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Das Siegel des Klosters Dobbertin.

Das jetzige Kloster Dobbertin ward schon in dem ersten Viertheil des 13. Jahrhunderts für Mönche Benedictiner=Ordens gestiftet, aber schon in dem zweiten Viertheil des 13. Jahrhunderts in ein Nonnenkloster desselben Ordens umgestaltet, nachdem die Mönche nach Stade ausgewandert waren.

Siegel

Das Kloster führte nun das hier abgebildete, sehr alte Siegel, welches an den Klosterurkunden oft vorkommt. Dieses Siegel ist rund: auf einem Throne sitzt die Jungfrau Maria, welche in der rechten Hand einen Lilienstengel, auf dem linken Arme das Christkind hält; die Umschrift lautet:

Umschrift

Das Siegel ist sehr alt und zeigt noch romanische Verzierungen an dem Throne. Es ist also möglich, daß das Siegel noch von den Mönchen stammt, um so mehr, da in der Inschrift ein "Capitel" genannt wird, ein Ausdruck, welcher von Jungfrauen=Conventen nicht oft vorkommt. Das Siegel findet sich

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schon am 21. Sept. 1249 und darnach im 13. und 14. Jahr hundert öfter.

Darauf führt das Kloster ein etwas größeres, sehr reich angeordnetes Siegel. Unter einem reichen, auf zwei architektonisch geschmückten Pfeilern ruhenden, gothischen Baldachin sitzen zwei Figuren: rechts die gekrönte Jungfrau Maria, die beiden Hände über die Brust kreuzend, links eine bärtige männliche Gestalt, mit einem Tuche über dem Haupte und etwas in der Linken haltend, die rechte Hand an die Krone der Jungfrau Maria legend. Der große Sockel hat unten eine Nische, in welcher eine Nonne anbetend knieet. An jeder Seite dieser Nische steht ein Schild mit dem werleschen Stierkopfe. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Auf den ersten Blick möchte man meinen, die männliche Figur sei Melchisedek mit dem Weinkruge, da dieser oft gerade so vorgestellt wird. Nach der ganzen Haltung, namentlich des Bildes der Jungfrau Maria und der Handbewegung der männliche Figur, kann man aber wohl sicher annehmen, daß die männliche Figur Gott den Vater und die ganze Anordnung die Krönung der Jungfrau Maria darstellen soll. Dieses Siegel kommt noch in jüngern Zeiten, z. B. I583, an Urkunden vor und befindet sich noch jetzt in dem silbernen Originalstempel in den Händen der Domina des Klosters.

Außer diesen beiden großen Siegeln hat das Kloster in den mittlern Zeiten noch ein kleines Geschäftssiegel, welches zu gewöhnlichen Geschäften, z. B. zur Versiegelung von Briefen, gebraucht wird. Das runde "Sachensiegel" enthält einen gothischen Baldachin, unter welchem links eine stehende gekrönte Maria (im Gnadenmantel?), rechts eine vor ihr knieende männliche Person, wahrscheinlich der Klosterpropst, dargestellt ist; über der knieenden männlichen Person ist ein Zeichen, wie ein am Stamme mit kleinen Dornen und an den Enden mit einer Rose besetztes lateinisches S, frei schwebend, gegen die Schultern der Maria, eingegraben. Die ganze Darstellung in Anordnung, Zeichnung und Schnitt ist schon schlecht und mißverstanden. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Dieses Siegel existirte schon zur katholischen Zeit; es wird z. B. von der Priorin Anna Thun 1531 und von der Priorin Katharina von Oertzen 1531-1549 gebraucht. Auch in

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der protestantischen Zeit führen dasselbe noch die Priorien und der Convent, z.B. noch im Jahre 1577.

Aus diesem Siegel sind die neuern Klostersiegel entstanden, welche, seit dem Ende des 16. Jahrhundert immer schlechter werdend, dieses jüngste Geschäftssiegel des alten Klosters zum Vorbilde nehmen. Das bis auf die neuern Zeiten gebrauchte Klostersiegel ist im Jahre 1706 von dem damaligen Küchenmeister des Klosters in halb verstandener Nachahmung gravirt.

Diese S ähnliche Figur ist nun dem Anscheine nach völlig unerklärbar; auf Mißverständniß beruht sie jedenfalls, wenn man nicht annehmen will, daß damit der H. Benedict bezeichnet werden soll, der sich in die Dornen legte und daher mitunter Dornen zum Attribut hat.

Siegel

Viel wahrscheinlicher ist es jedoch, daß man zu diesem Siegel das Siegel eines Propstes nahm; die dobbertiner Pröpste führten öfter ein Siegel, auf welchem rechts die Jungfrau Maria mit dem Christkinde und links davon der vor ihr knieende Propst abgebildet war. Das S ähnliche Zeichen wird nichts weiter sein, als eine Entstellung des Christkindes auf den Armen der Maria. Ein solches Siegel führte z. B. der Propst Arnold auf dem hier abgebildeten Siegel am 25. Mai 1302, mit der Inschrift:

Inschrift

Arnold wird erst kurz vorher sein Amt angetreten haben, da noch am 21.Aug. 1300 der Propst Johann vorkommt.

Es würde sich hier also auch in Dobbertin die Erscheinung wiederholen, daß das Siegel eines Propstes die Grundlage zu einem Klostersiegel her gab, wie im Kloster Malchow.

In den allerneuesten Zeiten hat man diese mißverstandene Darstellung ganz verlassen und Christum dargestellt, der eine knieende Figur segnet.

Die verehrten Herren Klostervorsteher haben zu den hier beigedruckten Holzschnitten, welche für das Meklenburgische Urkundenbuch bestimmt sind, bereitwilligst die Kosten hergegeben.

G. C. F. Lisch.