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V.

Nachricht

von
den wismarschen Kirchen
von
Dr. C. C. H. Burmeister
zu Wismar.

A. Die älteste Kirche Wismars im Osten der Stadt.
(Vgl. Jahrbücher des Vereins II. p. 189 ff.)

N ach Nachrichten von der altwismarschen Kirche, welche auch wohl die Kirche zum heiligen Kreuze genannt worden ist (Schröder Pap. Mekl. I. p. 191, 426, 475 fl., T. II. p. 2868), hat man lange vergeblich gesucht. Bestimmtes läßt sich freilich auch noch jetzt über ihre Lage nicht ermitteln. Ihr Dasein ist jedoch gerettet, und die Meinung von einem früheren Dorfe, im Osten von Wismar im Sprengel des Bischofs von Schwerin, vor der Gründung der jetzigen Stadt Wismar, welche dem Grafen Guntzel von Schwerin um 1238 zugeschrieben wird, hat wieder Glauben gefunden. (Lübeck. Chroniken, herausgegeben von Grautoff I. S. 461 fl.) Um 1260 wird die Kirche den übrigen Kirchen in der Stadt gleich gestellt und ein Pleban an derselben, jedoch ohne Namen, erwähnt. Diese Kirche lag jenseit der aqua Wisimara, die im Stadtbuche auch wohl amnis genannt wird, und also im Stifte Schwerin, wie es aus spätern Nachrichten erhellt. Sie ist jedenfalls die älteste Kirche der Stadt gewesen, wenn auch nicht die bedeutendste. Die näheren Nachrichten, so wie ihre Fundation möchten sich in dem leider

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verlorenen Kapitelbuche des Stifts Schwerin (Pötcker Neue Sammlung glaubwürdiger Urkunden St. 5, 6. p. 15) befunden haben.

Die Zeugnisse für die altwismarsche Kirche sind im ältesten Stadtbuche.

In dem ältesten Testament ohne mutmaßliche Jahrszahl auf einem Zettel im ältesten Stadtbuche:

Ego Alkillus ita testamentum disposui. V pueris meis dedi quilibet specialiter XIII marc. denariorum. Ad quenlibet eorum dedi III marc. den. lt. accipi quidam aduersus Liuoniam, si personaliter non iero, mittatur unus pro me pro XX marcis denariorum. Ad hospitale II m. ad antiquam Wissemaram II m. ad domum sancti spiritus III m. It. Gertrudi mee dedi XX marc. den.

Hier steht diese Kirche neben dem Hospital und der Stiftung zum heiligen Geiste nur ganz allein genannt.

In einem Testamente vom J. 1260:

Ego Conradus filius domini Henrici Kyphot iturus ad terram sanctam de rebus meis taliter ordinavi: Ludolfus et Vicco fratres de molendino tenentur in XL m. denariorum Wissemariensium, quas si non rediero taliter dispensabunt. Ecclesie beate Marie dabunt IIII marcas et sacerdotibus ibidem deseruientibus dabunt unam marcam, ecclesie ad autiquam Wissemaram dabunt IV m. et plebano unam marcam, ecclesie beati Nycolai duas m., ecclesie beati Georgii II m., fratribus minioribus duas m., domui spiritus sancti I m., ad hospitale leprosorum I m. Cuidam puero meo II m. It. ultimo duobus fratribus meis cuilibet X m. denariorum.

In einem Testamente, welches sich in dem späteren Stadtbuche nach 1272 befindet:

Ego Alkerus cogitans de futuris do sancto Nicholao ad structuram II m., minoribus fratribus II m., domine nostre III m., sancto Georgio II m., sancto spiritui II m, hospitali I m., ecclesie in antiqua Wismaria I m. Insuper do filie filie mee hereditatem, quam emi ab Arnoldo Crulligero, scilicet filie Gerardi de Pole. Ad eandem hereditatem pertinent due taberne, de quibus in una manebit uxoris mee temporibus vite ejus et post obitum ejus succedet.

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Im Stadtbuche selbst nach dem J. 1279:

Eodem anno dederunt VIII solidos ecclesie antique Wismarie et sancto Georgio Jacobus Tesseke et u.xor ejus Herburgis. It. dederunt unum argenteum ciphum sancto Nicholao ad calicem.

So weit reichen die Nachrichten in den ältesten Stadtbüchern. Da das Stadtbuch des ganzen 14. Jahrhunderts bisher nicht aufgefunden ist, so können auch keine weiteren Nachrichten darüber gegeben werden. Wahrscheinlich gerieth jedoch diese Kirche immer mehr in Verfall, da sie in späteren Testamenten gar nicht erwähnt wird. Um jedoch das Andenken an diese jedenfalls älteste Kirche der Stadt 1 ) nicht ganz aufzuheben, beschlossen die Bürger mit Genehmigung des Raths eine Kapelle aufzurichten, welche im J. 1481 eingeweiht 2 ) und dem Kirchherrn zu Hornstorf übertragen wurde. Der damalige Kirchherr Nicolaus Mowe ward verpflichtet, für fünf Mark jährlicher Rente zwei Messen des Montags und des Freitags in der Kapelle zu halten. Diese Verpflichtung sollte auch auf dessen Nachfolger übergehen, und im Fall das Kapital dieser fünf Mark Rente noch nicht belegt sei, sollte die Rente aus dem Blocke und dem Bedelgelde gezahlt werden. Am Montage sollte die Messe zur Hülfe und zum Troste aller Christenseelen im Fegefeuer und am Freitage zu Lobe und Ehre des heiligen Kreuzes gelesen werden. Würde der Kirchherr seine Verpflichtung nicht erfüllen, so sollte der Kirchherr zuerst von den Vorstehern zur Nachachtung ermahnt, und wenn dies nicht fruchten würde, so sollte der Rath die Abhaltung dieser Messen einem andern frommen Priester für fünf Mark Geldes so lange übertragen, bis der frühere Kirchherr seinen Sinn geändert habe. Außerdem ward bestimmt, daß der Kirchherr nur das Altaropfer haben, das Uebrige an Opfern aber: an Wachslicht, Flachs und Wolle, welche man an das Bild hängen oder in den Block stecken, auf die Wagschale legen oder auf das Bedelbrett legen möge, zum Nutzen der Kapelle von den Vorstehern bewahrt werden solle. Ohne Wissen und Erlaubniß des Kirchherrn sollte auch keiner in der Kapelle Messe lesen und die Vorsteher am Laurentiustage (10. Aug.) nicht mit dem Bedelbrett bitten, und dann sollte von diesem Bedelgelde der Kirchherr die eine und


1) Ganz ähnlich ward zu Stralsund auf dem Gebiete der ältern Stadt um 1475 eine Kirchhofskapelle erbaut. Brandenburg, wo stand Stralsund vor sechshundert Jahren. Stralsund 1830, S. 9.
2) Vgl. vermischte Urkunden.
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die Kapelle die andre Hälfte erhalten. Der Kirchherr sollte außer den Festen keine Opfergesänge singen lassen und dabei bitten (bedelyghe hebben); und nur was an den Festen auf das Altar gelegt werde, sollte ihm gehören; was die Vorsteher bitten würden, sollte der Kapelle gehören. Endlich sollten durch diese neue Urkunde alle frühern Briefe aufgehoben sein. - Leider sind uns von der frühern Fundirung keine Urkunden aufbewahrt; allein der heilige Laurentius, der Schutzheilige der Stadt, dessen Bild so viele Münzen tragen, dessen Namenstag in dieser Kapelle gefeiert ward, führt uns auf die Vermuthung, daß diese Kapelle zum Andenken an die älteste Kirche dieser Gegenden errichtet ward.

Außerdem fand ich noch in einem Kopialbuche der St. Nicolaikirche des 15. Jahrhunderts, daß der altwismarsche Kirchhof den 11. Nov. 1481 vom Bischof Nicolaus Pentz geweihet sei. (Jahrb. des Vereins Th. II. S. 190.)

Ueber diese Kapelle zum heiligen Kreuze finden sich nun noch wieder einige Nachrichten, welche mir durch die Güte des Herrn Archivars Lisch zugekommen sind:

A. d. 1503 am dage vincula Petri
Curt von Plenen zu Rosendal verpfändet den "vorstenderen der Capellen des hilligen cruces bolegen vor der Wismar up deme olden wysmer kerchaue am stichte von Zwerin
vier lüb. Mark jährlicher Hebung aus dem Dorfe Rosendal.
A. d. 1513 am dage Steffani prothomartiris die Herzöge Heinrich und Albrecht von Meklenburg verpfänden an den
"Brandt Smidt borgermester, Arnoldus Sloys unnd Hinrick Grotecurdt, Rathmanne,
an
die vorweser von der Papegoyen szelschopp
und an
dat hilge Cruce up der olden Wyszmar karkhaue
45 Mark jährlicher Renten aus den Gütern Rosendal, Losten und Karow für 900 Mark
A. 1516 ward dieser Kapelle der Kelch gestohlen.
Schröder P. M. T. II. p. 2868.
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A. 1517 ward von "Hinrich Becker tro des hylligen cryces Statien etwas vermacht."
Schröder p. M. T. II. p 2875.
A. 1518 Agrum contra sanctam crucem prouisor ipse colit.
Primam curiam retro sanctam crucem Hermen Gharchow conduxit anno XVIII pasce.
(Registrum parochie Mariane fol. XV et XVl.)
A. 1523 ward von Hinrich Klöver derselben etwas vermacht:
Item. Geue ick ton hilligen crütze buten dem olden Wismarischen dore belelegen IIII schilling.
Schröder Evangel. Meklenburg T. I. p. 65.
A. 1534 Hornstorpe.
Item noch V m. van der capellen des hilligen cruces vor der Wismer belegen, enthelt em vor Joachim Cremer borger tor Wismar.

Nach einem vom Herrn Archivar Lisch mir abschriftlich mitgetheilten Briefe des Rentmeisters Andreas Bessel (1551-1560. 1. März) an den Herzog Johann Albrecht vom 12. Nov. 1554 ist es ausgemacht, daß diese Kirche sowohl, als die im W. der Stadt befindliche Jacobskirche am 10. Nov. d. J. und den folgenden Tagen abgebrochen und deren Steine zum Bau des Tribunals verwendet wurden. Er schreibt nämlich:

"Als ich anher gekommen habe ich von Heinrichen Alkopff und andern erfaren, das der Radt mit der gemeine alhir geschlossen, nicht zu gestatten, das e. f. g. die zwei Kirchen vor den thoren muchten umbrechen lassen etc. . So habe ich den Amptmann vom Nienkloster anher verschriben, mit dem ich abgeschieden, das er heut das Dach von der wüsten Kirchen des Orts abnehmen lassen wil und wenn der Wallmeister mit seinen knechten darkumpt, demselben forderlich sein, das der die Kirche sollent vmbwirft, welches am Mithewochen geschen soll."