zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 163 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 164 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 165 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Steinzeit.


Hünengrab von Mestlin.

In einem Gehölze zu Mestlin bei Dobbertin , das "Mühlenholz" genannt, finden sich viele alte heidnische Gräber, namentlich mehrere große Gräber, welche "mit mächtigen Granitblöcken bedeckt" sind. Von diesen mußte in neuern Zeiten ein Grab zu baulichen Zwecken abgetragen werden. Dieses Grab war von großen Granitblöcken, welche dicht neben einander standen, aufgebauet und hatte eine längliche, abgerundete oder ovale Form, welche statt der viereckigen mitunter auch vorkommt. Das Innere des Grabes war in mehrere Abtheilungen oder Zellen getheilt und wie gewöhnlich mit ausgeglüheten, weißen Feuersteinstücken auf dem Boden gepflastert. Kohlenstücke und schwarz gefärbte Erde fanden sich reichlich.- Außerhalb dieses dicht geschlossenen Grabes stand mehrere Fuß davon entfernt ein ovaler Ring von ähnlichen Granitblöcken, welche jedoch nicht neben einander standen, sondern durch weite Zwischenräume von einander getrennt waren.

Die Leichen waren in dem Grabe unverbrannt beigesetzt. Die Arbeiter haben fast alle Gebeine vernichtet; es sind aber doch mehrere größere Stücke gerettet, nämlich mehrere

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

große Schädelstücke und ein Beckenknochen. Hiernach waren in dem Grabe wenigstens zwei Leichen beigesetzt. Die Schädelknochen scheinen wieder sehr merkwürdig zu sein.

Von der einen Leiche ist der größte Theil des Stirnbeins von hinten bis in die Stirnhöhlen erhalten; diese Stirn ist ungewöhnlich flach und hintenüber gedrängt und ähnelt den ältesten Schädeln, welche in Meklenburg immer unter besondern Umständen gefunden sind. Dieser Schädel ist ziemlich dick und wird einem ältern Menschen angehören. Zu diesem Schädel wird das halbe Becken gehören. Von der andern Leiche ist ein Theil der Stirn mit der linken Augenhöhle erhalten. Diese Stirn ist sehr hoch und glatt und im senkrechten Stande sehr grade. Diese Stirn wird einem sehr jugendlichen Menschen angehören, da das Schädelstück sehr dünne ist. Hiezu wird ein Seitenbein von einem Schädel gehören, welches eben so dünne ist.

Auf dem Boden des Grabes, neben den Gebeinen, fanden sich folgende Alterthümer:

ein großer, breiter, dünner Keil aus Feuerstein, 7 1/2" lang;

ein dünner Kei1 aus Feuerstein, 5 " lang;

ein dünner Kei1 aus Feuerstein, 5 " lang: alle drei mit gradem Bahnende;

ein kleiner, dicker Keil aus Hornblende (Diorit), 5 " lang, mit abgerundetem Bahnende;

ein Schmalmeißel aus Feuerstein, 6 " lang;

ein dicker Schmalmeißel aus Feuerstein, über 6 " lang;

Scherben von einem braunen, ziemlich gradwandigen und dickwandigen Thongefäße, welches außen am Rande 2 " breit mit drei Doppelreihen derber Spitzen oder Zickzacklinien in der eigenthümlichen Weise der Steinperiode verziert ist;

Scherben von einem dunkelbraunen, dünnwandigen, kugeligen Thongefäße, welches am Bauchrande nach einigen Spuren mit ähnlichen, aber sehr feinen Linien verziert gewesen ist;

Scherben von einem hellbraunen, sehr dickwandigen, sehr weiten, schalenförmigen Thongefäße, welches in der gradwandigen Oeffnung über einen Fuß im Durchmesser gehabt haben muß und nach der unten stehenden Abbildung am Rande auf der innern Fläche mit drei Reihen derber, tiefer, großer Zickzacklinien verziert ist. Diese Verzierung der innern Randflächen, welche nur bei großen, sehr weit geöffneten, schalenförmigen Gefäßen passend und von Wirkung sein kann, ist hier zum ersten Male in Meklenburg beobachtet. Die Schale würde nach der Schwingung des Randes über

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 Fuß im Durchmesser der Oeffnung gehabt haben. Die am Bruchrande innerhalb der Scherbe in der Abbildung rechts und unten sichtbaren kleinen quadratischen Körper sind kleine, derbe Feldspathstücke, mit denen der Thon im Innern durchknetet ist, von getreuer Größe des Originals. Diese Schale hat sicher dazu gedient, um ein Mahl neben dem Todten beizusetzen, und dafür scheinen auch die in dem Grabe gefundenen Thierknochen zu zeigen.

Schale

Auch in diesem Grabe wiederholt sich die Erscheinung, daß die in großen, also wichtigen Steingräbern gefundenen Keile gewöhnlich breitschneidig, dünne und mit Sorgfalt gearbeitet, also wohl zum Einklemmen in einen gespaltenen Schaft, also zu Streitbeilen für Helden, benutzt worden sind, während die dicken Keile, von Hacken zur Feldarbeit, in sehr bedeutender Anzahl auf freiem Felde gefunden werden.

Keile aus Hornblende (Diorit) werden in viel geringerer Anzahl in Meklenburg gefunden, und sind in Gräbern bisher sehr selten beobachtet worden.

Neben den Feuersteingeräthen ward auf dem Boden des Grabes noch gefunden:

ein Backenzahn von einem "größern Wiederkäuer", nach allen Hauptmerkmalen wohl von einem Elen, wenn auch die Spitzen überall etwas abgebrochen sind; einem Rinde oder Hirsche hat der Zahn nicht angehört; ferner:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ein kleiner Schweinshauer, in gerader Richtung nur gegen 3 1/2 " lang und sehr dünnwandig.

Endlich ward noch ein Klumpen mürben Kalkes, gegen 2 " dick, gefunden.

Alle diese Alterthümer verdankt der Verein dem Herrn Klosterhauptmann Freiherrn von Maltzan zu Dobbertin.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Reibsteine,
oder
Roll= und Klopfsteine.

Es werden sehr häufig runde oder fast rund geriebene Steine aus hartem Gestein, z. B. altem Sandstein, feinkörnigem Granit, Quarz u. dgl. gefunden, welche gewöhnlich 3 bis 5 Zoll im Durchmesser haben und der Steinperiode anzugehören scheinen. In neuern Zeiten sind sie auch in Meklenburg sehr häufig beobachtet und gefunden, so daß die schweriner Sammlungen bereits eine große Anzahl besitzen. In dem Jahrb. XXIII., S. 276 flgd., habe ich mich dafür erklärt, daß diese Steine nicht zum Behauen der steinernen Werkzeuge, also nicht als "Klopfsteine," sondern zu häuslichen Zwecken, z. B. zum Zerreiben des Brotkorns und harter Baumfrüchte, also als "Reibsteine", gedient haben, - wenn ich auch daneben die Ausicht hingestellt habe, daß sie auch vielleicht als Rollsteine zum Fortbewegen der großen Steinmassen gebraucht sein könnten. In neuern Zeiten sind diese Steine aber auch in unterirdischen Wohnungs= oder Kellerräumen gefunden worden (vgl. Jahrb. XXVI., S 128), und dies bestärkt in mir meine Hauptansicht, daß sie nur zu Reibsteinen gedient haben werden. Diese Ansicht wird durch eine sehr merkwürdige Entdeckung lebhaft unterstützt. Bei dem Dorfe Hilversum in Nordholland wurden seit dem Jahre 1852 viele aus Steinen aufgeführte, den Steingräbern ähnliche, höhlenartige Wohnplätze über der Erde aus der Steinzeit entdeckt und aufgedeckt, welche, wie die Pfahlbauten in der Schweiz, eine lehrreiche Einsicht in die Zustände der Steinzeit gewähren. (Vgl. Hilversumsche Qudheden, door Dr. Janssen, Conservator te Leyden, Arnhem, 1856.) In diesen Wohnungen oder Heerden fanden sich nun neben vielen Holzkohlen und Thierknochen sehr zahlreiche Geräthe aller Art aus Stein: Schleifsteine, Keile, Meißel, Messer, Lanzenspitzen, Pfeilspitzen, Feuersteinsplitter, und neben diesen auch oft viele von den beschriebenen Reibsteinen; vgl. Janssen a. a. O., z.B. S. 8, 10, 11, 16 u. s. w.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese Reibsteine ("ballen") waren rund, von Quarz, Quarzit, Granit und ähnlichen harten Gesteinen, von 3 1/2 bis 5, auch 6 und 7 Zoll Durchmesser. In einer Wohnung z. B. fanden sich 9 Reibsteine in einen Kreis gelegt und innerhalb des Kreises 50 steinerne Geräthschaften in Asche, Kohlen und Knochen; in einer andern Wohnung fanden sich 12 Reibsteine und umher steinerne Keile; an einer andern Stelle lagen 7 Reibsteine neben einander. Aus diesem Vorkommen an unzweifelhaften Wohnplätzen in Verbindung mit andern steinernen Geräthen der Steinperiode scheint sicher hervorzugehen, daß diese Steinkugeln zu häuslichen Geräthen, namentlich zum Zerreiben von Früchten, also allein als Reibsteine, gedient haben.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber Quetschmühlen.

Antiquarisches. - In den Verhandlungen der Smithsonian=Institution, welche mir kürzlich für den Verein der Freunde der Naturgeschichte zugegangen sind, habe ich wieder einen interessanten Beweis dafür gefunden, wie die Bewohner des Erdballs, wenn sie auch durch Zeit und Raum weit von einander getrennt sind, durch das gleiche Bedürfniß oft zu ganz gleichen Erfindungen veranlaßt werden, und wie also das Studium der Gebräuche und Geräthschaften eines noch leben den Volkes mitunter Licht über Dinge geben könne, die in den Museen als antiquarische Merkwürdigkeiten eines anderen, weit entfernten und längst verschollenen Volkes aufbewahrt werden.

"In Meklenburg" (sagt Lisch in den schweriner Jahrbüchern XXIV, S. 275) "werden ungemein häufig Mühlen 1 ) gefunden, welche aus Granit bestehen und in Form ein er queer durchschnittenen Mulde ausgehöhlt sind, so daß das eine Ende offen ist. Wir haben diese Steine, welche in den ältesten Kirchen oft zu Weihkesseln benutzt sind , Anfangs für Weihkessel gehalten, sind aber früh zu der Ansicht gekommen, daß sie Handmühlen sind und der Bronzeperiode angehören, da sie öfter in Kegelgräbern dieser Periode gefunden werden." - In dem voraufgehenden Bande der Jahrbücher, S. 276, beschreibt Lisch ferner einige bei Friedrichshöhe gefundene, durch Abschleifung gerundete Steine von 3 bis 5 " Durchmesser, und spricht dabei die Vermuthung aus, daß diese Steine zum Zerreiben des Brotkorns in den halbmuldenförmig ausgehöhlten Mühlsteinen gebraucht worden wären.


1) Vgl. auch Jahrb. XII, S. 418, XVIII, S. 250, XXV, S. 211.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese beiden Vermuthungen erfahren eine glänzende Bestätigung dadurch, daß ganz gleiche Handmühlen noch heute diesen Tag 1 ) bei den Creolen in Venezuela in Gebrauch sind. In dem Report der Smithsonian=Institution für das Jahr 1857 findet sich nämlich S. 212 flgd. ein sehr interessanter Brief des Botanikers Fendler (d. d. 11. Juni 1857) aus der Colonie Tovar, und darin heißt es:

"Eine Korn= und Maisquetsche ist unter den Creolen in Venezuela allgemein in Gebrauch, welche, in Anbetracht ihrer sehr rohen und einfachen Construction, nicht von europäischer Erfindung zu sein scheint. Sie besteht lediglich aus einem flachen Steine, 1 1/2" lang, 14 " breit und 3 " dick, etwas convex auf der unteren und concav auf der oberen Seite; die Höhlung ist flach und 7 " weit. Das Instrument (the runner), mit welchem das Korn gequetscht wird , ist ein Stein, etwa 5 " lang, 3 " breit und von ovaler Gestalt, so daß er sich der Höhlung gut anschließt." - Ein beigefügter Holzschnitt, auf welchem die Steinmulde und der Reibstein die größte Aehnlichkeit mit den unsrigen zeigen, erläutert die Art und Weise, wie die Mulde zum Gebrauche aufgestellt wird , nämlich auf zwei Paar kreuzweise (X X) in den Boden geschlagene Pfähle, von denen das eine Paar etwas höher ist, wie das andere. In die nach oben gekehrten Gabeln dieser Pfähle wird die Mulde so hineingesetzt, daß die geschlossene Seite derselben eine etwas höhere Stellung erhält. "Die Person" (fährt Fendler nun fort), "welche das Getreide quetscht, steht an dem oberen, höheren Ende der Mulde und hält den Reibstein mit beiden Händen , und quetscht nun das vorher etwas gestampfte und eingeweichte Getreide in der Weise , daß sie mit der ganzen Last ihres Oberkörpers auf den Reibstein drückt. Die zerquetschte Masse wird aus dem unteren offenen Muldenende in ein darunter stehendes Gefäß hinabgeschoben. Ist die Masse noch nicht fein genug , so wird derselbe Prozeß noch einmal mit ihr vorgenommen. Dieser Stoff wird darauf gewaschen, um die Häute des Korns aus ihm zu entfernen und dann in heißen Oefen gebacken und bildet so das Brod aller der Creolen, welche nicht in den Städten leben."

Neubrandenburg,
den 29. November 1861.

E. Boll.     


1) Auch noch jetzt in der Wallachei; vgl. Jahrb. XV, S 270.     G. C. F. Lisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfahlbauten in Meklenburg.

Es ist aus zahlreichen Entdeckungen seit dem Jahre 1853 schon allgemein bekannt, daß die heidnischen Bewohner aller Perioden in der Schweiz ihre Wohn= und Wirthschaftsgebäude auf Pfählen in Seen und Mooren errichteten und es sind bei den fallenden Seespiegeln in den letzten warmen Jahren sehr zahlreiche alte Ansiedelungen entdeckt in denen große Massen von Alterthümern aller Art gefunden sind, welche einen klaren Blick in das Leben der ältesten Bewohner Europas gönnen. Auch in andern Ländern hat man Spuren von solchen Pfahlbauten, wie man sie nennt, gefunden. Es kann daher die in neuern Zeiten oft aufgeworfene Frage nicht auffallen, ob sich nicht auch in Norddeutschland Spuren von Pfahlbauten zeigen. Auf den ersten Blick scheint dies nicht der Fall und auch nicht annehmbar zu sein, da in Norddeutschland Erde genug überflüssig ist, um damit auf leichtere Weise festen Boden zu Wohnungen in Mooren oder Seen einzuschütten. Bei genauerer Betrachtung wird es aber dennoch nicht unwahrscheinlich, daß auch in Norddeutschland Pfahlbauten zu finden sind. Es ist nämlich eine durch tausendfache Beweise bestätigte sichere Erfahrung, daß sich tief in Mooren sehr häufig zahlreiche Alterthümer aller Art, oft aus derselben Zeit neben einander, finden, und man kann wohl sagen, daß die Moore die ergiebigsten Fundgruben der schönsten Alterthümer sind. Dies allein könnte freilich nicht sehr auffallend erscheinen, da diese Alterthümer in Mooren verloren gegangen oder in dieselben absichtlich zur Rettung versteckt sein können. Aber es wird daneben eine andere auffallende Erscheinung beobachtet, daß sich zugleich oft sehr viel Holz in Mooren findet. Hierüber ist nun schon viel gesprochen. Man hat wohl oft gemeint, daß Bodenveränderungen seit Jahrtausenden die Ursache dieser seltsamen Erscheinung seien, daß dort, wo jetzt Moor, früher oft Waldboden gewesen sei; aber wenn dies auch in einzelnen Fällen Wahrheit sein mag, so ist es doch gewiß in den meisten Fällen viel wahrscheinlicher, daß die Moorbecken so alt sind, wie die jetzige Oberfläche der Erde, daß sie wenigstens von Anfang an Sammelplätze von Feuchtigkeiten gewesen, in denen Waldbäume, welche schweren Boden lieben, wohl nicht gut hätten gedeihen können. Zuweilen mögen Waldbäume von den Rändern der Moore in dieselben gestürzt sein; aber am häufigsten wird dies nicht möglich gewesen sein, da die Moore gewöhnlich in flachen Gegenden liegen. Es wird daher nichts anderes übrig bleiben, als anzunehmen, daß das Holz vor=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

herrschend durch menschliches Bemühen in die Moore gekommen sei. Dann aber ist es wahrscheinlich, daß dort Pfahlbauten gestanden haben, wo in (Seen oder) Mooren Holz und Alterthümer beisammen gefunden werden. Es kann daher nur dringend gewünscht werden, daß da, wo sich diese Erscheinungen zeigen, mit der größten Aufmerksamkeit und Sorgfalt, gegraben und geforscht, und wenn möglich, bis auf den Grund der Moore durchgedrungen werde, da die schweren Alterthümer gewöhnlich durch das Moor sinken, bis sie auf festem Boden lagern. Die Entdeckung und Aufdeckung von Pfahlbauten im Norden würde zu sehr merkwürdigen Ergebnissen führen.

G. C. F Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Bearbeitetes Elengeweih von Gägelow und Pfahlbau (?) daselbst.

In einem Torfmoore zu Gägelow bei Wismar wurden in der Tiefe zwei in der Steinperiode zur Verfertigung von Geräthen bearbeitete, gespaltene Hirschhörner gefunden, welche in den Jahrbüchern XXVI, S. 132, beschrieben sind. An derselben Stelle ist noch eine bearbeitete, kleine Elenschaufel gefunden, welche ebenfalls durch den Unterofficier Herrn Büsch erworben und dem Vereine geschenkt ist. Das Stück ist zum Handgriffe eines Feuersteinbeils vorbereitet. Es ist die Stange und der untere Theil der Schaufel vorhanden. Die Schaufel ist so abgekeilt, daß ein langes, dünnes Ende derselben stehen geblieben ist. Das so bearbeite Geräth bildet einen sehr handlichen Hammer, dessen Griff das stehen gebliebene Ende der Schaufel, dessen Hammer die kurze Stange mit der Rose bildet. Die Perlen der Rose sind abgeschnitten und das untere Ende der Stange an der Rose ist auch schon bearbeitet, indem der Anfang zur Aushöhlung gemacht ist, um darin einen Steinkeil zu fassen. Es scheint, als wenn die Abkeilung der Schaufel verunglückt ist, indem das von derselben stehen gebliebene Ende gespalten ist. Die Bearbeitung ist übrigens sehr klar sichtbar. Das Stück muß sehr alt sein, da die hörnerne Hülle verwittert ist und abblättert. - Ganz ähnlich vorbereitet ist eine Elenschaufel von Gr. Stieten.

Nach diesen wiederholten, merkwürdigen Funden scheint hier allerdings auch ein Pfahlbau gestanden zu haben (vgl. oben S. 171), da das Geräth ganz denen in den Pfahlbauten der Schweiz gefundenen gleicht, nur noch nicht ganz vollendet ist.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 173 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Halbmondförmige Feuersteinmesser (Sägen) von Kambs.

Im Kambser Torfmoore, bei Schwaan, wurden beim Torfstechen 3 halbmondförmig Feuersteinmesser, welche man jetzt für Sägen hält, gefunden und von dem Herrn Förster Prestin zu Letschow zu Händen des Herrn Pastors a. D. Ritter zu Friedrichshöhe für die hiesigen Sammlungen abgeliefert. Ein Paar von diesen ist von derselben Farbe und scheint aus demselben hellgrauen Stein gemacht zu sein und zusammen zu gehören, wie überhaupt in Meklenburg häufig und vorherrschend immer Paare von solchen Messern zusammen gefunden sind dieses Paar ist auch ungewöhnlich groß, das eine ist 8 ", das andere 6 1/2 " lang. Das dritte Messer ist von dunklerer Farbe und von durchschnittlicher Größe, nur 5 " lang.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pflugschar von Trappstein.

Bei Malchow ward ein Trappstein gefunden, welcher, wie häufig, durch Auswaschung oder Verwitterung eine sonderbare Gestalt erhalten hat. Der bei Malchow gefundene Stein hat nun von Natur die Gestalt einer Pf1ugschar. Der Stein ist im Ganzen 8 " lang und in der Mitte 5 " breit und 2 1/2 " dick. Der untere Theil läuft 4 allmählig fast ganz regelmäßig in eine Spitze aus, welche ganz die Gestalt einer Pflugschar hat. Ungefähr in der Mitte, mehr nach oben hin, geht eine regelmäßig gebildete und abgegrenzte Erhöhung von 1 " Breite und 1/2 " Dicke; oben ist ein kleiner, regelmäßiger, gegen 2 " hoher Höcker. Dieses seltene Stück paßt nun ganz vortrefflich zu einer Pflugschar, welche auf einen Baum gebunden werden konnte. Man könnte es für ein reines Naturspiel halten, wenn nicht an einer Seite, wo ein hindernder Höcker gewesen ist, eine tiefe Rinne , 4 " lang und 1 1/2 " breit, künstlich eingehauen wäre, um den Stein regelmäßig und fest anbinden zu können. Der Stein ward von dem Herrn Gastwirth Dalitz zu Malchow aus dem Nachlasse seines im Januar 1861 verstorbenen Vaters, welchem der Verein viele Alterthümer verdankt, überwiesen.

G. C .F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Steinhammer von Gnoien.

In der Gegend von Gnoien ward ein kleiner, viereckiger, ziemlich regelmäßiger Block von weißlichem alten Sand=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 174 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stein, 3" lang und ungefähr 2" dick, gefunden, welcher in der Mitte auf den Flächen etwas abgeschliffen oder abgerieben, gewissermaßen eingeschnürt ist, so daß er an beiden Enden viereckige Platten zeigt. Man könnte das seltene Stück für einen Schleifstein halten; aber die Abreibungen sind nicht überall glatt und regelmäßig und die Ecken an den schmalen Seiten der Enden erscheinen ein wenig abgehauen. Man wird daher das Stück für einen Hammer der Steinperiode halten können, dessen Einschleifungen in der Mitte zur bessern Befestigung in einem Stiel absichtlich gemacht sind. Geschenk des Herrn Staatsministers von Lützow Exc. auf Boddin.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Spindelstein aus Sandstein.

Der Herr Staatsminister a. D. von Lützow Exc. auf Boddin schenkte einen in der Gegend von Gnoien gefundenen Spindelstein aus einer dünnen Platte von jungem, feinkörnigen Sandstein, welche an einer Seite noch die natürliche Bruchfläche zeigt, abgerundet und an einer Seite konisch angebohrt, jedoch noch nicht ganz durchbohrt ist.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 175 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Bronzezeit.


Kegelgrab von Kl. Wolbe
und
Bronzedolch mit emaillirtem Griff.

Auf dem Erbpachthofe Kl. Wolde bei Wittenburg lag auf einer Anhöhe neben der Grenze an der Feldmark Bobzin ein "Haufen großer Feldsteine" (Granitgeschiebe). Beim Ausbrechen und Wegräumen der Steine fand sich im Jahre 1861 neben Urnenscherben ein mit edlem Rost bedeckter Dolch von Bronze, welcher manche neue Erscheinungen bietet. Der Dolch ist im Ganzen 10 " hamb. Maaß lang, die Klinge mit erhabenem Mittelrücken bis zu der halbmondförmigen Einfassung 6 " lang und in der Mitte gegen 1 1/2 " breit; die Waffe ist also nach der Größe ein Dolch, und kein Schwert. Der Griff, welcher mit dicker halbmondförmiger Fassung über die Klinge greift, ist von Bronze und den Schwertgriffen gleich, jedoch bedeutend viel dünner. Die Klinge, welche mit der Griffzunge in den hohlen Griff hineinreicht, ist mit 4 starken Nieten in der halbmondförmigen Ueberfassung festgenietet. Der im Durchschnitte ovale Griff besteht in der Mitte auf 2 1/4 " Länge aus 8 senkrechten, schmalen Bronzestreifen, welche frei nebeneinander liegen und durch tiefe Längseinschnitte fast ganz von einander getrennt sind. Diese 8 Bronzestreifen sind ab wechselnd theils glatt, theils mit ganz durchbrochener Arbeit verziert; an jeder Seite sind nämlich 2 Streifen, im Ganzen also 4 Streifen, so verziert, daß kleine einander entgegengesetzte Dreiecke ganz durchbrochen sind und die dazwischen stehen gebliebenen Trennungen ein regelmäßiges, senkrechtes Zickzackband bilden; die Knopfplatte ist mit 8 durchbrochenen Dreiecken verziert. Dieser Dolchgriff ist also fast auf dieselbe Weise gearbeitet, wie der zu Genzkow bei Friedland in Meklenburg=Strelitz gefundene und in Lindenschmit Alterthümern, Heft VII, Mainz 1860, Taf. 2, Fig. 6, abgebildete Schwert griff, nur daß an diesem Schwertgriffe sämmtliche Streifen Zickzackbänder haben. Die Klinge des Dolches ist mit altem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 176 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bruch durchbrochen. Dieser Dolch ist der erste in Meklenburg gefundene, welcher einen mit Durchbrechungen verzierten Griff, wie viele Schwerter, hat.

Bei der Untersuchung des Griffes offenbarte sich wieder die merkwürdige Erscheinung, daß derselbe "emaillirt" gewesen ist. Es ist in den Jahrbüchern XXVI, 1861, S. 147, nachgewiesen, daß die durchbrochenen Zwischenräume der Verzierungen der Schwertgriffe mit einem farbigen Harz oder Kitt ausgefüllt gewesen sind. Dies ist auch bei dem Griffe des Dolches der Fall. In den durchbrochenen Dreiecken sitzen überall Reste von Füllungen; diese bestehen nicht aus Schmutz oder aus der Erde des Grabes, sondern aus einer Art Harz. Ganz kleine, ausgeschnittene, staubartige Theilchen, auf einen ganz dünnen, schmalen, polirten Eisenstreifen gelegt und kurze Zeit in die Flamme eines brennenden Wachslichtes gehalten, brannten, wenn sie rasch aus der Lichtflamme gezogen wurden, noch mit einer lebhaften, hohen Flamme und gaben einen harzigen Geruch von sich, welcher dem Geruche des Harzes gleich ist, welches sich in alten Heidengräbern findet.

Der Bronzedolch ward von dem Herrn Peitzner, Besitzer des Erbpachtgutes Kl. Wolde, dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgrab von Pritzier.

Zu Pritzier bei Wittenburg ward ein "kleiner Berg" (ein Kegelgrab) abgegraben und in demselben ein spiral=cylindrischer goldener Fingerring neben den Scherben einer zerbrochenen Urne gefunden. Diese Thatsache ist sicher, da der Ring in den Händen glaubwürdiger Personen gewesen ist; leider ist der Ring in der Folge aus den Händen der Arbeiter spurlos verschwunden, wahrscheinlich unter der Hand verkauft.

G. C. F. Lisch     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Begräbnißplatz von Neu=Wendorf.

Auf dem dem Herrn A. Schmidt gehörenden Gute Neu=Wendorf bei Tessin liegt dicht an dem bis an die sülzer Chaussee reichenden Ackerschlage ein Holz, in welchem so viele Gräber von dem Bau der Gräber der Bronzezeit liegen, daß sie einen nicht häufigen, großen Begräbnißplatz auszumachen. Die Gräber sind über dem Erdboden aufgeführt und erhöhet, vollkommen rund und durch einen Kreis von Steinen umringt. Die Urnen stehen über der Erde in der Mitte des Grabes in einer mit kleinen Steinen umpackten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 177 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Steinkiste, deren Deckstein noch ungefähr 1/2 Fuß hoch mit Erde bedeckt ist. Leider haben bei Gelegenheit des Chausseebaues die Steinbrecher nicht allein nach Steinen, sondern auch nach Schätzen gegraben und dadurch manches Grab zerstört.

In dem an dieses Holz grenzenden Ackerschlage liegt ein wendischer Begräbnißplatz aus der Eisenzeit (vgl. unten), welcher die Fortsetzung des Begräbnißplatzes aus der Bronzezeit zu bilden scheint.

Der zu Neu=Wendors weilende Herr Oekonom Carl deckte im Sommer 1860 eines von diesen Kegelgräbern auf und fand in demselben eine kleine, mit einer Schale zugedeckte Urne, welche, nach den sehr dünnen Schädelknochen, die verbrannten Gebeine eines kleinen Kindes enthielt. Die Urne ist hellbraun, cylindrisch gestaltet, 6" hoch und eben so weit im Bauche und hat einen großen Henkel. Die zerbrochene flache Deckschale ist von gleicher Farbe.

Die Urne scheint der jüngern Zeit des Bronzealters anzugehören.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kopfringe von Kukuk.

In der Büdner=Colonie "zum Kukuk" bei Hohen=Pritz, zwischen Sternberg und Goldberg, wurden beim Graben zum Fundamente eines Hauses 1861 drei Kopfringe oder Halsringe von Bronze gefunden und an die großherzoglichen Sammlungen eingeliefert, welche sehr merkwürdig und selten sind. Diese Bronzeringe, ungefähr 6 " weit, erscheinen, wenn sie liegen, von einer Seite betrachtet, als gewundene Kopfringe von den häufig vorkommenden Formen. Auf der untern Seite sind sie aber ganz flach, so daß sie nur halbe Ringe in horizontalem Durchschnitte bilden; es sind also keine runde Ringe, deren Windungen rund um die Stange gehen, sondern nur auf einer halben Seite gewundene, auf der andern halben Seite flache Ringe. Möglich ist es, daß diese Ringe Ueberreste von einer Zusammenstellung von mehreren Ringen sind, welche die Bügel einer helmartigen Kopfbedeckung bildeten, wie in der Sammlung zu Berlin eine vollkommen erhaltene merk würdige Zusammenstellung von ähnlichen Ringen aufbewahrt wird. In der Nähe des Kukuks wurden in der Forst von Turloff im Jahre 1860 die drei seltenen bronzenen Kopfringe gefunden, welche in Jahrb. XXVI, S. 149, beschrieben sind.

G. C. F. Lisch     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 178 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

c. Eisenzeit.


Wendenkirchhof von Bützow
und
das heilige Hakenkreuz,

von

G. C. F. Lisch.

Als im Jahre 1838 der Mahnkenberg bei Bützow, eine sandige Ackerfläche, zum Bau der Strafanstalt Dreibergen bei Bützow abgefahren ward, ergab es sich, daß der Berg ein Begräbnißplatz aus der Eisenzeit oder ein sogenannter Wendenkirchhof war. Es fanden sich viele Urnen und Urnenscherben, welche häufig schwarz gefärbt und mit den bekannten Punctlinien verziert waren. In den Urnen, welche alle zertrümmert sind, fanden sich zerbrannte Knochen und Asche, die überall im Lande zahllos vorkommenden Hefteln der Eisenzeit, in der Mehrzahl aus Bronze, aber auch aus Eisen, eiserne Messer und andere oft vorkommende Geräthe dieser Periode. Der Herr Friedrich Seidel zu Bützow beobachtete dies alles genau und sammelte alle Ueberreste sorgfältig. (Vgl. Jahrb. IX, S. 405.)

Unter den vielen zertrümmerten Urnen war aber eine, welche mit den zerbrannten Knochen eines erwachsenen Menschen gefüllt war und einen besonders merkwürdigen Inhalt an Alterthümern hatte, der von dem Herrn Seidel bisher mit besonderer Liebe bewahrt ward, da er sich von seiner werthvollen Entdeckung nicht zu. trennen vermochte, am 20. April 1861 aber von demselben dem Vereine zum Geschenke übergeben ist.

Die Urne, welche nur im Boden und in einem Stück der Seitenwand erhalten ist, hat eine mehr hohe, topfförmige Gestalt, ist mit Kies durchknetet, ungefähr 8" hoch, braun von Farbe und, mit Ausnahme des Bodens und des Randes, noch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht mit geschlämmtem Thon auf der Außenseite überzogen, sondern rauh und ohne Verzierungen; sie hat noch einen ziemlich alten Charakter und wird an Gestalt wohl der ungefähr gleich alten Urne von Wotenitz (Jahrb. XXVI, S. 162) gleichkommen.

In der Urne lagen zwischen zerbrannten Knochen zwei Hefteln und eine Schnalle aus Bronze. Die Hefteln sind von der Gestalt, welche in der ältern oder mittlern Eisenperiode vorkommen und z. B. auf dem Begräbnißplatze von Wotenitz (vgl. Jahrb.XXV, S.254 und XXVI, S. 164) und auch unter den römischenAlterthümern von Hagenow gefunden wurden. Diese beiden Hefteln sind dadurch äußerst merkwürdig, daß auf die Nadelscheide derselben heilige Zeichen gravirt sind.

Heftel

Die eine Heftel ist von schlichter, breiter Form, welche häufig vorkommt und oft, z. B. in Jahrbüchern XXV, S. 254, dargestellt ist. Wir geben hier eine Abbildung dieser vollkommen wohl und noch mit ganzer Federkraft erhalten Heftel. Auf die Außenseite der Nadelscheide dieser Heftel ist ein Hakenkreuz Hakenkreuz gravirt, in Linien, als wenn sie mit einem gehenden Meißel in Zickzacklinien Zickzacklinie eingedrückt wären. Diese Heftel ist schon in Jahrb. IX, S. 393, und das Hakenkreuz in Jahrb. XIII, S. 383, und XXVI, S.177, besprochen. Im Jahre 1858 ward in Schweden zu Wallby in einem Moor ein bronzener Steigbügel aus dem ältern Eisenalter gefunden, an welchem unten ein runder Zierrath von 1 Zoll Durchmesser hängt, auf welchem dieses Hakenkreuz oder "Thorszeichen" in dieser Gestalt Zickzacklinie eingegraben ist; vgl. Bruzelius Svenska Fornlemningar, Heft II, Lund 1860, S. 95, Pl. VIII, Fig. 1.

Die andere Heftel hat eine etwas leichtere und geschmackvollere Form, welche sich der Form der Hefteln der älteren Eisenperiode nähert; vgl. Annaler for nord. oldkynd., Ko- penhagen, 1847, S. 386, Fund von Tjaereby, Tab. II, Fig. 2 - 4.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 180 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Heftel

Diese Heftel hat auf der Außenseite der Nabelscheide deutlich ein gravirtes Dreifuß welches in einer viereckigen Einfassung steht Dreifuß in viereckiger Einfassung , welche, da sie am Rande der Nadelscheide umhergeht, sicher nur als eine Randverzierung anzusehen ist und mit dem Zeichen Dreifuß nicht zusammenhängt. Dieses Zeichen kann nun eine Rune sein. Es kommt sonst noch in der ältern Eisenperiode vor. So z.B. ist es in die bronzene Stirnbinde von Roga 9 Male hinter einander eingetrieben (vgl. Jahrb. VII, S. 37 - 41) und auf dem Bauchrande der anscheinend gleichzeitigen Urne von Wotenitz scheint es als Ornament benutzt zu sein (vgl. Jahrb. XXVI, S. 162). In Schweden ward bei Skabersjö eine Heftel mit einer großen viereckigen Platte gefunden, deren Vorderseite mit Drachenverzierungen geschmückt ist und auf deren Rückseite am Rande viele Runen eingegraben sind, deren Reihe auch mit 9 oder 10 Dreifuß beginnt; vgl. Bruzelius a.a.O., S. 116, und Taf. IX, Fig. 1 a und b . Es scheint keinen Zweifel zu leiden, daß dieses Zeichen eine bestimmte symbolische Bedeutung hat. Wenn sich nun diese beiden Zeichen auch noch nicht deuten lassen, so scheint es doch außer Zweifel zu sein, daß sie in der ältern oder mittlern Eisenzeit eine gewisse heilige Bedeutung hatten, welche sich im Fortschritte der Forschung wohl noch wird erklären lassen können.

Neben diesen beiden Hefteln ward in der Urne: eine viereckige Schnalle

an einem doppelten Heftbleche aus Bronze gefunden, welche sehr zierlich gearbeitet und auf das Ende eines vergangenen, wahrscheinlich ledernen Riemens angenietet gewesen ist.

Schnalle

Einige Zeit nach diesem Funde fand der Herr Seidel auf demselben Begräbnißplatze noch eine andere Urne mit einem Ueberrest der zerbrannten Knochen , zwischen denen eiserne Alterthümer lagen.

Diese Urne ist der ersten an Charakter, Aussehen und Bearbeitungsweise ganz gleich. In derselben fanden sich:

ein breites eisernes Sichelmesser,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zwei oder drei eiserne grade Messer in Bruchstücken, einige eiserne Nägel und Stifte,

allerlei kleiner eiserner Beschlag, welcher schwer zu deuten ist, und

ein kleiner Streifen Bronzeblech.

Auf einem Stücke der Urne dicht am Boden erscheint auf der innern Fläche deutlich und vollständig ein großes M eingeritzt. Das Zeichen ist ganz klar und regelmäßig, jedoch wird der Eindruck wohl durch einen seltenen Zufall entstanden sein, da er sich im Innern der Urne befindet.

Dieser Begräbnißplatz wird der ältern Zeit der Eisenperiode angehören.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wendenkirchhof von Neu=Wendorf.

Auf dem dem Herrn A. Schmidt gehörenden Gute Neu=Wendorf bei Tessin findet sich in dem an der sülzer Chaussee liegenden Ackerschlage ein ziemlich großer Begräbnißplatz aus dem Eisenalter, in welchem die Begräbnißurnen unter der oberen Erdoberfläche von Steinen umpackt und bedeckt stehen, welche bis 1/2 Fuß gegen die Erdoberfläche hinauf reichen. Die Gräber sind äußerlich durch nichts bekennzeichnet und nur durch Zufall entdeckt. Leider ist dieser Begräbnißplatz in frühern Zeiten viel durchwühlt, indem man auch hier nach der vielfach gesuchten französischen "Kriegskasse" gesucht hat. Der Name des Gutes: Wendorf, deutet aber darauf hin, daß hier bis in die christlichen Zeiten Wenden wohnhaft geblieben sind.

In einem dicht an dem Ackerschlage liegenden Holze ist ein Begräbnißplatz aus dem Bronzealter (S. 176), so daß der daran stoßende Begräbnißplatz eine Fortsetzung desselben zu sein scheint.

Der zu Neu=Wendorf weilende Oekonom Herr CarI Sibeth stellte im Sommer 1860 auch auf diesem Wendenkirchhofe Nachgrabungen an und fand eine schwärzliche Urne, in welcher bei den zerbrannten Gebeinen eine schmale eiserne Hakenspange lag. Die Urne ist von kugelförmiger Gestalt mit eingezogenem kurzem Halse, 9" hoch und 8" weit im Bauche und auf dem Bauche mit eingeritzten senkrechten Linien verziert.

Die Urne scheint der ältern Zeit des Eisenalters anzugehören.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Begräbnißplatz von Brüel.

Bei einem Neubau am Hause des Sattlers Leonhard d. ä. zu Brüel am Markte auf der Westseite trafen die Arbeiter in einer Tiefe von ungefähr 6 Fuß auf 3 mit Asche gefüllte Urnen, welche jedoch nur in Scherben zu Tage gefördert wurden. In den Urnen fand sich:

ein viereckiges Stück Eisenblech, welches wohl eine Hand breit groß sein mochte, aber ganz verrostet war und deshalb verworfen ward, und

eine Heftel von Bronze, 2" lang, welche so gestaltet ist, daß dieselbe eine dünne Bronzestange, um welche sich die bronzene Spiralfeder windet, bildet und daß an jedem Ende der Bronzestange eine hohle halbkugelige Verzierung von 3/4" im Durchmesser angebracht ist; die Nadel ist abgebrochen.

Bei einem andern Neubau des Hauses des Sattlers Leonhard d. j., weiter vom Markte entfernt, an der sehr breiten namenlosen Straße (nach Blankenberg hinaus), auf der andern Seite, dem Gastwirth Dalitz grade gegenüber, ward tief in der Erde

eine wohlerhaltene Urne von hellbraunem Thon, ohne Verzierungen, gefunden.

Alle diese Alterthümer gehören sicher der heidnischen Eisenzeit an. Die Stadt Brüel steht also zum Theile auf dem ehemaligen wendischen Begräbnisplatze vor der Burg. Der Boden der Stadt ist durch Wirthschaft und Feuersbrünste sicher sehr erhöhet und daher standen die Alterthümer tiefer als gewöhnlich.

Durch die Bemühungen des Herrn Rectors Dehn zu Brüel sind diese Alterthümer von den Besitzern dem Vereine geschenkt und von dem Herrn Dehn eingesandt.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Begräbniß von Alt=Bukow.

Der Herr Koch=Dreveskirchen fand zu Alt=Bukow in Urnen folgende Alterthümer der Eisenzeit, welche er dem Vereine schenkte:

Bruchstücke eines eisernen Messers;

den aus mehreren Stücken bestehenden Bronze=Beschlag einer vermoderten Scheide dieses Messers, ähnlich den bei Bel=Air in der Schweiz gefundenen (vgl. Mittheilungen der antiq. Gesellsch. zu Zürich, Bd.I, und Corresp. Blatt, 1861, Nr. 1 flgd., Taf. II, Fig. 3 und 12);

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ein Endbruchstück eines ganz kleinen eisernen Hufeisens, wie es scheint;

eine dünne, ovale bronzene Spange, aus Blech, 2 1/2 lang, mit Linien von feinen Queerstrichelchen verziert.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Todtenbäume.

Die in Süddeutschland beobachtete Gewohnheit, die Todten in ausgehöhlten Bäumen zu begraben, scheint weit verbreitet gewesen zu sein und die Kunde davon sich lange erhalten zu haben. Denn Andr. Hoppenrod schreibt in seinem "Stammbuch aller namhaften Fürsten u.", 1570 S. 56:

"Anno 1151 starb der letste Graff von Luchaw (Burckhart geheissen) vnd befahl für sein ende, in, wie seine voreltern, in einem außgehöleten Eychenbaum zu verpflocken vnd also zu begraben etc. . Metrop. Lib. 6, cap. 42."

Woher Hoppenrod diese Nachricht hat, habe ich noch nicht ermitteln können. In Krantz Metrop. wird nur des Todes des Grafen, nicht des Begräbnisses gedacht.

G. C. F. Lisch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Alterthümer des christlichen Mittelalters und der neuern Zeit.


Bronzene Schachfigur (?) von Wismar.

In der Hohen=Straße zu Wismar ward bei Ausgraben von Fundamenten nach einem Hausbrande 12 Fuß tief eine bronzene Pferdefigur gefunden, welche 2 Zoll lang und 1 bis 1 1/4 Zoll hoch ist, einen hoch gekrümmten Hals hat, auf den gespreizten dicken Beinen sehr fest steht und sich sehr bequem fassen läßt. Wahrscheinlich ist diese Figur eine Schachfigur: der Springer oder das Roß, Rössel (daher der "Rösselsprung"), welche in den ältesten Zeiten ein vollständiger Ritter zu Roß war und später wohl ein Pferd ward, welches jetzt auf einen Pferdekopf beschränkt ist. Die Figur stammt ohne Zweifel aus dem 14. Jahrhundert, da unmittelbar dabei 1 lübischer Silberbracteat mit dem Doppeladler und ein stralsundischer halber Bracteat mit der Flagge, beide mit gestrahltem Rande und aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammend, gefunden sind. Der Verein verdankt die Figur und die beiden Münzen der Sorgfalt des Unterofficiers Herrn Büsch zu Wismar.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Goldener Fingerring von Glasow.

In einem Büdnergarten zu Glasow ward im Mai 1861 beim Arbeiten ein goldener Fingerring gefunden und für die großherzoglichen Sammlungen erworben. Der Ring ist ein einfacher Reif, welcher so gearbeitet ist, daß auf einem breitern Reifen außerhalb ein schmalerer Reif zu liegen scheint, auf welchem in der gothischen Schrift des 15. Jahrhunderts sehr schön und scharf der Spruch gravirt ist:

Spruch

Der Ring ist von reinem Golde und 1 Ducaten schwer.

G. C. F. Lisch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II. Zur Baukunde.


1. Zur Baukunde der vorchristlichen Zeit.


Der wendische Burgwall oder Tempelwall von Dobbertin,

von

G. C. F. Lisch.

Es ließ sich annehmen, daß das Kloster Dobbertin auf einer heidnischen Burg= oder Tempelstätte gebauet sei, da die Lage ganz dazu geeignet ist und der wendische Name Dobbertin (wahrscheinlich: Ort des Gütigen) darauf hindeutet; jedoch ist auf der Stelle des Klosters und der Umgebungen seit dem Mittelalter so viel gebauet, gegraben, verändert und cultivirt, daß sich sehr schwer eine klare Ansicht gewinnen ließ. Durch die Aufklärungen, welche der Herr Klosterhauptmann von Maltzan zu Dobbertin durch Specialkarten und Localandeutungen an Ort und Stelle gegeben hat, läßt sich jetzt aber ein ziemlich klares Bild von den heidnischen Zuständen dieser Gegend geben.

Die heidnischen Erdbauten erstreckten sich am See entlang von der Kirche und dem Kloster eine weite Strecke hindurch bis zur Mildenitz, dort wo die Mühle und gegenüber das Pfarrgehöft steht.

Der Hauptburgwall ist die Stelle, auf welcher jetzt das Kloster steht. Dieser erhöhete Raum bildet, wie alle großen heidnischen Burgwälle, ein regelmäßiges Oblongum, welches an zwei Seiten von dem dobbertiner See bespült wird, an den beiden andern Seiten tief in Moorgrund abfällt. Der See hatte den wendischen Namen Jawir oder Jauer und heißt jetzt noch Jager. Dieser feste Burgwall, welcher

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der Tiefe auf einer natürlichen Insel stehen mag besteht aus aufgetragener, verschiedenartiger Erde, vorherrschend aber aus grobem Sand ("Grand"), in verschiedenartigen Schichten. Beim Bau des Thurmes sollen auch viele Scherben und Knochen ausgegraben sein. An den Landseiten ist dieses erhöhete Oblongum von tiefer liegendem Moorgrund umgeben.

Vor diesem Burgwall liegt nach der Mühle hin die Vorburg, ein großes, etwas niedrigeres, festes Viereck, welches ebenfalls aus grobem Sand ("Grand") aufgetragen ist und an einer Seite auch von dem Jager=See begrenzt, an den andern Seiten von weiten Moor= oder Wiesenstrecken umgeben ist. Dieser Raum, welcher in neuern Zeiten zu Parkanlagen und Gärten umgeschaffen und vielfach umgestaltet ist, heißt noch heute der "große Werder" (d. i. große Insel) und war ohne Zweifel die Vorburg oder die Stadt für die größere Masse des Volks.

Am äußersten Ende der Wiesen fließt der Mildenitzfluß, an welchem die Mühle liegt, aus dem Jager=See, und gegenüber liegt der Pfarrhof.

Nahe bei dem Pfarrhofe, jenseit der Mildenitz, liegt das älteste Armenhaus von Dobbertin, welches noch heute oft S. Jürgen genannt wird und aus dem frühen Mittelalter stammt, also ursprünglich zum Obdach für Aussätzige gestiftet war. Dieses Armenhaus lag also ohne Zweifel dicht vor dem alten Orte Dobbertin.

Man muß sich daher die Lage des alten Ortes Dobbertin so denken, daß der Zugang bei dem S. Georgen=Hospitale war; dann ging man über die Mildenitz bei der Mühle auf einem Erddamme durch die Wiese über den großen Werder und von hier über einen Erddamm auf den Burgwall Dobbertin, welcher also durch alle diese festen Umgebungen und den See hinreichend geschützt war.

Vor dem Werder liegt noch ein drittes Plateau, auf welchem jetzt die Dorfhäuser und viele andere Klostergebäude stehen; auch dieses Plateau ist noch von weitern Niederungen umgeben. Ob dasselbe noch zu dem alten wendischen Orte Dobbertin gehört habe, ist wohl schwer zu bestimmen. Der Raum scheint dazu zu groß zu sein; jedoch wird er nicht wenig zur Befestigung der Burgstätte beigetragen haben. Die vielen neuern Bauten des Klosters sind größtentheils auf diesem Raume aufgeführt und daher hat der Ort jetzt eine ungewöhnlich große Ausdehnung.

Nach diesen Mittheilungen scheint es aber außer Zweifel zu sein, daß die Stelle des Klosters Dobbertin der Haupt-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

burgwall der Gegend war. Die Stadt Goldberg ist eine christliche mittelalterliche Anlage und war zur Zeit der Stiftung des Klosters noch ein Dorf ("Golz").

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der wendische Burgwall oder Tempelwall von Wustrow auf Fischland,

von

G. C. F. Lisch

Die Landenge oder Insel Wustrow oder Fischland, zwischen der Ostsee und dem ribnitzer Binnensee oder Saaler Bodden, an den Dars grenzend, ist ein sehr merkwürdiges Ländchen, welches seit uralter Zeit zu Meklenburg gehört hat. Das Land bildet eine schmale Landenge, welche einen ebenen, gleichmäßig hohen, festen Boden hat, welcher in den sandigen Meeresstrand der Ostsee abfällt; vom Amte Ribnitz her führt dahin eine schmale Landenge von Meeressand, so daß das Ländchen inselartig zwischen der Ostsee und dem Binnen wasser liegt. Das bebauete Land bildet ein Kirchspiel mit dem Kirchdorfe Wustrow, mit den Dörfern Althagen (mit Fulge), Nienhagen und Barnsdorf, welche offenbar jüngere deutsche Colonien sind. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß dieses Land in ältern Zeiten eine Insel bildete, indem es im Norden und Süden durch Kanäle von der Ostsee in das Binnenwasser von dem festen Lande getrennt war; daß bei Althagen gegen den Dars hin eine Durchfahrt war, ist geschichtlich bezeugt. Ob nun diese Kanäle natürliche Durchbrüche oder künstliche Anlagen waren, ist eine schwer zu beantwortende Frage, welche auch hier nicht zur Entscheidung steht.

In alten Zeiten hieß das Land immer das "Land Swante=Wustrow" oder "Swante=Wozstrowe". Dies wird z. B. schon durch sechs glaubwürdige Urkunden aus der Zeit 1313-1329 bewiesen, welche das Kloster zu Ribnitz aufbewahrt. Dies ist sehr merkwürdig, denn dieser Name bedeutet auf deutsch: Heilige Insel. Swante heißt in den slavischen Sprachen: heilig, und Wustrow: Insel. Es heißt z. B. böhmisch: swaty: heilig, und ostrow: Insel; polnisch: swiety, swienty: heilig, und ostrow: Insel (vgl. Rosegarten Cod. Pom., S. 69). Die heutige slavische Form swaty wird durch den wendischen Rhinismus: swanty oder swante, wie z. B. in swantewit, swantebur u.s.w., und der Vorschlag des w vor einem o (wostrow statt ostrow) ist den Wenden eben so geläufig (vgl. Jahrb. VI, S. 64). - Die Insel wird

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

also zur wendischen Zeit durch ein besonderes Heiligthum ansgezeichnet gewesen sein.

Das Land gehörte seit alter Zeit den Landesherren. Schon vor dem Jahre 1313 war es an den Vasallen Preen verpfändet. Am 22. August 1313 während des Verfalls der Iandesherrlichen Linie Rostock belehnte der König Erich von Dänemark seinen Truchseß Nicolaus Olafsun mit dem "Lande Zwantwozstrowe" welches aber nicht lange in dessen Besitze blieb, da es bald darnach in dem Besitze des Ritters Martin von Huda und seiner Brüder erscheint. Dieser verkaufte das Land wieder dem Fürsten Heinrich dem Löwen von Meklenburg, welcher es am 13. December 1328 dem von ihm gestifteten S. Claren=Kloster in Ribnitz schenkte. Damit verschwindet das Ländchen auf längere Zeit aus der Geschichte.

Den Hauptpunct des Landes bildet das große, alte Schifferdorf Wustrow mit der Pfarrkirche für das Land. Dieses Dorf liegt unmittelbar an dem Binnenwasser, an einem kleinen, in das Land einschneidenden Hafen, Parmin genannt, welcher eine gute Anfahrt für kleine Fahrzeuge bietet. Dieser Punct ist sehr merkwürdig. Das Dorf liegt in einem weiten Halbkreise auf einer weiten, ganz ebenen, sandigen Anhöhe. Unmittelbar an dem Landungsplatze steht aber die Kirche mit dem Pfarrhofe. Und dieser Punct ist das alte wendische Wustrow. Neben dem Hafen breitet sich nämlich eine weite, tiefe Wiese aus, und in dieser erhebt sich ein künstlich aufgetragener, großer, hoher Burgwall, welcher ganz die Bauart der großen wendischen Burgwälle hat. Mitten auf diesem Burgwalle steht die Kirche, welche aus dem 14. Jahr hundert stammt, und der übrige Raum des Burgwalles bildet den ehemaligen Kirchhof. Auch der unmittelbar daneben stehende Pfarrhof liegt noch etwas erhöhet. Hinter diesem Burgwalle, landeinwärts, hat die Vorburg gelegen, welche sich auch etwas über die Wiesenfläche erhebt. Man kann es noch deutlich, namentlich nach der Navigationsschule hin, unterscheiden, daß die Wiese den Burgwall rings umher weit um geben hat. Die Cultur hat aber nach und nach dort, wo der Burgwall dem festen Lande am nächsten ist, die Tiefen ausgefüllt und nach dem festen Lande und dem Hafen hin Erddämme aufgeworfen. Dem Burgwalle zunächst stehen die alten Schifferhäuser, welche früher das alte Dorf bildeten. Weit umher sind auf der flachen Sandebene bei der rasch wachsenden Einwohnerzahl die zahlreichen modernen Wohnungen (ungefähr 250) der wohlhabenden Schiffer aufgeführt. Es war augenblicklich nicht möglich, auf dem Burgwalle nach entschei=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 189 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

denden Alterthümern zu suchen, da die Kirche und der Kirchhof darauf liegt; dies wird vielleicht möglich sein, wenn die beabsichtigte Vergrößerung der Kirche ausgeführt wird. Es ist aber ganz sicher, daß die Erhebung eine künstlich aufgetragene ist. Es ist möglich, daß das früher rund umher von Wasser umgebene Land die "heilige Insel" genannt ward; es ist aber viel wahrscheinlicher, daß in der heidnischen Zeit nur der von moorigen Wiesen umgebene Burgwall den Namen Swante Wustrow (Heilige Insel) führte und davon das ganze Ländchen den Namen erhielt. Die wendischen Burgwälle, namentlich diejenigen, welche in den geschichtlich beglaubigten Gauen Meklenburgs liegen und deren Namen tragen, waren ohne Zweifel vorherrschend Residenzen und Festungen der Landesherren; aber die Tempelorte werden jedenfalls dieselbe Bauart und denselben natürlichen Schutz, also dieselbe Gestalt und Lage gehabt haben, welche die Festungsburgwälle hatten, wie z.B. der Tempelort Goderak bei ToitenwinkeI (vgl. Jahrb. XXI, S. 53).

Ohne Zweifel war dieser entlegene Ort Swante Wustrow aber ein Tempelort, wie sich aus dem Namen schließen läßt. Und diese Ansicht wird noch durch die Ueberlieferung unterstützt. Im Orte herrscht nämlich noch die lebendige Sage:

"Ein Riese habe mit Hülfe eines Schimmels in Einer Nacht den ganzen Berg, auf welchem die Kirche steht, zusammengefahren",

und es wird noch die Vertiefung (in der Wiesenfläche daneben landeinwärts) gezeigt, aus welcher er die Erde genommen haben soll. Dieser Riese mit dem Schimmel ist nun sicher kein anderer, als der wendische große Gott Swantevit, welcher auf Swante=Wustrow an der Stelle der Kirche verehrt ward. Mit dieser Sage stimmt die Nachricht des Saro Grammaticus über die nahen Rügianer überein (vgl. J. Grimm Deutsche Mythologie, zweite Ausgabe, 1844, S. 627):

"Die Gottheit der Rügianer hatte ein besonderes Pferd von weißer Farbe. Auf diesem Pferde führte, so glaubte man, der Gott Svantovitus gegen die Feinde seines Heiligthums Krieg, indem es zur Nachtzeit ausgeritten und des Morgens mit Schweiß und Staub bedeckt gesehen ward."
("Praetera peculiarem albi coloris equum titulo possidebat numen. - - - In hoc equo, opinione Rugiae, Svantovitus (id simulacro vocabulum erat) adversus sacrorum suorum hostes bella gerere credebatur, cujus rei praeci-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

puum argumentum exstabat, quod is nocturno tempore stabulo insistens adeo plerurnque mane sudore ac luto respersus videbatur, tanquam ab exercitatione veniendo magnorurn itinerurn spacia percurrisset.")

Die Kirche zu Wustrow war aber nicht, wie zu vermuthen stand, dem H. Veit oder "Sante Vit", sondern dem H. Jodocus geweihet, wie dies durch eine Urkunde des Königs Albrecht von Schweden vom Jahre 1385 und durch das Visitations=Protocoll vom Jahre 1577 bezeugt wird. Und der H. Jodocus paßt auch zu der Lage und der Beschaffenheit, wenn auch nicht zu der Geschichte des Landes. Der H. Jodocus war König der Bretagne, ward aber Mönch, zog sich in die Einsamkeit zurück und übte hier eine ungemessene Mildthätigkeit. Als einmal Alles weggegeben war und der Hungertod drohete, brachte ein Schiff auf dem Strome eine reiche Ladung Brot. Jodocus hielt sich, und diese Legende wird viel erzählt, zwölf Hühner und einen Hahn; ein Adler raubte ihm die zwölf Hühner; als er ihm aber auch den Hahn rauben wollte, legt er vor dem Zeichen des Kreuzes, welches Jodocus macht, diesem den Hahn vor die Füße und stirbt (vgl. Tilesius von Tilenau Die hölzerne Kapelle des H. Jodocus zu Mühlhausen in Thüringen, Leipzig, 1850).

Das Kirchdorf und davon das Land hieß seit dem 14. Jahrhundert Swante=Wustrow oder Wustrow. Das Land behielt lange den Namen Wustrow. Seit dem 16. Jahrhundert führte der Ort oft den Namen "Kirchdorf". Jetzt heißt das Dorf Wustrow und das Land Fischland.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Burg Wehningen.

Das wendische Land Waninke lag zwischen der Elde und Rögnitz und erstreckte sich westlich bis an die Elbe (vgl. Wigger Mekl. Annalen, S. 111); in der Mitte desselben lag die hohe Landschaft Wanzeberg (=Waninkesberg?) mit der Pfarre Konow. Es liegt nun sehr nahe, einen wendischen Burgwall bei Wehningen an der Elbe bei Dömitz zu suchen. Nun ist aber in Jahrb. XXVI, S. 196 flgd. und S. 204 flgd., nachgewiesen, daß die wendische Burg dieses Landes, die Connoburg, an der Rögnitz bei Menkendorf, in der Nähe von Konow oder Glaisin, lag. Freilich kann diese Connoburg älter, als die jüngere wendische Zeit und nach der Zerstörung im Jahre 809 nicht wieder aufgebauet sein (Jahrb. XXVI, S. 210), worauf denn Wehningen an deren Stelle gerückt sein könnte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 191 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aber wenn auch bei Wehningen nicht die Hauptburg des Landes lag, so läßt sich doch hier, an einem passenden Uebergange über die Elbe, ein fester Platz alter Zeit vermuthen, wie hier auch in neuern Zeiten die Festung Dömitz angelegt ist, wenn auch keine Hauptburg gefunden werden sollte. Es ist nun nicht weit von Wehningen eine alte Burgstelle entdeckt, welche wohl noch zum Lande Waninke oder Wehningen gehört haben wird, da sich nicht gut annehmen läßt, daß sie schon zum Lande Dirtzink (Amt Neuhaus) gerechnet werden könnte.

Der Unterofficier Herr Büsch aus Wismar, welcher im Frühling des Jahres 1861 zur Festung Dömitz commandirt war, hat es sich mit Eifer angelegen sein lassen, eine Burg in dieser Gegend zu entdecken, auf derselben Nachforschungen und Nachgrabungen anzustellen und Nachrichten und Berichte einzusenden.

Er fand die alte Burgstelle an der Elbe, eine halbe Stunde nordwestlich von Dömitz, bei dem Orte Broda (wendisch, auf deutsch: Fähre), welcher jetzt von einem Holzwärter und einem Büdner bewohnt wird. Der Ort Wendisch=Wehningen liegt sehr hoch und zeigt keine Spur von den Eigenthümlichkeiten, welche die Lage eines wendischen Burgwalles bezeichnen; auf der höchsten Höhe bei Wendisch=Wehningen, welche dort jetzt der "Kalkstiegenberg" genannt wird, soll früher ein Leuchtthurm gestanden haben. Auch stimmen die ältesten Leute des Dorfes in der Sage und Ansicht überein, daß eine Burg nicht bei Wendisch=Wehningen, sondern südlich davon, nach Broda hin, gestanden habe. Broda ist von Hügeln umgeben. Der höchste von diesen erhebt sich an einer Seite 45 Fuß hoch und ist 1500 Schritte von den Gebäuden von Broda, 3000 Schritte von der Elbe und eine Viertelstunde von Wendisch=Wehningen entfernt; diese Höhe hat einen Flächeninhalt von 5 []Ruthen. Vor dieser Höhe liegt ein niedrigerer Burgwall, der an drei Seiten von Wiesen umgeben ist, welche aber an einer Seite in frühern Zeiten durch Deichbruch so sehr versandet sind, daß sie hier ziemlich festen Boden bilden. Dieser Burgwall ist an der einen Seite 5 Fuß hoch, an den übrigen drei Seiten 10 - 14 Fuß hoch; in der Mitte ist eine kesselförmige Vertiefung die Oberfläche beträgt 30 - 40 []Ruthen. Die Erde ist stufenweise aufgebracht; das Ganze ist aber so sehr zerstört, daß sich auf den ersten Blick kaum eine menschliche Anlage erkennen läßt.

Auf dieser niedrigern Höhe sind an der Seite nach der Elbe hin in frühern Jahren beim Sandgraben stets Urnen und Scherben mit Knochen gefunden; oft sind auch Urnen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 192 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

durch den Wind frei gewehet. Herr Büsch fand hier beim Nachgraben selbst eine zerbrochene Urne mit zerbrannten Knochen; die Urne scheint nach allen Kennzeichen noch der Bronzeperiode anzugehören.

Auf der erst genannten Höhe, welche eine Erhebung von 45 Fuß und einen Flächeninhalt von 5 [] Ruthen hat, stellte der Herr Büsch Nachgrabungen an. In einer Tiefe von 3 Fuß lagen Fundamentsteine von Granitblöcken und Ziegeln von 4 1/4 " Dicke (vgl. Jahrb. XIII, S. 253). Ueberall fand sich aufgebrachter Lehm und schwarze Erde, Holzkohlen, Vieh= und Menschenknochen, Glasscherben, Gefäßscherben, Ofenkacheln und Alterthümer allerlei Art. Auch lag in der Tiefe ein Menschenschädel, welcher jedoch so verwittert war, daß er bei der Entblößung von Erde gleich zusammenfiel. Nach der Aussage des Holzwärters sollen hier in frühern Zeiten einige silberne Eßlöffel mit rundem Blatt, ein Schwert, ein dicker goldener Ring und andere Geräthschaften gefunden sein. Die älteste Zerstörung dieser Burg im Mittelalter scheint im Jahre 1315 geschehen zu sein, da nach dem bruderstorfer Vertrage vom 10. Junii 1315 die Festungen: Hitzacker, Wehningen, Eldenburg und Kobelbrok gebrochen werden sollten (vgl. Jahrb. XXVI, S. 76, und Nachtrag S. 303, über Kobelbrück).

Die von dem Herrn Büsch gefundenen und eingesandten Alterthümer sind nun im höchsten Grade merkwürdig, indem sie aus fast allen Perioden der Vorzeit stammen.

I. Die heidnische Bronzeperiode. Es wurden

1) viele hellbraune und gelbliche, glatte Urnenscherben, mit grobem Granitgrus durchknetet, gefunden, welche nach allen Zeichen der Bronzeperiode angehören und mit der Urne auf der niedrigern Erhebung ganz übereinstimmen. Drei Randstücke gehören verschiedenen Gefäßen an.

Höchst merkwürdig ist aber, daß sich hier auch

2) eine bronzene Framea, mit Schaftloch und Oehr fand, welche hellgrün gerostet ist und ohne Zweifel der Bronzezeit angehört. An einigen Stellen der Seiten ist der Guß nicht gekommen.

II. Die heidnische Eisenperiode scheint auch vertreten zu sein, indem

3) mehrere feinkörnige Gefäßscherben gefunden wurden, welche muthmaßlich der Wendenzeit angehören.

III. Das christliche Mittelalter, etwa das 14. und 15. Jahrhundert, hatten viele Spuren hinterlassen. Es fanden sich, außer den oben genannten Ziegeln,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4) viele Scherben von fest gebrannten schwarzen und blaugrauen Gefäßen, auch von weißlichen Krügen, ohne Zweifel dem christlichen Mittelalter angehörend;

5) viele Scherben von grünlichem Fensterglas, von der Dicke des doppelten und auch des einfachen grünen brabanter Fensterglases;

6) eine lange, dünne eiserne Pfeilspitze und

7) ein kurzer, dicker eiserner Pfeilbolzen, ohne Zweifel dem Mittelalter angehörend, eben so

8) eine eiserne Lanzenspitze;

9) ein ungewöhnlich kleines, einfaches, eisernes Pferdegebiß (Trense), welches spätestens dem Mittelalter angehört, aber auch noch in die heidnische Wendenzeit hineinreichen könnte, da der Rost die ganze Oberfläche sehr tief bis auf einen innern festen Kern zerstört hat;

10) zwei gleiche, große, eiserne Messer von einer unbekannten Schneidemaschine, an einer Seite abgerundet, Schlittschuhen ähnlich, 11" lang und 3" breit, welche nach dem Ansehen alt zu sein scheinen.

IV. Die Renaissancezeit oder doch die allerletzte Zeit des Mittelalters gab folgende Gegenstände. Es fanden sich:

11) ein eiserner Sporn mit Rad, zierlich gearbeitet;

12) die Hälfte eines sehr großen eisernen Pferdegebisses (Stange);

13) zwei eiserne Hufeisen;

14) ein eiserner Sperrhaken;

15) ein eiserner Feuerhaken;

16) eine eiserne Fußangel;

17) eine eiserne Hülse;

18) zwei große eiserne Nägel;

19) zwei bronzene Zapfhähne, in Bruchstücken;

20) Bruchstücke eines bronzenen Mörsers;

21) Bruchstücke von grün glasurten Ofenkacheln, von denen eines noch die Inschrift IOHANS trägt, daher sicher der Zeit des Herzogs Johann Albrecht I., also der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, angehört.


Alle diese verschiedenartigen, sichern Funde lassen nur schließen, daß diese im hohen Grade merkwürdige Stelle von den allerältesten Zeiten bis in das 16. Jahrhundert ununterbrochen bewohnt gewesen ist.

G. C. F. Lisch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters.


a) Weltliche Bauwerke.


Die Burg Dassow.

Die Burg des Landes Dassow (vgl. Wigger Annalen, S. 124) lag ohne Zweifel bei dem jetzigen Flecken Dassow. Der jetzige Flecken Dassow liegt hoch auf festem Boden und wird von Höhen begrenzt, steigt aber gegen die Stepenitz und deren Ausfluß in den dassower Binnensee in eine tiefe Wiese bis zur Brücke über die Stepenitz hinab. Hier liegt nun, wenn man von Westen her über die Brücke nach Dassow hin einfährt, ganz unmittelbar rechts an der Brücke und auf dem Ufer der Stepenitz in der Wiese ein fester, nicht sehr erhöheter Platz, welcher ohne Zweifel die alte Burgstelle von Dassow ist.

Der Herr Kaufmann Kallies zu Dassow ließ genau auf dieser Stelle neue große Speicher, an der Stelle alter, bauen, und grade am 7. Mai 1861 waren die Fundamente dazu tief und vollständig ausgegraben, so daß ich die Lagerungen deutlich sehen konnte. Von wendischen Ueberresten ließ sich in der Tiefe in der aufgetragenen schwarzen Erde nichts mehr erkennen; auch war dies wohl zu tief und das höher Gelegene durch jüngere Bauten aus dem Wege geräumt. Durch die Zerstörung und Abtragung der Burg im Jahre 1262 (vgl. Lübeker Urk. Buch, I, Nr. 257 und 266) werden übrigens die letzten alten Reste vernichtet sein. In gewöhnlicher Fundamenttiefe fanden sich aber in weiten Lagen sehr viel Schutt von kleinen Ziegelbruchstücken und sehr viele kleine Holzstücke; daneben lagen horizontal gestreckte, dünne Baumstämme und Balken, sehr große Massen größerer und kleinerer Granitblöcke von alten Fundamenten und einzelne alte Ziegel von großem Format, neben größeren Ziegelbruchstücken. Diese Fragmente sind ohne Zweifel die Ueberreste der mittelalterlichen Burg der von Parkentin, welche Dassow besaßen. Hiefür zeugt auch eine vortrefflich gearbeitete, abgebrochene Spitze eines eisernen Schwertes, welches wahrscheinlich noch dem 13. Jahr=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hundert angehört und von dem Herrn Kallies dem Vereine geschenkt ward. Andere eiserne Sachen, z. B. Boot=oder Feuerhaken, gaben kein entscheidendes Merkmal ab. Nach Vollendung des Speicherbaues wird eine fernere Untersuchung unmöglich sein.

Die aufgefundenen Ueberreste zeugen freilich nur für eine mittelalterliche Burg; durch diese ist aber ganz sicher die wendische Burg vernichtet, welche auf derselben Stelle stand. Dicht hinter diesem ehemaligen Burgplatze, zwischen diesem und dem Flecken Dassow, liegt ein etwas größeres, festes, niedriges Plateau, auf welchem, vor dem Orte Dassow, einige Häuser stehen und die Bleiche liegt. Diese Stelle war zur wendischen Zeit ohne Zweifel das Dorf oder der Wohnplatz für das Volk, die Wik, wie gewöhnlich die Dorfstätten neben den wendischen Burgplätzen genannt werden. Ganz gleich liegt die alte Burg Rostock vor dem Petrithore, indem die nicht hohe Burg (jetzt Bleiche) an der Mündung des kleinen Flusses Witingstrang in die Warnow und dahinter landeinwärts in Wiesen die noch heute sogenannte Wik liegt.

Daß die Burg auf dem "Plönswerder", einer Insel vor der Mündung der Stepenitz, nahe bei der Brücke, gelegen habe, wie Wigger in den Mekl. Annalen, S. 124, vermuthet, glaube ich nicht, da diese zu klein, flach und niedrig ist und keine Spur von einer alten Befestigung zeigt.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Burgwall von Franzensberg
bei Neu=Kalen,

welcher in Jahrb. XXII, 1857, S. 305, durch den Herrn Burgemeister Mau zu Neu=Kalen zur Sprache gebracht ist, ist im Jahre 1860 von dem Herrn Landschaftsmaler Pflugradt aus Franzensberg, zunächst durch die großen landschatlichen Reize der Gegend geleitet, wiederholt genauer untersucht worden. Die Beschreibung stimmt mit der in den Jahrb. a.a.O. gegebenen überein; jedoch ist es dem Herrn Pflugradt gelungen, mehrere alterthümliche Entdeckungen zu machen, welche die in den Jahrbüchern aufgestellte Vermuthung, daß dieser bedeutende und schöne Burgwall eine Schöpfung des christlichen Mittelalters sei, vollkommen bestätigt. Viele große Granitblöcke, welche anscheinend zu Fundamenten gedient haben und theilweise in einer gewissen Symmetrie den Boden bedecken, liegen, theils aus der Oberfläche des Bodens hervorragend, theils versunken, überall umher; Trümmer von ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

brannten Ziegeln, vorherrschend gelblicher Art, sind häufig, und an manchen Stellen ist dieErde ganz mit seinem Ziegelschutt vermischt, wie oft auf wüsten Burgplätzen des Mittelalters. Wallartige Erhebungen ziehen sich hin und wieder an dem Rande des Grabens hin und stellenweise zeigen sich Bruchstücke von alten zugespitzten Pfählen oder Pallisaden. Bei genauerer Untersuchung fand Herr Pflugradt auf dem festen Lehm grunde des Wallgrabens unter einer 2 bis 3 Fuß dicken Schicht von vermoderten Blättern und Baumstämmen zwei große Bruchstücke eines gehenkelten, dreibeinigen, also grapenförmigen Topfes aus festem, blaugrauen Thon, ohne eingesprengten Granitgrus, und Bruchstücke von ledernen Schuhsohlen, und auf dem Burgplatze eine Granitplatte von einer kreisrunden Handmühle, von etwa 1 1/ 2 Fuß im Durchmesser und 2 bis 3 Zoll Dicke, mit einem ungefähr 2 Zoll weiten Loch in der Mitte. Alle diese Entdeckungen sprechen mit Bestimmtheit dafür, daß der Burgplatz aus dem christlichen Mittelalter stammt und vielleicht im 14. Jahrhundert zerstört sein mag. Von heidnischer Cultur ist keine Spur gefunden.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Denkstein von Tramm.

Auf dem ritterschaftlichen, nach Lütgenhof gehörenden Antheile des Bauerfeldes von Tramm steht rechts nahe an der Chaussee von Grevesmühlen nach Dassow ein Denkstein oder ein "steinernes Kreuz" (vgl. Jahrb. XXIII, S. 350 flgd.) aus verwittertem Kalkstein, stark und fest mit Flechten überzogen, wahrscheinlich zum Andenken eines hier Ermordeten. Es ist noch ungefähr die Gestalt eines Crucifixes zu erkennen und die Umschrift ist gothische Minuskelschrift. Jedoch ist der Stein so sehr verwittert, daß es kaum möglich sein wird, die Inschrift zu entziffern.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Denkstein von Bützow.

In der Nähe von Bützow stand ein Denkstein, welcher nach dem Jahre 1809, als das Wohnhaus auf dem benachbarten Hofe Wolken gebaut ward, w eggenommen und zur Thürschwelle des Hauses benutzt sein und dort noch liegen soll. Vor der Stadt Bützow, nicht weit von dem Bahnhofe und von Wolken, liegt ein Gehölz, "die Darnow" genannt, welches zuerst eine ganze Strecke lang aus Tannen besteht; dann steigt man allmählig zum "Buchenberge" an, welcher einen ziemlich großen Buchenwald trägt und eine weite Aussicht bis nach

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 197 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Güstrow bietet. Gleich am Fuße des Buchenberges, an welchem früher eine Straße nach dem Dorfe Oettelin vorübergeführt haben soll, war der Denkstein aufgerichtet, welcher noch 1809 stand und nach dem Freimüthigen Abendblatt, 1823, Nr. 222, folgende Inschrift trug:

Anno 1623 den 27. Junii Morgens zwischen 5 und 6 Uhr ist der woledle, gestrenge und veste Alexander von Harten seliger, wolverdienter Bürgermeister der Stadt Demmin, neben seinem Gutscher Peter Wirowen von seinem treulosen Diener Heinrich Hans Andreas von Driesen genannt meuchelmörderisch und schelmischer Weise niedergemordet worden, dessen hinterbliebener Körper von hinnen begraben let und den 6ten Jul. zu Demmin in sein Erbbegräbniß beigesetzet. Gott gnad der leiben Selen und verleihe gnediglich, daß der schelmische Thäter zur gebührenden Strafe möge können gezogen werden.

Wir verdanken diese Nachricht dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das von Rohrsche Haus
zu Freienstein.

An dem alten Schlosse in dem märkischen Städtchen Freienstein, südlich von Plau, steht, nach der Mittheilung des Herrn Geheimen Regierungsraths und Conservators von Ouast, noch eine Facade, welche in dem reinsten Renaissance=Styl erbauet und mit Reliefs in gebranntem Thon, sowohl Laubwerk, als Brustbildern, reich geschmückt ist. Dieser Theil wird das Rohrsche Haus genannt, weil die von Rohr lange, bis in das 17. Jahrhundert, im Besitze des Ortes und vieler Güter umher waren (vgl. Riedel Cod. Brand. I, 2, S. 249 flgd.). Ueber die Erbauung des Schlosses zu Freienstein sind bis jetzt keine Nachrichten bekannt geworden; jedoch leidet es keinen Zweifel, daß die Erbauung mit der Aufführung der meklenburgischen Schlösser zu Wismar und Schwerin in gleiche Zeit, in die Mitte des 16. Jahrhunderts, fällt und der Styl offenbar im Zusammenhange mit diesen steht. Das Haus, zu Freienstein ist also für die Baugeschichte des Schlosses zu Schwerin von Wichtigkeit. - In der Straße "Schüsselbuden" in Lübek steht ein Haus, welches im Giebel dem freiensteiner Hause ähnlich construirt ist und sicher aus derselben Zeit stammt.

G. C. F. Lisch.     

 

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 198 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b) Kirchliche Bauwerke.


Romanisches Gebäude zu Dobbertin.

Das Kloster Dobbertin war unter den Borwinen also vor dem Jahre 1227, für Mönche Benedictiner=Ordens gestiftet, ward aber schon in dem nächsten Jahrzehent an Nonnen desselben Ordens überwiesen. Die bisher bekannten alten Gebäude in Dobbertin, die Kirche und der Kreuzgang, sind nicht sehr alt und werden aus verschiedenen Zeiten des 14. Jahrhunderts stammen. Aufmerksam gemacht durch den Herrn Klosterhauptmann Freiherrn von Maltzan zu Dobbertin, habe ich in Dobbertin ein Bauwerk gefunden, welches zu den merkwürdigsten in Meklenburg gehört. Hinter dem Klosteramtsgebäude, der Wohnung des Klosterhauptmanns, steht am Ende des Wirthschaftshofes, am Aufgange zu dem "Großen Werder", kleines, niedriges, massives Häuschen, welches im Aeußern ganz modern ist und aussieht; das Häuschen enthält einige Kammern, deren einen Theil ein Tischler, den andern ein Glaser zu den laufenden Reparaturen jetzt als Werkstätten benutzt. Die Räume für den Tischler zeigen nichts Alterthümliches. Die andere Seite mit der Glaserwerkstätte enthält aber im Innern drei kleine Gewölbe, welche einen sehr alten Bau zeigen. Dieser ganze Bau ist nämlich vollständig in einem ausgebildeten, alten romanischen Styl aufgeführt. Alle Gurtbogen, welche tief hinabgehen, und die (ehemaligen Fenster=?) Nischen in den Seitenwänden sind rein romanisch; die romanischen Gewölbekappen stoßen in den Räthen ohne Rippen zusammen: kurz der ganze Bau ist ohne Ausnahme romanisch. Das ganze Häuschen ist aber in neuern Zeiten mit Ziegeln ganz umkleidet, so daß im Aeußern der alte Charakter des Gebäudes völlig verschwunden ist. So viel bis jetzt bekannt ist, ist dieses Gebäude, des einzige nicht kirchliche romanische Gebäude in Meklenburg.

Nach meiner Ansicht ist das Gebäude sehr alt und stammt noch aus der Zeit der Gründung des Mönchsklosters im ersten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 199 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Viertheil des 13.Jahrhunderts. Es sieht beinahe so aus, als wäre es ein Stück von einem alten Kreuzgange. Vielleicht war es aber das, alte Pforthaus des alten Klosters, da es an dem alten Aufgange von dem "Großen Werder" (der Vorburg) zu dem Burgwalle, auf welchem jetzt das Kloster liegt, steht (vgl. oben S. 186 über dem heidnischen Burgwall von Dobbertin), also dem neuern Nonnenkloster gegenüber, welches vor der Klosteramtswohnung steht. Nach einer noch herrschenden Sage soll aber das "alte Kloster" hinter der Klosteramtswohnung bei dem kleinen romanischen Gebäude gestanden haben.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kreuzgang des Klosters Dobbertin.

Ein Theil des alten Kreuzganges des Klosterrs Dobbertin, welcher wohl am Ende des 14. oder im Anfange des 15. Jahrhunderts erbaut sein mag, hat Gewölbe mit Rippen, deren Kragsteine, wie die Gewölbeschilde, mit Laubwerk und architektonischen Ornamenten verziert sind.

Zwei von diesen Kragsteinen aus gebranntem Thon haben statt der erhabenen erhabenen Verzierungen eingegrabene Inschriften, welche durch den Klosterhauptmann Freiherrn von Maltzan in den neuesten Zeiten bei der Restauration des Kreuzganges entdeckt sind. Diese Inschrift in sind nicht kunstmäßig, sondern gleichmäßig dünnen, langgestreckten kunstmäßig, sondern in gothischer Minuskelschrift von nicht kunstgeübter Hand eingegraben und nicht leicht zu entziffern. Im October 1861 gelang es dem Herrn Dr. Wigger und mir, diese Inschriften zu enträthseln.

1) Der eine Kragstein hat folgende Inschrift:

Inschrift

Auf dem untern Knauf, des Kragsteins steht, ein großes, gothisches, gekröntes gekröntes S

2) Der andere Kragstein, dem vorigen grade gegenüber, hat folgende Inschrift:

Inschrift
(Wer beliebt will sein und Nachbar ist, Der lebe wahrlich kleine Frist.)

Ueber diesem in zwei Zeilen geschriebenen Spruche steht noch eine Zeile, welche aber nicht hat entziffert werden können. Auf

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 200 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem Knaufe des Kragsteines daneben, also dem ersten schräge gegenüber steht ein großes, gothisches, gekröntes gekröntes M

In einiger Entfernung hat ein anderer Kragstein auf dem Knaufe ein gekröntes gekröntes A welches aber schon zum Theil zerstört ist.

Diese Sinnsprüche sind den Sinnsprüchen auf den hölzernen Confecttellern von Güstrow (Jahrb. XXIII, S. 293) ähnlich und scheinen in dieser Form im Mittelalter in den niederdeutschen Ländern sehr Mode gewesen zu sein, wie die Sprüche der Todtentänze.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Wustrow
auf Fischland

steht hoch auf dem Burgwalle des ehemaligen heidnischen Heiligthums Swante=Wustrow an dem kleinen Hafen des Dorfes an dem Binnenwasser (vgl. oben S. 188). Die jetzt stehende Kirche, welche einer Restauration und Vergrößerung bedarf, ist ein Bau im ausgebildeten gothischen Style des 14. Jahrhunderts. Das Schiff ist dreischiffig mit erhöhetem Mittelschiffe und kleinen Fenstern zu Oberlicht, welche jedoch an der Südseite durch das Dach verdeckt sind. Das Mittelschiff scheint der älteste Theil der Kirche zu sein. Die Seitenwände des Mittelschiffes ruhen auf kräftigen achteckigen Pfeilern, welche an jeder Seite durch vier spitzbogige Gurtbogen verbunden sind. Das Mittelschiff ist mit einer Balkendecke belegt, welche jedoch in neuern Zeiten niedriger gelegt ist, so daß sie jetzt dicht über den Wölbungen der Gurtbogen und unter den Fenstern für das Oberlicht liegt; der obere Theil der Seitenmauern mit den obern Fenstern und den alten Balken steht noch über der jungen Balkendecke unter dem Dache. Die Seitenschiffe, mit 4 Fenstern an jeder Seite, sind niedrig und schmal und die äußern Seitenmauern dem Anscheine nach viel jünger, da sie nur ein stylloses Mauerwerk zeigen; sie haben gar keine andere Bedeckung als das Ziegeldach der Kirche, welches also von unten zu sehen ist. Der gewölbte Chor von einem Gewölbe Länge und Breite und einem gewölbten dreiseitigen Chorschlusse mit Strebepfeilern hat nichts Merkwürdiges und mag etwas jünger sein, als das Mittelschiff der Kirche. Der Thurm von Ziegeln ist in den Außenwänden schadhaft.

Die Kirche hat, außer der Grundanlage und den Pfeilern des Schiffes, sowohl im Bau, als im Mobiliar, welches aus

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 201 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem 18. Jahrhundert stammt, nichts anderes Bemerkenswerthes, als einen alten, tüchtig und schön gearbeiteten Taufstein aus Kalkstein.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Konow.

Die Kirche zu Konow bei Eldena die Pfarrkirche des "Wanzeberges" ist eine ganz aus Feldsteinen gut und fest gebauete Kirche im Uebergangsstyle aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts und bildet ein Oblongum, welches mit einer Balkendecke bedeckt ist. Die Altarwand hat drei im Uebergangsstyle construirte Fenster, deren Wölbungen außen mit Kalk geputzt und mit ausgehenden hellrothen Strahlen bemalt sind, wie an der gleich alten und gleich gebaueten Kirche zu Grüssow (vgl. Jahrb. XVI, S.291 und 293). Die Seitenwände haben an jeder Seite vier Fenster, welche eben so gebauet waren, aber in neuern Zeiten dadurch zum Theil vernichtet sind, daß schlechte viereckige Fenster eingesetzt sind. An der äußern Altarwand ist aus der Zeit der Erbauung her noch zu sehen, daß die Fugen durch festen, gelblich grauen Kalkputz gefüllt und mit milden Farbentönen groß quadrirt waren. Der Thurm ist von Holz und schlecht. Sämmtliches Mobiliar, namentlich die Kanzel über dem Altartische, ist schlecht und jung, und besitzt die Kirche außer den Ringwänden nichts von Werth.

Schwerin, im Januar 1860.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Sülstorf,

südlich von Schwerin, ist zwar in den Jahrbüchern I, S. 65, berührt, jedoch nicht so klar beschrieben, daß sich daraus ein Gewinn für die Baugeschichte ziehen ließe. Ich lasse, nach einer neuen Untersuchung im Herbste 1857, einige ergänzende Andeutungen folgen.

Die Kirche ist im Allgemeinen nur eng und niedrig und von keinem besondern Werthe, hat jedoch einige merkwürdige Eigenthümlichkeiten. - Die ganze Kirche ist mit einer horizontalen Bretterdecke belegt.

Das Schiff ist der ältere Theil und stammt wohl noch aus der allerletzten Zeit des Rundbogenstyls (nach 1217, vgl. Jahrb. I, S. 201). Im Innern des Schiffes sind unten an jeder Seite zwei große Rundbogennischen, welche auf viereckigen Pfeilern in der Wand ruhen. Die kleinen, sehr verbaueten Fenster liegen liegen hoch über diesen Bogen. Dieser

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

älteste Theil der Kirche ist alsorsprünglich auf zwei Seitenschiffe angelegt, welche jedoch nicht zur Ausführung gekommen sind. Diese Bogenöffnungen sind jedoch nach außen hin nicht schlicht zugemauert, sondern eigenthümlich verziert: vor jedem Bogen im Innern stehen nämlich in der Außenwand unten zwei niedrige Rundbogennischen auf viereckigen Pfeilern, so daß das Schiff außen an den Wänden unten mit Arkaden verziert erscheint. Die Fenster, welche paarweise über den Bogen dicht zusammen stehen sind in flachem Bogen überwölbt, jedoch vielfach verbauet. Durch diese ganze Construction ist das Mauerwerk, welches überhaupt keine große Stärke hat, sehr dünne geworden. Daher haben die Außenwände an den Pfeilern, welche in der Mauer stehen, Strebepfeiler, welche jedoch nur so hoch reichen, als die innern Nischen, und gegen die Fenster hin abgeschrägt, auch sonst gut profilirt sind. Über jedem Fensterpaare ist außen eine viereckige, weiße Vertiefung in der Mauer. An den Ecken stehen Lissenen. Die Pforte ist im Rundbogen gewölbt.

Der Chor ist jünger, wohl aus dem 15. Jahrhundert. Die Altarseite ist fünfseitig, so daß sie fast abgerundet erscheint. Die breiten Fenster sind im Spitzbogen construirt. Eine zugemauerte Pforte ist ebenfalls spitzbogig.

Die Glocken sind in Jahrb. I, S. 65, beschrieben.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Banzkow,

südlich von Schwerin, ist sehr roh und einfach gebauet, so daß sie kaum Beachtung verdient. Sie besteht aus zwei ganz verschiedenen Theilen. Das Schiff ist, der ältere Theil und in sehr kleinen Verhältnissen gebauet, unten von Feldsteinen, oben von Ziegeln; die kleinen Fenster, welche sehr verbauet sind, haben paarweise gestanden und haben einen Anflug vom Uebergangsstyl, jedoch keine gegliederte Laibung und keine Wölbung, sondern nur einen Schluß im Dreieck. Das allein Merkwürdige ist, daß das Schiff im Innern aus Fachwerk von Eichenholz aufgeführt und dieses im Aeußern mit Steinen verblendet ist; eben so war die alte, vor einigen Jahren abgebrochene Kirche zu Wittenförden gebauet (vgl. Jahrb. XVIII, S. 288): diese Kirchen, beide der Nähe von Schwerin, sind wohl die frühest Beispiele der noch vorhandenen ältesten Holzconstruction. Der Chor ist jünger, vielleicht aus dem 16. Jahrhundert. Er ist in den Seitenwänden in gleicher Flucht mit dem Schiffe gebauet und an der Altarseite

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

abgerundet; obgleich dies alter Styl ist, so darf dies doch nicht irre machen, da der Bau offenbar jung ist. Der Chor ist ganz von Feldsteinen, ohne Wahl glatter Flächen, sehr roh aufgeführt und baufällig; dazu ist im Innern die untere Wand rund umher in Rundbogennischen construirt.Die ganze Kirche ist außerdem schmal und sehr niedrig, nur etwa 16 Fuß hoch, und dem Abbruch anheimgefallen. Die Decke ist eine gewöhnliche Balkendecke. Der geschnitze Altar stammt noch aus dem 15. Jahrhundert, hat keinen besondern Kunstwerth und ist durchweg katholisch. In der Mitte steht Maria in der Sonne; zu den Seiten stehen 4 weibliche Heilige, so daß die Darstellung folgende ist:

S. Katharine. Maria mit dem S. Margarethe.
S. Clara, Christkinde. S. Barbara.

In den Fensternischen stehen zurückgesetzt noch 7 alte, aus Eichenholz geschnitzte Heligenbilder, welche größtetheils sehr gut, jetzt aber überkalkt sind. Allein von Interesse ist die kleine Glocke, welche folgende Inschrift hat:

Inschrift
(d. i. Hilf Gott und Sanct Anna selb dritte. 1509.)

Dies soll sich sicher darauf. beziehen, daß die H. Anna oft mit der Maria und dem Christkinde zusammen, also selbdritte, dargestellt wird, so daß die H. Anna die Jungfrau Maria und diese wieder das Christkind auf dem Arme hat.

Diese Bezeichnung der S. Anna "selbdritte" wird zu jener Zeit in Niederdeutschland sehr verbreitet gewesen sein. In dem plattdeutschen Tagebuche des Domherrn Dr. Johann Knutze über den Reichstag zu Regensburg 1532 wird eine kaiserliche Fahne so beschrieben, daß auf der einen Seite "unser lieben Frauen Bild", auf der andern Seite

"sunte Anna sulffedrudde"

gemalt gewesen sei (vgl. Jahrb XXIII S. 96; XXVI, S. 48). Die H. Anna ist die Schutzpatronin der Armen; vielleicht war die banzkower Glocke zur katholischen Zeit eine Vesperglocke, welche nach der Arbeit vorzugsweise die Armen zum Gebete rief.

G. C. F. Lisch.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Boitin

bildet ein großes, weites Oblongum von zwei Gewölben Länge. Die Wände bestehen in der untern Hälfte aus Feldsteinen, in der obern Hälfte aus guten Ziegeln. Die Fenster und Pforten sind im strengen Spitzbogen stark und groß gewölbt. Die Kirche selbst ist sehr weit und die Gewölbe gehen daher sehr tief hinab. Die Kirche stammt nach dem Baustyl aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Sie ist in neuern Zeiten restaurirt und enthält im Innern weder Bauverzierungen, noch alterthümliches Mobiliar.

Die Kirche hat aber in den Ringmauern im Aeußern eine Verzierung, welche höchst merkwürdig ist. Sie ist nämlich an mehrern Stellen mit denselben Reliefziegeln geschmückt, mit welchen die ganze Außenwand des Chores der Kirche zu Steffenshagen verziert ist (vgl. Jahrb. XIX, S. 395); diese gedruckten Reliefziegel beider Kirchen stammen ohne allen Zweifel aus denselben Formen und daher sind sicher beide Kirchen zu derselben Zeit erbauet. Beide Kirchen stammen dem Anschein den nach aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Ueber den Bau der Kirche zu Boitin wird im großherzoglichen Archive zu Schwerin eine aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stammende Abschrift einer Nachricht aufbewahrt, welche in den "Ordinarius ecclesiae Suerinensis" eingetragen gewesen sein soll. Diese Nachricht lautet:

"Haec sunt dona, quae dedit illustrissimus princeps Melcher episcopus Schwerinensis, qui fundavit ecclesiam nostram in Boitin. Demonstranda cum iconibus circulariter anno domini M°CC°LII."

Diese Nachricht ist nun freilich sehr dunkel. Es scheint, daß angenommen wird, die Kirche sei im Jahre 1252 erbauet. Dagegen wird mit der Erbauung der schweriner Bischof Melchior, Herzog von Braunschweig, in Verbindung gebracht, welcher jedoch erst 1376-1381 regierte. Es wird auf Bilder (icones) verwiesen. Hierunter scheinen die Löwen verstanden zu sein, welche an der Außenwand der Kirche zu sehen sind und auch das braunschweigische Wappen bilden. Es ist hier aber mit den wilden Thieren sicher nicht das braunschweigische Wappen, sondern das Heidenthum gemeint. Ueberdies sind beide Kirchen jedenfalls viel älter, als Bischof Melchior. Daher mag man die Jahreszahl 1252 gelten, die Combination auf den Bischof Melchior aber fallen lassen.

Diese Reliefziegel an der Kirche zu Boitin sind folgende:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1. An der Ostwand liegt über dem Feldsteinsockel, der ganzen Breite der Kirche nach, unter dem im Ziegelbau stehenden Altarfenster ein Kaffsims, eine Schicht Reliefziegel, welche abwechselnd Löwen und Lindwürmer 1 ) darstellen.

2. In der Südwand, gegen Westen, ist eine schön construirte, jetzt zugemauerte, große Pforte, welche die "Dreetzer Thür" genannt wird, weil sie den Eingang für die Bewohner des im dreißigjährigen Kriege untergegangenen, jetzt wieder aufgebaueten Gutes Dreetz gebildet haben soll. Diese Pforte ist im strengen Spitzbogen außen mit denselben Reliefziegeln eingefaßt, an einer Seite mit Löwen, an der andern Seite mit Lindwürmern. Die einzelnen Reliefziegel sind wieder mit glatten Ziegeln von verschiedener Stellung und Länge eingefaßt, so daß die ganze Einfassung ein äußerst geschickt und verständig ausgeführtes Muster zeigt. Diese Pforte ist ein sehr merkwürdiges und schönes Bespiel von Schmuck im Ziegelbau, ähnlich den mit Heiligenbildern geschmückten Pforten der Sandsteinkirchen in südlichen Ländern.

3. In der Südwand gegen Osten ist eine kleinere Pforte, welche in und neben der Wölbung auch mit einigen Reliefziegeln verziert ist, welche die genannten beiden Thiere und außerdem zwei verschiedene Formen von Blattwerk zeigen.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Wattmanshagen

ist eine der schönsten und merkwürdigsten Bauten im ganzen Lande. Wenn die Kirche auch in Jahrb. XII, S. 467, beschrieben und charakterisirt ist, so verdient sie doch einer nochmaligen Untersuchung nach neuern Entdeckungen.

Der Chor ist ein quadratischer Feldsteinbau im Uebergangsstyle, wie er sich sehr häufig im Lande findet.

Ausgezeichnet ist aber das auf einem granitenen Sockel aus vortrefflichen Ziegeln musterhaft ausgeführte Schiff der Kirche. Dieses ist nämlich eines der ältesten Beispiele des Spitzbogenstyls im ganzen Lande und als solches höchst charakteristisch. Zwar hat die Kirche noch keine Strebepfeiler, sondern noch Lissenen, als Andeutung an die alte Bauperiode. Aber die großen und schönen Verhältnisse, die im reinsten und


1) Dieses Thier ist offenbar ein Lindwurm mit zwei Vorderbeinen, welcher an der Kirche zu Steffenshagen, so viel mir erinnerlich ist, nicht vorkommt. Die Kirche zu Steffenshagen hat mehrere Thiere: Löwen, Tiger, Panther, Greifen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ernstesten Spitzbogenstyle gewölbten Pforten, Fenster, Gurtbogen und Gewölbe sind redende Beweise von der Aufnahme des gothischen Styls. Besonders merkwürdig sind die Fenster. Diese sind schon hoch und weit, mit Stabwert versehen und ganz im großen, gothischen Style construirt, aber die mit einem Rundstabe eingefaßten Laibungen sind noch glatt und schräge eingehend, als Erinnerung an den so eben überwundenen romanisirenden Uebergangsstyl; sie erinnern lebhaft an die obern Fenster des Chores des Domes zu Schwerin, welche im Anfange des 14. Jahrhunderts vollendet sind. Die Pforten sind vortrefflich und schon in Jahrb. a.a.O. beschrieben. Die Pforten an der Nordseite sind sehr gut. Besonders schön ist aber die a.a.O. schon beschriebene Thurmpfort, welche sehr reich mit erhabenem Laubwerk aus gebranntem Thon verziert ist. Zu diesen Pforten kommt noch eine Pforte an der Südseite des Schiffes, welche bis jetzt von innen zugemauert ist und von außen durch ein vorgebauetes, verschlossenes Grabgewölbe verdeckt war, aber jetzt nach dem Abbruche desselben bei der Restauration der Kirche wieder ans Tageslicht gekommen ist. Diese Pforte ist ebenfalls sehr reich mit erhabenem Laubwerk geschmücket und ganz vortrefflich und wie neu erhalten. Die Pforten der Kirche gehören zu den schönsten, reinsten und ältesten Denkmälern des Spitzbogenstyls und noch einer Zeit an, in welcher das Ornament noch reines Laubwerk in natürlichen Formen bildete, und noch nicht architektonischen Gebilden umgeschaffen war. Ich erinnere mich nicht, irgendwo im Lande so schönes und reiches Ornament in gebranntem Thon gesehen zu haben.

Wahrscheinlich läßt sich auch die Zeit des Baues bestimmen. Da die Familie Ketelhot in den Jahren 1277 und 1278 die Kirche und Pfarre reich bedachte (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I, A, S. 33), so ist es sehr wahrscheinlich, daß das Schiff der Kirche auch in dieser Zeit erbauet ward und daher der Anfang des Spitzbogenstyls in Meklenburg, in diese Zeit fällt.

Nach mehreren Spuren ist Chor mit Kalk geputzt und roth mit grauen Fugen bemalt gewesen, das Schiff aber im Rohbau geblieben, jedoch an Pilastern u.s.w. bemalt gewesen. Der Fortschritt der Restauration wird ohne Zweifel die ursprüngliche Decoration enthüllen.

Schwerin, im April 1859.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Cambs

An der Kirche zu Cambs bei Schwaan ist nur der Chor alt und Kommt daher bei einer geschichtlichen Untersuchung allein zur Berücksichtigung. Das Schiff ist von Fachwerk, der Thurm von Holz; beide sind werthlos.

Der Chor ist ein altes Gebäude von quadratischer Form, von Ziegeln mit Feldsteinen. Er trägt noch Spuren eines alten Baustyls. An den Ecken stehen Lissenen und im Innern sind die Gewölbeansätze und eine Pforte rundbogig. Der Bau wird also. noch aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen. Die Fenster sind jedoch in jüngern Zelten erweitert und tragen den Charakter des 15. Jahrhunderts. Das eine Gewölbe, mit welchem der Chor bedeckt ist, hat quadratische Rippen. Die Wände sind roth mit weißlichen Fugen bemalt gewesen; auf dieser Malerei stehen die alten bischöflichen Weihkreuze. Hinter dem Altare sind auf weißem Grunde Reste von rother Rankenmalerei, welche jedoch jünger sein mag, als die Bemalung der Seitenwände. Jetzt ist die ganze Kirche im Innern mit Kalk übertüncht.

Die Kirche hat einen alten geschnitzten, vergoldeten und bemalten Flügelaltar, welcher in Vergleichung mit dem Altare der Kirche zu Bützow aus dem Anfange 16. Jahrhunderts stammt. Die Mitteltafel enthält die Jungfrau Maria auf dem Halbmond und an jeder Seite 2 Heiligenfiguren über einander. Die Flügel sind quer getheilt und enthalten in jeder Abtheilung 4 Heiligenbilder, von denen aber viele die Hände und Attribute verloren haben und daher nicht gleich zu bestimmen sind; zu erkennen sind gleich die Heiligen: Erasmus, Antonius, Mauritius, Laurentius, Martinus Johannes d. T. und Maria Magdalene, welche mit den 12 Aposteln vermischt stehen. Die Figuren sind ziemlich gut; das architectonische Schnitzwerk an Pfeilern, Sockeln und Baldachinen ist aber sehr einfach. Die Malerei auf den Rückwänden der Flügel, die Leidensgeschichte Christi darstellend, ist fast ganz abgefallen. Die Predelle ist jung.

Eine sehr große Seltenheit ist die Kanzel aus Eichenholz, welche noch aus der katholischen Zeit und wahrscheinlich noch aus dem 15. Jahrhundert oder doch spätestens aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts stammt. Sie ist aus dem Sechseck construirt und zeigt 4 Seitenwände, die fünfte Seite liegt in der Wand und die sechste Seite dient der Treppe und Thür. Die 4 hervorstehenden Seiten sind durch gothische Pfeiler, welche die Fugen bedecken, getrennt. Zwischen den Pfeilern

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

stehen 4 gothische Baldachine, unter denen ohne Zweifel die Bildsäulen der 4 Evangelisten gestanden haben, welche jetzt fehlen und 1709 durch Malerei auf dem Grunde ersetzt sind. Die Kanzel ist allerdings sehr schadhaft und zerbrochen, so daß sich nur aus einzelnen Resten die ganze Construction erkennen läßt; dennoch ist sie sehr wichtig, da sie wohl die einzige Kanzel aus dem Mittelalter im Lande und gut construirt ist. Der Fuß, die Treppe und der Schalldeckel, welcher schlecht zu der Kanzel paßt, stammen aus einer Renovation vom Jahre 1709.

G. C. F Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Brunshaupten.

Bekanntlich gehört Brunshaupten zu den Stiftungsgütern des Klosters Sonnenkamp, welches auch das Patronat daselbst hatte (Lisch M. U., Bd. II, Nr. I., XLIX). Das Schiff der Kirche, aus Granitfindlingen erbaut, gehört einer sehr frühen Zeit an. Anscheinend waren früher auf jeder Seite zwei Fenster im Uebergangsstyle mit Ziegeleinfassung angebracht, jetzt ist dies nicht mit Sicherheit mehr zu erkennen, da durch das Einsetzen von Gewölben das Ganze vollständig verbaut ist. Der Chor, polygon geschlossen, mit weiten Fenstern, stammt vielleicht erst aus dem 16. Jahrhundert, und aus derselben Zeit Sacristei und Leichhaus, welches letztere einen Giebel von recht guter Anordnung hat.

Die Fenster des Chores sind reich an Glasmalereien aus dem 16. Jahrhundert, meist Symbole und Wappen, unter letzteren das meklenburgische, dänische und pommersche; auch ein Marienbild ist darunter.

In der Kirche hängt ein Kronleuchter von 1592. Eine der Glocken soll alt sein.

D.C.W.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Moisall.

Zu den wenigen bischöflich schwerinschen Urkunden, die bis jetzt bekannt geworden sind, gehört auch eine vom Bischof Hermann I. zu Bützow am 29. Mai 1264 ausgestellte (Westphalen M. IV, p. 973), in welcher er die Grenzen des Ackers der Kirche zu Moisall, wohin die von Schlemmin verlegt worden, so wie die an selbige u leistenden Abgaben festsetzt. Diese Verlegung fand auf Grund einer von den Eingepfarrten ausgesprochenen Verwillkürung statt und hatte den Zweck, der Gemeinde den Kirchenbesuch zu erleichtern. Man

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wird daher wohl viel frommen Eifer bei dieser annehmen und sofortige Ausführung des Baues zu Moisall vermuthen dürfen. Derselbe hat daher (denn offenbar, haben wir den Bau aus jener Zeit noch vor uns) nicht unbedeutendes Interesse für die Archäologie, welches nur durch den Umstand gemindert wird, daß das Werk überaus einfach ist und also für die Entwickelung der Kunst in jener Zeit nur ein mäßig werthvolles Zeugniß abgiebt.

Die moisaller Kirche bildet ein großes längliches Rechteck ohne Chor. Der Sockel, die Ecken und die Thürschmiegen sind von behauenem, die Wände von geschlagenem Granit, und die Fenstereinfassungen sammt den beiden Giebeln von Ziegeln. Der innere Raum sollte von zwei großen quadratischen Gewölben überspannt werden, die aber anscheinend nie ausgeführt sind; es sind nur die rechtwinklig profilirten Rippen an den Schildbogen davon vorhanden. Vier Viertel= und zwei Halbsäulen, die, ohne Fuß, mit einer umgekehrten attischen Basis als Kapitäl oder Deckplatte versehen sind, sollten die Gewölbe stützen. Unter jedem Gewölberaum ist auf beiden Seiten ein Fenster mit rechtwinkliger Schmiege so hoch angebracht, daß die Bank höher liegt, als die Platten der niedrigen Wandsäulen. Die Fenster auf den beiden Seiten sind einpfostig gewesen, das in der Ostwand ist aber zweipfostig.

Das Aeußere der Kirche ist ebenfalls sehr einfach und schlicht. Der Sockel ist abgeschrägt und ein Dachgesims fehlt, wenigstens jetzt, aber wahrscheinlich auch von vorne herein. Die ziemlich große Thurmpforte sowohl, wie die Priesterpforte an der Südseite haben durch rechtwinklige Abstufungen gegliederte Schmiegen. Die Schmiegen der Fenster sind glatt und wenig schräge eingehend. Das Profil des im Altarfenster erhaltenen Pfostenwerks ist abgestumpft keilförmig. Die beiden Giebel der Kirche, durch Veränderungen, die vor 60 Jahren stattgefunden haben mögen, stark mitgenommen, waren einfach mit Blenden geziert; freilich ist es aber möglich, daß sie nicht zu dem primitiven Bau gehören. Die Sacristei, welche jetzt als Rudloff'sches Erbbegräbniß dient, ist aber gleichzeitig mit der Kirche erbaut. Vor den Westgiebel ist in späterer Zeit ein unbedeutender und roher Thurm vorgelegt und vor der südlichen Pforte im Ausgange des Mittelalters ein sogenanntes Leichhaus angebaut.

Die Kirche macht augenblicklich einen sehr schlechten Effect. Auf die Sargmauern stützt sich ein Tonnengewölbe von Brettern, einer übermäßig großen, häßlichen Orgel zu Liebe erbaut, das Dach ist ein Mansardendach, die Fenster haben keine Pfo=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sten, Estrich und Mobiliar sind schlecht u. s. w. Die Kanzel ist leidlich und 1615 von Jürgen Wackerbart, Ursel Veregge, Hardenack Wackerbart und Anna von Bülow erbaut. Die Wappen der letzteren beiden sind auch eingravirt einem Kelche von 1597, der noch durchweg gothische Motive zeigt. Eine Fünte von Granit steht im Hofgarten. Die größere Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

und weiter keine Verzierung, als das Gießerzeichen auf einem Schilde: ein Kreuz mit zwei Streben, also wie zu Woserin, 1499 (Jahrb. XXII., S. 326). Die andere Glocke ist von Meister Jochim Grawert von Wismar 1625 zur Zeit des Pastors Joachim Muffel gegossen.

D. C. W.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Hornstorf.

Wenn auch kein Bauwerk von hervorragendem Werth, gehört doch die hornstorfer Kirche dem Mittelalter an und ist daher bei der Verzeichnung der alten Bauten nicht zu übersehen. Die Kirche hat drei Gewölbe Länge, jedes halb so lang, als breit, und einen mit dem Langhause gleich spielenden, fünfseitigen Chor. Dienste sind an den theilweise geblendeten Wänden nicht ausgeführt und es stützen sich die Kreuzgewölbe bloß auf Kragsteine, die aus roh in Kalkguß modellirten Köpfen bestehen. Die Fenster, welche einpfostig sind, haben eine aus schlichten Ziegeln gebildete, abgetreppte Schmiege. Das Pfostenwerk besteht aus Rundstäben. Außen ist die Gliederung der Fensterschmiegen, wie innen. Das Sockelsims besteht aus einem Viertelstab und einer halben Hohlkehle. Ein Kaffsims ist so wenig wie ein Dachsims vorhanden. Von Westen her führt eine Thür in die Kirche, deren Schmiege aus "Flachecken" gebildet ist, eben wie bei der nördlichen und südlichen Thür. Vor letztere ist ein Leichhaus vorgebaut welches einen Fries von Vierpässen und im Giebel eine große, aber roh ausgeführte Rose hat. Auch die Sacristei hat einen solchen Fries und Blenden im Giebel, der mit Gesimssteinen als Krappen besetzt ist.

Der Thurm, welcher ein Hausdach hat, ist tüchtig, aber roh. Er so wenig als die beiden Anbauten stehen mit der Kirche in Mauerverband. Doch wird dieselbe wenig älter sein und der ganze Bau der Mitte des 15. Jahrhunderts angehören.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Mobiliar der Kirche ist schlecht. Im Chore liegen zwei zersprungene Leichensteine. Der eine zeichnet sich durch seine lange und schmale Form aus; er ist am Fußende schmaler, als am Kopfende. Man lies't umher:

Inschrift

Am Fußende stehen noch drei parallele Reihen, deren Entzifferung aber nicht gelungen ist:

Inschrift

In der Mitte des Steines steht eine Art Johanniterkreuz mit einem spitzen Füße in einem Kreise auf einem Berge. Der zweite Stein hat folgende Inschrift:

Inschrift

1333 war Johannes Stolteer Pfarrherr zu Hornstorf, doch dürfte der Leichenstein einem anderen gelegt sein.

C. D. W.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Dambek.

Auch die unbedeutenderen Reste der mittelalterlichen Kunst verdienen in den Jahrbüchern verzeichnet zu werden, und so mag hier auch eine Notiz über die Kirche zu Dambek, Präpositur Meteln, eine Stelle finden. Die Kirche ist nicht vollendet. Sie hat Gewölbe haben sollen, aber sie sind nicht geschlagen; man hat einen Thurm angefangen, aber das Mauerwerk nur etwa bis zur Dachhöhe geführt. Die Kirche hat an jeder Seite drei einpföstige Fenster und einen Chorschluß, anscheinend von drei Seiten aus dem Sechseck. Die Fensterpfosten haben rohe Ziegelcapitäle und die Zwickel zwischen den Bogen des Pfostenwerks sind ausgefüllt. Die Gliederungen bestehen einfach aus Abtreppungen. Bemerkenswerth ist nur der Fries, welcher aus zwei Reihen Ziegelplatten gebildet ist, deren Ecken durch Viertelkreise abgerundet sind, so daß vier Platten einen Kreis zwischen sich bilden. Mitten auf den (glasurten) Platten ist noch ein Kleeblatt ausgestochen. Das Sockelsims ist sehr abnorm, in dem es einem halben birnenförmigen Stabe gleicht.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 212 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Innere ist "restautirt". Man sieht noch einen mittelalterlichen Crucifixus und in einem Fenster einige bunte Scheiben aus dem 16. Jahrhundert mit v. d. Lühe'schen und Preen schen Wappen. Ein Kirchenstuhl zeigt die Wappen der v. Stralendorf und der v. Reventlow. Vor dem Altare liegt ein Leichenstein mit den Reliefbildern eines v. Bülow und seiner Frau, geb. v. d. Lühe, ohne Datum, aber aus der Zeit um das Jahr 1600. Auf den vier Ecken sind oben die Wappen der v. Bülow und der v. Below (von Klinken), unten die Wappen der v. d. Lühe (von Lipen) und der v. d. Goltz angebracht. Ein Stein mit alter Inschrift, die nicht ohne Interesse zusein scheint, liegt fast ganz unter Stühlen, so daß man sie nicht lesen kann.

Die größere Glocke hat die Inschrift im Kranze:

Inschrift

Vorne und hinten ift das Gießerzeichen, der lateinischen Zahl XX gleich, angebracht. Weitere Verzierungen sind nicht darauf. Von Timmo Jäger ist auch eine Glocke zu Russow aus demselben Jahre (Jahrb. X, S. 313). Die kleinere Glocke ist 1824 zu Lübek von F. W. Hirt gegossen.

C. D. W.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Tarnow

bei Bützow, eine zweischiffige Kirche, welche in Jahrb. XXI, S. 277 flgd., beschrieben ist, ist im Jahre 1860 restaurirt. Die Kirche ist ursprünglich wohl im altgothischen Style erbauet gewesen; in jüngern Zeiten, wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, sind aber die Pfeiler und Gewölbe hineingesetzt und die Kirche ist dadurch zu einer zweischiffigen gemacht. Die in Jahrbüchern XXI geäußerte Vermuthung, daß die Kirche unter der Kalktünche ganz gemalt sei, hat sich bei der Restauration vollkommen bestätigt. Die Wände haben aber eine andere und ältere Ausschmückung, als die Pfeiler und Gewölbe. Die Wände sind hellgelb bemalt, obgleich die Kirche eine rothe Ziegelkirche ist, und auf diesem Grunde sind mit doppelten rothen Linien, Kalkfugen nachahmend, Steine von doppeltem Format der größten Ziegel dargestellt. Dieser Farbenton ist wahrscheinlich eine Nachahmung des natürlichen Farbentons des Innern der nahen Kirche zu Bützow (vgl. Jahrb. XXIV, S. 316). Auch ist diese Art von Decoration

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

alt, da die rothe Malung von architektonischen Gliedern auf weißem Grunde an romanischen und romanisirenden Kirchen nicht selten ist. Für das Alter zeugen auch die noch wohl erhaltenen Weihkreuze, welche in denselben Farbentönen gemalt sind. Die Einfassungen der Fensteröffnungen sind roth gewesen. Die Fensterpfeiler und Bogen sind blaugrau, wie Sandstein, und von einer rothen Linie, welche zugleich die gelblichen Quadern begrenzt, eingefaßt.

Die 3 achteckigen Pfeiler standen im Rohbau von rother Farbe. Die Kreuzrippen sind mit einem schönen Roth, die Scheiderippen grün bemalt.

Die Gewölbekappen sind alle mit Scenen aus der Heiligengeschichte bemalt. Die Kirche hat 8 Gewölbe, also 32 Gewölbekappen, welche durch eine schwarze Linie in zwei Felder getheilt sind; die Gewölbe enthalten daher 64 Gemälde, welche alle sehr reich an Figuren und Ornamenten sind. Die Bilder sind auf weißen (nicht gelben) Grund zwischen den rothen Rippen gemalt und stammen sicher frühestens aus dem Ende des 14 Jahrhunderts. Die Composition ist ganz gut, die Zeichnung schlecht; dazu sind die Gemälde viel beschädigt und kaum, vielleicht gar nicht sicher, zu restauriren, und widerstreben dem Geist der Gemeinde. Sie sind daher wieder mit einer Kalktünche bedeckt und bleiben darunter so wohl erhalten, wie sie jetzt noch sind. Die Bilder sind sehr figurenreich und gedrängt; dazu ist der leere Raum des weißen Grundes mit unzähligen grünen Lilien, rothen Rosen und andern Verzierungen bedeckt. Die Bilder stehen auf einem rothen Sockel auf Bogen, welche in den Zwickeln der Gewölbe von rothen Säulen getragen werden, an die sich eine Figur, eine Art von Karyatide, lehnt. Die Darstellung ist der Heiligen=Legende entnommen. So z. B. ist in einer halben Gewölbekappe das Martyrium der H. Katharine dargestellt, indem eine gekrönte Jungfrau knieet und ein großes Richtrad durch Blitze (?) aus einer Wolke zertrümmert wird, und weiterhin dieselbe Jungfrau knieet, welche mit dem Schwerte hingerichtet wird. In einer andern Gewölbekappe ist dargestellt, wie der H. Laurentius auf einem Rost gebraten wird. Auf dem südlichen, dritten Gewölbe war der Tod und die Erhöhung der Maria in acht Bildern dargestellt; es waren: die Krankheit der Maria; der Tod der Maria, während Johannes ihr das Licht hält und Engel Weihrauchfässer schwingen; Maria im Sarge: ein schwarz behangener Sarg auf einer grauen Bahre, ohne Figuren; das Begräbniß der Maria, deren Sarg auf einer Bahre von den 12 Aposteln (mit ihren Attributen) getragen und von viel

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Volk mit spitzen Mützen begleitet wird; die Himmelfahrt der Maria, wie sie aufgenommen wird; das Himmelreich der Maria, wie sie im Himmel thront.

Die nördliche Eingangspforte hat noch einen kunstvollen und reichen eisernen Thürbeschlag mit Lilien aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Der Altar der Kirche ist ein Flügelaltar mit doppelten Flügeln aus der letzten Zeit der katholischen Kirche, wahrscheinlich aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts.

Die Vorderseite ist mit geschnitzten Figuren und Baldachinen aus Eichenholz geschmückt. Das feste Mittelstück hat, ohne Queertheilung, Figuren, welche durch die ganze Höhe des Schreines reichen: in der Mitte Christus am Kreuze mit Maria zur Rechten und Johannes Ev. zur Linken; zur Rechten davon steht Johannes d. T., zur Linken die H. Katharina mit dem Rade, die Localheiligen der Kirche. Die Flügel sind queer getheilt; zunächst dem Mittelstück stehen: zur Rechten: oben die H. Anna mit zwei Kindern auf dem Arme, unten die H. Gertrud mit dem Hospitale; zur Linken: oben die H. Margarethe mit dem Schwerte (?), unten die H. Barbara mit dem Thurme. Neben diesen Figuren stehen an jeder Seite derselben drei Apostel. Die Figuren sind gut gearbeitet und erhalten.

Die ersten Flügel queer getheilt und enthalten die Passion Christi in 8 Gemälden auf vergoldetem Kreidegrund, welche zwar gut erhalten, aber schlecht componirt und gemalt sind.

Die zweiten Flügel enthalten, ohne Queertheilung, 4 gemalte Figuren auf Kreidegrund. welche zwar gut gemalt,aber schlecht erhalten sind. Die beiden mittlern Flügel enthalten den Engelsgruß: zur Linken die Jungfrau Maria, zur Rechten den Engel. Die äußersten Flügel enthalten wieder die beiden Localheiligen: zur Rechten Johannes d. T., zur Linken die H. Katharine.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Neu=Kalen

ist ein einfacher gothischer Bau, wie es scheint aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts. Die Kirche bildet ein einfaches Oblongum mit dreiseitigem Chorschluß und hat keine Seitenschiffe und außer dem dreiseitigen Chorschluß keinen durch die Architectur sichtbar abgegrenzten Altarraum. Die Kirche ist, nach den vollständig vorhandenen Wandbogen, auf Wölbung

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 215 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

angelegt, welche jedoch nicht zur Ausführung gekommen, sondern durch eine Balkendecke ersetzt ist. Die dreitheiligen Spitzbogenfenster sind hoch und weit. Die Außenwände haben am Dachgesimse einen Fries von schwarz glasurten Ziegeln.

Der Thurm trägt außen rechts an der Thurmpforte im Westen eine Bauinschrift, welche mit vertieftem Grunde in die Ziegel eingeschnitten ist. Diese Inschrift besteht jetzt aus 7 Ziegeln und lautet:

Inschrift
d. i. Anno domini MCCCCXXXIX presens opus turris.

Die Inschrift ist offenbar nicht mehr vollständig und in ihrer ursprünglichen Gestalt. Die Ziegel 1, 2 und 7 , welche von rother Ziegelmasse sind, scheinen älter und mehr verwittert zu sein; die Ziegel 3, 4, 5 und 6 sind von gelber Ziegelmasse, weniger fest geschnitten und anscheinend jünger, als die 3 andern Ziegel. Die Inschrift ist also gewiß schon einmal restaurirt und mag ursprünglich: Anno domini MCCCCXXXIX presens opus turris [consummatum est] gelautet haben. So viel wird aber gewiß sein, daß der Thurm im Jahre 1439 vollendet, und hieraus wird hervorgehen, daß die Kirche nicht lange vorher gebauet ist. Der Thurm scheint übrigens gelitten zu haben und in jüngern Zeiten restaurirt worden zu sein, da in den obern Theilen Verhältnisse sichtbar sind, welche offenbar der Renaissance= oder einer jüngern Zeit angehören. Vielleicht ist die Kirche im 16. Jahrhundert ausgebrannt und bei der Gelegenheit das Gewölbe und die Thurmspitze eingestürzt. Jedenfalls stammen Kirche und Thurm nicht aus der Zeit der Erbauung der Stadt, welche im Jahre 1281 durch Verlegung der Stadt Alt=Kalen in das Dorf Buggelmast, welches jetzt Neu=Kalen genannt ward, gegründet worden ist (vgl. Jahrb. XII, S. 459 flgd.).

Dicht über der Inschrift sind 6 Ziegel eingemauert, in deren jeden 3 Verzierungen von hübschen gothischen Rosetten und verschiedenen Blattformen eingedrückt sind, in der Mitte eine runde Rosette, zu beiden Seiten 2 schildförmige Blätter.

Die Kirche besitzt noch einen sehr großen, fast die ganze Breite und Höhe der Kirche füllenden, sehr reich und fleißig geschnitzten Altar im Renaissancestyl mit der Jahreszahl 1610, wie so gute im Lande selten sind, welcher freilich nicht zum Bau stimmt.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 216 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Boizenburg

hat wenig Bemerkenswerthes, muß aber doch, als die Kirche einer Stadt der früh germanisirten Grafschaft Schwerin, eine kurze Beschreibung finden, da man diese suchen wird. Die ganze Kirche erscheint in Fenstern, Thüren, Gewölben u. s. w. als ein Bau des Spitzbogenstyls, vielleicht aus dem 14. Jahrhundert, welcher aber durch Brände, namentlich durch den Brand von 1709, so sehr gelitten hat und darauf durch An bauten und unförmliche, massenhafte Strebepfeiler so sehr entstellt ist, daß von dem ursprünglichen Style nicht viel mehr zu erkennen ist. Durch den großen Stadtbrand vom 18. Oct. 1709 wurden auch "die Mauern der Kirche ganz zerstört ", nachdem die Kirche nach den Verwüstungen und Bränden des 17. Jahrhunderts "bald vollends wieder bearbeitet gewesen war ". Nach dem Brande von 1709 lag die Kirche in Ruinen Jahre lang wüst. - Das Schiff ist aus Ziegeln ungefähr im 14. Jahrhundert im Spitzbogenstyle erbauet, hat aber im vorigen Jahrhundert an den Seiten einem Kreuzschiffe ähnliche Anbauten erhalten, durch welche nicht allein die Wände, sondern auch die unfertig und unverhältnißmäßig an die Pfeiler gesetzten Gewölbe vielfach verändert sind. Der ein Gewölbe breite Chor ist in der Anlage freilich alt, von Feldsteinen mit Ziegeln erbauet, hat aber schon früh große, spitzbogige Fenster in Ziegeleinfassung erhalten und ist durch die Brände sehr baufällig geworden, so daß er von massenhaften, unförmlichen Strebepfeilern umlagert ist, um ihn zu halten. Die südliche Chorwand hat noch einen Rest von einem alten Ziegelfriese in Kleeblattform, einem Dreipaß ähnlich, von ungefähr sechs Bogen, welche aber ganz vermauert sind und nur mit der Oberfläche hervorscheinen. Dies ist aber auch alles Alte, was sich an und in der Kirche findet. Das Ganze bildet ein großes Gewirre von verschiedenen Formen; die wenigen Reste des älteren Baues erscheinen als Ueberreste im Spitzbogenstyl. Altes Mobiliar hat die Kirche gar nicht. Altar und Kanzel, beide etwas unförmlich, stammen aus dem vorigen Jahrhundert.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Gr. Tessin.

Das Kloster Sonnenkamp oder Neukloster ward 1275 October 1 zu Güstrow von den werleschen Herren Nicolaus, Heinrich und Johann mit dem Dorfe Tessin (Duscin) sammt dem See, dem Kirchlehn daselbst und dem Dorfe Minnitz (dat lutke dorp: Kl. Sien) begabt (Lisch Mekl. Urk. II, S. 59).

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 217 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die damals bereits stehende Kirche existirt heute nicht mehr, die jetzige stammt aus dem Ende des 15., ja vielleicht erst aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts: für jenes sprechen die guten Verhältnisse der Gesammtanlage , für dieses die Nüchternheit der Details und die nachlässige Arbeit.

Die Kirche hat fünf Gewölbejoche und einen aus dem Achteck gebildeten fünfseitigen Chorschluß; Schiff und Chor spielen gleich. Die Dienste bestehen aus starken Dreiviertel Säulen oder Stäben, nur nach Westen hin sind die letzten Halbsäulen anscheinend, weil jene ausgegangen waren. Die Füllungsmauern haben weite Blenden mit rechteckigen Schmiegen. Die Kragsteine der Gewölbe sind vielseitig. Die Fenster sind einpfostig, mit Ausnahme desjenigen hinter dem Altare, welches zweipfostig ist. Ehemals war der Zwickel über den Pfosten ausgefüllt und mit einem Rundfenster oder einer runden Blende belebt, wie man an einem Fenster über dem Leichhause noch sehen kann; auf der Nordseite fehlt ein Fenster, da dort die Sacristei angebaut werden sollte. Die Pforten sind, mit Ausnahme der innern Thurmpforte, welche rundbogig ist, im Spitzbogen gewölbt. Die Gliederung ihrer Schmiegen ist durch einen vollkantigen Stein zwischen zwei im Viertelkreise abgerundeten gebildet. Solche der letzteren Art bilden auch die äußeren Fensterschmiegen, während die Pfosten vollkantig sind, so wie auch das oberste Glied des Dachgesimses, dessen beide unteren aus vorgekragten, vollkantigen Steinen bestehen. Am Chore findet sich ein gutes Fußgesims und ein Kaffsims. Vom Thurme ist nur der Unterbau in Feldsteinen roh ausgeführt.

Die Kanzel ist über dem Roccoco=Altare angebracht; Gestühl und Orgel sind ordinäre Tischlerarbeit. Auf dem Altare stehen einfache, aber vorzügliche messingene Leuchter.

Eine große Seltenheit hat sich aber in der Kirche erhalten, nämlich ein Tabernakel, deren bis jetzt nur fünf im Lande bekannt sind, nämlich zu Doberan, Hansdorf, Lichtenhagen, Rethwisch und in der H. Kreuz=Klosterkirche zu Rostock (Jahrb. XIV, S. 351; XVIII, 297; XIX, 394, 395; XVIII, 296). Die Grundfigur desselben ist vierseitig bis in die Spitze hinauf; der Fuß ist achteckig mit Ringen. Ueber dem Schränkchen erhebt sich vierseitig eine abgestumpfte Spitzsäule. Jede Seite derselben ist durch ein Queerband in zwei Abtheilungen gebracht, von denen die obere kleiner ist, als die untere, und diese Abtheilungen sind mit durchbrochenem Maaßwerk gefüllt: meist Fischblasenmuster, wie es die letzte Zeit der mittelalterlichen Kunst an wendete. Ein Spitzdach oder Helm schließt das Ganze. Das Tabernakel hat sehr gelitten, würde sich aber

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 218 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

doch noch sehr gut wieder restauriren lassen, um so eher, da es nicht vergoldet, sondern bemalt war, wovon noch schwache Reste zeugen. Jedenfalls ist es ungefähr gleichzeitig mit der Kirche entstanden. Das Ganze ist 20 - 22 Fuß hoch.

Wegen Beschädigung zurückgesetzt, aber gleichfalls ohne große Kosten wieder herzustellen, steht hinter dem Altare eine Gruppe, den Kampf des S. Jürgen mit dem Lindwurme darstellend. Sie besteht aus der zu befreienden Jungfrau, dem Drachen und dem h. Ritter zu Pferde, Figuren, die außerordentlich viel Leben haben. Vielleicht war dieser Heilige Schutzpatron der Kirche.

Im Leichhause steht ein vollständiges, wenn auch einfaches Tauf=oder Weihwasserbecken.

Die beiden Glocken, welche die Kirche hat, sind sehr alt. Die Inschriften oben um dieselben sind in reich ornamentirten, gothischen Majuskeln durch Einritzen auf dem Modelle hervorgebracht, stehen also auf den Glocken verkehrt. Auf der einen Glocke steht:

Inschrift
d.i. Criste, o rex glorie veni cum pace.

Auf der Fläche steht ein großes, reich verziertes A .

Die Inschrift der zweiten Glocke lautet:

Inschrift
d. i. Ave, Maria, gracia plena. Criste (?)

Auf der Fläche steht:

Inschrift , d. i. Osanna,

und ein großes O in der Weise, wie es mit A als Alpha und Omega zusammengestellt wird (Otto archäol. Wörterb. Fig. 87). Nach den Formen der Buchstaben, besonders des zweiten N in dem Worte Osanna, dürften sie in die Zeit um das Jahr 1300 fallen.

C. D. W.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Biestow

bei Rostock ist eine Feldsteinkirche mit Ziegeleinfassungen an Thüren und Fenstern.

Der Chor bildet ein Quadrat, welches von einem Gewölbe mit acht Rippen bedeckt ist; die Gewölbekappen ruhen an den Seitenwänden auf runden Ansätzen. In den Wänden stehen hinter dem Altare drei, in jeder Seitewand zwei gekuppelte Fenster im Uebergangsstyle. Die Pfeiler der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 219 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Fenster in den Seitenwänden sind in neuern Zeiten ausgebrochen und dafür viereckige Fenster mit einem Balken über denselben eingesetzt; jedoch sind im Innern noch Reste von diesen Pfeilern mit den Wölbungen vorhanden.

Das Schiff, ein Bau im alten Spitzbogenstyl, ist auf Wölbung angelegt, dreischiffig und zwei Gewölbe lang; die Wölbung ist jedoch nicht ausgeführt, sondern das Schiff mit einer Bretterdecke bedeckt. Die Pfeiler sind rund , wie Säulen; eben so sind die Gurtbogen und die Gewölbeansätze an den Seitenwänden rund. Dies ist allerdings sehr selten und merkwürdig und wohl eine Reminiscenz aus alter Zeit. In der Anlage gleicht diese Kirche aber den übrigen Kirchen zwischen Doberan und Rostock.

Das ganze Mobiliar, mit Altar und Kanzel, ist aus der Zeit des Zopfstyls und werthlos. Die vordere Seite des Altartisches ist mit einem auf Holz gemalten Antipendium bekleidet; die Holzbekleidung ist noch vorhanden, die Malerei aber gänzlich verschwunden; hin und wieder sind noch ganz kleine Stückchen von dem ehemaligen Kreidegrunde vorhanden, das ganze Brett ist aber mit schwarzer Farbe übermalt und daher auch nicht einmal die Art der Malerei mehr zu erkennen. Dieses Antipendium bildet ein Seitenstück zu dem Antipendium von Dänschenburg; vgl. Jahrb. XXIV, S. 349.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Zapel.

Die Kirche zu Zapel bei Crivitz ist, wie das Filial Ruthenbeck, ein sehr einfacher, kleiner Bau, ohne besondere architektonische Bedeutung. Die Kirche bildet ein kurzes Oblongum mit einer dreiseitigen Altarnische und hat einen kleinen hölzernen Thurm oder Glockenstuhl. Die Wände sind von Feldsteinen und Ziegeln gemischt gebauet; die Hauptmassen sind von Feldsteinen; die Pforten und Fenster mit ihren Einfassungen, die Strebepfeiler, hin und wieder einzelne Stücke der Wände und die Wandbedeckungen sind aus Ziegeln. Die schmalen und kurzen spitzbogigen Fenster, so wie die Pforten, haben eine vollkantige, mit einem Mauerstein rechtwinklig eingehende Schmiege, die Fenster sind ohne Stabwerk. Die Gewölbe sind nicht zur Ausführung gekommen. Die Kirche mag aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts stammen. Von Alterthümern bewahrt die Kirche nur die an einer Wand befestigte Mitteltafel eines kleinen Flügelaltars, dem schon die Flügel fehlen, von ziemlich guter, jedoch junger Arbeit.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 220 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Tafel hat nur eine Größe von 3 bis 4 Fuß im Quadrat. In der Mitte steht ein Crucifix mit Maria und Johannes Ev. zu den Seiten; zur rechten Seite steht der H. Martin der mit dem Schwerte den Mantel zertheilt, zur linken die H. Anna mit der Maria auf dem rechten Schooße; der linke Arm fehlt. Die Kirche steht zur Restauration.

G C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Ruthenbeck,

Filial von Zapel, ist ganz wie die Mutterkirche zu Zapel gebauet und eben so groß; ohne Zweifel sind beide Kirchen zu derselben Zeit und von demselben Baumeister gebauet. Die Kirche ist bereits restaurirt. Im Thurmgebäude liegen die Ueberreste eines alten Flügelaltars, welcher aus dem Ende des 15. Jahrhunderts stammt, aber für diese Zeit ungewöhnlich gut ist, und überhaupt Kunstwerth hat. Einigermaßen erhalten ist nur die Mitteltafel. Diese enthält: in der Mitte die Krönung der Jungfrau Maria in großen Figuren (vielleicht 2/3 Lebensgröße), zur Rechten Maria, zur Linken Christus segnend. Auf jeder Seite sind zwei kleine Nischen, in deren jeder eine kleine Heiligenfigur steht: zur rechten, oben: die H. Katharina mit dem Rade, unten: der H. Alexander in Rüstung, mit dem Kirchenmodell auf dem Arme; zur linken, oben: der H. Nicolaus (?), ein Bischof, unten: der H. Georg. Also:

H. Katharina.              H. Nicolaus.
Maria Christus.             
H. Alexander. H. Georg.

Dieses Stück ist auch schon stark beschädigt; die Christusfigur mit einem Stücke der Hinterwand liegt ausgebrochen daneben. Von den Flügeln ist nur wenig erhalten. Aus einem Flügel ist in frühern Zeiten der Schalldeckel der Kanzel gemacht, welcher noch geringe Reste der guten Vergoldung und Bemalung der Rückseite trägt. Von dem andern Flügel ist noch der Rahmen vorhanden und ein Brett mit 4 gut gearbeiteten Heiligenfiguren.

G. C. F.Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirchen zu Holzendorf und Müsselmow.

Die Kirche zu Holzendorf, auf einem hohen Standpuncte mit weiter Aussicht gelegen, ist ein iunger, schmuckloser Bau, ohne allen Kunstwerth, ungefähr aus dem Ende des 15.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 221 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahrhunderts. Die ganze Kirche bildet ein einfaches, niedriges Oblongum, ohne Gliederungen, aus Ziegeln, mit grader Altarwand, ohne Gewölbe; die spitzbogigen Thüren und Fenster sind rechtwinklig eingehend und ohne allen Schmuck. Dazu ist die Kirche durch geschmacklose Veränderungen sehr verunstaltet und überhaupt verfallen. An altem Mobiliar hat die Kirche nur eine jetzt über dem Altare stehende und theilweise zersägte, nicht schlechte Kanzel, welche in der ersten Hälfte des 17. Jahrhnuderts von Helmuth von Plessen auf Müsselmow geschenkt ist, und einen Kirchenstuhl von 1618. - Die Kirche ist in den letzten Jahren restaurirt und hat, da sie zu klein war, durch einen im Osten angebaueten Chor Vergrößerung erhalten.

Die Kirche zu Müsselmow, welche zu der ganz nahen Pfarrkirche zu Holzendorf gehört, ist ein ganz gleicher und kunstgeschichtlich eben so werthloser Bau aus derselben Zeit. An Mobiliar besitzt die Kirche nichts weiter als einen sehr mittelmäßigen, kleinen, geschnitzten Flügelaltar aus dem Ende des 15, Jahrhunderts und einen v. Plessen'schen Leichensteine ungefähr aus derselben Zeit. Beide Kirchen sind ohne Zweifel von den v. Plessen auf Müsselmow erbauet.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Dobbin.

Die Kirche zu Dobbin bei Krakow, Tochterkirche von Serrahn, ist ein einfacher, jedoch guter Bau, wahrscheinlich aus dem Ende des 13. oder dem Anfange des 14. Jahrhunderts. Sie bildet ein einfaches Oblongum, ohne irgend eine Ausbiegung. ohne Thurm und ohne Gewölbe. Sie ist ganz von großen, festen Ziegeln aufgeführt und hat zwar ein Granitfundament, jedoch noch einen Ziegelsockel, der sich durch eine einfache Abschrägung von unglasurten Ziegeln mit der Seitenwand verbindet. Die Seitenwand hat einen Fries von schwarz glasurten Ziegeln in Form eines Vierpasses gehabt; an der Nordseite sind noch einige Ueberreste davon erhalten, während die Südseite keine Spur mehr davon hat. Die östliche Wand hat einen schwarz glasurten Kleeblattbogen. Die beiden Giebel haben gute Verhältnisse und sind mit hohen Spitzbogennischen verziert. Die Pforten und Fenster sind im Spitzbogen ausgeführt und haben einfache, rechtwinklig eingehende Wandungen, ohne Schmuck. Die Wände der Kirche sind gut gebauet und erhalten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 222 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der alte, einfache, geschnitzte Flügelaltar ist zwar nur klein, aber von ziemlich guter Arbeit. Der Altar hat eine Mitteltafel und zwei vierfach getheilte Flügel, welche vorne mit qeschnitzten Figuren geschmückt sind.

Die Mitteltafel enthält in der vertieften, ungetheilten Mitte die Jungfrau Maria mit dem Christkinde in großer Darstellung. Die Seiten der Mitteltafel sind abgeschrägt und queer getheilt und enthalten an ieder Seite in zwei kleinen Nischen über einander folgende Darstellungen, In den jüngern Zeiten waren die Figuren, sowohl nach den Umrissen auf dem Hintergrunde, als nach dem innern Zusammenhange falsch gestellt; sie müssen in nachstehender Ordnung folgen und sind bei der Restauration im Jahre 1860 wieder in die alte Ordnung gebracht: oben, zur rechten: Gott Vater mit dem leidenden Christus im Schooße; oben, zur linken, die H. Anna mit der Maria neben sich und dem Christkinde auf dem Arme; unten, zur rechten: die H. Maria Magdalene, ohne Attribut, unten, zur linken: die H. Agnes, eine weibliche Heilige mit einem offenen Buche.

Das Mittelstück stellt also dem Anschauenden dar:

Gott Vater.    Anna.
Maria mit Christus.                
Maria Magdalene.               Agnes.

Die Flügel sind einmal queer und einmal senkrecht getheilt; jeder von ihnen enthält 4 Figuren.

Der Flügel zur rechten stellt dem Anschauenden folgende Figuren dar:

1. Apostel Johannes Ev. 2. Katharina.
3. Apostel Jacobus d. ä. 4. Barbara

Der Flügel zur linken hat folgende Figuren:

5. Margaretha. 6. Apostel Petrus.
7. Dorothea. 8. Apostel Paulus.

1. Der Evangelist Johannes ist deutlich.

2. H. Katharina, Gekrönte weibliche Heilige mit offenem Buche; das Attribut fehlt.

3. Der Apostel Jacobus d. ä. mit Pilgerhut und offenem Buch.

4. H. Barbara. Gekrönte weibliche Heilige mit einem Thurm neben sich.

5. H. Margarethe. Gekrönte weibliche Heilige, in der Hand eines Kreuzes haltend, von dem das Attribut selbst abgebrochen ist.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 223 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6. Der Apostel Petrus ist deutlich. Die rechts Hand mit dem Schlüssel ist abgebrochen.

7. H Dorothea. Gekrönte weibliche Heilige mit Korb.

8. Der Apostel Paulus mit einem Schwerte.

Der Goldgrund der Hinterwände ist durch Radirung gemustert und dem Hintergrunde des Altars von Bützow ähnlich, welcher im Jahre 1503 vollendet ist. Hiernach und nach dem ganzen Style würde ich den Altar ungefähr in das Jahr 1500 setzen.

Von den Rückwänden der Flügel ist jede mit einer großen Figur bemalt: der Flügel zur rechten enthält Johannes den Täufer mit dem Lamm auf einem Buche im Arme, der Flügel zur linken: die Maria mit dem Christkinde auf dem Arme. Die Malerei ist gut, in dem Style des Anfangs des 16. Jahrhunderts, aber schlecht erhalten.

Auf dem Altare steht ein kleines, altes Crucifix.

Predelle und die entstellenden und ungehörigen Seitenverzierungen und Krönungen des Altars sind ungeschlachte Handwerksarbeiten neuerer Zeit. Auf den Goldgrund der Vorderwand ist plump "1698. 6. Junii" gemalt, ohne Zweifel zur Bezeichnung dieser abscheulichen "Restauration".

Sonst enthält die Kirche nur noch ein verstümmeltes, kleines Crucifix und eine Heiligenfigur.

An der Wand neben dem Altere hängt ein hölzernes Epitaphium auf die im Jahre 1746 ausgestorbene alte adelige Familie Barold, deren uralter Stammsitz Dobbin war. Die Tafel ist bemalt. In der Mitte ist ein Crucifix, neben welchem 5 männliche und 4 weibliche Figuren, die Aeltern mit den Kindern, knieen. Nach dem Styl der Malerei und der Tracht stammt die Mitteltafel aus dem Ende des 16. Jahrhunderts.

Auf die Pilaster sind folgende Ahnenwappen gemalt:

Barold Kardorf
Stockfleth               Adrum
Pinnow Oldenburg
Linstow  Schmecker

Kirche und Altar sind in den neuesten Zeiten restaurirt.

G. C. F. Lisch.     

Die Kirchen zu Kuhlrade und Zeplins= oder Rostocker=Wulfshagen

sind schlechte Kirchen von Fachwerk, ohne irgend einen bemerkenswerthen Schmuck oder alterthümliches Mobiliar.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 224 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Kirchen zu Bütow, Karchow und Priborn

sind, nach des Herrn Candidaten Hänselmann, früher zu Ludorf, jetzt zu Braunschweig, Mittheilung, nur einfache Fachwerkgebäude, ohne nennenswerthe Eigenthümlichkeiten.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wölbung des Chorgewölbes der Kirche zu Grubenhagen mit Kalktuff.

Bei der im Jahre 1861 vollendeten Restauration der im Uebergangsstyle aus Granitfeldsteinen erbaueten Kirche zu Grubenhagen (vgl. Jahresber. VIII, S. 129) mußte der Ostgiebel des Chores erneuert werden. Bei dieser Gelegenheit machte man die Beobachtung, daß das Gewölbe des Chores von sehr harten, porösen, leichten, graubraunen Bruchsteinen aufgeführt ist, von denen mir der Herr Erblandmarschall Freiherr v. Maltzan auf Gr. Luckow und der Herr Baumeister Krüger zu Schwerin Stücke mittheilten. Die einzelnen Steine sind mitunter sehr groß; so z. B. liegt vor mir ein Stück von 7 Zoll Länge und Breite und 6 Zoll Dicke. Das Gestein ist kalkig, mit Eisentheilen durchzogen und ungewöhnlich poröse und enthält viele versteinerte Pflanzenabdrücke und in den Poren Nester von kleinen grauen Kalksteinnieren; dabei ist es ausnehmend fest und hart; es eignet sich also vorzüglich zu Gewölbebauten, um so mehr, da es seit gewiß 600 Jahren unverändert geblieben ist. Nach der Bestimmung des Herrn Professors Dr. Schulze zu Rostock ist das Gestein ein Kalksinter aus Süßwasserkalk. Hiemit stimmt denn auch die so eben von dem Herrn Baumeister Koch zu Dargun in dem Archiv für Naturgeschichte Meklenb., Jahrg. 15, S. 218 flgd., veröffentlichte Entdeckung zweier Kalktufflager bei Teterow und Gorschendorf überein, nach deren Beschreibung die Gewölbesteine von Grubenhagen den Lagern bei Teterow völlig gleich sind. Da nun Grubenhagen etwa nur 1 1/2 Meilen von Teterow entfernt ist, so können die Gewölbesteine bei Teterow gebrochen und nach Grubenhagen geführt sein, wenn sich nicht auch in der Nähe von Grubenhagen, in der Umgebung der kalkreichen Ufer des malchiner Sees, ein gleiches Kalktufflager findet.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Altar der Kirche zu Röknitz.

Der Altar der Kirche zu Röknitz bei Dargun ist ein kleiner, einfacher Flügelaltar und stammt aus dem ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts. Der gemusterte goldene Hintergrund,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 225 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der in gemalten Franzen endigt, das Schnitzwerk der Baldachine und die ganze architektonische Einrichtung sind dem Altare der Kirche zu Bützow von 1503 und andern gleichzeitigen ähnlich; aber die schon moderne Auffassung mancher Heiligen, die oft etwas verschrobenen Gestalten, die manierirten Falten der Gewänder und die perspectivische Anordnung der Mittelgruppe, welche an den großen Altar der Pfarrkirche zu Güstrow erinnert, deuten auf eine noch jüngere Zeit. Der Altar ist an Schnitzwerk und Gemälden ziemlich gut erhalten.

Die Mitteltafel enthält in stark perspectivischer Anordnung mit vielen Figuren, sogar zu Pferde, die Kreuzigung Christi. Die Mitte bildet der Berg Golgatha. Auf dem Berge ist die Kreuzigung Christi. Unten am Berge ist zur Rechten Maria im Schmerze mit ihrer Umgebung, zur Linken die Würfelung um den Rock Christi durch die Kriegsknechte dargestellt.

Noch auf der Mitteltafel stehen an jeder Seite der Kreuzigung zwei Heiligenfiguren unter Baldachinen unter einander:

zur Rechten:

oben: Maria mit dem Christkinde;
unten: die H. Katharine (?), mit einem Buche auf dem linken Arme und dem Griffe eines jetzt abgebrochenen Schwertes in der rechten Hand;

zur Linken:

oben: (H. Hermenegildus?) ein bärtiger Heiliger, mit einer Krone auf dem Haupte, mit einem Deckelbecher in der rechten und einem Beil in der linken Hand, mit einem grünen Drachen mit Frauenkopf unter den Füßen;
unten: (H. Christoph?) ein unbärtiger, älterer Heiliger, mit einem Hute auf dem Haupte, hebt sich mit der rechten Hand das Gewand bis gegen die Hüfte auf, so daß das mit einem großen Wasserstiefel bekleidete Bein sichtbar ist; zu seiner Seite strebt ein Kind zu ihm empor.

Diese beiden Darstellungen sind ungewöhnlich, selten und wohl schwer zu bestimmen.

Die Flügel enthalten die 12 Apostel:

    zur Rechten:
oben: Paulus mit (Schwert)griff und Buch,
Petrus mit Schlüssel,
Johannes mit Kelch,
unten:     Jacobus d. ä. mit Tasche und Hut,
Matthäus mit Beil und Buch,
Jacobus d. j. mit Walkerstange;
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 226 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
    zur Linken:
oben: Bartholomäus mit (Messer)griff,
Andreas mit Schrägekreuz,
Thomas mit Buch, ohne anderes Attribut,
unten:     Thaddäus mit (Keule und) Hut auf der Schulter,
Philippus (mit Doppelkreuz),
Simon (mit Säge).

Die Säume der Gewänder haben mitunter Inschriften und Namen. Auf dem Untergewande des Jacobus steht z. B.: IVEKBHNV.

Die Gemälde auf den Rückseiten der Flügel, welche ziemlich gut erhalten sind, stellen die Geschichte der H. Anna dar:

zur Rechten, oben: Joachim, der Mann der Anna, wird mit dem Opfer zurückgewiesen;

zur Linken, oben: der Engel Gabriel erscheint dem in die Wüste entwichenen Joachim;

zur Rechten, unten: Anna findet ihren Mann vor der goldenen Pforte Jerusalems;

zur Linken, unten: die Geburt der Maria.

Die Predelle fehlt.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Altar der Kirche zu Witzin.

Der Altar der Kirche zu Witzin ist ein nicht sehr umfangreiches Werk aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts, welches freilich an manchen Stellen viel gelitten hat, jedoch noch ziemlich erhalten ist; er stimmt in Styl und Architektur, namentlich auch in dem gemusterten Goldgrunde mit dem aus dem Jahre 1503 stammenden Altare der Kirche zu Bützow überein und ist vielleicht von demselben Meister. Der Altar hat eine Mitteltafel und doppelte Flügel.

Auf der Mitteltafel steht auf einer zurückspringenden Wand die gut gearbeitete Jungfrau Maria in der Sonne und auf dem Halbmonde, mit dem Christkinde auf dem Arme; zu beiden Seiten schweben anbetende Engel. Vor schmalen, schrägen Wänden stehen zu jeder Seite der Maria zwei Heiligenfiguren unter Baldachinen über einander:

zur Rechten:

oben: ein Apostel (Matthäus), mit Bart, mit einer Kappe auf dem Haupte, mit einem offenen Buche im linken Arme; der rechte Arm mit dem Attribute (einer Hellebarde oder einem Beil mit langem Griff) ist abgebrochen;

unten: ein Apostel (Thomas), ohne Bart, mit einem offenen Buche im linken Arme, die rechte Hand mit dem Attribute (einer Lanze) ist abgebrochen ;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 227 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zur Linken:

oben: Johannes der Täufer,
unten: der Apostel Jacobus d. ä.

Die Flügel sind queer getheilt und enthalten in jeder Abtheilung zwei Heiligenfiguren, nämlich in der Folge von der Linken zur Recht in der Ansicht:

der Flügel zur Rechten:

oben: die H. Barbara mit Thurm,
den Apostel Petrus, mit dem Griffe eines abgebrochenen Schlüssels in der rechten Hand und einem offenem Buche im linken Arme;
unten: die H. Katharine mit Rad und Schwert, den Apostel Thaddäus mit Keule;

der Flügel zur Linken:

oben: Gott Vater mit Christus im Schooße, die H. Anna mit Maria und Christus;
unten: die H. Maria-Magdalene mit Salbenbüchse, den Apostel Johannes Ev. mit Kelch.

Die ganze Darstellung ist also folgende in der Ansicht:

Barbara. Petrus. Matthäus. Johannes d. T.         Gott Vater. Anna.
Maria,
Katharina. Thaddäus.           Thomas. .Jacobus d. ä. Maria Magd Johannes Ev.

Die Flügel sind mit Heiligenfiguren bemalt gewesen, aber im vorigen Jahrhunderte auf eine abscheuliche und abschreckende Weise übermalt. Die Predelle stammt aus den neueren Zeiten und ist schlecht. Dieser Altar ist also in der Darstellung dem Altare von Dobbin ähnlich; vgl. oben S.222.

Der Altar ist bei der Restauration in den letzten Jahren zurückgesetzt.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Hochaltar der S. Georgen=Kirche zu Parchim.

In den Jahrbüchern XXIII, S. 371, ist der durch die Zeit Anfertigung, den darüber abgeschlossenen Contract und die urkundliche Beschreibung wichtige Altar der S. Georgen=Kirche zu Parchim behandelt. Seitdem sind einige Entdeckungen gemacht, welche so viel Wichtigkeit haben, daß sie eine Besprechung verdienen.

1) In den Jahrbüchern a. a. O. sind bei der Beschreibung des Altars zu Parchim auch die in dem Coutracte über die Anfertigung des Altars gebrauchten Kunstausdrücke für die Nischen, in welchen die Heiligenbilder stehen, behandelt. Es

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 228 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

werden dafür in dem Contracte vom Jahre 1421 die Ausdrücke: "husete, pilre, simborien und maschelrygen" gebraucht. Ich habe a. a. O. die Wörter: husete durch Nischen im All gemeinen, pilre durch Strebepfeiler, simborien durch Baldachine, maschelrygen durch Attribute der Heiligen erklärt. Die Erklärungen der ,drei ersten Wörter mögen wohl richtig sein; das Wort maschelryge habe ich durch Geräth erklärt und von dem mittellateinischen massaritia (hergeleitet von latein. mansio, französisch maison) abgeleitet: dies wird aber nicht richtig sein. In Veranlassung einer wichtigen Beweisstelle glaube ich eine andere und bessere Erklärung geben zu können.

Das Stammwort des Ausdruckes maschelryge ist wahrscheinlich das lateinische Wort macellum: Fleisch, macellarius: Fleischer, altfranzösisch macellerie, italienisch macello: daher altitalienisch macellerie: Sculptur. Der Hauptbegriff scheint der des Zerhackens gewesen und später der des Meißelns geworden zu sein. Es scheinen damit die deutschen Formen: metzger, steinmetz, metzeln, meißeln zusammenzuhangen. Jedenfalls scheint der Ausdruck für Meißelarbeit, Sculptur, Schnitzwerk gebraucht zu sein. Die Ableitung des Wortes und der etymologische Zusammenhang der verschiedenen Formen in den verschiedenen Sprachen möge aber sein, welcher er wolle, so liegt doch über die Bedeutung des Wortes maschelryge eine andere, gleichzeitige, urkundliche Stelle vor, welche keinen Zweifel über die Erklärung zuläßt. In einer Vidimations=Urkunde des Rathes der Stadt Malchin, vom 11. Mai 1423 (gedruckt in Masch Geschichte der Familie von Kardorf, S. 301) wird das Siegel des Herzogs Albrecht von Meklenburg, Königs von Schweden, also beschrieben:

"an deme inghezeghele was schilt und helm, an deme schilde stunden dre cronen, oppe deme [helme] stunden twe horne mit twelff banreken v.. en klente, dar ghynk umme vnde umme den schilt, als uns duchte, masselryewerk , dar see mede gheziret weren, vnde de schrifft, de dar umme gynk, de ludde aldus: Secretum Alberti dei gra Sweoru Gotoruque regis."

Da dieses Siegel nun noch in vielen Exemplaren vorliegt, so kann eine Erklärung gar nicht fehlgreifen. In dem Siegel war Schild und Helm; um beide ging "Masselryewerk". Nun ist aber auf den Originalsiegeln außer Schild und Helm nichts weiter (innerhalb der Umschrift) als sehr feines Rankenwerk zur Verzierung. Daher wird auch gesagt, daß um Schild und Helm Masselryewerk ging, womit sie

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 229 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"gezieret" waren; da dieses Rankenwerk auf dem Siegel aber sehr fein und bei schlecht ausgedrückten Siegeln kaum zu erkennen ist, so ist bei der Beschreibung des "Masselryewerkes" sehr bezeichnend hinzugefügt : "als uns duchte" (wie uns däuchte, wie es schien). Es leidet also gar keinen Zweifel, daß das Wort maschelrye = Rankenverzierung, Verzierungsschnitzwerk, Ornament, im Allgemeinen bedeutet.

2) Ueber die Anfertigung eines ähnlichen Altares ist ein ähnlicher Contract in (Lingke) Marienkirche zu Liegnitz , Liegnitz 1828, S. 125, vgl. S. 62, entdeckt. Im Jahre 1481 ließen die Rathmänner der Stadt Liegnitz für die Marienkirche zu Liegnitz ein Altarbild zu dem im Jahre 1460 geweiheten Hochaltare machen und schlossen darüber einen Contract. Die Herstellung dieses Altars ward ebenfalls von einem Maler, dem Maler Nicolaus Schmid zu Breslau, übernommen. Der Altar sollte ein Flügelaltar mit doppelten Flügeln sein, 10 Ellen breit. In die Mitteltafel und in die Flügel sollte er "machen geschnetene Bilde, dy do alle mit gutem feinem Golde sollen angetragen werden." Auf den ersten Flügeln sollten "gemelde sein und angetragen werden mit "schönem geferbeten golde." Die äußern Flügel sollten enthalten "gemelde und angetragen werden mit gut ölfarbe." Der Altar ist noch weiter beschrieben. Für diesen Altar sollte der Maler 270 ungarische Gulden erhalten. Der Rechtsstreit, der über den Altar entstand, weil der Maler vor der Vollendung desselben starb, ist a. a. O. mitgetheilt. Dieser alte Altar ist im Jahre 1770 als baufällig abgebrochen.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die heiligen Geräthe der Kirche zu Karlow.

Die Kirche zu Karlow ist zwar im Jahresbericht VII, S. 72, schon beschrieben, bedarf aber in Vergleichung zu den übrigen

Kirchen des Fürstenthums Ratzeburg

noch einer besonderen, vergleichenden Erwähnung. Nach den Beobachtungen des zuverlässigen Herrn Pastors Masch zu Demern ist die Kirche zu Karlow die einzige Kirche im Fürstenthume, welche von Feldsteinen (Granitgeschiebe) aufgeführt ist, während alle andern Kirchen von Ziegeln gebauet sind. Dies ist ein neuer Beweis für meine Erfahrung, daß im Bisthume Ratzeburg der Ziegelbau vorherrschend ist, während sich in dem (etwas später zur Entwickelung gekommenen) Bisthume Schwerin mehr Feldsteinkirchen finden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 230 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Kirche zu Karlow besitzt zwei seltene, alte Kirchengefäße, einen Kelch und eine Patene.

Der Kelch ist sehr kräftig gearbeitet. Auf dem Fuße steht auf vertieftem Grunde mit erhabenen Majuskelbuchstaben (in Messingschnittmanier mit vertieftem Grunde) die Inschrift:

Inschrift

d. i. Hoc vas pocula vitae de vera vite fert.

= Dieser Kelch bringt den Trank des Lebens vom wahren Weinstock.

Die symbolische Beziehung in dieser Inschrift liegt in dem zwei Male vorkommenden Worte uite oder vite, welches an der ersten Stelle nach damals allgemein herrschender Schreibweise (e statt ae) der Genitiv vitae (des Lebens) von vita, an der zweiten Stelle der Ablativ vite (von dem Weinstock ) von vitis ist. Das Wort vas heißt im Mittelalter nicht selten: Kelch, und wird z. B. auch oft zur lateinischen Bezeichnung des kelchförmigen Tauffasses gebraucht. Die Majuskelbuchstaben sind kräftig, derbe und breit und nicht fein, auch etwas leichtfertig gearbeitet, wie z. B. F c RT statt F e RT dasteht. Der Queerstrich im A ist nach unten gespitzt. Nach allen diesen Zeichen stammt der Kelchfuß jedenfalls aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

Der Griff scheint etwas jünger zu sein, da auf den Knöpfen schon in Minuskelschrift der Name

Name

steht.

Auf dem Fuß ist eine Platte befestigt, in welche das schwedische Wappen gravirt ist mit den Buchstaben:

E. P. S.
H. Z. M.
d. i. Elisabeth Princessin von Schweden
Herzogin Zu Meklenburg.

Also schenkte ohne Zweifel die Herzogin Elisabeth (1581 -1592), Gemahlin des Herzogs Christoph von Meklenburg, Administrators des Bisthums Ratzeburg, diesen alten Kelch der Kirche.

Die Patene ist sehr alt und sehr sauber gearbeitet, hat jedoch am Rande einen Riß und eine Verbiegung, wahrscheinlich aus Kriegszeiten. Auf der innern Fläche ist ein Lamm mit einer Siegesfahne gravirt dargestellt. Auf dem Rande steht folgende Inschrift:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 231 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Inschrift

Dies sind zwei leoninische Hexameter:

In domini mensa quid tractas, sedulo pensa,
Vivere sive mori facit hoc, quod porrigis ori.

d. i. Was du am Tische des Herrn beginnest, erwäge bedächtig,
       Leben oder auch Tod bringt das was du reichest dem Munde.

Die Inschrift in großer, schöner Majuskelschrift ist einfach, aber sauber und genau gravirt. Nach dem Charakter der Buchstaben ist die Inschrift am Ende des 13. Jahrhunderts oder spätestens im Anfange des 14. Jahrhunderts gemacht. Die Buchstaben sind noch eingegraben (in Stichmanier). Die Majuskelbuchstaben sind zwar schon elegant, jedoch sind die Formen noch sehr rein und es kommt in dem Worte TR A CT A S noch ein offenes C vor, während sonst das jüngere c geschlossen ist. Jedenfalls ist die Patene älter, als der Kelchfuß.

Auch besitzt die Kirche noch einen alten Taufkessel (Fünte) aus Granit, auf dessen Fuß derbe Menschenköpfe ausgehauen sind. Der Fuß steht neben der Kirche, die Schale liegt im Dorfe umgekehrt als Sitzbank. Der Herr Pastor Pumplün beabsichtigt, die Schale wieder auf den Fuß setzen zu lassen. Dieser Taufkessel scheint dem von Pokrent (vgl. Jahrb. VII, S. 72) ähnlich zu sein.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Böhmischer Kelch zu Vellahn.

Die Kirche zu Vellahn besitzt ein nicht uninteressantes Antiquitätenstück. Es ist dies ein silberner, innen und außen schön vergoldeter, mit gravirter und getriebener Arbeit reich verzierter Kelch, der am Rande des Fußes folgende Inschrift trägt:

ANIZKA ° SKOPCZOWA ° SSEBEROWA ° TENTO ° KALICH ° DALA ° KTOMVTO ° ZADVSSI ° S ° MIKVLASSE ° WHRNCZIRZICH ° KECZTl ° ACHWALE ° WELEBNE ° SWATOSTI ° TlELA ° AKRWE ° KRISTA ° PANA ° NASWVG ° WLA STNl ° GROSS ° VDIELATI ° LETHA ° M ° D ° XCVlII °

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 232 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Pastor und Senior Molnar zu Krischlitz im böhmischen Riesengebirge, der vor einigen Jahren den Kelch bei mir sah, erklärte die Inschrift für eine altböhmische und übersetzte sie so:

"Agnes Skopova von Seberow (Seberowa) ließ diesen Kelch für die Kirche St. Nikolaus in Hrntschitz (Hrnezirzich) zu Ehren und Lobe des hochwürdigen Sakraments des Leibes und Blutes des Herrn Christus auf eigene Kosten machen im Jahre 1598."

Pastor Moluar bemerkte dabei, daß in dem dritten Worte der Inschrift der Stecher einen Fehler gemacht habe, es müsse statt dessen S ° (oder Z ° ) SEBEROWA heißen. Ferner äußerte er, daß er sich nicht erinnern könne, je Orts= oder Familien namen, die mit den in der Inschrift genannten gleich oder ähnlich lauteten, in seiner Heimath vernommen zu haben. Endlich meinte er, aus dem Ausdruckn "Hochwürdiges Sakrament des Leibes und Blutes des Herrn Christus" unzweifelhaft abnehmen zu können, daß der Kelch einer Anhängerin der böhmischen Brüder sei geschenkt worden.

Wie und wann mag nun dieser Kelch nach Vellahn gekommen sein?

Vielleicht wurde er bei der großen Protestantenverfolgung, die 1621 in Böhmen stattfand und die böhmischen Brüder mit traf, von Vertriebenen mitgenommen; diese siedelten sich hier in der Gegend an, schlossen sich dieser lutherischen Gemeinde an und verehrten den Kelch der hiesigen Kirche. Jedenfalls war der Kelch schon 1653 Eigenthum der Kirche; denn in dem Inventarien=Verzeichniß des Kirchen=Visitations=Protokolls vom 7. Mai 1653 steht aufgeführt: "Ein silberner Vergüldeter Kelch mit einer solchen Patenen, darauf etwas gestochen in frömbder Sprache".

Die hier genannte, zu diesem Kelch gehörende Patene ist ohne alle Inschrift, trug aber vielleicht früher das Wappen der Geberin. Es befindet sich nämlich in dem sehr breiten Rande der Patene ein vollkommen rundes Loch von der Größe eines Achtschillingsstücks, welches offenbar nicht zufällig herausgebrochen, sondern mit Fleiß herausgeschnitten ist. Da nun nicht daran zu denken ist, daß diese muthwillige Beschädigung sollte geschehen sein, als Kelch und Patene schon im Besitz der hiesigen Kirche waren, so liegt die Vermuthung nahe, daß derjenige, der diese heil. Geräthe der hiesigen Kirche übergab, selbst vor der Uebergabe das Stück herausnahm. Vielleicht war er ein Nachkomme der ersten Geberin, ein von Seberow, und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 233 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wollte er dieses Stück (mit seinem Wappen?) als Schaustück oder als Amulet für sich und seine Nachkommen behalten.

(Während ich dieses schreibe, fällt mir ein, daß aus Seberow der in Meklenburg begänge Personenname Severus könnte geworden sein,)

Vellahn, im September 1858.

A. Tapp, Pastor,     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Glocken zu Leizen.

Die drei Klocken zu Leizen waren im Jahre 1859 zum Umguß bestimmt. Sie waren zu 1700 Pfund Gesammtgewicht veranschlagt. Die Inschriften hat der Herr Cand. Hänselmann zu Ludorf gelesen, jedoch in denselben manches unbestimmt gelassen, was hier in [ ] ergänzt ist, so wie die folgenden Inschriften dem Zusammenhange nach redigirt sind.

1) Die kleinste Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

Nach der Inschrift der großen Glocke hieß der Glockengießer Meister Peter. Daher ist das Wort Johannes, wenn es richtig gelesen ist, wohl nicht der Vorname zu Peter, sondern Johannes ist wohl der dritte Schutzpatron der Kirche, so daß angerufen werden: Jesus, Maria, Johannes, und hinter Johannes ein Punct gesetzt werden muß.

2) Die größte GIocke, welche auf dem Mantel die Bilder Christi mit einem Bischofsstabe (?) und der Maria in der Sonne trägt, hat die Inschrift:

Inschrift

Hier ist Jesus Maria der Name der Glocke, der öfter vorkommt. Die mittlere Glocke ist vom Jahre 1709 und trägt die Namen des Franz Leopold von Köln, des zweiten Gemahls einer verwittweten von Knuth, nebst dessen Wappen, so wie die Namen des Predigers, der Kirchenvorsteher und des Küsters.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Glocke zu Zielow

trägt die Inschrift, nach Mittheilung des Herrn Candidaten Hänselmann zu Ludorf:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 234 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Inschrift

Darunter stehen die Namen, sicher der Kirchenvorsteher:

Kirchenvorsteher

Die Glocke hat früher sicher einem andern Orte gehört, nach der Lesung an Stefenshagen ?, oder vielleicht Wredenhagen ? Für: her iacop goltemet, habe ich: her iacop goth mek (goß mich) gemuthmaßt. Das Wort: her, vor iacop ist auch verdächtig.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Glocke von Rosenow.

Eine im Jahre 1861 zum Umgießen bestimmte Glocke zu Rosenow bei Stavenhagen hat nach den Mittheilungen des Herrn Pastors Walter zu Kastorf am obern Rande folgende Inschrift:

Inschrift

Die Jahreszahl ist, nach eingesandten Zeichnungen und Abreibungen, sehr undeutlich und ungewöhnlich schlecht modellirt. Das Jahrhundert ist aber nach der Gestalt und nach der Anwendung der arabischen Ziffern ohne Zweifel 15; der Zehner ist aber nicht mit Sicherheit zu erklären. Ein öfteres Vor kommen des Glockengießers Hans Stofesant wird einst wohl zu der richtigen Bestimmung helfen können.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Glocke zu Brütz bei Goldberg.

Die kleine Glocke zu Brütz hat folgende Inschrift:

Inschrift

nach der Aufzeichnung des wailand Pastors Buchholz zu Mestlin.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 235 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Glockeninschriften zu Below.

Von den Glocken der Kirche zu Below, Filial von Techentin, bei Dobbertin, haben nach den Aufzeichnungen des forschenden Pastors Buchholz zu Mestlin (1754-1794) folgende Inschriften:

1) die große Glocke:

Inschrift

2) die mittlere Glocke:

Inschrift

3) die kleine Glocke:

Inschrift

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Glocke zu Barth.

Die kleinste Glocke der Kirche zu Barth, welche im dreißigjährigen Kriege aus der Kirche zu Lepelow nach Barth verkauft sein soll, hat folgende Inschrift in zwei Zeilen: Oben steht:

Inschrift

Darunter steht:

Inschrift

Im Anfange jeder Zeile steht ein Schild mit dem Wappen der Stadt Stralsund, einem Stral.

Eine zweite Glocke von Lepelow soll im dreißigjährigen Kriege an die Petri=Kirche zu Rostock gekommen sein. Dies ist aber nicht der Fall; denn alle Glocken der Kirche (mit Ausnahme der kleinsten) tragen die Nachricht, daß sie in den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 236 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1580ger Jahren (nach dem Brande von 1571) für die Petri=Kirche gegossen seien. (Nach der Mittheilung des Herrn Archivars Sohm zu Rostock.)

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der alte Taufstein des Domes zu Güstrow

ist wohl das größte Werk dieser Art in Meklenburg gewesen. Es ist nur noch die Schale von diesem alten Taufsteine ("Fünte") vorhanden, welche jetzt an die Außenseite der Thurmpforte gelehnt ist. Sie ist von röthlichem, festen Granit, auf der Außenseite mit schönen, einfachen Bogenverzierungen des romanischen Baustyls geschmückt und hat 5 Fuß hamburger Maaß im Durchmesser und 2 1/2 Fuß Höhe.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Thürbeschlag am Dom zu Güstrow.

Der im Jahre 1226 gegründete und in den ältesten Theilen im Uebergangsstyle erbauete Dom zu Güstrow hat im nördlichen Kreuzschiffe eine Pforte, welche noch ganz im roma nischen Style aufgeführt ist, so wie auch sämmtliche Giebelverzierungen dieses Theils noch romanisch sind (vgl. Jahresber. VIII, S. 99). Die Thür stammt sicher noch aus der Zeit der Erbauung, da der eiserne Thürbeschlag noch ganz im romanisirenden Style gehalten und vortrefflich gearbeitet ist, namentlich in den romanisch geschlungenen halben Lilien, die sich häufig finden. Der Thürring hängt in einem eben so alten bronzenen Menschenkopfe in Weinlaub; der Thürring selbst aber ist noch ein bronzener Kopfring aus der Heidenzeit, welcher hier zu einem andern Zwecke verwandt ist. Der ganze Thürbeschlag ist wahrscheinlich der älteste und einer der schönsten im Lande.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Alte Leichensteine der Kirche zu Dobbertin.

1.

An der Nordseite der Kirche liegt ein Leichenstein mit dem stehenden Bilde eines den Kelch consecrirenden Priesters unter einem gothischen Baldachin; am rechten Fuße steht ein Wappenschild mit drei aufgerichteten, auf dem Schildfuße stehenden Pfeilen, von denen die beiden äußern nur halbe Spitzen haben. Die Umschrift lautet :

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 237 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Umschrift

(Anno domini M CCCC decimo septimo (1417)
                                   obiit dominus Nicolaus Mezstorp, hujus
ecclesiae praepositus, cujus anima requiescat in pace. Amen.)

2.

An der Nordseite der Kirche liegt ein alter Leichenstein, dessen inneres Feld geebnet und zu einer Inschrift für die Conventualin Agnese Johanna von Plüskow, † 25. Dec. 1748 überarbeitet ist. Die alte, enge und geschnörkelte gothische Inschrift ist jedoch noch nicht verletzt und lautet:

Inschrift

(Anno domini MV c XVIII (1518), die epiphaniae domini transacto, hora quasi duodecima, tempore noctis, beatae memoriae obiit dominus nepos Henninghi, cujus anima requiescat in perpetua pace.)

In der Stelle: dominus nepos heninghi sind die Worte dominus und heninghi sicher; in dem Worte nepos ist der dritte Buchstabe p ausgetreten.

3.

An der Südseite der Kirche liegt allein ein Leichenstein: unter einem gothischen Baldachin steht eine betende Figur in bürgerlicher Kleidung, mit Bart, mit einem kurzen Schwerte zwischen den Beinen am Gürtel, mit einem Kreuze unter der Brust. Am linken Fuße steht ein vierspeichiges Mühlrad. An den vier Ecken stehen die Symbole der Evangelisten. Die Umschrift in klarer, gothischer Minuskelschrift aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, lautet:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 238 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Umschrift

Die Inschrift bildet offenbar vier Reimzeilen, wenn auch die Reime nicht rein sind. Aus dem Worte broder und dem Kreuze vor der Brust läßt sich schließen, daß Heinrich Glöwe ein Laienbruder des Klosters war. Heinrich Glöwe war ein Mühlenbaumeister (" en meyster molen to buwen "). Die Sage in Dobbertin erzählt, unter dem Steine liege "ein Müller und seine Frau"; dies ist offenbar ein Mißverständniß, indem man den Ausdruck: " vze leue vruwe " d.i. Unsere Liebe Frau, d.i. die Jungfrau Maria, fälschlich für eine Bezeichnung der Ehefrau des "Müllers" gehalten hat.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Alte rostocker Leichensteine.

In Jahrb. XV, S. 164, ist berichtet, daß zu den Bauten des Herzogs Johann Albrecht I. am Schlosse zu Schwerin mehrere alte Leichensteine verwandt sind, und namentlich ist dort die Beschreibung eines rostocker Leichensteins der Adelheid Hane gegeben. Zugleich ist a. a. O. bemerkt, daß der alte Altar der Schloßkirche auf alten Leichensteinen stehe. Beim Abbruch dieses Altars sind diese Leichensteine frei geworden; es sind ebenfalls rostocker Steine, ein ganzer und ein halber.

1.

Der ganze Leichenstein ist an einem Ende völlig abgetreten; alles Uebrige ist noch klar. In der Mitte sind zwei Wappenschilde eingravirt, heraldisch links mit einem Horne im Schilde und auf dem Helme, heraldisch rechts mit 3 Figuren, wie Becher mit Deckeln oder Weihrauchfässer, und 1 dergleichen auf dem Helme. Die Umschrift lautet:

Umschrift

unter den Wappen im Felde steht:

Inschrift
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 239 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Inschrift steht so, daß der erste Theil von oben her von der linken zur rechten ununterbrochen fortläuft; der zweite Theil steht auf der linken Langseite, von oben anfangend, von der Linken zur Rechten, gegen den gewöhnlichen Gebrauch. Die Inschrift heißt also aufgelöset:

│- - - - - [in vi]gilia circumcisionis domini obiit Johannes Hor │ ne, proconsul Rostockcensis │ - - feria tercia ante festum Michaelis obiit Margareta uxor. Orate deum pro eis.

2.

Der halbe Leichenstein hat in der Mitte einen Wappenschild mit zwei gekreuzten, abgehauenen Menschenbeinen und von der Umschrift noch die Worte:

Umschrift

d. i.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
dominus Marquardus [de] Westvalia, baccalarius in decretis et consul Rostockcensis.

Schwerin.

G. C. F. Lisch.     

3.

Die Altarplatte der Nicolaikirche ist ein alter Leichenstein, 9' 7" und 5' 2" groß, und hat die Inschrift:

Inschrift

(Anno domini MCCC [XXXX] II, in vigilia Dyonisii obiit Bernardus Copman consul.

Rostock.

T. Rogge.     

Bernhard Kopmann ist wahrscheinlich 1342 gestorben, da er nach der Auseinandersetzung über den Nachlaß seines Bruders im rostocker Archive im Jahre 1336 noch lebte.

Schwerin.

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 240 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III. Zur Münzkunde.


Münzfund von Marnitz.

Als auf dem Kirchhofe zu Marnitz auf derjenigen Fläche desselben, welche vor zwei Jahren zum Kirchhofe gelegt ist und vorher einen Theil einer Dorfstraße ausmachte, am 28. Dec. 1859 ein Grab gegraben ward, stieß man beim Graben auf viele kleinere Feldsteine von der Größe, daß sie noch zu heben waren, und auf einen sehr großen Stein, an dessen Seite ungefähr 2 bis 3 Fuß tief ein großer bräunlicher Klumpen lag, welcher beim Hinauswerfen zersplitterte und zerblätterte. Die Arbeiter achteten den Klumpen nicht, weil sie ihn für verrostete Rechenpfennige oder Knöpfe hielten, und überließen ihn den anwesenden Schulkindern, welche den Fund bald zerstreueten und verspielten; vielleicht ist auch manches wieder in das Grab geworfen. Erst später offenbarte es sich an einigen Stücken, daß sie silberne Münzen waren. Der Herr Präpo situs von Santen zu Marnitz interessirte sich jetzt für den Fund und brachte im Dorfe noch ungefähr ein Dutzend Münzen zusammen, nachdem die große Masse zum großen Verdruß der Finder durch die Kinder verloren gegangen war. Aus diesen geringen Ueberresten ergiebt es sich, daß der Klumpen aus silbernen Bracteaten bestand, welche ungefähr aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammen mögen und den Bracteaten der Funde von Kolbow und Reinshagen (vgl. Jahrb. VI, S. 126, und XVI, S. 311) gleich sind. Von den 11 durch den Herrn Präpositus von Santen eingesandten Bracteaten haben 6 einen glatten und 5 einen gestrahlten Rand. Nach den Prägeorten gehören von diesen Münzen:

5 Hamburg: Nesselblatt im Thor, davon 4 mit gestrahltem Rande;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 241 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 Greifswald: Gekrönter Kopft, mit gestrahltem Rande;

5 Braunschweig (?): ein Thier, etwas undeutlich.

Der Fund ist also für die Geschichte von keiner besondern Bedeutung.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Münzfund von Vietlübbe.

Am 3. Junii 1858 ward auf dem Pfarrhofe zu Vietlübbe bei Lübz ein Krug von weißem Thon gefunden, in welchem die unten aufgeführten Münzen ohne besondern numismatischen Werth lagen. Da viele der jüngsten Münzen aus dem Jahre 1537 stammen und nur eine einzige jünger ist, nämlich vom Jahre 1538, so ist es wahrscheinlich, daß diese Münzen im Jahre 1538 oder bald darnach vergraben oder verloren wurden. Von Interesse ist nur das Zahlenverhältniß dieses Fundes, der folgende Münzen umfaßte:

Zahlenverhältnis des Fundes

G.C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 242 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Meklenburgische Goldgulden.

In das königliche Münzcabinet zu Berlin kam ein Fund von 86 Goldgulden, unter denen sich, nach der Mittheilung des Herrn F. W. Kretschmer zu Berlin, unsers correspon- direnden Mitgliedes, folgende 8 seltene meklenburgische "Goldgulden" (oder auch Ducaten) befinden, welche zum größten Theile in der bisherigen Literatur fehlen.

I. Herzog Adolph Friedrich I. von Meklenburg:

1) Goldgulden vom Jahre 1615.

     Hs. Links gekehrtes Brustbild des Herzogs:
          ADOLPH. FRIDRICH. D. G. DVX

     Rs. Das fünfschildige meklenburgische Wappen mit drei Helmen:
          . MEG A -POLENSIS .
           Zu beiden Seiten des Wappens
                    1 - 5

II. Stadt Rostock.

2) Hs. Ein rechts aufgerichteter, ungekrönter Greif:
          MONE : NOV A : CIVl : ROSTO : 606 :

     Rs. Der Reichsadler:
          RVDOL. II. D. G. ROMA. I. SE. AV :
          Am Schlusse der Inschrift ein Kleestengel ("Dreiblatt") und ein Zainhaken gekreuzt.

3) Hs. Ein rechts aufgerichteter, gekrönter Greif:
          MONETA. NOVA. ROSTOCHIEN.
          Im Anfange der Inschrift eine Rose.

     Rs. Wie auf Nr. 2, mit der Jahreszahl: 609.

4) Hs. Ein rechts aufgerichteter, ungekrönter Greif:
          MONE : NOVA : ROSTOCHENS : 1611.
          Im Anfange der Inschrift eine Rose.

     Rs. Der Reichsadler;
          RVDOL : II. D : G. RO. IM. SEM. AVG. P.F.D.

5) Hs. Wie Nr. 4:
          MONE. NOVA. ROSTOCHENS. 1614 :

     Rs. Wie Nr. 4.
          MATTHIAS : D. G. RO. IM. SEM. A. P. F. D.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 243 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6) Hs. Wie Nr. 4.
          MON : NOVA : ROSTOCHIEN : HD :

     Rs. Wie Nr. 4.
           FERDINAND. II. D : G. RO. I. S. A
               16 - 28.

7) Wie Nr. 6. Jahreszahl: 16 - 29.

III. Stadt Wismar.

8) Hs. Der H. Laurentius in halber Figur, mit dem Rost in der rechten und einem Palmzweig in der linken Hand, unter der Figur das wismarsche Stadtwappen:
          MONE. NO. AVR.E. CI. WVISM AR

     Rs. Der Reichsadler:
          RVDOLPH. II. D. G. IMP. SE. AVGV.
                1587

G. C. F. Lisch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 244 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV. Zur Geschlechter und Wappenkunde.


Das Siegel des Klosters Dargun.

In der Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst, von v. Quast und Otte, Band 1, Heft 1, 1856, S. 34, ist als bemerkenswerth angeführt, daß mehrere norddeutsche Cistercienserklöster, z. B. Zinna, Alt=Zelle und Neu=Zelle, in Uebereinstimmung mit ihrem Mutterkloster Morimond und als Anspielung auf den Namen desselben, die vier Majuskeln M. O. R. S. in den vier Ecken eines gleichschenkeligen Kreuzes im Siegel führen (vgl. Puttrich Denkmale, Serie Jüterbog, S. 22), und gefragt, ob sich noch mehrere Cisterciensersiegel mit dieser Devise finden. - Der Convent der Cisterciensermönchs=Abtei Dargun in Meklenburg, welche auf dem General=Capitel des Cistercienser=Ordens 1258 gegen die Abtei Esrom für eine Tochter der Abtei Doberan erklärt ward (vgl. Lisch Meklenb. Urkunden I, S. 115), führt während der ganzen Zeit seines Bestehens ein altes, großes, rundes Siegel, welches einen viereckigen Tabernakelbau mit vier Eckpfeilern enthält, unter welchem die Jungfrau Maria mit dem Christkinde auf dem linken Arme auf einem Stuhle sitzt. Die Umschrift dieses Siegels lautet:

Umschrift

Den Anfang der Umschrift bildet die Lilie oder Kreuzblume, welche den Tabernakelbau krönt, und das von einem Viereck eingeschlossene Kreuz, eine ungewöhnliche Erscheinung, steht in dem Ende der Umschrift. In dem glatten Siegelfelde steht zur Linken des Tabernakels, unter dem M des Wortes Sigillum, ein großes unziales M , jedoch nicht aufrecht M , sondern

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 245 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

umgekehrt M . Es ist allerdings möglich, daß dieser Buchstabe eine Anspielung auf den Namen des Mutterklosters Morimond sein soll.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das Siegel des Klosters Dobbertin.

Das jetzige Kloster Dobbertin ward schon in dem ersten Viertheil des 13. Jahrhunderts für Mönche Benedictiner=Ordens gestiftet, aber schon in dem zweiten Viertheil des 13. Jahrhunderts in ein Nonnenkloster desselben Ordens umgestaltet, nachdem die Mönche nach Stade ausgewandert waren.

Siegel

Das Kloster führte nun das hier abgebildete, sehr alte Siegel, welches an den Klosterurkunden oft vorkommt. Dieses Siegel ist rund: auf einem Throne sitzt die Jungfrau Maria, welche in der rechten Hand einen Lilienstengel, auf dem linken Arme das Christkind hält; die Umschrift lautet:

Umschrift

Das Siegel ist sehr alt und zeigt noch romanische Verzierungen an dem Throne. Es ist also möglich, daß das Siegel noch von den Mönchen stammt, um so mehr, da in der Inschrift ein "Capitel" genannt wird, ein Ausdruck, welcher von Jungfrauen=Conventen nicht oft vorkommt. Das Siegel findet sich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 246 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

schon am 21. Sept. 1249 und darnach im 13. und 14. Jahr hundert öfter.

Darauf führt das Kloster ein etwas größeres, sehr reich angeordnetes Siegel. Unter einem reichen, auf zwei architektonisch geschmückten Pfeilern ruhenden, gothischen Baldachin sitzen zwei Figuren: rechts die gekrönte Jungfrau Maria, die beiden Hände über die Brust kreuzend, links eine bärtige männliche Gestalt, mit einem Tuche über dem Haupte und etwas in der Linken haltend, die rechte Hand an die Krone der Jungfrau Maria legend. Der große Sockel hat unten eine Nische, in welcher eine Nonne anbetend knieet. An jeder Seite dieser Nische steht ein Schild mit dem werleschen Stierkopfe. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Auf den ersten Blick möchte man meinen, die männliche Figur sei Melchisedek mit dem Weinkruge, da dieser oft gerade so vorgestellt wird. Nach der ganzen Haltung, namentlich des Bildes der Jungfrau Maria und der Handbewegung der männliche Figur, kann man aber wohl sicher annehmen, daß die männliche Figur Gott den Vater und die ganze Anordnung die Krönung der Jungfrau Maria darstellen soll. Dieses Siegel kommt noch in jüngern Zeiten, z. B. I583, an Urkunden vor und befindet sich noch jetzt in dem silbernen Originalstempel in den Händen der Domina des Klosters.

Außer diesen beiden großen Siegeln hat das Kloster in den mittlern Zeiten noch ein kleines Geschäftssiegel, welches zu gewöhnlichen Geschäften, z. B. zur Versiegelung von Briefen, gebraucht wird. Das runde "Sachensiegel" enthält einen gothischen Baldachin, unter welchem links eine stehende gekrönte Maria (im Gnadenmantel?), rechts eine vor ihr knieende männliche Person, wahrscheinlich der Klosterpropst, dargestellt ist; über der knieenden männlichen Person ist ein Zeichen, wie ein am Stamme mit kleinen Dornen und an den Enden mit einer Rose besetztes lateinisches S, frei schwebend, gegen die Schultern der Maria, eingegraben. Die ganze Darstellung in Anordnung, Zeichnung und Schnitt ist schon schlecht und mißverstanden. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Dieses Siegel existirte schon zur katholischen Zeit; es wird z. B. von der Priorin Anna Thun 1531 und von der Priorin Katharina von Oertzen 1531-1549 gebraucht. Auch in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 247 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der protestantischen Zeit führen dasselbe noch die Priorien und der Convent, z.B. noch im Jahre 1577.

Aus diesem Siegel sind die neuern Klostersiegel entstanden, welche, seit dem Ende des 16. Jahrhundert immer schlechter werdend, dieses jüngste Geschäftssiegel des alten Klosters zum Vorbilde nehmen. Das bis auf die neuern Zeiten gebrauchte Klostersiegel ist im Jahre 1706 von dem damaligen Küchenmeister des Klosters in halb verstandener Nachahmung gravirt.

Diese S ähnliche Figur ist nun dem Anscheine nach völlig unerklärbar; auf Mißverständniß beruht sie jedenfalls, wenn man nicht annehmen will, daß damit der H. Benedict bezeichnet werden soll, der sich in die Dornen legte und daher mitunter Dornen zum Attribut hat.

Siegel

Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, daß man zu diesem Siegel das Siegel eines Propstes nahm; die dobbertiner Pröpste führten öfter ein Siegel, auf welchem rechts die Jungfrau Maria mit dem Christkinde und links davon der vor ihr knieende Propst abgebildet war. Das S ähnliche Zeichen wird nichts weiter sein, als eine Entstellung des Christkindes auf den Armen der Maria. Ein solches Siegel führte z. B. der Propst Arnold auf dem hier abgebildeten Siegel am 25. Mai 1302, mit der Inschrift:

Inschrift

Arnold wird erst kurz vorher sein Amt angetreten haben, da noch am 21.Aug. 1300 der Propst Johann vorkommt.

Es würde sich hier also auch in Dobbertin die Erscheinung wiederholen, daß das Siegel eines Propstes die Grundlage zu einem Klostersiegel her gab, wie im Kloster Malchow.

In den allerneuesten Zeiten hat man diese mißverstandene Darstellung ganz verlassen und Christum dargestellt, der eine knieende Figur segnet.

Die verehrten Herren Klostervorsteher haben zu den hier beigedruckten Holzschnitten, welche für das Meklenburgische Urkundenbuch bestimmt sind, bereitwilligst die Kosten hergegeben.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 248 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das Siegel des Klosters Malchow.

Das jetzige Kloster Malchow bestand im 13. Jahrhundert in Röbel und ward im Jahre 1298 ohne weitere Veränderung nach Alt=Malchow verlegt.

Das Kloster gehörte zu dem Orden der Büßerinnen der H. Maria Magdalena (vgfl Jahrb. VIII, B, S. 115 flgd. und XXI, S. 293); im 14. Jahrhundert ging es zum Cistercienser=Orden über.

Im Geiste der Stiftung waren die Schutzheiligen des Klosters: S. Johannes der Täufer und Maria Magdalena; öfter, z. B. 1374, 1376, 1377, wird das Kloster "monasterium sancti Johannis baptiste ac sancte Marie Magdalene in Malchowe" genannt.

Demgemäß hat das Kloster Malchow bis jetzt zwei alte Siegel gehabt:

Siegel

1) Das hieneben abgebildete älteste Siegel, welches schon nach dem Styl der Darstellung und den Buchstaben der Umschrift aus der Zeit der Verlegung nach Malchow im Jahre 1298 stammen muß und noch spät, z. B. noch im Jahre 1677, gebraucht wird, hat eine parabolische Gestalt und zeigt im Felde links Christum stehend, welcher mit der rechten Hand eine in der Mitte des Siegels stehende Sieges= oder Kirchenfahne mit einem Kreuze auf der Spitze der Stange hält und die linke Hand zum Segnen erhebt, rechts vor Christo knieend die Maria Magdalena; das Siegel hat die Umschrift:

Umschrift

d. i. Inschriftskreuz Sigillum conventus dominarum sancte Marie Magdalene in Malcove.

Dieses Siegel ist also das wahre Klostersiegel und wird, nach der Original=Urkunde, von dem Kloster schon bei der Verlegung nach Malchow am 2. Junii 1298 gebraucht.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 249 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2) Seit dem 16. Jahrhundert z. B. 1591, 1612, 1665, bis auf den heutigen Tag, gebraucht das Kloster, zuerst neben dem alten Siegel, darnach allein, ein anderes parabolisches Siegel in welchem Johannes der Täufer steht, welcher im linken Arme ein Agnus Dei hält, d. h. ein rundes Schild mit einem Lamm, das die Siegesfahne trägt, auf welches er mit den drei vordern Fingern der rechten Hand vor der Brust zeigt.

Siegel

Dieses hieneben abgebildete Siegel gehört einem frühern Probst des Klosters, dem Hermann Konink (d.i. König), 1414- 1431, da aus mehreren lückenhaften Abdrücken sich noch die Umschrift zusammensetzen läßt:

Umschrift

die letztern Buchstaben wohl irrthümlich für PRS (presbyter, Priester). Dieses Siegel ist irrthümlich, wohl wegen einiger Aehnlichkeit in der Gestalt mit dem alten Klostersiegel, in neuern Zeiten, z. B. schon im Jahre 1591, als "des Klosters Siegel" für das Klostersiegel gehalten und auch als solches gebraucht, obgleich das alte ächte Klostersiegel zuerst noch daneben geht.In den neuern Zeiten ist dieses jüngere Siegel nach und nach durch die Siegelstecher fast bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Der jetzt unter der Figur stehende Wappenschild mit dem Buchstaben R , welcher gegen alles Herkommen in den neuesten Zeiten fälschlich sogar gekrönt ist, ist eine ganz neue Erfindung im Klostersiegel. In alten Zeiten führten die geistlichen Personen in ihren Siegeln zu den Füßen ihres Schutzheiligen gewöhnlich einen Schild mit ihrem Familienwappen, auch wohl mit dem Anfangsbuchstaben ihres Namens. Nach einigen Spuren haben nun auf dem Schilde des Propstes oben Kugeln gestanden. Es ist aber auch möglich, daß er auf dem Schilde auch noch den Anfangsbuchstaben seines Namens geführt habe; das K wird aber in gothischer Minuskel seiner Zeit K geschrieben, und hieraus hat man wohl irrthümlich ein R gemacht. Merkwürdiger Weise ist auf allen alten Abdrücken dieses Siegels die untere Spitze des Siegels mit dem Schilde abgebrochen oder nicht ausgedrückt. Da nun das Kloster schon 3 Jahrhunderte hindurch dieses Siegel geführt hat, so würde man jetzt wohl das Bild Johan=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 250 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nis des Täufers in richtiger Darstellung beibehalten müssen, um so mehr da das Kloster schon früh von der Regel des Ordens der H. Maria Magdalene abgegangen ist.

Die verehrten Herren Klostervorsteher haben die Kosten zu den auch hier beigedruckten Holzschnitten, welche für das Meklenburgische Urkundenbuch bestimmt sind, bereitwilligst hergegeben.

G. C.F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Siegel des Dominikaner=KIosters in Röbel.

Das Siegel dieses Klosters hängt an einer der Urkunden, durch welche das Marien=Magdalenen=Nonnenkloster in der Neustadt Röbel nach Alt=Malchow und das Dominikaner=Mönchskloster in der Altstadt Röbel nach dem auswandernden Nonnenkloster in der Neustadt Röbel verlegt ward, vom 29. Mai 1298, im Archive des Klosters Malchow.

Siegel

Das hieneben auf Kosten des Klosters Malchow abgebildete Siegel ist ein kleines parabolisches Siegel mit einem Crucifix, dessen Kreuzes arme durch den Inschriftrand gehen: über dem Queerbalken des Kreuzes neben dem Stamme stehen zwei Sterne und zu den beiden Seiten der Füße Christi steht rechts die Sonne (?), links der Mond; die Füße Christi sind über einander gelegt. Die Umschrift lautet:

Umschrift

(= S. conventus fratrum predicatorum in Robele.)

G C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Siegel des Pfarrers Werner von Axekow zu Ribnitz.

Eine Zeichnung des Siegels des "Wernerus plebanus in Ribbenitze", unten mit einem Schilde mit 3 Herzen und 2 Schaafscheeren, oben mit einem Marienbilde, mit der Um schrift:

Umschrift

(also aus der adeligen Familie von Axekow), an einer dobe=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 251 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

raner Urkunde d. d. Ribnitz, 1313, feria quarta post Martini, schenkte der Herr Geschichtsmaler Milde zu Lübek.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Siegel der Stadt Röbel.

Von alten Siegeln der Stadt Röbel ist bisher nur das kleine Secretsiegel, nach einem abgefallenen Siegel im schweriner Archive, in Abbildung in Milde Meklenburgischen Siegeln, Heft I, Taf. 9, Nr. 16, S. 17, bekannt geworden. Das große Siegel der Stadt hatte ich nach einer Transsumirungs=Urkunde der "ratmanne der stat to Nyen=Robele" aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts im berliner Archive in Jahrb. II, S. 267, beschrieben. Ich habe jetzt ein zweites, altes Exemplar dieses großen Siegels an einer der Urkunden über die Verlegung des Nonnenklosters zu Röbel nach Malchow vom 29. Mai 1298 im Archive des Klosters Malchow aufgefunden, welches mit dem berliner Exemplare übereinstimmt:

ein schildförmiges Siegel, 2 3/4 Zoll hamburg. Maaß hoch, längs getheilt, rechts mit dem halben, gekrönten werleschen Stierkopfe mit geschlossenem Maule, mit einem großen Stern im rechten Oberwinkel, links mit einem aufgerichteten, mit dem Bart links gekehrten, mittelalterlichen Schlüssel von ganz alter Form, mit der Umschrift:

Umschrift

Dieser Siegelstempel stammt nach allen Eigenthümlichkeiten wohl aus der Zeit der Gründung der Stadt.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Das Wappen der von Stralendorf.

Das Schildzeichen im Wappen der Familie von Stralendorf ist bekannt und immer unverändert geblieben: im längs getheilten Schilde rechts drei schräge rechts gekehrte Pfeile (Strale), links ein (außen mit drei Schaufelenden verziertes) halbes (Mühl?=) Rad. Die Familie hat wahrscheinlich von dem Dorfe gleiches Namens den Namen, und ihr Wappen ist wahrscheinlich ein redendes.

Das Staatsarchiv zu Schwerin bewahrt an den Urkunden eine sehr große Menge Siegel dieser Familie. Aber fast alle sind Schildsiegel.Helmzeichen gehören zu den größten Seltenheiten. Eines der wenigen Siegel, auf welchen Schild

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 252 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Helm dargestellt ist, ist das Siegel, welches an der Urkunde des Klosters Neukloster vom 19. Nov. 1460 hängt (vgl. Lisch Meklenb. Urk. II, S. 224-227). Dieses Siegel hat den bekannten Schild und auf dem Schilde einen sehr großen Helm, welcher bis an den Umschriftrand reicht; die Helmzier, welche sehr klein ist und innerhalb des Umschriftrandes steht, ist ein mit der Spitze nach oben gekehrter, aufgerichteter Pfeil auf dem ungekrönten Helme, ohne irgend ein Nebenstück. In den Meklenb. Urk. II. S. 227, habe ich dieses Siegel falsch beschrieben, indem ich den Helm für einen "Thierkopf" ausgegeben habe. Dieses Versehen läßt sich dadurch entschuldigen, daß der Helm, welcher nach der Weise des 15. Jahrhunderts einen sehr langen Hals und Schnabel hat, wirklich einem langhalsigen Adlerkopfe äußerst ähnlich ist, und daß der übergequollene Wachsrand die in dem Anfange der Umschrift stehende Helmzier fast bedeckt, wenn man nicht scharf unter diesen Rand hinsieht.

Im 16. Jahrhundert kommen mehrere v. stralendorfsche Siegel mit Helmen vor, z. B. im Jahre 1586 ein Siegel, auf welchem der Schild einen gekrönten Helme trägt, auf dem ein aufgerichteter Pfeil steht.

Die alte Helmzier des Wappens der Familie v. Stralendorf ist also nur ein aufgerichteter Pfeil. Es bleibt der neuern Heraldik nachzuweisen, wie der Federschmuck in das Wappen gekommen ist.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Siegel der Maltzan und Hasenkop.

Der Fürst Johann von Meklenburg bezeugt, daß das Kloster Rehna von den Brüdern Friederich, Ludolf und Ulrich Maltzan mit Zustimmung ihrer übrigen Brüder 5 Mark lüb. Hebungen aus dem Dorfe Zehmen erworben habe.

D. d. 1293. April 8.

Nach dem Original im großherzogl.meklenburg. Geh. u. Haupt=Archive zu.Schwerin.


Johannes dei gratia dominus Magnopolensis vniuersis presentia uisuris salutem in domino. Nouerint singuli, ad quos presentes peruenerint, quod, nostro consensu accedente, dominus Hermannus prepositus

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 253 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sanctimonialium in Rene a domino Frederico et Ludolfo et Virico Moltzan dictis, fratribus, cum consensu etiam aliorum fratrum, quinque marcarum reditus denariorum Lubicensium in vsus Renensis ecclesie in villa Scemne dicta cum iuditio totius ville, quod nostri vasalli etiam vtuntur, pro quinquaginta marcis denariorum Lubicensium comparauit, ista uero conditione interposita, si predicti fratres reditus supradictos aliquo forte dierum a predicta ecclesia emere decreuerint, permittitur, ut pro quinquaginta marcis denariorum Lubicensium resumant, dummodo in festo pentecostes eidem ecclesie predicti denarii persoluantur. In huius rei testimonium presentem quidem paginam sigillo nostro ac domini

Frederici et Ludolfi de Moltzan

militum ac fratrum sigillis decreuimus muniendam. Datum anno domini millesimo ducentesimo nonagesimo tertio, quarta feria proxima post dominicam, qua cantatur Quasimodogeniti.

Nach dem Original, auf Pergament, in einer kleinen, cursivischen Minuskel. Angehängt sind drei Pergamentstreifen:
1) an dem ersten fehlt jetzt des Fürsten Johann Siegel;
2) an dem zweiten hängt das hier unten abgebiltete, schildförmige Siegel des Ritters Friedrich Maltzan mit einem ganzen Weinstock und der Umschrift:

Umschrift

3) an dem dritten hängt das hier unten abgebildete (s. Abb.), schildförmige Siegel des Ritters Ludolf Maltzan, welches längs getheilt ist und in der rechten Hälfte zwei rechts gekehrte Hasenköpfe, in der linken Hälfte einen halben Weinstock enthält, mit der Umschrift:

Umschrift
Umschrift
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 254 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mit der Familie Maltzan scheint die alte, ausgestorbene Familie Hasenkop in alter Zeit nach den Wappen in enger verwandtschaftlicher Verbindung gestanden zu haben (vgl. Lisch Maltzan Urk. III, S. XIX). Auch von dieser Familie ist noch ein altes Siegel vorhanden, welches einem Ritter Friedrich Hasenkop angehört, der am Ende des 13.Jahrh., z. B. 21. Dec. 1298, lebte.

Siegel

Von diesem Siegel ist zwar kein alter Abdruck mehr aufbewahrt, aber vor einiger Zeit noch der Originalstempel vorhanden gewesen. Dieser ward im Jahre 1828 auf dem ratzeburger Stadtfelde gefunden (vgl. Jahresber. II, S. 84), war eine Zeit lang in Ratzeburg und kam dann nach Wismar und in die Gegend von Wismar, wo er verloren gegangen sein soll. Das hieneben abgebildete Siegel(s.Abb.), welches nach einem Lackabdruck gezeichnet ist, hat im Schilde ohne Theilungslinien oben zwei Hasenköpfe und unten ein Weinblatt und die Umschrift:

Umschrift

Die hier abgedruckten Halzschnitte der seltenen Siegel verdankt der Verein dem Herrn Landrath von Maltzan auf Rothenmoor.

In Lisch Maltzan. Urkunden ist die vorstehende Urkunde bereits gedruckt und daselbst sind die Siegel in Steindruck beigegeben.

Das Wappen der Maltzan, welche, nach dem Siegel des Ritters Friedrich Maltzan, ursprünglich nur einen Weinstock im Schilde geführt zu haben scheinen, ist durch die Aufnahme der beiden Hasenköpfe in den Schild des Ritters Ludolf Maltzan vollendet und bis auf den heutigen Tag unverändert geblieben: ein längs getheilter Schild: rechts im blauen Felde mit zwei goldenen Hasenköpfen, links im goldenen Felde mit einem halben rothen Weinstock, wenn auch Mißverständnisse in den jüngeren Zeiten manche unbegründete Aenderungen, z. B. einen grünen Weinstock mit blauer Traube, haben aufnehmen wollen. Die Hasenkop führten durchschnittlich immer drei Hasenköpfe im Schilde. Es scheint nun irgend eine jetzt unbekannte alte Allianz zwischen den Familien Maltzan und Hasenkop stattgefunden zu haben, da das oben abgebildete Siegel des Ritters Friedrich Hasenkop ein Weinblatt im Schilde hat. Das 14. Jahrhundert hindurch führen aber die Hasenkop nur drei Hasenköpfe im Schilde; Siegel kommen häufig vor. Die Allianz beider Familien muß aber in den alten Zeiten doch im Bewußtsein lebendig gewesen sein, da im J. 1399 und 1400 der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 255 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ritter Gerold Hasenkop und der Knappe Hermann Hasenkop den vollständigen Maltzanschen Schild führen.

G. C F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Siegel der von der Osten.

In Rostock ward aus Privatbesitze ein Original=Petschaft erworben, welches rund ist und einen aufrecht stehenden Schild zeigt, auf welchem in der Mitte (ohne Längstheilung des Schildes) ein links gekehrter Schlüssel aufgerichtet steht und von der rechten obern Schilddecke her ein aus vier parallelen Linien bestehender, schräge rechts laufender Fluß gegen den Schlüsselgriff hingezogen ist. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Das Siegel wird aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammen.

G C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Siegel des Gevert Winbeke.

Zu Wahmkow bei Sternberg ward ein messingenes Doppelpetschaft gefunden, welches sich im Besitze des Herrn Justiz=Canzlei=Directors von Bülow zu Schwerin befindet. Dieses Petschaft hat an einem Ende ein rundes Siegel von gewöhnlicher Größe, welches eine Hausmarke enthält: einen Dreifuß Dreifuß in einem rautenförmig gestellten Quadrat, und die Umschrift:

Umschrift

Das Siegel ist nur mittelmäßig gestochen und das G im Anfange ist einem verkehrten S gleich, so daß man auch wohl Severt lesen könnte. Es stammt wohl aus dem Anfange oder dem ersten Viertheil des 16. Jahrhunderts. Im Jahre 1514 lebte in Sternberg ein Schulmeister Andreas Windbek, aus Gardelegen (vgl. Jahrb. XII, S. 232), welcher viel leicht mit dem ehemaligen Besitzer des Petschaftes verwandt war. - Das andere Ende des Petschaftes enthält ein ganz kleines Siegel mit der Hausmarke, ohne Umschrift. -

Bisher ist in Meklenburg nur ein Doppelsiegel des rostoker Patriciers Hans Kirchhof bekannt geworden, welches an einem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 256 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ende das Patricierwappen, am andern Ende die Hausmarke des Besitzers enthält (vgl. Jahrb. XVIII, S. 299).

G C. F. Lisch.     

Siegel des Hans Westphal.

Ein Petschaft aus Bronze, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts, sehr roh und schwer leserlich in der Umschrift, im Felde mit einem Hauszeichen, mit der Umschrift:

Umschrift

gefunden in einem Garten zu Marlow, ward geschenkt von dem Herrn Dr. Hüen zu Marlow.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 257 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V. Zur Kunstgeschichte.


Peter Vischer's Epitaphium

auf

die Herzogin Helena von Meklenburg,

geborne Prinzessin von der Pfalz,

im
Dome zu Schwerin,

von

G. C. F. Lisch.


Der Dom zu Schwerin besitzt ein sehr schönes, aus Bronze gegossenes Epitaphium auf die Herzogin Helena von der Pfalz, welches als ein vorzügliches, wenn auch einfaches Gußwerk des berühmten "Rothgießers" Peter Vischer zu Nürnberg, des gefeierten Vollenders des Sebaldusgrabes in Nürnberg, nachgewiesen werden kann. Dieses Kunstwerk läßt sich schon durch die vortreffliche Anordnung und Modellirung, besonders aber durch den meisterhaften Guß auf den ersten Blick als ein Werk des berühmten Meisters erkennen; es kann aber auch durch Urkunden bewiesen werden, daß es von diesem Meister stammt. Schon in den Jahrbüchern III, 1838, S. 159 und 185, habe ich über diese Entdeckung kurz berichtet; bei den aber immer lebendiger werdenden kunstgeschichtlichen Forschungen und nach Gewinnung neuer Nachrichten halte ich es jetzt für zeitgemäß, das Kunstwerk genau zu beschreiben und den Künstler sicher zu stellen.

Helena, Tochter des Kurfürsten Philipp von der Pfalz, war die zweite Gemahlin des Herzogs Heinrich des Friedfertigen von Meklenburg; sie ward dem Herzoge am 5. Junii

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 258 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1513 zu Wismar vermählt 1 ) und starb schon am 4. August 1524. Sie ward in der Heiligen=Bluts=Kapelle, an der Stelle der jetzigen großherzoglichen Begräbnißkapelle, hinter dem Hochaltare des Domes zu Schwerin begraben, und das Epitaphium ward zwischen den beiden östlichsten Pfeilern der Kirche, hinter der Rückwand des Hochaltars, dem Grabe gegenüber, aufgerichtet; in den neuesten Zeiten ist es aber bei der Errichtung des neuen Altares und der Einrichtung der fürstlichen Begräbnißgruft versetzt und im südlichen Seitenschiffe an dem Pfeiler rechts an der südlichen Chorpforte angebracht. Das auf Glas gemalte pfälzische Familienwappen der Herzogin, wahrscheinlich der letzte Rest einer größern Glasmalerei, ist bei Gelegenheit der Versetzung in ein Fenster dem Epitaphium gegenüber eingesetzt worden.

Das Denkmal bildet eine große Platte und ist, nach hamburger Maaßen, im Ganzen 7 Fuß 6 Zoll hoch und 5 Fuß 4 Zoll breit, und ist aus 5 Platten zusammengesetzt, welche zusammengenietet sind.

Platte

Die Hauptplatte ist die größere, innere Platte mit einem großen Wappen; diese Platte ist 5 Fuß hoch und 3 Fuß 5 Zoll breit. Um diese Hauptplatte steht ein schmalerer Rand, auf dem die Ahnenwappen und Inschriften stehen. Der obere und der untere Rand sind durch die ganze Breite des Denkmals durchgehend, also 5 Fuß 4 Zoll breit und ungefähr 1 Fuß 3 Zoll hoch; der obere Rand ist ein wenig breiter, als der untere. Die beiden Seitenränder, welche zwischen den obern und untern Rand hineinpassen, sind 5 Fuß hoch und jeder 11 1/ 2 Zoll breit.

Das Denkmal enthält folgende Darstellungen. Die Haupttafel von 5 Fuß Höhe enthält ein großes vereinigtes meklenburgisch=pfälzisches Wappen mit Schild, Helm und Schildhaltern als Hauptdarstellung. Der Schild ist vierfach getheilt und hat einen kleinen Herzschild; die Schilde enthalten folgende Wappen: 1. einen gekrönten Stierkopf mit Halsfell für das Herzogthum Meklenburg, 2. einen gekrönten Löwen für die Pfalzgrafschaft bei Rhein, 3. einen Greifen für die Herrschaft Wenden im Allgemeinen, 4. einen schräge geweckten Schild für das Herzogthum Baiern und 5. zum Mittelschilde


1) Vgl. Lisch Urkunden zur Geschichte des Geschlechts Maltzan, IV, S. 429 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 259 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einen queer getheilten Schild für die Grafschaft Schwerin. Die Darstellung ist also folgende:

Meklenburg. Pfalz.
Schwerin.
Wenden. Baiern.

Auf dem Schilde steht ein gekrönter Helm mit zwei Hörnern, für die Grafschaft Schwerin, zwischen denen ein vorwärtsschauender, ungekrönter Löwe, für die Pfalz, sitzt. Die Schildhalter sind zur Rechten: ein ungekrönter Löwe, für die Pfalz, zur Linken ein Greif, für das Wendenland überhaupt. Ueber dem Wappen steht ein halbkreisförmiger Bogen von Laubgewinde. Oben in den Zwickeln rechts und links stehen zwei kleine allegorische Darstellungen: ein bärtiger Meermann mit Fischschwanz im Ringen mit einem fischähnlichen Meerthiere.

Auf dem Rande stehen folgende Darstellungen. Oben und unten stehen zwei eingerahmte Inschrifttafeln von der Breite der Hauptplatte: oben eine Grabschrift auf den Tod der Herzogin in deutscher Sprache, in deutschen Buchstaben, mit einfacher Einrahmung, unten eine lateinische Inschrift in Hexametern und Pentametern in großen lateinischen Buchstaben, im Geiste der verstorbenen Herzogin, in einfacher Einrahmung, welche von zwei Engeln gehalten wird.

An den beiden Seiten stehen die Wappenschilde der Ahnentafel der Herzogin, an jeder Seite in vier einfachen Wappenschilden, welche durch Arabesken im Renaissancestyl geschieden werden, zu denen drei verschiedene Formen abwechselnd gebraucht sind.

Die untere Tafel trägt folgende Inschrift 1 ):

Inschrift

Diese Inschrift hat ohne Zweifel der herzogliche Rath Nicolaus Marschalcus Thurius verfaßt. Das Staatsarchiv zu Schwerin bewahrt noch von seiner eigenen Hand den Entwurf dieser Inschrift, welche mit der Inschrift auf dem bronzenen Denkmale wörtlich übereinstimmt. Die letzte Zeile in


1) Hederich in der Schwerinschen Chronik S. 26 hat irrthümlich in der zweiten Zeile sors (statt fors) und in der dritten Zeile potui (statt poteram).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 260 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dem schriftlichen Entwurfe ist durchstrichen und verbessert, indem gratam superis für superis gratam gesetzt ist. Auf der Rückseite steht von des Herzogs Heinrich Hand geschrieben: fruwen Elenen epfetafium 1524. Hederich in seiner Schwerinschen Chronik giebt diese Inschrift "in Deutscher Sprach ungefährlich dieser Meinung":

Daß auß der Pfaltz ich Helena
Eins Obetriten bin Gemahl,
Das hat die Landschaft so bedacht,
Darzu der wille Gotts gemacht.
Ich hab gethan,was ich gekundt,
Viel ding hat mir der Todt mißgunt.
Was aber mir versagt ist nun,
Dasselb mein Kinder werden thun,
Welcher das ein noch jung und klein
Ich befehl dem lieben Ehmann mein.
Daß meiner Gott erbarme sich,
O gütger leser bitt für mich.

Die obere Tafel trägt folgende Grabschrift:

Grabschrift

Die Seitenränder enthalten in 8 Wappenschilden, an jeder Seite 4, die Ahnentafel der Herzogin Helena, zur Rechten die Wappenschilde der väterlichen, zur Linken die Wappenschilde der mütterlichen Ahnen, und zwar in folgender Darstellung von oben nach unten, in der Ansicht:

zur Rechten: zur Linken:
1. Pfalz. 5. Baiern.
2. Savoyen. 6. Oesterreich.
3. Savoyen. 7. Sachsen.
4. Burgund. 8. Oesterreich.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 261 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Wappen der väterlichen Ahnen zur Rechten sind:

1. Pfalz, ein vierfach getheilter Schild, 1 und 4 mit mit einem gekrönten Löwen, 2 und 3 geweckt, mit einem leeren Herzschilde.

2. Saoyen, ein Schild mit einem durchgehenden Kreuze, mit einem linken Schrägebalken, dem Beizeichen einer jüngern Linie, belegt.

3. Svoyen, ein Schild mit einem durchgehenden Kreuze (ohne Schrägebalken).

4. Burgund, ein Schild mit vier linken Schrägebalken. Die Stammtafel zu diesen Ahnenwappen ist folgende:

Stammtafel

Die Wappen der mütterlichen Ahnen zur Linken sind:

5. Baiern, ein vierfach getheilter Schild, 1 und 4 mit einem gekrönten Löwen und 2 und 3 geweckt, ohne Herzschild.

6. Oesterreich, ein Schild mit einem Queerbalken.

7. Sachsen, ein Schild mit fünf Queerbalken, schrägerechts mit dem Rautenkranze belegt.

8. Oesterreich, ein Schild mit einem Queerbalken.

Die Stammtafel zu diesen Ahnenwappen ist folgende:

Stammtafel

Dieses Epitaphium ist in der Werkstätte des berühmten Rothgießers Peter Vischer zu Nürnberg modellirt und gegossen. Dies wird durch zwei Briefe bewiesen, welche zu verschiedenen Zeiten im großherzoglichen Archive zu Schwerin entdeckt sind. Die Wappen und die Inschriften wurden ihm dazu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 262 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von dem meklenburgischen Hofe geliefert. Daß die Inschriften von dem bekannten herzoglich meklenburgischen Rath Nicolaus Marschalk Thurius verfaßt wurden, ist oben nachgewiesen. Die Lieferung der Wappen wird sich aus der folgenden Darstellung ergeben.

Die Herzogin Helena von der Pfalz war am 4. August 1524 gestorben. Einige Zeit darauf hatte der Herzog Heinrich, ein reicher Fürst, darauf Bedacht genommen, seiner verstorbenen Gemahlin ein Denkmal zu setzen, und hatte dem Albrecht Bogen zu Nürnberg, einem Kaufmanne aus einem bekannten süddeutschen Patriciergeschlechte, den Auftrag gegeben,

"bei dem Meister N. in Nürnberg einen kupfernen Leichenftein zu bedingen."

Zur Ausführung dieses Werkes waren nach einiger Zeit auch die Wappenzeichnungen nach Nürnberg gesandt; es hatte sich aber hinterher herausgestellt, daß darin "etwas geirrt worden". Am 11. August 1526 sandte daher der Herzog dem Albrecht Bogen 1 )

"die rechte Visirung der Wappen, welche auf dem Leichensteine etwas erhoben" dargestellt werden sollten,

und gab ihm den Auftrag, dafür zu sorgen, daß der Meister sich mit der Ausführung fördern wolle, und demselben auf sein Begehren 50 Gulden vorzuschießen, welche der Herzog dem A. Bogen auf der nächsten leipziger Messe oder in Nürnberg durch die Fuggerbank wieder zu erstatten versprach.

Dieser Meister war Peter Vischer, welcher sich auch bald an die Ausführung machte. Am Ende des Jahres 1527 war das Denkmal vollendet, aber der Herzog ließ es nicht abholen. Am 25. Januar 1529 drückte der "Rothgießer Peter Vischer zu Nürnberg" dem Herzoge seine Verwunderung darüber aus 2 ), daß dieser

"die gegossene Arbeit, welche schon ein Jahr lang zugerichtet bereit liege, nicht abholen lasse", und bat um Uebersendung des Geldes, da ihm "große Kosten darauf gegangen seien".

Es kann keinen Zweifel leiden, daß unter dieser "gegossenen Arbeit" und dem "kupfernen Leichensteine" das von Peter Vischer ausgeführte Denkmal auf die Herzogin Helena im Dome zu Schwerin zu verstehen sei, um so mehr da zu jener Zeit keine andere Veranlassung im fürstlichen Hause war, ein Grabdenkmal


1) Vgl. Anlage Nr. 1.
2) Vgl. Anlage Nr. 2.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 263 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu bestellen. Außerdem reden aber Arbeit, Styl und Andeutungen ganz bestimmt für Peter Vischer's Werkstätte. Eine besondere Hindeutung auf den Verfertiger (Vischer) sind die beiden oben erwähnten mit Fischungeheuern ringenden Meermänner mit Fischschwänzen, welche auf dem Epitaphium in Relief als Verzierung angebracht sind. Andere besondere Zeichen, welche gradezu für den Verfeftiger zeugen könnten, scheinen auf dem Epitaphium nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden zu können.

So klar und bestimmt nun auch die vorstehenden Mittheilungen erscheinen mögen, so scheinen sich ihnen doch unerwartete Hindernisse entgegenzustellen. Der Brief vom 25. Januar 1529 ist im Namen des Rothgießers Peter Vischer (des Vaters) geschrieben und mit dem Siegel versiegelt, welches dieser führte. Peter Vischer, der Vater, ist aber am 7. Januar 1529 gestorben 1 ) und der hier mitgetheilte Brief kann also nicht von ihm selbst geschrieben sein. Nun ist zwar aus unserm Briefe in neuern Zeiten gefolgert, daß Peter Vischer, der Vater, nach dem 25. Januar 1529 gestorben sein müsse; aber nach genauerer Forschung und Betrachtung ist diese Annahme doch nicht stichhaltig, wenn auch das Zusammentreffen des Datums des Briefes und des Todes P. Vischers in demselben Monate auf den ersten Blick stutzig machen kann. Peter Vischer, der Vater, starb wirklich am 7. Januar 1529. Nach der von Joseph Heller im Necrologium Norimbergense mitgetheilten Nachricht starb Peter Vischer d. V. am 7. Jan. 1529. Er war sicher am 11. Jan. 1529 todt, da sich in den Rathsprotocollen im Archive zu Nürnberg der gleichzeitige "Verlaß des Rathes" findet: "An des verstorbenen Peter Fischers stat ist zu einem Hauptman in Mertein Pfintzigs virtel ertailt gemelts peter Fischers sune der Hans. Actum montag 11. January 1529, per M. Pfintzing".

Das schweriner Epitaphium ist aber ohne Zweifel in der Werkstätte Peter Vischers, des Vaters, verfertigt worden. Die Bestellung war schon vor dem Aug. 1526 bei Peter Vischer gemacht und schon am Ende des Jahres 1527 ausgeführt. Peter Vischer arbeitete, nach des gleichzeitigen Johannes Neudörfer Bericht, bis zu seinem Tode mit seinen "fünf Söhnen, Nahmens Peter, Hermann, Hans, Paulus und Jacob, so alle verheurathet, die mehrentheils bei ihme in Haus mit Weib


1) Die im Folgenden mitgetheilten geschichtlichen Angaben verdanke ich größtentheils der freundlichen Nachweisung des Herrn Bauraths Döbner in Meiningen, welcher bekanntlich Peter Vischer zum Gegenstande seiner Forschungen gemacht hat.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 264 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Kindern gewohnt haben", zusammen. Von diesen Söhnen war Peter Vischer der jüngere, nächst seinem Bruder Hermann der geschickteste, und beide waren "wie ihr Vater fast künstlich". Peter Vischer, der Vater, ließ sehr viel durch seine Söhne ausführen, wie es bei einem so großen und ausgebreiteten Geschäfte auch nicht anders möglich war, und war für das tägliche Geschäft mehr der Dirigent und der eigentliche Bildhauer. Peter Vischer, der jüngere, ist keineswegs im J.1528 gestorben, wie wohl angenommen ist, sondern lebte noch sicher im J. 1532 und war damals noch nicht Meister. Der nürnberger Rath forderte 1528 und 1532 die Zunft der Rothgießer auf, ihn für seine wesentliche Betheiligung an dem Denkmale des Kurfürsten Friedrich des Weisen zum Meister anzunehmen, jedoch wenigstens im J. 1528 vergeblich, ohne Zweifel aus dem Grunde, daß der Vater eigentlich das Werk geleitet hatte.

Das schweriner Denkmal ist jedenfalls bei Peter Vischer, dem Vater, bestellt und in dessen Werkstatt und unter seinen Augen, vielleicht theilweise durch seine eigene Arbeit ausgeführt, da er in der Modellirung von Wappen geschickt und eifrig war. Wahrscheinlich ist es, daß sein Sohn Peter die technische Ausführung unter des Vaters Augen besorgte und deshalb besonderen Antheil an dem Werke hatte. Der Brief vom 25. Jan. 1529, nach des Vaters Tode, mit Bitte um Abnahme und Bezahlung des Werkes, ist daher sicher von Peter Vischer, dem jüngern, im Namen der Firma der Familie geschrieben und daher auch noch mit dem Siegel des Vaters besiegelt, welches in der Firma forterbte.

Das schweriner Denkmal muß also eben so gut für ein Werk Peter Vischer's d. V. gelten, wie viele andere Werke, welche durch die Hülfe seiner Söhne bei ihm ausgeführt sind. Besondere Beweise dafür, wer eigentlich die Arbeit gemacht habe, scheinen auf dem Denkmale nicht vorhanden zu sein. Auf dem untern, äußern Rande stehen freilich manche Namen und Buchstaben leicht eingegraben; diese stammen aber von Schülern, reisenden Handwerksgesellen und andern jungen Leuten neuerer. Zeit, welche sich auf solche Weise zu verewigen streben. Auch eine auf dem untern Rande des untern burgundischen Wappenschildes Nr. 4 etwas unfertig eingeritzte kleine Hausmarke Hausmarke auf einem Schilde wird keine Beziehung zu Peter Vischer's Werkstätte haben, da des Vaters Vischer Hausmarke oder Monogramm einfacher und anders ist. zwar ist die Hausmarke auf dem schweriner Epitaphium der Hausmarke P.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 265 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vische's "ähnlich" und könnte die Hausmarke des Sohnes Peter sein; aber unzählige Hausmarken, aus ähnlichen Linienverbindungen gebildet, sind sich "ähnlich", aber doch nicht gleich, und es ist nicht wahrscheinlich, daß die Hausmarke auf dem schweriner Werke das Zeichen des Sohnes sei, da die Hausmarken mit dem Geschäfte und dem Hause forterben und sich nicht mit den erbenden Personen ändern.

Der Herr Baurath Döbner zu Meiningen, der kundige Forscher in den vischerschen Kunstwerken, ist über die Art der Ausführung gleicher Ansicht und äußert nach Uebersendung einer Photographie des schweriner Epitaphiums: "Das Denkmal weiset unzweifelhaft auf die vischersche Gießhütte hin, beurkundet aber eben so unzweifelhaft die Richtung der Söhne, indem sich in dem Laubwerke, dem Schilde und der Krone des Hauptwappens kaum noch eine Spur des dem Vater eigentlich naturwüchsigen Styles zeigt, während alles Uebrige die ausgebildete Renaissance darstellt. Das ganze Werk bietet ein höchst interessantes Beispiel des Ueberganges von einem Style zum andern, mit bereits überschrittenem Culminationspunkt. Da Peter Vischer, der Vater, um das Jahr 1529 bereits in den sechziger Jahren war, so bin ich überzeugt, daß Peter Vischer, der jüngere, der auch den Brief schrieb, der eigentliche Meister des Denkmals ist, wenn gleich der Vater ohne Zweifel namentlich der Gesammtanordnung seinen Geist noch einhauchte".


Anlage Nr. 1.

Herzog Heinrich von Meklenburg an Albrecht Bogen zu Nürnberg.

D. d. Meklenburg. 1526. Aug. 11.

An Albrecht Boggen.
                    Abwesens seyner hausfrawen.

Lieber besunder. Als ir vns hiebeuoren vff vnser Irsuchen bey meister N. eyn koppern leichsteyn zcu machen vordinget, des wir vns kegen euch gutlich bedanken, vnd Er die rechte Visirung der wapen, die er dar vff machen, vnd was er haben sol, bey sich nicht gehat, den an der Visirung der Wapen, die wir hiebeuorn darzcu hinaus gefertiget, ist etwas geirret wurden, Szo obirsenden wir euch hirbey die rechte Visirunge

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 266 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Wapen, mit gutlichem begern, wollet Ime die vorreichen vnd mit Ime egentlich vorlassen, das er die Wapen gleich der gestalt vnd arth, als die itzt hirbey geschigten seyn, vff den leichsteyn etwas erhaben machen vnd vorfertigen, vnd sich domit furdern wolde, daß wir den selben leichstein zcum forderlichsten bekomen mochten, auch vns eyne Zceit anzceigen, vff welche wir dene fertig bekomen mogen, vnd nachdeme gemelter meister etzlich gelt vff solche arbeit begert, vnd mit funffzig gulden pis vff negsten leipzigschen michels marg mugen vorlegen vnd Ime die von Onseret wegen vorreichen vnd euch des nicht besweren, Szo wollen wir euch Solch funffzig gulden vff angeczeigten leipzigschen marg In Cunz Kochmeisters hause adir, wor Is euch ongelegen, zcu Norenberg In der Fuckerbang vmb berurte zceit gewißlich zcu entrichten bestellen, vnd Solchs dar zcu kegen euch In allem gutten bedencken. Datum zu Meckelnborg, am Sonabent nach Laurentij, Anno etc. . XXVI.

Nach dem von des meklenburg=schwerinschen Canzlers Caspar von Schöneich eigener Hand geschriebenen Concepte im großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin Das Datum ist von eines Secretairs Hand hinzugefügt. Der vorstehende Brief ist erst in den neuesten Zeiten unter andern Acten aufgefunden.


Anlage Nr. 2.

Peter Vischer zu Nürnberg an Herzog Heinrich von Meklenburg.

D. d. Nürnberg. 1529, Jan. 25.

Durchleuchtiger, Hochgeborner Furst, gnediger her. Ewrn F. g. Seyn mein onthertanig willig diennst zunor. Gnediger her. Mich befremt seer, auß was orsach e. F. g. die gegossenn arbait nicht lest fodern vnnd weckfurenn, Dan sy gefertigt ist gewesenn mit aller zugehörung, do e. F. g. Pot gegenwertig ward, vnnd ligt schon ein Jar lang zugericht. Ist mir große kostung darauff gangen, das khan E. F. selbs wol ermessen. Derhalbenn mein bitt an E. F. g., wolle Solchs werck verordenen zu e. F. g. gefallen, wo es dan hin gehört, vnnd mir gelt schickenn auffs furderlichst, will ich vmb E. A F. g. zu nerdienen geflissenn altzeit erkant werden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 267 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hiemit e. F. g. In aller ontherthanigkait befohlenn. Geben zu Nurmberg, an Sant Paulus tag Conuersionis, Anno XXIX.

E. F. G.                                                 
williger                                   
Peter Vischer, Rotgiesser,
Burger zu Nurmberg.     

Dem Durchleuchtigenn, Hochgebornen
Fursten vnnd Herrenn Hern Heinrich,
Hertzog zw Mechelnburg, Furst zu
Wendenn, Graff zu Schwerin, der
Landt Resteck vnnd Stargardt etc. .
Meynem gnedigen hern,

(L. S.)

Nach dem Originale, im großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin. Das Siegel hat einen mehrfach ausgeschweiften Schild, auf welchem eine Harpune (eine Stange mit Spitze und Widerhaken) aufgerichtet steht, auf welcher oben queer zwei kreuzweise stehende Fische stecken. Der vorstehende Brief ist erst in neuern Zeiten unter verworfenen Papieren aufgefunden und schon in Jahrbüchern III, S. 185 in den Druck gegeben.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber Grabplatten in Messingschnitt.

In den Jahrb. XII, S. 479 flgd. und XVI, S. 303 flgd., und im Deutschen Kunstblatt, Berlin, 1851, Nr. 3, habe ich das Wesen der schönen, alten messingenen Grabplatten näher festzustellen gesucht und besonders nachgewiesen, daß sie vorherrschend aus Messing (nicht aus Bronze) bestehen, Ausnahmen natürlich ausgenommen. Ich habe zum Beweise im Kunstblatt a. a. O. S. 370 eine Stelle aus dem Testamente des lübeker Burgemeisters Hermann Gallin († 1365) beigebracht, nach welcher seine Testamentsvollstrecker einen "flämischen, messingenen, mit Figuren geschmückten Leichenstein" (plattdeutsch: "Messingsstein") auf sein Grab legen lassen sollten:

"Flamingicum, auricalcium, figurationibus bene factum lapidem funeralem (Leichenstein).

Diese Platte ist nicht mehr vorhanden.

Ich habe seitdem noch eine Stelle gefunden, in welcher solche Grabplatten geradezu "messingene Steine" genannt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 268 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

worden. In Caspar Weinrich's Danziger Chronik, herausgegeben von Hirsch und Voßberg, Berlin, 1855, S 32, heißt es:

"Item anno 1483 auf praesentationis mariae starb her johan angermunde borgemeister, begraben in der pfarkirch vor s. georgens bank onder dem messinges steine''.

Diese Platte ist nach den durch den Herrn Voßberg eingezogenen Erkundigungen ebenfalls nicht mehr vorhanden. Dagegen giebt es in den danziger Kirchen noch eine bedeutende Anzahl von Grabsteinen mit eingelassenen messingenen Wappen und Verzierungen.

Auch Slagghert nennt in seiner plattdeutschen Chronik des Klosters Ribnitz die auf dem Grabe der Herzogin Sophie von Meklenburg († 1504) in der Dominikaner=Kirche zu Wismar liegende Messingplatte mit einer aus Messing gegossenen Statue der Herzogin einen gegossenen Messing=Stein: "ein gaten Missinges Sten mit einem groten, schonen Bilde na er gebildet". Nach dem oben angezogenen lübeker Testamente ward diese Art von Arbeit "flämische" (Flamingicum) genannt. Ich habe daher den Ursprung dieser Arbeiten in Flandern suchen zu müssen geglaubt. Ich habe damit, wie der Sprachgebrauch ist, nur im Allgemeinen den Ursprung, d. h. die Erfindung und Verbreitung, auch wohl Anfertigung einzelner Platten für andere Länder, bezeichnen wollen, keinesweges aber annehmen können, daß alle Grabplatten dieser Art auch in Flandern verfertigt worden seien, wie Otte in der Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst von v. Quast und Otte, I, 1, S. 34, mir zuschreiben will. Mit der Zeit sind in kunstreichen Städten Deutschlands gewiß viele, vielleicht die meisten messingenen Grabplatten gearbeitet.

Ich habe früher die messingenen Grabplatten in zwei verschiedene Arten geschieden: in Platten in Messingschnitt, auf welchen der Grund ausgegraben ist und die Figuren stehen geblieben sind, und in Platten in Messingstich, auf welchen der ganze Grund stehen geblieben ist und die Figuren durch eingegrabene Linien bezeichnet sind. Häufig sind beide Methoden neben einander angewandt, namentlich in jüngeren Zeiten. Ich habe den reinen Messingschnitt vorzüglich dem 14. Jahrhundert zugewiesen, und ich glaube nicht zu irren, wenn ich unter flämischer Arbeit (opus Flamingicum) grade diesen Messingschnitt verstehe. Der Messingschnitt herrschte vorzüglich im 14. Jahrhundert in der Zeit der höchsten Ausbildung des gothischen Baustyls; im 15. Jahrhundert kam mehr der Messingstich in Anwendung, der gegen das Ende

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 269 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

des 15. und im Anfange des 16. Jahrhunderts eine sehr hohe Ausbildung erreichte, z. B. in der vortrefflichen Platte der Familie v. Lüneburg in der Katharinenkirche zu Lübeck, in einer wunderschönen Platte im Dome zu Meißen u. a.

Aber nicht allein die jüngern Platten sind in Messingstichmanier gearbeitet, sondern auch die ältesten, welche freilich äußerst selten sind, z. B. die älteste Platte von 1231 in der Audreaskirche zu Verden, bekannt gemacht von v. Quast im Corresp. Blatt des Gesammtvereins, Jahrgang I, Nr 3, und die Platte auf dem Grabe des Bischofs Otto von Hildesheim im Mittelschiffe des Domes daselbst vor dem Pfarraltar vom Jahre 1279, bekannt gemacht von Dr. Kratz zu Hildesheim im Corresp. Blatt, Jahrgang V, Nr. 4, S. 43, und in der Beilage dazu von Dr. Kratz, S. 5. Diese hildesheimer Platte ist nach meiner eigenen Untersuchung aus Bronze (nicht aus Messing) und in Messingstichmanier, oder wie Kratz a. a. O. sagt, "in Gravirarbeit, jedoch nur conturirt".

Man kann daher wohl Folgendes annehmen:

1) die ältesten, deutschen Platten (aus dem 13. Jahrhundert) waren aus Bronze in Stichmanier;

2) die mittleren Platten (aus dem 14. Jahrhundert) waren aus Messing in Messingschnitt, und grade diese wurden nach meiner Ansicht flämische Arbeiten genannt;

3) die jüngsten Platten (aus dem 1 5. Jahrhundert) waren auch aus Messing, mitunter aber auch aus Kupfer und Bronze, und wurden nach und nach immer häufiger in Messingstichmanier, nicht selten aber in gemischter Manier gearbeitet.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Messingschnitt=Platten zu Schwerin

im Dome, von den Gräbern der 4 Bischöfe aus dem Geschlechte von Bülow, sind so ausgezeichnet, daß sie ein ununterbrochenes Studium verdienen. Die kleinere der beiden Doppelplatten stammt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Von der größeren und prachtvolleren Doppelplatte ist die eine Hälfte dem Bischofe Gottfried von Bülow († 1314) durch den kunstsinnigen Bischof Friedrich II. von Bülow († 1375) nachgelegt oder bald nach dem Tode des letzteren zugleich mit der Platte auf diesen letztern Bischof Friedrich II. gearbeitet, da beide Hälften in gleichem Styl und gleicher Größe gehalten sind. Die beiden

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 270 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hälften dieser Doppelplatte sind also ohne Zweifel aus derselben Werkstätte hervorgegangen.

Ich hatte im Sommer 1857 Gelegenheit, die schöne Platte von dem Grabe des stralsunder Burgemeisters Albert Hövener († 1357) in der Nicolai=Kirche zu Stralsund zu betrachten und es war mir jetzt auffallend, eine überraschende Aehnlichkeit zwischen dieser und den jüngern schweriner Platten von 1375 wahrzunehmen. Namentlich ist die eine Hälfte der schweriner Doppelplatte, welche dem Bischofe Gottfried nachgelegt ist, durchaus in demselben Style gehalten und namentlich in dem Ornamente ganz so, wie die stralsunder Platte. So z. B. sind die grotesken Thiergestalten, mit denen der Grund beider Platten oder des Gewandes gefüllt ist, auf beiden Platten ganz gleich und genau so, wie eine in Kugler's Pommerscher Kunstgeschichte in dessen Kleinen Schriften I, S. 788, abgebildet ist, wenn auch alle einzelnen von einander abweichen und eine freie Thätigkeit der Hand verrathen; eben so ist die musicirende Figur auf der Stola des Bischofs von Schwerin ganz der Figur in der architektonischen Einfassung des hövenerschen Denkmals gleich, welche Kugler a. a. O. S. 789 abgebildet hat, wenn auch die Figur etwas größer ist, als die auf der schweriner Platte. Und so gehen die Aehnlichkeiten durch beide Platten.

Es scheint also außer Zweifel zu sein, daß beide Platten von demselben Meister oder doch wenigstens in derselben Zeit gearbeitet sind, und so geben beide dadurch eine Grundlage mehr zur Beurtheilung dieser Art von Kunstwerken. Die Abbildung der ganzen Stralsunder Platte, welche Kugler a. a. O. zu S. 787 gegeben hat, ist, wenn auch gut gearbeitet, doch zu klein und unbestimmt, um dieselbe genauern Einzelstudien zum Grunde legen zu können.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Messing=Grabplatte zu Emden.

Die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Alterthümer zu Emden hat unserm Vereine einen sehr geschickt gearbeiteten, von dem Originale genommenen Ab druck von einer in dem Chor der reformirten Großen Kirche zu Emden befindlichen messingenen Grabplatte auf den Pfarrer Hermann Wessel zu Emden, Magister der Universität Rostock, † 1507, also ein Facsimile des Originals, geschenkt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 271 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Diese Platte, wie der Abdruck, ist 8 1/4 Fuß hamb. Maaß lang und 4 1/2 Fuß breit; die Platte ist aus 8 Stücken zusammengesetzt, 1/6 Zoll dick und wiegt 195 Pfund. Sie ist in dem Bildwerk in Messingstich, in der Inschrift in Messingschnitt gearbeitet. Die Emdener Gesellschaft ist wegen der Erklärung der Inschrift auch mit unserm Vereine in Verbindung getreten, und aus den vereinten Bemühungen der Emdenschen Gelehrten und anderer Vereine und Gelehrten ist folgende Lesung und Erklärung als sicher ermittelt; namentlich haben der Herr Gymnasial=Director Schreckendieck zu Emden und der Herr Dr. med. Lange daselbst, zeitiger Director des Vereins, die Forschungen lebhaft betrieben und zusammengefaßt.

Unter einem reichen Baldachin steht die 4 Fuß große Figur des Erlösers, die rechte Hand zum Segen erhebend, in der linken Hand die Weltkugel haltend. In den Pfeilern, welche den Baldachin tragen, stehen an jeder Seite zwei kleine Figuren, gegen 1 1/2 Fuß hoch: zur rechten: oben die Jungfrau Maria, unten Hermann Wessel, zur linken: die Heiligen Cosmas und Damianus, die Schutzpatrone der Stadt und der Kirche, unter einander. Oben in dem Baldachine stehen neben einander die vier Kirchenväter: Gregorius, Hieronymus, Ambrosius und Augustinus. Im Giebel des Baldachins steht ein Wappenschild mit einer Lilie zwischen drei Sternen 1 3 2 und mit zwei Rosen im Schildesfuße.

Die Inschrift in 12 lateinischen Hexametern lautet, ohne Unterbrechung in gothischer Minuskelschrift am Rande umher:

  1. Hoc sub sarcofago pressit mors nupera ferox
  2. Hermannum Wessel, Rostock genitrice magistrum,
  3. Huius et ecclesie pastorem. Poscite, posco,
  4. Spiritus ad dominum redeat post tristia fata.
  5. Hic de pane poli missam per secula cuncta
  6. Omnibus in quintis statuit feriis celebrandam,
  7. Ardeat ut lampas semper coram sacramento,
  8. Condidit in quintis stacio cum Corpore Christi
  9. Seruetur feriis, prouisores super istis
  10. Ipse grauans, iuuenum ritu ne cepla relinquant.
  11. Quodsi, Christe, tibi laus ast honor is retrahatur,
  12. Casliges animas, quibus hec commissa feruntur.

und auf einem Spruchbande in der Hand der Figur des Hermann Wessel:

  1. Soluendum solui, quod soluere cuncta reliqui,
  2. O tu summe Deus, suscipe pla[s]ma tuum.
  3. Anno Christi millesimo quingentesimo 7°.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 272 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zur Erläuterung möge Folgendes dienen:

2. Hermannum Wessel. Hermann Wessel war wahrscheinlich ein geborner Friese, da der Name Wessel bei diesem Volke sehr gebräuchlich ist, vielleicht ein geborner Emdener, da er in Emden Häuser besaß. Sein Wappen mag mit der Zeit mehr aufklären. Aus jenen Gegenden stammte auch der bekannte Vorläufer der Reformation und Bruder vom gemeinsamen Leben, Johann Wessel, dessen Vater Hermann Wessel 1419 zu Gröningen geboren war. Diese Familie führt aber eine Gans im Wappen. Der stralsunder Burgemeister Franz Wessel, der um die Mitte des 15. Jahrhunderts für die Reformation wirkte, war 1487 in Stralsund von dort ansässigen Aeltern geboren,† 1570.

2. Rostock genitrice magistrum (rostocker Magister von Geburt) soll sicher heißen, nicht daß er leiblich zu Rostock geboren, sondern daß er von der Universität Rostock zum Magister erhoben sei. Studiert hat Hermann Wessel wahrscheinlich zu Rostock nicht; sein Name findet sich in der Universitäts=Matrikel seit dem J. 1450 nicht. Dagegen steht in dem Album der philosophischen Facultät zu Rostock seine Erhebung; er ward im J. 1474 zu Rostock Baccalaureus, denn es heißt im Album philosophorum:

Hermann Wessel

und im J. 1476 Magister:

Hermann Wessel

Ich verdanke diese Nachrichten dem Herrn Consistorialrath Professor Dr. K rabbe zu Rostock. Nicht allein die Universität, sondern auch das Fraterhaus der Brüder vom gemeinsamen Leben (seit 1462) zog viele Niederländer nach Rostock.

5. de pane poli. Dies erklären Schreckendieck und Andere durch: Himmelsbrot, da polus im mittelalterlichen Latein oft für coelum steht. Diese Worte sind mit celebrandam zu verbinden: er bestimmte, daß mit dem Himmelsbrot eine Messe zu feiern sei.

6 und 8. in quintis feriis, d. i. "an jedem Donnerstag", da feria Wochentag bedeutet.

8. stacio ist: Station, Bittgang, Umgang, Procession.

12. commissa. Es ist hier sicher so zu lesen, da im Originale missa steht.

a. Die erste Zeile auf dem Spruchbande: Soluendum solui, quod soluere cuncta reliqui, bedeutet: "Ich habe mein Gelübde gelöset und um es zu lösen, d. i. zur Lösung des selben, alles hinterlassen"; d. h. ich habe meine ganze Hinter=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 273 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lassenschaft dazu bestimmt, daß die genannten Stiftungen ausgeführt werden.

b. plasma tuum. In der zweiten Zeile des Spruchbandes steht im Originale sicher plama Ich lese hier plasma (Gebilde, Geschöpf) und nehme an, daß das s von dem Graveur vergessen sei. Am Ende steht im Originale, nach Schreckendieck, sicher tuum . Es heißt also suscipe plasma tuum: nimm dein Geschöpf auf.

c. Die Zahl 7° am Schlusse ergiebt die Jahreszahl 1507.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber das Amt der Maler und Glaser.
Nachtrag zu Jahrb. XXIII, S. 377.

In den Jahrbüchern a. a. O. ist durch Mittheilungen aus den Zunftrollen der S.Lucas=Gilde oder Zeche zu Wien aus dem 15. Jahrhundert die Vereinigung der Maler, Glaser und mehrerer anderer Künstler zu einer Zunft in das rechte Licht gesetzt. Die "Mittheilungen der k. k. Central=Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale" zu Wien, IV Jahrgang, 1859, März, S. 74 flgd., geben nun auch die Satzungen der Stadt Krakau, in so weit sie die Kunstinnungen betreffen. Nach diesen waren dort die Maler, Schnitzer und Glaser zu einer Zunft vereinigt, und Jeder, der in dieser Zunft Meister werden wollte, mußte immer dieselben Meisterstücke machen, nämlich drei Bilder: ein Marienbild, ein Crucifix und S. Jürgen. Die Artikel des Raths zu Krakau vom J. 1490 sagen über die " maler vnd dy mit yn yn der czeche sint":

"Moler. Snitczer. Glaser."

Czum ersten. Wer do meister wil werden, Moler, Snitczer und glaser, dy sullen meisterstuck machen. nemlich Ein marienbild mit einem kyndel, das ander Ein crucifixio, das dritte Sant Jorgen auf dem rosse.

Von den glazern. Welch glazer vff glas molet und das nicht yn dem fewr ynbrennet, das ys feste bestê, der gebe III gr. busse czu harnesch" u. s. w.

Interessant ist auch die Zunftrolle der Goldschmiede vom J. 1489, aus welcher hervorgeht, daß diese auch die Siegelstecher des Mittelalters waren:

"Aurifabri"

"Welch gezelle under yn meister werden wil der zal - - drey stuck machen, dat erste zal her machen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 274 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einen silbern kopp (runden Becher), das ander zal her machen ein ingesigel, dorynn zal zeyn einngegraben eyn helm und eyn schilt vorwopenth und dy bugstaben dorumb, als sich das geburet, das dritte zal zeyn eyn steyn vorsetczt yn gold" u. s. w.

G. C. F. Lisch.     

Alte meklenburgische Städteansichten.

In dem antiquarischen Lager=Kataloge Nr. LX von J. M. Heberle (H. Lempertz) in Köln, welcher 1860 unter dem Titel: "Deutsche Städtegeschichte" ausgegeben ist,waren folgende, zum Theil äußerst seltene Werke zum Kaufe ausgeboten:

Nr. 2031. Prospekte von Rostock aus dem 16. Jahrh., mit 10 Trachtenfiguren. Seltenes Blatt aus Braun's Städtebuch. gr. qu. Fol. 10 Sgr.
   2032. Plan von Rostock im 17. Jahrh. von W. Hollar. Unten links 8 zierlich radirte Trachtenfiguren und der Name des Künstlers. Interessantes und seltenes, von Parthey Nr. 855 beschriebenes Blatt. gr. qu. Fol. 1 1/3 Thlr.
2505. Warhafftige Abconierfeiung der Stat Wießmer. Sehr tnteressanter und seltener, aus 3 aneinander gefügten Bogen bestehender color. Holzschnittprospect des 16. Jahrh. von M. W. Best erhalten. gr. qu. Fol. 3 Thlr.
2506. Wismar. Prospect des 16. Jahrhunderts mit 5 Trachtenfiguren. Interessantes Blatt aus Braun's Städtebuch. gr. qu. Fol. 8 Sgr.
2507. Wismar, Wittenberg, Rostock etc. . Kleinere Prospecte auf 1 Blatte (aus Braun). gr. qu. Fol. 8 Sgr.
2508. Großer 3 1/2 Fuß Ianger Prospect von Wismar nach Werner aus Wolff's Verlag, aus 2 Bogen bestehend und best erhalten. gr. qu. Fol. 20 Sgr.
2509. H. Varenii color. Karte der Gegend von Wismar, unten der Prospect. gr. qu. Fol. 8 Sgr.

Obgleich von mehreren Seiten sogleich nach Empfang des Katalogs Bestellungen auf diese seltenen Sachen eingingen, so kam doch der Bescheid zurück, daß sie bereits an das germanische Museum zu Nürnberg verkauft seien: dort sind sie also in Zukunft zu suchen.

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 275 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VI. Zur Sprachkunde.


Ein ratzeburgisches Hochzeitsbitterlied,

beurtheilt

von

G. C. F. Lisch.


In den Jahrbüchern XXII, S. 270 ist ein altes, plattdeutsches Gesellschaftslied mitgetheilt, welches vom Jahre 1448 datirt ist und welches der Herr Dr. Crull zu Wismar in einem Privatrechnungsbuche aus der Zeit 1433 bis 1448 im Archive der Stadt Wismar entdeckt hatte. Ich hielt bei der damaligen Mittheilung die Reimerei für das Machwerk eines Kaufgesellen, der dieselbe bei leerem Geldbeutel zum Zeitvertreib gemacht haben mochte.

Die Sache hat aber eine andere Bewandtniß und wird durch die Geschichte des Liedes höchst merkwürdig. Das Lied ist nämlich ein altes Hochzeitsbitterlied, oder nach plattdeutscher Benennung ein "Köstelbidderled" (Köstbitterlied) 1 )welches sich bis auf die neuesten Zeiten, also sicher 400 Jahre lang im Munde des Volkes erhalten hat. Da es nicht wahrscheinlich ist, daß das in dem wismarschen Handelsbuche niedergeschriebene Lied die erste Originaldichtung sei, so muß man wohl annehmen, daß es nur aus und zur Erinnerung niedergeschrieben, also älter ist, als 1448. Wir kommen also zu der Erfahrung, daß sich ein Volkslied über 400 Jahre lang unverändert und fast wörtlich im Munde des Volkes erhalten hat, eine gewiß sehr seltene Erscheinung für ein längeres Gedicht. Als der Herr Pastor Masch zu Demern, der im Fürstenthume Ratzeburg geboren ist, den Aushängebogen der Jahr=


1) Das plattdeutsche Wort köst bedeutet: Gastmahl, Festmahl, Gelag, z. B. austköst = Aerntefest, jetzt Aerntebier genannt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 276 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bücher erhielt und das wismarsche Lied las, erschien ihm dasselbe nicht ganz fremd. In seinem Hause diente eine alte Köchin, Catharine Burmeister, welche wohl 40 Jahre alt und m Dechow, im Herzogthume Lauenburg, an der ratzeburgischen Grenze, nahe bei Demern, geboren ist. Als Masch derselben das Lied vorlas, sagte sie, das stehe in einem Köstelbitterliede, aber nicht ganz so; sie wisse jedoch das Lied nicht mehr ganz auswendig, denn es sei lang und es stehe viel mehr darin; sie habe es in ihrer Jugend von ihrem Vater gelernt, der längst todt sei. Masch beauftragte nun das Mädchen, ihm die in Dechow gebräuchlichen Hochzeitsbitterlieder zu verschaffen; sie brachte ihm nach einiger Zeit die Handschriften von mehreren Liedern, welche in Dechow gebräuchlich, aber alle hochdeutsch sind und von dem alten Liede nichts enthalten. Masch gab ihr nun weiter auf, sie möge sich aul das alte Lied besinnen und persönlich in Dechow nachfragen. Nachdem sie selbst und durch Erkundigungen das dechower Lied wieder in ihr Gedächtniß zurückgerufen hatte, dictirte sie es dem Pastor Masch so, wie es hier 1 ) folgt.

I. Hochzeitsbitterlied von Wismar. 1448.

  1 Hyr ghâ ik hen vôr dat schap stân vnde wyl wat eten,
  2 men hyr is nych en beten;
  3 dat ghôde bêr mach ik gherne drynken
  4 vnde ôk ête ik gherne van deme schynken.
  5 Myn lêue kumpân, wo gheyt yt dy so tho strvnpe?
  6 kanst dv noch ghyghen edder trvmpen?
  7 De balken kanst dv tellen
  8 vnde ên stoffekens bêrs vt der tonnen fellen;
  9 dâr vmme byst dv en ghôt gheselle.
10 Dv kanst ôk wol kâken,
11 dat flesk vte deme grapen ráken.
12 Wen dv dat heft ghedân,
13 so kanst dv na deme keller ghân.
14 Den kôl macht dv nycht gherne eten, den dar lest dv wol stân,
15 dâr vmme byst dv ên ghôet ku[m]pân.


1) Masch hat zu zwei verschiedenen Malen, im Junii 1857 und im October 1858 den Text nach der Aussage des Mädchens eingesandt, beide Male übereinstimmend und nur in Partikeln und andern Kleinigkeiten von einander abweichend.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 277 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
II. Hochzeitsbitterlied von Dechow. 1858.

     Gôden morgen, gôden morgen, mîn lêwen gäst,
     ik nödig jûch all to hochtîd;
     jî seht dat doch, dat mîn stock so blank,
     vergetet ôk nich den blanken band.
     De hochtîd de wart lang wol dûrn,
     un sûpt juch ôk nich als tô'n bûrn.

  1 Hir gâ jk nu vör dat schap stân un wil wat eten
  2 äwerst hîr is ôk nich en beten;
  3 dat gôde bêr mach ik wol drinken
un ok'n gôd glas win dârbi,
dat mag my de hochtîdsvâder schenken,

  4 un ôk êt ik gîrn van dem schinken
      un de hekt un bârs ward ôk nich darbî vergeten,
     de hekt un de bars geit in dat muss,
     dârvör gew ik de köksch enen düchtigen kuss.

  5 Myn lêve kumpân, wo gheit di dat so to strumpen?
      Dârbî möcht ik ôk drinken en gôd glas runken.
  7 De balken kanst du tellen,
  8 en gôd glas bêr möcht ik drinken
     un dârbi en gôdes mädchen möcht ik sehen;

  9 darumme büst du ên gôder geselle,
      un nehme et alles recht net an.
10 Du kanst ôk wol kâken,
11 dat flêsch ût den grâpen raken.
12 Wen du dat hest dân,
13 geist du na den keller dâl.
      De hochtîdsmôder het recht düchtig kâkt,
14 Witten köl un hâmelflêsch.
     De grote pot mit witten kôl
     de steit in'n keller bâwen up.
     De rumbuddel, kinners, de verget ôk nich
     un drinkt ôk recht düchtig ênen dârbî;
     De grôte kann mit dat gôde ber
     dat settet dârbî un vergetet ôk nicks.
     De hochtîdsmôder had alles vergeten,
     se had dat flêsch un de fisch vergeten.
     Ach môder, du büst jo ganz wol dull.
     Nu schenkt de buddel ganz noch vull.
     Nu, lüd, nu etet, wat ji all heft.
     De herr NN. de hadd dat all bedacht
     un hadd sîn sâk recht gôd gemâkt.
     De hochtît de geit an,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 278 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

     de en wëk ut un de anner an,
     so lange as er tîd dat lîden kan.
     Nu hef ik alles bî jûch dân,
     nu bidd ik dârüm, heft jî dat all recht verstân.

Sie konnte sich aber nicht darauf besinnen. an welcher Stelle die alten Worte früher Platz gefunden hatten, ob nach der sechsten Zeile vom Anfange oder vor der fünften Zeile vom Ende. Masch hat das ganze Gedicht aus dem Munde des alten Mädchens niedergeschrieben und ihr bei der alten Stelle des wismarschen Textes auch diesen vorgelesen, um die Abweichungen sicher zu stellen. Man wird sich durch Vergleichung überzeugen, daß das wismarsche Lied noch fast ganz in der Erinnerung lebt, jedoch schon im Absterben begriffen ist. Was diesem in dem dechowschen Liede vor= und nachgesetzt ist, trägt ganz den Stempel der neuern Zeit und ist ohne Zweifel in neuern Zeiten nach und nach hinzugefügt und erweitert, und durch die junge Zuthat ist der alte Kern immer mehr verdrängt worden. Dem sinnigen Leser wird es nicht entgehen, daß die junge Zuthat viel weniger dichterisch und viel sinnlicher und roher ist, als der alte Kern.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Weise Regeln für die Stadtobrigkeiten

in

dem Stadtbuche von Ribnitz,

mitgetheilt

von

G. C. F. Lisch.


Vor dem ältesten Stadtbuche der Stadt Ribnitz, welches nach dem großen Brande von 1455 im J. 1456 begonnen ist, ist ein Pergamentblatt eingeheftet, welches in der Schrift von 1456 folgende gereimte weise Regeln für die Stadtobrigkeiten enthält.

     Bistu Stad Reghementes man,
     Twelff artikel sêe merklik an:
  1. Eyndracht mâek den bo e rgern dyn,
  2. Meyne best schalt êrste syn,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

  3.Vorhô e ge de wîsen in gûder vârt,
  4. Der stad ingeld sy wol bewârt,
  5. K ee rt tôm besten an gûder grund,
  6. Dyn naber sy dyn vnd du syn vrund,
  7. Bescherme dat recht an gûder acht,
  8. De arme sy lyk dem riken betracht,
  9. Ghût ghesette hold wol by macht,
10. Legh aff, is ichtswat quâ e ds bedacht,
11. Lâ e d landesheren heren blyuen,
12. Hold, wat wise meister beschriuen:
     Welk stad nicht desse stucke hâ e t,
     De zelden zunder zorge stâ e t


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Plattdeutsches Volksgedicht

aus

dem ersten Viertel des sechszehnten Jahrhunderts,

mitgetheilt

von

G. C. F. Lisch.


Das Archiv der Stadt Röbel bewahrt ein Gildebuch des Wollenweberamtes zu Röbel, welches der Herr Candidat Hänselmann aus Braunschweig im J. 1859 im Stadt=Archive. zu Röbel entdeckte. Dieses Gildebuch, welches einen starken Octavband Papier bildet, umfaßt die Zeit von 1520 bis 1704 in kurzen, jedesmal gleichzeitigen Eintragungen von verschiedenem Inhalt. Das erste Drittheil des Buches enthält die Jahresrechnungsablegungen, auch Capitalaufzeichnungen, Mitgliederaufnahmen und Geschäftsnachrichten der "Knapengilde" des Wollenweberamtes vom Anfange des 16.Jahrh. bis zum J. 1704. Daher wird das Buch im 17. Jahrh. auch das Gildebuch des Wollenweberamtes genannt, z. B. in dem trüben Jahre

1637

"Zu gedencken, das das gildebock domahlen nicht vorhanden gewesen, als ans Blanck seinen lesten,etting entrichtet heft, als eft das noch mals geschen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

müssen in Thomas Fischers behusung als nemblich Anno 1637".

Die nachfolgenden Mittheilungen sind durch das Studium des Gildebuches selbst gewonnen; die Acten des schweriner Archivs enthalten nichts über das Wollenweberamt und besonders über die Knapengilde, deren Name nicht einmal vorkommt.

Das Wollenweberamt zu Röbel war ein großes und altes Amt, und schon von dem Fürsten Nicolaus I. von Werle (also zwischen 1237 und 1277) gestiftet Schon im Jahre 1291 bestätigte der Fürst Nicolaus II. von Werle die Privilegien, namentlich das Recht des Tuchausschnitts nach der Elle, also das Recht der sogenannten Wandschneider, d. h. Tuchhändler (vgl. Jahrb. XIIl, S. 340), und im 1463 errichteten der Rath der Stadt und die Amtsmeister eine neue Zunftrolle (vgl. Jahrb. a. a. O. S. 351); beide Urkunden sind noch im Originale vorhanden.

Der letzte, größere Theil des Buches ist das Gildebuch des Wollenweberamtes ("gildemester und olderlude der "wullenwefer", auch "wullenampl", auch 1616 und 1681 "Tuchmacheramt"), und enthält die Berichte über die festgesetzten Versammlungen des Amtes, Rechnungsablagen, Meisteraufnahmen, Ein= und Ausschreiben der Lehrjungen, neue Verabredungen und Satzungen u. s. w. Das Wollenweberamt hielt jährlich 2 Male, 14 Tage nach Ostern und 14 Tage nach Michaelis, eine feststehende, beschlußfähige Versammlung oder "Ettingesdag"; auf dem Oster=Etting wurden die Gildemeister gekoren u. s. w. Am Dienstag oder Mittwoch in den Pfingsten ward allgemeine Festversammlung oder Gilde gehalten.

Das erste Drittheil des Buches ist das Gildebuch der Knapengilde des Wollenweberamts. Neben der Meister gilde der Wollenweber bestand eine damit verbundene "Knapengilde". Diese Gilde wird sehr häufig "knapengilde", auch "wullenknapengilde", und die Mitglieder werden "broder der knapengilde", auch "meisterknapen, proprie de "wullenknapen" genannt. Diese Gilde hielt mit dem ganzen Wollenweberamt am Dienstag oder Mittwoch in den Pfingsten Gilde, auf welcher vor dem Wollenweberamte Rechnung abgelegt ward, z. B.

"1568 hebben de gildemester in iegenwardicheit des gantzen ampts und gildebroder rekenschop wegen der knapengilde gedhan"

und

"1566 in kegenwardicheit des gantzen amptes rekenschop gedhan von der knapengilde".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Aufzeichnungen enthalten die Rechnungsablagen, Verzeichnisse der Mitglieder mit ihren Geldbeiträgen, Verzeichnisse des Besitzes und der Zinsen und Miethen der Gilde, welche auch Capitalien und liegende Gründe besaß.

Es ist die Frage, was der in Meklenburg äußerst selten vorkommende Ausdruck " Knape" bedeutet. Er bezeichnet ohne Zweifel die untergeordneten Arbeiter und Knechte des Amtes, auch wohl Gesellen. Der Ausdruck ist bekanntlich von den Bergknappen bekannt, ward in Süddeutschland aber auch bei den Wollenwebern angewandt; dort gab es auch wohl Tuchknappen. Die Wollenwebermeister waren ohne Zweifel umsichtigere, vornehmere, reichere Leute, welche neben dem Handwerk auch Wollhandel und Tuchhandel trieben, also kleine Fabrikanten und Kaufleute waren. Diese bedurften aber wieder untergeordneter Kräfte zum Sortiren, Reinigen und Spinnen der Wolle, zum Färben und Scheeren des Tuches u. s. w. Alle diese Arbeiter, zu denen auch wohl die Gesellen gerechnet wurden, hießen Knappen und bildeten eine eigene Gilde unter der Leitung des Wollenweberamtes. Die Knappen waren oft verheirathet und ließen sich mit ihren Frauen und Kindern in die Gilde aufnehmen, z. B. 1528:

"Anno XXVIII.

Des middewekens in deme pinxsten heffth gewunnen Achim Schomaker myth syner vrowen vnde sineme sanen merthen der knapen gilde vnde vor den wynsth hefft gelauet Kersten Zarnow. - In deme sulffthen jare vnde dage helft ock Jochim Volckmer gewunnen de knapen gilde, vor den wynsth hefft gelauet syn vad er Volck mer Regendantz vnde Achim Tithke de wullenwever. - Ock in deme suluen jare vnde dage hefft Peter Branth myth syner vrowen de knapen gilde gewunnen in Clawes Lepsowen husze, vor den winsth hefft gelauet Achim Tithke."

Auch die Wollenwebermeister mußten sich besonders in die Knappengilde aufnehmen lassen, z. B. 1587:

"Zu gedencken.

Dieweilen bishero Amptsgebrauch gewesen, dass jeder Meister im anfanck seines Ampts 4 s. vor 1  . wachs vor sich vnd 4 s. vor ein  . wachs vor seine frowe, desgleichen auch 4 s. vor 1  . wachs, wenn ehr die Knapengilde gewinnen wullen, hat geben mussen, Also hatt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das Ampt heutt den Dingstagk im heiligen Pfingsten Anno 87 beschlossen, dass ieder Meister in bewerbung der Knapengilde auch im Anfangk seines Ampts vor sich vnd seine frowe geben soll hinfurd vor 2  . wachs 4 s. lubisch vnd soll das dritte  . nachgelassen sein."

Er konnten aber auch unverheirathete Gesellen aufgenommen werden oder Knappen als Gesellen wandern, z. B. 1616:

"Anno 1616 auf dem Ettinges dach also auf Michaelis heft ein gantz Ampt des Tuchmachers Handtwercks alhir zu Röbel besloszen ihn Jochim Blancken behausinge, wen ein Knape wandern kunne vnd von dem werckmeister ihm ein Zeddel gegeuen worde zu einem Meister, der Meister aber den Knapen nicht ahnnehmen wil, sol dem gantzen Ampte ein klein verleken beier zur strafe geuen".

Mit dieser Aufzeichnung scheinen die Nachrichten über die Knappengilde zu schließen, welche im dreißigjährigen Kriege untergegangen zu sein scheint.

Vor diesem Buche sind zwei Blätter eingeheftet, welche, auf den vier Seiten voll geschrieben, ein plattdeutsches Gedicht enthalten, welches ohne Zweifel ein Scherzgedicht der Wollenweberknappen ist. Es scheint von einer der Hände geschrieben zu sein, welche die ersten Aufzeichnungen eingetragen haben, also ungefähr aus dem Jahre 1520 zu stammen, wofür auch die Handschrift spricht. Auch kommt in den Mitgliederverzeichnissen in den ersten Zeiten ein Achim Sten vor, während in dem Gedichte ein Curd Sten auftritt. Das Format des Papiers ist ursprünglich etwas länger gewesen, als das Gildebuch, und es sind daher unten einige Zeilen abgeschnitten, wodurch das Gedicht unvollständig geworden ist. Auch sind die Seitenränder etwas abgegriffen und vermodert.

Die Anlage des Gedichts scheint die zu sein, daß an einem "Heck'' ("postis") zwei Partheien, durch das Heck getrennt, stehen, von denen die erste Parthei aus Wollenweberknappen besteht, welche gutes Bier haben, die zweite Parthei aus Bauern besteht, welche schlechtes Bier haben und sich darnach speien müssen; das Ziel des Gedichts scheint zu sein, daß die besser gestellten "Knappen" sich über die Rohheit und Dummheit der Bauern lustig machen. Das Ganze ist allerdings sehr platt, aber eine Art von rohem Volksdrama oder Bauernspiel, eine Art Volkskomödie. Ganz klar ist das Gedicht nicht, da es nicht vollständig ist, vielleicht gar viel daran fehlt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Gedicht lautet folgendermaßen:

Grote Ludeke.

     Tzoyle, Janeke szone, Tzoyle,
wy willen drincken na dessen spalc.
Janeke szone, du schalth schenken
vnde my to ersthen bedenchen
vnde brinck my her de schale,
szo wil vy dri[n]cken al [to male].
          Filius ad ipsum veniens cum cereuisia in aliquo
               vase grosso et dicit.
     Ja wader, dath schal dy wol behagen,
Hyr bringe ick dy guth ber dragen,
drinck vnde giffh Ren (?)pest (?) Talen,
ick wil vns noch mer hal[en].
          Et sic bibunt ordinarie, Symon Storm
               postmodum, Iterum chorysant vtrumque.
     Horsthu vol, Korth Stenen,
wo de bure beginnen to . . . . ,
se pypen vnde liren,
se dantzen vnde hofferen,
myth Volbeken vnde Lyseken,
myth Thehaleken vnde Ky . . . . . . ,
vy hebben gebrwet gudth ber,
dath drincken se . . . .
dath water uth den beken
de wat heyth . . . . .
      Se drinken dath ber in eren koph
vnde richten ere sterte hoch uph
vnde byssen alse de k oe d oe th,
wen er de bromse deth grote n oe th,
sze lopen auer stock vnde auer steyn
vnde thobreken arm vnde ben.
     Groth morth hir affh schege,
dath he sych beth wat szege,
don he dessen rath vanth, de scholde me ene vor dath heckh hebben geszant,
men voldesthu dy hebben man licken,
szo wolde wy vor (?) dath hecke stricken.

Curdth Stenen

Szo wil wy vor dath - - -
vnde wynnen g - - - wyllen lopen
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Henneke Bertolth.

     Ick hete Henneke Berthen,
my ysz also wellich bynnen herten
vnde in mynem buche also we,
ick volde, dath ick hadde gedruncken van deme sne,
don ick deth bosze ber dranck,
szo ver ick nicht szo kranck,
[w]ente ick segge dath vph myne trwen,
[da]th ber ys nicht recht gebrwen.

Tzabertzien.

     Ich hethe Szabertzien,
ick mach wol auer dath ber scrigen,
dath is my an deme koppe gesteken,
dath ick schyr de spyse moth breken
vnde modth begynnen to gholken,
alse de koge bolken.

Olde Hans Bysterwelth.

     Ghy heren, summe myner moder szele,
dath maket de schulte eyn dell,
he heffth vns gekoffth dath bosze ber,
dat vy affspyen so ser.
Ick olde Hans Bysterwelth
ick noch nen verle vor myn gelth
also bose ber gedruncken,
dath heffth my vth dem halse stunken
also brandich alse eyn hunth,
dath ber is rechte vnsunth.

Sabertzien.

     Ich hethe Sabertzyen,
dat ber vil my vth deme hemde syen
[m]y ys an m - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -

[Jakel Wagelscutte.]

     Ick hethe Jakel Wagelscutte.
Eya vo rechte vnnutte
vorthere wy vnse gelth,
so sy ick nicht eyn fram hel[t].

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 285 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Is iny nicht szo we yn myneme liue,
dath ick nicht veth, vor yck scal bliuen,
dath my uth deme halse schaten.
Vy hebben vns al bedoren laten.
               Et facit, vt alii.

Henneke Jacob Truden.

     Ick hete Henneke Jacob Truden,
ick volde, dath ick vore vth den luden,
ick uolde spyen vth myneme grande,
dath men dath myth neneme sande
ko[n]de behuden edder bestrowen.
De vlate begunnet my tho nowen.
               Et sic facit vomitum.
Ick o moth spyen, summe goth,
ver id ock schon eyn heren verboth.

Kundige Gerolth.

     Ick hete Kundige Gerolth.
Deth ber is truen altho solth,
dath vns de schulte heffth laten halen,
dath mothe wy allyke dur betalen.
He rekent dath vor eyn punth,
noch ys dath lyke ungesunth,
dath yck nu an eyneme szuke velle,
szo vere ick nicht eyn gudth geselle.
Ick volde en de vorscho bedropen,
he scolde uns wol mer gudth byr kopen.
               Et facit etc.

Jurgen Dryuentolle.

     Ick hete Jurgen Driuentolle.
Ick sta hyr alsze eyn stadthbulle,
also eyn badet ganszekuken
. . . . . . tho male we m vnseme . . . ken
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
[g]hy hebben dath starke ber gheszapen
vnde stan edder ghy uolden slapen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nu moth men jw jagen [w]e de herzen,
vppe dath ghy nicht en bersthen,
Bisset var ick wil jw jagen,
de leste verth trwen geslagen.
          Et omnes currunt per postem et Symon Storm
               et Kurth Stenen stant ante postem et manent
               ibi cum Taleken et quasi ex potu ad
               terram cadentes ipsis adhu[c] non permanendo dicit.
          Symo Storm clamando.
     Tho Joduthe, tho judute auer herzeleyth.
Curdt Sthenen, nu bewisz dine manheyth
vnde griph an deth heck menliken.
Sze, wo de bure her sliken
          Et sic adiuuat Curdth Stenen.
               Tezel dicit ad Taleken consolando et cum ea
               ibi perseuerans.
     Eya Taleke, eyn schone mageth,
vo rechte auel ys my deth vorhaget.
Settet jw hir nedder uph desse banck,
ick vil lopen, vnde sumen nicht lanck,
vnde vil th[o] den burenluden,
[e]ffte ick se anders kunde beduden.
          Et pulsat.

Prefectus.

     Vol uph ghy here vnde syth boreth,
horeth, vo vnse klocke geyth.
[sz]e brummet alsze de klocke van Lunden,
. . heffth eyn nigen rath gefunden
. . . dath nu tho den buren ludeth
. . villen horen, vath dath bedudet
. . . ghy wyser sin ven ick
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 287 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VII. Zur Schriftenkunde.


Ueber eine prager Handschrift des Augustiner=
Chorherrenstiftes zu Segeberg,

von

G. C. F. Lisch.


Durch den Herrn Professor Dr. Homeyer zu Berlin erhielt ich von dem Herrn Professor Dr. Schulte zu Prag die Nachricht, daß sich auf der Universitäts=Bibliothek zu Prag eine im J. 1583 im Besitze des Ritters Heinrich Rantzau gewesene Handschrift befinde, welche nach dem Richtsteig Landrechts Zehnten= und Einnahme= und Ausgabe=Register eines Klosters zu Wismar enthalte. Durch Vermittelung des hohen großherzoglich meklenburgischen Ministerii der auswärtigen Angelegenheiten und der großherzoglich meklenburgischen Gesandtschaft zu Wien ward mir von dem hohen k. k. österreichischen Cultus=Ministerium zu Wien die Handschrift aus der Prager Universitäts=Bibliothek auf längere Zeit zur Benutzung anvertraut Das Studium der Handschrift gab jedoch nicht den erwarteten Gewinn für Meklenburg.

Die Handschrift auf der Universitäts=Bibliothek zu Prag, Sign. XVI. E. 21., ist eine starke Papierhandschrift in Groß=Octav und trägt auf dem Vorsetzblatte die Inschrift:

Hic liber Henrici est equitis cognomine Rantzou. anno 83. aetatis suae 58.

Sie enthält im Anfange auf 60 Blättern Ochsenkopfpapier den niederdeutschen "Richtesteig rechtes" und darnach auf 175 Blättern Wappenpapier mehrere Original=Heberegister und Rechnungen, welche alle sicher dem regulirten Augu stiner=Chorherren=Stifte zu Segeberg angehören. Zuerft kommen Heberegister von den Jahren 1444, 1446 und 1449, welche sämmtliche Hebungen des Klosters aus sämmt=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 288 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lichen Gütern desselben enthalten. Dann folgen ausführliche Einnahme=und Ausga be=Register desselben Klosters von den Jahren 1480, 1484, 1485 und 1486. Diese Einnahme=und Ausgabe=Register sind von einem Klosterbruder Johann von Wismar, welcher Procurator des Stiftes zu Segeberg war, geführt:

"frater Johannes Wismarie ad officium procurature institutus".

Der Name von Wismar ist also der Zuname des Rechnungsführers und hat mit einem Kloster zu Wismar nichts zu schaffen, wie überhaupt in der ganzen Handschrift nur eine einzige Stelle vorkommt, welche Meklenburg berührt.

An einer Stelle eines Heberegisters heißt es nämlich:

Anno domini MCCCCXLVI° pacti sumus cum incolis de Biscopen in Wilstria de decimis eorum, ita videlicet quod Dreus Truden cum suis adherentibus dabunt nobis et domino preposito Zwirinensi pro illa decima XIII Mr. Lubicens. in festo purificacionis in domo Lutken Eycholts ciue in Ydshoe; fideiussores huius sunt Andreas Truden et Clawes Gotsikes, Petrus Truden. Huius rei testis est Johannes Houscilt, qui nos concor dauit.

Die nähern Verhältnisse, in denen der Propst von Schwerin zu dieser Angelegenheit steht, habe ich noch nicht erforschen können. Im J. 1432 war Johann, im J. 1453 Johann Brun Propst zu Schwerin.

Bei der großen Wichtigkeit, welche diese Register bei dem Mangel ausreichender Urkunden des Stiftes für die holsteinsche Geschichte haben, habe ich der schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte zu Kiel eine genaue Beschreibung der Handschrift, eine vollständige Abschrift des besten Heberegisters von 1444 und verschiedene Auszüge aus den Einnahme= und Ausgabe=Registern mitgetheilt, und werden die Forscher von dort das Nähere mit der Zeit zu erwarten haben.

Bemerkenswerth ist es, daß aus Holstein noch eine andere wichtige H andschrift des Augustiner=Chorherren=Stiftes zu Bordesholm nach Oesterreich in das Cistercienser=Kloster zu Wiener=Neustadt gekommen ist (vgl. Jahrb. XXIII, S. 143).


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 289 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VIII. Zur Naturkunde.


Sandsteinbildung von Friedrichshöhe.

Der Herr Pastor a. D. Ritter auf Friedrichshöhe bei Rostock fand daselbst beim Abräumen von Erde 2 Fuß tief unter der Erdoberfläche eine Sandsteinbildung, welche äußerst auffallend ist. Das Stück gleicht täuschend einem bekleideten, kleinen, linken Fuße einer menschlichen Figur, so daß man glauben könnte, derselbe habe zu einer Bildsäule etwa aus dem dem 13, Jahrhundert gehört; selbst die Enkel sind an beiden Seiten angedeutet. Das Stück besteht aus weichem, gelbgrauem, jungem Sandstein und ist der Länge nach in zwei gleiche Hälften gespalten. Genau in der Mitte liegt ein schuppiger Ast aus einem ähnlichen Gestein, welcher in der Hauptrichtung durch das Bein bis auf die Ferse geht, sich aber in der Gegend der "Enkel" nach den Fußspitzen hin abzweigt, wie . So täuschend ähnlich nun auch das Stück einem menschlichen Fuße ist, so ist es doch, nach dem Urtheile bewährter Geologen eine nicht selten vorkommende Naturbildung der jüngern Erdformation, indem der Sandstein einen Korallen=oder Pflanzenzweig überall gleichmäßig umhüllt hat, daher man auch auf der Oberfläche überall die Schichtungen des Gesteins wahrnehmen kann.

G. C. F. Lisch.     

Ueber das Kalktufflager bei Teterow
und
die Kalktuffgewölbe der Kirche zu Grubenhagen

vgl. oben zur Baukunde, S. 224.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 290 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Eine versteinerte Auster,

sehr wohl erhalten und vollständig, gefunden 6 bis 7 Fuß tief in der Ziegelerde unter einer Torfschicht von einigen Fuß Dicke beim Schlosse (Landarbeitshaus) zu Güstrow, ward von dem Herrn Ober=Inspector von Sprewitz geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

Ein Hirschhorn

von einem Spießer (mit einem einzigen kurzen Ende), welches in entfernten Zeiten als Werkzeug benutzt gewesen zu sein scheint und mit Eisenocker überzogen in einer Mergelgrube zu Camin bei Lage gefunden ist, schenkte der Herr Oberforstrath Passow zu Schwerin.

G. C. F. Lisch.     

Auf der Feldmark Bützow wurden in dem Torfmoore Namens "Sühring" folgende Knochen gefunden und von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow erworben und dem Vereine geschenkt:

1 Schädel von einem Hunde,

3 dünne Beinknochen von einem Rinde, von denen einer anscheinend künstlich gespalten und (zum Pfriemen?) zugespitzt ist.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Auerhähne in Meklenburg.

Zur obersten Verwaltung des großherzoglichen Hausgutes sind mehrere mittelalterliche Alterthümer eingereicht, welche, ungewiß wo, zusammen im Lande gefunden sind. Sie stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, da bei den Alterthümern auch ein rostocker Wittenpfenning ohne Jahr aus der angegebenen Zeit gelegen hat. Die Alterthümer bestehen aus Hufeisen, Sporen, Scheren, Angelhaken etc. . aus Eisen, Schnallen und Beschlägen aus Messing und mehreren Knochen: Rehgeweihen, Schweinhauern, Schafhörnern und einem Auerhahnfuß (nach der Bestimmung des Herrn Professors Nilsson aus Lund).

G. C. F. Lisch.     

Vignette