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Kegelgrab von Kiekindemark (bei Parchim).

Hierüber berichtet der Herr Dr. juris Beyer zu Parchim Folgendes.

Dem übernommenen Auftrag gemäß 3 ) verfügten der Herr Advocat Mencke und der Unterzeichnete sich schon im Monate August v. J. in Begleitung eines durch den Conrector Herrn Gesellius als Zeichner empfohlenen Gymnasiasten nach Kiekindemark, um die Aufdeckung der in der Nähe befindlichen heidnischen Gräber vorzunehmen.

Dieser erste Versuch entsprach indeß unsern Erwartungen nicht. Wir stießen nämlich, nachdem wir das Aeußere des von uns gewählten Grabes hatten abzeichnen lassen, gleich beim Beginne der Arbeit am östlichen Ende des Hügels auf eine sogenannte Steinkiste, überzeugten uns aber bald, daß sie bereits früher geöffnet und beraubt sei, weshalb wir nur noch einige Knochen=Reste und eine Menge Urnen=Scherben darin fanden. Wir begnügten uns daher vorläufig, diese sorgsam aufzusammeln, und begaben uns sodann zu einem zweiten Grabe, in der Hoffnung, dies noch unverletzt zu finden, und mit dem Vorsatze, es sodann vollständig nach der empfangenen Instruction aufzudecken.

Diese Arbeit war indeß bedeutend größer, als wir erwartet hatten; denn der Hügel bestand durchweg aus Steinen,


3) Vgl. Jahresber. I, S. 109, K.
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die, mit starken Wurzeln der umstehenden alten Buchen durchwachsen, so fest geklemmt waren, daß fast jeder einzelne kleine Stein erst mit Hacke und Beil gelös't werden mußte. So ward es Abend, ehe unsere drei Arbeiter, obwohl wir selbst stets Hand mit anlegten, die obere Schicht des Hügels, kaum 2 Fuß tief, abzutragen im Stande gewesen waren, wobei überall nichts Bemerkenswerthes zu Tage kam.

Wir waren daher genöthigt, die Arbeit einzustellen, und beschlossen, an einem folgenden Tage zuvörderst noch einen dritten Versuch mit einem zwar bedeutend kleinern Grabe zu machen, das uns aber sicher noch ganz unverletzt zu sein schien.

An Ausführung dieses Vorsatzes sind wir jedoch, hauptsächlich durch das bald darauf eintretende schlimme Wetter, leider verhindert worden, weshalb ich mich begnügen muß, vorläufig nur über diesen nicht sehr erfolgreichen Erfolg unserer Bemühungen zu berichten.

Form und Beschaffenheit der fraglichen Gräber kann übrigens nicht zweifelhaft lassen, daß sie der Classe der sogenannten (germanischen) Stein=Kegelgräber angehören.

Der Haupthügel des Grabes, dessen Kiste wir geöffnet haben, und welchem das zweite, dessen Aufdeckung vergeblich versucht wurde, im Aeußern völlig gleich ist, hatte 10 Fuß im Durchmesser, und ist mit einem regelmäßigen Kreise großer Steine umstellt, der jedoch auf einigen Stellen bedeutende Lücken hat, weil die Steine bereits früher zu Bauten verwendet worden sind. Der von diesem Ringe eingeschlossene Hügel erhob sich jetzt nur etwa 4 Fuß über den Urboden, soll jedoch nach Aussage alter Leute früherhin bedeutend höher gewesen und allmählig so weit abgetragen sein. Im Innern besteht derselbe, wie bemerkt, durchweg aus aufgeschütteten, zum Theil ziemlich bedeutenden Feldsteinen.

An diesen Haupthügel lehnt sich westlich ein zweiter, nicht mit Randsteinen umgebener, übrigens gleichfalls aus Feldsteinen bestehender Hügel von geringerer Höhe, welcher mit dem erstem zusammen im Fundamente eine durch Verbindung zweier gleicher Kreise entstehende Elipse bildet.

Die geöffnete Kiste befand sich hart am Ostende des Haupthügels. Den Boden derselben bildete die flache Seite eines mächtigen gespaltenen Felsblockes. Um diese auf dem Urboden ruhende Grundlage standen in der hohen Kante andere gleichfalls gespaltene große Steine, oben etwas nach Innen geneigt, von denen jedoch einige fehlten, so daß die Kiste nach

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dem Rande des Hügels hin offen stand. Eben so war sie oben offen, und mag ich nicht entscheiden, ob sie früher einen Deckstein gehabt hat oder nicht.

Im Innern dieser ganz mit Erde verschütteten Kiste nun fanden sich, außer einem ganz kleinen Stückchen Metall (anscheinend Bronze, gewiß kein Eisen), welches leider verloren gegangen ist, und einigen offenbar durch Feuer verkalkten Knochenresten, eine große Menge von Scherben, welche, wie sich bei näherer Untersuchung daheim ergab, 4 bis 5 verschiedenen Gefäßen angehören, wovon sich zwei noch so weit aus ihren Trümmern zusammensetzen ließen, daß man Größe und Gestalt genau erkennen kann 1 ).

Unter diesen scheint mir besonders eins, das größte von allen, einiger Aufmerksamkeit werth. Es ist von der bekannten, mit grobem Feldspath stark versetzten Masse, gelblich grau gebrannt. Der größte Durchmesser hat mindestens 10-11 Zoll betragen; die Höhe der Seitenwände beträgt dagegen nur etwas über 6 Zoll. Von den gewöhnlichen Aschenurnen unterscheidet sich dies Gefäß dadurch, daß es oben nicht etwa durch einen beweglichen Deckel verwahrt, oder ganz offen, sondern durch eine starr gewölbte Decke, welche sich wie eine Kuppel noch 3-4 Zoll über den Rand der Wände erhoben haben mag, völlig verschlossen gewesen ist. Dagegen hat es auf der Seite eine viereckige, 3 Zoll weite und 3½ Z. hohe Oeffnung, welche mit einer ½ Z. hoch aufliegenden Verzierung eingefaßt ist. Diese ist auf beiden Seiten der Oeffnung unten und oben durchbohrt, vielleicht um durch die Löcher 4 Riegel durchlassen zu können, welche eine in die Oeffnung passende Platte festhalten und so das ganze Gefäß verschließen mogten 2 ).


1) Diese Urnen sind dem Vereine eingesandt.
2) Die Urnen dieser Art, einem Bienenkorbe ähnlich, mir einer gewölbten Kuppel geschlossen und mit einer viereckigen Oeffnung an einer Seite derselben, sind höchst selten, aber doch immer von gleicher Beschaffenheit und dabei räumlich weit verbreitet. Bisher sind Urnen dieser Art beobachtet:
   1) Bei Burgchemnitz in Thüringen: vgl. Leipziger Jahresber. 1826, S. 30, mit Abbildung, und Klemm's Handbuch der germ. Alterth., S. 186, mit Abbild, Taf. XIV, Fig. 13;
   2) Bei Rönne auf der Insel Bornholm, im Hügel Robbedale genannt: vgl. Historisch=antiq. Mitth. er königl. Gesellsch. für nord. Alterth., 1835, S. 100, mit Abbildung, u. Leitfaden zur nord. Alterth., 1837, S. 40, mit Abbildung.
Zu der burgchemnitzer Urne ist noch ein Stück von einem einpassenden viereckigen Deckel, oder vielmehr einer Thür, vorhanden. Beide Urnen haben (  ...  )
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Im Ganzen hat das Gefäß, welches leider in mehr als hundert Scherben zerbrochen war, von denen überdies viele fehlen, trotz der rohen und massiven Arbeit, eine nicht ungefällige Form gehabt, wie man an den Ueberresten, die ich, so weit sie mit Gewißheit an einander paßten, mühsam zusammengekittet habe, deutlich erkennen kann. Es ist auf diese Weise eine Hälfte der Urne im perpendikulairen Durchschnitte mit dem ganzen Gipfel der Kuppel und die andere Seite der Urne im untern Theile mit der verschließbaren Oeffnung völlig wieder hergestellt. Die Urne unterscheidet sich von den beiden bekannten derselben Gattung dadurch, daß sie weiter und niedriger ist, als jene, und die Oeffnung sich im untern Theile der Urne befindet, während sie bei jenen in der Kuppel angebracht ist.

Das zweite Gefäß, dessen Wiederherstellung einigermaßen gelungen ist, ist eine kleine, auf einer Seite gehenkelte Aschenurne von gefälliger Form, und viel feinerer schwarzer Masse mit Goldglimmer versetzt. Sie ist nur etwas über 3 Zoll hoch, und mißt oben an der Oeffnung des Randes 3 Zoll, im Halse etwa 2¾, im Bauche 3½ und am Fuße nur etwa 2 Zoll im Durchmesser.

Man könnte glauben, daß das erstbeschriebene größere Gefäß nur zum Schutze dieser Urne gedient habe, allein die genauere Betrachtung ergiebt, daß die Oeffnung desselben nicht weit genug ist, um die Urne durchzulassen; es kann also wohl nur bestimmt gewesen sein, die dem Todten mitgegebenen Schmucksachen oder sonstiges feineres Geräthe aufzunehmen, in welchem Falle die frühere Beraubung des Grabes um so mehr zu bedauern sein würde.

Die übrigen Scherben haben theils einer großen Urne mit leicht nach außen gebogenem Rande und von schwarzer, sehr fester und glänzender, mit Goldglimmer versetzter Masse, theils einem etwa 6-8 Zoll weiten, verhältnißmäßig niedrigen Gefäße von bräunlicher, nicht so fester Masse, theils endlich einem anscheinend nur kleinen, röthlich gebrannten Kruge angehört.

Auf den meistens nur ganz kleinen Scherben, die ich zu den Resten des zuletzt gedachten Kruges zählen zu müssen glaube,


(  ...  ) an jeder Seite der Oeffnung ein hervorragendes Oehr; bei der chemnitzer Urne saß in einem derselben noch ein metallener Stift, um mit diesem, wie mit einem vorgeschobenen Riegel, die "Thür" zu verschließen; die Urne von Ronne hatte am Rande der Oeffnung einen harzartigen Kitt zur festern Verschließung der Thür. Beide Urnen waren ungefähr 12" hoch und, nach den Berichten, aud grober Masse frei geformt. (Mittheilung des Herrn Archivars Lisch.)
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sind mehrere Kreisförmige Rillen bemerkbar; alle übrigen Gefäße sind ohne alle eingegrabene Verzierungen, denn ein einfacher, flach und unregelmäßig wie mit dem Nagel eingekratzter Strich um den Hals des niedrigen Gefäßes von brauner Masse ist wohl kaum dahin zu rechnen. Eben so zeigen sämmtliche Gefäße keine sichere Spur des Gebrauchs der Töpferscheibe, vielmehr scheint das zuerst beschriebene größere Gefäß aus freier Hand geformt zu sein.

Parchim, im Januar 1838.

Beyer, Dr.