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mittellhochdeutscher Gedichte,
mithgetheilt
von
von
N icht allein schon im Mittelalter, sondem auch in unserm Jahrhundert ist Wolfram von Eschenbach als ein großer Dichter bewundert, und mit Recht, wenn auch Ueberhebung und Vornehmthuerei ihm den Rang nicht eingeräumt haben, welchen er unter den Ersten verdient; selbst in den seltenen und traurigen Ausgaben wurden seine Schöpfungen bewundert. Am meisten hatte bis vor Kurzem durch die Schuld unserer Zeiten sein Wilhelm von Orange oder Oranse gelitten, der nur durch einen entstellenden Druck von Casperson (Cassel, 1784) bekannt war. Lachmann hat sich auch das große Verdienst zu den übrigen erworben, daß er sämmtliche Werke des größten (deutschen) Dichters des Mittelalters 1 ) gereinigt der Mitwelt geschenkt und der Nachwelt aufbewahrt hat. Mit wie riesenmäßigen Schwierigkeiten der Herausgeber hat kämpfen müssen, wird jeder Kundige wissen. Die größten Hindernisse standen
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ihm vielleicht bei der Bearbeitung des Wilhelm im Wege, "weil sich nur eine einzige wirklich alte Handschrift" (die tschudische zu St. Gallen, bezeichnet mit K,) "erhalten hat, welche selbst eine nicht durchaus lobenswerthe Quelle verräth"; daher gesteht auch Lachmann 1 ), daß "sein Text (des Willehalm) bei weitem so gut nicht sei, als der des Parcival". Außer der tschudischen Handschrift fand er nur noch zu Wien eine ganze, alte Handschrift (vom J. 1320, mit m bezeichnet); beide Handschriften, K. und m, sind die Hauptgrundlagen des neuen Textes.
Lachmanns Ausgabe erschien im J. 1833; leider konnte ich erst am Ende des J. 1834 im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin eine Handschrift des Wilhelm von Orange entdecken, welche, früher gefunden, für die Herausgabe sicher von wesentlicher Bedeutung gewesen wäre. Ueber den Werth der Handfchrift äußert sich Lachmann, nach Prüfung mitgetheilter Proben, folgendermaßen: "Es gereicht der Handschrift zur Empfehlung, daß sie mit der einen zu Wien (m genannt) sehr genau übereinstimmt, nur gar nicht in der Orthographie." — Fürs erste bringt unsere Handschrift der Litteratur wenig Nutzen, da einstweilen die erste Aufgabe Lachmanns da ist; für den etwanigen Gebrauch in der Zukunft soll nicht allein die gegenwärtige Bekanntmachung, sondern auch die folgende Beschreibung der Handschrift und Mittheiltung einer Probe aus derselben dienen. Nach Vergleichung dieser, genau nach der Handschrift abgedruckten Probe mit dem Lachmannschen Text ergiebt sich auf den ersten Blick, daß jene mit diesem im Wesentlichen übereinstimmt, unsere Handschrift also einen guten Text hat, die Orthographie abgerechnet, welche, wie jede Handschrift die Färbung eines besondern Landstrichs trägt, einige niederdeutsche Eigenthümlichkeiten verräth. — Auch das Alter empfiehlt die Schweriner Handschrift, da sie ohne Zweifel noch aus dem dreizehnten Jahrhundert stammt 2 ).
Die Handschrift ist auf Pergament in klein Fol. geschrieben. Sie enthält auf jeder Seite zwei Columnen, jede von 40 Zeilen; jede Zeile steht auf einer, mit Dinte gezogenen Linie, wie auch jede Spalte an beiden Seiten durch Linien abgegrenzt ist. Die Handschrift ist in Quaternionen, jede von vier Doppelblättern, in einen alten Holz= und Lederband gebun=
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den. Leider ist die Handschrift nicht vollständig. Das erste Blatt, welches 145 Zeilen enthielt, ist ausgerissen; die Handschrift beginnt, nach der Lachmannschen Ausgabe, mit 5, 25 und geht bis 218, 12 , umfaßt daher im Zusammenhange 6367 Verse, also noch nicht die Hälfte des ganzen Gedichts: die zweite Hälfte ist ebenfalls ausgerissen; es sind von derselben nur noch drei lose Blätter vorhanden, welche von 356, 24 bis 372, 25 gehen. Die einzelnen Hauptabschnitte oder Aventüren haben prosaische Ueberschriften in roth geschrieben, wie eine in dem unten mitgetheilten Abschnitte enthalten ist; jeder der Hauptabschnitte beginnt mit einem großen verzierten Anfangsbuchstaben in Gold auf blauem Felde. Wo Lachmann einen Abschnitt hat, ist auch in der schweriner Handschrift einer vorhanden; außerdem hat diese noch einmal so viel Abschnitte oder Aventüren, die jener nicht hat, nämlich: (1, 1 ); 58, 1 ; 71, 1 ; 106, 1 ; 126, 1 ; 162, 1 ; 185, 1 ; 215, 1 ; der letztere Abschnitt beginnt in der Handschrift nur mit einem rothen Buchstaben. — Die Unterabschnitte beginnen ebenfalls mit großen Anfangsbuchstaben, abwechselnd roth mit blauen und blau mit rothen Verzierungen; diese kürzern Abschnitte sind nicht gleich lang, jeder ungefähr 20 bis 40, seltener bis gegen 80 Verse enthaltend.
Es folgt hier zur Probe dasjenige, was in der Wiener Handschrift (m), 69, 19 bis 74, 9 fehlt:
69, | 17 |
der margraue was mit
clage
ob siner swester kinde. |
20 |
des rosses zoum di
linde
hegreffen hete uaste, ein drum uon einem aste, do er dar ab was geuallen. nu hete ouh uz verwallen |
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25 |
sin ogen an den
stunden
urspranch daz si funden. sin herce was truchen gar vnd beide ougen saffis bar. |
E
r mohte sih do wol umbe
sehn,
de strace gein oransge spen, |
||
70, | 1 |
dar in doh sin herce
treip.
unlange er do beleip. er dahte an schaden des er plah, vnde an den ulusteberen tah, |
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5 |
wie iamerliche im der
regiench.
mit armen er dicke vmheuiench den toten, siner swester sun. mit dem begonder alsus thun: in huf der kune starke man |
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10 |
fur sih uf des
kastelan.
de rehten strazen ir gar vermeit, uf bi larcant er reit, gein der muntane er kerte, als in die angest lerte. |
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15 |
idoh wart er an
gerant
von luten di mih niht benant sint. er was et im ze vil nahen hi dem ramis zil. ieslicher sin sper sanchte, |
|
20 |
der im zo uare
spranchte.
viuianzen er nider warb: er tede so der wer bedrab. dar streit der vnverzagete, unz er sih uor in entsagete: |
|
25 |
im studere sin
uermisset wart.
do kerter an de widervart vnde reit da er viuianen liez. sin truwe gebot im vnde hiez, daz er sime neuen di naht wachete, des sin herce dicke ercrachete. |
|
auenture, wi di
margraue di naht sime
neuen
wachete vnde wie er des morgens von im reit mit strite wider heim. |
71, | 1 |
A
lsus ranc er ob im de naht
|
dicke wart uon im
gedaht
des morgens, so der tah erschin ob ein mohte furen hin, |
||
5 |
oder wie erz
angevienge,
ob ander stunt ergienge daz er werde an gerant: so mustern aber alzohant nider lazen vallen : |
|
10 |
so were der heiden
schallen
vnde ir spottes deste mer. daz becante herceser twanc in ane maze. er dahte: ob ih dih laze |
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Seite 145 |
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15 |
hinder mir durh vorhte
hie,
sus groz umpris geschah mir nie. doh muz ih buzaten laden ringe durh der heiden schaden: deste baz ih dan vnde zuzin mah. |
|
20 |
innen des ge uf der
tah.
sinen neuen er custe vnde reit dar er mit funfzehn kuningen streit. de waren ouh an der wache die naht ungemahe, |
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25 |
zo hulden teruangande
ir gote
vnde ouh uon terrameres gebote, vnde bi dem eide gemant. der des hers uride was benant benamen zo vare der kristenheit. ieslih kuninc niwan selbe reit. |
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72, | 1 |
di andern gesunden
mit den toden vnde mit den wunden zo schaffen heten ouh gnoh: ein ieslih armer ritter troh |
5 |
herren oder mage uz dem
wal,
dar umbe die kuninge uber al di naht der wahte plagen vnde in harnasche lagen. |
A skelire vnde amazure gar, | ||
10 |
der hobetman uon
ieslicher scar,
maneh chune rih emeral, de hute plagen al umhez wal von dem gebirge unz an daz mer, ob under dem geteften her |
|
15 |
den noh iemen were
genesen,
daz er des todes mußten wesen. der marcgraue morgens fru reit den funfzen kuningin zu. ehmereyz von todyerne |
|
20 |
in becante unde sah in
gerne,
der werde gyburge sun. der wolde ouh di erste diost da thun. des in weiz ih niht, ob daz gescah; wan ieslicher balte brah |
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25 |
swaz in siner hant quam
her.
da wurden funfzen sper vf den margraue gestochen, |
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ieslichez gar
zobrochen:
daz ors er cume uor in besaz. schoiosen er do niht uergaz, |
||
73, | 1 |
sins swertes, da mite
er manegen swanh
tet, der durh kuninge helm erclanh. ir namen unde ir riche, da sie gewaldehliche |
5 |
cronen uor fursten hant
getragen,
di lat v nennen vnde sagen. sit zwo vnde sebenzeh sprache sint, er dunket mih der wizze ein kint, swer niht der zungen let ir lant |
|
10 |
da uon du sprahe si
becant.
so man di zvngen nennen gar, er nement niht zwelue des tofes war: di andern hat in heidinschaft von witen laden groze craft. |
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15 |
da heten dise ouh
eteswaz,
di den margrauen zeigeten haz. |
D
er uon todierne ist
benant,
ehmereiz, tybaldes sun ercant. so mah uon marroh ackarin |
||
20 |
mit eren fursten herren
sin,
des barukes geslehte, der mit kristenlichen rehte gamureten zo baldah bestate, da uon man sprechen mah, |
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25 |
welhe pivelde er im
ircos
da er den lib durh in verlos: wie sprah sin epitaphium! daz was zo iamers sitem frum: wi was gehert sin sarkes stat, als der baruh selbe bat, |
74, | 1 |
von smarayt vnde uon
rubbin!
di rede laze wir nu sin. ih wil de kuninge nennen gar. der kuninc mattabel uon tafar. |
5 |
der kuninc gastable uon
comis.
do sah der margraue wis, der strit wolde in da niht uergen. der kuninc tampaste uon tabrasten. vnde kuninc goriaz non cordubin: |
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10 | der trvh manheit vnde sin. |