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von
G. C. F. Lisch.
D as Bedürfniß der Kirchen=Reformation war schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. weit verbreitet und tief gewurzelt und war hervorgerufen und genährt durch den tiefen Verfall der Geistlichkeit, der endlich vor dem Lichte der lutherischen Reformation in das allergrellste Licht trat.
Die Anstalten, welche in Meklenburg die lutherische Reformation vorbereiteten, waren drei Klöster: ein Karthäuser=Kloster Marienehe (lex Mariae) 1 ) bei Rostock voll frommen Sinnes und ein Augustiner=Eremiten=Kloster zu Sternberg 2 ) mit freierer Geistesthätigkeit, vorzüglich aber ein Fraterhaus der Brüder vom gemeinsamen Leben 3 ) zu Rostock.
Ein helles Licht auf den Geist und die Richtung dieser Stiftungen giebt der unten mitgetheilte Brief des Karthäusers Vicke Dessin an den Herzog Magnus von Meklenburg vom J. 1477. Vicke Dessin war wahrscheinlich ein Glied der meklenburgischen adeligen Familie dieses Namens; er sagt selbst in dem Briefe, er sei der Herzoge eigen Mann geboren und von denselben von seinen jungen Jahren an in ihrem Lande erzogen (gevödet = ernährt) und in ihrem Dienste gewesen.
Er lebte damals in der Karthause zu Arensbök bei Lübek. Der Herzog hatte zum Andenken seines Vaters und seiner verstorbenen Brüder der Klosterkirche zu Arensbök gemalte Fenster
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mit ihren Wappen und Gewölbe (mit geschnitzten und gemalten Gewölbeschilden) gelobt, so wie sie der König und die Königin (von Dänemark) dem Kloster geschenkt hatten. Er erinnert den Herzog an dieses Versprechen mit dem Wunsche, daß es noch vor dem Winter erfüllt werden möge. Zugleich sendet er dem Herzoge und seiner Mutter und seinen Brüdern einen Fraternitäts=Brief 1 ) des Klosters, durch welchen denselben die Theilhaftigkeit an allen guten Werken des Klosters versichert ward. Der Herzog Magnus scheint überhaupt den Karthäuser=Orden sehr geliebt und begünstigt zu haben, da ihm und seinem Bruder Balthasar im J. 1493 sogar das General=Capitel des Ordens in der Karthause einen solchen Brief gab.
Sodann berichtet Vicke Dessin dem Herzoge über die Trauung ("vertruwinghe"). Hierunter kann nur die Vermählung des Herzogs mit der pommerschen Prinzessin Sophie verstanden werden. Diese war vorher mit seinem Bruder Johann verlobt gewesen, welcher jedoch auf einer mit seinem Bruder Magnus unternommenen Reise nach Rom und Jerusalem unterweges starb; sie that hierauf im Schmerze das voreilige Gelübde einer immerwährenden Jungfrauschaft 2 ). Der Herzog Magnus wünschte sie nun zur Gemahlin zu haben, fand aber ein Hinderniß in diesem Gelübde. Der Herzog fragte viele Gelehrte um Rath wegen Aufhebung des Gelübdes und hatte auch den Vicke Dessin beauftragt, mit den Prälaten in Lübek darüber zu reden. Das hatte Vicke Dessin denn auch gethan, gab ihm aber offen und ehrlich die Antwort, daß die von ihm befragten großen und weisen Geistlichen gegen die Vermählung seien, weil die Gerechtigkeit der öffentlichen Ehrbarkeit dagegen sei.
Der Herzog vermählte sich aber doch nach manchen Hindernissen mit der Prinzessin, welche am 3. April 1486 von ihrem Gelübde ("de servanda continentia") Dispensation erhielt.
Diese Gelegenheit nimmt Vicke Dessin denn nun wahr, dem Herzoge über einen rechten, christlichen Lebenswandel ins Gewissen zu reden. Er schärft dem Herzoge dringend ein, daß nur der Gott wohlgefällig sei, der seine Gebote halte. Aber es gebe wenige, die sie kennen und halten. Es helfe nichts, in Jerusalem und Rom gewesen zu sein 3 ) und Gelübde gethan zu haben, wenn man sich nicht bessere und wahrhaft gute Werke thue. Von der heiligen Schrift und der Wahrheit, die Gott selber ist, darf sich Niemand wenden, der
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selig werden will; ohne Arbeit, Rechtschaffenheit, Demuth und die Gebote Gottes kann Niemand selig werden. Wer hier das Kreuz mit guten Werken nicht trägt, dem wird es nach diesem Leben all zu schwer. So redet er, und ferner: Er sei ein Herr mit Leuten, um große Rechenschaft davon zu geben; die Wahrheit wolle gesagt sein. Außer allen guten Werken (nach kirchlichem Sinne) könne er viel Fruchtbares schaffen und Viele selig machen, vorzüglich wenn er die geistige ("geistlike") Freiheit beschirmen und die Klöster in seinem Lande zurechtsetzen und refomiren helfen werde; denn diese ließen sich dünken, sie lebten in der Wahrheit und seien doch in großer Fährlichkeit. Hiedurch könne er mehr verdienen, als durch die (kirchlichen) guten Werke, beten, fasten und Opfer.
Zwar ist die dringende Empfehlung eines gottseligen Lebens, das sich in guten Werken bethätigen soll, zu allen Zeiten ein Schatz des Christenthums gewesen, und insoferne hat die Anrede Dessins nichts Ungewöhnliches. Aber die Verachtung der papistischen Geistlichkeit und das Drängen nach der Reformation derselben ist das Eigenthümliche der lutherischen Reformation, als einer historischen Erscheinung, die sich schon in Vicke Dessin offenbart.
Vor allen Dingen bittet er den Herzog um Gottes Willen, den armen Brüdern zu Rostock 1 ) zu helfen; diese, sagt er, führen ein gutes und seliges Leben nach der Apostel Leben; sie heißen die gemeinen Brüder (Brüder vom gemeinsamen Leben), aber die schlechten ("quaden") Geistlichen haben ihnen den Spottnamen "Lollbrüder" 2 ) gegeben. Er sende diese in ihrer Noth zu dem Herzoge, denn viele böse Geistliche seien ihnen nicht gut; er möge sie in ihrem Vorhaben, worüber sie berichten würden, unterstützen, wie es der Herzog Albrecht gethan habe.
Der Brief enthält manche interessante historische Nachricht, ist aber sehr geeignet, einen klaren Blick in das geistige und geistliche Leben jener Zeit zu gönnen und in den trefflichen Charakter des Herzogs Magnus, der ein offenes Ohr für so redlich gemeinte Wahrheit hatte.
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Schreiben des Karthäusers (?) Vicke
Dessin an den
Herzog Magnus von Meklenburg.
D.d. Arensbök 1477.
Hochgebarne furste, gnehige here. Mith willichen densten vnde innighen beden bidde ick juwen gnahen denstliken weten, So alz juwe gnade gebeden heft den vader van der cartus mit juwen gnaden frouwmoder vmme gades willen der guden werken, des zende ick juwen gnaden der veder breff vppe dudesk; juwe gnade mit juwen frouwmoder vnde broderen dorff dar nicht vor geuen, men wat juwe gnade vnde ze dhon willen mit guden willen.
Ok, gnedige leue here, vmme de vinstere vnde welffte in de ewige dechtnisse juwes zeligen herevaders vnde juwer broder, alle jewelk zin wapent, alz de koningk gegeuen heft vnde de koninginne, alz juwe gnade zuluen geseen vnde gelauet heft dem vadere, dar mach juwe gnade to denken, dar weren wol borgere van Lubeke, de id gerne deden, wennere wy en des an synnen weren, de deme gadeshuß vele allemissen geuen alledaghe.
Ik reyse juwe gnade noch mer ist myn dar to, wente my des nicht tokumpt, men de warheit is id io, de gadesdenst is hir grot, vnde seghe gerne juwer gnaden zelicheit, juwes hereuaders zelich vnde juwer gnaden broder alle, des ik plichtich bin, wente gii alle van minen jungen iaren in juwen gnaden lande vodet vnde to denste hat hebben vnde juwe eghen man geboren byn.
Ok, gnedige leue Here, to uorhorende, ifte zulke vortruwinghe wol bestan mach nach der schrift vnde der hilligen kerken, ik dor juwe gnade hir nicht vp schriuen, wente juwe gnade so vele hochgelerden prelaten, doctores hebben in juwen landen vnde vele juwes rades, de juwen gnaden dar wol an raden vnde seggen, men iodoch zo juwe gnade mi heft gebeden, so hebbe ik mit groten, wisen gestliken mannen gespraken to Lubeke vnde menen, dat id nicht wesen mach vnde dar hindert ane dat genomet wert nach deme latine Justicia publice honestatis; wennere dat desset de vortruwinge vnde dat hillige echte behindert, in wo velen graden vnde wore dat aff zick zaket vnde wo dat dat hillige echte vploset, zo dat id nicht vullenkamen bestan mach vnde de vortruwinge nyne macht heft, dat weten ze wol vnde my behoret nicht, vppe zodane to sprekende ifte to schriuende, men alz wy suluen juwe gnade ge=
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secht heft; de mi hir van zeden, sint mit den berdesten vnde grotesten vnde wisesten to Lubeke.
Ok, gnedige leue here, juwe gnade ze an de kortheit, varlicheit vnde bedrechlicheit desser werld. Got is nyn annamer ifte vornemer de eynen vor den anderen der personen, men allenen dede gut don vnde sine bade holden. Hirumme behoret zick juwen gnaden to holdende de bade gades vnde rechtuerdicheit in allem richte to hebbende, zunder leue, fruntschop, ghaue vnde zunder fruchten. Hirumme zint gi eyn here mit landen vnde luden van geschapen, dar horet juw grot antwart vor to geuende. Wat helpet korte vrolicheit, groth gut, zunt liff vnde schonheit, mit groter herschop, zunder ewige frolicheit, zuntheit vnde zunder dat ewich is? Got is nyn got, ifte nicht waraftich, isset dat zine bade nicht warafftich zint, zunder de kann numment zalich werden. Ok wo weynich weten de vnde weynich holden de? Wat helpet to Rome geweset, to Jherusalem vnde gelofft gedahn vnde dar bi nicht gebetert vnde vullenbracht mit den werken? Wenere de ware lere vnde ewige versprekelke zoticheit rechte in dat herte tret, so merket de mynschen de varlicheit vnde duster kortheit desser erdesken dink, vnde so is eme bitter alle frolike titliche Schonheit. Vther schrift vnde warheit, de god zuluen is, moed zick numment geuen, we zalich werden wil; zunder arbeyt, rechtuerdicheit, odmodicheit vnde de bade mach numment zalich werden vnde kan numment daghet vorweruen sunder arbeyt. Hirumme behoret zick, in so korter tit klokliken vortoseende. We hir dat cruce mit guden werken nicht endrecht vnde dat nicht leff heft, deme wert id na desseme leuende altoswar. Juwe gnade my dat nicht to arge stellen, de warheit wil gesecht wesen.
Ok, gnedige leue Here, bauen alle veler guder werke mogen gi vele fruchtsamheit don vnde vele zalich maken, isset dat juwe gnade mit alleme flite, liue vnde gude de gestliken frigheit boschermen vnde de klostere in juwen landen to rechte setten vnde helpen reformeren; wente de zik dunken laten, dat se leuen in der warheit, vnde zint in groter varlicheit. Hir mede, bauen alle gude werke, bedent, vastent, offer, kone gi mer vordenen vnde de rede, de regulen rechte holden, dar gi de bi macht beholden vnde en bi stän.
Juwe gnade helpe vmme gades willen ok den armen broderen to Rostke, de eyn gud, zelich leuent hebben vnde heten de gemeynen brodere vnde leuen na der apostele leuende, den hebben hirumme gegeuen de quaden gestliken eynen spottliken namen vnde heten ze de lollebroder: den sende ik vmme gades willen to juwen gnaden in eren noden, wente vele
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bose gestlike zint en nicht gut, vnde juwe gnade en vmme gades willen willen vullebort geuen, zo ze juwen gnaden wol berichten, alz myn gnedige here Hertog albrecht gedan heft.
Ok gnedige here, scholden de vinster vnde dat murwerk rede werden, de wyle dat me kan muren vor deme winter, dat mach juwe gnade bi desseme brodere vorschriuen.
De zulue juwe gnade got friste zunt zelich to langen tiden wolmogende. Screuen mit der hast LXX septimo.
Der zuluen juwer gnade arme willigen denst
Vicko Dessin
nu in
der kartuß tor arnsboke.
Dem irluchtigenn Hochgebornnenn Furstenn Hernn Magnuße Hertogenn to meklemborgh . Synem gnedigen lieuen Hernn denstlicken.
(L. S.)
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Das Siegel ist abgefallen.
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Beiträge
zur
und
von
G. C. F. Lisch.
D ie Geschichte der Reformation in Rostock ist von großer Bedeutung in unserer Landesgeschichte, nicht allein weil in Rostock zuerst in Meklenburg das Wort Gottes lauter und rein gepredigt ward, sondern auch weil der Rath der Stadt mit entschiedenem Nachdruck die neue Lehre anerkannte und durchführte. Daher ist auch die Geschichte der Reformation in Rostock sehr oft der Gegenstand der Arbeit gewesen, da es stets Freude gemacht hat, darüber zu forschen, zu schreiben oder zu lesen. In neuern Zeiten ist manches Neue darüber ans Licht gekommen, z.B. in Arndt's Joachim Schlüter, Lübek, 1832, - in Lisch Die Pfarre zu St. Peter in Rostock in Jahrb. III, 1838, S. 84 flgd., - in M. Joachim Schlüter oder die Reformation in Rostock, von Serrius, Rostock, 1840, - in J. Wiggers Kirchengeschichte Meklenburgs, 1840, S. 102. flgd. Jedoch ist der Verlauf der Begebenheiten und ihre Veranlassung noch nicht so klar, daß die Darstellung ganz befriedigen könnte, namentlich da nicht viel neues Material entdeckt ist und die Bearbeitungen meisten Theils auf ältere gedruckte Darstellungen fußen. Die Schicksale des Dom=Capitels nach der Reformation sind noch ganz unbekannt, und doch nicht ohne Interesse. Nach vieljährigen Forschungen ist es mir endlich geglückt, die Hauptschriften über die Durchführung der Reformation und den Untergang des Dom=Capitels in Rostock an verschiedenen Stellen im
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großherzoglichen Archive zu entdecken und zusammenzubringen. Die Mittheilung dieser Actenstücke ist der Hauptgegenstand dieser einleitenden Zeilen.
Unter heftigen, kriegerischen Kämpfen mit der Stadt Rostock, welche bekannt genug sind, erreichten die Fürsten und die Geistlichkeit im J. 1487 die Errichtung eines neuen, zum Bisthume Schwerin gehörenden Dom=Capitels in der St. Jacobi=Kirche zu Rostock. Es bestand aus 12 Domherren, von denen die 4 Würdenträger zugleich die 4 Pfarren der Stadt Rostock inne hatten: der Propst die Marien=Pfarre, der Dechant die Jacobi=Pfarre, der Cantor die Petri=Pfarre und der Scholasticus die Nicolai=Pfarre. Im J. 1493 wurden dazu von der Universität noch 4 Canonicate für ältere Professoren gestiftet (vgl. Krey Beitr. II, S. 259). So übte das Dom=Capitel einen unabweisbaren, grade nicht vortheilhaften Einfluß auf die Seelsorge und die Wissenschaft in Rostock. Die bedeutendsten Stellen waren in den Händen der Domherren, welche durch die Capitel=Verfassung ein geschlossenes Ganzes bildeten. Aber grade durch den lähmenden Einfluß, welchen diese Pfründner auf die ganze Stadt ausübten, ward die Opposition der Reformation desto heftiger.
1. Die Durchführung der Reformation in Rostock.
Der Capellan Joachim Slüter an der Petri=Kirche predigte schon im J. 1523 so muthig und laut das Evangelium, daß der Ruf von dem auch in Meklenburg eindringenden Lutherthum weithin erschallte. Am 14. Jan. 1523 sandte der zu Nürnberg weilende päpstliche Nuntius Bischof Franz Chieregatti 1 ) auch für den zum Bischofe von Schwerin erwählten jungen Herzog Magnus von Meklenburg das päpstliche Rundschreiben vom 30. Nov. 1522, welches zur Unterdrückung der lutherischen Ketzerei aufforderte, und richtete selbst an den Herzog die Bitte, "den Glauben mit aller Kraft vor den gottlosen und
"lasterhaften Ketzern (adversus impios sceleratosque schismaticos) zu schützen". Am 28. Febr. 1525 forderte der Cardinal=Legat Campegi 2 ) die Herzoge Heinrich und Albrecht zur
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Unterdrückung der "schändlichen Secte der Lutheraner" ("pessima isthaec Lutheranorum factio") auf. - Lübek, das Haupt der Hansa, war freilich schon in lutherischer Bewegung; aber der Rath dieser Stadt strebte lange Zeit mit aller Macht dahin, den Papismus aufrecht zu erhalten; dieses Streben hatte oft bedeutenden Einfluß auf Meklenburg, indem manche aus Lübek vertriebene, rüstige lutherische Prädicanten sich nach Meklenburg wandten, wie z.B. Thomas Aderpul 1 ) nach dem Klützer Orte. Daher dankte der Papst am 16. März 1526 dem Rathe der Stadt Lübek 2 ) sehr verbindlich dafür, daß er die lutherische Ketzerei von der Stadt Lübek abgewehrt und die benachbarten Gegenden, namentlich das Bisthum Ratzeburg, vor derselben habe schützen helfen. In diesem Sinne wandte sich denn auch der lübeker Rath am 30. März (1526) an den Rath der Stadt Wismar 3 ) mit der Bitte, die lutherischen Bestrebungen zu überwachen; Lübek sah Gefahr für den - Handel im Lutherthum! Der Rath beklagte sich, daß in "diesen laufenden lutherischen Geschäften" nicht allein die Jugend sich vergesse, sondern auch mancher Alte, und daß namentlich die deutschen Kaufgesellen in London und "westwärts" in Belgien lutherische und andere verbotene Bücher mit sich führten; hieraus könne dem Handel und den theuer erworbenen Privilegien großer Schade erwachsen, und daher sei Vorkehr nöthig.
Dies sind einige wichtige neue Entdeckungen, welche in den letzten Jahren für die erste Entwickelung der Reformation in Meklenburg gemacht sind.
Die Hauptschlacht für das Lutherthum ward in Meklenburg im J. 1531 geschlagen; in diesem Jahre kam es, namentlich durch den entschiedenen Uebertritt des Herzogs Heinrich und den gegen seinen Bruder Albrecht aufgenommenen offenen Kampf, in welchem bei weitem die Mehrzahl der Bewohner der Städte zu dem Herzoge Heinrich standen und der Herzog Albrecht fast nur die nichtsnutzige papistische Geistlichkeit hinter sich hatte, fast überall zur festen Entscheidung und zum unaufhaltsamen Fortschritte. Ein Vorspiel zu dieser Schlacht war die Zurückhaltung der geistlichen Zinsen, Zehnten und Pächte, vorzüglich durch den Adel, theilweise auch durch die Städter. Im Klützer Orte 4 ) waren schon lange weitläuftige Verhandlungen über die den lübeker Geistlichen schuldigen Zinsen gepflogen, welche aber dadurch unnütz wurden, daß am Ende des J. 1529 der ganze Adel des Klützer Ortes sich mit
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gewaffneter Hand gegen den Bischof von Ratzeburg erhob und dadurch factisch von allen älteren kirchlichen Verbindungen losriß.
Am 8. April 1526 hatten zwar die Herzoge auf einem Landtage zu Sternberg einen Vergleich zwischen den Laien und Geistlichen vermittelt, nach welchem alle Zinsen, Zehnten und Pächte fortan regelmäßig gezahlt werden sollten und der Zinsfuß auf 4 Procent heruntergesetzt ward. Aber auch auf diesem Wege ward nicht viel erreicht; die wenigsten zahlten. Zwar hatten die Herzoge in Folge dieses Vergleichs Execution verkündigt, aber es war nur eine zur Ausführung gekommen, welche ungefähr zu derselben Zeit ein ähnliches Schauspiel giebt, wie der Krieg des Klützer Adels gegen den Bischof von Ratzeburg. Heinrich Smeker auf Wüstenfelde war im J. 1487 während der rostocker Domfehde in der Schlacht bei Pankelow gefallen und hatte einen minderjährigen Sohn hinterlassen, welcher lange unter der Vormundschaft des Ritters Heinrich von Plessen auf Brüel stand. Dieser hatte im J. 1500 von dem Dom=Capitel zu Rostock 1000 Gulden geliehen, welche dieses aus dem Opferblocke des Heiligen Blutes zu Sternberg erhalten hatte, und die Zinsen von diesem Capitale aus dem Smekerschen Gute Pampow bei Teterow verschrieben. Als Heinrich Smeker, ein wunderlicher Mensch, den Bartholomäus Sastrow so ergötzlich schildert, volljährig geworden war, wollte er diese Schuld nicht anerkennen, weil Heinrich von Plessen damit sein Gut nicht gebessert habe. Gegen diesen "schändlichen Taugenichts" ("pessimum nequam", wie das Dom=Capitel in seinen geheimen Acten sagt,) erging nun im J. 1528 die Eine Execution, die das Capitel zu Rostock erreichen konnte. Das Capitel sagt darüber in einem Verzeichnisse:
Executores capitulo nostro dati contra vasallos, dicto capitulo contravenientes, vt nequam, sunt infrascripti:
Contra Hinrick Smeker in Wustenfelde, pessimum nequam, ambo prefecti in Gustrow videlicet Cordt Pentz et Merten Bibow. Facta est leuissima executio anno 28 sabbato post Dionysii (10. Oct.), sed oportet ad datam nouam nobis proxime in Gustrow executionem artius sequi executionem. Littere sunt scripte.
Und diese schärfere Execution ward denn auch noch im J. 1528 ausgeführt. Heinrich Smeker klagt 1 ) im J. 1531 den zu
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Rostock auf dem Landtage versammelten Landständen: im J. 1528 habe das Dom=Capitel wegen rückständiger Zinsen, weshalb er sich stets zu Recht erboten, ihn mit 300 Mann unter Anführung eines Priesters Heinrich Möller auf seinem Gute Wüstenfelde überfallen, ihm von dort Ochsen und Pferde fortgetrieben, Schlösser, Thüren und Kasten erbrochen und so viel Muthwillen getrieben, daß schwangere Frauen sich bis in den Tod erschrocken hätten. Dieser Streifzug und der Zug des Bischofs Georg gegen den Pfarrer Aderpul zu Gressow im December 1529 waren wohl die letzten priesterlichen Gewaltthaten im Lande. Heinrich Smeker zahlte wunderbarer Weise noch im J. 1558 das Capital 1 ) an die letzten papistischen Domherren zu Rostock zurück, welche es jedoch dem Capitel=Berechner M. Conrad Pegel herausgeben mußten, der es außerhalb Rostock sicher belegte; wahrscheinlich ist dieses Capital noch in dem Consistorialvermögen vorhanden.
Die Schmälerung des geistlichen Einkommens gab den 4 Dom=Capiteln Meklenburgs noch zu guter letzt Veranlassung, in Gemeinschaft aufzutreten, eine Erscheinung die den Höhenpunkt der Bedrängniß und der Kraft der Verzweifelung andeutet. Am 6. Dec. 1529 nämlich klagten 2 ) die Dom=Capitel zu Schwerin, Rostock, Bützow und Güstrow den Herzogen, daß ihnen, trotz des abgeschlossenen Vergleiches, ihre Zehnten, Pächte und Zinsen von dem Adel und den Städten vorenthalten würden und die von den Herzogen verhängten Executionsbefehle nichts fruchteten, da die Boten, welche sie überbringen sollten, mit Schmähworten und Schlägen zurückgetrieben würden, ja daß sie nicht einmal Boten erhalten könnten. Sie baten daher die Herzoge um Ausfertigung des Vergleiches auf Pergament, - gleich als wenn Pergament sie noch hätte schützen können, - damit sie bei ihren alten Gerechtigkeiten blieben, erboten sich auch, mit 5 Procent Zinsen zufrieden zu sein. Ferner beklagten sie sich, daß sie, was allerdings sehr bedenklich war, zu der vielfachen Rechtskränkung, die sie zu erdulden hätten, bei der Verantwortung vor die weltlichen Gerichte gezogen und von ihren Prälaten und ordentlichen Richtern verlassen würden. Endlich beschwerten sie sich, daß die "evangelischen Prediger" die alten Ceremonien nicht stehen lassen wollten, sondern dagegen "sängen, höhnten, schändeten und lästerten", in der Absicht, den alten Gottesdienst zu vernichten. Der Herzog Albrecht erwiderte 3 ) hierauf am 4. Jan. 1530, daß er, mit seinem Bruder, geneigt sei, ihnen
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den Vortrag mit den fürstlichen Siegeln besiegelt auszufertigen, ihnen durch gebührliche Execution zu ihren Einnahmen zu verhelfen und die Sache auf dem nächsten Rechtstage vorzunehmen und sich auch darüber in Unterhandlung einzulassen, damit die Geistlichen nicht vor die Stadt= und andere weltlichen Gerichte gezogen würden; was den Gottesdienst betreffe, so sei es sein Wille, daß derselbe nach altem Gebrauche und vermöge des speierschen Abschiedes gehalten werden solle.
Doch das - Pergament half nicht mehr 1 ); mit dem J. 1530 ging die katholische Geistlichkeit ihrem Untergange entgegen und im J. 1531 sehen wir sie im Todeskampfe liegen. Das Drama spielte vorzüglich in Rostock und der Sieg der Reformation in dieser Stadt war maaßgebend für das ganze Land. Wir sind jetzt im Stande, aus den Original=Urkunden 2 ) die merkwürdigen Vorgänge darzustellen.
Bekannt ist es, wie der rostocker Rath zuerst mit den lutherischen Prädicanten verhandelte und die nöthigen provisorischen Anordnungen machte. Darauf ging er der papistischen Geistlichkeit selbst zu Leibe.
Am 23. März ("Donnersdages na Gertrudis", "am Donredage S. Benedicti", "am Donredage na Lätare",) 1531 ward die gesammte papistische Geistlichkeit Rostocks vor eine Raths=Deputation auf die Schreiberei gefordert, wo der Syndicus Dr. Johann Oldendorp und die Rathmänner Vith Oldenborch, Joachim Quand, Nicolaus Bobbin und Heinrich Boldewan, so wie der Schreiber und Notarius Thomas Barkhusen versammelt waren. Der Rath ließ hier der Geistlichkeit erklären, er könne den gewaltsamen großen Haufen wegen der Religion nicht aufhalten; man müsse mit den Prädicanten und der Priesterschaft Mittel und Wege finden, die alten Ceremonien abzustellen. Der Rath begehre daher von der Priesterschaft Rathschläge und Aeußerung ihrer Ansichten. Dr. Oldendorp fügte hinzu, es sei nicht wahr, daß die Prädicanten nicht einig seien; sie seien ihres Dinges eins, wie es sein müßte; aber der Rath sei mit ihnen noch nicht einig, und deshalb solle die Priesterschaft ihren Rath einbringen. Es ward viel hin und her gehandelt, aber man kam zu keinem Beschlusse. Die Priesterschaft bat endlich um acht Tage Frist (terminum deliberandi ad octo dies) zur Ueberlegung und zur Berathung mit den Landesherren und dem Bischofe, da sie ohne diese sich auf nichts,
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es sei wenig oder viel, einlassen könnten. Nach vielen Reden und Gegenreden erklärte der Rath, er könne keine Frist von 8 Tagen, nicht einmal eine Frist von 8 Stunden, ja nicht 4 Stunden bewilligen; denn er wisse die Priesterschaft während der Frist vor dem gewaltthätigen Haufen nicht zu schützen und wolle die Verantwortung nicht tragen; die Priesterschaft müsse sogleich sagen, was sie haben wolle oder nicht.
Schon gleich darauf nachdem am Tage vorher, den 22. März, die Priesterschaft auf den folgenden Tag auf die Schreiberei geladen war, war der bischöfliche Official zu Rostock, Joachim Michaelis, nach Schwan gereiset, wo sich damals der Herzog Heinrich mit seinem Sohne, dem Bischofe Magnus, aufhielt, um mit diesen die wichtige Sache in Berathung zu ziehen.
Gleich nach Beendigung der Unterhandlung vor der Rathsdeputation hatte das Dom=Capitel, noch an demselben Tage (23. März) zwei Abgesandte, die Vicare und Priester Johann Mindemann und Nicolaus Bokholt, eben dahin geschickt, um zuerst mit dem Official J. Michaelis und darauf in dessen Beisein mit dem Herzoge und dem Bischofe die Sache zu berathschlagen 1 ) und wo möglich Rath und Hülfe von ihnen zu erhalten; sie sollten jedoch den Rath und die Bürgerschaft nicht verklagen, da die Priesterschaft noch keinen gewaltsamen Ueberfall zu erdulden gehabt habe; sie möchten nur Rath darüber haben, was und wie viel von den Ceremonien sie abstellen sollten, damit der Rath mit dem großen Haufen Friede behalten und die Priesterschaft keinen gewaltsamen Ueberfall erdulden möge. Endlich unterwarf sich die Priesterschaft ganz den Herzogen.
Kaum war diese Gesandtschaft abgereiset, als die ganze Priesterschaft von allen Kirchen des Nachmittags um 4 Uhr wieder durch die Stadtdiener geladen ward, am andern Tage Morgens 9 Uhr vor dem ganzen Rathe zu erscheinen; die Priesterschaft ahnte ganz richtig, daß ihnen ihre schließliche Meinung abgenommen werden sollte, da die so eben beendigte Verhandlung nicht zum Ziele geführt hatte. Die Prädicanten waren zu 8 Uhr Morgens vor den Rath geladen, die Priester wußten jedoch nicht weshalb. Slüter ("Mester Joachim de predicante von sunte Peter") war des Nachmittags um 3 Uhr mit einem Begleiter von Rostock zu einem "Herrn" (einem der Herzoge?) gefahren.
Sogleich schickte das Capitel dem Official und seinen Gesandten einen Boten nach Schwan nach 2 ), um ihnen diese Neuig=
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keit mitzutheilen und sie zu bitten, bis zum andern Morgen 9 Uhr die Antwort und Entschließung der Fürsten mündlich oder schriftlich zu schaffen, jedoch wenn möglich selbst wieder zu kommen. Zugleich erinnern die Domherren ihre Gesandten, daß sie wachsam über Slüter sein sollten, was der bringen und rathschlagen würde. Es ist also unter dem "Herrn", zu dem Slüter des Nachmittags gefahren war, einer der Herzoge, vielleicht der Bischof Magnus, zu verstehen. Wie viele Fäden aber die Papisten bei Hofe noch in der Hand hatten, geht daraus hervor, daß dieser durch einen Boten den Gesandten nachgeschickte Brief dem katholisch gesinnten Canzler Caspar von Schöneich, der dem Bischofe Magnus sehr widerwärtig war, mitgetheilt ward, da auf der Rückseite des Briefes eine Registratur von des Canzlers ganz eigenthümlicher Hand steht. - Die Priesterschaft hatte sich schnell zusammengerafft: auf der Schreiberei war sie ziemlich kleinlaut, konnte sich zu nichts entschließen und bat um Bedenkzeit; am Nachmittage desselben Tages konnte sie ihren Gesandten schon an die Hand geben, sie sei ganz gesinnt, in nichts nachzulassen, weder von kleinen, noch großen Ceremonien, es sei denn, daß der Bischof etwas anders bestimme und verantworten wolle.
Die Gesandten kamen noch früh genug nach Rostock zurück, um die Entschließungen der Domherren stärken zu können. Sie brachten von dem Herzoge Heinrich die mündliche Antwort zurück: sie sollten keinesweges die Ceremonien fallen lassen, und geschehe ihnen etwas darüber, so müßte er Gewalt mit Gewalt steuern. Diese Antwort war für den friedlichen Fürsten allerdings ungewöhnlich kräftig und konnte ihm nur dadurch entlockt sein, daß man ihm vorgetragen hatte, die Stadt Rostock stehe unter einem Pöbelregimente; der Rath hatte freilich oft genug ausgesprochen, er wisse die Priesterschaft nicht vor dem gewaltthätigen Haufen zu schützen, wenn sie sich gegen jede Veränderung sträube, aber immer deutlich genug zu erkennen gegeben, daß er dem Volke und den Prädicanten beistimme und daß irgend eine Veränderung in der Nothwendigkeit liege.
Die Priester traten daher am Freitage den 24. März ("profesto annunciationis",) sehr zuversichtlich und übermüthig vor dem ganzen Rath auf; sie beriefen sich auf den Ausspruch des Herzogs, brachten manche "scharfe, treffliche Entschuldigung" vor und baten noch einmal um eine Frist von acht oder mehr Tagen. Diese schlug ihnen jedoch der Rath rund ab und gab ihnen den bestimmten Bescheid, sie sollten während der nächsten zwei Tage (Sonnabend und Sonntag) und bis in die Woche die Kirchen meiden und nur die Hochmesse halten; der Rath wolle jetzt selbst auf dienliche Vorschläge denken und
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sie bis dahin zu nichts zwingen, ihnen jedoch treulich rathen, daß sie einem "mächtigen, großen Unheil" ("qwadt") zuvorkommen möchten. Ueber diese feste Antwort waren die Priester so "erschrocken", daß sie sich der "Beliebung" ("wolmeyninge") des Raths fügten und sich bis zum nächsten Mittwoch zurückhielten. Sie "hätten sich, so meinten sie, auch über den Rath nicht zu beklagen, vielmehr ihm für sein Benehmen zu danken, indem sie wohl wüßten, daß ihm das Verfahren eben so herzlich leid sei, als der Priesterschaft".
Am 29. März ("am middeweken na Judica",) ward die Priesterschaft wieder vor den ganzen sitzenden Rath auf die Schreiberei entboten. Dieser ließ ihr nun, "Gott zum Lobe und um gemeinen Friedens willen, den die Obrigkeit aus schuldiger Pflicht zu handhaben schuldig sei, folgende Artikel 1 ) und Mittel, aus Gottes Wort genommen, schriftlich überreichen und als freundlichen, treuen Rathschlag vorhalten", und lehnte dabei jede Verantwortlichkeit für die Folgen ab, falls der Rathschlag nicht angenommen werden sollte; sollte die Priesterschaft aber einen bessern Rath wissen auf dem Grunde der heiligen Schrift, so sei der Rath nicht abgeneigt, denselben zu hören, könne sich aber ferner mit unnützer Disputation nicht aufhalten. Die übergebenen schriftlichen Artikel enthielten Folgendes:
1) Die Gesänge, insoferne sie in der Heiligen Schrift gegründet sind, können in lateinischer Sprache gehalten, müssen jedoch mit mehr Verstand gesungen und nicht so "abgerumpelt" werden, wie bisher.
2) Die Messe kann täglich in lateinischer Sprache, jedoch allein vor dem Hochaltare, wie früher, gehalten und communicirt werden; begehrt jemand das Abendmahl unter Einer Gestalt, so soll es ihm, jedoch nach gehöriger Ermahnung zum rechten Gebrauche, nicht geweigert werden. Das Volk soll aber "zum heilsamen Testament" durch die Prädicanten oft ermahnt und ihm der wahre Nutzen vorgestellt werden. Jedenfalls soll aber am Ende der Messe der Priester eine kurze deutsche Rede halten darüber, was das Sacrament sei und wozu es empfangen werde.
Was die Sterbesacramente betreffe, so solle der Priester mit zwei Ministranten das hochwürdige Sacrament zu armen und reichen Kranken tragen, mit voraufgehender Glocke, zum Zeichen, daß Volkshaufen oder Wagen, die im Wege stehen möchten, ausweichen und Ehre geben mögen, jedoch sei mit der Zeit darüber nachzudenken, wie es mit dem Tragen des Sacra=
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ments in der Schrift gegründet sei. Es solle dem Kranken frei stehen, das Abendmahl unter einer oder unter beider Gestalt zu empfangen.
3) Es sollen aus der Priesterschaft in jeder Kirche tugendhafte und verständige Personen neben den Prädicanten zur Beichte abgeordnet werden, da die Prädicanten der Menge allein nicht warten können. Diese bestimmten Beichtväter, sollen das Volk zur Einigkeit im Glauben aus Gottes Wort treulich und recht unterweisen.
4) An jedem Sonn= und Festtage soll Vormittags in allen Kirchen eine Predigt und Nachmittags nach der Vesper wenigstens in zwei Kirchen eine Predigt gehalten und dem Volke nachgegeben werden, das Te Deum und einen oder zwei Psalmen (Kirchengesänge) vor und nach der Predigt zu singen.
Der Rath wollte durch diese Anordnung vorzüglich alle
"stillen und lesenden Messen, Marienzeiten, Processionen und Weihungen" abgeschafft haben.
Diese Artikel wurden ausgegeben, zu halten "bis zu gemeiner christlichen Kirche schriftmäßiger Verbesserung". Man sieht, daß der Rath noch ziemlich leise auftrat und von der Priesterschaft nur begehrte, sich in das Unabwendbare zu fügen.
Es ward der Priesterschaft nur Ein Tag Frist zur Willenserklärung gegönnt.
Am folgenden Tage, d. 30. März, gab denn die Priesterschaft, zuerst mündlich, dann schriftlich, ihre Erklärung 1 ) ab; diese war jedoch nur eine "Protestation" gegen die Vorschläge des Raths; die Priesterschaft wich auch den von dem Rath gestellten Artikeln mit unnützem Hochmuth aus, da nicht zu verschweigen war, was in jedem Munde lebte, und antwortete ziemlich allgemein:
Die Priesterschaft wolle bei dem "reinen und rechten Worte Gottes bleiben - - nach der Auslegung der heiligen Doctoren (!) und bei der Gemeinschaft der heiligen allgemeinen christlichen Kirche. Wenn jemand aus festem, rechten Verständniß der heiligen Schrift etwas nachweisen kann, was ein unleidlicher Mißbrauch ist, das will die Priesterschaft abzustellen bereit sein." Die Priesterschaft will auch, in Ansehung der guten Absicht des Rathes (!) in so gefährlicher Zeit, sich nach Vermögen und Gebühr eine "geringe Zeit lang" den Artikeln des Raths gemäß verhalten, jedoch unter folgenden Bedingungen:
1) daß die Messe und die Sterbesacramente nur von den
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Pfarrern oder ihren Capellanen und sonst niemand anders gehalten und
2) daß die Priesterschaft mit der Verreichung des Sacraments unter beider Gestalt verschont werde; es sei gegen ihr Gewissen und ihre Ehre, was in der heiligen allgemeinen Kirche seit tausend und mehr Jahren in festem Gebrauche gewesen, zu verlassen. Könne der Rath aber jemand finden, der sich dazu hergeben wolle, so müßten sie das eine Zeit lang geduldig ertragen und geschehen lassen, sie selbst aber dessen enthalten, bis die heilige Kirche und ihr Haupt ein anderes anordneten oder sie aus "grundfester, recht verstandener heiliger Schrift" schriftlich überführt würden, wo und wie der Gottesdienst gemißbraucht werde, u.s.w.
Diese Antwort der Priester ist allerdings der lebhafte Ausdruck einer verstockten, pharisäischen Gesinnung, man mag das Ding betrachten, von welcher Seite man will, in dem was ausgesprochen und nicht ausgesprochen ist. Schon die wiederholte Versicherung, daß sie auf kurze Zeit ein Auge zudrücken und sich geduldig stellen wollten, ist im höchsten Grade verächtlich.
Es war den Priestern auch gar nicht Ernst, auch nur im Geringsten nachzugeben. Namentlich aber sträubten sie sich bestimmt gegen das Abendmahl unter beider Gestalt, also gegen das Aufgeben der Messe. Lieber wollten sie, so erklärten sie, die Kirchen verschlossen bleiben lassen und vor der Volkswuth aus Rostock weichen und so böser Zeit "eine kleine Zeit" Stätte geben, als das Wesen der Messe aufgeben.
Um jedoch dem Rathe einigermaßen entgegen zu kommen und der Geistlichkeit nichts zu vergeben, entschloß sich der stark papistische Official Joachim Michaelis, am folgenden Tage, den 31. März ("Freitag nach Judica"), in der Marienkirche die Hochmesse 1 ) zu halten, was jedoch nicht ohne Tumult abging, so daß sein "Gemüth verstört" und vor dem Altare erschreckt ward.
Am andern Tage, den 1. April, ("am palmavend") stürmten nun wohl 250 Martiner auf das Neue Haus (des Rathhauses) in der Absicht, es niederzubrechen und die Fahne des Aufruhrs zu erheben. Es ward der aufgeregten Menge zwar augenblicklich zum Frieden geredet, aber der entscheidende Augenblick war gekommen, wo, nach der richtigen Erkenntniß und Voraussage des Rathes, sich der alte Zustand nicht mehr halten ließ. Da machte der Rath Ernst und führte die von ihm vorgeschlagenen Artikel ein. Und so ist dieser Tag, der 1. April, der Tag vor
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Palmsonntag, 1531, der eigentliche Reformationstag Rostocks.
Zuerst befahl der Rath sofort allen Priestern der Marienkirche, die "Messe" oder das "Testament" nach der neuen Ordnung des Rathes zu halten und unter sich umgehen zu lassen, und damit bei dem ältesten unter ihnen zu beginnen; diese wurden also von dem Haufen der Priesterschaft abgezogen. In der "Marienkirche" predigten Matthäus Eddeler und Peter Hakendahl; diesem, "dem kleinen Capellan zu Marienkirchen, Peterken genannt, warfen die Domherren vor, er habe am Palmsonntage zwei geweihete Hostien auf die Erde fallen lassen, wie der zu S. Peter es schon lange getrieben habe."
Darauf erschienen auch in der Domkirche zu S. Jacobi zwei Burgemeister und zwei Rathsherren und machten an die Domherren dieselbe Forderung; diese aber erklärten, sie würden bei der von ihnen übergebenen Erklärung bleiben und nicht davon weichen, sondern lieber ihre Pfründen im Stiche lassen und aus Rostock gehen. Da trat ein "armer, elender (d.h. "heimathloser) Priester, der kürzlich aus Lübek gekommen (verjagt) war" vor, und erbot sich, den Gottesdienst zu halten, wozu auch der Official seine Erlaubniß gab. Dieser hielt denn am Palmsonntage und den beiden darauf folgenden Tagen in der Jacobikirche das "Testament" (wie die Lutheraner das Abendmahl unter beider Gestalt nannten). Die Domherren waren rasend, daß sie das erleben mußten, ja sogar, daß am Palmsonntage auf der großen Orgel gespielt und das Abendmahl mit allen Feierlichkeiten gefeiert ward. Palmweihen und Lesemessen wurden nicht gehalten; die Marienzeiten waren aufgehoben. Zwar stellte das Dom=Capitel drei fromme, gelehrte Prädicanten; diesen ward aber das Predigen verboten. Auch Valentin (Korte) predigte am 4. April in der Jacobikirche; er ließ aber einfließen, daß es so nicht fortgehen könne; daher schalt ihn seine Partei einen Mantelträger ("Wendehoike") 1 ).
In der Nicolaikirche predigte Antonius Becker 2 ), hielt Messe nach der neuen Ordnung ohne Wandelung und reichte das Abendmahl unter beider Gestalt.
An der Petrikirche stand Slüter. Ueber diesen geben die Domherren die interessante Nachricht vom 4. April 1531:
"er liegt heute und agonizirt bis zu dieser Stunde; Gott will ihn nun vielleicht visitiren und Lohn für seine Werke geben."
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So war die Reformation in Rostock sicher durchgeführt und ein Rückschritt unmöglich.
Am 1. April, sogleich nach der entscheidenden Handlung, sandte das Dom=Capitel eine Erzählung aller Vorfälle und eine Klage 1 ) an das Dom=Capitel zu Schwerin und bat dieses dringend, bei den Fürsten, namentlich bei dem Herzoge Albrecht, dahin zu wirken, daß diese dem Unfug steuern möchten. Am 4. April berichtete 2 ) das Dom=Capitel über die Durch= und Fortführung der Reformation nach Schwerin.
Dies sind die letzten Zuckungen des Papismus in Rostock. Nach den hier mitgetheilten urkundlichen Berichten, welche unter einander genau übereinstimmen, werden sich nun die bisher bekannten gedruckten Ueberlieferungen bequemen müssen.
2. Das Dom=Capitel zu Rostock nach der Reformation.
War nun auch die Reformation zu Rostock im J. 1531 siegreich durchgedrungen und das geistliche Eigenthum größten Theils säcularisirt oder den protestantisch gewordenen Kirchen übergeben, so erreichte es doch das Dom=Capitel mit seiner seltenen Hartnäckigkeit, daß es noch über 30 Jahre mit seinen Einnahmen, so viel ihm nicht durch Zurückhaltung der Zinsen entzogen ward, in Bestand blieb, wenn auch die Capitelkirche zu S. Jacob mit der Pfarre schon im J. 1531 protestantisch ward. Diese merkwürdige Begebenheit, welche bisher ganz dunkel gewesen ist, verdient eine möglichst gründliche Beleuchtung, um so mehr, da mit den Capitelgütern das Consistorium zu Rostock dotirt ward.
Einige Domherren zogen sich wohl sogleich nach der Einführung der Reformation zurück. Der bekannte Professor und fürstliche Rath Dr. Peter Boye, Domdechant, gab einige Wochen nach dem Reformationssturme, als er die Sache des Papismus unwiderbringlich verloren sah, seine Stelle freiwillig auf. Er erklärte am 19. Mai. 1531 den Herzogen Heinrich und Albrecht, daß
"nachdem ick sunte Jacobs vnde J.f.g. Domkarcken tho Rostock ydlike tydlanck foregewest vnde ytzenn myt my so gelegenn, dat ick vmme anliggende van der
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suluigen karckenn beth vppe de oldenstadt in myn egene wanynge my wedder vmme tho geuende vnde my aldar tho vorholdende georsaket worden sy, also dat ick dar vmme gemelter J.f.g. Domkarcken regementhe hyr nach maal nicht langer gewachtenn kann".
Die strengen katholischen Pfaffen blieben aber in ihrer Stellung. Zwar starben im Laufe der Zeit manche; im J. 1543 empfahl der wackere Professor Arnold Burenius seinem ehemaligen Zöglinge, dem Herzoge und Bischofe Magnus, die nothwendige bessere Versorgung des nach einem Briefe Melanthons im J. 1542 seit kurzer Zeit in Rostock angestellt gewesenen Professors Heinrich (von Lüneburg) und schlug dazu irgend eine Pfründe vor, da die Domherren theils von Tage zu Tage mehr wegstürben ("canonici quotidie e medio discedunt"), theils ihre Priesterstellen nicht selbst verwalteten, man also solchen faulen Bäuchen und unnützen Kirchenlasten ("istis impuris ventribus et foedis ecclesie oneribus") immer einige geistliche Pfründen nehmen und guten Männern übertragen könne, welche der Kirche und der Wissenschaft nützten.
Die untergeordneten Pfründner starben weg, aber die Würdenträger hielten fest am Leben und an ihren Pfründen. Es ist interessant, diese Personen kennen zu lernen. Es waren in den Jahren 1550 und 1552 vorzüglich folgende 5 "Domherren der Collegiatkirche S. Jacob, die das Capitel bildeten" ("ista vice totum capitulum nostrum repraesentantes" 1555):
1) M. Dethlev Dancquardi 1 ), Vicedechant, früher Thesaurarius des Domstifts, 1517 Official des Archidiaconats Rostock, Pfarrherr von Kessin und "sonst rund mit Pfründen behängt", der übermüthigste und halsstarrigste aller Papisten in Rostock ("bynnen Rostock eyn geweldigher und averbostiger official").
2) M. Johann Lindberg, Senior, ward schon 1518 bei der Universität Rostock eingeschrieben; er war 1521 beider Rechte Baccalaureus, Vicar an der Marienkirche, Domherr ., in den letztern Zeiten ein geschäftiger Führer des Capitels.
3) M. Lambert Takel, Baccalaureus des canonischen und Lector des kaiserlichen Rechts, schon 1500 bei der Universität Rostock eingeschrieben, z.B. 1539 Mitglied des akademischen Concils, 1540 Rector der Universität, 1557 "Principal des Capitels" genannt.
4) Arnold Bernow, Domherr.
5) Nicolaus Gribbenitz, Domherr, ein Meklenburger
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von Geburt ("incola"), Priester, auch Domherr zu Lübek, ward 1530 bei der Universität Rostock eingeschrieben, 1548 nach M. Johann Lüdekens Tode zum Domherrn in Rostock präsentirt.
Diese 5 Priester nach altem Schrot bildeten noch im J. 1552 das Dom=Capitel, als der Herzog Johann Albrecht sonst im ganzen Lande den Papismus mit Stumpf und Stiel ausrottete, mit Ausnahme weniger giftiger Pflanzen, die zähe im Boden saßen. Die giftigste von allen war Dethlev Dancquardi. Als dieser im J. 1550 vor fürstlichen Commissarien zu Kessin den Herzog Johann Albrecht "mit vielen Schmäh= und ungebührlichen Worten beleidigt und geschändet hatte", befahl der Herzog im Nov. 1550 dem Volrath Preen zu Neukalen, dem Pfaffen aus Rostock mit allem Fleiß und Ernst nachzutrachten und nach Neukalen ins Gefängniß zu bringen. Der Prozeß gegen Dancquardi dauerte mehrere Jahre. Wie die Domherren noch im J. 1551 zu Capitel saßen, beweiset am besten die nachfolgende Rechnung über die Ausgaben, welche meisten Theils in der Sache wegen Dancquardi gemacht wurden.
M. Johan Lintberges Rekenschopp ahn dat Capittel to Rostok [anno LII, XI Febr.]
Item VIII s. vorterden de domheren, alse M. Lambertus, her Arenth, her Nicolaus Gribbenitze vnde ick, myt Allexandro des stifftes notario, do he to deme capittel in min hus gesant was von den stadholdern mit den conceptbrefen to reviderende M. Dethleuo tome besten. De brefe scholden na Spir to hertogen Vlrichen ., des ick moste de mal>tith vnde koste bereyten laten, vthe ehrem bofehell vnde bleuen alle by ehm tor maltith vnde tor collation pro honore capituli, ad fructum M. Dethleui .
Item noch VII s. lub. eodem tempore vor I Stoueken wines, dat ick moste vorleggen to der Collation . vth M. Lambertus hête et aliorum . Actum octaua die corporis Christi ao. LI.
Item I mark sund. vorterde de bade in minem huse, de mit den brefen scholde vppelopen na Spire, de myt deme baden dat capittel affdingede vppe VII daler to geuende vor de reyse, des krech he viff daler van Elseben, M. Dethleues kokinnen, vppe de hanth, de M. Lambertus den baden do in mineme huse vppe tellede.
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Item noch vor IIII s. lub. beer in minem huse gedruncken, wen de heren in mineme huse weren to capittel in M. Dethleues saken, ane andere vnkost dorch my nicht angeschreuen .
M. Jo. Lintberch manu propria ssct.
Der Proceß gegen Dancquardi ward noch im J. 1553 betrieben, als man dem Herzoge "Verzug und Aufhaltung anrieth, bis der Gegner aller Menschen Gang gehen werde." Diesen Gang ging Dancquardi denn auch im April des J. 1556.
Nach und nach kamen protestantische Elemente in das Capitel, um die Gehalte der Professoren zu vergrößern, wenn keine junge Domherren zum Aufrücken mehr vorhanden waren.
Am 3. Oct. 1550 war nach M. Andreas Eggerdes Tode der M. Bernhard Mensing, Professor der Logik, präsentirt; dieser starb am 14. März 1567.
Dancquardi's Nachfolger war der berühmte protestantische Professor der Philosophie M. Conrad Pegel, welcher gleich Mitsenior des Capitels ward.
Nach Dancquardi's Tode griff der Administrator des Bisthums Schwerin, Herzog Ulrich, gleich energisch ein und bestellte noch im J. 1556 den M. Conrad Pegel zum Vice=Dechanten des Capitels und General=Administrator der Capitelgüter oder zum "Capitel=Präfecten", damit die Capitularen die Güter nicht verschleuderten.
Pegel erhielt hiedurch einen schweren Stand. Schon am 26. December 1556 beschwerte sich 1 ) das Dom=Capitel bei dem Herzoge Ulrich, daß Pegel es in seinen jährlichen Hebungen und täglichen Vertheilungen verkürze und alle Einnahmen des Capitels bei sich behalte und unterschlage und herzoglichen Befehl zu seiner Entschuldigung vorschütze. Das Capitel sprach die Hoffnung aus, der Herzog werde die Domherren in ihren Einnahmen nicht beeinträchtigen wollen, und bat, dem M. Pegel aufzugeben, daß er die Domherren in ihren Gerechtigkeiten ferner nicht turbiren wolle. Allerdings mochte Pegel wohl strenge Wirthschaft führen.
Pegel und Mensing waren zwar Capitularen, hielten sich aber von den Eß= und Trinkgeheimnissen des Capitels fern.
Im Juli 1557 waren Domherren: ("domheren und vicarien der domstiftes kercken s. Jacobi in Rostock"):
1) Dr. Caspar Heyer, Propst und Archidiakon, Lehrer des kanonischen Rechts, ein alter Mann, der schon 1506 Rector der Universität gewesen war;
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2) Dr. Johann Bemerke, Vice=Dechant;
3) M. Johann Lindberg, Senior;
4) M. Conrad Pegel, Senior;
5) M. Lambert Takel;
6) Nicolaus Gribbenitz;
7) Joachim Kordes;
8) Bernhard Mensing;
und mehrere andere junge und unbedeutende Pfründener.
Man sieht, die Zusammensetzung des Capitels war im Wesentlichen noch dieselbe, wie in - alten Zeiten; für Dancquardi waren Heyer und Bemerke, für Bernow war Kordes, lauter alte katholische Domherren, eingetreten; Pegel und Mensing waren protestantische Elemente, welche aus den Pfründen nur einen Theil ihrer Besoldung ziehen sollten.
Diese "fünf gottlosen Leute und schlimmen Pfaffen, die das Capitel zu Rostock sein wollten," nämlich Caspar Heyer, Johann Bemerke, Johann Lindberg, Nicolaus Gribbenitz und Joachim Kordes, trieben nun ihr Wesen im Geheimen mit allen Feinden der neuen Zustände; so hatten sie, obgleich dem M. Conrad Pegel im J. 1556 die Verwaltung der Capitelgüter anvertraut war, im J. 1558 von Heinrich Smeker ein in dessen Gut Pampow im J. 1500 belegtes Capital 1 ) von 1000 Gulden ohne Pegels Wissen und der Herzoge Consens heimlich endlich erlangt und aufgenommen. Conrad Pegel bat daher den Herzog Ulrich, er möge diese 1000 Gulden von dem Capitel fordern und einstweilen an sich nehmen, aber den Brief von Niemand lesen lassen, sondern seinem Secretair den Befehl mündlich geben. Die "fünf schlimmen Leute, das Capitel genannt" 2 ) hätten in der Sache übel gehandelt; sie hätten, wenn sie gewollt hätten, von den Smekern mit gutem Rechte 2000 Gulden erhalten oder das Dorf Pampow behalten können. Auch meldete Pegel dem Herzoge, er habe gehört, das "gottlose Capitel" wolle an Lorenz v. Reventlow das halbe Dorf Hukstorf verkaufen, und bat um Befehle, durch welche dem Capitel ernstlich verboten würde, bei Verlust aller ihrer Güter weder Güter zu verkaufen und zu verpfänden, noch Capitalien aufzunehmen. In der Nachschrift bat Conrad Pegel noch ein Mal, seinen Brief niemand lesen zu lassen, damit er durch denselben nicht in Ungunst etlicher Edelleute komme!
Am 26. Mai 1558 ward dieser Streit zwischen Conrad Pegel und den Domherren durch folgende Bestimmung geschlichtet:
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1) die durch die Domherren von Heinrich Smeker erhobenen 1000 Gulden sollten außerhalb Rostock wieder sicher belegt werden;
2) das Capitel solle die Copialbücher seiner Urkunden behalten;
3) eines der drei Siegel und Schlüssel solle bei dem Bevollmächtigten des Administrators des Bisthums Schwerin aufbewahrt werden;
4) solle von dem schwerinschen Bisthums=Administrator Herzog Ulrich einer seiner Räthe und Secretarien dem Domstifte adjungirt werden, um alle Urkunden des Collegiatstifts zu transsumiren und das Transsumpt aufzubewahren;
5) der M. Pegel solle in der Capitel=Casse wegen der 500 Gulden, welche des wail. M. Dethlev Dancquardi Köchin (!) in Anspruch nehme, nicht belästigt werden;
6) das Capitel solle seinen Procurator ("den Doctor") beim Reichskammergerichte wegen seiner Gebühren selbst vergnügen;
7) die rückständigen Zehnten sollten von dem Gelde, welches bei dem M. Pegel vorräthig sei, auf Anfordern der Landesherren durch das Capitel entrichtet werden;
8) das Capitel solle dem M. Conrad Pegel, welcher demselben ins dritte Jahr mit Fleiß gedient habe, 100 Mk. lübisch für seine Dienste verehren; wenn Pegel innerhalb 10 Wochen seine Rechnung abgelegt habe, wolle er in Betracht "seiner Unvermöglichkeit und seines Alters" die Präfectur dem M. Bernhard Mensing abtreten;
9) solle alle Erbitterung zwischen beiden Theilen vertragen sein.
Characteristisch ist es, daß noch im J. 1558 Dancquardi's Köchin mit Forderungen an dessen Nachlaß bei dem Capitel auftritt. Aus der oben mitgetheilten Wirthshausrechnung des Seniors M. Johann Lindberg ergiebt sich denn freilich, daß, während die Herren im Capitel aßen und tranken und die Collation mitunter frisch auflegten, Dancquardi's Köchin "Elsebe" die Thaler zum Lohn für die Boten nach Speier herschießen mußte.
Die Verfassung und der Zustand des Capitels dauerte noch einige Jahre, wie er im J. 1559 bestand. In den Jahren 1564 und 65, dem Pestjahre, starben aber alle alten Domherren 1 ), meistentheils hochbejahrt, und es war von den eigentlichen Mitgliedern des Capitels nur M. Conrad Pegel übrig.
Am 21. Dec. 1565 ward aber der herzogliche Secretair Johannes Molinus von den Herzogen mit einer Domherrenstelle bedacht. Johannes Molinus kam im J. 1560 aus hessi=
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schen Diensten nach Meklenburg und ward Secretair des Herzogs Johann Albrecht; er leistete als Geheimer und Legations=Secretair, als Begleiter des Herzogs auf dessen politischen Reisen, ja selbst als Gesandter dem Lande die wichtigsten Dienste.
Pegel und Molinus waren nun zwei Jahre lang allein im Besitz und Gebrauche der Capitelgüter und am 13. Mai 1567 1 ) die beiden "letzten Capitelspersonen", als die Herzoge den Entschluß faßten, zu Rostock ein Landes=Consistorium zu errichten und mit den Gütern des Dom=Capitels zu dotiren. Zu diesem Zwecke traten am 15. Mai 1567 die beiden Domherren den Herzogen alles Eigenthum des Capitels ab 2 ), wogegen diese ihnen auf Lebenszeit eine "Provision" aus der Oekonomie der Capitelgüter oder des Consistorii versicherten, nämlich dem M. Pegel, weil er ein alter und um das Fürstenhaus wohlverdienter Mann sei, jährlich 60 Gulden und dem Johannes Molinus, weil er bei der letzten Kirchen=Visitation sehr nützliche Dienste geleistet und fernerhin dem Consistorium wohl dienen könne, die Einkünfte der Vikarei im Dorfe Evershagen, von jährlich 10 Gulden Ertrag, und 40 Gulden Geld, nach dem Tode Pegels aber 60 Gulden. Die Vikarei zu Evershagen konnte aber der Herzog dem Johann Molinus nicht geben, weil er sie dem Hofprediger M. Johann Lindenberg versprochen hatte; Molinus erhielt dafür einen Bauern zu Biestow.
Der wohlverdiente M. Conrad Pegel starb schon am 13. Nov. 1567.
Johannes Molinus verwaltete nun vom J. 1567 bis zum J. 1571 die Güter des Capitels. Er lebte jedoch noch lange, gerieth aber bald mit dem Consistorium in Streit.
Das Consistorium ward am 8. Febr. 1571 von den Herzogen Johann Albrecht und Ulrich gestiftet und dotirt mit "allen und jeden Gütern, Renten, Zinsen, Diensten, Pächten, Zehnten und allen andern Einkommen, die dem Domstift zu Rostock bis dahin zuständig gewesen, mit Ausnahme des einen Bauern zu Biestow, welcher dem Johannes Molinus übergeben war".
Bis in das J. 1574 genoß Molinus geruhig das ihm verschriebene Einkommen. Als aber in diesem Jahre zwischen ihm und dem Consistorium Irrungen entstanden waren, verglichen sich beide Theile am 13. Febr. 1574 von neuem dahin, daß Molinus fortan jährlich 40 Gulden haben solle, da der Consistorialen Provision auch nur 40 Gulden betrage, und daß die
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Intraden nach Gelegenheit gleich erhöhet und verringert, kurz unter ihnen Gleichheit gehalten werden solle. Diese 40 Gulden genoß Molinus auch viele Jahre. - Am 14. Febr. 1574 übergab Molinus dem Consistorium die Rechnung über seine Verwaltung der Capitelgüter von 1567-1571, so wie sämmtliche Register und Urkunden des Capitels.
Nach des Herzogs Johann Albrecht Tode im J. 1576 ward Molinus mit mehreren andern herzoglichen Dienern "beurlaubt", jedoch im J. 1577 in braunschweigische Dienste berufen, indem er "fürstlich braunschweigischer Rath und Schultheiß in der Heinrichsstadt zu Wolfenbüttel" ward. Im J. 1600 ward ihm die versicherte Hebung aus den Capitelgütern thätlich entzogen. Nach vielen vergeblichen Verhandlungen verklagte Molinus das Consistorium am 10. Jan. 1609 bei dem meklenburgischen Hof= und Landgerichte. Das Consistorium wandte im Laufe des Processes ein, die Geldhebung sei in der Fundation des Consistorii 1571 nicht genannt, Biestow sei 1611 dem Consistorium entwandt, die Hebungen der Consistorialen seien so geschmälert, daß sie ihre Besoldung nicht hätten, die Consistorialen, welche 1574 den neuen Vertrag mit ihm abgeschlossen haben sollten, seien längst mit Tode abgegangen u.dgl.m.
Johannes Molinus starb am 3. Aug. 1610.
Nach seinem Tode setzten seine Erben den Proceß fort.
Diese waren am 28. Sept. 1610:
1) Elisabeth Eickhof, wail. Joh. Molini Wittwe;
2) Johann Albrecht Molinus, der Rechte Docter und fürstlich=braunschweigischer Hofgerichts=Assessor;
3) Gertrud Molini, des Dr. Caspar Arnoldus Wittwe;
4) Dr. Heinrich Andreas Cranius, Professor zu Helmstädt (nach 1619);
5) Dr. Franz Parcovius, Professor zu Helmstädt, und am 11. Nov. 1611 Elisabeth Molins, Dr. Franz Parkowen Wittwe;
6) Friederich Lembcke, fürstlich=braunschweig. Cammer=Secretair.
Dazu kamen am 17. Nov. 1611:
7) Friederich Molinus;
8) Gerhard Reiche.
Alle diese nennen den wail. Joh. Molinus ihren Ehemann, Vater und Schwiegervater.
Ferner kamen dazu:
9) Maria Molins (17. Nov.1611), Johann Rademanns seel. Wittwe (12. Juni 1619);
10) Daniel Rauschenplat (12. Juni 1619).
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Am 16. April 1610 bürgten für den Fall, daß Molinus oder seine Erben im Processe unterliegen sollten,
Bernhard Kellermann und
Christoph Jekel,
Bürger zu Rostock, des Johannes Molinus Schwäger und gute Freunde.
Am 15. Oct. 1619 wurden von dem Herzoge der fürstliche Rath Gebhard Moltke und der rostocker Rathsherr Joachim Schütte zu herzoglichen Commissarien ernannt, um diese so klare Sache auszugleichen, wiewohl ohne Erfolg. Jedoch endlich am 25. April 1620 hatte das Hof= und Landgericht zu Güstrow zu Gunsten der Erben Molins entschieden und ihnen die rückständigen Hebungen und Proceßkosten zugesprochen.
Die Erben Molins baten fortwährend um Beitreibung der Summe durch Execution, die Consistorialen um Erneuerung der - Commission.
Am 16. Julii 1625 sollten die Acten - revidirt (!) werden und dann sollte Bescheid (!) erfolgen.
Damit hören die Acten auf. Der dreißigjährige Krieg schwemmte auch diesen Proceß, wie so vieles Andere, ins Meer der Vergessenheit.
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Anlagen
zur Geschichte der Reformation in Rostock.
Nr. 1.
Der päpstliche Nuntius Bischof Franz Chieregatti übersendet dem zum Bischofe von Schwerin Erwählten Herzog Magnus ein päpstliches Breve und bittet ihn um Beschützung des Glaubens gegen die Ketzer.
D.d. Nürnberg. 1523. Jan. 14.
Reuerende in Christo pater et domine obseruantissime, Commendationem. Misit ad me his proximis diebus Sanctissimus Dominus Noster breue quoddam suae Sanctitatis ad Reuerendam Paternitatem Vestram directum mandauitque mihi per suas literas, ut illud ad eandem transmitterem procuraremque secum omnibus modis, ut ad illud rescriberet. Iccirco cum in presentia istuc breue ipsum destinare decreuerim, illam plurimum hortor et rogo uelit ob eius obseruantiam pietatemque erga eundem Sanctissimum Dominum Nostrum et Sanctam Sedem Apostolicam euestigio ad ipsum respondere ac ad me literas suas transmittere, ut curare possim, illas per meos tabellarios ipsi Sanctissimo Domino Nostro sine fraude reddi, Rogans preterea Reuerendam Paternitatem Vestram, ut causam fidci solito eius animi robore aduersus impios sceleratosque schismaticos tueri uelit, quod non solum fame eternitatem in hoc seculo, sed gloriam quoque sempiternam sibi in alio comparabit. Et beneualeat Reuerenda Pa-
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ernitas Vestra, cui me et commendo et dedo. Ex Nurenberga XIIII Januarii M. D. XXIII.
Eminentiae Vestrae Reuerendissime Pater Vti (?) frater et seruitor Franciscus Chieregattus
Electus episcopus Aprutinus
Princeps Terami orator apostolicus.
Reuerendo in Christo patri et domino obsernantissimo domino Magno Electo Suerinensi dignissimo.
Nach dem Originale, auf Papier, in einer schönen Schrift; nur die flüchtige Unterschrift ist eigenhändig. Der Brief ist auf rothem Wachs verschlossen gewesen mit einem kleinen runden Siegel mit einem dreimal queer getheilten Schilde, auf welchem oben zwei Muscheln (?), in der Mitte ein rechts schauender Adler mit ausgebreiteten Flügeln, unten eine Muschel (?) steht; Umschrift:
Nr. 2.
Klage der Dom=Capitel zu Schwerin, Rostock, Bützow und Güstrow bei dem Herzoge Albrecht über die Vorenthaltung der ihnen schuldigen Zinsen, Zehnten und Pächte durch den Adel und die Städte, die Kränkung ihres Gerichtsstandes und die Verringerung des Gottesdienstes durch die evanglischen Prediger.
D.d. 1529. Dec. 6.
Durchluchtige, hochgebarnne forste, G. here. Nach vnßen vnderdenigen, schuldigen vnde vorplichteden Densten vnde innigen bede tho deme alweldigen gade erbedingen Bidden wy myth gantzem demode J.f.G. supplicerende vnderdenichliken tho erinnerende vnde tho vorstande, wo vnde welker gestalt mith wath grothem arbeyde, moye, vnkost, gheltspildinge vnnde anderer bosweringe wy armen gestliken personen J.f.g. vnderdenige Capellane, vmme vnse Tegeden, pechte, Renthe vnde tinße . tho bokamende, jegen etlike juwen f. gnaden vnderdanen de vom Adel vnde Steden, den eß belanget, an hochgedachte
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J.f.g. geclaget, ock mit felen gnedigen vorschrifften guthlich vnnde in der gude gesocht vnde vorgenomen, dar tho ßo vnde de wyle vnß dat gefeylet, desuluigen vormoghe J.f.g. vpgerichteden Recesß dorch forstlike Citationes rechtlick angelanget, den Proceß jegen de suluigen rechtlich geholden, Ordel, Sententien vnde Executorialbrefe rechtlich kegen ße erholden vnde bekamen hebben, wo woll gantz weynich bathlicken, men vnß armen gesthliken personen beth anher vnfruchtbar gheweset vnd by se vorachtliken, kleyn vnde geringe alße vor nichts geholden tho vnsem vnuorwinliken merckliken nachdel, vorderff vnnde schadenn.
Wy hebben ock J.f.g. gnaden Executoriales vnde breffe nicht by vns dalgelecht, men hochgedachten J.f.g. vogede vnde amptlude na Rade vnde befehele J.g. vth gnediger wolmeyninge vmme Execution to bokamende besocht vnde gebeden, deß se sick boswerth (vnnde dar vor wy dath achten) hir namalß sick boshwerende werden, in dem doch nicht mer dan eine Execution gescheen is bether tho, vor vnde na dem vpgherichteden forstliken Recesß, myth wath groteme arbeyde, vnkost, teringhe vnde moye wy J.f.g. breffe vnde Citation vorschicket vnde de baden tho bekamende, is fele to langk in de fedder to bringende, bofruchten vns ock nicht allene, men wy sinth deß seker vnde gewiß, dath wy nene baden mher konen offt mogen auerkamen, ßo vnß noch etzwes in vnßen anliggenden von J.f.g. vpgelecht worde, an J. gnaden vnderdanen tho uorschickende, angesehen de suluigen spytzich, trossich vnde nicht alleyne mith schmewordenn, sunderen ock myt sleghenn weddervmme to huß von sick wysenn vnnde gesanth synt worden.
So ock J.f.G. tho boqweme weghe vnde middel gnedichlich nicht trachten edder denckende werden, dat vnße tho bokamende, in deme wy vormerken, synt ock des in ethliker mathe in forfaringe kamen, datwelk vamme Adel vnde Stedenn, so eß bolanget, de vnß bether vor vnde na deme Recesß betalt hebben, sick in der betalinge echteren vnnde den anderen, de so nicht betalen, gelick maken werden, welker vns tho merkliken vnde groten treffliken schaden rekenen wolde.
Vnde nach deme denne, G.f. vnde here, de forstlike Receß klerlich vthdrucket, vormach vnde mytbringet, dat de vamme Adel vnde Steden bewilliget vnde togesecht hebben, alle vnnde iedere ghestliken in alle vnde iedere ohrer gulde, pechte, tinse vnde vphefingen, eth sint tegenden, egendom, wedderkopinge, pechte vnde Renthen, edder we de nhamen hebben mochten, de ße van olders vnde vor den negesth vorschreuen drien jaren in rowiger besittinghe vnde ghewere hebben konnen lathen, wo sie de ock in
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besittinge dersuluigen (wie angetoget) itz jegenwardich wercklich kamen lathen, sick der vpp kumpftige pacht vnnde tinsth tyden furder beth tho ordelinghe der gebreke tho gebruken .
Der haluen so bidden wy armen Gesthliken vnderdeniges flytes, dath wy des falls also mogen den forstlikenn Receß gheneten, ock dar by beschuttet, boschermeth vnde ghehanthauet werdenn, wy wyllen vns deß, wo wy bether tho wowoll myth vnßen merckliken schaden gedan hebben vnd noch to donde auerbodich, nicht boschweren.
Wo auers, g.f. vnde herr, etlike vomme Adell vnde Stedenn, den eß bolanget, deß forstlikenn vpgerichteden Recesß boschwerden (wo ahme daghe), So vorsehen wy vnß deß ock den suluigen weddervmme tho holdende nicht schuldich edder plichtich synt. Wyle auerß J.f.g. den suluigen van beyden dhelen wyll geholden hebben vnde dar by gedencken tho vorharren, So is vnße vnderdenige ansynnent vnde demodich byddenth, dat wy denne ßodanen J.f.g. Recesß vnder Iwen gnaden Ingesegelen in pergaminth vorsegelt na J.f.g. egen bowillinghenn vnde tosagen erlangen vnde bokamen moghen, vnde wo sick deß J.f.g. boswerden (deß wy vnß doch weniger dan weinich vorshen), dath wy alßedenne weddervmme tho vnser olden possession vnde aller vnsen gherechticheyden (deme rechten vnde aller billicheyt ghemeß) ghestadeth mogen werden.
Wo auerß hochgedachten J.f g. ßodanß nicht donlich edder anthonemende, so bidden wy -demodich vnde vnderdenichlicken gnaden, vnße treffliche vnde mannichfoldige geltspildinghe, ßo in desser saken gescheen, vnße armode, notroffte vnde gelegenheyt gnedichlicken bohertigen, betrachten vnnde bodencken willen, wenne wyder vnde mher kost vnde theringe darupp tho leggende is vnß nicht denlich offte mogelich, angesehen dat wy dar dorch in grotenn vnuorwinliken schaden ghefallen vnde ghekamen synt, vnnde J.f g. ethlike vnßere Segel vnde Breffe vor ghenochsamiger wedderstatinge vnde vaster vorwissinge vor temelike gelickmatighe jarlike tinste vnde Renthen, wo in anderen vmme liggende Chorforsten vnde forstendomen, alße viffe vor hundert, to geuende wonlich, willen annehmen.
Vnde so wy denne ock, g.f. vnde here, etlike Jahr vnd noch itzt in groten bedrucke gheleuet nicht allene vnser fodinghe vnde lyues nerynghe, jegen vnser vorschriuunge, breue vnde Segell, ock anderer orkunde, wo vorberoreth, enthsettet, sunder ock von ethliken werltliken myt waltßamen vornementh auerghefallen vnde alßo ock dorch gestliken vnnde werthliken in dat werthlike Recht richtlick tho antwerden vnde dar tho rechte tho
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stande getogenn jeghen alle ghemeyne boschreuen Rechte, priuilegia, fryheide, dar myth wy van keyseren, forsten, grauen vnde heren, ock desser lande landesforsten gnedichlicken vorsorget, vnde vnße rechtmetigen Exceptiones fori declinatorias vorlecht vnde reiiciert synt worden vnde dagelix mehr vorlecht werdenn, dar doch de werthliken in Steden vnde dorperen deß gheneten vnde vor ohren geborliken Richteren ghewyset vnde remitteret werden, vth anders neynen orßaken offte bowechnissen (dar wy dath vorachten) men dath wy armen gestliken beth nu her van vnßen prelathen vnnde ordentliken Richteren, allen priuilegien, olden herbrochten loffliken christliken wonheiden enthiegen, vorlathen synth worden, vnde mothen alßo vor den werthliken Stapell, dath ny ghehoreth, von nodes wegen to rechte stan, wethen nicht, konen offt moghen in vnßen anliggenden notrofften (dat doch kennet godt) kleghelich vnde erbarmelich iß, noch stede edder personen dar vmme tho besokennde, dan alleyne dyt ock ßo J.f.g. gnedich cleghelich to vormanende, vppe dat J.f.g. gnedichlicken dar tho mogen vnde willen gedenckenn.
Vnde sodenne ock, g.f. vnde here, etlike ewangelieschen predeker in desßen juwen gnaden forstendomen vnde landen von hochgedachte J.f.g., wo sick de suluigen predicanten horen lathen, to predikende vnde dat worth gades tho uorkundigende myt anderen louesengen thogelathen vnde angenhamen synt worden, de ghemeynen gothliken, chrisiliken, loueliken, anghesetteden vnde bether gheholden Cerimonien vnnde gades denste nicht konen noch wyllen lyden offte dulden, men darup singhen, honen, lastern vnde schenden, in andacht vnde meyninghe, de alßo tho uordelgende vnde nedder to leggende, vnde wo ßodans vthe J.f.g. bowillinghe, ßo sick de predicanten horen lathen, gheschege vnde hochgedachte J.f.g. de olden Cerimonien (deß wy vnß doch nummer vorhapen edder vorsehen) enthiegenden vnde contrarierden, so bydden wy vnderdaniges vnde demodiges flytes, J.f.g. gnaden wolden vnß doch gnedighe anthoginghe dhon, wo wy vnß dar inne schicken vnde holden scholen, nachdeme alle die olden Cerimonien to holdende vnß van J.f.g. vormaneth vnde vpgelecht is wordenn, ock vppe desse vor anghetogheden vnderdanigen bede, andacht vnde meyningen J.f.G. ghemote vnß gnedichlick in schrifften, edder wo eß J.f.g. tome ghefelligesten vorstendigen moghen, dar na wy vnß hebben tho richtende. Dath wille wy myt vnnsenn innighen beden tho deme alweldighenn gade vnnde alle vnsen vnderdanigen densten vnßes gantzen vormogenß, lyues vnnde ghudes vmme J.f.g. alße vnßen gnedigen landesforsten vnde heren, de wy langhe gheluckzeligeß Regiments herschende gade salich vnnde gesunth befhelen, myt alle vnßem vor=
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plichteden flyte gantz gerne vorbydden vnnde vordenen. Datum vnder vnßer allere veer Capittell, domkerken vnde kerken ingheßegelle, ahme daghe Nicolai confessoris, Anno . XXIX.
J. F. G.
alle tydt willige vnde vnderdenighe
Cleresie vnde vorplichteden Capellane
der veer Capittel vnde domstifftskerken Swerin, Rostock, Butzow vnde Gustrow in J. F. G. forstendom vnde landen bolegen.
Dem dorchluchtigen, hochgebarnen Forstenn vnnde heren hern Albrechte hertogenn tho Mecklenborch . vnßem gnedigen leuen hernn.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Der Brief ist mit den Siegeln der 4 Domcapitel verschlossen gewesen und sind noch Reste von denselben vorhanden.
Nr. 3.
Bescheid des Herzogs Albrecht von Meklenburg auf die Klage der Dom=Capitel von Schwerin, Rostock, Bützow und Güstrow wegen versäumter Entrichtung der ihnen schuldigen Zinsen, Pächte und Zehnten, des gekränkten Gerichtsstandes der Geistlichen und der Abschaffung der alten Ceremonien.
D.d. Schwerin. 1530. Jan. 4.
Von gotts gnaden Albrecht hertzog zw Meckelnburgk . Vnnsern gunstigen grus zuuor. Lieben andechtigen. Wir haben ewer jungst schrieben ahn den hochgebornen fursten Vnsern lieben Bruder Hern Hinrichen herzogen zw Megkelnburgk vnde vns getan nach der lenge verlesen vnnd syn neben seiner liebe darauff geneigt, euch den zw allerseits bewilligung vertrag zwischen euch vnnde den vnsernn vom Adell vnde Burgern ewer zehenden, pachte vnde renthe halben auffgericht vermoge
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vnder vnsern ingesiegeln zu uorfertigen vnde euch zwstellen lassen, Euch auch vber die vorenthalten sollicher ewerer zehenden, pechte vnde renthe mit geburlicher execution zu uerhelffen lassenn, das ir die nach pilligkeit bekummen mogett vnde dieselb zu uolstrecken, vff negsten vnsern vorgenommen vnde bestimpten Rechtstag ahnzeigen lassen, auch auff ferrern ewern bericht vnde vnderrhedung neben vnßerm lieben Bruder vns etzlicher ewerer schulde halben in handelung zu lassen vff das die durch euch zur guthe dester fuglicher, volliger vnde schleuniger erlangt vnnd inbracht werden mochten, auch zu uorfugen, wo in Stetten ader vffen landhe jemandes von wertlichen personen, wes standes auch die seint, niemants außgeschlossenn, imandes van den geistlichen, auch in Stetten ader vffem landhe, wes darzw sie berecht ahnzulangen hett, das solhs von niemandts anders, den von vnserm Bruder vnd vns dar sie die geistlichen in betrachtung dieser gefherlichen leuffte idern auff sein ahnsuchen rechts zu pfflegen sich erbotten ader vor ihren ordentlichen geistlichen richten gesucht vnde außgetragen vnde das sie die geistlichen dar vber vor kein stadtader ander wertlich gerichte gezogen werden sollen. Szouill aber die Gottesdinst vnde Ceremonien antrifft, ist hieuor vnßer beuhel gewest vnde auch noch, das die nach altem gebrauch der heiligen kirchen vnde vermoge des abscheides des jungst gehalten Rechtstags zu Speir, daruor wir zu vnderricht den artikel cristlich religion vnde vnsern heiligen glauben belangent hir in gelegt, gehalten soll werden, Euch hirnha wissen zu richten, Dan euch gnedigen willen zu ertzeigen seint wir geneigt. Datum Zwerin ahm Dinstag nach Circumcisionis domini Anno . XXX.
Den wurdigen, hochgelarten, vnsern liebenn andechtigenn Probsten, Dechanten, Seniorn, Capittell vnd gemeiner Clerisien vnßerer Thumkirchen zw Swerin, Rostogk, Gustraw vnde Butzaw.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 4.
Heinrich Smeker auf Wüstenfelde klagt auf dem Landtage zu Rostock gegen das rostocker Dom=Capitel wegen gewaltthätigen Üeberfalls zur Erpressung nicht liquider Zinsen.
1531. (vor März).
Mich kleglich widderfharen, zich meiner in vorgangenen jarenn, ßo me geschrieben XXVIII, die Thumherren zu Rostock kegen meine landesfursten nhun regimentende boklagtt, vormeynth in meynem erblichem gutthe Pampow tausent gulden zu haben, denn ich doch ghar nit stheendich, dewyle Hennych von Plesßen in meiner vnmuntschafft mein Erbe vnnd gudth ßo ßolle vornegelt habenn vnnd nit gebeßert vnnd ich mich doch stedes vorbotten zu Rechts erkantnuß, nicht gehulffe vbir das meines vorbeittens haben ßie von vnßerm landesfursten hinderwisßighenn vrteyll kegenn mir erlangtt vnnd beholthenn, ßich darauff ertrostett vnnd gestercktt, mit drieen hunderth mannen vngeferlich ßampt einem Er Heinrich Molre ghietzenn bey ßich geflicktt vnnd inn meine gudth wustenfelte weltlichenn gefaellenn, pherde vnd ochßenn dar von gedriebenn, nit geschwuet, vnnd ehre vormeinte phandth Pampow vnterwegen gelasßen, ßo vbirveltigenn ßich dar inne vorgreiffen, sloesser, dhoeren vnnd kasten vnfurschoent gelaten nicht habenn vnnd dem als nit geßedigtt, gade im hymmel erbarmeth, ires moetwillens gebrauchtt, das szwanger frauwespersonen ßich der halben pis in den doeth erschrecktt haben, dat selbige ßo meinen fursten vnnd herrn vnfurmeldeth nit gelassen, isth jedoch vnfurboeth gebliebenn .
Heinrich Smeker's Großvater Heinrich Smeker war vor 1487 gestorben, darauf war im J. 1487 sein Vater in der Schlacht bei Pankelow gegen die Rostocker gefallen und Hinrich von Plessen zu Brüel, Ritter, sein Vormund geworden.
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Nr. 5.
Instruction des Dom=Capitels zu Rostock für seine beiden Gesandten, Johann Mindemann und Nicolaus Bokholt, an den bischöflich=schwerinschen Official Joachim Michaelis aus Rostock, welcher bei dem Herzoge Heinrich von Meklenburg zu Schwan zur Verhandlung war, wegen der von dem rostocker Rathe beabsichtigten Reformation der Kirche.
1531. März 23.
Instruction der presterscopp aller 4 parkerken vnde des domes sancti Jacob to Rostok den geschickeden beyden personen alse Ern Johan Mindeman vnde Ern Nicolao Bockholte vicarien bofalen an den werdigen heren Magistrum Joachim Michaelis Officialen des Stifts to Szwerin Radtslages wise, myt ehm vorersth vnde dar na myt vnssen gnedigen landesforsten, ok vnsern g. hern Bischoppe to Schwerin dorch ehme vnde in bywesende der beyder vtgesanten personen myt vnsen g. landesforsten tho ratslagende, wath besth wil der armer papeschop in den kerken aftosettende edder to holdende, nichtes to vornyende gedan syn, vppe dat vorheyschendet gisteren, vnde huden vppe der Schryuerye ghescheen vor de viff personen des Rades vom Rade dar to vorordent, Doctor Johannes Oldendorp, her Vith Oldenborch, her Joachim Qwant, her Nicolaus Bobbin vnde her Hinrik Boldewan myt bywesende ohres Notarien Thomas Barckhusen Secretarien. Actum huten donnerdages na gertrudis ao. 31.
Erstliken vppe dat vorgeuent des Rades, dat se nicht lenger konen den weldigen hupen ohres befruchtens vppholden der Religion sake, men moth wise vnde wege finden myt den predikanten, ok der presterschop, dat vthe der presterschop herkamen schal, de Rath vnde anslege, aftostellende de Ceremonien, vnde wo dat scheen schal vnde vth wath wise vnde mate, dar bogerde de rath von der presterschop rath vnde ohre andacht vnde wolmeyninge in, wente se willen erst van vns hebben vnde myninge horen vnde vns nichts vorgeuen, wat af schal edder nicht af schall .
Item dat de predicanten ohres dinges nicht eyns synt, vorerschwart so gesecht, dar in sede de doctor, se weren ohres dinges eyns, wo dat syn scholde, vnde de rath were
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des noch nicht myt ehn auer eyns, vnde des so scholde wy vnsen rath inbringen, wat vnse meyninge were .
Vnder velen vorgeuende, myt bosprake, vth vnde inredenth vnde aller voreniginge vnder vns allen, by eynander to bliuende in eyns, vnde myt vnderdeniger dancksaginge, dem Rade ock den geschickeden, vor alle gueth hanthauent vnde boscherment beth an her der closter gescheen, beth vppe dessen hutigen dach, in vorhapinge to gade, se werden dat myt der hulpe gades alse de auericheyt wol vordan myt ohren vnderdanen in frede vorseen, dar wy vns gantzlik vp vortrosten.
Vnde dewile de handel schwar, groth wichtig iß vnde gades densth belanget, so hebbe wy terminum deliberandi gebeden ad octo dies, vppe dat wy vnß mogen in der religion sake vnde Ceremonien aftostellende, weynich edder vele edder gantz aff, bedencken, ok myt vnsen g. landes forsten, ok vnßem g. hern den Bischop boraden vnde bospreken alse vnse patronen vnde ouerste boschermer, dan buten ehn wete wy vnß nergende war in to latende, id sy weynich edder groth .
Vnder velen reden vnde inreden hebben se vns nicht willen von des Ersamen rades wegen seggen, offt wy VIII dage, III dage edder weniger dilation hebben mogen, Se weten sik dar inne nicht to vorseggen, vil weyniger VIII stunde edder III stunde, vnde geuen vns alles alse den Sticken vor der dhore, also offt se nicht in der dilation vns wusten vor den weldigen hupen to beschermen edder nicht, edder wath vnß begegende, dat scholde wy deme Rade nicht hernamals imputeren ., vnde hengen allen buß also vppe vns papen vnde geuen vns doch nichts vor, wat af scholde edder nicht af scholde, men gantz von vnß papen scholde dat vtgesecht nu von stunth werden, wath wy hebben wolden edder nicht hebben wolden, vnde kunden vnß dar vp gar anders nicht seggen, dan ehn rath wolde sik dar in entschuldiget weten, id worde wo id worde.
Nu hebbe wy noch dar vp vnsen borath also vorsk gebeden, in der stath ßo bliuen to laten vnde des in middeler tyt by den hern official erinneren vnde dorch ehn vnde den legaten beyden by vnsen g. hern hertoch hinrike, ok syner f.g. heren ßone also bischop tho Szwerin vnse boschuttere, patronen vnde boschermer vmme ohren gnedigen Rath, hulpe vnde bistant gnedichlik to erlangen, wes wy vnß im dhome, ok in den andern kerken alle myt den Ceremonien, Stacien, vigilien vnde gadesdensten holden scholen, wente buten ohren willen, macht vnde vulborth mogen, konen edder willen wy nichts afsetten, vormynnern edder vorringern .
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Item se scholen ock den Rath, de Stath, Borger edder nemandes noch tor tyt clawyß vorclagen, wente wy weten se noch auer waltsamen auerfall beth in desse stunde nicht to vorclagende ., men allene vmme vnderwisinge willen bidden, offt wy ok scholen vndergan, weynich edder vele aftostellende, vnde wat wy afstellen scholen ., darmit de rath myt dem weldigen hupen moge frede beholden vnde vns ok neyn waltsam auerfare schut.
Item dewile vnß ohre f.g. muntlik bofalen, ok schriftlik vormant, boneuensth den anderen Stifftskerken Szwerin, Butzow vnde Rostok, dat wy de Ceremonien scholen holden vnde nicht afstellen edder fallen laten, na lude der forstliken Scrift vnfes g. hern hertoch Hinrikes, dat wy deme ok nicht weten buten ohren f.g. fulbort vnde willen dar von aftostande .
Item offt vnß yo hir bauen waltsam auerfaringe schege, wes wy vns to vnse gnedigen landesforsten, ok dem Bischoppe von Schwerin, also eyn houet vnsere prestere in gnediger boscherminge vortrosten mogen.
Item vnde offt nicht vornemlich edder dathlik schege kegen vns vnde vppe den termyn der dilation vnse bodenckent wedder inbringen scholden, edder noch ehr, wath dat wesen schal ., angeseen dat wy nichts weten von Ceremonien vnde herlicheyden der gadeßdenste noch tor tyt aftostellen.
Vnde bauen alles dat wy vnß geuen vnde vnderwerpen vnß vnder vnse gnedige landesforsten allen alse vnsen g. hern hertoch Hinrich, hertoch Albrecht, hertoch Magnus alse gestliker vnde vnßer gnediger here bischop to Szwerin sampt allen louelichen forsten vnde junger herschop von Mekelenborch . alse vnse gnedige heren landesforsten vnde patronen des dhoms, der parrekerken vnde aller herlicheyden vnde Ceremonien, sampt dem hilligen R. Rike, Keys. Mt. vnde pawstlicher hillicheyt ersth vnde tor auerflot to deme alweldigen ewigen gade vnde synem gotliken hilligen worde vnde by Cristo, dar wy alle willen ok by bliuen, also kristhlike, arme, elende, gesthlike lude .
Nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin, von derselben Hand, welche den Brief von demselben Datum geschrieben hat, wie es scheint von der Hand des Mag. Johann Lindberg.
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Nr. 6.
Nachricht des Dom=Capitels zu Rostock an seine zum Herzoge Heinrich nach Schwan geschickten Gesandten über den augenblicklichen Stand der Sache in der Reformation der Kirche zu Rostock.
D.d. 1531. März 23, am Abend.
Erwerdiger, leuer Magister Joachim, here vnde frunt, vnnde erhaftigen, guden frunde. De heren des presterliken standes alle thwiuelen nicht, gy werden vthe gratien des almechtigen gades dat factum Juw bovalen, von den Cerimonien to bliuende, myt rade, hulpe vnde bistande vnsere g. landesforsten vnde Bischops von Szwerin vthrichten vnde gnedichlik by ehm erholden ., dar anne drage wy nenen thwiuell.
Forder hebbe wy Juw nicht mogen bergen, dat bauen huten den genamen auescheyt vppe der Schriuerye wy alle von allen kerken vnde alle personen synt dorch de Statdener wedder vorbodeschoppet, morgen to IX vor den gantzen Rath to kamende . Vnde de predicanten sint to VIII vorbodeschoppet, wy weten ouerst nicht wor vpp, men wy achtens dar vor, dat wy vnse borat inbringen scholen vnde neyne dilation lenger hebben .
Worvmme sende wy Juw clericis dessen Jungen nha, dyt Juw so to vorstande to geuende vnde ok dat Mester Joachim de predicante von sunte peter myt noch eynem von hyr is gevaren to einem heren to III slegen, dar wachtet Juw vor, wath de wert bringen vnde ratslagen. Bidden densthlik, wo vmmers mogelik is, by to bringende, dat gy vns vor der tyt morgen to IX mogen wedder inbringen, wes wy vns vppe vnsen g. forsten vortrosten scholen, vnde dar to offt gy nicht jegen de tyt kamen kunden, dat gy doch kamen, alles Juwen guden Rath by jegenwardigen wedder schriuen, vppe dat wy wath anwaringe mogen weten, wor wy vns vp vortrosten scholen .
Wy sint ouers gantz gesinnet, buten vnser landesforsten, ok vnsers g. hern von Szwerin bofehel vnde heth vns nergende, wor von aftogeuende, noch von kleynen offte von groten Ceremonien, wy vorstan denne, dat vnse g. forsten vnde vnser g. here bischop dat wol liden kan vnde vns heth, ok nagifft, vns hernamals in vngnaden dar vmme nicht to straffen edder to dencken.
Hir myt bidde wy, dat gy dyt alles in der hast ßo geschreuen willen vor dat beste mede annemen vnde radeswise mede borat=
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slagen. Hir myt gade geluckselich bovalen. Datum ilende Rostock vmme seygers 4 vppe den auent ahm donnerdage na Letare ao. 31.
Den werdigen, hochvorstendigen vnde erhaftigen heren Magistro Joachim Michaelis officiali Szwerinensis curie . vnde Ern Johan Myndeman, ok Ern Nicolao Bockholte vicariis . vnsen gunstigen heren vnde mithbroderen samptlik vnde besundern denstlik gescreuen.
Cito Cito .
Ueber der Ueberschrift steht von der Hand des Canzlers Caspar von Schöneich die Registratur:
Clerisia rotzstock ceremonien halben.
Also ist der Brief zur Hand des katholisch gesinnten Canzlers gekommen.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. und H. Archive zu Schwerin.
Nr. 7.
Vorschläge des Rathes der Stadt Rostock an das Dom=Capitel und die katholische Priesterschaft daselbst zur Reformation der Kirche.
D.d. Rostock. 1531. März 29.
In den Geistliken vnlitliken myßbruken (welker nemande den alleinen Gades worde tho ordelen betemen) hefft ein Ersame Radt Gade almechtich tho loue vnd vmme ghemeynes fredens wyllen, den de Ouericheit nha allem vormoghen vth schuldigen plichten vorthosthende vnde tho hanthauen schuldich, disse nhafolgende artikele vnd myddele vth Gotlikem worde beramen laten vnd der presterschop tho Rostock alze einen fruntliken truwen radtschlach vnd anwaringe vorholden laten,
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Myth protesiation, dath Ein Ersame Radt nemandes gerechticheit ahn werdtlichen dyngen hirmit gedeucket tho uorletzen.
Eft ock Jemant van der Presterschop mith eigenem vornemende in vndeinstlichen worden edder wercken disse gegrundeden fruntlichen vorschlage nicht annhemen, weygern, dar vph spotten, achterreden edder eine wyle holden vnd darnha tho argerunge fallen laten wolde vnd dar durch einen ahnstott, vnfrede vnd wedderwillen erwecken worde, dem Rade, der Stadt vnd syck suluest tho schaden vnd nhadeyle ahn zele edder lyue, des wyl ein Ersame Radt samptlich vnd sonderlich vor Gade almechtich, vnßen landesfursten vnd idermennichlick entschuldigt bliuen vnd hirmit apenbar vorbedinget hebben.
Im falle ock dath de Presterschop edder jemant vnder ene wuste in dissen anliggenden loiften vnd handelen der myßbruke beteren rathschlach vnd myddele vorthowenden, de suluigen were ein Ersame Radt anthohoren nicht vngeneigt, vth grunde der Godlichen Schrift, ane vorwylunge vndeinstlicher disputation.
I. Erstlick der geßenge haluen, ßo in bewerder biblischer hilligen schrift gegrundet, achtet men nicht vor vnguth, dath de Presterschoph de suluigen in latinscher sprake beholde vnde gebruke, doch etwes vnderschetliker 1 ) vnd mith mer vorstande tho syngen, dan betteher auergerumpelth.
II. Thom andern dath alle daghe dath hochwerdige Testament 2 ) in latinscher sprake vor dem hogen altar alleinen mit twen Ministranten in kledunge vnd form, wo vorhen (vthgenamen de canones), geholden vnd dat volck, ßo vorhenden were, communicert werde,
Doch den jennen, ßo dat Sacrament vnder einer gestalt begheren werden (nha ermaninge des rechten gebrukes vnd ahnsettinge Christi) nicht tho weigeren,
Dath ok dat Volck, tho solchem heilsamen Testament vnd starkinge des ghelouens durch die Predicanten vaken ermanet vnd ene de nutticheit wol ingebildet werde;
Ock is nodich alle wege (wann er communicanten vorhanden), dath als denne am ende der Missen de Prester syck vmmekere vnd eine korte dudesche rede vnd ermanynge dho, wath, wo vnd wor tho ße dath durbar Sacramente entfangen.
III. Thom drudden dath vth beuell jennen, de des tho donde, itlike vth der Presterschop dogetßame vnd vor=
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stendige personen thor bicht geordent werden neuenst den Predicanten, de der veelheit des volkes alleinen nicht ghewarden moghen, in jeder kercken,
Vnd dath de suluigen Bichtueder tho enicheit vnd nicht twedracht des gelouens dath volck vth Gades worde truwelich vnd recht vnderwyßen, als ße vor gades gerichte vnd idermennichlich in der werld gedencken tho verantworden.
IV. Thom veerden Des hilligen dages, welcker vmb gades worth tho horende vnd anthonemende allenen is angesettet vnder den Christen, wert vor nodych geachtet, vormyddages in allen kercken einen vnd nhamyddages ock einen sermon thom weinigesten in twen kercken nha der vesper tho geschende,
Vnd dath dem volcke vmme einicheit willen werde nhagegeuen Te deum laudamus vnd einen psalm edder twe vor vnd nha dem sermon tho syngende des morgens,
Doch dath sulckes in dem Chor durch den Scholemester, nicht in der kercken angehauen werde.
Myt den krancken ouerst, dar mercklich an gelegen, dath de swacken nicht auerlastet vnd de starken nicht vorkortet werden im latesten vthgange eres leuendes, is dat myddel gefunden, dat de Prester vnd twe Ministranten ßo wol thon armen, als tho den Ryken ghan vnd dragen dath hochwerdighe Sacramente mit Rochchelen vnd vorgander klocken, allenen tho erkenninge dath de hupe volckes edder wagen, ßo villichte im wege syn mochten, dem Sacramente wyken vnd Erhe geuen moghen, vnd mith der tydt furder tho trachtende, wo idt myt dem dregende sthan moghe vth der Schrift,
Vnd wo denne de krancke vth fryer conscientie beyde gestalt tho nemende gesynnet, ßo schal als denne dat testamente darsuluest geholden vnd de krancke communicert werden.
Wo he ouerst syn gemothe dartho nicht gheuen konde, als denne schal eme de eine gestalt, welcker dar henne gebracht, medegedeilet vnd vph Christum tho vortruwende ermanet werden, de anderen ministranten ock god vam hemmel mith orhem bede nha synem gotliken willen mith dem krancken tho schaffende anropen.
Dyth vnd alle anders vph gemeiner christliker kercken schriftmetige vorbeteringe.
Actum vph der Schriuerie tho Rostock myddewekens nha Judica Anno vefteinhundert einvnddruttich.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 8.
Antwort des Dom=Capitels und der katholischen Priesterschaft zu Rostock auf die Vorschläge des dortigen Rathes wegen der Reformation der Kirche.
1531. März 30.
Vor vnnde an jwen vorsichtigen vnde wollwysen Heren Borgermeystern vnde Radmannen desser louenliken Stad Rostock alß denn van gade allemechtigen geordentenn de werltliken swertz bouelhebberen repeteren vnnde vorhalen auermaels de presterscopp vnnd gemeyne clerisie de er vorgedanen bedinxisse vnde protestation,
alß nomlich myt syner gotliken gnaden tho bliuende by deme reynen vnde rechten worde gades nach vorstande vnnd vthlegginge der hilligen Doctoren.
Vnnde furdder dat se nicht gedencken, noch wyllen sick geuen edder wycken von der ordenynge der Menscopp der hylligen gemeynen vniuersalen christliken karcken edder samelynghen, dar auer vnnd inne herscoppet vnd regert de werdiger hylliger gest, leth de syne hyllige karcken ock inn den dyngen, de vnnsen hillygen louen andrepen, nicht erren edder dwelen.
Vnnde ock wer von jemande wes myt faster recht vorstande hillyger schrifft konde vnnd mochte angetoget werden (yd were denne groth edder kleine) vnlydelik mysbruk were, dat sulkeyns na gehor afftostellende de suluige Presterscopp allewege boreyt scholde ersport werden.
Nach alsulker protestation tho antwardende vpp ydliken gistern alhir vorgeholden artikell secht de presterscopp, dat des Erßame Rades gude wollmeynge, ock na legenheyt desser wyltlofftigen tyd, angesen de grothe ankundegede verlicheyt nich weten vththoslande, men nach vormoge vnnd allen gebor ene rynge tydlanck den suluen sick lickmetich moten weten tho holdende,
Doch alßo vnnd myt dessem bescheyde vnnd anhange:
I. Erstlich Dat wenner dat Testamente (dar de hillyge mysse myt vorstan werd) geholden edder de hillige licham christi to den krancken vthgedragen scholde werdden, Szodane werck durch den pastorn edder syne Capellane (denn dat ock van older gebrucke geboret) vnd durch nemand van vnns vthgerichtet moge werden.
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II. Thom anderen dar denne zo de Noth erforderde, dat woll manck edder van den presteren, vicarien benomlich alhir jegenwerdich Testamenten edder missen tho holdende offte de krancken tho heymisken ersucht wurdde, Dat alßdenne de fuluige prester dat Testamenten (ßo men dat nomen wyll) edder missam ane vnde sunder de canones to holdende vnde den communicanten vnder beyder staltenisse tho vorreken vnuorbunden moge blyuen vnnde dar myt in deme gefalle, alße der hylligen christene gemeynen karcken gebrucken gemeth, vorschonet moge werdden.
De wile vnde nach deme de hillige gemeyne vniuersale christene karcken in dusent vnde mer hundert negesten vorschenen jaren dyt suluyge in ereme gebruckliken ouinghe ßodanes nye vnnd nicht hefft gehadt vnnd dar vmme vnß allen vnnd eynem jeweliken van vns dat wedder vnse conscientien were vnd ane vorlust vnseren eren vnnd truwen, ock grothe straffe, szo woll van deme allmechtigen gade, alß van den mynschen, ock vnsen gnedigen heren vnd Landesfursten (de vnns dat ock scryfftlich vnde muntlich als der karken patronen hoge vorbaden hebbenn) dat nummer konden edder doen mochten.
Will ouer vnnd konde eyn Erßame rad dar wene tho ordyneren, he sy denne woll he sy, dat moth wy alßdenne dat eyne tyd langk duldichlich gedragen vnnd ßo laten geschen, men vns sulkeyns entholden,
Jo tome weynegesten Szo lange de hillige christelike karcke vnnd erer houede dat alßo tho holden beden vnnd bouelen, offte jo ßo lange dat de jenige, de dat ßo bogeren vnnd ßo ammodende syn, vth grunthfaster hilliger rechtuorstendiger schrifft egentlich vnnd schrifftlichen, (wo amme lasten muntlich vnde ock auer XIII wecken tho vorne schrifftlich gebeden wordden ys) vor dem rade schrifftlich antogen, wat, wor vnd wo de hillige gades denst edder ceremonyen in den karcken vnlidelike gemysbruket werdt edder jegen dat rechte gades wortd mach syn, vpp dat de suluige Presterscopp alßdenne myt rade, myt weten vnd thodade vnser g.h. vnnd Landesfürsten (denn alß patronen der karken dat jo wolde erstlich geboren) vpp de nyen vnnd im jungesten durch ydlike vorgenamen formen tho holden myt reden georsaket mogen werden.
Welker de presterscopp deme Erßamen Rade nu tor tyd vor eyn frunthlich antwardt vppe ßodane vorgeholden artykell alle vth eren truwen guden wollmeynynge ock by eren conscientien wedder vmme gestellet hebben wyll myt bede vnnd bogerent, nemant se dar bauen moge boschweren edder bolasten wyllen, dat myt allen eren innegen beden tho gade vnnd myt syner gotliken
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gnade dat wedder tho vorschuldende wytlich boreyt sick erbaden hebbenn.
Nach einer gleichzeitigen
Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh.
u. H. Archive zu Schwerin. Auf der Rückseite
steht die gleichzeitige Aufschrift:
Antwarde der presterscopp vpp vorslege
des Rades tho Rostock.
Nr. 9.
Schreiben des Dom=Capitels zu Rostock an das Dom=Capitel zu Schwerin wegen der in Rostock beabsichtigten Reformation der Kirche.
D.d. Rostock. 1531. April 1.
Vnße gudwillige vnnd stetz boreyte denste ßampt alles leuen vnde guden touorne. Hochgelerten, werdigen vnnde achtbaren, grothgunstigen heren vnnde frunde. Wat vnßeme almechtigen gade vnnde synem hemmelischen here in syneme godtliken densten vnnde Ceremoniis, ock vnß alß synen armen deneren tho Rostock vth anfuringe idliker nyen predicanten (infelicium hereticorum putamus) vnde eren scholeren in kortte vorschenen daghen boyegent wordden is, hebben J. ach. w. vth hyr by auerigeschickten, erstlich vorgeuendes des Rades, dar nach vnßes dar upp gegeuen allen schrifftligen antwerdes scedelen gar lichtliken to ermetende. Wy willen J. ach. w. ock nicht bergen, dat wy amme jungestenn donnerdage S. Benedicti vor deme Syndico vnde IIII ledemathen des Rades vorbadet, van gades densten vnnde Ceremoniis to cesserende vorgeholden vnnde vnße beradt vnnde frist dar upp boghert, nicht hebben konen erlanghen, men forth des anderen dages alß profesto Annunctiationis vor deme gantzen Rade alle wedder vorbadet, vormerkeden, wo dat jeneye, ßo men in des rades scedele vthgedrucket, wy by vns suluen vppnemen edder ander wyße vthdencken scholden, vnnde wy ander mael vnse borlike antwarde dar vpp bynnen VIII edder mer dagen to geuende fryst auermals gebeden hadden, doch nicht hebben konen beholden, men allene vor andwardt erlanget, wy scholden vns de twe done anstanden dagen vnnd beth in de weken der karcken ingandes entholden vnde nicht mehr denne de hoch=
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misse holden, Szo langen eyn Radt tho vorslegen mochte gedencken, wolde men vnß der weghen doche gar nichts war tho gedrunghen hebben, den ße vns dat truwelich raeden, ein mechtich grot qwadt (dat anders der Stadt muchte dar auer entstan) vortokamende. Wy hebben ock den radt nummer war mith to beklagende, men vele mher deß to bodankende, weten woll, dath enhe gelick vns hertlich leydt waß. Wy hebben ock des suluigen dages der ersten essching twe vth vnß an vnsern g.h. hertogen Hinrick, de dho tho Zwan was, van stunden an, van syner f.g. hyr ynne Radt tho halende, vthgeferdiget, de ock by den suluen geschickeden vnß muntlich (wo touorne, alße gy weten, schrifftlich er ereme f.g. vthtage gescheen) hefft lathen wedder seggenn, wy nenes weghes de Ceremonien scholden lathen vallen, vnnde gheschehe vns dar wes auer, syne g. moste waldt myt walde sturen, wy ock dat suluige syner f.g. antwardt vor deme sittenden rade klerliken hebben angetagen mit vnde nach velen scharpen treffelken vnßen entschuldigen, vns gar vnde gantz vppe vnße beyde landesfursten hochlich beropen, synt wy doch, deme vnangesen, van vorigen des rades worden ßo vorschrockken worden, dath wy erhe wolmeyninge hebben gefolligen vnnde vns beth vpp dohne negestkumpstigenn vnnde nw negest vorgangen middewecken duldichlich alßo mothen entholden, ßo langhe wy ßodanen des Rades vorslag vor deme suluigen gantzen sittende rade, wo bauen, scryfftlich erlanget hebben; wath wy auer des negesten dages (do men nicht lengher fryst erlangen kunde) erst munthlich vnnde dar nha vorth inden suluen hyr by auergeschikkenden vnsen schrifften wedder umme tho anthwarde, na legenheit vnde korthe der tyd, ghegeuen hebben, konen gy dar vth to ermetende ock woll hebben.
Idt hefft sick wyder ock bogeuen, dat done wy vtrumque canonem vth der Myssen tho latende vnnde sub vtraque specie dat volck tho communicerende, vnß nenes weges vnderstand edder vordristen konden, ja ock leuer wolden de gantz karcken lathen tostande bliuen, edder vp dat ja der guden Stadt vnnde dem Rade vnsern haluen scholde nen vordreth tokamen, wolden wy vele leuer vth Rostke tanto furori wichen vnnde ßo boßer tydt eyne kleyne, tydt stede gheuen. Wuste ock de Radt wene auer tho kamende, wolden vnnde mosten wy eyn tydt lanck gedulden . Quer do noch de radt, noch de presterschopp sick ßodaner ordinantie vnderstaen konden edder wolde, hefft Meister Joachim Michaelis beyden parthen vnnde saken thome besten, dat van weghen vnßes g.h. vnnde postulaten ßo hefftigen vnnde gruweßame hyr bauen gemelthen vnnd ankundigeden qwadt
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vortokamende, an vnde vpp sick genamen, dar ßo inseen vnde voerkamen, dath ßo de beyden alß hyr bauen gerurten articulen nen mangel hebben scholen, vnde hefft ock fort alß ghystern in vnser leuenn frouwen karken deme nha de hochmissen alßo geholdenn, wo wol ytlike synes gemötes vorstoringhe vnnde vor deme Altar vorschreckkinge ghekreghen hefft. De wyle nu durch den ersten articulen des rades (wo wol gar duncker vnde generaliter) alle stylle vnde leßende myssen, ock Marientyde vnnde processiones, ock palmen=, crude= vnde funtewigent, ßo de radt, dar vmme durch vnß gefraget, ock will vorsthan hebben, Szo konen wy vnß gar lichtlich erinnern, dat ßodane dinck vnßeme Landesfursten, negest gade vnnde synen leuen hilligen, ock ordinantien nw korttes tho Auspurch geholden gar vnnde gantz entiegen syn wyll, botrachten ock in sunderheit vnser karcken, dar Marientyde vnnde lauesenge to holdende nach lude der Confirmation werth vnde ys vnsen g.h. boualen, ßo se tome jungesten dage willen gade deme heren rekenschopp dar van don vnde ock faste vele confirmationes beneficiorum myt bringen, by vormidinghe gotliker groter straffe, idtlike Missen in genomeden tyden leßen werden scholen, vnde kanen dat suluige vnßeme g.h. hertogen Albrechte ock nicht vnvormeldet lathen, gelick ßo wy dath vnßeme g.h. hertogen Hinrik imme namen heren hertogen Magni ock vnses g.h. postulaten to voren wo bauen gedhan hebben, vnnde willen J. ach. w. der wegen alß vnsen heren oldesten vnnde Maioren mit alderfliteste angefallen vnnde gebeden hebben, Gade deme heren tho eren vnnde synen gotliken densten J. ach. w. myt desseme vnseme breuen mit hyr by geschickten des rades schriftliken vorschlegen vnnde vnseme dar vp ock schrifftlick antwarde willen bosoken vnsen g.h. hertogen Albrecht, de, ßo wy merken, gade loff, nu heym gekamen vnnde mit jw tho Szwerin villicht is, edder wenner syne f.g. erstlich dar kamende werdt, vnnde mit der syner f.g. vnde hochgedachten heren hertogen Hinrik vnde Magno, alß vnsen bosundergen vnde gnedigen schutzheren vnde eren f.g. karken Patronen, desse groten treffliken dinge vnderreden vnde unerwegen vnde vnß armen presterschop truwelich hyr inne helpen raden, vns ock ane mogeliken trost vnnd hulpe nicht vorlathen, dath ere f.g. in dem Erßamen rade (den wy doch bedancken vnde nicht vorklaghen) wath harde wolden schriuen, ße de nyen predicanten vnnde de ene anhangen in erern f.g. namen vnnde vth eghene bowechnisse (van vnß alß dath wy scholden gheklaghet hebben) ghar nichts tho wetende, edder suß, wo id erhen f.g. bofallen wolde, vnß armen to botrachtende vnde wedder to gades densten nach ouinghe vnnde brucke der hil=
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ligenn kerke gnedichliken vorhelpen wolden, Szo vnnd alß wy dat to eren f.g. beneuenst gade vnß wyllen vortrosten mit vnsen armen vnnde innigen beden nacht vnde dach ock alle stunde vnderdenichlich vnnde jegen J. ach. w. (de wy hyr mith gade beuelen) gudwillich vorschulden vnde vordenen, vnde bydden des mit deme ersten schrifftlike antwerde. Datum Rostock amme Sonnauende nha Judica Anno . XXXI°
Prawest, videcanus, Senior vnnde gantze Capittel ok alle prester der dohmkerken S. Jacobi to Rostock.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 10.
Bericht des Dom=Capitels zu Rostock über den raschen Fortschritt der Reformation zu Rostock.
1531. April 4.
Ock dar nach alße meyster Joachim de officiale de ersten missen alßo geholden hadde, hebben dat de martiner eme noch tho qwade gedan vnde synt dar auer schyr by II c mynschen vppet nyehus des andern dages vorsamelt worden, wolden dat wreken, ßo lange ße noch to freden gespraken wordden, vnd ward ford vppen lest vorschenen palmauende de presteren tho marienkarcken allen vorgeholden, se scholden de missen edder testamenth manck syck laten vmme gan vnde alle vppet nye nach orderinge des rades artikelen holden, durch syck suluen van deme oldesten anthoheuende, hebben se vnser karcken alßo van der syden gethagen.
Da na synt ock tho vns in sunte Jacob karcken gekamen alßebalde II borgermeystere vnde II rades heren vnde vns dat sulue ock ansynnende gewest; wy hebben auer dat by vnsem vorigen vnde auergegeuenen scryfftliken antwarde blyuen laten vnde dar nicht aff willen treden edder wyken vnde leuer alle vnse pechte entberen, laten de karcken tostaen vnde dar tho alle vth rosthock henn vth ghan . Tome lesten ys eyn arme elende prester (korttlich van Lübeck gekamen) vorgetreden vnde
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hefft myt vorlaue des herrn Officialis in vorgangen palmedage vnde gystern vnde ock huten myt vns tho sunte Jacob dat testamente (wo se dat nomen) geholden vnde wy moten dat lyden, dat he yd vordan ßo holdet, vnde moten eme ock bolonen, willen wy dat suluen nicht ßo don, ßo lange wy van gade vnde vnsen g.h. vnde landesfursten trost vnde hulpe seen, mosten ock dulden, dat in palmedage myt den groten orgelen de myssa geßungen vnde gespelet warth vnde myt allen solenniteten, ouer palmwyent, alle lesemissen sint nicht geworden. Ock marien tyde synt nedderlecht. Dar weren III frame gelerde predicanten, den ys fort dat prediceren vorbaden, gelyk wo den armen gelerten monneken vorhenn vorbaden ys, vnde hebben nu tor tyd nemant, de en wath entiegen spreken. Gelyck wor II to samende scalen rechten, dem enen werden de hende gebunden, de andere warth frye gelaten; dar weren genoch, de myt groten vnde grundfasten hilligen scryfften eme vnder ogen konde seggen, ouer den werth fort de mund geslaten vnde weten nu der guden stat rostock nenen trost mer ., vnd her valentyn hefft noch huten wat lutlyke gepredicert, dat yd ßo noch nicht mochte togan, dar vmme heten se ene rede wendehoyke; men kan ene dat doch nicht tho dancke maken .
Tho sunte Nicolawese karcken ys ener genant her Thonnyes Beckker, holdt nu de missen ock vppet nye absque canone vnde communicert sub vtraque specie.
Vnde de lutke Cappellanus to marienkarcken, peterken genant, holt dat ock ßo, leth in ßondage II konsecrerde Corpora vpp de erde vallen vnde kerde syck dar nicht groth an, vnde vollgen ßo den tho sunte peter, de dat lange (wo amme dage) ßo geholden hefft; ouer god will eme nu villichte visitern, lon vor syne werke geuen, licht nu huten, agonizert faste vppe disser stunde.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin, von derselben Hand, welche die Actenstücke vom 23. März 1531 geschrieben hat.
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Nr. 11.
Das Dom=Capitel zu Rostock beschwert sich bei dem Herzoge Ulrich über die eigenmächtige Verwaltung der Capiteleinkünfte durch den M. Konrad Pegel.
D.d. Rostock. 1556. Dec. 26.
Durchluchtiger, hochgeborner furst, gnediger Herr. Vnse vnderthenige, phlichtwillige vnd gehorsame Dienste sein E. F. G. alzeit zuuorn. Gnetiger Furst vnd Herr. Wir konnen E. F. G. in vnderthenigkeit clagweiß nit verhalten, das wir durch E. F. G. promothoriall vnd vorschrifften zu vnderthenigem gehorsam den achtbaren vnd wollgelarten M. Conradum Pegell nach todtlichem abgangk M. Dethleui Danckquarth zu vnserm vnd des Capittels generalem administratorem bonorum haben verordneth vnd gesetzt, der trostlicher, freundlicher zuuersicht vnd hoffnung, das ehr solte sich der gestalt vnd maßen in administratione verhalten haben, das wir in annuis reditibus vnd quotidianis distributionibus nicht solten verhinderth sein wurden, viell weiniger derselbigen verkurtzt, so hatt ehr doch die Zeit seiner administration hero alle reditus vnd distributiones vnderslagen vnd bei sich allein behalten vnd furwenden laßen, das daßelbige geschehe auß S. F. G. Befhell vnd Mandat, das wir den nicht woll gleuben konnen oder mugen, weill wir ahnhero, ahn Rhom zu redten, gegen E. F. G. als gehorsame vnderthanen vnß haben verhalten, Auch E. F. G. kein vrsach gegeben, wie denn pillig, als vnserm von Gott verordenther Vberkeith vnd Administrator des Stiffts zu Swerin, das wir mochten in vnser vnd des Capittels gerechtigkeith verkurtzt werden, viel weniger vnser Hebung entsetzt, wiewoll aber auch etliche andere vrsachen von beruhrtem M. Conrado Pegell sein furgewandt worden, das vnser und des Capittels mituerwandte M. Johann Lindenberg solte von den Prenen zu Bannerßdorpff hunderth gulden, dem Capittel zu Butzou zustendig, vffgehaben haben vnd derowegen ihn seine hebung biß zu gepurlicher Compensation sollen vorenthalten werden. Es haben aber E. F. G. ganß gnetlichen zu ermeßen, weil das ein sonderige vnd singulari personae belangt, das das nit pillig zu einem gantzen Capittel soll extendirth werden, das sich bishero ganß vnderthenig vnd gehorsam gegen E. F. G. hatt erzeigt, auch nit anders in ihre gemuett gefurth, den als E. F. G. gehorsam, treu vnd
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phlicht in vnderthenigkeith zu erziegen, mit demutiger, vndertheniger bitt, das E. F. G. wollen ernstlich mhergedachten M. Conrado Pegell schrifftlich befhelen laßen, das ehr vnß in vnser gerechtigkeith vnd quotidianis distributionibus nicht weither perturbiren vnd verhinderen mochte, auch die vffgehaben hebung vnß zustellen, nachdem E. F. G. vnß neben vnse hab vnd guetter auch in ihre F. G. schutz gnetlich haben genhommen, dafur wir gegen E. F. G. alzeit vnß in vnderthenigkeith vnd gehorsam danckbar wollen erziegen vnd vnser phlicht nach verhalten. Vnd bitten auch gar vnderthenig, E. F. G. als vnsern von Gott verordnethe Vberkeith wollen gnetlich vnsers vnd des Capittels mituerwandten M. Johannem Lindenberges entschuldigung vnd gegenbericht, wen es ehur F. G. gelegen, persönlich ahnhören, weill ehr E. F. G. gnetlich, rechtlich erkantnuß als seiner hohen vberkeith woll leidten und erdulden kan. Vnd bitten dero wegen ganz vnderthenig E. F. G. gnetlich schrifftlich andwerth, Dieselbe Gott der almechtig gelucksamlich lang fristen vnd bewharen well, in furstlicher lobpreisung ihren G. gefellig. Datum Rostock am tag Steffani Ao. 56.
Dem Durchleuchtigen hochgebornen Fursten und Herrn Herrn Vlrichen Hertzogen zu Mechlen. . vnserm gnetigen Fursten vnd Herren.
Nr. 12.
Der Professor M. Conrad Pegel, General=Administrator der rostocker Dom=Capitel=Güter, beschwert sich bei dem Herzoge Ulrich über den eigenmächtigen Eingriff des Capitels in die Verwaltung der Capitel=Güter.
D.d. Rostock. 1558. Mai 9.
Durchluchtige, hochgebarne furste, gnedige her. J.f.g. sindt mine vnderdeninge willige denste alle tidt bereidt. Gnedige
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furste vnde her. Ick moth J.f.g. in vnderdenicheit nicht bargen, dat vif gotlose, slimme lude vnde papen, de nu willen sin dat Capittel to Rostock, hebben vor IIII Manten vngeferlick entfangen van Hinrick smeker oft sinem Sone Dusent gulden vngeferlick vor dat dorp Pampow, gelegen bime Stedlin Tetrou, vnde werde ock bericht, dat berorde Capittel wil berorde gelt vp Renthe vthdon vp de orde vnde den luden, den J.g. nicht gunstich oft gnedigen. Nachdeme ouerst J.f.g. vor twen jaren mi scriftlick beualen de guder vnde heuinge gedachten Capittels vnde mi constituert vnde vorordent einen prefecten vnde vorweser der suluigen guder, wer io billich gewesen, dat gedachte Capittel mi thome berorden handel mit den Smekeren gefordert oft etwas hir van vormeldet hadden, welker nicht gescen, men hebben dessen handel hemelick also gedreuen mit den Smekeren ane min wetent vnde willen, ock ane J.g. consent vnde fulbort, ock J.g. tho scaden vnde nadeel, nachdeme J.g. mochte berorde dorp bekamen hebben mit rechte vnde billicheit vth gudem grunde vnde orsaken, de nu to lange sindt to uortellende . Hirumme, gnedige furste vnde her, ist mine vnderdenige, flitige bede, J.f.g. wil mit den Ersten an mi scriuen vnde ernstliken beuelen vnde gebeden, dat ick alß prefectus capituli moge gedachte dusent gulden van deme Capittel forderen vnde tho mi in truwe bewaringe nemen vnde nicht gestaden, dat berorde gelt vp Rente werde vthgedan ane J.f.g. wetent vnde willen.
Ick bidde vnderdenigest, J.f.g. wil dessen bref nemende lesen laten, men berorden beuel an mi J.g. Secretarien muntlick geuen. Es hebben vorwar de vif slimmen lude dat Capittel genomt in berorder Saken ouel gehandelt; sze mochten van den Smekeren erlanget hebben II dusent fl. edder dat dorp beholden mit gudeme rechte, J.g. thome besten vnde der Religion .
Ick werde ock bericht, dat gedachte gotlose Capittel hebben handel vorgenamen mit Laurens Reuentlou to Tzisendorp wanaftich, dat sze eme willen vorkopen dat halue dorp genomt Hucstorp, welcher gelegen bi Suan . Hirumme wer wol nodich, dat imme breue, den J.g. mi scriuende wert, wo borort, ock J.g. mi beuöle vnde ernstlick both dede, deme Capittel antoseggende, dat sze bi vorlust aller erer guder nene guder vorkoften, vorpanden, ock nene hoftsummen entfengen, sunder J.g. wetend vnde willen.
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J.f.g. wil Christus gnedichlick regeren mit sineme geiste to seligem langem Regiment. Amen. Rostock amme Mandage des IX dages May. An. 58.
J.f. wert dessen bref nement lesen laten, dat ick nicht durch dit scriuent moge in vngunst etliker Edellude kamen .
Dem durchluchtigen, hochgebarnen fursten vnde heren heren Vlricke hartogen to Mecklnborch, fursten to Wenden, grafen to Swerin, der lande Rostock vnde Stargart heren . minem gnedigen heren vnderdenichliken.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 13.
Die Herzoge Johann Albrecht und Ulrich von Meklenburg empfangen von dem Professor M. Conrad Pegel und dem Secretair Johann Molinus, den letzten Capitels=Personen des Dom=Capitels zu Rostock, sämmtliche Güter des Domstifts zur Errichtung eines Consistorii, gegen Versicherung einer jährlichen Rente aus der Oekonomie des Consistorii auf Lebenszeit.
D.d. Doberan. 1567. Mai 13.
Von Gottes gnadenn Wir Johans Albrecht vnd Vlrich gebrudere Hertzogen zu Megklenburgk, Fursten zu Wendenn, Grafenn zu Schwerin, der Lande Rostogk vnnd Stargardt hernn, Thun kunt vnnd bekennen hirmit vor uns, vnse Erbenn vnnd nachkommen, Nachdem die wolgelarte, vnser Secretarius vnnd lieben getrewenn Magister Conradus Pegel vnnd Johannes Molinus, die disser Zeit in dem Thumb=Capittel in der Kirchen zu S. Jacob in vnser Stadt Rostogk die letzten Capittels=Personen seindt, die Dörffer vnnd
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Hebung des Capittels zu Rostogk ires teils gutwillig abgetretenn vnnd vbergebenn, also daß wir die Hebung derselbenn vnsers gefallens zu einem Consistorio in vnser Stadt Rostogk legenn mugenn, daß wir darkegenn inenn nachfolgende Prouision vff ihr leben gnediglich verordnet vnnd verschrieben, nemblichen daß Magister Conradus Pegel, dieweill ehr ein alter vnnd vmb vnsere vorfahrenn gottseliger, hochloblicher gedechtnis wolverdienter man ist, die Zeit seines Lebens alle Jar auß vnser oeconomia, die von des Capittels güternn bestellet wirdt, Sechtzig guldenn Muntz habenn vnnd börenn soll, die ime auch der oeconomus ohn alle widderred zu rechter Zeit jedes Jar oder quartell folgen lassen soll, dessenn wir ime hirmit ernstlichen beuehl gegebenn habenn wollenn. Dieweill aber Johannes Molinus vns in disser Visitation sehr nutzbarliche Dienst erzeigt, auch hinfuro vns in vnsernn geschefftenn vnnd dem Consistorio wol dienen kann, habenn wir ime die Vicari im dorff Euerdtshagen mit Dienst vnnd Pechtenn, die sich vngefehrlich in die zehenn guldenn erstreckenn, sampt aller Gerechtigkeit, die Zeit seines Lebens verschriebenn, immassenn wir die beide darzugehörige Baurenn daselbst ahn inenn weisenn haben lassenn, daß ehr dieselbenn seinem bestenn nutz vnnd frommen nach geprauchen soll. Darzu verschreiben wir ime aus der oeconomia des Capittels jerlichenn vierzig guldenn Muntz, die ime der Oeconomus biß vff Magistri Conradi Pegels todtlichenn abgangk alle jar entrichtenn soll, alßdann sollenn ime zu der vorigenn sum noch zwantzig guldenn, also daß ehr darnach die vbrige Zeit seines lebens Sechzig guldenn haben soll, zugelegt, vnnd auß der jetztgedachtenn Oeconomia entrichtet werdenn, vnd da wir ime die obgedachte Vicari nicht vngehindert einreumen vnnd darbei schutzen kontenn, alß wollenn wir ime einen Baurenn im Dorff Bistow mit namen Hans Knakenn mit dienst vnd Pacht zukerenn, den ehr dann vor sich die Zeit seines lebens zu gebrauchenn habenn soll, ohn vnser, der vnsernn oder jemandt anders inrede. Dessenn zu vrkunth habenn wir vnsere Pitschafftenn vff spacium gedruckt vnd mit eignen Henden vnterschriebenn. Geschehenn zu Doberan den 13. Maii Anno . LXVII.
Nach dem Concept im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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:
oder
III.
A. Die Reformtion im Klützer Ort,
besonders zu Gressow,
und
ein Religionskrieg,
von
G. C. F. Lisch.
Geographisch=politische Anschauung des Klützer Ortes.
D er Klützer Ort, d.h. Klützer Ecke oder Spitze, von dem Flecken Klütz so genannt, bildet eine in sich abgeschlossene Landschaft, welche, weit und hoch in die Ostsee hinausgeschoben, im äußersten Nordwesten Meklenburgs stets eine bestimmte Einheit bewahrt und seit alter Zeit ihren eigenthümlichen Namen getragen hat; nach der staatlichen Eintheilung fällt dieses Ländchen mit der Vogtei oder dem Amte Grevismühlen 1 ) zusammen. Im Norden von dem freien Meere, im Osten von dem wismarschen Meerbusen, im Westen von dem dassower Binnensee begrenzt, liegt der Klützer Ort isolirt, ohne eine
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Stadt, ohne Handels= und Gewerbeverkehr. Im Süden streift die Landstraße zwischen den beiden einst mächtigen Hansestädten Lübek und Wismar das Land; das Innere ist aber in nassen Jahreszeiten wegen des fetten, fruchtbaren Landes und daher der schlechten Wege nur mit Beschwerde zugänglich. In den ältesten Zeiten unserer Geschichte hieß die Gegend: der Wald Klütz ("silva Clutze"), und mag allerdings wohl rauh und menschenarm gewesen sein; jetzt ist diese Gegend, die schon an das liebliche Holstein erinnert, das man von vielen Puncten über das Meer hinaus sieht, sehr cultivirt und angenehm: Stellen wie Brook, Schwansee, Hohen=Schönberg, Hafthagen, Boltenhagen (mit Seebad), Hohen=Wischendorf und viele andere, gehören zu den schönsten und bekanntesten des ganzen meklenburger Landes. Im Osten und Westen begrenzen das Land die Gebiete der Hansestädte Lübek und Wismar. Im Süden war im Mittelalter das Land von geistlichen Stiftungen begrenzt: im Südwesten unmittelbar von dem Bisthume Ratzeburg (dem Lande Boitin), gegen Südost hin lag das Bisthum Schwerin nicht weit. Im Süden lagen das Prämonstratenser=Nonnenkloster Rhena, die Deutsche Ordens=Comthurei Krankow 1 ), die Johanniter=Priorei Eixen und viele einzelne Güter der Klöster Neukloster und Reinfelden und der geistlichen Stiftungen Lübeks. Am Südsaume des Landes liegt die Stadt Grevismühlen, an der Landstraße und auf dem halben Wege zwischen Lübek und Wismar.
Der Klützer Ort lag, was sehr merkwürdig ist, in der nächsten Nähe von drei Bischofssitzen: Lübek, Ratzeburg und Schwerin. Das Land selbst aber hatte, außer den Pfarren, keine geistliche Stiftung, wie es auch keine Stadt hatte. Das ganze Ländchen war Lehn und von rittermäßigen Vasallen bewohnt und im eigentlichen Sinne des Wortes - beherrscht und das Stammland vieler alter Rittergeschlechter, welche hier ihre zahlreichen, alten Güter und Burgen hatten; selbst die Flecken Klütz und Dassow waren Lehn der v. Plessen und v. Parkentin. Gleiche Interessen hielten daher den Adel des Klützer Ortes immer enge zusammen und wir sehen ihn nicht selten als eine corporationsartige, geschlossene Masse auftreten. Seinen Hauptverkehr hatte er stets, wie noch heute, in der reichern und mächtigern Stadt Lübek; seltener wandte er sich nach Wismar, wiewohl er, je nach der Lage, dieser Hansestadt nicht ferne blieb.
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Die Verschuldung des Adels im Klützer Orte an die lübeker Geistlichkeit.
Der in sich eng geschlossene und verbündete Adel des Klützer Ortes fing schon sehr früh an, sich gegen die Geistlichkeit aufzulehnen und ungehorsam zu beweisen. Der Klützer Ort stand mit der Stadt Lübek in vielfacher, enger Verbindung. Daher kam es, daß die geistlichen Stiftungen dieser Stadt, namentlich die von geringerer Bedeutung, wie die Vikareien, Kalande und andere Brüderschaften, welche keine großen Landgüter kaufen und angemessen bewirthschaften konnten, vorzugsweise ihre Capitalien in den adeligen Gütern des Klützer Ortes zinsbar belegten. Als im 15. Jahrh. das Güterkaufen der Geistlichkeit nach und nach fast ganz aufhörte und dagegen durch den mehr und allgemeiner unter das Volk verbreiteten Verkehr und Wohlstand die kleineren geistlichen Stiftungen mehr bedacht wurden, während die großen Domstifter und Klöster schon Gegenstand der Schelsucht und auch des Hasses zu werden anfingen, sammelten diese kleineren Stiftungen sehr viele Geldcapitalien, welche sie gewöhnlich in Landgüter zu belegen suchten. So gab es denn wohl kein Gut des Klützer Ortes, in welchem nicht Capitalien kleinerer geistlicher Stiftungen Lübeks standen: der ganze Adel des Klützer Ortes war der lübeker Geistlichkeit verschuldet und die Summe, welche nach und nach bei ihm belegt war, kann nicht unbedeutend genannt werden.
Nun aber regte sich schon sehr früh das Gelüste des Adels, von den bei ihm belegten Capitalien der Geistlichkeit keine Zinsen zu entrichten und auch die Capitalien nicht zurückzuzahlen, d.h. das geistliche Vermögen zu säcularisiren. Wenn auch der Adel überall in Meklenburg späterhin diese Neigung hatte, so trat sie doch nirgends so früh und so grell hervor, als bei dem Adel des Klützer Ortes. Es ist dabei wohl zu merken, daß sich die Nachlässigkeit des Adels zunächst gegen die niedere Geistlichkeit geltend machte; die höhere Geistlichkeit, die vielfach aus seiner Mitte hervorging, ward mehr geschont und bestand, wenigstens in den Pfründen, noch in den neuesten Zeiten. Aber den armen Vikaren nahm man auch noch das Wenige, was sie hatten, während die höhere Geistlichkeit in Ueppigkeit schwelgte.
Schon im 15. Jahrh. findet sich ein Vorspiel der spätern Streitigkeiten. Am 28. April 1456 verglich der Herzog Heinrich von Meklenburg "auf dem Schlosse zu Schönberg", durch Vermittelung seiner Räthe und der Gesandten des Dom=Capitels zu Lübek, die lübeker Vikare und mehrere Vasallen aus den
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Geschlechtern v. Penz, v. Züle, v. Plessen, v. Blücher, v. Lützow und v. Wöltzow "in den Vogteien Boizenburg und Wittenburg und anderswo" in Meklenburg an gesessen dahin, daß die Vasallen die schuldigen Zinsen ("vorseten weddeschatt") zahlten, die Geistlichen dagegen den über jene und ihre Bürgen verhängten Kirchenbann ("ban unde sanglegeringe") aufhoben. Jedoch ward die Sache mit der Zeit ernsthafter.
Im Anfange des 16. Jahrh. war der Adel des Klützer Ortes der lübeker Geistlichkeit sehr stark verschuldet. In den J. 1501 und 1502 bemüheten sich die Bischöfe und Dom=Capitel von Lübek und Ratzeburg und die Herzoge von Meklenburg sehr um die Einleitungen zu einem Vergleiche, welcher jedoch erst im folgenden Jahre zu Stande kam. Die Geistlichkeit hatte schon in Rom geklagt und der Ausgang der Sache konnte für die Vasallen nachtheilig werden. Daher verglichen am 29. März 1503 zu Wismar die Herzoge Magnus und Balthasar von Meklenburg die "gemeinen Vicarien und Kalandsbrüder aller Kirchen und Kalande in der Stadt Lübek" und die Vasallen des Klützer Ortes (die sowohl in diesem Vergleiche, als später namhaft gemacht werden und hier weiter unten aufgeführt sind) über die von diesen seit vielen Jahren unbezahlt gelassenen Zinsen des Betrages von ungefähr 30,000 guten Mark ("etliker
"vorsetener rente van velen vorgangen yaren vngeuerlich vppe druttich dusent gude margk min offte mer"), durch Verhandlung des Domdechanten Wilhelm Westphal und des Domscholasters Johann Breyde von Lübek, im Namen der lübeker Geistlichen, und des Domdechanten Johann Thun von Güstrow und des Johann Berner, Domherrn von Schwerin und Lübek, der im J. 1501 auch Pfarrer zu Gadebusch war, im Namen der Vasallen, gütlich zur Beilegung der Sache, allerdings sehr zu Gunsten des Adels, durch "Willkührurtheil und Ausspruch", wie sie es selbst nennen ("wilkôrsordel vnde vtsprake"), auf folgende Weise: aller Streit, der bis dahin gewaltet hat, soll niedergeschlagen sein und jeder Theil die von ihm bisher verlegten Kosten tragen; die Geistlichkeit entsagt und quittirt - allen rückständigen Zinsen, welche ungefähr 30,000 gute Mark betragen, in Ansehung der "Armuth" der Vasallen und - setzt den Zinsfuß auf 5 Procent herunter, welche fortan jährlich in der Octave der Heil. Drei Könige in Lübek gezahlt werden sollen, die Schuldbriefe mögen lauten wie sie wollen; - dagegen wollen die Herzoge, welche "merklich zu Sinne genommen, angesehen und gerne gehört haben, wie die Vicarien und Kalandsbrüder nach ihrem Begehr ihren Mannen und Getreuen im Guten die rückständige Rente alle haben
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lassen wollen und ihrem Urtheil beifällig gewesen sind", den Geistlichen wiederum "günstig und gnädig sein und ihnen Gunst "und Gnade beweisen", nämlich: alle Gebrechen der Schuldbriefe, wenn diese etwa dergleichen haben sollten, erfüllen und ihnen die Erlaubniß geben, künftig ihre Schuldner mit geistlichen Gerichten und Strafen zu verfolgen, auch mit dem Banne, und diesen überall im Lande verkündigen und anschlagen zu lassen, und das Recht, daß die herzoglichen Vögte und Knechte zur Beitreibung der Schulden, bei Vermeidung fürstlicher Ungnade, treulich behülflich sein sollen! - Freilich sehr wenig, oder eigentlich gar nichts für 30,000 gute Mark! Die arme Geistlichkeit mußte viel leiden; die reichere saß sicherer im Wohlleben.
Und es wäre alles zu verschmerzen gewesen, wenn der Vertrag gehalten wäre. Aber der Adel zahlte so wenig nach, als vor dem Vertrage, weder Zinsen, noch Capital. Nach manchen Verhandlungen traten die Herzoge Heinrich und Albrecht am 17. Junii 1511 zu Grevismühlen mit der Geistlichkeit zusammen und beredeten, daß diese, um die Sache zu Ende zu bringen, die bis dahin aufgeschwollenen und künftig fälligen Zinsen wieder fallen lassen und die Capitalien in 15 Jahren abbezahlt erhalten solle. Zur Aufmachung der Rechnung sandten die Geistlichen Ostern 1512 die beglaubigten Abschriften der Schuldverschreibungen, zwei starke, eng geschriebene Folianten, die noch vorhanden sind, an die Herzoge ein. Endlich ward um Nicolai (6. Dec.) 1512 auf einer Zusammenkunft beider Theile zu Gadebusch durch die Herzoge ein schließlicher Vergleich "zwischen den gemeinen Vicarien, Commendisten vnd andern Geistlichen aller Kirchen, Kalande und Brüderschaften der Stadt Lübek" und "unsern Gudemannen und lieben getreuen im Creutzer Ort" in Grundlage der Briefe und Siegel nach Anzeige zweier Register und zweier Recesse dahin abgeschlossen, daß alle Zinsen niedergeschlagen und die Capitalien in 10 Jahren, jährlich im Umschlage zum zehnten Theile, "ohne fernern Aufschlag" abgetragen werden sollten.
Aber kein Vertrag ward gehalten. Nach drei Jahren war wieder nichts bezahlt! Da entschlossen sich die Herzoge Heinrich und Albrecht, durch eine gedruckte Aufforderung vom 12. März 1515 die Säumigen einzeln, und vielleicht auch öffentlich, zur Zahlung bestimmt aufzufordern und mit Execution zu bedrohen, falls bis Johannis keine Zahlung erfolgt sei. Aber es ward eben so wenig etwas aus der Zahlung, als aus der Execution.
Während der Zeit war mit dem Fortschritte der Reformation die Zurückhaltung der Zinsen und Pächte fast ganz allgemein und der Geistlichkeit im höchsten Grade bedrohlich ge=
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worden. Die Herzoge schlossen zwar auf einem Landtage zu Sternberg am 8. April 1526 einen Vergleich 1 ), daß der Zinsfuß von den geistlichen Capitalien allgemein auf 4 Procent herabgesetzt und die regelmäßige Zahlung der Zinsen und Pächte beschlossen ward. Aber selbst dies war vergeblich. Zwar versuchte die Geistlichkeit in der letzten Verzweiflung den Weg der Gewalt gegen einige vorzüglich boshafte Schuldner, wie z.B. das Dom=Capitel zu Rostock den Heinrich Smeker auf Wüstenfelde im J. 1528 mit 300 Mann unter Anführung eines Priesters überfallen ließ. Es kam aber schon in den nächsten Zeiten auf die Klagen der Geistlichkeit nirgends zur Execution, da sie die Ladungen zum Termine nicht anbringen konnte; denn die Boten wurden nicht allein mit spitzigen und trotzigen Schmähworten, sondern sogar mit Schlägen von den Gütern gejagt, ja die Geistlichkeit konnte am Ende keinen Boten zur Ueberbringung der Ladungen mehr finden: so klagten die vier Dom=Capitel 2 ) am 6. Dec. 1529 den Herzogen.
Im J. 1528 bat der Rath der Stadt Lübek im Namen der lübeker Vicare um Vollstreckung der gegen den Adel des Klützer Orts erlassenen Abschiede und zugleich, daß die Herzoge "diejenigen, die in diesen jetzigen Zeiten wider die Geistlichkeit ("papheidt") streben" würden, zur Billigkeit weisen möchten; am 29. Dec. 1529 sandte der Rath eine Specification der Schulden ein und bat noch einmal um Erfüllung der Verträge: beide Male ohne Erfolg und Antwort.
Und so sind wir zu dem Puncte angelangt, wo der Adel des Klützer Ortes mit gewaffneter Hand gegen die alte Geistlichkeit zu Felde zog und auf immer einen Bruch herbeiführte. Von einer Abtragung der Schuld war fortan natürlich keine Rede mehr.
Die Namen der Schuldner und zum Theil deren Schuldsummen sind im Folgenden aufgeführt. Zum Beweise können die noch vorhandenen Schuldverschreibungen und mehrere Register dienen. Die Vornamen der Schuldner lassen sich nur mit großer Schwierigkeit feststellen, da die Register zu verschiedenen Zeiten gemacht sind und daher den Schuldnern auch verschiedene Vornamen beilegen, je nachdem im Laufe der Zeit andere Erben der Güter eintraten. Auch sind nicht die Schuldsummen aller Schuldner aufgeführt. Die Schuldverschreibungen sind alle im 15. Jahrh. ausgestellt; viele sind schon aus den Jahren 1427 und 1430. Man kann annehmen, daß im J. 1530 wohl 50 Jahre
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keine Zinsen bezahlt waren. Die Namen der Schuldner und ihrer Güter sind folgende:
Die v. Plessen zu Klütz, Arpshagen, Grundeshagen, Gantenbek, Damshagen, Brandenhof, Großenhof, Hoikendorf, Tressow, Zierow, Barnekow, Parin, Hohen=Schönfeld | 10,000 | Mk. |
Die v. Buchwald zu Johansdorf | 2,262 1/2 | " |
Die Schotzen zu Dönkendorf, Nienhagen und Kalkhorst | 2,267 1/2 | " |
Die v. Quitzow zu Vogtshagen und Tankenhagen | 2,259 | " |
Die Negendank zu Redewisch und Zierow | 3,500 | " |
Die v. Parkentin zu Lütgenhof, Prischendorf und Dassow | 3,631 | " |
Die v. Schönfeld zu Schönfeld und Santow | 1,375 | " |
Die vom Brook zu Brook und Witsol | 1,110 | " |
Die Booth zu Kalkhorst und Walmstorf | 950 | " |
Die v. Tarnewitz zu Tarnewitz, Stelshagen . | 1,395 | " |
Die v. Bülow zu Plüschow, Wedendorf, Pokrent, Gartow und Marnitz | 2,350 | |
Die v. Penz zu Redevin und Toddin | 3,233 | " |
Die v. Lützow zu Lützow, Bakendorf, Goldenbow und Pritzier | 2,360 | " |
Die Preen zu Mödentin, Schönfeld und Schossin | 450 | " |
Die v. Barsse zu Gr. Stieten und Rambow | 1,161 | " |
Die v. Löwitz | 100 | " |
Die v. Wöltzow zu Wöltzow | 100 | " |
Die v. Züle zu Marsow | 400 | " |
Die v. Hoikendorf zu Brook | 100 | " |
Die v. Blücher auf Lehsen | 150 | " |
Die v. Halberstadt zu Zierow | 100 | " |
Die v. Bernstorf zu Teschow | 50 | " |
Die Raven zu Stük | 200 | " |
Die Scharfenberg zu Walmstorf | 125 | " |
Die v. Hagen zu Grevismühlen | 100 | " |
Die v. Stralendorf zu Krankow | 150 | " |
Die v. Plüschow | 100 | " |
Die v. d. Lühe zu Nienhagen | 600 | " |
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Hauptstuhl 37,420 | Mk. |
Ferner:
Die Sperling zu Rüting.
Die Bassewitz zu Thorstorf.
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Die v. Schack zu Rambow.
Die Zicker zu Badow.
Die v. Rosenhagen zu Löwitz.
Einleitung zur Reformation im Klützer Ort.
Die Bewegung der lutherischen Kirchenreformation durchströmte den abgelegenen Klützer Ort fast früher, als das ganze übrige Meklenburg, etwa mit Ausnahme von Rostock, wo das Lutherthum freilich früher gepredigt, jedoch erst später frei ward. Jedenfalls ist die Reformation des Klützer Ortes eine sehr merkwürdige und lehrreiche Erscheinung. Die Reformation des kirchlichen Lebens ward hier durch den Adel befördert; die Veranlassungen waren wohl verschieden: theils lagen sie ohne Zweifel in einer richtigen Erkenntniß der Lage der Dinge und einer gewissen Begeisterung für die Sache, theils aber auch in dem Streben, das Joch der übermüthigen, dummen und verdorbenen Geistlichkeit und damit ihre - Schuldforderungen abzuschütteln; denn, wie wir oben gesehen haben, benutzte der Adel ohne Zweifel die religiöse Bewegung, um sich zum Theile von seinen drückenden Schulden ohne große Anstrengung zu befreien.
Die Geschichte der Reformation des Klützer Ortes, welcher zum Bisthume Ratzeburg gehörte, dreht sich vorzüglich um die erste Besetzung der Pfarre zu Gressow im lutherischen Sinne. Die Sache ist schon früher besprochen 1 ) und in neuerer Zeit von Masch wieder aufgenommen und bereichert 2 ), aber doch noch lange nicht klar genug dargestellt. Ich habe das Glück gehabt, nach und nach mehrere wichtige Actenstücke zu entdecken, und zu bemerken Gelegenheit gefunden, daß die Sache in den Verhandlungen jener Zeit oft berührt wird, also mit Fug und Recht in die Landesgeschichte gehört. Zu den wichtigsten Actenstücken gehören, außer mehreren an verschiedenen Stellen entdeckten Briefen und Actenstücken vorzüglich die über den Gegenstand im J. 1530 geführte Correspondenz zwischen dem Bischofe von Ratzeburg und den Herzogen von Meklenburg 3 ) im bischöflich=ratzeburgischen Archive zu Neu=Strelitz und die seit dem J. 1530 verhandelten Reichskammergerichts=Acten im großherzoglichen Archive zu Schwerin, so wie daselbst
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ein Bericht des herzoglichen Mathematikers M. Tilemann Stella, welchen dieser im J. 1570 bei einer Grenzbesichtigung aus dem Munde mehrerer Adeligen des Klützer Ortes, namentlich des Sohnes der Hauptperson, zu Dassow vernahm und in der Form eines Protocolles 1 ) niederzuschreiben für wichtig genug hielt. Damals, also nach 40 Jahren, war die Sache noch als merkwürdig bekannt und besprochen. Die Hauptperson war Bernd von Plessen auf Tressow; sein Sohn Conrad hatte schon die Sache erlebt und häufig gehört und ist daher ein unverwerflicher Zeuge. Masch bezweifelt zwar die Wahrheit des Meisten des vor ihm Berichteten; aber aus der folgenden Darstellung wird es klar werden, daß im Allgemeinen nicht allein dieses, sondern noch vieles Andere wirklich geschehen ist.
Der ratzeburgische Bischof Heinrich Bergmeier war am 2. Oct. 1524 gestorben. Ihm folgte (13. Julii 1525) Georg von Blumenthal (bis 1550), welcher zugleich Bischof von Lebus war, ein kalter, eifernder Mann, welcher strenge an den altkirchlichen Satzungen hielt und dem Lutherthum entgegenwirkte 2 ), wo und so viel er nur immer konnte, der letzte katholische Bischof von Ratzeburg.
"Als sich im J. 1540 das Ministerium der Stadt Brandenburg den Anordnungen des Kurfürsten von Brandenburg widersetzte und mehr wollte, als er zugestanden, antwortete dieser: "Wollt ihr mich zum Ordinario nicht leiden, so will ich euch dem Papste oder dem Bischof zu Lebus befehlen, die werden euch wohl regieren". Hierauf antworteten die erschrockenen Geistlichen: "O gnädiger Herr, behüt uns Gott vor dem Papst und dem Bischof von Lebus, es ist ein Teufel wie der andere" 3 ).
Er verließ bald nach seiner Einführung sein neues Bisthum und lebte vom J. 1526 an mehrere Jahre in dem Bisthume Lebus, aus welchem er erst gegen das Ende des J. 1529 in das Bisthum Ratzeburg zurückkehrte. In dem Bisthume Lebus erlebte er am 8. Julii 1528 den Unfall, daß ihn Heinrich Queiß auf Plossin, im Vereine mit Nickel v. Minkwitz auf Sonnenwalde und Otto von Schlieben auf Baruth, wegen einer Privatstreitigkeit, in welcher Queiß von dem Bischofe kein Recht erlangen konnte, aufheben wollte; da der Bischof Zeit gewann zu entfliehen, so zerstörten seine Verfolger sein Schloß Fürstenwalde mit der Kirche und der Stadt.
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Bis zur Wahl des Bischofs Georg war das Land des Bischofs von Ratzeburg von der lutherischen Ketzerei verschont geblieben. Jedoch regte sich schon hin und wieder der lutherische Geist und auch der Geist der Säcularisirung. Es hatten mehrere Laien den Versuch gemacht, dem Bisthume Ratzeburg Güter zu entziehen; der Rath der Stadt Lübek, welcher bis dahin alle Ausbrüche der lutherischen Bewegung zu hindern gewußt hatte, war aber dem Bischofe beigesprungen und hatte sein Land gegen alle feindlichen Anfälle der Ketzerei und der Habsucht geschützt. Am 16. März 1526 dankte der Papst 1 ) dem Rathe sehr verbindlich dafür, daß er "die lutherische Ketzerei, "welche wie eine ansteckende Pest die meisten Länder Deutschlands vergiftet und hier viel Schaden und Unglück angerichtet habe, von der Stadt Lübek und dessen Gebiet abgewehrt und in einigen benachbarten Gegenden, auch dem Bisthume Ratzeburg, gegen die lutherischen Ketzer und die Zerstörer der Kirche Hülfe geleistet habe".
Die eigentlichen Gegner des klützer Adels waren also der Bischof von Ratzeburg, ihr geistlicher Oberherr, und der Rath der Stadt Lübek, als Landesherrschaft der vielen Stiftungen, dem der Adel tief verschuldet war, beide strenge altkirchlich und altpolitisch gesinnt.
Und grade zu der Zeit, als der Papst dem lübeker Rathe so verbindlich dankte, brach das Ungewitter im Klützer Orte los.
Die Reformation zu Gressow.
Die Kirche zu Gressow war der von Plessen rechte "Pfarrkirche, in welcher sie ihr Begräbniß hatten und viele des Geschlechts begraben lagen; auch hatten die von Plessen in der Kirche drei Vikareien und Lehen mit drei Häusern, die ihnen eigenthümlich und erblich zustanden." Der Bischof von Ratzeburg hatte aber die Pfarre zu besetzen, da ihm seit 1222 das Patronat aller Kirchen im Lande Bresen 2 ) (Vogtei Grevismühlen) gehörte. Zu der Zeit, als Georg von Blumenthal
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zum Bischofe von Ratzeburg gewählt war (1525), war Berend von Plessen, der seinen Sitz zu Tressow im Kirchspiele Gressow hatte, weltlicher Patron der Pfarre zu Gressow. So berichtete sein Sohn Curt auf Damshagen im J. 1570 an M. Tilemann Stella; und dies stimmt auch zu den Lehnacten, denn am 21. Sept. 1527 verkaufte Achim von Plessen, des alten Helmold von Plessen auf Damshagen Sohn, sein Gut Damshagen mit allen Zubehörungen, namentlich mit Pohnstorf, Kl. Damshagen, dem Dorfe Damshagen, 4 Erben zu Hagen, 2 Bauern zu Nieder=Klütz, 2 Leuten zu Tramm, dem Hofe zu Hove und 1 Erbe zu Gleschendorf, an seinen Vetter Berend von Plessen zu Tressow für 7750 lüb. Mark, unter der Bürgschaft seiner Mitgelober, nämlich der Brüder Achim und Heinrich von Plessen, des alten Johann's Söhne, vormals zu Barnekow wohnhaft, und des Johann von Plessen, des alten Reimars Sohn.
Der Bischof Heinrich Bergmeier 1 ) hatte nun einen "blinden Pfarrer," oder, wie Tilemann Stella berichtet,
"einen ungeschickten Pfaffen mit einem Auge", nach Gressow gesetzt, wie überhaupt der Bischof seine "Schreiber und anderes loses Gesinde mit den Pfarren hin und wieder" versorgte. Dieser blinde Pfarrer konnte nun sein Amt nicht gebührlich verwalten, sondern mußte oft aus der Kirche getragen werden zum Spott und zur Verachtung. Die Pfarre war also eigentlich gar nicht besetzt und dies war in einer Zeit, in welcher verschiedene Lehre und Irrthum gepredigt ward, sehr gefährlich. Die von Plessen beklagten sich nun bei dem Bischofe 1 ) und baten ihn um ein Einsehen; sie fanden aber bei demselben kein Gehör, vielleicht "weil es ihm mehr an Geld, als an der Pfarrkinder Seelen gelegen". Darauf starb der Bischof Heinrich. Der Bischof Georg war aber "in viel Zeit nicht im Stifte Ratzeburg" und konnte keine "Achtung auf die Mängel der Pfarre Gressow haben." Deshalb wandten sich der blinde Pfarrer selbst und alle Pfarrkinder an die von Plessen mit der Bitte, daß sie dem Pfarrer "einen Prediger zu Hülfe setzen möchten, der den Pfarrleuten die heiligen Sacramente reichen könne;" die von Plessen "handelten denn auch mit Gunst und Willen des blinden Pfarrers dahin, daß er, weil bei der geistlichen Obrigkeit kein schuldiges Einsehen zu finden war, darein willigte, daß sie als weltliche Pfarr=Kinder und Herren einen gedingten Helfer aufnehmen möchten."
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Da setzte denn Berend von Plessen auf Tressow, nachdem inzwischen "das Evangelium ausgekommen war, zu dem "er mehr Lust hatte, einen gelehrten und frommen Priester eines unberüchtigten, guten Lebens in die Pfarre, welcher das ewige Wort Gottes hell und lauter predigte," während er den blinden Pfarrer der Amtsgeschäfte enthob.
Dieser lutherische Prediger zu Gressow war Thomas Aderpul . Die Zeit seiner Bestellung und die Geschichte seines ersten Wirkens ist hier von großer Wichtigkeit und muß daher genauer untersucht werden.
Thomas Aderpul war ein Priester aus Lübek. Nach den Berichten des Bischofs hatte er "vorher in Lübek zum Aufruhr gepredigt und sich auch gegen kaiserliches Edict derselben Büberei beflissen und viel einfältige Leute verführt," d.h. er hatte lutherisch gepredigt. Der "Bischof von Lübek hatte ihn lange im Gefängniß gehabt und ihn endlich aus dem Stifte verwiesen, gegen Urfehde, dem Stifte auf 10 Meilen nicht nahe zu kommen." Dazu kam, daß Thomas Aderpul ein Weib hatte.
Die Bestellung des Thomas Aderpul geschah ohne Zweifel im J. 1526. Die Pfarrkinder zu Gressow waren mit ihren beiden Pfaffen unzufrieden, weil "ihre Lehre mit dem Evangelio nicht überein komme"; von diesen "beiden" Pfaffen war der eine ohne Zweifel der blinde Pfarrer, der andere wohl ein Vikar an den von plessenschen Vikareien. Berend von Plessen hatte hierüber mit dem fürstlichen Vogt zu Grevismühlen gesprochen und dieser ihm gerathen, er solle eine "Frage an das ganze Kirchspiel thun." Dies war denn auch geschehen und das Kirchspiel hatte in der Versammlung geantwortet:
"Lieber Berend und Reimer von Plessen, wir wissen, daß ihr nicht wieder Unchristen werden wollet, wie Andere, und wir sehen ein, daß die Lehre unserer beiden Pfaffen mit dem Evangelium nicht übereinkommt: wir begehren deshalb nicht einen von ihnen zu behalten."
Deshalb baten Bernd und Reimar von Plessen und die "ganze Gemeinde des Kirchspiels Gressow" am 11. März (Sonntag Lätare) 1526 den Vogt 1 ), er möge es bei dem Herzoge ins Werk richten, daß sie die beiden Pfaffen los und mit dem Prediger Herrn Thomas versorgt würden, der ihnen Gottes Wort besser zu sagen wisse. - Thomas Aderpul war also schon zu Gressow, da die Leute ihn kannten und er ohne Zweifel schon vor ihnen gepredigt hatte. Nach einer alten Nachricht soll er
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vorher in der von Plessen Hauskapelle zu Barnekow und zu Gressow gepredigt haben. Ob er, nach derselben Nachricht, den v. Plessen durch Luther geschickt sei, ist nicht zu ermitteln; es ist überhaupt die Frage, ob Luther ihn gekannt habe, da er in der Matrikel der Universität Wittenberg nicht zu finden ist.
Thomas Aderpul wird nun noch im J. 1526 gleich von den v. Plessen angestellt worden sein. Die Reformation machte im Klützer Orte sehr rasche Fortschritte. Der Dom=Propst J. Mus schreibt am 20. December 1526 an den Bischof Georg:
"De papen im krutzer orde stellen sich seltsem aen, nemen wiber, schelden vp de hillighen, missen, papen vnde moneke. In Jwer g. karken gressow is noch de disperate boue; derglick thom klutze is en ander her Hinrich fister furdreuen; tho frebershaghenn hefft her iochim wittenborch ock en wiff genamen; vnd Jw. g. hefft alle kerken im klutzer orde tho furlenen, wouol men sich hoghe erbut, werden doch de boesen prediger geledenn fast in allen flekken des landes thu mekelenborch. Vnser hergodt make idt alle gut. Jwen g. stifft, godt si loff, sampt eren vnderdanen stan noch wol."
Tilemann Stella berichtet, Berend v. Plessen habe "den Herrn Thomas Aderpul nach Gressow gesetzt und den andern untüchtigen Pfarrer ausjagen lassen." Dies muß in der Mitte des J. 1526 geschehen sein, da die v. Plessen in einer Streitschrift vor dem Reichskammergericht am 3. Junii 1530 sagen, daß sie "etliche Zeit her bei zwei Jahren oder länger einen gelehrten frommen Priester auf der Pfarre im Dorfe Gressow gehabt haben." Da nun Thomas Aderpul gegen das Ende des J. 1529 von dem Bischofe weggeführt ward, so war er gegen 2 1/2 Jahre auf der Pfarre (d.h. zwei Jahre oder länger), wenn er in der Mitte des J. 1526 angestellt ward.
Die Bestellung des Thomas Aderpul war allerdings nach altem Kirchenrechte eine gewaltthätige Handlung, die sich aber eben so gut entschuldigen läßt, als die Anstellung aller andern lutherischen Prädicanten. Zu vergessen ist freilich nicht, daß der Adel der Geistlichkeit stark verschuldet war und grade am 14. April 1526 die Herzoge mit der Ritterschaft zu Sternberg den besprochenen Vergleich 1 ) wegen Herabsetzung des Zinsfußes von den kirchlichen Capitalien geschlossen hatten. Und etwas eigenwillig mochte der Adel des Klützer Ortes wohl immer sein. So hatten
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im J. 1526 Claus v. Parkentin auf Dassow und der bischöflich=ratzeburgische Vogt Bernd Rohr zu Schönberg den Pfarrer Claus Voß zu Grabbin aufgegriffen und nach Dassow ins Gefängniß geführt, weil sie für ihn auf ihr Gelübde 40 Gulden gezahlt, aber von ihm nicht wieder erstattet erhalten hatten.
Thomas Aderpul war ohne Zweifel der erste lutherische Prediger im Klützer Orte, wenn auch nicht "der ersteMartinspriester der nach Meklenburg kam", wie es in einer alten Handschrift 1 ) heißt. Er hielt sich, "nach Aussage aller "Zeugen, in Gressow dermaßen, daß die Pfarrkinder alle wohl "mit ihm zufrieden waren," denn "er hatte das ewige Wort "Gottes hell und lauter gepredigt und sonst nach gebührlichen Pfarrrechten und alter Gewohnheit dermaßen christlich gehandelt, daß sie des Allen guten Gefallen und sonderliche Andacht gehabt hatten."
Der Religionskrieg im Bisthume Ratzeburg.
Nun begab es sich, daß der Bischof Georg mit strenge katholischem Eifer gegen das Ende des J. 1529 in sein Bisthum Ratzeburg kam. "Er habe", schreibt er am 17. Dec. 1529 an die Herzoge, "als er vor kurzem in sein Stift gekommen, zu großer Beschwerung seines Gewissens gefunden, daß in den meklenburgischen Landen und im Stifte an vielen Enden die lutherische Ketzerei bei etlichen vom Adel, Bürgern und Bauern, auch einem großen Theile der Geistlichkeit eingerissen sei, namentlich habe er einen vergeßlichen Pfaffen, der vorher in Lübek zum Aufruhr gepredigt, in Gressow gefunden. Die von Plessen berichten nun vor dem Reichskammergerichte, der Bischof hätte dies Alles wohl leiden können, aber er habe einige Pfarrkinder wegen rückständiger Zehnten in den Bann gethan und dem gedingten v. plessenschen Prediger zugemuthet, denselben von der Kanzel zu verkündigen; der Prediger habe sich aber solches zu thun geweigert und deshalb habe der Bischof einen Haß auf ihn geworfen, obgleich der Bischof ihn dadurch als Prediger ja anerkannt habe, daß er von ihm die Verkündigung des Bannes von der Kanzel verlangt". Der Bischof schrieb dagegen an die Herzoge, der Pfaffe habe öffentlich auf der Kanzel gepredigt: "alle Dinge über, unter und in der Erde, Holzung, Wasser, Weide und
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Jagd seien einem jeglichen gemein und Niemand sonderlich zuständig;" es seien auch Bauern aus andern Pfarren bei ihm, dem Bischofe, gewesen, "die sich über ihre Pfarrer, daß sie mit der lutherischen Ketzerei die Gemeinden verdürben, beklagt und gesagt hätten, so sie ein Verlaub hätten, sollte ihr Pfarrer nicht lebendig vom Predigstuhl kommen."
Am Tage darauf, nachdem Thomas Aderpul die communistische Predigt gehalten hatte, im Anfange des Monats December 1529, ließ "der Bischof den Er Thomas Aderpul "ohne einige Vorklage, auch unersucht und unversagt einiges Rechts, dessen sich der Priester alle Zeit erboten, mit einer guten Anzahl seiner Reiter und reisigen Diener auf dem Pfarrhofe bei nachtschlafender Zeit 1 ) überfallen, dem armen Priester alle seine Habe und Güter nehmen und denselben fangen, schlagen und gleich einem Missethäter binden, gewaltthätig in sein Schloß Schönberg führen und hier in schweres, hartes, verderbliches Gefängniß setzen und lange darin halten, so daß man lange nicht anders gewußt habe, als daß er darin umgebracht oder verdorben sei, obgleich der Bischof dem armen Priester keine andere Schuld zumessen könne, als daß er das Wort Gottes und das heilige Evangelium lauter und rein gepredigt habe".
Bernd von Plessen schrieb nun dem Bischofe bald auf frischer That, er möge seinen Pfarrer und Prädicanten auf freien Fuß und zu Rechte, dessen er sich alle Zeit erboten, stellen; aber der Bischof verachtete dieses Ansinnen hochmüthig und antwortete dem Bernd von Plessen stolz: "der Pfaffe sei ein Bube und Ketzer; er wisse wohl mit seinen Pfaffen zu handeln; die v. Plessen hätten ihm darin nicht Maaß zu geben, sie möchten mit ihren Bauern handeln; er, der Bischof, habe auch keine andere Obrigkeit als den Papst". - Da wandten sich die sämmtlichen v. Plessen an den Herzog Heinrich von Meklenburg mit der Klage: "der Bischof sei in ein fremdes Land gefallen; dem Herzoge gebühre zu Gressow das Gericht, Ablager und Dienst, der Bischof habe darin nur etliche Pacht und das Kirchenlehen." Der Herzog schrieb daher am 14. Dec. 1529 auf die Klage der v. Plessen an den Bischof: "er trage über diesen Eingriff in seine Gerichte nicht unbillig Mißfallen; der Bischof möge daher den gefangenen Priester Thomas
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Aderpul 1 ) seiner Haft entledigen, ihn sammt seiner Habe dem Gerichte übergeben und, falls er ihn der Klage nicht entlassen wolle, dort verklagen, wo ihm Recht wiederfahren werde."
Der Bischof schrieb zu gleicher Zeit am 17. Dec. 1529 an die Herzoge Heinrich und Albrecht unter einseitiger Schilderung der Personen und der Verhältnisse, wie sie schon oben angeführt sind: "da ihm das Kirchenlehn zu Gressow zustehe und er den "Pfaffen nicht in die Pfarre eingewiesen habe, so habe er ihn nach Schönberg holen lassen; darüber sei ihm von den v. Plessen eine unbedächtige, trotzige Schrift zugekommen; da nun aber der Kaiser ihm, dem Bischofe, so wie den Herzogen befohlen habe, bei dem alten christlichen Glauben und den alten christlichen Ceremonien zu bleiben, bis durch ein Concil etwas Anderes bestimmt sei, so bitte er die Herzoge, den v. Plessen und andern vom Adel zu befehlen, sich nicht anfechten zu lassen, was er mit den Geistlichen thue", und ihm ein offenes Schreiben zukommen zu lassen, daß ihm von den Amtleuten, Vögten und Städten Beistand geschehe. Am 18. Dec. antwortete der Bischof dem Herzoge Heinrich auf dessen Schreiben: das Kirchenlehn sei ihm zuständig und der Pfaffe sei ohne Wissen des Bischofs in die Pfarre eingedrungen; er räume weder den v. Plessen, noch irgend jemand das Recht ein, ohne sein Wissen einen Priester einzusetzen, und es stehe den Fürsten nicht zu, sich die Jurisdiction über die Geistlichen anzumaßen; er bitte um eine Zusammenkunft mit den Herzogen in Schwerin. Die v. Plessen meinten später in dem Rechtsstreite: "dem Bischofe habe nicht gebührt, den Seelsorger der Plessen gefangen zu nehmen und des Seinen zu berauben, sondern weil dieser ein Weib gehabt habe und von der weltlichen Obrigkeit (d.h. den v. Plessen) eingesetzt sei, habe er unter der weltlichen Obrigkeit und der v. Plessen Fürsprache gestanden".
Die v. Plessen waren aber stark lutherisch gesinnt und meinten, sie "könnten in keiner evangelischen Historie, noch "irgend einer canonischen und apostolischen Schrift finden, daß dem Bischofe also und mit solchem Trotz und Hochmuth thätlich zu handeln und zu schreiben geziemt habe, wie denn auch das Benehmen des Bischofs den nürnbergischen und speierschen Abschieden stracks zuwider laufe ."
Als nun die gütliche Unterhandlung keine Stätte finden wollte, brauchten die v. Plessen Gewalt und unternahmen einen Fehdezug in das Land Ratzeburg, "allein um ihren gefangenen
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Pfarrherrn zu befrein und sich und die Ihrigen nach ihrem Vermögen zu Recht zu vertheidigen". Es waren aber nicht bei 100 Bauern und viele andere Leute", die den Bischof überfielen, wie die ältern Nachrichten sagen, sondern es war der ganze Adel ("alle Junker") des Klützer Ortes.
"Aus Zulassen des Landfriedens, welcher zugebe, daß der Beschädigte oder Beleidigte sogleich oder hernach, sobald er sich stärken könne, wenn sonst nichts helfen wolle, sich stärke, thaten nun die v. Plessen einen Gegengriff" und verbanden "sich nothgedrungen mit etlichen ihren Freunden zur Gegewehr gegen den Bischof". Am 26. Dec. 1529, am Abend vor dem feindlichen Einfalle, sandten "alle die v. Plessen alle für einen" an den Bischof N. Blumenthal "einen Fehdebrief 1 ) der Unbilligkeit halben, die ihnen an ihrem Pfarrer und evangelischen Prediger geschehen sei". Der Bischof glaube in seinem Hochmuth wohl, "daß die Bäume für ihn zwei Male grünten, während sie für andere Menschen nur ein Mal grünten; aber sein Hochmuth solle von ihnen nicht schimpflich aufgenommen, sondern gedacht und gebrochen werden". Als der Brief bei dem Bischofe ankam, zeigte er ihn seinem Hauptmann (wahrscheinlich noch Bernd Rohr 2 ) und sagte zu diesem: "Was sollten die Klützerörter thun! Wenn es eine gute, große Kanne Bier wäre, so wären die Klützerörter gute Nachbaren dazu, sie söffen sie wohl aus." Darauf antwortete der Hauptmann: Gnädiger Herr, die Gesellen, die die große Kanne Bier wohl aussaufen können, die lassen sich auch wohl finden und halten, was sie zusagen". Und am andern Morgen früh war Bernd v. Plessen, oder "die v. Plessen mit etlichen ihren Freunden" (d.h. Verwandten), mit dem ganzen Adel des Klützer Ortes auf 100 Pferden, und natürlich mit vielen Knechten, vor dem Schlosse Schönberg und ließ es durch einen Trompeter zur Ergebung auffordern; diese ward ihm aber verweigert und als Antwort fielen drei Schüsse vom Schlosse. Wahrscheinlich weil Berend von Plessen nicht gegen den Bischof persönlich Gewalt gebrauchen wollte oder weil er zum Sturme eines festen Schlosses nicht gerüstet war 3 ), zog er ab und fiel
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mit seinen Gesellen in das Stift 1 ), plünderte hier 6 Dörfer, beraubte die Kapelle zu Blüssen und führte große Beute zum Werthe über 4000 Mark hinweg, welche sie nach der Rückkehr zu Gutow bei Damshagen im Klützer Orte theilten.
Was die Personen betrifft, welche den Fehdezug mitmachten, so reden darüber drei Verzeichnisse: 1) ein Verzeichniß 2 ), gleich nach dem Zuge ungefähr im J. 1530 angefertigt, - 2) das Verzeichniß in der Reichskammergerichtsladung 3 ) vom 7. Febr. 1530, - 3) ein Verzeichniß gleich nach dem ersten Urtheil ungefähr im J. 1540 4 ) angefertigt. Aus diesen Verzeichnissen ergiebt sich Folgendes.
Persönlich nahmen an dem Zuge gewiß Theil, nach allen Verzeichnissen, aus dem Klützer Orte:
Berend v. Plessen zu Damshagen (und Tressow).
Johann v. Plessen zu Bahlen 5 ) (bei Klütz).
Reimar v. Plessen zu Arpshagen.
Sivert v. Plessen zu Goldbek (später zu Klütz).
Berend v. Plessen zu Gantenbek.
Otto v. Plessen zu Hoikendorf.
Joachim v. Plessen zu Parin.
Volrath v. Plessen.
Hartwig v. Plessen.
Eggert v. Quitzow zu Vogtshagen.
Hans v. Parkentin zu Prischendorf.
Helmold v. Parkentin zu Prischendorf.
Joachim Negendank zu Zierow.
Volrath von dem Brook zu Brook.
Reimar von dem Brook 6 ) zu Brook.
Joachim Booth zu Kalkhorst.
Joachim Schosse zu Dönkendorf.
/ (Christoph) \
Die < (Vicke) > von Bassewitz 7 ) zu Thorstorf.
\ (Gerd) /
Hnning v. Scharfenberg zu Gr. Walmstorf.
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Moritz v. Warnstaed 1 ) zu Kl. Walmstorf.
Jaspar v. Stralendorf zu Krankow.
Curt v. Bülow
Henning v. Bülow 2 ) Brüder, zu Plüschow.
und von außerhalb des Klützer Ortes:
Hartwig v. Bülow zu Pokrent.
Ulrich v. Dambek zu Dambek.
Joachim v. Lützow 3 ) zu Lützow.
Knechte schickten zu dem Zuge:
Johann v. Plessen zu Barnekow.
Henneke v. Plessen zu Brüel.
Eggert's v. Quitzow drei Söhne zu Vogtshagen.
Dethloff v. Bülow zu Wedendorf.
Nach dem Verzeichnisse nahmen noch folgende vom Adel außerhalb des Klützer Ortes an dem Zuge Theil, wurden jedoch nicht mit in den darauf folgenden Proceß verwickelt:
Dietrich v. Plessen zu Neuhof.
Claus v. Plessen zu Müsselmow.
Heinrich v. Stralendorf zu Goldebee.
Joachim v. Stralendorf zu Prensberg.
Joachim v. Stralendorf zu Trams.
Die (? Curt) v. Bülow zu Scharfstorff.
Fylich (?) v. Bibow.
Es nahmen ferner Theil:
aus Wismar:
Hans Voitin.
Die Batenbergische Manne (?).
aus der Prignitz:
Melchior Warnstaedt zu Triglitz.
Ein Dupow.
Was ferner die Nahme und Beschädigung betrifft, welche die v. Plessen durch ihren Einfall in das Stift Ratzeburg ausübten, so sind auch hierüber die Original=Verzeichnisse 4 ) aufgefunden. Nach diesen plünderten die v. Plessen
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und ihre Helfer folgende zwischen dem Klützer Orte und Schönberg im Stifte belegenen sechs Dörfer: Gr. Bünstorf, Kl. Bünstorf, Blüssen, Rodenberg, Rüschenbek und Poppenhusen, ferner des Pfarrers von Gadebusch Mann (d.i. Bauer) zu Blüssen und die Capelle zu Blüssen. An Vieh z.B. trieben sie fort: 251 Pferde 1 ), 279 Kühe, 465 Schaafe und 32 Schweine. Der Gesammtwerth des Geraubten ward auf 4202 Mark 3 Schill. angeschlagen. Die v. Plessen behaupteten später freilich, "sie hätten dem Bischofe in ungefähr "2 oder 3 Dörfern etliche Kühe und Pferde von geringem Werthe nehmen lassen".
Sogleich an demselben Tage, 27. Dec. 1529, klagt der Bischof den Herzogen Heinrich und Albrecht: am gestrigen Tage hätten ihm die v. Plessen einen Absagebrief geschickt und sogleich darauf mehrere seiner Dörfer ausgeplündert; er fordere daher die Herzoge, theils in Gemäßheit des speierschen Abschiedes, daß, wenn ein Stand, der überzogen werde, einen andern zu Hülfe rufen würde, demselben geholfen werden solle, zur Hülfe auf.
Am 4. Jan. 1530 erging denn auch an die v. Plessen ein herzoglicher Befehl, den Landfrieden nicht zu stören. Aber der Bischof gab sich damit nicht zufrieden. Am 7. Jan. forderte er Ersatz für die angerichteten Schäden und klagt ferner: es sei auf dem Zuge auch die Capelle zu Blüssen erbrochen und der Meßgewänder beraubt, mit denen man Spott getrieben habe, auch der Vikar verwundet; in Klütz, Diedrichshagen und Friedrichshagen ("Fredebernshagen") seien evangelische Prediger, wie sie sich nennten, von dem Adel eingesetzt, obgleich dem Bischofe das Kirchenlehn zustehe; der von Friedrichshagen habe in Grevismühlen, wo er ein Pferd beschlagen lassen, nach der That gesagt: "der Bischof wollte mich jagen, nun habe "ich ihn helfen jagen". Der Bischof forderte schließlich die Herzoge auf, sie möchten sich darüber erklären, was sie thun wollten, erinnert sie an den Landfrieden, der in ihrer Gegenwart zu Worms bestätigt sei, und an das Schutzgeld, welches ihnen der Bischof zahle, und droht mit der Klage beim Reichskammergerichte. Am 14. Jan. versicherte der Bischof dem Herzoge Heinrich, er glaube nicht, daß er Theil an dem Unternehmen der v. Plessen habe, wenn auch in Lübek gesagt sei, daß ein Quitzow und ein Bülow die Reuter, die ihm den Schaden gethan, in des Herzogs Namen aufgebracht hätten; der Befehl an die v. Plessen sei bisher ohne Wirkung geblieben. Darauf
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erging am 22. Jan. wiederholt an die v. Plessen ein Befehl, den Bischof in Ruhe zu lassen und ihm den Schaden zu ersetzen. Zwar versicherten am 22. Jan. die Herzoge dem Bischofe, daß sie sich der Sache annehmen wollten; aber es geschah nichts Ernstliches.
Tilemann Stella läßt sich berichten: "Der Herzog Heinrich habe durch die Finger gesehen". Der Herzog Albrecht aber habe sich gerüstet und die v. Plessen überziehen wollen; als er nun nach Rehna gekommen sei, habe ihm die Aebtissin Elisabeth, die letzte Princessin des Hauses Meklenburg=Stargard 1 ), von seinem Vorhaben zurückgehalten.
Die v. Plessen gaben aber auch nicht nach, da ihr Prediger noch immer im Kerker saß.
Als aber der Bischof seinen Zweck nicht erreichte, nachdem er, wie die von Plessen sagten, bei den Herzogen gegen sie "in vielfältigen Schriften gepocht und geschändet" hatte, machte er die Sache beim Reichskammergericht anhängig. Er klagte jedoch nicht selbst, weil er den Landfrieden zuerst gebrochen hatte, sondern "hetzte nur gegen die vom Adel auf" und gab mit falschem Bericht den Hergang bei dem Reichskammergerichts=Fiscal an, welcher schon am 7. Febr. 1530 eine Ladung 2 ) gegen die v. Plessen, welche wegen der vielen Theilnehmer gedruckt ward, erwirkte. Und nun begann der Proceß gegen "Henneke, Johann, Reimar und Berend, Gebrüder und Vettern, von Plessen und Consorten". Am 1. Junii 1530 übergaben die v. Plessen ihre Protestation mit dem Vorbringen, daß "der Bischof wider des heiligen Reichs gemeinen Landfrieden gehandelt und die genannten vom Adel nur zur Gegenwehr veranlaßt habe". Am 3. Junii 1530 überreichten sie die Petition mit ausführlichem Bericht über die Sache. Und nun folgten die Schriften rasch: im Julii 1530 die Replik des Fiscals, darauf bald die Duplik der v. Plessen, am 24. Nov. 1530 die Triplik und Conclusionsschrift des Fiscals und am 14. Dec. 1530 die Conclusionsschrift der v. Plessen. Darauf ging die Sache langsamer. Am 27. Sept. 1531 übergaben die v. Plessen die Defensional=Artikel.
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Fernere Schicksale des Predigers Thomas Aderpul und der Pfarre zu Gressow.
Bis dahin hatte der Bischof den Prediger Thomas Aderpul im Gefängnisse gehalten, denn die v. Plessen sagen bei der Ueberreichung der Defensional=Artikel am 27. Sept. 1531 wörtlich, der Bischof habe den Priester bis an den "heutigen Tag gefänglich gehalten, ohne daß man habe erfahren können, ob er noch am Leben sei, und man wisse nichts anders, als daß der Bischof ihn wider Recht lebendig umgebracht habe". Dies wird aber jeden Falls ein Versehen sein, da Thomas Aderpul schon im Aug. 1531 in Malchin war; dieses Versehen wird wohl dadurch entstanden sein, daß der Anwalt der v. Plessen zu Speier die Proceßschriften ausarbeitete und dazu nicht immer die neuesten Nachrichten aus Meklenburg hatte. Es ist ohne Zweifel, daß Thomas Aderpul schon in der ersten Hälfte des J. 1531 frei gekommen war, nachdem er sicher länger als ein Jahr im Gefängnisse gesessen hatte. Dem M. Tilemann Stella ward erzählt: Berend v. Plessen habe einen Kerl aufgebracht, der sich für Thomas Aderpuls Blutsfreund ausgegeben und dem Bischofe Brandbriefe zugeschickt habe; als nun der Bischof gesehen, das er immer mehr Feinde erhalte, habe er den Prediger gegen Urfehde freigelassen, der denn auch wieder in Gressow eingesetzt sei.
Die Stellung Aderpuls in Gressow mußte jetzt jedoch sehr unangenehm sein. Auch gerieth er mit den Bauern des Kirchspiels Gressow, die wohl durch die Anhänger des Papismus aufgehetzt waren und das Ansehen des gefangen gewesenen Priesters nicht gehörig achteten, in Streit; sie waren, ohne die von Plessen, nach Walsmühlen zum Herzoge gewesen, welcher die Sache durch Parum v. Drieberg und Dietrich Maltzan hatte verhören lassen; nach der Angabe der Bauern habe sich ergeben, daß Thomas Aderpul in der Verkündigung des Wortes Gottes und der Austheilung der Sacramente nachlässig gewesen sei. Deshalb hatte der Herzog ihnen den Bescheid geben lassen, sie sollten sich nach einem andern Prediger, den sie haben möchten, umhören. Sie schlugen daher dem Herzoge den Erasmus Hermes 1 ) vor, der in Wismar Sacrist gewesen sei, damit ihnen "das Wort Gottes wieder lauter und rein, wie zuvor, verkündigt werde." Der Herzog nahm nun den Thomas Aderpul von Gressow und versetzte ihn als ersten evangelischen Pfarrer nach Malchin, wo er schon um die Mitte
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des J. 1531 auftritt. Hier wirkte er 17 Jahre lang. Als er hier von seinem Wirken nicht den gehofften Erfolg sah, legte er sein Amt nieder und ward im J. 1548 als erster evangelischer Pfarrer nach Bützow versetzt, wo er im J. 1556 starb.
Der Fortschritt der evangelischen Lehre im Klützer Orte ward aber durch die Heftigkeit des Bischofs nicht gehemmt, sondern nur befördert. Gressow blieb lutherisch, und in Klütz, Diedrichshagen und Friedrichshagen waren schon im J. 1530 lutherische Prediger durch den Adel eingesetzt, trotz des bischöflichen Patronats. Zu Mummendorf hatte sich der Pfarrer ("Kerkher") Claus Lütkens schon im J. 1532 "der lutherischen Secte und Ketzerei anhängig" gemacht. Auf Befehl des Bischofs hatte nun der bischöfliche Vogt Valentin Röbel zu Schönberg die Leute in den von dem Klützer Adel im J. 1529 ausgepochten Dörfern Rodenberg, Rüschenbek und Poppenhusen, welche von je her zu der Pfarre Mummendorf gehört hatten, von dieser genommen und ihnen die Leistung des "Kirchenrechts" an den Pfarrer verboten. Daher forderte der herzogliche Vogt Jürgen Wolder zu Grevismühlen am 1. Nov. 1532 den bischöflichen Vogt auf, die Leute wieder zur mummendorfer Kirche zu lassen, widrigenfalls er den Pfarrer bei seiner Gerechtigkeit handhaben und die Bauern zur Leistung ihrer Pflicht durch Pfändung zwingen werde. Hierauf schrieb der Bischof, auf Bericht seines Vogtes, am 12. Jan. 1533 von Lebus an Jürgen Wolder: er habe den Leuten durch seinen Vogt verbieten lassen, die Kirche zu Mummendorf zu besuchen und des Pfarrers verführerische Lehre und Predigt anzuhören, und er habe, als Ordinarius, dazu gut Fug und Recht; er möge ihm nur melden, ob er von seinem Herrn zu seinem Benehmen Befehl gehabt habe oder nicht, damit er sich darnach richten könne. Im J. 1535 klagte Nicolaus Lütke den Visitatoren, daß einer der Eingesessenen im Kirchspiel Acker und Wiese der Kirche entziehen wolle. 1 )
Im J. 1535 war in Gressow alles in Ruhe; bei der Visitation 1 ) hatte der Prediger, der nicht mit Namen genannt wird, nichts weiter zu klagen, als daß ihm eine Wittwe v. Parkentin von den Zehnten jährlich 3 lüb. Mark vorenthalte. Im J. 1540 war Johann Pawest 2 ) evangelischer Pfarrer zu Gressow.
Die feindselige Gesinnung zwischen dem Adel des Klützer Ortes und dem Bischofe war aber durch die Versetzung Aderpul's
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nicht gestillt. Dies ergiebt sich aus einem bemerkenswerthen Vorgange. 1 ) Nickel v. Minkwitz auf Sonnenwalde, der im J. 1528 mit Heinrich Queiß den Bischof gefangen nehmen wollte und sein Schloß Fürstenwalde verwüstet hatte, war nach der Vereitelung des Unternehmens nach Holstein und Lübek geflohen, wo er aber weichen mußte, und von hier nach dem Klützer Orte gegangen, "wo ihn vornämlich Eggert von Quitzow 2 ) "auf Vogtshagen und die von Parkentin auf Dassow in Schutz nahmen. Einst ertappte ihn der bischöfliche Hauptmann von Schönberg, dem er einige Pferde genommen hatte, in der Gegend von Vogtshaghen, jedoch gelang es ihm, ins Schloß zu entkommen. Der Bischof erfuhr nun seinen Aufenthalt und verlangte von dem Kurfürsten von Brandenburg Verwendung bei den Herzogen von Meklenburg, bei denen aber wenig ausgerichtet ward, vermuthlich weil sie ihn als einen wegen seiner Religionsveränderung Verfolgten betrachteten". Jedoch mochte Minkwitz einen ungünstigen Ausgang des gegen ihn erhobenen Processes bei dem Reichskammergerichte fürchten und that vor dem Kurfürsten und dem Bischofe Abbitte.
Der Adel des Klützer Ortes scheint sich aber die Reformation fernerhin nicht sehr zu Herzen genommen zu haben. Der Visitations=Bericht über das Amt Grevismühlen vom J. 1535 3 ) enthält nur Beschwerden der evangelischen Prediger über die Bedrückung des Adels. So z.B. heißt es:
"Ein ander Henricus, Kirchher zum Klucz, eyn fein man, beklagt sich des edelmans des Namens Bernhart von Pless zum Arbshagen gesessen, das er ym an seiner kirchen burung verkurczt, drawt ym am leben zu schaden, vnd bey 4 mal tödtlichen gesucht vnd überfallen hat".
So beginnt und endet die Reformation im Klützer Ort mit Güterentziehung durch den Adel. Außer den Zinsen, Zehnten u.s.w. hielt der Adel auch alle die zahlreichen Güter der Vikareien und anderer geistlichen Stiftungen, die nicht bestimmt zu dem Einkommen der Pfarren gehörten, zurück; und auch die Pfarren verloren nicht unbedeutend.
Im J. 1540 war der ganze Klützer Ort schon lutherisch 4 ).
Der Proceß zwischen dem Bischofe und den v. Plessen schleppte sich noch lange hin. Es ward ein Zeugenverhör vor=
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genommen; am 1. März 1542 übergaben die v. Plessen Erceptionalen gegen die Personen und Aussagen der Zeugen und am 16. Febr. 1543 eine Probationsschrift dazu. Und hiemit schließen die Acten. Das Endurtheil fehlt. Nach Tilemann Stella soll es der Bischof erreicht haben, daß die v. Plessen schuldig erkannt wurden und die einzelnen Theilnehmer 150 Thaler bezahlen mußten. Daß ein Endurtheil in der Sache erfolgte, ist gewiß, da nach dem ergangenen Urtheil ein Verzeichniß 1 ) der Theilnehmer an dem Zuge aufgenommen ward. Nach diesem Verzeichnisse waren schon mehrere Theilnehmer gestorben, einige hatten sich mit dem Bischofe verglichen, unter diesen auch Hartwig v. Bülow zu Pokrent, von welchem Tilemann Stella ausdrücklich, jedoch irrthümlich, sagt, daß er 150 Thaler nach dem Urtheil habe bezahlen müssen. Ob alle Theilnehmer Strafe und Schadensersatz zahlten, ist nicht mehr zu ermitteln. Der Bischof starb im J. 1550, und damit hatte alle Fehde sicher ein Ende.
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Anlagen.
Nr. 1.
Der fürstliche Vogt Jürgen Wolder zu Grevismühlen berichtet dem Herzoge Heinrich von Meklenburg über die Ausführung des Befehls wegen der Geistlichkeit im Klützer Ort und deren Zehnten.
D.d. Grevismühlen. 1525. Sept. 12.
Dorchluchtige, hochgebaren furste. Myne vorplichte vnde vorwanthe vnderdanige denste synth Jwen furstliken gnaden alle tidt vormals bereith. Gnediger here. Ick geue Juwen gnaden denstliken tho erkennen, vp beuell Juwer furstliken gnaden an den gheistliken imme klutzer orde in Jwen gnaden ampte to Greuesmollen belegen tho weruende, desuluen werue en vorgeholden hebbe in aller mathe, we ße my van Juwen gnaden beualen synth, dar ße sick in aller mate vnderdanichliken vnde gehorßam holden willen, alße eren landesfursten, de wyle ere gnade ße behanthauen vnde beschutten will, de suluen armen prestere mith vnderdanigen densten vnd ere innige beth alle tidt jegen gade tho vordenende, vnde alle ere trosth steith tho Juwen furstlichen gnaden in deme vnde vele meren, ick dith Juwen furstliken gnaden vnderdanichliken nicht tho vorbergende weeth, den teynden von eren guderen tho geuende, dar Jwe furstlike gnade mith ghenetliker meyninge woll tho trachten werth. Screuen tho Greuesmollen amme dingesthdage nach Marie Natiuitatis Anno XXV.
Jurgen Wolder.
Jwer
gnaden vnderdanige dhener.
Dem durchluchtigen hochchebaren fursten heren Hinrick heren heren hertoge tho Mekelenborch . myneme gnedigen herenn.
Nach dem Original im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 2.
Die Gemeinde der Kirche zu Gressow bittet den fürstlichen Vogt zu Grevismühlen, die Anstellung des lutherischen Predigers Thomas Aderpul als Pfarrer zu Gressow bei dem Herzoge zu befördern.
D.d. 1526. März 11.
Vnsen frunthlyken densth. Leue her vagheth. Jungestem afscheyde ghy beualen hebben der papen haluen tho donde eyne vraghe dem gantzen kespel, welkere hebben syck bespraken vnd sus geantwerdet: "Leue Bernd und Reymer van Plessen, "wy wethen, ghy nycht ueder eyn vnchrysten wolden wesen, alse anderen, vnde wy verstan, de lere vnser beyden papen mythme euangelio nycht auer en kummeth, begeren darvmme der nicht eynen tho bholden". Bidden darumme wy Bernth vnde Reymer van Plessen vnde wy gemeyne des gantzen kespels tho Gressow, alse wy Jw gudes thoversen, ghy vnser ym besthen wolden gedenken by vnsem G. H., dath wy der beyden muchten anich syn, wenth wy ere nycht enen hebben wyllen, vnde van vnsen G. H. dorch Jwe vorbede myth er Tomas dem prediker muchten besorget syn, efth syne v.G. vns mith eme, de vns gades word beter weth tho seggende, besorgen, den wylle wy gerne annemen. Hyr inne bidden wy, ghy muchten Jwen vlyth don, dath wylle wy gerne wedder an Jw vordenen. Effthe so syne v.G. wyl hyr ynne mer beorsaketh syn, wyllen gerne suluesth personlych vor syne G. erschynen vnd de meyninghen enthdekken, wor vns syne G. horen wyl. Datum tho Gressow, am Sondage Letare im iare 1526.
Wyr Bernd vnde Reymer van
Plessen
vnde gantzen
gemeyne
des kespels Gressow.
Vnsen gunre vnde frund dem vagede tho Rhene, Greuesmolen vnde Meklenborch, Amptman vnses G. H. fruntlyck.
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenburg. G. u. H. Archive zu
Schwerin.
Im J. 1525 wird Jürgen Wolder
auch "vorweser des closters tho
Rene" genannt.
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Nr. 3.
Absagebrief der von Plessen an den ratzeburger Bischof Georg von Blumenthal wegen des von diesem gefänglich eingezogenen Predigers Thomas Aderpul zu Gressow.
D.d. 1529. (Dec. 26.)
Dem Erwürdigen inn godt vader vnnd Hern Hern N. Blomendal Bischop tho Ratzeborch ankame dieser Bref samptlich.
Würdiger Her. Gy hebben noch in guder gedachtniß, dat wy alle die von Pleßen jw schrifftlich hebben anzeigen lathenn der Unbillicheit halven, die vns geschehen synnt ann unsern Karkhernn vnd Euangelischen Prediger, Up sulke antheiginge en slecht anthwort erlanget hebben, dat wy nu in synen werden blyuen lathen, vnnd konnen vp solken Homuth annders nicht merken, sunder dath die boeme mith jw muth grenen twe mal ym jar, dar he nor ein mal mit vns andern gronet, Szo schole wy gelike vol unwethenn hebben vnd darthu verdacht syn, dat wy sulken homuth, die vns wedderfharen is, nicht schimplich willen von jw vpgenomen, sunder gedacht vnnd gebrakenn scal werden tho syner tide. Dat mach jw Gnade jw angedenk annehmen.
Geschreven mit Hasthe Anno 1529.
Alle die v. Plessen
alles vor ein geschreven.
Nach dem Originale im bischöflich=ratzeburgischen Archive zu Neu=Strelitz mitgetheilt von dem Herrn Pastor Masch zu Demern.
Nr. 4.
Verzeichniß der Adeligen des Klützer Ortes, welche an der Fehde gegen den Bischof Georg von Ratzeburg Theil genommen haben.
1530.
Disse nachbenompte seindt mit gewesen in der beschedigung des Stiftes Ratzeburgk:
Johan von Plesse zum Balen.
Berndt von
Plesse zum Dammeshagen.
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Otte Plesse tho Hoykendorpp.
Curdt vnd
Henning gebruder die Bulow von Pluskow.
Haus vnd Helmold Parkentin zu Pritzendorp.
Eggerd Quitzowen sone von Vagedeshagen.
Reymer Plesse thom Erpeshagen.
Siuert
Plesse thor Goltbeke.
Berndt Plesse thor
Gantenbeke.
Jochim Negendancke thor
Sirowe.
Die beide von dem Broke.
Ulrich Dambeke tho Dambeke.
Jasper
Stralendorp tho Kranckowe.
Johan von Plesse
tho Barnekowe hette seine knechte domit.
Detleff von Bulow tho Wedemendorp hatte seine
knechte domit.
Jochim Bott zur
Karkhorst.
Jochim Schotze tho
Donnekendorp.
Mauritius Warnestede tho
Lutken Walmerstorp.
Henning Scharpenberg
tho Groten Walmerstorp.
Jochim Plesse tho
Parin.
Die Basseuitzen tho Torstorppe.
Volrat Plesse.
Hartich Plesse.
Henneke
Plesse hatte knechte dorin
Hartich von
Bulow von Pockrent.
Jochim Lutzow, her
Claus Lutzowen sone.
Die Bulowen von
Scherpstorpp.
Hinrich Stralendorp zu
Goldebe.
Jochim Stralendorp thom
Prensberge.
Jochim Stralendorp tho
Tramptze.
Fylich Bibowen.
Dittrich
Plesse thom Nygenhoue.
Clawes Plesse von Mutzelmow.
Aus der Wismar:
Hans Boytin.
1 Batenbergeschen man.
Aus der Prignitz:
Melchior Warnstett von Triglitz.
Ein Dupow.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 5.
Schadensrechnungen der Bauern im Stifte Ratzeburg über ihre Verluste bei dem Fehdezuge der v. Plessen gegen den Bischof Georg von Ratzeburg.
1530.
Auszug
aus den Special=Verzeichnissen
der
"nahm und beschedigung."
An Vieh wurde den Bauern genommen:
Groten Bunstorp.
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Auszug
aus den Special=Registern.
Um eine Anschauung davon zu geben, was den Bauern genommen ward, folgt hier das vollständige Verzeichniß dessen, was einem Bauern genommen ward.
Seite 88 |
Auszug
aus den Special=Registern
in Beziehung
auf die einzelnen Artikel
und
deren Preise.
Seite 89 |
Seite 90 |
Nr. 6.
Des Reichskammergerichts Ladung an den Adel des Klützer Orts zur Vernehmlassung wegen des Einfalls in das Bisthum Ratzeburg.
D. d. Speier. 1530. Febr. 7.
Wjr karl der Fünfft, von gots gnaden Erwölter Römischer Keyser, zu allen zeiten Merer des Reychs ., In Germanien, zu Hispanien, beider Sicilien, Hierusalem, Hungern, Dalmacien, Croacien . Künig, Ertzhertzog zu Osterreich, Hertzog zu Burgundi . Graue zu Habspurg, Flandern vnd Tyrol . Empieten vnsern vnd des Reichs lieben getrewen Johan Pleß zum Balen, Bernten Plessen zum Dammneßhagen, Otten Plessen zu Hoickendorff, Siuerten Plessen zur Goldpeckh, Bernten Plessen zum Gantenbeck, Joachim Plessen zu Parin, Volrat Plessen, Reymer Plessen zum Erpeßhagen, Hartich Plessen, Curten vnd Hennicken Bulow von Plußgow, Hansen vnd Helmoten Parckentin zu Pritzdorff, Eggerten Quitzow zu Vagedeßhagen, Joachim Negendanck zu Syrow, beiden brüdern von dem Procke, Ulrichen Dambeck zu Dambeck, Casparn Stralendorff zu Kranckow, Joachim Petten zur Kalckhorst, Joachim Schutzen zu Danckendorff, Mauritien Wernstede zu Lutken welmerßdorff, Hennigen Scharpenberg zu Grossen welmerßdorff, die Basseuitzen zu
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Torßtorp, Hertich von Bulow zu Bockrent, Joachim Lutzow, Claußen Lutzowe Sone, Auch Egerten Quitzow zu Vagedeßhagen dreien Sönen, Joachim Plessen zu Berneckaw, Hennecke Plessen vnd Detolffen von Bulow zu Wedemendorff, vnser gnad. Lieben getrewen. Vnserem Keyserlichen Camergericht hat der Ersam gelert vnser vnd des Reichs lieber getrewer Caspar Mart der Rechten Doctor vnser Keyserlichen Camer Procurator Fiscal mit klag fürpracht: Wie jr alle vnd yede obenherab biß auff Euch gemelte Egerts Quitzow drei Soene benennt den Erwürdigen Georgen Bischoffen zu Ratzemburg vnd Lybus, vnsern Fürsten und lieben Andechtigen, mit vielen zu Ross vnnd Fuess an Sant Johansen Euangelisten tag nechstuerschienen diß yetzlauffenden jars vberzogen vnd seiner Andacht in nachuolgende Dörffer nemlich Grossen Bunßdorff, Lutken Bunßdorff, Blutzen, Ruschenbeck, Poppenhausen vnd Rotenberg gefallen, das vihe genommen vnd hingefürt, geystliche vnd weltliche Tempel vnd heuser geplöndert vnd also das vihe, haußrat vnd was jr funden, geraubt, in die Vogtey Greueßmolen gefürt, allda gepeutet vnd vertheylet, Vnnd dann jhr andre gemelte drei Söne, auch Johan Pless zu Berneckaw, Hennecke Pless vnd Dettelf von Bulow zu Wedemendorff Ewre knecht bei vnd mit solcher fridprüchigen that gehabt, Alles vnd yedes wehrhaffter, gerüster handt, freuenlich eygengewaltiger that, wider Recht, guldin Bull, vnsere vnd des Reichs Reformation Ordnungen und außgekündten Landtfriden, dardurch jr die penen solcher Rechten, Bullen, Reformation vnd Landtfridens verwirckt haben vnd darein gefallen sein sollet, Vnd daruff vmb nachuolgend Ladung, auch ander notturfftig hilff des Rechten gegen Euch diemütiglich angeruffen vnd gepetten: Wann wir nun nyemandt Recht versagen sollen, jme auch solche Ladung erkennt ist: so heyschen vnd laden wir Euch alle vnd yeden in sonderheit von Römischer Keyserlicher macht hiemit gepietend, das jr auff den Neunvndzwentzigsten tag des Monats Aprilis nechstkünftig, den wir Euch für den Ersten, Andern, dritten, letsten vnd endtlichen Rechttag setzen vnd benennen, peremtorie, Oder ob derselb tag nit ein gerichtstag sein würde, den nechsten gerichtstag darnach, selbs oder durch Ewren volmechtigen Anwaldt an gedachtem vnserm Camergericht erscheinet, zu sehen vnd hören, Euch vmb obangezogener fridprüchigen handlung willen in die penen sollicher obgemelten Rechten, Bullen, Reformation vnd Landtfridens vnd sonderlich vnser vnd des heyligen Reichs Acht gefallen sein, mit
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vrtheyl vnd Recht sprechen, erkennen, erclern vnd verkünden, Oder aber Rechtmessige inrden dargegen fürzupringen, Der sachen vnd allen jren gerichtstagen vnd termynen biß nach endtlichem beschluß vnd vrtheyl außzuwarten, Wann jr komet vnd erscheinet also oder nit, so wirdt nicht destminder mit gemelter erkenntnuß, erklerung, verkündung vnd anderm hierin im Rechten gehandelt vnd procediert, wie sich das nach seiner ordnung gepürdt. Darnach wiesset Euch zurichten. Geben in vnser vnd des Reichs Statt Speyer, am Siebenden tag des Monats Februarij, Nach Christi vnsers herren gepurt Fünfftzehenhundert vnd im Dreissigsten, Vnserer Reiche des Römischen im Eilfften vnd der andern aller im Viertzehenden Jaren.
Ad mandatum domini
Imperatoris proprium
Caspar Hammerstetter judicii
Camere
Imperialis prothonotarius subscripsit.
Nach einem gedruckten Exemplare im großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 7.
Die Bauern des Kirchspiels Gressow bitten den Herzog Heinrich um einen andern Prediger statt ihres bisherigen Predigers Thomas (Aderpul).
(1531).
Dorchluchtige, hochebaren F. Vnse vnderdanige, gehorsame vnd ganß willige denste syn J.f.g. stedes voran boreydt G. F. vnd here. Alse wy denne vorgangen tydt myt enem vnsem karckheren her Thomas N. in twistinge gestaen, der wegen Jwe f.g. de karchswaren vnd twe van den oldesten buren vth dem kirspel tho gressow vor J.F.g. in vorgangen herwiste gegen der walswollen bescheiden, dar den de suluen karckswaren vnd twe van den oldesten buren thor stede gewest vnd J.F.g. de sake dorch J.F.g. Redere Parum van deme truberch vnd Didderick Molleßane de sake vorhoren leth vnd also J.F.g. nha vorhoringe des handels vormercket, dat de feyle an dem bauenschreuen karckheren were, wyle myt vorkundynge Gades wordes vnd mytdelinge
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der hochwerdigen Sacramenten des altares vnd dope vorsumelich gewest, leth vns J.f.g. tor suluen tydt dorch de bauenschreuen J.f.g. reder den gnedigen affscheydt thor wallsmolen geuen, wy scholden vmme eynen karckhern, dar myt wy vorsorget syn mochten, vmmehoren vnd wo wy enen bokamen wurden, den scholde wy Jwen f.g. antegen, alsdenne wolde J.f.g. dyssen suluen myt der karcken tho gressow de tydt sines leuendes versorgen, des wy denne J.f.g. vnderdanichliken bedancken, vnd de wile wy denne vp solcken J.f.g. gnedigen affscheit einen gestliken Man Erasmus Hermens van der Wismer Sacrist geweset tho vnser leuen frowen vnd deme allen tho Szwerin gehat vnd als J.f.g. mpt tor stede gewest vnd vns armen luden beswerlick was, J.f.g. tokumpst tho erfharen, hebben wy de sake in ene Supplication schreuen vnd J.f.g. schriuer Michel vorreket vnd bidden laten, he mochte de J.f.g. in errer thokumst vorrekenn, Bydde derhaluen vnd dancklyken, J.f.g. wyllen vns armen lude so gnedich syn vnd den angetegeden Prester de bauengeschreuen karcke vmme Gades willen de tydt sines leuendes vorlehnen myt al der thobehorende vnd dat lon dar vm van godt dem alweldigen nemen, dar myt vns armen luden gades wort wedderumme lutter vnd reyne, alß thouoren geschen, vorkundiget vnd an den hilligen sacramenten nicht vorsumet mochten werden, alse wy denne tho J.f.g. eyn troslick vorhapent hebben, des wyllen wy wedderumme gegen J.f.g. na alle vnsem vormogen vngesparth liueß vnd gudes vnderdanichliken vordenen.
Ock, gnedighe F. vnd here, So licht im dorpe tho gressow eyn wedumen, dar vp waenth eyn Man myt namen Goslick ratzeborch, de suluige is eyn tornist man vnd puchet auer syne nabers nedden vnd bauen vnd nemant kan myt eme vmme gaen, der haluen beklagen sick etlike buren, dat he der buren holt aff houwet, wen se ene dar auer straffen, So wyl he dothslaen vnd kyuet vnd hefft sick boslyken, Darumme so willen de buren erue vnd egen vorlaten, er se scholden unwillen myt eme hebben, vnd bydden J.f.g., dat sodane man mochte vth dem dorpe kamen, vppe dat dar nen morth edder dothslant schege.
J.F.g.
vnderdaninge vnd gehorsamen
de
gemeynen buren
des kaspelß tho gressow.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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Nr. 8.
Verzeichniß der Theilnehmer an dem Fehdezuge gegen den Bischof Georg von Ratzeburg nach Erlassung des Urtheils.
(1545).
Henning Plesse zum Brule ist todt, hatt aber kinder vnd lehns erben hintter sich verlassen.
Johan Blesse zum Balen ist todt, hatt aber lehns erben verlassenn.
Berndt Blessen zum Dammeshagen lebet noch, ist mit dem Bischoff vertragen.
Jasper Stralendorff zw Kranckow ist todt, hatt aber erben hintter sich verlassen.
Reimer Blesse zum Arpeshagen lebt noch.
Eggert von Quitzow zw Vagedeshagen ist todt, hatt keine lehns erben gelassen.
Hartich von Bulow zw Pockrent lebt noch, ist mit dem bischoff vertragen.
Achim Lutzow lebt noch, ist mit dem bischoff vertragen.
Curdt von Bulow zw Plusgow ist todt, hatt aber lehns erben gelassenn.
Helmolt Parkentyn lebt noch, ist mit dem Bischoff vertragen.
Siuerdt Blesse zum Clutze lebet noch.
Was aber Detleff von Bulow vnd Johan Blessen zw Bernekow im vrteil belanget, dauon ist Detleff von Bulow gestorben on lehns erben, aber Johan Blesse zw Bernekow lebt noch.
Was ferner den dritten Artikel im vrteil belanget vnd weitern bescheidt daran thut das ist:
Otto von Blesse zw Hoikendorff noch im lebend.
Bernd von Blesse zum Gantenbeke lebt noch.
Heinrich von Bulow zw Plusgow lebt noch.
Hans Parkentyn zw Pritzendorff lebt noch.
Beide brudere zum Bruke leben noch.
Vlrich Dambeke zum Dambeke lebt noch.
Berndt von Blesse zum Gantenbeke lebt noch.
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Jochim Bott zw Kalkhorst ist todt, hatt erben gelassen.
Jochim Plesse zw Parin lebt noch.
Jochim Schotze zw Dankendorff lebt noch.
Moritz Warnstett zw Triggelitz lebt noch.
Johan Blesse zw Bernekow lebt noch.
Henningk Scharpenbergk zw Grossen Wolmersdorff lebt noch.
Die angegebene Bassen zw Drosdorff leben noch.
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu
Schwerin.
In der Protestation vom 1.
Junii 1530 wird genannt:
Achim
Negendank.
Dagegen fehlen die v. Brook,
v. Dambek, v. Both, v. Schosse, v.
Warnstaedt, v. Scharffenberg und Sivert,
Otto, Bernd (zu Gantenbek), Joachim und ein
Johann v. Plessen.
Nr. 9.
Bericht
über den Anfang
der Reformation
im Klützer Ort,
niedergeschrieben
von dem
herzogl. Mathematiker Mag. Tilemann Stella
von Siegen
im J. 1570.
Kurtze Historia vnd Bericht
vom ersten
anfange des Euangelii
im Creutzer Ort.
Berend von Plessen, Curdt von Plessen zu Damshagen vatter, der seinen sitz zu Tressow gehabt, als er gehöret, das here Thomas Aderpul ein Euangelischer predicant gewesen, hat er in zu sich gefordert, vnd erstlich Dieweil ein vngeschickter paffe mit einem augen zu Gressow (do die Plessen ihr begrebnis hahen) gewesen, der dem ampt nit wol vorgestanden (dar der bischoff von Schönberg seine schreiber vnd andre loß gesindge also auff die pfarhen hin vnd wider gesetzt), als hatt obgemelter Berendt von Plessen (dieweil das Euangelium hier zwischen auffkommen, darzu er mehr lust gehabt) an den bischof von Ratzenburg gein Schönberg geschrieben (dessen dioecesis es gewesen ist), er wolte einen geschicktern
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pfarhern dohin setzen, dan der were, der albereit die pfahr inhette, darmit das kirspel versorget were. Das hatt der bischoff abgeschlagen (diser bischoff hat Berckmeier geheissen); do hatt gemelter Berndt Plesse den hern Thomas Aderpul dohin gesetzt vnd den audern vnduchtigen außgejagt. Darauff hatt der bischoff bey nacht zeiten etliche seiner diener hingeschickt vnd den pfarhern her Thomas Aderpul gefengklich hinweg vnd gen Schönenberg furen lassen vnd in ein hart gefengnis gesetzet. Darauff gemelter Berndt Plesse anforderung gethan, das der bischoff im den pfarher wider loß geben vnd in seine phar wolt volgen lassen, welchs der bischoff abgeschlagen. Do nun solche gutliche forderung kein stat gehabt, hatt Berndt von Plessen dem bischoff entsagt vnd den abent zuvor ein Fhedebrieff zugeschickt. Als nun der bischoff disen brieff entpfangen, hatt er zu einem hauptmann vber knecht, welchen ehr auff dem hause bey sich gehabt gesagt, im den brieff zeigende: "Was solten die creutzerörter thun? Wenn es eine gutte grosse kan bier were, so weren die creutzerörter gutt nachbaurs darzu, sie söffen sie wol aus". Darauff der Hauptman geantwortet: "Gnediger here. Die gesellen, die die grosse kan bier wol außsauffen können, die lassen sich auch wol finden und halten was sie zusagen". Des morgens frue ist Berndt Plesse mit 100 pferden vor dem Schöneberg gewesen vnd hatt das hauß durch einen Trometer auffgefordert, welchs im vnd seinen gesellen versagt ist worden, vnd sindt also baldt drey Schösse vom hause herunter geschehen. Demnoch ist Berndt Plesse mit seinen gesellen in des bischoffs landt gefallen vnd haben im die Dörffer außgeplundert vnd alles hinweg getrieben. Dise beute ist zu Gutaw bey dem Damshagen geteilet worden. Der bischoff aber ließ die theter an das chammergericht citiren vnd treibts so weit, das sie schuldig erkleret wurden, vnd muste Hartich von Bulow 150 taler geben, die andere seine mitgesellen, desgleichen Berndt Plesse den anfanges sollten auch gegeben haben. Darüber ist der bischof gestorben. Es sindt alle juncker im creutzer ort mit gewesen, desgleichen Chim Lutzow zum Eichhofe, Chim Stralendorff vnd andere vill mehr. Nach des bischoffs absterben ist die ansprache vnd forderung gar nachblieben. Hertzog Heinrich hatt durch die finger gesehen. Aber Hertzog Albrech hatt sich gerustet, ist gen Rhenen kommen vnd hatt die Plessen vberziehen wollen. Den hatt die Aptissin seine Schwester wider zurück gesprochen. Der pfarrher aber here Thomas ist lang darnach loß worden vnd auff dise weise: von Berndt Plessen ist ein kerle subornirt
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worden, der hat sich here Thomassen blutfreundt simulirt vnd dem bischoff brantbriefe zugeschickt. Als nun der bischoff gesehen, das er jho lenger jho mehr feinde bekommen, hatt er den here Thomas mit genugsamer orfeide widerumb loß gelassen vnd restituiret vnd ist gemelter pfarhere also gen Gressow wider eingesetzt worden. Do hatt Hertzog Heinrich in von Berndt Plessen loß gemacht vnd gen Malchin gesetzt, darnach gen Butzow, do ist er ein predicant gestorben, ist noch nit lange todt gewesen. Diser here Thomas Aderpul ist der erste predicant im creutzer ort gewesen.
Haec narrauit Conradus a Plessen, dicti Bernhardi filius, presentibus aliis pluribus nobilibus in Darssow in taberna.
Aus dem Concepte eines Protocolles und Zeugenverhöres über die Landesgrenzen von des Mag. Tilemann Stella eigener Hand. Die Verhandlungen schließt Tilemann Stella mit den Worten:
"Dis examen ist geschehen zu Darssow am 12. 14. 15. vnd 18. Aprilis Anno 1570.
Tilemann Stella hat die vorstehende Erzählung nur der geschichtlichen Merkwürdigkeit wegen in das Concept seines Protocolles geschrieben, da er am Ende bemerkt:
"Diß soll ausgelassen werden".
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:
von
G. C. F. Lisch.
D ie Geschichte der Reformation in der Stadt Malchin ist sehr interessant, weil die Kirchenverbesserung hier mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen hatte und uns darüber jetzt die Acten ziemlich vollständig vorliegen. Der Kampf in der Stadt Malchin ward besonders durch zwei Umstände hervorgerufen. Einmal war die Pfarre zu Malchin seit dem J. 1301 mit einer durch das Dorf Kotendorf dotirten Domherrenstelle des Collegiatstiftes Güstrow vereinigt und bald darauf das Patronat dem Domdechanten von Güstrow übertragen; im J. 1489 ward dieser Stelle auch noch die Pfarre zu Teterow einverleibt: 1 ) es war also immer ein güstrowscher Domherr Pfarrer von Malchin und Teterow, natürlich durch Vicare vertreten, unter dem Patronate des Domdechanten von Güstrow. Da nun die Dom=Capitel des Landes am längsten und heftigsten der Reformation widerstanden, so läßt sich annehmen, daß alle Mittel aufgeboten wurden, den lutherischen Geist in der Stadt nicht aufkommen zu lassen. Andererseits gehörte Malchin zu den Städten, welche durch den Neu=Brandenburger Hausvertrag vom J. 1520 in der Landestheilung den beiden Herzogen Heinrich und Albrecht zur gemeinschaftlichen Regierung geblieben waren. Die Herzoge hatten das Land getheilt; nur die Prälaten, (also die Bisthümer, Domstifter und großen Feldklöster), der Adel und 12 Städte: Rostock, Wismar, Parchim, Güstrow, Neu=Brandenburg, Schwerin, Sternberg, Malchin, Teterow, Röbel, Waren und Friedland, waren gemeinschaftlich geblieben; durch die Erneuerung dieses Vertrages vom 22. Dec. 1534 kam auch Woldeck zu diesen gemeinschaftlichen Städten. Aber
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grade durch den Widerstreit der beiden Brüder siegte und erstarkte die Reformation in diesen Städten früher, als anderswo, und mochte der Herzog Heinrich auch überall gerne der "Friedemacher" sein und leise auftreten, so zeigte er sich doch immer dort sehr entschlossen und kräftig, wo er mit seinem Bruder Albrecht in Opposition stand.
Bis zum J. 1531 hatte das güstrowsche Dom=Capitel unter dem Schutze des Herzogs Albrecht dafür gesorgt, daß sich das Verlangen nach lutherischer Predigt in Malchin nicht laut geäußert hatte. Jetzt war aber das Bedürfniß vorhanden und der Herzog Heinrich setzte gegen die Mitte des Jahres 1531 den bisherigen Prediger Thomas Aderpul von Gressow, der sich bis dahin lange Zeit in der Gefangenschaft des Bischofs von Ratzeburg befunden hatte und nach seiner Befreiung nicht gut in Gressow halten konnte, als Prädicanten nach Malchin: der Mann mochte ihm durch seine Erlebnisse 1 ) geeignet erscheinen, seinem Bruder die Spitze zu bieten. Kaum hatte er hier eine Zeit lang gepredigt, als ihn der Herzog Albrecht verjagen ließ. Sogleich befahl nun der Herzog Heinrich seinem Secretair Sebastian Schenck zu Güstrow und seinem Vogt Hans v. Quitzow zu Stavenhagen sich mit Thomas Aderpul nach Malchin zu verfügen, denselben dort wieder ins Predigtamt einzusetzen und dem Rathe und der Stadtgemeinde, auch der Priesterschaft in des Herzogs Namen zu befehlen, den Prediger in seinem Amte nicht zu hindern, sondern zu gestatten, zu schützen und zu handhaben. Zugleich befahl am 16. Aug. 1531 der Herzog 2 ) dem Thomas Aderpul, er solle sich sogleich mit seinem Fuhrwerke nach Güstrow zu Sebastian Schenck und mit demselben zu seiner Wiedereinführung nach Malchin verfügen, nach solcher Einführung "das Wort Gottes daselbst dem Volke ferner, wie zuvor, lauter und rein predigen und sich hinfort so leicht nicht erschrecken und verjagen lassen; damit er vor Ueberfall gesichert sein möge, schickte ihm der Herzog ein schriftliches "Sicher Geleit."
Der Herzog Albrecht hatte dies kaum erfahren, als er den Thomas Aderpul schriftlich zur Verantwortung aufforderte, wie er sich, trotz seines Verbotes, des Predigtamtes anzumaßen unterstehen könne. Thomas Aderpul antwortete 3 ) dem Herzoge Albrecht am 31. Oct 1531, daß sein Bruder ihn das Evangelium Christi zu predigen abgefertigt habe; er habe nach seinem Verbot Entlassung gefordert, aber sein Bruder habe ihm münd=
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lich und schriftlich befohlen, das Evangelium Christi nach wie vor in Malchin zu predigen, und ihn hier durch seine Commissarien, Sebastian Schenck und Hans von Quitzow, wieder einführen lassen.
Als nun der Einfluß des Herzogs Albrecht die lutherische Predigt nicht unterdrücken konnte, setzte das Dom=Capitel zu Güstrow seine Hebel in Bewegung. Der Dompropst schickte sogleich den Dechanten nach Malchin und ließ durch diesen dem dortigen Küster verbieten, dem Prädicanten, wenn er Messe mit dem Abendmahl unter beiderlei Gestalt halten wolle, weder Meßgewand, noch Kelch zu geben. Die lutherische Gemeinde wandte sich an den Rath, mit der Bitte, einen Befehl an den Küster zur Auslieferung des Kelches und Meßgewandes zu erlassen, damit kein Aergerniß gegeben werde; aber der Rath weigerte sich, dies zu thun. Es waren schon mehrere Gemeindeglieder aus der Welt geschieden, ohne die Sacramente zu empfangen. Auch die katholische Geistlichkeit wollte den lutherisch Gesinnten das Abendmahl nicht reichen, sondern sagte, um die Schwachen zu ärgern, mit vielen Lästerreden, "die Martinianer würden wie die Hunde ohne Sacramente hingeworfen;" der Herzog Heinrich habe dem Prädicanten nur den Predigtstuhl erlaubt. Viele Rathsmitglieder unterstützten die katholische Geistlichkeit, indem sie vorgaben, der Herzog Heinrich habe in andern Städten angeordnet, den Gottesdienst nur nach den Gebräuchen der römischen Kirche zu halten. Deshalb baten am 11. Nov. 1531 "die Versammlung des göttlichen Wortes und die Bekenner des Evangeliums Christi zu Malchin" den Herzog Heinrich 1 ) dringend, er möge sich ihrer Noth erbarmen und ihnen zum Gebrauche des heiligen Sacramentes verhelfen und deshalb die behufigen Befehle an den Rath und die Priesterschaft erlassen.
Der Herzog Albrecht versuchte nun die Verjagung der lutherischen Prediger in allen gemeinschaftlichen Städten. Er verbot persönlich den Prädicanten: Mathias Papenhagen zu Neu=Brandenburg am 15. Febr. und Jürgen Berenfelder zu Friedland am 16. Febr. 1532 die lutherische Predigt 2 ). Der Herzog Heinrich setzte sie aber am 11. März 1532 persönlich wieder ein. Der Herzog Albrecht prüfte auch selbst die Prädicanten; namentlich inquirirte er sie über ihren Glauben von der Messe. Die Lehre von der Wandelung im Abendmahl war allerdings der Hauptpunkt, in welchem die Partheien auseinander gingen;
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besonders ward damals im Lande die Frage besprochen, ob die in der Monstranz aufbewahrte Hostie auch der wahre Leib Christi sei. Der Herzog Albrecht hatte auch den Jürgen Berenfelder darnach befragt und dieser hatte erklärt, er glaube, daß in dem Abendmahle der wahre Leib Christi sei; ob er aber auch in der in der Monstranz aufbewahrten Hostie sei, darüber sei er, mit Luther und Bugenhagen, noch in Zweifel 1 ). Auf diese Erklärung hatte ihn der Herzog Albrecht für einen Ketzer erklärt und seines Amtes entlassen. - Auch gegen den Thomas Aderpul verfuhr der Herzog Albrecht auf gleiche Weise. Der Herzog Albrecht hatte geschrieben, Aderpul habe in seiner Gegenwart erklärt, das Sacrament, wenn es nicht von Menschen empfangen werde, sei kein Sacrament und kein Gott. Der Herzog hatte ihn gefragt, "wenn es im Hüseken (= Häuschen, Sacramenthäuschen) stände, ob es dann auch ein Sacrament sei"; Aderpul habe geantwortet: "außer dem Gebrauche sei es ein Mißbrauch; so lange das Wort, worin das Sacrament seine Kraft habe, bleibe, bestehe auch das Sacrament, übrigens sei man in Sachen des Glaubens nicht schuldig, etwas zu glauben und zu thun, was nicht in Gottes Wort gegründet sei."
Auf diese Anzeige übergaben die beiden Prediger Thomas Aderpul zu Malchin und Jürgen Berenfelder zu Friedland dem Herzoge Heinrich schriftliche Bekenntnisse 2 ), in welchen sie erklärten, "nach den von Christo gesprochenen Einsetzungsworten Christi sei bei der Consecration wahrhaftig der Leib und das Blut Christi in dem Brote und dem Weine; aber die Verehrung des Sacraments ohne das Wort sei eine Verspottung." Beide erboten sich, vor den Landesherren und den Prälaten, Mannen und Städten (d.h. den versammelten Landständen) gelehrten und unpartheiischen Richtern ihren Glauben zu begründen.
Der Herzog Albrecht versuchte nun alle Mittel, um die immer heller empor lodernde Flamme der Wahrheit zu löschen. Im J. 1532 oder 33 wandte er sich an den deutschen König Ferdinand 3 ) mit dem Berichte, er habe auf kaiserlichen Befehl die Neuerung in der Religion in seinem Gebiete überall abgeschafft und in den Städten, welche ihm und seinem Bruder ungetheilt gehörten, namentlich zu Wismar, Rostock, Parchim, Neu=Brandenburg, Friedland und Malchin, welche der neuen Secte
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anhängig seien, die Prädicanten ausgewiesen, sein Bruder habe dieselben aber alle Wege wieder eingesetzt; die kaiserlichen Befehle würden in Wismar und Rostock gar nicht geachtet, vielmehr habe sein Bruder sich vernehmen lassen, kaiserliche und königliche Majestäten hätten ihm in dem, was seiner Seelen Seligkeit betreffe, nicht zu gebieten, vielmehr habe er noch vor kurzem zu Parchim zwei neue Prädicanten an die Stelle der vertriebenen eingesetzt; die von Rostock und Wismar hätten die Schwarzen= (Dominikaner=) Klöster eingenommen u.s.w. Er bat daher, die königliche Majestät möge ein Einsehen thun und ein Pönal=Mandat ergehen lassen, damit die kaiserlichen Mandate befolgt würden; wenn der König dies nur thun wolle, so wisse er die Sache unter seinem Beistande wohl ins Werk zu bringen: er möge ihm daher seinen Rath mittheilen und dem Kurfürsten von Brandenburg befehlen, mit ihm denselben Weg zu gehen.
Am 17. Sept. 1533 wandte sich der Herzog Albrecht an den ihm gleichgesinnten Kurfürsten Joachim von Brandenburg 1 ) und klagte ihm, sein Bruder achte die kaiserlichen und Reichs=Abschiede gar nicht; er habe zu Schwerin, Güstrow, Sternberg, Wismar 2 ), Rostock und sonst lutherische Prädicanten eingesetzt und selbst die lutherische Lehre angenommen, auch in den ihnen beiden gemeinschaftlichen Städten, namentlich in Neu=Brandenburg, Friedland, Malchin, Parchim, auch in Jungfrauenklöstern 3 ), wo er, Herzog Albrecht, die lutherischen Prediger verjagt, dieselben in eigener Person wieder eingeführt; der Kurfürst möge daher doch den kaiserlichen und königlichen Befehlen nachsetzen, damit also die Irrung zwischen ihm und seinem Bruder wegen der Religion gehoben werde. Der Kurfürst erwiderte ihm am 3. Sept. 1533, er habe das, "was sich sein Bruder Herzog Heinrich der martinischen=lauterischen Lehre halben unterstanden, und daß er derselben anhängig geworden," ganz ungerne vernommen, und rieth ihm, er möge zuvor erst den Rath des Kaisers, des Erzbischofs von Mainz, des Herzogs Georg von Sachsen und der Herzoge Erich und Heinrich von Braunschweig einholen.
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Eine sehr interessante Erscheinung ist, daß um diese Zeit, wir wissen leider nicht in welchem Jahre, eine Deputation der evangelischen Bürger von Parchim, Neu=Brandenburg, Friedland, Malchin und Woldeck auf dem Landtage 1 ) erschien und um Schutz und Verwendung bei den Landesherren bat; sie brachten vor, obgleich in diesen Städten das "Wort Gottes rein, lauter, klar und ohne menschlichen Zusatz, ohne Aufruhr, zum Frieden und mit Frucht gepredigt werde", so werde doch täglich von den "elenden, unwissenden Papisten" mit heftigen Strafen, ja mit dem Tode gedrohet, um sie zu ihrem papistischen, antichristlichen Glauben zu zwingen, gleich als wenn dies ohne Umsturz (stortung) dieses guten, schönen, gnadenreichen Landes, in welchem alle Menschen gut evangelisch seien, möglich wäre; sie vertrösteten sich des edeln Adels des Landes und der besten "und mächtigsten Städte, welche sämmtlich der evangelischen Lehre anhängig seien", daß sie nicht mit Gewalt von ihrem Glauben gebracht würden.
Endlich ward doch ein Ausweg gefunden, um den Aufruhr zu unterdrücken, und grade dieser Wendepunct ist in der Geschichte der Reformation zu Malchin so klar, wie sonst nirgends im Lande. Am 30. Julii 1533 hatte der Kurfürst Joachim von Brandenburg an den Herzog Heinrich geschrieben: der Herzog Albrecht habe ihm persönlich gesagt, es sei "nie seine Meinung gewesen, seinem Bruder zum Verdruß, die Prediger, welche dem Volke Gottes Wort verkündeten, zu verjagen, vielmehr wolle er sie schützen und handhaben helfen, nur könne er nicht leiden, daß zu Wismar und an einigen Orten umher Prediger von der zwinglischen Secte lehrten und das Volk verführten; der Herzog habe sich gegen den Kurfürsten erboten, daß in den Städten, in welchen zwei Pfarrkirchen seien, er seinem Bruder eine Kirche überlassen wolle, wenn er ihm die andere gönnen werde, jedoch daß die Prediger auf der Kanzel sich alle Wege der Schmähworte und anderer undienstlicher Reden enthielten, die mehr den Aufruhr, als den Frieden beförderten".
Nach solchen Verhandlungen kam denn am 25. Jan. 1534 zu Güstrow zwischen beiden Herzogen eine Ausgleichung, wie ausdrücklich gesagt wird, zu Stande, deren Folge für Malchin eine Instruction 2 ) war, welche dort im J. 1534 für den Gottesdienst erlassen ward; wahrscheinlich wurden auch für andere
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Kirchen Einrichtungen ähnlicher Art getroffen. Es ward für Malchin, wo nur eine Pfarrkirche war, angeordnet, daß jeder Theil zur bestimmten Zeit dieselbe Kirche benutzen sollte; jeder Theil erhielt die Instruction dazu von dem ihn beschützenden Herzoge. Der Herzog Heinrich verordnete für den Prädicanten zu Malchin, daß in der Pfarrkirche, und sonst in keinem andern kirchlichen Gebäude, an jedem Sonntage und Festtage und auch an jedem Mittwoch und Freitage, wenn kein Festtag in der Woche sei, die Zeit des Morgens von 6 bis 8 Uhr für den lutherischen Gottesdienst, die übrige Zeit aber Vormittags und Nachmittags für die "andere Priesterschaft" zu deren gottesdienstlichen Ceremonien bestimmt sein solle; übrigens sollten beide Theile in ihren Predigten weder sich einander, noch jemand anders schmähen, schelten oder verachten, bei Strafe der Amtsentsetzung für den Uebertretungsfall, sondern nur die göttliche Schrift lauter und rein predigen. - Aus dieser interessanten Instruction geht hervor, daß damals beide Theile sich wohl noch so ziemlich die Waage hielten. Freilich waren die Protestanten in der Zeit sehr beeinträchtigt, indem ihnen nur wenig und dazu ungelegene Zeit gegönnt ward; von der andern Seite aber muß man berücksichtigen, daß die katholische Priesterschaft sehr zahlreich war und viel mehr Zeit gebrauchte, ihren alten Verpflichtungen nachzukommen; daß den Protestanten nur die Pfarrkirche eingeräumt ward, geschah theils ohne Zweifel deshalb, um ihnen nichts zu vergeben, theils aber auch um ihnen eine größere und passend eingerichtete Räumlichkeit zu gönnen und sie in einer bestimmt angewiesenen Kirche leichter beaufsichtigen zu können.
Zur Zeit der ersten evangelischen Visitation 1535 1 ) stand Thomas Aderpul in Malchin schon ganz fest; die Visitatoren hatten über Malchin nichts zu berichten. Dagegen stand es in der Pfarre Teterow, welche der Pfarre Malchin incorporirt war, noch sehr schlecht, indem dort damals noch kein evangelischer Prädicant war und Thomas Aderpul natürlich viel damit zu kämpfen hatte, indem die katholischen Geistlichen zu Teterow von denen zu Malchin eifrig unterstützt wurden. Die Visitatoren sagen:
"Zu Detro sind eyn ganczer hauff folcks, die sich mit Namen auffgezeichend, dem hern Thomas gen Malchin haben zugeschriben vnd bytten, er wöll helffen, das E. g. da hyn einen rechten evangelischen prediger möchte verordnen, vnd durst sy seer nach dem worth. Da haben wir hyn (nach Malchin) verbotschafft den
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predicanten auss detro, weil er sich hat hören lassen, er predige das Ewangelium recht; aber im examiniren ist erfunden eyn vngeschickt, vngelert man, der noch vom glauben, noch vom ewangelium, noch von versorgung der seelen weys, und doch gancz vermessen, als kunde ers besser, dann kein ander".
Im J. 1542 war, zur Zeit der großen Kirchen=Visitation unter dem Superintendenten Ribeling, die Reformation in Malchin schon völlig durchgedrungen und die Visitatoren konnten schon eine kirchliche Policeiordnung 1 ) für die ganze Stadt und alle kirchlichen Stiftungen erlassen. Namentlich ward in derselben der Rath der Stadt ermahnt, "daß sie bei dem heiligen wahren Worte Gottes standhaft bleiben und als Häupter und Vornehmste der Stadt ein gutes Beispiel geben sollten, wobei sie der Herzog Heinrich handhaben und schützen wolle gegen alle Verfolger und Feinde des Evangelii". Weiter als diese Anspielung kommt in der Ordnung nichts mehr von der katholischen Geistlichkeit vor. Es ward auch dem Rathe empfohlen, da es für einen Prädicanten zu schwer sei, der ganzen Stadt vorzustehen, noch einen christlichen Seelsorger anzustellen.
Daraus ward jedoch noch lange nichts. Die vielen Güter der zahlreichen Geistlichkeit wurden zum Kirchenvermögen geschlagen, ohne daß an die Seelsorge gedacht ward. Von der ruhigen, geregelten und beaufsichtigten Durchführung der Reformation in Malchin kommt es auch ohne Zweifel, daß die Kirche zu Malchin noch jetzt eine der reichsten im Lande ist; hier ward jeder Theil des geistlichen Gutes strenge beaufsichtigt. An andern Orten ging es wilder her und jeder behielt und nahm, was er erhalten konnte, namentlich dort, wo der Papismus lange florirte: hier hielt ein Gläubiger nach dem andern geistliches Gut zurück, bis es zuletzt nach langer Zeit - vergessen war.
Thomas Aderpul hatte nun 17 Jahre in Malchin gewirkt und allein die Reformation eingeführt und vollständig durchgeführt. Und doch ward es ihm nicht gedankt! Er verwaltete das schwere Amt noch immer allein und erhielt seine geringe Besoldung 2 ) sehr unregelmäßig, ja er mußte selbst in die Tasche greifen, wenn Kirche und Schule gehörig versorgt sein sollten.
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Dann sah er sich zu Malchin in seinem Wirken getäuscht: er befand keine Frucht des Evangelii nach seinem Sinne, sondern Sicherheit, Schwelgerei und Ungerechtigkeit, die Ausgeburten einer falsch verstandenen Freiheit, wie sie in jenen Zeiten wohl erscheinen. Im Gegentheile mußte er von den Uebermüthigen, die er gehoben hatte, hinter seinem Rücken viele unnütze und unleidliche Worte hören.
So faßte Thomas Aderpul denn den festen Entschluß, den Staub von seinen Füßen zu schütteln und Malchin zu verlassen. Er that diesen Entschluß im J. 1547 in einer offenen Erklärung 1 ) der Stadt kund und führte ihn auch bald aus, nachdem er, wie er selbst sagt, vor 17 Jahren seine erfolgreiche Wirksamkeit in Malchin begonnen hatte. Der Herzog versetzte ihn in demselben Jahre nach Bützow, wo er, wenn auch manche Prädicanten in der katholischen Stadt vor ihm nicht sehr erfolgreiche Versuche gemacht hatten, die Reihe der protestantischen Prediger beginnt und auch hier zuerst die protestantischen Kirchenverhältnisse ordnete und das Lutherthum ganz durchführte. In Bützow wirkte er noch ungefähr 10 Jahre lang.
Aderpuls Nachfolger in Malchin war Johann Stüdemann, welcher Prediger zu Danneberg und von Geburt ein Meklenburger war. Stüdemann war ein Bekannter und Freund des ersten meklenburgischen Superintendenten Johannes Ribeling, der früher zu Braunschweig gepredigt hatte. Als Aderpul im J. 1547 seinen festen Willen erklärt hatte, von Malchin gehen zu wollen, gingen zwei Rathspersonen mit Briefen des Herzogs Heinrich und des Superintendenten Ribeling ("meines gunstigen hernn vnd broders") persönlich nach Danneberg, um dem Johann Stüdemann die Einladung nach zu Malchin überbringen, nachdem er "vp des hochgedachten Fursten vorordentt tho iwer christlicken gemeinte Pastor vnd Sehelsorger geuocirtt." Auf diese Einladung antwortete er dem Rathe zu Malchin am 11. Dec. 1547 in einem plattdeutschen Schreiben, daß er gegen seinen eigenen Willen den Gesandten nicht auf dem Fuße folgen könne, aber auf nächsten Ostern, wenn er sich in Danneberg mit Ehren und gutem Gewissen expedirt haben würde, sich bestimmt nach Malchin ("alse christlicken vnnd gothfruchtigen schapen") zu begeben Willens sei, in der Hoffnung, daß der Herzog Heinrich bei den Räthen des Fürstenthums seine Beurlaubung erwirken werde. Er ging gerne aus Danneberg, da ihm dort das Amt, namentlich das Reiten (in die Umgegend) zu beschwerlich war:
"denne weile idt myne gelegenheitt des ridendes hal=
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uen aller by desser Condition die lenge nicht synn kann vnnd ick my hir myn leuelanck io nicht tho bliuende vorplichtett vnnd my mynem Vaderlande nach mynem vermoege tho denende schuldich erkenne."
An demselben Tage schrieb er in gleichem Sinne einen lateinischen Brief an den Superintendenten Ribeling.
Stüdemann wird also Ostern 1548 die Pfarrstelle zu Malchin übernommen haben.
Stüdemann setzte es bald durch, daß neben ihm ein zweiter Prediger angestellt ward. Dies war Martin Wagner aus Dinkelsbühl ("Zeapolitanus"), welcher im J. 1549 berufen sein wird, da David Chytraeus über ihn am 20. März 1557 sagt, daß er über 5 Jahre das Wort Gottes gepredigt habe. Er hatte 3 Jahre auf der Universität Wittenberg und namentlich bei Melanthon ("Philippum") studirt und darauf 2 volle Jahre seine Studien zu Rostock, namentlich bei Johann Aurifaber, fortgesetzt. Hierauf war er nach Malchin berufen 1 ). Hier zeigte er sich zwar von einer achtungswerthen Seite, jedoch stand seiner Wirksamkeit sein schwäbischer, also hochdeutscher, Dialekt im Wege, auch war, nachdem er sich verheirathet hatte, sein Gehalt nicht mehr ausreichend. Daher wünschte er im J. 1557 versetzt zu werden. Sein College Stüdemann empfahl ihn den Visitatoren dringend, obgleich er ihn gerne behalten hätte; David Chytraeus empfahl ihn eben so angelegentlich und rühmte seinen reinen Lebenswandel ("singulari vitae integritate et modestia "ministerium ornavit, - - typus fuit fidelium in doctrina et morum integritate"). Eben so stellte ihm die Universität Rostock ein rühmliches Zeugniß (von Joh. Aurifaber, David Chytraeus und Georg Reichius) aus. Namentlich empfahl ihn D. Chytraeus für Schwan oder Bützow (nach Aderpuls Tode?) und betheuerte, er werde sich überall auszeichnen ("Martinum, ubicunque collocabitur, singularem fidem, diligentiam, morum integritatem et modestiam nobis et omnibus bonis probaturum esse"). Martin Wagener erreichte jedoch seinen Zweck nicht.
Von den katholischen Geistlichen lebten mehrere noch lange während der Zeit dieser beiden Prediger, namentlich der ehemalige katholische Pfarrer oder Kirchherr Gert Süverke. Er wird noch aufgeführt bei der Visitation vom J. 1552:
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"de kerckhere er Suuerke".
Eben so heißt es in einem alten Register 1 ) der Einkünfte der Kirche:
"Tho S. Jacobs Altare twe Lehne, dat eine hort den Hanen tho Basedow, dat ander hefft de Kerckher Er Süverken verlehnt"
und
"Her Gerd Süverke".
Im J. 1568 starb der "letzte und älteste Pfaffe Herr Nicolaus Behrenfleth" 2 ).
Johann Stüdemann ward im J. 1578 nach dreißigjähriger Arbeit Alters und Kränklichkeits halber emeritirt und starb im J. 1579 3 ).
Martin Wagener lebte noch lange als Prediger zu Malchin. Im J. 1575 nahmen die "Pastores Herr Johann Stüdemann und Herr Martin Wagener Rechenschaft auf" 4 ). Er starb im J. 1596 5 ).
Auf Johann Stüdemann folgte Martin Möller, früher Pastor zu Boddin, 1578, † 1615.
Diesem folgte 1616, † 1631, Thomas Stindtmann, vorher des Herzogs Adolph Friederich Hofprediger.
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Anlagen.
Nr. 1.
Befehl des Herzogs Heinrich von Meklenburg wegen der Wiedereinführung des lutherischen Prädicanten Thomas Aderpul zu Malchin.
D.d. Sternberg. 1531. Aug. 16.
Hinrick van gots gnaden
hertoge to Meckelnborg.
Lieue andechtige. Diewile wy in bygeschigkeden briefen vnsem Secretarien Sebastian Schengken geschrieben vnd beualen, dat hie vnd vnser vaget tom Stauenhagen Hans Quitzow sich mit jw gegen Malchin vorfugen vnd jw wedderumb aldar ins predigampt insetten vnd dar up dem Rade vnd der gantzen gemeinheit, ock der papeschop van vnsent wegen beuelen schollen, dat sie solichs gestaden vnd jw forder dar anhe keyne vorhinderunge doen vnd dar by hanthauen schollen, wie gy des van vnsem secretarien wider vornemen werdet, Szo begeren wy derhaluen, wollet jw vonstundt mit jwen perden vnd wagen to gedachtem vnsem Secretarien gegen Gustrow, dar gy enhe itzt befinden werdet, vnd ferner van dar neuen emhe gegen Malchin vorfugen, emhe disse briefe vorreicken vnd jw synes beuels holden vnnd nach solicher inwisinge dat wort gots aldar dem Volcke ferner, wie vor gescheen, lauter vnd reyne predigen vnd vorkundigen vnd jw hinfurder alßo lichtlich nicht vorschregken oder vorjagen laten, vnd darmit gy auerfals vnbefart aldar syn moget, schicken wy jw ock hirmit vnße schriftlicke sicher
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gleide. Dat is vnse meyninge. Datum Sterneberg am Middeweken nha assumptionis marie Anno . XXXI.
Dem werdigen vnserm lieben andechtigen
Ern [Thomas Aderpul predicanten.]
Nach dem Concepte im großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin. Der Name des Prädicanten fehlt in der Aufschrift; es ist aber jedenfalls Thomas Aderpul gemeint und deßhalb hier dessen Name in [ ] beigefügt.
Nr. 2.
Erklärung des evangelischen Prädicanten Thomas Aderpul zu Malchin gegen den Herzog Albrecht, daß er von dem Herzoge Heinrich an sein Amt gewiesen sei.
D.d. Malchin. 1531. Oct 31.
Durchluchtiger, hochgeborne Fursthe, gnediger here. J.f.g. ßyn myne vnderdaninge gehorsam, vorplichte, stedes willige denste vor an allthyt borheyt. Hochgebarne furste, gnediger here, ick hebbe J.f.g. schrifthe an my gedan des dingesthages vor omnium Sanctorum myt vnderdeniger erbedunge entfangenn vnde auerlesenn, in welkern J.f.g. gnedichlick anthegeth, wo sick J.f.g. befromden late, wo ick nach J.f.g. vorbade des predigeamptes my vnderstha, vnde gnedichlick bogeren, wath my dar tho beorsaketh, J.f.g. vnderthenichlich tho erkennen geuen, bydde ick J.f.g. genedichlick wyllen annhemen, wenthe na J.f.g. afschede byn ick J.f.g. bouel gehorsam gewesth vnde van dar an J.f.g. here broder tho der thyt tho Swann vorfogeth vnde dweil syn f.g. my tho Malchin dat euangelium Christi tho predigen heft afgeferdigeth, vp J.f.g. vorboth van syner furstlyken gnadenn vorlof geforderth, welker syn f.g. my geweygerth vnde muntlick vnde scriflycken boualen, dat Euangelion Christi tho Malchin na wo vor tho predigen, myth syn f.g. geleide vnde geschickeden also Sebastian Schenken tho Gustrow vnde Hansen Quitzowen vagkthe thom Stauenhagen wedder in uorenn lathen vnde also, jodoch myth fruchte J.f.g., des herliken amptes tho gebruken vnderstanden, ock der thouorsicht, J.f.g. dath Euangelion Christi nicht tho predicken vorbeden werth. Is dar vmme myne vnderthenige demodige bede, J.f.g.
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wil my arme man vmme Godt vnde synes gnadenriken wordes willen vnde mynes gehorsams haluen, den ick Godt vnde J.f.g. here broder thor salicheit vnde fredesamer enicheit J.f.g. armen vnderthanen hyr ynne leysthe, gnedichlick entschuldiget nheme. Dat wyl ick an J.f.g. allthyt vngesparet liues vnde gudes tho vordhenende gewyllich gefunden werden. Datum Malchin in vigilia omnium sanctorum anno . 1531.
J.F.g.
vnderthenige
Thomas
Aderpul
predicanth tho Malchynn.
Deme durchluchtigen hochgebarne fursten, gnedigen heren hern Albrecht herthogenn tho Mecklenborch ., mynem gnedigen herenn
vnderdenichlick.
(L. S.)
Nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Das Siegel hat einen längs getheilten Schild, rechts mit einer halben Lilie, links mit drei Querbalken, über dem Schilde die Buchstaben T. A.
Nr. 3.
Bitte der evangelischen Gemeinde zu Malchin bei dem Herzoge Heinrich von Meklenburg um Unterstützung der Wirksamkeit ihres Prädicanten und in der ungehinderten Reichung der Sacramente durch denselben.
D.d. Malchin. 1531. Nov. 11.
Durchluchtige, hochgebarne Furste, gnedige here. J.f.g. ßyn vnse vnderdanige, schuldige vnde gehorßam denste tho vorne boreyt. Gnedige furste vnnd here, wy geuenn J.f.g. vnderdenichlick hir myt klagende tho erkennen, da wowol J.f.g. den predicanten myt J.f.g. Szegel vnd breuen, scriftlyken furstlikem geleyde vnde gescickeden heft vorßekert vnd inuoren laten, des wy J.f.g. alße vnßem genedigenn landsfurstenn vnd heren myt vnderdenigem flythe sere hoch bodancken, Synt ouersth vp de sulue thyt des bestenn delß des Euangelii gar weldichlick, ja myt lysth berhouet geworden, wente alße de Domprawest tho
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Gustrow denn dekenn dar suluest myt J.f.g. bouel vnd schriften des predicanten haluen tho Malchynn an de geystlikenn dar suluest schickede, vorboth ßynn werde vort deme koster, wen de predicant wolde Missenn holden, dar ynne he vorrheykede den lyff vnde bluth Christ den de yd bogerden, scholde em nhenen kelck, misgewant vnd sus der Myssen thobehorich vorrheykenn. Dwile id denne ane gewonlyke Ceremonien mennigem hadde worden ergernisse geuen, hebbe wy vmme vormydinge der suluen den Erßamen Rhadt gebedenn, dwile id denn geystlyken in erhem kerckengeprenghe nene vorhynderynghe deyt, vns myt erem bouel an den koster ßodans wolden laten vorrheyken, ock vmme der krancken wyllen myth der pestilentie vnde sus van Gade tho hus gesocht, hebben sick ouerß ane suderlyken bouel J.f.g. sulckes tho donde gewegert, dat vele sunther ane entfangynge des hochwerdigenn Sacraments dorch den dodt (Godt erbarmeth) hebben mothen van hyr scheiden, wenthe vnße vormenthenn geysilyken vorhengen sulckes nicht allene tho vorhynderen, sunder wen ße vmme dat Sacrament tho vorrheyken geuordert werden, wyllent nemandt mytdeylen vnde dragen alßo eyn vorbolgen wolgeual myt velen lasterworden, de Suacken dar myt tho ergerende, vnde ßeggen, de Martinianer werden alße de hunde ane de Sacrament hen geworpen. Auer dyt alle weten se syck tho smucken vnde seggen, J.f.g. hebbe deme predicanten allene .den predickstoll boualen, vnde konnen van groter blyntheit nicht erkennen, dat dat Euangelium ock den notroftigenn gebruck der Sacramenth myth sick bringeth. Dar tho helpenn em ock eres anhanges etlyke vnßer Stathregentenn vnde spreken, J.f.g. hebbe in andren Steden J.f.g. furstendomß gebaden, nen kerckenampt anderß sunder na gewanlikem gebrucke Romisker kerckenn tho holdenn, dar myth wy des godtlyken trostes, hülfe vnde rhades in den hogen anliggenden dodes nhodenn entweldiget vnde entsettet synt wordenn vnde nhene hulpe weten, sunder by Gade vnd J.f.g. Byddenn der haluen J.f.g. myt vnderdenigem demodigem vlite, J.f.g. wil gnedichlick sick vnßer erbarmen vnde vnße droffenisse, angsth vnde nhodt myt hochgedachter wisheit gnedichlick botrachten vnd tho herten nehmen, vp dat wy vthe sulcker nodt vnde hellegrundt tho deme hochwerdigen gnaderyken trosthe, deme rechte vnde christlyken gebrucke des hilligen Sacraments (dar mede, dwile wy brukeden des Testaments Jhesus Christi, nie erem gades laster vnde grwel hebbenn inwerynge gedan) myt J.f.g. furstlykem insehende mogen gehulpen werden vnde by jegenwardtgem dem Erßamen rhade, vorstendern vnde presterscoph schriuen, ße dat genne tho deme
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hochwerdigen ampte tho gebrucken van nhoden tho vorreyken gestaden vnde heten, welker wille wy vmme J.f.g. myt vnßenn armen vnderdhenigen densten in gehorsam myt hengeuinghe vnser lyue vnde gudes gantz willich gerne vordenen. Datum Malchyn am dage Martini Episeopi Anno . 1531.
J.f.g.
vnderdenige
gehorßamen
vorsamlvnge des gotlvken wordes
vnde
Bekenner des Euangeliums Christi
tho Malchynn.
Deme durchluchtigen hochgebaren Fursten vnd Herenn heren Hynrick herthogen tho Mecklenborch . vnßem gnedigen landsfursten vnde herenn
vnderdenichlick
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu
Schwerin.
Unter der Aufschrift steht
die gleichzeitige Registratur:
"Ewangeliste zu Malchin 31."
Nr. 4.
Bekenntniß des evangelischen Predigers Thomas Aderpul zu Malchin über seinen Glauben vom Sacrament des Abendmahls.
1532.
Durchluchtiger hochgeborne Furste, gnediger her. Dewyle J.f.g. here bruder hefft schrifftlick angegeuen, dat ick geleret vnd in syner f.g. jegenwerdicheit bekendt scholde hebben, Dat Sacramente, wen id nicht von menschen entpfangen werde vnd sus warinne entholdenn, wen id gleich sacrificert, were nicht vnd kein godt, Welcker ßo id vth myner beanthwerdinge s.f.g. gedaen vnde vth mynen Sermonen kan vorstan werden, dat ick jegen dat Evangelium gehandelt hebbe, will ick my gerne vth godtliker schrifft anderst vnderrichten laten, Wente do my s.f.g. fragede, wen id im huseken stunde, aff id denne ock eyn Sacramente were, Antworde ick s.f.g. met dessen worden: "De wyle dat
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wort, dar in dat Sacramente vorfatet vnd syne krafft hefft, besteit, bliuet ock dat Sacrament; auerst buten den gebruck, welkern dat wort vorhett, gestellet, ys eyn myßbruck vnd den beuehel Christi entiegen; Nachdeme Christus dat Hochwerdige Sacramente, dat ys synen lycham vnd blut, vns hefft gegeuen tho ethen vnd tho drincken vnd syner dar by tho gedencken, so schal men id buten dem beuehel nicht mißbruken: wente in saken den gelouen belangende, sin wy nicht schuldich noch tho leuende edder tho donde, wat in gades wort nicht gegrundet ist." Ock hebbe ick s.f.g. dat Sacramente tho Sterneberge nhageuen, so hebbe ick ock apenbar geleret, dat de Lycham Christi vornhemelick dartho nicht gegeuen ys, dat he schall beschlaten vnnd met solker anbedinge geeret werden; Dar id denne geschuet ane tat wort, ßo is idt mher eine bespottinge gades, wen eyn dienst .
Hirmede g.f. vnd h. hape ick, nicht hebbe vorlecht dat Sacramente an synem wesen, sondern allein den myßbruck. Szo id tenne s.f.g. so nicht verstan hadde, nachdeme ick nicht gestadet, mynen worden eynen rechten grunth tho geuen, Bidde s.f.g. my vp nhauolgende bokantnisße gnedichlick wille entschuldiget nemen, Welker ick my ock tho donde vorbede vor Juwen furstlichen gnaden, manne vnd stede vnd alle gelerden, wen vnd war id jwen f.g. geualt, vnd is desse:
Ick bekenne, tat nha den gesprakenen worden Christi sy de lycham vnd bluth Jesu Christi in dem brode vnd wyne.
Id werde mißbruket, we id kan.
Dit alle bidde J.f.g. gnedichlick wille annhemen. Dem alweldigen Gade sy J.f.g. sampt allen leffhebbern einiger warheit enich beualen. Amen.
Nach dem Originale im
großherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu
Schwerin.
Auf der Rückseite steht die
Registratur:
Bekentnus beder
prediger to Malchin vnd Fredelande. 32.
Daneben wird auch ein ähnliches Bekenntniß
des Predigers Georgius Berenfelde zu
Friedland aufbewahrt, welches im Folgenden
mitgetheilt ist.
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Nr. 5.
Bekenntniß des evangelischen Predigers Georg Berenfelde zu Friedland über seinen Glauben vom Sacrament des Abendmahls.
1532.
Ick Georgius Berenfelde eyn prediker des euangely bekenne vor alle Minschen vnd geloue, dat im Sacrament warhafftich der lychnam vnd dat bloth christi sy, wen ehr de worde der consectation gespraken werden na christliker ordeninghe, id is auer eyn Misbruck, solck sacrament in Stocken effte muren tho beschluten, vnd wo wol id vor de krancken bewaret werd tho berichtende, Szo werd dar doch men eyn part bewaret edder beholden, wo wol dat christus nicht kan gedelet werden in sick, Sonder dat ehn part des sacraments allene dar bewaret werd, vnd wen id recht were, dat sacrament in stocken effte muren tho bewarende vor de krancken, Szo moste men den kelck des heren ock dar by setten vnd na der rechten ordeninghe vnd insettinge christi handeln vnd nicht na minschlicker wisheit vnd gutdunckent vmb vngeschicklicheit effte Misbrukes willen der papen vorandern. Na dem Male ock dat word gades werd misbruket, gelestert vnd verfolget, Scholde men deme dat reyne luter word gades na laten tho prediken? Dat sy verne! Darumb vp solker korter bekenthnisse berope ick my vp bede landes forsten vnd prelaten, man vnd steden, solchs noch bekennen vnd tho uoranthwerden in jegenwerdicheit der gelerten vnd vnpartigischen Richtere, de do recht vorstendich syn gotliker schrifft, vnd war ick denne mit klarer gotliker schrifft konde anders vnd gewissers vnderwyset werden, wil ick my dar inne gerne leren lathen.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive, aufbewahrt neben einem ähnlichen Bekenntnisse des malchinschen Prädicanten Thomas Aderpul, auf dessen Rückseite die Registratur steht:
Bekentnus beder prediger to Malchin vnd Fredelande. 32.
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Nr. 6.
Beschwerde des Herzogs Albrecht von Meklenburg bei dem römisch=deutschen König Ferdinand I. über die Beschützung der lutherischen Lehre durch seinen Bruder Herzog Heinrich.
(1533).
E. Ro. Kho. Mat. weis ich auch in vnderthenigkeit nicht zu bergen, das ich hab von Key. Mt. der heiligen Religion beuelh gehapt, dem selbigen bin ich in aller gehorsamkeit so uill mir muglich nachgekomen, vnd wor ich nun befunden, da solche newerung erwachsen, die selbig ich mit allem vleiße abgeschafft vnd die predicanten in meines brudern vnd meinen stetten, so vns vngetheilt geboren, als zur Wismar, Rostock, Parchem, Brandenburg, Friedlandt vnd Malchin, die der selbigen secht anhengig vnd also wider die heilige religion, auch alten loblichen gebreuche der heiligen christlichen kirchen geprediget, in zweierley gestaldt communiceret, Tauf, teusch meß, und teusch begrebnuß vnd andere misbreuche vorgenommen und geubt, verweisen, so sein aber dieselbigen predicanten ye allwege durch vnsern bruder wider eingesetzet vnd gewiset worden, vnd alß denn von hochgemelter Ro. Key. Mat. ein mandat außgangen, daß selbig mir auch zugekhomen, darin gemelt, das niemandt dem andern der Religion halben angriffe noch verhinderung thuen soll, so wirdt doch dasselbig durch vnsern bruder zu verkleinerung Key. Mat. genzlich nicht geacht, noch ime vnd vns von der Wismar, Rostock vnd andern vnsern stetten gehorsam nicht erfolget, denn vnser bruder lest sich vornehmen, Key. vnd e. Kh. Mat. haben ime in dem das seiner sehelen seligheit betrift, nicht zu gebieten, vnd hat hieruber noch jungstlich in unser beider stat Parchim, nachdem wir daselbst die predicanten verweisen, zwe andere neue Predicanten widerumb hinuerordent vnd gesetzt, deßgleichen haben auch die von der Wismer daß Szwarzkloster darbinnen belegen versperet vnd verslossen vnd also das kheiner mher dar innen noch meß halten, andere lobliche gebreuche und alte Ceremonien halten ader prediken dorffen, wie ich dan derhalben ew. kho. Mat. des ein Supplication derjenigen, so darin gehorig vnd haben entweichen mussen, hiemit zuschicke, auch als ich in meine . . . doselbst zur Wismar in vnser lieben frowen einen prediger gesetzt gehabt, sie alsus
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mir denselbigen noch vnterdrucken, vnd die van Rostock desgleichen das Zwarze kloster vberwieset vnd giesbone, darin sie getrede vfgißen, darin angericht, auch doselbst . . meinen . . . . . . . . . digen dorin predicanten ires willens sezen. Weill aber von Key. Mat. in solchen Mandaten geboten wirdt, Ew. Kho. M. in Key. Mat. abwesen gleich Ire K. Mt., was dieselbig u. khon. Mt. beuelhen oder gebieten, als stathalter von Key. Mat. wegen darin gehorsam zu leisten, als bin ich demselbigen zu erfolgen erpittig vnd bit vndertheniglichs vleißs, Ew. Ro. Kho. Mt. wollen gnediges einsehens haben vnd das Sie ein penallmandat außgeen laßen, das Sie Key. Mat. mandat erfolgen vnd daßelbig nicht also in verachtung vnd verkleinerung Key. Mat. stellen, . . . . wo S.g. nun denselbigen . . . . icht verfolgen wolten, das aldan gegundt wirdt, ere guter . . . . . vnd ire hab vnd leib - - - - -, vnd so e. Ro. Kho. Mat. solchs endern oder wolten abgeschaft haben, so weiß ich das mit e. kon. Mat. geheis, hulf vnd beistandt ihns werg zu bringen, derwegen mir hierin Iren Rath gnedichlich mittheilen, wie ich mich desfals weiter halten solle, damit ich derselbigen vnderthenig gehorsam sein muge vnd derhalben e. Kho. Mat. dem Churfursten zu Brandenburg mandiren, das sein lieb neben mir daßelbig thuen, welchs sich sein lieb der Christlichen Religion - - - - - So schicke ich auch E. Ro. Kho. Mt. hierin etzlich brief zu meherer vnderrichtung, aus wes beuelh die predicanten zu solchem vornehmen - - - -.
Nach dem äußerst undeutlich geschriebenen und zum Theile zerrissenen Concept im großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin.
Nr. 7.
Bitte der evangelischen Bürger in den Städten Parchim, Neu=Brandenburg, Friedland, Malchin und Woldeck bei den zu Rostock auf dem Landtage versammelten Landständen, sie gegen die päpstlichen Verfolgungen zu schützen und ihre Bitte bei den Landesherren zu bevorworten.
(1533?).
Gnedigen, wirdigen, gestrengen, erbarn, vhesten, ersamen, wysen vnd vorsichtigen, grotgunstigen hern vnd guden frunde.
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Gegenwerdige van Parchem, Nien Brandenborch, Fredelandt, Malchin vnd Woldegge hebben jw frundtlick met flith anfallen vnd bidden laten, vns von wegen der Euangelischen borger genanter Stadte tho horen, welkes vns von jw gunstichlick nhagelaten, des wy arme, geringe, eynfoldige lude gegen jw hern vnd frunden von gedachter stede vnd borger, ock vnser persone wegen met vtersten flyte bedancken, willen daruann glo[rie]ren vnd vns dessuluen by den guden, framen luden, vnserm liuen Nabern, von denen wy affgeferdiget sind, mit frewden berhomen. - - - - - - - - - -. Wyle vns, ock jw vnd deme gantzen lande an bauen ertelden saken dat allerhochst vnd meiste gelegen vnd von noden ist, - - - -. So willen wy - - - - die thouersicht tho jw hebben, gy werden got tho eheren, dem gantzen lande thom besten vnd vmme fredes willen hir vorsammelt vnd des adelighen gemutes syn, dat gy vns solck nicht werden verseggen, vnd bidden in Summa, dit an eren f.g. tho gelangen laten, dat wowoll in gedachten stedern dat wort gades reyn, lutter, klar vnd sunder menschliken thosath, sunder vprhur, tho frede vnd met frucht gepredigt werd, Daran got, vngetwiffelt ock ere f.g. nicht vnbillich groten gefallen dragen, (den watt ist lofflicken landesforsten trostlicker, dan ein frames christlikes volck, dat ßick gegen got vnd eren gnaden in vnderdenigem gehorsam tho schicken weet, derwegen wy nicht fruchte vnd sorchfoldicheit dragen, sonder danck und frede gewarden scholen), So wert vns doch alle dage von den elenden, vnwetendenn papisten met geschwynder, hefftiger, vnuersinlicken straffe vnd vngnade, ock met dem dode gedrowet vnd hirmitt gepranget vnd gepucht, man werde vns von deme worde gades vp eren papistischen, antichristischen glouen thwingen, des wy vns noch thor tidt nicht weten tho besorgen; - - - - - - - - - - - - glick alß efft ere f.g. ock nicht wusten, dat solks ane stortung disses guden, schonen, gnadenriken landes, diewyle alle menschen dar inne gut Euangelisch sindt, nicht muchte vorgenhomen werden, Dartho wy vns des Eddeln Adels disses landes, ock der besten und mechtigstenn stede, die dar der semptlick anhengich, recht vortrosten, mit hulpe gades by synem worde tho bliuen vorhapen, vnd wo sick vns sonst je jemandes mit gewalt daruon tho werpen vndernhemen wolde, dat vns ere f.g. alß ere vnderdanenn in schuet vnd geleide nhemen vnd Ewr werden vnd gunsten alß vnser gunstige hern vnd guden frunde vor gewalt vordedingen helpen wollen, den wy vns vor allen vnsen gnedigen Forsten vnd hern den
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Hertogen tho Meckelnborch vnd Jw. Prelaten, Man vnd Stede tho recht vnd eynem jeden, so vns mit schrifft anthosprengen gedencket, thor andtwort erbaden hebbenn willen, - - - - - - - - - - des vnderdanigen thouorsehens, ere f.g. vnd mennichlick werden vns by deme Christlicken gelouen vnd ßolicken glickmatigen erbieden bliuen vnd ere gnade mit hulpe vnd thodoen jwer werden vnd gunsten vns von nemandts, alß die papistenn woll gerne sehen wolden, vorweldigen laten, dat wy jwer werden vnd gunsten klageswiße nicht wusten tho bergenn, fruntlich biddent, gy willen solks an f.g. gelangen vnd vns ercr g. antwort sampt jwer vertrostinge met deme ersten tho handen khamen latenn, willen wy vmme jw alße vnsere gunstige heren, gude nabern vnd lieuen frunde alletidt mit lyue vnd gude flitich vordhenenn.
Auszug aus dem den Fürsten
überreichten Originale im großherzogl.
meklenburg. Geh. und H. Archive zu Schwerin.
Auf der Rückseite steht die gleichzeitige
Registratur:
"Supplicatio der
van parchim vnd ander ewangelischer
steder".
Der vorstehende Auszug
enthält das für Meklenburg Wichtige.
Die hier ausgelassenen Stellen des sehr
langen Schreibens enthalten die oft
vorkommenden, weit ausgeführten Berufungen
auf die Reichsverordnungen wegen der
Religion.
Diese Schrift ist durch eine
Deputation den Landständen übergeben, nach
der Meinung früherer Archivbeamten auf dem
Landtage zu Rostock 1531, wahrscheinlich
aber auf einem spätern Landtage, etwa 1534
bis 1535.
Nr. 8.
Schreiben des Herzogs Albrecht von Meklenburg an den Kurfürsten Joachim von Brandenburg wegen der Beförderung der lutherischen Lehre durch seinen Bruder Herzog Heinrich.
D.d. 1533. Sept. 17.
Nachdem denn e.l. woll bewust, das ein Mandath vonn key. Mat. vnnserm allergnedigstenn hern ist ausgangenn vnnd volgends ein Bepestliche vnnd keiserliche legation vnnd beschickung ann Curfursten vnnd furstenn abgefertiget mit Beuellich das einer dem andernn in seiner Religion vnnd glaubenn nicht zu mollestiren, sonder bis auff das zukunfftigk Consilium pleiben
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zu lassenn, Ist doch vonn vnnserm Bruder Hertzogk Heinrich zu Megkelnburgk vnangesehenn, Sunder hat nach dem keiserlichenn Mandath vnnd Bepestliche vnnd keiserlich beschickung zwey predicanten itzo zu Gustrow in der Pfarkirchen eingesetzt, - - Desgleichen hat er itzo einen Predicanten zum Sternbergk verordenth, - - wie dann vnsers Bruders Prediger, den Er stedes zu hoff hat, Egidins, in gleicher meynung wider das heiltgk Bluth zu Swerin ein schmebuch hat lassenn ausgehenn. - - - Es haben auch die von der Wismar das Swartze kloster, da vnnser fraw Mutter mit sampt ihrer liebe Schwester, vnnsers vettern Hertzogk Baltzers Gemahell hochloblicher gedechtnus, einbegrabenn, zugeschlossenn vnnd die Pfarkirche zu vnser lieben frawen - - mit gewalth eingenomen, - - - darein sie dann itzo einen lutterischen Predicanten gesetzt, Desgleichen auch die von Rostogk gethann, alle kloster zugeschlossenn, die alten Czeremonien inn kloster vnnd Pfarrkirchenn, die vnnß zu uerleihen, mit gewalth abgethann vnnd sonderlich vnsernn thumb, so vnns zustendigk vnnd vnnsernn hernn vnnd vatternn hochloblicher Gedechtnus auffgericht, auch eingenommen, Welchs alles nicht allein in diesenn angetzeigtenn Stetten, sonder dieweill vnser Bruder die lutterische lere angenomen, inn ander vnnsernn Stettenn, so vnnserm Bruder nicht allein, sonder vnns so woll als ime zukomen, vonn vnsern vnterthan auß verheiß vnnsers brudernn angefangenn verursacht hatt, als nemblich Newenbrandenburg, Friedtlandt, Malchin, Parchim vnd sonst andere Jungfrawklöster, da wir die lutterisch prediger verjagt, ine zu predigenn verbotten, Seint doch alwege vonn vnserm Bruder inn eigener Personn wider eingefuhrt vnnd eingesetzt, - - - Demnach ist an e.l. vnnser freuntlich bitt, e.l. wollenn also key. vnnd kon. Mat. Beuellich nachsetzen, auff das die Irrung der Religionn zwischenn vnserm lieben bruder vnnd vnns mochten vertragenn werdenn - - - Datum Swerin Mitwochs nach Exaltationis sancte Crucis Anno . XXXIII.
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Nr. 9.
Instruction für den evangelischen Prädicanten und die papistischen Priester zu Malchin wegen des Gottesdienstes, wie sich die Herzoge Heinrich und Albrecht darüber vereinigt haben.
1534. Jan. 25.
Vonn meins gnedigen hern hertzogk Heinrichs zu Meckelnburgs . wegen dem predicanten zu Malchin zu befelenn:
Das er zu seyner predigen vnd Ampten in der pfarrkirchen, dar solchs vorhin vnd biß an diese tzeit volbracht, vnd sonst in keynem andern Closter, Stifft oder Capellen, alle Sontage des morgends vor Mittage zwu stunden haben, Als von Sechsen biß zu Achten, Nemlich wens Sechsse geschlagen, antzufhaen vnnd vor Achten oder im punct zu Acht schlegen vffzuhoren, vnnd die von den andern vngeirret gebrauchen sollen.
Dergleichen wen in der wochen eyn heyliger Tagk furfelt, So sol er auch angetzeigte zwu stunden zu seyner predige vnd Ampte zu gebrauchen haben.
Wen aber keyn Feyrtagk in der Wochen furfelt, So magk er auch ahne vorhinderung des Mitwochs vnd Freytags des morgendes zu berurten stunden zeyt, als von Sechsen biß zu oder nach Sieben vngeferlich predigen. Felt aber, wie gemelt, ein Fest in der wochen zu, So sal darkegen eyne predighe nachgelassen werden vnd an demselben Feirtage, wie gemelt, zwu stunden zu seyner predige vnd Ampt gebraucht werden.
Aber die ander tzeit vffen Sontagk, heylig tagk vnd Werckel=Tagk vor Mittagk vnd nach Mittagk sollen die ander priesterschafft, Prediger vnd Geistlichen in angetzeigter pfarkirchen zu irhen Ampten, Predigen, Gesengen vnd Cerimonien gebrauchen, auch anhe menniglichs vorhinderung.
So sollen sie auch zu Beyderseits, Als die gemelten verordenten predicanten, deßgleichen die andern prediger, so von alters gewest, in irhen predigen ausserhalben gotlicher vnd heyliger schrifft eynander, noch niemands anders schmehen, schelten oder verachten. Wo aber gemelte predicanten Eyner oder mher sich vnderstehen wurde, So offte vnd dicke das geschee, Jemands weiter, dan heylige vnd gotliche schrifft, die sie lauther vnd reyn predigen sollen, das mitbringen vnd zulassen, zu schmeen vnd verachten, Ader die andern obgeschrieben
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Artickel geferlicher weise zu vbertreten vnd fur gedachtem meynen gnedigen hern des vberweist, Ader sich solchs kuntlich erfunden wurde, Denn wil seine Furstliche gnade seins Ampts entsetzen vnd eynen andern ader andere an des oder der stadt, die aus gemelten vrsachen entsetzt, der ader die sich hirnach gehorsamlich schicken, ordnen lassen.
Darnach sie sich jeder in sonderheit ernstlich richten sollen.
Actum Gustrow am Tage Conuersionis Pauli Anno . vier vnd dreyssygk.
Nach einer gleichzeitigen, vom
Canzler Caspar v. Schöneich corrigirten und
als Concept benutzten Abschrift im
großherzogl. meklenburg. Geh. und H. Archive
zu Schwerin.
Auf der Rückseite steht
die wichtige Registratur:
34. prediger Zcettel.
Instruchtion belangend die ewangelische
handelung, so h.h. vud h.a. sich voreynigt
haben ao. 34.
Den predicanten Jr beider
der ceremonien halber.
Nr. 10.
Bestimmungen der Kirchen=Visitatoren zur Aufrechthaltung der evangelischen Kirchen=Ordnung in der Stadt Malchin.
D.d. Malchin. 1542. Jan. 14.
Artikell, die aus befehell der durchleuchtigenn hochgebarnen Fursten vnde Heren hern Heinriches Hertzogen zu Mekelenburgk . vnßers gnedigen hern von vns Her Johan Ribelingk, Parum von Dannenbarch vnde M. Simon Lewpolt, als verordente visitatoren, vff dismal ein Ersamenn Rathe zu Malchin sint vorordent wordenn, wie sie es in der kirchen vnde Gotsdeenst hinfurder Got zu eheren christlich vnnde einthrechtiglich halten sollen, nemlich wie volget:
Erstlich ist vormanet wordenn ein Ersam Rath, das sie bei dem heiligen wahren wort gottes standhafftich bleiben vnde als heupter vnde furnehmste der Stadt ein gudt exempel geben sollen, darbei wil szie sein furstlich gnade hanthaben vnde schutzen vor allen Feinden vnde verfolgeren des heiligen Euangelii.
Zum anderenn ist nutze vnd notigk, das ein Ersam Rath vleissigk acht habe, das der heilige Catechismus in den
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kirchen vnde Schulenn mit allem vleisse gelert vnde geprediget werde, vnde das sich de predicanten der ordeninge, wie im gantzen lande gehalten sol werden, gleichmessig bezeigenn.
Zum dritten ist es christlich vnde notigk, das von eim Ersamenn Rathe offenthlich vorbotten werde, das vnder der predigte vnde dem gotsdiensth vnd sonderlich in feiertagen alle kauffmanschafft, alle Zecherey in weyn vnde bierhäusern vermiedenn werde vnde die thor mitler Zeit zugehalten werdenn, bis die gotsdeenst in der kirchen vorbracht, vnnde so ethlich sich darwider setzenn vnde solches vbertrettenn vnde vorechtlich haltenn werden, die sollen ernstlich vom Rathe drumb gestrafft werden.
Zum vierden ist Seiner Furstlich gnaden gnedigs begern, das alle wochenn vffen mitwoch in der kirchen ein Betetag wider dem Türckenn, ein Fiendt der Christenheit, vnnde andere noth soll gehaltenn werden, daruff man die Deudsche Letaney vnde ander bete Psalm singen soll.
Zum Funfften sollenn alle Freytage das Deudsche Te deum laudamus sampt andern Danckpsalmen in der Kirchen mit aller andacht geßungen werdenn.
Zum Sechsen soll vff alle Heilige abendt die Vesper zu latein vnd deudesch in der kirchen mit Christlichen Psalmen geßungen werden, darzu die Vicarien auch kommen vnde helffen sollen, wie ße zu thuen zugesagt.
Zum Siebendenn Deweyle es eynem predicanten zu swere, der gantzen Stadt mit predigenn, Kindertawffen, Sacrament verreichenn vnd krancken visitiren furzusthenn, So ist es von noten, das ein Ersam Rath sich bevleissige, das ßie noch einen Christlichenn Seelßorger vielenn trostloßenn leuten zum besten haben mugen, der auch mit geburlicher besoldunge nach notturfft versorget ßei.
Zum Achten begert hochgemelter vnser gnediger Herr gnedichlich, das der Rath zweene verstendige Rathsmenner vorordene, die neben dem predicanten alle vierzehenn tage ein mahll die Schulen visitiren sollenn vnd vleissigk acht haben, daß die Jugendt in guten kunsten, in eherlichen sitten, in gottes furcht moge vnderweißet vnnde mit vleiße aufferzogen werdenn.
Zum Neunden begert S. F. G. gudtlich, das ein Ersam Radt vleissigk soll acht habenn, das die kirche, kirchhoue, wedemen, Schulenn, Cappellaneyen vnde Spittaelhewßer im baw erhalten werden, damit ße nich verfallen mogenn.
Zum Zehenden begert S. F. G. das ein Ersam Rath mith
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ernste vnde vleisse darzu trachte, das von geistlichen gutern an heuptstulenn nicht vorkome, damit solchs in Gottes ehere bleibenn moge, die Predigstuele, Schulen vnde armen lewte zu erhaltenn.
Actum Malchin am Sonnabent 14. Januarii Anno 1542.
Nr. 11.
Offene Erklärung des Predigers Thomas Aderpul zu Malchin über die Gründe seines Abganges von dort.
(1548).
Dith sinth de orßakenn mynes afscheiden:
Thom ersten Dewile ick van goth dorch ordentlike middel thom predickampthe vorordent, heft my der durchluchtighe hochgebharne Furste vnd here here Hynrick hertzoghe tho mecklenborch, furste tho wenden, graue tho Schweryn, Rostock vnd Stargharde der lande here ., myn gnediger here, alße eyn christliker fursthe vnd lefhebber des Euangelii vor souentein iaren hir tho Malchyn gescycketh, up dat ick dat hillighe Euangelion thor ßalicheit flitich scholde vorkundigen, welcker ick ock hebbe ghedann. Quersth ick bouinde leider keine frucht, suuder idel vorachtinge ghades, sines hilligen wordes vnd der hillighen Sacramente, wenthe iderman bogyfth sick yo lanck yo mher in alle ßekerheit, gyricheit, schweren, schwelghen vnd vngherechticheit. Wol ys dar, de sick van ßinen ßunden beterth? Wol ys dar, de ßick ßines negesten mith warheit annhymmeth? Ja, eyn kan dem anderen schyr nicht mher gelouen. Dar umme hebbe ick eyn bouel van mynem heren Jhesu Christo Mathei im teynden capittel, den stoff van mynen voten tho sclande vnd dar van tho theende, vnd hedde idt ock vor ettliken jaren ghedan, wen idt frame lhude nicht ghehinderth hadden.
Thom andern Szo wyl eyn itlicker bohertighen, dat ick dath kercken ampth nicht lengher kann allene vorwaldenn, Darumme wath my vnmeghelick ys, werth my nhemanth mith billicheit ammhodenn, vnd wath ick etlike jar her van einem mithhulper, vnd wor me denßuluen mith holdenn kunde, geßecht hebbe, ys vnnnhus vnd vorgeuens geschen, dar umme moth ick des amptes in desser kercken afftreden vnd einem andren auerghunnen.
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Thom drudden Szo weth iderman tho Malchyn vnd vornhemlich de eyn Erbar Rhath myne pechte tho manen vorordenth hefft, wo ick mine beßoldinghe tho vnthiden vnd ann ringhen ßummen bokamen hebbe, vnd hebbe my ock andrer borden vnd vnkost, der ick, ßo idt yn der kercken vnd Schole scolde ordentlich thoghan, nicht hebbe konnen vorhauenn ßynn, dath ick my, dewile ick tho Malchyn gheweßen, wolde ick my anders erholdenn, myth borghen vnd lhenen hebbe behelpen mothen, dath ick, wen ick dath myne tho gelde gemaketh vnd einem itliken botalen, moth ick auer voftich guldenn, dath ick bowißen vnd war maken kann, an andren orden lhenen vnd vordhenen vnd hyr botalen . Szo hebbe ick doch stedes myner vpboringhe haluen tho minem schaden vele, grothe vnd mannichfoldighe vnnuthe vnd vnlitlike worth, de hinder my buten vnd binnen der Stath ghehandelth ßyn, horen mothen, Szo moth ick der ßake ock einen ende makenn; kan me denne mith der upboringe. de ick ghehat, vele vthrichten, ys der Stath ßo vele beter.
Dit ßint de Qrßaken; de anderen wyl ick goth (up eine ghelegen thyt) bouelen, de my beorsaken van hyr tho reißen vnd dath ampth tho uorlaten, vnd bidde der haluen gantz fruntlich, ein ider wyl my entsculdiget nhemen.
Ick bidde ock vmme den breff, de auer gescreuen ys, wente ick wil ene hebben.
Nach einer leichzeitigen
Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh.
u. H. Archive zu Schwerin; dies ist
vielleicht die am Schlusse erbetene
Abschrift.
Diese Erklärung ist um das
J. 1548 abgefaßt, da Thomas Aderpul im J.
1531 nach Malchin gekommen und 17 Jahre dort
gewesen war.
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|
:
von
G. C. F. Lisch.
D ie Reformation in der Stadt Bützow ging viel schwieriger und langsamer, als an irgend einem andern Orte. Die kleine Stadt Bützow war Domaine und eigentlicher Wohnsitz der Bischöfe von Schwerin und zugleich (seit 1248) Sitz eines Dom=Capitels, welches gewissermaßen den geistlichen Hofstaat des Bischofs bildete. Nun sollte man glauben, daß der junge, feurige und hochgebildet lutherische postulirte Bischof Herzog Magnus, seitdem er im J. 1532 das Bisthum zu eigener Regierung angetreten hatte, auch Macht gehabt hätte, die Pfaffen in seiner Stadt unter seinen Willen zu beugen; aber grade in der Kleinheit des Ortes und in dem frühern Ansehen des Dom=Capitels, das immer viele junge Adelige zu Mitgliedern hatte, wird es gelegen haben, daß dieses zur Zeit der Reformation einen nachhaltigen Einfluß auf die Einwohnerschaft ausübte. Bis zum J. 1532 war an die Einführung der lutherischen Lehre nicht zu denken, da des Bischofs Vater, der Herzog Heinrich, viel zu gewissenhaft und "friedfertig" war, als daß er als Verweser des Bisthums für seinen Sohn die übernommenen Verbindlichkeiten nicht sollte erfüllt und für die Aufrechthaltung der Ruhe gesorgt haben.
Freilich regte sich auch in der Pfarre Bützow das Verlangen nach Verbesserung des Gottesdienstes. Als es nun dem Herzoge Heinrich zu Ohren kam, daß "einige seines Sohnes
"Unterthanen zu Bützow auch im Vornehmen sein sollten, das Amt der heiligen Messe und andere christliche Ceremonien" ändern zu wollen, befahl er 1 ) in Folge des kurz vorher erlassenen Reichstagsabschiedes von Augsburg, also im J. 1531,
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daß sich die von Bützow "keineswegs unterstehen sollten, an den althergebrachten Ceremonien etwas zu ändern"; dieser Befehl sollte am nächsten Donnerstage von der Kanzel verlesen werden.
Der Herzog Magnus übernahm im J. 1532 sein bischöfliches Regiment und mochte nun wohl die lutherische Lehre, welcher er mit inniger Begeisterung anhing, nach Kräften befördern, ohne grade Gewalt zu gebrauchen; aber er konnte bei seinen Pfaffen eben so wenig etwas ausrichten, als die Gemeinde. Die Gemeinde erhielt zwar in der nächsten Zeit einen Prädicanten, welcher Christian, oder "Herr Kersten", wie er in den Visitations=Protocollen genannt wird, hieß; aber sie war genöthigt, den lutherischen Gottesdienst außerhalb der Stadt zu halten. Im J. 1535 wollten die von dem Herzoge Heinrich abgeordneten Visitatoren M. Aegidius Faber und Nicolaus Kutzke 1 ), da sie nicht Macht hatten, die bischöfliche Stadt zu visitiren,
"von Schwan durch Buzow gen Waryn, Aber her kersten yr prediger quam vnss auff der strasse entgegen, batte, wyr mochten vber nacht da herbergen vmb etlicher Sachen willen das Ewangelium belangend, da bliben wir, vnd das folk sampt dem ratt versamleten sich vnd beklagten, das dy predigt vnd testameut nicht ynn der kirchen der statt gehalten wirt, denn es möchte khomen, wye auch nu geschehen, das vnter dem testament, da das folk ausser der statt versamlet yst, eyn fewr möcht lose werdenn vnd dy statt mercklich, da got für sey, beschedigen yn abwesen des folks. Czum andern sprachen sy, das die pfarkirch vnd die Schule nicht vom Capitel, sondern vom statfolk gebawet yst, der halben begeren sy yr kirchen vnd schule wider für sich zu gebrauchen vnd baten vns, wy wöllens E.g. anzeigen, auff das sy czu yrer Erbkirchen wider qwemen, wo nicht, szo gedenken sy weiter keyn hulff vnd stewr zu kirchen vnd schule zu thun, sondern sy lassen verfallen vnd verwusten. In der pfaffen kirchengepreng vnd falschen gottesdienst haben wyr da nichtz vorendert, sondern sy bleiben lassen, weil wir bey yhnen kein besserung sahen."
Das Dom=Capitel bestand noch immer in seiner alten Verfassung und wich nicht im geringsten von den alten Satzungen und der öffentlichen Uebung derselben. Da nichts fruchten
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wollte, so nahm der bischöfliche Herzog Magnus endlich die Sache in seine eigenen Hände, damit er theils seine heilsamen Absichten leichter durchsetzen könne, theils bei seinem Vater keinen Argwohn gegen seine Diener errege, da derselbe dergleichen Dinge "öfter argwöhnisch und spitzig (suspiciosus et nasutus)" auslege. Er forderte daher im J. 1540 sämmtliche Domherren und Vicare vor seine eigene Person und verhandelte 1 ), in Gegenwart des Siftshauptmannes, mit ihnen freundlich und leutselig (civiliter et humaniter), ohne Bitterkeit, jedoch mit aller Beredsamkeit. Er erreichte seinen Zweck vollständig. So wie er seine Rede beendet hatte, versprachen sie ihm Gehorsam in allen Dingen: kein Domherr, Vicar oder Priester solle fernerhin zu Bützow Messe lesen oder in der Kirche die alten Gesänge oder Gebräuche üben , außer den täglichen Horen (horae canonicae); es solle die Hostie aus der Monstranz genommen werden und die Monstranz bis Ostern offen stehen, damit jeder sich überzeugen könne, daß der Götzendienst abgeschafft sei: kurz der alte Gottesdienst solle völlig abgeschafft sein, bis eine neue Ordnung des Gottesdienstes eingerichtet sei. Der Herzog schreibt dies Alles in einem freundschaftlichen Briefe 2 ), dem leider die Aufschrift fehlt, der aber wahrscheinlich an seinen Lehrer, den Professor Mag. Arnoldus Burenius zu Rostock, gerichtet ist, dem er den Auftrag gab, mit dem Mag. Heinrich Techen baldigst eine Sammlung von Kirchengesängen für die Domherren zu veranstalten und ihm zum nächsten Sonnabend nach Bützow zu schicken.
Hiemit war der Papismus abgeschafft, aber damit noch nicht die evangelische Lehre eingeführt; denn die Pfaffen zogen sich wohl mit ihren Pfründen zurück, waren aber zu verstockt, dumm und kalt, als daß sie die neue Ordnung hätten begreifen können. Der Herzog Magnus ließ zwei Male, um Ostern 1542 und im Spätherbste 1544, in dem Stiftslande Bützow Visitation halten. Nach den Protocollen war aber der Protestantismus noch nicht recht lebendig geworden. In dem Visitations=Protocolle vom J. 1542 heißt es:
"Bützow. Die Stadt vnnd kerspel ist sehr vbell und nicht so wol, wie sichs wol eigent vnd gepurt, mit christlichen seelsorgers versorget."
Es wird dabei nicht einmal ein Prädicant oder Pfarrer genannt, obgleich diese bei allen andern Pfarren des Stifts namentlich aufgeführt werden. Herr Kersten war damals noch Prädicant, da er noch im J. 1544 vorkommt, muß aber nicht
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besonders tüchtig gewesen sein. Es wurden auch andere Versuche gemacht, das Lutherthum zu predigen. Im J. 1542-1543 war ein Prädicant Johann Muethmann zu Bützow und im J. 1543 predigte Daniel Zander daselbst, da in diesen Jahren bei der Universität Rostock
1542-43. Johannes Muethman de Butzow, concionator Buzoviensis,
1543. Daniel Xander Rostochiensis, concionator Buzoviensis,
eingeschrieben 1 ) wurden.
Doch auch diese verschwinden sogleich wieder aus der Geschichte. Als der Herzog im J. 1544 das Stiftsland wieder visitiren ließ, lebten noch die Domherren in Bützow, denen die Visitatoren ihr schändliches Leben verwiesen und zur Haltung des Gottesdienstes nach der neuen Ordnung und zur Ehe ermahnten. Damals war zwar "Herr Kersten" Prädicant; daneben lebte jedoch noch der eigentliche Pfarrer Heinrich Rost, welcher wahrscheinlich aus dem Katholicismus übergegangen war. In dem Verzeichnisse der Lehen heißt es:
"De broderschop S. Johannis.
Einkumpft - - XL fl., welche sihe zu des predicanten vnd des schulmeisters auffenthaltung jherlichen vorreichent."
"Ein Lhen in des heiligen Creutzes Capellen vnd das hat ehr Heinrich Rost."
"Noch eynn Lehn hadt derselbige ehr Heinrich Rost, gehörende zu dem althar Trium Regum."
"Das dritte Lhen hadt ehr kerstenn der predicant vnd ist zu S. Jurgen aussenn der Stadt gelegenn."
Ehr Heinrich Rost oder Rust wird in diesem Protocolle und später öfter genannt.
Erst um das Jahr 1548 trat die Pfarre zu Bützow in die Reihe der ordentlichen evangelischen Pfarren, indem es einen kräftigen Vorkämpfer des Glaubens in der Person des Prädicanten Thomas Aderpul erhielt, der einer der ersten Prädicanten im Lande und schon über 20 Jahre lang eine starke Stütze des Protestantismus gewesen war. Er hatte im Klützer Orte zuerst, schon im J. 1526, die Reformation gepredigt und deshalb mit dem Bischofe von Ratzeburg harte Kämpfe gehabt. Um die Reibung zu vermeiden, hatte ihn der Herzog Heinrich um die Mitte des J. 1531 als ersten Prädicanten nach Mal=
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chin versetzt. Von hier wird er um das J. 1548 nach Bützow gegangen sein, da er in einer undatirten offenen Erklärung 1 ) sagt:
"Dith sinth de orßakenn mynes afscheidens."
"Thom ersten. Dwile ick von goth dorch ordentlike middel thom predickampthe vorordent, heft my der durchluchtighe hochgebarnhe furste vnd here here Hinrick hertzoghe tho mecklenborch . alße eyn christliker fursthe vnd lefhebber des Euangelii vor souentein iaren hir tho Malchyn geseycketh, up dat ick dat hillighe Euangelion allen thor ßalicheit flitich scholde vorkundighen, welcker ick ock hebbe ghedann, ouersth ick bouinde leider keine frucht, sunder idel vorachtinge ghades, sines hilligen wordes vnd der hilligen Sacramente, - - - Dar umme hebbe ick eyn bouel van mynem heren Jheßu Christo - - , den stoff van mynen vothen tho slande vnde dar van tho theende, vnd hedde idt ock vor ettliken Jaren ghedan, wen idt frame lhude nicht gehinderth hadden".
Eben so wird von Aderpuls Nachfolger zu Malchin, Johann Stüdemann, im Anfange des J. 1578 gesagt, daß "er fast in die 30 Jahr zu Malchin gepredigt" habe.
Es treffen also die Angaben beider über die Dauer ihrer Wirksamkeit in Malchin um das J. 1548 2 ) zusammen.
In Bützow wirkte nun Thomas Aderpul noch mehrere Jahre als Pfarrer. Es ist auch aus der Chronik bekannt, daß er hinter einander zu Gressow , Malchin und Bützow 3 ) wirkte.
Im malchinschen Visitations=Protocolle von 1552 heißt es öfter, wie z.B.
"Thom heiligen Geiste thom hogen altare ist er Thomas Aderpul vorlehnt gewesen.
Neben Aderpul muß damals schon ein zweiter Prediger in Bützow gewirkt haben, da im J. 1552-53 Mattheus Flege
" Matthaeus Flege Lubec. M. pastor Buzoviensis ".
bei der Universität Rostock 4 ) eingeschrieben ward.
Dagegen heißt es in dem bützowschen Visitations=Protocolle vom J. 1553:
"Capella sancte crucis."
"Possessor ist her Heinrich Rust seliger gewest. Item Buden vnd anders gehoren darzu sambt der Collacien, dar er Thomas Aderpuel pastor itzt wont".
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Wahrscheinlich war es schon sein Sohn, welcher ihm als Prädicant im Amte beistand, wenn es in demselben Visitations=Protocolle von 1553 gleich darauf heißt:
"Sanct andreas altar possessor ist er Adam Aderpul predicant 1 )".
Im J. 1556 lebte Thomas Aderpul noch, da er im J. 1556 bei der Universität Rostock eingeschrieben 2 ) ward:
" 1556. Thomas Aderpol Pastor Butzoviensis. "
Am 20. März 1557 war er aber schon gestorben oder zurückgetreten 3 ), da an diesem Tage der Professor David Chytraeus den Visitatoren den Martin Wagner, der Prediger zu Malchin ward (vgl. S. 117 flgd.), sehr warm und nachdrücklich zu einigen erledigten Pfarren, namentlich auch für Bützow, empfahl:
"Non nominabo Suanam uel Buzouium, uerum illud affirmo, Martinum, ubicunque collo cabitur, singularem fidem, diligentiam, morum integritatem et modestiam probaturum esse."
Eben so sagt auch Tilemann Stella in seinem Berichte über die Reformation zu Gressow 4 ) vom 18. April 1570:
"Do hatt Hertzog Heinrich ihn - - gen Malchin gesetzt, darnach gen Butzow, da ist er ein predicant gestorben, ist noch nicht lange todt gewesen."
Nachdem der Herzog Johann Albrecht I. seit dem J. 1552 die Reformation im ganzen Lande siegreich und gründlich durchgeführt hatte, fand ihre Verbreitung auch in der Pfarre Bützow keine Schwierigkeit.
Dem Thomas Aderpul folgte M. Matthaeus Ratke, über den nur wenig bekannt ist. Er hatte "die Kirche geärgert" und sollte Buße thun; David Chytraeus gab darüber ein Erachten ab und that für ihn Fürbitte, da er sich sonst musterhaft betragen habe.
Nach diesem finden wir schon zwei Prediger zu Bützow:
Daniel Crusius, aus Lüneburg gebürtig, der vorher Prediger zu Schwaan gewesen war, im J. 1578 nach Bützow kam und im J. 1581 an der Pest starb, und
Mag. Joachim Reiche, aus Güstrow gebürtig, vorher Pastor zu Parum, (College des D. Crusius im J. 1581,) der im J. 1568 nach Bützow kam und 1604 als Superintendent nach Schwerin.
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Anlagen.
Nr. 1.
Der Herzog Heinrich verbietet für seinen Sohn, den zum Bisthume Schwerin postulirten Herzog Magnus, die Aenderung des alten Gottesdienstes in Bützow.
D.d. (1531).
An den Cappellan zcu Butzow.
Lieber andechtiger. Als wir vorstendigt wurden, das etzliche vnsers sones herzog magnusen postulaten vndirthanen zcu Butzow auch in furnehmen seyn sollen, die ampt der heiligen missen vnd andere christliche Ceremonien zcu irren, vnd ßo denne vff jungst gehaltenem reichstage zcu augspurg beslossen, bey den alten cristlichen Ceremonien zcu bleiben vnd doryn fur dem kunftigen cristenlichen Concilio nichts zcu andern, ßo haben wir der halben von wegen gedachts vnsers Soens jungst durch vnsere rethe ernstlich befelen lassen, das sich die gedachten von butzow, bey vormeydung notturftiger vnd geburlicher Straffe keyns wegs vndirstehen sollen, in solchen altherbrachten crisienlichen Ceremonien wes abzcuthun adir zcu andern, auch die geistlichkeit solche zcu vorbringen nicht hindern sollen, vnd wie wol wir vns des der pillikeit noch zcu geschen vorsehen, ßo begern wir doch zcum vbirflus, das ir ine solchs vff nechsten dornstag durch vorlesung dis briffs vom predigstule vorkundigen vnd euch selbst auch deme gemeß halten vnd darnach richten wollet: das ist vnsere zcuuorlessige meynung.
Nach dem undatirten Concepte von des Canzlers Caspar v. Schöneich Hand im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin. Wahrscheinlich ist der Brief in den ersten Monaten des J. 1531 geschrieben, da der Reichstagsschluß zu Augsburg am 19. Nov. 1530 erfolte, und vor dem J. 1532, da der Herzog Magnus in diesem Jahre die selbstständige Regierung des Bisthums Schwerin antrat.
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Nr. 2.
Auszug aus einem Schreiben des Herzogs Magnus von Meklenburg, wahrscheinlich an den Professor Arnoldus Burenius zu Rostock.
D.d. Bützow. 1540 (vor Ostern.)
Magnus dux Megapolensis.
Ego ipse cum canonicis et vicariis meis egi de causa religionis, nolens hoc aliis committere, partim cum res sit tam pia, vtilis et necessaria, partim quod facilius me cum illis agente mouerentur, ne mei ad hanc rem ordinati a canonicis suspecti haberentur, ac si ipsi me ad hoc negotium curandum irritassent, partim propter vitandam meorum suspicionem apud patrem, qui saepius solet esse suspiciosus et nasutus huiusmodi rerum interpres.
Porro totum huius actionis effectum clementissimo patri meo libere et aperte indicaui scripto quodam, rogans S. Clementiam, si a Lindenberg vel aliis suarum partium rogata fuerit quid in hac actione mutandi, vt istius suorumque precibus non relinquat locum. Nam mihi hoc maximo dedecori fore. Sed vt rem paucis absoluam, sic actum est cum canonicis ciuiliter et humaniter, sine vlla acerbitate et ea persuasione, qua pro virili potui, vt statim finita mea oratione, quam coram ipsis praesente meo capitaneo habui, responderint: Totam causam esse in potestate mea et ipsos mihi tanquam eorum obseruando domino et administratori in hac re obtemperaturos, et in animi mei sententiam omnino pedibus iuerunt, ne posthac vllus vel canonicorum, vicariorum et sacrificulorum celebret Butzouii missam et nihil aut canticorum aut ceremoniarum in templo obseruent, preter horas canonicas quotidie cantandas, vt hostiam argento inclusam, die Monstrantz vt vocant, e ciborio tollant et sinant istam capsulam apertam esse vsque ad ferias paschales, vt pretereuntes videant, istam idolatriam e medio ablatam esse: in summa vt se abstineant ab omnibus abusibus et impiis cere-
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moniis, quas hactenus celebrarunt, tantum canentes horas canonicas et nihil amplius in templo agentes tamdiu, quoad legitimus modus celebrandi ceremonias pias et alia, quae consonant verbo diuino, ipsis suo tempore praescribatur. Cum vero nonnulla cantica, collectae, responsoria, antiphonae et huiusmodi similia indigeant in horis canonicis, velim vt vna cum magistro Henrico Techen excerpas et in aceruum redigas quodam ordine pia cantica, quibus in quibuslibet feriis per totum annum vtendum est, ne habeant excusationem quid impii canendi et culpam in me transferendi, qui huius erroris emendator non fuissem. Cura igitur pro fide et diligentia tua, vt ista excerpta et collectanea piorum canticorum optimo ordine et diligenter scripta ad me hoc sabbato certissime mittantur, quod si feceris, erit mihi gratissimum, nam tibi gratificandi sum paratus. Vale. Ex castro nostro Butzouiano, anno Christi M. D. XXXX. Raptim.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
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:
Ueber
Hauptmann und Kammerrath des
Herzogs
Carl Leopold,
von
G. C. F. Lisch.
D er Hauptmann und nachmalige Kammerrath Christian Paulßen spielt in der Geschichte des Herzogs Carl Leopold eine zu merkwürdige Rolle, als daß sein Leben nicht genauer bekannt zu werden verdiente, um so mehr, da es bisher fast ganz im Dunkeln lag und eine Verbindung zwischen dem "Hauptmann", dem "Abgesandten" und dem "Kammerrath" Paulßen früher nicht klar zu erkennen 1 ) war, obgleich alle drei dieselbe Person sind.
Er stammte wahrscheinlich aus Holstein, da er von dort nach Meklenburg gekommmen war, seine erste Frau dort starb, seine Schwester sich dahin zurückzog und sein Sohn später in Jütland in dänischen Diensten stand. Christian Heinrich Paulßen diente zuerst in der kaiserlichen Armee. Im J. 1717 kam er, wie später sein Sohn sagte, aus Holstein mit 60,000 Thlrn. nach Meklenburg, um hier das Domainengut Redevin pfandweise auf gewisse Jahre in Pacht zu nehmen, kam aber nicht dazu, obgleich der Contract schon abgeschlossen war, indem er sich auf "dringen=
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den Antrag" veranlaßt fand, bei dem Herzoge Dienste zu nehmen. Jedoch bevollmächtigte im J. 1718 der Herzog "seinen Hauptmann und künftigen Administrator der gesammten redevinschen Pertinentien," einen verpfändeten Theil von Redevin wieder einzulösen.
Es trat während der Pachtverhandlungen mit Paulßen grade der Zeitpunkt ein, wo der Herzog gegen die zu Ratzeburg sich aufhaltenden Mitglieder des Engern Ausschusses und gegen alle ihre Anhänger, die einen eidlichen Revers nicht unterzeichnen wollten, daß sie dem zu Ratzeburg sich aufhaltenden sogenannten Engern Ausschusse nicht anhangen wollten, mit der größten Strenge verfuhr, indem er ihnen ihre Güter nahm und diese unter Administration stellte. Nun fehlte es ihm an tauglichen, ihm anhangenden Leuten, welche das gefährliche Werk anfassen konnten, die eingezogenen Güter zu administriren. Zu einem Hauptwerkzeuge hiezu ersah er den Christian Paulßen.
Am 29. April 1718 ward Paulßen von dem Herzoge Carl Leopold als "Hauptmann" zur Administration des dem Obristlieutenant von Bassewitz gehörenden, von den herzoglichen Commissarien unter dem Vorsitze des Canzleiraths Dr. Amsel zwei Tage vorher in Besitz genommenen Gutes Kl. Walmstorf, so wie mehrerer anderer im Amte Grevismühlen belegenen Güter, welche die Commissarien schon in Besitz genommen hätten oder noch in Besitz nehmen würden, angestellt. Amsel schreibt: "Wir wollen dem Herrn Oberstallmeister (v. Bülow zu Rolofshagen) den rechten Ernst methodice empfinden laßen; nur fehlen administratores."
Paulßen trat am Tage seiner Anstellung sein Amt als Ober=Administrator der sequestrirten ritterschaftlichen Güter des Amtes Grevismühlen an. Er hatte in diesem Amte jede Woche 45 Güter zu bereiten und zu beaufsichtigen, monatlich 4 bis 5000 Thaler einzunehmen und zu verwalten, überall Justiz zu administriren, dem Waldowschen Regimente Fourage zu liefern und demselben Quartiere anzuweisen u.s.w. Er selbst nahm seinen Sitz zu Walmstorf, über das er auch selbst die Specialaufsicht führte; auf den übrigen Gütern hatte er Unter=Administratoren, Schreiber u.s.w. Er war jedenfalls, wie auch seine fernere Laufbahn zeigt, ein sehr befähigter und in seinem Amte zuverlässiger Mensch; auch ist es nie erwiesen, daß er seine Stellung zu seinem Vortheile gemißbraucht habe: er handelte strenge nach den Befehlen seines Herrn, und daß man später Geld und Gut in seinem Besitze fand, konnte nicht als Beweis gegen ihn geltend gemacht werden, da er ein sehr vermögender Mann war. Paulßen war auch die Hauptperson unter den
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Administratoren; jedoch war er nicht formell "Hauptmann aller Ober=Administratoren", wie Franck 1 ) meint, sondern nur Hauptmann der Güter im Amte Grevismühlen. Jedoch nennt er sich selbst auch ein Mal "Landeshauptmann" und hatte ohne Zweifel bedeutenden Einfluß auf die Administration aller eingezogenen Güter überhaupt.
Die Schwester seiner Frau war Margarethe Francken, eines Amtsverwalters Wittwe, welche auf dem nahe bei Walmstorf liegenden Gute Güldenhorn 2 ), jetzt Christinenfelde, bei Klütz, wahrscheinlich als Pächterin, wohnte.
Paulßen hatte durch die Annahme seines Amtes viel zu leiden und der Hauptgrund seiner Leiden war, daß er grade das Gut Walmstorf zu administriren hatte. Der Besitzer desselben, der Obristlieutenant Joachim von Bassewitz, war nämlich einer der Hauptführer der meklenburgischen Ritterschaft. Als im Juli 1716 die Russen ins Land rückten, sollte auch der Obristlieutenant Joachim von Bassewitz, welcher Klosterhauptmann zu Dobbertin war, auf seinem Gute gefänglich eingezogen werden; sein gerade anwesender Sohn, der Obristlieutenant Dethlof Hans von Bassewitz, stellte sich aber für seinen Vater und ward irrthümlich für diesen gefangen genommen 3 ) und so entkam der Vater. Es wurden dieser von Bassewitz, der Kammer=Junker von Pederstorff auf Barnekow, der Obristlieutenant von Oertzen auf Roggow und von Plessen auf Barnekow gefangen. Nach vielen Verhandlungen wurden sie am 20. Sept. 1716 von den Russen zu Güstrow ihrer Haft entlassen, aber sogleich wieder von dem Herzoge Carl Leopold gefangen genommen und zu Rostock im weißen Collegium eingesperrt, bis sie am 20. Oct. entlassen wurden. Auf das Gerücht von der Verhaftung dieser Mitglieder der Ritterschaft, flohen alle adeligen Gutsbesitzer mit Frauen und Kindern aus dem Lande und nahmen mit sich, was fortzubringen war. Mehrere Mitglieder des Engern Ausschusses setzten sich zu Ratzeburg als Engerer Ausschuß fest, nämlich der Landrath von Lehsten auf Dölitz, der Landmarschall Levin Hahn auf Remplin und der Obristlieutenant Klosterhauptmann von Bassewitz 4 ) auf Walmstorf. Auf diesen Schritt griff der Herzog zu den strengsten Maßregeln und nahm zuerst die Güter dieser drei Edelleute und nach und nach die Güter der übrigen in Besitz, sobald sie den Revers nicht unterschreiben wollten. Da=
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her hatte auch Paulßen von den von Bassewitz unendlich viel zu dulden.
Seit der ersten Flucht des Adels war von dessen Gütern weggeschafft, was nur möglich war. Bei der Inventirung zu Walmstorf fand man nur Tapeten an den Wänden, einige alte Tische und Stühle und einige verschlossene Schränke, in denen sich einige alte Kleider, zerbrochene Gläser und "Knocken Flachs" und andere Kleinigkeiten fanden. Paulßen sagte, er gebe für die ganze Bettelei nichts.
Sogleich beim Einrücken der hannoverschen Executions=Truppen nahmen die Edelleute die Administratoren scharf aufs Korn. Am 5. März 1719, also am Tage vor dem Gefechte bei Walsmühlen, ward Paulßen durch ein hannoversches Commando des Obersten Lucius gefangen, ihm auch seine ganze Habe an Mobilien, Briefschaften . zum Werthe von 1500 Thlrn. abgenommen, und nach Wismar gebracht, wo er in sehr harter Gefangenschaft mit schweren Banden an 11 Wochen "macerirt" ward. Zu gleicher Zeit wurden acht andere Administratoren 1 ) und Aufseher: Mathias Joachim Dabelow von Barnekow und Flimstorf, Jacob Piper von Harkensee, Hinrich Schröder von Köchelstorf, Gabinus Hofmeister von Zierow, Christian Böcke von Blengow, Joachim Christian Millies von Gnemern Hans Hinrich Lassow von Besendorf und Lüder Hinrich Schmidt gefänglich eingezogen.
Hierauf wurden alle gefangenen Administratoren unter militairischer Bedeckung nach Rostock abgeführt, wo sie zuerst in ein "dunkles, sordides carcer geworfen" und dann von einem Logis in das andere gebracht wurden, in welchem die mit Seuchen behafteten Russen gelegen hatten und man es vor Gestank nicht aushalten konnte. In Rostock wurden die Gefangenen von der hannoverschen Commission in Behandlung genommen.
Die Edelleute machten bei der Commission Privatklagen gegen die Administratoren über deren Amtsverfahren anhängig, und die Commission nahm diese Klagen an. Hier kann uns nur das Verfahren gegen Paulßen interessiren.
Der Obristlieutenant von Bassewitz stellte gegen Paulßen eine Privatklage wegen Detereorirung (puncto praetensae deteriorationis) des Gutes Walmstorf an. Es ward Paulßen vorgeworfen, er habe das Inventarium "dolose" nicht ordentlich durch einen Notarius machen lassen, wogegen Paulßen einwandte, er habe sechs Zeugen zugezogen, weil kein Notarius zu haben gewesen sei, und die Inventarien auf fürstlichen Befehl vor den
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Commissarien aufnehmen lassen und die Inventarien und Rechnungen denselben befehlsmäßig übergeben. Ferner behauptete v. Bassewitz, Paulßen habe von seinen Unterthanen Geld erpreßt und sich aus seinen Gütern "bespickt". Franck 1 ) berichtet, Paulßen habe den Unter=Administratoren vor dem Einrücken der Executions=Truppen befohlen: "Alles für Gewalt zu verkaufen", natürlich für die herzogliche Casse. Vorzüglichen Anlaß zu dem Argwohn gegen Paulßen gab ein besonderer Vorfall. Paulßen hatte vor seiner Gefangennehmung seiner Schwägerin Francken zu Güldenhorn einen Koffer mit werthvollen Sachen übergeben, welchen diese nach Lübek gebracht hatte. Der Obristlieutenant v. Bassewitz verlangte die Auslieferung des Koffers, erreichte jedoch auf Veranlassung des Engern Ausschusses nur so viel, daß der Koffer in seiner Gegenwart geöffnet ward; es fanden sich darin an 1800 Thlr. baar Geld, für einige 1000 Thaler an Silber und sonst noch an Obligationen ein Ansehnliches. Jetzt setzte v. Bassewitz 2 ) alle Segel bei, um die Auslieferung des Koffers zu erreichen, vermochte sogar die hannoversche Commission, die Auslieferung am 17. April 1720 zu erbitten, aber der Rath der Stadt Lübeck weigerte sich standhaft und v. Bassewitz erreichte seine Absicht nicht. Paulßen rettete dadurch sein Vermögen.
Der Obristlieutenant v. Bassewitz verfolgte nun die Gefangenen mit der größten Heftigkeit und die hannoversche Commission unterstützte ihn darin nach Kräften. Paulßen schrieb an den Geheimen Rath v. Wolfrath in verschiedenen Briefen, "daß sein boßhafftiger, gewissenloser Gegner, der alte bekannte Bassewitz wider alle Rechte, wider beßer Wissen und Gewissen gegen ihn agitire, dem er doch lebenslang für seine Person nicht mit einer Miene incommodiret; er habe sein Gut in allen Stücken nach hochfürstlicher Ordre repariret und nicht ruiniret; das Iventarium habe continuirlich in verschlossenen und versiegelten Kammern gestanden. Als Bassewitzens Gevollmächtigter das Gut wieder angenommen habe und demselben Alles Stück für Stück überliefert sei, habe dieser gesagt: "er müsse es rühmen, daß alles im prompten Stande sei, so er nicht "vermuthet gehabt." " Er wandte auch ein, "er sei nicht Special=Administrator von Kl. Walmstorf gewesen, sondern v. Bassewitzens Leibeigener Claus Moll sei vor seiner Ankunft schon von den Commissarien dazu bestellt worden."
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Auch Claus Moll hatte von Bassewitzens Rache viel zu leiden gehabt; dieser hatte ihn über 12 Monate in Ketten und Banden in Wismar gefangen gehalten und ihm endlich all das Seinige abgenommen, auch dessen Frau 3 Tage lang im Garten eingeschlossen gehalten, so daß sie bald darauf davon crepiret."
Der Grund dieser harten Behandlung lag wohl darin, daß v. Bassewitz seinen Schaden von Paulßen ersetzt haben wollte, obgleich er sich nur an den Herzog hätte halten müssen; er hatte gesagt: "Paulßen solle nicht eher los, bis er ihm den Schaden bezahle, den er von Serenissimo glitten; was er von ihm bekommen könne, dürfe er nicht vom Herzoge suchen." Bassewitz rechnete seinen Schaden auf 8000 Thaler, und Paulßen behauptete, das ganze Gut mit Vieh und Fahrniß sei nicht 12000 Thaler werth.
Paulßen beschwert sich bitter: "Die adelige Commission thue nichts weiter, als was ihnen von den Edelleuten vorgeschrieben werde", und: "Alles was die vom Adel gegen uns ausbitten, darauf wird gleich decretirt, Alles nach einer Leyer." Die Commission hielt die Gefangenen sehr strenge; diese erhielten nichts, nicht einmal das versprochene Brot und Wasser und keine ärztliche Hülfe, selbst bei gefährlichen Krankheiten. Dazu mußten die Gefangenen ihre Familien erhalten; Paulßen gab an, er habe Frau und Kinder, 6 Domestiquen und 11 Pferde an verschiedenen Plätzen in Lübek uud Meklenburg während der Gefangenschaft erhalten müssen, und dabei habe die lüneburgische Commission all das Seinige mit Beschlag belegt und gebe ihm zu seiner Unterhaltung nichts. Gegen die hannoversche Commission werden stets die bittersten Klagen erhoben; es ward in Wien gegen die Commissarien vorgebracht, daß sie alle mit den meklenburgischen Edelleuten "verschwägert" seien und nur in deren Interesse handelten.
Paulßen bot 600 Thaler Caution (durch den Capitain Güldenhorn) für seine Freilassung; Bassewitz verwarf die Caution als unzureichend und verlangte Auslieferung der Inventarien und Rechnungen. Paulßen bestritt die Rechtmäßigkeit der Klage, aber die Commission schützte den Kläger; eine von Paulßen erbetene Untersuchung an Ort und Stelle unter militairischer Bedeckung ward auch abgelehnt. Der hannoversche Commissarius v. Alvensleven wollte die Gefangenen zu einem Eide zwingen, daß "sie sich auf Klage zu jeder Zeit vor die Commission stellen und thun wollten, was diese ihnen auflegen würde, auch sich an Niemand zu rächen." Da sie die Ablegung dieses Eides verweigerten, so sagte v. Alvensleven, wenn sie nicht wollten, "so hätte er schöne Mittel dazu."
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Paulßen klagte endlich beim Reichshofrath. Schon am 5. März 1720 befahl dieser, ihn auf freien Fuß zu setzen; aber er erhielt keine Resolution. Am 20. Aug. 1720 ("in carcere") bat er den Geheimen Rath v. Wolfrath um Geld, da er sonst "crepiren" müsse.
Durch des Reichshofraths=Agenten v. Klerff Vermittelung befahl der Reichshofrath am 31. Oct. 1720 wiederholt, "den Paulßen ohne Entgeld des persönlichen Arrestes zu entlassen." Aber v. Bassewitz gab dies nicht zu und wußte seine Entlassung bei der Commission zu hintertreiben.
Die Commission ward in der harten Behandlung der Gefangenen nicht müde. Millies, Administrator von Gnemern, eines Predigers Sohn von Gr. Tessin, ward zwar früh (vor 16. Oct. 1719), aber nicht eher der Haft entlassen, "als bis fast der letzte Athem aus ihm ging und er bald darauf crepirte", und Lassow ward vom Schlage gelähmt und nur gegen unerhörte Caution von der Haft befreit; als Dabelow einen Schlaganfall hatte, ward ihm sogar ärztliche Hülfe versagt.
Paulßen setzte jedoch seine Klage beim Reichshofrath eifrig fort und führte sie im J. 1721 "zur Ehre des Herzogs aus, so daß keiner ihn eines Hellers Werthes hatte überführen können".
Paulßen hatte 2 1/2 Jahre unverschuldet im Gefängnisse gesessen
Mögen nun auch die herzoglichen Administratoren gewiß nicht frei sein von Schuld; so verlangt doch die Geschichte zur Vollständigkeit auch eine Darstellung des Benehmens ihrer Gegner. Wir haben bisher bei Franck im Alten und Neuen Mecklenburg nur einseitige Schilderungen. - Das ganze damalige Geschlecht war verdorben, an Haupt und an Gliedern.
Ueber die Schriftstellerei in den Streitigkeiten des Herzogs Carl Leopold mit den Landständen berichtet der Geheime Rath J. P. Schmidt Folgendes:
"Eine Anmerkung veranlaßet die Streitfrage, ob der Herzog von Mecklenburg Nicolotus ein Bruder. des Pribislai I., mithin ein Sohn des Butue oder bloß ein wendischer Edelmann gewesen sei. Der Dr. Gerdes rückte zuerst in seinen Sammlungen Meckl. Nachrichten St. 3, p. 214, mit dem sonderbahren Lehrsatz hervor, daß der Mann=Stamm der alten Wendischen Könige in Mecklenburg anno 1142 gäntzlich ausgestorben sey und darauf die Wendische Nation den Nicolotum, der kein Bruder des Pribislai gewesen, aus dem inländischen Adel zum Regenten erhoben habe. Er schrieb dieses im J. 1737, zu einer Zeit, da die Ritterschafft mit dem HerzogeCarl
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Leopold aufs äußerste zerfallen war und zur Erhebung ihrer Gerechtsame alles Erdenckliche hervorsuchte. Er schrieb besonders auch mit einer Feder, die sich nach dem Winck des Mecklenburgischen Landraths von Negendanck richtete, eines Mannes, dem nachhero noch der Praepositus Francke in seinem Alten und Neuen Mecklenburg in ähnlichen Behauptungen eben dergleichen Dienste geleistet hat. Die Absicht dieser und anderer mit dieser neuen Lehre war also leicht zu errathen. Nun waren die durchl. Herzoge nicht mehr aus dem Stamm der alten Wendischen Könige, sondern aus einem Wendischen adlichen Geschlecht entsproßen. Nun war in so ferne nicht weiter ein sonderlicher Unterschied zwischen Haupt und Gliedern. Wer wollte es nun weiter bezweifeln, daß die Wendische Nation dem Nicloto bei seiner Erhebung die Macht trefflich beschnitten und für ihre eigene Gerechtsahme bestens gewachet habe! Und so waren alle Ritterschaftlichen Vorrechte in Sicherheit gestellet und geborgen. Allein die Sache hat sich bald wieder gewendet. Es suchte der Hofrath Jargau die Ehre des herzoglichen Hauses zu retten" .
Am Ende des J. 1721, als Paulßen eben frei gelassen war, ging der Herzog Carl Leopold nach Danzig, wo er bis zum J. 1730 blieb. Paulßen tritt nun einige Jahre ganz in den Hintergrund. Der Herzog suchte auf alle mögliche Weise in Wien seinen Willen gegen die Ritterschaft durchzusetzen; jedoch blieben alle Mittel vergeblich. Seine bisherigen Agenten wurden müde oder er ward auch mißtrauisch gegen sie, weil sein Wille nicht geschah. Der gewandte Feiherr v. Eichholz hatte schon längst das Ende vorausgesehen und seine Entlassung erbeten und am 3. Jan. 1721 erhalten. So verfiel der Herzog darauf, sich des Hauptmanns Paulßen als eines geschickten Werkzeuges zu bedienen; und er mochte in ihm den rechten Mann gefunden haben: Paulßen war in Wien bekannt, gewandt, klug und fest, mit den Mitteln und Wegen vertraut und durch seine bittern Erfahrungen der Ritterschaft feindselig, wie der Herzog. Er empfahl dem Herzoge ganz offen den Weg der Bestechung ("Silber= und Gold=Gasse") als deneinzigen, der in Wien zum Ziele führen könne, und hetzte den Herzog noch mehr gegen die "boshaften Junker" und seine "gewissenslosen und gottlosen Unterthanen. 1 )" auf. In der Zeit von 1724 bis
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1726 mußte er sich, mit zwei Dienern, für den Herzog in Wien aufhalten und dessen "wichtige Affairen betreiben".
Da aber weder durch Vorstellungen, noch Geld sich in Wien etwas erreichen ließ, so griff er des Herzogs alte Neigung zum Katholicismus auf und trat hier mit dem Abte Gottfried von Göttweih, der schon im J. 1715 eine Mission an den Herzog zu dessen Bekehrung gehabt hatte, dem kaiserlichen Beichtvater Tonnemann, einem Jesuiten, und vielen andern in Verbindung 1 ). Er erreichte auch so viel, daß der Herzog nur zuzulangen brauchte; aber theils war der Herzog zu hartnäckig, theils mochte er die Winke nicht verstehen, die man ihm gab: er sollte nur erst seine Unterwerfung unter den Kaiser und das katholische Glaubensbekenntniß aussprechen, dann wolle man nach seinem Sinne handeln; aber grade zu dieser Unterwerfung konnte sich der Herzog bei seiner übertriebenen Vorstellung von "seinen Regalien" nicht entschließen. Der Plan zur Erreichung des Zieles war folgender. Der Herzog solle wieder an den Abt von Göttweih, den der Herzog bei seiner Mission in Meklenburg "mit einem kostbaren Diamantringe" beschenkt und mit andern Wohlthaten und Ehren ausgezeichnet habe, schreiben, daß dieser, "das größeste Licht," "den Reichs=Vice=Canzler Reichsgrafen von Schönborn, welcher des Prälaten bester Freund und herzensgetreuer Bruder und Landsmann sei, auf des Herzogs Seite zu sein persuadire, was der Prälat herzlich gerne thun wolle, da er dem Herzoge so zugethan sei, daß es fast gar nicht zu sagen; der Herzog solle ferner dem Prälaten Ordre geben, daß er dem Reichs=Vice=Canzler eine fürstliche Verehrung für seine Mühwaltung verspreche, so werde der Prälat es so anbringen, daß der Reichs=Vice=Canzler solches acceptire und sich für den Herzog bei dem Kaiser auf das allerhöchste interessire". Zu gleicher Zeit solle der Herzog sich bei dem Kaiser zur Annahme des katholischen Glaubens in einem Schreiben bereit erklären. Auch sollten "zugleich dem Prälaten alle gravamina gegen die Junkers und die partheiische Commission übergeben werden, welcher der Hauptmann Paulßen über hundert aufgesetzet und schon eines Theils hie und da bey großen Herren berichtet, welche alle mehrentheils auf der Junker Seite und der Commission gewesen und gemeinet, denselben wäre das größte Unrecht geschehen, da sie aber eines andern berichtet und man sie überwiesen, daß Ihro Durchl. ihnen nichts zu nahe gethan, sondern gottloser Weise wider Ihro Durchl. sich setzten und alle gott=
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lose Streiche von den Junkern erzählet, haben solche Herren die Ohren gespitzet und ganz anders geurtheilet und stimmen jetzo auf Ihro Durchl. Seite, inmaaßen der Herzog das größte Recht habe", u.s.w.
Des Herzogs Geheimer Secretair Casimir hat über diese Geschichte eine bestätigende Nachricht hinterlassen: "Gleichergestalt hat der Geheime Kammerrath Walter ("ein gewesener Laquai, ein schändlicher Fuchsschwänzer und Hofteufel") vorgeschlagen, man müste dem Herrn Prälaten von Göttweih, der im vergangenen Jahr in Meklenburg gewesen, um den Herzog catholisch zu machen, ein Present von 1200 fl. und darnach eine jährliche Pension von 600 fl., Item dem Herrn Reichs=Vice=Canzler ein Present von 10,000 fl. und darnach eine Pension von 1000 fl. offeriren, so würden die Sachen schon besser gehen. Der Herzog hat auch hierin consentiret und der Walter an beiden Orten die Proposition gethan, aber eine schlechte Antwort bekommen, wobei das Lächerlichste dieses ist, daß dieser Walter zu gleicher Zeit bei dem Herrn Reichs=Vice=Canzler soll angefragt haben, wo doch in Wien baares Geld aufzutreiben sei."
Die Sache ließ sich zuerst ganz gut an. Der Herzog hatte in Wien damals nur seinen Reichshofraths=Agenten, Peter Friedrich Edlen von Klerff, welcher aber nur die juristische Procuratur beim Reichshofrath besorgte, die Eingaben besorgte und die Antworten zurücksandte, übrigens aber fern von allen Umtrieben stand und gar nicht eingeweihet war. Paulßen verhehlte auch häufig seine Schritte sorgfältig vor v. Klerff. Als nun Paulßen sich überall Bahn gebrochen hatte, schickte der Herzog ihm einen förmlichen Gesandten in der Person des Canzlei=Raths Dr Christian David Schröder nach, da zu den Verhandlungen mit dem Wiener Hofe staatsrechtliche Kenntnisse gehörten, welche Paulßen nicht besaß.
Der Dr. Christian David Schröder war nicht, wie ich früher vermuthet 1 ) habe, aus Danzig und dem Herzoge nach Meklenburg gefolgt, sondern ein geborner Meklenburger. Er war zuerst Advocat in Güstrow und führte seit dem Ende des J. 1715 als Hofrath mancherlei Aufträge im Dienste des Herzogs Carl Leopold aus, blieb jedoch noch in Güstrow wohnen. Auch war er nicht katholisch, sondern vielmehr so eifrig lutherisch, daß er noch im J. 1727 seine katholische Hofmeisterin in Wien bekehren wollte. Er war dem Herzoge nach Danzig. ge=
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folgt. Am 29. Mai 1722 ward zu Danzig von ihm und dem rostocker Professor und Consistorial=Rath Dr. Jacob Carmon, "zwei berühmten Doctoribus juris", das Todesurtheil über den braven Minister v. Wolfrath gesprochen und unterschrieben. Am 1. Mai 1723 bestellte ihn der Herzog zu seinem wirklichen Canzlei=Rath in der Regierung oder auch "Minister", wie ihn sein Bruder Mathias Johann auf Selpin nannte, "zur Vindicir= und aufrechthaltung Seiner fürstlichen Hoheit und unschätzbaren Regalien". Im August 1723 ging er nach Dömitz, um das Todesurtheil an Wolfrath vollstrecken zu lassen. Seit seiner Bestellung zum Canzlei=Rath führte er die auswärtige, namentlich die Wiener Correspondenz des Herzogs. In der Zeit vom März 1726 bis Juli 1727 war er des Herzogs Gesandter in Wien, wo er einige Zeit mit Paulßen zusammen wirkte (vgl. weiter unten). Im J. 1730 kehrte er mit dem Herzoge von Danzig nach Meklenburg zurück und rüstete in demselben Jahre die Expedition des Duc von Falari 1 ) an den Papst wegen des Uebertrittes des Herzogs zur katholischen Kirche aus und ward am 8. März 1731 päpstlicher Graf und Ritter vom goldenen Sporn. Aber die Nemesis ereilte ihn schon in demselben Jahre 1731.
Ueber das Ende des Canzleiraths Schröder hat der Geheime Rath J. P. Schmidt Nachrichten von Wichtigkeit hinterlassen: "Auch ist der Canzlei=Rath Schröder von Herzog Carl Leopolden mahl dergestalt mit Schlägen hieselbsten auf dem Schloße zu Suerin zugerichtet worden, daß er die Treppe nicht hat hinunter kommen können. Wie er endlich kümmerlich hinuntergebracht war, so ward er desselbigen Nachmittags befehliget, mit dem Herzoge nach dem Werder auf die Jagd zu reiten. Es verbreitete sich nachhin sogleich das Gerücht in der Stadt, daß er vom Pferde gestürzt und den Hals zerbrochen habe. Er ward todt hereingeliefert, und andere wollen wißen, daß er einen Schuß bekommen hätte. Der Leichnam ward ins Archiv gesetzet, die Glocken wurden geläutet und es hieß, daß ihm ein standesmäßiges Leichbegängniß sollte zubereitet werden; aber als man immittelst unter seinen Schrifften verfängliche Papiere wollte gefunden haben, so ist er nachhin still eingesencket".
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Als der Herzog den Canzlei=Rath Schröder zu Danzig "zur Vindicir und Aufrechthaltung seiner hochfürstlichen Gerechtsame und unschätzbaren Regalien" als (Regierungs=) Canzlei=Rath in Dienst nahm, übertrug er ihm auch die ganze auswärtige, namentlich die Wiener=Correspondenz, welche er bis zu seinem Tode führte. Schröder war darauf vom Jan. 1726 bis Julii 1727 in Wien. Schröder war aber nicht der gewandte Mann, der die Sache des Herzogs hätte weiter fördern können. Er war ein langsamer, träger, sinnlicher Mensch, dessen Seele nur in stillen Eßfreuden schwelgen konnte und der fast nichts weiter that, als essen, Bitterbrunnen trinken und lieben; er hatte sich gleich eine Frau Hofmeisterin ("solatium in tenebris") zur Führung seines Haushalts engagirt, die Alles mit ihm theilte, und hatte außer seinen mitgebrachten Bedienten in Wien noch drei Laquaien in Dienst genommen, die immer Essen herbeischleppen mußten, und zwei Aerzte. Der Herzog hatte ihm einen Diener, Hertrich, mitgegeben, welcher unter Paulßens Aufsicht ein tägliches Protocoll über seine Lebensweise führen mußte, das auch nach Hertrichs Abreise von einem andern fortgesetzt ward, ein dickes Heft, das oft ergötzlich genug ist und den Canzleirath bei dem Herzoge nicht sehr empfehlen konnte. Und doch schrieb der Herzog an Schröder am 27. April 1726: "dem Capitain Paulßen traue er nicht zu viel," - während er Schröder durch Paulßen beaufsichtigen ließ. Schröder war sehr träge; er kam in anderthalb Jahren nur mit Mühe zu einigen Besuchen und erreichte nichts, obgleich er in seinem Dünkel viel für den Herzog hoffte, seitdem "Bernstorff todt" war. Die Acten beweisen auch, daß er gar nicht tief in die Sache einging. Der Herzog ward auch bald sehr ungeduldig, um so mehr da die Lüneburger in Meklenburg immer dreister zugriffen; vom April 1726 an wirft der Herzog ihm beständig sein "erbärmliches negotium" vor, und fordert Resultate oder Rückkehr; und doch konnte Schröder ihn 1 1/2 Jahre hinhalten. - Der Haupthebel in Wien sollte für ihn der kaiserliche Beichtvater, der Jesuit Pater Vitus Georgius Tonnemann sein, der sich auch zu Verhandlungen und zum Briefwechsel mit Schröder hergab; aber die ganze Correspondenz dreht sich von Seiten Schröders um die "Regalien", von Seiten Tonnemanns um die "Submission" des Herzogs: alle Briefe zwischen beiden sind förmlich und kurz und fördern nichts zu Tage. Uebrigens scheint Schröder von der Absicht des Herzogs, zur katholichen Kirche überzugehen dieser Lockspeise für den Wiener Hof, damals noch nichts gewußt zu haben, da er gar nicht davon redet;
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diese Angelegenheit ruhete damals ganz in Paulßens Hände. Der Herzog gab aber jetzt nichts mehr auf die "Pfaffen" und schrieb am 8. Jan. 1727 an Schröder, der "Prälat sei völlig eine Creatur von Schönborn" und er solle sich an den Grafen v. Zinzendorf halten. Aber Schröder kam zu nichts. Auch mochte er wohl nicht ganz zuverlässig sein, da er seit dem Anfange des J. 1727 täglich mit dem nach Wien gekommenen Obristlieutenant von Lehsten verkehrte, und mit diesem mehr, als mit irgend einem andern Menschen. Der damalige "Premierminister" des Herzogs Carl Leopold, der Baron von Clingen schreibt über v. Lehsten am 29. März 1721 von Wien: "Serenissimi Intention ist annoch beständig diese, die rebellische Ritterschaft, wie er sie nennet, insonderheit deren Autores oder Rädelsführer, als den Herrn v. Bernstorf, v. Lehsten, v. Holstein, die übrigen Namen sind mir entfallen, auszurotten und zu vertilgen".
Paulßen war viel klüger, gewandter und kräftiger und brachte die Sache weiter, als Schröder, ja er hätte sie zu Ende gebracht, wenn der Herzog hätte zugreifen wollen. Paulßen schrieb jedes Mal zuversichtlicher; aber der Herzog schwankte. Endlich kam Paulßen damit zum Vorschein, man wünsche in Wien, daß der Herzog das Kloster Doberan den Benedictiner=Mönchen wieder einräume 1 ). Aber alle Bemühungen und Hoffnungen Paulßens wurden an der Unschlüssigkeit und Hartnäckigkeit des Herzogs, der ihm immerfort gute Aussichten eröffnete, zu Schanden. Der Herzog unterstützte seine Unternehmungen durch nichts und so konnte Paulßen auch nichts ausrichten. Paulßen blieb noch das Jahr 1726 in Wien. Nachdem Hartrich dem Herzoge häufig über Schröder berichtet hatte, rieth er ihm am 23. Oct. 1726 wiederholt, er möge, wiewohl ganz im Geheimen und ohne Wissen Schröders, den Hauptmann Paulßen zurückberufen, damit er endlich gründlich erfahre, wie es hergehe, da man nicht alles der Feder anvertrauen könne. Schröder habe nichts weiter gethan, als gefressen, medicinirt u.s.w. Dies geschah denn auch; Paulßen reisete ab, ohne daß Schröder es wußte, und mußte im December 1726 "mit der größten Eilfertigkeit" auf des Herzogs Befehl nach Danzig zurückkommen. Paulßen sagt später über diese Mission, er habe 1724-1726 "des Herzogs Affairen in Wien auf Höchstdesselben "Ordre besorgt und mit so vieler Treue und Sorgfalt verrichtet,
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daß auch selbst ein vornehmer Geistlicher (d.i. wohl der Pater Tonnemann) gegen den ihm nachgeschickten Canzlei=Rath Schröder gestanden, daß er wie ein "ehrlicher Mann" in der Sache gearbeitet, alles observiret und gut betrieben habe, und er ihm solches alles schriftlich geben wolle, wenn es mündlich nicht genug wäre".
Nach seiner Ankunft in Danzig beredete Paulßen den Herzog, nach Meklenburg zurückzugehen, wo er ihm eine Leibgarde von 25 Mann auf seine Kosten halten wollte, wie der Herzog selbst an Schröder schrieb.
Kaum war Paulßen von seiner großen Reise in Danzig warm geworden, als er im Jan. 1727 in starker Kälte nach Holstein, so wie nach Lübek und Hamburg reisen mußte, um für den Herzog einige Gelder anzuleihen. Er war so glücklich, 6000 Thlr. zu erhalten; dem Herzoge war diese Summe aber wohl nicht groß genug, denn er nahm sie nicht an. Paulßen ging mit dem Gelde nach Schwerin, wo er auf des Herzogs Befehl bleiben und sich einmiethen mußte; aber noch im J. 1727 erhielt er den Befehl, nach Danzig zurückzukommen. Das Geld blieb 1 1/2 Jahre lahm liegen.
In den Jahren 1727-1728 war Paulßen zwölf Monate in Danzig bei dem Herzoge. Im Febr. 1728 ging er wegen des Todes seiner ersten Frau mit des Herzogs Erlaubniß wieder nach Holstein, wo er längere Zeit blieb.
Erst im März 1730 ging er wieder nach Danzig zurück, jedoch um seine Entlassung nachzusuchen. Der Herzog wollte ihn jedoch nicht von sich lassen, "da er ja Drangsal und Verdruß mit ihm ausgehalten", und versprach ihm die Stelle des verstorbenen Kammerraths Töppel 1 ). Und wirklich bestellte ihn der Herzog zu Danzig am 27. April 1730 zum Kammerrath und "ins Commissariat" mit dem Gehalte, welches den Kammerräthen Faber und Töppel verschrieben sei, - "nach hergestellter Landesruhe" zu beziehen. Im J. 1730 ging er mit dem Herzoge nach Schwerin zurück und mußte hier zur Feier der Rückkehr eine "kostbare Illumination und Feuerwerk präsentiren und Officiere tractiren", was ihn 400 Thlr. kostete, die ihm der Herzog wieder zu bezahlen versprach. In Schwerin unterstützte er nun die lebhaften Anstrengungen des Herzogs, zur
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unbeschränkten Herrschaft im Lande zu gelangen. Als endlich im J. 1733 des Herzogs Bruder Christian Ludwig zum kaiserlichen Commissarius ernannt war und Carl Leopold das allgemeine Aufgebot zu seiner Vertheidigung vorbereitete, um durch Waffengewalt sein Ansehen aufrecht zu erhalten, war auch Paulßen unter denjenigen, welche der Herzog zu besondern Werkzeugen ausersehen hatte; am 21. Mai 1733 unterzeichnete Paulßen, mit dem Kammerrath Gottfried Faber, dem Rentschreiber Christoph Nobisatzky und ferner Carl Friederich Berner und J. Meeknab, einen fürchterlichen Eid: "in der ihm gnädigst anvertraueten Function, sowohl beim Civil=Etat, als Landes=Defension, sich redlich und ohnverweißlich aufzuführen, den ihm zu ertheilenden Ordren und Befehlen bei allen vorkommenden Begebenheiten, attaquen, Kriegsexpeditionen zu waßer und lande, wo Ihro Hochfürstl. Durchl. selbst zugegen, jederzeit mit hinansetzung leibes und lebens willigst zu geleben und standhafft auszuführen, auch kein quartier zu nehmen, es sey denn daß er durch tödtliche blessuren außer Stande gesetzet, sich zu defendiren, imgleichen denen Landes Eingeseßenen und Unterthanen auf ihr Seel und Gewißen einzuschärfen, wie sie schuldig, für ihren angebohrnen Landes=Fürsten und Herrn Guth und Bluth aufzusetzen, auch unaufhörlich dahin zu trachten, die Landes=Defension zum völligen Stande zu bringen, - - und bis an sein in Gottes Händen stehendes seliges Ende Sr. Hochfürstl. Durchl. getreulichst anzuhangen."
Paulßen hielt seinen Eid und war einer der wenigen, welche vom Anfange bis zum Ende zu dem Herzoge standen. Der Krieg im Lande mißglückte; der Herzog mußte weichen und am 9. Febr. 1735 nach Wismar entfliehen, wo er bis zum J. 1741 blieb. Paulßen hatte schon im J. 1734 seine Mobilien nach Wismar schaffen lassen und folgte dahin dem Herzoge, ihm "bis an sein Ende treulich" anhangend. Hier blieb er bei ihm bis in das J. 1738.
Da des Herzogs Lage sich nicht änderte, so trennte sich Paulßen von ihm, jedoch nicht in Unfrieden, und nahm seinen Wohnsitz zu Grevismühlen, wo er wahrscheinlich aus der Zeit seiner Administration her Bekannte und Freunde hatte.
Das herannahende Alter mußte Paulßen über seine Lage besorgt machen. Während seiner zwanzigjährigen Dienstzeit hatte er nach seiner Behauptung keinen einzigen Heller, weder an Gehalt, noch an Reisekosten, bezahlt und ersetzt erhalten. Am 6. April 1739 liquidirte er bei dem Herzoge eine Forderung von 31,380 Thlr. 36 ßl. an Rückständen, deren Rechtmäßigkeit er
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jedoch großen Theils nicht beweisen konnte und nicht bewies, da ihm "seine Papiere beim Einrücken der hannoverschen Truppen durch den Obristlieutenant v. Bassewitz auf Walmstorf abgenommen" seien.
Er mußte jedoch aus dem Schiffbruche etwas gerettet haben, da er doch noch ein Haus machte und sich zum zweiten Male verheirathete. Im J. 1741 hatte er sich mit des Canzleiraths Scheffel Wittwe, Maria Elisabeth geb. Kröpelin, verlobt und bat am 26. Julii 1741 den Herzog Carl Leopold, weil "seine böse Tochter alle Vordrießlichkeit beim wismarschen Magistrat suche," um Erlaubniß, daß der Prediger zu Mulsow ihn kopuliren könne. Am Tage darnach erhielt er eine Dispensation vom öffentlichen Aufgebot und die Erlaubniß, sich an dem Orte im Lande, wo es seinen Umständen am convenabelsten sein möchte, copuliren zu lassen." Paulßen hatte seine Bitte von Dömitz datirt und war wahrscheinlich selbst zum Herzoge gereiset.
Noch am 1. Nov. bat er von Grevismühlen den Herzog Carl Leopold, daß er dem Herrn v. Sala auf Bellin, der ihn zu Grevismühlen besucht habe, die Erlaubniß geben möge, zwei Juden zum Tabackpflanzen zu Bellin ansetzen zu können, mit dem Bedauern, daß er dem Herzoge nicht persönlich aufwarten könne, da er alt und schwächlich geworden sei; er bat ferner, der Herzog möge ihm ein kleines Pferd geben für den Hengst, den er an die Reiterei habe abgeben müssen, da der Arzt ihm eine Motion angerathen habe.
Schon am 14. Febr. 1748 nach des Herzogs Carl Leopold Tode (28. Nov. 1747) bat er den Herzog Christian Ludwig um Berichtigung seiner Forderungen, worauf er ("Kammerrath Paulßen zu Grevismühlen") zum Bescheide erhielt, daß er erst die Verfertigung des Inventarii über des Herzogs Nachlaß zu erwarten habe. Paulßen erhielt aber eben so wenig Geld und Aussicht, als alle übrigen Gläubiger Carl Leopolds.
Paulßen starb am 29. Jan. 1753 einen sanften Tod zu Grevismühlen und ward dort begraben. Er hinterließ seine zweite Frau als Wittwe.
Der "verstorbene Kammerrath Christian Hindrich Paulßen hatte einen Sohn Carl Leopold von Leunbach geborner Paulßen, welcher unter diesem Namen von dem Könige von Dänemark (am 19. Julii 1765) geadelt 1 ) war", im
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J. 1766 zu Weyle in Jütland als Major bei dem jütischen geworbenen Dragonerregiment stand und späterhin General=Major ward. Dieser bat am 27. Oct. 1766 um Berichtigung der liquidirten Forderungen seines Vaters, die ihm als väterliches Erbtheil statt 60,000 Thlr., die sein verstorbener Vater in meklenburgische Dienste aus Holstein mitgebracht habe, übrig geblieben seien. Diese Bitte blieb, wie viele andere dieser Art, unbeantwortet, da die Schulden des Herzogs Carl Leopold aus seiner nicht anerkannten Regierung auch nicht anerkannt wurden.
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:
Ueber
den beabsichtigten Uebertritt
des
zur katholischen Kirche,
von
G. C. F. Lisch.
I n der von mir zur Feier der Vermählung unsers Allerdurchlauchtigsten Großherzogs am 3. Nov. 1849 herausgegebenen Schrift: "Graf Heinrich 24. Reuß zu Köstritz und Herzog Carl Leopold von Meklenburg=Schwerin" habe ich S. 14 flgd. den beabsichtigten Uebertritt des Herzogs Carl Leopold zur katholischen Kirche dargestellt. Die Hauptunternehmung auf den Herzog geschah im J. 1715, als der Kaiser den Abt Gottfried von Göttweih als Missionair zur Bekehrung abgesandt hatte. Diese Mission eines berühmten Prälaten endete zwar fruchtlos, blieb aber doch die Grundlage des ganzen Bekehrungswerkes für längere Zeit. Der Herzog sandte den Prälaten mit großer Danksagung zurück und erklärte dabei, "er habe noch eine oder andere dubia, zu deren Nachdenkung er noch Zeit gebrauche". Wie weit aber die Sache damals eigentlich gedieh, lag bisher nicht klar vor. Dies läßt sich aber jetzt durch eine spätere Entdeckung genau nachweisen. Im J. 1836 fand ich in einer ganz dunkeln Dachkammer des Residenzschlosses zu Schwerin einen kleinen, mit künstlich gearbeitetem Eisenwerk beschlagenen Koffer, dessen Schloß nur durch eine verborgene Feder geöffnet werden konnte. Nachdem die Art der Oeffnung entdeckt und der Koffer geöffnet war, fand es sich, daß
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er ganz mit Papieren des Herzogs Carl Leopold gefüllt war: er enthielt das geheime Hausarchiv des Herzogs. Der hochselige Großherzog Friedrich Franz I., der schon auf seinem Sterbebette lag, hatte hievon gehört und ließ sich jede Woche ein geordnetes Bund von diesen interessanten Acten nach Ludwigslust schicken und las sie mit der größten Theilnahme durch; es war die letzte wissenschaftliche Thätigkeit dieses so vielseitig gebildeten und lebhaften Fürsten. Unter diesen Acten befand sich auch das ausgearbeitete katholische Glaubensbekenntniß des Herzogs Carl Leopold, das sich nach den jetzt vollbrachten Studien genau bestimmen läßt und das ich hier wegen seines großen Interesses im Nachfolgenden mittheile.
Das vollständig und im Einzelnen ausgearbeitete Glaubensbekenntniß Nr. I ist von der Hand des Abtes Gottfried von Göttweih, also ohne Zweifel im J. 1715, geschrieben, eben so der Revers Nr. II, den der Herzog unterschreiben und untersiegeln sollte, was der Prälat durch C. L. und (L. S.) selbst angedeutet hat. Um diese beiden Papiere ist ein Bogen geschlagen, auf welchen der Herzog Carl Leopold eigenhändig das Bekenntniß Nr. III, geschrieben hat: daß er die Glaubenspuncte in Nr. I ganz unwidersprechlich zu halten und öffentlich zu bekennen glaube, sobald der Prälat von Göttweih (den der Herzog: Prelat von Kettwein nennt) ihm seine wenigen Scrupel benehmen werde. Diese Scrupel bestanden vorzüglich in dem Genusse des Abendmahls in Einer Gestalt, da der Herzog, der nach den Erzählungen des Geheimen Raths J. P. Schmidt in dem fast täglichen Genusse des Abendmahls nach lutherischem Ritus die vorzüglichste Beruhigung für sein Gewissen fand, für seinen Uebertritt immer die Beibehaltung des Genusses des Abendmahls unter beiderlei Gestalt zur Bedingung machte. Daher ist den Originalen der nachfolgend mitgetheilten Actenstücke auch noch in Abschrift beigelegt eine weitläuftige und sehr gelehrte aus den Kirchenvätern begründete "Questio oder Frag, ob in der ersten christlichen Kirche das heilige Abendmahl auch unter einerlei Gestalt sei ausgetheilt worden", deren Beantwortung natürlich für den Genuß des Abendmahls unter einer Gestalt ausschlägt, "angesehen unter einer gestaldt allein der ganze unzertheilte Christus mitt Gott= und Menschheit, mitt Leib und Seel, mit Fleisch und Bluet, alß die Einzige Brunquell aller göttlichen gnaden und des Ewigen Lebens empfangen und genossen wirdt; das aber aus der ganzen heyligen Schrifft kein gebott Gottes, beyde gestalten zu empfangen, probirt werden könne; Item daß der jenige, welcher das H. Abendmahl nur unter einerley gestalt
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geniesset, eben dasjenige und nicht Mehrers bekomme, alß wan er sollches unter zweyerley gestalten empfangen hette, ist in denen gehaltenen Glaubens=Conferentzen genungsamb erwiesen worden; deme noch hinzu kommet, daß der Catholische durch einen ordentlig hierzu geweiheten Catholischen Priester den wahren Christum empfange, da der Herr Evangelische von seinem Praedicanten, alß der eben so wenig gewaldtt hatt zu absolviren oder zu consecriren, alß ein jeder gemeiner schuster oder schneider, schändllich hinter das Licht geführet wirdt, undt da er unter denen beyden gestalten mehr als der Catholische zu empfangen glaubet, anstatt Christi Leib und bluets, aus Abgang des Rechtmässigen gewalts zu consecriren, nichts alß Brodt und Wein bekommet".
Im J. 1725 nahm der Hauptmann Paulßen, der damals als Abgesandter des Herzogs in Wien lebte (vgl. oben S. 143 und 146), die Verhandlungen mit dem Prälaten von Göttweih wieder auf, freilich auch dies Mal ohne Erfolg.
Der bedeutendste Erfolg aller Verhandlungen mit den Katholiken blieb die Stiftung der nordischen Jesuiten=Mission 1 ) oder, was gleich ist, der katholischen Kirche in Schwerin. Ueber diese von mir geschilderte Mission und deren Stiftung giebt mir der Herr v. Olfers zu Berlin, General=Director der königl. preußischen Museen, folgende authentische und berichtigende Mittheilung: "Die " "nordischen Missionen" " sind eine Stiftung des Bischofs Ferdinand v. Fürstenberg von Münster und Paderborn (1661, † 1683), bestehen noch unter dem Namen Missiones Ferdinandeae und dienen zur Anstellung armer katholischer Pfarrer oder Missionaire, wie sie genannt werden mußten, als gegenseitige Unduldsamkeit herrschte. Dem Jesuiterorden waren sie vom Stifter übergeben, nicht aber einverleibt, und haben ihn daher überlebt. - Der Weihbischof Twickel zu Hildesheim war kein Jesuit und konnte es auch nicht sein".
Ueber die kirchliche Stellung des Herzogs Carl Leopold giebt der Geheime=Rath Johann Peter Schmidt in seinem handschriftlichen Nachlasse folgende merkwürdige Ueberlieferung. J. P. Schmidt, ein sehr hochverdienter Staatsmann und Forscher der meklenburgischen Geschichte, war ein jüngerer Zeitgenosse des Herzogs, 1707 geboren, 1736-1750 Professor der Rechts=
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gelehrsamkeit zu Rostock und 1750-1790 Regierungsrath und später wirklicher Geheimer=Rath und Minister. Er war einer von den Männern, welche in höchster Ehrenhaftigkeit an der Schwelle einer neuen, bessern Zeit standen und diese selbstthätig mit ordneten. Die ältere Generation vor ihm, vom Anfange des vorigen Jahrhunderts, steht sehr tief: wohin man blicken mag, überall wendet man sich vor der Versunkenheit und Flachheit der Charaktere mit Widerwillen, oft mit Abscheu weg, und es ist in der That ein wahres Labsal, wenn man einmal einen gesunden Menschen findet, wie Liscow es war. Das ganze Geschlecht des ersten Drittheils des vorigen Jahrhunderts ist durchaus verderbt und verächtlich. J. P. Schmidt hat daher bei seiner ernsten, tiefen Wissenschaftlichkeit ein richtiges Urtheil und bei seiner hohen Stellung sichere Quellen. Er sagt über den Herzog Carl Leopold:
"In Religions=Sachen hatte er eigene Meinungen, wohin eines Theils die bekannte Controversie von dem Reserval=Bekenntniß zu rechnen ist, andern Theils auch glaubte, daß er als summus episcopus in seinen Landen sich das Abendmahl verreichen könne, welches er denn fast täglich, wenn er sich zumal einer Sünde schuldig gehalten, aus seiner eignen Hand genossen hat".
Höchst interessant ist es, das Urtheil des Geschichtschreibers Franck, eines erfahrenen, wenn auch parteiischen Zeitgenossen, zu hören, das mit meinem, aus dem Studium der Original=Acten selbstständig gewonnenen Urtheile 1 ) fast wörtlich übereinstimmt; es war mir Francks Urtheil bis dahin entgangen. Mag Franck auch ein einseitiger Verfechter der Ritterschaft seiner Zeit sein, so tritt er doch in seinem Urtheile über Carl Leopold als ein vorurtheilsfreier und würdiger Geschichtschreiber auf. Er sagt in seinem Alten und Neuen Mecklenburg XVIII, S. 388 flgd.:
"Vierzehn Tage nachher (den 28. Nov.) starb der Hertzog Carl Leopold zu Dömitz, nachdem er 68 Jahr gelebet und bis ins 34. Jahr mit der grösten Unzufriedenheit seiner selbst und des Landes regiert. Ein Herr, bei dem so viel
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Seltenheiten zusammen kamen, als sonst nicht leicht in einer Person zu finden. Er war von schönsten Leibes=Gestalt, lang, grossen hellen Augen einer der ansehnlichsten Fürsten; doch leuchtete auch der Grimm aus seiner heroischen Gesichts=Bildung hervor; also daß er beym ersten Anblick mehr gefürchtet als geliebet ward. Von Gemüht war er mißtrauisch, unschlüßig und herschsüchtig im höhesten Grad, nahm keinen guten Raht an, auch nicht von den grössesten Potentaten. Suchte den Ruhm der Standhaftigkeit in einem übertriebenen Eigensinn. Er hätte der glücklichste Fürst seyn können, wenn er nicht alles auf einen unrichtigen Begrif von Regalien gewaget, wer ihm darin besser rahten konte, den hielt er für seinen Feind. Wer von seinen Hof=Bedienten nicht nach seiner Pfeife tantzen wolte, den prügelte er, wie der Polack seinen brummenden Bären. Von Jagd, Comödien und andern Lustbarkeiten hielte er wenig, sondern fand sein meistes Vergnügen in der betrüglichen Goldmacher=Kunst. Dem äusserlichen Gottesdienst war er zu Schwerin wenig, zu Wismar gar nicht, zu Dömitz aber sehr ergeben und wohnte ihm hier mit grosser Aufmerksamkeit bey. Die Geistlichkeit ließ er bey ihrer Freiheit, führte aber die Simonie ein. - - Zu Wismar hängete sich seine " "gnädige Frau" " an einen andern. Er war weder mit seinen Gemahlinnen, noch mit seinen Herren Brüdern verträglich. Hatte keinen Lehns=Erben, wie denn keiner von den dreyen bisher so wunderlich regierenden Fürsten in 90 Jahren einen Lehn=Erben getzeuget".
So war Carl Leopold. Es ist unmöglich, seinen Charakter zu verkennen. Man hat aber wohl gefragt, wie sich ein solcher Charakter entwickeln konnte. Es ist allerdings interessant, dies zu wissen. Die Entwickelung seines Charakters lag theils in der bodenlosen Verderbniß der Zeit, der Ludwig XIV. und XV. von Frankreich, deren Saaten wir zum Theil heute noch ärnten, theils in einer nicht zu verkennenden sonderbaren Naturanlage, theils aber in seiner Erziehung; der Baron von Eichholz sagt: "Gott mögte es des H. Hertzogs Frau Mutter vergeben, daß sie so sehr schlechte Sorge für ihres H. Sohnes Erziehung getragen". Es wäre aber schlimm, wenn alle Handlungen durch äußere Umstände entschuldigt werden sollten; dann wäre Alles recht und wohlgethan und die Gerechtigkeit überflüssig in der Welt. Des Herzogs Brüder waren doch anders!
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Anlage.
Katholisches
Glaubensbekenntniß
des Herzogs Carl Leopold.
I.
Ich glaube mitt steifen undt festen glauben undt bekenne offentlig alle undt iede stück, so in dem Christligen glauben, den die heylige Römische Kirche auf diese weise gebrauchet, verfasset seindt, nemlich:
1) Ich glaube in einem gott Vatter allmächtigen schöpfer himmels undt der Erden, aller sichtbaren undt unsichtbaren Dingen undt in einen herrn Jesum Christum den eingebornen Sohn gottes, aus dem Vatter gebohren von Ewigkeit, gott von gott, liecht von liecht, einen wahren gott vom wahren gott, gebohren undt nicht erschaffen, gleicher Substanz undt wesen mitt dem Vatter, durch ihn seindt alle Dinge erschaffen. Der umb uns menschen, undt unsers heyls willen, von dem himmel gestiegen ist, undt hatt durch den heiligen geist aus Maria der Jungfrauen fleisch an sich genommen, und ist mensch worden. Er ist auch für uns unter Pontio Pilato gekreuziget worden, hatt gelitten undt ist begraben, undt am dritten tage laut der heiligen schrifft wiederumb auferstanden. Er ist gen himmel gefahren, sizet zur rechten gottes des Vatters, und wirdt wiederumb kommen mitt herrligkeit zu richten die lebendige undt die todte, dessen Reich kein endt wirdt sein. Ich glaube auch in den heiligen geist, einen herrn undt lebendigmacher, so von den Vatter undt dem Sohn ausgehet, der sambt den Vatter undt sohn zugleich wirdt angebettet undt verehret, der geredett hatt durch die propheten. Ich glaube auch eine einige heilige, Catholische und Apostolische Kirche; Ich bekenne eine tauffe zu vergebung der sünden, undt erwarte die Auferstehung der todten undt ein leben der künfftigen Zeit Amen.
2) Die Apostolische= undt Kirchensatzungen sambt allen anderen ordnungen undt gebräuchen der Kirchen lasse ich zu undt nehme sie festiglich ahn.
3) Item die heilige schrifft verstehe ich undt lasse sie zu in undt nach dem vorstandte, welchen hält undt bishero gehalten
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hatt, die Kirche, unsere heilige mutter, der da zugehöret von dem rechten Verstandte undt auslegung der heiligen schrifft zu urtheilen undt dieselbe will ich auch nimmermehr anderst, als nach dem einhelligen Verstande der heiligen Vätter annehmen undt auslegen.
4) Ich bekenne auch, das wahrhafftig undt eigentlig sieben Sacrament des neuen gesäzes seyen, von Christo Jesu unserm herren eingesezet und zur seeligkeit menschligen geschlechts (wiewohl nicht allen menschen alle zugleich) nothwendig: als nemlig die tauffe, firmunge, das Sacrament des Altars, die Busse, lezte öhlunge, die priesterweihe undt die ehe: undt das die Sacrament dem menschen gnade mittheilen: auch das aus denen die tauffe, firmung undt die priesterliche weihung ohne gotteslästerung undt schwere sünde nicht mögen wiederholet werden. Ich nehme auch an undt lasse zu alle gewöhnlige undt bewehrte gebräuche der katholischen Kirche, die sie bey öffentliger Darreichung dieser hochermelten heiligen Sacramenten gebrauchet.
5) Dessgleichen nehme ich auf undt ahn, alles sambtlig undt sonderlich, was von der Erbsünde undt rechtfertigung des sünders im heyligen allgemeinen Cencilio zu Trient erklähret undt beschlossen worden ist.
6) Ich bekenne auch zugleich, das in dem hochheiligen ambt der messe, gott dem herrn ein wahres, eigentliges undt versöhnliges opfer für die lebendige undt todte aufgeopfert werdte. Das auch in dem allerheiligsten Sacrament des Altars wahrhafftig leiblich undt wesentlich sey leib undt bluet, mitt seel undt gottheit unsers herrn Jesu Christi, undt das die ganze Substanz des brodts in den leib, undt die ganze Substanz des weins in das bluet Christi werwandelt werdte, welches die allgemeine Kirche eine Verwandelung einer Substanz in die andere nennet.
7) Ich bekenne das auch unter einer ieden gestalt allein der unzertheilte Christus undt das wahre Sacrament seines frohnleichnams genossen undt empfangen werde.
8) Ich halte festiglich dafür, das ein fegfeuer seye undt das denen seelen, so darinnen verhafftet, durch die Fürbitte, allmosen undt andere gottseelige wercke der gläubigen geholffen werde.
9) Dessgleichen, das man auch die liebe heilige, so mitt Christo regieren, ehren undt anruffen solle, und das sie auch gott für uns bitten; darzu auch das ihre heiligthumb in ehren gehalten sollen werden.
10) Ich bekenne beständtlig das man die bildnussen Christi, der mutter gottes allzeit Jungfrauwen, undt anderer lieben heiligen haben undt behalten, auch denenselben gebührende ehre undt reverenz (um das so sie uns fürhalten undt fürbilden) erzeigen solle.
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11) Ich glaube auch für gewiß, das Christus den gewalt des ablass in der Kirchen gelassen habe, undt das dessen gebrauch dem Christlichen volck hochnüzlich und heylsam seyn.
12) Die heilige Catholische und Apostolische Römische Kirche erkenne ich als eine mutter undt meisterin aller anderen Kirchen.
13) Vndt dem Römischen bischoff, als des heyligen Petri, Fürsten der Apostel Nachkömlinge, undt Christi Jesu statthalter, gelobe undt schwehre ich wahren gehorsam.
14) Item alle andere stücke, so von denen heyligen Kirchengesäzen und allgemeinen Concilien undt fürnemlich von dem Tridentinischen Concilio verordnet, nehme ich ungezweifelt ahn: hergegen aber alle Irrthümer undt Kezereyen, welche von der Kirchen verdammet, verworffen undt verfluchet sein, dieselbe verdamme, verwerffe undt verfluche ich gleichfals.
15) Diesen wahren allgemeinen glauben, ausserhalb welches niemandt seelig kan werden, den ich da gegenwärtig, freywillig offentlig bekenne undt wahrhafftig halte, denselben will ich auch mitt gottes hülffe bis ahn mein leztes Ende ganz unverletzt undt beständiglig halten und bekennen. Ich will auch, so viel mir möglig, allen fleiss anwenden, damitt dieser glaube von meinen unterthanen oder von denen, welche meiner sorge befohlen seindt, gehalten, gelehret undt geprediget werdte.
Von der Hand des Abtes Gottfried von Göttweih.
II.
Dies Catholische glaubensbekentnus erkenne ich in gottes wort festiglich gegründet undt die wahrhafftige undt alleinseeligmachende zu sein, bin auch bereit, auf allergnädigstes guetbefinden Ihre Kayserl. undt Königl. Catholischen Maiestät selbige mitt hertz undt mundt öffentlig zu bekennen.
Von der Hand des Abtes Gottfried von Göttweih.
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III.
Diese obengeschriebene glaubens puncten, glaube ich gantz unwiedersprechlich, unverwirt und unverletzt zu halten und mein glaubens bekentnis öffentlich zu bekennen, so bald der Hr. Prelat von Kettewein die mir vorsprochene noch wenige Scrupel völlig benehmen, und Jhro Kaiserl. und Königl. Cathol. Mayst. es allergnädigst guht finden werden.
Von der Hand des Herzogs Carl Leopold.
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:
Auszug aus dem
Tagebuch
vom Jahre 1698
bis
zum Schlusse des Neustädter Friedens,
aus dem Russischen Originale übersetzt,
so nach denen
im Archive
befindlichen
und von
Seiner
Kayserlichen Majestät
eigenhändigen
ergänzten Handschriften
gedruckt worden.
Berlin und Leipzig, bei G. J. Decker, 1773.
Vorbericht
des Russischen Herausgebers.
D ie Thaten Peters des Großen sind so glänzend gewesen, daß gleich nach dem Tode desselben, mehrere Schriftsteller in verschiedenen Sprachen, die Erzählung derselben unternommen haben.
Da es aber großen Geistern eigen ist, den Ruhm ihres Gleichen zu befördern: so haben auch Ihro Majestäten unsere Allerdurchlauchtigste Beherrscherin, zu der Menge von Beschäftigungen die Sie dem Besten des Staats widmen, noch diese hinzugefügt, die
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Thaten Peters des Großen bekannt zu machen. Dieselben haben mich in dieser Absicht mit dem Auftrage beehret, die Cabinets=Archieve dieses Kaysers zu durchsuchen; und wie glücklich schätze ich mich nicht denen Absichten Ihro Majestäten ein Genüge leisten zu können.
Ich habe ohne Aufschub diese Beschäftigung angefangen. Meine Bemühungen sind sehr gut belohnet, und meine Neugierde ist völlig befriediget worden. Denn ich habe ausser verschiedenen in diesen Archieven gefundenen Briefen, auch das Tagebuch Peters des Großen während denen Kriegen gegen die Schweden entdeckt. Dieses Tagebuch fängt mit dem Jahre 1698 an, und endiget sich mit dem Neustädter Frieden. Es war dasselbe mit einer sehr großen Anzahl von Briefen begleitet; so zur Verfertignng desselben gedienet haben.
Peter der Große, der wol wuste, daß die Handlungen der Regenten, öffters sehr unvollkommen der Nachwelt überliefert werden, selbsten in denen Ländern wo die Wissenschaften schon tieffe Wurzeln gefaßt haben, und wo eine Menge von Gelehrten durch ihre beständige Arbeiten die Welt bereichern; es sey nun durch neue Erfindungen, oder durch Beschreibung derer zu ihren Zeiten sich ereignenden Begebenheiten; glaubte daher, daß seine eigenen Handlungen eben dieses Schicksal zu befürchten hätten, fürnehmlich in einem Lande, in dem nur von seinen Zeiten an die Wissenschaften sich zu verbreiten angefangen haben, und in dem die alten Vorurtheile noch viele Gemüther beherrschen.
Dieser große Monarch, der dieses Uebel voraussah, befahl ein Tagebuch seines Lebens, vom Anfange des Krieges gegen die Schweden bis zum Ende desselben zu verfertigen, und verbesserte in der Folge dieses Tagebuch an vielen Stellen mit seiner eigenen Hand. Es befinden sich acht unabgeschriebene Handschriften in denen Archieven, von denen fünfe durch ihn selbsten wieder durchgesehen worden sind.
Der Lebenslauf dieses unsterblichen Kaysers endigte sich aber vor der gänzlichen Durchsehung dieses Werkes, und es war von demselben nur der erste Theil, so bis 1715 gehet, zu Stande gebracht. Ihro Majestäten die Kayserin Catharina, die Gemahlin Desselben, befahl den Druck davon, wie man solches aus dem, dieser Handschrift beygefügtem Titel ersehen wird. Man weiß aber die Ursache nicht, warum solcher unterblieben ist. - -
Petersburg, den 21. August 1770.
Fürst Michael Schtscherbatow.
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Vorbericht
des deutschen Uebersetzers.
Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinerich haben das russische Original des Tagebuches aus Petersburg mitgebracht. Da es nun gewöhnlich ist, daß sich große Helden gerne mit großen Thaten zu unterhalten pflegen: so wünschten auch Se. Königl. Hoheit das Tagebuch Peters des Großen in einer französischen Uebersetzung lesen zu können. Der Herr Geheimerath Formey vermochte daher einen jungen verdienstvollen russischen Officier, den Herrn Simon von Schtschepotieff, der sich zur Erweiterung seiner Kenntnisse hier aufhielt, zu einer französischen Uebersetzung, die unter der Aufsicht des Herren Geheimerathes verfertiget; durch denselben mit aller Genauigkeit durchgesehen; und in Absicht der Schreibart, weil die französische Sprache dem Herrn Uebersetzer nicht völlig geläufig war, verbessert wurde. - - -
Der Verleger dieser französischen Uebersetzung glaubte, daß eine nach der französischen verfertigte deutsche Uebersetzung nicht überflüssig sein würde. Ich entschloß mich daher zur Uebernehmung derselben, und schmeichele mir, daß man in dieser deutschen Uebersetzung, die französische deutlich und völlig ausgedrückt finden wird. Hätte ich eine Kenntniß der Rußischen Sprache; so würde ich meiner Uebersetzung noch mehrere Vollkommenheiten zu geben gesucht haben; so aber habe ich mich blos damit begnügen müssen, daß ich die, in der französischen Uebersetzung unrichtig angezeigten Nahmen, zu berichtigen gesucht habe. - -
Berlin, den 20. August 1773.
1712.
Der König von Pohlen speisete mit allen Generals und Ministern bey Sr. Majestät, worauf Se. Majestät zum Gebrauche derer Wasser nach Carlsbad abreiseten.
Dieselben gingen durch Anclam, und die Brandenburgischen Städte, Prentzlow, Templin, Oranienburg, und andere, und kamen den 30. zu Berlin an, woselbsten Sie sich zwey Tage aufhielten; den König von Preußen sahen und alsdann Deroselben Reise über Potsdam und Belitz fortsetzten.
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Se. Majestät untersuchten hierauf die Festung, setzeten Deroselben Reise durch Leipzig und Borne fort; und traffen den 8. October zu Carlsbad ein.
Der Kayser hatte bereits von Wien zum Empfang Sr. Majestät den Graf Wratislaw, wie auch ein Bataillon Soldaten, um die Wache zu geben, dahin abgeschickt. Se Majestät verblieben hierselbsten bis zum 31. October und reiseten hierauf nach Töplitz.
Den 5ten reiseten Se. Majestät von Töplitz ab; bestiegen auf der Elbe von Dresden gesendete Schiffe, und brachten die Nacht auf dem Königsstein zu. Den Tag darauf kamen Dieselben zu Dresden an, und verblieben daselbsten, um sich nach dem Gebrauche des Brunnens auszuruhen, bis zum 14ten.
Von Dresden gingen Sie auf demselben Flusse bis nach Wittenberg, und kamen von da wieder nach Berlin, woselbsten Sie den 16ten eintraffen.
Se. Majestät begaben sich auf einer Jacht nach Charlottenburg, von dannen Sie auf denselben Abend wieder nach Berlin zurücke kehrten.
Den 20ten reiseten Se. Majestät des Morgens sehr frühe von Berlin nach Mecklenburg zu Deroselben Truppen, und kamen durch Oranienburg, Zehdenick und Templin. Da sich aber in diesen Gegenden schwedische Partheyen aufhielten, so wurden Se. Majestät durch ein Commando Preußischer Cavallerie begleitet und kamen glücklich zu Demmin an.
Den 28ten traffen Se. Majestät zu Lago ein, woselbsten das Hauptquartier war. Die Garde=Regimenter Preobraschenski und Semenowski waren an dem Orte selbsten, und die andern Regimenter in denen benachbarten Dörfern.
Den 30ten als an dem St. Andreas=Tage machte der König von Pohlen, und alle seine Generals Se. Majestät die Aufwartung. Zu gleicher Zeit wechselten Ihro Majestäten ihre gegenseitigen Orden aus. Se. Majestät bekleideten zuerst den König von Pohlen mit dem Andreas=Orden, worauf der König Sr. Majestät den seinigen gab.
Den 2ten December begaben sich Se. Majestät von Lago nach Güstro, und die Garden, so den Befehl hatten, dahin zu marschieren, kamen daselbsten noch denselben Tag an.
Den 5ten statteten Ihro Majestäten bei der verwittweten Prinzessin von Mecklenburg einen Besuch ab.
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Den 7ten erhielt man die Nachricht, daß der schwedische Feldmarschall Graf Steinbock seine unterhabende Truppen gegen Schwerin und Gadebusch zu marschieren ließe, und den Vorsatz hätte, die Dänen und Sachsen anzugreifen. Man sendete daher von Güstro Truppen ab, die sich mit denen Dänen vereinigen sollten; und Se. Majestät schrieben an dem Könige von Dännemark einen Brief, in dem Sie demselben anriethen, vor der Vereinigung keine Schlacht zu liefern.
Wehrend der Zeit verließ der König von Pohlen Güstro um sich nach Warschau zu einem Reichstage zu begeben. Nach desselben Abreise sendeten Se. Majestät Abgesandte nach dem Reichstage, um Deroselben Interesse in acht zu nehmen, und denen Pohlen vorzustellen, daß sie vermöge derer Tractaten Hülfstruppen gegen die Türken geben müsten, so den Krieg gegen Rußland erkläret haben sollten, und von denen die russischen Ambassadeurs Fürste Georg Trubetzkoi, und der Secretair Basilius Stepanow in ein Gefängniß gesetzet worden wären.
Den 8ten des Morgens verließen Se. Majestät Güstro und begaben sich nach Kriewitz zu Deroselben Truppen. Dieselben hatten zu dem Könige von Dänemark, um denselben zu bewegen, mit Lieferung der Schlacht noch einige Zeit zu warten, indem der Sucurs nur noch drei Meilen entfernt war, dreymahl Officiers geschickt, nehmlich die Officiers Narischkin, Moris, und Lewenwold.
Der König von Dännemark aber achtete hierauf nicht, sondern bestimmte sich zur Lieferung der Schlacht, durch die Intriegen derer Sachsen bewogen, so die Ehre des Sieges alleine davon tragen wollten.
Den 10ten waren bereits die sämmtlichen Truppen versammelt, und man hatte die Absicht aus Kriewitz ausrücken zu wollen; als man erfuhr, daß die Schlacht bereits angefangen wäre; und zwey Stunden darauf erhielt man aus Schwerin von dem Fürsten von Mecklenburg die Nachricht, daß die Dänen und Sachsen bey Gadebusch von denen Schweden wären geschlagen worden.
In dieser Schlacht führte der König von Dännemark die dänische Armee in Person, und die sächsischen Truppen der Feldmarschall Flemming an.
Noch an demselben Tage verließen Sr. Majestädt mit Deroselben Truppen, diesen übeln Nachrichten zufolge Kriewitz, um sich nach Güstro zurücke zu ziehen, und brachten die Nacht in Silau zu.
Den 11ten rückte man aus Silau aus und kam den Abend zu Güstro an, woselbsten man bis zum 19ten verblieb.
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Wehrend der Zeit erfuhr man, daß der Feind in das Holsteinsche gerücket wäre.
Der König von Dännemark sendete seinen General=Adjudanten Meyer an Se. Majestät ab, Dieselben zu bitten, ihm in dieser unglücklichen Verfassung beyzustehen, und bath sich mit Denenselben zu Neustadt, oder nahe bey eben dem Orte, eine Zusammenkunft aus, woselbsten Se. Majestät vor Dero Ankunft eine Schlacht zu liefern, so sehr wiederrathen hatten.
Ob nun gleich der König von Dänemark an seinem Unglücke selbsten Schuld war, so entschlossen sich Se. Majestät nach denen Obliegenheiten der Freundschaft und Bundesgenossenschaft dennoch, den Feind zu verfolgen; und die Regimenter bekamen daher den 19ten Befehl sich in Marsch zu setzen.
Se. Majestät ließen Deroselben Gemahlin nach Petersburg abreisen, und gaben Derselben ein Bataillon Garde zur Begleitung mit. Sie selbsten aber begaben sich um der erwähnten Zusammenkunft willen, nach Neustadt, woselbsten unsere Cavallerie stand; zu welcher Absicht auch Dieselben durch Parchen, Pinno und Grabo gingen, um welchen Oertern herum sich die dänischen Truppen befanden.
Se. Majestät gingen nach dem Schlosse von Grabo, die verwittwete Herzogin von Mecklenburg zu besuchen, und kamen von da nach Neustadt, wo sich der General=Leutenant Bauer mit der Cavallerie aufhielt. Sie traffen aber in keinem dieser Oerter den König von Dännemark an; dahero Sie sich sogleich zu Deroselben Truppen begaben.
Den 23ten des Morgens reiseten Se. Majestät nach dem Dorfe Pampof, so anderthalb Meilen von Neustadt ist. Hier befand sich der General Allart mit denen sächsischen Truppen, und hatte den General=Leutenant Bauditz bey sich, der die sächsische Infanterie anführte. Nicht weit von diesem Orte befand sich der dänische General=Leutenant Dewitz an der Spitze der Cavallerie. Unsere Truppen kamen auch dahin.
Noch denselben Tag begaben sich alle unsere Generals nach Pampof, und den Tag darauf, nämlich den 24ten, ward ein großer Krieges=Rath gehalten, in dem beschlossen wurde, daß sich Unsere Truppen, mit denen Dänen und Sachsen vereinigen, und den Feind verfolgen sollten.
Diesem zufolge musten die rußischen Infanterie=Regimenter über den Fluß Ster gehen; und Se. Majestät kamen nach dem Dorfe Pacendorf, so zwey Meilen von Pampof liegt. Die Nacht ward zu Goldenbau zugebracht, woselbsten man bis zum 31ten verblieb, um alle Schritte des Feindes, und welchen Weg er nehmen würde, zu beobachten.
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Sobalde man nun erfuhr, daß sich derselbe Hamburg näherte, und daß er Altona, eine dänische und Hamburg nahe gelegene Stadt, in die Asche gelegt hatte; so begaben sich Se. Majestät nach dem Dorfe Galin, und nahmen von dannen den Weg nach Hamburg.
1713.
Die Nacht vom 1sten Januar brachte man zu Milen, im Lüneburgischen, zu, so dem Churfürsten von Hannover zugehöret. Der Churfürste hatte an diesem Ort, um Se. Majestät zum empfangen, seinen Minister Fabritius geschickt, so bereits bei Denenselben zu Greifswalde gewesen war.
Den 2ten des Morgens reiseten Se. Majestät von dannen, und brachten die Nacht, nach Zurückelegung von drey Meilen, in dem Dorfe Treptau zu. Zu eben der Zeit ward man benachrichtiget, daß der Feind nach der Zugrundrichtung von Altona, nach dem Holsteinschem ginge.
Den 3ten kam Se. Majestät nach Hamburg, und verblieben bis zum 5ten daselbst. Die Truppen hatten in denen benachbarten Dörfern ihre Quartiere, um sich daselbsten mit Lebensmitteln zu versehen; so sie von denen Dänen erhielten.
Den 5ten verließen Se. Majestät Hamburg, und begaben sich zu Deroselben Truppen nach Wantzbeck, so eine halbe Meile von Hamburg entfernt ist. Hier verblieben Dieselben bis zum 9ten. Wehrend der Zeit gingen Sie auch nach Altona, um diesen, durch die Schweden zu Grunde gerichteten Ort, zu besehen.
Den 9ten verließen Se. Majestät mit ihren Truppen die Dörfer um Wantzbeck, und folgten dem Feinde ins Holsteinsche nach. Nach einem Marsche von zwey Meilen, traf man zu Olensburg ein, wo man die Nacht zubrachte.
Den 10ten verließ man Olensburg und blieb zu Bromstedt.
Den 11ten blieb man zu Neumünster.
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Gemahlin des Grafen Gerhard I. von Schauenburg und Holstein,
und
vermählte Gräfin von Wölpe,
von
G. C. F. Lisch.
B isher ist von Töchtern des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg noch nichts bekannt geworden. Wir verdanken dem Herrn v. Aspern zu Hamburg die Entdeckung einer solchen, und es ist die Pflicht, dieselbe in die meklenburgische Geschichte einzuführen; die Materialien liegen in v. Aspern Urkunden zur Geschichte der Grafen von Schauenburg, oder Cod. dipl. Schauenburg II, 1850, an verschiedenen Stellen.
Des Fürsten Johann I. von Meklenburg Tochter hieß Elisabeth und war des Grafen Gerhard I. von Holstein und Schauenburg (1239 † 1290) erste Gemahlin. Gerhard I. hatte zwei Gemahlinnen, welche bisher nicht bekannt waren.
Daß der Graf Gerhard I. zuerst eine Tochter Johann's I. des Theologen von Meklenburg zur Frau hatte, geht aus Detmar's Lüb. Chronik hervor, welcher zum J. 1263 beim Tode des Grafen Johann I. von dessen Bruder Gerhard sagt:
"De Ghert hadde knese Janeken dochter von Mekelenborch."
Aus dem weitern Verlaufe der Erzählung ist es nicht zu bezweifeln, daß der Graf Gerhard I. gemeint sei.
Der Hr. v. Aspern hatte ihr, durch mehrere verwandt=
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schaftliche Verhältnisse und unbestimmte Angaben geleitet, den Namen Luitgard gegeben; vgl. v. Aspern in Cod. dipl. Schauenb. II, S. 145 flgd. und 319 flgd. und in Nordalbing. Studien III, 2, S. 209, dem auch Lappenberg in Melchior Lorichs Elbkarte, 1847, Stammtafel der Grafen von Schauenburg, S. 138, folgt.
Hierauf hat aber v. Aspern durch Unterstützung des Herrn Landschaftsdirectors v. Hodenberg eine Entdeckung gemacht, welche ihren Namen bestimmt angiebt. Am 17. Aug. 1272 verkauften die Grafen Gerhard I. und Johann II. von Schauenburg unter Nennung aller ihrer männlichen und weiblichen Erben dem Kloster Marienrode 16 Hufen in Geinhausen (vgl. Cod. dipl. Schauenb. II, S. 229 1 ). An dieser Urkunde hangen 9 Siegel, welche der Hr. v. Hodenberg dem Hr. v. Aspern in getreuer Zeichnung mitgetheilt und dieser auf Tab. VIII. zum Cod. dipl. Schauenb. hat abbilden lassen. Es hangen an dieser Urkunde die Siegel aller in derselben genannten ausstellenden und zustimmenden Personen, außerdem aber noch das Nr. 5 abgebildete Siegel einer in der Urkunde selbst nicht genannten "Gräfin Elisabeth von Holstein", und zwar vor den Siegeln der Töchter des Grafen Gerhard I. Es läßt sich also, da die Siegel nicht nach dem politischen Range der Aussteller angehängt sind, annehmen, daß diese Gräfin Elisabeth in einem bevorzugten Verwandtschaftsverhältnisse zu den Töchtern des Grafen gestanden habe, muthmaßlich ihre Mutter gewesen sei. Das große, runde Siegel stellt nun eine auf einem (mit Hennenköpfen (?) an den Seitenlehnen geschmückten) Sessel sitzende Frau dar, welche in der rechten Hand einen Schild mit dem holsteinschen Nesselblatte und in der linken Hand einen Schild mit einem Stierkopfe hält, mit der Umschrift:
Dies ist nun ohne Zweifel die durch bloße Anhängung ihres Siegels zustimmende Gemahlin des Grafen Gerhard I. und "Knese Janeken" Tochter. Zwar fehlt dem Stierkopfe in der Abbildung das Halsfell, und es ist daher nicht ganz sicher, ob der Stierkopf ein meklenburgischer oder werlescher sei; aber theils kann bei so kleiner Darstellung das Siegel nicht ganz ausgedrückt oder erhalten sein, theils hat der Stierkopf auf den Siegeln des Fürsten Johann I. von Meklenburg, also auch muthmaßlich seiner Tochter, noch kein Halsfell. Daher nimmt v. Aspern in seinem Cod. dipl. Zusätze S. XXIII flgd. seine frühere Annahme, daß
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Johann's I. Tochter Luitgard geheißen habe, zurück und legt ihr, und zwar mit Recht, den Namen Elisabeth bei. Dies wird auch aus andern Gründen richtig sein. Die Gemahlin des Fürsten Johann I. von Meklenburg war Luitgard, Tochter des Grafen Poppo 1 ) von Henneberg, dessen Gemahlin Elisabeth hieß; nun legten die Aeltern ihren erstgebornen Kindern gerne die Namen ihrer Aeltern und nicht ihre eigenen Namen bei, so daß herkömmlich nicht Johann's I. von Meklenburg Tochter, sondern seine Enkelin den Namen seiner Gemahlin Luitgard führte. Der Name Luitgard kommt im hennebergischen Grafenhause seit alter Zeit viel vor.
Und wirklich stimmt dies wieder zu der Genealogie. Gerhard's ältestes Kind hieß wieder Luitgard, welche im J. 1265 mit dem Herzoge Johann von Lüneburg vermählt ward (vgl. v. Aspern in Nordalb. Studien, III, 2, S. 209.). Die zweite Tochter hieß, wie die Mutter, Elisabeth und war mit dem Grafen Burchard von Wölpe vermählt. Beide besiegeln auch die Urkunde vom J. 1272.
Das Siegel der Gräfin Elisabeth von Wölpe bestätigt ferner diese Genealogie und ist heraldisch sehr merkwürdig. Es ist ein großes, rundes Siegel, welches in der Mitte ein rundes Schild und umher zwei kreisförmige Bänder hat. Auf dem Schilde in der Mitte steht das Brustbild der Gräfin; an dasselbe stoßen drei Wappenschilde (in gleicher Entfernung von einander), welche mit dem obern Rande bis in den Rand der Umschrift reichen: oben steht der Schild der Grafen von Wölpe mit den zwei verbundenen Stierhörnern, unten rechts der Schild mit dem holsteinschen Nesselblatte, unten links der Schild mit dem (meklenburgischen) Stierkopfe: es sind also, außer dem Wappen des Gemahls, die Wappen beider Aeltern dargestellt. Diese drei Wappen wiederholen sich auf dem Siegel noch drei Mal, indem sie auf dem Bande zunächst um das Brustbild zwischen je zwei Schilden drei Male (ohne Schilde) dargestellt sind, und zwar immer verschieden, so daß immer ein anderes von den drei Wappenzeichen in der Mitte zwischen den beiden übrigen steht. Die Umschrift dieses Siegels lautet:
Uebrigens war Elisabeth ungefähr 1250 - vor 1280 mit dem Grafen Gerhard I. vermählt.
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Die Abstammung ergiebt denn folgende Uebersicht:
Es fehlt bisher noch an urkundlichen Bestätigungen dieses Verwandtschaftsverhältnisses; es werden sich jedoch bei näherer Aufmerksamkeit ohne Zweifel mit der Zeit Andeutungen finden, welche die im Vorstehenden mitgetheilte Entdeckung bestätigen werden. So bestätigt eine im königl. dänischen Archive zu Kopenhagen entdeckte Urkunde 1 ) ohne Zweifel die nahe Verwandtschaft des holsteinschen Grafenhauses mit dem meklenburgischen Fürstenhause von weiblicher Seite: am 1. Julii 1303 verpfändete der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg, der Enkel Johanns I. des Theologen, wahrscheinlich zur Regulirung des Nachlasses seines im J. 1302 verstorbenen Vaters, unter Beistimmung seines Vetters ("patrui nostri carissimi") Nicolaus von Werle, seinem Vetter ("avunculo nostro carissimo"), dem Grafen Gerhard II. von Holstein, mehrere im Klützer Orte, also nahe bei Holstein, belegene Güter, nämlich 12 Hufen in Rolofshagen, 17 1/2 Hufen in Stelshagen, 18 Hufen in Schmachthagen und 3 Hufen in Dunkersdorf. Der meklenburgische Fürst Heinrich nennt den Grafen Gerhard von Holstein seinen "avunculus", d.h. Vetter von weiblicher Seite. Das Wort avunculus wird in den frühern Zeiten stets von Verwandtschaft von weiblicher Seite gebraucht, etwa bis zur Mitte des 13. Jahrh. für: Oheim, nach dieser Zeit aber auch für Vetter, jedoch immer noch von weiblicher Seite her. Den Fürsten Nicolaus II. von Werle oder Wenden nennt
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Heinrich aber seinen "patruus" d.h. Vetter von männlicher Seite; denn so wird das Wort patruus in jener Zeit ausschließlich gebraucht.
Die folgende Stammtafel wird diese Verwandtschaft klar machen.
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Miscellen und Nachträge.
1.
Der Südervissingsche Runenstein.
Nachtrag zu Jahrb. XII, 1847, S. 123 flgd.
I ndem der Ausschuß des Vereins den neu entdeckten Runenstein von Südervissing in unsern Jahrbüchern in Abbildung mitzutheilen für wichtig genug hielt, ging er, trotz mancher geäußerter Bedenken, von der Ansicht aus, daß die Runeninschrift auf die älteste meklenburgische Geschichte einst von Einfluß werden könne und man daher dieses seltene Denkmal zur Prüfung und Benutzung mittheilen müsse.
Die Inschrift lautet in Uebersetzung:
"Tuva ließ diesen Hügel machen; sie war eine Tochter von "Mistiri", machte ihn nach ihrer Mutter, und war Harald Gormsson des Guten Frau."
Bei der Mittheilung der Abbildung des Runensteins und der sie begleitenden Abhandlung stellte ich schon in Jahrb. XII, S. 131 und 135, die Behauptung auf, daß nach den Zügen der Runen nicht, mit Cand. Thorsen, "Mistiri", sondern "Mistivi" gelesen werden müsse, und S. 124, daß "Tuva, Mistivi's Tochter" keine andere sei, als des Wendenfürsten Mistewoy Tochter.
Der erfahrne und sichere Worsaae, der alle dänischen Monumente genau kennt, liest in seinem Buche "Dänemarks Vorzeit", Kopenhagen, 1844, unabhängig von mir, ebenfalls Mistivi und kommt mit mir zu derselben Erklärung, wenn er S. 96 flgd. sagt:
"Bei Harald Gormssön können wir nicht umhin, an Harald Blaatand zu denken, und falls es bestätigt wird, daß hier seiner Erwähnung geschieht, so begegnen wir hier dem merkwürdigen Umstande, daß uns die Inschrift über eine bisher ganz unbekannte Sache
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Auskunft giebt, daß nämlich seine Frau Tuva geheißen habe. Der Runenstein fügt noch hinzu, daß Tuva eine Tochter von Mistivi gewesen sei, eine Aussage die in dem Falle doppelt merkwürdig sein würde, weil wir aus andern Quellen wissen, daß zu der Zeit ein wendischer Fürst Namens Mistivi gelebt hat, der im J. 986 Hamburg zerstörte. Harald mußte also in einem Verhältniß zu den Wenden gestanden haben, welches in politischer Beziehung nicht ohne Bedeutung für Dänemark sein würde."
G. C. F. Lisch.
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2.
Der schweriner Bischof
Albrecht von Sternberg.
(Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 168.)
Stephan Sternberg (1322 † 1352), in hohem Ansehen unter dem Kaiser Karl IV., ist Ahnherr der noch blühenden Sternberg in Böhmen. Stephan's Sohn Albrecht, den einige mährische Historiker mit seinem Oheim Jaroslav verwechselt haben, widmete sich, wie sein früh verstorbener Bruder Peter, dem geistlichen Stande. Früher Domdechant zu Olmütz, ward er 1358 (?) Bischof von Schwerin, lebte jedoch als einer der vertrauetesten Räthe Karl's IV. beständig an dessen Hofe. Im. J. 1364 erhielt er das Bisthum Leutomischel, im J. 1369 ward er durch päpstliche und kaiserliche Mitwirkung Erzbischof von Magdeburg und Primas des deutschen Reiches. Er starb am 14. Jan. 1380. Sein Neffe Peter ward, als Erbe des Oheims und Vaters, der Mächtigste der Barone von Böhmen unter dem Kaiser Wenzel.
(Nach v. Zedlitz Preuß. Adels=Lexicon Supplem. Bd. S. 435.)
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:
3.
Bischof Nicolaus Böddeker von Schwerin.
In Jahrb. X, S. 195, Nr. 6, hat der Herr Prof. Dr. Deeke zu Lübeck die Inschrift auf dem Leichensteine des schweriner Bischofs Nicolaus Böddeker mitgetheilt, welche interessante und sichere Lebensverhältnisse des Bischofs enthält. Der Herr Dr. Crull
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zu Wismar theilt nun folgende neu entdeckte Inschrift über denselben Bischof mit, welche jene Inschrift nicht nur bestätigt, sondern auch erweitert.
In der nordwärts am Thurme belegenen Kapelle in der St. Georgenkirche zu Wismar ist etwa in Menschenhöhe der Bogen, welcher durch die östliche Wand die Kapelle mit dem nördlichen Flügel verbindet, mit Stuck übergesetzt, sowohl an der einen, wie an der andern Seite. Links liest man darauf folgende Inschrift in acht Zeilen:
Die Inschrift wird oben, links und unten von einem rothen Streifen umzogen, und rechts von der Ecke der Wand begränzt. Gegenüber ist ebenfalls eine Inschrift, und zwar in lateinischer Sprache, wahrzunehmen, die, nach dem Anfange zu schließen, aber nur dasselbe besagt, wie die deutsche, und schon zum allergrößten Theile zerstört ist.
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4.
Ueber die Fehde
der
Meklenburger mit den Grafen von
Lindow=Ruppin
im J. 1358,
von
G. C. F. Lisch.
Um das J. 1358 muß eine Fehde zwischen den Herzogen von Meklenburg oder deren Vasallen und den Grafen Lindow gewesen sein. Es haben sich nach und nach drei undatirte, sehr versteckt gewesene Actenstücke im großherzogl. Archive zu Schwerin gefunden, welche unbezweifelt in diese Zeit fallen und wahrscheinlich dieselbe Begebenheit betreffen; da diese Begebenheit noch ganz unbekannt ist, so kann es zunächst nur Zweck dieser Zeilen sein, die darüber redenden Urkunden in der Urkundensammlung mitzutheilen und die Forscher auf den Hergang aufmerksam zu machen, über den sich vielleicht mit der Zeit noch andere Urkunden finden.
Diese Urkunden sind:
1) eine Klage 1 ) des ersten meklenburg=stargardischen Erblandmarschalls Ritters Henning Bere oder Behr darüber, daß ihm von dem Grafen von Lindow die Lieze, welche die Herzoge zu dem Erblandmarschallamte gelegt hatten, verwüstet und sein Sohn bei der Fehde erschossen sei; (auch Henning Bere muß eine Fehde geführt haben, da er noch im J. 1363 im Banne des Bischofs von Havelberg 2 ) war;)
2) eine Klage 3 ) der Grafen v. Lindow darüber, daß die Vasallen und Hauptleute der Herzoge von Meklenburg unter deren Banner kriegsmäßig in ihr Land gefallen seien;
3) eine Kostenrechnung 4 ) des Ritters Otto von Dewitz zu Gnoyen über Kriegszüge des Herzogs Albrecht von Meklenburg, dieser am Ende des J. 1358 Straßburg, Lichen, Zehdenick und Löwenberg ausführte.
Alle diese Thatsachen gehören wahrscheinlich zusammen und ereignen sich vielleicht gegen das Ende des J. 1358, in Folge des hartnäckigen Krieges um die Grafschaft Schwerin.
Besonders merkwürdig ist die Geschichte des ersten stargardischen Erblandmarschalls Henning Bere, der bald darauf das
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Erblandmarschallamt und damit das Land Lieze verliert. Sehr bemerkenswerth ist dabei, daß in Folge des Krieges um die Grafschaft Schwerin der verdiente meklenburg=schwerinsche Canzler Bertram Bere, welcher mit dem Erblandmarschall Ritter Henning Bere aus demselben stargardischen Hause mit drei Schwanenhälsen im Wappen stammte, in Ungnade fiel. Der Canzler schreibt in einem undatirten Briefe an den Herzog Albrecht:
"Gnedighe here hertoge Albrecht van Mekelenborg, dit ys myn antwerde iegen her Hinrik Stralendorpes schuldinge. - - - - Vortmer alz vmb dat he secht, dat ik em scole napet hebben mit den bosen worden, de ik sproken hebbe vmb de breue des greuen van Tekneborg, dar antworde ik sus to: Nicht allene vmb de breue, men vmb alle bose handelinge, de my toschouen wart iegen ju here hertoge Albert vnd iegen andere heren vnde dat gi my to eneme vngenedigen heren maket worden, dar sprak ik vmb alsodanege wort, myne ere to vorantwordende, dar ik van eren nicht swigen mochte".
Nach ihm, sicher im J. 1361, erscheint Mag. Johann v. Cröpelin, als Canzler.
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:
5.
Geschichtliche Notiz über
Burg Ranis
und die
Gefangenschaft des Fürsten Albrecht
von Meklenburg.
Vgl. Jahrb. XV, S. 48 und 173.
Kaiser Günther von Schwarzburg hatte von 1323 bis 1349 die Herrschaft Ranis im Besitz. Einen Beleg hierzu liefert folgende merkwürdige Thatsache.
Im Jahre 1342 sandte der König Magnus von Schweden seinen Schwager Albrecht, Herrn (nachherigen Herzog) von Meklenburg, zu dem Kaiser Ludwig dem Baier. Günther (damals noch Graf) hatte von seinem Vater einen Anspruch an das meklenburgische Haus ererbt, der vermuthlich die Wiedererstattung eines Darlehns betraf, und lange schon hatte er auf Gelegenheit gewartet, um die Erfüllung dieser von Albrechts Vater übernommenen Verbindlichkeit, zu welcher auch der Sohn sich nicht
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verstehen wollte, ernstlich fordern zu können. Ganz in dem Geiste der damaligen fehdelustigen Zeit, wo jeder das Recht des Stärkern geltend zu machen suchte, benutzte jetzt Günther Albrechts Reise, um zu seinem Zwecke zu gelangen. Während der Letztere, ohne Gefahr zu ahnen, ruhig seines Weges zog, überfiel ihn Günther bei dem Schlosse Blankenburg, 4 Stunden von Ranis, nahm ihn gefangen und brachte ihn auf seine Burg Ranis 1 ) in strenge Haft. Der Kaiser, der bald von Albrechts Gefangennehmung Nachricht erhielt, konnte dies Verfahren gegen den königlichen Abgesandten selbst an seinem Freunde, wie Günther es war, nicht billigen. Lange aber weigerte sich der Letztere, den Vorstellungen Ludwigs, Albrecht zu entlassen Gehör zu geben, und mehrere Monate mußte dieser in seiner Haft auf der Burg Ranis aushalten. Ob ihn Graf Günther endlich gutwillig auf freien Fuß gestellt habe, oder durch Gewalt dazu genöthigt worden sei, läßt sich nicht gewiß bestimmen. Wahrscheinlicher ist das letztere, und vermuthlich erhielt der Gefangene in Folge des thüringischen Grafenkrieges seine Freiheit wieder, der noch in demselben Jahre ausbrach, und in welchem unter andern auch der Graf Günther von dem Landgrafen von Thüringen besiegt wurde.
Vorstehende Nachricht ist wörtlich aus dem Wochenblatte des Ziegenrücker Kreises, Jahrgang 1822, entnommen. Sie wurde damals mitgetheitt durch den Amtsverweser L. Greischen, welcher die Archive von Ranis und der Umgegend genau durchsucht hatte. Gleichwohl ist der Nachricht kein historischer Beleg beigefügt, und alle Urkunden sind aus den Archiven verschwunden. Unter dem Volke hat sich aus früher Zeit die Erzählung dieses interessanten Vorfalles erhalten. Noch jetzt zeigt man auf der alten Burg Ranis das ritterliche Gefängniß, worin der Herzog in Haft gehalten worden sei. Es besteht aus einem ziemlich engen Gemach, worein das Tageslicht durch ein einziges, hoch angebrachtes Fenster fällt. Eine steinerne Treppe führt aus dem zweiten Geschoß in dasselbe hinab. Von einer zweiten Treppe, die vom innern Hofe aus zum Aufwärtssteigen dorthin diente, sind nur noch einige Spuren vorhanden.
Burg Ranis selbst ist wahrscheinlich zum Schutze des Christenthums, so wie zur Verdrängung der heidnischen Götter=
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verehrung, schon im 10. Jahrh. erbaut worden. Früher war die Stätte ein großartiges Heiligthum unserer nichtchristlichen Altvordern germanischen Stammes. Zeugniß dafür ergiebt vornämlich die westliche Seite des Schloßberges, die mit großartigen Felsenmassen überdeckt ist. Die Einhegung des alten Heiligthums ist in geringer Entfernung durch Felsblöcke bezeichnet. Ein ganz durch Felsen gehauenes Thor scheint in das Innere dieser germanischen Verehrungsstätte eingeführt zu haben, worin am Abhange des Berges mehrere alte Steinmonumente von verschiedener Construction in die Augen fallen. Schon im 12. Jahrh. kommt Ranis als reichsunmittelbare Burg vor. Im J. 1199 wurde sie von dem deutschen König Philipp dem Landgrafen Hermann von Thüringen als Belohnung dafür verliehen, daß derselbe die Partei dieses Königs ergriffen, und die seines Gegners, Otto IV., verlassen hatte. Bei dieser Gelegenheit wird Ranis schon Castrum genannt. Der Landgraf blieb jedoch nur kurze Zeit in diesem Besitze, denn als er bald darauf auf die Seite des Königs Otto übertrat, nahm Philipp ihm Ranis in einem Feldzuge wieder ab. Nach dem Tode Philipps, im J. 1209, verpfändete Otto IV. die Burg Ranis zugleich mit der Stadt Saalfeld für 1000 Mark Silbers an die Grafen Günther und Heinrich von Schwarzburg. Beide wurden im J. 1212 vom Kaiser Friedrich II. förmlich damit beliehen. Schon im 11. Jahrh. wurde Ranis in kirchlicher Hinsicht zu dem Sprengel des damaligen erfurter Diaconats Pößneck gezählt. Im J. 1424 verkauften diese Burg die Grafen von Schwarzburg an das sächsische Haus. Sie fiel in der Theilung zwischen den Söhnen des Churfürsten Friedrich des Streitbaren dem Herzoge Sigismund zu. Als aber 1437 dieser auf seinen Landestheil verzichtete, wurde Herzog Wilhelm Besitzer von Ranis. Er behielt es bis zum Jahre 1448. Oftmals verweilte der Herzog auf dieser Burg. Hier lebte er der Liebe zu der schönen Katharina von Brandenstein, deren väterliche Burg Brandenstein Ranis gegenüber lag. Als der Herzog nach dem Absterben seiner ersten Gemahlin sich mit derselben 1463 vermählte, schenkte er Ranis mit Zubehör seinem Schwiegervater Eberhardt von Brandenstein und dessen Sohn Heinrich erb= und eigenthümlich. 1571 kam Ranis durch Kauf von dem Hause Brandenstein an die Familie von Breitenbauch. Der gegenwärtige Besitzer desselben, Hr. Kammerherr und Landrath v. Breitenbauch baute sich 1840, nachdem er seine Grundstücke arrondirt hatte, in einiger Entfernung an, und die ehrwürdige Burg steht seitdem verlassen.
Noch prangt die Burg Ranis in voller Größe und dient der weiten Umgegend zum schönsten Schmuck. Der Bau selbst ist aus den verschiedensten Zeiten, vom 12. Jahrh. bis zum Ende
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des 16. zusammengesetzt. Eine Münzstätte, die unter den Grafen von Schwarzburg in Thätigkeit gewesen ist, findet sich noch ziemlich gut erhalten vor.
Ranis, Kreis Ziegenr?ck, Regierungsbezirk
Erfurt,
am 6. September 1850.
W. Börner, Dioaconus.
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6.
Urkundliche Nachricht über
einige der letzten Fehdezüge gegen
die märkischen Räuber in den Jahren
1447 und 1448,
von
G. C. F. Lisch.
Dith sind die schulde vnde tosprâke, die wie F[rederik] . . . . . . . . . . [marcgr]âue to Branndemborch vnd borchgrâue to Noremberge vnd vnse heren prêlâten . . . . . . . . . . . [der M]arcke vnd Prignitcz hebben to den hôchgebôrnnen forsten, vnnsen lîuen sweger[n] . . . . . . . [hern Hinrick dem] oldern vnd hern Hinrick dem iungern hertogen to Mecklenborch vnd forsten to Wenden . . . . . . . . . . . [vnd eren] vndersâten, so hîr nâ geschreuen steit vnd ôk . . . . . . . denn edder etlike vnnse mannschapp . . . . . . . . . . . . . . [Mar]ke ader Priggenitcz obgnand hîr na ore schul . . . . . . . . . ake alle offte eyn deil nicht hedden . . . . . . . . . . . . . . [der sul]uen schulde vnde clâge wille wie vnd die vnns[en vn]uorswmet syn, âne geuêrde.
Tôm îrsten geue wie marcgrâue Frederick obgnand schult vnd schuldigen den obgenanten vnnsen swâger hertogen Hinricke den iungern, dat hy wedder vnser beyder parten vorbuntniez, vorschrîuinge vnd freden in dem achtundvîrtigsten iâre in dem mynre talle nêchstuergangen vmme sunte Gallen dâge (Oct. 16.) mit sînen mannen, steden vnd vndersâten dorch sîne amptlûde, als nemliken ern Bernde van Plessen vnd Wedigen van Czulen mit hêrschitde vnd lôszgeschlâgen banren 1 ) vnnse lannde vnd vndersâten be-
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rôuet, beschediget vnd to grôtem, vnverwintliken schâden gebracht hefft vnd doch vnnse vorbuntnisse inholt, dat vunser eyn den andern nicht beschedigen scholde, sunder an rechte vnd fruntschapp na lûde der vorsegelden brêue dâr ôuer geuen genôgen lâten, dâran vnns an sodânnem vorbunntnisz vnde freden vast vngûtliken vnd to kort geschîn is, vnd bidden dârvmme to erkennen, wes recht sie.
Schâde die den van Priszwalk geschîn is.
Jd geschach dat die hertoge van Bart sande die sînen vôr Priszwalk vnd lyt nehmen achte dûsent schâpp, sôuen stîge kûge, eyn reysich pêrd van achte schogken, XIII plûchpêrde. Die hertoge was to deme Sture mit Hans Vlotowen, dâr sie frede mit hadden, vnd Hans Vlotow hadde dârmede: III knechte, Vicke Schonowen, Priczebure vnd Czernekow, olde Achim Vlotow mit sînen knechten, Thoniges Pren voget to der Nygenstadt mit XXX pêrden, Achim Plote vnd Hans Bickkatel hadden dâr to lêgen XXX pêrde, Ertmer Behr, hertogen Hinricks man van Stargard, hadde mit des hertogen hingest, den hy van Stulpenagel koffte, Wisscherupp, Claus Cziker, Bertold Schulte die wêren fûrer, item Reymer van Plesse wônhafftich to dem Hagen beyde sône, Leueczow, Philipps Prigenicz, Claws Vosz, Claws Kerckdorpp, beider hern van Mecklnborch man: to der reysen slûgen dusse êrbenômden mit eren helppern dôt XVIII manne, XXVII grêpen se, die schâde der vangen loppet vpp XX hundert gulden rinisch.
Id is geschîn dat hertogen Hinriks hoffgesinde vnd Wedige van Czulen to der tyd hôuetman wêren vor Wistock vnd grêpen den krûger Heyne Granczow van Dannewalde vnd nyhmen em vnd den andern bûren VII pêrde so gût alse XIIII schog.
Item die Flotowen nymen vôr Dalmyn âne XVII kvge III schogk kvqweks vnd XII plûchpêrde vmme Bartholomei (Aug. 24) anno domini . XLVII°.
Item am donredáge nah Cantate (Mai 11) nyhmen Achim Briszke mit sîner sellschopp Hartwige van Retstorpp vôr Dudeschen Gokzkow V pêrde, don blêff Achim Briske dâr ôuer dôet.
Auf einer Original=Schadenserechunng im großherzogl. meklenb. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin. - Der "Herzog von Barth" ist
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der Herzog Barnim VIII. von Pommern. - Aus Vorgängen, wie der oben beschriebene, geht die große Wichtigkeit der Burg Stuer deutlich hervor; vgl. Jahrb. XV, S. 317 flgd.
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7.
Ueber das Mauerwerk des
Mittelalters
und das
Kalkbrennen auf der Baustätte.
Nachtrag zu Jahrb. XV, S. 327 und 332.
In den Jahrb. XV, S. 327 ist bei der Beschreibung des alten Mörtels 1 ) nachgewiesen, daß im Mittelalter bei größern Bauten der Kalk auf der Baustelle gebrannt ward und vorzüglich darin größtentheils die Festigkeit des alten Mauerwerks zu finden sei. Es ist auch S. 332 ein Beispiel beigebracht: zum Bau des Schlosses zu Güstrow ward noch im J. 1559 der Kalk auf der Baustelle gebrannt.
Beim Studium der alten Stadtrechnungen werden sich gewiß noch mehr Beweise finden. Es liegen uns aber schon zwei alte, sehr interessante Beispiele mit großer Vollständigkeit vor und zum Theil sehr nahe.
Zum Bau des Domes zu Schwerin ward der Kalk unmittelbar neben dem Bau gebrannt. Der Dom zu Schwerin entbehrte lange Zeit eines Kreuzganges, ja er selbst ward erst spät in seiner jetzigen Gestalt vollendet, indem die Seitenschiffe erst im dritten Viertheil des 14. Jahrhunderts vollendet wurden. Früher konnte auch der Kreuzgang nicht an das Seitenschiff angebauet werden. Der erste Theil des Kreuzganges, das Refectorium 2 ), in welchem jetzt die Lehrzimmer des Gymnasii sind, ward erst im J. 1392 gebauet. Genau an der Stellt dieses Theils stand der Kalkofen zum Dombau. Am 26. Junii 1328 verkaufte das Dom=Capitel dem Vicar Rotger und seinen Nachfolgern (also zur Vicarwohnung) das Kalkhaus ("calkhûs") mit Hofftätte (area) und Haus, behielt sich jedoch das Wieder=
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kaufsrecht für den Fall vor, daß es ein Refectorium (dormitorium seu refectorium) bauen würde 1 ). Es ward also nach ungefähr 50 Jahren das Refectorium an der Stelle des Kalkhauses aufgeführt; unter Kalkhaus aber muß man ein Gebäude verstehen, in welchem ein Ofen zum Brennen und Gruben zum Löschen waren. Das Interessante hiebei ist nun, daß der Kalkofen noch vorhanden ist. Das Refectorium liegt hoch und hat tiefe Souterrains. In diesen tiefen und hohen Kellerräumen steht nun unter den Lehrzimmern des Gymnasii noch der Kalkofen. Es ist ein gewölbter Brennofen von ungefähr 20 Fuß Länge; in der Mitte des Fußbodens liegt der Länge nach ein Heizungskanal und nach oben hinaus geht der Rauchfang an einem Pfeiler hinauf; der Ofen ist so groß, daß ungefähr 50 Tonnen Kalk darin gebrannt werden können: man fand noch Reste von Kalk in demselben. Bei der vor mehreren Jahren vorgenommenen Restauration der Lehrzimmer entdeckte man dieses Bauwerk, das man sich damals nicht erklären konnte; der Zugang zu dem Ofen von außen her ward damals geöffnet, jedoch wieder zugemauert. Der Herr Bauaufseher Jantzen, ein zuverlässiger Mann, hat damals der Entdeckung und Untersuchung beigewohnt und mir diese sichere Mittheilung gemacht.
Ein anderes Beispiel ist das alte Schloß zu Plau. Im J. 1448 ward dem Lüdeke Hahn zur Unterdrückung der märkischen Raubfehden von dem Herzoge Heinrich von Meklenburg die Vogtei Plau anvertraut. Lüdeke Hahn fing sogleich an, das Schloß neu zu befestigen und neue Gebäude und Thürme aufzuführen, von denen noch ein Thurm und viele Befestigungswerke stehen. Auch zu diesen Werken ward der Kalk beider Baustelle gebrannt. In der plauer Amtsrechnung vom J. 1448 2 ) heißt es:
Dyt is dat Ludeke Hane hefft vthgeuen to Plawe.
Item tôme êrsten amme jâre XLVIII, do Ludeken Plawe wart antwerdet in sunte Bartholomeus dâghe:- - - - - - -
Item do Ludeke den kalk brochte van Malchin, do Marquard van Oldenborg myt em was.
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Item do Hans Hane 3 ) den calk brochte to Plawe.
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Item do Ludeke den kalk brochte, do Marquart van Oldenborg myt em was.
Item do Hans Hane den kalk brochte. -
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Dyt is dat kostet heft dat têghelwerck vnde de calk vnde têghelschûne.
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Item Swynghen Gronowen vnde Clawes Tessen to Ghartze XXII vôr calk to brekende to Styten (also Steinkalk) 1 ).
Item XX dûsent calkes to Malchin (also Mergel= oder Wiesenkalk), vôr wâterdreghent vnde strîkent XXV lub. marck.
Item Pyste III s. myn wen IIII mark vôr III ôuen calkes to bernende vnde III lutke vêrndêl.
Item Berchmanne II lub. mark vôr den calkâuen to mûrende vôr Plawe.
Der Kalk von Malchin, welcher nicht gebrochen, sondern "gestrichen" ward, ist Mergelkalk. Zwischen den Feldmarken der Stadt Malchin und des angrenzenden Dorfes Gielow, auf oder an der Grenze, an dem Hohen Holze, war eine "Mergelgrube" ("mergelgrôve" oder "mergelkule"). Diese war im J. 1540 streitig geworden, aber sicher hatten die Malchinschen die Gerechtigkeit, hier Mergel zu Mauerkalk graben zu lassen. So heißt es in einem Zeugenverhöre:
"Item offt nicht de Malchinschen de suluige mergelkûle vôrlangest vnde allerlangest tho der stadt nutte gebrûket vnde noch dâgelicks tho tzîr vnde thôme besten der stadt Malchin mûren, torne, kercken vnde clûse dâr vth gebetert vnde entholden werden, de ôck van olders vnde thôme ersten anfange dâr vth gebûweth worden yss?"
Von diesem Mergelkalk wird in dem Streite immer gesagt, daß er "gegraben" wird, und im J. 1539, daß "etlich kalck in der Mergelkule zu streichen befohlen" sei.
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8.
Der Kalkbruch zu Stieten.
In dem vorstehenden Amtsregister werden offenbar zwei Arten meklenburgischen Kalks aufgeführt: bei Malchin wird der Kalk "gestrichen", d.i. geformt, und nach Tausenden, nämlich ziegelförmiger Stücke, gezählt, ist also Mergel= oder Wiesenkalk; bei Stieten wird der Kalk "gebrochen", ist als