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Inhalt:

A.

Jahrbücher

für

Geschichte.


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I.

Die doberaner Genealogie

und

die parchimsche Genealogie,

von

G. C. F. Lisch.


D as nordöstliche Deutschland ist nicht reich an alten Chroniken; am reichsten sind noch Lübeck und Meklenburg: um so wichtiger und bedeutungsvoller ist jede, auch die geringste Vermehrung des Schatzes.

Die heimischen Original=Chroniken, welche Meklenburg aus seiner alten Urkundenzeit aufzuweisen vermag, lassen sich leicht aufzählen. Die älteste ist die wismarsche Chronik, eine kurze Aufzeichnung über wichtige Begebenheiten in den Jahren 1275 - 1278 in dem wismarschen Stadtbuche, von dem wail. Dr. Burmeister entdeckt und in Jahrb. III, S. 37 - 49 mitgetheilt. Hierauf kommt die interessante rostocker Chronik, von Schröter in Beiträgen zur meklenburgischen Geschichtskunde, 1826, Heft 1, Rostockische plattdeutsche Chronik von 1310 - 1314, herausgegeben. Ihr folgt die bedeutende mittelhochdeutsche Reimchronik des Ernst von Kirchberg, nächst den lübecker Chroniken die bedeutendste alte Chronik des nordöstlichen Deutschlands, vollendet im J. 1378, gedruckt in von Westphalen Mon. ined. IV. p. 593, jedoch in sehr schlechter Bearbeitung. Ergänzend und in sehr vielen Fällen für Meklenburg reine Quelle sind die großen, von Grautoff herausgegebenen lübecker Chroniken. Dies wäre ungefähr alles, was Meklenburg an alten, ungefähr gleichzeitigen Chroniken besitzt.

Gegenwärtige Blätter bezwecken die Mittheilung einer bisher unbekannten, wichtigen chronistischen Quelle, welche sich in zwei fürstlichen Genealogien, der doberaner und der parchimschen, offenbart und für die Genealogie und Chronologie, auch für viele bedeutende Begebenheiten sehr dankenswerte Aufschlüsse und Bestimmungen giebt.

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Die doberaner Genealogie.

Das großherzoglich=meklenburgische Geheime und Haupt=Archiv besitzt ein auf Pergament in klein Folio geschriebenes Diplomatarium der ältern Urkunden des Klosters Doberan. Dieses Diplomatarium ist im Anfange des 14. Jahrhunderts angelegt: von der ersten Hand, welche die meisten und die alten Urkunden geschrieben hat, sind noch mehrere Urkunden vom J. 1319 und einige vom J. 1320 geschrieben; eine zweite Hand hat 1337 - 1350, eine dritte Hand 1353 - 1358, eine vierte Hand sicher 1365, vielleicht noch 1376, eine fünfte Hand um 1374 einige Urkunden nachgetragen. Die ersten Blätter vor diesem Diplomatarium enthalten auf 6 vollen Seiten die unten mitgetheilte Chronik, welche von der vierten Hand des Diplomatars geschrieben und von einer andern Hand bis zum Ende fortgeführt ist.


Das Schicksal dieser Chronik bedarf einiger Aufklärung, um zu begreifen,. wie sie so lange habe verborgen bleiben können. Nach der im J. 1834 geschehenen Pensionirung des wail. Archivraths Evers fand sich das Diplomatarium unter den von ihm ausgelieferten Amtspapieren. Ich entdeckte in dem Diplomatarium alsbald die Chronik und beschrieb und benutzte sie zu der Abhandlung über Alt=Doberan in Jahrb. II, S. 9 flgd. Das Vorhandensein der Chronik war jedoch schon früher zu den Acten bekannt, ein Umstand, der hier nicht verschwiegen werden darf, um nicht einmal später Mißdeutungen ausgesetzt zu sein. Das doberaner Diplomatarium gehörte zu den Urkunden des Klosters, mit denen es nach dessen Säcularisirung im J. 1552 in fürstlichen Besitz gekommen war. Bei der Ordnung des Archivs im vorigen Jahrhundert war das Buch nebst manchen anderen Curiositäten und Seltenheiten in die besondere Obhut der Archivare Evers, des Vaters und des Sohns, genommen und daher bei der früher allgemein herrschenden Geheimhaltung des Archivmaterials nicht durch Andere, auch durch sie nicht bekannt geworden. Als sich bei der größern Entwickelung der historischen Thätigkeit des Verstorbenen Professors Schröter zu Rostock und dessen Zutritte zum großherzoglichen Archive ein Verhältniß zwischen ihm und dem wail. Archivrath Evers anknüpfen zu wollen schien, vertraute Evers dem jugendlichen Schröter auch das Geheimniß von der Existenz unserer doberaner Chronik. Schröter mochte in wissenschaftlichem Geiste wohl unwillig sein über die unnütze Geheimhaltung einer unschuldigen Geneologie und theilte

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das Geheimniß offen dem hochseligen Großherzoge Friedrich Franz mit, welcher, für die Geschichte des Vaterlandes, namentlich aber des Klosters Doberan, glühend und grade mit der Geschichte und Restaurirung von Alt=Doberan beschäftigt, am 10. Aug. 1825, einem bekannnten, ihm denkwürdigen Tage, dem Archivrath Evers befahl, die alte Chronik nach Doberan einzusenden. Evers mußte zwar dem Befehle gehorchen, bat aber, daß es ihm vergönnt sein möge, die Chronik herauszugeben, und daß sie nicht dem Professor Schröter "mitgetheilt" werde, falls er darnach "trachten sollte". Der Großherzog gönnte dem Archivrath Evers " billigerweise den Vorzug zur angemessenen Herausgabe der Chronik, empfahl ihm jedoch den unausgesetzten Betrieb derselben und forderte Anzeige, wie bald er neben seinen Amtsgeschäften sich zu einer solchen Herausgabe werde anheischig machen können". Evers entschuldigte sich darauf für die nächste Zeit mit überhäuften Dienstgeschäften und - die Chronik verschwand wieder in das geheimnißvolle Dunkel, um so mehr, da Schröter bald einer unheilbaren Krankheit unterlag. Die Chronik selbst kam erst nach Evers Pensionirung im J. 1836 und ihre eben erzählte neueste Geschichte erst nach seinem Tode im J. 1845 ans Licht.


Die Zeit der Abfassung der doberaner Genealogie läßt sich ziemlich genau bestimmen, sowohl nach der Handschrift, als nach den vorkommenden Begebenheiten und Jahreszahlen. Die Genealogie ist im Allgemeinen von zwei Händen geschrieben. Von der ersten Hand ist der größere Theil ohne Unterbrechung geschrieben und reicht auf 6 Seiten bis dahin, wo, nach dem J. 1363, die Genealogie des Herzogs Johann (IV.) I. von Stargard beginnt. Darauf folgt der Absatz: "Porro dominus Johannes, dux Magnopolensis et Stargardensis, frater domini Alberti, genuit quatuor filios, videlicet Johannem, Vlricum, Rodolphum et Albertum" in zwei Zeilen, mit der Randbemerkung: "Scribe vltra, si vis", von einer ganz andern Hand geschrieben; die Fortsetzung bis ans Ende, 2 Seiten lang, ist ohne Unterbrechung von einer zweiten Hand, wahrscheinlich derselben, welche den Absatz in zwei Zeilen begonnen hat, vielleicht auch von einer andern. Der erste Theil der Genealogie ist daher ungefähr gegen das J. 1370 geschrieben, jedenfalls nach dem Jahre 1363, da mit dieser Jahreszahl noch die Einführung des Königs Albrecht in Schweden am Schlusse von der ersten Hand aufgezeichnet ist. Viel später werden die Begebenheiten auch nicht niedergeschrieben sein, da der

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Fürst Johann IV. von Werle (= Goldberg), 1365 - 1375, als noch lebend (adhuc superstes) und eben so des Fürsten Nicolaus III. von Werle Söhne Lorenz (1361 - 1400) und Johann († 1377) als damals regierend (qui jam actu dominium patris sui tenuerunt) aufgeführt werden; auch lebte zur Zeit der Abfassung der Chronik noch der Fürst Bernhard von Werle († 1378), nachdem seine Kinder bereits geboren waren. Die in der Fortsetzung mit Jahreszahlen erwähnten Begebenheiten fallen in die Zeit von 1379 - 1398; diese unmittelbare Fortsetzung redet für die Originalität und Sicherheit der Chronik, so wie für die angegebene Zeit der Abfassung.

Mit diesen Ergebnissen stimmt denn auch der Umstand überein, daß die erste Hand der Genealogie sicher auch eine Urkunde vom J. 1365 in das Diplomatarium eingetragen hat und in diesem um das J. 1374 eine andere Hand erscheint.

Der zweite Theil der Genealogie von der zweiten Hand, welche sich in dem Diplomatarium nicht findet, wird in dem J. 1400 oder einige Jahre nach demselben abgefaßt sein. Erwähnt sind in demselben der Tod des Herzogs Albrecht 1379, der Tod seines Sohnes Heinrich 1384 (mit Jahreszahl), der Tod seines Sohnes Magnus 1385 (mit Jahreszahl), die Befreiung des Königs Albrecht 1395, der Tod des Herzogs Erich auf Gothland 1397 und zuletzt die Vermählung des Herzogs Johann III. 1398 und die Geburt seiner Kinder.

Was die Quellen der doberaner Genealogie betrifft, so sind sie bei dem großen Zeitumfange sehr verschieden. Der erste Teil der Aufzeichnungen von der ersten Hand ist ohne Zweifel größtentheils aus den ältern norddeutschen Chroniken geschöpft, wie die Genealogie selbst andeutet ("ut habetur in cronicis Saxonum et Slavorum"); der mittlere Theil hat seine Quelle ohne Zweifel in Aufzeichnungen und Urkunden des Klosters Doberan, wie es denn ausdrücklich heißt: "Isti eciam ecclesiam Doberanensem privilegio suo confirmauerunt", und ferner: "huius Pribizlavi privilegium habet ecclesia Doberanensis super villam Zolchelyn"; der letzte Theil der Aufzeichnungen von der ersten Hand, so wie alle Aufzeichnungen der zweiten Hand sind ohne Zweifel in den Büchern (Nekrologien etc. .) des Klosters Doberan auch niedergeschriebene Erlebnisse der Schreiber.

In Beziehung auf die nächste Benutzung der doberaner Genealogie läßt sich annehmen, daß Kirchberg (1378) sie zu seiner Reimchronik benutzt habe, wenn sie nicht gar während und in Veranlassung seiner Arbeit abgefaßt ist.

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Ueber die Chroniken der Klöster Dobbertin und Neuenkamp.

Bei der Beurtheilung der Quellenmäßigkeit der doberaner Genealogie muß hier aber noch ein anderer Gegenstand zur Sprache kommen, welcher in hohem Grade interessant ist. Nach der unten mitgetheilten merkwürdigen Urkunde 1 ) erschien am 4. Mai 1418 zu Wilsnack vor dem havelberger Bischofe Otto Rohr der Fürst Balthasar von Werle und producirte durch zwei Geistliche: Nicolaus Scharbow, Propst des Nonnenklosters Dobbertin, und Hermann Willer, Pfarrer an der S. Georgen=Kirche zu Parchim, zwei alte, den Cistercienserklöstern Dobbertin und Neuenkamp gehörende Handschriften, welche die Chronik des Fürstenhauses Werle enthielten und aus denen der Fürst bewies, daß er in grader Linie aus altem, königlichen Geschlecht stamme 2 ). Der Bischof Otto stellte an dem genannten Tage dem Fürsten Balthasar über die geschehene Nachweisung ein öffentliches Zeugniß aus, welches besonders an den Kaiser Sigismund gerichtet war. Der Bischof sagt nämlich, daß der durchlauchtige Fürst Balthasar, Herr von Werle ("Wurle"), Güstrow und Waren, zwei den Klöstern Dobertin und Neuenkamp gehörende, in alter Schrift geschriebene Bücher, enthaltend die Chronik der ehemaligen Könige ("regum"), Häuptlinge ("regulorum") und Fürsten ("principum") der Wenden, der damals regierenden Fürsten Stammbaum und ihre Herrschaften, producirt und daraus sichern Bericht, auch durch die Einsicht der Bücher die Ueberzeugung gegeben habe, daß ihre Familie wirklich aus königlichem Geschlecht ("de regia stirpe") stamme und von diesem in ununterbrochener Folge fortgepflanzt sei.

Diese beiden Chroniken werden jetzt verloren sein. Zwar hat man in frühern Zeiten in Beziehung auf die erwähnte Urkunde geglaubt, die beiden Chroniken seien noch erhalten; man hat geglaubt, die in der Urkunde genannte dobbertiner Chronik sei die besprochene doberaner, und hat demzufolge offensichtlich das Wort "Dobertin" in "Doberan" verändert; ferner hat man geglaubt, die neuenkampensche Chronik sei die kirchbergsche, welche etwa im Kloster Sonnenkamp oder Neu=


1) Vgl. Urk. (Samml. Vermischte Urkunden.
2) Ungefähr von dieser Zeit an nannten sich die werleschen Fürsten auch Fürsten, was sie denn auch wirklich waren; das ganze frühere Mittelalter hindurch hatten sich alle Regenten in den meklenburgischen Landen nur Herren genannt. Man vgl. hierüber auch Rudloff M. G. II, S. 655.
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kloster aufbewahrt 1 ) gewesen sei. Aber unsere Urkunde liest viel zu sicher "Dobertin", und an eine Verwechselung des Klosters Neuenkamp, jetzt Franzburg, in Festland Rügen oder schwedisch Pommern, ist in jener Zeit bei hochgestellten Geistlichen nicht zu denken; es kann nur große Unkunde Neuenkamp mit Neukloster verwechseln und große Beschränktheit eine Urkunde nach ihren Ansichten willkührlich ändern. Man muß daher annehmen, daß die Klöster Dobbertin und Neuenkamp wirklich alte Chroniken besessen haben. Dies wird um so wahrscheinlicher, als der Propst des Klosters Dobbertin die eine und ein Pfarrer von Parchim die andere Chronik producirte; das Kloster Neuenkamp nämlich hatte in der Nähe von Parchim: zu Kuppentin, Zidderich, Below, in der Stadt Goldberg und sonst bedeutende Besitzungen.

Dennoch dürfte es möglich sein, daß in den hier mitgetheilten Genealogien von Doberan und Parchim die in der Urkunde genannten Chroniken von Dobbertin und Neuenkamp enthalten sind; es ist nämlich nicht unwahrscheinlich, daß die Rathmänner der Stadt Parchim sich die in ihr Stadtbuch aufgenommene Genealogie von einem nahe wohnenden Beamten der Klöster Dobbertin oder Neuenkamp verschafft, diese aber wieder die doberaner Genealogie als Hauptquelle benutzt haben, wenn nicht die genannten Klöster alle wieder aus einer gemeinsamen, uns unbekannten Quelle schöpften.

Es mag sich jedoch der Mühe verlohnen, auf das Vorkommen von Chroniken der Klöster Dobbertin und Neuenkamp aufmerksam zu sein; vielleicht finden sie sich irgendwo einmal. Genaue persönliche Untersuchungen in dem noch bestehenden Archive des Klosters Dobbertin und durch Correspondenz veranlaßte Nachforschungen in den pommerschen Archiven haben bis jetzt zu keinem Resultate geführt. Daß die Chroniken von Dobbertin und Neuenkamp bei dem Bischofe von Havelberg liegen geblieben seien, ist im höchsten Grade unwahrscheinlich, da eigens Geistliche zur Producirung der Chroniken im Gefolge des Fürsten nach Wilnack gereiset waren; desfallsige Nachforschungen im Brandenburgischen sind ebenfalls ohne Erfolg geblieben.


1) Woher die kirchbergische Chronik stammt, ob sie im Mittelalter bei einem Kloster, oder ob sie immer bei dem Fürstenhause aufbewahrt gewesen sei, ist noch nicht bestimmt ermittelt. Wahrscheinlich war sie im fürstlichen Besitze.
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Die parchimsche Genealogie.

Das Archiv der Stadt Parchim bewahrt ein altes Stadtpfandbuch auf Pergament in klein Folio, welches die Zeit 1351 - 1457 umfaßt (vgl. Cleemann Chronik und Urkunden der Stadt Parchim, 1825, S. 164). Diesem Stadtbuche ist ein zusammengeschlagenes, großes Blatt von zwei Folien Länge vorangebunden, welches den am Schlusse hier mitgetheilten fürstlichen Stammbaum enthält. Dieser Stammbaum ist nach alter Weise so eingerichtet, daß jeder Name von einem Kreise umschlossen ist, die Abstammung durch Linien von Kreise zu Kreise bezeichnet wird und jede Generation auf derselben Queerlinie steht; der Stammbaum ist in den Kreisen die ganze Länge des Blattes hinab für 16 Generationen angelegt, aber nur für 11 Generationen ausgeführt. Zu beiden Seiten von oben herab steht, sich nach dem von dem Stammbaume eingenommenen Raume richtend, die unten ebenfalls mitgetheilte Genealogie oder Erläuterung des Stammbaumes, welche jedoch oben, da der Rand aus dem Buche etwas herausgeschlagen gewesen ist, durch Abscheuern so sehr gelitten hat, daß sehr wenig von den ersten Zeilen zu lesen ist. Die ersten, kurzen Aufzeichnungen über Niclot, Wartislav, Pribislav und Heinrich Borwin I. stehen auf der Rückseite der eingeschlagenen Hälfte des Blattes und bilden so die erste Seite des Buches.

Das Ganze ist, nach dem vorliegenden Originale, von Einer Hand geschrieben, und zwar von einer Hand, welche unverkennbar dem 14. Jahrhundert angehört und der Hand ähnlich ist, von welcher die ersten Aufzeichnungen im Stadtbuche herrühren. Die Zeit, in welcher diese Genealogie geschrieben ist, ist ungefähr dieselbe, in welcher die doberaner Genealogie abgefaßt ist, nämlich die Zeit um das Jahr 1370; die in der parchimschen Genealogie vorkommenden letzten Jahreszahlen und Zeitbestimmungen sind dieselben, welche in der doberaner Genealogie vorkommen. Nur die Bestimmung über den Fürsten Johann IV. von Werle ist in beiden verschieden: die doberaner Genealogie sagt von ihm, daß er noch lebe ("adhuc superstes"), - die parchimsche, daß er im J. 1350 zu regieren angefangen habe ("qui incepit dominari anno domini M° CCC° L "). Also ward .auch die parchimsche Genealogie sicher noch zu den Lebzeiten dieses Fürsten († 1375) geschrieben. - Der Nachtrag über die letzten Glieder des werleschen Fürstenhauses ist offensichtlich hundert Jahre später geschrieben und zwar nach dem J. 1455, da diese Jahreszahl in diesem Nachtrage vor=

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kommt. Gedruckt, jedoch mit vielen Fehlern, ist dieser Stammbaum mit der Genealogie schon im J. 1819. Cleemann hat ihn auf einem einzelnen Folioblatte mit andern Stammbäumen seinem "Archiv=Lexicon" 1819 beigegeben, mit der Ueberschrift;

Urkunde, geschrieben um das Jahr 1363, mit eben der Hand, womit der Anfang des Parchimschen Stadt=Protocolls, worin sie liegt und welches mit 1351 anhebt, geschrieben ist.

und mit der Schlußanmerkuug:

Vermuthlich hat einer von den Bürgermeistern die Urkunde geschrieben: Henneke Rodebart, welcher 1356, oder Henneke Brusehaver, welcher 1376, 1385 vorkommt; auch könnte es Werner Knut sein.

In seiner parchimschen Chronik (1825) sagt Cleemann aber:

nstatt der für die ersten Schreiber dieses Stammbaumes gehaltenen, nicht Bürgermeister, sondern nur Rathmänner Henneke Rodebart, Henneke Brusehaver und, nicht Werner, sondern Nicolaus Knut, halte ich lieber den Bürgermeister Heinrich Cassow den Vater dafür, welcher 1352 bis 1370, und dessen Wittwe 1372 vorkommt. Der Anfang mit diesem nachher fortgesetzten Pergamente ist wahrscheinlich 1364 gemacht worden, weil in dem zweiten Absatze der zweiten Columne unten das Jahr 1363 steht und im vierten Absatze der ersten Columne die Söhne des 1360 gestorbenen Herrn zu Werle Nicolaus als regierend aufgeführt werden.

Die letztere Behauptung ist freilich nicht gegründet, da das Ganze nicht "angefangen" und fortgesetzt, sondern mit einem Male von einer und derselben Hand geschrieben ist; aber im Allgemeinen trifft die Ansicht Cleemanns über die Zeit der Abfassung zu, wenn auch nicht die genannten Rathmänner, sondern wahrscheinlich der Rathsschreiber das Ganze geschrieben hat.

Die folgende Vergleichung der parchimschen Genealogie mit der doberaner wird übrigens über Zeit und Verfasser ein eigenthümliches Licht verbreiten.

Vergleichung der doberaner und der parchimschen Genealogie.

Vergleicht man beide Genealogien und stellt sie neben einander, so kommt man leicht und bald zu dem überraschenden Resultate, daß wir statt zwei Chroniken, nur eine gewon=

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nen haben; denn beide sind so ähnlich, daß entweder beide aus Einer Quelle geschöpft haben oder die eine von der andern abgeschrieben ist. Beide Chroniken sind in dem, was sie geben, wie die erste Vergleichung lehrt, völlig, sehr häufig wörtlich gleich, so daß nur einzelne Angaben diese oder jene auszeichnen. Von beiden Chroniken ist nun aber die doberaner bei weitem die ausführlichere und vollständigere, und die parchimsche kürzt häufig ab, wo ausführlicher Bericht nicht in ihrem Zwecke liegt. Die parchimsche Chronik geht nämlich offenbar darauf hinaus, die Genealogie des werleschen Fürstenhauses, welchem die Stadt angehörte, möglichst vollständig zu geben; daher ist sie mitunter in der Erläuterung für dieses Fürstenhaus etwas ausführlicher und breiter und fügt dem werleschen Stammbaume noch mehrere interessante Beinamen hinzu. Dagegen ist sie in der Darstellung der übrigen Linien viel kürzer und läßt z. B. die Geschichte der Stammväter und der fürstlichen Linie Rostock ganz aus, während sie noch im 15. Jahrhundert die Genealogie des werleschen Fürstenhauses bis zu Ende fortführt.

Die doberaner Genealogie behandelt dagegen alle Fürstenhäuser mit demselben historischen Interesse und scheint um so weniger eine Abschrift einer andern Chronik zu sein, als sie sich auf die eigenen Urkunden des Klosters Doberan beruft und unmittelbar von einer andern Hand fortgesetzt wird, wenn auch nur für das Fürstenhaus Meklenburg.

Es ist daher wohl ohne Zweifel, daß die parchimsche Genealogie eine hin und wieder modificirte Abschrift der doberaner Genealogie ist, wenn auch der Schreiber der parchimschen Genealogie manche interessante Notiz aus dem Schatze der eigenen Wissenschaft einfließen läßt.

Hiernach läßt sich denn auch die Zeit der Abfassung und Abschrift genau bestimmen. Die doberaner Genealogie muß um das J. 1370 abgefaßt und die parchimsche Genealogie kurz darauf von jener abgeschrieben sein. Die doberaner Genealogie schließt mit der ersten Hand ungefähr mit dem J. 1370; die zweite Hand schreibt darauf zwei Zeilen, welche eine dritte Hand spätestens mit dem J. 1376 fortsetzt. In dieser Zwischenzeit (1370 - 1376) muß die parchimsche Genealogie von der doberaner abgeschrieben sein, da jene mitten in dem Satze der zweiten Hand der doberaner Genealogie plötzlich aufhört, ohne die Fortsetzung der letzten Hand und eine jüngere Zeit zu berühren.

Der nachfolgende Text beider Genealogien, welche der Uebersicht wegen in den gleichen Stellen einander gegenüber gedruckt sind, wird die vorstehenden Bemerkungen rechtfertigen.

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Doberaner Genealogie.

A d habendam noticiam principum et dominorum, qui post dominum Pribizlavum, fundatorem cenobii Doberanensis, in Slauia dominium tenuerunt secundum genealogiam stirpis sue, sciendum, quod anno domini M CLXIIII tercio kalendas May dominus Pribizlawus, Magnopolitanorum et Kissinorum ac tocius Slauie regulus atque nobilis princeps, sacrum baptisma suscepit et ad fidem Christi perfecte conuersus est, qui ex instinctu et per exhortacionem venerabilis et sanctissimi in Christo patris domini Bernonis episcopi Magnopolitani, qui eciam translata sede cathedrali primus in Zwerin episcopatum tenuit, claustrum Doberan fundauit et fundatum multis iuuaminibus et innumeris beneficiis preditauit at conuentum enocatum de grege dominico in Amelungesborne, fratrum ordinis Cysterciensis, sub domino Euerhelmo ibidem abbate existente, in possessionem corporalem cum domino Conrado primo abbate anno domini M °C° LXX° introduxit et introductum strennuo defensauit. Sequenti igitur anno domini LXXI illustris princeps dominus Hinricus, dux Saxonie et Bawarie, qui rebellem sibi predictum dominum Pribizlawum multis bellis precipuis perdomuit et subiugauit, dispositis in Slauia episcopatibus, pro remissione suorum peccaminum statuit, sanctum domini visitare sepulcrum fecitque socios itineris sui dominum Conradum episcopum Lubicensem, Hinricum de Brunswik, Bertoldum de Luneborgh monasteriorum abbates, sepedictum eciam Pribizlawum regulum siue principem Slauorum, Guncelinum comitem de Zwerin, Sifridum comitem de Blankenborgh et alios multos tam nobiles, quam ministeriales, vt habetur in cronicis Saxonum et Slauoram. Peracto itaque peregrinacionis itinere et voto, cum sepefatus dominus Pribizlavus ad terram suam redisset, non longe post ipse Luneborgh proficiscitur, vbi tunc principes curiam sollempnem habuerunt, ibique in torneamento lesus heu obiit et ibidem in castro apud Benedictinos sepelitur. Ex hiis patet causa 1 ),


1) Eine Randbemerkung in dem Diplomatarium von der ersten Hand lautet (vgl. Jahrb. II, S. 10):

"Nullum privilegium reliquid nobis fundator noster Pribizlavs, sed commisit vtile propositum suum ante mortem suam filio suo Henrico Borwen et est primum priuilegium istius ecclesie, quod inuenies in tercio folio" (de anno 1192).

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Parchimsche Genealogie.

N iclotus, Magnopolitanorum, Kussinorum, Cispanorum, Circipanorum, Vagirorum, Obotritorum, Polaborum ac tocius Slauie princeps et regulus, paganus et persecutor magnus ecclesie dei, regnauit anno domini

Wartzlaus, Magnopolitanorum etc. princeps et regulus, paganus et persecutor ecclesie, regnauit

Pribzlaus, Magnopolitanorum. Kussinorum, Kyssinorum, Cispanorum, Circipanorum, Vagirorum, Obotritorum, Polaborum ac tocius Slauie princeps et regulus, christianus primus filius, regnauit anno domini

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Doberaner Genealogie.

quare idem dominus Pribizlavus super fundacione Doberan monasterii minime donauit aliquod priuilegium, quod in remotis agens et morte preuentus pium desiderium suum non perduxit ad effectum.

Porro predicto domino Pribizlao cum patribus dormiente et venerabili patre et episcopo domino Bernone pre senio deficiente, reliquie amorreorum ydolatrie, sancte religionis et fidei inimici, gregem dominicum et vineam domini Sabaoth nouiter plantatam armata manu inuadentes, peremerunt in veteri Doberan vna die, scilicet quarto idus Nouembris anno domini M CLXXIX, occisorum animas circiter LXXVIII totamque substantiam monasterii nichilominus depredantes.

Sed non est sciencia, neque sapiencia contra consilium diuinitatis; nam dominus Hinricus Burwy, nobilis princeps, supradicti domini Pribizlaui filius et heres vnicus, opus, quod pater suus pie inceperat et inimicus fidei, scilicet gens pagana, deuastauerat, plenius per omnia et perfectissime restaurauit. Hic enim adiutorio prefati domini Bernonis, primi episcopi Zwerinensis, quondam monachi in Amelunghesborn, conuentu secundario de Amelungesborn sub domino Johanne ibidem abbate existente in possessionem claustri bene restauratam aduocando introduxit et primum priuilegium super fundacione abbacie Doberanensis liberaliter donauit et in quantum potuit defensauit.

Quo facto et conuentu predicto in loco perseuerante ex vehementi ipsius conuentus desiderio et conamine dicti domini Hinrici Burwi principis ossa patris sui domini Pribizlaui anno domini M CCXV kalendis Octobris de Luneborgh asportantur et in Doberan, vbi nunc est daustrum, honorifice reconduntur.

Iste vero Hinricus Burwi duos filios habuit, Hinricum et Nicolaum, qui post mortem patris diuiserunt principatum siue dominium, ita quod Hinricus in Rostock et Nicolaus in Magnopoli, id est in Mychelenborgh, tenuit dominium et principatum.

Sed Nicolao in castro Godebuz cadente et absque herede decedente, dominium suum ad fratrem suum predictum iure hereditario extitit deuolutum.

Hii duo fratres super confirmacione abbacie in Doberan priuilegium eciam contulerunt.

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Parchimsche Genealogie.

 

 

Hinricus Burwy, nobilis princeps, filius et heres vnicus domini Pribzlai predicti, christianus, fundator monasteriorum, ecclesiarum dei, mortuo patre regnauit anno domini

 

 

(Die ersten 7 Zeilen, jede zu 1 1/2 Druckzeilen, sind in der Handschrift gänzlich verlöscht; der lesbare Text beginnt mit dem Worte: "quatuor").

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Doberaner Genealogie.

P ost hec iste Hinricus iunior accepta vxore genuit quatuor filios, Johannem, Nicolaum, Hinricum, qui et Burwinus dictus est, mutato fortassis proprio nomine in confirmacione, et Pribizlaum. Isti eciam ecclesiam Doberanensem priuilegio suo confirmauerunt et principatum seu dominium paternum primo sic diuiserunt, quod Johannes et Pribizlaus in Magnopoli, Hinricus vero et Nicolaus in Rozstock dominium tenuerunt. Postmodum aliter diuidendo ordinauerunt, quod Johannes in Magnopoli, id est Michelenborgh, qui et Knese Janeke est dictus, Hinricus, qui et Burwinus, in Rozstok, Nicolaus in Gustrowe, scribens titulum dominii sui de castro Werle, et Pri bizlaus, qui de castro Rychenberg, quod exstruxerat, titulum domi nii sui accepit.

H uius Pribizlaui priuilegium habet ecclesia Doberanensis super villam dictam Zolchelyn, iuxta Plawe sitam, et ex isto patet, quod ipse habuit dominium in Plawe, Parchem et Sternebergh. Que tamen opida vendidit fratribus suis propter captiuitatem, quam incurrerat, et exul factus in Pomerania cum vnico filio suo, nomine Pribizlauo, stirps sua deleta est de progenitorum contubernio, qui iunior inter predictos quatuor fratres extitisse memoratur.

P orro de progenie dominorum Rostok sciendum, quod iste predictus Hinricus, alias dictus Burwinus, reliquit post se dominum Woldemarum filium suum, dominantem terre Rozstokcensi, cui successit in predicto dominio domicellus Nicolaus, filius eius. Iste est cognominatus puerulus de Rozstok propter fatuitatem suam. Cui consules de Rozstok et vasalli eius statuerunt tutorem illustrem principem dominum Ericum, regem Dacie. Attamen post mortem dicti domicelli Nicolai de Rozstok, qui non habuit filium, sed vnicam filiam, dominus Hinricus Magnopolensis et Stargardensis dominus, patruus suus, terram Rozstokcensem tanquam ad ipsum iure hereditario deuolutam occupauit et detinuit contra velle regis, ita quod tandem rex, inspectis obsequiis suis et precibus eius inclinatus, dimisit ei terram et dominium Rozstokcensem in pace, et ciuibus Rozstokcensibus mandauit, omagium facere sibi et in omnibus obedire.

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Parchimsche Genealogie.

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- - - - - - - - - - - quatuor [filios] [Johannem], qui et Kneze Yaneke dictus est, Nicolaum, Hinricum, qui et Burwinus dictus est, mutato fortassis in confirmacione proprio nomine, et Pribizlaum. Isti quatuor fratres iam dicti paternum dominium sic primo diuiserunt, ita quod Johannes et Pribizlaus in Magnopoli, Hinricus et Nicolaus in Rostok dominium tenuerunt. Postea iidem quatuor dominium aliter diuiserunt, ita quod Johannes, Kneze Yaneke, in Magnopoli dominabatur, Nicolaus in Gustrowe, scribens tytulum dominii de castro Werle primo, Hinricus, qui et Burwinus dictus est, in Rostok, Pribzlaus in castro Ryghenberghe, quod exstruxerat, et habuit Plawe, Parchim, Sterneberch, que vendidit fratribus suis propter captiuitatem suam, et exul factus cum unico filio suo Pribzlao in Pomerania stirps sua deleta est.

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Doberaner Genealogie.

C eterum de genealogia tercii fratris scilicet Nicolai domini de Werle, qui secundus natu erat inter fratres predictos, memorie commendandum, quod iste tres post se reliquit filios: Hinricum, Johannem et Bernardum, qui et obiit in annis iuuenilibus, non relinquens liberos.

Porro dominus Hinricus iam dictus genuit Nicolaum et Hinricum.

Dominus vero Johannes, frater ipsius, genuit Nicolaum, Johannem, Guntherum, Hinricum et Bernardum. Isti duo vltimii effecti sunt fratres predicatores in Robele, et dominus Guntherus factus est canonicus maioris ecclesie Magdeburgensis, residuis duobus laicis solis permanentibus.

 

 

Sed filiis domini Hinrici predicti, patrem suum captiuare volentibus, contigit, ut patricide facti sunt, propter quod scelus priuati sunt hereditate paterna et de dominio eliminati.

At vero filii domini Johannis, fratris predicti domini Hinrici occisi, ipso mortuo, ante occisionem fratris sui, videlicet dominus Nicolaus et dominus Johannes secundus soli optinuerunt dominium.

Iste Nicolaus secundus habuit heredem vnicum filium nomine Johannem, qui diuisit dominium cum patruo suo domino Johanne secundo post mortem patris et constructo castro in Goltberg ibi habitauit. Cui successit dominus Nicolaus, filius eius, post quem dominatus est filius eius Johannes, alias dictus Kneseianeke adhuc superstes.

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Parchimsche Genealogie.

C eterum de genealogia tercii fratris domini Nicolai de Werle in Gustrowe, qui secundus erat natu inter quatuor fratres predictos. Iste Nicolaus dictus est primus de Werle et tres genuit filios, videlicet Hinricum, Johannem et Bernardum, qui Bernardus in iuuentute sine herede decessit.

Sed Hinricus primogenitus iam dictus 1 ) duos genuit filios Nicolaum et Hinricum.

Dominus vero Johannes predictus, secundus natus et frater Hinrici et Bernardi predictorum, quinque genuit filios, videlicet Nicolaum secundum, Johannem secundum, qui et caluus dictus est, Ghunterum, Hinricum et Bernardum. Isti duo vltimi scilicet Hinricus et Bernardus fratres predicatorum in Robele sunt effecti; dominus vero Ghunterus, tercius frater, factus canonicus in Magdeburch, residuis duobus fratribus primo et secundo, videlicet Nicolao secundo et Johanne secundo, laycis permanentibus.

Sed filiis domini Hinrici predicti, fratris Johannis et Bernardi, patrem suum captiuare volentibus, contigit a casu, ut patricide facti sunt, propter quod scelus patricidii dicti duo filii Nicolaus et Hinricus hereditate paterna sunt priuati et a dominio per patruos suos eliminati.

At vero filii domini Johannis, fratris predicti domini Hinrici occisi, eo mortuo, post occisionem patrui sui et post mortem patris ipsorum, dominus Nicolaus secundus et dominus Johannes secundus, qui et calvus dictus, dominium sibi soli retinuerunt.

Iste Nicolaus secundus genuit vnicum heredem et filium Johannem tercium, alias van růden, qui diuisit dominium cum fratre patris sui, domino Johanne secundo et caluo, et constructo castro in Goltberch ibi habitauit. Cui successit dominus Nicolaus quartus, filius eius; postquam dominatus est Johannes quartus, alias dictus Knezeyaneke, filius Nicolai quarti iam predicti, qui incepit dominari anno domini M°. CCC°. L.


1) Die Handschrift hat: dictos.
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Doberaner Genealogie.

Porro dominus Johannes secundus reliquit post se heredes duos filios, Nicolaum et Bernardum, qui paternam diuiserunt heredidatem, ita quod Nicolaus Gustrowe, Plawe, Nyenkalant et Krakow optinuit, Bernardus vero Warne, Robele, Pentzelyn et Wredenhaghen habuit.

Iste Nicolaus tercius post mortem suam duos filios reliquit, dominum Laurencium et Johannem, qui iam actu dominium patris sui tenent.

Sed et domicello Bernardo predicto filii nati sunt [quatuor] 1 ), quorum nomina mihi penitus sunt ignota.

V ltimo de genealogia quarti fratris videlicet domini Johannis, id est Knese Janeke, de Magnopoli, hoc est de Mychelenborgh, est attendendum, quod iste fuit primogenitus inter fratres habuitque sex filios, videlicet Hinricum, Nicolaum, Hermannum, Popponem, Albertum et Johannem.

Nicolaus fuit prepositus Zwerinensis et canonicus Magdeburgensis et Hamburgensis,

Hermannus canonicus Zwerinensis et Lubecensis et

Poppe crucifer.

Porro dominus Albertus ducta uxore obiit absque liberis.

Similiter dominus Johannes, qui diuiserat dominium cum fratre suo domino Hinrico, factusque fuerat dominus in Godebutze, accepta vxore, filia comitis de Rauensbergh, de qua genuit vnicam filiam, mortuus est absque aliis heredibus et deuolutum est dominium suum iure hereditario ad fratrem suum dominum Hinricum memoratum.

Iste dominus Hinricus, genitis duobus filiis Hinrico et Johanne, pro remissione suorum peccaminum ad terram sanctam visitare sepulcrum dominicum deuote proficiscitur, vbi per soldanum tunc capitur et per XXV annorum curricula in custodia detinetur et postmodum per soldanum tunc temporis existentem sibi graciosum liber a captiuitate dimittitur.


1) Das Wort quatuor ist ausradirt.
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Parchimsche Genealogie.

P[orro dominus Johannes secundus, alias] calvus [dictus] 1 ) . . . . . . . . . . . . . . . . filios, Nicolaum [tercium et Bernardum], qui sic paternam diuiserunt hereditatem, ita quod Nicolaus Gustrowe, Pl[awe], Nygencaland et Cracowe retinuit et Bernardo fratri suo dimisit Warne, Robele, Pentzelin.

Iste Nicolaus tercius post mortem suam duos reliquit filios, scilicet dominum Laurencium et dominum Johannem, qui iam actu regunt et tenent dominium paternum.

Dominus [vero] Bernardus genuit vnicum filium nomine Johannem.

D e genealogia quarti fratis et primogeniti, videlicet domini Johannis primi, qui et Kneze Yaneke dictus est, de Magnopoli, est sciendum, quod iste genuit VI filios, videlicet Hinricum, Nicolaum, Hermannum, Popponem, Albertum et Johannem.

Nicolaus fuit prepositus Zwerinensis et canonicus Magdeburgensis et Hamburgensis.

Hermannus fuit canonicus Zwerinensis et Lubicensis.

Poppo erat crucifer.

Albertus ducta vxore obiit absque liberis.

Johannes diuisit dominium cum fratre suo Hinrico et, factus dominus in Godebuz, accepit in uxorem filiam comitis de Rauensberghe, de qua vnicam genuit filiam; tandem mortuus absque aliis heredibus, totum dominium iure hereditario deuolutum est ad Hinricum fratrem suum primogenitum supradictum.

Iste Hinricus, genitis duobus filiis, videlicet Hinrico et Johanne, in remissionem peccatorum suorum ad terram sanctam visitando sepulcrum domini in Jherusalem deuote proficiscitur, vbi per soldanum capitur et per XXV annos captus in custodia detinebatur et post alium soldanum sibi graciosum a dicta captiuitate liber dimittitur.


1) Hier beginnt die zweite Columne, welche oben abgescheuert ist.
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Doberaner Genealogie.

Cuius filius Johannes accepta vxore, que genuerat sibi tantum vnicam filiam, submersus fuit in mari inter Wismariam et terram Pole, remansitque vnicus heres dominii dominus Hinricus, frater ipsius.

Iste Hinricus, homo bellicosus, dilatauit ualde dominium suum factusque est non solum dominus Magnopolensis, sed et Stargardensis et Rozstokcensis terrarum dominus.

Hic reliquit post mortem suam duos filios, videlicet dominum Albertum et dominum Johannem, qui per serenissimum imperatorem Karolum, mediante ordinacione domini Rodolphi, ducis Saxonie sacrique imperii archimarchalci, awnculi eorum, duces sunt effecti in ciuitate Pragensi inuestitique sunt pompose cum vexillis anno domini M CCCXLVIII°.

Isti duo fratres diuiserunt suam hereditatem paternam, sic quod dominus Johannes, iunior frater, optinuit terram Stargardensem cum ciuitate Sterneberg et castro Eldenaborgh siue Lubisze.

Residuas terras, scilicet Magnopolensem et Rozstokcensem, optinuit dominus Albertus cum filiis suis, qui eciam emit comeciam Zwerinensem post obitum Ottonis comitis in Zwerin, qui non habuit filium, sed duas filias, a comite de Tekelenborgh, fratre prefati Ottonis, anno domini M ° CCC° LIX°.

Iste dominus Albertus habuit tres filios: Hinricum, Albertum et Magnum, quos genuit sibi uxor sua Eufemia, soror domini Magni, quondam regis Suecie.

Huius filius dominus Hinricus habuit vxorem dominam Ingeburgem, filiam domini Woldemari, regis Danorum, de qua genuit filium nomine Albertum cum duabus filiabus.

Porro dominum Albertum, fratrem eius, pater suus dominus Albertus senior introduxit in regnum Suecie anno domini M CCCLXIII° circa festum beati Martini manu valida et constituit ipsum regem Swecie pro awunculo suo domino Magno, quondam rege Swecie.

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Parchimsche Genealogie.

Cuius alter filius, videlicet Johannes, accepta vxore, de qua unicam genuit filiam, inter Pole et Wysmariam submersus est, sicque remansit unicus heres dominii Hinricus frater ipsius.

Iste Hinricus, homo bellicosus, alias propter Hinricus leo, dilatauit ualde dominium suum factusque est non solum dominus Magnopolensis, verum eciam Stargardensis ac Rostok terrarum dominus.

Hic Hinricus reliquit post mortem suam duos filios, Albertum et Johannem, qui per serenissimum imperatorem dominum Karolum quartum, mediante ordinacione Rodolphi, ducis Saxonie, sacri imperii archimarscalci, awunculi eorum, duces sunt effecti in ciuitate Pragensi inuestitique sunt pompose cum vexillis anno domini M° CCC° XLVIII.

Isti duo fratres paternam hereditatem sic diuiserunt, ita quod dominus Johannes, frater iunior, obtinuit terram Stargardie cum ciuitate Sterneberch et castro Lubetze, alias dictum Eldenborch.

Residuas vero terras, Magnopolensem et Rostoccensem, retinuit dominus Albertus cum filiis suis, qui emit eciam comitatum Zwerinensem post obitum Ottonis, comitis in Zwerin, qui non habuit filium, sed tantum duas filias, Rixam, vxorem Alberti, noui regis Swecie, hunc enim comitatum Zwerinensem emit dominus Albertus, frater Johannis, a comite de Tekelenborgh, patre prefati Ottonis comitis, pro 1 ) anno domini M° CCC° LIX.

Iste dominus Albertus predictus genuit ab Eufemia, sorore Magni, regis Swecie, tres filios: Hinricum, Albertum, Magnum, et duas filias: Yngeburgem, quam desponsauit Romano marchioni Brandenburgensi, et Annam, quam comiti Adolpho comiti desponsauit.

Hinricus, filius Alberti senior, duxit Yngeburgem, filiam Woldemari, regis Dacie, que genuit sibi filium nomine Albertum et duas filias.

Albertum, fratrem Henrici predicti, Albertus, pater eius predictus, desponsauit cum Rixa, filia Ottonis, comitis in Zwerin, et introduxit eum in regnum Swecie anno domini M° CCC° LXIII circa festum sancti Martini manu forti et constituit eum regem pro awunculo suo Magno, rege Swecie, predicto.


1) Nach dem Worte: pro, ist in der Handschrift eine kleine Lücke.
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Doberaner Genealogie.

Porro dominus Johannes, dux Magnopolensis et Stargardensis, frater domini Alberti, genuit quatuor filios, videlicet Johannem, Vlricum, Rodolphum et Albertum 1 ), ex quibus Rodolphus factus fuit episcopus Scharensis in Gothia, postmodum vero, Johanne Junghen electo Zwerinensi prodiciose a suis familiaribus interfecto, idem dominus Rodolphus postulatus fuit in episcopum Zwerinensem et per dominum Bonifatium papam nonum translatus.

Albertus vero in tutorem ecclesie Tarbatensis fuit vocatus, ubi eodem anno obiit et sepultus requiescit.

Johannes vero et Vlricus laici remanentes et terram Stargardensem equaliter possidentes, uxores duxerunt.

Johannes duxit sororem Sthirgheyl Lythvanie atque Yaghel Cracouie regum, qui fratres et filii Algardi quondam gentilis in dictis regnis sunt baptizati, quorum soror predicta genuit Johanni duci Stargardensi filium nomine Johannes et duas filias, quarum senior in monasterio in Ribbenitze ordinis sancte Clare est professa.

Vlricus vero quartus frater accepit vxorem filiam Swantebori, ducis Stetinensis, de qua eciam iam filios et filias generauit.

Postquam autem famosus et magnus ille Albertus ab hac luce transierat, filius eius senior Hinricus hastiludiis intendens in curia sua Wismer [anno domini M ° CCCLXXXIIII° in die sancti Georgii] 2 ), ubi subtus equum corruit, adeo lesus fuit, quod paulo post exspirauit.

Cuius filius vnicus Albertus accepit vxorem nobilem dominam, filiam domini Nicolai comitis Holtzacie ac sororem domini Alberti ducis Luneburgensis, de qua nullam prolem suscepit., quam modico tempore superuixit.

Post cuius obitum Albertus rex Zveccie, eo quod dominus Magnus [anno domini M ° CCC° LXXXV° in


1) Der Anfang dieses Absatzes von "Porro dominus Johannes" etc. an bis "Albertum" ist von einer andern, der zweiten Hand geschrieben. Das Folgende bis zum Schlusse ist von einer dritten, oder vielleicht der zweiten Hand fortgesetzt.
2) Die Jahreszahlen sind von derselben Hand am Rande beigeschrieben.
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Parchimsche Genealogie.

Porro dominus Johannes, dux Magnopolensis et Stargardie dominus, frater predicti Alberti senioris, duxit

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Doberaner Genealogie.

die sancti Egidii] 1 ), eius frater, eciam decesserat et vnum filium dominum Johannem et vnicam filiam Eufemiam, que domino Balthazar, domino de Werle, vxor fuit tradita, reliquerat, terram Magnopolensem regendam accepit, quo hic moram faciente Margareta, regina Dacie, confederata Sweis, fecit obsedi Axewalde in Swecia, Albertus vero rex soluturuss huiusmodi obsidionem cum exercitu suo, in quo erant Ericus dux Magnopolensis eius filius, Rodolphus dux Stargardensis et episcopus Scharensis, Albertus Holtzacie et Guntherus in Lyndow comites et alii multi nobiles militares, quos dictus rex de bonis monasteriorum et ecclesiarum fecit expeditos, ad Zweciam nauigio se transtulit et congressione facta idem rex cum omnibus suis in manus inimicorum suorum tradebatur [anno domini M ° CCC° LXXXIX° in die sancti Mathie] 1 ) et cum filio suo fere ad septem annos captiuus in Dacia tenebatur, post quos amisso regno Zwecie libertati fuit restitutus, qui mox filio suo Erico filiam domini Buggizlai ducis de Wolgast matrimonio copulauit, et sibi dominam Agnem, sororem Frederici, Bernardi et Hinrici ducum in Brunswik et Luneborg vxorem accepit, de qua vnum filium nomine Albertum procreauit.

Filius vero eius Ericus ad recuperandum regnum patris amissum cum vxore sua et milicia transiuit ad insulam Gothlandie, quam feliciter cum ciuitate Wisbii optinuit, sed ibidem in breui tempore moriendo vite cursum consumauit.

Johannes vero, filius ducis Magni, ad viriles annos perueniens recepit vxorem filiam Ottonis comitis de Hoya, de qua filium Magnum cum filiabus generauit, sed quoniam ipsi patrui Albertus rex et Johannem dux in preessendo terre concordare minime valuerunt, tam Magnopolensem et Rozstoccensem terras, quam comeciam Zwerinensem inter se diuiserunt.


1) Die Jahreszahlen sind von derselben Hand am Rande beigeschrieben.
1) Die Jahreszahlen sind von derselben Hand am Rande beigeschrieben.
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Parchimsche Genealegie.

Hic 1 ) terminatur genealoya dominorum Slauie:
Laurencius
de Gustrowe dominus.

Stammbaum

fuit desponsata Vlrico, duci Magnopolensi et domin[o] Stargardie, filio Hinrici senioris.

Wilhelmus: iste fuit vltimus. Quo defuncto principatus Slauie inferioris translatus est ad magnificos dominos Hinricum et Johannem seniores Stargardie et ad Hinricum et Johannem fratres duces Magnopolenses, de consensu nobilium et ciuitatensium de Slauia, tali condicione, quod predicti domini deberent soluere domine Katherine, filie predicti Wilhelmi, vigesies mille florenos renenses, quos dicti domini anno domini M° CCCC° XLIII in die beate Ghertrudis virginis Barnam, duci de Bard, ac domine Sophye, matri predicte Katherine, domicelle de Werle, pro dicti principatus Slauie resignacione persoluerunt, quam summam auri predicti domini duces Magnopolenses Hinricus et Hinricus de terra Bard et Sundis per magnam vim extorquerunt anno M° CCCCLV. Ac ille Hinricus dux Stargardie (redemit) cum sua parte castrum Lubitze ab illis de Plessen pro viginti sex mille marcis bone monete redemit.


1) Das Folgende bis zum Ende ist von einer andern Hand nachgetragen.
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Hieneben

der Stammbaum zur parchimschen Genealogie

aus dem Ende des 14. Jahrhunderts

aus

dem parchimschen Stadtbuche.

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Stammbaum
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Die

doberaner und die parchimsche
Genealogie

zusammengefaßt

und in

deutscher Uebersetzung. 1 )


( Z ur Erhaltung der Kunde von den Fürsten und Herren, welche nach dem Herrn Pribislav, dem Gründer des Klosters Doberan, im Wendenlande geherrscht haben, nach der Herkunft von ihrem Stamme, ist zu wissen, daß im Jahre des Herrn 1164 am 29. Mai der Herr Pribislav, der Meklenburger und der Kissiner und des ganzen Wendenlandes König und edler Fürst die heilige Taufe empfing und zum Glauben Christi völlig bekehrt ward, er, der auf Antrieb und Ermahnung des ehrwürdigen und in Christo geheiligten Vaters Herrn Berno, Bischofs zu Meklenburg, - welcher auch nach Verlegung des Bischofssitzes zuerst in Schwerin das Bisthum regierte, - das Kloster Doberan gründete und nach dessen Gründung mit vielen Mitteln und unzähligen Wohlthaten beglückte und den von der Heerde des Herrn zu Amelungsborn vom Cistercienser=Orden unter dem Abte Herrn Everhelm daselbst berufenen Convent mit dem ersten Abte Herrn Conrad im Jahre des Herrn 1170 in den wirklichen Besitz einführte und nach seiner Einführung kräftig schützte. Im folgenden Jahre 1171 beschloß nun der durchlauchtige Fürst Herr Heinrich, Herzog von Sachsen und Baiern, welcher den genannten, ihm widerspenstigen Herrn Pribislav in vielen, berühmten Kriegen gebändigt und


1) Die lateinischen Chroniken sind hier deshalb in deutscher Uebersetzung gegeben, weil der Verein und die Jahrbücher im Vaterlande viele Theilnehmer zählen, welche in dem mittelalterlichen Latein keine Uebung haben, und die Chroniken doch eine allgemeine Theilnahme verdienen, auch um den ganzen Inhalt im Zusammenhange zur Ansicht zu bringen.
Zu Grunde gelegt ist bei dieser Bearbeitung der doberaner Text; was der parchimsche Text mehr hat, ist in [ ] eingeschlossen, was der doberaner Text allein hat, ist in ( ) eingeschlossen.
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unterjocht hatte, nach Einrichtung der Bisthümer im Wendenlande, zur Vergebung seiner Sünden das heilige Grab des Herrn zu besuchen, und nahm zu Gefährten seiner Reise den Herrn Bischof Conrad von Lübeck, die Klosteräbte Heinrich von Braunschweig und Barthold von Lüneburg, ferner den oftgenannten Pribislav, König oder Fürsten der Wenden, den Grafen Gunzelin von Schwerin, den Grafen Siegfried von Blankenburg und viele Andere, sowohl Edle, als Dienstmannen, wie in den sächsischen und wendischen Chroniken erzählt wird. Nachdem nun nach Vollendung der Wallfahrt und des Gelübdes der oftgenannte Herr Pribislav in sein Land heimgekehrt war, ging er nicht lange darauf nach Lüneburg, wo damals die Fürsten einen feierlichen Hof hielten, und ward hier im Turnier verwundet und starb leider, und ward daselbst auf der Burg bei den Benedictinern begraben. Aus diesen Umständen wird es klar, weshalb derselbe Herr Pribislav über die Gründung des Klosters Doberan keine einzige Urkunde gegeben hat, da er, in fernen Ländern abwesend und vom Tode überrascht, seinen frommen Wunsch nicht zur Ausführung brachte.)

(Darnach, als der vorgedachte Herr Pribislav zu seinen Vätern schlafen gegangen und der Herr Bischof Berno vor Alter hinfällig geworden war, überfielen die Ueberreste der Verehrer des Götzendienstes, die Feinde der heiligen Religion und des Glaubens, die Heerde des Herrn und den neu gepflanzten Weinberg des Herrn Zebaoth mit bewaffneter Hand und mordeten in Altdoberan an Einem Tage, nämlich am 10 Nov. im Jahre des Herrn 1179 ungefähr 78 Leben und verwüsteten außerdem das ganze Wesen des Klosters.)

(Aber es giebt keine Wissenschaft und keine Weisheit gegen den Rathschluß, der Gottheit: denn der edle Fürst Herr Heinrich Burwy, des obengedachten Herrn Pribislavs Sohn und einziger Erbe, stellte das Werk, welches sein Vater fromm angefangen und der Feind des Glaubens, nämlich das Heidenvolk, verwüstet hatte, in allen Dingen vollständiger und ganz vollkommen wieder her. Unter dem Beistande des vorgedachten Herrn Berno, ersten Bischofes von Schwerin, früheren Mönches in Amelungsborn, berief er nämlich einen zweiten Convent von Amelungsborn, als der Herr Johann daselbst Abt war, führte denselben in den wohl hergestellten Besitz des Klosters ein und verlieh freigiebig den ersten Schenkungsbrief über die Abtei Doberan und schützte sie nach Kräften.)

(Als dies vollendet und der Convent an dem genannten Orte befestigt war, wurden auf lebhaften Wunsch desselben Convents und auf Betrieb des genannten Herrn Fürsten Heinrich

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Burwi die Gebeine seines Herrn Vaters Pribislav im Jahre des Herrn 1215 am 1. October von Lüneburg gebracht und in Doberan, wo jetzt das Kloster ist, ehrenvoll beigesetzt.)

(Dieser Heinrich Burwi nun hatte zwei Söhne: Heinrich und Nicolaus, welche nach des Vaters Tode das Fürstenthum oder die Herrschaft theilten, so daß Heinrich in Rostock und Nicolaus in Meklenburg die Herrschaft führte.)

(Als aber Nikolaus auf der Burg Gadebusch fiel und ohne Erben starb, fiel seine Herrschaft nach Erbrecht an seinen vorgenannten Bruder.)

(Diese beiden Brüder ertheilten der Abtei Doberan auch eine Bestätigung ihrer Privilegien.)

H ierauf vermählte sich jener Heinrich der jüngere und erzeugte vier Söhne: Johann, [welcher auch Knese Janeke genannt ward], Nicolaus, Heinrich, welcher auch Borwin genannt ward, indem er vielleicht bei der Confirmation seinen Namen änderte, und Pribislav. Diese [genannten vier Brüder] (bestätigten durch ihr Privilegium die doberaner Kirche und) theilten die väterliche Herrschaft zuerst so, daß Johann und Pribislav in Meklenburg, Heinrich aber und Nicolaus in Rostock ihre Herrschaft hatten. Später setzten sie in einer zweiten Theilung fest, daß Johann, welcher auch Knese Janeke genannt ward, in Meklenburg herrschte, Heinrich, welcher auch Borwin genannt ward, in Rostock, Nicolaus in Güstrow, indem er jedoch den Titel seiner Herrschaft von der Burg Werle nahm, und Pribislav von der Burg Richenberg, welche er erbauet hatte, den Titel seiner Herrschaft empfing.

( V on diesem Pribislav hat die doberaner Kirche ein Privilegium über das Dorf Zolchelin, bei Plau gelegen, und aus demselben erhellt, daß) sich seine Herrschaft über Plau, Parchim und Sternberg erstreckte. Diese Städte verkaufte er jedoch seinen Brüdern wegen der Gefangenschaft, in welche er gerathen, und nachdem er außerhalb Landes nach Pommern gegangen war, erlosch mit seinem einzigen Sohne Namens Pribislav der Stamm (dessen, welcher der jüngere unter den vorgenannten vier Brüdern gewesen sein soll.)

( F erner von dem Hause der Herren von Rostock ist zu wissen, daß jener vorgenannte Heinrich, anders Burwin genannt, den Herrn Woldemar, seinen Sohn, zur Regierung des Landes Rostock hinterließ, welchem in der erwähnten Herrschaft der Jungherr Nikolaus, sein Sohn, folgte. Dieser ward wegen seiner Thorheiten das Kind von Rostock zugenannt. Ihm setzten die Rathmänner von Rostock und seine Lehnleute

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zum Vormund den erlauchten Fürsten Herrn Erich, König von Dänemark. Doch nach dem Tode des genannten Jungherrn Nicolaus von Rostock, welcher keinen Sohn, sondern nur eine einzige Tochter hatte, besetzte der Herr Heinrich, Herr von Meklenburg und Stargard, sein Vetter, das rostocker Land, als durch Erbrecht ihm heimgefallen, und behielt es gegen den Willen des Königs, so daß endlich der König, von seinen guten Absichten überzeugt und seinen Bitten geneigt, ihm Land und Herrschaft Rostock in Frieden überließ und den Bürgern von Rostock befahl, ihm Huldigung und in allen Dingen Gehorsam zu leisten.)

F erner ist von dem Stamme des dritten Bruders, nämlich des Herrn Nicolaus von Werle [zu Güstrow], welcher der zweite unter den vorgenannten Brüdern war, zu erwähnen, daß er, [der Nicolaus der erste genannt ward], drei Söhne hinterließ: Heinrich, Johann und Bernhard, welcher [Bernhard] in seiner Jugend ohne Erben starb.

Aber der schon genannte [erstgeborne] Heinrich erzeugte [zwei Söhne]: Nicolaus und Heinrich.

Der Herr Johann aber, [der nächstgeborne und] Bruder Heinrichs [und Bernhards vorgenannt], erzeugte [fünf Söhne]: Nicolaus [den zweiten], Johann [den zweiten, der auch der Kahle genannt ist], Günther, Heinrich und Bernhard. Diese beiden letztern [nämlich Heinrich und Bernhard] wurden Predigermönche in Röbel; der Herr Günther aber, [der dritte Bruder], ward Domherr an der erzbischöflichen Kirche zu Magdeburg, so daß nur zwei Brüder, [der erste und der zweite, nämlich Nicolaus der zweite und Johann der zweite], weltlich blieben.

Die Söhne des vorerwähnten Herrn Heinrich, [des Bruders Johanns und Bernhards], traf, als sie ihren Vater gefangen nehmen wollten, [durch Ungefähr] der Unfall, daß sie Vatermörder wurden; wegen dieses Verbrechens [des Vatermordes] wurden [die genannten beiden Söhne: Nicolaus und Heinrich] ihrer väterlichen Erbschaft beraubt und von der Herrschaft [durch ihre Vettern] vertrieben.

Dagegen behaupteten die Söhne des Herrn Johann, des Bruders des vorgenannten, ermordeten Herrn Heinrich, nämlich der Herr Nicolaus [der zweite] und der Herr Johann [der zweite, welche auch der Kahle genannt wird], nach dem Tode ihres Vaters und nach der Ermordung ihres Oheims allein die Herrschaft.

Dieser Nicolaus der zweite hatte einen einzigen Erben und Sohn: Johann [den dritten, auch von Ruden ge=

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nannt], welcher mit seinem Oheim, [dem Bruder seines Vaters], dem Herrn Johann dem zweiten [oder dem Kahlen], nach dem Tode seines Vaters die Herrschaft theilte und nach der Erbauung der Burg zu Goldberg daselbst wohnte.

Diesem folgte sein Sohn, der Herr Nicolaus [der vierte], nach welchem Johann [der vierte], auch Knese Janeke genannt, [der Sohn des schon genannten Nicolaus des vierten], regierte, welcher noch lebt [und im Jahre des Herrn 1350 die Regierung antrat].

Der Herr Johann der zweite, [auch der Kahle genannt], hinterließ als Erben zwei Söhne, Nicolaus [den dritten] und Bernhard, welche so die väterliche Erbschaft theilten, daß Nicolaus Güstrow, Plau, Neu=Kaland und Krakow erhielt, Bernhard aber Waren, Röbel, Penzlin und Wredenhagen hatte.

Dieser Nicolaus der dritte hinterließ nach seinem Tode zwei Söhne, den Herrn Lorenz und den Herrn Johann, welche noch gegenwärtig regieren und die Herrschaft ihres Vaters innehaben.

Dem [vorgenannten] Jungherrn [Herrn] Bernhard aber sind (vier) Söhne geboren, deren Namen mir unbekannt sind, [ein einziger Sohn, Namens Johann].

[Hier endigt sich die Herkunft der wendischen Herren:

Stammbaum

Katherine, ward an Ulrich, Herzog von Meklenburg und Herrn von Stargard, Sohn Heinrichs des ältern, verlobt.]

[Wilhelm: dieser war der letzte. Nach seinem Tode ging die Herrschaft des Niederwendenlandes über auf die erhabenen Herren Heinrich und Johann die älteren von Stargard und die Brüder Heinrich und Johann, Herzoge von Meklenburg, unter Zustimmung der Edlen und Stadtbürger des Wendenlandes, unter der Bedingung, daß die genannten Herren dem Fräulein Katherine, Tochter des vorerwähnten Wilhelm, zwanzig tausend rheinische Goldgulden zahlen sollten, welche die genannten Herren im Jahre des Herrn 1443 am Tage der heiligen Gertrud dem Herzoge Barnam von Barth und der Frau Sophia, der Mutter der vorgenannten Katherine, Fräulein von Werle, für die Entsagung des gedachten Fürstenthums Wenden auszahlten, welche Summe Goldes die vorgenannten Herren

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Herzoge von Meklenburg, Heinrich und Heinrich, von dem Lande Barth und von Stralsund mit großer Gewalt im J. 1455 erpreßten. Und der Herzog Heinrich von Stargard löste mit seinem Teile die Burg Lübz von den von Plessen für sechs tausend Mark guter Münze wieder ein].

E ndlich von dem Hause des vierten Bruders, nämlich des Herrn Johann [des ersten], auch Knese Janeke genannt, von Meklenburg, ist zu bemerken, daß er der erstgeborne von den Brüdern war und sechs Söhne hatte, nämlich Heinrich, Nicolaus, Hermann, Poppo, Albert und Johann.

Nicolaus war Propst zu Schwerin und Domherr zu Magdeburg und Hamburg.

Hermann war Domherr zu Schwerin und Lübeck.

Poppo war Kreuzritter.

Albert war vermählt, starb aber ohne Kinder.

Eben so starb der Herr Johann, welcher die Herrschaft mit seinem Bruder Heinrich getheilt hatte und Herr in Gadebusch geworden war, nach seiner Vermählung mit einer Tochter des Grafen von Ravensberg, mit welcher er eine einzige Tochter zeugte, ohne andere Erben, und seine [ganze] Herrschaft fiel nach Erbrecht an seinen [erstgebornen] Bruder, den erwähnten Herrn Heinrich.

Dieser Herr Heinrich zog, nach der Geburt seiner zwei Söhne Heinrich und Johann, zur Vergebung seiner Sünden demüthig in das heilige Land, das Grab des Herrn [in Jerusalem] zu besuchen, wo er durch den damaligen Sultan gefangen und 25 Jahre lang im Kerker eingeschlossen gehalten und späterhin durch den derzeit herrschenden, ihm wohlwollenden Sultan aus der Gefangenschaft freigelassen ward.

Der eine Sohn Johann, welcher sich vermählt und nur eine einzige Tochter gezeugt hatte, ertrank auf dem Meere zwischen Wismar und dem Lande Pöl und es blieb als einziger Erbe der Herrschaft der Herr Heinrich, sein Bruder.

Dieser Heinrich, ein kriegerischer Mann, erweiterte seine Herrschaft bedeutend und ward nicht allein Herr von Meklenburg, sondern auch Herr der Lande Stargard und Rostock.

Dieser hinterließ nach seinem Tode zwei Söhne, den Herrn Albert und den Herrn Johann, welche von dem durchlauchtigsten Kaiser Carl [dem vierten) durch Vermittelung des Herrn Rudolph, Herzogs von Sachsen und des heiligen Reichs Erzmarschalls, ihres Oheims, zu Herzogen erhoben und in der Stadt Prag feierlich mit den Fahnen belehnt wurden im Jahre des Herrn 1348.

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Diese zwei Brüder theilten ihr Erbe so, daß der Herr Johann, der jüngere Bruder, das Land Stargard mit der Stadt Sternberg und der Burg Eldenburg oder Lübz erhielt.

Die übrigen Länder, nämlich Meklenburg und Rostock erhielt der Herr Albert mit seinen Söhnen, welcher auch nach dem Tode des Grafen Otto von Schwerin, der keinen Sohn hatte, sondern nur zwei Töchter, [Rixa, die Gemahlin Alberts, des neuen Königs von Schweden], die Grafschaft Schwerin von dem Grafen von Teklenburg, dem Bruder des vorgenannten [Grafen] Otto, kaufte im Jahre des Herrn 1359.

Dieser [vorgenannte] Herr Albert hatte von seiner Gemahlin Euphemia, der Schwester des Königs Magnus von Schweden, drei Söhne: Heinrich, Albert und Magnus, [und zwei Töchter: Ingeburg, welche er dem brandenburgischen Markgrafen dem Römer, und Anna, welche er dem Grafen Adolph verlobte].

Heinrich, der [ältere] Sohn Alberts, hatte zur Gemahlin die Frau Ingeburg, Tochter des Königs Waldemar, von Dänemark, welche ihm einen Sohn Namens Albert und zwei Töchter gebar.

Den Herrn Albert, Bruder [des vorgenannten Heinrich], [vermählte] sein [vorgenannter] Vater Herr Albert der ältere [mit Rixa, Tochter des Grafen Otto von Schwerin, und] führte ihn mit ansehnlicher Macht in das Königreich Schweden im Jahre des Herrn 1363 um das Fest des heiligen Martin und setzte ihn zum Könige von Schweden ein für seinen Oheim, den [vorerwähnten] Herrn Magnus, [wailand] König von Schweden.

Der Herr Johann, Herzog von Meklenburg und Stargard, Bruder des [vorerwähnten] Herrn Albert [des ältern], erzeugte (vier Söhne: Johann, Ulrich, Rudolph und Albert.)

(Von diesen ward Rudolph Bischof zu Skara in Gothland; nachdem aber Johann Junge, zum Bischof in Schwerin Erwählter, von seiner Umgebung verrätherischer Weise ermordet war, ward derselbe Herr Rudolph zum Bischof von Schwerin aufgestellt und durch Papst Bonifacius IX bestätigt.)

(Albert aber ward zum Vorsteher der Kirche zu Dorpat berufen, wo er in demselben Jahre starb und begraben liegt.)

(Johann und Ulrich aber, welche weltlich blieben und das Land Stargard gemeinschaftlich besaßen, vermählten sich.)

(Johann heirathete die Schwester der Könige Stirgeil von Litthauen und Jagel von Krakau, welche Brüder, Söhne Algards, einst Heiden in den genannten Königreichen, getauft wurden. Ihre genannte Schwester gebar dem Herzoge Johann von

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Stargard einen Sohn Namens Johann und zwei Töchter, von denen die ältere in das Kloster Ribnitz S. Claren=Ordens ging.)

(Ulrich aber, der vierte Bruder, nahm, zur Gemahlin die Tochter Swantebors, Herzogs von Stettin, mit welcher er auch Söhne und Töchter zeugte.)

(Nachdem aber jener berühmte und große Albert aus der Welt gegangen war, ward sein älterer Sohn Heinrich beim Turnierspiel auf seinem Hofe zu Wismar, im Jahre des Herrn 1384 am Tage des H. Georg, da er unter das Pferd stürzte, so stark verletzt, daß er bald darauf verschied.)

(Sein einziger Sohn Albert nahm zur Gemahlin die edle Frau, Tochter des Herrn Grafen Nicolaus von Holstein und die Schwester des Herrn Herzogs Albert von Lüneburg, von welcher er keinen Erben erhielt und welche er nur kurze Zeit überlebte.)

(Nach dessen Tode übernahm Albert, König von Schweden, da auch sein Bruder, der Herr Magnus, im Jahre des Herrn 1385 am Tage des H. Egidius gestorben war und einen Sohn Namens Johann und eine einzige, an den Herrn Balthasar von Werle vermählte Tochter Euphemia hinterlassen hatte, das Land Meklenburg zur Regierung. Als er hier verweilte, ließ die den Schweden verbündete Königin Margarethe von Dänemark Axewalde in Schweden belagern; Albert aber ging, diese Belagerung aufzuheben, mit seinem Heere, in welchem sein Sohn der Herzog Erich von Meklenburg, Rudolph Herzog von Stargard und Bischof von Skara, Albert Graf von Holstein und Günther Graf von Lindow und viele andere Edle und ritterliche Männer waren, welche der genannte König mit den Gütern der Klöster und Kirchen ausrüstete, mit einer Flotte nach Schweden und fiel in einem Treffen im Jahre des Herrn 1389, am Tage des H. Mathias, mit allen den Seinigen in die Gewalt seiner Feinde und ward mit seinem Sohne fast sieben Jahre lang in Dänemark gefangen gehalten, nach deren Verlauf er, nach Verlust des Königreiches Schweden, seine Freiheit wieder erhielt. Bald darauf vermählte er seinen Sohn Erich mit der Tochter des Herrn Herzogs Bugeslav von Wolgast und nahm sich selbst zur Gemahlin die Agnes, Schwester der Herzoge Friederich, Bernhard und Heinrich von Braunschweig und Lüneburg, mit welcher er einen Sohn Namens Albert zeugte.)

(Sein Sohn Erich aber ging, um das verlorne Königreich seines Vaters wiederzugewinnen, mit seiner Gemahlin und Ritterschaft nach der Insel Gothland, welche er mit der Stadt Wisby glücklich einnahm, vollendete aber in kurzer Zeit daselbst durch den Tod sein Leben.)

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(Johann aber, der Sohn des Herzogs Magnus, nahm in seinen männlichen Jahren zur Gemahlin die Tochter des Grafen Otto von Hoya mit welcher er einen Sohn Magnus und Töchter erzeugte, aber da seine Oheime, der König Albert und der Herzog Johann, sich über die Regierung des Landes nicht vergleichen konnten, so theilten sie unter sich sowohl die Länder Meklenburg und Rostock, als auch die Grafschaft Schwerin.)

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II.

Urkundliche Geschichte

des

Fürsten Pribislav I. von Parchim=Richenberg

und

seiner Nachkommen,

von

Dr. W. G. Beyer.


N achdem durch die gründlichen Untersuchungen meines Freundes, des Herrn Archivars Lisch, die erste Hauptlandestheilung der Söhne Borwins II. (in Jahrb. IX., S. 1 flgd.) aufgeklärt ist, scheint es an der Zeit, diesen Faden weiter verfolgend, zunächst die Geschichte des jüngsten der vier Brüder, des Fürsten Pribislav, zum Gegenstande einer speciellen Forschung zu machen. Nur durch solche Monographien wird es möglich sein, eine neue umfassende Bearbeitung der Geschichte Meklenburgs vorzubereiten, die allerdings dringendes Bedürfniß ist, aber, wie alle Specialgeschichten einzelner Provinzen unsers großen Gesammtvaterlandes, nur dann wahrhaft fruchtbringend werden kann, wenn sie es nicht verschmähet, auch die kleinsten, unscheinbarsten Quellen in ihrem Gebiete zu öffnen und zu sammeln, um sie zu stattlichen Bächen und Flüssen vereinigt dem breiten und mächtigen Strome der allgemeinen Geschichte unsers Volkes zuzuführen.

Der Gegenstand dieser Untersuchung nimmt aber auch ein eigenes, selbstständiges Interesse in Anspruch, denn er bildet eine in sich völlig abgeschlossene Partie der Geschichte unsers geliebten Fürstenhauses und führt uns grade in die denkwürdigste Periode der gesammten Geschichte unsers Landes zurück, in jene Zeit, wo nach einem Jahrhunderte dauernden, blutigen Vernichtungskampfe das überwundene und gebrochene heidnische Slaventhum

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im schnellen Hinsterben dem sieghaften christlich=germanischen Leben Platz macht. Nur das alte Fürstengeschlecht ragt gleich einer erhabenen Granitsäule ungebrochen aus den Trümmern einer untergegangenen Welt hervor und sieht sich nach wenigen Jahren von einer neuen, jungen Schöpfung umgeben, aber nicht einer solchen, die sich aus eigenthümlichen Keimen still und ruhig in organischem Wachsthum entwickelt, sondern mit revolutionairer Hast auf den mit "Schwert und Bogen eroberten", wüsten und blutgetränkten Boden verpflanzt, plötzlich, wie durch Zauberschlag fertig dasteht, mit allen Vorzügen und allen Mängeln, wie sie uns aus der Geschichte des heiligen römischen Reiches deutscher Nation jener Zeit bekannt sind.

Es war aber in Deutschland damals keine Zeit des Friedens und der Ordnung. Durch den welthistorischen Kampf zwischen Staat und Kirche, in welchem nicht nur das erhabene Kaisergeschlecht der Hohenstaufen seinen Untergang fand, sondern auch das Reich selbst seiner völligen Auflösung nahe gebracht ward, waren alle Verhältnisse des öffentlichen und des Privatlebens furchtbar zerrüttet. Nur das Ansehen der siegenden Kirche, gestützt und getragen von dem frommen und begeisterten Glauben der Menge, die nur hier Schutz und Rettung gegen das verwilderte und aufgelöste Vasallenthum zu finden hoffte, stand mitten in der allgemeinen Verwirrung unerschütterlich fest. Aber gereizt durch den bisherigen Erfolg, vergaß die reiche und stolze Geistlichkeit nur zu bald ihren wahren Beruf, und trat immer offener mit dem Streben hervor, schon auf dieser Welt ein Reich Christi zu gründen, in welchem sie selbst als Stellvertreter des Herrn sich berufen glaubte, das der gedemüthigten weltlichen Obrigkeit entrissene Scepter zu führen.

Alle diese Wirren wurden sofort mit der ersten Gründung des neuen christlichen Staates auch in unsere Heimath, nunmehr eine deutsche Provinz, hinüber gespielt und fanden hier, eben bei der Neuheit und Unsicherheit aller Verhältnisse, den günstigsten Boden, - und in diese Zeit der Gährung, voll That und Leben, wo das Neue über dem noch offenen Grabe des Alten im Kampfe mit sich selbst Form und Gestalt zu gewinnen suchte, fällt der Regierungsantritt unsers Pribislav, eines jungen, bei dem Tode seines Vaters kaum den Knabenjahren entwachsenen Fürsten, in welchem die großen Eigenschaften seines Geschlechtes nicht zu verkennen sind, der aber einer Aufgabe erlag, zu deren Lösung vor allem die Erfahrung und Ruhe des reifen Mannes erforderlich waren, während der jugendliche Eifer unsers Fürsten ihn bald in endlose Wirren verwickelte, deren tragischer Ausgang indeß unsere Theilnahme in hohem Grade

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in Anspruch nimmt. Es war das vergebliche Anringen einer scharfen und entschiedenen Persönlichkeit gegen die widerstrebende Richtung seiner Zeit: und eben darum schien dieser flüchtige Rückblick auf die damaligen allgemeinen Verhältnisse zum Verständniß unserer Erzählung nothwendig.

Was nun die Quellen unserer Geschichte betrifft, so ist Ernst von Kirchberg der erste, welcher das Leben des Pribislav in seiner meklenburgischen Reimchronik, Cap. 229, mit ziemlicher Ausführlichkeit beschreibt. Der Verfasser, nach einer wenigstens sehr wahrscheinlichen Vermuthung, ein Mönch des Klosters Doberan aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, sieht in unserm Fürsten nur den Feind der Geistlichkeit, d. h. nach seiner Ansicht der christlichen Religion überhaupt, ein Umstand, welcher den sonst in der Regel gut unterrichteten Mann zu so augenscheinlicher Partheilichkeit hingerissen hat, daß wir seine Darstellung nur mit der größten Vorsicht benutzen dürfen. Gleichwohl ist Kirchberg die einzige Quelle der nächstfolgenden Historiker, namentlich des A. Krantz, welcher sich indeß durch sein ruhiges Urtheil sehr vortheilhaft auszeichnet, so wie des erfindungsreichen Marschalk und des leichtgläubigen Latomus, welche die Andeutungen der kurzen Reimsprüche Kirchbergs in behaglicher Breite ausführend, das Bild unsers Fürsten unglaublich verzerrt haben. Selbst Hederich, obgleich ihm das fürstliche Archiv bei seinen historischen Arbeiten geöffnet war, hat dessen Schätze wenigstens in diesem Falle nicht zu heben verstanden. Erst Chemnitz hat bei seiner Darstellung des Lebens der richenbergischen Fürstenlinie die reichen Urkundenvorräthe dieses Archivs, wie überall, mit emsigem Fleiß und redlichem Willen benutzt, aber auch sein Urtheil blieb durch Kirchbergs und Latomus Ansehen bestochen, deren Mährchen ihm als unantastbare historische Zeugnisse galten. Wie aber Kirchberg für die älteren, so ist Chemnitz für die neuern Historiker, wie Klüver, von Beehr, Franck, Rudloff und von Lützow, wahre Quelle geworden; keiner von ihnen giebt wesentlich neue Aufschlüsse, keiner hat sich zu einem freien und sichern Urtheile durchgearbeitet, wenn gleich wenigstens die gröbsten Verläumdungen ihrer Vorgänger allmählig den Glauben verlieren. Die pommerschen älteren Chronisten endlich enthalten nur einzelne die Geschichte unsers Fürstenhauses betreffende Nachrichten, bedeutende Aufschlüsse sind aber auch aus ihnen nicht zu gewinnen, und die neuern Historiker bis auf Barthold folgen in ihrem Urtheile ganz den unsrigen, indem sie selbst in Bezug auf den jüngern Pribislav, welcher ganz der pommerschen Geschichte angehört, ihre Unwissenheit bekennen. So blieb denn nichts übrig, als unsere Geschichte

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aus den Urkunden theils des hiesigen Geh. und Haupt=Archives, theils der gedruckten pommerschen und brandenburgischen Sammlungen völlig neu zu construiren, wobei auf die älteren Erzählungen nur da Rücksicht genommen ist, wo es zur Ausfüllung wirklicher Lücken keine weitere Quelle gab, oder wo es galt, das Bild unserer Fürsten von dem Schmutze zu reinigen, mit dem das blinde Vorurtheil und der leidenschaftliche Haß ihrer Gegner dasselbe seit Jahrhunderten, zum Theil offenbar absichtlich, entstellt haben 1 ).


Heinrich Borwin II. starb am 4. Junius 1226 im besten Mannesalter, und erst am 28. Jan. 1227 folgte ihm sein alter Vater Borwin I., nachdem seine unbekannte Gemahlin wahrscheinlich schon vorangegangen war. Ersterer hinterließ vier Söhne: Johann, Nicolaus, Heinrich (Borwin III.) und Pribislav, und eine Tochter Margarethe 2 ), welche beim Tode des Vaters und Großvaters sämmtlich noch minderjährig waren und die Regierung unter Leitung eines schon bei Lebzeiten des alten, schwachen Greises und seines wahrscheinlich kränkelnden Sohnes eingesetzten Vormundschaftsrathes antraten. Erst im Jahre 1229 tritt der älteste Bruder Johann als selbstständiger Regent auf. Schon hieraus dürfen wir vermuthen, daß Pribislav, als der jüngste von allen Geschwistern, bei dem Tode des Vaters die Jahre der Mündigkeit kaum erreicht haben konnte, und wirklich finden wir auch das unterm 15. Febr. 1226 der Stadt Lübeck ertheilte Zollprivilegium, obgleich mit dem Vormundschaftssiegel beglaubigt, nur im Namen der drei älteren Brüder, mit gänzlicher Uebergehung des Pribislav, ausgefertigt 3 ), wogegen dieser bei der letzten Regentenhandlung seines sterbenden Vaters, der Stiftung des güstrower Domes, am 3. Junius desselben Jahres bereits zugezogen ward, da die Fundations=Urkunde ausdrücklich des Consenses aller vier namentlich aufgeführten Brüder gedenkt 4 ).


1) Hiebei muß ich aber zugleich der Bereitwilligkeit dankbar gedenken, mit welcher mein Freund Lisch mir nicht nur seine Collectaneen über den Gegenstand dieser Untersuchung zur Benutzung überlassen, sondern sich auch auf meine Bitte einer mehrmaligen Correspondenz mit seinen pommerschen Freunden unterzogen hat.
2) Aeltere Historiker geben ihm 3 Töchter: Sophia, Magdalena und Margaretha, wovon aber die ersten beiden, welche auf Nicolaus gefolgt sein sollen, wenigstens urkundlich nicht beglaubigt sind. Zwischen Nicolaus und Heinrich scheint übrigens allerdings der bedeutendste Altersunterschied stattgefunden zu haben; vielleicht war Margaretha, welche man zwischen Heinrich und Pribislav zu setzen pflegt, älter als beide, da sie schon 1230 an den freilich gleichfalls noch minderjährigen Grafen Günzel von Schwerin verlobt ward.
3) Urkundenbuch der Stadt Lübeck I. Nr. XXXIII.
4) Diplom. Mecklenb. Nr.V., in de Westph. M. I. IV., p. 921 u. a. a. O.
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Es scheint daher, daß man seine Geburt mit einiger Sicherheit in das Jahr 1214, zwischen 15. Febr. und 3. Jun., setzen dürfe.

Von einer wirklichen Theilnahme des Pribislav an den Regierungsgeschäften der nächstfolgenden Jahre kann unter diesen Umständen natürlich die Rede nicht sein, obgleich die Urkunden des Vormundschaftsrathes bis zur Volljährigkeit Johanns stets im Namen aller vier Brüder ausgestellt wurden und in der Regel auch ihn namentlich mit aufführen. So bei der Bestätigung der Privilegien des Klosters Dobbertin vom 28. Aug. 1 ) und der Johanniter=Comthurei zu Mirow vom 3. Decbr. 1227 2 ), der Verleihung des schwerinschen Rechtes an die Stadt Güstrow vom 25. Octbr. 1228 3 ) und der Fundation der Kirche zu Dreveskirchen im Jahre 1229 4 ).

Diese gemeinschaftliche Vormundschafts - Regierung hörte indeß schon im Jahre 1229 auf, ohne Zweifel mit der Volljährigkeit Johanns, in Folge deren das Land zunächst in zwei Hälften getheilt ward, wobei man offenbar die früheren Theilungen unter Borwin I. und seinem Vetter Nicolaus I. (1184), so wie unter den Söhnen des Ersteren, Borwin II. und Nicolaus II., (1219) zum Grunde legte. Johann und Pribislav erhielten nämlich die Herrschaft Meklenburg, d. h. das eigentliche obotritische Stammland, so weit dasselbe in dem Besitze unserer Fürsten geblieben war, nebst der Provinz Warnow, während die mittleren Brüder, Nicolaus und Heinrich, durch die Herrschaften Rostock und Werle oder die alten liutizischen Länder, nebst Muritz, bis an die damals freilich sehr weit nach Westen vorgerückte pommersche Grenze, abgefunden wurden. - Unser Pribislav ward also nunmehr der Leitung des milden und frommen Johannes, des Theologen, und seiner sächsischen Gemahlin, der Gräfin Ludgard von Henneberg, anvertrauet, die ihr gewöhnliches Hoflager zu Gadebusch hielten, in der Nähe der rasch aufblühenden Reichsstadt Lübeck und der Sitze der deutschen Grafen und ersten Bischöfe des Wendenlandes, Schwerin und Ratzeburg, mit welchen Johann in ununterbrochenem freundlichen Verkehre stand. An diesem gebildeten und schon damals durch und durch deutschen Hofe ist daher die Erziehung des jungen Fürsten sicher in echt christlichem Sinne geleitet, und schon dieser Umstand dürfte allein hinreichen, den ihm später gemachten Vorwurf des Heidenthums als eine alberne Verläumdung erkennen zu lassen.


1) Diplom. Meckl. in de Westph. M. I. IV., p. 907.
2) Jahrbücher II., Urk. Nr. I., S. 213, u. Nr. IV., S. 220.
3) Besser. Gesch. der Stadt Güstrow I., S. 243.
4) Lisch, M. U. III., Nr. XXIII.
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Uebrigens finden wir auch jetzt noch keine Spur einer Regierungsthätigkeit des Pribislav, vielmehr sehen wir den Johannes während der nächsten drei Jahre in der gesammten Herrschaft Meklenburg, namentlich auch in dem später abgesonderten Antheile des Bruders, als alleinigen, selbstständigen Regenten auftreten und die von ihm ausgestellten Urkunden mit einem eigenen Siegel beglaubigen, z. B. die Urkunde über die Fundation von vier durch die Grundeigenthümer dotirten Capellen bei Parchim von 1229, Jun. 4. 1 ), über die wismarsche Grenzregulirung von demselben Jahre 2 ) und die Verleihung des Patronats zu Golze an das Kloster Dobbertin von 1231, Jul. 7. 3 ). - Nur bei wichtigen Staatsverträgen oder Güterverleihungen war der Consens der Brüder oder wenigstens des Pribislav erforderlich, und zwar ohne Rücksicht auf ein bestimmtes Gebiet, und in diesem Falle ward die darüber ausgestellte Urkunde auch jetzt noch Namens der Minderjährigen durch das Vormundschaftssiegel beglaubigt. Hierher gehören namentlich der Friedens=, Grenz= und Familien=Vertrag der vier Brüder mit den Grafen von Schwerin vom 30. Octbr. 1230 4 ), und deren Bestätigung der wichtigen Privilegien des Haupt=Landesklosters Doberan vom 29. Octbr. 1231 5 ), wobei die Brüder nicht, wie früher, nach dem Alter, sondern paarweise nach der gemeinschaftlichen Regierung, und zwar Johann und Pribislav als Herren von Meklenburg, Nicolaus und Heinrich als Herren von Rostock, aufgeführt werden. Ferner gehören hierher der Vertrag des Johannes und Pribislav mit dem Bischofe Brunward über die Zehnten im Lande Warnow vom 29. April 1230 6 ) und deren Schenkungsbrief über das Dorf Nakensdorf an das Kloster Sonnenkamp vom 29. April 1231 7 ), ersterer den späteren Landestheil des Pribislav, letzterer den des Johann betreffend. - Einige dieser Urkunden sind zwar nicht mehr im Originale vorhanden, oder es sind wenigstens die Siegel verloren; nach der Analogie


1) Cleemann, Parch. Chron., S. 108, und unten Nachträge und Miscellen. Das erst nach dem Abdruck des 10. Bandes dieser Jahrbücher von mir verglichene Original im Stadt=Archive zu Parchim hat bereits das bekannte Siegel Johanns mit dem Stierkopf, was mich hauptsächlich veranlaßt hat, die dort von Lisch gegebene Darstellung dieser Verhältnisse, auf welche ich übrigens wiederholt verweise, in Kleinigkeiten zu modificiren.
2) Schröder, W. E., S. 69 - 70, nach dem wismarschen Copialbuch, ohne Siegel.
3) Rudloff, Urk. Lief. Nr. VI.
4) Lisch, Hahnsche Urk. I., Nr. IV., mit einem doppelten Abdruck des Vormundschaftssiegels.
5) Diplom. Dober., in de Westph. M. J. III., p. 1477, Nr. VIII, mit zwei verlorenen Siegeln. Vergl Jahrb. X., S. 13.
6) Lisch M. U. III., Nr. XXIV., nach den Clandrianschen Regesten.
7) Lisch, M. U. II., Nr. III., mit dem Vormundschaftssiegel.
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der übrigen sind wir aber vollkommen berechtigt, die Beglaubigung durch das Vormundschaftssiegel vorauszusetzen, sobald der Theilnahme des Pribislav gedacht wird, so daß dessen Minderjährigkeit um diese Zeit außer allem Zweifel ist.

Wenn aber auch hiernach eine wirkliche Mitregentschaft des jungen Fürsten nicht anzunehmen ist, so geht doch schon aus dem Obigen hervor, daß sein älterer Bruder ihn keinesweges ganz von den Geschäften fern hielt, vielmehr ist seine persönliche Gegenwart in allen angeführten Fällen, wo die Urkunden ihn als Mittheilnehmer an dem Geschäfte aufführen, nicht zu bezweifeln. Außerdem aber begegnen wir ihm noch bei der Bestätigung des Klosters Doberan durch den Bischof Brunward unterm 18. Oct. 1230, wo er neben seinen Brüdern namentlich unter den Zeugen genannt wird 1 ), und schon im Jahre 1229 ward er bei einer Regulirung der Grenzen der Stadt Wismar zwischen Hohendorf (alta villa) und dem Kopenitzer Felde zugezogen, indem die Beziehung dieser Grenze, wie es scheint in Abwesenheit seines Bruders unter seiner persönlichen Theilnahme geschah. Zwar hat man diese Urkunde bisher stets von der Uebergabe oder Auflassung eines Grundstückes, eben der sogenannten Köpenitz, an die Bürger von Wismar, oder wenigstens von der Bestätigung einer älteren Schenkung verstanden, und deshalb bei dem hier genannten Pribislav, welchen Johannes als seinen cognatus bezeichnet, nicht an dessen Bruder denken zu dürfen geglaubt, sondern bald auf Buthues Sohn, Pribislav I., bald auf Johanns Aeltervater, Pribislav II., bald gar auf einen noch nicht gebornen gleichnamigen Sohn unsers Pribislav von Parchim, oder an irgend einen anderen unbekannten Stammverwandten unsers Fürstenhauses gerathen 2 ). Ich kann indeß die Urkunde, in


1) Vergl. Jahrb. X., S. 13.
2) Die vielbesprochene Urk. ist gedruckt bei Schröder, W. E., S. 69, und Franck A. u. N. M. IV, S. 119. Die fraglichen Worte lauten: - - quod nos (Johannes) dilectis nostris burgensibus in Wismaria constitutis et eorum posteris terminos intra altam villam et locum, qui in vulgari vocatur Kopenitz, quia inter hec distincta usque ad mare protendentes, cum noster cognatus Pribizlaus eosdem terminos, multis presentibus, resignaverit dictis burgensibus, cum omni jure porreximus libere - - possidendos. Die ausgezeichneten Worte übersetzt Rudloff, M. Gesch. II., S. 34, obwohl er sie auf unsern Pribislav bezieht: "nachdem sein Bruder Pribislav sich derselben noch besonders verziehen hatte". Andere nehmen das resignare in dem allerdings gewöhnlichen Sinne von der Auflassung des Eigenthums. Vgl. (Jargow) Gründlicher Beweis, daß Nicolaus ein Bruder Pribislavs I. sei, bei Klüver II. Append. I. §. VIII. - J. P. W. Rudloff) Schreiben eines Ungenannten etc. ., S. 54 flgd. - (Jargow) Kurtze Anwort etc. ., bei Klüver III. App. I., S. 68. - Franck II., S. 192. - Letzterer entscheidet sich für den in einer Urk. Witzlavs von Rügen 1232 als Zeugen genannten dominus Pribizlaus, den er für einen Vater=Schwester=Sohn des Johann hält, wärend andere ihn mit unserem Pribislav von Parchim identificiren. (  ...  )
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welcher die Documentszeugen deutlich von den bei dem voraufgegangenen Geschäfte selbst gegenwärtig gewesenen Personen unterschieden werden, ihrer ganzen Fassung nach nur von einer so eben vorgenommenen Besichtigung und neuen Bezeichnung (resignatio terminorum) der etwa streitig gewordenen Stadtgrenzen längs der Scheide der genannten Grundstücke verstehen. Da wir nun zu dieser Zeit keinen anderen Verwandten des Johannes mit dem Namen Pribislav kennen, als eben seinen Bruder, so scheint es, daß man die angeführten Worte unbedenklich auf diesen beziehen darf, wenn gleich der Ausdruck cognatus, von einem vollbürtigen Bruder gebraucht, allerdings ungewöhnlich ist; oder war Pribislav etwa von einer andern Mutter geboren, als Johannes? - Uebrigens pflegte man nach deutscher Rechtssitte bei solchen Grenzanweisungen vorzugsweise junge Leute, und selbst Knaben, zuzuziehen, in welchem letzteren Falle man deren Gedächtniß wohl noch in alterthümlich derber Weise durch eine - Maulschelle zu schärfen suchte 1 ).

Im Anfange des Jahres 1232 trat nun nach sicheren Anzeichen eine abermalige wichtige Veränderung der Landesregierung ein, indem die bisher noch in Gemeinschaft gebliebenen Brüder eine weitere Auseinandersetzung vornahmen, so daß wir von dieser Zeit an das Land in vier abgesonderte Herrschaften getheilt sehen. Die Veranlassung dazu gab wahrscheinlich die nun erfolgte oder nahe bevorstehende Majorennität des Nicolaus, den wir bald darauf bereits vermählt finden, so wie die inzwischen gelungene Wiedereroberung eines nicht unbedeutenden Gebietes an der pommerschen Grenze zwischen der Pene, Trebel und Reknitz. Noch am 5. Decbr. 1229 war diese schöne und fruchtbare Gegend, westlich bis über Malchin und Lage hinaus, unbezweifelt im Besitze der Herzoge von Pommern 2 ), welche anscheinend schon durch Heinrich den Löwen von Sachsen (vor 1173) damit belehnt waren; aber bald nach jener Zeit muß sie an unser Fürstenhaus zurückgefallen sein, und zwar durch gewaltsame Eroberung, vermuthlich mit Hülfe der Markgrafen von Brandenburg und des befreundeten Fürsten Witzlav von Rügen, da die Pommern ihre Ansprüche darauf keineswegs aufgegeben hatten. Die ersten bekannten Urkunden unserer Fürsten, welche


(  ...  ) Er gehörte aber dem rügenschen Fürstenhause an (Pribislav Wolkowitz); Fabricius, Rugianische Zustände, S. 45. Vgl. aber auch die Urk. von 1190 bei Franck III., S. 208.
1) Grimm, D. R. A., S. 144 u. 545. Ich habe mir von alten Leuten in Parchim erzählen lassen, daß die Ertheilung solcher Denkzettel bei dieser Gelegenheit dort noch in ihrer Jugend üblich gewesen sei.
2) Lisch, M. U. I., Nr. I - XVI.
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ihre Herrschaft über diese Provinz beweisen, sind zwar erst aus dem Jahre 1238 1 ); daß aber andere ältere verloren gegangen sein müssen, beweiset die in eben diesem Jahre erfolgte Bestätigung aller Güter, welche die vier Söhne Heinrichs von Werle dem Kloster Dargun verliehen hätten, durch Herzog Wartislav von Pommern, während die erhaltenen Urkunden ausschließlich von Johann und Nicolaus herrühren; auch nimmt der letztere späterhin ausdrücklich auf Regierungshandlungen Bezug, welche während seiner Minderjährigkeit durch seine Vormünder beliebt seien. Endlich ist uns in einem spätern Transsumte noch eine Urkunde aufbewahrt, in welcher Nicolaus und Heinrich dem Kloster Arendsee das Dorf Wargentin bei Malchin bestätigen, welche dort zwar vom 20. Jun. 1219 datirt ist, aber mit Sicherheit falsch, und wahrscheinlich statt 1230 2 ). In diesem Jahre kam das Land Barnim in den Besitz Brandenburgs und mindestens ungefähr um diese Zeit gewann Witzlav von Rügen die verlorne Herrschaft über das benachbarte Festland wieder 3 ), so daß ein Eroberungskrieg dieser drei verbündeten Mächte gegen Pommern im Jahre 1230 mehr als wahrscheinlich ist.

Mögen aber die Gründe der neuen Theilung gewesen sein, welche sie wollen, gewiß ist, daß Johann schon am 11. Febr. 1232 in einer Urkunde, in welcher er dem Bischofe Brunward 10 Hufen in dem Dorfe Bobelin schenkt, also bei einer Gutsveräußerung, ohne den Consens seines Bruders oder dessen Vormundschaft, als selbstständiger Regent auftritt 4 ), woraus wir mit Sicherheit schließen dürfen, daß jetzt eine Absonderung stattgefunden hatte, und seit dieser Zeit finden wir denn auch die Brüder, selbst in den gemeinschaftlichen Urkunden, nicht mehr paarweise, sondern einzeln nach dem Alter aufgeführt. Der Antheil jedes einzelnen Fürsten wird aber nur ganz im Allgemeinen angegeben und läßt sich erst aus den Ereignissen der folgenden Zeit genauer bestimmen. Hiernach behielt Johann die eigentliche Herrschaft Meklenburg mit dem davon entlehnten Titel und trat seinem jüngern Bruder die Herrschaft Warnow mit


1) Lisch, M. U. I., Nr. XX. u. XXI.
2) Lisch Hansche Urk. I., Nr. II. u. Jahrb. X., S. 13. Der Herr Verfasser vermuthet das Jahr 1229, aber damals war die Gegend noch pommersch. Das Original wird M. CC. XXX. gehabt, und der Transsument das mittlere X für I gelesen haben.
3) Barthold, Gesch. v. Pommern II., S. 377 u. 380.
4) Lisch, M. U. II., Nr. V. Nicolaus u. Heinrich kommen noch am 27. März d. J. vor: Lisch a. a. O. Nr. XXV., und die erste von Nicolaus allein ausgestellte Urkunde ist vom 10. März 1233: Riedel, cod. dipl. Brand. I., p. 446. - Man scheint also mit der Theilung Meklenburgs begonnen zu haben, womit leicht einige Monate hingehen mochten.
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Zubehör ab, d. h. die Länder Parchim mit Brenz und dem Rosengarten, die Thure (A. Lübz), Kutin, oder die späteren Vogteien Plau und Goldberg, und endlich Sternberg oder Richenberg, dessen älterer wendischer Name unbekannt ist. Die Herrschaft des Pribislav, von nun an nach der Hauptstadt die Herrschaft Parchim genannt, bildete also ein wohl abgerundetes geschlossenes Gebiet, welches im Süden an das gräflich dannebergische Land Marnitz, im Südosten an Brandenburg, im Osten an den plauer See und die Herrschaft Werle, im Nordosten und Norden an die Stiftsländer Bützow und Warin, endlich im Nordwesten und Westen an die Grafschaft Schwerin grenzte 1 ). Außerdem erhielt Pribislav noch einen Antheil an der pommerschen Eroberung, dessen Umfang nicht genau zu bestimmen ist, anscheinend aber nicht von Bedeutung war, da Anfangs Johann und Nicolaus als die eigentlichen Landesherren erscheinen, jener im Lande Gnoien (Tribedne), dieser im Lande Malchin, während Heinrich und Pribislav wohl nur einzelne, zerstreute Domainen in der Umgegend von Gnoien besaßen, ersterer aber später (seit 1240) in Johanns Stelle tritt, welcher hier seitdem überall nicht mehr vorkommt.

Wir sehen hieraus, daß unser junge Fürst rücksichtlich des Umfanges seines Gebietes nicht eben kärglich abgefunden ward; betrachten wir aber den damaligen Zustand dieses Landes näher, so ist die Schwierigkeit seiner Stellung nicht zu verkennen. Borwin I. und seine Söhne hatten alle Kräfte auf die Cultur des Landes und die Pflege des Christenthumes in den Ländern Meklenburg und Kissin an der ihnen zunächst liegenden Meeresküste, dem eigentlichen Kerne ihrer Herrschaft, verwendet, während der entferntere südliche Landestheil, Warnow und Müritz, ganz aus der Geschichte verschwindet und allem Anscheine nach auch wirklich, gleich dem Gebiete der Circipaner, Tolenzer und Rhedarier, längere Zeit hindurch ihrer Herrschaft entzogen war. Wenn nun auch anzunehmen ist, daß durch die sächsische Besatzung der Grenzburgen längs der Elde, namentlich in Malchow, Kutin, Parchim und Grabow, gleich nach hergestelltem Frieden der erste Keim der neuen Cultur auch in diese Gegend, welche ihrer Lage nach durch den Krieg am meisten gelitten haben mußte, gelegt sein wird, so ist doch gewiß, daß die Entwickelung desselben grade hier bei dem Mangel an gehöriger Pflege nur


1) Nach meiner ursprünglichen Absicht sollte diesem Aufsatze eine historisch=topographische Beschreibung der Provinz Warnow im 13. Jahrhundert voraufgehen. Bei den mir jetzt zu Gebote stehenden Hülfsmitteln bedarf dieselbe jedoch einer völligen Umarbeitung und findet vielleicht später einen Platz in dieser Zeitschrift. Hier muß ich mich auf allgemeine Angaben beschränken.
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sehr langsam gewesen sein kann. Die Gründung des Benedictiner=Klosters in Dobbertin, dessen älteste Besitzungen nordöstlich von diesem Orte, in der Richtung nach Güstrow lagen, ist die einzige allenfalls hierher zu ziehende christliche Stiftung, die sich mit Sicherheit in den Anfang des 13. Jahrhunderts zurückführen läßt: eine zu sehr vereinzelte Erscheinung, als daß wir ihr irgend bedeutenden Einfluß zuschreiben könnten. - Erst kurz vor seinem Tode scheint Borwin II. ernstlich an den Anbau dieses "wüsten und unwegsamen, des Teufels Diensten ergebenen Landes", wie er selbst es nennt, gedacht zu haben, indem er zur Gründung der Städte Parchim und Plau christliche Colonisten aus der Nähe und Ferne herbeirief 1 ).

Die Ausführung dieses wichtigen Unternehmens blieb aber seinem Sohne Johann überlassen, der sich demselben allerdings auch mit Eifer gewidmet zu haben scheint. Schon beim Antritt seiner selbstständigen Regierung im Jahre 1229 finden wir nicht nur einen Pfarrer an der Stadtkirche zu Parchim in Thätigkeit, sondern der Fürst hatte auch die Freude, schon jetzt die Errichtung und Dotation von vier neuen Capellen in der nächsten Umgebung, zu Damm, Klockow, Möderitz und Lancken, durch die von ihm mit den unangebauten Gütern dieser waldigen Gegend belehnten Vasallen bestätigen zu können 2 ). - In dem folgenden Jahre 1230 kam ein wichtiger Vertrag zwischen dem Bischofe Brunward und unseren Fürsten Johann und Pribislav zu Stande, welcher uns leider nur aus einem dürftigen Auszuge der verlornen Urkunde bekannt ist, aber ohne Zweifel auf eine raschere, planmäßige Colonisation des Landes berechnet war. Der Bischof überließ nämlich den Fürsten nicht nur die Hälfte des Zehnten in dem ganzen Umfange des Landes Warnow nebst Brenze zu beiden Seiten der Elde, sondern belehnte sie auch rücksichtlich derjenigen Güter, welche schon damals den in diesem Lande angesessenen, in dem Vortrage namentlich genannten, Vasallen, deren Zahl also noch nicht sehr groß sein konnte, überlassen waren, mit dem ganzen Zehnten, wogegen die Fürsten


1) Fundat. Urk. der Stadt Parchim bei Cleemann, Chr. v. Parchim, S. 94, u. Rudloff Urk. Lief. Nr. I. Sie hat kein Datum und wird gewöhnlich in das Jahr 1218 gesetzt, aber sicher zu früh, da Borwin II. der Aussteller ist, und seines Bruders Nicolaus, zu dessen speziellem Antheil die Gegend gehörte, nicht mehr gedenkt. Dieser starb zwischen 1224 u. 26. - Die plauer Fundat. Urk. ist nicht bekannt; ihre Confirmation vom J. 1235 beweiset aber, daß sie eine wörtliche Wiederholung der parchimschen und von den beiden Borwinen ausgestellt war, weshalb beide Urkunden in dieselbe Zeit zu setzen sein werden.
2) Die hier und im Folgenden in Bezug genommenen Urkunden sind schon oben nachgewiesen. Daß die Cultur des Südens von Meklenburg hauptsächlich von Gadebusch ausging, glaube ich aus den Namen der ersten Vasallen und Bürger beweisen zu können.
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sich zur Eintreibung der dem Bischofe reservirten Hälfte verpflichteten: eine in der Geschichte der slavischen Länder und namentlich unter der Regierung des genannten Bischofes wohl bekannte Maaßregel, welche überall den Zweck hatte, das flache Land nach Entsetzung des Ueberrestes der wendischen Einwohner mit zehntpflichtigen deutschen Ansiedlern zu bevölkern. - Nachdem sodann noch in demselben Jahre die streitigen Grenzverhältnisse zwischen Parchim und dem gräflich schwerinschen Lande Zellesen durch eine aus den beiderseitigen Räthen bestehende, in dem Grenzdorfe Klincken niedergesetzte Commission geordnet und der Friede auf dieser Seite durch die Verlobung der jungen Margaretha mit dem Grafen Gunzel von Schwerin befestigt war, mochte Johann und der ihm noch bei dieser letzten Handlung zur Seite stehende Vormundschaftsrath sich der Hoffnung hingeben, die ruhige Entwicklung der neuen Gründungen so weit gesichert zu haben, daß dieselben seiner speciellen Fürsorge nicht mehr bedürften, und trat das Land, wie wir gesehen haben, in der bald darauf folgenden Auseinandersetzung der Brüder dem Pribislav ab. Aber er selbst hatte, namentlich durch den erwähnten Vertrag mit dem Bischofe, unbewußt den Keim zu neuem Zwiespalt gelegt, welcher nur mit dem Untergange des jungen Fürsten enden sollte.

Pribislav selbst, welcher jetzt das 18. Jahr erreicht haben wird, ist übrigens in dem nächsten Zeitraume nach der zweiten Theilung des Landes so völlig aus unserm Gesichtskreise verschwunden, daß wir fast seine Anwesenheit im Lande bezweifeln und vielmehr vermuthen möchten, daß er durch Reisen im Auslande seine practische Ausbildung zu vollenden und sich auf seinen hohen Beruf vorzubereiten gesucht habe. Erst im Jahre 1235 finden wir ihn wieder mit seinen Brüdern vereint, indem er die Privilegien von Plau, der zweiten Stadt seines Landes, bestätigte 1 ). Die Fassung dieser im Namen der vier Brüder ausgestellten Urkunde beweiset aber, daß er, ungeachtet seiner abgesonderten Herrschaft, noch fortwährend unter Vormundschaft stand, obwohl das entscheidende Siegel leider nicht mehr vorhanden ist. Daher erklärt es sich denn, daß wir während dieser ganzen Zeit bis zum Jahre 1238 keine weiteren Beweise seiner Thätigkeit finden, und daß überhaupt bis dahin nichts zur Förderung der jungen Pflanzungen in seinem Antheile geschehen zu


1) Westphal. M. J., I., Nr. XXIII., p. 2100, u. IV., Nr. V., p. 928, beide Male nicht ganz correct, wie sich aus der Vergleichung mit den beiden parchimschen und der goldberger Urkunde ergiebt. Die gelehrte Untersuchung Westphalens über das jus factale, quod Landrecht vocatur, ist namentlich eine fruchtlose Arbeit: es muß feudale, q. Lehnrecht v. heißen.
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sein scheint. Seine vorsichtigen Räthe, wie seine Brüder, mochten bei der nahe bevorstehenden Volljährigkeit ihres Mündels Bedenken tragen, den selbstständigen Beschlüssen desselben vorzugreifen.

Auffallender ist aber, daß wir denselben auch bei den gemeinschaftlichen Handlungen seiner Brüder in den nächsten Jahren vermissen, namentlich bei der Stiftung des Klosters Rehna, 16. Mai 1236 1 ) und den Verleihungen an das Kloster Doberan im Jahre 1237 2 ); und eben so wenig tritt er bei der Vermehrung der Dotation des 1233 gestifteten Nonnenklosters Rühn mit Gütern seiner Vasallen, namentlich zu Holtzendorf und Granzin, am 3. Novbr. 1235 3 ) und der Erweiterung der Privilegien des Klosters Dobbertin in seinem eigenen Lande durch den Bischof Brunward am 27. Octbr. 1238 4 ) hervor. Wahrscheinlich bezieht sich hierauf der Vorwurf Kirchbergs, daß er dem Kloster Doberan nichts verliehen, ja ihm kaum die Verleihungen seiner Vorfahren und Brüder habe bestätigen wollen:

Zumale gab nicht derselbe man
an daz closter Doberan;
her wolde in kume bestedigen daz,
daz yn vor gegeben waz
von synen aldirn vor im noch
und von synen brudern doch

Die Beschuldigung ist zwar unwahr, da die Privilegien=Bestätigungen vom 29. Octbr. 1231 und 5. März 1255 auch Pribislavs Namen tragen und das Kloster ihm auch später den Erwerb des Dorfes Zarchlin verdankte, was einem Mönche eben dieses Klosters sicher nicht unbekannt sein konnte; auch nennt der Bischof Ludolph von Ratzeburg in der Urkunde vom 26. Decbr. 1236 den Pribislav ausdrücklich mit unter den Gönnern und Beförderern des Klosters Rehna; da es sich indeß in allen vier oben hervorgehobenen Fällen grade um geistliche Stiftungen, namentlich um Gründung und Erweiterung von Klöstern handelte, so ist es allerdings wahrscheinlich, daß seine Theilnahmslosigkeit dabei kein bloßer Zufall war, sondern einer Abneigung gegen das Mönchswesen zugeschrieben werden muß. Vielleicht war das Beispiel und die große Persönlichkeit des Kaisers Friedrich II., dessen hochgebildeten und glänzenden Hof Pribislav auf seinen Reisen zu besuchen nicht unterlassen haben wird, und der grade damals den Anmaßungen des Papstes und der Geist=


1) Jahrb. X., Urk. Nr. I.
2) Diplomat. Dober., Nr. XIII. in de Westph. M. J., III., p. 1481.
3) Urkunden=Anhang Nr. I.
4) Rudloff Urk. Lief. Nr. VIII.
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lichkeit offen und mit aller Kraft seines hohen Geistes entgegen trat, nicht ohne Einfluß auf die Denk= und Handlungsweise des zum Manne heranreifenden Jünglings geblieben. Die kaiserliche Bestätigung der Besitzungen und Gerechtsame des Fürsten Johann, als Repräsentanten seines Hauses, vom Febr. 1235 beweiset wenigstens ein engeres Anschließen unserer Fürsten an das deutsche Reich und scheint jene Vermuthung einigermaßen zu bestätigen.

Nach der obigen Berechnung über die Geburt des Pribislav müßte derselbe, nach gemeinem, durch den Einfluß der Geistlichen auch in den slavischen Ländern in Bezug auf öffentliche Verhältnisse bereits Einfluß gewinnenden Rechte, erst im Anfange des Jahres 1239 zur Volljährigkeit gelangt sein. Besondere, uns nicht bekannte Verhältnisse, mochten aber die Beschleunigung des selbstständigen Regierungsantritts um einige Monate wünschenswerth machen; gewiß ist wenigstens, daß dieser schon 1238 erfolgte 1 ). In diesem Jahre nämlich bestätigte er die Privilegien seiner Hauptstadt Parchim, eine Handlung, welche nach dem Staatsrechte jener Zeit der Huldigung voraufging. In der darüber ausgestellten Urkunde nennt er sich denn auch zum ersten Male Herr von Parchim, während er bisher unter dem mit seinem Bruder gemeinschaftlichen Titel Herr von Meklenburg aufzutreten pflegte; zugleich bediente er sich nunmehr eines eigenen Siegels, welches in der Umschrift gleichfalls jenen Titel zeigt, übrigens aber dem seines Bruders ähnlich ist und sich nur durch einen Ring zwischen den Hörnern des Stierkopfes auszeichnet 2 ). Dieser Titel beweist zugleich, daß unser Fürst seine Hofhaltung auf der alten Burg zu Parchim aufgeschlagen hatte, welche schon 1170 als Hauptfeste der Provinz Warnow genannt wird, also vermuthlich in früherer Zeit Sitz eines slavischen Woiwoten war, aber wohl erst später als sächsische Gränzburg in Stein aufgeführt ward. Sie lag auf dem jetzigen Bleicherberge, früher Schloßberg genannt, im Norden der Stadt und muß für die damalige Zeit sehr fest gewesen sein. Nördlich von dem hier steil abfallenden Hügel breitet sich nämlich jetzt eine Wiese aus, welche noch 1377 ein Teich war, zwischen dem


1) Heinrich, von jetzt an Borwin genannt, war um 1235 volljährig geworden, und läßt es sich nach allen Umständen nicht bezweifeln, daß um diese Zeit die Majorennität und Regierungsfähigkeit mit dem vollendeten 25sten Lebensjahre begann.
2) Urk. Anh. Nr. II. Das Siegel ist, wie die dort beigegebene Abbildung zeigt, zwar nicht vollständig erhalten; aus diesen und andern schon von Lisch, Jahrb. X. S. 23 ff. gegebenen Bruchstücken läßt es sich aber bis auf die Umschrift wiederherstellen. Letztere ist aus einer Nachricht des Archivars Schulz bekannt. Der Kürze wegen muß ich hierüber auf die angeführte Abhandlung verweisen.
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Wockersee und der den Fuß des Schloßberges im Westen bespülenden Elde, so daß nur zwei schmale, künstliche Dämme, von welchen der eine erst 1310 aufgeworfen ward, in die gegenüber liegende Ebene führten. Im Süden aber, nach der Stadt zu, ist der eigentliche Schloßberg durch einen breiten und tiefen Wallgraben gesichert, und seit 1310 überdies durch eine Mauer völlig abgeschlossen. Südlich von diesem Graben lag der Schloß=Hof und=Garten, das jetzige Pfaffenhaus, ein nicht unbedeutendes Stadtviertel, welches durch einen aus dem Wockersee in die Elde fließenden, aber nur durch künstliche Aufstauung in dieses Bett geleiteten Bach von der übrigen Stadt gesondert wird. Erst jenseit dieses Baches, nach Osten hin, lag der fürstliche Marstall, welcher jedoch wohl erst aus der Zeit der Herren von Werle=Parchim stammen mag.

Von hier aus sind denn auch die meisten Urkunden des Pribislav bis zum Jahre 1249 ausgestellt: so gleich die nächste, vom Jahre 1240, durch welche das früh untergegangene Dorf Bycher, östlich nahe bei Parchim, dieser Stadt kaufweise überlassen wird und aus welcher wir zugleich das aus 12 Mitgliedern bestehende Rathscollegium daselbst kennen lernen 1 ). - Das folgende Jahr 1241 zeigt uns dagegen unsern Fürsten in seinen Besitzungen an der pommerschen Gränze, wo er dem Kloster Dargun das von seinem Vasallen erkaufte Gut Dargebant bestätigte und zugleich den ihm daran gebührenden Hoheitsrechten, namentlich der Vogtei und den gewöhnlichen Diensten und Abgaben der Hintersassen, unentgeltlich für "den Gotteslohn" entsagte 2 ). Dies war aber auch die einzige Gunstbezeugung, deren sich dieses von den pommerschen und meklenburgischen Fürsten allerdings auch schon überreichlich begnadigte Kloster von Seiten des Pribislav zu erfreuen hatte, wie der Aussteller der Confirmations=Urkunde des Herzogs Wartislav vom 11. May 1248, anscheinend nicht ohne tadelnden Seitenblick auf die Kärglichkeit der Gabe, ausdrücklich bemerkt 3 ). Dargebant ist das heutige Darbein im Amte Dargun, welches noch in den Acten des 17ten Jahrhunderts Darbendt, Darbindt und Darbeynd geschrieben wird.

Bald nach dieser Zeit scheint sich unser Fürst vermählt zu haben, da er nicht nur im Jahre 1270 bereits mehrere Söhne


1) Cleemann, Chron. v. P. S. 221, wo aber Z. 4: gesta. st. gesti, Z. 7 contingant, st contingat, Z. 11. Bichyre, st Bichure, zu lesen, u. Z. 13 hinter illa "penitus" zu ergänzen ist. Hinter den Zeugen=Namen Ludolphus et Ludolphus fratres steht ein Punkt, und st. Edelerus, Albertus muß es heißen: Edelerus Albus. Das Siegel ist verloren.
2) Lisch, M. U. I. Nr. XXVIII, v. 1241 vor März 11; vgl. Nr. XXIX.
3) Lisch a. a. O. Nr. XXXIV: et dui. Pribislai unius tantum ville, que Dargebant dicitur etc.
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und eine mannbare Tochter hatte, sondern schon 1261 von der Mitwissenschaft und dem Consense seiner Erben zu einer wichtigen Regierungshandlung spricht. Nach Micraelius 1 ) wäre seine Gemahlin, welche hier Tribislava genannt wird, - nach Andern Anna, oder Mestovina, - eine Tochter des Herzogs Mestovin I. von Hinterpommern († 1220) gewesen, welcher Angabe indeß eine zweifache Verwechselung zum Grunde liegt: einer Seits nämlich des Vaters, unsers Pribislav I., mit dem gleichnamigen Sohne, der, wie wir sehen werden, eine Tochter Mestovins II. ehelichte, anderer Seits jenes jüngern Pribislav II. mit dem Herzoge Przemislav von Gnesen, dessen Vater Wladislav Odonitz allerdings eine Tochter Mestovins I. zur Gemahlin hatte. Dies erhellt deutlich daraus, daß Micraelius (a. a. O.) bei Erzählung der Fehden des Suantopolk, Mestovins I. Sohnes, mit dem deutschen Orden um 1242 unter den Feinden des erstern auch seinen Schwestersohn Pribislav nennt, welchen Suantopolk "seiner erblichen Güter, dafür er sie angesprochen, in Cassuben entsetzt" habe. Daß hier jener Przemislav gemeint sei, bedarf keiner Nachweisung. Trotz dieses doppelten, starken Anachronismus ist dieser Irrthum von Chemnitz, welcher die Vermählung in das Jahr 1244 setzt, nachgeschrieben und in mehrere spätere Schriftsteller übergegangen, obgleich schon Kranz und andere das Richtige haben. - Mehr Beachtung scheint eine andere Angabe desselben Schriftstellers zu verdienen. In einem Verzeichnisse der pommerschen Adelsgeschlechter wird nämlich bei der Familie v. Walsleben bemerkt: "Anno M. CC. XLIV., da Hertzog Pribizlaff von Mechelnburg ein Pommersch Frewlein heurathete, ist mit ihm Wedige Walsleben aus Pommern in Mechelnburg gekommen, und hat daselbst dies Geschlecht auch propagiret" 2 ). Diese Nachricht gewinnt dadurch einiges Gewicht, daß unter den spätern Vasallen des Pribislav sich wirklich ein Ritter Wedekind von Walsleben befindet, der in der Geschichte dieses Fürsten eine so verhängnißvolle Rolle spielt, und allerdings aus Pommern zu stammen scheint, wo ein Johannes de Walsleve und dessen Bruder Albertus de Insleve seit 1244 häufig an dem Hofe der Herzoge Barnim und Wartislav vorkommen 3 ). Andere pommersche Nachrichten setzen gerade in dasselbe Jahr 1244 die Vermählung einer Tochter Barnims mit dem Markgrafen Johann


1) Altes Pommerland, Stettin 1639, II. S. 271. vgl. mit S. 280.
2) Micraelius a. a. O. VI. S. 540. Diese Worte verdollmetscht Klüver, Beschr. v. M. I. S. 656 - 57, um die Verwirrung vollständig zu machen: " 1244 hat Pribislav, Herr von Werle, eine pommersche Dame, Wedtge Walsleben, geheurathet."
3) Jahrb. III. Nr. IV. u. Lisch M. U. I. Nr. XXXIV, XXXIX. u. a. Vgl. über die Familie auch Riedel, Mark Brandenburg, I. S. 108.
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von Brandenburg, eine Angabe, welche zwar von Barthold hinreichend widerlegt ist 1 ), aber doch zu bestätigen scheint, daß Barnim in diesem Jahre eine Tochter verheirathete. Nehmen wir aber an, daß unser Pribislav sein Schwiegersohn ward, so würde dadurch in der That mehr als ein Räthsel in den spätern Verhältnissen dieses Fürsten eine willkommene Lösung finden. Ich bemerke hier vorläufig, daß in diesem Falle seine Gemahlin (aus der ersten Ehe Barnims mit der Marianna, Tochter des Pfalzgrafen Heinrich von Sachsen) eine Schwester Bugislav's IV. war, so wie der viel jüngern Miroslava und Anastasia (aus Barnims zweite Ehe), jene an den Grafen Nicolaus von Schwerin, Pribislav's Schwestersohn, diese an dessen Brudersohn Heinrich den Pilger von Meklenburg vermählt, und endlich Barnim's II, Otto's II. und der Mechthilde (aus der dritten Ehe mit Mechthilde, Schwester des Markgrafen Albrecht von Brandenburg).

Sollte sich aber diese, freilich noch nicht hinlänglich begründete Vermuthung bestätigen, so würde zugleich gewiß sein, daß diese erste Gemahlin früh verstarb, da wir den Pribislav später mit einer gleichfalls ungenannten Tochter des Richard, Herrn von Frysach, den er selbst in einer Urkunde von 1261 2 ) als seinen Schwiegervater bezeichnet, vermählt finden. Diese edlen Herren (nobiles viri, nobiles domini) von Frysach, oder Vrysach, ein Titel, welcher sonst um diese Zeit nur Mitgliedern regierender Fürstenhäuser gegeben wird, trugen ihren Namen von der jetzt im Besitze der Grafen von Bredow befindlichen Herrschaft Friesack mit dem Städtchen gleiches Namens im markgräflich brandenburgischen Havellande, hatten aber auch noch andere freie Besitzungen in dieser Gegend, welche sie zum Theil andern Rittern zu Lehn übertrugen. So machten sich z. B. der Erzbischof und das Capitel zu Magdeburg in dem Vertrage mit dem Markgrafen Otto von Brandenburg vom 12ten May 1259 anheischig, dem letztern gegen diesen Verzicht auf die Grafschaft Seehausen und das Schloß Hakenstede bis zum nächsten Jacobi Burg, Stadt und Land Jerichow einzuräumen, und zwar in der Weise, daß die Markgrafen alles, was der Erzbischof selbst, so wie die Herren Rolekin von Jerichow und Richard von


1) Gesch. v. Pommern II. S. 424, vgl. mit Riedel a. a. O. S. 431. Die Behauptung Bartholds, daß Barnim damals überhaupt noch keine mannbare Tochter gehabt haben könne, scheint aber zu weit zu gehen. Sein Großvater Bugislav I. war 1177 Wittwer, konnte also mindestens 1178 die zweite Ehe eingehen, aus welcher Bugislav II. stammte, so daß dieser sich füglich um 1200 (21 J. alt) vermählen, folglich sein ältester Sohn Barnim I. beim Tode des Vaters 1222, obgleich minderjährig, doch 21 Jahre alt sein, und 1244 allerdings eine mannbare Tochter haben konnte.
2) Gerken, cod. dipl. Brand. II. p. 77: Richardi domini de Frysach, nostri soceri etc.
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Vrysach daselbst unmittelbar besäßen, ebenfalls frei empfangen, dagegen aber auch die von diesen Herren vorgenommenen Belehnungen anerkennen sollten. Die brandenburgischen Historiker halten daher diese, "freien Barone" (liberi barones), wie sie selbst sich bei anderer Gelegenheit nennen, für ein alt=wendisches Dynasten=Geschlecht, welches sich bei Unterwerfung dieser Gegend, ähnlich wie die Stammväter unsers Fürstenhauses, den Siegern verbunden und dadurch in eigenthümlicher, ziemlich unabhängiger Stellung erhalten hätte 1 ).

Kehren wir jetzt zu unserm Pribislav zurück, so finden wir denselben zunächst mit der Ordnung der Grenzverhältnisse der Länder Thure und Brenze beschäftigt, welche zwischen ihm und seinem "geliebten Schwager," dem Grafen Gunzel von Schwerin, streitig geworden waren, aber im Jahre 1247 durch gütlichen Vergleich festgestellt wurden. Letzterer gab nämlich diejenigen Güter, welche er bisher in dem Lande Thure besessen hatte, zurück, wogegen Pribislav auf den Theil des Landes Brenze verzichtete, welcher sich gleichfalls im Besitze des Grafen befand und von jenem bisher vergeblich zurückgefordert war 2 ). Unter dem letztern Gebiete können wir nichts anders verstehen, als die Burg Brenze, in dem heutigen Kirchdorfe dieses Namens, mit dem größern Theile des dazu gehörigen Landes, d. h. dem am linken Eldenufer belegenen Theile des jetzigen Amtes Neustadt, welchen wir von jetzt an im Besitze der Grafen finden, obgleich noch in dem oben erwähnten Vertrage mit dem Bischofe Brunward vom Jahre 1230 das ganze Land Brenze zu der Herrschaft Meklenburg gerechnet ward. Pribislav behielt hier jetzt nichts, als einige wenige, fortan unmittelbar zum Lande Parchim gerechnete Dörfer, welche im Laufe der Zeit sämmtlich in den Besitz der Stadt übergegangen und größten Theils mit der städtischen Feldmark vereinigt sind. - Die streitigen Dörfer in der Thure dagegen werden in der Gegend von Siggelkow und Zachow zu suchen sein, wo der Graf Gunzel von Schwerin, im Verein mit den Grafen von Danneberg, dem Kloster Dünamünde im Jahre 1235 einige Schenkungen gemacht haben soll, welche die Markgrafen von Brandenburg 1238 als Oberlehnsherren bestätigten 3 ).

Nachdem auf diese Weise durch ein anscheinend nicht unbedeutendes Opfer der äußere Friede gesichert war, widmete sich


1) Vgl. Riedel Beschr. der Mark Brandenb. um 1250, I. S. 370, u. Cod. Dipl. Brandenb. I. S. 268 flgd. u. II. 1, Nr. 87., S. 63.
2) Urk. Anh. Nr. III.
3) Nach Urkunden im großherzoglichen Geh. u. Hauptarchiv, deren Aechtheit jedoch verdächtig ist.
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unser Fürst mit ganzem Ernste der weitern Cultur seines Landes. Schon das nächste Jahr ist durch eine wichtige neue Stiftung ausgezeichnet, durch die Bewidmung der von ihm gegründeten neuen Stadt Goldberg mit den parchimschen Privilegien. Die darüber zu Parchim im Jahre 1248 ausgestellte, nur aus einem Transsumte des Fürsten Johann von Werle vom Jahre 1317 bekannte Urkunde 1 ) ist nur eine wörtliche Wiederholung der plauer und parchimschen Privilegien=Bestätigungen von 1235 und 1238, mit den durch die Uebertragung auf Goldberg nothwendig gewordenen Abänderungen, die aber so ungeschickt ausgeführt sind, daß es fast das Ansehen gewinnt, als ob es sich auch hier nur um die Bestätigung einer schon länger bestehenden Stadtgemeinde handle. Indessen heißt es doch im Eingange ausdrücklich, daß die Stadt von Pribislav gegründet sei (construximus, statt des construxerunt patres nostri der parchimschen Urkunde), und wirklich muß der Ort, früher Golce genannt, noch unmittelbar vorher in einem verlorenen Privilegium des Bischofs Wilhelm (1248 - 49) für das Kloster Dobbertin als bloßes Dorf (villa) aufgeführt sein, da sein Nachfolger Rudolph in der Bestätigungs=Urkunde vom 17. Jun. 1261 diese Bezeichnung beibehält, obwohl der Ort inzwischen Stadtrecht erhalten hatte 2 ).

In eben diese Zeit ist ferner mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Gründung der Stadt Sternberg zu setzen, obgleich wir die Fundations=Urkunde derselben nicht mehr besitzen. Schon der deutsche Name, welcher lebhaft an die übrigen Gründungen des Pribislav, wie Goldberg und Richenberg, erinnert, und urkundlich zuerst im Jahre 1256 vorkommt, läßt kaum an eine frühere Periode denken; mit Entschiedenheit aber weiset das dort geltende parchimsche Recht auf die Zeit der Herrschaft unsers Pribislav zurück, da Sternberg späterhin stets zu Meklenburg gehörte. Schon Heinrich von Meklenburg bestätigte dieses Recht unterm 24. Februar 1309, nachdem die älteren Privilegien durch eine Feuersbrunst untergegangen waren, nicht bloß für die Stadt selbst, sondern auch für die von ihr erworbenen Dörfer, so wie sie dasselbe von seinen Vorfahren erhalten habe 3 ), und der Rath zu Parchim war das ganze Mittelalter hindurch die Appellationsbehörde, wie für die Stapelgerichte zu Plau und Goldberg, so auch


1) Gedruckt bei v. Kamptz, M. Civ. R. I. 2, Nr. XII, S. 129, nach einer bei den hof= und landgerichtlichen Acten befindlichen beglaubigten Copie des Notarius Johannes Rigemann aus dem letzten Viertheil des 17. Jahrhunderts.
2) Rudloff Urk. Lief. Nr. XVI.
3) Franck, A. u. N. M. V, Urk. Nr. 1, S. 208: predictis civibus in Sternberge dedimus et benigne dimisimus judicium, quod in Teutonico Parchimmes - Recht dicitur, ea libertate et usufructu, quemadmodum illud judicium a nostris progenitoribus liberius habuerunt.
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für das zu Sternberg, von welchem letztern Orte das parchimsche Recht später auch auf das benachbarte Brüel übertragen ward.

Inzwischen mochte die alte Burg zu Parchim, welche nur einen geringen Umfang gehabt haben kann, den Bedürfnissen des durch die Vermählung des Fürsten vergrößerten Hofhalts und den gesteigerten Ansprüchen der Zeit nicht mehr entsprechen, weshalb derselbe um eben diese Zeit das neue Schloß zu Richenberg in einer anmuthigen Gegend an den hohen Ufern des Warnowthales bei dem Dorfe Kritzow erbauete 1 ). Noch in der goldberger Urkunde nennt sich der Fürst Herr zu Parchim, aber schon in dem folgenden Jahre 1249 erscheint er urkundlich als Herr zu Richenberg, ein Titel, den er von jetzt an vorzugsweise zu führen pflegt und dem gemäß auch sein bisheriges Siegel veränderte. Statt des meklenburgischen Stierkopfes bediente er sich nämlich nunmehr eines sogenannten Majestätssiegels mit der Umschrift: Pribizlaus dei gratia dominus de Richenberg, auf welchem er selbst als thronender Herrscher erscheint, mit lockigem Haupte und mit dem Fürstenmantel behängt, in der Rechten das auf dem Schooße ruhende entblößte Schwert, während er die Linke wie gebietend emporhebt. Die Arme und die kreuzweise übereinander gelegten Füße dieser auf einem Throne sitzenden Figur sind anscheinend entblößt, ein Umstand, den die spätern mönchischen Feinde des Fürsten benutzt haben, dieselbe für eine nackte Jungfrau auszugeben und den Fürsten gradezu zum Götzendiener zu machen. Schon Kirchberg sagt unverkennbar mit Bezug auf diesen Siegelschild:

Her waz ein vil bose christen,
in halbir truw lebete her mit listen;
her vurte eyn iungfrow in bilde
gemalt an syme schilde,
daz anbedete her sunder spod
gantz und gar als eynen god.

Spätere haben sich den Kopf darüber zerbrochen, an welche Jungfrau man hiebei zu denken habe, und während Kranz dem Fürsten noch christlichen Sinn genug zutrauet, um die Jungfrau Maria zum Gegenstande göttlicher Anbetung zu machen, trägt Latomus 2 )


1) Vergl. über die Ueberreste dieser Burg: Lisch in den Jahrb. X, S. 30 flgd. Daß sie von Pribislav erbauet sei, bezeugen Chemnitz u. A., und geht auch aus den gleich anzuführenden Verhältnissen hervor.
2) Genealochron. Megap. ap. de Westph. M. I., IV, p. 211 ff. - Schon aus dem seiner Meinung nach verspäteten Regierungsantritte des Pribislav schließt Latomus, daß die Christen in seinem Lande mit ihm sehr übel zufrieden gewesen wären und die Huldigung versagt hätten, bis er gelobt, sie bei ihrem Glauben zu lassen und denselben selbst anzunehmen, woher er denn jetzt auch sein heidnisch Wappen geändert p. 219.
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kein Bedenken, sie zu einem wirklichen Götzenbilde, nämlich zu der "von den Wenden hochverehrten Göttin Venus oder Siwa" zu stempeln, denn, meint er, ohne Zweifel im Sinne des Kirchberg, "wenn der Fürst die Mutter des Herrn in seinem Herzen so hoch geehret, daß er ihr Bild im Wappen geführt und angebetet hätte, so würde er auch den Sohn erkannt, angenommen, geehrt und seine Lehre nicht gehemmt und verfolget haben". Demzufolge hat man sich im 16. Jahrhundert nicht gescheuet, diese angebliche Göttin Siva als eine völlig nackte weibliche Figur mit fliegenden Haaren und einem zusammengerollten Schleier über die Arme geworfen darzustellen und für das Siegel des Pribislav auszugeben. Dieses von Rixner erfundene Wappen prangt noch in des Kanzlers von Westphalen bekanntem Sammelwerk (M. J. IV, Tab. VIII, Nr.11) und hat bis auf den würdigen Rudloff allgemeinen Glauben gefunden, obgleich doch schon Chemnitz der Erzählung von dem Heidenthum des Fürsten widerspricht 1 ).

Uebrigens trug die Herrschaft des Pribislav auch fernerhin den Namen der ältesten und bedeutendsten Stadt derselben, ja er selbst wird auch in spätern Urkunden, namentlich in eigentlichen Staatsverträgen, noch mehrmals Herr von Parchim genannt. Vielleicht war das neue Schloß zu Richenberg überhaupt nur seine Sommerresidenz, während er im Winter sein Hoflager nach wie vor in Parchim hielt, wenigstens bestand die dortige Burgcapelle noch fort, und der Fürst scheint dieser Stadt überhaupt eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet zu haben. Einen schönen Beweis hievon, und zugleich von seiner ächt christlichen Gesinnung, ist uns in der Urkunde vom 20. Septbr. 1249 aufbewahrt, an welcher zum ersten Male das beschriebene, angeblich heidnische Majestätssiegel hängt 2 ). Der Fürst ernennt nämlich den Pfarrherrn Johannes auf der gleichfalls von ihm gegründeten Neustadt Parchim, welche bis zum Jahre 1282 eine besondere Stadtgemeinde bildete, und nach dieser Urkunde schon jetzt eine eigene, vielleicht aber noch schwach dotirte Kirche hatte, wegen seines lobenswerthen Betragens und der ihm oft bewiesenen Anhänglichkeit zu seinem Schloßcaplan, indem er zugleich die 6 Hufen in dem Dorfe Böck, mit denen der Burgmann Martin von Malin im Jahre 1229 mit Bewilligung des Fürsten Johann von Meklenburg die Burgcapelle dotirt hatte, der Kirche der Neustadt beilegte. Außerdem verlieh er demselben einen Platz in der Nähe der Burg zwischen dem Schloßgraben und dem


1) Ich verweise hier abermals auf die Abhandlung von Lisch, Jahrb. X, S. 23 flgd., mit der Abbildung dieses Siegels, wodurch die wunderlichen Mährchen, welche Jahrhunderte hindurch unsere Geschichte entstellt haben, vollständig widerlegt sind.
2) Urk. Anh. Nr. IV.
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Mühlendamm, d. h. auf dem Schloßhofe selbst, zur Erbauung eines Hauses, damit er dem Schlosse bei Verrichtung seines heiligen Amtes desto näher sein möchte 1 ). Endlich aber, und das ist das Wichtigste, beauftragte er eben diesen Geistlichen, der sein ganzes Vertrauen besaß, mit der Errichtung von Schulen auf der Alt= und Neustadt und gab damit das erste Beispiel einer landesherrlichen Fürsorge für ein geordnetes christliches Schulwesen, ein Verdienst, das um so höher zu achten ist, als es in dem übrigen Lande noch lange ohne Nachahmung geblieben zu sein scheint. Parchim aber hat sich zu allen Zeiten durch seine Schule ausgezeichnet, die der freien Volksbildung, namentlich zur Reformationszeit, sehr wichtige Dienste geleistet hat und darin noch heute das Andenken ihres ersten Stifters ehrt, daß nicht der Archidiakonus an der Hauptkirche zu St. Georg auf der Altstadt, sondern der neustädter Prediger neben dem Landessuperintendenten und zwei Mitgliedern des Rathes die Würde eines Scholarchen bekleidet.

Während dieser Zeit waren in der Regierung des Bisthums Schwerin, nachdem der ehrwürdige Brunward, der sich um die Ausbreitung und Befestigung der christlich=deutschen Kultur des Wendenlandes die größten Verdienste erworben hat, schon 1237 gestorben war, Friedrich I., Graf von Schwerin, Theodorich und Wilhelm rasch auf einander gefolgt, bis im Jahre 1249 Rudolph I. auf den bischöflichen Stuhl erhoben ward, nach ältern Schriftstellern einem einheimischen Rittergeschlechte entsprossen, nach neuerer Vermuthung aber aus dem kriegerischen Stamme der Fürsten von Rügen, ein Mann, welcher gleich beim Antritt seiner Regierung bewies, daß es ihm, dem allgemeinen Sinne der damaligen hohen Geistlichkeit gemäß, mehr um Ausbreitung seiner weltlichen Macht und die Vermehrung seiner bischöflichen Einkünfte, als um das Reich Gottes zu thun sei, und welcher in dieser Richtung seines Strebens allerdings mit großer Energie und meistens auch mit entschiedenem Erfolge fortschritt, worüber aber seine ganze Regierung eine fast ununterbrochene Kette von Streitigkeiten bildet. Nach der Versicherung des Chemnitz 2 ) war es schon dem Bischof Theodorich im Jahre 1240 gelungen, bei


1) Nach den Worten der Urkunde scheint es, als ob auch die 6 Hufen in dem nahe bei der Stadt vor dem Neuen Thore belegenen, bald nachher untergegangenen Dorfe Böck eine neue Verleihung des Pribislav seien. Aus der spätern Geschichte des parchimschen Kirchenwesens ergiebt sich indeß das Gegentheil. Nur die area ad curiam et domum constituendam verdankt die Geistlichkeit seiner Freigebigkeit. Das Haus, von welchem der alte Schloßhof später den Namen Pfaffenhaus erhalten hat, war bis zu dem großen Brande 1612 die Wohnung des Diakonus jetzt Pfarrers zu Damm.
2) Vita Pribislai ad a. 1252 und vita Gunccliui III ad a. 1240.
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dem deutschen Könige Konrad IV. die Ertheilung eines Privilegii zu erwirken, wornach er und seine Nachfolger berechtigt sein sollten, "des Stiftes Städte und Häuser zu bauen, bessern und befestigen, Zölle anzulegen und Münzen schlagen zu lassen", - ein Privilegium, dessen Existenz indessen wohl zu bezweifeln ist, da Konrad zwar schon 1237 zum deutschen Könige gewählt, d. h. zum Nachfolger seines Vaters, des Kaisers Friedrich II., welcher erst 1250 starb, designirt ward, damals aber noch unmündig war, und also 1240, etwa 14 Jahre alt, schwerlich so wichtige Begnadigungen ertheilt haben wird, die überdies ganz gegen den Geist seines Vaters verstießen. Die betreffende Urkunde ist denn auch weder im Originale vorhanden, noch in den Clandrianschen Regesten der verlornen Stiftsbriefe irgend erwähnt, hätte aber jedenfalls zu ihrer rechtlichen Gültigkeit des Consenses der Landesherren bedurft, da sie unbezweifelt eine Disposition über landesherrliche Hoheitsrechte enthalten haben würde, wozu selbst der Kaiser aus eigener Machtvollkommenheit nicht befugt war. Zwar hat Rudloff 1 ), ohne das angebliche Privilegium Konrads zu kennen, sich zu zeigen bemüht, daß die Bischöfe von Schwerin schon seit der erneuerten Stiftung des Bisthums durch den Herzog Heinrich den Löwen von Sachsen als unabhängige Reichsfürsten zu betrachten seien; allein er gesteht doch selbst, daß sich dieser Beweis aus der ersten Dotations=Urkunde und den spätern Confirmationen derselben nicht führen lasse, und eben so aus der Verleihung einzelner Regalien, wie der Jurisdiction, der Erhebung von Beden u. s. w., wozu sich unsere Fürsten oft bereit finden ließen, noch kein Verzicht auf ihre Landeshoheit zu folgern sei. Was aber Rudloff außerdem für seinen Satz beibringt, ist an sich eben so wenig entscheidend und geht wenigstens nicht über die Zeiten des Bischofs Rudolph hinaus, welcher allerdings höhere Ansprüche erhoben und theilweise auch durchgeführt zu haben scheint, obwohl es doch weder ihm, noch seinen Nachfolgern jemals gelungen ist, Sitz und Stimme auf dem Reichstage zu erlangen, vielmehr der Bischof auch in den innern Landesangelegenheiten in mehrfacher Beziehung offenbar als Vasall der Fürsten erscheint.

Am weitesten war indeß der Umfang der bischöflichen Gerechtsame ohne Zweifel in dem Lande Bützow, wo schon Pribislav II. dem Bischofe nach einem etwas dunklen Ausdruck der Confirmations=Bulle Urban's III von 1185 besondere Privilegien ertheilt zu haben scheint. Der Papst zählt hier nämlich


1) Verhältniß zwischen dem Herzogthume Meklenburg und dem Bisthume Schwerin, Schwerin. 1774.
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unter den Stiftsgütern namentlich auch 8 Dörfer im Lande Meklenburg auf, welche Pribislav mit allem Rechte in Bützow vertauscht habe 1 ). Da nun das Land Bützow schon in der Dotations=Urkunde von 1271 unter den Tafelgütern des Bischofs vorkommt und von Urban schon vorher speciell genannt war, der Bischof auch neben jenen hier zuerst genannten 8 Dörfern nach wie vor in dem Besitze dieses Landes blieb, so kann der Nachdruck in dem obigen Satze nur auf den Worten "alles Recht" (omne jus) ruhen, so daß also der Bischof entweder jene Dörfer gegen Abtretung (cum) gewisser Gerechtsame in Bützow eingetauscht, oder aber beides, Dörfer und Gerechtsame, zugleich (simul cum) gegen eine nicht genannte Gegenleistung, die übrigens auch in Geld bestehen konnte (pecunia commutare), von Pribislav erworben hatte. Das Letztere ist nach den spätern Ereignissen die allein zulässige Erklärung. Bei Gelegenheit der Stiftung des Klosters Rühn erfahren wir nämlich, daß diese Erwerbung an gewisse Bedingungen geknüpft war, und der Bischof Berno sich namentlich zur Stiftung eines Jungfrauen=Klosters in Bützow verpflichtet, diese Bedingung aber nicht erfüllt hatte, weshalb die Brüder Nicolaus und Heinrich sich bald nach der ersten Landestheilung zur Wiedereinziehung der abgetretenen besondern Gerechtsame in Bützow, (die also bei der ersten Verleihung des Landes reservirt geblieben waren), ermächtigt hielten. Erst im Jahre 1232 kam hierüber ein besonderer Vertrag zwischen ihm und dem Bischofe Brunward zu Stande, an welchem jedoch Johann und Pribislav keinen Theil nahmen, und durch den jener seine Verpflichtung zur Stiftung des Klosters nochmals anerkennt, wogegen die Fürsten wiederholt "alle ihre Recht, das sie mugen gehabt haben im Lande Butessowe, an Ackern, Holtzungen, Wassern, Diensten, Gerichten u. s. w. dem Bischofe abtreten und übergeben 2 )". Hieraus ersehen wir denn zugleich (worauf es uns hier eigentlich ankam), daß der Ausdruck omne jus in der oben angeführten Stelle in keinem andern Sinne zu nehmen ist, als worin er bei Verleihungen von Gütern an Privatpersonen unzählige Male vorkommt, als der Inbegriff aller an dem Gute haftenden Privatrechte, mit Einschluß der Gerichtsbarkeit, daß hier aber von Abtretung eigentlicher Hoheitsrechte, zu denen man namentlich die Landfolge, Anlegung von Zöllen, Festungsbau u. dgl. rechnete, keine Rede sein kann.


1) Lisch, M. U. III. No. 2: octo villas in Meklenburgh, quas Pribislaus cum omni jure in Bützowe commutavit.
2) Lisch M. U. III. Nr. XXV., u. Jahrb. VII. S. 6. flgd.
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Sei es nun, daß Rudolph dessen ungeachtet diesen Verträgen eine weitere Ausdehnung zu geben suchte, oder daß er wirklich ein kaiserliches Privilegium vorschützte, genug, im Jahre 1252 begann er, statt der schon früher vorkommenden alten, wendischen sogenannten Burg, nicht nur die Stadt Bützow zu befestigen, sondern auch neben der Stadt ein neues, festes Schloß aufzuführen, stieß aber dabei sofort auf den entschiedenen Widerspruch der Landesherren. Unter diesen war aber Pribislav offenbar am meisten bei der Sache betheiligt, da die neue Festung nicht nur fast unmittelbar an der Gränze seines Landes lag, sondern die bischöflichen Besitzungen sich auch mitten durch die alte Gesammtherrschaft Meklenburg zogen, so daß er, wenn es dem Bischofe gelang, dieselben der landesherrlichen Oberhoheit zu entziehen und nach Belieben mit Festungen und Zöllen zu versehen, von dem Antheile seines Bruders Johann völlig abgeschnitten und fast nach allen Seiten von feindlichem Gebiete umgeben war. Daher sehen wir denn auch gerade ihn, den jüngsten, am entschiedensten und anscheinend auf eigene Gefahr hervortreten, obwohl die spätern Ereignisse hinlänglich beweisen, daß er im vollen Einverständnisse sowohl mit seinen Brüdern, als mit seinem Schwager, Grafen Gunzel von Schwerin, gehandelt habe. Indessen unterließ er nicht, den Bischof zuförderst friedlich aufzufordern, von der gefährlichen Neuerung abzustehen, als aber diese Mahnung vergebens war, ließ er den angefangenen Bau gewaltsam zerstören und ward dadurch bald in offene Fehde mit dem kriegerischen Priester verwickelt, in welcher nicht nur die Burg des Gegners (vermuthlich die alte wendische Befestigung) in Flammen aufging, sondern auch dieser selbst in seine Gefangenschaft gerieth und, zum Schrecken der gläubigen Menge, zu Roß und in ritterlicher Rüstung auf das nahe richenberger Schloß in Verwahrsam gebracht ward. Doch wußte sich der Fürst in seinem Siege zu mäßigen und entließ seinen Gefangenen, statt ihn als ungehorsamen Vasallen zu behandeln, nach kurzer Haft gegen ein mäßiges Lösegeld nach Krieges Weise und gegen das Versprechen, den begonnenen Bau einzustellen.

So nach Kirchberg, dem ich im Wesentlichen gefolgt bin, wogegen Chemnitz und Andere den ganzen Hergang in einem gehässigern Lichte darzustellen suchen, von heimlichem Aufpassen, langer schimpflicher Haft, schwerem Lösegelde u. s. w. sprechen, und namentlich eine absichtliche Verspottung des Bischofs darin sehen, daß Pribislav ihn "wie einen Reuter zu Pferde" (Chemnitz nach Kranz: in equo constituens militem seculi) in Richenberg einreiten ließ, als ob ein Bischof damaliger Zeit nicht zu reiten verstanden hätte! Kirchberg, sonst eben kein Lobredner

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unsers Fürsten, weiß von allem diesem nichts, sondern bezeugt vielmehr ausdrücklich:

Der bischof in vil kortzer czid
machte sich myt syme gelde quid;
die summen von dem gelde
nicht gar groz ich melde.

Uebrigens setzt er das Ereigniß, an das er unmittelbar die Gefangenschaft des Pribislav anreiht, da er den spätern Zehntenstreit nicht kennt, in das Jahr 1256, wogegen Chemnitz die Jahre 1252 - 53 giebt. Da wir aber den Bischof schon am 16. Dec. 1252 in Mirissowe mit dem Bischofe von Havelberg über die Grenzen der beiderseitigen Sprengel im Lande des Pribislav jenseit der Elde und der Herrschaft des Nicolaus von Werle verhandeln sehen 1 ), so ist anzunehmen, daß die ganze, für die Entwickelung des heimischen Staatslebens keineswegs bedeutungslose Fehde in dem Jahre 1252 beendigt ward. Rudolph vergaß aber die erfahrene Kränkung nicht und fand bald genug Gelegenheit zur Rache.

Im Anfange des folgenden Jahres befand sich Pribislav in Wismar, vermuthlich zum Besuche bei seinem Bruder Johann, bei welcher Gelegenheit er dem Abte des Klosters Doberan unterm 14. Februar das Dorf Zolchelin, d. h. den jetzigen Domanial=Hof Zarchelin bei Plau, für die Summe von 300 Mark verkaufte und dem Kloster das Eigenthum daran mit allen Gerechtigkeiten, so wie es sich bisher im Besitze des Ritters Herrn Wedekind von Walsleben befunden hatte, aufließ, wogegen er denn den letztern, welcher bei dieser Handlung als Zeuge gegenwärtig war, mithin seinen Consens dazu gab, natürlich anderweitig entschädigt haben wird 2 ). - Freigebiger aber, als gegen das gedachte Kloster, bewies sich der Fürst unterm 23. April 1254 gegen eine andere geistliche Stiftung, nämlich die Pfarre zu Carow bei Plau, welche so kärglich dotirt war, daß sie ihrem Pfarrherrn den nöthigen Unterhalt nicht gewährte. Pribislav schenkte demselben deshalb zur Hebung des Gottesdienstes, so wie zum Heile seiner und seiner Aeltern Seelen, drei Hufen in dem Dorfe Karow selbst und zwei Hufen in dem untergegangenen Dorfe Payow bei Karow mit allen Gerechtigkeiten und Freiheiten, selbst mit der hohen Gerichtsbarkeit 3 ), und bewies dadurch aufs Neue, daß ihm wahre Frömmigkeit nicht fremd war und daß er zur Hebung und Beförderung der Religiosität verhältnißmäßig bedeutende Opfer nicht scheuete.


1) Lisch, M. Urk. III, Nr. XL.
2) Diplom. Dober. I, Nr. XXVIII, in de Westph., M. J. III, p. 1496.
3) Urk. Anh. Nr. V.
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Diese Freigebigkeit schützte ihn aber nicht gegen neue Streitigkeiten mit dem feindlich gesinnten Bischofe, wozu dieser, wahrscheinlich schon etwas früher und gleich nach seiner Entlassung aus der Gefangenschaft, in der Säumigkeit oder dem Widerspruche mehrerer Vasallen der Herrschaft Parchim bei Entrichtung der Zehnten eine erwünschte Gelegenheit gefunden hatte. Wir haben nämlich oben gesehen, daß sich die Fürsten Johann und Pribislav durch den Vertrag von 1230 zur Beitreibung dieser zu allen Zeiten verhaßten Abgabe verpflichtet hatten, wogegen ihnen nicht nur im Allgemeinen die Hälfte derselben zum eigenen Genusse überwiesen, sondern auch gewisse, schon damals zu Lehn gegebene Güter ganz davon befreiet waren, jedoch mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß diese Befreiung sich auf die künftigen Erwerbungen der betreffenden Lehnleute nicht erstrecken sollte. Dessen ungeachtet war der Bischof mit mehreren zum Theil sehr mächtigen Vasallen, denen sich, wie es scheint, auch die Städte Parchim und Plau rücksichtlich ihrer Besitzungen angeschlossen hatten, über den Sinn und den Umfang jenes Privilegii in Streit gerathen, welcher dadurch noch verwickelter werden mochte, daß seine Vorgänger bei dem Fortschritte der Colonisation des Landes mit einzelnen Colonisten specielle Verträge geschlossen hatten, wie wir aus mehreren Beispielen ersehen; so trugen z. B. Dethlev von Godebuz zu Holzendorf und Nicolaus von Brusevitz zu Granzin im Jahre 1235 den Zehnten der genannten Dörfer von dem Bischofe Brunward zu Lehn 1 ) und eben so war Wedekind von Walsleben bei der besprochenen Veräußerung des Dorfes Zarchelin im Besitze des ganzen Zehnten. Durch solche Befreiung und Veräußerung scheint denn der Umfang der Zehntpflichtigkeit überhaupt, nicht nur in der Herrschaft Parchim, sondern fast in dem ganzen Sprengel des Bischofs in mehrfacher Beziehung schwankend und ungewiß geworden zu sein, da die Geschichte jener Zeit voll von Beispielen ähnlicher Streitigkeiten ist, theils mit den Landesherren, theils mit einzelnen Rittern, z. B. den Herren von Schnakenburg, Tessemar u. A., ja selbst mit geistlichen Corporationen, wie dem Kloster zu Doberan und dem Domcapitel zu Güstrow, - Streitigkeiten, in welchen der Bischof häufig nachzugeben gezwungen war, weshalb der Verdacht nahe liegt, daß er seine vielleicht allzusehr geschmälerten Einkünfte wohl auch über das Recht hinaus zu vermehren gesucht habe. - Unter diesen Umständen hielt sich Pribislav nicht für verpflichtet, den ihm in Gemäßheit des erwähnten Vertrages aufgetragenen Executionen gegen seine Vasallen


1) Urk. Anh. Nr. I.
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ohne weiteres Folge zu geben, da deren Weigerung zur Entrichtung des Zehnten nicht als bloße Widerspenstigkeit erschien, sondern sich auf angebliche Privilegien und wohlerworbene Befreiungen stützte; und zu leugnen ist nicht, daß die Lage des Fürsten unter den obwaltenden Umständen eine sehr schwierige war, da ein entgegengesetztes, rücksichtsloseres Verfahren ihn ohne Zweifel in Verwickelungen mit seinen Unterthanen gestürzt haben würde, deren Folgen wir nicht zu übersehen vermögen. Auf der andern Seite verfehlte der Bischof nicht, den Fürsten mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zur unbedingten Erfüllung des Vertrages und zur rücksichtslosen Vollstreckung seiner darauf bezüglichen Aufträge zu zwingen. So drangen seine Klagen und Beschwerden nicht nur bis zum Throne des Kaisers, Wilhelm von Holland, sondern selbst bis zum heiligen Vater, Alexander IV. 1 ), nach Rom, und an beiden Orten gelang es ihm, wiederholte Mandate bei Strafe der Reichsacht und des päpstlichen Bannstrahls gegen den Pribislav zu erwirken, ja nach Kirchberg säumte er nicht, das Land wirklich kraft seiner bischöflichen Gewalt mit dem Banne zu belegen 2 ). Daß hiebei der Wunsch, sich wegen der früher erlittenen Demüthigung zu rächen, mitgewirkt habe, darf man wohl ohne Ungerechtigkeit annehmen, und wirklich schreiben auch Kirchberg und Kranz, welche aber freilich diesen Zehntenstreit überhaupt nicht kennen, das ganze Verfahren ohne weiteres seiner Rachsucht zu. Wenn aber umgekehrt Latomus, Chemnitz u. A. den Pribislav beschuldigen; daß er aus Haß gegen den Bischof und im Siegesübermuth allen Zehnten aus den Ländern Parchim und Plau einbehalten, ja sogar seinen Vasallen verboten habe, denselben zu entrichten, so ist das augenscheinlich eigene Erfindung, da sich aus den gleich zu besprechenden Urkunden vielmehr mit voller Sicherheit ergiebt, daß der Fürst nur die aufgetragene Execution gegen seine Vasallen in Folge der von diesen vorgeschützten Einreden verweigerte und daß die Klage Rudolphs in der Hauptsache nur hierauf gerichtet war, während die von dem Fürsten für sich selbst in Anspruch genommenen Zehnten offenbar nur als Nebensache erscheinen.

So energische Maaßregeln verfehlten übrigens ihre Wirkung nicht und führten schon am 3. März 1255 zu Dobbertin zum Abschlusse eines vorläufigen Vergleiches, in welcher Rudolph das Recht des Pribislav rücksichtlich der Zehnten aus den (vor 1230 erbauten) Städten Parchim und Plau, so wie aus den Dörfern


1) Konrad und Innocenz waren beide 1254 gestorben.
2) Doch um dy schatzunge ted syn hant zu banne hart daz gantze lant, d. h. wegen des erpreßten Lösegeldes, welcher Grund freilich irrig ist.
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Stieten und Telecow (Zölkow?) anerkannte, so jedoch, daß der Fürst dieselben als Lehn aus der Hand des Bischofs empfing, während alle übrigen Streitpuncte, wahrscheinlich unter einstweiliger Aufhebung des Bannes, zum schiedsrichterlichen Spruche verstellt wurden 1 ). Die näheren Bedingungen sind uns freilich unbekannt, da die betreffende Urkunde leider verloren gegangen ist, aber die folgenden Ereignisse, und namentlich der spätere Vergleich vom April desselben Jahres, lassen keine andere Erklärung dieses ersten Abkommens zu. Nur zwei Tage später (am 5ten März) finden wir nämlich zu Doberan eine glänzende Versammlung von Prälaten, Fürsten und Rittern, an welcher, außer dem Bischofe und unserem Pribislav, namentlich alle Beamten des Domcapitels zu Schwerin: der Propst Werner, der Dekan Eyward, der Scholasticus Nikolaus, der Custos Johannes und der Cantor Theodorich Theil nehmen, ferner die Aebte Heinrich von Dargun und Alexander von Neuen=Kamp, Johannes, Scholasticus des Domcapitels zu Lübeck, Arnold, Kloster=Prior daselbst, und Johannes, Pfarrherr der Peters=Kirche zu Rostock, sodann die Fürsten des Landes, Johann von Meklenburg, Nicolaus von Werle, Borwin von Rostock und der Graf Gunzel von Schwerin, endlich 11 der angesehensten Ritter und "viele andere Priester und Laien", unter welchen sich wahrscheinlich als Gast auch der später hervortretende Fürst Jaromar von Rügen befand. Der Zweck dieser Versammlung war nach der Urkunde, welcher wir die Nachricht darüber verdanken 2 ), die Bestätigung der Privilegien des Klosters, vor Allem der demselben von den Landesherren und andern Laien verliehenen Zehnten, welche also auch hier streitig gewesen sein werden; aber schwerlich war dies allein ein genügender Grund zur Berufung so zahlreicher und angesehener Herren, vielmehr ist anzunehmen, daß man sich überhaupt die endliche Ausgleichung dieser ganzen, Kirche und Staat zerrüttenden Streitfrage zur Aufgabe gestellt hatte und daß also namentlich auch der Streit mit Pribislav hier zur Entscheidung gekommen sein wird. Der Spruch der Schiedsrichter aber fiel nicht unbedingt gegen Pribislav aus, sondern enthält eine durchaus angemessene und gerechte Vermittelung der gegenseitigen Ansprüche, obgleich der Fürst, wohl nicht ohne Besorgniß vor der Erneuerung des Bannes, sich eine ziemlich demüthigende, augenscheinlich von dem Bischofe vorgeschriebene Form der im April desselben Jahres darüber ausgefertigten schließlichen Vergleichsacte gefallen lassen mußte.


1) Urk. Anh. Nr. VI., nach Clandrians Regesten.
2) Diplom. Dober. I. Nr. XXX, in de Westph. M. J. III. p. 1497.
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Aus diesem merkwürdigen Documente 1 ) ersehen wir nämlich daß Pribislav zuvörderst mit 5 Rittern, einem Ausschusse der in seinem Lande angesessenen Vasallen (ohne Zweifel den gewöhnlichen Räthen des Fürsten), zusammen getreten war und sich mit ihnen, natürlich unter Zustimmung des Bischofs, über gewisse Rechtsgrundsätze vereinigt hatte, welche bei der Untersuchung über die Ansprüche derjenigen Ritter und sonstiger Unterthanen, die eine Befreiung von der Zehntpflichtigkeit oder eine specielle Belehnung mit dem Zehnten behaupteten, als Basis dienen sollten. Sodann mußte der Fürst nebst jenen Rittern in Gemäßheit des wider ihn und sein Land gefällten Spruches (pro sententiis latis in nos et terram nostram) eidlich geloben, den Aufträgen des Bischofs zur Beitreibung der rückständigen Zehnten Folge zu leisten und gegen diejenigen, welche innerhalb Jahres und Tages jene Ansprüche nicht erwiesen haben würden, sich aber gleichwohl der Zahlung widersetzten, mit der Execution zu verfahren (decimas invadiare), wobei ihn diejenigen Ritter u. s. w. unterstützen sollten, welche sich im Besitze solcher Güter befänden, von denen dem Fürsten (durch den Vertrag von 1230) der ganze Zehnte, also auch die der Kirche im Allgemeinen reservirte Hälfte eingeräumt war. Für den Fall der Nichterfüllung dieser Verpflichtung hatten die Inhaber der gedachten Güter gleichfalls eidlich angelobt, jene Hälfte des Zehnten daraus unmittelbar aus der Hand des Bischofs zu Lehn zu empfangen, unter der Verwillkührung, daß wenn sie auch hierin säumig wären, solcher Zehnte nach Ablauf von Jahr und Tag frei an die Kirche zuruckfalle, und sollten in diesem Falle überdies dem Papste und seinem Legaten, dem Könige und dem Bischofe alle (aus den anhängigen Processen entspringenden) Rechte nach Maaßgabe der Sachlage zur Zeit dieses Vergleiches reservirt bleiben. Die hierüber ausgestellte Urkunde sollte endlich von den sämmtlichen Brüdern des Pribislav, dem Grafen Gunzel von Schwerin und dem Fürsten Jaromar von Rügen mit untersiegelt werden, zum Beweise, daß sie zum Beistande des Bischofes gegen den Pribislav selbst, die Inhaber der fraglichen Zehnten und überhaupt jeden Vertragsbrüchigen bereit seien; für den Fall jedoch, daß einige von diesen ihr Siegel verweigern sollten, wollte der Bischof mit dem des Grafen und des Pribislav selbst zufrieden sein. Wirklich scheinen denn auch die drei Brüder Bedenken getragen zu haben, die Gewährleistung dieses


1) Urk. Anh. Nr. VII., eine auscultirte, aber sichtlich an mehreren Stellen incorrecte Abschrift der an sich schon ziemlich verworren abgefaßten Urkunde. In der Hauptsache kann indeß über den Sinn des Vertrages kein Zweifel sein. Vergl. auch unten S. 70, die Urk v. Novbr. 1256.
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Vertrages, die allerdings leicht zu brüderlichen Irrungen führen konnte, zu übernehmen, denn Clandrian bezeugt in seinen Regesten der Stiftsurkunden, daß das Original nur zwei Siegel gehabt habe, nämlich das des Fürsten Jaromar und ein anderes schon damals verlornes, vielleicht das gräflich schwerinsche.

Diese wichtige Urkunde, aus welcher wir den Gegenstand des Streites vollständig kennen lernen, beweist denn zugleich, daß der Fürst auch in dieser für ihn sicher höchst drückenden und selbst bedenklichen Lage die Rechte seiner Unterthanen, deren Vertretung er übernommen hatte, mit Nachdruck zu wahren wußte. Ueber den Fortgang der hiernach vorbehaltenen Verhandlungen mit den einzelnen Inhabern der Güter, deren Zehntpflichtigkeit die Veranlassung des Streites gegeben hatte, wissen wir zwar nichts Bestimmtes, doch ist kaum zu bezweifeln, daß der Vertrag, welchen die Stadt Parchim am 5ten April des folgenden Jahres 1256 mit dem Bischofe und dem Capitel zu Schwerin über den Zehnten aus den Stadtdörfern Bicher und Wozlabin abschloß, hierauf Bezug hatte. Die Stadt verstand sich nämlich dazu, statt dieser Zehnten eine jährliche, feste Abgabe von 4 Wispel Roggen und eben so viel Hafer zu übernehmen, wovon dem Bischofe 2/3 und den Domherren 1/3 zugesichert ward, eine Abgabe, welche nach der Bemerkung auf der Rückseite der betreffenden Urkunde später zu Gelde gesetzt und mit 16 Mark jährlich vom Rathhause an das Capitel bezahlt ward 1 ).

Kaum war von dieser Seite der Friede wenigstens scheinbar hergestellt, als der unglückliche Fürst, der nun einmal nicht zum ruhigen Genusse der Regierung gelangen sollte, schon wieder in eine andere Irrung mit der Geistlichkeit, nämlich mit dem Kloster zu Cismar, verwickelt ward, deren Ursprung und Verlauf sich aus Mangel an genauern Nachrichten noch weniger übersehen läßt. Am 10. Jul. 1255 übertrug nämlich der Papst Alexander dem Abte des Marien=Kosters zu Stade, Theodorich (dem Nachfolger des als Chronisten bekannten Albert), die Untersuchung und Entscheidung der Streitigkeiten, welche zwischen dem Fürsten Pribislav von Parchim, den Gebrüdern Everhard, Eckhard und Ludolph von Rensevelde und andern weltlichen Personen, einer Seits, und dem Abte und Convente des Johannisklosters zu Lübeck, anderer Seits, entstanden waren, indem die letztern sich über die Vorenthaltung gewisser, nicht näher


1) Cleemann, P. Chron. S. 111. Der Abdruck der Urkunde hat jedoch mehrere Fehler, namentlich Z. 10. capitulo st. episcopo. Das eine noch vorhandene Siegel ist das des Bischofs. Von dem Siegel des Capitels sind nur noch die rothen seidenen Fäden übrig.
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bezeichneten Grundstücke und Hebungen beschwert hatten 1 ). Es ist nun zwar völlig unbekannt, daß das gedachte Kloster jemals Besitzungen in der Herrschaft Parchim gehabt habe, aber aus der Bezeichnung desselben, als des Johannisklosters zu Lübeck, geht wenigstens so viel hervor, daß seine Ansprüche aus der Zeit vor 1240 stammen mußten; denn am 2. Jan. d. J. ward das dortige Mönchskloster aufgehoben und in ein Nonnenkloster verwandelt, die Mönche aber nach Cismar in Holstein übergesiedelt, jedoch mit dem ausdrücklichen Vorbehalte ihrer bisherigen Einkünfte aus Holstein und dem Wendenlande 2 ). Wenn also hier im Jahre 1255 von Besitzungen und Rechten des Abtes und Conventes des Klosters zu Lübeck die Rede ist, so können diese eben nur zu den damals reservirten und auf das Kloster zu Cismar übertragenen Einkünften gehören, und dieser Umstand, so wie die Wahl des päpstlichen Legaten scheinen auf die Vermuthung zu führen, daß die jetzt zur Entscheidung verstellte Irrung noch mit der Errichtung des Nonnenklosters zu Dobbertin in irgend einer Weise zusammenhing. Hier bestand nämlich, wie oben erwähnt, schon in früher Zeit ein Benedictiner=Mönchskloster, welches namentlich mit den Dörfern Dobbertin selbst, Dobbin, Jellen und Lohmen, so wie mit den Seen zu Garden und Lanken und gewissen Kornhebungen aus Golz (Goldberg) dotirt war, aber durch Borwin I. und seine Söhne, also zwischen 1219 und 1226, mit Genehmigung des Bischofs Brunward, wie dieser in einer Urkunde vom 27. Octbr. 1238 bezeugt, aufgehoben unb eben so, wie das zu Lübeck, in ein Nonnenkloster desselben Ordens verwandelt ward. Die entsetzten Mönche fanden hierauf in dem Marienkloster zu Stade ihr Unterkommen, gaben aber ihre Ansprüche auf das Vermögen des dobbertiner Klosters keinesweges auf, vielmehr erscheint ihr Propst noch im December 1227 öffentlich unter diesem Titel, und erst am 24. Octbr. 1243 ließ sich der Abt und der Convent des Klosters zu Stade bewegen, gegen eine Entschädigung von 60 Mark auf seine Rechte zu Gunsten der Nonnen zu verzichten, womit aber die Annahme nicht unvereinbar erscheint, daß die vertriebenen Mönche schon früher über einen Theil jener Güter anderweitig, etwa zu Gunsten des näher belegenen Klosters zu Lübeck, verfügt haben könnten. Anderer Seits bekennt auch der Fürst Johann von Meklenburg in einer Urkunde vom 9. Jul. 1231, daß die frommen Schwestern wegen gewisser Hindernisse, welche unbedenklich mit dem noch unerledigten Widerspruche der Mönche zusammenhin=


1) Urk Anh. Nr. VIII.
2) Lisch Hahnsche Urk. I., Nr. XII.
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gen, nicht zu dem vollen Genusse der dem Kloster von seinem Großvater verliehenen Einkünfte gelangt seien, weshalb er sich zur Beruhigung seines Gewissens bewogen fand, dieselben durch Verleihung des Patronats über die Kirche zu Golz und aller dazu gehörigen Rechte und Nutzungen zu entschädigen 1 ). In Folge dessen nun mochte er oder sein Nachfolger Pribislav sich später berechtigt gehalten haben, jene frühern Klosterhebungen einzuziehen und an die obgedachten Gebrüder von Renseveld und Genossen zu verleihen, wogegen das Kloster zu Cismar, als Cessionar der frühern Mönche, protestirte. Ich gebe indeß diese vielleicht allzugewagte Vermuthung nur als einen Wink zur Verfolgung weiterer Spuren, welche sich etwa künftig finden möchten. Die Entscheidung des Legaten ist übrigens unbekannt.

Unterdessen war unser Pribislav, dieses neuen Zwischenfalles ungeachtet, ernstlich bemühet, den Frieden mit der Kirche durch neue, nicht unerhebliche Schenkungen an die Geistlichkeit zu befestigen. So verlieh er namentlich im Jahre 1256 zu Sternberg seinem bisherigen Kaplan Jordan die Pfarre zu Wahmkow mit dem Filiale zu Hohen=Pritz und dotirte dieselbe mit zwei Hufen Landes in dem letztgenannten Orte, so wie mit 1/2 Maaß Roggen von jeder der übrigen Hufen daselbst, in Niendorf, Buchholz, Turloff und Stampen, der niedern Gerichtsbarkeit in den genannten Dörfern, der freien Fischerei auf dem Pritzer See und einem Huhn, oder statt dessen zwei Denaren, von jedem Kossaten 2 ). - Nach einer andern Urkunde aber, welche nach der vorhandenen Copie eines spätern Transsumtes zwar schon vom 25. Jun. 1234, aber sicher falsch datirt und nach allen Umständen als mit der obigen gleichzeitig anzunehmen ist, verzichtete er auf alle Rechte, welche ihm an 4 Hufen Landes der Kirche zu Raden zugestanden hatten, indem er sich nichts, als die hohe Gerichtsbarkeit vorbehielt, so jedoch, daß die Kirche auch davon den dritten Theil der Brüche genießen sollte 3 ).- Aber mitten unter diesen frommen Werken des Friedens ward unser Fürst plötzlich das Opfer der Rachsucht seines unversöhnlichen Gegners. Im vollen Vertrauen auf die bestehenden Verträge und durch das scheinbar friedfertige Benehmen des lauernden Priesters sicher gemacht, hatte er sich unvorsichtig mit einem unbedeutenden Gefolge in die Nähe der Grenzen des Stiftsgebietes gewagt, wo er in Folge eines schändlichen Verrathes durch eben den Ritter Wedekind von Walsleben, welcher einst die


1) Vgl. über alle diese Vorgänge Rudloff Urk Lief. Nr. VI. und VIII. mit den Noten.
2) Urk. Anh. Nr. IX.
3) Urk. Anh. Nr. X. mit den Bemerkungen unter dem Texte.
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junge Gemahlin des Pribislav in die neue Heimath begleitet haben soll und den wir oben als seinen Vasallen auf dem Gute Zarchlin kennen gelernt haben, wehrlos und unvorbereiet ergriffen und in Fesseln dem Bischofe ausgeliefert ward. Alle ältern Schriftsteller, namentlich Kirchberg, Krantz, Hederich, ja selbst Latomus, wissen nichts zur Rechtfertigung dieses unerhörten Friedensbruches anzuführen, sondern beschränken sich entweder auf die einfache Erzählung der Thatsache, oder beschuldigen Rudolph geradezu der Verstellung und des Verrathes und erklären dieses Verfahren einzig und allein durch das Verlangen, sich wegen der früheren Demüthigung zu rächen. Erst Chemnitz wirft dem Pribislav vor, daß er den letzten Vertrag gehalten, "wie der Hund die Fasten," indem er nicht nur aufs neue die Herausgabe der Zehnten verweigert, sondern dem Bischofe auch "allerlei Schimpf und Widerwillen gemacht" habe. Dabei erhebt er den Ritter von Walsleben zugleich zu der Würde eines Stiftshauptmannes und läßt ihn im speciellen Auftrage seines Herrn handeln. Die Verhältnisse dieser Zeit widersprechen aber durchaus allen diesen Beschuldigungen und machen es mehr als wahrscheinlich, daß der unglückliche Fürst grade bei Gelegenheit der oben berichteten Stiftungen zum Besten der Kirche, die ihn unmittelbar an die Grenze des Stiftsgebietes führten, in seinem eigenen Lande und von seinem eigenen Vasallen aufgehoben und der Rache des zum Voraus einverstandenen Gegners preisgegeben ward.

Dieser versäumte denn auch nicht, aus dieser glücklichen Wendung der Sache den größtmöglichen Nutzen zu ziehen. Zwar nahmen sich nicht nur die Fürsten von Meklenburg und Werle, sondern auch der Graf von Schwerin des Gefangenen an, und ihren Bemühungen gelang es auch am 28. Novbr., seine Fesseln zu lösen; aber nur mit dem Verluste seiner Herrschaft konnte der Fürst seine Freiheit erkaufen. Die auf uns gekommene Urkunde, welche dieses Ereignisses gedenkt, beschäftigt sich zwar eigentlich nur mit der künftigen Stellung des Bischofs zu den vermittelnden Fürsten und setzt einen voraufgegangenen, aber verlornen Separatvertrag mit dem Pribislav selbst, über dessen Schicksal wir direct nichts erfahren, voraus, indessen können wir den Inhalt dieses Hauptvertrages aus den einzelnen Bestimmungen jenes erstgedachten und aus den spätern Ereignissen mit ziemlicher Sicherheit errathen. Zunächst nämlich mußten die genannten Vermittler nebst ihren Söhnen die Urfehde schwören, d. h. eidlich geloben, den Bischof und seine Kirche, so wie den Ritter von Walsleben, dessen Erben und Diener und alle, welche bei der Gefangennahme des Pribislav mit Rath und That behülflich gewesen waren, gegen Jedermann, welcher dieselben wegen

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dieser Handlung angreifen, oder auf irgend eine Weise belästigen würde, auf ihre Kosten zu schützen, selbst dann, wenn sie selbst aus andern Gründen mit dem Bischof oder der Kirche zerfallen sollten. Ferner gelobten sie, in Gemäßheit des früher 1255 mit dem Pribislav aufgerichteten Vergleiches, jährlich auf Anruf des Bischofs zur Eintreibung des Zehnten aus den Ländern Parchim und Plau die nöthigen Executionen zu vollstrecken. Endlich aber verpflichteten sie sich mit Genehmigung des Pribislav, dem Bischofe als Entschädigung für die demselben zugefügten Schäden, ohne Zweifel in der frühern Fehde wegen des Festungsbaues, und durch die Erpressung des Lösegeldes, innerhalb zweier Monate nach dem bevorstehenden Weihnachtsfeste die Summe von 400 Mark zu erlegen und zur Sicherheit dafür dem Bischofe das zum Lande Sternberg gehörige Gebiet jenseit der Mildenitz und des radenschen Sees bis an die Grenze des Landes Bützow pfandweise einzuräumen. Für die treue Erfüllung dieses Vertrages leisteten auf Seiten des Bischofs nicht nur die Burgleute von Bützow den Fürsten Gewähr, sondern es sollte auch der Nachfolger Rudolphs bei seiner Wahl speciell darauf verpflichtet werden, wogegen auf Seiten der Fürsten außer deren Söhnen noch je drei Ritter als Mitgelober auftreten 1 ).

Diese Bestimmungen sind mit der Fortsetzung der selbstständigen Regierung des Pribislav unvereinbar; vielmehr mußte derselbe ohne Zweifel geloben, wenigstens einstweilen, etwa bis zum Tode seines Gegners, das Land zu räumen und inzwischen durch die vermittelnden Fürsten administriren zu lassen, wie namentlich aus der Verpflichtung der Letzteren zur unmittelbaren Eintreibung der Zehnten in dem Gebiete des Pribislav klar hervorgeht. Wirklich verschwindet dieser denn auch mehrere Jahre gänzlich aus der Geschichte, und erst 1261 finden wir ihn im Auslande wieder, während die drei vermittelnden Fürsten nicht säumten, gemeinschaftlich Besitz von seinem Lande zu ergreifen. Für dieses Letztere liegt der directe urkundliche Beweis in einer parchimschen Privilegien=Bestätigung vor, welche zwar undatirt ist, aber nur in diese Zeit gesetzt werden kann, und durch welche die Fürsten Johann von Meklenburg und Nicolaus von Werle und der Graf Gunzel von Schwerin den Bürgern der Stadt nicht nur das Recht zur Erhebung von Zöllen, namentlich bei der Ausfuhr von Holz und Korn, in dem Umfange erneuern, wie sie solches seit der Zeit des Fürsten Johann besessen hätten, sondern sie auch in dem ganzen Umfange ihres Gebietes von allen


1) Lisch Maltz. Urk I. Nr. VIII, wo aber das Datum irrig auf 1255 Decbr, 29. statt 1256 Novbr. 28, reducirt ist.
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Zöllen und sonstigen ungerechten Abgaben, welche im gemeinen Leben Ungeld genannt wurden, befreien und ihnen dieselben Rechte verleihen, deren ihre übrigen Unterthanen (ceteri homines nostri) genossen. Zugleich wurden die früheren Zollgerechtigkeiten der Unterthanen der Grafen Bernhard (1230 - 64) und Adolph (1248 - 69) von Danneberg sowohl rücksichtlich der Einfuhr, als der Ausfuhr aus der Stadt bestätigt, dagegen aber auch von Seiten des Grafen von Schwerin die Hälfte des in Lauenburg zu erlegenden Ungeldes zu Gunsten der parchimschen Bürger erlassen und ihnen der freie Eingang in Herneburg gewährt, wie er ihnen von Anfang an zugestanden, überhaupt aber der Genuß aller Rechte bestätigt, deren sie sich zur Zeit der Regierung des Fürsten Johann erfreuet hatten 1 ). - Aehnliche Privilegien=Bestätigungen werden denn auch den übrigen Städten verliehen sein, wenn gleich die Urkunden nicht auf uns gekommen sind; aber schon aus dem Obigen erhellt zur Genüge, daß unsere Historiker in Irrthum befangen sind, wenn sie die Zerstückelung der Herrschaft Parchim als eine unmittelbare Folge der Gefangenschaft des Pribislav und als einen Act seiner freien Entschließung betrachten, indem er aus Ueberdruß an der Regierung und um sich die Mittel zu seiner Auslösung zu verschaffen, das Land theils verkauft, theils verpfändet und sich als Privatmann zu seinem oder seines Sohnes Schwiegervater nach Pommern zurückgezogen hätte 2 ). Allerdings ist es auffallend, daß in der erwähnten Privilegien=Bestätigung des bisherigen Landesherrn mit keinem Worte gedacht wird, indem man vielmehr die Regierung desselben mit augenscheinlichem Vorbedacht völlig übersprang und auf die frühere Zeit der Landesverwaltung des Fürsten Johann zurückwies, während man in dem Vertrage mit dem Bischofe doch noch für nöthig gehalten hatte, wenigstens zu der Verpfändung des Gebietes an der Mildenitz den Consens des Pribislav einzuholen. Auch scheint man es in der That bald genug bequemer gefunden zu haben, die gemeinschaftliche Administration aufzuheben und das seines Herrn beraubte Land wie ein angefallenes Erbe aus eigener Machtvollkommenheit zu theilen, so daß Parchim der Grafschaft Schwerin, Sternberg der Herrschaft Meklenburg, Goldberg und Plau mit der Ture endlich der Herrschaft Werle einverleibt ward; aber daß dieses nicht mit Pribislavs Einwilligung geschah, darüber


1) Cleemann, P. Chr. S. 101 flgd.
2) Vgl. Rudloff M. Gesch. II. S. 44, u. v. Lützow II. (S. 15 -16, nach Chemnitz vita Prib. Die Aelteren, namentlich Kirchberg und Krantz, sprechen allerdings gleichfalls vom Verkauf der einzelnen Landschaften durch Pribislav, aber aus späterer Zeit.
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liegen uns urkundliche Beweise vor, die wir sogleich kennen lernen werden.

Uebrigens ward der mehrerwähnte verpfändete Landstrich jenseit der Mildenitz später wieder eingelöst, wie sich aus dem Vertrage des Bischofs mit den Fürsten Johann und Nicolaus vom 18. Jun. 1261 (oder nach Chemnitz 3. Jun. 1257) ergiebt, durch welchen die Grenzen der Herrschaft Parchim und des Landes Bützow zwischen den Dörfern Klein=Raden und Warnow, Poppelsdorf und Rosenow, Lübzin und Boitin, auffallender Weise ohne Theilnahme des Grafen von Schwerin, regulirt wurden 1 ). So hatte denn Rudolph durch seinen unehrenvollen Gewaltstreich zwar seinen Gegner vernichtet, aber für die Ausbreitung der eignen Macht nichts gewonnen; denn auch die Geltendmachung seiner früheren Ansprüche aus dem angeblichen kaiserlichen Privilegium, die er bei dieser günstigen Gelegenheit nicht unversucht gelassen haben wird, gelang ihm nicht, was für die Beurtheilung der Handlungsweise des Pribislav in jener ersten Fehde wegen des bützower Festungsbaues nicht unwichtig ist. Der Vertrag von 1256 übergeht diesen Punkt mit. Stillschweigen, aber noch 1263 hatte der Bischof Hermann I. mit den drei verbündeten Brüdern des Pribislav eine ganz ähnliche Fehde zu bestehen, in welcher die Fürsten die Stadt Bützow selbst besetzten und nur unter der Bedingung herausgaben, daß der Bischof zum voraus auf alle Zehnten in ihren Ländern verzichte, wenn er oder die Seinigen sich jemals von dieser Stadt aus einen feindlichen Einfall erlauben sollten. Dagegen gestatteten sie ihm denn, entweder die neue, von Rudolph angefangene Burg innerhalb zweier Jahre zu vollenden, zugleich aber die Befestigungen der Stadt selbst aufzuheben, ober nach Ablauf dieser Zeit die für die neue Burg bestimmten Erdwälle abzutragen und den Platz zu ebenen 2 ).

Unterdessen hatte sich Pribislav nicht, wie behauptet ist, nach Hinterpommern begeben, um in stiller Abgeschiedenheit des Privatlebens sein Schicksal zu beweinen oder seine Sünden zu bereuen, sondern an den kriegerischen Hof der Markgrafen von Brandenburg, wo wir ihn mit dem Plane beschäftigt finden, seine verlorene Herrschaft nöthigenfalls mit bewaffneter Hand wieder zu erobern. Vielleicht war seine erste pommersche Gemahlin schon früher gestorben und hatte seine Verbannung nicht mehr getheilt; wenigstens tritt jetzt der oben genannte Herr Richard von Vrysach urkundlich als sein Schwiegervater auf. Unter seiner Vermittelung schloß nämlich Pribislav am 3. Septbr. 1261


1) Urk. Anh. Nr. XII.
2) Lisch Maltz Urk. I. Nr. IX.
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zu Sandow, mit Wissen und Genehmigung seiner Erben, ein Bündniß mit dem Markgrafen Johann von Brandenburg, wodurch dieser sich verpflichtete, ihm zur Erreichung jenes Zweckes nach bestem Vermögen behülflich zu sein. Dagegen wies Pribislav den Markgrafen zur Entschädigung für die hierauf zu verwendenden Mühen und Kosten vorläufig auf die Stadt und Burg Parchim mit allem Zubehör an, so wie sich dieselbe seit einiger Zeit in dem Besitze des Grafen Gunzel von Schwerin befinde, und versprach, sich für die Anerkennung dieser Uebertragung, so weit er jenes Gebiet von den Herzogen zu Sachsen zu Lehn trage, d. h. nördlich von der Elde, bei diesem seinem Lehnherrn zu verwenden. Zugleich aber ward von beiden Seiten beliebt, daß nach Erreichung des vorgesetzten Zieles jeder Theil drei Schiedsrichter ernennen solle, welche unter dem Vorsitze des Bischofs von Havelberg oder eines anderen Prälaten, als Obmannes, mit Berücksichtigung sowohl der jetzigen bedrängten Lage unsers Fürsten, als der von dem Markgrafen in seiner Angelegenheit aufgewendeten Mühen und Kosten, die dem letzteren gebührende Entschädigung in Gottes Namen bestimmen sollten, indem beide Theile für sich und ihre Erben gelobten, sich dem Ausspruche dieses Schiedsgerichtes zu unterwerfen, möge nun dadurch die obgedachte vorläufige Abfindung erhöhet oder gemindert werden 1 ).

Dieser mit großer Umsicht und Rückhaltung abgeschlossene Vertrag, welcher von dem Bischofe Heinrich von Havelberg und Herrn Richard von Vrysach mit untersiegelt ward, beweist einerseits, daß unser Fürst nach fünfjähriger Verbannung und trotz seines harten Geschickes noch keineswegs verzagt und muthlos geworden war, und läßt andererseits keinen Zweifel übrig, daß ihm seine Herrschaft wider seinen Willen vorenthalten ward. Gewiß hatte er alle gütlichen Mittel zu ihrer Wiedergewinnung versucht, ehe er sich zu jenem immerhin bedenklichen Bündnisse mit den eroberungslustigen Nachbaren und zu so bedeutenden Opfern entschloß, einem Schritte, welcher übrigens zu einer Zeit geschah, wo der Tod seines hochbejahrten Gegners Rudolph († 19. Decbr. 1262) vielleicht schon als nahe bevorstehend betrachtet werden konnte und damit eine glücklichere Wendung der Angelegenheiten des Pribislav zu hoffen stand. Aber auch diese Hoffnung täuschte ihn. Wir finden keine Spur, daß der Markgraf


1) Gercken, cod. dipl. Brand. III. S. 77, u. Riedel, nov. cod. dipl. Brand. II, 1. Nr. 94. - Mißverstandener Patriotismus hat meklenburgisscher Seits die Ächtheit dieser Urkunde, deren Siegel verloren sind, bezweifeln lassen, wozu jedoch nicht der mindeste Grund vorhanden ist.
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irgend etwas gethan hätte, um die unserem Fürsten gemachten Verheißungen zu erfüllen, wiewohl er sich seiner bei anderer Gelegenheit allerdings mit Erfolg annahm, es sei denn, daß die Zusammenkunft, welche er etwa um diese Zeit zwischen Plau und Pritzwalk auf der Grenze der Ture mit dem Fürsten Nicolaus von Werle hatte, sich auf diese Angelegenheit bezog und daß der unglückliche Verlauf dieses ersten Versuches, der fast mit seiner eigenen Gefangenschaft geendigt hätte, ihn von weiteren Unternehmungen zurückschreckte 1 ).

Nun erst scheint Pribislav sich an den Herzog Barnim von Pommern gewendet zu haben, wo es ihm gelang, in dem alten, hochberühmten Julin an der Mündung der Oder für sich und die Seinigen eine neue Heimath. zu gewinnen, wie wir aus seinem und seines Sohnes nunmehrigem Titel: Herr von Wollin, genannt von Wenden (dominus de Wollin, dictus de Slavia) schließen dürfen. Wie er zu dieser entfernten Besitzung gelangt sei, und in welchen Verhältnissen er daselbst namentlich zu den pommerschen Herzogen und dem Bischofe von Camin gestanden habe, ist gänzlich unbekannt. Die Stadt Wollin, früher der Sitz der pommerschen Bischöfe, war durch mehrmalige feindliche Eroberung und Zerstörung zu einem unbedeutenden Orte herabgesunken und wird nach Verlegung des bischöflichen Sitzes nach Camin von den pommerschen Historikern kaum jemals genannt, gehörte aber anscheinend zu dem besonderen Landestheile des Herzogs Barnim. Sollte daher die oben, freilich ohne sicheren Anhalt ausgesprochene Vermuthung sich bestätigen, daß Pribislav in erster Ehe mit einer Tochter Barnims vermählt gewesen sei, so könnte es nicht auffallen, wenn dieser sich seiner heimatlosen Enkel angenommen und ihnen jene Besitzung angewiesen hätte, die vielleicht zur Mitgift ihrer Mutter bestimmt gewesen war. - Uebrigens hatte Pribislav bald nach dem Sandower Bündnisse die Freude, einen seiner Söhne durch die Vermittelung Brandenburgs mit einer Tochter Mestovins II. von Hinterpommern verlobt und dadurch in eine Lage versetzt zu sehen, welche in dem viel geprüften Manne die Hoffnung wecken mochte, daß es diesem Sohne gelingen werde, hier an der polnischen Grenze das in der Heimath Verlorne wieder zu gewinnen und eine neue Dynastie zu begründen. Diese Aussicht scheint ihn zur Versöhnung gestimmt und zugleich den Wunsch erregt zu haben, seine Verhältnisse im Wendenlande auf irgend eine Weise zu ordnen und so viel als möglich aus den frühern Besitzungen heraus zu ziehen, um alle Kräfte zur Befestigung der neuen


1) Rudloff M. Gesch. II. S. 41; v. Lützow Gesch. II, S. 22.
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Stellung seiner Familie zu sammeln. Zu diesem Zwecke unternahm er daher kurz vor seinem Tode noch einmal eine Reise in die Heimath.

Hier hatte inzwischen seine Hauptstadt Parchim ein noch wechselvolleres Schicksal erfahren, als ihr ehemaliger Herrscher. Nach Aufhebung der gemeinschaftlichen Administration sehen wir Stadt und Land zur Zeit des Sandower Vertrages 1261 in dem ausschließlichen Besitze der Grafen von Schwerin, welche auch ihre Herrschaft noch im Jahre 1264 dadurch bekundeten, daß sie dem Kloster Rühn das Patronat über die Kirche zu Frauenmark im Lande Parchim verliehen, was der Bischof Hermann am 23. October bestätigte 1 ). Aber schon am 23. Novbr. desselben Jahres schloß die Herzogin Helene von Sachsen für sich und ihre Söhne Johann und Albert einen Vertrag mit den Grafen Gunzelin und Helmold, durch welchen sie ihre Tochter mit dem letzteren verlobte und derselben eine Mitgift von 6000 Mark aussetzte, wogegen die Grafen ihr Burg und Stadt Parchim mit dem dazu gehörigen Lande bis zur Mitte des Eldenflusses, welcher das Herzogthum Sachsen von der Markgrafschaft Brandenburg trennte, als Witthum verschrieben 2 ). Die Vollziehung dieses Vertrages scheint zwar durch den bald darauf erfolgten Tod der Braut verhindert zu sein, aber Parchim entging dennoch dem ihm zugedachten Schicksale nicht; am 1. Febr. 1265 ward jener Vertrag in einen reinen Kauf verwandelt und das Land in dem vorbestimmten Umfange gegen die verheißenen und wahrscheinlich schon gezahlten 6000 Mark den genannten Herzogen als Eigenthum überwiesen 3 ). Schon am 5ten desselben Monats bestätigten diese mit ihrer Mutter die Privilegien der Stadt 4 ) und nahmen seitdem mehrere Regentenhandlungen vor, welche beweisen, daß sie sich im wirklichen Besitze des Landes befanden, z. B. die Belehnung des Ritters Gensekin mit dem Dorfe Radun 5 ), die Verleihung von drei Hufen Landes im Dorfe Grabbin an das Heil. Geist=Haus zu Parchim vom 6. Jun. 1265 6 ) und die Schlichtung eines Grenzstreites zwischen den Dörfern Granzin, Stralendorf und Lanken am 23. Jan. 1268 7 ) Bald nach dieser letzten Handlung aber verkauften die Herzoge Stadt und Burg mit aller Zubehör abermals, und


1) Urk. Anh. Nr. XIV.
2) Urk. Anh. Nr. XV.
3) Urk. Anh. Nr. XVI.
4) Cleemann, P. Chr. S. 113.
5) Vgl. oben d. Urk. v. 1264 (Nr. XV.) mit dem Magdeburger Friedensschluß v. 1269 bei Riedel, cod. dipl. Brand. II. 1. Nr. 137.
6) Urk. Anh. Nr. XVII
7) Urk. Anh. Nr. XVIII.
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zwar an die Markgrafen Otto und Albert von Brandenburg, welche am 1. Decbr. durch ihren Marschall Conrad von Stendal förmlich Besitz von der Stadt ergreifen und deren Privilegien bestätigen lassen, wobei sie den Bürgern ausdrücklich ihren obgedachten Besitztitel anzeigen 1 ). Beide Veräußerungen, an Sachsen und Brandenburg, betrafen übrigens nur die Altstadt Parchim mit dem am rechten Ufer der Elde belegenen Gebiete, während die Neustadt mit dem parchimschen Antheile des Landes Brenz fortwährend im Besitze der Grafen von Schwerin blieb. Zwar erhoben die Markgrafen von Brandenburg nunmehr auch Ansprüche auf die Neustadt, gestützt auf ihre Oberlehnsherrlichkeit über das Gebiet südlich von der Elde, vielleicht auch auf den gleichwohl nicht zur Ausführung gekommenen Sandower Vertrag von 1261, worüber es zur offenen Fehde gedieh; durch den magdeburger Friedensschluß von 1269 (Jun. 9.) ward jedoch der Besitz der Grafen anerkannt, wogegen sie für schuldig erkannt wurden, die übliche Lehnpflicht gleich den übrigen Vasallen der Markgrafen zu leisten 2 ).

So standen die Sachen, als Pribislav im Jahre 1270 persönlich nach Schwerin kam und sich sofort am 12. Febr. mit seinem Schwager, dem Grafen Gunzel, und dessen Sohne Helmold völlig ausglich. Mit Rücksicht auf die Liebe und Zuneigung, welche diese seine "geliebten und besondern Freunde" ihm und seinen Kindern oft erwiesen hätten und noch ferner zu erweisen gedächten, verzichtete er feierlich auf alte Ansprüche, welche er bisher wegen seiner ehemaligen Besitzungen erhoben, soweit solche auf die Grafen übergegangen waren und sich annoch in ihrem Besitze befänden, mit andern Worten also auf die Neustadt Parchim, welche nunmehr rechtmäßiges Eigenthum der Grafen ward. Zugleich vertraute der Fürst, wohl im Gefühl seines herannahenden Todes und mit Rücksicht auf die unsichere Stellung seiner Söhne, zugleich seine noch unverheirathete Tochter dem Schutze der Grafen an, welche versprachen, sie in ihre Familie aufzunehmen, bis sie dieselbe mit Einwilligung des Vaters vermählt haben würden 3 ). Die Grafen erfreuten sich dieses Besitzes jedoch nicht lange. Nachdem sie am 28. September 1270 der Marienkirche auf der Neustadt Parchim das Eigenthum von sechs Hufen im Dorfe Bök, welche der Ritter Gerhard von Malin, und ebenso am 12. Julius 1274 von vier Hufen daselbst, welche vier parchimsche Bürger dieser Kirche geschenkt, bestätigt


1) Cleemann, P. Chr. S. 114. Die Urk. hat keine Jahreszahl, kann aber nach dem Voraufgehenden und gleich Folgenden nur in das Jahr 1268 gehören.
2) Rudloff Urk. Lief. u. Riedel a. a. O. II. 1. Nr. 137.
3) Rudloff Urk. Lief. Nr. XXII., Cleemann a. a. O. S. 116.
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hatten, schlossen sie am 18. May 1275 einen Vertrag mit den Markgrafen von Brandenburg, in welchem sie denselben unter anderm versprachen, ihnen in Verfolgung ihrer Ansprüche auf die Neustadt Parchim nicht hinderlich zu sein 1 ). Sie waren also jetzt nicht mehr im Besitze dieser Stadt, welche inzwischen an die Fürsten von Werle übergegangen war.

Gleichzeitig, oder vielleicht etwas später, wird denn auch eine Aussöhnung des Pribislav mit dem Sohne seines am 1. Aug. 1264 verstorbenen ältesten Bruders Johann, Heinrich dem Pilger von Meklenburg, so wie mit dem alten Nicolaus von Werle und dessen Söhnen rücksichtlich seiner übrigen Besitzungen zu Stande gekommen sein. Von diesen scheint Stadt und Land Sternberg noch zur Zeit des erwähnten Grenzvertrages mit dem Bischof Rudolph 1261 (wenn das Datum richtig ist) zwischen den beiden Brüdern gemeinschaftlich gewesen zu sein, doch muß es dann wenigstens bald darauf, noch bei Lebzeiten Johanns, in dessen ausschließlichen Besitz gekommen sein; denn als nach seinem Tode ein Successions=Streit unter seinen Söhnen ausbrach, in Folge dessen Johann IV. und Hermann sich gegen ihren älteren Bruder Heinrich mit den Grafen Gunzel und Helmold verbündeten, versprachen sie diesen, zum Danke für die ihnen zu leistende Hülfe, die Einräumung der Stadt Sternberg mit allen Zubehörungen, in den Grenzen, in denen ihr Vater zur Zeit seines Lebens solche besessen habe 2 ). Schon hieraus dürfen wir mit Sicherheit schließen, daß der Rest der ehemaligen Herrschaft Parchim, nämlich Goldberg, Plau und die Ture schon jetzt an den dritten Geranten des Vertrages mit dem Bischofe Rudolph von 1256 abgetreten sei; auch finden wir wenigstens die Ture zur Zeit der oben angeführten Verhandlung des Nicolaus mit den Markgrafen im Besitze des ersteren, und wenn auch das Jahr dieses merkwürdigen Ereignisses unbekannt ist, so fällt dasselbe doch sicher in die Zeit des rüstigen Mannesalters dieses Fürsten. Ein urkundlicher Beweis für die Erwerbung dieser Länder vor dem Jahre 1272 ist indeß nicht beizubringen. - Jedenfalls aber fehlte es ihm sowohl, als den Herren von Meklenburg rücksichtlich Sternbergs an einem rechtmäßigen Besitztitel, so lange Pribislav nicht auf seine Rechte verzichtete, was ihnen bei dessen Verhältnissen zu Pommern und Brandenburg nicht gleichgültig sein konnte, und deshalb ist die Nachricht des Kirchberg und Krantz, daß Pribislav Parchim, Plau und Goldberg an Johann und Heinrich von Wenden, die Söhne des


1) Urk. Anh. Nr. XX - XXII.
2) Rudloff Urk. Lief. Nr. XIX. Die Urkunde hat kein Datum; Rudloff setzt sie aber aus triftigen Gründen ins Jahr 1266.
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Nicolaus, und etwas später auch Sternberg an Heinrich von Meklenburg verkauft habe, im Wesentlichen sehr wahrscheinlich 1 ). Rücksichtlich Parchims, worunter hier jedenfalls nur die im Besitze Brandenburgs befindliche Altstadt mit dem Gebiete am rechten Eldeufer verstanden werden könnte, ist die Angabe freilich bei der delicaten Stellung Pribislavs zu den Markgrafen bedenklich, man müßte denn annehmen, daß diese zu seinen Gunsten etwa gegen Erstattung des Kaufschillings Verzicht geleistet hätten, und wirklich sehen wir den Nicolaus mit seinen Söhnen bald darauf Besitz von dieser Stadt ergreifen, deren Privilegien er am 30. Jan. 1273 bestätigte 2 ), und wahrscheinlich schon im folgenden Jahre auch die Neustadt wieder damit vereinigte. Um eben diese Zeit ließ sich auch das Kloster Sonnenkamp, welches mehrere Güter in der Herrschaft Parchim besaß, wahrscheinlich in Folge dieser Verträge mit Pribislav, seine Privilegien bestätigen, namentlich am 25. Jan. 1271 durch Heinrich von Meklenburg, welcher dem Kloster erst kurz zuvor zwei Hufen zu Niendorf im Lande Parchim (Sternberg) geschenkt hatte, und am 1 Aug. 1272 durch Nicolaus und seine Söhne Heinrich und Johann von Werle. Eben so bestätigten die letzteren im Jahre 1274 auch die Privilegien der Klöster Dobbertin und Stepnitz. Beide Fürstenhäuser haben sich denn auch seitdem im Wesentlichen in dem Besitze dieser so erworbenen Länder behauptet. Namentlich ist Sternberg, da der oben angeführte Vertrag mit den Grafen von Schwerin keine weiteren Folgen hatte, stets bei Meklenburg, und zwar bei der stargardischen Linie dieses Hauses geblieben, Parchim, Plau und Goldberg dagegen bei dem Fürstethum Werle, obwohl ihm der Besitz von Parchim noch später bestritten sein soll; nur die Ture ward 1307 von Brandenburg erobert und ging 1316, nachdem Werle auf seine Rechte verzichtet hatte, an Meklenburg über.

Nachdem Pribislav auf diese Weise keine Verhältnisse in der Heimath seiner Väter geordnet hatte, wird er bald darauf, noch vor erreichtem sechzigsten Lebensjahre, entweder zu Wollin, oder bei seinem Sohne in Hinterpommern, gestorben sein, wenigstens ist uns kein weiteres Zeugniß seiner Thätigkeit aufbewahrt. Unsere Historiker, von Chemnitz an, setzen seinen Tod sogar einstimmig schon in das Jahr 1262 und schreiben darum die besprochene


1) Aus Kirchbergs gedrängter und unklarer Darstellung hat wahrscheinlich schon Krantz, und nach ihm alle Neueren geschlossen, daß dieser Verkauf unmittelbar nach Pribislavs Gefangenschaft statt gefunden habe. Aber schon die Namen der Käufer widerlegen diese Ansicht.
2) Cleemann a. a. O., S. 118. Wegen der Neustadt vergl. oben die Urkunde vom 18. May 1275 (Nr. XXII.) u. Cleemann a. a. O., S. 119, Urk. v. 1282.
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Urkunde von 1270 seinem gleichnamigen Sohne zu. Wer sich aber mit der Geschichte dieses Fürstenhauses vertraut gemacht hat, kann über den Urheber dieser Urkunde nicht zweifelhaft sein; schon die Hinweisung auf seine früheren Besitzungen im Wendenlande, auf seine Verhältnisse zu den Grafen von Schwerin, so wie die Erwähnung seiner zwar noch unvermählten, aber offenbar schon mannbaren Tochter (filia adhuc maritanda) und mehrerer Söhne (pueri) lassen durchaus nur an den Vater denken, da der Sohn um diese Zeit höchstens 26 - 30 Jahre alt sein konnte. Völlig entscheidend ist aber endlich das Siegel der Urkunde, welches zwar sehr beschädigt, aber doch noch unzweifelhaft als das alte, wohl bekannte und viel verrufene Majestäts=Siegel des ehemaligen Fürsten von Richenberg zu erkennen ist, obgleich der Fürst hier zum ersten und zum letzten Male unter dem neuen Titel als Herr von Wollin auftritt. Wenn es daher in dem bekannten doberaner Necrologium, auf welches Chemnitz sich beruft, wörtlich heißt: "Pribislav v. G. G. Herr zu Richenberg, vierter Sohn des Herrn Heinrich, welcher das Gut Zolchelin schenkte, im Jahre des Herrn 1262, am 1. August," so ist dieses Datum schwerlich auf seinen Tod zu beziehen. Zwar giebt dieses Monument in der Regel nur die Todestage an, aber es wird dieses auch jedesmal durch den Zusatz "starb," "ward begraben" u. dgl. angezeigt; nur zweimal fehlt dieser Zusatz, nämlich in unserm Falle und bei Borwin III, wo das Jahr 1260 angegeben ist. Dieses letztere ist aber entschieden nicht das Todesjahr des Fürsten, kann es auch nicht sein sollen, da gerade in diesem Falle ein Irrthum ganz undenkbar ist. Ich glaube daher das obige Datum nur auf die unmittelbar vorher erwähnte Schenkung des Dorfes Zolchelin beziehen zu können, wenn gleich die erste Erwerbung dieses Dorfes durch das Kloster nach der mitgetheilten Urkunde schon am 14. Februar 1253 statt fand, denn dieses war keine Schenkung, sondern ein Kauf, welcher vielleicht erst 1262, zu einer Zeit, wo Pribislav durch die Hülfe Brandenburgs die Wiedergewinnung seines Landes hoffte und deshalb die Aussöhnung mit der Geistlichkeit dringend wünschen mußte, durch Erlassung des Kaufpreises in eine Schenkung verwandelt. ward. Wirklich wird denn auch in einer anderen, handschriftlich vorhandenen doberaner Genealogie unserer Fürsten einer Urkunde des Pribislav über das mehrerwähnte Dorf gedacht, welche nach dem dort mitgetheilten Inhalte nicht die von 1253 sein kann, und also wahrscheinlich vom 1. August 1262 gewesen sein wird 1 ).


1) Ex isto (privilegio Pribizlai super villam Zolchelin) patet, quod ipse habuit dominium in Plawe, Parchem et Sternberg, was aus der Urk. v. 1253 auf keine Weise zu entnehmen ist. Vgl. oben S. 14.
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Wie es sich aber hiemit auch verhalten mag, gewiß ist, daß unser Fürst seine wechselvolle, an wahrhaft ergreifenden Momenten reiche Laufbahn erst nach dem Jahre 1270 in der Fremde endigte. Er war ohne Zweifel ein Mann von nicht gewöhnlichen Geistesgaben, dessen thätige Regierung für das Vaterland nicht ohne Segen geblieben ist. Wenn gleich dem Mönchswesen seiner Zeit abhold und wohl einer freieren Richtung in religiösen Dingen huldigend, wovon auch die wahrscheinlich schon unter seiner Regierung erfolgte Niederlassung der Juden in Parchim Zeugniß geben mag 1 ), hat er doch durch eine väterliche Fürsorge für das Kirchen= und Schulwesen seine wahrhaft christliche Gesinnung hinreichend bewiesen. Durchdrungen von der hohen Würde seiner Stellung und eifersüchtig auf seine Herrscherrechte, wie schon die Wahl seines Siegels anzudeuten scheint, trat er den Anmaßungen der hohen Geistlichkeit mit Entschiedenheit und Ausdauer entgegen und hat dadurch vielleicht die Gründung eines unabhängigen geistlichen Staates in der Mitte Meklenburgs verhütet. Endlich hat er sich durch die Gründung der Städte Goldberg, Sternberg und der Neustadt Parchim ein dauerndes Denkmal gestiftet, und wenn Kirchberg ihm mit den Worten:

Syn stede hattin ouch sundirn recht,
dy her nach syme houbte machte,
darnach so sin syn betrachte,

eine willkührliche Regierung namentlich gegen seine Städte vorwirft, so fehlt es dafür mindestens an alten Beweisen, man möchte denn in der allerdings auffallenden Fassung der parchimschen Privilegien=Bestätigung durch seine Nachfolger, namentlich aus der Hervorhebung der Rechte der Stadt zur Zeit des Johann, eine Kränkung und Nichtachtung dieser Rechte durch Pribislav folgern wollen. Aber die Worte Kirchbergs zeigen deutlich, daß er den Vorwurf lediglich auf die Eigenthümlichkeit des parchimschen Rechtes gründete, mithin mir ein neues Zeugniß seiner eigenen blinden Partheilichkeit liefert. Uebrigens ausgezeichnet durch Muth und Entschlossenheit, mäßig im Glück und ungebeugt im Unglück, hat unser Fürst sicher in keiner Weise den Haß verdient, mit welcher eine beleidigte Geistlichkeit ihn bis über das Grab hinaus verfolgt und seinen Namen in der Geschichte des Vaterlandes Jahrhunderte hindurch durch beispiellose Verläumdung geschändet hat.


1) Die im Kreuzthor und in der Marienkirche zu Parchim vermauerten Grabsteine reichen bis zum Jahre 1282 zurück, eine Zeit, wo sich sonst noch keine Spur dieses Volkes in Meklenburg findet.
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Pribislav I. hinterließ bei seinem Tode außer der bereits erwähnten Tochter, welche von den späteren Schriftstellern Margaretha genannt wird, zwei Söhne, von denen der eine unsern Historikern völlig unbekannt geblieben ist; seine Existenz wird aber durch eine unten näher zu besprechende Urkunde vom Jahre 1289 außer allem Zweifel gesetzt. Beide Brüder führten den Namen des Vaters, ein Umstand, welcher eine strenge Unterscheidung derselben bei der Kärglichkeit der Nachrichten, die wir überhaupt von ihnen besitzen, unmöglich macht. Vielleicht liegt darin ein Beweis der zweimaligen Vermählung des Vaters, da die Gleichnamigkeit zweier Brüder selbst in fürstlichen Familien zwar nicht ohne Beispiel ist, aber doch immer zu den Seltenheiten gehört und wohl nur durch besondere Veranlassungen zu erklären ist. Uebrigens erwähnt der Vater schon in dem Sandower Vertrage von 1261 der Genehmigung seiner Erben und scheint also schon damals mehrere mündige Söhne gehabt zu haben, da der Consens der Töchter in solchen Fällen durchaus ungewöhnlich ist. Ebenso gedenkt er in dem letzten Vertrage mit den Grafen von Schwerin von 1270 seiner pueri, aus welchem Ausdruck wir schließen dürfen, daß damals beide noch minderjährig waren, was mit der oben angeführten Nachricht über die Zeit der Verheirathung des Vaters, 1244, sehr gut stimmt, wenn wir annehmen, daß die Tochter die Erstgeborene war.

In den ersten Jahren nach dem Tode des Vaters finden wir die Söhne, oder wenigstens einen derselben, annoch am vorpommerschen Hofe mit dem väterlichen Titel als Herr von Wollin, namentlich in einer Urkunde des Herzogs Barnim vom 4ten Juni 1273 1 ), so wie in einer anderen vom Jahre 1276, in welcher derselbe Fürst in Gemeinschaft mit seinem Sohne Bugislav dem Bischofe Hermann von Camin Stadt und Land Colberg käuflich überläßt 2 ). In beiden Urkunden wird nämlich unter


1) Vgl v. Eickstedt Urk. Samml. zur Gesch. des Geschlechtes der v. Eickstedt. I, S. 59.
2) Martinus Rango, origines pomeranicae, p. 165. flgd. Hier ist zwar Subico, domicellus de Wollin, gedruckt. Nach der Abschrift der Caminschen Matrikel ad a. 1276, fol. CXXVI. in der Löperschen Urk. Sammlung, welche sich im Besitze der Gesellschaft für pommersche Geschichte befindet, ist jedoch statt Subico: Pribico zu lesen. Mittheilung des Professors Herrn Dr. Hering zu Stettin.
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den Zeugen neben dem Grafen Otto von Eberstein, einem Verwandten des Bischofs, welcher die Herrschaft Naugard in Pommern besaß, auch der edle Herr Pribico von Wolin genannt, welchen wir nach diesem Titel unbedenklich für den Sohn unsers Pribislav I. nehmen dürfen. Der Name Pribico ist eine nicht ungewöhnliche Verkürzung aus Pribislav, wie Subico aus Subislav, Miesco oder Mizeko aus Mizislav, Suinico aus Suinislav u. s. w. - Seitdem kommt aber dieser Titel in den bisher bekannt gewordenen Urkunden nicht wieder vor, wogegen seit dem Jahre 1280 ein Pribislav oder Pribeco, Herr von Belgard, auftritt, und zwar unter Verhältnissen, welche uns völlige Gewißheit darüber geben, daß er der Sohn unsers Pribislav I von Parchim oder Richenberg sei, wie sich im Folgenden klar ergeben wird. Zweifelhaft kann daher nur sein, ob jener Pribislav von Wollin und dieser gleichnamige Herr von Belgard dieselbe Person ist oder ob wir beide als Brüder zu nehmen haben, jenen etwa als den älteren von der pommerschen Prinzessin, welcher als solcher zunächst in den vorpommerschen Besitzungen seines Vaters (der vermuthlichen Brautgabe der Mutter) succedirte, diesen als den jüngeren oder den Sohn des Fräuleins von Vrysach. Die Verhältnisse des Landes Belgard lassen indeß das letztere vermuthen.

Mestovin II. von Hinterpommern, ein schwacher und höchst wankelmüthiger Fürst, sah sich nämlich schon unterm 1sten April 1269, wahrscheinlich in Folge eines doppelten Krieges mit den Herzogen von Vorpommern und dem deutschen Orden veranlaßt, das Eigenthum seiner gesammten Besitzungen auf die Markgrafen Johann, Otto und Conrad von Brandenburg zu übertragen, wogegen diese sich verpflichteten, dem Herzoge eine näher bestimmte Leibrente zu zahlen, die empfangenen Güter desselben aber seiner Gemahlin und seinen Kindern als Lehn zurück zu geben, jedoch mit Ausnahme der Burg und des dazu gehörigen Landes Belgard, welches ihnen zu ihrem freiesten Gebrauche reservirt blieb. Außerdem aber übernahmen die Markgrafen für die standesgemäße Vermählung einer Tochter des Herzogs zu sorgen, zu welchem Zwecke dieser derselben eine Brautgabe von 1000 Mark Silbers zusicherte, wogegen der Gemahl selbst ihr eine jährliche Hebung von 100 Mark anweisen sollte 1 ).


1) Dreger, cod. dipl. Pomer. Nr. 436; Gercken, cod. dipl. Brandenb. I. p. 208; Riedel, nov. cod. dipl. Brand. II. I. Nr. 136. Alle drei Abdrücke sind nach dem copiarium des Königl. Geh. Archives zu Berlin veranstaltet, weichen aber dennoch in Einzelheiten ab. Die hieher bezüglichen Worte lauten: convenimus in hunc modum, quod filiam nostram (Mestovini) viro matrimonialiter copulaverunt (marchiones), cui mille marcas exami- (  ...  )
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Weder die Tochter, noch der ihr bestimmte Gemahl werden genannt; da indeß unser Pribislav späterhin urkundlich als Schwiegersohn Mestovins aufgeführt wird und zugleich als Herr des Landes Belgard erscheint, so jedoch, daß er zu einer in diesem Lande vorgenommenen Schenkung den Consens seiner Gemahlin Katharina nöthig erachtet, so ist wohl völlig klar, daß der hier besprochene Vertrag auf ihn Bezug hat und daß seiner Gemahlin bei Vollziehung der durch die Markgrafen vermittelten Vermählung anstatt der vom Vater ausgelobten 1000 Mark das für diese Summe etwa wieder eingelöste Land Belgard als Brautgabe erhalten haben wird. Dasselbe bezeugt Kirchberg mit den Worten:

Von Pomeren herczoge Mestuwyn
der gab ym dy tochter syn,
vor synen brutschatz im da wart
eyn veste dy hiez Belegart.

Hieraus scheint aber zugleich zu folgen, daß dieser Pribislav von Belgard, welcher schon 1269, also bei Lebzeiten des Vaters, mit einer Tochter Mestovins von Hinterpommern verlobt war und den wir auch später häufig an dem Hofe der Markgrafen von Brandenburg in nächster Verbindung mit seinen mütterlichen Verwandten, den Herren von Frysach, finden werden, daß dieser ein anderer sei, als jener Pribeco von Wollin, welchen wir 1273 und 1276 an dem Hofe des Herzogs Barnim von Vorpommern fanden.

Was die Lage des mehr erwähnten Landes Belgard betrifft, so haben pommersche Historiker zwar vermuthet, daß hierunter die in den Streitigkeiten mit Polen und dem deutschen Orden oft vorkommende Burg dieses Namens in dem Districte Lauenburg in Pommerellen gemeint sei, weil man gewöhnlich annimmt, daß sich die Herrschaft der Herzoge von Hinterpommern um diese Zeit nicht bis zu der bekannteren cassubischen Stadt Belgard an Persante erstreckt habe 1 ). Wenn es indessen auch sicher sein sollte, daß in älteren Zeiten die Leba die Grenze zwischen beiden Herzogthümern bildete, so ist doch eben so gewiß, daß die Herzoge von Pommerellen ihre Herrschaft schon früh, wahrscheinlich während der häufigen pommersch=dänischen Kriege des zwölften


(  ...  ) nati argenti superaddemus, maritus vero centum marcas eidem nomine dotis assignabit annuo excipiendas vite sue temporibus feliciter et quiete. Hiernach hätte also die Vermählung bereits statt gefunden. Der sonstige Inhalt der Urkunde scheint aber zu der Annahme zu berechtigen, daß der Ausdruck ungenau und zunächst nur beabsichtiget sei, die Markgrafen zu der künftigen standesgemäßen Vermählung der Prinzessin zu verpflichten.
1) Vgl Dreger, I. I. not. c. p. 547, und Barthold, Gesch. v. Pommern III. S. 41. Anm. 2.
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Jahrhunderts, bis über die Wipper und Grabow hinaus nach Westen ausgedehnt haben und sich hier auch ungeachtet der wiederholten Anstrengung der Vorpommern zur Wiedereroberung dieses verlorenen Gebietes zu behaupten wußten, so daß namentlich die Gegend um das Kloster Bukow während der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts ununterbrochen in ihrem Besitze blieb. Auch der Kriegszug Wartislavs und des Bischofes Hermann von Camin im Jahre 1259, auf welchem sie bis Stolpe vordrangen, hatte keinen dauernden Erfolg, und erst nach dem Tode Swantopolks (1266) gelang es dem Herzoge Barnim I. wenigstens einen Theil dieser Provinz wieder zu gewinnen 1 ). Diese Eroberung beschränkte sich aber zunächst wohl nur auf den unmittelbaren Küstenstrich zwischen den Flüssen Persante und Grabow und selbst hier gaben die Herzoge von Pommerellen ihre Ansprüche keinesweges verloren, wie sich aus der Bestätigung der Güter des Klosters Bukow durch die Brüder Wartislav und Mestovin von 1268 ergiebt 2 ), und erst im Laufe dieses Jahres scheint Barnim bei fortgesetztem Kriege tiefer in das Innere des Landes vorgedrungen zu sein. Unterm 13ten December nämlich bestätigte er dem gedachten Kloster diejenigen hundert Hufen, welche der Ritter Johann Kule demselben im Lande Belgard in der Gegend von Persanzig bis an die polnische Grenze bei Neustettin gemacht hatte 3 ), eine Schenkung, welche Pribislav im Jahre 1289, mit ausdrücklichem Bezug auf die frühere Verleihung des Johann Kule mit noch zweihundert Hufen vermehrte.

Aus allen diesen Umständen erhellt denn wohl zur Genüge, daß Mestovin eben durch diesen entschiedenen Erfolg der pommerschen Waffen, so wie durch die gleichzeitigen Verwickelungen mit dem deutschen Orden und die inneren Zwistigkeiten mit den eigenen Brüdern gezwungen worden sei, sich den Markgrafen von Brandenburg in die Arme zu werfen. Dann aber darf man nicht zweifeln, daß das in diesem Vertrage an Brandenburg abgetretene Land Belgard wirklich, wie oben vorausgesetzt ist, das cassubische Gebiet dieses Namens an den Ufern der Persante ist, und daß diese Verleihung in unmittelbarem Bezug auf die bedungene Vermählung der Tochter Mestovins stand. Zugleich aber erkennen wir hieraus, daß es zur Zeit mit der wirklichen Besitz=


1) Vgl. die Urkunden bei Lisch, M. U. I. Nr. 35. und 37, und Dreger a. a. O. Nr. 236, 237, 343 und 378 aus dem Zeitraume von 1248 - 65 mit den folgenden von 1266 - 68 bei Dreger Nr. 394, 405, 421, 422 und 423.
2) Dreger a. a. O. Nr. 427.
3) Dreger a. a. O. Nr. 426. Vgl. damit die Urkunde des Bischofes von Camin vom 12ten Juli 1269 Nr. 440), worin derselbe auf alle Entschädigungsansprüche gegen Barnim wegen der erlittenen Kriegsschäden verzichtet, und Barthold a. a. O. II. S. 534 flgd.
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ergreifung der dem künftigen Schwiegersohne bestimmten Brautgabe noch im weiten Felde war; denn noch befand sich dieses Land in den Händen der Feinde und seine Wiedereroberung blieb den neuen Schutzherren überlassen. Diese aber wurden durch das neue Bündniß zunächst in blutige Fehden mit Polen und den preußischen Rittern verwickelt, zerfielen dann mit ihrem wankelmüthigen Schützling selbst, welcher die neuen mächtigen Freunde bald mehr fürchtete, als die alten Feinde, bis er, durch die drohende Verbindung der vorpommerschen Herzoge mit dem Fürsten Witzlav von Rügen geschreckt, aufs neue unter den Schutz der Markgrafen flüchtete. Nun begannen die wichtigen brandenburgisch=pommerschen Kriege, welche mit kurzer Unterbrechung bis zum Jahre 1284 fortdauerten und in welche allmählig fast alle benachbarten Fürsten hineingezogen wurden 1 ).

Bei dieser unentwirrbaren Zerrüttung aller Verhältnisse, in welcher namentlich die Herrschaft über die Grenzprovinzen fortwährend schwankte, läßt es sich nicht mehr ermitteln, um welche Zeit und unter welchen näheren Umständen unser Pribislav in den wirklichen Besitz der ihm bestimmten Gemahlin und der neuen Herrschaft gelangt sein möge. Wir finden ihn zuerst am 15ten April 1280 zu Ukermünde und zwar im Gefolge des Herzogs Bogislav IV., dem Sohne Barnims I., wieder, wo er in einem den Bürgern von Greifenhagen ertheilten Zollprivilegium zum ersten Male als edler Herr von Belgard unter den Zeugen aufgeführt wird 2 ), und zwei Jahre später nahm er unter gleichem Titel und in gleicher Eigenschaft an dem Vergleiche Theil, welcher am 27sten August 1282 zwischen der Stadt Colberg und dem Propste und Capitel der Collegiatkirche daselbst wegen des Heil. Geist=Hauses abgeschlossen ward 3 ). Um diese Zeit war also Belgard noch im Besitze des Bogislav, welcher sich um so weniger geweigert haben mag, die dem Pribislav und seiner Gemahlin von deren Vater und dessen Schutzherren verliehenen Rechte auf dieses Land anzuerkennen, als er mit beiden nahe verwandt war 4 ). Dagegen scheint denn auch Pribislav in dem gerade damals wüthenden Kriege mit Brandenburg, an welchem auch


1) Vgl. Barthold a. a. O. S. 538 flgd.
2) Dipl. msc. im Archive der Stadt Greifenhagen, vgl. Baltische Studien. V. Hft. 2. S. 171.
3) Mittheilung des Herrn Professors Dr. Hering zu Stettin aus der colberger Matrikel S. 128.
4) Bogislav war ein Enkel der Miroslava, Mestovins I. Tochter, und seine Schwester Anastasia war mit Heinrich dem Pilger von Meklenburg, seine beiden Töchter aber mit Nicolaus von Rostock und Heinrich von Werle vermählt. Daß eine ältere Halbschwester desselben die Gemahlin Pribislavs I. in erster Ehe geworden sei, ist oben vermuthet.
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seine meklenburgischen Vettern als pommersche Bundesgenossen Theil nahmen, in Treue zu seinem neuen Lehnsherrn ausgeharrt zu haben, während die meisten der mächtigen Vasallen Bogislavs jenseit der Oder verrätherisch zu Brandenburg hielten. Dieser Krieg ward noch zwei Jahre mit abwechselndem Glücke fortgeführt, und als es dann endlich im Sommer 1284 zum Frieden kam, ward gerade dadurch der Keim zu neuen Verwickelungen in den Verhältnissen unsers Fürsten gelegt, welche nur zu sehr geeignet waren, die ohnehin unsichere Stellung desselben zu gefährden 1 ).

In dem vierradener Friedensschlusse mußte Bogislav sich nämlich verpflichten, den Markgrafen Otto und Konrad innerhalb zweier Jahre eine Kriegsentschädigung von 4000 Mark Silbers zu zahlen und denselben als Unterpfand die Stadt Ukermünde einzuräumen, jedoch unter der Bedingung, daß es ihm freistehen solle, dieselbe durch Uebergabe der Länder Welsenborg, Doberen und Labes, oder statt des letzteren, nach seiner Wahl, des Landes Belgard einzulösen, welche Besitzungen für den Fall, daß die übernommene Zahlung innerhalb des bestimmten Termines nicht erfolgen sollte, zum voraus eigenthümlich an Brandenburg überwiesen wurden. Diese für unsern Fürsten offenbar sehr verfängliche Bestimmung veranlaßte denselben, aufs neue den Schutz seiner alten Gönner, der mächtigen Markgrafen, zu suchen, wehalb er am 29sten October 1285 persönlich in dem brandenburgischen Lager vor Gummern erschien, wo die Markgrafen ihn gegen das Gelöbniß unverbrüchlicher Treue unter die Zahl ihrer Dienstmannen aufnahmen und ihm ihren Schutz und Beistand in seinen eigenen Angelegenheiten zusicherten 2 ).

Fast scheint es, daß die Markgrafen demnächst nach Ablauf jener zwei Jahre wirklich, wenigstens auf einige Zeit, in den Besitz der genannten Länder gelangt seien, da Pribislav am 24sten Juni 1287 nicht nur Doberen und Welsenborg, sondern auch seine ältere Besitzung Belgard, nach dem unter Edlen und Baronen geltenden Rechte, förmlich als brandenburgisches Lehn empfing und zwar zu gesammter Hand mit seinen mütterlichen Anverwandten, den Herren Heinrich und Richard von


1) Wegen der hier erwähnten Bündnisse und Kriege muß ich wieder auf Barthold, III. S. 4 - 30, verweisen. Vgl auch Rudloff Gesch. v. M. II. S. 70, und über den vierradener Riedel, cod. dipl. Brandenb. I. Nr. 230, und baltische Studien II. 1. S. 128.
2) Urk. Anh. Nr. XXIV. Die Worte: (marchiones) nos (Pribislaum) in suam receperunt familiam et ad suum servicium, werden in deutschen Urkunden, wie Gercken mit Bezug auf Ludwig, VII. S. 22 und 52 bemerkt, so ausgedrückt: daß sie uns haben genommen zu Gesinde (Dienstmannen) und in ihren Beschirm.
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Frysach 1 ), wahrscheinlich Vater und Sohn, von welchen der letztere auch in dem vierradener Vertrage unter den brandenburgischen Vasallen genannt wird. Die näheren Bestimmungen dieser Urkunde beweisen übrigens, daß die Markgrafen nicht ohne Mißtrauen gegen die Treue unsers Fürsten waren, indem die genannten Herren von Frysach nebst dem Ritter von Wedelstede und einem gewissen Heinrich, welcher als clericus bezeichnet wird 2 ), noch die besondere Gewähr übernehmen mußten, daß Pribislav sich nicht von seinen neuen Herren lossagen, noch ohne deren Genehmigung gegen irgend jemanden eine Fehde beginnen werde. Ob die hiedurch zugleich ausgesprochene Besorgniß der Markgrafen, durch den Lehnmann in neue Fehden verwickelt zu werden, in besonderen Verhältnissen des letzteren oder nur in seinem unruhigen Geiste ihren Grund hatte, wissen wir nicht. Barthold, welcher den Pribislav überhaupt nur verächtlich den meklenburgischen Abentheurer zu nennen pflegt, schließt hieraus (a. a. O.), daß die Markgrafen ihn als einen Blödsinnigen behandelt hätten, obgleich er ihn bei anderer Gelegenheit als das gefügige Werkzeug der Gewaltplane seiner Schutzherren bezeichnet. Dies sichtbar nur durch Ernst von Kirchberg veranlaßte harte Urtheil rechtfertigt sich aber durch nichts, denn jenes Mißtrauen erklärt sich natürlich genug durch die engen Verbindungen des Pribislav mit beiden pommerschen Höfen, kriegerischer Sinn und etwanige Fehdelust sind aber jedenfalls keine Eigenschaften eines Blödsinnigen, und die Ansprüche unsers Fürsten wenigstens auf Doberen dürften denn doch einen andern Grund haben, als die brandenburgischen Gewaltplane.

Das zuletzt genannte Ländchen stand nämlich schon seit längerer Zeit in näherer Verbindung mit Meklenburg. Am 10. Jun. 1257 schenkte Herzog Barnim von Pommern seinem "lieben Verwandten" und spätern Schwiegersohn, Grafen Gunzel III. von Schwerin, ohne bekannte Veranlassung, jedoch mit Genehmigung des Herzogs Wartislav von Demmin, 4000 Hufen Landes, und zwar nicht lehnweise, sondern als freies Eigenthum, so wie er selbst es besessen habe. Diese Besitzung wird als an der Grenze des Gebietes des Herzogs Wartislav gegen das Land Doberen und Stargard, an dem Flusse Drawe belegen bezeichnet 3 ), Angaben, welche deutlich genug scheinen, um jeden Zweifel auszu=


1) Urk. Anh. Nr. XXV.
2) H. Clericus, vielleicht gleichfalls ein Herr von Frysach, da Richard der jüngere, nach Riedel, Mark Brandenburg I, S. 369, noch einen Bruder Heinrich gehabt haben soll, welcher Geistlicher war. Das Clericus kann aber auch Familienname sein, deutsch Pape.
3) Urk. Anh. Nr. XI.
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schließen. Dennoch haben unsere Historiker sich bisher alle verleiten lassen, diese neue Erwerbung der Grafen an die Grenze der meklenburgischen Herrschaft Stargard zu verlegen, wo man denn auch glücklich ein kleines Vorwerk Dober auffand, jetzt Daber bei Berlinichen, an einem Bache gleiches Namens, welcher 1274 durch die Babitzer Heide hindurch bis zur Vereinigung mit der Dosse (zwischen Goldbeck und Wittstock) die Grenze der bischöflich havelbergischen Besitzungen bildete 1 ). Diesen Mißgriff erkennend, glaubt Riedel jene pommersche Schenkung vielmehr nördlich von Stargard an der Grenze des heutigen Vorpommern suchen zu müssen, wo in den Urkunden des Klosters Broda schon 1170 ein Ort Dobre genannt wird. Allein die Nennung des Flusses Drave, d. h. der heutigen Drage, in unserer Urkunde läßt keinen Zweifel darüber zu, daß die fragliche Besitzung jenseit der Oder lag, wo das Land Doberen in pommerschen Urkunden häufig genannt wird. Dasselbe war nach Südwesten von der Herrschaft Stargard an der Ihna, nach Nordwesten und Norden von den gräflich ebersteinschen und bischöflich caminschen Herrschaften Naugarden und Massow begrenzt und hing nach Osten hin mit den Ländern Labes und Welsenborg zusammen, welche ihrer Seits nur durch den brandenburgischen District Schievelbein von dem Lande Belgard getrennt waren, welches sich weit gegen Süden bis in die Gegend von Neustettin hinunter erstreckte 2 ).

Die Länder Doberen, Welsenborg und Belgard nahmen also zusammen einen bedeutenden Theil von Hinterpommern ein, waren aber um diese Zeit fast gar nicht bevölkert, was die Liberalität, mit welcher die pommerschen Herzoge sich derselben entäußerten, einigermaßen erklärt. Auch die Grafen von Schwerin scheinen wenig Nutzen von der neuen Besitzung gehabt zu haben, und suchten dieselbe gegen näher belegene Güter zu vertauschen. So schlossen sie namentlich bald nach der ersten Erwerbung einen Vertrag mit dem Kloster Dünamünde, wodurch sie demselben gegen Abtretung der Dörfer Siggelkow und Zachow in der Vogtei Marnitz 800 Hufen in Doberen überwiesen, ein Uebereinkommen, welches jedoch in Folge der Grenzstreitigkeiten mit den Grafen von Danneberg, als Herrn von Marnitz, unterm 25. Octbr. 1262 mit beiderseitiger Einwilligung wieder aufgerufen ward 3 ). Nun scheinen die Grafen sich ernstlich bemühet zu haben, Doberen durch Herbeiziehung deutscher Colonisten zu bevölkern, und ohne Zweifel


1) Vergl. z. B. Rudloff, Gesch. v. M. II, S. 120, und wegen des Flusses Daber: Riedel, Mark Brandenb. I, S. 282 u. 457.
2) Vergl. über die Topographie dieser Gegend überhaupt: v. Raumer die Neumark Brandenburg im Jahre 1337. Berlin 1837.
3) Urkunden=Anhang Nr. XIII,vgl. mit Rudloff Urk. Lief. Nr. XVII.
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haben wir sie als die Gründer des Neu=Schwerin zu betrachten, welches in den Urkunden oft als Hauptort eines besondern Districtes im Lande Doberen genannt wird. Noch am 2. August 1276 finden wir sie im vollen Besitze dieses Landes, wie aus dem Vergleiche hervorgeht, welchen die Brüder Helmold und Gunzel unter brandenburgischer Vermittelung zur Beilegung der unter ihnen ausgebrochenen Erbschaftsstreitigkeiten abschlossen. Gunzel IV., der jüngere der Brüder, hatte nämlich bisher dem geistlichen Stande angehört und war deshalb von der Succession ausgeschlossen worden, gab aber jetzt seine Stellung als Domherr zu Schwerin auf und vermählte sich, nach Rudloff's Vermuthung 1 ), mit Pribislav's I. Tochter Margaretha, welche sein Vater Gunzel III., wie wir gesehen haben, 1270 in seine Familie aufgenommen hatte. Wäre diese Vermuthung, welche allerdings auch durch die spätern Ereignisse einige Bestätigung zu erhalten scheint, gegründet, so fiele dadurch zugleich auf den hier besprochenen brüderlichen Auseinandersetzungs=Vertrag ein neues Licht.

Gunzel verzichtete nämlich hiernach auf den gesammten väterlichen Nachlaß, namentlich auch auf die Vortheile, welche ihm in dem Testamente des Vaters zugesichert waren, wogegen der Bruder ihm Neu=Schwerin mit dem Lande Doberen abtrat, jedoch unter der Bedingung, daß er in demselben keine Veräußerungen vornehmen, sondern die Güter an solche Vasallen zu Lehn geben sollte, welche sich daselbst anzusiedeln geneigt seien und ihre Belehnung von beiden Brüdern gemeinschaftlich zu empfangen hätten, auch sich verpflichten sollten, ohne besondern Consens keine Befestigungen oder Burgen anzulegen. Endlich verhieß Helmold seinem Bruder, zu dessen besserer Subsistenz eine jährliche Rente von 150 Mark 2 ). Diese Uebersiedelung eines Zweiges des gräflich schwerinschen Hauses nach Pommern hatte indeß keine dauernden Folgen, da Gunzel schon nach wenigen Jahren das Unglück hatte, völlig zu erblinden, weshalb er im Jahre 1283 (als Wittwer) in den geistlichen Stand zurücktrat und noch vor dem 6. Decbr. 1284 mit Hinterlassung zweier Söhne, Gunzel V. und Heinrich IV., und einer Tochter Margaretha verstarb. Seit dieser Zeit ist denn auch von einer gräflich schwerinschen Herrschaft über Doberen keine Spur mehr zu finden, wogegen die genannten Söhne Gunzels, ungeachtet der Verzichtleistung ihres Vaters, bei den spätern Theilungen der Grafschaft Schwerin ihren Antheil empfangen, woraus


1) Rudloff, Urk. Lief. S. 64, Rot. b. - In seiner Gesch. v. M. II, S. 67. hält der Verfasser die Gemahlin Gunzels dagegen für eine Gräfin von Danneberg.
2) Urk. Anh. Nr. XXIII.
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wir mit Sicherheit auf den Verlust der pommerschen Entschädigung schließen dürfen. Da wir nun wenige Jahre später den Pribislav in dem Besitze eben dieses Landes Doberen finden, so dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, daß dieser Erwerb mit dem Tode seiner Schwester und dem Rücktritte ihres Gemahles auf irgend eine Weise zusammenhängt, daß aber die Herzoge von Pommern dieser Veränderung widersprachen und dadurch den Pribislav veranlaßten, das Land als brandenburgisches Lehn zu empfangen.

Nach diesem nothwendigen Rückblick wende ich mich zur näheren Besprechung einer Urkunde, welche uns den wichtigsten Aufschluß über die Geschichte dieses Fürsten und seiner Familie giebt und auf welche ich deshalb schon mehrmals im voraus hinzuweisen genöthigt war. Am 27. Januar 1289 schenkte Pribislav nämlich dem Cistercienser=Kloster Bukow das Eigenthum von 200 Hufen in seinem Lande Belgard in Cassubien, und zwar neben denjenigen 100 Hufen, welche der Ritter Johannes Kule (1268) eben diesem Kloster bei dem Dorfe Persanzig verliehen hatte, jedoch unter der Bedingung, daß ihm die Hälfte des Ertrages dieses Grundstückes während seines Lebens verbleibe, mit Ausnahme der Einkünfte aus dem von den Mönchen daselbst etwa errichteten Hofe oder den von ihnen selbst bewirthschafteten Hufen. Nach seinem Tode aber sollte das Kloster nicht nur den vollen Genuß der Schenkung erhalten, sondern auch die Bewohner des Grundstückes von allen Abgaben und Diensten befreiet sein, so daß sie niemanden außer Gott und dem Kloster dienstbar seien. Endlich wird ausdrücklich bemerkt, daß auch seine Gemahlin Katharina zu dieser frommen, zum Heil seiner Seele und der Seele seines geliebten Bruders Pribislav, seligen Andenkens, so wie seiner Aeltern, gemachten Stiftung ihre Einwilligung gegeben habe. Als Zeugen dieser auf dem Schlosse zu Stolpe in Pommern ausgefertigten Urkunde werden außer zweien Capellanen, von welchen der eine zugleich Notarius des Fürsten war, acht Dienstmannen desselben aufgeführt, er selbst aber nennt sich Pribislav von Wenden, Herr der Länder Doberen und Belgard 1 ).

Wir finden also nunmehr unsern Fürsten in dem wirklichen Besitze des ihm von den Markgrafen lehnsweise verliehenen Lan=


1) Urk. Anh. Nr. XXVI. Dreger bezieht in einer Note zu dieser Urkunde den Titel de Slavia auf die Burg Alten Schlave an der Rega. Es ist aber vielmehr der bekannte, älteste Titel unsers Fürstenhauses, welchen auch Pribislav I. führte (dictus de Slavia, dominus de Wolin), und welchen die werlesche Linie, Herrn von Wenden, bis zu ihrem Erlöschen beibehalten hat. Auch die pommerschen Herzoge führen häufig diesen Titel.
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des Doberen, während von Welsenborg keine Rede weiter ist; zugleich aber sehen wir ihn wenigstens in der ältern Besitzung Belgard, abgesehen von dem Consense seiner Gemahlin, als unbeschränkten Herrn verfügen und mit einem vollständigen Fürstenhofe umgeben. Zugleich erfahren wir, daß sein Bruder, welchen ich oben in dem 1270 und 73 genannten Herrn von Wollin zu erkennen glaubte und welcher seitdem völlig verschwunden ist, nunmehr bereits verstorben war, wahrscheinlich unvermählt, oder wenigstens ohne Erben, von welchen sich nirgends eine Spur findet. Vielleicht gab aber dieser Todesfall die nächste Veranlassung zu dem in eben diesem Jahre unterm 30. April von unserm Pribislav von Belgard mit dem Kloster Dargun abgeschlossenen Vergleiche über die Dörfer Walckendorf und Stechow zwischen Lage und Gnoien, welche er bisher, als zu dem väterlichen Nachlasse gehörend, seinem ältern Bruder überlassen haben mochte. Dagegen scheint sein Oheim Nicolaus von Werle, nach dem unglücklichen Ausgange der Fehde Pribislavs I. mit dem Bischofe Rudolph auch dessen Antheil an der pommerschen Eroberung für gute Beute erklärt zu haben, indem er die dem Landesherrn gebührende Hälfte der Zehnten aus den genannten Dörfern dem Kloster Dargun verkaufte, was der Bischof Hermann von Camin am 8. Julius 1274 bestätigte 1 ). Gegen diese Eigenmacht nun hatte unser Pribislav jetzt Klage erhoben, ließ sich jedoch durch die Vermittelung seines Verwandten, des Fürsten Witzlav von Rügen, bewegen, für sich und seine schon gebornen, oder künftigen Erben, gegen Empfang einer Entschädigung von 100 Mark Colberger Münze, auf alle seine Ansprüche zu Gunsten des Klosters zu verzichten 2 ). Durch diese zu Colberg ausgestellte Urkunde erfahren wir also zugleich, daß die Ehe unsers Fürsten nicht, wie man bisher allgemein angenommen hat, unbeerbt blieb, doch waren die Kinder anscheinend entweder noch unmündig, oder nur Töchter, da ihr persönlicher Consens zu dem fraglichen Verzichte nicht nöthig erachtet ward, sondern der Vater in ihrem Namen verfügt. Zugleich lernen wir hier zum ersten Male das Siegel unsers Fürsten kennen, in dessen Schilde er selbst, nach dem Beispiele seines Vaters, mit dem Schwerte in der Rechten auf dem Throne dargestellt ist, neben welchem


1) Lisch M. Urk. I. Nr. XLIX, Ebenso erscheinen die Söhne des Nicolaus im J. 1276 auch im Besitze der Stadt Gnoien (Lisch a. a. O., Nr. LXXII.), welche allem Anscheine nach gleichfalls zu dem Antheile des Pribislav gehört hatte, da Nicolaus mit dem Lande Malchin und andern Gütern in Tollense, am rechten Ufer der Pene, abgefunden war. Oder wäre Pribislav II. schon 1274 verstorben und seine meklenburgischen Güter erst damals von Werle in Besitz genommen?
2) Lisch a. a. O. Nr. LXXXVI.
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noch ein kleinerer Schild mit dem eigentlichen Hauswappen, dem gekrönten Stierkopfe, steht; in der Umschrift aber nennt er sich: Pribislav von Wenden (de Slavia), Herr des Landes Doberen, also nicht nach der ältern Besitzung Belgard, sondern nach der spätern Erwerbung, die er also wohl in eigenem Namen besaß 1 ).

So schien denn endlich das Geschick dieses jüngsten Zweiges aus dem Stamme der edlen Borwine eine günstigere Wendung nehmen zu wollen; an der Seite einer Gemahlin aus angesehenem Fürstengeschlechte und von aufblühenden Kindern umgeben, er selbst in dem kräftigsten Mannesalter und im Besitze eines Gebietes, welches an Umfang nicht geringer war, als das in der alten Heimath verlorne, und mit allen mächtigen Nachbaren nahe verschwägert oder durch alte Familien=Verbindungen befreundet schien unser Fürst mit Recht einer glücklichern Zukunft entgegen sehen zu dürfen. Da starb sein alter Schwiegervater, der letzte seines Stammes, und aufs neue verheerte der Krieg diese unglücklichen Länder, aus welchen unser Pribislav, wenn nicht alles täuscht, abermals als heimathloser Flüchtling entweichen mußte. Mestovin, dessen Tod in die Jahre 1294 oder 95 gesetzt wird, hatte, der frühern Belehnung der Markgrafen von Brandenburg ungeachtet, später den Herzog Bogislav von Pommern zu seinem Nachfolger ernannt, zuletzt aber, auch diesen Entschluß bereuend, seinen Schwestersohn Przemislav von Polen testamentarisch zum Erben seiner gesammten Länder eingesetzt. Bogislav war aber nicht geneigt, seine Ansprüche aufzugeben, ohne das Glück der Waffen versucht zu haben. Deshalb scheint er sich schon einige Jahre vor dem Tode Mestovins in den Besitz des angrenzenden Cassubiens gesetzt zu haben, welches die westpommerschen Herzoge von Alters her als zu ihrer Herrschaft gehörig betrachteten.

Schon am 15. Decbr. 1290 tritt derselbe als Vermittler in einem Streite auf, welcher sich zwischen dem schon mehrmals genannten Johannes Kule von Belgard und dem Kloster zu Dargun entsponnen hatte. Der Vater des Kule war nämlich von dem Ritter Ulrich von Bevenhusen erschlagen worden, weshalb letzterer zur Sühne dieses Mordes den Benedictiner - Nonnen der Altstadt Colberg 50 Hufen des Dorfes Bast geschenkt hatte, welche demnächst auf Dargun übergegangen waren. Hiergegen hatte Kule Klage erhoben, leistete aber jetzt zu Demmin vor dem Herzoge Bogislav gegen Empfang von 6 Mark zum Gedächtniß dieser Aussöhnung auf alle seine


1) Vergl. Lisch, Jahrb. X. S. 28, und Urk. Anh. Nr. XXVII.
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Rechte Verzicht. Zum Zeugniß dessen ließ der Herzog diese Urkunde durch seinen gegenwärtigen Verwandten Herrn Pribislav von Belgard mituntersiegeln 1 ). - Schon hieraus geht die Oberherrlichkeit Bogislavs über das Land Belgard deutlich hervor; entschiedener aber tritt der Herzog in der folgenden, am 20. August 1291 auf dem Schlosse zu Belgard selbst ausgefertigten Urkunde auf, in welcher er die Schenkung des Pribislav an das Kloster Bukow von 1289 für sich und seine Brüder Barnim und Otto bestätigt. Hier führt er nämlich bereits den Titel Herzog der Slaven und Cassuben, und nennt Belgard sein Land, den Pribislav aber, den er als den Schwiegersohn Mestovins, Herzog von Pommern bezeichnet, seinen Statthalter 2 ).

Dieses stolze Verfahren Bogislavs noch bei Lebzeiten des alten Mestovin muß uns zum Voraus um das Schicksal unsers Pribislav nach dem Tode seines Schwiegervaters besorgt machen. Wirklich sehen wir denn auch die westpommerschen Herzoge Bogislav und Otto schon am 12. Jul. 1295 mit einer neuen Theilung ihrer Länder beschäftigt, in welcher ersterem namentlich das Schloß Doberen mit seinem Gebiete, ferner das Land Schwerin, Welsenborg, Labes und Regenwalde, so wie Belgard bis an die Grenze von Pommern und Polen überwiesen werden 3 ). Von Pribislav, dem bisherigen Herrn dieser Länder, ist weder hierbei, noch in andern Urkunden dieser Zeit die Rede, vielmehr ist derselbe seit dem Jahre 1291 völlig aus der Geschichte Pommerns verschwunden, wogegen wir ihn noch viel später in der alten Heimath seiner Väter wiederfinden. Es ist daher überaus wahrscheinlich, daß er während der nun folgenden dunklen Successionskriege, in welchen nicht nur Przemislav von Polen und nach dessen Ermordung Wladislav von Cujavien und Bogislav von Pommern, sondern auch Fürst Witzlav von Rügen und die Markgrafen Otto der Lange, Otto mit dem Pfeile und Johann als Kronprätendenten auftreten, seine Herrschaft eingebüßt habe. Vielleicht hatte er, durch Bogislavs unfreundliches Verfahren zurückgeschreckt und auf das Glück der sonst fast in allen Fehden siegreichen Waffen Brandenburgs vertrauend, das alte Schutzbündniß mit den Markgrafen erneuert und dadurch dem Herzoge, welcher sich wenigstens in Cassubien behauptete, erwünschte Veranlassung zur Einziehung der Güter seines untreuen Statthalters gegeben.


1) Urk. Anh. Nr. XXVII. Das noch vorhandene Siegel ist dasselbe, welches oben bei der Urkunde von 1289 beschrieben und zur Urk. Nr. XXVII abgebildet ist.
2) Urk. Anh. Nr. XXVIII.
3) Höfer, Zeitschrift für Archiv=Kunde, II, S. 114.
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Zwanzig Jahre waren seitdem verflossen, als König Erich von Dänemark im Mai des Jahres 1311 das berühmte Turnier vor den in trotzigem Selbstgefühl von den Bürgern verschlossenen Thoren der Stadt Rostock veranstaltete, zu welchem die Fürsten und Ritter des nördlichen Deutschlands von nah und ferne herbeiströmten; - da erscheint unter ihnen, wie aus dem Grabe erstanden, auch Herr Pribislav von Wenden 1 ), verschwindet aber auch eben so räthselhaft wieder, ohne daß uns irgend eine Aufklärung über diese Erscheinung zu Theil wird. Nach 4 Jahren aber sehen wir ihn noch einmal unter den Fürsten, welche sich zu einem ernstern Kampfspiel um die Mauern des empörten Stralsunds versammelt hatten, neben Heinrich von Meklenburg und den Grafen Gunzel von Wittenburg und Heinrich von Schwerin, den Bundesgenossen des Fürsten Witzlav von Rügen, während Waldemar von Brandenburg und Wartislav von Pommern=Wolgast, der Sohn des inzwischen (1309) verstorbenen Bogislav, als Verbündete der bedrängten Stadt erscheinen 2 ). Dieser letzte Umstand ist entscheidend und beweiset unzweifelhaft, daß Pribislav nicht mehr im Besitze seiner pommerschen Herrschaft war, sondern sich als flüchtiger Gast bei seinen Verwandten entweder in Meklenburg oder auf Rügen aufhielt.

Dies ist denn auch das letzte Mal, daß unser Fürst unter den Lebenden genannt wird; vielleicht fand er einen ehrenvollen Tod unter den Mauern Stralsunds, und zwar noch vor der berühmten Schlacht am Hainholze, 21. Jun. 1216, da das Necrologium der Kirche zu Doberan seinen Tod ausdrücklich in das Jahr 1215 setzt, wiewohl ohne Angabe des Tages 3 ). - Wir wissen zu wenig von seinem Leben, um ein festes Urtheil über seinen Charakter fällen zu können, aber genug, um zu erkennen, daß das harte Urtheil, welches Ernst von Kirchberg über den Sohn, wie über den Vater fällt, gegen beide gleich ungerecht ist. Denn während die vorstehende Geschichte uns auch den erstern wenigstens als einen thätigen und kriegslustigen Herrn zeigt, sagt Kirchberg, welchem der neueste pommersche Historiker, Barthold, gläubig nachschreibt, mit blindem Hasse gegen das ganze Geschlecht und in der unverkennbaren Absicht, seinen Lesern die gerechte Strafe des Himmels für den vermeintlich gegen die Kirche begangenen Frevel recht deutlich vor Augen zu stellen:


1) Vergl. Franck, A. u. N. M. V, S. 212 und die dort citirten ältern Historiker.
2) Krantz, Vandalia VIII, c. 5, und die stralsunder Chronik über die Schlacht am Hainholze, bei Lisch, Maltzahnsche Urkunden I. Nr. CXII, S. 240.
3) Jahrb. I, S. 131.
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synen vatir hoch her ubirwant
an trägheit, torheit und unwitzin;
waz erbes mochte de besitzin?

Dann läßt er ihn mit seinem Vater in die Verbannung ziehen nach Pommern zu dem Schwiegervater:

ir yglich do dy woninge nam,
als lude dy verwyset warin,
zu Belegarden by den jarin,
unwitzig vatir und der son
und des herczogin tochtir schon,
und namen da irs libes war;
wyle sy ir lebin hielden gar,
sy starben alse toren da,
keynen erben lieszen sy yn na.
Alsus virstarb ir beyder stam,
daz von yn nymant vorder quam.

In dem letzteren Puncte hat der fromme Mann denn allerdings Recht; die Geschichte weiß nichts von den Nachkommen unsers Fürsten, woraus wir mit Sicherheit schließen dürfen, daß er mindestens keine Söhne hinterlassen habe. Auch finden wir seine pommerschen Besitzungen bald nach dieser Zeit bestimmt in fremden Händen: Belgard nämlich war zunächst an das Stift zu Camin übergegangen, von welchem es 1321 die Herzoge Barnim, Otto und Wartizlav zu Lehn empfingen, und Doberen finden wir, nachweislich freilich erst seit 1355 1 ), im Besitze der Herren von Dewitz, eines meklenburg=stargardischen Geschlechtes, welches durch Heinrich von Meklenburg mit der neugebildeten Herrschaft Fürstenberg belehnt und 1348 durch den Kaiser Carl in den Grafenstand erhoben ward. So kam dies Ländchen, wohl zufällig, zum dritten Male in nähere Verbindung mit Meklenburg; oder könnte hier dennoch irgend ein unbekannter Zusammenhang stattfinden? Sollte jener Otto von Dewitz, der Stifter der ältern gräflichen Linie, welcher 1311 auf dem Turnier vor Rostock, wo auch Pribislav gegenwärtig war, den Ritterschlag empfing, dessen Schwiegersohn geworden sein und dadurch seine jedenfalls merkwürdige Erhebung in den Grafenstand ihre Erklärung finden? Aber unsere Quellen sind zu dürftig, als


1) Dipl. mscr. im Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin, aus welchem sich ergiebt, daß es irrig ist, wenn einige Historiker erzählen, daß die v. Dewitz erst nach Einziehung ihrer Grafschaft von meklenburgischer Seite, wegen angeblicher Felonie, 1369 zum Ersatze für diesen Verlust von Pommern mit dem Lande Doberen belehnt seien. Die Stellung der Grafen als meklenburgischer und pommerscher Vasallen erklärt vielmehr ihr Verfahren in dem meklenburg=pommerschen Kriege von 1368. Vergl. Rudloff, M. G. II, S. 638.
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daß wir hoffen dürften, solche Zweifel jemals befriedigend gelöset zu sehen.

Auch die weibliche Linie Pribislavs I., wenn anders die Vermuthung, daß dessen Tochter die Gemahlin des Grafen Gunzel IV. geworden sei, überhaupt begründet ist, starb noch vor der Mitte dieses Jahrhunderts aus. Die beiden Enkel des letztern von dem ältesten Sohne, Gunzel V., die jungen Grafen Heinrich V. und Nicolaus V., verschwinden nämlich schon seit dem 26. Jun. 1330, wo sie ihre Schwester Mechthilde an den Grafen Henning von Gützkow vermählten, völlig aus der Geschichte, so daß von allen Nachkommen Gunzels IV., nachdem seine Tochter Margaretha im Kloster verstorben war, nur noch der jüngere Sohn Heinrich IV. nachblieb. Dieser soll um eben diese Zeit, 1331, nach Chemnitz Erzählung, einen Vergleich mit Johann von Werle geschlossen haben, wodurch er auf alle Ansprüche an Stadt und Land Parchim verzichtete, ein Ereigniß, welches vielleicht nur erklärbar wird, wenn man es mit dem Erlöschen des ältern Zweiges seines Hauses, durch welches sich die Rechte der gesammten weiblichen Linie des Pribislav in ihm concentrirten, in Zusammenhang bringt. Auch Heinrich starb um 1344 ohne Erben.

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III.

Geschichte

der

Saline zu Sülz

vom

Geheimen Amtsrath Koch zu Sülz.


D a die Soolquellen in den Niederungen, welche nordwestlich der Stadt Sülz liegen, zu Tage austreten, so konnte es nicht fehlen, daß nicht die Aufmerksamkeit der Bewohner jener Gegenden schon sehr früh auf dieses Geschenk der Natur hätte geleitet werden sollen, und liegt es nur in der Unruhe der früheren Zeiten, wenn Nachrichten hierüber gänzlich fehlen. Erst 1168 ward der Tempel des Swantevit auf Arcona zerstört und erst mit dem Siege bei Bornhöved am 22sten Juli 1227 fing eine friedlichere Zeit an sich über die zerrütteten Ostseeländer zu verbreiten. Wahrscheinlich um diese Zeit entstand auch die Stadt Sülz, wenn auch die Soolquellen schon früher Bewohner angezogen hatten. Die älteste Urkunde 1 ), welche das Dasein und die Benutzung der Soolquellen bezeugt, ist vom Jahre 1243 und spricht schon von einer Benutzung der Soolquellen "von den Vorfahren." Diese Urkunde ist ausgestellt von dem Fürsten Borwin III., seit 1237 Herrn zu Rostock, und verleiht die Einkünfte der Saline dem im Jahre 1170 von dem erst heidnischen, dann christlichen Fürsten Pribislav, oder vielmehr dessen Gemahlin, gestifteten, später wieder von den Heiden zerstörten und erst nach Pribislavs Tode dauernd erneuerten Cistercienser=Mönchskloster Doberan. Eine zweite Urkunde 2 ), ausgestellt von demselben Fürsten am 24sten September 1252, schenkt wieder dem Kloster Dargun die Freiheit, Salzwasser zü schöpfen, Salz zu sieden


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXIX.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXX.
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und das Eigenthum einer Baustelle daselbst. Das älteste Stadtbuch der Stadt Rostock aber führt unter der Jahreszahl 1261 eine Schenkung auf 1 ), wornach ein Johann von Butzin einer Frau Haburgis den vierten Theil eines Salzgutes oder Pfannentheils (quartam partem salinae in Sulta) in Sülz abtritt, sich aber für den Fall des Wiederverkaufes das Vorkaufsrecht vorbehält. Im Jahre 1262 ward zwischen dem Kloster Doberan und dem Rath der Stadt Sülz ein Vertrag 2 ) geschlossen, durch welchen letzterer versprach, das Kloster nicht beschweren zu wollen mit Reparatur der Schiffe, Reinigung der Canäle und Pfannen und Erbauung der Siedehäuser, sondern sich nur vorbehielt, daß allein die Wiederherstellung des gemeinschaftlichen Soolbrunnens, wenn er schadhaft würde, auf gemeinsame Kosten geschehen solle, jedoch unter der Bedingung, daß damit auch obwaltende Streitigkeiten mit einer Frau Gertrud aufgehoben und beendigt sein sollten. Die lateinische Urkunde benennt namentlich die Befreiung:

"ab emendacione canalium seu sartaginum et
a constitutione edium,"

wobei man bewundern muß, daß in einer so frühen Zeit schon so bedeutende Werke und Anlagen hier zu erhalten waren. Der in allen diesen Urkunden vorkommende Ausdruck: "salina in Sulta," darf nicht übersetzt werden: "Saline zu Sülz," sondern: "Salzgut" oder " Pfannentheil zu Sülz," weil es auf andere Art nicht zu erklären wäre, daß mehrere Veräußerungen der salina in Sulta zu gleicher Zeit statt fanden. So mußte auch das Kloster Dargun Eigenthumsrechte an den Soolquellen besitzen, denn nach einer Urkunde vom 24sten Juni 1267 3 ) verkauft dieses Kloster ein Salzhaus zu Sülz (unam domum salinariam in salina juxta Marlov sitam) an den rostocker Bürger Arnold Kopmann für 10 Mark und eine monatliche Abgabe von 4 Pfd. (Schiffpfund?) (quatuor punt) Salz an das Kloster Dargun und von einer Last Salz jährlich an das Kloster Bergen auf Rügen. Das Kloster Bergen aber verkaufte diese Lieferung von einer Last Salz wiederum an das Kloster Dargun unterm 29sten September 1289 4 ).

Die Stadt Sülz ward im Jahre 1277 5 ) vom Fürsten Waldemar, Borwins III. ältestem Sohne, mit dem rostocker oder lübischen Stadtrechte beliehen, muß aber schon vorher Stadt=


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXI.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXII.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXIII.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXV.
5) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXIV.
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gerechtigkeit besessen haben, da die desfalsige Urkunde, auf welche später noch einmal zurückgekommen werden wird, schon von Bürgerschaft und Rath ("burgenses et consules de Sulta") spricht 1 ). Nicht allein von neuem mit diesem Rechte beliehen wird die Stadt Sülz von dem Fürsten Nicolaus von Rostock im Jahre 1298, sondern es wird durch diese Urkunde 2 ) auch der Commüne das Eigenthum der von Gebrüdern v. Goldenboge käuflich acquirirten Feldmark des wahrscheinlich während der Kriege zerstörten Dorfes Symen landes= und lehnsherrlich unter der Bedingung zugesprochen, daß sie die Stadt mit einem Graben umziehen und befestigen solle. Es war eine Bedingung des am 1sten August 1301 mit dem Könige Erich von Dänemark zu Rostock geschlossenen Friedens, daß die Festungswerke der Stadt Sülz zugleich mit denen anderer Städte geschleift werden sollten. Die Feldmark Symen ward in 75 1/2 sogenannte ganze und halbe Erben getheilt, zu deren jedem bestimmte Aecker, Wiesen, Moorkaveln und Weidegerechtigkeiten gelegt und welche so unter die Bürger der Stadt Sülz vertheilt wurden. Dies Verhältniß besteht auch noch jetzt zum großen Nachtheil des Communal=Verbandes, indem die sogenannten Symer Erbtheiler einen status in statu bilden. Seit 1811 aber ist von hoher Landesregierung die Vereinzelung der zu einem Erbe gehörenden einzelnen Grundstücke gestattet und damit der erste Grund zur künftigen gänzlichen Aufhebung dieses Gemeinwesens gelegt. Obgleich in dieser Urkunde der Saline nicht speziell erwähnt wird, so bleibt sie doch ein wichtiges Actenstück auch für diese, da ihr Gedeihen mit dem der Stadt so genau zusammen hängt. Die in der Urkunde genannte Wasserverbindung zwischen den Flüssen Recknitz und Trebel und der Bau einer Landstraße zwischen Sülz und Tribsees waren für Stadt und Saline gleich wichtig, so wie die Verlegung des hohen Gerichtes (" Landding") von Marlow nach Sülz, welche die letztere Stadt auf Kosten der ersteren hob.

In dem verwüstenden Kriege, welchen die Markgrafen Otto und Hermann von Brandenburg aus Rache dafür, daß der Fürst Nicolaus von Rostock einer brandenburgischen Prinzessin das Eheverlöbniß gebrochen und eine pommersche Fürstin geheirathet hatte, gegen diesen führten, blieb auch Sülz nicht verschont, denn als die Brandenburger 1298 von Rostock abgezogen, gingen sie bei Sülz über das Moor, um in Pommern einzufallen und verwüsteten dabei die Stadt und die Umgegend.


1) Die Geschichte der Stadt Sülz ist bisher sehr dürftig behandelt; vgl. v. Lützow, Mekl. Gesch. II, S. 53, Not. 3.
2) Vgl. Urk. Samml Nr. XXXVI.
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Durch jene Urkunde vom J. 1277 ertheilte der Fürst Waldemar, Sohn Borwins III., der ihm die Regierung seit 1266 übertragen hatte, mit seines Vaters Einwilligung allen denen, welche Antheile an den Sülzer Soolquellen besaßen, das Privilegium, "der Land= und Wasserwege im ganzen Umfange der Herrschaft zu ihrer Ab= und Zufuhr sich frei zu bedienen, auch allenthalben Holz für ihr Geld nach Willkühr zu erhandeln;" ferner ward ihnen zugesichert, daß keine neuen Salzhäuser gebauet werden, sondern daß es bei der Anzahl verbleiben solle, die von Alters her bestimmt worden sei. Es wurden noch mehrere Vortheile, aber auch Bedingungen hinzugefügt, und dabei ward die Entrichtung einer Pacht an die Landesherrschaft stipulirt, die nie bezahlt ist. Diesen Umstand ergriff in späterer Zeit der Herzog Gustav Adolph von Güstrow (1654 - 1695) und forderte deshalb Verantwortung von den Inhabern der Pfannentheile, woraus ein Rechtshandel entstand, der aber nicht zu Ende geführt worden ist. Nach späteren Urkunden hat das Kloster Doberan seinen Antheil vererbpachtet. So bezeugen Rath und Bürgerschaft von Sülz in einer Urkunde vom J. 1304 1 ), daß die Salzgüter des Klosters Doberan dem Nicolaus Pape und Burchard Schuster (oder dem Schuster Borchard?) verheuret worden seien.

In dem Kriege, welcher zwischen den pommerschen und meklenburgischen Fürsten 1324 wegen des Besitzes der Ukermark geführt ward, lieferte der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg dem Fürsten Witzlav von Rügen an der Grenze ein hitziges Treffen und besiegte ihn.

Zwei Jahre später, den 26sten August 1326, verlieh Heinrich der Löwe der Stadt Sülz das Eigenthum der Meierei Reddersdorf 2 ), und ist in der Urkunde gesagt, daß die Stadt solche für 130 Mark wendischer Pfennige käuflich erworben habe. Bei den späteren Bestätigungen der Stadtprivilegien durch neu antretende Regenten werden die Verleihungsurkunden über die Feldmarken Symen und Riddegesdorp von 1298 und 1326 immer von neuem aufgeführt und bestätigt: so noch in den Bestätigungsacten von Herzog Johann Albrecht 1569 3 ), von Herzog Ulrich 1570 und von Herzog Gustav Adolph 1667, und doch muß Reddersdorf schon früher wieder außer Besitz der Stadt Sülz gekommen sein; denn am 17ten Sept. 1510 verleihen 4 ) die Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg den


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXVII.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXVIII.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLIX.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLVIII.
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v. Kardorff das Dorf Reddersdorf zu einem Mannlehn und einige Jahre später verkaufen "Joachim und Gerdt Gebrüdere die Kerckdorp" das Gut Reddersdorp wieder an Otto von der Lühe, welcher Verkauf von den beiden vorgenannten Fürsten im J. 1516 bestätiget wird. Von dieser Zeit an ist es wohl im ungestörten Besitze der von der Lüheschen Familie geblieben.

Das Kloster Doleran muß noch fortdauernd im Besitze seiner Salzgüter geblieben sein, denn nach einer Urkunde 1 ) vom 29sten August 1359 vergleicht sich der sülzer Bürger Radekin von Symen mit dem Kloster, indem er allen Ansprüchen an den Gerechtigkeiten des Klosters an den Salzgütern entsagt, nachdem er schon 1355 wegen Vorenthaltung einer Pacht von 8 Schiffpfund (punt) Salz von Heinrich von Bemern, als Richter und Conservator, excommunicirt worden war.

Durch eine Urkunde 2 ) vom 12ten December 1359 bestätigt der Herzog Albrecht von Meklenburg der Stadt Sülz aufs neue den Besitz des Sülzer Moores, nachdem solches von den Pommern, die es widerrechtlich occupirt hatten, zurückerstattet worden war.

Um diese Zeit, oder doch bald nachher, muß die Stadt Sülz einem Otto von Dewitz und die Saline fürstlichen Antheils denen von der Lühe verpfändet gewesen sein, denn im Jahr 1371 verpfändete der Herzog Albrecht 3 ) von Meklenburg die Stadt Sülz mit Zubehör, imgleichen die Stadt Marlow mit vielen Ortschaften an den Bischof Friederich von Bülow und das Domcapitel zu Schwerin für 600 Mark löthigen Silbers kölnischen Gewichts, womit er die früheren Pfandinhaber ausbezahlte. Als aber nach dem Tode des Bischofs Friederich Spaltungen zwischen dem Papst und dem Domcapitel wegen der Wahl eines Nachfolgers enstanden, benutzten die Herzoge von Meklenburg solche, um wieder in den Besitz der verpfändeten Ortschaften zu gelangen. Das Schloß zu Sülz ward 1376 von den Söhnen des Herzogs Albrecht, Heinrich und Magnus, mit Gewalt genommen, wofür sie aber mit dem Banne bedroht wurden, indem der vom Papst gegen den Willen des Domcapitals zu Schwerin zum Bischof ernannte Herzog Melchior von Braunschweig die Bannandrohung an die Geistlichen seines Sprengels erließ:

"Albertum ducem Magnopolensem, necnon Henricum et Magnum filios ejus, qui consensu


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XXXIX.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XL.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLII.
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patris castra videlicet Eghof et Sülten ad ecclesiam suam spectantia spoliarunt, ni infra mensem ablata sibi restituant et dampnum emendent, excommunicari districte precipit. Datum in oppido Bard sue dioc. Zwerin. feria quinta post Divis . apost. . a°. 1376."

Nach dem Tode Herzogs Albrecht kam es förmlich zum Prozesse zwischen den Herzogen Heinrich und Magnus und dem Domcapitel zu Schwerin wegen des Pfandbesitzes von Schwan, Eickhof und Sülz, welcher Streit durch einen von Kaiser Karl IV. zu Tangermünde gestifteten Vergleich im Jahre 1377 dahin beigelegt ward, daß die Herzoge den Bischof Melchior als Bischof von Schwerin anerkannten und ihm zum ruhigen Besitze des Bisthums verhalfen, daß sie ferner die dem Stifte verpfändeten Güter gegen eine gewisse Abfindung dem Bischofe nach drei Jahren, bis zur gänzlichen Einlösung, zurückgeben, in Ermangelung der Abfindungssumme aber die Pfandgüter unwidersprechlich behalten sollten. Dagegen gelobte der Bischof Melchior die Aufhebung der Bannbriefe.

Fortdauernd zeigt die Geschichte Eigenthumsrechte des Klosters Doberan an der Saline. So fordert der Abt Gottschalk von Doberan in einer Acte 1 ) vom 7ten August 1383, daß der Knappe Johann von der Lühe, Vogt zu Sülz, den behaupteten Ansprüchen an eine Salzstelle entsagen solle; derselbe behauptet aber das Eigenthum dieser Stelle. Durch eine Urkunde vom 23sten Juni 1386 2 ) aber bestätigt der Rath der Stadt Sülz einen Vergleich zwischen dem Kloster und den sülzer Bürgern Johann Karuk und Henning Sanitz, wornach das Kloster diesen seine Salzgüter in Erbpacht giebt. Die von der Lühe waren jedoch auch im Besitze eines Salzhauses. Am 19ten December 1426 verpfändeten 3 ) nämlich Vicke von der Lühe, des verstorbenen Ritters Johann Sohn, und der Knappe Hermann von der Lühe auf Költzow dem Rath der Stadt Rostock ihr ganzes Salzhaus, genannt das "Pramhaus," neben dem Hause des Klosters Dargun belegen ("vnse ghantze vnde hêle stede vnde hûs genômet dat prâmhûs uppe deme soltbrôke to der Zulten by den monneken van Darghun dârsuluest beleghen ").

Dürftiger noch als diese ältere, ist die spätere Geschichte der Stadt Sülz mit der Saline; aber freilich, was kann man auch


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLIII.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLIV.
3) Vgl. Rostocker wöchentl. Nachr. 1755, Stück 30.
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die Geschichte eines so kleinen Städtchens nennen, welches, in einem entfernten Winkel des Vaterlandes belegen, so wenig geachtet ward, daß es nur als Unterpfand diente, wenn Geld angeliehen werden sollte. So wurden in den Jahren 1448 1 ) und 1450 2 ) wiederum die beiden Städte Sülz und Marlow mit allem Zubehör und allen Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten der Famile von der Lühe verpfändet und dann zum erblichen Lehn gegeben. Dieser Pfandbesitz dauerte fort bis 1768. Zwar versuchte der Herzog Albrecht von Friedland, als Usurpator der meklenburgischen Lande, im Jahre 1629 die Revocation der Verleihungsacte, allein vergebens; die von der Lühe behaupteten sich im Besitze.

Um das Jahr 1450 bestand bei Sülz eine Ziegelei, welche durch eine unterm 9ten März 1450 ausgestellte Urkunde 3 ) von dem Herzoge Heinrich dem Rathe und der Kirche zu Sülz verliehen ward.

Im Jahre 1607 ward der fürstliche Antheil an der Saline von der damaligen Herzogin Regentin Sophie, geborenen zu Schleswig=Holstein, an einen Egidius Schubbe verpachtet. In der desfalsigen Urkunde ist eben keine günstige Beschreibung von der Salzfabrication zu Sülz enthalten, denn nachdem der Segen des Landes durch die in ihm sich findenden Soolquellen sehr ausführlich hervorgehoben ist, heißt es, daß zu Sülz

"bis an itzo ein vngesundt, häslich, schwartz, vnanmuetig Salttz, mit Allaun, rothem Victriol vndt Schwefel vermenget, gesotten und man zu einem Wergke oder sieden in allewege funftzig, sechtzig, ja mehr stunden, zehen Zahl Wosen und Zehentausend Turff abzusieden nehmen und verbrauchen müssen u. s. w."

Daher ward nun die Verpachtung beschlossen und dem Egid Schubbe zur Pflicht gemacht, ein gutes Salz zu liefern. Der Pachtcontract war auf 4 Jahre geschlossen, und zahlte Egidius Schubbe im ersten Jahre 500 Rthlr., in den drei folgenden jährlich; 1000 Rthlr. in Quartalraten. Längere Zeit schweigt hier die Geschichte über die ferneren Schicksale der Saline, bis im Jahre 1662 ein Wiederverkauf "des Salzwerks zur Sülze umb und vor 1500 Rthlr." von Seiten eines Diederich von der Lühe und im Jahre 1664 4 ) von Seiten eines Eggerd von der Lühe auf Schulenberg für 8000 Gulden an den Herzog Gustav Adolph von Meklenburg geschieht. Es können dies immer nur Theile


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLV.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLVI.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLVII.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. L.
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des Ganzen, sogenannte Pfannentheile, gewesen sein. Das Kaufgeld ward nicht baar ausgezahlt, sondern es ward dafür der fürstliche, im Amte Ribnitz belegene Meierhof Bonhorst mit Nießbrauch für die Zinsen verpfändet, später aber durch Permutation wieder eingelöset, indem im Jahre 1670 der Elisabeth von der Lühe auf Schulenberg statt dessen die Güter Mandelshagen und Blankenhagen bis zur völligen Abzahlung der 8000 Gulden in Pfandbesitz gegeben würden.

Dabei blieben die von der Lühe in fortdauerndem Besitze der Stadt und aller übrigen Gerechtsame und übten namentlich die Gerichtsbarkeit in der Stadt durch zwei Stadtvögte, welche die Klagen entgegen nahmen, die geringfügigeren gleich abmachten, über die bedeutendern aber referirten, in Folge dessen denn gewöhnlich ein rostocker Rechtsgelehrter von den Gerichtsherren delegirt ward.

Hiebei aber ergeben die Acten, daß der fürstliche Beamte auf der Saline sich fortdauernd im Besitz einer besonderen Gerichtsverwaltung erhalten hatte. Ein 1703 aufgenommenes Inventarium sagt in dieser Beziehung:

"die Jurisdiction in dem Städtlein Sülze haben zwar die sämmtlichen von der Lühe, jedoch ist wegen Sr. Hochfürstl. Durchlaucht der Satzinspector in possessione, wenn unter den von Serenissimo privilegirten Handwerksleuten in dem Städtlein Streitigkeiten vorfallen, daß solche, obgleich die von der Lühen contradiciren, von ihm geschlichtet werden. Auf dem Salzwerk aber, sowohl in den herrschaftlichen, als börgerlichen Häusern (Siedehäusern) behaupten solche Ihro Hochfürstl. Durchlaucht allein."

Weil aber aus dieser Ausübung der Jurisdiction öfter Streitigkeiten entstanden, so ward 1706 ein Vergleich geschlossen, nach welchem den von der Lühe die Gerichtsbarkeit über die privilegirten Handwerker gegen Aufgebung einer jährlichen Hebung von 1 Rthlr. 20 ßl. überlassen ward, welche sie bis dahin für abgetretene Salzpfannentheile erhalten hatten.

Uebrigens geschah die ganze Verwaltung durch die von der Lühe allezeit in Grundlage der Stadtprivilegien und Gerechtsame, wie denn solche auch stets von den Regenten ausdrücklich bestätigt wurden.

Sülz war zu der Zeit nicht die einzige Saline im Lande, vielmehr wurden seit älterer Zeit mehrere Soolquellen in Meklenburg bebauet, z. B. die Saline zu Conow, welche nach langem Verfall im Jahre 1652 wieder aufgerichtet ward und erst im Jahre 1746 einging.

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Für die sülzer Saline beginnt mit dem Ende des 17. Jahrhunderts die neuere Geschichte nach vollständigeren Acten. Die Nutzung der Saline war um diese Zeit noch immer getheilt zwischen Landesherrschaft und Privatpersonen als Inhabern von Pfannentheilen. Aus den Jahren 1678 und 1696 bestehen die ersten Inventarien. Nach denselben hatte man nur immer noch einen Soolbrunnen, wahrscheinlich den noch jetzt bestehenden alten Brunnen. Es heißt davon im Inventario:

"Ein Brunnen woraus die Soole geschöpfet wird. Umb denselben ist das Holz, weil es mit keinen Brettern bekleidet ist, und derwegen von allen Seiten darinn schlaget, ganz alt und verstocket. Es befinden sich in demselben drei Pumpen, diese, und von der vierten die Hälfte, sind herrschaftlich, die andere Hälfte gehöret den Bürgern".

Nach demselben Inventarium gehörten von den Siedepfannen zwei Theile dem Landesherrn, welche nach und nach von den von der Lühe und der Kirche zu Sülz acquiriret waren, und der dritte Theil gehörte verschiedenen sülzer Bürgern. Gradirgebäude waren nicht allein schon vorhanden, sondern werden zum Theil als sehr alt und baufällig beschrieben, müssen daher gleich nach ihrer Erfindung, die 1579 statt hatte, hier eingeführt worden sein. Der größte Theil derselben brannte 1678 ab, ward aber bald wieder aufgebauet. Jedes Siedehaus hatte sein besonderes zu ihm gehöriges Stück Gradirung, auf welchem die Brunnensoole bis zur beliebigen Löthigkeit gradirt ward. Siedehäuser waren fünf und eine wüste Baustelle, an welcher eine Pfannengerechtigkeit haftete. Diese blieb aber unbenutzt und es ward an der Stelle ein Materialienhaus gebaut.

Die Siedehäuser waren:

1) das Herrenhaus mit zwei Pfannen und 51 Gebind (â 15 Fuß) Gradirung. Dieses Haus war ehemals Eigenthum sülzer Bürger und hieß das Ziegenhaus. Herzog Johann Albrecht kaufte es den Bürgern ab und bauete es 1620 neu auf; wie im Inventario bemerkt ist, zu derselben Zeit, wo die Thurmspitze der Nicolai=Kirche zu Rostock gebauet ist. In späteren Jahren noch einmal umgebauet, besteht dieses Haus noch unter seinem alten Namen: Herrenhaus.

2) Das Hirschhalser Siedehaus hieß nach einer Urkunde von 1502, nach welcher Achim von der Osten, Bürgermeister zu Sülz, dem Herzoge Magnus von Meklenburg seinen Pfannentheil in diesem Hause auf Lebenszeit überließ; "Hertes - als - Haus", späterhin und auch wohl noch bei den Leuten: "Hitzhals", und hatte gleichfalls zwei Pfannen mit 38 Gebind

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Gradirung. Die eine Pfanne war vom Herzoge Gustav Adolph dem Dieterich von der Lühe gegen Abtretung einiger Bauern im Amte Schwaan zu seinem Gute Wokrent abgetauscht; die andere ward von Joachim von der Lühe zur einen Hälfte käuflich acquirirt, zur andern Hälfte aber von Friederich von der Lühe auf Reddersdorf als Strafe wegen nicht gemutheten Lehns erworben. Im Jahr 1738 fiel dieses Siedehaus plötzlich zusammen, ward aber im folgenden Jahre wieder aufgebauet und ist im Octoter 1830 ganz abgetragen. Nahe an der Stelle, wo es gestanden, ist aber ein großes, neues, massives Siedehaus mit vier Pfannen aufgeführt und "der neue Hirschhals" benannt.

3) Das Mittelhaus mit nur einer Pfanne, wird als ganz alt und baufällig beschrieben, war ohne Gradirung, und es ward also nur Brunnensoole in demselben versotten. Auch dieses Gebäude ist durch den Herzog Gustav Adolph acquirirt und zwar von einem Eggert von der Lühe von Schulenberg, "gegen die fürstlichen Tafelhöfe Blankenhagen und Mandelshagen", welche Angabe im Inventario aber nach obigem nicht ganz genau ist, indem beide Höfe erst durch Permutation an die von der Lühe kamen. Dieses Haus ist nachmals ganz eingegangen.

4) Das Neue Haus. In diesem gehörte die eine Pfanne der Herrschaft, die andere sülzer Bürgern. Erstere hatte in früherer Zeit die Kirche von einem Bürgermeister Volrath Kappel in Sülz für eine Schuld von 1000 Gulden übernommen, dann aber fiel das Haus mit beiden Pfannen zusammen und die Stelle blieb wüst. Den Platz nebst der einen Pfannengerechtigkeit acquirirte der Herzog Gustav Adolph von der Kirche, indem er ihr das Kaufgeld von 1000 Gulden als unablösliches Capital und jährlich mit 25 Thalern zu verzinsen sicherte. Diese Zinsen werden noch jetzt jährlich an das Kirchenärar gezahlt. Das Haus ward auf gemeinsame Kosten 1692 wieder aufgebauet, ist aber vor einigen Jahren abgebrochen.

5) Das Stripte=, jetzt Striepen=Haus, war 1690 erbauet und hatte zwei Pfannen. Nur von der einen Pfanne war der achte Theil herrschaftlich, welcher nebst dem 16ten Theil an dem Hause von einem sülzer Bürger Namens Hans Bohmhoever (jetzt Boehmer) für 250 Gulden erkauft worden. Der Rest dieser Pfannen gehörte sülzer Bürgern. Das Haus besteht noch unter seinem alten Namen.

Die Einrichtung bei dieser Communion der Saline war im Allgemeinen so, daß jede Pfanne in acht Hauptpfannentheile getheilt war, die dann wieder in viertel und sechstel Theile zerfielen. Jeder Achttheil hatte das Recht, jährlich sieben mal eine Pfanne voll Salz zu sieden, und ward der Werth einer

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solchen Pfanne voll Salz zu 3 Rthlr. angeschlagen, wovon man aber noch 1 Rthlr. für die Abnutzung der Pfanne in Abrechnung bringen muß. Darnach war der jährliche reine Ertrag eines solchen Achttheils 14 Rthlr., doch änderte sich diese Ertragsberechnung, je nachdem die Holzpreise höher oder niedriger waren. In den bürgerlichen Pfannen ward nur Brunnensoole versotten, welche ein schlechtes, schlammiges Salz lieferte, welches überdies noch warm aus der Pfanne an die Salzfahrer verkauft und von ihnen ins Land verfahren ward. Die Bürger hatten die Mitbenutzung des Soolbrunnens in der Art, daß sie die Soole, welche in den 24 Stunden von Montag bis Dienstag Mittag, sodann von Donnerstag bis Freitag Mittag, und wegen der ungeraden Tagezahl jeder Woche, auch die, welche jede dritte Woche vom Sonnabend bis Sonntag Mittag zuquoll, herausnehmen und versieden durften. Alles, was der Brunnen in der übrigen Zeit lieferte, blieb zum fürstlichen Antheil. Bei jeder Pfanne war einer der Interessenten Vorsteher, welches Amt jährlich wechselte. Jeder Interessent durfte eine Pfanne voll Salz sieden, so wie ihn die Reihe nach dem Verzeichnisse der Vorsteher traf, und wer ein Achttheil besaß, kam alle 7 bis 8 Wochen einmal zur Siedung.

Die Art der Administration des fürstlichen Antheils war verschieden. Von 1700 bis 1717 war derselbe an einen Salzinspector Valentin Möller verpachtet, dem auch 1709 die Fuhrdienste der gresenhorster Bauern mitverpachtet wurden. Von 1717 bis 1724 hatte denselben ein Johann Schleeffen für 6000 Rthlr. gepachtet. In dem mit diesem Pächter abgeschlossenen Contracte ist zuerst von einem zweiten Brunnen die Rede, welcher der Neue Brunnen genannt wird, dessen Soole aber nur zu 1 1/2 löthig angegeben wird. Der Salzpreis ist in diesem Contracte zu 24 ßl. für den Scheffel bestimmt. Von 1731 bis 1744 war ein Kammerjunker von der Lühe auf Thelkow Pächter gegen Erlegung von 3496 Rthlr. 12 ßl. jährlicher Pacht. Außerdem hatte derselbe als Eigenthum 1 1/2 Achttheil bürgerlicher Pfannentheile, welche er 1725 von Schleefschen Erben für 1500 Rthlr. gekauft hatte. Seine Wittwe verkaufte diese und noch andere 2 1/2 Achttheile im Jahre 1753 an die herzogliche Kammer für 400 Rthlr.

Zur Zeit dieses Contracts waren die Gradirgebäude mit Birken=Reisholz ausgefüllt und mit Stroh gedeckt. Der Brunnen ward durch eine Göpelkunst gewältiget. Zur Beförderung des Absatzes waren schon die Domanial=Unterthanen verpflichtet, bestimmte Salzquoten zu nehmen, welche z. B. für das Amt Ribnitz 606 Scheffel jährlich betrugen. Zur Feuerung ward nur Holz verbraucht, wovon im Jahr 1662 auf

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Befehl des Herzogs Gustav Adolph eine bedeutende Menge zu Ribnitz angekauft und der Faden mit nur 24 ßl. bezahlt ward. Die Saline besaß zwar einen District Moorwiesen, welcher vom Herzog Johann Albrecht von Güstrow (1611 - 1633) angekauft war, doch ward solcher nur auf Heuwerbung benutzt. Hierüber heißt es wörtlich im Inventarium von 1696:

"Von dem zwischen Pommern und Mecklenburg an der Recknitz liegenden großen Moore gehöret der Stadt Sülz ein ganzer Orth, von dem Dorfe Kness bis an den Tribbesescher Paß, fast einer Meile Weges lang. Davon hat Herzog Hans Albrecht Christlöblichen Andenkens der Stadt Sülz 1000 Ruthen in der Länge, und 300 Ruthen in der Breite abgekauft, welche als Wiesen beim Salzwerk gebraucht werden".

Dieses bedeutende, in Hinsicht seiner Lage nicht näher bestimmte Stück muß in späterer Zeit wieder an die Stadt zurückgefallen sein, denn der Saline gehört seit 1744 eine solche Fläche nicht. Durch das sülzer Moor führte von der Saline ab ein Kanal, welcher den Fluß Recknitz mit der Trebel bei Tribsees verband, vielleicht derselbe, dessen bereits in der Urkunde von 1298 Erwähnung geschieht: er heißt der alte Bürgergraben. Der obere Theil desselben, der von der Saline ab ins Moor führt, ist noch jetzt im Bestand und Gebrauch; der untere Theil aber ist verwachsen, indem ein später ausgestochener Kanal dort aus dem alten Graben abführt und die Verbindung zwischen der Saline und ihren Torfmooren, so wie nun auch über das Gut Langsdorf (sonst "Meklenburger Paß"), zwischen den Flüssen Recknitz und Trebel bewirkt.

Außer den vorgedachten Siedehäusern standen auf der Saline mehrere Torfscheuren und kleinere Gebäude, ferner ein großes Wohnhaus von 11 Gebinden und zwei Stockwerken, in welchem der Salzverwalter wohnte, und "worin die gnädigste Herrschaft abtritt, wenn sie des Ohrtes kombt", außerdem noch ein kleines Wohnhaus, worin ein Salzvoigt wohnte. Zur Saline gehörten die Bauerdörfer Jahnckendorf, Brünckendorff und Volckenshagen, welche Hand= und Spann=Dienste leisten mußten, aber Johannis 1768, nachdem 14 Katenwohnungen bei der Saline erbauet waren, davon getrennt und dem Amte Ribnitz beigelegt wurden.

Viel geschah damals für die Beförderung des Absatzes der Saline durch Prohibitiv=Gesetze gegen die Einfuhr des fremden Salzes. Schon 1664 erließ der mehrerwähnte, sich für die Saline sehr interessirende Herzog Gustav Adolph (regierte zu Güstrow von 1654 bis 1695) in dieser Hinsicht nachstehende

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Verordnung für die Stadt Güstrow, die im wesentlichen noch in Kraft und Bestand ist:

"Fügen Bürgermeister und Rath und ganze Bürgerschaft dieser Unserer Residenzstadt Gustrow, wie auch allen anderen darin wohnenden und dahin handelnden gnädigst zu wissen: Nachdeme diese Unsere Residenzstadt Gustrow Unser Städtlein Sülze so gelegen, daß sie den milden Seegen Gottes am nothwendigen Salzgewürz daselbst näher als von anderen auswärtigen Salzwerken, und also nicht nöthig haben dasselbe mit großen Kosten weder selbst außerhalb Landes zu holen oder bei anderen schon eingeholet zu verkaufen, und dadurch mit verursachen, daß bei diesen bedrängten und Geldmangelnden Zeiten, der wenige Vorrath an Gelde dem gemeinen Besten zuwider, noch stärkers verringert werde, und Wir dann solches gerne remediret wissen und Unserer getreuen Unterthanen Bestes hierunter Obrigkeitlichen Amtes halber befördern, auch beiher den in Unserm Lande befindlichen Seegen Gottes zu Unserer Cammer Vortheil und Aufnahme geniessen und gebrauchen wollen; Als befehlen Wir Allen und Jeden, wie obsteht, auch in gemeinen allen Anderen so in dieser Unserer Residenz ihren Aufenthalt, Gewerb oder Handthierung haben, hiemit ernstlich und wollen, daß hinfüro Jedermann, wer der auch sei, sich des Verkaufens und Erhandelns des fremden Salzes gänzlich enthalten und allein von Unserem Salz zu Sülze der Nothdurft einkaufen möge und solle. Datum Gustrow den 18 ten Junii 1664.

Vielleicht erzeugte diese Verordnung Widerspruch; denn 1679 ward zwischen der herzoglich meklenburg=güstrowschen Cammer und dem Amt der Haken daselbst ein förmlicher Vertrag abgeschlossen, nach welchem sich die Haken verpflichteten, alles Salz, was sie irgend verkaufen könnten, von der herzoglichen Saline zu Sülz zu nehmen und, bei eigner Anfuhr, von Michaelis bis Ostern mit 17 ßl., von Ostern bis Michaelis mit 16 ßl., im Falle die Anfuhr auf herzogliche Kosten geschehe, aber alles Salz mit einem Gulden zu bezahlen: ein Vertrag, der von herrschaftlicher Seite nicht strenge genommen wird, da die Anfuhr den güstrower Kaufleuten überlassen und das Salz nur mit 16 ßl. von ihnen bezahlt wird.

Ein ähnliches Rescript erging auch an die anderen Städte zu verschiedenen Zeiten, namentlich unterm 3. September 1683

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an die Stadt Boizenburg, welchem jedoch noch mildernd hinzugefügt war:

"Dieweil aber die Stadt Boizenburg von Unserer Stadt Sülze ferne, und hingegen die Stadt Lüneburg nahe gelegen, als wollen wir Euch von dieser Verordnung zwar vor der Hand eximiret haben, jedoch habt ihr denen Lüneburger Salzfahrern, wann sie alda ankommen werden, hiervon sofort Nachricht zu geben, und selbige zugleich zu verwarnen, daß sie bei Confiscirung des geladenen Salzes sich von dannen nicht anhero nacher Gustrow weiter in Unsere Lande begeben sollen".

Diese Verfügungen wurden öfter wiederholt und mit Strenge durchgeführt, so unterm 20. December 1707, wo die Stadt Plau diese Verordnung erhielt, gegen welche demnächst am 30. März 1711 der Fiscal wegen Uebertretung excitirt ward. Dennoch klagte der Sülzverwalter Valentin Möller unterm 8. December 1710, daß nicht allein an einigen Orten fremdes Salz vor den Stadtthoren verkauft und dann in die Städte hinein practisiret würde", sondern daß sogar lüneburger Salz in die Stadt Bützow eingefahren, daselbst öffentlich ausgerufen und verkauft worden. - Sehr allgemein und scharf ward dieses Prohibitiv=Gesetz noch unterm 23. Junii 1746 vom Herzoge Christian Ludwig erneuert und namentlich

"allen Haupt= und Amtleuten, auch Bürgermeisteren, Gerichtsverwaltern und Rathmännern, Bürgern und Unterthanen dieser Herzogthümer alles Ernstes befohlen, über die gegen die Einfuhr des fremden Salzes und dessen Vertrieb ergangene fürstliche Constitutiones und Verordnungen pfichtmäßig zu halten".

In der Folgezeit fiel dieser Schutz gegen die Einfuhr fremden Salzes fort.

Von Interesse für diesen Zeitraum und vielleicht mehr noch für die Zukunft ist die Benutzung des Recknitzflusses zur Schiffahrt, weil dadurch die Frage, ob der Fluß die Rechte eines schiffbaren Stromes habe oder nicht, für alle Zeit zu Gunsten der Schifffahrt entschieden ist. Die Recknitz läßt sich in drei Teile theilen, nämlich:

1) in den Theil von ihrem Ursprunge bis zur Stadt Tessin,

2) in den Theil von Tessin bis Sülz, und

3) in den Theil von Sülz bis in die Binnensee bei Ribnitz.

Was den letztern Theil betrifft, so wird auf diesem zwar die Prahmschifffahrt fortdauernd unbestritten ausgeübt, doch fanden in

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früherer Zeit Störungen statt, und es bleiben für das Recht die damaligen Verhandlungen von Erheblichkeit. Im Anfange des 17. Jahrhunderts nämlich ließ ein Achatius Mörder von Daskow in Pommern die Prahmen des Caspar von Behr von Nustrow anhalten, von denen der eine durch die gewaltsame Behandlung zum Sinken gebracht ward. Nun bewaffneten die Sülzer ihre Prahmfahrer "mit Röhren und zogen gleichsam gegen den Achaz Mörder und die Seinigen zu Felde!" Doch ging es wohl ohne Blutvergießen ab; dagegen traten schriftliche Verhandlungen zwischen den beiderseitigen Landesherren, Herzog Carl von Meklenburg, als Vormund des fürstlich=güstrowschen Hauses, und Philipp Julius, Herzog von Pommern, ein. Es wurden von beiden Seiten Commissarien ernannt, welche auch am 22. Septbr. 1606 zusammentraten, im allgemeinen zwar das Recht der Prahmfahrt anerkannten, doch in der eigentlichen Streitsache nichts entschieden. Hiedurch dreister gemacht, vergriff sich Achatius Mörder im folgenden Jahre wieder an einem sülzer, dem rostocker Bürger Lucas Koepcke zuständigen Prahm. Nun bot der Herzog Carl die Stadt und das Amt Ribnitz förmlich gegen Mörder auf und schrieb sehr ernstlich an den Herzog Philipp Julius, indem er nun auch die Restitution des behrschen Prahms verlangte. Philipp Julius antwortete entschuldigend. Da man sich diesseits aber nicht damit zufrieden gab, so ging 1608 eine Declaration desselben ein, worin es wörtlich heißt:

"Den Hauptpunct anlangend, sind wir mit Ew. Liebden einig, daß Prahmenfahrt auf der Recknitz, als in flumine navigabili, den Pommerschen und Mecklenburgischen frei gelassen werden muß, dergestalt wie es von Alters her üblich",

womit also das Recht des Flusses von beiderseitigen Staaten anerkannt war. Der vorgedachte versunkene Prahm lag noch 1774 an 30 Ellen lang unterhalb der pantlitzer Kapelle queer in dem Strome und liegt vermuthlich noch dort.

In den Jahren 1775 und 1776 ward von der herzoglich meklenburgischen und von der königlich schwedischen Regierung für Pommern eine Commission ernannt, um den Grund der häufigen Ueberschwemmungen der untern Recknitz von Sülz bis Ribnitz zu untersuchen und Vorschläge zur Abhülfe zu machen. Die Verhandlungen wurden von schwedischer Seite auf Schiffbarmachung des Flusses auch für größere Schiffe hinübergeführt und es schien dieser Plan Hauptsache der jenseitigen Commissarien zu sein, an deren Spitze ein Obrister von Kööck aus Stralsund

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stand, während die diesseitigen Commissarien waren: der Oberhauptmann von Oertzen zu Rühn, der Hofrath und Professor Karsten zu Bützow und der Amtmann Johann Georg Koch zu Sülz. Auch die diesseitigen Commissarien waren jenem Projecte nicht abgeneigt; allein es scheint, als habe der 1776 erfolgte Tod des schwedisch=pommerschen General=Statthalters Grafen von Sinclair diesen Plan, so wie alle anderen Pläne dieses thätigen Mannes zur Schiffbarmachung aller pommerschen Flüsse zerstört oder vielmehr für lange Zeit verschoben; denn es steht zu hoffen, daß die Wiederaufnahme noch der Folgezeit aufbehalten ist.

Mehr bestritten würde das Schifffahrtsrecht auf dem Theile des Flusses zwischen Sülz und Tessin sein; doch läßt es sich auch hiefür mit genügender Sicherheit nachweisen. Es scheint schon nachstehende Urkunde entscheidend

"Von Gottes Gnaden Wir Friederich Wilhelm Hertzog zu Mecklenburg etc. .
urkunden und bekennen hiemit öffentlich vor Uns Unsere Fürstlichen Successoren und sonst Jedermänniglichen, daß nachdem wir vor diehnsam befunden, zu Beförderung und Facilitirung der Prahmfahrt von Unser Sülze nach Tessin hin, einen neuen Graben und dann eine Freischlüse in dem Reckenitzer Strohm, woran die denen von der Lühen eigenthümlich zustehende Mühle belegen, machen zu lassen, und diese derenselben Eigenthümer dahero in Sorgen gestanden, es möchte hiernächst bei kleinem Wasser selbige Mühle dadurch einigen Schaden oder Abbruch an Wasser leiden, sothanes angelegtes Werk aber Ihnen oder vielmehr jetzt besagter ihrer Mühlen zu keinen Zeiten einigerlei Weise praejudiciren oder nachtheilig sein soll; wie wir denn denenselben solches Kraft dieses nochmalen gnädigst versichern, und dabenebst sowohl jetzigen, als künftigen Unseren Salzinspectoribus ernstlich anbefehlen, sich hiernach gehorsamblich zu achten, und mit allem Fleiße jederzeit dahin zu sehen, daß zum Schaden und einigem Präjudiz dieser Mühlen, das Wasser in bemeldtem Reckenitzer Strohm weiter nicht, als was zur Hin= und Rückfahrt der Prahmen höchst nöthig, gebraucht werde.
Uhrkundlich unter Unserm Fürstlichen Cammer Innsiegell und gegeben auf Unser Vestung Schwerin den 15. Marty Anno 1710".

Hier ist das Recht der Prahmfahrt von allen Seiten als unbezweifelt und unbestritten anerkannt und nur gegen spe=

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cielle Beeinträchtigung der Mühle durch dessen Ausübung eine Versicherung ertheilt.

Im Jahr 1763 endlich ward von der Landesregierung der Plan zu einer Vereinigung der schiffbaren Recknitz mit der Nebel bei Güstrow aufgefaßt und dem Amtmann Mester zu Güstrow, so wie dem Amtmann Johann Georg Koch zu Sülz aufgetragen, die Möglichkeit der Ausführung zu untersuchen und darüber zu berichten. Ein weiteres Resultat hat sich hier aber nicht ergeben. Auch von Seiten der von der Lühe ward die Prahmfahrt auf diesem Theile der Recknitz stark betrieben und zu diesem Zwecke die Brücke bei der sogenannten Lieper Klappe zur Zugbrücke eingerichtet, wie denn auch im Jahr 1709 auf den Antrag des Salzinspectors Valentin Möller die bei Sülz über die Recknitz führende Brücke zur Zugbrücke eingerichtet ward. Sie ist als solche jetzt wieder eingegangen, doch hat die Saline noch jetzt den Theil der Brücke zu erhalten, wo ehemals die Klappe lag. Zu eben der Zeit wurden auch Schleusen in diesem Theile der Recknitz erbauet, um Holz aus der tessiner Gegend auf die Saline zu führen.

Eine neue und wichtigere Periode für die Saline begann mit dem Jahre 1744. Es verbanden sich nämlich der herzoglich=meklenburgische Oberhofmeister von Vieregge auf Rossewitz, der Obersalzgräf Waitz zu Nauheim, nachmaliger kurhessischer Minister Waitz Freiherr von Eschen zu Cassel, und der Kammerrath Koch zu Nauheim, Director der dortigen Saline, in Veranlassung des ersteren, zu einer Interessentschaft und pachteten den fürstlichen Antheil an der sülzer Saline. Es ward Johannis 1744 der erste Contract zwischen der herzoglichen Kammer und dieser Interessentschaft abgeschlossen und ein Sohn des Kammerraths Koch, Johann Georg Koch, ward deputirt, um die Saline entgegen und dann auch die Direction des Werks zu übernehmen. Der Oberhofmeister von Vieregge schied bald aus und ward von den andern Interessirenden abgefunden. Die Familien Waitz und Koch aber blieben durch mehrfache Pachtprolongationen in dem Besitze dieser Pachtung bis Johannis 1816, wo die großherzogliche Kammer das Werk wieder zurück und in eigene Administration nahm. Dem ersten Dirigenten, Amtmann J. G. Koch, war, nach seinem 1779 erfolgten Tode, seines Bruders Sohn Johann Friederich Theodor Koch, geboren zu Friedberg in Hessen, in der Direction des Werks gefolgt, der darauf im J. 1816 mit dem Character als Oberamtmann in großherzogliche Dienste übertrat und bis zu seinem 1827 erfolgten Tode in ehrenvoller Thätigkeit verblieb. Ihm folgte 1827 sein zweiter Sohn, Ver=

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fasser dieses, der, seit 1813 als Bürgermeister und Stadtrichter zu Sülz angestellt, ihm Johannis 1816 als Salinebeamter adjungirt ward.

Viel ward im Laufe jener 72jährigen Pachtperiode geschaffen, und den Flor, dessen die Saline sich jetzt erfreut, verdankt sie jener Zeit. Zunächst ward darauf gedacht, die einzelnen Pfannenbesitzer auszukaufen und so das ganze Werk unter Einen Herrn zu vereinigen. Der Herzog Carl Leopold ertheilte dem Inspector Koch zu Sülz und dem Forstmeister Brand zu Hirschburg das Commissorium, deshalb mit den Inhabern von Pfannentheilen zu unterhandeln. Es fand am 23. November desselben Jahres eine Zusammenberufung aller bürgerlichen Interessenten statt, bei welcher aber der Bürgermeister Böhmer d. j. Namens aller übrigen Interessenten den Verkauf unbedingt verweigerte. Dennoch wurden die Verhandlungen mit den einzelnen Inhabern von Pfannentheilen fortgesetzt und noch vor Ablauf des Jahres waren alle Pfannentheile, die böhmerschen nicht ausgenommen, in den Händen der Landesherrschaft und wurden sofort den Salinepachtinteressenten mitverpachtet. Der Kaufpreis für ein Achttheil betrug 300 bis 340 Rthlr.

Zur Vergrößerung des Werks wurden zunächst neue Soolbrunnen eröffnet, was bei Sülz nicht schwer ist, da die Soole in den Schlammgründen (Salzryen) des hiesigen Soolenfeldes schon zu Tage austritt und die Brunnenfassung nur die 10 bis 15 Fuß starke Torfschicht zu durchschneiden und in den dann folgenden Triebsand so weit hinab zu reichen braucht, bis eine Kieslage erreicht ist, in welcher dann die reinere Soole streicht, was gewöhnlich in einer Tiefe von 70 Fuß erlangt wird. Auch Gradirwerke wurden gebauet und in bestimmte Fälle getheilt. So ward zunächst zwischen dem jetzigen Amtshause und dem jetzigen zweiten Gradirfalle längs dem nach der Saline führenden Damme im Jahr 1745 ein jetzt bereits wieder abgebrochenes Gradirgebäude von 420 Fuß Länge mit zwei unteren Dornwänden und einer oberen Wand erbaut; dann folgten 1756 der sogenannte Winkelgradirbau, jetzt dritter Fall, 200 Fuß lang, mit einem Soolenreservoir darunter, übrigens von gleicher Bauart; ferner mit gleicher Construction 1757 bis 1759 der lange Bau, jetzt zweiter Fall, 1346 Fuß lang, nebst einer jetzt nicht mehr vorhandenen Roßkunst; endlich 1759 und in den nächstfolgenden Jahren der jetzige Friederich=Gradirbau, auch Neue Bau genannt, jetziger 4ter, 5ter und 6ter Fall, 983 Fuß lang, mit vier Soolenreservoirs unter der ganzen Länge des Baues. Noch einige kleinere, jetzt schon wieder abgebrochene Gradirgebäude wurden in der letzten Zeit der Pachtperiode aufgeführt und mehrere ganz alte

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wurden niedergenommen. - Bei dieser Vermehrung der Gradirgebäude mußten auch die Bewegungskräfte zur Betreibung der Pumpen vermehrt werden. Aus diesem Grunde ward im Jahr 1753 die vor dem Tribseer Thore der Stadt Sülz belegene Wassermühle durch die Pachtinteressenten von einem Hauptmann von der Lühe zu Reddersdorff und einer Kammerjunkerin von der Lühe zu Thelkow für 5000 Rthlr. käuflich acquirirt und am 22. Januar 1754 von den Pachtinteressenten für 5362 Rthlr. wieder an die Landesherrschaft verkauft, wobei die Pachtinteressentschaft die Mühle in Pacht übernahm, 1758 eine massive holländische Windmühle auf dem sogenannten Krähenberge, einer früheren Schanze, erbauete und dagegen Anfangs einen Theil des Aufschlagewassers, späterhin aber das Ganze zur Betreibung erst eines Wasserrades, dann zweier Wasserräder gebrauchte. Auch an dem nördlichen Ende der Saline ward ein Wasserrad 1759 erbauet und "die hirschhalser Kunst" genannt, welche jetzt an einen andern Ort hin verlegt ist. Eine Ziegelei hatte, wie vorerwähnt, schon in früheren Jahren bestanden. Die jetzt noch in Thätigkeit sich befindende zur Saline gehörende Ziegelei ist 1756 erbaut.

Aber auch ein Unfall sollte um diese Zeit das aufblühende Werk treffen. Am 14. Mai 1759, Morgens zwischen 1 und 2 Uhr, kam Feuer in der großen fürstlichen Torfscheure aus, wodurch bei einem äußerst heftigen Nordwestwinde nicht allein dieses 120 Fuß lange Gebäude, sondern noch zwei andere Torfscheuren mit allem Inhalte und das Gebäude über dem neuen Kunstrade in Feuer aufgingen. Die Ursache des Brandschadens war nicht mit Gewißheit zu ermitteln; doch waren wahrscheinlich junge Leute durch Tabackrauchen Schuld daran, welche in jener Zeit auf der Flucht vor den preußischen Werbern sich auf der Saline, strengen Verbots ungeachtet, Verstecke ausgesucht hatten. Denn grade in jener Nacht war für ein von Rostock kommendes preußisches Bataillon Quartier angesagt und einige Mannschaft bereits eingetroffen.

Um das Saline=Territorium zu erweitern und Bauplätze zu gewinnen, wurden in den Jahren 1750 bis 1760 mehrfache Ankäufe an Gärten, Weide= und Wiesengründen von städtischen Grundbesitzern, besonders aber von der Kirche mit oberbischöflicher Genehmigung, gemacht; namentlich ward von der Kirche das Terrain erworben, auf welchem das jetzige Amtshaus steht und was an Gärten und Weide dazu gehört. Dieses Haus ward 1757 bis 59 erbauet.

Auch um Aufhebung des noch fortdauernden Pfandbesitzes der von der Lühe, aus welchem unaufhörlich unangenehme Conflicte entstanden, bemühete sich die interessent=

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schaftliche Administration, und auf ihre Veranlassung acquirirte die Kammer im J. 1768 die verpfändete Jurisdiction der Städte Sülz und Marlow mit allen Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten für 3200 Rthlr. Der desfalsige Contract ward geschlossen am 21. September 1768 und allerhöchst bestätigt am 3. Januar 1769. Alle Vortheile und Gerechtsame wurden aber einstweilen den Interessenten überlassen, weil sie das Kaufgeld hergaben, bis 1780, wo alles an die Landesherrschaft zurückfiel.

Ein schweres Schicksal traf die Stadt Sülz am Herbstmarkttage des Jahres 1770, indem mehr als zwei Dritttheile der Stadt in Feuer aufgingen. Unter andern verbrannte damals die schöne, 110 Fuß hohe Spitze des überhaupt 200 Fuß hohen Thurms; nachdem das Gebälke unten abgebrannt war, stürzte die brennende Spitze auf die Kirche, durchschlug das Dach, blieb aber auf dem Gewölbe liegen, welches nur einige Risse bekam; doch brannte auch das Innere der Kirche völlig aus. Ein Schatz alter Urkunden und Acten verbrannte mit dem Rathhause. Die Saline blieb von diesem Brande unberührt.

Allmählig war nun die ganze Saline durch den Auskauf der Privaten fürstliches, an eine Societät von Pächtern verpachtetes Eigenthum geworden und es vergingen mehrere Jahrzehende im ruhigen Besitze der Pachtinteressentschaft, deren Contract in diesem Zeitraume mehrere Male prolongirt ward, ohne daß sich weiter etwas besonders Bemerkenswerthes ereignet hätte. Das Wichtigste bei einer solchen Fabrikanstalt, der Absatz ihrer Producte, war schon im vorigen Jahrhundert und blieb auch ferner dadurch gesichert, daß die Domanialunterthanen ihren Salzbedarf von der sülzer Saline beziehen mußten 1 ). Um dies zu erleichtern und den Absatz an sonstige Käufer zu befördern, wurden Niederlagen von sülzer Salz zu Schwerin, Sternberg und Plau errichtet; auch


1) Diese Maaßregel, die man so oft tadeln hört, rechtfertigt sich aus mehreren Gründen. Es beruht der größte Theil dieses sogenannten Zwangsabsatzes auf contractlichen Bestimmungen, worin doch überall nichts Drückendes und Erzwungenes liegt. Es konnte aber auch die Saline in einem gewissen, nicht ganz unbedeutenden Umfange nur durch einen so gesicherten Absatz bestehen; und da die höchste Behörde es als Pflicht erkannte, stets und auch für solche Zeit, wo die Einfuhr des fremden Salzes erschwert, vielleicht unmöglich gemacht wird, dem Lande ein so unentbehrliches Gewürz zu verschaffen und es vor Uebertheuerung zu sichern, so mußte das einzige Mittel gewählt werden, um ohne Zubuße ein so nothwendiges Werk, wie die Saline es ist, zu erhalten. Da nun aber von Seiten des Landes nichts hiefür geschah, so war es dankeswerth, daß hier die Kammer vermittelnd eintrat, und hat das Publicum es wohl zu berücksichtigen, daß ohne die Saline das fremde Salz gewöhnliche Kaufmannswaare werden und nur für verhältnißmäßig hohe Preise verkauft werden würde, während der niedrige Preis des vaterländischen Products nun auch den Kaufmann zwingt, so niedrig zu verkaufen, wie die Saline verkauft.
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ward der Versuch mit einer Niederlage zu Rostock gemacht, welche 1777 ein Major von Mecklenburg daselbst übernahm, die jedoch nicht lange bestand. Von sülzer Bürgern ward das Salz ins Land verfahren, indem sich eine eigene, hiemit Gewerbe treibende Classe, die der Salzfahrer, gebildet hatte. Noch vor nicht langen Jahren waren deren 36, welche als Frachtfuhrleute das Salz, besonders in das Strelitzsche, verfuhren, daselbst Bretter, Dachschindeln, Theer, Pech, Rollen=Taback, getrocknetes Obst etc. . wieder kauften und solches in hiesiger Gegend wieder absetzten. Nach Errichtung mehrerer, besonders der malchiner, Salzniederlagen, nachdem das schwedische Pommern, wohin sie vielen Verkehr hatten, preußisch geworden und nachdem die Ausfuhr der Bretter etc. . im Strelitzschen erschwert worden war, ist dieses nützliche Gewerbe in Verfall gekommen, so daß jetzt nur noch 8 bis 10 Salzfahrer vorhanden sind.

Welche Wichtigkeit die Saline für das Land hat, ergab sich, jedoch ohne daß es genügend erkannt wäre, in den unglücklichen Jahren 1807 bis 1813, als Napoleons Machtspruch die Häfen des Festlandes allen englischen Producten verschloß und auch das englische Salz eine verbotene Waare ward. Nur mit der größten Anstrengung und durch eine Sommer und Winter fortdauernde Siedung ward es möglich, mit den für einen so ungewöhnlichen Absatz nicht eingerichteten Werken den Bedarf des Landes zu produciren. Es konnte nur schwache Soole versotten und mußte zur Feuerung Holz verwandt werden, daher denn auch der Preis des Salzes bis zu 1 Rthlr. 8 ßl. für den Scheffel stieg.

Endlich als 1816 das Ende der letzten Pachtprolongation herankam, beschloß die Kammer, welche zu der Zeit unter dem Präsidium des Erbgroßherzogs Friederich Ludwig stand, die Saline in eigene Administration zu nehmen. Dieser zu früh verblichene Fürst erkannte die ganze Bedeutsamkeit des Werkes und leitete höchstselbst die Verhandlungen, wie mehrere eigenhändige Schreiben an den derzeitigen Dirigenten, den wail. Oberamtmann Koch, beweisen, der mit großer Kraft und Liebe für sein neues Vaterland und seinen Fürsten diese wichtige Maaßregel unterstützte. Als Vorbereitung ward schon im Jahr 1813 das eine halbe Meile von Sülz belegene Gut "Meklenburger Paß", jetzt Langsdorf 1 ) genannt, mit bedeutenden Torfmooren von dem Besitzer, dem wail. Generalmajor von Kardorff auf Bölendorff, angekauft und der Verfasser dieses, damals Bürger=


1) Langsdorf: von dem hochseligen Großherzoge Friederich Franz dem berühmten Salinisten Carl Christian von Langsdorff zu Ehren so benannt.
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meister zu Sülz, erhielt den Auftrag, daselbst einen Prahmkanal, und damit auch Torfvorräthe für den künftigen Salinebetrieb, ausstechen zu lassen. Dieser Ankauf erleichterte die künftigen Verhandlungen wegen Uebernahme der Saline ungemein; denn er sicherte der Saline den Bedarf an Feuerung, womit es ohnedies bedenklich ausgesehen hätte, da die übrigen Torfmoore, welche den Torf für die Saline bis dahin geliefert hatten und ferner liefern konnten, im Besitz der Pachtinteressenten waren, welche damit den Schlüssel in Händen zu haben glaubten. Da sie aber durch jenen Ankauf ihre Hoffnungen vereitelt sahen, traten sie auch die andern Moore ohne Bedenken ab. So ging denn 1816 den 24. Junius die ganze Saline mit ihren Torfmooren und allen Vorräthen, nachdem sie 72 Jahre in Händen der Pachtinteressenten gewesen war, vollständig an die großherzogliche Kammer über. Alle Officianten traten in großherzogliche Dienste, und der Oberamtmann Johann Friederich Theodor Koch blieb Dirigent derselben. Dem Geschäft der Uebernahme standen als Bevollmächtigte der Kammer der Geheime Kammerrath von Steinfeld und der Ober=Baurath Wünsch mit großer Umsicht vor. Von Seiten der freiherrlich Waitzischen Familie war der Salineinspector Woerishoeffer von Greifswald und der Dr. Brandenburg d. ä. von Rostock als Rechtsbeistand bevollmächtiget. Es war die Berechnung der Vorräthe, besonders der Soolenvorräthe und deren Berechnung zu Gelde, keine Kleinigkeit; aber bei allseitigem guten Willen, bei der Intelligenz der handelnden Personen und der Sachkunde und Thätigkeit des Dirigenten war das Geschäft in wenigen Tagen, ohne daß Streitigkeiten oder Ursachen zu prozessualischen Weiterungen blieben, vollendet.

Sofort ward nun an Erweiterung des Werks gearbeitet. Es wurden mehrere neue Brunnen angelegt, von denen besonders der Ludwigs=Brunnen (nach dem hochsel. Erbgroßherzoge Friederich Ludwig so benannt) im Jahr 1823 den 8. Septbr. auf 75 Fuß Teufe ein höchst günstiges Resultat gab. Die Soole steigt in einer bis auf gedachte Tiefe niedergerammten Röhre bis ungefähr 8 Fuß unter der Erdoberfläche auf und fließt hier aus zwei 1 1/2 zölligen Röhrenstiften mit großer Kraft in eine cylinderförmige Fassung von Spundpfählen aus.

Die Gradirung ward 1818 und 1819 durch ein Gradirgebäude mit zwei Wänden ohne Dach vermehrt, welches 1275 Fuß lang ist und der Ludwigs=Bau heißt. Auf demselben stehen zwei Mühlen, welche mit der hirschhalser Wasserkunst die Pumpen treiben. Im Jahr 1825 ward ein 196 Fuß langes Gradirgebäude mit Soolenreservoir darunter, der Siede=

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bau, aufgeführt und so hoch gestellt, daß die Soole von demselben durch ihren eigenen hydrostatischen Druck unmittelbar in die Siedepfannen fließt, wenn ein Zapfloch geöffnet wird. Mehrere alte, entbehrlich gewordene Gradirgebäude wurden abgebrochen, ebenso eine durch Vereinfachung des Gradirungsbetriebs entbehrlich gewordene Wasserkunst, und das sogenannte hirschhalser Wasserrad ward nach einer andern Stelle hin verlegt und neu gebauet. Zu den vorhandenen Siedehäusern kam im Jahr 1817 ein großes, neues Haus, auch "das große Haus" genannt, mit 4 Pfannen, mit Magazinen und einem Torfschauer hinzu, und an die Stelle des wegen Baufälligkeit abgebrochenen neuen hirschhalser Siedehauses ward 1822 ein zweistöckiges Siedehaus mit zwei großen Pfannen gebauet, welches aber am 22. September 1825 abbrannte, ohne daß die Entstehungsursache des Feuers, welches im zweiten Stock aufging, ausgemittelt werden konnte. Auf dieser Baustelle ward 1830 und 1831 ein großes Siedehaus mit 4 Pfannen aufgebauet und darauf das sehr baufällige Siedehaus der "alte Hirschhals" mit 2 Pfannen abgebrochen, dessen Name auf das neue übergegangen ist. Schon 1817 war ein großes Materialienhaus gebauet und damit einem lange gefühlten Bedürfnisse abgeholfen. Das Saline=Territorium ward durch neue Ankäufe erweitert und arrondirt und zum Theil mit einer Pallisaden=Befriedigung umgeben.

Zur Erleichterung des Salz=Transports, besonders in das Strelitzsche, wurden die Flüsse Recknitz und Trebel durch einen Kanal mit einer Kastenschleuse verbunden und fuhr man darauf und fährt noch jetzt zu Wasser von der Saline durch den Kanal in die Trebel, Peene,. durch den cummerower See und so an den malchiner Damm, wo das Salz ausgeladen und nach der Stadt Malchin aufgefahren wird, wo dem Senator Krüger die Niederlage anvertrauet ist, die jetzt jährlich schon an 32000 Scheffel Salz verdebitirt. Außer dieser Niederlage bestehen noch Niederlagen zu Plau, zu Wismar und zu Schwerin. Den beiden letzten wird das Salz auf der Recknitz hinunter nach Fischland, dort über Land, dann zu Schiffe nach Wismar und zu Lande nach Schwerin zugeführt. Diese leisten jedoch nichts weiter, als daß sie das Salz, welches die Domanial=Aemter dortiger Gegenden nehmen müssen, vertheilen. Zu bedauern ist es, daß ein höherer Aufschwung der Saline durch den Kampf mit dem englischen Salze erschwert und durch die Erleichterung des Verkehrs vermittelst Eisenbahnen und Chausseen immer mehr erschwert werden wird. Man wird dies einsehen, wenn man bedenkt, daß das englische Salz in Liverpool für 3 1/2 ßl. den rostocker Scheffel verkauft, daß es nicht als Kaufmannswaare, sondern als Ballast eingeführt und daher so wohl=

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feil verkauft werden kann, daß das inländische Fabrikat nicht Preis halten kann. Dies wird noch erleichtert werden, wenn Eisenbahnen von den Seestädten ins Land führen.

Wichtig für die Saline war der Ankauf mehrerer Güter mit bedeutenden Moorflächen, Waldungen und zum Theil selbst mit Soolquellen. Es wurden nämlich im Jahr 1824 von dem wail. Kammerjunker von der Lühe dessen Güter Fahrenhaupt, Allersdorf, Schulenberg, Bauerdorf und Meierei Knesse angekauft. Sie enthielten bedeutende Waldungen, besonders schöne Tannen, sehr weite und schöne Torfmoorflächen und in diesen Soolquellen, mithin alles, was der Saline von Wichtigkeit sein konnte. Sie wurden daher auch nach Inhalt der allerhöchsten Rescripte speciell für die Saline angekauft, Salinegüter benannt, der besonderen Administration des Saline=Amts überlassen und sollten nach Absicht der Beamten die Waldungen besonders ausschließlich für die Saline bestimmt, conservirt, vermehrt und durch Anzucht solcher Holzarten, welche der Saline nöthig und nützlich sind, erweitert werden. Ebenso sollten die Moorflächen zur alleinnigen Disposition des Amts verbleiben. Nach wenigen Jahren traten aber in der Durchführung dieser Idee Veränderungen ein, die solche ziemlich aufhoben und das Verhältniß dieser Güter ganz dem aller übrigen Domanial=Güter gleichstellte. Doch bleiben der Saline die Vortheile, noch einen Theil ihrer Bauholzmaterialien aus der Nähe beziehen zu können und die Gewißheit zu haben, nie Mangel an Torf zu leiden, indem die weiten Moore dieser Güter dagegen sichern. Der Transport dieses Torfs würde aber zur Zeit nur die Recknitz hinauf zu beschaffen sein, was bei den großen Krümmungen dieses Flusses und weil die Last dem Strome entgegen geführt werden müßte, seine Schwierigkeiten haben würde. Diese würden jedoch dadurch zu beseitigen sein, daß ein Kanal unferne der Saline aus der Recknitz führend durch die sülzer Weide, durch die Niederungen der Güter Knesse, Schulenberg und Fahrenhaupt gerade hindurch gezogen würde und so wieder in die Recknitz ausmündete. Große Vortheile würden hieraus für die Stadt Sülz hervorgehen, indem durch den dadurch erlangten rascheren Abfluß des Wassers die Weide trockner und den häufigen und lange dauernden Ueberschwemmungen gewehrt werden würde. Dennoch stieß man bisher in den Verhandlungen mit der Stadt auf nicht wohl zu beseitigende Schwierigkeiten und war dies ein Hauptgrund, weshalb im J. 1831 die Güter Breesen und Nutschow von dem Legationsrathe von Ferber, wiederum für die Saline, angekauft wurden. Diese Güter besitzen wenig Holz, aber gleichfalls bedeutende Flächen Moorgründe, welche an das langsdorfer Torfmoor grenzen, in welche

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daher der bereits vorhandene Prahmkanal nur verlängert zu werden brauchte, um die vollständige Prahmschifffahrt bis zur Saline zu erlangen.

Außer diesen eigenen Mooren nimmt die Saline zur Zeit die Hälfte ihres Bedarfs aus Moorgründen, welche der Stadt Tribsees gehören und seit 1780 der Saline verpachtet sind. Die desfallsigen Contracte dauern bis 1850, wo diese Moorflächen ausgestochen an die Stadt zurückfallen. Von der Stadt Sülz ward ein langes, aber schmales Terrain Moor, das Mittelmoor, käuflich erworben, weil durch dasselbe der Prahmkanal durchgeführt werden mußte, der die Verbindung zwischen Recknitz und Trebel macht und welcher, durch das langsdorfer in das nutschower und breesener Moor verlängert, dazu dient, den Torf aus diesen Mooren zu Wasser nach der Saline zu prahmen.

So hat die Saline nun alles, was dazu gehört, ein Werk der Art groß zu machen: Quellen in unerschöpflicher Menge, eine Lage, welche die Gradirgebäude dem scharfen Luftstrome der westlichen und östlichen Winde aussetzt, Feuerungsmaterial für Jahrhunderte genügend, Bauholzmaterial in nicht bedeutender Entfernung, Wassercommunication zur Erleichterung des Transports und gesicherten Absatz. Dennoch leistet die Saline nicht so viel, als sie leisten könnte, weil grade beim Salzconsum es schwer hält, gegen Gewohnheit und Vorurtheil anzukämpfen und weil das englische Salz noch immer von sehr Vielen dem vaterländischen vorgezogen wird und, wie vorbemerkt, so wohlfeil verkauft werden kann, daß es schwer hält, dagegen an zu kommen. Umgekehrt aber erzwingt auch die sülzer Saline diesen wohlfeilen Preis, woran vielleicht wenig gedacht wird. Denn wäre sie nicht da, so würde, wie schon oben bemerkt, das englische Salz eine Handelswaare sein, mit welcher, wie mit allen übrigen, speculirt, welche also bald zu hohen, bald zu niedrigern Preisen dem Publicum dargeboten werden würde.

Aufmerksam gemacht durch die heilsamen Wirkungen der Salzsoolen anderer Salinen in vielen Krankheitsformen, ward durch die Gnade des für Menschenwohl in jeder Beziehung stets so thätig sorgenden hochsel. Großherzogs Friederich Franz die Errichtung eines Soolbades verfügt und unter oberer Leitung des Geheimen Medicinal=Raths von Vogel und unter besonderer Leitung des Amts= und Badearztes Dr. Plotzius zu Sülz im Jahre 1822 ausgeführt, indem ein freundliches Bade= und Logirhaus mit 12 Badestuben, 18 Logirzimmern und hinreichendem Local zu Bällen, so wie zur Conversation aufgeführt ward. Dieses Institut besteht noch, hat aber die verdiente Beachtung nicht gefunden, da es bei der zahlreichen

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Menge kleinerer und größerer Badeörter und Badeanstalten, bei der Nähe so bedeutender Curanstalten, wie Doberan, Warnemünde und Putbus, schwer hält, das Publicum nach einem kleinen, unansehnlichen Orte, wie Sülz ist, hinzuziehen, wo dem Kranken außer einer freundlichen Umgebung nichts geboten werden kann, als Hoffnung zur Genesung, die nur zu oft den Vergnügungen eines großen Badeortes und dem Glanze seiner Gesellschaften nachgesetzt, ja selbst geopfert wird.

Endlich ward im J. 1828 auch eine chemische Fabrik gegründet, welche den Zweck hatte, die Abgänge der Soolen und des Salzes zu chemischen Fabrikaten, zunächst aber die Mutterlauge zur Production von Salmiak zu benutzen. Gleich nach der Anlage aber fiel der Preis des Salmiaks ganz ungemein, und dazu hielt es zu schwer, die Beinschwärze (pulverisirte Knochenkohle), welche bei Erzeugung des Ammoniums durch Verbrennung von Knochen als Nebenproduct in großer Menge gewonnen ward, mit Vortheil zu verkaufen, und so konnte das Unternehmen mit Nutzen nicht fortgeführt werden. Es ward versucht, die kleine Anlage zu veräußern; da sich aber kein Abnehmer fand, so ward sie aufgegeben und es wurden die Gebäude abgebrochen. So bleibt aber hier noch ein Feld für künftige Speculation übrig.

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IV.

Aeltere Geschichte

der

Saline zu Conow,

von

G. C. F. Lisch.


D ie genauere Geschichte der für Meklenburg in geognostischer und oryktognostischer Hinsicht so merkwürdigen Gegend von Conow bei Eldena beginnt erst mit dem Anfange des 14ten Jahrhunderts. Die hier zur Besprechung gewählte Saline lag nahe bei Gonow; jedoch ist nicht die vereinzelte Erscheinung dieser Saline allein merkwürdig, sondern vielmehr die ganze Formation dieser Gegend, welche unter dem alten Namen Wanzeberg wieder in unsere Geographie einzuführen ist.

Der Wanzeberg tritt in frühern Zeiten öfter als eine geschlossene Oertlichkeit in die Geschichte, als eine Art von Gebirge, und ist wohl die einzige gebirgsartige Gesammterhebung in Meklenburg, wenn man zugleich auf ihre starke geognostische Bedeutung sieht, da hier Kalk, Gyps, Braunkohlen, Alaun, Eisen etc. . liegen und auch zu verschiedenen Zeiten bearbeitet wurden. Als eine solche geschlossene Gesammterhebung mit Hochfläche, Bergspitzen und Vorbergen betrachtete den Wanzeberg schon der ausgezeichnete Mathematiker Tileman Stella. Er sagt u. a. über diese Bergerhebung in dem von ihm angefertigten "Amtsbuche" des Amtes Dömitz vom J. 1566:

"Von den fürnempsten bergen,
die im ampt Dömitz gelegen sindt."

"Der Wanzenberg. Dis ist der furnempst berg, der an das ampt grentzet vnd zum teil darin liegt; er hatt einen grossen begrieff vnd bezirckt vnd hatt oben gar ein fruchtbar landtart. Es seind auch wol 9 Dörffer droben vnd dran gelegen, als nemlich Kunow (Conow), do ist in die pfarkirche, Malik

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(Malk), Görn (Göhren), Mellius (Mallis), Garnitz (Karenz), Grepse (Grebs), Bukop (Bockup), Probstwus (Probst Woos) vnd Schlese (Schlesin)."

Der Wanzeberg begreift also ungefähr das Kirchspiel Conow, mit Ausnahme von Malk und Göhren, welche schon zur Pfarre von Eldena gehören. Er liegt also zwischen Eldena und Dömitz, nördlich in einer Biegung der Elde. Auch auf einer großen Special=Charte von Tileman Stella vom J. 1566 ist der Wanzeberg in grader Linie zwischen Mallis und Göhren eingezeichnet.

Im Mittelalter kommt der Name äußerst selten vor, wahrscheinlich nur ein Mal als Name eines Dorfes, als nach einer Urkunde des Klosters Eldena im J. 1309 die Ritter Friederich und Bolte Hasenkop dem Kloster Eldena die Schäden, welche sie ihren Unterthanen in Wanzeberg,

"villanis et subditis in Wantzeberg commorantibus,"

zugefügt, durch jährliche Hebungen aus Mueß ersetzten. Das Dorf muß aber schon im Mittelalter untergegangen sein, da es weiter nicht vorkommt. Jedoch gab es, namentlich zu Parchim, im Mittelalter auch eine Familie Wanzeberg, von welcher z. B. im J. 1368 Nicolaus Wantzeberg Pfarrer in Brenz und Barthold Wantzeberg Kapellan im Kloster Dobbertin war. In der Zeit 1361 - 68 war "M. Johannes Vritze dictus Wantzenberch, presbyter et vicarius ad b. Mar. virg., notarius civitatis" zu Lübeck (vgl. Deecke, Von der ältesten lübischen Rathslinie, S. 44.)

Der Landstrich und das Dorf haben ihren Namen wahrscheinlich von einer uralten Burg, welche Wanzeburg hieß. Die noch jetzt spärlich bebauete kiefernreiche Gegend des Landes Waninke (Weningen), dessen Haupttheil der Wanzeberg ist, war bis weit in das 13te Jahrhundert hinein noch wendisch und wild, wie das nordwestlich daran grenzende, eben so gestaltete Land Jabel oder die Jabelheide, wo noch im Anfange des 16ten Jahrhunderts wendische Sitte und Sprache nicht ganz ausgestorben war. Dennoch kommt Wanzeburg schon im J. 1167 als ein bedeutsamer Ort vor. Als nämlich in diesem Jahre der Herzog Heinrich der Löwe die Grenzen des Bisthums Ratzeburg bestimmte, bezeichnete er sie im Südosten und Süden also, daß sie gehen solle: bis an die Mündung der Tersnitza in die Sude (bei Kuhstorf?) , die Tersnitza hinauf bis an den Sumpf, wo sie entspringt (bei Jasnitz ?) und von hier grade südlich bis an die Elde (zwischen Grabow und Eldena), auf der Strecke, wo das Land Schwerin und Wanzeburg grenzen,

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"ubi terra Zwerin et Wanzeburg inter se terminos faciunt,"

und von hier den Lauf der Elde hinab bis zur Elbe. - Hier ist offenbar der District des Wanzeberges gemeint, welcher damals noch etwas weiter gegen Osten ging und noch die jüngere Pfarre Eldena, bis an den grabower Hornwald, umfaßte. Die Sache hat auch dann noch ihre Richtigkeit, wenn auch in der im bischöflich=ratzeburgischen Archive zu Neu=Strelitz aufbewahrten Original=Urkunde wirklich Wanzeburg, nicht Wanzeberg steht; wahrscheinlich steht aber in der Original=Urkunde Wanzeb'g , welches Wanzeberg, nicht Wanzeburg, zu lesen wäre. Noch giebt Masch Bisth. Ratzeburg, S. 50, Not. 7, nach einer ungedruckten Urkunde eine Familie von Wantzeburg an. Da der Name so alt ist, so ist wohl der Erklärung Rudloff's (Gesch. der Grafen von Danneberg, S. 7.), welcher Masch a. a. O. folgt, daß Wanzeburg vielleicht Waningsburg (von dem Lande Waninka oder Weningen) bedeute, nicht zu folgen. Auch Beyer's Erklärung (Jahrb. VI., S. 59) des Namens, als einer theilweisen Uebersetzung des wendischen Namens Wanz=litz = Wanze=burg, trifft nicht zu, da Wanzlitz, bei Grabow, freilich nicht sehr fern von Wanzeberg, doch ganz außerhalb der Formation des Wanzeberges und südlich von der Elde liegt, also hier gar nicht in Betracht kommen kann. - In dem ratzeburger Zehntenregister vom J. 1230 kommt der Name nicht mehr vor, sondern die Gegend wird nur Land Weningen genannt.

Nach den politischen Grenzen lagen Conow 1 ) und Eldena in der Grafschaft Danneberg, welche sich auch über den südwestlichen Theil von Meklenburg erstreckte und unter sächsischer Oberlehnsherrlichkeit stand. Nachdem um das Jahr 1306 das Haus der Grafen von Danneberg ausgestorben war, fiel der westliche Theil der Grafschaft, das Land Waninke (Weningen) oder Dömitz, und damit Eldena und Conow, an das herzogliche Haus Sachsen heim 2 ); die übrigen Theile der Grafschaft waren aus verschiedenen Ursachen im Besitze der Nachbaren.

Das Dorf Conow war im Anfange des 14ten Jahrhunderts im Allgemeinen im Besitze der Familie von Dertzow 3 ), welche es vom J. 1323 an in den nächsten Jahren stückweise nach und nach an das einige Zeit vor dem J. 1236 gestiftete


1) Bekanntlich) will man in Conow den alten Ort Conoburg wiederfinden, der zur Zeit Carls d. Gr. berühmt war, vgl. Masch Gesch. des Bisth. Ratzeburg, S. 10. Die Individualität des Wanzeberges eignet sich in jenen flachen Gegenden auch allerdings zu einer hervorragenden Oertlichkeit.
2) Vgl. Rudloff, Geschichte der Grafen von Danneberg in Meklenburg, S. 41. flgd.
3) Vgl. Urk. Samml. Nr. LII.
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Nonnenkloster Eldena verkaufte, den größten Theil im J. 1328, den Rest im J. 1330; doch besaß das Kloster schon im J. 1308 drei Hufen und einige Hebungen in Conow, welche es von den Grafen 1270 und 1277 erhalten hatte 1 ).

Schon gleich nach der Besitznahme des Landes Dömitz schenkte am 28sten August 1307 der Herzog Rudolf I. von Sachsen, mit Einwilligung seiner Mutter und seiner Brüder, dem Kloster Eldena die Saline, welche durch die Bemühungen des Klosters in dessen Besitzungen entdeckt werden könnte, jedoch unter der Bedingung, daß nach der Entdeckung einer Salzquelle den Herzogen ein Drittheil von dem Ertrage derselben zufließe und das Kloster sich noch mehr erkenntlich beweise, wenn das Salzwerk Ansehen und Bedeutung gewinnen und mit Recht den Namen einer Saline führen werde 2 ). Wahrscheinlich hatte man also Nachrichten oder Anzeigen von dem Vorhandensein einer Salzquelle, welche der Herzog in dem Bestreben, die Gewerbethätigkeit in seinem neu erworbenen Lande zu befördern, nutzbar machen wollte, und wahrscheinlich war die Quelle schon zur wendischen Zeit bekannt gewesen, da in den frühesten Zeiten unserer Geschichte auch die geringsten Salzquellen benutzt wurden. Ohne Zweifel ist aber die Saline bei Conow, welche in der Folge als eigene Ortschaft den Namen Sülze erhielt, hier gemeint. Der Herzog verschenkte die Saline als Regal, welches nicht zum Lehnsbesitze der von Dertzow gehörte.

Bald war auch die Saline entdeckt und eingerichtet. Am 10ten October 1326 schenkte nämlich der Herzog und Kurfürst Rudolf dem Kloster Eldena außer mehreren Gerechtigkeiten nicht allein das Eigenthum der drei Kossatenstellen, welche das Kloster in dem Dorfe Conow schon besaß, sondern auch die dem Landesherrn zustehende höchste und niedere Gerichtsbarkeit über das ganze Dorf Conow, das alleinige Eigenthumsrecht über einen Wispel Salz aus der Saline oder Sülze (" up der sulten") und die höchste und niedere Gerichtsbarkeit über die ganze vor dem Dorfe Conow liegende Saline 3 ). Durch diese Verleihung gewann das Kloster in der That die volle und gewiß sehr willkommene Freiheit in der Verwaltung der Saline, wenn es auch noch nicht das Eigenthumsrecht über die Salzquelle, sondern nur über den Ertrag eines Wispel Salzes von der Ausbeute der ganzen Saline gewonnen hatte.


1) Vgl. Rudloff Urk. Lief., S. 203, und Geschichte der Grafen von Danneberg, S. 31. und 32.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. LI.
3) Vgl. Urk. Samml., Nr. LII.
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Wahrscheinlich durch das Aufblühen der Saline und die Gewinnung wichtiger Privilegien gestärkt, verwirklichte das Kloster in den nächsten Jahren, 1328 - 1330, die Erwerbung des ganzen Dorfes Conow.

Wann das Kloster zum Eigenthum und Besitz der Saline gelangt sei, ist nicht mit Bestimmtheit zu ermitteln. Am 3ten Februar 1353 schenkten demselben die in jenen Gegenden damals einflußreichen 1 ) von Wenkstern außer andern ihnen gebührenden Hebungen aus dem Dorfe Conow auch einen jährlich zu Michaelis oder Martini fälligen Wispel Salz aus der Saline daselbst 2 ). Zum vollständigen Besitze der Saline gelangte das Kloster aber ungefähr seit der Zeit des Ueberganges des Landes Dömitz an die Herzoge von Meklenburg, welcher im J. 1372 statt fand 3 ); seit dieser Zeit sehen wir das Kloster allein über die Saline walten, welche scheinbar in ihrer alten Einrichtung betrieben ward.

Je sicherer der Besitz und die Erfahrung über den Ertrag der Saline geworden war, desto mehr mochte dem Kloster der eigene Betrieb des Salzwerkes lästig fallen; auch mochte die sinkende Kraft der geistlichen Stiftungen mit dem Verlaufe des 15ten Jahrhunderts die Ursache sein, daß sich das Kloster der Last der Verwaltung entledigte, wodurch es jedoch demnächst um den Besitz der ganzen Anlage kam. Das Kloster hatte schon einige Zeit hindurch die Saline verpachtet. Im J. 1461 gab es aber dem bisherigen Pächter, dem Sülzer Heinrich Sasse, der von seinem Gewerbe den Namen Heinrich Sülter führte, und dessen Frau und ihren Kindern und Erben gegen wöchentliche Lieferung von einem Scheffel Salz, wie es seit längerer Zeit Gebrauch gewesen war, die Saline zu Erbpacht und legte zu der Saline den erblichen, dienstfreien Besitz einer Hufe Landes für eine jährliche Erbpacht von einem Drömt Roggen; auch versprach es dem Erbpächter die freie Lieferung von Bauholz zum Bau und zur Erhaltung der Salzbrunnen und Siedehäuser 4 ).

Diese Vererbpachtung war dem Kloster in dessen letzten Jahren verderblich. Wir erfahren aus einem Beschwerdeschreiben der Priorin Antonia von Winterfeld vom 30sten Juni 1527 5 ), daß die Herzoge von dem Sülzer des Klosters die Saline für 100 Gulden gekauft hatten; die Saline muß damals gänzlich in Verfall gewesen sein, denn das Kloster hatte in 5 Jahren kein


1) Vgl Rudloff, Geschichte der Grafen von Danneberg, S. 54.
2) Vgl. Urk. Samml. Nr. LIII.
3) Vgl Rudloff, Gesch. der Grafen von Danneberg, S. 55 flgd.
4) Vgl. Urk. Samml. Nr. LIV.
5) Vgl. Beilage Nr. 2.
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Pachtsalz mehr erhalten, der Kaufpreis war kaum nennenswerth und die Gebäude mußten in den nächsten Zeiten neu aufgeführt werden. Zwar protestirte das Kloster gegen die Veräußerung des Salzwerkes, weil es Eigenthum des Klosters sei; aber die Klagen waren schon ohnmächtig, denn die Reformation brach mit heftigen Stürmen in das Land, wenn sie auch das Kloster noch lange Zeit verschonte, obgleich die Nonnen schon im J. 1535 mit Sehnsucht einen evangelischen Prädicanten verlangten 1 ). Der Herzog Heinrich der Friedfertige, welcher sich eifrig die innere Wohlfahrt des Landes angelegen sein ließ, während sein Bruder Albrecht in den nordischen Händeln seine Kräfte nutzlos verschwendete, betrieb die Wiederaufrichtung der Saline mit Nachdruck. Aus dieser Zeit stammt ein merkwürdiges Memorial des Herzogs Heinrich 2 ), in welchem er nicht allein die Erbauung eines neuen Salzbrunnens, die Anfertigung von neuen Salzpfannen aus Blei und von Salztonnen nach dem lüneburger Bande, die Anweisung und Anfuhr des Holzes zum Sieden und die Berechnung des Ertrages der Saline und der Kosten des Siedens, sondern auch das Eisenwerk zu Neustadt, eine Brauerei zu Eldena, Papier=,Walk= und Sägemühlen und Tuchfärbereien, ja selbst schon den Gyps (?) am Wanzeberge (" kalk vf dem Wantzeberge") und an der Saline bei Conow und ein vorgeblich entdecktes Silbererz (glimmerhaltigen Sand 3 ) in der Jabelheide, das bis auf den heutigen Tag im Munde des Volkes lebt, in Bedenken und Angriff nahm. Am 24sten August 1527 ward der Bau eines neuen Salzbrunnens in Gegenwart des Herzogs begonnen und sofort am 26sten August der Anfang mit dem Sieden gemacht 4 ); schon am 6ten September wurden 8 Tonnen Salz für die Hofladung nach Schwerin gesandt. Am 27sten October 1527 nahm der Herzog den Salzsieder Jürgen Rosenburg auf vierteljährliche Kündigung in Dienst 5 ), dem auch die Errichtung einer großartigeren Saline übergeben ward; die Erbauung derselben ward am 15ten Juni 1528 dem Zimmermann Hans Kuchler übertragen 6 ) und am 27sten Juni 1529 berichtete der Pfarrer Christian Krämer 7 ) zu Conow, daß der Meister Hans am 14ten Juni den Bau der "Sülze" vollendet und mit einem "Winderade, Haken, Stürzeimern und zwei Tröge


1) Vgl. Jahrb. VIII., S. 49.
2) Vgl. Beilage Nr. 1.
3) Vgl. Jahrb. VIII., S. 243 flgd.
4) Vgl. Beilage Nr. 3.
5) Vgl. Beilage Nr. 4.
6) Vgl. Beilage Nr. 5.
7) Nach einem Berichte: "Er Kersten Kremers kirchhern zu Konow von "wegen der Sülte."
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ausgerichtet habe; jedoch sei so viel wildes Wasser vorhanden daß Meister Steffen ohne Schaden kein Salz daraus sieden könne. Der Sieder Jürgen Rosenburg muß also schon damals durch einen andern Siedemeister ersetzt worden sein. Die Saline ging aber bald immer mehr ihrem Verfall entgegen, bis sie abbrannte 1 ). Bald war sie aber wieder hergestellt, denn am 28sten October 1535 berichteten die Beamten:

"Der Sülze halben verhoffen, daß die vor wintter gantz gefertigt wirdt, wiewoll vill vncost vnd grosse arbeydt darauff gegangen; versehen, so vill als wirs verstandt haben, die Sale sonder zuthadt des Boysaltzes soll gesotten werden."

Salineverwalter war damals Jürgen Rose, von dem eine ausführliche " Sülzordnung" existirt, welche eine Anweisung für die verschiedenen Beamten einer guten Saline enthält. Im Februar 1541 erließ der Kaiser Carl V. an den Herzog Ernst von Lüneburg einen Befehl, den Herzog Albrecht von Meklenburg in dem Verkehr mit dem Salze von seiner vor ungefähr 20 Jahren "bekommenen Sülze" nicht zu stören.

Doch alle Vorkehrungen wollten nicht fruchten. Nach einem herzoglichen Memoriale 2 ) sollten durch Jürgen Rose nicht nur eine große und drei kleine Pfannen, sondern auch ein Windofen, zugleich zum Eisenschmelzen und Salzsieden brauchbar, gesetzt werden; auch sollte nach der Ader, welche Eisen, Silber, Kalk und Salz enthalte, geforscht werden. Außer Jürgen Rose war noch ein gewisser (Salzsieder?) Block bei der Saline, und es sollte auch der alte Brunnen wieder gereinigt werden. Da aber die Saline immer mehr verfiel und "mit wildem Wasser über die Maaße beschwert war," so entäußerten sich die Landesherren des unmittelbaren Betriebes und gaben am 20sten Mai 1543 dem Jürgen Rose die Saline zur Wiederaufrichtung und Verwaltung, wofür er eine Pfanne mit dazu nöthigen Gebäuden und mit Feuerung zur eigenen Besiedung erblich erhielt, jedoch unter der Bedingung des beliebigen Rückkaufs für 1000 Gulden 3 ). Die Kosten der Wiederaufrichtung der Saline mit zwei Brunnen trug der Herzog. Nach einem Schreiben des Jürgen Rose vom 6ten Februar 1546 4 ) ward aber bei dieser Art der Verwaltung viel Unterschleif getrieben. Wahrscheinlich ging die Saline bald wieder ein, da in dreißig Jahren derselben keiner Erwähnung weiter geschieht.


1) Vgl. Beilage Nr. 6.
2) Vgl. Beilage Nr. 6.
3) Vgl. Beilage Nr. 7.
4) Vgl. Beilage Nr. 8.
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Das Kloster Eldena ward bald nach dem J. 1555 säcularisirt und der Güterbesitz derselben fürstliche Domaine.

Gegen das Ende des 16ten Jahrhunderts ward wieder ein Versuch mit der Benutzung der Saline gemacht. Der Herzog Ulrich beförderte mit der ihm eigenen, seltenen Tüchtigkeit und Einsicht viele Werke, von denen es gewiß war; daß sie Nutzen und Gewinn brachten; und so leitete er persönlich seit dem Jahre 1577 die Eröffnung eines großen Alaunwerkes am Wantzeberge, woran auch Herzog Christoph lebhaften Antheil nahm 1 ). Bei Gelegenheit der Entdeckung des "Alaunberges" war auch die Saline bei Conow wieder ins Andenken gekommen und der Herzog hatte die Benutzung derselben dem Rentmeister Gabriel Brüggemann 2 ) geschenkt, welcher ebenfalls viel Sinn für Gewerbthätigkeit hatte. Am 21sten September 1572 schreibt Gabriel Brüggemann an den Herzog Ulrich:

"Ich dancke Gott auch für mein Salzwergk. Ich habe die Sahle, so viel möglich gewesen, vom wilden wasser gescheiden, nit muglich aber ist es, sie gar allein zw haben, mus derwegen Bayesaltz zusetzen, dauon ich nun die prob erfahren, vnnd gibt ßo schoene weiß salß vnd crefftiger dan zw Luneburg, Will auch im namen Gottes vff diesen Michaelis vff die erlangte e. f. g. begnadung, dafur ich nochmahls vnterthenig danckpar, mit dem Saltzsieden anfangen, Der liebe Gott vorleyhe dar zw vernern segen, vnd wirdt E. f. g. (ob got wil) befinden, die Sultze soll noch landt vnd leuten guet thuen."

Aber auch von dieser Bearbeitung ist weiter keine Spur vorhanden; das Werk verfiel gänzlich, so daß es um die Mitte des 17ten Jahrhunderts nur noch in der Sage bekannt war.



1) Man vgl. auch Rudloff Mekl. Gesch. III, 2. S. 167.
2) Gabriel Brüggemann war öfter, schon im J. 1568, in diesen Gegenden, um die Kanalisirung der Elde mit zu leiten; vgl. v. Lützow Mekl. Gesch. III, S. 97. und 127.
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Beilagen

zur

ältern Geschichte der Saline zu Conow.

Nr. 1.

Memorial des Herzogs Heinrich von Meklenburg.

Aus dem zweiten Viertheil des 16. Jahrhunderts (1527).

Die Szultze zu uorwachtende vnd zu dem Brun zu szehende, wie vil Szale he geben kann, vnd we vil pfannen, wenn er dagh vnnd naght szeheden magh.

We vil tunnen Soltes men mytt eynem grossen vaden holt szeheden magh.

Das holtz vindeth men ahn dem Rensze, bey der Woeszmer vnnd vp der Schalen, vor den kleynen vadem II s., vor den grosszenn vadem IIII s., den vadem langk holt VIII s. Duth alles schall de lanthryder Lubbeck berichtt doen.

Den voerkoep ahm holtze vnnd kalen vnnd das die k ae ler bestalt werden zu kalende de tunne vor II  , IIII  ), edder nagh Milern zu uordingende, wo men die zu dem Negesten haben kaen.

Das de Jabelheider de Este vnnd kolle des vorgeuenen holtes vfhouwen schullen vnnd vf die Szultze foeren.

Den Nigen Bruen auch aufzurichten von der Nutzynge des olden Brunnesz.

Buechen Solztunnen nagh dem Luneburgeschem bande machen zu lasszen, dar men das Soltz inne vorkaufft, auch itzligh nagh wispelzale, inslueth doekes vnd Szecke.

Es sein auch die Jabelheider von II jhar hundertt vadem holtes zu varende schuldigh, we Plesse bericht doen soll.

Es leichtt auch itzligh kalck vf dem Wantzeberge vnd auch itzlige Stucke bey der Soltzader, de men dar ausgebrochen haedtt, daß men dar fleissigk auffsehen habe, [den marten greuer gefunden haedtt vf dem wantzeberge].

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Das Bruwen zu der Eldena, vnnd auch eynen glyndtt zu buwen, darmitt das Moltz gemalett soll werdenn, vnd sol auch das sielbige glyndt zwo blasebelligen myt dreibenn, wo wir unszerm Zymmermanne zur Nigenstadtt bfalenn [mester Baltzer].

Ersthmal sigh zu erkunden, we vil tunnen Iszen der Szmidtt in vehertzehen tagen gessen kaen, vnnd we vil koelen ehr dar zu bedoruett.

We vil c. Bleck vnd Staefisen der Szmidtt darauß smeden kaen, edder we vil Ouen, kuelen, Buxen vnd potte ausz dem gossze in den vertzein tagen geßen kaen [vnnd wasz die werdtt seyn].

Item . . . . . Staff=Isenn vor - - Ern Johan Golthberge thogeschickt - - - na der Wißmer, wil zoen vmme zoen geben.

Auch sitzett eyn Szmidtt bey Dubberan, wil III gulden geben zu uorsochen etc. .

Dem geißzer gibtt men zwo gulden zur Wochen.

Dem Szmidde gibt man I orth golden vor I c.

Was I c. Staefisen ahn koelen kostett.

Was I c. Bleck kostett ahn kalen vnd we lange zeidtt ehr dar auer szmedet.

Was die papiermoelen blangett, wil gedachter Ern Johan Goltbergh vor I Ryes I gulden [bar geltt] geben, das sol men dem papirmacher de olden luden btzalen [ nach luedtt seyner vorschreibungen].

Van dem dwellighmacher vnnd Szwartzferber Rechenunge zu nhemen [Nigen witten lynewanth zu schicken, den Szwartzen zu vorkeuffen].

Van dem Wanthfarwer Rechenschafft zu nhemen, was dar van kamenn magk.

Vf die Szagemolen eyn Vfsehen mytt zu habenn.

- - walckmolen dan vor I laken to geuende, wo men eyn - - gibtt, vnnd wath sie vor laeken, voer gwalckett tho brechende vnnd tho btalende, vnnd wath sie henwider walcken werden, daruon schullen sie alle weken geuen etc. . [edder wo men des ensz werdtt etc. .].

[Die Jabelheider szeyn noch van anderhalben Jare de fore schuldich, ist eyn Jar XII hundertt vadem holtz, maktt de Summa XVIII hundertt fadem, ßo de houen alle bszattzett seynn.]

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[Es ist auch eyn Silber=Ertz gfunden, dasz men dar achtyngen vf habe vnnd den probierer bstelle.]

[Die Soltzpannen das men die van Blien machen lassze.]

Nach dem Originale auf einem Bogen Papier im großherzoglichen Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin; an den obern Ecken ist das Papier etwas vermodert und die Schrift verblichen. Die Hand scheint die des Herzogs Heinrich des Friedfertigen zu sein; jeden Falls aber sind einige, vorstehend in [ ] eingeschlossene Nachträge von der Hand desselben geschrieben. Das der Aufsatz ein Memoriale des Herzogs Heinrich sei, geht aus der Redensart "we wir vnszerm Zimmermanne zur Nigenstadtt "befalenn" in dem Satze über das Brauen und die Blasebälge hervor. Es scheint dieses Memoriale in die Zeit des Briefes von 1527 zu fallen.


Nr. 2.

Schreiben des Klosters Eldena an den Herzog Heinrich von Meklenburg.

D. d. Eldena. 1527. Junii 30.

Dorchluchtige, hochgebarne furste, g. h., vnse demodige beth nach vorlenynge des almechtigen steds touornn. G. h. vnd furste. Dwyl wy armen kinder I. f. g. in vnszen anliggenden noden vnd bsondern vmme vnse erue vnd guth der sulte haluen bosocht, vnd I. f. g. vns gnedige vortrostinge geuen laten in vnser gerechtygeith holtinge effte sust besweringe vnser armen lude nicht scholden bofruchten, vorkorten effte vpgelecht werden, dath wy I. f. g. demodich lethen bodancken: dat suluige hefft vns I. f. g. here broder ock gelaueth vnd togesecht: wen I. f. g. wil got wedder in I. f. g. furstendoem queme, alszdenne wolde syne f. g. mith I. f. g. vnderredenn, dat dat gadeshuß keynen afbrock lyden scholde. Nu, g. f. vnd here, bfyndeth sich vil anders; wy hebben in vyf gar keyn solth gekregenn vnd seggen I. f. g. vagede hebbenth vorbaden.

Thom andern werden vnse holte so gar jamerlich vorhowen durch alle I. f. g. vnderdan, de dar holth forenn, dath idt gade erbarme; wen idt so, dat godt wende, ein half jar warde, behilde wy gar keyn holth.

Erfarenn ock loflich, dem manne bether vp vnszer sulte erue vnd guth geseten, vor hundert gulden affgekofft. Des wy ene nicht stendich, bosondern erue vnd gut, wo vns vpgelecht werth, willen vorbidden, vorhapen, dat vnsze nicht schal

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macht hebben to vorkopen, vnd bydden I. f. g. der haluen gantz demodich, dem manne keyn gelth willen geuen lathen, angesen van vnsz vp jarlyke tinsze bether ghehath, ock noch nycht mit breue edder seghell edder suß mith warhafftigher kuntscap im rechten gegrundet, bowiseth, vil weiniger macht gelth to barende hebben schall, vnd bidden I. f. g. in allen vpgedachten puncten vnd articulenn sich gnedich, wo wy armen kynderen to I. f. g. gentzlich vortrostenn. Sinth mit vnsenn innigen bedenn myth vorleninghe des almechtigenn, de I. f. g. in langen lucksaligen regimente vriste vnd entholde, to vorbidden steds wyllych geneynth. Datum Eldena am Sondage na Petri vnd Pauli Anno etc. . XXVII.

Antonia wintherfelth     
priorissa vnd de gantze   
vorsamelynghe.          

Dem durchluchtighen hochgebornen Fursten vnd Hernn Hernn Hinrick Hertoge to Mecklenborg, Furste to Wenden, Grauenn to Swerin, Rostock vnd Stargard etc. . Hern, vnsenn g.h. demodich.

(L. S.)

Nach dem Originale im großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.


Nr. 3.

Register
des kirchhernn zu Kunow dy sultz belanngenndt.
Anno 27.

(Vom 24. August bis 24. Sept. 1527.)


Registrum
der sultenn to Cunow,
angehauen am dage Bartolomei apostoli
Anno 1527.

Item am dage Bartolomei quemen de III timmerlude vonn Schwerin vnnd houenn an tho arbeidenn Mandages nha Bartholomei, den nigen soet tho buwen.

Victalienn vonn Schwerin entpfangen Sundage nha Bartholomei von wegen myns g.h. hertoch Hinricks.

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X guldenn entpfangenn vonn meinem g. f. hertoch Hinricke thor Eldenow am dage Bartolomei.

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III ß. vor ber, hebbe dem Sulter betalet, dat de Timmerlude vth trunckenn, alße quemenn am dage Bartolomei.

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1.fl. XX 1/2 ß dem solltsyder an syner reckenschop des holtes Fridage nha Decollacionis Joannis babtiste. (Aug. 30.)

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Gesodenn sollt
in der wekenn nha Bartolomei angehauenn
Anno 27.

Item de sulter hefft deme tolnner von domptz vnd my gewißet III t. soltes, de he hadde maket vor Bartolomei.

In der 1 Woche nach Bartholomäi ward gesotten 4 Tonnen.
- - - - - 2- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -3 "
- - - - - 3 Woche ward 4 Tage gesotten.
- - - - - 4 Woche ward nicht gesotten, wegen Abwesenheit des Sülzers.
- - - - - 5 Woche ward 2 Tage gesotten.

Davon wurden 8 Tonnen nach Schwerin gesandt am Freitage nach Egidii und 1 Tonne ward als Bezahlung von Holz gegeben.


Nr. 4.

Bestellung des Stephan Rosenburg zum Salssieder zu Conow.

D. d. Schwerin. 1527. Oct. 27.

Von gots gnaden wir Heinrich etc. . bekennen offentlich mit diesem vnserm brieffe, das wir beneben dem hochgepornen fursten, vnserm lieben bruder, hern [Albrechten], hertzogen zu Mecklenpurgk etc. . iegenwertigen saltzsieder Steffan Rosenburgk zu einem saltzsieder bestellet vnd angenhomen, nemblich das er sich wesentlich herein thuen vnnd so lange er inn gemelts vnses brudern vnd vnserm dienste des saltzsiedens sein wirdt, das zu vnserm vnd seinem gefallenn stehen sol, doch alßo, welchem theile solchs ferrer nicht gelieben wurde, das er dem andern thail dasselbigk

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eynn virtel iar zuuor affkundigen ßoll, seine wonung bey solchem saltzsieden im dorffe Cunow haben, daselbst das saltzwergk vns obberurten beydenn fursten zum nutzlichsten vnd zutreglichsten anrichten ßol, alßo das vnser fromen vnd bestes in dem zum trewlichsten vnd vleissigisten gefurdert vnnd vnser schade, szouiel muglich, verhut werden muge, als er vns dan des ein leiplich eydt zu godt vnd den heiligen geschworen. Darkegen ßollen vnd wollen wir, vnnser ieder furst obbemelt, ihme fur solch sein muhe vnd arbait alle woche einen gulden, frey kost vnd byer vnd ierlichs vnser itzlicher ein gewenlich hoffclaidt geben. Alles trewlich vnd vngeferlich. Des zu vrkundt etc. . haben wir diesen brief mit vnsem zu rugke vfgedruckten pitzschire vorsigelen vnd geben lassen zu Swerin am sontage nach Crispini vnd Crispiniani anno domini etc. . siebenvndtzwantzigk.

Nach dem Concept im großherzoglichen Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin. Die Ausstellung war ursprünglich auf den Herzog Albrecht gerichet; der Name Albrecht ist aber ausgestrichen und Heinrich übergeschrieben, der im Folgenden vorkommende Name des mitcontrahirenden Herzogs, welcher Albrecht heißen muß, aber nicht verändert.


Nr. 5.

Contract der Herzoge von Meklenburg mit dem Zimmermeister Hans Kuchler über den Aufbau der Saline zu Conow.

D. d. Schwerin. 1528. Junii 15.

Wir Heinrich vonn gots gnaden, hertzogk zu Meckelnborgk, furste zu Wenden, etc. . bekennen offintlich hirmit, daß wir heute dato neben dem hochgebornen fursten, vnnsem lieben bruder, hern Albrechten hertzogen zu Meckelnborgk etc. . mit Hansen Kuchler vnnser sultze halben zu Conow, dieselbige vns vfzurichten vnd zu bawen, vf nachfolgende artickel vbirein komen sein, nemblich dergestalt, nemblich das wir ime zu bawung solicher sultze ziehen knechte so lange wir des mit ime nach ausgange eines monats vbirein komen werden, halten wollenn vnnd ime als dem meister anderhalben gulden die wochen vor essen, trincken vnd arbeytsloen vnnd iederm knechte einen gulden die wochen vor essen, trincken vnd arbeitsloen geben wollen. Wor auch in der wochen czwene heilige tage komen wurdenn, sol inen einer vor einen werckeltag zugerechenet werdenn, dargegen szal gedachter meister Hans mit gantzem vleis darauf sehenn, wo einer

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vnther den knechten der arbeyt mit vleisse nicht warten wurde, soll denselbigen verleub gegeben werden. Es szol auch der meister szonst allenthalben seinem besten vormugen nach zum trewelichsten, das vnser nutz vnd frome gesucht werde, gut vssehen haben, doch wollen wir vf beyden teylenn ein monat mit einander zu uorsuchen noch eines iedenn gefalls stehen vnd wollenn dem meister zu anhebunge solicher arbeit vf ein monat etzlich gelt, speck, mehel, bier vnnd anders geben vnd zur stedt furen lassen. Des zu vrkundt seint dieser tzetlen zwoe gleichs lauts auseinander geschnitten vnnd wir einen bey vnser cantzley behalten vnnd berurthem meister auch einen vbirantworten lassen. Geben zu Swerin vnder vnsers hertzog Heinrichs pitzschier, donnerstags nach Viti, anno domini etc. . XXVIII.

Nach dem Originale im großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
Auf der Rückseite steht die Registratur:
Hansen Kuchers des Czymmermans bestellunge, szo die Sultze bauwen szol Anno etc. XXVIII.


Nr. 6.

Herzogliches Memorial über die Wiederaufrichtung der Saline zu Conow.

Wahrscheinlich aus dem zweiten Viertheil des 16. Jahrhunderts (1541).

Item tzu gedenkenn vff die sultzenn zu Khonnow zu tziehen vnd zu bestellen wie hirnach vortzeichent, Alße durch Jurgenn Roßenn die grosse pfanne vnnd die drei kleine zu setzen lassen, Auch darnach zu setzenn einen windouen ahnn eine pfanne, dar men khann ihn eißenertz schmeltzenn vnnd denst gleichwoll saltz siedenn, wie sich Jurgenn Roße verpflicht vnd zugesagt hat. Wo aber Roße die pfannen nicht settzenn wolte, Daß alsedan die alte saltzsieder kesten die pfannen muge setzenn, wie sie Roße hiebeuoren gesetzt hat, ehr die sultzen abgebrandt ist. Vnnd daß Roße die proba siede vnd merke die Zeit, wie baldt man eine tunne saltz sieden khan, vnd wie vile fadem holtz darzu vorbrandt wirt, Auch waß fur Lohen darauff die Zeit lauffenn wirt, Vnd sich zu erkundenn bei den pawren vonn wegen des holtzes, wie Block darbei gehandelt, dan ahm holtz mangln szolle, bei siebentzig oder achtzigk fadem. Auch das Jurgenn Roße muge diesenn, wie ehr nach der Ader gegraben, da die Eysen, silber, kalch vnd saltzertz, weisen, war dieselbige gelegen. Dergleichen das die alte brun muge ausge=

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tzogen werden vnd daruon gesotten, zu probiren, welliche sole die beste ist, zu gedencken wen die Leuthe zur arbeidt, vnd ins wergk gebracht sein, das Roße vnd Block sich anher jegen Schwerin mit irer Rechenschafft begeben. Dergleichen auch zuprobiren ob die besße aus den keuben besser ist oder das wasser aus dem brunne.

Auf einem Bogen Papier im großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.
Man vgl. des Herzogs Heinrich Memorial ungefähr aus derselben Zeit; nach diesem sollten zugleich zwei Blasebälge (zum Eisenschmelzen) angelegt werden.


Nr. 7.

Contract des Jürgen Rose mit dem Herzoge Albrecht von Meklenburg über die Wiederaufrichtung und Verwaltung der Saline zu Conow.

D. d. 1543. Mai 20.

Szo bekenne ich Jurge Rose vor mich vnnd meinen erbenn, das ich mit meinem frienn willen habe angenomenn, wie ich dan auch annheme in kraft vnnd macht dieser meiner hantschrift vann deme durchlauchtigen hochgebornen furstenn vnnd herenn, herenn Albrecht, hertzog zu Mekelburg, furste zu Wenden, grabe zu Szwerinn, Rostock vnnd Stergerde der lande here, eine sodane sultze, so yn I. F. G. furstendome zu Konaw belegen, de welcher gantz vnuertich vnnd mit wildem wasser vber de massze beswereth, derwegen ich iren F. G. de zusage gedan, wie ich denn auch noch in kegenwertiger schriften do, de aufgenanten sultzen nach alle meinem vormuge vnnd bestem vorstande zu buwen, beterenn vnnd aufzurichtenn, de pfannen vnnd ratscop, wie des ortes van noten sein, wil lassen zetzen, dem wilden wasszer in beiden soden steuren, dar zu, so vil mir mugelich, leute dar zu vorordenenn, der zur ßultzen dennstlich sein mugen vnnd dar bey sein, wenner rekenscaft genomen, auf das getrwlich dar mit vmme gegangen sol werden, wor zu mir I. F. G. sol vnnd wil beschaffenn alles, was ich bederff, es sey holtz, stein, leim, stro, platen, eisenwerch vnnd anders, nichtes ausbescheiden, dar zu zimer, greber, etc. . vnnd ander bawleute, so dar zu notich etc. . vnnd mich gebenn zu vnterhaltunge vnnd vor kost itz vor der hanth dreissich guldenn, einen wispel rogcken vnd einen wispel garstenn, dar nach alle wochenn zwenn gulden,

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frey kost vnnd bier, bis so lange die gebeuw gefertiget. Wenn aber die gebew gefertiget, alsedan sol diese bemelte besoldinge vnnd vorkost afgedan seinn vnnd nachfolghende meninge haben, also das myr I. F. G. eine eisene pfanne funf elen lanch vnnd funf elen weit, myt sampt einer saltzkatenn, herth, kuuen vnnd saltzrume, zwehundert faten holtzes beschaffen vnnd auf deme negesten torfmore fiertzich rode mores dwer gemessenn sol vnnd wil gebenn, die ich denne ader meine erben dar nach auf meine eigen bekostinge frey sollen mugen besieden lasßen; zu deme zol myr vnnd meinen erben auch de kauf der feuringe, wie die zur sultze sein vnnd gesetzet werdt, frie vnnd vnuorhindert sein. Auch habe ich das nachgegeben im falle so I. F. G. mir ader meinen erbenn sodane pfanne myt sampt ihrer zubehorung nicht lenger wolte lassenn, alsedann soll vnd mach I. F. G. ader ihre erbenn dieselbige inlosenn myt dausent guldenn I. F. G. ganckbarer guder muntzen, darmit ich ader meine erbenn alsedann von I. F. G. sultzen gar abgekauft sein mussen vnnd wollen. Ich habe aber de genade vor mich behaltenn, im falle so ich yn I. F. G. furstendom besetzen vnnd wonenn wil, das alsedan I. F. G. soll vnnd wil eine stede, dar ich hus vnnd hoff vff mach habenn, alse das selbige I. F. G. vnnd myr gelegen sein worde, erblich gebenn. Dar zu sol ich aller pflicht ausbescheiden, was ich vormuge meiner bestellunge zu der sultzen vorpflychtet, dar zu aller Schatzunge vnnd vnnpflicht frey sein vnd darmit in keinen wegen beswert werdenn. Solchs alles gerede ich Jorge Rose stede, vast vnnd vnwiderroflich, sunder ienige argelist zu holdenn, des zu orkunt ist dis mein eigen hantschrift vnnd mein gewantliche signit auf das spatium hie vnder gedrucket, am dage Trinitatis anno dausent funfhundert dreyvnduertzich.

Nach dem Originale auf Papier im großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin. Untergedruckt ist ein Siegel mit einem schräge rechts getheilten Schilde, in dessen jeder Hälfte eine Rose steht, mit der Ueberschrift: I. R.


Nr. 8.

Bericht des Jürgen Rose an den Herzog Albrecht von Meklenburg über die Verwaltung der Saline zu Conow.

D. d. Conow. 1546. Febr. 6.

Durchleuchtige, hochgeborner furste. E. F. G. seyn meine bereitwillige diennste allezeit zubeuorn, gnnediger here. Ich habe

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E. F. G. schreiben vnterdenichlich entfangen vnnd furstanden vnnd bedancke E. F. G. der gnnedigen antwordt, das E. F. G. die sachenn von Hanß Prenn vnnd mich in ferhor wolle nemen vnnd gebe E. F. G. vnderdenichlich darauf zu erkennen, nachdem alse ich zur erst mit dem holtz, so Lubbecke gecauft, mit einer pfanne VII 1/2 woche habe lassen siedenn vnnd von dem haubtstule vnnd gewinne in meiner vbergeben rekenscopf gudt besceit befunden, vnnd was ich im siedende do furobert habe, das kann man itz vnnd alle zeit noch dhun vnnd auch furbesseren. Darnach hadt Block mit zweien pfannen sieden laßen funf wochenn vnnd seint zu furscheine kummen hundert weiniger eine ballie saltz. Darnach hadt Hans Prein laßen sieden mit zwenn pfannen zehenn wochen lanch, dauon mußte ie eins so uiel gekummen sein, nun wiert von demselbigen hir gar wenich oder nichtes gespurth, let sich horen, E. F. G. solle mehr gelt zu holtz ausleggen, vngeachtet das ehr das gelt von maltz vnd bier dem brawer zu der Eldenaw belangen aufgenummen, auch denn genummen rogken vom closter furcauft, auch noch sunsten gelt von den baurenn, so zu Lentz in merket wolden gesetzet etc. . Dieweil ich diesen schaetn sehen mus vnnd auch ein bose geschrei dauon geith, so habe ich meiner furpflichtunge nach dasselbige zu ener getrewen furwarnunge E. F. G. zum besten zugeschreiben, dar aus dann E. F. G. vrsache genoch seinem handel weiter nachzufragen, ihnen vnnd Block, eben wie mich einmal rekenscopf laßen dhun, alsedann kumpt es E. F. G. auf die rechte warheit, ann weme eß gefeilet hadt, darnach hadt man dan von denn anderenn gebrechen wieder zu redenn. Dis habe ich E. F. G. in aller vnterdenicheit nicht wißen zu bergen, dan E. F. G. zu dinen bin ich schuldig vnnd alle zeit willich. Datum zu der Sultze, am dage Doratee virgiuis anno etc. . XLVI.

E. F. G.               
bereitwilliger      
Jurgen Rose.

Dem durchleuchtigen hochgebornen Fursten vund heren hernn Albrecht Hertzogk zu Meckelburgk, furste zu Wendenn, Grave zu Swerin, Rostock vnnd Star garde, meinem gnedigen heren.

(L. S.)
Vignette
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V.

Neuere Geschichte

der

Saline zu Conow,

vom

Landbaumeister Virck zu Sülz.


D ie neuere Geschichte der Saline zu Conow im Amte Eldena beginnt mit dem Jahre 1652, indem man vernahm,

"daß der alten Bauren Sagen nach vorzeiten aldar Saltzbrunnen und eine Sültze gewesen."

Die Veranlassung zu der nun vorgenommenen weitern Nachfrage nach diesen Soolquellen und deren Wiederbenutzung ergab sich zufällig auf einer Reise des Herzogs Adolph Friedrich nach Dömitz zur Besichtigung des dortigen Festungsbaues; hiebei war der Herzog in Eldena abgetreten, um sich persönlich über den Fortgang des Baues der von Conow nach Malliß verlegten Schäferei zu instruiren, auf Befragen ward ihm als Grund der Verlegung der Schäferei referirt:

"das daselbsten (in Conow) eine Salzichte Quelle vorhanden, das die Schaffe gerne drinken, Ihnen aber nicht dienlich were, sondern darüber Schaden nehmen."

Der Herzog ließ von der salzig schmeckenden Flüssigkeit "ein Lechel voll" schöpfen und über Feuer abrauchen,

"da es röthlichte Materie, wie klein Sand in den Stundenglasen gegeben und alß Saltz geschmecket".

Auf Befehl des Herzogs ward hierauf

"die Pfütze, so mit Busch vor die Schaffe zugeleget",

aufgeräumt, wobei man denn auf etwa Mannes Tiefe einen schönen mit Holz gefaßten Brunnen fand,

"der mit allerhand schlimmer Materie angefüllt gewesen.

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Bei fortgesetzter Aufräumungsarbeit dieses alten, wieder entdeckten Brunnens fand man in der Tiefe desselben mehrere stehende Röhren, einen Kumm (Kasten) und zuletzt am Boden eine liegende Röhre, aus welcher, als sie gereiniget war,

"klare Saale, wiewol nicht gahr reich und stark heuffig herausgangen, und wäre des Röhrs Loch nicht mit einem Propf wieder zugemachet, hetten die Leute von nachdruck der Saal nicht darinn dauern können.

In Verfolg der Arbeiten entdeckte man noch zwei andere Brunnen, zuerst noch einen Holzbrunnen,

"der aber am Boden nach einer Seiten eingehawen gewest 1 ),

sodann

"einen Brun mit Steinen ausgesetzet, worin die Saal etwas sterker als im ersten, aber nicht so häuffig verspüret.

Als nach diesen stattgehabten Arbeiten der Herzog hieran

"der Herren Vorfahren angewandten Kosten und Fleis gesehen und dafür gehalten, es würde ohn nutzen nicht gewest sein,

ward er des Entschlusses

"das Werk im Namen Gottes wieder anzurichten und sich keine mühe und Kosten dauern zu lassen.

Demnach wurden schon im April 1652 zwei des Salzsiedens kundige Leute von Halle verschrieben, weil diese aber aus der schwachen Soole kein Salz zu bereiten, auch die Soole nicht zu verbessern wußten, bald wieder entlassen. Hierauf wurden, durch Vermittelung des güstrowschen Kammerraths Hoben, der Salzschreiber Jacobus Arends am 25sten Juli 1652 und der Salzsieder M. Paul Rodloff am 29sten September 1652 von der güstrowschen Sültze (von Sülz) angenommen und die Errichtung der nöthigen Werke unter der Leitung des ersteren mit solcher Energie betrieben, daß nicht nur ein Siedehaus mit drei Pfannen, sondern auch ein "Leckwerk" von 500 Fuß Länge, 16 Fuß Breite und 18 Fuß Ständerhöhe bis zum Jahre 1655 erbauet waren und schon am 17ten December 1652 das erste zu Conow gewonnene Salz nach Schwerin zur fürstlichen Hofhaltung geliefert werden konnte. Schon am 17ten August 1652 hatte der Herzog Adolph Friedrich ein Kirchengebet für den guten Fortgang des Salzwerkes im ganzen Lande angeordnet.

Gleich in den ersten Jahren wurden zwei hessische Salzsieder engagirt, da sie versprachen, mit der Hälfte des Holzes die


1) Wahrscheinlich war hier die im ersten Brunnen aufgefundene Röhre eingespundet.
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doppelte Menge Salz zu schaffen; sie erhielten jeder 1 Rthlr. Wochenlohn und

"ein geringes Kleid von grauem Tuch, die Elle à 1 Rthlr., 1 Paar Schuhe und 1 Paar Strümpfe;

aber auch schon in demselben Jahre wurden dieselben

"wieder fortgejagt, weil sie Prahlhänse gewesen.

Der Salzschreiber erhielt 100 Fl. oder 50 Rthlr. Gehalt nebst einem Deputat an Victualien und Naturalien, bestehend in Korn, Fleisch, Häringen, Stockfisch, Butter etc. . Er bittet den 13ten August 1653

"um ein neues Kleid, welches bei Einrichtung neuer Salzwerke gebräuchlich und ihm früher bei Einrichtung des Güstrowschen Salzwerkes (welches denn so weit herunter gekommen, das nicht eine Pfanne darinnen wär, da ein Scheffel Salz konnte gesotten werden, auch das Leckwerk sehr verdorben) von den damaligen Pensionarien desselben bei erster Lieferung des Salzes nach Stralsund auch wiederfahren."

Der Salzsieder erhielt gleichfalls ein Deputat an Naturalien und à Pfanne zu 2 Drbt. 20 ßl. Siederlohn, später (1655) à Scheffel 1 1/2 ßl Siederlohn. Die "Pumpers" und "Leckers" erhalten à Woche 1 Rthlr. Lohn und Scheffel Acker, nebst Wiesen für eine Kuh zu 2 Fuder Heu, sowie 1 Scheffel Salz, alles aber nur so lange gesotten wird.

Am 23sten August 1654 befahl der Herzog, daß die Salzhöker in den Städten und Aemtern Eldena, Neustadt, Grabow, Dömitz und Hagenow nur von der Saline zu Conow nehmen und daß mehr Salzpfannen angelegt werden sollten.

Eine "Sülzordnung", eine Verordnung über die Pflichten und Rechte des Dienstpersonals sowohl gegen die Herrschaft, als unter sich, wird den 1sten Februar 1656 erlassen. Als Dienstpersonal waren thätig: 1 Salzschreiber, 2 Sieder, 2 "Gießer", 2 "Nachtpumpers", 4 "Cossaten, so bei Tage pumpen." Die Oberaufsicht oder die Direction des Salzwerkes war von 16 54/57 dem Kammerdiener, später Kammersecretair Emanuel Eichler und dem Kanzleisecretair Ludwig Becker übertragen, die für dieses Officium jeder jährlich 100 Rthlr. Gehaltszulage und eine herrschaftliche "Kalesche" mit 2 Pferden zu ihrer Disposition erhielten. Während der zweijährigen Directionszeit der beiden Genannten wurden außer dem Leckwerk Wohnungen für die Leute errichtet und ein Zimmer für den Herzog zum Abtreten gebauet, die Brunnen bedeckt, das Salzwerk mit einem Graben und Hakelwerk umgeben, 3 Pfannen eingerichtet und zu der vierten das Blech angeschafft. Ersterer war auch schon am 21sten April 1652 mit

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2 " Salzmeistern" (wahrscheinlich den beiden Halloren) zur Aufräumung der " Salzbrunnen " nach Conow geschickt und hatte diese Arbeit geleitet. Die Baukosten zur Einrichtung des Salzwerkes betrugen von 1652 bis Johannis 1655 nach der Rechnung des Amtmanns Asmus Friese zu Eldena

2314 Gulden (à 1/2 Rthlr.) 23 ßl. 9 pf.

Nach den vorhandenen Salzrechnungen aus dieser ersten Periode des Conower Salzwerkes sind gesotten und hat das Salzwerk Ertrag gegeben:

Salzrechnung

Hiebei scheint das Holz zur Feuerung aber nicht mit in Rechnung gekommen zu sein. Das Commissorium des etc. . Eichler und des etc. . Becker dauerte, wie schon erwähnt worden, bis 1657. Nach dieser Zeit ward dem Amtsschreiber Herrman Hertel die Aufsicht über die Saline anvertrauet und ist 1657 ein Versuch mit Boysalz zur Anreicherung der schwachen Soole gemacht worden, - "Zu der rechten Quelle, so die Soole in dem ersten Brunnen durchs Röhr giebt, ist man noch nicht gedrungen, weil man zu sehr mit der Elden=Arbeit beschäftigt gewesen".

Der Betrieb war ein höchst mangelhafter. Die Soole wird durch Menschenhände in die untersten Kästen des Leckwerks gepumpt, durch Menschenhände werden die in das Leckwerk gehängten Strohmatten begossen und die Soole gelangt - gewiß wenig gradirt - in die so sehr kleinen Pfannen des Siedehauses, die auf jedes Siedewerk etwa 2 bis 3 Tonnen Salz pr. 6 Scheffel ausgeben, wobei die Soole 24 Stunden in fortwährendem Kochen erhalten und dabei 2 Faden Tannen= oder Ellernholz von 8, 8 u. 4 Fuß verbrannt werden. Das Product wird aber sehr gerühmt und nach einstimmigem Urtheile aller fürstlichen Küchenbediente für besser als das lüneburgische Salz erklärt.

Der inzwischen zur Regierung gelangte Herzog Christian Louis scheint dem neuen Salzwerk eben so wenig, wie der Schiffbarmachung der Elde und dem Eisenwerke bei Dömitz (beide Unternehmungen werden beiläufig in den Acten erwähnt) diejenige Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, deren diese Werke sich von seinem Vorgänger zu erfreuen hatten, weswegen sie denn auch sämmtlich seit dem Tode des Herzogs Adolph Friedrich in Stocken geriethen: die Saline im Jahre 1658, hauptsächlich

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wegen Holzmangels, welcher eintrat, als das Holz nicht mehr wie bisher aus den Aemtern Grabow und Eldena genommen werden durfte, da diese beiden Aemter der hochfürstlichen zu Grabow residirenden Wittwe zum Witthum verschrieben waren; auch entspann sich ein Streit zwischen den Höfen zu Schwerin und Grabow über die Dienste der 4 Kossaten bei der Saline, welche beiderseits in Anspruch genommen wurden.

Der Salzschreiber Arends wird außer Thätigkeit gesetzt. Er schreibt unterm 17ten Januar 1661, daß er von den Polen vielen Schaden gelitten, verlangt für sein Guthaben aus der Rechnung von 16 58/59 und für sein zweijähriges nicht erhaltenes Gehalt à 80 Rthlr. die noch vorhandenen Pfannenborte und Bleche, die bei der Saline nichts nützten, da noch drei fertige Pfannen vorhanden wären, worauf er sich dann wieder nach der güstrowschen Saline begeben wolle; er wird darauf vor die Kammerkanzlei nach Schwerin zur Justification seiner Rechnung geladen, zieht es aber vor, nicht zu erscheinen und ohne Ersatz abzuziehen.

Unterdessen war schon mit einem gewissen Jürgen Rykmann aus Lüneburg unterm 4ten November 1659, an welchem Tage derselbe "zum Schönenberg" in Eid und Pflicht genommen ist, dahin unterhandelt, daß derselbe als Salzfactor die Saline verwalten und ein commercium salis errichtet werden solle: alle Amtsunterthanen und Bewohner der Städte sollten ihr Salz von Conow holen und was dort nicht producirt werden könne, solle von Lüneburg angekauft werden, der Herzog wolle zur ersten Einrichtung des Salzwerkes 2000 Rthlr. gegen 6 pCt. Zinsen hergeben und Rykmann solle den sechsten Pfenning vom Reinertrage des ganzen Salzhandels erhalten.

Diese Einrichtung scheint aber damals nicht zu Stande gekommen, vielmehr ein förmlicher Pensionscontract mit dem Salzfactor Rykmann in Wirksamkeit getreten zu sein, nach welchem ihm die Saline von 16 60/68 für 120 Rthlr. jährlicher Pension eingegeben wird unter der Verpflichtung, sämmtlichen nach Conow gewiesenen Unterthanen den Scheffel Salz zu 24 ßl. zu verkaufen; dem Pächter wird gestattet, Boysalz mit zu versieden, auch Salz von Lüneburg anzukaufen, damit es niemals an Salz fehle, auch sollten die Bauern ihr Holz an Rykmann verkaufen. Nach aufgemachter Rechnung vom 10ten März 1662 betragen die Kosten zur Wiederinstandsetzung der Saline 306 Gulden 7 ßl.

Das bei Antritt der Pachtung aufgenommene Inventarium führt 3 Pfannen auf, wovon " die eine schon wahrscheinlich vom Roste verzehrt sey; das Leckwerk ist noch in ziemlichem Stande der mittelste Brunnen ist noch niemals (!) im Stande gewesen; vom

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hintersten Brunnen geht eine Röhre unter der Erde nach der Sülze, welche noch in ziemlichem Stande zu sein scheint, auf dem Hofe der Sülze ist noch ein Kochbrunnen vorhanden."

Rykmann scheint seinen Vortheil bei dieser Unternehmung nicht gefunden und eine schlechte Wirthschaft geführt zu haben, denn er schreibt schon unterm 10ten Februar 1663, daß er viel "Geld zugesetzt habe und daß die Gebäude reparirt werden müßten, was bisher nicht geschehen sei, daß die Sültzer (Arbeiter beim Salzwerk) weggegangen, der eine die Kühe, der andere die Schweine hüte."

Er beklagt sich ferner, daß die Leute nicht angehalten würden, ihr Salz von Conow zu holen, sogar Passirscheine zum Salzholen von Lüneburg ertheilt würden, wogegen ihm unterm 27sten Mai desselben Jahres von den Kammerräthen vorgehalten wird, wie er noch keinen Heller Pension bezahlt habe und alles verfallen lassen. Wie er (Rykmann) nun am 8ten März 1663 den

"hochansehnlichen Herren Geheimbten Räthen mit mehrem mündlich remonstrirt, daß die Sültze keinen Dalerwert Frucht bringen könne,"

wird ihm von

"dem Herrn Geheimbten Rath Bunsau resolvirt, man solle aus dem Holz des Leckwerks Bauerhäuser lassen bauen."

Indessen geschah keine Aenderung, denn am 18ten Mai 1665 denuncirt der Salzsieder Hans Jauchen den J. Rykmann, daß er

"das Salzwerk verfallen lasse und dagegen auf der Saline einen Garten angeleget habe und bloß seinen Ackerbau betreibe."

So mußte denn das Salzwerk durch Ungunst der Zeiten und Unfähigkeit oder bösen Willen seiner Beamten immer mehr in Verfall gerathen.

Den 2ten October 1662 wird die Baurechnung vom Hauptmann von Warnstetten zu Schwerin aufgenommen und bemerkt:

"daß nur 3 Last oder 36 Tonnen Salz und kein Holz vorräthig, daß die Tonne Salz in Conow 3 Rthlr. (dies war ja aber auch contractlich!), in Lüneburg nur 2 Rthlr. 8 ßl. koste, daß kein Boysalz vorhanden, daß zwei Brunnen zugedeckt und von dem einen das Holzwerk zum Stall genommen sei."

Am 12ten März 1667 wird ein Erlaß an alle Aemter gegeben, "daß man ein Commercium salis errichtet habe und alle Einfuhr fremden Salzes verboten sei"; den 18ten September desselben Jahres ergeht dieselbe Verordnung an alle Stadtvögte, weswegen denn in allen Städten Salzfactoreien, selbst in Rostock,

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bei dem Rathsverwandten Johann Dankwart, errichtet werden. Diese Factoreien scheinen bis 1671 im Bestande gewesen, unterdessen das Salzwerk zu Conow aber gänzlich verfallen zu sein, da man bei der Inventur am 2ten April 1672 nur noch eine Pfanne im guten Stande fand. Der J. Rykmann war inzwischen verstorben und seine Angehörigen wieder nach Lüneburg zurückgegangen.

Den 23sten November 1680 wird ein auf dem Hofe Medewege zurückgekommener Pächter Wuesthof als Salzschreiber zu Conow mit 80 Rthlr. jährlichen Gehalts angesteltt, aber schon am 21sten August 1682 wieder entlassen, anscheinend ohne einen Heller Gage erhalten zu haben.

Den 24sten Februar 1682 zeigt der Amtmann Crull zu Eldena an, daß er mit Hülfe eines "Kerls," der versprochen, das Salz in zwei bleiernen Pfannen zu sieden, ohne Leckwerk zu bedürfen, das Salzwerk wieder herstellen wolle; es werden ihm am 6ten März d. J. 50 Rthlr. (!) zur ersten Einrichtung angewiesen.

Crull läßt den Brunnen aufräumen, findet die Soole sehr schwach, so daß nur wenig und schlechtes Salz daraus gesotten werden könne, läßt deswegen eine halbe Last Boysalz von Hamburg kommen und findet, daß aus einer Tonne Boysalz mit Zuhülfenahme der Soole 2 Tonnen gutes Salz gefertiget werden können; er berichtet den 14ten Juni wieder und bemerkt, daß die Soole des "hintersten" Brunnens stets die beste gewesen sei. Es werden die Kosten specificirt:

Kosten

davon erhalten: 51 1/2 Scheffel rostocker Maaß gut und weiß Salz.

Den 1sten August 1682 wird die Saline zu Conow auf 6 Jahre in der Art verpachtet, daß Crull die ersten 3 Jahre 150 Rthlr. Pacht jährlich und die letzten 3 Jahre 200 Rthlr. jährlich geben und die zu 331 Rthlr. veranschlagten Instandsetzungskosten von der Pension nach und nach abziehen soll; er muß dabei das Holz selbst kaufen, wo er es kriegen kann, und den Scheffel Salz nach Maaßgabe des Lüneburger Preises für 20 ßl. verkaufen, wogegen denn aber die Unterthanen in sämmtlichen Aemtern, selbst in den sehr entfernten Bukow und Doberan, ihr benöthigtes Salz von Conow holen sollen.

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Im November 1683 übergiebt Crull eine Specification, aus welcher hervorgeht, daß er bei der Unternehmung mit Hinzurechnung der 150 Rthlr. Pacht

Kosten

Bei Ablauf der Pachtjahre vereinbart sich Crull über seine Pacht folgendermaaßen:

Kosten

statt deren aber nur noch 300 Rthlr. wirklich gezahlt werden, da von Seiten der Kammer der Contract dahin nicht erfüllt ist, daß sämmtliche Unterthanen ihr Salz von Conow geholt hätten.

Den 16ten August 1683 giebt Herzog Christian Ludwig wiederholt Befehl, alles Salz von Conow zu holen, welche Verordnung 1686 und 1688 renovirt wird. Das Amt Doberan bittet um eine Salzniederlage zu Cröpelin oder Bukow.

Von der Verordnung von 1686 befinden sich mehrere gedruckte Exemplare bei den betreffenden Acten und lautet dieselbe wörtlich:

Wir Christian Ludwig
     von Gottes Gnaden Hertzog
          zu Mecklenburg

"Fügen hiemit allen und jeden zu wissen, daß, ob zwar eine zeithero Mangel an Saltz bei Unser Sültze zu Konow geweßt, doch nunmehro Gottlob! ein großer Vorraht deßelben allda wieder vorhanden, welches an bonität zum wenigsten dem Frembden gleich, wo es nicht gar übertrifft; Wann Wir nun Ordre gestellet, daß nicht allein das Saltz umb einen billigen Preiß gegeben, sondern auch, wer des Saltzes benöthiget ist, solches kaufen, und nicht eben baar Geld erlegen kann, von demselben Korn, Honig, und andere Wahren vor solchen Preiß, als solche sonst verkaufft, angenommen, und wann an Würde solche ein mehres bringen möchte, alda bey Unser Sültze das übrige mit bahrem Geld so fort bezahlet werden soll; Als haben Wir der Nothturfft zu sein erachtet, dieses zu jedermännigliches Wissenschaft offentlich von den Cantzeln publiciren und verkünden zu lassen, dabey der

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gnädigsten Hoffnung lebende, weilen diese vorgeschlagene Conditiones also relevant, daß keiner mit fuge rechtens, solche zu recusiren, Ursach habe, es werden alle und jede sich nach Unser Sültze zu Konow erheben, und alda, wie obstehet, Ihr benöthigtes Saltz erhandeln; Gleich wie nun hiedurch die Commercia befodert, ein jeder das Seinige mit guter manier loß werden, und dagegen gut Saltz bekommen kann; Hierumb zweifeln Wir umb so viel weniger, und es geschicht hieran Unser zuverläßiger gnädigster auch ernster Will und Meinung. Datum auff Unser Residentz und Vestung Schwerin, den 20. Augusti 1686.

Den 13ten Junius 1689 schreibt Crull, daß sich ein Brunnenmeister aus Lüneburg angefunden und er darauf den Brunnen nahe am Kochhause mit 20 Mann gewältiget und unten im Brunnen einen Kasten gefunden hätte, in welchen die Soole aus einer Röhre flösse 1 ), daß sie von dieser Soole in die Pfanne gelassen, 14 Stunden in einem fort gekocht, immer wieder Soole nachgeschlagen und endlich doch nur 1/2 Viertel (?) Salz bekommen hätten, woraus er schließt, daß die Soole nicht viel nütze, sondern die Hauptsache auf das Boysalz ankomme.

1689 ward ein Entrepot von lüneburger Salz in Dömitz angelegt, weil wegen des Krieges zu Wasser und zu Lande kein Boysalz aus Spanien zu bekommen war.

Mit dem Jahre 1695 beginnt wieder ein neuer Abschnitt der Geschichte des conower Salzwerkes. Es trat nämlich am 8. October dieses Jahres der Baurath Paul Andrich in die Dienste des Herzogs Friedrich Wilhelm und stellte das Salzwerk von 1695 - 1697 mittelst einer Kostensumme von 2610 Rthlrn. 34 ßl. 10 pf. wieder her und ward 1698 Hans Jürgen Berling unter der Inspection des Bauraths Andrich als Salzschreiber angestellt.

1699 bestreitet der Magistrat zu Parchim gewissermaßen das landesherrliche Salzregal und die Bürger führen an:

daß sie zwar den herzoglichen Verordnungen gemäß schuldig wären, ihr benöthigtes Salz von Conow zu holen, wenn dort gutes Salz in hinlänglicher Menge fabricirt werden könne, daß aber weder das eine, noch das andere der Fall sei, sondern daß die nächsten Ortschaften um Conow, als Eldena und Grabow, ihr Salz von Wittenberge holten, ja selbst der Baurath zu Conow von dort her Salz bezöge.


1) Also war dies der zuerst entdeckte alte Brunnen.
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Nach der neuern Wiederherstellung des Salzwerkes sind gesotten:

Salzmengen

Von 1701 - 1708 ist die Saline an den Baurath Andrich für 400 Rthlr. jährlicher Pacht, wobei ihm aber der Faden Holz nur zu 9 ßl. angerechnet worden, verpachtet gewesen; zu gleicher Zeit ward der Baurath mit Anlegung der Alaunsiederei an der Elde beauftragt.

Das im Jahre 1702 über die Saline errichtete Inventarium giebt eine sehr gute Uebersicht von der damaligen Beschaffenheit des Werkes und heißt es in demselben wörtlich:

1) Brunnen:

"Ein Salzbrun auffm Hofe 40 Fueß tief mit 2 Eimern an einer Eisern Ketten, welche Ein Ochse oder Perdt durch eine Winde auf und nieder ziehet, und die auß dem Brunnen geschöpfte Sale oben 30 Fuß hoch in einer Rinnen stürtzet, daß sie durch 2 Canalen in die 2 darzu angelegt Haubt Gradirhäusern vertheilet wird, daß es hernach noch jedes 5mahl durch 2 Ochsenmühlen über die Andern Leck=Werke oder Gradir=Gebäude abgetheilet, hinwegk geführet und zur distillation auff die Matten gebracht werde. Noch sind im Felde 2 alte vormals gewesene Salzbrunnen, deren Einer mit Holz ausgesetzet 40 Fuß tief. Der Andere aber mit Steinen auffgeführet ist 20 Fuß tieff. NB. Der Herr Bau Raht hat den Steinern Brunnen noch auf 20 Fuß tieff graben und mit Holtz außfuttern lassen. Noch hat der Hr. Baw Raht eine Newe Qwelle gefunden, so bei dem Alten Brunnen vorbei gestrichen, deßfalls Er also fort Einen Newen Brunnen oder Schacht 40 Fuß tieff graben undt mit Tannen Bohlen außfuttern lassen, welcher Brunnen durch eine Stolle unten in der Tieffe zu dem alten Brunnen hineingeführet und mit Hand Eimers zu Tage gebracht und auf 800 Schritt durch Eine Röhre nach dem Saltzhofe geleitet wird. Noch vermeinet der Hr. Baw Raht, daß von diesem Brunnen die Adern weiter auffzusuchen von nöhten undt also durch einen Newen Durchschnitt eine Stolle zu machen, umb durch mehre Qwellen den Haubt=Brunnen einen Zuwachß an Sale zu Wege zu bringen.
     Ein Brunn zur Küchen.

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2) Gradirwerke:

Gradierwerke

3) Maschinen:

"3 Hütten worin die Ochsen die Winde ziehen, die Saale auß denn Brunnen zu schöpffen undt mit Pumpen durch Röhre über alle Leckwerke zu leiten, dadurch das Wilde Waßer von der Saale gebracht undt endlich die neue Saale zum Salzsieden appliciret wird. Inwendigk sind die Leck=Werk theils mit Stroh=Matten theils mitt Busch von einander gespannet, darauff auß der obersten Sahl=Rinnen durch viele Haencken 1 ) die Saale tropffenweiß fällt.

4) Siedevorrichtungen:

"Das Siedehaus von 12 Verbinten mit Pfannenstein gedeckt, darin
1 Eisern Pfannen, darin schon Salz gesotten wird.
1 Eisern Pfanne, so noch erst auff die Röste des Ofen gebracht werden soll.
Die Erstere ist vorhin gantz groß gewesen, aber schon sehr uneben von der Hitze gemacht, derowegen dieselbe mitten von einander gehawen undt ein Theil zur Anwärmung, die andere zum wirklichen Saltzsieden gebraucht wirdt.
Zur Betreibung dieses Saltzwercks wird an Vieh gehalten zu bisheriger Nohtturfft:

3 Pferde
6 Ochsen.

Interrog. Ob Mineralia vorhanden?
Resp. Die Mineralien, so sich hier finden, ist das Saltz.


1) Hähnchen.
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Sonsten ist in dieser Gegend vor Zeiten ein Allaun Bergk und bei Karentz eine Kalkgrube gewesen, worauß Kalk gegraben und die Kirche zu Conow davon auffgeführet worden".

So weit das alte Inventarium.

Obgleich hieraus ersichtlich, daß durch die Bemühungen des Bauraths Andrich schon ein großer Schritt zur Vervollkommnung des Salzwerkes gegen frühere Zeiten, wo kein Techniker die obere Leitung führte, gethan war, so war der Betrieb dennoch höchst mangelhaft, weil man keine Reservoirs zur Aufbewahrung der Soole hatte und letztere höchst schwach versiedete; dies geht aus einer Denunciationsschrift des etc. . Berling gegen den Baurath Andrich vom 19ten Januar 1703 hervor. Der etc. . Berling sagt darin, daß er während des vorigen Jahres, wo der Baurath (nach Schonen) verreiset gewesen und er die Direction allein gehabt,

"1050 Rthlr, baar Geldt vor Saltz berechnen können, da doch im vorigen Jahr bei Anwesenheit des Bauraths nur 594 Rthlr. 24 ßl. vor Saltz berechnet worden".

Auf die Frage in dem Termine vor herzogl. Kammer am 16ten Jan. 1703, woher solches komme, antwortet Berling - unwissend genug -

"der Baurath hatte 5 bis 6löthige Sohl gekochet, er hätte es mit 3löthiger gethan!

Wahrscheinlich war also die rohe Soole, wie noch jetzt, 3 pCt., die man nur bis zu 6 pCt. gradiren konnte.

Am 2ten September 1707 brannte der größte Theil der Saline ab: der Brunnen, die Salz= und Trocken=Kammer, das Mühlen= und Gradir=Gebäude etc. .

Die nächstfolgende Urkunde in den Acten, aus welcher das Gegenwärtige zusammengetragen ward, ist eine Relation des Kammerraths Mumm vom Jahre 1709, in der auch gesagt wird: Beim Alaunwerk wären 12 Personen beim Erzgraben und Hallenmachen beschäftiget, zum Allaunwerk würden jährlich 840 Faden, zur Saline aber 300 Faden Holz jährlich nöthig. Das Alaunwerk wird um diese Zeit wegen des schlechten Fortganges gelegt und die noch vorhandenen 3 bleiernen Pfannen zur Erhaltung fürstlicher Gebäude nach Schwerin genommen.

Während der Jahre 1712 - 1718 wird die Saline an den "Salzverwalter" Berling, da indessen der Baurath Andrich gestorben war, für 110 Rthlr. jährlicher Pacht verpensionirt. Dieser Contract wird 1721 prolongirt, wo denn Berling 123 Rthlr, Pacht zahlen soll.

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Ein Ertrags=Anschlag aus damaliger Zeit giebt Einnahme und Ausgabe beim Betrieb des Salzwerkes folgendermaßen an:

Ertrags=Anschlag

Statt des früheren ganzen Landes werden bei dieser neuen Contrahirung nur die 5 Aemter Schwerin, Neustadt, Grabow, Eldena und Dömitz nach Conow gewiesen; diese werden dennoch zu 600 Tonnen enquotirt, da die Saline doch nur 300 Tonnen produciren kann! Das Fehlende soll zum Vortheil des Pächters derselbe aus Lüneburg beziehen.

Bei vielfachen, widerwärtigen Streitigkeiten zwischen dem Salzverwalter und den Salzabnehmern einerseits und zwischen dem Verpächter und Pächter andererseits, betreibt letzterer, der zugleich Pächter der Saline zu Sülten im Amte Tempzin war, sein Geschäft höchst unordentlich unter der damals eingetretenen kaiserlichen Executions=Commission und der späteren königlich preußischen Administrations=Commission bis zum Jahre 1746, wo endlich am 11ten Junius die Saline, nach fast hundertjährigem Betriebe,

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gelegt wird. Den Contract von 1721 bis 1746 hatte die preußische Commission mit Berling abgeschlossen; er zahlte

Contract

Aus dieser letzten Zeit findet sich noch eine Relation, betitelt:

"Anschlag und Nachricht

"von der Conower Sültze vom Geheimen Rath Sobben" (von der Königl. Preußischen im Meklenburgischen angeordneten Commissions= und Executions=Casse).

Dieselbe lautet:

"Um die Ehre zu haben, daß man selber Salz im Lande gewinne und benachbarten Debit einschrenke, wird dieses Werk vielmehr als wegen seines Nutzens unterhalten. Es bestehet dasselbe aus einem Brunnen und wird die Sohle, welche noch nicht voll einlöthig reich und nur 1/2 löthig mit Pumpen herausgefördert, durch die Röhren aber auf zwei Leckwerke, von dort aber zur 3ten Gradirung und endlich wieder nach der Pfanne geführet. Durch alle 3 Gradirungen aber kann die Sohle nicht höher als bis zu 2 1/4 Loth gebracht werden, daher eine Pfanne voll, woraus bis 9 Scheffel Salz fallen, mit 2 Faden Holtz gantzer 24 Stunden abgesotten und zu Saltze gemachet werden muß."

"Die Abtrocknung geschieht in 4 über die Pfannen gesetzten verdeckten hölzernen Kästen. Das hieraus bereitete Saltz aber ist schwerer als das Hallische und Lüneburgische, saltzet auch besser, jedoch nicht so weiß und cristallinisch als das Hallische."

"Weil dieses Salzwerk jährlich über 120 Tonnen nicht ausliefern kann; einfolglich nicht im Stande ist die ihm zugeschlagenen Zwangsgäste zu versehen, sondern selbige mit Lüneburgischem Salz verleget, und drauf an den Scheffel Maaß profitiret, so wäre es am besten, daß man die zur Sültze gelegten Hufen und Wiesen mit 2 Bauern belegte, die 64 taler dienstgelder von denen dazu gelegten diensten, welche das Amt Eldena solcherwegen in Abgang bringet, menagirte, berechnen und das Werk um es vor dem gänzlichen ruin zu sichern doucement fortsetzen ließe; Indeß aber den Schreiber dahin instruirte und vereidete, daß er kein ander als Brandenburgisch Salz bei dem Conower verkaufte und solches ordentlich berechnen sollte."

"So können wohl bis 600 Tonnen abgesetzt werden; Man müßte aber durch den Ausreuter auf Diejenigen vigiliren lassen, welche mit ihrem Korn und denrées nach den Lüneburgschen fahren, Salz zurückladen und im Lande debitiren."

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"Im Winter, Regen und feuchtem Wetter kann die Gradirung gar nicht vorgenommen werden, weil die dicke Luft das wilde Wasser alsdann nicht exhaliret und an sich ziehet, dahero man alsdann auch über 1/2 Jahr nicht sieden kann, weil es zumahl mit der Gradirung in Ansehung der geringhaltigen Sohle etwas langsam hergehet. Wann man nun dieses meist schon ruinirte Salzwerk eingehen ließe, und hergegen auf der Sültze lauter Hallisch Salz denen zugeschlagenen Zwanggästen und übrigen Käufern distribuirte; so möchte folgender Prosit davon zu hoffen seyn:

Ertrags=Anschlag

Was die Angabe der Löthigkeit der Soole in dieser Relation betrifft, so sind hier offenbar keine Procente, sondern die Gewichtsmengen des in einem Pfunde oder 32 Lothen der Soole enthaltenen Salzes gemeint, was denn sehr gut mit dem wirklichen Gehalt der Soole an Salz stimmt, der auf 100 : 3 beträgt.

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Am 23sten April 1790 forderte der hochselige Großherzog Friedrich Franz die betreffenden Acten von hoher Kammer ein; es ist aber nicht ersichtlich, daß hiebei die Absicht vorlag, den Salzwerksbetrieb etwa wiederherzustellen.

Das letzte Actenstück über die Saline ist vom Jahre 1810, wo der Kaufmann Schmidt aus Wismar die Erlaubniß beim Cabinet nachsucht und erhält,

"den Salzbrunnen zu säubern und zu retabliren".

Ob eine Aufräumung statt gefunden, oder ob diese Absicht von vorne herein aufgegeben ward, als durch die dem Advocaten Langfeld, als Beauftragten des etc. . Schmidt, gestattete Acteneinsicht der frühere geringe Reinertrag des Werkes bekannt ward, hat nicht ermittelt werden können.

Noch heutiges Tages sieht man bei den zwischen Malliß und Conow liegenden Katen, Sülte genannt, am Abhange der nach Nordwest gelegenen Hügel einen mit Holz gefaßten Brunnen bis zur Erd=Oberfläche mit 3procentiger Soole angefüllt, um welchen Mauersteinbrocken umherliegen. Der Brunnen ist nur 15 Fuß tief, scheint mit Schutt etc. . ausgefüllt zu sein und ist wahrscheinlich der zuerst 1652 entdeckte und hauptsächlich nur in Benutzung gewesene Soolbrunnen.

Der Zusammensteller dieser geschichtlichen Notizen enthält sich jeder Reflexion über dieses ehemalige technische Etablissement, welches durch Ausländer häufig schlecht verwaltet und endlich aufgehoben ward, er bemerkt indessen für das sich für Geognosie interessirende Publicum, daß sich von Conow ab bis zur Elbe bei Boizenburg und fast parallel mit der Elbe Spuren finden, die auf eine Ablagerung von Kochsalz in der Tiefe hinzudeuten scheinen:

zuerst die conower 3procentigen Soolquellen, dann 3 Meilen weiter der mächtige, mit 250 Fuß Tiefe noch nicht durchsunkene lübtheener Gypsstock und noch 4 Meilen weiter nach Westen das Auftreten von Salzpflanzen und salzhaltigem Wasser in der Teldau, besonders auf dem Gute Groß=Timkenberg, wogegen aber zu Sülten und Sülstorf im Amte Schwerin und zu Sülten im Amte Stavenhagen bis jetzt, trotz aller Nachforschungen, sich keine Spur von salzhaltigen Quellen entdecken ließen.

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VI.

Geschichte

der

Saline zu Sülten

bei Brüel,

von

G. C. F. Lisch.


D ie Saline zu Sülten ist, wenn auch die unbedeutendste im Lande, doch am längsten bekannt.

Schon bei der Stiftung des Antoniusklosters Tempzin bei Brüel am 7. Junii 1222 1 ) schenkte der Fürst Borwin demselben "eine Salzpfanne an dem Orte, an welchem Salz gesotten wird" ("sartaginem in loco, quo sal decoquitur"). Daß dieser Ort das von seiner Salzquelle so genannte Dorf Sülten 2 ) bei Brüel oder Sternberg sei, beweiset die bisher noch nicht gedruckte Bestätigung der genannten tempziner Stiftungsurkunde durch den Herzog Johann vom Sonntage Invocavit 1409, in welcher die Worte der Siftungsurkunde vom J. 1222 mit einigen Umschreibungen und Erläuterungen wiederholt werden und auch dem Kloster der Besitz "einer Salzpfanne an dem Orte bei Sternberg, wo Salz gesotten wird" ("cum vna sartagine in loco prope Sterneberch, vbi sal decoquitur"), versichert wird.

Im J. 1409 scheint also noch Salz zu Sülten bereitet worden zu sein.


1) Vergl. Rudloff Urk. Lief. Nr. II.
2) Von den Dörfern Sülten im Amte Schwerin und im Amte Stavenhagen ist keine Nachricht über Salzgewinnung vorhanden. Der Name des Dorfes Sülstorf ist ursprünglich Zülow und aus Zülestorf entstanden; vergl. Jahrb. I., S. 11.
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Dies sind aber auch alle Nachrichten über diese Saline aus dem Mittelalter.

Der Ort Sülten (Sulta) wird schon früh, vielleicht aus Veranlassung der Salzquellen, stärker als jetzt bevölkert gewesen sein, indem er eine eigene, in neuern Zeiten aufgehobene und mit andern nahen Pfarren verbundene Pfarre besaß. Schon im J. 1287 wurden Gr. und Kl. Görnow wegen großer Entfernung und schlechter Wege von der Pfarre Sülten genommen und zu Eikelberg gelegt und am Adventsonntage 1428 schenkte die Landesherrschaft das Patronat der Kirche zu, Sülten ("ecclesie parrochialis ville Sulte site prope opidum Brulis") dem Kloster Tempzin 1 ).

Mit der Säcularisirung des Klosters Tempzin um die Mitte des 16. Jahrhunderts verschwinden alle Nachrichten über die tempzinsche Berechtigung an dem Salzwerke; seit dieser Zeit beginnen auch erst die Nachrichten über den Besitz des Dorfes. Das in der Herrschaft Meklenburg liegende Gut war seit alter Zeit ein meklenburgisches Lehn im Besitze der Familie von Barner; eine der ältesten Nachrichten ist, daß Martin Barner auf Zaschendorf im J. 1512 aus seinem Dorfe und Gute Sülten ("tho der Szulte") 15 Mark Pacht an die H. Kreuz=Vicarei in der Kirche zu Brüel verpfändet.

Den klarsten Bericht über den Zustand des Salzwerkes giebt Johann Barner auf Zaschendorf, welcher eine Hälfte von Sülten besaß, in einer Vorstellung an den Herzog vom 28. August 1577, wenn er sagt:

"Nachdem meine liebe Voreltern vor langen und vndenklichen Jharen hero in irem Dorff Sültze eine Sahle, darauß sie Saltz gesotten, gehabt vnd derselbigen bei Zeitt ires Lebenns rausamb für das Ihre genutzt, gepraucht vnd erhalten; auch folgents vff mich alß iren lehenßfolger vnnd natürlichen Erbenn transferiret vnd vererbt, vnd aber ich dieselbige Sültze auch woll in geprauch genhomen, derselben genutzt vnd biß anhero gepraucht, doch befunden, daß sie vnnd ich biß anhero weinig nutzes dauon empfangen vnd die Sahle ghar geringe vnd mit wildem wasser belauffen vnd vntuglich geworden, also das ich bei meiner Zeitt vnd bei meiner gebrauchnus alle wegen der Bachen darzu geprauchen vnnd dermassen vnkosten darauff wenden müssen, daß solch werck den vnkosten nicht ertragen können".


1) Daher hat ein alter Altar in der Kirche zu Sülten auch noch die Bildsäule des H. Antonius.
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Johann Barner wünschte das Salzwerk zur Erhaltung desselben zu verbessern und neu einzurichten; da aber seine Vermögensumstände durch übernommene Bürgschaften und sonst so sehr gelitten hatten, daß es ihm an Geldmitteln dazu fehlte, so trat er, zur Verhütung des gänzlichen Verfalls, unter lehnsherrlicher Genehmigung am 26. August 1577 seinem Schwiegersohne Henning Ballich, zu Parchim wohnhaft, und dessen Frau die Saline auf Lebenszeit ab, unter den besondern Bedingungen, daß alle Bauten gemeinschaftlich übernommen, von dem ersten achtjährigen Ertrage die ersten Baukosten vorweg genommen und die Pfannen und Geräthe von Henning Ballich allein angeschafft werden sollten, dagegen Henning Ballich von dem Ueberschusse des ersten achtjährigen Ertrages den vierten Theil zu gewärtigen und demnächst überhaupt den vierten Theil des Gewinnes zu genießen und den vierten Theil der Besserungskosten zu tragen habe.

Johann Barner hatte sogleich nach diesem Vertrage

"mit beschwerlichen vncosten auß frembden landenn guete, erfarne arbeidtsleute erfurdert",

namentlich hatte er

"etliche fürtreffliche, berümbte Meister aus dem Lande zu Hessen vnnd andern orttern mit sehr grossen vnkosten holen"

und die Arbeit sogleich, schon vor dem 20. September 1577, beginnen lassen. Kaum aber war der Anfang gemacht, als sein Vetter Hans Barner auf Weselin, welcher die andere Hälfte des Gutes Sülten besaß, den Fortgang des Werkes hemmte. Johann Barner behauptete zwar, daß

"auf seinem grundt vnd bodden vor hundert vnd meher jaren außerhalb seines pauren koelgarte eine Saltzgrube oder Brun gewesenn, welcher etliche jare hero verfallenn gelegenn, er aber denselbenn von newenn wieder in seines Pawren kholgartenn anzurichten bedacht",

und sein Vetter wolle es nur aus Ungunst nicht gestatten, daß er den Graben durch einen Morast neben dem Kohlgarten so weit vertiefe, daß das wilde Wasser von der Saline ablaufen könne. Hans Barner behauptete dagegen, daß das Salzwerk mit Brunnen und Salzadern und der Morost beiden gemeinschaftlich gehöre und daß sie beide gemeinschaftlich schon vor 15 Jahren ein " Salzhäuselein" aufgebauet hätten. Auf Vermittelung lehnsherrlicher Commissarien stellte Johann Barner am 2. October 1577 eine bürgliche Caution unter Verpflichtung zum Einlager aus, daß er das Salzwerk wieder einreißen und

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seinem Vetter alle Schäden vergüten wolle, wenn er im Streit unterliegen sollte, und brachte die Saline völlig zu Stande, welche

"er jährligen vff kein geringes genießen"

konnte. Gleich darauf starb Johann Barner und sein ältester Sohn Joachim setzte das Werk fort. Hans Barner starb auch bald und eben so die Commissarien, und die Sache blieb dadurch stecken, so daß sie im J. 1583 noch nicht weiter gediehen war.

Ueber den Betrieb des Salzwerkes berichtete Joachim Barner am 9. Julii 1590,

"das derselbe brun vormagk 18 Tonnen Salz jherlich zu geben, welche den auch noch, nachdem das Baiesaltz teuer oder wolfeill, mehr oder weniger pro rata folgenn kontenn".

Joachim Barner wollte seinen Antheil in Sülten verpfänden und der Herzog Christoph war, bei seiner Liebe zur Chemie und bei der Nähe seines Amtes Tempzin, sehr geneigt, den Besitz zu erwerben; "Henning Balch" war auch nicht abgeneigt, seinen "dritten Theil am Sültzbrunnen" abzutreten: aber Joachim Barners jüngster Bruder Christoff, auf Bülow, wollte in keine Veräußerung der Saline willigen, bis nach halbjähriger Verhandlung am 25. Februar 1591 der Bescheid erfolgte, daß Chtistoph Barner entweder in die Veräußerung zu willigen oder das Gut für den höchsten Bot an sich zu nehmen habe. Doch auch dieser Handel scheint ohne Erfolg geblieben zu sein, und der Herzog Christoph starb im J. 1592; wenigstens ist im 17. Jahrh., während dessen das Gut fast immer verpfändet war, von der Saline gar nicht die Rede.

Im Anfange des 18. Jahrhunderts ging ein Theil des Gutes Sülten, und mit demselben die Salzquellen, in fürstlichen Besitz über.

Der Herzog Friederich Wilhelm ließ in seinem eifrigen Streben für die Beförderung der Gewerbe die Saline zu Sülten im J. 1710 wiederherstellen und mit neuen Gebäuden versehen. Die Ausführung des Werkes ward dem Baurath Anderich, welcher die Saline zu Conow in Pacht hatte (vergl. Oben S. 149), übertragen; Anderich starb aber zu Sülten während der Vollendung des Werkes am 5. Julii 1711 1 ). Darauf er=


1) Seine Wittwe berichtet am 7. Julii 1711, daß "der allwaltende Gott S. Hochfürstlichen Durchl. 16jährigen treuen alten Diener und Baurath Paul Andrichen den 5. Julii, da er in die 12 Wochen die Arbeit bei der neu anzulegenden Sültze treu und sorgfältig beobachtet, daselbst durch einen sanften Tod "abgefordert."
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hielt der Salzverwalter Berling auf der Sülze zu Conow neben dieser Saline auch die Saline zu Sülz in Pacht (vgl. S. 153). Das Salzwerk war noch im Jahre 1731 im Gange; jedoch klagte damals der Sülzverwalter Marckard, daß es bei der Saline und in deren Nähe durchaus an Holz fehle. Wahrscheinlich also wegen Holzmangels wird der Betrieb des Werkes bald aufgehört haben; denn gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts gab es nur noch Sagen von der Existenz der Saline. Denn Siemssen sagt in seiner vorläufigen Nachricht von den Mineralien Meklenburgs, Schwerin, 1792: "Zu Sülten, Amts Tempzien, sind auch noch zwei Salzquellen vorhanden. Alte Leute können sich noch erinnern, als man die Roßkünste und die Gradirwerke dort wegräumen mußte."

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VII.

Ueber

die

Saline zu Golchen oder Selz,

von

G. C. F. Lisch.


A m 18ten August 1170 erhielt das Domstift Havelberg zur Gründung des Klosters Broda von dem Fürsten Kasimir von Pommern auch die Saline zu Colchle oder Golchen (salina quae est in Colkle 1 ) geschenkt; diese Schenkung (salina quae est in Chochele) bestätigte im Jahre 1182 sein Bruder Bugislav 2 ) und am 27. Mai 1244 Kasimirs Enkel Barnim 3 ). Dann verschwindet diese Saline in der Geschichte des Klosters Broda.

Es ist die Frage, wo diese Saline gelegen habe. Schon v. Ledebur 4 ) macht auf die Saline aufmerksam und vermuthet die Lage derselben in den Dörfern Kogel zwischen Röbel und Plau, Klokow zwischen Waren und Neu=Strelitz oder Kakeldütt bei Alt=Strelitz. In unsern Jahrbüchern 5 ) ist die Untersuchung nicht weiter gediehen; sie bleiben bei der Vermuthung stehen, daß die Saline vielleicht bei Kakeldütt gelegen habe. Auch Kosegarten 6 ) meint, der Ort lasse sich nicht mehr nachweisen.


1) Vgl. Jahrb. III., S. 190.
2) Vgl. Jahrb. III., S. 203.
3) Vgl. Jahrb. III., S. 212.
4) Vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv, I., S. 188.
5) Vgl. Jahrb. III., S. 25.
6) Vgl. Codex Pomeraniae dipl. I., p. 76.
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Die bisher ausgesprochenen Vermuthungen stützen sich nur aus Aehnlichkeit des Namens Kolchle mit andern Namen ähnlichen Stammes und wahrscheinlich auf die nicht begründete Annahme, daß die Saline in der Nähe des Klosters Broda gelegen haben werde. Die geistlichen Stiftungen erhielten aber häufig Schenkungen in sehr entfernt liegenden Salzwerken, wie z. B. das Kloster Dargun in der Saline zu Colberg 1 ) und das Bisthum Schwerin und das Kloster Doberan in der Saline zu Lüneburg. Es darf auch nicht übersehen werden, daß man vielmehr neben Colchle noch nach einem Namen, welcher auf eine Saline deuten kann, zu suchen habe, als allein nach einem Orte, welcher den Namen Colchle geführt haben könne. Ferner ist die Saline in einer Gegend zu suchen, welche nach andern Vorkommenheiten salzhaltig ist.

Der Herr Ober=Medicinal=Rath Brückner zu Ludwigslust meint daher, die Saline habe in Vorpommern zu Selz bei Golchen, an der Tolense, nördlich von Treptow gelegen. Und für diese Annahme reden alle Gründe.

Die Saline ward dem Kloster Broda von den pommerschen Fürsten geschenkt und bestätigt und verschwindet aus der Geschichte mit der Zeit, als die Herzoge von Pommern ihre Besitzungen in dem Gebiete der jetzigen Großherzogthümer Meklenburg=Schwerin und Strelitz verlieren. Die Saline hat also wahrscheinlich in dem Gebiete gelegen, welches stets zu Pommern gehört hat. Das Kloster Dargun erhielt von den pommerschen Fürsten ebenfalls Antheil an einer Saline, welche im Lande Tolenze beim Dorfe Zulimar's Tessemeritsch 2 ) (quartam partem putei salis in Tolenz in praedio villae Zuillemari Tessemeris) lag 3 ). Die Lage dieses Dorfes ist nicht mehr bekannt; aber das Land Tolenze reichte nördlich bis gegen Demmin, denn die Zacharien=Mühle südlich von Demmin lag noch im Lande Tolenze 4 ) und das Kloster Dargun lag schon im Lande Circipene 5 ). Also lag die Saline Colchle in dem bei Pommern gebliebenen Theile des Landes Tolenze, d. h. in Vorpommern, westlich von dem Flusse Tollense. Und in der Richtung dieser Thalsenkung liegt, außer den beiden genannten, jetzt verschwundenen Salinen der Klöster Broda und


1) Vgl. Lisch Mekl. Urkunden I., S. 11.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I., S. 2, 11, 25, 78.
3) Das Kloster Dargun hatte im Lande Tolenze viele Besitzungen, z. B. zu Uthsedel, Brünsow, Toisin, Sarow, Schanzkow, Japsow, Plötz; vgl. Meklenb. Urk. Band I.
4) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I., S. 126.
5) Daselbst, S. 2, 56 u. s. w.
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Dargun, etwas weiter nordwestlich noch die Saline bei der meklenburgischen Stadt Sülz.

Daher ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Saline Colchle zu Selz bei Golchen gelegen habe, um so mehr, da der Name Colchle zu Golchen stimmt und Selz auf die Saline deutet. Der Name Selz deutet offenbar auf eine Saline. Aber auch der Name Col=chle oder Chol=chle scheint auf Salz zu deuten, da auch bei Chol= oder Col=berg, was Konewka freilich durch "am Ufer" 1 ) erklärt, eine Saline ist. Die in Jahrb. III, S. 25, Not. 2, gewagte Vergleichung einer ähnlichen Ortslage bei Brüel in Meklenburg, wo ebenfalls nicht weit von der Saline Sülten ein Golchen liegt, trifft nicht ganz zu. Zwar ist diese Sage nicht zu bestreiten; es stützte sich jedoch die Vergleichung vorzüglich darauf, daß das Golchen bei Brüel früher ebenfalls Colchle geheißen habe. Dies läßt sich aber nicht erweisen, da keine sehr alte Form für den Namen des Landgutes Golchen erhalten ist. Das dem Kloster Sonnenkamp geschenkte Dorf Colche oder Cholche 2 ) ist nämlich nach dem Heberegister des Klosters 3 ) mehr als wahrscheinlich das Dorf Köchelsdorf zwischen Wismar und Grevismühlen. Doch dem sei, wie ihm wolle, da an dieser Vergleichung nichts liegt: die Lage von Golchen und Selz in Vorpommern stimmt in jeder Hinsicht zu der alten Saline Colchle des Klosters Broda.

Das Vorhandensein von Salinen bei Golchen und Selz würde sich an der Salzflora ohne Zweifel erkennen lassen. Der naturkundige Herr Candidat Boll zu Neu=Brandenburg hat die Güte gehabt, die Flora von Golchen und Selz an Ort und Stelle zu untersuchen, aber bis jetzt noch nichts gefunden, was auf die Salzflora hindeuten könnte. Es muß also irgend einer glücklichern Forschung oder einem Zufalle vorbehalten bleiben, nach der Flora die Salzquellen, vielleicht an irgend einer versteckten Stelle, aufzufinden.

Es wäre noch möglich, daß die Saline Colchle bei dem südlich von Stavenhagen gelegenen Dorfe Sülten, welches seit alter Zeit dem Kloster Reinfelden gehörte, gelegen habe, da die Vogtei Stavenhagen, welche noch bis gegen das Ende des 13ten Jahrhunderts zu Pommern gehörte, noch im Lande Tollenze lag. Aber es fehlt hier an jeder weitern Unterstützung der Hypothese, die allein auf dem einen Namen beruht; denn wenn der


1) Vgl. Codex Pomeraniae dipl., I, p. 38, vgl. p. 85.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. II., S. 2, 5 und 16.
3) Vgl. daselbst S. 271.
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Herzog Bugislav von Pommern im Jahre 1282 der Stadt Stavenhagen, bei der Verpfändung des Landes an die Fürsten von Werle, die Privilegien bestätigt und derselben unter allen möglichen Gerechtigkeiten auch die Gerechtigkeit der Salinen, "Sülten", cum salinis, verleiht, so scheint dies nichts weiter zu sein, als eine gewöhnliche Aufzählung aller denkbaren Regalien; vielleicht aber mochte man die Auffindung von Salinen bei Stavenhagen vermuthen.

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VIII.

Ueber

die Saline bei Ribnitz,

von

G. C. F. Lisch.


U eber eine Saline bei Ribnitz, in der Richtung des Tolense=Trebel=Recknitz=Thales, sind im großherzoglichen Archive nur Nachrichten aus dem Ende des 17. Jahrhunderts aufbewahrt und weiter keine bekannt geworden.

Im J. 1672 nämlich berichteten die herzoglichen Beamten an den Herzog Gustav Adolph, daß der Rath der Stadt Ribnitz mit Reparirung eines auf städtischem Grund und "Boden bereits vor 100 Jahrem dem Vorgeben nach gewesenen Salzwerkes an der klockenhäger Scheide einen Anfang gemacht und dabei in Aufsuchung der Saale bereits ziemlichen Fleiß verwandt", jedoch in der Arbeit sehr geschwankt habe, so daß es scheine, als wolle man "bloße Nachsuchung" anstellen. Bei dieser Anzeige, da die Unternehmung ein "Regal" betraf, blieb es jedoch. Von Seiten der Beamten und höhern Ortes beschränkte man sich darauf, die Arbeiten zu beobachten, welche aber keinen entsprechenden Erfolg gehabt zu haben scheinen. Am 18. Julii 1678 erging jedoch ein fürstlicher Befehl an den Amtsschreiber zu Ribnitz, die "Aussäuberung des Salzbrunnens bei Ribnitz zu beförden"; aber auch diese Nachforschung scheint keinen Erfolg gehabt zu haben.

Ueber die frühere Geschichte der Salzquelle ist nichts weiter bekannt geworden, als was bei Gelegenheit dieser Verhandlungen nach Ueberlieferungen vorgebracht ward, nämlich daß vor ungefähr

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100 Jahren an der angegebenen Stelle ein Salzwerk bestanden habe und daß vor ungefähr 30 Jahren die Stadt mit diesem Werke wieder habe anfangen wollen, jedoch von den Sülzern, vielleicht weil es diesen Schaden gebracht haben würde, an der Ausführung verhindert worden, deshalb mit denselben in Streit gerathen und endlich das Werk durch den einbrechenden Krieg ganz in Stocken gerathen sei.

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IX.

Ueber

die Salzquelle zu Neuenkirchen,

von

G. C. F. Lisch.


U eber diese Salzquellen ist nichts weiter bekannt, als das Folgende, welches Siemssen in seiner "Vorläufigen Nachricht von den Mineralien Meklenburgs", S. 51, nach Sagen und Erkundigungen berichtet.

"Zu Neuenkirchen, Amts Bukow, soll in alten Zeiten auch eine Salzsiederey gewesen seyn, welche aber mit der ansehnlichen Ortschaft von den Rostockschen Bürgern zerstöhrt worden ist, weil, wie man sagt, die Bewohner unerlaubten Verkehr mit Seeräubern gehabt haben. Man zeigt daselbst noch 2 Salzquellen, welche eine gut gesättigte Sole, zu allen Jahrszeiten, sowohl im strengsten Winter, als auch in dem trockensten Sommer hervorsprudeln. Der Bach, welcher Neuenkirchen durchfließt und bey Schwaan in die Warnow fällt, ist ungemein salzreich, so daß bey warmem Wetter auf dem benachbarten Erdreich eine gelblichweiße Salzmasse, von der Dicke eines feinen Papiers, mehrere Ruthen im Umkreis, ausgebreitet liegt. Die beiden Salzquellen sind ungefähr hundert Ruthen von einander entfernt, und von dem Bach ist die eine 20, und die andere an 40 Ruthen abgelegen. Der Boden in der Nachbarschaft der Salzquellen ist ganz kahl und von Kräutern entblößt, und bleibt noch immer morastig, wenn man gleich schon Anstalten zur Austrocknung gemacht hat. Diese letztern Nachrichten verdanke ich der Gewogenheit des Herrn Pastor Plitt zu Neuenkirchen."

In den neuesten Zeiten ist diese Salzquelle von dem Herrn Gerichtsrath Ahrens zu Schwaan wieder gefunden; vgl. Jahrb. IX, S, 406.

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Siegel
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X.

Ueber

das rostocker Patriciat,

von

G. C. F. Lisch.

Mit drei Steindrucktafeln.


O b in den meklenburgischen und pommerschen Hansestädten ein Patriciat bestanden habe, ist häufig der Gegenstand eifriger Forschungen gewesen, jedoch bis heute ohne allen Erfolg. So viel scheint gewiß zu sein, daß bisher ein rostocker Patriciat juristisch nicht behauptet werden konnte, da keine Urkunde hat aufgefunden werden können, in welcher von demselben ausdrücklich die Rede wäre. Es ist aber jetzt vielleicht möglich, das factische Bestehen eines Patriciats mit allen seinen Folgen in den wendischen Hansestädten historisch nachzuweisen und hieraus rechts=historische Folgerungen zu ziehen. Deecke hat in unsern Jahrb. X, S. 50 flgd. das lübeckische Patriciat zum Gegenstande der Betrachtung gemacht. Ich will es versuchen, einige Worte über das rostocker Patriciat zu reden. Durch sie mag andern Beobachtungen und Forschungen vorgearbeitet werden; es darf eine erste Entdeckung noch nicht zu allen möglichen Folgerungen veranlassen.

Es ist durch kein schriftliches Urkundenzeugniß darzuthun, daß in Rostock je ein Patriciat bestanden habe. Und doch ist fast die ganze Geschichte dieser mächtigen Stadt fast nur die Geschichte eines Patriciats. Ueberall begegnen wir nur denselben angesehenen und reichen Geschlechtern, und die ganze innere Verfassungsgeschichte der Stadt ist nur das Ringen der Bürger gegen die regierenden Geschlechter, ein Kampf der Demokratie gegen die Aristokratie, der Zünfte gegen die Geschlechter, ein Kampf, der Jahrhunderte mit dem größten Ungestüm tobt.

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Es waren bei der Gründung, Ausbildung und Regierung der Städte ohne Zweifel freie Männer thätig, welche durch Stand, Erfahrung und Reichthum einen Vorzug mitbrachten und fernerhin bedeutenden Einfluß auf die Entwickelung der jungen Gemeinden ausübten und Geschlechter gründeten, auf welche sich das Ansehen der Stammväter auf natürlichem Wege vererbte. Es geschah dies in den wendischen Ostseeländern zu derselben Zeit, als sich aus wendischen Dynasten, Edlen und andern Freien, einheimischen und fremden, durch Erlangung der Ritterwürde der Stammväter die Rittergeschlechter bildeten, aus denen der Adel der neuern Zeiten hervorgegangen ist; manche Stammväter ritterlicher und Patricier=Geschlechter mögen verwandt gewesen sein, wie die bei uns in neuern Zeiten viel besprochenen Papen und Swartepapen, und, wie unten gezeigt werden wird, die Baumgarten, obgleich dies zu den Seltenheiten gehören mag. Die Geschlechter in den Städten waren Nachkommen freier Männer, welche, wie die Ritter, politische Vorrechte genossen; nur die Lebensweise und Beschäftigung beider waren verschieden. Es ist nicht allein unrichtig, eine Verwandtschaft zwischen ritterlichen und bürgerlichen Geschlechtern gleiches Namens erforschen zu wollen, es ist auch unnöthig, da die bürgerlichen Geschlechter in der That nicht mehr Vorrechte brauchten, als sie schon hatten. Es waren ohne Zweifel schöffenbarfreie Männer, welche bei der Cultivirung des Landes im Anfange des 13. Jahrhunderts vor andern thätig waren; daher waren die Geschlechter in der Folge auch fähig, Eigenthum zu erwerben, im Gericht zu sitzen und Siegel zu führen. Es standen ohne Zweifel viele ritterliche und Patricier=Geschlechter auf derselben Stufe.

Diese bürgerlichen Geschlechter werden sich bei genauerer Forschung nicht allein in den Hansestädten, sondern in allen Städten nachweisen lassen.

In Rostock wird dieses Verhältniß der Stammväter der städtischen Geschlechter bei der Gründung der Stadt vorzüglich und allein durch die Straßennamen klar. In der Altstadt führen die Straßen ihre Namen von den Gewerken, welche vorzüglich in den jungen Städten getrieben wurden; hier sind eine Mühlen =, Lohgärber =, Weißgärber =, Wollenweber =, Hutfilter =, Schmiede =, Fischbank =, Scharren=Straße, ja selbst im entferntesten Winkel der Stadt eine Wenden=Straße mit einem eigenen Wenden=Thore. Gegen die Mittelstadt nach dem Rathhause hin in der Mitte der Stadt findet sich schon eine Krämer=Straße. Die Hauptstraßen aber, welche in der vor der Mitte des 13. Jahrhunderts gegründeten Mittelstadt nach dem Strande, der Gegend des großen Verkehrs, führen, und die an ihrer Mündung

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liegenden Strandthore haben ihre Namen von den Stammvätern einflußreicher Geschlechter 1 ), wie Mönchen =, Kosfelder =, Lager =, Wokrenter =, Schnickmanns=Straße und Thor, ferner eines der wichtigsten Landthore mit einer Hauptstraße: Cröpeliner=Thor und Straße, und in der Mitte der Mittelstadt noch eine Eselföter=Straße. Daneben am andern Ende der Stadt liegen die Badstüber= und Grapengießer=Straße, die Wohnsitze eines ausgebildetern gewerblichen Verkehrs, und an dem der Altstadt entgegengesetzten, äußersten Ende die Fischer=Straße. Man sieht aus dieser Beschreibung ganz klar, wie sich das Leben in der jungen Stadt bald gestaltet hat. Die vornehmen Geschlechter setzten sich in den Besitz der Straßen, welche, in der Mitte der Stadt, von der einen Seite zum Hafen, von der andern Seite zum Rathhause, Markte und der daneben liegenden, wichtigsten Kirche zu St. Marien, in welcher die Volksversammlungen gehalten wurden, ferner zu den die Stadt der Länge und Breite nach durchschneidenden Hauptstraßen und Hauptlandthoren der Mittel= und Neustadt, dem Cröpeliner =, Stein= und Mühlen=Thore, führten.

Fragt man nun darnach, welche Beschäftigung diese Geschlechter gehabt haben, so liegt die Antwort nahe, daß sie den Großhandel getrieben haben; sie waren die "Kaufleute im neuern Sinne", welche den Großhandel zu Lande und zur See und den Geldverkehr in ihren Contoren betrieben und in fernen Ländern ihre Contore hatten, die Banquiers unserer Zeiten, welche im Mittelalter oft noch mehr, wie heute, die Schicksale der Staaten lenkten. Sie unterschieden sich durch diese Contorbeschäftigung wesentlich von den "Krämern" und "Landfahrern", den Zwischenhändlern (dem "gemeinen kôpman"), welche die Waaren wieder an die Kleinhändler vertrieben; noch heute besteht in Rostock der scharfe Gegensatz zwischen Kaufleuten und Krämern darin, daß die Kaufleute keinen Laden halten dürfen. Die "Landfahrer=Krämer" aus allen Ländern stifteten zu Rostock im J. 1466 eine Compagnie 2 ) der heiligen Dreifaltigkeit; sie waren es, welche jährlich Trinitatis ihre Zusammenkunft zu Rostock hatten, hier ihre Waaren= und Geld=Geschäfte abmachten und die Compagnie feierten. Davon stammt noch der Pfingstmarkt, eine einst weit und breit berühmte Messe, zu


1) In (Nettelbladt) Abhandlung vom Ursprunge der Stadt Rostock Gerechtsame sind die Namen dieser Geschlechter häufig zu finden, z. B. S. XLV aus dem J. 1265: Gerlagus de Cosvelde, Johannes Monachus (Mönch), Hermannus de Lawe (Lage), Henricus de Cropelin, Reineko de Wokerente u. a. a. O.
2) Vgl. Jahrbücher VII, S. 188 flgd.
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der noch seit Menschengedenken die Händler aus den fernsten Gegenden kamen, und der in Meklenburg übliche halbjährige Zahlungs=Termin auf Trinitatis, welcher früher vorzüglich in Rostock gemacht ward und noch jetzt von einiger Bedeutung ist. In der noch erhaltenen Matrikel dieser "Landfahrer=Krämer=Compagnie" kommt kein einziger Name aus den alten Geschlechtern vor; vielmehr werden diese, wie unten gezeigt werden wird, jener entgegengesetzt. - Auch war es nicht Reichthum allein, welcher ein Geschlecht gründen konnte; die Reichen suchten sich zwar hervorzuheben, wurden aber immer zu den Geschlechtern in Gegensatz gebracht. So sagt Reimar Kock (vgl. Grautoff Lüb. Chron. II, S. 667): "Idt werenn ock vele binnen der Wißmar vann riken Borgeren, welcke ock gerne in dem Regimente hedden gewesen".

Diese Geschlechter waren nun nicht allein im Besitze eines großen Ansehens und Reichthums, welcher im Großhandel und in Landgütern angelegt war, sondern sie besetzten auch den Rath, was ihnen bei dem Selbstergänzungsrechte nicht schwer und sehr bald auch Regel ward. Sie regierten also in der That die Stadt, was um so wichtiger war, als in den ersten hundert Jahren des Bestehens Rostock der Sitz eines eigenen Regentenhauses war, als dessen Mitregenten oder Räthe die Rathmänner oft erscheinen. Durchläuft man die Reihe der Rathsmitglieder 1 ), welche oft in den Urkunden und Stadtbüchern vorkommen, so findet man nur Burgemeister und Rathmänner aus den alten Geschlechtern. Das Stadtregiment führte dieser immerfort aus den Geschlechtern gewählte Rath nach seiner Einsicht und rein patriarchalisch, im Interesse des größern Handelsverkehrs, ohne Beschränkung durch die Bürgerschaft. Nur in wichtigen Fällen zogen die Rathmänner die Einsichtsvollern ("discretiores, prudentes, seniores=de beschêdenen") aus ihren Kreisen zu Rathe 2 ).

Forscht man nach dem Begriffe, der mit dem Ausdrucke Patriciergeschlecht oder Geschlecht in den Städten verbunden war, so läßt sich die Frage dahin beantworten, daß zu den Geschlechtern diejenigen gehörten, deren Vorfahren im Rathe gesessen hatten. So erklärte noch im J. 1611 der Rath zu Stralsund den Ausdruck, als das Repräsentanten=Collegium von dem Rath eine Erklärung des gebrauchten Ausdrucks forderte 3 ). Nach lübischem Rechte, nach des Herzogs


1) Vgl. Gerdes Sammlung S. 1375 flgd.
2) Vgl. (Nettelbladt) Abhandlung vom Ursprunge der Stadt Rostock Gerechtsame, S. 137 und XXXVII und LXI (Beispiele aus dem 13. Jahrhundert).
3) Vgl. Brandenburg Geschichte des Magistrates der Stadt Stralsund, S. 8. - (  ...  )
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Heinrich des Löwen Ordnung über die Rathswahl, ungefähr vom J. 1163, konnte nur ein Mann in den Rath gewählt werden, der "ächt, von freier Geburt, von gutem Rufe und in der Stadt angesessen war, kein Amt von Herren trug und seine Nahrung nicht durch Handwerk gewonnen hatte" 1 ).

Als Folge ihrer Stellung und Bedeutung in Rostock erscheint es, daß die Rathmänner von Rostock (und eben so von Wismar) im Rathe der Fürsten und im fürstlichen Hofgerichte saßen, wie früher die Rathmänner beider Städte die vornehmsten Stände des Landes genannt wurden und auf den Landtagen selbst vor den Erblandmarschällen rangirten; noch heute hat der Burgemeister von Rostock Sitz im Landtags=Directorium.

Die patriarchalische Regierung der Stadt dauerte ungestört jedoch nur das erste Jahrhundert ihres Bestehens. So wie aber die Bevölkerung der Stadt und ihre Wohlhabenheit wuchs und so wie die politischen Berührungen und Ereignisse, in denen die Stadt eine Rolle spielte, häufiger wurden, fing die Masse der Bürger an, mit dieser patriarchalischen Regierung der vom Schicksale Begünstigten unzufrieden zu werden. Schon damals hatte sich die Classe der rathsfähigen Geschlechter als eine bevorzügte herausgebildet und die Kaufleute im gewöhnlichen Sinne, wenn sie auch Großhandel trieben, aber nicht zu den Geschlechtern gehörten, standen mit den Gewerken dem "Rath" gegenüber. Am Ende des 13. und Anfange des 14. Jahrhunderts hatte sich nämlich den sich ausbildenden Geschlechtern gegenüber die gewerbtreibende Masse in den Zünften zu einer großen Macht gestaltet, und eben diese Zünfte, deren erste Statuten meistentheils in diese Zeit fallen, waren es, welche das ganze 14. Jahrhundert hindurch bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts in allen großen Handelsstädten, und so auch in Rostock, den Geist der Demokratie mit dem wildesten Uebermuthe ausbildeten. Es ist daher fortan jedesmal genau zu untersuchen, wer in den Städten handelnd auftritt, die Rathscollegien oder die Bürgergemeinden.

Der erste Sturm brach in Rostock im J. 1312 los. Schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatten sich die größern Städte, wahrscheinlich durch die Masse der Bürgerschaft veranlaßt, häufig den Fürsten widersetzt, ihre Schlösser gebrochen, oder diese durch die Aufführung der Stadtmauern von den Städten abgesperrt, oder auch den Fürsten das Versprechen abgenöthigt, inner=


(  ...  ) Wenn der Verfasser hier ebenfalls behauptet, daß es in Stralsund keine Geschlechter gegeben habe, so möchte sich bei genauerer Forschung die Sache jetzt vielleicht anders stellen.
1) Vgl. Lübeckisches Urkunden=Buch I, S. 6.
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halb der Städte und einer gewissen Entfernung von denselben keine Burgen anzulegen. Rostock erreichte es im J. 1266, daß der beim bramower Thore aufgeschüttete Wall zur Erbauung einer fürstlichen Burg wieder abgetragen ward, und im J. 1278, daß die Fürsten die Hundsburg an die Stadt verkauften und versprachen, innerhalb einer Meile von den Ufern der Warnow keine Burg anzulegen. Wismar hatte im J. 1276 bei ber Aufführung ihrer Stadtmauer die fürstliche Burg von der Stadt abgeschnitten und nöthigte im J. 1300 die Fürsten zur Abbrechung derselben. Selbst kleinere Städte ahmten dieses Beispiel nach. Daher mochte es wohl eine Folge des wachsenden Uebermuthes der Stadtgemeinden sein, daß sich die Rathscollegien der wendischen Hansestädte mit den Fürsten verbanden und mit diesen im J. 1283 zu Rostock den ersten, berühmten Landfrieden schlossen, weniger wohl zum Schutze gegen auswärtige Feinde, als vielmehr zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung innerhalb der eigenen Grenzen und auf dem Felde des großen Verkehrs. Im Jahre 1310 verschloß die Stadt Wismar ihrem Landesherrn Heinrich dem Löwen die Thore, als er in ihren Mauern die Vermählung seiner Tochter feiern wollte; die Rostocker waren auch gleich zur Hand, zogen den Wismaranern zur Hülfe und brachen den Fürstenhof in Wismar. Auch Rostock verschloß den Fürsten die Thore. In Rostock stand es allerdings schlimm. Der letzte Sproß des rostocker Fürstenhauses, Nicolaus das Kind, hatte die Stadt in vielfache Verlegenheiten gebracht und dem Könige von Dänemark sein Land überlassen; als die Fürsten den wachsenden Ungestüm der Städte sahen, wählte der Dänenkönig das Besänftigungsmittel, einen heimischen Fürsten, Heinrich den Löwen von Meklenburg, zum Statthalter von Rostock zu ernennen. Aber die bewaffnete Stadtgemeinde, durch Wismar's Beispiel gereizt, zwang den Rath, alle Verträge zu vernichten und dem Kinde von Rostock wieder zu huldigen. Es entstand ein heftiger Krieg der rostocker Bürgerschaft gegen die Fürsten, so merkwürdig, wie kaum ein anderer in der Geschichte Deutschlands. Der "Rath" mit den Geschlechtern ("de oppersten van den borgern") 1 ) war zwar zum Frieden geneigt; aber die Bürgerschaft ("de mênheit") wollte nichts von Güte hören. Die Wuth gegen die fremden Fürsten artete endlich in Bürgerkrieg aus. An die Spitze des Volkes stellte sich ein heftiger, harter, consequenter Mann, Heinrich Runge, ein wohlhabender Kaufmann, mit dem Vorsatze, die Macht der Rathsgeschlechter zu brechen und für die Gemeinde Antheil am Stadtregimente zu erringen. Er trieb den Rath auseinander, ließ meh=


1) Vgl. hier und weiter Schröter's Rostockische Chronik, S. 19. flgd.
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rere Mitglieder desselben, unter diesen seinen eigenen Bruder, hinrichten, andere gefangen setzen; einige entflohen. Das alleinige Ziel war, den Einfluß der räthlichen Geschlechter zu vernichten; die alte Chronik 1 ) sagt ganz klar: "dar weren etlike vorderuere mank den borgeren, de do radtmenne begerden to werdende," und: "tho handes hoff sick do mennigerlei arch in der stadt in der vordruckinge der beslechteden vnd der riken lude 2 )". Dies ist das einzige Beispiel, daß in alter Zeit die Vornehmern der Stadt Geschlechter genannt werden 3 ). Die Demagogen beredeten den Fürsten Nicolaus, daß er durch die Aeltesten der Stadtgemeinde unter Zustimmung der Aelterleute von den "Gewerken" oder den Zünften einen neuen Rath wählen ließ, in welchen freilich - Runge nicht kam. Dies ist der Ursprung des Einflusses der Vier Gewerke, welche noch heute die Stadtgemeinde repräsentiren. Das Ziel aller Bestrebungen war fortan, die Geschlechter vom Rathe ferne zu halten, dagegen den Rath von der Stadtgemeinde wählen zu lassen. Doch der neue Rath machte es auch keinem recht. Endlich stimmten die Kaufleute ("de kôpman") die Gemeinde milder und vermittelten den Frieden. Auch dies ist das erste mal, daß die Kaufleute als eine Gesammtheit den Rathsgeschlechtern gegenüber genannt werden. Es war zwar Friede mit den Fürsten geschlossen; aber kaum hatte Heinrich der Löwe seine Wallfahrt nach Rocca Madonna angetreten, als der verbannte Runge wieder in der Stadt erschien, dem neuen Rathe einen Bürgerbrief, eine Art Constitution, für die Bürgerschaft, abtrotzte, in welchem unter andern bestimmt ward, daß die Aelterleute die Rathsmitglieder zur Wahl vorschlagen sollten. Der Fürst Heinrich von Meklenburg bemeisterte sich jedoch wieder der Stadt, die Rädelsführer entflohen zum Theil und wurden geächtet, die ergriffenen hingerichtet, und die noch übrig gebliebenen Mitglieder des alten Raths wurden in ihre Würden und Güter wieder eingesetzt; der Bürgerbrief ward verbrannt und das alte Stiftungsprivilegium der Stadt erneuert, nach welchem die Stadt nicht nur lübisches Recht, sondern auch


1) Der Name Runge ist in den Volksaufständen in den wendischen Hansestädten ein übel berufener Name. In dem rostocker Aufruhr von 1312 war Heinrich Runge Rädelsführer. Ein Hermann Runge war Wortführer in dem Volksaufstande zu Lübeck 1406 flgd. Und ein Runge war im J. 1487 wieder Anstifter des blutigen Aufruhrs wegen der Domstiftung zu Rostock. Es werden also alle Hauptrevolutionen in den nordischen Städten durch den Namen Runge bezeichnet.
2) Vgl. Schröter's Rost. Chronik. S. 27 und 29.
3) Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts scheint der Ausdruck "Geschlechter" öfter gebraucht zu sein. So wird z. B. in den Streitschriften wegen Einziehung der Güter der ausgestorbenen Bürgerfamilien seit dem J. 1485: "ein schlechte de Wilden" genannt.
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lübische Verfassung 1 ) eingeführt hatte, d. h. der Rath sollte sich fernerhin, wie früher, nach Herkommen und Recht durch eigene Wahl ergänzen. Die geretteten und wieder eingesetzten 2 )


1) Der Fürst Heinrich hielt in Rostock Gericht und stellte die alten Ratsherren, um dem Rechte zu genügen, in Anklagestand: er forderte öffentlich auf, gegen sie vorzubrigen, "all dat men mit lubesch recht vp se konde bringen". Da niemand sprach, so wurden sie für unschuldig erklärt. Vgl. Schröter's Rost. Chronik S. 41.
2) Vgl Schröter a. a. O. S. XX. flgd. und Urkunde Nr. XVIII. und XlX. Die von Schröter Spec. Dipl. Rostoch. Nr. XIX. mitgetheilte Urkunde vom 19. Jan. 1314 ist in den Namen nicht richtig gelesen und nach den Siegeln nicht beschrieben. Der Anfang lautet im Originale:

In nomine domini amen. Nos Odbertus de Selowe, Hinricus de Godlandia, Gherwinus Wilde, Wasmodus Cinneke, Bernardus Kopman, Arnoldus Kopman, Arnoldus Quast, Tyge, Hermannus Wokerente, Gherardus Reynoldi, Hermannus de Argillari Domo, Johannes de Vemeren, Herbordus Bacillarius, Holczte de Theterowe, Claws de Kyryz, Thydericus Friso, Nycolaus Clinkeman, Johannes Pape antique ciuitatis, Johannes Pape noue ciuitatis, Engelbertus de Pomerio, Henninghus de Dame, consules in Rozstoch etc.

Schröter liest:

Sinneke, statt Cinneke,
Bolezte,statt Holczte,
Elmkeman, statt Clinkeman,
Dorne, statt Dame.

In die Urkunde sind 9 Löcher zum Einhängen von Siegelbändern eingeschnitten. Von den ersten 8 Siegeln sind nur die letzten 4 erhalten: das Siegel des Tyge=d. i. Mathias von Volkenshagen, des Dietrich Vrese, des Engelbert von Baumgarten, und das 4te ist unkenntlich. An dem 9ten Pergamentstreifen hangen 2 Siegel unter einander. Cinneke ist vielleicht aus der Familie Cene. Hermannus de Argillari Domo ist lateinische Uebersetzung von Hermann von Lêmhûs, welcher noch 1337 vorkommt; ein Johannes de Lêmhûs wird 1286 genannt (vgl. Rost. Wöchentliche Nachr. 1752, Stück 36) und ein Hennekinus Lêmhûs 1355 (vgl. Nettelbladt Hist. dipl. Abhandl. p. CVIII und LXVIII). - Bacillarius ist vielleicht Uebersetzung von Stange. - Clinkeman kommt sonst noch vor; bei Nettelbladt a. a. O. S. CV ist auch etynkeman statt clynkeman geschrieben. De Pomerio ist lateinische Uebersetzung von Baumgarten. - Dame ist ein bekanntes Geschlecht, welches oft genannt wird.
Es steht noch der Name Holezte de Theterowe zur Frage. An dem letzten Pergamentstreifen hangen zwei Siegel:
1) mit einem längsgetheilten Schilde, rechts mit einer dreigipfligen Zinne, links mit drei Sternen unter einander, und der Umschrift:
Umschrift
 2) mit einem Schilde, in welchem das holsteinsche Nesselblatt steht mit der Umschrift:
Umschrift
 Das erste dieser beiden Siegel gehört wahrscheinlich dem Hermannus de Argillari Domo oder von Lêmhûs; das zweite gehört wohl dem Holczte (d. i. Holstein) von Teterow, und dies ist wahrscheinlich der Ratsherr Marquardus Holsatus, d. i. Holstein, welcher 1307 - 1312 vorkommt (vergl. Nettelbladt a. a. O. p. XX, CV, CVI). Denn diese Siegel später erwählten Rathsherren, welche alle diese Urkunde besiegeln sollten, zuzuschreiben, ist nicht gerathen, da dies offensichtlich nicht geschehen ist.
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Mitglieder des alten Raths waren: Otbert von Selow, Gerwin Wilde, Bernhard Kopman, Arnold Kopman, Arnold Quast, Mathias von Volkenshagen, Wasmod, Heinrich Schlichtop.

So ging die erste Revolution ohne alle Folgen für die Stadtverfassung vorüber und das Regiment ward nach wie vor geführt, nach dem Geiste der Verfassung Lübecks. Die Geschlechter besetzten aus sich den Rath und regierten die Stadt nach altem Herkommen. Rostock fiel bald an das meklenburgische Fürstenhaus. Eine große Stütze gewannen die norddeutschen Städte an dem Fürsten Albrecht dem Großen von Meklenburg, welcher an 50 Jahre regierte (1329 - 1379). Dieser hielt sich innig zu den Städten in ihrer bestehenden Verfassung, d. h. zunächst zu den Rathsgeschlechtern, und beförderte auf alle mögliche Weise die Landfrieden, so daß sein gerechter und versöhnlicher Einfluß und seine bedeutende Persönlichkeit und Kraft auch wirklich die Ordnung in der Bürgerschaft aufrecht erhielten, er aber auch reichen Dank von den Städten empfing.

So viel geht aus diesen merkwürdigen Ereignissen klar und ohne Zweifel hervor, daß sich, wie in Lübeck, schon im 13. Jahrhundert in Rostock einflußreiche, vornehme Geschlechter (rike, beslechtede lude) gebildet hatten, welche allein den Rath besetzten, und daß sich schon im Anfange des 14. Jahrhunderts von diesen selbst die nicht aus den Geschlechtern stammenden Kaufleute als eine eigene Corporation abgetrennt hatten, wenn die Geschlechter auch Großhandel treiben mochten.

Es waren in der alten Weise wieder hundert Jahre vergangen, als sich ein neuer Sturm erhob, welcher jedoch nachhaltigere Wirkungen hatte, als der erste. Die nordischen Händel im Gefolge der durch den Einfluß der Städte verwirklichten Wahl des meklenburgischen Herzogs Albrecht zum Könige von Schweden, die Gewaltthätigkeit der Vitalienbrüder, welche aus den wendischen Hansestädten hervorgingen und deren Verkehr immer störten, die Schwäche mancher Regenten am Ende des 14. Jahrhunderts, häufige Fehden, die Unsicherheit der Landstraßen, eine gewisse Verknöcherung der Formen bei Erschlaffung des innern Lebens, welches das 14. Jahrhundert hindurch fast überspannt gewesen war, das Umsichgreifen der Gilden und mehrere andere Ursachen hatten im Anfange des 15. Jahrhunderts das Leben in den Seestädten etwas roh und wild gemacht, so daß ein Funke sehr leicht zünden konnte. Die Anregung ging diesmal von Lübeck aus. Schon 1376 hatten sich hier die Handwerker gegen den Rath erhoben; nach und nach rührten sich alle Stände und Innungen, schlossen ihre Verbrüderungen enger und verlangten größere Rechte.

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Einzelne Regungen wurden zwar augenblicklich unterdrückt, es ward aber dadurch dem Weitergreifen des Uebels nicht gewehrt. Endlich stand die Bürgerschaft auf und forderte, da sie sich beschwert glaubte, Rechenschaft vom Rathe; da verließ im J. 1408 der Rath die Stadt und eine wilde Zunftherrschaft trat an die Stelle. Die Sache war in Lübeck vorzüglich durch einen im J. 1405 gewählten Bürgerausschuß der Sechsziger betrieben. Das endliche Ziel war auch hier wieder die Theilnahme an der Rathswahl. Von lübecker Demagogen geleitet erhoben sich im J. 1409 auch die Stadtgemeinden von Wismar und Rostock, setzten den alten Rath ab und ordneten ebenfalls Sechsziger an, welche ein unbeschränktes Regiment führten. Das Feldgeschrei der Zünfte das ganze 15. Jahrhundert hindurch war in den Hansestädten immer das Verlangen nach Sechszigern. - Ob es Weisheit oder Schwäche war, die Landesherren mischten sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Städte. Erst als im J. 1416 durch kaiserliche und dänische Vermittelung zu Lübeck die alten Rathsherren "mit großer Herrlichkeit" durch einen kaiserlichen Gesandten wieder in die Stadt eingeführt und in die Rathsstühle wieder eingesetzt waren, gelang es in demselben Jahre den meklenburgischen Landesherren, durch Vermittelung der übrigen Hansestädte in Wismar und Rostock die alten Rathsherren wieder einzuführen und die alte Ordnung wiederherzustellen. Doch dies war nur ein scheinbarer Friede; denn es gährte fortwährend in den Stadtgemeinden. Im J. 1427 verloren die wendischen Hansestädte eine große Kriegsflotte gegen den König Erich von Dänemark; die Stadtgemeinden waren hierüber sehr bestürzt und unwillig und der König benutzte diese Verstimmung, indem er in den Städten Briefe vertheilen ließ, in welchen er alle Schuld auf die Rathmänner der Städte schob und sich gegen die Stadtgemeinden freundlich stellte. Dies wirkte: die Geschlechter sollten nicht allein heimlich zu ihrem eigenen Vortheil regiert, sie sollten auch die Städte in großes Unglück gestürzt haben. Die Massen erhoben sich; Hamburg gab diesmal das Beispiel. In Hamburg, Wismar und Rostock ward im J. 1427 der alte Rath abgesetzt und verjagt und es wurden wieder Sechsziger zur Bevormundung des neuen Rathes eingesetzt. Ja es kam zum Blutvergießen: es fielen in Hamburg der Rathmann Johann Kletzen, in Wismar der Burgemeister Johann Bantschow und der Rathmann Heinrich von Haren durch das Henkerbeil. In Rostock kam es nicht zu so gewaltsamen Schritten, aber der alte Rath mußte weichen; die vier Burgemeister: Heinrich Katzow, Heinrich Buek, Friederich (oder Vicke) von der

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Zene und Johann Otbrecht entflohen 1 ). Wismar, mit schwerer Blutschuld beladen, von der es sich nie wieder erholt hat, ward durch kaiserlichen Auftrag von der Stadt Lübeck im J. 1430 wieder zur Ruhe gebracht; der alte Rath ward wieder eingesetzt und die Sechsziger wurden für immer aufgelöset. Rostock widerstand länger. Zunächst schloß es, zur Stärkung seiner Kraft, im J. 1430 abgesondert Frieden mit Dänemark und sagte sich dadurch factisch von der Hanse los 2 ), was also nicht durch die Rathsgeschlechter, sondern durch die Bürgerschaft geschah. In Meklenburg regierte damals die Herzogin Katharine lange Zeit als Vormünderin ihrer minderjährigen Söhne, unter Beistand des Ritters Mathias von Axekow. Diese Regierung mochte wohl nicht die erforderliche Kraft besitzen. Rostock ließ sich lange durch keine Drohungen, weder durch die Landesherren, noch durch Kaiser und Reich, beugen. Doch was das deutsche Reich nicht vermochte, bewirkten die geistlichen Waffen des Bannes und Interdicts. Als in Folge derselben die Erwerbsquellen versiegten, zeigten sich die Gewalthaber willig, da sie eine Reaction der Bürgerschaft zu fürchten haben mochten. Durch vielseitige Vermittelung ward im J. 1439 Frieden gestiftet: der alte Rath ward wieder zurückgerufen und in seine Aemter und Güter wieder eingesetzt, aber unter der Bedingung, daß die in der Revolution erwählten Rathmänner blieben, ohne jedoch aus ihrem Stande Nachfolger zu erhalten; die alten Privilegien der Stadt wurden bestätigt, eben so der im J. 1428 der Stadtgemeinde gegebene Bürgerbrief, nach welchem zur Beschränkung des Rathes die Bürgerrepräsentation der Sechsziger, dreißig aus den Kaufleuten und dreißig aus den Gewerken, fortan in Bestand bleiben sollte. So blieb allerdings die Stellung der Geschlechter ziemlich unverändert, die Bürgerschaft erreichte aber doch auch ihren Zweck durch eine dauernde Repräsentation, welche sich selbst ergänzte. Die Vergleichsverhandlungen zur Schlichtung der einzelnen Streitigkeit dauerten jedoch bis in das Jahr 1442, in welchem Jahre auch erst die Reichsacht aufgehoben ward. Ja, die vertrieben gewesenen Geschlechter verglichen sich mit dem Rath und der Bürgerschaft erst am 12. Aug. 1454 3 ), indem die Stadt für die Ge=


1) Vgl. Grautoffs Lüb. Chron. II, S. 47.
2) Vgl. das. S. 58.
3) Vgl. unten die Urkunde unter den Vermischten Urkunden. Die Urkunde befindet sich wohl erhalten im Archive der Stadt Rostock. Nettelbladt in seinem "Verzeichniß allerhand z. Gesch. der Stadt Rostock gehöriger Schriften" etc. ., 1760,II, S. 49, führt diese Urkunde auf unter der Registratur: "Aussöhnungsbrief einiger aus der Stadt gewichener Geschlechter mit dem Rathe". Das Wort "Geschlechter" aber findet sich in der Urkunde eben so wenig, als ich es in einer andern Urkunde habe finden können. Nettelbladt hat die Urkunde in den Ro= (  ...  )
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schlechter mehrere Schulden derselben übernahm, diese dagegen allen Ansprüchen an die Stadt entsagten. Die noch übrig gebliebenen Mitglieder der im J. 1427 verjagten Geschlechter, unter denen die vier Burgemeister waren, welche diesen Vertrag schlossen, waren: Heinrich und Gottschalk Buek, Vicke von Zene, Johan Othbrecht, Johann und Lambert Cröpelin, Engelke Katzow und die Brüder Kiritz, Heinrich und Lambrecht Katzow, Heinrich Baggel und der Professor der Medicin Doctor Heinrich Schönberg.

Noch einmal kehrte sich die Volkswuth gegen den Rath, d. h. gegen die Geschlechter, als in Folge des blutigen Aufruhrs wegen der Gründung eines Collegiat=Domstifts zu Rostock im J. 1487 die Burgemeister, Rathmänner und mehrere angesehene Bürger die Stadt meiden mußten (vgl. Rudloff M. G. II, S. 858 flgd.). Zwar versuchte man in den Vergleichsunterhandlungen die Aufhebung der Sechsziger und die Herstellung der frühern Verfassung, jedoch vergebens. Durch den endlichen Vergleich ward die bisherige Verfassung bestätigt.

Diese Verfassung mit den Sechzigern, durch welche die Geschlechter allerdings viel an Einfluß verloren, bestand wieder über hundert Jahre. Während der Zeit aber erlitt die Verfassung Rostocks eine wesentliche Veränderung durch das allmählige Aussterben der alten Geschlechter; gegen das Ende des 15ten Jahrhunderts starben die mächtigsten von ihnen aus, die Wilden und Cröpeline. Die Reihen der Geschlechter waren so gelichtet, daß sie unmerklich verschwinden. Dazu kam, bei gänzlich veränderter Führung der Geschäfte seit der Reformation und bei dem Einflusse der im Jahre 1418 zu Rostock gestifteten Universität, das Vorwalten des Gelehrtenstandes.

Im Jahre 1555 ward bei den Verhandlungen über die von den Landesherren geforderte Contribution die Anerkennung der Sechsziger verweigert. Nach vielen Verhandlungen erhielt die Stadt durch den Erbvertrag von 1583 eine Repräsentation von hundert Männern nach den vier Kirchspielen oder vier Quartieren mit einem Ausschusse von Sechszehnern. Hiemit war die alte Verfassung Rostocks gänzlich verwischt und zum Theil eine Repräsentativverfassung eingeführt. Die letzten Reste der Geschlechter waren fortan ohne allen Einfluß.


(  ...  ) stocker Nachrichten 1756, S. 62, auch abdrucken lassen; sie ist aber wegen ihrer Wichtigkeit und wegen der anhangenden Siegel hier noch ein Mal mitgetheilt. Die bei Nettelbladt Verz. a. a. O. unter dem J. 1464 aufgeführte Urkunde gleichen Inhalts findet sich nicht im Stadt=Archive; wahrscheinlich ist die Aufführung ein Versehen und die vorstehend besprochene Urkunde von 1454 gemeint, oder auch die in den Rost. Nachr. 1756, S. 106, mitgetheilte Urkunde, welche jedoch nicht von rostockischen, sondern von preußischen Geschlechtern (inwanere des landes to Prutzen über Erstattung von Kriegs=Schäden und Kosten ausgestellt ist.
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In Folge der im Jahre 1763 eingesetzten fürstlichen Commission ward zwar die im Jahre 1583 eingesetzte Repräsentation der Hundertmänner beibehalten, aber im Jahre 1770 in zwei Quartiere getheilt: in 50 Kaufleute und Brauer und in 50 Deputirte der Gewerke. Diese Verfassung, gewissermaßen mit einem Oberhause und einem Unterhause, dem Rathe gegenüber, besteht noch heute.

Dieser kurze Abriß der höchst merkwürdigen Verfassungsgeschichte von Rostock, welche wohl eine ausführliche und gründliche Darstellung aus den Quellen des rostocker Archivs verdiente, zeigt klar und ohne Zweifel das Bestehen von Geschlechtern oder Patriciern in Rostock während des ganzen Mittelalters bis in das sechszehnte Jahrhundert, wo Aussterben, veränderte Handelsrichtung, andere Geschaftsführung, Verlust des Vermögens und andere Ursachen die letzten, wenigen Sprößlinge ganz in den Hintergrund drängen.

Merkwürdig ist es aber, daß die Geschlechter in ihrem Verbande als eine geschlossene Gemeinde nicht genannt werden; freilich mag das reiche rostocker Archiv auch hierüber reichen Stoff enthalten, dessen Bearbeitung von hoher Wichtigkeit wäre, aber es ist bis jetzt nichts bekannt geworden. Das Einzige, was sich hat auffinden lassen, sind folgende zwei Aufzeichnungen in der Matrikel der rostocker Landfahrer=Kramer=Compagnie:

Fol. 118 b

"Anno 1624 im pinstenn Marcke zu rostock is dey Compeney gehaltenn wordenn vndt der foegel nichgt geschoessenn wordenn aus denn vhrsachenn weil dey Junckernn nichgt geschossenn haben, also haben wir nichgt koennenn die foegel Stanggen mechgttichgt werdenn vonn denn herren Boergermeisternn.

Fol. 120 b

"Anno 1625 pingesten Marken is die Companey gehalten worden vnd der foegell geschoßenn mitt großer Vncosting der Companey, alße die Stadt Junckern nicht geschoßen ihn 2 Jharen, hatt alßo die Company auff Ihren Vncosting alles außrichten müßen."

Diese beiden Aufzeichnungen, welche von zwei verschiedenen Rechnungsführern geschrieben sind, beweisen klar, daß noch Sprößlinge der alten Geschlechter lebten und zusammenhielten, daß sie eine Art Gilde hatten, in welcher sie nach dem Vogel schossen, und daß sie Junker oder Stadtjunker genannt wurden. Der letztere Ausdruck läßt den Gedanken nicht aufkommen, daß diese Junker adelige Geschlechter gewesen seien, was ich selbst früher geglaubt habe. Auch theilt der kundige Herr Burgemeister Dr. Karsten zu Rostock mit, daß ihm in den alten Rechnungsbüchern

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der Stadt oft der Ausdruck Stadtjunker begegnet sei. In Hochzeits= und Leichen=Programmen aus dieser Zeit werden mitunter "Patricier" genannt.

Nach dem dreißigjährigen Kriege aber verschwindet jede Spur von patricischen Geschlechtern in Rostock.

So einleuchtend dies Alles auch sein mag, so ist es doch nicht strenge beweisend. Das Vorherrschen gewisser Personen könnte sich durch geistige Kraft oder Reichthum entwickelt und auf ihre Erben fortgepflanzt haben; dies wäre aber kein anderes Patriciat, als das, was sich überall und unter allen Umständen geltend macht. Das Bestehen eines politisch anerkannten Patriciats in Rostock mußte also bisher geleugnet werden, da keine Urkunde, keine Nachricht direct dafür redet. Ich selbst habe es mit vielen andern Quellenforschern bisher inAbrede nehmen müssen, da es nicht bewiesen werden konnte. Jetzt glaube ich aber einen vollgültigen Beweis für das Dasein eines Patriciats in Rostock gefunden zu haben und die Führung desselben ist eigentlich der Gegenstand dieser Zeilen. Daß dieser Beweis nicht früher geführt ist, liegt darin, daß sich eher nicht Gelegenheit bot, ihn führen zu können, um so mehr, da er erst auf negativem Wege gefunden werden mußte, ehe er sich positiv gestalten konnte.

Der Beweis eines Patriciats in Rostock liegt nämlich darin, daß

alle Geschlechter, welche im Mittelalter in Rostock im Rathe saßen, Schild und Helm führten, also siegelfähig waren,

daß dagegen

kein anderer Bürger Schild und Helm führt.

Diese Beobachtung läßt sich nur machen, wenn man ein ganzes Archiv sorgfältig in den Original=Urkunden studirt. Ich habe im Februar des Jahres 1845 ein mittelalterliches rostocker Archiv, das Archiv der Kirchen=Oekonomie, von ungefähr 700 Urkunden, die Kirchen=Urkunden Rostocks, an denen wenigstens 2000 Siegel hingen, unter Händen gehabt und dabei das rostocker Stadt=Archiv und das großherzogliche Geheime und Haupt=Archiv benutzt und mich überzeugt, daß kein einziger gewöhnlicher Bürger, selbst kein Kaufmann, Schild und Helm führt, oder:

jeder Patricier führt Schild und Helm im Siegel 1 ),


1) So sagt Reimar Kock in seiner Cronik (in Grautoff Lüb. Chron. II., S. 676) von dem Begräbnisse des in der Revolution von 1427 hingerichteten Rathsherrn Heinrich von Haren:

"sine hußfruwe - - besturede ehrlicke lude, de en drogen tho den swarten

(  ...  )
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wogegen

jeder Bürger, Kaufmann oder Handwerker, nur ein Hauszeichen im Siegel führt.

Die "Siegelfähigkeit" der Geschlechter ist also wohl der einzige und sichere Beweis für das Patriciat 1 ). Diese Beobachtung ließ sich weder von mir, noch von andern früher machen, als bis sich eine so günstige Gelegenheit geboten hatte, durch welche sich das Unerwartete und nicht Gesuchte von selbst dem Auge aufdrängte.

Man hat wohl behaupten wollen, die Patriciergeschlechter in den Städten seien rittermäßiger Herkunft, und hat dies dadurch zu beweisen gesucht, daß sich Patricier= und Rittergeschlechter gleiches Namens finden. Diese Annahme ist aber durchaus unbegründet und läßt sich durch nichts beweisen. Die Gleichheit des Namens ist im Mittelalter durchaus kein Beweis für die Namensverwandtschaft zweier Geschlechter, sondern nur das Siegel; im Gegentheile sind Familien stammesverwandt, welche gleiche Siegel, aber verschiedene Namen führen 2 ). Die Siegel sind zur Erkenntniß der Herkunft und des Standes im Mittelalter bei weitem das wichtigste Hülfsmittel.

Nehmen wir nun diesen Grundsatz der Siegelfähigkeit für die patricischen Geschlechter an, was nicht abzuweisen ist, so finden wir ferner, daß alle Personen, welche die Rathswürde bekleiden, Schild und Helm im Siegel führen.

Dazu kommt drittens die Wahrnehmung, daß nur diese Familien, welche nach ihrer Siegelfähigkeit und Rathsfähigkeit den Geschlechtern angehörten, Landgüter besaßen, d. h. lehnsfähig waren, wenn sie auch gewöhnlich die Ritterdienste von den Lehngütern nehmen ließen. In Meklenburg sind aber bis zum 17. Jahrhundert alle Landgüter als Lehne betrachtet, und die Landesherren haben beim Aussterben von Familien immer die Lehnsqualität der Landgüter, also den Heimfall, in Anspruch genommen und auch durchgesetzt. Mit dem Anfange des 16. Jahrhunderts mag sich nach und nach alles anders gestaltet haben, aber bis dahin wird dieses Regel gewesen sein.

Siegelfähigkeit (und Turnierfähigkeit), Rathsfähigkeit und Lehnsfähigkeit (jedoch in der Regel ohne Leistung von Ritterdiensten) waren also die Vorrechte der patricischen Geschlechter Rostocks.



(  ...  )
Monnicken in dat Chor, dar he sülvest vormahlß sin Graff hedde besturet, unnd einen herlicken Stein mit Schilde und Helme unde Listen van Mißinge schön gezieret hadde leggen latenn."
1) Vgl. Eichhorns deutsche Staats= und Rechtsgeschichte, II., 1821, §. 341.
2) Vgl. Lisch Gesch. des Geschlechts Hahn, Bd. I.
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Die bekanntesten der rostocker Patriciergeschlechte das Mittelalter hindurch waren nach den Urkunden und nach Lindebergs Chronik folgende:

Aa, Kruse,
Baggel, von Lage,
v. Baumgarten (de Pomerio), von Langestrat,
Blesen, Lisen,
Broker, Make,
Bûk, von der Mölen,
von Dame, Mönch (Monachus),
Eselfot, Nachtraven,
Frese, Pape,
Grentze, Quast,
von Gothland, Rode (Rufus)
von Hervorden, von Selow,
Holloger, Tölner (Thelonearius),
Horn, Voot,
Katzow, von Weser,
Kirchhof, Wilde,
von Kiritz, Witte (Albus),
Kopman, Wise (Sapiens),
von Kosfeld, Wokrent,
Kron, Wulf, u. a.
Kröpelin,  

Lindeberg theilt über die Namen der ausgestorbenen Familien von Bedeutung folgende alte Denkverse mit:

De witten, wilde, Wülff hebben Hollogen,
Und Schwemmen tho Grentz aver de Aa,
Dat erföhren de van Baggele, Buke,
Und Blesen int Horn, dat men idt hörde
Tho Kröpelin up dem Kerckhaue,
Do quam Katzow tho Maken.

Die berühmtesten Geschlechter waren zu Lindebergs Zeiten am Ende des 16. Jahrhunderts alle ausgestorben; es lebte nur noch das letzte kinderlose Glied der Geschlechter Frese, Bröker und Kron, und von dem Geschlechte von Hervorden lebten zwei Brüder, Lambert und Lorenz, als Rathsherren. Lindeberg sagt: Quemadmodum Athenis, - - Romae, - - ita et Rostochii prosapias quasdam ortas comperimus, quae nomina sua a longa annorum serie ad posteritatem transmiserunt et tandem, ut sunt fugitiva et transibilia humana omnia, patrum nostrorum memoria fatorum iniquitate prorsus interciderunt defeceruntque.

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Von andern, zwar alten, aber weniger berühmten und reichen Geschlechtern mögen nach dem 16. Jahrhundert noch einige nachgeblieben sein, welche noch ein Vierteljahrhundert später die Junkergesellschaft bildeten.

Dem Anscheine nach waren die Geschlechter über viele Hansestädte ausgebreitet. Es kommt auf die Siegel an, ob die Geschlechter gleiches Namens in den verschiedenen Hansestädten verwandt waren, und es mag sich wohl der Mühe verlohnen, weitere Forschungen an den Quellen anzustellen. Es wäre vielleicht möglich, daß mit lübischem Recht und lübischer Verfassung andere Städte auch lübische Geschlechter erhielten. In Lübeck kommen z. B. folgende Geschlechter 1 ) vor, welche in Rostock zu den bedeutendsten gehörten; Baumgarten (1286), Buk (1308), von Dame (1399), Frese (1277), Kosfeld (1230), Kröpelin (1408). Kruse (1177), Mönch (1233), Pape (1295), Rode (1230), Tölner (1188), Voot (1229), Witte (1188). In Wismar kommen ebenfalls viele von den rostocker Geschlechtern vor. Auch in Stralsund 2 ) gehören einige von ihnen zu den Rathsgeschlechtern, z. B. Eselvot (1287), Kosfeld (1286), Kruse (1316), Rode (1263), Voot (1316), Witte (1263).

Die Siegel der lübecker Patricier sind leider noch nicht durchforscht. Zu dem Urkundenbuche der Stadt Lübeck, I., sind auf Tab. I. die, aus dem Jahre 1290 stammenden vier ältesten Siegel lübeckischer Bürger abgebildet. Alle vier führen Hausmarken, zwei von ihnen neben den Hausmarken schon Wappenzeichen. Die Siegel gehören den Bürgern Reineke Mornewech, Johann von Hadersleven, Johann Wullenpunt und Johann Vorrat; alle vier gehören alten lübecker Rathsgeschlechtern an (vgl. Deecke Von der ältesten lübeckischen Rathslinie). Wenn nun Masch zum lübecker Urk. Buche I., S. 761, meint, "man dürfe die Hausmarken der Bürger sicherlich den Wappenbildern des Adels gleichstellen," und "der Bürger habe einfachere Zeichen gebraucht": so können wir ihm nach dem oben Vorgetragenen nicht ganz beistimmen. Ungefähr seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts gilt für das Mittelalter Folgendes als Regel: der gemeine Kaufmann und Bürger führte nur eine Hausmarke im Siegel, der Patricier oder rathsfähige Bürger Schild und Helm. Es wird nun wohl der Fall gewesen sein, daß die großen patricischen Handlungshäuser für den Waarenverkehr daneben auch eine bestimmte Hausmarke führten, wie in Rostock die Kopmann; aber die Hausmarken der Patricier ersetzten nicht die Familien=


1) Vgl. Deecke, Von der ältesten lübeckischen Rathslinie, 1842.
2) Vgl. Brandenburg, Geschichte des Magistrates der Stadt Stralsund, 1837.
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wappen. - Es kommt allein darauf an, wann und wie sich die Wappen der Patricier ausgebildet haben, d. h. ob die Geschlechter seit ihrer Entstehung das 13. Jahrhundert hindurch schon Schild und Helm gefürt haben oder ob sich bei den Patriciergeschlechtern das Wappenwesen erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, zugleich mit den Wappen der Rittergeschlechter, welche, mit Ausnahme seltener Fälle, auch zuerst in dieser Zeit vorkommen, nach und nach ausgebildet hat. Die ältesten lübecker Bürgersiegel scheinen für eine allmählige Ausbildung des Wappenwesens am Ende des 13. Jahrhunderts bei den Bürgergeschlechtern zu reden, vielleicht in Nachahmung des Wappenwesens der Rittergeschlechter. Vorzüglich ist erst eine historische Darstellung des Siegelwesens der lübecker Bürger zu erwarten.

Ob einige meklenburgische Ritterfamilien von lübecker Geschlechtern stammen, wie die Loo, Storm, vom See, u. a. ist augenblicklich nicht zu ermitteln.

Die meisten der reichern Geschlechter hatten Landgüter im Besitze. Außer den unten angeführten hatten z. B. die Buk Besitzungen in Sildemow, Stove, Alverstorf und Bistow, die Dame das Dorf Niex, die Gothland das Dorf Bartelstorf, die Kiritz das Dorf Pastow, die Lage das Dorf Bölkow, die von der Mölen das Dorf Dolgen, die Rode die Dörfer Goldenitz und Niendorf u. s. w.

Zum Beweise der im Voraufgehenden ausgesprochenen Ansichten und Wahrnehmungen folgen hier, und dies ist der fernere Zweck dieser Blätter, einige Andeutungen und Nachweisungen über einige rostocker Geschlechter und gleichnamige Rittergeschlechter, welche vorzüglich zur Frage stehen, begleitet von den nöthigen Siegelabbildungen.

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Siegel rostocker Patricier-Geschlechter
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Forschungen

über

einige rostocker Patricierfamilien.

Mit drei Tafeln Siegelabbildungen.


1. Baggel.

Siegel Taf. III. Nr. 5.


Zuerst wird der Rathsherr Bernhard Baggel geschichtlich als Befehlshaber der warnemünder Feste und Anführer der Rostocker in den schweren Zeiten von 1311 - 1312 (vgl. v. Lützow Mekl. Gesch. II., S. 99. und 105, und Schröter Rost. Chronik, S. 26, Not. 82.). Der Burgemeister Winold Baggel (im Jahre 1378 Rathsherr) stiftete im Jahre 1396 das Karthäuser=Mönchskloster Marienehe bei Rostock (vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II., S. 539.). Derselbe Winold Baggel hatte zu einem Zuge der Rostocker nach Schweden zur Befreiung des Königs Albrecht 500 Mark rost. Pfenn. hergegeben, wofür ihm der Rath der Stadt am 23. Februar 1392 eine jährliche Hebung von 40 Mark aus den Gärten auf der Wik und den Stadtwiesen verpfändete 1 ). P. Lindeberg Chron. Rost. V., cap. 4: sagt, es gehe die Sage, das Geschlecht sei ein ritterliches gewesen; jedoch erscheinen die Glieder desselben in Urkunden nur als Bürger. Am Ende des 16. Jahrhunderts war das Geschlecht ausgestorben. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts aber blühete das Geschlecht noch, namentlich kommt in den rostocker Urkunden öfter "Hinrik Bagghele borgher to Rostock" 1453 - 1468 vor; derselbe gehörte zu den im Jahre 1427 vertriebenen Rathsherren, welche am 12. August 1454 sich wieder verglichen (vgl.


1) Vgl. Sammlung: Vermischte Urkunden.
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Vermischte Urkunden). Derselbe führte das Taf. III., Nr. 5. abgebildete Wappen:

einen längs getheilten Schild, mit einem halben Hirschgeweih in der rechten und drei Rosen in der linken Hälfte.

Und so wird auch in einem Transsumirungs=Documente vom 27. Aug. 1394, nach der angeführten, unten mitgetheilten Urkunde, das an einer Cessionsacte vom 8. Juli 1393 hangende Siegel des Winold Baggel beschrieben, nach dem Anblick, nicht nach neuerer heraldischer Weise:

inter quasdam virgulationes apparuit clippeus, a dextris habens tres rosulas et a sinistris cornu cervi, generaliter dictum hercztwych (d. i. Hirsch=geweih).


2. Baumgarten.

Siegel Taf. II. Nr. 4. und 5.


Die Familie Baumgarten oder lateinisch de Pomerio, welche wahrscheinlich von dem Dorfe Baumgarten bei Bützow den Namen hat, gehört zu den ältesten Geschlechtern der Stadt Rostock. Schon am 1. Mai 1262 ward der Bürger Willekin von Baumgarten von dem Fürsten Nicolaus von Werle mit den Gütern beliehen, welche er von dem Ritter Heinrich von Vietzen gekauft hatte. Noch im Jahre 1298 war Wilhelmus de Pomerio Rathsherr zu Rostock. Im Jahre 1268 kaufte der rostocker Bürger Engelbert von Baumgarten anderthalb Hägerhufen in Mönchhagen von dem Ritter Reimer von Hamburg. Am 19. Jan. 1314 war Engelbert von Baumgarten unter den alten Rathsherren, welche den Landesherren wieder huldigten (vgl. Schröter Spec. Dipl. Rost. Nr. XIX.); sein an der Originalurkunde hangendes, Taf. II., Nr. 4. abgebildetes Siegel enthält noch ein redendes Wappen:

einen Baumgarten, oder einen Obstbaum hinter einem Gitter im Schilde.

Am 14. Juli 1365 saß der rostocker Burgemeister Johann von Baumgarten im herzoglichen Hofgerichte (vgl. unten Vermischte Urkunden) und führte in seinem Taf. II., Nr. 5. abgebildeten Wappen:

einen sechsstrahligen Stern im Schilde.

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Vermuthlich hatte also die Familie im Laufe der Zeit dieses Wappen später angenommen. Wahrscheinlich wird die Familie vor dem 16. Jahrhundert ausgestorben sein, da Lindeberg ihrer nicht mehr erwähnt.

Wie es scheint, hatten einige Glieder der Familie durch den Landbesitz schon früh ein reines Vasallengeschlecht gebildet, hielten sich jedoch immer etwas städtisch. Schon im Jahre 1283 war ein Ritter Bernhard von Baumgarten (de Pomerio) Zeuge im Kloster Dargun (vgl. Lisch Mekl. Urk. I., S. 177). Nach einer im schweriner Archive aufbewahrten Originalurkunde des Klosters Dargun vom 6. Jan. 1396 verpfändeten der Knappe Johann Baumgarten, Burgemeister zu Neu=Kalen, und der Knappe Nicolaus Baumgarten zu Salem ("Hannes Bomgharde knape vnde borghermester tho deme Nyenkalande vnde Clawes Bomgharde knape dede wonet tho Zalme") dem Kloster drei Mark Pacht aus ihrem Gute Salem (" an vnseme ghude tho Zalme"). Der Burgemeister Johann Baumgarten hat im runden Siegel einen Schild mit drei sechsstrahligen Sternen und der Umschrift:

Umschrift

der Knappe Nicolaus Baumgarten zu Salem hat im runden Siegel einen Schild mit Einem großen, achtstrahligen Sterne und der Umschrift:

Umschrift

also ganz das Siegel, welches nach Taf. II., Nr. 5. der rostocker Burgemeister Johann Baumgarten im Jahre 1365 führt, nur daß in dessen Schilde der Stern fünfstrahlig ist.

In einem durch Zufall im großherzoglichen Archive zu Schwerin erhaltenen Fragmente des Original=Stadtbuches der Stadt Neu=Kalen aus eben dieser Zeit kommen die genannten Personen und ihre Verhältnisse öfter vor. Im Jahre 1397 werden Marquard Witte und Hans Bomgarde ohne weitere Bezeichnung unter den Burgemeistern von Neu=Kalen genannt; im Jahre 1400 war Johannes Bomgarden Burgemeister und Marquardus Witte Rathmann. Johannes Baumgarten war im Jahre 1414 wahrscheinlich schon todt; denn es heißt in dem Stadtbuche:

Wy borghermestere vnde ratmanne tu dem Nyen Calande, de nu synt vnde tu kamen moghen, bekennen vnde betughen, dat Peter Swetzin vnde Claus Bomgarde nemen enen willekoreden dach vor vns alzo vmme den hof af yen

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zit Lalen haue myt der tubehoringhe de Swetzine hadde hat; des daghes nam Bomgarde war vor desseme vorscreuen rade, vnde Peter Swetzin quam ... vore alzo ze wyllekoret hadden; do lêt zik Claus Bomgarde leddich vnde lôs . . . .
Anno domini M °CCCC°XIIII°.
Wy borghermestere vnde raedlude wy bekennen, dat Reymer Troster heft vor vns gheweset vnde ghezettet Bomgarden kynderen I stucke ackers, dat dar lycht by dem Rossower brůke, de . . . vor V marc vincon.
Bertold Grunewolt ys schuldich Bomgarden kynderen X mark vincon., dar heft vor ghelovet Hinrik Grunewolt vnde Hermen Gremelow, de hebben werde louet myt ener sameden hant.
Clawes Blydenaghel ys schuldych Bomgarden kynderen V mark vincon., dar heft vor ghelouet Hermen Gremelow.
Wy borghermestere vnde ratmanne bekennen, dat Bomgarden kynderen is en stucke ackers ghe. . . . . vor X mark vincon. vnde licht by deme . . . . . . . . bruke: V mark ghaff vte Reymer Troster, . mark Clawes Blydenaghel.

In allen diesen Verhandlungen ist keine Spur von rittermäßigen Standesverhältnissen zu erkennen.

Diese Knappen Baumgarten werden sicher der rostocker Patricierfamilie angehören. Eine solche Verzweigung der Familie von Baumgarten ist einzig in ihrer Art. Abgesehen von diesem seltenen Falle begegnen wir aber schon gegen das Ende des 14. Jahrhunderts in manchen Patricierfamilien landbegüterten Söhnen, welche sich als Vasallen Knappen nennen, ohne den Ritterschlag zu erreichen, eine Benennung, welche dem bald darauf für Lehnleute herrschend werdenden Titel Junker (Jungherr, domicellus) gleich kommt. Ich habe an andern Orten die Nachkommen solcher Knappen wohl Knappengeschlechter genannt, da sich kein Ritter als Stammvater nachweisen läßt. Auch der Bürgersohn Hans Katzow zu Rostock nannte sich im Jahre 1516 Knappe (vgl. unten).

Einem solchen landbegüterten Patriciergeschlechte wird denn auch der Knappe Marquard Witte angehören, welcher mit dem Bürger Dietrich Püttelkow ("Marquart Witte knape vnde Thiderich Putlecowe borgher tho deme Nyen-

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kalande") die oben erwähnte Urkunde vom 6. Jan. 1396 bezeugt und besiegelt; der Knappe Marquard Witte führt im runden Siegel einen Schild mit drei Rosen

Umschrift

Der Bürger Dietrich Püttelkow führt ein Hauszeichen in Gestalt eines W im Siegel. Von einem rittermäßigen Geschlechte Witte ist sonst im schweriner Archive keine Nachricht vorhanden.


3. Frese.

Siegel Taf. III Nr. 2.


Das Geschlecht erscheint schon im 13. Jahrhundert angesehen und begütert. Im Jahre 1284 besaß der Bürger Heinrich Frese das Gut Spotendorf, (vgl. Lisch Gesch. des Geschlechtes Hahn I., Urk. Nr. XLVI.), welches derselbe im Jahre 1286 an die Stadt Rostock überließ (vgl. Rost. Wöchentl. Nachrichten 1752, Stück 35.); vielleicht war derselbe ein Sohn des im Jahre 1282 verstorbenen Nicolaus Frese, welcher Bobbin besessen hatte (vgl. das. Nr. XLII.). Jener Heinrich Vrese war im Jahre 1289 Rathsherr. Vielleicht stammte das Geschlecht aus Friesland, da der Name Frese oder Vrese die plattdeutsche Form für Friese ist und der Name auch lateinisch immer durch Friso übersetzt wird. Der Rathsherr Dietrich Frese gehörte zu den alten, wieder eingesetzten Rathsherren, welche am 19. Januar 1314 nach Beendigung der Revolution den Landesherren wieder huldigten (vgl. Schröter Spec. Dipl. Rost. Nr. XIX.); derselbe führt nach dem an der Original=Urkunde hangenden Siegel im Schilde: einen Friesenkopf mit langen Haaren und großen Ohrringen, denn für einen solchen Kopf muß man das Schildzeichen nach dem Namen wohl halten. Ganz dasselbe Siegel, von gleicher Form und gleicher Zeichnung, führt, nach der Abbildung Taf. III., Nr. 2., der Rathsherr Heinrich Frese, welcher am 14. Juli 1365 im herzoglichen Hofgerichte saß 1 ), vielleicht derselbe, welcher 1333 und 1334 während der Zeit der Vormundschaft für den Fürsten Albrecht Rathsherr war (vgl. Jahrb. VII., S. 16. flgd.). Noch im Jahre 1567 war Nicolaus Frese Rathsherr zu Rostock.

Nach Lindeberg war das Geschlecht am Ende des 16. Jahrhunderts bis auf eine Tochter ausgestorben und es war ihm eine


1) Vgl. Urk. Sammlung: Vermischte Urkunden.
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andere vornehme Familie gleichen Namens gefolgt, wahrscheinlich die noch existirende, welche ein anderes Wappen führt. Lindeberg sagt: "Fresen. Haec familia ad unicam quandam femellam fatali sua periodo confecta desiit, cui successit cognominis familia alia et quidem ut fortunis, ita quoque dignitate admodum aequalis."


4. Holloger.

Siegel Taf. II. Nr. 9.


Die Holloger lassen sich nicht über das 14. Jahrhundert hinaus verfolgen. Vielleicht ist der in Nettelbladt Hist. Dipl. Abhandl. S. CV genannte "holhoghen" der erste Holgher. Vom Jahre 1347 - 1355 war Dietrich Hollogher Rathsherr (vgl. Nettelbladt Hist. Abhandl. S. LXIX - LXXV), im Jahre 1359 Conrad Hollogher Rathsherr (vgl. das. S. CXXI). Im Jahre 1399 ward der Rathsherr Dietrich Holloger in den Besitz des Gutes Striestorf gesetzt, welches Hinrich von der Lühe ihm wegen Schuld verschrieben hatte. Im 15. Jahrhundert war die Familie vorzüglich blühend und angesehen. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebten Franz, Everhard, Joachim und Reimar, Söhne des verstorbenen rostocker Bürgers Reineke Holloger. Reimar Holloger war 1499 Propst des rostocker Domstifts und Pfarrer der Marienkirche, auch herzoglicher Rath, und ging als solcher im Jahre 1496 als Gesandter nach Rom (vgl. Jahrb. I., S. 18. und IV., S. 252). Von Joachim Holloger besitzt der Verein (vgl. Jahresber. I., S. 16. und II, S. 85.) das auf Taf. II., Nr. 9. abgebildete Original=Siegel, welches als Wappen hat:

einen schmalen Sparren auf einem Schilde, in dessen drei Winkeln ein Auge (Hohlauge=holl - ôge) steht,

wie es auch die übrigen Familienglieder führen. Zu Lindebergs Zeiten war das Geschlecht schon ausgestorben.


5. Katzow.

Siegel Taf. III. Nr. 6.


Das Geschlecht der Katzow, auch Kassow geschrieben, tritt vorzüglich im 15. Jahrhundert an das Ruder der Stadt Rostock. Der erste Katzow scheint Heinrich Katzow zu sein, welcher im

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Jahre 1340 als Richter in den Stadtbüchern vorkommt. Mit Bedeutung tritt der Burgemeister Hinrich Katzow in die Geschichte. Im Jahre 1402 stiftete er (proconsul in Rostock) als Testamentsvollstrecker des Bürgers Henneke Katzow eine ewige Vicarei für das Geschlecht der Katzow in der Nicolaikirche zu Rostock. Im Jahre 1419 beförderte er die Stiftung der Universität Rostock und repräsentirte den Rath bei der Feierlichkeit der Eröffnung. Der Burgemeister Heinrich Katzow lebte noch im Jahre 1428. Im Jahre 1416 belehnte der Herzog Albrecht den Heinrich Katzow, Einwohner (inwoner) zu Rostock, wahrscheinlich den Burgemeister, mit dem Hofe und Dorfe Kösterbek, welches er von Henning Hoge gekauft hatte, und im Jahre 1421 verpfändete Heinrich Zeplin demselben halb Fresendorf. Im Jahre 1428 verglichen sich Heinrich Katzow und sein Sohn Engelke mit der Herzogin Vormünderin Katharine wegen der Streitigkeiten, welche die Katzow wegen dieser Güter mit der Landesherrschaft hatten; die Herzogin ließ die gerichtlichen Ansprüche fahren, dagegen traten die Katzow ihr die Güter Kösterbek und Fresendorf und 700 Mark lüb. in Blengow ab, wofür die Herzogin ihnen das Vorkaufsrecht an jenen Gütern verschrieb. Es fehlt uns klare Einsicht in die Verhältnisse; vielleicht mochte die ganze Versur in den Zeiten der Revolution nur ein Scheinvertrag sein. In der Revotution von 1427 waren es vorzüglich die Katzow, welche die Stadt räumen mußten; den Vergleich der Geschlechter mit der Stadt, vom 12. August 1454, schlossen unter andern auch Engelke Katzow und die Brüder Kiritz, Hinrich und Lambrecht Katzow. Im Jahre 1446 trat der Herzog Heinrich dem Bürger Engelke Katzow für 800 Mark rost. Pfennige alle Pacht und Hebungen aus den Dörfern Kösterbek und Fresendorf, so wie der Burgemeister Hinrich Katzow und Engelke Katzow sie besessen, wiederkäuflich wieder ab. - Im Jahre 1468 hatte Kiritz Katzow Antheil an Hohen=Schwarfs und 1458 hatte den Katzow das Gut Klingendorf gehört, welches in diesem Jahre an den Dr. Schönberg, welcher eine Katzow zur Frau hatte, überging (vgl. die Familie Schönberg). Im Jahre 1491 stifteten die vorgenannten Brüder Kiritz Katzow, Bürger zu Rostock, und Heinrich Katzow, Bürger zu Stralsund, wahrscheinlich Engelkes Söhne, da Heinrich im Besitze des Siegels desselben war, und Kiritzens Söhne, Rolof und Hans, eine Vicarei in der Marienkirche zu Rostock, wo sie eine eigene Kapelle hatten. Allem Anscheine nach ist die Familie im Anfange des 16. Jahrhunderts ausgestorben, da Lindeberg keine Nachricht mehr von ihr hatte. Rolof Katzow lebte noch im Jahre 1504.

Sehr interessant ist es, daß sich in einer unten mitgetheilten

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Urkunde vom 11. August 1516 Hans Katzow, des Bürgers Antonius Wobbe Stiefsohn, im Anfange der Urkunde Knappe nennt, der einzige Fall, so weit bekannt ist, unter den rostocker Patriciergeschlechtern; aber damals waren die Reihen der Geschlechter schon so gelichtet, daß die wenigen Sprößlinge nur noch von dunklen Erinnerungen zehrten und sich im grundlosen Stolze beim Untergange des Ritterthums einen Titel beilegten, der ihnen nicht gebührte und der den Uebergang zu dem später gebräuchlichen Titel Junker bahnte. Wahrscheinlich war dieser Hans Katzow der letzte seines Geschlechts.

Das Wappen der Katzow war das wismarsche Stadtwappen:

ein längs getheilter Schild, rechts mit einem halben Stierkopfe, links mit einem Queerbalken.

Das auf Taf. III., Nr. 6. mit diesem Wappen abgebildete Siegel führte Kiritz Katzow im J. 1462 und sonst 1457, 1462, 1468 und 1491; dasselbe Wappen führen Engelke Katzow 1428, 1443, Heinrich und Lambert Katzow 1457, Rolof Katzow 1491. Ein Kiritz Katzow hat 1504 im Allgemeinen dasselbe Wappen, jedoch mit

zwei Queerbalken in der linken Schildeshälfte;

eben so sind einige andere jüngere Siegel gestaltet.

Auffallend ist es, daß Hans Katzow im J. 1491 im Siegel

das nebenstehende Hauszeichen Hauszeichen

mit der Umschrift: Umschrift   führt und sich doch 1516 Knappe nennt.


6. Kopmann.

Siegel Taf. II. Nr. 1 und 2.


Das Geschlecht der Kopmann gehört neben dem der Quasten zu den reichsten und angesehensten der ältern Zeit. Schon am 24. Junii 1267 verkaufte das Kloster Dargun an den Bürger Arnold Kopmannn zu Rostock ein Salzhaus zu Sülz (vgl. Lisch Mekl. Urk. I, S. 141); derselbe war am 29. September 1289 gestorben (vgl. das. S. 190). Am 28. Julii 1301 kommt der Bürger Bernhard Kopmann als Zeuge bei dem Könige Erich von Dänemark zu Warnemünde vor (vgl. Schröter Spec. Dipl. Rost. Nr. VII). Dieser Bernhard Kopmann spielte in den bald darauf folgenden Ereignissen eine wichtige Rolle, wozu ihm sowohl Reichthum, als Einsicht Gelegenheit gegeben zu haben

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scheinen. Am 3. April 1310 verlieh ihm der Dänenkönig Erich das Eigenthum des Dorfes Sanitz (vgl. Schröter das. Nr. XII), welches ihm am 20. Februar 1311 der Fürst Heinrich von Meklenburg bestätigte (vgl. Schröter das. Nr. XV), und am 14. Mai 1318 verlieh derselbe dem rostocker Bürger Arnold Kopmann das Dorf Pastow (vgl. Rost. Nachr., 1753, S. 110). Am 16. April 1310 lieh von ihm der Fürst Heinrich 200 Mark (vgl. Schröter das. Nr. XIII).

Im J. 1311 wurden Heinrich von Gothland und Bernhard Kopmann von dem Rath an den König von Dänemark gessandt, um mit ihm in Güte zu unterhandeln (vgl. v. Lützow M. G. II, S. 96), und unter den im J. 1312 gefüchteten und 1314 wieder eingesetzten Rathsmitgliedern waren auch Bernhard und Arnold Kopmann (vgl. Schröter a. a. O. Nr. XVIII und XIX). Aus allen diesen Vorgängen sieht man klar, wie sehr der Rath und die Geschlechter mit den Fürsten verbunden waren.

An der bei Schröter a. a. O. Nr. XVIII gedruckten Original=Urkunde der geflüchteten Rathsherren vom 9. Januar 1314 hangen auch die Taf. II., Nr. 1. und 2 abgebildeten Siegel Bernhards und Arnolds Kopmann. Bernhard Kopmann führt im Siegel noch ein ankerähnliches Hauszeichen, vielleicht auch wirklich ein Anker. Arnold Kopmann hat aber schon ein Wappen:

drei rechtsgekehrte Kaufmannsköpfe im Schilde;

denn so, wie auf dem Siegel abgebildet, werden auf andern Siegeln aus jener Zeit Kaufleute und Schiffer dargestellt: mit bartlosen Köpfen und spitzen Hüten.

Ueber die Dauer des Geschlechts in alter Zeit fehlt es an bestimmten Nachrichten. Im J. 1350 ward Arnd Kopmann Rathsherr zu Rostock.


7. Kröpelin.

Siegel Taf. III. Nr. 4.


Das Geschlecht der Kröpelin gehört zu den bekanntesten und angesehensten der Stadt Rostock. Wahrscheinlich trug es seinen Namen von dem alten Orte Kröpelin, welcher vor 1250 Stadt ward, und gab wiederum der "kröpeliner Straße" mit dem "kröpeliner Thore" zu Rostock den Namen, da die Straße in Rostock

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wohl eher da gewesen sein mag, als die Stadt Kröpelin, welche überdies sehr klein ist und 3 Meilen von Rostock liegt. Die Familie war auch zu Wismar eine Rathsherrenfamilie.

Die Geschichte dieser Familie läßt sich ziemlich klar verfolgen. Zuerst erscheint im J. 1265 Heinrich Kröpelin als Rathsherr. In den ersten 3 Jahrhunderten der Stadt Rostock lassen sich nun fast zu allen Zeiten Mitglieder dieser Familie, und gewöhnlich im Rathe, nachweisen. Der herzogliche Canzler Magister Johann Kröpelin 1361 flgd. gehörte wahrscheinlich diesem Patriciergeschlechte an, wie der Canzler Barthold Rode 1337 - 1351 aus einem rostocker Geschlechte stammte. Die Familie war lange Zeit im Besitze vieler Landgüter, namentlich Bartelsdorf (1384), Evershagen (1355), Finkenberg (1354), Harmstorf (1378). Kessin (1350), Kussewitz (1354) und Warstorf (1352), und außerdem mehrerer Pfandgüter. Im J. 1496 war Lambrecht Kröpelin als der letzte seines Geschlechts gestorben und die Herzoge zogen die Güter, welche er damals noch besessen hatte, namentlich halb Bartelsdorf, halb Kl. Kussewitz, halb Kessin, Harmstorf, Evershagen und Warstorf, als heimgefallene Lehen ein. Es entstand über diese Einziehung ein langer Streit, welcher den schon obschwebenden Streit über die eingezogenen Güter der Wilden und Schönberg noch vergrößerte; die Wittwe des Lambrecht Kröpelin hatte die eine Hälfte, die nachgelassene Tochter Margarethe, Wittwe des Rolef Kirchhof, wahrscheinlich die andere Hälfte der Güter in Besitz genommen.

Das Wappen der Familie war:

ein queer getheilter Schild, dessen untere Hälfte mit Schuppen bedeckt, dessen obere Hälfte mit zwei Lilien gefüllt ist, und auf dem Helme eine Lilie.

Dieses auf Taf. III., Nr. 4. abgebildete Siegel führt der oben genannte Lambrecht Kröpelin, 1480 "borger, 1483 ratman to Rostock", wiederholt; sein Vater Johann Kröpelin, Rathsherr zu Rostock, führt denselben Schild öfter in der Zeit 1450 - 1468. Beide stellen nach der Restitution der Geschlechter den unten abgedruckten Vergleich vom 12. Aug. 1454 aus. Lindeberg sagt, der letzte des Geschlechts, Lambrecht, sei 1487 Rathsherr, zur Zeit der Revolution gefangen, ein erfahrner und reicher Mann gewesen, der viele Häuser in der Stadt besessen habe.

Die Familie Kröpelin ist von allen rostocker Patriciergeschlechtern die bekannteste, theils weil sie selbst in der Geschichte sehr häufig eine Rolle spielt, theils weil in staatsrechtlichen Abhandlungen, besonders wenn die Vorrechte der rostocker Geschlechter zur Frage standen, immer, was gar nicht nöthig war, darauf

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hingedeutet ist, die rostocker Patriciergeschlechter seien rittermäßigen Ursprunges, weil es eine Ritterfamilie und eine Patricierfamilie des Namens Kröpelin gegeben habe. Diese Behauptung ist aber von vorne herein unbegründet gewesen, da bisher die Wappen beider Geschlechter in dieser Unterscheidung gar nicht bekannt waren. Und in der That sind beide Geschlechter gar nicht verwandt; ja selbst die Vasallen Namens Kröpelin sind unter einander nicht alle verwandt.

Es gab nämlich, außer der rostocker Patricierfamilie, zwei rittermäßige Familien von Kröpelin.

Die ältere rittermäßige Familie von Kröpelin, deren ritterliche Glieder z. B. die Ritter: Johann (seit 1257), und Gerhard und Jordan, Brüder, (seit 1273), (vgl. z. B. Lisch Mekl. Urk. I und II nach den Registern), in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. und in der ersten Hälfte des 14. Jahrh. oft im Gefolge der Fürsten von Werle vorkommen, führten zum Wappen

einen queer getheilten, oben schraffirten, unten geblümten, d. h. wahrscheinlich: oben metallenen, unten gefärbten, Schild,

wie das auf Taf. I., Nr. 2. abgebildete Siegel des Ritters Jordan von Kröpelin an zwei im schweriner Archive aufbewahrten Original=Urkunden des Klosters Dargun vom 2. Febr. 1320 und 7. Jan. 1324 beweiset. Die Familie war im östlichen Meklenburg, in der Nähe von Dargun, begütert und besaß namentlich die Güter Gr. Methling und Kowalz, welche sie schon früh nach und nach und theilweise an das Kloster Dargu veräußerte. Diese Familie muß schon früh ausgestorben sein, da sie nach dem 14. Jahrhundert nicht mehr vorzukommen scheint. Diese Familie ist aber die eigentliche, alte Ritterfamilie von Kröpelin.

Eine andere Vasallenfamilie von Kröpelin, welche bis in die erste Zeit der neuern Geschichte hinein lebte, ist nur in ihrer letzten Zeit bekannt. Sie war in zwei Linien getheilt.

Die eine Linie saß, so weit die Acten zurückreichen, seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts auf Gr. Upahl und starb in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts aus: zuletzt erscheint 1625 Henning Kröpelin auf Gr. Upahl. Eine Tochter desselben ward im J. 1572 an den herzoglichen und landschaftlichen Ausschuß=Secretair M. Simon Leupold verheirathet (vgl. Jahrb. V, S. 162). Diese Linie führt zum Wappen:

drei Hüte im Schilde,

wie das auf Taf. I., Nr. 5. abgebildete Siegel des "Cordt Kröpelin tho Upal" an einer Original=Urkunde vom J. 1553 beweiset. v. Gamm in seinen handschriftlichen Nachrichten giebt als einziges kröpelinsches Wappen an:

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drei altförmische silberne Hüte oder Mützen in blauem Felde, auf dem Helme einen gleichen Hut vor drei Pfauenfedern.

(Vgl. Westphalen Mon. ined. IV, p. 1260.)

Die andere Linie wohnte in der Stadt Parchim. Im J. 1516 verkaufte die Familie von Nienkercken die damals wüste Feldmark Poitendorf bei Parchim an Heinrich Kröpelin zu Parchim. Dieser bauete das Dorf wieder auf und zog selbst dahin, ward aber bald darauf im J. 1553 von Dethlof Platen erschossen. Er war der letzte seines Geschlechts. Seine Wittwe heirathete Christoph Reventlow zu Gallentin wieder. Aber die Landesherrschaft nahm das Gut als ein nach dem Erlöschen des Geschlechts heimgefallenes Lehn in Anspruch und nach dem Tode der Wittwe in Besitz. Zwar erhoben die Kröpelin auf Upahl als nächste Vettern Ansprüche, welche jedoch die Lehnsherren nicht anerkennen wollten; der Streit dauerte kurze Zeit, bis um das J. 1625 auch die Kröpelin auf Upahl ausstarben.

Beide Linien werden eines Stammes sein, da auch Heinrich Kröpelin zu Parchim im J. 1552 und öfter zum Wappen

drei Hüte im Schilde

führte, welche jedoch rechts gekehrt zu sein scheinen, was jedoch keinen Unterschied macht. Diese Kröpelin scheinen mit den von Schönberg, von denen ebenfalls immer Glieder, zu Parchim, andere auf Schönberg und Frauenmark wohnten, gleichen Ranges und Werthes gewesen zu sein.


8. Kruse.

Siegel Taf. III. Nr. 3.


Die Kruse (Crispus) scheinen erst seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts eine Rolle in Rostock gespielt zu haben. Seit dem J. 1323 ist der Rathsherr und Burgemeister Ludwig Kruse bekannt Er war vor dem J. 1358 gestorben und hatte die Stiftung einer Vicarei in der Marienkirche zu Rostock aus seinem nachgelassenen Vermögen testamentarisch bestimmt. Im J. 1339 erwarb der Burgemeister Ludwig Kruse das Dorf Beselin, im J. 1349 der Burgemeister Heinrich Kruse das Dorf Sildemow. Im J. 1361 belehnte der Herzog Albrecht von Meklenburg den Gise Halterman, des verstorbenen Fürsten "Johann von Werle zu Goldberg Diener", mit dem Gute in Beselin und Sildemow, welches ihm "von Rechts wegen ange=

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fallen war von den Rathmännern Ludwig und Heinrich Kruse, seinen Oheimen." Der nähere Zusammenhang dieses Vorganges ist nicht klar. Im 15. Jahrhundert hatten die Buek Besitzungen in Sildemow; Sildemow gehörte später zur Hälfte den Wilden. Im Jahre 1470 bestätigte der Herzog Heinrich dem Burgemeister Bernd Kruse wegen seiner vielen treuen Dienste alle Güter, welche seine Vorfahren und er bis dahin im Lande zu Pfande besessen hatten, namentlich im Toitenwinkel von den Moltken und auf der Drenow von den Gummern, und was er sonst besaß. - Wann die Familie der Kruse ausgestorben ist, ist nicht bekannt.

Was das Wappen betrifft, so führt Ludwig Kruse im J. 1333 noch beistehendes Hauszeichen Hauszeichen   im Siegel.

Der Rathsherr Bernd Kruse führt jedoch im J. 1426 das auf Taf. III., Nr. 3. abgebildete Siegel:

drei Krausköpfe im Schilde und einen mit einer Glorie von Pfauenfedern umgebenen Kopf auf dem Helme.

Die adelige Familie Kruse auf Varchentin führt einen längs gespaltenen Schild, rechts mit einer Rose, links mit einem Flügel, und auf dem Helme einen Stierkopf mit einem Flügel zwischen den Hörnern.


9. Quast.

Siegel Taf. II. Nr. 3.


Die Famile Quast gehört zu den älteren Familien der Stadt Rostock. Zuerst wird im J. 1298 der Rathsherr Albert Quast bekannt. Im J. 1301 erscheint der Bürger Arnold Quast. Demselben und den Erben seines verstorbenen Bruders Tidemann Quast tritt am 27. März 1305 der König Erich von Dänemark Gerichte, Beden, Vogtei und Dienste in den Dörfern Bentwisch, Schwarfs und Kessin ab (vgl. Schröter Spec. Dipl. Rostoch. Nr. X.). Eben derselbe Arnold Quast war unter den im J. 1312 geflüchteten und im J. 1314 wieder eingesetzten Rathsmitgliedern (vgl. Schröter a. a. O. Nr. XVIII. und XIX.). Das an der Original=Urkunde vom 9. Januar 1314 hangende, auf Taf. II., Nr. 3. abgebildete Siegel führt im

queergetheilten Schilde zwei gekreuzte Quäste

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oder Besen. Die Dauer der Familie ist nicht genau zu verfolgen. Im J. 1354 war Heinrich Ouast Rathsherr und Camerarius zu Rostock (vgl. Nettelbladt Hist. dipl. Abhandl. S. LXX.). Am 15. Januar 1362 verlieh der Fürst Lorenz von Werle dem Rathsherrn Simon Quast und dem Johann Quast und dessen Söhnen Conrad und Arnold, Bürgern zu Rostock, die Allodialität des Dorfes Sabel (vgl. Lisch Maltzan. Urk. II. S. 165.). Im J. 1445 war Hermann Quast Mitgelober in einem Vertrage zwischen Joachim und Heinrich Wilde und dem Rath der Stadt Rostock (vgl. Rost. Nachr. 1756, S. 38.).


10. Schönberg.

Siegel Taf. III. Nr. 8.


Das Geschlecht der Schönberg ist bisher kaum bekannt, gewiß noch nicht klar erkannt gewesen, und doch hat es in den wenigen bekannten Zügen einen eigenthümlichen Reiz. Bekannt ist nämlich in alter Zeit nur der Dr. med. Heinrich Schönberg, Professor an der Universität und "Bürger der Stadt Rostock." Als nach der Revolution von 1427 die vertriebenen und im J. 1439 zurückgerufenen Geschlechter sich im J. 1454 mit der Stadtgemeinde wieder ausglichen (vgl. unten die Urkunde), mußte auch der Professor Dr. Heinrich Schönberg ("mêster Hinricus Schonenbergh, doctor in der artzedye") versprechen, zu keiner Zeit, weder heimlich, noch offenbar, weder durch sich selbst, noch durch andere, gegen den Vertrag zu handeln, und mußte die Urkunde mit den übrigen Ausstellern aus den Geschlechtern besiegeln. Wahrscheinlich hatte er, der den Katzow nahe verwandt war, als ein gelehrter Mann den Geschlechtern vielfachen Rath gegeben, vielleicht auch selbst auswandern müssen. Vielleicht für seine Bemühungen in den rostocker Wirren, im Gegensatze der demokratischen Aufregung, verlieh ihm der Herzog Heinrich im J. 1458 wegen seiner Verdienste ("vmme veles truwes dênstes willen, den vns de werdige vnse leue getruwe mêster Hinrick Schonenberge, lerer in der arstedye, vnse borger tho Rostock, gedhân heft vnde noch dôn mag in thokômenden tyden") das Dorf Klingendorf, welches die Vorfahren und Verwandten seiner Frau, die Katzow (vgl. diese Familie), besessen hatten, wogegen Heinrich Schönberg dem Herzoge zu "einem freundlichen Geschenke" 900 sundische Mark zahlte. Im J. 1486 zog die

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Landesherrschaft das Gut Klingendorf nach Heinrich Schönbergs Tode ein, weil die Muthung versäumt war (vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 854, 876 flgd.). Der Streit mit der Stadt wegen der Lehnsqualität dauerte noch lange.

Im J. 1455 hatte er mit Bewilligung des Herzogs Heinrich von einer Vicarei der Marienkirche zu Lübeck in dem Dorfe Benitz 6 Hufen, die " lübischen Hufen" genannt, gekauft. Die weitern Schicksale dieser Besitzungen sind nicht bekannt; im Allgemeinen war das Dorf lange ein Lehn der Vieregge.

In seinem auf Taf. III. Nr. 8. abgebildeten Siegel führte der Dr. Heinrich Schönberg:

einen längs getheilten Schild: rechts queer getheilt, unten schraffirt, oben leer, links einen halben Adler, und auf dem Helme einen Flug.

Ein anderes Geschlecht war das rittermäßige Geschlecht der von Schönberg, deren altes Lehn Schönberg zwischen Crivitz und Parchim war, von welchem sie auch ohne Zweifel den Namen trugen; sie wohnten auch viel in der Stadt Parchim und hatten zu verschiedenen Zeiten mehrere andere Güter in der Nähe der Stadt. Diese Schönberg theilten sich, gewiß seit der Mitte des 15. Jahrhunderts, in zwei Linien: in die Friesen=Schönberg, weil die Familie der Sage nach aus Friesland stammte, auf Frauenmark bei Crivitz, als Hauptgut, und Schönberg, und die Strand=Schönberg, weil sie am Meeresstrande, auf Meschendorf bei Neu=Bukow, wohnten. Beide Linien hatten Antheile an dem altväterlichen Lehn Schönberg, hatten zusammen immer die Roßdienste geleistet, sich immer für Vettern gehalten und gleiche Siegel geführt, wie das auf Taf. I., Nr. 6. abgebildete alte Siegel des Reimbern von Schönberg auf Goldenbow aus dem J. 1374, nämlich:

einen Schild mit einem Berge in der Mitte und einem Sterne in jedem Winkel,

obgleich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die letzten Sprößlinge des Geschlechts aussagten, sie führten

drei Berge und drei Sterne im Schilde,

eine Verunstaltung, welche im Laufe der Zeit sich eingeschlichen haben muß, da von den Familiengliedern anerkannte Siegel nur "Eine Erhöhung" in der Mitte des Schildes zeigten.

Im J. 1553 cedirte Hans Schönberg auf Meschendorf seinem Vetter Joachim Schönberg auf Frauenmark die Auslösung seines Antheils an dem Gute Schönberg, welches an Otto Trebbow verpfändet war.

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Hans Schönberg auf Meschendorf war der letzte seines Geschlechts. Er wohnte zu Rostock und starb hier im November 1555 ohne männliche Leibeserben.

Joachim Schönberg auf Frauenmark fand die Wittwe Elisabeth und die Schwestern ab und nahm das Gut nach landesherrlicher Einweisung in Besitz. Als nach Joachims Tode sein Sohn Heinrich Schönberg das Gut Meschendorf in Besitz nahm, machten auch seine zwei Schwestern Ansprüche. Daher nahmen die Landesherren das Gut in Sequester, um so mehr als auch Heinrich Schönberg der letzte der frauenmarker Linie, also des ganzen Geschlechts, war; auch bestritt die Landesherrschaft die Vetterschaft beider Linien, und nannte den Hans Schönberg auf Meschendorf einen "Bürger von Rostock", ließ jedoch jedem den Weg Rechtens frei.

Uebrigens war die Verwandtschaft zwischen der bürgerlichen und adeligen Familie in der Folge ganz unklar. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts machten die Brüder Heinrich und Hans Schönberg auf Meschendorf Ansprüche auf das Dorf Klingendorf, welches ihr "Vetter" Heinrich Schönberg nach glaubhaften Briefen besessen habe. Jedoch ließ sich die Lehnscanzlei nicht auf den Antrag ein; der Canzler von Lucka schreibt auf die Rückseite: fuit feudum novum et ipsi non habent jus petendi.


11. Tölner.

Siegel Taf. III. Nr. 1.


Die Familie Tölner oder Zöllner war eine alte Familie, welche schon 1286 im Rath und im J. 1297 in Johannes Thelonearius (vgl. Lisch Mekl. Urk. I, S. 206. und 208.) und 1298 in Johannes Tolnerus genannt wird. In den Jahren 1339 und 1358 war ein Johann Tölner Burgemeister zu Rostock; an einer Urkunde vom 18. Februar 1358 hängt sein Siegel, wie es hier abgebildet ist:

ein längs getheilter Schild, in der rechten Hälfte mit einem halben Rade, in der linken Hälfte mit drei Rosen.

Die weitern Schicksale der Familie sind nicht bekannt.

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12. Volkenshagen.

Siegel Taf. II. Nr. 6.


Die Familie von Volkenshagen ist wenig bekannt geworden und nur deshalb hier angeführt, weil ihr Siegel zu den ältesten Siegeln der rostocker Geschlechter gehört. Unter den im J. 1312 geflüchteten und 1314 wieder eingesetzten "beschlechteten" Rathsherren wird in den beiden Urkunden (bei Schröter Spec. Dipl. Rostoch. Nr. XVIII und XIX) ein "Tige" ohne Geschlechtsnamen genannt. Sein schönes, großes Siegel führt

eine Lilie im Schilde

und hängt an beiden Urkunden, jedoch an der Urkunde vom 19. Jan. 1314 sehr verstümmelt. Die Urkunde vom 9. Januar 1314 trägt aber noch das Siegel wohl erhalten, wie es hier Taf. II., Nr. 6. abgebildet ist; nach der Umschrift:

Umschrift

hieß der Rathsherr also Mathias von Volkenshagen, und "Tige" ist eine Abkürzung aus "Mathias".


13. Wilde.

Siegel Taf. II. Nr. 7 und 8.


Die Familie der Wilden kommt erst seit dem Anfange des 14. Jahrhunderts in Rostock vor. Nach Lindeberg sollen sie zuerst in Wismar, wo sie allerdings auch im Rathe saßen, ein Geschlecht begründet ("familiam constituisse constans "fama est") und sich nach Lübeck und Rostock verzweigt haben, wo sie zu großem Ansehen und Reichthum gelangten. Lindeberg führt zuerst Hermann 1287 und den Rathsherrn Heinrich 1300 auf. Urkundlich erscheint im Anfange des 14. Jahrhunderts öfter Gerwin Wilde als Rathsherr zu Rostock. Derselbe war unter den im J. 1312 geflüchteten und im J. 1314 wieder eingesetzten Rathsherren (vgl. Schröter Spec. Dipl. Rostoch. Nr. XVIII und XIX). Im J. 1329 kauften die Brüder Dietrich und Johann Wilde, Bürger zu Rostock, das Gut Jürgenshagen, welches der Bürger Gerlach Wilde im J. 1375 an das Bisthum Schwerin wieder veräußerte (vgl. Lisch Maltzan. Urk. II, S. 268). Im J. 1331 erwarben die Wilden das Gut Niendorf; im J. 1372 erwarb der Burgemeister Gerwin Wilde für sich und sein Ge=

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schlecht das Dorf Wendisch=Kussewitz und die zwischen diesem Dorfe und Volkenshagen gelegene Mühle; später müssen die Wilden noch halb Sildemow, welches 1349 den Krusen verliehen war, vielleicht durch Erbschaft, an sich gebracht haben. Im Anfang des J. 1404 war Wendel Wilde Priorin des Klosters Ivenack. Durch den Tod des Rathsherrn Dietrich Wilde und seiner Söhne, unter denen Michael genannt wird, war das rostocker Geschlecht im J. 1485 ausgestorben. Die Landesherren machten Ansprüche auf die Güter, als durch Aussterben eröffnete Lehen, welche "eyn Schlechte to Rostock geheten de Wilden hebben in vorledenen und woll aver IIC "Jaren van den Forsten to Meklenborch tho erfflickem Rechte eyn Deill gekofft und eyn Deill ock en angeervet in steder were, brukinge vnd roweliken besytt gehat, Dorper, Molen vnde andere Landguder in deme Lande tho Rostock vnd Meklenborch belegen, als benomptlike Sildemow halff, Niendorp gantz vnde hel Wendischen Kussewitze vnd de Hornsmolen, mit aller rechticheit vnd thobehoringe". Die Güter waren zur einen Hälfte von Lorenz Burmeister, vielleicht einem Schwiegersohn, zur andern Hälfte von der Wittwe Dietrichs Wilden, Benedicte, und nach deren Tode von ihren Erben: Albrecht Bröker, Mathias Möller und Vicke van Hervorden in Besitz genommen. Es entspann sich ein Streit zwischen allen diesen und dem rostocker Magistrate, auf der einen, und den Landesherren, auf der andern Seite, ein Streit, welcher erst nach langer Zeit Erledigung fand (vgl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 853 flgd.).

Der erste Wilde zu Rostock, Gerwin, führte an der Urkunde vom 9. Januar 1314 (Schröter Spec. Dipl. Rostoch. Nr. XVIII) in seinem Taf. II., Nr. 7. abgebildeten Siegel:

einen Schild mit zwei gekreuzten Pflanzen, in deren Winkeln vier Rosetten liegen.

Damals also mag die Familie noch kein bestimmtes heraldisches Wappen angenommen haben. In der Folge führte sie nämlich einen Bock im Schilde. Lindeberg führt darüber folgenden alten Vers an:

Vns vöröldern hödden de zegen,
Wy sin, Godt loff, höger gedegen,
Hethen mit thonam de Wilden,
Und föhren enen Buck in Schilden.

Dieses Wappen führten denn auch die wismarschen Wilden: einen Bock im Schilde.

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Siegel rostocker Patricier-Geschlechte
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Das auf Taf. II., Nr. 8. abgebildete Siegel führte nämlich der wahrscheinlich aus Wismar nach Rostock übergesiedelte rostocker Rathsherr Dietrich Wilde an einer für sich und seinen Bruder Caspar Wilde, Rathsherrn zu Wismar, am 1. September 1504 ausgestellten Original=Urkunde.



14. Zehna.

Siegel Taf. III. Nr. 7.


Das Geschlecht der "von der Zehnen" (vermuthlich von dem Dorfe Zehna bei Güstrow so genannt) ist bis jetzt wenig bekannt geworden. Wahrscheinlich stammt es von dem Vogt Bernhard von Cene, welcher 1340 - 1346 in den rostocker Stadtbüchern genannt wird (vgl. Nettelbladt Hist. Dipl. Abh. p. CXI). Im J. 1454 (vgl. unten Urk.) gehörte Vikke von der Zenen zu den wieder eingesetzten Rathsherren und führte das auf Taf. III.. Nr. 7. abgebildete Siegel:

im Schilde einen rechts schauenden Thierkopf (Wolf?) mit Hals und auf dem Helme dasselbe Schildzeichen.

Vielleicht gehört der in der Urkunde vom 19. Jan. 1314 unter den wiedereingeführten Rathsherren (Schröter Spec. Dipl. Rostoch. Nr. XIX) genannte Wasmodus Cinneke zu diesem Geschlechte. In Hamburg war auch ein Rathsgeschlecht von der Tzenen (vgl. Reimar Kock in Lüb. Chron. II, S. 682).

In einer Urkunde des schweriner Archivs kommt ein rittermäßiger Mann Volzeko de Zena vor, welcher einen linken Schrägebalken im schraffirten Siegel führt, dessen Umschrift lautet:

Umschrift

Bekannt ist der werlesche Ritter Machorius de Cene welcher in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Gefolge der Fürst von Werle öfter vorkommt.

Vignette
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XI.

Miscellen und Nachträge.


1.
Annales Sithienses.

Mone's Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit, 1836, 1. Heft, S. 5. flgd. enthält: Annales Sithienses, von 548 bis 823, aus einer Handschrift der ehemaligen Abtei St. Bertin (vorher Sithiu) zu S. Omer, aus dem 9. Jahrhundert, jetzt zu Boulogne sur mer. Diese Annalen haben große Uebereinstimmung mit Enharts fuldischen Jahrbüchern; Quelle beider sind Eginhards Annalen, welche diese Annales Sithienses treuer wiedergeben, als irgend eine andere Ueberarbeitung.

Ueber die wendische Geschichte reden folgende Aufzeichnungen:

789. Carlus (Scl)avos, qui Uulzi vocantur, c(um) magno exercitu adgressus (dom)uit ac dictioni suae (sub)jugavit.
795. Carlus Saxoniam ingenti (popu)latione devasta(vit). Uuitzin dux Abodr(itrorum) ad regem pergens a (Saxo)nibus occiditur.
798. Abodriti Saxones (trans) Albiam proelia(ntes occid)unt.
808. Godofridus rex Danorum Abodritos bello adgressus multis afficit iniuriis.
809. Trasco dux Abrodritorum a Danis interficitur. Castrum Essesfleth trans Albiam a Francis aedificatur.
819. (Sc)ladmir rex Abodritorum (in) exilium mittitur.

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2.
Die Könige der Wenden.

In Jahrb. II, S. 176, ist aus gleichzeitigen chronistischen Quellen nachgewiesen, daß die Fürsten der Wenden, sicher Heinrich, 1105 - 1126, den Titel eines Königs führten. Diese Angaben lassen sich noch durch vollgültige, urkundliche Zeugnisse vermehren. Am 5. Jan. 1139 nennt der deutsche König Conrad III. in einer lübecker Urkunde, im Lübecker Urkundenbuche I, Nr. I, p. 2, denselben Heinrich König:

"quemadmodum Hinricus Slauorum rex - ecclesiam in castro Lubece suo sacerdoti donauerat, aut sicut Kanutus, Hinrici successor, eandem ecclesiam - - Vicellino presbitero concesserat".

In der unten abgedruckten Urkunde vom 4. Mai 1418 (vgl. oben S. 5) bezeugt der Bischof Otto von Havelberg dem deutschen Könige Sigismund, daß der Fürst Balthasar von Werle ihm durch zwei alte Chroniken bewiesen habe, daß er aus königlichem Geschlecht

"de regia stirpe"

stamme.

Mag nun auch das Obotritenland so klein gewesen sein, als es wolle, so ist es doch außer Zweifel, daß seine Beherrscher sowohl in gleichzeitigen geschichtlichen Werken, als in Urkunden Könige genannt wurden, selbst von den deutschen Kaisern, an deren Hofe gewiß die Curialien beobachtet wurden und sicher Abneigung genug gegen die Obotritenfürsten herrschte. Dagegen ist es von keinen andern wendischen Herrschern bekannt geworden, daß sie so consequent Könige (reges) genannt wurden. Es waren also ohne Zweifel ein uraltes Geschlecht und bedeutende Macht und Achtung, welche den Obotritenfürsten den Titel so anhaltend bewahrten.

G. C. F. Lisch.     


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3.
Wenden an der Niederelbe im J. 1501,

mitgetheilt
von G. C. F. Lisch.

Reimar Kock, geb. in Wismar, wohnhaft in Lübeck 1518 - 1569, erzählt in seiner Chronik der Stadt Lübeck zum J. 1501:

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"Idt hefft duth jahr. ( 1501) na mitfasten de Hartich von Luneborch enen Hupen Wende und Buhren mit Schuffelen und Spaden tho etliken dusent ock vele Ruter und Edellude upgebracht und hefft sich vorgenomen, by Bargerdorpe effte Rypenborg einen Dyck affthograwen, averst de van Hamborgh unde Lubeck syn mit Gewalt und mit Geschütte up se gekamen, dar hedde dat vörnehment ein Ende, de hartig unde de Adell nehmen de Flucht, de Buhren derglicken unde jder sach, dat he wegh quam; der Wenden wurden veele van den Lübeckern gefangen, owerst dewyle idt veele arme, verhungerde Lude weren, hebben de heren ehnen wat tho eten geven lathen und weg tho lopen verlövet".


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4.
Ueber
die meklenburgische Hauptlandestheilung

und
das Siegel des Fürsten Pribislav I. von Parchim=Richenberg.

In Jahrb. X, S. 23 flgd. und S. 21 sind Untersuchungen über die Siegel des Fürsten Pribislav I. von Parchim=Richenberg angestellt und aus denselben einflußreiche Resultate für die ältere Landesgeschichte gewonnen. Es ist daselbst nachgewiesen, daß der Fürst hinter einander verschiedene Siegel führte, namentlich zuerst, ungefähr vom J. 1238 - 1248, ein Siegel mit einem Stierkopfe, welcher einen frei schwebenden Ring zwischen den Hörnern hat. Von diesem Siegel war nur das a. a. O. S. 21 und 25 abgebildete Fragment mit einem Horn und dem Ringe an einer darguner Urkunde vom J. 1241 übrig. Nach den Forschungen des Herrn Dr. Beyer zu Parchim (vgl. oben S. 49) hängt jedoch auch an der in Cleemann's Chronik von Parchim S. 101 abgedruckten parchimschen Privilegien=Bestätigung des Fürsten vom J. 1238 der Rest des Siegels des Fürsten, welches völlig deutlich den Stierkopf von der Stirne bis zum Maule zeigt und zwar nach einem von dem Originale genommenen Facsimile in folgender Gestalt.

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Reste des Siegels Pribislav I.

Die beiden angeführten Urkunden führen also die Reste des Siegels Pribislavs I. in dieser Gestalt, wie sie hier zusammengestellt abgebildet sind.

Reste des Siegels Pribislav I.

Es leidet also keinen Zweifel, daß der Fürst Pribislav I. von Parchim in der ersten Zeit seiner Regierung einen vorwärts schauenden Stierkopf mit einem frei schwebenden Ringe zwischen den Hörnern im Siegel führte.

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Durch die Güte des Herrn Dr. Beyer (vgl. auch oben S. 41.) ist dem Vereine auch die von einem Facsimile begleitete Nachricht zugekommen, daß an der in Cleemann's Chronik von Parchim S. 108 flgd. gedruckten Urkunde des Fürsten Johann von Meklenburg vom (zweiten Pfingsttage) 4. Junii 1229 schon dessen in Jahrb. X, S. 15 abgebildetes Siegel, wenn auch nur in Fragmenten, doch deutlich und mit vollkommener Sicherheit hängt, woraus hervorgeht, daß

schon Pfingsten 1229 die (erste) Hauptlandestheilung geschehen und der Fürst Johann von Meklenburg schon selbstständig geworden war.

Uebrigens ist nach Mittheilung des Herrn Dr. Beyer die

Jahreszahl dieser Urkunde sicher: 1229  (1229). Der Abdruck der Urkunde ist bei Cleemann auch nicht zuverlässig; so stehen im Originale statt:

ut ex hiis capella in divinis officiis sic curetur, ut eciam idem plebanus ad hoc factum patroni favorem adhibeat et consensum

die Worte:

ut ex hiis capella in divinis officiis pro curetur, ut eciam idem plebanus ad hoc factum pium favorem adhibeat et consensum.

G. C. F. Lisch.     


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5.
Die Stiftung der Stadt Neustadt.

In Jahrb. X, S. 188 flgd. ist die Zeit der Stiftung der Stadt Neustadt Glewe bis über das Jahr 1253 hinausgerückt und dies durch glaubwürdige Zeugnisse unterstützt, jedoch insoferne nicht zur unbestreitbaren Gewißheit erhoben, als der dort angeführten Haupturkunde das Datum fehlt. Eine neuere Entdeckung ist jedoch im Stande, die angeführten Forschungen zu bestätigen. In der im großherzoglichen Archive zu Schwerin aufbewahrten, unten Urk. Samml. Nr. XVI abgedruckten Urkunde der Herzoge Johann und Albert von Sachsen, durch welche sie am 1. Februar 1265 von den Grafen Gunzelin und Helmold von Schwerin die Stadt Parchim kaufen; heißt es:

Die Grafen von Schwerin sollen von den Bürgern der Altstadt und auch der Neustadt Parchim fernerhin in der Neuen Stadt, Glewe zugenannt, kein Ungeld

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nehmen, wollen sich jedoch die Erhebung des ihnen gebührenden Zolles vorbehalten.
Dicti vero comites a burgensibus antique ciuitatis in Parchem et nove nullum de cetero exigent vngheld in Noua Ciuitate, que Ghiwe dicitur, ipsi tamen sibi ab eisdem debitum teloneum reseruabunt.

In der Urkunde steht zwar sicher Ghiwe statt Glewe geschrieben; jedoch kommt diese Schreibung entweder nur von einer anderen Aussprache oder einem Versehen des Schreibers. Daß die Neustadt Glewe gemeint sei, kann keinem Zweifel unterliegen. Und somit ist denn das hohe Alter der Stadt Neu=stadt auch urkundlich nachgewiesen.

Zugleich ist durch diese Urkunde auch bewiesen, daß die Stadt Neustadt Glewe in der Grafschaft Schwerin lag. Dafür redet ferner ein im J. 1247 zwischen dem Fürsten Pribislav von Parchim=Richenberg und dem Grafen Gunzelin von Schwerin abgeschlossener Grenzvertrag, nach welchem Gunzelin an Pribislav alle Ansprüche an Güter im Lande Ture, Pribislav an Gunzelin alle Ansprüche an Güter im Lande Brenz (d. i. der spätern Vogtei Neustadt) abtrat; hieraus läßt sich schließen, daß das Land Brenz den Grafen von Schwerin gehörte. Auch aus dem in Rudloff Urk. Lief. Nr. XXVII gedruckten Tauschvertrage zwischen den Grafen von Danneberg und den Grafen von Schwerin vom 16. Oct. 1273, nach welchem jene an diese die Dörfer Dütschow und Steinbeck bei Brenz für das Dorf Beckentin bei Grabow abtraten, redet dafür, daß , die Grafen von Schwerin Neustadt besaßen. Endlich schenkte der Graf Heinrich von Schwerin am 23. Junius 1227 der Johanniter=Ordens=Comthurei Craak eine Aalhebung aus dem Teiche Hônwische (vgl. Jahrb. I, S. 203), worunter wahrscheinlich der See bei der Stadt Neustadt zu verstehen ist.

Ja es läßt sich vielleicht im Süden die Westgrenze der Grafschaft Schwerin ziemlich genau angeben. In der Urkunde des Herzogs Heinrich des Löwen vom J. 1167 (vgl. v. Westphalen, Schröder und Franck zu diesem Jahre), durch welche er die Grenzen des Bisthums Ratzeburg festsetzt, beschreibt er dieselben also, daß sie im Osten gehen sollen: bis an die Mündung der Tersnitza in die Sude (wahrscheinlich bei Kuhstorf), die Tersnitza hinauf bis an den Sumpf, aus welchem sie entspringt (wahrscheinlich bei Jasnitz), und von hier grade südlich bis an die Elde den Strich entlang, wo das Land Schwerin und Wanzeburg grenzen:

"ubi terra Zwerin et Wanzeburg inter se terminos faciunt",

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und von hier den Lauf der Elde hinab bis in die Elde. Der District Wanzeburg oder Wanzeberg (vgl. oben S. 124 flgd.) umfaßte aber die Pfarre Conow und einige Dörfer der Pfarre Eldena, welche später wohl diese Pfarre gebildet haben mögen, also höchstens die Pfarren Conow und Eldena, und fiel also westlich grade in die Grenze des Landes Weningen. Die Grenze zwischen den Grafschaften Schwerin und Danneberg ging also von Jasnitz grade südlich bis an die Elde zwischen Eldena und Grabow. Die Gegend der Stadt Neustadt (oder das Land Brenz) wird also seit uralter Zeit zu der Grafschaft Schwerin gehört haben.

G. C. F. Lisch.     


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6.
Die Schlacht bei Gransee

im Jahre 1316.

Bei der Feststellung der gegen die Brandenburger im J. 1399 gewonnenen Schlacht von Neuensund (vgl. im Folgenden) möge hier eine Beschreibung und Beleuchtung der Schlacht von Gransee, welche zwar im Freimüth. Abendbl. 1839, Nr. 1074 von mir mitgetheilt ist, in unsern Jahrbüchern in einer vervollständigten Ausgabe wieder eine Stelle finden, um sie in geschichtlichem Zusammenhange zu erhalten.

Schon seit dem zwölften Jahrhundert und länger strebten Dänemark und Brandenburg mit aller Kraft darnach, die Lehnsoberherrlichkeit oder gar den Besitz der wendischen Ostseeländer zu gewinnen; in unaufhörlichen Kriegen, die eben so ausdauernd mit der Feder, als hartnäckig mit dem Schwerte geführt wurden, waren die reichen Länder wiederholt der Schauplatz verwüstender Kämpfe, in denen die beiden eroberungssüchtigen Mächte oft im östlichen Meklenburg und im westlichen Pommern von Norden und Süden her in eine Berührung kamen, aus welcher sich bald, wenn auch aus der Ferne, eine feindselige Nebenbuhlerei um jene Länder entwickelte. Dänemark war, trotz häufiger und großer Opfer, am Ende nicht viel glücklicher, als die Lehnsoberherrlichkeit über diesen oder jenen Theil des Wendenlandes zu erringen, eine Herrschaft, welche sich mehr auf mittelbaren Einfluß und auf den Titel eines Wendenkönigs beschränkte; ausdauernd blieb Dänemark im Besitze der Lehnsherrlichkeit über das ganze Land Rügen. Brandenburg war dagegen in seinem Umsichgreifen glücklicher.

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Schon im Jahre 1182 nahmen die Markgrafen von Brandenburg den pommerschen Fürsten das Land Stargard 1 ) (das jetzige Großherzogthum Meklenburg=Strelitz), welches ihnen, zugleich mit der Lehnsherrschaft über ganz Pommern, durch den Vertrag von Kremmen im J. 1236 von Pommern feierlich abgetreten ward, während Dänemark im äußersten Osten und Westen der ehemaligen Wendenländer wiederholt große Anstrengungen erfolgreich zu machen versucht hatte. Bald darauf gewannen die Brandenburger noch bedeutende Landstrecken im südlichen Theile von Pommern als Besitz und einen dauernden Einfluß  über das ganze Land. So gestalteten sich die Dinge im Laufe des 13. Jahrhunderts, während sich gegen Ende dieses Jahrhunderts die Blüthe der großen Handelsstädte an der Ostsee, namentlich der Städte Lübeck, Wismar, Rostock und Stralsund, in dem Bunde der Hanse zu einer selbstständigen Macht entwickelte, deren Größe weder geahnt, noch vorher berechnet war.

Diese nach und nach sich entwickelnde Bildung des großen Städtebundes und das Aussterben der Regentenlinien von Stargard und Rostock waren die wahren Ursachen der großen Begebenheiten, welche im Anfange des 14. Jahrhunderts die Wendenländer zum Gegenstande der besondern Aufmerksamkeit machten. Es entwickelten sich aus ihnen die mehr politischen Elemente der Wendenländer während des 14. Jahrhunderts, nachdem das 13. Jahrhundert unter kirchlichen Bestrebungen für die Germanisirung der Völker verflossen war. - Der Mannsstamm der markgräflich=brandenburgischen Linie von Stargard, welche durch die Landestheilung von 1258 entstanden war, erlosch ungefähr im J. 1301 mit dem Markgrafen Albrecht III., und das Land Stargard ging, sicher seit dem J. 1302, an Meklenburg über, indem Albrechts Tochter Beatrix es ihrem Gemahle, dem Fürsten Heinrich dem Löwen von Meklenburg, als Heirathsgut zubrachte. Dadurch aber trat Meklenburg für diesen Landestheil zu Brandenburg in Lehnsverhältniß, das dieses schon früher über das Land Werle zu usurpiren gesucht hatte und später über das ganze Land Meklenburg auszudehnen strebte. - Der letzte männliche Sproß des meklenburgischen Fürstenhauses von Rostock, Nicolaus das Kind, war kaum zur Regierung gelangt, als er sich durch große Unbeständigkeit und Thorheit innere und äußere, nach dem Besitze des bald erledigten Fürstenstuhles lüsterne Feinde zuzog, die ihn und seine Residenzstadt hart bedrängten. Die Rostocker, durch harte Kriegsereignisse in ihrem blühenden Verkehr gestört und voll Mißmuths über die traurigen Aussichten in die


1) Das erste eroberungssüchtige Umsichgreifen Brandenburgs gegen Norden hin ist in den Jahrb. III, S. 27 flgd. entwickelt.
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Zukunft, griffen zu dem verzweifelten Mittel, dem gefürchteten Mächtigern, dem König Erich Menwed von Dänemark, ihr Heil anzuvertrauen. Erich ließ sich auch nicht lange bitten, nach dem alten Plane Dänemarks festen Fuß in Meklenburg zu fassen; er erschien schon im J. 1300 im Lande und übernahm, die Landeshoheit über die Herrschaft Rostock, nachdem ihm Nicolaus das Kind den Vasalleneid geleistet hatte. Zwar sahen alle übrigen Fürsten diese Begebenheit mit schelen Augen an; aber sie mußten, als die Schwächern, sich vor der Uebermacht beugen.

Während dieser Zeit vorzüglich erstarkte der Bund der Hansestädte. Ein reiches Leben machte die Städte kühn, eine innige Verbindung unter einander stark. Alle sahen mit Furcht auf die ebenfalls sich entwickelnde Macht der nordischen Fürsten, welche in den neu gebildeten Staaten sich das heilige römische Reich zum Muster nahmen und in gegenseitiger Eifersucht alle ihre Kräfte aufboten, um einander durch imposante Mittel zu schrecken. Die fast unglaubliche Keckheit Wismars nahm überhand und ward beleidigend gegen die Fürsten des Landes, Rostocks Bürgerschaft trug nur murrend ein fremdes, selbst aufgelegtes Joch und Stralsund zeigte nicht übel Lust, sich über die Landesherrschaft hinwegzusetzen. Zur Bändigung der Städte vereinigte sich eine bedeutende Anzahl Fürsten von nah und fern, aber die furchtbarsten Anstrengungen der Fürsten, den Trotz der Städte zu beugen, waren und blieben vergeblich: was in diesen Jahren in und vor Rostock und Wismar geschehen ist, wird immer denkwürdig bleiben als eine Regung jugendlicher Kraft, die ihres Gleichen nur hin und wieder in der alten Geschichte findet. Friedensschlüsse stellten einstweilen den äußern Verkehr wieder her.

So kämpften alle Mächte in gegenseitiger Eifersucht und in jugendlicher Entwickelung ohne bestimmtes Ziel und suchten den Zustand der Dinge in äußerer Ruhe hinzuhalten, bis irgend ein unvorhergesehenes Ereigniß sich dieser oder jener günstig zeige. Diese Ereignisse traten auch mit dem J. 1314 ein. Heinrich der Löwe verlor seine Gattin Beatrix durch den Tod, und Nicolaus von Rostock beendete die Tage seines unrühmlichen Daseins. Durch den Tod der Beatrix ward das äußere Freundschaftsband zwischen Meklenburg und Brandenburg locker, und der Besitz des Landes Stargard bei feindseliger Stimmung eine Streitfrage; durch den Tod des Nicolaus verlor das Land Rostock ein eignes Fürstenhaus. Das Land Stargard ward wieder Augenmerk der Markgrafen von Brandenburg; der kriegs= und ruhmliebende Heinrich der Löwe von Meklenburg fürchtete den Verlust dieses Landes eben so sehr, als die Entziehung des Nachlasses des Fürsten Nicolaus von Rostock, nach welchem der Dänenkönig

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gern seine Hände ausstreckte. Die heimliche Spannung aller nordischen Fürsten hatte zu lange gedauert, als daß diese nicht irgend eine Begebenheit benutzt haben sollten, die schwankenden Verhältnisse zur Entscheidung zu bringen. Eine willkommene Veranlassung bot die Stadt Stralsund. Diese gerieth mit ihrem Landesfürsten Wizlav von Rügen über ihre Privilegien in einen Streit, in welchem der Markgraf Waldemar von Brandenburg gegen die übrigen Fürsten Partei für die Stadt nahm, weil er seine Rechte an dem benachbarten Pommern gefährdet glauben mochte. Ward dieser Zwist auch nach harten Kämpfen auf kurze Zeit beschwichtigt, so mußte die dauernde Uneinigkeit der trotzigen Stadt Stralsund mit ihrem Fürsten Wizlav bald wieder den Vorwand zu einem blutigen Kriege hergeben. Wizlav von Rügen hatte seinen Oberlehnsherrn, den König Erich von Dänemark, zu Hülfe gerufen; diesem konnten sich die meklenburgischen, die lauenburgischen und die holsteinschen Herren nicht gut entziehen, wollten es auch wohl nicht, da sie den eroberungssüchtigen Sinn der Brandenburger nur zu gut kannten; überdies besaß der Bischof von Schwerin die Eventualbelehnung auf das Land Tribsees. Waldemar erlitt in der Hülfe, die er den Stralsundern brachte, einige Verluste. Hiefür rächte er sich dadurch, daß er in das Land Stargard einfiel, um es als ein verwirktes Lehn zurückzunehmen. Dies öffnete den Fürsten die Augen; die Sache der Städte ward ganz aufgegeben und der Krieg ward ein blutiger Fürstenkrieg, der von zwei großen Parteien, der dänisch=meklenburgischen und der brandenburgischen, geführt ward. Eigentlich und in der That aber galt der Kampf Meklenburg allein, indem für Heinrich den Löwen der Verlust zweier Länder, Stargard und Rostock, auf dem Spiele stand, - alle übrigen Parteien aber nur Eroberungen verlieren konnten, die sie noch nicht gemacht hatten. Auf der dänischen oder meklenburgischen Seite standen der König Erich von Dänemark, der Fürst Wizlav von Rügen, der Fürst Heinrich von Meklenburg, die Herren von Werle, die Grafen von Schwerin, der Bischof von Schwerin, die Herzoge von Sachsen und Lüneburg, die Grafen von Holstein und Schauenburg, der Graf Otto von Anhalt; die Städte Rostock und Wismar saßen, in Erinnerung der schweren Kämpfe, die sie mit den Fürsten gehabt hatten, stille, jedoch unterstützte Rostock den Kriegszug mit Geld und Schiffen; Lübeck verhielt sich neutral; aber selbst die entfernten Mächte von Polen, Rußland und Ungarn, von Schweden und Norwegen versicherten der dänischen Partei ihren Beistand. Auf der brandenburgischen Seite standen: der Markgraf Waldemar, die Herzoge Otto und War=

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tislav von Pommern und die Stadt Stralsund. Es ward seit dem J. 1315 viel gekämpft und manche große Kriegsthat vollbracht. Die Stralsunder nahmen den Herzog Erich von Sachsen gefangen; der Fürst Johann von Werle fiel auf eine Zeit der brandenburgischen Partei zu und nahm den Grafen Heinrich von Schwerin gefangen, wofür bald darauf der Herr von Werle in Gefangenschaft gebracht ward. Blutige Treffen wurden bei dieser Gelegenheit bei Möllen und Luplow im Lande Stavenhagen geliefert, und im Lande Stargard wurden viele hartnäckige Fehden geführt. Die Brandenburger erlitten hier und auf der ganzen südlichen Grenze von Meklenburg fortdauernd Verlust und verloren im J. 1316 eine Schlacht bei Quastenberg in der Nähe der Stadt Stargard. Hart bedrängt gewann der Markgraf die Herzoge von Schlesien und Braunschweig, die Markgrafen von Meißen, den Landgrafen von Hessen und alle thüringischen Grafen, die Bischöfe von Merseburg und Kamin zu seinen übrigen Bundesgenossen. Der dänisch=meklenburgischen Partei fielen die Herzoge von Sachsen und Lüneburg zu, die bis dahin ferne gestanden hatten.

Es entwickelte sich ein furchtbarer Kampf um das nordische Gleichgewicht zwischen allen Fürsten, welche Theil an den Begebenheiten in der Zukunft haben konnten.

Endlich kam es zur großen Entscheidung bei Gransee 1 )


1) Rudloff II, S. 223 und v. Lützow II, S. 118 nennen die Schlacht: "die Schlacht bei Schulzendorf" und v. Lützow, und nach ihm Barthold Pomm. Gesch. III, S. 147, sagt: "Schulzendorf existirt nicht mehr, lag aber an der Stelle des jetztigen Gransee". Abgesehen davon, daß Gransee ein alter Ort ist, - liegt Schulzendorf noch heute eine Meile nordwestlich von Gransee, auf der Straße nach Reinsberg und Zechlin hin. Ueber die Schlacht redet die meklenburgische Reimchronik Kirchbergs ausführlich und umständlicher, als über irgend eine andere Schlacht. Die Berichte dieser Chronik sind in der vorstehenden Schilderung auch möglichst gewissenhaft benutzt. Kirchberg nennt in der Schilderung selbst den Ort der Schlacht gar nicht, jedoch nennt er die Schlacht in der Ueberschrift der Schilderung die Schlacht bei Gransee, indem er sagt, daß er reden wolle:

"Von dem stryde - vor Grantzoye".

Auch Detmar Lüb. Chronik sagt:

"Darna in deme oweste stridde de van Mekelenborch weder den marcgreuen to Granzoye"

Schulzendorf erwähnt Kirchberg nur bei der Gelegenheit, daß der Fürst Johann von Werle den Rath gegeben habe, durch Ueberschreitung des schulzendorfer Baches die Offensive zu ergreifen, mit den Worten:

"Da ried von Werle her Johan,
daz man czöge io vort an;
der von Mekelnborg Hinrich
mit dem here czog vur sich
recht syns vettern rade nach
by Schultendorf ubir eyne bach."
Kirchberg Chron, cap. CLVIII.

Pulkava nennt die Schlacht bei Woltersdorf, p. 266: Unde bellum durissimum inter utrosque geritur juxta Woltersdorp; vgl. Barthold Pomm. Gesch. III, S. 146. Gr. Woltersdorf liegt bei Schulzendorf in der Nähe von Gransee.
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zwischen beiden Parteien; es ward die größte Schlacht geliefert, die im Mittelalter je in den wendischen Landen erlebt war: die ganze Zukunft lag in dem Ausgange dieses Feldzuges 1 ).

Um sich für frühere Einfälle der Brandenburger in das Land Stargard zu rächen und möglicher Weise den gewaltigen Rüstungen des Markgrafen zuvorzukommen, fielen die Meklenburger mit Raub und Brand in die Mark; an der Spitze dieses verheerenden Vorkrieges stand der Fürst Johann von Werle 2 ). Auf die Nachricht von dem Hereinbrechen dieses Ungewitters sammelte der Markgraf Waldemar alle seine Kräfte bei der Stadt Gransee. Das meklenburg=dänische Heer, das unter der Anführung des Fürsten Heinrich von Meklenburg stand 3 ), war bis zum Dorfe Schulzendorf, eine Meile nordwestlich von der Stadt, vorgerückt. Die Brandenburger waren den Meklenburgern an Zahl um das Vierfache überlegen 4 ); die Macht der Meklenburger bestand im Fußvolke 5 ), welches in diesen Zeiten öfter über die schwer gerüsteten Reiter siegte. Bei dieser schlimmen Aussicht machte, auf den Rath des Fürsten Johann von Werle, Heinrich von Meklenburg den Angriff, um dadurch in Vortheil zu kommen. Er zog über den Bach bei Schulzendorf auf das Feld gegen Gransee; ihm gegenüber stand der Markgraf mit seinem Heere, mit aller Macht


1) "Zu stryde stunt ir beyder kunft.
Da wart daz groste stryden,
daz ie by unsen czyden
in wendischen landen so geschach."
     Kirchberg a. a. O.
2) "Sy samneten groz und michel schar,
in dy mark sy czogin gar;
groszin schadin sunder spaden
mit roube und brande sy da taden,
des anlegir und houbitman
was von Werle her Johan."
     Kirchberg a. a. O.
3) "Des koninghes (van Denemarken) helpere vnd hovetman sines orloghes was sin swagher hinric,de here van mekelenborch; de wan mit grotem ghude deme koninghe vele helpere." Detmar lüb. Chron. z. J. 1315 und

"der von Mekilnborg Hinrich
mit dem here czog vur sich."
     Kirchberg a. a. O.

4) "Do den schaden offenbar
irvur der markgreve Woldemar,
her czoch zu sundir sparin
mit vil grosziren scharen;
der markgreve brachte da viere
der wepenere cziere
an der Mekilnborger eynen."
     Kirchberg a. a. O.
5) Detmar lüb. Chron. sagt: "De van Mekelenborch dar seghe vacht; des behalp eme sin volk, dat dar was to vote"; auch Contin. Alberti Stad. sagt: "Prevaluit - - virtute peditum suorum, ut dicitur".
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gerüstet, da die Noth drängte, wenn er sich nicht in der Stadt wollte einschließen lassen. Das Gefecht begann sogleich mit der größten Erbitterung und Verzweiflung, und es fand mancher seinen Tod in der Noth des Kampfes. Die Fürsten selbst kämpften in der Vorderreihe. Den Löwen Heinrich traf ein so gewaltiger Axthieb in den Helm, daß er besinnungslos aus dem Treffen geführt ward; doch ermannte er sich bald wieder und führte mit verdoppelter Begeisterung, "wie Hektor männlich" streitend, die Seinen zum Siege. Hier war das Feldgeschrei: "Meklenburg!", dort: " Brandenburg!" Die Brandenburger wichen; viele Kämpfer, sieben Grafen, unter denen der Graf von Wernigerode, wurden gefangen. Selbst der Markgraf Waldemar war nahe daran, gefangen zu werden. Er hatte sich in der Hitze des Kampfes bei der nahenden Entscheidung in den Haufen der Meklenburger verrannt, als er erkannt ward; Schlag auf Schlag fiel auf ihn; ohne Rast im Kampfe umhergetrieben, warfen sich der Ritter Michael Kraz 1 ) und der grevesmühlensche Bürger Nicolaus Schrapentrog auf ihn und setzten ihm so hart zu, daß er mit dem Rosse stürzte; schon rissen sie ihm den Helm ab, als der Graf von Mansfeld 2 ) die Noth seines Herrn erkannte, auf Gefahr des eignen Lebens und mit Aufopferung der Freiheit sich zu ihm Bahn machte, ihn den Händen der Würger entzog und ihm auf ein ledig Roß half. Der Mansfelder ward gefangen; der Markgraf aber floh. Da ward die Verwirrung der Brandenburger allgemein; in wilder Flucht zerstob das ganze Heer, gleich "einer Schaar Hühner", über das weite Feld. Der Meklenburger, "der Unverzagte", verfolgte unablässig den fliehen=


1) Michael Kraz war ein Ritter; Kirchberg nennt ihn "her Michael Kratz". Einen Ritter Michael Craz habe ich in jenen Zeiten mehrere Male gefunden. Auch wird er im J. 1321 als Vasall auf Craz wohnend aufgeführt: "1321. Ista sunt data vasallis dominorum ducum (Pomeraniae) et burgensibus in Premzlow prima depactacione in restauratione suorum bonorum et dampni: - - in villa Craz Michael de Craz, vasallus "ducum, VI mansos"; vgl. v. Eickstedt Urk. Samml. z. Gesch. des Geschl. der von Eickstedt I, p. 126. - Von der Familie Craz hat wahrscheinlich das Dorf Crazeburg seinen Namen; vgl. Jahrb. II, S. 80.
2) Welcher Graf von Mansfeld der Retter des Markgrafen Waldemar gewesen sei, läßt sich noch nicht bestimmen. In den Friedensurkunden wird er nicht mit Namen genannt. Der ältere Graf Busso (Burchard) von Mansfeld, der in den nächsten Zeiten eine große Rolle in der Vormundschaftsführung über den Markgrafen Ludwig führte, wird es wohl nicht gewesen sein, da dieser Zeuge und Schiedsrichter in der templiner Friedensurkunde ist, in welcher über die Befreiung des gefangenen Grafen von Mansfeld verhandelt wird. Barthold Pomm. Gesch. III, S. 147. sagt: "Wedeg von Plote oder ein Graf von Mansfeld" hätten den Markgrafen gerettet, nach Pulkava a. a. O.: "miles quidam Wedige de Plote dictus superveniens de potestate ipsum eripuit rusticorum". Aber der stargardische Ritter Wedege von Plote ist ein bekannter, viel genannter Mann auf Seiten Heinrichs des Löwen, welchem er in allen wichtigen Begebenheiten jener Zeit, auch oft mit bedeutenden Geldmitteln, zur Seite stand.
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den Feind bis zur gänzlichen Auflösung des Heeres, machte viele Gefangene und reiche Beute und gewann einen vollständigen, entscheidenden Sieg; von seiner Seite büßten ihre Kühnheit mit Gefangenschaft der Graf Johann von Holstein und ein Bruder des Königs von Dänemark 1 ). Heinrich von Meklenburg zog sich mit den Seinen nach dem Siege gegen sechs Meilen zurück in sein Land nach Buchholz an der Müritz, auf einer im Mittelalter viel benutzten Straße zwischen Meklenburg und Brandenburg; hier ward nach Theilung der Beute der Sieg durch Dankgebet und Freudenfeste gefeiert. Dies geschah im Monat August des Jahres 1316 2 ).

Am 13. December desselben Jahres begannen die Friedensverhandlungen, welche am 25. Novbr. 1317 zu Templin durch ein feierliches Bündniß geschlossen wurden. Heinrich von Meklenburg behielt zur höchsten Siegesbeute das Land Stargard als Lehn von Brandenburg, nachdem ihm zur Belohnung seiner Tapferkeit die Herrschaft Rostock als erbliches Lehn von Dänemark zugestanden war. So endigte der große Kampf zum Vortheile Meklenburgs, das wohl selten größern Ruhm und Gewinn errungen hat; bis auf den heutigen Tag heißen und sind die meklenburgischen Fürsten "der Lande Rostock und Stargard Herren". Bald, im J. 1319, starben Erich von Dänemark und Waldemark von Brandenburg, und mit einem neuen Geschlechte auf den Thronen und in den Städten nahm der Gang der Geschichte des 14. Jahrhunderts in den Ostseeländern eine andere Richtung.



1) Ueber die Schlacht bei Gransee berichtet noch eine Chronik also:
Item in Augusto (1316) dominus Magnopolensis cum suis cooperatoribus intrauit terram Woldemari marchionis cum octingentis dextrariis et multis peditibus. Quo intellecto marchio habens quingentos viros in dextrariis bene expeditos, timens hostes suos, non exspectando donec aliam multam gentem suam per eius districtum vocatam duceret ad prelium, cum dictis quingentis viris in hostes festinanter irruit prope Grantzowe, et facta est pugna fortissima, in qua comes de Werningherode et nobilis Burchardus de Mansfelde cum multis aliis marchioni adherentibus captiuati sunt. Necnon ipse marchio captiuatus erat, sed industres sui viri quidam ipsum de manu hostium eripuerunt. Ex aduerso vero captiuatus est domicellus Johannes comes Hotzatie, frater regis Danorum cum multis aliis. Preualuit autem maior exercitus, scilicet domini Magnopolensis, quod actum est virtute peditum suorum, ut dicitur.

Continuatio Annalium Alberti Stadensis, illustravit Andreas Hojer, Hafniac, 1720, p. 76.

2) Der Tag der Schlacht ist in den bisher bekannten Quellen nicht angegeben. Nach den Urkunden und übrigen Begebenheiten wird die Schlacht ungefähr im August d. J. 1316 geschehen sein. Dies giebt auch Kosegarten pomm. rüg. Gesch. Denkm. I, S. 100 an, Detmar sagt: "in deme oweste", d. i. in der Aernte.
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7.
Die Schlacht bei Neuensund

im J. 1399.

Die Schlacht von Neuensund tritt unter diesem Namen zuerst in die meklenburgische Geschichte; bekannt war sie bisher unter dem Namen der Schlacht bei Karwitz (vgl. Rudloff II. S. 545.). Eine kurze Darstellung der Verhältnisse wird die Begebenheit beleuchten helfen.

Die Markgrafen von Brandenburg hatten an die Herzoge von Meklenburg für 18000 Mark mehrere bedeutende Güter (Strausberg, Liebenwalde, Stolpe, Jagow, Zehdenik, Fürstenwerder, Boizenburg, Wittenberge und den Schnakenburger Zoll, vgl. v. Lützow II, S. 188, Not.) verpfändet. Es ist nicht ganz klar, wann und wie dieses Pfandverhältniß entstanden sei; es tritt unter der Rubrik " Brandenburgische Pfandgüter" plötzlich in die meklenburgische Geschichte, ohne daß man irgend einen Aufschluß darüber erhalten könnte. (In märkische Archive werden allen Vermuthungen nach die eingelösten Pfandbriefe zurückgegangen sein). Nach dem Jahre 1337 wird das Verhältniß entstanden sein müssen, da die Herzoge Albrecht und Johann die Güter zu Pfand nahmen; eben so war es vor dem 25 Nov. 1352 entstanden, da in der meklenburgischen Landestheilung von diesem Jahre der Herzog Albrecht die Güter seinem Bruder Johann von Stargard abtrat (vgl. Rudloff II, S. 315.). Nach dieser Theilungsurkunde hatte der damals regierende Markgraf Ludwig die Güter verpfändet

("de pande de vns markgreue Lodewich van Brandeborch settet heft vor achteyndusend mark"),

da von dem verpfändenden Markgrafen über dessen Regierungsniederlegung oder Tod nichts gesagt wird, wie es sonst immer in Urkunden geschieht. Es wird also wohl der Markgraf Ludwig der Römer (1351 - 1366) gewesen sein. Nach einem gegenseitigen Versprechen der Herzoge Heinrich und Magnus vom 12. März 1374 1 ), das Pfandverhältniß nach den zu Recht bestehenden Verhältnissen und Bestimmungen aufrecht zu erhalten, war der Verpfänder wahrscheinlich eben dieser, zuletzt verstorbene Markgraf

"markgreue Lodewig to Brandenborg dem god gnedich sy,

und der damals lebende Kaiser,

vse here de keyser",


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. LVII.
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also der Kaiser Carl IV. (1347 - 1378), hatte über die Verpfändung Bestimmungen erlassen.

Aller Wahrscheinlichkeit nach wird das Pfandverhältniß in den Jahren 1351 und 1352, und zwar in Folge des glücklichen Feldzuges des Herzogs Albrecht gegen Berlin und des Friedens von Spremberg (2. Februar 1350) 1 ), entstanden sein. Dies kann jedoch nur als Vermuthung gelten, um Archivforschungen, die bisher vergeblich gewesen sind, in der Zukunft zu unterstützen.

Von diesen brandenburgischen Pfandgütern waren nach und nach die meisten von dem Hause Meklenburg=Stargard gekommen (vgl. Rudloff II, S. 457, 481, 482, 493, 498, 643, 644); nur das ukermärkische Schloß Boizenburg blieb bis zum J. 1398 bei Stargard. Es mochte den Brandenburgern schwer fallen, werthvolle Landestheile als Pfand in fremder Fürsten Hände zu wissen; auch hatte die Geschichte schon gelehrt, daß Pfandbesitz nur zu leicht Erbe ward. Daher zog der Markgraf Wilhelm von Meißen, dem die Mark Brandenburg zu Pfande stand, am Martinitage (Nov. 11.) 1398 in das Land Stargard, verheerte es, gewann Boizenburg und legte eine starke Besatzung hinein. Der lübische Chronist Detmar sagt hierüber:

"1398. In demesulven iare bi sunte martens dage do toch markgreve wilhelm to misen ut der marke, went eme do de marke stont to pande, in dat land des hertoghen to stargarde und vorherde dat to male dor des slotes willen boysenborghes, dat he besat mit mannes craft, wente dat oldinges was der marke."

Des Herzog Johann von Stargard Söhne, Johann und Ulrich, legten jedoch die Hände nicht müssig in den Schooß. Sie rüsteten sich, ihr Pfand, das freilich verloren war, wieder zu gewinnen. Da zog der Markgraf wieder heran, der seine Hauptleute, Vasallen und Stadtbürger in Masse aufgeboten hatte. Die Heere trafen sich bei dem märkischen Dorfe Neuensund, dicht an der meklenburgischen Grenze, zwischen Strasburg und Friedland, nicht weit vom Galenbeker See. Die Meklenburger standen noch auf stargardischem Grund und Boden auf dem Felde am Karrenberge bei dem Dorfe Gehren. Es war am Tage der heil. Katharine (Nov. 25) des Jahres 1399. Da erhoben die stargardischen Herzoge ihre Banner und thaten der h. Katharina das feierliche Gelübde, ihr einen Altar zu erbauen, wenn sie zum Siege verhelfen würde. Und die heilige Jungfrau that durch die Gnade Gottes Wunder, indem die Meklenburger


1) Vgl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, 2, Nr. 899, S. 265 flgd.
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den Sieg gewannen und die Brandenburger in die Flucht schlugen 1 ).

Durch diesen unerwarteten und glänzenden Erfolg kühn gemacht, ließen die Meklenburger nicht ab von der Verfolgung. Da die Städter dem Aufgebote des Markgrafen gefolgt waren, so legten sich die Herzoge vor die feste Stadt Prenzlau, um sie zu belagern. Erstaunt über diese Keckheit zog die gesammte Bürgerschaft aus der Stadt, den Feind zu vertreiben. Die Meklenburger schnitten aber - es war am St. Lucien=Tage (13. Dec.) 1399 - die erhitzten Bürger von der Stadt ab, nahmen den ganzen Haufen gefangen, ließen sich von ihnen auf der Stelle huldigen und geleiteten sie in die Stadt, um sich ein Lösegeld von 60,000 (?) Schock Groschen zu erbitten, für deren Zahlung sie sich der reichsten Bürger der Stadt als Geißeln versicherten. Hierüber berichtet Detmar in der lübecker Chronik also:

"1399. In demsuluen iare bi sunte lucien daghe do toghen hertoghe iohan unde hertoghe ulrik twe brodere, heren to stargarde, vor prenslauwe. Alse dit vornemen de borgere binnen der stad, se togen uter stad mit gantzer macht up ere viande se to vordrivende; mer de viande quemen in tusschen de stad unde de borghere, unde venghen se alto male. Se leten se en sik huldeghen, se toghen mit en in de stad to deghedinghen, se beschatten se in sostich dusend scok grossen, unde nemen de rikesten borghere to ghisele, so vele als se wolden."

Eben so sagt Corner bei Eccard II, p. 1182, zum Jahre 1399:

Ulricus et Johannes duces Stargardiae collecto exercitu venerunt prope Prenislaviam urbem marchiae de Brandeburg. Quod ut viderunt cives, exierunt cum tota potentia sua, ut hostibus resisterent. Duces vero exercitum civium mox recensentes, celeriter inter civitatem et cives se locarunt et repente in eos icruentes, captivaverunt fere omnes burgenses dictae ciuitatis et confestim ab eis homagium fidelitatis postulaverunt. Quo praestito cum eis urbem intraverunt et exactionantes eos, LX M sexagenarum Bohemicalium ab eis extorserunt, abducentes pro pignoribus dictae summae potiores cives civitatis illius."


1) Vgl. Urk. Sammlung Nr. LIX. und Nr. LX.
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"Auf einem wiederholten Feldzuge des Herzogs Ulrich in die Mark wurden die Städte Friedburg und Strausberg im Jahre 1401 geplündert und eingeäschert. In demselben Jahre schloß der Kurfürst Jodokus, der indessen wieder von der Mark Besitz genommen hatte, mit den Meklenburgern einen für diese ehrenvollen Frieden.

Die Herzoge Johann und Ulrich hätten aber beinahe die H. Katharine vergessen. Erst am 2. Februar 1408 gedachten sie der Hülfe der Heiligen zu dem glorreichen Siege und stifteten ihr zu Ehren mit 60 Mark jährlicher Hebungen von der Bede aus dem Dorfe Sadelkow eine Vikarei an einem Altare der Heil. Katharine in der Kapelle vor dem Steinthore der Stadt Friedland, welche neu wieder aufgebauet werden sollte, - zu Ehren Gottes, der Jungfrau Maria, vorzüglich aber der H. Katharine, der H. Gertrud, des H. Georg und des H. Liborius 1 ). An demselben Tage bestätigte der Bischof von Havelberg diese Stiftung 2 ).

Selten sind in unserer Geschichte Begebenheiten mit so viel Einzelheiten überliefert, und doch ist die Sache so dunkel gewesen. Dieser Vorwurf trifft vorzüglich und gleich die Bestimmung des Schlachtfeldes. Rudloff II, S. 545, nennt die Schlacht - die Schlacht bei Karwitz. Lange wollten alle Nachforschungen nicht zu der Quelle führen, aus denen Rudloff diese Bestimmung geschöpft haben konnte. Endlich zeigte sie sich bei Klüver Mekl. II, S. 171, wo die Stiftungsurkunde für die Vikarei in der friedländer Kapelle schon abgedruckt ist. Außer vielen andern Fehlern hat Klüver gedruckt:

"prope villam nouesund in campo circa montem Carwitzensem".

Hieraus entstand also die Schlacht bei Karwitz, welches nahe bei Boizenburg, weit von Neuensund, liegt. Von dem Worte "Carwitzensem" steht nun aber in der Original=Urkunde, von welcher ich im Archive zu Strelitz Abschrift genommen habe, kein Buchstabe. Daß die Schlacht bei Neuensund geliefert worden sei, konnte schon aus dem Abdruck bei Klüver entnommen werden. Die Lagerstelle des meklenburgischen Heeres wird aber in der Urkunde genauer am Karrenberge auf stargardischem Gebiete angegeben:

"prope villam Nouesund in campo circa montem Carrenbergh".


1) Vgl. Urk. Nr. LIX.
2) Vgl. Urk. Nr. LX.
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Die erste Sylbe des Wortes Carrenberg ist in der Original=Urkunde durchaus undeutlich; die beiden andern Sylben - renberg sind aber so deutlich, daß es zu den Unglaublichkeiten gehören würde, (car) witzensem herauszulesen, wenn wir dergleichen starken Fehlern nicht fast in jedem frühern Urkundenabdrucke begegneten. Auf den ersten Blick scheint dort Ekrenbergh zu stehen; bei genauerer Betrachtung kann man aber auch Carrenbergh oder Darrenbergh lesen. Nach spätern Urkunden muß man sich wohl für die Lesart Carrenbergh entscheiden. Als der Herzog Johann III. von Stargard im J. 1427 für seine Freilassung aus der Gefangenschaft seine Länder von dem Kurfürsten von Brandenburg zu Lehn nehmen mußte, sagt er in der darüber ausgestellten Urkunde 1 ) (in Gercken Cod. dipl. Brand. VI, p. 165):

"Auch haben wir obgnanter herzog Johans uns mit dem ergenanten unserm gnedigen hern marggrauen Friderichen geeynet und vertragen umb solch manung und erbhuldinghe, so dann die von Prempslow unserm vater und unsern vetteren herzogen Ulrichen seligen auf dem Karrenberge, als wir meynen, sollen getan haben, darumb wir sie bisher alle iar ierlichen gemant haben, also das wir, unser erben und nachkomen herzogen zu Meklenburg den von Prempslow nu vortmer nach gebunge dieses briefes solcher manung und erbhuldunghe vertragen und nymmermehr manen, sie darumb nicht anteidinghen oder in arge gedenken sollen, noch enwollen ane alle geuerde."

Noch deutlicher ist die Schlacht bezeichnet in der Urkunde vom Jahre 1415 (in v. Raumer Cod. dipl. Brand. contin. I, S. 61 - 62), in welcher zwischen dem Kurfürsten von Brandenburg und den Herzogen von Pommern wegen Einlösung der Ukermark verhandelt wird; hier werden noch viele und große Forderungen aufgeführt, welche mehrere Vasallen und Städte des Ukerlandes zu machen haben, und heißt es hier am Ende nach Aufzählung mehrerer Gläubiger:

"den von Prinzslaw vir und twintich hundert schogk und twintich schogk, Frütze Domerow burger tu Prinzlaw virdehalffhundert schogk


1) Die Nachweisung dieser und der folgenden Urkunde verdanke ich dem Herrn Pastor Boll zu Neubrandenburg.
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und twe schogk, den von Stratzeburg dri hundert schogk und sos und twintich schogk, Borcharde einen borger in Prenzslaw tein schogk vor ere perde, dy nomen worden upp deme Karrenberge."

Nach diesen spätern Beziehungen wird man in der Urkunde vom 2. Februar 1408 unbedenklich Karrenbergh lesen müssen, wie auch eine im schweriner Archive aufbewahrte Abschrift aus dem 16. Jahrhundert Carrenbergh lieset. Genau steht in der Urkunde im Anfange ein Schnörkel wie ein Kreis mit einem k, also: Kreis krenberg; dies kann für eine Art Abbreviatur und Verzierung des großen Buchstabens K, also für K'renberg, d. i. Karrenberg oder Kerrenberg gelten.

Dagegen läßt sich sagen, daß in dortiger Gegend kein Karrenberg mehr existirt. Der Herr Förster Zander zu Galenbek, der seit 40 Jahren die Gegend kennt, hat sämmtliche Namen der Anhöhen auf dem Felde von Gehren mitgetheilt; unter diesen findet sich allein der Name Dorrenberg, welcher dem Namen des Berges in der Urkunde ähnlich ist. An diesen Berg knüpft sich eine Sage, welche vielleicht von der Schlacht bei Neuensund stammt: Eine Gegend dicht an der preußischen Grenze nennt sich der Sachsheidengrund; da, sagt man, sollen die Sachsen und Heiden eine Schlacht geliefert haben." - Jedoch kann es nicht entscheidend sein, wenn der Name Karrenberg jetzt verschwunden oder entstellt ist.

Es ließe sich noch Zweifel erheben, ob der Karrenberg nicht ein Berg bei Prenzlau sein könne, ob die Gefangennehmung der Prenzlauer vor ihrer Stadt nicht ein Mährchen sei. Die Urkunde von 1408 sagt, daß die Herzoge von Meklenburg am 25. November 1399 bei Neuensund einen Sieg erfochten; Detmar sagt, daß dieselben am 13. December 1399 Prenzlau gewonnen und zur Huldigung gezwungen; die Urkunde von 1427 sagt, daß die Prenzlauer den Herzogen auf dem Karrenberge gehuldigt haben. Die Erzählung Detmars ist so individuell, daß sich schwerlich an der Thatsache, auch nicht an dem Datum zweifeln läßt, und die Urkunde von 1408 ist klar genug. Da die Städte dem brandenburgischen Aufgebote gefolgt waren, so muß man annehmen, daß die Prenzlauer schon einmal am 25. November bei Neuensund am Karrenberge gefangen und zur Huldigung gezwungen, darauf wieder abtrünnig geworden und demzufolge nach Belagerung und Einnahme der Stadt am 13. December 1399 noch einmal zur Huldigung genöthigt worden seien.

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Interessant ist diese Urkunde auch noch in kunstgeschichtlicher Hinsicht. Auffallend ist in Meklenburg die häufige Verehrung der H. Katharine; ihr Bild und ihr Name kommen sehr oft und häufig in so ausgezeichneten Formen auf alten Altären, Glocken und andern Kirchengeräthen vor, daß man auf den ersten Blick sieht, daß dieser Heiligen eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet gewesen sein muß; vgl. z. B. Jahresber. III, S. 146, 147, 163, 193. Im Allgemeinen läßt sich dies freilich dadurch erklären, daß nach der Legende die H. Katharine die Braut Christi war; vgl. Jahresber. III, S. 148. Da diese bildlichen Darstellungen aber alle aus dem 15. Jahrhundert stammen und namentlich auch im nördlichen Stargard und bei Friedland häufig beobachtet werden (vgl. im Jahresber. die Mittheilung des Hrn. Pastors Sponholz zu Rülow), so dürfte es nicht unwahrscheinlich sein, daß die Wunderthätigkeit der Heil. - Katharine in der Schlacht von Neuensund ihre Ehre im Lande Meklenburg seit dem Anfange des 15. Jahrhunderts bedeutend erhöhet habe.

G. C. F. Lisch.     


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8.
Die Wiedereinsetzung des alten Rathes zu Wismar durch die Herzogin Katharine, 1430.

In den Rechnungen der Vogtei Bukow vom J. 1430 heißt es:

Item. dâr na do myn vrowe was to der Wysmer vnde den Olden Raad wedder insettede, do gaff ik

den stadpypern I lub. mark.
Item dem lôpere van Luneborch VIII s.
Item der kôkenbeckerschen VII s.
Item vôr V pâr klotzen VIII s.
Item vôr mynes heren spôren IIII s.
Item vôr V pâr pattinen IIII s.
     Summa III mark myn I s.

Nach den Rechnungen waren die Herzogin Katharine und ihr Minister, der Ritter Mathias von Axekow, öfter zu Neu=Bukow und machten von hier oft Ausflüchte nach Neukloster, auch nach Doberan u. s. w.; z. B.

Item in der crûceweken (21 - 27 Mai) was myn vrowe to dem Nygenklostere VIII daghe

und:

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Item des mândâges in aller apostele dâghe (17. Jul.) do benachtede myn vrowe to deme Nygenklostere mit ereme râde, etc.

Die letzte Ausgabe vor der Reise nach Wismar ist vom 11. - 13. März:

Item des anderen sonâuendes in der vasten (11. März) quam myn vrowe to deme Nygenklostere

und:

Item des mândâghes dâr nêgest (13. März) do myn vrowe van Butzowe wedder quam.

Die Urkunde über die Wiedereinsetzung des alten Rathes zu Wismar ist 1430 am 21. März (des dinxtedages vor miduastene) ausgestellt.

Nach der oben mitgetheilten Ausgabeberechnung setzte die Herzogin Katharine den alten Rath persönlich wieder ein; es scheint dabei sehr feierlich hergegangen zu sein, da auch die Stadtpfeifer in Thätigkeit waren.

G. C. F. Lisch.     


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9.
Zur Geschichte des Bisthums Schwerin.

Bischof Albrecht von Sternberg, 1356 - 1363.

Die Geschichte des schweriner Bischofs Albrecht von Sternberg (1356 - 1363) liegt sehr im Dunkeln. In Jahrb. VIII, S. 16, wird vermuthet, daß er vielleicht nie oder doch nur selten im Lande gewesen sei, da von ihm keine besiegelte Urkunde bekannt geworden ist. Es hat sich jedoch im geistlichen Archive zu Rostock eine von ihm zu Rostock ausgestellte Urkunde 1 ) vom 24. Julius 1357 gefunden, durch welche er eine von dem rostocker Rathsherrn Johann Rode gestiftete Vicarei confirmirt. Er nennt sich

Albertus dei gracia episcopus Zwerinensis;

die ohne Zeugen ausgestellte Urkunde ist datirt:

Actum et datum Rozstoc anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo septimo, in vigilia beati Jacobi apostoli.

Das Siegel des Bischofs ist elliptisch, 3 1/2 Zoll lang und 2 1/4 Zoll breit. Es enthält eine durchgehende, in der Mitte quer getheilte, gothische Nische, welche durch einen dreiseitigen gothischen


1) Vgl. unten Urk.=Sammlung: Vermischte Urkunden.
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Baldachin gekrönt ist; in dem obern Theile stehen die Bilder der Jungfrau Maria und des Evangelisten Johannes, der Schutzheiligen der Kirche; in dem untern Theile ist das Bild des segnenden, sitzenden Bischofs, der den Stab hält; zu seinen Füßen liegt ein Löwe. An den Seitenwänden der Nische hangen Wappenschilde: rechts der (noch nicht queer getheilte) Wappenschild des Bisthums mit zwei gekreuzten Bischofsstäben, links der Familienschild des Bischofs mit einem achtstrahligen Sterne. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Der Bischof Albrecht führte also das bischöfliche Wappen ein, da er und seine Vicare es zuerst führen (vgl. Jahrb. VIII, S. 17).

Am 6. Aug. 1357 war der Bischof nicht mehr im Lande, da nach einer rostocker Urkunde ohne Zeugen und Siegel schon an diesem Tage sein General=Vicar eine Vicarei bestätigte,

nämlich:

Johannes de Aquis, Wormaciensis et Augustensis ecclesiarum canonicus, reuerendi in Christo patris et domini domini Alberti, episcopi Zwerinensis, in remotis agentis, in spiritualibus et temporalibus vicarius generalis.

Diesem folgte als General=Vicar seit dem J. 1358 dann Johann von Wunstorp, welcher in einer rostocker Urkunde vom 30. October 1358 mit demselben Titel vorkommt, wie er Jahrb. VIII, S. 17 angegeben ist.

Bischof Potho, 1381 - 1390.

Der Bischof Potho kam freilich nicht zur Regierung im Lande, hielt sich jedoch in seinem Bisthume zu Stralsund auf. In Jahrb. VIII, S. 21, ist z. B. eine von ihm daselbst ausgestellte Urkunde vom 10. Aug. 1385 angeführt.

Nach Urkunden im geistlichen Archive zu Rostock bestätigte er von Stralsund aus mehrere Vicareien und zwar

1) am 7. Jan. 1385 in Gegenwart mehrerer Priester:

Potho, dei et apostolice sedis gracia episcopus Zwerinensis. - - Datum Sundis.

2) am 8. April 1390:

Potho dei et apostolice sedis gracia episcopus ecclesie Zwerinensis. - - Datum et actum

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Sundis, nostre Zwerinensis diocesis, anno domini millesimo trecentesimo nonagesimo, mensis Aprilis die octaua, presentibus reuerendo in Christo patre domino Johanne episcopo Thaurisiensi et venerabilibus viris magistro Nicolao de Insula, licenciato in decretis, officiali, etc.

Aus dieser Urkunde geht zugleich hervor, daß der Bischof Potho nicht im J. 1389, sondern erst im J. 1390 gestorben sein kann.

Nach einer Urkunde im Archive zu Stettin transsumirte er eine neuenkampensche Urkunde:

in opido Stralesundis anno domini M° CCC° LXXX° sexto, sabbato ante dominicam qua cantatur Misericordia domini, presentibus - - magistro Nicolao de Insula, in decretis licenciato, magistro Hermanno Luneborch, baccalaurio in medicinis, Hinrico Kusel, clerico, publico notario.

G. C. F. Lisch.     


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10.
Friederich Spedt.

In einer zwischen der Herzogin Sophie, des Herzogs Heinrich d. J. von Braunschweig=Lüneburg Wittwe, und dem nach dem Tode des Herzogs (1568) von dessen Nachfolger Herzog Julius in höchster Ungnade von seiner Rathsstelle entfernten, hierauf aber sogleich in baiersche, dann in kaiserliche und spanische Dienste aufgenommenen und darin zu wichtigen geheimen Unterhandlungen, namentlich in Frankreich und Niederlanden, gebrauchten Dr. Ludolf Halver, einem eifrigen Anhänger der katholischen Kirche, geführten Correspondenz findet sich in einem Schreiben des letzteren d. d. Straßburg den 29. Aug. 1569 folgende Aeußerung:

"Der Röm. Kays. Majestät Cammerrethe, meine gnedigen Hern, haben mir jüngst zu Wien in etlichen andern geltsachen angezaiget, das einer genant Friederich Spetd inen von e. f. g. wegen ein stattlich gelt angebotten, vnd sich auf meine personen referirt vnd berufen haben solle. Nun glaube ich nit, das e. f. g. dem Speth (damit ich nichts zu thuende) meinethalben beuolhen, habe es derwegen mit glimpffe abgewendet".

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Hierauf erwiedert die Herzogin von ihrem Wittwensitze Schöningen am 17. September d. J.

"Wir können vns aber nicht genugsam verwundern, ob dem anpiethen, das Friederich Speth vnsertwegen gethan haben soll am verständigten orth, dann wir Ihn in den tagen vnsers lebens (vnsers behalts) nie haben hören nennen, zu geschweigen das wir In kennen noch Ihemal gesehen haben. Müssen darob abnehmen, das es ein verruchter, verwegener Mensch sein müsse, für den vns ja der liebe Allmechtige Gott deshalben, vnd wie vns von ime ferner bericht geschehen ist, behüten wolle".

Mit ähnlichen Speculationen befaßten sich um diese Zeit noch andere Leute, von welchen "die beiden Busch" im J. 1572 besonders namhaft gemacht werden. Gleich diesen scheint auch Speth wegen solcher, schon damals nicht so ganz seltenen "statlichen Praktiken", - deren sich der Dr. Halver selbst gar sehr verdächtig macht, - ziemlich allgemein in einem sehr übeln Rufe gestanden zu haben.

Wolfenbüttel.

Schmidt.     


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11.
Die Brüder Liscow.

Der Herr Justizrath Schmidt "von Lübeck" zu Altona theilt über die Brüder Liscow (zu Jahrb. X, S. 115, 119 flgd.) folgende Ansichten und Nachrichten mit:

"Es ist mir immer aufgefallen, daß die beiden Liscow, sowohl der Satirendichter Christian Ludwig, als auch dessen Bruder Joachim Friedrich von jeher der französischen Sprache so mächtig gewesen sind, daß sie sich in derselben beinahe geläufiger, als in der Muttersprache auszudrücken vermochten: gewiß damals eine Seltenheit für Kinder eines Landpredigers in Meklenburg. Um mir diese Erscheinung zu erklären, nahm ich meine Zuflucht zu der Supposition, daß die Mutter eine französische oder französisirende Gouvernante am Hofe zu Grabow gewesen sei und eine Schwester mit dem Rector Hausvoigt in Eutin verheirathet war. Eine solche gewagte Hypothese ist aber jetzt nicht mehr nöthig, da erhellt, daß der Vater Pagenhofmeister an jenem. Hofe war, wo, wie damals überall, die Hofsprache französisch war. Er wird also nicht

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versäumt haben, seine eigenen Söhne in dieser Sprache zu unterrichten."
"Was den Bruder Joachim Friederich betrifft, so findet sich über denselben noch eine spätere, authentische Erwähnung. Nämlich in den schleswigholsteinschen Anzeigen, welche seit fast 100 Jahren in Glückstadt herauskommen, im Jahrgange 1765 findet sich eine öffentliche Citation des Amtshauses zu Travendahl, datirt 28. Nov. 1765, dahin lautend, daß der juris practicus Liscow in Hamburg sich wegen einer Forderung von 15 Rthlrn., so aus einer früheren Proceßführung desselben herrühre, zu melden habe, da man nicht wisse, ob er noch am Leben sei, und seinen Aufenthalt nicht kenne".

Altona.

G. P. Schmidt.     


Gerade während des Druckes dieser Zeilen kommt mir eine neue Schrift über C. L. Liscow in die Hände: Ueber Christian Ludwig Liscow's Leben und Schriften, von Dr. J. Classen, Lübeck 1846, eine Gratulation der Professoren des lübecker Gymnasiums an die beiden neu erwählten Senatoren Eschenburg und Curtius zu Lübeck. Will Classen in seiner übersichtlichen Darstellung auch nur eine Verarbeitung des bisher gelieferten Materials geben, so hat doch sein und Deecke's wissenschaftlicher Eifer mehrere interessante Umstände ans Licht gezogen, welche nur aufmerksame Forschung in Lübeck gewinnen konnte, z. B. daß Liscow auf der Schule zu Lübeck seine Bildung erhielt und von hier im J. 1724 zur Universität ging (S. 4), daß er Jurist war und als Advocat im J. 1730 zu Lübeck lebte (S. 10), ferner Nachrichten über Sivers, Heineken, u. s. w.

G. C. F. Lisch.     


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12.
Slaggherts Chronik von Ribnitz.

In v. Westphalen Mon. ined. IV, 1745, p. 841 flgd. ist Slaggherts Chronik von Ribnitz in lateinischer Sprache abgedruckt. Diese Bearbeitung hat lange für einen Abdruck des Originals gegolten, bis Fabricius in Jahrb. III, S. 96 flgd. einen plattdeutschen Sext ans Licht zog, welcher durchaus alle Zeichen der Originalität hat. Sowohl nach dem Originale, als

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nach dem Verfasser der lateinischen Bearbeitung ist bisher vergeblich geforscht. In Koppe Jetztlebendes gelehrtes Mecklenburg, III, 1784, S. 52 - 53, ist in der Biographie des bekannten Dompropstes Dreyer († 1802) eine Aufklärung gegeben, deren Spur ein künftiger Bearbeiter des Slagghert leichter wird verfolgen können; Koppe sagt nämlich:

"Dreyer übersetzte, da er bey ihm" (seinem Oheim, dem Kanzler v. Westphalen zu Kiel) "im Hause war (1743 flgd.) "des Hederichs schwerinsche und des Lambert Slaggerts Ribbenitzer Chronik aus dem plat= und deutschen in Latein, welche, wie sie aus seiner Feder gekommen, im dritten Band der mon. ined. abgedruckt worden.

G. C. F. Lisch.     

Vignette
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XII.

Urkunden - Sammlung.

 


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A.

Urkunden

zur

Geschichte der Fürsten Pribislav von Parchim-Richenberg.


Nr. I.

D. d. Bützow. 1235. November 3.


Brunwardus Bischoff zu Zwerin legt zu seinem gestifteten Kloster zu Rune den Zehenden von zehn Hufen zu Holtzendorff (in villa Holtzatorum) , die sein Oheim (consanguineus) Thetlevus ein Ritter von Godebuz von ihm zu Lehn gehabt, und dass seine Gedechtnuss oder memoria alda in der Kirche mochte gehalten werden, wider uffgetragen hat. Item den Zehenden von eilf Hufen und den dritten teil des Zehenden, so fallen wirt vom orte des Holzes, so noch aussgeradet werden soll zu Grantzin, welche Nicolaus von Brusewitz ritter abgetreten. Noch fünfte halbe Hufe zu Boytin, die Conradus von Sywan ihm uffgetragen hat, wie er seine Schwester Elisabeth inss Kloster gegeben. Actum M. CC. XXXV. indict. IV. - Dat. in Buzyow III. nonas Novembris.

Aus Clandrians Regesten der schweriner Stiftsurkunden im grossherzogl. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.


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Nr. II.

Der Fürst Pribislav von Parchim bestätigt die Privilegien der Stadt Parchim.

D. d. Parchim. 1238.


Nach dem Originale im Archive der Stadt Parchim.

P. dominus in Parchem universis presens scriptum intuentibus et legentibus salutem. Notum facimus omnibus, quod divina favente miseracione patres nostri pie memorie sedula promocione terram Parchem colonis commiserunt christianis, ipsos tam de remotis partibus; quam de vicinis invitantes, in ipsa provincia civitatem construxerunt, iura ei et iudicia prestantes, que congrua commoda et utilia terre ac civitati eiusdem cultoribus videbantur. - Jura igitur, que tunc ab eis data sunt, nunc a nobis sub testimonio confirmantur. - Primo itaque omnium ipsam civitatem liberam concedimus omnibus inhabitantibus eam cum omni iure. - Huius eciam civitatis cultoribus damus proventum, qui vulgo sonat inninge et vridescillinc ad emendacionem et structuram civitatis. - Item tercia pars de vadiis magnarum causarum, sicuti de pugna infra civitatem, supra IIII solidos cedet in usus civitatis. - Item concedimus, quod ipsos nullam reisam vel expedicionem extra dominium nostrum oporteat equitare. - Item quod pro nulla causa ad alcius vadium, quam ad XII solidos debent compelli, nisi pro homicidio vel pro alio vulnere, quod per aciem ferri fiat. - Item quicunque civis accommodaverit bona sua qualiacunque alicui extra civitatem, et ille non solverit, in civitate detineatur, donec solvat, vel iusticiam exhibeat. - Item cives in Parchem non dabunt forense telonium per omnes terminos terre nostre. - Item datum est omnibus in terra manentibus, quod nunquam ad concilium, quod marcdinc vocatur, sunt compellendi. Similiter ad jus feodale, quod lenrecht vocatur, sunt minime citandi, sed tantum ad ius, quod mannerecht vulgo sonat. - Item equam partem habere debent filie cum filiis in omnibus bonis, tam feodis, quam aliis, et si non sunt filii, prestari debent filiabus bona patris. - Item si contingat mori aliquem, cuius filii non receperunt bona sua vivente patre, prestari

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debent eis bona, que patres eorum possederunt a paganismo et cultura silvestri. - Item concedimus, ut ea, que herewede dicuntur, et muliebria, que wiberade vocantur, minime dentur, sed hereditas est per medium dividenda. - Pascua autem civitatis protendunt a valle campi Boken usque ad tiliam et ab inde donec ad fontem, et a fonte directe usque in fluvium ad Zlotenam. - Item piscacio per omnem provinciam communis et libera est cum sportis et hamis et retibus, exceptis solis sagenis. - Item quicunque possidet bona sua et optinet diem et annum, nullus debet infringere pretendens racionem prioris beneficii. - Super hec omnia unicuique ita concessa sunt primitus bona sua in hac provincia cum omni iure, ut a nemine hominum unquam aliquam paciatur molestiam vel gravamen. Datum in Parchem anno domini M. CC. XXX. VIII.

Nach dem Originale auf Pergament, in einer scharfen und deutlichen cursivischen Minuskel. An einem Pergamentstreifen hängt das hierunter abgebildete Fragment des Siegels des Fürsten Pribislav:

Fragment des Fürsten Pribislav

Theilweise, aber mit mehreren Fehlern gedruckt in Cleemanns Chronik von Parchim, p. 101.


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Nr. III.

Der Fürst Pribislav von Parchim und der Graf Gunzelin von Schwerin vergleichen sich über einige Grenzen der Länder Ture und Brenze.

D. d. Schwerin. 1247.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


P. dei gratia dominus in Parchem omnibus presens scriptum intuentibus salutem in eo, qui est salus. Quoniam actiones pro bono pacis ordinate labente tempore labuntur a memoria simul cum tempore, ideo necesse est, ipsas scriptis in testimonium posteris commendari. Inde est quod tenore litterarum presencium declarandum duximus, quod quidquid inter dilectum generum nostrum G. comitem de Zwerin et nos super quibusdam terminis terrarum Ture necnon Brence dictarum controuersie vertebatur, sopiuimus, utrobique, ut patebit infra, finem concordie inponentes. Ordinatum inquam sic est, quod nos ad manus nostras quidquid predictus gener noster in terminis Thure possidere videbatur, ipsius favorabili accedente consensu recepimus in quieta possessione, e conuerso quidquid in terminis Brence ante possederat, quod tanquam nostrum multis habitis actionibus reputauimus, possidere nichilominus admittentes. Vt autem hec ordinacio duci in irritum in posterum non possit, presentem cartulam testium ac sigilli munimine duximus roborandam: Nanno de Lencin, Wedikinus, Martinus et Gherardus de Malin, Arnoldus de Molendino, Hinricus de Hagenowe, milites, aliique quam plures. Datum in Zwerin anno M°CC°XLVII.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer kleinen, festen Minuskel; an der rothen seidenen Schnur fehlt das Siegel.


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Nr. IV.

Der Fürst Pribislav von Richenberg verleihet dem Geistlichen Johannes die Burgkapelle zu Parchim mit 6 Hufen in Böken zur Kirche auf der Neustadt liegend, einen Hof und Hausplatz zwischen dem Burggraben und dem Mühlendamme und die Schulen auf der Altstadt und Neustadt.

D. d. Parchim. 1249. Sept. 20.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Pribizlauus dei gracia dominus de Rekenberch vniuersis presentem litteram visuris in perpetuum. Uniuersa negocia mandata litteris ac voci testium ab utroque trahunt inmobile firmamentum. Notum igitur sit presentibus et futuris, quod nos Johanni exhibitori presencium tam pro sua laudabili conversatione, quam pro suo fideli obsequio nobis sepius inpenso cappellam nostri castri in Parchim cum sex mansis in Bo v ken ad ecclesiam nove civitatis ibidem cum omni utilitate porreximus perpetuis temporibus suo vsui feliciter possidendam. Preterea - aream inter fossam castri et aggerem molandini sitam prefato Johanni dedimus ad vnam curiam et domum constituendam, ut eo vicinior esset in supra dicto castro divinum officium peragendum. Insuper scolas ubicunque in antiqua vel nova ciuitate construerentur, eidem contulimus in subsidium et iuvamen. Ne autem huic dono aliqua in posterum possit novercari calumpnia, presentem sibi paginam nostri sigilli inpressione signatam tradi iussimus ad munimen. Astiterunt autem, cum fieret ista donatio: Nanno de Lentsin, Arnoldus et Bernardus de Molandino, Theodericus Berser, Johannes de Redekestorp, Iwanus et Nicolaus fratres de Belowe, Gerardus et Martinus fratres de Malyn, Heinricus et Segebodo fratres dicti de Holtdorp, milites, Gerardus Knesel et alii quam plures, quorum hic non sunt nomina subarata. Acta sunt hec publice incastro Parchim, anno gra-

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cie M°CC°X°LIX°,datum ibidem in vigilia beati Mathei apostoli et ewangeliste.

Nach dem Originale auf Pergament, in einer kleinen, gedrängten, cursivischen Minuskel. An einer Schnur von grüner und gelber Seide hängt das hierunter abgebildete, zerbrochene Siegel Pribislavs I. mit dem thronenden Herrscherbilde.

Siegel Pribislav I.

Nr. V.

Der Fürst Pribislav von Richenberg verbessert die Pfarre zu Karow mit 5 Hufen.

D. d. Plau. 1254. April 23.

Nach einer Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Priszelaus dei gratia dominus de Rikenberg omnibus Christi fidelibus salutem in omnium saluatore. Cum ecclesia in villa Carow adeo et tam exigua videtur esse in redditibus, prout ex relatu parrochianorum didicimus, quod rector ecclesie ibidem de his se

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nequeat sustentare, ne dicta ecclesia diuinis careat obsequiis, et nos temporibus nostris diuinum cultum augere cupientes, tres mansos in villa Carow et duos mansos in villa Payaw cum omni iure maiore et minore, proprietate et libertate in siluis, campis, aquis, lignis, pascuis, pasturis, seruiciis et omnibus aliis emolumentis et pertinenciis, prout in suis continentur distinctionibus et metis, dictae ecclesiae pro sustentatione rectoris ecclesiae donauimus in remedium animae nostrae et nostrorum parentum et perpetuis temporibus applicamus. Datum Plawe anno domini millesimo ducentesimo quinquagesimo quarto, ipso die beati Georgii martiris.

Nach einer Abschrift vom J. 1591, Das Original war schon 1374 so vermodert, dass der Fürst Lorenz von Werle es transsumiren und bestätigen musste. Dieses Transsumt vidimirte 1529 der Professor und Archidiakonus Dr. Peter Boye; diese Vidimation ward in das Messbuch der Kirche geschrieben und daher stammt die Abschrift im Visitationsprotocolle vom J. 1591.


Nr. VI.

D. d. Dobbertin. 1255. März 3.


Rodolphi Bischofs zu Zwerin und Pribizlai Hern von Richenberg vertrag wegen der Zehenden im Lande Parchem, also dass Pribizlaus vom Bishhofe zu Lehn empfangen den Zehenden im Dorfe Telecowe und Stitne, item der Städte Plau und Parchem. Acta in Dobbertin 1255, 5 nonas Martii.

Aus Clandrians Regesten der schweriner Stiftsurkunden im grossherzogl. Geh. und Haupt - Archive zu Schwerin.


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Nr. VII.

Der Fürst Pribislav von Parchim schliesst mit dem Bischofe von Schwerin einen Vergleich wegen der Zehnten.

D. d. 1255. April.

Nach einer auscultirten Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Omnibus presens scriptum visuris dei gratia Pribizlaus dominus de Parchem salutem in domino. Pro sententiis latis in nos et terram nostram iuravimus stare mandatis domini nostri episcopi una cum ceteris hominibus nostris, qu[e] nobis iniunxit, et hoc in nos recepimus sub debito iuramenti, quod, elapso anno ab isto die, qui in solutionem rebelles fuerint, et secundum iura, que decreuimus, cum quinque militibus, habitatoribus terre nostre vasallis, ecclesie Swerinensi non obtinuerint decimas suas, easdem invadiabimus cum militibus, qui detinent bona, que nobis de medietate episcopi sint propter hoc concessa; quod si hoc non fecerimus, cessimus ab omni medietate eadem in bonis militum et aliorum, que nobis super eo sint concessa, quam milites et alii recipient de manu episcopi, sicut fide data promiserunt et iuraverunt, quod si milites eandem decimam non reciperent elapso anno et die, eadem decima libera esset ecclesie, et iura contra nos obtenta tam a papa, quam a legato, rege et episcopo essent in eodem statu et firmitate, quo tempore composicionis extiterunt; et super hac compositione de petitione et voluntate nostra et episcopi dabunt sigilla sua: dominus Germarus, comes Guntzelinus, dominus Johannes Magnopolensis, dominus Nicolaus de Werle, dominus Borewinus, quod tam contra nos, quam detentores decime et violatores huius compositionis erunt coadiutores ecclesie Swerinensis. Si autem aliquis super eo negaret sigillum suum, contentus deberet esse episcopus et ecclesia sigillo comitis Swerinensis et nostro. Acta sunt hec anno gratie millesimo ducentesimo LVt°, mense Aprili.

Nach einer Abschrift auf Papier aus dem Ende des 15. Jahrh.


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Nr. VIII.

Der Papst Alexander IV. gebietet dem Abt zu Stade, die Streitigkeiten zwischen dem Kloster Cismar und dem Fürsten Pribislav von Parchim, den Rittern von Rensefeld und einigen anderen Laien zu untersuchen und zu entscheiden.

D. d. Anagni. 1255. Julii 10.

Nach dem Originale im königl. dänischen Archive zu Kopenhagen.


Alexander episcopus, servus servorum die, dilecto filio abbati monasterii sanctae Mariae in Stadis, Bremensis diocesis, salutem et apostolicam benedictionem. Dilecti filii, abbas et conventus monasterii sancti Johannis evangelistae Lubecensis, ordinis sancti Benedicti, nobis conquerendo monstrarunt, quod nobilis vir Pribezlaus de Parchem, Everhardus de Rensevelde, Eckehardus et Ludolfus fratres eius et quidam alii laici Lubecensis et Verdensis civitatum et diocesium super terris, debitis possessionibus, redditibus et rebus aliis iniuriaverunt eisdem. Ideoque discretsoni tuae per apostolica scripta mandamus, quatenus partibus convocatis audias causam et appellatione remota debito fine decidas, faciens quod decreveris per censuram ecclesiasticam firmiter observari, proviso ne in terram dicti nobilis excommunicationis vel interdicti sententiam proferas, nisi a nobis super hoc mandatum receperis speciale. Testes autem, qui fuerint nominati, si se gratia, odio vel timore subtraxerint, censura simili, appellatione cessante, compellas veritati testimonium perhibere. Datum Anagniae VI id. Julii, pontificatus nostri anno primo.

Nach dem Original im königl. Archive zu Kopenhagen gedruckt in der Urkunden - Sammlung der schleswig-holstein-lauenburgischen Gesellschaft, I, S. 72.


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Nr. IX.

Der Fürst Pribislav von Richenberg verleiht und verbessert die Pfarre zu Wahmkow.

D. d. Sternberg. 1256.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt -Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Pribyzlaus dei gratia dominus de Richenberg omnibus hanc litteram visuris salutem in Christo Jhesu. Deperire possunt ordinata per homines, nisi firmare suscipiant a sygillatis apicibus cautiones. Ideoque notum facimus vniversis, quod nos de nostra bona uoluntate in presencia quorundam vassallorum domino Jordano capellano nostro, cognoscentes suum graue seruicium et fidele, ecclesiam in Womekowe contulimus cum villis et reditibus supscriptis: cum villa et ecclesia Pritutsen, que est filia ecclesie in Womekowe, in prefata villa Pretutsen duos mansos ad ecclesiam et hos cum omni iure preter sententiam capitalem, et de quolibet manso dimidium modium siliginis annuatim, in stagno adiacenti preter sagenam ad suos usus liberam piscaturam; at vero in villa Womekowe de suis quatuor dotatis mansis omne iudicium sive minimum, sive maius, absque sentencia capitali, item cum villa Niendorp, Bucholte, Turglove, Stampen et de ipsis nominatis villis, qui mansos vel mansum habent, dimidium modium siliginis annuatim, et omnes cotsati quisque pro se singulis annis pullum aut duos denarios soluere teneatur; et ipso iure omnes sui gaudeant successores. Ne igitur aliquis successorum nostrorum infringere hoc presumat, hanc litteram sibi fecimus sigilli nostri munimine roborari. Testes huius rei sunt: dominus Hermannus Brushauer et suus frater Arnoldus, dominus Henricus deRolstede, dominus Henricus de Holtdorp, Hermannus plebanus de Zickelcowe et dominus Bruno vicarius de Sterneberg. Acta sunt hec in Sterneberg anno gratie M°CC°L°VI°, procurante Zwerinensem ecclesiam Rodolfo episcopo.

Nach dem Originale auf Pergament in einer grossen Minuskel. An einem Pergamentstreifen hängt des Fürsten Pribislav grosses,

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oben zur Urkunde Nr. IV. abgebildetes Siegel; etwas zerbrochen. Von der Umschrift ist nur noch vorhanden:

Umschrift

Nr. X.

Der Fürst Pribislav von Richenberg entsagt allen seinen Rechten an vier Hufen Landes der Kirche zu Raden,

d. d. Sternberg. 1234. Jun. 25. (1256?),

und der Fürst Heinrich von Meklenburg bestätigt diese Verleihung.,

D. d. Wismar. 1256. (1265 - 66?)

Nach einer Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Pribislaus dei gratia dominus in Richenberch omnibus hanc literam uisuris salutem in Christo Jesu. Notum facimus uniuersis, quod de bona uoluntate nostra et uasallorum nostrorum consilio renunciamus omni iure, quod habuisse dignoscimur in quatuor mansis, cum quibus ecclesia in Radim fundata est et donata, duabis partibus in sententia capitali nobis tantummodo reseruatis, uolentes, quod ecclesia eadem et rectores eius in perpetuum dictis mansis cum omni proprietate et ecclesiastica libertate, cum iure et iudicio uasallico et tercia parte sententie capitalis eternaliter perfruantur. Per has autem litteras aliis litteris super eadem ecclesia datis nolumus in aliquo derogari. In huius rei testimonium sigillum nostrum huic littere est appensum. Testes suut: dominus Hermannus Brusehauer et suus frater Arnoldus et dominus Henricus de Golstede et dominus Henricus de Boltendorpe, milites. Acta sunt hec in Sterneberg anno domini millesimo ducentesimo tricesimo quarto, in crastino Johannis baptiste.

Nos Henricus dei gracia Magnopolensis dominus recognoscimus publice per presentes, nos infra scriptas litteras nobilis uiri patrui

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nostri carissimi domini Pribislai domini in Richenberg uidisse et audiuisse sub uero suo sigillo et integro omni carentes suspititione in hec uerba. - - - Facta igitur per patruum nostrum predictum grata habentes premissa omnia ratificamus et legitime approbamus ac in eorundem testimonium sigillum nostrum appendimus huic scripto. Testes sunt dominus Benedictus de Rodenbeke, miles, dominus Hermannus de Lue, dominus Arnoldus Clauue, miles, et Theodoricus frater eius. Actum et datum in castro nostro Wismarie per manus domini Henrici notarii nostri et rectoris ecclesie in Gneuesmolen sub anno domini millesimo ducentesimo quinquagesimo sexto.

Nach einer spätern Abschrift auf Papier. Die Data beider Urkunden sind aber augenscheinlich falsch. Im J. 1234 stand Pribislav noch unter Vormundschaft; seit 1238 - 1247 führte er den Titel Dominus in Parchim, und erst seit 1249 nahm er Titel Dominus in Richenberg an. Die Zeugen dieser Urkunde sind aber offenbar dieselben, welche auch in der gleichfalls zu Sterneberg ausgestellten Wahmkower Urkunde von 1256 (Nr. IX.) auftreten, da statt des unbekannten Henricus de Boltendorp ohne Zweifel Holtdorp (oder Holtzendorp) , statt Golstede aber Rolstede zu lesen ist, wenn der letztere Name nicht umgekehrt in der Wahmkower Urkunde verschrieben sein sollte, was mir wahrscheinlich ist, da die Familie Golstede oder Goltstede um diese Zeit sehr häufig vorkommt. Hiernach darf man unbedenklich beide Urkunden als gleichzeitig annehmen.

Was aber die Confirmation des Fürsten Heinrich, angeblich vom Jahre 1256, betrifft, so erinnere ich nur daran, dass in diesem Jahre nicht nur der Vater des Fürsten, Johannes (†. 1264 Aug. I.) noch lebte, sondern auch Pribislav noch im Lande war, auch die neue Burg zu Wismar, wo die Urkunde ausgestellt ist, erst 1256 vollendet ward (Jahrb. V. S. 1.). Die Zeugen entscheiden hier nichts, da sie sämmtlich zwischen 1253 - 65, und theilweise noch später, häufig vorkommen; dagegen fungirte der am Schlusse als Concipient genannte Pfarrer Heinrich von Grevismühlen nur zwischen 1261 - 69 als Notar am meklenburgischen Hofe.

Hiernach gehört die Urkunde wahrscheinlich in das Jahr 1265 oder 66.


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Nr. XI.

Der Herzog Barnim von Pommern schenkt dem Grafen Gunzelin von Schwerin 4000 Hufen Landes an der Grenze des Gebietes des Herzogs Wartislav von Demmin gegen die Länder Doberen und Stargard an der Drawe gelegen.

D. d. 1257. Junii 10.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


B., dei gracia dux Slauorum omnibus presens scriptum respicientibus salutem in salutis auctore. Tenore presencium cupimus esse notum, quod nos consanguineo nostro predilecto Gunzelino comiti Zwerinensi necnon heredibus ipsius de bonis nostris, terminis nostri consanguinei W. ducis Deminensis uersus terram Doberen adiacentibus liberis uidelicet et non pheodaliter a nobis porrectis, quatuor milia mansorum mera ac libera contulimus uoluntate, omni iure, omni libertate, qua nos eadem bona possedimus, liberaliter ad manus predicti comitis resignantes, uersus aquam, que wlgariter Draue nuncupatur, sic et uersus terram Stargarth iam dictorum mansorum, quos tam in siluis, quam in campis, pratis, pascuis et aquis dedimus terminos pretendentes. Igitur ut hec donacio a nobis graciose facta perpetuo maneat inconcussa, presentem paginam cum nominibus testium infradicendis nostri sigilli munimine nobis placuit roborari. Hii enim sunt testes: Warzslaus dux Deminensis , Borcho, Venzciko de Vzenem, Gerhardus de Zwerin, Hinricus Munth, Rodolphus de Nova Ecclesia, alii quam plures. Datum anno gracie M. CC. LVII, quarto ydus Junii.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer gewöhnlichen Minuskel. In dem Siegelloche hangen nur noch einige Fäden gelber Seide.


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Nr. XII.

D. d. Bützow. 1261. Jun. 18. (1257. Jun. 3.?)


Johannes und sein Sohn Hinricus zu Mekelnburgk, Nicolaus von Werle, Hern zu Wenden, bekennen, weil zwischen dem Bischoff zu Zweryn an einem, und ihren Vorältern anders teils wegen der Scheide der Lande Parchem und Butsowe bei dem Dorfe Lubbetscin und Boytin, Poppelestorp und Rosenow, Warnow und Lutken Radum viel streits gewesen, denselben uff zu heben, haben sie, wie es der Bischoff Rodolfus bey seinem eide erhalten, dass erss von seinen Vorfaren gehöret, die scheide zwischen Lutken Radum und Warnow, Poppelstorp und Rosenow absticken und bezeichnen lassen, und dass gesagt wurde, dass die helffte des dorffes Lubbetscin mit der helffte des Feldes bis an die scheide Scampen und Boytin zum Lande Butsowe gehörete. Obgemelte Herrn aber legen und verlassen umb seligkeit ihrer und ihrer eltern Seele, der etwan worin geirret, das Dorf Lubbetscin zum Lande Butzow und die Kirchen zu Zwerin mit allem rechte, gerichte, dienste und nutzung. Acta sunt haec anno gratiae M . CC . LXI. Datum Butsowe, sexta feria post Pentecostes.

Hieran sein 3 gesunde Sigel, aber am Brieffe haben die mäuse etwas eingefressen.

Aus Clandrians Regesten der schweriner Stiftsurkunden.

Vergleiche hiemit Chemnitz vita Johannis II. ad a. 1257: "Im selbigen Jahre haben Johannes und Henricus der ander, Vater und Sohn, Herrn zu Mecklenburg, und Nicolaus der funfte, Herr von Werle, dem Stifte Schwerin das ganze Dorf Lubbezin mit allen Rechten conferiret und übergeben. Brieffl. Urk." - Dasselbe wird wiederholt in vit. Henrici II. v. Meckl. u. Nicolai V. v. Werle zu dem gedachten Jahre. Chemnitz scheint also noch eine Abschrift dieser Urkunde gekannt zu haben, die das Datum 1257 hatte, welches allerdings zu den Verhältnissen besser passt. Clandrian hat vielleicht die Ziffer Ivij=57, irrig für Ixj=61 gelesen.


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Nr. XIII.

Der Abt des Klosters Dünamünde bekennt, dass der zwischen ihm und dem Grafen Gunzel von Schwerin abgeschlossen gewesene Tausch der Güter Siggelkow und Zachow gegen 800 Hufen im Lande Doberen von beiden Seiten widerrufen worden sei.

D. d. Schwerin. 1262. Octbr. 25.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


W. frater abbas Dunemundensis omnibus hoc scriptum intuentibus salutem in salutis auctore. Cognoverint universi, quod nos commutacionem bonorum, que inter nobilem virum G., comitem Zwerinensem, et nos ex parte altera facta fuit, videlicet in bonis Zcichlicowe et Zcachowe et octingentis mansis in terra Doberen locatis, de voluntate et consensu eiusdem comitis, omnibus actionibus, que ex hac commutacione hinc inde suboriri possent, nunc aut in posterum plane quiescentibus, absolute ac libere revocamus, ipsam revocacionem sic, ut diximus, esse factam, et nostra sigilla huic cedule appensa et confratrum nostrorum nominibus Hinrico videlicet, Godescalco, Hermanno, Ludero, qui huic facto aderant, protestantes. Datum in Zwerin, anno gracie M°. C° C° . LXII, octavo calendas Novembris.

Nach dem Original auf Pergament, in einer kleinen, etwas flüchtigen Minuskel. An einem von dem Pergamente selbst abgetrennten Streifen hängt ein kleines, längliches Siegel von weissem Wachs, auf welchem ein Priester mit dem Krummstabe steht. Von der Umschrift ist mit Sicherheit nur oben rechts der Buchstabe M zu erkennen.


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Nr. XIV.

D. d. Bützow. 1264. Octbr. 23.


Hermannus Bischoff zu Schwerin giebt dem Probste zu Rune Macht, dass er die Kirche zu Vrowenmark im Lande Parchem, daran jus patronatus Guncelinus Graf zu Schwerin dem Kloster Rune gegeben, durch einen ewigen vicarium muge verwalten lassen. Datum Butezow 1264, 10 kal. Novembris.

Ist gesund an Pergament und Siegel.

Aus Clandrians Regesten der schweriner Stiftsurkunden.


Nr. XV.

Die Herzogin Helena von Sachsen mit ihren Söhnen Johann und Albert schliesst einen Vertrag mit den Grafen Guncelin und Helmold von Schwerin und verlobt dem letzteren ihre Tochter, wogegen die Grafen der Herzogin Land, Stadt und Schloss Parchim abzutreten versprechen.

D. d. Lauenburg. 1264. Novbr. 23.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine patris. Elena dei gracia Westfalie et Saxonie ducissa omnibus hoc presens scriptum intuentibus salutem. Que geruntur in tempore, ne simul labantur cum processu temporis et ne possit ipsis in posterum opponi calumpnia, scripturarum solent memoria perhennari. Sane sciant universi et presentibus protestamur, quod nos et filii nostri Johannes et Albertus Saxonie duces super amicicia et pacis confederacione inviolabiliter observanda cum viris nobilibus Guncellino et Helmoldo comitibus Zwerinensibus placitavimus in hunc modum, ita quod filia nostra iam dicto comiti Helmoldo iuniori de Zwerin legitimali copula desponsetur. Huic nobili viro cum filia nostra da-

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bimus sexcenta (?) milia examinati argenti aut pro marca qualibet duo talenta Luneburgensis monete secundum tempus et inducias inter nos ordinatas: primo termino dabimus ad presens mille marcas examinati argenti ante festum Epiphanie; secundo termino, hoc est in die beati Martini presentabimus iam dicto comiti filiam nostram in domum suam et duo milia marcarum argenti puri presentabimus ipso termino cum filia nostra, tali cum pacto, ut nobis et filiis nostris, iam dictis ducibus, castrum Parchem cum opido et terra adiacenti a comitibus iam prelibatis libere presentetur secundum terminos distinctos inter ducatum nostrum et terminos marchionum, quod in medio fluminis aque, que Eldena dicitur, termini nostri et marchionum dividuntur, ipsi etiam coloni totius terre et cives opidi Parchem tenebuntur iam dictis comitibus ad id theloneum et ad eandem exactionem, quam dare consueverunt temporibus domini Prippezclawi; tria vero milia marcarum, que adhuc dare tenemur, in quibus nos obligavimus. dabimus in termino ipsius anni et spacio eiusdem, caucione sufficienti iam dictis comitibus data pro pecunia eadem, hoc eciam interposito, quod ipsi comites a nobis et a nostris filiis iam dictis ducibus villam, que Radum dicitur, sitam in terra Parchem, in terminis suis, quibus nunc gaudet, et cum omni iure, tenebunt iure feodali. Super isto facto nostro firmiter observando nos personaliter cum filiis nostris et Georgius et Theodoricus milites dicti de Hiddezaker et meus pincerna promisimus fide data. Si quis autem nostrum hoc decretum nostrum inprimere presumpserit, mille marcas examinati argenti tenebitur alteri persolvendo, promisso nichilominus inter nos facto firmo stare. Datum Lovenburch, anno domini M° CC°LX°IIII°, Clementis martiris.

Nach dem Originale auf Pergament in einer kleinen, cursivischen Minuskel. Das Siegel ist von dem Pergamentstreifen abgefallen.


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Nr. XVI

Die Herzoge Johann und Albert von Sachsen kaufen von den Grafen Guncelin und Helmold von Schwerin Stadt und Land Parchim, mit Ausnahme der Neustadt Parchim, deren Ankauf den Herzogen jedoch binnen acht Jahren ebenfalls freistehen soll.

D. d. Lauenburg. 1265. Febr. 1.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Johannes et Albertus dei gracia duces Saxonie, Angarie et Westfalie universis hoc scriptum visuris salutem in domino. Notum esse volumus universis et presentibus protestamur, quod, habito consilio sano dilecte matris nostre simulque avunculi nostri karissimi, illustrissimi principis Alberti ducis de Bruneswik, cum viris nobilibus Gunzelino et Hellenboldo comitibus de Zwerin sub quadam forma composicionis convenimus in hunc modum, quod prefatis comitibus pro civitate Parchem et castro et terra adiacente, culta et inculta, rivis, pratis et pascuis et omnibus attinenciis, que ad nostrum spectant ducatum, usque in medium aque fluxum, que Eldena dicitur, quod middenstrum vulgariter nuncupatur, sex milia marcarum puri argenti dabimus, sive duo talenta denariorum Hamburgensis vel Lubicensis monete pro marca qualibet computata, dummodo denarii in eodem valore permaneant, in quo nunc existunt; hoc autem nostre committendum est voluntati. Emimus enim omnia bona, sive sint libera vel infeodata, et sicut a nobis dinoscuntur predicti comites hactenus possedisse. Novam vero eiusdem loci civitatem sepe dicti comites in bona quiete sicut hactenus perpetuo possidebunt, ita tamen, quod nullam pro se necessitatem allegare poterint vel causam, ut prenominatam novam civitatem alicui vendere presumant vel feodaliter conferre sive titulo pignoris obligare, tali autem apposita condicione, ut si nostre placitum fuerit voluntati, ipsam novam civitatem Parchem pro mille marcis et ducentis examinati argenti, vel duobus talentis pro marca computatis qualibet, comparare poterimus sub ea forma, ut iam

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dicta pecunia infra terminum octo annorum a nobis persolvatur, sin autem, iam sepedicti comites a tali condicione, qua nobis obligati fuerint, liberi erunt et absoluti, nichilominus ipsam novam civitatem cum distinctione terminorum adiacencium sub eorum potestate reservabunt. Dicti vero comites a burgensibus antique civitatis in Parchem et nove nullum de cetero exigent ungheld in Nova Civitate, que Ghiwe dicitur, ipsi tamen sibi ab eisdem debitum teloneum reservabunt. Predicte vero pecunie solucionis termini hii sunt: in proxima dominica, qua cantatur Letare, persolventur mille marcae argenti; in festo beati Martini proximo nunc venturo mille similiter persolventur; deinde in festo beati Johannis baptiste duo milia marcarum, ab illo vero die post unius anni terminum usque in ipsum diem Johannis baptiste duo milia marcarum persolventur; in hiis terminis prescriptis pecunia predicta integraliter persolvetur. Pro qua data fide promisimus cum avunculo nostro Alberto duce Bruneswicensi, triginta militibus nobiscum sub ipso promisso super solucione predicte pecunie obligatis, quorum nomina sub alio scripto singulariter exprimentur. Ut autem hec prescripta rata permaneant et inconvulsa, presentem cedulam conscribi fecimus et sigilli nostri munimine roborari. Actum et datum anno dominice incarnacionis M° CC° LXV°, in die Brigitte martiris, in castro nostro Lovenborch, per manus Bartholomei, plebani ibidem, notarii curie nostre.

Nach dem Original, auf Pergament, in einer flüchtigen, oft undeutlichen, cursivischen Minuskel. An Pergamentstreifen hangen zwei Siegel aus ungeläutertem Wachs, beide sind jedoch zerbrochen.

Auf dem ersten gemeinschaftlichen Siegel der Herzoge Johann und Albert sind zwei nicht gerüstete Reiter einander gegenübergekehrt dargestellt, von denen jeder in der einen Hand eine Fahne, beide aber zusammen mit der andern Hand einen Wappenschild in die Höhe halten, welcher längs getheilt und in der rechten Hälfte mit einem halben Adler, in der linken Hälfte mit vier gegatterten Querbalken belegt ist. Von der Umschrift ist nur noch zu lesen:   Umschrift

Auf dem zweiten Siegel (wohl dem der Mutter der beiden Herzoge) ist noch der obere Theil einer sitzenden weiblichen Figur erkennbar; auf jeder der beiden frei stehenden Säulen der Stuhllehne steht ein der Figur zugewendeter Storch mit aufgesperrtem Schnabel; die rechte Hand legt die Figur auf den Kopf eines Hundes. Von der Umschrift ist nur noch zulesen: Umschrift


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Nr. XVII.

Die Herzogin Helene von Sachsen schenkt der Kapelle zum Heil. Geist zu Parchim das Eigenthum von 3 Hufen im Dorfe Grabbin.

D. d. Parchim. 1265 (?). Junii 6.

Nach einer Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Nos Helena dei gracia ducissa Saxonie, Angarie et Westualie omnibus in perpetuum. Quoniam omnes peccauimus et egemus gracia dei, necessarium nobis est diem extremum largicionibus elemosinarum et bonis operibus preuenire. Nouerint igitur presentes et posteri, quod nos, pro salute dilecti domini et mariti nostri pie memorie Alberti quondam ducis Saxonie, proprietatem trium mansorum in villa Grabbyn ad domum sancti spiritus in civitate nostra Parchem liberaliter erogamus de filiorum nostrorum Johannis et Alberti favorabili voluntate, iudicio tantum nobis et seruicio, quod vulgo borchwerck dicitur, reseruato. Ut autem hec donatio stabilis perpetuo perseueret, presens sciptum cum appensione sigilli nostri dicte domui iussimus in testimonium presentari. Hii vero nobiscum intererant et sunt testes: Detleuus de Parchentin, Hinricus de Crumessen, Bertoldus de Ritzerowe, Bartholomeus pincerna, David de Grebene et Bernardus de Molendino cum aliis probis viris. Actum et datum in castro nostro Parchim anno domini M° CC° LV° VIII, idus Junii.

Nach einer Abschrift aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts im grossherzogl. Geh. und Haupt - Archive zu Schwerin. Das Datum dieser Urkunde MCCLV ist ohne Zweifel nicht richtig, denn der Herzog Albert starb im J. 1260, lebte jedoch noch am 26. Junii d. J. (vgl. v. Kobbe Geschichte von Lauenburg I, S. 312); Chemnitz in vita Pribislai III. hat gleichfalls 6. Junii 1255, das parchimsche Kirchenvisitations - Protocoll von 1563 gedenkt dagegen einer von der Herzogin Helene auf dem Schlosse zu Parchim ausgestellten Urkunde vom Jahre 1225, womit ohne Zweifel die obige gemeint ist. Das Original wird MCCLXV gelesen haben, und muss der untere Strich des L, so wie das folgende X erloschen gewesen sein, wesshalb der Abschreiber diesen leeren Raum bloss durch den fehlenden Strich des L (I...V), die Kirchen - Visitation aber durch XXV ergänzte statt LXV. Ueber die Minderzahl V sind alle einig.


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Nr. XVIII.

D. d. Parchim. 1268. Jan. 23 (24).


Johannes und Albertus Hertzogen zu Sachsen Engern und Westphalen verordnen., welcher gestalt die irrung zwischen h. Hinrich, Probsten zu Rune, und Jordan von Lanken wegen der Scheide zwischen dem Dorffe Grantzin und dem Dorffe Stralendorff und Lanken durch die darin benannte Personen sollen uffgehoben werden. Dat. Parchem anno Dni. 1268 in die Timothei X. Kal. February.

Aus Clandrians Regesten der schwerinschen Stiftsurkunden Fol. 231 a.
Festum Timothei ist=24. Jan., X. Kal. Febr.=23. Jan. Es ist daher entweder zu lesen: in vigilia Timothei, oder IX. K. Febr.


Nr. XIX.

Der Herzog Mestwin von Pommern nimmt von den Markgrafen von Brandenburg, welche seine Tochter vermählt haben, seine Länder zu Lehn, mit Ausnahme des Landes Belgart.

D. d. Arnswalde. 1269. April 1.

Nach einer alten Copei im königl. preuss. Staats - Archive zu Berlin.


In nomine domini Amen. Mestwinus dei gratia dux Pomeranorum omnibus presentes nostras literas inspecturis salutem in omnium saluatore. Que aguntur a nobis, ne a memoriis hominum, que res fragilis est, excidant et evanescant, consuevimus nostris scriptis autenticis roborari; nam fidele testimonium dat scriptura, intereuntibus enim hominibus non sinit ea, que sibi commendantur, aliquatenus interire. Hinc est, quod notum esse volumus universis, quod cum dominis nostris illustribus principibus Johanne, Ottone et C[onrado], Brandenburgensibus marchionibus, amicabiliter et concorditer convenimus in hunc modum: quod filiam nostram viro matrimonialiter copulaverunt, cui mille marcas examinati argenti superad-

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demus, maritus vero centum marcas eidem nomine dotis assignabit, annuo excipiendas vite sue temporibus feliciter et quiete. In signum uero beneficii et dilectionis exhibite nobis et unionis indissolubilis cum dictis dominis nostris marchionibus contracte, de mera nostra voluntate et motu proprio et consensu, omnia bona nostra et proprietatem omnium bonorum nostrorum dominis nostris marchionibus antedictis renunciavimus et recepimus ab eisdem ipsa bona in feodum, omagium ipsis, prout iustum est, exhibendo. Dicta etiam bona uxori nostre et pueris nostris suis patentibus literis iusto titulo feodi transmiserunt perpetuo possidenda, preter castrum Belgart cum terra adiacente et omnibus suis pertinentiis, quod ad usus suos sibi libere reservabunt. In cuius restaurum dicti domini Marchiones nobis et uxori nostre et pueris nostris centum marcas Stendaliensis argenti conferent in feodum annuo excipiendas, vel centum choros duri frumenti, tritici XXX choros, siliginis XXXX, ordei XXX iusto titulo feodi possidendas, et si dictum frumentum in terra ipsorum duxerimus acceptandum, omnia feodalia in ipsis bonis et hominibus, vel beneficiis ecclesiasticis conferendis libere nobis cedent. impedimento quolibet et contradictione postposita et semota. Preterea dictis dominis marchionibus fideliter in omnibus adstabimus indefesse, assistentes eisdem in omnibus et ad omnia promoventes, que ipsis noverimus esse commoda sive grata. In cuius rei testimonium presentem nostram literam in testimonium validum duximus conferendam, sigilli nostri munimine roboratam, adhibitis testibus idoneis, quorum nomina pro firmitate maiori duximus exhibenda: Zistlaw, Domezlaw, Dalez, Pozewalc, Mizlebor, Peter, Nicol. Koyt. Datum Arnswolde, anno domini M° CC° LXIX°, feria secunda post octavas pasce.

Gedruckt in Gercken Cod. dipl. Brand. I., p. 208, nach einer Copie im königl. Archive zu Berlin (Cod. copiar. membr. Fol. XL. Sect. XIV.: de renunciatione terre Pomeranie et castri Belgarten). Vorher war diese Urkunde aus eben diesem Copiario bereits gedruckt bei Dreger (Cod. diplom. Pomeranie T. I. p. 546. Nr. 436.), aber sehr fehlerhaft; z. B. gleich zu Anfang lieset Dreger: maritus vero tenetur (st. centum) marcas eidem nomine dotis assignare (st. assignabit), und bemerkt dabei, dass die Zahl der Marke vermuthlich ausgelassen sei. Späterhin steht patruis nostris st. pueris nostris u. s. w.

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Uebrigens macht Gercken darauf aufmerksam, dass diese Lehnsobligation sich nur auf Hinterpommern und die Gegend um Danzig beziehe, und verweiset zur Erklärung dieses wichtigen Ereignisses auf die Urkunde Mestwinis sub Nr. CXLVI (wahrscheinlich T. I. p. 249), eine Urkunde ohne Datum ungefähr aus derselben Zeit, in welcher Mestwin zur Sicherheit seines Lebens und zum Gedeihen seiner Angelegenheiten die Markgrafen zu seinen Herrn und Schützern erwählt und dafür Stadt und Land abtritt.

Die vorstehende Urkunde ist neuerdings auch gedruckt bei Riedel cod. dipl. Brand. II, I. Nr. 136, nach dem Copial - Buche des königl. preuss. Geh. Cab. Archivs I. C. 4. in Quarto, Fol. 40.


Nr. XX.

Die Grafen Gunzelin und sein Sohn Helmold von Schwerin verleihen der Marien-Kirche auf der Neustadt Parchim 6 Hufen des Dorfes Bök, welche der wailand Ritter Gerhard von Malin zu Lehn besessen und der gedachten Kirche in seinem Testamente legirt hat.

D. Parchim. 1270. Septbr. 28.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Gunzelinus dei gracia comes Zwerinensis et Helmoldus filius ipsius omnibus in perpetuum. Fragilitas condicionis humane requirit, ut ea, que inter presentes rite aguntur, scripture testimonio confirmentur; nam que processu temporum obliuione depereunt, litterarum testimonio reuiuiscunt. Nouerint eapropter tam posteri, quam presentes huius pagine inspectores, quod nos pro remedio animarum nostrarum, progenitorum et successorum nostrorum ecclesie sancte Marie in nova ciuitate nostra Parchem proprietatem sex mansorum in villa Bo u ken cum omni vtilitate et prouentibus eorundem donauimus et dedimus pleno iure, quos bone memorie dominus Gerhardus de Malin a nobis iure tenuit pheodali et eosdem in testamento suo pro anime sue remedio ipsi ecclesie assignauit, ita videlicet, quod plebano eiusdem ecclesie, quicunque pro tempore fuerit, deseruiant cum

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omni vtilitate, que ab ipsis poterit prouenire, ius tamen aduocacie sicut in ceteris bonis nostrorum vassallorum nobis per omnia reseruantes. Vt autem hec nostra donacio stabilis et inuiolata permaneat et a millo hominum possit in posterum infirmari, presentes litteras in testimonium conscribi fecimus et sigillorum nostrorum robore iussimus communiri. Datum et actum Parchem, anno domini 1270 , quarto kalendas Octobris, per manus Hogeri capellani et notarii curie.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer gewöhnlichen Minuskel, mit zwei Siegeln von weissem, ungeläuterten Wachse, mit braunem Firniss überzogen, an Pergamentstreifen, nämlich:

1) dem schildförmigen Siegel des Grafen Gunzelin mit zwei gegen einander gekehrten Lindwürmern an einem Baume; von der Umschrift ist noch zu erkennen :

Umschrift

2) dem runden Siegel des Grafen Helmold mit einem ungezäumten, rechts hin schreitenden Rosse, dessen Umschrift bis auf die Buchstaben IN gegen das Ende abgebröckelt ist.


Nr. XXI.

Der Graf Helmold von Schwerin verleiht mit Einwilligung seines Vaters Gunzelin der Marien-Kirche auf der Neustadt Parchim das Eigenthum von vier Hufen in dem Dorfe Bök, welche einige Bürger der Stadt für die gedachte Kirche gekauft haben.

D. Parchim. 1274. Jul. 12.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Nos Helmoldus dei gratia comes Zwerinensis omnibus in perpetuum. Omnis actus et opus quodlibet, quod ad futuram digeritur posteritatem, necesse est summopere priuilegiorum auctoritate et testium subscriptionibus roborari. Hinc est quod ad uniuersorum, tam presencium,

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quam futurorum cupimus noticiam pervenire, quod nos, accedente legitimo et benevolo consensu dilecti patris nostri, domini Gunzelini comitis de Zwerin, proprietatem quatuor mansorum sitorum in villa Boken, quos dilecti cives nostri de Parchem, videlicet Olemannus, Wedego de Ponte, Arnoldus de Vilan et Scolene molendinarius pro remedio animarum suarum suis denariis ademerunt, dedimus et donavimus ob spem ac meritum retribucionis eterne ecclesie sancte Marie in nova ciuitate Parchem, cum omni iure ac vtilitate et prouentibus eorundem perpetuo possidendum, ita videlicet, quod quicunque plebanus fuerit iam dicte ecclesie, hos quatuor mansos habet ad usus suos, hac adiecta condicione, quod omnibus diebus festiuis vnam priorem missam dicat et omnibus quartis et sextis feriis missas pro defunctis similiter cantet in ecclesia memorata. Huius donacionis nostre testes sunt: clerici: Hermannus plebanus dicte ecclesie in Parchem, Zeghebandus plebanus in Moderiz, Johannes plebanus in Clocowe, Hogerus plebanus in Grabowe et curie nostre capellanus; milites vero sunt: dominus Gargheuiz, noster aduocatus, dominus Nicolaus de Belue, dominus Sifridus de Kardorpe; ciues vero sunt: Volpertus, Johannes de Boycenborch, Arnoldus de Boken, Johannes Rampe, Hinricus Institor et alii quam plures. In cuius rei noticiam presens scriptum nostri sigilli robore iussimus communiri. Datum et actum Parchem, anno domini 1274 , quarto ydus Julii.

Nach dem Originale auf Pergament, in einer gewöhnlichen Minuskel, mit zwei Siegeln von weissem, ungeläuterten Wachse, nämlich

1) dem Siegel des Grafen Helmold von Schwerin, an gelben, linnenen Fäden, mit dem wohl erhaltenen, rechts schreitenden Rosse, dessen Umschrift bis auf die letzte Sylbe ....SIS. abgebröckelt ist, und

2) einem Siegel an dunkelblauen, linnenen Fäden, von welchem jedoch nur noch einige Bruchstücke vorhanden sind, auf deren einem die Buchstaben ANN zu erkennen sind, vermuthlich dem Siegel des Pfarrers Herrmannus an der Marien - Kirche zu Parchim.


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Nr. XXII.

Die Markgrafen Otto und Albert schliessen einen Vertrag mit dem Grafen Helmold von Schwerin.

D. d. Dolslege. 1275. Mai 18.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis Nos Otto et Albertus dei gracia marchiones Brandenburgenses notum facimus universis, tam presentibus, quam faturis, quod, mediantibus auunculis nostris illustribus principibus dominis Alberto et Johanne ducibus de Brunswic, cum comite Helmoldo Zwirinensi concordavimus in hunc modum, quod ab omnibus culpis ac causis antiquis et novis, propter quas nostram in gratitudinem incurrerat, cessamus ab omnique odio, ipsumque comitem in nostram familiam recipimus, graciam et favorem, ita quod ubicunque comes antedictus nostro consilio vel auxilio indigebit, si forsitan ad destructionem suam vellent aliqui laborare, pro ipso placitabimus et pro ipso stabimus fideliter, sicut pro nostro uasallo et pro quolibet de nostra familia in nostro seruicio constituto; ipse eciam comes in nostro seruicio perpetuo debet esse cum toto suo posse suisque municionibus contra omnem hominem de mundo, exceptis tamen ab ipso auunculis nostris ducibus Saxonie dominis Johanne et Alberto auunculis nostris; contra quoslibet alios nobis servire et assistere tenebitur comes sepedictus omni tempore vite sue, tamen si contra amicos eiusdem comitis trans Albiam aliquid habuerimus questionis uel rancoris, eidem comiti significabimus: qui si eosdem uel aliquem ipsorum infra proximas quatuor septimanas, postquam eidem intimavimus causam vel causas nostri rancoris, secundum nostrum beneplacitum non potuerit nostre gracie reformarc, extunc cum omni suo posse contra eosdem suos amicos fideliter nos iuuabit, et si medio tempore, id est infra quatuor septimanas iam predictas, nos vel nostri homines uel amici per terras sepedicti comitis transire uellemus, hoc non debebit dictus comes, nec sui homines facto uel consilio inpedire. Quamcumque gwerram idem comes nobiscum attemptabit, in illa nos nequaquam deseret, nec nos ipsum; pacem, treugas

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sive id, quod uulgariter gedult dicitur, ipse non faciet, nisi de nostra fuerit voluntate, nec nos sine ipso concordiam aliquam faciemus. In inpeticione noue civitatis Parchem comes Helmoldus antedictus nos non debet aliquatenus inpedire. Preterea ex parte sepedicti comitis super Albiam id, quod ungelt dicitur, de cetero non recipietur, sed iustum theolonium secundum quod ab antiquis temporibus est receptum. Idem comes nostris hominibus et uasallis de hiis, que cum ipso facere habebunt, plenam iusticiam exhibebit; nos eciam vice versa suis hominibus iusticiam faciemus. Hec omnia supradicta sepedictus comes nobis fide data promisit, nos eciam eidem promisimus firma inviolabiliter obseruare. Interfuerunt autem hiis tractatibus testes infra scripti: domini duces Brunswicenses Albertus et Johannes, auunculi nostri, venerabilisque pater dominus Hermannus episcopus Zwirinensis, Richardus Magnus, eiusdem ecclesie canonicus, Gewehardus, prepositus in Saltwedele, Geuehardus de Aluensleue senior, Arnoldus de Jagouwe et alii quam plures. Vt autem hec omnia per nos ipsumque comitem supradictum firmius observentur, hanc paginam inde conscriptam sigillorum auunculorum nostrorum ducum Brunswicensium supradictorum ac nostrorum fecimus munimine roborari. Datum Dolslege, anno domini M°CC°LXXV°, XV kalendas Junii.

Nach dem Originale auf Pergament, in einer festen, cursivischen Minuskel. Angehängt sind vier Pergamentstreifen. An den beiden ersten fehlen die Siegel, und ist auch weder in der Färbung der ganz neu erscheinenden Pergamentstreifen, noch sonst eine Spur vorhanden, dass je Siegel auf diese beiden Streifen aufgedrückt gewesen sind. An dem dritten Pergamentstreifen hängt das ovale, schüsselförmige Siegel des Markgrafen Otto mit dessen stehendem Bilde in Rüstung, mit der Fahne in der rechten Hand, die linke auf einen Schild mit dem rechts schauenden Adler gestützt. Von der Schrift ist nur noch zu lesen:

Umschrift

An dem vierten Streifen hängt des Markgrafen Albert häufig vorkommendes, rundes Siegel mit einem längs getheilten Schilde, auf dem rechts ein links schauender Adler, links ein aufgerichteter Löwe steht, in einer von einem dreispitzigen Mauergiebel überdachten Rosette; Umschrift:

Umschrift

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XXIII.

Der Graf Gunzel von Schwerin verzichtet unter Vermittelung der Markgrafen Otto und Conrad von Brandenburg zu Gunsten seines Bruders Helmold auf die väterliche Erbschaft, wogegen dieser ihm Neu - Schwerin mit dem Lande Doberen abtritt.

D. d. Freienstein. 1276. Aug. 2.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Nos Otto et Conradus, dei gracia marchiones Brandenburgenses, recognoscimus presentibus publice profitentes, quod universa, que vertebantur inter nobilem virum dominum Helmoldum comitem Zwerinensem, ex una, et fratrem suum Gunccelinum, parte ex altera, sunt amicabiliter deposita et sopita in hunc modum, videlicet quod idem Gunccelinus nobis mediantibus renunciavit omni hereditati, quam sibi quondam pater suus, nobilis vir comes Gunccelinus felicis memorie assignaverat, et similiter privilegio eidem super ea tradito atque dato. Huius rei occasione idem comes predicto fratri suo dimisit Novum Zwerin cum terra Doberen et earum terminis, hoc adiecto, quod ipse Gunccelinus nichil debet vendere in iam dictis terris, sed conferre militibus et vasallis pheodaliter ibidem manere volentibus, qui ab ipso comite Helmoldo similiter recipere debent eadem bona ab ipso collata vero titulo pheodali. Illi autem, quos dictus Gunccelinus in dictis terris inpheodaverit, non facient aliquam municionem sive castra, nisi fuerit de dicti comitis voluntate. Quod autem prescriptus Gunccelinus in prehabitis terris subsistere poterit, et subsidium expensarum habere valeat, sepedictus comes eidem dare debet in festo sancti Martini centum et quinquaginta marcas Zwerinensium denariorum singulis annis percipiendis, aut ipse comes in fratris amicicia ordinabit; et si eciam predictum Gunccelinum de medio tolli contigerit, dicta bona ad ipsius fratres libera revertentur. Ut autem hec inviolabiliter conserventur, presentem literam conscribi iussimus et sigillorum nostrorum appensionibus roborari, adhibitis nichilominus testibus idoneis, quorum nomina sunt

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hec: comes Guntherus de Lindow et dictus comes et frater suus, qui promiserunt supradicta observare sub fidei dacione: Bertrammus de Bentz, Beteko de Ecstede, Johannes de Půtlest, Tidericus de Wosterbusch, Johannes de Stegelyz, Conradus de Quittsow, Johannes Crochere, Johannes dictus Man, milites, et alii quam plures fide digni. Acta sunt in Vriensten, anno domini 1276 , IIII nonas Augusti.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer kleinen Minuskel, mit einem Pergamentstreifen, an welchem das Siegel fehlt.


Nr. XXIV.

Der Fürst Pribislav von Belgart begiebt sich in den Dienst der Markgrafen von Brandenburg.

D. d. Gummern. 1285. Oct. 29.

Nach einer Copei im königl. preuss. Staats - Archive zu Berlin.


Nos Pribeco dei gratia dictus de Belgarten recognoscimus coram universis presentibus publice protestantes, quod cum illustribus principibus dominis Ottone et Conrado marchionibus Brandenburgensibus placitavimus sub hac forma, quod iidem nos in suam receperunt familiam et ad suum servitium, nos quoque fideliter ac stabiliter in ipsorum manebimus servitio, et e converso ipsi nos promovere tenentur in omnibus nostris agendis negotiis et rationabiliter pertractabunt. Istam igitur obligationem presentibus inseri iussimus et sigilli nostri appensione in evidens testimonium decrevimus communiri. Actum et datum in castris ante castrum Gummern, anno domini M° CC° LXXXV° secunda feria post festum Symonis et Jude apostolorum.

Gedruckt in Gercken cod. dipl. Brandenb. I, p. 250, aus dem Cod. copiar. membran. des königl. Archivs zu Berlin T. XL. Sect. XIV. Fol. 57, de familiaritate domini Belgarden, und in Dreger Cod. dipl. Pomer. Mscr. Nr. 706. Gercken macht zu den Worten: nos in suam receperunt familiam et ad suum servitium die Bemerkung, dies werde in deutschen Urkunden so ausgedrückt: dass wir sie haben genommen zu Gesinde und in unser Beschirm, z. B. bei Ludewig T. VII. p. 22. 52.

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Auch gedruckt bei A. F. Riedel, cod. dipl. Brand. I, Nr. 238, p. 185, mit Gercken übereinstimmend, nur am Schlusse steht Gummere st. Gummern. Zu Anfang setzt Riedel bei dictus in Parenthese; dominus.


Nr. XXV.

Der Fürst Pribislav von Belgart und die Herren H. und Richard von Friesack nehmen von den Markgrafen von Brandenburg die Länder Belgart, Daber und Welsenburg zu Lehn.

D. d. Angermünde. 1287. Junii 24.

Nach einer Copei im königl. preuss. Staats-Archive zu Berlin.


Nos Prib[i]zlaus dei gratia dominus de Belgarden, nos H. et Richardus de Vrysach dicti cum manifesta recognitione ac protestatione ad universorum notitiam deducimus per presentes, quod ab illustribus principibus dominis nostris Ottone et C[onrado] marchionibus de Brandenburg terram Belgarden, terram Dobren et terram Welsenborch cum omnibus earundem attinentiis et utilitatibus manu coniunta suscepimus iusto titulo feodali et ad iustum ius nobilium et baronum, sicut moris est nobilium et baronum suscipere bona sua, astabimusque nichilominus perpetuo eisdem dominis nostris cum omni potentatu nostro pro nostris viribus contra eorum quoslibet invasores, ubicunque ipsis fuerit oportunum. Promisimus etiam fide data nos H. et, Richardus de Vrisach dicti et nos H. Clericus et nos Wedelstede una cum dicto Pribizlao, quod nunquam a dictis principibus idem Pribizlaus debebit recedere aut diverti, sed in eorum servitiis iugiter permanere, nec cum alicui omnino hominum gwerram inibit aliquam, nisi de dictorum principum consilio et consensu. Igitur ut huiusmodi omagium, quod per nos rite et rationabiliter dignoscitur esse factum, in posterum futuris temporibus immutari nequeat aut etiam retractari, presentes literas in evidens testimonium desuper conscribi fecimus et sigillorum nostrorum appensionibus roborari. Huius rei testes sunt etc. etc. Datum Angermund, anno domini M° CC° LXXXVII, in festo nativitatis beati Johannis baptiste.

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Gedruckt in Gercken cod dipl. Brand. I. p. 244. nach dem cod. copiar. membr. im königl. Archive zu Berlin, T. XL. Sect. XIV. Fol. 55. Belgarten, Dober und Welsenborch. Das Original ist in dem gedachten Archive nicht vorhanden.

Ferner gedruckt in A. F. Riedel cod. dipl. Brand. I. Nr. 244. S. 189.


Nr. XXVI.

Der Fürst Pribislav von Wenden, Herr zu Daber und Belgard, schenkt dem Kloster Bukow mit Einwilligung seiner Gemahlin Katharine 200 Hufen im Lande Belgard in Cassubien, sich jedoch für seine Lebenszeit die Hälfte des Ertrages vorbehaltend.

D. d. Stolp. 1289. Jan. 27.

Nach dem Originale im pommerschen Provinzial - Archive zu Stettin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Nos Pribislaus de Slauia., dominus terre Doberen et terre Belgarth in Cassubia omnibus presentem paginam visuris seu audituris in perpetuum. Ut que geruntur in tempore, firmiora permaneant et posterorum notitie supponantur, prudens antiquitas decreuit, omnes actiones et opus quodlibet, quod ad futuram porrigitur posteritatem et robur perpetue firmitatis sortiri debet, instrumentis privilegiorum et literarum beneficiis perhennari, ne versutis hominibus et querentibus, que sua non sunt, via pateat postmodum malignandi. Ad notitiam igitur omnium presencium et futurorum volumus peruenire patenter, quod nos de maturo consilio et bona voluntate et vnanimi consensu dilectissime coniugis nostre Katherine, diem messionis extreme pietatis operibus preuenire volentes, pro salute anime nostre et dilecti fratris nostri beate memorie Pribislai et parentum nostrorum, et eterne beatitudinis premio conquirendo, ad honorem dei et gloriose matris eius Marie, contulimus domino abbati et conuentui claustri Buchouie, ordinis Cysterciensis, diocesis Caminensis, territorii Slauenensis in terra nostra Belgard Cassubie, ducentos mansos cum titulo proprietatis et perpetue possessionis et omni iure et iurisdictione, sententia vide-

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licet capitali et manuali, cum pratis, pascuis, piscationibus, aquis et aquarum decursibus, siluis, agris cultis et incultis, usuagiis et cum omnibus fructibus et utilitatibus, que nunc in eis sunt vel que super terram vel sub terra nunc apparent vel postmodum apparebunt, videlicet in aurifodinis, argenti, salis et plumbi, stanni vel cuiuscunque metalli vel ex eis processu temporis per labores et expensas predictorum fratrum poterunt prouenire, ipsos iuxta metas centum mansorum, eisdem ab honesto milite Johanne Kulen iuxta villa Persantike datorum, predictis fratribus assignantes perpetuis temporibus libere possidendos, tali autem exceptione, ut in predictis ducentis mansis adiutorio nostro et dictorum fratrum Buchovie quocunque hominum genere locatis, totius fructus et emolumenti dimidietas cedat ad manus nostras per dies vite nostre tantum, reliqua vero medietate gaudeant dicti fratres, cum vero deo disponente in persona propria viam uniuerse carnis ingressi fuerimus, omnes fructus et utilitates predictorum ducentorum mansorum cum perpetua pace et quiete ad usus fratrum perueniant predictorum. Preterea domino abbati et fratribus eius hanc conferimus libertatem, ut homines, qui predictos ducentos mansos possiderint, liberi sint ab omni exactione, urbium edificatione, castrorum munitione pontiumque positione ac utrorumque reparatione et ab omni theloneo et ab omni expeditione, ita ut post obitum nostrum nulli quicquam teneantur ex debito nisi soli deo et claustro prelibato. Damus nichilominus eisdem fratribus libertatem, infra terminos predictorum mansorum ducentorum predium siue grangiam exstruendi, quam si exstruxerint vel quoquo alio modo propria aratra ibidem habuerint, nichil iuri nostro ex eorum prouentibus usurpabimus. Ut autem hec nostra donacio perpetue certitudinis robore sanciatur, presens scriptum ipsis dedimus sigilli nostri munimine consignatum. Huius rei testes sunt: dominus Hinricus, capellanus noster, dominus Daniel, capellanus et notarius noster, Nicolaus Hakenbeke, Johannes, frater suus, Christoperus Cnuth, Prissebur, Clest, fratres, Gerardus Monachus, Johannes Cnetechowe, Reinholt Bolte, Hinricus Hekethusen, ministeriales nostri, et alii quam plurimi fidedigni. Datum in castro Stolp Pomeranie, anno domini millesimo ducentesimo octuagesimo nono, sexto kalendas Februarii, indictione

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secunda, concurrente quinto, epacta decima quinta, per manus notarii nostri magistri Danielis.

Nach dem im pommerschen Archive zu Stettin aufbewahrten Originale, auf Pergament, in einer kräftigen, festen Minuskel, mitgetheilt von dem Herrn Professor Dr. Hering zu Stettin. Die Schrift hat durch Feuchtigkeit an vielen Stellen gelitten und ist hin und wieder abgefallen. Das Siegel ist von dem Siegelbande abgebrochen.


Nr. XXVII.

Der Herzog Bugislav von Pommern bezeugt, dass Johannes Kule vor ihm und dem Fürsten Pribislav von Belgart auf alle Ansprüche gegen das Kloster Dargun wegen derjenigen 50 Hufen in Bast verzichtet habe, welche Ulrich von Bevenhusen zur Sühne für die Ermordung des Vaters des Johannes Kule dem Kloster zu Colberg abgetreten habe.

D. d. Demmin. 1290. Dec. 25.

Nach dem Originale im pommerschen Provinzial-Archive zu Stettin.


Nos Buguzlaus dei gracia dux Slavorum universis hanc litteram visuris protestamur quod Johannes Kule de Belegart coram nobis renunciavit omni actioni seu impeticioni, quam habebat vel quoquo modo habere poterat adversus fratres monasterii Dargunensis super quinquaginta mansis in Bast, quos Olricus de Bevenhusen miles pro anima patris predicti Johannis Kule, quem interfecerat, in sonam et reconciliacionem dederat sanctimonialibus antique civitatis Colberg, ordinis beati Benedicti, ita quod nec ipse Johannes Kule, nec aliquis heredum aut parentum suorum fratres dicti monasterii Dargunensis unquam de cetero pro dicta causa debeat infestare. Preterea fratres sepe dicti monasterii plenam fraternitatem patri prefati Johannis Kule contulerunt et per omnia ipsius memoriam in suis oracionibus agere tenebuntur, sicuti pro aliquo fratrum suorum defuncto apud ipsos agi hactenus est consuetum, et idem facient de matre sua, adiungentes et adscribentes utrosque ad altare sancti . . . . . ., quatenus participes fiant omnium missarum, que ad dictum altare sunt in perpetuum celebrande; insuper et ipsum Johannem Kule

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in suam receperunt fraternitatem, facientes ipsum participem et consortem in vita pariter et in morte omnium honorum, que apud eos fiunt tam pro vivis, quam defunctis. Ut autem hec omnia bono et amicabili fine concluderentur, fratres dicti monasterii Dargunensis ipsi Johanni Kule in monumentum perpetue reconciliacionis sex marcas denariorum monete currentis contulerunt. In cuius rei testimonium presentem litteram inde conscriptam sigillis nostro videlicet ac cognati nostri Pribezlai domini de Belegart fecimus communiri. Testes sunt: Rodolfus de Nienkerken, Nicolaus marscalcus dictus Draco, Johannes de Grameszowe, Hermannus de Ost, Hinricus Vos, milites, Hasso de Porsvelt, Wasimodus Kule, Arnoldus de Ost, Godefridus Dencin, Johannes Feyreblome, famuli, et alii quam plures fide digni. Datum in castro Dymmyn, anno gracie M. CC. XC. primo, in die natali domini nostri Jhesu Cristi.

Nach dem wohlerhaltenen Originale mitgetheilt von dem Herrn Professor Dr. Hering zu Stettin. An der Urkunde hängt auch das hier abgebildete, wohl erhaltene Siegel des Fürsten Pribislav

Siegel des Fürsten Pribislav

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Nr. XXVIII.

Der Herzog Bugislav von Pommern bestätigt dem Kloster Bukow diejenigen 200 Hufen im Lande Belgard, welche der Fürst Pribislav von Wenden, fürstlicher Statthalter im Lande Belgard und Schwiegersohn des Herzogs Mestwin, demselben geschenkt hat.

D. d. Belgart. 1291. Aug. 20.

Aus der Matrikel des Klosters Bukow im pommerschen Provinzial-Archive zu Stettin.


Bugislaus dei gracia dux Slavorum et Cassubie. Universis Christi fidelibus, presens scriptum visuris seu audituris in perpetuum. Quia quod humana disponit ratio, processu temporum contingat sepius immutari, necessarium iudicavimus, ut que robur perpetuitatis sortiri debent, auctoritate privilegiorum et testium subscriptionibus perhennentur. Igitur ad noticiam tam presentium, quam futurorum patenter volumus pervenire, quod nos de voluntate et consensu unanimi dilectorum fratrum nostrorum Barnim et Ottonis, diem messionis extreme pietatis operibus prevenire volentes, pro salute animarum nostrarum et progenitorum nostrorum acquirenda, ad honorem dei et gloriose matris eius Marie, domino abbati et conventui claustri Bucovie damus et condonando liberaliter confirmamus donacionem ducentorum mansorum in terra nostra Belgart a domino Pribislao, suffraganeo nostro, genero domini Mestuini ducis Pomeranie, factam, cum titulo proprietatis et perpetue possessionis et omni iure, iurisdictione, sensentia videlicet capitali et manuali, et cum omnibus fructibus et utilitatibus, que nunc in eis sunt vel fieri poterunt in futuro. Preterea domino abbati et fratribus et eorum in euum successoribus hanc conferimus libertatem, ut homines, qui predictos ducentos mansos possederint, liberi sint ab omni exactione, urbium edificatione, castrorum munitione pontiumque positione ac utrorumque reparacione et ab omni theloneo et expedicione, ita ut nulli quicquam teneantur ex debito nisi soli deo et claustro prelibato. Ut autem hec nostra donacio et condonacionis confirmacio perpetue certitudinis robore fir-

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metur, presentem literam ipsis dedimus nostri sigilli munimine sigillatam. Huius rei testes sunt: dominus Hermannus abbas Colbacensis, frater Bertoldus de hospitali sancti Johannis commendator in Copan, dominus Nicolaus Draco marscalcus, dominus Hinricus Heidene, Nicolaus Smelingius, Hinricus de Leuenowe, Johannes Wacholt, Gherardus de Swerin, milites, et alii quam plurimi fide digni. Acta sunt hec anno domini millesimo ducentesimo nonagesimo primo, concurrente septimo, indictione quarta, datum per manus magistri Lamberti notarii nostri, in castro Belgart, in die sancti Bernardi.

Nach Mittheilung des Herrn Professors Dr. Hering zu Stettin.

 


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B.

Urkunden

zur

Geschichte der Saline zu Sülz.


Nr. XXIX.

Der Fürst Borwin von Rostock schenkt dem Kloster Doberan zwei Pfannen von dem grossen und von dem neuen Brunnen der Saline zu Sülz (bei Marlow), welche jährlich 4 Last Salz liefern sollen, und befreiet das Kloster dabei von den Erhaltungskosten der Saline.

D. d. Rostock. 1243. September 12.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburgischen Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Burewinus dei gratia dominus de Rozstoch omnibus hanc paginam inspecturis salutem in vero salutari. Qvoniam rerum gestarum ordinatio per reuolutionem temporum a memoria labitur hominum, dignum est, vt per scriptum ad memoriam reducatur. Hinc est quod tam presentibus, quam futuris scripto declarare volumus, quod salinam in Sulta cum vrna integra maioris putei et iterum cum vrna integra putei noui claustro Doberan et fratribus ibidem deo militantibus et pro incolumitate nostra ac progenitorum heredumque nostrorum vitulos labiorum suorum offerentibus cum omni censu et ab exactione liberam, sicut quondam a

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progenitoribus nostris possederunt, de cetero nichil nisi dei remunerationem inde sperantes, dedimus in perpetuum possidendam. Si quis vero huic nostre donationi vel facto ex instinctu dyaboli aut iniquorum hominum subdola suggestione refragari conatus fuerit, eius partem putheum abyssi ponimus hereditatem. Nouerint igitur tam presentes, quam futuri Christi fideles, qui per consensum abbatis et conuentus de Doberan prefatam salinam sub se habuerint, quod singulis annis imperpetuum tenentur soluere quatuor last salis ecclesie Doberanensi quatuor vicibus in anno, quibus cellerarius sibi viderit expedire. Et ne supradicta pensio augeri possit ab ecclesia Doberanensi et hii, qui pro tempore antedicte saline prefuerint, presumant minuere vel aliquid ad supplementum ab ecclesia Doberanensi extorquere, siue sartaginem, siue domus constructionem, siue canalium expensas, vel promptuariorum vel puteorum emendationem, vel aliquas expensas ad predictam salinam pertinentes, cedulam hanc inde conscriptam sigilli nostri appensione et testium annotatione duximus roborandam. Testes: clerici: Wilhelmus summus prepositus Zwerinensis, Wernerus vicedomnus, Waltherus plebanus in Rozstoch, Alexander prior in Doberan, Heinricus cellerarius, Rotherus magister operis, Theodericus camerarius, Eylardus fratrum minorum gordianus; laici: milites: Theodericus dapifer, Johannes de Snakenborch, Rubin, et alii quam plures diuersi generis homines. Datum in Rozstoch per manum Conradi monachi de Doberan, anno gratie M °. CC. XL°III°, indictione Ia, II idus Septembris.

Nach dem Originale auf Pergament in einer kräftigen, klaren Minuskel. Die Eingangsformel ist mit verlängerten Buchstaben geschrieben; die langen Buchstaben haben im obern Theile noch die geschnörkelte Verzierung des vorigen Jahrhunderts; als Abbreviaturzeichen kommt noch oft das § ähnliche Zeichen vor; das letzte Wort Septembris ist gesperrt und mit Unzialen geschrieben; die einzelnen Absätze beginnen mit sehr grossen Unzialen; die Zeilen stehen auf Linien von Dinte. An einer geflochtenen Schnur von rother Seide hängt das grosse, runde Siegel Borwins mit einem rechts hin schreitenden Greifen in leerem Siegelfelde; Umschrift:

Umschrift

Auf der Rückseite steht die gleichzeitige Registratur:

Burewinus dei gratia de salina in Marlowe.

Gedruckt ist diese Urkunde schon in v. Westphalen Mon. ined. III, p. 1484.


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Nr. XXX.

Der Fürst Borwin von Rostock schenkt dem Kloster Dargun die Freiheit, aus den Salzquellen bei Sülz Salzwasser zu schöpfen und Salz zu sieden, und das Eigenthum einer Baustelle daselbst, mit allen dem Fürsten zustehenden Freiheiten.

D. d. Rostock. 1252. Sept. 24.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt-Archive zu Sehwerin.


Borwinus del gratia dominus de Rozstoch omnibus hoc scriptum visuris inperpetuum. Ne rerum gestarum composicio de cursu temporis euanescat, solet eam discretorum prouidentia litterarum testimonio perhennare. Patefacimus itaque presentibus, posteris et futuris, quod ob reuerenciam dei et gloriose virginis Marie et in remissionem nostrorum peccaminum contulimus ac dedimus monasterio in Dargun perpetuam libertatem hauriendi aquas de puteis salinariis iuxta Sůlten sitis et positis atque perfectam potestatem sal coquendi de eisdem vna cum fundo et proprietate vnius loci ibidem, quem locum fratres dicti monasterii vti possunt et debent pro vtilitate et necessitate eorum, sicud eis placuerit et visum fuerit expedire. Quem eciam locum ac omnia alia et singula predicta ab omni exactione excepimus, nichil nobis iuris, nec posteris nostris in hiis vendicantes, sed omne ius, quod in predictis habuimus, in monasterium transferentes, nichil inde sperantes, nisi remuneracionem dei ac nostre anime nostrorumque progenitorum animarum salutem. Vt igitur hec nostra collacio ac donacio firma et illibata tempore perpetuo perseueret, eam sigillo nostro et testibus subscriptis roboramus. Testes vero sunt: dominus Johannes plebanus ecclesie sancti Petri, dominus Hinricus de sancto Jacobo, dominus Hinricus de Důdinghe, dominus Georrius de J oe rck, milites, et Otto de Ghikow, famulus, et alii quam plures. Data sunt hec anno gracie millesimo ducentesimo quinquagesimo secundo, in Rozstoch, VIII° kal. Octobris.

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Auf Pergament in einer unfertigen, cursivischen Minuskel, welche Aehnlichkeit mit der Schrift des 14. Jahrhunderts hat. An einer Schnur von weissen linnenen Fäden hängt noch ein kleines Stück Wachs, auf welchem nichts mehr zu erkennen ist. Gedruckt ist diese Urkunde schon in Lisch meklenb. Urk. I, S. 100.


Nr. XXXI

Johannes von Butzin (zu Rostock) tritt der Frau Haburge den vierten Theil eines Salinengutes zu Sülz ab.

1261.

Aus dem ältesten Stadtbuche der Stadt Rostock zum Jahre 1261, nach der Mittheilung des Archivars Lisch zu Schwerin.


Johannes de Butzin resignauit domine Haburgi quartam partem saline in Sulta taliter, ut si domina Haburgis quartam partem domus vendere voluerit, quod Jo. de Butsin sit vicinior emptioni, prout ab eo emit.


Nr. XXXII.

Die Rathmänner von Sülz befreien das Kloster Doberan, in Gemässheit der Schenkung des Fürsten Borwin von Rostock, von Beiträgen zu den Erhaltungskosten der Saline zu Sülz (bei Marlow), mit Ausnahme der Kosten für Wiederherstellung verfallener Brunnen, und bezeugen, dass die Streitigkeiten mit der Frau Gertrud geschlichtet seien.

D. d. Sülz. 1262. Julii 31.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Uniuersis Christi fidelibus presentem paginam inspecturis vniuersitas consulum in Sulta eternam in domino salutem. Notum faccimus uniuersis, quod ad

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peticionem domini nostri Burwini ac diuine remuneracionis intuitu ecclesie Doberanensi fratribusque ibidem deo iugiter famulantibus omnem libertatem omnemque iusticiam in salina, quam hucusque pacifice possederant et quiete, ab omni exactione, a reparacione nauium uel emendacione canalium seu sartaginum et a constructione edium in perpetuum libere dimisimus et absolute, excepto, si puteus ceciderit, qui ad communem utilitatem debeat reparari, tunc sicut domini nostri Burwini bona predictorum fratrum bona ad reparacionem putei ministrabunt, tali nichilominus addita condicione, ut que inter dominam Ghertrudim et nos de predicta salina iam dudum querimonea mouebatur, per hoc penitus sit sopita. Ne autem de hac nostra actione in posterum quemquam ambiguitas circumuoluat, presentem cedulam exinde conscriptam nostri sigilli munimine roboramus. Testes huius actionis sunt: dominus Burwinus de Rozstoch, Hermannus plebanus de Saginz, Heynricus cellerarius, Conradus furnarius; milites: Gherardus dapifer, Johannes de Bune, Sileuus aduocatus et alii quam plures. Acta sunt hec in Sulta anno domini M °. C°. C. LX°. II, in vigilia ad uincula Petri.

Auf einem kleinen Pergarment in einer gedrängten Minuskel. Das Siegel ist von der aus linnenen Fäden geflochtenen Schnur ganz abgefallen. Auf der Rückseite steht die gleichzeitige Registraturs:

De salina in Marlowe.

Nr. XXXIII.

Das Kloster Dargun verkauft an den rostocker Bürger Arnold Kopman ein Salzhaus in der Saline (zu Sülz) bei Marlow, unter Vorbehalt gewisser Salzlieferungen an das Kloster Dargun und das Kloster Bergen auf Rügen.

D. d. Rostock. 1267. Junii 24.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Uniuersis Christi fidelibus presentem paginam in specturis H. miseratione diuina abbas in Dargun

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cum deuotis orationibus eternam in domino salutem. Ne gestarum rerum memoria processu temporis euanescat aut pereat, discretorum virorum solet etas per testes uel per litteras eternare. Ad cautelam ergo futuri temporis notum fieri volumus uniuersis, tam presentibus, quam futuris, quod Arnoldus dictus cognomento Copman, ciuis in Rozstoch, sibi suisque successoribus vnam domum salinariam in salina iuxta Marlov sitam a nobis pro decem marcis comparauit hereditario iure possidendam perpetuo, tali nichillominus interposita caucione, vt idem Copman in perpetuum singulis mensibus quatuor punt salis ecclesie nostre Dargun de predicta domo et ecclesie monialium in Ruya, que Mons dicitur, vnum last salis singulis annis soluere teneatur. Quicquid vero in predicta salina processu temporis in sartaginibus vel in puteis vel in domo vel quocumque modo fuerit instaurandum, sine diminutione nostri census, tam in exactionibus, quam in aliis causis, si extorse fuerint, idem supradictus Copman sine aliqua nostro grauamine propriis expensis et laboribus instaurabit. Ne autem in hoc facto nostro memorabili quemquam dubietatis scrupulus circumuoluat, presentem paginam super eo conscribi fecimus cum sigilli nostri apensione ac venerabilium consulem in Sulta sigilli munimine fecimus communiri. Testes huius actionis sunt hii: videlicet dominus Wernerus abbas in Doberan, Segebodo eiusdem loci cellerarius, Bernardus de Cropelin ciuis in Rozstoch. Heinricus de Ceruo, Reynwardus de Molendino, Heinricus Sapiens, ciues ibidem. Datum in Rozstoch anno domini M°CC°LX°VII°, octauo kal. Junii, in die Johannis baptiste.

Auf Pergament in einer kleinen, gedrängten Minuskel. Die Siegelbänder sind von weissen linnenen Fäden; an dem ersten hängt noch der grössere Theil von dem Siegel des dargunschen Abtes mit der Umschrift:

Umschrift

Das zweite Siegel ist abgefallen. - Gedruckt ist diese Urkunde schon in Lisch mekl. Urk. I, S. 141.


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Nr. XXXIV.

Der Fürst Waldemar von Rostock ertheilt den Besitzern von Sülzgütern zu Sülz mehrere Privilegien.

D. d. Rostock. 1277. Dec. 2.

Nach alten Abschriften im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Waldemarus dei gracia dominus de Rostok vniuersis christifidelibus presencia uisuris imperpetuum. Propter labilem memoriam uariasque hominum uoluntates dignum duximus estimandum, vt ea, que debent inconuulsa manere, litterarum testimonio roborentur, quatenus exinde habeatur cognicio ueritatis, si super hiis, que gesta sunt, suboriri contingat aliquid questionis. Noscat igitur presens etas et discat felix successio futurorum, nos de pleno consensu et uoluntate nobilis uiri patris nostri domini B., consilio uasallorum nostrorum et burgensium de Rostok postmodum accedente, omnibus hereditarios redditus possidentibus in palude Sulte hanc graciam firmiter perpetuo contulisse, uiis aquestribus simul et terrestribus de palude Sulte memorate gaudere libere exeundo pariter et redeundo in dominii nostri terminis uniuersis, similiter in eisdem ligna comparandi ipsorum cum denariis, vbicumque poterunt, in gracia aliqua libertate fruantur obtinendo. Memoratam uero paludem Sulte aliis salinis superedificandis nullatenus uolumus pregrauari, sed quemadmodum ab inicio cum numero salinarum est fundata, perpetuo permanebit. Accedit eciam ad hec, quod omnes habentes salinas in sepedicta palude Sulte, ipsas suis non solum heredibus hereditare poterunt, verum eciam quibuscunque heredes tunc uiuentes de herede ad heredem easdem pro tempore uendere decreverint, emptores absque omni exactione, peticione et seruicio liberas perpetuo possidebunt, tali quidem condicione mediante, quod nobis aut heredibus nostris de dictis salinis census debitus tempore congruo persoluatur; pro tali enim donacionis causa a nobis racionabiliter collata possessores salinarum memorate paludis Sulte clenodiis ipsorum et pecunia nos

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gratuite respexerunt, quod quantacunque necessitas nostro emerserit in dominio, dicti possessores salinarum liberi perpetuo permanebunt. Ne autem hoc factum racionabile a nobis uel nostris successoribus in posterum ualeat irritari, presens scriptum inde confectum sigillo patris nostri domini B. et nostro, necnon burgensium de Rostock fecimus in testimonium roborari. Testes sunt rei huius: dominus Johannes Moltico, dominus Georgius de Maiorke, dominus Raddagus, dominus Johannes Babbe, dominus Lodowicus de Ribbenisse, milites; consules uero et burgenses de Rostok; Johannes filius Seghefridi, Albertus Cerdo, Henricus Sapiens, Henricus Adolphi, Arnoldus Copman, Ernestus filius Symeri, Henricus Dannenberch, Johannes de Staden, Thidericus de Subbecin et Enghelbertus de Pomerio; de Sulta vero burgenses et consules: Arnoldus Buggheman, Nicolaus Pape, Henricus Arnesberch, Hermannus Copman, Arnoldus Spede, Fridericus Amilias, Andreas, Olricus Remmyngh et alii quam plures uiri fidi digni. Datum Rostock anno gracie M ° CC ° LXXVII, IIII nonas Decembris.

Nach einigen Abschriften aus dem Ende des 15. Jahrhunderts und dem 16. Jahrhundert. Eine Uebersetzung aus dem Jahre 1400 ungefähr hat folgende bemerkenswerthe Interpretationen: burgenses de Rostok=de bure van Rostok; redditus in palude Sulte=de ghůlde in dem soltbroke tho der Sůlten und so immer: palus= soltbroke; Albertus Cerdo=Albrecht Gherwer. Dagegen hat die Uebersetzung fälschlich B. mit: Bernd (statt Borwin), aufgelöset, und Enghelbertus de Pomerio durch: Enghelbrecht von Pomern (statt: von Baumgarten oder Bomgarden) übersetzt. - Gedruckt ist diese Urkunde in Rudloff Urk. Lief. Nr. XXXVI.


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Nr. XXXV.

Das Kloster Bergen auf Rügen verkauft an das Kloster Dargun wieder eine jährliche Hebung von einer Last Salz aus der Saline zu Sülz, welche Hebung das Kloster aus dem Salzhause des Arnold Kopmann zu beziehen hatte.

D. d. Stralsund. 1289. Sept. 29.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Guzlaus dei gratia prepositus, abbatissa totusque conuentus sanctimonialium monasterii, Gora siue Montis in Ruya, ordinis Cysterciensis, dyocesis, vniuersis hanc litteram visuris salutem in vero omnium salutari, domino nostro Jhesu Christo. Cum ex fluxu temporis ac personarum successione res geste quantocumque rationabiliter ad ignorantiam deueniant, prudentum discretio consueuit huiusmodi ignorantie sigillis ac litterarum testimoniis obuiare. Hinc est ergo, quod notum fieri volumus vniuersis presentibus et futuris, quod nos de communi omnium nostrorum consensu annuum censum salis nostri vnius videlicet lastonis, quem in Sulta iuxta Marlow singulis annis habere solebamus, de domo illa, quam Arnoldus beate memorie dictus Copman sub annuo censu quondam a fratribus habuit monasterii Dargunensis, ordinis Cysterciensis, dyocesis Caminensis, eiusdem fratribus monasterii pro viginti quinque marcis denariorum monete currentis vendidimus libere ac quiete iure perpetuo possidendum. Testes huius rei sunt: Hyldewardus tunc abbas in Dargun, Johannes de Raceburch tunc cellerarius ibidem, Albertus plebanus in Sulta, Thidericus de Buren miles, Johannes Kartelviz et frater suus Ludolfus clericus, Nicolaus Pape, Hermannus antiquus aduocatus, Gherardus Grat, Heyne iunior, Bru . . , [c]iues, sed tunc consules in Sulta, et alii quam plures fide digni. Vt autem hec

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nostra venditio et. . . . . . . fratrum emptio rata permaneat iugiter et inconvulsa, presentem paginam inde conscriptam p[redictis fr]atribus dedimus nostris ac illorum, quibus de hoc nostro constat facto, quos etiam pro testibus haberi [volumus], sigillis communitam. Actum in Sulta, ab incarnatione domini M ° CC ° LXXX ° IX ° , feria VIa post exaltationem sancte crucis; datum Stralessunde, eodem anno, in die sancte Mychaelis.

Auf Pergament in einer schönen, festen Minuskel. An einer Stelle ist die Charte von Mäusen zerfressen; die Namen der Aebtissin und der bischöflichen Diöcese sind nicht ausgefüllt. An der Urkunde hangen 5 Schnüre von weissen linnenen Fäden; an den 4 ersten hangen noch die wohl erhaltenen Siegel aus ungeläutertem Wachs; das fünfte Siegel ist abgefallen:

1) ein grösseres elliptisches Siegel mit einer weiblichen Figur, welche in der Rechten einen Palmzweig, in der Linken ein Buch hält; Umschrift:

Umschrift

2) das grosse runde Siegel der Stadt Stralsund: auf Meereswellen ein Schiff, hinter dessen Mast der Stral (Pfeilspitze) schwebt, welches Symbol auch auf dem Wimpel im Anfange der Umschrift steht; Umschrift:

Umschrift

3) ein kleines elliptisches Siegel, in dessen Felde ein Geistlicher vor einem schwebenden Kelche knieet; hinter ihm ein Stern, über ihm und dem Kelche, wie es scheint, eine consecrirende Hand mit Vorderarm; Umschrift:

Umschrift

wohl des Pfarrers zu Sülz Siegel.

4) das grosse runde Siegel der Stadt Sülz: über niedrig gehenden Wellen steht der vorwärts schauende gekrönte Stierkopf, an jeder Seite desselben eine Blume über dem Wasser; Umschrift:

Umschrift

Gedruckt ist diese Urkunde in Lisch meklenburg. Urkunde I, S. 189.


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Nr. XXXVI.

Der Fürst Nicolaus von Rostock verleiht den Bürgern der Stadt Sülz zur Umwallung und Befestigung der Stadt das Eigenthum des Dorfes Symen, welches sie von den Rittern von Goldenbogen gekauft haben, und legt es zu dem lübischen Rechte der Stadt, verspricht für einen Canal zwischen der Reknitz und der Trebel und für einen Damm zwischen Sülz und Tribsees zu sorgen und verlegt das Landding von Marlow nach Sülz.

D. d. Rostock. 1298. Sept. 21.

Nach alten Abschriften im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Nicolaus dei gracia dominus de Rostoc omnibus christifidelibus presencia visuris uel audituris salutem in domino sempiternam. Vt rebus gestis fides maior adhibeatur, expedit scripturam fieri, que testimonium contineat ueritatis, Hinc est quod scire uolumus tam presentis temporis homines, qvam futuri, quod nos, maturo prehabito consilio fidelium nostrorum, de bona uoluntate nostra, inhabitatoribus ciuitatis nostre Sulte, ipsorum exigentibus deuotis obsequiis, tamen pro eo vt ciuitatem circumfodiant, firment et muniant, proprietatem uille Symen cum omni iure nostro contulimus, vt iure lubicensi in dicte uille terminis gaudeant, sicut Sulta ciuitas est fundata. Dictam uero uillam Symen consules pretacte ciuitatis nostre emerunt racionabiliter nostro accedente beneplacito a militibus nostris fidelibus Ottone, Hertwico, Henrico et Wernhero fratribus dictis de Goldenboge, cum omni vsufructu et prato simul, quod dominus Albertus capellanus noster in Sulta per uite sue tempora tantum habebit, et cum omnibus adiacenciis, prout uilla eadem infra terminos suos in latum et in longum protenditur, de terminis uille Nuczcowe uidelicet per pratum descendens directe usque ad distinctionem terre principis Ruyanorum, deinde in amnem Slonize, item per descensum illius amnis in fluuium Rekenize, deinde sursum ad terminos

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uille Bolendorpe, item inter Bolendorpe ac Symen directe et girouage, quousque ad fluuium perueniatur Kekenitze, perpetuis temporibus quoad ius lubicense, vt diximus, possidendam. Nos uero prout tenemur ampliacionem ac profectum pretacte ciuitatis nostre in omnibus diligentes, admeatum quendam de fluuio Trebele vsque in fluuium Rekenitze per iuuamen terre adiacentis fieri procurabimus et pro strata siue uia terrestri inter Sultam et oppidum Tribuzes habenda circa principem nobilem dominum Wizslaum de Ruya, consanguineum nostrum carissimum, omni diligencia laborabimus et promocionis nostre auxilium in omnibus quibus possumus apponemus. Judicium eciam nostrum, uulgo landding nuncupatum, quod in oppido Marlowe habere consueuimus hactenus, in ciuitate Sulta statuimus nunc habendum. Vt autem hec donacio nostra racionabilis per nos uel successores nostros infringi non ualeat, sigillum nostrum vna cum sigillo ciuitatis Rostoc presentibus est appensum. Testes huius rei sunt: Johannes, Fridericus, Conradus fratres dicti Moltiken, Georgius Moltiko, Fridericus de Kerkdorp, Fridericus Babbe, Aluericus et Hermannus fratres de Snakenborg, Henricus Katte, Henricus Lupus, Conradus de Rensowe, milites, Johannes et Otto dicti Babben, Mathias de Axcowe, armigeri, Albertus Spicenagel, Henricus Friso, Gerhardus de Lawe et ceteri consules in Rozstoc. Datum in ciuitate nostra Rostoc anno domini M ° CC ° nonagesimo octauo, in die beati Mathei apostoli, Nicolao Clerico de Cunnesse, Rodolpho Rullen, Hermanno aduocato, Borchardo Sutore, Gherardo, Dauid, Johanne Sparenberch, Riequardo Deckelman, Wernhero de Merica, consulibus, ista fieri procurantibus.

Nach mehreren beglaubigten und alten Abschriften aus dem Ende des 16. Jahrhunderts und aus dem 17. Jahrhundert. Der Tag der Ausstellung schwankt zwischen Matthei und Mathie, die zuverlässigern Abschriften haben Matthei. Im Jahre 1440 liess der Sülzer Magistrat von dem Originale wegen Unsicherheit eine beglaubigte Abschrift nehmen. In einer alten guten Abschrift fehlen die den Schluss bildenden Namen derer, welche das Geschäft vermittelt haben, in einer andern, guten, alten Abschrift fehlen wiederum die Namen einiger Unterhändler; es scheinen mehrere Original - Ausfertigungen von dieser Urkunde existirt zu haben. - Gedruckt

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ist diese Urkunde in Rudloff Urk. Lief. Nr. LVIII, wo jedoch fälschlich nach einer von Behrschen Abschrift das Datum in das Jahr 1299 gesetzt ist.


Nr. XXXVII.

Rath und Bürgerschaft der Stadt Sülz beurkunden, dass das Kloster Doberan seine Salzgüter zu Sülz an die sülzer Bürger Nicolaus Pape und Borchard Schuster verpachtet habe.

D. d. Doberan. 1304. Mai 22.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Vniuersis Christi fidelibus presencia visuris consules necnon vniuersitas ciuitatis Sulte salutem in domino Jhesu Christo. Tenore presencium recognoscimus publice protestando, quod venerabilis dominus Johannes abbas Doberanensis commisit ac locauit burgensibus nostris Nicolao Papen et Borchardo Sutori bona ecclesie sue, scilicet salinam apud nos sitam, tali condicione, vt presenti anno et tribus sequentibus in festo beati Jacobi apostoli tres mensuras salis, que punt dicuntur, anno quolibet sibi et ecclesie sue expedite et sine diminucione dare fideliter teneantur; quinto vero anno et deinceps in festo penthecostes vnum last omni anno absque contradictione aliqua suis nunciis presentabunt. Si autem succedente tempore prefatis Nieolao videlicet et Borchardo bona memorata vendere placuerit, eum consensu abbatis talibus vendent, qui ecclesie Doberanensi in pensione prehabita valeant respondere. In cuius rei testimonium sigillum ciuitatis nostre presentibus duximus apponendum. Testes autem sunt: dominus Albertus, plebanus noster, dominus Godescalcus Pren, miles, Fre., frater predicti Godescalci, armiger, et nos vniuersaliter testes sumus. Datum Doberan anno domini M ° CCC° quarto, feria sexta post Penthecostes.

An dem auf einem kleinen Pergament in einer engen, kräftigen Minuskel geschriebenen Originale hängt an einem Pergament-

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streifen das grosse Siegel der Stadt Sülz, wie an der Urkunde vom 29. September 1289; über niedrig gehenden Wellen steht der vorwärts gekehrte, gekrönte Stierkopf, mit einer Blume an jeder Seite auf dem Wasser; Umschrift:

Umschrift

Die gleichzeitige Registratur auf der Rückseite lautet noch:

De salina in Marlowe.

Nr. XXXVIII.

Der Fürst Heinrich von Meklenburg verkauft der Stadt Sülz das Eigenthum des Dorfes Redderstorf und legt es vom schwerinschen Rechte zu lübischem Rechte.

D. d. Loitz. 1326. Aug. 26.

Nach beglaubigten Abschriften aus dem 16. Jahrhundert im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Wy Hinrick van godes gnâden Mekelborg, Stargardt vnde Rostock der lande here, na lûde vnde vthwysinge desser gegenwardigen dinge, bekenne wy ôpenbâr tûghende, dat wy vnsen leûen getrûwen borgermeisteren vnde râdmannen vnser stat Sulten hebben gegeuen, ingewyset vnde gegenwardig geuen in kraft vnde macht desses brêues den êgendhôm des dorpes Reddagestorpes mit aller frucht, mit bêde vnde aller nutticheit, vnde nhemen dat sulue dorp vnde leggen vth deme swerinschen rechte in dat lubische recht, gelîck also sick de vôrgerôrde stat gebrûket vp ereme markede, in allen sînen enden, mit holten, mit heyden, mit weyden, mit wâtern, alze sick vtstrecket in synen scheyden bethe Kucstorpe vnde bethe Knesse, na older wânheit, welkeren êgendhôm des vôrgerôreden dorpes hebbe wy togerekent vnde vorkoft vnseme vôrbenômeden râde vnde borgern vôr hundert marck vnde vôr vefftich wendescher penninge; so hebben se gheuen dâr tho Hinrick van Bluchern, Herman van Zulen, Hinrick Wulf hundert marck vnde XXXVI, dârtho hebben se betâlt alze schult, de wy schuldich weren Hermen van Luchowen gantzliken in vns

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genâmen. Dessen vôrberôrten êgendh oe m, alze he ghescreuen is, schôlen vnse râd vnde borgere besytten to êwigen tyden. Hyr sint an vnde ôuer weset to tûghe: Marten van Huda, Wilcken van Stade, Degener van Bretzick, ridder, Hinrick vnde Borchward brûder genomet de Wulue, Engelbertus Kat vnde vele mêr lôuen werdige manne. Des tho tûghe hebbe wy vnse ingeseghel henghet an dessen brêff, screuen vnde geuen tho Loytze in den iâren vnses heren dûsent drêhundert vnde XXVI, des dinstedâges na Bartholomei.

Nach zwei Abschriften aus dem 16. Jahrhundert im grossherzogl. Geh. und Haupt - Archive zu Schwerin.


Nr. XXXIX.

Der sülzer Bürger Radekin von Symen verträgt sich mit dem Kloster Doberan über des letztern Salinegüter in Sülz, indem er allen Ansprüchen an die Gerechtigkeiten des Klosters Doberan entsagt und von diesem 10 Schiffpfund Blei auf 2 Jahre zur Benutzung nimmt.

D. d. Sülz. 1359. Aug. 29.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Omnibus ad quos peruenerit presens scriptum, ego Radekinus de Symen, opidanus opidi Sulten, presencium litterarum testimonio facio manifestum publice recognoscens, quod cum religiosis viris dominis abbate et conuentu monasterii in Doberan super omnibus discensionibus et controuersiis inter ipsos ex vna et me parte ex altera hactenus habitis composicio amicabilis interuenit in hunc modum, ita videlicet quod recognosco tenore presencium, me habere decem libras plumbi, schippunt wlgariter nominatas, ad locum saline dictorum dominorum abbatis et-conuentus apud opidum Sulten pertinentes, quas ab hinc et per biennium a proximo festo beati Michahelis archangeli computandum debeo obtinere et eis vti pro meo commodo ad opus

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saline, prout melius videbitur expedire, et pro hiis duo punt salis singulis annis in quolibet festo beati Michahelis prefatis dominis abbati et conuentui expedite soluere et pagare tenebor; predicto quoque biennio elapso ego prefatum plumbum eisdem dominis abbati et conuentui presentare debebo. Si uero in dictis decem libris aliquis defectus fuerit, tunc tamen ad minus sex schippunt plumbi ipsis presentare teneor expedite; in quibus defectus fuerit, extunc pro quolibet schippunt deficiente quatuor marcas denariorum sundensium minus quatuor solidis supradictis abbati et conuentui debeo et volo persoluere expedite. Insuper renuncio expresse in hiis scriptis meo et heredum meorum nomine omni impeticioni et iuri, si quid michi loco saline predicto et plumbo eodem competere posset ad presens uel quolibet in futurum, et ego et mei heredes prefatos abbatem et conuentum tum super premissis et quolibet eorum nolumus impedire, molestare quolibet uel turbare. Pro hiis omnibus et singulis, vt premittitur, inuiolabiter obseruandis ego Radekinus predictus et Albertus Pape proconsul in Sulten et Gherardus Bernardi ciuis ibidem manu coniuncta et in solidum nostris et heredum nostrorum nominibus prefatis dominis abbati et conuentui promisimus et in hiis scriptis promittimus bona fide. In cuius rei testimonium presentes litteras prefatis dominis abbati et conuentui sigillis nostris tradidimus sigillatas, et in maiorem euidenciam premissorum presens littera in libro ciuitatis Sulten de verbo ad uerbum est scripta et inserta. Acturn et datum in Sulten anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo nono, in die decollacionis sancti Johannis baptiste, presentibus discretis viris domino Godfrido rectore ecclesie in Sulten, Vickone Kerckdorp famulo, Johanne Růmeschotelen clerico.

Das Original ist auf Pergament in einer dicken, festen Minuskel geschrieben. An Pergamentstreifen hangen 3 runde Siegel aus ungeläutertem Wachs:

1) im runden Siegelfelde ein gebogenes Bein, darüber eine kleine Figur, wie eine langgestreckte heraldische Lilie, darunter ein kleiner Stern; Umschrift:

Umschrift

2) auf einem Schilde ein dreiästiger Baum mit verschlungenen Wurzeln; Umschrift:

Umschrift
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3) ein durch ein schraffirtes, schmales Querband getheilter glatter Schild, in dessen oberer und unterer Hälfte ein sechsstrahliger Stern steht: Umschrift:

Umschrift

Auf der Rückseite steht noch die gleichzeitige Registratur:

De Salina in Marlow.

Im J. 1355 ward Radeke von Symen, als Pächter der doberaner Sülzgüter, wegen Vorenthaltung der Pacht von 8 Schiffpfund (punt) Salz von dem lübischen Cantor Heinrich von Femern, als Richter und Conservator, excommunicirt.


Nr. XL.

Der Herzog Albrecht von Meklenburg bestätigt der Stadt Sülz aufs Neue den Besitz des sülzer Moors.

D. d. Rostock. 1359. Dec. 12.

Nach einer Abschrift aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im grossherzogl. Geh. und Haupt - Archive zu Schwerin.


Wy Albrecht, van gades gnâden hertoge tho Meckelnborch, greue to Swerin, Rostock vnde Stargard der lande here, mit gegenwardigem briefe dhôen kund vnde klârlichen betûgende vôr vns, vnse eruen vnde vôr iêdermenniglichen; dieweil die hertogen von Wolgast vnde Rugen van wegen erer vnderdânen de van Tribbeses sick tho vns vnde vnsern vnderdânen thôr Sulten indrengeden vnde enen dat gantze môr, dat dar gehêten is dat Sulter Môr, ehne afdrengen vnde ânen wolden, welcker môr by vnserm stedeken Sulten lenger als âuer twê hundert iâr gewesen vnde van vnsern vôroldern, den heren van Rostogk, tho dem stedeken gegeuen is uermôge der olden brieffe vnde segel, vnde wy dat suluige nu tho der tît den Pamern mit grôtem rechte afgewunnen hebben, dat also de Pamern vnde de van Tribbeses vnde ere êwigen nakômelinge dâr nicht inne hebben, noch hebben schôlen thô êwigen tyden, dat sick ôk de forsten tho Pamern vôr sick vnde ere êwigen eruen iegen vns vnde vnsere êwigen eruen vorsegelt vnde vorschreuen hebben, derwegen so hebbe

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wy sodâne gantze môr wente an de stat Tribbeses vnserer stat Sulten vnde allen inwâneren dârsuluest van nyen dârmit begifftiget unde prîuilegîret, dat sulue tho genêten vnde gebrûken rouwsâm vnde fredesâm tho besittende tho êwigen tîden. Tho hôger bewâringe vnde tûchnisse disser dinge hebbe wy an gegenwardigen brêff vnser ingesegel lâten hengen. Gegeuen tho Rostogk am ihâre vnses heren dûsent drê hundert vnde im negen vnde voftigesten iâre, des donnerdâges na dem feste Nicolai des hilligen biscopes. Tûgen disses sint vnse getrewen: her Johan vnde Vicke brôdere de Moltcken thôm Stritfelde vnde Totendorp, her Nicolaus Smeker tho deme Wostenuelde, riddere, Bertram Bere vnse cantzeler, Grube Veregge vnde Hinrich Moltcke vnse dêner vnde ander mêr lôffwerdigen.


Nr. XLI.

Der Herzog Albrecht von Meklenbnrg verleiht den rostocker Bürgern Bernhard und Arnold Kopman das Eigenthum von 20 Drömt Kornhebungen aus der Mühle zu Sülz, welche sie von den von Dechow gekauft haben.

D. d. (1360.)

Nach dem Concept im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Uniuersis presencia visuris seu audituris nos Albertus, dei gracia dux Magnopolensis, comes Zwerinensis et Stargardie ac Rozstoc dominus, testimonio presencium litterarum volumus esse notum, quod nos, matura deliberacione prehabita et consiliariorum nostrorum accedente consilio, discretis viris Bernardo Copman et Arnoldo Gopmann, fratri suo, ciuibus nostris in Rozstoc, et eorum veris heredibus dimisimus et presentibus dimittimus pro centum marcis Rozstoccensium denariorum vsui nostro plenarie applicatis totam proprietatem libertatis super viginti tremodiorum redditibus triplicis annone, videlicet decem tremodiorum siliginis, quinque tremodiorum ordacei brasei

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et quinque tremodiorom auenatici brasei, sitis in molendino in Sulten, quosdicti Bernardus et Arnoldus hucusque possiderunt et possident emptos ab illis de Dechowe, perpetuis temporibus obtinendam et possidendam, dantes eis et eorum heredibus plenam potestatem, ita quod ipsi predictos redditus annone in se omnes seu partem sui dimittere, dare uel assignare valeant et in quoscunque vsus et queque pia opera spiritualia aut secularia diuertere et per capcionem pignerum, quando et quociens necesse habuerint, extorquere et in Rozstoc seu in quemcumque alium locum eis competentem licite sine aliquo excessu ducere pro ipsorum voluntatis beneplacito, nostro, heredum nostrorum et quorumlibet sussessorum seu aduocatorum consensu minime requisito; precipue uero omnibus eis, que nobis, heredibus et successoribus nostris quibuslibet in dictis redditibus annone et suis attinenciis omnibus ac proprietate libertatis per successionem hereditariam, que angheual dicitur, seu per alium modum quemcumque procedenti tempore competere poterunt, spontanee renunciamus, nichil iuris et proprietatis in ipsis nobis vel heredibus aut successoribus nostris reseruantes. In cuius etc. Testes etc. Datum etc.

Auf Pergament.


Nr. XLII.

Der Herzog Albrecht von Meklenburg verpfändet dem Bisthume Schwerin die Städte und Schlösser Sülz und Marlow mit den Dörfern.

D. d. Bostock. 1371. Jan. 13.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In godes nâmen Amen. Wy Albrecht van des suluen gnâden hertoghe to Mekelenborgh, greue to Zwerin, to Rostok vnde to Stargharde here, bekennen vnde betûghen ôpenbâre in dessem brêue, dat wi vnde vnze rechten eruen schuldich syn van reddelker vnde witliker schult deme êrbâren vâdere in gode biscop Frederke to Zweryn vnde sînen nakômelinghen biscopen vnde deme capittele vnde der kerken to Zwerin soes hundert lôdeghe mark suluers kolnescher wichte, de vns an tel-

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leden pennighen betâlet vnde ghedaan syn vnde in vse vnde vser eruen nvt ghekômen sint in desser wîs, dat wi dâr van hebben her Otten van Dewitze gheghulden vôr den wedderkôp der Sulten, dat wi em vorkoft hadden, hundert vnde teyn mark lubesch, vnde hebben vortmer dâr van gheghulden den van der Lů allent, dâr en de Sulte mit der tôlâghe vôre stunt, vnde wes dâr ôuer blêf van penninghen, de hebbe wi in vse vnde vser eruen nvt ghekêret. Hîr vôre hebbe wi vnde vse eruen ghelâten vnde ghesat vnde setten vnde lâten in desser scrift biscop Frederke vôrbenômet vnde sînen nakômelinghen biscopen vnde deme capittele vnde der kerken to Zwerin mit willen vnde mit êneme berâdenen můde, mit râde vnde mit [Abbildung: w Ring]lbôrt al vser eruen vnde na râde vnde na anwîsinghe vser trûwen râtgheuen vnde al der iênen, de dâr to hôren vnde den dat anrôren mach in tôkômenden tîden, to êneme rechten brûcliken pande de gantze stat to der Sulten vnde Marlowe, vnde wes wi den van der Lů dâr mede vorpandet âhadden, vnde desse dorp by nâmen Janekendorpe vnde Poppendorpe, Brunekendorp, Wlueshagen, Ghutendorpe, Nigen Ghutendorpe, Brunestorpe, Varnehop, Sepelin, Schulenberg, Dangmerstorpe, Koltzow, Detmerstorpe, to deme hôue Tutendorpe, Stromstorp, Virde, Groten Gnewitze, Stubbendorpe, Lutteken Gnewitze, Tenekendorpe, Pukstorpe, Konesse, Redekenstorpe, myt aller nůt vnde vrucht, de van dessen steden vnde dorpen kômen mach, myt richte vnde myt dêneste vnde mit alleme rechte, hôgheste vnde sîdeste, dat dâr hêt an hals vnde an hant, vnde dâr bynnene also [Abbildung: w Ring]lkomen vnde also vrie, also wi vnde vse eruen desse stede vnde dorpe aller [Abbildung: w Ring]lkômenst ghehat hebben vnde hebben, vnde also it to der herschap hôret, myt deme kerklêne der vôrbenômeden stat to der Sulten vnde mit alleme anvalle vnde vrîeheyt, also wi vnde vnze eruen desse stede, lant vnde dorp vôrbenômet vrîest ghehat hebben vnde hebben, vs vnde vsen emen dâr nicht ane to beholdende, men manscop, orsedênest vnde kerklên ane dat kerklên der stat der vôrbenômeden Sulten. Desse vôrbenômeden stede to der Sulten vnde Marlow vnde ghût vôrbenômet scôlen de vôrbenômeden biscop Frederk vnde sîne nakômelinghe biscope vnde dat capittel vnde de kerke to Zwerin besitten vnde brûken sunder iênerhande rekenschap vnde afslach, de en to

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schâden kômen mah, vnde wanne wi vnde vse eruen dit pant lôsen willen, de pennighe scôle wi eder vnze eruen biscop Frederke vôrbenômet edder sînen nakômelinghen biscopen, deme capittele vnde der kerken to Zwerin berêden vp êne tît, an êner summen, in der stat to Rostok eder to Butzow, in welker stede se dat êschen, vnbeworen, mit alsodânen lôdeghen suluere, also vôr screuen is, edder mit lubeschen pennighen, de denne ghenghe vnde gheue sint vnde der denne also vele to gheldende vor gêwelke lôdeghe mark, also de lôdeghe mark denne wêrt is, vnde wi vnde vse eruen scôlen se vnde de berêdinghe leyden van stâden an, wanne wi eder vnze eruen se berêden, vnde den de berrêdinghe vntfâen, leyde weruen veer weken na der tît, dat wi eder vnze eruen se îrst berêt hebben, also dat se de berêdinghe vêlich vôren môghen bynnen der tît, wôr se willen, sunder eren schâden, vôr al de dorch vsen willen dôen vnde lâten willen. Vortmer de wîle dat biscop Frederk vôrbenômet eder sîne nakômelinghe biscope vnde dat capittel vnde kerke to Zwerin desse stede vnde ghût vôrbenômet inne hebben van vs eder van vsen eruen vôr ên pant, also hîr vôrescreuen steyt, so môghe se sunder brôke bûwen in der schêde der Sulten na vseme râde vnde vser eruen, wat se willen vnde wôr se willen , vnde wat se dâr ane vorbûwen vnde wes se tô kôpen na vseme râde, at se vs reddelken eder vsen eruen berekenen eder bewîsen môghen, dâr sette wi vnde vse eruen en dat vôrbenômede pant vôre, als vôr de îrsten summen, vnde dat scôle wi eder vnze eruen en wedder gheuen vnde betâlen vnbeworen an sodâne suluere eder pennighen, also vôrscreuen is, vnde den summen van des bûwes weghene vnde wes se na vseme râde eder vser eruen dâr to kôpen, de summen scôle wi eder vnse eruen en ôk mit der îrsten summen vppe êne tîd berêden, wen wi eder vse eruen dit vôrbenômede pant lôsen, sunder iênnegherhande vortoch vnde hulperede. Vnde wi enscôlen se eder vnse eruen van dessen panden nicht setten, wi eder vse eruen hebben en dit êne mit deme anderen wedder gheuen vnde ghulden in êner summe, to êner tît vnde an sodânen stede, also vôrscreuen is. Vortmer dit slot vnde stat scal vse vnde vser eruen ôpene slot blîuen to al vsen nôden vnde nûden. Wêr ôuer, dat got vorbêde, dat de vôrbenômede biscop Frederk eder

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sîne hakômelighe biscop vnde dat capittel vnde de kerke to Zwerin dat hûs eder de stede vôrbenômet vorlôren, an welker wîs it schêghe eder schûde, so scôle wi eder vnze eruen en yo bynnen deme îrsten vêrdêl yâres dâr na vppe vse vnde vser eruen koste vnde schâden dat slot vnde stede wedder scheppen brûkliken to besittende, also hîr vôre screuen is. Kunde wi eder vnze eruen en dat slot vnde stede bynnen deme îrsten vêrdendêl iâres nicht wedder scheppen, also hîr vôr screuen is, so scôle wi eder vnze eruen en bynnen deme suluen vêrdendêl iâres ere suluer vnde wes se dâr ane vorbûwen vnde tô kôpen, also vôrscreuen is, berêden an êner summen to ghůde vnde to nůtten, also dat se âne schâden blîuen an sodâner stede vnde wîs, also vôrscreuen is. Vortmer wêre dat wi eder vse eruen orlôgheden vt vnde van deme slote, so scôle wi eder vse eruen biscop Frederke eder sînen nakômelinghe biscope vnde deme capittele vnde der kerken to Zwerin ieghen ere ghůt, dat ere êghene ghůt ys, dat se bi der Rekenitze lighende hebben, dâr se van vser vnde vser eruen weghene schâden nemen mochten, bewîsen ieghen ghût vnde en to ghûde dat veleghen ieghen des stichtes ghůt, also dat biscop Frederk eder sîne nakômelinghe vnde dat capittel vnde kerke to Zwerin in eren vôrscreuene ghûde âne schâden blîuen. Vortmer scôle wi vnde vnze eruen biscop Frederke vnde sînen nakômelinghen biscopen vnde deme capittele vnde der kerken to Zwerin desse slote vnde allent dat dâr to licht, lant, stede vnde dorp vôrbenômet, also vrîe also wi vnde vse eruen aldervîngest hebben vnde ghehat hebben, vnde dâr to allen anval, de vs vnde vsen eruen bynnen den suluen landen, de wîle it ere pant is, anvalt, entfrîgen van aller ansprâke vnde beweringhe. Hîr bôuene vorwillekôre wi vs vnde vse eruen, dat se dyt pant vnde wes hîr vôrescreuen steyt, nicht vorwerken eder vorbreken kônen tieghen vs vnde vse eruen, de wîle it ere pant is. To tûghe desser dinghe is vse ingheseghel ghehenghet an dessen brêf, de gheuen is to Rostok na godes bôrt drutteynhundert iâr in deme ên vnde sôuentichsten iâre, des achten dâges na den twelften. Tûge sint vse lêuen trûwen: Hinrik van Stralendorpe, Vicke Molteke, Hermen van der Lů, riddere, Johannes Swalenberg, vse kentzeler, Henneke van der Lů, knape, vnde vele andere lûde, de trûwe werdich sint. Desse

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brêue hebbe twêualt ghgheuen wi mit vseme inghesegele beseghelet.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer gedrängten Minuskel. Das Siegel fehlt.


Nr. XLIII

Der Abt Gottschalk von Doberan verlangt von dem Knappen Johann von der Lühe, Vogt zu Sülz, Befreiung von Ansprüchen an die dem Kloster Doberan gehörende Salzstelle zu Sülz, Johann von der Lühe behauptet dagegen das Eigenthum dieser Salzstelle.

D. d. Sülz. 1383. Aug. 7.

Nach dem Original-Notariats-Instrument im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine domini Amen. Anno natiuifatis eiusdem millesimo tricentesimo LXXXIII°, indictione VI a , mensis Augusti die septima, hora quasi nona, pontificatus sanctissimi in Christo patris et domini nostri, domini Vrbani, diuina prouidentia pape sexti, anno eius sexta, in ecclesia parrochiali opidi Zulten, in mei notarii publici et testium infrascriptorum presencia constitutus personaliter venerabilis et reuerendus pater et dominus dominus Godscalcus abbas monasterii in Doberan, Cysterciensis ordinis, Zwerinensis diocesis, quendam famosum virum Johannem de Lů famulum, aduocatum in Zulten, dicte Zwerinensis diocesis, per quandam missilem litteram incliti principis et domini Magni ducis Magnopolensis ammonuit et diligenter requisiuit, ut ab ulteriori inpedimento cuiusdam aree salinaris, que ad dictum monasterium Doberanense spectare dinoscitur, de quibus sibi indubitata fides per litteras priuilegiales super hiis confectas exstitit facta, cessaret penitus et desisteret, dictus vero Johannes de Lů sub hiis verbis respondebat, quod ipsa area salinaris supradicta suis vsibus iuste cerneretur asscribi, nec ab eius inpetitione supersedebit, quod sua et non alterius ipsa area esset, a

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quibus se nolle resilire ibidem se astrinxit. Acta sunt hec anno, indictione, mense, die, hora, loco, pontificatu et aliis, quibus supra, presentibus discretis viris domino Johanne Murmester, rectore ecclesie, Johanne Wytten, tympanario, Reymaro Hoghehud, Nicolao Krůthop, proconsulibus, Johanne Caruk, Cunrado Scroder, ciuibus et incolis opidi Zulten, testibus ad premissa vocatis et rogatis.

(L. Sign.
Not)
Et ego Johannes dictus Voghel, clericus Verdensis diocesis, publicus imperiali auc toritate notarius, huiusmodi commonicioni et requisicioni ac responsioni ac omnibus aliis premissis, dum sic fierent, vnacum prenominatis testibus presens interfui eaque sic fieri vidi et audiui et in hanc publicam formam redegi, quam signo et nomine meis consuetis signaui requisitus et rogatus in testimonium omnium premissorum.

Auf einem langen Pergament in einer dicken Minuskel. Auf der Rückseite steht die gleichzeitige Registratur: Henneke de Lv aduocatus in Zulten.


Nr. XLIV.

Der Rath der Stadt Sülz bestätigt den Vergleich zwischen dem Kloster Doberan und den sülzer Bürgern Johann Karuk und Henning Sa(ge)nitz, nach welchem das Kloster diesen seine Salinegüter in Erbpacht giebt.

D. d. Sülz. 1386. Junii 23.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Nos proconsules ac consules in Zulthen vniuersi tenore presencium nostrarum litterarum recognoscimus et publice protestamur, coram nobis in nostri presencia honorabiles et religiosos viros dominos Johannem Zassen priorem, Ludolphum Kercdorp et Johannem Malchow furnarium, nomine et ex parte sui monasterii Doberanensis, cum discretis

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viris Johanne Karuk et Hennyngho Zagenitzen, nostris conciuibus, super quibusdam bonis salinaribus dicti monasterii apud opidum nostrum Zulthen situatis amicabiliter in hunc modum concordasse, quod Johannes et Hennynghus antedicti huiusmodi bona salinaria perpetuis temporibus possidebunt eaque suis heredibus hereditaria deuolucione relinquent, aliis eciam huiusmodi bona assignandi facultatem habebunt; de quibus bonis predicto monasterio ipsi Johannes et Hennynghus eorumve heredes aut hii, quibus ea assignauerint, certos annuos, redditus atque pensiones,videlicet triginta marcas Rostoccenses, in quatuor anni temporibus, scilicet in festo beati Michahelis archangeli, in natiuitate Christi, in festo Pasche et in natiuitate beati Johannis baptiste, in quolibet dictorum festorum septem marcas cum dimidia, intra muros Rostoccenses in curia Minori Doberan annis singulis expedite soluere tenebuntur, quos redditus si, ut premittitur, in dictis terminis ex integro non persoluerint, extunc huiusmodi pensiones per pignerum ablationem ex eorum bonis dicioni iuris Lubicensis subiectis iuxta ipsorum arbitrium absque impedimento aliquo valeant extorquere, ipsa pignera, licencia nostra ad hoc minime requisita, secum abducendo. Preterea si Johannes et Hennynghus antedicti aut eorum heredes huiusmodi bona salinaria aliis assignare decreuerint, illud omnino fiet ad dicti monasterii consilium et consensum; insuper si ipsi, eorum heredes aut hii, quibus huiusmodi bona assignauerint, ea reliquerint inculta, ita quod dictum monasterium redditus pretactos ex integro percipiendi priuaretur, extunc dictum monasterium sua bona libera, quita et indisbrigata reintinget et reassumet, aliis inde fructum reddentibus ea locando ad beneplacitum volontatis eorundem. Et quia per litteras predecessorum nostrorum consulum in Zulta, quas vidimus et legi fecimus, sufficienter sumus instructi, predictum monasterium bona sua salinaria cum omni libertate et iusticia absque vlla exactione pacifice possedisse, nos eciam in quantum poterimus dicto monasterio ius suum semper illesum conseruare cupientes, omnem iusticiam omnemque libertatem ad dictum monasterium in huiusmodi salina pertinentes ratificamus, per hec quidquid ad dictum monasterium spectauerit uel ipsius iuris exstiterit, penitus approbantes. Testes huius rei sunt: dominus Johannes Voghel presbiter, Hennekinus Kercdorp

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et Henneke Babbe, armigeri, Reymarus Hoghehud, proconsul, Lambertus Blok, Stephanus Latendorp, Johannes Richenberg, consules ciuitatis predicte. Datum in Zulthen anno domini M CCC° LXXXVIt°, in vigilia beati Johannis baptiste, domini precursoris.

Auf Pergament in einer festen Minuskel. An einer Schnur von rother Seide hängt das grosse, runde Siegel der Stadt Sülz, und zvvar ein neues Siegel: die Wellen gehen höher hinauf und nehmen die ganze untere Hälfte des Siegels ein, der Stierkopf ist etwas kleiner und die beiden Blumen zu den Seiten des Stierkopfes sind wie zwei dicke Blumensträusse gestaltet (nicht geästet, wie auf dem alten Siegel); Umschrift:

Umschrift

Auf der Rückseite der Urkunde steht noch die Registratur:

De salina in Marlow.

Nr. XLV.

Der Herzog Heinrich von Meklenburg setzt den Brüdern Claus und Vicke von der Lühe und deren Erben Stadt und Land Sülz mit Marlow zu einem nutzbaren Pfande.

D. d. Schwerin. 1448. Mai 16.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Wy Hinrick van godes gnâden herttoge to Mekelnnborch, furste to Wennden, greue to Swerin, to Rostock vnde Stargarde herre, bekennen ôpenbâr mit dusseme brîue vôr vns, vnnse eruen vnde nakâmelinge vnde vôr alseweme, dat wy rechter wittlicker schult schuldich sind den duchtigen knapen, vnnsen lêuen getrûwen Clawse vnde Vicken van der L ue , brôderen, vnde alle eren rechten eruen vefftênhundert lubscher margk lubscher pennighe, alse to Lubeke vnde tôr Wissmer genge vnde geue sind, vnde hebben ene dâruôr ingedân vnde gesettet vnnse slot, stad vnde lant tôr S ue lten met deme wîckbilde to Marlowe, met der ganntzen vogedy vnde mit aller tobehôringe,

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so alset in aller sîner schêdinge belegin is, met richte hôgest vnde sîdest, met der bede dârsulues, met holtingen, velden, pachte, vischerîen, wâtern, weiden vnde anndersz, met aller herlicheit, nicht vtbeschêden, men allêne dat kergklên vnde mandênst, dat wy vns dârane beholden, also dat de uôrgenômden van der Lu vnde ere eruen dat slot, stat, lannd, met dem wîckbilde Marlow vnde met aller tobehôringe, alse uôrgeûrt is, to ênem brûcklicken pande vôr den uôrgeschreuen zummen pennige ynnehebben schâlen, so lannge dat wy offte vnnse eruen de weder van ene lôsen, des wy alletyt mechtigh wesen schâlen; vnde wenne vns dat also beqwême is, so schâlen wy effte vnnse eruen den van der Lu uôrgenômet effte eren eruen in den vêre hilligen dâgen to Paschen toseggen vnde ene denne to sente Mertins dâghe nêghest dârna volgende ere rêden penninge, benômelicken vefftênhundert marck lubsch munte, alse uôrgeschreuen, upp êner geleglicken stede in vnnsern lannde to Mekelnnborch, wôr ene dat êuenst kompt, vnuertôgert vnde vnbekommert in êneme zummen gûtlicken weddergeuen vnde betâlenn. Hadden denne de êrgenannden van der L ue an dem uôrgenômeden slote wes uorbûwet, dat bewyszlick wêre, dat willen wy effte vnnse eruen ene effte eren eruen denne ôk na erkantnisze twîer vnnses râdes vnde twîer erer fr ue nd vnuertôgert wedderleggen. Denne so schâlet sy vns vnnse slot, stad vnde vogedy mit deme wîckbilde Marlow sunder wedderrede widder antworden. Dat uôrgenômde slot, stat vnde wîckbilde schâlen ôk vnnse vnde vnnser eruen ôpenen wesen to allen tyden vnde to allen vnnsen nôden. Ok môgen de vôrgenômeden van der L ue vmme erer nôd willen vt der uôrgenômeden vogedy wes verpanden effte versetten, so doch vns, vnnsen eruen vnde nakâmelingen vnnschedelicken an vnnser lôsinghe, alle geuêrde vnde argelist hîr ynne gentzlikenn vteschêden. Des to mêrer bekanntnisse hebben wy vnnse ingesîgel wittliken an diessen brêff lâten henngen. Dâr ane vnde âuer sind gewesenn vnnse reder vnde lêuen getr ue wenn, nômlicken her Johann Veregge ridder, Otte Veregge vnnse kâmmermêster, Otto Sperling vnde Vicke Haluerstad vnde mêher lôuenwerdig vnnser mann vnde lêuen getrûwenn. Gegeuenn tho Swerin ame donnerdâge in den pinxten na godes gebôrt vêrthênhundert iâr dârna imme acht vnde vêrttigsten iâre.

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Nach dem des Siegels beraubten Originale auf Pergament, in einer kleinen, scharfen Minuskel, im grossherzogl. Archive zu Schwerin; ausserdem werden hier auch noch das auf Papier ge-schriebene Concept und eine beglaubigte Abschrift der Urkunde aufbewahrt.


Nr. XLVI.

Der Herzog Heinrich von Meklenburg belehnt die Brüder Vicke und Claus von der Lühe mit dem erblichen Pfandbesitze der Vogteien Sülz und Marlow mit der Bede.

D. d. 1450. Jan. 20.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Wy Hinrick van godes gnâden hertoge to Meklenborch, forste to Wenden, greue to Zwerin vnde der lande to Rozstk vnde Stargarde here bekennen ôpenbâre in dessem brêue, dat wy mit vnsen eruen vnde nak oe melingen na râde vnde mit vulbôrd vnser redere hebben ghegheuen, vorlyet vnde vorlâten, gheuen, vorleynen vnde vorlâten in craft desses brêues vnsen lêuen ghetrûwen Vicken vnde Clawese brôderen ghenômpt van der L ue vnde eren rechten eruen vmme trûwes dênstes willen, den se uns vnde den vnsen ghedân hebben vnde hîrna dôn môghen, de voghedye to der S ue lten vnde to Marlowe mit alleme rechte vnde gherichte, hôgest vnde sîdest, mit alleme anvalle vnde tobehôringen, vns vnde den vnsen dâr anders nicht ane to beholdende, wen den mandênst, en qwyt unde vrye gantz vnde all to besittende vnde van erue to erue to eruende to êwigen tîden; wêret ôk dat wy ofte vnse eruen ofte nakômelinge iêninghe bêde ôuertland bêden, so schal de sulue bêde in der suluen voghedye blyuen by den van der L ue vnde by eren eruen. To bekantnisse aller vôrscreuen ding hebbe wy vnse ingesegel vôr vns, vnse eruen vnde nakômelinge hêten henghen vor dessen brêff. Hîr hebben an vnde ôuer ghewesen de duchtigen manne: Joachim van Pentze, Clawes van Oldenborch vnde Herman Kerkdorp, vnse trû-

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wen redere. Ghegheuen vnde screuen na der bôrd Jhesu Christi vêrteynhundert iâre dâr na in deme veftigsten iâre, am dâge Fabiani et Sebastiani.

Nach dem sehr erloschenen Originale auf Pergament im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin; an einem Pergamentstreifen hängt des Fürsten Heinrich Siegel mit eingelegter rother Wachsplatte: in einem Dreipass stehen die drei Wappenschilde für Meklenburg, Schwerin und Rostock.

Bald nach dieser Zeit verpfändete, nach dem nicht datirten Concept einer Urkunde, derselbe Herzog an dieselben Brüder von der Lühe für 320 lüb. Mark "XX sundesche marck tor Sulten vnde XX sundesche mark to Marlow iarlicker renthe genomet de konigesbede, de vns de vorbenomeden vnse stede iarlikes plegen to geuende", und alle fürstlichen Hebungen aus dem Dorfe "Poppendorpe, it sy plege edder vnplege".


Nr. XLVII.

Der Herzog Heinrich giebt dem Rathe und der Kirche der Stadt Sülz seine bei der Stadt belegene Ziegelei.

D. d. Malchin. 1450. März 9.

Nach dem Concept im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Wy Hinrick van godes gnâden hertoge to Mekelnborch, furste to Wenden vnde greue to Swerin etc, bekennen ôpenbâr mit desseme iegenwardigen brêue vôr vns, vnse eruen vnde vôr alzweme, dat wy den êrwirdigen borgermêstern vnde râdmannen to der Sulten, vnsen lêuen trûwen Claws Berge, Henneken Gruwelen, Curd Hogehude, Hinrich Berge vnde Albrecht Vosse, vnde allen eren nakômelingen vnde deme godeszhûse dârsuluest hebben gunst vnde geuen vmme eres vordênstes willen vnse gancze tegelwerck mit der ersze, dat wy hadden by der Sulten belegen, mit aller thobehôringe, mit wisschen, mit mûren, mit wâteren vnde wes dâr to belegen is, qwît vnde vrîg, des sich de râd to der Sulten vnde de godeszlûde van des godeszhûses wegen, de nu sint vnde alle ere nakômelinge, to erer behûff vnde beteringe des godeszhûses schôlen brûken besitten to êwigen tyden zunder vns vnde vnser eruen

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anseggent. Des to mêrer bekantnisze hebbe wy vnse ingesegel witliken an dessen iegenwardigen brêff hêten hengen. Dâr an unde ôuer sint wesen vnde dêgedinget hebben vnse Iêuen trûwen Radeke Kerckdorp voget to Gnogen, Vicke van der Luvoget tôr Sulten vnde vele andere êrwerdige gûde lûde. Datum Malchin feria 2a ante Letare anno etc. quinqugesimo.

Registretur.     

Nach dem Concepte auf Papier.


Nr. XLVIII.

Die Herzoge Heinrich und Albrecht von Meklenburg verleihen den von Kardorff das Dorf Redderstorff zu einem Mannlehn.

D. d. Güstrow. 1510. Sept. 17.

Nach dem Concept im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Wir Heinrich und Albrecht gebruder von gots gnaden herczogen zu Meckelnburg etc. bekennen offentlich mit disem vnserm briffe, das fur vns irschynen ist der duchtige vnser lieber besunder Achim Kerckdorff wonhafftig zu Demmyn vnd hat alle die gutter vnd gerechtikeit, die er hat adir haben mag in dem dorffe Raderstorp adir andirswo in vnserm furstenthum vnd landen belegen, wor ane das sey, nichtes ausgenomen, in vnser hende freywilliglich vffgelassen, mit vnderteniger bete, das wir die selben gutter vnd alle seyne gerechtikeit, die er dar ane in vnsern landen hatt, seynen vettern vnsern lieben getrewen Achim, Clausen, Wedegen vnd Gerten gebruderen den Kerckdorffen gnediglich zcu manlhênen leihen wolten, als haben wir angesehen sulch zcimlich bethe vnd haben gemelten Kerckdorffen gebrudern berurte gutter vnd gerechtikeit in vnsern furstenthum vnd landen gelegen gnediglich zcu eynem rechten mannlehen gereicht vnd gelihen, reichen ehne sulche guter, die zcu besitzen, zcu genissen vnd zcu gebrauchen, in vnd mit crafft dis briffs, doch vns an vnsern mandinsten, furstlichen obirkeiten vnd sunst idem seynen rechten

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ane schaden. Des to orkunde hebben wi desen breff mit vnsen ingesigeln besigeln vnde geuen laten to Gustrow, am tage Lamperti, anno domini 1510.

Nach dem Concept von der Hand des Canzlers Caspar von Schöneich. Die plattdeutsche Schlussformel: "Des to orkunde etc. ist von des ausfertigenden Secretairs Hand hinzugefügt; der (hochdeutsche) Canzler pflegte seine Concepte nicht zu datiren.


Nr. XLIX.

Der Herzog Johann Albrecht von Meklenburg bestätigt die der Stadt Sülz ertheilten Privilegien.

D. d. Schwerin. 1569. März 1.


Wir von Gottes Gnaden Johann Albrecht Hertzok zu Meckelenburgk etc. Fürst zu Wenden etc. Bekennen offentlich mit diesem Unserm Briefe, das Uns die Ersamen, Vnsere liebe getreuen Burgermeister, Rathmanne und ganze gemeine Unser Stadt Sültze Vndertheniglich zu erkennen gegeben, Welcher gestallt Ire Vorfahren Vorschiedener Zeit von den hochgebornen Fürsten weiland Herrn Waldemarn, Herrn Nicolaussen Vnd Herrn Heinrichen, Herrn des Landes zu Rostock, Auch Hertzogen zu Meckelenburgk und des Landes zu Stargardten Herrn, Vnsern löblichen Voreltern Christlicher und milder Gedächtniss, mitt etlichen Privilegien, freiheiten, Rechten vnd gerechtigkeiten aus sondern Gnaden und vmb Ihrer getrewen, vndertenigen geleisteten Dienste willen, Auch zu aufnehmung und gedeyelichen wolfahrt gemeiner Stadt Sültze begabet wehren laut dreyer underschiedlicher darüber aufgerichter vnd auf Pergamen geschriebener, Auch mit ermelter Vnserer loblichen seligen Voreltern angehengten furstlichen Insiegeln bestettigten vnd bekrefftigten Briefen, die sie Vns in originali vndertheniglich vorgebracht vnd dieselbige auf ein Newes Ihnen zu Confirmiren, zu bestettigen vnd Zu uorneuwern Vnd von wortt zu wortt In diese Vnsere fürstliche Confirmation anstatt eines Transumpts oder Vidimus einzuvorleiben demuetiglich ge-

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beten: Vnd lauten dieselbigen priuilegia In lateinischer sprach also, wie volget:

(Es folgen wörtlich die Urkunden:

1) des Fürsten Waldemar von Rostock vom 5. Dec. 1277 (Nr. VI),

2) des Fürsten Nicolaus von Rostock über die Verleihung der Feldmark Symen vom 21. Sept. 1298 (Nr. VIII),

3) des Herzogs Heinrich von Meklenburg über die Verleihung des Dorfes Reddersdorff an die Stadt vom 26. Aug. 1326 (Nr. XX.).

Als haben Wir demnach ihre underthenige, ziemliche vnd billige bitt, Auch die getrewen, willigen Dienste, so sie Vnsern Vorfahren den Hertzogen zu Meckelenburg vnd Vns jhe Allewege geleistet Vnd hinfürder noch weiter zu thun sich gehorsamblich erpitten, auch wohl thun mugen vnd sollen, mit gnaden angesehen vnd darumb mit wolbedachtem muth, gutem Rath vnd Rechtem wissen obgemeldten Burgermeistern, Rathmannen vnd gemeinen Vnser Stadt Sülte vnd Ihren nachkomlingen die obberurte Priuilegien, begnadungen, freiheiten, Rechte vnd gerechtigkeiten, so Ihre vorfahren von wailand vnsern loblichen vnd seligen Voreltern den hertzogen zu Meckelenburg, Auch der Lande Rostock vnd Stargardt Herrn mildiglich erlangd vnd erworben, Darzu auch Ihre alte lobliche herkommen vnd gute gewonheiten, so sie bis daher redlich hergebracht vnd gebraucht haben, als der Landesfürst gnediglich confirmiret, becrefftiget, und bestettigen Ihnen die auch hiemit von landesfürstlicher macht und obrigkeitt wissentlich In Crafft dies brieffs, Was Wir Ihnen von Rechts vnd Pilligkeits wegen daran zu Confirmiren, zu becreftigen haben sollen vnd mugen, Vnd meinen, setzen und wollen, das alle und Jedern obbestimpte Ihre Privilegien, begnadungen, freiheitt, Recht und gerechtigkeiten auch darzu Ihr alth loblich herkommen und gewonheit, so sie redlich hergebracht vnd gebraucht, In allen Punkten, Clauseln, artikeln Crefftig sein, stett vnd vnuerbruchlich gehalten werden, vnd gedachte Unsere Stadt Sülte Jetzt vnd In Zukunft sich derselbigen nach allen Ihrem Inhalde gebrauchen, halten vnd geniessen vnd gentzlich darbey bleiben sollen vnd mugen, Von allen menniglichen Vnuerhindert, Doch Vns an Vnsern Landesfürst-

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lichen Vnd sonsten einem Jeglichen an seinem Recht Vnvorgreiflich vnd vnschedlich, vnd gebieten darauf allen und Jeglichen Vnseren Vnderthanen, Wes standes, wirden vnd wesens die sein mugen, das sie mehr gedachte Vnsere Burgermeister, Rathmanne vnd gantze gemeine In Vnser Stadt Sülte, die Jetzigen vnd Ihre nachkomlingen, bey dieser Vnserer furstlichen Confir-mation Vnbetruebt Vnd vngehindert bleiben vnd sich derselbigen erfrewen vnd geniessen lassen, Als lieb Ihnen ist, Vnsere Vngnade vnd straff zuuermeiden. Das meynen Wir ernstlich. Zur Vrkund haben Wir Vnser fürstlich Insiegel an diesen Brieff wissentlich lassen hengen, der gegeben ist zu Schwerin den ersten Tag Marty, Im Jahr nach Christi geburt 1569.


Nr. L.

Eggert von der Lühe auf Schulenberg verkauft dem Herzoge Gustav Adolph von Meklenburg sein Salzwerk zu Sülz und nimmt für die Kaufsumme den Hof Bokhorst zum niessbrauchlichen Pfande.

D. d. Güstrow. 1664. Mai 20.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Ich Eggart von der Lüehe auf Schulenberch urkunde und bekenne hiemit für mich, meine Erben und Erbnehmen, Nachdeme der durchleuchtigster Fürst und Herr, Herr Gustaff Adolph, Hertzog zu Mecklenborgck, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburgck, auch Graef zu Schwerin, der Lande Rostogck und Stargardt Herr, Mein gnedigster Fürst und Herr, mit mir wegen meines Saltzwerckes zur Sültze Handlung flegen und darüber einen bestendigen respective Kauf- und Pfandt - Contract uff gewisse masse und weise errichten lassen, welcher dann von Worten zu Worten lautet wie folget:

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Von Gottes gnaden wir Gustaff Adolph Hertzog zu Mecklenburgck, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburgck, auch Graef zu Schwerien, der Lande Rostogck und Stargardt Herr, Thun Kundt und bekennen hiemit für Vns und vnsere Erben und nachkommen und sonsten jedermenniglichen, das wir heute dato mit dem Erbarn vnserm Lehnmann und lieben getrewen, Eggart von der Lühen vff Schulenberch wegen seines Saltzwerkes zur Sültze Handlung pflegen und Ihm dasselbe nebst allen darzu gehörigen pertinentien, Sie haben Nahmen, wie sie wollen, und wie ers und seine vorfahren genutzet und gebrauchet, umb und für Achte Tausent gulden Mecklenburgischer Wehrung also und dergestalt abkauffen lassen, dass vns dasselbe uff Trinitatis instehenden 1664ten Jahres zum wurgcklichen genies soll tradiret und eingeliefert werden, hinckegen wir vns den vor Vns vndt vnsere Erben und nachkommende Herschafft hiemit gnedigst verpflichten, obbesagten vnsern Lehnman Eggart von der Luehen wegen des Kaufschillings der 8000 fl. vnsern im Amtte Ribbenitz belegenen Meyerhoff Bogckhorst vnterpfentlich übergeben und umb ein gewisses einreumen zu lassen, also dass wir Ihm und seine Erben undt Erbnehmen besagten vnsen Hof nebst den darzu gehörigen pertinentien undt Zubehörungen an gebewden, Zimmern, Agckern, Wiesen, Weyden, Driften, notdürftiger Holtzung zur Fewrung und erhaltung der Zimmer und gebewde, Garten, Koppeln, niedrige Jagten (so wir doch weiter als Haasen und Enten nicht wollen verstanden haben), und wie es dem Hofe zustehet, ohn allein was wir hiernehist Expresse eximiret und vorbehalten, quit, frey und ohn beschwer, dardurch aber die Contributiones nicht sollen verstanden, sondern er darzu nicht weniger als ander vnser PfandesEinhaber undt Unterthanen gehalten und verbunden sein, bis zu abtragung der 8000 fl. Kaufgelder besitzen und gebrauchen, und darin von andern nicht behindert werden soll, Gestalt wir solchen Hoff Ihm Eggert von der Lüehen vff Trinitatis instehenden 1664ten Jahres vermittelst eines vffgerichteten Inventary wollen tradiren und einliefern lassen, Denselben auch wieder menniglichs an- und Zusprach gnedigst Evinciren vndt gewehren, Jedoch behalten wir vns nachfolgende puncta bevor, Als

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1) Reserviren wir vns das Jus patronatus, imgleichen die Jurisdiction, in criminalibus und civilibus, und dahero dependirende gefelle und brüche, Jedoch soll Eggart von der Luehe die Muthwilligen und vngehohrsahmen untterthanen, nach gestalt des verbrechens mit leydtlicher gefengknuss, gantz aber nicht mit geltstraffe zu belegen bemechtiget sein.

2) Reserviren wir uns die hohe Jagten an Rohten vnd Schwartzen Wilde, Mast und Holtzung, jedoch das Ihm Eggart von der Luehen freye Fewrung und nothwendig bawholtz behuef vnsers Hoefes Bogckhorst von vnserm Oberförster angewiesen, und wen volle Mast vorhanden, Zwolf Schwein Mastfrei, auch das Korn zu des Hoefes benötigten Haushaltung, und zwar vff Sechs Persohnen, in den AmttsMühlen Mattenfrei soll gemahlen und passiret werden.
Darmit auch dieses Saltzweesen desto besser befördert werden möge, so Reserviren wir vns fürs

3) der Bockhorstischen Unterthanen Dienste in so weit, das sie jährlich ausser der Ernte und Sahtzeit Funftzig Fahden Holtz darzu zufuhren verbunden sein sollen. Hinkegen aber sollen sie zu keinen andern Fuhren weeder zu Hoefe, noch im Ambte gehalten sein. Die Unterthanen, so viel deerer anietzo dahin dienen und im Inventario benennet sein, und deren dienste betreffent, weile dieselbe noch eins theils wueste, so sollen die uebrigen besetzten bauern (zumahlen wir uns die wueste BawErbe vorbehalten) nicht mehr als 5 Tage in der Wochen, nemlich drei mit dem vieh und zwei Tage zu Fuess, mit dienstleistung angesehen werden, welches sie dan auch zu thun schuldig sein vnd darzu im verwegerungsfall durch vnsere Beambte zu Ribbenitz angehalten werden sollen.

Die Contribution anlangent, darmit soll es also, wie es mit andern vnsern Hypothecirten Aembtern vnd Hoefen gehalten wird, auch gehalten werden.

Hirnehist hatt sich Eggart von der Lühe anheisig und verpflichtig gemachet, sich des Hoefes als ein getrewer und fleisiger Hauswirth anzunehmen und dahin

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zu sehen, das der zum Hoefe gehöriger Acker nach mögkligkeith begehtet und mit guter Sath wollbestellet werde, worzu er dan seine eigene anspannung vom Hoefe da nötig mit halten soll und will, Auch über alle zum Hoefe gehörige Geist- und Weltliche abgaben, Pastorn- und Küstergebühr, worvon Ihm eine richtige Verzeichnus gegeben werden soll, vns ohnweigerlich vndt ohn eintzige abkürtzung jährlich 500 fl. zuentrichten versprochen, und soll es dergestalt mit abgebung der pension gehalten werden, das Eggart von der Lühe wegen der Ihm verschriebenen 8000 fl. Kauffgelder die Jährlichen Zins als 5 procent sich bezahlt machen, nemblich vierhundert gulden, vndt weiln wir seinem Schwager Jacob Christoff von der Luehen mit zweitausendt Gulden, als 1400 fl. restirender Besoldung und 600 fl., so derselbe vnser Rendtcammer bezahlt, verhafftet, vndt Ihm dieselbe ebenfals in vnserm Hoeffe Bogckhorst vff vorbeschriebene masze bis zu abtragung des Capitals versichert, als sollen demselben die übrigen Einhundert gulden als jährliche Zinse bezahlt und darmit die pension ergentzet werden.

Wurde auch durch Gottes Wetter und andere casus fortuitos, welche durch ermeltes Eggart von der Luehen gebürende fleissige Vorsichtigkeit nicht abzuwenden wehren, dem Hoefe und dessen Zimmer (welches Gott gnedigst verhüten wolle) einiger schade zugefuegt oder auch den Unterthanen durch Krieg gewaltätige abnehmung des Viehes und andere vnvermeidtliche felle ruiniret oder gar vertrieben werden, darzu ist er und seine mitbeschriebene nicht obstringiret und verbunden, noch solches zu ergentzen und wieder zu erstatten schuldig, Was aber durch sein und der seinigen verwahrlosung geschehen oder durch seine und der seinigen vorsichtigkeit vndt fleis verhütet werden können, und der Hoff und dessen pertinentien Nicht deterioriret werden möchte, darzu ist er und seine mit beschriebene, wie recht, zu antworten und solches zu restauriren und darfür genueg zu thun und allen erweislichen schaden zu refundiren und zu erstatten schuldig, dan wir ausserhalb, wie obstehet, zu keinem schaden gehalten sein wollen. Vndt soll hiemit Eggart von der Luehe und seine mitbeschriebene verbunden sein, den Hoff in gutes obacht zu haben, und wie einem getrewen und fleissigen Hauswirtte gebühret, sich zu bezeigen,

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also dass vnser Hoff und dessen Intraden nicht in abnehmen kommen, die Zimmer vndt Hackelwercke in guetem stande erhalten, das Stroh, so ueber die Fütterung übrig bleibet, nicht verkauffen oder vereussern, sondern zu bedeckung der Zimmer vnd in den Mist beybehalten und darauf sehen, das die Höltzung, sowoll harte, als weiche, und insonderheit die fruchtbaren Mastbeume nicht verwüstet, die Weiche Holtzung in ordentliche Haw gelegt und weiter dan obstehet nicht verhawen, das Agckerwerk nicht aus dem Mist kommen und verderben, sondern alles in gutem stande sein und bleiben und bei Bezahlung des Kaufgeldes der 8000 fl., so wie es vermög Inventary bei seinem Antrit befunden worden, geliefert werden möge.

Vndt weiln die Pfanne in des von der Luehen Saltzhause schlecht, und darbey reparation nötig, ist zu erstattung dessen von Ihm aus seinen eigenen Höltzungen zweyhundert Fahden Holtz schlagen, auch darvon Einhundert Fahden und zwar die Helffte durch seine und die ander helffte durch die Bogckhorstschen Vntterthanen liefern zu lassen versprochen worden.

Darmit auch nun besagte vnsere Lehnleute und deren Erben der Zehentausent Gulden so viel mehr versichert sein mögen, so soll Ihnen vnser Hoff Bogckhorst in massen, wie obstehet, vermög eines richtigen Inventary vff Trinitatis instehenden 1664 ten Jahres eingeandtwortet vndt nebst denen darzu gehörigen Untterthanen angewiesen werden, welche sie und die Ihrigen für bezahlung offt erwehnter Summa zu reumen nicht gehalten sein sollen, Wie wir dan auch gnedigst geschehen lassen und Ihnen frei stehen, ob sie den Hoff selbsten bewohnen, oder anderwerts verpensioniren oder aucch Ihr Jus Hypothecarium Ihrer angelegenheit nach andern hinwieder cediren und abtretten wollen.

Schlieslich hatt Eggart von der Luehe bey seinen Ehren, wahren worten und guten glauben festiglich angelobet, obbesagtem allen Erbarlich und getrewlich nachzukommen, auch zu mehrer versicherung dessen dieses sein Capital Hypotheciret vndt eingesetzet, also das wir vns daraus alles schadens und angelegenheit, so durch sein und der seinigen verursachen entstanden, zu erhohlen gueten fueg und macht haben sollen, Besage und mehrer einhalts deswegen vns absonderlich

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ausgehendigten Reverses. Dessen zu Uhrkundt haben wir diesen PfantContract mit vnserm Handtzeichen und Insiegel bestetigett. Geschehen in vnser Residenz Gustrow 20 May, Anno 1664 etc.

Demnach verpflichte Ich mich für mich meine Erben und Erbnehmen, das Ich allen in vorhergehenden Contract einverleibten Punkten, Clausuln, einhalt und meinungen, so viel dieselben mich und meine mitbeschriebene Concerniren, Erbarlich und aufrichtig geleben und wie einem getrewen Hauswirte eignet und gebühret, bezeigen vnd verhalten soll und will, Darmit aber Ihr Durchl., dero Erben und nachkommen hirunter genuegsamb versichert sein mögen, So habe deroselben Ich nicht allein vorernante 8000 fl. Capitahlgelder, besondern alle meine beweg- und vnbewegliche haab und gueter und was ich auf diesen Hoff bringen und zuwerben werde, zur genuegsahmen Assecuration wissent und woll bedachtsamb hiemit Hypotheciret und eingesetzet, also vnd dergestalt dafern Ich und meine mitbeschriebene dem mehrgedachten Contracte in einem und andern, wie sich gebühret, nicht nachkommen werde (welches doch ob Gott will nicht sein soll), das alsdan Sr. FDurchl. vndt hochermeldt dero mitbeschriebene sich alles schadens vndt vngelegenheit, so vor und bey abtretung des Hoefes sein und befunden werden, an gedachten meinen Hypothecirten Haab und gueter zu erhohlen und sich ohne einigen gerichtlichen process bezahlt zu machen woll befuegt sein solle, Alles getrewlich, ohne argelist und gefehrde vndt mit Verzeihung aller Exceptionen und beneficien der Rechte vndt in specie laesionis, persuasionis, quod vi aut metus causa, simulati contractus, doli mali, aliter dictum quam scriptum, restitutionis in integrum, appellationis, Item generalem renunciationem non valere, nisi precesserit specialis, vndt allen andern, wie die nahmen haben, bereits sein und noch kunfftig erdacht werden möchten, dan Ich mich deren allen tam in genere, quam [in specie] verziehen und begeben thue. Urkundlich habe

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ich diesen revers mit eigen Handen vnterschrieben und versiegelt. So geschehen zu Gustrow den 20 May, anno 1664.

(L. S.)

Egkhardt von der Lühe mpp.     

Die Unterschrift ist offenbar eigenhändig, das Siegel, in schwarzem Lack, sehr klein, anscheinend Ringsiegel; die Jungfrau im v. d. Lüheschen Wappen ist zu erkennen.

 


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C.

Urkunden

zur

Geschichte der Saline zu Conow.


Nr. LI.

Der Herzog Rudolph von Sachsen schenkt, mit Einwilligung seiner Mutter Agnes und seiner Brüder Albert und Wenzlav, dem Kloster Eldena das Eigenthum der (in dem Dorfe Conow) etwa zu entdeckenden Salzquelle, reservirt sich jedoch ein Drittheil der Aufkünfte derselben und für den Fall einer grossen Ausdehnung des Werkes einen grössern Antheil.

D. d. Wittenberg. 1307. Aug. 28.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Nos Rudolfus, dei gracia Angarie, Westphalie, Saxonie dux, comes in Bren ac borchgrauius in Magdeburg, presentibus recognoscimus et publice protestamur, quod ex consensu et voluntate inclite Agnetis matris nostre dilecte ac fratrum nostrorum karissimorum videlicet Alberti et Wenzlai, insuper ex maturo consilio nostrorum fidelium, si domino concedente in districtibus seu iuridicionibus claustri sanctimonialium in Eldena per labores claustri predicti salina fuerit inuenta, illam.) precipue propter deum ac deinde in remedium animarum

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nostrorum predecessorum pie recordacionis et tempore labente nostrarum successorumque nostrorum, in hereditatem et proprietatem, astu cuiuslibet doli penitus defalcato, dicto claustro assignamus, damus et conferimus perpetuo possidendam, adiecta tali condicione, quod si dominum prepositum aut prefati claustri prouisorem seu eciam conuentum huiusmodi salinam continget invenire, vt tunc nobis nostrisque successoribus tocius inuenti terciam partem dent uel assignent sibique duas partes optineant integraliter et complete; item si salina inuenta in tantum augmentabitur, quod poterit appellari salina, nominatim et perfecte tunc volumus extunc, vt dominus prepositus prenarratus vel claustri sepius recitati prouisores nobis nostrisque heredibus uel successoribus nostra ottenta gracia uel nostrorum successorum de inuenta sepius dicta salina se exhibeant ampliores. Huius vero rei testes sunt: Ludolfus dictus Stumpe, Busso de Vthusen, milites, Tammo dictus Loser de Reuelt, Hermannus dictus de Nydeke, vasalli et clientes, Tilko de Lypsik, Heynricus dictus Hoppener, ciuitatis Wittenberch cives, et quamplures alii fide digni. Et ut euidencius, quod factum est, elucescat, presens scriptum nostri attentici sigilli munimine duximus roborandum. Datum Wittenberg anno incarnaciouis domini millesimo tricentesimo septimo, quinto kallendas Septembris, quod fuit in die sancti Augustini.

Nach dem auf Pergament in einer klaren, festen Minuskel geschriebenen Originale im grossherzogl. meklenb. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin. An einem Pergamentstreifen hängt das grosse Reitersiegel des ausstellenden Fürsten. Gedruckt ist diese Urkunde auch in Rudloff Urk. Lief. Nr. LXXI


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Nr. LII.

Der Herzog Rudolph von Sachsen schenkt dem Kloster Eldena alle Gerichtsbarkeit über das Dorf Conow, das Eigenthum von 4 Wispel Roggen und 3 Kossaten und das Eigenthum von 1 Wispel Salz und alle Gerichtsbarkeit aus der Sülze in demselben Dorfe, so wie das Eigenthum von 1 Wispel Roggen aus 2 Hufen und 1 Kossaten im Dorfe Grebs.

D. d. Wittenberg. 1326. Oct. 10.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine domini Amen. Rudolphus dei gracia dux Saxonie, Angharie, Westphalie, comes in Bren, burchgrauius in Magdeburch sacrique imperii archimarscalcus, vniuersis Christi fidelibus presentem paginam visuris vel audituris salutem imperpetuum. Necessaria est rerum descripcio gestarum et maxime ad divinum pertinencium cultum, ne, vt quandoque fieri solet, posteri obliuione moti denegare valeant maturo priorum consilio stabilita. Notum igitur esse volumus tam presentibus, quam futuris, quod ob omnipotentis dei reuerenciam et genitricis sue Marie virginis, necnon omnium sanctorum et vt eciam anima nostra et progenitorum nostrorum anime a corporibus egresse, dum ad nutum creatoris altissimi esursum migraverint in celi gerarchia, quietem recipiant salutarem, dedimus et damus, donauimus, necnon solempni donacione donamus monasterio necnon conuentui sanctimonialium claustri in Eldena de mero nostrorum heredum consensu proprietatem super supremum iudicium et infimum tocius ville Kvnow nuncupate et proprietatem super quatuor choros siliginis et super tres kossatos in eadem villa et proprietatem super vnum chorum salis, qui iacet in saligio, quod materna liguua vp der Sulten vocatur, et supremum et infimum iudicium super predictum saligium ante villam, quod locatur, predictum, et in villa Grebytz dicta proprietatem super vnum chorum siliginis, qui iacet in duobus mansis eiusdem ville, et proprietatem super hec ligna, que ad hos duos mansos pertinent, que

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ligna fuerunt Hildemari de Dertzow vocati, et proprietatem super vnum kossatum ibidem, tempore perpetuo duratura, abrenunciantes simpliciter et intotum omni actioni et iuri, que in hiis habebamus predictis, dantes nostram presentem litteram in testimonium euidens super singula prenotata, ne a nobis nec a nostris successoribus infringantur, munimine nostri sigilli signatam, et sunt testes: Hermannus de Wesenyk noster miles, Andreas de Globek, Martinus Wlf, Johannes de Zane noster cappellanus, Johannes de Gubbyn noster notarius et quamplures alii fide digni. Datum et actum in Wittenberch, anno domini millesimo tricentesimo vicesimo sexto, in crastino sancti Dyonisii.

Nach dem auf Pergament in einer scharfen, geläufigen Minuskel geschriebenen Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin. An einer Schnur von rother und gelber Seide hängt das grosse Reitersiegel des ausstellenden Fürsten.


Nr. LIII.

Die Knappen Martin und Dietrich Wenkstern bestätigen dem Kloster Eldena die Einkünfte, welche ihr Vater und Bruder demselben geschenkt haben, nämlich 22 Scheffel Roggen aus dem Dorfe Conow , einen halben Wispel Roggen aus der Mühle Geverdsbrücke und einen Wispel Salz aus der Saline zu Conow.

D. d. Dömitz. 1353. Febr. 3.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Ne ea, que geruntur in tempore, labimentum pariter recipiant temporis cum recessu, cautum ac valde bonum dinoscitur esse, vt queque contingencia litterarum serie firmiter connectantur. Hinc est quod nos Martinus et Thydericus fratres dicti Wencsterne, famuli, vniuersis Christi fidelibus presentibus et futuris presencia audituris seu visuris fieri cupimus manifestum, quia pater noster Thydericus et Hermannus noster frater eciam

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Wencsterne vocati, armigeri, nobis dilecti, felicis memorie, diuina inspiracione moti quorundam bonorum redditus, libero arbitrio ac omni suorum fidelium consensu, gratuito elemosinarum munere, ob spem eterni solaminis, devotis in Christo monialibus monasterii Eldena, diocesis Raceburgensis, vniuerso iure supremo et infimo, quouis drinamine ac libertatis fruicione, infra conuentum habendos et inter se iugiter distribuendos, prout ipsi possiderunt, totaliter et imperpetuum donauerunt, nunc vero vestigia et exempla bona patris atque fratris nostri imitantes, vt gracia dei digni inueniamur, in conspectu districti iudicis, eisdem personis religiosis hos redditus eciam nostri nomine sub omni forma prescripta infra conuenium optinendos et distribuendos, vt premissum est, plenaliter damus, approbamus et per presentes ratificamus perpetuis temporibus possidendos, renunciantes vniuerso iuri, libertati ac proprietati nobis in dictis redditibus competentibus et nostris heredibus successoribus in futurum, fructus vero horum reddituum, videlicet viginti duos modios siliginis singulis annis ex curia Hennekini Thyden in villa Konowe, quos Antonia soror nostra, quondam monialis in Eldena, beate memorie, prius ad tempora vite sue habuerat, et dimidium chorum siliginis ex molendino Gheuerdesbrughe quovis die beati Michaelis archangeli tollant expedite, insuper ex salina eiusdem ville Konowe unum chorum salis supradicto die beati Michaelis seu die beati Martini episcopi similiter percipiant, nulla prorsus recalcitracione insequenda illorum, qui hos suo tempore fructus siue redditus tenentur predictis elargiri. Ceterum interdicendo firmiter presupponimus, ne quisquam earum prepositus nominatos redditus usquam in alios exteriores vsus conuertat, nec quouis modo sibi vsurpet, sed pocius si ingruerit necessitas, pro eis fideliter nostris heredibus et amicis laboret immo verius ad hoc auxiliantibus seu adiuuet, quod hii redditus sepedicti nutibus dictarum dominarum siue monialium integraliter presententur. Hiis omnibus auditis petimus et affectamus, vt hee electe dei filie perhennem nostri memoriam in oracionibus suis nocturnis pariter et diurnis tam in uita nostra, quam in morte habeant, sicuti etiam fraternitatem earum caritati nostris parentibus pie facere sunt arbitrate. In huius testimonium sigilla nostra presentibus sunt appensa. Datum Domalitz, anno Christi M ° c c c L° III, ipso die

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beati Blasii martiris. Testes huius donacionis racionabiliter facte sunt: Hinricns de Weninghe, miles, Hinricus de Huda et Johannes eius patruus, Benardus et Busso fratres dicti de Alsleue, Nicolaus de Crughe et Boldewinus eius patruus, famuli, et quamplures alii fide digni.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer scharfen Minuskel, im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin. An Pergamentstreifen hangen 2 runde Siegel:

1) mit einem rechts gelehnten Schilde mit einem sechsstrahligen Sterne und der Umschrift:

Umschrift

2) mit einem aufrecht stehenden Schilde mit einem siebenstrahligen Sterne und der Umschrift:

Umschrift

Nr. LIV.

Das Kloster Eldena verleiht dem Heinrich Sasse, genannt Heinrich Sülter , und seiner Frau das Eigenthum der Kloster - Saline zu Conow gegen eine Abgabe von einem Scheffel Salz wöchentlich.

D. d. Eldena. 1461.

Nach einer gleichzeitigen Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


In gades namen Amen. Wy Wernerus Gezeuitze prawest, Elizabeth Lutzow priorynne tor Eldena vnde de gantze conuent dar sulues bokennen vnde betugen openbar in desseme breue, dat wy wor vns vnde alle vnse nakamelynghe myd vrygen willen vnde woll beraden mode hebben gegunt vnde gegeuen vnde gunnen iegenwardygen in macht desses breues deme bescheden manne Hynryck Sulter, anders genomet Hynryck Sasse, vnde syner vrowen vnde synen rechten eruen nu vnde in tokamenden tyden den eghendom in vnser sulten to Conow, synen kynderen to eruende, dar wy vns anders nycht ane beholden, sunder de lenware vnde tor weken eynen schepell soltes, vth genomen to veer tyden in deme

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iare, alzo datt oldynges weset ys. Ok gunne wy em eyne houen, de he aldus langhe hat heff, to der suluen sulte by synen eruen to bliuende wor den pacht to buwende, alzo en drommet roggen, sunder denst, des wy em wor dreghen. Ok gunne wy em vnde synen eruen alzodanes holtes, alzo he behoff hefft to buuende to synen notroftygen dynghen synes haues. Vortmer schulle wy vnde wyllen em beteren vnde buwen sôt, sultekaten, troch vnde swankroden na der wyse, alzo yd aldus langhe weset ys. Were yd ock zake, dat desse worbenomede Hynryck effte syne rechten eruen wytlyken bokostich worden ieghen vnsze gadeshus, den broke schullen se dulden, alzo recht ys. All desse vorscreuen stucke vnde artikele eyn iewelik by syk laue wy prawest, priorne vorbenomed vnde, de gantze conuent des uorbenomeden closters deme vorscreuen Hynryck vnde synen recthen eruen stede vnde vast in guden trwen woll to holdende vor uns vnde alle vnsze nakamelynge, alzo vorscreuen ys, sunder argelist vnde hulperede. Des to tughe vnde groter bewarynghe szo hebbe ik Wernerus Gezeuitz vorbenomed myn ingheseghel vnde ick Elizabeth Lutzow priorynne vorbenomed vnses conuentes ingheseghel sametlyken vnde endrachtighen hengen heten vor dessen breff. Hy ys an vnde auer weset de ductyghe knape Joachim van Pentze to Sweryn vaget, Tonyes Nygenkarken vaget tor Nygenstad, Olryck van Pentze to Gorloze, Hans van Dytten to Hagenow vnde vele mer andere vrame lude de louen vnde tuges werdych synt. Ghegeuen vnde screuen tor Eldena, na gades borth werteyn hundert iar dar na in deme LXI iare.

Nach einer wenig spätern Abschrift auf Papier im grossherzoglichen Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.

 


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D.

Vermischte Urkunden.


Nr. LV.

Der Bischof Albert von Schwerin bestätigt eine von den Testamentsvollstreckern des rostocker Rathsherrn Johann Rode nach dessen Willen mit 20 Mark rostock. Pf. aus dem von demselben besessenen Dorfe Niendorf fundirte Vicarei.

D. d. Rostock. 1357. Julii 24.

Nach dem Originale im geistlichen Archive der Stadt Rostock.


Albertus dei gracia episcopus Zwerinensis ad perpetuam infrascripte rei memoriam. Vniuersis presentes litteras inspecturis salutem in domino. In hiis, que diuini cultus augmentum ac pietatis et caritatis opera respicere dinoscuntur, presidium sinceris affectibus et operam ex debito pastoralis officii fauorabiliter impartimur. Sane nuper nobis dilecti filii Henricus Rode, Butzowensis et beate Marie virginis in Rozstoc vicarius, ac Hinricus, Gherardus et Lambertus, consules in Rozstoc, executores testamenti quondam Johannis Roden, olim consulis ibidem, significauerunt, quod ipse Johannes Rode, dum adhuc ageretur in humanis, cupiens non improuide terrena in celestia et transitoria in eterna felici commercio commutare, nonnulla certa bona, possessiones et redditus sibi a deo collata ad vnam perpetuam vicariam in ecclesia sancti Petri Rozstoccensis fundandam et dotandam pro suo ac progenitorum et successorum

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suorum omniumque fidelium animarum salute et ad dei laudem et gloriam, necnon diuini cultus augmentum deputauit, dedit et assignauit ac legauit, eciam de consensu et voluntate omnium, quorum poterat interesse, uidelicet viginti marcas redditus denariorum Rozstoccensium in villa Niendorpe infra Rozstoc et oppidum Zywan sitam de omnibus redditibus et prouentibus in ipsa villa exeuntibus percipiendis, ita videlicet quod vicarius ipsius vicarie, qui pro tempore fuerit, in dictis viginti marcarum redditibus de omnibus prouentibus illius ville in percipiendo esse debeat principalis, nec idem vicarius in dictis viginti marcarum redditibus percipiendis annuatim non debeat negligi uel defraudari, nec aliquando defectum in eis habere quoquomodo, cum omni libertate, proprietate et vtilitate, sicut idem Johannes Rode dictam villam habuit aliquamdin et posedit, prout in litteris patentibus super hiis confectis, quarum tenor inferius est insertus, plenius continetur, vnde ipsi executores nobis supplicauerunt, ut fundacionem et dotacionem huiusmodi ac alia premissa auctoritate nostra ordinaria ratificare et approbare ac confirmare dignaremur. Nos igitur Albertus, episcopus Zwerinensis, piis supplicacionibus ipsorum executorum fauorabiliter annuentes, huiusmodi fundacionem et dotacionem ac alia omnia et singula predicta rata habentes et grata, ea auctoritate nostra ordinaria tenore presencium ratificamus et approbamus ac ex certa sciencia confirmamus, saluo tamen iure nostro et ecclesie nostre Zwerinensis ac plebam dicte ecclesie sancti Petri et alterius cuiuscumque poterit interesse quomodolibet infuturum, insuper ius patronatus dicte vicarie predictis executoribus testamenti reseruantes, quibus decedentibus ad filios Gherardi et Lamberti predictorum et ad eorum heredes perpetuis temporibus deuoluatur; si uero predicti in presentando, quandocumque vacauerit, infra mensem reperti fuerint negligentes, extunc rector ecclesie beati Petri, quicunque pro tempore fuerit, ad dictam vicariam personam ydoneam per nos uel nostros successores instituendam similiter infra vnius mensis spacium presentabit, alioquin extunc collacio seu provisio dicte vicarie ad nos seu nostros successores illa vice dumtaxat pertinebit pleno iure. Tenor autem dictarum litterarum, de quibus supra fit mencio, de verbo ad verbum sequitur et est talis:

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Vniuersis etc. Folgt die Verleihung des Dorfes Niendorf an Johann Rode durch den Fürsten Heinrich von Meklenburg, d. d. Stargard 1327, feria tercia ante diem beatorum Galli et Lulli confessorum.

Et ut premissa omnia et singula perpetuis futuris temporibus roboris firmitatem optineant, presentes litteras exinde fieri et scribi fecimus ac nostri sigilli appensione mandauimus communiri. Acturn et datum Rozstoc, anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo septimo, in vigilia beati Jacobi apostoli.

Nach dem im rostocker Kirchen - Oekonomie - Archive aufbewahrten Originale, auf Pergament, in einer gedrängten, festen Minuskel; das Siegel fehlt.


Nr. LVI.

Das Hofgericht des Herzogs Albrecht von Meklenburg entscheidet einen Streit zwischen den Bauern des Dorfes Pastow und dem rostocker Burgemeister Johann von Kiritz über einige Holzungen auf der Feldmark des Dorfes Pastow, welche das Gericht diesem zuspricht:

D. d. Rostock im Hofe des Klosters Doberan.
1365. Julii 14.

Nach dem Originale im Archive der Stadt Rostock.


Nos Hinricus Molteke de Westinghebrugghe, famulus, iudex generalis curie magnifici et incliti principis domini Alberti, ducis Magnopolensis, comitis Zwerinensis, Stargardie et Rozstok domini, tenore presencium recognoscimus publice in hiis scriptis protestantes, quod omnes et singule cause, quas coram nobis in dicti domini nostri et nostro iudicio omnes et singuli villani ville Pastowe mouebant contra honorandum virum dominum Johannem de Kiritze, proconsule in Rozstok, super quibusdam lingnis sitis in campis et distinctionibus dicte ville Pastowe et possessione eorundem ipsis villanis

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fuerunt et sunt abiudicate et ipsi domino Johanni, suis heredibus et successoribus iudicialiter et sentencialiter adiudicate, sic quod idem dominus Johannes, sui heredes et successores debent huiusmodi lingna, prout in suis metis sunt sita, secundum altitudinem, longitudinem, latitudinem et profunditatem arboris, proprie bômeshôch et bômesdêp, perpetue, libere et pacifice, sine cuiuslibet hominis inpeticione et perturbacione, tenere, habere et possidere ac in quoslibet vsus diuertere, pro ipsorum beneplacito voluntatis, nullius hominis consensu et assensu ad hoc requisito. Ceterum aperta littera domini Baroldi Morder militis felicis recordacionis per eosdem villanos coram nobis in iudicium producta, cum qua impetebant dicta lingna et eorum possessionem, fuit et est coram nobis in iudicio sentencialiter et iudicialiter frustrata, cassata et annullata, seruatis omnibus ordinibus iurisvasallici et Zwerinensis. In cuius rei testimonium sigillum ad huiusmodi iudicium curie nobis per predictum dominum nostrum ducem specialiter ad hoc datum et commissum ex nostro iussu et scitu vna cum sigillis validorum et honestorum virorum dominorum Nicolai de L[Abbildung: v Ring] et Gotscalci Preen, militum, nostrorum in huiusmodi actu iudiciali assessorum, proprie dinglûde, Ottonis de Dewitze, militis, Hermanni de L[Abbildung: v Ring], famuli, Johannis de Pomerio, proconsulis, et Henrici Vresen, consulis in Rozstok, presentibus est appensum. Datum et actum Rozstok, in curia Dobranensi, sub more ibidem, anno domini M° CCC° sexagesimo quinto, in profesto diuisionis apostolorum, presentibus robustis et famosis viris: domino Rodolpho Kercdorp, milite, Ottone et Nycolao dictis Smeker, seniore Johanne Hardenacke, Johanne de L[Abbildung: v Ring] et Henrico Hoghen, famulis, Ludolpho de Godland seniore, Gherardo Roden, Euerhardo Voghen et Henrico Pelegrimmen, consulibus in Rozstok, ac ceteris pluribus fidedignis.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer kleinen, scharfen, canzleimässigen Minuskel, im Archive der Stadt Rostock. An Pergamentstreifen hangen 7 Siegel:

1) das auf Tab. I, Nr. 1, abgebildete herzoglich - meklenburgische Hofgerichtssiegel, mit der Umschrift:

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Umschrift

2) ein schildförmiges Siegel mit dem Wappen der von der Lühe; Umschrift:

Umschrift

3} ein rundes Siegel mit einem Schilde mit drei Pfriemen; Umschrift:

Umschrift

4) ein rundes Siegel mit einem Schilde mit drei Bechern; Umschrift:

Umschrift

5) ein rundes Siegel mit dem Schilde der von der Lühe; Umschrift:

Umschrift

6) ein auf Tab. II, Nr. 5, abgebildetes rundes Siegel mit einem Schilde mit einem grossen siebenstrahligen Sterne; Umschrift:

Umschrift

7) ein auf Tab. III, Nr. 2, abgebildetes schildförmiges Siegel mit einem vorwärts schauenden Menschenkopfe mit dickem, wildem Haar und grossen Ohrringen; Umschrift, in der rechten Oberecke anfangend:

Umschrift

In dem Datum ist das Wort more im Originale durchaus unklar; man liest am ersten mero, kann aber auch moro und more lesen.


Nr. LVII.

Die Herzoge Heinrich und Magnus von Meklenburg verpflichten sich gegen ihren Oheim, Herzog Johann von Stargard, zum Schutz der brandenburgischen Pfandgüter.

D. d. 1374. März 12.

Nach dem Originale im grossherzogl Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Wy Hinrik vnde Magnus brôdere van godes gnâde hertogen to Mekelenborch bekennen vnde betûgen ôpenbâre in dessem brêue, wêrit dat vsem

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lêuen vidderen hertogen Johanne to Mekelenborch eder synen eruen de pande auedrungen worden, de vse vâder vnde he hebben to pande van markgreuen Lodewige to Brandenborge dem god gnedich sy, des god nicht enwille, so schôle wy vnd vse eruen dâr to dôn na vses vâder dôde trûwelken in alle wîse, als vse vâder sik ôuergegeuen vnde lôuet heft in synem schêdebrêuen, vnde vorbinden vs vnd vse eruen mid dessem brêue dâr to to dônde na vses vâder dôde in aller wys to holdende, als he suluen hîr ane in den vôrbenômede schêdebrêue vsen vidderen vnde synen eruen gelôuet heft vmb de pande; wêre ôuer dat vsen vôrbenômeden vidderen eder synen eruen de pande to erue wo v rden lâten, als vse here de keyser mit em gedêgedinget heft eder eft se em mit willen afgelôset werden, welk desser ên vultôgen wert, so schôlle wy em vmb desse vôrbenômede pande nicht mêr plichtich wesen, mêr de erfschêdynge schal anders al vt bi erer macht blyuen. Desse vôrscreuenen stucke lôue wy Hinrik vnde Magnus vôrbenômet vôr vs vnd vse eruen vsem vidderen vôrbenômed vnde synen eruen stede vnde vast to holdende in gûden trûwen in dessem brêue, dâr wy to tûge vse ingesegele angehenget hebben, de gheuen vnde screuen is na godes bôrt dritteynhundert iâr in dem vêr vnde seuentegestem iâre, des sondâges to midvasten als men syngt Letare.

Auf Pergament in einer geläufigen Minuskel. An Pergamentstreifen hangen die heiden kleinen, runden Siegel der Herzoge: von dem ersten ist die Siegelplatte abgefallen; das zweite ist erhalten und hat im punctirten Kreise einen Schild mit einem innerhalb der Hörner gekrönten Stierkopfe mit Halsfell am Maule und einem Kreuze zwischen den Hörnern, mit der Umschrift:

Umschrift

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Nr. LVIII.

Der Rath der Stadt Rostock verpfändet dem Rathsherrn Winold Ragghel 40 Mk. rostock. Pf. jährlicher Hebungen aus den Gärten auf der Wyk und nach dem Dorfe Rikdahl hin und aus allen Stadtwiesen für 500 Mk. rostock. Pf. Capital, welche Wynold Bagghel zu dem Zuge zur Refreiung des Königs Albrecht dem Rathe angeliehen hat,

d. d. Rostock, 1392, Febr. 23,

welche Forderung Winold Bagghel an den Pfarrer Hermann Hued zu Barth,

d. d. Rostock, 1393, Julii 8,

und dieser an den Kaland Unser Lieben Frauen zu Rostock cedirt,

d. d. Barth, 1394, Aug. 27.

Nach dem Originale im geistlichen Archive der Stadt Rostock.

In nomine domini Amen. Anno natiuitatis eiusdem millesimo tricentesimo nonagesimo quarto, indictione secunda, pontificatus sanctissimi in Christo patris ac domini Bonifacii diuina prouidencia pape noni anno eius quinto, mensis Augusti die vicesima septima, hora vesperorum uel quasi, in domo habitacionis honorabilis viri domini Gherlaci Schorczowe presbiteri, in opido Bard, Zwerinensis diocesis, in mei notarii publici nominis subscripti testiumque infrascriptorum presencia constitutus honorabilis et discretus vir dominus Hermannus Hued, rector parrochialis ecclesie opidi Bard, dicte diocesis, duas litteras in pergameno scriptas tradidit et dedit honorabilibus et discretis viris dominis Hermanno Lagate, asserente se decano kalendarum beate virginis numero triginta presbiterorum in Rostock, et Cunrado Stumpel, presbiteris. Tenor prime littere erat talis:

Nos proconsules et consules in Rozstok presencium litterarum testimonio notum facimus vniuersis publice profitentes, quod pensata [superue]niente necessitate et considerata vtilitate euidenti dicte nostre ciuitatis vendidimus de vnanimi omnium nostrorum consilio et

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consensu et presentibus vendimus dilecto nostro conconsulari domino Wynoldo Bagghelen suisque veris heredibus quadraginta marcas Rozstoccensium denariorum pro quingentis marcis dicte monete Rozstoccensis nobis per ipsum integre traditis et persolutis ac in publicos et necessarios vsus dicte nostre ciuitatis, videlicet ad reysam Swecie pro redempcione capti tunc regis Alberti, et ad alia ciuitatis necessaria per nos expositis et conuersis, singulis annis a cultoribus ortorum caulium dictis Wyk et ortorum versus Rictalendorpe extra valuam sancti Petri sitorum, ab eorum pro tempore successoribus et ab vniuersis pratis nostre ciuitatis predicte, in eo quo meliores et meliora sunt, quam prius existant obligati et obligata, in quolibet festo natiuitatis Christi expedite percipiendos in sortem principalis debiti minime computandos, quam diu ipsi domino Wynoldo et suis veris heredibus predicte quingente marce non fuerint persolute, in quibus si quando et quociens quempiam defectum passi fuerint, hunc nos et nostri in consulatu successores promittimus de pixide et de omnibus bonis prompcioribus nostre ciuitatis antedicte adimplere; possumus tamen nos et nostri in consulatu successores hos quadraginta marcarum redditus pro quingentis marcis reemere, quandocunque habuerimus facultatem. Ceterum idem Wynoldus et sui heredes posse habebunt dictos quadraginta marcarum redditus alii uel aliis, cui uel quibus maluerint, obligandi uel uendendi in parte uel in toto pro eisdem quingentis marcis, reempcione tamen ipsorum nobis et nostre ciuitati libere reseruata In quorum euidens testimonium nostre ciuitatis maius sigillum ex omnium nostrorum certa sciencia et iussu presentibus est appensum. Datum Rozstok anno domini M °CCC° nonagesimo secundo, in crastino beati Petri ad kathedram.

Tenor secunde littere de verbo ad verbum sicuti prioris erat talis:

(Winold Bagghel's Cession der vorstehenden Verschreibung an den Pfarrer Hermann Hued in Barth, d. d. Rostock, 1393, ipso die beati Kilani mart.)
Et hec littera paruo sigillo et rotundo erat sigillata, in cuius medio inter quasdam virgulationes apparuit clippeus a dextris ha-

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bens tres rosulas ut apparuit insculptas et a sinistris cornu cerui generaliter dictum hercztwych et littere circumferenciales in combinacione erant tales: Sigillum Wynoldi Baghelen.

Post quarum litterarum tradicionem dictus dominus Hermannus Hued prefatis dominis Hermanno Legate et Cunrado Stumpel presbiteris presentibus et nomine ipsorum omnibus fratribus kalendarum beate virginis in Rozstok numero triginta presbiterorum absentibus perpetuis temporibus ibidem in dictis kalendis existentibus dedit plenam potestatem et omnimodam facultatem iuxta continenciam et tenores prescriptarum litterarum dicti ciuitatis Rostok et domini Wynoldi Baghelen dictos quadraginta marcarum redditus emouendi, subleuandi, ordinandi et disponendi, prout in ipsius dicti domini Hermanni Hued attestacione vltime voluntatis expressum plenius continetur. Post hoc memoratus dominus Hermannus Hued me notarium publicum infrascriptum instanter requisiuit, ut sibi de dicta donacione et super omnibus et singulis premissis vnum vel plura publicum uel publica conficerem instrumentum uel instrumenta. Acta sunt hec anno, indictione, mense, die, hora, pontificatu et loco, quibus supra, presentibus honorabilibus viris dominis Gherardo Baden et Gherlaco Schorczowe, presbiteris, Zwerinensis diocesis, testibus ad premissa vocatis specialiter et rogatis.

Nach dem Originale auf Pergament im rostocker Oeconomie - Archive.


Nr. LIX.

Die Herzoge Johann und Ulrich von Meklenburg schenken, in Folge eines Gelübdes für den im J. 1399 über die Brandenburger gewonnenen Sieg, 60 Mark jährlicher Hebungen von der Bede aus Sadelkow zur Dotirung einer Vikarei in der neu zu erbauenden Capelle vor dem Steinthore der Stadt Friedland.

D. d. Neu - Brandenburg. 1408. Febr. 2.

Nach dem Originale im grossherzogl. Archive zu Neu - Strelitz.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ne illa, que aguntur in tempore, simul cum tempore labantur, expe-

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dit ea scriptis autenticis et testibus perhennari. Proinde nouerint uniuersi presentis temporis et futuri, quod nos Johannes et Ulricus, dei gracia duces Magnopolenses, Stargardie Rostock terrarumque domini, vniuersis et singulis christifidelibus presencia visuris seu auditutis volumus esse notum, quoniam olim anno domini millesimo tricentesimo nonagesimo nono ipso die beate Katherine virginis in limitibus nostris prope villam Nouesund in campo circa montem Karrenbergh 1 ) contra hostes nostros, videlicet capitaneos, vasallos et ciuitatenses domini marchionis Branden - burgensis, vexilla nostra ereximus et pro obtinenda victoria sollempne votum fecimus, vt quandam vicariam fundare eandemque certis redditibus dotare vellemus cum effectu, sicque diuina miraculose fauente elemencia victoriam optinuimus contra premissos, zelo itaque fidei accensi, cognoscentes, quia omne promissum cadit in debitum omneque votum et specialiter deo factum totis viribus in quantum fieri potest deuote ac cordintime sit adinplendum: hinc est quod nos deliberatione matura et de nostrorum consiliariorum consilio, in laudem dei omnipotentis sueque gloriose genitricis virginis Marie, de salute animarum maiorum nostrorum, in remissionem nostrorum peccaminum et celestis patrie desiderium, ac specialiter ob reuerenciam beate Katherine virginis et [martiris] 2 ) gloriose, sancte Ghertrudis virginis, sancti Georgii martiris ac sancti Lyborii confessoris, concedimus, tradimus, appropriamus et donamus sexaginta marcarum redditus in villa Zadelcow de precariis nostris in pecuniis et frumentis ibidem singulis annis perpetuis temporibus tollendos et percipiendos cum omnibus eorum iuribus, libertatibus, commodis, iusticiis et usibus, prout nos hucusque liberius habuimus, ad vnius perpetue] 3 ) vicarie per nos fundande consecra-


1) Die erste Sylbe des Wortes Karrenberg ist im Originale ganz undeutlich. Es scheint Kreis krenbergh dort zu stehen, vielleicht K'renbergh oder Karrenbergh, wofür spätere Urkunden reden. Sonst liesse sich auch Ekrenberg oder Darrenberg herauslesen.
2) In dem Originale sind manche Wörter von neuerer Hand nachgezogen; an dieser Stelle ist das Wort virginis hineingeschrieben: ursprünglich scheinen aber nicht so viel Buchstaben da gestanden zu haben.
3) Auch hier ist sinnlos "pparte" auf dem ursprünglichen Worte übergeschrieben.
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cionem in capella de nouo construenda ante lapideam valuam opidi Fredelande extra muros, de consensu quorum interest, vna cum altari in honore beate Katherine virginis et martiris gloriose, necnon beate Ghertrudis virginis sanctique Georgii martiris ac sancti Liborii confessoris consecranda, cuius ius patronatus seu presentandi nobis heredibusque nostris veris et successoribus nostris in perpetuum reseruamus. Dictos vero sexaginta marcarum redditus vicarius per nos ad eandem vicariam presentatus in festo beati Martini episcopi singulis annis percipiet principaliter et integre, antequam nos seu aliquis nostrum nomine [quicquam percipiet] de nostris precariis ville prenarrate Insuper ex pleno consensu et fauore domini Arnoldi Tzachowen, nostri fidelis prepositi Fredelandensis, optinuimus et volumus, quod medietatem oblationum in dicta capella et in eius ambitu vbicumque vel quocumque modo oblatarum prouisores seu structuarii eiusdem capelle pro instauracione et reformacione librorum, calicum, luminum, ornamentorum, pro vino et oblatis, ceterorumque dicti altaris necessariorum, necnon pro structura dicte capelle omnino percipiant, excepta tamen medietate oblacionum in altari, quam vicario nostro pro tempore ibidem existenti reseruamus, aliam vero medietatem omnium oblationum, ut supra narratur, dominus prepositus Fredelandensis et sui successores semper obtinebunt. Testes premissorum sunt nostri fideles strennui ac [famosi]: 1 ) Johannes de Ylenuelde, Vicko de Piccatel, Bernardus Lubberstorp, Hinricus Paschedach, milites, Wedegho Plote, noster marschalcus, Wilkinus Manduuel, Hinricus Manduuel, Joachim de Dewetze, Vicko Rybe, Johannes Winhusen, noster notarius, et quam plures alii fide digni ad premissa vocati. In maiorem euidenciam omnium premissorum presentem paginam ex certa nostra scientia sigillorum nostrorum munimine vna cum sigillo domini prepositi prenarrati ex certa nostra scientia fecimus roborari. Datam Nyenbrandenborch anno domini millesimo quadringentesimo octauo, in die purificationis gloriose virginis Marie.


1) In der Urkunde steht das Wort annūosi, ist aber ebenfalls nachgezogen, jedoch wohl schwerlich richtig; freilich ist das Abbreviaturzeichen über dem ū alt.
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Auf Pergament in einer gedrängten Minuskel. An einem Pergamentstreifen hängt das Siegel des Herzogs Johann auf rother Wachsplatte in weissem Wachs. Die beiden andern Siegel fehlen mit Siegelbändern. Das Pergament hat Flecke erhalten, wodurch die Schrift an einigen Stellen unleserlich geworden ist; eine jüngere Hand hat diese Stellen, gewöhnlich falsch, restaurirt.


Nr. LX.

Der Bischof Otto von Havelberg confirmirt die Stiftung einer Vicarei in der Capelle vor dem Steinthore der Stadt Friedland, welche die Herzoge Johann und Ulrich von Meklenburg zur Erfüllung eines Gelübdes für einen über die Brandenburger gewonnenen Sieg mit 60 Mark aus dem Dorfe Sadelkow dotirt haben.

D. d. Witstock. 1408. Febr. 2.

Nach dem Originale im grossherzogl. Archive zu Neu - Strelitz.


Otto, dei et apostolice sedis gracia Hauelber gensis ecclesie episcopus, vniuersis sancte matris ecclesie filiis, ad quos presentes littere nostre peruenerint, sinceram in domino karitatem. Quoniam ea, que ad laudem dei et eius cultus augmentum prouide facta nouerimus, vt firma et stabilia permaneant, nostre pontificalis auctoritatis volumus presidio communiri. Ideoque tam presentis, quam futuri temporis hominibus cupimus fore notum, quod illustres principes domini Johannes et Ulricus fratres duces Magnopolenses, Stargardie Rostok terrarumque domini, quoddam altare extra muros opidi Fredelande nostre diocesis ante valuam lapideam in honorem gloriose virginis Katherine, sancte Ghertrudis virginis sanctique Georgii martiris ac sancti Lihorii confessoris ad ampliandum diuinum cultum et propter victoriam, quam anno domini millesimo tricentesimo nonagesimo nono ipso die beate Katherine contra capitaneos, vasallos et ciuitatenses domini marchionis Brandenburgensis optinuerunt, deo inspirante, quamcito poterint, construere nituntur et edificare, ipsumque

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sexaginta marcarum vinconensium redditibus in villa Sadelkow de precariis suis in denariis et frumentis principaliter ibidem et precipue in festo Martini episcopi et confessoris, antequam ipsi domini vel aliquis seu aliqui suorum nomine quicquam percipient, tollendis et subleuandis, de consensu prepositi Vredelandensis dotarunt, prout in litteris dotacionum desuper confectis plenius continetur, ius vero patronatus seu presentandi personam ydoneam, quotiens ipsum vacare contingerit, ipsis et eorum veris heredibus expresse retinuerunt et assignando reseruarunt; Nos igitur premissas dicti altaris futuram erectionem, constructionem, dotationem, iuris patronatus seu presentandi reseruationem ac ordinationem in singulis suis clausulis rite et laudabiliter factis gratas et ratas habentes eas auctoritate nostra ordinaria approbamus et in dei nomine confirmamus per presentes, statuentes, ut altarista dicti altaris, qui pro tempore fuerit, obsequialis debeat esse preposito Vredelandensi secundum laudabilem conswetudinem et dispositionem iuris communis. Datum Wistok anno domini millesimo quadringentesimo octauo, ipso die purificationis beate Marie virginis, nostro sub secreto.

Auf Pergament in einer festen Minuskel. An einem Pergamentstreifen hängt des Bischofs rundes Secret - Siegel aus weissem Wachs: im runden Siegelfelde rechts ein Marienbild, links ein Heiliger, wie es scheint, mit der Palme in der rechten und einem Rost in der linken Hand; in dem Abschnitte zu den Füssen der Heiligen steht der bischöfliche Wappenschild mit zwei Bischofsstäben im Andreaskreuze, in dessen Oberwinkel ein Punct steht. Die Umschrift ist theils ausgebrochen, theils unleserlich.


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Nr. LXI.

Der Bischof Otto von Havelberg bezeugt dem Kaiser Sigismund und sonst jedermann öffentlich, dass der Fürst Balthasar von Werle vor ihm erschienen sei und durch den Propst Nicolaus Scharbow des Nonnenklosters Dobbertin und den Pfarrer Hermann Willer an der S. Georgenkirche zu Parchim zwei den Cistercienserklöstern Dobbertin und Neuen-Camp gehörende alte Chroniken über ihr Geschlecht vorgezeigt und verlesen lassen habe, aus welchen zu entnehmen gewesen sei, dass er und sein Geschlecht in gerader Linie aus königlichem Geschlecht stamme.

D. d. Wilsnack. 1418. Mai 4.

Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Serenissimo ac inuictissimo principi et magnifico domino domino Sigismundo dei prouidencia Romanorum regi semper augusto etc. omnibusque aliis vtriusque sexus Christi fidelibus, ad quorum noticiam presencia peruenerint, nos Otto dei gracia episcopus ecclesie Hauelbergensis significamus ac ad vestri et cuiuslibet vestrum deducimus et deduci volumus per presentes, quod coram nobis in notarii et testium infrascriptorum presencia constitutus personaliter illustris princeps Slauorum et nobilis dominus dominus Balthazar, dei gracia Wurle, Gustrow et Warne terrarum dominus; duos libros seu uolumina in antiqua scriptura repertos et reperta, in se Slauorum quondam regum, regulorum et principum cronicam et ipsius prefati domini Balthasar, sui fratris domini Wilhelmi et Cristofori, pro nunc ut supra principum Slauorum et Wurle, Gustrow et Warne terrarum dominorum, originem et progeniem suarum nacionum et ipsorum principatum et dominium continentes et continencia produxit et in parte legi fecit et pro ipsorum librorum et voluminum veritate habenda honorabiles viri domini Nicolaus Scharbow, prepositus sancti-

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monialium in Dobertin, ac Hermannus Willer, rector ecclesie parrochialis sancti Georgii in opido Parchim, Zwerinensis dyocesis, nobis certam et plenam relacionem fecerunt, quod huiusmodi libri et volumina de monasteriis Dobertin et Noui Campi, ordinis Cistersiensis, Zwerinensis diocesis, venerunt et in ipsis monasteriis repositi et reposita fuerunt et ad ipsa monasteria spectant et pertinent de presenti. In ipsis vero libris et voluminibus legi fecimus et inuenimus ipsorum dominorum pretactorum genealogiam, originem et progeniem, ita quod sint de regia stirpe et successiuis temporibus ab ipsis et suorum successorum Slauorum principibus geniti et procreati, que ex eorundem librorum et voluminum scripturis et tenoribus nobis apparuit et aliis eos et ea perlegentibus plenarie poterit apparere in futurum, que eciam omnia et singula hic habere volumus pro insertis. In quorum omnium et singulorum fidem et testimonium veritatis premissorum presencia per notarium publicum subscriptum publicari et subscribi nostrique sigilli autentici appensionem iussimus et fecimus. Datum, actum et decretum Wilsnak, nostre dyocesis, in dote ibidem, anno domini millesimo quadringentesimo decimo octavo, indictione vndecima, mensis Maii die quarta, hora vesperorum uel quasi, pontificatus sanctissimi in Christo patris et domini nostri domini Martini diuina prouidencia pape quinti anno eius primo, presentibus honorabilibus et prouidis viris dominis Johanne Sabel, preposito Ruppinensi, Nicolao Scharbow preposito et Hermanno Willer rectore ecclesie etc. predictis, necnon validis famulis: Nicolao iuniore et Meynhardo condictis Ror, Andrea Vlotow et Nicolao Nortman, Hauelbergensis et Zwerinensis dyocesis, testibus ad premissa vocatis et rogatis.

Et ego Petrus de Gotha, clericus Maguntinensis dyocesis, publicus imperiali auctoritate notarius, huiusmodi librorum et antiquarum scriptuarum productioni relacionique facte per prefatos Nicolaum prepositum et Hermannum dominos ac predictorum et predictarum librorum et scrip turarum examinacioni genealogie que predictorum principum et dominorum repercioni aliisque omnibus et singulis, dum sic ut pre-

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(L. Sign.
Not.)
mittitur fierent et agerentur, vna cum prenominatis testibus presens interfui eaque sic fieri vidi et audiui et in hanc publicam formam propria manu mea scriptam redegi, quam de mandato reuerendi in Christo patris et domini domini Ottonis, Hauelbergensis ecclesie episcopi, vna cum appensione sigilli eius autentici signo et nomine meis solitis et consuetis signaui in fidem premissorum rogatus et requisitus.

Nach dem auf Pergament in einer festen Minuskel geschriebenen Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin. An einem Pergamentstreifen hängt ein grosses parabolisches Siegel: in drei mit gothischen Baldachinen gekrönten Nischen steht; in der Mitte ein Marienbild mit dem Christkinde auf dem Arme, rechts ein Heiliger in blossem Haupte, der, wie es scheint, einen Rost vor die Brust hält (der heilige Laurentius), links ein heiliger Bischof mit dem Buche auf dem rechten Arme und dem Stabe in der linken Hand. In dem untern Abschnitte knieet rechts gekehrt ein Bischof, ganz klein; vor ihm hängt das Familienwappen der von Rohr, viermal am rechten Seitenrande gespitzt, hinter ihm das bischöflich - havelbergische Wappen mit zwei gekreuzten Bischofsstäben , über welchen ein Kreuz steht. Die Umschrift lautet:

Umschrift

An der Stelle, wo die Besitzer der in der Urkunde erwähnten Chroniken genannt werden, stehen die Klöster Dobertin und Neuen - Camp geschrieben. Deutlich und ohne Zweifel ist Dobertin geschrieben gewesen, dieser Name aher mit jüngerer Dinte in neueren Zeiten in Doberan umgeändert. Es ist daher ohne Anstand in den vorstehenden Text die Lesart Dobertin wieder aufgenommen.


Nr. LXII.

Vergleich der im J. 1427 vertriebenen und im J. 1439 wieder eingeführten rostocker Rathmänner und ihrer Geschlechter mit dem Rath, den Bürgern und der Gemeinde der Stadt Rostock.

D. d. Rostock. 1454. Aug. 12.

Nach dem Originale im Archive der Stadt Rostock.


Vôr allen gûden lûden, dâr desse brêff wert vôrkâmende edder hôren lesen, se sint gêstlik ofte werlik,

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wy Hinrik Buek, Vicko van der Tzencn, Johan Othbrecht, Johan Cropeliin, Engelke Katzowe, Goschalk Buek, Kyritze, Hinrick, Lambrecht brôdere gehêten Katzowe, Lambertus Cropelin vnde Hinrick Baggele bekennen vnde botûgen âpenbâre an desseme iegenwardigen âpenen brêue, vngenôdiget vnde vnbodwungen, men myt vryeme gûden willen vnde wolbodachten môde, vôr vns, vnse eruen, vnse vrunde, bâren vnde vngebârn, gêstlik vnde werlik, dat de râd to Rozstok van der stad, van des râdes, van der borghere vnde van der gantzen mênheyt wegen to Rozstok vruntliken vnde gûtliken sik to êneme gantzen, vulkâmenen ende myt vns vorgân vnde sleten hebben vmme alle tosprâke, schult, schâden, schêlinge, vnwillen vnde mânynge, de wy hadden edder hebben mochten to der stad, to deme râde edder to welken persônen bynnen râdes, to den borgheren vnde to der gantzen mênheyt to Rozstke, alse van vnses vthwesendes wegen, alse wy to welken iâren vthe der stad ßozstke wêren, dâr wy grôten schâden ôuer nêmen vnde lêden, vnde wy doch mit medewerkinge des hilligengêstes vnde flitigeme arbeyde heren vnde fursten beyde gêstlik vnde werlik vnde ôk welker stede êrliker sendebôden vruntliken wedder in de stad to Rozstok ingedêdinget worden etc., vnde sint denne myt deme râde ôuer êns gekômen na vnseme willen, belêuinge vnde talâtinge, dat de vôrbenomede râd to Rozstok van der stad wegene vns schal benemen vefteynhundert gûde mark mit der rente to den dômheren to Lubeke, de wy en vorsegelt vnde vorbrêuet hebben, vnde dâr to schal vns ôk de rât to Rozstke van der stad wegen benemen teynhundert gûde mark myt der rente to deme bisschoppe van Szweryn bischoppe Nicolao , vnde wannêr dat geschên is, so is alle mânynge, vnwille, schêlinge, schult, schâde vnde alle tosprâke, de van vnses vthwesendes wegen vpgestân wêren, to êneme gantzen ende sleten, vorsônet, quiid, leddich vnde lôsz vormyddest vns suluen, vnsen eruen vnde vrunden, bâren vnde vngebôrn, gêstlik vnde werlik, nênerleye vurder boswâringe edder mânynge der stad, deme râde edder welken persônen bynnen edder bûten râdes, borgeren vnde mênheyt to Rozstok, eren vrunden vnde nakômelingen, beyde vrôwen vnde mannen, dâr vmme to dônde mit gêstli-

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keme ofte werlikeme rechte in êwigen, tokômenden tîden. Vnde desgelîkes schal de rât vns, vnsen eruen vnde vrunden wedder vordregen aller tosprâke vnde mânynge, de se to vns hadden edder hebben mochten van desser sâke wegen. Wêret ôk sâke dat welke brêue noch wêren by vns vôrbonômeden Hinrik Buek, Vicken van der Tzenen, Johan Othbrecht, Johan Cropeline, Engelke Katzowen, Goscalk Buek, Kiritze, Hinrick, Lambrecht gehêten Katzow, Lambertus Cropelin vnde Hinrik Baggele edder by vnser ên allênen, de desse sâke anrôreden, edder wêren by anderen persônen vnde de hadden in vorwâringe van vnsent wegen, se wêren geuen van pawesen edder keyseren, edder welke instrumenta, de der stad, deme râde, borgeren edder mênheyt to Rozstke to schâden kâmen mochten, de schôle wy vnde willen ofte de iênnen, de se hebben, van stundan van sik antwarden, vppe dat de stad, de râd, borgere vnde mênheyt van der wegen sunder schâden môge blîuen; desgelîk schal vns de rât wedder dôn; wêren ôk welke brêue edder instrumente by welken persônen desse sâke anrôrende, de wy nicht wol hebben edder krîgen konden, de vns vrômelik mochten wesen vnde der stad, deme râde to schâden kômen, se wêren by weme edder wôr se wêren edder sint, de schôlen myt alle nêne macht hebben, men se schôlen degher vnde altomâle quiid vnde lôsz wesen. Ok so bekenne wy Hinrick Buek, Vicko van der Tzene, Johan Othbrecht, Johann Cropelin vnde Engelke Katzowe myt vnsen eruen vnde vrunden, dat de vôrbonômede râd to Rozstke vôr vns heft gelâuet myt der stad brêuen mit der stad ingesegele vorsegelt, vôr welken summen penninge, den wy welken steden plichtich vnde schuldich sint, den wy in der tîd vnses vthwesendes van den steden gelênet hebben, id sî wat stad id sî, den summen penninge schôlen wy vnde willen Hinrick Buek, Vicko van der Tzene, Johan Othbrecht, Johan Cropelin, Engelke Katzowe edder vnse eruen suluen vthrichten vnde den steden botâlen vnde den rât to Bozstke van der wegen gantzliken schâdelôss holden; men quêmet ôuer also, dat wy mâte vnde wîse konden vinden, id quême to wo id toquême, dat wy der schult, de wy den steden schuldich sint, dâr de râd to Rozstke van vnser wegen vôr lôuet heft, mochten ânich wesen, dâr schal vns de râd vruntliken to behulpen wesen na ereme vormôghe,

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sunder der stad vnde des râdes schâden, vns nêne hulpe mit gelde edder gâue dâr to to dônde. Hebbe wy ôk vurder welke andere brêue vorsegelt, dede sprêken vnde lûden vppe gelt, dat wy noch schuldich sint, id sî here edder stad, dat schôle wy ôk vnde willen edder vnse eruen vthrichten, edder wol de sint, vnde botâlen, so dat de stad edder de râd van der wegene ôk nêne mâninge lîden efte hebben schal. Ok myt desseme suluen vnseme brêue schôlen mede sleten, vorgân vnde gantzliken wechgelecht wesen de articule, de vns edder vnsen eruen vrômelik wesen mochten, in deme recesse gescreuen, dat gemâket is van den heren vnde steden, do wy wedder in de stad quêmen, de dessen brêf krenken, breken vnde tona wesen edder der stad, deme râde, borgeren vnde mênheyt to Rozstke to schâden kâmen mochten. Ok bekenne ik mêster Hinricus Schonenbergh, doctor in der artzedye, in der vôrscreuen wîse, dat ik alle articule vôrscreuen in desseme brêue van worden to worden gantzliken mede belêuet vnde vulbordet hebbe, belêue vnde vulborde in craft desses brêues trûweliken to holdende, dâr nummer têgen to dônde edder weddertokômende, hêmelken edder âpenbâr, by my suluen edder anderen persônen, gêstlik edder werlik. Alle desse vôrscreuen stucke vnde articule lâue wy Hinrick Buek, Vicko van der Tzene, Johan Othbrecht, Johan Cropelin, Engelke Katzowe, Gotscalk Buek, Kiritze, Hinrick, Lambrecht brôdere gehêten Katzow, Lambertus Cropelin, Hinrik Baggele, vnde ik mêster Hinrik Schonenberg, doctor in der artzedye, mit vnsen eruen vnde vrunden der stad, deme râde, borgeren vnde mênheyt to Rozstke stede, vast vnde vnuorbrôken to holdende, sunder iênigerleye argelist, insâge, weddersprôke edder hulperede, in gûden trûwen, vnde des to mêr tûchnisse vnde grôterme lôuen so hebbe wy alle vôrbonômed myt wolbodachtem môde vnde vnseme willen vnde vnyt vnser gantzen wêtenheyt vnse ingesegele hengen lâten vôr vns, vnse eruen vnde vrunt, bâren vnde vngebôrn, vôr dessen vnsen ôpenen brêf, vnde de êrliken vnde vôrsichtigen vnsen heren: mêster Hinricus Bekelin, to vnser lêuen vrôwen bynnen Rozstok kerkhere, doctor in beyden rechten, mêster Nicolaus Wentorp, doctor in deme werliken rechte, her Hermen Becker, des biscoppes official to Zwerin

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vnde kerkhere to sunte Nicolawese, vnde her Diderik Lukke, des archidiaken official van Rozstke, hebben ere ingesegele vmme vnser flîtigen bede willen to tûge vnde to witlicheyt mede henget vôr dessen brêf, geuen vnde screuen to Rozstke na der bôrt vnses heren Jhesu Cristi vêrteynhundert iâr dâr na an deme vêrundeveftigesten iâre, des mândâges vôr vnser vrôwen dâge erer hilligen hemmelfart.

(L. S.
Not.)
Et ego Jacobus Colre, clericus Zwerinensis dyocesis, publicus imperiali auctoritate notarius, publice protestor, quod anno domini millesimo quadringentesimo quinquagesimo quarto, indictione secunda, pontificatus sanctissimi in Christo patris et domini nostri domini Nicolai diuina prouidencia pape quinti anno eius octauo, mensis Augusti die Veneris decima sexta, in domo consulatus opidi Rozstok, huiusmodi concordie et articulorum superius contentorum ratificacioni et approbacioni ac sigillorum appensorum recognicioni vnacum connotario meo et testibus infrascriptis, dum sic fierent et agerentur, presens interfui eaque sic fieri vidi et audiui, ideoque presentem litteram sigillatam, huiusmodi concordiam in se continentem, manu mea propria subscriptam, signo et nomine solitis et consuetis signaui, in testimonium fideliter requisitus premissorum, presentibus ibidem honorabilibus dominis magistro Bartoldo Kerkhof, in legibus licentiato, ac Alberto Crusen, presbitero, testibus ad premissa vocatis.
Et ego Hinricus Boytin, clericus Zwerinensis diocesis, publicus imperiali auctoritate notarius, publice protestor, quod anno domini millesimo quadringentesimo quinquagesimo quarto, indictione secunda, pontificatus sanctissimi in Christo patris et domini nostri domini Nicolai digna dei prouidencia pape quinti anno eius octauo, mensis Augusti ipsa die Veneris, que fuit decima sexta mensis iam dicti, in domo consulatus opidi Rostok, Zwerinensis diocesis, talismodi concordie articulorumque superius insertorum ratificacioni, gratificacioni et approbacioni ac sigillorum appensorum recognicioni
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(L. S.
Not.)
vnacum connotario meo et testibus suprascriptis, dum sic fierent et agerentur, presens interfui eaque sic fieri vidi et audiui ideoque presentem litteram sigillatam, sic, vt premittitur, ratificatam, gratificatam et approbatam, huiusmodi concordiam in se continentem, manu mea propria subscriptam signo et nomine meis solitis et consuetis signaui in testimonium premissorum omnium et singulorum fideliter et debite rogatus presencialiter et requisitus, presentibus ibidem honorabilibus viris et dominis magistro Bertoldo Kerkhof, legum licenciato, ac Alberto Krusen, presbitero Zwerinensis diocesis, testibus ad premissa vocatis presencialiter et rogatis.

Nach dem Originale auf Pergament im Archive der Stadt Rostock. An Pergamentstreifen hangen 16 runde Siegel, welche folgende Zeichen und Inschriften tragen:

1) Schild mit zwei linken Schrägebalken; Umschrift:

Umschrift

2) Schild mit einem rechts schauenden Thierkopfe mit langem Halse unter einem Helme mit demselben Schildzeichen, abgebildet Tab. III, Nr. 7; Umschrift:

Umschrift

3) Schild, queer getheilt, oben mit der obern Hälfte eines Adlers, unten mit 3 Herzen im Dreieck; Umschrift:

Umschrift

4) Schild, queer getheilt, oben mit 2 Lilien neben einander, die untere Hälfte mit Muscheln (?) belegt (vgl. Tab. III, Nr. 4); Umschrift:

Umschrift

5) Schild, längs getheilt, rechts mit einem halben Stierkopfe, links mit einem Queerbalken (vgl. Tab. III, Nr. 6); Umschrift:

Umschrift

6) Schild mit drei rechten Schrägebalken; Umschrift:

Umschrift

7) Schild, wie Nr. 5; Umschrift;

Umschrift

8) Schild, wie Nr. 5; Umschrift:

Umschrift

9) Schild, wie Nr. 5; Umschrift:

Umschrift
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10) Schild, wie Nr. 4; Umschrift:

Umschrift

11) Schild, längs getheilt: rechts mit einem Hirschhorn, links mit 2 Rosen, abgebildet Tab. III, Nr; 5; Umschrift:

Umschrift

12) Schild, längs getheilt: in der rechten Hälfte queer getheilt, unten schraffirt, oben leer, in der linken Hälfte mit einem halben Adler, unter einem Helme mit 2 Flügeln, abgebildet Tab. III, Nr. 8; Umschrift:

Umschrift

13) Schild mit einem Arme, welcher einen Blumenzweig in den Händen hält; Umschrift:

Umschrift

14) Schild, wie es scheint schräge links getheilt, oben links mit einem Sterne, unten rechts mit einer Lilie; Umschrift:

Umschrift

15) Schild, längs getheilt, rechts mit einem halben Adler, links mit einer halben Blume oder dgl.; Umschrift:

Umschrift

16) Schild mit einem schräge links liegenden Zirkel, wie es scheint, und einem Sterne an jeder Seite desselben; Umschrift:

Umschrift

Nr. LXIII.

Der Knappe Hans Katzow zu Rostock verpfändet dem Pfarrer Johann Katte und den Vicarien der St. Nicolai-Kirche zu Rostock 2 1/2 Mk. sund. jährlicher Hebung aus seinem Hopfengarten vor dem Petrithore am Ottersteige, zwischen der Mittelbek und der bartelstorfer Wiese.

D. d. 1516. Aug. 11.

Nach dem Originale im geistlichen Archive der Stadt Rostock.


In ghades nâmen Amen. Ick Hans Katzow knape the Rostock bekenne vnde betûghe âpembare in dessem brêue vôr my vnnd myne eruenn vnnd alsweme, deme dâr wes anhe is edder ane wesen mach

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in thokâmendenn tydenn, dat ick recht vnnd redelykenn hebbe vorkoffth vnnd vorlâthen, vorkôpe vnnd vorlâthe iegenwardyghenn deme werden vnnd êrlykenn herrn Johanni Katthenn kerckherrn vnnd allen andernn vicarien der kerkenn tho sunte Nicolaus bynnen Rostock, de nhu thôr tydt szynn, vnnd allenn ernn in der sulffthen kerkenn nauolgerrnn druddehalue marck sundesk iârlyker vppbôringhe vnnd renthe, de sze alle iâr vppe den Passchen schôlenn hebbenn vnnd vppebôrenn in vnnd vth mynem hoppengardenn beleghen bûthen sunte Peters dôre by dem otterstyghe twyschenn den gardenn der vôrsychtigenn Steffen Wedeghe, an eyner, vnnd Clawes Wredenhaghen, borgere tho Rostock, ander sydenn belegenn, schêtende van der myddelbecke beth vppe de Bertelstorper wysck, vôr vefftich marck der sulffthen munte, de ick rêde van genanten herrn Johanne kerckhernn vnnd vicarien tho myner vuller nôghe entfangenn hebbe vnnd in myn vnnd myner eruen nuth vnnd frâmen gekêrth szynn, vnnd wêret sâke dat ene desse vôrgescreuenn hûre vnnd renthe tho rechten tyden nycht enworde, alse vôrgescreuen is, so hebben se alleweghe vullemacht, der suluen druddehalue marck hûre vnnd renthe de vthtopandende vth deme vôrgescreuenn gardenn so vâken ene des nôth vnnd hehôff donde werdt, môgen ôck vorkôpenn vnnd lâthen, wôr se wyllenn, sunder wedderstalth , môghenn ôck desse renthe mânen myt geystlykem edder wertlykem rechte, szo ene des bequême is. Ock lâue ick Hans vôrbenômpt vôr my vnde myne eruen, dat desse hoff vôrbenômpt is myn êghen, ôck nêmande êr dessem kôpe vorsetteth, vorpandeth edder vorplichteth, im gantzen edder im dêle, vnnd wyll ick vnnd myne eruen schôlenn den suluen vôrgescreuen vicarien den gedachten hoff entvryghenn vnnd enthwêrenn vôr alle andere plycht, rente vnnd vnplicht, dâr tho vôr alle ansprâke vnnd bewernytze aller personen, de vôr recht kâmen, recht geuen vnnd nhemen wyllenn, vnnd ôck alle insetthe der stadt Rostock schall ene vnnd eren nauolgernn vnschedelich wesenn. Sze môghen ôck dessen êrgedachten gardenn vnnd hoff vôr genante vefftich marck sundesk hôuestôles vordan vorsetthenn, vorbûthenn, vorpandenn vnnd vorandernn, tho weme se suluen wyllenn, vnnd deme dat also voranthwordeth werth, deme wyll ick vnnd myne eruen

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schôlen holdenn alle artikule vnnd stucke desses brêues, iodoch boholde ick my myt mynen eruenn den êwyghenn wedderkôpp, wen ick myt mynen eruen wyl, so môge wy den gedachtenn vicarien vnnd eren nauolgernn eyn vêrrendell iâr tho vôrne alsz vppe wynachtenn vpseggenn vnnd na der vppsegghynghe vort vppe den nêgestvolgende paschenn so schall ick vnnd myne eruen schôlen deme râde weddergeuen vifftich marck sundesk hôuetstôles myt allen nasthânden vnnd vppgekâmendenn renthen an eynem summen, also denne tho Rostock genge vnnd geue is, sunder lenger vortoch, dâr tho sunder alle erenn hynder vnnd bewyszlichen schâdenn. Dyth allenth vôrgescreuenn lâue ick êrgenante Hans vôr my vnnd myne eruen den vîllgedachten vicarien der kerckenn tho sunthe Nicolaus vnnd ernn nakâmelynghen in gûden trûwenn vnnd sekeren lôuen stede vnde vasth tho holdende sunder alle argelysth vnnd geuêrde. Vnnd ick Tonnyges Wobbe, borgher tho Rostock, lâue trûwelykenn vôr genanten Hans Katzouwenn,mynem stêffszône, dat sodäne vôrgescreuen hoppengarde is syn êghen vnnd nêmande êr dessem kôpe vorpandet edder vorsetthet, wo des geuunden worde, wyll ick vôr my vnnd myne eruen den sulffthen heren eyne vullenkâme wêre weszenn âne alle argelysth vnnd hulperede. Des tho mhêrer tûchnysse hebbe wy Hans vnnd Tonnyges vôrbenômpthe borgher vnnd trûwe lâuer vnser beyder ingesegell tho wythscopp vôr dessen brêff hengen lâthenn, de gegeuenn vnnd gescreuenn is am iâre vnnses herrn dûsenth viffhundert vnnd sostheyen, am mândâghe vôr Tiburtii.

Nach dem im rostocker Kirchen - Oekonomie - Archive aufbewahrten Originale auf Pergament in einer engen Cursive. Die Siegel fehlen.

 

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