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III. Aus neuerer Zeit.


Beiträge zur Meklenburgischen Fahnenkunde.

Von

E. von Voss,

Premierlieutenant im Großh. Mekl. Grenadier=Regiment Nr. 89.


Die Fahne seines Landesherrn ist das unantastbarste Gut des Soldaten. Nur mit Ehrfurcht blickt schon der Rekrut zu derselben empor, wenn sie im heiligsten Moment seiner ersten Dienstleistung vor seinen Augen entfaltet wird, und er, mit seinen Händen sie berührend, unter der Anrufung Gottes, seinem Fürsten und Herrn den Eid der Treue leisten soll. Aufmerksam lauscht der junge Soldat den Erzählungen der Veteranen von den Kämpfen und Schlachten, in denen diese Fahne zum Sturm vorangetragen ward, mit Stolz erfüllt ihn der Gedanke, daß diese Fahne nun auch die seine ist, und freudiger Muth durchzieht seine Brust bei dem Bewußtsein, daß, wenn dereinst auch an ihn der Ruf zur Vertheidigung des Thrones und des Vaterlandes ergehen sollte, diese Fahne auch ihm, sei es zum Siege, sei es zum Tode, voranleuchten werde.

Wenngleich nun auch in den älteren Zeiten der Fahne dieselbe Bedeutung beigelegt wurde, so würdigte man doch keineswegs, wie heute, ein hohes Alter derselben, die Spuren der überstandenen Feldzüge und einer ruhmvollen Vergangenheit; sondern die Fahne wurde, wenn der äußere Glanz derselben verschwunden war, ausrangirt und entweder auf den Kammern dem Zahn der Zeit überlassen, oder auch dem Commandeur, der die neuen Fahnen, bis auf die Leibfahne, die vom Landesherrn verliehen wurde, selbstständig zu be=

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schaffen hatte, zum Andenken geschenkt; nur allein auf möglichst lange Erhaltung der Fahnenstange wurde ein größerer Werth gelegt, während bis zur Mitte des 18. Jahrh. das Fahnentuch in ruhigen Zeiten durchschnittlich alle 5 Jahre erneuert ward.

Als Zeichen der Auflösung galt stets der Verlust oder die Vernichtung der Fahne. War sie in offener Feldschlacht in die Hände des Feindes gefallen, so war damit die betreffende Truppe aus der Liste der Armee gestrichen und mußte neu formirt werden. Wurde in Friedenszeiten dagegen eine Truppe, die gewöhnlich nur für die Dauer eines bestimmten Feldzuges geworben war, aufgelöst, so wurde das Fahnentuch sorgfältig von der Stange abgelöst und dann zerrissen, und dies war das Zeichen, daß die Mannschaften ihres dieser Fahne geschworenen Fahneneides nunmehr entbunden seien. Dieser Gebrauch wurde bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts beibehalten.

In den älteren Zeiten hatte jede Compagnie - die Compagnie bildete früher die administrative Einheit - ihre eigene Fahne. Die Farbe derselben war blau, und nur die Leibfahne, die der ersten Compagnie, war weiß.

In Preußen wurden erst 1787 den Compagnien die Fahnen genommen. Unter Herzog Christian Ludwig II. von Meklenburg=Schwerin deutet eine Verordnung vom 16. Octbr. 1756 darauf hin, daß in den beiden Infanterie=Regimentern Alt= und Jung=Zülow gleichfalls bei jeder Compagnie eine Fahne vorhanden gewesen ist; denn jene Bestimmung besagt, daß der Herzog die in den Militair=Reglements verschiedener Reichsstände, und so auch besonders in dem Königl. Preuß. Reglement für die Infanterie, Part. I, Tit. I, Art. VII enthaltene Verordnung, daß bei jeder Compagnie allezeit wenigstens ein Edelmann Gefreiter=Corporal sein und die Fahne tragen solle, forthin auch bei seinen Regimentern recipiret zu sehen verlangte. Andere Andeutungen lassen jedoch darauf schließen, daß schon zu dieser Zeit die meklenburgischen Compagnien keine Fahnen mehr besaßen. Spätestens jedoch mit dem Regierungsantritt des Herzogs Friedrich verschwinden die Compagnie=Fahnen, und fortan führte jedes Regiment nur noch im Frieden 2 und im Kriege, wo die nur für Kriegszeiten vorgesehene Eintheilung der Regimenter in je 2 Bataillone in Kraft trat, 4 Fahnen. Die erste Fahne des Regiments, bezw. Bataillons, die Leib= oder Avancir=Fahne, war weiß, die zweite, die Retirir=Fahne, aber blau.

Als später unter dem Herzoge Friedrich Franz die Regimenter auch in Friedenszeiten in je 2 Bataillone gegliedert

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wurden, führte jedes Bataillon seine 2 Fahnen. Erst als Meklenburg 1808 dem Rheinbunde beizutreten genöthigt wurde, mußten die Bataillone je eine Fahne ausrangiren. Da es denselben aber überlassen war, welche Fahne sie abliefern wollten, so gaben sie die schlechter erhaltene ab und behielten die bessere. Hierdurch ist es wohl gekommen, daß das 1. Bataillon Großh. meklenb. Füsilier=Regiments Nr. 90 - damals Regiment Erbprinz, später 2. Bataillon des Infanterie=Contingents=Regiments - eine blaue Fahne führt, während seitdem die blauen Fahnen aus der meklenburg. Armee verschwunden sind, und den später errichteten Bataillonen nur noch weiße Fahnen verliehen wurden.

Gehen wir nach diesen einleitenden Bemerkungen nunmehr zu den im Großherzogl. Arsenal zu Schwerin asservirten Fahnen über, so finden wir zunächst in der Trophäen=Gruppe Nr. 19, wie sich aus dem Folgenden ergeben wird,

I. Fahnen aus dem Zeitalter der Herzoge Christian Louis und Friedrich Wilhelm.

[No. 1.] Die Leibstandartenstange des Leib=Regiments zu Pferde aus den Jahren 16??-1713.

Dieselbe, in Form einer alten Ritterlanze, ist 3,28 Mtr. lang, von weißer Farbe und mit eisernem Schuh und Spitze versehen. In der Spitze befindet sich der Namenszug des Herzogs Christian Louis mit darüber befindlicher Krone. Das Standartentuch ist sorgfältig von der Stange entfernt, und jeder Nagel, womit dasselbe befestigt gewesen, ist ausgezogen. Es ist dies ein Beweis, daß die Compagnie, der diese Standarte angehörte, aufgelöst worden ist.

Unter dem Herzog Christian Louis befand sich in Meklenburg eine Leibwache zu Pferde etwa in der Stärke einer schwachen Eskadron. Als später der Herzog Friedrich Wilhelm ein ganzes Cavallerie=Regiment aufstellte, beauftragte er hiermit den Oberst von Krassow, der bisher in schwedischen Diensten gestanden hatte, und überwies ihm hierzu die schwachen Reste der Leibwache als Stamm. Diese wurde nunmehr ergänzt, verstärkt und bildete so die erste, die Leib=Compagnie des neuen Regiments, welches den Namen "Leib=Regiment zu Pferde" erhielt. Dasselbe war ursprünglich ein Dragoner=Regiment und als solches in Compagnien eingetheilt. Dragoner waren in damaliger Zeit berittene Infanterie, und nur die Hälfte der Mannschaft hatte Pferde.

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In Folge eines Subsidien=Vertrages mit Preußen wurde das Regiment 1701 dem unter Oberbefehl des Prinzen von Baden stehenden Corps zugetheilt, welches Preußen als Reichstruppen zum spanischen Erbfolge=Krieg zu stellen hatte. Preußen übernahm die Besoldung und Verpflegung des Regiments und hatte für jeden fehlenden Mann 70 Thlr. zu zahlen. Nach den Bestimmungen für die Reichstruppen erhielt das Regiment neues Fahnentuch, das auf der einen Seite das Meklenburger, und auf der anderen Seite das Reichs=Wappen gemalt zeigte.

Im Verlauf dieses Feldzuges hatte das Regiment mehrfach Gelegenheit sich in hervorragender Weise auszuzeichnen, namentlich in der Schlacht bei Hochstädt, wo der Commandeur desselben, Oberst von Krassow, an der Spitze des Regiments bei einer Attaque auf französische Cavallerie schwer verwundet wurde. Von Krassow erhielt hierauf wegen seiner in dieser Schlacht gezeigten vorzüglichen Bravour den Orden de la générosité.

Zur Zeit der Schlacht von Hochstädt bestand das Offizier=Corps des Regiments aus:

Oberst von Krassow,
Oberstlieutenant von Wedell,
Capitain von Waldow,
      "       Berner (von Barner),
Lieutenant von Barsse,
      "       Holland,
      "       Heidemann,
      "       von Sternberg,
      "       Welling,
Cornet Sibelius,
      "       Blüchert (von Blücher),
      "       (von) Wenkstern,
      "       (von) Bülow.

Die erhaltenen schweren Verwundungen machten es Krassow jedoch unmöglich, das Regiment weiter zu führen. Er kehrte daher nach Meklenburg zurück, nachdem er das Commando an den Oberstlieutenant von Wedell abgegeben hatte. Als dieser im März 1709, in Folge der Strapazen des Feldzuges, gestorben war, wurde der Major von Waldow unter Beförderung zum Oberstlieutenant zum Chef des Regiments ernannt, und der Rittmeister - früher Capitän - v. Barsse übernahm die erledigte Leib=Compagnie.

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Ende 1704 war die Convention mit Preußen gekündigt worden, und der Herzog hatte seitdem das Regiment als eigenes Reichs=Contingent zu stellen.

Im Winter 1712/13 stand das Regiment bei der Reichs=Armee am Ober=Rhein unter dem Befehl des Herzogs Eugen von Württemberg. Unter den unglücklichen Verhältnissen, worin sich Meklenburg damals befand, war es dem Herzog Friedrich Wilhelm unmöglich, das Regiment mit Sold, Kleidung, Ersatzmannschaft etc. . genügend zu versehen, und der Zustand desselben war um so trauriger, weil auch die Verpflegung zum Theil sehr schlecht war, oft sogar gänzlich ausblieb. Da alle Verwendungen des Herzogs und des Obersten von Waldow die Lage des Regiments zu verbessern vergeblich waren, und der Herzog doch das Regiment erhalten wissen wollte, so trat derselbe unter der Hand mit Hessen=Cassel wegen Aufnahme des Regiments in Unterhandlungen, und befahl dem Oberst v. Waldow die Reichs=Armee heimlich zu verlassen und mit dem Regiment nach Hessen zu marschiren 1 ).


1) Folgende beiden Briefe berichten uns in sehr interessanter und eingehender Weise über die Motive zu diesem heimlichen Abmarschs:
Hamburg, den 9. Februar 1713.
"Es ist Dir bekannt, was Maßen Wir bey dem Kaiserl. Hof vielfältig Vorstellung thun lassen, wie das Uns unmöglich falle, bey dem bedrückten und verderblichen Zustande im Lande und dessen desolirung, Unser am Rhein stehendes Dragoner=Regiment zu Pferde länger zu erhalten, und daß solchem nach man Uns Unser Contingent erlassen möchte. Wann Wir nun bis dato keine andere resolution erhalten können, als daß J. K. M. dem Regiment zu Pferde die Mund= und Pferde=Portionen aus den Magazinen auf zwei Monate gnädigst reichen wollen, Uns aber eine pure Unmöglichkeit ist, das Uebrige dem Regiment, was es sonst noch haben muß, an Geldern fourniren zu können, J. K. M. Wir solches de novo allerunterthänigst vorstellen lassen, daß das Regiment nothwendig crepiren müsse, wofern demselben nicht die völlige Verpflegung von J. K. M. gereicht würde, solches zu erlangen aber wenig Hoffnung ist: so sehen wir keine andern Mittel, als durch den Heruntermarsch das Regiment vor dem gänzlichen Untergange und ruin zu conserviren. Und wie man um so weniger übel nehmen kann, daß Wir zur Conservirung des Regiments auf eine solche Art, aus unumgänglicher Noth Uns resolviren müssen, als J. K. M. und dem Reiche nicht damit gedient, daß es noch ein paar Monate oben bleiben und dort aus Mangel an subsistences doch alsdann gänzlich zerschmelzen und zu Grunde gehen sollte: So wollen Wir gnädigst, daß Du Dich bemühest, ob kein Mittel ist, daß Du mit dem Regimente - ohne daß es angehalten werden kann - vorher nach dem Hessen=Casselschen marschiren kannst. Da aber solches nicht practicable, so hast Du, so viel wie möglich, (  ...  )
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Dieser heimliche Abmarsch erregte allgemeines und großes Aufsehen bei der Armee und wurde dem Kaiser und dem Reichshofrath in den gehässigsten Farben geschildert. Es wurde viel über diesen Gegenstand verhandelt, sogar die exemplarische Bestrafung des ganzen Offizier=Corps verlangt; doch glich sich die Sache endlich in Güte aus.


(  ...  ) die Leute vom Regiment, auf Art und Weise, wie Du solches mit dem Major v. Barner am füglichsten finden wirst, nach einander weggehen, und in dem Hessischen bis auf weitere ordre bleiben lassen; und wirst Du von dem Major v. Barner vernehmen, woselbst der Herr Landgraf Gnaden dem Regimente, - oder Meinen obgedachter Maßen defilirten Leuten, die Quartiere ad interim asservirt haben wird, und beziehen Wir Uns auf dem Uebrigen auf gedachten Major v. Barner mit Mehrerem. Haben gnädigst anfügen wollen etc. . etc. .
Friedrich Wilhelm".
Nachdem nun alle Vorstellungen des Obersten v. Waldow erfolglos blieben, auch ihm die Erlaubniß zum Abmarsch des Regiments nicht ward, trat derselbe am 5. März den heimlich befohlenen Abmarsch nach dem Hessischen an, und traf glücklich, obgleich bis Frankfurt a. M. verfolgt, an dem Ort seiner Bestimmung ein. An den Herzog von Württemberg hinterließ er folgendes Schreiben, dem er eine Abschrift des erhaltenen Herzogl. Befehls beilegte:
"Aus Beigehendem werden E. H. D. gnädigst ersehen, was für ordre ich von meinem Fürsten erhalten habe. Uebrigens hat der Major v. Barner noch special ordre, daß, wenn nicht möglich ist, das ganze Regiment wegzubringen, so sollte er eine Eskadron, als 150 Pferde, von allen 4 Eskadrons auslesen und damit fortmarschiren. Da mir aber auf die Art hier zu bleiben unmöglich ist, denn, wenn 150 Pferde von dem nicht mehr rekrutirten Regiment genommen werden, bleibt wenig übrig, so habe ich das, was beritten war, so an 180 Mann, nach dem Hessischen marschieren, was unberitten, habe ich in den Quartieren gelassen, und was auf Commando gestanden, habe stehen lassen.
Nun befürchte ich, daß Ew. H. D. ungnädigst aufnehmen werden, daß ich ohne Dero gnädigste Erlaubniß den Marsch angetreten, verlasse mich aber auf Dero Gnade, wenn sie gnädigst in consideration ziehen wollen, daß ich, als ein Offizier, der seynem Herrn einen Eyd geschworen, verpflichtet bin, dessen ordre gehorsamst nachzukommen.
Nicht will ich ausführlich anführen, daß mich auch die größte Noth hierzu gezwungen hat, denn vom Hofe ist mir alle Hoffnung abgeschlagen worden, einen einzigen Kreuzer Geld zu bekommen, und werden EW. H. D. gnädigst wissen, daß vom 1. Jan. an von dem Kaiserl. Commissariat uns dieses so schwierig gemacht ist, daß wir auch bis dato kaum auf einen halben Monat empfangen haben, können also EW. D. erachten, in was elendem Zustand wir gewesen und noch sind, hoffen auch, daß Sie diesertwegen gnädigst pardoniren werden, was ich aus Noth habe unternehmen müssen u. s. w.
von Waldow".
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Mitte 1713 nach Meklenburg zurückgekehrt, wurde das Regiment auf 2 Compagnien reducirt. Unter den aufgelösten Compagnien befand sich auch die des Rittmeisters v. Barsse. Mit der Standarte derselben wurde also, wie oben in der Einleitung erwähnt, verfahren, und die Offiziere und Mannschaften entlassen.

Die Uniform des Regiments bestand in: Hosen von Ziegenbockleder, Kamisol von Schafbockleder, Karabiner= und Degen=Gehenke von Büffelleder.

An Gehalt erhielten:

Capitain 34 Thlr.,
Lieutenant 22 Thlr.,
Cornet 16 Thlr.,
Wachtmeister 8 Thlr.,
Quartiermeister 7 Thlr.,
Feldscher 5 Thlr.,
Corporal 4 Thlr. 24 ßl.,
Gemeiner 3 Thlr.

1718 wurde das Regiment wieder completirt, nahm thätigen Antheil an der ruhmreichen Schlacht von Walsmühlen und wurde darauf nach der Ukraine gesandt, um dort für den Herzog Carl Leopold conservirt zu werden. 1748 wurde aus den letzten Ueberresten des Regiments von dem Herzoge Christian Ludwig die Leibgarde zu Pferde formirt, woraus wieder 1810 die Grenadier=Garde hervorging.

II. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Friedrich Wilhelm.

Aus der Zeit des Herzogs Friedrich Wilhelm befinden sich im Arsenal noch 2 Infanterie=Fahnen, von denen die eine, wie weiter ausgeführt werden wird, nur dem Regimente v. Buchwald - Prinz Christian Ludwig - und die andere dem Regiment Schwerin - Bohlen angehört haben kann.

Außer dem Leib=Regiment zu Pferde hatte der Herzog Friedrich Wilhelm noch 2 Infanterie=Regimenter - die Regimenter von Buchwald und von Schwerin - aufgestellt, die für die Dauer des spanischen Erbfolge=Krieges gegen angemessene Entschädigung den Generalstaaten der Niederlande überlassen waren.

Das erstere Regiment war anfangs das stärkere, und standen bei demselben zur Zeit der Schlacht von Hochstädt folgende Officiere:

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I. Comp.

VI. Comp.

Leib=Comp.( Oberst v. Buchwald). Capitain Isensee.
Capitain v. Ferber. Lieutenant v. Buchwald.
Fähnrich v. Berg. Fähnrich Norle.

II. Comp.

VII. Comp.

 Oberst v. Kahlden. Capitain v. Weltzien.
Lieutenant Poujol. Lieutenant Nemque.
Fähnrich v. Sperling. Fähnrich Nimfius jun.

III. Comp.

VIII. Comp.

Major v. Warensdorf. Capitain Wohnsflet.
Lieutenant v. Lepel sen. Lieutenant Fedder van der Schloot.
Fähnrich v. Kahlden. Fähnrich Bilderbeck.

IV Comp.

IX. Comp.

Oberstl. v. Köppern. Capitain de Variencour.
Capitain v. Normann. Lieutenant Remers.
Fähnrich Holste. Fähnrich Bischwang.

V. Comp.

X. Comp.

Capitain v. Lepel. Oberstl. v. Uffeln.
Lieutenant Boock. Capitain v. Horn.
Fähnrich v. Normann. Lieutenant Nimfius sen.
  Fähnrich Kibach.

Der Oberst von Buchwald, von dem derzeitigen rohen Zeitgeist verleitet, ließ sich jedoch mancherlei Ausschreitungen zu Schulden kommen, und mußte dieserhalb 1704 das Commando des Regiments niederlegen. Der Herzog ernannte nunmehr seinen Bruder, den Prinzen Christian Ludwig, zum Chef dieses Regiments, und es machte seinem hohen Chef Ehre; denn von mehreren englischen Historikern wird bei der Beschreibung der Schlacht von Malplaquet mit der größten Hochachtung der Unerschrockenheit und Kaltblütigkeit der Holländischen Subsidien=Truppen - Meklenburger, Schotten und Braunschweiger - Erwähnung gethan.

Als das Regiment - wahrscheinlich 1709 - neue Fahnen erhielt, wurde die alte Leibfahne wohl, wie dies stets der Fall war, dem bisherigen Chef, dem Prinzen Christian Ludwig, zum Andenken überlassen. Bei den übrigen Fahnen pflegte nur das Fahnentuch durch ein neues ersetzt zu werden. Wir finden diese Fahne in der Trophäen=Gruppe Nr. 19:

[No. 2.] Die Fahnenstange von Ellernholz ist 3,30 Mtr. lang; und die Farbe derselben ist bereits gänzlich abgegriffen.

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Fahnenspitze - 17 Centimeter hoch - und Schuh sind von Bronze. In der sehr schön gearbeiteten Spitze ist der Namenszug des Herzogs mit darüber befindlicher Krone angebracht. Das Fahnentuch, 178 Cent. breit, mit 91 Pinnen befestigt, ist einfach, von weiß seidenem Taffet und aus 2 Längsstreifen zusammengenäht. Nur der vordere Theil desselben ist noch erhalten, und auf beide Seiten ist das Meklenburger Wappen und über demselben ein goldenes, 98 Centim. langes und 9 Centimeter breites Band mit der Devise "Provide et Constanter" gemalt. In den Ecken befindet sich je eine crepirende Granate, und längs des Randes läuft eine gemalte goldene Schnur oder Guirlande.

Die Fahne zeichnet sich vor allen anderen gleichzeitigen und jüngeren Fahnen durch edlere Materialien und saubere, bessere Arbeit in der Ausführung bemerkenswerth aus. Dies läßt die Vermuthung zu, daß der Prinz Christian Ludwig bei seiner Ernennung zum Chef diese Fahne dem Regiment geschenkt hat. -

In der Gruppe Nr. 22 finden wir die Fahne der 5. Compagnie - v. Bohlen - des Infanterie=Regiments von Schwerin, später v. Bohlen:

[No. 3.] Die Fahnenstange von Ellernholz ist blau bemalt; das untere Ende derselben ist in vandalischer Weise abgesägt worden, um die Fahne besser placiren zu können (!), und von der bronzenen Spitze ist nur noch der Fuß vorhanden. Die Fahne, von einfacher blauer Seide, ist zur Zeit noch gegen 1 Meter lang. Malerei, Devise etc. . ist übereinstimmend mit der vorigen.

Im Jahre 1701 wurde mit dem Capitain Ernst Heinrich v. Bohlen eine Capitulation dahin abgeschlossen, daß derselbe eine Infanterie=Compagnie anzuwerben und diese als Capitain zu commandiren habe; auch habe er die nöthigen Ober= und Unter=Officiere anzuwerben und mit diesen zu capituliren, so gut er könne. Diese Compagnie wurde als die fünfte dem Regiment von Schwerin zugetheilt.

v. Bohlen stand früher in schwedischen Diensten bei den von Carl XI. den Generalstaaten überlassenen Hülfstruppen, wo er 1696 im Feldzuge gegen Frankreich die rechte Hand verlor, welche er später durch eine künstliche, aus Eisenschienen gefertigte, ersetzte.

In der Schlacht bei Hochstädt, am 13. August 1704, commandirte v. Bohlen das Regiment. Als derselbe am Nachmittage dieser heißen Schlacht das Regiment zum Sturm

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gegen eine feindliche Batterie vorführte, den Degen in der eisernen rechten Hand und die Fahne, wie es die damalige Sitte für den Commandeur beim Angriff erheischte, in der linken, riß eine Kartätschkugel aus jener Batterie ihm die eiserne Hand und Degen weg. Unaufhaltsam drang Bohlen jedoch vorwärts, und erst als die Batterie genommen war, bestieg er sein Pferd, um zu der Bagage zurückzureiten. Unterwegs wurde er von dem Fürsten von Anhalt=Dessau angehalten, der ihn mit den Worten, ob er in drei Teufels=Namen etwa retiriren wolle, barsch anredete. Bohlen antwortete in seiner Weise: Mir ist die Hand abgeschossen, aber die H- haben nicht gewußt, daß ich im Rüstwagen eine andere in Vorrath habe; die will ich mir holen und sie (die Franzosen) dann, wie es sich gehört, mit Ew. Durchlaucht Hülfe auf den Trab bringen.

Als das Regiment nach Meklenburg zurückkehrte, war die Situation folgende:

I. (Leib=) Comp.

VI. Comp.

Oberst v. Bohlen. Capitain v. Mecklenburg.
Capitain de Horn. Lieutenant Bergholz.
Fähnrich Fischer. Fähnrich Sauermann.

II. Comp.

VII. Comp.

Major v. Schack. Capitain v. Krackevitz.
Lieutenant v. Lehwald. Lieutenant v. Bohlen.

III. Comp.

VIII. Comp.

Major v. Glöde. Capitain v. Krassow.
Lieutenant v. Köppen. Fähnrich Troyens.

IV. Comp.

IX. Comp.

Capitain de la Motte. Capitain Mayer.
Lieutenant v. Uechtritz. Fähnrich v. Dythen.
Fähnrich v. Krassow.

X. Comp.

V. Comp.

Keine Liste vorhanden.
Capitain Erich.
Fähnrich Marschall.

Zum Chef des Regiments ward v. Bohlen erst jetzt bei seiner Rückkehr nach Meklenburg ernannt. Bei der 1717 vorgenommenen Reorganisation erhielt das Regiment neue Fahnen; daß aber Bohlen für die alte Fahne seiner Compagnie, welche nunmehr die Leib=Compagnie wurde, mehr Interesse hatte als für die der bisherigen Leib=Compagnie, ist natürlich,

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und scheint daher auch diese von ihm aufbewahrt worden zu sein. Nach Bohlens Tode, er starb 1717 als Commandant von Schwerin, ist die Fahne vermuthlich von seinen in Rügen lebenden Verwandten nicht beansprucht, sondern an das Zeughaus zurückgeliefert worden.

Mit den übrigen Fahnen geschah wohl, wie oben angegeben. -

III. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Carl Leopold.

Die unglücklichen politischen Verhältnisse zu Anfang des vorigen Jahrhunderts nöthigten den Herzog Carl Leopold, um nicht zum Spielball der verschiedenen kriegführenden Parteien zu werden, eine größere Armee aufzustellen. Nach den auf uns überkommenen Listen bestand dieselbe aus:

a. Generalstab.

General v. Krassow.
Capitain Meyer, General=Quartiermeister.
      "      Kruse, Brigade=Major.
      "      Scharfenberg, Brigade=Major.
      "      Schultz, General=Adjutant.
Lieutenant Schröder, Stabs=Quartiermeister.

b. Cavallerie.

Leib = Regiment zu Pferde unter dem Brigadier v. Waldow.
Dragoner = Regiment v. Vietinghoff, später v. Mecklenburg.
Dragoner = Bataillon v. Lilliestreng.

c. Stehende Infanterie.

Infanterie=Regiment v. Kahlden, früher v. Bohlen.
Infanterie = Regiment v. Flohr, früher Prinz Christian Ludwig.
Infanterie= Regiment v. Krafft.

d. Landmilizen und Garnison=Truppen.

Schweriner National=Miliz unter Oberst v. Buggenhagen.
Güstrower National=Miliz unter Oberstl. v. Kohlhans.
Rostocker Garnison unter Oberst du Puits.
Doberaner Bataillon (2 Compagnien) unter Major v. Zülow.

e. Artillerie

unter Commando des Oberstlieutenants Vick.

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f. Russische Hülfs=Truppen.

Infanterie=Regiment v. Tilly.
Infanterie= Regiment v. Wallensky.

Leider hatte der Herzog sich aber nicht allein gegen äußere Feinde zu schützen, sondern auch Mißverständnisse, Zwistigkeiten mancherlei Art, namentlich mit der Ritterschaft, waren ausgebrochen. 1718 hatten diese Mißhelligkeiten zwischen dem Herzog Carl Leopold und den Ständen den heftigsten Grad erreicht. Von Seiten des Reichshofraths waren Erkenntnisse gegen den Herzog erlassen; da diese jedoch unbeachtet blieben, so beorderte der Kaiser Karl VI. die Höfe von Hannover und Braunschweig, ein Corps Niedersächsischer Truppen zusammenzuziehen, um damit jene Erkenntnisse in Sachen der meklenburgischen Ritterschaft gegen den Herzog zur Vollstreckung zu bringen und eine Untersuchungs=Commission in Rostock einzuführen.

Im Februar rückte dieses Corps in der Stärke von 12-14000 Mann unter General von Bülow in Meklenburg ein, dem der Herzog ein Observations=Corps, in der Stärke von 6000 Mann, bestehend aus dem Leib=Regiment zu Pferde, dem Dragoner=Bataillon Lilliestreng, den Infanterie=Regimentern von Kahlden und von Krafft, der Schweriner und Güstrower National=Miliz, der Artillerie und dem Russischen Infanterie=Regiment von Wallensky, entgegensandte.

Der Generalmajor von Schwerin, der dieses Corps commandirte, zog sich den erhaltenen Befehlen gemäß, bei Annäherung des Feindes langsam auf Schwerin zurück. Als jedoch der General v. Bülow ihm am 6. März 1719 bei Walsmühlen den Rückzug verlegte, griff er denselben energisch an und sprengte das feindliche Corps völlig auseinander.

Trotz dieses glänzenden Sieges glaubte der Herzog sich dem Kaiser nicht länger widersetzen zu können und ordnete daher an, daß die Landmilizen etc. . entlassen, die übrigen Truppen aber nach Rußland transportirt werden sollten, um dort für ihn conservirt zu werden. Diese Expedition wurde angetreten von dem Leib=Regiment zu Pferde, dem Dragoner=Regiment von Mecklenburg, dem Dragoner=Bataillon von Lilliestreng, den 3 Infanterie=Regimentern von Kahlden, von Flohr und von Krafft und dem Doberaner Bataillon von Zülow.

Das Leib=Regiment zu Pferde löste sich aber bereits während des Marsches auf; die Obersten von Lilliestreng und von Mecklenburg gingen nach Meklenburg zurück, was der Herzog

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Carl Leopold gestattete, und diesem Beispiel folgten im Lauf der Jahre nach und nach die übrigen Cavallerie=Offiziere, während die Mannschaften einer ewigen Desertion unterworfen blieben, so daß 1743 auch kein einziger Cavallerist mehr beim Corps anzutreffen war. Geschlossener und vollständiger dagegen blieb die Infanterie; doch hatten Desertion, Noth und Elend aller Art auch diese mehr als decimirt, zumal da seit dem Jahre 1726 das Corps keine Rekruten mehr anwerben durfte.

Als daher nach 27 jähriger Abwesenheit das Corps im Jahre 1746 nach Meklenburg zurückführte, waren bei dem Regiment von Zülow - früher Flohr - nur noch die Stämme von 9, bei dem Regiment von Schack - früher von Krafft - die von 3, bei dem Regiment von Kahlden aber nur der Stamm von einer Compagnie noch vorhanden, während das Bataillon Doberan sich bis auf einen Fähnrich ganz aufgelöst hatte. Da aber auch diese Stämme nur sehr schwach waren - manche Compagnien bestanden nur noch aus 5-8 Mann -, und die Mannschaften den Rückmarsch waffenlos antreten mußten, so ist es erklärlich, daß die Commandeure wohl nur auf Erhaltung der Leib= oder Regiments=Fahne bedacht sein konnten.

Im Großherzogl. Arsenal werden 2 Fahnen - eine weiße und eine blaue - aus dieser Zeit aufbewahrt, und es fragt sich daher, welchen Regimentern diese zuzuschreiben sind.

Der Oberst von Schack, früher Comp.=Chef im Regiment von Krafft, wurde nach von Krafft's Abgang zum Chef dieses Regiments ernannt. Nach von Krafft's Absentirung hatte sich aber dessen ganze Compagnie aufgelöst und war desertirt. Es wurde also nunmehr die Compagnie von Schack die Leib=Compagnie, und die Fahne derselben die eigentliche Regimentsfahne. Denn die bisherige Leibfahne wird jedenfalls nach Auflösung der Compagnie von Krafft, wie es der damalige Gebrauch für solche Fälle vorschrieb, vernichtet worden sein. Man wird daher auch sicher annehmen können, daß die blaue Fahne diesem Regiment angehört hat.

Wir finden diese Fahne in der Trophäen=Gruppe Nr. 22:

[No. 4.] Die Fahnenstange von Ellernholz, blau bemalt, ist z. Z. noch 2,45 Meter groß; die Spitze ist abgebrochen und der Fuß abgesägt (!). Die Fahne, von einfachem blauen Seiden=Rips, ist 1, 87 Meter lang und 1,85 Meter breit und aus 4 Längsstreifen zusammengenäht; der unterste Längsstreifen ist in der Nath abgerissen. In den Ecken befindet sich der Namenszug des Herzogs Carl Leopold mit Krone und von 2 Palmzweigen umgeben. Die Malerei auf der linken Seite der

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Fahne zeigt das Meklenburger Wappen, von einer Ordenskette umgeben, welche abwechselnd aus großen und kleinen sechseckigen Sternen besteht. In den größeren Sternen befindet sich ein Kreis, und in diesem wieder ein Sechseck, in den kleineren Sternen dagegen nur ein Kreis. Das Ordenszeichen, das hieran gehangen, befand sich auf dem vierten, dem abgerissenen Längsstreifen. Auf der rechten Seite befindet sich eine dreieckige golden strahlende Platte von 102 Centimetern Breite und ungefähr (das untere Ende fehlt) 120 Centimetern Höhe; in diesem ein zweites Dreieck, 55 Centimeter hoch und 50 Centimeter breit, aus dessen unterm Winkel rothe Flammen schlagen, und in den Flammen steht mit goldenen Lettern das Wort "Jesus"; darüber eine Krone. Um die obere Hälfte des größeren Dreiecks schlingt sich ein schwarzes Band von 12 Centim. Breite mit der Devise: - - "In hoc omnia vinco".

Der Oberst von Zülow hatte nach dem Tode des Generals von Flohr seine eigene Compagnie (Doberan) abgegeben, welche darauf anderweitig besetzt wurde, und übernahm mit dem Regiment von Flohr auch gleichzeitig die erledigte Leib=Compagnie desselben. Es ist daher sicher die weiße Fahne diesem Regiment zuzuschreiben.

[No. 5.] Von dieser sind nur noch die Reste des Fahnentuches vorhanden, die aus Unkenntniß an die oben besprochene Standartenstange des Leib=Regiments zu Pferde in Gruppe 16 angeheftet sind. Malerei, Devise u. s. w. entsprechen der vorigen Fahne.

Das ehemalige Regiment von Kahlden bestand bei seiner Rückkehr nur noch aus dem Capitain v. Uechtritz, 3 Sergeanten, 1 Gefreiten=Corporal und 1 Gefreiten, v. Uechtritz erhielt bei seiner Rückkehr die Artillerie=Compagnie in Dömitz. Sollte derselbe also bei dieser geringen Präsenz=Stärke überhaupt seine Fahne gerettet haben, so wird dieselbe wohl nach seinem Tode dem dortigen Zeughaus einverleibt und 1809, als Schill Dömitz eingenommen hatte, mit den übrigen alten Trophäen verbrannt worden sein.

IV. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Christian Ludwig II.

Von den in der Trophäen=Gruppe Nr. 22 aufbewahrten beiden Fahnen dieses Zeitalters fesselt unsere Aufmerksamkeit Zunächst:

[Nr. 6.] Die Leib=Fahne des Infanterie=Regiments Alt=Zülow, aus den Jahren 1748-53.

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An einer interimistischen Fahnenstange von Kiefernholz ist eine einfache weiß=seidene Fahne von 142 Centimetern Höhe, 140 Centimetern Länge befestigt, die aus vier Längsstreifen zusammengenäht ist. Die Malerei, auf beiden Seiten gleich, weist das Mecklenburgische Wappen, auf kriegerischen Emblemen ruhend, auf. Auf allen vier Seiten ist das Wappen von je einer krepirenden Granate umgeben, und in den vier Ecken befindet sich unter einer Krone der Namenszug des Herzogs Christian Ludwig. Decorirt wird der Namenszug auf beiden Seiten von je zwei Lorbeerzweigen mit Früchten, die durch eine blaue Schleife zusammengehalten werden.

Der Herzog Christian Ludwig hatte im Jahre 1748 die Leibgarde zu Pferde und das Infanterie=Regiment Alt=Zülow und im Jahre 1754 das Infanterie=Regiment Jung=Zülow errichtet. Da die obige Fahne von einfacher Seide ist, sich also direct an die schon bekannten älteren Fahnen anlehnt, während die späteren Fahnen von doppelter Seide sind, so ist hieraus ersichtlich, daß dieselbe dem älteren Regiment, dem Infanterie=Regiment Alt=Zülow, angehört haben muß. Jeder etwaige Zweifel wird aber dadurch gehoben, daß die Malerei unverkennbar von der Meisterhand Denners - gestorben 1749 - herrührt. Ausgegeben wurde diese Fahne 1748; aber aus unbekannten Ursachen wurde das noch gut erhaltene Fahnentuch bereits 1753 durch ein neues ersetzt.

[No. 7.] Die andere Fahne hat eine 3 Meter lange weiße Fahnenstange, an welcher der Schuh fehlt und die Spitze abgebrochen ist. Von der blau=seidenen doppelten Fahne sind nur noch wenige Ueberreste vorhanden, und diese sind, um den gänzlichen Verfall der Fahne zu verhüten, auf blaue Leinewand genäht. Dem Anschein nach muß diese Fahne früher in feuchten Räumen aufbewahrt gewesen sein. Maße und Form der Malerei entsprechen der vorigen; doch fehlen dem Anschein nach die Granaten, und die Lorbeerzweige des Herzoglichen Namenszuges tragen keine Früchte. Da sich diese Fahne hierdurch so charakteristisch von der des Regiments Alt=Zülow unterscheidet, so muß dieselbe dem Regiment Jung=Zülow zugeschrieben werden.

V. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Friedrich.

Der Herzog Friedrich hatte am 1. August 1759 das Infanterie=Bataillon, später Regiment von Both, jetzt

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Großherzogliches Meklenb. Grenadier=Regiment Nr. 89, errichtet. Am 3. December 1759 erhielt dasselbe seine Fahnen.

In der Gruppe Nr. 22 finden wir nun noch zwei Fahnen, eine weiße und eine blaue, die nach ihrem ganzen Charakter wie Malerei (Findorf?) der Mitte des vorigen Jahrhunderts angehören.

[No. 8.] Die Fahnenstange der einen ist weiß; Spitze und Schuh sind abgebrochen. Die Fahne, aus zwei Längsstreifen von weißem Seidenrips zusammengesetzt, war ursprünglich doppelt; jedoch ist jetzt nur noch die eine Seite derselben, und auch diese nur in Bruchstücken, welche theilweise in falscher Reihenfolge aneinander befestigt sind, vorhanden. Die Breite beträgt 1,06 Meter; die ehemalige Länge ist nicht mehr genau festzustellen. Die Malerei weist das Meklenburger Wappen, auf kriegerischen Emblemen ruhend, auf. Zu den beiden Seiten des Wappens befinden sich je zwei krepirende Granaten und in den vier Ecken der Fahne der Namenszug des Herzogs Friedrich, von je einem Lorbeerzweig mit Früchten und einem Palmzweig umgeben. Das Fahnentuch ist mit 18 Pinnen befestigt.

[No. 9.] Die blaue Fahne, etwas besser erhalten, entspricht in ihrer Malerei, Symbolen und Abmessungen völlig der weißen; jedoch ist das Fahnentuch mit 36 Pinnen befestigt. Der Fahnenstange fehlen gleichfalls Spitze und Schuh.

Die genaue Uebereinstimmung der einzelnen Maße etc. . bei diesen beiden Fahnen läßt klar erkennen, daß dieselben zusammengehören, also einem und demselben Regiment angehört haben müssen. Der einzige Unterschied wäre vielleicht darin zu finden, daß die weiße Fahne mit 18, die blaue mit 36 Pinnen befestigt ist; da aber 36 gerade die doppelte Anzahl von 18 ist, so wäre dieser Unterschied leicht zu erklären.

Auf der Fahne des Regiments Alt=Zülow war der Namenszug des Herzogs von zwei Lorbeerreisern mit Früchten, auf der des Regiments Jung=Zülow von zwei Lorbeerreisern ohne Früchte, und auf diesen beiden Fahnen ist der Namenszug von je einem Lorbeerzweig mit Früchten und einem Palmzweig umgeben. Da diese beiden Fahnen aber offensichtlich demselben Zeitalter wie jene angehören, so können dieselben nur von dem Regiment von Both geführt worden sein.

Was diese beiden Fahnen gekostet, darüber giebt uns die betreffende Specification des Hausvogts J. G. Meckel Auskunft.

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"Specification,

Was zu verfertigung einer Neuen Fahne die Kosten sich betragen, nach beygelegtem Abrieß, wie folget:

Tabelle: Was diese beiden Fahnen gekostet haben

Obige Fahnen wurden von dem Regiment v. Both von 1759-1786 geführt. Im Frühjahr, wahrscheinlich Ende Mai, 1786 erhielt das Regiment neue Fahnen. Die Feier der Uebergabe und Annagelung des Fahnentuches fand in Schwerin auf dem Alten Garten in Anwesenheit der Allerhöchsten Herrschaften, so wie des Herzogs Adolph Friedrich IV. von Meklenburg=Strelitz statt 1 ).


1) Bei der Fahnenweihe hielt zuächst der Auditeur Reuß folgende Ansprache:
"Durchlauchtigste,
Gnädigste Herrschaften!
Die Gnade, womit Ihro Herzogl. Durchl., unser gnädigster Herr, und Höchst Ihro Durchlauchtigste Gemahlin, unsere gnädigste Herzogin, durch Schenkung dieser neuen Fahnen, sämmtliche Durchlauchtigste Herrschaften, und Ihro regierenden Herzogl. Durchlaucht von Mecklenburg=Strelitz, durch höchst dero Anwesenheit bei der feierlichen Ein= (  ...  )
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Zum letzten Mal erhielt das Regiment im März 1796, nach seiner Rückkehr aus Holland, neue Fahnen. Die weiße


(  ...  ) weihung derselben, das gegenwärtige hochlöbliche Regiment Sr. Excellenz des Generallieutenants von Both, unsers verehrungswürdigsten Chefs, beglücken: Diese Gnade mit dem unterthänigsten Dank zu verehren, würde ich befürchten jeden Ausdruck viel zu schwach zu wählen.
Geruhen Ew. Ew. Herzogl. Durchlauchten, ihn beredter in den erfreulichen Blicken aller Anwesenden Höchstselbst zu lesen.
Diese Lebhaftigkeit scheint zum Voraus die Erfüllung des Gelübdes zu verbürgen, womit wir uns jetzt zur Folge dieser Fahnen verpflichten sollen.
Ich werde also nicht Urfache haben, aus den würdigen Gebrauchen, welche schon von den ältesten Völkern diesem Ehrenzeichen der Kriegsheere stets beigelegt worden, eine Ermunterung hervorzusuchen. Ich werde nicht nöthig haben, aus der Strenge der Strafen, womit treulose Flüchtlinge beleget werden, eine Abschreckung zu entlehnen.
Eindrücke der Gewohnheiten veralten mit ihnen selbst, und Furcht vor Strafe ist ein zu unedler Enthaltungsgrund. Weit richtigere Beweg=Ursachen sind es, die ich empfehlen zu können hoffe.
Was kann stärker zur sorgfältigsten Beobachtung aller Obliegenheiten ermuntern, als wenn der durchlauchtigste Beherrscher dem Militair=Stande Höchstselbst eine huldreiche Aussicht würdigt? Was kann nachdrücklicher zur unverbrüchlichen Treue beleben, als wenn die Milde des Regenten, statt die Gewissen mit eidlichen Versicherungen zu beschweren, nur das uralte Merkmal der deutschen Redlichkeit, den Handschlag, befiehlet? Wer fühlt sich hierdurch nicht mit Ehrfurcht zu seinen Pflichten aufgefordert?
Wir kennen sie aus unserm Gesetzbuch, die Kriegs=Artikuln. Sie bestehen, um sie aus ihrem weiteren Umfange ins Kurze zu ziehen, in den Pflichten, welche die Religion vorschreibt. Schon ihre ersten Worte enthalten die fromme Aeußerung, daß ohne dieselbe keine Glückseligkeit zu hoffen sei. Sie Verlangen die Beobachtung der weltlichen Gesetze, und verbinden beide mit den Obliegenheiten des Berufs der Soldaten. Tapferkeit in Gefahren, Unerschrockenheit in Beschwerlichkeiten, Darsetzung Leibes und Blutes und die Aufopferung des Lebens selbst.
Damit nun diese theuren Pflichten für die Hoheit des Herzoglichen Hauses und zum Wohl des Landes von uns stets getreu erfüllet werden mögen, so wird jetzt dazu der Segen von der Vorsehung erbeten werden."
Hierauf nahm der Garnison=Prediger das Wort:
"Emanuel, großer Sieges=Held! Herr Jesu! gieb uns auch jetzt bei dieser außerordentlichen Gelegenheit einen Anblick deiner Gnade, daß alle hier Versammelten, deine Erlöseten, den seligen Entschluß fassen mögen: Dir leb' ich. Dir sterb' ich, Dein bin ich todt und lebendig!
Theuerste Freunde und Versammelte Anwesende! Wir stehen jetzt hier vor dem Angesichte dessen, den alle Welt fürchten muß, und in der hohen Gegenwart unseres geliebten Landes=Vaters, des Durchl. Herzogs Friedrich Franz, unserer verehrungswürdigen Landes=Mutter, (  ...  )
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führt das Regiment, jetzt 3. Bataillon Meklenb. Grenadier=Regiments Nr. 89, noch heute, und mit der blauen werden wir uns weiter unten näher beschäftigen.


(  ...  ) des Durchl. regierenden Herzogs und Herrn Adolf Friedrich von Strelitz, der Durchl. verwittweten Herzogin Frau Mutter, der Durchl. Prinzessin Ulrica und einer ansehnlichen Versammlung.
Es ist uns bereits gesagt, was der Zweck dieser großen Versammlung sei. Unser Durchl. Regent haben diesem unsern Regiment neue Fahnen in Gnaden zu schenken geruhet, und diese militairischen Ehren= und ruhmvollen Denkmale sollen feierlich eingeweihet werden. Euch, meine Freunde vom Militair=Stande, wird abgefordert, daß ihr den Handschlag, welcher die Verbindlichkeit eines Eides der Treue hat, bei diesen gnädigst geschenkten Fahnen leisten sollet.
Mir als einem verordneten Seelsorger dieser geliebten Militair=Gemeinde ist aufgetragen, euch zu dem zu ermuntern, was euch hierbei zu thun gebühret, und wozu der Befehl Gottes einen jeden in diesem Stande führet. Vom Chef bis zum Geringsten. Ich rede mit Militair=Personen, die, wie wir, alle in ihrer Kindheit dem Herzoge unserer Seligkeit Jesu Christo, unserm Gott und Heiland, sind zugeführet worden, die in der Taufe zu seiner Blut=Fahne geschworen, ihm zugesagt, ewig treu zu bleiben. so wie er ein ewig treuer Bundes=Gott ihnen sein will. Hier ist die Losung: treu und beständig, so lange ich lebendig!
Hieraus leite ich nun die große Schuldigkeit her, die ihr als christliche, und nicht als heidnische Kriegsleute zu erfüllen habt.
Ihr dienet in eurem Stande einem Regenten und Herzog, der ebenfalls zu Christi Heeres=Kreuzes=Fahne, so da weiß und roth gesprengt ist, sich bekennet, ihr dienet einem gnädigen, euch zärtlich liebenden Herzog, der alle Mühseligkeiten euch erleichtert, die wegen der natürlichen Verbindung der Dinge in der Ordnung der Welt mit diesem Stande verknüpft sind. Treue seid ihr eurem obristen Herzog der Seligkeit schuldig; Treue seid ihr schuldig eurem von Gott verordneten Landesherrn und Herzog; Treue seid ihr schuldig euren vorgesetzten Befehlshabern; Treue, sage ich, daß man, wenn es gefordert wird, Gut und Blut, Leib und Leben auch dahin gebe. Ein punctueller Gehorsam gegen die Befehle seiner Obern und commandirenden Herren ist der edle Charakter eines Soldaten, der Christi Namen nennet; was man sonst wahren Glauben, Gottesfurcht, Religion und Gewissen heißt, treibt hierzu am stärksten an. Es ist nur ein Vorurtheil der falsch berühmten Kunst, als wenn Soldaten=Pflicht und Gewissens=Redlichkeit nicht können beisammen stehen.
Ein Deserteur, der seinen Eid bricht, den er freiwillig geleistet, seine Fahne verläßt, der er geschworen, ist schon unter gesitteten Menschen der natürlichen Religion ein Schandfleck, da er mit wichtigen Sachen, die das höchste Wesen angehen, ein Spielwerk treibet.
Ich will nicht der Ehre und des Ruhms gedenken, den ein treuer Kriegsmann erlangt bei gehorsamer Ausübung seiner Pflichten, was die Römischen Feldherrn der alten Zeiten ihrem Heere vorpredigten, welches nicht in allen Gemüthern Wirkungen hervorbringet.
Das aber bleibt ewig wahr: Gott, unser Heiland hat an einem frommen Soldaten, der im gläubigen Herzen ihm anhanget und das Seine treulich verrichtet, ein gnädiges Wohlgefallen, und wenns im Rath der Wächter beschlossen ist, daß er sein Leben im Dienste seines (  ...  )
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Begleitet wurde die Uebersendung derselben von folgendem bemerkenswerthen eigenhändigen Schreiben des Herzogs Friedrich Franz an den derzeitigen Chef, Oberst Winter.

"An den Obristen Winter zu Güstrow.

Ludwigslust, 26. Martii 1796.

M. L. O. Winter. Empfangen Sie hierbei die neuen Fahnen für Ihr Ihnen anvertrautes Regiment zu einem ewigen Andenken für alle in Holland bewiesene Treue, indem dasselbe sich nicht durch Freiheitssinn hat hinreißen lassen. Auch denen Officiers Ihres Regiments versichern Sie gleichfalls Mein Wohlwollen mit der sichern Zuversicht, daß ich hoffe: sie werden fortfahren subordination und Ordnung unter sich zu unterhalten, wie bisher geschehen, und auch fernerhin so brav und treu dienen, als sie es in den vergangenen Jahren thätig bewiesen. Auch den braven Gemeinen bleibe Ich stets vorzüglich gewogen, da sie sich nicht gegen ihre Oberen widersetzt, sondern ihre Schuldigkeit ohne Murren und aufrührerisch zu werden, gethan.

Und Ihnen, Mein Herr Oberst, danke ich vorzüglich, daß Sie durch Ihr ganzes Benehmen Ihr jetziges Regiment, auch schon dazumal, als Sie noch nicht Inhaber desselben waren, in so guter subordination gehalten haben.

Ich verbleibe stets mit der größten Werthschätzung

Ihr getreuer Freund F. F. H. z. M."


(  ...  ) Regenten verlieren soll, so gehet auch vom Schlachtfeld ein Weg zum Himmelreich.
Ich aber verbinde mich mit euch Allen auch bei dieser feierlichen Gelegenheit. Wir, die wir wahre Freunde Jesu sind. suchen unsere Ehre nach der apostolischen Ermahnung (Tit. III. v. 1.) darinnen: unserm Fürsten und der Obrigkeit unterthan und gehorsam zu sein. Wir bitten den Herrn, der alle Erden mit seinen Händen regieret: Er schenke unserm theuren Herzoge eine dauerhafte Gesundheit, wende alle gefährlichen Zufälle von seiner hohen Person in Gnaden ab! Er erhalte unsere beste Landesmutter bei unverrücktem Wohlsein, er lasse die beiden verwittweten Herzoginnen allezeit seiner Treue und Pflege empfohlen sein. so gehen ihrer aller Wege gewiß zum Himmel ein.
Die Erziehung unseres geliebten Erbprinzen und die der anderen Herzoglichen Kinder müsse immerfort mit Segen bekrönt werden, damit aus diesen edlen Zweigen die Regenten Mecklenburgs bis ans Ende der Tage entsprießen mögen.
Unser ganzes Land sei ein Vorwurf der göttlichen Liebe und Barmherzigkeit.
Nun: Ihr, die ihr Christi Namen nennt, gebt unserm Gott die Ehre, ihr, die ihr Gottes Macht bekennt, gebt unserm Gott die Ehre! Die falschen Götzen macht zu Spott, der Herr ist Gott, der Herr ist Gott, gebt unserm Gott die Ehre!
Hierauf sage ich freudig Amen!
In Jesu Namen Amen!"
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Zur Erläuterung dieses Schreibens dienen folgende Bemerkungen.

Während der Vertheidigung von Mastricht 1794 hatten sich die meklenburgischen Truppen, namentlich das Bataillon Winter des Grenadier=Regiments von Both, durch gute Manneszucht vor allen anderen Truppen - Mastricht war von Oesterreichern, Ungarn, Tirolern, Nassauern, Hessen, Holländern und Meklenburgern besetzt - so vortheilhaft ausgezeichnet, daß den drei Meklenburgischen Bataillonen, als der Elite=Truppe, der Ehren= und innere Sicherheitsdienst der Garnison allein anvertraut wurde. Das Grenadier=Bataillon besetzte in der letzten Zeit der Vertheidigung stets die Hauptwache; und als, nach der Capitulation von Mastricht, unter den österreichischen Truppen eine Revolte ausbrach, wurde dieselbe von dem meklenburgischen Grenadier=Bataillon sofort niedergeschlagen. Und 1795, als ganz Holland von den französischen Revolutions=Truppen besetzt war, und der allgemeine Freiheits= und Gleichheits=Traum die holländische Armee, die längst im Geheimen mit der französischen fraternisirte, völlig zersetzt hatte, blieben allein die Meklenburgischen Grenadiere, gleichsam, wie Oberst Winter berichtet, ein Staat im Staate, allen unreifen Ideen und unlauterem Getriebe fern. Ja, als sogar auch bei einigen Compagnien der Meklenburger Musketiere Ruhestörungen vorkamen, waren es wieder die Grenadiere, die durch ihr energisches Vorgehen jede weitere Ausschreitung verhinderten. -

In der Gruppe 16 finden wir noch eine Fahne, die, der Form und Malerei nach zu schließen, demselben Zeitalter wie die oben besprochene Fahne des Regiments v. Both angehören muß.

[No. 10.] Die Fahnenstange ist zur Zeit noch 2,57 Meter lang, das obere und untere Ende abgebrochen. Die blau=seidene Fahne - nur die eine Seite ist noch vorhanden - ist mehrfach äußerst roh und grob zusammengeflickt, und in der einen Ecke ist sogar ein Stück der vorher besprochenen Fahne v. Bohlen's eingesetzt.

Von den v. Both'schen Fahnen unterscheidet sich dieselbe wesentlich dadurch, daß der Namenszug des Herzogs von je einem Lorbeerzweig ohne Früchte und einem Palmzweig umgeben ist. Die letzten Reste eines um das obere Ende der Fahnenstange geschlungenen Fahnenbandes bezeichnen diese Fahne jedoch ganz unzweifelhaft als die Retirir=Fahne des Infanterie=Regiments v. Glüer (früher Jung=Zülow). Verliehen wurde dieselbe am 30. April 1766, und durch eine neue im Sommer 1787 ersetzt.

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An der bereits mehrfach erwähnten Standartenstange des Leib=Regiments zu Pferde, in der Gruppe 16, befindet sich außer der Leib=Fahne des Regiments von Flohr auch noch angeheftet:

[No. 11.] eine weiß=seidene Fahne von etwa 108 Centimetern Breite und 130 Centim. Länge, welche aus drei Längsstreifen zusammengesetzt ist und in den oberen Partien mehrere Brandstellen trägt. Das Fahnentuch ist im Uebrigen sehr gut erhalten. Das Mecklenburger Wappen, analog den entsprechenden Fahnen des Herzogs Friedrich, ist auf jeder Seite von zwei krepirenden Granaten umgeben. Der Namenszug wird von je einem Palm= und einem Lorbeerzweig ohne Frucht umschlungen. Die Fahne ist verkehrt angeheftet.

[No. 12.] Eine dieser Fahne in allen einzelnen Theilen völlig gleiche blau=seidene finden wir in derselben Gruppe an dem oberen Theile einer alten Standartenstange angeheftet.

[No. 13.] Dieser Theil der Standartenstange, 2,25 Mtr. lang, ist mit einer eisernen Spitze ohne Bezeichnung versehen, so daß eine nähere Bestimmung derselben unmöglich ist.

Da beide Fahnen sehr gut erhalten sind, so ist auch noch klar und deutlich zu erkennen, daß die Malerei von dem Maler v. Lieszewsky herrührt; v. Lieszewsky lebte 1778-94 als Hofmaler in Ludwigslust. In diesen Jahren erhielten Fahnen 1782 das in diesem Jahr neu errichtete Grenadier=Regiment Prinz Friedrich, später Leib=Regiment, 1786 das Grenadier=Regiment von Both und 1787 das Infanterie=Regiment von Glüer. Da genannte Fahnen aber noch den Namenszug des Herzogs Friedrich tragen, so können dieselben auch nur dem erstgenannten Regiment angehört haben. Ersetzt wurden dieselben, oder vielmehr nur das Fahnentuch, 1795.

VI. Fahnen aus dem Zeitalter des Herzogs Friedrich Franz I.

Zwei Fahnen aus dieser Zeit, eine weiße und eine blaue, finden wir in der Trophäen=Gruppe Nr. 17. Dem Katalog nach sollen dieselben allerdings Landwehr=Fahnen aus den Jahren 1813-15 sein; daß dem jedoch nicht so ist, wird weiter unten bewiesen werden.

[No. 14.] Die weiße Fahne hat eine weiße Fahnenstange von 3,04 Meter Länge mit Schuh und Spitze von Bronze, in der Spitze den Namenszug des Herzogs Friedrich Franz. Die Stange ist dem Anschein nach 1,10 Meter vom Fuß gebrochen; denn in dieser Höhe ist um dieselbe ein messingenes

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Band von 11 1/2 Centimetern Breite gelegt. Die Fahnenstange ist auffallend schwer.

Die Fahne, 1,17 Meter breit und 1,44 Meter lang, besteht aus drei Längsstreifen von doppeltem weißen Seidenrips und ist auf jeder Seite mit 78 Pinnen befestigt. Der Rand ist von einer goldenen Guirlande, abwechselnd aus Lorbeer= und Palmzweigen bestehend, umgeben. In den vier Ecken befindet sich der Namenszug des Herzogs mit Krone, umgeben von je einem Lorbeer= und einem Palmzweig. Von gleichen. Emblemen ist das Meklenburger Wappen, in der Mitte des Fahnentuches, umgeben. Das Wappen, von ovaler Form, ruht auf einem grünen, mit kriegerischen Emblemen geschmückten Erdboden, und zwischen den Emblemen versteckt steht die Bezeichnung: ,,J. H. Suhrland, Ludwigslust 1795"

Wie oben bereits erwähnt, erhielt das Leib=Regiment 1795 neue Fahnen, also kann auch nur diesem Regiment obige Fahne angehört haben.

Im März 1809 wurde das 1. Bataillon des Leib=Grenadier=Regiments, ehemals Regiment Prinz Friedrich, welches die 1795 verliehenen Fahnen führte, aufgelöst, und die Fahnen desselben an das Zeughaus abgeliefert. Das in der Formation begriffene bisherige 4. Bataillon, nunmehr 3tes, erhielt darauf aus dem Zeughause eine schon gebrauchte weiße Fahne. Die Bataillone hatten. seitdem Mecklenburg 1808 dem Rheinbunde beigetreten war, nur noch eine Fahne. In dem Gefecht bei Damgarten, an dem 2 Compagnien dieses Bataillons theilnahmen, am 24. Mai des Jahres 1809, ging die Fahne an Schill verloren; sie wurde jedoch später in Stralsund wieder aufgefunden und dem Herzoge zurückgeliefert. Bei der gänzlichen Abwesenheit anderer gut erhaltener weißer Fahnen liegt die größte Wahrscheinlichkeit vor, daß dies die betreffende Fahne gewesen ist.

[No. 15.] Die blaue Fahne dieser Gruppe, 1,22 Meter breit und 1,44 Meter lang, mit 95 Pinnen angenagelt, ist in allen übrigen Theilen der vorigen völlig gleich. Nur die blaue Fahnenstange trägt in der Spitze nicht den Namenszug des Herzogs, sondern eine aufgehende Sonne, und der Namenszug mit Krone in den vier Ecken des Fahnentuches ist ohne jede Decoration. Die Bezeichnung "J. H. Suhrland, 1796", welche sich zwischen den Emblemen versteckt findet, besagt deutlich genug, daß diese Fahne die (Retirir=) Fahne des Regiments Winter (früher von Both, jetzt 3. Bataillon Großherzogl. Grenadier=Regiments Nr. 89) ist, welche demselben im genannten Jahre verliehen wurde; denn in diesem Jahre waren

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allein dem Regiment Winter neue Fahnen verliehen worden. (Siehe Nr. 8 u. 9.)

Als Meklenburg 1808 dem Rheinbunde beizutreten genöthigt war, wurde auch diese Fahne dem Zeughause zur Aufbewahrung übergeben.

Außer den Fahnen bewahrt der Waffensaal des Großherzoglichen Arsenals zu Schwerin noch manche Trophäen und Ehrenzeichen einer ruhm= und bedeutungsvollen Vergangenheit. Möge es daher immer weiterer Forschung vorbehalten bleiben, auch diese Schätze ans Tageslicht zu ziehen, den Gefallenen zum Andenken und den Lebenden zur Nacheiferung!


 

Berichtigungen zu A, III. (S. 33 ff.)

V 87 ff. muß das Komma nicht nach råd. sondern nach swinde stehen; der Sinn ist: Wer aber ist so findig und gewandt, der (= daß er) Rath fände, das zu ändern, was u. s. w.

V. 105 wird das Semikolon am Ende zu streichen, und ferner wert für das Adjectiv: werth zu nehmen sein.

Ein paar weitere, theils sichere, theils in Erwägung zu ziehende Interpretationen verdanke ich Herrn Director Dr. Krause in Rostock:

Vorrede V. 4 empfiehlt sich vielleicht mehr die Uebersetzung: "- - sie vorher lateinisch dir beschreibt".

V. 188 ist: dan. wohl in der Bedeutung: zugelassen - zu nehmen; ferner möchte V. 190 nicht mit dem Folgenden zu verbinden ("seine Würde konnte es nicht verhindern, daß u. s. w."), sondern zu übersetzen sein: "er als Archidiakon konnte doch nicht kämpfen".

V. 207 suss ist richtig und schulden als Präteritum von schulen: aus dem Verstecke heraussehen - zu nehmen.

V. 286 paßt schuttinge in der von Lübben aufgeführten Bedeutung: Herberge, Kneipe - ganz gut; es ist eine Verhöhnung der Bürger.

V. 328: "Unterdeß bekam man die Rädelsführer schriftlich (durch die bei ihnen aufgefundenen Papiere) heraus".

E. Saß.

 

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