![]() ![]() |
Seite 272 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
![]() ![]() ![]() |
|
:
Schon seit geraumer Zeit hatte ich durch Hörensagen vernommen, daß sich in dem zum Amte Stavenhagen gehörigen und bei Borgfeld eingepfarrten Bauerdorfe Tüzen die Trümmer einer alten Burg befinden sollten. Ich machte mich daher dieser Tage in Begleitung des Herrn Lehrers Krohn zu Ivenack dorthin auf, um den betreffenden Ort zu untersuchen.
Die Burgstelle liegt auf dem Hinterhofe des Erbpächters Jörndt und gewährt noch eine ziemliche Uebersicht von den ursprünglichen Verhältnissen der Befestigung. Sie ist auf einem etwas erhöhten Terrain von ungefähr 50 Schritt Länge und 30 Schritt Breite angelegt und rings von einem 4 bis 5 Fuß tiefen Graben umgeben, der aus einem an der nördlichen Seite der Burg im Dorfe belegenen Teiche gespeist wird. Im Süden wird der Platz von einer schmalen, sumpfigen Wiese begrenzt, im Westen fällt der Boden allmählich über ein kleines Gartenstück und die Dorfstraße zum Tüzener See ab.
Die Burg zerfällt deutlich in zwei ungleiche Hälften, welche durch einen jetzt theilweise verschütteten Graben von einander getrennt waren, so daß das Ganze die Gestalt einer liegenden Acht (8) zu haben scheint. Die kleinere dieser Hälften heißt im Volksmunde der "Schloßberg", eine für mittelalterliche Burgen ja häufige Bezeichnung, und zeigt ein starkes, aus mächtigen Granitsteinen gefügtes Fundament. Dieser Platz, der augenblicklich einen von Haselgesträuch dicht bewachsenen Hügel darstellt, ist überall bedeckt von einer Menge Bauschutt, sehr dicken, von Brand geschwärzten Ziegeln und verkohlten Holzstücken. Besonders zeichnen sich die Dachpfannen durch ihre alte und derbe Form aus. Die größere Hälfte der Burgstelle ist gleichfalls von Bauschutt bedeckt; doch sind die Fundamentsteine hier kleiner als vorhin, und
![]() ![]() |
Seite 273 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
es finden sich häufig halb gar gebrannte Lehmstücke mit Stroheindrücken. Dieser Theil der Befestigung wird von den Leuten der "Hausberg" genannt und unter dieser Bezeichnung streng vom Schloßberge unterschieden.
Ein alter Mann aus dem Dorfe erzählte mir von der Burg folgende in jener Gegend umlaufende Sage, die ihm seine Großmutter erzählt hätte: die Burg sei vor Alters von Raubrittern bewohnt gewesen, und diese hätten, um sich nicht zu verrathen, wenn sie auf Raub ausgeritten seien, ihren Pferden die Hufeisen verkehrt aufgelegt. Auch wäre zu jener Zeit viel mehr Wasser in der Gegend gewesen, und die Tüzener Ritter hätten zu Wasser mit den Raubrittern der Penzliner Burg in Verbindung gestanden. Ihre Schiffe wären nämlich durch die heutige Wiese zwischen Tüzen und Borgfeld in die Zwiedorf=Wolder Bek gefahren und von da über die Wiese am Groß=Wildbergschen Holze entlang durch den Kastorfer See nach Penzlin gelangt.
Es wird in der That hier in Tüzen eine mittelalterliche Burg gestanden haben, die dann durch Feuer zerstört wurde. Schon seit mehreren Jahren hat der Herr Erbpächter Jörndt angefangen, den Platz abtragen zu lassen, und die Schutterde auf seinen Acker gebracht. Bei dieser Gelegenheit sollen Münzen, ein fußlanger Schlüssel mit vielen Verzierungen und ein Tiegel gefunden sein. Aber nur letzterer war noch vorhanden, das Uebrige hatten die Kinder des Besitzers beim Spielen fortgebracht. Der Tiegel, der jetzt lange Zeit zum Lackschmelzen gebraucht und ganz von Kienruß überzogen war, ist mir durch die Güte des Herrn Jörndt für die Sammlungen des Vereins zur Verfügung gestellt worden. Das Gefäß, das ich nun sorgfältig habe reinigen lassen, ist ein mittelalterlicher Schmelztiegel von Bronze und ruht auf drei prismatischen Füßen. Der Griff ist hohl und mit mehrfachen Verzierungen in Form von dreieckigen Oehren versehen. Wie der Rost an der Bruchstelle beweist, ist eine dieser Verzierungen schon vor dem jetzigen Auffinden abgebrochen gewesen. Am obern Rande des Tiegels befindet sich eine Gießermarke. Das Gefäß wiegt gegen 5 Pfund, sein Durchmesser beträgt 19 cm, sein größter Umfang 59 cm.
An Ort und Stelle von mir vorgenommene Nachsuchungen lieferten keine weitere Ausbeute an Alterthümern.
Ivenack, August 1880.
B. Schmidt, Cand. phil.