil an der Stiftung des Klosters Broda.
1) Broda oder Brot heißt: Fähre, Fuhrt. Man findet in den Ostsee=Ländern mehrere Ortschaften dieses Namens an Stellen, wo von Osten nach Westen bequeme Uebergänge über Gewässer sind, z. B. an den Enden der Seen und an Flüssen. So lag ein Broda in Pommern, zwischen Stargard und Pyritz, wo jetzt der Paß oder Brekenbrodesche Paß liegt; die Burg Broda ward nach dem Vertrage zwischen Pommern und Brandenburg vom 13. August 1284 abgebrochen (vgl. Balt. Studien II., 1, S. 130); ferner liegt ein Broda an der Elbe bei Dömitz; under Broda bei Neu=Brandenburg wird durch Markt unb Krug in seiner Wichtigkeit klar genug bezeichnet. Ortsnamen dieser Art sind für die Erkenntniß des frühern Verkehrs immer von Bedeutung.
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(Lieps) und der Havel. Zu diesen Gütern legte Kasimir noch die Saline zu Cokle, wie bei den frühesten Dotationen der Klöster so häufig Salinen denselben verliehen werden; der Ort Colkle ist jetzt unbekannt. Die Sache ist nicht unwichtig; auch v. Ledebur 1 ) hat darauf aufmerksam gemacht und deutet auf Kogel zwischen Röbel und Plau, auf Klokow zwischen Waren und Neu=Strelitz und auf Kakeldütt bei Alt=Strelitz. Kogel kann es schwerlich sein, weil hierher wohl die Herrschaft des Pommerfürsten nicht reichte; derselbe Grund möchte auch wohl gegen Klokow sprechen; am besten paßt Kakeldütt, welches Wort allerdings in seinem ersten Theile den Namen Kolkle zu enthalten scheint. Doch hier können nur die genauesten Local= Untersuchungen helfen 2 ).

Wahrlich eine übermaßige Schenkung! Der genannten Güter sind 33 an der Zahl und die ungenannten nehmen einen fast eben so großen Raum ein, als die genannten; und alle gehören zu den reichsten und schönsten des östlichen Meklenburgs und haben in den einzelnen Feldmarken eine bedeutende Ausdehnung, wie überhaupt die Güter in Meklenburg. Auf dem Gebiete stehen jetzt vier Städte: Neu=Strelitz, Srargard, Neu=Brandenburg und Penzlin.

Doch die ältesten Klöster in Meklenburg, Doberan, Broda und Dargun erlitten bald nach ihrer Stiftung (1170-1172) bedeutende Unglücksfälle theils durch Rückfälle des Volks zum Heidenthum,. welche durch Verwüstungen bezeichnet wurden, theils durch Kriege, welche besonders das Kloster Broda hart trafen und demselben einen großen Theil seiner Besitzungen raubten: ein seltenes Beispiel, daß eine geistliche Stiftung ihr Eigemhum verlor, eben so selten, wie die reiche Ausstattung Brodas.

Das gesammte Eigenthum des Klosters Broda bei der Stiftung lag damals noch im Lande der Herren von Pommern (Lutizien) und bildete dessen westlichste Grenze gegen das Land Werle; denn südlich war das angrenzende Land Turne in seinem nördlichen Theile (die Comthurei Mirow) 3 ) und westlich und nordwestlich das eigentliche Land der Herren


1) v. LeDebur Allgem. Archiv. I" S. 188.
2) Auf jeden Fall scheint der Ort westlich von der Tollenze und der Havel gelegen zu haben, da die Urkunde von 1182, welche die Güter im Lande Raduir nicht mehr bestätigt, die Saline noch ausführt. — Interessant möchte es sein, daß auch dem Kloster Sonnenkamp (Neukloster) in den ältesten Zeiten ein Ort Colche (Golchen) verliehen ward, in dessen Nähe ein Dorf Sülten (bei Brüel) mit einer alten Saline liegt.
3) Vgl. Jahrb. II., S. 87 flgd.
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von Werle nach der Schenkung an das Kloster Broda 1 ) wohl unbezweifelt Eigenthum der Herren von Werle.

Aber durch die fortdauernden Aufstände, durch die Halsstarrigkeit und Rohheit des eben bezwungenen und verwilderten Wendenvolkes 2 ) ward die fromme Stiftung noch lange nicht ausgeführt. Noch bis zum J. 1182 hatte der Same nicht Wurzel fassen können und noch im J. 1182 war den Dienern des Herrn keine feste Wohnung gebauet 2 ).

Jedoch waren es nicht die innern Leiden allein, welche fortwährend in dem Mark der Länder wütheten; — beklagenswerther noch als diese waren die unseligen Verwüstungskriege, welche die Beherrscher der slavischen Länder unter sich um Länderbesitz und Hoheitsrecht führten, nämlich die Kriege der Markgrafen von Brandenburg gegen die Pommerschen Herren, Kriege, mit denen die kriegerische Ausdehnung der Brandenburgischen Macht beginnt. Dies war die "vernichtende Pest 2 )", deren Verwüstung vorzüglich aus den Jahren 1197 und 1198 bekannt ist 3 ). Die Kämpfe galten vorzüglich die Lehnshoheit über Pommern. Sie entstanden bald nach der Stiftung von Havelberg, Doberan und Broda, d. h. gleich nach dem Ende der Sachseneroberung und mit dem Beginn der neuen Gestaltung der Dinge. Zwar erhob der Kaiser Friederich I. die pommerschen Herren, als sich die Fürsten vom Sachsenherzoge wieder zum deutschen Reiche wandten, im J. 1181 zu Herzogen und Reichsfürsten; nichts desto weniger wüthete der Krieg fort: im J. 1182 wurden die Pomeraner von den Brandenburgern unter dem Markgrafen Otto geschlagen, der Herzog Casimir I., der Freund Heinrich des Löwen, fiel in der Feldschlacht 4 ) und die Slaven


1) Vgl. Urk.= Samml. III.
2) Vgl. Urk. =Samml. Nr. II.
2) Vgl. Urk. =Samml. Nr. II.
2) Vgl. Urk. =Samml. Nr. II.
3) Vgl. Sell's Gesch. von Pommern I, S. 95 flgd.
4) Multi cnim ministerialium ducis (Henrici) - recesserunt ab eo et ad imperium se transtulerunt. — — Circa dies illos mortuus est Cazamarus, princeps Pomeranorum, duci amicissimus, et defecerunt ab eo Slavi, quia frater eius Bugislaus, imperatori conjunctus, hominium et tributa ei persolvit.

Arnoldi Lub. Chron. Slav. XXXI., §. 3.

Eodem autem tempore rex Dacie Woldemarus, anno videlicet domini MCLXXXII, obiit. - - - - Temporibus imperatoris Frederici marchio Otto de Brandenborch cum domino Bogislao de Demyn commisit proelium et Slavi perdita victoria fugierunt, dominus quoque Casimarus et dominus Borck cum multitudine Slavorum ibi ceciderunt.

Anonymi Saxonis Historia Imper. (usque ad a. 1235), in:
Mencken Script. rer. Germ. III., p. 113-114.    

Vgl. Urk. Nr. II.

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des Rhedarierlandes wandten sich von fernem Bruder Bugeslav I., weil er sich dem Kaiser ergeben hatte und die Wenden vielleicht Wiederherstellung der frühern Zustände hofften.

In diesen Tagen ging den Pommerherzogen der südwestliche Theil ihres Gebietes an Brandenburg und dem Kloster Broda der größte Theil der ihm bei der Restauration des Bisthums Havelberg verliehenen Besitzungen verloren. Noch in demselben Jahre 1182, in welchem Kasimir starb, bestätigte sein Bruder Bugeslav I. die Fundation des Klosters Broda 1 ), welches freilich nur dem Namen nach existirte, und versicherte der Stiftung, was er ihr versichern konnte, nämlich die Güter westlich von der Tollense:

Broda, Wigon (Woggersin), Rehse, Wolkenzin, Chemnitz, Vielen und die wüsten Dörfer in Chotibanz 2 ).

Alles andere war verloren und alles Land östlich von der Tollenze im Besitze der Brandenburger, welche das Eigenthum der Geistlichkeit als gute Beute behielten. Auch die werleschen Herren 3 ) mochten bei der Verwirrung ihre Hände ausgestreckt haben, indem z.B. Penzlin fortan in ihrem Besitze erscheint.

Diese Confirmation ist offenbar in nicht verhehltem Unwillen, sowohl über die slavische Bevölkerung, als über das von außen her eindringende Verderben abgefaßt, und es wird nicht allein eine baldige Erbauung des Klosters gewünscht, sondern, nach dem Vorgange der Stiftungsurkunde, noch gegen die Friedensstörer, ja selbst gegen die feigen Nachbaren des Klosters, die dasselbe schützen sollten, die härteste Strafe ausgesprochen.

Diese verheerenden Kriege wiederholten 4 ) sich im Jahre


1) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. II. -Der Herzog Bugeslav ertheilt diese Bestätigung mit Einwilligung seiner Söhne Ratibor und Wartislav; damals (1182) hatte der Herzog also noch nicht mehr Kinder. Der erstere dieser beiden Söhne ist den neuern Geschichtschreibern Pommerns unbekannt, welche nur drei Söhne: Bugeslav, Casimir und Wartislav, welcher vor dem Vater starb, aufführen. Bugenhagen Pomerania III, XI, nennt jedoch richtig vier Söhne: außer den genannten drei noch den Ratibor, welcher jetzt auch urkundlich gesichert ist.
2) Daß Chotibanz um Kustall oder Adamsdorf gelegen habe, scheint noch dadurch bekräftigt zu werden, daß in der Urk. Nr. VII. der Fürst Nicolaus I. von Werle über Ankershagen sagt, daß dieses Kirchspiel von der Stiftung des Klosters an zu demselben gehört habe; also ward Ankershagen wohl auf dem Raume der verlassenen Dörfer in Chotibanz gegründet.
3) Vgl. Sell's Gesch. v. Pommern I. S. 195 flgd.
4) Bei der Restauration des Klosters Dargun am 10. Nov. 1216 klagt der Bischof Sigwin von Camin, daß sein ganzes Land verwüstet sei. Die Mönche des Klosters Dargun hatten sich in anderer Herren Länder (vielleicht nach Doberan) geflüchtet und das Kloster selbst war eine Räuberhöhle geworden. Vgl. Lisch Meklenb. Urkunden I, S. 19.
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1214 1 ), bis endlich die Markgrafen von Brandenburg, "vielleicht durch die Erneuerung der Lehnsherrschaft über Pommern, welche ihnen der Kaiser Friederich II. im J. 1231 ertheilte" 2 ), über die Pommerschen Fürsten den völligen Sieg davon trugen, so daß in Folge aller dieser Begebenheiten die Markgrafen Johann I. und Otto II. mit dem Herzoge Wartislav I. am 20. Jun. 1236 zu Kremmen dahin einen Vergleich schlossen, daß der Herzog von Pommern alle seine Besitzungen, mit Ausnahme der alten sächsischen Lehne, von den Markgrafen zu Lehn nahm und denselben die Länder Stargard, Beseritz und Wustrow bis an die Tollenze, also ungefähr die Hauptmasse des jetzigen Großherzogthums Meklenburg=Strelitz, mit Ausnahme des südwestlichen Theils, aufließ, welche die Markgrafen auch bald in förmlichen Besitz nahmen 3 ). Bald darauf sehen wir die Markgrafen als Landesherren über das neue Land Stargard walten. Bei der Theilung der brandenburgischen Lande im J. 1258 fiel das Land Stargard an den Markgrafen Otto III. Otto's drei Söhne regierten Anfangs gemeinschaftlich bis 1283; aber schon im J. 1284 regierte Albrecht III. allein 4 ), welcher das Land seiner Tochter Beatrix ließ, die es ihrem Gemahl, dem meklenburgischen Fürsten Heinrich dem Löwen, zubrachte. Sicher seit dem Jahre 1302 ist Stargard immer bei dem fürstlichen Hause Merklenburg geblieben.

Die Herzoge von Pommern scheinen aber ihre Rechte noch lange nicht aufgegeben zu haben. Am 27. Mai 1244 confirmirten die Herzoge Barnim und Wartislav die Stiftung des Klosters Broda mit denselben Worten der Stiftungsurkunde, selbst wenn sie auch nicht mehr paßten 5 ). Das Datum dieser Urkunde ist sicher; Riedel 6 ) zweifelt daran, da die Markgrafen schon am 4. März 1244 die Stiftungsurkunde der Stadt Friedland ausstellten. Daß die Pommerfürsten ihre Rechte nicht aufgaben, ist aber nicht auffallend, wenn es auch etwas gewagt erscheinen mag, daß ein Havelberger Canonicus, die Grafen Guncelin von Schwerin und Heinrich von Schauenburg Zeugen dieser Bestätigung waren 7 ). Noch viel später,


1) Vgl. Sell's Gesch. v. P. I" S. 199.
2) Vgl. Sell's Gesch. v. P. I" S. 205.
3) Vgl. Riedel M. B. I., S. 424 flgd. und Rudloff M. G. I., S. 112.
4) Vgl. Riedel M. B. I" S. 437 flgd.
5) Vgl. Urk.=Sammlung Nr. IV.
6) Vgl. Riedel M. B. I. S. 429.
7) Dagegen confirmirten die Markgrafen Johann und Otto im J. 1242 auch dbem pommerschen Kloster Colbaz seine Besitzungen und Gerechtigkeiten; vgl. v. Dreger Cod. p. 224 flgd.
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als die Herzoge Vorpommern factisch schon lange keine Rechte mehr an dem Lande Stargard ausgeübt hatten, am 12. März 1277, verlieh der Herzog Barnim dem Kloster die neubrandenburgische Mahlschatzgerechtigkeit 1 ), und am 6. Julius 1281 bestätigte der Herzog Bugeslav von Pommern in bitterm Unmuth dem Kloster alle die großen Besitzungen und Rechte, welche demselben früher von seinen Vorfahren verliehen waren 2 ). Damals half es dem Kloster freilich nichts mehr. Diese Urkunde giebt uns völligen Aufschluß über die Schicksale der Stiftung: das Kloster war noch fernerhin in den Kriegen zerstört worden und seine Besitzungen waren mit gewaltsamer Hand verwüstet. Daher verleiht der Herzog demselben seinen Schutz und die Versicherung, daß von seiner Seite niemand die Stiftung angreifen oder schmälern solle, da er wünsche, die Besitzungen desselben vielmehr zu vergrößern, als zu schmälern. Dies geschah denn auch z. B. im J. 1286, als die Herzoge Bugeslav, Barnim und Otto von Pommern dem Kloster einen Wadenzug auf dem frischen Haff schenkten 3 ). — Das Kloster Broda hatte auch alle Ursache, noch von den pommerschen Fürsten seine Rechte bestätigen zu lassen, da die Streitigkeiten zwischen den Markgrafen und den Herzogen damals noch nicht beigelegt waren. Erst am 13. August 1284 wurden alle Mißverhältnisse ausgeglichen; die Urkunde ist erst im J. 1833 in den Baltischen Studien II, l, S. 128, flgd. gedruckt; hier ist übrigens von dem Lande Stargard eben so wenig mehr die Rede, als in dem Theilungsvertrage der pommerschen Fürsten vom J. 1295 in Höfers Zeitschrift für Archivkunde II. 1, S. 114. — Die pommersche Urkunde vom J. 1244 nannte noch einmal alle Güter, welche dem Kloster bei der Stiftung im J.1170 verliehen waren, namentlich; die Urkunde vom J. 1281 nennt kein einziges Gut bei Namen. Und die Folge lehrt, daß auch nicht viel mehr zu bestätigen war. Im J. 1236 war, nach dem Vertrage von Kremmen, Stargard Eigenthum der Markgrafen geworden;


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. IX.
2) Vgl. Urk.=Samml. Nr. X. - Dagegen strebten andere Klöster, z.B. Dargun, ungefähr um dieselbe Zeit nach Confirmationen ihrer Besitzungen durch die brandenburgischen Markgrafen; man vgl. die Dargunsche Urk. in Lisch Mekl. Urk. I., S. 159. Freilich ist diese Urkunde, wie andere ähnliche, welche noch nicht gedruckt und, nicht ausgefertigt und die vorhandenen Urkunden betreffen nur Besitzungen solcher meklenburgischer Kloster, welche früher in den nicht sächsischen Lehnen der pommerschen Herren lagen; aber selbst diese mangelhaften Documente beweisen doch das mächtige Umsichgreifen der brandenburgischen Fürsten in dieser Zeit. Die Herzoge von Sachsen gaben übrigens ihr oberlehnsherrliches Recht über die Herrschaft Werle nicht auf
3) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XI.
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bald darauf, sicher im J. 1259, bestand schon die fürstliche Stadt Stargard 1 ); ja im J. 1248 kommt schon ein Vogt von Stargard vor 2 ). Im J. 1298 ward zu Nemerow eine Johanniter=Comthurei gestiftet, im J. 1290 das Kloster Wanzka; beide Stiftungen erfreueten sich mancher Besitzung, welche früher das Kloster Broda hatte. Prillwitz war bald ein Lehngut der Ritter von Peccatel und die Havelgegenden bildeten die neue Grafschaft Fürstenberg der Herren von Dewitz. Auch das Areal der Stadt Neu=Brandenburg, welche im J. 1248 gestiftet war, gehörte einst dem Kloster Broda und bestand wahrscheinlich aus den Feldmarken Dobre und Step; um nicht ganz ungerecht zu erscheinen, bewilligten die Markgrafen Otto und Albert von Brandenburg am 9. Julius 1271 3 ) dem Kloster endlich eine Entschädigung (in recompensationem et restaurum fundi civitatis Novae Brandenborch), nämlich jährlich zwei Wispel Waizen aus den zwei obern Mühlen bei der Stadt am Flusse Stargard und den dritten Theil aller Aufkünfte aus der untern Mühle, das Patronatrecht über die Pfarrkirchen der Stadt, das Dorf Mechow bei Lychen, die Fischerei und den Aalfang auf der Tollenze und die Erbauung einer Mühle bei Broda an der Tollenze; und am 10.April 1273 schenkten 4 ) dieselben Markgrafen 5 ) dem Kloster Broda: den "Zins von sechs Hufen in der Stadt Neu=Brandenburg", die Fischerei auf dem Ausflusse des Lieps=Sees 6 ) in den Tollenze=See, das Dorf wendisch Nemerow 7 ) mit der Mühle; dies Alles hatten die Markgrafen, wie sie wiederholt in der Urkunde sagen, bis dahin besessen, — ein Beweis mehr, namentlich sicher


1) Vgl. Schröder's Pap. Meckl. I" S. 678, Franck's A. u.Meckl. IV. S. 226 und Riedel's M. B. I. S. 446.
2) Vgl. Franck's A. u. N. M. IV., S. 192.
3) Vgl. Urk. Nr. V.
4) Vgl. Urk. Nr. VI.
5) Die Markgrafen Otto und Albert stellten diese Urkunde für sich und im Namen ihres jüngern Bruders Otto aus, welcher, nach den Worten der Urkunde: "damals noch minderjährig war".
6) Diese Verleihung des Ausstusses der Lieps in die Tollenze schlägt alle ins Weite gehenden Fabeln von großen Seebecken, Schiffereien u. dgl. im Tollenze=Gebiet in alter Zeit. In der historisch erkennbaren Zeit war also die Figuration des Landes an der Lieps ungefähr so, wie sie noch heute ist, wenn auch nicht geleugnet werden kann, daß noch in den neuesten Zeiten bei hohem Wasserstande das Land zwischen der Lieps und der Tollenze unter Wasser gesetzt ist und daß in der wendischen Zeit die Wasserverbindungen tiefer gewesen sein dürften.
7) Das Dorf Nemerow ging im J. 1298 aus dem Besitze des Ritters Hermann von Warborg zur Stiftung der Johanniter=Comthurei Nemerow über. Das Recht des Klosters Broda an diesem Gute bleibt einer spätern Untersuchng vorbehalten.
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in Beziehung auf das Dorf Nemerow, daß sie sich alle Güter des Klosters östlich vom Tollenze=See angeeignet hatten. Manche andere Güter, z. B. Küssow, erhielt 1 ) im Jahre 1275 das Kloster als Geschenk von den Markgrafen, da das Dorf doch früher Eigenthum desselben gewesen war.

Die nähere Ausführung der einzelnen Schicksale des Klosters muß einer besondern Geschichte desselben vorbehalten bleiben; diese wenigen Züge sollen nur darauf hindeuten, daß Broda am östlichen Ufer der Tollenze= und Havel=Gewässer (im Lande Raduir) in der Mitte des 13. Jahrhunderts wahrscheinlich nichts mehr von allem demjenigen besaß, was ihm durch die Freigebigkeit der Fürsten von Pommern so reichlich zu Theil geworden war.

Hätten die Brüder von Broda nicht die Herren von Werle zu Freunden gehabt, so möchte ihnen statt des Reichthums Armuth, über die sie freilich auch oft klagen, zu Theil geworden sein. Die Herren von Werle hatten nämlich das Kloster nicht minder reich bedacht, als die pommerschen Herzoge. Die werleschen Schenkungen lernen wir aus einer Urkunde des freigebigen Fürsten Nicolaus I. von Werle vom 24. April 1230 kennen 2 ). In Grundlage alter Briefe confirmirte schon damals dieser Fürst dem Stifte dessen alte Besitzungen. Diese bestanden aus zwei Theilen. Zuerst bestanden sie nämlich aus denjenigen Gütern am nordwestlichen Ufer der Tollenze, welche Kasimir I. von Pommern bei der Stiftung dem Kloster geschenkt und Bugeslav demselben con=


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. VIII.
2) Vgl. Urk.=Samml. Nr. III. Leider ist diese Urkunde nur in einer plattdeutschen Uebersetzung und im Transsumt vorhanden. Die Urkunde kann nicht vom J. 1230 sein, da damals das Land Meklenburg noch nicht völlig getheilt war und Nicolaus sich noch Herr von Rostock, aber nicht Herr von Werle nannte. In manchen Dingen hat die Urkunde Aehnlichkeit mit der im Originale vorhandenen lateinischen Special=Confirmation desselben Fürsten vom 28. Avril 1273. Mehrere Zeugen sind in beiden Urkunden dieselben, z. B. Heinrich Luch, Heinrich von Vlotow, Hermann von Langvorde u.; dies sind solche, welche ungefähr 1270, etwas vor und nach diesem Jahre, auftreten. Dagegen erscheinen in der Urk. von1230 noch die Brüder Johannes u.Jereslav von Havelberg, in der Original=Urkunde von 1273 aber schon die Brüder Heinrich u. Barthold von Havelberg, Söhne jenes Johannes, († vor 1273) (vgl. Jahrbücher II., S. 98 und Miscellen zu Jahrb.III.); - auch die Knappen Priscebur und Johannes werden noch Söhne Jereslavs genannt, woraus sich schließen ließe, daß dieser Jereslav, welcher in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts oft vorkommt, noch in Andenken war: die beiden Brüder hatten noch keine christliche Zunamen. - Die Urkunde wird also nach dem J. 1230 und vor dem J. 1278 (vielleicht 1270?) ausgestellt sein, dennoch haben zwei fürstliche Transsumte der Urkunde unbezweifelt das Jahr 1230. Auf jeden Fall ist diese Urkunde eine jener umfassenden Confirmations=Urkunden, wie sie der Fürst Nicolaus I. von Werle († ungefähr 1275) gegen das Ende seines Lebens öfter ausstellte.
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firmirt hatte, nämlich: Chemnitz, Weitin und Wolkenzin, so wie Zirzow (bei Chemnitz), Neuendorff (bei Weitin) und Rehse (bei Wolkenzin); letztere drei Güter waren nach der Stiftung "von wilder Weide" aufgebauet, da sie nach der Urkunde vom Jahre 1230 dem Kloster von dem Fürsten Kasimir verliehen waren. Diese Güter waren gewiß in den erwähnten Kriegen zwischen den brandenburgischen und pommerschen Fürsten an das Haus Werle gefallen, so daß, mit Ausnahme des Landes Wustrow am südlichen Ost=Ende des Tollenze=Sees, das Land Werle im J. 1230 bis an die Tollenze reichte. — Dann schenkten die Werleschen Fürsten an das Kloster aus ihrem eigenen alten Lande folgende Güter und Rechte: die Kirche zu Wahren mit dem Dorfe und 15 Hufen zu Schwenzin (Swantzin), den Genuß der drei obersten Aalwehren zwischen den Seen Müritz und Cölpin iede zehnte Nacht (bei Eldenburg), Freidorf (Vrigdorp oder Bornhof, bei Ankershagen) mit 50 Hufen (also wahrscheinlich die ganze Feldmark Wendorff) und mit drei Seen, genannt die Havelwasser 1 ) (Havelquellen), 10 Hägerhufen zu Rumpshagen mit Mannlehn und Kirchenlehn, die Kirche zu Ankershagen, welche, nach der Confirmation vom 23. April 1273, das Kloster seit dessen Stiftung besessen hatte, mit 5 Hufen, 14 Hufen zu Klokow, die Vikarei auf dem fürstlichen Schlosse zu Penzlin, das Patronat der Kirche zu Lukow mit 3 Hufen, Federow mit 8 Hufen, Falkenhagen mit 6 Hufen, Kirchlehn und Mannlehn, Schönau mit 3 Hufen, Kargow mit 6 Hufen, Kirchlehn und Mannlehn, die Kirche zu Penzlin mit zwölf Morgen freien Ackers und 4 Hufen auf dem Schmort. Dazu schenkte Nicolaus dem Kloster die Freiheit zu neuen Erwerbungen und völlige Zollfreiheit in seinen Landen. Diese Schenkungen wurden dem Kloster bestätigt: theilweise noch vom Fürsten Nicolaus I. am 23. April 1273 2 ), dann umfassend vom Herrn Nicolaus II. von Werle am 22. September 1312 3 ) und später durch Transsumirung von den Herren Nicolaus V. und Christoph von Werle am 5. Mai 1402 und von den Herzogen Magnus und Balthasar von Meklenburg am 20. Junius 1482 4 ).


1) Ueber die Havelwasser vgl. Miscellen zu Jahrb. III.
2) Vgl. Urk.=Samml. Nr. VII.
3) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XII.
4) Vgl. Urk.= Samml. Nr. III.
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Wie weit trotz aller Schmälerungen der geistliche Einfluß des Klosters Broda reichte, zeigt eine päpstliche Versicherung über den Besitz der Patronate des Klosters vom 27. October 1500 1 ). Nach dieser Urkunde besaß das Kloster die Patronate über folgende Kirchen: Wahren mit Schwenzin und Falkenhagen, Schönau, Ankershagen mit Rumpshagen, Klokow, Federow mit Kargow, Schlön, Lukow, Penzlin mit Schmorte, Reese, Chemnitz, Wolkenzin, Weitin mit Neuendorf und Zierzow, und dazu Neu=Brandenburg.

Dies sind die Grundzüge der inhaltsreichen Geschichte von der Stiftung des Klosters Broda, reicher an bemerkenswerthen Begebenheiten, als irgend eine Geschichte einer andern geistlichen Stiftung im Lande Meklenburg. Nicht allein die Geschichte des Klosters selbst ist von hohem Interesse: die Urgeschichte der ganzen Gegend von Stargard bis Wahren und von Treptow in Pommern bis Wesenberg ruht in der Geschichte dieser Stiftung von Broda, und die Geschichte der Städte Stargard, Neu=Brandenburg, Strelitz, Penzlin und Wahren, der Comthurei Nemerow und des Klosters Wanzka, der Grafschaft Fürstenberg und der Lehngüter des Strelitzschen Fürstenhauses, die Geschichte von Prillwitz und Rhetra, die Bedeutung des Handelsverkehrs und der Völkerscheiden am Tollenze=See finden in ihr ihre Anfangspuncte.

Weiter kann für den Augenblick nichts gegeben werden. Wünschenswerth ist jetzt eben so sehr eine Geschichte des Klosters Broda in seinem fortschreitenden Leben, als eine Darstellung der Entstehung der auf ihrem ursprünglichen Gebiete entstandenen städtischen und Lehnsverhältnisse, damit beide sich einander ergänzen und berichtigen.



1) Vgl. Urkunden=Sammlung Nr. XIII.
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II.

Memorienbuch

des
Klosters Amelungsborn,
für die meklenburgische Geschichte im Auszuge
mitgetheilt
vom
Archivar Dr. Schmidt
zu Wolfenbüttel.

I n Beziehung auf Ihre Nachfragen wegen des Klosters Amelungsborn und dessen Verhältnisse zu Meklenburg kann ich mancherlei mittheilen, was für Sie nicht uninteressant sein dürfte. Dieses, mit seiner großen, in Form eines Kreuzes gebaueten Kirche, wohl erhaltene Kloster liegt in dem herzogl. braunschweigischen Amte Stadt=Oldendorf unfern der Weser. Die davon, leider nur zu einem geringen Theile hier noch vorhandenen Urkunden und Acten erwähnen einer frühern Verbindung des Klosters mit Meklenburg eben so wenig, als ein aus dem 15. und 16. Jahrhunderte herrührendes großes Diplomatarium; dagegen sind in einem gleichfalls hier befindlichen Memorienbuche 1 ) und einem kleinern Diplomatarium aus


1) Die in diesem Memorienbuche aufgezeichneten Gedächtnißtage sind in mancher Hinsicht von historischer Bedeutung, des aufgezählten Güterbesitzes des Klosters Amelungsborn in Meklenburg, der mit der Zeit eine urkundliche Darstellung gewinnen dürfte, nicht zu gedenken.
Zuerst erscheint der Todestag des Bischofs Berno (hier Bruno genannt) von Schwerin als wichtig; er ist auf XIX kal. Februarii angegeben. Hiernach muß Bischof Berno im J. 1191 gestorben sein. Denn am 8. April 1190 ist er noch Zeuge einer Doberaner Urkunde; am 24. November 1191 (  ...  )
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dem 13. und 14. Jahrhundert nicht unbedeutende Nachrichten über jene Verbindung enthalten, von denen ich die in dem Memorienbuche befindlichen Ihnen im Auszuge hier mittheile.

Dr. Schmidt.   



(  ...  ) ertheilt der Pabst Cölestin den Schweriner Domherren eine Bestätigungs=Urkunde: es war also wahrscheinlich Sedisvacanz vorhanden; im Jahre 1192 nennt sich in einer Doberaner Urkunde schon Brunward Bischof von Schwerin. Hiezu kommt noch eine Begebenheit, welche Schröder in Wism. Erstl. S. 89 nach Hederich erzählt, welche Hederich aber, nach sichern Handschriften im Großherzogl. Archive, aus Urkunden darstellte. Nach dem Tode Berno's trat Zwiespalt über die Bischofswahl ein: die Domherren wählten einen Ungenannten, die "Wenden" den Brunward zum Bischofe. Dieser Zwiespalt dauerte "bis ins dritte Jahr", bis am 18. Jun. 1195 der Bischof von Ratzeburg den Streit beilegte und die Beibehaltung Brunwards bewirkte. Wahrscheinlich geschah dies in Grundlage der Bulle Cölestins. Allerdings erzählt Kirchberg, daß Berno am 27. Januar 1193 gestorben sei. Dies stimmt freilich zu der Dauer des Streites (der bis ins dritte Jahr währte), aber nicht mit den Doberaner Urkunden und der Bulle Cölestins überein und es ist daher vielleicht anzunehmen, daß der Streit erst später entstand und dem, gleich nach dem Tode Berno's gewählten Bischofe Brunward erst säter ein Gegenbischof entgegengesetzt ward, der erst 1195 wich. Einstweilen und bis zur Entdeckung anderer urkundlicher Zeugnisse wird es also wohl am gerathensten sein, den Todestag des Bischofs Berno auf
14. Januar 1191
anzusetzen. Hiefür ungefähr entscheidet sich auch v. Lützow, I, S. 250.
So wie bei dem Todestage Berno's, ist auch bei andern Daten auffallend, daß das Amelungsborner Memorienbuch nicht mit andern Angaben übereinstimmt. Der Todestag Heinrich Borwins I. wird angegeben: im Necrol. S. Mich. und im Doberaner Nekrologium auf den 28. Januar, im Amel. Memorienbuche auf den 2. Febr. Der Todestag Heinrich Borwins II. ist aufgezeichnet im Necrol. S. Mich. auf den 4. Junius (II non. Junii.), im Amel. Memorienbuche auf den 5. Junius (non. Jun.). (Vgl. Jahrb. I, S. 134.) Für den Todestag Heinrich Borwins II. hat sich im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin noch eine neue Quelle gefunden in einer Urkunde der Fürsten Heinrich und Johann I. von Werle vom 15. Mai 1277, in welcher diese den Priestern des Landes Parchim Privilegien ertheilen unter der Bedingung:

"vt in anniuersario dilecti aui nostri domini Hinrici de Werle in die beati Bonifacii ad vesperam — — conueniant et in religione in vigiliis ipso vespere compareant, de mane pro saluto anime aui nostri — — missarum sollempnia — — peragendo".

Hier ist wohl von der Vesper und der Matutin des bürgerlichen Tages (von 12 Uhr bis 12 Uhr Mittags) die Rede. Der Bonifacius=Tag fällt auf den 5. Junius; da der Gedächtnißtag auf diesen Heiligentag festgesetz ist, so ist es nach dieser Urkunde wohl kaum zu bezweifeln, daß Heinrich Borwin spät am Abend des 4. Junius 1226 starb. Es wurden nämlich nach altem Gebrauch gewöhnlich zu den Gedächtnißtagen Vigilien und Morgens darauf Seelenmessen gehalten. Eine Uebereinstimmung aller Quellen wäre freilich willkommener gewesen; jedoch ist die Differenz so geringe, daß die Wahrheit der ältern Angaben durch eine annähernde Bestimmung der jüngern unterstützt zu werden. scheint.

G. C. F. Lisch.

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Anniversaria fratrum et benefactorum.
(Cod. membr. saec. XV.)
kal. Jan. ø. Conradus sacerdos et monachus, primus abbas in Doberan.
VI idus Jan. ø. Item Hiniricus Verpunt conuersus in Dranso interfectus.
XIX kal. Febr. ø. Bruno Zvirinensis episcopus.
IV non. Febr. ø. Burwinus princeps Sclauorum, qui contulit ecclesie nostre grangiam et indaginem Satowe cum decima avenerabili episcopo Zvirinensi Brunwardo pro uilla Wukernte mutata, que simul cum omnibus appenditiis de maturo hinc inde fratrum consilio, permutatione cum filia nostra Doberanense inita, in duarum sartaginum saline in Lunenborch sunt redactae.
VI kal. Junii. ø. Heylardus abbas in Duberan.
    non. Junii. ø. Henricus, Burwini principis Sclauorum filius, cuius consensu Satowia est collata.
II idus Julii. ø. Euerhardus monachus et sacerdos, rector curie Dranz, ibidem iuxta curiam a quibusdam malignis raptoribus innocenter interfectus.
III idus Aug. Eodem die ex parte .Katerine de Rostoc habetur seruitium VIII solidorum de bonis in Bale.
XII kal.Octob. Eodem die pro Jordane milite et uxore sua de Sclauia, qui cenobio nostro multa beneficia inpenderunt, in piscibus tantum seruitur.
VI kal. Oct. ø. Godescalcus quondam abbas in Doberan.
IV kal. Oct. ø. Nycolaus, filius Burwini principis Slauorum, qui monasterio nostro grangiam Drans cum stagno adiacente donauit, porro decimam LX mansorum Brunwardus episcopus Zvirinensis, reliquas vero omnes decimationes ad dictam grangiam pertinentes Wilhelmus episcopus Hauelbergensis largiter contulerunt.
VII kal. Dec. ø. Martinus conuersus de Slauia.
IV non. Dec. ø. Hermannus conuersus de Doberan.
IV idus Dec. ø. Matheus abbas in Doberan.

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III.

Wismarsche Chronik

über

die Vormundschaftsführung der Fürstin
Anastasia von Meklenburg

vom Jahre 1275 bis 1278,
aus dem wismarschen Stadtbuche von 1272,
mitgetheilt
vom
Dr. C. C. H. Burmeister
zu Wismar.


A ls mir von dem Hochedlen Rathe der Stadt Wismar die Benutzung des Rathsarchivs zum Zweck der Abfassung einer urkundlichen Geschichte der Stadt Wismar auf die freundlichste Weise gestattet war, führte mich der jetzige Herr Stadtsecretär Enghart in das Gewölbe des Archivs an der Westseite des Rathhauses. Von dem frühen Herrn Stadtsecretär Walter war ich schon auf einige alte Stadtbücher, später Zeugenbücher (libri testimoniales) genannt, aufmerksam gemacht worden. Von diesen Stadtbüchern sind bis jetzt drei von mir aufgefunden worden, worüber ich bei einer andern Gelegenheit ausführlicher berichten werde. Das älteste Stadtbuch 1 )


1) Da nach der neuesten Nachricht des Herrn Dr. Pauli in "Darstellung des Rechts der Erbgüter", Lübeck, 1837, S. 6, das älteste Oberstadtbuch von Lübeck bis jetzt nicht aufgefunden ist, so sind die ältesten Stadtbücher der Stadt Wismar (1246-1299) die ältesten Denkmäler des ältern lübischen Rechts in Norddeutschland. - D. Verf.
(  ...  )
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scheint mit dem Jahre 1246 begonnen zu sein. Das Stadtbuch, in welchem sich die unten mitgetheilte chronistische Nachricht von der Vormundschaftsführung der Anastasia findet, ist nach dem Vorworte im Jahre 1272 begonnen:

"Anno MCCLXXII feria quinta post octavam apostolorum Peter et Paul inchoatus hic liber vel de impignoracione vel emptione vel vendicione hereditatum vel aliorum bonorum."

Dieses zweite Stadtbuch besteht aus ungefähr 150 Pergamentblättern in gr. 4., welche aneinander geheftet sind, keinesweges aber um den Inhalt zu ordnen, sondern nur um das Ganze zusammenzuhalten. Durch diesen Mangel an Ordnung wird die Benutzung des Buches etwas schwierig, der Werth und die Originalität desselben aber noch bedeutender; es findet sich nämlich ein Zeugniß im 1340 verfaßten Rathsbuche, wo es als

"liber antiquus civitatis sine coopertorio ligatus"

aufgeführt wird und die missa Rodecoghel (in medio libro civitatis reperietur) auf dieses alte Stadtbuch ohne Umschlag verweiset. Die Schrift ist die gewöhnliche des 13. Jahrhunderts.

Odgleich die Stadtbücher zunächst eine Geschichte der liegenden Gründe der Stadt enthalten, so sind doch auch einige für die Stadt und das Land wichtige Ereignisse und Verfügungen in dasselbe eingetragen. Alte ehrwürdige Namen kommen hier wieder vor. So steht in dem ältesten Stadtbuche unter der vermuthlichen Jahrzahl 1255:

"Martinus Bleyer emit domum unam a magistro Gozwino genero suo libere possidendam quod constat consulibus"

So meldet auch das Stadtbuch von 1272 die Stiftung der Anastasia zu Wein und Oblaten aus den Einkünften der Mühle vor dem altwismarschen Thore, welche noch in der Abtretung dieser Mühle 1300 namentlich vorbehalten wird. (Senkenberg selecta juris et historiae, II, pag. 477.) Die Zeit dieser Stiftung der Anastasia fällt in das Jahr 1273 und mag aus den frommen Wünschen für das Glück ihres pilgernden Gemahls hervorgegangen sein.

Die im Folgenden, aus dem Stadtbuche von 1272 mitgetheilte, jedenfalls glaubwürdige chronistische 1 ) Nachricht, welche


(  ...  ) Vgl. über die ältesten Stadtbücher in Norddeutschland noch Kosegarten "Pommersche und Rügensche Geschichtsdenkmäler", 1834, I, S. 86. Hiernach sind die ältesten Stadtbücher die von Rostock (von 1260), Stralsund (von 1260) und Hamburg (von 1274). - D. Red.
1) Benutzt, jedoch sehr unvollständig und undiplomatisch, ist diese chronistische Nachricht schon von Latomus im Genealochron. Megap., in v. Westphalen Mon. ined. IV, p. 244, indem es hier heißt:
(  ...  )
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vom Stadtschreiber neben den laufenden Vorfällen eingetragen ward, erläutert zugleich eine bis dahin unentschiedene Frage über das Recht der Vormundschaft im fürstlichen Hause; vgl. v. Lützow, Geschichte II, p. 32, flgd.



(  ...  ) "Deroweegen warb nicht allein ihre protestation von ihnen in wind geschlagen, sondern auch das Herrn Haus alda, welches vieren von adel nemlich Herrn Helmold von Pleß, Herrn Benedicto von Rodenbeck, Rittern Alberico von Barnekow und Warner Schluter eingeantwortet wahr, vor ihnen versperret gehalten, und ihnen der aufzug gewehret. Woraus folgents ein ziemlich fewr der uneinigkeit und allerhand unglück im Land entstand, dan die gemelte Brüder thaten sich nicht allein bei ihrem Schwager dem Graven in Holstein Gerhardo 1 sondern auch bei dem Graven zu Schwerin Guncelino 3 wegen dieses ihnen zur Wismar beigefügten schimpfs zum hefftigsten beklagen, und baten ihnen mit raht und that beizutreten, damit solcher Frevel und trotz der Ritterschaft sonderlich an den vier beampten möge gerochen werden. Wan dan die Graven diesen ihnen bewiesenen schimpf und ungehorsam nicht wollen gutheißen, sondern trugen darob ein gros misgefallen, als liessen sie auch ihre Bitte stat und raum bei ihnen finden, und zogen demnach sammt ihnen mit ziemlicher genugsamer staerke nach gedachter Beampter Lehenhove und schenkten sie Vulcano, der sie in eil verzehrte und im rauch gehn Himmel schickte. Aber so hell der Schmauch dieses Fewrs durch die schnellläufige famam aus Meklenburg geführet, vom Nicolao den alten Herrn von Werle vermercket ward, seumete er nicht solch angangen Fewr ehe lieber zu leschen und zu dempfen, derowegen convocirte er in höchster eil alle Landsassen in Meklenburgischen Kreis, wie auch die beschimpften Brüder und fraw Anastasiam von Newenburg sammt ihren beiden Söhnen gehn Wismar, führet sie zusammen in S. Marien Kirchen und vertrog die Sache also: daß Johannes Herr zu Gadebusch des gefangenen Herrn Bruder zum Vormund erwehlet und ihm sechs vornehme von Adel, nemlich Herr Ludolf Moltzan, Herr Ulrich von Blucher, Herr Gerhard Metzeke, Herr Otto von Reventlow, Herr Churd Preen und Herr Gunther von Levitzow alle Ritter, zu räthen und mithelffern adjungiret und zugeordnet worden..— Wismarsche Urkunde."
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Original.

fol. 1.

Q uum nobilis dominus noster Henricus dominus Magnopolensis captus esset a paganis et teneretur in vinculis in Babylonia, venerunt nobiles viri dominus Henricus et frater suus dominus Johannes, filii domini Johannis de Werle, in Wisimariam super castrum et congregaverunt eo universos vasallos jam dicti Henrici de Magnopoli et universos consules civitatis Wismarie, dicentes, quod connatus eorum predictus dominus noster Henricus Magnopolensis commisisset eis, quod tutores esse deberent uxoris sue, inclite domine nostre Anastasie, et filiorum ipsorum et terre, et hoc vellent facere, et vellent videre, quis hoc vellet contradicere et defendere. Tunc domicellus Johannes et frater suus dominus Nicholaus Zwerinensis Lubecensisque prepositus in presentia eorum audientibus vasallis universis et consulibus civitatis hoc constanter contradixerunt, addentes etiam, quod ipsipotius essent tutores filiorum fratris eorum et terre, quam filii patrui suorum. Et hoc testabantur in principes et dominos. Post hec facta fuit magna discordia pro jam dicta ratione inter dominum prepositum et suum fratrem domicellum Johannem et castellanos, scilicet dominum Helmoldum et dominum Benedictum de Rodenbeke et illos de Barnekouwe et Wernerum davigerum, quod dominum prepositum et fratrem suum castrum ascendere non permiserunt. Inde commoti dicti fratres intimaverunt querulando nobili domino Holsatie comiti et domino comiti de Zwerin, quod fuerat actum. Post hec armata manu domicellus Johannes combussit curias castellanorum. Quod dum intellexisset nobilis dominus Nicholaus de Werlle, venit Wismariam et convocatis universis vasallis domini Henrici de Magnopoli et consulibus, sumpsit diem amicabilem inter dominum prepositum et fratrem suum Johannem domicellum et predictos castellanos, et inecclesia heate Marie placitavit dictus dominus Nicholaus cum inclita domina Anastasia et prudentioribus vasallis ejus sic, quod domicellum Johannem cum consensu universorum vasallorum in tutorem jam dicte domine et filiorum ejus

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Uebersetzung.

A ls unser edle Herr, Herr Heinrich von Meklenburg von den Heiden gefangen war und in Babylonien (Aegypten, Kairo) in Banden gehalten ward, kamen die edlen Männer, Herr Heinrich und sein Bruder Johann, Söhne des Herrn Johann von Werle, nach Wismar auf das Schloß und versammelten dort alle Vasallen des schon genannten Heinrich von Meklenburg und den ganzen Rath der Stadt Wismar und sagten, daß ihr Verwandter der vorgenannte unser Herr Heinrich von Meklenburg es ihnen übertragen habe, daß sie Vormünder sein sollten seiner Gemahlin, der gefeierten Anastasia, unserer Herrin, und ihrer Söhne und des Landes; und sie wollten dies thun und wollten sehen, wer dies wolle verbieten und wehren. Darauf Junker Johannes und sein Bruder Nicolaus, Propst von Schwerin und Lübeck, in ihrer Gegenwart widersprachen, so daß es alle Vasallen und die Rathmänner der Stadt hörten, und fügten hinzu, daß sie selbst eher Vormünder der Kinder ihres Bruders und des Landes seien, als die Söhne ihres Vaterbruders. Und sie bezeugten dies gegen Fürsten und Herren. Darauf entstand große Zwietracht aus schon erwähntem Grunde zwischen dem Herrn Propst und seinem Bruder Junker Hans und den Burgmännern, nämlich Herrn Helmold und Herrn Benedict von Rodenbeke und den von Barnekow und Werner dem "Schlüter", daß sie den Herrn Propst und seinen Bruder nicht auf das Schloß kommen ließen. Deshalb klagten benannte Brüder dem edlen Herrn Grafen von Holstein und dem Herrn Grafen von Schwerin, was geschehen war, und Junker Johannes verbrannte mit bewaffneter Hand die Höfe der Burgmänner. Als dies der edle Herr Nicolaus von Werle erfuhr, kam er nach Wismar und berief alle Vasallen des Herrn Heinrich von Meklenburg und den Rath der Stadt und verkündete einen Tag zur Vereinbarung zwischen dem Herrn Propst und seinem Bruder Junker Johannes und den vorgenannten Burgmännern, und in der Marienkirche verabredete der genannte Herr Nicolaus mit der gefeierten Anastasia und den verständigern Vasallen so, daß

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Original.

elegerunt et lerre et sex milites sibi in adjutorium, elegerunt, scilicet dominum Mulzan, dominum Ulricum de Bluchere, dominum Gerardum de Metzeke, dominum Ottonem de Reventlo, dominum Conradum Pren et dominum Guntherum de Levetzouwe. Hiis gestis militibus et famulis et universis vasallis domini nostri fuit intimatum. Quibus bene placuit. Consules etiam presentes fuerunt et hoc audierunt et multi alii burgenses Wismarie civitatis. Acta sunt hec Ao. gracie MCCLXXV.

His omnibus sic peractis dixit domicellus Johannes, si vellent terram in tali statu perdurare, sicut dominus Henricus frater suus statuit, antequam exiret, hoc sibi bene placeret et de omnibus sic vellet acquiescere; sin autem, sibi videretur, quod ipse potius tutor esset, quam alter aliquis. Dum autem domicellus Johannes ex voluntate et jussu dominorum de Werle et domine nostre Anastasie et comitis de Zwerin et domini de Rostok et domini de Rugia et comitis Holsatie et omnium vasallorum dominii Magnopolensis in tutorem esset constitutus, predicti domini dederunt privilegium suum super eo, quod domicellus Johannes et frater suus dominus prepositus deberent esse veri tutores. Post hec contigit, quod marchio Otto de Brandenborg impugnavit cum adjutorio comitis de Zwerin dominos Slavie; et tunc fuit adjutor domicellus Johannes illorum de Werle, sicut dominus Henricus Magnopolensis commiserat suis antequam exiret. Tunc temporis predictus marchio intravit Zwerin cum comite Holtsatie et intraverunt terram Magnopolensem cum comite Zwerinensi, et potenter devastaverunt et combusserunt (et conventionem fecerunt) dominium Magnopolense; et propter illum timorem firmata fuit civitas Wismariensis secundum commissum domini Henrici Magnopolensis, sicut ore trium locutus fuit suis burgensibus Wismarie sibi et pueris suis ad manns.

fol. 2.

Hec gwerra stetit per dimidium annum, in qua gwerra domicellus Johannes cum propriis expensis et suis hominibus adjutor fuit dominorum de

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Uebersetzung.

sie den Junker Johannes mit Einwilligung aller Vasallen zum Vormund der schon genannten Fürstin und ihrer Söhne und des Landes wählten, und wählten ihm zum Beistande sechs Ritter, nämlich Herrn Mulzan, Herrn Ulrich von Blücher, Herrn Gerhard von Metzke, Herrn Otto von Reventlo, Herrn Conrad Preen und Herrn Günther von Levetzow. Darauf ward dies den Rittern und Knappen und allen Vasallen unsers Herrn angezeigt; denen gefiel es wohl. Auch die Rathmänner waren zugegen und hörten dies und viele andre Bürger der Stadt Wismar. Dies geschah im Jahr des Heils 1275.

Als alles dieses so ausgeführt war, sprach Junker Johannes, wenn man wolle, daß das Land in dem Zustande verbleibe, wie der Herr Heinrich sein Bruder es vor der Abreise festgesetzt habe, so gefalle es ihm wohl und er wolle sich in Allem dabei beruhigen; wenn aber anders, so scheine es ihm, daß er eher Vormund sei denn ein anderer. Während aber Junger Johannes nach dem Willen und Geheiß der Herren von Werle und unsrer Herrin Anastasia, des Grafen von Schwerin, des Herrn von Rostock, des Herrn von Rügen, des Grafen von Holstein und aller Vasallen der Herrschaft Meklenburg zum Vormund bestellt war, gaben vorgenannte Herren ihre Briefe darüber, daß Junker Johannes und sein Bruder, der Herr Propst, die wahren Vormünder sein sollten. Darnach begab es sich, daß der Markgraf Otto von Brandenburg mit Hülfe des Grafen von Schwerin die Herren Slaviens anfocht, und der Junker Johannes war der Beistand der Herren von Werle, wie der Herr Heinrich von Meklenburg es den Seinen vor der Abreise aufgetragen hatte. Zu der Zeit nun zog der oben genannte Markgraf mit dem Grafen von Holstein in Schwerin ein und verheerten gewaltig und verbrannten verabredetermaßen die Herrschaft Meklenburg, und wegen jener Furcht befestigte man die Stadt Wismar, wie in dreier Gegend wart Herr Heinrich von Meklenburg für sich und seine Kinder den Bürgern von Wismar befohlen hatte.

Diese Fehde währte ein halbes Jahr; in derselben Fehde war Junger Johannes auf eigne Kosten mit seinen Leuten Helfer der

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Original.

Werle, et sedata gwerra domicellus Johannes dedit doimnis de Werle quingentas marcas Brandeborgensis argenti ad composicionem eorum. Post hec oriebatur inter domicellum Johannem et dominum Ulricum de Bluchere quedam discordia, ad quam venit civitas Wismaria et rogavit, ut diem et inducias acciperent. Ad eundem diem venit dominus Ulricus cum extraneis dominis, scilicet episcopo Zwerinensi et dominis de Werle et comite Zwerinensi, cum armata manu, sicut non erat placitatum, et in eodem die contradixerunt, domicello nostro et domino preposito fratri suo, quod non deberent de cetero esse tutores. Potenter tunc domicellus Johannes et frater ejus prepositus rogaverunt eos, quod sic non facerent, sed permitterent eos venire in presentiam dominorum et principum. Si execssissent in tutela, quod de jure non possent esse tutores, nec deberent, libenter vellent tutelam resignare. Illud fuit ipsis denegatum, nec apud justiciam istos dimittere volebant. Post hec episcopus Zwerinensis sumpsit de his diem ante civitatem Sternberg et ibi venerunt universi vasalli dominii Magnopolensis vocati. Cum autem vasalli venissent ad jam dictum (diem?) amicabilem, invenerunt dominos de Werle et comitem Zwerinensem et aliquos de vasallis dominii Magnopolensis armata manu ante Sternenberg, et illi coegerunt universos vasallos ad hoc, quod adherebant dominis de Werle, et tunc ipso die illi de Werle et comes de Zwerin sumpserunt in suam potestatem Sternenberg et Godebuz. Post hec in tribus diebus venerunt ante civitatem Wismariam armata manu erectis vexillis scilicet Baner et posuerunt se in terram et edificaverunt Mekelingeborg et ex Mekelinborg equitaverunt et combusserunt redditus puerorum et quidquid attinebat civitati Wismarie; et post hec equitaverunt ante Gnevismolen et combusserunt molendina eorum et subdiderunt sibi civitatem et dominum Nicolaum prepositum ejecerunt de civitate et suos, et potentes erant in omni terra et statuerunt advocatos suos. Cum autem civitas Wismarie in magna necessitate posita esset, venit eis rumor, quod dominus Henricus Magnopolensis esset mortuus. Tunc miserunt

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Uebersetzung.

Herren von Werle, und nach beendigtem Kriege gab Junger Johannes den Herren von Werle fünfhundert Mark Brandenburgischen Silbers zu ihrer Sühne. Darnach entstand ein Streit zwischen Junker Johannes und Herrn Ulrich von Blücher; da kam die Stadt Wismar und bat, sie möchten einen Tag zur Vereinbarung ansetzen und Waffenstillstand schließen. Zu diesem Tage kam Herr Ulrich mit den auswärtigen Herren, nämlich dem Bischofe von Schwerin und den Herren von Werle und dem Grafen von Schwerin, mit bewaffneter Hand, wie nicht verabredet war, und an demselben Tage widersprachen sie unserm Junker und seinem Bruder, dem Herrn Propst, daß sie fernerhin nicht Vormünder sein sollten. Da baten Junker Johannes und sein Bruder, der Propst, sie dringend, daß sie so nicht handeln möchten, sondern sie vor Herren und Fürsten erscheinen lassen sollten. Hatten sie in der Vormundschaftsführung gefehlt, daß sie dem Rechte nach keine Vormünder sein könnten noch dürften, so wollten sie gern die Vormundschaft niederlegen. Dies aber ward ihnen abgeschlagen und wollten sie nicht nach Recht entlassen. Da verkündete der Bischof von Schwerin einen Tag vor der Stadt Sternberg und daselbst erschienen auf Ladung alle Vasallen der Herrschaft Meklenburg. Als aber die Vasallen zum genannten Tage kamen, fanden sie die Herren von Werle und den Grafen von Schwerin und einige Vasallen der Herrschaft Meklenburg mit bewaffneter Hand vor Sternberg, und jene zwangen alle Vasallen dazu, daß sie den Herren von Werle anhingen, und an jenem Tage nahmen die von Werle Sternberg und Gadebusch in ihre Gewalt. Nun kamen sie in dreien Tagen vor die Stadt Wismar mit bewaffneter Hand mit erhobenen Fahnen (oder Bannern), und legten sich in das Land und baueten Mekelingeborg auf, und von Mekelingeborg ritten sie aus und verbrannten die Güter der Prinzen und was der Stadt Wismar gehörte. Darauf ritten sie vor Gnevismolen und verbrannten die Mühlen derselben und machten sich die Stadt unterthan; den Herrn Propst jagten sie hinaus mit den Seinen und waren Herren im ganzen Lande und setzten ihre Vögte ein. Als nun die Stadt Wismar in großer Noth war,

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Original.

nuncios suos domino Barnim et domino Ruianorum et domino de Rostoc, amicis puerorum, et comiti Holsaciae et intimaverunt ipsis querulaudo necessitatem eorum et rogaverunt, ut tale consilium apponerent, ut pueri apud dominium ipsorum et terram permanerent. Tunc dicti domini venerunt et fecerunt diem, sub quo die venerunt de Mekelinborg et spoliaverunt ante civitatem ex aratro equos. Tunc civitas insequebatur eos ante collem .Mekelinborg et deo juvante ceperunt IX viros milites et armigeros. Post hec illi de Werle voluerunt habere de terra puerorum XXC m. et X m. lubecensis monete. Hoc contradixit dominus Barnam et vasalli puerorum, et timuerunt, quod anno quolibet vellent facere id ipsum. Tunc dominus Bamam et dominus de Rozstoc placitaverunt sic, quod captivi soluti esse deberent et sere deberent reddi ad manus puerorum; super quo promiserunt domini ex utraque parte, et dominus Barnam et dominus de Rozstoc dederunt privilegium eorum super eo. Civitas tenuit, quod fuit placitatum, et dimisit captivos solutos, et domini de Werle et comes de Zwerin, ut antea seras optinuerunt, et non tenuerunt, que placitata fuerant. Post hec sequenti anno de eadem seris, scilicet Sternenberg et Godebuz, venerunt predicti domini de Werle et comes de Zwerin et posuerunt se ante civitatem Wismarie VI septimanis et hostiliter devastavemnt terram dominorum nostrorum cum adjutorio illustris principis Ottonis Marchionis de Brandenborg et edificavcrunt castrum Dobe potenter et de eodem castro combusserunt terram et spoliaverunt eam. Post hec sepedicti domini e Godebuz intraverunt terram dominorum nostrorum et combusserunt eam sabbato ante festum beati Galli videlicet anno domini MCCLXXVIII et Johanes domicellus tutor puerorum occurrit eis cum suis amicis et cepit ex iis LXXX viros milites et armigeros. Post hec dominus Ruianorum, junior comes Holsacie et dominus de Rostoc fecerunt firmam composicionem sic, quod pueris sere representabautur et dicti LXXX captivi liberi dimittebantur et soluti; et sic placitatum fuit, quod dominus pre-

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Uebersetzung.

kam das Gerücht, daß Herr Heinrich von Meklenburg todt sei. Da schickten sie ihre Boten an Herrn Barnim und den Herrn von Rügen und den Herrn von Rostock, die Freunde der Prinzen, und an den Grafen von Holstein, und baten, daß sie solchen Rath pflegen möchten, daß die Prinzen bei ihrer Herrschaft und dem Lande blieben. Da kamen die genannten Herren und setzten einen Tag fest und kamen an diesem Tage von Mekelinborg und raubten vor der Stadt die Pferde vom Pfluge weg. Die Stadt verfolgte sie bis vor den Hügel Mekelinborgs, und mit Gottes Hülfe nahmen sie neun Mann Ritter und Knappen gefangen. Da wollten die von Werle vom Lande der Prinzen 1800 Mk. lübischen Geldes haben. Dem widersprach Herr Barnam und die Vasallen der Prinzen und fürchteten, daß sie in jedem Jahr dasselbe thun würden. Da kamen Herr Barnam und der Herr von Rostock überein, daß die Gefangenen frei sein sollten und die Schlösser in die Hände der Prinzen überliefert würden. Dies versprachen sie beiderseits und Herr Barnam und der Herr von Rostock gaben ihre Urkunde darüber. Die Stadt hielt, was beschlossen war und ließ die Gefangenen frei, die Herren von Werle aber und der Graf von Schwerin hielten wie vorher die Schlösser besetzt und hielten nicht, was verabredet war. Im folgenden Jahre kamen von denselben Schlössern, nämlich Sternberg und Gadebusch, vorgenannte Herren von Werle und der Graf von Schwerin und legten sich vor die Stadt sechs Wochen lang und verheerten feindlich das Land unsrer Herren mit Hülfe des durchlauchtigen Fürsten, des Markgrafen Otto von Brandenburg, und bauten das Schloß Dobe fest auf, und von demselben verheerten sie das Land und plünderten es. Die oft genannten Herren drangen von Gadebusch in das Land unsrer Herren und verheerten dasselbe am Sonnabend vor St. Gallen im J. 1278. Junker Johannes aber, der Vormund der Prinzen, kam ihnen entgegen mit seinen Freunden und nahm von ihnen 80 Mann, Ritter und Knappen, gefangen. Darauf der Herr von Rügen und der jüngere Graf von Holstein und der Herr von Rostock eine feste Sühne machten, so daß den Prinzen die Schlösser zurückgegeben und genannte

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Original.

positus et domicellus noster tutores esse deberent puerorum, quousque venerint ad annos discrecionis.

Anno dmi MCCLXXIX impignoravit domicellus Johannes Willekino Hanstert et suis fratribus theoloneum in civitate Wismaria pro centum m. et XII m. lubecensis monete, quas sibi mutuo prestiterat, et pro nonaginta tribus m. et IIII solidis usualis monete, quas Gerwinus monetarius nomine predicti domicelli ab ipsis mutuo acceperat, et a festo beati Johannis predicto anno instanti leva bunt theloneum prenotatum, donec rehabeant summam prelibatam.


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Uebersetzung.

80 Gefangene frei und los gelassen wurden, und es ward bestimmt, daß der Herr Propst und unser Junger Vormünder der Prinzen sein sollten, bis sie zu vollkommenen Jahren gekommen sein würden.

Im J. 1279 verpfändete Junker Johannes dem Willekinus Hanstert und seinen Brüdern den Zoll in der Stadt Wismar für 112 Mark lübischen Geldes und für 113 Mark landesüblichen Geldes, welche er ihm geliehen hatte, und für 93 Mk. 4 Schillinge, welche der Münzmeister Gervinus Namens des vorgenannten Herrn Junkers von ihnen als Anleihe empfangen hatte, und vom Feste St. Johannis im vorgenannten gegenwärtigen Jahre werden sie den erwähnten Zoll so lange erheben, bis sie die vorgemeldete Summe wieder erhalten haben.


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IV.

Ueber die Wachstafeln

im
Raths=Archive der Stadt Wismar,
vom
Dr. C. C. H. Burmeister
zu Wismar.


I m Laufe des Sommers, als Herr Archivar Lisch in Wismar neben andern Gegenständen auch das Raths=Archiv besichtigte, zeigte der Herr Stadtsekretär Enghart neben andern merkwürdigen Urkunden und Siegeln auch ein Buch mit Wachstafeln 1 ), auf welchen sich noch einige leserliche Zeilen befanden. Herr Archivar Lisch äußerte darauf den Wunsch, eine Abhandlung über dieselben für die Jahrbücher von dem Einsender zu erhalten und der Herr Stadtsekretär hatte die Güte, dieselben sogleich zu meiner Disposition nach der Registratur bringen zu lassen.

Folgendes ist nun Beschaffenheit und Inhalt der Tafeln.

Die Wachstafeln sind Blätter und Rahmen von Buchenholz in Gestalt des jetzigen Großoktavs mit schwarzem Wachs ausgestrichen, welche früher durch ein Band von Pergament wie ein Buch zusammengebunden waren, jetzt aber bis auf zwei Blätter, welche noch zusammenhangen, lose geworden sind. Das Wachs auf denselben ist aber durch Jahrhunderte so gehärtet, daß nur mit einem scharfen Instrumente ein Eindruck


1) Vgl. Schönemanns Versuch eines Systems der Diplomatik, I, S. 468: "Wächserne Tafeln sind wohl kaum anders als zu Kladden und Interimsregistern gebraucht worden". - "Ihr Gebrauch war noch im 15. Jahrh. in Teutschland sehr stark." D. Red.
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zu erwirken ist. — Das Alter ist nicht leicht zu ermitteln, jedoch findet sich einmal die Jahrszahl 1419. Nach den Schriftzügen, verglichen mit dem Stadtbuche C., gehören die Tafeln in das Ende des 14. Jahrh. oder in das 15. Jahrhundert.

Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß diese Wachstafeln die Kladde des Stadtbuchs oder doch besonders desjenigen Theils des Stadtbuchs, welcher die Einkünfte der Stadt aufnahm, enthielt. In dem ältesten Stadtbuche ist durch einen sonderbaren Umstand ein solches Rentenregister vom J. 1300 ff. eingeheftet, von dem ich Vergleichungen entlehnen werde.

Die Zahl der Tafeln ist zwölf, von denen jedoch die erste und letzte nur eine beschriebene Seite enthalten, weil die übrigen für den Umschlag abgehen.

Inhalt.

Tafel I. II. III. enthalten bloße Namensverzeichnisse mit Anfügung der Abgaben, z. B.

Tafel I, oben Nicolaus burmester. 1 mk. ſla.
Tafel II, a. bauen sunte Jacobus.
Sanctus Jacobus XII ſ. ſlau.
Sanctus Jacobus XII ſ. ſlau.
b. Sanctus nicolaus XII ſ. ſlau.
Clawes halenbeke XII ſ.
Tafel III, a. Beata maria 1 m.
beata maria 1 m.
Sancta Maria 1 m. und so mehrere Male nach einander.
Tafel IV.  
a. Officium sartorum talliabit pro CX mark. Officium sartorum talliabit pro C marcis ex parte elemosinarum arnoldi hopperades et pro C m. de missa eorum.
It. Officium sartorum debet talliare pro CC marcis ad missam Hinrici luneborgen apud sanctum spiritum.
It. Tenetur prouisor ecclesie sancti georgii presenti anno IIII marcas ad melioracionem capelle westual in ecclesia beate marie virginis infra angulum aquilonarem.
b. Camerarii exposuerunt e conuerso IIII marcas penesticis. (Penestici sind: Haken.) It. pro reformacione fenestrarum VI 1/2 marcas II ſ.
It. 1 m. Nicholas de ultzen.
It. Camerarii exposuerunt 1 m. wibeken de heyda pro antipendiis altaris.
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Prouisor ecclesie beate marie talliabit annuatim 1 m. pro XIII jugeribus agri, que dabitur a domino nicolao moller a anno LXIX.

Wahrscheinlich aus früherer Zeit ist stehen geblieben:

Et sic camerarii tenentur ad capellam de anno MCCCCXIX.

Darunter:

Officium pistorum talliabit pro hospitalia veniente anno in platea canum post mortem dicti Jacobi anno veniente pro se pro eadem.

Das Bäckeramt ist noch im Besitz dieses Gasthauses in der Hundestraße, weiß aber die Zeit der Erwerbung nicht mit Gewißheit anzugeben, wiewohl es in den Acten des Bäckeramts schon im sechzehnten Jahrhundert häufig erwähnt wird.

Tafel V.  
a. Aluart sellin wanaftich to butzow schal schaten vor III boden, de belegen sin in der papen straten by her magnus smede anno LX (vielleicht 1460). Das Uebrige ist unleserlich.
b. Officium penesticorum talliabit omni anno pro CC m. de anno XLIII.
Tafel VI.  
a. Stedegheld de foro quilibet quolibet termino I sofidum, et serui forenses tenentur colligere et dominis camerariis summam col lecte exponere quia de tali collecta serui forenses recipiunt mercedem corum et residuum datur eis per camerarios; de camera receperunt residuum anno LXXIIII.
b. Officium ortulanorum debet dare pro censu pro ortis et pratis XVI m. Das Uebrige ist unleserlich.
Tafel VII.  
a. Officium sartorum talliabit pro CCC marcis.
b. Elemosine Conradi de pechel debent talliare pro CCCC marcis. Officium lanificium talliabit ut in libro est scriptum.
It. Hans scrader to Redebusse schal schaten vor 1 m. de staen binnen pressere.

Tafel VIII. a. b. enthält bloße Namen, welche auch größtentheils unleserlich sind.

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Tafel IX.  
b. Presbiteri siue vicarii ecclesie sancti nicolai dabunt annuatim X sol. pro agro domini Jo. Bukow anno XVI. (Dies ist wahrscheinlich 1516.)
Tafel X.  
a. Officium sutorum dat de curia extra ualuam magnopolensem X marcas. Im Stadtbuche: case site ante portam mekelenborgh soluunt VI m. bis in anno dandas.
(Im ältesten Stadtbuche: Sutores dant quilibet eorum de sua taberna XII sol.)
It. de domo allecum (im ältesten Stadtbuche: allecotheca).
(Im Stadtbuche: domus allecum soluit VIII m. annuatim seu IIII in pascha et IIII in mychael.)
Cerdones quilibet quolibet anno V sol et IIII den.
(Stadtbuch: de quolibet spacio serdonum dabuntur VlII solidi, nisi sint adeo pauperes, quod duo dent VIII solidos de uno loco.)
Carnifices de macellis quilibet quolibet anno VII sol. et I den. d infra festum pasce habebunt unam lagenam cereuisie a camerariis anno LXXIII.
It. quilibet hoppenmeter dabit quatuor marcas pro dolio.
Tafel XI.  
a. Officium penesticorum talliat pro CC m. de anno XLII° Elemosine hogenwerden habet in hereditate ruchowen CCC m., pro quibus dabuntur redditus XV marcarum, quas camerarii subleuabunt et dabuntur vini stupa propter deum, et eciam dabitur inde summo seruo quantum ipse unum par caligarum de panno brugensi poterit comparare, et domini consules inde habebunt ante omnia IIII marcas pro distribucione inter se LXXIIII ſ.
Hans winter IIII m. vor de boden, de by em steit, anno XL.
Hans Kruger bleff schuldich XIIII m.
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Herbord Suoge tenetur XIII ſ. van tynsen de acker den swartekopeschen gheuen heft sunte nicolaus IIII morgen licht up deme honuelde bi der ek twischen sunte nicolaus acker, anno XL (wohl 1540).
b. Officium cerdonum debet talliare pro LXXX m.quas habet super vitalicia hinrici heuesten omni anno III m. argenti et pro hereditate sua ex parte vicarie korneke XLV m. scriptura inde reperitur MCCCCXIIII. (Von 1414 fehlt das Stadtbuch.)
D. G. Dargeribbe talliabit pro agro hinrici de wesere XXVI s. anno XLI°. (1541.)
Offcium lanificiorum tenetur talliare pro C marcis quas habet in hereditate Jo. clerus.
Stobelo cum sociis suis dat III m. pro antiqua. domo laterum extra ualuam lubicensem.
Tafel XII.  
Hans swartehudere tenetur de tribus annis censum de agro suo quem vendidit ludke meyer.
In dem gude hans slusewegge unde Jurgen ere vader wanaftich to Roleffstorpe schal schaten vor CCC m. stan in agro Riketere anno LXIIII. (1564.)

Auf der neunten Tafel a. hat sich ein späterer Stadtsekretär um 1595: Eberhard Elmhoff, mit großen Buchstaben verewigt.

Noch eine interessante Nachricht fand ich Tafel XI. a.:

Pannicide debent recipere sortes eorum in theatro feria III a ante dominicam palmarum et quilibet eorum quolibet termino dare debet decem solidos et VI den., anno LXVIII (1468).

Stadtbuch: Locus super domum pannicidarum dabit marcam denariorum. Es wurden also, wie in Lübeck, so in Wismar die öffentlichen Plätze auf dem Gewandhause, welches sich, wenn nicht im Rathhause selbst, doch in dessen Nähe befand, jährlich verlooset. (Grautoff historische Schriften. Lübeck, 1836, Th. I. S. 229.) Die Abgabe hieß von dem Kauftische (Litte, plattdeutsch lcde. Grautoff lüb. Chronik I, S. 314, die Ledehure): Tischmiethe. In Lübeck wurde (ebend. Seite 230) nach Ostern geloost.


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V.

Nachricht

von
den wismarschen Kirchen
von
Dr. C. C. H. Burmeister
zu Wismar.

A. Die älteste Kirche Wismars im Osten der Stadt.
(Vgl. Jahrbücher des Vereins II. p. 189 ff.)

N ach Nachrichten von der altwismarschen Kirche, welche auch wohl die Kirche zum heiligen Kreuze genannt worden ist (Schröder Pap. Mekl. I. p. 191, 426, 475 fl., T. II. p. 2868), hat man lange vergeblich gesucht. Bestimmtes läßt sich freilich auch noch jetzt über ihre Lage nicht ermitteln. Ihr Dasein ist jedoch gerettet, und die Meinung von einem früheren Dorfe, im Osten von Wismar im Sprengel des Bischofs von Schwerin, vor der Gründung der jetzigen Stadt Wismar, welche dem Grafen Guntzel von Schwerin um 1238 zugeschrieben wird, hat wieder Glauben gefunden. (Lübeck. Chroniken, herausgegeben von Grautoff I. S. 461 fl.) Um 1260 wird die Kirche den übrigen Kirchen in der Stadt gleich gestellt und ein Pleban an derselben, jedoch ohne Namen, erwähnt. Diese Kirche lag jenseit der aqua Wisimara, die im Stadtbuche auch wohl amnis genannt wird, und also im Stifte Schwerin, wie es aus spätern Nachrichten erhellt. Sie ist jedenfalls die älteste Kirche der Stadt gewesen, wenn auch nicht die bedeutendste. Die näheren Nachrichten, so wie ihre Fundation möchten sich in dem leider

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verlorenen Kapitelbuche des Stifts Schwerin (Pötcker Neue Sammlung glaubwürdiger Urkunden St. 5, 6. p. 15) befunden haben.

Die Zeugnisse für die altwismarsche Kirche sind im ältesten Stadtbuche.

In dem ältesten Testament ohne mutmaßliche Jahrszahl auf einem Zettel im ältesten Stadtbuche:

Ego Alkillus ita testamentum disposui. V pueris meis dedi quilibet specialiter XIII marc. denariorum. Ad quenlibet eorum dedi III marc. den. lt. accipi quidam aduersus Liuoniam, si personaliter non iero, mittatur unus pro me pro XX marcis denariorum. Ad hospitale II m. ad antiquam Wissemaram II m. ad domum sancti spiritus III m. It. Gertrudi mee dedi XX marc. den.

Hier steht diese Kirche neben dem Hospital und der Stiftung zum heiligen Geiste nur ganz allein genannt.

In einem Testamente vom J. 1260:

Ego Conradus filius domini Henrici Kyphot iturus ad terram sanctam de rebus meis taliter ordinavi: Ludolfus et Vicco fratres de molendino tenentur in XL m. denariorum Wissemariensium, quas si non rediero taliter dispensabunt. Ecclesie beate Marie dabunt IIII marcas et sacerdotibus ibidem deseruientibus dabunt unam marcam, ecclesie ad autiquam Wissemaram dabunt IV m. et plebano unam marcam, ecclesie beati Nycolai duas m., ecclesie beati Georgii II m., fratribus minioribus duas m., domui spiritus sancti I m., ad hospitale leprosorum I m. Cuidam puero meo II m. It. ultimo duobus fratribus meis cuilibet X m. denariorum.

In einem Testamente, welches sich in dem späteren Stadtbuche nach 1272 befindet:

Ego Alkerus cogitans de futuris do sancto Nicholao ad structuram II m., minoribus fratribus II m., domine nostre III m., sancto Georgio II m., sancto spiritui II m, hospitali I m., ecclesie in antiqua Wismaria I m. Insuper do filie filie mee hereditatem, quam emi ab Arnoldo Crulligero, scilicet filie Gerardi de Pole. Ad eandem hereditatem pertinent due taberne, de quibus in una manebit uxoris mee temporibus vite ejus et post obitum ejus succedet.

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Im Stadtbuche selbst nach dem J. 1279:

Eodem anno dederunt VIII solidos ecclesie antique Wismarie et sancto Georgio Jacobus Tesseke et u.xor ejus Herburgis. It. dederunt unum argenteum ciphum sancto Nicholao ad calicem.

So weit reichen die Nachrichten in den ältesten Stadtbüchern. Da das Stadtbuch des ganzen 14. Jahrhunderts bisher nicht aufgefunden ist, so können auch keine weiteren Nachrichten darüber gegeben werden. Wahrscheinlich gerieth jedoch diese Kirche immer mehr in Verfall, da sie in späteren Testamenten gar nicht erwähnt wird. Um jedoch das Andenken an diese jedenfalls älteste Kirche der Stadt 1 ) nicht ganz aufzuheben, beschlossen die Bürger mit Genehmigung des Raths eine Kapelle aufzurichten, welche im J. 1481 eingeweiht 2 ) und dem Kirchherrn zu Hornstorf übertragen wurde. Der damalige Kirchherr Nicolaus Mowe ward verpflichtet, für fünf Mark jährlicher Rente zwei Messen des Montags und des Freitags in der Kapelle zu halten. Diese Verpflichtung sollte auch auf dessen Nachfolger übergehen, und im Fall das Kapital dieser fünf Mark Rente noch nicht belegt sei, sollte die Rente aus dem Blocke und dem Bedelgelde gezahlt werden. Am Montage sollte die Messe zur Hülfe und zum Troste aller Christenseelen im Fegefeuer und am Freitage zu Lobe und Ehre des heiligen Kreuzes gelesen werden. Würde der Kirchherr seine Verpflichtung nicht erfüllen, so sollte der Kirchherr zuerst von den Vorstehern zur Nachachtung ermahnt, und wenn dies nicht fruchten würde, so sollte der Rath die Abhaltung dieser Messen einem andern frommen Priester für fünf Mark Geldes so lange übertragen, bis der frühere Kirchherr seinen Sinn geändert habe. Außerdem ward bestimmt, daß der Kirchherr nur das Altaropfer haben, das Uebrige an Opfern aber: an Wachslicht, Flachs und Wolle, welche man an das Bild hängen oder in den Block stecken, auf die Wagschale legen oder auf das Bedelbrett legen möge, zum Nutzen der Kapelle von den Vorstehern bewahrt werden solle. Ohne Wissen und Erlaubniß des Kirchherrn sollte auch keiner in der Kapelle Messe lesen und die Vorsteher am Laurentiustage (10. Aug.) nicht mit dem Bedelbrett bitten, und dann sollte von diesem Bedelgelde der Kirchherr die eine und


1) Ganz ähnlich ward zu Stralsund auf dem Gebiete der ältern Stadt um 1475 eine Kirchhofskapelle erbaut. Brandenburg, wo stand Stralsund vor sechshundert Jahren. Stralsund 1830, S. 9.
2) Vgl. vermischte Urkunden.
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die Kapelle die andre Hälfte erhalten. Der Kirchherr sollte außer den Festen keine Opfergesänge singen lassen und dabei bitten (bedelyghe hebben); und nur was an den Festen auf das Altar gelegt werde, sollte ihm gehören; was die Vorsteher bitten würden, sollte der Kapelle gehören. Endlich sollten durch diese neue Urkunde alle frühern Briefe aufgehoben sein. - Leider sind uns von der frühern Fundirung keine Urkunden aufbewahrt; allein der heilige Laurentius, der Schutzheilige der Stadt, dessen Bild so viele Münzen tragen, dessen Namenstag in dieser Kapelle gefeiert ward, führt uns auf die Vermuthung, daß diese Kapelle zum Andenken an die älteste Kirche dieser Gegenden errichtet ward.

Außerdem fand ich noch in einem Kopialbuche der St. Nicolaikirche des 15. Jahrhunderts, daß der altwismarsche Kirchhof den 11. Nov. 1481 vom Bischof Nicolaus Pentz geweihet sei. (Jahrb. des Vereins Th. II. S. 190.)

Ueber diese Kapelle zum heiligen Kreuze finden sich nun noch wieder einige Nachrichten, welche mir durch die Güte des Herrn Archivars Lisch zugekommen sind:

A. d. 1503 am dage vincula Petri
Curt von Plenen zu Rosendal verpfändet den "vorstenderen der Capellen des hilligen cruces bolegen vor der Wismar up deme olden wysmer kerchaue am stichte von Zwerin
vier lüb. Mark jährlicher Hebung aus dem Dorfe Rosendal.
A. d. 1513 am dage Steffani prothomartiris die Herzöge Heinrich und Albrecht von Meklenburg verpfänden an den
"Brandt Smidt borgermester, Arnoldus Sloys unnd Hinrick Grotecurdt, Rathmanne,
an
die vorweser von der Papegoyen szelschopp
und an
dat hilge Cruce up der olden Wyszmar karkhaue
45 Mark jährlicher Renten aus den Gütern Rosendal, Losten und Karow für 900 Mark
A. 1516 ward dieser Kapelle der Kelch gestohlen.
Schröder P. M. T. II. p. 2868.
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A. 1517 ward von "Hinrich Becker tro des hylligen cryces Statien etwas vermacht."
Schröder p. M. T. II. p 2875.
A. 1518 Agrum contra sanctam crucem prouisor ipse colit.
Primam curiam retro sanctam crucem Hermen Gharchow conduxit anno XVIII pasce.
(Registrum parochie Mariane fol. XV et XVl.)
A. 1523 ward von Hinrich Klöver derselben etwas vermacht:
Item. Geue ick ton hilligen crütze buten dem olden Wismarischen dore belelegen IIII schilling.
Schröder Evangel. Meklenburg T. I. p. 65.
A. 1534 Hornstorpe.
Item noch V m. van der capellen des hilligen cruces vor der Wismer belegen, enthelt em vor Joachim Cremer borger tor Wismar.

Nach einem vom Herrn Archivar Lisch mir abschriftlich mitgetheilten Briefe des Rentmeisters Andreas Bessel (1551-1560. 1. März) an den Herzog Johann Albrecht vom 12. Nov. 1554 ist es ausgemacht, daß diese Kirche sowohl, als die im W. der Stadt befindliche Jacobskirche am 10. Nov. d. J. und den folgenden Tagen abgebrochen und deren Steine zum Bau des Tribunals verwendet wurden. Er schreibt nämlich:

"Als ich anher gekommen habe ich von Heinrichen Alkopff und andern erfaren, das der Radt mit der gemeine alhir geschlossen, nicht zu gestatten, das e. f. g. die zwei Kirchen vor den thoren muchten umbrechen lassen etc. . So habe ich den Amptmann vom Nienkloster anher verschriben, mit dem ich abgeschieden, das er heut das Dach von der wüsten Kirchen des Orts abnehmen lassen wil und wenn der Wallmeister mit seinen knechten darkumpt, demselben forderlich sein, das der die Kirche sollent vmbwirft, welches am Mithewochen geschen soll."


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VI.

Die

Schweißsucht in Meklenburg

im Jahre 1529
und

der fürstliche Leibarzt, Professor
Dr. Rhembertus Giltzheim,

von

G. C. F. Lisch.


D urch Hecker's meisterhafte Arbeit über den "englischen Schweiß 1 ) ist eine Seite der Geschichte berührt, welche bisher leider wenig genug beachtet ist, obgleich sie der höchsten Aufmerksamkeit werth ist, — die Seite des Volkslebens und des Volksleidens; durch Untersuchungen über Gegenstände dieser Art wird das Verständniß der Geschichte oft mehr erleichtert, als durch Staatsurkunden und öffentliche Denkmäler. Der englische Schweiß oder die Schweißsucht nimmt in der Geschichte der Volkskrankheiten die Aufmerksamkeit vorzüglich in Anspruch, da diese Krankheit in eine Zeit fällt, welche reich an andern großen Begebenheiten war. — Ueber ihr Auftreten in Meklenburg sind wir bis jetzt ohne Nachricht, selbst Hecker berührt unsere Gegenden kaum; dennoch


1) "Der englische Schweiß, ein amtlicher Beitrag zur Geschichte des fünfzehnten und sechszehnten Jahrhunderts, von Hecker, Berlin 1834," - ein interessantes Buch, welches allen Freunden einer wahren Geschichte der Weltbegebenheiten ohne Hypothesen nicht dringend genug empfohlen werden kann.
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können wir einen beachtungswerthen Beitrag liefern. Zum bessern Verständniß mögen zuvor einige einleitende Worte nach Hecker Platz finden.

Die Krankheit der Schweißsucht ist in der Geschichte der Medicin eine der bedeutendsten; denn, obgleich ihr Verlauf in den einzelnen Fällen von kurzer Dauer war, war sie doch sehr hartnäckig und erschien umgeben von einer ganzen Gruppe von Volkskrankheiten und andern Volksleiden. Sie war ursprünglich eine englische Krankheit und wüthete auf der Insel in den Jahren 1485, 1506, 1517, 1528 und 1551. Auf den Continent kam sie im J. 1529. Nachdem durch eine wüthende Seuche das französische Heer im J. 1528 vernichtet, Bourbons Heer im J. 1527 auf ein Drittheil zusammengeschmolzen war und nach andern vernichtenden Krankheiten, brach in den letzten Tagen des Mai 1528 in London, zum vierten Male in England, die mörderische Schweißsucht aus. Merkwürdig ist, daß sich auch außerhalb England Vorboten der Krankheit, begleitet von seltenen Naturereignissen, zeigten. Im J. 1528 zeigten sich bei großer Trockenheit Heuschreckenschwärme in der Mark Brandenburg; Feuermeteore wurden häufig bemerkt, unter denen besonders ein langer feuriger Strahl am 2. Januar 1529 in ganz Meklenburg und Pommern gesehen ward; auch mehrere Kometen erschreckten die Menschen. Der Winter war auffallend warm und gelinde 1 ); im Frühjahr und im Sommer war die Nässe vorherrschend; auch der Herbst blieb grau und naßkalt. Die Aussicht auf Fruchtgewinn ward vereitelt; krankhafte Verstimmungen, welche man dem Genuß der kranken Fische zuschrieb, wurden häufiger; selbst die Vögel erkrankten. Im südlichen Deutschland zehrte Hungersnoth am Volksglück, im nördlichen Deutschland herrschte Theurung; der Selbstmord ward in seltenem Maaße häufig; in Pommern überfiel die Menschen in der Mitte des Jahres 1529 ein plötzliches ohmnächtiges Ermatten.

Da brach auf dem Continent am 25. Julius 1529 zuerst in Hamburg die Krankheit aus 2 ), welche innerhalb 22 Tagen


1) "Item in dem 29 jare waß nen winter; men wuste vann nenen froste noch Winter tho seggenn; sommer vnnd Winter was schir auerein, alleine dat idt kolt waß vnd luchtig." - Johann Bergmanns Stralsundische Chronik, herausgegeben von Zober, Stralsund, 1833, S. 40.
2) Zu den von Hecker gesammelten Nachrichten füge ich noch eine Aussage einer auf der Großherzogl. Regierungs=Bibliothek befindlichen gleichzeitigen, kurzen, handschriftlichen Chronik von Hamburg bei, welche bis zum Jahre 1532 geht:

"In dem suluen jare vmme sunte Jacobs dach tho mytszamer vorhoff sick eyne nye kranckheit, de sweytszuke genometh, vnd de dar inne

(  ...  )
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über 1000 Menschen hinwegraffte; die Dauer des großen Sterbens währte jedoch nur 9 Tage. Nach Lübeck kam sie von Hamburg am 29. Julius; in Stettin erschien sie am 31. August, in Danzig am 1. September.

So weit gehen die Resultate Heckers. Nach gleichzeitigen Chroniken ging jedoch die Krankheit von Hamburg zunächst nach Lübeck, von hier durch die großen Städte an der Ostseeküste entlang, und zwar von Lübeck zuerst durch Meklenburg. Reimar Kock sagt in seiner lübischen Chronik:

"Düße Plage gingk mit der hast in dat landt Meckelnborgh, Pomern, Preußen, Pahlen, Lyfflandt, Rußlandt und in Süden und Westen ower gantz düdesk Landt;"

und Kantzow 1 ) in seiner pommerschen Chronik:

"1529. Umb de tit also disse handelinge so geschach, nhomeliken vmb Assumptionis Marie (15. August) vnd Bartholomei (24. August), quam eine erschrecklike tidinge, wo dat eine Nige kranckheit sick hedde tho hamborch erhafen, de Schwietsucht edder Engelische schwiet geheten, denne vth Engelland was se gekhamen. Desulffe floge jlich dorch alle Stede vnd land, vnd sturuen vele lude daran, vnd war men daruan begunde tho seggen, dar was se so balde also de tidinge. Desulffe wanckede van hamborch nha Lubeck, van Lubeck nha der Wismer, van der Wismer nha Rostock, van Rostock nham Sunde, vam Sunde nham Gripswolde, vam Gripswolde nha Stettin vnd alle lande darvm her; vnd streiffede in einem huy ganz dudische land dorch, also dat se in vertein dagen van hamborch nha Stettin qwam. Vnd tho Stettin qwam se vmb Decollationis Johannis (29. August)."

Aehnlich redet der ebenfalls gleichzeitige Joh. Bergmann in seiner "Stralsundischen Chronik" (von Zober, Stralsund, 1833), S. 39:

"Item im jare 1529 waß hir eine nie schware kranckheit, de hete dat schweth. Dar legen de lude 24 stundenn inne, musten sick nicht vprogenn, vpkulenn;


(  ...  )
beuellen, most sick befruchten, in XXIIII stunden doeth edder leuendich to syn; vnd dar storuen binnen hamborch in IIII efften vyff weken meer den dusent mynschen vnde de yuke toch vorth auer alle dudesche landt alsze eyn blixem, szo dar dat folck szer erschrockenn wardth."
1) Th. Kantzow's Chronik von Pommern, herausgegeben von Böhmer, 1835, S. 175, flgd.
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wen idt en anquam, wor se gingenn vnnd stundenn, so lede man je henn, vnnd starff mennig degelick minsche in, ock de abbet Valentinn. Do quemen dar gefellen van Lubeg, vann Rostog, dar de krankheit gewest waß, vnnd brachten schriffte vnnd remidien, wie man sick darinn holdenn scholde. Do horde idt mitt der tidt vp vnnd warth beter."

Hiemit ist die Verbreitung der Krankheit klar und sicher bestimmt. Anders verhält es sich mit dem Charakter derselben. Nach Hecker sind die Angaben der Zeitgenossen über die Erscheinung und den Verlauf der Krankheit im Einzelnen ungenügend und mangelhaft. Ist es ihm auch gelungen, aus der Gesammtheit der noch erkennbaren Züge ein lebendiges, vollständiges Bild ihres Angriffes auf den menschlichen Körper zu entwerfen 1 ), besonders aus deutschen Beobachtern, die ihre eignen und die allgemeinen Erfahrungen ihrer Zeit treu und redlich wiedergeben, so bringen wir gewiß, wenn auch etwas spät, eine erfreuliche Gabe, wenn wir über die Schweißsucht den Bericht eines Arztes, des Dr. Rhembertus Giltzheim, an den Herzog Heinrich den Friedfertigen von Meklenburg aus dem Großherzogl. Archive mittheilen. Dieser Bericht erhält dadurch einen großen Werth, daß er von einem Arzte verfaßt ist, und zwar von einem Arzte, der nicht nur in seiner Beobachtung eigner Vorurtheile sich zu entledigen wußte, sondern auch während der Abfassung des Berichts in Lübeck 2 ) von der Krankheit mit aller Gewalt selbst befallen ward und der mit dem Vertrauen eines einsichtsvollen Fürsten beehrt war.


1) Hecker's Darstellung ist für jeden Gebildeten durchaus lesenswerth, aber nicht gut zu excerpiren; wir müssen auf das Buch selbst verweisen.
2) Der Dr. Antonius Barus, welcher wegen seines Glaubens England hatte verlassen müssen, heilte in Lübeck mit Erfolg die Schweißsucht. Ueber ihn berichtet Reimar Cock in seiner Chronik von Lübeck in höchst interessanten Zügen Folgendes:

"Düße Mann wuste der Sücke gelegenheit unde halp mennigen binnen Lübeck. — — Düße gude Mann sagh und hörede, wo de Geistlicken und ere Verwandten wereden, dat dat leve Evangelium tho Lübeck nicht möchte geprediget werden, und nam ein düdesk Testamentenbock und ging darmit tho einen Rahdesheren in dat huß und fragede, offt he nicht van Gade dat lohn wollde nehmen und wollde helven, dat eines frommen Mannes Testamente möchte gedacht und confirmeret werden. De here antwordede und sprack: Wat iß idt vor einer ? iß idt ock recht gemacket, so werth idt ein Erbar Raht wohl fort confirmeren. Do hoff de Doctor an unde sprack: Idt iß ein guth, fram Mann und heth Jesus; de hefft syn Testamente gemacket unde mit synem Dode und Upstandinge datsülvige confirmeret, unde so ein Erbar Raht datsulvige ock wollde confirmeren, würden se Gade einen grothen deenst daran dohn. De Rahtshere wendede sick umme unde leth den Doctor stahn; averst des anderen Dages wordt ehme de stadt verbahden."

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Zur rechten Würdigung des Berichts wird es nöthig sein, einige biographische Nachrichten über den bisher fast ganz unbekannten Berichterstatter, welcher eine ansehnliche Rolle in Meklenburg spielte, mitzutheilen.

Rhembertus Giltzheim, artium magister et medicinae doctor, aus Braunschweig (Brunopolitanus), ist ein Mann, der eine bemerkenswerthe Stelle nicht allein in der Geschichte der Gelehrsamkeit, sondern auch der Reformation in Meklenburg einnimmt 1 ). Nach den bisher eröffneten Quellen 2 ) war er schon vor dem Jahre 1515 Professor der Medicin und in diesem Jahre Rector der Universität zu Rostock. Er muß ungefähr im J. 1512, vielleicht mit dem Anfang d. J., als Leibarzt in herzogliche Dienste getreten sein; das Concept seiner, ersten Bestallung, auf 3 Jahre und auf ein Jahrgehalt von 30 Gulden lautend, ist, wie es mit den Concepten des Canzlers C. v. Schöneich öfter der Fall ist, nicht datirt; jedoch schreibt der Dr. Rhembertus im Jahre 1522 selbst an den Herzog Heinrich, daß er ihm schon 10 Jahre gedient habe. Diese Verhältnisse werden auch durch die Rechnungen der herzoglichen Rentkammer bestätigt. In diesen kommt er am 20. Januar 1513 zum ersten Male mit seiner Besoldung vor, mit den Worten:

   1513.
"XXX gulden meister rempertus dem leibartzt vff sin Solt zw rostock am dage fabiani und sebatiani."

Mit ähnlichen Ausdrücken wird seine Besoldung ferner in den Rechnungen der nächsten Jahre aufgeführt. Er lebte seit seiner Bestellung als Leibarzt zu Rostock und wirkte dort als Universitätslehrer und als praktische Arzt. So kommt er z.B. vor:

   1513.
"I gulden meister rempertus dem artzt sulthe myner g. frowen recept vor machen laßen (am montage nach martini).


1) Er war bisher kaum dem Namen nach aus der Rostocker Universitäts=Matrikel und dem alten Lections=Cataloge von 1520 im "Etwas", 1738, S. 801, und 1740, S. 758, bekannt.
2) Die bisher gedruckten Quellen über diesen Mann fließen sehr spärlich. Selbst Bacmeister sagt in Megap. liter. in Westph. Mon. III, p. 1426, als er von den Medicinern der Universität Rostock redet:

"M. Rembertus Hilsheim, qui rectoratum in academia gessit ao. 1515; quid autem praeterea egerit, ant. vbi manserit, nullibi hactenus invenimus."

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"XVIII ßl. 1 pf. meister rempertus, dem forman zw lone, der em von rostock ghein gustrow forthe vnde von gustrow wedder ghein rostock (eod. die)."

Bis zum Anfange des J. 1514 war er nur Magister; daher wird er nur Meister Rempertus genannt. Noch am 27. Januar 1514 heißt es in den Renterei=Rechnungen:

   1514.
"XX gulden meister rempertus dem artzt vff sin solt, XV gulden vff michelis anno XIII betaget geweset, V gulden werden vff wolpergis erst betaget anno XIIII (am Fritage nach Fabiani und Sebastiani)."

Am 29. Januar 1514 ladete er den Canzler C. v. Schöneich ein, zur Freude der Universität seine Doctor=Promotion durch seine Gegenwart zu verherrlichen, gute Freunde mitzubringen und ihn mit etwas Wild zu erfreuen. Die nächste Zahlung an ihn lautet in den Rechnungen am 26. Jul. 1514 auch schon:

   1514.
"XXV gulden doctor Remberto gegeben (vff sant annen tag)."

Seit dieser Zeit kommt er immer als Doctor vor. Am 4. März 1515 ward er wieder auf ein Jahr zum Leibarzt der Herzoge Heinrich und Albrecht bestellt; er behielt seinen Wohnsitz in Rostock und sollte vor den Fürsten auf Kosten derselben erscheinen, so oft sie es verlangen würden; als Besoldung erhielt er 100 lüb. Mark, Hofkleidung, einen Ochsen und zwei Schweine jährlich. Seit dieser Zeit erscheint er, als Doctor Rhembertus, in den Registern der Hofkleider, neben dem Dr. jur. und DomdechantenKnutze, öfter unter dem höhern "Hofgesinde" nach dem Canzler C. v. Schöneich, dem Marschall, dem Dr. Nicolaus Marschalcus Thurius und einigen Andern. — Nach Ablauf dieses Jahres der zweiten Bestallung bedachten ihn dieselben Fürsten reichlicher, indem sie ihn zu der Pfarre an der Petrikirche in Rostock 1 ), welche zum Canonicate der Cantorei des rostocker Dom=Capitels gehörte, präsentirten. Er besaß diese Pfarre vom 4. November 1515 bis zum 26. März 1521; in diesem Jahre entsagte er der Pfarre, weil er heirathen wollte, und verzichtete hiemit auf eine theologische Laufbahn. 2 )


1) Die Schicksale dieser Pfarre und Giltzheims Verhältnisse zu derselben sind in einem eigenen Aufsatze Nr. VII. behandelt, welcher als Episode zu dieser Darstellung zu betrachten ist.
2) Der Dr. Giltzheim wandte seinen Fleiß seiner Hauptwissenschaft zu: in pästlichen Dispensationen von der Priesterweihe werden seine leibärztlichen Bemü= (  ...  )
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Ueber die Pfarre, um welche sich die heftige Einführung der Reformation in Rostock drehete, entstanden langwierige, weitläuftige Händel.

Während der Zeit ward er als Leibarzt vielfach in Anspruch genommen. Die Herzogin Helene lag schon im Jahre 1520 gelähmt zu Stargard darnieder; Rhembertus stand ihr dort treulich bei, mußte aber wegen eines Fiebers nach Rostock zurück. Daher bat sie ihren Gemahl, den Herzog Heinrich, dringend, auf irgend eine Weise für sie zu sorgen, da sie nach des Rhembertus Abreise niemand habe, "von dem sie einige Hülfe, Vertröstung und guten Raths zu erwarten wisse". — Nach seiner Verheirathung zog sich unser Professor ganz von den geistlichen Angelegenheiten zurück, so sehr auch manche seiner Collegen, z. B. der Professor P. Boye, gegen die neue Lehre eiferten. Er lebte mehr seiner Häuslichkeit und seinem ärztlichen Berufe und schien sich vom Hofe zurückziehen zu wollen. Im J. 1521 (in dem Jahre, als er auf die Pfarre resignirt hatte) schrieb er an den Herzog Heinrich: er möge es ihm nicht verdenken, daß er, wenn auch vom Hofe aufgefordert, ausbleibe, wenn er Kranke in Rostock habe; das Jahr sei lang, er müsse seine Nahrung suchen, wo er könne: Krümlein machten auch Brot; der Herzog möge sich nicht so sehr auf seinen Dienst verlassen, daß er seine Kranken darüber liegen lasse; er habe dem Fürsten oft mit großem Schaden gedient und habe


(  ...  ) hungen als Entschuldigungsgrund für die Aussetzung seiner theologischen Studien angegeben, und nach seinen Briefen lebte er gerne seinen Vorlesungen und der Praxis. Im J. 1519 gab er auch heraus:

Liber collectionum aphorismorum Hypocratis de unaquaque egritudine, a capite usque ad volam pedis pertractans , in curatiene atque prognosi, hoc est prescientia futurorum, quemedicos non minores quodammodo prophetis recte curando exquisiteque previsa aliquamdiu proclamauit, omnium inter libros medicorum mox usura brevissima, per Rheimpertum Gilsshemium Brunopolitanum, artium et medicinae doctorem, nuper Rostockii revisus simulac publice illic pro virili noviter elimatus.

Ars longa.
Vita brevis.
Experimentum fallax.
Inditium difficile.
Intende igitur lector letaberis
Diffusus in gaudium.
Dedicirt ist die Schrift dem Canzler Casparo de Schonech. Am Ende steht: Impressum Rostochii per Ludovicum Dietz. Anno virginei partus 1519. (Ein Exemplar dieser Schift ist auf der Universitäts=Bibliothek zu Rostock.) Vgl. Krey's Beiträge II, S. 247.
Im J. 1520 war er an der Universität nach dem Lectionscatalog thätig. Vgl. Etwas, 1740, S. 758, wo er unter dem Namen Hilsheim aufgeführt ist und darnach eben so bei Rudloff III, 1, S. 281. Franck A. u. NM. IX, S. 93 nennt ihn richtig: Rheimpertus Gilsheim, eben so Krey Beitr. I, S. 358 nach Etwas, 1738, S. 801.
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sich nach zehn Jahren Dienst in seinen alten Tagen so verbessert, wie einer, der sich einen alten Rock kehren und einen neuen daraus machen lasse. In einer Nachschrift sagt er:

"Vorhope, E. f. g. tzo eurem deil, wert ansein den denst vnde vorsumnisse in dem iare an E. f. g. eygen person willich ghedan tzo Swerin, dar nach tzo Luptz by hertzogh philippen, dar nach in der vasten by hertzogh Magnus vnde nu by E. f. g. ghemael tzo plaghe vnde gustro."

Im J. 1522 lebte er noch in Rostock; denn am 30. Novbr d. J. war er vom Herzog Heinrich aufgefordert, seiner Gemahlin zu Hülfe sogleich nach Güstrow zu kommen. Er entfshuldigte sich zwar damit, daß er Pferde, Wagen und Diener aus Noth habe abschaffen müssen, und beklagt sich bei seinem Fürsten bitter über ausgebliebene Besoldung, Reisevergütung und Antwort auf seine Bitten. Er schreibt, er habe sich, aus Noth, vorgenommen, zu Hause zu bleiben, und seiner Lection und Praxis zu warten, und bittet den Fürsten, sich mit einem andern Doctor zu versehen, indem er für das Glück danken müsse. Jedoch wolle er, in Hoffnung der Belohnung seiner Dienste, dies Mal noch kommen, wenn der Herzog ihm Pferde und Wagen schicke. Er hoffe auch, der Fürst werde seine treuen Dienste nicht unbelohnt lassen; die Noth zwinge ihn zu seinen Bitten, da er sich, sein Weib und, so Gott wolle, die Seinen 1 ) zu ernähren habe und an sein Alter denken müsse 2 ).

Darauf folgte in den nächsten Jahren in Rostock der Kampf der Reformation, durch Slüters trauriges Ende bekannt genug. Nach seinen Briefen scheint der Doctor etwas papistisch gesinnt gewesen zu sein und hat vielleicht das Feld geräumt, wie beim Eindringen der "martinischen Lehre" mehrere Doctoren Rostock verließen. — Am Sonntage nach Lucas 1524 schrieb er aus Lüneburg 3 ) an den Secretair des Herzogs Heinrich, Michael Hillebrandt, und bat um seine Naturalhebungen


1) Von Nachkommen Gilzheims ist mir nichts weiter vorgekommen, als daß in einem Exemplar von Bodaeus de asse et partibus eius, Lugduni 1542, auf dem Titelblatt geschrieben steht:

"Emptus Rostochii anno restitutae salutis 1543 per me Ludouicum Gyltzheimium."

2) Vgl. Briefsammlung Nr. 2. - Leider sind Giltzheims Briefe sehr schlecht geschrieben und in einer dunklen Grammatik abgefaßt, obgleich der humoristische Geist immer durchleuchtet.
3) Von 1525-1527 lehrte zu Rostock Medicin Janus Cornarius, welcher

"ad restaurationis collapsae scholae Rostochiensis auxilia accitus"

alles Mögliche zur Aufhülfe der Universität that. Vgl. Krey Andenken etc. . III, S. 7, und Etwas, 1741, S. 377.
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von seinem gnädigen Herrn. Er äußert nebenbei in diesem Briefe:

"Ock segget sinen f. g., dat ick hebbe erfunden eyn lacqwerie wedder de pestilentz; alle den ick dat gegheuen hebbe tho rechter tydt, sin alle leuendich bleuen iunck vnde alt. De pestilentz hefft hir vor eynem manet vaste regert, breckt nu aff."

Im J. 1529 war er, nach seinem Bericht über die Schweißsucht, in Lübeck. Er lebte dort noch 1531 während der bekannten Reformations=Unruhen bei seinem Schwager, einem Domdechanten Johann Parper 1 ), und bat für denselben bei dem Secretair Hillebrandt um ein frei Geleit des Herzogs Heinrich nach Meklenburg und für sich, daß der Fürst ihn für seinen Diener anerkennen möge: die Noth war groß. Es scheint fast, als wenn der Doctor damals auch in Lübeck in Dienstverhältnissen stand; er sehnte sich wenigstens in seine frühere Lage zurück 2 ). Im Anfange des J. 1535 war er schon gestorben und der Secretair M. Hillebrandt erhielt vom Canzler C. v. Schöneich den Auftrag, mit dem Doctor zu Lüneburg zu unterhandeln, daß dieser ganz in Gilzheims Stelle treten möge; der Ganzler schildert dies Verhältniß als vortheilhaft, da in Restock kein anderer "Physikus" sei. Hierauf ward auch am 29. Junius 1535 der Dr. med. M. Johann Pellimentanus (damals zu Lüneburg) zum Leibarzt und Professor in Rostock bestellt 3 ).


1) Dieser "Johann Parper" hatte noch im J. 1534 eins von den sechs geistlichen Fürstenlehnen am Dom zu Schwerin in Besitz; dasselbe war ihm 30 Jahre früher vom Herzog Magnus verliehen.
2) Vgl. Briefsammlung Nr. 8. Der Brief ist datirt vom middeweken nach Blasii, do me tho Lubeck alle dat suluer - - vth bem dome hefft wech gehalet. Es hörte nach Reimar Kock am 2. Julii, nach Grautoff (Hist. Schriften II, S. 143) vielmehr am 30. Junii 1530 der katholische Gottesdienst im Dom zu Lübeck auf, und, nach Reimar Kock:

nicht lange na desser tydt hebben de 64 an einen erbaren Rahde gelanget unde mit ernste genödiget, dat man dat Süllver uth allen Kercken und Klöstern möste halen unde up dat Rahthuß bringen."

Dies geschah, nach dem Datum unsers Briefes, am 8. Februar 1531; man vgl. Grautoff Hist. Schriften II, S. 232 und dagegen I, S. 286. Die Ruhe ward nach dieser Entblößung der Kirchen hergestellt am 18. Febr. 1531; vgl. Grautoff Hist. Schr. II; S. 186.
3) Pellimentanus ward im Sommer 1535 bei der Universität Rostock eingeschrieben:

"Dns. Johannes Pellemontanus, medicinarum Doctor, Werdenas Coloniensis diocesis, gratis intitulatus ad honorem principis Hinrici domini ducis nostri".

Vgl. Etwas, 1740, S. 14 u. 760.
Zu derselben Zeit ward immatrikulirt:

"Rembertus Gilsze, Lubicensis, D. Juris".

War dieser Gilsze (oder Gilzheim?) Vielleicht ein Verwandter unsers Rembertus ?
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Giltzheims Bericht über die Schweißsucht ist wegen der angeführten Umstände von hohem Interesse; außerdem aber ist er höchst charakteristisch durch die humoristische Haltung des Styls und durch die Lebendigkeit und Anschaulichkeit der ganzen Darstellung, wodurch schon allein der Bericht für seine Zeit 1 ) seinen Werth erhält 2 ).

Die Nachrichten über die Schweißsucht sind allenthalben nur mangelhaft; im Großherzogl. Archive bestehen sie nur aus dem Einen Berichte des Dr. Giltzheim. Auf die erscheinenden Druckschriften hielt dieser Arzt nicht viel, obgleich er eine mitschickte. Die Ursache dieser Erscheinung liegt sicher darin, daß die Krankheit, namentlich im Norden des Continents, wo sie zuerst auftrat, unvermuthet die Menschen überfiel und in einem "Hui" oder wie ein "Blitz" die Länder durchfuhr: man hatte keine Zeit, sich zu besinnen und zu schreiben, und nach der Krankheit gab es genug andere Wunden zu heilen, und der Trieb, sich mit der unangenehmen Erscheinung zu beschäftigen, war verschwunden. In Meklenburg scheint man durch die Bemühungen der Fürsten vorbereitet gewesen zu sein; daher lief alles ruhiger ab; an andern Orten, z. B. in Stettin, war man völlig hülflos. — Dennoch haben sich bei genauerer Nach=


1) Merkwürdig ist die hochdeutsche Abfassung des Berichts, welche man, mit Ausnahme einiger Provinzialismen und Auslassung einiger Partikeln, elegant nennen kann. Der Doktor schrieb nach seinen eigenhändigen Briefen an seinen Freund Hillebrandt von 1524 und 1531 und nach seiner urkundlichen Verpflichtung über die Vantorei von 1519 niederdeutsch. In Meklenburg herrschte damals noch die niederdeutsche Sprache; auch die übrigen Aerzte schrieben niederdeutsch. Durch die beiden Canzler von Schoneich hatte aber in der Regierungs=Canzlei und bei Hofe die hochdeutsche Sprache schon im Anfange des 16. Jahrhunderts Eingang gefunden. Schon im J. 1528 und früher wurden einzelne fürstliche Befehle an niedere Beamte auch hochdeutsch ausgefertigt und der Herzog und Bischof Magnus schrieb schon früh hochdeutsch, obgleich nebenbei noch hochdeutsche Concepte des Canzlers C. von Schoneich niederderdeutsch ausgefertigt wurden. Der Dr. Giltzheim war sicher beider Dialekte mächtig; im J. 1522 (vgl. Briefsammlung Nr. 2.) schrieb er an den Herzog hochdeutsch, wenn auch mit Niederdeutsch vermischt, während er an seine Freunde noch später plattdeutsch schrieb. Daher wird sein Bericht von ihm auch hochdeutsch abgefaßt sein, um so mehr, da er in einer so dringenden Angelegenheit für die übrigen Fürsten des Landes und für das allgemeine Beste, und daher auch für den Canzler schrieb, den er kannte und von dem kein niederdeutsches Wort bekannt ist, so viel er auch geschrieben hat. Uebrigens ist der Bericht nur in einer gleichzeitigen Abschrift vorhanden.
2) Ueber die atmosphärischen Ursachen der Krankheit stimmt er mit andern gleichzeitigen Berichten überein, namentlich mit Kantzow, indem dieser a. a. O. sagt:

"Disser sucht orsake quam darher, dat de May des jares sehr droch vnd hiet was, bet vp Johannis Nat.; do verkerde sick dat wedder, dat id de gantze tit bet vp bartholomei men dack, regen, slagge vnd kulde was, alse weret heruest geweset. Darnha entliet de kulde vnd regen, auerst id bleff dakich vnd wurt sehr warm, dat id vnmogelick was, dat einer nicht schwieten scholde, we he ock naket gegan hedde, vnd mit dem wedder quam de sucht."

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forschung gelegentlich noch einige andere Nachrichten gefunden, welche aber bei weitem nicht den Werth haben, wie die des Dr. Giltzheim. Ein kurzer Bericht ohne Unterschrift und Datum enthält auf einer Folioseite folgende bemerkenswerthe Momente:

"De rechte kranckheit der Szwedtszucht is eyn ardth der pestilentie vnd des hilgen Vuors, dat me Szunthe Anthonies voer ghenomet, vnd bynnen Hamborch sinth vaele lude, de krighen grote vpszwellinghe erer hende, vothe vnd der borst effte ander leder, vnd sinth brun alsze eyn Carbunkel, vnd berneth so szere, dath szee dar anne steruen. Szo lesze ick in den Croeneken, dat in der tidt dho Szunthe Bernardus abbas Clareuallensis vnd petrus alfonsus eyn dofftrode (?) regereden in dat westen, de szulffte kranckheit was, dome screff nha Christi ghebort MI c XXVIII Jare, in der Staedt Szeszien, to marien u. s. w. vorbiddent thoflucht ghedaen, vnd sinth alszo dar van wedder vorloset, vnd is in der tiden grot blickszem, donner vnd regen ghewest.
Item wo me sick holde schal dat regemente in der Szwedtszucht, dat schreff jw G. 1 ) alrede; vnd den kranken schal me achter by den schuldern lucht geuen, u. s. w.

Die übrigen kurzen Vorsichtsmaaßregeln sind denen des Dr. Giltzheim fast ganz gleich; der Verfasser scheint diese gekannt zu haben.

Ein dritter Bericht, an den Herzog Heinrich gerichtet, ebenfalls ohne Unterschrift und Datum, enthält auch nicht viel mehr. Er lautet:

"Durchluchtige, hochgebarenn ffurste, G. H. Susshe zwetende cranckcheyt sij noch laten genant orsaket durch verhetten des gebloedes, anfenckelyck van der leuer tho dem herten, ouch mith infloet des hemels, welck die lucht vnd menscen vergiftith, vnd comt jerst an met een grossinge oft tzitteringe, daer nae zweten u. s. w. — — — Nicht geslapen in XXIIII stonden; vnd wanneer XXIIII stonden verby synt, oft XXVII stonden is beter vnd sekerlych, soe schal die crancke die zweet affwisschen op syn lyff ouerall. Dar nae op gestaen, vor een goet ffuer, weynich gegeten, een gerostet botterbroet vnd op gedronken, vnd van stonden an op een ander bedde gelecht, daer die laken gheffuert


1) G. ist wahrscheinlich Dr. Giltzheim.
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synt, dar op gelegen vnd geslapen V oft VI stonden lanck, daer nae weynich gegeten vnd vyt dem huyse nicht gegaen in dreen dage nicht, neen het gedrenke gedronken, oft gecruyde, gewoerst spyse gegeten, noch met vrouwen viel bekummert is neen raet in dusser tyt.
Dusshen perykel der cranckheit vorthocomen, soe hebbe ick juwer ff. g. etwas geordenert, dat ick suluest versocht hebbe an etlicken vnd byn faer wel mede gevaren. In dem Ersten, die geen bouen XVIII jaren svnt vnd beneden LX jaren synt, die scholen die medeiaen der rechteren aerm laten, also veel, als twee loet bloeden, oft also veel als in een eyes dop ghaen mach op enen morgen in goeden teeken vor dem myddage nuchteren.
Hiernae scal juwe ff. g. VII der pillen nemen des anderenn dages nach der ader lathen u. s. w. — — — Dit sulueste Hertoch Magnus ock gebruycket vnd hertoch Phylip, behaluen hertoch philipp en scal neen ader laten.
Item juwe ff. g. vnd besondern juwe G. kynder scoelen nicht veel oft eten als is plumen, persike, appel, beren, vnd sich nicht verhetten in lopen, ryden, u. s. w. — — — Item Juwe ff. g. scal drynken roet bier, lantwyn, weynich Rynwyn vnd nene Malmeseye vnd dergelyken.

Der Verfasser dieses Berichts scheint in der Nähe des Herzogs Magnus gelebt zu haben, da er diesen und dessen Bruder Philipp in der Schweißsucht behandelte. Vielleicht ist es der Dr. Sebastian Swartzwalder, da der Herzog Magnus in einem Briefe d. d. Bützow Dienstag nach H. drei Königen 1530 seinem Vater räth, diesen Arzt holen zu lassen, wenn er die Krankheit noch nicht ganz überwunden habe. Dieser Arzt diente auch dem Fürstenhause und wohnte bei dem Herzoge Magnus. Jedoch schrieb er hochdeutsch und eine andere Hand, als die des Berichterstatters ist. Nach diesem Aktenstücke scheint auch der Herzog Heinrich von der Schweißsucht befallen gewesen zu sein.

Nach dem Verlauf der Krankheit in ihrem Vorrücken von Lübeck gegen Osten hin muß die Krankheit in den Ostseehäfen im Monat August 1529 ausgebrochen sein. Wie lange sie in Meklenburg geherrscht habe, läßt sich einstweilen nicht genau bestimmen, jedoch finden sich beiläufig einige Andeutungen, welche die Seuche doch einigermaßen verfolgen lassen. Wahrscheinlich bezieht sich ein, vom Canzler C. v. Schöneich ent=

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worfener, aber nicht datirter Befehl an einen Jürgen Wolder (der 1527 bis 1536 Vogt zu Grevismühlen war) auf die Schweißsucht, da es in demselben heißt, daß "es in Lübeck, Wismar und anderer Orth so geswinde sterbe"; derselbe Befehl verbietet allen Verkehr, namentlich des Klosters Rhena, mit diesen inficirten Städten. — Die einzige, bis jetzt aufgefundene genauere actenmäßige Nachricht findet sich in einem Briefe eines Schloßbeamten von Boizenburg, Johannes Smeth's, an den Herzog Heinrich, d. d. "In der Szwaneheyde in deme Nigen Hufe vp deme dicke an dem auende assumpcionis Marie virg. (14. August) anno dni. 1529"; es heißt in demselben:

"Ock g. h. sinth tho Hamborch vnnd Luneborch in korten dagen vele Minschen vormiddelsth sneller krancheyth vorstoruen vnnd is noch nicht upgeholden. Ock g. h. sinth sodder an deme dinxtage laurencii (10. August) tho Boysenborch snelles dodes vorstoruen in god den herrn wenthe 1 ) an des vridages dar na (13.August) bauen LX lude, vnnd is tho fruchtende, dath de sulueste krancheyt mochte kamen in Jwer f. g. luden up den dorpen, alszo Rede is 2 ) tho Blücher vnnd Bosytze."

Zugleich meldet er, daß er und der Vogt am Tage Laurencii von Boizenburg nach dem neuen Hause auf dem Deiche in der Schwanheide gegangen seien, und daß sie das fürstliche Haus zu Boizenburg verschlossen und dort den Schließer, den Pförtner, den Koch und eine Magd zurückgelassen hatten. Ferner berichtet er, daß die Leute zu zwei Wagen, welche Salz von Lüneburg hätten holen wollen, dort plötzlich gestorben seien. — Nach diesem Berichte verbreitete sich also die Krankheit gleichzeitig von Hamburg auch nach Süden und nach Westen auf das linke Ufer der Elbe. — Hiezu kommt noch eine bisher unbekannte Stelle aus der gleichzeitigen plattdeutschen Chronik 3 ) des Nonnenklosters Ribnitz, von dem Lesemeister Lambertus Slagghert, welche über das Vorrücken der Kranrheit im äußersten Osten von Meklenburg Kunde giebt:

"In deßeme jar (1529) an deme Samer ys vorkundighet vnd apenbar worden ene vorborgene Kranckheyt vth Engelant, de darsuluest in dem Lande bauen


1) wenthe: bis.
2) alszo rede is: wie sie bereits ist.
3) Ueber die bisher unbekannte deutsche Abfassung dieser Chronik ist in dem gegenwärtigen Bande der Jahrbücher von dem Herrn Dr. Fabricius zu Stralsund ausführliche Nachricht gegeben.
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XXIV Jar heft regeret vnd nicht ys ghekamen in düdeske Nacion ofte Landt bet nu her, welcker ys ghenomet de swetende Sücke, dar ynnen vele hundert Mynsken synt ghestoruen, de nicht wusten, wat yd vor eyne Kranckheyt was, bet so langhe se kregen Scryfte vnd Breue, wo syck eyn islyck holden scholle, de dar mede bevillen. De sulue Kranckheyt vnd Sücke ys ghekamen tho Ribenitz vnd heft besocht de Süsteren deßes Closters des mandaghes [na] Aßumptionis Marie 1 ). Do wurt erst mals kranck Süster ... ene Computiste vnd Oltsüster, also dat bynnen XIV daghen wurden XX füsteren kranck in der Sücke, welcker Got de Here gnedig auer gheseen heft, vnd buten vp deme Haue bevil de Gardian, de Bichtvader, de Scaffer, de Orgeniste vnd III Megede, welken Got de Here gnedighen heft gheholpen vnd ghefrystet, so dat Nemant van en ys ghestoruen 2 ), des sy Got vom Hemmel ghelouet vnd benedyet tho allen tyden. Amen. Item noch V Systeren synt ock myt der swaren Sücke bevallen; de laste van en was Ipolita Buggenhagen, so dat thosamen er XXV in deme Closter sint ghewest krancke Süsteren."

Am 17. September schreibt aus Lago der Heermeister Veyt von Theumen von Sonnenburg an die Herzoge von Meklenburg, daß er nicht nach Meklenburg kommen könne, "da die Schweißsucht in diesem Lande merklich überhand nehme" 3 ). Auf der Universität Rostock ward in diesem Jahre kein Student immatrikulirt 4 ); wenigstens ward kein Name in die Matrikel eingetragen.



1) d. i. am 16. August.
2) Nach allen Anzeichen trat die Krankheit in Meklenburg nur gelinde auf, ein Umstand, der in der Geschichte der ansteckenden Kranheiten in Meklenburg öfter vorzukommen scheint. Auch die Cholera war in Meklenburg nicht viel verbreitet und nicht sehr gefährlich.
3) Vgl. Jahrb. I, S. 55 u. 178.
4) Vgl. Krey Die Rostockschen Humanisten S. 49, und Etwas 1740, S. 10.
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Doctor Rhambertus underricht,

wie man sich vor der schweissenden krancheit waren
und darynne halten soll.

D urchleuchtiger, hochgeborner furst. G. H. Dweyl e. f. g. vonn mir begernn, zu beschreyben die gelegenheit der Newenn kranckheit, die nun leyder bey uns alhir zu Lubeck vorhanden, unnd mit eyle von Hamborgk darhin gekomen und sich vast umbher in allen erden ereuget und ursprunglich aus Engelandt komen, Unnd sobaldt sich dieße Sweissucht alhir ertzeiget, hab ich mich gefliessen, ursach dieser kranckheit zu erfarn, meyne bucher am donnerstag nach panthaleonis 1 ) zu besichtigen angefangen, und befunden, das dieße kranckheit V c Jar vor der gebort Cristi unsers zeligmachers bey Hypocratis zeiten inn possidonia gewesen ist, auch in deme Sommer, als itzt, durch veranderung der tzeit, alßo das der Sommer hat ein Natur des Meyen, wie dan itzt etzliche Jar here alßo nach einander gewesen ist, Und szo denne die nature des Szommers szol heis und dorre sein, ist seuchte unnd unbestendigk, viel kelte darunder gewesen, ist doch der hymmel in seiner kraft, die mittel wulken nicht achtet, und nun die hunts Sternen. mher mitwerken, arbeytet in der unnaturlichen feuchtigkeit, die da ist eyne mutter aller feulnisse, daraus werkende anhe scher 2 ) keinerley bekentliche ursache; mit krafft des himels, unnd ane tzweiffel noch aus den Coniunctionen des vier unnd tzwentzigesten Jars, wan dieselbige sein noch nicht alle verdawet, Drawen uns noch viel schwerer kranckheit, den diese ist nur ein vorbotte; Szo sein doch auch inn diesen tagen die Corper der menschen swecher, den sunst in dem gantzen Jare, unnd balde zu underwerffenn.


1) am 29. Julius; an diesem Tage brach die Krankheit in Lübeck aus.
2) ohne schier.
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Ich habe auch befunden, das solich switzen sey eyne gantz eylende Bewegknis, die eynem stercker, den dem andern ankumpt. Dar der lichnam ungeschigket unnd unreine und der Himmel und die planeten ungnedigk, szo ist die ungeschiglicheyt des Menschen durch unreinigkeit wie Ezunder: dar nach der bereitet ist, szo uil, dester leichter entphehet er; und der Himmel ist dem einen Czundepuluer, dem kaumet 1 ) swebel; hie kumpts von her, woe das uf eynen termyn werden kranck V. VI. X. XX., deme zum leben und dem andern zu dem tode. Szo ist fürder hirvon geschrieben, das diese sweissucht ankumpt und beweget alleine den leichnam, und nicht magk genugsam reinigen, gar heraus dreybe die bosheit und bitterigkeit und schult des bluts, sterben alle; dar aber bewegnis ist und reiniget genugsam, bleybenn lebendich, alle durch die stillicheit des lichnams und gewalt des himmels; darumb szal man das switzen in keinen wegen vorhindern. Ich habe fürder gefunden, das dis feber ist im bluethe, bluet in gemeyne genuemet, szo das es in sich helt flegma, galla und melancolia, alle vier feuchtigkeiten aus den vier Elementen mit obirflus: darumb szo geweldigk sich mit eyner unsynnigkeit erhebet, wie eynem gaulen die fybel 2 ) ankommen, mit eynem hui; darum kumpt es uf dem pferde, schiffen, furwagen u., wie eine fluss, szo das es fliesset und ebbet, in XXIIII stunden zum leben ader zum tode. Dis weiter vor der handt zu beweren, solte eynem wol gescheen, als deme der do wolt beschreyben die ursache der Ebbe und fluet, wie zu hamborgk; wil die Zceit nicht leyden. Weret dis feber gestalt under ein feber, under andern dieser tzeit halbenn Ephimera genant, nicht nach dem geiste, sunder nach dem fleysche Ephimeris genant: welcher uf den tagh geborn wirdt, nympt mit dem selbien das ende seines lebens. Szo ist dis feber von XXIIII stunden, doch werden sie einem wol eyn jar langk dene sie mit Ernste meynen.

Do ich szo ferne hierin gekommen, und weiter wolde betrachten, wo man diesem feber mochte furkomen, und wer damit befallen, wie deme zu helffen: des Sonnabents nach Jacobi, uf die nacht um XI, klopffet an mich mit grosser gewaldt, als were hercules mit seyner keulen vor der turen gewesen, besuchte mich als seynen ueiendt, und mein furnehmen gantz nidder gelegt, bin darein stecken blieben, sunst solte solich Regiment alle in der druckereyge gewesen ßeinn; sprach zu mir: Artzte


1) heißt unten (Anmerk. Nr. 5, S. 79): kaum. Ist hier vielleicht ein Wort (ankumpt?) ausgelassen? Oder: kaumet=kumet=Mühe macht, angreift?
2) Stange?
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helff dir nu selbist. Mir war leyde, Ich were zu spaete in das Jarmarcket kommen; got habe lob, es ist besser geraten, wan es mit myr geeuget 1 ).

Item so mich diese kranckheit szo vbereylet, bin ich doch vorhin bey niemandt gewesen, der damit were befallen; den aus mir selbist komen vnd von dem einflus des hymmels. Wo hir ubiral, hab ich mich von stunden an lassenn warm bedecken vnd haupt vnd fuesse beschwerdt, genomen Eingehorne 2 ), perlen vnd goldt, gedacht: harnisch were guet, wie der pawer mit dem huebeisen, vnnd mich genowe lassen waren vor lufft vnnd schlaff, doch gestercket mit Corinthien=Juleb 3 ). Szo gelegen XIII stunden, vnd was schier zu puluer gebrandt; Meine kamerfenster vnd das bette vmbher behangen, ein gut fewer vor denn schornstein, gleich als solt men eynen lauffendenn pferdt noch sparen anlegen, szo das ich mich mit gotte vertroste vnd gantz meynte zu sterben. Zu meinem glucke szo kumpt ein engelisch tauffgeselle, gefordert durch gutte freunde vnd fandt mich szo betrublich liegendt, Nimpt mir von dem kopffe, wes ich zu viele darauf hatte, tzwue deken abe, Tapeten ab, das fever aufzgegossen, etc. .

Item durchleuchtiger, hochgeborner furste, g. h. Szo ist dis die meynung, sich vor dieser kranckheit zuuorwaren, Mus eyner halten ein gut Regimendt mit essen vnd trincken, vormeiden vbirflus in alle wege vnd sunderlich in heissen getrencken vnd vieler vntzucht, halte den leichnam reyne mit speyende ader mit gewonlichen purgacion [hirin wirdt e. f. g. doctor wol weiter vnderricht thuen]; darin hoch gepreiset werdt gut Renbarbarn, ein quentin genomen, mit souil spirenardi puluer, szo gros als eine Erbs, vermenget, mit eynem truncke Endiuienwasser, warm außgetruncken des morgens frue V stund vor essens vnd darmit nicht zu switzende. Noch besszer ist zu lassen die medianne 4 ) ader leber ader 5 ); wen bluet vnd galle ist die grossiste vrsache, außweiset das leger vnd vbirfluß des wassers Im bluete mit deme berme 6 ) vnd der gallenn. [Hirbey ist auch zu uormeiden 7 ) bose luft mit trociste 8 ) vnnd wacholderbernn.]


1) den Anschein hatte, sich anließ.
2) Einhorn, ein altes Arzeneimittel.
3) Saft, Decoct.
4) in einem andern Berichte steht: die mediaen der rechteren aerm.
5) nach Frisch T. L. W. B. 592 eine Ader innerhalb des Schenkels. (?)
6) Hefen, Gährung.
7) verjagen.
8) (?)
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Item doch Rath hyr in zugebrauchen eynes gegenwertigen doctors ist nicht zu uerachten; diese krankeheyt saget niemand zu; sich zu vorwarn wol ist auf, aber noch besser, das sich ein Jeder schigke vnd bereyt sey, wen man wais nicht, wen der Herre kumpt vnd klopffet ahnn.

Item Czeichen dieser kranckheit sein: Sie kumpt heimlich; aber vbir II ader III tage, dar is kumpt, flueget sie balde vbiral. Hir sterben keine kinder ahn, sunder die sterckisten, die da manbar vnd frawenspiel vben mugen, von XVI zu LX Jarn, auch wol darvber; doch sterbenn die alten selten, szo ferne szie halbe wartung haben, wan die kelte des alters messiget die hitze der kranckheit. Die armut wir[t] auch hir darmit gantz vbirsehen noch zur Zeit, anhe zweiffel von gotte, sunst wuste ich nicht, wer den andern begraben solte. Angst ist hir viel mit Im spile, szo das viele durch Angist sich legen vnd in dem schimpfte sterben. Warhafftige Czeichen sein:

kreuelent Im fleische bauen den armen vonn außwendigk vnd darnach Innewendigk in denn fyngern; dis kreuelt gleich als weren dar Inne amere 1 ) vonn glühenden kollen, ader wan eher einer queme aus grosszer kelte vnd hilte die hendhe an eynen beissen kacheloben vnd die finger werden als szie duppelt wurden. Als bricht der sweis herfur vnd tridt an das hertze vnd vbir die brust yhe mher vnd mher, gleich ap es geiaget wurde. Etzliche kreigen hitze, etzliche kelte, etzliche brechent ader speient vnd wetage 2 ) des heupts. Vnd dennoch warer Czeichen: mit eynem stumen 3 ) von dem hertzen In das heupt vnd widderumb, wie eine heissze wulken vor eynem dunner herkumpt. Dan ist es tzeit, als man ist in eynem bette; doch magk man ablegen den Rogk vnd paltrock 4 ), vnd jopenn 5 ) an behalten. Wen man nun alszo zu leger komen ist, mag man die jopen vorne mit behendigkeit vf schneiden, auch die senckel 6 ) entzwey schneiden, vnd sich behueten, das ime von oben, von vnden, Zu den seiten vnd fuessen keine lufft ankome. Item, das spanbette sey also geschigkt, das man vf beyden seyten gut gemach haben moge vmb der wartens leuthe vnd des krancken bequemigkeit willen. Man mus auch haben leuthe, die vf eynen warten vnd die decke oben an den heuptpfulen vnd vff beyden seyten vnd zu denn fuessen mit dreyfechtigm Czwerne, vmb des vmbkerns willen,


1) auch emern: glühende Asche, Funken in der Asche.
2) (wehe - tage) Schmerzen.
3) Ungestüm? oder Schreibfehler für: Sturm.
4) Überrock.
5) Jacke, Unterjacke.
6) Knieebänder.
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feste annhen lasse. Man sal auch nicht mher haben vff dem kopffe, den eine kleine dubbelte leynen mutzen. Dar es aber jn der nacht kumpt, sol man bleiben, wie, man leit; man sal nicht mher den II wullen decken vbir haben mit leinwande gefuttert; wolt man dar vbir haben ein leicht buntwercks futher 1 ), so vf die fuesse ader hir ader dar zu legen sachtlich, dar man nicht switzet, ist wol zu leyden; vor allenn dingen, wen man leit ader ligen gahen wolle, das man negist deme lacken keine peltzdecken nicht habe, den die hatte mich schir vmb den hals gebracht. Man sal die arm seher hart an den leyp halten, das vor allen dingen kein lufft vnder die arm komme; dar hat das hertze die meiste drifft vnd seine reinige; wan das vorhindert durch einen widderblick der lufft ader kelthe, die musse alle sterben; haltent die hende nidderwarts vnd bey leybe nicht geleget werdenn vff die brust ader hertze vmb vorhitzung wyllen.

Wan dis szo bereitet vnd die flagen 2 ) kommen, als die bulgen 3 ), vnder das antlitz, Rot, braun, bleich, doch einem mher, als dem andern, vnd der fwes kumpt mit allen krefften: yhe stiller man leit, yhe besser es ist; doch mus man sich vmbkern, wen man nicht lenger halten kan, von einer seiten vf die andern, doch alszo das der krancke alletzeit oben vnd vmbher wol verwaret sey, das keine lufft bei inschlae. Denne sal men denn krancken trosten, das er freymuthig sey: es sey eine kortze Zceit, vnd bestreichen den kranken alletzeit mit wolreichendem Rosenwasser, hinden an zuheben an den oren zwey fingerbreit vnd den lepffelein der oren von beyden seiten pis In den nacken drey fingerbreit von oben nidder mit eynem swamme ader weichen tuchelein vnd vor das heupt vnd an die dunningen 4 ); vnd alszo balde sal haben Rosenweinessigk ader den feuristen weinessigk, so man haben mag, netzen darin ein tuch ader anders, daraus der krankhe den essig mag tziehen in beyde naszelocher, in eins vor vnd das andere nach; der schmagk des essigs komen In den mundt, das der dar van mochte pruesten 5 ), were szouil dester besser.

Item dis Rosenwasser vnd essigk furet die brant von der banen, wen es kumpt zu hulffe dem gehirne ader bregen 6 ), das dar zugeschaffen kolt und feuchte, zu messigen die naturliche hitze des hertzen; anderst muste ein Mensche balde sterben.


1) Pelzwerkfutter.
2) ein fliegendes Wetter, das vom Winde getrieben wird.
3) Wogen.
4) Schläfen.
5) niesen.
6) Gehirn.
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Widderumb die hitze des hertzen messiget die naturliche die kelte des gehirns oder bregens, alsze freunde. So denne In dieser kranckheit solich feur vorhanden, das noch grosser, vnd in meynung das kleine gar zuuordempen, szo kumpt diese kunst dem Bregen hirmit zu hulffe, vf das solich feint mag vbirwunnen werden. Wiewol etzlich artzteyen kelter, den der essig vnd das Rosenwasser, als Campher, Opium, etc. . haben doch nicht die drifft so hastig, als der essigk, vnd auch nicht die lieblichkeit, als das Rosenwasser dem gehirne vnd hertzen beyzustehen. Dis sal alszo gescheen pis vff die helffte XII stunden; darnach mus man das thuen also alle stunden II mal mit dem essig vnd Rosenwasser.

Item den Menschen zu laben in dieser kranckheit, mus man Ime nichts anders, den dunnen kavent 1 ), szommer laue 2 ) aus einem pfeiffkenlein oder Rhor geben; den solicher tranck mag vorware keine grossze freunde machen, den es geschiet alleine darumme, das die krancken starcke gedrencke nicht vertragen mogen, Auch In XXIV stunden nicht szo vort verheiligen 3 ), alleine das das hertze ein wenich feuchtigkeit erlange; dorst thet myr kein angst; sunst werden die krancken sere swach in dem heupte.

Item ich lies mir machen ein Juleb alszo: Ich lies holen eine plancke 4 ) Barrasenwasser, vormengt mit III loth Czugker, manus Cristi mit perlenn, [auch ist dar gut zu ochsentzungen wasser mit dem Czugker]: thet mir grossze entsetzunge, warm getrunken, ein wenich vff einmal kaumet 5 ) ein leffeluol durch ein Rhor.

Item sie geben auch alhir den krancken wol in denn mundt Czugker Candi 6 ) vnd Muscatenblumen [dorret feer]; darfur nam ich ein muscateller beren, ader IIII ader fünff Corinthien gekewet vnd widder außgespeiet, damit die nature wes grobes zuuerdawen nicht wurde vorhindert In der arbeit gegenn die wutendigkeyt der kranckheit.

Item Inn dem ambeginne des switzens mus man den sweis vor deme kopffe lassen abwischenn mit eynem Reinen tuche, szo offte es von nothen, an deme leibe aber nicht, den souil mit deme vmbkeren geschiet.

Item In dem leger sal man kein Wasser verhalten, den was man seichet, darb man nicht ausswitzen; wer das nicht bessern kann, der mag das gehenn lassen: so werden alte leute


1) schwaches Bier.
2) ? Sommerlabe (labung) ?
3) verschmachten.
4) ein Maaß von ungefähr ½ Flasche.
5) kaum.
6) Candieszucker.
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widder zu kindern; als were es mer den wasser. Es geschiet doch selten, das die kranken In dem leger stuelgang begern; doch were do hette einen zinchen pot 1 ) oder eynn feißglas 2 ) warm gemacht, ist viele beqwemer oder ein warm becken mit warmen tuchern vmbkleidet vnd vndergehalten, oder eynen swamp mit aller behendigheit, lufft zu uormeyden.

Item man mus von anbegin die kranken bewaren mit frolichen oder trotzigen worten, mit dem weinessige, Cziehen bey den oren, bey der nasen, schlahen mit eynem stocke vor die styrnen, vnd nicht schlaffen lassen; Den schlaf ist sunst der halbe todt. Das bregen oder gehirne mus Im wachendt sein, sunst mugen der essig vnd Rosenwasser nicht wercken; den wo das bregen den essig nicht annympt, trach vnd vule 3 ) in dem schlaffe des hertzen feint zuueriagen, sterben sunst gemeinglich die do schlaffenn.

Item wan alszo die XXIV stunden mit der gnade gots geendiget sein, nach Rechter Rechenschafft, den niemant Rechne sich selbest zu kortz, wan es gelt das leben, darumb besser eine stunde ader tzwene daruber gelegen: Ich lage XXVII stunde, noch was mir darnach heis: Den fortan sol man haben bereidt ein warm hembde vnd erheben den krancken ein wenig herfur vnd tziehen Ime das Hembde vbir den kopff, alszo das die lufft nicht hastich darunder kome, szo lange das man darbey hat II ader III warme tucher, vnd den sweis mit dem ersten vor deme heupte abwischet, er man Ime das hembde darvbir thuet: vnd darnach etzliche tucher vnder die beyden arme, den sweis abegedrocknet, darnach vbir die brust vnd einen palt= ader andern Rock vbirgeworffen mit eynem lichten fueter, ader was ein itzlicher vormag, Eine newe Reine Mutze vff das haupt, vnd den krancken vor einen schornstein gesetzt, darin ein fewer von eichem holtze, darvor vnder dem hembde gedroget denn Rugke, den bauch vnd die beyne mit regnen warmenn tuchernn.

Item wan dis alszo gescheen ist, Nimpt der Engelische man, der sich hier dieser Sachen understanden, gar ein leye, weis sunst keines Dings eine vrsache, wen das er gesehen hat, wie nu wol meyn knecht, einen schonen Rogken 4 ), schneit dar durch her drey scheyben, wie man den kindern putterbroth, lies er Rosten vnd Schmeret vff beyden seiten frische putter, gibt er den krancken zu essen. Do er mir der eynen voreichte, wolte


1) Topf.
2) Uringlas.
3) träge und faul
4) Roggenbrot.
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ich lieber gespeiget haben, wen gelacht; do fraget ich, was das sulte, daruf er antwurte: Ich solts essen vnd darnach eins drincken. Ich nam ein wenich darvon vmb trinckens willen; des was ich hochbegeren vnd thet einen geringen Drunk kalt; Ich wolt wol ander speise erdencken. Szo leget er mich in ein kalt bette vnd gab mir verleub zu schlaffen vnd hende vnd fuesse zu strecken nach meynem gefallen. Do wart ich des Newen betts szo froe, das ich des schlaffs vorgas.

Item hirben hab ich gemercket, das es besser gewesen were, ich hette schlecht gerostet broth genomen vnd einen trunck sommerlaue ader warm daruf gethaen, vnnd hatte das bette mit einem heissen becken lassenn warmen; den viele, die zu der Colicken gneigt, mochten dardurch zu grossen wetage ader swulst kommen. Szo saget man hir, etzliche vbirkomenn die gele sucht; Alszo den sal man hirumb gleichwol die fusse messia warm halten vnd denn leichnam, darmit die nachstendege Hitze nicht vbir sich steige In das gehirne.

Item darnach mus man sich gutlich thuen, gebrauchen keinen wein oder gewurtze: hauerwelling 1 ), Eyer bey dem feur gesweisset weich, keinen Czugker gesparet; szaur vnd susse ist gut, doch nicht mit Bluete. [Item die beste speise ist haberwellinge, mandelmilch, durchgeschlagen Erbsbruhe vnd dergleichen.] Vnd dar yhemandt verstoffet were vnd widder die hitze, seint gut swetzken vnd hungerische pflaumen mit Czugker, vor der Maltzeit abents vnd morgens, haben myr gros gudt gethaen. Man esse auch nicht spate, vnd stetts mit froligkeit vfstehe vnd zu bette gehe, bis szo lange die macht widder herfurkumpt vnd das wasser wirdt wie ein goldt mit einer wessen wulcken; nicht zu fruhe auszgeflagen. Denne magk widder gebrauchen geringen frischen wein.

Item es sal sich niemandt vorfern 2 ) vor switzen aus arbeit, gehende, bratende, heissen gedrencken vulgedruncken; es macht wol angst, aber die vorigen tzeichen sein recht; Experto crede Rhembarto. Ich sende e. f. g. hirbey ein gedrucket buchlein; hat des keinen verstandt, es wil dar nicht holen.

Item in dem leger wirdt man offte vnsinnigk; dorumb mus man starke menner darbey haben, die den kranken halten mit gewalt, das Er die arm nicht vnder decke herfur an die lufft bringen; den wo das geschege, were der todt vor der thu=


1) Haferbrühe.
2) erschrecken.
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ren, aber nach lenger vergehet dis alles. [Item die des vormugen, gebrauchen mit der tzeit Rat der vorstendigenn.]

Item etzliche blueten In dem leger aus der naszen; das sal man alszo bluten lassen vnd nicht stillen, sunder man lasse das abwischen, szo lange pis es von sich selbest vfhore; den essich vnd Rosenwasser mus darbey gebrauchet werdenn.

Item nach dem leger ist mir wol VI tage lang viel verbrants dinges aus dem kopffe gekommen, Eins teils wie vnslit, weisse seyffe mit bluette vermenget, das ich des tags wol XX oder XXX geschnowen, das ich darvon bekommen, das ich am ersten zu heis lach vnd zu vil vf dem kopffe hatte. Ich lies dem fluessze seinem willen, Reiniget Ine mit vielen bluemen und quenden korner, In reinen wasser gesotten, vnd bygichenpillen darin Reszoluiret, vnd darmit wart ich der Brandtruthen aus dem kopffe loes, wie wol noch schmogt 1 ) dar ist.

Item hirnach mus man den slaff nehmen, es sey tagk ader nacht, stettes mit Reinen hembden vnd lacken, duppelden betten, des nachts vnd des tags nacket darein gelegen; vnd ap alszo ein sweis qweme, sol man sich nicht verfern, den es ist besser, den schege es nicht; den er ist wie sunst Naturlich, den mag man wol abwischen. Eymbeckisch bier vnd gustrowisch sein die besten getrencke. Es ist auch nutze, das man die ersten II tage nach dem leger flach 2 ) warm gedrunken, gerostet brodt dorein, darnach Reybet broet wie ein krumels 3 ), wenich vnd offte gedrunken mit eynem krannichhalsze; darnach vbir acht tage, wens das wasser wirdt als goltfarbe etc. ., mag ein yeder widder halten sein Regiment.

Item E. f. g. neme mit der eyle diese meyne Instruction vorauf, den got weis, das ich noch swach bin; wuste derwegen auch niemandes die arbeit zu willen zu leisten, den e. f. g. Got hat mich hir inne sunderlich gesterckt. Ich hoffe, das hirdurch mannichem sal gehulffen werden. E. f. g.;

teyl es vmbher, E. f. g. bruder vnd andern nachpawern; ich forchte es wil weiter vssein.

Ich zweiffel nicht, den E. f. g. sein myt weinessigk wol besorget, auch mit Rosenwasser. Szo sende ich e. f. g. Barrasienwasser vnd 1/2 liber manus plati 4 ) [wan es die notturfft erfordert, ein Julep daruon gemacht mogen werden, wie oben


1) Dunst, Dampf.
2) weder salzig, noch süß: brakisch = eben, wenig; hier: lauwarm, wie in aändern Berichten aus derselben Zeit.
3) Krumen.
4) perforati?
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beschrieben]. Wes vorhin von nothen, hat e. f. g. wol vorstanden; got der allmechtige gebe seine gnade, den es e. f. g. nicht von nothen seyn. E. f. g. wollen auch meiner langen schrifft nicht vordrossen sein. Ich kan es szo klar nicht schreiben, als es wol von nothen; heute achte tage vff den mittag hette ich hirvon wol I c floren gegeben. Nemen so vorgudt mynen dienst vnd willen. Hirmit gotte Almechtigk befolen.

Datum Lubeck, Anno etc. . XXIX ahm tag Ciriaci.

E. F. G.

williger

Rhembertus giltzheim, Doctor.


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VII.

Die

Pfarre zu St. Petri in Rostock

in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts,
von

G. C. F. Lisch.


D ie Petripfarre hat in der Geschichte der Reformation in Meklenburg durch Slüters Auftreten und Untergang eine historische Bedeutsamkeit erlangt. Dennoch ist die Besetzung dieser Pfarre während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts noch völlig im Dunkeln, obgleich sie durchweg von Bedeutung ist. Die Geschichte der Pfarrbesetzung ward bei Gelegenheit der Nachforschungen über die Schweißsucht angeregt und trat dabei mit großer Wichtigkeit hervor; daher möge sie theils zur Ergänzung, theils ihrer eignen Bedeutsamkeit wegen hier Raum finden.

Die Pfarre zu St. Petri in Rostock war dem Canonicate und der Präbende der Cantorei des dortigen Domstiftes zu St. Jacobi incorporirt. Im Anfange des 16. Jahrh. besaß diese Pfründe der meklenburgische Canzler Brandanus von Schöneich 1 ). Nachdem derselbe im Anfange (vor dem 4ten) des Monats März 1507 gestorben war, verliehen die Herzoge Heinrich und Erich die Pfründe dem Domherrn Heinrich Bergmeier zu Ratzeburg, wofür derselbe sich am 29. Jun. d. J. verpflichtete, den Fürsten als Hofrath zu Rostock,


1) Derselbe hatte auch eine Präbende zu Schwerin und eine Vikarei zu Neustadt.
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Güstrow oder Schwerin zu dienen 1 ) und sich sonst innerhalb und außerhalb Landes in Geschäften gebrauchen zu lassen. Die Herzoge verbürgten ihm dagegen eine sichere jährliche Einnahme von 50 lüb. Mark nebst Zehrung ("Mahl"), Futter und Hofkleidern und liehen ihm zugleich, nach den Rechnungen aus dem J. 1508, hundert Gulden. Daß Bergmeier den Herzogen in der That als Rath gedient habe, geht aus manchen Verhältnissen klar hervor; so z. B. übernahm er mit Steffen von Bülow im Anfange des J. 1510 eine Gesandtschaftsreise nach Cassel. — Diese Rathsstelle erhielt Heinrich Bergmeier gewissermaaßen als Ersatz für die Stelle eines meklenburgischen Canzlers, welche die Fürsten ihm nach Brand von Schöneichs Tode angetragen hatten, er aber am 13. April 1507 ablehnte, seines Alters, seiner Dickleibigkeit (groten buekes) und seines geistlichen Amtes wegen, welches alles ihm bei den vielen Geschäften und Missionen eines Canzlers hinderlich sei.

Bergmeier ward im J. 1511 Bischof von Ratzeburg; da er sich bei seiner Confirmation den fernern Genuß seiner bisherigen Pfründen reservirt hatte, so behielt er auch die Petri=Pfarre. Bald liefen aber wiederholte Beschwerden von Rostock ein, daß die Pfarrgebäude im höchsten Grade baufällig seien und die Seelsorge durch einen Capellan höchst nachlässig betrieben und verabsäumt werde; ja es war ein Neubau der Pfarrgebäude (Wedem) nothwendig. Der Bischof verstand sich endlich im Spätjahre 1514 dazu, im folgenden Jahre nach Rostock zu reisen, um mit den Kirchenvorstehern den Bau zu berathen. Nach wiederholten Beschwerden gestaltete es sich so, daß der Bischof sich im Jahre 1515 zur Resignirung auf die Pfarre entschloß, welche "ihm die Fürsten geraume Zeit während seines Bischofsstandes gelassen hatten". Er sandte daher den Domherrn Hermann Rundeshorn ab, welcher die Resignation für den Bischof am 23. October 1515 beschaffte. In der Resignations=Urkunde hatte der Bischof selbst aber allerlei Clauseln gemacht und forderte namentlich sämmtliche Einkünfte der Pfarre für das Jahr 1515, hielt auch seine Resignation für "bedenklich" 2 ). Hierüber ward der Herzog Heinrich sehr


1) Heinrich Bergmeier war zu der Zeit auch Secretair der Herzoge von Sachsen=Lauenburg (vgl. Masch Gesch. des Bisthums Ratzeburg S. 409); noch im Jahre 1507 wird er in meklenburgischen Archiv=Acten des "hern van Sassen Scryuer Hinricus Barckmeyger" genannt.
2) In einem undatirten, jedoch von Nic. Marschalk concipirten und von C. von Schöneich revidirten fürstlichen Schreiben an den Bischof von Schwerin wird geklagt, daß, nach geheimen Berichten aus Rom, des Bischofs dortiger Factor Joachim Tessentz den fürstlichen
"cappellaen H. B. Cantoren vnd kerkhern to rostock"
aus diesem seinem Lehne für sich oder für einen andern zu verdrängen suche.
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aufgebracht; er warf dem Bischöfe vor, daß er "listiger Weise" Clauseln in die Resignations=Acte gebracht habe und Forderungen mache, deren Betrag besser zum Bau der ihm anvertrauten Pfarre zu verwenden gewesen wäre, der ihm obgelegen habe. Der Bischof ward spitz und erbot sich, dem Fürsten

das anstößige Wort "resigno" verdeutschen zu wollen; der Fürst zürnte, und so verhandelte man hin und her, bis der Herzog Heinrich am Ostermontage 1516 dem Bischofe schrieb: dieser habe "mit vielen weitschweifigen Anhängen und Handlungen sein Vornehmen geschmückt; er habe sich bei seiner Confirmation zwar den Genuß seiner Pfründen reservirt, aber dieser Pfarre resignirt und dennoch die Auseinandersetzung fast zwei Jahre hingehalten; er habe die Wedem verfallen lassen; er habe die Pfarre durch einen Capellan nur mit großer Versäumniß und mit Abbruch des Gottesdienstes verwaltet; er habe in die Resignations=Urkunde unnöthige und ungewöhnliche Limitationen und Clauseln zum Nachtheil der Fürsten eingeflickt"; u. s. w. Der Herzog warf ihm ernst den Verfall der Pfarre vor, zieh ihn der Undankbarkeit, verbat sich die "breiten Schreiben" und schickte deshalb seinen Rath Aschwin von Schwicheln mit dem Briefe ab, um die Sache endlich beizulegen.

Als der Bischof Heinrich Bergmeier Anstalten zur Resignation machte, dachten die Fürsten daran, die Pfründe einem Andern zuzuwenden; ihre Wahl fiel auf den Dr. med. Rhembertus Giltzheim 1 ), obgleich der Bischof von Lebus (Dietrich von Bülow) schon bei den beiden Verleihungen an Brand von Schöneich und Heinrich Bergmeier einen Joachim von Bülow dringend empfohlen hatte. Am 11. Januar 1515 dispensirte der Pabst den Dr. Rhembertus auf gewisse Zeit von der Priesterweihe, welche zur Uebernahme der Stelle nothwendig war, bestätigte jedoch seine Wahl im voraus, da er Clerikus der halberstädter Diöcese war. Hierauf resignirte der Bischof Heinrich am 23. October 1515 vor dem Herzoge Heinrich durch einen Bevollmächtigten zu Schwerin dem Canonicat und den damit verbundenen Stellen, wozu er sich bei seiner Rathsbestallung anheischig gemacht hatte, und am 4. November präsentirten die Landesherren den Dr. Rhembertus beim Capitel in Rostock, wogegen derselbe sich an demselben Tage zu Schwerin verpflichtete, binnen drei Jahren in den Priesterstand zu treten, sogleich päbstliche Dispensation von der Priesterweihe zu er=


1) Vergl. die Abhandlung Nr. VI. über die Schweißsucht.
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wirken, damit die Fürsten in ihrem Patronatrechte nicht gefährdet würden, ferner die Pfarrgebäude zu St. Petri auf seine Kosten und mit Hülfe der Kirche in baulichen Zustand zu bringen und die Zeit seines Lebens seinen Wohnsitz in der Cantorei zu Rostock zu behalten, um von dort den Fürsten und ihrem Hause und ihren Erben mit seiner "Kunst der Arzenei", ohne andere Vergütung, als die seiner Auslagen und Reisekosten, überall beizustehen. Am 27. November 1515 nahm das Kapitel die Installirung vor. Ein gelehrter Philolog Johannes Padus, der sich damals zu Rostock aufhielt, wünschte ihm zu der Pfarre Glück in einem Gedichte, welches uns noch erhalten ist 1 ): Humanissimo Viro Ramberto Hilsheimio illustrium Megapolitanorum Principum medico et consiliario vigilantissimo, ecclesiasticam Rostochii ad D. Petri praefecturam incunti Joh. Padus.

Non minus ex animo pellis quam corpore morbum,
   Efficitur totus te duce sanus homo.
Strenuus es pastor, curator strenuus idem,
   Magna tibi populi magnaque cura Dei.
Sancta regis sancti merito delubra Jacobi,
   Et primus tantum pastor ovile tenes.
Gratia principibus debetur maxima nostris,
   Quod te condigno constituere loco.
Gratia sit Mariae, summo sit gratia Christo,
   Quod constat talem te meruisse statum.

Zur Erlangung der Priesterweihe hatte Dr. Rhembertus vom Pabste eine Frist von sieben Jahren erlangt und die Vergünstigung, daß, wenn er in den ersten zwei Jahren Subdiakonus würde, er von den übrigen Graden dispensirt sein solle. Der Doctor scheint es aber mit der Priesterwürde nicht recht ernsthaft gemeint haben: am 13. Aug. 1516 schenkte ihm der Pabst noch ein Mal eine Frist von zwei Jahren zur Erlangung des Subdiakonats und wiederholte diese Gunst am 8. August 1519 2 ). Endlich bedurfte er der Dispensation nicht mehr: noch vor Ablauf der Frist heirathete


1) Vergl. (Mantzel) Meklenb. Gelehrten=Lexicon, VII, S. 17 flgd. und Krey die Rostockschen Humanisten, S. 39. — Das Fragezeichen, das Krey bei den Worten delubra Jacobi setzt, beantwortet sich leicht dahin, daß der Pastor zu St. Petri zugleich Canonicus am Collegiatstifte zu St. Petri war.
2) Hierüber reden außerdem noch die Rechnungen des fürstlichen Rentmeisters aus dem Jahre 1519:

"XX mark 1 pf. magister vonn retzen veranthwert vonn doctor rembertus weigen kegenn rome durch die wegßelbanck zw bestellen seins lehns halben zw Sanct peter zw Rostock, am dage Elisabeth."

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er am Sonntaae nach Johannis (30. Junius) 1521 eine Jungfrau aus Rostock ("quandam virginem sive puellam in Rostok.") und hatte dadurch die Pfarre verscherzt. Auch scheint er die Stelle unter obwaltenden Umständen gerne abgetreten zu haben, theils aus Abneigung gegen den geistlichen Stand, theils weil die Pfarre in schlechtem Baustande war und von den Fürsten stark geschatzt ward; (zur Cantorei des Rostocker Capitels gehörte das ganze Gut Papendorf bei Rostock mit allen Gerechtigkeiten). Er hatte daher schon am 6. März d. J. der Pfarre freiwillig entsagt. Zum vollen Besitz der eigentlichen Canonicatswürde scheint er, um so mehr, als er noch nicht ordinirt war, damals noch gar nicht gekommen zu sein, da diese erst ungefähr zu derselben Zeit durch den Tod des M. Heinrich von Retzen erledigt ward, und Giltzheim nur auf die Pfarre verzichtete, auch dieser zweifachen gleichzeitigen Eröffnung der sonst verbundenen Stellen im Jahr 1521 öfter gedacht wird.

Ehe die beiden Herzoge auf den denkwürdigen Reichstag nach Worms gingen, meldete am 8. April 1521, d. d. Lübz, der Herzog Albrecht seinem Bruder die Erledigung der Pfründe und schlug ihm zwei Candidaten, den M. Johann Lindenberg, Vikarius zu St. Marien in Rostock, und den Secretair M. Sebastian Schenk von Schweinsberg vor, empfahl aber den letzteren vorzüglich, weil er sein Diener sei und weiter zu studiren, auch die Pfarre zu bauen und zu bessern sich erboten habe. Der Herzog Heinrich empfahl den Antonius Schröder 1 ), Pleban zu St. Georg in Parchim. Darauf zogen die beiden Fürsten nach Worms und die Pfarrbesetzung ward bis zu ihrer Rückkehr aufgeschoben. In Worms war der Herzog Heinrich, zum Rath des Kaisers ernannt, mit dem Herzoge Bugeslav X. von Pommern am Hofe des Kaisers zurückgeblieben; beide langten erst am Abend vor Johannis in Meklenburg an. Der Herzog Albrecht war aber schon früher heimgekehrt und hatte den Dr. Rhembertus am 16. Junius zur feierlichen Resignation vor dem Official Detlev Dancquardi 2 ) vermocht und am 18. Junius den Probst


1) Antonius Schröder ward bei Johann Rieblings Anstellung im J. 1537 in den Ruhestand versetzt.
2) Detlev Dankquardi war rostockscher Dom=Thesaurarius, 1517 Official des Archidiakonats Rostock, seit 1526 Archidiakonus und bischöflicher Official zu Rostock (vgl. Rudloff III, S. 86), auch Pfarrherr von Kessin und "sonst rund mit Pfründen behängt". Sein Vikar Hermann Parchmann zu Kessin, den er vertrieb, sagt von ihm, ungefähr 1540, er sei

"bynnen Rostock eyn geweldigher und averbostiger official",

und im J. 1550 befahl der Herzog Johann Albrecht, diesen "Pfaffen ein= (  ...  )
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Johann Mues von Ratzeburg durch eine, in seinem und seines Bruders Namen, jedoch ohne dessen Wissen und Willen ausgestellte, besiegelte Urkunde präsentirt; am 25. Jun. installirte ihn der Official bei der Pfarre und noch an demselben Tage räumte ihm das Capitel Sitz im Chor und Capitel ein und bestätigte ihn feierlichst, — alles durch einen Bevollmächtigten des J. Mues. Die große Eile, welche das Capitel in diesem Geschäfte bezeigte und dazu in Grundlage einer Urkunde, die Herzog Heinrich nicht mit ausgestellt haben konnte, läßt sich nur aus dem bekannten papistischen Eifer des Capitels und des Officials, der die Sache noch dazu mit der größten Heimlichkeit betrieb, und aus der aus dem Papismus entspringenden Zuneigung zum Herzog Albrecht erklären. — Kaum hatte aber Herzog Heinrich das Land betreten und die Sache erfahren, als er gegen diese eigenmächtige Besetzung der Stelle (per quendam, qui debet esse non bene meritus de domino duce Hinrico), weil er der ältere Patron sei und sein Bruder keine Vollmacht von ihm gehabt habe, protestirte; er wandte sich dabei mit Vorstellungen an seinen Bruder, präsentirte demselben auch zuerst den früher vorgeschlagenen Antonius Schröder, aber Albrecht wies (am 30. Junius und 3. Julius) alle Vorschläge und Demonstrationen hartnäckig zurück. Da präsentirte Herzog Heinrich am 3. Julius durch eine Urkunde seinen Günstling Antonius von Preen, Tischgenossen des jungen Herzogs Magnus, Clerikus des schweriner Sprengels, (quendam alium sue gracie satis charum et dilectum, qui est bonus, nobilis vir, —— charissimi filii, ducis Magni, familiarem, continuum commensalem, ob virtutum suarum merita) dem Dr. Zutpheldus Wardenberg, als Administrator des Stifts Schwerin und Archidiakonus zu Rostock, zur Investitur und zur Empfehlung an das rostocker Capitel. Diese Präsentation überreichte A. von Preen am 8. Julius dem Administrator zu Bützow, welcher jedoch erklärte, er habe den Detlev Dancquardi als völlig Bevollmächtigten zu Rostock und wisse nicht, was derselbe gethan habe; er könne ohne Uebereinstimmung mit ihm nicht handeln, wolle er nicht die Würde der Kirche verletzen; er wolle jedoch eine Citation in Rostock und Bützow anschlagen lassen. In einem vertraulichen Schreiben an den Herzog Heinrich äußerte der Administrator, der es gut


(  ...  ) zufangen und peinlich zu richten", weil er den Fürsten vor fürstlichen Beamten, die nach Kessin beordert waren, hinter dem Rücken geschmähet hatte. Der darüber entstandene Proceß war noch im J. 1553 anhängig und man rieth dem Fürsten "Verzug und Aufhaltung, bis der Gegner aller Menschen Gang gehen werde".
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mit Heinrich meinte, seine Bedenklichkeiten, indem A. v. Preen erst 21 Jahre alt sei und noch nicht die Priesterweihe habe; es sei freilich für viel Geld Dispensation zu erhalten, aber damit gehe Zeit verloren; er rieth dem Herzoge, einstweilen die Sache geheim zu halten. Aber am 22. Julius meldete sich auf die Citation der Probst Johann Mues als Besitzer des Canonicats beim Administrator.

Ueber die Besetzung der Pfarre entstand nun ein großer Streit. Zunächst berührte er die Landesherren. Beide waren schon längere Zeit über die Landestheilung in Uneinigkeit gerathen: die eigenmächtige Besetzung der Pfarre zu St. Petri fiel grade in den Zeitraum, wo zwar eine Schlichtung des brüderlichen Streites nahe, aber auch die Aufregung am größten war. Dazu standen sich auch die fürstlichen Brüder in ihren religiösen Ansichten sehr ferne. Der Herzog Heinrich ließ daher d. d. Bützow 30 Julii 1521 in einem lateinischen Briefe (im Concept ohne Unterschrift) durch einen Geschäftsträger (vielleicht den Zutpheldus Wardenberg) seinen Procurator in Rom mit dem Stande der Sache bekannt machen, damit Besitz und Rechte der Pfründe bis zur Entscheidung des apostolischen Stuhls nicht gefährdet würden. — Von der andern Seite erhob sich ein zweiter Streit. Schon seit dem Jahre 1519 hatte der Dr. Joachim Plate, Probst zu Colberg, wahrscheinlich wegen Privatverhältnisse zum Dr. Rhembertus, gegen die Petri=Pfarre "Krieg bewegt und sie ohne Grund und Billigkeit turbirt". Die Sache war schon damals vor die päpstliche Kammer gebracht. Nach der Resignirung des Dr. Rhembertus trat auch Joachim Plate mit Ansprüchen an die Pfarre hervor und setzte jetzt seine Sache mit neuem Eifer fort; Giltzheim trat ihm nun collitigirend bei. Zwar war am 1. Julii 1522 zu Stralsund im Hause des Dr. Zutpheldus zwischen dem Antonius Preen und dem M. David Brunswik 1 ), Dechanten von Colberg, als Bevollmächtigten des Probstes J. Platen, ein Vergleich geschlossen mit Berücksichtigung der zu erwartenden päpstlichen Entscheidung über das Recht des Besitzes der Pfarre; es wurden alle Puncte für alle möglichen Fälle, daß der Eine oder der Andere im Besitze der Pfarre bleiben sollte, bestimmt. Nach Rom war auch der Priester Nicolaus Dalschen gekom=


1) Dieser M. D. Brunswik war am 1. Septbr. 1521 schon in Rom und Procurator des Herzogs Heinrich daselbst, als an diesem Tage der erwähnte Brief vom 30. Julii über Lübeck dort angekommen war. Am 29. März 1522 war Brunswik noch in Rom, am Ende des Jahres 1522 hielt er sich während der großen "Pestilentz" in Rom zu Bologna auf.
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men im Auftrage des Herzogs Heinrich mit Briefen desselben, d. d. Nürnberg d. 10. Octob., an Dr. Zutpheldus, der am Michelistage 1522 in Rom angelangt war; Dalschen sollte die Beendigung des Streites bewirken 1 ); am 21. Junii 1523 beschwerte sich J. Plate durch den Archidiakonus von Usedom, Hippolitus Stenwer, beim Herzoge Heinrich, daß sich Antonius Preen noch nicht mit ihm abgefunden habe, dagegen der vom Herzog Albrecht präsentirte Widerpart ihn oft angehe und ihm viel biete: aber noch am 12. März 1525 war die ganze Sache um keinen Schritt vorgerückt, indem ein damaliger Geschäftsträger 2 ) des Herzogs Heinrich von Rom aus um die ältere Resignations=Urkunde des Heinrich Bergmeier und um die Urkunden bat, durch welche Dr. Rhembertus in den Besitz der Pfarre gekommen war. Der Herzog Heinrich ließ nämlich bei dem Laufe der Dinge zunächst die Pfarre für den Dr. Rhembertus in Schutz nehmen. Dr. Zutpheldus war zwar mit dem Stande der Sache genau bekannt und hätte vollgültiges Zeugniß geben können: allein er schwieg, die Ungnade des Herzogs Albrecht fürchtend. Am 29. März 1526 erwartete er die persönliche Ankunft des Dr. Plate in Rom 3 ) und sprach gegen den Herzog Heinrich die Hoffnung aus, dort die Sache mit Plate zu Ende zu bringen.

Großes Interesse erhält dieser Pfarrbesetzungsstreit durch die Geschichte des ersten protestantischen Predigers in Meklenburg, des Joachim Slüter 4 ) zu Rostock. Slüter war nach den bisherigen sichern Nachrichten Prädikant an


1) Es kamen auch wirklich Briefe aus Rom, unter andern auch "die neue Provision mit der Dispensation für A. Preen"; leider ward aber der Bote von D. Brunswick aus Rom an Zutpheldus Wardenberg am 21. Dec. 1521 dicht vor seinem Ziele, 2½ Meilen vor Stralsund, in der Horst zwischen Hanshagen und Starkow am 21. Dec. überfallen und seiner Briefe beraubt, welche nicht wieder aufzutreiben waren.
2) Dies war wohl der M. David Brunswik, der sich 1525 "Cantor Zwerinensis" unterzeichnete, als er in dieser Angelegenheit aus Rom an Antonius Preen schrieb, er habe Compulsorialen über Lübeck nach Meklenburg gesandt, und um Betreibung der Sache bat.
3) Einige interessante Briefe aus dieser Zeit, sowohl über allgemeine europäische Verhältnisse, als auch über die Petri=Pfarre und die Unruhen zu Stralsund sind in der Briefsammlung Nr. 1, 3, 4 und 5 mitgetheilt. Man vgl. auch Jahrb. I, S. 24, und Fabricius Einführung der Kirchenverbesserung zu Stralsund, 1835.
4) Es wird durch diesen Streit die Art und Weise der Einführung der neuen Lehre klar. Bisher waren selbst die Personalien unbekannt. Im Rostocker "Etwas" vom J. 1740 wird S. 277, Not. 1, gesagt: "Wir wundern uns, daß es an St. Peterskirchen so balb zur Richtigkeit gediehen. — — haben denn die papistischen Prädicanten diese Kirche so leicht uns gutwillig fahren lassen, und wer sind sie gewesen ? Wir haben hievon biß dato noch nichts ausforschen können." — Krey fragt in Beitr. I, S. 358 bei Dr. Rhembertus Giltzheim: "Ist er Pleban zu St. Petri geworden? und vielleicht der (  ...  )
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der Petrikirche und predigte dort schon 1523, bald nach der Verheirathung und Resignation Remberts Gilzheim, lutherisch; allein die Pfarre war 1525 auf officiellem Wege noch nicht wieder besetzt. Vielleicht hatte er nur Erlaubniß zum Predigen in der Petrikirche vom Herzoge Heinrich erhalten, ohne auf die Pfarre angewiesen zu sein, wie auch in Güstrow 1532 und an andern Orten die Bürger, mit Hülfe des Herzogs, aus eigenen Mitteln einen "neuen Prediger" besoldeten, ohne durch diese Besoldung die bisherigen geistlichen Verhältnisse aufzuheben. Eine Vocation oder Präsentation für Slüter ist nicht vorhanden, wie überhaupt in den Urkunden und Acten des Rostocker Capitels von Slüter gar nicht die Rede ist; auch die ältern Historiker bekennen, daß sie nichts von einer Bestallung und Introduction Slüters wissen. So viel ist aus dem Pfarrbesetzungsstreit mit Sicherheit zu entnehmen, daß er nie die Pfarre besaß, also nie "rector ecclesiae, Pleban oder Kerkherr" war. Aus einer beiläufigen Aeußerung ergiebt sich jedoch, daß er vom Herzoge Heinrich, als ältestem Patron des Capitels, "zum Capellan bestellt" war, also zu einer der interimistischen untergeordneten Stellen an der Kirche, mit welchen mehr die eigentlichen Geschäfte unter den Gemeindegliedern, namentlich das Predigen, verbunden waren 1 ). Slüter nennt sich selbst "Prediger" (vgl.Arndt's Joachim Slüter, Lübeck 1832, S. 88 und 92, und Etwas 1742, S. 682), wird auch in einem im Original auf der Universitäts=Bibliothek zu Rostock befindlichen Rescripte des Herzogs Heinrich, d. d. Montag nach Convers. Pauli 1532, "Prediker tho sunte Peter" genannt (vgl. auch Arndt a. a. O. S. 94). Von papistischer Seite ward er nur als fürstlicher "Capellan" anerkannt. Dies beweiset zur Genüge ein Schreiben des bischöflichen Officials Joachim Michaelis an den Herzog Heinrich, welches im Auszuge, so viel es Slüter betrifft, also lautet:

"Dorchluchtige, hochgeborenn f. G. H. Jwer f. G. svnt myne vnderdanighe vorplychtige denste stedes


(  ...  ) "letzte vor Slüter gewesen?" - und in den Rostockschen Humanisten, S. 39 "Ist Hilsheim der letzte papistische Pastor oder Plebanus an St. Petri gewesen ?"
1) Vgl. Grautoff Histor. Schriften, I, S. 261 u. II, S. 29 u. 31. Es gab außer den Pfarrherren viele, nicht fest angestellte Geistliche, welche als Gehülfsgeistliche in den Kirchen mit den angestellten fungirten. Diese wurden auch Capellane genannt; Kapellane kommen im 16.Jahrh. in Meklenburg sehr häufig, auch ohne Pfarre, vor. Schlegel in Kirchengeschichte von Norddeutschland II, S. 59 sagt: "Die Pfarrer pflegten damals halbjährlich Prädicanten und Capellane anzunehmen, wie sie solche erlangen konnten, worunter manche heimlich dem Protestantismus zugethan gewesen sein mögen."
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"bereyt. Dewyle denne G. H. Jwe f. G. my bevalen, wore de Capellan her Joachim Sluter bauen vnd wedder de Inhibition ehm ghedan, wes vprorych predecerde, Jwer f. G. dat to vormeldende, Szo heeft he der Inhibition keyn acht ghehadt, men fluchkes honeth vnd schendet, dat to lanck were to seryuende: doch eyn weynich In der Inghelechte Zedele 1 ) beroret."
"De bure, dede vnder Jwer f. G. nycht beseten synt, de denken keynen byscoppes tegenden vthtoguende wente de Capellan, denne de furste suluest ghesettet heefft, secht dat de Biscope scholen predeken vnd dat doen see. nycht, Igitur etc."
—   —   —   —   —   —
—   —   —   —   —   —
"Raptim Rostock ao 1522 des Sondages nha XI M mrt."

"Jwer f. g.
     stedes gudtwyllige dener
               Joachim Mychaelis."

Das Datum dieses Schreibens (1522) muß aus innern Gründen falsch sein; der Empfang desselben ist vom Canzler C. v. Schöneich im J. 1525 auf der Rückseite notirt. In einem andern Schreiben aus dem J. 1525 (ohne Bezeichnung des Tages) sagt derselbe Official Michaelis:

"Im vorgangenen daghe hebben de quartermester vnd olderlude ghewest tho Rostock vor den Borghemesteren vnd begheret van dem Rade, dat prester, monneke vnd nunhen scholen in den Grauen ghaen vnd de karen vor ere dören senden, dar se myt vp den stadt wael foren scholen so wol alse de leygen doen mothen; dat kummet vth den prediken, dede de Capellan Jochim Sluther vppe de geystlycheyt alle wege deyt."

Noch im J. 1527 protestirte der Rostocker Magistrat gegen die eigenmächtigen Neuerungen des "Capellans" beim Herzoge, der ihm auch bis zur mündlichen Unterredung alle Neuerungen untersagte; vgl. einen Brief von Slüter hinüber vom 21. Aug.


1) Dieser Zettel ist leider nicht vorhanden.
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1528 im Etwas, 1742, S. 680. Slüter scheint aber den Warnungen seines fürstlichen Gönners nicht gefolgt zu sein.

Antonius Preen scheute sich wohl, die Pfarre in Besitz zu nehmen, um so mehr, da auch J. Plate sie angetreten und viel Geld auf sie hatte verwenden lassen. Dennoch hatte am 29. April 1524. "Anthonius Preen, ecclesie parrochialis sci. Petri Rostockcensis, Swerinensis dioc., plebanus", zu den, durch Resignation des Michael Dreger erledigten Marienzeiten dem Archidiakon Zutpheldus Wardenberg den Christian Hane präsentirt ("quia jus praesentandi ad me meosque in dicta ecclesia parrochiali successores spectat"). Der Herzog Heinrich konnte nicht eingreifen, wenn er nicht wie sein Bruder handeln wollte; der Probst J. Mues konnte die Pfarre nicht persönlich verwalten. Endlich mußten wohl alle Streitigkeiten dem Drange der Reformation weichen; bald ist von katholischen Prätendenten an St. Peter nicht weiter die Rede. Aber von den geistlichen Behörden ward Slüter selbst dem Namen nach ignorirt; nach 1527 wird in den Verhandlungen immer nur eines namenlosen Capellans gedacht. In dem angeführten Vergleiche vom 1. Julii 1522 beginnt der erste Paragraph folgendermaßen:

"Inth erste dath Doctor Jochim Plate wil vnnd schal vnder synem eygenenn nhamen de sake vp vorgemeltenn kerke, cantorien, canonicat vnnd provenn gegen itzigenn intrusum vnnd ock alle andere intrusos vnnd intrudendos tho ende vthuhorenn vnnd de kerke vredeszam maken."

Sollte unter diesem "intrusus" schon Slüter verstanden sein?

Die Entscheidung des Pfarrbesetzungsstreites zog sich sehr lange hin. Im J. 1528 bat Johann Garlepstorp um Verleihung der Pfarre; aber noch im J. 1534 klagt derselbe, daß er sie noch nicht erlangt habe. Bei der Kirchen=Visitation im J. 1534 ward bemerkt:

"disse Cantorie vacerde, ock wart ledich vnd loesz gefunden."

Erst am Tage St. Gallen 1549 bat A. Preen, der 1543 bei der Vermählung des Herzogs Magnus Amtmann und 1544 Stiftshauptmann zu Bützow (Rudloff III 1, S. 104) war, den Herzog Heinrich, die Präsentation durchzusetzen, da jetzt aller Streit beendigt sei; widrigenfalls trage er auf ein Schiedsgericht von drei Fürsten an. Darauf aber finden wir, daß er gegen den Herzog beim Reichskammergericht wegen der Pfarre einen Proceß erhoben hatte, der noch im März des Jahres 1552

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anhängig war. — Der Probst Mues war schon im J. 1529 gestorben 1 ).

Die neuern Vocations=Acten im Großherzogl. Archive beginnen erst mit dem Tode des Pastors Joachim Schröder, welcher 1533, bald nach dem Tode Slüters, wieder zum evangelischen Prediger angenommen ward und am 20. März 1564 starb 2 ).



1) Masch Bisth. Ratzb. S. 462.
2) Arndt Joachim Slüter u. s. w. S. 70 vgl. Nic. Gryse von dem Leben J. Slüters z. J. 1533.
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VIII.

Bruchstück
aus der

deutschen Chronik

des Fräulein=Klosters St. Claren=Ordens
zu Ribbenitz
von

Lambrecht Slagghert,

Franciscaner=Lesemeister, aus Stralsund.
Mitgeteilt von Dr. C. F. Fabricius,
Advocaten in Stralsund.


Vorbemerkungen.

I m vierten Bande der Monumenta inedita von v. Westphalen (pag. 841 ff.) findet sich ein lateinisches Chronicon Coenobii Ribenicensis, autore fratre franciscano Lamberto Schlagghert, Sundensi, und der Herausgeber sagt, der Abdruck sei nach der eigenen Handschrift des Verfassers (ex autographo) besorgt worden. Zugleich erwähnt v. Westphalen aber auch einer im Kloster zu Ribbenitz selbst befindlichen deutschen Uebersetzung dieser Chronik, von der er jedoch etwas verächtlich spricht (pag. 883 eod.), und dem Uebersetzer vorwirft, daß er sich mancher Auslassungen und dagegen wieder vieler Einschaltungen von Fabeln schuldig gemacht habe. Untersuchungen, welche ich über die Einführung der Reformation in Stralsund * ) anstellte, machten es mir


*) Vergl. die "Acht und Vierzig" - oder die Einführung der Kirchenverbesserung in Stralsund. Eine Erzählung aus Stralsunds Vorzeit, von C. F. Fabricius, Stralsund, 1835, S. 318 flgd. und S. 345 flgd. D. Red.
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wünschenswerth, diese deutsche s. g. Uebersetzung näher kennen zu lernen, und bei einer persönlichen Anwesenheit in Ribbenitz erlangte ich denn die Einsicht des Manuscriptes. Durch die freundliche und zuvorkommende Vermittelung des Hrn. Küchenmeisters Saniter daselbst, dem ich für seine Güte meinen Dank hier öffentlich auszusprechen mich gedrungen fühle, erhielt ich bald auch Gelegenheit, eine vollständige Abschrift von dieser deutschen Chronik zu nehmen, welche ich späterhin noch einmal mit dem Originale verglichen habe, und so ist es mir möglich geworden, das folgende Bruchstück wörtlich getreu hier mittheilen zu können * ).

Um nun das Verhältniß dieser deutschen Chronik zu der lateinischen zu besprechen, wird es nöthig sein, das Manuscript selbst erst etwas genauer zu beschreiben.

Diese deutsche Chronik ist auf Papier und zwar in Folio geschrieben, so daß immer 6 Bogen eine Lage bilden. Sie hat aber von Anfang an kein eignes Volumen ausgemacht, sondern ist in einen größeren, bereits foliirten Band eingetragen gewesen, wie sich daraus ergiebt, daß das 10. Blatt der Chronik oben am Rande die Foliozahl CXLIIII trägt, und die Foliozahlen von hier an gleichmäßig fortlaufen. Gegenwärtig ist von einem Einbande keine Spur mehr, sondern die Lagen sind ohne alles Band, was sie zusammenhielte, und die Blattränder sind bald oben, bald unten, bald auf der innern, bald


*) Die niederdeutsche Abfassung von Slaggherts Chronik scheint immer die mehr bekannte und gebräuchliche gewesen zu sein, bevor sie durch die von Westphalen veröffentlichte lateinische Bearbeitung in den Hintergrund geschoben ward. Noch die Arbeiter am Rostocker Etwas, vgl. Jahrgang 1740, S. 409, theilen Auszüge aus der plattdeutschen Abfassung mit und der um meklenburgische Geschichtsforschung und Quellensammlung hoch verdiente Geheimerath J. P. Schmidt besaß eine im vorigen Jahrhundert genommene Abschrift derselben, welche seit einigen Jahren im Besitze der Regierungs=Bibliothek zu Schwerin ist; auch bemerkt er in seinen Nachträgen zu Nettelbladt notit. script.: "Slaggert ist auch im Deutschen vorhanden.
Msscr. fol".
Uebrigens waren in frühern Zeiten zwei Chroniken zu Ribnitz. Als der Herzog Adolph Friederich I. glaubwürdigen Bericht empfing, daß im Kloster Ribnitz "eine alte fürstliche Meckelburgische Chronika in ein groß Pergamenen Buch geschrieben" (nach dieser Beschreibung vielleicht gar die im Großherzogl. Archive jetzt befindliche Chronik des Ernst von Kirchberg?) und "dann noch ein besondere Closter=Chronika" befindlich seien, bat er sich dieselben am 5. November 1618 auf einige Zeit aus. Nach dem Berichte der Klostervorsteher waren diese Chroniken aber nicht zu finden, jedoch wurden sie in dem Nachlasse der verstorbenen hochgebornen Aebtissin (Herzogin Ursula von Meklenburg? † 1586) vermuthet, welcher noch verschlossen im Kloster stehe. Am 27. Januar 1621 forderte der Herzog noch ein Mal an, da nach glaubwürdigen Berichten die Chroniken damals wieder aufgefunden waren. -. Hiemit schließen die Acten.
                 G. C. F. Lisch.
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auf der äußern Seite vermodert 1 ), indem die Handschrift eine Zeit lang der Feuchtigkeit ausgesetzt gewesen sein muß, so daß, besondes im Anfange und gegen den Schluß hin, statt zusammenhängender Bogen nur lose Blätter (halbe Bogen) gefunden werden, und zuweilen sogar die ersten oder die letzten Buchstaben der Zeilen mit verloren gegangen sind. Aus den noch erhaltenen Foliozahlen und den Ueberresten der Lagen=Ordnung, so wie aus dem Zusammenhange der Materien ergiebt sich aber, daß die ganze Handschrift ursprünglich 78 Folioblätter eingenommen hat, von denen indessen jetzt 4 Blätter fehlen, nämlich fol. 35. 38. 68. und 72. Von fol. 68. fand sich jedoch, hinten anliegend, auf einem losen Blatte eine Abschrift von fremder, späterer Hand und Orthographie, so daß im ganzen nur drei Blätter ganz verloren sind. Die Schrift selbst ist alte Mönchsschrift, wie sie im Anfange des 16. Jahrhunderts gebräuchlich war, und noch ganz ohne Unterscheidung deutscher und lateinischer Buchstabenzeichen. Die ersten Worte jedes Absatzes sind immer in Fraktur geschrieben, und die Initialbuchstaben mit rothen Einfassungen ausgeschmückt. Auf dem äußeren Rande stehen neben jedem Absatze kurze Summarien, welche jedoch gegen das Ende, von fol. 71. an, fehlen. Mit der ersten Seite des 78. Blattes, ganz unten, schließt die Handschrift 2 ), und auf der zweiten Seite dieses Blattes, so wie auf der ersten des folgenden stehen einige ganz unzusammenhängende Nachträge, von weit späterer Hand 3 ), aus den Jahren von 1527 bis 1577.

Die verschiedenen Anhänge und Register, welche v. Westphalen l. c. pag. 885 ff. beschreibt, befinden sich jetzt in einem besondern Papier=Umschlage, ganz außer Zusammenhange mit der Chronik; sind aber, wiewohl nicht grade alle, von derselben Hand, welche die Chronik geschrieben hat 4 ).

Daß nun die Chronik selbst sowohl als die Anhänge, so weit selbige von einer und derselben Hand geschrieben sind, ein Autographum des Verfassers seien, dürfte kaum irgend einem Zweifel unterliegen. Erstlich weisen schon die Schriftzüge auf den Anfang des 16. Jahrhunderts zurück; sodann ist in dem


1) Aus diesem Grunde sind auch auf den ersten 9 Blättern und eben so gegen das Ende hin sehr häufig die Foliozahlen nicht mehr vorhanden.
2) Das zuletzt erzählte Factum ist ein Brand zu Peterstorp, am Michaelis=Abend 1532.
3) Es ist dieselbe Hand, welche die Abschrift des fol. 68. angefertigt hat. - Aus diesen Nachtragen ist zum Theil der Schluß der lateinischen Chronik zusammengesetzt.
4) Auch in den Einzelnen dieser Anhänge und Register ist wieder Manches von fremder Hand nachgetragen.
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fünften Anhange, welcher das Verzeichniß der Beichtväter des Klosters nach der Zeitfolge enthält, der Name: Lambrecht Slagghert, noch von derselben Hand, wie die vorhergehenden geschrieben, und bei dieser Gelegenheit spricht der Verfasser von sich in der ersten Person, indem er erzählt, daß er in seinem Beichthause mehrere Schlafkammern aus dem Ertrage seiner Almissen habe bauen lassen; der Name des folgenden Beichtvaters ist aber schon von einer andern Hand nachgetragen. Ein anderes Register endlich, auch von derselben Hand, wie die Chronik geschrieben, enthält die Namen sämmtlicher Schwestern St. Claren=Ordens, welche Slagghert 1523 noch lebend gekannt hatte, und diesem Register ist das Verzeichniß derer, die davon nach und nach gestorben sind, nach der Zeitfolge angehängt. Auch dieses Verzeichniß ist ganz von derselben Hand, aber nur bis 1533 fortgeführt (also eben so weit, als die Chronik, von den Nachträgen abgesehen, selber reicht), und die Namen dieser Verstorbenen (und eben nur diese) sind in dem Hauptregister mit Dinte durchstrichen.

Ob nun die von Westphalen edirte Handschrift der lateinischen Chronik ebenfalls ein Autographum des Lambrecht Slagghert sei, wie der Herausgeber behauptet, kann ich nicht beurtheilen, da ich selbige nicht gesehen habe, und auch nicht weiß, wo sie sich befindet. So viel ist aber gewiß, daß die deutsche Chronik nicht erst eine Uebersetzung der lateinischen, sondern jedenfalls älter als diese ist. Ueberhaupt aber ist keine von beiden als eine bloße Uebersetzung der andern zu betrachten, vielmehr weiset sich die lateinische Chronik als eine meistentheils abgekürzte Bearbeitung der deutschen aus. Was die frühere Zeit bis Mitte des 15. Jahrhunderts betrifft, sind beide von ziemlich gleicher Umständlichkeit. In der lateinischen Chronik fehlt zwar die Aufzählung der meklenburgischen Prinzessinnen, welche nach und nach in den St. Claren=Orden getreten sind (ad annum 1276), so wie die Nachricht über Ursprung und Geschlecht der meklenburgischen Fürsten bis auf Heinrich den Löwen 5 ), welche in der deutschen Chronik mehr als 4 Blattseiten einnimmt, und so auch die Erzählung von Herzog Albrechts Gefangenschaft in Schweden (ad annum 1388). Dagegen aber hat sie Manches wieder vollständiger, z. B. die Geschichte der Stiftung des St. Claren=Ordens (ad annum 1213), das Verzeichniß sämmtlicher Provinzen des Franziscaner=Ordens, einige Bullen und Privilegien III extenso u. dgl. m.,


5) Nicht der große Welfe, sondern ein gleichnamiger Fürst von Meklenburg, welcher das Kloster zu Ribbenitz gestiftet hat.
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so daß beide Chroniken sich wechselseitig ergänzen. Von der Mitte des 15. Jahrhunderts an wird die lateinische aber auffallend dürftiger, und sinkt zu einem magern Auszuge der deutschen herab, wie auch schon der äußere Umfang nachweiset; denn bis zum Jahre 1454 umfaßt der Abdruck bei v. Westphalen 31 Columnen, und die deutsche Chronik 38 folia 6 ); von da an aber ersterer nur noch 12 Columnen, wogegen letztere noch 39½ Blätter füllt. Auch der Umstand, daß die deutsche Chronik nur bis in das Jahr 1532 reicht, die lateinische dagegen bis 1539, bezeugt den späteren Ursprung der letzteren. Ob nun aber diese lateinische Umarbeitung der Chronik von Lambrecht Slagghert selbst oder von einem andern verfaßt sei, muß ich für jetzt auf sich beruhen lassen.

Ueber Slagghert's Lebensgeschichte ist fast nichts weiter bekannt, als was er selbst hier von sich erzählt. Er ist aus Stralsund gebürtig, und hier lange Zeit als Franciscaner=Mönch im St. Johannis=Kloster gewesen. Wahrscheinlich ist er derselbe Schlaggert, von welchem Franz Wessel erzählt 7 ); zwar bezeichnet letzterer ihn als Gardian, welche Würde unser Verfasser nie bekleidet, sondern es nur bis zum Lesemeister gebracht hatte 8 ), indessen kann Wessel, der lange nach Einführung der Reformation schrieb, sich in diesem unwesentlichen Umstande leicht geirrt haben. Im Jahre 1522 reisete


6) Eine Columne (halbe Blattseite) bei v. Westphalen enthält 66 Zeilen à 40 Buchstaben, zusammen also etwa 2640 Buchstaben, ein folium der deutschen Handschrift aber wenigstens 60 Zeilen, jede zu 46 bis 52 Buchstaben (die Abbreviaturen ungerechnet), zusammen also ungefähr 2900 Buchstaben. Es ist aber in Betracht zu ziehen, daß sich im lateinischen Alles mit wenigeren Worten sagen läßt, als im Deutschen, und so ist also jede Columne bei v. Westphalen einem Blatte der deutschen Handschrift ungefähr gleich zu rechnen.
7) Etlyke Stücke, wo idt vormahls im Pavestdohme, und dem Gadesdeenste thom Stralsunde gestahn. §. 13. (Jus eccles. past. von v. Balthasar. Th. 2, pag. 880.) "Noch was tho St. Johannes een Gardian, heht Schlaggert, de hadde 5 effte 6 Poppen thogerichtet, de tögede he dem Volck, be eene: So was Christus gestalt vor Annas. De andere: So gestalt was Caiphas, so was Pilatus; und fort an, dat em ock bißwylen etlike Poppen entfallen von der Cantzel. Mit solkem Göckelwercke brachten se de Tydt hen by 7 Stunden, van 7 Schlägen bet dat een effte twe up den Middag schlog."
8) Fol. 71. b. der deutschen Chronik findet sich hierüber folgende Stelle: "In desseme iar (1528) synt tho rybbenitz vppe deme haue ghewest 4 lesemesters tho samen in deme denste mynes gnedighen froychen der abbatissen Also Broder joachim meyger gardian vnn lesemester, Broder lambrecht slagghert lesemester vnn bichtvader, Broder petes ..... lesemester vnn organista van hannouer vnn Broder joachim pake lesemester vnn organista ock mede homyssen prester van deme sunde. Nicht ys dat ghehort, dat vp desseme haue be myle dat closter hyr ys ghewest tho samen vp ene tyd, in deme denste der abbatissen synt vnber ereme horsam ghewest 4 lesemester also nu, welker ys ene grote ere desses closters Got geue io langhe to salicheyt."
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Slagghert zu dem um Kreuzerhöhung (den 14. September) in Hamburg gehaltenen Provincial=Capitel der Franciscaner, und ward hier zum Beichtvater in dem St. Claren=Kloster zu Ribbenitz bestellt. Der Orden der St. Claren=Nonnen ist nämlich von jeher dem Mönchs=Orden der Franciscaner verschwistert gewesen, welcher letztere denn auch die Verbindlichkeit hatte, die meisten Klöster des ersteren Ordens mit Gardianen und Beichtvätern zu versehen. Als nun im Julius 1525 der bisherige Gardian des Klosters, Joachim Krumbeke, abging, ward die Verwaltung dieses Amtes vorläufig den beiden Beichtvätern, nämlich unserm Slagghert und Joachim Meyger, von dem Minister übertragen, und jener, als der Aeltere von beiden 9 ), mochte sich schmeicheln Gardian zu werden; allein am 21. Oktober desselben Jahres ward nichts desto weniger Meyger zum Gardian bestellt. Bis ins Jahr 1533 ist Slagghert nun in seinem bisherigen Verhältnisse als Beichtvater zu Ribbenitz geblieben; von da an aber verschwindet jede Spur seines Wirkens 10 ), und so ist anzunehmen, daß er in diesem Jahre entweder gestorben oder versetzt sei.

Was seinen Charakter betrifft, so zeigt er sich als einen treuherzigen und besonders redseligen Mann, der dem alten katholischen Kirchenthume eifrigst zugethan ist. In seinen Aeußerungen über Luther und dessen Anhänger tritt er als erbitterter Gegner derselben auf, offenbart dennoch aber bei großer Befangenheit und Leichtgläubigkeit meistens eine tüchtige Gesinnung, und ist manchen Mißbräuchen des Kirchenregimentes, besonders der Geldgierigkeit der Päbste, von Herzen abhold. Uebrigens dürfen wir auch wohl gar nicht zweifeln, daß die Martinianisten sich häufig großem Uebermuthe hingaben, und daß die Verbreitung und Einführung der neuen Lehre oft genug zum Deckmantel gemeiner Verbrechen gemißbraucht ward.

Diese Persönlichkeit des Versassers ist nun auch ganz treu und rein in dem Styl seiner Chronik ausgeprägt, so daß über letzteren nichts weiter zu sagen nöthig ist.

Die Sprache ist der noch jetzt in Meklenburg und Vorpommern, westlich vom Ausflusse der Peene (dem alten Fürstenthum Rügen), gebräuchliche niedersächsische Dialect. Es finden


9) Meyger kann frühestens erst 1523 nach Ribbenitz gekommen sein; denn im Mai d. J. (cf. fol. 54. b.) war nicht er, sondern Jasper Siveke neben Slagghert Beichtvater. Auch stellt letzterer in dem Zeitraume, bevor Meyger Gardian ward, wenn er sich mit ihm zusammen nennt, seinen eignen Namen immer voran.
10) Vergl. das oben über das Verzeichniß der bis 1533 gestorbenen Nonnen Gesagte.
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sich indessen manche Abweichungen von der heutigen Sprachweise. Weniger bedeutend in dieser Beziehung ist es, daß viele Wörter, die Slagghert gebraucht, jetzt nicht mehr gehört werden; wir bemerken hier nur das Pronomen wol (wer), die Partikeln: vf und vfte (ob), ofte und edder (oder), men (aber, sondern und nur) 11 ), wente (denn, dieweil), noch denne (dennoch), noch—noch, oder noch—vnn (weder — noch), auer (über) und die Vorsilbe vor= statt ver=, z. B. vordrete (Verdruß); zuweilen auch bo= statt be=, z. B. boreyt (bereit). Wichtiger erscheint, daß Slagghert's Sprache auf der einen Seite noch weit mehr Organismus und Formenreichthum offenbart, als die heutige (welche in dieser Beziehung fast noch tiefer als die Englische steht), auf der andern Seite aber an Vocal=Lauten weit ärmer ist.

Was den ersten Punkt betrifft, so finden wir, um nur Einiges anzuführen, noch ordentliche Casus=Formen, wogegen unser heutiges plattdeutsch fast nur einen casus obliquus neben dem directus kennt, und den Genitiv, außer in Zusammensetzungen, durch das Possessivum ersetzt. Das Participium Präteriti hat die Vorsilbe ge= noch nicht abgeworfen. Die Endungen =ick, inlautend =ike und =ickheyt, und =ich, inlautend =ighe und =icheyt (dem hochdeutschen =ich, =iche, =ichkeit, und =ig, =ige, =igkeit völlig entsprechend), werden sehr genau unterschieden 12 ). Das hochdeutsche sch wird auslautend regelmäßig sk, u. s. w. Vom Eindringen hochdeutscher Wörter und Formen, die jetzt unsern Dialect mit gänzlicher Auflösung bedrohen, finden sich erst sehr wenige Spuren 13 ).

In Bezug auf die Vocal=Laute ist unser heutiges Plattdeutsch unstreitig der reichste und wohltönendste aller deutschen Dialecte, indem er außer den geschärften (kurzen) 5 Vocalen und 3 Umlauten (das ä freilich ist dem e gleichlautend), 6 gedehnte Vocale [a, é und ê, i, o, oa, und u], 4 dergleichen Umlaute [ae — dem ê gleichlautend, — oe, oae 14 ) und ue] und 5 Diphthongen [au, ei, eu, aeu und oi, wovon die letzen drei freilich gleichlautend sind, z. B. bleugen (blühen),


11) nur heißt im plattdeutschen noch jetzt: man.,
12) z. B. frolick, frolyken, frolickheyt, und grymmich, grymmighen, grymmicheyt.
13) Mir sind nur aufgefallen: boreyt für rede, vorgenannte für vorghenomede (fol. 60. a.) und die mittelhochdeutsche zwiefache Regationsform: nicht en regende (fol. 61.b.); auch wechselt myt und mede.
14) Die vier Laute: é, è oder ae, oae und oe, sind in der Aussprache aufs strengste geschieden; z. B. légen (lagen), lègen (gelegen), Loaegen (die Lügen) und loegen (lügen); oaever (über) und Oever (Ufer); Moael (Mühle), Moel (Unordnung) und Mèl (Mehl); Dél (Theil) und Dèl (Diele).
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däugen (thauen), Koie (Kühe, sing. Ko)], zusammen also 13 verschieden klingende gedehnte Vocal=Laute 15 ) besitzt.

Vergleichen wir hiemit nun die Sprache unseres Slagghert, so fällt zuerst in die Augen, daß er zwar die 5 Vocale hat (ob der sechste: oa sich schon in der Aussprache fand, läßt sich nicht beurtheilen, da ein eignes Zeichen für ihn fehlt; Slagghert schreibt jar u. s. w.), aber keine Umlaute, außer für ä und ae, indem statt dieser e gesetzt ist; an der Stelle von ö, oe, ü und ue steht immer o und u; und so ist kaum zu glauben, daß derzeit der Umlaut gesprochen sei und nur der Buchstabe dafür gefehlt habe 16 ). Denselben Mangel dieser Umlaute finden wir auch in der gleichzeitigen Berckmannschen Chronik, und in der Beschwerdeschrift Hipp Steinwehr's 17 ), und wenn dagegen in andern früher gedruckten Schriften aus jener Zeit (z.B. Franz Wessel, Etlyke Stücke u. s. w. in v. Balthasar, jus. eccles. past. Th. 2, pag. 876 ff.) sich die Umlaute durchgänaig finden, so ist wohl gewiß, daß der Herausgeber sie hinein corrigirt habe, wie denn überhaupt der ganze Abdruck höchst unkritisch ist 18 ). Allerdings findet sich in unserer Handschrift häufig ein e über das o und u gesetzt, und so möchte man auf den ersten Blick hierin den Umlaut sehen wollen; aber bei genauerer Untersuchung zeigt sich bald, daß dieses übergesetzte e nur dazu dienen soll, die Dehnung des darunter stehenden Vocales zu bezeichnen (wiewohl diese Bezeichnung gar nicht consequent durchgeführt ist); denn wir finden es eines Theils auch über a und e, und andern Theils am häufigsten in Sylben, wo auch jetzt noch ein Umlaut weder vorkommt, noch jemals statt haben konnte; da aber, wo er sein müßte, fehlt wieder dies e; ja oft steht dasselbe Wort in einer Zeile mit dem über den Vocal gesetzten e, und in der nächsten ohne selbiges. Ich gebe hier einige


15) 1. a, 2. é, 3. è und ae, 4. i, 5. o, 6. oe, 7. oa, 8. oae, 9. u, 10. ue, 11. au, 12. ei und 13. eu, aeu und oi. — Auffallend ist, daß Grimm das hochtönende é gar nicht von dem Tiefton è unterscheidet, obwohl das Plattdeutsche grade durch den Wechsel des é und è ganz allein das Präteritum und Participium der achten starken Conjugation von einander sondert; z. B. stigen (steigen), stégen (stiegen), stègen (gestiegen) und suiden (schneiden), snéden (sschnitten), snèden (geschnitten). (Bei Grimm ist das è=ë oder è. Die Red.)
16) Vgl. Grimm, deutsche Grammatik, Th. 1, pag. 458.
17) Siehe: Stralsund. Chroniken edd. Mohnike und Zober Hier heißt es z. B. pag. 367: "gy logener, drogener, hugeler vnde bosewichte!", wo wir jetzt sagen würden, "ih Loägner, Droägner, Húüchler unn Bosewichter!" (Das lateinische Zeichen r soll hier das stumme r bedeuten, welches auch im Englischen auslautend so häufig vorkommt.)
18) Die Schlußworte der Wessel'schen Schrift giebt auch H. Busch in seinen um 1580 gesammelten congesta. Hier lieset man aber: "alle dusse grubel" wogegen v. Balthasar drucken ließ: "alle disse grüel".
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Beispiele schaet 19 ) (Schatz), ßaet (Saat), saet (saß), daet (That), maent (Monat), laeste (letzte), beest (Thier), bestia), beweel (Befehl), beeden (gebieten), speet (Spieß), koer (Chor), koervorste (Churfürst), doed (Tod), boesheyt (Bosheit), hoen (Hohn), soeken (suchen, plattdeut söken), moeghe und muege (Mühe, plattd. Meuje), hues (Haus), vuest (wüst), lue (Herr v. d. Lühe).

Auch die Diphthongen haben ein sehr eingeschränktes Gebiet. Am häufigsten findet sich noch ey 20 ), z. B. sleyt (schlägt), weynich (wenig), gheystlyck und ghestlyk, und die Endsilbe =heyt. Von au und eu ist keine Spur; statt dessen kommt ow oder ov (in der Mitte eines Wortes auch nach der bekannten Verwechselung des u = und v = Zeichens ou geschrieben) und uw vor, z.B. howen, Frowe 21 ), berowet, Frovken (Dim. von Frau), houet, loueden (glaubten), ghedrowet, buwen (bauen), truwen 22 ), ruwen (reuen); wobei es jedoch wohl nicht ganz entschieden ist, ob dies w als reiner Consonant gesprochen worden. Besonders zweifelhaft bin ich bei den Worten oust (Aust, Erntezeit), froude (Freude, fol. 50. b. init.) und frouden (freueten, fol. 60. a. med.), ob hier owst, frowde, oder wie sonst gesprochen sein möge 23 ). Endlich kommt noch oy vor, nämlich in den Wörtern: froychen (Fräulein) und koye (Kühe), wo der Diphthong unstreitig eben so wie gegenwärtig gelautet hat. Dies ist aber auch Alles, was sich von Diphthongen irgend findet.

Jetzt auch noch einige Worte über Slagghert's Orthographie. Diese ist so grundschlecht und inconsequent, daß der Autor nicht einmal seinen eignen Namen gleichförmig schreibt; denn obwohl er sich gewöhnlich Lambrecht Slagghert nennt, so findet sich doch auch: Lambert (fol. 27. b. med.), Lambrech, Slaggert (beides fol. 53. a. i. f.), und Slaggehert (fol. 65. a. init.). Daß sowohl für u als für


19) Zur Erleichterung des Druckes lasse ich, hier sowohl als nachher im Texte der Chronik, ein lateinisches e hinter den Vocal setzen, über welchem es in der Handschrift steht.
20) Bei dieser Gelegenheit bemerke ich noch, daß i und y ganz promiscne sowohl für den langen, als fiir den kurzen Vocal gebraucht werden; ja dasselbe Wort ist bald mit i, bald mit y Bgschrieben, z. B. misse und mysse.
21) Fol. 57. b. i. f. findet sich auch: Fruwe.
22) Fol. 59. a. med. ist in: brwhus (Brauhaus) zweimal hinter einander das a vor dem w ganz weggelassen.
23) Es bleibt nämlich unausgemacht, ob das Zeichen n hier den Vocal n oder den Consonanten v bedeutet; in: houet, louen u. s. w. ist das Letztere unzweifelhaft, weil dieselben Wörter auch oft mit ow geschrieben sind, und auch noch jetzt so gesprochen werden; wie denn ebenfalls noch trugen (trauen) und tru (treu) gesagt wird.
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v, beim Anfange eines Wortes beständig v, in der Mitte aber n gesetzt wird 24 ), ist schon oben bemerkt, und überhaupt früherhin herkömmlich gewesen; aber auch außerdem gebraucht Slagghert in der Regel je 3 bis 4 Buchstaben immer ganz willkührlich einen für den andern.

So steht nicht nur v(u), sondern auch w und selbst b für f; und v wieder für w; z. B. vorbart (Vorfahren), wan und van (von), vurt und wurt (wurde), vedder u. wedder (wieder), wolck (Volk), vunden (Wunden), wote (Föte, Füße), vorde (Worte), fencklyck und wenckenisse (gefänglich und Gefängniß), vuest (wüst), vorwolghen (verfolgen), wedere und vedere (Väter), ghewordert (befördert), bewel (Befehl) u. s. w. Anlautend auch Ff für F:

Ffroychen und froychen.

g, gh, j, i und y werden promiscue gebraucht; z. B. iegen und yeghen (gegen), iar (Jahr), genen (jenen), hilghe und hilge (heilge).

Eben so k (c) und ch z. B. fructede und fruchtede (fürchtete), closter und kloster, froychen und froyken, scone und schone, scaffer und schaffer u. s. w. Bemerkenswerth ist, daß bei Endungen auf cht häufig das t wegbleibt, z. B. Lambrech, ambach (ambacht, Amt), und so wieder umgekehrt: weynicht für weynich (wenig), und namiddacht (Nachmittag) 25 ).

Endlich werden an= und inlautend ſ, s, ſz und z durchaus willkührlich verwechselt; z.B. ßelen und selen (Seelen), ße und se (sie), Zophia, boße (böse), also, alßo und alzo, ßon (Sohn), saet und ßaet (Saat), ghesyret (gezieret), ßeghen (sahen); und auslautend s, ſz, z, ts und tz, z. B. schers (Scherz), gans, ganß, gantz und gantslyken (ganz und gänzlich), maers (März) u. s. w.

Es ist nöthig, daß man sich dies alles etwas merke, weil man sonst beim Lesen der Chronik oft anstoßen, und selbst über den Sinn einzelner Wörter in Verlegenheit gerathen würde.


24) Bisweilen jedoch, besonders wenn damit eine neue Zeile beginnt, steht auch in der Mitte eines Wortes das v. Fast noch schlimmer als diese Gleichstellung des u und v ist es, daß Slagghert auch u und n ganz gleich schreibt, so daß man, vorzüglich bei Namen, mitunter zweifelhaft bleibt, welcher von beiden Buchstaben gemeint sei; nur zuweilen ist das u durch zwei darüber gesetzte Strichlein von dem n unterschieden.
25) Auffallend ist die constante Schreibart: quam und quemen für das Prät. von komen. Daß auch so gesprochen worden, möchte ich aus dem Worte bequem schließen, welches unstreitig von kommen abzuleiten ist, eben so wie das allemannische chummli von chomen. Vgl. in Hebel's allemann. Gedichten das angehängte Wörterbuch s. v. chummli.
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Ich habe nämlich das folgende Bruchstück buchstäblich getreu abdrucken lassen, und mir wenigstens keine absichtlichen Aenderungen weder in der Orthographie, noch in der eben so ungleichförmigen Interpunktion erlaubt 26 ); wiewohl ich nicht dafür hafte, ob nicht dennoch hie und da ein Abschriftsfehler sich eingeschlichen hat und unbemerkt stehen geblieben ist. Die Handschrift des Verfassers endlich ist ziemlich gut und deutlich, und laßt sich nach einiger Uebung rasch weglesen. Nur der Umstand stört zuweilen, daß für die Buchstaben n und u ein und dasselbe Zeichen gebraucht ist. Manchmal freilich wird das n durch ein darüber gesetztes ^ und das u durch ein darüber gesetztes v oder " bezeichnet; aber im Ganzen ist dies doch selten geschehen, und häufig muß man erst aus dem Zusammenhange ersehen, ob ein Buchstabe n oder u (v) heißen soll, was namentlich bei Namen mitunter gar nicht zu entscheiden ist. Der vorkommenden Abbreviatur sind weder viele, noch unbekannte; natürlich habe ich diese in der Abschrift nicht beibehalten, sondern alle Wörter ganz ausgeschrieben.

Das hier nun folgende Bruchstück unserer Chronik enthält über 17 Blätter der Handschrift (von fol. 49. i. f. bis fol. 67. init.), und dürfte leicht der interessanteste Theil des ganzen Werkes sein. Es begreift die Jahre von 1509 bis 1527 27 ), also den Zeitraum kurz vor und nach dem Beginne der Reformation, und zugleich Alles, was Slagghert über die Einwirkung derselben auf seine nächsten Umgebungen erzählt. In so ferne hat dieser Abschnitt also auch historische Wichtigkeit, besonders da der Verfasser hier etwas, was er selbst erlebt hat, beschreibt; er ist aber außdem auch deshalb anziehend, weil er uns ein sehr lebendiges Bild des damaligen Klosterlebens giebt. Eben um diesem Bilde nichts von seiner Frische zu entziehen, habe ich selbst alle kleinlichen Anführungen über Bauten und sonstige Beschäftigungen im Kloster nicht, wie ich zuerst Willens war, unterdrücken mögen. Die naive Treuherzigkeit des Chronikanten ist oft wahrhaft ergötzlich, z. B. wenn er uns erzählt, wie er ein Kellerloch zugemauert habe, wobei ihm die Aebtissin, eine geborne Herzogin von Meklenburg, selbst Kalk und Steine zutrug, um dem heimlichen Verkehre der Klostermägde mit ihren Liebhabern aus der Stadt ein Ende zu


26) Jedes andere Verfahren würde durchaus zu Willkührlichkeiten geführt haben, wovon v. Westphalen l. c. in der Mittheilung einzelner kleiner Abschnitte der deutschen Chronik Proben genug liefert.
27) In der lateinschen Chronik nimmt dieser ganze Zeitraum nicht voll drei Columnen ein, hat also kaum ein Sechstheil des Umfanges der deutschen Chronik.
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machen; oder wie die Fräulein Nonnen außer sich vor Freude gewesen, daß ihnen gestattet wuüdre, das Petersdorfer Flachs zu raufen, und sie nun aus Unkenntniß das Meiste verdarben.

Zum besseren Verständniß einiger auf den katholischen Ritus sich beziehenden Ausdrücke in der Chronik mag schließlich noch bemerkt werden, daß in den Klöstern eigentlich achtmal an jedem Tage Andachtsübungen gehalten werden mußten, welche je nach der Tageszeit, in welche sie fielen, auch verschiedene Benennungen hatten; nämlich: 1) die Vigilien, um oder sogleich nach Mitternacht, 2) die Frühmette 28 ), (Matutinae, sive Laudes), beim Beginne der Morgendämmerung, 3) die Prima, sogleich nach Sonnenaufgang, 4) die Tertia, um 9 Uhr Morgens, 5) die Sexta, um 12 Uhr Mittags, 6) die Nona, um 3 Uhr Nachmittags 29 ), und 7) die Vesper (Vespera, sive Duodecima), nach Sonnenuntergang, sobald Licht angezündet ward. Dies sind die sieben canonischen Stunden (horae canonicae). Außer denselben kommt 8) noch das Gratias oder die Dankfeier nach dem Mittagsessen in Betracht. Psalmengesang, Hymnen und Responsorien, sodann Ablesung eines oder mehrerer Capitel aus dem alten oder neuen Testamente, und zum Schlusse wieder Collecten oder Gebete waren die regelmäßigen Bestandtheile einer jeden dieser gottesdienstlichen Handlungen. Indessen wurden wohl nicht in allen Klöstern alle sieben canonischen Stunden für gewöhnlich, und außer den Sonn= und Feiertagen, beobachtet. Das Genauere über diesen Gegenstand findet man in: Martene, de antiquis monachorum ritibus.

C. F. Fabricius, Dr.



28) Mette ist nichts anders als eine Corruption von: matutinae. Balthasar (jus eccles past) halt es zwar für die plattdeutsche Form des Wortes Messe oder Misse, allein fälschlich; denn erstens finden wir, sowohl in unserer Chronik, als in andern gleichzeitigen plattdeutschen Schriften, immer Misse oder Mysse geschrieben; anderntheils konnte die Messe nur von einem Priester gehalten werden, wogegen Slagghert fol. 53. a. i. f. erzähl, daß Fräulein Ursula an dem Feste der 7 Bruder Franciscaner=Ordens das Amdacht der Metten gehalten habe; demnach hat die Mette gar nichts mit der Misse zu schaffen.
29) Die Zeitbestimmung für die None, so wie für die Textie trifft eigentlich genau nur für die Tage um Tag= und Nachtgleiche zu; denn eben so wie Nona und Tertia, zusammt Prima und Sexta, ihre Namen von der altrömischen Tageseintheilung entlehnt haben, nach welcher jeder Tag von Aufgang bis Untergang der Sonne in 12 Stunden getheilt ward, die natürlich nach den Jahreszeiten von ungleicher Dauer waren, so mußte auch die Tertia im Sommer früher, im Winter aber später als 9 Uhr gehalten werden, und das umgekehrte Verhältniß trat bei der Nona ein.
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Van der resignacien der susteren.
Fol. 49. b.

A nno. M. V. c IX. De vader minister broder ladewyg henning vth prußen ghebaren eyn doctor der hilgen scryft heft tho ribbenitze de susteren vnn iuncfrowen vormanet, vor deme capittel tho rostock dat se scholden dar vp denken, dat se alle sampt resignereden alle clenodia pater noster, golt suluer gelt dat se hadden in erer gewalt by

Fol. 50. a.

deme hogesten da he auer se hadde tho beeden, dar vp scholden se vlytiken dencken, he wolde in kort na deme capittel wedder by en wesen. Vth welkerem gheyste dat ghekamen ys, ofte nicht, wol kan dat seggen, wente de gaue gades werket vunberlyker wys etc:. De erste in der resignacien ys gheweset froychen dorothea de abdiske, vnn so vort an myt der tydt alle de anderen fusteren, doch myt grotem vnwillen vnn vordrete vele hebben resigneret vnn nicht dorch rechte leue. In der suluen tydt ys den susteren vele ghelauet, men wat en geholden ys, dat ys nicht bekant. Noch denne 1 ) van der resignacien, hebben se alle dinck vorbestemmet 2 ), tho gelde ghebroch beyde suluer vnn golt lepel krallen snore 3 ) vnn alle dat dar was van ghesmuckke der bilden vnn hebben ghekoft tho notroff 4 )

Janckendorp poppendorp synt ghekoft.

des closters ii dorpe. Also Janckendorp dar ynne sint. v eruen vnn eyn kathe. Vnn ock poppendorp welker heft vii erue allene, vor ii dusent gulden 4b ) van den van der lue vorsegelt vnn vorbreuet also syck dat temet vnn tho behoret (men nicht gans dar feylen noch etlyke segel ane) 5 ).

heft capittel holden tho rostock.

In deme suluesten iar. De vader mininister broder ladewyg vor bestemmet vp den dach exaltacionis s. crucis dar tho samen weren by cccc broder vnn


1) dennoch.
2) alle vorbenannte Sachen.
3) Corallenschnüre.
4) Nothdurft, Nutzen.
4b) Die lateinische Chronik giebt statt dessen die Summe von 11118 Gulden u. 8 ßl. an, so wie sie auch außer den beiden Dörfern noch eine wüste Feldmark, Namens Slütershove, als mitgekauft nennt.
5) Das Eingeklammerte ist später und zwischen die Zeilen geschrieben, doch von derselben Hand.
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vedere 6 ). In deme capittel sin vth gegeuen de statuter July, allen vederen vnn conuenten vor gelt, iii vor v gulden. O O welk eyne fneydicheyt 7 ), vnn besnydinge veler armen closter dar dorch ys vullenbroch. Simon Symon pecunia tua sit tecum in perdicione 8 ). Vbi charitas et amor deus ibi est 8b ).

Ffroychen Vrsula ys ghebaren.

Anno. M. V. c X. Froychen vrsula hertich hinrickes tho mekelenborch vorstynne vnn hussrowe Vnde des vorsten vnn heren johans marckgreuen tho brandenborch vnn des hilgen romesken rykes koer vorste leueste dochter, Fol. 50. b.

heft erem heren tho troste getelet 9 ) eyne scone weydelyke dochter vnn frovken, also froychen vrsula ghenomet na dem dage decollacionis johannis baptiste 10 ) myt groten frouden des heren vnn alles ghesindes, men desse froude in kort vurt ghewandelt in ene grote bedroffenisse wente na der bort, der vorstynne was gheneßen, so dat er nichtes feyelde, vnn saet ock tho dyske myt erem heren Noch denne se vuert krenklyck, vnn ock so men fruchtete vorsumet vnn vorseen, van den genen de by er gnaden do weren, den got dat sulue mote vorgeuen, wente de wyße frowe 11 ) vnn ander gude matronen al weren vorlaten van erer gnaden, so dat eyn yslick 12 ) vant sick dar se tho hues horden vnn nicht lanck dar na An deme dage ofte

Frowe vrsula starff.

nacht lamberti 13 ) des mydwekens in der quater temper vor michaelis welker ys de dach der entfanginge der hilgen v vunden francisci tho gustrow vp deme slate 14 ) heft se gade bevalen eren gheyst vnn ys ghestoruen in got den heren.

Grote droffenisse.

Dar suluest vnn ock auer dat gantze lant tho mekelenborch tho stargardt etc. ys grote bedroffenisse gheweset von beclagynghe der e

ddelen hochgebaren Irluchteden vnn demodighen vnn lef hebberynne der gheystlyken personen vnn ock armer luden vnn vorstynnen froychen vrsula auer er gnaden doet. Nemant mach vthspreken wo bedrouet ys gheweset de hochgeba=


6) Offenbar sind in diesem Satze die Worte des Rand=Summariums durch ein Versehen ausgelassen. Der Tag ist der 14. September.
7) Geldschneiderei.
8) Acta apost. cap. 8, v. 20.
8b) Die latein. Chronik fügt hinzu: Ibidem altercacio facta est inter prefatum patrem ministrum et ceteros patres Wismarienses ob id, quod minister noluit confirmare patrem fratrem Hinricum Trone sacre Theologie professorem jam electum, sed morem antiquum retinere. Introni satio facta fuit feria sexta ante festum exaltationis sancte crucis cum maxima solempnitate et gaudio.
9) erzielet.
10) der 29. August.
11) die weise Frau, die Hebamme.
12) jede.
13) Lambertus=Tag sowohl als das festum stigmatum Francisci ist der 17. September, der Mittwoch und Quatember aber war der 18.
14) auf dem Schlosse.
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ren vorste hertich hinryck do he horde vnn ock fach den doet siner eddelen alderleuesten vorstynnen de em kort tho troste was

Ere graft.

gheweset etc:. Se ys begrauen myt groter moeghe vnn swarheyt in dat closter tho dubberan wente id was nene wyse, ofte wanheyt 15 ), ock nicht ghehoret, dat men vorstynnen, hadde begrauen tho dubberan, men allene de heren

Fol. 51. a.

vnn vorsten, myt groter solempniteten vnn werdicheyt tho der erden dar vurt bestedyget vnn begrauen, der got gnedich sy vnde bermehertich myt alle cryst lowigen 16 ) selen Amen.

Torney tho reppin.

Anno. M.V. c X II. Hertich hinrick tho mekelenborch myt synem heren broder hertich Albrecht hebben sampt myt dem koervorsten hochgebaren gnedighen heren marckgreuen tho brandenborch here jochim vnn myt anderen velen heren vnn vorsten gheholden vp den vastelauent enen hoff vnn torney bynnen reppin 16b ), myt allem frowen tymmer vnn hoffgesinde dar suluest hebben ghesteken vnn braten vnn torneyget alle daghe myt groter froude vnn frolyckheit. Dar suluest

Ffroychen katherina vortruwinge

was ock froychen katherina hertich hinrykes vnn hertich albrechtes suster noch unvortruwet eynne schone froychen de dar suluest deme eddelen heren hertich jurgen 17 ) tho mißzen vurt tho ghesecht, vnn tho samen dar ock vortruwet, van dem biscop Jheronimo des stiftes tho brandenborch. Vnde vp den samer sint se tho samen kamen tho dresden

dreßen.

vnde de koste geholden dar suluest myt groter eer vnn werdicheyt vnn frolyckheyt. Se heft erem vorsten vnn heren getelet iii froychen. Also

Ffroychen Amaliam Moritz Churfurst
Ffroychen Sybillam Seuerin starb zu Inspruek
Ffroychen Katherinam 18 ) Augustus Churfurst 19 ).

Hertich hinrick heft synne ander vorstynne namen.

Anno M. d. x i i i. De Irluchtede hochghebarenvorste hertich hinrick tho mekelenborch, hertich magnus sone vnn eyn broder hertich albrechtes etc. heft genamen eyn vorstynne, froychen helena des eddelen paldgreuen dochter van deme ryne des fundages na den achten daghen des hilgen lychammes 20 ), vnn de hoeff vnn koste


15) Gewohnheit.
16) christgläubigen.
16b) Ruppin. Fastnacht war 1512 den 24. Februar.
17) jurgen ist ausgestrichen, und von anderer, weit neuerer Hand heinrichen dafür an den Rand geschrieben.
18) Katherinam ist ausgestrichen, und von neuerer Hand Sindoina dafür geschrieben.
19) Auch diese 3 Männer=Namen sind von anderer neuerer Hand gegengeschrieben.
20) Es steht im Ms.: lychames , was nach der Weise, wie sonst dieser Haken Haken als Abbreviatur als Abbreviatur gebraucht ist, auch lychnames heißen könnte; indessen findet sich öfter in unserer Chronik die Form: lycham, auch ohne Abbreviatur, z. B. fol. 52. a. oben. Der Hochzeitstag war der 5. Junius.
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Fol. 51. b.

ys gheholden tho der wysmer, myt steken vm breken vnn haueren 21 ) mannigerleyg wys dar ock i

egenwardich was, der brut broder, de junge palsgreue, vor war eyn schone hobbes 21b ) here etc:. Desse helena heft erem heren getelet na vorlope erer tydt desse nascreuen kinder

Froychen margarete
Hertich philip
Froychen katherina.

Froychen Ursula vorantwardet ys der abba.

Anno. M. V. c XV. Hertich hinrick tho mekelenborch heft syne dochter froychen vrsula vorantwardet der abdisken tho ribbenitz siner leuen suster froychen dorothea vnn dem gantzen conuente so se noch nicht iiii iar vul 22 ) olt was, dar suluest se bleff in eren werliken klederen bet se olt wart xii iar.

Ffroudenberch ys vorbreuet vnde vorsegelt.

Anno. M.d.xvi. quam auer eyn 23 ) hertich hinryck myt Synem here broder hertich albrecht vnn heft vorsegelt vnn vorbreuet Syner alderleuesten suster froychen dorothea abdiske tho ribbenis vnn deme gantzen closter den hoff tho deme vroudenberge, dar tho voren hertich balthasar vnn hertich eryck hadden gegheuen deme vorbestemmeden closter er andel des haues, vnn ock nu also gants

Deprofundis na deme gratias.

lyken de hof ys vorlaten 24 ) deme closter. Myt sulen bescheden, dat de susteren tho ewigen tyden scholen holden ene dechtnysse na deme gratias ofte na der nonen darna syck dat vorlopt tho holden eyn deprofundis myt eynem versikel vnn collecte dar vp.

Twedracht der forsten.

Anno M. V. c XX. In den daghen quam de vient der minsken vnn segede sin boße ßaet 25 ) der twedrach, gans swerlyken tusken 26 ) hertich hinrick tho mekelenborch vnn sinen heren broder hertich albrecht so dat de ene

Fol. 52. a

den anderen vorwolgede vnn de ene nich seen mochte, ofte wolden wesen tho samen, wat orsake se dar tho bewagen heft, ys my vnbekant, god de here kame dar tusken vnn make se vredesam deme alle dinck ys bekant vnn apenbar.

Entwey delynge der prouincien van sassen.

Anno M. d. xxi. De prouincie van sassen ys gedelet in ii prouincien in deme prouincial capittel tho nyen brandenborch dar suluest ys


21) hofiren.
21b) hübscher?
22) voll. - Man sieht, die Stiefmutter trieb sie ins Kloster, wo Ursula auch von da an stets geblieben ist.
23) überein.
24) gerichtlich verlassen, d. i. zum Eigenthum übergeben.
25) saete seine böse Saat.
26) zwischen.
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gekaren in enen mynister desser prouincien van sassen sunte johannes baptisten de erwerdige vader vnn broder Gerardus funck von der kyritz eyn doctor der hilgen scryft etc:.

Capitteltho hamborch.

Anno M. V. c XXII. vp den dach der vorhoginge des hilgen cruces 26b ), heft de vader minister myt den vederen siner prouincien van den vj custodien allene gheholden (e)yn capittel tho hamborch vnn dyt ys dat erste capittel, dar de vedere der custodien van doringhen, liptz, myssen, goltberge, prützen vnn bresslow 27 ) nicht mede sint ghewesen, wente se leten sick van den sassen delen in deme capittel tho nygenbrandenborch, dar se eren minister, vor ere vj custodien allene sunderghen 28 ) vthkoren, vnn wolden nicht tho samen blyuen, also se langhe iar her tho samen de xii custodien hedden vnder enen minister ghewest. In desseme capittel tho hamborch de martinianisten hebben deme orden enen groten hoen vnn smaheyt ghedan, vnn den vederen, myt eren doßen scryften vnn posicien tho dude 29 ) an de kerkdore tho slande vnn apenbar laten lesen vann allen mynsken In sulker wyse

Questio

Kerst hans 30 ) wyl sick in vragen beleren, dar vp scholen de grawen monneke disputeren. Vtrum de monneke don syck hir tho samende schycken, wath fenyns 31 ) se noch wyllen laten

Fol. 52. b.

blycken, war se uns vth martinus lutters saken, willen welke nyge franciscus maken etc:. Tho desser vraghe hebben se ock ghehat iii conclusiones vnn j corrolarium dat ick vmme schande willen nicht mochte scriuen. In deme ende der posicken stundt also ghescreuen: Nym desse iii conciusion thon eren. Ick schal dy desse posicien scarper vormeren.

haec ille.

Ffroychen Ursula kledinghe

Anno M. V. c XXII. in deme daghe marienbort 32 ) vp den mandach. Tho der eer gades almechtighen vun der hilghen juncfrowen vnn moder sunte claren ys becappet vnn ghecledet worden froychen vrsula des Irluchteden vnde hochgebaren gnedygen vorsten hertich hinryckes tho mekelenborch sin alder leueste dochter dorch den wygelbiscop tho swerin broder dideryck huls, des ordens francisci ock eyn broder,


26b) den 14. September.
27) Thüringen, Leipzig, Meißen, Goldberg (in Schlesien), Preußen und Breslau.
28) besonders.
29) auf Deutsch.
30) Karsten (Christian) Hans; dieser Name soll keine bestimmte Person bezeichnen, sondern steht gewissermaßen sprichwörtlich da; etwa so, wie man jetzt: Hinz und Kunz, sagt.
31) Gift.
32) der 8. September. Vgl. übrigens unten Note 54.
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van stade ghebaren. In iegenwerdicheit hertich hinryckes froyken vrsula vader, vnn siner vorstynne helena sin ander huffrowe, vnn hertich hinrickes kinder froychen zophia vnn magnus eyn ghekaren biscop tho zwerin suster vnn broder froychen vrsula de ghecledet vurt, vnn hertich philip, hertich hinrickes vnn helena sone. Ock was dar an vnn auer de eddele vorste hertich magnus van lowenborch 33 ) myt siner vorsrynnen katherina des hertogen dochter van brunswyck, vnn froychen Elyzabet de priorissa van rene 34 ) hertich vlrickes dochter van stargart myt ii iuncfrowen eres ordens, myt anderen velen eddelen frowen juncfrowen vnn gude matronen de alle dinck hebben angheseen, etlyke myt frolickheyt, etlyke myt veneden angesichte, vnn vth getinge erer tranen beyde eddel vnn vneddel. Dat ambach der missen hadde enen ende erst tho xii stunden. Vnde de cledinghe eyn weynich vor ii twen vp den namiddacht.

*An deme dage Michaelis quam hir vp den hoff vor

Fol. 53. a.

enen bychtvader broder lambrecht slaggert vth deme capittel hamborch * 35 ).

Konynck crystyernus boesheyt.

In deme suluesten iar 36 ). Konynck crystiernus tho dennemerken heft bewyßet syne vnmynslyke boesheyt vnn grymmicheyt, vnn vnder gudem gelouen vnn truwen na syner kronynge in sweden in der stadt stockes holm heft af howen lathen vnn gecoppen etlyke biscoppe vnn riddere vnn gude mans, de syne kronynge hedden ghesyret myt erer iegenwardicheyt yp den louen des konynges de corper vnn licham heft he liggen laten also apenbar vor alle mynsken. Vnde dat ßeer gruwesam ys tho horen, yck swyge denne tho dunde, heft he ock vpgrawen laten etlyke dode licham, de in gades walt weren, vnn de fuluen laten vorbernen 37 ) myt anderen velen de gedodet weren dorch em, welker got de here an em in tho kamenden tyden, so ick truwe vnn hape dat sulue sulk eyn missedat wert straffen * (ane twifel. Dat sulue ys ock so gheschen)* 38 ).

Hertich albrecht hefft ghefryet.

Do suluest in deme iar Hertich Albrecht tho mekelenborch, hertich hinrickes broder, heft ghefryet


33) Herzog von Sachsen=Lauenburg.
34) Rhena, ein Städtchen und Kloster in Meklenburg.
35) Dieser Satz ist im Ms. unten auf den sonst frei gelassenen Rand geschrieben, und also wahrscheinlich erst später hinzugefügt.
36) Diese chronologische Angabe ist gradezu falsch. Nicht 1522, sondern schon zwei Jahre früher, 1520, den 4. November war Christierns Krönung, und am 8. desselben Monats das Stockholmer Blutbad. Unbegreiflich erscheint es, wie ein gleichzeitiger Chronicant so in der Jahreszahl irren kann.
37) verbrennen.
38) Das Eingeklammerte scheint später, jedoch von derselben Hand hinzugesetzt; es ist mit kleinerer Schrift und schwärzerer Dinte geschrieben.
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vnn syck tho seggen laten vnn vortruwen froychen Anna des marckgreuen Joachim dochter tho brandenborch, ghebaren vth des konynges dochter konynck hans tho dennemerken, vor syne vorstynne 39 ).

Peterstorp ys ghebuwet.

Anno. M.V. c XXIII. De hoff peterstorpe, ys nygvth der grunt vp gebuwet myt aller tho behoringe de lange tho voren vuest hadde ghelegen, dorch beveel vnn heten der hochghebaren Irluchteden gnedighen moder abdiske tho ribbenitze froychen dorothe van erer eghenen geofferden fruntlyken gauen vnn gyft, de er gnaden dar an ghekeret 40 ) heft, tho vormeren de guder des gadeshues, vnn tho troste den susteren vnn der gantzen fammelinghen etc:.

Der officiatryx stol ys ghemalet.]

*In desseme iar heft broder lambrech slaggert bychtvader ghemalet den officiatrix stol dorch

Fol. 53. b.

bede vnn beredinghe Suster anna buggenhagen * 41 ).

*Anno M. V. c XX III. ys ghebuwet van nyg vp de ronne tho den twen glinden in der water mole myt swarem arbeyde * 42 ).

konynck cristiernus ys vorfluchtich worden.

In deme suluesten iar in deme samer konynck Cristiernus tho dennemerken heft etlyke scepe bereden vnn thoflyen 43 ) laten, vun de suluen scepe laten laden myt deme alderbesten dat he hadde, vnn ock enen groten swaren schaet synes rykes dar in bringhen, dar mede he myt den synen ys vorfluchtech gheworden, so ene doch nemant


39) Die lateinische Chronik setzt hinzu: quam, ut fertur, blandis sermonibus et pulcris muneribus donisque relraxit, de voluntate tamen patrum (soll wohl heißen parentum), a monasterio, in quo jam more sororum, non in habitu earundem ad tempus conversata fuit, sed nondum ante altare solempniter vestita erat. Wahrscheinlich hatte grade dieser Aufenthalt im Kloster der Prinzessin Anna einen Widerwillen gegen den Katholicismus beigebracht; denn gleich nach ihrer Verheirathung erscheint sie als eine Anhängerin Luthers. Siehe unten ad annum 1525, fol. 57. b. i. f. — Vgl. auch Berckmann's Chronik, ed. Mohnike und Zober, pag. 142 u. Vorrede pag. XII.
40) verwendet. Kehren und wenden werden freilich noch jetzt in manchen Beziehungen als Synonyme gebraucht, aber doch nicht mehr in der hier vorkommenden Bedeutung.
41) Dieser Satz * * ist im Ms. unten auf den sonst frei gelassenen Rand geschrieben, iedoch von derselben Hand, und also wohl später hinzugeflügt.
42) Auch dieser Satz * * ist im Ms. oben auf den sonst frei gelassenen Rand der Blattseite geschrieben.
43) in Ordnung bringen. Noch jetzt ist das Wort flygen, upflygen und inflygen, woraus sich hochdeutsch der Provincialismus fleyen, auffleyen und einfleyen gebildet hat, bei uns gebräuchlich. So z. B. sagt man: die Weihnachtsbescheerung wird aufgeflieen; oder: das Kind fleyet das Spielzeug ein, d.h. packt es ordentlich in die dazu bestimmten Kästen; oder: was fleyest du da? d. i. was kramst du in alten Sachen herum, was machst du dir zu schaffen? — Uebrigens ist die Wurzel eine andere als die von pflegen, welches Wort, z. B. in dem Ausdruck: das Dach zupflegen, eine verwandte Bedeutung haben kann; denn dieses heißt plattdeutsch: plegen.
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iagede ofte vorwolgede. Dyt mochte nicht anders sin men de vorhenginge gades vmme syner tirannyen wollen vnn boße mysse daet, vnn des vnschuldygen blodes vnn dodes haluen den he vorhen an velen, beyde geystlick vnn werlick personen bewyset hadde, myt gewalt vnn vnrecht etc:.

Hertich bugeslaff starff tho Stetin.

Do suluest in deme iar, des negesten daghes na francisci vp den mandach so men beginck alle cristen selen 44 ) ys gestoruen de edde 45 ) hochgebaren gnedyge vorste hertich buggeslaff tho pameren, vnde also ys he ghebleuen lyggen bauen erden bet vp den sundach dar na, Do erst he wurt bestediget tho der erden vnn begrauen myt groter erwerdicheyt tho sunte otten in dat koer bynnen stettin, vnder eyn vorhauen graff.

Hertich frederick myt den steden ys kamen tho kopenhagen yn.

Anno M. V. c XXIIII. vp den dach der hilghen dre konynge. De eddele vtherwelde koninck tho dennemarken hertich frederyck tho holsten myt synen here sone vnn sampt myt den houetluden van lupcke 46 ) vnn der ander stede, myt deme greuen van der hoyge 47 ) sint in ghetagen tho kopenhagen 48 ), Dar na se ghearbeydet hebben den gantzen samer lanck se vth tho hungeren vnn vorsmachten beyde tho water vnn tho lande vnn nu in desser tydt ersten sint ingelaten van den gennen de houet lude

Fol. 54. a.

der stadt weren etc:.

Hertich albrecht heft gheholden synen hoff tho dem berlin.

Anno M. d. XXIIII. Des negesten sundaghes na den achten daghen der hilghen dre koninge 48b ) de hochgebaren eddele vorste hertich Albrecht tho mekelenborch heft gheholden synen hoff vnn koste tho deme berlin, dar suluest he heft entfanghen syne eddele brut froychen Anna des marckgreuen dochter tho brandenburch vnn dar na iegen den vastelauent ys syne gnade gekamen tho der wysmer myt der marckgreuinnen der brut moder vnn deme Junghen marckgreuen der brut broder. Dar suluest hebben se haueret myt steken vnn myt breken vnn er schers 49 ) gedreuen myt groter froude vnn frolyckheyt.


44) Der Tag nach Franciscus ist der 5. October, welcher 1523 allerdings auf einen Montag fiel; der Tag Aller Seelen ist aber der 2. November (1523 ebenfalls ein Montag), und so widerspricht Slagghert nicht nur sich selbst, sondern auch den gleichzeitigen pommerschen Chronikanten, welche den herzog am Vorabende Hieronymi, also am 29. September (Dienstag) sterben lassen.
45) edde ist ein Schreibfehler für eddele.
46) Lübeck.
47) Graf von Hoya.
48) Nach Gebharbi (dän. Gesch. Bd. 2, pag. 203) unterwarf Kopenhagen sich bereits am 24. Dezember 1523.
48b) den 17. Januar.
49) Scherz.
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Van der pumpe in deme closter.

In deme suluesten iar des dinxtedages na deme palme sundage 49b ), ofte vor deme dage annunciacionis marie des dinxtedages, ys ghesettet de pumpe m den soet der iuncfrowen des closters tho ribbenitze dorch mester hermen gelabeke van deme sunde, water dar vth tho putten tho nottroffticheyt der suster, vnn des gantzen closters.

Peterstorp de schune.

Do suluest des dunredages vor paschen ys vp gherichtet ene nyge schone schune 50 ) van — vaken lanck dorch het vnn bewel mynes gnedighen froyken, froychen dorothe abbatissa tho ribbenitz, vp erer gnaden haue tho peterstorpe.

Ffroychen vrsula quam vth der scholen.

In desseme iar an deme dage der hilghen drevaldicheyt 50b ) vurt dat eddele froychen van mekelenborch froychen vrsula hertich hinrickes dochter ghenamen vth der scholen van vnsem erwerdigen vader deme minister van sassen broder gerardus funck doctor der hilgen scryft vnn tho dem conuente der fuster vnn sammelinghe ghesettet vnn ghedueket 51 ) myt dubbelden dukeren na vthwisinge

Fol. 54. b.

der hilgen regulen sunte claren, vnn also angenamen tho deme proue iar, den orden tho besoken 52 ) vnn prouen. Do suluest de erwerdige vader minister in iegenwardicheyt der gnedigen abbatisse froychen dorothea tho mekelenborch sampt myt allen susteren des closters vnn ock in iegenwardicheyt des lectoris prouincie broder valentin korte vnn der bichtvedere broder lambrecht slaagert vnn broder iasparus siueke vnn des ministers kumpan, broder hinricus N. 53 ) heft ghedan eyn schone collacie vnde vormanynge, vnn also dat froychen der vicarie Anna beren bevalen vnn vorantwerdet in eren horsam by sodane beschede, dat de gnedighe domina abbatissa vnn moder des closters nicht gantslyken dar buten beslaten scholde sin, men ock dar mede eyn vpsent hebben etc. . 54 ).

Ffrowe helena ys ghestoruen.

In deme suluesten iar an deme daghe iustini prester vp den dunredach welker was de iiii dach des maentes augusti de dorchluchtede gnedyge hochghebaren hertogynne frowe helena hertich hinrickes tho mekelen


49b) den 22. März.
50) Scheune. — Die Zahl der Fache ist im Manuscript nicht angegeben, sondern dafür ein leerer Platz gelassen.
50b) den 22. Mai.
51) in Tücher gehüllet.
52) versuchen.
53) Auch im Manuscript steht blos dies N. Slagghert hat den Namen wohl nicht gewußt.
54) Wie sich diese ganze Erzählung mit dem oben beim Jahr 1522 Referirten von Ursulas Einkleidung reimen läßt, vermag ich nicht zu erklären.
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borch hussrowe vnn vorstynne des palsgreuen van deme ryne vnn des romesken ryke koervorste sin alderleueste dochter ys ghestoruen tho swerin in got den heren vnn dar suluest in deme dome begrauen myt groter er vnn werdicheyt vnn ock myt groter bedrofenisse in de capelle des hilghen blodes.

Ffroyschen Vrsula erste Gasthues.

Vp den dach Jheronimi 55 ) des morgens fro, froychen vrsula hertich hinrickes dochter tho mekelenborch van der ersten vorstynnen ghebaren ys erst mael gheschicket worden tho gasthus tho gande na wanheyt der anderen iuncfrowen des closters dar van grote froude vnn frolicheyt manck den susteren ys ghewest, et proficiat illi 56 ). Des suluesten daghes ys se ghesettet vp enen nygen roden puest 57 ) dar vp eres heren vader wapent was gherystet van

Fol. 55. a.

suster cristina boddins etc. .

Van der pumpe vppe deme haue.

Anno M. V. c vnde XX IIII. Des vrygedaghes des achten daghes sunte katherinen 58 ), na middaghe vurt anghehauen van den buren vth tho tende dat water vth deme ßode vp des closters haue vnn hebben also water ghetagen de gantze vthlange nacht bette des sonnauendes tho middaghe noch was de soet nicht leddich van water, wente i vaden dep bleff dar in water, do wurt dat cruce 59 ) dar in ghedettet ened vadend hoech dar vp quam tho stande de pumpe de heft xlii vote in de hoghe dar vor gaff myn gnedighe froychen domina dorothea abbatissa iii gulden etc. . Ad nichilum valet vltra nisi ut mittatur foras etc. .

Ffrowe amelya starff.

Anno M. V. c vnde XXV am daghe der hilghen dre koninghe frowe Amelya des hochghbaren vnn eddelen vorsten hertich Jurgent tho pameren vorstynne vnn hussrow des palsgreuen van deme ryne syne dochter vnn ene suster frowen helena hettich hinrickes tho mekelenborch 60 ) So eynne gude cristene vorstynne ys in got den heren vorstoruen vnn myt groter werdicheyt gheerdd.


55) den 30. September.
56) Wahrscheinlich ist hiemit gesagt, daß die Prinzessin an diesem Tage zuerst zur gemeinsamen Tafel des Convents (in den Reventer) gegangen dei. Bis dahin war die, wenn auch dchon eingekleidet (vgl. Fol. 54. b.), doch noch in dem Probejahr und in besonderer Beaufsichtigung; sie probirte es also auch am Conventtische.
57) Polster ?
58) Der Catharinentag, 25. November, fiel 1524 auf einen Freitag; ed dcheint aber der folgende Freitag (der achte Tag), also der 2. Dezember gemeint zu sein.
59) das Kreuzholz. - Eine 42 Fuß hohe Pumpe kann freilich kein Wasser ziehen, da der Luftdruck das Wasser bekanntlich nur 31 bis 32 Fuß in die Höhe treibt.
60) scil. husfrowen.
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De broder tho deme sunde vurden vorweldyghet.

In deme suluen iar des mandaghes na palme welker was de x dach des mantes aprilis 61 ) quemen de gades vorgeten, de boße vorgiftige martiner so se alle kerken bynnen deme sunde hadden ghebraken vnn etlike bilde dar vth ghenamen vnn in stucken ghehowen vnn vorbrant, an vnse closter ordens francisci sunte johans kerke vnn breken de karkdoer vp myt groten bomen, vnn alle dat in der kerken was se thobreken, tafelen vp den altaren alle bilde vnn den preddickstoell vnn dat lectrum 62 ) den ganck bauen hebben se in allen stucken gheslagen so dat dar nicht aff bleff

Fol. 55. b.

bestande vnder desser tydt twe vorlopen monneke 63 ) spelden vppe den orgelen beyde grote vnn klene vp dat men nicht scholde horen ere brekent. See hebben nichtes nichtes geschonet wol dat id grot gelt vnde swar arbeyt hadde ghekostet vnn muege. Marien bilde tho der medelidinghe 64 ) hebben se berowet vnn wech ghenamen alle er ghesmucke vnn deme bilde dat houet afgheslagen vnn entwey gheklouet, den rump des bilden drogen se in den kroech 65 ) vnn vorbrenden ene sprekende Marie do nu mirakel lat tho seen vfte du ock konst vorbarnen, alsulke honslage worde vnde ander mer spotteske rede hebben se hat auer de bilde de se vorbranden etc. . Hyr na quemen se vp dat slaphus vnn breken vp aller broder cellen vnn nemen dar vth alle dat dar was vnn leten dar nicht inne. In des gardian celle sneden se etlyke boke entwey vnn tho reten see vnn treden se vnder de wote, deme gheliken hebben se ock ghedan in deme reuenter vnn gasthuse vnn hebben


61) Im Jahr 1525 fiel allerdings der Montag in der Char=Woche auf den 10. April. Daß aber dennoch die hier gegebene Zeitbestimmung höchst wahrscheinlich falsch ist, und die gedachte Begebenheit auf den Palm=Montaa des Jahres 1523 zu verlegen ist, werde ich nächstens an einem andern Orte ausführen.
62) das Lesepult oben auf dem Gange.
63) Gewiß sind hier Ketelhodt und Kurike gemeint, die aber nach andern Nachrichten durchaus keinen Theil an dem Unfuge genommen, vielmehr — wenigstens ersterer — ihn zu steuern, wiewohl vergeblich, bemühet waren. Etwas Verläumdung nahmen die vertriebenen Mönche sich eben nicht übel. Man vgl. nur die Spottlieder in: Stralsundische Chroniken, Th. 1 pag. 227 bis 254.
64) Die Katholiken feiern am Freitage vor Palm= Sonntag das festum compassionis Mariae, welches im 15. Jahrhunderte an die Stelle des festum spasmi oder septem dolorum beatae Virginis (Marien Ohnmachts=Feier) gesetzt ward. So gab es auch eigne Kirchen und Bilder, bie dem spasmus oder der compassio Mariae geweihet waren, (Vgl. Kunstblatt zum Morgenblatte für 1833 Nr. 35 f. Ueber Raphael's Bild: Spasimo di Sicilia.) Auch im Johannis=Kloster zu Stralsund war eine wunderthätige hölzerne Statue der Maria ad compassionem oder Marien zum Mitleiden (tho der Medelidinghe), welches hier gemeint ist. Vgl. Stralsundische Chronik Th. 1, pag. 265, wo aber Medelinge statt Medelidinge steht, Vgl. Jahrb. I. S. 82.
65) Krug, Schenke.
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alle de doren tho den Sippen 66 ) entwey ghehowen vnn dar vth ghenamen alle kannen vnn wechghestalen, Dar na quemen see by de spyse wol dat id was in der stillen weke denne achten se dat nicht men eten worste vnn flesk also joden 67 ) hunde vnn katten. Desser orsake haluen de gardian broder henningus budde vnn koster der custodien tho lubeck vnn syn principal broder Steffanus plate van lubeck vnn de lesemeister broder Joachim pake hebben ghenamen de vorflucht des en was tho raden wente lange tydt heer de martiner hedden ghedrowet deme gardian se wolden ene doden vnn hadden se ene kregen se wolden ene hebben ghebraden vp deme markede ane vorbede. Men got vnn vrame lude hulpen em dar van. De anderen

Fol. 56. a.

vedere vnn broder weren alle vorscrecket vnn vurden vorschuchtert de ene hir de ander dar etlyke also de olden vnn kranken bleuen myt groter bedroffenisse in deme closter. De sproke den cristus heft ghespraken dorch den propheten, parcuciam pastorem et dispergentur oues gregis 68 ) de ys in dessen daghen in den armen broderen war gheworoen. Vnmogelick is dat ick alle dat ghescheen ys in der vormaledieden ketterstadt tho deme stral sunde mochte ofte konde scriuen welker de bet an desse tydt langhe iar her manck anderen steden grot was gheachtet, vnn nu so iamerlyken vnn schentlyken de inwaner wor se kamen werden gheheten karkenbrekers, ketter, meneder vnn lofflosen vnn de vnschuldighen mot des entgelden myt deme schuldighen. Gor de here beter dat etc. . Alle clenodie hedden sse tho voren wech ghehalet men de garwete misse ghewede 69 ), kelke vnn cruce vnn alle tho behoer tho deme denste gades hebben se alle vth der garwekamer 70 ) ghenamen den vnn grot vnn hebben dar nichtes inne ghelaten so vele dat i prester mochte hebben missen gheholden etc. .

Invoringhe der iuncfrowen.

Do suluest an pinxte auende welker was de iii dach des mantes Juny 71 ) de ghest=


66) Spinde, Schränke.
67) Juden.
68) percutiam pastorem et dispergentur oves gregia. cf. Evang. Matth. cap. 26, v. 31 und Ev. Marci cap. 14, v. 27.
69) Garwete sind Gewänder, Chorrocke u. s. w. Es ist dies ein altsäsisches Wort, welches noch im Englischen gebräuchlich ist, the garb, das Gewand, Kleid. Misse ghewede sind Meßgeräthe.
70) die Sacristey, weil hier die Meßgewänder, Chorröcke u. s. w. aufbewahrt werden. Eine andere Ableitung dieser Benennung giebt Balthsar in: jus eccles. past. (Anmerkungen zur Kirchenordnung) Th. 1, pag. 404.
71) Wirklich fiel im Jahr 1525 der Pfingst=Abend auf den 3. Junius; und dennoch ist diese Zeitbestimmung zuverlässig falsch. Nach den gleichzeitigen Stralsundischen und Pommerschen Nachrichten wurde nämlich das in der Vorstadt belegene Brigittenkloster bei dem Kirchenbrechen völlig zerstört, und brannte aus, und so wurden die Nonnen denn dchon zwei Tage nachher, (  ...  )
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lyken vnn erlyken juncfrowen ordens sunte brigitten vurden vthgeleydet van erem closter in de stadt in sunte katherinen kerken vnn in dat closter dar ynne tho voren weren broder der perddeker ordens de alle mosten dat closter vorlaten. Wat se mer myt dene armen juncfrowen willen anrichten kann ick nicht scriuen tho desser tydt. Gans bedroflick was desse invoringe

Fol. 56. b.

der iuncfrowen in de stadt. Vele spotteske, honlyke vnn schendighe worde mosten se horen van den bosen gades vorgeteren martiner de noch got fruchteden, vnn vor de mynsken sick schemeden. In der processien vele van den iuncfrowen vnn ghemenlyken alle sick nicht konden entholden van wenende vnn etlyke beswimeden de men moste myt rinsken sleden voren in dat closter so dar dar nicht henne gan konden etc. .

Ffroychen vrsule hoersam.

In deme daghe der hilgen drevaldicheyt 72 ) de erwerdighe vader m got broder Euerhardus runge minister van sassen vnn doctor der hilghen scryft dorch beleuinghe vnn tholatinghe der hoychghebaren Irluchteden vorstynne tho mekelenborch froychen dorothea abbatissa desses closters tho ribbenitz sampt myt allen susteren vnn deme ganzen conuente vulborth, heft entfangen demodighen de irluchtede vnn hochghebarne vorstynne tho mekelenborch froychen vrsula hertich hinrickes dochter tho mekelenborch na erem eghenen fryen willen vnn willekor 73 ) tho deme hilgen horsam myt vthgetynge erer tranen in iegenwardicheyt dea gardiana broder jochim krumbeke vnn der bichtvedere benomliken broder lambrecht slagghert vnn broder Joachim meyger vnn ander broder des haues. Dar ua gingen alle sustere myt deme vader minister vnn den anderen vederen vnn broderen vp dat kor, dar denne froychen vrsula wurt vor dat altar gheoffert vnn in de venie 74 ) ghelecht myt groter ynnicheyt vnn demodicheyt vnn gade deme heren vortruwet vnn vor syne brut em vorantwardet etc. .


(  ...  ) am grünen Donnerstage früh morgens, in die Stadt gebracht, wo Franz Wessel sie im Catharinenkloster empfing. Auch die Rheinschen Schlitten passen nicht recht zur Pfingstzeit und zum Junius, wohl aber zu dem grünen Donnerstage, der 1523 auf den 2. April einfiel.
72) der 11. Junius.
73) Sie war geboren den 29. August 1510, also noch nicht 15 Jahre alt; und seit ihrem vierten Jahre schon war sie im Kloster erzogen, und von Vater und Welt getrennt gewesen. — Daß nicht mehr der auf Johannis 1521 gewählte Gerhardus Funk, sondern Everhardus Runge als Minister genannt wird, darf nicht befremden. Wahrscheinlich wurden die Minister immer nur auf einige Jahre gewählt; denn fol. 68. b. i. f. (1527) nennt Slagghert 3 Doctores, die zusammen nach Ribbenitz gekommen wären, und sagt, alle drei seien früher Minister gewesen, nämlich Funk, Runge und Schünemann.
74) venia, Gnade, Gnadenstand. Auch für Kniebeugung, Sinnesänderung (μετάνοια) und Abendmahl, wird venia im Mittelalter gebraucht; es ist hier also die Ablegung des Ordensgelübdes gemeint.
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De nyge schorsten.

Jn deme Suluen iare let myn gnedigbe froychen abbatissa froychen dorothea buwen den schorsten in dem brw huse de kostede al tho samen by lxxx mark.

Froychen Anna starff.
Fol. 57. a.

Do suluest starff froychen Anna hertich magnus dochter tho mekelenborch eyne forstynne vnn lantgreuinne tho hessen hertich wilhelms husfrowe vnn ock greue otte van solmes husfrowe der got gnedich sy vnn barmhertich Amen.

De klenen orgelen.

Jn desseme suluesten iar ffoychen dorothea abbatisssa heft beteren laten den klenen orgelen vnn renoueren dorch den Organisten broder jachim pake leßemester der hilgen sscrift van deme ssunde. Jn deme orgele heft nene pipe mer ghestan men alle heft he se vth ghenamen vor jacobi, vnn ys wedder bereyt worden stigmatum francisci 75 ) auer al. He heft den baes 76 )) aff ghetogen vnn andere mer vorthoge dar in ghemaket vnn beredet gans jegen katherine 77 ). (Jck mende yd hadde gans bereyt ghewest so arbeyde he dar auer bauen dat jar.) 78 )

De nyge ronne.

Des dinxtedages vor bartholomei 79 ) heft froychen dorothea abbatissa laten leggen ene ronne van twen stucken tusken 80 ) dat olde slaphus vnn dat nyge. Jn deme suluen daghe quam ein schone suuerlike regen de makede reyne der vicarien celle vnn ander mer cellen vnn ock dat slaephus en del.

Nen gardian.

Jn dessen daghen van vnser dedicacien an des dinxtedages bet tho xi milia virginum 81 ) was nen gardian vppe desseme haue, men beyde bychtvedere also broder lambrecht slaggert vnn broder jochim meyger hedden bewel dorch horsammes breff des vaders minister dat sulue ambacht tho vorstande vlytigen bet so lange de hoeff van deme vader minister wurde besorget myt enen gardian, Do suluest heft dat gadeshues van roggen in de schune vp den hoff ent=


75) der 17. September.
76) Baß?
77) der 25. November.
78) Das Eingeklammerte ist mit kleinerer Schrift, aber von derselben Hand nach= und zwischengetragen.
79) der 22. August.
80) zwischen.
81) Eine dedicatio Eccl. S. Clarae oder S. Francisci habe ich im Calendarium Sanctorum nicht auffinden können; vielleicht ist aber die dedicatio ecclesiae des Klosters gemeint, welche zwar am Sonntage Septuagesimae 1330 vorgenommen. Späterhin aber am Sonntage nach der Octava Petri et Pauli gefeiert ward. Alsdann wäre der bezeichnete Dienstag der 11. Julius. Das zweite Datum Ximilla virgo, woraus die Mönche 11,000 Jungfrauen gemacht haben, ist der 21. October.
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fangen cxi voder roggen ane dat tho peterstorpe in de schune vurt ghevoret. Jtem .... voder garsten. Jtem . . . . voder hauer 82 ) so dat de schune gans vul wort bet bauen an den hanenbalken got sy ghelauet vnn benedyet tho allen tyden. Amen.

Eyn nyge molen raet.
Fol. 57. b.

Do suluest in deme iare heft vnse gnedighe froychen froychen dorothea laten maken eyn nyge molenraet tho der water molen dorch den molre gorges nyeyar ghenomet dar tho quemen by dren hundert

Dewasparse 83 ).

pennig negele. De sulueste molre heft ock ghemaket ene nyge parse dar man honich vnn was mede vthparset wente voer hen hebben de susteren dat alle myt den henden ane parse vth ghemaket vnn ane seembudele so dat vele wasses in den Ballen ys ghebleuen myt schaden des closters. Desse parsse heft ghewordert broder lambert slagghert bichtvader de kostede deme closter ii grosß.

Wan xv rode ackers vth tho bryngen.

Eodem anno. Jn deme suluesten jar an deme feste bartholomei vnse gnedighe froychen vnn moder abbatissa des closters froychen dorothea sampt myt den bichtvederen ys auer eyn ghekamen myt Achim deme greuer vth tho bringen 84 ) xv rode ackers lanck vnn breyt vnn elen deep vor iii gulden ii syde speckes ii Tunnen bers i Tunne kauentes x wymen stucke 85 ) kosleskes v scepel roggen i scepel grutte i verdewat 86 ) soltes dar tho em tho schicken alle rescop 87 ) also schuffelen molden karen vnn was he dar tho behouet. Achim de greuer heft an ghehauen tho grauen vp den acker des dynxtedages na augustini vnn heft ene gheendet vor mathei des hilghen apostel 88 ). (desse kost vnn gelt ys vorlaren.) 89 )

Hertich albrecht myt siner vorstinne quam tho ribbenitz.

Des dinxtedages vor michaelis 90 ) quam hertich albrecht tho ribbenitz myt siner junghen vorstynnen vnn myt frowen margareta hertich balthasars naghelatene huffrowe selyger dechtnysse vnn sampt myt eren juncfrowen vnn hoffhesinde. Des mydwekens darna let myn gnedighe here hertich albrecht vor syck


82) Der Platz für die Fuderzahl ist in der Handschrift leer gelassen.
83) Wachspresse.
84) Was dies Ausbringen des Ackers bedeuten soll, - ob bloß umgraben, oder noch etwas anderes, - ist mir eben so wenig als der Zweck desselben deutlich. - (Ist hier vielleicht vom Ausbringen des Morasteisens die Rede, das sich im östlichen Meklenburg findet ? D. Red.)
85) geräucherte Stücke; Wym ist Rauchfang.
86) Viertelfaß.
87) Geräthschaften.
88) vom 29. August bis Tages vor dem 21. September.
89) Das Eingeklammerte ist mit schwärzerer Dinte geschrieben, und wohl später nachgetragen.
90) den 26. September.
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lesen ene misse vnn vnder der homyssen quam sin vorstynne myt hertich balthasars fruwe in vnfe kerke vnder dem stilnisse 91 ) dar gaff ße weynich vmme got eren heren vnn salichmaker an tho seende ofte missen tho horen wente se was gut martinchs also gink se myt etlyken juncfrowen vnn hauemesterynne in dat

Fol 58. a.

closter. Des suluesten daghes vurden etlyke bilde vnn scryfte tho reten in vnser karken dorch de vormaledyeden eghen wylsker 92 ) lude vnn martiner.

Hertich albrecht reysede van ribbenitze.

An deme auende michaelis hertich albrecht tho mekelenborch do he wolde reysen van rybbenitz, quam he ridende myt siner vorstinne vnn myt twen juncfrowen sulf verde allene tho Syner gnedighen suster froychen dorothea abbatissa vnn froychen vrsula vnn hebben en gegeuen vele guder nacht, also ghesmucket vnn vth ghesyret vp den perden. Dar na gaff uns broderen hertich albrecht alle tho samen synen fruntlyken grut vnn ßeghen.

De bichtvedere synt murlude worden.

Na michaelis froychen dorothea abbatissa so se nene murmann 93 ) konde auerkamen 94 ) ofte kryghen heft er gnade begrutet 95 ) er bichtwedere vnn angelecht se mochten so wol dun also se alderbeste konden vnn bedecken de nyge ronne vp deme slaphus vp dat id den winter auer so nicht apen stunde. Dat sulueste hebben se gantz willichlyken ghedaen. Dar na in der octaven francisci 96 ) hebben de bichtvedere benomliken broder joachim meyger anghehauen tho maken iii baghen vnn tho muren in deme pypauen vnn des neghesten


91) Herr Professor Dr. Kosegarten vermuthet, daß statt stilnisse wohl stilmisse zu lesen sei. Stillmesse heißt der zweite und heiligste Theil der Messe (lateinisch: Canon missae), in welchem die Consecration der Hostie geschieht, und der Priester viele Gebete mit leiser Stimme lieset, gleichsam im geheimen Zwiegespräche mit Gott, um sie nicht zu profaniren. Diese stillen Gebete heißen lateinisch auch: Secretae. Gegen diesen zweiten Theil der Messe kämpften die Reformatoren vorzüglich, weil darin die Transsubstantiationslehre am stärksten ausgesprochen wird, und Luther nennt ihn den "zurissen, zöttlichten, gräulichen Canon"; wogegen aus dem ersten Theil der Messe unsre protestantische Liturgie entnommen ist. - Wie sinnreich daher diese Conjectur ist, so steht ihr doch entgegen, daß Slagghert dem Worte stilnisse als Artikel nicht "der", sondern "dem" vogaesetzt hat, so daß der Nominativ nur das stilniß heißen kann. Gemeint ist unstreitig die Stillmesse, allein der Verfasser hat sie nicht speciell genannt, sondern gebraucht die allgemeinere Benennung: Stille. Die Lesart der Handschrift vermeidet überdies die Tautologie, welche das Wort: Stillmesse hier hervorbringen würde, da in demselben Satze, eine Zeile vorher, schon gesagt ist: "vnder der homyssen", welches Wort sicherlich ebenfalls nur den canon missae bezeichnen soll.
92) eigenwilligen ?
93) Maurer.
94) überkommen, bekommen, ihrer Herr werden; engl. overcome.
95) begrüßet.
96) Octave heißt die ganze Woche, zuweilen aber auch nur der achte Tag nach einem Feste; die octava Francisci ist also entweder die Woche nach dem 4. October oder der 11. October.
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daghes dar na broder lambrecht slagghert ock iii baghen vnn gans tho gemuret den auen voer beth an dat welfte bauen.

Froychen vrsula ys erstmal officiatrix worden.

Vp dat fest der vii brodere vnses ordens 97 ), froychen vrsula heft anghehauen de vesper vnn ys erst mals officiatrix gheweset tho der eer gades vnn dat ambacht der metten myt den anderen tyden 97b ) dat fest auer vullen ghebracht na wanheyt des ordens.

Alke van stenderen ys ghecledet eyn wedewe.
Fol. 58. b.

Jn deme suluen iar des sundaghes na luce 98 ) heft vnse erwerdyghe vader de minister broder euerhardus runge doctor der hylgen scryft ghecledet ene wedeme alheyt van stenderen ghenomet, in dat ghestlyke kleyt sunte claren so wonlyck ys, vp deme kore der juncfrowen. Vnde vort na der myssen se entfangen tho deme hilgen horßam na lude der regel sunte claren der hilghen moder in deme reuenter vor den susteren vnn broderen des haues. Dyt hebbe ick ghescreuen also eyn nyge dinck wente de wyle dat kloster hest ghestan ys also dane nicht gheschen in desseme closter dat de moder myt erem kinde ys ghecledet in dessen orden etc. . Ofte dat ene wedewe dar ynne were ghewest. Jck befructhe dat mer anghesen ys er ghelt dat se lauede mede tho bringhen deme closter alse ere selen salicheyt. Grote worde syn etlyken susteren vor gegheuen vnn en ghesecht see mochten godt den heren bidden dat se sulk ene personen in ere kloster mochten krygen dar van se grot mochten betert wenden vnn krygen wyn vnn wyt brot. Ja Ja konden se noch wol ghebacken ghut roggenbrot vnn guden kauent vnn reddelyck ber krygen. Grot sprekent ys nene kunst Men claffent 99 ) gyft vngunst.

Desse sulue wedewe heft vele gude clenodye an suluer mede ghebrocht also suluer kannen schalen stope etc. . so swar also lxx loth welker alle synt vorkost worden.

Des mandages dar na heft de vader minister froychen vrsula bestedyghet in de sammelinge manck den computisten 100 ) vnn olt susteren tho syn mede in deme rade des closters.


97) Das Fest der 7 Brüder Franciscaner=Ordens, - wohl zu unterscheiden von den andern 7 Brüdern, deren Fest auf den 10. Jul. fällt, und welche zur Zeit der römischen Kaiser vor Constantin, also etwa ein Jahrtausend vor der Geburt des Seraphischen Vaters, den Märtyrer=Tod starben, jetzt aber unserm Landmanne als Regenpropheten gelten, - ist zwar im Calendarium Sanctorom übergegangen, findet sich aber im Martyrolog. Roman. und Trium ordinum Sti. pat. Francisci aufgezeichnet, wonach es auf den 13. October fällt. Ich verdanke diese Notiz der Güte des Herrn Pastors Zink hieselbst.
97b) die horae canonicae, wovon oben am Schlusse des Vorwortes.
98) der 22. October.
99) Klaffen, gegenbellen, widersprechen.
100) Die älteren Nonnen, deren Stimmen bei Berathungen mit in computum (  ...  )
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Des suluesten daghes na der maltydt dorch begher vnn bede schyr des ganzen conuentes let de vader minister syne mule 1 ) de he mede hedde ghebrocht da he vnder tyden vppe ret so em des van noden was bringen in den garden dat de susteren de mule mochten beseen wente se nicht alsodane beest hadden gheseen etc. .

Fol. 59. a.

In dessem suluesten iar ys gegrauen de nyge conuentes kelre vnder deme reuenter dar vor hen was eyn pyepauen 2 ) men in viii ofte mer iaren nicht ghebruket. Dyt ys geschen vp dat de susteren mochten krigen vnn hebben den anderen conuentes kelre tho troste, so se des samers selden ofte nimmer mochten hebben enen guden drunck noch de sunden susteren noch de kranken.

Do suluest synt ock ghehowen ii nyghe troeghe de ene tho enem wert troege de ander tho enen deechtroege 3 ) des do grote noth vnn behueff 4 ) was.

De soet vs ghereynet vp dem haue.

An deme auende concepcionis marie 5 ) wurt ghesuuert 6 ) vnn gans reyne ghemaket bet vp den boddem de soet vp der broder haue vnn dar inne vurt ghefunden i grot grape de etlyke jar dar ynne hadde ghelegen etc. .

Hertich albrechtes gheslechte.

Anno M. ccccc. XX v. Ffrowe Anna vnses gnedighen heren heren Albrecht hertich tho mekelenborch vorstynne heft erem heren ghetelet eynen schonen sone vnn jungen heren ghenomet hans albrecht vp den sonnauent vor der bort cristi 7 ) vnn ginck in kerken vp den vastelauent dar tho weren vele heren vnn vorsten ghebeden.

De troch in dem brw buße.

Anno M. V c .XXVI. an deme achten dage der vnschuldygen kindere 8 ) ys ghesettet in dat brwhus eyn nyge wert troch des grot van noden vnn behuff was vnn de groten kuuen sint ock van der steden ghesettet vp ene ander stede de bequemer was umme der pannen willen etc. .


(  ...  ) kommen. Vgl. Du Cange glossar., wo computator durch συμψηφιστη'ς (Berechner, der die Stimmen zusammenzählt) erklärt wird; computista muß aber im passiven Sinne der sein, desen Stimme gezählt wird.
1) Maulthiere.
2) "Pipaven" übrsetzt Dähnert (Wörterbuch) durch Ofenröhre; doch scheint Slagghert hier sowohl als oben, wo er in dem "Pypauen" drei Bogen mauert, etwas anderes darunter zu verstehen.
3) Jenes ist ein Würz= (Bra=) trog, dieses ein Teig= (Back=) trog.
4) Beddarf.
5) den 8. Dezember.
6) gesäubert.
7) den 23. December.
8) den 4. Januar.
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ii re in deme coster.

Jn deme suluesten iar weren ii re bynnen closter vp ghevodet de an deme daghe scholastice 9 ) des sonnauendes vor estomichi myt hunden vp der iuncfrow kerkaue vurden gheiaget vnn basset 10 ) bet dat se nedder vyllen de des sundages dar na vurden ghespyset van den susteren vnn broderen.

Dat nyge bichthus.

An dem daghe thome von aquino 11 ) vp den midweken vor mydtvasten let de gardian broder joachim meyger 12 ) leggen de salen tho synem nygen bychthuße vnn vprichten de stendere, men in guden dunredaghe 13 ) let he dat sperche 14 ) dar vp setten.

Dat nyge glint.
Fol 59. b.

Jtem an deme guden mydweken 15 ) ys dat nyge glynt vpgerychtet vnn yn styllen vrydaghe vnn des mydwekens in deme pasken gheklemet vnn dycht maket.

Frowe margareta starff.

An deme dinxtedage na palmarum 16 ) ys in got den heren vorscheden de hochghebaren vorstynne frowe margareta, ene dochter des hertogen N. 17 ) van pomeren, ene vorstynne ßelygher dechtnysse heren hertich balthasars tho mekelenborch, ene suster frowe ßophia hertich magnus forstynne tho mekelenborch, den alle got gnade. Begrauen tho der wysmer in dat swarte closter preddeker ordens.

Dat nyge Collectarium.

Jn desseme suluen iar in der styllen weken. Suster tale spetes de olde heft vorantwardet der abbatissen froychen dorothea tho mekelenborch i bock eyn schone nyge collectarium wol ghebunden tho der ere gades vnn nuttycheyt der susteren, vmme salycheyt wyllen erer ßelen dar vor se gaff l marck van erem eghenen gelde.


9) den 10. Februar.
10) EinVerbum "bassen" kenne ich nicht, auch findet sich dasselbe nicht in Dähnert's Wörterbuch; wohl aber "batsen" und "batschen" (wovon "Karbatscht", was stoßen und schlagen heißt.
11) der 7. März.
12) Vergl. oben. ad 1525 "Nen gardian". Meyger wird am 21. October 1525 Gardian geworden sein, obwohl Slagghert dies zu erzählen vermeidet.
13) der 29. März.
14) das Sparrwerk.
15) Der gute Mittwoch ist sonst der Mittwoch (Quatember) in der Pfingstwoche. Hier muß, des Folgenden wegen, der Mittwoch nach Palmarum, der 28. März, gemeint sein.
16) der 27. März.
17) Slagghert hat den Namen wohl nicht gewußt. Früher ad 1438, wo er die Geburt der Herzoge Balthasar und Magnus erzählt, nennt er den Herzog Bugislav von Pommern als ihren Schwiegervater. Dies ist jedoch falsch. Sophia und Margaretha waren Tochter Herzog Erich des zweiten und Schwestern Bugislavs des zehnten. Vgl. Kantzow, Bd. 2, pag. 154 und Dähnert's Stammtafel im s. g. kleinen Klempzen ad pag. 41.
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Van deme smedeknechte.

Des midwekens vor georgy 17b ) vnse gnedyghe froychen dorothea vnn abbatissa heft bewalen den borghermeyster tho rybbenitze dat se mochten dar vp trachten dat ere vndersathen in der stadt vnn hantwarkes knechte de prester in er gnaden kerke der parre mochten lathen vnghestraffet vnn vnghehonet er preddekere Ofte er gnaden myt eren heren brodere wolden dat anders vorseen, welker deme rade vnn der stadt nicht wurde wol behagen. Desser orsake haluen de borghermeystere leten grypen enen smedeknecht de konde wes leßen in dudesken boecken vnn was ghut martins de hadde des sundaghes vor hen den preddeker legen 17c ) heten vp deme preddickstole vnn leten ene setten in ere wenckenisse, dar vmme de borgher weren gans grymmich vnn wolden weten wol ene fencklyck hadde nemen laten. So se nu horden dat vnse gnedighe froychen vnn abbatissa dat hadde ghedan, etlyke van den borgher benomelyck Jachim krogher eyn pelßer vnn vicke radeleff eyn boddeker welker den presteren haet weren 18 ) wente se hadden rente in eren husen etc. . quemen vor de schyne 19 ) tho der abbatissen vnn begherden van der borgher haluen er

Fol. 60. a.

gnade mochte den smedeknecht hinrick taske ghenomet loes lathen ofte dar mochte cyn argher vth enstan vnn seden vnder anderen velen worden. Jd were nu de wyse in allen enden dat sulke knechte preddeken vnn seden de warheyt welker de papen vnn monneke langhe hadden vorsweghen vnn sunderliken sprack achim kroger dat cyn pelser knecht hadde wol vii jar lanck ghepreddeket tho ryge 20 ), dat doch loghene was wente id was noch nicht veer jar dat ryghe was vmme kert von den martiner vnn boßen cristen. Tho deme lasten quemen de borghermeystere also olde peter schade vnn clawes rust myt deme tollener hermanno vnde hebben so langhe ghebeden er gnade dat se den fanghen los hebbcn ghekregen tho vormiden

De smedeknecht preddekede.

vplop her omnes rat etc. . De sulueste vormeten smedeknecht heft des drudden sundaghes na pasken also dominica jubitate 21 ) des namyddaghes allen presteren tho wedder myt stolthent synes herten anghehauen tho preddeken buten der stadt thu sunte jost vth sineme dudesken boke dat ewangelium vnn dar na sede he deme gantzen wolke welker em


17b) den 18. April.
17c) lugen.
18) welche die Priester haßten, weil diese Zinsen aus ihren Häusern zu erheben hatten.
19) die Scheibe im Sprachzimmer.
20) Riga.
21) den 22. April.
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na lep, vf 22 ) he van deme hemmel were ghekamen, in groten hupen dat he vnvorscrecklyck wolde en preddeken, vnn nicht fruchtede noch swert, noch vur, noch den doth noch nichtes nycht. See nicht scholden geuen den papen rente ofte tyns etc. . Hir inne frouden sick vele der simpel mynsken vnn loueden an syne vorde vnn rede, he sprack morgen an deme daghe sunte jurgens wyl ick jw mer preddeken vnn de warheyt seggen, vnn ghy scolen ock wolgen myner lere vnn worden etc. .

Froychen dorothea eskede den raeth.

Des fuluesten sundaghes iubilate myn gnedyghe froychen abbatissa desser orsake haluen so vor ghesecht ys, vurt bewagen sult eyn grot boße quat tho vorhinderen vnn voer tho kamen ernstlyken. Soo heft se vorbaden laten de borghermeystere vnn se myt gantzem ernste an ghespraken, wo se sulk eyns tho leten, dar van vele quades mochte in kort van enstan, des se nicht dachte tho dulden vnn er gnade dat sulueste so se nicht dat wolden beteren ofte tho rugge legghen eren heren broderen dat gheuen tho vorstande vnn nicht tho vorswygen dar scholden se vp dencken wo se

Fol. 60. b.

wolden. De borghermeystere antwerdenn vnn seden g. f. wy seen nicht wo wy dat beteren konen wente wy sint man i i personen, vnn etlyke van deme rade vnn van der borgheren vallen vns aff vnn stan deme smedeknechte by, dar vp he syck drucht vnn volet 23 ) konde jwe f. g. gnedighe froychen vns armen lude vnder wyßen wo wy lymlick 24 ) mochten hir mede varen wolden wy alle tydt gherne jwer gnaden rade alle tydt nawolgen etc. .

De abbatissa let vorbaden etlike vth deme rade vnn borgher.

Jn deme daghe sunte iurgen des morgens froe myn gnedyghe froychen heft vorbadet etlyke vth deme rade vnn van den borgheren welker hant haueden vnn rugestonyge 25 ) deden deme vorghenomeden smedeknechte so men sede, welker se vnderwyset heft vnn ock ghestraffet myt harden worden, dat se mochten dar vp dencken vnn bystant doen den borghermeysteren, dat de boße lutterske smedeknecht mochte vth der stadt werden ghewyßet an dessem suluesten daghe,vnn ßo dat nicht gheschege er gnaden wolde dat dencken vnn ock gans hertlyken


22) als ob.
23) sick dregen, sich verlassen; sick volen, sich fühlen, sich seiner Macht bewußt sein. Ueber dem v in volet steht im Mscpt. ein Haken, etwa wie ein spiritus lenis, so daß man fast versucht ist ö zu lesen; indessen da in der ganzen Chronik sonst das ö nicht vorkommt, so ist der gedachte Haken wohl ein zufälliger Federzug ohne Bedeutung.
24) glimpflich.
25) Rückstärkung.
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eren gnedigen heren broderen scriuen vnn se dar tho vormanen vnn hir her tho esken ße auer jw 26 ) sulk ens quadt tho straffen van welkerm vele quades in thokamende tyde mochte enstan. Er gnade an dessem morgen syck nicht laten heft vordreten, swaren arbeyt tho dunde de luttersken gades vorgeten tho vormanen vnn ere lere tho vorhinderen hyr tho ribbenitz, vp dat sulk eyn grot quadt dar van nicht mochte entspringen, also leyder syt gade van hemmel gheclaget in velen vmme liggende stede ys gheschen dar closter vnn iuncfrowen ock monnike tho nichte sin ghekamen etc. . Seer nu was er gnade vor dem sprack vinster nu vor der schyue also heft se myt swarer moge vnn arbeyt vorwordert 27 ) den geystlyken staet tho holden by macht vnn eren, des vnmogelyck were ghewest allen tho samen bynnen ribbenytz beyde gheystlick vnn werlyck sulk ens tho vorhinderen so vele anhengende weren deme smedeknechte beyde bynnen rades vnn ock van den borgheren hemelyck vnn apenbar etc. . De ratlude vnn de borgher hebben ghelauet er gnaden na tho wolghen ercs rades, vnn bystant don deme rade vnn vorworderen ere gnaden gebot myt gantzem vlyte samptlyken alle tho hope vnn se hebben den smedeknecht an ghespraken vnn vorvordert vth der stadt tho gande, so se anders nycht seghen

Fol. 81. a.

dat tho makent wente myn gnedighe froychen ene nicht wolde weten ofte dulden bynnen der stadt ribbenitz etc. . Er gnade heft ock ghesant baden merten 28 ) eyn staetholder des erbaren jurgen platen eyn vndervaghet vnn em dat sulueste vorghemelte werff strengelyken vnn ganz hart bewalen dat he wolde dar tho trachten, ßo he wolde eren heren broderen dar van rekenscop geuen so er forstlyken gnaden her quemen dat de vorgenannte smedeknecht mochte vormiden de

De vaget van ribbenitz wysede den smedeknech vth ribbenitz.

stat ribbenitz etc. . Marten heft dat in sulker andacht tho herten ghenamen so myn gnedige froychen em heft bevalen vnn gynck hen standes votes vnn sprack an den smedeknecht vnde sede tho em Snelle dy vth der stat gans balde vnn so yck 28b ) hir bynnen vynde wen de klocke ix sleyt myn speet schal dorch dynen lycham gan dar denke vp so leff dy ys dyn leuent. De


26) "und herzu fordern sie (nämlich die Herzoge) über euch"; Slagghert fällt mit dem "euch" aus der indirecten Rede in die directe; eigentlich müßte es statt "euch" heißen "sie", nämlich über die widerspenstigen Bürger.
27) bevordert.
28) merten ist der Dativ für "an Martin einen Statthalter etc. .". - Die latemische Chronik nennt denselben: prefectum civitatis, nomine Martinum Wilmerstede.
28b) "dy" ist ausgelassen.
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boße smedeknecht syck en weynich bedachte vnn ginck vth der stadt gantz bedroffelyck de vor hen grot ghespraken hadde vp deme preddyckstole he nycht vruchtede noch swert noch den doet noch nene vorwolgynge, vnn doch so ene de vnder vaget myt harden worden ansprack heft he vruchten entfangen vnn packede sick tho dem doer vth, vth fytynck 29 ). Alßo schal men smedeknechte vth luchten de i wytten hebben vordrunken.

De gardian let malen sin bichthus.

Anno M. V. c XXVI heft de gardian b. joachim meyger laten malen sin bichthuseken nadem pinxte. Vnde des mandaghes na des hilgen lychammes daghe 30 ) heft he vth ghebraken de olde plate in synem bychthuße, vnn des suluesten daghes wedder yn ghesettet de sulue plate myt deme nygen gheslenge vnn klenen tafelen 31 ) vnn wedder tho gemuret. Do suluest heft ock de domina abbatissa myn g. f. dorothea malen laten ofte patroneren 32 ) dat bynnenste bychthus dar suluest etc. .

De reuenter ys ghewyttet.

Jn dessen suluen tyden hebben de brodere desses haues Benomelyken broder lambrecht slagghert bychtvader brodcr joachim packe lesemester i organista broder levin wegener homyssen prester broder joachim duuel scaffer samentlyken anghehauen na deme pynxten dat reuenter

Fol. 61. b.

tho wytten vnn vormalen, welker anders nicht was vorhen alßo eyn swart schorsten gans beroekert. Vp de want malde de bychtvader eyne scyne 33 ) dar men vp mach sen wo vd ys in der stunden so se recht wert ghestellet vnn heft dar etlyke sproke beyde tho latin vnn tho dude dar suluest henne screuen vp de want.

Twe knechte worden ghegrepen.

Jn deme auende johannis baptiste 34 ) quemen twe ghesellen martiner tho der vesper in de parrkerke vnn stelledsn syct alzo twe schelke vnn bouen se hadden vlesk in eren henden vnn eten vnn bespotteden de prestere de de vesper sungen vnn den denst gades, ock hoenstageden se de bylde vnn vuesteden 35 ) ere messe myt grym=


29) Dies Wort habe ich nirgends erklärt gefunden. Es muß wohl "Feigheit" bezeichnen sollen.
30) den 4. Junius.
31) Was "Plate" hier heißen soll, ist mir unverständlich. Ich möchte vermuthen, es sei die Thür gemeint; dazu paßt auch das neue Gheslenge (Schlenk, Einfassung, Thür = rahmen) und die kleinen Tafeln; — nämlich die Thür sei getafelt worden.
32) durch Patronen (Cartouschen, Chablonen) malen oder anstreichen.
33) Ich wußte kaum eine andere Erklärung als "Sonne" plattdeutsch jetzt "Sunne"), wiewohl die Verunstaltung des Wortes stark ist. (sciue=Scheibe? D. Red.)
34) den 23. Junius.
35) in der Faust schwenken sie ihre Messer.
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micheyt yegen de bilde der leuen hilgen. Dyt vurt deme borghermester peter schaden vorwytlyket, de quam vnn straffede se myt guden worden dat sulue vordrot den martiner ße togen van scheden vnn huwen tho dem borghermeyster in vp deme karkhaue vnn vorwunden ene, se hadden ene dot ghehowen so he nene hulpe hadde kregen. Hyr vmme de beyden martiner vurden ghegrepen vnn dar na ock noch i man de coster van tribum 36 ) didericus ghenomet vnn ock ii frowen de moder myt der dochter, vnn by den vunden se didericke dar mede konden se vpsluten alle slote dar se in gingen. Jn desser sammelinge was de moder myt erer dochter vnn erem ßone etc. . Des dunredaghes vor marien magdalenen 37 ) vurden de twe ghesellen myt deme coster vam tribum gherichtet vnn afgheslagen ere houet vnn de moder myt der dochter grauen vnder de galghen na erer eghene bekantnysse vnn vordenste. O wo vele quades kumpt vth der bosen lere martini lutter vnn wo vele vorgeten got den heren vnn wolgen na erem vryen willen. Also desse vorghescreuen de alle in dren iaren nicht hadden ghebichtet. Got vorgeue en alle ere sunde.

Dat gewelfte in den maerskelre.

Jn kerkmiffen auende 38 ) vurt gans bereyt de yngank vnn dat ghewelfte tho deme kelre dar dat maers ber 39 ) in ghebruwen wart erst mals dar ynne leghen xxvi vate bers thosamen klen vnn grot.

Van enem vynster.
Fol. 62. a.

Des vrygdages na vnser dedicacien 40 ) murde de bychtvader tho eyn vinster in deme kelre welker bauen apen was in deme megede huße, dar suluest hantrekinge tho dede vnn stene droch myn gnedige froychen froychen dorothea abbatifssa des closters up dat dat closter mochte seker wesen dar nicht in tho stygende van buten tho, ofte ander orsare nemande geuen dar dorch wente de duuel ys van dusent kunsten etc. .

Merke. Van den klokkenheger.

Am daghe sunte Annen 41 ) na mvddaghe quemen de buer vam klockenhaghen myt erem wolke knechte frowen vnn megede altho samen vp des klosters hoff vnde hadden ere seyßen 42 ), dar mede se hadden ghemeyget


36) Wohl das Kirchdorf Tribohm im Franzburger Kreise.
37) den 19. Julius.
38) den 8. Julius.
39) Märzbier.
40) den 13. Julius; wenn anders meine oben Note 61 geäußerte Vermuthung richtig ist. Die Tage, den, an welchem die Kirche wirklich geweihet worden, und den, an welchem die Kirchweihe späterhin gefeiert ward, giebt Slagghert selbst ad annum 1330 an.
41) den 26. Julius.
42) Sensen. "Seyß" ist das altsassische Wort: Sahes, wovon die Sachsen ihren Volksnamen ableiten.
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gar weynicht vp dem kampe vnn weren grymmich vnn tornich se wolden den gardian myt deme scaffer also b. joachim meyger vnn broder Joachim duuel in stucken hebben ghehowen des weren se so ghesynnet. Men got de here heft dyt wol voersen in sulker ghestalt. Myn gnedyghe froychen, froychen dorothea abbatissa, welker de grote dore hadde gheapent vmme des arbeydes wolkes wyllen de dar vth vnn yn gyngen, stunt ße vor der dore myt etlyken susteren vnn segen vnn horden an de grymmicheyt vnn boßheyt der buren bet vp dat laeste Se nicht mer konde vordregen den homodt erer buren vnn vp dat sulk eyn grot quadt nicht mochte vp erer gnaden haue schen vnde

De abbatissa myt den susteren trat vth.

in eren gnaden denren vnn capellan, Snellyken tradt er gnade myt etlyken susteren vth deme closter tho den buren an vp den hoff vnn dar negest vele susteren des closters beyde ölt vnn junck de nicht vth deme closter weren ghewest sodder 42b ) der tydt dat se ghekledet weren, etlyke in lx iaren nicht hadden buten closters ghewest de do vth quemen. Vnse gnedyge froychen domina dorothea abbatissa heft de buren beswichteget sampt myt eren susteren myt worden also er gnade best konde vnn mochte vnn

Fol. 62. b.

se ghestyllet etc. . Dar na quam de gardian vnn sach de moder ere gnaden myt velen susteren vp dem haue beyde yunck vnn olt he vorlet syn speet vnn ginck tho der abbatise vnn tho den susteren de nemen en myt syck yn dat closter wente de bychtvader was in deme closter vnn braeck de nyge doer tho deme stauen 43 ) vnn kort vor hen was van em gegan vth deme closter tho den buren vnn de bychtvader wuesste van dessem handel nicht bet dat de iuncfrowen wedder myt deme gardian tho kloster quemen.

De klokkenheger.

Merke de orsake der bur vnn er boße vpsate, des vordaghes vor sunte annen daghe vp enen mydweken, er gnaden knechte dorch bewel des gardians seden tho den buren van dem klockenhaghen dat se des anderen daghes alse vp den dunredach am daghe der hylhen frowe sunte annen so yd wedder 44 ) were vnn nicht en regende scholden kamen myt samender hant eres wolkes aff tho meygen vnn tho hope bynden den roggen vp deme campe. Nu in deme daghe sunte annen des morgens regende yd vnn was nat wedder, dar vmme menden de knechte dat nemant van den buren wurde


42b) seit.
43) Badstube.
44) Gutes Wetter.
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kamen vp den kamp, ock quam eyn bur vp vnsen hoff de sede hans schymmelmanne deme ryde knechte dat de bur nicht wurden kamen also was nemant welker acht mer dar vp hadde etc. . De buren wurden alle boreyt hen tho x vp myddach vnn quemen vp den camp do de regen vp hort hadde se houen an tho meygen bet dat se den camp twye edder drye lank hadden meyget vnn nemant hadde ach vp se van den knechten des haues so dat se noch ethen edder drinken kregen. Do wurden de buer bewaghen vnn gingen myt eren seyßen vnn harken alle tho samen myt grymmycheyt vnn torne na der stadt vnn hadden syck vorsettet also achter na wurt ghesecht dat se den gardian vnn den schaffer wolden hebben vmme ghebracht vnn ghedodet. Etlyke susteren des klosters de segen de buren also samentlyken kamen myt eren seyßen vnn harken se quemen tho

Fol. 63. a.

deme gardian by den stauen dar he arbeydede myt deme bychtvader, vnn vrageden deme vader gardian vfte he hadde bestellet bure de dar scholden meygen deme gades huse dat korne he antwerde nen ick weit van nenen buren wente id heft den gantzen morgen regent yck hape nicht dat se nu kamen de iuncfrowen seden yd ys ene gantze buerscop wolkes se horen nenen borger tho hyr in der stadt dat synt wy

Bose vorsathe der buer.

seker etc. . Nycht lanck hyr na quemen de vorgyftigen buren van dem klockenhaghen myt eren seysen vp den hoff beyde man vnn frowen knechte vnn megede yn torneskheyt vnn grymmycheyt vnn boße vorsaet vnn repen vnn weren quadt dat se nycht tho ethen hadden kregen vnn tho drinken so dat se nemant konde beswichten. Se sproken desse seysen scholen noch yn desseme daghe gan dorch den gardian vnn scaffer men dat wurt deme gardian nicht bekant, tho deme lasten de gardian wurt gheesket vth deme closter tho beswychten vnn tho sturen de buren, he quam tho en yn dat reuenter dar se alle tho samen weren vnn vragede en wat en feyelde vor vmme se vp er gnaden haue so pramperden 45 ) vnn repen se konden yd yo wol bequemer maken, do antwerde

Hirick Henninges.

hynrick hennynges de al dyt spyl hadde gande maket myt deme jungen bolte myt homodyghen worden. Se mosten tho haue denen, se mosten swaren arbeyt doen vnn konden noch ethen ofte drinken krygen he hadde en yn vortyden de koye 46 ) namen se hedden yd noch nycht vorgeten se wolden yd em wol betalen etc. . vnn ander vele vnnütte


45) großsprechen, weitlaute Reden führen.
46) Kühe.
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Junge bolte.

worde de se handelen vnn spreken. De junge bolte hadde syne seyße in der hant yn deme reuenter, vnn de gardian sach syn spyet staen by deme schorstene dat sulue nam he ock yn syne hant syck tho weren so yd noth were de bur tho samen gingen vth deme reuenter vp den hoffvnn nemen alle ere seyßen in de hant vnn slugen dar enen krete 47 ) eyn by deme ander vnn setteden ere seyßen vor syck vfte se meygen wolden vnn wolden den gardian hebben in stucken ghehowen ßo he vth deme reuenter were ghekamen

Fol. 63. b.

wolden se ene in stucken hebben ghehowen, men got de here sach dat wol voer, de gardian de stunt yn deme reuenter vnn sach dat se enen boßen wyllen hadden he let se betemen. Nicht lanck dar na vnße gnedyge froychen vnn moder froychen dorothea abbatyssa welker stundt vor der groten dore myt etlyken susteren der wurt vorkundyget dat de bur den

De abbatissa vnn vicaria gingen vp den hoff.

gardian wolden doden. Er gnade myt der vicarie vnn andern mer susteren ginck vp den hoff tho den buren vnn was vnduldich vp de buren, do de buren er gnade vnn de yuncfrowen ßegen wurden se gans vorsaget welker myt eren worden de buren gans ernstlyken vnn hartlyken anspreken se scholden dat dencken 48 ) yd scholde en nycht tho gude 49 ) so anders heren vnn vorsten in deme lande weren do gingen de bur van deme haue. Sunder eyn vortwyfeler ghenomet de Junge peters achtede nichtes nycht er gnaden se 50 ) spranck myt syner seyßen vor der abbatissen vmme vnn sede woldestu my vorbeden wat yck den wyl etc. . Also se nu van deme haue gingen vurden se wedder gheropen se scholden gan tho der maltydt vnn don eren arbeyt vort an also se anghehauen hadden, dat deden ße do etc. . vnnde de gardian ginck myt der moder vnn myt den anderen susteren in dat kloster etc. . Sue 51 ) merke hyr dat de bueren ouel handeleden ße 51b ) se enen guden wyllen hadden ghehaet eren denst tho dunde myt vlyte vnn kregen nycht tho ethen vnn tho drynken, se konden jo enen van den knechten hebben ghesant vp den hoff vnn hebben en vorkundyget vnn secht dar de buren weren vp dem campe dat me en mochte senden ethen vnn drinken vnn so se also hadden ghedan vnn denne nycht hadden noch ethen vnn drinken ghekregen so hadden se syck mochten vortornen men nu


47) sie schlossen einen Kreis.
48) hieran gedenken.
49) "geraden" ist wohl ausgefallen.
50) "se" ist wohl verschrieben für: "he".
51) "Siehe", jetzt plattd. "Süh'".
51b) So, oder: wenn. Es müßte eigentlich vor "ße" ein Punctum stehen.
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nicht, de vnwetenheyt de vnschuldyghet den gardian myt sinem ryde knechten, wente de buren helden nen aff schet, also vor

Fol. 64. a.

hen de ryde knecht myt en hadde bescheden. Blyft den buren dyt tho gude sunder straffe so blyft en wol mer tho gude quod sequitur exspecta.

Eddele juncfrowen vnn ok borgher kinder vorsegen syck up unsem haue.

Jn deme suluesten dage sunte annen weren etlyke guder hande juncfrow vnn borgher kinder vnn frowen welker den vader gardian den bychtvader wol bekanden vnn beden se dat se syck mochten beseen in eren hußen vnn vp eren boenen 52 ) vnn vp des closters haue dat sulue dorch vulbort vnses gnedygen froychen vurt en gegunt vnn se beseghen syck gans wol vnn den suluesten vurt gheschenket beyde yn des gardians huße vnn ock in des bychtvaders huse, dat sulue vorschulden se en dels gans wol vnn danckeden den vederen sere vor ere vngemack dat se myt en haet hadden etc. .

De auen in deme stauen der juncfrowen.

Jn deme daghe abdon vnn sennen 52b ) heft vullenbrach vnn gans rede maket den auen in deme stauen de vader gardian broder joachim meyger vnn dar tho heft myn gnedyge froychen dorothea abbatissa stene tho ghedragen suluest personlyken vnn de bychtvader dar tho gheholpen also vele konde vnn mochte.

De arkener.

Na ad uincula petri 53 ) heft de vader gardian broder joachim meyger decket den arkener 54 ) bauen deme vangenhusen myt alle syner tho behoer, dar tho heft em gheholpen broder joachim duuel de scaffer des haues.

Erstmals ghebade in deme stauen.

Jn vigilia laurency 55 ) hebben de susteren ersten erst mals ghebaden in erem stauen dar na so de auen dar yn ghemaket ys, vnn dat baet behagede en althosamen gans wol, vnn seden dat ße nu enen guden stauen hadden, vor hen er de auen ghemaket was, vele van den susteren weren vnduldych dat men also danen auen

Fol. 64. b.

myt velt stenen wolde buwen, se spreken men scholde en enen auen buwen van kachgelen also men vor hen en ghesecht hadde, dyt ys der closter juncfrowen 55b ) wyße dat nen beter wyße also er ys vp erden de yn der helle bewanen ys de wet nycht dat eyn hemmelryke ys etc. .


52) Boähn (Bühne) ist der Oberboden.
52b) den 30. Julius.
53) Petri Kettenfeier, den 1. August.
54) Erker.
55) den 9. August.
55b) Sollte hier nicht statt: "closter juncfrowen" gelesen werden müssen: "Alt=Preußen"?
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Blas ropen.

Jn deme suluen daghe brachte men den juncfrowen vnn den susteren vlaes van peterstorpe welker nycht wol was ghewedet, dat sulue wolden de susteren ropen vnn vusten 56 ) dar gar weynich van, wente vor hen was dat nycht gheschen yn deme closter, vnn vele van en hadden yd nen werle 57 ) vor hen gheseen hyr auer weren se dusent frouden vuel 58 ). Vnn vnse gnedyghe froychen vnn moder froychen dorothea abbatissa gaff allen susteren drynken vth enem klenen stoepken 59 ) vnn schenkede vmme her vp dat de susteren deste vlytyger mochten arbeyden. Jck vruchte dat dar vele vlasses tho spylde quam doch wat hindert enen ryken manne c gulden de vele dusent in der tasken heft.

De ronne ys ghelecht.

Jn deme daghe felicis et adaucti 60 )

ys ghelecht de nyge ronne in den ganck vor der kokene, welker dat water vth deme holthaue drecht na deme sode wente vor hen dar nene ronne heft ghelegen men dat water lop vnder der kael kysten 61 ) wech na der stadt muer vnn vordarff dar des klosters muer hir vmme moste me desse nyge ronne hyr leggen.

Hoppen plucken.

Des mandaghes vor mathei 62 ) heft myn gned. froychen abbatissa froychen dorothea tho hues halen laten den hoppen van dem froudenberge vnn let ene plucken van den susteren dar se frolyck auer weren. Dyt ys dar erste iar dar ynne de susteren des closters hebben hoppen plucket.

Fol. 65. a.
Der broder stauen ys beredet.

Vor michaelis ys bereyt ghemaket de stauen der broder vppe deme haue wehren de beyden bychtvedere also broder lambrecht Slaggehert vnn broder joachim meyger an houen tho buwen Anno MV C vnn XXV na deme ouste, wente se beyden hadden dat bewel vnn regymente vp deme haue van deme minister bet so langhe de minister quam vnn confirmerde broder joachim meyger in enen gardian also vorhen ghesecht ys 63 ). Tho dessem stauen hebben vlytighen arbeydet de gardian vnn heft an ghehauen tho muren den auen vnn de bychtvader broder lambrecht heft dat welfte dar bauen maker vnn de anderen vederen vnn bro=


56) wußten.
57) in der Welt nicht.
58) voll.
59) "Stope" sind große Becher; "stopken" ist das Deminutivum davon.
60) den 30. August.
61) Vielleicht eine Gasse in Ribnitz.
62) den 17. September.
63) Vgl. oben Note 112.
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deren des haues hebben ock vlytighen dar tho gheholpen eyn yslick na synem vormoge. So ys bauen dat jar vp dessem stauen arbeydet er he konde rede werden. Noch denne were he nicht rede worden so de vedere vnn brodere nicht suluest hadden dar tho holpen vnn ghearbeydet, al dat bynnen deme stauen ys an holte an stenen an breden hebben se suluest ghemaket ock den pal vnn de bencke etc. . 64 )

De broder hebben erst ebadet vp dessem haue.

Anno 1526 des mydwekens vor Simonis et jude 65 ) hebben de vedere desses haues aller erst mals ghebadet in erem nygen stauen vp deme haue. Wente vor hen, deme dat noth vnn behueff was ginck in den werlyken stauen vnn moste vor syn eghene gelt baden, dyt was gans vnbequeme wente dar quemen tho samen beyde menre vnn frowen, knechte vnn megede, junck vnn olt papen monnere schelke horen vnn bouen, kranken lamen vnn sunden. Desser orsake haluen dorch vorbede des gardyans vnn des bychtvaders heft myn gnedyghe froychen domina dorothea abbatissa vorgunt den vorghenanten stauen tho buwen den vederen vnn broderen na erem willen, doch ane vth legginge veler pennynghe

Fol. 65. b. vnn geldes etc. Hilarem datorem diligit deus inquit apostolus 66 ).

Kledinghe magdalenen oldenburges.

Am daghe dedicacionis petri vnn pauli 67 ) ghekledet magdalena oldenborges eyn kynt van xii iaren van deme erwerdyghen vader vnn broder euerhardo runghe eyn minister der prouincien van sassen vnn doctor der hylgen scryfft, Dyt hebbe yck ghescreuen dar vmme wente in dessen tyden vnn daghen vele ghestlyke personen mannyger orden beyde menre vnn juncfrowen wurden voriaget vnn lopen ock sulues wech, den dat kloster leuent ruwet vnn voranderen syck in der werlt tho vordonysse 68 ) erer ßelen vnn doch got de here andere wedder vorwecket mynsken dorch welker he vormeret den hupen vnn de sammelynge syner gheystlyken dochtere also huten in desseme daghe vorbestemmet ys gheschen. Jd ys vorwar eyn sunderghe schyckynge gades dat kaen my nycht feylen. O wo vele ghestlyke juncfrowen gade ghehylget hebben in dessen daghen vorgeten eres gheloftes vnn salycheyt erer selen vnn synt na ghewolget der boßen inblasynge


64) Dieser "stauen" scheint eben so wie der kurz vorher beim 30. Julius und 9. August d. J. erwähnte durchaus eine s. g. russische Badstube zu sein, so daß also die jetzige Einrichtung so vieler russischer (Schwitz=) bäder eben auch nichts Neues bei uns wäre.
65) den 24. October.
66) Dieser lateinische Satz ist mit rother Dinte geschrieben.
67) den 18. November.
68) ist wohl verschrieben für "vordomenysse".
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des duuels vnn der luttersken ketterye martinus van wyttenborch dorch welker, leyder syt 69 ) gade geclaget, de gantze dudeske nacion vnn ander mer lande vnn stede synt vorkeret worden dar ock mede anhengen vele heren vorsten vnn hertogen ridder vnn knapen vnn vele des adels welker beschermen vorlopene monneke de en moten dat ewangelium preddeken in eren klosteren in eren parren vp eren floten vnn andere vorlopen boße prestere vnn gades vergeten de ße hanthauen vnn hemelyken holden in den kerken de se hebben tho vorlenen ieghen eynen ersamen raeth der stadt vnn de menheyt des wolkes. Cristus jhesus heft nicht

Fol. 66. a.

ghesocht vnvrede vnn twedracht also nu etlyke grote hanße soeken, welker menen se dar gade van hemmel einen groten denst dar ane doen, also de joden welker de junger des heren vorwolgheden vnn doden. Vor war segge yck dy, spreckt Jhesus de nicht myt my tho hope sammelt de vorstreeget, vnn de nicht myt my ys, de ys wedder my. O wo velle sint vedder got, vnn vorstregen syne scape vnn voriagen van erer gude gheweyde 70 ) in hungers noth etc.

De olye stampe.

In desseme suluesten iar dusent. d. xxvi ys ghebuwet in dat hus yegen der kerken auer ghenomet kossen hus eyn olye stampe myt der parßen dar suluest ys erst mals ghestampet hennep saed j schepel dar van kregen de sustere guden gronen olye iegen de aduent, dar na stampeden se rueuen saet dar van kregen se eynen groten pot half vul schyr by ener haluen plancken 71 ). Desse olye stampe wyl godt mach groten profyt noch inbryngen desseme closter so man heft volk vnn knechte de dar de stampen konen wyllen vnn mogen treden.

De wateryge tho petersdorp.

Ock an dessem iar heft myn gnedyghe froychen f. dorothea tho mekelenborch abba tho ribbenitz grauen laten tho peterstorp ene wateringe 72 ) ofte enen klenen dyeck dar vth dat vee moghe drinken in deme samer wenn dat ertryke dorre ys vnn desse dyke ys groet van noden ghewest vnn ys ock geldes wert.

Hinrick dechow nam dat offer van deme altar.

Anno M. V. c XVII des sundaghes vor mathie 73 ) am daghe do alleluja was ghelecht was hyr ene ofte brutlacht do quam in de parre=


69) sei es.
70) Weide.
71) "Plancke" muß ein Maaß für Flüssigkeiten gewesen sein. (Vgl. S. 79, N. 4.)
72) Wasserung.
73) der 17. Februar oder Sonntag Septuagesimä. Ueber das Legen des Alleluja, welches an diesem Tage oder Tags vorher am Sonnabende geschah (Alleluja deponere), vgl. Fr. Wessel, Etlyke Stücke etc. . §. 6. und Martene, de antiquis monachorum ritibus; pag. 324 f.
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kerke hinrick dechow 74 ) vnn nam deme kerkheren etlyck offer von deme altar vnn behelt dat, dat behage velen wol vnn etlyke den mishagede dat sulue de suluen geuen deme karkheren jo so

Fol. 66. b.

vele wedder vnn mehr also em ghenamen was vp dat dar nene klacht ofte vnwille mochte aff kamen.

Clawes goltberch nam dat offer.

Des sundages dar na am daghe mathie des hilghen apostels 75 ) quam eyn borger desser stadt ghenomet clawes goltberch eyn groff smyt vnn eyn boßer martiner vnn vorwolgher der gheystlyken personen in de parrekarken vnn nam deme kerkheren van deme altar etlyck offer vnn dar van gaf he deme scholemester j ßl. vnn gaf ock etlyken armen dar van vnn behelt noch so vele dat he syck let barberen dar mede. Hyr vmme quemen vele klachte an myn gned: froychen vnn abbatissa welker dat sulueste nicht konde vnn mochte vordulden, men se vorclachte er ernstlyken by deme rade vnn by dewe vaghede der stadt welker leten ene gripen vnn vp de toel bode 76 ) bringen dar suluest heft he borghen stellet bynnen xiiij daghe wedder in tho kamen leuendich ofte dot. Den suluen heft he noech ghedan vnn quam myt sinen borgen tho deme gardian in deme namen mynes gnedigen froychen, dar suluest entlyken ys em af ghespraken eyn sentencie na gnaden vnn nicht na rechte dat he mynen gned: f: schal beslan ij ryde perde j iar lanck vor de ghewalt vnn vor mytfasten 77 ) tho syck nemen xxx borgher vnn gan tho deme kerkeren in de kerke wen he vor deme altar steyt vnn offeren em eyn jslick j sundisk penninck vnn vorbidden ene dar suluest myt den anderen borgheren samentlyken. So he dyt dede scholde de sake slycht 78 ) wesen men dede he dath nicht so wolde myn gned: froychen dar tho trachten.

Syne bothe.

Am dage annunciacionis marie 79 ) welker was des mandaghes na oculi heft vullenbracht clawes goltberch sin ghelofte vnn vorbeden den karkheren vnn em gheoffert vp dat altar xxx penninge.

Van den klokkenheger.

Dominica reminiscere 80 ) des anderen sundaghes in der vasten ys vordraghen de sake myt

Fol. 67. a.

den klockenhegeren mynes gned: froychen buren des vnhorsames haluen vnn erer vormetenheyt welker se


74) Die lateinische Chronik bezeichnet ihn näher: Nobilis quidam, nomine Hinricus Dechou de Putenisse circa oppidum Damgarden. Putenisse ist der Hof Pütnitz, jetzt im Besitze des Hrn. von Zanthier.
75) den 24. Februar.
76) Zollbude.
77) Sonntag Lätare, der 31. März.
78) geschlichtet.
79) den 25. März.
80) den 17. März.
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am daghe anne 81 ) an deme vorgangen iare in deme ouste bewseden hir yp vnseme haue etc. hir vor scholen se samentlyken alle mynem gned. froychen vnn deme gadeshuse vedder vp buwen eyn arue 82 ) bynnen deme klockenhagen welker gans vorwallen was eyn nyghe hus maken klemen vnn decken myt aller tho behoringe sunder hantrekinge des gades huses en nichtes nicht wes tho hulpe doen sunder allene dat holt vth des gadeshuses heyde so vele an des noth vnn behoff ys, dar bauen hebben se alle myt gantzer othmodichkeyt 83 ) den gardian in der stede mynes gnedychen froychen vorbeden vnn ghelauet em dat se nicht mer willen sin vnhorsam men horsam in alleme denste so syck dat temet. Compelle intrare. Si uis 84 ) vel non vis du most wesen horsam dat ys wys.



81) Annae, den 26. Julius 1526.
82) Erbe, Bauerhof.
83) Entmuthigung, Kleinmüthigkeit.
84) Sonberbarer Weise steht hier im Anfange des Wortes ein u statt v.
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IX.

Handschriften

mittellhochdeutscher Gedichte,

mithgetheilt

von

G. C. F. Lisch


Willehalm oder Wilhelm von Orange,

von

Wolfram von Eschenbach.


N icht allein schon im Mittelalter, sondem auch in unserm Jahrhundert ist Wolfram von Eschenbach als ein großer Dichter bewundert, und mit Recht, wenn auch Ueberhebung und Vornehmthuerei ihm den Rang nicht eingeräumt haben, welchen er unter den Ersten verdient; selbst in den seltenen und traurigen Ausgaben wurden seine Schöpfungen bewundert. Am meisten hatte bis vor Kurzem durch die Schuld unserer Zeiten sein Wilhelm von Orange oder Oranse gelitten, der nur durch einen entstellenden Druck von Casperson (Cassel, 1784) bekannt war. Lachmann hat sich auch das große Verdienst zu den übrigen erworben, daß er sämmtliche Werke des größten (deutschen) Dichters des Mittelalters 1 ) gereinigt der Mitwelt geschenkt und der Nachwelt aufbewahrt hat. Mit wie riesenmäßigen Schwierigkeiten der Herausgeber hat kämpfen müssen, wird jeder Kundige wissen. Die größten Hindernisse standen


1) Wolfram von Eschenbach herausgegeben von Karl Lachmann. Berlin 1833.
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ihm vielleicht bei der Bearbeitung des Wilhelm im Wege, "weil sich nur eine einzige wirklich alte Handschrift" (die tschudische zu St. Gallen, bezeichnet mit K,) "erhalten hat, welche selbst eine nicht durchaus lobenswerthe Quelle verräth"; daher gesteht auch Lachmann 1 ), daß "sein Text (des Willehalm) bei weitem so gut nicht sei, als der des Parcival". Außer der tschudischen Handschrift fand er nur noch zu Wien eine ganze, alte Handschrift (vom J. 1320, mit m bezeichnet); beide Handschriften, K. und m, sind die Hauptgrundlagen des neuen Textes.

Lachmanns Ausgabe erschien im J. 1833; leider konnte ich erst am Ende des J. 1834 im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin eine Handschrift des Wilhelm von Orange entdecken, welche, früher gefunden, für die Herausgabe sicher von wesentlicher Bedeutung gewesen wäre. Ueber den Werth der Handfchrift äußert sich Lachmann, nach Prüfung mitgetheilter Proben, folgendermaßen: "Es gereicht der Handschrift zur Empfehlung, daß sie mit der einen zu Wien (m genannt) sehr genau übereinstimmt, nur gar nicht in der Orthographie." — Fürs erste bringt unsere Handschrift der Litteratur wenig Nutzen, da einstweilen die erste Aufgabe Lachmanns da ist; für den etwanigen Gebrauch in der Zukunft soll nicht allein die gegenwärtige Bekanntmachung, sondern auch die folgende Beschreibung der Handschrift und Mittheiltung einer Probe aus derselben dienen. Nach Vergleichung dieser, genau nach der Handschrift abgedruckten Probe mit dem Lachmannschen Text ergiebt sich auf den ersten Blick, daß jene mit diesem im Wesentlichen übereinstimmt, unsere Handschrift also einen guten Text hat, die Orthographie abgerechnet, welche, wie jede Handschrift die Färbung eines besondern Landstrichs trägt, einige niederdeutsche Eigenthümlichkeiten verräth. — Auch das Alter empfiehlt die Schweriner Handschrift, da sie ohne Zweifel noch aus dem dreizehnten Jahrhundert stammt 2 ).

Die Handschrift ist auf Pergament in klein Fol. geschrieben. Sie enthält auf jeder Seite zwei Columnen, jede von 40 Zeilen; jede Zeile steht auf einer, mit Dinte gezogenen Linie, wie auch jede Spalte an beiden Seiten durch Linien abgegrenzt ist. Die Handschrift ist in Quaternionen, jede von vier Doppelblättern, in einen alten Holz= und Lederband gebun=


1) Daselbst, Vorrede S. XXXIII.
2) Auch Lachmann sprach sich dahin aus, daß die Handschrift aus dem dreizehnten Jahrhundert stamme, als er sie Ostern 1835 in Schwerin sah.
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den. Leider ist die Handschrift nicht vollständig. Das erste Blatt, welches 145 Zeilen enthielt, ist ausgerissen; die Handschrift beginnt, nach der Lachmannschen Ausgabe, mit 5, 25 und geht bis 218, 12 , umfaßt daher im Zusammenhange 6367 Verse, also noch nicht die Hälfte des ganzen Gedichts: die zweite Hälfte ist ebenfalls ausgerissen; es sind von derselben nur noch drei lose Blätter vorhanden, welche von 356, 24 bis 372, 25 gehen. Die einzelnen Hauptabschnitte oder Aventüren haben prosaische Ueberschriften in roth geschrieben, wie eine in dem unten mitgetheilten Abschnitte enthalten ist; jeder der Hauptabschnitte beginnt mit einem großen verzierten Anfangsbuchstaben in Gold auf blauem Felde. Wo Lachmann einen Abschnitt hat, ist auch in der schweriner Handschrift einer vorhanden; außerdem hat diese noch einmal so viel Abschnitte oder Aventüren, die jener nicht hat, nämlich: (1, 1 ); 58, 1 ; 71, 1 ; 106, 1 ; 126, 1 ; 162, 1 ; 185, 1 ; 215, 1 ; der letztere Abschnitt beginnt in der Handschrift nur mit einem rothen Buchstaben. — Die Unterabschnitte beginnen ebenfalls mit großen Anfangsbuchstaben, abwechselnd roth mit blauen und blau mit rothen Verzierungen; diese kürzern Abschnitte sind nicht gleich lang, jeder ungefähr 20 bis 40, seltener bis gegen 80 Verse enthaltend.

Es folgt hier zur Probe dasjenige, was in der Wiener Handschrift (m), 69, 19 bis 74, 9 fehlt:

69, 17 der margraue was mit clage
ob siner swester kinde.
20 des rosses zoum di linde
hegreffen hete uaste,
ein drum uon einem aste,
do er dar ab was geuallen.
nu hete ouh uz verwallen
25 sin ogen an den stunden
urspranch daz si funden.
sin herce was truchen gar
vnd beide ougen saffis bar.

 

E r mohte sih do wol umbe sehn,
de strace gein oransge spen,
70, 1 dar in doh sin herce treip.
unlange er do beleip.
er dahte an schaden des er plah,
vnde an den ulusteberen tah,
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5 wie iamerliche im der regiench.
mit armen er dicke vmheuiench
den toten, siner swester sun.
mit dem begonder alsus thun:
in huf der kune starke man
10 fur sih uf des kastelan.
de rehten strazen ir gar vermeit,
uf bi larcant er reit,
gein der muntane er kerte,
als in die angest lerte.
15 idoh wart er an gerant
von luten di mih niht benant
sint. er was et im ze vil
nahen hi dem ramis zil.
ieslicher sin sper sanchte,
20 der im zo uare spranchte.
viuianzen er nider warb:
er tede so der wer bedrab.
dar streit der vnverzagete,
unz er sih uor in entsagete:
25 im studere sin uermisset wart.
do kerter an de widervart
vnde reit da er viuianen liez.
sin truwe gebot im vnde hiez,
daz er sime neuen di naht wachete,
des sin herce dicke ercrachete.
   auenture, wi di margraue di naht sime neuen
   wachete vnde wie er des morgens von im reit
   mit strite wider heim.

 

71, 1 A lsus ranc er ob im de naht
dicke wart uon im gedaht
des morgens, so der tah erschin
ob ein mohte furen hin,
5 oder wie erz angevienge,
ob ander stunt ergienge
daz er werde an gerant:
so mustern aber alzohant
nider lazen vallen :
10 so were der heiden schallen
vnde ir spottes deste mer.
daz becante herceser
twanc in ane maze.
er dahte: ob ih dih laze
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15 hinder mir durh vorhte hie,
sus groz umpris geschah mir nie.
doh muz ih buzaten laden
ringe durh der heiden schaden:
deste baz ih dan vnde zuzin mah.
20 innen des ge uf der tah.
sinen neuen er custe vnde reit
dar er mit funfzehn kuningen streit.
de waren ouh an der wache
die naht ungemahe,
25 zo hulden teruangande ir gote
vnde ouh uon terrameres gebote,
vnde bi dem eide gemant.
der des hers uride was benant
benamen zo vare der kristenheit.
ieslih kuninc niwan selbe reit.
72, 1 di andern gesunden
mit den toden vnde mit den wunden
zo schaffen heten ouh gnoh:
ein ieslih armer ritter troh
5 herren oder mage uz dem wal,
dar umbe die kuninge uber al
di naht der wahte plagen
vnde in harnasche lagen.

 

A skelire vnde amazure gar,
10 der hobetman uon ieslicher scar,
maneh chune rih emeral,
de hute plagen al umhez wal
von dem gebirge unz an daz mer,
ob under dem geteften her
15 den noh iemen were genesen,
daz er des todes mußten wesen.
der marcgraue morgens fru
reit den funfzen kuningin zu.
ehmereyz von todyerne
20 in becante unde sah in gerne,
der werde gyburge sun.
der wolde ouh di erste diost da thun.
des in weiz ih niht, ob daz gescah;
wan ieslicher balte brah
25 swaz in siner hant quam her.
da wurden funfzen sper
vf den margraue gestochen,
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ieslichez gar zobrochen:
daz ors er cume uor in besaz.
schoiosen er do niht uergaz,
73, 1 sins swertes, da mite er manegen swanh
tet, der durh kuninge helm erclanh.
ir namen unde ir riche,
da sie gewaldehliche
5 cronen uor fursten hant getragen,
di lat v nennen vnde sagen.
sit zwo vnde sebenzeh sprache sint,
er dunket mih der wizze ein kint,
swer niht der zungen let ir lant
10 da uon du sprahe si becant.
so man di zvngen nennen gar,
er nement niht zwelue des tofes war:
di andern hat in heidinschaft
von witen laden groze craft.
15 da heten dise ouh eteswaz,
di den margrauen zeigeten haz.

 

D er uon todierne ist benant,
ehmereiz, tybaldes sun ercant.
so mah uon marroh ackarin
20 mit eren fursten herren sin,
des barukes geslehte,
der mit kristenlichen rehte
gamureten zo baldah
bestate, da uon man sprechen mah,
25 welhe pivelde er im ircos
da er den lib durh in verlos:
wie sprah sin epitaphium!
daz was zo iamers sitem frum:
wi was gehert sin sarkes stat,
als der baruh selbe bat,
74, 1 von smarayt vnde uon rubbin!
di rede laze wir nu sin.
ih wil de kuninge nennen gar.
der kuninc mattabel uon tafar.
5 der kuninc gastable uon comis.
do sah der margraue wis,
der strit wolde in da niht uergen.
der kuninc tampaste uon tabrasten.
vnde kuninc goriaz non cordubin:
10 der trvh manheit vnde sin.

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X.

Miscellen und Nachräge


1.

Des Schwerinschen Bischofes Dorf im Lande Müritz.

Vgl. Jahrb. II, S. 102 flgdd.

Z ur sichern Erkenntniß der Lage des Landes Müritz (vgl. Jahrb. II, S. 102) würde es viel beitragen, wenn einige Ortschaften bekannt wären, welche im Lande Müritz lagen. In den Fundations= und Confirmations= Urkunden des Bisthums Schwerin wird nun ein Dorf erwähnt, welches der Bischof von Schwerin im Lande Müritz besaß 1 ):

"una villa in Moritz";

leider wird aber in den alten Urkunden dieses Dorf nicht mit Namen genannt.

Die Bischöfe von Schwerin besaßen nun seit alter Zeit ein Dorf Biskopesdorf = Bischofsdorf, von welchem ausdrücklich gesagt wird, daß es bei Malchow lag. Leider fehlen die bischöflich = schwerinschen Urkunden; aber aus vorhandenen Urkunden =Inventarien 2 ) möchte wohl hervorgehen, daß dieses Dorf Bischofsdorf das Dorf des Bischofs von Schwerin im Lande Müritz sei. Diese Urkunden = Inventarien geben Folgendes:


1) Vgl. die Urkunden von 1170, 1185 u.1191 in Schröders Wism. Erstl. S. 60, 79 u. 87.
2) Allerdings ist der bekannte Verlust der Urkunden des Bisthums Schwerin sehr zu beklagen, wie er vorzüglich von unsern Nachbaren beklagt wird. Aber - wären nur erst die Urkunden der benachbarten Bisthümer Camin und Havelberg bekannt, so ließe sich, durch diese geleitet, manche Forschung im Schwerinschen glücklich vollenden!
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1295 verpfändet Bischof Gottfried von Schwerin das Dorf Biscopstorp an die von Mallin (welche in der Nähe der Müritz ihre Güter hatten).
1307 löset der Bischof das Gut Biscopstorp wieder ein.
1328 verpfändet Bifchof Johann von Schwerin das Dorf Biscopestorf bei Malchow an Nicolaus von Lobeck.
1408 bekennt Drewes Vlotow, daß er vom Bischofe Rudolph von Schwerin das Dorf Bischofsdorf im Kaspel Malchow zu Lehn empfangen habe.
1425 belehnt der Bischof Heinrich von Schwerin den Moritz von Flotow zu Sture mit dem Dorfe Bischoppestorp bei Malchow.

Unter dem Namen Bischofsdorf existirt jetzt aber kein Dorf in Meklenburg. Es ist ohne Zweifel das Dorf Biestorf am Plauer=See in der Nähe von Malchow; im J. 1302 confirmirte der Bischof Gottfried von Schwerin dem Heil.=Geist=Hospital zu Ribnitz eine Urkunde zu Byscdetorp. Im J. 1587 war Biestorf eine wüste Feldmark und noch im Besitze der v. Flotow.

So wäre denn ein wichtiger Beitrag zur Topographie Meklenburgs mehr gegeben, indem, in Beziehung auf die frühern Forschungen, das Land Müritz 1 ) vom nördlichen Theile des Sees gleiches Namens, vorzugsweise die Müritz genannt, sicher bis an den Plauer=See reichte.

G. C. F. Lisch.


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2.
Die Havelquellen und Havelseen.

I n der Geschichte der Comthurei Mirow ist (Jahrb. II, S. 95 und 286) von den Havelwassern, den Seen im obern Laufe der Havel auf meklenburgischem Gebiete, die Rede. Diese Gewässer sind geographisch nicht unwichtig und haben auch für


1) Zur größern Bestätigung der Lage des Landes Warnow (vgl. Jahrb. II, S. 103) diene noch die urkundliche Nachricht, daß die meklenburgischen Herren Johann und Pribeslav (von Parchim=Richenberg) im J. 1230 versprechen, dem Bischofe zu seinen Zehnten vom Lande Warnow an beiden Seiten der Elde und im Lande Brenitz (Brenz bei Neustadt) zu verhelfen.
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die Begränzung der alten Länder historische Bedeutsamkeit. Einige neuere urkundliche Entdeckungen im Großherzogl. Archive fordern zur vollständigen historischen Darstellung dieser hydrographischen Verhältnisse auf.

Die Havelquellen werden gewöhnlich in dem See von Langhagen in Meklenburg=Schwerin, nicht weit von Neustrelitz, zwischen Langhagen und Adamsdorf (Kustal) gesucht. In einer Verleihung des Fürsten Nicolaus von Werle an das Kloster Broda 1 ) werden schon im J. 1230 die Seen bei Freidorp, jetzt Bornhof, westlich bei Ankershagen, als Quellen der Havel angegeben:

"Vrigdorp mit veffich huuen mit dren sehen, dat de Havelwater heten."

Eben so heißt es in desselben Fürsten Confirmations=Urkunde vom 23. April 1273 2 ):

"villam Vridorp cum mansis quinuuaginta, cum tribus stagnis, de quibus effluit aqua, que Hauele nuncupatur."

Bei dem jetzigen Freidorf oder Bornhof liegen drei Seen; aber nahe südlich davon bei Dambeck liegen wieder drei Seen, welche auf der Schmettauschen Charte auch als der "Erste Ursprung der Havel" angegeben werden. Eine von diesen beiden Seengruppen ist also als die wahre Havelquelle seit der ältesten Zeit der meklenburgischen Geschichte angesehen; genauere Local=Untersuchungen mögen entscheiden, ob die südliche Gruppe von Dambeck mit der nördlichen von Bornhof zusammenhängt.

Nach der Bildung eines kleinen Stroms fließt die Havel nun zunächst, sich vergrößernd, durch acht Seen, welche vorzugsweise die Havelseen genannt werden, wie in einer Urkunde vom J. 1358 3 ):

"de Havelwater, der synt achte."

Nach derselben Urkunde heißen sie, den Lauf der Havel stromabwärts gerechnet: Cabelke, Parpar, Pawel, Sczozen, Gaten, Jamele, Gartow und Sific (? — unleserlich in der Urkunde, vielleicht Siric). In der Mirowschen Urkunde vom J. 1257 4 ) kommen von diesen Seen auch einige vor, mit der Bemerkung, daß die Havel durch sie fließe, namemlich: Cobole und Paule. Alle diese Seen liegen


1) Vgl. Urk. Nr. III.
2) Vgl. Urk. Nr. VII.
3) Vgl. Urk. Nr. XVI.
4) Vgl. Jahrb. II, S. 286.
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innerhalb der Grenzen der ehemaligen Comthurei Mirow und tragen noch heute theilweise die alten Namen:

1) Cabelke oder Cobolc = Käbelick, bei Kratzeburg.
2) Parpar = Grantzinsche See, bei Grantzin.
3) Pawel oder Paule = Pagel, bei Kriencke.
4) Szozen = Zutzen, zwischen Kriencke und Babcke.
5) Gaten = Jäthen, bei Babcke.
6) Jamele = bei Blankenvörde am Jäthen=See.
7) Gartow = Görtow, bei Blankenvörde.
8) Siric = Zierze, die nordwestliche Bucht des Userinschen Sees, der Görtow östlich dicht gegenüber.

Diese Seen waren Eigenthum der Herren von Werle, jedoch einige Zeit bis 1358 an die Comthurei Mirow verpfändet, welche am 23. Junii 1358 ausgelöset ward, indem Bernhard von Werle für die Pfandsumme die Seen an die von Morin wiederlöslich verkaufte 1 ).

Von der Bucht Zierze strömt die Havel durch den großen Userinschen See, westlich von Neu= und Alt=Strelitz. Dieser See hieß im J. 1346 der See von Vielen:

"die see tu Vylym, dar die Havele dor vlut 2 )"

Dieser Name erinnert noch lebendig an das 12. Jahrhundert, wo alle diese Gegenden wüst lagen, und Prillwitz, Zieritz und Vielen als die einzigen Ortschaften erwähnt werden. Daß dieser See der jetzige Userinsche See sei, leidet keinen Zweifel nach einer darüber ausgestellten Urkunde 3 ), in welcher dessen Lage genau beschrieben wird. Das Kloster Stolpe in Pommern besaß nämlich die Güter Woserin (Userin), Quassow und Gor mit dem westlich daran gelegenen großen See von Vilim oder Userin, welche Güter das Kloster am 24. Febr. 1346 an die v. Dewitz, jedoch mit Vorbehalt des Eigenthumsrechts und der Lehnsherrlichkeit, verlieh 4 ).

Vom Userinschen See fließt die Havel durch den Labus=See, welcher (Lebbus) im J. 1358 ebenfalls an die von Morin verpfändet ward 5 ).


1) Vgl. Verm. Urk. Nr. XVI.
2) Vgl. Verm.Urk. Nr. XV. — Vielleicht ist das hier genannte Vilim ein anderes, als Gr.=Vielen. Im J. 1342 verkaufte Heinrich von Wokenstädt an das Kloster Wanzka Besitzungen in Groten Vylim, dessen Hof damals wüst lag.
3) Vgl. Urk. Nr. XV.
4) Das Gebiet dieser Güter geht östlich bis an die Städte Neu= und Alt=Strelitz. In den Grenzen lag der See Cyroch=Ziercker See bei Strelitz, welcher von dem Zierze Seebusen am Userinschen See ganz verschieden ist.
5) Vgl. Urk. Nr. XVI.
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Weiter abwärts bedarf der Havellauf wohl keiner weitern historischen Aufklärung.

G. C. F. Lisch.


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3.
Johanniter = Prior zu Mirow.

I n den Jahrb. II, S. 84 ist dargestellt, daß zu Mirow außer einem Comthur auch ein Prior des Johanniter=Ordens seinen Sitz gehabt habe, die Commende Mirow also wahrscheinlich eine Ritter= und Priester=Commende zugleich gewesen sei. Hiezu läßt sich noch bemerken, daß noch im J. 1507 ein Prior zu Mirow vorkommt, indem in einer Streitsache

"de kompter van Myrowe, de compter van Nemerouwe vnnd ock de prior to Myrowe"

eidlich verhört werden.

G. C. F. Lisch.


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4.
Nachtrag zur Genealogie der von Havelberg.

I n Jahrb. II, S. 98 ist eine Genealogie der Ritter von Havelberg, wichtig wegen ihres Verhältnisses zu dem Lande Turne und den Herren von Werle, mitgetheilt; noch mehr Wichtigkeit erhält die Genealogie dieses Geschlechts durch die Zeitbestimmung der, im Datum unsichern Confirmations=Urkunde des Fürsten Nicolaus von Werle für das Kloster Broda vom J. 1230 (?); vgl. Urk.=Samml. Nr. III. Nach neuern Entdeckungen kommen in ungedruckten Urkunden des Großherzogl. Archivs zwischen 1312 und 1331 zwei Ritter mit dem Namen Johannes von Havelberg am Hofe der Herren von Werle zu Güstrow mit ausdrücklicher Bezeichnung ihrer Würde als Ritter und Vasallen der Herren von Werle vor. Zuerst kommen am 9. August 1312 neben einander als Zeugen vor:

Johannes de Havelberge senior et Johannes de Havelberge junior, milites.

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Der ältere von diesen ist wohl der von Havelberg (1285-1328) im dritten Geschlecht (pinguis); derselbe war am 23. März 1313 Marschalk am werleschen Hofe, indem er in einer Urkunde sämmtlicher Herren von Werle als Zeuge auftritt als

Johannes de Havelbergh senior, noster marscalcus miles.

Der zweite, jüngere von Havelberg ist wohl der, welcher im vierten Geschlecht Henneke (1356) genannt wird; dieser kommt, außer 1312 und 1313, noch 1317 und 1331 als Ritter vor.

Ferner erscheinen, nach Mittheilungen des Herrn Archivars Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel, in den Urkunden des Klosters Amelungsborn, als Zeugen:

im J. 1233 VI idus Martii zwei Male:

Gotimerus et Johannes frater suus, nobiles;

im J. 1239 VII kal. Junii:

Chothmarus, Johannes de Hauelberch;

im J. 1244:

Gerozlaus, Johannes de Hauelberch;

im J. 1274 oct. epiph:

Heinr. de Hauelberge, Bertoldus de Hauelberge, Herm. de Hauelberge.

Nach der Brodaschen Urkunde vom 23. April 1273 sind:

Henricus et Bertoldus fratres de Hauelberge.

Matthias v. Havelberg war im J. 1350 Vogt der Fürsten Bernhard von Werle zu Röbel.

Die Stammtafel der Herren von Havelberg gestaltet sich jetzt sicherer also:

Stammtafel
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Uebrigens scheinen die Brüder von Havelberg aus dem Geschlechte noch sehr häufig ohne ihren Geschlechtsnamen vorzukommen, z. B. Jerezlaus et Johannes frater suus.

G. C. F. Lisch.

Der Herr Gerichts=Director C. G. Fabricius zu Stralsund theilt zu der Stelle in Jahrb. II, S. 97:

"Es kommen als Zeugen vor Hans und Gereslav, broder, knapen, vann wopen, heten Hauelberg. Der Ort Wopen 1 ) ist unbekannt."

Folgendes mit:

Wopen würde hier aber wohl kein Ort, sondern der Zusatz van wapen auf knapen zu beziehen sein: knapen van wopen. — Das ganze Verhältniß der Grade des derzeitigen Kriegsdienstes ist noch so klar nicht dargestellt, um in Hinsicht der lateinischen Bezeichnungen armiger und famulus bestimmt darüber abzusprechen, wo Knape oder Knecht dem einen oder andern entspricht, und wie die Knapen von den Waffen dazwischen stehen. Die Bezeichnung selbst aber ist unbestreitbar, und namentlich nennen sich in den für die Geschichte unsers Adels so wichtigen Bündnissen des rügenschen Adels mit der Stadt Stralsund von 1316 erst 12 riddere und dann 100 knapen van wapen. Es würde besonders interessant sein, Urkunden, die in lateinischer und deutscher Sprache ausgefertigt sind, in dieser Hinsicht genau zu vergleichen. Das wopen und wapen wird übrigens kein Bedenken erregen können, wenn man den schwankenden Gebrauch in der derzeitigen Schreibart berücksichtigt.

Stralsund.

C. G. Fabricius.

Hiezu ist zu bemerken, daß in dem Original=Transsumte im Großherzogl. Archive zu Neu=Strelitz wapen statt wopen steht (vgl. Urk.=Samml. Nr. III.). Die Brüder von Havelberg waren fürstliche Burgleute (castellani) (vgl. Jahrb. II, Urk. Nr. I.); sollte sich hierauf vielleicht der Ausdruck "van wapen" beziehen? — Dann würde der Ausdruck "knapen" (famuli) den Stand, der Ausdruck "van


1) Es fällt nun auch die Bemerkung in Jahrb. II, S. 97 fort, nach welcher die Herren von Havelberg Stepen besessen haben dürften.
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wapen" (armigeri?) die Beschäftigung oderAnstellung andeuten. In einer lateinischen Confirmations=Urkunde des Fürsten Nicolaus von Werle vom 23. April 1273 (vgl. Urk.= Samml. Nr. VII.), welche mit der besprochenen plattdeutschen, transsumirten Urkunde von 1230 viel Aehnlichkeit hat, werden die beiden Brüder: Henricus et Bertoldus fratres de Havelberge: famuli genannt. — In einer andern Originalurkunde im Großherzogl. Archive zu Schwerin vom J. 1392 wird "Henneke Wedele ên knape van wapene" genannt.

G. C. F. Lisch.


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5.
Anna, Gemahlin Herzogs Albrecht des Schönen, und ihre Schwester Elisabeth.

M it dem Beginn des zweiten Viertheils des 16. Jahrhunderts erblicken wir die herzoglichen Höfe zu Schwerin und Münden mehrere Jahre hindurch in den freundlichsten Beziehungen zu einander. Zwei edle Fürstinnen, Anna und Elisabeth, jene mit dem Herzoge Albrecht von Meklenburg, diese mit dem Herzoge Erich dem Aelteren von Braunschweig und Lüneburg vermählt, boten hierzu die Veranlassung. Beide waren Schwestern, die Töchter Joachims I., Kurfürsten von Brandenburg, jenes harten, starren Feindes der Reformation, dem die Treue am alten Glauben höher galt, als das stille Glück seines Hauses, also daß seine mit der Lehre Luthers befreundete Gemahlin Elisabeth, Tochter König Johanns von Dänemark, nur durch Flucht von der Seite ihres Gemahls einem martervollen Tode sich entziehen konnte. Joachim I. galt für den gelehrtesten Fürsten im Reiche; mit Sorgfalt wachte er über die von ihm gegründete Hochschule zu Frankfurt an der Oder; seit er als Knabe unter Dietrich von Bülow, Bischof von Lebus, sich mit den Wissenschaften befreundet hatte, pflegte er sie bis zum Tode. An seinem Hofe zu Stendal und Berlin sah man Künstler und Gelehrte gern verweilen. Dieser Sinn für die Wissenschaft theilte sich seiner näheren und ferneren Umgebung mit; wir finden ihn bei seinen Söhnen,

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dem mit Innigkeit dem protestantischen Glauben sich hingebenden Kurfürsten Joachim II und dem edlen Markgrafen Hans von Cüstrin - ihn nannte seine Zeit den Weisen — eben so entschieden wieder, wie bei seinen obengenannten Töchtern. Fünfzehn Jahre zählte Elisabeth, als sie sich 1525 mit dem fünf und fünfzigjährigen Erich II., dem Herrn der Lande Calenberg und Göttingen, vermählte. Seitdem sehen wir sie mit treuer Sorge um das Land und den fürstlichen Gemahl beschäftigt; durch unausgesetzten Briefwechsel blieb sie der alternden Mutter und den Geschwistern nahe. Keines unter den letzteren scheint ihrem Herzen so nahe gestanden zu haben, wie die um 3 Jahre ältere, aber um ein Jahr später verheirathete Anna. Albrechts und der Anna Sohn, jener schöne, ritterlich kühne Georg, wuchs, ein fröhlicher Gespiele des jungen Erich II., auf dem Fürstenhofe an der Werra auf; zugleich mit seinem Freunde ließ er sich 1546 verleiten, den Fahnen des Kaisers zu folgen. Mit welcher Innigkeit aber der briefliche Verkehr zwischen den beiden Schwestern gepflogen wurde, wie man jedes fröhliche Ereigniß, welches das fürstliche Haus traf, nur gemeinschaftlich feiern zu können glaubte, wie Elisabeth, die ihre Gedchäftdführer und Aufkäufer in Antwerpen, Frankfurt am Main, Augsburg und Berlin unterhielt, feingearbeitetes Silbergeräth auch aus Schwerin beziehen zu müssen glaubte, werden die angehängten Briefe 1 ) erörtern.

Ilfeld, Februar 1838.

Wilh. Havemann.


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6.
Der Todestag des Bischofs Johann I. (Trempe) von Ratzeburg.

I n meiner Geschichte des Bisthums Ratzeburg S. 331 ist als Todestag des Bischofs Johannes der 18. October 1431 angegeben, der Angabe des Leichensteines bei Schlöpke und Schröder folgend, welche ich als richtig annehmen mußte, da sie mir auch von anderer Seite ebenso zuging und ich jede Mittheilung, die mir daher ward, als durchaus zuverlässig er=


1) Vgl. Briefsammlung Nr. 10, II, 12 und 13. — Diese Briefe sind auch für die Genealogie des meklenburgischen Fürstenhauses von Interesse. —D. Red.
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probt halte. Der Stein war großentheils von Kirchenstühlen bedeckt und eine Wegräumung derselben war eben so schwierig, als sie auch durchaus überflüssig erschien. Neuerdings hat sich aber ergeben, daß Schlöpke falsch las, denn es steht ganz deutlich auf dem Steine: die II Aprilis, und der 2. April ist also der Todestag.

Nach einer im geistlichen Hebungs= Archive zu Wismar befindlichen Urkunde, d. d. Razeburg in armario ecclesiae Razeburgensis die dominica qua cantatur misericordias domini, quae cadit quarta decima mensis Aprilis, in der auf geschehene Präsentation des Raths von Wismar dem Jacobus de Clene eine Vicarie in der Capella St. Jacobi ante muros oppidi Wismar, conferirt wird, waren während der Vacanz des bischöflichen Stuhls der Prior Marquardus Andeleve und der Domherr Detlevus Sprenghel vicarii in spiritualibus ecclesiae Razeburgensis generales, vom Probsten Ulrich und dem Capitel dazu generaliter deputirt. Sie siegelten mit dem a. a. O. S 706 beschriebenen Vicariats=Siegel, und als Zeuge wird der Domherr Luderus Blücher angeführt, der mir erst unter Bischof Johann Proel (1440-1454) vorkam.

Schönberg.

G. M. C. Masch.


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7.
Beiträge zur Geschichte der Sitten und des Kultus.
a) Die Eselsprozession am Palmsonntage.

In einem alten Buche, welches, laut der Jahrszahl des Bandes, 1516 gebunden und Registrum parochie Mariane betitelt ist, findet sich am Ende unter den Gefallen des Balgentreters zu St. Marien folgende Nachricht:

Dat ys de neeth un loen de orghelen to treden so men plach to lonende do de olden orghelen noch weren

Nach Letare:

1 ſ: den banre uthtosteckende.
VI den: palmarum den ezel umme tho theende.
VI den: de vane up to vligende.

In welcher Art die Prozession geschah, war mir aber unbekannt, bis ich in einer Geschichte der Stadt Leipzig, 1778, S. 457, folgenden Aufschluß fand:

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"Am Palmsonntage legten die Priester, Pfaffen und Mönche einen auf Rädern gepflockten hölzernen Esel, mit einem geschnitzten Mannsbilde, welcher in einem langen Rocke auf dem Esel saß aus der Thomaskirche, mit Gesang und Gepränge, auf den Markt zu führen, allda ihn das in großer Menge versammelte Volk, Jung und Alt, mit Frohlocken und Jubelgeschrei annahmen und durch alle Gassen, welche mit ausgeschlagenen Zweigen von Weiden bestreut, und die Häuser mit Teppichen behangen und aufs schönste geziert waren, wiederum in die Kirche, da er denn öffentlich aufgestellt wurde, begleiteten. In der Kirche hatte der fürnehmste Priester ein indianisches Rohr, und schlug damit auf die andern zu, welche zerstreut davon liefen, und hinter einen dazu ausgespannten Vorhang sich verbargen. — Damit wollten sie die Prophezeihung Zacharias 13, 7; Matth. 26, 31."

b) Die Hundefütterung in der Kirche.

Schon Grautoff (historische Schriften, Th. I, S. 255) hat erwiesen, daß in der Marienkirche zu Lübeck zum Schutz der Kirchenschätze des Nachts ungeheure Hunde losgelassen wurden. Die Kosten der Fütterung der Hunde fanden sich in den Kirchenrechnungen, wie Grautoff in der Note bemerkt. Es ist alle Wahrscheinlichkeit vorhanden, daß man in der Marienkirche zu Wismar ebenfalls große Hunde hielt, denn es heißt in dem oben angeführten Buche bei dem Lohn des Bälgentreters:

Johannis baptiste

XII ſ: den hunden to veghende in der Kerken de toto anno.

Es erhielt der Bälgentreter die bedeutende Vergütung von 12 ß., während ihm für die Reinigung des Kirchhofes nur 3 ß. gegeben wurden (ebend. III ſ: van kerkhauen reyne to makende). Wären die Hunde nicht von der Kirche gebraucht worden, so würde man sicher für die Auskehrung ihres Unraths keine Ausgaben gemacht haben.

Wismar.

Dr. Burmeister.


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8.
Claus Stortebeker.

D as Vaterland dieses berühmten Viking, welcher (nach Jaeger de Hamburgensium infestissimos olim commerciis pi-

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ratas opprimentium meritis, Hamburgi, 1828, S. 33.Not) 1402 nebst andern Seeräubern zu Hamburg hingerichtet ward (vgl. Traciger bei Westfalen II, p.1322), war bis dahin unbekannt. Manche Andeutungen zeigen jedoch deutlich an, daß er früher in Wismar lebte. So wurden Balhorst Boldelaghe und Craan verfestet, weil sie einem Knechte und dem Nikolaus Stortebeker fünf blaue Stellen geschlagen hatten, nach dem Gerichtsbuche im Jahre 1380:

Balhorst Boldelaghe et Craan eo (scil. abjuraverunt ciuitatem) quod Ghero, seruo Poppen, et Nicolao Stortebeker cuilibet ossa fracturus cum V blauiis intulerunt tempore nocturno.

Ein Hans Stortebeker findet sich noch im Stadtbuche von 1470:

Hans Stortebeker et Hans Smid stant conjuncta manu cum omnibus bonis eorum pro littera respectus missa ad Episcopum Jodocum Opliensem nomine Ilsabe Scroders et Metke Struken promissum retulit meus dominus Ulricus Malchouw, anno LXX.

Dadurch wird die geschichtliche Nachricht um so mehr bestätigt, daß der Bund der Vitalienbrüder auch großen Anhang in Wismar hatte.

Wismar

Dr. Burmeister.


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9.
Name der Stadt Grevismühlen.

D er Name der Stadt Grevismühlen heißt in älterer Zeit stets und häufig Gnevesmühlen (so in den ältesten Stadtbüchern der Stadt Wismar von 1246-1300). Franck, A. und N. Meklenburg, VII, S. 130, leitet diesen Namen von Gneves und mole ab, welches im Slavischen kleine Herrschaft bedeute. Allein der Name ist gewiß zu denen zu zählen, welche mit deutschen Endungen gebildet sind, als die slavische Sprache verdrängt ward. Der Name Gneves 1 )


1) Maria, Tochter Wladimirs I. von Rußland 1043, hieß Dobrognieva, "die schöne Herrin", Wedekind, Noten zu einigen Geschichtschreibern des Mittelalters, Bd II, S. 10.
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oder Knes (Knies): Herr, findet sich noch in späterer Zeit. Nach Kirchberg's Chronik, cap. 179, Westphalen IV, p. 837, ließ sich Johann von Parchim noch "Knjes Janeke" nennen. Klüver II, p. 209, führt an, daß der Name der Stadt auf lateinisch Comitis mola heiße, welches eine Uebersetzung von Gneves mola sein könnte. Leider führt derselbe nicht an, aus welcher Zeit die Stadt so genannt wird; sonst könnte leicht Comitis mola eine Uebersetzung von Grevismühlen sein und einer späteren Zeit angehören. Es wäre aber nicht unwahrscheinlich, daß der Name der Stadt, welche wegen ihrer Mühlen berühmt war (man sehe die Chronik von der Vormundschaftsführung der Anastasia oben S. 44), ebendaher entlehnt worden ist. Gnevesmolen heißt die Herrenmühle, aus der nur durch Umbildung Grevismolen entstanden ist.

Wismar.

Dr. Burmeister.


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10.
Peter Vischers Gußwerk im Dom zu Schwerin.

V on des gefeierten "Rothgießers" Peter Vischer zu Nürnberg Arbeiten scheint bisher in Meklenburg noch nichts bekannt geworden zu sein. Mehrere Kunstkenner und Historiker des Auslandes, z. B. der Herr von Ledebur zu Berlin und der Herr Professor Barthold zu Greifswald, äußerten jedoch auf den ersten Blick und wiederholt, daß sie im Dome zu Schwerin ein Gußwerk aus der Werkstätte P. Vischers zu erkennen glaubten; Künstler bezweifelten jedoch die Richtigkeit dieser Behauptung, weil dem einzigen Gußwerke, welches gemeint sein könnte, die strenge Reinheit im Styl des großen Künstlers in manchen Dingen zu fehlen scheine. Das zur Frage stehende Gußwerk ist ein Epitaphium auf die Herzogin Helene von der Pfalz, zweite Gemahlin des Herzogs Heinrich des Friedfertigen von Meklenburg. Diese Fürstin starb am 4.August 1524 und ward im Dom zu Schwerin in der Heil. Blutskapelle hinter dem Hochaltare beigesetzt. Auf der Rückwand dieses Altars ist nun dieses Epitaphium angebracht. Es ist eine große Tafel von Bronze, welche das combinirte Wappen der Herzogin und eine Grabinschrift auf dieselbe enthält, umgeben von allerlei architectonischen Verzierungen und Arabesken. Freilich ist manches auf diesem Bildwerke nicht so

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edel modellirt, wie andere bekannte Bildwerke des großen Künstlers; aber der Guß ist in hohem Grade vollendet und dürfte allein für die Verfertigung in P. Vischers Werkstätte sprechen; auch scheinen einige in den Arabesken angebrachte Seeungethüme, mit Rücksicht auf P. Vischers Namen und Wappen, dafür zu reden. Die Verfertigung dieses Werkes durch Peter Vischer scheint aber durch einen eigenhändigen Brief 1 ) desselben außer Zweifel gesetzt werden zu können. Nach diesem Briefe hatte der Herzog Heinrich ein Gußwerk bei dem Künstler bestellt. P. Vischer bat am 25. Jan. 1529 den Herzog, die Arbeit, welche schon ein Jahr lang zur Abholung bereit gelegen habe, abfordern zu lassen und die Zahlung zu leisten, da große Kosten auf das Werk gegangen seien. Da die Herzogin Helene am 4. August 1524 starb und das Werk P. Vischers am Ende des Jahres 1527 fertig war, so scheint es durch den Brief urkundlich documentirt zu sein, daß das Gußwerk P. Vischer kein anderes sein könne, als das Epitaphium auf die Herzogin Helene im Dom zu Schwerin, da in dem kurzen Zeiträume von 1525 bis 1527 in Meklenburg wohl keine andere Veranlassung war, ein großes Gußwerk bei P. Vischer zu bestellen, als der viel betrauerte Tod der Herzogin Helene.

G. C. F. Lisch.


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11.
Wappen des Carl Jürgen von Meklenburg, Domherrn zu Ratzeburg.

I n einem von Gold und Roth quadrirten Felde ist ein schwarzer gerade vor sich hin sehender Büffelskopf mit schwarzen Hörnern, goldener Krone, silbernem Ringe durch die Nase und großem Halsfelle. Auf dem Helm stehen 7 Stäbe, oben gespitzt, neben einander in folgender Ordnung: schwarz, golden, roth, schwarz, golden, roth, schwarz; über ihnen ist ein Pfauenwedel und auf diesem liegt rechts gekehrt ein Büffelskopf. Helmdecken: golden, roth und schwarz.

Carl Jürgen, natürlicher Sohn des Herzog Carl zu Meklenburg, Administrator des Stifts Ratzeburg und der Anna Deelen, erhielt nach v. Rudloff Neuer. Gesch. II. S. 109 vom Herzoge Adolf Friedrich I. 1646 eine Art von Aechterklärung,


1) Vgl. Briefsammlung Nr. 7.
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und er und seine drei Geschwister waren nach v. Kamptz Beiträgen I, S. 176 die ersten natürlichen Kinder meklenburgischer Herzoge, welche den Namen von Meklenburg erhielten 1 ), Carl Jürgen war Domherr in Ratzeburg, wozu er schon 1599 den 5. Nov. eine Exspectanz erhalten hatte (in der Stiftsmatrikel ist er inscribirt: Carolus Georgius ill. nri. principis ac Dni. Dni. Caroli filius); er kam auch zum Besitz seiner Pfründe und ist der letzte, welcher die Statuten unterschrieben hat. Er starb 1657 (vgl. Gesch. des Bisth. Ratzb. S. 560).

Das angegebene Wappen steht in der Domkirche zu Ratzeburg über dem Capitelstuhle; es ist v. Kamptz a. a. O. unbekannt geblieben und verdient auch in heraldischer Hinsicht Beachtung, da es in der veränderten Tinctur des Feldes ein Beizeichen enthält, wie es sich nicht oft findet.

Die Unterschrift H. Carl Jürgen von Meklenburg ist wohl nicht entschieden als Beweis einer Namensveränderung anzunehmen, eine eigenhändige vollständige Unterschrift kam mir nicht vor, die Statuten unterschrieb er: Carol Jürgen V. M.

Schönberg.

G. M. C. Masch.


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12.
Wappen der von Bützow.

D as Wappen des Domherrn von Meklenburg ist in mehrfacher Hinsicht sehr interessant, und es wird durch eine Vergleichung mit dem Wappen der von Bützow noch interessanter, wenn sich auch eine Wechselwirkung zwischen beiden Wappen kaum annehmen läßt und die Entstehung des Wappens der von Bützow wohl immer dunkel bleiben wird. Das Geschlecht der von Bützow gehörte zu den ältesten im Lande; ein Henricus de Bützow, wohl ohne Zweifel der Stammvater des Geschlechts, tritt schon mit dem Regierungsantritte des Fürsten Borwin I., im J. 1179, als Lehnträger des Schlosses Marlow auf; vgl. Jahrb. II, S. 21. Mikrälius zählt das Geschlecht zu den ältesten und vornehmsten in Pommern. In Meklenburg erscheinen mit festem Güterbesitz urkundlich die von


1) Vor diesem ist schon Balthasar von Meklenburg als natürlicher Sohn des Herzogs Heinrich des Friedfertigen bekannt: vgl. Rudloff, III, 1, S. 132. Dieser siegelt gewöhnlich mit einer antiken Semme. — D. Red.
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Bützow erst in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, zu welcher Zeit sie mit dem Gute Poppendorf, A. Ribnitz, und andern Besitzungen im nordöstlichen Meklenburg belehnt wurden. Dies Gut Poppendorf blieb auch als altväterliches Lehn lange das Stammgut der von Bützow, bis Christoph von Bützow im J. 1610 das Gut zur Bezahlung großer, auf demselben ruhender vaterlicher Schulden und zur Abfindung seiner Brüder Josua und Peter und Aussteuer seiner Schwestern an Valentin Voß auf Lupelow verkaufte, von dem es durch Verkauf schon im J. 1611 an die von Winterfeld überging. Und mit diesen verschwindet das Geschlecht in den Acten. Latomus in seiner Schrift vom Adelstande sagt, daß zu seiner Zeit Josua nach Holstein, Peter in holländische Kriegsdienste gegangen sei und Christoph noch gelebt habe, der allerdings noch 1616 Versuche machte, andere alte Lehne des Geschlechts, die ehemals sein Oheim Christoph Bützow, Burgemeister zu Rostock, besessen habe, zu revociren. Nach v. Meding I, S. 91 starb das Geschlecht im J. 1666 mit Georg aus.

Ueber das Wappen der von Bützow sagt Latomus, es sei dem der Zepeline gleich. Das Wappen der von Zepelin ist nach ihm ein rechts hin schauender Thierkopf mit Hals; dieser Kopf im Zepelinschen Wappen hat nur zwei lange Ohren und keine Hörner, und ist, nach heraldischer Ueberlieferung, ein Eselskopf. — Die von Bützow treten als Gutsbesitzer und Contrahenten leider erst in einer Zeit auf, wo Heraldik und Siegelsculptur, wie überhaupt die Kunst, sehr gesunken waren, im fünfzehnten Jahrhundert. Die noch vorhandenen Siegel der v. Bützow sind sehr unklar, jedoch so viel ist noch mit Bestimmtheit zu sehen, daß der Kopf in dem Wappen zwei Hörner und zwei abstehende Ohren hat, im Gegensatze der heraldischen Angaben neuerer Zeit, wie von Mikrälius und von v. Meding, welche den v. Bützow, wie den Zepelinen, einen Eselskopf zuertheilen. Ueber die eigentliche Gestalt des Wappens giebt jedoch ein klares Document genügende Auskunft. Im Großherzogl. Archive zu Schwerin befindet sich nämlich ein Blatt mit sorgfältiger Zeichnung zweier alter Siegel, eines Dieterich Bützow und eines Claus Bützow, von dem Zeugnisse eines glaubwürdigen und kunstverständigen Mannes begleitet, nämlich vom schweriner Presbyter Heinrich Stolp zu Wismar, Kirchherrn der Kirche zu Lübow, welcher auch Vikar der Marienkirche zu Wismar war, dort wohnte, als Geschäftsträger der Herzoge in fürstlichen Diensten stand und z. B. in den Jahren 1512 und 1513 die

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herrschaftlichen Bauten am Schlosse zu Wismar leitete. Dieser zeichnet nämlich die Siegel folgendergestalt:

1) Wappen des Dieterich von Bützow: ein rundes Siegel mit einem aufrecht stehenden Schilde; der Schild ist quer getheilt; das untere Drittheil ist rechtwinklig quadrirt; im obern Theile steht der vor sich hin schauende meklenburgische Stierkopf mit Hörnern, abstehenden Ohren und abgeschlagener Zunge;

2) Wappen des Claus Bützow: im runden Siegel im untern Theile desselben ein links gelehnter Schild; auf dem Schilde liegt ein Schrägbalken oder ein von der Rechten zur Linken gelegtes Band, welches rhombisch gegattert ist; die Rhomben sind abwechselnd schraffirt und leer; über dem Schilde steht im Siegelfelde ein links gekehrter Stierkopf mit ausgeschlagener Zunge und einem Theile des Halses.

Unter diesen Wappen steht nachfolgendes Zeugniß:

  Dyderick Butzouw. Clawes Butzouw.
  (Wappen). (Wappen).
  Ick her Hinrick Stolp, kerkhere tho Lubouw, bekenne mydt desser myner handtscryft, dat ick by my hebbe verseghelt enen breff mydt twen szegeln, de is thokamende myner kerken Lubouw vorbat vnde is vorszeghelt dorch de szelighen Dyderyk vnde Clawes broder genant Butzouwen mydt eren eghenen szeghelen, de hyr bauen enthworpen stan na aller lykenisse, szo me dat in den szuluen szeghelen szen unde bekennen kan, dar ick aff do tuchnisse, szo bauen screuen mydt desser myner handtscryft.
  Ita est ut supra protestatur
    Hinricus Stolp
      propria manu
An  
Volradt Preen  
to eigenen handen.  

Daß die vorstehend beschriebenen Siegel sehr alt sind, scheint daraus hervorzugehen, daß sie beide verschieden sind.

Also führten auch die Bützow den Stierkopf mit einem Nebenwerke im Wappen.— Wenn ich mich nicht irre, so habe ich auch einmal ein sehr altes Siegel der Bützow gesehen, wie H. Stolp das des Dietrich Bützow beschreibt.

G. C. F. Lisch.


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13.
Eigenthümlichkeit der meklenburgischen Lehne.

D as meklenburgische Lehnrecht, welches sich einer ziemlich reichen Litteratur erfreut, ist bekanntlich von dem longobardischen und gemeinen Lehnrecht in vielen Stücken abweichend und hat mehrere Eigenthümlichkeiten, unter denen sich vorzüglich die Veräußerlichkeit und Verschuldbarkeit der Lehne hervorthun 1 ). Diese Hauptgrundsätze des heimischen Lehnrechts sind allgemein anerkannt; sie stammen unstreitig aus den ersten Zeiten der Verleihung der Rittergüter durch Verschmelzung bestehender slavischer Gewohnheiten mit dem eindringenden neuen Rechte der Sachsen. Auch diese Ansicht ist angenommen, weil alle Verleihungen und Veräußerungen in den ältern Zeiten darauf hindeuten. Aber es war bisher keine alte Urrunde bekannt, in welcher diese Verhältnisse klar ausgesprochen sind, weil die alten Lehnbriefe weggegeben (und sehr selten bei irgend einer Gelegenheit wieder zurückgereicht) wurden und mit dem Wechsel und Untergange der Besitzer und Geschlechter auf den Gütern nach und nach verloren gegangen sind; alte Concepte sind in den fürstlichen Archiven nicht zurückgeblieben. Endlich ist es gelungen, einen alten Lehnbrief vom Jahre 1317 zu entdecken, in welchem die Eigenthümlichkeiten der meklenburgischen Lehne alle ausgesprochen sind. Der Fürst Heinrich von Meklenburg giebt nämlich am 26. Julii 1317 den von Crivitz und ihren Erben das Kirchspiel Cladow und den Hof Critzow (bei Schwerin) mit dem Eigenthum (cum proprietate), mit der höchsten und niedern Gerichtsbarkeit, mit Beden u. s. w. zu einem ächten und gesetzlichen Lehn, mit der vollen Freiheit, dieses Lehn zu verkaufen, zu verschenken, zu veräußern und auf jede, weltliche oder geistliche, Person zu übertragen, so daß sich der Fürst von dem Lehn nichts weiter als den Roßdienst vorbehält.

Die Mittheilung der Urkunde 2 ), zu welcher sich im Fortgange der Forschung noch eine zweite ähnliche, in welcher der Fürst Nicolaus von Werle dem Ritter Johann Holstein 20 Hufen in Marin mit voller Freiheit zu Lehn giebt 3 ), gefunden hat, ist der eigentliche Zweck dieser Darstellung.

G. C. F. Lisch.



1) Ueber die Litteratur der urkundlichen Ausführungen, vgl. v.Lützow mekl. Gesch. II, S 419.
2) Vgl. Urk. Nr. XIV b.
3) Vgl. Urk. XIV a.
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14.
Beweinkaufung im Fürstenthume Ratzeburg.
Vgl. Jahrb. II, S. 143, Anm. 1.

D ie Form, in welcher die Beweinkaufung der Höfe im Stifte Ratzeburg geschah, verdient wohl den Freunden der deutschen Rechtsgeschichte ausführlicher bekannt gemacht zu werden, weil die Abhandlungen, welche das Trinken des Weinkaufes berühren 1 ), über jene Form nichts Näheres enthalten. Die Güte meines Freundes, des Rectors Masch zu Schönberg, setzt mich in den Stand, darüber folgendes mitzutheilen.

Zufolge der Acten über Heinrich Buschens zum Rodenberge (welcher den Kauf= und Uebernahme=Contract am 9. Jun. 1632 abschloß) heirathete dieser Bauer die Gesche Siebenmark, natürliche Erbin einer Bauerstelle zu Rodenberg 2 ), und erhielt er die Stelle sammt darauf stehenden Gebäuden, Pferden, kleinem und großem Vieh, nebst der ausgesäeten Winter= und Sommersaat für 800 Mk.,

"inmaßen darüber folgends ein nach Landes=Gebrauch öffentlicher Weinkauf mit Angreifung des Hutes auf die Stätte solenniter getrunken worden".

Die sonstigen Bedingungen sind hier unerheblich, das solenne Trinken des Weinkaufes geschah aber nach folgender:

"Formula et solennia, wie die Weinkaufe im Stift Ratzeburg bei den Aemtern Schönberg und Stove gehalten oder getrunken werden:"

Vorsprach: "Ich frage: ob es wohl soferne Tages sei, daß allhier ein öffentlich Weinkauf über dieß Erbe kann oder mag gehalten und bestättiget werden?"
Antwort: "Ja wegen der hohen Obrigkeit von diesem Orte kann solches wohl geschehen."

1) Vgl. z. B. die Abhandlung von I. C. H. Dreyer resp. C. Fr. Richter de differentiis juris Romani et Germanici in Arrhis emptionum. (Kiliae, 1747, 4.) p. XVIII not. r., p. XXIV seqq. u. p. XXXVI scqq. - Dessen: de usu genuino juris Anglo-Saxonici in explicando jure Cimbrico et: Saxonico liber singularis. (Kilonii, 1747, 4.) p. CCVII seqq., so wie die ältere: Fr. Jac. Widt Disp. inaug. de nummis bibalibus sive vom Weinkauf. Argentorati, 1667. 3½ Bogen 4" welche Dreyer nicht benutzen konnte und die sich besonders auf Mittel= und Süddeutschland bezieht,— sind von keinem großen Werthe.
2) Ueber das Dorf Rodenberg und die Rechte, welche die dortigen Bauern erhielten, vgl. die Urkunde von 1379 bei de Westphalen II. 2289, No. 137 und Schröder pap. Meklenburg S. 1534, so wie Masch Gesch. des Bisthums Ratzeburg, S. 281, 282.
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Vorsprach: "Weilen wegen meines gnadigsten Fürsten und Herrn durch Deroselben allhier Amtsdiener und gegenwärtigen Bevollmächtigten mir ist erlaubet worden 1 ), allhier über dieß Erbe einen öffentlichen und beständigen Weinkauf zu halten, und zu bestätigen, so thue ich solches in Kraft erlangten Urlaub zum ersten Male."
"Zum andern Male halte und bestätige ich über dieß Erbe in Kraft erlangten Urlaub einen öffentlichen und beständigen Weinkauf."
Vorsprach: "Wie oft soll ich diesen Weinkauf bestätigen?"
Antwort: "Zum dritten Mal."
Vorsprach: "Zum dritten Mal bestätige ich allhier und über dieß Erbe in Kraft e. langten Urlaub einen öffentlichen und beständigen Weinkauf, wie solches dieses Stifts Recht und Gewohnheit mit sich bringet."
Vorsprach: "Mag von diesem Erbe allhier wohl eine Verlassung geschehen?"
Antwort: "Ja !"
Vorsprach: "Hier verläßt N. N. als Verkäufer gegenwärtigem Käufer N. N. sein Haus und Hof nebst allen andern auf diese Stätte klein und groß Gebäude, Erd= und Nagelfest, Stender, Stücke, liegende Gründe, Aecker, Wiesen, Weiden, Rusch und Busch, In= und Ausfloten, so als es der Wind überwehet und es Verkäufer und seine Vorfahren hiebevor gebrauchet und genützet, zum ersten Mal! Zum andern Mal verlasset Verkäufer N.N. gegenwärtigem Käufer u. s. w." (wie zum ersten Male.)
Vorsprach: "Wie oft soll diese Verlassung geschehen?"
Antwort: "Zum dritten Mal."
Vorsprach: "Zum dritten Mal verläßt Verkäufer N. N. gegenwärtigem Käufer N. N. u. s. w." (wie zum ersten Male.)
Vorsprach: "Mag hier auch wohl wieder eine Auflassung dieses Erbe geschehen?"
Antwort: "Ja!"
Vorsprach: "So lasse und trage ich auf, Käufern N. N. Verkäufers N. N. nunmehro gewesenes Haus, Erbe und Hof, alle und jede Stücke, als es der Verkäufer öffentlich verlassen hat und gemeinet ist

1) Die Antworten ertheilte also der Gerichtsdiener oder Bevollmächtigte des Amtes.
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  worden, mit dem Bescheide: daß der Käufer N. N. von diesem Erbe auch seiner Obrigkeit soll jederzeit gleich und Recht thun und seinem Nachbar nicht übern Fuß seinen Scheidepfahl setzen, zum ersten Male."
"Zum andern Male lasse und trage ich auf, Käufern N. N. Verkäufers N. N. nunmehr gewesenes Haus u. s. w." (wie das erste Mal.)
Vorsprach: "Wie oft soll diese Auflassung geschehen?"
Antwort: "Zum dritten Male."
Vorsprach: "Zum dritten Male lasse und trage ich auf u. s. w." (wie das erste Mal.)
Vorsprach: "Ist mir ferner erlaubt diesen Weinkauf zu segnen?"
Antwort: "Ja es ist euch erlaubet!"
Vorsprach: "Weil allhier ist kommen Freund zu Freund als Käufer und Verkäufer, Gott freunde alle auf der Beiden gemachten Verkauf, segne ich diesen Weinkauf, den Gott schuf, der alle Dinge geschaffen, gesegne diesen Weinkauf."
"Zum andern Mal, weil allhier ist kommen u. s. w." (wie das erste Mal.)
Vorsprach: "Wie oft soll ich diesen Weinkauf segnen, daß er kräftig sei?"
Antwort: "Zum dritten Male!"
Vorsprach: "Zum dritten Mal ist hier kommen Freund zu Freund als Käufer und Verkäufer, Gott freunde alle auf der Beiden gemachten Verkauf, segne ich diesen Weinkauf, den Gott schauf, der Gott der alle Dinge schauf, segne diesen Weinkauf und ist von Adams Zeiten ein anderer Weinkauf gesegnet, denn dieser, so komme das Alte zu dem Neuen, daß er desto besser gedeye und die diesen Weinkauf mit trinken, denselben hilf gedenken und die ihn mit bebieten, daß er werde selig und reiche, und die ihn mit holdn, daß er auch mit soln,
   "Soln Weinkauf sol,"
   "Soln Weinkauf sol,"
   "Soln Weinkauf sol."

Möllen.

von Duve.

Vignette
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XI.

Brief=Sammlung.

 


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Nr. 1.
Schreiben des güstrowschen Domprobstes Zurpheldus Wardenberg an den Herzog Heinrich von Meklenburg.
D. d. Merseburg 10. August 1522.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

M yne gantz willige vnderdanige denste sin Juwen f. g. allewege trewlich boreyt. Hochgeborner furste, g. here. De wyle ick nach dem willen gades vp den wech na Rome my erhauen vnd vam Szunde gereyset bin, so ys my durch vlighe badeschop van myner moder nageschreuen, dat de vam Szunde mynen fruntligen leuen broder Jochim Wardenbergen weltlich ane jenige reddelyke orsake affgegrepen hebben vnd noch gantz swar vnd hart venklich holdenn, villicht in der meyninge, dat se sick vormoden, ick werde dar durch myne angehauene reyse vnd vorttoch vnderlaten, des ick doch to dhonde nicht gesynnet. Dennoch wolde ick gemelten mynen leuen broder sodaner gevenknyssen gerne entleddiget sehn vnde so vele my magelyck dar gerne vmme arbeyden; doch sunderliken vnd vppet aldermeyste hebbe ick vaste vorhapenynge vnd gude vorkostinge ock toflucht in dessem dhonde to Juwen f. g. also to mynem g. hern vnd fursten, gantz dinstlich vnd othmodichliken biddende (efft ick alle myne dage Juwen f. g. mochte hebben eilige annheme denste gedhaann, de wille j. g. itzunder behertzigen vnd gedenken), Juwe f. g. moge mynem armen broder vnd my in desser noethsakenn furstlike hulpe, rath vnd sthur dhonn, darmyt gemelt myn arme broder mochte entfryet vnd der gevenknyssen entleddiget werdenn. Wat vor mathe vnd wege dar tho wesen willen, kan vnd wart Juwe f. g., bet den ick in dessem valle, betrachten. Juwe f. g. wille my vnd mynen armen broder ock an den hochgebornen fursten vnd hern hern bugslaffen to Stettin,

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Pommern etc. . hertogen, Juwer f. g. fruntligen leuen ohem, mynen g. herrn, gnedichliken vorschryuen, dat sine f. g. ernstlich an de vam Szunde schryuen wolde, ick vorbede mynen broder vp erkentnysse syner f. gnadenn, ock vp Juwe f. g. met. Hefft myn broder etwas gedhann, dat vmbillich vnd vorbote wert is, myn g. h. to stettin vnd Pommern alse syn vnd myn landesfurste, ock Juwe f. g. met, schalen alle wege sine richter vnd tho aller billicheit siner mechtich syn. Juwe f. g. wille sick hir an alfe myn sunderlike gnedige here vnd fursthe gnedichlik ertegen vnd sporen laten; des vorbede ick my myt all den mynen na alle mynen vnd eren vthersten vermoge thiegen de suluige Juwe f. g., de ick dem allemechtigen gesunth bevele, willichlick tho vordenen. Datum in Merseburg am Dage Laurentii anno etc. . XXII .

  J. f. g.
     vnderdenige gewilliger Capellanus
    Zutpheldus Wardenberg,
    Prothonotarius, prawest vnd doctor.
Dem durchluchtigen hochgebarnen fursten vnnd hernn, hernn Hinrik, hertogenn to Megklenborg etc. ., mynem gnedigen heren.  

Nr. 2.
Schreiben des rostocker Professors Dr. med. Rembert Giltzheim an den Herzog Heinrich von Meklenburg.
D. d. Rostock den 30. Novbr. 1522.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Meynen vnderdenigen willigen denst tzovorn etc. . Dorchleuchter, hocheborner furste, g. h. De wile e. f. g. alszo gesteren hat lasszen vorfordern, van stundt an gein Gustro mich tzo vorfogende, do ich E. f. g. tzo wissen, meynen knechte vorloff habe gheben vnde itzidt nur eyn pfert habe; das selbige is mich auch nichts nutze auff dis mal. Ich habe E. f. g. nu eyn gany iar pferde, knechte vnde jungen ghehalten, haben mich wol LX gulden ghekostet, habe doch dar vor vnde

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vor myne moge vnde vorsumnisse keyne belonige erlanget. Was doch E. f. g. wol vordenet hette, eyn iar solt vnde myne hoffkledinghe, habe E. f. g. dar vmme gheschreuen, krige keyn antwordt noch van solde, billike vorlonige veler tzidt vnde reysen. Habe ich vorghenomen auß not, tzo hus tzo bliuen vnde myne lection vnde practike tzo warende; wil de selbigen LX gulden vor ein solt in behalden, mit weniger sorge vnde moge, myne nerige nach der tzeringe stellen, wente reysent an E. f. g. solt is keyn fortel, gifft mer schaden. Der da gerne tzo myr keme, saget der ander: was wiltu dar? Wen Du rneynst, has den doctor, szo is her ouer X milen. — Das git eyn nur schaden; habe ich offte gheklaget, vnde finde es in eynem ledigen butel. Bitte der haluen, E. f. g. wolte mich lasszen das meyne warten vnde sich mit eynem anderen doctor vorsein; ich mach vmme E. f. g. willen tzo keynen bettler werden; ich kan wol luden, E. f. g. habe eynen doctor vmme sust. Ich habe E. f. g. X iar ghedeint; ich weste kein erkleyt dar vor tzo bewisende; deyne ich eynem wantschnider VIII daghe edder XIIII, gidt mich wol szo vele tzo eynem eyngelschen rokke. Habe ich E. f. g. offte lasszen klagen; E. f. g. hadt wol kumen verhoren; wil eynem anderen das ghelukke obergeben. Kan wol vormerken, E. f. g. vormeynt, hette mich wol vorsorget myt der resignerter myner pharre; is war, wen mich E. f. g. vnde voget hette dar bighelassen, nicht vnbillich hette lassen phanden, vnde vnborliken vnde vnwenliken densten dem armen buren auffgelecht, darue noch des do (?), was hette ich mich musszen vormoden, wen ich de platte auff dem houede gehabt hedde vnde eren eyn dusent fl. vorbuwet vnde in schult ghesazt; mocht och nicht verlangen eyne tzidt van dem Cantzeler, dat ich mynes denstes hette mogen anich sin vnde gotte ghedenet vmme das leyn. Nu recht weß ich nicht vor eynen solt angheslagen; habe nu kein antwordt mogen erlangen. Ich sach doch nicht vele ander phaffen, de de E. f. g. helten wagen vnde pherde vnde knechte, vnde deten versumnisse des iren; habe wol ßo vele ghelert, alszo der eyn: habe ich szo vele nicht, mach noch tzosein.

Nu vorsteyt E. f. g. meyne menige wol, vnde bedanke mich tygen E. f. g., was mir tzo gute geschein. De wile den noch E. f. g. auff dis mal myt eynem doctor nicht vorsorget, mach mych E. f. g. scikken pherde vnde wagen; doch eynen wagen habe ich noch selbst. Wil dar komen vnde myt bringen, wes E. f. g. ghemal van

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noden sin wert. Vorhope noch, E. f. g. wert mynen truwen denst nicht vnbelonet lasszen; wen E. f. g. wert recht vmme denken, bitte E. f. g. wil disse selbige myne meynige, myr tzom besten, in vngnaden nicht auffnemen, wu ich vor geschreuen; die not fordert mich tzo myner neringe vnde myn weib vnde myn olter vnde wil got de meynen. Wes ich E. f. g. vnde den euren kan tho denste vnde willen sein tzo E. f. g. ghesuntheyt, schal mich E. f. g. alle tzidt gudtwillich befinden. Godt spare E. f. g. ghesunt, mynes vorbitens nicht van noten sei. Datum Rostock am daghe Andree ao. XXII .

  E. f. g.
     williger deyner
    Rhempertus Giltzheim,
    Doctor.
Dem dorchleuchten hocheborn fursten vnde hern, heren Henrichen, hertzogen tzo Mekelenborch, fursten tzo wenden, grauen tzo Swerin, Rostock vnde Stargardt der lande hern,  
mynen ghnedigen heren denstliken.  
In syne gnade eygen hant.  
(L. S.)  
Nr. 3.
Schreiben des güstrowschen Domprobstes Zutpheldus Wardenberg an den Herzog Heinrich von Meklenburg.
D. d. Rom 20. Decbr. 1522.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Durchluchte hochgebarn ffurste vnnd gnediger her. Myne vnuordraten steden densthe szyn J. ff. g. allewege voran boreyt. Dar negesth boghere ick der suluen J. ff. g. tho weten dath J. g. breue de dato Nornberg frigdagh na Dionisy dorch eynen prester Er Nicolaus Dalschen genant hyr yn Rome X Novembris my woll vorreket szyn, dar J. ff. g. bogert, de sake vpp Sunthe Peters kercken yntforderliheste mydt den ersthen vthterichtende, wo J. g. ock Mester Dauid dath sulue yn andern breuen schole screuen hebben. Darvpp bogher ick der=

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suluen J. ff. g. denstlich tho weten, dat Mester Dauid Brunszwick noch hyr tho Rome nycht gekamen ys, sunder he ys tho Bononien bleuen, vnde de sulue Bade hefft J. g. breue an eyne synem procuratori, de szyn hus vnnd szakenn yn bouell hefft, vorreket; de hefft ock de suluen breue an eyne na Bononie schicket. Und wowol ick J. ff. g. vnnd des suluen warues bun vnuorgeten weszen van anbogynne der ick vp Michaelis hyr gekamen bun, wente ick hebbe pawestliche hillicheit hyr vor my gefunden, wo J. g. werth horen, denn noch vmme des voruerlichen vnnd groten staruendes wyllen yn der pestilentien, de den gantzen szamer betthe her tho yn Rome szwerlich geduret hefft, vnnd darynne, wo me yntgemeyne secht, hyr bynnen by XXV dusent mynschen scholen gestoruen syn, hebbe ick nychtes vthrichten konen. Wente g. h. hyr yn Rome ys beth her tho nyn richte geholden yn der Roten vnnd de p: h: hefft ock de ferien affte vacantien vorlenget vnnd gebaden tho holdende vmme der pestilentien wyllen betthe post Regum schirsth kamende. Ock synt de Auditores Rote van hyr geflagen, dewyle twe van er yn der pestilentie vorstoruen synt. Roma ys schir leddich van luden: Alle prelaten, alsze Cardinale vnd Bisschoppe, ffursthen vnnd hern, sendebaden, ock de Romer vnde andere Curiales, de wes vormochten, synth alle buthen geflagen. Dar vmme g. ff. hefft nychts schen konen beth her tho, wowoll teghen mynen wyllen; anders scholde de sake na J. ff. g. bogher allenthaluen vor velen daghen vthgerichtet gewezen, wente J. g. warue scholenn myue warue syn, ock mer my tho harten ghan, den offte sze myck egentlich gulden. Jck hebbe ock twemall gescreuen an Mester Dauid na Bononien dorch de Fucker bank J. g. menynge, vnnd offte he dar na Regum bleuen wurde, dat he my myth den ersthen dat sulue ock der szaken, dewyle he de hyr fordert hefft, alle boschet scriue, dat na bogher J. g. tho handes als de audientien na Regum hyr warden angehauen, de sake moghe vthgerichtet vnnd de Executoriales erlanget warden myth erbedynge. Jck wyll dath gelt gerne vorleggen, J. g. tho densthe, szo lange Mester Dauid hyr kummeth vnd de mie dorch de Banck de Executoriales J. g. thon henden ane sumenth schicken. Vnde dar vmme bydde ick J. ff. g. my mochte myth den ersthen certificeren, wo lange na wynachten de bliuende warth tho Norenberge, de wyle szo me hyr secht, vppe thokumpstighen wynachten dhe Rikesdach ersthen schall beramet weßen, dat ick my dar vth moghe weten tho richten, vnde worynne ick hyr thorsteden J. ff. g. moghe annhame densther ertogen, szo hefft J. ff. g. hyr eynen wylligen steden dener.

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purder g. ff. vnd her dancke ich J. ff. g. wo ick hogesth vnnd aldermesth kan, dat J. ff. g. myner fruntschop tho trosthe vnnd eren latesth don myn Broder van deme Rade thom Sunde vmme mynen wyllen tegen goth vnd alle recht fencklich was gesettet, J. g. rath Diderick Flotouwen an den Radt thom Sunde, wo ich vorstha, hebbe geschicket vnd vmme erlosinge myns broders guetlich boarbeyden laten; dath myne fruntschop vnnd ich tegen J. ff. g. nycht weten thouordenen, wo woll de sulue Rath szodaner venckenisse vor gade vnd redelichen luden nummer mach bokanth weszen, wo yn synen tyden myt gotlicher hulpe schall befunden warden; vorhape, wyll den Radt myth rechte dar hen bringen, he schall my vnd den mynen szone vnd wandell dar vmme don mothen, wenthe g. h., alße hyr volget, ys dath fundamente myt der gantzen orszache.

Don de Steder tegen k. w. tho dennemarcken, wo J. g. weth, hadden den arlich vorgenamen, done nham de Radt vamme Sunde van allen Borgern den hundersthen pennynck alles gudes, den mosthen sze bringen by eren eden vppe de schotkamer. Szo lethen sze my alze den Archidiaken tho Tribzes vnd achte edder X van den aldesthen prestern thom Sunde vorbaden vnnd wolden nycht bedewys sunder alze gebedegers van my vnnd aller Clerisyen thom Sunde hebben van allen vnszen geistlichen renthen vnnd lenen, de wy bynnen deme Sunde ock yn deme ffurstendome tho Rugen hadden, van VI marchen eyne, dath was de VI pennynck, vnnd van alle vnszen andern geistlichen edder werlichen gudern den hundersthenn pennynck, gelich alze de andern leyen gegeuen hadden, wowoll myne Clerisye vnd ich na ereme vnbillichen vornemen scholden szovele mher beszwert werden wen dhe leyen, dat bauen den hundersten pennynck vnszer guder wy noch scholden van VI marchen renthen ene misszen vnnd en geuen, de sze doch myner Clerisyen vnnd my myth watth enthauen hebben vppe Johannis vnnd Michaelis beyde termyne vorgangen; wente ere borger, dar by de geistliche rente was, mosthen by eren eden dath bokennen vnd de soesthe marck en vorreken; vnd dyt gebot schach vppe Sunthe Jacobus auende yn byweszent Er Jpolitus Steinwerder karckherenn thom Sunde, de done vngeuerlich dar qwam, den ick mede by den suluen handell forde alze den karckhern vnnd ock doctor Otten myth den karckherrn darsuluesth. Vnd wowoll ick de Clerisyie vnnd my vth byllichen orszaken des rechten, dath en ock worth vorgeholden vnnd geleszen, vmme szodane schattinge entschuldiget hebbe, ock by groten pynen des rechten nycht konde

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edder mochte em wes tho seggen, sundher p. h., ock vnszer g. h. tho Szweryn wetent vnnd tholatent nha vermoge dersuluen rechte, denne noch hebben sze syck nycht gemeteget, ock de rechte vorachtet, vnde wolden flichtes vpp negestuolgenden Mandach, dat weren dre dage dar nha, ene entliche thosage zodaner schattinghe van my vnnd der Clerisye weten, myth anhanghe grotes drouwes vnnd varlicheyt an lyff vnnd guth myner Clerisyen vnd my, dar de tosaghe also nychten schege, wo dyt alle apenbar instrumentert vnd woll bowislich ys. Darume szovort hebbe ick myt der Clerisyen ilende twe prester an J. ff. g. tho Rostogk geschicket van J. ff. g. alze vnszes g. h. tho Zweryn vader vnd naturlige vormunder ock des Stiffts Clerisyen hanthauer hyr vp rath tho halende, ock hulpe vnnde trosth tho szokende, de J. ff. g., der ick ock dat hochlich bedanke, vns guetlich hefft mede delt, vnde densuluen geschickeden beualen, dewyle in deme Rykesdage noch nycht boslathen were vpp szodanen handell, szo scholde de Clerisye nynen schat geuen. Ock heft desulue J. ff. g. darumme an den Radt vamme Sunde screuen, wowol sze de forstlichen breue alsze plegen ghar rynge, wo yck vorstha, geachtet hebben. Jn myddeler tydt bun yck dorch gude frunde ernstlich gevarnet, dar de vorgenante tosaghe dorch my van der Clerisye wegen nychte schege, szo worde me velichte vpp den suluen mandach my vnnd den vormogensthen prestern thom Sunde enen aueruall dorch ere soldaten, de thor szee warth scholden, schen lathen. Vnde wowoll dat de ghedachten Er Jpolitus karckhere vnd szyn vnderkarkhere doctor Otto, den dyssze szake ock myth belangede, scholden szamentlich myt my vpp den suluen Mandach wedder by dem Rade weszen vnnd de tosaghe gedan hebben, Szo synt sze doch des Sondages thouoren allebeyde vam Sunde gereyszet vnnd hebben den Mandach nycht vorwachthen wyllenn. Dar vth yck ock ene bosze marcke genamen hebbe, velichte sze ock scholen gewarnet szyn, Alzo hebbe ick botrachtet, dat ere vnd erdelicheit ock de liberteten auertrede, alle gudt vnnd my, ock mynen slechte ene ewige makel geuen worde, dath by mynen tyden myne arme Clerisye were gekamen vnder des Rades thom Sunde tributh vnd boshattent tegen gotliche vnnd alle bescreuen rechte, ock my geuen mochte nynen rynghen vordreth, vnwyllen vnnd vorwyth by mynem g. h. tho Zweryn vnnd szyner gnaden Capittell yn thokamen tyden. Szo hebbe ick myt groter hasth myn dynck geflegen, wo yck besthe konde, vnde vppen Mandage morgen tüschen dren vnd veren, don idt alrede apenbar dach was, myt achte perden vth myme

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husze gereden na Rome. De wyle yck done mynen broder by my hadde, ere yck vth mynem husze reth, vnd myn hus ock scheffte vnnd warue ene yn bouel gaff, szo schickede ick ene tho dem portener, de de slatele thor porten hadde, vnd leth bydden, dat he de porten, de doch hadde tho handens vpedan worden, de wyle ydt dach vnd yn deme ouwesthe was, mochte vpdon, wente myn Offitiall van Gustroue her Johann Vertze, den ick done vorscreuen vnd by my thom Sunde hadde, mosthe ilende vmme myne marcklichen warue ryden; yck wolde myn vthreysent deme porthener nycht vorwitlichen vnde szande em by mynen broder enen grosken tho dranckgelde. Alzo bun ick yn deme name gades suluesth gereden myth achte perden ymme schynbar dage vnd vele burwagen hebben alrede vor der porthen geholden, de vorth hen yn de stath vorden. Jck bun ock nycht eyn varndell weges gereden, ys de sunne vpgeghan, szo ick myth achte personen, de by my weren, ock der portheneren vnnd czyngeleren wol kan botugen. De wyle nu des Rades boshe vornement, wo bauen nych na eren wyllen vortgynck, vnde sze syck ock vmme deswyllen, dath ick en de wyle yck Administrator was, myme g. h. tho Zweryn vnnd synen gnaden kercke vnd Stichte tho grothen nadele vnd voruanghe dat genne, dat sze van my vorhapeden, vnnd besunderghen de Vere by Bysdorpe yn dem bore nycht wolde gunnhen vnd nhageuen, ock de Jurisdiction myns g. h. gantzs vnder den voth treden, an myner personen nycht konden werrhen, Szo hebben sze ene valsche vnd vnrechtdanige orszaken tegen mynen armen broder vorgenamen vnd den suluen wo enen deff vnnd morder vth der enen venckenisszen yn de ander geworpen, Hyr vmmhe dath he ere porthen by nacht slapender tydt, dar sze de warheyt sparenn, hadde apenen lathenn vnnd my wech gehulpen, dar dorch sze werenn sunder antuert vnnd thosaghe van der wedder goth unnd recht bogherde schattinghe gebleuen: Szo scholde myn broder der weggen szodane schattinghe van der prester weghenn botalen, vnde ock dar vmme de porten geopent weren, deme Rade dath vorbothen vnd vorschaffen, dat de arffzake Henninge Busck clerikes, de hyr tho Rome yn pawestes richte vnd yn der Rothen, dar hen dath wedderparth doch suluesth appellert vnde yn dat sulueste richte hyr myth synem ede dorch eren sundergen procurator bewilliget hefft, wo de achte des Richters hyr klarlich bowiszen mochte, gedempet vnd wedder vor den Radt thom Sunde gewiszet werden, gelyck affth myn broder P. H. yn venckenisse hadde vnd syne hande sluthen konde, wo woll myn broder der suluen saken van anbogynne nychtes hefft tho donde

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gehat, ock darvan nyn vorstandt, dewyle he eyn vngelerder slicht leye ys. Wo byllich, redelich vnd cristlich dat de Radt thom Sunde hyr myth geuarn hefft, mach J. ff. g. hyr vth erkennen vnde vorsthan, denne noch dat myn broder dorch des Rades dwanck, wolde he anders vth den vencrenissen kamen, desuluen artikele heffth vorsegelen mothen yn enem vnduchtigen orpheides breuen, dar van myt der tyth, wyll goth, ick ock myth dem suluen Rade warde tho donde hebben vnd alle dysszen handell myt andern vnbillichen stucken, de desulue Radt wedder erhe Clerisye thom Sunde mothwillich vaken geaueth hefft, ock by mynen tyden, alze yck Administrator vnd Archidiaken tho Tribzes geweszet bun, in publico consistorio vor pawest: hil. vnd allen prelaten klegelich vpbringhen vnnd vorgeuen lathen. Vorhope my szyne hylli. warth recht vnd hulpe yn byllichen orszaken my nycht weigerende. Hyr vmme wolde ick ock J. ff. g. alsze mynem g. h. othmodich bydden, wo yck ock vorhen gedhan hebbe yn mynen breuen vth Halle, dat de sulue J. g., dewyle dyssze szaken de Clerisye betreffen, de J. ff. g. van wegen myns g. h. tho Zweryn plichtig ys, tho bescharmende, mochte mynes g. h. ock myne arme Clerisye thom Sunde vnd der gelichen myne armen frunde yn J. g. schut vnnd boscharmunge nemen vnnd beholden, vnnd dar de suluen myne frunde J. ff. g. geleide yn eren landen worden behoff weszen vnd sze by J. ff. g. darvmme vorderunge deden, affte de Rade van dem Sunde en wider aueruall don worde, de sulue J. ff. g. szodan geleide vppet allergnedigesthe den suluen mynen frunden ock deneren gunnhen vnnd geuen mochte; ock dar myn broder myt syner fruntschop noch handeln mosthen myth dem Rade thom Sunde szo velichte schen mochte vnde vmme J. g. kentzeler mynen sundergen hern vnd frunth Caspar Schoneken yn J. g. namen by en tho stande bydden vnd begeren worden vp ere kosth vnnd teringe, dat J. ff. g. mochte dar vorgunnen vnd den kentzeler dar tho vermogen, dat wyl ick alle wege myt mynen wylligen vnd vnuordraten densten tegen J. ff. g., wor ick kan, vordenen vnd tegen mynen sundergen heren vnnd srunth den kentzeler wyllich vorgelichen, deme ick ock yn bybunden breue dar vmme gewscreuen hebbe.

Datum Rome Jn Vigilia Thome apostoli Anno etc. . XXII.

Jn Jngelechter cedel wart J. ff. g. vynden de nye tydinge de hyr nu vorhanden ys.

J. ff. g.
williger Capellanus
Zutpheldus prepositus Gustrouiensis etc. .,
doctor.
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Nachschrift auf der innern Seite des Couverts.

Gnedige forste vnnd here. Hyr by ys ock eyn breff an J. g. kentzeler Caspar Schoneckenn gebundenn vnnd yn sinem affwesen an J. f. g. gescreuenn; dar de kentzeler by J. g. nicht were, szo bydde ick demodichliken, J. f. g. mochte synen breff, den ick an ene gescreuenn hebbe, vpp dhoenn vnnd leszenn, ock eyn rynge werff, dath ick an den kentzeler vorscriue, J. g. latenn gnedichlick beuholenn weszen, dath szodane werff dorch J. g. hulpe vppet fordelikste mochte vtgerichtet vnnd wedderumb an my geszanth werdenn, nha inholde desszuluenn breves.

Vhurder g. f. vnd here hebbe ick vorstaen, dath de Radt vam Sunde my scholenn szeher vorklachtet hebben dar nha, alsze ick wech gereyset byn vor mynem g. h. tho Pommeren vnnd velichte wedder de warheydth my beschuldiget; hir vmme wolde ick J. f. g. dennstlick vnnd othmodich byddenn, dath J. f. g. mith der warheydt, wo myth my gefharenn ys, by mynenn g. h. tho Pommeren scrifftlick my mochte enthschuldigenn. Velichte sine f. g. mach mhenen vthe der vamm Sunde anfhorendt, wo ick gitze, dath ick vor sine gnadenn yn der arffszake van wegenn henningck Buscks mynes frundes, dewyle sin f. g. de slytenn wolde yn frunthschop, nicht erschynenn dorfte. Jck was gantzs gefrowet dath sine gnade de Sake suluest horen vnd nha vormoge der rechte slyten wolde, Thwiuel ock nicht, desulue Sake hatte wol eyne gude entschop ghekregenn; ouerst dewyle in myddeler tydt de wedderpardte, also Clawes Bolte vnd syn huffrowe, ethlike famosos libellos vnd schandtzedelen thegenn de Rychter tho Rostke, ock my vnnd myne frundthschop, de my an myn ere vnd gelynpe treden, vnde dar nha thwe myner Badenn van Rome bovhededen, vnnd myne breue wo J. g. wedth (de ock breue vnd Jura dar mannk hadde) vp brekenn vnnd affhendich makedenn, vnd ynth lateste de Borgemeister vnd Radth thom Sunde, de ock densuluenn Bolten (vylichte vmme syner gyffth willen) handhauenn vnnd helpenn starcken, my nha lyue vnd gude stunden vmme der vmbyllickenn boschattynge willen ouer de Clerisyghe wo bauene, szo heffth de vterste nhoeth my vorderth, dath ick szunder vorloeff myns g. h. tho Pomeren vnnd syner gnadenn wethendt dar van gethagenn byn, vmme myn ehre vnnd gelymp tho beschermen, ock szodane vnkristlike daeth thegenn my gheoueth tho rechtferdegende. Byn ane allen thwieffel, dar myn g. h. tho Pommeren dorch J. f. g. myth der warheydt alszo vnderrichteth wurde, syne gnade worde my vhoghe vnnd recht geuern, vnnd wes me my nicht louenn wyl, dath werden her ypolitus

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Steinverder vnnd doctor Otto bauengenandt myth apenbarenn Jnstrumenten dar vpp gemaketh woll bethugenn.

Dem dorchluchtigenn vnnd hochgeborenn Fursten vnnd hern herrn Hinrick, Hertogen tho meckelnborch, forstenn tho wendenn, Graffenn tho Zweryn, Stargarde vnnd Rostock etc. . der lande, ock mynem g. h. denstlick screuen, Vnnd yn syner f. g. affwesendt an hern Caspar Schoenecke in Norenberge edder ynth Landt tho Meckelnborch, wor syne gnade ys.  

Das Siegel ist ein antiker geschnittener Stein.

Nr. 4.
Nachschrift zu einem Briefe des Usedomschen Archidiakonus Hippolit Stenwer, Pfarrherrn zu Stralsund, an den Herzog Heinrich von Meklenburg.
D. d. Stralsund 21.Junii 1523.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Ock g. h. vnd furst, also ick am lezsten J. f. g. van wegen der gantzen Clerisie hir tom Sunde etliken vorlopenen losen monneke haluen, der sick hir vth velen enden vnd landen vorlpen, hir itzundes vorsamelen vnd gantz vele vnbillikes vnd vncristlikes, dat ock vnsen g. h. van Swerin mercklich betrefft vnd to nadele langet, prediken vnd dem gemenen manne invilden etc. ., eme ene gnedige vorschriffte belangen leth, dar vp my denne J. f. g. dem to antworde screff, dat J. f. g. vorfruchtbarliker vnd nutter ansege J. f. g. statlike rede derhaluen to schickende, dede ock in enem gantz kortten hir scholden tor stede kamen, dat villichte vth velen anderen treffliken forstliken handele vnd behinderinge betherto vorbleuen. So dat sick middeldertidt hir mennigerleige gar grote ferlike vpror vnd wedderwillicheit begeuen vnd . . . gent iß, derwegen nochmalß myne gar demodige flitige bede in namen gantzer Clerisie J. f. g. vns allen so gnedich vnd gunstich sy vnd ene vorscriffte na lude hir mit togeschickeder copien efft ener anderen bettern formen, wo dat J. f. g. best gefallet, vnd vns dar mit nicht lenger vpholde, den idt itzt

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hochge tidt iß vnd befruchte my, so J. f. g. dat itzt nicht dede, mochten vele andere wege vnd mathe gesocht werde, dat villichte mynem g. h. van Swerin afdrechtich mochte sin, wo ick dat J. f. g. nicht itzt scrifftlich vormelden mach. Darvmme noch gantz flitigen biddende, itzundes disse vorschriffte nicht to weygerende, sunder gewißlich in der besten formen by Jegenwerdigem weddervmme mitsampt der copien auertoschickende; dat wil ick vmme J. f. g. na mynem hogesten vermogen gantz vnderdenichlich willich gerne vordenen. Datum vt in litteris (Sundis am dage albani martiris im XV c vnd XXIII Jar).

J. f. g. vnderdenige willige dener          
Jpolitus Stenwer,
archidiaken to vßdum.
Dem durchluchten hochgebornen fursten vnd hern, hern Hinrichen, hertogen to Meckenborch, etc. . sinem gnedigen hern vnderdenichlich.
   Jn siner f. g. egene hanth.
 

Nr. 5.
Schreiben des güstrowschen Domprobstes Zutpheldus Wardenberg an den Herzog Heinrich von Meklenburg.
[D. d. Rom 1525.]
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Mitto etiam nouitates de nouis Insulis in India per classem Imperatoris repertis, que nouitates nuper ex Hispania huc venerunt. Est etiam hic publicus rumor, quod Rex Frantie saluus et sine aliquo impedimento perductus sit ad presentiam Imperatoris in Hispaniam, ubi papa misit Legatum de Latere Reuerendissimum dominum Cardinalem de Salinatis cum multis magnis viris, quia erit ibi magna congregatio Regum et principum, (ut fertur). Iuit etiam Mater Regis Frantie, et ejus soror, pro pace confitienda. Hic dicitur de certis matrimoniis contrahendis inter Imperatorem et Reges predictos

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et liga ac foederibus ineundis. Tamen adhuc non venit vera certitudo; postquam advenerit, scribam omnia, De Turcha et partibus Orientis nihil omnino habemus, et tota Italia est in bona quiete ac sine bellis et peste; vina etiam et grana optime creuerunt et bonam habundantiam habemus, de quibus omnibus deus sit benedictus. Forte audiuistis, qualiter dux Lotringie cum copiis ab aliis principibus vicinis sibi missis in tribus conflictibus interfecit ultra triginta quinque milia rusticorum martinianorum et aliquas ciuitates circa Argentinam a dictis rusticis cum consensu et conniuentia consulatus et civium ibidem occupatas recuperavit et consulatus earundem civitatum et omnes martinianos cives, qui dicte secte adheserunt, decollari jussit. Ita retulit mihi nuntius Coloniensis, qui venit hiis diebus ab istis locis, et quod omnibus rusticis in superiori Alemania auferuntur arma et prohibentur sub pena capitis nulla arma reemere, portare aut domi habere, et rediguntur in maiorem seruitutem, quam unquam fuerunt. Ita oportet fieri etiam in partibus nostris, ne erigant cornua. Scribitur mihi de partibus ab aliquibus, quod rumor sit ibidem, papam esse repulsum ab urbe per Imperiales, et quod hic secta martiniana et in Italia maxime vigeat. Nihil horum omnium verum est; imo Caesar scripsit Capitaniis suis per Italiam, quod obediant Pontifici Maximo in omnibus et per omnia, et quicquid ipse mandat aut fieri velit, hoc exequi debent. Et nomen Lutherianorum ita estodiosum hic, quod maximo supplicio afficietur, qui de illa secta aliquid loqueretur. Melius providerunt rebus suis Principes Italie quam Alemanie, respicientes a longo, quid sequi volebat, quod nostri Alemani non aduerterunt. Et dubito (?) priori mala propter blasphemiam in deum ac ejus matrem et sanctos sequentur, etiam contra majores, ad quos pertinebat comprimere et reprehendere illas blasphemias.

Videtis in ista Epistola de novitatibus In die, quod per crucem christi in partibus orientis apud infideles fides catholica crescit; miracula fiunt et bona omnia ipsis proveniunt. In Germania crux blasphematur, comburitur, conculcatur et ergo omnia mala sequuntur, quorum finem deus novit.

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Nec credo, mala huiusmodi finem habitura, nisi a tali perversa secta omnes respuerint et dignos penitentie fructus fecerint, quod illis concedat omnipotens.

Dieses Schreiben ist ohne Datum, Unterschrift und Siegel, und wahrscheinlich als nachträgliche Einlage eines andern Briefes zu betrachten.

Auf der Rückseite des Blattes steht:

Novitates pro domino Principe Henrico.

Diesem ist von der Hand des Kanzlers C. von Schöneich die Jahreszahl [15]25, so wie folgende Notiz beigefügt:

"durch zutpheldum gesant von der luterischen lere".


Nr. 6.
Handschreiben des Kurfürsten Johann des Standhaften von Sachsen an den Herzog Heinrich den Friedfertigen von Meklenburg.
D. d. Torgau 17. Junii 1527.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt = Archive zu Schwerin.

Hochgeborner furst, freuntlicher lieber swager. Ich habe deyner liebe schreiben vorlessen vnd freuntlicher meynung vorstanden, vnd ich hore nir gern deines brudern hertzog albrechts thoricht beginnen: es were auch besser vnderlassen gewest; aber ich habe almentage gehort vnd yst ein sprichwort: narenspil wyll raum haben. Jch wil aber deyner bit freuntlichen gedencken sein, so wyrstu dich als der weise woll darynen zu halten wissen, welchs ich d. l. freuntlicher meynung nit habe wollen vorhaltenn. Die alte herczogin von gulich yst am nechsten mitwochen von myr alhir wegk geczogen. So hette ich dyr gern die hemfahrt meines sons geschickt, so yst es noch nit yn die schryfft bracht, aber so baldt es geschrieben, so wyll ichs d. l. zcuschicken. D. l. freuntlichen zcu dienen byn ich geneit, als meynem freuntlichen lieben swagern vnnd vortrawesten freundt (vale et me ut soles ama). Do mit got beuolen mit alle dem, das dir liept yst, vnd ich beuill mich got vnd d. l. als meynem freuntlichen lieben Swagern. Iterum vale. Geben zcu Tor=

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gaw am montag nach trinitatis anno dni. XV C vnnd ym XXVII Jare.

  Hans Herczog zcu Sachssen K.     
(Monogramm.)
Dem Hochgebornnen fürsten Herrn Heinrichen hertzogen zu Meckelburg, etc. . vnserm freuntlichem lieben ohemen, Schwager vnd bruder.
   Zu seiner lieb hannden.
 

Nr. 7.
Schreiben des Rothgießers Peter Vischer zu Nürnberg an den Herzog Heinrich von Meklenburg.
D. d. Nürnberg 25. Januar 1529.
Vgl. Jahrb. III, S. 159.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Durchleuchtiger, hochgeborner Furst, gnediger her. Ewrn F. g. seyn mein vnthertanig willig diennst zuuor. Gnediger her. Mich befremt seer, auß was vrsach e. f. g. die gegossenn arbait nicht lest fodern vnnd weckfurenn, dan sy gefertigt ist gewesenn mit aller zugehörung, do e. f. g. pot gegenwertig ward, vnnd ligt schon ein Jar lang zugericht. Jst mir grosse kostung darauff gangen; das khan E. f. g. selbs wol ermeffen. Derhalbenn mein bitt an E. f. g., wolle solchs werck verordenen zu e. f. g. gefallen, wo es dan hin gehört, vnnd mir gelt schickenn auffs furderlichst; will ich vmb e. f. g. zu uordienen geflissenn altzeit erkant werden. Hiemit e. f. g. in aller vntertanigkait befolhenn. Geben zu Nurmberg an Sant Paulus tag Conuersionis anno XXIX.

  E. F. G.
williger
Peter Vischer, Rotgiesser,
Burger zu Nurmberg.
  Dem Durchleuchtigenn, Hochgebornen
Fursten vnnd Herren, Hern Heinrich,
Hertzog zw Mechelnburg, etc. .
  Meynem gnedigen hern.
       (L. S.)
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Anm. Auf dem runden Siegel steht ein ausgeschweifter Schild, auf dem der ganzen Länge nach eine Stange steht, auf welcher zwei von einander gekrümmte Fische stecken.

Nr. 8.
Schreiben des rostocker Professors Dr. med. Rembert Giltzheim an den herzogl. meklenburgischen Secretair Michael Hildebrand.

D. d. Lübeck 8. Februar 1531.

Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Mynen fruntliken grot myt erbedinge alles guden, leue Michel, is myn fruntlike bede, willen my tho wolgefallen vorbidden van mynem g. h. hertoch hinrik eyn geleyde vor mynen swager Mester Johan Perpers, Domhern tho Lubeck, moge fri reysen vnde wanken in syner f. g. landen, vp pergamen myt eynem anhangende seggel, dar by eyn Pastat (?) in der besten forme; wes dar vor schul in de Cancelli, wil ick synent haluen godtliken betalen, vnde dat suluige vmme mynen g. h. alle tydt willig vorschulden. Des gelick begere ick ock van mynem g. h., szo dat sin f. g. my dar in erkenne vor sine f. g. deyner myt der besten forme; de domheren hebben hir neyn rum; me wil van one hebben seggel vnde breue, edder in dat gevenkniße, dar de monneke sitten. Jck befrochte my, hir vmme wert noch eyns gande werden, vnde nicht alle wedder van eyn ander; wen et me lange genoch gebockstauet hefft, szo lest me dat na thohope. Vnde alle desuluigen, de dem rade in deynste vorwant, süt me ouel an, dat idt dar io eynen dros hebben wolde, worde ick mynen denst vpseggen, vnde vorde seggen: p. nderate (?) na rostock. Willet my sodans by mynen g. h. vp dat flitigste vorsoren vnde by dem Canceller; ick twiuel nich, den myn g. h. wert my mynes olden denstes laten geneten vnde myn g. h. sin. Wes gy dar vor begert in de Cancelli, schriuet my, wil ick danckbarlick betalen, is ock myn beger, willet my vor mynen swager mester Johan perper vnde ock vor my verordent, myt dem ersten, is myn fest touorsich, willen myt egener gewisser bodesscop an my laten belangen; schriuet my, wes dar vor schul, wil ick dem boden

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vorreken vnde syne belonige dar beneuen vor den wech. Jck twiuel nicht, dat gy werden iw hir in mit den flitich vnde gudtwillich ertegen. Wi sin hir bose; vnse bussen vnde wagenborch sin alle vp dem platz; sein ouel vth nach dem kayser vnde nach dem dom thorme; godt geue vns sinen frede. Datum Lubeck middeweken nach Blasii, do me tho Lubeck alle dat suluer, kelleck, pittenen, putfical, hilgen vnde der geliken vth dem dome hefft wech gehalet; wat dar nu vor gotzen werden aff gemaket ? froch werden noch midde deylhafftich werden, de dar stadern (?) in affghesneden hoszen myt langen speten. Jck sende jw by her Valentin welcke kleyne keys; latet jw nicht vorsmaden, szo lange de groten vpwassen. Mynem g. h. mynen denst.

  Doctor R.
Dem vorsichtigen Michel Hillebrandt, mynes g. h. hertoch Hinriches von Mekelenborg Secretarien, mynem gunstigen guden vrunde.  
Siegel des Dr. Rhembertus Giltzheim: auf einem Schilde ein Anker und darüber die Buchstaben: R. G.

Nr. 9.
Schreiben des Herzogs Albrecht von Meklenburg an den Canzler Caspar von Schöneich.
D. d. Gadebusch 27. October 1534.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Von gots gnaden, Albrecht,
     herzog zu Megkelnburg etc. .

Vnnsern gunstigen grus zuuorn. Erbar, lieber getrewer vnd rath. Wir wissen euch gnediger meynung nicht zu bergen, das wir vom rath zu Lubeck wol so uill vormerken, auch wir vermittelst gotlicher verleihung so uill bey Jnen erhalten wollen, das der hochgeborn furst vnser lieber Bruder, her Heinrich Herzog zu Megkelnburg, entwedder das khonigreich Szweden oder Denmarken bekhomen khönnen, wiewol vns von Jnen, wan das reich

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Sweden erobert, von beiden eins zu erwelen, laudt sigel vnd briefe zugelassen, welchs wir dan in zweifel sein, sein l. vns auch gern gönnen, wie wir dan solches hiebeuor seiner lieb der wale halben bericht haben. Darumb wir wol leiden khonnen, auch ganz gern sehen, dafor auch getrewlich vnd bruderlich rathen, s. l. ein solch zustehend gelück dismals nicht abslahen möchte, dan bedenke, wie so gar leichtlich s. l. vnd vns beid thunigreiche in vnser hende zu bringen sein weren, Auch welhermassen vnser beider seits landtschafft, fur nemblich auch die eltesten vnser rethe jetzo zu Gustrow disfals fur zusagung vnd erbietung gethaen, welchs alles s. l. vnd vns beider seits, vnser iungen herschaft vnd vnsern landen vnd leuthen zu ihren trost, wolfarth vnd gedeihe gereichen khan. So gesynnen wir an euch gnedigs vleisses, ob seiner lieb solche sachen furstiesen, Jr wollet zuuor vfs noturftigst mit seiner l. daraus redden vnd dahin bewegen, damit dieselbig solches nicht ausgeslagen vnd angenomen hette, vnd s. l. mit sampt derselbigen hern vnd freunden, Landtschaft vnd vndirthanen vns hilfflich vnd beistendig erscheinen wolte, damit man das khonigreich Denmarken, welchs doch meheren theils eingenhommen, erhalten moge, damit man desterbaß Szweden erobern möge, dan aus vrsachen, aus Denmarken mus man szweden eroberen. Euch hirin beflissen erzeigen, auch in geheim halten, seind wir dasselbig jegen euch widerumb furnemblich in genaden zu erkennen gneigt. Datum Gadebusch Dinstags nach vndecim milium virginum ao. 34.

manu ppria.
Dem Erbarenn vnnserm Hauptman zu Domitz, rath vnd lieben getrewen Casper von Schöneichen, Canzler.  
(L. S.)  

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Nr. 10.
Schreiben des Herzogs Albrecht von Meklenburg an die Herzogin Elisabeth von Braunschweig=Lüneburg.
D. d. Schwerin 20. Oktober 1533.
Vgl. Jahrb. III, S. 154.
Aus dem herzogl. braunschw. Landes=Haupt=Archive zu Wolfenbüttel
mitgetheilt
vom Dr. Havemann zu Ilfeld.

Unser freuntlich dinst und was wir liebs unnd guts vermogenn allezeit zuvor. Hochgeborne Furstin, Freuntliche liebe Mumhe, Wir vermeldenn E. L. mit frolockung unsers gemuts, das Gott der almechtige, dem wir hochlich dancksagung thun, die hochgeborne Furstin, unser freuntliche Hertzliebe gemahell, Fraw Anna, Geborene Marggraffin zu Brandenburg unnd Hertzoginn zu Meckelburg etc. ., Jtzo vergangenn Dingstage nach Dionisy 1 ), gleich umb sechs schlegenn, Jrer frawlichenn burden genedigklich unnd glücklich entledigtt unnd Eine Junge Dochter und Frewlein, derselbenn alle Glythmass, nach menschlicher bittung (Gott lob) wolle gestallt, mit sampt unnser freuntlichenn liebenn Gemahell, gantz frysch unnd gesundt ist, begabet unnd zur wellt bracht hatt, Welchs sich auch sonder zweiffels E. L. mit unss unnd unsser Freuntlichenn liebenn Gemahell Auch hochlich erfrewenn werden. Deweill wir dann willens, vermittelst Gottlicher verleyhung dieselbige unnser Junge Dochter unnd Frewlein Auff den Sonntagk nach Katherine schirst khomendt, nach Christlicher ordenung der Tauffung, dem hilligenn Sacrament, bringenn zu lassenn: Szo ist unnser gar hochlich unnd vleissigk bittendt an E. L., Sie wollenn allhier zu Szwerin Einkhomen, unnd dieselbige unsser Junge Dochter volgenden Sontags zu Christlichem gelauben, unnd der Tauff, neben andern unsern hern unnd freunden, die wir auch freuntlich darzu gebetten, hellffenn Bestettigenn Und sich hierin Unabschlegugkh unnd freuntlich erzeigenn, wie wir uns dass gentzlichen zu E. L. vertrosstenn


1) d. i. 14. Oktober 1533. Diese Tochter war Anna, nachherige Herzogin von Curland, deren Geburtstag bisher fälschlich auf den 6. October angegeben ist. — D. Red.
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unnd versehenn. Dass sindt wir umb E. L. Jnn Euren solchenn unnd vill Mherern Freuntlich zuverdienen geneigtt. Datum Swerin Monntags nach Luce Evangeliste Anno XXXIII° .

  A. H. Zu Meckleinborgk etc. .
manu propria.

Nr. 11.
Schreiben des Herzogs Albrecht von Meklenburg an die Herzogin Elisabeth von Braunschweig Lüneburg.
D. d. Schwerin 2. Januar 1534.
Aus dem herzogl. braunschw. Landes=Haupt=Archive
mitgetheilt
vom Dr. Havemann zu Jlfeld.

Unnser freundtlich dinst und was wir mher liebs und guets vermogen zuvorn. Hochgeborne furstin, freundtliche liebe Schwegerin und gefatter. Dem Jungsten abschiede nach, den wir mit C. L. habenn genomen, bey dem Hochgebornen fursten, unserm freundtlichem lieben Ohemen, Schwagern unnd gefattern, E. L. herren und gemahel, die sachenn E. L. bewusth zu verfürdern, Jst unser freundtlich bithe, E. L. wollen uns bey gegenwertigem unserm diener zueschreyben und verstendigen, was E. L. ansprüche haben, dann E. L. vill freuudtliche willfarige dinst zuerzeigen sein wir gantz willig und geneigt und wunschen E. L. hiemit ein glückhsäliges Neues Jare. Datum auff unserm Schloss Schwerin am freytag nach des neuen Jars tage Anno XXXIIII .

  A. H. zu Meckleinborgk etc. .
manu propria.

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Nr. 12.
Schreiben des Herzogs Albrecht von Meklenburg an die Herzogin Elisabeth von Braunschweig=Lüneburg.
D. d. Schwerin 9. Junius 1534.
Aus dem herzogl. braunschw. Landes=Haupt=Archive
mitgetheilt
vom Dr. Havemann zu Ilfeld.

Unsser freundtlich dienst und was wir liebs unnd guts vermogen allzeit zuvorn. Hochgeborne Fürstin, freuntliche liebe Muhme, Schwegerin und Gevatter. Nachdem dann Gott der Allmechtige Am negstvergangen Dornstag nach Trinitatis 1 ) E. L. mith einer Jungenn Tochter unnd frewlein gnedigklich begabtt unnd beraten, auch Ihrer frawlichen geburth mit gnaden enttleddigt hat, Welchs wir unns mit sampt der hochgebornen furstin, unser freuntlichen hertzliebsten Gemahl, Frawen Annen, gebornen Marggravinnen zu Brandenburgk unnd hertzoginn zu Megkelburgk u., E. L. freuntlichen lieben Schwester, hochlich erfrewt, Mit wunschung, von hochgedachter seiner gottlichen Barmherzigkeit, E. L. viel gluck unnd heills, Unnd dieweil unns dann der hochgeborne Furst, unser freuntlich lieber her Oheim, schwager unnd Gevatter, herr Erich, hertzog zu Braunschweigk u., E. L. hertzliebster herr unnd Gemahl, derselben E. L. Jungen Tochter die heilige Christenheit zuverhelffen, Auch obbemelte unser hertzliebste Gemahl, mith zubringen, E. L. mith Ihrer lieben freuntliche underredung zuhaben, unnd derselben froligkeit helffen zuleisten, freuntlich gebeten, Wollen wir E. L. freuntlich nicht bergen, das wir solches zuthunde geneigt, unnd negst gottlicher verleihung auf die Zeit, vonn seiner lieben benannt, gern erscheinen wollen, Dann wussten wir E. L. unnd derselben hertzliebsten herrn unnd Gemahl Inn dem unnd anderm viel angenemige und wilfherige dienste zuertzeigen, seint wir geneigt. Datum Swerin dinstags nach Corporis Christi. Anno XXXIIII° .

  Vonn gots gnaden Albrecht, hertzog zu Megkelburgk, furst zu Wenden, Grave

1) d. i. 4. Junius 1534.
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  zu Swerin, Rosstock und Stargardt der Lande herr.
  Manu propria.
Der hochgebornen Furstin unser freuntlichen lieben Muhmen, Schwegerin und Gevattern, Frawen Elisabet, gebornen Marggravinnen zu Brandenburgk etc. ., zu Brunschwigk und Lünenburg hertzoginnen.  

Nr. 13.
Schreiben der Herzogin Anna von Meklenburg an ihre Schwester Elisabeth, Herzogin von Braunschweig=Lüneburg.

D. d. Schwerin 8. Febr. 1535.

Aus dem herzogl. braunschw. Landes=Haupt=Archive zu Wolfenbüttel
mitgetheilt

von Dr. Havemann zu Ilfeld.

Hochgeborne Fürstin freuntliche hertzallerliebste Schwester, das es sich myt E. L. schwacheit gebessert hat hore ich von hertzen gerne und hoffe tzu got dem almechtigen das E. L. nu furter myt gesuntheyt bleyben werden und magk E. L. das in warheyt schreyben das ich auch an der brust am haubt und husten gantz schwach gewesen bin aber got hab lob es ist nun besser geworden auch ist mein freuntlicher hertzallerliebster her und gemahel myt sambt unsern kindern auch noch in guter gesuntheyt got gebe lange nach seynem gotlichen willen. Freuntliche herzallerliebste schwester und gefatter ich wil E. L. nicht bergen das E. L. her und gemahel meinen herren geschrieben haben das seyn liebe auff mytfasten alhyer erscheynen oder seyner liebe rete schicken wollen. nu wissen E. L. den freuntlichen abscheyt den E. L. myt uns genomen haben das E. L. alsdan uns tzu freuntlichen eren und geffallen auch erscheinen und hieher komen wollen, nu ist es myt E. L. der massen so gelegen das es nyt muglich wirt zu thun seyn und mein freuntlicher hertzallerliebster her und gemahel und ich hetten E. L. hochlich gerne und bitten noch hochlich E. L. wollen uns nyt vorlassen

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als wir das keynen tzweyffel tragen E. L. kunnen wol bey E. L. herren und gemahel erhalten das seyn liebe den tagk so lange erstreben bis das E. L. tzu liegen wer komen alssdann wollen E. L. beyde myt einander kommen, ich bedancke mych) auch gegen E. L. des freuntlichen schreybens und wunsche E. L. als meyner freuntlichen hertzallerliebsten schwester von got dem almechtigen widerumb ein frolich gluckselichs gesunts newes jar und got gebe das es E. L. magr geluckselich und wol gehen an leybe und sele nach E. L. willen und wolgefallen. ich schicke C. L. hiermyt den degen und bitte E. L. wollen in von myr tzu freuntlichen gefallen annemen den er sulte wol hubscher sein gewesen so habe ich in auff das mal nyt besser konnen tzu wegen bringen. myt den leuchtern wil ich E. L. nycht bergen das sie myt macherlon und alles wol hundert gulden geschehen werden und wiegen v marck sielber und er (der Goldschmid) spricht er muss wol ein halb jar dar an arbeyten, was E. L. nu in dem wil gelegen sein ob sie E. L. dar umb haben wil so lase E. L. myr freuntlich wißen oder ob C. L. die haben wollen dy meyn herr hat, vorsehe ich mych ich wil so vil fleys vorwenden das ich sie von seyner lieben wil bekomen, das sein liebe wider umb die hundert gulden neme und liese sich ander wider machen, wie. es E. L. nu haben wollen wil ichs gerne machen, dan E. L. als meyner freuntlichen hertzallerliebsten schwester alle schwesterliche liebe und trew tzuertzeigen erkenne ich mych schuldig und bin es auch tzu thun hochlich und freuntlich geneygt und bevele E. L. hiemyt got dem almechtigen der gebe E. L. einen frolichen anblick tzu rechter tzeyt auch gesunt an sele und leyb amen. myt wunschung vil hundert tausent gutten nacht stund und tag

Datum Schwerein mantages nach Dorothea anno XXXV .

E. L.
  Schwester
     Anna H. z. M. etc. .
   Manu propria.
Der Hochgebornen Furstin unser freuntlichen lieben Schwestern Elisabet geborne Marggraffin zue Brandenburg etc. . Herzogin zu Braunschweigk unnd Luneburgk etc. .  

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XII.

URKUNDEN-SAMMLUNG.


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A.

Urkunden

des

Klosters Broda.


Nr. I.

Der Fürst Kasimir I. von Pommern schenkt dem Domstift Havelberg den Ort Broda mit vielen andern Gütern zur Stiftung eines Klosters.

D. d. 1170. (August 18.)
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats- und Cabinets-Archive zu Berlin

I n nomine patris et filii et spiritus sancti. Cazimerus Dei gratia Pomeranorum princeps. Quoniam larga nos Dei clementia diuitiis et honore pre multis aliis mortalibus cumulare et excellentia terrene potestatis dignata est sublimare, placuit etiam nobis denotionem animi nostri ei ostendere et oblatione competentis muneris debitas gratiarum actiones benefitiis diuinis rependere. Sit ergo omnibus notum, tam futuri, quam presentis temporis fidelibus, nos in die dedicationis Hauelbergensis ecclesie, consentiente nobis fratre nostro Boguzlao, quasdam uillas Deo et sancte Marie perpetue uirgini sanctoque Petro, apostolorum principi, uoluntaria donatione et prompta mente obtu-

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lisse, quas susceperunt a nobis uiri religiosi, scilicet canonici de congregatione Hauelbergensi, regulam sancti Augustini secundum institutionem beate memorie Noirberti Magdeburgensis ecclesie archiepiscopi professi, perpetuo iure cum omnibus subscriptis pertinentiis suis stabiliter proprie possidendas. Quarum uillarum ea ratione alacri studio ratam eis indulsimus possessionem, ut adunatione personarum eiusdem professionis seruitium Dei in una earum, que ipsis aptior fuerit, agatur sine intermissione perpetua temporum reuolutione. Locum uero eundem Deo oblatum cum omnibus pertinentiis suis a nobis alienando manumisimus et ab omni exactione iuris, quod in eo habuimus uel habere debuimus, uel quisquam ex parte nostra, liberrimum constituimus. Absoluimus etiam eosdem fratres nostros et homines ipsorum, tam Slauos, quam Teutonicos, ab omni exactione thelonei per totam terram nostram, tam in terra, quam in aqua, in foro uidelicet, iu pontibus, in urbibus et in nauibus. Precipimus etiam simul omnibus sub culmine nostre potestatis degentibus, ut sollerti custodia studeant obseruare, ne ab ullo pestilente quolbet dampno, siue clam, siue palam illato, familiariter nobis dilecti huius ecclesie canonici grauentur, quia non solum reus, si detectus fuerit, capitali sententie subiacebit, verum etiam potentes eis uicini, quorum studio et uirtute poterant ab iniuria dampni tueri, cum bonorum suorum dispendio sentient atrocem districte seueritatis uindictam. Hec autem est descriptio et denominatio bonorum, que illi ecclesie contulimus, uidelicet uillam Bruode cum foro, taberna et omnibus attinentiis suis, similiter et has uillas: Woiutin, Caminiz, Wogarzin, Szilubin, Calubye, usque in fluuium qui uocatur Pretustniza, Patsutin, Wolcazcin, Crukowe, Michnin, Pacelin, Vilim, item Vilim Carstici, Cyrice, Wůzstrowe castrum cum uilla. In Raduir: Podulin, Tribinowe, Wigon, Cussowe, Tuardulin, Do-

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bre, Step, Rouene, Priulbiz, Nicakowe, Malke, Kamino, Lang, Ribike, Tsaple, Nimyrow, Malkowe, Stargard, et Lipiz cum omnibus uillis suis usque in stagnum Woblesko et sursum Hauelam usque Chotiban, et desertas uillas, quae a Vilim inter fines Chotibanz, Lipiz et Hauelam iacent. Dedimus etiam eis salinam, que est in Colkle cum omni utilitate, que per laboris industriam futuro tempore fieri potuerit ibidem ex sale. Has uillas et hec omnia supra nominata cum omnibus, que ad uillas pertinent, hoc est areis, edificiis, mancipiis, terris cultis et incultis, pascuis, pratis, campis, exitibus et reditibus, siluis, venationibus, aquis, aquarumue discursibus, molendinis, piscationibus, uiis et inuiis, quesitis et inquirendis, cum omnibus, que ullomodo dici aut nominari possunt, ad prefatam ecclesiam tam integre tradimus, tam absolute donamus, ut prepositus ecclesie cum fratrum suorum uoluntate libera potiatur facultate et omnes in eodem loco eiusdem professionis ei succedentes hec omnia pro libit suo disponendi et ad utilitatem ecelesie eiusdem modis omnibus conuertendi. Concedimus quoque omnibus hominibus nostris, ut siquis ex eis diuina monitus inspiratione aliquid de bonis, que a nobis possidet, predictis fratribus conferre uoluerit, liberam habeat licentiam hoc faciendi et ipsi fratres liberam nichilominus habeant facultatem recipiendi et in usus proprios ea libertate, qua cetera donauimus, conuertendi. Et ut hec nostra traditio inconuulsa firmitate per omnia succedentium curricula temporum inuiolabilisque permaneat, presentem paginam sigillorum nostrorum testimonio suffultam eis deuote tradimus. Actum Hauelberg anno dominice incarnationis M°C°LXX°; epacta I a , concurrente III a , indictione III a , regnante domino Friderico, glorioso Romanorum imperatore, presentibus ex clero: domino Wichmanno Magdeburgensis ecclesie archiepiscopo, Walone Hauelbergensi episcopo, Wilmaro Branden-

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burgensi episcopo, Gherungo Misnensi episcopo, Euermodo Raceburgensi episcopo; ex laicis uero: Alberto Brandenburgensi marchione, Ottone filio eius, ius Marchie tunc tenente, Hermanno comite de Horlemunde filio eius, Theoderico comite de Werben filio eius, Alberto comite de Balstede filio eius, Bernardo comite de Anehalt filio eius, Wernero comite de Osterburg, Cunrado de Witin, Theoderico de Tanghermunde, Hermanno de Plote, Hartmanno, Heinrico et Rodolfo de Jerichow et aliis quam pluribus fidelibus. In domino feliciter. Amen.

Diplom. Anm. Ein grosses quadratisches Pergament. Die Schrift ist eine etwas stumpfe, grosse, neugothische Minuskel; die Zeilen stehen weit auseinander, die langen Buchstaben sind lang gezogen und mit vielen Schnörkeln verziert; diese Schnörkel und die vielen Abbreviaturen sind überladen und nicht regelmässig. Eingangsformel und Name des Ausstellers sind mit verlängerter Schrift geschrieben.
An rothen seidenen Schnüren hangen zwei Siegel von hartem, braunem Wachs. Das erste zeigt einen stehenden Krieger in Helm und Ringpanzer, mit einem Speer in der Rechten und einem Schilde in der Linken. Leider ist nur noch die Hälfte des Siegels vorhanden, auf welchem von der Umschrift zu lesen ist:

K A Z — — —  —INCEPS.

(Gercken las noch:

K A Z — — — — PRINCEPS.). —

Das zweite Siegel ist ein Reitersiegel, auf welchem der Reiter ein Schwert schwingt; die Umschrift lautet:

Umschrift

Diesen Titel: princeps Liuticorum, führt nur dieser Fürst Bugesav, und zwar, ausser auf diesem Siegel, nur noch in einer Urkunde (Leuticie Dux) in v. Dreger Cod. dipl. p. 36; vgl. Urk. Nr. II.
Diese Urkunde ist nach schlechten Abschriften gedruckt in Küster Opusc. II, St. 16, S. 140 und in Buchholz Brand. Gesch. IV, Anhang 2, S. 15. Der Fehler in beiden Abdrücken sind unglaublich viele. Nach dem Original ist die Urkunde gedruckt in Gercken Cod. dipl. Brand. III, p. 73; dieser Abdruck stimmt mit dem vorstehenden fast ganz überein, nur dass Gercken folgende Lesefehler in den Ortsnamen hat:
Wouitin, Cyxice, Potlutin, Tuartlutin, Cokle

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statt:
Woiutin, Cyrice, Podulin, Tuardulin, Colkle; ferner liest er Noriberti statt: Noirberti und häufiger et statt etiam; vor Bruode ist das Wort uillam ausgelassen. Kurz vor den Ortsnamen liefet er endlich: reus si detectus fuerit; ich las mit Küster: clericus, bescheide mich aber gern eines Irrthums. Die Ortsnamen habe ich jedoch nicht allein bei der Abschrift lange und wiederholt studirt, sondern auch noch ein besonderes Verzeichniss derselben nach dem Original genommen.— Man vgl. übrigens noch v. Raumer Reg. Brand. I. Nr. 1380.


Im Grossherzoglichen Archive zu Neu-Strelitz befindet sich eine auf Pergament geschriebene und im J. 1328 von dem Bischofe von Havelberg beglaubigte Abschrift dieser Fundations-Urkunde. Diese Abschrift weicht in manchen Dingen so sehr von der vorstehenden Urkunde ab, dass man annehmen muss, der Schreiber habe eine zweite Ausfertigung derselben vor Augen gehabt, die Hand ist die gewandte und sichere Hand, welche in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts häufig in der Canzlei des Bishofs von Havelberg vorkommt. Die ganze stylistische Ausführung beider Urkunden ist gleich, mit Ausnahme unbedeutender Abweichungen, z. B. bei Versetzung von Wörtern desselben Satzes, der Auslassung von Wörtern, welche nicht wesentlich zum Sinne gehören, wie videlicet, simul etc., der Vertauschung von Wörtern gegen gleichbedeutende z. B. graventur gegen vexentur u. s. w. Aber in den Hauptstellen, wo Namen vorkommen, im Eingange, im Mitteltheile und im Schlusse sind die Abweichungen grösser. Die Stelle, in welcher die verliehenen Dörfer aufgeführt werden, wird hier mit der Interpunction des Original-Transsumts mitgetheilt. Die abweichenden Stellen sind folgende:

In nomine patris et filii et spiritus sancti. Kazmerus Dei gratia Leuticiorum princeps. — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Hec autem est descriptio et denominatio bonorum que illi ecclesie contulimus videlicet villa Brůde cum foro taberna et omnibus attinenciis suis. Similiter et has villas Wointhin Kameniza Wogarizina Szilubino. Kalubie usque in fluuium qui vocatur Pretustnizcha. Patsutino Wolkazino

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Crukowe. Michnino. Panselino Vylim item Vylim Carzstice Sirice Wostrou castrum cum villa in Radwer Podulino Tribenowe Wigon Cussowe Twardulino Dobre. Steph Rouene. Priulbrz Nicakowe Malke Kamino Lang Ribeke Scaple. Nimerowe Malkowe Stargart et Lippiz cum omnibus villis vsque in stangnum Woblesco et sursum Hauelam vsque Chodebanz et desertas villas que a Vilim inter fines Chodebanz Lippiz et Hauelam iacent. Dedimus etiam eis salinam que est in Colhle. — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Actum Hauelberg anno dominice incarnacionis M°C°LXX° epacta I. concurrente III. indictione III. Regnante Friderico glorioso Romanorum imperatore presentibus clero domino Wychmanno sancte Magdeburgensis ecclesie archiepiscopo. Walone Hauelbergensis ecclesie episcopo. Wilmaro Brandenburgensi episcopo. Erungo Mysnensi episcopo. Euermodo Raceburgensi episcopo. Ex laicis vero Alberto Brandeburgensi marchione. Ottone filio eius. Bernardo duce Saxonie et aliis quam pluribus fidelibus.

Nos quoque Thydericus Dei gratia Hauelbergensis ecclesie episcopus appensione nostri sigilli tenore presentium recognoscimus, quod istas litteras vidimus et de verbo ad ad verbum legimus sigillis predictorum principum sigillatas. Anno domini M°CCC°XXVII°, in vigilia annunctiationis dominice.

(1328. März 24.)
Das Siegel ist mit dem Siegelbande verloren gegangen.

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Nr. II.

Der Herzog Boguslav von Pommern bestätigt die Schenkung seines Bruders Kasimir zur Gründung eines Klosters (Broda).

D. d. Szwine 1182.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

I n nomine patris et filii et spiritus sancti. Boguzlaus diuina donante gratia Pomeranorum dux. Quoniam maxima ex parte plebs dicioni nostre subdita rudis in disciplina fidei Christiane et indocta esse dinoscitur, si boni propositi et sancte conuersationis uiros pia consolatione fouendos et continua protectione fideliter seruandos suscipimus, incredule genti nostre ad uere fidei cognitionem et bonorum operum edificationem, nobis autem ad anime corporisque salutem ualere non dubitamus. Quo circa religiosos de congregatione Hauelbergensis ecclesie uiros, regulam beati Augustini secundum institutionem domini Norberti Magdeburgensis archiepiscopi professos, quos beate memorie Cazimerus frater meus laudabili deuotione collegerat prediisque donauerat, nos pari dilectione amplectimur et cuncta, que eius largitione possederunt, consentientibus filiis nostris Ratiburone et Wartizlao, in ius rate possessionis in perpetuum eis confirmamus, videlicet uillam B Symbol od nominatam, cum foro, taberna et omnibus attinentiis suis, et has villas: Wigon, Woitin, Reze et Wolcaz Cameniz, Vilin et desertas uillas, que a Uilin inter fines Chotebanz, Lipiz et Hauulam iacent, et salinam, que est in Cholchele, cum omni utilitate, que per laboris industriam futuro tempore fieri potuerit ibidem ex sale. Et quia frater meus, antequam stabilem inciperent

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construere mansionem, rebus est humanis exemptus, liberam eis concedimus facultatem, ut quecunque ex supradictis uillis aptior et commoditati eorum opportunior exstiterit, deo annuente in ea edificent prospero successu. Precipimus etiam omnibus sub potestate nostra manentibus, ut sollerti custodia studeant obseruare, ne ab ullo pestilente quolibet dampno siue clam, seu palam illato predicti canonici nobis dilecti uexentur, quia non solum reus, si detectus fuerit, graui sententie subiacebit, uerum etiam uicini circummanentes cogentur, dampnum eis illatum ad integrum de propriis rebus restituere. Locum uero predictum, a fratre meo Deo oblatum, cum omnibus pertinentiis suis, sicut ipse fecerat, ita nos manumittimus et ab omni exactione iuris, quod ullomodo in eo habere possemus, uel quisquam ex parte nostra, liberrimum constituimus. Omnem etiam inmunitatem, quam frater meus eisdem canonicis et hominibus eorum, tam Theutonicis, quam Slauis, concesserat, nos simili deuotione indulgemus, remittentes eis onus edificationis urbium et ut per totam terram nostram ab omni exactione thelonei liberi existant, tam in terra, quam in aqua, in foro uidelicet, in pontibus, in urbibus et in nauibus. Concedimus quoque omnibs hominibus nostris, ut siquis ex eis, diuina monitus inspiratione, aliquid de bonis, que a nobis possidet, predictis fratribus conferre uoluerit, liberam habeat licentiam hoc faciendi et ipsi fratres liberam nichilominus habeant facultatem recipiendi et in usus proprios ea libertate, qua cetera donauimus, conuertendi. Has uillas et hec omnia supranominata cum omnibus, que ad uillas pertinent, hoc est areis, edificiis, mancipiis, terris cultis et incultis, pascuis, pratis, campis, exitibus et reditibus, siluis, uenationibus, aquis aquarumue decursibus, molendinis, piscationibus, uiis et inuiis, quesitis et inquirendis, cum omnibus, que ullomodo dici aut no-

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minari possunt, prefate ecclesie tam absolute concedimus atque confirmamus, ut prepositus eiusdem ecclesie cum fratrum suorum uoluntate libera pociatur facultate et omnes in eodem loco eiusdem professionis ei succedentes hec omnia pro libitu suo disponendi et ad utilitatem eiusdem ecclesie modis omnibus conuertendi. Et ut hec nostra traditio inconuulsa firmitate per omnia succedentium curricula temporum inuiolabilisque permaneat, presentem paginam sigilli nostri testimonio suffultam eis deuote tradidimus. Actum Szvvine anno dominice incarnationis M.C.LXXXII°, concurrente IIII a , epacta XIIII a , indictione XV a , regnante domino Friderico glorioso Romanorum inperatore, anno inperii eius XXXII° presentibus: ex clero: domino C Symbol nrado Pomeranensi episcopo, Helmvvigo abbate de Ztulpe, preposito Walthero de Uznam, preposito Sifrido de Camin, Reinero, Bůcvvalo, sacerdotibus, Alberto, Eluero, diaconibus; ex laicis uero: Budeunuino, Joh[ann]e, Pribo, Buric, Golete, Venezlao et aliis pluribus fidelibus.

Auf einem quadratischen Pergament in einer festen, nicht sehr grossen cursivischen neugothischen Minuskel auf Linien, welche mit einem scharfen Griffel gezogen sind. Die Eingangsformel und der Name und Titel des Herzogs Bugeslav sind mit verlängerter Schrift geschrieben; die Schrift hat, in meklenburgischen Urkunden etwas Seltenes, das geschwänzte e, jedoch nur 7 Mal beim Genitiv der ersten und 1 Mal beim Dativ Sing. fem. I decl. Die langen Buchstaben sind nach oben hin oft mit Schnörkeln verziert, vorzüglich wenn sie am Ende eines Wortes stehen. In dem Worte iohe, welches unter der Siegelschnur steht, ist das h oben mit Schnörkeln verziert, obgleich dies sonst bei diesem Buchstaben in dieser Urkunde nicht der Fall ist; man könnte diese Schnörkel daher für ein Abbreviaturzeichen halten und das Wort Johanne lesen, wie auch das Wort ecclie statt eines Abbreviaturzeichens nur einen Schnörkel im I hat. Das vorherrschende Abbreviaturzeichen ist sonst das paragraphähnliche Zeichen §. Unter den aufgezählten Gütern sind die Wörter "Reze et" mit stumpferer Feder, blasserer Dinte und, wie es scheint, von anderer, wenn auch gleichzeitiger, Hand nach Ausfertigung der Urkunde in eine offen gelassene Lücke hineinge-

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schrieben. — An einer Schnur aus dicken, doublirten baumwollenen Fäden von blauer und weisser Farbe hängt das Siegel; es ist im obern Theile zerbrochen und besteht im Innern aus ungeläutertem Wachs, die Aussenseiten bestehen aus Platten von braun gefärbtem Wachs. Das Siegel ist ein rundes Reitersiegel: im leeren Siegelfelde ist ein links hin schreitendes Ross dargestellt, auf welchem ein, mit einem Ringpanzer bekleideter Mann sitzt, der einen leeren Schild vor der linken Brust trägt und mit der ausgestreckten rechten Hand das Schwert schwingt; der Kopf der Figur ist ausgebrochen. Die Umschrift steht rund umher im Siegelfelde, ohne Abgrenzung vom Siegelfelde, und lautet, so viel davon übrig ist:

Umschrift

Es ist also dasselbe Siegel Boguslavs, welches an der Urkunde Kasimirs vom Jahre 1170, Nr. I, hängt.


Nr. III.

Der Fürst Nicolaus von Werle bestätigt die Besitzungen des Klosters Broda (in fürstlichen Transsumten vom 5. Mai 1402 und 20. Junius 1482).

D. d. Dobbertin 1230. (?) April 24.
Nach den Original-Transsumten im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

W y Magnus vnde Baltasar gebroder van gots gnaden hertoghen to Meckelenborg, fursten to Wenden, greuen to Swerin, Rostock vnnde Stargarde etc. der lande heren, Bokennen mith dusseme jegenwardigen vnsem apen breue, dat in jegenwardicheit etliker vnser hir na gescreuen redere vor vns gekamen synth: de werdigen vnde andechtigen heren prawest vnnd gantze vorsamelunge vnses closters tom Brode vor Nigenbrandenborg belegen vnde hebben vns getoget vnde vor-

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geholden eynen vorsegelden breff, dhe denne gantz vnde heil, ane alle vordechtnisse ahn alle synen enden ghewest is, van den hochgebornen fursten vnd heren hern Nicolaus vnnd hern Cristoffer gebroderen van den sulften gnaden gades heren to Werlle, vnsen vorfaren vnde vedderen in got vorstoruen vth gegan vnde vorsegelt is, in welkeren vorsegelden vnde vnvordechtliken breue dat genante gadeszhusz myt etliken guderen begifftet, befriet, priuelegieth vnnd begnadet isz geworden, welker breff vns getoget ludet van worden to worden, so hir nagescreuen steith:

Wy heer Nicolaus vnde Kristoffer van gades gnaden brodere, hern to Werle, Wy bokennen vor allen cristen luden, de dessen breff seen edder horen lesen, dat vor vns vnde vor vnseme rade sint ghewesen vnse leuen truwen prouest vnde pryor van deme Brode vnde hebben vor vns enen breff laten lesen, de was vppe permint geschreuen, bozegelt myd enes wendeschen heren inghezegele, de was heel vnde vnthobroken vnde ludde aldus van worden to worden:

Wy heer Nicolaus van godes gnaden, here to Werlle, wy bokennen vor vns vnde vnse ewvghe nakomelynghe vnde vnse eruen, dat wy, na vthwysinge older breue der heren van deme Brode, de se vor vns ghehat hebben, seen vnde horet hebben, gheuen vnde voregeuen eem vnde eren ewigen nakomelynghen: de kerke to Warne myd deme to Swansyn dorp vnde schede mit voeftheyn hůuen, de theynde nacht in den bouensteen dren aleweren tusschen der Muretzenn vnde deme Colpyne ewighen by der kerken tho bliuende, vortmer Vrychdorp mid voeftich huuen mid dren seen, dat de Hauelewather heethen, vortmer theyn

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hegher huuen to deme Rumpeshaghen mid deme manlene vnnd kerklene, de kerke to deme Anckershaghen mid vyff huuen, to Clokowe veertheyn huuen, wes dar aff kumpt dar scolen de heren van deme Brode vor waren taten de vickerye vppe vnse slote to Pentzelyn, Lucowe dat kerkleen myd dren huuen vnde dat manleen, Vederow myd achte huuen kercleen vnde manleen, Valkenhaghen mid soes huuen kerkleen vnde manleen, Schonowe mid dren huuen kercleen vnde manleen, Kargowe mid soes huuen kercleen vnde manleen, Pentzelyn de kerke myd twelf morgen vryes akkers vnde myd veer huuen to deme Smorte. Ok voregeue wy eem myd macht desses breues den Reze, de Kemenisse, Wolkensyn, Weytin, Nyendorpe vnde Siritzowe myd der molen. Dit vorbenumede gut scolen se bositten de heren van deme Brode to ewigen thyden vrych mid aller thobehoringe, also se mede bogiftighet sinth van wilder wede vnnd van erster plantynghe der forsten van Stetin, der wy ere breue dar vppe seen hebben: dat wille wy eem betheren vnde nicht ergheren. Wes se ok kopen, buwen edder bydden an vnsen landen, dat is vnse vullekomen wille. Vortmer scolen de heren van deme Brode vnde ere lude mid ereme gude in al vnseme lande in steden vnde in dorpen aller tollen vnde scattinghe vrych wesen vnde leydet wesen bohaluen vor schentlyke sake. Dit wylle wy holden in aller mathe, alze der Stetineschen heren breue vthwisen, vnde bidden vnde b ee den dor godt alle cristen lude, dat se dat gadeshus van deme Brode mid desser rechticheit sterken vnde nicht krencken, vnde nemen dat l oe n van gade; vnde we hir ieghen deith, de scal doen iegen vnse gnade vnde scal dat betheren mid deme hoghesten. Vppe dat dyt stede vnde vast blyue, so hebbe wy vnse grote inghezeghel to tughe laten henghen vor dessen breff,

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de is ghegheuen to Dobbertyn na gades bort dusent iar twehundert iar an deme drutthighesten iare, an suncte Juriens daghe des hillighen rydders. Tughe synt nir auer weset: heer Hinric Lugen, heer Hinric Vlotowe, heer Bernt Piccatel, heer Clawes Stralendorp, riddere, Pryssebur, Hans vnnd Ghereszlaff brodere knapen van wapen heeten Hauelberghe vnde meer guder lude.

Vnde wy heer Nicolaus vnde Kristoffer vorbenumed brodere, heren to Werlle, vnseme closter to deme Brode ere gut, ere vrycheyt vnde eren eghendhoem, na vthwisinge al erer olden breue, nergen mede willen breken vnde willen eem helpen mid al vnsen eruen, dat se scholen by al ereme olden rechte blyuen. Des to thuge hebben wy vnse grothen inghezeghele myd witscop laten henghen vor dessen breff. Hir ouer synt ghewesen to thuge: Ludeke Moltzan, vnse vaghet to deme Stouenhaghen, Wedeghe van Lesten, Mathies Smeker, heerReymer Grothe (her) vnse kenseler, heer Nicolaus Schynkel vnse cappellan, Hennyngh Passentyn, Clawes Nortman, Clawes vamme Lobeke vnde meer lude de eren werdich synt. Ghegheuen vnde schreuen na godes bort dusent veerhundert an deme anderen iare, des vryedaghes na Philippi vnde Jacobi der hillighen apostole.

Sinth wy vpgenante hernn Magnus vnde Baltasar dorch de heren desz closters tom Brode vlitigenn angefallen vnde gebeden, ze by sulker vorschriuinge, begiftinge, vorenynge, friheiden vnde priuilegien to blyuen vnde de vppe dat nyge dorch vnsz to bevestende, hebben vmme sunderker bewegenisse, de wy tome gadeshuse hebben, vnnd ere vlitige bede angheseen, begifftigenn, befryen, vorenigen,

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bepriuelegien vnnd confirmerenn den vorgescreuenn vnser vorolderen breff mit alle synen stuckenn vnnd articulen by macht to beholdende, so idt an vnsz gestornen vnde geerueth ys, jegenwardich in crafft vnde macht desses breues. Hir an vnde auer synth gewesenn de duchtigenn vnnd leuenn getruwen Achim Blankenborg de older vnse radt, Achim Blankenhorch de junger, Vicke Stralendorp, Parem Plate vnde Clausz Lutzow. Tho mehrer orkunde vnnd bekentenisse hehben wy vpgenanten heren vnnse ingesegele heten hengenn benedden desse breff. Geuen vnde screuen tome Anckershagen am donredage naViti na der bort Cristi dusent veerhundert dar nha ihn deme twe vnde achtentigesten iare.

Die Original-Urkunde der Herzoge Magnus und Balthasar ist mit ihren mittlern Siegeln mit dem fünfschildigen Wappen bekräftigt. Von dieser Urkunde ist hier nur die Transsumtformel dieser Fürsten benutzt, da auch die Urkunde der Fürsten Nicolaus und Christoph von Werle im Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz vorhanden ist. Diese letztere Urkunde mit der in ihr enthaltenen ersten Confirmations-Urkunde von 1230 ist dem hier gegebenen Texte zum Grunde gelegt, da sie in der Orthographie einen viel ältern, reinern und auch richtigern Text enthält. An dieser Urkunde hangen zwei runde Siegel, welche, bis auf die Umschriften, gleich sind: ein rechts gelehnter Schild mit dem werleschen Stierkopfe (vorwärts schauend, mit ausgeschlagener Zunge und ohne Halsfell); über demselben steht ei Helm mit Helmdecken, über welchem zwei kreuzweise gelehnte Pfauenfedern mit langen Stielen und sonnenförmigen Fahnen stehen; von den Umschriften ist zu lesen:

Umschrift

und

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . ORI.   . . . . . . . . . . . .

Die erste Confirmations-Urkunde des Fürsten Nicolaus vom Jahre 1230 ist leider in der Urschrift nicht mehr vorhanden. Ohne Zweifel war sie in lateinischer Sprache abgefasst, und der hier gegebene Text ist eben so zweifellos eine, bei der Transsumirung verfertigte niederdeutsche Uebersetzung. Vergl. S. 31.


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Nr. IV.

Die Herzoge Barnim und Wartislav von Pommern bestätigen die Besitzungen und Rechte des Klosters Broda unter Aufnehmung der Stiftungs-Urkunde in diese Bestätigung.

D. d. Dimin 1244. Mai 27.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

I n nomine et virtute sancte et indiuidue trinitatis. Barnim Dei gratia dux de Stetin et Wartizlaus eadem gratia dux de Dimin omnibus inperpetuum Quoniam ex tempore dilabente dilabitur etiam humana memoria et temporis processus quandoque rerum et causarum generat obliuionem et mutabilitatem, illustrium principum legitimas donationes, actiones siue confirmationes ecclesiis datas siue confirmatas necesse est eo discretionis temperamento roborari, ne per duplicitatis scrupulum vel dubietatis emolumentum ualeant captiosis rationibus immutari vel infringi. Inde est quod notum esse uolumus tam presentibus, quam futuris fidelibus, quod omnia bona, que auus noster uenerande recordationis dominus Kazimarus, fundator ecclesie sancte Marie perpetue virginis sanctique Petri apostolorum principis in Brode, sed et bone memorie eius successores, nostri progenitores, pro sua deuotione contulerunt, secundum quod priuilegia eorum continent, cum iuris integritate sine omni aduocacia et seculari exactione, que ad nos pertinere posset, libertando ac renouando confirmamus. Sunt autem hec bona videlicet: Brode cum foro, taberna et omnibus attinentiis suis, similiter et hee ville: Woiutin, Caminitza, Wogartzinov, Silubinu, Calube usque in fluuium Prituznitza, Patzutin, Wolcacin, Crukov, Michninov, Pancirin, Vilim, item

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Vilim, Carstitze, Sirize, Wostrov, castrum cum villa in Radur, Podulinov, Tribinov. Wigon, Cussiwo, Tuardulino, Dobre, Step, Rouene, Prilbitz, Nicakowo, Malke, Caminov, Lang, Ribki, Itzaple, Nimirov, Malcov, Staregart, Lipetz cum omnibus uillis usque in stagnum Wobelscu et sursum Hauelam usque Chotibanz, et desertas villas, que a Vilin inter fines Chotibanz, Lipitz et Hauelam iacent; data est etiam eis salina, que est Cholchele, cum omni utilite, que per laboris industriam futuro tempore fieri potuerit ibidem ex sale. Has villas et hec omnia supra nominata cum omnibus, que ad uillas pertinent, hoc est areis, edificiis, mancipiis, terris cultis et incultis, pascuis, pratis, campis, exitibus et reditibus, siluis, uenationibus, aquis, aquarumue decursibus, molendinis, piscationibus, uiis et inuiis, quesitis et inquirendis, cum omnibus, qne ullo modo dici aut nominari possunt, ad prefatam ecclesiam tam integre et rationabiliter confirmamus, tam absolute iterato donamus, ut prepositus eiusdem ecclesie cum fratrum suorum uoluntate libera potiatur facultate ac libertate et omnes in eodem loco eiusdem professionis ei succedentes, hec omnia pro libitu suo disponendi et ad utilitatem eiusdem modis omnibus conuertendi. Concedimus quoque omnibus hominibus nostris, vt siquis ex eis diuina monitus inspiratione aliquid de bonis, que a nobis possidet, predictis fratribus conferre uoluerit, aut quicquid ipsi pretio conparauerint, liberam habeat licentiam hoc faciendi et ipsi fratres liberam nichilominus habeant (licentiam) facultatem recipiendi et in vsus proprios ea libertate, qua cetera donata sunt, conuertendi. Absoluti etiam sunt prenominati fratres nostri et homines ipsorum, tam Slaui, quam Teutonici, ab omni exactione thelonei et vngelth per totam terram nostram, tam in terra, quam in aqua, in foro videlicet, in pontibus, in vrbibus et in nauibus. Precipimus etiam, quia pre-

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ceptum est simul omnibns sub culmine nostre potestatis degentibus, ut solerti custodia studeant obseruare, ne ab ullo pestilente quolibet dampno, sine clam, siue palam illato, familiariter nobis dilecti huius ecclesie canonici nexentur, quia reus, si detectus fuerit, capitali sententie subiacebit.

Priuilegium quoque fundatoris ecclesie cum sigillo appenso secundum supra dicta uidisse et audiuisse scriptis et sigillis confirmando protestamur. Testes etiam huius sunt: dominus Conradus Caminensis prepositus, dominus Nicolaus abbas Dargunensis, dominus Heinricus Pozwolccensis prepositus, Petrus Hauelbergensis canonicus, Lambertus notarius domini Barnim, Eggelbertus de Cobandin et Ecbertus frater suus sacerdotes, comes Guncelinus de Zwerin, comes Heinricus de Scowenburg, dominus Thedleuus de Godebuz, Johannes Turiggus et Bertoldus frater suus, Johannes de Walsleue et frater suus Albertus de Insleue, Lyborius de Duchow, Nicolaus de Brelin, milites, et alii quam plures clerici et laici Christi fideles. Datum Dimin anno domini M°CC°XL° quarto, sexto kal. Junii, Frederico imperatore regnante. Amen.

Auf Pergament in einer engen, scharfen neugothischen Minuskel mit verlängerter Eingangsformel. An den Schnüren von gelb und blau seidenen und weiss linnenen Fäden hangen die unverletzten Siegel der beiden ausstellenden pommerschen Herzoge aus ungeläutertem Wachs, ganz wie sie zur Dargunschen Urkunde Nr. XXXI (Meklenb. Urk. I, S. 72) beschrieben sind.

Für den Text wird noch bemerkt:

1) Zwischen Vilim und Carstitze steht ein Punkt:

"Vilim. Carstitze".

2) Die Stelle bei Radur ist folgendermassen interpugirt und mit grossen Anfangsbuchstaben geschrieben:

"Woztrov. castrum cum villa in radur. Podulinov".

3) Das eingeklammerte Wort (licentiam) scheint aus Versehen überflüssig geschrieben zu sein.


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Nr. V.

Die Markgrafen Otto und Albert von Brandenburg geben der Kirche des Klosters Broda, zum Ersatz für das Areal der Stadt Neu-Brandenburg, aus den zwei obern Mühlen bei der Stadt am Flusse Stargard zwei Wispel Roggen, aus der untern Mühle den dritten Theil der Pacht und aller Aufkünfte und die Erlaubniss zur Anlegung einer Mühle zu Broda, ferner das Patronat-Recht über die Pfarrkirchen zu Neu-Brandenburg, endlich das Dorf Mechow bei Lychen, die Fischereigerechtigkeit auf dem Tollense-See und den Aalfang am Ausflusse dieses Sees.

D. d. Stargard 1271. Julii 9.
Nach zwei Original-Urkunden in den Grossherzogl. Archiven zu Schwerin und Neustrelitz.

I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Otto et Albertus Dei gracia Marchiones Brandeburgenses omnibus in perpetuum. Cum urgentis in senium seculi corruptela non solum defectum corporum, sed eciam obliuionem actuum efficiat per momenta temporum, dignum es t, quod ea, que racione preuia a quibuslibet ordinantur, scripti munimine roborentur, ut sic facti precedentis cognicionem plenam habeat posteritas secutura. Hinc est igitur quod notum esse volumus tam presentibus, quam futuris, tenore presencium protestantes, quod nos, ob reuerenciam et honorem Domini nostri Jhesu Christi ac intemerate virginis matris eius Marie, ecclesie sancti Petri apostoli in Broda, ubi collegium canonicorum sancti Augustini iugiter Deo deseruit, in recompensacionem et restaurum fundi ciui-

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tatis nove Brandenborch, qui fundus eiusdem extitit ecclesie, in superiori parte dicte ciuitatis uersus (uersus) castrum Stargart in duobus molendinis sitis in flumine, quod wlgariter Stargarde dicitur duos choros siliginis assignantes, in inferiori uero parte iam dicte ciuitatis in molendino, quod est inter ciuitatem et cenobium Brode, terciam partem census et omnium prouentuum, qui exinde poterunt prouenire. ecclesiam quoque parrochialem memorate ciuitatis Brandenborch et ius patronatus eiusdem, uel si que processu temporis ibidem parrochie forsitan exstruantur, prefate ecclesie donamus, sex quoque mansos, dicte parrochie attinentes, donamus inquam propria et perpetuo possidenda hec omnia supradicta, Preterea villam Mechouwe, que sita est aput Lychinam, que habet sexaginta mansos cum omni iure in eadem integritate et potestate, qua nos habuimus, cum omnibus suis attinenciis similiter donamus predicte ecclesie propriam et perpetuo possidendam. Addimus quoque eidem ecclesie piscaturam in stagno, quod Tollense uocatur, ad perfectiorem sustentacionem fratrum predicte ecclesie Brode, quocumque modo piscari poterunt, excepto cum retibus magnis, que niwade wlgariter nuncupantur. Ad amplius quoque commodum predictorum fratrum ex nostra est plenaria uoluntate, quod molendinum in Brode in eorum curia construatur, quod ex habundancia stagni, quod Tollense dicitur, habeat necessarias sibi aquas; statuimus quoque sic, quod in molendino constructo in curia predicta nulli debeant molere nisi illi de curia et eorum homines de villis eorum Brode scilicet et Damerouwe. Attamen si fratres predicte ecclesie aliquo anno, prout eis placuerit, sex choros uel octo uendere uoluerint, si placet, eos in molendino possunt molere supradicto. Vt autem hec omnia supradicta per nos atque succedentes nobis heredes nostros in perpduum inuiolabiliter obseruetur, presentem paginam inde conscriptam sigil-

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lorum nostrorum appensionibus fecimus roborari. Huius rei testes sunt nostri milites et fasalli: Henricus de Wodensuege, Henricus de Heybarake, Rodolphus Munt, Heinricus Dargaz et dominus Arnoldus plebanus in Woldege et alii quam plurimi fide digni. Actum et datum in castro Stargarde anno domini M°CC°LXXI°, Idus Julii VII°.

Auf Pergament in einer kräftigen neugothischen Minuskel. An zwei Pergamentstreifen hangen zwei beschädigte Siegel. Auf dem ersten ist der stehende geharnischte Mann mit dem brandenburgischen Wappenschilde in der linken Hand und der Name OTTO erkennbar. Das zweite ist das häufig vorkommende Siegel Alberts mit dem getheilten Schilde, mit dem Adler in der rechten und dem Löwen in der linken Hälfte, und der Umschrift:

Umschrift

Auf der Rückseite der Urk. steht als spätere Aufschrift:

Albertus Marchio Brandenburgensis quaedam legata in testamento relinquit ecclesiae sancti Petri in Broda: anno 1271.

Im Grossherzoglichen Archive zu Neustrelitz wird eine zweite Ausfertigung dieser Urkunde aufbewahrt, welche bis auf den Schluss mit der vorstehenden ganz gleichlautend ist: der Schluss lautet aber also:

Addimus quoque eidem ecclesie piscaturam in stagno. quod Tolense vocatur, ad perfectiorem sustentacionem fratrum predicte ecclesie Brode, quocumque modo piscari poterunt, excepto cum retibus magnis, que niwade wulgariter nuncupantur.

Insuper et anguillarum capturam, que est in exitu aquarum stagni, quod dicitur Tolense, quam de vno littore ad aliud, ad usus suos disponendam, a prima plantacione ipsius ciuitatis predicta ecclesia cum omni iure libere possedit, fratribus predicte ecclesie contulimus omni procul impedimento iure perpetuo possidendam. Ad amplius quoque commodum predictorum fratrum ex nostra est plenaria uoluntate, quod molendinum in Brode in eorum curia construatur, quod

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ex habundantia stagni, quod Tolense et Stargarde nuncupatur, habeat necessarias sibi aquas.

Ut autem hec omnia supra dicta per nos atque succedentes nobis heredes nostros in perpetuum inuiolabiliter obseruentur, presentem paginam inde conscriptam sigillorum nostrorum apensionibus fecimus roborari. Huius rei testes sunt nostri milites et vasalli: Henricus de Wudensuege, Henricus de Heidenbrake, Rodolfus Mvnt, Henricus Dargaz et dominus Arnoldus plebanus de Woldegge et alii quam plurimi fide digni. Actum et datum in castro Stargarde anno domini M°C°C°L°X°X°I°, idus Julii VI°I°.

Die Siegel, welche an dieser Ausfertigung an roth und gelb seidenen Schnüren hingen, sind gänzlich verschwunden.


Nr. VI.

Die Markgrafen Otto und Albert von Brandenburg schenken dem Kloster Broda den Zins von 6 Hufen in der Stadt Neu- Brandenburg, die Fischerei in dem Ausflusse des Sees Liepz in den Tollenze-See und das Dorf wendisch Nemerow mit der Mühle.

D. d. Stargard 1273. April 10.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Ut ea que aguntur in tempore, non simul cum tempore dilabantur, poni solent in linguis testium atque scriptis autenticis perhennari, vt, si necesse fuerit, in eisdem memoria iocundetur. Hinc est quod nos Otto et Albertus Dei gracia marchiones Brandebor-

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genses notum facimus vniuersis, tam presentibus, quam futuris, et tenore presentium protestamur, quod nos ecclesie sancti Petri in Br Symbol de et fratribus in eadem Deo seruientibus infrascripta bona donamus cum omni potestate et iure omnique vsufructu et omnimoda libertate, sicut eadem habuimus vsque modo, propria et perpetuo possidenda: censum videlicet sex mansorum sitorum in Noua Brandeborch ciuitate nostra, insuper et omnem utilitatem vsumque piscationum, quem habuimus in decursu aque defluentis de stagno Lipiz usque in stagnum, quod Tolense vvlgariter nunccupatur, ita tamen quod dicta ecclesia siue fratres predicti in stagnis superius nominatis nullum ius sev vsum ulteriorem piscandi habeant, quam in suis priuilegiis contineatur desuper ante datis, insuper villam slauicalem Nemerowe cum suis agris attinentibus molendinumque in eadem villa situm, sicut ipsum habuimus usque modo. Ut autem hec nostra donatio per nos et fratrem nostrum Ottonem minorem adhuc annis et per succedentes nobis heredes nostros in perpetuum inuiolabilis perseueret et maneat inconvvlsa, presentem paginam ex certa nostra conscientia sigillorum nostrorum appensione supradicte ecclesie tribui fecimus conmunitam. Huius nostre donationis testes sunt: Henricus de Wudensuege, Henricus de Heidebrach, Arnoldus de Gera, Olricus de Konigesmark, Fredericus Soneke, Hermannus de Carpzowe, nostri milites et Bartoldus nostre curie notarius, canonicus ecclesie Lubuscensis. Actum et datum Stargarden anno domini M°CC°LXX°III°, quarto idus Aprilis.

Auf Pergament in einer kleinen, kräftigen neugothischen Minuskel. An Schnüren von rother und gelber Seide hangen dieselben zwei Siegel, aus ungeläutertem Wachs mit braunem Firniss überzogen, welche an der Urkunde Nr. V. hangen; das Siegel Alberts ist auch hier klar ausgedrückt, jedoch das Siegel Otto's an dieser Urkunde eben so unklar, wie dort.


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Nr. VII.

Der Fürst Nicolaus von Werle bestätigt die Besitzungen des Klosters Broda in seinem Gebiete.

D. d. 1273. April 23.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

N icolaus Dei gratia dominus de Werle omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Notum esse uolumus vniuersis, tam presentibus, quam futuris, quod nos de bona nostra uoluntate et consensu dilectorum filiorum nostrorum Henrici et Johannis, dominorum de Werle, ecclesias quasdam, villas et quedam alia bona, quorum nomina in sequentibus sunt subscripta, ad honorem omnipotentis Dei et beate virginis Marie, assignauimus et contulimus ecclesie Brodensi perpetuo et libere possidenda: ecclesiam Warne, villam Svansin cum mansis quindecim, in tribus capturis superioribus etiam noctem decimam in captura anguillarum inter stagnum Muriz et aquam, que Colpin puplice nuncupatur; ceterum vero villam Vridorp cum mansis quinquaginta, cum tribus stagnis, de quibus effluit aqua, que Hauele nuncupatur, ad quorum mansorum defectum subplendum decem mansos in Rumpeshagen iacentes dedimus in restaurum, quos si aliquis impetere uoluerit, Brodensem ecclesiam nostra potentia absoluemus; item ecclesiam in Ankershagen cum quatuor mansis et dimidio, quam ecclesia Brodensis a prima p[l]antatione tenuit libere et quiete, conferimus et assignamus eidem; insuper ecclesiam in Penzellin et duodecim iugera ad dotem eiusdem pertinentia cum ecclesia Smort et duobus mansis ad ipsam pertinentibus assignamus; octo uero

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mansos in Clocowe iacentes dedimus ad officiendam capellam Penzellin in castro; vnius etiam molendini proprietatem inter Pywesdorp et Vridorp iacentis sepedicte ecclesie conferimus atque damus. Hec omnia suprascripta memorate ecclesie Brodensi dedimus quiete, libere et perpetuo possidenda eodem iure, sicut a principio habuit et possedit. Ne autem aliquis in posterum hoc factum irritare ualeat aut calumpniari, paginam istam sigilli nostri munimine testiumque memoriis dignum duximus perhennari. Testes aderant: milites: Henricus Lucho, Henricus de Vlotowe, Bernardus de Peecatel, Hermannus de Langenuurde, Nicolaus de Stralendorpe, Misnerus, Jacobus de Brelin, Priceburius et Johannes, filii domini Jeroslai, Henricus et Bertoldus fratres de Hauelberge; famuli: Weselus marscalcus, Lanbertus aduocatus in Penzellin et alii quam plures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXX°III°, datum de manu Godefridi prepositi Guzstroensis, IX kalendas Maii.

Auf Pergament in einer sehr flüchtigen Cursive, welche einige Male Versehen, wenn auch nur an unwichtigern Stellen, gemacht hat, wie: pantatione, canumpniari etc. Das Siegel an der grün und schwarz seidenen Schnur ist zerfallen.


Nr. VIII.

Die Markgrafen Otto und Albrecht von Brandenburg schenken dem Kloster Broda acht Hufen in Küssow.

D. d. Neu-Brandenburg 1275. Aug. 9.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive in Schwerin.

I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Humane actiones a memoria hominum laberentur, si non

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litterarum testimonio firmarentur auctentico; fidele etenim testimonium habet scriptura auctentica, que homininus intereuntibus ea, que sibi eommendantur, non sinit aliquatenus interire. Hinc est quod nos Otto et Albertus, Dei gratia marchiones Brand., notum facimus vniuersis, tam presentibus, quam futuris, quod ecclesie in Brůde et conuentui ord. premonstr. ibidem Deo continue seruienti octo mansos in villa Kussowe cum omni iure et omni vsufructu omnibusque attinentiis, quantum ad illos octo mansos de fructibus eiusdem ville communibus spectat, donamus liberos, proprios et perpetuo possidendos pacifice ac quiete. Vt autem hec nostra donacio in perpetuum permaneat inconuulsa, ne quodlibet super eadem alicui in futurum dubium valeat suboriri, presens scriptam damus eidem ecclesie in Brode sigillorum nostrorum appensione certa de nostra conscientia roboratum. Huius autem nostre donacionis testes sunt nostri milites et fideles: Theodericus de Torgov, Zabel. de Redicstorp, Henricus et Heydenricus de Heydebrake; Otto et Hugo fratres burgenses in Noua Brand. ciuitate nostra. Datum in Noua Brand. per manum Bertoldi nostri notarii, anno domini M°CC°LXXV°, ydus Augusti quinto.

Auf Pergament in einer kleinen Minuskel. Die Siegel sind abgerissen. Sie hingen in zwei Einschnitten, in deren einem noch ein Stück eines pergamentenen Siegelbandes hängt.


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Nr. IX.

Der Herzog Barnim von Pommern verleiht dem Kloster Broda dieselbe Mattengerechtigkeit (Mahlschatz) in der vor dem Kloster gelegenen Mühle, welche die Müller in den Mühlen vor der Stadt Neu-Brandenburg haben.

D. d. Stetin 1278. März 12.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

B arnim dei gracia dux Slauorum vniuersis Cristi fidelibus, ad quos presens scriptum peruenerit, salutem in omnium saluatore. Acta hominum ne naturam temporis imitentur, debent instrumentis publicis perhennari. Quam ob rem notum esse uolumus generacionibus presentibus et futuris, quod nos dilectis nobis in Christo . . preposito et conuentui de claustro Brode licenciauimus et plenam dedimus potestatem habendi mensuram, que matta oocatur, talem in molendino ipsorum, quod situm est prehabitum ante claustrum, qualem mensuram habent molendinarii in molendinis iacentibus circa Nouum Brandenborch ciuitatem. In rei euidenciam ipsis dari fecimus presens instrumentum nostri sigilli munimine roboratum. Datum Stetin anno domini M°CC° LXXVIII°, Gregorii pape.

Auf einem kleinen Pergament in cursivischer Minuskel. An einem, aus der Charte geschnittenen Pergamentstreifen hing, aus ungeläutertem Wachs, des Herzogs Barnim Reitersiegel, von dem jedoch nur der Leib des Rosses und der Schild des Reiters mit dem pommerschen Greifen übrig ist. — An der Stelle des Namens des Klosterprobstes stehen im Originale zwei Puncte.


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Nr. X.

Der Herzog Bugeslav von Pommern giebt dem Kloster Broda Bestätigung seiner Besitzungen und Rechte und zugleich eine Schutzversicherung.

D. d. 1281. Julii 6.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

I n nomine patris et filii et spiritus sancti Amen. Bugizslaus Dei gratia Pomeranorum Slauorumque dux vniuersis scriptum presens inspecturis salutem in eterne salutis auctore. Bonarum mentium est, utique et omni laude potissimum recordari (recordari) extreme portionis salubria, quoniam piissimi muneris erit, pro inpensis ad Dei laudem cum sanctis et electis in regno celorum felici gaudio perhennari. Cum igitur nouerimus caducum huius mundi regnum, volentes ad laudem filii Dei futuris cauere erroribus, dolentes et merito, elemosinas honorabilium et dilectorum parentum nostrorum, proaui, aui et patris nostri felicis memorie, de tempore in tempus minorari, nos quoque ex hoc non modicum affecti ob destructionem claustri Brodensis, quia perpendimus dictum claustrum a circumiacentibus terminis quadrangulari inuasione suis in possessionibus non modicum manu violenta depredatum: ne autem prefatum claustrum deinceps a nobis seu nostris successoribus quippiam violencie seu indebite illationis paciatur, decreuimus cum omni pietate et dilectione, vna cum consilio prouidorum militum nostrorum, sepedicti claustri libertatem libello testimoniali eternari, tali videlicet libertate et securitate, quam memorato claustro largiti sunt antecessores nostri largicione fructuosa. Itaque dando firmamus, vt nulli nostrorum heredum, successores nec aliqui alii ausu temerario,

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Dei timore postposito nostrique precepti potestate et rigore spreto, presuniant reditus dicti claustri suo iudicio inuadere, nec eorum villas, nec subditos Brodenses, nec aliquid quod ipsis canonicis proprium est, a nostris antecessoribus et a nobis eisdem porrectum, in singulis libertatem habeant, iure omni et iudicio sibi proprio, proprie libertatis priuilegio, perpetuo perfruantur. Damus insuper volentes, quatenus a dicto claustro nichil penitus per vim, ut iustum est, exquiratur, nisi poterit amico fauore a claustri fautoribus et prouisoribus optineri. Insuper piissime concedimus neauaquam admittentes in possessionibus eorum, agris et singulis, mensurationes siue metas alias debere fieri, quam dictum claustrum usque ad tempus nostrum in longum et latum habuit et possedit, quia gestimus omni desiderio eorum predia et beneficia augeri potius, quam aliquatenus derogari. Nec miremini nos adeo stricte preceptum dedisse, cum venerabiles patres nostri tam habundanti copia dictam domum dotauerint, quod eciam ex prelarga dotatione sibi nomen a re opulente copie vendicauit. Ne igitur presens scriptum et nostra confirmatio in irritum reuocetur, in testimonium huius rei conscripte et ser uande presentem cartulam nostri fecimus appentione sigilli roborari. Testes huius rei sunt: dominus Hildebrandus abbas de Stolp, dominus Andreas plebanus in Demin, dominus Henricus plebanus in Trebetouue; milites: dominus Hermannus Musticke, dominus Johannes de Holsatia, dominus Drake; armigeri: Arnoldus de Gebene aduocatus, Gherardus burgensis cognomine Aduocatus, Johannes de Rothen, Arnoldus de Potendorp et alii quam plures. Datum anno domini M°CC°LX°X°X°I°, pridie nonas Julii, octaua beati Johannis baptiste.

Auf Pergament in einer sehr kleinen, scharfen Minuskel. An einer Schnur von gelber und rother Seide hängt des Herzogs

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Bugeslav Siegel aus ungeläutertem Wachs, ganz so wie es zur Dargunschen Urkunde Nr. LXXX (Meklenburgische Urkunden I, S. 178) beschrieben ist.


Nr. XI.

Die Herzoge Bugeslav, Barnim und Otto von Pommern schenken ihrem Kloster Broda die freie Fischerei mit einer Wade auf dem Frischen Haff.

D. d. Vckermünde 1286. Sept. 4.
Nach einer vidimirten Copie im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive in Schwerin.

I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Bugislaus, Barnim et Otto, Dei gratia Slauorum duces, omnibus presentes litteras visuris, lecturis et audituris cum omnis boni plenitudine salutem in Domino sempiternam. Ne acta principum cum suis fidelibus legitime celebrata per temporis interlapsum aliquid inmutationis, destructionis et inplenitudinis sorciantur, ipsa in cautionem malignand(i?) preclusionis addita viua voce testium idoneorum firmissime conscribuntur. Sane igitur constet nationibus presentibus et futuris, quod simpliciter propter Deum nos dilectis nobis in Christo dominis regularibus canonicis, preposito et conuentui claustri nostri Brodis donauimus, indulsimus ac donando appropriauimus vnam sagenam siue libertatem sagene vnius in mari nostro recenti per se uel per alios piscandi per longum, latum, ad utr[um]que latus, vbicunque magis expedire videbitur, libere, pacifice et secure, hac adiecta specialitate, quod, si aliquo tempore in ceteras sagenas precariam committere eueniret, hanc semper sagenam de petitione danda qualibet exemptam habere volumus et exceptam.

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In cuius rei euidentiam presens instrumentum dictis dominis preposito et conuentui super tali nostra donatione pia fecimus elargiri. Testes huius sunt: illustres principes dominus Heyenricus de Werle auunculus noster, Heyenricus, Reymarus de Wachholte, Henzekinus de Heydebrake, Nicolaus Drake, milites nostri, Jahezow domicellus de Gutzekowe comes et quam plures alii fide digni. Actum et datum Vkermunde anno domini MCCLXXXVI pridie nonas Septembris.


Nr. XII.

Der Fürst Nicolaus von Werle bestätigt dem Kloster Broda seine Besitzungen und Gerechtigkeiten.

D. d. Dobbertin 1312. Septbr. 22.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

W y hern Nicolaus van godes gnaden here tho Werle bekennen vor vns, vor unse eruen vnde vor vnse nakomelinglie, dat vor vns gheweset sint vnse leuen ghetruwen prouest vnde prior vnde mer heren van deme godeshus tho deme Brode vnde hebben vor vns ghehat vnde vor vnseme rade vele breue vp eres godeshuses rechticheyt, vp ere dorpe vnde vp ere gud, alse: Ankershaghen, Vrygdorpe, Clocow, Wentorpe, Cargow, Vederow, Rumpeshaghen, Lucow, Rese, Wulkentzin, Weitin, Kemenitze, Circhtzow vnde Nyendorpe, vnde vortmer vp ander gud, wor se dat hebhen an vnseme lande, vnde alle dit gut, alse de irluchteden forsten hertoghen tho Stetin vnse leuen ome milder dechtnisse vnde ok vnse olderen den suluen

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heren van dem Brode an eren breuen vorsegelt hebben also de breue luden, dat se dit vorbenomede gud hebben mit alleme heren rechte, hogest vnde zidest, an hant vnde an hals, vnde mit deme manrichte, vortmer kerklen vnde manlen an dessen suluen guderen, alle richte, allen denst, pacht, bede, hundekorn, burdenst berendenst, thegheden, vlas, rokhon, můunthepeninnghe vnde alle pleghe, also gantz, dat wy vnde vnse eruen vnde vnse nakomelinghe ghentzliken dar nicht ane beholden vnde dar nynerleye ammetlude vnser edder vnser eruen nynerleye bod edder bede ouer dit vorbenomede gud hebben scolen. Desse breue hebbe wy ghehort vnde sen; wy vnde vnse eruen willen buten eren guden werken nicht wesen, de tydliken schen an vnseme godeshuse tho deme Brode vorbenomet, vnde wy vestighen vnde vulborden alle de breue vnde willen al ere olden breue mit macht desses breues bi aller macht vnde bi aller rechticheit beholden, vnde vorbeden, vnde willen by vnsen gnaden, dat desse vorbenomeden hern an desseme eren gude vorbenomet vnse ammetlude, vnse lantridere edder nůmment van vnser weghen scal desse vorbenomeden heren van dem Brode beschedeghen, behinderen edder vorvnrechten. Were ok we, de ieghen vnse breue edder bod dede, de scal don ieghen vnse gnade vnde scal dat nerghene mede beteren, wen mid syme hoghesten. Dat wy dit willen stede, vast vnde vntobroken holden, des hebbe wy to tughe vnde tho witscop vnse hemelike inghezeghle mid willen vor dessen bref henghen lathen. Tughe desser dink sint: her Johan Linstow, hern Diderik van Kolne, her Gherd van Grabow, riddere, Ghemeke vnde Hinric gheheten Mugghesuelde, Hans Kessin, Hinrik vnde Diderik gheheten Zeleghen, vnde vele mer vnses rades, de eren werdich sint. Gheuen vnde screuen to Dobertin na godes bord dusent jar drehundert iar an deme twelften iare, in sunte Mauricius daghe vnde syner hilghen selscap.

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Auf Pergament in einer flüchtigen Cursive. An einem Pergamentstreifen hängt ein kleines, schildförmiges Siegel von ungeläutertem Wachs mit braunem Firniss überzogen: im schildförmigen Siegelfelde steht der vorwärts schauende werlesche Stierkopf, in den obern Schildecken rechts eine Sonne, links ein halber Mond; die Umschrift lautet:

Umschrift

Im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin befindet sich ein Transsumt mit folgender Transsumirungs-Formel:

D. d. Neu-Brandenburg 1406. Dec. 3.

Vor allen bederuen luden bekenne wy borghermeistere vnde ratmanne tho Nygenbrandeborch, dat vor vns ghewest is de erwerdighe vader heer Johan Griphenberch vnse prouest tho deme Brode mid meer siner heren vnde brochte enen breff vor vns vppe permynt geschreuen mid eneme hanghenden inghezeghele like eneme ossenkoppe, de breff de was heel, vnghedellighet vnde vngheholet vnde vngheserighet vnde in al sinen enden lasters loes, vnde bat vns dor sines denestes wille, dat wy den breff wolden horen; vnde den breff hebbe wy dor siner bede wille ghehoret vnde de ludde van worden tho worden, alze hir na schreuen steit: — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — Dat wi dessen breff van worden tho worden aldus ghehoret hebben vnde seen, des hebbe wy tho thughe vser stat hemelke inghezeghele mit witscop henghen lathen vor dessen breff, de gheuen vnde schreuen is tho Nienbrandeborch na godes bord dusent iar veer hundert iar an deme soesten iare, des neghesten vryedaghes na suncte Andreas daghe.

Einige Stellen des Originals, welche durch sogenannte Eisenmale unleserlich geworden sind, sind aus diesem Transsumte ergänzt.


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Nr. XIII.

Der Papst Alexander VI. confirmirt dem Kloster Broda die Patronate über die dem Kloster untergebenen Kirchen und deren Güter.

D. d. Rom 1500. Octbr. 27.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Archive zu Neustrelitz.

A lexander episcopus seruus seruorum Dei dilectis filiis preposito et conuentui monasterii per prepositum soliti gubernari in Broda, Premonstratensis ordinis, prope opidum Nouebrandenborch siti, Hauelbergensis diocesis, salutem et apostolicam benedictionem. Cum a nobis petitur, quod iustum est et honestum, tam uigor equitatis, quam ordo exigit rationis, ut id per sollicitudinem officii nostri ad debitum perducatur effectum. Sane pro parte uestra nobis exhibita petitio continebat, quod quondam Nicolaus dum uiueret dominus de Werle, de propria salute recogitans ac cupiens, terrena pro celestibus et transitoria pro eternis felici commercio commutare, ius patronatus seu presentandi personas idoneas ad parrochiales ecclesias opidorum et villarum: Warne, Swantzin, Falkenhaghen ac Schonowe, cum Vrigdorpe, Rumpeshagen, Ankersaghen et Klokow, Vederow, Kargow, Slone, Lukow, necnon Pentzelin, Smorte cum Resze, Kemenisse, Wolkentzin, Weytin, Nighendorpe, Sirghetzow, Hauelbergensis ac aliarum diocesium parrochiales ecclesias, cum pro tempore uacare contingeret, necnon mansos, terras, agros, feudum, piscaturas anguillarum, stagna, iura, priuilegia et liberationes monasterio uestro perpetue donauit et concessit, et deinde quondam Nicolaus et Christoferus dum uiuerent fratres et domini de Werle et successiue Magnus et Baltasar fratres

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Magnopolenses duces huiusmodi ac alias donationes per principes dominos et duces de Stetin prefato monasterio factas approbarunt et confirmarunt, prout in quibusdam patentibus litteris ipsorum dominorum sigillis munitis desuper confectis plenius dicitur contineri, que a nobis petistis apostolico munimine roborari: Nos igitur huiusmodi supplicationibus inclinati, premissa et prout illa concernunt omnia et singula in dictis litteris contenta, sicuti rite et prouide facta sunt, rata habentes auctoritate apostolica confirmamus et presentis scripti patrocinio conmunimus presentibus et futuris ac perpetuis temporibus duraturis. Nulli ergo omnino hominum liceat hanc paginam nostre ratihabitionis, confirmationis et communitionis infringere uel ei ausu temerario contraire; si quis autem hoc attemptare presumpserit, indignationem omnipotentis Dei ac beatorum Petri et Pauli apostolorum eius se nouerit incursurum. Datum Rome apud sanctum Petrum anno incarnationis dominice millesimo quingentesimo, sexto kal. Nouembris, pontificatus nostri anno nono.

Symbol
 A. de Buccabellis.
 A. Viues.

P. Wolkow.

Auf Pergament in einer stumpfen Schrift mit dem gross und geschnörkelt geschriebenen Namen des Papstes im Anfange, wie man ih n öfter sieht; geschrieben und auf dem Umschlage des Pergaments contrasignirt ist diese Urkunde von dem güstrowschen Domprobst Peter Wolkow, seit 1508 Bischof von Schwerin, welcher zur Zeit der Ausstellung dieser Bulle zu Rom lebte und hier "litterarum apostolicarum scriptor et abbreviator" war (vgl. Jahrb. I, S. 21). Die bleierne Bulle des

ALEXANDER PAPA VI.

hängt an einer Schnur von rother und gelber Seide.


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B.

Vermischte Urkunden.


Nr. XIV. a.

Nicolaus, Fürst von Werle giebt dem Ritter Johann Holstein 20 Hufen im Dorfe Marin mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten zu Lehn.

D. d. Malchin 1306. Nov. 2.
Nach einer auscultirten Copie im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.

I n nomine domini Amen. Nicolaus dei gracia dominus de Werle omnibus Christi fidelibus salutem in domino sempiternam. Quia partium humanarum comparacionum in successu temporis nihil permanet, consueuit eas prudentium discrecio litteris et testibus perhennare. Noscat itaque reuerenda nacio presentium et discat foelix sucessio futurorum, quod nos ex decreto, nostrorum fidelium consilio, nostrorum fratrum et heredum consensu, fideli nostro sincere nobis dilecto militi Johanni Holsato et suis heredibus iusto pheodo contulimus viginti mansos in villa Maryn cum omni iure manus videlicet et colli, cum precaria maiore et minore et denariis nummismatis, cum omni vtilitate in [prati]s, pascuis, agris cultis et incultis, lingnis, siluis, rubetis, nemoribus, viis et inviis, aquis et aquarum decursibus sine ser-

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uitio quolibet libere perpetuo possidendos. Damus eciam ipsi Johanni Holsato militi nostro et suis heredibus plenam potestatem, predictos viginti mansos vendendi, permutandi, dandi et agendi secundum libitum sue voluntatis, et si vendere decreuerit consequenter et sui heredes, tali seu talibus qui ipsos emerint mansos conferre tenebimur eo iure et prerogatiua, vt superius est expressum, sub nostris etiam priuuilegiis innouandis. Ceterum predictorum mansorum viginti cultores dimittimus a quolibet solutos seruicio et grauamine. Ne igitur aliquem de huiusmodi facto nostro dubitare contingat, ipsi nostras litteras euidentes dedimus in eautelam. Testes huius sunt: Johannes de Leuetzow, Fridericus de Kerkdorp, Conradus Bono, Tesmarus, Bertoldus de Oestenn, Conradus Vos, Heinricus Grubo, Achim Hane, Conradus de Lanckow, nostri milites fide digni. Datum et actum Malchin anno domini millesimo CCCVI°, in crastino omnium sanctorum.

Auf Papier nach einer durch den Notarius Mathias Schepelitz vidimirten Copie aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.


Nr. XIV. b.

Heinrich, Fürst von Meklenburg belehnt die von Crivitz mit dem Kirchspiele Cladow und dem Hofe Critzow c. p. mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten, mit alleiniger Ausnahme der Freiheit vom Rossdienst.

D. d. Sternberg 1317. Julii 26.
Nach einer Copie im Grossherz. G. und H.Archive zu Schwerin.
(Vgl. Jahrb. III, S. 164.)

N ouerint vniuersi et singuli, quorum notitiae praesentia scipta deferuntur, quod nos Hinricus dei

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gratia Magnopolensis et Stargardiae dominus sano prehabito consilio concedimus in his scriptis fidelibus nostris Nicolao, Alardo et eorum fratribus dominis de Criuitz, filiis domini Johannis de Criuitz bonae memoriae, ac eorum veris heredibus totam parrochiam Gladow et curiam Critzow cum molendinis in illa parrochia iacentibus et villam Vithusen cum omni vtilitate, libertate ac proprietate, cum omni iure maiore et minore et cum omni precaria sen exactione tam de mansis. quam de molendinis, et cum talia, quae dicitur muntegeld, et generaliter, ut nos aut nostri heredes in terra nostra annis singulis ordinamus et statuimus precariam seu exactionem, in verum et legale pheudum, statu temporis perpetui feliciter et pacifice possidendam, cum plena facultate vendendi, donandi, alienandi, transferendi in quamcunque personam ecclesiasticam seu secularem; sed nobis aut nostris heredibus prenominati fratres auf heredes de ista parrochia seu bonis ad seruitium vnius dextrarii, cum requisiti fuerint, tenebuntur. In cuius rei testimonium praesens dedimus scriptum sigilli nostri munimine roborandum. Testes uero huius sunt: Conradus de Cremun, Rosendal de Plesse, Hinricus de Reuentlo, Wipertus Lutzo, milites, et quam plures alii fide digni. Datum Sternebergh anno domini miliesimo trecentensimo decimo septimo, sequenti die Jacobi apostoli.


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Nr. XV.

Das Kloster Stolpe giebt den Besitz der Dörfer Woserin, Quassow und Gor den Rittern Otto und Ulrich von Dewitz zu Lehn.

D. d. 1346. Februar 24.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
(Vgl. Jahrb. III, S. 150.)

I n godes name amen. T eyner ewigen dechtnisse. Wy brůder Hinric eyn abbat tů deme Stolpe des ordens Sunte Bernardus vnde dy meyne kouent dar sulues bethůgen vnde bekennen openbar in dessen bryue, dat abbat Hadbrecht, vse voruarende, deme got ghenedich sy, mit beradenem můde vnde vůlbort vser aller, het vorkoft rechtleken vnde redeleken Woseryn, Quassow vnde Gor an ackere ghebuet vnde vngebuet, alle holt vnde wese, alle wisch, alle brůke, alle watere vlitende vnde stande, den erbaren ridderen hern Otten vnde hern Vlrike van Dewitz geheyten vnde eren rechten erfnamen, also alse ligghen in der scheyde, dy hir na bescreuen is: dit is dy scheyde des gůdes: dy see tu Vylym, dar dy Hauele dor vlůt vnde dryft dar eyne m Symbol le; beyde v ring uere an beyden syden des vlites horet dar tů, vnde nergen anders; vortmer van der m Symbol len nedderwart der Hauele, vnde wat dy Hauele in sik begrypt wente in dy beke dy se vlůt van deme see tů. Cyroch vnde van der suluen beke vpwart, wente in den see tů Cyroch; van denne wente in dat brůck vpwart, wente tů der heyde vnde van der heyde rechte vort, wente in den see tů Vylym den vorbenumeden, vnde dy gancze see tů Vylym mit aller nůt vnde vrůcht horet dar tů: vor eluenhundert mark wendescher penninghe, dy sy vs

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beret hebben mit reden penninghen; dy penninghe sint gekomen in dy nůt vses closters. Dit ghůt scholen sy ewycliken besitten mit alme rechte, mit aller nůt, alsit in der vorbenumeden scheyde licht, sunder den eygendom, den beholde wy vs vnde vseme clostere, also dat dy abbat, dy tů der tyt dar is, dat vorbenumede ghůt den vorsprokenen ryddern hern Otten vnde hern Vlrike vnde eren rechten eruen schal lyen tu rechteme lene mit eyner samenden hant also dicke, alses em not is, vnde sy scholen vseme abbate důn, also man erme rechten heren. Dat alle desse dink gantz, stede vnde ewicliken vntubroken bliuen, so hebbe wy en desse bryue ghegheuen besegelet mit vsen ingeseghelen, vnde sint ghegheuen na godes bort dusent iar dry hundert iar in deme ses vnde virtegesten iare in sunte Mathias dage des heyligen apostels. Tughe desser dink sint: Clawes vnde Bernart heren tů Werle, her Herman van Werborge, eyn meyster des ordens sunte Johannis in deme lande tů Sassen, her Bernart van Peccatele ridder, her Gherhart, her Hennig, riddere, vnde Claws eyn cnape van Tzweryn, vnde vele andere bederue lude. Per manus Hinrici de Gryben.

Auf Pergament in einer geläufigeu cursivischen Minuskel. Zwei Siegel, welche an Pergamentstreifen hingen, sind abgefallen.


Nr. XVI.

Der Fürst Bernhard von Werle verkauft, wiederkauflich binnen zehn Jahren, an Heinrich von Morin und seines Bruders Henneke Kinder 24 Hufen in Schwarz, den Labus-See, die 8 Havelseen, 3 Mark aus der Bede von des Krügers Hufen und die Bede aus 5 andern

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Hufen des Dorfes Zielow für 690 Mk. wend. Pfen., womit die Comthurei Mirow ausgelöset wird, welcher diese Güter zu Pfande standen.

D. d. Röbel 1358. Junii 23.
Nach einer alten Abschrift im Grossherz. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
(Vgl. Jahrb. III, S. 149.)

I n gades namen Amen. Wy Bernd van gades gnaden here to Werle alle den de dessen breff seen edder horen, ewigen heil an gade. Wente de dancke der lude is vorgenclik vnde vorgeith myt der tid, hir vmme is des not, dat me dat veste myt botuchnisse der scrifft vnde guder lude, dat me to ewigen tiden schal bowaren stede, vast vnde vngebraken. Hir vmme schalen weten alle gude lude, dat wy vnde vnse rechten eruen vnde nakamelinge myt guden willen vnde vulkamen rade vnser truwen man vnde ratgeuer hebben vorkofft, legen vnde laten, vorlyen vnde lygen in desseme breue vnszem leuen truwen manne Hinrike van Mor y vnde Hennekens kinderen van Mor y n synes broders vnde eren rechten eruen veer vnde twintich houen in deme dorpe vnde vp dem velde tome Tzwertze, dat in vnser herschop licht, myt pacht vnde myt aller rente vnde gude, de dar vth vallen mach, vnde den gnanten groten [see], dede het de Lebbus, vnde an der see, de dar sulues vppeme velde vnde bynnen des dorpes sceide ligghen, vnde dar to de Hauelwater, der synt achte: Cabelke, Parpar, Pawel, Sczozen, Gaten vnde en werder dar myddene, Jamele, Gartow, Sific (?), dede vletende syn in vnszen landen, vnde dre mark geldes in des krogers houen in deme dorpe to Tzilow van lutker bede vnde van groter bede, ... e . h[un]dekorne vnde

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ander plicht beholde wy an der soluen houen, vnde dar to de lutke bede vnde grote bede vnde alle bede a ... ....... de ere weren vnde synt, to manrechte in deme suluen dorpe to Tzilow, der houen buwet dre Horn vnde twe Heyne Ludekens, myt ..... wes vns dar aff vallen mach myt aller nuth vnde frucht vnde myt alme eghendome, myt deme hogesten vnde sidesten richte, an hant vnde an hals, myt velte, holte, wisch, weide, ackere gebuwet vnde vngebuwet, myt wege, myt vnwege, myt watere vnde myt water lope, myt visscherye, myt iacht, myt gantszer sceide, myt more, myt inwege vnde myt vthwege, myt hundekorne, myt muntepennighen, myt alleme denste, des de gemeyne land plichtich sint, borchwere, lantwere, lantdinck, myt perdedenste vnde myt waghendenste vnde myt aller vryheit ewichliken to bosittende, myt aller tobehorunge, ane jengerleye besuernitze, also vnsze olderen vor vnde wy na dat vorbonomede guth vnde watere gehath hebben vnde boseten. Vor dit guth vnde watere, alszo vorscreuen is, hefft Hinrick. van Mor y n vnde synes broders Hennekens kindere gegenen vnde alrede bored van vnszer vnde vnszer erffnamen wegen teyen mark myn wen souenhundert wendischer pennige, munte alszo in vnszen landen geith, der twe eynen lubeschen ghelden, den Cummeldure vnde den broderen, den dyth guth stunth, to Myrow, dat hir vor screuen is, vor alszo vele penninge in aller wisze, alszo id in dessem breue steyt. Ock late wy aff van alme rechte, dat wy edder vnse eruen van wanheyt edder van rechte hebben gehath edder mochten hebben in deme suluen gude vnde wateren, de vorscreuen sint, vnde boholden vns edder vnszen nakamelingen dar nicht ane. Vortmer so hefft Hinrick van Moryn vnde synes broder kindere vns vnde vnszen eruen dat wedder togeuen, dat wy dat vorgnante gut, watere vnde houen mogen wedder kopen

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vnde loszen bynnen teyn iaren na des, dat desse breff gegeuen is, vnde de boginnen nu to sunte Martens dage, vor de seluen summen, dat is teyn mark myn wen souenhundert, vnde wenne wy dat den willen, so schale wy en dat vore seggen eyn iare to deme enen sunte Martens dage, wanne wy dat to deme anderen sunte Martens dage loszen willen, vnde so schale wy de suluen summen en gantzsliken boreden in enem slote in deme lande to Wenden, wer en dat euenst kummet, so schale wy de ghulde, alszo id vorscreuen is, to deme sunte Michels dage vnde sunte Martens daghe, de denne vallen mach, vinden inme gude; were auer dat wy edder vnse eruen bynnen dessen teyn jaren deit guth nicht enloszeden, szo schal dat bliuen ere koffte kop kindes kinde to eruende in aller wis, alszo dat vor screuen is; vortmer weret dat bynnen dessen teyn jaren Hinrike van Mor y n vnde synes broder kynderen edder eren eruen noth en lege, mogen sze desses wateren vnde houen, alszo dat vor gescreuen is, vort vorsetten vor den suluen summen to dren jaren myt alle desser vryheit, men dat schalen se vns veer weken to voren seggen vnde weme sze dat denne setten, deme schale wy dat ligen vnde laten, alszo dat vorscreuen is, vnde schalen denne dar na bynnen dren jaren dat loszen; dede wy edder vnse eruen dat nicht, szo scholde dat ere koffte kop blyuen. Were ock dat genich man se an desseme gude eder wateren bowore, vorweldede edder vorvurchtede, de vor recht kamen wolde, dar scholde wv sze aff vntweren. Vppe dat in alle dessen vorscreuen saken nynerleye twiuel edder errunge in den tokamende tiden moge werden, men dat se io stede, vast vnde by vuller macht bliuen, so hebbe wy to tuge der warheith vnsze ingeszegel laten vor dessen breff gehenget. Thuge desser dinck. synt Yo. van Grambow, Martin Vulff, Hinrick Cambze, Clawes van Plascen, Clawes Kargow vnsce rad, Tydeke Myrow, Tydericus vnsze

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scriuer, vnde vele guder lude. Geuen in vnser stad to Robele na gades bort drutteyn hundert jar dar na in deme acht vnde vefftigesten jare, in sunte Johannis baptiste auende syner bord.

Auf Papier, in der Schrift des 15. Jahrhunderts; an einigen Stellen ist die Schrift abgescheuert.


Nr. XVII.

Agnes Königin von Schweden und Herzogin von Meklenburg, dotirt an den zwei Altären in der von ihr erbaueten Fürsten-Capelle an der Kirche zu Gadebusch drei Vikarien

und

Johannes, Bischof von Ratzeburg, fundirt und confirmirt diese Stiftungen.

D. d. Gadebusch und Schönberg 1423. März 12.
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
(Vgl. Jahresbericht III, Bauwerke.)

I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Ad perpetuam rei memoriam Johannes dei et apostolice sedis gracia episcopus Raceburgensis vniuersis vtriusque status et sexus Christi fidelibus, ad quorum noticiam presentes nostre littere peruenerint, salutem et sinceram in domino caritatem cum agnicione rei geste. Pium esse dinoscitur, ut, cum a nobis petitur, quod iustum extiterit, graciosis fauoribus prosequamur. Presentes igitur nosse uolumus et posteros non latere, quod illustrissima ac nobilis domina, domina Agnes, Sweorum Ghotorumque regina, ducissa Magnopolensis, comitissa Zwerinensis, Stargardie et Rostok, terrarum domina, ad capellam beate Marie

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virginis, per eam in ecclesia parrochiali opidi Godebus nostre diocesis nouiter erectam et in dominica qua cantabitur Quasimodo geniti proxime futura, cooperante nobis gracia saluatoris, per nos vna cum suis videlicet duobus altaribus consecrandam et dedicandam, deuocionem gerens specialem cupiensque in ea ad prefata duo altaria tres perpetuas vicarias fundari, instaurari, autorisari ac confirmari, quinquaginta V 1/2 marcarum lubicensium denariorum perpetuos annuos redditus, triginta videlicet de consulatu, prouisoribus seu inquilinis opidi Rene dicte diocesis, decem a consulatu opidi Godebus, necnon quindecim cum dimidia marca in villa Buchholte in parrochia Godebus, percipiendos ac leuandos annis singulis, pro dote et fundacione dictarum trium vicariarum nobis sponte ac libere obtulit et assignauit ad laudem, gloriam et honorem omnipotentis Dei sueque benedicte matris virginis Marie et omnium sanctorum, necnon in diuini cultus augmentum ac in remissionem prefate regine ac quondam illustrissimi principis et domini domini Alberti Sweorum Ghotorumque regis etc. clare memorie peccaminum et in suarum animarum remedium salutare, prout hec et alia in prefate regine littera desuper confecta, cuius tenor inferius describitur, plenius continetur, nobis supplicando, quatinus huiusmodi oblacionem et dotacionem sub ecclesiastica protectione recipere ac de et super ipsis tamque super dote assignata tres perpetuas vicarias ad prefata duo altaria in dicta capella erecta sub premissis titulo et uocabulo de nouo fundare, instaurare, autorisare, canonisare ac confirmare iuxta tenorem litterarum infrascriptarum dignaremur: Tenor vero predicte littere per omnia sequitur in hunc modum.:

I n godes namen Amen. Gode to loue vnde syner leuen muder iunfru Maria vnde alle godes hilghen

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vnde to meringhe aller gotliken guden werke, so hebbe wii vor Agnes der Sweden vnde Ghoten koninghinne, hertoghinne to Mekelenborch, greuinue to Zwerin, to Stargarde vnde Rostok frouwe, tho betheringhe vnser sunde, vnser sele to hulpe vnde to troste, vnde vmme koninges Alberchtes sele salicheyt willen, deme god gnade, hebbe wii gestichtet vnde buwen laten ene nige capellen in der kerken to Godebusch, de ghenomed is de capelle vnser leuen fruwen, vnde hebben dar inghelecht vnde maket to twen altaren dre ewighe vicarien. Vnde de nu vicarn syn vnde al ere nakomelinghe scholen hebben vnde beholden van deme rade, vorstenderen effte inwonren des wichbeldes to Rene vnde van al eren nakomelinghen druttich lub. mark iarlikes ewighes gheldes: dar van schal iuncfru Leneke Prens closteriunfru to Rene teyen lub. mark to allen sunte Mertens daghen dar aff beholden vnde vpboren de wile dat se leuet, na erem dode scholen de vorbenomeden vicarien vnde ere nakomelinghe to liken houetluden de teyen mark vorbenomed heholden to den vicarien to ewighen tiden; vnde desse vorbenomede druttich mark gheldes schal de rad vnde vorstendere vorbenomed den vicarien vnde al eren nakomelinghen to allen sunten Mertens daghen wol to danke vnde to ener nughe gheuen vnde vtrichten van ereme schote, dat anders genomed is de orbare, an guden lubischen suluerpenningen, alze denne to Lubeke ghenghe synd; vnde were dessen vicarien vnde al eren nakomelingen vorbenomed pandingge behuff, so schal de to der tiid prouest is to Rene den vicarien vnde al eren nakomelinghen dar alzo vele vtpanden effte panden laten, dar se ere penninghe vorbenomed mede nemen moghen to ener tiid vnde de pande boren, wor en dat euene kumpt,

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sunder broke. Vnde ok scholen de vicare vnde ere nakomelinghe hebben vnde beholden to den vicarien vorbenomed teyn lub. mark ewigher rente to allen sunte Mertens daghen van dem rade to Godebusch vnde van al eren nakomelinghen vt erer kameren, den vicaren to danke vnde to nughe gheuen to ewighen tiden an guden lub. suluer penninghen, alze denne to Lubeke effte to der Wismer ghenghe sint sunder bewernisse. Vordermer scholen de vicarn vnde ere nakomelinge to den vicarien to liken houetluden hebben sosteyendehalue mark lub. ewighes gheldes in deme dorpe to Bucholte in deme kerspele to Godebus, alze van den eruen vnde koten, de nu buwen vnde besitten Henneke Meyger viff mark lub., Junghe Wockeman achtehalue mark, Ghodeke Langheman sos schillinge vnde Dunker twe pund lub. vnde twe schillinge, van en vnde van al eren nakomelinghen, we de eruen, houen, acker, koten vnde kotenwurde buwen vnde besitten, to allen sunte Mertens daghen den vicarien vnde eren nakomelingen gheuen to ewighen tiden wol to danke, vnde scholen de hebben mid dem sidesten richte, smaltegheden vnde rokhunren; vnde de vicarn erbenomed moghen desse lude vorbenomed panden effte panden laten, alze vakene en des not is vnde voren de pande to Godebus in sunder broke. Hirvmme scholen de vicarn, den de vicarien gelend werden, io prestere wesen vnde schullen dar io suluen to der stede sitten, vnde were erer welke, de to der stede dar nicht sitten wolde effte konde, so scholen de vicarn los wesen, so schal vnse gnedighe fruwe de vicarie enem armen prestere lenen, de io to der stede sy. Vordermer schullen desse vorbenomede vicarn dar to vorbunden wesen, dat se alle daghe in der capellen alle tide sin-

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ghen schullen van vnser leuen fruwen, vnde schullen der Metten alle daghe beghinnen to sossen, dat de Prime vnde Tercie yo mid der fromissen effte en luttik dar na vte syn vnde de misse io vtkome vor der homissen, vnde na dem offersanghe der homissen de Sexte vnde None vtsunghen werde, vnde alze de klocke eyn sleyt de Vesper vnde Nachtsank tidliken vtsinghen, dat se dar na alle daghe effte vore vilige lesen scholen in der capellen vp dem graue vnde to vertiden in deme iare so scholen se vilige singhen dar sulues. Were ouer dat der vicarien en krank worde effte ok sin werff wor vt fille, so scholen se lenk nicht wen achtedaghe elfte verteynnacht vppe dat hogheste dar van wesen, anders schullen see enen in ere stede schicken, de vor en to kore gha. Vnde desse vorbenomede vicarn vnde ere nakomelinge schullen alle iar to hope van der rente achte schilling vtgheuen vnde antwerden dem oldesten vicar, dar schal me beteren laten de ornat, glasevinster vnde wes dar not is; dar schal de vicar deme kerkheren rekenschop aff don, wan he dat eschet. Vordermer wes dar gheoffert werd, dat schal de kerkhere beholden, sunder wes dar van wasse ghebracht effte geoffert wert, dat hefft de kerkhere mildichliken gheuen mid vulbord des bischoppes to beteringhe der capellen, alze dat me dar de waslichte vnde lampen dar mede holden vnde waren schal to ewighen tiden vor deme hilghedume vppe den altaren, wor me des mest behoued. Vnde ok schal vnse gnedighe fruwe vor Agnes de lenware beholden to dessen vicarien vorbenomed de wile dat se leuet; na ereme dode so schal [dat lenen vnse] leue sone hertog Albrecht etc. vnde syne eruen. Vnde ock

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so hefft vnse gnedighe fruwe vor Agnes den vicarn vorbenomed [eneme jewelken] memorien ghemaket vnde kofft, alzo dat me den vicarien vorbenomed memorien gheuen schal vt deme chore like den anderen vicarien; dar vore schal de kerkhere mid al synen vicarien vnse gnedighen fruwen, eren sone hertogen Albrecht etc. na ereme dode . . . . . . . . in deme iare mid viligen vnde mid selemissen herliken beghan vnde sunderliken vnsen gnedighen heren koning Albrechten . . . . . vnde al vnse olden, de verstoruen syn, dat en god gnedich vnde barmhertich sy. Vnde al desse vorscreuen stucke vnde articuln [hebbe wii] Albrecht hertoge to Mekelenborch thoghegheuen vnde vulbordet vnde voreghent to ewighen tiden to bliuende, alze vnse breue bewiset de wii dar up ghegheuen vnde vorseghelt hebben. To hogher bewaringlie vnde merer stedinghe hebbe wii vor Agnes vorbenomed vnse inghesegel witliken henghen laten vor dessen breff, de screuen is na godes bord to Godebus verteynhundert iar dar na an deme drevntwintighesten iare an sunte Gregorius daghe des hilghen lerers etc.

N os igitur Johannes episcopus supradictus prefate regine offerentes desideria, oblacionem, dotacionem, voluntatem ac supplicacionem huiusmodi in domino commendantes atque ea grata et rata habentes, supradicta bona, ut premittitur, nobis pro dote huiusmodi trium vicariarum oblata, sub ecclesiastica protectione recipientes in, de et ex ipsis ad laudem et honorem omnipotentis dei et beate Marie virginis et omnium sanctorum in prefata capella ad dicta duo altaria tres perpetuas vicarias iuxta continenciam omnimodam et tenorem prefate littere auctoritate

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ordinaria erigimus ac de nouo fundamus, instauramus, canonisamus, autorisamus et confirmamus in dei nomine, per presentes ordinantes et statuentes, quod vicarii, qui pro tempere huiusmodi vicarias obtinuerint, predictos redditus vsibus suis equali tamen porcione debeant integraliter applicare, honorabili viro domino Henningho Slapelosen, rectore seu plebano prefate eeclesie opidi Godebus, plenarie in premissis singulis consentiente. In quorum omnium et singulorum fidem ac testimonium premissorum presentes nostras litteras desuper conscribi fecimus ac sigilli nostri appensione firmiter communiri. Datum et actum in castro nostro Schonenberghe anno domini millesimo quadringentesimo vicesimo tercio ipso die Gregorii pape et doctoris gloriosi.

Auf Pergament in einer kleinen Cursive. An einigen Stellen ist die Charte vermodert; die dadurch entstandenen schwer zu lesenden Stellen und die Lücken sind durch [ ] oder .... ausgefüllt. An einem Pergamentstreifen hängt des Bischofs Johannes Siegel, wie es in Masch Geschichte des Bisthums Ratzeburg, S. 332 beschrieben ist.


Nr. XVIII.

Der Bischof Johann von Ratzeburg weihet eine Kapelle und deren Altar (in der St. Nicolai-Kirche) zu Wismar.

D. d. 1459. Februar 28.
Nach dem Originale aus der Reliquien-Urne des Altars dieser Kapelle im Besitze des Vereins für meklenb. Geschichte etc.
(Vgl. Jahresber. III, Gottesdienstl. Alterthümer des Mittelalters.)

J ohannes Dei gratia episcopus ecclesie Raceburgensis presentibus protestamur, quod de anno domini mille-

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simo quadringentesimo quinquagesimo nono in die translationis sancti Augustini episcopi presens altare vna cum capella in honore sanctorum Petri et Pauli atque Mathei apostolorum, Mauritii et sociorum eius martyrum, Augustini episcopi et confessoris, necnon Agnetis virginis et martyris rite dedicando consecrauimus, gratia spiritus sancti nos iuuante. In cuius testimonium secretum nostrum presentibus est appensum. Datum et actum vt supra.

Auf Pergament. Auf dem Umschlage steht:

Epus XXIII 9 .

An einem Pergamentstreifen hängt das kleinere Secretsiegel des Bischofs in rothem Wachs, wie es in Masch Geschichte des Bistums Ratzeburg, S. 355 beschrieben ist.


Nr. XIX.

Fundations-Urkunde der Kapelle zum heiligen Kreuz auf dem wismarschen Stadtfelde (Stifts Schwerin).

D. d. Wismar 1481. Junii 17.
Nach dem Originale im Raths-Archive der Stadt Wismar
mitgetheilt
vom Dr. Burmeister zu Wismar.

I k Nicolaus Wittenborch, prouest der domkerkenZwerin, domheren dasůluest unde tho Lubeke, Bekenne, betughe unde dho witlik vor alsweme, der desse breff vorkumpt, de ene zeen edder horen lesen dat in myner jeghenwerdichheit de ersame unde vorsichtigen Borgemestere unde Raadtmanne der stadt Wismar Raceborgeschen Stichtes vor syk unde ere nakomlinge uppe de eyne unde de werdige her Nico-

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laus Mowe, kerkhere to Hornstorppe, ok vor syk unde alle syne nakomelinge, uppe de andern syde, synt mit mynem willen unde vulborde overeyn ghehamen van weghen der Nyen Capelle, de de obgenanten ersamen Borgermestere unde Radtmanne to der Wismer vor erer stadt uppe erer vrygheit unde eghendome uppe deme olden wismerschen kerkhove genometh, dorch de eren, to love unde to der ere des alweldigen gades, marie syner hochwerdigen moder der eddelen reynen juncfrowen, alle gadeshilligen, deme hilgen crutze, tho hulpe unde troste ok allen cristenen zelen, gruntliken uth der grunth nye hebben buwen laten van hantreykinghe unde milden almissen dorch ere undersaten darto gegheuen, in aldus daner wise, dat de ersame Raedt van sodaner capellen vor syk unde alle ere nakomelige schal hebben unde beholden alse patrone dat vorwesent, schickent unde vorstanth, buwmestere unde vorstandere eyn edder mere dar to settende, rekenschap van en to nemende, so vakenne alze dem Rade dat recht is, sunder insegghent des obgenannten kerkheren effte syne nakomelinge edder immendes anders. Ok schal de ersame Raedt edder de jenne, deme vomme Rade dat vorstant bevalen wert, der vorscreven Capelle hundert mark lubisch beleggen, dar jerlike gulde mede kopen, unde wovele renthe jarlikes daruon kamen wert, schal de kerkhere tor tyd wesende to Hornstorppe hebben to syner nuth unde nottorft, unde alle de wyle dat desse hundert mark nicnt angelecht synt, scholen de vorscreuen vorstendere denne deme kerkheren alle jar uth den blocken unde van dem bedelgelde geven vieff mark, so lange beth dat de hundert mark belecht werden. Unde des so schal de kerkhere vorbenomet unde alle syne nakomelinge wedder vorplichtet syn dorch syk s ue luest effte andere innighe erlike prestere to lesende

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in de ere gades alle welke ewichliken twe misse: des mandages to hulpe unde troste aller cristenen zelen in veghevurs noden wesende, unde de andre misse des vrydages to lave unde to ere deme hilgen crutze; unde were it ok alzo, dat de kerkhere vorhenomet edder syne nakomen sodane twe missen alle weke nicht wolden holden edder holden taten, so vorschreven is, so scholen de vorbenomten vorstendere sodane vorsumnissen mynen nakomelingen effte commissarien tor tyd vorkundigen, umme de kerkhere undertowisende; wolden de kerkhere des nicht achten unde vorsumelik bliven, denne so mach de ersame Raedt alsodane vor genomten twe missen enem andern vromen prestere lesen laten, to deme sodane obgenenten vieff mark geldes effte renthe van den vorscreven hundert marken kamende schal hebben unde boren, so lange de kerkhere des wedder to rade wert, sodane missen to lesende in mathe so vorscreven steyt. Desset mach de obgenante Raedt so vakenne dhon, alse des noth unde behoff wert wesende, sunder des kerkheren edder jummendes anders wedderseggendes. Alle offer uppe dat altar geoffert werth, dat schal hebben unde beholden de kerkhere to Hornstorp unde anders numenth, sunder alle andern offer, id sy waslichte, vlass, wulle edder wes des m oe ghe syn, benomet effte unbenomet, yd werde vor de bilde ghehangen, in de blocke gesteken, uppe de wachtschalen edder de bedelbrede ghegeven, edder anders wor ane, alleyne uppe dat altar, schollen de vorstendere sammeln, mit truwen bewaren unde na rade des vorscreven ersamen Rades to nutlicheit der Capelle unde erer tobehoringhe keren unde bruken. In der Capellen scholen nyne prestere missen lesen sunder orloff des upgenanten kerkheren; ok scholen de vorstendere openbare mit deme brede in sunte Laurencius dage nicht bidden sunder orloff des kerkheren unde wen he dat belevet uppe sunte

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Laurencius dach, denne wes mit deme brede beden wert, schal de kerkhere de helffte darvon hebben unde de vorstendere tor Capelle behoff de andere helffte. Wan de feste alze capellen wyghinge unde der patronen des iars beghan werden, so mach de kerkhere missen unde offersenghe synghen unde synghen laten, so dat lovelik unde erlikest zii vor dem altare; wes denne uppe dat altar gheoffert wert, behoret em; wes de vorstendere bidden moghen, schal bliven by den vorstenderen vorbenomed; in andern daghen zo schal de kerkhere nene offersenghe edder bedelyghe vor deme altar hebben, lengk wen syen misse in vorscreven wise uthe is. Unde weren ok iennyge instrumente, breve edder schriffte in vortyden uppe dat vorwesenth unde schickinghe desser vorscreven capellen edder uppe dat offer dorcn iennighe parte dorch iummende uppe iummenues vorforderinghe vor iennighen heren, prelaten edder van apenbaren schriveren gescreven gemaket effte besegelt, de scholen deger vul unde all wesen, dorch desse nye endracht alle vornichtigeth, affghedan, van neneme werde wesen in ienighende tokamenden tiden. Desses to merer sekerheyt, witlicheit, warheyt unde beleringhe aller vorscreven stucke hebbe yk Nicolaus provest vorbenomet vor my, myne nakomelinge myn ingesegel unde wy Borgermestere unde Radtmanne vor uns unde unse nakomen unser stadt secreth, unde yk Nicolaus Mowe kerkhere, alle vorbenomet, vor my unde alle myne nakomen, hebbe myn ingesegel witliken heten unde laten henghen an dessen Breff, geven unde screven to der Wissmer in iaren unsers heren dusent veerhundert im eyn unde achtigesten jare, in der hilgen dryervoldicheit avende.

Charte: Pergament, ein Oblongum.
Schrift: die gewöhnliche Minuskel.

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Siegelband: bei dem Siegel des Propstes von rother und brauner Seide, bei dem der Stadt und des Kirchherrn Pergamentstreifen.

Siegel: alle drei sehr vollständig. Zur Linken ist das Siegel des Propstes mit sehr feiner Umschrift und einer Burg; in der Mitte das Siegel der Stadt mit dem halben Stierkopfe mit offen stehendem Maule uud hervorstehender Zunge; zur Rechten das Siegel des Kirchherrn: drei durch Kreisbogen getrennte Sterne, mit der Umschrift: S. dni. nicolai mowe.

 

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Inhalt:

Jahresbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

A. Bartsch,

Prediger an der großherzoglichen Irrenheilanstalt zu Sachsenberg und Adjunctus am Dome zu Schwerin, correspondirendem Mitgliede der Gesellschaft für pommerschen Geschichte und Alterthümskunde, der schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte und des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie
als
zweitem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Dritter Jahrgang.


Mit einer lithographirten Tafel.


Auf Kosten des Vereins.

Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1838.

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Inhaltsanzeige.


Erster Theil.
Aeußere Verhältnisse des Vereins.
S.
1. Angehörige des Vereins 1
2. Finanzielle Verhältnisse 16
3. Verfassung und Verwaltung 17
4. Versammlungen 18
Domestica 19
Zweiter Theil.
Thätigkeit des Vereins für die Erreichung seiner Zwecke.
1. Sammlung und Aufsuchung historischer Denkmäler
   A. Sammlung von Schriftwerken
      I. Bibliothek 21
      II. Sammlung typographischer Alterthümer 30
      III. Urkundensammlung 31
      IV. Sammlung anderer älterer Handschriften 32
      V. Nekrologium des Vereins 35
   B. Sammlung von Bildwerken
      I. Alterthümer im engern Sinne.
         1. Aus vorchristlicher Zeit 35
            A. Aus der Zeit der Hühnengräber 35
            B. Aus der Zeit der Kegelgräber 42
            C. Aus der Zeit der Wendenbegräbnisse 80
         2. Aus 82
         3. Aus dem Mittelalter 86
         4. Aus unbestimmter neuerer Zeit 95
         5. Aus der Zeit der neuern Geschichte 98
      II. Münzen und Madaillen 99
      III. Siegel 113
      IV. Ansichten und Pläne 113
      V. Geognostische Merkwürdigkeiten 114
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite II zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
S.
   C. Gesammelte Nachrichten von Alterthümern aller Art.
      I. Nachrichten von vorchristlichen Gräbern und Begräbnißstellen 115
      II. Nachrichten von mittelalterlichen Baudenkmälern 124
      III. Nachrichten von andern antiquarisch merkwürdigen Stätten 186
      IV. Nachrichten von Bildwerken verschiedener Art 190
      V. Nachrichten von Schriftwerken 200
2. Bearbeitung des historischen Stoffes.
   A. Gelieferte Arbeiten 201
   B. Begonnene oder vorbereitete Arbeiten 205
   C. Unterstützte und empfohlene Werke, die außerhalb des Vereins erschienen sind oder erscheinen sollen 207
Vignette
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Erster Theil.

Aeußere Verhältnisse des Vereins.


1. Angehörige des Vereins.

D ie fortwährende, wachsende Anerkennung und Gunst, welche der Verein bei den Freunden des vaterländischen Alterthums findet und von welcher unser Bericht zahlreiche Beweise vielfacher Art aufzuführen haben wird, zeigt sich zunächst in der auch in diesem dritten Jahre nicht ausgebliebenen Erweiterung seines Wirkungskreises durch ansehnliche Vergrößerung seines Personalbestandes, ungeachtet mehrerer Verlüste, welche derselbe Zeitraum ihm zu beklagen gab. Aus der Reihe seiner hohen Beförderer nämlich schied der Herzog Carl von Meklenburg=Strelitz. Auch von seinen Ehrenmitgliedern raubte ihm der Tod, welcher dem Lande binnen kurzer Zeit seine bedeutendsten politischen Notabilitäten entführt hat, eins der verdientesten in der Person des Landraths von Oertzen auf Kittendorf, wogegen die jüngste Generalversammlung Seine Excellenz den Herrn Staatsminister von Dewitz zu Neustrelitz, welcher bisher als ordentliches Mitglied dem Vereine angehörte, zum Ehrenmitgliede ernannte. Der Verkehr mit andern Gesellschaften gleicher Richtung gewann eine neue Ausdehnung, was um so erfreulicher und wichtiger ist, da alle historischen Vereine Deutschlands jetzt mehr und mehr in rein wissenschaftlichem Geiste nach dem einen allgemeinen Ziele hinstreben und sich in diesem Streben mehr als je die Hände bieten, indem sie gegenseitig ihre Forschungen mittheilen, prüfen und in ihren Gebieten kritisch berücksichtigen und fortsetzen. So ist das Anerbieten des Briefwechsels und des Schriftenaustausches, welches der Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens, der historische Verein für Niedersachsen zu Hannover und der wetzlarsche Verein für Geschichte und Alterthumskunde dem

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unsrigen freundlich machten, dankbar angenommen, und es steht zu hoffen, daß durch diese engere Verbindung mit den Vereinen der westlichen Länder Deutschlands ein bedeutender Gewinn für die Geschichte und Alterthumskunde erwachsen werde, indem die Erforschung der historischen Verhältnisse auf der Völkerscheide zwischen dem östlichen und dem westlichen Norddeutschland ohne Zweifel große Ausbeute gewähren kann. Zu den bereits früher erworbenen correspondirenden Mitgliedern kamen im Laufe dieses Jahres 3 neue hinzu. Von seinen ordentlichen Mitgliedern endlich verlor der Verein 7, unter diesen durch den Tod 5 (Superintendent Francke zu Güstrow, Pastor Rudolphi zu Friedland, Kammerherr und Major von Voß auf Kummin zu Grabowhöfe, Consistorialrath und Professor Dr. Hartmann zu Rostock und Elbzoll=Director Major von Suckow zn Dömitz); außerdem ging der Herr Staatsminister von Dewitz zu Neustrelitz aus der Rubrik der ordentlichen in die der Ehrenmitglieder über. Dagegen erhielt jene einen neuen Zuwachs von 29 Namen, so daß sich für dieses Jahr ein reiner Gewinn von 21 ordentlichen Mitgliedern ergiebt.

Da es aus mehr als einem Grunde wünschenswerth erscheint, daß die einzelnen Angehörigen des Vereins von Zeit zu Zeit, und in nicht all zu langen Zwischenräumen, eine vollständige Uebersicht sämmtlicher Theilnehmer an dem gemeinschaftlichen Werke erhalten, und da seit der ersten Mittheilung dieser Art ein Zeitraum von zwei Jahren verflossen ist: so geben wir das folgende, von dem Tage der Generalversammlung (11. Julius d. J.), als dem Jahresschluß, ausgehende

Verzeichniß

der

Protectoren, hohen Beförderer, Ehrenmitglieder, correspondirenden Vereine, correspondirenden und ordentlichen Mitglieder 1 ).


I. Protectoren.

  1. Seine Königliche Hoheit der Großherzog Friederich Franz von Meklenburg=Schwerin.
  2. Seine Königliche Hoheit der Großherzog Georg von Meklenburg=Strelitz.

1) Bei den Rubriken I-IV ist die chronologische Ordnung, nach der Zeit des Beitritts, bei V und VI aber die topologische und innerhalb derselben die alphabetische Ordnung beobachtet worden.
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II. Hohe Beförderer.

  1. Seine Hoheit der Herzog Gustav von Meklenburg=Schwerin.
  2. Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Frau Erbgroßherzogin von Meklenburg=Schwerin.
  3. Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin von Orleans.
  4. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Meklenburg=Strelitz.
  5. Ihre Königliche Hoheit die Frau Großherzogin von Meklenburg=Schwerin.
  6. Seine Durchlaucht der Fürst von Schaumburg=Lippe.

III. Ehrenmitglieder.

  1. Seine Excellenz der Herr Staatsminister Krüger zu Schwerin.
  2. Seine Excellenz der Herr Geheime=Staatsminister v. Kamptz zu Berlin.
  3. Der Ober=Präsident der Provinz Pommern, Herr v. Bonin zu Stettin.
  4. Seine Excellenz der Herr Staatsminister v. Dewitz zu Neustrelitz.

IV. Correspondirende Vereine.

  1. Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde, zu Stettin.
  2. Schleswig=holstein=lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Geschichte, zu Kiel.
  3. Königliche Gesellschaft für nordische Auerthumskunde, zu Kopenhagen.
  4. Thüringisch=sächsischer Verein für Erforschung des vaterländischen Alterthums zu Halle.
  5. Voigtländischer alterthumsforschender Verein.
  6. Königliche schleswig=holstein=lauenburgische Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, zu Kiel.
  7. Gesellschaft für vaterländische Alterthümer zu Zürich.
  8. Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens, zu Münster.
  9. Wetzlarscher Verein für Geschichte und Alterthumskunde.
  10. Historischer Verein für Niedersachsen, zu Hannover.
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V. Correspondirende Mitglieder.

in Braunschweig:
   zu Wolfenbüttel: 1. Schmidt Dr., Archivar.
2. Schönemann Dr., Bibliothekar.
in Dänemark:
   zu Kopenhagen: 3. Finn Magnussen Dr., Geheimer Archivar und Professor.
4. Rafn Dr. Professor.
5. Thomsen, Canzleirath.
in Frankfurt a.M.: 6. Böhmer Dr., Stadtbibliothekar.
in Hamburg: 7. Lappenberg Dr., Archivar.
in Hannover:
   zu Hannover: 8. von Hormayr, Freiherr, Geheimer Rath und königl. baierscher Gesandter.
9. Pertz Dr., Archivrath.
zu Ilefeld: 10. Havemann Dr., Lehrer am königl. Pädagogium.
    zu Göttingen: 11. W. Grimm Dr., Professor.
in Hessen:
    zu Cassel: 12. J. Grimm Dr., Hofrath und Professor.
in Holstein=Lauenburg:
   zu Kiel: 13. Asmussen Dr., Subrector.
14. Falck Dr., Etatsrath und Professor.
15. Michelsen Dr., Professor.
   zu Möllen: 16. von Duve Dr.
   zu Ratzeburg: 17. von Kobbe Dr., Rittmeister.
in Lübeck: 18. Behn Dr.
19. Deecke Dr., Gymnasiallehrer.
20. Dittmer Dr.
in Oesterreich:
   zu Prag: 21. Hanka, Bibliothekar des böhmischen National=Museums.
in Preußen:
  a) Provinz Brandenburg:
   zu Berlin: 22. Fridländer Dr,. Custos an der königl. Bibliothek.
23. Höfer, Geheimer=Archivrath.
24. Homeyer Dr., Professor.
25. Klaatsch, Archivrath.
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   zu Berlin: 26. Kretschmer, Gehülfe am königl. Münz=Cabinet.
27. Lachmann Dr., Professor.
28. von Ledebur, Hauptmaann, Director der königl. Kunstkammer.
29. von Minutoli, Regierungsrath.
30. von Raumer, Geheimer=Regierungsrath.
31. Riedel Dr., Hofrath, Archiv=Vorsteher und Professor.
32. von Tzschoppe, wirklicher Geheimer=Ober=Regierungsrath und königlicher Archiv=Director.
   zu Jüterbock: 33. Heffter Dr., Land= und Stadtgerichts=Director.
   zu Salzwedel: 34. Danneil, Director und Professor.
  b) Prov. Pommern:
   zu Greifswald: 35. Barthold Dr., Professor.
36. von Hagenow Dr.
37. Kosegarten Dr., Professor.
   zu Stettin: 38. Böhmer Dr., Professor.
39. Giesebrecht, Professor.
40. Hering Dr., Oberlehrer.
41. von Medem, Archivar.
   zu Stralsund: 42. Brandenburg Dr., Syndicus und Archivar.
43. Fabricius Dr. Advocat.
44. Mohnicke Dr., Consistorialrath.
45. Zober Dr., Gymnasiallehrer und Stadtbibliothekar.
  c) Provinz Preußen:
   zu Königsberg: 46. Voigt Dr., Archiv=Director und Professor.
  d) Provinz Sachsen:
   zu Halle: 47. Förstemann Dr.
48. Leo Dr., Professor.
in Sachsen:
   zu Leipzig: 49. Dahlmann Dr., Hofrath und Professor.
in Schweden:
   zu Stockholm: 50. Geyer Dr., Professor und Reichshistoriograph.
   zu Upsala: 51. Schröder M., Ober=Bibliothekar und Professor.
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VI. Ordentliche Mitglieder.

zu Boizenburg: 1. Riemann, Präpositus.
2. von Schöpffer, Amtsauditor.
zu Brüel: 3. Ackermann, Bürgermeister.
bei Brüel: 4. Pauly, Pensionär, zu Wendorf.
5. Schnelle Dr., Gutsbesitzer, auf Buchholz.
6. Zarncke, Pastor, zu Zahrenstorf.
zu Bützow: 7. Ackermann, Criminalrath.
8. Bolte, Criminalgerichts=Director.
9. von Bülow, Criminalrath.
10. Carlstedt M., Stiftsprediger.
11. Drechsler, Senator.
12. Ehlers, Hofrath.
13. Fust, Cantor und Organist.
14. Freiherr von Glöden.
15. zur Nedden, Rector.
16. Reinnoldt, Criminalsecretär.
17. von Restorff, Hauptmann a. D.
18. von Wick, Criminalrath.
bei Bützow: 19. Behrens, Pastor, zu Qualitz.
20. Günther, Hülfsprediger, zu Neukirchen.
21. Baron von Rodde, Gutsbesitzer, auf Zibühl.
22. Wagner, Pastor zu Zernin.
zu Crivitz: 23. Krüger, Amtmann.
zu Dargun: 24. Hase, Amtmann.
zu Doberan: 25. Crull, Präpositus.
bei Doberan: 26. Mussäus, Pastor, zu Hanstorff.
in Dömitz: 27. von Bülow, Drost.
28. Vogel, Bürgermeister.
29. Zinck, Hauptmann a. D., Ober=Zollinspector.
zu Eldena: 30. Sickel, Pastor.
zu Feldberg: 31. Kortüm, Candidat der Theologie.
bei Fürstenberg: 32. von Oertzen, Gutsbesitzer, auf Barsdorf.
zu Gadebusch: 33. Litzmann Dr., Medicinalrath.
34. Seebohm Dr.
35. Wilhelm, Apotheker.
36. von Wrisberg, Landdrost.
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bei Gadebusch: 37. von Behr, Gutsbesitzer, auf Renzow.
38. Graf von Bernstorff, Kammerherr, Gutsbesitzer, auf Wedendorf.
39. von Döring, Gutsbesitzer, auf Badow.
zu Gnoien: 40. Bölckow, Hofrath.
41. Kues Dr., Kreisphysicus.
zu Goldberg: 42. von Lesten, Landdrost.
43. Schröder, Candidat der Theologie.
44. Zickermann, Bürgermeister.
bei Goldberg: 45. Baron von Le Fort, Gutsbesitzer auf Wendhof, Klosterhauptmann zu Dobbertin.
zu Grabow: 46. Bauer, Rector.
47. Erhardt, Amtsverwalter.
48. Flörke, Kirchenrath.
49. Heyden, Cantor.
50. Löwenthal Dr.
51. Martini, Amtmann.
52. Matthesius, Pastor.
53. Römer, Conrector.
54. Rüst Dr., Amtsarzt.
55. Stollberg, Gerichtsrath.
bei Grabow: 56. Müller, Pastor, zu Neese.
bei Grevismühlen: 57. Eckermann, Gutsbesitzer, auf Johannsdorf.
. Rettich, Pensionär, zu Rosenhagen.
59. Paepke, Justizrath, Gutsbesitzer, auf Lütgenhof.
60. Paepcke, Actuarius, zu Lütgenhof.
zu Güstrow: 61. Besser Dr., Professor, Director des Gymnasiums.
62. Brandt, Canzleidirector.
63. Diederichs, Advocat.
64. Krull, Advocat.
65. Scheel, Stadtbuchhalter.
66. Türk, Pastor.
67. Viereck, Senator.
68. Volger Dr.
69. Zeller, Kammer=Ingenieur.
bei Güstrow: 70. Engel, Gutsbesitzer, auf Gr. Grabow.
71. Schumacher, Pastor, zu Parum.
72. von Wedemeyer, Hof= und Canzleirath, Gutsbesitzer, auf Langhagen.
bei Hagenow: 73. Bruger Dr., Pastor adj. zu Warsow.
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zu Lage: 74. Lüders, Bürgermeister.
zu Lübz: 75. Schlaaff, Amtsauditor.
bei Lübz: 76. von Behr=Negendanck, Gutsbesitzer, auf Passow.
zu Ludwigslust: 77. Bothe Dr.
78. Brückner Dr., Ober=Medicinalrath.
79. Gerdeß, Rector.
80. von Motz, Bauconducteur.
81. von Schmidt, Geheimer Legationsrath.
82. Schmidt, Garten=Inspector.
83. Sellin, Pastor, Seminardirector.
84. Walter, Oberhofprediger.
85. Zehlicke, Seminarlehrer.
bei Ludwigslust: 86. von Bülow, Kammer= und Jagdjunker, zu Jassenitz.
in Malchin: 87. Behm, Cantor.
88. Bülch, Rector.
89. Lüders, Geheimer=Hofrath.
90. Timm, Präpositus.
bei Malchin: 91. Baron von Maltzahn, Landrath, Gutsbesitzer, auf Rothenmoor.
92. Walter, Pastor, zu Bülow.
in Malchow: 93. von Blücher, Gutsbesitzer, auf Kuppentin, Klosterhauptmann.
94. Christlieb, Rector.
95. Engel, Küchenmeister.
96. Kaysel, Advocat.
97. Lorenz, Candidat der Philologie.
98. von Müller, Bürgermeister.
bei Malchow: 99. Christmann, Candidat der Theologie, zu Roetz.
zu Mirow: 100. Giesebrecht, Pastor.
zu Neubrandenburg: 101. Ahlers, Advocat.
102. Boll, Pastor.
103. Brückner Dr., Rath.
104. Dühr, Hauptmann a. D., Postmeister.
105. Friese Dr., Director des Gymnasiums.
106. Frodien, Advokat.
107. Hagemann, Kaufmann.
108. Hahn, Senator und Camerarius.
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zu Neubrandenburg: 109. Hahn, Advocat.
110. Hoffmann, Gastwirth und Weinhändler.
111. Kirchstein Dr.
112. Löper Dr.
113. Meyncke, Kreisrendant.
114. Müller Dr., Rath, Stadtrichter.
115. Müller, Oberlehrer an der Mädchenschule.
116. Nicolai, Syndikus.
117. Oesten, Advocat und Landsyndikus.
118. Preller Dr., Rath.
119. Roggenbau, Senator.
in Neubrandenburg: 120. Rümker, Advocat.
121. Siemssen, Ratssecretär.
122. Walther Dr., Hofrath.
bei Neubrandenburg: 123. von Engel, Kammerherr, Gutsbesitzer, auf Breesen.
124. Koch, Syndikus, Gutsbesitzer, auf Trollenhagen.
bei Neubuckow: 125. Löper, Pastor, zu Mulsow.
126. von Restorff, Drost, Gutsbesitzer, auf Radegast.
zu Neukalden: 127. Brinckmann, Präpositus.
128. Buschmann, Rector.
zu Neustadt: 129. von Bülow, Landdrost.
bei Neustadt: 130. Grimm, Pastor, zu Gr. Laasch.
zu Neustrelitz: 131. Bahlcke, Rath.
132. Bergfeld, Professor.
133. von Bernstorff, Regierungsrath.
134. Graf von Finkenstein, Kammerherr.
135. von Graevenitz, Geheimer=Kammerrath.
136. von Hieronymi Dr., Professor.
137. Kaempffer, Superintendent.
138. von Kamptz, Kammerdirector.
139. von Kamptz, Oberhofmeister.
140. Ladewig Dr., Gymnasiallehrer.
141. Lingnau, Hofpostmeister.
142. von Monroy, Hausmarschall.
143. Nauwerck, Hofrath.
144. von Oertzen, Kammerherr.
145. Reichenbach, Geh. Legationsrath.
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zu Neustrelitz: 146. Schröder, Lehrer an Mädchenschule.
147. von Schultz, Justitzrath.
148. Weber, Geheimer=Justizrath.
149. von Wenckstern, Oberstlieutenant.
150. Wulffleff, Consistorialsecretär.
zu Parchim: 151. Ackermann, Ober=Appellationsgerichts=Rath.
152. Beyer Dr., Advocat.
153. Flörke, Superintendent.
154. Flörke, Senator.
155. Fromm, Ober=Apellationsgerichts=Vicepräsident.
156. Grothe, Ober=Appellationsgerichts=Procurator.
157. von Hobe, Ober=Appellationsgerichts=Vicepräsident.
158. Koß Dr., Bürgermeister.
159. Langfeld, Gerichtsrath.
160. Menke, Advocat.
161. Baron von Nettelbladt, Ober=Appellationsgerichts=Rath.
162. Niemann, Collaborator am Gymnasium.
163. von Oertzen Dr., Ober=Appellationsgerichts=Präsident.
164. Scheel, Ober=Appellationsgerichts=Secretär.
165. Schröder, Collaborator am Gymnasium.
166. Schumacher, Apotheker.
167. Viereck, Ober=Apellationsgerichts=Rath.
168. Wilhelms, Advocat.
169. Zehlicke Dr., Director des Gymnasiums.
bei Parchim: 170. Schneider, Pastor, zu Garwitz.
171. Tapp, Candidat der Theologie, zu Jarchow.
zu Penzlin: 172. Betcke Dr.
173. Eberhard, Präpositus.
174. Baron von Maltzan, Erblandmarschall.
175. Carl Baron von Maltzan.
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zu Penzlin: 176. Müller, Bürgermeister.
177. Napp, Rector.
bei Penzlin: 178. Eberhard, Pastor, zu Gr. Lukow.
179. Flügge, Gutsbesitzer, auf Gr. Helle.
180. von Gundlach, Gutsbesitzer, auf Mollenstorf.
181. H. Jahn, Gutsbesitzer, auf Adamsdorf.
182. E. Jahn, Gutsbesitzer, auf Kl.Vielen.
183. Nahmmacher, Pastor, zu Peccatel.
zu Plau: 184. Dornblüth Dr., Kreisphysicus.
185. Meyer, Advocat.
186. Reincke, Pastor.
187. Schultetus, Senator.
bei Plau: 188. Cleve, Gutsbesitzer, auf Karow.
189. Heyer, Pastor, zu Gr. Poserin.
190. Tarnow, Pastor, zu Gnevsdorf.
zu Ratzeburg: 191. Arndt Dr., Professor, Director des Gymnasiums.
192. Becker Dr., Profesfor.
193. Genzken M., Consistorialrath.
194. von Wickede, Forstjunker.
195. Zander Dr., Prorector.
zu Rehna: 196. Bauer, Pastor.
197. Daniel, Bürgermeister.
198. Fromm, Präpositus.
199. Strecker, Rector.
bei Rehna: 200. Masch, Pastor, zu Demern.
201. Salfeld, Past. adj., zu Grambow.
zu Ribnitz: 202. Crull, Amtmann.
zu Röbel: 203. Engel, Hofrath.
bei Röbel: 204. von Lehsten, Drost zu Wredenhagen.
205. zur Nedden, Amtsmitarbeiter zu Wredenhagen.
zu Rostock: 206. Bachmann Dr., Professor und Director des Gynmasiums.
207. Bartsch, Candidat der Theologie.
208. Beselin, Advocat.
209. von Bülow, Justizrath.
210. Crull Dr., Hofrath.
211. Crumbiegel Dr., Senator und Archivar.
212. Diemer Dr., Condistorialrath, Professor.
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zu Rostock: 213. Ditmar Dr., Syndicus.
214. Dresen Dr.
215. Kämmerer Dr., Professor.
216. Karsten Dr., Bürgermeister.
217. Karsten, Diaconus.
218. Klotz, Geheimer=Amtsrath.
219. Krüger, Hofapotheker.
220. Baron von Nettelbladt, Bibliothekar.
221. von Oertzen, Justizrath.
222. Priester, Candidat der Theologie.
223. Reder Dr.
224. Schäfer, Candidat der Theologie.
225. Spitta Dr., Ober=Medicinalrath, Professor.
226. Sprengel Dr.
227. Stampe, Justizrath.
228. Tiedemann, Besitzer eines lithographischen Instituts etc. .
bei Rostock: 229. von Haeften, zu Hohen=Schwarfs.
zu Schönberg: 230. Karsten Dr., Gerichtsrath.
231. Kindler, Advocat.
232. Reinhold, Justizamtmann.
zu Schwaan: 233. Ahrens, Gerichtsrath.
zu Schwerin: 234. Ahrens, Landrentmeister.
235. Assur, Privatlehrer.
236. Bärensprung, Hofbuchdrucker.
237. Bartels Dr.
238. von Bassewitz, Regierungsrath.
239. Behm, Amtsauditor.
240. Boccius, Canzleirath.
241. von Boddien, Kammerherr und Stallmeister.
242. Bouchholtz, Geheimer=Hofrath.
243. Bouchholtz, Regierungssecretär.
244. Büchner Dr., Oberlehrer.
245. von Bülow, Landdrost.
246. Demmler, Hofbaumeister.
247. Evers, Archivrath.
248. Faull, Canzleirath.
249. Fischer, Maler.
250. Glöckler, Archivgehülfe.
251. Groth, Achivar.
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zu Schwerin: 252. Hennemann Dr., Leibarzt, Ober=Medicinalrath.
253. Holm, Hofrath.
254. Jeppe, Kammerregistrator.
255. Juhr, Advocat.
256. Knaudt, Hofrath, Stadtsyndicus.
257. Lenthe, Hofmaler.
258. von Levetzow, Kammerpräsident.
259. Lisch, Archivar und Regierungsbibliothekar.
260. von Lützow, Minister und Regierungspräsident.
261. von Lützow, Schloßhauptmann.
262. Mantius, Commerzienrath.
263. Baron von Meerheimb, Kammerdirector.
264. Meyer, Schulrath.
265. Monich, Subrector.
266. Müller, Canzleirath, Regierungs= und Lehnsfiscal.
267. zur Nedden, Regierungsregistrator.
268. Nübell, Ober=Münzmeister.
269. von Nußbaum, Hauptmann.
270. von Oertzen, Regierungsrath.
271. Oldenburg Dr., Kammerprocurator.
272. Petterß, Bildhauer.
273. Prosch Dr., Legationssecretär.
274. Prosch Dr., Hofrath.
275. Reitz, Oberlehrer.
276. Schröder, Amtsverwalter.
277. Schultze, Steuerrath.
278. Schumacher, Hofmaler.
279. Schumacher, Revisionsrath.
280. Schweden, Advocat.
281. Schwerdtfeger, Advocat.
282. von Steinfeld, Geheimer=Rath.
283. Tolzien, Hofrath, Canzleifiscal.
284. Weber, Oberlehrer.
285. Wendt, Hofrath.
286. Wex Dr., Director des Gymnasiums.
287. von Wickede, Forstrath.
288. Willebrand, Prinzeninstructor.
289. Wünsch, Ober=Baurath.
bei Schwerin: 290. Bartsch, Pastor, zu Sachsenberg.
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bei Schwerin: 291. Beust, Pastor, zu Plate.
292. Flemming Dr., Ober=Medicinalrath, zu Sachsenberg.
293. von Leers, Gutsbesitzer, auf Schönfeld.
294. von Schack, Geheimer=Rath, Gutsbesitzer, auf Brüsewitz.
295. Schubart, Pensionär, zu Gallentin.
296. von Stern, Gutsbesitzer, auf Gr. Weltzin.
bei Stavenhagen: 297. Nahmmacher, Pastor, zu Kastorf.
zu Sternberg: 298. Kleiminger, Superintendent.
zu Sülz: 299. Koch, Amtsrath.
bei Tessin: 300. Karsten, Präpositus, zu Vilz.
301. von Koß, Gutsbesitzer, auf Vilz.
302. von der Lühe, Major, Gutsbesitzer, auf Reddersdorf.
303. Wedemeyer, Candidat der Theologie, zu Kowalz.
zu Teterow: 304. Burmeister, Pastor.
bei Teterow: 305. Ludwig, Pastor, zu Klaber.
306. Pogge, Gutsbesitzer, auf Roggow.
zu Waren: 307. Müller, Schullehrer.
308. Pries, Bürgermeister.
bei Waren: 309. Brückner, Pastor, zu Gr. Gievitz.
310. Conradi, Pfarrvicar, zu Ankershagen.
311. von Frisch, Gutsbesitzer, auf Klocksin.
312. Graf von Voß, Gutsbesitzer, auf Gr. Gievitz.
zu Warin: 313. Bartsch Dr., Kreisphysicus.
zu Wismar: 314. Burmeister Dr.
315. Burmeister, Candidat der Theologie.
316. von Cossel, Buchhändler.
317. Crain Dr., Director des Gymnasiums.
318. Enghart, Pastor.
319. Eyller, Superintendent.
320. Francke Dr., Lehrer am Gymnasium.
321. Grimm, Bataillonsauditeur.
322. Haupt, Lehrer am Gymnasium.
323. von Lützow, Erblandmarschall, Gutsbesitzer, auf Eikhoff.
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zu Wismar: 324. von Vieregge, Kammerherr, Gutsbesitzer auf Steinhausen.
bei Wismar: 325. Albrandt, Pastor, zu Lübow.
326. von Bassewitz, Geheimer=Rath und Landrath, Gutsbesitzer, auf Schönhof 1 ).
327. Erfurth, Pastor, zu Hohenkirchen.
328. Keil, Pastor, zu Gressow.
329. Koch, Gutsbesitzer, auf Dreveskirchen.
330. Lampert, Pastor, zu Dreveskirchen.
330. Lampert, Pastor, zu Dreveskirchen.
zu Wittenburg: 331. von Flotow, Amtsverwalter.
332. von Rantzau, Oberforstmeister.
333. Ratich, Amtshauptmann.
334. Ritter, Hülfsprediger.
335. Voigt, Bürgermeister.
336. Drenckhahn, Pensionär, zu Boddin.
bei Wittenburg: 337. Krüger, Pastor adjunctus, zu Gammelin.
338. von Lützow, Gutsbesitzer, auf Tessin.
339. Merian, Pastor, zu Perlin.
340. von Schack, Gutsbesitzer, auf Körchow.
zu Zarrentin: 341. Gramman, Pastor.
342. Paepcke, Amtsverwalter.
343. Stockfisch, Apotheker.
B. Im Auslande.
in der Mark Brandenburg: 344. Siemßen Dr., zu Wolde.
zu Hamburg: 345. Krüger, Postsecretär.
im Hannöverschen: 346. Freytag, Pastor, zu Gartow.
in Holstein: 347. von Bülow, Landrath, Gutsbesitzer, zu Flottbeck.
im Lauenburgischen: 348. Wehber=Schuldt Dr., Gutsbesitzer, auf Goldensee.
in Sachsen: 349. Kliefoth , Prinzeninstructor, zu Dresden.

1) Ist kurz, nachdem dieser Bericht abgefaßt war (am 20. Julius), zu Kissingen gestorben.
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Zusammenstellung:
  I. Protectoren 2.
  II. Hohe Beförderer 6.
  III. Ehrenmitglieder 4.
  IV. Correspondirende Mitglieder 51.
  V. Ordentliche Mitglieder 349.
-----------
Summa aller Angehörigen des Vereins 412.
außer 10 correspondirenden Gesellschaften.

2. Finanzielle Verhältnisse. 1 )

Vom 1. Julius 1837 bis zum 1. Julius 1838 betrug

Finanzielle Verhältnisse vom 1. Julius 1837 bis zum 1. Julius 1838

1) Auszug aus den vom Herrn Canzleirath Faull, als Berechner des Vereins, der letzten Generalversammlung gemachten Vorlagen.
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Finanzielle Verhältnisse vom 1. Julius 1837 bis zum 1. Julius 1838 1 )

Verfassung und Verwaltung.

Wie die Statuten, die Verwaltungsgrundsätze und die Geschäftsordnung, hat auch das Personal des geschaftführenden Ausschusses weder im Laufe des Jahres, noch am Schlusse desselben durch die Generalversammlung eine Veränderung erfahren.


1) Hierin sind die Druckkosten des zweiten Jahrganges der Jahrbücher und Jahresberichte mitbegriffen. Vgl. Jahresber. II. S. 7, Anmerk.
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Der Ausschuß ist demnach auch für das Jahr 1838/9 aus folgenden Mitgliedern zusammengesetzt:

Se. Excellenz der Herr Regierungspräsident und Minister von Lützow, Präsident des Vereins.
Herr Regierungsrath von Oertzen, Vicepräsident.
Archivar Lisch, erster Secretär.
Pastor Bartsch, zweiter Secretär.
Herr Hofbuchdrucker Bärensprung, Bibliothekar.
Hofmaler Schumacher, Antiquar.
Canzleirath Faull, Rechnungsführer.
Director Dr. Wex, Repräsentant.
Oberlehrer Reitz, Repräsentant.
Instructor Willebrandt, Repräsentant.
Schloßhauptmann und Kammerherr von Lützow, Repräsentant.

Nur der Herr Archivar Groth hat seinen Posten als Aufseher der Münzensammlung aufgegeben; an seine Stelle ist, auf den Wunsch der Generalversammlung, der Herr Pastor Masch zu Demern getreten, welchem der Herr Archivgehülfe Glöckler zu Schwerin, für die unmittelbare Beaufsichtigung der Sammlung, sich angeschlossen hat.

4. Versammlungen.

In gewohnter Weise besprach und berieth der Ausschuß auch während dieses Jahres die Angelegenheiten des Vereins in drei Quartalversammlungen (laut der Quartalberichte III. 1. 2. und 3.) und in mehren Monatssitzungen, welche letztere vorzugsweise zur näheren Kenntnißnahme von den eingegangenen wissenschaftlichen Arbeiten dienten. Die diesjährige Generalversammlung, die erste, welche in dem Vereinslocale selber stattfand, ward von 42 Mitgliedern besucht, unter denen 11 auswärtige (aus Neustrelitz, Neubrandenburg, Wismar, Wittenburg und vom Lande) sich befanden. Nachdem der Herr Präsident die Sitzung mit einer Anrede eröffnet hatte, ward von dem zweiten Secretär der Generalbericht, mit Einschluß der Specialberichte der übrigen Beamten, so wie der Leiter einiger begonnenen Arbeiten, der Regesten etc. ., vorgetragen. Hierauf beschäftigte sich die Versammlung mit demjenigen, was auf die Zusammensetzung des Ausschusses für das nächste Jahr und auf die Wiederbesetzung der durch den Abgang des bisherigen Conservators des Münzencabinets erledigten Stelle Bezug hatte, und proclamirte demnächst den Herrn Staatsminister von Dewitz zum Ehrenmitgliede des Vereins. Die Berathung

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wandte sich sodann mehreren theils vom Ausschusse, theils von einzelnen Mitgliedern gemachten Vorschlägen zu: unter andern ward beschlossen, daß neu eintretenden ordentlichen Mitgliedern, die unentgeldlich nur die Druckschriften desjenigen Jahres erhalten, in welchem sie dem Vereine beitreten, die früheren Jahrgänge für die Hälfte des Ladenpreises (also für 49 Schilling (Meckl.) der Jahrgang) überlassen werden sollen, wenn sie dieserhalb directe an den Ausschuß sich wenden; einige andere Vorschläge wurden zur näheren Berathung und zur Beschlußnahme des Ausschusses in der nächsten Quartalversammlung verstellt. Nachdem ferner mehrere theils als Geschenke, theils zur Ansicht eingesandte merkwürdige Gegenstände von mancherlei Art beschaut und besprochen worden, schloß der Herr Präsident die Versammlung mit einem Worte des Dankes für die bisherige, auch heute so lebhaft beurkundete Theilnahme an dem Vereine und mit der Bitte um die Fortdauer derselben. Ein großer Theil der Anwesenden erfreute sich nun noch an der Betrachtung der reichen in dem Locale aufgestellten Alterthumsschätze, und später fand sich eine Anzahl derselben zu einem Festmahle im Hause des Herrn Gastwirths Minet freundlich wieder zusammen.

5. Domestica.

Bald nach dem Schlusse der vorigjährigen Generalversammlung ward die auf großherzogliche Kosten und mit fürstlicher Munificenz beschaffte Restauration des dem Vereine zugewiesenen Locals im hiesigen Schlosse, namentlich des großen Saales, vollendet. Durch diese von der Baubehörde mit Umsicht und Geschmack geleitete Arbeit ist dieser ehrwürdige Bau, ein Werk aus der schönsten Zeit des sechszehnten Jahrhunderts, von den später ihm aufgedrungenen mannichfachen Verunstaltungen befreit und in seiner ursprünglichen edlen Gestalt erneuert worden, so daß er jetzt ebenso sehr in architektonischer Einsicht, mit seinen mächtigen Gewölben, mit seinen Säulen und Gewölberippen und den kunstreichen Verzierungen derselben aus gebranntem Thon, die Bewunderung des Kunstkenners erregt, als er für die Zwecke des Vereins in jeder Hinsicht die höchste Angemessenheit besitzt. Der Ausschuß ernannte es für seine Pflicht, nun auch seinerseits für eine weitere würdige Ausstattung dieses durch landesherrliche Huld ihm verliehenen schönen Locals Sorge zu tragen, und die Herren Archivar Lisch und Hofbuchdrucker Bärensprung, welche mit diesem Geschäfte — Anschaffung von Glasschränken für die Sammlungen des Vereins, von Mobilien und Utensilien aller Art — beauftragt wurden, haben

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dasselbe zur größten Zufriedenheit des Auschusses, in wohltuender Angemessenheit zu dem ganzen Charakter des Locals und zu seiner gegenwärtigen Bestimmung ausgerichtet. Den schönsten Schmuck aber sollte dasselbe wiederum durch landesherrliche Huld empfangen, indem Se. Königl. Hoheit der Großherzog dem Herrn Archivar Lisch, als dem Aufseher der großherzoglichen, bis dahin im Schlosse zu Ludwigslust befindlichen Alterthümersammlung, den Befehl erteilten, diese reiche und berühmte Sammlung in dem Locale des Vereins aufzustellen. Im October v. J. ward die Versetzung derselben von Ludwigslust nach Schwerin beschafft, und im December die Aufstellung dieser, so wie der Vereinssammlung, im Vereinslocale beendigt. So schließt nun dieses Local ein Museum von Alterthümern in sich, das, in beständigem Wachstum begriffen, schon jetzt eine der reichsten und gehaltvollsten Sammlungen dieser Art sein dürfte, und welches noch ein besonderes Interesse durch das getrennte Nebeneinanderstehen der großherzoglichen und der Vereinssammlung erhält, indem beide nach einem verschiedenen Princip geordnet sind: der Verein nämlich stellt die von ihm erworbenen Alterthümer nach gewissen Perioden der Vorzeit auf und den ganzen Inhalt der einzelnen, zu dieser oder jener Periode gehörender Gräber zusammen, wodurch ein klarer, rascher Ueberblick über den Bildungsstand und die historische Entwickelung der verschiedenen Völker des vaterländischen Alterthums gewährt wird; die großherzogliche Sammlung dagegen, nach dem seit ihrer Anlegung befolgten Grundsatze, ordnet ihre Schätze nach Gattungen und Arten, und setzt sich dadurch in den Stand, in jedem vorkommenden, zumal in einem zweifelhaften Falle eine vollständige Aufklärung über das Einzelne zu geben.

Sehr nahe mußte sich nun dem Ausschusse auch der Wunsch und die Verpflichtung stellen, das so würdig ausgestattete Local des Vereins mit seinem reichen Inhalte dem Publicum möglichst zugänglich zu machen, um ein allgemeineres, wärmeres und bewußteres Interesse an der vaterländischen Vorzeit damit zu wecken und zu nähren, und so nicht bloß der hochherzigen Absicht seines erhabenen Protectors zu entsprechen, sondern auch die eigenen Zwecke des Vereins wesentlich zu fördern. Deshalb wurden durch einen Beschluß des Ausschusses die früheren Beschränkungen hinsichtlich des Besuchs und der Besichtigung jener Sammlungen aufgehoben, und es bedarf hinfort nur einer einfachen Meldung bei dem im Schlosse wohnenden Custos, Herrn Hofküster Buchheim, um jedem Freunde des Alterthums Zutritt zu denselben zu verschaffen.

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Zweiter Theil.

Thätigkeit des Vereins für die Erreichung seiner Zwecke.

1. Sammlung und Aufsuchung historischer Denkmäler.

A. Sammlung von Schriftwerken.

I. Bibliothek.

D ie Vermehrung der Büchersammlung des Vereins während des letzten Jahres, theils durch Schenkungen, theils durch Ankauf, stellt sich in dem folgenden, vom Herrn Hofbuchdrucker Bärensprung der Generalversammlung vorgelegten Verzeichnisse dar, dessen Zahlen die fortlaufenden Bibliotheknummern sind. (Vgl. Jahresber. I. S. 73-87, und II. S. 12-21.)

  1. 385. Alberti, Variscia. Mittheilungen aus dem Archive des Voigtländischen alterthumsforschenden Vereins. 1ste Lieferung. Greiz 1829. 4te Lieferung. Gera. 1837. 8. [M. s Nr. 218.219.] (4te L. Geschenk des Vereins.)
  2. Alberti, Zwölfter Jahresbericht des Voigtländischen alterthumsforschenden Vereins. 1837.8. (Geschenk des Vereins.)
  1. -394. Annaler, antiqvariske, udgivne ved den Kongelige Commission i Kjøebenhavn for Oldsagers Opbevaring. 4 Bde in 8 Heften. Ksøbenhavn 1812-1827. 8.
  1. Archiv für Staats= und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg etc. ., redigirt von Michelsen und Asmussen. 3r Bd. Altona 1837. 8. [M. s. Nr. 8. 9.] (Geschenk der S. H. L. Gesellschaft f. v. G.)
  2. 397. Archiv, vaterländisches, des historischen Vereins für Niedersachsen, herausgegeben von v. Spilcker und Brönnenberg. Jahrg. 1835, 1836. (Jahrgang 1835 doppelt.) (Geschenk des Vereins.)
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  1. Archontologia cosmica, d. i. Beschreibung aller Kaiserthümer, Königreiche und Republiken der Welt etc. ., durch Matth. Merians sel. Erben. Frankfurt a. M. 1695. Fol.
  2. Ausführung, beurkundete, des Herogl. Mecklenburg. Landes= und Lehnherrl. Rechts an das ehemals s. g. Schloß und Haus, jetzt adeliche Gut Stavenow und dessen Mecklenb. Pertinentien etc. . Schwerin, Fol. (Geschenk von H. W. Bärensprung.)
  3. Baltische Studien. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. 4ten Jahrgangs 2tes Heft. Stettin 1837. 8. [M. s. Nr. 11-14. 224. 225] (Geschenk der Gesellschaft.)
  4. a .Petr. St. Bartoli, Lucernae veterum sepulchrales Iconicae, ex cavernis Romae subterraneis collectae. Ex Italico in Latinum studio etc. L. Begeri. Coloniae Marcnicae 1702. Fol.
    b . L. Begerus, De Nummis Cretensium serpentiferis disquisitio antiquaria. Coloniae M. 1702. (Geschenk des Herrn Steuerrevisors Grüschow zu Schwerin.)
  5. J. N. Becker, Versuch einer Geschichte der Hochmeister in Preußen. Berlin 1798. 8.
  6. Theod. Berck, Geschichte der Westphälischen Femgerichte etc. . Bremen 1815. 8.
  7. Joh. Berckmann's Stralsundische Chronik. Herausgegeben von Mohnicke und Zober. Stralsund 1833. Mit 2 Steindücken. 8. (Geachenk des Hrn. Dr. Zober in Stralsund.)
  8. Bericht, höchst gemüßigter historischer actenmäßiger, von dem, was von Anfang der im Monat August 1730 angetretenen Regierung des d. Fürsten und Hrn. Hrn. Carl Leopold, Hertzogen zu Mecklenburg etc. ., bis zu der im Monat März und April 1719 ergangenen kayserl. Execution von dem etc. . Ministerio wieder die Mecklenburg. Ritterschafft und Stadt Rostock etc.etc. . sonders beschwerlich und unjustificirlich vorgenommen worden etc. . 1719. Fol.
  9. Bericht des literarisch=geselligen Vereins zu Stralsund. 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Zober in Stralsund.)
  10. Bericht, dritter, der Königl. Schleswig=Holstein=Lauenburgischen Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer. Kiel 1838. Mit einer Lithographie. 8. [M. s. Nr. 229. 230.] (Geschenk der Gesellschaft.)
  11. Biblia dat ys de gantze hillige Schrifft, vordüdeschet dorch
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D. Mart. Luth. Wedder vppet nye na dem lesten, vann Herrn D. Luth. Anno 1545 süluest öuerlesenen hoch düdeschem Exemplare mit flyte corrigeret. Wittenberch 1607. Fol.

  1. Car. Guil. Boettiger, De Henrico Leone rei publicae christianae per Germaniam septentrionalem statore et propagatore. Dissertatio. Lips. 1817. 4.
  2. (Dr. Joh. Fr. Theod. Burchard,) Mecklenburgische Geschichte. Die zehn ersten Bogen ohne Titelblatt. 8. (Geschenk des Hrn. Bürgermeisters Daniel in Rehna.)
  3. Dr. Burmeister, Urkundliche Geschichte der Schulen in Wismar bis z. J. 1368. Wismar 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Vrf.)
  4. Büsching, Abriß der deutschen Alterthumskunde. Weimar 1824. 8. (Geschenk des Hrn. Archivar Lisch in Schwerin.)
  5. Crain, Lebensabriß des weil. Bürgermeisters Haupt in Wismar. Wismar 1837. gr. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  6. Mich. Conr. Curtius, De Heroum Homeri et Fingali diversa Ratione. (Lis sacramentaria in Ducatu Mecklenburgico agitata breviter narratur.) Marburgi Cattorum 1747. 4.
  7. Dr. E. Deecke, Beiträge zur Lübeckischen Geschichtskunde. 1stes Heft. Lübeck 1835. 4.
  8. Jo. Phil. Dittmar, Arcemboldus Legatus pontificius evangelicae in Suecia reformationis occasio proposuit. Marburgi Cattorum 1731. 4.
  9. Dr. G. W. Dittmer, Das heil. Geist=Hospital und der St. Clemens=Kaland zu Lübeck. 2r Abdruck. Lübeck 1838. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  10. Dr. G. W. Dittmer, Geschichte und Verfassung des St. Joh. Jungfrauen=Klosters zu Lübeck von dessen Gründung bis auf unsere Zeit. Lübeck 1825. 8. (Geschenk des Herrn Verf.)
  11. Jo. Joach. Duncker, Antiquitatum ecclesiasticarum Mecklenburgensium specimen. I. De Episcopis in his terris primitivis. Rostochii 1721. 4.
  12. Erzehlung, wahrhafte und mit vollständigen Actis allenthalben bestärkte, dessen was seit angetretener Landes=Regierung des Hrn. Herzogs Christian Ludwig zu Mecklenburg etc. . sich zwischen Ihro, auch des Hrn. Hertzogs Adolph Friederich zu Mecklenburg=Strelitz und deroselben Land=Ständen bis im Monaht Junii 1749 zugetragen. 1749. Fol.
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  1. 422. J. G. Estor, auserlesene kleine Schriften. 1r u. 2r Bd. Giessen 1734. 1736. 8.
  1. Theod. Geo. Valent. Eulner, Dissertatio historica de Johannis Alberti (II.), Ducis Megapolitani, vita. Marburgi Cattorum 1744. 4.
  2. Feierabends=Büchlein für Bauersleute. I. Herausgegeben vom Schwerinschen Distrikt des patriotischen Vereins in Mecklenburg. Schwerin 1837. 8.
  3. 426. Johannes Frederus, von Mohnicke. Eine kirchenhistorische Monographie. 2 Hefte. Stratsund 1837. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  1. -431. Geschichte, pragmatische, der vornehmsten Mönchsorden, von einem ungenannten Franzosen gesammelt und in einem deutschen Auszuge vorgetragen etc. . Mit C. R. Walchs Vorrede. 10 Theile in 5 Bdn. Lpz. 1774-1788. 8.
  1. Gothische Rosetten altdeutscher Baukunst aus der Kirche zu Doberan, nebst deren Ansicht und geschichtlicher Beschreibung. Auf Veranlassung des Hrn. Oberlandbaumeisters Severin zu Doberan gezeichnet vom Maler Nipperdey zu Potsdam. Rostock 1837. 4. (Geschenk des Hrn. J. G. Tiedemann in Rostock.)
  2. -435. E. G. Graff. Althochdeutscher Sprachschatz oder Wörterbuch der althochdeutschen Sprache. 1r, 2r u. 3r Thl. Berlin 1834-1837. 4. (Geschenk Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von M.=Schwerin.)
  1. F. Grautoff, Beitrag zur Geschichte Heinrich des Ersten, Fürsten von Mecklenburg. Lübeck 1826. 4.
  2. Nicol. Grysen XX Hochnödige Bothpredigten auer den Propheten Jonam. Rostock 1588. 8. (Geschenk des Hrn. Vice=Canzlers v. Both in Rostock.)
  3. 439. W. Havemann, Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg für Schule und Haus. 1r u. 2r Bd. Lüneburg 1837. 1838. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  1. M. B. Hederici Schwerinische Chronica. Rostock 1598. 4. (Geschenk des Hrn. Bürgermeisters Daniel in Rehna.)
  2. G. Hempel, Geograph.=statistisch historisches Handbuch des Mecklenburger Landes. 1r Thl. Güstrow 1837. 8. (Geschenk Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von M.=Schwerin.)
  3. Hervarar Saga. (Runographia scandica.) C. notis Olai Verdii. Upsalae 1672. Fol. (Geschenk des Hrn. Universitäts=Bibliothekars B. v. Nettelbladt in Rostock.)
  4. B. Fr. Hummel, Bibliothek der deutschen Alterthümer,
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systematisch geordnet und mit Anmerkungen versehen. Nürnberg 1787. 8. (Geschenk von .H. W. Bärensprung.)

  1. B. Fr. Hummel, Compendium deutscher Alterthümer. Nürnberg 1788. 8. (Geschenk von H. W. Bärensprung.)
  2. Jahrbücher und Jahresbericht des Vereins für mecklenb. Geschichte und Alterthumskunde. 2r Jahrgang. Schwerin 1837. 8. [M. s. Nr. 264.]
  3. Dr. Math. Kalina von Jäthenstein, Noch Einiges über die oberlausitzische Grenzurkunde vom Jahre 1213. Görlitz 1836. 8.
  4. Joach. Kernn, Exercitatio historica de Coemeteriis, vulgo alias Kirch=Höffe oder Gottes=Aecker. Rostochii 1689. 4.
  5. Berend Kordes, Lexikon der jetztlebenden Schleswig=Holsteinischen und Eutinischen Schriftsteller. Schleswig 1797. 8.
  6. A. Krantzii Wandalia. Coloniae 1519. (Das Titelblatt ist geschrieben.)
  7. -452. Dr. F. C. H. Kruse, Archiv für alte Geographie, Geschichte und Alterthümer, insonderheit der Germanischen Völkerstämme. 1stes, 2tes und 3tes Heft. Breslau 1821. 1822. 8.
  1. -455. Dr. Fr. Kruse, Deutsche Alterthümer. 1r, 2r und 3r Bd. Halle 1824-1830. 8.
  1. 457. (Küster,) Collectio opusculorum historiam Marchicam illustrantium, d. i. Sammlung etc. . 1sten Bandes 1stes bis 12tes Stück. 2ten Bandes 13tes bis 17tes Stück. Berlin 1731. 1733. 1734 8.
  1. Geo. Gotth. Küster, Bibliotheca historica Brandenburgica scriptores rerum Brandenb. maxime Marchicarum exhibens. Vratislaviae 1743. 8.
  2. Landesfürst, der, in Rostock. Aus Macht= und Gnaden=Briefen der 13. und 14. Jahrhunderte gegen die unnatürliche Verläugnung des dasigen erbunterthänigen Stadt=Raths behauptet, lr Thl. 1762. Fol.
  3. Leitfaden für Nordische Alterthumskunde, herausgegeben von der Königl. Gesellschaft für Nord. Alterthumskunde. Kopenhagen 1837. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  4. H. Leo, Altsächsische und Angelsächsische Sprachproben. Halle 1838. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  5. G. E. Lessing, Zur Geschichte und Literatur, aus den Schätzen der Herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel. 1r. u. 2r Beitrag. 8. (Geschenk des Hrn. Freiherrn v. Glöden in Bützow.)
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  1. a . Joh. Geo. Leuckfelds Antiquitates Ilfeldenses. Qvedlinburg 1709. 4.
    b . J. G. Leuckfeldii Antiquitates Gandersheimenses. Wolffenbüttel 1709.
    c . J. G. Leuckfelds Antiquitates Gröningenses. Qvedlinburg 1710.
    d . J. G. Leuckfeldii Antiquitates Michaelsteinenses et Amelunxbornenses. Wolffenbüttel 1710.
  2. G. C. F. Lisch, Meklenburgische Urkunden. I. Schwerin 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Herausg.)
  3. G. C. F. Lisch, Andeutungen über die altgermanischen und flämischen Grabalterthümer Meklenburgs und Norddeutschlands. Rostock und Schwerin 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  4. G. C. F. Lisch, (Ueber Scheidung der germanischen und slavischen Grabalterthümer) Recension von Klemm's Handbuch der german. Alterthumskunde und Kalina von Jäthenstein's böhmischen Opferplätzen und Gräbern, in den Berliner Jahrbüchern für wissenschaftl. Kritik, 1837, Nr. 49-51. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  5. 468. D. L. Lübker u. H. Schröder, Lexikon der Schleswig=Holstein=Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. 2 Thle. Altona 1829. 8. [M. s. Nr. 510.]
  1. Magazin, Nye Danske. Siette Binds Andet Hefte. 4. (Geschenk des Herrn Canzleiraths Thomsen zu Kopenhagen.)
  2. 471. W. Chr. Matthiä, Beschreibung der Kirchenverfassung in den Herzogthümern Schleswig und Holstein. Flensburg 1778. 1786. 2 Thle. 8.
  1. Mecklenburgische Nachrichten, Fragen und Anzeigungen. Anno 1749. Schwerin. 4. (Erster Jahrgang.) (Geschenk des Hrn. Bürgermeisters Daniel in Rehna.)
  2. Mecklenburgisches Wappenbuch. Herausgegeben und verlegt von J. G. Tiedemann. 1stes Heft. Rostock 1837. 4. (Geschenk Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von M.=Schwerin.)
  3. Jac. a Mellen, Historia antiqua Lubecensis. Jenae 1677. 4.
  4. Jac. a Mellen, Historia media Lubecensis. Jenae 1677. 4.
  5. Jac. a Mellen, Historia Lubecensis recentior. Jenae 1679. 4.
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  1. 478. G. Merkel, Die Vorzeit Lieflands. 1r u. 2r Bd. Mit Kpfrn. und 1 Karte. Berlin 1798. 1799. 8.
  1. 480. Mittheilungen, Neue, aus dem Gebiete historisch=antiquarischer Forschungen. Herausgegeben von dem Thüringisch=Sächsischen Verein für Erforschung des vaterländischen Alterthums. 1sten Bandes 1stes und 2tes Heft. Halle 1834. 8. [M. s. Nr. 150-153. 326-329.]
  1. -484. Mittheilungen, Neue, a. d. G. h. = a. F. etc. . 3ten Bandes 1stes bis 4tes Heft. Halle 1836. 1837. 8. [M. s. Nr. 150-153. 326-329. 479. 480.]
  1. Müntz=Buch, darinnen zubesehen die besten vnnd schönsten, so wol Alte als Newe Gelt.=Müntze etc. . Frankfurt a. M. 1631. (240 Holzschnitte.) 4. (Geschenk des Hrn. Pastors Masch zu Demern.)
  2. Museum, Scandinavisk. Ved et Selskab. For Aaret 1802. Femte Haefte. Kiøbenhavn. 8.
  3. 488. Nachricht, Erste und Zweite, über den histor. Verein für Niedersachsen. Hannover 1836. 1837. 8. (Von der 2ten N. 2 Exemplare.) (Geschenk des Vereins.)
  1. Nachrichten von den bei Beckum entdeckten alten Gräbern. Münster 1836. Mit Abbildungen und einer Charte. 8. (Geschenk des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens.)
  2. H. Nettelbladt, Verzeichniß allerhand mehrentheils noch ungedruckter zur Geschichte und Verfassung der Stadt Rostock gehöriger Schriften, Münzen, Verordnungen und Urkunden. Rostock 1760. 4. [M. s. Nr. 160.] (Geschenk des Hrn. Bürgermeisters Daniel in Rehna.)
  3. Nibelungen, der, Lied etc. . herausgegeben durch Fr. Heinr. von der Hagen. Dritte Aufl. Breslau 1820. 8. (Geschenk des Hrn. Freiherrn v. Glöden in Bützow.)
  4. G. W. A. Oldenburg und J. P. E. Greverus, Wildeshausen in alterthümlicher Hinsicht. 2te verm. Ausg. Oldenburg 1837. 8.
  5. Just. Ludov. Olthoff, Res Mecklenburgicae. Wittenbergae 1677. 4.
  6. G. H. Pertz, Monumenta Germaniae Historica etc. Tom. IV. Legum tom. II. Hannov. 1837. Fol. [M. s. Nr. 165-167.] (Geschenk Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von M.=Schwerin.)
  7. M. Joh. Pomarius, weil. Pfarherrn zu St. Peter in Magdeburg, Chronica der Sachsen vnd Niedersachsen. Wittenbergk 1589. Fol.
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  1. C. Rafn, Jomsvikinga Saga og Knytlinga Saga. Kjøbenhavn 1829. 8. (Geschenk der königl. dänischen Gesellschaft zu Kopenhagen.)
  2. G. W. v. Raumer, Historische Charten und Stammtafeln zu den Regesta historiae Brandenburgensis. 1stes Heft bis z. J. 1200. 1837. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  3. 499. Fr. v. Raumer, Historisches Taschenbuch. 8r u. 9r Jahrgang. Lpz. 1837. 1838. 8. [M. s. Nr. 348-354.] (Geschenk des Hrn. Regierungsraths von Oertzen in Schwerin.)
  1. R. K. Rask, Samlede tildels forhen utrykte Afhandlinger. Første Del. København 1834. 8. (Geschenk der königl. dänischen Gesellschaft zu Kopenhagen.)
  2. Reinecke de Vos mit dem Coker. Wulffenbüttel 1711. 4. (Geschenk des Hrn. Dr. Schiller in Schwerin.)
  3. Reinhart Fuchs. Von Jacob Grimm. Berlin 1834. 4.
  4. Reyneke Vosz de olde. 1592. 4. [Der frühere Besitzer war De Rist Nobilis, — der bekannte Rector zu Krakow.] (Geschenk des Hrn. Universitäts=Bibliothekars B. von Nettelblatt zu Rostock.)
  5. Dr. K. Rosenkranz, Neue Zeitschrift für die Geschichte der germanischen Völker. Von dem Thüringisch=Sächsischen Verein herausgegeben. Halle 1832. 1sten Bandes 1stes bis 4tes Heft.
  6. Car. Aug. Rüdiger, De Joannis Boceri Fribergo in Misnia. Fribergae 1822. 4.
  7. Casparis Sagittarii Historia der Grafschafft Gleichen a., herausgegeben von Dr. E. S. Cyprian. Frankfurt a. M. 1732. 4.
  8. J. C. Schaum, Die Fürstl. Alterthümer= Sammlung zu Braunfels. Mit einigen Nachbildungen. 1819. 4. (Geschenk Sr. Durchl. des Prinzen Bernhard von Solms=Braunfels.)
  9. 509. M. D. Schröder, Papistisches Mecklenburg. 1r und 2r Theil. Wismar 1739. 1741. 4.
  1. Hs. Schröder, Nachträge und Register zu dem Lexikon der Schleswig=Holstein=Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller von 1796 bis 1828. Schleswig 1831. 8. [M. s. Nr. 467. 468.]
  2. 512. Fr. Seestern=Pauly, Beiträge zur Kunde der Geschichte, so wie des Staats= und Privatrechts des Herzogthums Holstein. 1r und 2r Theil. Schleswig 1822. 1825. 8.
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  1. Fr. W. Siggelkow's Poesien. Schwerin 1770. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Schiller in Schwerin.)
  2. Staatskalender, Großherzoglich Meklenburg=Schwerinscher. 1838. 8. [M. s. Nr. 192. 193. 371.] (Geschenk von H. W. Bärensprung.)
  3. Steiner, Codex Inscriptionum Romanarum Rheni. Tom. 1. & 2. Darmst. 1837. 8. (Gesch. Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs von M.=Schwerin.)
  4. Fr. Ulr. Stisser, Forst= und Jagd=Historie der Teutschen. Herausgeg. von Franck. Lpzg. 1754. 8.
  5. C. H. Tamms (Archidiakonus an der St. Nicolaikirche in Stralsund), Peter Suleke, ein Religionsschwärmer des 16. Jahrhunderts. Stralsund 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  6. Tatiani Alexandrini Harmoniae Evangelicae antiquissima versio theotisca. Ed. Lo. Phil. Paltbenius. Gryphiswaldiae 1706. 4. (Geschenk des Hrn. Dr. Schiller in Schwerin.)
  7. -524. Tidsskrift, Nordisk, for Oldkyndighed, udgivet af det Kongelige Nordiske Oldskrift=Selskab. 1r, 2r und 3r Bd. in 6 Heften. Kiøbenhavn 1832-1836. 8. [M. s. Nr. 201. 202.]
  1. Dr. L. Tross, Gert's van der Schüren Chronik von Cleve und Mark. Hamm 1824. 8.
  2. Dr. L. Tross, Westphalia. Archiv für die westphäl. Geschichte in ihrem ganzen Umfange. 1stes Heft. Hamm 1824. 8.
  3. 528. Dr. P. Wigand, Wetzlarsche Beiträge für Geschichte und Rechtsalterthümer. 1s u. 2s Heft. Wetzlar 1836. 1837. 8. (Geschenk des Wetzlarschen Vereins.)
  1. 530. Wundemann, Mecklenburg in Hinsicht auf Kultur, Kunst und Geschmack. 1r und 2r Theil. Schwerin und Wismar 1800. 1803. 8. (Geschenk von H. W. Bärensprung.)
  1. Kasp. Zeuß, Die Deutschen und die Nachbarstämme. München 1837. 8.
  2. Dr. E. H. Zober, Name und Wappen der Stadt Stralsund. Ein sprachlich=geschichtlicher Versuch. (Aus der Sundine 1836 Nr. 80-84.) 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  3. Dr. E. H. Zober, Die Wesselsche Bibel der St.Marienkirche zu Stralsund. Stralsund 1837. 4. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
  4. Dr. E. H. Zober, Franz Wessels, w. Bürgermeisters der Stadt Stralsund, Schilderung des kathol. Gottes=
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dienstes in Stralsund kurz vor der Kirchenverbesserung. Stralsund 1824. 4. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)

  1. Dr. E. H. Zober. Die S. Marienkirche zu Stralsund. Ein beschreibend=geschichtlicher Versuch. (Aus der Sundine 1836 Nr. 55-64.) 4. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  2. Dr. E. H. Zober, Die S. Jacobikirche zu Stralsund. Ein beschreibend=geschichtlicher Versuch. (Aus der Sundine 1837. Nr. 71-82.) 4. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)

II. Sammlung topographischer Alterthümer.

Dieselbe ward bereichert mit:

  1. Postilla Guillermi, tam epistolarum, quam euangeliorum, in interlineari glossula. 186 fol. in 4°. Der Titel fehlt. Am Ende steht: Finit expositio Guillermi super euangelia et dominicarum et sanctorum per anni circulum collecta, unacum interlineari glossula etc. — — iamiam recenter ex officina prouidi uiri Adam Petri de Langendorff civis Basiliensis impressoriae artis gnari emanata, Anno Millesimo quingentesimo decimo sexto pridie Calendas Decembris, Basilea fotrice, etc. Die Evangelien mit Holzschnitten.
  2. Directorium in dominice passionis articulos. Am Ende steht: Explicit concordantia quatuor euangelistarum in passionem domini nostri Jesu Christi, inter priscas haud facile secedet secunda, a fratre Daniele Agricola obseruantino ordinis Minorum concinne digesta. Operaque Adae Petri de Langendorff accuratissime etc. — pridie Calendas Decembris Basileae impressa, regnante domino nostro Jesu Christo Anno M.D.XVI 39 fol. in 4°. (fol. 27-31 ausgerissen.) Mit Holzschnitten mit dem verschlungenen Monogramm GV; auf dem Titel die Jahreszahl 1516 im Holzschnitt.

Beide Bücher sind zusammen in Einen Lederband gebunden, an welchem eine eiserne Kette befestigt ist. — Diese alten Drucke sind in der Auction der Bücher des wailand Pastors Fabricius zu Gischow von dem Herrn Kammerherrn vonViereggesen. zu Wismar erstanden und von demselben dem Vereine zum Geschenk gemacht.

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III. Urkundensammlung.

Zu dieser wurden geschenkt:

1) Von den Erben des wail. Geheimenraths=Präsidenten und Ministers von Plessen:

2 Original = Urkunden über das Gut Donnekendorf: ein Lehnbrief von 1595 und ein Muthschein von 1691.

2) Aus dem lüneburgischen Urkundenbuche der von der Mölen im Besitze des Vereins:

eine Vollmacht des Klosters Eldena für dessen Capellan Barthold an den Burgemeister Heinrich und dessen Bruder in Hamburg (1328 - 1334).

3) Vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

Abschrift einer Urkunde über überelbische Besitzungen der Grafin von Schwerin (1314).

4) Vom Herrn Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel:

Abschrift von zwei Urkunden über den Verkauf einer Hufe in Hedebere durch die Gräfin Adelheid von Ratzeburg und die Grafen von Dassel an das Kloster Riddagshusen (1268).

5) Vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar:

Abschrift einer Urkunde über eine Rentenverschreibung an den Kaland zu Zurow (1488).

6) Vom Herrn Dr. Dittmer zu Lübeck:

a) Abschrift von 19 Urkunden über Besitzungen des heil. Geist = Hospitals zu Lübeck in Meklenburg (1269 bis 1369), aus dem Archive dieses Hospitals.

b) Abschrift von 9 Urkunden über Besitzungen des St. Johannis=Klosters zu Lübeck in Meklenburg (1281 bis 1406), aus dem Archive dieses Klosters.

7) Vom Herrn Kammerjunker und Premier = Lieutenant Freiherrn Grote=Schauen zu Hannover:

Abschrift eines Lehnbriefes des Herzogs Albrecht von Meklenburg über das halbe Dorf Wessewe an Otto Groten (1359).

8) Vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

a) Abschrift von l 5 Urkunden aus dem Archive zu Stettin über Bündnisse und Verträge zwischen den meklenburgischen und den benachbarten Fürsten (1306 bis 1372).

b) Abschrift von 3 Urkunden aus dem Archive zu Stettin über das Leibgedinge der Herzogin Elisabeth,

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Gemahlin des Herzogs Magnus von Meklenburg (1362 bis 1377).

9) Von dem Herrn Präpositus Karsten zu Vilz:

Abschrift von drei Urkunden über die Verleihung des Dorfes Drensdorf an die Kirche zu Vilz (1364 bis 1371).

10) Von dem Herrn Direktor Dr. Crain zu Wismar:

Abschrift von 6 Urkunden aus dem Archive des heil. Geist = Hospitals zu Wismar.

11) Von dem Herrn Hofrath Ehlers zu Bützow:

6 Original = Urkunden, Privatverhältnisse in den jetzigen hannoverschen Landen betreffend (1394 bis 1625).

12) Vom Herrn Dr. Deecke zu Lübeck:

Regesten von 4 Urkunden über lübische Verhältnisse in Meklenburg (1243 bis 1296), aus dem Raths=Archive zu Lübeck.

13) Vom Hrn. Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel:

a) Regesten von 11 Urkunden des Klosters Amelungsborn über dessen Besitzungen in Meklenburg (1224 bis 1274), aus einem amelungsborner Diplomatarium im Landeshaupt=Archive zu Wolfenbüttel.

b) Regeste aus einer Urkunde über überelbische Besitzungen der Grafen von Schwerin.

Die Sammlung erhielt also im Laufe dieses Jahres einen Zuwachs von 8 Original=Urkunden, 71 Urkunden=Abschriften und 16 Urkunden=Regesten. Demnach besteht zur Zeit der ganze Vorrath des Vereins an meklenburgischen Urkunden aus:

Original=Urkunden: 16.
Copien von Urkunden: 121.
Regesten aus Urkunden: 63.

An die Stelle mancher Regesten, z. B. der von dem Herrn Dr. Dittmer zu Lübeck eingesandten, sind jedoch schon vollständige Abschriften der ganzen Urkunden getreten.

IV. Sammlung anderer älterer Handschriften.

Auch diese Sammlung erhielt einige werthvolle Beiträge, nämlich:

1) Urkundenbuch der lüneburgischen Familie von der Mölen (de molendino) über Sülzgüter zu Lüneburg.

Dieses Buch ward von dem Herrn Kaufmann Stehmann jun. zu Schwerin als Makulatur gekauft und von dessen Schwager, dem Herrn Weinhändler Uhle, als etwas

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Werthvolles bemerkt und dem Herrn Archivar Lisch zur Ansicht mitgetheilt; nach Darlegung des Inhaltes ward es dem Vereine zum Geschenk überlassen. Dieses Diplomatarium, in folio, ist sorgsam und gewiß nach den Originalurkunden geschrieben; viele Urkunden sind von einem Clerikus und Notarius Helmold Thogeder vidimirt. Es ist in Pergament gebunden; auf der Rückseite des Bandes steht:

Registrum Tertium.
der van der molen is dit.

Auf der letzten Seite des Buches ist das Wappen der von der Mölen in weiß und braunroth mit der Feder gezeichnet: ein dreifach quer getheilter Schild; auf dem mittlern Drittheil, welches weiß ist, stehen drei Mühlräder; das obere und untere Drittheil sind braunroth und leer (mit leichten Schnörkeln verziert). Auf dem Helme steht ein dunkler Flug, der auf jedem Flügel einen weisen Querstreifen mit drei Mühlrädern hat. Unter diesem Wappen steht:

Ick Johan van der molen, Johannes sone, hebbe dit bock geschreuen vnd geendiget anno 1544 to nutte vnd framen der van der molen, vnd du leser bidde god vor my vnd vor myn geschlechte.

Das Urkundenbuch hat auf fol. 1. die Ueberschrift:

Registrum Tertium.

Dyt ys dat drudde Regysterum, der van der Molen intitulleret vnd genomet, dar inne de breue der van der molen genomet vortekent vnd geregistreret syn vnd hegen syck der wegen hyr syck ersten an de scriffte vp den olden vnd nigen radt vnd zulten to Luneborch in dem namen des vaders vnd des Sones vnd des hylligenn geystesAmen.

Anno 1543.

Das Buch ist foliirt und enthält 200 Blätter; voran gebunden sind noch 6 Blätter, gleichzeitig mit dem Hauptbuche.

Die foliirten Blätter enthalten ungefähr 200 Urkunden über die Sülzgüter der von der Mölen in der Saline zu Lüneburg, theils allgemeine Urkunden und Verhandlungen über die Saline zu Lüneburg, theils Urkunden über die besondern Eigenthumsverhältnisse der von der Mölen in der Saline, die Erwerbung oder Veräußerung dieser Güter u. s. w. Außer diesen Urkunden ist fol. 121 bis 155 in dem Buche enthalten:

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der zulten tho Luneborch sodvart

d. i. ein vollständiges Verzeichniß aller Hebungen aus der Saline zu Lüneburg nach allen Siedehäusern. Endlich steht: fol. 187 ein Stammbaum der Remsteden, fol. 191 Stammbaum der Hoyken, fol.192 Stammbaum des Johann vam Loe und fol. 192 Stammbaum der Kolkhagen.

Auf den 6 ersten Blättern sind mehrere plattdeutsche Gedichte niedergeschrieben, nämlich:

  1. Eyn nige ledt vpp denn olden radtt tho Luneborch.
  2. Eyn nige ledtt vpp hernn Johann Springintgudt Burgermester des olden Rades to Luneborch.
  3. Eyn nige ledt vpp den nigen Radtt tho Luneborch.
  4. Eyn nyghe leydt im tone:
       "Heraus du Hochgeborner Hertoch tzu Brunswych gudt"
    vp de sostich borger to Luneborch.
  5. Eyn nige leyd effte ghedichte van den van lubeck.
  6. Eyn nige ledtt vpp Doctor Martinus Lutter (vom Jahre 1530).

In dem Urkundenbuche steht fol. 81 noch ein plattdeutsches Gedicht:

  1. Ein nige ledt vp den radt to Luneborch ghedichtet vnnd ghesent von Hamborch anno XV c XLIII.

Auf der letzten Seite neben dem Wappen und auf der innern Seite des Pergament=Umschlages sind mehrere Begebenheiten in chronologischer Form aufgezeichnet.

Daß dieses Diplomatarium, auch wegen des Sülzregisters, ein großes Interesse hat, liegt klar vor.

2) Zwei Folianten Manuscripte, aus der Sammlung des Domprobsten Otto von Estorf herstammend, bestehend aus Acten und Briefen in Betreff der Kriegs = und Religionsangelegenheiten in der ersten Hälfte des dreißigjährigen Krieges, Geschenk des Herrn Dr. von Duve zu Mollen.

3) Stammbaum des meklenburgischen Fürstenhauses von dem ersten christlichen Fürsten Pribislav bis auf den Herzog Christian Ludwig, in lateinischer Sprache, mit historischen Notizen, auf Pergament geschrieben.

Dieser Stammbaum, nach einer im großherzoglichen Archive zu Schwerin im Original aufbewahrten Sammlung von Stammbäumen der einzelnen Linien des meklenburgischen Fürstenhauses

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von dem ehemaligen meklenburgischen Archivar J. F. Schultz verfaßt, jedoch nicht von demselben geschrieben, ward aus dem Nachlasse des Oberhofpredigers Passow zu Ludwigslust erworben und geschenkt vom Herrn Hofrath Dr. Prosch zu Schwerin.

V. Nekrologium des Vereins.

Von dem Herrn Regierungsrath von Oertzen ward der Nekrolog des meklenburgischen Geheimenraths=Präsidenten und Ministers L. E. H. von Plessen (verfaßt von A. Bartsch) eingereicht.

B. Sammlung von Bildwerken.

I. Alterthümer im engern Sinne.

1. aus vorchristlicher Zeit.

Der Verein hat die gegründetste Veranlassung, in der Classificirung und Beschreibung der vorchristlichen Grabalterthümer so fortzufahren, wie er begonnen hat. Denn nicht allein zeugen fortgesetzte Aufgrabungen auf vaterländischem Boden für die Richtigkeit der dabei befolgten Grundsätze, sondern auch durch die gleichzeitigen, in der Vorbereitung von uns unabhängigen Forschungen und Resultate in den Nachbarländern sehen sie sich anerkannt und bestätigt, wie die neuesten, trefflichen und inhaltreichen Werke: Leitfaden zur nordischen Alterthumskunde, Kopenhagen 1837, und Erster Jahresbericht des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie, 1838, zur Genüge beweisen.

A. Aus der Zeit der Hünengräber.

a. Gesammelter Inhalt einzelner Gräber.

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Hünengrab von Kl. Methling (bei Gnoien).

Als im Jahr 1832 dieses Grab abgetragen ward, um die Steine desselben zu benutzen, war Herr Kammeringenieur Engel aus Dargun zufällig anwesend. Derselbe fand das Grab mit großen Steinpfeilern umstellt, im Innern aber

1) ein spanförmiges Messer aus durchsichtigem, braunrothem, karneolartigem Feuerstein, etwas gebogen, vierseitig, in trapezoidischem Durchschnitt, und

2) einen Schmalmeißel aus grauem Feuerstein, 4" lang, ungefähr ¾" breit in quadratischem Durchschnitt, überall

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geschliffen und an der Schneide offenbar wiederholt nachgeschliffen.

Beide Stücke sind von Herrn Engel dem Vereine geschenkt. Weiter fand sich in dem Grabe nichts.

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Hünengrab von Hohen=Wieschendorf
(bei Wismar).

Ueber die Eröffnung dieses Grabes berichtet Herr Pastor Erfurth zu Hohenkirchen Folgendes:

Im Frühjahr 1836 bedurfte Herr Bade auf Hohen=Wieschendorf zum Bau eines massiven Schaafstalles der Feldsteine, und gab seinen Leuten Auftrag, hier und da, wo die Pflugspitze beim Ackern irgend auf Steine gestoßen sei, nachzugraben. Mehrere Steine standen mit ihrer Spitze auf der Oberfläche; diese wurden zuerst weggenommen, und so fand man in einem kleinen Sandberge, in Zwischenräumen von 7 bis 8 Schritten, mehrere Gräber von etwa 5' Länge und 2½ Breite, welche mit Steinen an den Seiten ausgesetzt waren. In dem einen Grabe soll eine Urne gestanden haben, aber sogleich zerfallen sein, und um dieselbe 7 oder 8 Keile. In den 2 oder 3 andern Gräbern sollen nur Keile gewesen sein. Von diesen sind die beifolgenden 4 Exemplare 1 ) (später sandte Herr P. Erfurth noch ein fünftes Stück 2 ) nach) theils durch Herrn Bade, theils durch Herrn Pastor Grapengiesser zu Proseken mir ausgeliefert worden. Welche Form die Urne gehabt habe, von welcher Farbe sie gewesen sei, ob mit oder ohne Verzierungen, habe ich nicht erfahren können. Leider hörte ich von diesem Funde nicht eher etwas, als bis die Keile schon zum größten Theile zerstreut und, für werthlos gehalten, verloren gegangen waren.

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Hünengrab von Lübow
(bei Wismar).

Auf dem Pfarracker zu Lübow befand sich ein mit großen Steinen umstelltes Hünengrab. Bei Wegräumung derselben


1) Von diesen Keilen sind 3 von gewöhnlicher Größe und Form, aus grauem Feuerstein, an den beiden breiten Seiten geschliffen; der vierte hat eine mehr fächerartige Gestalt, ist dünner, von besserer Masse und überall sorgfältig und gleichmäßig geschliffen; ausgebrochen sind alle an mehreren Stellen.
2) Dies ist ein Schmalmeißel aus hellgrauem Feuerstein, viereckig, 6" lang, überall roh zugehauen und nur an der schräge abgeschnittenen Schneide ungefähr 1" lang geschliffen.
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war der Herr Pastor Albrand mit mehrern Freunden gegenwärtig und fand in dem Grabe folgende Gegenstände, welche er, mit einem Fundberichte, an den Verein eingesandt hat.

Die ganze Bestattungsweise der in diesem Grabe beigesetzten Leiche zeigt die überraschendste Uebereinstimmung mit den Umständen der Aufgrabung des Hünengrabes von Prieschendorf (vgl. Jahresber. II. S. 25, flgd.).

Den Mittelpunct der Stelle, an welcher die Ueberreste der Leiche beigesetzt waren, bildeten viele rundliche, platte, gespaltene, feinkörnige Sandsteine von rother Farbe. Diese erschienen in Kreuzform gelegt; bei ihnen lagen viele Scherben von Urnen. Diese gespaltenen rothen Sandsteine bildeten ohne Zweifel die Unterlagen und Deckel der Urnen; die Legung der Steine in Kreuzform ist nur dadurch entstanden, daß fünf Urnen beigesetzt wurden, von denen eine in der Mitte gestanden hatte, die andern vier umhergestellt gewesen waren; die Urnen waren zerdrückt, die Decksteine derselben auf die Unterlagen, die Urnentrümmer seitwärts gefallen und so die Kreuzform in der Legung der Steine entstanden. Bei Zusammenstellung der Urnenscherben fand es sich nun, daß die Bestattungsstelle wirklich fünf Urnen geborgen hatte. Die Urnenscherben sind dick, von grober Masse, mit Kiessand und Feldspathgrus und Glimmer durchknetet und zum größern Theile mit Verzierungen bedeckt, durch welche diese lübower Urnen einigen prieschendorfern ganz gleich sind; alle Urnen haben Zeichen von Erhärtung durch Feuer. Alle Verzierungen sind mit groben Instrumenten eingegraben und einfach, aber kräftig und edel.

1) Die größere Urne ist ein rundliches, großes Gefäß von gelbbräunlicher Farbe und fester Masse gewesen, verziert mit eingegrabenen kleinen, perpendikulären Linien, welche in Gruppen von Dreieckform zusammenstehen, und ist in Scherben und Verzierungen ganz der prieschendorfer Urne a. a. O. S. 30, Nr. 5, gleich.

2) Ein anderes Gefäß ist weit geöffnet gewesen; ein ziemlich großes Stück vom Rande ist ganz senkrecht und deutet auf die Becherform des Gefäßes. Oben um den Rand läuft eine Reihe eingegrabener Verzierungen aus drei kräftigen Zickzacklinien über einander. Diese setzen sich in einzelnen Gruppen, wie Streifen, nach unten hinfort, so daß einzelne senkrechte Verzierungen, wie drei aufgerichtete Baumzweige, auf den Außenwänden der Urne zu stehen scheinen. Der obere Rand ist mit Querstrichen gekerbt. Die Innenwand der Urne ist glatt und schwärzlich.

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3) Ein drittes Gefäß ist ebenfalls weit geöffnet gewesen, ebenfalls mit fast senkrechtem Rande, aber mehr kugelförmig ausgebaucht. Der Rand ist oben mit einer kräftigen Zickzacklinie verziert; dann folgt in geringer Entfernung eine horizontale Linie, auf welcher nach unten hin eine zweite Zickzacklinie steht. Der Bauch der Urne ist mit höheren, zusammengesetzten, parallelen Zickzacklinien verziert gewesen. Der obere Rand läuft scharf aus. Die Masse ist mit goldfarbigem Glimmer durchknetet und die Innenwand der Urne ist röthlich gelb, die Außenwand schwärzlich geflammt.

4) Ein viertes Gefäß ist aus grober Masse, mit grobem Feldspath durchknetet, in dicken Scherben, von röthlich=gelber Farbe, ohne Verzierungen. Der senkrechte Rand ist mit Querstrichen gekerbt.

5) Ein fünftes Gefäß ist dem vierten ähnlich, nur von etwas feinerer Masse, mit goldfarbigem Glimmer durchknetet. Der Rand ist etwas ausgebogen.

Daneben, in den Winkeln der kreuzweise gelegten Sandsteine, fand sich eine große Masse von Asche und Knochen. Die größern eingesandten Knochenreste sind angebrannte Thier= (Pferde=) Knochen. Dabei lagen Reste eines Pferdeschädels, welche, wie zu Prieschendorf, keine Spur vom Brande zeigten; diese Reste bestehen, nach der Bestimmung des Herrn Professors Steinhof zu Schwerin: aus dem mittlern und untern Theile der linken Kinnlade eines Pferdekopfes (der sogenannten ganache), mehrern Zähnen und einem Halsgelenkknochen: alles ohne alle Brandspuren.— Die Knochen deuten auch hier auf ein kleines, nicht junges Pferd.

In der Asche lagen zwei gewöhnliche Keile von hellgrauem Feuerstein, 7½" und 6½" lang, an zwei Seiten geschliffen, an der Schneide scharf abgeschliffen, an vielen Stellen ausgesprungen.

Außerdem fand sich, sei es durch Zufall, oder aus Vorbedacht hineingelegt, ein Stück strahligen Schwefelkieses.

b. Einzeln aufgefundene Alterthümer.

Streitäxte und Streithämmer:

1 Streitaxt (Axthammer) aus grünlicher Hornblende, mit dem Stielloche in der Mitte, nach beiden Seiten hin abgebreitet und zugeschärft, mit eingeschliffenen, hochstehenden Rändern an der schmalen Seite und mit Querbändern in der Mitte der Seitenflächen: ein Exemplar
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von seltener Form und Schönheit, gefunden zu Rüst bei Goldberg, geschenkt vom Herrn Klosteractuarius Lierow zu Dobbertin.
1 Art aus grünlicher Hornblende, kurz und dick, 5" lang, 2½" breit und 2½" dick, geschenkt vom Herrn Sanitätsrath Dr. Bornemann zu Goldberg.
1 Streitaxt aus schwarzgrüner Hornblende, 5½" lang, in der Beitschärfe 2½" breit und im Duchmesser des trefflich gebohrten Schaftloches gegen 3" dick. Die Axt hat Reste von Vergoldung, welche wohl in jüngeren Zeiten aufgetragen sein wird, da der Gebrauch der Streitäxte bis ins 17. Jahrhundert herabgeht und in neueren Zeiten wahrscheinlich auch wohl aufgefundene alte Streitäxte in Gebrauch genommen wurden. Der Fundort dieses Exemplars ist unbekannt; es wurde aus dem Nachlasse des Bürgermeisters Wehner t zu Brüel angekauft.
1 Streithammer aus schwärzlichem Gneis, an einem Ende meißelförmig auslaufend, am andern Ende breit und beilförmig ausgerundet, um das Schaftloch ausgebaucht, überhaupt von seltener Form und Beschaffenheit, gefunden bei Güstrow, geschenkt vom Herrn Maler Fischer zu Schwerin.

Keile:

1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, im Aeußern ockergelb von der Erdschicht, in welcher er gefunden, zu 1/3 am Bahnende abgebrochen, überall geschliffen, 2½" breit und noch 4½" lang, geschenkt vom Herrn Sanitätsrath Dr. Bornemann zu Goldberg.
1 Keil aus grünlicher Hornblende, lang und dick, 8" lang, 2-3" breit, 2" dick in der Mitte, wegen der Steinart und der Dicke eine seltene Erscheinung, und nur dem Keil von Marnitz (vgl. Jahresber. I. S. 14) vergleichbar, geschenkt vom Herrn Pächter Düring zu Pastin bei Sternberg.
1 kleiner Keil aus grauem Feuerstein, gegen 4" lang, nur an der Schärfe geschliffen, einzeln gefunden auf der Feldmark Gr.=Vielen, Geschenk des Herrn Landraths von Oertzen auf Gr.=Vielen.
1 Keil aus grauem Feuerstein, auf den breiten Seiten geschliffen, ungefähr 4½" lang, im J. 1836 gefunden bei Rehna auf dem sogenannten Kruge, einem hinter dem Hausgarten des Hrn. Bürgermeisters Daniel belege=
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nen sandigen Ackerstücke, geschenkt vom Hrn. Bürgermeister Daniel zu Rehna.
1 Keil aus hellgrauem, durchscheinendem Feuerstein, 8½" lang, m der Beilschärfe 2¾" und am Bahnende 1½" breit, in der Mitte gegen 2" dick, ohne Ausnahme überall und ganz vorzüglich geschliffen. Fundort ist unbekannt. Aus dem Nachlasse des Bürgermeisters Wehnert zu Brüel angekauft.
1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, 5" lang, von gewöhnlicher Form und nur an den breiten Seiten geschliffen. Fundort ist nicht begannt. Aus demselben Nachlasse angekauft.

Eine Speerspitze

aus grauem Feuerstein, 8" lang, 2" breit, gegen 1" dick in der Milte, an den Rändern scharf abgekantet, nach beiden Enden hin spitz auslaufend, jedoch nach einem Ende hin sich mehr verjüngend, ohne Griff, überall auf gleiche Weise im Rohen behauen, gefunden zu Liessow, östlich vom schweriner See, geschenkt vom Herrn Gymnasiasten Hobein zu Schwerin.

Ein Kegel

von Feuerstein, von welchem Späne abgespalten sind, gefunden in einem Garten auf der Höhe des alten Weinberges bei Schwerin zwischen dem Schloßgarten und der Artillerie = Wache und geschenkt vom Herrn Hofküster Buchheim zu Schwerin. Das Stück Feuerstein ist 2" lang und ungeföhr ¾" im Durchmesser; es ist ein dunkelgrauer, durchscheinender, reiner Feuerstein, wie ein zugespitzter Korkstöpfel, von welchem rund umher der ganzen Länge nach höchst regelmäßig Späne von ungefähr 3/16" Breite abgespalten sind. Diese Abspaltung ist so regelmäßig und vollkommen geschehen, daß es scheint, als wäre der Stein erweicht mit einem scharfen Messer beschnitten; wenigstens scheint diese Bearbeitung durch Schlagen fast unmöglich. Es gehört dieser Stein in die Klasse der spanförmigen Feuersteinmesser, und er ist entweder ein Block, von welchem Messer oder Sägeschneiden abgespalten sind, oder er ist ein nicht vollendetes Geräth, etwa eine unvollendete Pfeilspitze. Ein gleicher Stein findet sich in der Sammlung zu Kopenhagen und ist abgebildet in den Historisch= antiq. Mitth. Tab. III. Fig. 27 (vgl. S. 75), und in dem Leitfaden zur nord. Altth. S. 37. Aehnliche Steine finden sich öfter. sogar in Hünengräbern (vgl. Jahresber. II. S. 31, Nr. 5. und 6), aber sehr selten so gut zubereitet.
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Feuersteinmesser = Manufactur zu Klink 1 )
(bei Waren).

Im J. 1837 berichtete der Hr. Candidat Kortüm zu Feldberg bei seinem Beitritt zum Vereine, daß auf der Feldmark Klink bei Waren an einer gewissen Stelle an der Müritz merkwürdig geschlagene Feuersteine in so großer Menge gefunden würden, daß die Landleute in der dortigen Gegend, namentlich die Taback rauchenden, sie seit langer Zeit aufsuchten und wegen ihrer Bequemlichkeit zum Feueranschlagen benutzten. Auf weitere Anfragen und Erkundigungen hatten der Gutsbesitzer Hr. Kähler zu Klink und der Hr. Dr. Kortüm zu Waren die Güte, die Stelle genauer zu untersuchen und Bericht und Proben von den vorkommenden Steinen einzusenden.

An der Eldenverbindung zwischen dem Müritz= und Kölpin=See, am Ausflusse der Elde aus der Müritz, auf der Feldmark Klink sind es zwei ziemlich steile Sandhügel, an denen diese geschlagenen Feuersteine vorkommen, die sonst in der ganzen Gegend nicht gefunden werden. Nach den durch die genannten Herren eingesandten, leicht gefundenen Proben — es sind einige 20 Stücke — sind diese Feuersteine jene spanförmigen und prismatischen, scheinbar geschnittenen Messer, wie sie, neben den Keilen aus Feuerstein, so häufig in den ältesten, mit großen Granitblöcken umstellten und bedeckten Gräbern, den sogenannten Hünengräbern vorkommen und in Frid. Franc. Tab. XXVII. Fig. 5-11 abgebildet und in der Erläuterung S. 145-146 beschrieben sind. So wurden sie auch in dem, im Auftrage des Vereins aufgedeckten Hünengrabe von Prieschendorf (Jahresber. II. S. 31 und 33) gefunden. Diese Messer, wie sie in den Hünengräbern gefunden werden, sind in der Regel ungefähr 4 Zoll lang; sie sind gewöhnlich ganz von vierseitigem, rhombischem oder auch in der einen Hälfte von dreiseitigem, zur andern Hälfte von vierseitigem Durchschnitte; die eine Seite ist immer die größere und nimmt fast die Hälfte des Spans ein, die übrigen zwei oder drei Seiten sind viel schmaler; das Ganze ist nach der breitern Seite hin gebogen. — Die zu Klink gefundenen Späne


1) Das Gut Klink liegt zwischen den Seen Müritz und Kölpin, und bietet in geognostischer Hinsicht manche Merkwürdigkeit: so wird am Kölpin Bernstein in Menge, wenn auch nur in kleinen Stücken, gefunden; Schwefelkies, in ziemisch großen Stücken, findet sich öfter auf der Feldmark Klink. Der größte Theil der Steine am Ufer der Müritz besteht aus Feldsteinen. (Aus den Mittheilungen des Herrn Kandidaten Kortüm.)
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haben dieselbe Beschaffenheit, sind aber alle theils noch nicht so vollendet, wie sie in den Gräbern gefunden werden, theils viel kleiner, theils zerbrochen; einige Exemplare sind noch rohe, nur spanähnliche Feuersteine, andere sind nur breite, von den größern Seiten abgeschlagene Splitter, noch andere sind viel kleiner, als die gewöhnlich vorkommenden. Dies alles ist ein Beweis, daß dieselben nur als unbrauchbar verworfene Stücke sind und daß die Stelle in grauer Vorzeit ein Ort war, wo Geräthe aus Feuerstein verfertigt wurden. Vor einigen Jahren ward an derselben Stelle ein wohl erhaltenes, muschelförmig geschlagenes, dolchartiges Messer (wie Frid. Franc. Tab. II und XXX) aus Feuerstein gefunden, welches in die großherzogliche Alterthümer= Sammlung gekommen ist. Merkwürdig ist, daß in demdelben Hügel, an welchem diese Geräthe aus Feuerstein gefunden werden, oft Urnen und urnenscherben und neben denselben Geräthe aus Bronze, also aus einer Zeit, welche unmittelbar auf die Steinzeit folgte, gefunden worden (vgl. unten Alterthümer aus der Zeit der Kegelgräber).

Auch auf Rügen, auf der Halbinsel Jasmund bei dem Dorfe Semper, entdeckte der Herr Dr. v. Hagenow eine gleiche Stelle, an welcher in alter Zeit Feuersteingeräthe bearbeitet wurden; er fand hier, außer vielen Streitäxten und Opfermessern, auch mehrere hundert Stück der spanförmigen, prismatischen Messer; man vgl. Dritter Jahresbericht der Gesellschaft für pomm. Gesch. 1828, S. 102 flgd. Auch hier traten dieselben Erscheinungen, wie an der Stelle bei Klink, hervor: größere Steinstücke, von denen die Spanmesser abgeschlagen waren, kleinere Splitter u. s. w., so daß v. Hagenow mit Recht schloß, daß die Messer aus freier Hand geschlagen worden seien, wie man noch jetzt die Gewehrsteine schlägt. Vgl. Leitfaden zur nord. Alterthumskunde S. 37.

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B. Aus der Zeit der Kegelgräber 1 ).

a. Gesammelter Inhalt einzelner Gräber.

Kegelgrab von Gr. Kelle (bei Röbel).

Auf dem Felde des Gutes Gr. Kelle, welches viel schwere Lehm= und Mergelerde hat, stand ein großer, weiter


1) In dem Ersten Jahresbericht des altmärkischen Vereins etc. . wird diese Klasse von Gräbern mit dem Namen "Grabhügel in Backofenform" bezeichnet, und dabei (S. 86) bemerkt, daß die in der Altmark vorhandenen alle die Form eines Backofens oder eines Kugelsegments (  ...  )
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Hügel 1 ) von wenigstens 8 Fuß Achsenhöhe vom Gipfel bis auf die Basis; schon früher war Mergelerde von demselben abgefahren und dabei war man auf Steine gestoßen. Als nun im Verlaufe der Zeit wieder Steine zum Bau gebraucht werden sollten, ward dieser Hügel im letzten Herbste abgeräumt. Es wurden wohl über sechs vierspännige Fuder Feldsteine von der Größe gewöhnlicher Pflastersteine weggeführt; diese waren unter der bedeutenden Erddecke des Hügels zu einem kegelförmigen Gewölbe regelmäßig zusammengefügt, jedoch ohne Bindemittel und so gut es mit unbehauenen Geschieben geht, wie man es in der Klasse der (germanischen) Steinkegelgräber gewöhnlich findet. Unter diesem Gewölbe, in der Mitte desselben, auf dem Urboden, stand eine Steinkiste von größern Steinen, groß genug für die Anwendung voller Manneskraft zum Heben. In dieser Steinkiste stand eine große Urne von dünnem Erzbleche, nach der Beschreibung: wie ein "Kessel" gestaltet; das Gefäß war mit einer dunklen, "torfartigen Materie", ohne Zweifel den Resten einer verbrannten Leiche, gefüllt; das Ganze war jedoch zu einem großen Klumpen, wie ein Brei, zusammengedrückt, so daß von dem Gefäße nur kleine Stücke gerettet wurden. An jeder Seite dieser Urne stand ein kleines Gefäß mit einem Handgriffe und außerdem fanden sich mehrere kleinere Alterthümer. Der Schatz ward von den Arbeitern, die mit den Hacken zwischen die Steine geschlagen und einen hohlen Raum bemerkt hatten, einige Stunden verheimlicht, bis der Herr Kammerherr von Bülow Kunde davon erhielt, die Sache selbst untersuchte und das Gefundene von seinen Leuten wieder zur Stelle schaffen ließ, auch von zuverlässigen Männern, die bei der Entdeckung gegenwärtig gewesen waren, gewissenhaften Bericht über die Entdeckung einzog. Der ganze Fund ward von demselben alsbald mit großer


(  ...  ) haben, dagegen zur Kegelform sich dort nirgends erheben. In Meklenburg aber giebt es unter den germanischen Gräbern, namentlich unter den größten, ziemlich viele, welche der Kegelform wenigstens sehr nahe kommen (vgl. die Abbildung auf dem Titelblatte des Friderico-Francisceum); der Mehrzahl nach freilich haben sie die Gestalt eines mehr oder minder regelmäßigen Kugelsegments, bis sie in eine ganz niedrige, kaum von den natürlichen wellenförmigen Erhebungen des Bodens zu unterscheidende Erhöhung sich verlieren. Demnach ist unsere Bezeichnung "Kegelgräber" allerdings keine genau zutreffende; allein das ist jene andere, "Grabhügel in Backofenform", auch nicht, da ja die germanischen Gräber auch von der regelmäßigen Form eines Backofens vielfach abweichen. Jedenfalls ist die von uns angenommene Bezeichnung eine für den Gebrauch viel bequemere und gefügigere, auch schon anderweitig vielfach recipirt.
1) Das Gut Gr. Kelle enthält auf seiner Feldmark viele Gräber der Vorzeit und hat deren in frühern Zeiten noch viel mehr besessen. Ueberhaupt ist die ganze Gegend um Röbel antiquarisch sehr merkwürdig.
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Liberalität dem Vereine zu Händen des Herrn Präsidenten zum Geschenke überreicht.

Die in diesem Grabe gefundenen Alterthümer sind folgende:

1) DieAschenurne aus Bronze, welche in der Mitte des Grabes stand und in unzählige kleine Stücke zerdrückt war. Die Urne bestand aus mehr dunkler oder röthlicher Bronze und war mit weniger Zinn legirt, als gewöhnlich die norddeutschen Bronzen. Nach den Fragmenten und nach den Beschreibungen der Arbeiter war die Urne ein großes, kraterförmiges Gefäß; daher die Arbeiter es mit dem Namen eines "Kessels" 1 ) belegten, als sie es so zerdrückt im Grabe stehen sahen. Es sind von dem Herrn von Bülow nachträglich 2 ) noch zwei zusammengehörende Randstücke eingesandt, welche die Beschaffenheit des Gefäßes ziemlich klar erkennen lassen. Sie machen etwas über ein Viertheil des ganzen Randes aus und sind ungefähr 2" hoch. Nach der höchst regelmäßig verfertigten Arbeit hatte der innere Umfang des Randes den bedeutenden Durchmesser von 16½". Der äußerste Rand ist gegen ½" breit und ¼" hoch, voll gegossen oder geschlagen und im Innern durch zwei eingedrehete Kreise von dem Bauche abgegrenzt. Die Wand des Bauches wird vom Rande abwärts schnell dünner und ist im Allgemeinen im Erze ungefähr nur 1/32" dick. Der Rand steht nach innen ungefähr 3/8" und nach außen, in einer Höhe von 1/8", nur 1/16" über. Außen wölbt sich der Bauch ganz wenig ohne Vorsprünge und Verzierungen und verengt sich sehr allmählig nach unten zu; der untere Theil läßt sich jedoch nicht klar erkennen 3 ). Die Flächen sind höchst sauber und regelmäßig gearbeitet.

2) Ein Bronzegefäß, welches ebenfalls ganz zerdrückt ist; einige mit Rost überzogene Bruchstücke reichen jedoch hin, eine ungefähre Beschreibung des ganzen Gefäßes zu geben. Es bestand ebenfalls aus röthlicher Bronze und war sehr dünne geschlagen bis zu einer halben Linie im Bleche, wie dergleichen Arbeiten öfter in Kegelgräbern vorkommen 4 ). Nach einigen


1) Auch bei den Griechen diente der Kessel (λεβης) zum Aschenkruge; vgl. K. O. Müller Handbuch der Archäologie S. 299, 10.
2) Bei der Aufgrabung waren zufällig fremde Arbeiter in Tagelohn, welche manches von dem Funde unterschlagen haben sollen, daher einige Bronzefragmente nachträglich eingesandt sind, so wie genauere Nachforschungen sie ans Licht brachten.
3) Nach den vorhandenen Fragmenten hatte das Gefäß dieselbe Gestalt, wie das zu Gnevikow bei Ruppin gefundene Bronzegefäß, welches in A. v. Minutoli Baudenkmälern des Mittelalters in den brandenb. Marken, Heft 1, abgebildet ist.
4) Vgl. Friderico-Francisceum, Erläuterung S. 122.
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Bruchstücken des Randes zu urtheilen, hatte das wenig ausgebauchte Gefäß eine Oeffnung von ungefähr 8" und eine entsprechende Höhe; es hatte einen fingerbreiten, senkrechten Rand; der äußerste Rand, so wie der Rand des Bodens, war um einen stärkern Draht gelegt, wie auch dies bei den Rändern und Henkeln der dünne geschlagenen Bronzegefäße aus Kegelgräbern öfter vorkommt 1 ). Die Arbeit ist sehr regelmäßig und sauber getrieben.

3) Ein Stöpsel, von derselben Bronze, der, mit Ausnahme einer Höhlung in dem einpassenden Theile, voll gegossen ist. Er ist 2¼" hoch und hat ganz die Gestalt eines Stöpsels einer modernen gläsernen Karafine. Um den einpassenden Theil liegt ein angerosteter Erzring, der offenbar nicht zu dem Stöpsel gehört, sondern zu dem Gefäße, in welches er paßte. Vielleicht war dieser Stöpsel, nach der Meinung des Hrn. von Bülow, der Griff oder Knopf von einem Deckel des großen Kessels, vielleicht ein Stöpsel einer ehernen Flasche.

4) Ob ein 2¾ langes und ¾" breites, an einem Ende sich bis 1½ ausdehnendes, dickes, plattes Bronzeblech zu dem Griffe einer Schöpfkelle, wie Nr. 5, gehört, läßt sich nicht entscheiden.

5) Eine Schöpfkelle mit Handgriff aus dünne geschlagener Bronze, welche dem reinen Kupfer sehr nahe kommt. Die Schale ist ohne Bodenrand, nach unten hin ganz abgerundet, 3" hoch und 5" im Durchmesser in der Oeffnung. Der Rand ist dicker (1/8 dick), als die Schale (höchstens ½" dick), und ¼" breit ausgebogen. Der Griff, von der Dicke des Randes, ist 4" lang und durchschnittlich ¾" breit und am Ende dreizackartig und breit ausgeschnitten. Das Ganze ist mit grünem Oxyd bedeckt. Das Erz ist fast reines, rothes Kupfer. Die Schale ist sehr dünne und sehr vollkommen ausgearbeitet. Verzierungen sind weiter nicht vorhanden, als auf der Außenseite des Bodens drei concentrische Wulste um einen Knopf, welche Figuren durch sechs auf der Drehbank eingedrehete Kreise hervorgebracht sind, und im Innern und Aeußern der Schale dicht unter dem umgebogenen Rande eine eingedrehete Linie. Das Gefäß ist, wenn es leer auf den Boden gestellt wird, nicht zum Stehen eingerichtet. sondern lehnt sich beim Hinstellen gleich auf den Handgriff zurück. Es ist dem großen zerdrückten Aschenkruge an Arbeit und Metallcomposition sehr ähnlich; jedoch ist das Metall dieser Schöpfkelle um ein Geringes dunkler, als das Metall des Aschenkruges, und hat mehr Schönheit und Gluth in der Farbe.


1) Vgl. Friderico-Francisceum, Erläuterung S. 122.
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Auch in Skandinavien sind Gefäße von gleicher Bildung 1 ) gefunden, welche ebenfalls auf der äußern Seite des Bodens "mit cirkelförmig gedrechselten Zierrathen" versehen sind 2 ). Ein ähnliches Bronzegefäß mit "einem Handgriffe", gleich einer "Casserole", 8" weit und 3" tief, ward auch im Großherzogthume Oldenburg beim Dorfe Lüerte in einem Kegelgrabe gefunden 3 ); es war mit Knochenresten gefüllt und mit einem Steine zugedeckt. An der Stelle, wo der Handgriff an der Schale befestigt war, fanden sich auf dem Griffe zwei "Delphine" ausgearbeitet 4 ).

6) Das Merkwürdigste bei diesem Funde ist eine silberne Schale mit einem Handgriffe, welcher mit Darstellungen aus der alten Mythologie in erhabener Arbeit geziert und ohne allen Zweifel ein Werk der alten Kunst Griechenlands oder Italiens ist.

Die Schale selbst ist 2¾" hoch und in der Oeffnung 7" im Durchmesser; sie verengt sich nach unten nur wenig, so daß ein starker Rand um den äußersten Boden, auf welchem das Gefäß steht, nach starker Abrundung im untersten Viertheil des Gefäßes, noch 4" im Durchmesser hat. Der Griff ist 5" lang, an beiden Enden 2½" breit und nach der Mitte hin bis 1¼" Breite eingezogen. Das Ganze besteht aus dickem Silberblech und wiegt 1 Pfund 14 Loth köln. Gewichts. Stempelzeichen sind nicht vorhanden, und überhaupt zeigt die Schale selbst nichts weiter als eine einfache glatte Arbeit, welche zuerst mit dem Hammer getrieben, darauf aber wahrscheinlich auf der Drehbank nachgedrechselt ist; hiefür zeugt auch in der Mitte der Außenseite des Bodens ein vertiefter Kreis mit einem schmalen Rande von 1" Durchmesser, der um einen eingestochenen Mittelpunct eingedrehet ist. Das Silber ist fast ganz rein 5 ), nach angestellten Proben 15löthig, und hat in keinem Theile durch Rost oder sonst gelitten.


1) In Skandinavien werden Gefäße mit Handhaben, die einer Casserole ähnlich sehen", gefunden; vgl. Leitfaden zur nordischen Alterthumskunde, Kopenhagen, 1837, S. 41. Nach des Hrn. Canzlei=Raths Thomsen zu Kopenhagen brieflichen Mittheilungen sind "Casserolen, die eine künstliche Drehbank voraussetzen", mehrmals in Dänemark mit andern Sachen aua der jüngern heidnischen Zeit zusammen gefunden.
2) Vgl. Historisch=antiquarische Mittheilungen, herausgegeben von der königl. Gesellschaft für nordische Alterthumskunde, Kopenhagen, 1885 S. 87.
3) Vgl. Wildeshausen in alterthümlicher Hinsicht. Oldenburg, 1837, S. 3l u. Tab. II.
4) Vgl. unten die silberne Schöpfkelle.
5) Daher die Möglichkeit des leichten Treibens des Silbers; vgl. Hirt in Böttigers Amalthea, I. S. 248.
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Ehe wir zu Betrachtungen über dieses Gefäß schreiten, wird eine einfache, ungetrübte Beschreibung des Griffes den besten Commentar geben. Der ganze Griff ist nämlich mit einer reichen und künstlerisch ausgeführten mythologischen Darstellung in erhabener Arbeit geziert. Auf dem mittlern, schmalern Theil desselben steht auf einem unregelmäßig modellirten Vorsprunge, der Erde, eine erhabene weibliche Göttergestalt (2" groß) mit gelocktem Haar und der Mauerkrone auf dem Haupte; das Antlitz ist erhaben, milde und mütterlich, kurz matronenähnlich, die Brust ziemlich gewölbt. Das griechische Gewand ist unter der Brust in überhängenden Falten gegürtet und fällt in wenigen, weiten Falten in schöner Drappirung über die Füße hinab: die ganze Körpergestalt der Figur schimmert vom Halse bis zum Kniee sehr klar durch das Gewand hindurch, so daß selbst die Nabelgegend leise angedeutet ist. Von den Armen wird nur der gesenkte rechte Arm durch das Gewand bis zum Ellenbogen bekleidet, der erhobene linke ist nackt. Von den Schultern, welche mit stark hervorragenden Hefteln geziert sind, hängt bis zur Sohle über den Rücken ein schleierartiges Obergewand hinab, welches zu beiden Seiten der Figur in äußerst zarter Arbeit hervorsteht, Ihr zur Rechten steht auf der Erde ein Rinderpaar, welches ihr mit den Hörnern nur bis ans Kniee reicht; ihr zur Linken steht auf der Erde ein Todtenkopf mit Beinknochen. In der zum Geben abwärts ausgestreckten rechten Hand halt sie aufwärts gerichtet den Caduceus (den sogenannten Merkursstab), mit zwei Flügeln an der Seite und an den zwei, zu einer Symbol gekrümmten Schlangen; in derselben rechten Hand hält sie abwärts gerichtet, allem Anscheine nach, einen Phallus: gegen die Annahme eines Griffels in dieser Darstellung redet die Größe, gegen die Annahme einer nach unten spitz auslaufenden Amphora reden andere Nebenumstände. Den nach oben hin ausgestreckten, gekrümmten Arm stützt sie auf ein Ruder mit sehr langer, an den Enden zierlich und schräge abgeschnittener Schaufel, welche auf dem Todtenkopfe steht; mit derselben Hand, welche an der Ruderstange ruht, faßt sie zwei kreuzweise gelegte, nach oben geöffnete Füllhörner; an der Spitze der Stange über den Füllhörnern hängt eine viereckige Tafel (des Gesetzes?). — Zwischen dem Standorte der Figur und der Schale steht auf einem durch Bunzen modellirten Boden ein gekrümmter Baum 1 ) mit drei, stark hervorragenden runden


1) "Wie schwer verschiedene Pflanzenarten auf alten Kunstwerken zu unterscheiden sind"; darüber vgl. K. O. Müller, §. 435, 2.
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(Granaten=? oder Lotus=?) Blüthen; mehrere andere Blüthen sind leicht eingegraben. Unter dem Baume ruht ein trefflich modellirter Löwe auf dem Boden; vor ihm liegt abwärts gewandt ein Widderkopf 1 ). — Das Ende des Griffes hat drei Ausbiegungen: in der Mitte und nach jeder Seite hin. Auf der Ausbiegung in der Mitte, auf der Spitze des Griffes, steht, mehr erhaben als alle übrige Arbeit, eine ernste, volle Gesichtsmaske mit vollem, seitwärts gelocktem Haar, vielleicht ein Proserpinenkopf oder eine baccchische Maske, wie ähnliche Masken öfter auf Münzen vorkommen; das Haar ist durch wenig Gravirungen, die Pupillen der Augen durch eingegrabene Puncte bezeichnet Auf jeder Seitenausbiegung des Griffendes steht ein Pantherkopf.— Der Griff faßt beinahe um ein Drittheil des Schalenrandes. Die Verzierung der Verbindung zwischen Schale und Griff, vom Schalenrande zum Griffrande hinauf, bildet an jeder Seite eine mehr arabeskenartige Verzierung, bestehend aus einer gewundenen Schlange, deren langer, schnabelartiger Rachen allmälig mit dem Schalenrande verschmitzt 2 ); auf der Schlange sitzt ein papageienartiger Vogel mit langen Schwingen und Schwanzfedern, so daß die ganze Verzierung auf den ersten Blick ein geflügelter Drache zu sein scheint. Möglich ist es auch, daß der Vogel zu der Schlange oder dem Fische in keiner nähern Beziehung steht: denn die Füße des Vogels sind außerhalb der Schlange eingravirt, so wie ein Haufen Fruchtkörner vor dem Schnabel des Vogels mit Bunzen eingetrieben ist.

Wozu dieses Gefäß gedient habe, läßt sich leicht dahin beantworte, daß es eine Schöpfkelle (αρντηρ, simpulum) sei, eines jener "Gefäße zum Schöpfen aus dem Krater in den Becher, aus Schälchen mit langen Griffen bestehend" 3 ). Für den gottesdienstlichen Gebrauch desselben redet wohl die Verzierung des Griffes, wie das Ganze an die "cerealische Schwinge" (λιχνον, vannus) erinnert 4 ), wenn auch nicht mit derselben verwechselt werden soll. Daß es griechisch=römischen Ursprunges sei, dürfte wohl kaum bezweifelt werden.


1) "Der Löwe mit einem Widderkopfe kommt oft vor, z. B. auf Münzen von Belia." Thomsen.
2) An dem oben erwähnten, im Oldenburgischen gefundenen casserolenförmigen Gefäße ist die Aufügung des Griffes an die Schale ebenfalls durch "zwei Delphine" vermittelt; vgl. Wildeshausen in alterth. Hinsicht, S. 31.
3) Vgl. K. O. Müller Handbuch der Archäologie der Kunst, §. 298, 2.
4) Vgl. K. O. Müller, §. 300, 2.
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Für den antiken Ursprung des Gefäßes redet auch die Arbeit, welche im Gantzen und im Einzelnen höchst edel und vollendet und in einer Art gearbeitet ist, welche von den heutigen Manieren abweicht, kurz — antik ist. Es ist eines jener Werke der Toreutik (der Kunst des Treibens aus Erz), welche schon bei den Alten in großem Ansehen standen. Das Ganze ist wohl sicher aus freier Hand ge trieben, oder vielmehr nach Art der Schnitzerei gearbeitet; vom Guß ist keine Spur 1 ), wie namentlich alle Vertiefungen sichtlich mit gewandter Hand frei eingetrieben sind; von Auflöthen gegossener Arbeit kann nicht die Rede sein, da z. B. der Schleier der weiblichen Göttergestalt höchst zart ist und nicht höher aufliegt, als die Löthung allein die Fläche gedeckt haben würde; die sehr erhabene weibliche Maske am Griffende möchte allein aufgelöthet sein. Dennoch könnte man an der Ciselirung des Kunstwerks zweifeln: so vollendet und sauber ist es, und schwerlich möchte es jetzt einen Nachbildner finden; es möchte die Manier dieser Art von Arbeit fast unglaublich erscheinen, wenn nicht die Alten selbst zu bestimmt davon redeten.

Die Toreutik (τοεντιχη) der Alten ist die Kunst der "Bearbeitung des Metalls mit scharfen Instrumenten, die Sculptur in Metall, und entspricht ganz der römischen caelatura; doch vereinigt sich damit nach Erforderniß der Aufgabe bald ein theilweises Gießen in Formen, bald das Herausschlagen oder Treiben mit Bunzen" 2 ); sie ist die neuere Kunst des Ciselirens 3 ). Diese Kunst blühte schon zur Zeit des Phidias in Griechenland 4 ) und war bis zum dritten punischen Kriege in Etrurien so geschätzt, daß etrurische Werke der Toreutik selbst in Athen zur Zeit der höchsten Kunstbildung gesucht wurden 5 ).

Nach den großen Eroberungen der Römer ward aber Rom, ungefähr im Jahrhunderte vor Christi Geburt und in den zunächst folgenden Zeiten, der Sammelplatz ausgezeichneter Toreuten 6 ), Erzgießer und Bildhauer, und die Römer gewannen besonders Geschmack an den Werken der Toreutik 7 ). Vorzüglich waren Gefäße aus Silber, dem Lieblings=


1) Vgl. Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 249 und 250, und 259.
2) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 311.
3) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 173, 1, und Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 249.
4) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 112, 1.
5) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 173.
6) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 196 und §. 257, 4.
7) Vgl. K. O. Müller a. a. O. § 311.
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material der Toreutik, gesucht 1 ), und schon vor dieser römischen Periode waren griechische Provinzen voll argentum caclatum 2 ). Die Römer beherrschte förmlich "eine wüthende Begier" 3 ) nach Kunstwerken dieser Art und die "Meister, welche kleine Reliefwerke in Silber" arbeiteten, waren noch zu Plinius Zeiten vor andern berühmt 4 ).

Daß unser Gefäß eines der seltenen 5 ) Ueberreste jener Arbeiten aus der römischen Periode sei, dürfte wohl keinem Zweifel unterworfen sein. Zwar sind, nach Mittheilungen des Herrn Canzleiraths Thomsen zu Kopenhagen, in Dänemark ähnliche Alterthümer, wie sie sonst noch (vgl. unten) in dem Gr. Keller Grabe gefunden wurden, mit eisernen Geräthschäften, und gedrehte Casserolen aus Bronze mit andern Sachen aus jüngerer Zeit zusammengefunden, und man könnte hieraus schließen, daß der ganze Fund jungem Ursprungs sei, wie Thomsen Neigung hat, ihn aus der Zeit der Antonine herzuleiten. Aber in dieser Zeit war die bildende Kunst im römischen Reiche schon zu sehr in Verfall 6 ), als daß man annehmen könnte, es seien noch Kunstwerke, wie diese silberne Schöpfkelle, durch sie in die Welt geschickt worden. Zwar kann das Kunstwerk immerhin ein Jahrhundert älter sein, als die übrigen dabei gefundenen Sachen; aber diese reden grade nicht gegen einen ältern römischen Ursprung, wenn auch ähnliche Dinge noch aus der Zeit des Verfalls des römischen Reiches als Originalwerke des Nordens in Meklenburg vorkommen.

Schwieriger bleibt die Deutung des Reliefs: zwar ist es auf den ersten Blick klar, daß es sich auf den Cultus jener hohen weiblichen Gottheit bezieht, welche den Mittelpunkt des mystischen Dienstes der Geweiheten bildete; aber es ist uns keine so reiche Zusammendrängung von Attributen bekannt, als sie sich auf unserm Gefäße findet, wenn sich dagegen auch nicht leugnen läßt, daß sich in den letzten Zeiten der römischen Republik die Culte der Demeter, der Rhea und der Cybele, des Bachus und der Isis, der Fortuna, der Abundantia und der Hestia u. s. w. 7 ) so


1) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 160 und §. 311, 4. - Die Toreutik in Silber fing erst ungefähr in der Mitte des 4ten Jahrh. vor Chr. an. Vgl. Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 239, S. 249 u. S. 261 flgd.
2) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 160.
3) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 311.
4) Vgl. Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 249.
5) "In Silber sind nur wenige Bildwerke auf uns gekommen." Vgl. Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 250.
6) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 204.
7) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 357, 382, 395, 398, 408; Creuzers Symbolik II, S. 54 flgd., IV, S. 301, u. a. a. O.
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sehr durchkreuzten, daß selbst die Alten, in der Entwickelung einer religiös=philosophischen Mystik begriffen, keine bestimmte, scharf abgrenzte Vorstellung von der Personification dieser hohen Göttin hatten 1 ). Durch diese Vermischung der Ideen ist jene Fülle von Symbolen auf unserm Gefäße entstanden.

Die Grundidee ist freilich die der Rhea oder der Eybele: dafür reden die Mauerkrone, der Löwe und, in Vergleichung mit dem bacchischen Dienste, die Pantherköpfe 2 ) und der Widderkopf 3 ). Aber diese Cybele ist nicht mehr die alte in der strenge abgegrenzten Gestalt und mit dem wilden Dienste der Handpauke. Es ist die Demeter (Ceres) als Allmutter, die "nährende Natur als Mutter" aufgefaßt: die magna mater, die allen Segen giebt, die Göttin der Mysterien. Daher diese edle Würde und milde Ruhe in der ganzen mütterlichen Gestalt, welche auf der Erde steht; daher das Rinderpaar zu ihrer Rechten; zu ihren Füßen die Schöpfung: der fruchtreiche Baum, der Löwe aus dem Thierreiche, die Schlange oder der Fisch aus dem Wasserreiche, der Vogel aus dem Luftreiche.

Steuerruder und Gesetzestafel symbolisiren Ordnung und Gesetz, welche die große Mutter brachte, und beide, auf die seltene, jedoch schon antike Darstellung der Todtengebeine 4 ) gestützt, den Sieg der göttlichen Ordnung in der Welt über Tod und Vergänglichkeit, ein Sieg, der durch die beiden Füllhörner über dem Steuerruder in allen seinen großen Folgen vorgestellt wird. Von dieser Seite aufgefaßt erscheint auch der caduceus (der sogenannte Merkurstab) in der Hand der Demeter nicht ohne Bedeutung: als Zeichen des Segens und des Heils von den Göttern; und in dieser Bedeutung wird er auch, wiewohl höchst selten, in der Hand weiblicher Gottheiten gesehen 5 ). Merkwürdiger Weise führt die Göttin neben dem caduceus in der=


1) "Il est aisé de penser combien ces mystères (dionysiaques, de Rhéa, de Cérès etc.) ont dû ètre modifiés et altérés par ces mélanges sur lesquels les anciens auteurs ne nous ont laissé que des détails tronqués." Millin Galerie mythologique I, p. 174.
2) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 434, 3; Millin 1. c. I. p. 173 et 175. Auf Monumenten erscheint auch bald Ceres, bald Cybele bei der Geburt des Bacchus.
3) Vgl. Millin II, Pl. LXII, Nr. 268, et Pl. LXX, Nr. 267, vgl. I, p. 61-63.
4) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 432.
5) Vgl. Böttigers griech. Vasengemälde, I, 2, S. 92 flgd. Auf dem Vasengemälde bei Millin II, Pl. LII, Nr. 219, erscheint in einer cerealischen Darstellung, in welcher unter andern Ceres und Rhea sich dem Triptolemus nahen, auch Merkur in der Göttergruppe.
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selben Hand auch noch den Phallus, der, außer als ein Symbol der Fruchtbarkeit, auch noch im Hermesdienste (Hermes=Phallos) seine Bedeutung hat 1 ).

So scheinen die drei Ideen von Ordnung, Gesetz und Glück in Attributen, der Gestalt der Rhea beigegeben, vereint mit Hindeutungen auf den Bacchus= und Hermes=Dienst, auf den jüngern Dienst der Demeter in der blühendsten Kunstepoche Roms hinzudeuten.

Wie dieses Gefäß von heiliger Stätte in den fernen Norden gekommen sei, kann die Gewaltherrschaft der Römer leicht erklären: es konnte zunächst durch den unerhörten Raub der römischen Militärherrschaft in den letzten Zeiten der Republik und deren Siege über die reichen Länder geschehen sein, in welchen Zeiten zuerst für die Verschönerung der Weltstadt gebeutet ward, bald aber die Feldherren für sich selbst raubten 2 ); durch eine solche Vermittelung kann es dann auf dem Wege des Handels in die Ostseeländer gegangen sein, wenn man nicht lieber annehmen will, daß der ganze zusammengehörende Fund unmittelbar aus dem Besitze eines germanischen Kriegers, der im römischen Heere gedient hatte, oder eines verschlagenen Römers stammt. Am wahrscheinlichsten ist es jedoch, daß es auf friedlichem Wege durch Verbreitung eines religiösen Cultus an die Ufer der Müritz gewandert sei.

7) Eine Scheere von Bronze, ganz in Gestalt der heutigen Woll= und Schaafscheeren, 7" lang, und im Ganzen verhältnißmäßig gebildet und noch mit völliger Federkraft 3 ). Höchst bemerkenswerth ist die Farbe der Metall=Composition und ein Ueberzug des Geräths. Die Farbe des Metalls ist mehr gelb, gelber als die bekannte Bronze des Alterthums und weniger roth als Kupfer, aber viel reiner und glühender als beide, und nur mit der Farbe des reinsten Goldes zu vergleichen; die Farbe dieses Metalls gehört zu den schönsten Farben, welche irgend ein Metall hat, und führte anfänglich zu der Annahme, daß die Scheere vergoldet 4 ) gewesen sei, welches aber schon aus dem Grunde nicht statt


1) Vgl. K. O. Müller §. 66, 1, u. §. 379, 1; Böttigers Amalthea I, S. 109.
2) Vgl. K. O. Müller a. a. O. §. 165, und Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 249.
3) Aehnliche Scheeren aus Bronze werden auch in Skandinavien gefunden; vgl. Leitfaden etc. . S. 53.
4) Vergoldung kam erst spät bei den Römern (vgl. Amalthea I, S. 258 und 257, und K. O. Müller §. 307) und bei den Skandinaviern (vgl. Leitfaden a. a. O. S. 51) auf; gebräuchlich war in ältern Zeiten das Belegen mit Goldblech.
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finden kann, daß sie einen besondern Ueberzug hat. Das Metall ist von einer Farbe, welche bisher gewöhnlich mit der " messingähnlichen Farbe" der Bronze beeichnet ist. Diese Mischung wird sowohl in Rom, als in Skandinavien gefunden und entsteht vorzüglich durch Beimischung des Zinkes zur Bronze (Kupfer und Blei oder Zinn). In Rom wurden viele Farben des Erzes durch verschiedene Mischung mit diesen Metallen hervorgebracht 1 ); aber auch in Skandinavien wurden diese drei Metalle gemischt, um die messing= oder goldähnliche Farbe hervorzubringen 2 ). — Die Scheere ist nun noch mit einem kupferfarbigen oder leberfarbenen Ueberzuge bedeckt, der an einzelnen ausgesprungenen Stellen deutlich sehr dünne aufliegt; daß es ohne Zweifel ein Ueberzug oder eine Art Firniß ist, beweisen einzelne Stellen, auf welche sich wieder Oxyd von dem Aschemkruge gelegt hat: auch unter diesen Grünspanauflagerungen deckt der Ueberzug regelmäßig das Erz. Durch den Ueberzug aber ist das Erz in der Länge der Zeit völlig unverletzt geblieben und durchaus nicht angegriffen. Von den alten Griechen und Römern ist es bekannt, daß sie Bronzewerke mit einem Firniß bedeckten, um sie der Oxydirung zu entziehen 3 ). Woraus der Ueberzug der Scheere besteht, ist noch nicht zu ermitteln gewesen. Auf jeden Fall möchte aber dieser Ueberzug dafür sprechen, daß die Scheere nach dem Ueberzuge nicht zum Gebrauche des gewöhnlichen Lebens bestimmt gewesen sei, um so mehr, da selbst die Schneiden mit dem Ueberzuge bedeckt sind und weder Schärfe, noch vielen Gebrauch verrathen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß auch sie zum gottesdienstlichen Gebrauche, z. B. zum Wegschneiden von Haaren u. s. w. an den Opferthieren, bestimmt oder gar ein Symbol gewesen sei.

8) Ein Messer aus Bronze, mit Heft und Klinge aus einem Stück, an der Spitze abgebrochen, im Ganzen 6¼", in der Klinge 3¾", im Griffe 2½" lang; Klinge und Griff sind fast gleich breit (gegen ½"), der Griff ist etwas schmaler,


1) Vgl. Hirt in Böttigers Amalthea I, S. 240, flgd. — Durch Mischung von Kupfer und Zink entsteht bekanntlich das Messing; die Bronze des Nordens besteht in der Regel nur aus Kupfer und Blei oder Zinn.
2) Nach Analysen von messingähnlicher Bronze, welche zu Kopenhagen vorgenommen sind, besteht diese goldfarbige Bronze des Nordens aus 79,227 Th. Kupfer, 15,859 Th. Zink und 4,917 Th. Zinn. Vgl.Hist. antiq.Mitth. S. 89. Auch wurden im Norden diese messingähnlichen Metallgemische mit Zink überzogen: vgl. daselbst S. 105.
3) Die Griechen und Römer überzogen die Bronze z. B. mit Oel=, Theer= oder Erdpech=Firniß vgl.Hirt in Böttigers Amalthea I, S.257, flgd.
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als die Klinge. Der Griff ist vieleckig gearbeitet, jedoch platt; das Griffende ist zu einem Knopfe ausgearbeitet und hat am Ende eine umherlaufende eingegrabene Doppellinie und eine darauf stehende Spitze aus einer Doppellinie zur Verzierung. Auf der Klinge läuft am Rücken entlang eine eingegrabene Linie und der Rücken der Klinge ist fast unmerklich gereifelt. Von der Metallwischung und dem Ueberzuge gilt Alles, was bei der Beschreibung der Scheere gesagt ist: auch hier ist die Metallmischung goldfarbig, nur noch etwas gelber, als die Metallmischung der Scheere, und etwas härter, und wird ebenfalls durch einen kupferfarbigen Ueberzug oder Firniß bedeckt. Bekanntlich werden im Norden nicht selten Messer von Bronze gefunden, jedoch sind diese in der Regel in Griff und Klinge geschweift.

9) Ein Ring, von viereckigem, dickem Metall, ½" in der Oeffnung und 1" im Rande, welches Messingfarbe hat und mit dem Ueberzuge der Scheere und des Messers bedeckt ist; die Oberfläche ist 1"' tief sehr weich. Die Hälfte des Ringes umgiebt noch ein sehr dicker Rost, der aber das Erz gar nicht angegriffen hat, sondern wohl von dem kupfernen Aschenkruge stammt. Warscheinlich diente dieser Ring zu einem Beschlage.

10) Drei Würfel (tali) aus Elfenbein oder aus Narvalzahn. Diese Würfel sind viereckige Prismen, jeder 2¼" lang und etwas über ½" dick. Die kleinern Grundflächen an beiden Enden sind nicht bezeichnet; von den vier langen Seitenflächen ist eine ebenfalls leer und nur die drei übrigen sind mit Augen versehen. Bemerkenswerth ist, daß die Seiten, welche nicht mit Augen bezeichnet sind, um ein Geringes schmaler sind, als die übrigen, wodurch beim Würfeln die Theile der Würfel nach diesen Seiten hin etwas leichter werden. Dagegen sind die zwei Seiten neben dieser etwas breiter und fallen dadurch öfter, so daß sich am Ende die Sache ausgleicht. Die Grundflächen dieser Prismen werden durch diese Gestaltung, um sich so auszudrücken, obblonge Trapeze. — Drei Seitenflächen dind mit Augen bezeichnet, welche aus zwei kleinen, concentrischen Kreisen um einen Mittelpunkt bestehen. Die der leeren Seite gegenüberstehende Seite hat 4 Augen, an jedem Ende des Parallelogramms 2; die eine der beiden übrigen Seitenflächen hat 3 Augen in der Mitte, die derselben gegenüberstehende Seite 6 Augen und zwar an jedem Ende der Seite 3.

Bekannt sind die beiden Arten der römischen Würfel tali (Knöchel, αδτρ αγαλοι), gewöhnlich mit 4, selten mit 3 Stücken gespielt, und die tesserae (Würfel, χυβοι), mit

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3 Stücken gespielt. Die tesserae waren auf allen Seiten bezeichnet; die tali waren, wie unsere Würfel, an den beiden kleinern, gewöhnlich abgerundeten Endseiten nicht bezeichnet. Die vorliegenden Würfel zeichnen sich nun dadurch aus, daß auch eine der längern Seiten nicht bezeichnet ist; jedoch kann die eine leere Seite, als wäre sie bezeichnet, immer eins gegolten haben. Übrigens hatten auch die nordischen Völker knöcherne Würfel 1 ) von ähnlicher Gestalt 2 ).

11) Fünf Brettsteine aus Elfenbein oder Narvalzahn: fünf Knöpfe von beinahe 1" Durchmesser und ¼" Dicke, unten flach abgeschnitten, oben flach gewölbt. Drei sind hellgrün, einer rosenroth gefärbt, der fünfte ist weiß. Diese gehören offenbar zu einem Spiele, welches die Römer ludus latronum s. latrunculorum s. calculorum oder tabula latruncularia nannten, und welches mit verschieden gefärbten Steinen gespielt ward; es war eine Art Kriegsspiel, ähnlich unserm Schachspiel oder Damenbrettspiel: es ward, wie hier, mit den Steinen (calculis) gezogen und geschlagen 3 ). Die Zahl der Steine, mit denen gespielt ward, wird gewöhnlich aus 32 angegeben; jedoch werden auch 7 und 5 genannt. Es wäre nicht unmöglich, daß die Würfel und die fünf Spielsteine mit dem Dienste der Demeter zusammenhingen; denn diese "spielte so gern mit den Würfeln" und die Fünfzahl (quincunx) war, namentlich in Beziehung zum Würfel, eine mystische Zahl 4 ).

12) Ein Griffel von Elfenbein, 6" lang, sehr schön grün gefärbt, von der Dicke eines Schiefergriffels und ganz spitzig auslaufend; die Spitze ist durch frühern Gebrauch etwas abgeschliffen. Wahrscheinlich diente dieser Griffel, welcher in zwei Stücke zerbrochen ist, zum Schreiben auf Wachstafeln. — Die Färbung kann durch das Oxyd der Bronzegefäße entstanden sein, da sie etwas wellig sich darstellt. Der oben beschriebene Metallring kann ein Beschlag um einen höl=


1) Vgl. Leitfaden etc. . S. 6.
2) Nach des Hrn. Canzleiraths Thomsen zu Kopenhagen brieflichen Mittheilungen sind längliche Würfel mit Augenbezeichnung an dem Ende mit eisernen Sachen zusammen in Dänemark gefunden.
3) Bei der Aufgrabung der römischen Mansio zu Kloten bei Zürch durch die Gesellschaft für vaterländ. Alterth. zu Zürch wurden ebenfalls "mehrere knopfartige Formen aus Knochen, 1" im Durchmesser, auf der einen Seite platt, auf der andern convex abgedreht, wahrscheinlich zu einem Spiele gehörig, gefunden": vgl. Miltheilungen der zürcherischen Gesellschaft, Heft II, 1838, S. 25.
4) Vgl. Grotefand in Böttigers Amalthea II, S. 92.
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zernen Griff zu diesem Stylus gewesen sein; knöcherne Gabeln aus einer Spitze kommen im Norden vor 1 ).

Wem dieses Grab angehöre, ist schließlich die bedeutsamste Frage, schwer zu beantworten. Ein heimlich geborgener, vergrabener Schatz kann der Fund nicht gewesen sein: dagegen redet die ganze großartige Bestattungsweise; was gefunden ist, ward einem Todten mit ins Grab gegeben dem man öffentlich die Ehre eines großen Grabhügels nicht versagen konnte. War es aber ein Germane oder ein Römer, der unter dem großen Hügel beigesetzt ward? Zwar ist es nach den gefundenen Alterthümern aus Bronze wohl schwer zu entscheiden, ob sie aus germanischer oder griechisch=römischer Cultur stammen, denn in einer gewissen Periode (der Bronze=Zeit) stehen die südlichen und nördlich ein Völker auf demselben Gipfel der Cultur, auf welchen keines das andere geholfen hatte, sondern auf den beide von einem gemeinsamen Ausgange hinangestiegen waren; man findet aus dieser Zeit dieselben Sachen in gleicher Ausbildung eben so häufig im Süden, wie im Norden. — Aber die silberne Schale und die Schnitzwerke aus Elfenbein (oder Narvalzahn?) zeugen in ihrer Gestaltung für den südlichen Ursprung des ganzen Fundes. Zwar finden sich im Norden dieselben oder ähnliche Sachen aus Bein, wenn auch anders gestaltet, aber Silber ist der deutschen Bronzezeit durchaus fremd, und Elfenbein ist eben so wenig gefunden, wenn auch Narvalzahn nicht selten ist. Alles aber, was gefunden ist, scheint einen innern Zusammenhang in Beziehung auf gottesdienstlichen Gebrauch gehabt zu haben. Daß der ganze Fund eine Kriegsbeute gewesen sein sollte, die einem germanischen Krieger mit ins Grab gegeben worden sei, ist wenig glaublich, da sich in diesem Falle wohl rein germanische Urnen und Waffen im Grabe gefunden haben würden, oder irgend etwas, was, mit Ausnahme des Grabbaues, ohne Zweifel eine Analogie mit den übrigen alten Gräbern Meklenburgs gehabt hätte. Es bleibt wohl nur übrig anzunehmen, daß ein römisch=griechischer Priester aus dem Süden hierher verschlagen oder gewandert und nach seinem Tode mit seinem Geräthe hier bestattet sei; römische Gräber sind gerade nichts Unerhörtes in Meklenburg: ward doch vor kurzem ein zweites, unzweifelhaft römisches Grab von gleicher Bauart hier entdeckt 2 ). Ueberdies war der Dienst


1) Vgl. Leitfaden, S. 55.
2) Vgl. Jahresbericht II, S. 50 flgd.
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der großen Muttter 1 ) und der Isis 2 ) den Völkern in der Nähe der Ostsee nicht fremd, und wohl mochte ein Priester, der den befreundeten Cultus übte, freundlich unter den — gebildeten Barbaren aufgenommen werden, sei es daß er von der Seeseite, oder von den gothischen Ufern des schwarzen Meers her einwanderte, welche mit griechisch=römischer Cultur bedeckt waren. Die Verfertigung der einzelnen Geräthe scheint übrigens in der letzten Zeit der römischen Republik geschehen zu sein.

G. C. F. Lisch.

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Kegelgrab von Kiekindemark (bei Parchim).

Hierüber berichtet der Herr Dr. juris Beyer zu Parchim Folgendes.

Dem übernommenen Auftrag gemäß 3 ) verfügten der Herr Advocat Mencke und der Unterzeichnete sich schon im Monate August v. J. in Begleitung eines durch den Conrector Herrn Gesellius als Zeichner empfohlenen Gymnasiasten nach Kiekindemark, um die Aufdeckung der in der Nähe befindlichen heidnischen Gräber vorzunehmen.

Dieser erste Versuch entsprach indeß unsern Erwartungen nicht. Wir stießen nämlich, nachdem wir das Aeußere des von uns gewählten Grabes hatten abzeichnen lassen, gleich beim Beginne der Arbeit am östlichen Ende des Hügels auf eine sogenannte Steinkiste, überzeugten uns aber bald, daß sie bereits früher geöffnet und beraubt sei, weshalb wir nur noch einige Knochen=Reste und eine Menge Urnen=Scherben darin fanden. Wir begnügten uns daher vorläufig, diese sorgsam aufzusammeln, und begaben uns sodann zu einem zweiten Grabe, in der Hoffnung, dies noch unverletzt zu finden, und mit dem Vorsatze, es sodann vollständig nach der empfangenen Instruction aufzudecken.

Diese Arbeit war indeß bedeutend größer, als wir erwartet hatten; denn der Hügel bestand durchweg aus Steinen,


1) Ergo jam dextro Suevici maris litore Aestyorum gentes alluuntor. — — Matrem deum venerantur. — Rarus ferri — usus. Tac. Germ. Cap. 45. Diese Stelle schildert überhaupt treffend die Eigenthümlichkeit der Ostseeanwohner (der Bernsteinsammler), wie sie sich noch heute deutlich zeigt. Auch der Dienst der Terra mater, Nerthus genannt, (bekannt unter dem falschen Namen: Hertha) bei den westlichen Ostseevölkern, unter denen die Suardonen in Meklenburg wohnten, nach Tac. Germ. Cap. 40, weiset auf die weite Verbreitung desselben Cultus hin.
2) Pars Suevorum et Isidi sacrificat. Tac. Germ. Cap. 9. Vgl. Klemm's german. Alterthumskunde S. 305.
3) Vgl. Jahresber. I, S. 109, K.
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die, mit starken Wurzeln der umstehenden alten Buchen durchwachsen, so fest geklemmt waren, daß fast jeder einzelne kleine Stein erst mit Hacke und Beil gelös't werden mußte. So ward es Abend, ehe unsere drei Arbeiter, obwohl wir selbst stets Hand mit anlegten, die obere Schicht des Hügels, kaum 2 Fuß tief, abzutragen im Stande gewesen waren, wobei überall nichts Bemerkenswerthes zu Tage kam.

Wir waren daher genöthigt, die Arbeit einzustellen, und beschlossen, an einem folgenden Tage zuvörderst noch einen dritten Versuch mit einem zwar bedeutend kleinern Grabe zu machen, das uns aber sicher noch ganz unverletzt zu sein schien.

An Ausführung dieses Vorsatzes sind wir jedoch, hauptsächlich durch das bald darauf eintretende schlimme Wetter, leider verhindert worden, weshalb ich mich begnügen muß, vorläufig nur über diesen nicht sehr erfolgreichen Erfolg unserer Bemühungen zu berichten.

Form und Beschaffenheit der fraglichen Gräber kann übrigens nicht zweifelhaft lassen, daß sie der Classe der sogenannten (germanischen) Stein=Kegelgräber angehören.

Der Haupthügel des Grabes, dessen Kiste wir geöffnet haben, und welchem das zweite, dessen Aufdeckung vergeblich versucht wurde, im Aeußern völlig gleich ist, hatte 10 Fuß im Durchmesser, und ist mit einem regelmäßigen Kreise großer Steine umstellt, der jedoch auf einigen Stellen bedeutende Lücken hat, weil die Steine bereits früher zu Bauten verwendet worden sind. Der von diesem Ringe eingeschlossene Hügel erhob sich jetzt nur etwa 4 Fuß über den Urboden, soll jedoch nach Aussage alter Leute früherhin bedeutend höher gewesen und allmählig so weit abgetragen sein. Im Innern besteht derselbe, wie bemerkt, durchweg aus aufgeschütteten, zum Theil ziemlich bedeutenden Feldsteinen.

An diesen Haupthügel lehnt sich westlich ein zweiter, nicht mit Randsteinen umgebener, übrigens gleichfalls aus Feldsteinen bestehender Hügel von geringerer Höhe, welcher mit dem erstem zusammen im Fundamente eine durch Verbindung zweier gleicher Kreise entstehende Elipse bildet.

Die geöffnete Kiste befand sich hart am Ostende des Haupthügels. Den Boden derselben bildete die flache Seite eines mächtigen gespaltenen Felsblockes. Um diese auf dem Urboden ruhende Grundlage standen in der hohen Kante andere gleichfalls gespaltene große Steine, oben etwas nach Innen geneigt, von denen jedoch einige fehlten, so daß die Kiste nach

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dem Rande des Hügels hin offen stand. Eben so war sie oben offen, und mag ich nicht entscheiden, ob sie früher einen Deckstein gehabt hat oder nicht.

Im Innern dieser ganz mit Erde verschütteten Kiste nun fanden sich, außer einem ganz kleinen Stückchen Metall (anscheinend Bronze, gewiß kein Eisen), welches leider verloren gegangen ist, und einigen offenbar durch Feuer verkalkten Knochenresten, eine große Menge von Scherben, welche, wie sich bei näherer Untersuchung daheim ergab, 4 bis 5 verschiedenen Gefäßen angehören, wovon sich zwei noch so weit aus ihren Trümmern zusammensetzen ließen, daß man Größe und Gestalt genau erkennen kann 1 ).

Unter diesen scheint mir besonders eins, das größte von allen, einiger Aufmerksamkeit werth. Es ist von der bekannten, mit grobem Feldspath stark versetzten Masse, gelblich grau gebrannt. Der größte Durchmesser hat mindestens 10-11 Zoll betragen; die Höhe der Seitenwände beträgt dagegen nur etwas über 6 Zoll. Von den gewöhnlichen Aschenurnen unterscheidet sich dies Gefäß dadurch, daß es oben nicht etwa durch einen beweglichen Deckel verwahrt, oder ganz offen, sondern durch eine starr gewölbte Decke, welche sich wie eine Kuppel noch 3-4 Zoll über den Rand der Wände erhoben haben mag, völlig verschlossen gewesen ist. Dagegen hat es auf der Seite eine viereckige, 3 Zoll weite und 3½ Z. hohe Oeffnung, welche mit einer ½ Z. hoch aufliegenden Verzierung eingefaßt ist. Diese ist auf beiden Seiten der Oeffnung unten und oben durchbohrt, vielleicht um durch die Löcher 4 Riegel durchlassen zu können, welche eine in die Oeffnung passende Platte festhalten und so das ganze Gefäß verschließen mogten 2 ).


1) Diese Urnen sind dem Vereine eingesandt.
2) Die Urnen dieser Art, einem Bienenkorbe ähnlich, mir einer gewölbten Kuppel geschlossen und mit einer viereckigen Oeffnung an einer Seite derselben, sind höchst selten, aber doch immer von gleicher Beschaffenheit und dabei räumlich weit verbreitet. Bisher sind Urnen dieser Art beobachtet:
   1) Bei Burgchemnitz in Thüringen: vgl. Leipziger Jahresber. 1826, S. 30, mit Abbildung, und Klemm's Handbuch der germ. Alterth., S. 186, mit Abbild, Taf. XIV, Fig. 13;
   2) Bei Rönne auf der Insel Bornholm, im Hügel Robbedale genannt: vgl. Historisch=antiq. Mitth. er königl. Gesellsch. für nord. Alterth., 1835, S. 100, mit Abbildung, u. Leitfaden zur nord. Alterth., 1837, S. 40, mit Abbildung.
Zu der burgchemnitzer Urne ist noch ein Stück von einem einpassenden viereckigen Deckel, oder vielmehr einer Thür, vorhanden. Beide Urnen haben (  ...  )
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Im Ganzen hat das Gefäß, welches leider in mehr als hundert Scherben zerbrochen war, von denen überdies viele fehlen, trotz der rohen und massiven Arbeit, eine nicht ungefällige Form gehabt, wie man an den Ueberresten, die ich, so weit sie mit Gewißheit an einander paßten, mühsam zusammengekittet habe, deutlich erkennen kann. Es ist auf diese Weise eine Hälfte der Urne im perpendikulairen Durchschnitte mit dem ganzen Gipfel der Kuppel und die andere Seite der Urne im untern Theile mit der verschließbaren Oeffnung völlig wieder hergestellt. Die Urne unterscheidet sich von den beiden bekannten derselben Gattung dadurch, daß sie weiter und niedriger ist, als jene, und die Oeffnung sich im untern Theile der Urne befindet, während sie bei jenen in der Kuppel angebracht ist.

Das zweite Gefäß, dessen Wiederherstellung einigermaßen gelungen ist, ist eine kleine, auf einer Seite gehenkelte Aschenurne von gefälliger Form, und viel feinerer schwarzer Masse mit Goldglimmer versetzt. Sie ist nur etwas über 3 Zoll hoch, und mißt oben an der Oeffnung des Randes 3 Zoll, im Halse etwa 2¾, im Bauche 3½ und am Fuße nur etwa 2 Zoll im Durchmesser.

Man könnte glauben, daß das erstbeschriebene größere Gefäß nur zum Schutze dieser Urne gedient habe, allein die genauere Betrachtung ergiebt, daß die Oeffnung desselben nicht weit genug ist, um die Urne durchzulassen; es kann also wohl nur bestimmt gewesen sein, die dem Todten mitgegebenen Schmucksachen oder sonstiges feineres Geräthe aufzunehmen, in welchem Falle die frühere Beraubung des Grabes um so mehr zu bedauern sein würde.

Die übrigen Scherben haben theils einer großen Urne mit leicht nach außen gebogenem Rande und von schwarzer, sehr fester und glänzender, mit Goldglimmer versetzter Masse, theils einem etwa 6-8 Zoll weiten, verhältnißmäßig niedrigen Gefäße von bräunlicher, nicht so fester Masse, theils endlich einem anscheinend nur kleinen, röthlich gebrannten Kruge angehört.

Auf den meistens nur ganz kleinen Scherben, die ich zu den Resten des zuletzt gedachten Kruges zählen zu müssen glaube,


(  ...  ) an jeder Seite der Oeffnung ein hervorragendes Oehr; bei der chemnitzer Urne saß in einem derselben noch ein metallener Stift, um mit diesem, wie mit einem vorgeschobenen Riegel, die "Thür" zu verschließen; die Urne von Ronne hatte am Rande der Oeffnung einen harzartigen Kitt zur festern Verschließung der Thür. Beide Urnen waren ungefähr 12" hoch und, nach den Berichten, aud grober Masse frei geformt. (Mittheilung des Herrn Archivars Lisch.)
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sind mehrere Kreisförmige Rillen bemerkbar; alle übrigen Gefäße sind ohne alle eingegrabene Verzierungen, denn ein einfacher, flach und unregelmäßig wie mit dem Nagel eingekratzter Strich um den Hals des niedrigen Gefäßes von brauner Masse ist wohl kaum dahin zu rechnen. Eben so zeigen sämmtliche Gefäße keine sichere Spur des Gebrauchs der Töpferscheibe, vielmehr scheint das zuerst beschriebene größere Gefäß aus freier Hand geformt zu sein.

Parchim, im Januar 1838.

Beyer, Dr.

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Kegelgrab von Wohld (bei Wittenburg).

Ueber die Aufdeckung desselben und den darin gemachten, zu den Sammlungen des Vereins eingereichten Fund empfing der Ausschuß die nachstehende Mittheilung des Herrn Hülfspredigers Ritter zu Wittenburg.

Auf dem Felde des zu der Stadt Wittenburg gehörenden Kämmerei=Gutes Wohld, nahe an dem wittenburg=hagenower Wege, öffnete ich, in Folge des mir gewordenen Auftrages und mit Genehmigung des Herrn Pensionärs Lübbe zu Perdöhl, als Pächters des wohlder Feldes, eines der Kegelgräber, welche in einer großen Gruppe bis weit in das Feld des zum Domanio gehörenden Dorfes Bobzin sich erstrecken. Der vollkommen runde, 32 Fuß im Durchmesser haltende Erdhügel erhob sich etwa 9 Fuß über die Grundfläche und bestand wie der Urboden aus rothgelbem Sande. In diesem Erdhügel fand ich gegen Süden einen regelmäßig oval, in Form eines Backofens, aufgethürmten Steinhaufen, genau von Osten nach Westen etwa 14 Fuß lang und von Norden nach Süden 10 Fuß breit; die Höhe in der Mitte betrug 7 Fuß. Die Steine waren alle von Granit, roh, nur einige wie gesprengt, von verschiedener Größe. Beim Abtragen zeigte sich unten auf einer regelmäßig gelegten Fläche von Steinen eine Brandstätte, wie die oben geschwärzten Steine und Spuren von Asche und Kohlen es verriethen. Darunter aber lag unmittelbar auf dem Urboden eine zweite Schicht Steine, ebenfalls eine Brandstätte, in deren Mitte eine von Westen nach Osten gestreckte, 6 Fuß lange und 2 Fuß breite Strecke von faustgroßen Steinen sorgfältiger gelegt war. Am westlichen Ende befand sich darauf ein zweischneidiges, spitz zulaufendes Schwert aus Bronze mit Griffzunge, mit der Spitze genau nach Osten liegend, unter dessen Griffende ein Haufen Asche und vom Brande nachgebliebener Knochen lag, dem Anscheine nach

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vom Becken und dem obern Gelenke des Schenkels eines menschlichen Leichnams. Die Klinge des Schwertes mit der Griffzunge mißt 2 Fuß 3 Zoll; sie ist in drei Stücke zerbrochen, die abgebrochene Griffzunge bildet ein viertes Stück. Das Ganze ist stark oxydirt, auch in den drei Brüchen. Die kurze Griffzunge, von kaum 3" Länge, hat vier starke Nietnägel von Bronze gehabt, von denen noch drei vorhanden sind. Der Griff ist in halbmondförmiger Verlängerung an jeder Seite durch drei Nietnägel an die Klinge angesetzt; die Griffbekleidung um die Griffzunge war von Holz, von welchem noch Ueberreste theils gefunden sind, theils als Fasern die halbmondförmige Ansetzung des Griffes bezeichnen. Der Oxyd hat die Gelenkknochen und einige Rippen=Fragmente grün gefärbt. Dieses Schwert ist den sonst in den Kegelgräbern gefundenen gleich und kommt an Gestalt dem in Frid. Franc. XV, Fig. 3 abgebildeten am nächsten, nur ist unser Schwert schlanker und schöner in den Umrissen, als die sonst gefundenen, und baucht sich in der Mitte fast gar nicht aus; nur das Ende der Klinge nahe am Griffe ist etwas eingezogen. Der erhabene Mittelrücken ist nicht durch Linien abgegrenzt.—In dem nördlichen Theile des Hügels war ein zweiter Steinhaufen von gleicher Breite und Länge, ebenfalls von Westen nach Osten sich erstreckend, aber einen Fuß niedriger und von größeren Steinen, von denen einige etwas behauen schienen. Nach Abtragung der Steine zeigte sich auf der untersten Lage eine Spur von Asche und Kohlen, auf dem Urboden aber war die Erde wie verbrannt, mit Asche und Kohlen gemischt; nirgends eine Spur von Alterthümern. — Noch ein kleinerer, im südwestlichen Theile des Erdhügels befindlicher, unregelmäßiger Steinhaufen enthielt nichts. (Auffallend ist wohl die doppelte, über einander liegende Brandstätte beider Steinhaufen: sollte etwa nach Verbrennung des Helden und Bestattung seiner Ueberreste die zweite Verbrennung von Sachen, Thieren u. s. w. zu seiner Ehre vorgenommen sein?)

Wittenburg, im Mai 1838.

J. Ritter.

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Kegelgrab von Bobzin (bei Wittenburg).

Dasselbe thätige Mitglied des Vereins begleitete den zu unsern Sammlungen eingesandten Inhalt dieses Grabes mit folgendem Bericht.

Auf dem unweit Wittenburg liegenden Dorf=Bobziner Felde ließ ich, im Auftrage des Vereins, am 6. Junius ein

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mit Gebüsch bewachsenes Kegelgrab öffnen, welches sich 7 Fuß über die Ebene erhob und eben nicht mit Erde bedeckt war, sondern Steine mit Erde vermischt zeigte. Rund um den Hügel lief ein Kreis von Steinen, dessen Durchmesser 48 Fuß betrug; dieser Steinring war vollkommen erhalten, nur die niedrigeren Steine waren mit Erde bedeckt. So wie der Zwischenraum bis zum eigentlichen Grabhügel mit sich allmählig erhebender Erde ausgefüllt war. Das Grab selbst bildete ebenfalls einen vollkommenen Kreis, dessen Durchmesser 26 Fuß betrug, rings von sehr großen Steinen eingefaßt; der Hügel war von größeren und kleineren Steinen ohne Ordnung mit Erde gemischt aufgehäuft, also ein sogenannter Steinkegel. Bei dem vom östlichen Rande her vorgenommenen Aufdecken zeigte sich kein untergelegter Damm und auf dem Urboden fanden sich nur hin und wieder Kohlen, wenig Asche. In Nordosten fand ich etwa 8 Fuß vom Mittelpunkte unter den zum Theil anscheinend gesprengten und roh gehauenen Steinen einen Stein, 12 Zoll lang, 8 Zoll breit und 5 Zoll dick, der allerdings Aufmerksamkeit verdient. Es ist ein feinkörniger rother Sandstein mit scharfen Kanten und glatten Flächen, in der Oberfläche fünfseitig, in der untern Fläche sechsseitig. Die obere Fläche hat die Gestalt und Größe eines gewöhnlichen Schaufelblattes, einer Pflugschaar oder eines sehr großen Streithammers. Diese Oberfläche ist nun ganz mit Rinnen bedeckt, welche künstlich eingehauen zu sein scheinen und erhabene Streifen stehen lassen, welche ganz das Ansehen altnordischer Schriftzüge haben. Auf den ersten Blick erscheint die Fläche stark wellenförmig modellirt; die Einschnitte sind dreiseitig und geglättet und wohl auf jeden Fall künstlich gemacht. In Südsüdost, ebenfalls 8 Fuß von der Mitte, lag auf einem Steine über dem Urboden, nur durch einen auf einen kleinen Stein sich lehnenden größeren breiten Stein geschützt, in Erde gehüllt, eine ganz erhaltene framea aus Bronze mit Schaftkerbe, mit hellgrünem edlen Roste trefflich überzogen, 7½" lang, von der Art, wie Frid. Franc. Tab. XIII. Fig. 4, jedoch ist die Schneide nicht beilförmig gekrümmt. Die Arbeit ist vorzüglich. Die breiten Seiten des scharfen Endes haben zwei tiefe Rillen, die schmalen Seiten 5 Facetten. Um die Mitte steht ein erhabenes schmales Band mit schräg links laufenden eingefeilten Linien. Unter diesem Bande, nach dem Schafte hin, stehen an jeder schmalen Seite 5 eingravirte Spitzbogen, nach der Schärfe hin geschlossen, wie sie sich auch auf dem Bronze=Gefäß Frid. Franc. Tab. XII, Fig. 1 finden. Etwa 2 Fuß von der Mitte nach

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Osten hin fand sich unter ganz gleichen Umständen eine bronzene Heftel (fibula) mit zwei Spiralplatten, die aber, obgleich sie ganz erhalten sich zeigte, doch, weil sie stark oxydirt war, bei ihrer Feinheit am Mittelbügel und an der Spiralplatte bei der Nadelspitze zerbrach. Diese Heftel, nach Art der römischen, wie Frid. Franc. Tab. XI, Fig. 3, ist 4¾" lang, mit sehr schmalem Bügel, der nicht breiter ist als die Nadel. Das Ganze ist äußerst sauber und trefflich gearbeitet. Der Bügel ist mit eingegrabenen Längenlinien, der Knopf mit Queerlinien äußerst zierlich geschmückt. Weder von Knochen noch von Urnen zeigte sich eine Spur. Die Erde zwischen den Steinen war wie der Urboden rothgelber Sand, doch hin und wieder lehmartig. Dicht neben diesem Hügel liegt ein anderer von derselben äußeren Gestalt und Größe.

Wittenburg, im Junius 1838.

J. Ritter.

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Kegelgrab von Retzow (im Amte Lübz).

Beim Ausbrechen von Steinen auf der genannten Feldmark wurde unter denselben gefunden und vom Herrn Hofrath Dr. Dornblüth zu Plau eingesandt:

ein Armring von Bronze, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 3, geöffnet, nur etwas enger, dünner und ohne Verzierungen, mit edlem Rost bedeckt, der jedoch einen bräunlichen Ueberzug hat;

zwei Handringe aus Bronze, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXII, Fig. 4, geöffnet, massiv, platt, mit eingegrabenen Querbändern aus drei Linien verziert, zwischen welchen kurze Schrägestriche im rechten Winkel zu den ersten stehen, mit hellgrünem edlen Rost bedeckt;

eine Heftel aus Bronze mit zwei Spiralplatten, wie Frid. Franc, Tab. XI, Fig. 2, nur etwas kleiner, wie die zwei Handringe verziert, zur Hälfte vorhanden, mit hellgrünem edlen Rost bedeckt.

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Grab von Klink (bei Waren).

Auf der Feldmark Klink zwischen dem Müritz= und Kölpin=See stand am Ufer des letztern Sees ein Grabhügel, welcher, nach dem Einsendungsberichte, "mit großen Granitblöcken bedeckt war". Als im Frühling 1838 der Hügel abgetragen ward, kam der Inhalt desselben in die Hände des Gutsbesitzers

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Herrn Kähler, welcher diesen an den Verein einzusenden die Güte hatte. Die Beschaffenheit der in dem Grabe gefundenen Urne und Geräthe machen es aber wahrscheinlich, daß das Grab nicht ein mit großen Granitblöcken "belegtes" Grab, also nicht ein langgestrecktes Hünengrab, sondern ein von großen Feldsteinen aufgethürmtes Kegelgrab gewesen sei. Doch wie dem auch sei, der Inhalt des Grabes gehört ohne Zweifel in die Zeit der Kegelgräber.

Im Grabe stand eine Urne, von welcher noch der Boden und die eine Hälfte vorhanden ist. Es ist ein kleines Gefäß, 4½" hoch und ungefähr 3½" weit im Rande, in der obern Hälfte mit senkrechten Wänden, in der Mitte nur ein wenig ausgebaucht und mit zwei kleinen Henkeln über dem Bauchrande, — ähnlich der Urne im Frid. Franc. Tab. XXXV, Fig. 8. Sie ist mit Kiessand und goldfarbigen Glimmerblättchen durchknetet und braun gebrannt Sie war nach dem Berichte nur mit Asche gefüllt. (Wahrscheinlich ist ein größeres Gefäß mit den Knochen zertrümmert.)

Neben der Urne lag eine Menge keiner Geräthschaften und Schmucksachen, alle aus Bronze, mit Rost, zum Theil auch mit edlem Rost überzogen; alle Sachen sind jedoch klein und zierlich gearbeitet. Allem Anschein nach gehören sie zu mehreren Leichen. Die Brust= und Haar=Nadeln sind durch das Feuer (des Leichenbrandes) zersprungen oder zusammengeschmolzen; alle übrigen Sachen haben nicht durch Feuer gelitten. Die Geräthschaften aus Bronze sind folgende:

eine lange (Haar=) Nadel mit zwei Knöpfen aus dünnem Erzblech übereinander, von denen der obere platt und glatt, der untere nach oben hin concav und nach unten hin durch sechs kleine Lappen mit der Nadel zusammenhängt, wie Frid. Franc. Tab. XXIV, Fig. 3; von der Nadel selbst sind nur noch wenige Bruchstücke vorhanden;

eine gleiche Nadel, nur sind die Knöpfe und die Nadel dicker; der obere Knopf ist wie mit fünf übergeschlagenen Lappen verziert, weiche in einem Kreise im Mittelpunkte zusammenstoßen;

eine gleiche Nadel, von welcher nur "einige Bruchstücke vorhanden sind;

eine kleine Brustheftel mit einer durchbohrten Nadel, welche sich um den Bügel dreht, ungefähr in der Form, wie Frid. Franc. Tab.XX, Fig. 13, mit einer runden, gegossenen Platte am Ende der Nadel;

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ein glattes Stück Erzblech, in der Gestalt eines Ammonshorns geschnitten, ungefähr 1" im Durchmesser, welches vielleicht zu der Brustheftel gehört;

ein Armring aus 3/16" starkem, rundem Bronzedrath, 1½" im Durchmesser, mit hakenförmig über einander fassenden Enden; die obere Seite des liegenden Ringes ist bis an die Endhaken mit dicht stehenden, schmalen, parallelen Querstreifen verziert: dies und der kleine Umfang des Ringes möchte vielleicht auf einen andern Gebrauch deuten, als zu dem, ihn um den Arm zu tragen;

ein Ring in Form eines gewöhnlichen Reifen in dreiseitigem Durchschnitte und mit zweiseitiger Außenseite, 1" im Durchmesser, für einen starken Mannsfinger passend; er soll um einen noch vorhandenen Röhrenknochen gefunden sein: zum Armringe ist er aber viel zu eng;

ein gleicher Ring, nur etwas kleiner;

ein spiralcylindrisch gewundener Fingerring, wie Frid. Franc. Tab. XXIII, Fig. 1, von welchem noch Windungen vorhanden sind;

ein Ring aus ganz dünnem Bronzedrath, von der Dicke einer gewöhnlichen Stecknadel, ungefähr 1½" im Durchmesser;

ein Pfriemen, 1¾" lang, zur einen Hälfte rund und gegen das Ende zugespitzt, zur andern Hälfte vierseitig und zugeschärft, zum Eintreiben in einen Griff;

ein rund gebogenes Erzblech, ¼" breit und 3/8" im Durchmesser, welches offenbar zum Umlegen um etwas, wahrscheinlich um den Griff des Pfriemens, bestimmt gewesen ist;

eine Pincette, ganz einfach aus sehr dünnem, glattem Blech gearbeitet, 2½" lang;

eine gleiche Pincette, 2¼ lang;

eine gleiche Pincette, 1¾" lang, so klein, wie wohl selten Pincetten vorkommen;

mehrere Bruchstücke Erzblech, welche ebenfalls zu einer Pincette zu gehören scheinen.

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Begräbnißplatz von Klink.

Auf derselben Feldmark, an der Eldenverbindung zwischen dem Müritz= und Kölpin=See, sind aus demselben Hügel, an welchem große Massen von Feuerstein=Messern und Splittern gefunden werden (vergl. oben bei den Alterthümern der Hünengräber die Feuersteinmesser=Manufactur von Klink), oft Urnen aufgewühlt. Von einer derselben, welche dem Gutsbesitzer

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Herrn Kähler, zerbrochen zu Händen gekommen war, hat derselbe ein Fragment mit dem Inhalt eingesandt. Die Urne bestand aus einer nicht sehr groben Masse, stark gebrannt, schwärzlich im Bruche und braun auf der Oberfläche, und ist ohne alle Verzierungen; sie war nicht sehr hoch, aber weit geöffnet und lief nach dem Boden hin sehr spitz zu. In der Urne lag ein spiral=cylindrisch gewundener Armring von 3½ Windungen, 3"' weit, mit mattem Oxyd überzogen; er besteht aus 3/16" dickem Drath von dunkler Bronze, der auf der innern Fläche eben, auf der äußern gewölbt und hier, ungefähr von 1/8 zu 1/8", mit einfachen, eingefeilten Querlinien verziert ist. Das eine Ende ist ganz auf die innere Fläche umgelegt, das andere Ende ist abgebrochen.

Welcher Zeit dieser Begräbnißplatz angehöre, ist zweifelhaft, namentlich da es an ganz bestimmten Ausgrabungsberichten fehlt. Die Angaben über das Vorkommen der Urnen in dem natürlichen Erdboden, die weite Oeffnung und der spitze Boden der Urnen, der matte Anflug von Rost, die ganze kunstlose Arbeit und andere Umstände scheinen für eine jüngere Zeit, der Gebrauch der Bronze und die Form des Armringes für eine ältere Zeit zu reden. Wahrscheinlich werden diese Urnen aus der Uebergangszeit, aus den letzten Zeiten des Germanenthums stammen. Wünschenswerth wäre jedenfalls eine sorgsame Untersuchung dieses Hügels, aus dem schon so manches Merkwürdige aus verschiedenen Zeiten zu Tage gefördert ist.

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b. einzeln aufgefundene Alterthümer.

Metallbeschlag eines Hifthorns von Wismar.

Im Jahresberichte II, S. 48-49 ist die Erwerbung eines bei Wismar gefundenen Beschlages eines Heer= oder H ifthorns kurz angezeigt und eine Abbildung desselben zur Grundlage weiterer Forschungen als höchst wünschenswerth dargestellt, um so mehr, da eine genaue Beschreibung dieses seltenen Stückes ohne eine Abbildung nicht gut möglich ist. Da nun dieses Horn vielen andern Forschungen zur Grundlage dienen kann, so hat es der Ausschuß des Vereins für nothwendig erachtet, vor allen andern Gegenständen eine getreue Abbildung desselben anfertigen zu lassen und dem gegenwärtigen Jahresberichte beizugeben. Zum genauem Verständnisse folgt hier nicht allein eine genaue Beschreibung dieser Antiquität, sondern auch zur Vollständigkeit eine kurze Wiederholung der Auffindungsgeschichte.

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Der Beschlag des Horns ward in einer Grube des wismarschen Torfmoors ungefähr 6 Fuß tief gefunden und war bei der Auffindung ohne allen Rost (wie immer Bronze, welche in Mooren gefunden wird). Der Herr Amts=Actuar Treu zu Wismar traf denselben zufällig unter andern Metallen bei dem dortigen Glockengießer, der ihn zum Einschmelzen bestimmt hatte, und brachte ihn sogleich eigenthümlich an sich, um ihn dem Vereine zum Geschenke zu überreichen.

Der Fund besteht aus drei Stücken, welche den Beschlag gebildet haben: Mundstück, Mittelring und Schallmündung; von dem Horne selbst, welches entweder aus einem natürlichen Horn oder aus Holz bestanden haben wird, war keine Spur vorhanden, da es vermodert sein muß. Die drei Metallstücke sind aus der bekannten Bronze gegossen, aus welcher vorherrschend alle Gegenstände bestehen, welche sich in den (germanischen) Kegelgräbern finden.

Auf der, diesem Jahresberichte beigegebenen Abbildung sind die drei Stücke in natürlicher Größe dargestellt:

Fig. I. das Mundstück,
Fig. II. der Mittelring,
Fig. III. die Schallmündung, und
(Fig. IV.) ist eine muthmaßliche Darstellung des ganzen Horns,

mit Anwendung der drei gegebenen Stücke: Fig. I, II u. III, in kleinerm Maßstabe versucht. Diese wahrscheinliche Gestalt des ganzen Horns ergiebt sich nicht allein aus den Umrissen und Schwingungen der metallenen Beschlagstücke, sondern stimmt auch mit uralten, tief in meklenburgischen Mooren gefundenen natürlichen Hörnern aus dem Geschlechte der Büffel 1 ) überein, woraus herverzugehen scheint, daß die Hauptmasse des eigentlichen Horns aus einem natürlichen Büffelhorne bestanden habe. Zwar sind in Meklenburg und in Skandinavien andere alte, bronzene Heerhörner gefunden, welche sehr lang und stark gekrümmt sind (vgl. Frid. Franc. Tab. IX. und Erläut. S. 117 flgd., und Leitfaden zur nord. Altthsk. S. 47), wie die römischen; aber das wismarsche Horn scheint die Gestalt der muthmaßlichen Darstellung gehabt zu haben, da die Schallmündung fast noch einmal so weit ist, als bei den andern Hörnern, und auf eine starke und schnelle


1) Wahrscheinlich sind diese kräftigen, nicht gewundenen, halbmondförmigen, hohlen Hörner vom Bison=Ochsen (bison), dem in der mittelhochdeutschen epischen Dichtung noch öfter vorkommenden Wisent.
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Verjüngung von der Schallmündung nach dem Mundstücke schließen läßt.

Die Beschaffenheit der einzelnen metallenen Beschlagstücke ist, nach dem Originale und der Abbildung, hier in umgekehrter Ordnung der Fig., folgende:

Fig. III. Die Schallmündung.

Die Schallmündung ist ein becherförmige Erz, gegen 6" hoch, an der Mündung 5", an dem andern Ende nach dem Horne hin 4" im Durchmesser. An der Mündung ist das Blech ein wenig nach außen hin gebogen. Die Oberfläche ist durch 7 schmale, erhabene Reifen in 7 Felder getheilt, wozu noch der schmale umgebogene Rand kommt; alle diese Felder oder Abtheilungen sind mit Verzierungen bedeck. Das Ganze ist, nach der innern Fläche zu urtheilen, unbezweifelt gegossen. Das Drittheil dieses Beschlages, welches die beiden, dem Horne am nächsten stehenden Felder 6 u. 7 in einer Höhe von 2" umfaßt, ist nur halb so dick im Erze, als der übrige Theil, ungefähr von der Dicke eines gewöhnlichen Bleches, und scheint an den größern Theil durch Löthung angesetzt zu sein, da zwei, nicht kleine Lappen von dem dickern Theile ungefähr 1" weit an der innern Fläche in den dünnern Theil hinüberreichen und hier scharf abgeschnitten sind. Dieser dünnere Theil hat in jedem seiner zwei Felder 8 Nietlöcher, von denen in beiden Feldern immer je zwei und zwei in senkrechter Linie einander gegenüberstehen. Offenbar dienten die dünnere Einrichtung dieser Felder in der Binnenwand und die eingeschlagenen Löcher zur Einschiebung und Befestigung des natürlichen Hornes. Ungefähr in der Mitte des Horns, auf dem dritten Reifen vom Horne aus gerechnet, ist, wie die Abbildung an der bezeichneten Stelle zeigt, ein starkes Oehr aufgelöthet.

Der äußere, scharf und fast im rechten Winkel nach außen hin umgebogene Rand der Mündung, welcher ¼" breit ist, ist mit eingefeilten, dichten Kreuzstrichen schraffirt. — Die 7 erhabenen Reifen auf der Oberfläche, welche die Felder scheiden, sind mit eingefeilten Querstrichen, von Reifen zu Reifen abwechselnd schräge rechts und schräge links, verziert.

Durch die Reifen und den Rand sind 7 Felder auf der Oberfläche abgetheilt, welche von verschiedener Breite und mit den verschiedenartigsten Verzierungen bedeckt sind. Diese Felder sind auf der Zeichnung mit den Ziffern 1-7 bezeichnet und zwei derselben, 2 und 4, sind ihrer ganzen Länge nach abgewickelt dargestellt; die einzelnen Gruppen der Verzierungen auf den abgewickelten Bändern sind mit lateinischen Buchstaben be=

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zeichnet. Diese Verzierungen sind es vorzüglich, welche das Horn im hohen Grade merkwürdig machen und daher eine genauere Beschreibung verdienen.

Feld 1, zunächst an der äußersten Mündung des Horns. Die Ränder dieses Feldes sind an jedem der begrenzenden Reifen mit einer Reihe von kleinen Dreiecken verziert, deren Spitzen nach dem Innern des Feldes hin gerichtet sind; in der Mitte des Feldes läuft um die ganze Rundung ein Ring von kleinen Punkten. Alle diese Verzierungen sind mit Stempeln eingeschlagen. Die kleinen eingeschlagenen Dreiecke, wohl nichts weiter als reine Ornamentenzeichnung, sind von Wichtigkeit für die älteste Kunstgeschichte Germaniens. Sie kommen auf unserm Horne noch öfter vor und zwar einfach und zu andern Zeichnungen benutzt, z. B. III, 4, a, c, d, g, 5, 6b, u. I, 1, 5 u. 7. — Außerdem aber kommen sie noch an dem merkwürdigen, ehernen und vergoldeten, bei Bochin gefundenen Becher vor, welcher im Frid. Franc. Tab. XII, Fig. 1 abgebildet und Erläut. S. 121 beschrieben ist. An diesem Gefäße sind, was bei der Erläuterung desselben noch nicht klar war, die dort als durch eingegrabene Zickzacklinien entstanden bezeichneten, abgrenzenden Hauptbänder allem Anscheine nach dadurch gebildet, daß die Dreieckstempel, abwechselnd mit den Spitzen gegen einander gerichtet, so dicht an einander gelegt sind, daß die zwischen je zwei Stempeleindrücken stehen gebliebene schmale Erhöhung eine erhabene Zickzacklinie zu bilden scheint, welche in mehreren Reihen über einander fortläuft und so eine kunstreiche Einfassung bildet, deren Entstehung auf den ersten Blick nicht klar ist. — Da nun das Horn außer allem Zweifel der Zeit der Kegelgräber angehört, so ist auch eben so unzweifelhaft das Gefäß von Bochin aus derselben Zeit und aus derselben Kunstschule, wenn man sich so ausdrücken darf, — aus einer Zeit, deren Geschmack und Kunstübung vollkommene Achtung abnöthigt.

Ueber dem letzten begrenzenden Ringe ist ebenfalls eine Reihe von Dreiecken eingeschlagen, welche mit den Spitzen nach dem Rande der Schallmündung hingerichtet sind.

Feld 2. Dieses Feld zeigt eine noch bedeutsamere Verzierung, deren. vorzüglichste Gruppen zum großen Theil eingegraben sind. Die Hauptgruppe der Verzierungen dieses Feldes bilden vier Schiffe (c.); Schiffe kommen auf dem Horne noch III, 4 und 7 vor. Darstellungen von Schiffen sind auf Alterthümern in Deutschland unsers Wissens noch nicht bemerkt worden; in den nordischen Reichen kommen

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sie häufig vor 1 ). Sie sind redende Zeichen für den Seeverkehr der ältesten Ostseebewohner und deuten, namentlich auf unserm Horne aus dem Seeufer eines bequemen Hafens, bedeutsam auf die Wikingerfahrten der alten germanischen Völkerschaften; klar wird es, wie das Horn einer so großen Weite bedurfte: sein Schall mußte durch das Tosen der empörten Elemente dringen! — Die Schiffe sind gravirt; die Bezeichnung der Ruderer scheint mit Stempeln eingeschlagen zu sein. Merkwürdig ist es, daß auf jedem Schiffe nach dem Vordertheile hin eine Stelle durch einen emporstehenden, gebogenen Strich ausgezeichnet ist, vielleicht zur Bezeichnung des Befehlshabers. Aber auch die einzelnen Schiffe sind verschieden durch gewisse Auszeichnungen: die beiden vordern sind größer als die beiden hintern, und die beiden vordern haben Verzierungen an demVorder= und Hintertheil, welche darin bestehen, daß diese Theile stark gebogen sind; namentlich hat der Vordertheil des ersten Schiffes einen sehr gebogenen Hals und an dem Ende desselben eine Gravirung, wie einen Thierkopf, so daß die beiden kleinen Striche auf der Biegung des Halses vor dem Kopfe zwei Ohren zu gleichen scheinen. Dies erinnert lebhaft an die alten nordischen Bezeichnungen der Schiffe mit den Wörtern: Drache, Schnecke u. s.w., welche den Schiffen wohl unbezweifelt von den Verzierungen ihres Vordertheils beigelegt wurden. Die beiden hintern, kleinem Schiffe haben nur erhöhete Vorder= und Hintertheile. — Diese Schiffgruppe ist umher von einer Reihe eingeschlagener Punkte eingefaßt. — An jeder Seite dieser Schiffgruppe ist eine Gruppe von eingegrabenen Spitzen (b.), welche durch Zusammenstellung mehrerer paralleler und convergirender Linien gebildet sind; diese Spitzen stehen abwechselnd gegen einander gerichtet neben einander, rechts 10, links 8, jedoch ist in der Gruppe zur Linken noch für 2 Platz. Diese gravirten Spitzen finden sich überraschender Weise auch auf dem Bronze=Gefäße von Bochin und erscheinen in ähnlicher Gestalt sehr häufig als Verzierungen der ehernen Armringe — Zwischen den beiden Gruppen von Spitzen erscheinen zwei Gruppen sich kreuzender Linien (wie Andreaskreuze) (a.), aus eingeschlagenen Punkten gebildet, an jeder Seite durch drei ähnlich gebildete Linien begrenzt.

Feld 3. Dieses Feld ist nur mit ununterbrochen fortlaufenden, eingravirten Spiralwindungen verziert. Die


1) Alle Arten von Darstellungen von Schiffen auf nordischen Alterthümern sind abgebildet in: Antiquariske Aunaler IV, 2, Tab. I.
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Spiralwindungen sind die unabweisbaren Kennzeichen für die (germanische) Zeit der Kegelgräber 1 ) und erscheinen auf Bronze nicht nur häufig im nördlichen Deutschland, sondern noch häufiger in den nordischen Reichen 2 ). Die Zahl der auf diesem Felde eingegrabenen Spiralen beläuf sich auf vierzehn.

Feld 4. Dieses Feld bietet unstreitig die interessanteste Parthie der Verzierungen, wenn auch die dunkelste, und damit reichlichen Stoff zu ausgedehnten Forschungen. Wir wagen es nicht, hier irgendwo etwas erläutern zu wollen und unhaltbare Vermuthungen aufzustellen, sondern begnügen uns mit einer einfachen Beschreibung, bis andere Forschungen oder ein glücklicher Fund uns lehren, was wir nicht wissen. - Die Hauptgruppe scheint über dem angelötheten Oehr zu stehen: ein Kreis, um welchen sechs fächerförmige Zeichnungen, wie Strahlen stehen. Links davon sind vier concentrische Kreise, in deren jedem ein Kreuz steht, eingravirt; rechts davon stehen zwei Vierecke von eingeschlagenen Punkten, in deren jedem zwei Schlangenlinien eingegraben sind. Dann folgen (b.) zwei Schiffe über einander, deren oberem das emporstehende kleine Häkchen zu fehlen scheint. Diese größere Gruppirung wird durch drei Querbänder von Verzierungen aus senkrechten Linien und eingeschlagenen Dreiecken (c.) beschlossen, wie sie damit begann (g. und a.); in dem dritten Querbande sind die Baen der Dreiecke aufeinander gesetzt, so daß hiedurch viereckige Stempeleinschläge vorhanden zu sein scheinen. — Es folgt eine zweite größere Gruppirung (d. e. f.) von Zeichen, bestehend aus drei kleinern Gruppen, welche durch schmalere Querbänder geschieden sind; die Zeichen der drei Gruppen sind gravirt. Die mittlere Parthie (e.) besteht aus drei doppelten Schlangenlinien; an jeder Seite steht eine Gruppe von concentrischen Kreisen mit eingelegten Kreuzen (d. und f.); die Kreise rechts (f.) sind größer, als die Kreise links (d.), dagegen haben die Kreise links (d.) im Mittelpunct der Kreuze einen Kreisförmig gestalteten Punct, welcher den Kreisen rechts (f.) fehlt. — Diese zweite größere Gruppirung wird durch vier Ouerbänder aus senkrechten Linien und eingeschlagenen Dreiecken (g.) geschlossen, von denen die erste


1) Klare Beispiele finden sich im Frid. Franc. auf Diademen Tab. XXXII, Fig. 2 und auf einem Schildnabel Tab. XXXIII, Fig. 8; vgl. Lisch Erläut. S. 34 flgd.
2) Die verschiedenen Arten von Spiralwindungen, welche in den nordischen Reichen vorkommen, sind abgebildet im: Leitfaden zur nordischen Alterthumskunde, 1837, S. 63, vgl. S. 45.
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die aus zwei Dreiecken entstandenen Vierecke am klarsten zeigt, die dritte aber die Dreiecke so enthält, daß die dadurch stehen bleibenden, erhabenen Zickzacklinien genau die Verzierungen auf dem Gefäße von Bochin wiedergeben. Das vierte Querband, welches zugleich die ganze Darstellung beginnt (a.), besteht, auf diesem Beschlage allein, aus eingegrabenen, rhombisch gesetzten Kreuzstrichen.

Bei Betrachtung der verschiedenen Zeichen auf diesem Felde kann man sich des Gedankens nicht erwehren, daß diese Zeichen Schriftzeichen oder symbolische, religiöse Charactere zu bedeuten haben mögen; eine Vermuthung, als könnten sie Himmelszeichen oder Jahreszeiten andeuten, soll für nichts weiter, als eine Vermuthung gelten.

Feld 5. Dieses Feld ist oben unter dem Reifen mit dem Oehr durch eine Reihe eingeschlagener Dreiecke, unten am begrenzenden Reifen durch eine Reihe eingeschlagener Punkte begrenzt. Das Feld selbst füllt eine Reihe zusammenhängender Spiralwindungen (wie das Feld 3.), deren elf an der Zahl sind. Die Spirale unter dem Oehr hat, sei es aus Versehen oder aus Vorsatz, in der Mitte eine kurze geschwungene Linie zu viel, so daß es scheint, als liefen 3 Spirallinien von einem Mittelpuncte aus.

Feld 6. Dieses Feld wird oben am Reifen (bei 6. b.) durch vier parallele Kreise von eingeschlagenen Dreiecken begrenzt; auf diese folgen drei einfache Linien. Den größern Theil dieses Feldes füllt eine Reihe nach unten gekehrter Bogen, welche aus einfachen, eingegrabenen Linien bestehen, die im Innern der Bogen mit eingeschlagenen Punkten besetzt sind. Die Nietlöcher, welche sich schon auf diesem Felde befinden, haben keine Verzierungen in ihren Begrenzungen.

Feld 7. Dieses Feld ist an den beiden Grenzen von Reihen einfacher Bogenlinien eingefaßt. Das Innere des Feldes hat nur auf der Oehrseite des Beschlages, welche für die Abbildung gewählt ist, bedeutungsvolle Zeichen. Auf dieser Seite ist jedes der vier Nietlöcher mit vier eingegrabenen concentrischen Kreisen eingefaßt. Auf das erste verzierte Nietloch, über welchem in der obern Bogenreihe eine Lücke für 4 bis 5 Bogen ist, folgt rechts hin ein (auf der Abbildung ganz dargestelltes) Schiff, rechts hin fahrend, welches weiter keine Verzierungen hat, als leise Andeutungen wie von Wimpeln am Vorder = und Hintertheil. Dann folgen zwei der verzierten Nietlöcher und zwischen beiden ein Andreaskreuz aus eingeschlagenen Punkten. Auf das dritte Nietloch folgt ein zweites Schiff (das voraufgehende im Weiterfahren gedacht),

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welches an Vorder= und Hintertheil die Verzierungen der oben dargestellten größern Schiffe hat. Die Reihe beschließt ein mit concentrischen Kreisen umgebenes Nietloch. — Auf der andern Seite sind weiter keine Verzierungen, als daß die vier Nietlöcher in Rhomben von eingeschlagenen Punkten stehen, welche je zwei und zwei mit den Spitzen zusammenstoßen und paarweise durch horizontale Punktlinien verbunden sind.

Fig. II. Der Mittelring.

Der Mittelring hält 2½" im Durchmesser und ¾" in der Breite. Das Innere ist glatt und zeigt die Entstehung durch Guß. Auf der Außenseite ragen dicht neben einander fünf erhabene Reifen hervor, von denen der mittlere bei weitem der stärkere ist; an demselben sitzt ein Oehr zur Befestigung des Tragriemens, wie an dem Bleche der Schallmündung. Die Reifen sind schräg links mit eingeteilten Querstrichen verziert, wie die Abbildung zeigt. An verschiedenen Stellen sind sechs Nietlöcher eingeschlagen.

Fig. I. Das Mundstück

Das Mundstück ist gegen 7" lang, nach der Schallmündung hin 1¾", in der Mundöffnung ¾ im Durchmesser; der rechtwinklig abgeschnittene Rand an der Mundöffnung ist ¼" breit. Dieser Beschlag ist nach außen hin, an der untern Seite der Abbildung merklich gekrümmt und zeigt hierin die starke Verjüngung des ganzen Horns. Das Ganze ist, wie das Innere zeigt, ebenfalls gegossen. Das Hornende ist in sieben Spitzen ausgeschnitten. Das Feld dieser Lappen und das zunächst folgende (l. und 2.) sind, wie der Beschlag der Schallmündung, im Blech viel dünner, als der übrige Theil, der sehr dick und schwer ist; dies ist gewiß zum Einlassen des Horns so eingerichtet und reicht daher auch nur um ein Geringes weiter, als die Felder der Nietlöcher. Im Anfange einer jeden ausgezackten Spitze (1.) ist ein Nietloch; einem jeden derselben steht ein zweites Nietloch im nächsten Felde (2.) gegenüber. Die einzelnen Felder werden durch erhabene Reifen abgegrenzt, 1 durch drei, 2 durch drei, 3 durch vier, 4 durch drei, 5 durch fünf, 6 durch vier Reifen. Die Verzierungen bestehen, wie die Zeichnung sie klar zeigt, mehr aus schmückenden Ornamenten. Die Spitzen (1.) werden von eingegrabenen Linien eingefaßt, an welchen Reihen von Punkten parallel laufen; dann folgen Reihen eingeschlagener Dreiecke. — Das folgende Feld (2.) zeigt wieder die charakteristischen Spiralwindungen, von denen immer eine zwi=

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schen je zwei Nietlöchern steht. — Die beiden folgenden Felder (3. und 4.) sind mit eingegrabenen Spitzen verziert. — Das vorletzte Feld (5.) zeigt leere, längliche Vierecke, von eingegrabenen Linien eingefaßt, auf denen nach den Vierecken hinein an den Seiten und nach unten hin Reihen von eingeschlagenen Dreiecken stehen. — Das letzte Feld (6.) ist mit Kreuzstrichen schraffirt, und vor dem ausladenden Mundstückrande ist zuletzt eine Reihe von Dreiecken eingeschlagen.

G. C. F. Lisch.

Nachträge zu der vorstehenden Beschreibung.
1.

Ueber das wismarsche Horn und dessen Verzierungen hat der Ausschuß die Ansicht eines bewährten Kenners, des Hrn. Canzleiraths Thomsen zu Kopenhagen, eingeholt.

Das Horn stimmt auf das genaueste mit den nordischen Alterthümern aus der reinen Bronzezeit überein und zwar mit den ältern aus dieser Zeit; ganz ähnlich sind die Darstellungen und Zierrathen auf alten nordischen Altertümern. Die Ringe oder Oehren deuten auf ein Blasehorn. Nichts ist im Norden gewöhnlicher, als die Darstellung von Schiffen (vergl. Antiq. Annaler Bd. IV, H. .II, Tab. 1.) auf Bronzesachen, auch auf sehr alten Messern von Bronze; die Schiffe auf dem Horne sind von der ältesten Art, nämlich lang und zum Rudern, oft mit Drachenköpfen als Verzierungen; die aufwärts gerichteten Linien bedeuten die Mannschaft oder die Ruderer. — Schwieriger ist die Entzifferung der Kreise mit den übergelegten Kreuzen. Diese Darstellungen kommen neben Schiffen auch auf alten nordischen Monumenten vor. In Beziehung hierauf ist das berühmte Kivik=Monument in Schonen an einer antiquarisch reichen Stelle sehr belehrend: das Monument besteht in einem Steinhügel aus einer langen Steinkiste von großen glatten Steinen, auf welchen alte bildliche Darstellungen eingegraben sind, abgebildet in Suhm Historie af Danmark, I. S. 529, Tab. I und II. Hier finden sich auch Männer, welche auf eben solchen großen, gekrümmten, weit geöffneten Hörnern blasen, wie das unsrige gewesen ist. Ferner finden sich Schiffe und die fraglichen gespeichten oder bekreuzten Kreise. Diese bedeuten hier offenbar Räder; sie finden sich auf dem Kivik=Monument nicht allein paarweise zusammengestellt, sondern ein Paar ist auch an einer Deichsel verbunden, an welche zwei Pferde gespannt sind, die ein, vor der

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Deichsel stehender Mann antreibt. Diese Schiffe und Räder kommen zusammen auch auf andern Grabmonumenten im Norden vor: vergl. Nordiskr Tidskrift I. p. 181. Daher möchten diese Kreise oder Räder auf Wagen oder Fahren deuten. Was der mit den Pfeilen umgebene Kreis und die Schlangenlinien bedeuten, ist noch zweifelhaft; sie haben eine gewisse Aehnlichkeit mit Figurenschrift anderer Völker auf niederer Stufe gesellschaftlicher Cultur.

Thomsen.

2.

Die Charaktere auf dem wismarschen Horne gewinnen durch neuere Mittheilungen in den von der königlich=dänischen Gesellschaft für nordische Alterthumskunde herausgegebenen "Antiquitates Americanae sive scriptores septentrionales rerum antecolumbianarum in America, Hafniae, 1837", eine große Bedeutung. In diesem Werke werden auf Tab. XII mehrere alte nordische Monumente mit Charakteren gegeben, welche mit denen auf unserm Horn völlig übereinstimmend sind. Zuvor werfen die Herausgeber p. 392 noch einen Blick auf das Kivik=Monument, auf welchem Schiffe, Rosse, Räder, Streitäxte, Speere, ein Triumphwagen und Triumphbogen, ein Triumphzug, Gefangene, Hornbläser, Altäre, Opferpriester etc. . dargestellt sind, welches Alles auf die Darstellung eines kriegerischen Ereignisses deutet und nach Münters Erklärung (in Antiquariske Annaler II, 183, 302) die Beendigung einer Schlacht und die Opferung der Gefangenen bedeutet. — Zu diesem Monumente werden nun noch einige andere Sculpturen auf Felsklippen hinzugefügt, welche diesem ähnlich sind. Vor allen ist unserer Darstellung am nächsten die Sculptur auf den Felsen am See Roxen, im östlichen Gothland, auf deren einem mehrere Schiffe und auch zwei Räder, auf dem andern gewundene Heerhörner, wie sie (nach dem Leitfaden für nord. Alterth. S. 47) in nordischen Gräbern gefunden werden, abgebildet sind. Eben so finden sich auf dem Monument auf dem Felde von Kolstadt im Kirchspiel Tanum in Bohus=Län außer einigen menschlichen Figuren auch Schiffe und zwei Räder, wie auf unserm Monument. Vergl. den Text der Antiq. Amer. p. 395. Am auffallendsten ist aber die Sculptur aus den Wanden der Paradies=Höhle, Paradisarhellir, auf dem südlichen Island im Gau Rangervall: auf diesem findet sich auch das Zeichen des Kreises mit den umherstehenden Strahlen oder Pfeilen, welches auf unserm Horne

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in dem Bande Nr. 4, in der Mitte über dem Oehr, eingegraben ist; die Charaktere in der isländischen Felsenhöhle hält Finn Magnussen "mit Recht" für eine aus Runen zusammengesetzte uralte Geheimschrift.

So deuten die Gravuren auf unserm Heerhorne wohl unbestreitbar auf eine uralte Uebereinstimmung in der Cultur in den Ostseeländern und dem höchsten Norden.

G. C. F. Lisch.

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Helm von Dobbertin.

(Erläuternder Nachtrag zu Jahresbericht II, S. 77, vom Herrn Archivar Lisch.)

Der im Jahresberichte von 1837, S. 77 aufgeführte eherne Helm ist ein seltenes Stück des Alterthums in Meklenburg und gehört zu den Zierden unserer Sammlung. Die, wenn auch nur ungefähre, Bestimmung der Zeit, aus welcher er stammt, ist bisher schwierig gewesen, weil er allein und nicht in einem Grabe gefunden ist. Viel gereiste Männer, welche manche Sammlung gesehen hatten, waren der Meinung, der Helm könne eben so gut römisch, als deutsch=mittelalterlich sein, sei aber auf jeden Fall eine merkwürdige und seltene Erscheinung. Deshalb ward er im Jahresbericht einstweilen unter die Alterthümer aus unbestimmter alter Zeit versetzt. Gleich nach dem Erscheinen des Jahresberichts ward jedoch in der Transilvania, Band II, Hermannstadt 1837, S. 274 und Taf. 1, eine Entdeckung mitgetheilt, welche den dobbertiner Helm in die römische oder germanische Zeit setzt. Schon die Erzmischung, die bekannte Bronze der Kegelgräber, ließ auf die germanische Zeit schließen; die Form jedoch schien zweifelhaft zu sein; leider fehlt der Rost, da der Helm im Moor gefunden ist. Der dobbertiner Helm bildet eine hohle Halbkugel, welche nach der Oeffnung hin etwas verlängert ist; am Rande umher sind runde Löcher zur Befestigung des Futter, des Visirs und der Nackenbekleidung eingeschlagen; auf der Spitze des Helms steht ein Helmkegel, welcher mit seinen, eingegrabenen horizontalen Kreisen verziert ist, und auf dem Kegel ein Knopf mit einer Oeffnung zum Einlassen eines Helmbusches. Der Helm ist sehr groß, hat an 9" in der Oeffnung im Durchmesser und 11" Höhe.

Bekannt sind die römischen Colonien und Befestigungen im südlichen Siebenbürgen gegen den Rothen=Thurm=Paß hin. In der ganzen Linie von Kezdi Vasarhely im Osten bis Hermannstadt im Westen, namentlich aber im ganzen Thale des Aluta= oder Alt=Flusses, bei Kl. Schenck,

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Reps, Caros und Fogaras, sind wiederholt und, nach der Transsilvania, in neuern Zeiten große Massen von römischen Alterthümern aller Art, auch Reste von mächtigen römischen Bauten, Denksteinen, Statuen etc. . gefunden. Hier wurden in der Nähe von Fogaras bei Saros eine Menge bronzener Alterthümer endeckt, welche den in den Kegelgräbern Meklenburgs gefundenen durchaus gleichen und in der Transilvania a. a. O. abgebildet sind, unter vielen andern z. B. eine bronzene Lanzenspitze, wie Frid. Franc. Tab. VIII, Fig. 6, eine bronzene Sichel mit einem Knopfe, wie Frid. Franc, Tab, XVlI, Fig.9, eine framea mit Schaftloch und Oehr, ähnlich Frid. Franc. Tab. XIII, Fig. 1: alle mit dem edlen Rost überzogen. Neben denselben fand sich ein bronzener Helm, durchaus in jeder Hinsicht dem dobbertiner gleich, mit Kegel und Löchern zur Befestigung des Futters, nur etwas kleiner: 8½" hoch und 7½" im Durchmesser; er war mit blaugrünem edlen Rost überzogen. Es leidet hiernach wohl keinen Zweifel, daß der dobbertiner Helm germanisch=römischen Ursprungs und ein helles Licht über die Alterthümer der Kegelgräber zu verbreiten im Stande sei.

Außerdem wurden in der Nähe von Hermannstadt bei Hamersdorf unter Bautrümmern viele ähnliche Alterthümer entdeckt: eine Wurfspießspitze, ganz wie Frid. Franc. Tab. VIII. Fig. 5, — eherne Schwertklingen, — eherne Pfeilspitzen, wie Frid. Franc. Tab. XXV, Fig. l u. 5, — ein eherner Streitkolben mit Buckeln, wie Frid. Franc. Tab. XXV, Fig. 13, — frameae aller Art mit Schaftloch und großlappiger Schaftkerbe, welche immer bei Waffen in großer Menge gefunden wurden und in der Transilvania II, S. 276, auch für Waffen gehalten werden, — Reste von Hefteln, wie Frid. Franc, Tab. XX, Fig. 1 und 2: alles aus Erz und immer mit edlem Rost überzogen: dabei thönerne Spindelsteine (Würfel) und thönerne Gefäße aller Art.

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Bronze=Schwert von Wittenburg.

Vom Herrn Bürgermeister Vaigt zu Wittenburg ist ein Schwert von Bronze eingereicht, welches bisher in der Raths=Registratur daselbst aufbewahrt ward mit folgender, angehefteter schriftlicher Notiz: "Gefunden zwischen Wittenburg und Lehsen, links am Wege nach Lehsen, beim kleinen Wellbusch zwischen vielen aufgehäuften Steinen, durch den Brauer Reichard im J. 1811". Da dieser Mann längst verstorben ist, so ist

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eine weitere Erkundigung nicht möglich gewesen. — Das Schwert ist dem im Kegelgrabe zu Wobld gefundenen (vgl. oben) gleich; es ist auch ein zweischneidiges Schwert mit Griffzunge. Die Spitze ist etwa 6" weit abgebrochen; die Griffzunge fehlt auch. Der noch vorhandene, größere Theil der Klinge ist noch 18" lang. Der Griff war ebenfalls halbmondförmig mit Nietnägeln angesetzt; an jeder Seite der halbmondförmigen Ausbreitung der Klinge sind noch 3 Nietlöcher vorhanden. Von der halbmondförmigen Ueberfassung des hölzernen Griffes sind Reste des Holzes bemerkbar. Das Ganze ist stark mit Rost überzogen. Die Schärfen der Klinge haben so viele Scharten, daß sie fast sägenförmig ausgezackt sind. — Auf dem Wege von Wittenburg nach Lehsen ward schon früher ein Schwert gefunden, das schönste, welches in Meklenburg bisher entdeckt ist (vgl. Frid. Franc. Tab. XIV, Fig. l und Erläut. S. 126); wahrscheinlich stammt dies aus dem Grabe, welches, nach der Entdeckung des Herrn Hülfspredigers Ritter, mitten in der wittenburger Landstraße liegt.

Eine Framea

aus Bronze mit Schaftkerbe, ganz wie die in Frid. Franc. Tab. XIII, Fig. 5 abgebildete und die im Jahrber. II, S. 47 beschriebene und bei Röbel gefundene, ohne allen Rost; diese Gattung von Frameen scheint in Meklenburg zu irgend einer Zeit vorherrschend in Gebrauch gewesen zu sein. (Fundort ist unbekannt. Aus dem Nachlasse des Bürgermeisters Wehnert zu Brüel angekauft.)

Eine Speerklinge

aus Bronze, mit edlem Rost bedeckt, wahrscheinlich (denn Spitze und Schaftzunge fehlen) zum Einlassen in einen gespaltenen Schaft, noch 9" lang und ungefähr 1" breit, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXV, Fig. 9, gefunden zu Conow bei Eldena, geschenkt vom Herrn Bau=Practicanten Mengebier zu Schwerin.

Vier Urnen

aus dem Nachlasse des Bürgermeisters Wehnert zu Brüel angekauft; der Fundort ist unbekannt:

1) eine Urne von stark mit Kiessand vermengter, fester Masse, rothbraun von Farbe, rund gebaucht, mit schmalem,

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übergebogenem Rande, 7½" hoch, 10" in der Oeffnung, 12" im Bauche und 5" im Boden im Durchmesser, ohne Verzierungen;

2) ein kleines Grabgefäß, welches in der Urne Nr. 1 liegend ausgeliefert ward, mit fast senkrechten Wänden, sehr dick im Bauche, 1½ hoch und 2" weit, wie ein kleiner Schmelztiegel;

3) eine Urne aus grober, im Bruche schwarz gebrannter Masse, dick in den Wänden, rund gebaucht, ohne überstehenden Rand, 5½" im Rande, 7" im Bauche, 4" im Boden im Durchmesser; ein schmaler, nicht tief unter dem Rande liegender, erhabener Reif ist durch senkrechte Schnitte ausgekerbt, so daß viereckige Knötchen auf dem Bauchrande umherstehen;

4) eine kleine Urne aus feiner Masse, rothbräunlich von Farbe, ohne Verzierungen, in hübscher Tassenform, mit kleinem Boden, in der Mitte ausgebaucht und mit übergebogenem Rande, 3" hoch, gegen 4" im Rande und im Bauche, und 1½" im Boden im Durchmesser.

Diese 4 Urnen gehören einer altern Periode an: es scheinen Nr. 1 und 4 zusammenzugehören und Nr. 2 und 3 aus einem andern Grabe genommen zu sein. Die erstern beiden stammen sicher aus einem Kegelgrabe; die beiden letztern aus einem sehr alten Kegelgrabe oder aus einem Hünengrabe.

C. Aus der Zeit der Wendenbegräbnisse.
a. Gesammelter Inhalt einzelner Begräbnißplätze.

Das Schwert von Eisen aus dem Wendenkirchhofe von Camin

Jahresbericht II, S. 59, Nr. 2.)

ist, nach sorgfältiger Untersuchung, zweischneidig und läuft, ohne Ausbauchungen, in gerader Linie allmälig in eine Spitze aus, welche in der Linie des Mittelrückens liegt. Das Schwert ist also den antiken Schwertern an Form gleich, nur daß demselben die Ausbauchung der Seitenlinien in der untern Hälfte fehlt; die Griffzunge ist sehr schmal, ungefähr ½" breit.

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Die knöchernen Kämme in den malchinschen Begräbnißurnen Nr. 1 und 2.

(Jahresbericht II, S. 69-75.)

Im zweiten Jahresberichte sind die knöchernen Kämme in einer gewissen Art von Urnen zur Untersuchung gezogen und

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mit Abbildungen begleitet. Diese Kämme bestehen aus Platten von Knochen, auf welchen andere verzierte Platten aus feinerer Knochenmasse mit eisernen Nieten befestigt sind. Die Masse dieser bedeckenden Platten ist a. a. O. S. 70, Nr. 3. unbestimmt als "Knochen oder Elfenbein" dargestellt. Hierüber theilt Herr Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen Folgendes mit:

"Wären Sie nur hier, würde ich sie augenblicklich überzeugen können, was die Platten von Knochen sind. Da im Norden in den frühern Jahrhunderten an Elfenbein nicht zu denken ist, - (man bediente sich der Zähne des Seelöwen oder des Walrosses, und in den frühesten Zeiten nicht einmal dieser, da sie kostbar waren und nicht dicke Stücke liefern) — und man von gewöhnlichen Knochen nicht eine Fläche finden konnte, groß genug, um daraus einen Kamm zu bilden, so legte man mehrere Stücke zusammen; um diese zu einem Ganzen zu verbinden, wurden Platten auf beide Seiten aufgelegt und mit durchgehenden Nieten festgehalten. Sowohl in alten als in jüngern Gräbern haben wir solche Kämme, ganz wie die Ihrigen, gefunden, aber auch Kämme von Bronze und Horn. Die Nieten auf unsern Knochen=Kämmen sind aber von Kupfer und die Platten sitzen noch fest. Selbst aus der Ritterzeit hat man Kämme, freilich von andern Formen, aber nach demselben Princip gearbeitet, gefunden, nämlich mehrere Knochenstücke, die durch zwei Schienen von Knochen zusammengehalten werden".

Diese Forschungen und Erfahrungen stimmen auch zu unsern Funden und Ansichten. Die mittlern, stärkern, belegten Platten zeigen an mehrern Stellen offenbar Seiten, welche nicht im Leichenbrande zersprungen, sondern von vorne herein offenbar zum Zusammensetzen regelmäßig bearbeitet sind. Die Niete stehen an unsern Kämmen an beiden Seiten gleich weit hervor und haben also sicher an beiden Seiten Deckplatten gehalten. Daß die Niete in Norddeutschland von Eisen sind, deutet auf eine jüngere, wendische Zeit, in welcher in Skandinavien noch Bronze herrschte. — Nur leuchtet aus unsern Kämmen hervor, daß man die Deckplatten aus feinern Knochengebilden wählte, da sie eine ganz andere Textur haben, als die innere Platte.

G. C. F. Lisch.

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Urnenscherben von Prillwitz,

gesammelt im fürstlichen Garten zu Prillwitz und eingesandt vom Herrn Pastor BoII zu Neubrandenburg, mit dem Berichte, daß es dort an großen und kleinen Bruchstücken nicht fehle, jedoch diesmal an Zeit gefehlt habe, eine große Sammlung zu Stande zu bringen. Diese Urnenscherben sind im Jahresbericht II, S. 76 als etwas höchst Merkwürdiges, in Beziehung zur Geschichte des bekannten Ortes Rhetra, dargestellt. Nach Auffindung des irdenen Gefäßes bei Rehna (vergl. unten bei den Alterthümern des Mittelalters) ist es aber wahrscheinlich, daß diese bläulich =grauen Scherben Gefäßen des frühesten Mittelalters angehören und sich der Bearbeitung der Urnen nur durch die eingestochenen oder eingegrabenen kleinen Verzierungen nähern. Auf jeden Fall scheinen es nicht Grabgefäße zu sein, wie schon die auf der Oberfläche des Bodens zerstreuete große Menge derselben ergiebt; dennoch deuten sie sicher auf eine große Bevölkerung oder einen großen Verkehr im frühern Mittelalter, in welchem in Meklenburg der Uebergang vom Wendenthum zum Christenthum liegt.

b. Einzeln aufgefundene Alterthümer.

Ein Spindelstein

aus gebrannter, blaugrauer Thonerde, dem Anscheine nach sogenannter Walkererde, welche in der Gegend von Rehna häufig im Wiesengrunde sich findet, gefunden im Jahre 1836 bei Rehna auf dem sogenannten Kruge (s. oben S. 39), geschenkt vom Herrn Bürgermeister Daniel zu Rehna.

2. Aus unbestimmter alter Zeit.

Behauener Granit von Prieschendorf,

gefunden zu Prieschendorf in einer Wiese unter andern Feldsteinen, geschenkt vom Hrn. Justizrath Päpcke auf Lütgenhof.

Dieser dunkelgrünlich=graue, glimmerige Granit scheint durch Menschenhände behauen zu sein. Das Ganze hat eine auffallende Ähnlichkeit mit einer Schaufel eines Elengeweihes, welche senkrecht auf einer horizontalen Platte, wie auf einem Schädel steht; die Schaufel ist ungefähr 1½' lang und am breiten Ende gegen 1½' breit; die Platte, auf welcher die Schaufel steht, hat 6"-10" im Durchmesser und ist ungefähr 1" dick.

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Ob dieser Stein Kunst= oder Naturproduct sei, läßt sich einstweilen noch nicht bestimmen; in der großherzoglichen Alterthumssammlung befinden sich einige ähnliche Steine von Warlow, deren einer höchst regelmäßig geformte, erhabene Rauten zeigt, und in der Regelmäßigkeit der Bildung wenigstens ein Naturwunder wäre.

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Gußform für Knöpfe,

ein gelblichgrauer Thonsandstein, 3/8" dick und gegen 2" im Durchmesser, in Form einer Platte, welche jedoch an den Rändern völlig unregelmäßig ist. Zu beiden Seiten dieser Platte ist jedoch sehr regelmäßig eine geringe ovale Vertiefung eingegraben; in diesen ovalen Vertiefungen sind wieder eben so regelmäßig allerlei Charaktere eingegraben, von denen je zwei an jeder Seite merkwürdige, runenähnliche Schriftzüge darstellen. Eine Lithographie eines ähnlichen Steines ist dem dritten Jahresberichte des pommerschen Vereins beigefügt. Gefunden ist diese Platte im J. 1822 zu Dargun auf der sogenannten Neubaute, zwei Fuß tief unter der Erdoberfläche bei Anlegung von Spargelbeeten in einer dammartigen Lage von Kieselsteinen, persönlich vom Herrn Ingenieur Engel zu Dargun, einem völlig zuverlässigen und kundigen Manne, welcher nicht allein, mit Kenntniß der verschiedenen Arten von Gräbern, sehr viele Gräber in ihrer Vollständigkeit beobachtet hat und aufgraben gesehen, sondern auch selbst im Besitze von Alterthümern mancherlei Art 1 ) gewesen ist. In der angegebenen Tiefe von 2 Fuß stieß man auf eine Lage von Feldsteinen von der Größe, wie sie gewöhnlich zum Straßenpflaster gebraucht werden; beim Aufbrechen dieser Steine fand Herr Engel selbst diesen Stein. Das unterirdische Steinpflaster scheint sich noch weiter zu erstrecken, da es noch an einigen andern Stellen in der Nähe zum Vorschein gekommen ist.

Ganz ähnliche Steine sind in Vorpommern, namentlich zu Alt=Kenzlin bei Demmin, gefunden, z. B. einer unter dem Stamme einer alten Eiche. Der pommersche Verein hat über dieselben im dritten Jahresbericht, S. 27 flgd. Nachricht gegeben und diesem Bericht eine Lithographie eines Steines beigefügt. Prof. Rafn zu Kopenhagen wollte sogenannte preußische Runen in den Charakteren erkennen, wagte jedoch keine Deutung. Im vierten Jahresbericht


1) Diese Alterthümer und Münzen hat derselbe dem Herrn Karrig zu Berlin übergeben.
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desselben Vereins S. 42 berichtet jedoch der Herr Dr. von Hagenow zu Loitz, jetzt zu Greifswald, daß "ein alter, närrischer (!) Schäfer in der Gegend von Kenzlin Fabrikant "des" (unter dem Stamm einer Eiche gefundenen) "Runensteins und hundert ähnlicher sei". Auf S. 120 desselben Berichts theilt der Herr Pastor Rudolphi mit, daß "diese, so wie viele ganz ähnliche Steine, welche er besitze, vor wenigen Jahren von einem Bauern zu Beseritz in Meklenburg geschnitzt worden".

Diese Nachrichten von zwei eifrigen und aufmerksamen Sammlern haben allerdings Gewicht für den Werth derjenigen Steine, welche ihnen zu Händen kamen. Dennoch muß es beim ersten Anblick unsers Steins auffallen, wie närrische und rohe Leute zur Erfindung solcher Zeichnungen und Charaktere und zu so scharfer und fester Bearbeitung dieser Zeichnungen haben gelangen können, wie unser Stein dies Alles zeigt.

Unser Verein wandte sich daher noch einmal an den Hrn. Dr. von Hagenow und bat ihn um Einsendung eines Exemplars der pommerschen Steine. Derselbe war so gütig, einen solchen Stein, den er vom Hrn. Pastor Rudolphi zu Friedland geschenkt erhalten hatte, und einen Wachsabdruck eines in Stettin befindlichen Steins zur Ansicht einzusenden, auch noch einige Nachrichten hinzuzufügen. Unser verehrtes Mitglied sagt nämlich: "Es ist augenscheinlich, daß der Schäfer die Absicht hatte, die Steine als Knopfformen zu benutzen, denn die zinnernen Knöpfe an den Bauerkitteln wurden vor Zeiten von Landleuten größtentheils selbst gegossen 1 ). In meinem Geburtsorte Langenfelde bei Demmin habe ich in meiner Jugend diese Formen nicht bloß vielfältig gesehen, sondern auch manchen Knopf selbst darin gegossen. Die geschnitzte Fläche, — wie sie diese Steine zeigen, — bildete die vordere Seite des Knopfes; auf dieselbe paßten zwei andere Stücke, deren jedes die Hälfte der Oese enthielt. Alle drei Stücke wurden auf und an einander gelegt und mit einem Bande verbunden; der Guß geschah von oben durch die Oese. Ja ich habe selbst dergleichen Schieferstücke bearbeitet, um mir als Kind kleine Spielmarken von Blei und Zinn darin zu gießen. — Dieß ist alles, was ich hierüber weiß, und ich glaube, es wird hinreichen, Sie zu überzeugen, daß die fraglichen Steine


1) Dies geschah vorzüglich in der Gegend von Dargun; vergl. Mussäus in Jahrb. II, S. 130.
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Knopfformen gewesen sind oder werden sollten. Daß sie auf beiden Seiten geschnitzt sind, hatte unstreitig den Zweck, um zwei Knöpfe zugleich von beiden Seiten gießen zu können."

Der Wachsabdruck des stettiner Steins zeigt eine leichte und schlechte Arbeit, und die vom pommerschen Vereine gegebene Lithographie ebenfalls viele Unregelmäßigkeiten und Flüchtigkeiten im Verhältnisse zu unserm sehr regelmäßig gearbeiteten Steine. Der vom Hrn. v. Hagenow eingesandte Stein zeigt aber, bei großer Regelmäßigkeit, eine auffallende Uebereinstimmung mit der Arbeit unsers Steins. Man hat sich daher von unserer Seite überzeugen müssen, daß diese Steine nichts weiter als Knopfformen sind, wie es übrigens klar vorliegt, daß sie Gußformen sind. Eben so klar ist es hiedurch ferner, daß die Steine, eben weil sie Knopfformen sind, nicht müßige Spielereien närrischer Leute sind.

Dagegen stellt sich jetzt eine andere, höchst interessante Seite der Forschung heraus. Die Steine sind in Ostmeklenburg und Westpommern an verschiedenen Orten gefunden, und zwar oft unter Umständen, welche auf ein höheres Alterthum schließen lassen, wie unter dem Stamme einer alten Eiche und unter einem alten, längst verschütteten Steinpflaster: dies deutet also auf eine weite Verbreitung eines Brauches in der Zeit und im Raume. Es ist möglich, daß noch in neuern Zeiten solche Knopfformen gebraucht sind; auf jeden Fall verrathen sie aber eine uralte Tradition bedeutsamer Charaktere, welche bei dem besondern, kastenmäßigen Stande der Schäfer in Meklenburg und deren Gebräuchen, Sagen und Künsten gar nicht auffallend sein kann. Die Charaktere sind so sonderbar und originell, daß sich kaum eine willkürliche Erfindung annehmen läßt. — Auf dem Steine des Hrn. v. Hagenow ist z. B. ein großes lateinisches E eingraben; auf unserm Steine sind dagegen gar keine bekannte Zeichen, sondern lauter runenähnliche Charaktere befindlich, unter andern z. B. ein vollkommenes, klares runisches runisches M (ein = M), wie die runisches M auf den muthmaßlich ächten Runensteinen von Neu=Brandenburg in der neustrelitzer Sammlung. Auf beiden Steinen finden sich jedoch die Charaktere, den B spiegelbildlich und B ähnlich.

Es wäre daher von hohem Interesse, auf Sammlung solcher Steine auszugeben und dabei die Fundorte und das muthmaßliche Alter der Steine genau anzumerken. Es würden sich durch sorgfältiges Studium gewiß dereinst Resultate zeigen, welche auf wendische Traditionen 1 ) deuten, um so mehr, da


1) So hat auch J. Grimm (s. unten. "Gesammelte Nachrichten von alten Bildwerken") ein großes Gewicht für die Aechtheit der strelitzischen Runendenkmäler (  ...  )
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sich die Steine in Gegenden finden, in denen sich das Wendenthum lange gehalten hat: vgl. Meklenb. Urkunden Bd. I. an verschiedenen Orten.

G. C. F. Lisch.

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3. Aus dem Mittetalter.
a. Gottesdienstliches.

Taufbecken von Rey.

(Vgl. Jahresber. II, S. 78 - 81.)

In dem Archive des hennebergischen alterthumsforschenden Vereins, Lief. 2, 1837, sind die Forschungen über die rätselhaften Taufbecken fortgesetzt, und Nachrichten von mehrern Taufbecken geliefert, welche dem von Rey gleich sind. Ueber diese viel besprochenen Kunstwerke sagt nun ein Referent in Gersdorf's Repertorium etc. . Bd. XV, H. 2, Jan. 1838, S. 186: "Man ist wohl jetzt zu der Ueberzeugung gelangt, daß die meisten der bekannten Taufbecken nicht das hohe Alter haben, als man früher vermuthet hat, und daß die Entzifferung der räthselhaften Umschriften sich kaum der Mühe verlohne. Die größere Anzahl derselben scheint gegen Ende des 15. und im Anfange des 16. Jahrhunderts gefertigt zu sein. (Ein) Becken stellt den Sündenfall vor; die um den Baum sich windende Schlange zeigt einen dreifach gekrönten Menschenkopf. Wer erkennt hierin nicht eine in der Reformationszeit sich oft wiederholende Satire auf den Papst. — — Daß zu Nürnberg dergleichen Becken verfertigt wurden, ist wohl ausgemacht, die plattdeutsche Umschriften (mancher) Becken deuten doch auf einen andern Ort. Wir rathen auf Braunschweig, wo die Gilde der Beckenschläger schon im 15. Jahrh. sehr ansehnlich war".

Es läßt sich noch folgender bemerkenswerthe Umstand zur Bestärkung dieser Ansicht hinzufügen. Viele der besprochenen Becken haben außer der räthselhaften Inschrift noch eine zweite; diese zweite Inschrift ist wohl immer, nach Sprache und


(  ...  ) ] auf die Uebereinstimmung des auf denselben häufig vorkommenden runisches M (=M) mit der wendisch=glagolitischen Form runisches M für M gelegt. Und grade dieses gabelförmige runisches M kommt auf den fraglichen Knopfformen so bestimmt vor, daß an einer uralten Tradition dieses Zuges kaum zu zweifeln ist. - Auch das E auf der v. Hagenowschen Form: wird im Abgusse ein links gekehrtes, also glagolitisches, obgleich dies auch Ungeschicklichkeit des Formschneiders sein kann.
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Schrift, aus dem 15. oder 16. Jahrhundert, gewöhnlich in plattdeutscher Sprache abgefaßt. Da sich dieso Erscheinung beständig wiederholt, so ist wohl sicher anzunehmen, daß die Inschriften auf Bestellung zugleich mit dem Becken verfertigt wurden. Auch Metall, Form und Bearbeitung der Becken deuten auf eine jüngere Zeit.

Ueber denselben Gegenstand bemerkt v. Strombeck im Vaterländ. Archiv für hannov. und braunschw. Geschichte von Spilker und Brönnenberg, Jahrgang 1833, Lüneburg 1834, S. 549 flgd., daß die Mittelschilde der Becken vorbildlich nach den Holzschnitten der Biblia pauperum in der ersten deutschen Uebersetzung derselben von 1470 und ähnlichen Werken gearbeitet und die Becken wahrscheinlich Meisterstücke angehender Meister seien, die nach einer vorgelegten Zeichnung arbeiten mußten; daher der Ursprung der Becken nicht über das funfzehnte Jahrhundert, als sich die Gilde der Messingarbeiter "Beckenschläger" nannte, hinausreiche.

Ferner finden sich noch Nachrichten, Abbildungen und Untersuchungen in Spiel=Spangenberg Neuem vaterl. Archiv für Hannover, 1824, Bd. I. S. 67 flgd. — Fortgesetzt sind die Beobachtungen in dem Vaterländ. Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen, 1835, Heft III, S. 310 flgd., wo auch eines Beckens mit einer Dedications=Inschrift vom J. 1627 erwähnt ist.

Besondere Aufmerksamkeit hat diesen Becken der historische Verein des Rezatkreises in Baiern gewidmet, welcher in seinem fünften Jahresberichte für 1834, Nürnberg 1835, S. 34 flgd., abgedruckt im Vaterländ. Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen, Jahrgang 1836, Heft IV, S. 480, eine ziemlich reiche Litteratur darüber zusammengebracht hat. Eine höchst interessante Thatsache war es, daß man "im Sonnner des J. 1833 in der Stadt Nürnberg an einem Tage mehr als ein Dutzend solcher alter Taufbecken fand, welche dort von den Blechhändlern als Auslagen oder Schilde ihres Gewerbes gebraucht werden". — "Es wurde dadurch klar, daß diese Taufbecken von Nürnberg stammen, wo die Beckenschläger ehemals eine bedeutende Zunft bildeten." — Alle weiteren Bemühungen nach urkundlichen Unterstützungen sind jedoch erfolglos geblieben.

Man vergleiche noch Variscia oder Mittheilungen des voigtländ. alterthumsforschenden Vereins Heft I, S. 61, mit Abbildung, und Heft IV, S. 122. - Eines Beckens mit einer Dedications=Inschrift vom J. 1689 wird noch in den Neuen Mitth. des thür.=sächs. Vereins I. 1, S. XIX erwähnt.

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— Die Inschrift dieser Taufbecken erklärt Wilhelmi (s. Vierter Jahresber. der sinsheimer Gesellschaft, S. 55): M. X. BE. NE. D. I. d. h. Mater Christi, benedicta!

Becken von Borkow.

Das im Jahresberichte II, S. 77 unter den Alterthümern aus unbestimmter alter Zeit beschriebene, zu Borkow gefundene Becken stammt ohne Zweifel aus dem Mittelalter: in der Kirche zu Warin wird ein an Gestalt und Erzmischung ganz gleiches Becken aufbewahrt, welches zum Einsammeln des Opfergeldes gebraucht wird.

Ein Löffel

von Messing mit rundem Blech und einer Weintraube als Verzierung des Stielendes, ganz wie die in Jahresbericht I, S. 15 und II, S. 82, Nr. 1., beschriebenen Löffel. Dieser Löffel hat im Innern des Füllbleches unterhalb des Stiels einen ziemlich deutlichen Fabrikstempel, welcher für die Geschichte dieser Gattung von Löffeln mit der Zeit von Wichtigkeit werden dürfte; dieser Stempel ist rund und 3/8" im Durchmesser; in der Mitte sind drei Löffel von der Gestalt des Löffels selbst dargestellt, fortschreitend mit Füllblech und Stielende entgegengesetzt neben einander gelegt; rund umher steht:

V(I)RTIL(OT) (C A ])BILT.

Zu beiden Seiten der Löffel steht:

(Y).       C.

Der im Jahresber. I. S. 15 beschriebene, zu Alten=Kalden gefundene Löffel ist in derselben Werkstätte gearbeitet und hat denselben Stempel. Der oben angeführte Löffel von Malchow, Jahresber. II, S. 82, Nr. 1, hat ebenfalls einen Stempel mit drei kleinen Löffeln, jedoch ohne Umschrift und Buchstaben=Signatur. (Fundort ist nicht bekannt. Aus dem Nachlasse des Bürgermeisters Wehnert zu Brüel angekauft.)

Eine tragbare Altartafel

aus Bronze, ungefähr 2 Zoll im Quadrat, auf welchem ein consecrirender Bischof mit einem Heiligenscheine, neben seinem Kopfe zwei Engel oder Heilige in kleinerer Gestalt und halber Figur. Am obern Rande sind Inschriften in slavischen, wahrscheinlich rusischen Schriftzügen; auf dem Buche in der linken Hand des Bischofs steht ein griechisches Kreuz mit zwei Quer=

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balken. Diese Tafel ist vor mehreren Jahren beim Ackern auf den zum Gute Liepen gehörenden sogenannten Piversbergen gefunden; außerdem ward daselbst eine schwedische Kupfermünze von 1679 ausgepfiügt. Geschenk des Herrn Gutsbesitzers Jahn auf Kl. Vielen.

Das großherzogliche Alterthums=Cabinet bewahrt eine ähnliche Tafel, welche nur in den Dimensionen der Figuren etwas abweicht. Diese soll "auf der Feldmark Glashütte auf den sogenannten Steinbergen neben einer zerbrochenen Urne, wobei auch noch einige Knochen lagen, gefunden" sein.

Offenbar sind diese Heiligenbilder auf Erz kleine portative Altäre, wie man sie bei den Russen so häufig findet, und sind ohne Zweifel durch Kriegszüge in den letzten Jahrhunderten nach Meklenburg gekommen. Neben die Urne ist das ludwigsluster Bild wohl durch Zufall gekommen oder durch den Umstand, daß russisch=tatarische Völkerschaften sich gerne an alten heidnischen Begräbnißplätzen bestatten lassen (vergl. über diese Moskowiter=Berge Friderico-Francisceum, S. 31.).

Die großherzogliche Alterthumssammlung bewahrt außerdem einen ähnlichen kleinen Altarschrein mit zwei Flügeln, welche eingeschlagen werden können. Alle drei Tafeln sind mit feinen Reliefs von Scenen aus der biblischen Geschichte in vergoldeter Bronze und Emaille bedeckt.

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Altarleuchter von Valluhn.

Vom Herrn Oberforstmeister von Rantzau zu Wittenburg ward geschenkt ein Altarleuchrer von Bronze (nicht von Messing), aus dem frühern Mittelalter, gefunden im J. 1817 auf der Feldmark Valluhn, A. Zarrentin, zwischen Schadeland und Valluhn in den Wiesen, bei Aufwerfung eines sechsfüßigen Abzugsgrabens. Der Leuchter ist nur 5½" hoch; der Fuß ist dreiseitig, 5" breit in den Seiten, aus ciselirter, durchbrochener Arbeit, und stellt in Lindwurmleibern und verschlungenen Schlangenwindungen die Creatur dar; diese Verschlingungen bilden in der Mitte jeder Dreiecksseite Verzierungen, wie sie auf byzantinischen Kapitälern vorkommen. Unmittelbar auf dem Fuße steht die runde Lichtschale, etwas über 3" im Durchmesser, welche, in schalenförmiger Gestalt, von drei, etwas erhaben gegossenen, fliegenden Vögeln (Tauben?) getragen wird. Die Spitze zum Aufstecken der Fackel ist an 3" hoch. - Dieser seltene Leuchter ist offenbar von hohem Alter und gewiß aus der Zeit des sogenannten byzantinischen Baustyls.

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Gläserne Reliquien=Urne von Wismar.

Im Jahresber. II, S. 122 ist Nachricht von einer Reliquien=Urne gegeben, welche sich damals im Besitze der Schiffer=Compagnie zu Wismar befand. Seitdem hat der Verein, durch Vermittelung des Herrn Schiffs=Capitains J. P. Krohn, diese Urne käuflich gewonnen und liefert hier eine ausführlichere Beschreibung.

Ueber die Auffindung der Urne giebt folgendes, von dem wail. Consistorial=Rath Koch, damaligem Pastor zu St. Nicolai zu Wismar, ausgestelltes Zeugniß die beste Aufklärung:

"Als die hiesige löbliche Schiffer=Compagnie sich veranlaßt gefunden hatte, die ihr gehörige, in der St. Nicolai=Kirche an der Südseite unweit der Orgel belegene Capelle repariren zu lassen, so ward bei Abbrechung eines in dieser Capelle befindlichen verfallenen Altars am 31. März d. J. unter demselben ein kleines gläsernes Gefäß von etwa 3 Zoll hoch und oben 2½ Zoll weit gefunden, welches bei Erbauung und Einweihung dieses Altars dahinein war gelegt worden, und mit den darin befindlichen Sachen von dem Schifferältesten Herrn Steinhagen durch den Maurermeister Vollmar mir Endesbenannten zugesandt, mit dem Wunsche, daß ich über die Bedeutung des Gefundenen einige Auskunft geben möchte. Das Glas war bereits geöffnet, als ich dasselbe erhielt, und Folgendes darin enthalten:
1) "ein Pergament mit einem angehängten, in rothes Wachs abgedruckten Siegel 1 );
2) fanden sich in dem Glase einige Reliquien oder als Heiligthümer in der katholischen Christenheit verehrte Ueberbleibsel von heiligen Personen. Zwei Stücke derselben waren mit kleinen pergamentenen Streifen versehen. Ein blaues Knöpfchen von Seide enthielt nach dem daran befindlichen Pergament Reliquien vom heil. Laurentius und Petrus. Ein anderes rothes, etwas größer, sollte


1) Hier folgt eine Abschrift und Uebersetzung der in den Jahrbüchern III, Verm. Urk. abgebruckten Urkunde, des Inhalts, daß der Bischof Johannes von Ratzeburg am Tage der Translation St. Augustins im J. 1459 die Kapelle und den Altar zu Ehren der St. Paulus und Petrus, St. Matthäus, St. Manritius, seiner Gefährten, des St. Augustinus und der St. Agnes geweihet habe.
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Reliquien vom heil. Paulus und Mauritius enthalten. Noch lagen zwei kleine Brocken von Knochen und etliche Stückchen, die ich für Räucherwerk halte, daneben".
"Nach meinem besten Wissen auf Verlangen der löbl. Schiffer=Compagnie geschrieben."

Wismar, den 9. April 1795. Koch,
Pastor von St. Nicolai.

Diese Alterthümer sind dem Vereine so überliefert, wie sie in diesem Atteste bezeichnet sind und wie sie ohne Zweifel aus dem Mittelalter stammen. Das Gefäß hat ungefähr die Gestalt einer antiken Urne, ist 3¼" hoch und im Rande 2¾" weit geöffnet; es ist von sehr hellem, etwas grünlichem, dünnem Glase, gut geformt und geschwungen. Um den Bauch liegen zwei quer gezahnte Bänder von demselben Glase, und zwischen und neben diesen drei Bänder von blauen Glasfäden, welche in der Mitte zwei Mal, zu beiden Seiten ein Mal, immer in den Enden übergreifend, um die Urne geschlungen sind. — Den Hauptinhalt bilden die Reliquien: ein Knöpfchen von blauer Seide mit Reliquien, an welchen ein Pergamentstreifen hängt, auf dem mit der Schrift des 14. Jahrhunderts die Worte stehen:

"van sunte laurentius bente vnde van sunte petro vnde marco;"

ferner ein kleines Päckchen in rother Seide, auf welches ein Pergamentstreifen genähet ist mit den in rother Dinte geschriebenen Worten:

"de XI milium virginum reliquie et de sancto mauricio et sociorum eius;"

endlich 2 Stücke Knochen nicht eingewickelt und einige Stücke festen Weihrauchs, welches an der Flamme schmilzt und brennt, wie Bernstein. (St. Laurentius war der Schutzpatron der Stadt Wismar.)

Die Urkunde ist 5½" breit, 3" hoch und zu einem Quadrate von ungefähr 2" von der Größe des Siegels zusammengefaltet, um in die Urne gelegt werden zu können.

Die Urne ist mit Pergament und rothen seidenen Fäden zugebunden.

Glasmalereien.

1.

Ein Glasgemälde aus (der Marienkirche zu) Wismar ungefähr aus dem Ende des 16. Jahrhunderts, das Wappen

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eines I A COB. HARDER , darstellend (Wappen dreifach quer getheilt: in dem obern gelben Drittheil der meklenburgische Stierkopf zwischen zwei Lilien; in dem untern gelben Drittheil ein Hifthorn; der Querbalken in der Mitte ist nicht tingirt). Geschenk des Hrn. Directors Dr. Crain zu Wismar.

2.

Fragmente von den Kirchenfenstern zu Neukloster. Bei Gelegenheit der Untersuchung der Kirche zu Neukloster fand Herr Archivar Lisch an der Kirchenwand mehrere Scherben von den alten gemalten Fenstern der Kirche, deren Glas an 3/8 Zoll dick ist; vgl. unten die Nachrichten über alte Bauwerke.

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b. Weltliches.

Thönernes Henkelgefäß von Rehna,

Geschenk des Herrn Apothekers Schultze zu Rehna. Das Gefäß ist vor einigen Jahren im rehnaer Moore, zwischen zwei unbedeutenden Hügeln, 8 Fuß tief, von Torfstechern gefunden; dieses Moor stand früher ganz unter sumpfigem Wasser und erst vor etwa 20 Jahren ward durch Ablassen des Wassers guter Moorgrund gewonnen. Das Gefäß ist, selbst den Boden nicht ausgenommen, im Haupttheile fast ganz kugelig und geht nach oben, sich verengend, in einen Hals aus, an dem ein großer Henkel sitzt. Das Ganze ist 11" hoch, der untere Haupttheil ist 7" hoch und 9" im Durchmesser des Bauches; der Hals ist 4" hoch und ungefähr 5" im Durchmesser; der über 1" breite Henkel ist ebenfalls 4" hoch. Aus dem Boden sind drei kleine Knötchen, wie Füße, herausgedrückt, um das Gefäß vor dem umfallen zu schützen; der Hals ist mit horizontalen, concentrischen Kreisen verziert, welche offenbar auf der Töpferscheibe eingeschnitten sind. Leider fehlt die vordere Seite des Halses; im Bauche ist ein kleines Loch eingestoßen und der noch vorhandene Henkel ist abgebrochen. Die Masse des Gefäßes ist bläulich=grauer, feiner, glimmeriger Thon, aus reiner Masse, ohne sichtbare Beimischung von Kiessand oder Glimmer, sehr fest gebrannt, wie das sogenannte Steingut, so daß das Gefäß hell klingt; im Aeußern ist das Gefäß schwarz, im Innern bläulich=grau. — Offenbar ist dieses Gefäß kein Grabgefäß, sondern eine Wasserkanne oder dgl.

Nach der interessanten Abhandlung von Wiggert über den Unterschied zwischen den irdenen Gefäßen des heidnischen Deutschlands und des christlichen Mittelalters in den Neuen

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Mitth. des thür.=sächs. Vereins I. 2, S. 101 flgd. ist dieses Gefäß offenbar ein mittelalterliches und ist allen, dort aufgeführten Gefäßen völlig gleich. Diese Art von Gefäßen wird entweder, wie das unsrige, in einzelnen oder mehrern Exemplaren in der Erde, oder in zahlreichen Scherben auf Dorfstätten, auf welchen, vorzüglich im 13. Jahrhundert, Dörfer untergegangen sind, oder auch in Mauern von Kirchen und Klöstern eingemauert, zwischen Grundmauern alter Burgen und in verschütteten alten Kellern angetroffen. Zu dieser Gattung von Gefäßen gehören denn auch die berühmten, zu Stendal gefundenen Gefäße, welche von H. v. Minutoli in einer eigenen Schrift (Berlin, 1827) beschrieben sind. Allem Anscheine nach stammen diese Krüge meistentheils aus dem 13. Jahrhundert.

Merkwürdig wird uns dieses Gefäß durch Vergleichung mit den

Urnenscherben von Prillwitz

(vgl. Jahrb. II, S. 76 und oben III, S. 82).

Alle zu Prillwitz zahlreich gefundenen Topfscherben sind nämlich dem rehnaer Gefäße sehr ähnlich in der festen Masse, der blau=grauen Farbe, dem hellen Klange, der Bearbeitung auf der Töpferscheibe, u. s. w. Nur haben die prillwitzer Scherben noch eingegrabene Verzierungen, aus einzelnen kleinen Strichen und Punkten bestehend, und kommen dadurch den Graburnen in etwas nahe. Sie werden daher erst nach vielfacher Vergleichung ihre Bestimmung finden können.

Topfscherben von der Burg Warin.

Bei Gelegenheit der Untersuchung der alten bischöflichen Burg zu Warin fand Herr Archivar Lisch an der Hinterseite des Plateaus, auf welchem das alte sogenannte Thurmgebäude steht, häufig Scherben von blaugrauen thönernen Gefäßen, welche dem Mittelalter angehören und den Topfscherben von Prillwitz gleich sind; man vergl. unten die Nachrichten von alten Bauwerken.

Eine weibliche Figur

aus fossilem Holze geschnitzt, 3½" hoch, nach noch vorhandenen Ueberresten wohl sicher der Griff zu einer eisernen Messerklinge. Die Figur ist vom Nacken bis zu den Füßen mit einem langen, faltigen Gewande bekleidet, ohne Gürtung und in allen Theilen ohne alle andere Abweichung

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von der graden Linie, als durch die gekrümmten, dünnen Arme; die beiden äußersten Seiten des Gewandes sind quer eingekerbt; die Füße sind an den beiden äußersten Seiten unter den Kerben bezeichnet. Ein niedriger Kopfputz, wie ein um den Kopf gebundenes Tuch, bedeckt das Haupt; links hängt eine Schleife hinab bis unter das Ohr. Von vorne ist an jeder Seite des Kopfes eine Locke sichtbar; im Nacken sind zwei Haarflechten quer gelegt. Auf der rechten Faust trägt die Figur vor der Brust einen Falken, den sie mit der linken Hand füttert. Dies 1 ), so wie der ganze Styl der Arbeit, verräth offenbar die Herstammung dieser Figur aus dem frühern Mittelalter und ist ein hübscher Beweis für die unter den höhern Ständen damals verbreitete Sitte des Tragens eines Falken auf der Faust.

Fünf Todten=Hände

und zwei hölzerne Schüsseln zur Aufbewahrung derselben, aus der ehemaligen Gerichtsstube des Heil. Geist=Hauses zu Wismar, eingereicht von dem Herrn Director Dr. Crain zu Wismar. Diese Hände gehören zu den Rechtsalterthümern: es sind gerichtliche deposita, Erschlagenen abgelöset, um damit die Mörder vor Gericht zu fordern. Hierüber sagt J. Grimm in den Rechtsalterth. II. S. 627: "Die Verwandten des Erschlagenen pflegten den Leichnam so lange nicht zu begraben, bis sie Rache oder Sühne erhalten hatten; auch musten sie ihn beim Gericht, wenn sie klagten, vorzeigen (der schein, der blinkende schein, corpus delicti). Später wurde die bloß abgeschnittene Hand symbolisch gebraucht und nach Erlangung des Wergeldes zu dem Leibe beerdigt (die todte hand, das leibzeichen)". — In Meklenburg erscheint diese Sitte schon mit dem Anfange unserer urkundlichen Geschichte; als im J. 1238 die Fürsten Johann von Meklenburg und Nicolaus von Rostock dem Kloster Dargun das höchste Gericht verliehen, wurden unter den verschiedenen Verbrechern auch aufgeführt:

"homicidae, manu tantummodo mortua presente".


1)
Ez troumde Kriemhilte in tugenden der si pflac
wie s einen valken wilden züge manegen tac.
   Nib. 13.
Vergl. Lachmann zum Iwein zu v. 284.
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Vergl. Lisch Meklenb. Urkunde I. Nr. XXI und XXIII; über die Befolgung dieses Gebrauchs vergl. man Schröder's Beschreibung der St. u. H. Wismar, S. 136 flgd. und Franck's A. und N. M. X, S. 67 flgd.

4. Aus unbestimmter neuerer Zeit.

Eine runde Messingplatte,

2" im Durchmesser, im carwitzer See bei Feldberg gefunden, vom Hrn. Candidaten Kortüm zu Feldberg eingesandt. Die Platte ist gegossen und hat weder Nietlöcher, noch Oehre. Umher laufen am Rande drei concentrische, erhabene Kreise, und innerhalb derselben ist en rélief ein Thier dargestellt welches einem Pferde ähnlich sieht. Der Kopf des Thieres ist sehr groß und ganz wie ein Schlangenkopf gebildet; der Rachen, wie ein langer Schnabel, ist weit aufgesperrt, und die Zunge hängt lang hervor; um den kurzen und dünnen Hals ist, statt eines Zügels, ein kurzes Seil geschlungen. Die Füße des Thieres sind plump mit drei Klauen gebildet. Um die Füße und den Schwanz geht ein runder Bogen (ein Seil?), welcher die Füße und den aufgerichteten, dreifach gespaltenen Schwanz halten zu sollen scheim. Auf dem Mittelleibe ist durch grade Linien ein Sattel angedeutet.

Es berichtet über den Fund der Herr Cand. Kortüm Folgendes. Im vorigen Fühling ward auf dem carwitzer See, der mit mehreren Werdern besetzt ist, zwischen einem derselben und dem festen Lande ein Zug gethan. Früher war beim Fischen nie etwas anders, als Fische und Schlamm, aufgezogen worden. Dies Mal fanden sich aber im Netze auch das erwähnte Metallstück, zwei zinnerne Schüsseln und ein stark verrosteter, eiserner Ring wie von einem schweren Wachtschwengel. Die zinnernen Schüsseln waren dünne, fein gereist, und führten auf der einen Seite des Randes Wappen; auch las man auf der einen die Jahrszahl 1618. — Im dreißigjährigen Kriege, wo die Gegend von Feldberg, nach manchen Spuren zu schließen, bedeutend mitgenommen sein muß, soll bei Carwitz ein Gefecht zwischen den Kaiserlichen und den Schweden vorgefallen sein. Die Kaiserlichen hatten, der Sage nach, ihre Stellung mit dem Rücken an den carwitzer See gelehnt, indem sie, des durch Seen vielfältig coupirten Terrains unkundig, geglaubt hatten, daß der carwitzer See mit dem Lutzin zusammenhange. Durch die Schweden aber über den dazwischen liegenden schmalen Landrücken in der Flanke bedroht, nahmen

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die Kaiserlichen ihren Rückzug über eine, nach Einigen in der Eile geschlagene, nach Andern schon vorhandene Brücke, welche über mehrere der oben erwähnten Werder gegangen, an das andere Ufer des Sees, wobei aber der größte Theil von ihnen erschlagen oder ins Wasser gedrängt sei. — Andere Wendungen der Geschichte geben die Stellung der beiden Parteien anders an. — Darin stimmen aber die verschiedenen Relationen überein, daß die Kaiserlichen hier in einem Gefechte von den Schweden geschlagen und über den See zurückgeworfen seien. Der Platz des Gefechtes ist besonders ein Hügel, der Siegesberg, vom Volke Ziegenberg genannt.

Ob die eingesandte Metallplatte aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges stammt, steht noch zur Frage. Die Darstellung spricht für eine ältere Zeit; Arbeit und Metall deuten jedoch auf das 17. Jahrhundert.

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Eiserne Axt von Krassow,

rittersch. Amts Güstrow, Parochie Warnkenhagen, gefunden unter einem Lehmlager von 7 bis 8 Fuß Mächtigkeit beim Hervorbrechen einer starken Quelle. Die sehr gut construirte Axt, welche wenig von Rost gelitten hat, ist 8" hoch, ungefähr 7" in der Schneide. Von dem hölzernen Stiel derselben, welcher gegen 2" im Durchmesser hat, ist noch ein Ende von ungefähr 2½ Fuß vorhanden; es ist nur das Lochende verloren gegangen. Die Beschaffenheit dieses Stiels ist sehr merkwürdig dadurch, daß er, außer einigen Längenrissen, in Entfernungen von 1" bis 1½" durchgehend rundumher ziemlich tiefe Querrisse hat, welche durch Eintrocknung entstanden sein mögen; der Stiel hat ganz das Ansehen, wie eine getrocknete und gerissene Lehmfläche.

Ueber die höchst interessante Auffindung dieser Antiquität ertheilt der Geber, der Herr Gutsbesitzer Pogge auf Roggow, folgende ausführlichere Nachricht:

"Diese Axt ist vor einigen Wochen ans Tageslicht gebracht durch die Macht einer Quelle, welche in der Wiese am Rande eines Lehmberges, worauf das zu Roggow gehörende Dorf Krassow liegt, im Mai 1836 aufgegraben wurde. Die Quelle kommt aus der Höhe des Berges, und läuft immer stärker, je mehr man in den Berg eindringt und ihren Lauf öffnet. Ueber der Axt befand sich ein Thonlager, unten blau, oben gelblich von Farbe, 7 bis 8 Fuß mächtig. Ueber 100 Jahre reicht die mündliche Tradition im Dorfe: in

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dieser Zeit ist dort keine Spur vom Wasser bemerkt, im Gegentheil der Boden, unter welchem die Axt lag, bestellt zu Feld= und Gartenfrüchten".
"Vor wenig Tagen wurde der Quelle noch weiter in den Berg hinein gefolgt. Sie giebt gegenwärtig in mehreren Strömen reichlich doppelt so viel Wasser als früher. Der Hauptarm, welcher aus der Höhe mit Geräusch hervorkommt, ist sehr trübe, und haben sich hinter ihm im Berge mehrere Erdfälle, eine 7 bis 8 Fuß im Durchmesser, gebildet, auch eine Erdsenkung 3 Ruthen im Durchmesser."
"Die Quelle, wovon früher nichts sichtbar, liegt unterhalb einer oberschlächtigen Wassermühle. Wahrscheinlich ist es, daß diese Quelle jetzt schon eine solche Höhe erreicht, daß man sie wird auf die Mühlräder leiten können, und ist sie stark genug zum Treiben der Mühle. im Berge unter dem Thonlager, wo eine Ader aus dem Sande hervorquillt, bemerkte ich vorgestern einen eichenen, oben abgerundeten Pfahl. Die Axt und dieser Pfahl beweisen, daß in der Vorzeit die Quelle offen war, und erst später das Thonlager sich über dieselbe hinzog. Wie viel Zeit mag aber dazu gehört haben, und auf welche Weise ist diese Verschüttung der Quelle entstanden?"
"Die Quellen bringen im Allgemeinen große Veränderungen in dem äußern Zustande unserer Erdoberfläche hervor. Viele Quadratmeilen sind durch sie in Meklenburg unfruchtbar gemacht und der Cultur entzogen. Fast alle hochgelegene, weiche, mit Moos stark bewachsene Wiesen, Weiden und Moore haben zum Grund ihrer Formation und Unfruchtbarkeit Quellen. Werden diese Quellen gehörig geöffnet, welches bei einiger Routine nicht sehr schwierig ist, so wird nicht allein die Gegend umher fruchtbar gemacht, sondern man kann das Wasser der Quellen auch auf verschiedene Weise nutzen, z. B. zum Berieseln, zum Treiben von Mühlen u. s. w."
"Manche Wassermühle, welche jetzt große Flächen aufstauet, wird beibehalten und doch unschädlich gemacht werden können, wenn man Quellen zu ihrer Treibung auffindet und anwendet und das bisher durch die Mühle überstuete Terrain abgräbt."
"Ein großer Schatz kann durch Ausgrabung von Quellen und ihre Nutzanwendung in Meklenburg ge=

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hoben werden. Im privaten Eigenthum ist man fleißig dabei; im Gemeindelande wird vielleicht der Staat einschreiten müssen. Die Städte, welche 1/10 der ganzen Fläache Meklenburgs inne haben sollen, werden sonst noch lange keinen Nutzen davon haben, und gerade sie sind reichlich begabt mit Quellland. Z. B. besitzt die Stadt Sternberg große Flächen dieser Art, welche zum Theil deutlich ins Auge fallen, wenn man den Gipfel des Judenberges erreicht hat. Diese unfruchtbare Moorweide, diese Heide= und Moosdecke des Judenberges und dgl. m. sind Beweise der Uncultur, und gewähren einen üblen Eindruck."

5. Aus der Zeit der neuern Geschichte.

Eine Kanonenkugel,

20 Pfund schwer, vor mehreren Jahren auf der Insel Lieps im schweriner See aus dem nach dem Gehöfte führenden Holzwege in ziemlicher Tiefe ausgegraben, eingereicht vom Herrn Pensionär Schubart zu Gallentin.

Acht Glasgemälde

von ovaler Gestalt und ungefähr einem halben Fuß Längendurchmesser, mit Wappenbildern, aus der Mitte des 17.Jahrhunderts, wie sie aus dieser Zeit öfter in den Kirchen gefunden werden. Geschenk des Herrn Conrectors Römer zu Grabow.

Drei eiserne Geräthschaften,

stark verrostet, gefunden beim Anlegen eines Weges am hohen Seeufer auf dem Felde der Irrenheilanstalt Sachsenberg, 3-4 Fuß tief im Lehm, geschenkt von der Administration der Heilanstalt:

1) ein hohles, rundes Geräth aus starkem Eisenblech von Kopfgröße, mit ausgezacktem Rande, mit zwei Nagellöchern in jeder Zacke: scheinbar Bedeckung einer Kappe oder Sturmhaube, wenn es nicht vielmehr zur Ausfutterung eines Gefäßes gedient hat, da an einer Stelle im Boden, am Rande, viele kleine Löcher, wie zum Ausflusse in eine Dille, eingeschlagen sind und auch das Eisenblech an dieser Stelle doppelt liegt;

2) Bruchstück eines breiten Schwertes oder eines Zugmessers mit einem Ende vom Griffe, ungefähr 2 Fuß lang, mit 3 tiefen, parallel laufenden Furchen auf der einen Seite;

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3) eine eiserne Stockkrücke, in der Mitte mit einer Oeffnung für den Stab, an einem Ende mit einem kleinen Beile, am andern Ende mit einer Spitze und mit einem Haken: vielleicht ein Schäferbeil?

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II. Münzen und Medaillen.

Herr Pastor Masch zu Demern, als derzeitiger Aufseher dieses Theils der Vereinssammlungen, hat über denselben den folgenden Bericht eingesandt.

Nach dem Berichte des vorigen Jahres betrug die Anzahl der Münzen 492, beim Schlusse des jetzigen Geschäftsjahrs besteht der Münzvorrath des Vereins aus 497 Bracteaten, 4 goldenen, 862 silbernen, 97 kupfernen Münzen und 44 Medaillen, in Summa aus 1504 Stücken; wie groß die Sammlung sei, läßt sich jetzt nicht angeben, da die Doubletten noch nicht ausgeschieden sind.

Die so höchst ansehnliche Vermehrung verdankt der Verein zunächst der Gnade des allerdurchlauchtigsten Großherzogs von Meklenburg=Schwerin, welcher 335 Bracteaten aus einem gemachten Funde ihm überweisen ließ; dann der Güte folgender Herren, welche mit Münzgeschenken die Sammlung vermehrten. Die Erben des wailand Staatsministers von Plessen gaben einen meklenb. Ducaten, Herr Gutsbesitzer Jahn auf Adamshof 3 meklenburger, 1 rostocker, 4 pommersche, 1 frankfurter, 1 schwedische, 3 stralsundische und 1 brandenburgische Münze, den Rest eines bei Liepen gemachten Fundes, wo etwa 3 Pfund in einem irdenen Topf gelegen hatten. Herr Justizrath von Bülow in Rostock schenkte 71 silberne Münzen, und zwar 3 meklenburgische, 2 lübeckische, 5 hamburger und 2 lüneburger Bracteaten, dann 13 meklenburgische, 7 rostocker, 6 wismarsche, 6 lübeckische, 6 hamburger, 2 lüneburger, 3 pommersche, 6 stettinsche, 6 stralsundische, 2 göttingische, 1 eimbeckische und 1 brandenburgische Münze. Am 22. September 1832 waren in einem irdenen Topfe zu Wahmkow 5 Goldgulden (1 frankfurter, 2 hamburger, 1 lüttichscher und 1 cölnischer), welche nicht vor 1442 und nicht nach 1505 geprägt sein können, und 1542 Silbermünzen, von denen die neuesten die Jahreszahl 1506 trugen, gefunden worden. Sie wogen 8 Mk. 13 Lth. 3 Quent. mit 4 Mk. 3 Lth. 16 5/8 Gran Feingehalt und gehörten den Münzstätten an, von denen der Verein mitgetheilt erhalten hat. — Herr Handlungsgehülfe Meyer in Schwerin schenkte eine münster=

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sche, Herr Prinzen=Instructor Brockmann zu Schwerin 3 römische Münzen, und Herr Hofbaumeister Demmler ebendaselbst 27 meklenburgische und 5 andere Bracteaten und eine lübeckische Münze, die bei Legung des Fundaments zum Collegien=Gebäude gefunden waren. Herr Geheimerath v. Steinfeld zu Schwerin verehrte 14 meklenburgische, 15 rostocker, 5 wismarsche, 2 lübecker, 3 hamburger, 2 dänische, 1 braunschweigsche, 1 schleswigsche, 1 brandenburgische und eine noch unbestimmte, dann 3 altdeutsche, 1 pommersche und 1 römische Münze und 1 Medaille. Herr Schulrath Meyer zu Schwerin schenkte einen Bracteaten, 5 dem südlichen Deutschland angehörende und eine russische Münze, dann 1 meklenb. und 2 wismarsche Bracteaten und Münzen von Meklenburg, Rostock, Stettin, Brandenburg und Bisthum Minden, außerdem noch 5 römische Münzen, zu Herzfeld bei Neustadt gefunden, und 46 andere römische, welche zum Tausch mit der universitäts=Sammlung in Rostock bestimmt sind. Herr Gymnasiast Crull in Wismar gab 5 meklenburgische, 4 rostocker, 6 wismarsche, 1 stralsundische, 1 schwedische und 1 französische; Herr Pastor Erfurt zu zu Hohenkirchen eine meklenb. Münze und eine Medaille. Herr Superintendent Kleiminger in Sternberg und Herr Bürgermeister Daniel zu Rehna verehrten, der erste 12, der letztere 13 Münzen, welche um Michaelis 1837 auf dem Wendfelde bei Sternberg gefunden wurden und von denen später ausführlicher die Rede sein wird, der letztere überdies noch eine rostocker Münze. Mad. Bade zu Kritzow gab eine braunschweig=lüneb., Herr Kaufmann Dalitz in Malchow eine meklenburgische Münze, Herr Senator Riek in Gadebusch 1 böhmische, 1 schwedische, 1 stralsundische, 3 dänische, 1 nürnbergische, 1 hennebergische, 1 englische, 1 Bisth. mindensche, 1 westfriesische, russische, 1 portugiesische Münze und 1 Medaille. Herr Oberbaurath Wünsch zu Schwerin schenkte eine mansfeldische; Herr Apotheker Stockfisch in Zarrentin 1 pommersche; Herr Archivar Lisch einen hamburger Bracteaten, 4 meklenburgische, 1 rostockische und 1 wismarsche Münze. Die Herren Vorsteher des Klosters Malchow gaben dem Verein einen Münzfund, welchem zu Hohen=Wangelin beim Umackern einer Dorfworthe am See gemacht worden war. Von den Münzen, die in einem Topfe gefunden wurden, gehörten 3 Meklenburg, 39 Wismar, 16 Rostock, 24 Lübeck, 5 Hamburg. 1 Mansfeld, 1 Brandenburg und 1 Dänemark an; es sind Groschen und Dütchen aus dem 17. Jahrhundert, nur die dänische ist ein Achtskillingstück von 1608. Herr Studiosus von Wrisber.g aus Gade=

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busch verehrte 11 meklenburaische, 5 rostockische, 1 wismarsche, 2 lübeckische und 2 Münzen der vereinten Städte, desgleichen 3 Medaillen. Herr Amtsrath Koch zu Sülz schenkte 4 meklenburgische; Herr Dr. Beyer zu Parchim 7 meklenburgische und 1 rostockische; Herr Gastwirth Moll zu Lübz eine meklenburgische; Herr Gastwirth Höpner zu Plau 1 meklenb. und 1 altpreußische; Herr Gastwirth Poll zu Plau 1 meklenb.; Herr Senator Demmler zu Rehna eine bischöflich cölnische Münze. Herr Obermünzmeister Nübell zu Schwerin verehrte 4 altdeutsche, 1 wismarsche, 1 stralsundische, 1 lüneburgische und eine unbestimmte; Herr Candidat Schröder in Goldberg 1 rostockische und l schwedische; Herr Forstjunker v. Wickede in Ratzeburg eine lübeckische Münze und eine Medaille. Vom Herrn Senator Drechsler in Bützow, aus der Amtslade der Schuhmacher daselbst, wurden 4 Bracteaten, 1 wismaraner, 1 grevismühlenscher, 1 lüneburger und ein lübecker, und 1 stralsunder Solidus, zu Remplin gefunden, gesandt. Herr Pastor Müller zu Neese schenkte 2 meklenburgische, 2 wismarsche, 1 lübecker, 1 bremische, 1 stralsundische, 1 lippische, 1 goslarsche, 2 brandenburgische, 1 braunschweig=lüneburgische, 1 Stadt=lüneburgische, 4 dänische, 4 sächsische, 1 polnische, 1 unbestimmte Münze und eine Medaille, und außerdem aus dem Funde bei Kolbow 9 Bracteaten; Herr Hofrath Ehlers in Bützow gab der Sammlung 25 Bracteaten, 32 meklenburgische, 2 rostocker, 5 wismarsche, 1 stralsunder, 1 zerbster, 1 pommersche, 2 unbestimmte, 1 nürnbergische Münze und 2 Medaillen. Herr Gutsbesitzer Schläger auf Bristow von einem Funde in Glasow mit Münzen aus dem 17. Jahrhundert, 1 rostocker, 1 wismarsche, 1 hamburgische, 1 stralsundische, 1 stadische, 1 schleswigsche, 1 pommersche, 1 churcölnische, 1 bremische und eine unbestimmte; Herr Pastor Lampert zn Dreveskirchen eine meklenburgische Münze, zu Vogtshagen in einem Gemäuer gefunden. — In allen Gegenden Meklenburgs fand also dieser Theil der Vereinssammlung eine sehr erfreuliche, zum lebendigsten Danke verpflichtende Theilnahme.

Angekauft wurden 138 Münzen.

Unter den Funden ist besonders der auf dem Wendfelde bei Sternberg gemachte zu bemerken. Die Münzen wurden dem Herrn Canzleirath Thomsen in Kopenhagen zugeschickt, und ihm dankt der Verein die Erläuterung derselben. Sie stammen ungefähr aus dem Zeitraum von 950-1050 und sind größtentheils altdänischen oder altdeutschen Ursprungs. "Daß diese Münzen zusammen gefunden sind, ist

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mir," so schreibt Thomsen, "aus einem andern Funde, welcher mehrere von Ihren Münzen gab, deutlich, auch wird sicher zwischen der ältesten und jüngsten derselben kaum ein Zeitraum von 100 Jahren liegen; selten finden sich aber so wenig Münzen aus dieser Zeit beisammen. Unser neueste große Fund, der wenige Jahre später, als der Ihrige, der Erde anvertraut zu sein scheint, enthielt 2252 Stück. Unter diesen Münzen finden sich 5 von den Ihrigen, unter der ganzen Zahl aber 400 verschiedene Gepräge".

No. 1. Silbermünze des byzantinischen Kaisers Constantinus Porphyrogenitus (948-959) und seines Sohnes Romanus, 1 Zoll im Durchmesser, 68 Aß schwer.

  A. Das auf Stufen erhöhete Jerusalemskreuz. Umschrift:
IhSUS XPIS t US NICA
  R. Inschrift in 5 Zeilen: Umschrift
Das Exemplar hat etwas Gußähnliches mit verwischten Schriftzügen, ist jedoch nicht aus neuerer Zeit; läge nicht ein besseres Eremplar vor, so würde die Inschrift kaum zu lesen gewesen sein. Eine ähnliche ist abgebildet in de Souley's neuem Werke pl. XXI, Nr. 2.

No. 2. Eine sehr seltene Münze des dänischen Königs HardaCnut (1025-1042), Sohn Cnut des Großen, 10/12 Z. i. D. 20 Aß schwer.

  A. Bild unklar. Umschrift: Inschriftskreuz  H A RD A CNVT. REX
  R. Ein Kreuz mit kreisförmig ausgeschweiften Winkeln und Balken, auf deren Enden ein Punkt steht; in der Mitte steht auch ein Punkt. Umschrift: Inschriftskreuz   OS.P. A RDON LVN
Osward ist ein noch unedirter Münzmeister dieses Königs. Nach andern Münzen mit der nämlichen Darstellung ist zu vermuthen, daß diese Münze zu Lund in Schonen geprägt ist, und nicht in London. (Lund und London haben zu dieser Zeit dieselbe Benennung auf Münzen.)

No. 3. Eine Münze desselben Königs, 10/12 Z. i. D., 23 Aß schwer.

  A. Brustbild des Königs mit Helm. Umschrift: H A RD A .CVNVT.
  R. Ein Doppelkreuz, in dessen Mitte in jedem Winkel ein Punkt steht. Umschrift: Inschriftskreuz  DO RCE TLO NLV
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  Da man Münzen von dem nämlichen Münzmeister Thorketil von dem Könige Magnus dem Guten hat, so kann man mit vieler Wahrscheinlichkeit schließen, daß auch diese Münze zu Lund in Schonen geprägt sei, da Magnus nichts in London zu befehlen hatte.

No. 4. Eine baiersche Münze, 10/12 Z. i. D., 28 Aß schwer.

  A. Ein Kreuz mit breiten Balken, in den Winkeln steht ein Dreieck mit einem Punkte an jeder Spitze. Inschrift ins Kreuz gestellt:
Inschrift
  R. Eine Kirche. Umschrift: Umschrift
Die beiden C im Anfange und am Ende zu beiden Seiten des Kreuzes über der Kirche, also die Darstellung Umschrift , halte ich für Zierrathen. So verworren nun das Uebrige auch aussieht, so zweifle ich doch keinen Augenblick, daß hiemit Aguhstha oder Augusta civ. gemeint und daß diese Münze in Augsburg geprägt oder Nachahmung einer augsburger Münze ist. Sie ist nicht von den alten, sondern von den spätern Herzogen von Baiern dieses Namens geprägt, etwas nach dem Jahre 1000. Im Kirchengebäude steht der Name des Münzmeisters OCH . — Abgebildet im Groschen=Cabinet.

No. 5-7. Drei Münzen, 16/12 Z. i. D. 20 Aß schwer, welche man früher als wendische Münzen bezeichnete und die auch als solche von Evers und Andern beschrieben wurden, nicht das Unpassende bemerkend, daß auf denselben sich Kreuze, Bischofsstäbe etc. . fanden und daß man, als man endlich einige lesen konnte, auch die Inschrift CRVX auf denselben fand. Allmälig kamen die Urstücke zum Vorschein. Diese waren in Magdeburg geprägt, und ich glaube, daß die meisten dieser Münzen, welche nur Abweichungen und verschlechterte Nachahmungen von diesen sind, auch dort geprägt sind. Die Perpendicularstriche zwischen den einzelnen Buchstaben werden in einigen Umschriften mitgelesen, in andern nicht, z. B.

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Umschrift  (Magadabu[rg])
Umschrift  (crux)

Ich habe sehr viele von diesen Münzen und bin denselben auf der Spur, sie finden sich aus der Zeit von ungefähr 1000 bis 1150, werden aber immer schlechter und kleiner. Die vorliegenden 3 Stücke sind ungefähr aus der Zeit um das Jahr 1050.

No. 8. Eine (angelsächsische) Münze, 10/12 Z. i. D. 20 Aß schwer.

  A. Ein Kreuz mit einem Punkte in jedem Winkel. Umschrift: Inschriftskreuz HIADMERV
  R. Eine Figur, wie drei mit dem Haupte im Dreieck an einander gelegte Schilde, deren Füße auf einem Ringe in die Inschrift hineinragen; es ist von diesen Ringen zweifelhaft, ob sie mitgelesen werden sollen. Die Umschrift ist mir unverständlich.
Man findet diese Münze unter den unbekannten in dem großen Werke über die dänischen Münzen und Medaillen in dem königl. dänischen Cabinet.

No. 9. Eine unbekannte Münze, 11/12 Z. i. D. 27 Aß schwer.

  A. Eine Hand und 4 Punkte unter derselben. Umschrift:
Umschrift
  R. Drei Thürme. Umschrift: ELD A VONCI A
(Abgebildet in der Darstellung mittelalterlicher Münzen im Cabinet des Herrn Canzleiraths Thomsen, auch in der Münzzeitung.)

No. 10. Eine unbekannte Münze, 10/12 Z. i. D., 20 Aß schwer.

  A. Ein bärtiger Kopf. Umschrift: Inschriftskreuz  BERNHARDVS
  R. Eine Art Kirchenfahne. Umschrift: Inschriftskreuz  CONRADVS
     (Abgebildet wie vorige.)

No. 11, Eine unbekannte Münze 16/12 Z. i. D., 19 Aß schwer, sieht einer Münze mit Inschriftskreuz  LIVNABVRG , bekannt gemacht in Seeländer's 10 Schriften (p. 112, Tab. C. n. 4), sehr ähnlich und scheint eine Falschmünzer=Nachahmung zu sein.

No. 12. 10/12 Z. i. D., 19 Aß schwer scheint auch Falschmünzer=Nachahmung von würzburger oder cölner Münzen zu sein.

  A. ein Kreuz mit bogenförmig ausgeschnittenen Winkeln, Umsch. Inschriftskreuz  RIOH KLIENN .
  R. Eine Kirche."
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  So weit die gefällige Mittheilung des Hrn. Canzleiraths Thomsen. Zu diesem Funde gehören noch folgende, von dem Herrn Bürgermeister Daniel aus Rehna zu Sternberg erworbene und dem Vereine geschenkte Münzen, deren Beschreibung nach dem Accessions=Cataloge wohl nicht vorenthalten werden darf.

No. 13. Eine angelsächsische Münze des Königs Ethelred († 1015), 16/12 Z. i. D. 31 Aß schwer.

  A. Behelmtes, rechts gestelltes, bis an den untern Rand gehendes Brustbild. Umschr. von unten rechts:
Umschrift
(das R. liegend und NG zusammengezogen.)
  R. Ein doppeltes Kreuz, dessen mit Kugel und Dreizack verzierte Balkenenden in der Umschrift stehen; Umschr.: Umschrift
Vgl. Joachim Groschen=Cabinet V, Nr. 24-26.

No. 14. Eine unbestimmte Münze, 9/12 Z. i. D. 20 Aß schwer.

  A. In einem punktirten Zirkel die ausgestreckte rechte Hand, zwischen deren Fingern ein Stäbchen quer durchgeht, oberhalb zu beiden Seiten ein Punkt; Umschrift: BRNH A - - -
  R. In einem punktirten Zirkel ein Kreuz; Umschrift: . LIVN - - G.
(Cf. Seeländer's 10 Schriften, p. 116, I. C. n. 4.)

No. 15. Eine ausgebrochene, der vorigen ziemlich ähnliche Münze, auf welcher aber von der Umschrift nichts mit Bestimmtheit zu lesen ist; 9/12 Z. i. D. 10 Aß schwer.

No. 16. Eine der vorhin unter No. 8. beschriebenen sehr ähnliche Münze; 10/12 Z. i. D. 17 Aß schwer.

  A. Wie dort, Umschr.: Inschriftskreuz  HI A DNIER.
  R. Wie dort, Umschr. unleserlich.

No. 17. Eine der vorigen ähnliche Münze, nur scheint die Umschrift etwas verschieden zu sein, indem sie auf dem

  A. wie Inschriftskreuz  NID A NERV und auf dem
  R. wie - - - NVO A E - - - - aussieht; 10/12 Z. i. D, 20 Aß schwer.

No. 18. Unbestimmt; 9/12 Z. im D., 19 Aß schwer.

  A. In einem von 21 Kugeln gebildeten Zirkel eine Figur wie rTr , von der sich aber nicht bestimmen läßt, welche Seite oben ist, weil in der undeutlichen Umschrift kein Anfang zu erkennen ist.
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  R. In einem aus 22 Kugeln formirten Zirkel ein Kreuz, in jedem Winkel ein Zeichen, von denen entgegengesetzt C und V deutlich zu erkennen sind, und welche vielleicht Crux bedeuten, denn zwischen C und V stehen 2 Punkte übereinander: und zwischen V und C vier Punkte :: Umschrift ziemlich undeutlich; auf einer steht Umschrift um ein Kreuz.

No. 19-20. Zwei Münzen, denen oben unter No.5-7 erwähnten ähnlich (sogenannte wendische Pfennige), 4/12 Z. i. D. 23 und 19 Aß schwer.

No. 21. Eine Münze, von deren Gepräge nichts mit Bestimmtheit anzugeben ist. 9/12 Z. i. D. 26 Aß schwer.

No. 22. Eine der oben No. 8 beschriebenen ähnliche Münze, nur ist im

  A. ein C am Ende der Umschrift: HI A DMERVC , und im
  R. fehlen die Ringe am Fuße der Schilde.

No. 23-25. Drei sogenannte wendische Münzen, wie die oben No. 5-7 und 19-20 aufgeführten.

  23) A. Ein Kreuz; von der Umschrift ist nur zu erkennen Umschrift ;
  R. eine Kirche; von der Umschrift ist nur ein - - E - - unter der Kirche zu erkennen; 9/12 Z. i. D., 23 Aß an Gewicht;
  24) A. ein Kreuze von der Umschrift ist nur zu erkennen: Umschrift ;
  R. Im punktirten Kreise drei Figuren, wie ein quer durchstrichenes S , ein A und ein Reichsapfel oder ein Kreuz auf einem halben Monde; von der Umschrift ist zu erkennen: c A - - - - ; 9/12 Z. i. D., 25 Aß schwer.
  25) A. Ein Kreuz mit drei kugelförmigen Ausschweifungen an jedem Balkenende; von der Umschrift ist zu lesen: Umschrift .
  R. Ein Maltheserkreuz; Umschrift: Umschrift ; 9/12 Z. i. D. 26 Aß schwer.
Bei der Angabe der Münzen, welche die Sammlung erhielt, sei es mir erlaubt, die gewonnenen Bracteaten, unter denen sich auch der seltnere mit dem grevismühlenschen Stadtwappen (Evers p. 14) befindet, und deren Anzahl jetzt schon so bedeutend ist, daß man für diesen Zweig der vaterländischen Numismatik, der noch sehr wenig bearbeitet ist, Einiges leisten könnte, für dies Mal übergehen zu dürfen, mir diesen Gegenstand für eine spätere Untersuchung vollständig bewahrend. Bei den übrigen wird es in
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  den meisten Fällen genügen, nach dem vom Herrn Archivar Groth mit größter Sorgfalt angefertigten Accessions=Catalog anzugeben, was die Sammlung erhielt, ohne die Beschreibung bekannterer Münzen hier einzurücken.

I. Meklenburg, wobei Evers meklenb. Münzverfass. II. und die im ersten und zweiten Jahresbericht mitgetheilte Beschreibung mehrerer Münzen zu vergleichen ist.

   A. Vor der Theilung.

1) Herz. Magnus und Balthasar (1477 und resp. 1503-1507).
Halbe Reichsort, Doppelschilling sowohl in Parchim als in Güstrow geprägt, Schillinge, Sechslinge.

2) Herz. Heinrich (1503-1552).
Schilling.

3) Herz. Albrecht (1503-1547).
Halb. Thaler von 1543; halb. Ortsthaler von 1523; Schilling von 1537; Sechsling s. a. und von 1528 und 1537.

B. Nach der Theilung.

a) Schwerinsche Linie.

1) Herz. Johann Albrecht (1547-1576).
Schilling von 1552.

2) Herz. Adolf Friedrich I. (1592-1658).
Thaler von 1614; halb. Reichsort von 1621; Dütchen von 1633; Groschen von 1613, 1614, 50, 52; Schilling von 1622; Sechsling von 1622 u. 23; Zweipfennig von 1621; Pfennig von 1621.

3) Herz. Christian Louis (1659-1692).
Zweidrittelstück von 1676 und 1678.

4) Herz. Friedrich Wilhelm (1692-1713).
Medaille, Evers p.157 vgl. mit p. 151, von 1704; Doppelschilling von 1696 und 1703; Schilling von 1701; Sechsling von 1698; Dreiling s. a.

5) Herz. Christian Ludwig (1747-1756).
Medaille, Evers p. 185, von 1750, ib. p. 186, von 1752; Zweidrittelstück von 1754; Achtschilling von 1752; Kupferdreiling von 1752 u. 53.

6) Herz. Friedrich (1756-1785).
Leichte Münze 8 Gr., 4 Gr., Schilling; Kupferdreiling von 1759.

7) Herz. Friedrich Franz.
Medaille von 1785, Evers p. 211; Ducaten von 1792; Pfennig von 1831.

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b) Güstrowsche Linie.

1) Herz. Carl (1603-1610).
Doppelschilling von 1609.

2) Herz. Hans Albrecht (1592-1636).
Doppelschilling von 1615, 16; Schilling von 1621, 22, 23, 24, 25; Sechsling von 1622, 24; Kupferdreiling von 1621.

3) Herz. Gustav Adolph (1636-1695). Sechsling von 1679.

c) Strelitzische Linie.

1) Herz. Adolph Friedrich II. (1701-1708).
Eindrittelstück von 1703; Groschen von 1703; Schilling von 1703.

2) Herz. Adolph Friedrich III. (1709-1752).
Medaille von 1717, Evers p. 316.

3) Herz. Adolph Friedrich IV. (1752-1794).
Eindrittelstück von 1773; Viergroschenstück von 1754; Schilling von 1766.

4) Herz. Carl (1794-1816).
Medaille von 1794, Evers p. 337.

5) Großh. Georg (1816).
Kupferdreiling von 1832.
Louise, Königin, und Friederike, Prinzessin von Preußen, geb. Herz. von Meklenburg: Vermählungs=Medaillen von 1793. (Evers p. 388-401.)
Fürst Blücher: Schlesische Medaille von 1815.

C. Stadt Rostock (vgl. Jahresbericht I. p. 21, 23, 26; II, n. 93).

Speciesthaler von 1609, 1633; Zweidrittelstück von 1676; Eindrittelstück von 1672 u. 1677; Viertelreichsort von 1622; Dütchen von 1605, 7, 22, 24, 28, 44, 47, 49; Doppelschillinge ohne Jahr und von 1606, 7, 61, 65, 67, 68, 72; Schillinge der ältesten Form mit civit. magnopol. und dann mit sit. nom. dni. bened. mit mehreren Beizeichen und von den Jahren 1622, 26, 34, 85, 87, 95, 1701; Sechslinge der ältern Form und von 1574, 1685, 87, 94, 96; Silberdreilinge ohne Jahr; Kupfersechsling von 1761; Dreilinge von 1749, 92 u. 1815; Pfennige von 1794 und eine Silberplatte des Pfennigs von 1793.

D. Stadt Wismar (vgl. Jahrsber. I p. 21, 23, 26; II, p. 91).

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Markstück von 1672; Dütchen ohne Jahr und von 1605, 1606, 15; Doppelschillinge ohne Jahr und von 1652, 54, 55, 56, 58, 61, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 71; Schillinge der ältern Form und von 1537, 1626 u. 1692; Sechslinge ohne Jahr und von 1624; Dreiling ohne Jahr; Scharfe ohne Jahr und von 1582; Kupfersechsling von 1762; Kupferdreiling von 1825 und Hohlpfennige von 4, 6 u. 8 Aß Schwere.

E. Bisthum Ratzeburg.

Ein halber Reichsort von 1634, aber von einem andern Stempel, als der in meiner Gesch. des Bisth. Ratzeb. p. 674 beschriebene, indem dieser im Avers EP. R statt RA und im Revers ANO statt ANNO hat.

II. Stadt Lübeck, zu vergleichen ist J. H. Schnobels lübeck. Münz= und Med.=Cabinet, Lübeck 1790.

Außer 2 Hohlpfennigen erhielt die Sammlung Dütchen von 1623 und 1672; Doppelschillinge von 1646, 47, 52, 56, 57, 58, 59, 65, 66; mehrere Gepräge der alten Schillinge und Sechslinge, von letztern auch die von 1537, 59, 1647 und 75, und Dreilinge von 1624.

III. Stadt Hamburg.

Von den beiden spätern Formen der Hohlmünzen, der mit dem halben Nesselblatt neben dem halben Stadtwappen und von der mit den 3 Thürmen, erhielt die Sammlung Exemplare; dann Dütchen von 1604; Doppelschillinge von 1624, 40, 41, 60; Schillinge der ältern Form ohne Jahr und von 1675; ganz alte Sechdlinge ohne Jahr und von 1669 u. 1675.

IV. Stadt Lüneburg (vgl. Jahresber. I. p. 22).

Außer mehreren Hohlpfennigen wurden ein halber Ortsthaler, mehrere alte Schillinge und ein Sechsling von 1558 gewonnen.

V. Die vier Münzstädte (Lübeck, Hamburg, Wismar und Lüneburg), sowohl bei Evers als bei Schnobel beschrieben (vgl. Jahresbericht I, p. 21).

Markstück von 1506 in Hamburg und desgl. 1549 in Lübeck geschlagen.

VI. Pommern.

Von Bogislaus X. wurden in Stettin geprägte Schillinge von 1500, 1 u. 5, in Garz von 1489, und in Damm von 1497 gewonnen; Sechslinge (vgl. Jahresbericht I, p. 22 Nr. 8) von 1512. Ferner von Georg und Barnim von 1524, von Johann Friedrich ein Schilling von

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1582, von Philipp Julius ein halb. Reichsort von 1622, Doppelschillinge von 1609, 11, 12, 13, desgleichen von Ulrich von 1620.
Stettin gab mehrere Sitberdreier mit dem Greifenkopfe, Greifswald seine bekannten Schillinge, Stralsund Dütchen von 1613 u. 1658, Schillinge ohne Jahr mit dem Strahl und dem Andreaskreuz als Beizeichen und von 1505, 7, 8, 9, 38, Sechslinge mit einem Kreuzchen und einer Rose als Beizeichen und von den Jahren 1505, 6, 8, 1763.
Unter den pommerschen Münzen befindet sich auch der überaus seltene Solidus (hier 34 Aß schwer) Umschrift der Greif. R) Umschrift Im Felde ein c mit einem Punkt in der Mitte. Es ist ungewiß, ob man ihn Herzog Casimir, oder den Städten Colberg oder Camin zueignen soll.

VII. Brandenburg.

Unter den Groschen ist einer von Kurf. Joachim und seinem Bruder Albrecht mit der Umschrift: Umschrift 1501, verkehrt gravirt Umschrift (Dreiblatt am Stengel), wie man annimmt, in Salzwedel geschlagen; der zweite von Kurf. Joachim von 1514 ist in Berlin geprägt (vgl. Köhne, Münzwesen der Stadt Berlin, S. 60, Nr. 3), im A. mit der Umschrift: Umschrift ; ein dritter Groschen ist in Frankfurt 1516 geprägt. Neue brandenb. Münzen sind Groschen von 1667; Sechser von 1623 und 1694; Pfennige von 1736.

VIII. Braunschweig=Lüneburg.

gab Sechser von 1693 von Rud. Aug. und Ant. Ulrich, und Groschen von Georg Wilhelm von 1680, beide mit dem Pferde, und von Friedrich Ulrich, dem letzten Herzog der ältern wolfenbüttelschen Linie, den seinen Mariengroschen von 1626.
Von der Stadt Braunschweig (1 1/12 Z. i. D., 45 Aß schwer).

  A. Ein aufgerichteter Löwe, Umschr. (Rad) MON. NOV. ARG. REIP. BRVNS.
  R. Der Reichsadler mit 12 auf der Brust CAROL. V. ROM. IMPER.

Von Göttingen (11/12 Z. i. D., 30 Aß schwer).

  A. Der Buchstabe G in einer rosenförmigen Einfassung, Umschr. Umschrift .
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  R. Auf einem Kreuz der Buchstabe G , Umschr. Umschrift , und von gleichem Typus und der Umschrift Umschrift und Umschrift .

Von Eimbeck (11/12 Z. i. D., 29 Aß schwer).

  A. Der Buchstabe e in einer rosenförmigen Einfassung, Umschr. Umschrift Lilie.
  R. Auf einem Kreuz der Buchstabe e , Umschr. Umschrift Fünfblatt.
Diese wie die göttinger stammen aus dem Funde bei Wahmkow, überhaupt kommen die Münzen dieser Städte hier öfter vor. In Rostock bestand von 1466-1633 ungefähr sehr formell eine "Landfahrer=Compagnie" d. i. eine Gesellschaft von landfahrenden Kaufleuten oder Krämern, welche den Pfingstmarkt solenn feierten. Unter den Mitgliedern dieser Gesellschaft kommen oft Kaufleute aus Eimbeck und Göttingen vor.

Von Stade ein Dütchen von 1615.

IX. Dänemark.

Von König Johann erhielt die Sammlung 2 Solidi (9/12 Z. i. D., 18 u. 15 Aß schwer),

  A. beide mit einem gekrönten h , in der Umschrift: Johes d. g. R. dacie, im
  R. ein Schild, auf dem das Danebrogkreuz liegt und die Umschrift: mon mal moi ens von 2 verschiedenen Stempeln. Außerdem Markstücke von 1615, Achtschillingstücke von 1607 u. 1608; und Schillinge von 1609, 1714, 16, 69 in bekannten Formen.

Von Schleswig=Holstein ein Dütchen von Joh. Adolf von 1697.

X. Preußen.

Ein Dreigroschenstück des H. Albrecht, Markgr. von Brandenburg von 1535.

XI. Erzstift Cöln.

Ein bei Proseken gefundener Solidus (8/12 Z. i. D., 25 Aß schwer).

  A. Der infulirte, sitzende Bischof, in jeder Hand eine Fahne an einem kleinen, oben mit einem Kreuze geschmückten Stabe haltend Inschriftskreuz   t H e OD e RICVS.
  R. Unter einem Thore mit einem Thürmchen an jeder Seite ein Brustbild mit einem Schlüssel in der linken Hand; die rechte Hand ist nicht klar zu erkennen. Die Thorspitze scheint zugleich eine Bischofsmütze zu bilden, die in das Kreuz der Umschrift überreicht. Umschrift:
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Inschriftskreuz S A ]NCT A   COLONI A (Vielleicht von Diedrich von Heinsberg zwischen 1208 u. 1216 geprägt).

XII. Römische Münzen, in hiesiger Gegend gefunden, erhielt die Sammlung: drei Denare von Augustus, Nerva und Gordianus, bei Kletzke in der Priegnitz, und Kupfermünzen von Vespasian, Domitian, Maximianus, Agrippa Cos. III. und Pertinax, bei Herzfeld unweit Neustadt gefunden.

Dem Zwecke der Vereinssammlung ferner liegen die folgenden Erwerbungen; jedoch sind auch sie für die comparative Numismatik hier nicht unwichtig, und wenn auch der Verein es nicht beabsichtigen kann, alle Münzen zu sammeln, so ist doch jedenfalls die Güte derer dankend zu erkennen, welche für Münzkenntniß im Allgemeinen gewirkt haben. Es wurden aber geschenkt:

Von deutschen Münzen ein hennebergisches ½ Stück von 1693, ein b. mindenscher halber Reichsort von 1625, ein nürnberger Sechskreuzerstück von 1650. Unter den Groschen zeichnet sich besonders ein prager des K. Johann I. (abgeb. im Groschen=Cab. II, t. x. no.87); aus dann erhielten wir einen b. mindenschen von 1619, einen anhaltschen von 1622, einen mansfelder von 1625, einen sächsischen von 1764. Dütchen vom Erzst. Bremen von 1611, von Bremen und Verden von 1668, einen Mariengroschen von Lippe von 1794; bremer Grote von 1752, Vierpfennigstücke von Goslar von 1745, Sechser von 1765 und Dreier von 1756, beide von Sachsen.

Von außerdeutschen Münzen wurden ein englischer Schilling, ein portugiesisches 80 Reisstück von Joseph I., ein russisches 10 Kop.=Stück von 1747 und eine alte Silberkopeke, von Polen ein Pfennig von Johann Casimir, von Schweden ½ Oer von 1615 und eine der Nothmünzen Carl XII, von Westfriesland ein Stüver von 1629 gewonnen.

Unter denen als unbestimmt im Accessions=Catalog verzeichneten Münzen scheinen sehr viel interessante und besonders auch mittelalterliche Stücke vorhanden zu sein, jedoch läßt sich für jetzt das Genauere darüber nicht mittheilen.

Außer den bereits bei Meklenburg angegebenen Schaumünzen erwarb die Sammlung neben mehreren ältern Jettons die Medaillen auf den Tod der Herzogin Eleonora Dorothea, Gemahlin des H. Wilhelm zu Sachsen=Weimar, von 1665, und des B. Adam Friedrich von Bamberg und Würzburg von 1779; dann auf das dritte Jubiläum der Reformation von 1717 und der Buchdruckerkunst von 1740; und eine holländische Spottmünze auf die pragmatische Sanctton von 1742.

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Eine sehr ansehnliche Sammlung unedirter meklenburgischer Münzen, eine Reihe der seltensten Stücke aus berliner, copenhagener und andern Cabinetten, unübertrefflich genau und schön gezeichnet, vereinte der Herr F. W. Kretschmer, Beamter beim königl. Münzcabinet in Berlin und correspondirendes Mitglied des Vereins, demselben, die Kenntniß meklenburgischer Münzen, welche seit Evers nicht vergrößert ward, auf das bedeutendste erweiternd, und verpflichtete dadurch alle Freunde vaterländischer Münzkunde zum wärmsten Danke.

G. M. C. Masch.   

III. Siegel.

1) Vom Herrn Bürgermeister Zickermann zu Goldberg: Abdrücke der noch vorhandenen beiden älteren Stadtsiegel von Goldberg. Das ältere und größere derselben trägt die Jahrszahl 1590 und ist dem ältesten Stadtsiegel, nach den Urkunden des Mittelalters, fast ganz gleich, mit Ausnahme der Jahrszahl und der Buchstaben der Umschrift. Der Stempel zu dem ältesten Siegel ist nicht mehr vorhanden; der Stempel des von 1590, welcher in neuerer Zeit wieder aufgefunden worden, ist gesprungen, hat zwei große Risse und ist daher unbrauchbar. Der schlecht geschnittene, kupferne Stempel des jüngern, kleinern Siegels ist vom J. 1630, also aus der wallensteinschen Zeit; aus demselben Jahre ist ein Stempel zum Druck mit Buchdruckerschwärze.

2) Durch den Herrn Advocaten Hansen zu Schwerin eingereicht: Abdruck des ältesten Stadtsiegels von Ribnitz.

3) Vom Herrn Director Dr. Crain zu Wismar: eine Zeichnung des zweiten wismarschen Stadtsiegels.

IV. Ansichten und Pläne.

1) Die Tafeln XXXVI und XXXVII und der Titel des Friderico-Francisceum, darstellend den Opferplatz (Steintanz) von Boitin, die Hünengräber von Katelbogen und Naschendorf, und die Kegelgräber von Tieplitz (Ruchow) und Proseken, geschenkt vom Herrn Archivar Lisch.

2) Eine Abbildung des Hünengrabes auf der wieschendorf=rosenhäger Feldscheide bei Dassow. Der Grab=

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hügel hat eine Grabkammer, welche mit zwei Decksteinen bedeckt gewesen ist: der eine derselben ist abgewälzt und hat auf seiner Oberfläche eingemeißelte kreisförmige Vertiefungen. Geschenk des Herrn Rettich zu Rosenhagen.

3) Herr Dr. Beyer zu Parchim schenkte: eine Abbildung der ehemaligen Kirche zu Klenow (Ludwigslust) von L. Cornelius, 1812.

4) Ansichten von den ehemaligen Klostergebäuden und von den Thüren, Fenstern und Giebeln der Kirche, so wie von dem ganzen Raume des ehemaligen Klosters Sonnenkamp oder Neukloster.

5) Ansichten von dem Thurm und einem alten Gebäude des ehemaligen Klosters Tempzin.

6) Ansichten von Säulen, Kapitälern und Bogen, so wie von der Orgel der Kirche zu Bützow.

7) Innere Ansicht der Kirche zu Hohen=Vicheln.

8) Vier Ansichten von der ehemaligen Burg der Bischöfe von Schwerin (dem jetzigen Amtshause) zu Warin.

Die Zeichnungen 4) bis 8) sind im Auftrage des Ausschusses von dem Herrn Hofmaler Schumacher zu Schwerin angefertigt. S. unten "Gesammelte Nachrichten von alten Bauwerken".

9) Ein Plan der Schlacht bei Gadebusch am 20. December 1712, in gleichzeitiger Handzeichnung, und ein Plan derselben Schlacht in Kupferstich, geschenkt vom Herrn Studiosus von Wrisberg aus Gadebusch.

10-13) Vier Pläne in Kupferstich:

a) der Belagerung von Demmin im October 1659,
b) der Blockade von Stralsund 1711 - 1712,
c) der Schlacht von Gadebusch am 20. Decbr. 1712, und
d) der Affaire bei Treptow am 25. October 1761,

geschenkt vom Herrn Canzlei=Copiisten Lisch zu Güstrow.

14) Plan eines Ausfalls der schwedischen Garnison zu Wismar während der Belagerung im J. 1715, Geschenk des Herrn Archivgehülfen Glöckler zu Schwerin.

V. Geognostische Merkwürdigkeiten.

1) Ein Geweih mit abgeschlagenen Enden oder Schaufeln, von einem Hirsch oder Elenthier, gefunden zu Gerds=

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hagen bei Güstrow, 24 Fuß tief in der Modde, geschenkt vom Herrn Sanitätsrath Dr. Bornemann zu Goldberg.

2) Ein Muschelconglomerat, gefunden auf der Feldmark Gallentin bei Schwerin, geschenkt vom Herrn Pensionär Schubart daselbst.

3) Ein Muschelconglomerat, gefunden bei Sternberg ("sternberger Kuchen"), geschenkt von Sr. Exc. dem Herrn Minister v. Lützow zu Schwerin.

4) Eine versteinerte Auster, an 6" lang, bei Ludwigslust, ungefähr tausend Schritt vom Orte am Wege nach Neustadt, 6 Fuß tief in einer Lehmgrube gefunden und geschenkt vom Herrn Bauconducteur v. Motz zu Ludwigslust 1 ).

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C. Gesammelte Nachrichten von Alterthümern aller Art

(entweder unbeweglichen, oder solchen beweglichen, die sich nicht im Besitze des Vereins befinden).

I. Nachrichten von vorchristlichen Gräbern und Begräbnißstellen.

1. Hünengräber.

a) Auf der Feldmark Gr. Labenz bei Warin steht, außer einigen Hünengräbern und Kegelgräbern von untergeordneter Größe, auch ein Hünengrab, welches, neben denen zu Katelbogen und Naschendorf, sicher zu den bedeutendsten und merkwürdigsten im Lande gehört. Es liegt auf der Feldmark rechts am Wege von Warin nach (Laase und) Bützow in Gebüsch und Gestrüpp versteckt, einem hübschen Kegelgrabe an der linken Seite des Weges gegenüber. Der ganze Bau, in der Form eines Rechtecks, ist 70 Fuß lang und 30 Fuß breit und erstreckt sich von Westen gegen Osten. Am Rande ist das Grab von großen Granitpfeilern umgeben, welche mehrere Fuß über die Erde hervorragen; von diesen Pfeilern stehen noch 34 dem Auge erkennbar. Der lange Erdhügel


1) Wir fügen hier gleich eine Nachricht von einen andern, nicht in den Besitz des Vereins gekommenen Petrefact bei, nämlich von einem versteinerten Eichenstamme von bedeutender Größe, welcher ganz in der Nähe des Hünengrabes zu Lübow (s. oben) bei Gelegenheit der Abtragung desselben gefunden. ward und, nach dem Berichte des Herrn Pastors Albrand zu Lübow, durch vier Pferde nur mit großer Anstrengung auf den Pfarrhof gebracht werden konnte.
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erhebt sich nur einige Fuß über den Steinring. In der Mitte des Grabers, jedoch mehr gegen Nordwest gerückt, ist aus gewaltigen, flachen Granitplatten eine Grabkammer von 22 Fuß Länge tief in den Erdhügel eingesenkt. Auf den äußersten Spitzen dieser Wandsteine ruhen, mit wunderbarer Geschicklichkeit und Sicherheit gelegt, fünf gewaltige Decksteine von Granit, von denen der größte 9 Fuß lang, 5 Fuß breit und 6 Fuß dick ist; die übrigen vier sind von nicht viel geringerer Größe. Diese bedeckte Grabkammer ist inwendig leer und, wenn auch etwas gefüllt, doch so geräumig, daß noch viele Menschen in derselben sitzen können; in den ältesten Zeiten mag sie Menschenhöhe gehabt haben. Gegen Westen ist diese Höhle geöffnet gewesen und durch einen zwischen den letzten Wandsteinen und dem Deckstein eingeschobenen breiten, keilförmigen Stein geschlossen, welcher noch in seiner ursprünglichen Lage liegt. (Das Grab von Katelbogen hat einen ähnlichen Schlußstein, welcher aber von der Stelle gerückt ist.) Unmittelbar zur südlichen Seite dieser Grabkammer ist das Grab geöffnet. Die hier gemachte Grube in viereckiger Gestalt ist ebenfalls mit großen, auf der hohen Kante stehenden Granitplatten ausgesetzt und es hat also dieses Grab noch eine zweite Grabkammer, von dessen Bedeckung mit Granitplatten aber keine Spur vorhanden ist. Diese Kammer ist, nach der Aussage zweier grade anwesender Schäfer, in einer Nacht von Schatzgräbern geöffnet, welche "nach dem Schlagen der Wünschelruthe hier einen Schatz gesucht haben, der aber noch immer nicht zu kriegen ist". (Nach Mittheilungen des Herrn Hofmalers Schumacher und des Herrn Archivars Lisch.)

b) In der Erläuterung des Friderico-Franciscei S. 10 flgd. sind alte urkundliche Zeugnisse über vorchristliche Gräber in Meklenburg zur Untersuchung gezogen. Dort ist, S. 13 und 14, vorzüglich eines Grabes erwähnt, welches in der Grenzbezeichnung der Feldmark der Stadt Stavenhagen vom J. 1283 auf der Grenze des Stadtfeldes liegen soll und in der Urkunde "Riesengrab" (sepulchrum gigantis) genannt wird. Dieses Grab wäre also eines von den wenigen, über welche uralte urkundliche Zeugnisse vorhanden sind; auch ist die Stelle desselben so genau bestimmt, daß sie kaum zu verfehlen ist. Nach mehrfachen Forschungen hat der Herr Kammeringenieur Engel zu Dargun, ein kundiger und zuverlässiger Mann, welcher früher das Grab bei amtlichen Arbeiten befehen hat und vor kurzem in Stavenhagen anwesend war, auf Ersuchen und im Verein mit dem Herrn Landdrosten v. Lowtzow die Stelle wiederholt untersucht. Das Grab war ein langes,

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mit großen Steinen umsetztes und belegtes Urgrab oder Hünengrab aus der Periode, aus welcher man nur steinerne Werkzeuge in den Grabern findet. In den neuesten Zeiten ist dieses Grab zerstört, indem die Steine zum Chaussee=Bau benutzt wurden; die Stelle heißt aber noch heutiges Tages: ""Resenberg".

Es geht also hieraus hervor, daß in der Zeit, in welcher in Meklenburg, und namentlich in den östlichen Gegenden, noch slavische Sprache und Sitte herrschte und das Heidenthum kaum hundert Jahre verdrängt war, man sepulchra antiquorum oder gigantum, Riesengräber, die mit großen Steinen umstellten und bedeckten Urgräber oder Hünengräber mit den steinernen Werkzeugen nannte. (Mittheilung des Herrn Archivars Lisch.)

c) Ueber Hünengräber zu Wieschendorf berichtete Herr Pastor Masch zu Demern Folgendes.

Im Jahre 1836 hatte der Herr Kammerjunker von Mecklenburg auf Wieschendorf bei Dassow einen Hügel abtragen lassen, welcher aus einer unzähligen Menge kleiner Steine bestand und etwa 30 Fuß im Durchmesser gehabt haben mag. In der Grundfläche dieses Hügels fand man eine, noch jetzt dort befindliche Steinkiste. Sie ist im Aeußern 10 Fuß lang und 6 Fuß breit und besteht aus 7 großen Steinen, von denen an jeder der beiden längern Seiten 2, am untern Ende gleichfalls 2 und am obern einer steht; 2 große Steine, welche eine ebene Seitenfläche haben, die gegen einander lagen, deckten sie: der eine ist ein röthlicher, der andere ein bläulicher Granit mit mehreren zirkelrunden, ½ Zoll tiefen Vertiefungen, welche aber wohl nur Auswaschungen sind. Der blaue Deckstein war abgewälzt; der innere Raum ist 7 Fuß lang und 2½ Fuß breit und war, während der Boden umher Lehm ist, mit einer schwarzen Erde angefiillt gewesen, welche in der Mitte eine weiße Ader, die sich wie Kalk anfühlte und in 2 Theile zerteilte (sicherlich das aufgelösete Knochengebäude), gehabt hatte. In der Erde war nichts gefunden, als ein Feuerstein, der aber keine Spur der Bearbeitung zeigte. Der Grund des Grabes war mit kleinen Steinen gepflastert, die Richtung desselben von SW. nach NO.

Ein zweiter in nicht großer Entfernung in südwestlicher Richtung von diesem befindlicher Grabhügel ward in meiner Gegenwart (den 20. Octoder 1837) aufgedeckt, nachdem bereits die Spitze desselben, welche aus einer Menge von Fudern von kleinern Dammsteinen bestanden hatte, etwa in einer Höhe von 3 Fuß, abgeräumt war. Der Hügel, jetzt noch 12 Fuß hoch,

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war von Sand auf dem Lehmboden aufgetragen; es fand sich nichts darin, als einige kleine Bruchstücke von Röhrenknochen und Kohlenspuren. Der Grund des Hügels bestand, wie die Spitze, aus kleinen Steinen.

Eine Nachgrabung in einem Hügel, welcher die südliche Spitze eines Landrückens bildete und der ganz aus sehr hartem Lehm bestand, förderte nur Kohlen, in ziemlicher Menge zerstreut, zu Tage, welche zuerst in einer Tiefe von etwa 7 Fuß (von der ursprünglichen Höhe gerechnet, denn die Spitze war bereits abgetragen) vorkamen.

d) Aus einem Schreiben des Herrn Apothekers Stockfisch zu Zarrentin:

In den Jahren 1792 und 1793, wo mein Vater das ritterschaftliche, bei Tessin belegene Gut Kowalz bewohnte, befanden sich auf dessen Feldmark drei Gräber der heidnischen Vorzeit, welche nach der jetzigen Classification dieser Gräber wohl zu den Hünengräbern gehörten. Obgleich ich derzeit nur das Alter von 10 bis 11 Jahren erreicht hatte, so ist mir Folgendes von denselben doch noch sehr lebhaft im Gedächtniß geblieben.

Die drei Gräber lagen in einem wenig gebogenen Halbzirkel, in Zwischenräumen von circa 80 bis 90 Schritten. Ihre Ausdehnung erstreckte sich in die Länge zwischen 30 bis 40 Fuß, die Breite zwischen 16 bis 20 Fuß. Die Längen=Richtung ging bei allen dreien von Osten nach Westen. Ihre Höhe war verschieden, indem ersichtlich schon beträchtliche Erdmassen, welche hauptsächlich in Sand bestanden, (wahrscheinlich zum öconomischen Zweck) abgenommen worden waren. In obenbenannten Jahren, wo mein Vater daselbst das große herrschaftliche Wohnhaus bauen ließ und alle bedeutende Steinmassen dazu aufsuchen ließ, wurden auch diese drei Gräber ausgenommen, aus deren Mittelpunkt bedeutende Steinmassen herausgearbeitet wurden. Die innere Construction dieser Gräber ist mir aber nicht mehr so klar erinnerlich, daß ich eine zuverlässige Relation darüber abstatten könnte; auch wurden die größeren Steine derselben durch Pulver gesprengt, und so gewiß mancher aus seiner Lage gerückt, auch von dem Inhalt an Alterthümern manches zerstört. Die beiden letzten jedoch, nachdem mein Vater durch Auffindung eines Keils in dem mittleren dieser Gräber aufmerksam gemacht worden war, wurden mit mehr Schonung aufgeräumt, und fanden sich folgende Alterthums=Gegenstände, wenigstens gelangten nur diese in die Hände meines Vaters:

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1) zwei ganz glatte, scheinbar geschliffene oder polirte Keile von Feuerstein von 9 bis 12" Länge, wovon die oberen Enden vierkantig, die unteren aber keilförmig waren;
2) ein klöpfelförmiger Stein, dessen Außenseiten aber nicht geglättet waren, wodurch die Masse desselben nicht genau erkennbar ward;
3) ein Ring, circa 1½ bis 2" im Durchmesser; die Masse aber ward nicht ermittelt;
4) verschiedene Scherben von Urnen.

Der Jägermeister von Stein, damals auf Gubkow, welchem mein Vater diese Gegenstände zeigte, äußerte den Wunsch, selbige entgegen zu nehmen, um sie dem rostockschen Museum einzuverleiben, und mein Vater genügte diesem Wunsch mit Vergnügen. Gewiß sind bei Zerstörung dieser Gräber noch manche andere Gegenstände, theils durch Unachtsamkeit und Unkenntniß der Arbeiter, theils durch deren Ungeschicklichkeit, verloren gegangen. Vorstehendes aber hat sich meinem Gedächtniß so lebhaft eingeprägt, daß ich die genannten Gegenstände noch zeichnen könnte.

Nachträglich bemerke ich noch, daß die allgemeine Benennung des Ackerschlages "der Hünengräber=Schlag" war, welche Benennung sich vielleicht bis auf den heutigen Tag erhalten hat.

e) Zu Proseken bei Wismar befindet sich, nach einer Mittheilung des Herrn Pastors Grapengiesser, auf dem Pfarracker ein sehr großes, mit Steinen umstelltes Hünengrab.

f) Bei Hohen=Wieschendorf bei Wismar, im nördlichen Theile der Feldmark, in der Tannenhölzung an der Ostsee, ist ein großes, noch wohl erhaltenes Hünengrab, wie Herr Pastor Erfurth zu Hohenkirchen berichtet.

g) Von einem Hünengrabe zu Vogelsang bei Teterow und

h) von einem alten Begräbnisse zu Kittendorf, wahrscheinlich derselben Klasse von Gräbern angehörend, gab Herr Regierungsrath von Oertzen zu Schwerin Nachricht.

i) Nach der Angabe des Herrn Geheimen=Raths von Steinfeld zu Schwerin befand sich noch vor wenigen Jahren ein großes Hünengrab zu Tatschow bei Schwaan.

2. Kegelgräber.

a) Auf der Feldmark Woserin, dicht an der Feldscheide zwischen Borkow und Woserin, gleich rechts am Wege von Sternberg (über Borkow) nach Dobbertin, liegt auf wüstem

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Acker eine Gruppe von ungefähr acht niedrigen Kegelgräbern, welche fast ganz aus einem Steingewölbe bestehen. Bei zweien derselben waren in der Mitte von oben herab Nachgrabungen angestellt, nach Aussage der Feldarbeiter von unbekannten Unberufenen oder Schatzgräbern. Die Scherben der zerstörten Urnen und angebrannte Menschengebeine lagen noch in den Gruben umher; daneben lagen mehrere Platten von gespaltenen rothen Sandsteinen, welche wahrscheinlich zu Unterlagen und Decksteinen gebraucht waren. Nach den Urnenscherben hatten die Gräber eine große Uebereinstimmung mit den Kegelgräbern von Gallentin gehabt (vgl. Jahresbericht II, S. 37-42). In jedem Grabe hatten dem Anscheine nach zwei bis drei Urnen gestanden.

1) In dem einen Grabe hatten dem Anscheine nach drei Urnen gestanden. Die eine hatte im Aeußern ein schwärzliches Ansehen mit durchscheinenden Glimmerblättchen und einen Bruch von gelbgrauer, feiner und fester Masse; sie war abgerundet, mit einem kurzen Halse und einigen erhabenen Reifeln über dem Bauche unter dem Halse, und hatte wahrscheinlich einen Henkel gehabt. Nach einem Bruchstücke vom Halse mußte sie der Urne aus dem gallentiner Grabe Nr. 1, Urne 2 (vgl. Jahresber. II, S. 38), gleich gewesen sein. Eine zweite Urne, von der ein Stück vom Boden und Bauche über ihre Gestalt zeugt, war von gleichem schwärzlichen Ansehen gewesen und grau im Bruche; nach dem vorhandenen Fragmente muß sie sehr stark ausgebaucht gewesen sein. Eine dritte Urne war von sehr grobkörniger, loser, brauner Masse und rauhem Aeußern gewesen.

2) In dem zweiten Grabe hatten dem Anscheine nach auch drei Urnen gestanden. Es enthielt, nach einem Bruchstücke vom Halse von der Henkelseite, ebenfalls ein feines abgerundetes Henkelgefäß mit glatter, schwärzlicher Außenseite, — ferner eine mehr grobkörnige Urne von brauner Masse und brauner Außenseite und senkrechtem Rande ohne Hals und Ausbauchung, — endlich eine sehr grobkörnige, mit starken Quarz= und Feldspathkörnern durchknetete Urne von ziegelrothem Aeußern.

Nicht weit von diesen Gräbern hatte ein einzeln stehendes, größeres, ziemlich bedeutendes Kegelgrab von reiner Kegelform und großen Erdmassen gestanden. Es ist in neuerer Zeit bis zu einem Fünftheil der Seitenwand abgetragen und soll einige Ausbeute geliefert haben.

Ein anderes Kegelgrab, welches beim Ackern aufgefunden ist, soll eine kleine Steinkiste enthalten haben, in welcher einige Gefäße gestanden haben.

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Ein Hirte in der Gegenb sagte aus, daß er früher öfter "schwärzliche" Henkelgefäße (wie "Kaffekannen") gefunden habe; in einem derselben habe er lange Zeit Würmer zum Angeln aufbewahrt.

b) Vor einigen Jahren fand der Krugpächter Herr Hellerung zu Ventschow bei Sternberg bei Ausräumung eines Grabens mehrere Alterthümer aus der Klasse der Alterthümer der Kegelgräber. Sämmtliche Gegenstände sind aus Bronze, mit schönem edlen Rost bedeckt und befinden sich noch in den Händen des Besitzers. Es sind:

eine Framea mit Schaftkerbe und breiter Schneide, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XIII, Fig. 6 u. 7, zerbrochen und noch in drei Stücken zu erkennen;
drei spiral=cylindrisch gewundene Armschienen aus plattem Erzdrath, eng und klein, wie Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 8;
Bruchstücke von wenigstens noch zwei gleichen Armschienen;
fünf Handringe, schmal, dünne, ohne Verzierungen, wie eine Windung eines Spiralcylinders, an einer Seite geöffnet;
ein Stück von eng gewundenem, dünnem Drath als Spiralcylinder zum Aufreihen, ungefähr 1½" lang und 3/8" im Durchmesser;
drei Beschläge(?) oder Haken aus Bronze von einer Form, welche bisher nicht beobachtet ist: sie sind aus plattem, dünnem Erzblech, ungefähr 1½" lang und in der Gestalt Thürhespen ähnlich, wenn auch hiezu natürlich nicht geeignet; aus einem schmalen Streifen Blech gehen nach außen hin zwei, sich allmälig zuspitzende Streifen, welche nach innen, wie Hörner, einwärts gebogen sind; im Anfang ist das Blech nach der Rückseite zu einem kleinen Oehr, zum Durchziehen eines Fadens, umgebogen. Wahrscheinlich dienten die Gegenstände entweder zu Beschlägen oder zum Aufhängen, wie jetzt die Schlüsselhaken oder Strickhaken der Frauen.

c) Auf dem Felde von Kobrow bei Sternberg, nicht weit vor Sternberg, links auf der Höhe am Wege von Schwerin nach Sternberg steht ein Kegelgrab.

d) Auf dem Felde von Borkow bei Sternberg liegen nach der woserinschen Scheide hin zerstreut mehrere Kegelgräber.

e) Auf dem Felde von Woserin bei Sternberg nach der borkowschen Scheide hin liegen links und rechs vom Wege von

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Sternberg nach Dobbertin, den borkowschen Gräbern gegenüber, mehrere Kegelgräber, namentlich liegt rechts am Wege eine ganze Gruppe von Gräbern dieser Art.

f) In dem (kladenschen=klänschen?) Holze bei Dobbertin sind viele Kegelgräber, sowohl auf dem Wege von Gr.=Upahl nach Dobbertin, als auch namentlich in dem Holze zunächst hinter der Feldmark Woserin am Wege von Sternberg nach Dobbertin, wo rechts am Wege gleich im Anfange des Holzes und weiterhin rechts am Wege kurz vor dem Ende des Holzes ein Kegelgrab liegt.

g) Vor dem Forsthofe zu Kladen (Klän) bei Dobbertin liegen einige große Kegelgräber.

h) Auf der Feldmark des Bauerdorfes Warnkenhagen zwischen Bützow und Neu=Bukow, auf dem Acker des Bauern Hadler, in der Direction zwischen den Höfen Ulrikenhof und Poischendorff, auf einem Bergrücken, welcher die ganze Gegend weit beherrscht und der Höhe der Burg von Schlemmin gegenüber steht und mit derselben von gleicher Höhe ist, steht auf der Spitze des Bergrückens ein Kegel von gewaltiger Masse, der Fuchsberg genannt, an 500 Fuß im Umfange an der Basis und wohl an 50 Fuß hoch, wohl einer der größten frei stehenden Kegel, welche existiren. Es wäre möglich, daß die Natur hier ein Naturspiel geschaffen hätte; aber wahrscheinlicher ist es, daß die Höhe ein Kegelgrab ist. Unmittelbar am Fuße dieses Grabes und in einiger Entfernung liegen Hünengräber, auf denen in der Regel ein großer Deckstein liegt. Von diesem Grabe scheinen viele Gräber nach

h) Poischendorff sich hinüber zu erstrecken.

i) Auf der angrenzenden Feldmark von Strameuß ist eine unglaubliche Menge von Gräbern, welche

k) noch nach der Feldmark Hermannshagen hinüber reichen, auf welcher jedoch schon sehr viele zerstört zu sein scheinen.

l) Auf der Feldmark Moltenow bei Bützow finden sich auch mehrere Gräber, eben so

m) auf der Feldmark Lübbersdorff bei Neukloster und

n) auf der Feldmark Tarzow, nicht weit von der tarzower Windmühle.

o) Beim Eulenkruge zwischen Schwerin und Gadebusch.

(a) bis o) Mittheilungen des Herrn Archivars Lisch.)

p) Im Jahre 1819 fand der Herr Apotheker Stockfisch zu Zarrentin auf der Feldmark des Gutes Bredentin unweit Güstrow, östlich vom Hofe nach dem Bauerndorfe Kuuß hin,

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auf dem Rücken einer sanften Anhöhe einen kegelförmigen Hügel von ungefähr 10 Fuß Höhe und 16 bis 18' Durchmesser an der Basis, an dessen Seiten, durch Abgrabung beim Ackern, schon einige Steine sichtbar geworden waren.

3. Wendenkirchhöfe.

a) Wendenkirchhof bei Grevismühlen. Nachdem der Herr Bürgermeister Zickermann zu Goldberg, früher zu Grevismühlen, von diesem Wendenkirchhofe Nachricht gegeben hatte, bemühte sich der Verein um Nachforschungen an Ort und Stelle, welche auch der Herr Kaufmann Pelzer zu Grevismühlen, mit Liebe zur Sache und Ortskenntniß ausgerüstet, übernommen und darüber Folgendes berichtet hat:

"Zwischen Grevismühlen und dem ungefähr 200 Schritte davon entfernt liegenden Plockensee ist rechts an der Straße nach Klütz, hinter den Scheuren der Stadt, unmittelbar an gedachtem See, eine kleine Erhöhung, welche sich in einem hohen, schroffen Ufer an der Südseite des Sees hinzieht; diese Erhöhung besteht aus Kiessand, welcher zum Bauen und Dämmen der Stadt benutzt wird und durch dessen Ausgrabung eine sogenannte Sandkuhle von ziemlicher Größe entstanden ist. Wenn in frühern Zeiten der Sand in der Tiefe der Grube weggenommen ward, so schossen die obern Sandschichten herab und dadurch kam oben häufig eine Reihe von Urnen, welche 1 bis 2 Fuß unter der Erdoberfläche stand, zu Tage. Um eine Urne zu erlangen, bin ich häufig nach diesem Platze gegangen und habe meine Finger nicht geschont; es hat mir aber nie glücken wollen: die Urnen waren immer zerbrochen. Den Inhalt der Urnen habe ich aber jedesmal an Ort und Stelle genau untersucht, aber nie etwas anders als Knochen und Asche in denselben gefunden; nur ein Mal fand ich eine ziemlich gut erhaltene, runde Spange von Eisen, von ungefähr 1½" Durchmesser. Seit einigen Jahren werden jedoch keine Urnen an dieser Stelle mehr gefunden".

A. Pelzer.   

b) Nach einer Mittheilung des Herrn Hülfspredigers Günther zu Neuenkirchen bei Bützow befindet sich hart an diesem Dorfe ein Wendenkirchhof, der jedoch durch das Pflugeisen meistentheils zerstört ist.

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c) Nach einer Mittheilung des Herrn Kammeringenieurs Engel zu Dargun sind auf der großen schmettauschen Charte zwei "Wendenkirchhöfe" mit Begränzung eingetraaen; derselbe hat versprochen, die Stelle genauer anzugeben.

d) Auf der Feldmark der Stadt Neubuckow ist ein "Ackerstück auf dem wendischen Kirchhof Nr. 311". S. Mekl. Schwer. Anzeigen 1837, Nr. 90, S. 2664.

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II. Nachrichten von mittelalterlichen Baudenkmälern 1 ).

1. Die Kirche zu Gadebusch,

vom
Herrn Archivar Lisch zu Schwerin
und
Herrn Paster Masch zu Demern.

Gadebusch ist einer von den Orten, welche in der Geschichte Meklenburgs bedeutendes locales Interesse haben, da dieser Ort eine der ältesten Residenzen der Herren und später noch der Herzoge von Meklenburg ist, ja vielleicht die älteste der historischen Residenzen der Linie Meklenburg 2 ). Die Kirche zu Gadebusch war schon früher vielfach besprochen; da nach sichern Nachrichten dieselbe sehr verfallen sein und eine bedeutende Reparatur in allen Theilen, namentlich in dem Fußboden und den Kirchenstühlen fordern sollte, so hielten die Referenten eine Untersuchung der Merkwürdigkeiten von Gadebusch für nothwendig und trafen am 2. Sept. 1837 in der Stadt zu


1) Die Jahresschriften des Vereins können nicht zum Zweck haben, die Baudenkmäler des Vaterlandes von ihrer kunstgeschichtlichen und künstlerischen Seite zum Gegenstande einer erschöpfenden und befriedigenden Darstellung zu machen: hoffentlich werden im Laufe der Zeit eigene Werke sich mit dieser Aufgabe befassen. Es kann hier nur die Absicht sein, das Versteckte vorbereitend ans Licht zu ziehen und der öffentlichen Aufmerksamkeit und Prüfung, bis zur dereinstigen wissenschaftlichen Bearbeitung, zuzuführen. — Was insbesondere die kirchlichen Gebäude betrifft, so sind unter denselben schon bekannt und viel besprochen die zu Ratzeburg, Schwerin, Güstrow, Doberan, Rostock und Neubranbenburg. Die Kapelle zu Althof ist im zweiten Bande unserer Jahrbücher zur Sprache gebracht. Andere dagegen wurden viel weniger beachtet und besprochen, als sie es verdienen. Ueber einige derselben folgen hier daher theils ausführlichere Mittheilungen, theils mehr Skizzenartige Notizen.
2) Schon im J. 11.81 ward die Burg Gadebusch von dem Sachsenherzoge Heinrich dem Löwen zerstört nach der Erzählung Arnolds von Lübeck (Arnoldi Lubec. Chron. Slav. II, cap. 33, §. 5.).
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sammen 1 ). Die gegenwärtigen Mittheilungen beschränken sich auf die noch vorhandenen Alterthümer der Kirche zu Gadebusch.

Die Kirche ist ein Oblongum und besteht aus zwei Theilen: dem Schiff und dem Chor; diese beiden Theile sind in jeder Hinsicht, in Größe, Styl, Wölbung, Dachwerk u. s. w. von einander verschieden 2 ).

Das Schiff im westlichen Theile ist im altdeutschen Rundbogenstyl (dem sogenannten byzantinischen) gewölbt und gehört in dieser Hinsicht zu den seltensten Gebäuden in Meklenburg. Das Schiff besteht aus einem regelmäßigen Oblongum, welches ein Hauptschiff in der Mitte und zwei gleich lange Seitenschiffe hat. Jedes Schiff hat vier Gewölbe; im Ganzen sind also zwölf Gewölbe vorhanden. Die Pfeiler, welche die Gewölbe tragen, sind Säulenbündel, die alle verschieden sind und verschiedenartige Kapitäler, mit Menschen= und Thierköpfen verziert, tragen. Die Hauptgurtbogen von Säule zu Säule sind Halbkreise. Die engen Fenster an der Südseite sind im Halbkreise gewölbt. Die einzige Hauptpforte zum Schiff, an der Südseite desselben, ist edenfalls mit verzierten Werkstücken in gebranntem Thon im Halbkreise gewölbt: auf drei Säulenpaaren mit Kapitälern stehen drei Bogen perspektivisch hintereinander; alle Säulen und Bogen sind verschieden verziert. Diese Pforte ist eins der merkwürdigsten Bauwerke in Meklenburg. Die Kirche hat im Westen kein Thurmgebäude als Anbau, sondern einen Thurm über dem Schiffe. Dagegen ist das Schiff im Westen durch eine Wand geschlossen. In dieser Mauer, in der Mitte des Hauptschiffes, ist ein großes Fenster in Form einer rundbogigen Rosette von Bronze, das Rosenfenster genannt, angebracht. Abgesehen von den alten Sagen über diese Rosette, als sei sie die Krone des in Gadebusch verehrten Götzen Radegast, wird das Fenster immer merkwürdig bleiben wegen der Erzcomposition, der großen Metallmasse und des Alterthums. Die Meinung des Pastors Hane zu Gadebusch, in der Monatsschrift von und für Meklendurg, S. 394, als sei das Fenster erst nach Anlegung der Königs=Kapelle und der Lützow=Kapelle


1) Diese Untersuchung erschien nicht überflüssig, wenn auch das Freim. Abendbl. 1837, Nr. 857-860 eine kurze Geschichte und Beschreibung der Stadt Gadebusch und ihrer Alterthiimer enthält, da dieselbe sehr unkritisch zu sein schien. Und wirklich enthält diese Beschreibung auch von dem, was hier mitgetheilt ist, sehr wenig.
2) Nach dem Berichterstatter in Schröder's Pav. Meckl. S. 494 ist das Schiff mehr nach Nordost, als nach Osten gebauet, der Chor dagegen nach Osten, und "gleichsam mit Gewalt nach Osten gedrehet".
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angebracht, um bei der dadurch verringerten Zahl der schmalen Fenster mehr Licht in das Schiff zu bringen, hat sehr viel für sich; er meint hölzerne Sprossen seien für die Giebelwand zu schwach. Hiernach wäre das Fenster eine Arbeit des 15. Jahrhunderts. Unterhalb dieses Fensters sind in der westlichen Mauer noch drei Bogengewölbe zu sehen, welche jetzt zugemauert sind; vielleicht bildeten sie drei Thüren zu dem Schiffe und den beiden Nebenschiffen (gegenwärtig hat die Westseite keinen Eingang) oder es sind auch nur Traggewölbe.

Das Chor im östlichen Theile ist erhöhet und hat drei Gewölbe im Spitzbogen, welche auf achtseitigen Pfeilern ruhen; an jeder Seite ist ein Nebengang von zwei Gewölben. Hauptchor und Nebengänge laufen im östlichsten Gewölbe in der Tribune des Altars zusammen. "Die beiden Pfeiler, die das Schiff vom Chor absondern, sind, wie deutlich zu sehen, aus der Mauer gehauen."

Ueber die Erbauung der Kirche fehlt es an bestimmten Nachrichten. So viel ist aber nach dem Styl des Baues und der Geschichte des Fürstenhauses und der Stadt Gadebusch wohl außer Zweifel, daß das Schiff der Kirche aus der ersten Zeit des Christenthums in Meklenburg, wahrscheinlich noch aus dem 12. Jahrhundert stammt, also nach der Kapelle zu Althof wohl die älteste Kirche im jetzigen Großherzogthume Meklenburg=Schwerin ist; das Chor ist nach dem Baustyl wohl erst im 14. Jahrhundert angebauet, als in Gadebusch die Fürsten wieder häufiger residirten; in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. war Gadebusch von dem aufblühenden Wismar etwas in den Hintergrund gedrängt.

Mitten vor dem Altar im hohen Chor liegt ein quer durchgerissener Leichenstein des Pastors Henning Schröder († 12. April 1406), mit ganz glatter Oberfläche im innern Felde. Er trägt nur folgende Umschrift, mit einer Lücke im Stein:

Umschrift

(d.i

Anno domini MCCCCVI feria secunda paschae obiit dominus Heimingus Schroder, canonicus

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ecc(lesiae Swerin)ensis 1 ) (?) et plebanus hujus ecclesiae. Orate pro eo.).

Im J. 1406 stand also das Chor schon.

Zu den ausgezeichnetsten Kunstwerten im Lande gehört das Schnitzwerk an den Außenseiten der Chorschranken zu beiden Seiten des Altars, vor welchen nach dem Altar hin Sitze angebracht sind. So sehr sie auch von Alter, Unverstand und Muthwillen mitgenommen sind, sind die Reste dennoch ausgezeichnet schön, namentlich die Rosetten, welche den berühmten Rosetten in der Kirche zu Doberan gar nichts nachgeben, vielmehr mit denselben völlig gleich sind, so daß sich diese Kunstwerke in beiden Kirchen in der Geschichte der Kunst wechselseitig unterstützen. Zu beiden Seiten des Durchganges durch die südlichen Einschränken zum Altar, der südöstlichsten Kirchthür gegenüber, ist in die äußern Wände der Seitenlehnen dieser Chorstühle das Wappen des verdienten Bischofs Johannes Preen von Ratzeburg 2 ) (1454-1461) geschnitzt: ein Schild mit drei neben einander stehenden Pfriemen, über welchen ein Bischofsstab hervorragt. Durch diesen Durchgang ist der Chorstuhl links vom Altar (vom Altar nach dem Schiffe hin gesehen) in zwei Theile getheilt. Der äußerste, östliche Theil rechts vom Durchgange trägt an der Außenseite der Chorschranken im Schnitzwerk ein Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe in Holz geschnitzt; jede Lehne dieses östlichsten Stuhls trägt an der innern Seite einen Schild, von denen der eine den Buchstaben k , der andere den Buchstaben h in großen gothischen Zügen in Holz geschnitzt zeigt. Dieser Stuhl ist also der fürstliche Kirchenstuhl. Die beiden Buchstaben k und h kommen an den Chorstühlen öfter vor und deuten ohne Zweifel auf fürstliche Personen, welche dieselben erbauet haben. Und da möchten sich kaum Andere finden, als die (1422) verwittwete Landesregentin (1423-1436) und Herzogin Katharina († 1438) und ihr älterer Sohn, der Herzog Heinrich IV., der Dicke (1436-1477). Hiernach möchten die Stühle wohl in den dreißiger Jahren des 15. Jahrhunderts gebauet sein, wenn nicht die beiden Buchstaben auf den Herzog Johann II. oder Hans 3 ) (1392-1417) und


1) Auch der Pfarrherr Johannes Swalenberg von Gadebusch, im J. 1864, war schwerinscher Domherr, obgleich die Pfarre im Sprengel des Bischofs von Ratzeburg lag.
2) Der Bischof Johannes Preen confirmirte 1458 eine ewige Messe in der Kirche zu Gadebusch; Masch Bisth. Ratzeburg S. 358. - 1437 war ein "Gerd Prenknape wonaftich to Godebus", nach einer Urkunde im Großherzogl. Archive. G. C. F. Lisch.
3) Vgl. Rudloff II, S. 570.
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dessen Gemahlin Katharina deuten, was allerdings viel Wahrscheinliches hat. Die Wappenschilde des Bischofs Johann Preen müssen jedoch später an die Stühle befestigt sein, da die Zeit seiner Regierung mit der Zeit fürstlicher Personen, die mit den Buchstaben k und h anfangen, nicht übereinstimmt. Jedoch mag die erstere Annahme, daß Heinrich IV. der Erbauer sei, die richtigere sein, da auch seine Gemahlin Dorothea in der Kirche begraben ist. — Der zweite südliche Stuhl links vom Durchgange trägt auf der Rückseite der Chorschranken einen geschnitzten Schild mit dem Buchstaben h . Auf den Lehnen des davor stehenden Stuhls stehen rechts und links zwei Schilde, der eine mit dem meklenburgischen Stierkopfe ohne Nasenring (kein Kopf eines Götzenbildes, wofür die Stierköpfe in der gadebuscher Kirche wohl oft angesehen sind), der andere mit der gadebuscher Linde: diese Schilde zeigen also getrennt die beiden Theile des gadebuscher Stadtwappens, und dieser Stuhl ist also wohl der alte Rathsherrenstuhl (Bürgemeisterstuhl).

An der rechten, nördlichen Seite des Altars steht ein gleicher Stuhl, jedoch ohne Trennung in zwei Theile. An der Rückwand steht ein Schild mit einem k , an der Außenwand der Lehne ein Schild mit einem h , an der Binnenwand der Lehne an der einen Seite ein Schild mit einem Stierkopfe, an der andern Seite ein Schild mit einer Linde. Diese Stühle sind also auch wohl Rathsherrenstühle.

In der Wand, der Lehne dieses letztern Stuhls gegenüber, steht ein kleiner Schrein mit hübschem alten Schnitzwerk.

Die Orgel, welche in der Mitte der Kirche, an der Scheidung zwischen Chor und Schiff, steht, ruht auf einem großen Bogen von gutem alten Schnitzwerk.

In den nördlichen und südlichen Wänden der Kirche, an den beiden östlichsten Pforten, hinter den Chorstühlen, sind zwei steinerne Weihkessel (im J. 1554 "Wigelsteine" genannt) eingemauert. Der Weihkessel an der nördlichen Pforte ist ein großer Kessel von Kalkstein in Gestalt und Verzierung der alten, viel besprochenen Taufbecken; der Weihkessel an der südlichen Pforte ist etwas kleiner, jedoch immer einem alten Taufbecken ähnlich.

Der Altarschrein 1 ) ist geschnitzt mit Architectur und Heiligenbildern und vergoldet, wie sich deren viele finden.


1) Außer dem Hochaltare hatte die Kirche im J. 1554 noch 18 Altäre.

G. C. F. Lisch.

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An der linken Seite der Kanzel an demselben Pfeiler steht noch ein alter Altar mit alten Altargemälden von entschiedener Schönheit. Die Bilder haben sicher Kunstwerth und verdienen die Betrachtung des Gebildeten und die Beurtheilung des Kunstkenners. Es herrscht in den Bildern eine Wahrheit, wie man sie selten in Bildern ähnlicher Art findet 1 ). Leider hat Knabenmuthwille die Pupillen mehrerer Augen ausgebohrt. Unter den Bildern steht zweimal das von Bülowsche 2 ) Wappen mit 14 goldenen Kugeln oder Byzanten im schwatzen Felde.

Im Westende des Schiffes steht der große Taufkessel oder die Fünte, ein großes Bronzegefäß, mit sehr vielen aufgesetzten gegossenen Bildern. Von den Taufkesseln zu Schwerin, Bützow und Wismar ist keiner so reich ausgestattet, als dieser zu Gadebusch. Das Ganze ruht auf drei Engeln. Umher laufen über einander zwei Reihen von Figuren, in jeder Reihe unter elf Bogen; unter jedem Bogen steht jedoch nicht eine Figur, sondern am häufigsten eine ganze Gruppe von Figuren, eine Darstellung irgend einer biblischen Geschichte. Auf dem Reife zwischen den beiden Reihen der Figuren steht folgende Inschrift:

Ano. dni. m°. ccc°. l°. iste. fons. fusus. est. inhonoe. ihu. xpi. bte. marie. dirgis. sci. iacobi. dionisii. et. oim. scoru. orate. deu. p. dno. hinrico. coppelman. fundatore. cuius. aia requiescat. i. pace. ame.


1) Gleicher Meinung ist auch der Herr Landbaumeister Bartning zu Schwerin, ein competenter Mann, der früher die Kirche untersucht hat.
2) Im J. 1445 war, nach einer Urkunde im großherzogl. Archive, ein "Hinricus de Bulowe prester vicarius in der kerken to Godebush", ein Bruder Hartwigs von Bülow zu Gadebusch wohnhaft, beide Henneke's von Bülow Söhne. — Nach dem Inventarium von 1547 und der Visitation von 1554 hatten die von Bülow zwei Altäre in der Kirche zu Gadebusch: der eine (zu St. Magdalena) war ein Lehn der von Bülow zu Wedendorf und Pokrent, der andere ein Lehn der v. Bülow zu Raden. — G. C. F. Lisch.
Im ratzeburgischen Archive befinden sich zwei Urkunden, welche iiber die von den v. Bülow in Gadebusch gestifteten Vicarien sprechen, von denen ich aber nur das Rubrum angeben kann: 1309 Hinrici dni. Megap. confirmatio vicariae in Godebuz, fundatae per Bulowen, und: 1381 Literae illorum de Bulowe super vicaria in Godebuz. — G. M. C. Masch.
Auch der Bischof Gottfried von Bülow (1292-1314) war vor seiner Erhebung zum Bischofe Pfarrer zu Gadebusch (rector ecclesiarum in Gadebuz). Vgl. Rudloff II, S. 92, und Franck A. u. N. M. V, S. 98. — G. C. F. Lisch.
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(d. i.

Anno dommi MCCCCL iste fons fusus est in honore Jesu Christi, beatae Mariae virginis, sancti. Jacobi, Dionysii et omnium sanctorum. Orate deum pro domino Hinrico Coppelman fundatore, cuius anima requiescat in pace. Amen 1 ).

In der Reihe der Bilder ist unter der Jahrszahl ein knieender, betender Mann dargestellt, über welchem auf einem Bande eine Legende eingegraben ist: miserere. mei. deus. Vor ihm ist ein Schild gelehnt, auf welchem, gleich einem Monogramm oder einem Handzeichen, die gothischen Buchstaben und k kreuzweise künstlich verschlungen sind; hier bedeuten sie aber wohl sicher Heinrich Koppelmann.

Dieser Taufkessel zeigt zugleich, wem die Kirche zu Gadebusch geweihet war: Jesu, der Jungfrau Maria, dem Apostel Jacobus, dem Märtyrer und Bischof Dionysius und allen Heiligen. Die erstern und letztern waren ja überall Gegenstand der Verehrung, und so war die Kirche im Besondern dem St. Jacobus und St. Dionysius geweiht, oder noch specieller war es eine Jacobi=Kirche. Hiezu stimmt denn auch ein Ablaßbrief im großherzoglichen Archive, welcher zu Avignon im J. 1364 der Kirche zu Gadebusch:

"parrochiali ecclesie sanctorum Jacobi apostoli et Dionysii martiris et pontificis in Godebutse"

zur Zeit des Pfarrherrn Johann Swalenberg:

"Johannes Swalenberg 2 ), canonicus Zwerinensis et rector dicte ecclesie"

ertheilt ward. — Dieser Indulgenzbrief hat im Anfangsbuchstaben ein Miniaturbild in Wasserfarben mit drei Figuren: zuerst den St. Jacobus mit Hut und Stab, wie er einem knieenden Geistlichen die Hand aufs Haupt legt, und dann einen Heiligen, welcher sein eigenes abgeschlagenes Haupt in den Händen hält. Dies ist der St. Dio=


1) Im Abendblatte Nr. 858, S. 501, wo die Inschrift verstümmelt gegeben ist, steht auch tum dator statt fundator. Und grade dieses Wort konnte zu Untersuchungen auffordern. Es soll wohl den Geber, d. i. den Stifter bezeichnen; daher wird ihm auch der Titel: Herr gegeben und er selbst wird als schon verstorben aufgeführt. — Sonst möchte auch "fundator: Gießer" bedeuten können.
2) Derselbe Johannes Swalenberg war 1368-1374 Kanzler des Hergogs Albrecht; vgl. auch Rudloff II, S. 659.
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nysius 1 ), der kopflose Heilige, der sich im Altarschrein zu Gadebusch und über dem Chorstuhl rechts vom Altar auf einer eignen Tafel geschnitzt findet, und welcher nach Schröders Vorgange fälschlich für den Bischof Emmehard von Meklenburg gehalten ist; nach der Legende soll er nach seiner Enthauptung seinen Kopf 2000 Schritte fortgetragen haben.


Von sehr hohem Interesse ist die jetzt sogenannte Königskapelle. Diese Kapelle ist am westlichsten Ende der Nordseite des Schiffes angebauet und durch Durchbrechung der Mauer mit der Kirche in Verbindung gesetzt. Sie ist jetzt sehr zerfallen und liegt im eigentlichen Sinne des Wortes wüst. Die Kapelle ist in zwei Gewölben im Spitzbogen aufgeführt und offenbar aus jüngerer Zeit. Nach dem Visitations=Protocolle von 1554 hieß sie früher die Marien=Kapelle und hatte zwei Altäre (Abendbl. a. a. S. 501). Nach allen Anzeichen, z. B. der Einrichtung der Kapelle, ist dieselbe nicht eine Begräbnißkapelle im gewöhnlichen Sinne des Wortes, sondern ursprünglich eine fürstliche Privatkapelle zur Abwartung des Gottesdienstes, später vorzüglich wohl zum Gedächtniß der verstorbenen Fürsten, gewesen, und von der Agnes, Herzogin von Meklenburg und Königin von Schweden, erbauet worden.

Diese Vermuthungen über die Bestimmung und Erbauung der Kapelle werden durch die, nach dieser Untersuchung später im großherzogl. Archive aufgefundene Fundations=Urkunde theils bestätigt, theils modificirt. Hiernach ward die Kapelle von der Königin Agnes gebauet vorzüglich zur Feier des Andenkens an ihren verstorbenen Gemahl, den König und Herzog Albrecht, im Allgemeinen aber zur Feier des Andenkens an die hingeschiedenen Fürsten Meklenburgs. Die von der Königin neu gebauete Kapelle war am 12. März 1423 vollendet, da sie an diesem Tage dotirt ward, und sollte am Sonntage Quasimodogeniti, am 11. Mai 1423, von dem Bischofe Johann von Ratzeburg eingeweihet werden. Sie war der Jungfrau Maria geweihet; in derselben waren zwei Altäre, an welchen die Fürstin drei Vikarien stiftete, deren Vikare


1) S. Dionysius — — Parisiis in eo loco, qui hodie dicitur Mons Martirum, obtruncatus est. Ferunt abscissum caput passus bis mille detulisse. (Diarium Sanctorum.) - Der heilige Dionysius kommt in Meklenburg öfter als Patron vor, so in der Kapelle zu Benin. S. Masch Gesch. des Bisthums Ratzeburg p. 482 no. 29.
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in Gadebusch ansässig sein sollten. An diesen Altären sollten die Vikare täglich die sieben Marienzeiten (groten tiden, horae canonicae) singen und jährlich zu bestimmten Zeiten das Andenken der Landesherren feiern. Die Vikarien wurden dotirt mit 30 lüb. Mark aus der Orbär der Stadt Rehna, mit 10 lüb. Mark aus der Kämmerei der Stadt Gadebudch und mit 15½ lüb.Mark aus vier Höfen des Dorfes Buchholz.

Die Urkunde ist abgedruckt in den Jahrbüchern, 1838, III, Urkunden=Sammlung, S. 239.

Bei den Visitationen von 1547 und 1554 hieß die Kapelle noch die Marien=Kapelle oder die Fürsten=Kapelle, und den einen Altar hatten die Franziskaner=Mönche (grawen monneke) inne.

Da in der ältesten Zeit mehrere fürstliche Personen zu Gadebusch lebten und starben, so ist es wahrscheinlich, daß sie auch hier begraben wurden. Dies muß denn aber in dem ältesten Theile der Kirche, in dem jetzigen Schiffe, geschehen sein. Von diesen Begräbnissen ist jetzt jedoch keine Spur vorhanden; möglich daß noch manches durch die Kirchenstühle bedeckt ist 1 ). Es sei hier nur von den Begräbnissen die Rede, welche in der gadebuscher Kirche und zwar in der Königs=Kapelle wirklich noch vorhanden sind. Nach allen Ueberlieferungen, freilich erst aus dem vorigen Jahrhundert, soll Albrecht, Herzog von Meklenburg und König von Schweden, in der Königs=Kapelle begraben sein. Dagegen spricht freilich, daß die Kapelle erst im J. 1423 erbauet ward, der König aber schon 1412 starb. Dennoch wird sein Leichenstein in der Kapelle gezeigt. Dies ist ein großer Stein mit eingelegten Messingplatten. In der Mitte liegt eine Messingplatte, in welche ein menschliches Bild in Lebensgröße eingravirt ist; dieses Bild scheint nach allen Umständen ein Frauenbild zu sein. Zu den Füßen der Figur ist rechts ein Wappenschild mit dem eingravirten meklenburgisch=schwedischen Wappen (drei Kronen, Stierkopf, quer getheilter gräflich=schwerinscher Schild und Greif) und links ein Wappenschild mit dem braunschweig=lüneburgischen Wappen, beide von Messing eingelassen. In den vier Ecken des Steins sind messingene Medaillons mit den eingravirten sinnbildlichen Thieren der Evangelisten befestigt. Leider fehlt die Inschrift, welche auf Messingplatten eingegraben und im Rande des Leichensteins


1) Manche fürstliche Personen, die nach dem Freimüth. Abendbl. a. a. O. S. 475 hier begraben sein sollen, z. B. Heinrich der Pilger, sind nach dem zuverlässigern Kirchberg zu Doberan begraben.
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befestigt war. Nach Hane's Bericht in der Monatsschrift etc. . a. a. O. S. 395 haben die Dänen im J. 1712 die Inschrift ausgebrochen. Nach einer mitgetheilten Untersuchung in Schröders Pap. Mekl. S. 494 (1739), aus einer Zeit, als die Inschrift noch vorhanden war, soll in derselben die Jahrszahl MCCCCXII gestanden haben; dagegen will Franck, nach seinem A. und N. Mekl. VII, S. 131, im J. 1711 noch deutlich die Jahrszahl 1430 gelesen haben: er deutet dieselbe auf die Legung des Steins über dem Grabe des Königs. Die Schlußsteine der beiden Gewölbe der Kapelle sind mit einer großen geschnitzten Rosette aus Helmbüschen verziert, in deren Mitte das alte colorirte Wappen der Königin steht: 1) drei goldene Kronen im blauen Felde, 2) ein schwarzer Stierkopf im goldenen Felde, 3) ein blauer Löwe im goldenen, mit rothen Herzen bestreueten Felde, 4) zwei goldene Leoparden in rothem Felde.

Nach allen diesen Verhältnissen ist die Kapelle und das besprochene Grab wohl ohne Zweifel das Begräbniß der Königin Agnes 1 ) († 1434, nicht 1436), einer gebornen Herzogin von Braunschweig. Es ist dabei immer möglich, daß ihr Gemahl, der König Albrecht, später, nach Erbauung der Kapelle oder nach ihrem Begräbniß, neben ihr beigesetzt worden ist 2 ).


1) In der doberaner Genealoaie und im deutschen Slagghert wird des Begräbnisses des Königs nicht erwähnt; Kirchberg und das doberaner Nekrologium reichen nicht so weit. Nur Chemnitz sagt:

"1433. Im selbigen jahr ungefähr ist Frau Agnes etc. . zu Gadebusch todes verfahren und daselbst neben ihrem höchstseligsten Herrn begraben worden".

2) So allgemein man auch in diesem Leichenstein den des Königs Albrecht erkennen will, so ist diese Aunahme doch sehr in Zweifel zu stellen, und meine ich ihn der Königin Agnes auf das entschiedenste vindiciren zu müssen. Das Bild auf der ciselirten Messingplatte ist offenbar ein weibliches, das Haupt ist mit einem Schleier umgeben, und von dem Mönchshabit, den Schröder, Pap. Mekl. p. 494, erblickt haben will, zeist sich keine Spur. Die Umschrift ist verloren, kann also nicht mehr entscheiden, aber die Wappenschilde sind auch entscheidend genug: rechts steht der Schild des Gemahls, aus den Bildern von Schweden, Meklenburg, Schwerin und Rostock zusammengesetzt, in Uebereinstimmung mit dem Siegel des Königs, das er 1409 gebrauchte, nur daß hier Rostock vor Schwerin steht. Links vom Bilde steht ein gleichfalls quadrirter Schild, der im ersten Felde zwei Löwen, gehend übereinander, und in jedem der übrigen drei Felder einen Löwen hat; daß dies aber das braunschweig=lüneburgische Wappen ist, und daß die Felder Braunschweig=Lüneburg, Eberstein und Homburg bezeichnen, ist bekannt genug; daß man es mit den Bereichen der lüneburgischen und homburgischen Löwen nicht allemal sehr genau nahm, zeigen unter andern die Münzen bei Rethmeier Br. Lün. Chron. I, p. 569. — Es möchte sich wohl schwerlich ein Beispiel aus alter Zeit finden, daß der Gemahl den Wappenschild seiner Gemahlin neben sich auf dem Leichenstein hätte, während das umgekehrte Verhältniß durchaus das gewöhnliche ist; daher kann denn dies Bild, selbst wenn auch das weibliche Ansehen der Figur noch viel (  ...  )
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An der westlichen Mauer der Kapelle vor dem Grabsteine steht noch der fürstliche Kirchenstuhl für vier Personen; die Brüstungen sind jung; das Uebrige alt, und theilweise, wie die Ueberdachung, mit schönem, altem Schnitzwerk verziert. Oben an den Lehnen sind zwei Heiligenbilder geschnitzt: rechts ein Marienbild, links ein Heiliger mit einem Lamm. Vorwärts an der Armlehne rechts ist eine große, gothische, durchbrochene Rosette eingeschnitzt in dem reinen Geschmack der doberaner Rosetten; darüber steht in Schnitzwerk nach innen ein Schild mit den schwedischen drei Kronen, nach außen ein Schild mit dem braunschweigischen Löwen.

Alles dies deutet ebenfalls unleugbar darauf hin, daß die Königin Agnes diese Kapelle habe erbauen und für sich einrichten lassen.

An der Nordwand dieser Kapelle hängt eine große Tafel mit zwei alten, gemalten Bildern in Lebensgröße neben einander auf derselben Tafel, welche Hane a. a. O. ohne Grund für elende Carricaturen aus neuerer Zeit hält. Links ist ein bejahrterer, bärtiger Fürst dargestellt, mit Fahne und Schild mit dem combinirten schwedisch=meklenburgischen Wappen und der Unterschrift: konick albrecht tho schweden, hertoch tho meklenborch, grave tho Schwerin und her tho rostock. Rechts steht ein jüngerer, bartloser Fürst


(  ...  ) weniger bestimmt sich zeigte, als es der Fall ist, nichts anderes als die K. Agnes darstellen sollen. Es sind nun zwar zwei Nachrichten vorhanden, welche die Jahrzahl des Leichensteins angeben. Schröder Pap. Mekl. p. 494 giebt Anno domini MCCCCXII an und Franck A. und N. Mekl. VII, p. 131 will deutlich 1430 gelesen haben; jedoch zwei unvereinbare Aussagen sind kein gültiges Zeugniß mehr; wahrscheinlich stand auf dem Bande über dem Kopf MCCCCXXX, und sexto kam in die zweite Hälfte, so daß also Franck richtig las, der Verf. der Schröderschen Nachricht aber sich durch die gewöhnliche Annahme dergestalt täuschen ließ, hier eine Bestätigung derselben zu erblicken; wie wenig ihm überdies zu trauen sei, zeigt die Angabe dessen, was er au dem Leichenstein der Herzogin Dorothea sah, der jetzt noch, 100 Jahr später, vollkommen lesbar ist.
Daß König Albrecht in Gadebusch begraben sei, ist allgemeine Angabe der meklenb. Historiker, die hier auch nicht in Zweifel gezogen werden soll; jedoch wo seine Gebeine ruhen, ist wohl sehr zweifelhaft: in dieser Kapelle höchst wahrscheinlich nicht, denn nach der Urkunde von 1423 hat Königin Agnes ene nige capellen buwen taten, welche erst Quasimodogeniti dieses Jahrs geweihet ward, worin Albrecht also, der 1412 starb, nicht begraben sein konnte. Ware aber von ihr die Leiche später hineingesetzt, so würde auch wohl die Bezeichnung dieser Stelle nicht unterblieben sein.

G. M. C. Masch.

Die Vermuthung, daß der König Albrecht in der Fürsten=Kapelle begraben sei, wird jedoch wohl zur Gewißheit durch die Anordnung der verwittweten Königin Agnes in der Fundations=Urkunde dieser Kapelle vom J. 1423, in welcher Sie den Vikaren dieser Kapelle befiehlt:
     "dat se dar na alle daghe effte vore vilige lesen scholen in der capellen vp deme graue".
Vgl. Jahrb. III, S. 243.

G. C. F. Lisch.

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mit dem dreischildigen meklenburgischen Wappen und der Unterschrift: albrecht hertoch tho meklenborch, grave tho schwerin und her tho rostock. Die Schriftzüge sind in den Unzialen des 16. Jahrhunderts geschrieben, also wohl renovirt. Hiernach ist der ältere Fürst: der König Albrecht III. von Schweden († 1412), und der jüngere Fürst: dessen Sohn, der Herzog Albrecht V., welcher zur Dotation der Fürsten=Kapelle durch seine Mutter Agnes seine Zustimmung gab und bald nach Einweihung derselben (11. Mai 1423) und seiner Vermählung (23. Mai 1423) noch in demselben Jahre 1423 starb. (Vergl. noch Schröders Pap. Mekl. S. 495.) Ein ähnliches Bild des Königs Albrecht III. und seines Vaters, Herzogs Anrecht II., findet sich als Miniaturbild vor der Original=Chronik des Ernst von Kirchberg im großherzogl. Archive.

Zu den Häupten des Leichensteins der Königin Agnes, zwischen demselben und dem fürstlichen Stuhl, ist das Begräbniß der Herzogin Dorothea († 1491), Gemahlin des Herzogs Heinrich 1 ) IV., gebornen Prinzessin von Brandenburg, des Kurfürsten Friederich I. Tochter, welche Gadebusch als Leibgedinge inne hatte. Auf dem Grabe liegt ein großer Leichenstein. Die in den Stein gehauene Umschrift lautet mit einigen Ueberschriften folgendermaßen:

Umschrift

(d. i.

Anno domini m. (cccc 2 ) xci in profesto fabiani obiit dorotea van godes gnaden gebaren eyn markgrevinne in brandenborch, hertoginne tho meklenborch, hertich hinricus nalaten wedewe to rene amme closter.)


1) Von einem "Hans", dessen Gemalin Dorolhea nach Schröder P. M. S. 494 gewesen sein soll, ist, wie dort behauptet wird, in der Inschrift nichts zu lesen.
2) In der Jahrszahl, welche auf den ersten Anblick stutzig macht, sind die Hunderte audgelassen; es ist hier schon die sogenannte mindere Zahl gebraucht. Bei Schröder a. a. O. ist MCCCXI gelesen, mit Ausnahme der ersten und letzten Ziffer falsch.
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Hiernach starb also die Herzogin Dorothea im Kloster Rehna am 19. Januar 1491.

In der Mitte des Leichensteins ist die Figur der Herzogin in Lebensgröße eingegraben. An ihrem rechten Arme liegt ein Band mit der Inschrift:

got. wes. gnedich. me. armen. sunderinnen.

Unten am Fuße links ist das Wappen der Herzogin eingegraben, ein vierfach getheilter Schild mit 1) dem brandenburgischen Adler, 2) dem meklenburgischen Stierkopfe, 3) dem schwerinschen quer getheilten Schilde, 4) dem rostocker Greifen 1 ).

An der östlichen Wand der Kapelle, dem Stuhle gegenüber, ist noch ein gewaltiger hölzerner Rahmen befestigt, auf welchem ein Stammbaum des meklenburgischen Fürstenhauses gesessen hat 2 ), nach der noch vorhandenen Ueberschrift:

— — — von anthirio bis auf den jetzigen regierenden landesfursten hern Ulrichen zu meklenburg zusamen verfasset und gezogen.

Dieses Werk ist unter dem Herzoge Ulrich von Güstrow (1579) verfertigt gewesen, welcher die Landesgeschichte und deren Denkmäler mit besonderer Vorliebe pflegte 3 ), und unter welchem viele ähnliche Werke verfertigt sind.

In der eben so großen ehemaligen Lützowen=Kapelle 4 ), jetzt holdorfer Kapelle (von dem holdorfer Kirchenstuhle),


1) Grade so ist auch ihr Siegel schon im J. 1474.
2) Nach dem Berichterstatter in Schröders P. M. S. 495 ist diese Genealogie "in Kupfer gegraben gewesen" und im dreißigjährigen Kriege von den Kroaten geraubt. Nach Franck VII, 412 ist es auf Pergament gemalt gewesen.
3) Als der Hauptmann Zinck im J. 1805 in der Nähe von Gadebusch mehrere Hünengräber aufdeckte, erhielt er auch von dem hochseligen Großherzoge Friederich Franz den Befehl, die fürstlichen Gräber in der Königs=Kapelle zu Gadebusch zu untersuchen. Nach den Acten ward nichts in denselben gefunden, als einige Knochenüberreste. Vgl. auch Freimüth. Abendbl. a. a. O. S. 501; von dem hier erwähnten "Leichensteine Heinrichs" ist in der Kirche keine Spur. — Als später die Kapelle restaurirt werden sollte, ward von dem Großherzoge im J. 1827 der jetzige Landbaumeister Bartning zu Schwerin mit der Veranschlagung und Begutachtung beauftragt. Derselbe zeichnete die Kapelle und alle merkwürdigen Gegenstände in derselben und überreichte dem erlauchten Beschützer der vaterländischen Geschichte diese Arbeiten, welche sich noch zu Ludwigslust befinden werden. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die Ueberreste der Glasgemälde dem sichern Untergange entzogen; es ward aus verschiedenen Fenstern das meklenburgische Wappen gliicklich zusammengebracht und ebenfalls dem hochseligen Großherzoge überreicht. — Jetzt findet sich in der Kirche nur noch ein wohlerhaltenes M arienbild in dem Fenster über dem Altare.     G. C. F. Lisch.
4) Schon im J. 1466 heißt diese Kapelle die "Lutzowen capelle" in einer Urkunde im großherzoglichen Archive. - Zur Zeit der Reformation war diese Kapelle ein Lehen der von Lützow zu Lützow, Salitz und Gadebusch; jedoch hatten die Lützowen schon 1547 die Kelche herausgenommen unnd im J. 1554 war die Kapelle wüst.     G. C. F. Lisch.
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unmittelbar im Osten der Königs=Kapelle, ist keine weitere Spur von Alterthümern vorhanden, als in der Spitze der beiden Fenster alte Glasgemälde: in dem einen Fenster Reste des von Lützowschen Wappens (eine schwarze Leiter auf gelbem Grunde) und in dem andern ein bunter befiederter Helm, und außerdem einige kleinere, neuere Wappen auf Glas.

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2. Die Kirchen zu Bützow, Wismar, Neukloster und Dobbertin,

Reisebericht des Herrn Archivars Lisch zu Schwerin.

Die Kirche zu Bützow.

Die Kirche zu Bützow, früher Kirche eines Collegiatstifts des schweriner Bisthums, bewahrt noch einige bemerkenswerthe Reste alter Kunst: schon Mantzel in seinen Bützowschen Ruhestunden, Theil 23, teilte Bemerkungen über die Kirche mit, und der Pastor M. Maßmann zu Bützow ließ in den Mecklenburgischen Blättern von Geisenhainer, 1818, Jahrg. I, St. 10 und 11, S. 565 flgd. eine Beschreibung der Seltenheiten der Stiftskirche zu Bützow einrücken, welche er auf Allerhöchsten Befehl angefertigt hatte, als im J. 1811 Beschreibungen der Seltenheiten von allen fürstlichen Patronatkirchen von dem hochseligen Großherzoge eingefordert wurden 1 ).

1) ist es vorzüglich der Bau der Kirche selbst, welcher Aufmerksamkeit erregt. Grundform und Wölbung haben vielleicht nichts Seltenes. Die Grundform ist ein Oblongum; um den Mittelraum mit Chor und Schiff geht rund herum ein gewölbter Gang; die Wölbung besteht aus Spitzbogen. Das Ausgezeichnete besteht in den Pfeilern, welche die Wölbungen tragen und die älteste, schönste Zeit des Spitzbogenstyls bezeichnen. Diese Säulen bestehen nämlich aus runden Säulenbündeln, welche Kapitäler zur Krönung haben; diese Kapitäler bestehen aus allerlei Menschengesichtern, Thiergestalten und Blätterformen. Nur die Säulen


1) Es ist hier nicht Zweck, alles, was diese Kirche und andere Kirchen ziert und zieren soll, aufzuzählen und zu beschreiben; es soll nur auf das aufmerksam gemacht werden, was wirklich alterthümliche Bedeutsamkeit oder wahren Kunstwerth hat, damit es Gegenstand des Studiums und der sinnvollern Betrachtung werde. Und daher werden die folgenden Zeilen nicht überflüssig erscheinen, um so mehr, da sie vieles enthalten, was in den "Beschreibungen" noch nicht steht.
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am Altar sind vielseitig mit scharfen Ecken, ohne Kapitäler. Der Gang hinter dem Altare erweitert sich zu drei geräumigen Kapellen; die Würde der Stelle des Altars hat hier jeden Schmuck verachtet.

2) Die Eingangsthüren an der Nordseite sind, wenigstens jetzt, nur niedrig, ebenfalls mit Laubwerk verziert.

3) Von Glasgemälden ist außer wenigen einzelnen Spuren wohl nur ein Marienbild und ein großer Reichsadler in den Fenstern in der Mitte der Südseite der Kirche von höhrm Alter: das erstere ist wahrscheinlich von dem Schmuck der Glasfenster, welche der Bischof Conrad Loste um das J. 1500 der Kirche verlieh (vgl. Franck A. u. N. Meklenb. VIII, S. 297); der Adler trägt auf der Brust das dänische Wappen und über ihm steht die Jahrszahl 1617: dieses Fenster stammt also unstreitig von dem Administrator Ulrich 1 ).

4) An Schnitzwerk in Holz bewahrt die Kirche noch mehrere ausgezeichnete und wichtige Ueberreste:

  1. an einigen Kirchenstühlen unter der Orgel im Westende an der südlichen Seite der Kirche gegen den Hauptgang sind vier menschliche Figuren in relief geschnitzt, offenbar von hohem Alter; leider sind jetzt Sitzklappen mit ihren Schlössern auf diesen Figuren angebracht, wenn sie auch noch wohl erhalten sind. Dieses Schnitzwerk ist höchst eigenthümlich und findet sich in Meklenburg wohl nirgends wieder. Berühmt sind die reichen und prachtvollen gothischen Schnitzwerke in der doberaner Kirche, welche einige Gegenstücke in den Chorstühlen oder Beichtstühlen am Altar der Domkirche zu Güstrow haben. Sehr reich ist Wismar an Schnitzwerk aller Art. Diese Bilder zu Bützow sind aber auch ausgezeichnet und zeigen einen ernsten, strengen Styl. Sie verdienten wohl eine Zeichnung.
  2. Die Pforten zum hohen Chor rechts und links vom Altar haben noch alte Arabeskenverzierungen.

1) Vgl. die Beschreibung in den meklenb. Blättern, a. a. O. S. 569. Ueber diesen Reichsadler lautet ein Bericht des fürstlichen Hofmeisters und Kämmerers Samuel von Behr vom J. 1612 im großherzogl. Archive:

"Canzeler (Hajo von Nessen) referiret, daß die Capitulares einen Adeler in die Kirche setzet, beide J. F. G. davon protestiren sollen."

Dies sollte wohl ein Mittel der Domherren sein, gegen die Säcularisirung zu protestiren.
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  1. Die Kanzel ist ganz und sehr reich geschnitzt, wenn auch in jüngerer Zeit, da sie unter dem Administrator Ulrich im J. 1617 verfertigt ist.

5) Die alten Leichensteine sind fast alle sehr abgetreten und von ihrer Stelle gerückt; einige sind ausgehoben und liegen in der Materialkammer in dem Umgange hinter dem Altar, andere sind zu neuern Grabinschriften in der Kirche und auf dem Kirchhofe benutzt. Zur Entzifferung einiger von ihnen würde wohl ein längeres Studium gehören; übrigens hat Mantzel sie schon so genau als möglich beschrieben.

6) Unter der Orgel ist an die Wand eine ausgenommene Votivtafel aus Kalkstein gelehnt, mit dem Wappen des Bischofs Conrad Loste: einem halben Widder mit einem quer gelegten Bischofsstabe. Unter dem Wappen steht die Inschrift:

Anno. dni. mcccci. coradus. epus. zwerines. hac. capella. edificau. sui - -

Die Tafel scheint am Ende nicht mehr vollständig zu sein.

Eine ähnliche, vielleicht eine ganz gleiche Tafel ist am Chorende der Kirche an der Außenwand an dem (südöstlichsten?) Pfeiler, der den Sonnenzeiger trägt, eingemauert; sie steht zu hoch, um die Inschrift ohne besondere Vorrichtungen lesen zu können. 1 ) An der andern Seite desselben Pfeilers ist dasselbe steinerne Wappen ohne Inschrift in die Wand gemauert.

Wahrscheinlich stand die ausgehobene Tafel in der Kirche in einer Kapelle 2 ) im hohen Chor neben dem Altar dort, wo die beiden Wappen 3 ) draußen eingemauert sind, um die Stelle der Kapelle auch von außen zu bezeichnen.

7) Etwas versteckt seitwärts unter der Orgel steht ein großer Taufkessel (Fünte) von Bronze, dem ähnlich, wie einer im Dom zu Schwerin steht, jedoch wohl jünger, da der bützower im J. 1474 gegossen ist. Oben steht im Rande eine Inschrift:


1) Maßmann a. a. O. S. 669 hielt das Wappen für unkenntlich. Mantzel las noch: Anno — — mille quoqne uno Conradus Pichil condidit illud opus. Dies Wenige, was sicher schlecht gelesen ist, giebt wenigstens doch auch die Jahrszahl 1501. Statt epus, d. i. episcopus, hat Mantzel aber — — Pichil gelesen.
2) Nach dem meklenb. Bl. a. a. O. S. 576 stand früher an jeder Ecke der Kirche eine Kapelle; alle dind jetzt weggebrochen.
3) Aus dem alten Altar in der Kirche zu Bützow stand auch des Bischofs Conrad Loste (1482-1503) Wappen und gegenüber ein Wappen, welches dem Bischofe Johannes von Thun (1504-1506) angehört und nicht dem Bischof Peter Wolkow, wie Mantzel will; vgl. mekl. Bl. a. a. O. S. 572.
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Inschrift

]

d. i.

Inschriftskreuz Anno domim MCCCCLXXIV. Euntes in mundum universum, praedicate evangelium omni creaturae: qui crediderit et baptisatus fuerit, salvus erit.

Um den Bauch des Gefäßes laufen übereinander zwei Reihen von gegossenen Heiligenbildern en relief. Jede Figur steht unter einem dreifach gewölbten Giebel oder Bogen im Rundbogenstyl. In der obern Reihe stehen z. B. außer Gott Vater die Apostel; in der untern Reihe stehen Heilige, Märtyrer, Kirchenväter. An der Vorderseite des Kessels, dort wo die Inschrift beginnt, steht Gott der Vater; neben ihm steht Petrus. Neben der Figur des Petrus steht an jeder Seite ein Gießerzeichen: das eine ist wie ein Steinmetzzeichen; das andere hat die Gestalt einer Scheere. Auf der entgegengesetzten Seite steht in einem Felde links gelehnt ein Stierkopf mit ausgeschlagener Zunge, wie der Stierkopf der Herren von Werle. Unter diesem Wappen steht das bischöflich=schwerinsche Wappen: Zwei Bischofsstäbe im Andreaskreuze übereinander gelegt, jedoch hier so, daß die beiden Krümmungen nach einer Seite hin gewandt sind. Hiernach und nach der Jahrszahl wäre also der Taufkessel unter dem Herzoge Balthasar von Meklenburg gegossen, welcher 1473-1479 im Besitze des Bisthums Schwerin war 1 ).


1) Auch der Herr Freiherr von Glöden zu Bützow hat über die dortige Kirche Notizen eingesandt, welche vorzugsweise auf einige in der Beschreibung in den Mekl. Blättern vorkommende Ungenauigkeiten sich beziehen. Da diese Mittheilungen größtentheils mit dem Berichte des Herrn Archivars Lisch zusammentreffen, so beschränken wir uns darauf, folgende ergänzende Zusätze denselben zu entnehmen. "Der Taufkessel ist wahrscheinlich früher mit einem gleich schönen Deckel versehen gewesen. Es befindet sich nämlich oben am Rande ein hübsch verzierter Knopf, dessen innere Seite ausgehöhlt ist und ihm gegenüber, unterhalb des geschweiften Kesselrandes, eine Krampe. Augenscheinlich diente diese Vorrichtung dazu, den Deckel, der bei der Taufhandlung abgehoben wurde, vor dem Entwenden zu schützen. Vermuthlich war er rund und von getriebener Arbeit, und da diese Form hinderlich war, als man sich später nicht mehr des Kessels bediente und nur ein kleines Taufbecken oben aufsetzte, so mußte jener Deckel einem flachen, hölzernen Platz machen. Meine Nachforschungen aber, wo jener geblieben sei, blieben erfolglos. Eben so wenig gelang es mir, eine erst ohnlängst vollzogene Beraubung dieses interessanten Gefäßes riickgängig zu machen. Der Taufkessel ruht nämlich auf einem 1½ Fuß dicken Sandstein, der (  ...  )
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Die Kirchen zu Wismar

sind noch sehr reich an bemerkenswerthen Gegenständen der Kunst. Unendlich zahlreich sind die Leichensteine, welche, freilich bei mühseliger Arbeit, der Geschichte noch Gewinn bringen dürften; eben so zahlreich sind die alten geschnitzten Wappen an den Kirchenstühlen, namentlich in der Marienkirche, meistens wohl aus dem 16. Jahrhundert; die Glocken haben einen guten Klang aus guter alter Zeit. Dies alles zu untersuchen, das Wichtige hervorzuheben, kostet viel Zeit und Mühe. Der Baustil der Kirchen selbst ist, dem Vernehmen nach, schon Gegenstand kunstgeschichtlicher Forschung geworden; er ist nicht allein in dem Ganzen der Kirchen beachtenswert, sondern vorzüglich in den vielen Anbauten und Kapellen. Besonders zeichnet sich ein Seitengiebel der Nicolai=Kirche (nach der Grube hin) sowohl durch den Styl, als durch die reichen Verzierungen von Figuren in glasurten Ziegeln aus.

In Vergleichung zu der bützower Kirche hebe ich nur Einzelnes hervor:

1) Figuren, namentlich Menschenköpfe, in den Kapitälern der Pfeiler, welche die Gewölbe tragen, finden sich auch in der Nicolai=Kirche. Jedoch sind sie hier nicht so eigenthümlich und mit dem Bau der Pfeiler in so großer Uebereinstimmung, wie in der Kirche zu Bützow. Im schwarzen Kloster (d. i. der Kirche der Dominikaner= oder


(  ...  ) "in der Mitte eine Oeffnung hat, welche das durch einen doppelten Trichter von dieser Form
Trichter
aus dem Kessel kommende Wasser abfließen ließ. Diesen Trichter nun hat man, als jetzt überflüssig, zum Besten (?) der verarmten Kirche an einen hiesigen Kupferschmied verkauft, der das schöne Metall eiligst verarbeitete und so eine Rückkgabe, um die ich mich bemühete, unmöglich machte. — Vor kurzem hat man endlich den Taufkessel aus seinem bisherigen Versteck in die Mitte der Kirche gebracht. - Zu der Beschreibung der Kanzel (in den Mekl. Blättern) ist nachzutragen, daß die Breite der Felder (mit Ausnahme der hinter dem Pfeiler befindlichen etwas schmalern) 18", ihre Höhe eben so viel beträgt. Wird indeß zur letztern die über jedem Bilde befindliche dachartige, mit liegenden Genien etc. . geschmückte Aufsatz gerechnet, so ergiebt sich eine Totalhöhe von 24". Die 8 Felder der Kanzel sind zur Seite mit schmalen, carhatidenartigen Säulen eingefaßt, neben denen sich wiederum 5-6" breite Säulen erheben, deren oberer Theil mit weiblichen allegorischen Figuren, der untere aber mit Früchten u. dgl..verziert ist. Endlich werden die Felder noch von runden, freistehenden Säulen, gleichsam Trägern des Ganzen, etwa 38" hoch, umgeben, deren Kapitäler schönes Laubwerk, und die Sockel ebenso reiches Schnitzwerk ziert. In das Lob, welches der sehr saubern und schönen Schnitzarbeit in jener Beschreibung gezollt wird, kann ich freudig einstimmen: es ist diese Kanzel wirklich ein Meisterstück, der Styl edel, die Arbeit vollendet schön, reich ohne Ueberladung."
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schwarzen Mönche) werden die senkrechten Wulste der Pfeiler auch von Menschenköpfen getragen, unter denen Wappenschilder stehen.

2) An Glasmalereien ist die Nicolai=Kirche noch sehr reich. Sie sind im Styl der Glasmalereien in der doberaner Kirche und kommen diesen wohl an Schönheit nahe. Diese beiden Kirchen möchten vielleicht doch das Vorzüglichste und Vollständigste haben, was Meklenburg an Glasmalereien besitzt.

3) An Schnitzwerk sind, wie oben bemerkt, die Kirchen zu Wismar sehr reich. Vorzüglich zu beachten sind die Chorschranken (Verkleidungen des hohen Chors am Altar) und die Chorstühle in der Georgen=Kirche und auch in der Marien=Kirche, so wie das ausgezeichnet große und schöne Altarblatt in der Georgen=Kirche, alles sehr sehenswerth. Ein großes Crucifix, dessen Kreuz reich mit Weinblättern und Trauben verziert ist, hat kunstgeschichtliches Interesse.

4) An Gußwerk zeichnet sich vorzüglich aus: das aus Messing gegossene Grabdenkmal der Herzogin Sophia, Gemahlin des Herzogs Magnus, einer gebornen Herzogin von Pommern, der verdienstvollen Stammmutter mancher deutscher Regentenlinien († 26. April 1504; vgl. Rudloff II, S. 901), vor dem Altar im schwarzen Kloster; das Bild der Fürstin liegt in Lebensgröße in erhabener Arbeit auf dem Grabe. Das Denkmal verdiente eine würdevolle Befriedigung, da das Waisenhaus in der Kirche erbaut ist; wenigstens wäre der noch freien Hälfte der Kirche, wenn auch nur des Denkmals wegen, eine schloßfeste Vergitterung zu wünschen. Das Denkmal fordert Zeichnung und die geschnörkelte Inschrift Entzifferung. — An Taufkesseln (Fünten) findet sich in der Marien=Kirche ein metallenes Becken (mit dem berühmten eisernen "Teufelsgitter") mit erhabenen Figuren, wie in der Kirche zu Bützow, jedoch ohne Umschrift, und in der Georgen=Kirche ein ähnliches, aber ganz glattes Becken, mit aufgemalten Figuren 1 ). — Wahrscheinlich besitzen die Kirchen noch manches Merkwürdige an vasis sacris.

Die Kirche zu Neukloster.

Die Kirche dieses ehemaligen alten Klosters (Sonnenkamp) hat im Aeußern ihres Baues wohl manche Eigen=


1) Im Freimuth. Abendbl. 1821, Nr. 131 sind schon einige bronzene Taufkessel aufgeführt, nämlich: die zu Schwerin, zu Wittenburg von 1342, zu Neustadt Parchim von 1365 und zu Kröpelin.
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thümlichkeit, namentlich in den glasurten Ziegeln, und ist in einem edlen Style erbauet. Nach Abbildungen zu urtheilen, ist der östliche Hauptgiebel in den Verzierungen der Zickzacklinien aus glasurten Ziegeln ganz einem Giebel an der bischöflichen Kirche zu Camin in Pommern gleich. — Das Innere der neuklosterschen Kirche hat weder im Bau viel Bemerkenswerthes, noch in der Ausschmückung, da viel modernisirt ist. Die Glasmalereien scheinen jedoch im hohen Grade interessant zu sein. Die ganze nördliche Seite des Schiffes über dem alten oberen Chor der Nonnen bewahrt nämlich in den Fenstern noch fast alle alten Malereien unversehrt. In jedem der schmalen Fenster ist ein Heiliger in Lebensgröße dargestellt. Diese Malereien haben freilich nicht den Glanz der Malereien in der doberaner und der wismarschen Nicolai=Kirche, aber die Gluth, die Tiefe und die Dauerhaftigkeit der Farben in den neuklosterschen Fenstern ist ausgezeichnet; nach der Zeichnung zu urtheilen scheinen sie viel älter als jene zu sein, und möchten zu den ältesten Glasmalereien in Meklenburg gehören. — An Schnitzwerk finden sich noch Weinlaub= und Traubenverzierungen am Chorstuhle neben dem Altare und Verzierungen von Menschenköpfen an den alten Stühlen des Convents auf dem obern Chore. Der Altar von vergoldetem Schnitzwerk gehört zu den bessern Arbeiten dieser Art. — Vier bis fünf Leichensteine möchten noch geschichtliche Ausbeute geben.

Von den alten Klostergebäuden ist wenig vorhanden; der Kreuzgang ist abgebrochen; das alte Conventhaus, jetzt das Amtshaus genannt, steht noch mit seinen alten durchbrochenen Giebeln.

Die Kirche zu Dobbertin

scheint gar nichts Sehenswerthes mehr zu besitzen. Der Bau der Kirche ist einfach; die Ausstattung ist aus der schlechtesten Zeit des modernen Styls des vorigen Jahrhunderts und contrastirt nicht wenig mit dem neuen Thurmbau im alten Styl. Auch von den alten Klostergebäuden steht nichts weiter, als der Kreuzgang; an diesem ist allerdings bemerkenswerth, daß die eine Hälfte im Rundbogenstyl, die andere im Spitzbogenstyl gewölbt ist.

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3. Die Kirchen zu Hohen=Vicheln, Neukloster, Warin, Tempzin, Rühn und Bützow, und die Burg zu Warin,

Reisebericht des Herrn Archivars Lisch und des Herrn Hofmalers Schumacher zu Schwerin.

Auf die sichere Anzeige, daß die ehemalige Residenz der Bischöfe von Schwerin, das jetzige Amtshaus zu Warin, noch im Laufe des Sommers 1838 abgebrochen werden solle, hielt der Ausschuß des Vereins im Geiste seiner Zwecke es für nöthig, das Aeußere dieses alten Gebäudes durch genaue und gute Zeichnung für die Zukunft zu erhalten. Eine schon früher erworbene Zeichnung genügte nicht; der Ausschuß beauftragte daher den Hofmaler und Vereins=Antiquar Schumacher, sich nach Warin zu begeben, um eine Zeichnung des Gebäudes aufzunehmen. Durch die vorstehenden Reiseberichte des Archivars Lisch veranlaßt, sprach der Ausschuß den Wunsch aus, daß dieser den Hofmaler Schumacher auf der Reise nach Warin begleiten und beide im Verein die geschichtlichen Merkwürdigkeiten von Warin und den nahe bei dieser Stadt gelegenen Kirchen und ehemaligen Klöstern untersuchen möchten. Der Hauptzweck der Reise war die Zeichnung der Burg von Warin; dieser Zweck ist durch die eingelieferte Zeichnung vollständig erreicht. Zugleich aber sind auch Proben der Merkwürdigkeiten aus den Kirchen und Klöstern zu Vicheln, Neukloster, Tempzin und Bützow in Zeichnungen eingereicht und von den nachfolgenden Beobachtungen begleitet, welche theils als Ergänzungen der vorstehenden Reiseberichte und Erläuterung der Zeichnungen, theils als Anregung zu künftigen gründlichem Untersuchungen und vollständigern Zeichnungen angesehen werden können.

Die Kirche zu Hohen=Vicheln.

Die Kirche zu Hohen=Vicheln am nördlichen Ende des schweriner Sees ist in ihrem Bau wohl eine der merkwürdigsten und schönsten Landkirchen in Meklenburg. Sie bildet ein Rechteck und ist im Innern mit drei Reihen von Gewölben bedeckt. Diese Gewölbe werden von acht runden Säulen getragen, so daß die Kirche einen größern Mittelraum und zwei Seitengänge hat; das östliche und das westliche Ende der Kirche haben quer über einen größern Raum, als die übrigen Vierecke zwischen den Säulen. Die Säulen sind

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schlank und verlieren sich ohne Absätze und Kapitäler in die Gewölberippen; die Gewölbe sind in engen Spitzbogen auf die Säulen gesetzt. Die Säulen sind mosaikartig abwechselnd mit glasurten grünen und nicht glasurten hochrothen Ziegeln bekleidet; leider bedecken diesen Schmuck jetzt mehrere Kalkschichten, welche bei den unheilvollen "Renovirungen" der letzten Jahrhunderte aufgetragen sind. Der ganze, reine Bau mit seinen schönen Verhältnissen, seinen schlanken Säulen, seinen hohen und kühnen Gewölben, seinen großen (jetzt zu Vierecken vermauerten) Fenstern in Spitzbogen, seinem dunklen Westraume, — macht einen höchst wohlthätigen Eindruck, den die Würde des Styls zunächst veranlaßt. Der Bau stammt ohne Zweifel aus der ersten, besten Zeit des Spitzbogenstyls in Meklenburg, aus dem 13. Jahrhundert 1 ). Das Material, aus dem die Kirche erbaut ist, ist ganz vorzüglich; die Säulen klingen, wenn man nur mit dem Fingerknöchel an dieselben klopft, als wären sie hohl; einer der frühern Prediger soll deshalb eine Säule haben anbohren lassen, aber weder zu einer Höhlung, noch zu vermauerten Seltenheiten gelangt sein.

Von dem alten Schmuck der Kirche steht nichts mehr an seiner Stelle, jedoch ist noch manches Beachtungswerthe aus der katholischen Zeit in den Hintergrund gestellt. Eine alte hölzerne Statue eines Helmold von Plessen, welche jetzt in einer Fensternische neben der Kanzel aufgestellt ist, ist schon im Freimüth. Abendbl. 1831, No. 647 beschrieben und in einer Lithographie beigegeben. — Der Schmuck über dem Hauptaltare wird aus einer niedrigen Basis (mit dem Sacramentschrein) und einigen darauf gestellten Heiligen=Figuren bestanden haben. Alle diese Schnitzwerke liegen noch in den vermauerten Fensternischen des Westraums; es sind: ein kleines Relief aus Holz geschnitzt, ungefähr einen Fuß hoch, mit einer Darstellung des Abendmahls, von mittelmäßiger Arbeit; ferner ein großes Crucifix und die Statuen der Maria und des Johannes, ungefähr in Lebensgröße,


1) Vicheln oder Hohen=Vicheln, wie es jetzt genannt wird, hat durch seine Lage immer einige Bedeutung gehabt. Daher hatten z.B. im Mittelalter die Bischöfe von Schwerin hier ihre Kornspeicher (granaria) und noch im 16. Jahrhundert die Herzoge von Meklenburg ihre Materialienhäuser, z. B. Kalkhäuser. Auch große Versammlungen waren zu Vicheln, wie z. B. am 20. Julius 1320 der Fürst Heinrich von Meklenburg mit den Grafen, dem Bischof und den Domherren von Schwerin in der Kirche zu Vicheln verhandelte. — Ein Prediger von Vicheln, Namens Simon, kommt schon im J. 1173 vor.
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von einer Arbeit, welche nicht besondere Beachtung verdient. Nach einer hochtönenden, sonst nichts sagenden Inschrift auf der Rückwand des seligen Altars ist die Kirche im J. 1696 renovirt, und bei dieser Gelegenheit ist nicht allein das Schlechtere an die Stelle des Bessern gekommen, sondern auch der Kalk auf die Säulen getragen; ja man hat die alte Reliefdarstellung des Abendmahls verworfen und — was unglaublich scheint — eine ganz genaue, aber viel schlechtere Copie desselben an die Stelle des alten gesetzt! Außerdem liegen noch drei, aus Holz geschnitzte Heiligenbilder in halber Lebensgröße, welche wahrscheinlich von einem Nebenaltare stammen, in den genannten Mauernischen, nämlich: eine Maria, eine Katharina 1 ) und noch eine nicht zu erkennende Figur; diese sind von sehr guter Arbeit und verdienten einen bessern Platz.— Ueber die Taufkessel (Fünten) und Weihbecken aus Granit ist schon im Jahresber. II, S. 119 berichtet, und wird hier nur noch bemerkt, daß die vier menschlichen Gesichter im Relief an dem Taufsteine, welcher jetzt im Pfarrgarten steht, alle eine verschiedene Ausstattung an Haarschmuck, Bärten und dgl. haben; der eine Kopf trägt offenbar eine antike Krone, von der vier Zacken hervorstehen. — Auf einem, sonst schlecht gearbeiteten (Tauf=) Becken von Messing ist in der Mitte ein geharnischter Ritter zu Roß mit einem Falken auf der linken Faust und auf dem Rande eine Weinranke mit Trauben eingetrieben. — Auf einem vergoldeten Kelche steht die Inschrift:

dessen. kelk. heft. gheben. her. hinrik. wesebom. deme. ghot. gnedich. si.

Auf sechs um den Fuß hervorstehenden Knöpfen sind in blauer Emaille die Buchstaben:

c. c. h. s. i. v.

mit Gold eingelegt. Auf andern ähnlichen Kelchen stehen auf ähnlichen Knöpfen die Buchstaben des Namens: i.h.e.s.v.s. (Jhesus). Ob die Buchstaben auf dem Vichelschen Kelche dasselbe zu bedeuten haben?


1) Die heil. Katharine mit dem Schwerte oder dem Rabe oder mit beiden in den Händen wird in Darstellungen durch Bildhauerei und Malerei in den Kirchen des mittlern Meklenburgs öfter gesehen, wie der Verlauf dieses Berichts ergeben wird.
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Die Kirche und das Kloster zu Neukoster.

Die Kirche des ehemaligen Cistercienser=Nonnenklosters Sonnenkamp oder Neukloster bei Warin, fundirt im J. 1219, also des ältesten Nonnenklosters im Lande, gehört zu den ausgezeichnetsten kirchlichen Gebäuden im Vaterlande und ist eine der wenigen größern Kirchen, vielleicht die einzige in Meklenburg, welche in der Uebergangs=Periode vom Rundbogenstyl 1 ) zum Spitzbogenstyl liegt 2 ) Die Kirche ist eine Kreuzkirche, im Innern einfach und ganz frei, ohne Pfeiler und Nebengänge. Das Aeußere ist sehr ernst und würdig; die Eingangspforten sind völlig im Rundbogen mit drei Wulsten, welche auf drei runden Pilastern mit einfachen Kapitälerchen aus Ziegelmasse ruhen, gewölbt; die hohen, sehr schmalen Fenster des Schiffes nähern sich im Schlusse dem Spitzbogen; in den Giebeln über den Pforten sind Paare von schmalen Fenstern neben einander. Die Verzierungen des östlichen Giebels und die Kragsteine sind aus schwarz glasurten Ziegeln. Das Schiff ist nicht gewölbt; der Chor ist im Spitzbogen gewölbt und scheint in seiner ganzen Innern Einrichtung später, als die Erbauung der Kirche vollendet zu sein.

Der Altar besteht aus vergoldetem und bemaltem Schnitzwerk. Den mittlern Raum nimmt ein Marienbild in einer Glorie ein; im linken Flügel steht das Bild der heil. Katharine 3 ) mit dem Rade, wie sie eine kleine Kaisergestalt mit dem Fuße tritt; im rechten Flügel steht eine Maria mit dem Christkinde auf dem Arme, welches sie der vor ihr knieenden heil. Katharina verlobt. Auch unter den Glasgemälden in den Fenstern auf dem Nonnenchor ist eines mit dem Bilde der heil. Katharina mit dem Schwerte in der Hand gefüllt 4 ).


1) Die Kirche zu Ratzeburg, das Schiff der Kirche zu Gadebusch und die Kapelle zu Althof bei Doberan gehören noch der Zeit des (sogenannten byzantinischen) Rundbogenstyls an.
2) Die Erbauung der Kirche zu Güstrow scheint theilweise auch in dieser Uebergangsperiode zu liegen.
3) In den Siegeln der Propste von Neukloster kommen im 15. Jahrh. öfter Darstellungen vor, welche dem Altar gleichen. So führt der Propst Heinrich Goldberg (1416-1430) das volle Bild der heil. Katharina mit dem Schwerte in der rechten, und dem Rade in der linken Hand, und darunter sein Familien=Wappen im Siegel.
4) Die Kirche zu Neukloster war der Jungfrau Maria geweihet. Die Verehrung der heil. Katharina muß aber sehr verbreitet gewesen sein, da sie oft auf Altarbildern dargestellt ist (vgl. oben Vicheln und weiter unten Bützow). Die Darstellung mit dem Rade und dem Schwerte bezieht sich daraus, daß, als sie des Kaisers Maxentius Geliebte nicht werden wollte, dieser sie peinigen ließ und rädern lassen wollte, die Räder aber durch ein Wunder entführt wurden; endlich ward sie enthauptet. Die Figur zu ihren Füßen ist der Kaiser Maxentius; diese hat schon (  ...  )
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Diese Schnitzwerke in den Altarflügeln sind höchst ausgezeichnet. Die Figur der heiligen Katharina links ist in der vollsten Jugendblüthe gehalten, aber mit einer edlen Sittigkeit und mit jenem festen Triumphe der alten Kirche, mit der die erhabene Gestalt, auf das Rad gestützt, den winzigen Maxentius in den Staub tritt. Die Figur, welche auch als Bildhauerarbeit, in Zeichnung, Gewandung und anatomischer Berechnung trefflich ist, zeigt eine Verschmelzung der höchsten Jungfräulichkeit und Schönheit mit dem ernsten Siegesgefühl des Glaubens, wie man sie wohl selten finden mag. Die Darstellung der Maria im rechten Altarflügel zeigt im Gegensatze zu dem Bilde der Katharina in Stellung und Gewandung ein eben so schönes Bild einer Matronen=Erscheinung.

Links vom Altare steht der Chorstuhl für die männlichen Geistlichen des Klosters aus Eichenholz gehauen mit 8 Sitzen, an den Seiten mit geschnitztem Eichenlaub verziert; auf der Leiste der Ueberdachung ist die Anbetung der Maria in alter Malerei dargestellt; in der Mitte steht unter einer gotischen Nische ein Marienbild und zu beiden Seiten auf der langen, schmalen Leiste knieen betend die Heiligen mit übergeschriebenen Namen in gothischer Minuskel. Diese Darstellung ist durch Kalktünchung fast ganz verdorben.


(  ...  ) zu lächerlichen Hypothesen Veranlassung gegeben. Ihre Verlobung mit dem Christkinde ist ihrem Cultus eigenthümlich. Ein im großherzogl. Archive aufbewahrtes mittelhochdeutsches Passionale aus dem 14. Jahrh. sagt hierüber:

Der Keiser katherinen
vruntschaft liez erschienen,
wand er sie gutlich ansach
vnde mit sempften worten sprach:
— — — — — — —
— — — — — — —
Ich wil nach disen sachen
dir lan ein bilde machen,
vor daz die lute muzen treten
vnde dich mit vreuden anbeten
als eine gotinne;
nach miner kuniginne
saltu gewaldigest wesen
vnde mir die liebeste uzerlesen,
die ich nu indert schouwe.
Do sprach die inncvrouwe:
Ey la die rede vnderwegen;
du must ir umsust pflegen
wand sie gein mir ist verlorn.
Ich han mir einen vrunt erkorn
Ihesum Christum den herren min,
des brut wil ich stete sin;
din liebe ist mir rechte so ein troum;
er ist min holde brutegoum.

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Der Taufkressel ist modern und schlecht. Er steht auf einer Schale von Sand= oder Kalkstein, von ungefähr 6 Fuß im Durchmesser, welche in den Boden eingelassen ist und in welcher früher der alte Taufkessel gestanden hat; nach den Berichten ist diese Schale ganz flach und erst in neuern Zeiten mit einer Schicht von Mauersteinen gefüllt.

Im Westen der Kirche ist der hohe Chor der Nonnen mit Stühlen aus Eichenholz gehauen; es sind noch 32 Sitze vorhanden. Hier wurden früher die berühmten Reliquien aufbewahrt.

Die Glasmalereien stammen wohl aus dem 14. oder 15. Jahrhundert, da ein Bild in den Unzialen dieser Zeit, anscheinend aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts, den Namen: M A THI A S hat. Das Glas dieser gemalten Fenster hat eine Dicke von 1/8 Zoll.

In dem Fenster über dem Altare sind jetzt zwei gemalte herzoglich=meklenburgische Wappen aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts. Noch vor einiger Zeit befand sich in der Mitte dieses Fensters zwischen den beiden fürstlichen Wappen ein altes Gemälde der Dreieinigkeit, wie Gott Vater den Sohn am Kreuze im Schooße hält und über beiden die Taube schwebt.

Die Leichensteine enthalten folgende Inschriften und Wappen.

1) Im Chore vor dem Altar liegt ein Stein mit der Inschrift:

Inschrift

(d. i.

anno domini MCCCLXXXVII in die Vitalis obiit Helmoldus Bybow et Eghardus frater eius in die Seuerini. Orate pro eis).

In der Mitte des Steins ist eine Vertiefung für einen einzulegenden Wappenschild von Metall eingehauen, der jedoch nicht mehr vorhanden ist.

2) Rechts von diesem Steine liegt ein Stein mit der Inschrift:

Inschrift

(d. i.

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Anno domini MCCCCLX obiit Hinricus de Bulowe. orate pro eo. Anno domini MCCCCLXVIII feria V post festum exaltacionis sancte crucis obiit Anna vxor eius).

Innerhalb der Umschrift sind in Umrissen zwei Figuren ausgehauen: rechts ein geharnischter Ritter, mit beiden Händen vor der Brust ein Schwert haltend, welches bis zu den Fußsohlen reicht; links eine Frau mit gefalteten Händen. Zu den Füßen des Ritters liegt der von Bülowsche Wappenschild mit 15 Byzanten, zu den Häupten desselben ein Helm, auf dem ein Vogel sitzt. Zu den Füßen der Frau liegt ein Schild mit einer pyramidalisch emporsteigenden Zinne; zu ihren Häupten liegt ein Helm mit zwei schlichten Hörnern, zwischen denen das Schildzeichen mit zusammengezogenen Seiten verschmälert und an allen Seiten frei dargestellt ist und daher die Gestalt eines geästeten Baumes hat. Dies ist der Wappenschild der von der Lühe; ganz genau so, jedoch noch ohne Helm, führt ihn im J. 1340 ein Conradus de Lu.

3) Links von dem ersten Steine liegt ein dritter mit der Umschrift:

Umschrift

(d.i.

Anno domini MCCCCXXXIV die Ghertrudis obiit dominus Tidericus Winkelman vicarius huius ecclesie confessor monialium. Orate pro eo).

Im Mittelfelde ist unter einer gothischen Nische ein Mönch dargestellt, der den Kelch consecrirt. An seinem linken Fuße liegt ein Wappenschild mit einem Querbande, auf dem ein Kelch und der Buchstabe w steht. An den vier Ecken des Steins sind die symbolischen Darstellungen der vier Evangelisten eingehauen.

4) Im nördlichen Gange der Kirche liegt ein Stein mit der Umschrift:

Umschrift

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(d.i.

Anno domini MCCCCLVII dominica Letare obiit validus [..... domin]us Johannes Stralendorp. orate pro eo. — — — — — — — [ob]iit Beke vxor eius. Orate Deum pro eis).

In der Mitte des Steins sind in Nischen ein Ritter und eine Matrone eingehauen, wie auf dem Bülowschen Grabsteine No. 2. Zu den Füßen der Figuren steht in den beiden untern Ecken des Steins das Stralendorfsche Wappen: ein längs getheilter Schild mit drei schräg rechts aufwärts liegenden Pfeilen in der rechten und einem halben Rade in der linken Hälfte; zu den Häuptern der Figuren steht in jeder Eeke ein Helm mit einem aufrecht stehenden Pfeile auf demselben als Helmschmuck.

5) In demselben Gange liegt ein sehr abgetretener Stein, der nichts weiter als eine Inschrift hat, von welcher noch zu lesen ist:

Inschrift

6) Im südlichen Gange der Kirche liegt ein Stein mit den Symbolen der Evangelisten in den vier Ecken und der Umschrift:

Umschrift

(d.i.

Anno domini MCCCCXXXVI in die Eg[idii] obiit Johannes Moller presbiter — — — — —).

Sonst ist in der Kirche nichts Bemerkenswerthes. Eine Tafel, welche rechts neben dem Altar hängt, hat die Inschrift:

ANNO CHRI. 1225 IST DIES IVNGFRAVEN CLOSTER VON MECHTHILDIS KONIGES TOCHTER AVS POLEN HENRICI BVREVINI H. Z. M. GEMAHLINEN GESTIFTET ABER ANNO 1550 VON HERTZOG VLRICH ZV MEKLENBVRG REFORMIRET WORDEN.

worauf die Namen der ersten Prediger nach der Reformation folgen, denen die Prediger der neuesten Zeit die ihrigen haben hinzufügen lassen. Diese Nachricht aus dem Ende des 16. Jahrh. ist den Jahrszahlen nach eben so ungegründet, als die Aufzeichnung in einem bei der Pfarre befindlichen Register aus dem 17. Jahrh., daß das Kloster 1215 bei Westenbrügge gegründet und im J. 1223 nach Sonnenkamp verlegt worden sei.

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Die Glocken hangen in einem niedrigen, frei stehendenvThurme, welcher, fern von der Kirche, in der Kirchhofsmauer zwischen dem Kirchhofe und dem Wirthschaftshofe steht und die aus Thon geformten Wappen des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin trägt; er sieht eher aus wie ein Zwinger, als wie ein Glockenthurm. Unter den Glocken ist nur eine von höherm Alter; sie trägt die Inschrift:

Inschrift

Von den ehemaligen Klostergebäuden ist noch einiges vorhanden; auch läßt sich die Einrichtung des Klosters mit Hülfe alter Inventarien aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts (von 1610 bis 1613) noch ziemlich genau beschreiben.

In einiger Entfernung von der Südseite der Kirche nach dem großen See hin liegt ein Berg, in alten Acten und noch heute der Sonnenberg genannt 1 ). Vom nördlichen Fuße dieses Berges bis zu der leisen Erhebung, auf welcher die Kirche steht, ist eine sanfte Senkung: dies ist wohl ohne Zweifel der Sonnenkamp der alten slavischen Domaine Kussin, auf welchem das Kloster erbaut ward. In dieser Senkung liegt denn auch das ganze Kloster, genau der Südseite der Kirche gegenüber. In gleicher Richtung mit dem westlichen Giebel der Kirche liegt im Westen des Klosters ein Teich, der Jungfernteich genannt, mit einem Ausflusse nach dem Fuße des Sonnenberges hin; dieser Ausfluß treibt sogleich eine Mühle dicht neben dem Hauptgebäude des Klosters.

Das Hauptgebäude des Klosters liegt am entferntesten von der Kirche, im Süden von derselben und parallel mit ihr, fast genau so groß, wie das Schiff der Kirche und fast genau in derselben Lage, so daß die Mauern zwischen beiden auf die Giebelseiten derselben stoßen. Dies Gebäude, im J. 1610 im Gegensatze eines ältern, gegenüber liegenden Gebäudes das "Neue Haus", im J. 1613 das "Herrenhaus" genannt, ist ein massives, zweistöckiges Gebäude mit hohen, schönen Giebeln im gothischen Geschmack und hin und wieder noch mit den alten kleinen Fenstern; dies ist ohne Zweifel das


1) Ihm gegenüber im Westen liegt ein anderer Berg, der "Düsterberg" genannt. - Der Sonnenberg war noch im 16. Jahrhundert mit einer kleinen Buchenwaldung bedeckt. Ein anderes Holz war das "Junckfrawenholtz vor dem Kloster, ist eitell Eichen — und gar klein".
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eigentliche K lostergebäude, und ist höchst wahrscheinlich im Anfange des 15. Jahrh. erbauet, da die Bischöfe von Schwerin und Ratzeburg im J. 1400 für Wallfahrten zu den Reliquien zu Neukloster und für Geschenke an das Kloster einen vierzigtägigen Ablaß für jede Reliquie ertheilten, da zu Neukloster Bauten nothwendig seien; daher wird dies Gebäude das neue genannt, im Gegensatze zu dem alten Kloster. Es war früher einige Zeit lang Residenz der apanagirten Fürsten, unter schwedischer Zeit "Amtshaus" und jetzt Pächterwohnung. Auf jeden Fall ist es viel jünger, als die Kirche. Der westliche Theil dieses Gebäudes ist im Erdgeschosse in sehr großen Räumen gewölbt und war in alten Zeiten Brau= und Backhaus, jetzt Branntweinbrennerei. In diese gewaltigen Kellerräume, von denen ein unterirdischer Gang nach der Kirche gehen soll, fließt das Wasser einer Quelle vom Sonnenberge. Diese eisenhaltige Quelle ist am Fuße des Sonnenberges in dem jetzigen Garten; ihr Wasser wird in einem Bassin gesammelt; in alter Zeit war am Sonnenberge bei der Quelle eine Wasserkunst, welche das Wasser in das Backhaus und in die Küche leitete ("An dem Sonnenberge die "Wasserkunst tregt ins Backhauß vnd Kuchen." Inventarium von 1610). — Im Westen des Hauptgebäudes liegt in der Tiefe am Ausflusse des Jungfernteiches die Mühle. — Die übrigen Hauptgebäude des Klosters lagen neben einander im rechten Winkel an dem Herrenhause nach der Kirche hin, der Länge nach am Jungfernteiche. Diese Gedäude waren: zunächst im rechten Winkel am westlichen Ende des Brau= und Backhauses ein dreistöckiges, ganz massives Gebäude, von einem alten Klostergute das "Brunshaupt" genannt, mit gewölbten Kellern; von diesem Gebäude steht nur noch ein Stockwerk. Dann folgten am Jungfernteiche entlang nach der Kirche hin: die "Hofstuben", das "lange Kornhaus", das "Rauchhaus", alle massiv und gewölbt, und von dem Rauchhause bis an die Kirche eine Mauer. — Diese zwei Reihen von Gebäuden und das Schiff der Kirche, bildeten den Klosterhof, welcher vom östlichen Ende des Kirchenschiffes bis zum östlichen Giebel des Hauptgebäudes gegen Osten durch eine Mauer geschlossen war. Diesen Hof durchschnitten quer über das "alte Haus" und die "Küche", welche sich an die Hofstuben lehnte. Der nördliche Theil dieses Hofes an der südlichen Seite des Schiffes der Kirche bildete den Nonnen=Kirchhof, der noch jetzt der Jungfern=Kirchhof heißt und vor nicht langer Zeit zu dem allgemeinen Kirchhofe genommen ist. - Der Kreuzgang ging wahrscheinlich vom

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Hauptgebäude nach der Kirche an der östlichen Seite des Hofes, wo in neuern Zeiten noch eine Mauer stand; in dieser Richtung ist an der südlichen Seite des Schiffes noch die Wendeltreppe zum obern Nonnenchor; es ist sonst nicht abzusehen, welchen Weg die Klosterfrauen zur Kirche genommen haben sollten. Nach den Spuren von der Anlehnung des Kreuzganges an die Kirche war derselbe jedoch nur ein Stockwerk hoch. — An der nördlichen Seite des Schiffs der Kirche war auch ein einstöckiges Gebäude angebauet; dies diente im 17. Jahrhundert zur Canzlei. — An der Mauer oder dem Kreuzgange im Osten des Hofes steht der Thurm. Neben diesem war, wie noch heute, das Thor und neben demselben waren Wohnungen für Pförtner und Knechte, wie noch heute einige alte Gebäude von denselben stehen. — An der östlichen Seite des Klosters standen nach Osten, "nach dem Felde hin", wie noch heute, die Wirtschaftsgebäude: ein "Backhaus", eine Scheure, ein Stall, und zwei Viehhäuser. — Dem Thor gegenüber in der Richtung nach dem Sonnenberge hin standen im 17. Jahrhundert der große Marstall und der kleine Marstall. Der kleine Marstall, massiv, im gothischen Styl erbaut, ist noch ein altes Klostergebäude mit gothischen Giebeln und steht noch, mit einem Giebel dem Sonnenberge gegenüber. An diesem Marstall war auch ein großes Thor.

Dies ist das, was sich noch von der Lage des Klosters ermitteln läßt.

Die Kirche zu Warin.

Die Kirche zu Warin hat gar nichts Alterhümliches und Merkwürdiges im Bau und Schmuck; der Drang der Umstände hat sogar den Anbau eines hohen Chors aus Fachwerk veranlaßt und dem ganzen Innern eine zwar reinliche, aber abschreckend eintönige und geschmacklose Form gegeben. Drei alte Leichensteine in der Mitte der Kirche sind das Einzige, was an die ältere Einrichtung der Kirche erinnert:

Inschrift

(d.i.

Anno domini MCCCCXVIII die X mensis Maii obiit dominus Nicolaus Moke huius ecclesie diuinorum rector. Orate pro eo).

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Innerhalb der Inschrift steht auf dem Steine ein Schild mit einem Kelche, zu beiden Seiten desselben stehen die Buchstaben

Inschrift

(d.i.

Anno domini MDIII secunda feria post Dionisii obiit dominus Johannes Runghe vicarius huius ecclesie. Orate pro eo).

In der Mitte des Steins ist ebenfalls ein Schild mit einem Kelche eingegraben, und zu dessen beiden Seiten die Buchstaben:

Inschrift

Der Name der Kirche ist nicht mehr zu lesen. Wahrscheinlich war dies ein fremder Geistlicher.

Hinter dem Altare steht noch ein Becken von Bronze ohne alle Verzierungen, ganz wie das Becken von Borkow (vgl. Jahresber. II, S. 77) sowohl an Gestalt und Arbeit, als auch an Erzcomposition; schon in einem Inventarium von 1632 wird in der Kirche aufgeführt "ein klein Messingbecken bei der heiligen Taufe zu gebrauchen".

Die Kirche und das Kloster zu Tempzin.

Das Kloster derAntonius=Brüder, Augustiner=Ordens nach der Regel des h. Antonius, zu Tempzin bei Warin, auch Tönnigshof (d. i. Antonius=Hof) genannt, hat durch das Antoniusferkel und die Glocke eine gewisse sprichwörtliche Berühmtheit erlangt. So viel aus gedruckten Quellen zu ermitteln war, hat Wehnert im Freimüth. schwerinschen Abendblatt Nr. 515 und 516 dieses Kloster und dessen Quellen beschrieben. Auch hier soll nicht die Geschichte der Stiftung erschöpft, sondern nur angedeutet werden, was sich bei Besichtigung der Localität ergab.

Die Kirche ist ein sehr großes Gebäude mit hohen Gewölben und hohen und weiten Fenstern, ganz im Spitzbogen=

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styl. Die bildet im Innern ein Rechteck, ist in Chor und Schiff geschieden und hat zwei Seitenschiffe, von denen das südliche gewölbt ist. Der Bau der Kirche ist trotz der weiten Räume doch nicht rein im Styl; die Verhältnisse sind weder edel, noch gefällig, vielmehr scheint ein gewisses Mißverhältniß stattzufinden. Das Einzige, was an der Kirche wissenschaftliche Beachtung verdient, ist der Thurm, welcher an der Mitte des westlichen Giebels der Kirche aufgeführt ist und wegen seiner Seltenheit Beachtung verdient; ist er auch grade nicht edel, so ist er doch gefällig und originell. Es sind nämlich Thurmgebäude, Pforte und Fenster und Strebepfeiler so zu einem schmalen und zierlichen Ganzen verbunden, daß man nicht weiß, was man von diesem Allen sieht, und daß man doch einen Thurm vor sich hat. Die Haupträume nehmen die tief eingesprengte Pforte und ein noch tieferes, mit Wulsten eingefaßtes und perspectivisch verkürztes Fenster ein, an deren Seiten die scharfen Ecken der schmalen Strebepfeiler emporstreben. Diese Conturen der Pfeiler und die tiefen Bogen bilden den Thurm. Die ganze Construction ist entstanden aus Durchbrechung eines schmalen Achtecks durch die tiefen Fensterbogen. Der Hauptzweck war eine Zeichnung desselben. Die Thurmspitze ist neu; sie ward vor etwa 100 Jahren aufgesetzt, nachdem 1731-1745 zu diesem Bau Collecten veranstaltet waren.

Im Jnnern enthält der Bau noch einen Ueberrest aus der ältern Zeit der Baukunst: die Gewölbe des Chors ruhen nämlich auf sechs humoristisch=gestalteten menschlichen Figuren.

In der Nordwestecke des Schiffes ist gewissermaßen eine erhöhete Kapelle, eine Tribüne angebracht, welche auf Bogen ruht. Zu derselben gelangt man über die Thurmtreppe; der Gang zu derselben geht aber in derselben Höhe längs der übrigen westlichen und der ganzen südlichen Wand des Schiffes fort, bis er dort, wo das Schiff neben dem Chor aushört, sich in eine Thür verliert, die wahrscheinlich in den Kreuzgang führte, von dem man also bequemer zum Thurme gelangen konnte.

Von dem alten Schmuck der Kirche ist wenig oder eigentlich gar nichts mehr übrig; die häufigen Klammern und Haken an den Säulen beweisen, wie reich die Kirche, namentlich das Schiff, mit Schildereien verziert gewesen sein muß, was sich bei den weiten, etwas unverhältnißmäßigen Räumen ganz gut gemacht haben muß: Ausschmückung der gotischen Kirchen ist nicht zu verachten, wenn sie mit künstlerischer Einsicht geschieht; nur das Verbauen leiden diese Kirchen einmal nicht. — Das Sehenswertheste in der Kirche sind die Altargemälde: treff=

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liche alte Bilder aus der römischen Schule, welche zu den besten im Lande gehören; leider haben sie durch Feuchtigkeit und Alter so sehr gelitten, daß schon die Fetzen davon fliegen: doch sind die Reste noch zu erhalten, und es ist der Kirche eben so sehr ein neuer Altarschmuck, als den Gemälden eine bessere Stelle und künstlerische Pflege zu gönnen. — unter den Kirchenstühlen finden sich noch drei Sitze von den alten Chorstühlen des Convents, aus Eichenholz gehauen. Auf jeder innern Seite einer Stuhllehne ist ein Heiligenbild ausgeschnitzt, welches einen gelben Wappenschild mit einem rothen Querbande, auf dem drei grün und weiß gefärbte Blumen, wie eben sich öffnende Kornblumen, abwärts hangend liegen, in der Hand hält. — Im nördlichen Seitenschiffe steht die colossale, sitzende Figur des h. Antonius aus Holz geschnitzt; die Hände sind in neuern Zeiten durch einen Landarbeiter auf die allerbeste Weise restaurirt.

Die vorletzten Präceptoren, wie die Vorsteher der Antoniusklöster genannt wurden, haben sich alle an den Gebäuden verewigt. Die letzten Präceptoren waren, so viel sich aus den Urkunden und Akten annäherungsweise ergiebt:

1478-1490 Gerhard Schütte (Sagittarius).
1490-1500 Barthold Ponnick, (Punick oder Ponink).
1500-1518 Johann Kran, resignirt.
1518-1529 Johann Wellendorp
1529-1550 Gregorius Detlevi, der letzte Präceptor, unter dem das Kloster säcularisirt ward und der noch 1571 zu Rostock lebte.

An dem westlichen Ende des südlichen Seitenschiffes sind zwischen den beiden letzten Strebepfeilern in Menschenhöhe in die äußere Wand der Kirche 7 rothe Ziegel mit einer erhaben modellirten 1 ) Inschrift eingemauert:

Inschrift

(d. i.

T. frater Johannes Kran preceptor. Anno domini MD).


1) Das Hervorstehen der Buchstaben im Relief in Inschriften auf gebrannten Ziegeln scheint der letzten Zeit des Mittelalters, dem gothischen Alphabet, anzugehören, während in der ersten Zeit des Mittelalters im 13. und 14. Jahrh. die Unzialen eingegraben wurden.
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Auf dem ersten Steine steht in einem Zirkel das Wappen des Präceptors Johannes Kran: ein Kranich (Kran oder Kron im Plattdeutschen genannt) mit einem großen T Ring , an einem Ringe, im Schnabel; nach dem Wappen folgt auf dem Steine noch ein T (= Tempzin?) 1 ). Diese Inschrift kann nur zum Gedächtniß des Amtsantritts des Präceptors gesetzt sein, da er, nach der verschwenderischen Regierung des Präceptors Barthold Ponnick, seine Würde erst im J. 1500 übernahm.Vielleicht bezieht sie sich aber auch auf die Restaurirung der Kirche.

Hinter dem westlichen Theile der Kirche liegt der Hof (Tönningshof). Auf diesem stammen noch zwei Gebäude aus alter Zeit. Das eine ist das jetzige Backhaus, südwestlich von der Kirche, in gleicher Richtung mit derselben und etwas von derselben entfernt, an der Südseite des Hofes. Die Ringmauern stehen noch, und von dem schönen östlichen Giebel, welcher im reichen Spitzbogenstyl aufgeführt ist, steht noch der größere Theil, obgleich hinter dem verstümmelten Mauerwerk ein neuer Giebel aufgeführt ist. Ueber der, im Spitzbogen gewölbten Pforte im Osten des Gebäudes sind 6 Ziegel mit einer erhabenen Inschrift eingemauert; die beiden ersten sind zertrümmert; der zweite und der letzte Ziegel sind von weißem, die übrigen von rothem Thon. Der Rest der Inschrift lautet:

Inschrift

(d. i.

[T. Bartoldus P] onink preceptor anno 1496).

An der Nordseite des Hofes, der Seite der Kirche mehr gegenüber, liegt ein zweites Gebäude, eine Scheure, welche ebenfalls noch im gothischen Style erbauet ist und der alten Zeit angehört.

Am Ostende dieses Gebäudes zwischen demselben und der Kirche war das Klosterthor, welches in neuern Zeiten abgebrochen ist. Auch dieses trug eine erhaben gearbeitete Inschrift auf gebrannten Ziegeln, den beiden andern Inschriften gleich. Nach den glaubwürdigen Berichten des Herrn Pastors Zarncke zu Zahrenstorff enthielt diese Inschrift den Namen (des vorletzten Präceptors) Johann Wellendorp. Ueberreste von dieser Inschrift fanden sich noch in der Kirche.


1) Dieses große T war das eigenthümliche Amtswappen der Präceproren von Tempzin. So führten auch Gerhard Schütte und Barthold Ponik dieses T unter Blumenranken im Siegel, und das Siegel des Johannes Kran ist ganz wie das oben beschriebene Wappen auf dem Ziegel an der Kirche.
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Die Kirche und das Kloster zu Kühn.

Die Kirche des Cistercienser Nonnenklosters Rühn bei Bützow hat, wie die noch vorhandenen Klostergebäude, im Bau nichts Merkwürdiges und Ausgezeichnetes; eben so ist im Innern der Kirche wenig von Bedeutung zu finden: die Kirche ist nicht einmal gewölbt.

Das Sehenswertheste in der Kirche ist das Altargemälde, welches aus einem Hauptblatte und zwei Flügeln besteht mit Gemälden auf Holz und Kreidegrund. Das mittlere Blatt enthält das Gemälde des Abendmahls und ist nicht von Bedeutung. Die beiden Flügel enthalten jedoch die knieenden und betenden lebensgroßen Bilder des Herzogs Ulrich und dessen Gemahlin Elisabeth, beide sehr gut gemalt und schon der Seltenheit wegen von hohem Werthe. Rechts (heraldisch) ist das Bild des Herzogs, links das Bild der Herzogin. Zu beiden Seiten der Häupter dieser Figuren stehen ihre Wappen und kleine Tafeln mit den Inschriften:

VON. GOTT. GN. ULRICH. H. Z. MECKELNB. F. Z. W. GR. ZV. SCHW. D. L.R.V. ST. H. ANNO 1578.

und

V. G. G. ELISABET. GEBOREN. AVS. KONIGLICHEM. STAMME. ZV. DENNEMARKEN. HERZOGIN. ZV. MECKELNB.FVRSTIN. Z. W. GRÄFIN. Z. S. D. L. ROST. V. ST FRAV. AO. 1578.

Auf den Hinterseiten der Tafeln mit den fürstlichen Bildnissen stehen die Inschriften:

WIR V. G. G. ULRICH
DES LANDES MEKELBRURG HERTZICH
ADMINISTRATOR TZU SCHWERIHN
AUCH DES STIFTS BUTZOW UND WARIHN
HABEN DIS KLOSTER UNBESWERT
UNSERM LIEBN GEMAHL VORERD
ALS MAN SCHREIB AN DEM WEINGERN TZAL
FUNF UND SIEBENTZIGK UBERAL

und

WIR FRAU ELISABTH GEBORN
AVS KONGLICHEM STAMMEN AUSERKORN
HABEN DIS KLOSTER RENOVIRD
DIE KIRCH GEBAUT UND FEIN GETZIERD

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TZU EHREN DEM GETREUWEN GOD
DAS MAN DARIN NACH SEIN GEBOD
MUCHT UNDERWEISEN IN TZUCHT UND LEHRN
DIE UNDERTAHN UNSERS HERZLIEBEN HERN
DER UNS DASSELBE GAR UMSUNST
GESCHENKET HAT AUS LIEB UND GUNST.

Mit dieser ersten Renovirung wird denn auch wohl der Anfang mit Hinausschaffung des Alterhümlichen gemacht sein.

Die messingenen Altarleuchter sind auch noch von der Herzogin Elisabeth.

Rechts vom Altar ist das Grabdenkmal der Herzogin Sophie Agnes († 1625) aus Holz, schon schlecht gearbeitet, und über demselben das Brustbild der Herzogin. Zu beiden Seiten des Epitaphiums sind die Wappen des Herzogs Adolph Friederich I. und seiner Gemahlin Anna Margaretha, geb. Gräfin von Ostfriesland. In dem meklenburgischen Wappen sind die Kronen der Stierköpfe golden, die Schirmbretter des Helms für Meklenburg golden, blau, roth, schwarz und golden, die Helmdecken rechts roth und golden, und links blau und golden, der schwerinsche Schild ist unten roth und oben golden, der stargardische Arm mit dem Aermel ganz silbern (jetzt geschwärzt, wie gewöhnlich durch die Länge der Zeit). — In dem Wappen des Herzogs Ulrich auf dem Altarblatte sind die Schirmbretter silbern, blau, roth und golden.

Im hohen Chor der Kirche liegen auch noch einige alte Leichensteine, welche im Folgenden beschrieben werden sollen. Die Leichensteine im Schiffe sind aus neuerer Zeit und leicht zu lesen.

Zunächst vor dem Altare liegt ein Leichenstein mit der Umschrift:

Inschrift

(d. i.

Anno domini MCCCLXXX obiit Reymarus Barnecow; anno domini MCCCLXXX obiit . . . . uxor eius).

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Der Name der Frau ist nicht mehr deutlich zu erkennen; er bestand aus vier bis fünf Buchstaben, und hieß vielleicht Anna .

In der Mitte des Steins ist rechts liegend eine Frau, links ein geharnischter Ritter, beide mit gefalteten Händen auf der Brust, ungefähr in ¾.Lebensgröße dargestellt; beide haben tief um die Hüften einen breiten Gürtel aus großen quadratischen Gliedern, vorne durch ein rundes Schloß zusammengehalten. Zu ihren Häupten steht in der Mitte des Steins ein Helm, zu ihren Füßen darunter ein Schild mit einem, nach unten gekehrten Fluge, über welchem zwei Stierhörner stehen, an dem noch Stirne und Ohren sitzen.

An den vier Ecken des Steins sind die vier symbolischen Zeichen der Evangelisten ausgehauen.

Neben diesem Steine liegt ein anderer ungefähr von derselben Größe mit denselben Darstellungen. Die Umschrift lautet:

Inschrift

(d.i.

Anno domini MCCCLXX ipso die Gordiani obiit Reymarus Barnecow et anno post obiit uxor eius Margareta. Orate pro eis.).

Der Name margareta steht der Länge des Steins nach zwischen den Beinen beider Figuren. (Ein Reimar Barnekow wohnte 1348 auf Karin.)

Etwas weiter hinab an den Chorschranken liegt links ein großer Stein mit der Inschrift:

Inschrift

(d.i.

Anno domini MCCCLXXXII in die Nicolai episcopi obiit Bertoldus Moltsan miles. Anno domini MCCC          obiit Alheydis uxor eius. Orate pro eis. Non oblitum.).

In gothischen Nischen sind zwei Figuren: rechts eine Frau, links ein geharnischter Ritter, beide mit gefalteten Händen, ein=

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gehauen. Zu den Füßen der Frau steht das molzansche Wappen: ein längs getheilter Schild, mit zwei Hasenköpfen unter einander in der rechtn und einer halben dreiblätterigen Weinranke in der linken Häfte. Zu den Füßen des Ritters steht ein Helm. Zwischen beiden Figuren stehen, nach der Länge des Steins, die Worte:

non. oblitum.

Rechts vom Altare an den Chorschranken liegt ein Stein mit der Umschrift:

Umschrift

(d.i.

Anno domini MCCC obiit dominus Hinricus Mulsow prepositus Runensis. Orate pro eo.).

Die mindere Jahrszahl nach m°.c°c°c°. und der Sterbetag ist nicht ausgefüllt gewesen; an der Stelle derselben ist eine nicht bearbeitete Lücke im Stein: der Schrift nach stammt der Stein aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die innere Fläche des Steins füllen die Umrisse eines den Kelch consecrirenden Geistlichen; an den vier Ecken stehen die symbolischen Darstellungen der vier Evangelisten.


Zwischen den beiden letztern Steinen grade vor dem Altare liegt ein Stein mit einem, in einer vertieften Nische in Relief ausgehauenen, lebensgroßen Bilde eines lutherischen Geistlichen. Die Umschrift lautet:

ANNO. 1603. 30 OCTOBRIS. HORA. 10. VESPERTINA. PIE. ET. PLACIDE. IN. CHRISTO. OBIIT. REVERENDVS. ATQVE. DOCTISSIMVS. DOMINVS. STEPHANVS. RICHARDI. HVIVS. ECCLESIAE. RHVNESSIS. PASTOR.

Im Halbkreise um das Haupt der Figur steht:

ANNO. AETATIS. 63. MINISTERII. 36. REQVIESCAT. IN. PACE.

Die Kirche zu Bützow.

Die Kirche des schwerinschen Collegiatstifts zu Bützow ist eins der ausgezeichnetsten Bauwerke, welche Meklenburg besitzt. Imponirt der Dom zu Schwerin durch die einfache und edle

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Größe seiner Massen, reißt die Klosterkirche zu Doberan durch die fast unglaubliche Kühnheit und Zierlichkeit der Formen zur Bewunderung hin, so entzückt die Kirche zu Bützow durch die Schönheit und den tief berechneten Wechsel der saubersten Formen, welche sich sonst nicht häufig finden möchten. Der ganze Bau ist ein Meisterwerk der Baukunst und zeigt durchweg eine solche Harmonie, daß überall Befriedigung zu finden ist. Diese Tribüne des hohen Chors mit ihren schmucklosen, scharfkantigen, ernsten Säulen, mit den drei weiten Kapellenräumen mit den hohen Fenstern dahinter, durch welche sich von allen Seiten hin das Licht über die Altarstelle ohne Hemmung ergießt; — dieser liebliche Mittelraum mit seinen zierlichen Säulenbündeln und humoristischen Kapitälern; — dieser etwas verengte und schlichte Westraum mit dem dunklern Hintergrunde für die Orgel: — alles dies befriedigt im Ganzen und in den Theilen, man mag sehen, wohin man will. Dergleichen läßt sich aber mit wenig Worten nicht schildern, sondern bedarf einer gründlichen Aufmessung und Zeichnung, welche Monate Zeit fordern würden.

Das Altarblatt besteht aus ziemlich gutem vergoldeten Schnitzwerk. Der Mitteltheil stellt eine Grablegung Mariä(?) dar, während welcher die Umgebungen, aus Geistlichen bestehend, das Amt verwalten, beten, singen u. s. w. Unter diesen ist eine Gruppe merkwürdig, welche aus Einem Buche singt; einer der Singenden in der hintern Reihe sieht über die andern weg und hat eine Brille auf der Nase. Die Seitenflügel enthalten in Nischen geschnitzte Heiligenbilder. Der Altar hat außerdem noch zwei, also im Ganzen drei Flügel an je der Seite; jede der hintern Seiten hat Gemälde, deren also im Ganzen acht sind, welche zu den bessern aus den ersten Jahrren des 16. Jahrhunderts gehören und hohe Beachtung verdienen. Auch hier ist auf einem der (heraldisch) rechten Flügel eine h. Katharina dargestellt, wie sie den winzigen Kaiser (Maxentius) in den Staub tritt! 1 ) Der Altar ist unter dem verdienstvollen Bischofe Conrad Loste (1482-1503) erbaut und unter seinem Nachfolger Johannes Thun (1504-1506) vollendet, da Conrad Loste im J. 1503 starb. Ueber dem Altare steht auf einer schmalen Leiste in Holz geschnitzt die Inschrift:


1) Diese Darstellung hat in Bützow hin und wieder zu lächerlichen Verwechselungen Veranlassung gegeben, indem die Kaisergestalt durch den Küster für den "Bischof Costius (d. i. Lostius oder Loste) ausgegeben wird, der den "Altar erbauet habe". Es ist bei der Figur auch viel gewischt.
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astitit. regina. a. dextris. tuis. in. vestitu.

Inschrift

Auf der Basis des Altarblattes steht rechts das Wappen des Bischofs Conrad Loste: auf blauem (oder grünem) Schilde ein halber goldener Widder, der einen goldenen Bischofsstab trägt; links steht das Wappen des Bischofs Johannes von Thun: auf goldenem Schilde drei gewässerte grüne Querbänder und hinter dem Schilde ein goldener Bischofsstab.

Der schönste Schmuck der Kirche bleibt aber die Orgel, welche ebenfalls noch aus der katholischen Zeit (wohl aus dem Anfange des 16. Jahrh.) stammt und noch nichts von dem barocken Geschmack hat, mit welchem alle Orgeln in neuerer Zeit überladen werden. Hier steht noch ein Werk, wie es sich für eine gothische Kirche ziemt. Im reinsten gothischen Styl strebt das Werk mit einer Kraft und Würde empor, daß es augenblicklich klar wird, diese Einrichtung, und keine andere, passe an dieser Stelle. Betrachtet man ohne Störung diesen Orgelbau bei den prächtigen Tönen des Werkes, so scheint es, als theilten sich die Empfindungen des Ohres dem Auge mit: die Thürmchen und Arabeskenschwingungen werden gewissermaßen lebendig und scheinen in der Harmonie emporzustreben. In einer solchen tief durchdachten Anlage bewährt sich die Meisterschaft der alten Zeit, die ein Werk in dem Einen Plane, für den Einen Zweck schuf. Diese Orgel kann immer als Muster für neue Bauten gelten, wenn sie nicht sclavisch nachgeahmt wird und wenn sich — Holzschnitzer finden, die genug Geschicklichkeit und Fleiß zu solchen Werken haben. Leider ist das Rückpositiv ein jämmerliches Machwerk des 17. Jahrh. Die 4 schön geschnitzten Figuren auf der Außenlehne der vier Kirchenstühle unter der Orgel stellen die Anbetung der heil. Drei=Könige dar. Die erste Figur ist die Jungfrau Maria, die drei andern sind die heil. Drei=Könige mit ihren Gaben. Das Schnitzwerk ist ernst und gut.

Rechts vom Altar am Pfeiler ist ein steinernes Epitaphium auf Georg Wackerbart und Ursula Vieregge (seine Frau) vom J. 1590. Vor einem Bilde der Auferstehung knieen rechts 3 männliche und links 5 weibliche kleine Figuren, die Familie Wackerbart darstellend, aus Alabaster; im Gipfel sind die Wappen der beiden und an den Pilastern 16 Wappen der Ahnen aus Alabaster. Es wird dies Werk hier angeführt, damit es dereinst zur Vergleichung mit dem großen

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fürstlichen Epitaphien im Dome zu Güstrow dienen kann, mit denen das bützowsche wohl denselben Meister hat.

Unter den Glasmalereien verdient noch ein südliches Fenster neben dem, welches den Reichsadler trägt, Beachtung. Hier ist ein, den Kelch consecrirendes männliches Bild mit rothem Heiligenschein (?) dargestellt. Ueber demselben steht ein blauer Schild mit rothem Querbande, auf welchem drei grüne (Klee=) Blätter liegen; dies ist ohne Zweifel das Familien=Wappen des Bischofs Werner Wolmers (1458-1473).

An einem östlichen Pfeiler an der Außenwand der Kirche ist das bülowsche Wappen aus Messing angebracht, wie es auch am Dome zu Schwerin befestigt ist.

An dem südöstlichen Pfeiler an der Außenwand, welcher den Sonnenzeiger trägt, ist eine Kalksteintafel mit dem Wappen des Bischofs Conrad Loste. Die Inschrift, welche durch Hülfe einer Leiter und des scharfen Sonnenlichts jetzt entziffert werden konnte, lautet:

Inschrift

(d.i.

Annis verbigene 1 ) quingentis mille quoque vno Conradus presul condidit istud opus.).

Die Leichensteine sind einem wiederholten Studium unterworfen, aber kein einziger zeigte einen solchen Zusammenhang, daß sich irgend ein Name oder ein Datum für eine Person herausbringen ließ.


Mögen diese Andeutungen auch dazu dienen, daß bei Renovationen im Laufe der Zeit die Wahrheit erkannt, das Schlechte der letzten Jahrhunderte aus den Tempeln geworfen und das Würdigere im Geiste der ursprünglichen Schöpfung wieder an dessen Stelle gesetzt werde, damit die großen Werke der Vorzeit den Einfluß gewinnen, zu dessen Erreichung sie geschaffen und fähig sind. Hiezu kann aber nur ein sorgfältiges Studium der noch vorhandenen Ueberreste führen.


1) verbigenae = des Wortgeborenen=Christi, nach der Bibelstelle: Und das Wort ward Fleisch. — Als Nachtrag zu S. 139 die Bemerkung, daß Mantzet Pichil statt presul (d. i.=episcopus) las.—Auch hat sich S. 139 in die Inschrift ein Druckfehler eingeschlichen: m cccc i statt m ccccc i .
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Die Burg der Bischöfe von Schwerin zu Warin.

Die alte Burg der Bischöfe von Schwerin zu Warin ist in neuern Zeiten als Amtshaus benutzt und soll im Laufe dieses Jahres abgebrochen werden und einem neuen Amtshause Platz machen; es ist daher die Aufgabe des Vereins gewesen, dieses alte Gebäude in getreuen Zeichnungen aufzubewahren. Diese mag folgende kurze Beschreibung, so viel sie es noch vermag, erläutern. Die Burg liegt im Süden der Stadt Warin unmittelbar an derselben auf einem nicht sehr hohen Plateau und war mit Gräben und Wällen umgeben, von denen noch bedeutende Ueberreste vorhanden sind. Das Ganze bildete ein geschlossenes regelmäßiges Viereck mit der Auffahrt von der Stadtseite her. Jetzt stehen noch drei Seiten des alten Gebäudes; die Gebäude der Seite nach der Stadt hin sind seit Menschengedenken abgebrochen. Das Hauptgebäude bildet den mittlern Theil, der Auffahrt (gegen Norden) gegenüber; mit diesem sind zwei lange Flügel verbunden, welche die beiden Seiten des Hofes bilden. Diese drei Gebäude sind von gleicher Höhe und nur zwei Stockwerke hoch, wie auch ähnliche alte Gebäude in Meklenburg, z. B. die alte gräflich=schwerinsche Burg zu Neustadt, sich nicht höher erhoben. Links an dem Thor der Auffahrt, an der nordöstlichen Ecke des Vierecks, stand ein viereckiger Thurm (ein "Berchfrit") mit einem Eingange von oben hinein auf einer, von außen an der Hofseite angebrachten Treppe. Dieser Thurm war bis zum Dache 80', mit dem Dache gegen 120' hoch und nahm ein Quadrat von 40' ein; die Grundmauern waren 10' dick. Die nordwestliche Ecke war durch eine Mauer geschlossen. An der hintern Seite des südlichen, mittlern Hauptgebäudes, auf dem südlichen Ende des Plateaus, steht ein großes, hohes, viereckiges Gebäude von festem Bau, ungefähr halb so lang, als das Hauptgebäude und stark nach der Ostseite desselben hin gerückt, die eigentliche Residenz oder Veste Warin; dieser Bau erhebt sich bedeutend höher, als die übrigen Gebäude und ist, obgleich wohl in neuern Zeiten mit neuen Balkenlagen im Innern durchlegt, auf dem Unterbau drei hohe Stockwerke im Gemäuer hoch mit sehr hohen und spitzen Giebeln. Im mittlern Theil sind die zugemauerten Wölbungen von großen Spitzbogenfenstern erkennbar. Das obere ganz leere Stockwerk, welches noch der Bischofssaal heißt, hat an den Seiten nur Schießscharten als Oeffnungen, welche lang und schmal sind und sich nach außen hin erweitern. Im untern Theile sind hohe, weite Bogenfenster, jetzt vermauert. Im J. 1521 war

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hier "des Bischofs Kammer" und im J. 1624 hieß dieses Gemach "der Bischof"; unter war der "lange Saal" 1 ). Die Giebel haben hohe, vertiefte Spitzbogen zur Verzierung. An dem westlichen Giebel dieser Veste, an den obern, rechten Seiten der drei Bogenverzierungen, sind neben einander und in drei Reihen in schräger Linie über einander drei, also im Ganzen neun, viereckige Ziegel (von ungefähr 4 Fuß im Quadrat) mit erhabenen Wappen eingemauert; in jeder Reihe ist ein Ziegel glasirt. Auf einigen dieser Ziegel läßt sich ein Schwan erkennen.

Das Hauptgebäude quer am Ende des Hofes vor dieser Veste ist im Erdgeschosse gewölbt, schmal und nur ein Gewölbe tief. Der Eingang ist in der Mitte und der Fußboden ist in neuern Zeiten so sehr erhöht, daß die Tragsteine der Gewölbe nicht hoch über dem Fußboden stehen. Der jetzt in mehrere Zimmer geschiedene untere Raum des Gebäudes, im Eingange, rechts vom Eingange ganz und links vom Eingange zur Hälfte, bildete früher nur einen Raum und war wahrscheinlich der Hofsaal oder der Hauptsaal; er ist in einem zierlichen Gewölbe mit vielen, sich durchkreuzenden Rippen gewölbt. Der linke, östliche Raum des Hauptgebäudes ist ganz einfach und würdig von einem Gewölbe mit Kreuzrippen bedeckt; dieser heißt jetzt noch die Kapelle und war sicher die Haus= oder Burg=Kapelle des Bischofs. An der östlichen Außenwand dieser Kapelle links neben dem Fenster im zweiten Stock sind wieder zwei Paar Ziegel über einander eingemauert, wie sie am Giebel der Veste zu sehen sind. Von dem obern Paar trägt der eine Ziegel das Wappen der von Bülow (mit 14 Byzanten) ganz so, wie es aus Messing am Dom zu Schwerin und an der Westseite der Kirche zu Bützow zu sehen ist; der zweite Ziegel ist verwittert. Von dem untern paar Ziegeln führt ein jeder einen Schwan als Wappenschild; rechts von dem Fenster ist noch ein Ziegel mit einem Schwan. — Unter diesem Hauptgebäude sind heller, deren Eingänge in schönen Spitzbogen aufgemauert sind.

Die beiden Flügel zeigen außer ihrem festen, tüchtigen Bau nichts Altertümliches, als daß oben an der Außenwand des östlichen Flügels, nicht weit davon, wo derselbe an die Kapelle angelehnt ist, in gleicher Reihe mit den Wappenziegeln


1) Im J. 1521 war in des Bishofs Kammer zu Warin: "1 Bedde, 1 Ornat in einer Kiste, 1 Missal und "- was für einen Bischof lächerlich genug klingt — "1 Junckfrow in dat bede tho wermenn"; so muß man damals die Bettwärmer genannt haben.
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auf der Kapellemvand, zwei Ziegel mit dem Wappen der von Bülow, von denen einer glasirt ist, eingemauert sind.

Eine Zeichnung des früher abgebrochenen Thurms am Eingange, welche vor dem Abbruch aufgenommen ist, hat der Herr Amtmann Piper zu Warin gütigst überlassen.

Auf dem Plateau unmittelbar an der Veste wurden viele Scherben von sehr festen, blaugrauen mittelalterlichen Gefäßen gefunden, wie sie zu Prillwitz (vgl. Jahresber. II, S. 76) und ein ganzer Krug zu Rehna (vgl. Jahresber. III, S. 92) gefunden sind. Die Gefäße waren auf der Töpferscheibe mit Reisen und außerdem mit Knötchen um den Bauch verziert, welche von innen nach außen gedrückt sind; die Füße waren theils klein und gedreht, theils, wie bei dem Gefäße von Rehna, von innen aus dem Bauche hinausgedrückt. Auch dicke Glasscherben fanden sich, einige von der Dicke von 3/8 Zoll.

Die Entdeckung der eingemauerten Ziegel, während die Gebäude noch standen, läßt Schlüsse auf die Zeit der Erbauung der Veste machen. Nach dem von Bülowschen Wappen können die Gebäude nur in dem Zeitraume von 1292-1375 aufgeführt sein, da nur in dieser Zeit Bischöfe aus dem Hause von Bülow: Gottfried I. (1292-1314), Ludolph (1331-1339), Heinrich I. (1339-1347) und Friederich II. (1365-1375) den Hirtenstab zu Schwerin führten. In den Siegeln der beiden ersten ist noch keine Spur von dem Gebrauche eines Amts= oder Familien=Wappens. Auch war Warin erst kurz vor dem Regierungsantritte des Bischofs Gottfried befestigt (vgl. Rudloff II. S. 91), so daß ein durchgehends neuer Bau unter diesem nicht glaublich erscheint. Die Burg zu Warin wird also im 14. Jahrhundert, unter dem Bischofe Heinrich I. von Bülow (1339-1347) oder dem Bischofe Friedrich II. von Bülow (1365-1375) erbaut sein. Der Bischof Heinrich I. führte zuerst das Familienwappen in das große bischöfliche Siegel ein und unter dem Bischofe Friederich II. ward das kurz zuvor erfundene eigenthümliche bischöflich=schwerinsche Wappen der zwei Bischofsstäbe über dem quer geheilten Schilde allgemein angewandt und viel Prunk damit gemacht. Auch stimmt die künstlerische Darstellung des Wappenschildes am Schlosse zu Warin und an den Kirchen zu Schwerin und Bützow mit den Bildungen des Schildes auf den Amtssiegeln des Bischofs Friederich II. Es ist also glaublich, daß das Schloß zu Warin unter dem schwerinschen Bischofe Friederich II. von Bülow 1365-1375 erbauet worden sei.

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Es ist noch das Wappen mit dem Schwan zu berücksichtigen. Man könnte bei dem Anblick desselben an den Bischof Johann I. Gans (1322-1331) denken; der Schwan ist aber auf dem Wappen zu deutlich und schön modellirt, als daß man ihn für eine Gans halten könnte. Es bleibt also nichts übrig, als diesen Wappenschild auf den Bischof Nicolaus I. Böddeker (1444-1457) zurückzuführen, der einen Schwan im Wappen führte. Diese Annahme wird dadurch wohl zur Gewißheit, daß derselbe Bischof nach den Worten einer gleichzeitigen Inschrift 1447-1448 auch auf der bischöflichen Residenz Bützow einen viereckigen Thurm bauete, an welchem auch sein Familienwappen, der Schwan, mehrere Male angebracht war, wie es noch Franck (A. und N. M. VIII, S. 70) im Jahre 1754 sah. Es ist also wahrscheinlich, daß die Veste Warin unter dem Bischofe Nicolaus I. Böddeker 1444-1457 restaurirt worden sei.

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4. Das Schloß und die Kirche zu Dargun,

nach Archiv=Acten und einer Localuntersuchung im August 1837, vom Herrn Archivgehülfen Glöckler zu Schwerin.

Der Flecken Dargun, in einer flachen und seit Alters waldreichen 1 ) Gegend gelegen, bildet eine einzige, lang hingedehnte Straße, an deren äußerstem Ende man das Schloß mit der ehemaligen Klosterkirche gewahrt 2 ). Besonders auf den von der rostocker Seite her aus der Waldung tretenden Reisenden macht der Anblick des Ortes, verbunden mit der Stille und Einsamkeit seiner Umgebungen, einen eigenthümlichen Eindruck.

Der Flecken besteht aus dem Schlosse mit der Kirche und den Nebengebäuden — das alte Dargun —, wohin am fischreichen Klostersee vorüber eine herrliche Kastanien=Allee führt, der Neubaute 3 ) und dem Dorfe Röcknitz, welches sich unmittelbar dem Flecken anschließt.

Das alte Dargun erlitt bald nach der Säcularisirung des Klosters (12. Februar 1552) bedeutende Veränderungen.


1) Noch im J. 1610 konnten bei voller Mast jährlich 5000 Schweine in die Forsten des Amts Dargun getrieben werden.
2) Die älteste der bisher bekannten Urkunden des Cistercienser=Mönchsklosters Dargun ist vom J. 1173, Nov. 30., in welcher der Bischof Berno von Schwerin die Bewidmung des Klosters bestätigt. Lisch, meklenb. Urkunden I, 1-5.
3) Diese entstand wesentlich im Anfange des 17. Jahrh., litt 1612 durch Brandschaden, ward aber seit 1664 bevölkerter, namentlich von Handwerkern.
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Das bald darauf hier errichtete fürstliche Amt fiel durch den ruppinschen Machtspruch (1. August 1556) dem Herzoge Ulrich zu, dessen übrigen Landestheilen es sich schon geographisch anschloß. Der Herzog, ein großer Jagdliebhaber, hielt sich, namentlich seit 1560, häufig zu Dargun auf, um seinem Lieblingsvergnügen, der Jagd, obzuliegen. Schon um diese Zeit scheint der Bau eines fürstlichen Jagdhauses auf der Stelle des jetzigen Schlosses begonnen zu haben, in Folge dessen mehrere der Klostergebäude abgebrochen oder umgestaltet wurden. Der Herzog verweilte gerne und oft längere Zeit zu Dargun, um so mehr, als dieses der Residenz Güstrow ziemlich nahe gelegen war. Seit dem Jahre 1580 kommen von Dargun aus datirte Erlasse dieses Fürsten nicht selten vor. Gegen das Ende des Jahrhunderts (schon vor 1590) war das fürstliche "lange Haus" vollständig eingerichtet und einige fürstliche Dienerschaft, welche hauptsächlich während der Anwesenheit des Herzogs fungirte, hatte ihren beständigen Wohnort zu Dargun.

Im Jahre 1610 standen neben der ehemaligen Klosterkirche, außer den kleinern Gebäuden, folgende:

1) "das fürstliche lange haus, gemaurett vnd mit flomstein gedecket; in der Mitte ein thorwegk";
2) ein Gebäude, in welchem die Speise= und Silberkammer, die Küchenmeisterei und der Bierkeller;
3) die Kirche;
4) "ein Distillierhaus, durchaus gemaurett" 1 );
5) "der alte Reventer" und in dessen Nähe der Weinkeller, ebenfalls ein altes Gebäude.

Außerdem waren hier einige kleinere, namentlich Wirthschaftsgebäude, von denen mehrere, wie z. B. das Gärtnerhaus, aus der Klosterzeit stammten. Ueberhaupt kommt in einem Inventarium von 1610 "altes Mauerwerk" noch häufig vor und ein großer Theil der Ringmauern des Klosters dürfte damals noch vorhanden gewesen sein.

Ein Lustgarten war bald nach Errichtung des fürstlichen Jagdhauses angelegt worden. In diesem Garten ward auch Gemüse gebaut 2 ).


1) Dies dürfte ein noch jetzt zur Brennerei benutztes Gebäude sein, welches die Jahrzahl 1586 trägt.
2) Weil das Gemüse wegen Dürre des Bodens nicht gedieh, bat 1665 der Gärtner Antonius Unger zur Gewinnung desselben um einen Platz beim "Poggendeich".
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Auf dem Bauhofe, an der Stelle des jetzigen gleichnamigen Ortes, waren an größeren Gebäuden im Jahre 1610 vorhanden:

"das Jegerhaus von 8 Gebinden; der Mahrstall von 32 Gebinden; das Kornhaus, durchaus gemaurett, 4 Böhne hoch"; "neben dem Jegerhause ein angebewde, ist die Cantzlei genennt". Hier waren auch der "Jmmenhof" und Ställe für die "Windhunde".

Das fürstliche "lange haus" erhielt seine jetzige Gestaltung während des 17. Jahrhunderts.

Schon im Jahre 1612 ward es unter dem Baumeister Michael Falk erweitert, namentlich in den obern Theilen. 1622 ward der "lange Saal von dem Kalckschneider Daniel Ankenmann außstafiert 1 )", doch waren 1625 die oberen Theile des hintern corps de logis des jetzigen Schlosses noch im Bau begriffen. Unter Wallensteins Regierung verfielen die Schloßgebäude bei Unachtsamkeit und mangelnden Baumitteln, so wie durch feindliche Zerstörung vor und nach Wallensteins Zeit in Kurzem.

Obgleich der Herzog Johann Albrecht II. schon 1634 Geld zum Schloßbau zu Dargun anlieh, auch zu bauen begann, so waren doch 1640 die Gallerieen und ein Theil der Bedachung dem Einsturze nahe. Das Amt war durch Kriegslasten ausgesogen; während verschiedener Durchzüge war die Gefahr selbst für das landesherrliche Eigenthum so groß geworden, daß um das J. 1640 alle Mobilien des Schlosses nach Rostock geschafft werden mußten.

Erst unter dem Herzoge Gustav Adolph, der viel persönliches Interesse an Dargun nahm und öfter dort verweilte, ward der Bau wieder mit Erfolg aufgenommen. Im J. 1668 ward vieles wieder hergestellt und am neuen Stockwerk auf der Südseite gebaut, auch ein großer Theil des Schlosses von Christoph Fensterer mit Wasserfarben und mit "Gold und Silber" gemalt, wozu dieser das meiste Material und außerdem mit seinen Leuten monatlich 50 Rthlr. erhielt. Die letzten bedeutenden Bauten während dieses Jahrhunderts fanden 1687 statt, wo an den Gallerieen, in der Nähe des Tanzsaals etc. . Manches gebessert oder erneuert ward.

Seit dem vorigen Jahrhunderte hat das Schloß im Wesenlichen seine jetzige Gestalt behalten; an Reparaturen und


1) Dies ist der jetzt sogenannte Redoutensaal im untern Stock des linken Flügels. Noch jetzt sind viele Reste von kunstvollen Gipsarbeiten in Relief in demselben vorhanden.
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Ausschmückungen fehlte es aber nicht, namentlich während der langen Anwesenheit der Herzogin Auguste zu Dargun.

Das jetzige Schloß besteht aus einem oblongen Viereck von 2 Stockwerken, mit einer Auffahrt in der Mitte der Vorderfronte. Obgleich man dem Ganzen den Baustyl des 17. Jahrhunderts sofort ansieht, so erinnert doch Manches an eine frühere Zeit und verleiht dem Gebäude ein eigemhümliches Interesse. Das Aeußere ist vor einiger Zeit aufgeputzt; das Innere findet sich, bis auf den sogenannten Redoutensaal im linken Flügel, ziemlich erhalten und wird von einem Theile des Beamten=Personals bewohnt. In den reservirten Zimmern finden sich schöne Wandbekleidungen von gemalter farbiger Wolle aus dem 17. Jahrhundert; einige gemalte Ledertapeten dürften von noch höherem Alter sein. Eine Reihe von dynastischen Portraits ist auf allerhöchsten Befehl in die großherzogl. Gemälde=Gallerie versetzt worden.

Die Kirche schließt sich dem Schlosse da an, wo die Hinterseite und der rechte Flügel desselben zusammenstoßen. Sie ist in einem schmucklosen gotischen Styl gebauet und stammt nur in ihren Grundmauern aus alter Zeit. Der obere Theil, Gewölbe, Thurm und Bedachung sind aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, wie eine in der Kirche neben dem Fürstenchor aufgestellte Denktafel nachweist. In den Grundmauern finden sich noch die meisten jener Blenden und Nischen, welche einst zu Altären und zur Aufstellung der Bilder der Heiligen dienten. Die oberen Theile sind in neuerer Zeit verändert worden. Im Jahre 1661 war das alte Dach sehr beschädigt und mußte 1661-1663 und 1675 reparirt werden. Auch das alte Gewölbe war 1665 zum großen Theile eingestürzt, und obgleich nach Möglichkeit hergestellt, erforderte es doch 1673 wiederholte bedeutende Reparaturen. Die Pfeiler waren 1665 ebenfalls schadhaft und mußten zum Theil erneuert werden. Im Jahre 1693 ward im ganzen Lande zum Bau dieser Kirche collectirt, jedoch mit geringem Erfolge. Auch waren 1717 wiederum viele Fenster zerstört, wie schon im J. 1673. Am Dache, so wie am Thurm mußte gebessert werden; aber 1735 war der letztere schon wieder baufällig.

Dem Innern fehlt, außer einer Reihe alter Grabsteine, aller alterthümliche Schmuck. Der Hochaltar, der Fürstenchor, die Kanzel und die Orgel sind aus neuerer Zeit. Der neue Altar, von Charles Dieussart für 250 Rthlr. geliefert, ward 1669 eingeweiht, "der alte Chor" aber 1673 abgebrochen. Auf dem Fußboden der Seitenkirche zur Linken vom Schloß=Eingange finden sich einige im Quadrat geformte Ziegel mit

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Bildern von Hirschen in einem sehr schwachen Relief 1 ). Einige Pfeiler haben an den Absätzen der Sockel mit Arabesken verzierte oblonge Ziegel, welche jedoch überkalkt sind. An Glasmalerei sind nur in 2 oder 3 Fenstern hinter und neben dem Hochaltare spärliche, obwohl vielleicht kostbare Reste erhalten.

Die Sage von einem großen unterirdischen, mit der Kirche zusammenhängenden Gange ist im Orte sehr verbreitet, der Gang selbst unbekannt. Schätze sollen in der Kirche verborgen sein und man hat vor einiger Zeit einen Pfeiler erbrochen, jedoch nur eine leere Höhlung gefunden. Beim Graben ist man in der Nähe des Schlosses und der Kirche noch in neuester Zeit bisweilen auf Reste menschlicher Körper gestoßen.

Von Zeit zu Zeit sollen Unbekannte die Kirche besucht haben. Nach den Aussagen mehrerer glaubwürdiger Zeugen, Einwohner zu Dargun, kam um die Zeit des Napoleonischen Sturzes ein englischer Gelehrter, angeblich aus London, nach Dargun, wo er die ehemalige Klosterkirche genau untersuchte und alte Manuscripte dabei benutzt haben soll. Nach seinen Bemerkungen über einige der Grabsteine scheint er indessen nicht vorzüglich unterrichtet gewesen zu sein 2 ).

Leichensteine.

Diese Steine sind fast alle aus dem 14. Jahrhunderte und bewahren das Andenken einiger Aebte und Angehörigen des Klosters, so wie mehrerer alter Geschlechter. Viele Steine sind bei den Reparaturen der Kirche in neuerer Zeit entfernt und zerstört worden; von Denkmälern der ersten und letzten Aebte des Klosters findet sich keine Spur. Die Inschriften der noch vorhandenen Steine sind meist mit einer pechartigen Masse ausgegossen, wie sie z. B. auch im Dom zu Schwerin bei Inschriften aus dem ersten Viertel des 16. Jahrhunderts beobachtet wird. Die meisten Steine liegen im Gange des hohen Chors und sind folgende:


1) Der Hirsch kommt als kirchliches Symbol auch auf Taufbecken vor, wie z. B. auf dem bei Rey in der darguner Gegend gefundenen; Jahresbericht des Vereins f. m. G. u. A. II, 80. Mit den Ziegeln in der Kapelle zu Althof - Jahrbücher des Vereins f. m. G. u. A. II, 25, 30 - sind diese darguner Steine nicht zu vergleichen; sie haben keine Glasur und eine Höhe von etwa 6 ". Nur 8-12 derselben scheinen vorhanden zu sein.
2) So hatte er behauptet, unter dem sub litt. a) beschriebenen Steine (des "Gregorius de Rostock") sei der erste Abt des Klosters bestattet; der Stein des "Andreas Vlotow" im Seitenchor soll nach ihm eine Familiengruft decken, in welcher 7 Personen beigesetzt seien etc. .
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a) Ein etwa 9' hoher und 5' breiter Kalkstein, aus dem eine Gestalt im geistlichen Ornate, in der Linken ein Buch, in der Rechten den Hirtenstab haltend, dargestellt ist. Der Stein ist in der Mitte gerissen und liegt unmittelbar an den Stufen des Altars. Umschrift 1 ), in den gothischen Unzialen des 14. Jahrhunderts:

"anno domini M.C.C.C.LXXXI obiit dominus Marquardus Gregorius de Rostock abbas in Dargun 2 ), qui duos annos rexit. eius anima requiescat in pace."
(In der Mitte des Steins, zu Häupten der Gestalt, in Minuskel:)
"abbas XXXII 9 ."

b) Ein Stein von Art und Höhe wie der vorige, jedoch von weniger Breite, in dessen Felde zwei Aebte, mit über den Stab gefalteten Händen, unter Kirchengiebeln dargestellt sind. Der Stein ist in der Mitte gerissen, Zeichnung und Umschrift sind hin und wieder ausgetreten. Umschrift, in neugothischer Minuskel, sehr verschlungen und mit vielen Abbreviaturen:

"anno domini M.C.C.C.LXVI. quarto ydus Julii profesto sancte Margarethe [obiit Barnardus ex Drue 3 )] abbas monasterii Dargun ...... Marie .... dominus [Hermannus de Ryga] abbas ecclesie coenobii Dargun, qui dominus suam"
(In einer zweiten und dritten zu Füßen der Gestalten gewundenen Zeile:)
"animam erexit anno domini M.C.C.C.LXIX. VI. nonas Sep[tembris], qui duos annos rexit."

c) Ein Stein von der Art und Größe wie die vorigen, mehrfach gerissen und stark ausgetreten, in dessen Felde die Umrisse einer Gestalt im geistlichen Ornat, in der Rechten den Krummstab, abgebildet sind. Umschrift, in einer sehr geschnörkelten Minuskel:

"anno domini M.C.C.C.XLIX in vigilia Lucie obiit Johannes 4 ) abbas huius [monasterii]


1) Die Einklammerung bedeutet Conjuctur. Die Abbreviaturen sind aufgelöst.
2) Im J. 1379 Februar 21 kommt der Abt "Reyner" noch urkundlich vor.
3) Dieser kommt urkundlich nicht vor und ist der Name wohl unrichtig gelesen. (Note 2) und 3) nach Mittheilung des Archivars Lisch.)
4) Obgleich urkundlich schon am 16. April 1349 "Gerhardus" als Abt zu Dargun genannt wird, so dürfte hier doch recht gelesen sein, indem das "quondam" auf die Resignation des Johannes hinzudeuten scheint und die Inschrift übrigens mit der Angabe auf dem unten sub litt. f) verzeichneten Steine übereinstimmt.
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"quondam .... anima qui[escat] . . . . orate pro anima eius.
(Im Innern des Feldes zu Häupten der Gestalt:) Johannes Bilrebeke de Rozstok, qui XIII annos rexit."

d) Ein versunkener, auf der Oberfläche meist zerstörter Stein von der Masse und Form der vorhergehenden, nur etwas kolossaler, in dessen Felde die Umrisse zweier Aebte, so wie in den 4 Ecken die Symbole der Evangelisten erkennbar sind. Von der Inschrift war, augenblicklich wenigstens, nichts Wesentliches zu entziffern. Der erste Theil der Jahrzahl im Anfang derselben scheint jedoch nicht: M.C.C.C. sondern: M.C.C., auch der Name Johannes ziemlich klar zu sein 1 ).

e) Ein etwa 6½' hoher und 3½' breiter Kalkstein, auf dem eine Gestalt in mönchsartigem Gewande, mit dichtem Bart am Kinne, einer Sturmhaube oder Kappe auf dem Haupte, in der Rechten ein entblößtes Schwert, in der Linken den Rosenkranz und im Gürtel ein glockenartiges Instrument haltend, dargestellt ist. Die Zeichnung ist auffallend fehlerhaft und geschmacklos. Umschrift, in neugothischer Minuskel:

"anno domini M.C.C.C.(C.?) in die Prothi et Jac[inthi] occisus fuit frater Hartvicus advocatus in Darghun ... [ossa fidelis benign]"...
(Auf einem bandartig von einem Ellenbogen zum andern über den Rücken geschlungenen Streifen:)
"miser.. et miser... salut... amen."

f) Ein etwa 8' hoher und 4½' breiter Kalkstein, in dessen Felde ein Abt im Ornat, mit der Rechten den Stab, mit der Linken den Schooß des Gewandes fassend, abgebildet ist. Der Stein ist in der Mitte gerissen, der Styl der Zeichnung edler, als gewöhnlich. Umschrift, in den Unzialen des 14. Jahrh.:

"anno domini M.C.C.C.XXXVI. XII. kalendas Aprilis obiit dominus Johannes 2 ) abbas dictus de Rostok ........ amen. Dargun.

g) Eine kleine in die Quere gelegte Kalksteinplatte, auf der ein Steinmetz=Zeichen 3 ) befindlich ist. Umschrift in gefälligen Unzialen:


1) Während des 13. Jahrhunderts nennen die Urkunden des Klosters Dargun einen Abt Johannes von 1271-1275, und später einen zweiten Johannes von 1292-1297. Lisch mekl. Urkunden, I, 147, 197, 202.
2) Schröder im Pap. Mekl. nennt Bb. I, S. 885 einen Johann als Abt zu Dargun ad a. 1304, und ebendaselbst S.1139 ad a. 1334.
3) Ein unziales, verschlungenes TE in verlängerter Form.
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"hic est sepultus Hinricus Sasse, minister patris domini Gotschalci de Rostok 1 ), abbatis in Dargun. orate pro eo."

Im Seitenchor zur Rechten vom Eingange des Schloßhofes finden sich:

a) Ein etwa 11' hoher und 6' breiter Kalkstein, in dessen Felde ein geschlossener Helm mit reichem Pfauenwedel. Unter dem Visir ein unten zugespitzter, längsgetheilter Schild, auf dem rechts zwei Hasenköpfe, links zwei Pflanzen: Blätter oder Weinranken. Umschrift in breiten, kräftigen Unzialen:

"anno domini M.C.C.C.XX. XI. kalendas Januarii obiit dominus Hinricus Moltzan miles 2 ). Anno domini M.C.C.C. ... XI. kalendas Jvnii obiit dominus Ludolphus Moltzan 3 ) miles."

b) Dem Hochaltare etwas näher, finden sich zwei große Grabsteine, theils zerstört, theils durch Stühle verdeck. Nach dem, was von Schrift und Bildwerk augenblicklich sichtbar ist, sind sie aus dem 15. Jahrh. und schließen die Gruft von Kriegern aus edlen Geschlechtern.

Im Seitenchor zur Linken:

a) Ein etwa 10' hoher und 5' breiter Kalkstein, etwas versunken und am Rande hin und wieder zerbröckelt. In dessen Felde ein unten zugespitzter Wappenschild mit 4 Ringen oder Kugeln. Umschrift in gothischen Unzialen:

"anno domini M.C.C.C.LX. VII. ka.... obiit dominus Andreas Vlotow 4 ), miles. Anno domini M.C.C.C.LXV feria III ante Laurentium obiit Anna Meuis. Orate pro eis. Anime eorum requiescant in pace."

b) Ein schmaler, nur zur Hälfte erhaltener Kalkstein. Von der Umschrift in neugothischer Minuskel ist zu entziffern:

"Johannes Rodolphi, miles in Demyn 5 )."


1) Urkundlich ist dieser Abt bisher nicht nachzuweisen. Mittheilung des Archivars Lisch.
2) Die ungedruckten Urkunden des Klosters Dargun nennen die Gebrüder Heinrich und Bernhard Molzan wiederholt im J. 1318, wo sie die dem Kloster verursachten Schäden vergüten und beim Begräbnisse ihres Oheims Vicko Molzan im Kloster demselben 200 slav. Mark legiren.
3) In den ungedruckten Urkunden des Klosters Dargun kommt "Ludolph von Molsan" im J. 1276 vor, wo er Grenzstreitigkeiten mit dem Kloster gehabt hatte.
4) Nach Schröders Pap. Mekl. I, S. 1097, entstand 1330 zwischen dem Abte zu Dargun und den von Flotow ein Streit wegen der Fischerei auf der Peene und wegen der Dörfer Zeddemin und Dempzin.
5) Die bisherigen Bemerkungen über die Grabsteine sind um so mehr mangelhaft, als nur eine kurze Zeit auf die Untersuchung derselben verwandt werden konnte.
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Nicht ohne Interesse ist die Inschrift einer Denktafel aus dem 15. Jahrhundert. Sie hängt neben dem Fürstenchor, ist aus Eichenholz und etwa 4½' hoch und gegen 7' breit. Die Inschrift, in neugothischer Minuskel, füllt 6 Spalten und scheint aus dem Jahre 1479 herzurühren, bei welchem es in der Inschrift heißt: "an disseme brede". Bei der Restauration der jetzt mit weißer Farbe aufgetragenen Inschrift haben sich, wie es scheint, einige Verunstaltungen eingeschlichen, die Interpunktion, die Eigennamen und die Versetzung oder Auslassung einzelner Buchstaben in Beiwörtern betreffend. In der nachfolgenden Abschrift sind: tho und vnd gleichmäßig beibehalten, die Eigennamen durchweg groß geschrieben und die sinngemäßen Interpunktionen beobachtet.

Diese Inschrift ist, so viel bekannt, bisher nicht gedruckt; der Eingang ward im Freim. Abendblatt, Jahrg. 1826, S. 409, in einer Correspondenz=Nachricht, jedoch nicht genau, mitgetheilt.

Die Inschrift erzählt eine Reihe von Schenkungen an das Kloster Dargun, mittelst derer vorzüglich mehrere Bauten an der Kirche beschafft worden sind. Zwei Aebte des Klosters werden in derselben genannt; viele meklenburgische Vasallen, namentlich Lütke Hahn zu Basedow, erscheinen als Wohlthäter des Klosters.

Die Inschrift lautet:

"Wi Johann Depzow abbet vnd gance conuent tho Dargun bekennen vor vns vnd vnse nakomlinge, dat in den iaren vnses heren M.CCCC. dar na in dem LXIIII iare, do was anbeginner der buwethe vnse kerke tho Dargun vnse gnedige here Herthoge Hinrick van Meklenborg, grave to Swerin, forste tho Wenden mit sinen leven sons vnsen gnedigen heren Herthog Albrecht, Herthog Johann, Herthog Magnus, Herthog Balzer, vmme erer selen salicheit willen vnd erer olderen vnd alle ere slechte, so se hir na by namen genomet werden, ein islik by sick, wo vele dat he dar tho keret hefft in gades ere. Tho dem ersten hefft her Ludeke Hane, wanhafftich tho Basedow, veer marck vnd L sundesch vnd XII gulden, de denne vordert hefft geuorden, dat vnse kerke rede worden is vnd sodane gelt uorlonet hefft Also de guden menne, hir na benomet, dar

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tho gegeuen hebben: de duchtige man Ludeke Moltzan tho dem Grubenhagen IV mr. vnd L sundesche vnd XII guldem tho enem knope; Henneke van der Osten tho Kastorpe XL mr. Hinrick Hane tho Kuchehnisse IIII mr. vnd L sundesche vnd XII gulden; Otte vnd Clawes, veddern geheten de Moltken, wanhafftich tho dem Stritfelde, L sund. mr. Ratke Kerckdorp tho Nikür LVI mr. sundesche; Vicke Moltzan enen gulden tho enem knope; Clawes en Oldenborch tho Gremmelin IIII vnd LXX sund. mr.; her Vincentz van dem Kalden C. vnd XXX mr. Ghertich Kalff van Malchin XX mr. sund.; Günther Leuetzow tho Schorrentin L mr. sund.; Matthias Grabow tho Wusten XV sund. mr. Gunter Leuetzow tho Merkow L. sund. mr. her Jurgen Grabow tho Gamelow XXX sund. mr. Clawes Holste wanhafftich tho Wickenwerder XXX sund. mr. Clawes Bardenfleth tho dem Zarnde XXX sund. mr. Reimer Plesse tho Zulow XXX sund. mr. Hans van Restorp tho Boltze XXX sund. mr. her Nicolaz Breide, kerckhere tho Malchin, XXX mr. her Helmich Vlotow, prawest tho Dobbertin, XXX sund. mr. her Diderick Sukow prawest tho der Verchen, X sund. mr. Wedige Bugenhagen tho der Neringe XV sund. mr. Hennink Breide XV mr. sund. Achim vnde Drewes de Vlotowen geheten, wanhafftich tho dem Sture, je welckes XXII sund. mr. Hinrick Smeker tho dem Wüstenfelde XV sund. mr. Berndt van Lesten X mr. sund. Johann van Lesten X mr. alle wanhafftich tho Gottin. Vicke Bere tho Nuttzerow XV sund. mr. Hermen Kerckdorp tho Wobbekendorf X gulden. Hinrik Schonefelt tho Subbetzin X gulden. Hermen Hagenow, wanhafftich tho Parchim, X gulden. Achim van Losten tho Gottin X sund. mr. her Peter Warenstorp, prawest tho Malchow, X mr. Hermen Hagenow tho Parchim X guld. Hans van Restorp X gld. Eggerdt Stall X Lübsche mr. Gunther van Retstorp ratman tho Malchin, XX Lubsche mr. Joachim van Prenses husfrouwe van Wedendorp X Lub-

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sche mr. Titke Lowtzow tho Leuetzow X sund. mr. VIrick van Losten tho Gottin X sund. mr. Hinrik Hane van Arnsberghe XLüb. mr. Hans van Adrum tho Zirstorp V sund. mr. Achim vam. Hagen tho Bukow X sund. mr. Johann Smeker tho Gültzow X sund. mr. - In den jaren vnses heren veertein hundert dar na in dem negen vnd souenthigesten iare in deme daghe Aexius des hilghen bichtegers hefft de strenghe ridder vnde wolduchtige man her Ludeke Hane, wanhafftich tho Basedow, ein woldeder des gadeshuses, also hefft he rekenschon gedan dem erwerdigen heren heren Johan Becker abbet vnd synem gantzen conuent tho Dargun van sodane gifft, de de guden manne, an disseme brede benomet, vmme salicheyt willen erer selen hulpe vnd hantrekinge gedan, des de szumme was sostein hundert mark acht vnd achtentich mr., welcker gelt merkliken kamen vnde kerdt ys in nutticheyt des gadeshuses, nomelliken tho den glasevinstern, tho dem welffte, tho dem gheuele tho kloster-wardt tho deckende, tho der liberye, tho deme slaphuse, tho dem torne midt handuathe, dat vorgan wasz. Bauen disse rekenscop hefft vns her Ludeke Hane in redem gelde vorantwerdet sostich sund. mr. ock tho kerende in behoff des gadeshussz, vor welker hulpe vnde woldadt desse conuent vnd herrn godt den hern vor ere sele vnd slechte flitigen bidden willen. All dit geldt vorbenomet is gekamen tho der kerken tho deckende, tho den glasevinstern vnd tho dem welffte. Alle desse jennen de hir vorbenomet sin, de ere allmissen hebben gegeuen tho der buwethe tho hulpe vnd ock de noch hir namals tho geuende werden, de werden began alle weken midt vilgen vnd mit selemissen mit vns tho Dargun in der kerken vnde werden delhafftich aller guden werke, de mit vns sihen in allen tiden. Vurder vordenen se sodane aflat, alse dar de orden mede begifftiget is van vnsen geistliken

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vederen den pawesen, des doch gantz vele is vnd mit enem ringhen mach vordenen dat ewige rike, dar vns godt alle tho helpe. amen".

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5. Die Kirche und die Glocken zu Hohenkirchen,

vom Herrn Pastor Erfurth daselbst.

Herr Pastor Erfurt schreibt hierüber an Herrn Archivar Lisch, wie folgt.

Im zweiten Bande unserer Jahrbücher sagen Sie von der Capelle zu Althof, daß sie das einzige Gebäude in Meklenburg sei, welches ein Gewölbe im Rundbogenstyl habe. Unwillkührlich fiel mir meine uralte Kirche hiebei ein; ich stellte mich im Geiste unter ihr Gewölbe, kein Spitzbogen wollte sich der Erinnerung darstellen; ich mußte mich durch Ocularinspection überzeugen, und fand wirklich am ganzen Kirchengewölbe, die angebaute Sacristei mitgerechnet, nur Rundbogen, und zwar so, daß die auf den Pfeilern ruhenden Hauptbogen gedrückter, die zwischen denselben befindlichen Kreuzbogen aber erhabener und wirklich rund sind. Besteht nämlich der Spitzbogen aus zwei Zirkelstücken, die in einer Spitze zusammenlaufen, so finde ich diesen hier am Gewölbe nirgends. Nur die Verbindungen zwischen zwei Pfeilern, auf denen die Decke des Gewölbes ruht, so wie die Fenster und Thüren sind spitze Bogen, die Rippen des Gewölbes jedoch theils gedrückte, theils Rundbogen. Die Kirche scheint mir in der Uebergangsperiode aus dem byzantinischen in den deutschen Styl erbaut zu sein. Eben so, wie hier, ist das Gewölbe in der Kirche zu Proseken: die Hauptbogen gedrückt, die sich kreuzenden Bogen aber rund, selbst die Fenster haben dort keinen Spitzbogen. Irre ich nicht, so sind die Gressower und Beydendorfer Gewölbe ebenfalls im Rundbogenstyl.

Ich kann mit Jhnen nicht rechten, wenn Sie sagen, daß mit dem Anfange des 13. Jahrhunderts 1 ), und schon früher, der Rundbogen durch den Spitzbogen verdrängt worden sei, obwohl man gewöhnlich annimmt, daß erst gegen die Mitte des 13.Jahrh. der deutsche Styl in Anwendung gekommen sei. Beide Ansichten widerstreben sich einander keinesweges, sondern verhalten sich wohl zu einander, wie schwacher Anfang zur völligen Ausbildung.

In welchem Jahre die hiesige Kirche erbaut sei, vermag


1) Wie die Kirchen zu Doberan, Neukloster und Bützow. — G. C. F. Lisch.
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ich nicht genau anzugeben; nach dem Rundgewölbe zu urteilen, muß sie ein sehr hohes Alter haben. Die erste Urkunde, in der Hohenkirchen erwähnt wird, ist vom Jahre 1222 oder 1226, worin Heinrich Burwin und dessen Söhne, Heinrich und Nicolaus, mit dem Bischofe Heinrich von Ratzeburg, der Zehnten und Hufen wegen, einen Vergleich schlossen. In Bezug auf die hiesige Kirche heißt es darin: Ecclesias etiam tam fundandas quam fundatas — — Episcopus dotabit et libere possidebit, et idem jus erit in ecclesiis adhuc fundandis. Quarum eclesiarum nomina sunt hec: Prozeken, Beyendorpe, Gressowe, Hohenkerken— —. Ist meine Ansicht richtig, so geht hieraus hervor, daß zwar die Idee, an diesen Orten Kirchen zu bauen, noch nicht ausgeführt war, aber doch der Ausführung nahe stand, besonders da schon, wie die Urkunde sagt, in consecrationem cimiterii Miristorp, Land an den Bischof abgetreten war. Die Erbauung der Kirche fällt aber gewiß vor 1250, da schon 1260 zwischen Johannes Theologus und dem Bischof, wegen einer ambiguitas de jure patronatus Ecclesiarum per terram Bresen ein Vergleich getroffen, und das obige Instrument von 1226 wörtlich wiederholt ward. — Die Kirche ist in Form eines Kreuzes gebaut, so daß auf der einen Seite die Sacristei, und auf der andern das sogenannte Leichenhaus den Querbalken bilden. Glasurte Steine findet man an mehrern Eingangsthüren, das Hauptportal aber ist vermauert und hat eine kleine, geschmacklose Thür an seiner Stelle, wie denn überhaupt die Hand der spätern Jahrhunderte, durch theilweises Zumauern der Fenster, und sonst noch, das edle Bauwerk verunziert hat. Ein in einer Ecke liegender Taufstein und ein Weihkessel, beide von Sandstein, mögen noch der ältern Zeit angehören, sonst findet sich keine Spur aus dem Alterthume darin. Die Kirchenstühle wurden wahrscheinlich nach der Reformation neu gemacht, wenigstens findet sich auf einem Stuhle die Jahreszahl 1564, und darunter das von Bülowsche Wappen. Der Sage nach soll der Thurm ehemals höher gewesen, aber durch Sturm umgeworfen sein, und nun, statt des spitzen Daches, ein platteres erhalten haben. So alt, als die Kirche, ist auch wohl das Eingangsthor zum Kirchhofe, an dessen einer Seite ein Bischof mit seinem Hirtenstabe, und auf der andern Maria mit dem Kinde, auf glasurten Kacheln abgebildet, eingemauert sind. Die Kirche wird dadurch als eine bischöfliche, der Maria geweihte bezeichnet. Wahrscheinlich hatten auch alle im Lande Bresen liegenden Kirchen, weil sie vom Bischof zu Ratzeburg gegründet und dotirt

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waren, den Bischof und die Maria mit dem Kinde im Siegel, wie noch heute die Kirche in Klütz.

Auf dem hiesigen Thurme hangen 3 Glocken, von denen die kleinste schon zum dritten Male umgegossen ist, auch die mittlere gehört der neuern Zeit an, die größte aber stammt noch aus dem Alterthume. Bisher glaubte ich, durch eine schriftliche Notiz im Pfarrarchive dazu verleitet, daß die Inschrift der großen Glocke nicht mehr zu lesen sei, und beruhigte mich um so leichter dabei, da meine Kurzsichtigkeit den Irrthum begünstigte. Zufällig erfuhr ich jedoch vor einigen Wochen von einigen meiner Söhne, welche den Thurm bestiegen hatten, daß die Buchstaben auf der großen Glocke sehr klar und deutlich ausgedrückt seien. Ich trug ihnen daher auf, die Inschrift genau abzuzeichnen. Ich erhielt die Zeichnung, erkannte die einzelnen Buchstaben, konnte aber keinen Sinn darin finden. Meine Mühe, mich mit eigenen Augen zu überzeugen, war vergeblich, da die Glocke für meinen Gesichtskreis zu hoch hängt. Zur Sicherheit gab ich nun dem Organisten Warnke hieselbst Auftrag, die auf der Glocke befindlichen Zeichen mit allen Verzierungen nachzuahmen. Beide Exemplare stimmten aufs Genaueste überein, und lieferten die Schrift, die ich Ihnen vor einigen Wochen in der Eile durch meinen Organisten übersandte 1 ).

Die Höhe der Buchstaben beträgt 3 Zoll; sie stehen ohne Interpunction neben einander in gleichen Zwischenräumen, und nur das gewöhnliche Kreuz ( Inschriftskreuz ) zeigt den Anfang der Schrift. Die Inschrift steht aber theils auf der Haube (der obern Wölbung der Glocke), — was mir als Abweichung erscheint — , theils am obern Rande, und zwar auf folgende Weise:

a) oben auf der Haube steht:

B e NI G N A

b) am obern Rande:

Inschriftskreuz  V A SDEVShOCSIN G N A PELBS A LV A ST A VR A

Die Schrift ist genau nach den Originalzeichnungen wiedergegeben.

Weder an, noch über, noch unter den Buchstaben steht ein Abbreviaturstrich, noch sonst ein Zeichen. Bis zum zwanzigsten Buchstaben, vom Kreuz an, hat der Künstler Verzierungen angebracht, dann hören diese auf und kehren nur in einzelnen Andeutungen bei drei Buchstaben wieder, Dem letzten A fehlen die sonst gewöhnlichen innern Striche; der Künstler war ermüdet.

Alle meine Versuche, sie zu lesen, sind so ausgefallen, daß ich durch keinen befriedigt werde. Als Anfänger im Lesen der


1) Die Inschrift ist sehr sauber, klar und verständig gezeichnet. — G. C. F. Lisch.
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alten Schrift darf ich es freilich kaum wagen, Kennern etwas vorzulesen, indessen glaube ich die einzelnen Buchstaben zu kennen, nur der vierte vor dem letzten ( A ) macht mir einige Scrupel; ich halte ihn für ein verbundenes ta oder at 1 ). Daher folgendes:

Betrachten wir das Wort benigna auf der Haube, so fällt es mir schon darum auf, weil es einzeln steht. Soll es den Namen der Glocke bezeichnen? Aber findet man dergleichen sonst noch? Der Taufname ward ja immer erst gegeben, wenn die Glocke an ihren Bestimmungsort aufgehängt werden sollte, wohl niemals vor dem Gusse 2 ). Außerdem finde ich im Kalender auch keine heilige Benigna, und doch taufte man die Glocken nur mit Namen von Heiligen. Ich bin daher geneigt zu glauben, daß nur des Raumes wegen dies Wort auf die Haube gesetzt worden sei, und daß man also — besonders, da es gerade über Inschriftskreuz vas steht, benigna vas, oder vas benigna lesen müsse. Aber dann macht dies Wort neue Verlegenheiten. Als Adjectiv kann es hier nicht stehen, es muß der Imperativ von benignare sein. Nun gibt es im mittelalterlichen Latein zwar ein Deponens benignari, aber kein Activum, wenigstens ist mir ein solches unbekannt. Und doch muß ich mich hier hinter den weiten Mantel des Mönchslatein verbergen, und nehme benigna als Imperativ = segne, mit dem Objectsaccusative construirt, wie benedicere im Mittelalter.

Verbinde ich hiemit die Schrift am obern Rande, so lauten die ersten Wörter: Benigna vas deus hoc, und geben, obwohl die Wortstellung auffallend ist, den Sinn: Segne, o Gott, dieses Geräth. — Nun aber, signapelb! Was ist mit diesem anzufangen? Offenbar hat der Künstler eingesehen, daß ihm der Raum gebreche, und hat darum von einzelnen Wörtern entweder nur die Anfangsbuchstaben, oder doch nur einige modellirt. Die letzten Buchstaben bilden, wenn ich mich in dem viertletzten nicht irre: salva statura.

Wochenlang habe ich über den Inhalt der Inschrift nachgedacht, aber nur folgendes Ungenügende heraus gebracht:

1. Benigna, vas, Deus, hoc, signa (=singna) pelle Barbarorum, salva statura.

Wenn man sich nämlich auch unter den signis barbarorum etwas denken kann, so weiß ich doch nicht, wie ich die abl.


1) Der Buchstabe sieht aus wie ein mittelalterliches A , dem der untere Theil des rechten Perpendikular=Balkens fehlt, dafür aber zwei Querlinien zwischen den beiden Balken hat. D. Red.
2) Ein Beispiel von einer Ausnahme giebt die alte, in diesem Jahresbericht beschriebene Glocke auf dem Schelfthurme zu Schwerin. Vgl. S. 193. D. Red.
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absol. — salva statura damit verbinden soll. Ich muß dann übersetzen: "Segne, o Gott, dieses Geräth, vertreibe die Waffen (Angriffe) der Barbaren, und erhalte die Form". Aber es mißfällt, daß der vordere und hintere Theil der Inschrift sich auf die Glocke bezieht, der mittelste aber auf die Wenden, die freilich hier auch nicht ganz friedlich waren; oder auf die Seeräuber, welche, bei der Nähe der Ostsee, oft Räubereien verübten. Darum zweifle ich an der Wahrheit der Erklärung 1 ).

Gekünstelter noch sind folgende Interpretationsversuche:

2) Benigna vas, Deus, hoc, sin gentilium natio audeat, pie elevatum (vas) laedere balistis, salva (imperat.) statura(m).

Möglich ist es, daß aus Mangel an Raum das m ausgefallen sei, da das letzte A dicht am Inschriftskreuz steht.

3) Benigna vas, Deus, hoc sacrum, id ne gentiles navibus advecti perturbent et (neve) laedant, benigne salva statura(m).

Versucht aber habe ich auch, Benigna als Namen der Glocke zu nehmen, und folgende Zusammensetzungen gebildet:

1) Benigna. Vas, Deus, hoc serva in nominis (tui) gloriam; nemo audeat pie elevatum laedere, benigne (oder Benignae) salva statura.

2) Benigna. Vas, Deus, hoc sacrum ingeneret nobis


1) Es finde hier ein anderer Erklärungsversuch einen Platz. - Es ist nicht wahrscheinlich, daß das Wort benigna in den Anfang gehört; der Künstler, der die Inschrift modellirte, zeichnete durch die Stelle gewiß nicht von vorne herein ein Wort aus, welches er füglich nach dem Kreuze in den Anfang setzen konnte; das Wort benigna bildet wohl den Schluß der Inschrift. Ferner wird hier angenommen, daß die Buchstaben des Wortes pelbs versetzt sind statt plebs und daß das S nach pleb statt zwei Mal nur ein Mal steht. Dann lautet die Inschrift:
Inschrift
d.i. Vas dens hoc signa! Plebs salva statura benigna! Dies ist dann ein vollständiger Hexameter, was um so mehr zu der Annahme dieser Stellung berechtigt. - Vas steht im Mittelalter oft für = Glocke, Singnare, d. i. wie oft, signare, heißt nicht selten: cruce signare, bekreuzen, segnen. Die erste Hälfte ist also eine Anrufung an Gott in einem kirchlichen Bilde: als Oberpriester die Glocke zu weihen. — Salva (freilich ohne Beachtung der Position) bedeutet wohl: (durch das Christenthum) gerettete, = bekehrte Volk. — Statura ist das Particip von stare, wobei sit ausgelassen ist: statura sit = stet, maneat. — Benigna ist = felix, glücklich, oder: = wohlwollend (gegen die Kirche). — Der Sinn wäre also:
"Segne, o Gott, dies Gefäß! (Dein) gerettetes Volk, möge es glücklich bleiben!
"Weihe, o Gott, diese Glocke! Möge dein Volk im Heile glücklich bleiben!
G. C. F. Lisch.
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amorem paternum et labefactam benigne salva staturam.

3) Benigna. Vas, Deus, hoc sempiternam indicet nominis (tui) gloriam nobis audientibus; perturbationibus et labe benigne salva statura(m).

Manche andere Conjecturen übergehe ich mit Stillschweigen, weil sie mir noch weniger gefallen, als die eben mitgetheilten.

Auffallend ist bei dieser Inschrift überhaupt, daß Gott angeredet wird, da entweder Jesus oder Maria, mit ihren veni cum pace oder ora pro nobis, gewöhnlich den Inhalt ausmachen.

Ueber das Alter der Inschrift, also auch der Glocke, wage ich nicht, etwas Entscheidendes auszusprechen. Die mehrfach vorkommenden E und N deuten jüngern Ursprung an 1 ); später als ins 15. Jahrhundert möchte ich sie jedoch nicht stellen 2 ).

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6. Baudenkmäler in der Umgegend von Feldberg (im Strelitzischen).

Nach dem Berichte des Herrn Candidaten Kortüm zu Feldberg enthält die an Naturschönheiten, besonders Wasserparthieen, reiche Gegend von Feldberg noch einige Ruinen von Kirchen und Burgen. So steht an dem Wohnhause des ersten Beamten zu Feldberg der Rest eines alten, runden, mit Kalk gemauerten Thurmes von Feldsteinen. Nicht weit von Feldberg am großen Lutzin, ziemlich steil vom See aus sich erhebend, ist der sogenannte Schloßberg, auf welchem aber nichts als das erhöhete Erdreich die Stelle einer Burg angiebt. In Schlicht, ¼ Meile von Feldberg, steht noch der Giebel einer vor langer Zeit zerstörten Kirche und nicht weit vom Dorfe liegen die Trümmer einer alten Burg. In dem Holze zwischen Rehberg und Granenhagen, 1 Meile von Feldberg, findet sich eine Kirchenruine, die sogenannte rothe Kirche, deren innerer Raum mit starken Bäumen besetzt ist, und endlich bei Hinrichshagen das Gemäuer einer alten Burg.


1) Den Schriftzügen nach stammt diese Glocke noch aus dem 13. Jahrhundert. Die Inschrift enthält erst wenige geschnörkelte Buchstaben des 14. Jahrhunderts; grabe die E und N, statt e und N , deuten auf das hohe Alter. Eine Inschrift aus dem 15. Jahrhundert würde wohl schon gothische Minuskel haben. — G. C. F. Lisch.
2) Andere Glockeninschriften s. unten die dritte Rubrik der Nachrichten.
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7. Baudenkmäler in der Umgegend von Sülz.

Die hiesige Gegend ist nicht reich an Resten des Alterthums, doch finden sich deren auch, die wohl einer näheren Untersuchung werth wären. So befinden sich die Güter auf der Sülz gegenüber liegenden pommerschen Seite, Cavelsdorf, Semlow etc. . noch in Händen der Familie von Behr=Negendanck. Diese Familie hatte in alter Zeit auch diesseits viele Güter, wie denn noch jetzt ein Bär statt des Hahns auf dem Thurm der Kirche zu Lübchin prangt. Diese Güter waren durch einen Damm verbunden, welchen man noch in dem sülzer Moor mit Torf überwachsen findet und der noch der Bärendamm heißt. Er verschwindet auf dem hohen Lande, man spürt ihn aber wieder im lübchiner See, wo auch Reste von Pfählen, wie zu einer Brücke gehört habend, sich finden. Die Richtung führt hier grade auf ein Holz zu, welches zu dem Gute Grammow gehört, und noch jetzt der Bärnimm heißt, von einer Burg dieses Namens, deren Wälle und Gräben man noch im Holze findet. Füchse sollen häufig Bauschutt aus dem innern Burgplatze herausfördern, und sollen auch silberne Sporen und andere Geräthe herausgegraben haben, die ein Schäfer gefunden und hierher nach Sülz verkauft haben soll; doch bleibt dies im Reich der Sagen! — Ein sehr verfallener alter Thurm mit ganz verfallenem Gemäuer steht noch auf dem v. Blücherschen Gute Wasdow, und eine schöne alte Burg, bis zu ihrem Abbruche noch bewohnt, stand bis vor wenigen Jahren auf dem dem Herrn Landdrosten v. Schack gehörigen Gute Nustrow, hat aber einem eleganten neuen Hause Platz machen müssen. Der Herr Landdrost besitzt nur eine kleine Zeichnung von dem alten Schlosse, welches wohl der Mühe werth wäre, daß man es der Nachwelt im Bilde erhielte, da wohl wenig Gebäude der Art noch in Meklenburg bewohnt sind. Alte Gräber finden sich — zum Theil von bedeutender Größe — auf mehreren Gütern der Umgegend, Liepen, Viecheln, Zarnewanz, Gnewitz etc. ., und sind namentlich zu Viecheln vor einigen Jahren mehrere durch Mergelgraben etc. . zerstört, ohne daß wohl irgend Jemand darauf geachtet hat, was sich darin finden könnte.

Sülz.

A. L. Koch.

III. Nachrichten von andern antiquarisch merkwürdigen Stätten.
1. Burgwall von Wieschendorf (bei Dassow).

Auf dem wieschendorfer Felde befindet sich ein Burgwall, mit dem die Sage große Keller verbindet, aus denen

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der Fuchs silberne Löffel herausgescharrt haben soll. Es ist ein ziemlich regelmäßig viereckiger Raum von 300 Quadrat=Ruthen Größe, an zwei Seiten von Wiesen begrenzt und mit einem etwa 15-20 Fuß hohen, mit Gesträuch und hohen Eichen bewachsenen Walle eingefaßt. Er wird die Burg genannt, ist neuerdings mit Tannen bepflanzt, bei deren Pflanzung sich Spuren von Mauersteinen fanden. — Finden sich urkundliche Nachweisungen, daß bei Wieschendorf eine Burg stand? Mir ist keine vorgekommen?

G. M. C. Masch.

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2. Alte Dorfstelle etc. . bei Gr. Freienholz.

Im freienholzer Forst, im sogenannten Kriegholze, etwa 1500 Schritte von Gr. Freienholz, am Wege nach Dänschenburg, befinden sich die Ueberreste eines großen (muthmaßlichen) Dorfes, da die noch vorhandenen, theils gut conservirten Steinmauern, Fundamente, Brunnen und Backofenstellen noch sehr genau den Platz bezeichnen, wo vormals Gebäude gestanden haben; bei genauer Beschauung der verschiedenen Objecte aber siehet man selbst, wo jeder einzelne Hauswirth gewohnt hat. Daß die Verwüstung dieses großen Dorfes sich lange vor dem Beginne des dreißigjährigen Krieges zugetragen habe, bezweifle ich aus folgenden Gründen nicht.

Meine ältesten Forstarbeiter, Männer von 70 bis 80 Jahren, versichern, daß sie hier schon vor 40 bis 50 Jahren auf der genannten Dorfstelle, die noch jetzt mit hartem und weichem Holze allenthalben auf bestanden ist, Eichen von 36 Zoll Stammdurchmesser abgehauen haben; auch jetzt noch stehen dort Eichen von 3 bis 4 Fuß Diameter. Wollte man nun annehmen, daß die Verwüstung des Dorfs im dreißigjährigen Kriege geschehen sei, so widersprechen dem jene dort noch lebenden Exemplare Eichen von 3 bis 4 Fuß Durchmesser mit vieler Bestimmtheit, da Eichen in einem solchen Zeitraume nicht zu dieser Größe aufwachsen können, sondern mindestens 100 Jahre mehr bedürfen, um, auf hiesigem Boden, eine solche Stärke zu erreichen; überdies haben jene Bäume anscheinend schon ungefähr 100 Jahre ohne merklichen Zuwachs, zumTheil im Wachsthum stillstehend und absterbend, dort gestanden: so daß man hiernach den Eichen auf jener alten Dorfstelle ein Alter von mindestens 400 Jahren zuzugestehen sich veranlaßt finden dürfte.

Im freienholzer Forst, in unmittelbarer Nähe der alten Dorfstelle, befindet sich auch ein Torfmoor, wo meine Torf=

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arbeiter, circa 7 Fuß unter der Oberfläche, Bunde Flachs in durchaus haltbarem Zustande auffinden und zu Tage fördern; sobald aber der Flachs einige Tage der atmosphärischen Luft bloßgestellt ward, verlor derselbe seine Haltbarkeit und ward mürbe.

Höchst wahrscheinlich haben jene Dörfler dort, in einem damaligen Wasserbehälter, ihren Flachs zum Röthen eingesenkt, und sind, ehe sie denselben zum weiteren Gebrauche wieder hervorholen konnten, zusammt ihren Wohnungen vertilgt worden; es läßt sich nicht annehmen, daß aus Nachlässigkeit dieser Flachs dort verloren sein sollte, da man an verschiedenen Stellen, bei der Ausgrabung des Torfs, ein solches Product hervorholt.

Wäre aber meine Vermuthung hinsichtlich der Art, wie der Flachs hieher gekommen sei, richtig, so würde hier ein neues Zeugniß vorliegen, daß der Zeitraum von der Verwüstung jenes Dorfes bis jetzt viel größer sei, als 400 Jahre. Denn das genannte Torfmoor hat folgende Bestandtheile. Unter der Oberfläche befindet sich:

1) eine Schicht guten Torfs von 2 Fuß Tiefe; dann kommt
2) ein Lager von großen, noch sehr festen Kieferstämmen (Pin. sicoestris), an der Stelle, wo der Baum abgehauen ist, 24-34 Zoll im Durchmesser haltend, die nicht durch die Gewalt der Elemente umgestürzt wurden, sondern noch die Spur der Axt an sich tragen; endlich
3) unter den Stämmen steht noch eine Schicht guten schwarzen Torfs von 2 Fuß Tiefe, welche den vorgefundenen Flachs unter sich verborgen hatte.

Wird also diese Stelle als früherer Wasserbehälter betrachtet, so muß derselbe damals, als Flachs darin geröthet wurde, von beträchtlicher Tiefe gewesen sein.

Wenn mm auch bekanntlich in einer gewissen Wassertiefe, wo Boden und Lage dazu geeignet ist, durch das successive Anhäufen von vegetabilischen Substanzen sich eine Torfschicht bildet, die nach und nach weiter empor kömmt und so endlich das Wasser ganz verdrängt, - so ist dazu doch, zumal in dieser niedrigen, wasserreichhaltigen Gegend, ein beträchtlicher Zeitraum erforderlich. Daß nun ferner auf der trocken gewordenen Torfschicht sich Nadelholz anbaute, (vermuthlich durch Besaamung von nicht allzufern stehenden Kiefern), welches bis zu der Zeit, da es abgehauen worden, ein Alter von 120-150 Jahren erreicht haben dürfte (dies beurkunden die noch vorhandenen Stämme) und daß sich endlich über den abge=

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hauenen Kieferstämmen ein neues Torflager von 2 Fuß Höhe bildete, das deutet ebenfalls wieder auf einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum hin.

Alle diese verschiedenen Thatsachen zusammen gestellt, ergiebt sich die Folgerung:

daß von der Zeit an, da der gefundene Flachs dort ins Wasser gesenkt wurde, bis zur gegenwärtigen Zeit über ein halbes Jahrtausend verflossen sein kann.

Wilpert, Förster zu Gr. Freienholz 1 ).

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3. Blocksberge in Meklenburg.

(Vgl. Jahresber. II, S. 114.)

Herr Pensionär Schubart zu Gallentin meldet:

a) Auf der Feldmark Gallentin, nahe beim Hofe, ist ein Berg, der den Namen Blocksberg führt. Auf demselben standen früher, etwas von einander entfernt, zwei Kreise von Steinen (alte Grabstellen?), deren es auf derselben Feldmark sonst noch mehrere gab. Diesem Berge gegenüber hat vor Zeiten auf einem andern Berge eine Kirche gestanden, von welcher noch viele Kalk= und Steinstücke an der Stelle zeugen; auch fand ich dort vor einigen Jahren das Fragment eines Leichensteins von weißen Fliesen, mit den Buchstaben SEL. Diese Kirche und das dazu gehörige Bauerdorf sollen im dreißigjährigen Kriege zerstört sein, welches Schicksal auch die ehemalige Kirche in dem an Gallentin grenzenden Dorfe Kleinen gehabt haben soll.

b) Auf der Feldmark Ganzow bei Gadebusch ist ein einem Kegelgrabe ähnlicher Hügel, der den Namen "smökpahl" (Schmauchpfahl) trägt: nach der Sage sind auf demselben Hexen verbrannt worden.

Außerdem liegen Blocksberge:

c) einer auf dem Felde des Gutes Vilz, dicht vor der Stadt Tessin (nach Mittheilungen des Herrn Regierungsraths von Oertzen zu Schwerin und des Herrn Präpositus Karsten zu Vilz),

d) ein anderer auf dem Felde des Gutes Radegast bei Neubuckow (Mittheilung des Herrn Regierungsraths von Oertzen) und

e) ein dritter auf dem Felde von Lankow bei Schwerin (Mittheil, des Herrn Forstraths von Wickede zu Schwerin).


1) Der Verein verdankt diese interessante Mittheilung der Vermittelung des Herrn Hauptmanns von Restorff zu Bützow.
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IV. Nachrichten von Bildwerken verschiedener Art.

1. Die prillwitzer Götzenbilder.

Folgenden Beitrag zur Entscheidung des Streites über die Aechtheit dieser Idole verdankt der Verein der Mittheilung des Herrn Pastors Masch:

Jacob Grimm in der Recension über Kopitar Glagolita Clozianus in den göttingischen gelehrten Anzeigen, St. 33, vom 29. Februar 1836, S. 327, sagt, nachdem er sich über die Formen des glagolitischen Alphabets ausgesprochen:

"Ich muß aber mit einem schlagenderen Zeugniß für die Alterthümlichkeit der glagolitischen Buchstaben E und B hervorrücken; letzteres hat die Gestalt eines Hakens, der oben in eine dreizinkige Gabel ausläuft, und weicht völlig ab von dem gewöhnlichen lateinischen, gothischen, runischen, folglich auch cyrillischen B. Nun zeigen gerade die Runen der bisher noch übelberüchtigten prillwitzer Idole, so wie der von v. Hagenow bekannt gemachten Steine dieselbe auffallende Abweichung beider Buchstaben, das links gedrehte E und das gabelförmige B. (Man sehe wiener Jahrb. Band 43, S. 33 und Hagenows Figur 8 und 11) 1 ). Diese wendischen Runen sind im Ganzen die nordischen, weichen aber in einzelnen Buchstaben ab und ihre entschiedenste Abweichung stimmt zu der Glagoliza. Was konnte wohl mehr das Alterthum der glagolitischen Schrift und zugleich die angefochtene Echtheit der nordslavischen Götzenbilder bestätigen? Dem neubrandenburger Goldschmied eine solche Kenntniß der nordischen, preußischen, slavischen Mythologie, der der nordischen Runen und des glagolitischen Alphabets zuzutrauen, daß er aus ihnen allen nicht plump, sondern mit geschickter, ab= und zuthuender Mischung nachgeahmt hätte, übersteigt allen Glauben. Die auch durch andere innere Gründe bestärkte Echtheit der Bilder eingeräumt, scheint aus ihnen hervorzugehen, daß schon die heidnischen Slaven einer Schrift pflagen, von welcher uns bedeutende Ueberreste nirgends anders, als in dem glagolitischen Alphabet vorliegen".

2. Gedächtnißstein zu Selow.

Zu Selow befindet sich, wie Herr Hülfsprediger Günther zu Neuenkirchen berichtet, auf der dritten Hufe des Dorfes im


1) Man vgl. die Gußformen mit denselben Charakteren S. 85.
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Freien, nicht fern von der Landstraße, ein Stein, welcher dem Leichenstein des von Bernstorff (Jahresber. II, S. 167) sehr ähnlich ist. Das Wappen des selowschen Steines ist, nach der eingesandten Zeichnung, ungefähr wie drei Thierköpfe (Hasenköpfe?) gestaltet, die Figuren sind fast gleich mit denen des Bernstorffschen Steines, die Buchstaben aber so sehr verwittert, daß der Herr Berichterstatter die Inschrift nicht zu entziffern vermochte.

Herr Archivar Lisch bemerkt zu dieser Nachricht, daß schon Mantzel in den bützowschen Ruhestunden XIII, S. 16 diesen Stein beschrieben habe. Mantzel sah auf demselben das Wappen der Hasenkop und las noch:

Anno dni. MCCCLI in die beati Viti martiris obiit Hermannus — — —

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3. Denkstein am Dome zu Schwerin.

Bei Gelegenheit der neuen Häuserbauten um den Dom Zu Schwerin ward im Frühling 1838 auch der letzte Rest der ehemaligen Kirchhofsmauer, dem Prinzenhofe gegenüber, im Westen der Kirche abgebrochen. Unter den Fundamentsteinen dieser Mauer fand sich, im Westen der südwestlichen Kirchenecke, dem Thurme gegenüber, ein großer, roher Granitblock, welcher mit einem Kreuze bezeichnet war. Der Granitblock hatte die Gestalt eines unregelmäßigen Oblongums von ungefähr 6-8 Fuß Länge und eine Dicke von 1-2 Fuß, war überall roh und, mit Ausnahme einer Seite, welche zur Oberfläche benutzt war, unregelmäßig; diese größere Seite der Oberfläche war von Natur ganz eben und glatt. Auf derselben war ein Kreuz eingemeißelt; dieses Kreuz war 2½ Fuß lang, ganz regelmäßig und rechtwinklig gebildet, die Querbalken waren mehr nach dem obern Ende hin gerückt, das untere Ende des Hauptbalkens hatte zwei emporstehende Balken, so daß die untere Hälfte völlig einem Anker glich. Von andern Bezeichnungen war keine Spur vorhanden.

Wozu dieser Stein gedient habe, ist zweifelhaft. Ein Leichenstein kann es kaum gewesen sein, da jede Spur von Inschrift oder dgl. fehlt, es sei denn, daß er in den frühesten Zeiten des Christenthums in Meklenburg gelegt worden wäre, als noch der Handelsverkehr stockte und es noch an geeignetem Material zu Leichensteinen und an Steinmetzen fehlte. Vielleicht ist es ein Denkstein, ein erster Grundstein, bei der Einführung des Christenthums und der Gründung des ersten Gotteshauses zu Schwerin gelegt, da früher sicher eine

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Interimskirche oder eine Kapelle vor der Vollendung des jetzigen Dom=Gebäudes in der Nähe desselben vorhanden war. Im Jahre 1227 datirte der Graf Heinrich von Schwerin eine Urkunde "in capella Zwerin"; vgl. Jahrb. I, S. 204.

G. C. F. Lisch.

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4. Glocken=Inschriften aus den Kirchen zu Schwerin.

Die Glocken der Domkirche.

Auf dem Thurme der Domkirche zu Schwerin hangen vier Glocken.

Die beiden größten sind im J. 1811 von J. G. W.Landre zu Lübeck gegossen; zu dem Erze wurden die alten Glocken genommen (hoc aeramentum perantiquum ruptum, denuo fusum A. S. O. MDCCCXI). Die muthmaßlich ältesten Glocken des Bisthums sind also untergegangen.

Die kleinste Glocke hat im Kranze die Inschrift: FVDIT. LAVRENTIVS. STRALHORN. ANNO. 1733.

Die mittlere Glocke ist allein von einiger alterhümlichen Bedeutung. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Unter dem Worte dni steht ein Geistlicher mit unbedecktem, lockigem Haupte, in langem Gewande und Mantel, in der Linken einen Kelch, die Rechte consecrirend vor der Brust, mit einem viereckigen Täfelchen am Gürtel. Diese Figur, welche hier, ohne Heiligenschein, ganz klar dargestellt ist, führt auch der schwerinsche Bischof Werner (1458-1470) im Siegel.

Unter dem Worte mater steht ein Marienbild und unter demselben das Zeichen des Gießers: wie ein unziales H mit einem rechts davon liegenden Kreuze: H Inschriftskreuz

Die Glocken der Schelfkirche.

Auf dem Thurme der Schelfkirche zu Schwerin hangen drei Glocken, von denen zwei alt sind, obgleich die Kirche erst im Anfange des 18. Jahrhunderts erbauet ist. Wahrscheinlich stammen diese Glocken noch aus der ehemaligen St. Nicolai=Kapelle oder Kirche auf der Neustadt.

1) Die große Glocke hat weiter keine Auszeichnung, als am obern Kranze die Umschrift:

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Umschrift

(d. i.

Hilf Gott zu dem, was ich beginne 1 ), daß es ein gutes Ende gewinne)

in großer gothischer Minuskel. Wahrscheinlich stammt die Glocke also aus dem 15. Jahrhundert.

2) Die mittlere Glocke ist sehr hübsch verziert und modellirt und hat zwei Reihen Inschriften, die eine um den obern Theil, die andere um die Mitte.

Die obere Inschrift lautet:

Umschrift

Auf der Vorderseite in der Mitte der Glocke steht das halbe Bild eines Bischofs mit der Mitra, mit consecrirender rechter Hand und mit dem Stabe in der Linken. Unter demselben steht das fünfschildige herzoglich=meklenburgische Wappen 2 ).

Auf der hintern Seite der Glocke steht ein ganzes menschliches Bild in langem Gewande, mit einer Mütze auf dem Haupte, ein Schwert zur Linken, in der rechten Hand vor der Brust ein Viertheil von einem gezahnten Rade haltend; also wieder eine H. Katharine! (Vgl. oben die Kirchen zu Neukloster und Bützow, S. 147 u. 163.) Unter der Figur steht das meklenburgische Wappen noch ein Mal.

Um die Mitte der Glocke, zu den Seiten dieser Figuren, läuft, mit kleinern Bildern vermischt, eine zweite Umschrift, bestehend aus drei Namen, welche mit den eingestreueten Bildern folgendermaßen lauten:

"(Zuerst ein Bild eines Knappen, einige Zoll lang, einen Blumenstrauß mit der Rechten vor der Brust, in der Linken einen Krug haltend; dann der Name:) Marten (die Mütze des Bischofs; ein gelocktes, unbedecktes Brustbild, wie ein Frauenkopf, von der Höhe der Buchstaben:) Slone (ein Männerkopf). hinrick uan kampen (dann wieder der Knappe). hinrick (dann der Kopf des großen


1) beginnen mit dem Genitiv = etwas unternehmen.
2) In diesem Wappen sind die beiden Stierköpfe ganz gleich, vor sich schauend und ohne Nasenring; der Arm ist mit einem großen Tuche umwickelt und am Oberarm nicht bekleidet; der gräflich=schwerinsche Schild ist in der obern Hälfte schraffirt.
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Bildes im langen Gewande; dann wieder der kleine Frauenkopf) Reyneken (dann, am Ende, wieder der kleine Männerkopf)".

Es finden sich hier also drei Namen:

marten Slone.
hinrick van kampen.
hinrick Reyneken.

Von diesen kommt Heinrich von Kampen in den Renterei=Rechnungen von J. 1507-1517 als Gießer zu Gadebusch vor, wo er für die Herzoge Geschütz goß. Wahrscheinlich ist diese Glocke hiernach, und nach dem Bischofsbilde und dem fürstlich=meklenburgischen Wappen, ungefähr 1516 oder 1517 unter dem Bischofe Magnus, Herzog von Meklenburg, gegossen; sicher ist sie, wegen des fünfschildigen Wappens, nach 1480 aegossen, und, nach den Verzierungen, vor der Reformation.

3) Die kleinere Glocke hat an der Vorderseite das meklenb. Wappen mit der Umschrift:

V. G. G. CHRISTIAN. LUDEWICK. REGIERENDER. HERTZOG. ZU. MECKLENBURG.

Darüber steht:

SOLI. DEO. GLORIA.

Auf der Rückseite der Glocke steht:

O. G. MEIER. IN. ROSTOCK. ANNO. 1751.

Die Glocke hat hübsche Verzierungen. Eine Glocke von demselben Gießer und demselben Jahre ist zu Parchim; vgl. Cleemann Parch. Chronit, S. 309.

G. C. F. Lisch.

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5. Inschriften der Glocken zu Zarrentin.

I.

Auf der größten, ohne Rand, steht ganz oben:

VIVOS. EGO. ET. MORTUOS. VOCO.

Zweite Reihe:

ES. KOMMEN. DIE. MICH. HÖHREN. DEM. GROSSEN. GOTT. ZV. EHREN.
DRVMB. HÖHR. VND. HÖHRE. EBEN. WIE. DV. KANNST. EWIG. LEBEN.

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Dritte Reihe:

II. AVGVSTVS. KREIDEL. FVRSTL. M. B. AMPTM. H. JOHAN. TIGVHL.
PASTOR. H. JVSTG. REINH. SEILING. HINRICH. HALLOF. ADITVG.

Vierte Reihe:

HANS. STROKIRCH. HANS. RVMP. IVRATEN. M. ADAM. DANCKWARDT.
WISMER. ANNO. 1661. DEN. 12. SEPTEMBER.

II.

Ganz oben:

SOLI. DEO. GLORIA.

Auf der vordem Seite:

MANDANTE. CELISSIMO. PRINCIPE. CAROLO. LEOPOLDO.
CVRANTE CHRIST. FRIED. SENSTIO. PASTORE FVSA PER
DIEDERICH STRAHLENBORN ANNO 1746

Auf der hintern Seite:

IHR. DIE. IHR. MEINE STIMME. HÖHRT
GLAVBT. DAS. SIE. EVCH. DIE. PFLICHTEN LEHRT
GIEB. DEINEN. GOTT. WAS. GOTTES. IST
VND. DENKE. DASZ. DV. STERBLICH. BIST

III.

Ganz oben:

LAVRENTIVS STRALBORN ME FVDIT LVBECAE ANNO 1742.

Vorne:

JOH. CHRIST. SENTIVS PRAEP. ET PAST. HANS PAPE JVRAT.

Stockfisch.

6. Der Taufstein aus der Döpe bei Hohen=Vicheln.

(Jahresber. II, S115 flgd.)

Der Herr Freiherr von Glöden zu Bützow hat über das Schicksal dieser Antiquität vielfache eifrige Nachforschungen

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angestellt, und auch vom Herrn Hülfsprediger Günther zu Neuenkirchen sind weitere, die Geschichte derselben betreffende Bemerkungen eingegangen. Da jedoch die ersteren keine bestimmte Nachweisung ergeben haben und die letzteren ebenfalls nichts Entscheidendes feststellen, überhaupt nach der Lage der Sache eine Gewißheit darüber, was aus dem Taufsteine geworden, schwerlich zu erwarten steht, und andrerseits das Interessanteste bei der ganzen Untersuchung, nämlich die Geschichte der Auffindung, hinlänglich constatirt ist: so dürften die Verhandlungen über diesen Gegenstand als geschlossen anzusehen sein.

7. Münzen.

Eine römische Münze

ist zu Bössow bei Grevismühlen ausgepflügt und im Besitz des Herrn Hoikendorff zu Gr.Walmsdorf: es ist eine kleine Silbermünze von Antoninus Pius. (Mittheilung des Herrn Pastors Erfurth zu Hohenkirchen.)

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Der Münzfund zu Zinow (im Amte Strelitz).

Im September 1837 fand die Frau eines Arbeitsmannes in Zinow bei Neustrelitz im Sande ein 7 Zoll hohes bauchiges, sich oben verengendes, thönernes Gefäß von grober Arbeit, zum häuslichen Gebrauch bestimmt, welches 405 Münzen enthielt. Sie waren dick mit Grünspan bedeckt, der sie auch zum Theil an einander geklebt hatte, und wogen ungereinigt 1 Pfund 10 Loth lüb. Gew. Die neueste Münze war von 1505, und da die meisten aus dem Anfange des 16 Jahrhunderts herrührenden durchaus nicht abgeführt waren, so ist die Zeit der Vergrabung wohl nicht lange nach dem angeführten Jahr zu setzen 1 ).

In historischer Hinsicht ist bei solchen Münzfunden das Verhältniß des in einem gegebenen Zeitpunkt cursirenden Geldes nach Nominalwerth und Münzstätten offenbar das Wichtigste, und so ist es denn interessant genug, im östlichsten Meklenburg lübeckische, hamburgische, dänische und göttingische Münzen im Umlauf zu finden, welche nicht mit den daselbst gewöhnlichen meklenb., pommerschen und brandenburgischen nach


1) Dieser Münzfund wurde mir von großherzogl. Landesregierung zu Neustrelitz zur Untersuchung, mit beigefügter Gestattung, dem Vereine für mekl. Gesch. und Alth. Nachricht von demselben geben zu dürfen, zugesandt und ist bereits zurückgeliefert worden.
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gleichem Fuße geprägt sind. Die lübeckischen, hamburger und dänischen Schillinge müssen dort mit dem meklenb. und brandenburgischen Groschen gleichen Werth gehabt haben. Rostock und Pommern lieferten wohl die meisten Schillinge, Sechslinge fanden sich hier verhältnißmäßig wenige, und Hohlpfennige, obgleich damals noch in Hamburg und Lüneburg in Menge geschlagen, kommen gar nicht vor. Das Verhältniß der gefundenen Münzen in angegebener Beziehung ist folgendes:

Tabelle zum Verhältniß der gefundenen Münzen

In numismatischer Hinsicht bereichert dieser Fund, zunächst die meklenburgischen Münzen berücksichtigend, den 2. Theil von Evers Meckl. Münzverfassung in den unter den Herzogen Magnus und Balthasar geschlagenen Groschen und Schillingen durch eine ansehnliche Menge von Stempelverschiedenheiten, welche jener sorgsame Beschreiber nicht gekannt hat. So sind 18 Gepräge von Groschen, in Güstrow geschlagen, vorhanden, von denen sich bei Evers nur 2 angeführt finden (S. 44, und 3. Münze). Späteren ausführlicheren Mittheilungen die vollständige Angabe vorbehaltend, führe ich

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hier nur 2 Gepräge an, welche Evers nicht kannte und die hinsichttich des Wappens sehr merkwürdig sind, denn bis jetzt ist ein vier Wappenbilder in einem Schilde enthaltendes meklenb. Wappen noch nicht bekannt geworden, wenn auch die 4 Bilder auf der einen Seite der Münze bereits bei Evers II, S. 41 u. 46 vorkommen. Die Stellung des Arms mit dem Ringe ist gleichfalls sehr bemerkenswerth, obgleich nicht geeignet, Licht in diese dunkle Partie der meklenburgischen Heraldik zu bringen. Diese beiden Groschen sind an Größe und Gewicht den bekannten dieses Herzoges gleich und haben:

1) A. Inschrift

Ein vierfeldiger Schild, über dem Schilde ein Blatt. Im Schilder 1) der meklenburgische Stierkopf. 2) das gräfl. schwerinsche getheilte Wappen; 3) der stargardische Arm, aber aus dem rechten Unterwinkel nach dem linken Oberwinkel gekehrt, den Ring haltend, aber ohne Pausche und Binde; 4) der rostockische Greif.

R. Inschrift

Auf einem durchgehenden Kreuze ein kleiner Schild mit dem wendische Stierkopfe.

2) A. Inschrift

Das Wappen wie beim vorigen und über dem Schilde ein Kreuz zwischen 2 Punkten.

R. Inschrift

Auf einem durchgehenden Kreuz in einer 4 Mal gebogenenen runden Einfassung liegt der Schild mit dem wendischen Stierkopfe.

Aus derselben Zeit liefert Parchim 7 Gepräge von Groschen, welche alle bei Evers fehlen; von den 13 in Güstrow geprägten Schillingen hat Evers 4 (S. 45 erste bis vierte Münze), die andern nicht; der parchimsche Schilling fehlt ihm, und von den 12 i nGüstrow geprägten Sechslingen hat er nur einen (S. 46 erste Münze).

Unter den rostocker Schillingen sind nach Beschaffenheit der vorliegenden Stücke, die mit der Umschrift: civitas magnopol. unstreitig älter, als die andern mit: sit non. dni. bnd.; daher hätten sie auch bei Evers nicht die Stelle haben sollen, welche er ihnen S. 293 anweiset; 7 Stempel waren von der erstem Art vorhanden, von denen nur einer (dritte Münze a. a. O.) angeführt ist; von der zweiten in vielen Exemplaren vorhandenen Art fanden sich 21 Abweichungen, von denen 4 bei Evers angeführt sind (S. 293 vierte Münze von unten und

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letzte, S. 294 erste und zweite); zugleich ist zu berichtigen, daß nicht nom., wie er überall hat, sondern non. auf den Münzen sich findet. Von den 6 Sechslingen hat Evers S. 400 den einen als dritte Münze. Der wismarsche Groschen ist bei ihm S. 486 dritte Münze vorhanden.

Die pommerschen Schillinge des Herzogs Bogislaus in ihrer sehr bekannten Form mit dem Greif auf der einen und dem rügenschen Wappenschilde auf einem Kreuze auf der andern Seite sind wohl damals über ganz Meklenburg verbreitet gewesen. Hier sind von den in Stettin geschlagenen aus den Jahren 1500=9, aus 1501=3, aus 1502=3, und aus 1504=2 verschiedene Gepräge vorhanden. Die in Garz geschlagenen sind von 1489 und 1492, die in Dam geprägten finden sich ohne Jahrszahl in 3, von 1492 in 4, von 1493 in 2, von 1494 und 1496 in einem, von 1497 in 3 und von 1499 in einem Gepräge.

Von den 7 verschiedenen Arten stralsunder Schillingen haben nur 2 Gepräge eine Jahrszahl 1504, die übrigen sind ohne solche; der Sechsling ist von demselben Jahre. Die 3 greifswalder, die 3 anclammer und der eine demminer Schilling haben keine Jahrszahl; ihre Stadtzeichen sind bekannt und in den baltischen Studien II, 1, S. 118 fl. zu finden.

Von den brandenburger Groschen des Kurfürsten Johann I. sind 1 Stempel von 1497 und 2 von 1498 vorhanden, vom letztern Jahre ist auch der Schilling (ein pankower Gröschlein); von denen der Markgrafen Joachim und Albert sind die Jahrgänge 1500-1505 in 14 Prägen gefunden, sämmtlich ohne Angabe des Prägorts, also wie Köhne Münzverf. von Berlin S. 47 annimmt, in Salzwedel geschlagen. Ein in Angermünde geprägter Groschen ohne Jahrszahl ist auch vorhanden.

Die lübeckischen Münzen (bei Schnobel Lüb. Münz= und Medaillen=Cab. S. 47) sind eigentlich Schillinge 1/8 Loth schwer und es fanden sich nur 2 Gepräge. Ueber ihren Gehalt, welcher sie beser macht, als die brandenburgischen Groschen, ist Grautoff hist. Schriften III, S. 143 zu vergleichen. Nach dem Receß von 1461 wurden nämlich aus der Mark 9löthigen Silbers 104 Stück geschlagen, von jenen Groschen aber aus der Mark 6löthig weniger ½ Ot. schlug man 92 Stück.

Die hamburger Schillinge sind den lübeckern an Gehalt gleich, es sind ihrer 3 Gepräge vorhanden. Die Inschrift derselben ist: signo crucis salvemur in alten Buchstaben; diese waren auf dem einen auf folgende Weise durch einander

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geworfen: SI G NC RVM E . V C IS LV E MVR . Die Anwendung dieser Erscheinung bei Erklärung von räthselhaften Inschriften liegt nahe genug.

Der dänische Groschen des Königs Johann wird in Joachims Groschen=Cabinet VII, S. 402 als besondere Seltenheit hervorgehoben und ist daselbst auf dem Titelblatt abgebildet.

Die göttingischen Münzen von 1485, 1488 und 1497 mit dem Stadtwappen, einem S bezeichnet, sind in einem meklenburgischen Münzfunde gewiß eine Merkwürdigkeit.

Schönberg.

G. M. C. Masch.

V. Nachrichten von Schriftwerken.

Das Manuscript Joachim Mantzel's: Manipulus rerum Parchimensium etc., nach welchem im Jahresbericht II, S. 124 gefragt wird, ist im December 1837 von dem Herrn Archivar Lisch auf der großherzogl. Regierungs=Bibliothek in dem litterarischen Nachlasse des Geheimen=Raths J. P. Schmidt aufgefunden, und wird fortwährend in dieser Bibliothek aufbewahrt.

Eine alte Chronik von Amelungsborn, welche in (Spiel's) Spangenberg's Neuem vaterländ. Archiv Bd. 6, 1834, S. 369, als auf der Bibliothek zu Wolfenbüttel befindlich citirt wird:

"Eine alte Kronicke von 1428 unde im Kloster to Amelungsborne funden",

ist vom Herrn Archivar Schmidt zu Wolfenbüttel sorgfältig durchgesehen, und berichtet derselbe, daß sie gar nichts auf Amelungsborn und auf Merlenburg Bezügliches, sondern nur allgemeine Weltgeschichte enthalte und mit Amelungsborn nur insofern in Beziehung stehe, als sie früher ein Eigenthum dieses Klosters gewesen sei.


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2. Bearbeitung des historischen Stoffes.

A. Gelieferte Arbeiten.

a) Für die Jahresschriften des Vereins.

I. Grössere Abhandlungen 1 ).

Vom Herrn Hofrath Bölckow zu Gnoien:

1) Morgensprache der Stadt Gnoien.

Vom Herrn Dr. phiI. Burmeister zu Wismar:

2) Wismarsche Chronik über die Vormundschaftsführung der Fürstin Anastasia von Meklenburg vom J. 1275 bis 1278.
3) Ueber die altwismarsche Kirche.
4) Ueber die Wachstafeln im Rathsarchive zu Wismar.
5) Wismarsche Rathsprotocolle über den vichelschen Kanal vom schweriner See in die Ostsee.

Vom Herrn Cand. theol. Burmeister zu Wismar:

6) Alphabetisches Verzeichniß der meklenburgischen Vögel in niederdeutscher Mundart.
7) Alphabetisches Verzeichniß der meklenburgischen Pflanzen in niederdeutscher Mundart.

Vom Herrn Dr. jur. von Duve zu Möllen:

8) Beitrag zur Geschichte der meklenburgischen Fürsten Pribislav II. und der Borwin I., II. und III.
9) Nachträgliche Bemerkungen über die Herzogin Marienne, Mutter der meklenburgischen Fürstin Anastasia.

Vom Herrn Dr. jur. Fabricius zu Stralsund:

10) Ueber die niederdeutsche Chronik des Klosters Ribnitz von Lambrecht Slagghert.

Vom Herrn Dr. phil. Havemann zu Ilefeld:

11) Beiträge und Briefe zur Geschichte der Herzogin Anna, Gemahlin des Herzogs Albrecht des Schönen von Meklenburg.

Vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

12) Ueber die Döpe bei Hohen=Vicheln und die Burg Dobin.
13) Geschichte des Schlosses zu Wismar.
14) Geschichte des Schlosses zu Schwerin.
15) Geschichte des Schlosses zu Gadebusch.


1) Außer den in diesem Jahresbericht abgedruckten antiquarischen Arbeiten.
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16) Aeltere Geschichte der Buchdruckerkunst und der Buchdrucker in Meklenburg bis zum J. 1540.
17) Handschriften mittelhochdeutscher Gedichte: Wilhelm von Orange.

Vom Herrn Pastor Masch zu Demern:

18) Ueber den Todestag des Bischofs Johann I. von Ratzeburg.

Vom Herrn Pastor Mussäus zu Hansdorf:

19) Sympathien, in Meklenburg gesammelt.
20) Meklenburgische Volksmährchen.
21) Meklenburgische Sprichwörter.

Vom Herrn Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel:

22) Memorienbuch des Klosters Amelungsborn, im Auszuge für Meklenburg.

II. Kleinere Mittheilungen.

Der briefliche Verkehr sowohl mit ordentlichen Mitgliedern, je nachdem durch besondere Anregungen und Vorfälle oder durch die Quartalberichte sich Veranlassungen dazu fanden, als auch mit den corredpondirenden Mitgliedern und Vereinen, deren lebendige und aufopfernde Theilnahme ein wahres Kleinod des Vereins ist, war in dem verflossenen Jahre nicht weniger lebhaft, als in den frühern Jahren, und brachte dem Verein eine große Fülle von Ansichten und Mittheilungen, welche in die Abhandlungen der Jahrbücher und des Jahresberichts verwebt sind.

Für die Grabalterthümer waren vorzüglich der Herr Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen und der Herr Professor Danneil zu Salzwedel thätig; es ward durch die Correspondenz mit diesen Herren, geführt durch den ersten Secrtär des Vereins, Herrn Archivar Lisch, in Grundlage der Aufgrabungen und dee Vereinsschriften eine vollkommene Verständigung über die vorchristlichen Alterthümer in Dänemark und in der Altmark erreicht, und dadurch die norddeutsche Alterthumskunde um einen guten Schritt weiter gebracht; auch die königliche schleswig=holstein=lauenburgische Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer zu Kiel hat, nach ihren Jahresberichten, dieselben Resultate gefunden. — Ueber alte Münzen, welche in dem verflossenen Jahre selbst manchen historischen Stoff lieferten, belehrten vorzüglich der Herr Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen, der Herr Kretschmer zu Berlin, der Herr Professor Kosegarten zu Greifswald und der Herr Universitäts=Biblio=

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thekar Baron von Nettelbladt zu Rostock, und der Verein kam dadurch zu Besitzungen in diesem lange verabsäumten und wichtigen Felde des Alterthums, welche bis dahin nicht geahnet wurden und welche in Verbindung mit der noch ganz vernachnachlässigten Siegelkunde einst reiche Ausbeute verheißen. — Die Fülle der mittelalterlichen Bauwerke im Vaterlande, welche fast ganz übersehen waren, wurden im verflossenen Jahre vorzüglicher Gegenstand der Aufmerksamkeit des Vereins: diese Untersuchungen belebte vorzüglich der Herr Regierungs=Rath A. v.Minutoli zu Berlin, Herausgeber der mittelalterlichen Bauwerke der Mark Brandenburg, und eröffnete für die Zukunft die schönsten Aussichten zur Bearbeitung der vaterländischen Bauwerke; zur Vorbereitung auf eine dereinstige Bearbeitung wird der Verein willkommenen Stoff sammeln. Der Herr Archivrath Klaatsch correspondirte hiebei über Baumeister des 16. Jahrhunderts. — Die alterthümlichen Schriftwerke Meklenburgs gaben schon reiche Frucht durch W. Grimm's meisterhafte Bearbeitung des Rolands=Liedes, 1838, zu welcher die schweriner Handschrift (vgl. Jahrbücher I.) die kräftigste Stütze bot. — Zu der ältern Geschichte der Typographie in Meklenburg (s. oben I. 16), welche der Ausschuß im nächsten Jahre herauszugeben beabsichtigt, steuerten der Herr Gymnasial=Lehrer Dr. Deecke zu Lübeck, der Herr Bibliothek=Custos Dr. Friedländer zu Berlin und der Universitäts=Bidliothekar v. Nettelbladt reiche Gaben bei. Der Austausch urkundlichen Stoffes und die Bearbeitung desselben führte zu erfreulichen Resultaten: der Herr Archivar Schmidt zu Wolfenbüttel eröffnete die Quellen des ehemaligen Klosters Amelungsborn, welche reiche Früchte auf dem Felde unserer Geschichte verheißen, und klärte das Abtreten und die Verwandtschaft der letzten Gräfin Adelheid von Ratzeburg auf, so wie die Geschichte der Gemahlinnen des Grafen Heinrich I. von Schwerin; der Herr Dr.Dittmer zu Lübeck eröffnete die Archive des Heil. Geist =Hospitals und des St. Johannis=Klosters zu Lübeck, welche im Verein mit dem reichen schweriner Archive dereinst Stoff zu erschöpfenden historischen Abhandlungen gewähren, und der Herr Dr. Deecke fuhr fort, die Verhältisse Meklenburgs zu Lübeck aufzuklären.— Auch die Bearbeitung des historischen Stoffes gedieh bei dem lebendigen Briefwechsel. Unter andern gab der Herr Gerichts=Director Fabricius zu Stralsund Aufklärung in der Geschichte der Herren von Havelberg und des Ritterwesens, der Herr Dr. Havermann zu Ilefeld, Verfasser einer Geschichte von Braunschweig=Lüneburg, begann Mittheilungen über hervorragende Persönlichkeiten

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in der meklenburgischen Geschichte, der Herr Dr. v. Duve zu Möllen lieferte, außer einer größern Arbeit über die ältesten Glieder des meklenburgischen Fürstenhauses, noch Beiträge zu den Rechtsalterthümern. Von den ordentlichen Mitgliedern lieferten Beiträge: der Herr Dr. Burmeister zu Wismar zur Sitten= und Sprachgeschichte, der Herr Dr. Beyer zu Parchim zur Aufklärung wendischer Ortsnamen, der Herr Director Crain zu Wismar zur Rechtsgeschichte, der Herr Senator Dr. Crumbiegel zu Rostock zur Typographie und der Herr Pastor Masch zu Demern zur Numismatik und Heraldik etc. . Die Bearbeitung der geistlichen Archive Wismars durch den Herrn Director Dr. Crain wird der vaterländischen Geschichte noch manchen Nutzen bringen. Die Lebensbeschreibung des nachmaligen wismarschen Superintendenten Johannes Frederus durch den Herrn Consistorialrath Mohnike zu Stralsund, 1837, die Geschichte des St. Johannis=Klosters, des Heil. Geist=Hospitals und des St. Clemens=Kalandes zu Lübeck durch den Herrn Dr. Dittmer und die Bearbeitung der angelsächsischen und altsächsischen Nachrichten über die Wendenländer durch den Herrn Professor Leo zu Halle (in dessen Altsächsischen und Angelsächsischen Sprachproben, 1838,) werden der meklenburgischen Geschichte einst von dem wesentlichsten Nutzen sein.

b) Außerhalb der Jahresschriften.

Die Sammlung ungedruckter meklenburgischer Urkunden,


bearbeitet und herausgegeben von G. C. F. Lisch.

Von dieser im vorigen Jahresberichte noch unter den vorbereiteten Arbeiten aufgeführten Sammlung ist nunmehr der erste Band mit Beihülfe des Vereins bereits erschienen. Die Veranlassung und das Bedürfniß eines solchen Werkes weiset die Vorrede einerseits in der anerkannten Unentbehrlichkeit geöffneter Quellen für die Geschichtsforschung und Schreibung, anderseits in der Fehlerhaftigkeit der älteren zur Oeffentlichkeit gebrachten Urkundenabdrücke und in der Unzulänglichkeit der neueren nach, indem die begonnenen Arbeiten eines Rudloff, Schröter, der Herausgeber der Beilagen zu den "Wöchentlichen Rostockschen Nachrichten und Anzeigen" und des wail. Pastors Cleemann zu Parchim aus Mangel an Unterstützung scheitern mußten, ein Mangel, von dem zu hoffen sei, daß er jetzt durch die von unserm Vereine geweckte allgemeinere Theilnahme an ähnlichen Forschungen und Arbeiten beseitigt sein werde. Die

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Herausgabe einer solchen weniger umfänglichen Urkundensammlung statt eines vollständigen Codex diplomaticus Megapolitanus wird hauptsächlich durch die gewiß richtige Ansicht gerechtfertigt, daß zuvor vollständige Regesten über die gedruckten, zerstreuten Urkunden herausgegeben und einer vielfachen öffentlichen Prüfung unterworfen, dann aber auch einzelne Hauptperioden der Geschichte urkundlich und kritisch durchforscht sein müssen, ehe die Herausgabe einer umfassenden Urkundensammlung mit Sicherheit und mit Aussicht auf glücklichen Erfolg unternommen werden könne. Dieser erste Band nun enthält Urkunden des Klosters Dargun, eine Wahl, die sich durch den zweifachen Umstand hinlänglich empfiehlt, einmal daß Sammlungen vermischter Urkunden bei weitem nicht den Nutzen gewähren, welchen zusammenhängende Urkunden einzelner Institute haben, sodann daß vor dem schon mehrfach erhellten Westen Meklenburgs die noch fast gänzlich im Dunkel liegende älteste Geschichte seiner östlichen Theile dringend zur Berücksichtigung aufforderte: aus beiden Gründen aber verdiente die wichtige Abtei Dargun die Priorität. Auf ihre Geschichte während des 12. und 13. Jahrhunderts beziehen sich daher die in diesem Grunde gedruckten, mit der größten Treue wiedergegebenen und mit kurzen Inhaltsanzeigen, so wie mit schätzbaren diplomatischen Bemerkungen begleiteten 100 Urkunden. Es läßt sich erwarten, daß ein so verdienstliches Werk von so vielfachem Interesse hinlänglich werde anerkannt und unterstützt werden, um dessen Fortsetzung möglich zu machen: die Materialien zu einem zweiten Bande sind bereits vollständig gesammelt, bearbeitet und geordnet.

B. Begonnene oder vorbereitete Arbeiten.

I. Die meklenburgischen Regseten.


(Vgl. Jahresber. II, S. 160 und 161.)

Die Arbeit am Regestenwerke hat im verflossenen Jahre von mir wenig gefördert werden können, da ich auf zu vielfache Weise in Anspruch genommen ward, als daß es möglich gewesen wäre, ihr meine ganze Muße zu widmen. Das nächste Jahr, welches hoffentlich für mich ruhiger sein wird als das vergangene war, wird einen genügendern Bericht bringen, da bereits mehrere der Herren, die mir ihre Mitwirkung zusagten, bedeutende Beiträge vollendet haben, welche jedoch, da sie mir noch nicht zugingen, hier nicht aufgeführt werden konnten. Dies Mal haben zu den bereits vorhandenen des vorigen Jahres

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laut S. 161 des Jahresberichts 1500
beigesteuert:
    Herr Archivar Lisch aus
    Höfers Auswahl der ältesten Urkunden in deutscher Sprache 11
    Höfers, Erhards und v. Medems Zeitschrift für Archivkunde 1
    Baltische Studien 3
    Wedekinds Noten 5
    Kosegarten Pomm. Rügen. Geschichtsdenkmäler 1
    Dittmer Johannis=Kloster in Lübeck 1
    Thomas analecta Güstrov 5
    Jahrbücher des Vereins II. 38
    Schröter Beiträge 20
    ----- 85
    Herr Archivgehülfe Glöckler aus
    E. J. Westphalen, Specimen document 14
    H. C. Senckenberg, selecta juris 24
    ----- 38
    Ich selbst aus
    Schröders Evangel. Meklenburg noch 10
    Rostock. Wöchentl. Nachrichten von 1817-23 56
    ----- 66
    ------------
    Summa 1689

G. M. C. Masch.

II. Die Sammlung und Erläuterung der slavischen Ortsnamen Meklenburgs.

(Vgl. Jahresber. II, S. 163-165.)

Der Urheber und Leiter dieses Unternehmens, Herr Dr. Burmeister zu Wismar, berichtet, daß er mit demselben bereits den Anfang gemacht habe und daß ihm erfreuliche Unterstützung von Seiten einzelner Mitglieder des Vereins geworden sei; er bittet um fernere Mittheilungen für diesen Zweck.

III. Aeltere Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg bis zum Jahre 1540.

Der Haupttheil dieser für das vierhunderrjährige Jubiläum der Buchdruckerkunst bestimmten Arbeit des Herrn Archivars

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Lisch, welche der Ausschuß in den Jahrbüchern von 1839 erscheinen lassen wird, ist zwar schon eingereicht und (s. oben) unter den fertigen Arbeiten aufgeführt; indessen begründet der Wunsch, ihm die möglichste Vollständigkeit und Genauigkeit zu geben, die Bitte um fernere Mittheilungen von Nachrichten, welche die bezeichnete Periode der Buchdruckerkunst in Meklenburg betreffen, namentlich über älteste rostocker Drucke.

C. Unterstützte und empfohlene Werke, die außerhalb des Vereins erschienen sind oder erscheinen sollen.

I. Geschichte von Pommern,

vom Professor Barthold zu Greifswald.

Dieses Werk eines rühmlichst bekannten Geschichtsforschers, welches bald in seinem ersten Theile erscheinen und auch für Meklenburg von Wichtigkeit werden wird, hat unser Verein noch (vgl. Jahresber. I, S. 47) durch Mittheilung der Aushängebogen des gegenwärtigen Jahrganges der Jahrbücher und durch mehrtägigen persönlichen Verkehr einzelner Mitglieder mit dem Herrn Verfasser während der Anwesenheit desselben in Schwerin unterstützen zu können die Freude gehabt und wird dazu im Fortschritte der Arbeit hoffentlich noch weitere Gelegenheit finden.

II. Geschichte der edlen Herren vom Berge.

Zur Geschichte dieses im J. 1398 erloschenen Dynasten Geschlechts, aus welchem eins der letzten Glieder des gräflich schwerinschen Hauses, die Gräfin Lise, Gemahlin des Grafen Nicolaus IV, stammte, sind dem westphälischen Verein zu Händen der Bearbeiter, des Herrn Drosten von Hodenberg zu Lilienthal und des Herrn Mooyer zu Pr. Minden, mit Erlaubniß der hohen Landesregierung zu Schwerin durch den Herrn Archivar Lisch Regesten von Urkunden aus dem großherzoglichen Archive mitgetheilt.

III. Geschichte der Fürsten von Rügen.

Mit dem Herrn Gerichtsdirector Fabricius zu Stralsund wurden Einleitungen zur Unterstützung einer von demselben beabsichtigten Geschichte der rügenschen Fürsten getroffen.

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IV. Meklenburgisches Wappenbuch von Masch und Tiedemann.

Dieses Werk, welches schon vor seinem Erscheinen den Mitgliedern empfohlen ward, ist in seinem ersten Hefte hervorgetreten und empfiehlt sich als eine ausgezeichnete Erscheinung der ferneren Theilnahme der Vereinsmitglieder, so wie sämmtlicher Freunde der vaterländischen Heraldik und Geschichte.

 

Vignette
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III. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 2. October 1837.

Vignette

S eit der Generalversammlung erhielt der Verein einen Zuwachs von 9 ordentlichen Mitgliedern. Dagegen raubte ihm der am 21. September erfolgte Tod Sr. Hoheit des Herzogs Carl von Meklenburg-Strelitz einen seiner hohen Beförderer. - Durch den Herrn Archivar Erhard zu Münster, Director des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde Westfalens, ist eine Verbindung zwischen diesem Verein und dem unsrigen angeknüpft, und der Herr Oberlehrer Dr. Zober zu Stralsund ist zum correspondirenden Mitgliede ernannt worden. - Die Aufgrabungs-Deputation hat, durch Beschluss des Ausschusses, ihren bisherigen Mitglieder-Bestand auch für das laufende Vereinsjahr behalten.-In dem baulich nunmehr vollendeten Locale des Vereins wird jetzt die sonstige nöthige Einrichtung beschafft, und Herr Archivar Lisch, als Aufseher der grossherzoglichen Alterthümer-Sammlung, ist mit der durch die Gnade Sr. Königl. Hoheit des Grossherzogs verfügten Versetzung dieser reichen Sammlung von Ludwigslust in das Vereins-Local zu Schwerin beschäftigt, wo dieselbe, jedoch fortwährend als Eigenthum Serenissimi, neben den Sammlungen des Vereins aufgestellt sein wird. - -

Diese Sammlungen erhielten folgende Bereicherungen:

I. Zur Sammlung von Schriftwerken, und zwar
  A. zur Bibliothek wurden geschenkt:

1) Burmeister, Dr., Urkundliche Geschichte der Schulen in Wismar bis zum Jahre 1368. Wismar, 1837. Geschenk des Herrn Verfassers.
2) Lisch, Ueber Scheidung der germanischen und slavischen Grabalterthümer, Recension von Klemm's Handb. d. germanischen Alterthumskunde und Kalina von Jathenstein's böhmischen Opferplätzen und Gräbern, in den berliner Jahrb. für wissenschaftl. Kritik, 1837, No. 49-51. Geschenk des Herrn Verfassers.
3) Desselben Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabalterthümer Meklenburgs etc. Rostock und Schwerin, 1837. Geschenk des Herrn Verfassers.
4) Büsching, Abriss der deutschen Alterthumskunde. Weimar, 1824. Geschenk des Herrn Archivars Lisch zu Schwerin.
5) Müntz-Buch, darinnen zu besehen die besten vnnd schönsten so wol alte als newe Gelt Muntzen etc. Frankf. a. M. 1631. (bestehend aus 240 Holzschnitt-Tafeln.) Geschenk des Herrn Rectors Masch zu Schönberg.
6) Archiv für Staats- und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg etc. von Michelsen und Asmussen. Dritter Band. 1837. Gesch. des Vereins für schlesw. holst. lauenb. Geschichte.
7) Steiner, Codex inscriptionum romanarum Rheni. Tom. I. et II. Darmstadt, 1837. Gesch. Sr. K. H. des Grossherzogs v. Meklenburg-Schwerin.

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8) Johann Berckmann's Stralsundische Chronik, herausgegeben von Mohnicke und Zober. Stralsund, 1833. Geschenk des Herrn Oberlehrers Dr. Zober zu Stralsund.
9) Die Wesselsche Bibel der St. Marienkirche zu Stralsund, herausgegeben von Zober. Ebendas. 1837. Geschenk desselben.
10) Namen und Wappen der Stadt Stralsund. Ein sprachlich-geschichtlicher Versuch von Zober. (Aus der Sundine, 1836, No. 80-84.) Gesch. dess.
11) Bericht d. litterarisch-geselligen Vereins zu Stralsund. 1837. Gesch. dess.
12) Historische Charten und Stammtafeln zu den Regesta historiae Brandenb. von v. Raumer. Erstes Heft. 1837. Gesch. des Herrn Verf.
13) Nachricht von den bei Beckum entdeckten alten Gräbern. Münster, 1836. Gesch. des Vereins für Geschichte und Alterth. Westfalens durch den Herrn Archivar Erhard zu Münster.
14) Variscia. 4te Lieferung. Gesch. d. voigtländ. alterthumsforsch. Vereins.
15) Lisch, Meklenb. Urkunden. Erster Band. Schwerin, 1837. Gesch. des Herrn Herausgebers.
16) Graff, Althochdeutscher Sprachschatz. (Die bisher erschienenen Lieferungen.) Gesch. Sr. K. H. des Grossherzogs von Meklenburg-Schwerin.
17) Der Nibelungen Lied etc., herausgegeben durch Friedr. Heinr. von der Hagen. Dritte Auflage. 1820. Gesch. des Herrn Freiherrn von Glöden zu Bützow.
18) Gotth. Ephr. Lessing, Zur Geschichte und Litteratur, aus den Schätzen der herzogl. Bibliothek zu Wolfenbüttel. Erster u. zweiter Beitrag. Gesch. desselben.

  B. Die Sammlung typographischer Alterthümer empfing:

1) Postilla Guillermi, tam epistolarum, quam evangeliorum, in interlineari glossula. 186 folia in 4., die Evangelien mit Holzschnitten. Gedruckt zu Basel, 1516.
2) Directorium in dominice passionis articulos. 39 folia in 4 (fol. 27-31 ausgerissen), mit Holzschnitten. Ebenfalls zu Basel gedruckt, 1516.

Beide Werke sind zusammengebunden, in einen Lederband, an welchem eine eiserne Kette befestigt ist. Von dem Herrn Kammerherrn von Vieregge auf Steinhausen in der Auction der Bücher des wail. Pastors Fabricius zu Gischow erstanden und dem Verein geschenkt.

  C. Zur Urkunden-Sammlung schenkten die Erben des Herrn Geheimeraths-Präsidenten von Plessen durch den Herrn Regierungsrath von Oertzen zu Schwerin:

2 Original-Urkunden, Lehnbriefe wegen des Guts Dönnekendorff, resp. von 1595 und 1691.

D. Die Sammlung anderer älterer Handschriften erhielt:

Urkundenbuch der lüneburgischen Familie von der Mölen (de molendino) über Sülzguter zu Lüneburg, von dem Herrn Kaufmann Stehmann jun. zu Schwerin als Makulatur gekauft und durch den Herrn Weinhändler Uhle daselbst dem Verein zum Gesch. gemacht.

II. Die Sammlung von Bildwerken, und zwar

  A. die Alterthümer-Sammlung empfing:

a. Vorchristliches:

α. Alterthümer aus der Zeit der Hünengräber:

1) eine Streitaxt aus grünlicher Hornblende, ein Exemplar von seltener Form und Schönheit, gefunden zu Rüst bei Goldberg. geschenkt vom Herrn Kloster-Actuarius Lierow zu Dobbertin;

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2) eine Axt aus grünlicher Hornblende, geschenkt vom Herr Sanitätsrath Dr. Bornemann zu Goldberg;
3) einen geschliffenen Keil aus Feuerstein, geschenkt von demselben;
4) einen Keil aus grünlicher Hornblende, geschenkt vom Herrn Pensionär Düring zu Pastin;
5) einen kleinen Keil aus Feuerstein, gefunden auf der Feldmark Gr. Vielen, geschenkt vom Herrn Landrath von Oertzen auf Gr. Vielen;
6) den Inhalt eines im J. 1832 abgetragenen Hünengrabes zu Kl. Methling, nämlich ein spanförmiges Messer aus durchsichtigem, braunrothem, karneolartigem Feuerstein, und einen Schmalmeissel aus grauem Feuerstein, geschenkt vom Herrn Kammer-Ingenieur Engel zu Dargun.

β. Alterthümer aus der Zeit der Kegelgräber:

einen Armring, zwei Handringe und eine Heftel mit zwei Spiralplatten, sämmtlich aus Bronze und mit edlem Roste, gefunden beim Ausbrechen von Steinen auf der Feldmark Retzow bei Lübz, eingesandt vom Herrn Hofrath Dr. Dornblüth zu Plau.

γ. Alterthümer aus der Zeit der Wendenbegräbnisse:

Urnenscherben von Prillwitz, gesammelt und eingesandt vom Herrn Pastor Boll zu Neu-Brandenburg.

b. Aus unbestimmter Zeit:

ein Stück gelblich-grauen Thonsandsteins, 3/8" dick und gegen 2" im Durchmesser, in Form einer an den Rändern unregelmässigen Platte, mit eingegrabener sehr regelmassiger ovaler Vertiefung zu beiden Seiten, in welche wieder ebenso regelmässig allerlei Charaktere eingegraben sind: ganz ähnlich den in Vorpommern, namentlich zu Alten-Kenzlin bei Demmin, gefundenen und von dem pommerschen Verein im dritten Jahresberichte, S. 27 flgdd., behandelten, gefunden im J. 1822 zu Dargun, zwei Fuss tief unter der Erdoberfläche, vom Herrn Kammer-Ingenieur Engel daselbst.

c. Mittelalterliches:

1) ein thönernes Henkelgefäss, gefunden im rehnaer Torfmoore 8 Fuss tief, geschenkt vom Herrn Apotheker Schultze zu Rehna, merkwürdig durch Vergleichung mit den prillwitzer Urnenscherben, mit welchen es in Masse, Farbe, Bearbeitung etc. grosse Aehnlichkeit hat;
2) eine tragbare Altartafel aus Bronze, ungefähr 2 Zoll im Quadrat, auf welcher ein consecrirender Bischof mit einem Heiligenscheine etc. und Inschriften in slavischen, wahrscheinlich russischen Schriftzügen, gefunden beim Ackern auf den zum Gute Liepen gehörenden sogenannten Piversbergen, geschenkt vom Herrn Gutsbesitzer Jahn auf Kl. Vielen.

  B. Zu der Siegel-Sammlung kamen:

Abdrucke der noch vorhandenen älteren Stadtsiegel von Goldberg, Geschenk des Herrn Bürgermeisters Zickermann zu Goldberg.

  C. Zu den Zeichnungen schenkte Herr Archivar Lisch zu Schwerin: die Tafeln XXXVI u. XXXVII und das Titelblatt des Friderico-Franciscei, darstellend den Opferplatz (Steintanz) von Boitin, die Hünengräber von Katelbogen und Naschendorff, und die Kegelgräber von Ruchow und Proseken.

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  D. Als geognostische Merkwürdigkeit wurde vom Herrn Sanitätsrath Dr. Bornemann zu Goldberg eingesandt:

ein Geweih, dessen Enden oder Schaufeln abgeschlagen sind, gefunden zu Gerdshagen bei Güstrow 24 Fuss tief in der Modde.

  E. Die Münzen-Sammlung erhielt:

1) eine alte Silbermünze, gefunden im Münsterschen, dort Heidenköpfchen genannt, geschenkt vom Herrn Handlungs-Commis Meyer zu Schwerin ;
2) 7 Silbermünzen, Reste eines bei dem Dorfe Liepen gemachten Fundes, und 1 schwedische Kupfermünze, gefunden auf den Piversbergen bei demselben Dorfe, geschenkt vom Herrn Gutsbesitzer Jahn auf Kl. Vielen;
3) 30 Silbermünzen von dem Funde, welcher bei der Fundamentlegung des Collegiengebäudes zu Schwerin an der Stelle des ehemaligen Franziskaner-Klosters gemacht ward, meistentheils Bracteaten; ein alter Solidus, ein sogenannter wendischer Pfennig, ist, als einziges bekanntes Exemplar dieser Gattung, von hohem numismatischen Werthe ; geschenkt vom Herrn Landbaumeister Demmler zu Schwerin;
4) 71 silberne Münzen von dem Münzfunde zu Wahmkow im J. 1832, geschenkt von dem Herrn Canzleirath von Bülow zu Bützow und begleitet mit einem Fundbericht und der Beschreibung der dem hochseligen Grossherzoge Friederich Franz davon überreichten goldenen Münzen vom Herrn Hauptmann von Restorff zu Bützow;
5) 1 Markstück des Herzogs Adolph Friedrich von Meklenburg-Strelitz von 1773, geschenkt vom Herrn Rector Masch;
6) 20 Silbermünzen von einem bei Sülz gemachten Münzenfunde von ungefähr 600 Stück, auf gefällige Anzeige des Herrn Geheimeraths von Steinfeldt zu Schwerin dem Herrn Kaufmann Warburg zu Sülz abgekauft;
7) 5 Medaillen und 45 Bracteaten, in der Doubletten-Auction der königl. Münz-Sammlung zu Berlin erstanden;
8) 3 römische Denare, gefunden bei Kletzke beim Ackern, Geschenk des Herrn Candidaten Brockmann zu Ludwigslust;
9) 1 meklenburgischen Dukaten, Geschenk der Erben des Geheimeraths-Präsidenten von Plessen.

III. Die Sammlung von Nachrichten über Alterthümer aller Art ward ebenfalls neuerdings sehr reich bedacht, indem theils von Gräbern aller Klassen, sowohl von schon früher aufgedeckten, als noch vorhandenen, theils von einzelnen Alterthümern, theils und besonders von Baudenkmälern des Landes, namentlich von den Kirchen zu Bützow, Wismar, Neukloster, Dobbertin und Gadebusch Nachweisungen und Beschreibungen eingingen, welche in dem künftigen Jahresberichte ihre Stelle finden werden. Auch sind noch 2 Blocksberge in Meklenburg angezeigt worden, nämlich bei der Stadt Tessin und bei Radegast bei Neubukow (durch Herrn Regierungsrath von Oertzen). - -

An wissenschaftlichen Arbeiten gingen ein:

1) Wismarsche Chronik über die Vormundschaftsführung der Fürstin Anastasia von Meklenburg vom J. 1275 bis 1278, mitgetheilt und bearbeitet vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar;
2) Ueber die Döpe bei Hohen-Viecheln und die Burg Dobin, vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin.

A. Bartsch.                
als zweiter Secretär des Vereins.

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III. 2.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 8. Januar 1837.

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D er Verein erhielt einen neuen Zuwachs von 8 ordentlichen Mitgliedern (Gesammtzahl zur Zeit: 344). Zum correspondirenden Mitgliede ward ernannt Herr Dr. Havemann, Lehrer am königl. hannoverschen Pädagogium zu Ilefeld. - Die Einrichtung des Locales und die Aufstellung der grossherzoglichen Alterthümer-Sammlung früher zu Ludwigslust), so wie der Sammlungen des Vereins in demselben ist jetzt vollständig beschafft. - -

I. Die Sammlung von Schriftwerken empfing folgende Beiträge.:
  A. an Büchern:

1) Höchst gemüssigter Historisch-acten-mässiger Bericht etc. 1719. Geschenk des Herrn Archivars Lisch zu Schwerin. 2) Pomarius Chronica der Sachsen und Niedersachsen. Wittenberg, 1589. Geschenk des Herrn Canzleischreibers Lisch zu Güstrow.
3) (Merian,) Vermehrte Archontologia cosmica etc. Frankf. a. M. 1695. Gesch. des Herrn Steuer-Revisors Gruschow zu Schwerin.
4) Begeri Lucernae veterum sepulchr. iconicae etc. 1702. Angebunden ist:
5) Begeri de nummis cret. serp. disquisitio ant. 1702, und
6) Colloquii de tribus primis thesauri ant. graec. vol. relatio. 1702. Geschenke desselben.
7) Gothische Rosetten aus der Kirche zu Doberan. Gesch. des Herrn J. G. Tiedemann zu Rostock.
8) Pertz, Monum. Hist. Germ. Tom. IV. Gesch. Sr. königlichen Hoheit des Grossherzogs von M. Schwerin.
9) Neue Mitth. des thüringisch-sächsischenVereins. 1836/1837 Gesch. des Vereins.
10) Wessel's Schilderung des kathol. Gottesdienstes in Stralsund kurz vor der Kirchenverbesserung, von Dr. Zober. 1837.
11) Die St. Marienkirche zu Stralsund, von Dr. Zober. (Aus der Sundine.) 1836.
12) Die St. Jacobikirche zu Stralsund, von Dr. Zober. (Aus der Sundine.) 1837.
No. 10-12 Geschenke des Herrn Dr. Zober zu Stralsund.
13) Peter Suleke, ein Religionsschwärmer des 10. Jahrh. Vom Archidiaconus Tamms zu Stralsund, 1837. Gesch. des Herrn Verf.
14) Johannes Frederus, vom Consistorialrath Mohnike. Strals. 1837. Gesch. des Herrn Verf.
15) Bericht des litter, gesell. Vereins zu Stralsund, 18^7. Gesch. des Vereins. 16) (Burchard) Geschichte von Meklenburg in 8. (Titel und Ende fehlen).
17) Hederici i Chronicon Suerinense.
18) Nettelbladt's Verzeichniss rostockscher Schriften (mit handschriftlichen Zusätzen von der Hand des wail. Bibliothekars Dr. Koppe zu Rostock).
19) Schwerinsche Intelligenz-Blätter, erster Jahrgang.
No. 16-19 Geschenke des Herrn Bürgermeisters Daniel zu Rehna.
20) Baltische Studien, IV. H. 2. Gesch. des pommerschen Vereins.
21) Geschichte des St. Johannis-Klosters zu Lübeck, vom Dr. Dittmer, Lübeck, 1825. Geschenk des Herrn Verf.
22) Reineke de Vos mit dem Koker. Wolfenbüttel. 1711. 4.
23) E. W. Siggelkow's Poesien. Schwerin, 1770. 8.
24) Tatiani Al Harm. Evang. antiq. Versio Theotisca et Isidori Hisp. de Nativ. domini etc. illustr. Palthenius. 1706. 4.
No. 22-24 Geschenke des Herrn Gymnasiallehrers Dr. Schiller zu Schwerin.
25) Zweiter Bericht über den histor. Verein für Niedersachsen. 1837.
26) Vaterl. Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen. 1835.
No. 25 und 26 Geschenke des histor. Vereins f. Niedersachsen zu Hannover.

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27) Eine plattdeutsche Bibel in fol. Wittenberg, 1607. Gesch. des Herrn Kammer-Präsidenten von Levetzow zu Schwerin.
28) Jomsvikinga Saga og Knytlinga etc. af Rafn. Kiobenhavn 1829.
29) Beretning om Undersogelsen af Erkebiskop Absalons Grav i Soroe Kirke.
30) Register zu "Bautil, über die schwedischen Runensteine". (Eine literarische Seltenheit.)
No. 28-30 Gesch. des Herrn Canzleiraths Thomsen zu Kopenhagen.
31) Samlede Afhandlinger af R. K. Rask. I. Kiobenhavn 1834.
32) Leitfaden zur nordischen Alterthumskunde, Kopenhagen, 1837.
33) Jahresbericht der Gesellsch. f. nord. Alterth. 1836.
No. 31-33 Gesch. der königl. Gesellschaft für nord. Alterth. zu Kopenhagen.
34) Altsächsische und Angelsächsische Sprachproben, vom Prof. Leo zu Halle. Halle, 1838. Gesch. des Herrn Herausgebers.
35) Friderico-Francisceum, Heft 4-6, und Lisch's Erläuterungen zu demselben. Gesch. Sr. K. H. des Grossherzogs von M. Schwerin.
36) Dr. M. Kalina von Jäthenstein, Noch Einiges über die oberlausitzsche Grenzurkunde. Görlitz. Gesch. des Herrn Archivars Lisch.

  B. An Urkunden:

1) Abschrift von 2 Original-Urkunden (vom J. 1268) in herzogl. Landes-Hauptarchive zu Wolfenbüttel über die Gräfin Adelheid von Ratzeburg, vom Herrn Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel.
2) Abschrift einer Urkunde aus dem grossherz. Archive über einige überelbische Besitzungen der Grafen von Schwerin, vom Herrn Archivar Lisch.
3) Aus dem Urkundenbuche der von der Mölen eine Vollmacht des Klosters Eldena für dessen Capellan Bertold (1324-1328).
4) Regesten meklenburgischer Urkunden im Stadtarchive zu Lübeck, vom Herrn Dr. Deecke daselbst.
5) Regesten meklenb. Urkunden aus den Urkunden des Klosters Amelungsborn im herzogl. Landes-Hauptarchive zu Wolfenbüttel, vom Herrn Archivar Dr. Schmidt daselbst.
6) Abschrift von 9 erkunden aus dem Archive des St. Johannisklosters und von 19 Urkunden aus dem Archive des Heiligengeist-Hospitals zu Lübeck über Besitzungen dieser Stiftungen in Meklenburg, vom Herrn Dr. Dittmer zu Lübeck.
7) Abschrift einer Urkunde aus dem Archive der geistlichen Hebungen zu Wismar, vom Herrn Dr. Burmeister daselbst.

Se. K. H. der Grossherzog von Meklenburg-Strelitz haben dem Herrn Archivar Lisch zu seiner Arbeit über die Stiftung des Klosters Broda für den nächsten Jahrgang der Jahrbücher aus Allerhöchst Ihrem Archive sämmtliche Confirmations-Urkunden des genannten Klosters im Originale zur Abschrift, mitgetheilt.

  C. An andern älteren Handschriften:

vom Herrn Dr. von Duve zu Möllen zwei Folianten Manuscripte, aus der Sammlung des Domprobstes Otto von Estorf herstammend, bestehend aus Acten und Briefen in Betreff der Kriegs- und Religions-Angelegenheiten in der ersten Hälfte des dreissigjährigen Krieges.

II. Die Sammlung von Bildwerken empfing:
  A. an Alterthümern:

a. Vorchristliches:

α. aus der Zeit der Hünengräber:

1) 4 Keile aus grauem Feuerstein, aus einem Hünengrabe bei Hohen-Wieschendorf, geschenkt vom Herrn Pastor Erfurth zu Hohenkirchen:
2) einen Keil aus grauem Feuerstein, im J. 1836 auf dem sogenannten Kruge bei Rehna gefunden, geschenkt vom Herrn Bürgermeister Daniel zu Rehna.
3) einen Streithammer aus schwärzlichem Gneis, von seltener Form und Beschaffenheit, gefunden bei Güstrow, geschenkt, vom Herrn Maler Fischer zu Schwerin;
4) eine Speerspitze aus grauem Feuerstein, gefunden zu Liessow, östlich vom Schweriner-See, geschenkt vom Herrn Gymnasiasten Hobein zu Schwerin;

β. aus der Zeit der Wendenbegräbnisse:

einen Spindelstein von gebrannter, blaugrauer Thonerde, im J. 1836 auf dem sogenannten Kruge bei Rehna gefunden, geschenkt vom Herrn Bürgermeister Daniel zu Rehna.

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b. Aus unbestimmter Zeit:

ein Stück Granit, welches behauen zu sein scheint und auffallende Aehnlichkeit mit der Schaufel eines Elenthiergeweihes hat (ähnliche Steine befinden sich in der grossherzoglichen Sammlung), gefunden tief in einer Wiese bei Prieschendorf und geschenkt vom Herrn Justizrath Paepcke auf Lütgenhof.

c. Aus dem Mittelalter:

1) eine eiserne Axt, gefunden zu Krassow unter einem Lehmlager von 7 bis 8 Fuss Mächtigkeit beim Hervorbrechen einer starken Quelle, geschenkt vom Herrn Gutsbesitzer Pogge auf Roggow;
2) drei Geräthschaften von verrostetem Eisen, gefunden beim Anlegen eines Weges am hohen Seeufer auf dem Felde der Irrenheilanstalt Sachsenberg, geschenkt von der Administration der Anstalt.

d. Aus neuerer Zeit:

eine 20 pfündige Kanonenkugel, vor mehreren Jahren auf der Insel Lieps im Schweriner-See in ziemlicher Tiefe ausgegraben, eingesandt vom Herrn Pensionär Schubart zu Gallenthin.

  B. Zu den Siegeln:

einen Abdruck des ältesten Stadtsiegels von Ribnitz, eingereicht durch den Herrn Advocaten Hansen in Schwerin.

  C. Zu den Zeichnungen:

Plan eines Ausfalles der schwedischen Garnison zu Wismar, von 1715, geschenkt vom Herrn Archivgehülfen Glöckler zu Schwerin,

  D. An geognostischen Seltenheiten:

1) ein Muschelconglomerat, gefunden auf der Feldmark Gallentin bei Schwerin, geschenkt vom Herrn Pensionär Schubart zu Gallentin;
2) ein Muschelconglomerat, gefunden bei Sternberg ("sternberger Kuchen"), geschenkt vom Herrn Minister von Lützow zu Schwerin, 3) eine versteinerte Auster, an 6 " lang, bei Ludwigslust 6 Fuss tief in einer Lehmgrube gefunden und geschenkt vom Herrn Bauconducteur von Motz zu Ludwigslust.

  E. An Münzen:

1) vom Herrn Schulrath Meyer zu Schwerin: 46 römische Kupfermünzen, von demselben in der Moselgegend theils gefunden, theils gesammelt, 5 römische Kupfermünzen, zu Herzfeld bei Neustadt vom Herrn Pastor Schaumkell daselbst gefunden; 6 Silbermünzen (Bracteaten), beim Niederreissen einer Stadtmauer zu Halle gefunden; 9 verschiedene Silbermünzen, unter denen ein wismarscher Hohlpfennig;
2) vom Herrn Oberbaurath Wünsch zu Schwerin: einen mansfeldschen Groschen von 1625;
3) vom Herrn Archivar Lisch: einen Hohlpfennig, der Präge des solidus gleich, welcher Jahrbericht I., S. 18. c. als der Stadt Neu-Brandenburg angehörig beschrieben ist;
4) vom Herrn Kaufmann Dalitz zu Stadt Malchow: einen halben Speciesthaler des Herzogs Albrecht von 1543;
5) vom Herrn Apotheker Stockfisch zu Zarrentin: ein Dütchen des Herz. Philipp Julius v. Pommern v. 1622, gef. im Lehm bei Zarrentin;
6) von Madame Bade zu Kritzow: einen braunschw. lüneburgischen Sechser von 1693, gefunden zu Kritzow;
7) vom Herrn Geheimenrath von Steinfeld zu Schwerin: einen pommerschen Doppelschilling und einen Zahlpfennig aus dem Anfange des 17. Jahrh., gefunden zu Maliin bei Penzlin bei Aufräumung eines Grabens, 38 meklenburgische Münzen von ungewissem Fundort und eine römische Münze (Diva Faustina);
8) vom Herrn Gutsbesitzer Jahn auf Adamsdorf: 8 Silbermünzen, von dem zu Liepen gemachten Funde noch aufgekauft (vgl. Quartalber. III. 1., wo als Geber irrthümlich der Herr Gutsbesitzer Jahn auf Kl. Vielen bemerkt ist);
9) vom Herrn Pastor Erfurth zu Hohenkirchen: eine bleierne Medaille auf das dritte Jubiläum der Erfindung der Buchdruckerkunst 1740, gefunden zu Wismar, und einen meklenb. Groschen von 1650, gef. zu Proseken;
10) von unbekannter Hand aus Wismar: 16 meklenb. Münzen und 1 altfranzösische Kupfermünze;
11) vom Herrn Superintendenten Kleiminger zu Sternberg: 12 seltene altdeutsche und altdänische Silbermünzen, auf dem sternberger Wendfelde ausgegraben;
12) vom Herrn Bürgermeister Daniel zu Rehna 13 Münzen von demselben Funde.

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III. An Nachrichten von Alterthümern aller Art ist ebenfalls sehr viel neuerdings zu den Acten des Vereins eingesandt worden. Namentlich berichtete Herr Archivar Lisch, dass das Manuscript Joachim Mantzels: Manipulus rerum Parchim. colligi coept. anno 1711, nach welchem im Jahresber. II. S. 124 gefragt wurde, im December v. J. auf der grossherzogl. Regierungs-Bibliothek zu Schwerin aufgefunden sei und in der genannten Bibliothek aufbewahrt werde. - Ausserdem gaben Kunde von noch vorhandenen oder schon verschwundenen vorchristlichen Gräbern und Begräbnissplätzen die Herren Pastor Erfurth zu Hohenkirchen, Apotheker Stockfisch zu Zarrentin, Geh.-Rath von Steinfeld, Schulrath Meyer und Archivar Lisch zu Schwerin, und Hülfsprediger Günther zu Neuenkirchen. Erörterungen über einzelne Alterthümer lieferten Herr Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen und Herr Rector Masch zu Schönberg, über eingesandte Münzen insbesondere die Herren Canzleirath Thomsen und Archivar Lisch. Außerdem wurden mehrere der geschenkten Alterthümer von den Herren Gebern mit ausführlichen Berichten begleitet. Ueber einen Gedächtnissstein zu Selow referirte Herr Hülfsprediger Günther zu Neuenkirchen, über eine zu Gr. Freienholz befindliche alte Dorfstelle der Herr Förster Wilpert daselbst; über Blocksberge (auf den Feldmarken Gallentin bei Schwerin, Ganzow bei Gadebusch und Lankow bei Schwerin) die Herren Pensionär Schubart zu Gallentin und Forstrath von Wickede zu Schwerin; über merkwürdige Stätten in der Umgegend von Sülz der Herr Amtsrath Koch daselbst. Ausführliche Besehreibungen und Nachrichten liegen vor: über Glocken-Inschriften aus den Kirchen zu Schwerin vom Herrn Archivar Lisch; über die Kirche und die Glocke zu Hohenkirchen vom Herrn Pastor Erfurth daselbst; über die Inschriften der zarrentiner Kirchenglocken vom Herrn Apotheker Stockfisch zu Zarrentin, über Schloss und Kirche zu Dargun vom Herrn Archivgehülfen Glöckler zu Schwerin.

An wissenschaftlichen Arbeiten ist eingegangen:

1) Ueber die ribnitzer Chronik des Lesemeisters Lambrecht Slagghert, vom Herrn Dr. Fabricius zu Stralsund.
2) Geschichte des Schlosses zu Wismar, vom Herrn Archivar Lisch.
3) Geschichte des Schlosses zu Schwerin, von demselben.
4) Geschichte des Schlosses zu Gadebusch, von demselben.
5) Beiträge zur Geschichte des meklenburgischen Fürsten Pribislav etc.; vom Herrn Dr. von Duve zu Möllen.
6) Nachtr. Bemerkungen über die Herzogin Marienne etc.; von demselben.
7) Ueber die altwismarsche Kirche, vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar.
8) Ueber Wachstafeln im Stadtarchive zu Wismar, von demselben.
9) Auszüge aus dem Memorienbuche des Klosters Amelungsborn im Archive zu Wolfenbüttel, vom Herrn Archivar Dr. Schmidt daselbst.
10) Morgensprache der Stadt Gnoyen, vom Herrn Hofrath Bölckow zu Gnoyen.
11.) Ueber mittelhochdeutsche Gedichte, Handschriften in Meklenburg, vom Herrn Archivar Lisch.

Ausserdem lieferten als wissenschaftliche Notizen:

1) Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel: Beiträge zur Geschichte der Gemahlinnen des Grafen Heinrich I. von Schwerin.
2) Herr Dr. von Duve zu Möllen: Ueber den Weinkauf im Fürstenth. Ratzeburg.
3) Herr Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen: Erklärung alter im Meklenburg gefundener Münzen.
4) Herr Dr. Burmeister zu Wismar: a) Ueber den Vitalienbruder Claus Störtebeker. b) Ueber den Namen der Stadt Grevismühlen.

Vom Herrn Archivar Lisch ist eine Bearbeitung der ältern Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg angemeldet, und es wird deshalb noch einmal um gefällige Mittheilung von Nachrichten über alte Drucke (bis ungefähr zum J. 1550), vorzüglich über alte rostocker Ausgaben von Reineke de Voss aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts (1517-1553) gebeten. - Von demselben ist der erste Band der mit Unterstützung des Vereins herausgegebenen meklenburgischen Urkunden erschienen (Schwerin, 1837. In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock u. Schwerin.), und wird dieses wichtige und verdienstliche Werk der Theilnahme der Mitglieder angelegentlichst empfohlen, da von solcher Theilnahme dessen Fortsetzung wesentlich abhängt.

A. Bartsch.                
als zweiter Secretär des Vereins.

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III. 3.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 2. April 1837.

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D Durch den Beitritt von 8 neuen und durch den Abgang von 4 älteren (gestorbenen) ordentlichen Mitgliedern ist die Zahl derselben auf 348 gebracht. Mit dem wetzlarschen Verein für Geschichte und Alterthumskunde ist, auf dessen Wunsch, der unsrige in Correspondenz und Schriftentausch getreten. -

I. Zu der Sammlung von Schriftwerken kamen neuerdings hinzu:
  A. an Büchern:

1) Wetzlarsche Beiträge für Geschichte etc. von P. Wigand. Heft I und II, 1837. Geschenk des wetzlarschen Vereins für Geschichte etc.
2) Zwölfter Jahresbericht des voigtländischen alterthumsforschenden Vereins, 1837. Geschenk des Vereins.
3) Meklenburgisches Wappenbuch, Heft I. Geschenk Sr. K. H. des Grossherzogs von Meklenburg-Schwerin.
4) Historisches Taschenbuch von Raumer, Band 8. Gesch. des Herrn Regierungsraths v. Oertzen zu Schwerin.
5) Die fürstliche Alterthümer-Sammlung zu Braunfels, dargestellt von J. C. Schaum, 1819. Geschenk Sr. Durchlaucht des Prinzen Bernhard von Solms-Braunfels durch des Grossherzogs von Meklenburg-Schwerin Königl. Hoheit.

  B. an Urkunden:

1) Abschrift einer Urkunde des Herzogs Albrecht von Meklenburg über die Verleihung des halben Dorfes Wesseve an Otto Groten vom J. 1359, mitgetheilt von dem Herrn Kammerjunker und Premier-Lieutenant Freiherrn Grote-Schauen zu Hannover.
2) Abschrift von 18 Urkunden aus dem 14. Jahrhundert, im königl. Provinzial-Archive zu Stettin, von denen 15 auf Bündnisse und Friedensverträge mit Pommern, 3 auf das Leibgedinge (Grevismühlen) der Gemahlin des Herzogs Magnus von Meklenburg, Elisabeth von Pommern, sich beziehen, im J. 1834 mit hoher Erlaubniss von den Originalen zu Stettin genommen und geschenkt vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin.

II. Die Sammlung von Bildwerken empfing:
  A. an Alterthümern:

a. Vorchristliches:

α. aus der Zeit der Hünengräber:

1) einen viereckigen Schmalmeissel aus hellgrauem Feuerstein, 6" lang, überall roh zugehauen, und nur an der

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schräg abgeschnittenen Schneide ungefähr 1" lang geschliffen, aus dem Hünengrabe von Hohen-Wieschendorf (Quartalber. III, 2), geschenkt vom Herrn Pastor Erfurth zu Hohenkirchen;
2) die Scherben von 5 Urnen, Knochenreste, zwei gewöhnliche Keile aus hellgrauem Feuerstein und ein Stück strahligen Schwefelkieses, gefunden in einem Hünengrabe auf dem Pfarracker zu Lübow und nebst einem Fundberichte eingesandt vom Herrn Pastor Albrand daselbst.

β. aus der Zeit der Kegelgräber:

eine Speerklinge aus Bronze, mit edlem Rost bedeckt, gefunden zu Conow bei Eldena, geschenkt vom Herrn Bau-Practicanten Mengebier zu Schwerin.

Von dem Herrn Kammerherrn von Bülow zu Gr. Helle ist dem Vereine ein Fund geschenkt, welcher zu den merkwürdigsten gehört, die je im Norden Deutschlands gemacht sind. Derselbe besteht nämlich:

a. aus einem Gefässe von Bronze mit einem Handgriffe, wie eine sogenannte Kasserolle;
b. aus Bruchstücken eines ähnlichen Gefässes;
c. aus drei Würfeln von Knochen;
d. aus fünf Knöpfen u. einer langen Nadel von Knochen;
e. aus einem griechisch-römischen Gefässe von Silber, in Gestalt des bronzenen Gefässes, 1 1/2 Pfund schwer, dessen Griff mit überaus schönen Darstellungen aus dem Ceresdienste in erhabener Arbeit geschmückt ist.

In der Nähe dieses Fundes entdeckte man noch

f. eine Scheere und
g. ein Messer, beide Stücke aus vergoldeter Bronze.

Herr Doctor Beyer zu Parchim hat über die von ihm und dem Herrn Advocaten Mencke ebendaselbst unternommene Aufdeckung eines Kegelgrabes bei Kiekindemark einen ausführlichen Bericht eingesandt; die darin gefundenen Urnenscherben etc. werden demnächst in den Besitz des Vereins gelangen.
Zu dem Hornbeschlag von Wismar (Jahresber. II, S. 48 u. 49), von welchem der dritte Jahresber. eine Abbildung bringen wird, hat Herr Archivar Lisch eine erläuternde Beschreibung geliefert.

b. aus unbestimmter, neuerer Zeit:

eine runde Messingplatte, 2" im Durchmesser, mit dem Bilde eines Pferdes en rélief, in dem carwitzer See bei Feldberg gefunden, eingesandt vom Herrn Candidaten Kortüm zu Feldberg.

c. aus dem Mittelalter:

1) einen Altarleuchter von Bronze, offenbar von hohem Alter, gefunden im J. 1817 auf der Feldmark Valluhn, Amts Zarrentin, in einer Wiese beim Aufwerfen eines sechsfüssigen Abzugsgrabens, geschenkt vom Herrn Oberforstmeister v. Rantzau in Wittenburg;
2) eine gläserne Reliquienurne (vgl. Jahresber. II, S. 122), bisher im Besitze der Schiffer-Compagnie zu Wismar, jetzt von dem Vereine angekauft.

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d. aus der neueren Zeit:

acht Glasgemälde von ovaler Gestalt und ungefähr einem halben Fuss Längendurchmesser, mit Wappenbildern, aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, Geschenk des Herrn Conrectors Römer zu Grabow.

Ausserdem haben Nachricht gegeben: von Hünengräbern zu Wieschendorf bei Dassow und von einem ebendaselbst befindlichen Burgwall der Herr Rector Masch zu Schönberg; von einem Hünengrabe auf der Feldmark von Gr. Lalenz, welches nach der Angabe des Berichterstatters zu den allergrössten des Landes gehört und nur dem von Katelbogen nachstehen dürfte, der Herr Amtmann Piper zu Warin; von dem sehr häufigen Vorkommen "der fingerlangen und etwa 1/2 Zoll breiten prismatischen Feuersteine" an dem Verbindungsflusse zwischen Müritz- und Kölpin-See der Herr Candidat Kortüm zu Feldberg; von einem Wendenkirchhof bei Grevismühlen der Herr Kaufmann Pelzer daselbst, von Baudenkmälern in der Gegend von Feldberg der Herr Candidat Kortüm daselbst; von einem ganz in der Nähe des Hünengrabes bei Lübow (s. oben) gefundenen versteinerten Eichenstamm der Herr Pastor Albrand daselbst.

  B. an Zeichnungen:

1) vom Herrn Rector Dr. Crain zu Wismar eine Zeichnung des zweiten wismarschen Stadtsiegels;
2) vom Herrn Studiosus juris von Wrisberg aus Gadebusch einen Plan der Schlacht bei Gadebusch am 20. December 1712 in gleichzeitiger Handzeichnung, und einen Plan derselben Schlacht in Kupferstich;
3) vom Herrn Canzleicopiisten Lisch zu Güstrow vier Pläne in Kupferstich, nämlich der Belagerung von Demmin im October 1659, der Blockade von Stralsund 1711-1712, der Schlacht von Gadebusch am 20. December 1712, und der Affaire bei Treptow am 25. October 1761.

  C. an Münzen:

1) eine griechische Silbermünze, geschenkt vom Herrn Oberzahlmeister Hencke zu Schwerin;
2) 6 meklenburgische Kupfermünzen, geschenkt vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin;
3) eine römische Silbermünze von J. Caesar, geschenkt vom Herrn Pastor Zarncke zu Zahrenstorff;
4) 100 Silbermünzen, zum grossen Theile Groschen der Städte Rostock, Wismar und Lübeck aus der Mitte des 17. Jahrhunderts, in einem Topfe gefunden zu Hohen Wangelin beim Ackern, geschenkt von den Herren Vorstehern des Klosters Malchow;
5) 23 meklenburgische Silbermünzen, unter denen 3 Medaillen aus dem vorigen Jahrhundert und seltene Thaler und Markstücke aus dem 16. und 17. Jahrhundert, geschenkt vom Herrn Studiosus juris von Wrisberg aus Gadebusch;
6) einen wismarschen Schilling von 1692, geschenkt vom Herrn Gymnasiasten Crull zu Wismar (von welchem auch die 17 Münzen "von unbekannter Hand" im Quartalbericht III, 2 stammen);
7) ein Achtgroschenstück des Herz. Christian Ludwig von 1754, und ein Viergroschenstück des Herz. Adolph Friederich von 1754, geschenkt

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vom Herrn Amtsrath Koch zu Sülz (von welchem ausserdem als Theil seines Jahresbeitrags 2 alte Gulden eingesandt sind);
8) acht verschiedene meklenburgische Münzen, geschenkt vom Herrn Dr. Beyer zu Parchim;
9) 2 Kupfermünzen, geschenkt vom Herrn Candidaten Schröder zu Goldberg;
10) ein rostocker Dütchen ohne Jahreszahl, geschenkt vom Herrn Bürgermeister Daniel zu Rehna;
11) einen alten bischöflich köllnischen Solidus, gefunden bei Proseken, geschenkt, vom Herrn Senator Demmler zu Rehna.
Ueber einen im J. 1837 zu Zinow bei Neu-Strelitz von der Frau eines dortigen Arbeitsmannes gemachten Fund von 405 Münzen hat. der Verein einen ausführlichen Bericht des Herrn Rectors Masch zu Schönberg erhalten, dem die grossherzogliche Landesregierung zu Neu-Strelitz diesen Münzfund zur Untersuchung zugesandt und zugleich die Mittheilung einer Nachricht über denselben an unsern Verein gestattet hatte.

III. An wissenschaftlichen Arbeiten ist eingegangen:

1) Sympathieen, in Meklenburg gesammelt vom Herrn Pastor Mussäus zu Hansdorf.
2) Meklenburgische Volksmährchen, von demselben.
3) Meklenburgische Sprüchworter, von demselben.
4) Wismarsche Rathsprotocolle über die Verbindung der Ostsee mit dem Schweriner See durch die sogenannte Viechelsche-Fahrt, vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar.
5) Beiträge und Briefe zur Geschichte der Herzogin Anna, Gemahlin des Herz. Albrecht des Schönen von Meklenburg, und deren Schwester Elisabeth, Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, vom Herrn Dr. Havemann, Lehrer am königl. Pädagogium zu Ilefeld.
6) Ueber den Todestag des Bischofs Johann I. von Ratzeburg, vom Herrn Rector Masch zu Schönberg.
7) Alphabetisches Verzeichnis der meklenburgischen Vögel in der niederdeutschen Volkssprache, vom Herrn Candidat. theol. Burmeister zu Wismar.

Dem Herrn Senator und Archivar Dr. Crumbiegel zu Rostock verdankt der Verein Mittheilungen über alte rostocker Drucke, aus dem dortigen Rathsarchive. - Von dem meklenburgischen Wappenbuch, herausgegeben von Tiedemann, bearbeitet von Masch, ist das 1. Heft herausgekommen, und es lässt sich dieses Werk, auf welches ein früherer Quartalbericht vorläufig die Aufmerksamkeit der Vereinsgenossen lenkte, jetzt als eine ausgezeichnete Erscheinung empfehlen. - Zur Geschichte des im J. 1398 erloschenen Dynastengeschlechts der Edlen Herren vom Berge, aus welchem eine der letzten Gräfinnen von Schwerin, Lyse Gemahlin des Grafen Nicolaus IV., stammte, sind den Herausgebern dieser Geschichte, dem Herrn Drosten von Hodenberg zu Lilienthal und dem Herrn Mooyer zu Pr. Minden, mit, Erlaubniss der hohen Landesregierung Regesten aus den im grossherzoglichen Archive zu Schwerin befindlichen Urkunden mitgetheilt, deren Rudloff M. G. II, S. 309 erwähnt. Für die letzten Zeiten der Geschichte der Grafen von Schwerin wird das erwähnte Werk gewisse Beiträge liefern.

A. Bartsch.                
als zweiter Secretär des Vereins.

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