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a. Steinzeit.
Steinerne Schiene von Valluhn.
Nachtrag zu Jahrb. XLIV, S. 72.
Zu Kleptow bei Prenzlau ward, wie versichert wird, in einer Urne, genau dieselbe steinerne Schiene gefunden wie zu Valluhn, und für das Märkische Provinzial=Museum zu Berlin erworben, nach den Verhandlungen der Berliner Gesellschaft für Anthropologie u. s. w., Jahrgang 1880, S. 24, wo das "seltene" Stück auch abgebildet ist. Nach den Verhandlungen ist dieses "räthselhafte Geräth" eine "viereckige gebogene Steinplatte von sehr festem feinkörnigen Sandstein, 11 Centimeter lang, mit vier Nietlöchern in den Ecken". - Diese beiden Stücke mögen die bisher allein bekannt gewordenen Exemplare in Deutschland sein.
Dr. G. C. F. Lisch.
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Zu Schwerin auf dem Bauplatze des neuen Museums am Alten Garten fand 1880 in der ausgegrabenen Erde Herr Kaufmann August Voß ein seltenes Geräth, welches er dem Verein schenkte. Das Geräth, welches wir einen Hirschhornring nennen wollen, ist ein Stück von dem
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untern Ende eines Hirschhorns, 5 Centimeter lang und 4 Centim. dick. Es ist an beiden Enden mit unregelmäßigen Hieben (durch Feuersteinkeile?) abgekeilt und trägt keine Spur von Bearbeitung mit Eisenwerkzeugen neuerer Zeit. Von der Außenfläche sind die Perlen abgeschabt, bis auf zwei schmale Streifen. Das Innere ist hohl, 2 bis 3 Centimeter weit, und rauh. Das Stück paßt grade auf einen nicht zu starken Daumen und ist daher von uns als Ring angenommen. Nach Material und Bearbeitung wird das Geräth der Steinzeit angehören.
Auf derselben Fundstelle ward 1878 auch ein großes Horn von einem Urstier (bos primigenius), also auch ein Stück aus der frühesten Vorzeit, gefunden; vgl. Jahrb. XLIII, S. 297.
Dr. G. C. F. Lisch.
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b. Bronzezeit.
Auf dem Felde des Dorfes Bekerwitz, in der Pfarre Hohenkirchen bei Wismar, an der Ostsee, sollen im Herbste 1868, wahrscheinlich zum Bau der Chaussee von Wismar nach Klütz, viele "Hünengräber" abgetragen und in denselben viele Bronzen gefunden sein, welche aber alle zerstreut und verhandelt sind. Der Herr Secretair Fromm zu Schwerin hat davon eine viereckige Stange (zu einem Meißel?) von Bronze, 4 1/2 Zoll lang und 1/4 Zoll dick, erworben und dem Verein geschenkt.
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Nachtrag zu Jahrb. XLIV, S. 81.
Der Herr Lehrer Wildhagen zu Friedrichsruhe schenkte dem Verein
1) einen vollgegossenen Armring aus Bronze, ohne Rost, welcher zu Friedrichsruhe in dem in den Jahrbüchern XLIV, S. 81 aufgeführten Kegelgrabe an der innern Seite des das Grab umgebenden Steinringes ("Mauer") gefunden ist, und
2) eine dünne Bronzenadel, 17 Centim. lang, am obern Ende quer geriefelt, mit plattem, rundem Kopf, welche auf derselben Stätte gefunden ist wie das in Jahrb. XLIV, S. 81 erwähnte zerbrochene Schwert.
Zugleich giebt derselbe die hier folgende
Beschreibung des Grabes.
"Das Kegelgrab hat jetzt eine Höhe von ungefähr 12 bis 16 Fuß, ist aber in früheren Jahren bedeutend höher gewesen, da durch die Beackerung desselben Erde von der Spitze herabgeackert ist, so daß eine "Mauer", welche am Fuße des Kegels gestanden hat, ganz bedeckt worden ist. Die Außenseite der Mauer ist durch große Steine, die Innenseite durch kleine Steine gebildet worden. Der Umfang der "Mauer" hat ungefähr 90 bis 100 Schritt betragen; der Durchmesser des Kreises ungefähr 30 Schritt".
"Das Kegelgrab wird der Kannensberg genannt. Der Sage nach soll in demselben eine goldene Kanne sein". -
"In der Nähe des Kegelgrabes liegen in einer Reihe kleinere, flache Hügel, auf denen wahrscheinlich Hütten gestanden haben; denn die Erde ist mit Lehm vermischt, und bei Aufgrabung derselben hat man ein im rechten Winckel gesetztes Fundament getroffen, während in der Mitte gefundene Asche und Kohlen auf die Feuerstelle hinweisen".
Friedrichsruhe, 1880.
H. Wildhagen, Lehrer.
c. Eisenzeit.
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Herr Dr. v. Buchwald zu Preetz schenkte dem Verein viele verschiedene Alterthümer, welche vor langer Zeit auf dem Landgute Cladow bei Crivitz, welches früher sein Großvater und Vater besaßen und bewohnten, gefunden sind und wahrscheinlich zusammen einen Fund bilden.
Diese Alterthümer sind folgende:
1) viele kleine eiserne Messer, fast alle zerbrochen, 5 Klingen, ziemlich erhalten, und ungefähr 20 Bruchstücke von Klingen und Griffzungen. Die Klingen sind 5 bis 7 Centim. lang, mit dem Rücken etwas rückwärts gebogen und an der Schneide abgerundet. Die Messer gleichen ganz den in den meklenburgischen Gräbern der Eisenzeit oft gefundenen.
2) Sehr viele Perlen, und zwar ungefähr 50 größere Perlen, meist aus blauem, weißem und buntem Glase, braun mit eingelegten weißen oder gelben Streifen, eine Bernsteinperle, eine durchscheinende perle von rothem (!) Glase. Ferner ungefähr 80 ganz kleine Perlen von fast 1/2 Centim. Durchmesser aus weißlichem und grünlichem Glase.
3) Viele bronzene Ringe, und zwar:
- 4 Fingerringe aus Bronzeblech;
- 7 sogenannte "Schläfenringe" aus Bronzedrath von verschiedener Größe, 1 von 8 Centim., 4 von 4 Centim. Durchmesser;
- ungefähr 12 Bruchstücke von verschiedenen bronzenen Geräthen, welche jetzt nicht mehr zu bestimmen sind.
Die jetzt sogenannten "Schläfenringe" sind offene Drath= oder Blechringe, aus Silber oder Bronze, welche an einem Ende "abgestumpft", am andern Ende zu einem Doppelhaken oder einer Schleife rückwärts gebogen sind. Sie sind in neueren Zeiten in den nordöstlichen Ländern Deutschlands neben menschlichen Schädeln öfter gefunden und daher sonderbarer Weise "Schläfenringe" genannt.
Zuerst sind die "Schläfenringe" wohl im Jahre 1858 in Pommern in der Nähe von Cörlin in einem Funde entdeckt, welcher durch Geschenk in den Besitz des Vereins für meklenburgische Geschichte gekommen und in den Jahrbüchern des Vereins, Jahrg. XXIV, 1859, S. 282 flgd., beschrieben und beurtheilt ist. Der Fund enthält über 12
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sogenannte Schläfenringe aus Silber, 1 kleines Messer und eine Scheerenklinge von Eisen, 13 Glasperlen und eine Silbermünze, welche als eine pommersche Münze aus dem Ende des 12. Jahrhunderts erkannt ist. Dieser Fund gleicht also fast ganz dem beschriebenen Funde von Cladow.
Etwas später, 1862, sind bronzene Ringe dieser Art auch in Meklenburg auf dem der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts angehörenden großen Begräbnißplatze von Bartelsdorf bei Rostock gefunden, vgl. Jahrb. XXVIII, 1863, S. 305 flgd. Seitdem find solche Schläfenringe öfter beobachtet.
So ward 1879 in einem Grabe bei Hohensaathen, Kreis Angermünde, ein solcher bronzener, mit Silber überzogener Ring gefunden. Vgl. Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Band XI, 1879, s. 375, wo auch dieser Ring abgebildet ist.
In der Provinz Posen wurden auch in einem Grabe am Hinterkopfe eines Skelets viele "Schläfenringe", eiserne Messer und auch eine Münze aus dem 12. Jahrhundert gefunden. Vgl. II. Nachtrag zu den Materialien zur prähistorischen Kartographie der Provinz Posen, von Professor Dr. Schwartz, Posen 1880, S. 13, wozu auch ein solcher Ring auf Taf. II, Fig. 13 abgebildet ist, welcher ganz den Cladow'schen gleicht. - Auch im Katalog der Berliner anthropologischen Ausstellung, 1880, S. 387, ist ein solcher Ring abgebildet.
Funde dieser Art stammen also ohne Zweifel aus der letzten Zeit des Heidenthums, aus dem Ende des 12. Jahrhunderts nach Chr.
4) Ob mehrere Topfscherben, mit horizontalen Parallellinien und mit Wellenlinien verziert, zu den oben beschriebenen Funden von Cladow gehören, läßt sich nicht mehr bestimmen. Der Zeit nach würden alle diese Sachen zusammengehören.
5) Einige ausgedörrte menschliche Knochensplitter scheinen für Begräbnisse als Fundstätte zu sprechen, jedoch läßt sich dies auch nicht mehr entscheiden.
6) Sechs thönerne Spindelsteine scheinen nicht zu dem Funde zu gehören, sondern gesammelte Einzelnfunde zu sein.
Dr.
d. Alterthümer anderer europäischer Völker
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Fernerer Nachtrag zu Jahrb. XLII, S. 141 flgd.
Die von uns sogenannten "Riesenurnen", welche zuerst in Meklenburg vor langer Zeit beobachtet zu sein scheinen, sind sehr weit auf der Erde verbreitet. Im Winter 1877 ward, nach Jahrb. XLIV, S. 88, ein solches "mächtiges Thonfaß" zu Olympia bei den Aufgrabungen gefunden. Im Jahre 1879 fand Virchow zu Hissarlik, wohin er zur Theilnahme an Schliemann's "Trojanischen" Aufgrabungen gereiset war, mehrere Gefäße dieser Art.
Virchow berichtet hierüber Folgendes in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, XI. Jahrgang, 1879, Heft VI, S. 261 flgd.:
"Viele von den Hausmauern bilden noch deutlich geschlossene Vierecke ohne irgend eine Eingangsöffnung; dies waren also offenbar Räume, in die man nur von oben her, also vom Hause aus, gelangen konnte. In solchen mehr oder weniger kellerartigen Räumen stehen unter anderen große Thonkrüge (πίδοι), von denen wir in einiger Zeit ein schönes Exemplar sehen werden; es war das letzte noch vollständig erhaltene, und es wurde mir von Herrn Schliemann und der türkischen Regierung, von denen jeder Theil Anspruch auf die Hälfte hatte, in freundlichster Weise geschenkt. Ich habe es wiederum an das königliche Museum abgetreten".
"Diese Gefäße, welche oft so groß sind, daß ein Mann darin aufrecht stehen kann, ohne gesehen zu werden (! ?), sind zuweilen in Reihen von 4 bis 6 in einem Keller aufgestellt. Die meisten sind allerdings bei dem Zusammensturz der Gebäude zertrümmert; viele haben beim Aufgraben gelitten, und nur einzelne Exemplare sind vollständig erhalten worden".
"Obwohl meines Wissens in diesen Gefäßen niemals alte Ueberreste gefunden worden sind, so muß man doch
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annehmen, daß sie zur Aufbewahrung von Nahrungsstoffen dienten. Ist dies richtig, so wird man auch die Räume, in denen sie stehen, als Vorrathsräume betrachten müssen, in welchen die Leute dasjenige, was sie für den Lebensunterhalt gebrauchten, anhäuften".
Dieselben Ansichten haben auch wir schon in den Jahrbüchern XLII, 1877, S. 143 flgd., ausführlich ausgesprochen und zu begründen gesucht.
Dr. G. C. F. Lisch.
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Schon seit geraumer Zeit hatte ich durch Hörensagen vernommen, daß sich in dem zum Amte Stavenhagen gehörigen und bei Borgfeld eingepfarrten Bauerdorfe Tüzen die Trümmer einer alten Burg befinden sollten. Ich machte mich daher dieser Tage in Begleitung des Herrn Lehrers Krohn zu Ivenack dorthin auf, um den betreffenden Ort zu untersuchen.
Die Burgstelle liegt auf dem Hinterhofe des Erbpächters Jörndt und gewährt noch eine ziemliche Uebersicht von den ursprünglichen Verhältnissen der Befestigung. Sie ist auf einem etwas erhöhten Terrain von ungefähr 50 Schritt Länge und 30 Schritt Breite angelegt und rings von einem 4 bis 5 Fuß tiefen Graben umgeben, der aus einem an der nördlichen Seite der Burg im Dorfe belegenen Teiche gespeist wird. Im Süden wird der Platz von einer schmalen, sumpfigen Wiese begrenzt, im Westen fällt der Boden allmählich über ein kleines Gartenstück und die Dorfstraße zum Tüzener See ab.
Die Burg zerfällt deutlich in zwei ungleiche Hälften, welche durch einen jetzt theilweise verschütteten Graben von einander getrennt waren, so daß das Ganze die Gestalt einer liegenden Acht (8) zu haben scheint. Die kleinere dieser Hälften heißt im Volksmunde der "Schloßberg", eine für mittelalterliche Burgen ja häufige Bezeichnung, und zeigt ein starkes, aus mächtigen Granitsteinen gefügtes Fundament. Dieser Platz, der augenblicklich einen von Haselgesträuch dicht bewachsenen Hügel darstellt, ist überall bedeckt von einer Menge Bauschutt, sehr dicken, von Brand geschwärzten Ziegeln und verkohlten Holzstücken. Besonders zeichnen sich die Dachpfannen durch ihre alte und derbe Form aus. Die größere Hälfte der Burgstelle ist gleichfalls von Bauschutt bedeckt; doch sind die Fundamentsteine hier kleiner als vorhin, und
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es finden sich häufig halb gar gebrannte Lehmstücke mit Stroheindrücken. Dieser Theil der Befestigung wird von den Leuten der "Hausberg" genannt und unter dieser Bezeichnung streng vom Schloßberge unterschieden.
Ein alter Mann aus dem Dorfe erzählte mir von der Burg folgende in jener Gegend umlaufende Sage, die ihm seine Großmutter erzählt hätte: die Burg sei vor Alters von Raubrittern bewohnt gewesen, und diese hätten, um sich nicht zu verrathen, wenn sie auf Raub ausgeritten seien, ihren Pferden die Hufeisen verkehrt aufgelegt. Auch wäre zu jener Zeit viel mehr Wasser in der Gegend gewesen, und die Tüzener Ritter hätten zu Wasser mit den Raubrittern der Penzliner Burg in Verbindung gestanden. Ihre Schiffe wären nämlich durch die heutige Wiese zwischen Tüzen und Borgfeld in die Zwiedorf=Wolder Bek gefahren und von da über die Wiese am Groß=Wildbergschen Holze entlang durch den Kastorfer See nach Penzlin gelangt.
Es wird in der That hier in Tüzen eine mittelalterliche Burg gestanden haben, die dann durch Feuer zerstört wurde. Schon seit mehreren Jahren hat der Herr Erbpächter Jörndt angefangen, den Platz abtragen zu lassen, und die Schutterde auf seinen Acker gebracht. Bei dieser Gelegenheit sollen Münzen, ein fußlanger Schlüssel mit vielen Verzierungen und ein Tiegel gefunden sein. Aber nur letzterer war noch vorhanden, das Uebrige hatten die Kinder des Besitzers beim Spielen fortgebracht. Der Tiegel, der jetzt lange Zeit zum Lackschmelzen gebraucht und ganz von Kienruß überzogen war, ist mir durch die Güte des Herrn Jörndt für die Sammlungen des Vereins zur Verfügung gestellt worden. Das Gefäß, das ich nun sorgfältig habe reinigen lassen, ist ein mittelalterlicher Schmelztiegel von Bronze und ruht auf drei prismatischen Füßen. Der Griff ist hohl und mit mehrfachen Verzierungen in Form von dreieckigen Oehren versehen. Wie der Rost an der Bruchstelle beweist, ist eine dieser Verzierungen schon vor dem jetzigen Auffinden abgebrochen gewesen. Am obern Rande des Tiegels befindet sich eine Gießermarke. Das Gefäß wiegt gegen 5 Pfund, sein Durchmesser beträgt 19 cm, sein größter Umfang 59 cm.
An Ort und Stelle von mir vorgenommene Nachsuchungen lieferten keine weitere Ausbeute an Alterthümern.
Ivenack, August 1880.
B. Schmidt, Cand. phil.
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Von Dr. F. Crull.
Meklenburg besitzt eine im Verhältnisse zu anderen Ländern noch ziemlich ansehnliche Zahl von mittelalterlichen Schnitzaltären, auf deren äußeren Seiten oder Tafeln zum Theil die alten Gemälde, allerdings meist mehr oder minder ramponirt, sich erhalten haben. Der Werth der letzteren im Ganzen scheint nicht hervorragend zu sein, und dazu steht es auch nicht fest, ob diese Bilder von einheimischen Künstlern ausgeführt, oder ob sie importirt sind. Letzteres ist bei Wandmalereien nicht möglich und, daß man Meister aus der Fremde zu deren Herstellung verschrieben habe, wenig wahrscheinlich. Sie geben uns daher eine völlige Anschauung von dem Standpunkte der Malerei in Meklenburg zur Zeit ihrer Entstehung, und es ist mithin im Interesse unserer Kunstgeschichte höchlichst zu beklagen, wenn solche bei den Erneuerungen der Kirchen aus diesem oder jenem Grunde nicht wieder bloßgelegt und restaurirt, sondern von Neuem unter rother oder grauer Tünche, statt der weißen, begraben werden. Ein besseres Geschick ist den Gewölbemalereien zu Theil geworden, welche in neuester Zeit im Chore der Kirche zu Teterow entdeckt und demnächst wiederhergestellt sind.
Der gedachte Chor ist ein Bau im Uebergangsstile, welcher von zwei Kreuzgewölben überspannt wird. Die Bemalung derselben ist in der Weise ausgeführt, daß die oberen zwei Drittel jeder Kappe, von dem Scheitel des Schildbogens an gerechnet, zur Herstellung eines oder zweier, dann aber ungetrennter Bilder benutzt sind, während im untersten Drittel, in welches der Schildbogen noch etwas hineinschneidet, mehrere Gruppen von Figuren in kleinerem Maßstabe neben einander angeordnet sind, und zwar mit dem Unterschiede, daß auf dem vorderen, an den Triumphbogen stoßenden Gewölbe diese Gruppen durch eine mit grauen getreppten Zinnen auf weißem Grunde gemusterte Borde oberwärts, also gegen die größeren Gruppen, unterwärts aber und gegen einander durch Leisten abgeschlossen sind, während an dem östlichen, dem Gewölbe über dem Altare, keine Spur einer Abgrenzung zwischen den größeren und kleineren Gruppen oder zwischen diesen letzteren sich findet. Die Spitze jeder Kappe enthält ein Ornament in Roth, wodurch um die Schlußsteine eine Rosette gebildet wird, und die Zwickel der Kappen sind mit Grotesken oder mit Zweigwerk, zwei aber mit je einer Figur bemalt.
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Die größeren Gruppen geben folgende Darstellungen.
A. Vorderes Gewölbe.
1) Südliche Kappe.
a. Zwei Juden, durchweg kenntlich an den spitzen, pilzförmigen Hüten und den Röcken, die bis zum Knie gehen und deren rechte Hälfte anders gefärbt ist als die linke, zählen Judas die Silberlinge auf ein Tuch. Judas hat hier, wie in der folgenden Gruppe, einen Nimbus.
b. Judas umarmt den Heiland; von jeder Seite tritt ein Jude als Häscher hinzu.
2) Westliche Kappe.
Christus mit gebundenen Händen zwischen zwei Juden vor Pilatus, der auf einer Bank sitzend sich die Hände wäscht. Ein Jude steht mit ermahnender Gebärde zu dessen Rechten, ein Anderer hält ihm von links her das Becken.
3) Nördliche Kappe.
a. Christus sitzend, die Rechte erhebend, mit der Linken ein Buch auf dem Schoße haltend. Zwei Juden pressen ihm mit Gewalt die Dornenkrone auf das Haupt.
b. ein Jude führt den Heiland, das Kreuz tragend, linkshin; ihnen folgen Johannes der Evangelist und Maria.
4) Oestliche Kappe.
Der Heiland, links, krönt seine Mutter, welche neben ihm rechts auf einer Bank sitzt, zu deren Seiten je ein Engel steht, die Lehnen der Bank berührend.
B. Hinteres Gewölbe.
5) Südliche Kappe.
Christus an eine von dem Scheitel des Schildbogens sich erhebende Säule gebunden, welche in ein rothes Rankenornament ausläuft und von solchem auch am Fuße begleitet ist, wird von zwei Juden, rechts und links stehend, mit weit ausgeholten Ruthen gestrichen. Links steht ein Kriegsknecht in kurzem Mantel mit herrschender Gebärde, welcher in der Linken einen dreieckigen Schild trägt, der einen weißen Judenkopf im Profil auf gelbem Grunde enthält.
6) Westliche Kappe.
Christus, den Kopf zur Rechten geneigt, die Füße auf einander gelegt, hängt am Kreuze, welches sich von dem Scheitel des Schildbogens erhebt. Neben demselben stehen rechts Maria und S. Katharina, links der Evangelist Johannes und ein heiliger Bischof ohne Attribut. Vermuthlich ist es S. Nicolaus, dessen Verehrung in Meklenburg nächst der S. Jürgens und Johannes des Täufers besonders häufig war, falls hier nicht
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der h. Otto gemeint sein sollte, da Teterow zur Diöcese des Bisthums Kammin gehörte und in dieser der gedachte Apostel der Pommern häufiger vorkommt; freilich hat Letzterer ein Attribut, nämlich Pfeile.
7) Nördliche Kappe.
a. Christus mit der Kreuzfahne steigt aus dem Grabe. Vor diesem liegt ausgestreckt ein schlafender Jude, während links und rechts zwei andere sitzen. Der zur Rechten hält eine Hellebarde und hat einen Schild vor sich, auf dem man eine halbe, gespaltene Lilie sieht, weiß auf gelbem Grunde.
b. Christi Höllenfahrt. Christus steht, die Kreuzfahne in der Linken, gebietend vor dem Höllenschlunde, welcher, wie üblich, als Rachen eines ungeheuren Fisches gestaltet ist, aus dem eine Lohe emporflammt.
8) Oestliche Kappe.
Christus sitzt auf dem Regenbogen in einer Mandorla; von beiden Seiten seines Mundes geht ein Schwert aus. Oben und unten sind die Evangelisten=Symbole angebracht, die Namen in Majuskeln auf Bändern daneben stehend, und zwar oben die Symbole des S. Matthäus und S. Johannes, unten des S. Marcus und S. Lucas. An jeder Seite der Mandorla schwebt ein Engel, die Leidenswerkzeuge tragend, und unterhalb dieser die anbetenden Gestalten zweier Seligen. Der Raum hinter diesen ist mit je einem Sterne ausgefüllt. Unter dieser Darstellung sind, rechts und links vom Scheitel des Schildbogens, auf Bänken sitzend die zwölf Apostel angeordnet, bis auf Petrus, Paulus und Matthäus (der sonderbarer Weise statt der Hellebarde eine Art Messer hält) ohne Attribute, aber durch die auf Spruchbänder in Majuskeln beigesetzten Namen kenntlich gemacht, und zwar von der Mitte her rechts Petrus, Jacobus, Matthäus, Simon, Judas und Philippus, links Paulus, Andreas, Johannes, Bartholomäus, Thomas und Matthias.
In gleicher Höhe schließen sich dann an die Reihe der Apostel auf den übrigen Kappen folgende Darstellungen.
A. Hinteres Gewölbe.
1) Südliche Kappe.
Rechts: a. der Geist Gottes über dem Wasser schwebend, dargestellt durch das Symbol des h. Geistes innerhalb eines ornamentirten Kreises oder Kranzes.
b. Gott, als Gott Sohn, schafft das Licht: Sonne und Mond neben einander, gleichfalls in einem ornamentirten Kreise.
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Links: c. Gott schafft die vier Elemente: eine quadrirte Scheibe, deren erstes Viertel schlechthin blau ist: die Luft; das Viertel unter diesem ist gelb mit einem rothen Blitze darauf: das Feuer; das obere linke Viertel enthält auf weißem Grunde eine Ranke: die Erde, und das untere drei Fische, schräg gestellt, in Blau: das Wasser.
d. Gott schafft die Thiere.
2) Westliche Kappe.
Rechts: a. Gott schafft Adam.
b. Gott schafft Eva aus des schlafenden Adam Seite.
Links: c. Adam und Eva rechts; Gott, links, warnt sie bezüglich des zwischen ihnen stehenden Baumes der Erkenntniß.
3) Nördliche Kappe.
Rechts: a. Eva, Adam den Apfel von dem zwischen ihnen stehenden Baume reichend; von links der Engel mit dem Schwerte.
Links: b. Adam und Eva, pinienapfelförmige Blätterschürzen vor der Scham, stehen neben einander in wehklagender Haltung.
c. Kain erschlägt Abel.
Die kleineren, durch Borte und Leisten abgeschlossenen Gruppen auf dem westlichen Gewölbe beginnen nicht wie die des hinteren auf der südlichen Kappe, sondern auf der östlichen, unter der Krönung Mariä, und sind folgende.
B. Vorderes Gewölbe.
1) Auf der östlichen Kappe.
a. Der Engel, stehend, grüßt die gleichfalls stehende Maria.
b. Maria und Elisabeth.
c. Die Geburt Christi.
d. Die heiligen drei Könige zu Pferde auf der Reise nach Bethlehem. Links der Stern.
e. Die heiligen drei Könige stehend vor dem links auf einer Bank sitzenden Herodes.
2) Auf der südlichen Kappe.
a. Die heiligen drei Könige huldigen dem Christkinde. Die Gottesmutter sitzt, dasselbe haltend, auf einer Bank. Hinter ihr links steht Joseph, zu ihrer Rechten kniet Kaspar, hinter dem Melchior und Balthasar stehen.
b. Der Bethlehemitische Kindermord. Herodes sitzt auf einer Bank, an zwei zu seinen Seiten stehende Personen Befehle ertheilend, während links ein Kerl ein Kind tödtet.
c. Maria, mit dem Christkinde auf einem Esel sitzend, wird von Joseph nach Aegypten geführt.
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3) Auf der westlichen Kappe.
a. Jesu Darstellung im Tempel. Der Jesusknabe steht auf einem Altare, zu dessen beiden Seiten man zwei Personen mit Nimben sieht, wahrscheinlich Simon und Maria, hinter der dann noch Joseph steht.
b. Jesus im Tempel lehrend.
c. Maria führt den Jesusknaben aus dem Tempel nach Hause.
d. Jesu Taufe im Jordan. Links der Täufer und hinter diesem zwei Engel, das Gewand haltend.
4) Auf der nördlichen Kappe.
a. Die Versuchungen.
β. Christus und der Teufel, schwarz, gehörnt, bockartig; der Stein zwischen beiden.
γ Christus auf den Zinnen des Tempels, links daneben der Teufel. Der Tempel gleicht der Westansicht einer Kathedrale; an der Stelle des Giebels, zwischen den beiden Thürmen, sitzt der Heiland.
δ. Christus in gebietender Stellung gegen Flammen gewendet, die linksher aus dem Boden auflodern und über denen ein Zweig hervorragt.
b. Der Einzug in Jerusalem. Rechts Maria zwischen Petrus und Paulus, dann Jesus auf dem Esel reitend. Vor diesen ist ein Tuch auf den Boden gebreitet.
Die Zwickel der Kappen sind, wie bereits angegeben ist, meist mit Grotesken, einige mit Zweigwerk bemalt, und bieten diese keinen Anlaß näher auf sie einzugehen, da ein tieferer Sinn, eine Beziehung auf die Malereien über ihnen nicht dahinter steckt; doch soll jener Einfall des alten Künstlers nicht unerwähnt bleiben, der an einem Zweige auf dem rechten Zwickel der nördlichen Kappe des vorderen Gewölbes einen Mann am Halse aufgehängt dargestellt hat; laut der Beischrift ist es Judas der Verräther, welcher hier baumelt. Gesagt ist schon, daß zwei Zwickel, die der hintersten Kappe, derjenigen, auf welcher Christus in seinem Triumphe dargestellt ist, von den übrigen völlig verschieden sind und je eine Figur enthalten, Gewappnete, die, mit dem Körper halb nach vorne gewendet, einander anschauen. Die Köpfe derselben sind mit Topfhelmen bedeckt, auf denen aus gelben Kronen mächtige Pfauenfeder=Kämme oder =Büsche, roth mit gelben Augen, sich erheben. Die Körper sind völlig gepanzert; die Brust umfängt ein Harnisch von der Länge nach an einander gefügten Platten, welcher oben mit gelben Ornamenten besetzt ist. In
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der Rechten halten sie ein auf den Boden gestütztes, abwärts wehendes Banner mit einem gelbgekrönten Stierkopfe ohne Halsfell auf gelbem Grunde, und mit der Linken fassen sie am oberen Rande einen dreiseitigen Schild mit dem gleichen Bilde.
Aus dem Vorstehenden ergiebt sich, daß den Malereien zwei verschiedene Gedanken zu Grunde liegen, indem einmal der Fall des menschlichen Geschlechtes und dessen Erlösung parallelisirt, andererseits die Theilnahme der Mutter Jesu an dem Leben, Leiden und schließlichen Triumphe des Sohnes dargestellt werden sollte. Daß dies in vollkommenster, klarster Weise gelungen wäre, läßt sich nicht behaupten, denn es bedarf allerdings erst eines gewissen Suchens und Ueberlegens, ehe man sich in die Gesammtordnung hineinfindet; aber es scheint auch die Aufgabe, welche dem Meister gestellt worden ist oder welche er sich gestellt hat, derartig zu sein, daß eine völlig befriedigende Lösung von vorne herein ausgeschlossen war. Wenig günstig springt dieser Dualismus dadurch in die Augen, daß die kleineren Darstellungen auf dem westlichen Gewölbe eingerahmt sind, während dieselben auf dem hinteren ohne äußerere Abgrenzung gegen die größeren Gruppen und gegen einander geblieben sind. Der Gesammteindruck eines jeden der beiden Gewölbe ist dadurch ein gänzlich verschiedener geworden, indem das östliche Gewölbe leicht, hoch und luftig erscheint, während das westliche mehr einen lastenden und Schweren Eindruck macht. Daß der Maler die verschiedenen Behandlungsweisen aus inneren Gründen gewählt habe, ist nicht wohl zu glauben, aber auch nicht mit Sicherheit zu muthmaßen, welches von beiden Gewölben das früher ausgeführte gewesen sei, wenn der Grund der verschiedenen Anordnung der wäre, daß das erst gemalte Gewölbe Seinen oder Seiner Auftraggeber vollen Beifall nicht fand, und daß er deswegen das zweite Gewölbe in anderer Weise behandelte. ES ist jedoch ungleich wahrscheinlicher, daß der Maler, da er die Apostel als Theilnehmer an dem Triumphe Christi darstellen wollte, und diese daher auch von der Hauptgruppe nicht abtrennen durfte, genöthigt war, auch auf den übrigen Kappen desselben Gewölbes auf die Borde und Leisten zu verzichten, durch welche auf dem vorderen die kleineren Gruppen von den größeren und unter einander übersichtlich getrennt sind, dem hier nichts entgegenstand. Die Bilder Selbst anlangend, So Sind dieselben für den, welcher ohne Vorurtheil ihnen gegenübertritt, bei aller Naivetät durchaus befriedigend, würdevoll und erfüllt von jener frommen Innigkeit, welche in den Werken der Maler und
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Bildschnitzer unserer Vorzeit die nicht völlig correcte Wiedergabe der Körper und ihrer Bewegungen durchaus übersehen macht. Selbst die mangelhaftere Zeichnung der nackten Körper in den Schöpfungsscenen und der Geschichte des Sündenfalles ist keineswegs Anstoß erregend, und häßlich könnte man nur die Geiselung nennen, wenn nicht diese Gruppe bis auf den Schildträger eine später, wahrscheinlich in Folge der Reparatur der Kappe ausgeführte Arbeit wäre, was daraus hervorgeht, daß die Konturen hier mit Schwarzgrau hergestellt waren, während im Uebrigen Braun dazu verwendet worden ist. Daß übrigens unser Maler einen hervorragenden Platz unter den Meistern seiner Zeit einnehme, kann schon aus dem Grunde nicht behauptet werden, weil es an einem Maßstabe, an anderen Werken ähnlicher Art zur Zeit noch zu sehr fehlt, und wird es auch keinem Zweifel unterliegen, daß, wie noch heute Griechen und Russen, die alten Maler nach gewissen handwerksmäßigen Traditionen arbeiteten, so daß die Schwächen wie das Lobenswerthe der Bilder zum überwiegenden Theile nicht so sehr als individuelles Fehlen und Verdienst des Urhebers, sondern als Mangel und Vorzug der Epoche überhaupt zu betrachten sind.
Es erübrigt noch ein Wort über die muthmaßliche Entstehungszeit der Malereien zu sagen. Nach Analogien läßt sich diese nicht feststellen, da es eben daran mangelt, und hat man sich deswegen an andere Umstände zu halten, die etwa einen Fingerzeig geben können. Dr. Lisch hat im Jahre 1847 (Jahrb. XII, S. 464) den Bau des Chores kurz vor die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts gesetzt; doch haben neuere Erfahrungen gelehrt, daß der Uebergangsstil noch weit später in Uebung blieb, als man früher annehmen zu müssen glaubte, und man wird der Wahrheit wohl näher kommen, wenn man den Bau trotz der alterthümlichen Motive, welche sich an demselben finden, in die Mitte der zweiten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts verlegt. Auch könnten die Gewölbe wohl erst dem 14. Jahrhundert angehören, da dieselben nicht durch einen Gurtbogen, sondern durch einen birnförmigen, den Rippen gleichen Stab von einander getrennt sind. Aelter sind also die Malereien dann auch nicht. Wir wollen kein Gewicht darauf legen, daß die Füße des Heilandes am Kreuze auf einander gelegt sind, da man nicht weiß, wann die ältere Weise, die Füße neben einander zu stellen, bei uns verlassen wurde; aber einen ziemlich deutlichen Fingerzeig für die Datirung der Bilder geben die beiden Gestalten in den Zwickeln der östlichen Kappe des hinteren Gewölbes, welche
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oben beschrieben sind. Daß dieselben Herren von Werle vorstellen sollen, kann nicht zweifelhaft sein, da sie .einen gekrönten Helm auf dem Kopfe tragen und das Werlesche Wappenbild, den gekrönten Stierkopf ohne Halsfell, in Schild und Banner führen, und Zweifel daran könnte nur der Helmschmuck, der Pfauenfederkamm, erregen, da der eigentlich und ursprüngliche Helmschmuck der Nachkommen des zweiten Enkels Heinrich Borwins I. in zwei mit Federn besteckten Rosetten bestand, welche mittelst Stangen, die sich kreuzten, auf dem Helm befestigt waren, 1 ) Wie aber die Meklenburgische Linie des Wendischen Hauses zwischen 1331 und 1343 2 ) die mit Federn besteckten Hörner der Rostocker Linie statt der bisherigen Helmzier adoptirte, so hat auch gleichzeitig Nicolaus III. von Werle=Güstrow, wie wir aus seinem Secrete, welches zuerst 1344 sich findet, wissen, 3 ) aus seinen Helm den Federkamm des Hauses Meklenburg gesetzt, und daher dürfen wir die Entstehung der Malereien aus keiner früheren Zeit datiren, haben vielmehr Anlaß sie der Regierungszeit des gedachten Herrn zuzuschreiben, welcher 1360 oder 1361 gestorben ist, und in den beiden Gestalten ihn und seinen Bruder, Bernhard III. von Waren, der 1378 verstarb, zu erkennen. Zu dieser Zeit, der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts, dürfte auch die Tracht stimmen, ob schon der Plattenharnisch bedenklich erscheint. Daß die fürstlichen Brüder als Patrone der Kirche zur Darstellung gekommen sind, kann nicht zweifelhaft sein; aber dahin gestellt mag bleiben, ob durch ihre Bilder auch ausgedrückt werden sollte, daß sie die Arbeit ausführen ließen.
Die Malerei ist auf Anregung und Beförderung der Herren Landbaumeister Koch und Baurath Krüger, welche sich dadurch ein großes Verdienst um den Schmuck der Kirche wie nicht minder um die vaterländische Kunstgeschichte erworben haben, restaurirt, und zwar von Herrn Michaelsen aus Wismar, welcher seiner glaubwürdigen Versicherung nach mit gewissenhafter Treue und Pietät den alten Umrissen nachgegangen ist. Verbessert hat er nur die Gestalten der beiden Büttel in der Darstellung der Geiselung, welche, wie erwähnt ist, einer späteren Restauration angehören, die sie unförmlich stark gebildet hatte, und die Banner, in denen die Stierköpfe weiß geblieben waren, und ganz neu gemacht ein paar Zwickel, indem er an Stelle der völlig verloschenen Grotesken
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Laubwerk malte, sowie die gleichfalls fast unkenntlich gewordenen Gruppen, welche Kains Mord, die Geburt Jesu und Jesus im Tempel lehrend darstellen, die er nach alten Vorlagen ergänzte.
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Von Dr. F. Crull.
Nachdem an den Gewölben des Chores der Teterowschen Kirche ausgedehnte Malereien entdeckt worden waren, kamen solche auch in dem Chore der Kirche zu Gnoien zum Vorscheine, welche gleichzeitig einem Umbaue unterzogen wurde. Auch hier besteht der Chor, der dem älteren Uebergangsstile angehört, aus zwei Jochen, welche aber nicht quadratisch, sondern länglich rechteckig sind und durch einen Gurtbogen 1 ) getrennt werden. Wie in Teterow sind aber auch hier beide Gewölbe bezüglich der Malerei nicht gleich behandelt, nur daß die abwechselnd grünen und grauen Krabben, welche die Rippen begleiten, sich auf dem einen wie auf dem anderen finden.
Die vier Kappen des östlichen Gewölbes zeigen je eine Halbfigur, Kniebilder, von denen die auf der östlichen und der westlichen Kappe von einer aus Grau und Grün, getrennt durch Weiß, längsgestreiften schildförmigen Umrahmung eingefaßt sind, deren untere Spitze auf die Schildnath stößt, während der obere Rand auf die Rippen schneidet und gegen den Scheitel des Gewölbes eingezogen ist. Dieser obere Rand ist in gleicher Weise auch auf den seitlichen Kappen angeordnet, so daß ein von den Rippen durchschnittener Vierpaß gebildet wird, welcher ein Blatt=Ornament in Grün und Roth von höchst alterthümlicher Stilisirung einschließt.
Der Rahmen auf der östlichen Kappe enthält die Halbfigur Christi, der, angethan mit einem grauen Kleide und einem rothen und gelben Mantel, die Rechte segnend erhebt und in der Linken ein geschlossenes Buch hält. Der mit einem rothen Kreuze belegte Nimbus ist vergoldet. Neben den beiden Seiten des Hauptes stehen auf gelben Scheiben die Buchstaben. A und Ω in der bekannten mittelalterlichen Form.
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In der Umrahmung auf der westlichen Kappe sieht man die Mutter des Herrn, gekrönt mit goldener Krone, in grünem Gewande und mit einem über den Kopf gezogenen Mantel von Violet mit Gelb. Sie hält die Linke auf der Brust, und in der Rechten ein Spruchband mit der Legende:
V
M
RI
R
I
Auf der nördlichen Kappe ist Johannes der Täufer
angebracht, der in der Rechten sein Attribut
hält, eine schüsselförmige Scheibe, auf der das
Lamm Gottes mit der Siegesfahne, in der Linken
aber ein Spruchband, auf dem - von rechts her -
geschrieben steht: JOh
NN
S B
P
IS
, während das Lamm auf der Scheibe
umgeben ist von den Worten:
.
N
NVS. D
I. QVI.
OLLIS
Den Platz diesem gegenüber nimmt eine weibliche Figur ein, in grauem Gewande und mit einem über den Kopf gezogenen Mantel, welche die Linke etwas erhebt und in der Rechten ein Spruchband hält. Leider war die Inschrift auf demselben gänzlich verloschen, und ist es daher, und weil auch ein Attribut mangelt, unmöglich zu bestimmen, wen das Bild vorstellen soll. Es lag zwar nicht ferne an Elisabeth, die Mutter Johannes des Täufers, zu denken; allein diese wird in den gangbaren Verzeichnissen der Heiligen als solche nicht aufgeführt und ist namentlich auch in Meklenburg in Einzeldarstellung noch nicht beobachtet. Einstweilen hat man die Figur als Mariens Mutter, die h. Anna, gedeutet. Uebrigens sind deutliche Spuren vorhanden gewesen, daß an dieser Stelle zuerst ein bärtiger Kopf hat ausgeführt werden sollen.
Auch den Scheitel des vorderen, des westlichen Gewölbes umgiebt eine Rosette, welche aber hier nicht aus Blattwerk besteht, sondern aus verschlungenen Grotesken mit Ranken dazwischen; auch ist dieselbe nicht von einem Vierpasse eingeschlossen.
Auf der südlichen Kappe ist die Verkündigung dargestellt. Rechts steht der Engel in grün und rothem Gewande, die Rechte, über deren Spitze die Taube innerhalb eines Nimbus sich herabläßt, erhebend und in der Linken ein Spruchband haltend; Maria, grün und roth bekleidet, sitzt auf einem Thronstuhl; sie erhebt, das Haupt etwas gesenkt, die Rechte, ein Spruchband berührend, staunend und erschreckt, während sie in der Linken eine Laute hält. Die Legenden der Spruchbänder waren verloschen.
Die westliche Kappe enthält die Geburt Christi. Maria liegt der Länge nach ausgestreckt auf einem Lager unter einer Decke und umfaßt den Kopf des in Windeln in einer
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kastenförmigen Krippe liegenden Jesuskindes. Zu ihren Füßen sitzt der heilige Nährvater Joseph, mit einem Judenhute auf dem Kopfe, und hinter der Krippe sehen Esel und Rind herüber. Rechts von diesen zeigt sich ein Hirte, und über Marias Haupte steht der Stern.
Eine Kreuzigung nimmt die nördliche Kappe ein. Das Kreuz ist gelb und mit grauen Kanten versehen. Die Enden sind gleichfalls grau, mit einem gelben Vierpasse belegt und mit vier Knöpfen besetzt. Christus, der einen blaugrauen Schurz um die Lenden hat, hält das Haupt ziemlich stark geneigt. Der Körper ist etwas gebogen, und die Füße sind aufeinander geheftet 1 ). Zu Füßen des Kreuzes ist ein Schädel mit Gebeinen angebracht. Zu beiden Seiten stehen auf Bodenstücken Maria und Johannes der Evangelist in trauernder Haltung, jene in weißem Gewande mit roth und grünem Mantel, dieser in grauem Kleide und grünem Mantel.
Auf der östlichen Kappe sieht man in einer aus Grau, Weiß, Grün und Roth hergestellten Mandorla, an welche sich in Dreiviertelkreisen die Sinnbilder der Evangelisten anschließen, die Krönung der Mutter Gottes.
Diese Bilder sind auf Veranlassung des Herrn Bauraths Krüger durch Herrn Michaelsen in Wismar wieder aufgemalt worden.
Wenn der Chor auch entschieden dem früheren Uebergangsstile angehört, so läßt sich doch die Zeit seiner Erbauung urkundlich nicht nachweisen. Da es aber sicher ist, daß die Kapelle des heiligen Blutes in Doberan 1248 dedicirt und die S. Marienkirche in Parchim 1278 consecrirt wurde, welche beide gleichfalls den Uebergangsstil zeigen, so geht daraus hervor, daß derselbe von rund 1240 bis 1280 der in Meklenburg herrschende war, wenn dies auch nicht die genauen Grenzpunkte sein mögen. Und wenn wir dann finden, daß der Bischof Hermann von Kammin, der Ordinarius, am 23. Juni 1257 eine Urkunde über eine am Tage vorher in Dargun geschehene Verleihung in dem bei dieser Gelegenheit zuerst genannten Gnoien ausgestellt hat, so konnte es sehr wohl sein, daß er behufs Consecration der Kirche dorthin gereist
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wäre 1 ). Ob aber die Malereien so alt sind, ist bislang nicht zu entscheiden. Sie sind auf den frischen Putzgrund aufgetragen; aber es ist eben so wenig wahrscheinlich, daß man die Gewölbe alsbald, sondern erst nach Verlauf kürzerer oder längerer Frist mit Putz versehen habe, als es nothwendig ist, daß die Gewölbe sofort ausgeführt worden sind. In der Kirche selbst, welche als dreischiffige Hallenkirche angelegt ist, ist das allem Ansehen nach auch nicht geschehen, sondern hat man erst im 14. Jahrhunderte achteckige Pfeiler aufgeführt und mittelst dieser das Gewölbe der nunmehr zweischiffigen Hallenkirche hergestellt. Auch in Teterow, für dessen Malereien wir die Mitte des 14. Jahrhunderts als Entstehungszeit anzunehmen Gründe hatten, mag das Gewölbe später eingespannt sein; doch liegt in Gnoien zwischen Erbauung des Chores und Einwölbung desselben auf keinen Fall ein so langer Zwischenraum wie dort, da der Gurtbogen zwischen den Gewölben und die massiven, schlechthin halbcylindrischen Rippen entschieden auf das 13. Jahrhundert, und zwar auf den Uebergangsstil, die vorgothische Zeit hindeuten. Wenn es dann endlich unwahrscheinlich ist, daß das Gewölbe nicht sofort verputzt wäre, so darf man wohl schließen, daß die Bemalung desselben in das dritte Viertel des 13. Jahrhunderts falle, etwa gegen oder um 1270 zu datiren sei 2 ). Die Ornamente stimmen sehr wohl zu dieser Zeit, und was das Figürliche anlangt, so dürfte auch von daher Nichts entgegenstehen. Es ist noch nichts Handwerksmäßiges in den vier Gestalten, welche von dem östlichen Gewölbe herunterschauen. Sie sind von einer Würde, die keine conventionelle ist, und wiederum frei von der Starr=
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heit der Bilder, welche aus der byzantinisch=romanischen Periode auf uns gekommen sind; und wenn auch die Gruppenbilder des vorderen Gewölbes den Figuren des östlichen an Adel und Correctheit nachstehen - sie sind jedenfalls von verschiedenen Händen -, so zeigen sie doch dieselbe Unbefangenheit wie diese. Auffallend an den Bildern beider Gewölbe ist der theils unbeholfene, theils gänzlich mangelnde Anschluß an die Architektur. Er ist ausgeführt oder versucht bei den Figuren des Heilandes und Mariens auf dem hinteren Gewölbe, und auf dem vorderen ist die Vertheilung auf die Fläche wenigstens bei den Darstellungen der Verkündigung, der Kreuzigung und der Krönung Mariens nicht unvollkommen. Durchaus aber mangelt er bei der Darstellung der Geburt Christi, und völlig ohne Verbindung schauen die Halbfiguren des Täufers und der ihm gegenüber ausgeführten Heiligen vom Gewölbe herab; sie sehen aus wie Skizzen auf einem Papier. Daß man diesen Mangel bei der Restauration der Bilder nicht verbessert hat, entspricht entschieden den gesunden Principien einer solchen. Die Ausführung anlangend, so ist überraschend, daß wir die Bilder nicht bloß in kräftigen Konturen finden, die mit den Localfarben ausgefüllt sind - das ist nur bei den Fleischtheilen der Fall -, sondern daß auch schon eine, wenn auch geringe Modellirung in den Gewändern angebracht ist; doch versichert der restaurirende Maler mit größter Entschiedenheit auch in diesem Punkte mit absoluter Bescheidenheit vorgegangen zu sein.
Die Bilder, vor allem das des Johannes Baptista, sind an sich von Bedeutung, ganz besonders werthvoll aber für die heimische Kunstgeschichte. Möchten sie zusammen mit den bereits wieder zu Tage gelegten im Dome zu Schwerin, in der Kirche zu Lohmen und in der Kapelle des h. Blutes zu Doberan - letztere beide vom Herrn Professor Andreä in Dresden restaurirt - und den Teterowschen dazu beitragen, daß die anderwärts noch unter der Tünche verborgenen zu neuem Leben erweckt werden.
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Von Dr. F. Crull.
Aus der Beschreibung der Kirche zu Gnoien von Dr. Lisch im Jahrbuche von 1847 (XII, S. 462) ist bekannt, daß dieselbe dem 13. Jahrhunderte und dem Uebergangsstile
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angehört, daß das Schiff (im 14. Jahrhunderte) zu einem zweischiffigen gemacht ist, und daß der Thurm wahrscheinlich 1445 erbaut wurde. Derselbe Begründer unserer vaterländischen Archäologie erwähnt auch des Altarschreins dieser Kirche, giebt aber keine nähere Beschreibung desselben, weshalb eine solche hier nachträglich Platz finden möge.
Den mittleren Platz im feststehenden Haupttheile nimmt ein schönes geschnitztes Muttergottesbild ein, dem zwei schwebende Engel eine Krone über dem Haupte hielten - der eine Engel und die Krone fehlen -, während zwei andere die Laute spielend zu den Füßen der Hauptfigur sitzen. In die Hohlkehle des Rahmens sind unter Baldachine rechts die h. Barbara und Katharina, links die h. Dorothea und Agnes gestellt. An jeder Seite des Marienbildes sind zwei Compartimente über einander angeordnet und in jedem Flügel deren vier, welche geschnitzte Gruppen enthalten, die Mariens Leben (und die Kindheit Jesu) zur Anschauung bringen. Es sind folgende:
1: Mariens Seele wird in den Himmel genommen.
2: Mariens Geburt.
3: Maria ersteigt die fünfzehn Stufen des Tempels.
4: Mariens Vermählung.
5: Die Verkündigung.
6: Die Heimsuchung.
7: Christi Geburt.
8: Die Beschneidung.
9: Die Anbetung der h. drei Könige.
10: Die Darstellung Jesu im Tempel.
11: Die Flucht nach Aegypten.
12: Mariens Tod.
Das Bild, welches das letzte sein sollte, ist also versehentlich das erste geworden.
Jede Gruppe besteht aus zwei bis zwölf, durchschnittlich aus sechs Figuren, welche halbrund gearbeitet, überall gut angeordnet und von lebensvoller Bewegung, allerdings auch ziemlich realistisch gehalten sind; deutlich erkennt man, daß zwei verschiedene Schnitzer an dem Werke gearbeitet haben. Die Gruppen sind vorwiegend vergoldet und mit Farben
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staffirt. Auf den vergoldeten Hintergründen sind allenthalben je drei spitzbogige Nischen ausgespart und wie Fenster mit Rauten bemalt. Ueber jede Gruppe ist Rankenwerk in der Form eines Stichbogens gespannt.
Die Bilder auf der Südseite der inneren, sowie die auf den äußeren Flügeln sind bis auf einen unbedeutenden Rest auf dem inneren linken Flügel gänzlich zerstört. Man sieht jedoch noch, daß jeder dieser Flügel vier durch eine schöne Rankenbordure auf Goldgrund getrennte Abtheilungen enthielt, und erkennt in dem Erhaltenen, daß die beiden oberen Bilder die Dornenkrönung und Christus vor Pilatus, die beiden unteren aber Scenen aus dem Leben einer Heiligen darstellten; auf dem einen derselben nimmt eine Jungfrau einem Könige, der auf einem Thronsessel sitzt, die Krone vom Haupte, während der Vorgang auf dem zweiten unklar bleibt.
Auf der Predella waren die Anbetung der h. drei Könige und zu beiden Seiten ein paar Halbfiguren mit (unbeschriebenen) Spruchbändern gemalt gewesen; die Bemalung ist aber nahezu gänzlich zerstört, und zwar muß das schon früh geschehen sein, da man 1598 bereits eine Darstellung des Abendmahls darüber genagelt hat 1 ).
Das Werk gehört entschieden der Zeit um 1500 an und kann eher später als früher fallen, wie sich das aus dem in demselben offenbaren Realismus, aus dem entschiedenen Vorherrschen des vegetativen Ornaments und der Bildung des M in der Schrift um das Haupt der Maria ergiebt, welches einem H gleicht, von dessen wagerechten Balken zu Mitten noch ein senkrechter abgeht. Es gehört durchaus zu den werthvolleren Arbeiten dieser Art; und wenn es auch den Adel und die demuthsvolle Innigkeit älterer Werke vermissen läßt, so entschädigt es doch durch seinen Reichthum und das Lebensvolle der Vorgänge, wie denn auch eine ansprechende Lieblichkeit durchaus nicht fehlt.
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Bei Gelegenheit der Beschreibung der Kirche zu Teterow in den Jahrbüchern XII, 1847, S. 464 habe ich auch die in der Kirche liegenden Leichensteine verzeichnet. Unter diesen Denkmälern war damals auch ein sehr abgetretener Leichenstein auf dem Grabe der (jetzt ausgestorbenen) altadeligen Werleschen Vasallen=Familie von Rumpeshagen, dessen Inschrift, so weit sie lesbar war, ich a. a. O. S. 465 mitgetheilt habe.
Diese Inschrift war aber nur der Anfang, jedoch der Haupttheil. Im Frühling 1880 hat nun Herr Dr. Crull zu Wismar die Kirche nach deren jüngster Restauration besucht, und über diesen Leichenstein Folgendes berichtet. Der in den Jahrbüchern XII, 1847, mitgetheilte Anfang der Inschrift ist jetzt nicht mehr zu lesen. Dagegen hat Herr Dr. Crull das Ende der Inschrift lesen können, welches 1847 nicht zu lesen, vielleicht verdeckt war.
Durch diese Entdeckung läßt sich jetzt die Inschrift ganz herstellen, wie folgt.
Der Anfang lautete 1847 nach meiner Lesung in Jahrb. XII, S. 465:
Das Ende lautete 1880 nach Dr. Crull's Lesung:
Die ganze Inschrift lautet also:
Anno domini M.CCC.XCIX. (1399), in profesto beatorum apostolorum Philippi et Jacobi (April 30), obiit Lutghart uxor Vickonis Rumpeshagen et Ghertrudis filia eius. Orate pro eis.
G. C. F. Lisch.
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Im Jahre 1880 ward die älteste Glocke der Kirche zu Döbbersen zu Wismar umgegossen. Diese Gelegenheit be=
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nutzte Herr Dr. Crull zu Wismar, die Inschrift dieser Glocke zu prüfen und abzuschreiben. Derselbe schickte zur größern Sicherheit auch eine Durchreibung der ganzen Inschrift an den Verein.
Hiernach lautet die Inschrift:
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(Anno domini MCCCCXXIX (1429) hoc uas fusum est. Hans Rode me fecit. O rex glorie Criste [veni cum pace]. Amen.)
Die Zahlzeichen der mindern Zahl sind sehr geschnörkelt, undeutlich und offenbar mißverstanden. Man könnte vielleicht auch 1499 lesen. Herr Hofglockengießer Albrecht zu Wismar hatte die Güte, einen Gypsabguß von dem Original der mindern Zahl zu nehmen und dem Verein zu senden; aber dieser löset auch die Räthsel nicht.
Schon in den Jahrbüchern VI, 1841, B, S. 86 hat Ritter diese Inschrift gebracht. Er liest aber die mindere Zahl et IX (1409) statt XXIX (1429). Das Wort et steht aber bestimmt nicht da, ist auch nicht stilgemäß in Zahlen. Am gerathensten wird es sein, XXIX (1429) zu lesen, wie auch Herr Dr. Crull nach dem Originale lesen zu müssen glaubt.
Auf dem Mantel der Glocke fand Herr Dr. Crull
noch ein rundes Medaillon mit einem schön
gezeichneten einköpfigen Adler mit
ausgebreiteten Flügeln, in einem Sechspaß, 7
Centim. im Durchmesser. Herr Hofglockengießer
Albrecht hat die Güte gehabt, dem Verein auch
von diesem Medaillon eine Gypsform zu schenken.
Am Rande des Sechspasses stehen große
lateinische Buchstaben in gothischer
Majuskelschrift, deren Zusammenhang aber nicht
deutlich ist. Ich glaube die Buchstaben
L und ThO zu erkennen,
L vielleicht für den Anfang von
Alpha, da Alpha und Omega (
Ω
) oft in kirchlichen Inschriften
vorkommen. Nach den Majuskelbuchstaben zu
urtheilen, ist dieses Medaillon viel älter als
die Glocke. Auch der Adler zeigt einen strengen,
vielleicht romanischen Stil.
G. C. F. Lisch.
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Von
E. von Voss,
Premierlieutenant im Großh. Mekl. Grenadier=Regiment Nr. 89.
Die Fahne seines Landesherrn ist das unantastbarste Gut des Soldaten. Nur mit Ehrfurcht blickt schon der Rekrut zu derselben empor, wenn sie im heiligsten Moment seiner ersten Dienstleistung vor seinen Augen entfaltet wird, und er, mit seinen Händen sie berührend, unter der Anrufung Gottes, seinem Fürsten und Herrn den Eid der Treue leisten soll. Aufmerksam lauscht der junge Soldat den Erzählungen der Veteranen von den Kämpfen und Schlachten, in denen diese Fahne zum Sturm vorangetragen ward, mit Stolz erfüllt ihn der Gedanke, daß diese Fahne nun auch die seine ist, und freudiger Muth durchzieht seine Brust bei dem Bewußtsein, daß, wenn dereinst auch an ihn der Ruf zur Vertheidigung des Thrones und des Vaterlandes ergehen sollte, diese Fahne auch ihm, sei es zum Siege, sei es zum Tode, voranleuchten werde.
Wenngleich nun auch in den älteren Zeiten der Fahne dieselbe Bedeutung beigelegt wurde, so würdigte man doch keineswegs, wie heute, ein hohes Alter derselben, die Spuren der überstandenen Feldzüge und einer ruhmvollen Vergangenheit; sondern die Fahne wurde, wenn der äußere Glanz derselben verschwunden war, ausrangirt und entweder auf den Kammern dem Zahn der Zeit überlassen, oder auch dem Commandeur, der die neuen Fahnen, bis auf die Leibfahne, die vom Landesherrn verliehen wurde, selbstständig zu be=
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schaffen hatte, zum Andenken geschenkt; nur allein auf möglichst lange Erhaltung der Fahnenstange wurde ein größerer Werth gelegt, während bis zur Mitte des 18. Jahrh. das Fahnentuch in ruhigen Zeiten durchschnittlich alle 5 Jahre erneuert ward.
Als Zeichen der Auflösung galt stets der Verlust oder die Vernichtung der Fahne. War sie in offener Feldschlacht in die Hände des Feindes gefallen, so war damit die betreffende Truppe aus der Liste der Armee gestrichen und mußte neu formirt werden. Wurde in Friedenszeiten dagegen eine Truppe, die gewöhnlich nur für die Dauer eines bestimmten Feldzuges geworben war, aufgelöst, so wurde das Fahnentuch sorgfältig von der Stange abgelöst und dann zerrissen, und dies war das Zeichen, daß die Mannschaften ihres dieser Fahne geschworenen Fahneneides nunmehr entbunden seien. Dieser Gebrauch wurde bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts beibehalten.
In den älteren Zeiten hatte jede Compagnie - die Compagnie bildete früher die administrative Einheit - ihre eigene Fahne. Die Farbe derselben war blau, und nur die Leibfahne, die der ersten Compagnie, war weiß.
In Preußen wurden erst 1787 den Compagnien die Fahnen genommen. Unter Herzog Christian Ludwig II. von Meklenburg=Schwerin deutet eine Verordnung vom 16. Octbr. 1756 darauf hin, daß in den beiden Infanterie=Regimentern Alt= und Jung=Zülow gleichfalls bei jeder Compagnie eine Fahne vorhanden gewesen ist; denn jene Bestimmung besagt, daß der Herzog die in den Militair=Reglements verschiedener Reichsstände, und so auch besonders in dem Königl. Preuß. Reglement für die Infanterie, Part. I, Tit. I, Art. VII enthaltene Verordnung, daß bei jeder Compagnie allezeit wenigstens ein Edelmann Gefreiter=Corporal sein und die Fahne tragen solle, forthin auch bei seinen Regimentern recipiret zu sehen verlangte. Andere Andeutungen lassen jedoch darauf schließen, daß schon zu dieser Zeit die meklenburgischen Compagnien keine Fahnen mehr besaßen. Spätestens jedoch mit dem Regierungsantritt des Herzogs Friedrich verschwinden die Compagnie=Fahnen, und fortan führte jedes Regiment nur noch im Frieden 2 und im Kriege, wo die nur für Kriegszeiten vorgesehene Eintheilung der Regimenter in je 2 Bataillone in Kraft trat, 4 Fahnen. Die erste Fahne des Regiments, bezw. Bataillons, die Leib= oder Avancir=Fahne, war weiß, die zweite, die Retirir=Fahne, aber blau.
Als später unter dem Herzoge Friedrich Franz die Regimenter auch in Friedenszeiten in je 2 Bataillone gegliedert
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wurden, führte jedes Bataillon seine 2 Fahnen. Erst als Meklenburg 1808 dem Rheinbunde beizutreten genöthigt wurde, mußten die Bataillone je eine Fahne ausrangiren. Da es denselben aber überlassen war, welche Fahne sie abliefern wollten, so gaben sie die schlechter erhaltene ab und behielten die bessere. Hierdurch ist es wohl gekommen, daß das 1. Bataillon Großh. meklenb. Füsilier=Regiments Nr. 90 - damals Regiment Erbprinz, später 2. Bataillon des Infanterie=Contingents=Regiments - eine blaue Fahne führt, während seitdem die blauen Fahnen aus der meklenburg. Armee verschwunden sind, und den später errichteten Bataillonen nur noch weiße Fahnen verliehen wurden.
Gehen wir nach diesen einleitenden Bemerkungen nunmehr zu den im Großherzogl. Arsenal zu Schwerin asservirten Fahnen über, so finden wir zunächst in der Trophäen=Gruppe Nr. 19, wie sich aus dem Folgenden ergeben wird,
I. Fahnen aus dem Zeitalter der Herzoge Christian Louis und Friedrich Wilhelm.
[No. 1.] Die Leibstandartenstange des Leib=Regiments zu Pferde aus den Jahren 16??-1713.
Dieselbe, in Form einer alten Ritterlanze, ist 3,28 Mtr. lang, von weißer Farbe und mit eisernem Schuh und Spitze versehen. In der Spitze befindet sich der Namenszug des Herzogs Christian Louis mit darüber befindlicher Krone. Das Standartentuch ist sorgfältig von der Stange entfernt, und jeder Nagel, womit dasselbe befestigt gewesen, ist ausgezogen. Es ist dies ein Beweis, daß die Compagnie, der diese Standarte angehörte, aufgelöst worden ist.
Unter dem Herzog Christian Louis befand sich in Meklenburg eine Leibwache zu Pferde etwa in der Stärke einer schwachen Eskadron. Als später der Herzog Friedrich Wilhelm ein ganzes Cavallerie=Regiment aufstellte, beauftragte er hiermit den Oberst von Krassow, der bisher in schwedischen Diensten gestanden hatte, und überwies ihm hierzu die schwachen Reste der Leibwache als Stamm. Diese wurde nunmehr ergänzt, verstärkt und bildete so die erste, die Leib=Compagnie des neuen Regiments, welches den Namen "Leib=Regiment zu Pferde" erhielt. Dasselbe war ursprünglich ein Dragoner=Regiment und als solches in Compagnien eingetheilt. Dragoner waren in damaliger Zeit berittene Infanterie, und nur die Hälfte der Mannschaft hatte Pferde.
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In Folge eines Subsidien=Vertrages mit Preußen wurde das Regiment 1701 dem unter Oberbefehl des Prinzen von Baden stehenden Corps zugetheilt, welches Preußen als Reichstruppen zum spanischen Erbfolge=Krieg zu stellen hatte. Preußen übernahm die Besoldung und Verpflegung des Regiments und hatte für jeden fehlenden Mann 70 Thlr. zu zahlen. Nach den Bestimmungen für die Reichstruppen erhielt das Regiment neues Fahnentuch, das auf der einen Seite das Meklenburger, und auf der anderen Seite das Reichs=Wappen gemalt zeigte.
Im Verlauf dieses Feldzuges hatte das Regiment mehrfach Gelegenheit sich in hervorragender Weise auszuzeichnen, namentlich in der Schlacht bei Hochstädt, wo der Commandeur desselben, Oberst von Krassow, an der Spitze des Regiments bei einer Attaque auf französische Cavallerie schwer verwundet wurde. Von Krassow erhielt hierauf wegen seiner in dieser Schlacht gezeigten vorzüglichen Bravour den Orden de la générosité.
Zur Zeit der Schlacht von Hochstädt bestand das Offizier=Corps des Regiments aus:
Oberst von Krassow,
Oberstlieutenant von Wedell,
Capitain von Waldow,
" Berner (von Barner),
Lieutenant von Barsse,
" Holland,
" Heidemann,
" von Sternberg,
" Welling,
Cornet Sibelius,
" Blüchert (von Blücher),
" (von) Wenkstern,
" (von) Bülow.
Die erhaltenen schweren Verwundungen machten es Krassow jedoch unmöglich, das Regiment weiter zu führen. Er kehrte daher nach Meklenburg zurück, nachdem er das Commando an den Oberstlieutenant von Wedell abgegeben hatte. Als dieser im März 1709, in Folge der Strapazen des Feldzuges, gestorben war, wurde der Major von Waldow unter Beförderung zum Oberstlieutenant zum Chef des Regiments ernannt, und der Rittmeister - früher Capitän - v. Barsse übernahm die erledigte Leib=Compagnie.
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Ende 1704 war die Convention mit Preußen gekündigt worden, und der Herzog hatte seitdem das Regiment als eigenes Reichs=Contingent zu stellen.
Im Winter 1712/13 stand das Regiment bei der
Reichs=Armee am Ober=Rhein unter dem Befehl des
Herzogs Eugen von Württemberg. Unter den
unglücklichen Verhältnissen, worin sich
Meklenburg damals befand, war es dem Herzog
Friedrich Wilhelm unmöglich, das Regiment mit
Sold, Kleidung, Ersatzmannschaft
. genügend zu versehen, und der
Zustand desselben war um so trauriger, weil auch
die Verpflegung zum Theil sehr schlecht war, oft
sogar gänzlich ausblieb. Da alle Verwendungen
des Herzogs und des Obersten von Waldow die Lage
des Regiments zu verbessern vergeblich waren,
und der Herzog doch das Regiment erhalten wissen
wollte, so trat derselbe unter der Hand mit
Hessen=Cassel wegen Aufnahme des Regiments in
Unterhandlungen, und befahl dem Oberst v. Waldow
die Reichs=Armee heimlich zu verlassen und mit
dem Regiment nach Hessen zu marschiren
1
).
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Dieser heimliche Abmarsch erregte allgemeines und großes Aufsehen bei der Armee und wurde dem Kaiser und dem Reichshofrath in den gehässigsten Farben geschildert. Es wurde viel über diesen Gegenstand verhandelt, sogar die exemplarische Bestrafung des ganzen Offizier=Corps verlangt; doch glich sich die Sache endlich in Güte aus.
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Mitte 1713 nach Meklenburg zurückgekehrt, wurde das Regiment auf 2 Compagnien reducirt. Unter den aufgelösten Compagnien befand sich auch die des Rittmeisters v. Barsse. Mit der Standarte derselben wurde also, wie oben in der Einleitung erwähnt, verfahren, und die Offiziere und Mannschaften entlassen.
Die Uniform des Regiments bestand in: Hosen von Ziegenbockleder, Kamisol von Schafbockleder, Karabiner= und Degen=Gehenke von Büffelleder.
An Gehalt erhielten:
Capitain 34 Thlr.,
Lieutenant 22 Thlr.,
Cornet 16 Thlr.,
Wachtmeister 8 Thlr.,
Quartiermeister 7 Thlr.,
Feldscher 5 Thlr.,
Corporal 4 Thlr. 24 ßl.,
Gemeiner 3 Thlr.
1718 wurde das Regiment wieder completirt, nahm thätigen Antheil an der ruhmreichen Schlacht von Walsmühlen und wurde darauf nach der Ukraine gesandt, um dort für den Herzog Carl Leopold conservirt zu werden. 1748 wurde aus den letzten Ueberresten des Regiments von dem Herzoge Christian Ludwig die Leibgarde zu Pferde formirt, woraus wieder 1810 die Grenadier=Garde hervorging.
II. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Friedrich Wilhelm.
Aus der Zeit des Herzogs Friedrich Wilhelm befinden sich im Arsenal noch 2 Infanterie=Fahnen, von denen die eine, wie weiter ausgeführt werden wird, nur dem Regimente v. Buchwald - Prinz Christian Ludwig - und die andere dem Regiment Schwerin - Bohlen angehört haben kann.
Außer dem Leib=Regiment zu Pferde hatte der Herzog Friedrich Wilhelm noch 2 Infanterie=Regimenter - die Regimenter von Buchwald und von Schwerin - aufgestellt, die für die Dauer des spanischen Erbfolge=Krieges gegen angemessene Entschädigung den Generalstaaten der Niederlande überlassen waren.
Das erstere Regiment war anfangs das stärkere, und standen bei demselben zur Zeit der Schlacht von Hochstädt folgende Officiere:
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I. Comp. |
VI. Comp. |
Leib=Comp.( Oberst v. Buchwald). | Capitain Isensee. |
Capitain v. Ferber. | Lieutenant v. Buchwald. |
Fähnrich v. Berg. | Fähnrich Norle. |
II. Comp. |
VII. Comp. |
Oberst v. Kahlden. | Capitain v. Weltzien. |
Lieutenant Poujol. | Lieutenant Nemque. |
Fähnrich v. Sperling. | Fähnrich Nimfius jun. |
III. Comp. |
VIII. Comp. |
Major v. Warensdorf. | Capitain Wohnsflet. |
Lieutenant v. Lepel sen. | Lieutenant Fedder van der Schloot. |
Fähnrich v. Kahlden. | Fähnrich Bilderbeck. |
IV Comp. |
IX. Comp. |
Oberstl. v. Köppern. | Capitain de Variencour. |
Capitain v. Normann. | Lieutenant Remers. |
Fähnrich Holste. | Fähnrich Bischwang. |
V. Comp. |
X. Comp. |
Capitain v. Lepel. | Oberstl. v. Uffeln. |
Lieutenant Boock. | Capitain v. Horn. |
Fähnrich v. Normann. | Lieutenant Nimfius sen. |
Fähnrich Kibach. |
Der Oberst von Buchwald, von dem derzeitigen rohen Zeitgeist verleitet, ließ sich jedoch mancherlei Ausschreitungen zu Schulden kommen, und mußte dieserhalb 1704 das Commando des Regiments niederlegen. Der Herzog ernannte nunmehr seinen Bruder, den Prinzen Christian Ludwig, zum Chef dieses Regiments, und es machte seinem hohen Chef Ehre; denn von mehreren englischen Historikern wird bei der Beschreibung der Schlacht von Malplaquet mit der größten Hochachtung der Unerschrockenheit und Kaltblütigkeit der Holländischen Subsidien=Truppen - Meklenburger, Schotten und Braunschweiger - Erwähnung gethan.
Als das Regiment - wahrscheinlich 1709 - neue Fahnen erhielt, wurde die alte Leibfahne wohl, wie dies stets der Fall war, dem bisherigen Chef, dem Prinzen Christian Ludwig, zum Andenken überlassen. Bei den übrigen Fahnen pflegte nur das Fahnentuch durch ein neues ersetzt zu werden. Wir finden diese Fahne in der Trophäen=Gruppe Nr. 19:
[No. 2.] Die Fahnenstange von Ellernholz ist 3,30 Mtr. lang; und die Farbe derselben ist bereits gänzlich abgegriffen.
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Fahnenspitze - 17 Centimeter hoch - und Schuh sind von Bronze. In der sehr schön gearbeiteten Spitze ist der Namenszug des Herzogs mit darüber befindlicher Krone angebracht. Das Fahnentuch, 178 Cent. breit, mit 91 Pinnen befestigt, ist einfach, von weiß seidenem Taffet und aus 2 Längsstreifen zusammengenäht. Nur der vordere Theil desselben ist noch erhalten, und auf beide Seiten ist das Meklenburger Wappen und über demselben ein goldenes, 98 Centim. langes und 9 Centimeter breites Band mit der Devise "Provide et Constanter" gemalt. In den Ecken befindet sich je eine crepirende Granate, und längs des Randes läuft eine gemalte goldene Schnur oder Guirlande.
Die Fahne zeichnet sich vor allen anderen gleichzeitigen und jüngeren Fahnen durch edlere Materialien und saubere, bessere Arbeit in der Ausführung bemerkenswerth aus. Dies läßt die Vermuthung zu, daß der Prinz Christian Ludwig bei seiner Ernennung zum Chef diese Fahne dem Regiment geschenkt hat. -
In der Gruppe Nr. 22 finden wir die Fahne der 5. Compagnie - v. Bohlen - des Infanterie=Regiments von Schwerin, später v. Bohlen:
[No. 3.] Die Fahnenstange von Ellernholz ist blau
bemalt; das untere Ende derselben ist in
vandalischer Weise abgesägt worden, um die Fahne
besser placiren zu können (!), und von der
bronzenen Spitze ist nur noch der Fuß vorhanden.
Die Fahne, von einfacher blauer Seide, ist zur
Zeit noch gegen 1 Meter lang. Malerei, Devise
. ist übereinstimmend mit der vorigen.
Im Jahre 1701 wurde mit dem Capitain Ernst Heinrich v. Bohlen eine Capitulation dahin abgeschlossen, daß derselbe eine Infanterie=Compagnie anzuwerben und diese als Capitain zu commandiren habe; auch habe er die nöthigen Ober= und Unter=Officiere anzuwerben und mit diesen zu capituliren, so gut er könne. Diese Compagnie wurde als die fünfte dem Regiment von Schwerin zugetheilt.
v. Bohlen stand früher in schwedischen Diensten bei den von Carl XI. den Generalstaaten überlassenen Hülfstruppen, wo er 1696 im Feldzuge gegen Frankreich die rechte Hand verlor, welche er später durch eine künstliche, aus Eisenschienen gefertigte, ersetzte.
In der Schlacht bei Hochstädt, am 13. August 1704, commandirte v. Bohlen das Regiment. Als derselbe am Nachmittage dieser heißen Schlacht das Regiment zum Sturm
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gegen eine feindliche Batterie vorführte, den Degen in der eisernen rechten Hand und die Fahne, wie es die damalige Sitte für den Commandeur beim Angriff erheischte, in der linken, riß eine Kartätschkugel aus jener Batterie ihm die eiserne Hand und Degen weg. Unaufhaltsam drang Bohlen jedoch vorwärts, und erst als die Batterie genommen war, bestieg er sein Pferd, um zu der Bagage zurückzureiten. Unterwegs wurde er von dem Fürsten von Anhalt=Dessau angehalten, der ihn mit den Worten, ob er in drei Teufels=Namen etwa retiriren wolle, barsch anredete. Bohlen antwortete in seiner Weise: Mir ist die Hand abgeschossen, aber die H- haben nicht gewußt, daß ich im Rüstwagen eine andere in Vorrath habe; die will ich mir holen und sie (die Franzosen) dann, wie es sich gehört, mit Ew. Durchlaucht Hülfe auf den Trab bringen.
Als das Regiment nach Meklenburg zurückkehrte, war die Situation folgende:
I. (Leib=) Comp. |
VI. Comp. |
Oberst v. Bohlen. | Capitain v. Mecklenburg. |
Capitain de Horn. | Lieutenant Bergholz. |
Fähnrich Fischer. | Fähnrich Sauermann. |
II. Comp. |
VII. Comp. |
Major v. Schack. | Capitain v. Krackevitz. |
Lieutenant v. Lehwald. | Lieutenant v. Bohlen. |
III. Comp. |
VIII. Comp. |
Major v. Glöde. | Capitain v. Krassow. |
Lieutenant v. Köppen. | Fähnrich Troyens. |
IV. Comp. |
IX. Comp. |
Capitain de la Motte. | Capitain Mayer. |
Lieutenant v. Uechtritz. | Fähnrich v. Dythen. |
Fähnrich v. Krassow. |
X. Comp. |
V. Comp. |
Keine Liste vorhanden. |
Capitain Erich. | |
Fähnrich Marschall. |
Zum Chef des Regiments ward v. Bohlen erst jetzt bei seiner Rückkehr nach Meklenburg ernannt. Bei der 1717 vorgenommenen Reorganisation erhielt das Regiment neue Fahnen; daß aber Bohlen für die alte Fahne seiner Compagnie, welche nunmehr die Leib=Compagnie wurde, mehr Interesse hatte als für die der bisherigen Leib=Compagnie, ist natürlich,
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und scheint daher auch diese von ihm aufbewahrt worden zu sein. Nach Bohlens Tode, er starb 1717 als Commandant von Schwerin, ist die Fahne vermuthlich von seinen in Rügen lebenden Verwandten nicht beansprucht, sondern an das Zeughaus zurückgeliefert worden.
Mit den übrigen Fahnen geschah wohl, wie oben angegeben. -
III. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Carl Leopold.
Die unglücklichen politischen Verhältnisse zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nöthigten den Herzog Carl Leopold, um nicht zum Spielball der verschiedenen kriegführenden Parteien zu werden, eine größere Armee aufzustellen. Nach den auf uns überkommenen Listen bestand dieselbe aus:
a. Generalstab.
General v. Krassow.
Capitain Meyer, General=Quartiermeister.
" Kruse, Brigade=Major.
" Scharfenberg, Brigade=Major.
" Schultz, General=Adjutant.
Lieutenant Schröder, Stabs=Quartiermeister.
b. Cavallerie.
Leib = Regiment zu Pferde unter dem Brigadier v.
Waldow.
Dragoner = Regiment v. Vietinghoff,
später v. Mecklenburg.
Dragoner = Bataillon
v. Lilliestreng.
c. Stehende Infanterie.
Infanterie=Regiment v. Kahlden, früher v.
Bohlen.
Infanterie = Regiment v. Flohr,
früher Prinz Christian Ludwig.
Infanterie=
Regiment v. Krafft.
d. Landmilizen und Garnison=Truppen.
Schweriner National=Miliz unter Oberst v.
Buggenhagen.
Güstrower National=Miliz unter
Oberstl. v. Kohlhans.
Rostocker Garnison
unter Oberst du Puits.
Doberaner Bataillon
(2 Compagnien) unter Major v. Zülow.
e. Artillerie
unter Commando des Oberstlieutenants Vick.
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f. Russische Hülfs=Truppen.
Infanterie=Regiment v. Tilly.
Infanterie= Regiment v. Wallensky.
Leider hatte der Herzog sich aber nicht allein gegen äußere Feinde zu schützen, sondern auch Mißverständnisse, Zwistigkeiten mancherlei Art, namentlich mit der Ritterschaft, waren ausgebrochen. 1718 hatten diese Mißhelligkeiten zwischen dem Herzog Carl Leopold und den Ständen den heftigsten Grad erreicht. Von Seiten des Reichshofraths waren Erkenntnisse gegen den Herzog erlassen; da diese jedoch unbeachtet blieben, so beorderte der Kaiser Karl VI. die Höfe von Hannover und Braunschweig, ein Corps Niedersächsischer Truppen zusammenzuziehen, um damit jene Erkenntnisse in Sachen der meklenburgischen Ritterschaft gegen den Herzog zur Vollstreckung zu bringen und eine Untersuchungs=Commission in Rostock einzuführen.
Im Februar rückte dieses Corps in der Stärke von 12-14000 Mann unter General von Bülow in Meklenburg ein, dem der Herzog ein Observations=Corps, in der Stärke von 6000 Mann, bestehend aus dem Leib=Regiment zu Pferde, dem Dragoner=Bataillon Lilliestreng, den Infanterie=Regimentern von Kahlden und von Krafft, der Schweriner und Güstrower National=Miliz, der Artillerie und dem Russischen Infanterie=Regiment von Wallensky, entgegensandte.
Der Generalmajor von Schwerin, der dieses Corps commandirte, zog sich den erhaltenen Befehlen gemäß, bei Annäherung des Feindes langsam auf Schwerin zurück. Als jedoch der General v. Bülow ihm am 6. März 1719 bei Walsmühlen den Rückzug verlegte, griff er denselben energisch an und sprengte das feindliche Corps völlig auseinander.
Trotz dieses glänzenden Sieges glaubte der Herzog
sich dem Kaiser nicht länger widersetzen zu
können und ordnete daher an, daß die Landmilizen
. entlassen, die übrigen Truppen
aber nach Rußland transportirt werden sollten,
um dort für ihn conservirt zu werden. Diese
Expedition wurde angetreten von dem
Leib=Regiment zu Pferde, dem Dragoner=Regiment
von Mecklenburg, dem Dragoner=Bataillon von
Lilliestreng, den 3 Infanterie=Regimentern von
Kahlden, von Flohr und von Krafft und dem
Doberaner Bataillon von Zülow.
Das Leib=Regiment zu Pferde löste sich aber bereits während des Marsches auf; die Obersten von Lilliestreng und von Mecklenburg gingen nach Meklenburg zurück, was der Herzog
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Carl Leopold gestattete, und diesem Beispiel folgten im Lauf der Jahre nach und nach die übrigen Cavallerie=Offiziere, während die Mannschaften einer ewigen Desertion unterworfen blieben, so daß 1743 auch kein einziger Cavallerist mehr beim Corps anzutreffen war. Geschlossener und vollständiger dagegen blieb die Infanterie; doch hatten Desertion, Noth und Elend aller Art auch diese mehr als decimirt, zumal da seit dem Jahre 1726 das Corps keine Rekruten mehr anwerben durfte.
Als daher nach 27 jähriger Abwesenheit das Corps im Jahre 1746 nach Meklenburg zurückführte, waren bei dem Regiment von Zülow - früher Flohr - nur noch die Stämme von 9, bei dem Regiment von Schack - früher von Krafft - die von 3, bei dem Regiment von Kahlden aber nur der Stamm von einer Compagnie noch vorhanden, während das Bataillon Doberan sich bis auf einen Fähnrich ganz aufgelöst hatte. Da aber auch diese Stämme nur sehr schwach waren - manche Compagnien bestanden nur noch aus 5-8 Mann -, und die Mannschaften den Rückmarsch waffenlos antreten mußten, so ist es erklärlich, daß die Commandeure wohl nur auf Erhaltung der Leib= oder Regiments=Fahne bedacht sein konnten.
Im Großherzogl. Arsenal werden 2 Fahnen - eine weiße und eine blaue - aus dieser Zeit aufbewahrt, und es fragt sich daher, welchen Regimentern diese zuzuschreiben sind.
Der Oberst von Schack, früher Comp.=Chef im Regiment von Krafft, wurde nach von Krafft's Abgang zum Chef dieses Regiments ernannt. Nach von Krafft's Absentirung hatte sich aber dessen ganze Compagnie aufgelöst und war desertirt. Es wurde also nunmehr die Compagnie von Schack die Leib=Compagnie, und die Fahne derselben die eigentliche Regimentsfahne. Denn die bisherige Leibfahne wird jedenfalls nach Auflösung der Compagnie von Krafft, wie es der damalige Gebrauch für solche Fälle vorschrieb, vernichtet worden sein. Man wird daher auch sicher annehmen können, daß die blaue Fahne diesem Regiment angehört hat.
Wir finden diese Fahne in der Trophäen=Gruppe Nr. 22:
[No. 4.] Die Fahnenstange von Ellernholz, blau bemalt, ist z. Z. noch 2,45 Meter groß; die Spitze ist abgebrochen und der Fuß abgesägt (!). Die Fahne, von einfachem blauen Seiden=Rips, ist 1, 87 Meter lang und 1,85 Meter breit und aus 4 Längsstreifen zusammengenäht; der unterste Längsstreifen ist in der Nath abgerissen. In den Ecken befindet sich der Namenszug des Herzogs Carl Leopold mit Krone und von 2 Palmzweigen umgeben. Die Malerei auf der linken Seite der
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Fahne zeigt das Meklenburger Wappen, von einer Ordenskette umgeben, welche abwechselnd aus großen und kleinen sechseckigen Sternen besteht. In den größeren Sternen befindet sich ein Kreis, und in diesem wieder ein Sechseck, in den kleineren Sternen dagegen nur ein Kreis. Das Ordenszeichen, das hieran gehangen, befand sich auf dem vierten, dem abgerissenen Längsstreifen. Auf der rechten Seite befindet sich eine dreieckige golden strahlende Platte von 102 Centimetern Breite und ungefähr (das untere Ende fehlt) 120 Centimetern Höhe; in diesem ein zweites Dreieck, 55 Centimeter hoch und 50 Centimeter breit, aus dessen unterm Winkel rothe Flammen schlagen, und in den Flammen steht mit goldenen Lettern das Wort "Jesus"; darüber eine Krone. Um die obere Hälfte des größeren Dreiecks schlingt sich ein schwarzes Band von 12 Centim. Breite mit der Devise: - - "In hoc omnia vinco".
Der Oberst von Zülow hatte nach dem Tode des Generals von Flohr seine eigene Compagnie (Doberan) abgegeben, welche darauf anderweitig besetzt wurde, und übernahm mit dem Regiment von Flohr auch gleichzeitig die erledigte Leib=Compagnie desselben. Es ist daher sicher die weiße Fahne diesem Regiment zuzuschreiben.
[No. 5.] Von dieser sind nur noch die Reste des Fahnentuches vorhanden, die aus Unkenntniß an die oben besprochene Standartenstange des Leib=Regiments zu Pferde in Gruppe 16 angeheftet sind. Malerei, Devise u. s. w. entsprechen der vorigen Fahne.
Das ehemalige Regiment von Kahlden bestand bei seiner Rückkehr nur noch aus dem Capitain v. Uechtritz, 3 Sergeanten, 1 Gefreiten=Corporal und 1 Gefreiten, v. Uechtritz erhielt bei seiner Rückkehr die Artillerie=Compagnie in Dömitz. Sollte derselbe also bei dieser geringen Präsenz=Stärke überhaupt seine Fahne gerettet haben, so wird dieselbe wohl nach seinem Tode dem dortigen Zeughaus einverleibt und 1809, als Schill Dömitz eingenommen hatte, mit den übrigen alten Trophäen verbrannt worden sein.
IV. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Christian Ludwig II.
Von den in der Trophäen=Gruppe Nr. 22 aufbewahrten beiden Fahnen dieses Zeitalters fesselt unsere Aufmerksamkeit Zunächst:
[Nr. 6.] Die Leib=Fahne des Infanterie=Regiments Alt=Zülow, aus den Jahren 1748-53.
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An einer interimistischen Fahnenstange von Kiefernholz ist eine einfache weiß=seidene Fahne von 142 Centimetern Höhe, 140 Centimetern Länge befestigt, die aus vier Längsstreifen zusammengenäht ist. Die Malerei, auf beiden Seiten gleich, weist das Mecklenburgische Wappen, auf kriegerischen Emblemen ruhend, auf. Auf allen vier Seiten ist das Wappen von je einer krepirenden Granate umgeben, und in den vier Ecken befindet sich unter einer Krone der Namenszug des Herzogs Christian Ludwig. Decorirt wird der Namenszug auf beiden Seiten von je zwei Lorbeerzweigen mit Früchten, die durch eine blaue Schleife zusammengehalten werden.
Der Herzog Christian Ludwig hatte im Jahre 1748 die Leibgarde zu Pferde und das Infanterie=Regiment Alt=Zülow und im Jahre 1754 das Infanterie=Regiment Jung=Zülow errichtet. Da die obige Fahne von einfacher Seide ist, sich also direct an die schon bekannten älteren Fahnen anlehnt, während die späteren Fahnen von doppelter Seide sind, so ist hieraus ersichtlich, daß dieselbe dem älteren Regiment, dem Infanterie=Regiment Alt=Zülow, angehört haben muß. Jeder etwaige Zweifel wird aber dadurch gehoben, daß die Malerei unverkennbar von der Meisterhand Denners - gestorben 1749 - herrührt. Ausgegeben wurde diese Fahne 1748; aber aus unbekannten Ursachen wurde das noch gut erhaltene Fahnentuch bereits 1753 durch ein neues ersetzt.
[No. 7.] Die andere Fahne hat eine 3 Meter lange weiße Fahnenstange, an welcher der Schuh fehlt und die Spitze abgebrochen ist. Von der blau=seidenen doppelten Fahne sind nur noch wenige Ueberreste vorhanden, und diese sind, um den gänzlichen Verfall der Fahne zu verhüten, auf blaue Leinewand genäht. Dem Anschein nach muß diese Fahne früher in feuchten Räumen aufbewahrt gewesen sein. Maße und Form der Malerei entsprechen der vorigen; doch fehlen dem Anschein nach die Granaten, und die Lorbeerzweige des Herzoglichen Namenszuges tragen keine Früchte. Da sich diese Fahne hierdurch so charakteristisch von der des Regiments Alt=Zülow unterscheidet, so muß dieselbe dem Regiment Jung=Zülow zugeschrieben werden.
V. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Friedrich.
Der Herzog Friedrich hatte am 1. August 1759 das Infanterie=Bataillon, später Regiment von Both, jetzt
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Großherzogliches Meklenb. Grenadier=Regiment Nr. 89, errichtet. Am 3. December 1759 erhielt dasselbe seine Fahnen.
In der Gruppe Nr. 22 finden wir nun noch zwei Fahnen, eine weiße und eine blaue, die nach ihrem ganzen Charakter wie Malerei (Findorf?) der Mitte des vorigen Jahrhunderts angehören.
[No. 8.] Die Fahnenstange der einen ist weiß; Spitze und Schuh sind abgebrochen. Die Fahne, aus zwei Längsstreifen von weißem Seidenrips zusammengesetzt, war ursprünglich doppelt; jedoch ist jetzt nur noch die eine Seite derselben, und auch diese nur in Bruchstücken, welche theilweise in falscher Reihenfolge aneinander befestigt sind, vorhanden. Die Breite beträgt 1,06 Meter; die ehemalige Länge ist nicht mehr genau festzustellen. Die Malerei weist das Meklenburger Wappen, auf kriegerischen Emblemen ruhend, auf. Zu den beiden Seiten des Wappens befinden sich je zwei krepirende Granaten und in den vier Ecken der Fahne der Namenszug des Herzogs Friedrich, von je einem Lorbeerzweig mit Früchten und einem Palmzweig umgeben. Das Fahnentuch ist mit 18 Pinnen befestigt.
[No. 9.] Die blaue Fahne, etwas besser erhalten, entspricht in ihrer Malerei, Symbolen und Abmessungen völlig der weißen; jedoch ist das Fahnentuch mit 36 Pinnen befestigt. Der Fahnenstange fehlen gleichfalls Spitze und Schuh.
Die genaue Uebereinstimmung der einzelnen Maße
. bei diesen beiden Fahnen läßt
klar erkennen, daß dieselben zusammengehören,
also einem und demselben Regiment angehört haben
müssen. Der einzige Unterschied wäre vielleicht
darin zu finden, daß die weiße Fahne mit 18, die
blaue mit 36 Pinnen befestigt ist; da aber 36
gerade die doppelte Anzahl von 18 ist, so wäre
dieser Unterschied leicht zu erklären.
Auf der Fahne des Regiments Alt=Zülow war der Namenszug des Herzogs von zwei Lorbeerreisern mit Früchten, auf der des Regiments Jung=Zülow von zwei Lorbeerreisern ohne Früchte, und auf diesen beiden Fahnen ist der Namenszug von je einem Lorbeerzweig mit Früchten und einem Palmzweig umgeben. Da diese beiden Fahnen aber offensichtlich demselben Zeitalter wie jene angehören, so können dieselben nur von dem Regiment von Both geführt worden sein.
Was diese beiden Fahnen gekostet, darüber giebt uns die betreffende Specification des Hausvogts J. G. Meckel Auskunft.
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"Specification,
Was zu verfertigung einer Neuen Fahne die Kosten sich betragen, nach beygelegtem Abrieß, wie folget:
Obige Fahnen wurden von dem Regiment v. Both von 1759-1786 geführt. Im Frühjahr, wahrscheinlich Ende Mai, 1786 erhielt das Regiment neue Fahnen. Die Feier der Uebergabe und Annagelung des Fahnentuches fand in Schwerin auf dem Alten Garten in Anwesenheit der Allerhöchsten Herrschaften, so wie des Herzogs Adolph Friedrich IV. von Meklenburg=Strelitz statt 1 ).
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Zum letzten Mal erhielt das Regiment im März 1796, nach seiner Rückkehr aus Holland, neue Fahnen. Die weiße
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führt das Regiment, jetzt 3. Bataillon Meklenb. Grenadier=Regiments Nr. 89, noch heute, und mit der blauen werden wir uns weiter unten näher beschäftigen.
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Begleitet wurde die Uebersendung derselben von folgendem bemerkenswerthen eigenhändigen Schreiben des Herzogs Friedrich Franz an den derzeitigen Chef, Oberst Winter.
"An den Obristen Winter zu Güstrow.
Ludwigslust, 26. Martii 1796.
M. L. O. Winter. Empfangen Sie hierbei die neuen Fahnen für Ihr Ihnen anvertrautes Regiment zu einem ewigen Andenken für alle in Holland bewiesene Treue, indem dasselbe sich nicht durch Freiheitssinn hat hinreißen lassen. Auch denen Officiers Ihres Regiments versichern Sie gleichfalls Mein Wohlwollen mit der sichern Zuversicht, daß ich hoffe: sie werden fortfahren subordination und Ordnung unter sich zu unterhalten, wie bisher geschehen, und auch fernerhin so brav und treu dienen, als sie es in den vergangenen Jahren thätig bewiesen. Auch den braven Gemeinen bleibe Ich stets vorzüglich gewogen, da sie sich nicht gegen ihre Oberen widersetzt, sondern ihre Schuldigkeit ohne Murren und aufrührerisch zu werden, gethan.
Und Ihnen, Mein Herr Oberst, danke ich vorzüglich, daß Sie durch Ihr ganzes Benehmen Ihr jetziges Regiment, auch schon dazumal, als Sie noch nicht Inhaber desselben waren, in so guter subordination gehalten haben.
Ich verbleibe stets mit der größten Werthschätzung
Ihr getreuer Freund F. F. H. z. M."
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Zur Erläuterung dieses Schreibens dienen folgende Bemerkungen.
Während der Vertheidigung von Mastricht 1794 hatten sich die meklenburgischen Truppen, namentlich das Bataillon Winter des Grenadier=Regiments von Both, durch gute Manneszucht vor allen anderen Truppen - Mastricht war von Oesterreichern, Ungarn, Tirolern, Nassauern, Hessen, Holländern und Meklenburgern besetzt - so vortheilhaft ausgezeichnet, daß den drei Meklenburgischen Bataillonen, als der Elite=Truppe, der Ehren= und innere Sicherheitsdienst der Garnison allein anvertraut wurde. Das Grenadier=Bataillon besetzte in der letzten Zeit der Vertheidigung stets die Hauptwache; und als, nach der Capitulation von Mastricht, unter den österreichischen Truppen eine Revolte ausbrach, wurde dieselbe von dem meklenburgischen Grenadier=Bataillon sofort niedergeschlagen. Und 1795, als ganz Holland von den französischen Revolutions=Truppen besetzt war, und der allgemeine Freiheits= und Gleichheits=Traum die holländische Armee, die längst im Geheimen mit der französischen fraternisirte, völlig zersetzt hatte, blieben allein die Meklenburgischen Grenadiere, gleichsam, wie Oberst Winter berichtet, ein Staat im Staate, allen unreifen Ideen und unlauterem Getriebe fern. Ja, als sogar auch bei einigen Compagnien der Meklenburger Musketiere Ruhestörungen vorkamen, waren es wieder die Grenadiere, die durch ihr energisches Vorgehen jede weitere Ausschreitung verhinderten. -
In der Gruppe 16 finden wir noch eine Fahne, die, der Form und Malerei nach zu schließen, demselben Zeitalter wie die oben besprochene Fahne des Regiments v. Both angehören muß.
[No. 10.] Die Fahnenstange ist zur Zeit noch 2,57 Meter lang, das obere und untere Ende abgebrochen. Die blau=seidene Fahne - nur die eine Seite ist noch vorhanden - ist mehrfach äußerst roh und grob zusammengeflickt, und in der einen Ecke ist sogar ein Stück der vorher besprochenen Fahne v. Bohlen's eingesetzt.
Von den v. Both'schen Fahnen unterscheidet sich dieselbe wesentlich dadurch, daß der Namenszug des Herzogs von je einem Lorbeerzweig ohne Früchte und einem Palmzweig umgeben ist. Die letzten Reste eines um das obere Ende der Fahnenstange geschlungenen Fahnenbandes bezeichnen diese Fahne jedoch ganz unzweifelhaft als die Retirir=Fahne des Infanterie=Regiments v. Glüer (früher Jung=Zülow). Verliehen wurde dieselbe am 30. April 1766, und durch eine neue im Sommer 1787 ersetzt.
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An der bereits mehrfach erwähnten Standartenstange des Leib=Regiments zu Pferde, in der Gruppe 16, befindet sich außer der Leib=Fahne des Regiments von Flohr auch noch angeheftet:
[No. 11.] eine weiß=seidene Fahne von etwa 108 Centimetern Breite und 130 Centim. Länge, welche aus drei Längsstreifen zusammengesetzt ist und in den oberen Partien mehrere Brandstellen trägt. Das Fahnentuch ist im Uebrigen sehr gut erhalten. Das Mecklenburger Wappen, analog den entsprechenden Fahnen des Herzogs Friedrich, ist auf jeder Seite von zwei krepirenden Granaten umgeben. Der Namenszug wird von je einem Palm= und einem Lorbeerzweig ohne Frucht umschlungen. Die Fahne ist verkehrt angeheftet.
[No. 12.] Eine dieser Fahne in allen einzelnen Theilen völlig gleiche blau=seidene finden wir in derselben Gruppe an dem oberen Theile einer alten Standartenstange angeheftet.
[No. 13.] Dieser Theil der Standartenstange, 2,25 Mtr. lang, ist mit einer eisernen Spitze ohne Bezeichnung versehen, so daß eine nähere Bestimmung derselben unmöglich ist.
Da beide Fahnen sehr gut erhalten sind, so ist auch noch klar und deutlich zu erkennen, daß die Malerei von dem Maler v. Lieszewsky herrührt; v. Lieszewsky lebte 1778-94 als Hofmaler in Ludwigslust. In diesen Jahren erhielten Fahnen 1782 das in diesem Jahr neu errichtete Grenadier=Regiment Prinz Friedrich, später Leib=Regiment, 1786 das Grenadier=Regiment von Both und 1787 das Infanterie=Regiment von Glüer. Da genannte Fahnen aber noch den Namenszug des Herzogs Friedrich tragen, so können dieselben auch nur dem erstgenannten Regiment angehört haben. Ersetzt wurden dieselben, oder vielmehr nur das Fahnentuch, 1795.
VI. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Friedrich Franz I.
Zwei Fahnen aus dieser Zeit, eine weiße und eine blaue, finden wir in der Trophäen=Gruppe Nr. 17. Dem Katalog nach sollen dieselben allerdings Landwehr=Fahnen aus den Jahren 1813-15 sein; daß dem jedoch nicht so ist, wird weiter unten bewiesen werden.
[No. 14.] Die weiße Fahne hat eine weiße Fahnenstange von 3,04 Meter Länge mit Schuh und Spitze von Bronze, in der Spitze den Namenszug des Herzogs Friedrich Franz. Die Stange ist dem Anschein nach 1,10 Meter vom Fuß gebrochen; denn in dieser Höhe ist um dieselbe ein messingenes
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Band von 11 1/2 Centimetern Breite gelegt. Die Fahnenstange ist auffallend schwer.
Die Fahne, 1,17 Meter breit und 1,44 Meter lang, besteht aus drei Längsstreifen von doppeltem weißen Seidenrips und ist auf jeder Seite mit 78 Pinnen befestigt. Der Rand ist von einer goldenen Guirlande, abwechselnd aus Lorbeer= und Palmzweigen bestehend, umgeben. In den vier Ecken befindet sich der Namenszug des Herzogs mit Krone, umgeben von je einem Lorbeer= und einem Palmzweig. Von gleichen. Emblemen ist das Meklenburger Wappen, in der Mitte des Fahnentuches, umgeben. Das Wappen, von ovaler Form, ruht auf einem grünen, mit kriegerischen Emblemen geschmückten Erdboden, und zwischen den Emblemen versteckt steht die Bezeichnung: ,,J. H. Suhrland, Ludwigslust 1795"
Wie oben bereits erwähnt, erhielt das Leib=Regiment 1795 neue Fahnen, also kann auch nur diesem Regiment obige Fahne angehört haben.
Im März 1809 wurde das 1. Bataillon des Leib=Grenadier=Regiments, ehemals Regiment Prinz Friedrich, welches die 1795 verliehenen Fahnen führte, aufgelöst, und die Fahnen desselben an das Zeughaus abgeliefert. Das in der Formation begriffene bisherige 4. Bataillon, nunmehr 3tes, erhielt darauf aus dem Zeughause eine schon gebrauchte weiße Fahne. Die Bataillone hatten. seitdem Mecklenburg 1808 dem Rheinbunde beigetreten war, nur noch eine Fahne. In dem Gefecht bei Damgarten, an dem 2 Compagnien dieses Bataillons theilnahmen, am 24. Mai des Jahres 1809, ging die Fahne an Schill verloren; sie wurde jedoch später in Stralsund wieder aufgefunden und dem Herzoge zurückgeliefert. Bei der gänzlichen Abwesenheit anderer gut erhaltener weißer Fahnen liegt die größte Wahrscheinlichkeit vor, daß dies die betreffende Fahne gewesen ist.
[No. 15.] Die blaue Fahne dieser Gruppe, 1,22 Meter breit und 1,44 Meter lang, mit 95 Pinnen angenagelt, ist in allen übrigen Theilen der vorigen völlig gleich. Nur die blaue Fahnenstange trägt in der Spitze nicht den Namenszug des Herzogs, sondern eine aufgehende Sonne, und der Namenszug mit Krone in den vier Ecken des Fahnentuches ist ohne jede Decoration. Die Bezeichnung "J. H. Suhrland, 1796", welche sich zwischen den Emblemen versteckt findet, besagt deutlich genug, daß diese Fahne die (Retirir=) Fahne des Regiments Winter (früher von Both, jetzt 3. Bataillon Großherzogl. Grenadier=Regiments Nr. 89) ist, welche demselben im genannten Jahre verliehen wurde; denn in diesem Jahre waren
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allein dem Regiment Winter neue Fahnen verliehen worden. (Siehe Nr. 8 u. 9.)
Als Meklenburg 1808 dem Rheinbunde beizutreten genöthigt war, wurde auch diese Fahne dem Zeughause zur Aufbewahrung übergeben.
Außer den Fahnen bewahrt der Waffensaal des Großherzoglichen Arsenals zu Schwerin noch manche Trophäen und Ehrenzeichen einer ruhm= und bedeutungsvollen Vergangenheit. Möge es daher immer weiterer Forschung vorbehalten bleiben, auch diese Schätze ans Tageslicht zu ziehen, den Gefallenen zum Andenken und den Lebenden zur Nacheiferung!
Berichtigungen zu A, III. (S. 33 ff.)
V 87 ff. muß das Komma nicht nach råd. sondern nach swinde stehen; der Sinn ist: Wer aber ist so findig und gewandt, der (= daß er) Rath fände, das zu ändern, was u. s. w.
V. 105 wird das Semikolon am Ende zu streichen, und ferner wert für das Adjectiv: werth zu nehmen sein.
Ein paar weitere, theils sichere, theils in Erwägung zu ziehende Interpretationen verdanke ich Herrn Director Dr. Krause in Rostock:
Vorrede V. 4 empfiehlt sich vielleicht mehr die Uebersetzung: "- - sie vorher lateinisch dir beschreibt".
V. 188 ist: dan. wohl in der Bedeutung: zugelassen - zu nehmen; ferner möchte V. 190 nicht mit dem Folgenden zu verbinden ("seine Würde konnte es nicht verhindern, daß u. s. w."), sondern zu übersetzen sein: "er als Archidiakon konnte doch nicht kämpfen".
V. 207 suss ist richtig und schulden als Präteritum von schulen: aus dem Verstecke heraussehen - zu nehmen.
V. 286 paßt schuttinge in der von Lübben aufgeführten Bedeutung: Herberge, Kneipe - ganz gut; es ist eine Verhöhnung der Bürger.
V. 328: "Unterdeß bekam man die Rädelsführer schriftlich (durch die bei ihnen aufgefundenen Papiere) heraus".
E. Saß.