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Inhalt:

Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

G. C. F. Lisch,

Großherzoglich meklenburgischem Archivar und Regierungs=Bibliothekar, Aufseher
der Großherzoglichen Alterthümer= und Münzensammlung zu Schwerin,
auch
Ehrenmitgliede der deutschen Gesellschaft zu Leipzig und des voigtländischen alterthumsforschenden Vereins, correspondirendem Mitgliede der alterthumsforschenden Gesellschaften zu Stettin, Halle Kiel, Salzwedel, Sinsheim, Berlin und Kopenhagen
als
erstem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Zehnter Jahrgang.


Mit Holzschnitten.


Auf Kosten des Vereins.

Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1845.

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Gedruckt in der Hofbuchdruckerei in Schwerin.

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Inhaltsanzeige.


  Vorwort.
A. Jahrbücher für Geschichte. Seite.
I. Ueber die meklenburgische Hauptlandestheilung vom J. 1229, vom Archivar Lisch zu Schwerin 1
II. Die Siegel der Fürsten von Parchim=Richenberg, von demselben 23
III. Das Schloß Richenberg, von demselben 30
IV. Das Land Ture, von demselben 33
V. Das Land Kutsin oder Kutin, von demselben 36
VI. Sophia von Rostock, des Fürsten Borwin III. von Rostock Gemahlin, von demselben 42
VII. Historische Nachrichten von dem lübeckischen Patriciat, vom Dr. Deecke zu Lübeck 50
VIII. Liscows Leben, vom Archivar Lisch 97
IX. Miscellen und Nachträge: 180
1) Das Slaventhum der Ostseeländer, von demselben 180
2) Die Stiftung des Klosters Rehna, von demselben 180
3) Die Stiftung des Klosters zu Neubrandenburg, von demselben 182
4) Der Hof des Klosters Doberan zu Lübeck, von demselben 184
5) Die Stiftung der Stadt Güstrow, von demselben 185
6) Die Stiftung der Stadt Neustadt, von demselben 188
7) Gude Manne, von demselben 190
8a) Landtag vom J. 1488, von demselben 191
8b) Fehde der Stadt Friedland mit den von Schwerin, von demselben 193
9) Zur Geschichte der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin, vom Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg und Dr. Deecke zu Lübeck 194
10) Das fürstlich-stargardische Archiv, vom Archivar Lisch 196
11) Der Lange Stein bei Wittenburg, vom Pastor Ritter zu Vietlübbe 197
12) Ueber die Verbindung der Ostsee mit der Elbe, vom wail. Dr. Burmeister zu Wismar 198
13) Das Grab des J. Freder, von demselben 201
X. Urkunden-Sammlung 203
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B. Jahrbücher für Alterthumskunde.
I. Zur Alterthumskunde im engern Sinne
1) Vorchristliche Zeit. Seite
a. Im Allgemeinen 237
Untersuchungen über die heidnischen Grabgefäße, vom Archivar Lisch 237
b. Zeit der Hünengräber 262
c. Zeit der Kegelgräber 271
d. Zeit der Wendengräber 290
e. Vorchristliche Alterthümer auswärtiger Völker 297
2) Mittelalter 299
II. Zur Baukunde.
1) Mittelalter. 299
a. Weltliche Bauwerke 300
b. Kirchliche Bauwerke 300
2) Neuere Zeit 320
III. Zur Münzkunde.
Die neuern meklenburgischen Denkmünzen, vom Pastor Masch zu Demern 321
IV. Zur Geschlechter- und Wappenkunde.
1) Zur Geschlechterkunde 369
2) Zur Wappenkunde 373
V. Zur Sprachkunde 375
VI. Zur Schriftenkunde.
1) Urkunden 379
2) Bücher 382
VII. Zur Buchdruckkunde 383
VIII. Zur Rechtskunde.
Ueber die Straßengerechtigkeit in Mecklenburg, vom Archiv=Registrator Glöckler zu Schwerin 386
Ueber die Aussteuer der Töchter aus dem Lehn, vom Archivar Lisch 417
IX. Zur Erd- und Naturkunde 418

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Inhalt:

A.

Jahrbücher

für

Geschichte.


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I.

Ueber die

meklenburgische Hauptlandestheilung

vom Jahre 1229

und

den Regierungsantritt der vier Söhne des Fürsten Heinrich Borwin II. von Meklenburg,

von

G. C. F. Lisch.


E ine der wichtigsten Begebenheiten in der meklenburgischen Geschichte ist die Hauptlandestheilung in die Herrschaften Mecklenburg, Werle, Rostock und Parchim=Richenberg unter die vier Söhne des Fürsten Heinrich Borwin II. in dem zweiten Viertheil des 13. Jahrhunderts, wie überhaupt ungefähr um diese Zeit die genauere Geschichte mancher norddeutscher Staaten mit der Theilung größerer Ländergebiete beginnt. Obgleich diese meklenburgische Hauptlandestheilung die Grundlage aller politischen Eintheilungen (und theilweise Veranlassung zu Titel und Wappen der Landesherren) bis auf den heutigen Tag geworden ist, so gehört sie doch noch zu den dunkelsten Theilen unserer Geschichte und ist in den letzten Jahrhunderten vorzüglich nur durch den Bericht von Chemnitz verbürgt und im Allgemeinen dadurch unterstützt, daß die verschiedenen Fürsten zu verschiedenen Zeiten sich Namen von verschiedenen und besondern Ländertheilen beilegen. Die Stellen in Chemnitz handschriftlicher Chronik, oder vielmehr Urkunden=Relation, aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts lauten also:

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"Anno Christi 1229 haben Herr Johannes Theologus vnd seine Herrn Brüder die semptliche Lande in zwey gleiche Theile von einander gesetzet, also das der eine theil das Land zu Meckelnburg vnd der ander das Land zu Rostock, wie vor, genennet worden, vnd darumb geloset, da ist Herrn Johanni vnd seinen jungsten Brudern Herrn Pribislao dem dritten das Land zu Meckelnburg, Herrn Nicolao dem fünften aber vnd Herrn Henrico Burwino dem dritten das Land zu Rostock gefallen, haben dahero in gemeinen brieffen diesen titul geführet: Johannes et Pribislaus de Magnopoli, Nicolaus et Henricus de Rostoc fratres et domini.
-----------------
-----------------
Weil nun nichts desto weniger vnter diesen herrn wegen der getheilten lande einige misverstande vorfiehlen, als haben sie Anno Christi 1234 die Theilung des Landes anderweit vorgenommen," u. s. w.

Einige eigene Betrachtungen abgerechnet, wird Chemnitz diese Erzählungen zum Theil aus Beobachtung der Urkunden=Eingänge construirt haben. Außerdem scheint er aber auch eine andere archivalische Quelle benutzt zu haben, welche bis auf die neuesten Zeiten vernachlässigt ist; dies ist die doberaner Genealogie 1 ) aus der Mitte des 14. Jahrhunderts in dem Copialbuche des Klosters Doberan. Diese berichtet ebenfalls eine zweimalige Landestheilung, wie Chemnitz, jedoch ohne Zeitangaben, in folgenden Worten:

"Post hec iste Hinricus iunior accepta vxore genuit qatuor filios: Johannem, Nicolaum, Hinricum, qui et Burwinus dictus est, mutato fortassis proprio nomine in confirmacione, et Pribizlaum. Isti - - principatum seu dominium paternum primo sic diuiserunt, quod Johannes et Pribizlaus in Magnopoli, Hinricus vero et Nicolaus in Rozstok dominium tenuerunt. Postremo vero aliter diuidendo ordinauerunt, quod Johannes in Magnopoli et Mychelenhorgh, qui et knese Janeke est dictus, Hinricus,


1) Vergl. Jahrb. II, S. 9-10.
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qui et Burwinus, in Rozstok, Nicolaus in Gustrowe, scribens titulum dominii sui de castro Werle, et Pribizlaus, qui de castro Rychenberg, quod exstruxerat, titulum dominii sui accepit".

Dies ist die älteste, heimische chronistische Nachricht über die Landestheilung, nicht viel über hundert Jahre älter, als die Theilung selbst. Leider giebt sie keine Jahreszahlen. Ihr scheint Kirchberg in seiner Reimchronik aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrh. gefolgt zu sein, wenn er Cap. CXXVI sagt:

Do man nach godes geburt schreib gar
czwelfhundert eyn vnd driszig iar,
-----------------
-----------------
dy sone Hinrich Burwini
den waz grosze czwitracht by,
daz sy sich hattin geteylet schire
irs vatir wendische rich in vire
nach irs vatir tode gar.
Iglicher namsyns teyles war,
so daz Johan der eldiste kurg
hielt furstentum zu Mekilnburg;
du wart Gustrow also
sinem brudere Nycolao;
syme dritten brudere Burwyn
wart Rodestock vnd Kyssyn;
du wart dem vierden Pribisla
Richenberg zu teile da;
iglich teyl sunder schande
hielt gliche vil der lande.

Alle diese Angaben, so richtig sie in der Hauptsache sein mögen, ermangeln doch bisher einer urkundlichen Begründung und einer festen Zeitbestimmung; es ist daher nöthig, sämmtliche Beweise zusammenzustellen und neue Entdeckungen zu Hülfe zu rufen.

Der letzte Wendenkönig Pribislav starb am 30. Dec. 1178 1 ). Der alleinige Erbe seines Reiches war nach einiger Zeit sein Sohn Borwin I. Gegen das Ende seiner fast funfzigjährigen Regierung, welche die letzten Kämpfe mit der wendischen Bevölkerung und die sichere Begründung des christlich= germanischen Zustandes umfaßt, räumte er (um das Jahr


1) Vergl. Jahrb. II, S. 18-20.
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1218) seinen beiden Söhnen Heinrich, auch Borwin (II.) zugenannt, und Nicolaus Theile seines Reiches zur Verwaltung ein, und Heinrich nannte sich Herr von Rostock oder Werle und Nicolaus Herr von Gabebusch 1 ). Der ältere Sohn Heinrich Borwin II. starb noch vor dem Vater am 4. Jun. 1226 2 ) und der jüngere Nicolaus war nicht lange vorher seinem Bruder vorangegangen 3 ). Auch der alte Borwin I. trug den Schmerz über den traurigen Verlust nicht lange: er starb am 28. Januar 1227 4 ). Mit dem Tode dieses alten Kämpfers ging sein Reich auf seine vier Enkel, Kinder seines ältern Sohnes Heinrich Borwin II., über, auf die Fürsten Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav, welche von der Hauptburg des Landes Herren von Meklenburg genannt wurden (fratres domini Magnopolenses). Am 3. Dec. 1227 besaßen sie das ganze Erbe ihrer Vorfahren zur ungetheilten Herrschaft:

"tota iurisdictio ac hereditas progenitorum nostrorum ad nos deuenit" 5 ).

Es ist nun die Frage, wie dieses dunkle Verhältniß der gemeinschaftlichen Regierung der vier Söhne Heinrich Borwins II. gedacht werden müsse, wie die Regierung geführt worden sei und welche Gründe die Landestheilung veranlaßt haben. Volles Licht hierüber giebt die Entdeckung einer Urkunde des Klosters Dargun vom 22. Februar 1261 6 ), welche ganz neue Ansichten in die älteste Geschichte Meklenburgs einführt, nämlich:

die vier Fürsten der meklenburgischen Länder: Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav, waren bei dem Tode ihres Großvaters und ihres Vaters, im J. 1227, noch minderjährig und standen unter Vormundschaft.

In der erwähnten Urkunde, vom 22. Februar 1261, sagt nämlich der Fürst Nicolaus von Werle: als er, mit seinen


1) Vergl. Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn, I. A, S. 7 flgd.
2) Vergl. Jahrb. III, S. 35, und I, S. 434. Zwar wird in der Bestätigungsurkunde des Fürsten Borwin I. über den Dom zu Güstrow vom 10. Aug. 1226 (in Franck's A. u. N. M. IV, S. 99) der Fürst Heinrich Borwin II. als noch lebend erwähnt; aber wahrscheinlich ist diese Urkunde früher geschrieben und erst später ausgefertigt, da sie datirt ist: "Acta sunt hec anno domini MCCXXVI. Datum in Rozstock IIII. iduum Augusti".
3) Vergl. Jahrb. I, S. 134.
4) Vergl. Jahrb. III, S. 35.
5) Vergl. Mirowsche Urkunde vom 3. Dec. 1227 im Jahrb. II, S. 214.
6) Abgedruckt in Lisch Meklenburgischen Urkunden I, S. 117, Nr. LIII.
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Brüdern, im Jünglingsalter unter Vormündern gestanden habe,

"nos una cum fratribus in juvenili etate sub tutoribus constituti",

sei dem Kloster Dargun, nach dem Rathe ihres vormundschaftlichen Beistandes,

"ex quorundam sapientum nostrorum consilio",

von dem Gute Gilow, welches dem Kloster am 5. Aug. 1228, unter Beistimmung des Herzogs Wartislav von Pommern, von dem Ritter Jeneke von Verchen geschenkt 1 ) und am 12. Aug. 1240 von ihm, dem Fürsten Nicolaus von Werle, bestätigt war 2 ), ein Theil abgerissen und aus diesem das Dorf Moyzle gebildet; nachdem er aber zu seinen männlichen Jahren gekommen sei:

"cum ad virilem venissemus etatem",

so erkenne er, auf Bitten des Klosters und auf Nachforschung der Großen seines Landes,

"ex inquisitione seniorum terre nostre",

seinen Irrthum, bereue den unrechtmäßig und gewaltsam erlangten Besitz und restituire dem Kloster das entwehrte Eigenthum.

Dieses Bekenntniß läßt keinen Zweifel über die Art der Landesverwaltung in den ersten Jahren nach dem Tode der Borwine übrig:

das Land ward während der Minderjährigkeit der meklenburgischen Fürsten durch einen Rath von Weisen und von Großen oder Edlen 3 ) des Reichs regiert;

denn nobiles (Edle), majores (Große), seniores (seigneurs, Herren), sapientes (Weise), alles gleichbedeutende Ausdrücke, bezeichnen Edle aus alten Geschlechtern oder Dynasten 4 ). Dies ist zugleich das erste Beispiel einer Vormundschaft im meklenburgischen Fürstenhause. Die


1) Vergl. Lisch Mekl. Urk. I, Nr. XIII.
2) Vergl. daselbst I, Nr. XXVI. Der Fürst Nicolaus bestätigte diese Schenkung am 12. Aug. 1240, nachdem das Land Malchin an ihn gekommen war (cum terra Malchin ad nos devenisset). Vergl. Lisch Urk. des Geschl. Hahn I. B, Nr. I. u. II.
3) Auf ähnliche Weise redet der Bischof Brunward in einer Urkunde vom 5. Aug. 1236 über die Erlangung der Zehnten von dem Lande Tribsees:
"nobilis dominus Johannes Magnopolensis zelo iusticie ductus et a senioribus terre sue et scriptis nostris sufficienter instructus".
Vergl. Lisch Urk. des Geschlechts Maltzan I, Nr. IV, und Geschichte und Urk. des Geschlechts Hahn, I. B, Nr. VI.
4) Vergl. Lisch Geschichte des Geschlechts Hahn, I. A, S. 10 flgd. und S. 95 flgd.
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Vormundschaft wird während ihrer Dauer zwar nirgends besonders und ausdrücklich erwähnt, jedoch läßt sie sich aus den Zeugen der während der vormundschaftlichen Regierung ausgestellten Urkunden erkennen, da die Zeugen immer ungefähr dieselben und eben die Vormünder sind. Nach den Datirungen der Urkunden war der Sitz der Vormundschaft die Stadt Güstrow, die neue, vorzüglichste Residenz des Landes Werle, und zwar um so passender, als es ja Söhne eines Fürsten von Werle waren, für die gesorgt werden sollte. Nach den aufgeführten Zeugen waren Mitglieder der Vormundschaft vorzüglich werlesche Hofbeamte und Burgmänner zu Güstrow und Prälaten des Landes, und namentlich vorzüglich der Truchseß Heinrich Gamm 1 ), der nachmalige Truchseß Conrad und die Ritter Heinrich Grube, Barold und Jordan, neben welchen außerdem noch die Ritter Gotemar und Johann von Havelberg genannt werden; von dem Stande der Prälaten sind gewöhnlich die Domherren von Güstrow und auch der Propst von Dobbertin und der Abt von Doberan gegenwärtig; der Geschäftsführer war der alte Hofschreiber und Notar Magister Conrad zu Güstrow.

Diese Entdeckung wird durch eine zweite im Felde der wichtigen Siegelkunde kräftig unterstützt:

die Vormundschaft führt nämlich während der Zeit ihrer Regierung über das ganze Land, oder über einige Theile desselben nach der Volljährigkeit der ältern Fürsten, ein eigenes Vormundschaftssiegel,

aus dessen Gebrauch allein die Dauer ihres Regiments zu erkennen ist 2 ). Von dem Stammvater Pribislav ist keine Urkunde und kein Siegel bekannt; die beiden Borwine führten den Greifen, das allgemeine und uralte Symbol slavischer Herrschaft 3 ), in einem großen Siegel. Auch die Vor=


1) Die Gamm besaßen das Dorf Glin bei Güstrow, welches im J. 1375 zur Feldmark der Stadt Güstrow gelegt ward; vergl. Franck A. u. N. M. VI, S. 301.
2) Ein ähnlicher, für die Landesgeschichte ebenfalls höchst wichtiger Fall fand hundert Jahre später während der Vormundschaft für den Fürsten Albrecht (1329 bis 1336) statt; vergl. Jahrb. VII, S. 1 flgd.
3) Die pommerschen Herzöge, ebenfalls Herren Slaviens, führen auch einen Greifen im Wappen, so auch die Ritter von Slawe (von deer Stadt Slawe oder Schlage in Pommern?). Slava heißt, nach Hanka's Mittheilung, Ruhm, von slovu: ich bin berühmt. Nicolaus von Meklenburg, Heinrich Borwin's Bruder, führt zuerst einen Stierkopf im Siegel, und von diesem scheint der Stierkopf in die Siegel der meklenburgischen Landesherren, mit Ausnahme der Fürsten von Rostock, welche den Greifen beibehielten, übergegangen zu sein.
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mundschaft führte in einem Siegel, welches kleiner ist, als gewöhnlich die fürstlichen Siegel aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, den Greifen

Siegel

mit der Umschrift:

Umschrift

d. i. sigillum fra[trum] dominorum magnopolensium.
= Siegel der Brüder Herren von Meklenburg.

Daß die Ergänzung des Wortes FR A TRVM richtig sei, beweiset nicht nur der in den Urkunden selbst gebrauchte, mit der Siegelumschrift übereinstimmende Titel, sondern auch eine Aeußerung des Archivars Samuel Fabricius aus dem Ende des 16. Jahrhunderts: "Die beiden Brüder Johannes et Nicolaus haben in irem sigel gefurt ein aufgerichten greif mit diser Umschrift: Sigillum fratrum dnorum Magnopolensium".

Allen von der Vormundschaft ausgestellten Urkunden ist immer nur ein und dasselbe Siegel, und zwar das eben beschriebene Vormundschaftssiegel mit dem Greifen, ein oder zwei Male, je nach der vorgenommenen Theilung, angehängt.

Nimmt man hiezu noch die Eingangsformeln und die Aussteller der Urkunden unmittelbar nach dem Tode der Borwine in Ueberlegung, so wird sich der Zusammenhang der Sache leicht finden lassen.

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In den ersten Jahren der Vormundschaft sind die Urkunden ausgestellt unter dem Titel der vier minderjährigen Söhne Heinrich Borwins:

Johannes, Nicolaus, Hinricus et Pribizlaus fratres domini Magnopolenses.

Von Originalurkunden aus dieser Zeit ist bisher nur eine bekannt geworden:

1227. Dec. 3. Bestätigung der Johanniter=Comthurei Mirow 1 ),

deren Original im königlich preußischen Geheimen Staats= und Cabinets= Archive zu Berlin aufbewahrt wird; das Siegel war bei der Hervorholung der Urkunde aus dem alten Sonnenburger Archive und bei der Entfaltung derselben im J. 1834 zwar zerfallen, jedoch hing an derselben nur ein einziges kleines Siegel von der beschriebenen Form, auch waren nicht mehr Siegel angehängt gewesen, obgleich die Urkunde von allen vier Brüdern ausgestellt ist.

Viele Schwierigkeiten hat die Feststellung der von den drei Brüdern Johann, Nicolaus und Heinrich ("Johannes, Nycolaus, Hinricus, fratres, domini de Rozstoch")

1226. Febr. 15. der Stadt Lübeck ertheilten Zollfreiheit gemacht. Die Urkunde ist in Ungnaden Amoenitates, S. 659, abgedruckt und hier vom J. 1226 (MCCXXVI. XV kal. Mart.) datirt. Andere Abschriften haben bald das Jahr 1223, bald das Jahr 1227; das Jahr 1227 ist im Durchschnitt im Allgemeinen angenommen 2 ), weil die beiden Borwine am 15. Febr. 1226 noch lebten und man die Ausstellung der Urkunde durch die drei Brüder bei Lebzeiten des Großvaters und Vaters nicht für wahrscheinlich hielt und weil der Graf Heinrich von Schwerin den Lübeckern ein ähnliches Privilegium ertheilte, welches nicht datirt ist, jedoch auch die willkürlich angenommene Jahreszahl 1227 erhalten hat 3 ). Der neue Abdruck der Urkunde nach dem Originale im Urkundenbuche der Stadt Lübeck I, Nr. XXXIII, hat das Jahr 1226; in einer Note wird gesagt, daß die letzte Ziffer der Jahreszahl als III oder als VI gelesen werden könne; da jedoch die Söhne Borwins II. erst nach dem Tode ihres Vaters im J. 1226 zur Regierung gelangt seien, so müsse die Urkunde in dieses Jahr gesetzt werden. Heinrich Borwin starb nun zwar im J. 1226,


1) Gedruckt und beschrieben in Jahrb. II, S. 213.
2) Vergl. Rudloff Mekl. Gesch. I, S. 222.
3) Vergl. Ungnaden Amoen., S. 659, und Urkundenbuch der Stadt Lübeck I, S. 53.
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lebte aber noch am 15. Febr. 1226. Noch mehr verdunkelt wird diese Erläuterung durch die ausnahmsweise hinzugefügte, nicht ausreichende Siegelbeschreibung: "mit wohlerhaltenem Siegel Heinrichs" (des dritten der drei jungen Fürsten?!)

Zur wichtigen und einflußreichen Lösung dieser Räthsel bot unser wackerer Freund Deecke freundlich und mit wissenschaftlichem ernste die Hand und durchforschte nicht nur unter fortgesetzter Correspondenz, welche alle Zweifel löste, das Original und die beglaubigten Abschriften, sondern verglich auch nach ihm gesandten Zeichnungen das Siegel und schaffte einen Abdruck, desselben nach dem Originale.

Das Ergebniß dieser Forschungen ist Folgendes.

Die lübecker Zollfreiheit ist ohne Zweifel vom 15. Febr. 1226 ( M°.CC° XXVI°.XV° kal. Marcii ) datirt.

Oberflächlich betrachtet, sehen die beiden letzten. Ziffern der Jahreszahl wie III aus; daher hat auch ein Transsumt aus der Zeit 1260-1263 die Jahreszahl 1223, welche sonst in Lübeck durch Dreyer angenommen war. Aber genau angesehen, steht unzweifelhaft die Jahreszahl 1226 ( m°cc°xxvj ) da. Die völlige Entscheidung mußte das Siegel geben.

Das der Urkunde angehängte Siegel ist ohne Zweifel das Siegel des Fürsten Heinrich Borwins II., des Vaters der drei ausstellenden jungen Fürsten.

Siegel

Das Siegel ist nämlich, nach Vergleichung der Originale, dasselbe Siegel des Fürsten Heinrich Borwin II., welches

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an der Stiftungsurkunde der Stadt Parchim 1 ) (ungefähr vom J. 1218) hängt.

Die Umschrift lautet:

Umschrift

Schon diese Umschrift beweiset, daß das Siegel keinem anderen, als dem Fürsten Heinrich Borwin I. angehören kann.

Die geschichtliche Folgerung hieraus ist:

daß die vier jungen wendischen Fürsten schon bei Lebzeiten ihres Vaters und ihres Großvaters, über ein Vierteljahr vor ihres Vaters und fast ein Jahr vor ihres Großvaters Tode, unter Leitung der fürstlichen Räthe, welche später die Vormundschaft übernahmen, Staatsurkunden ausstellten und mit ihres Vaters Siegel besiegelten, daß im Anfange des J. 1226 die beiden Borwine wohl schon so schwach waren, daß sie ihre Söhne und Räthe zu Staatsverhandlungen aussenden mußten,

da die Urkunde vom 15. Febr. 1226 vor Lübeck ("apud Lubeke") ausgestellt ist. Der jüngste Bruder Pribislav war wohl noch so jung, daß man ihn noch nicht auf Reisen schicken konnte, wenigstens noch nicht zeugenfähig, d. h. 12 Jahr alt; daher hat er auch die Urkunde nicht mit ausgestellt.

An alten Abschriften von Urkunden aus der Zeit von 1227 bis 1229 findet sich noch

1228. Oct. 25. Bestätigung der Verleihung des schwerinschen Rechts an die Stadt Güstrow durch die vier Brüder 2 )

("ego Johannes, ego Nicolaus, ego Hinricus et Pribislaus fratres Magnopolenses, - - cum progenitorum nostrorum totius hereditatis nostre ac feudi nostra plena jurisdictio ad nos deuenerit hereditaria successione"), nach einer Bestätigungsurkunde des Fürsten Nicolaus von Werle vom J. 1305.

Eine Urkunde vom Jahre

1229 über die Gründung der Kirche zu Dreveskirchen ist vom Bischofe Brunward, dem Fürsten "Johannes und dessen Brüdern"

ausgestellt gewesen 3 ).


1) Vergl. Clemann's Gesch. der Vorderstadt Parchim, S. 94.
2) Gedruckt in Besser's Beitr. zur Geschichte der Vorderstadt Güstrow, S. 243.
3) Vergl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 77.
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Mittlerweile waren die beiden älteren Brüder Johann und Nicolaus mündig geworden 1 ), wenn sie auch noch nicht zu ihren männlichen oder "vollkommenen Jahren" gekommen, d. h. volljährig geworden sein mochten.

Johann und Nicolaus theilten daher (im J. 1229) die ganze Herrschaft Meklenburg in zwei Theile,

so daß der ältere Johann den jüngsten seiner Brüder, Pribislav, Nicolaus seinen zunächst auf ihn folgenden Bruder Heinrich zu sich nahm. Die Theilung geschah so, wie der alte Heinrich Borwin I. sie für seine beiden Söhne gemacht hatte: in die Herrschaften Meklenburg und Rostock.

Johann nannte sich Herr von Meklenburg,
Nicolaus nannte sich Herr von Rostock.

Es steht also den Angaben der älteren meklenburgischen Historiker, daß die durch die ältesten doberaner Chroniken verbürgte erste Theilung im J. 1229 geschehen sei, urkundlich nichts entgegen; im Gegentheil reden alle urkundlichen Zeugnisse dafür, daß eine solche Theilung wirklich stattgefunden habe. Schon im J. 1229 stellte der Fürst Johann von Meklenburg den Bürgern von Wismar eine Urkunde über die Verleihung eines Landgebietes aus und bekräftigte dies zugleich für seinen Bruder Pribislav 2 ); und nach einem im Archive zu Schwerin aufbewahrten alten Urkunden=Inventarium des Stifts Schwerin schenkten im Schlosse Gadebusch am 29. April 1230 "Johannes und Pribezlaus Hern zu Mekelnburg dem Bischof zu Zwerin die Helffte des Zehenden im Lande Warnow an beiden seiten der Eldene und im lande "Brenitz 3 )". Von der andern Seite verliehen am 1. Junii 1229 die beiden Brüder Nicolaus und Heinrich, Herren von Rostock (domini dicti de Rostock), jedoch unter Zustimmung ihrer Brüder Johannes und Pribislaus, dem Kloster Michelstein die Dörfer Rosin bei Güstrow, nach einer Urkunde im Archive zu Schwerin.

In den nächsten Jahren sind alle Urkunden so ausgestellt, daß fortan immer die Namen der Brüder paarweise, Johann und Pribislav, Nicolaus und Heinrich, an der Spitze derselben stehen:


1) Schon im März 1233 war der Fürst Nicolaus vermählt, als er dem Kloster Amelungsborn den Hof Dranse schenkte: "de Pleno consensu et uoluntate uxoris mee Jutte ac fratrum meorum Johannis videlicet et Heinrici ac Pribizlai"; vergl. Riedel Codex dipl. Brandenb. I, S. 446.
2) Gedruckt in Schröder's Wismar. Erstlingen S. 69.
3) Vergl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 78.
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Johannes et Pribizlaus de Magnopoli, Nicolaus et Heinricus de Rozstoc, fratres et domini,

oder

Johannes de Magnopoli et Pribezslaus, Nicolaus et Hinricus de Rozstoch, principes et fratres,

oder eines von diesen Paaren allein, oder eines der beiden älteren Brüder, Johann oder Heinrich, unter Zustimmung der übrigen drei oder des ihm anvertraueten einen Bruders. Der glänzendste Beweis hiefür ist, daß sich die Vormundschaft im Interesse der jüngeren minderjährigen Fürsten ihres Rechtes nicht begab und, ungeachtet der Volljährigkeit der älteren Brüder, noch eine Zeit lang die Urkunden mit dem alten Vormundschaftssiegel beiegelte, und zwar mit Einem Siegel, wenn die Urkunden von einem, mit zwei Abdrücken desselben Siegels, wenn die Urkunden von zwei Brüderpaaren herstammen. Eigene Siegel der volljährigen Fürsten erscheinen erst einige Jahre später.

Von Original=Urkunden, welche in diesen Zeitraum von 1229-1231 fallen, sind folgende bekannt geworden:

1230. Oct. 30. Friedens=, Grenz= und Vermählungsvertrag der beiden älteren Brüder Johann und Nicolaus mit dem Grafen Guncelin von Schwerin 1 ),

(inter nobiles uiros dominum Johannem Magnopolensem, dominum Nicolaum de Roztoch et fratres eorum, ex una parte, et Guncelinum comitem de Zuerin, ex altera), dessen Original im großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin aufbewahrt wird und dasselbe Vormundschaftssiegel zwei Male trägt, wahrscheinlich in Folge der ersten Theilung, durch welche das Land in zwei Theile getheilt ward.

1231. April 29. Verleihung des Dorfes Nakenstors an das Kloster Sonnenkamp (Neukloster) durch die Fürsten Johann und Pribislav 2 ),

("Johannes et Pribezlaus domini Magnopolenses"), dessen Original im großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin aufbewahrt wird und das Vormundschaftssiegel ein Mal trägt, weil es eine Güterverleihung in dem einen Hauptlandestheile betrifft.

1231. Oct. 29. Bestätigung der Privilegien des Klosters Doberan durch die beiden Brüderpaare


1) Gedruckt und beschrieben in Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn I. B., Nr. IV, und gedruckt in Rudloff Urk. Lief. Nr. Va.
2) Gedruckt und beschrieben in Lisch Mekl. Urk., II, Nr. III.
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("Johannes et Pribizlaus de Magnopoli, Nicoles et Heinricus de Roztoc fratres et domini"), dessen Original im großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin aufbewahrt wird; leider sind die Siegel von dieser Urkunde abgefallen, aber nach den noch vorhandenen Siegelbändern ist die Urkunde überhaupt nur durch zwei Siegel bekräftigt gewesen.

Außer diesen Original=Urkunden giebt es noch mehrere Urkundenabschriften und Auszüge, welche mit der Fassung der Originalurkunden übereinstimmen und die Zeitabschnitte genauer begrenzen helfen können, z. B.

(1229.) Junii 20. Bestätigung des Dorfes Wargentin an das Kloster Arendsee durch die beiden mittleren Brüder,

("Nicolaus et Heinricus fratres et domini de Rozstoch"), nach einer gleichzeitigen beglaubigten Abschrift 1 ).

1230. April 29. Ueberlassung der Hälfte der Zehnten von den Ländern Warnow und Brenz an den Bischof von Schwerin

durch Johannes und Pribislav hern zu Mekelnburgk 2 ).

1230. Oct. 18. Privilegium des Bischofs Brunward für das Kloster Doberan

unter Anführung der beiden Brüderpaare als Zeugen ("Johannes de Magnopoli et Pribizlaus, Nicolaus et Hinricus de Rozstoch principes et fratres").

So viel ist daher gewiß, daß

bis gegen die Mitte des Jahres 1231 die Vormundschaft für die jüngeren Brüder bestanden

hat und in ihrer Wirksamkeit über das ganze Land sehr einflußreich gewesen ist; bis dahin reicht auch sicher

die erste Theilung des Landes vom J. 1229 in zwei Theile.

Es wird nun aber auch eine politisch noch heute wirksame zweite Tbeilung des Landes in die vier Länder Me=


1) Gedruckt und beschrieben in Lisch Gesch. u. Urk. des Geschlechts Hahn I. B., Nr. I und II. Die Urkunde, welche dort für eine Originalurkunde gehalten ist, ist ohne Zweifel eine von dem Kloster und dem Magistrat zu Salzwedel, welcher Mitvorsteher des Klosters war, nicht lange nach der Ausstellung angefertigte beglaubigte Abschrift (vergl. daselbst I, A, S. 100). Aus inneren Gründen kann das Jahr der Urkunde 1219 nicht richtig sein, da sie von den beiden mittleren Söhnen Heinrich Borwin's unter Zeugenschaft der bekannten Vormünder und zwar in der erst 1222 gestifteten Stadt Güstrow ausgestellt ist. Es ist daher ohne Bedenken 1229 (MCCXXIX, statt MCCXIX) zu lesen, obgleich dann auch die Indiction noch nicht richtig ist.
2) Nach einer Regeste, im Archive zu Schwerin, gedruckt in Lisch Mekl. Urk. III, S. 78.
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klenburg, Werle (oder Wenden), Rostock und Richenberg (oder Parchim) angenommen. Wann sie geschehen sei, ist bisher noch dunkel geblieben. Die doberaner Genealogie giebt kein Jahr an; Kirchberg datirt sie vom J. 1231, Chemnitz vom J. 1234, ohne daß diese ihre Quellen angeben. Es ist aber noch die Frage, ob überhaupt eine zweite Landestheilung vorgenommen ist. Es ist nicht einmal wahrscheinlich, daß in so kurzer Zeit ein so wichtiges Geschäft, wie eine Landestheilung, zwei Mal geschehen sei, und es läßt sich kein bestimmter Grund und keine urkundliche Thatsache dafür angeben.

Es ist vielmehr wahrscheinlich und wohl gewiß, daß es

nur Eine Landestheilung vom J. 1229 giebt,

ferner daß

bei dieser die einzelnen Landestheile abgegrenzt und bestimmt und einstweilen in zwei Hauptgruppen verwaltet wurden,

endlich daß seit dem J. 1231

die einzelnen fürstlichen Brüder sich zur eigenen Regierung der ihnen bestimmten Landestheile nach und nach von der gemeinschaftlichen Verwaltung abzweigten, so wie sie volljährig wurden,

ohne daß man deshalb neue Landestheilungen anzunehmen braucht.

Diese Abzweigung aus dem gemeinsamen Verbande wird sich aus dem selbstständigen Auftreten der einzelnen Fürsten, aus ihrer Titulatur und ihren Siegeln 1 ) erkennen lassen und es wird dadurch vielleicht möglich sein, annäherungsweise ihre Volljährigkeit und ihren selbstständigen Regierungsantritt in den ihnen zugefallenen Landestheilen zu bestimmen. Es wird daher am passendsten sein, die Curialien der vier Brüder einzeln zu beleuchten.

I. Der Fürst Johann tritt in dem J. 1229 als Herr von Meklenburg selbstständig für sich und im Namen seines Bruders auf, für den jedoch die Vormundschaft noch zwei Jahre ihren Einfluß, im Namen des jüngsten Bruders Pribislav, in gemeinschaftlicher Regierung geltend machte. Bald tritt jedoch Johann allein mit einem eigenen Siegel auf:


1) Die Erforschung dieser Verhältnisse und die Abbildung der Siegel ist deshalb von so großer Wichtigkeit, weil die ältesten Siegel, welche allein Kunde von inneren Verhältnissen geben, nur noch in Einem, höchstens in einigen Exemplaren vorhanden und dem Untergange nahe sind. Zugleich sind diese Siegel die einzigen Kunstdenkmäler jener Zeit außer den Bauwerken.
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mit einem großen runden Siegel mit einem vorwärts schauenden Stierkopfe, welcher zwei abwärts gerichtete, hauerartige Verzierungen am Maule hat 1 ),

Siegel

mit der Umschrift:

Umschrift

1) Diese feste Einführung und Ausbildung der Wappenzeichen für die verschiedenen Landestheile geschieht unter den ersten Fürsten nach der Landestheilung. Von dem Stammvater Pribislav existirt keine Urkunde und kein Siegel. Sein Neffe Nicolaus ("princeps Slavorum") zu Rostock führt ein Reitersiegel, das einzige Reitersiegel, das in der Heraldik der meklenburgischen Fürsten vorkommt. Pribislavs Sohn Borwin I. führt einen Greifen und dessen älterer Sohn Heinrich oder Borwin II. von Rostock, so wie die Vormundschaftsregierung seiner Söhne ebenfalls einen Greifen im Siegel, als allgemein wendisches Sinnbild. Borwins I. jüngerer Sohn Nicolaus von Meklenburg führt einen Stierkopf (jedoch ohne weitere Abzeichen, als mit einem einfachen Reifen um die Stirne), als obotritisches, vielleicht germanische Symbol. Der Greif blieb bei der Landestheilung Wappenzeichen des Hauses Rostock: Borwin III., Waldemar und Nicolaus führen alle einen Greifen von derselben Gestalt. Die anderen drei Brüder nahmen den Stierkopf. Pribislav I. von Richenberg setzte aber bald seine eigne thronende Gestalt ins Siegel; ihm ahmte darin sein Sohn Pribislav II. nach, der die Linie beschloß. Die beiden älteren Brüder Johann I. von Meklenburg und Nicolaus I. von Werle wählten den Stierkopf; Johann fügte hauerähnliche Verzierungen hinzu. Auch der Stierkopf auf des Fürsten Nicolaus Siegel hat, was bisher noch nicht bemerkt ist, dieselben Verzierungen, so lange er sich noch Herr von Rostock nennt. In seinem neuen (  ...  )
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Dieses Siegel erscheint zuerst an der Originalurkunde des Klosters Dobbertin über die Verleihung des Patronats der Kirche zu Goldberg, vom 9. Julii 1231 1 ), und bald darauf an einer neuklosterschen Original=Urkunde vom 11. Februar 1232 2 ), und an den zunächst folgenden Urkunden bis zum J. 1246 3 ). Noch am 29. April 1231 siegelte die Vormundschaft mit ihrem Siegel. Nach diesen Thatsachen, nach welchen der Fürst Johann etwa um Pfingsten des J. 1231 (etwa beim Ritterschlage an dem großen Feste?) selbstständig ward, scheinen die früheren Historiker das Jahr der zweiten Landestheilung in das J. 1231 gesetzt zu haben. Schon im Februar 1235 belehnte der Kaiser den Herrn Johann von Meklenburg mit Land und Leuten 4 ).

II. Der Fürst Nicolaus nannte sich seit der Landestheilung im J. 1229 Herr von Rostock. Von dieser Theilung bis zur selbstständigen Abtrennung der Herrschaft Meklenburg von dem ganzen Lande im J. 1231 tritt er nicht allein, sondern nur in Gemeinschaft mit einem oder mehreren seiner Brüder auf, siegelt auch nicht mit einem eigenen Siegel. Im J. 1232 scheint aber auch er volljährig geworden zu sein. Nach einer alten Regeste einer nicht mehr vorhandenen Urkunde des Bisthums Schwerin, d. d. Güstrow d. 27. März 1232, traten die Herren Nicolaus und Heinrich von Rostock noch gemeinschaftlich dem Bisthum ihre Rechte an das Land Bützow ab 5 ). Am 10. März 1233 trat er schon allein und selbstständig auf und war schon vermählt 6 ) und im J. 1235 erscheint von ihm an einer Urkunde des Klosters Sonnenkamp


(  ...  ) Siegel, welches er sich als Herr von Werle nach der Abzweigung von seinem Bruder Borwin stechen ließ, sind die Hauer fortgelassen. Das Wappenzeichen der Linie Werle blieb von nun an unverändert ein vorwärts schauender, gekrönter Stierkopf, ohne Halsfell, Nasenring und aufgerissenes Maul, etwa mit ausgeschlagener Zunge im Verlaufe der Zeit. Johann von Meklenburg ließ auf einem jüngern Siegel auch die Hauer weg und führte ebenfalls einen nackten Stierkopf, eben so sein Sohn Heinrich der Pilger in den ersten Zeiten seiner Regierung; am Ende seines Lebens führte dieser einen Stierkopf mit dem Halsfell. Sein Sohn Heinrich der Löwe führte ein ganz ähnliches Siegel mit einem Stierkopfe mit Halsfell und unter der Vormundschaft seines Sohnes Albrecht (1329-1336) ward der Stierkopf mit Halsfell u. s. w. so ausbildet (vergl. Jahrb. VII, Lithograpie), wie er bis auf den heutigen Tag geführt ist. Die ausgeschlagene Zunge ist an allen Stierköpfen mit dem Anfange des 14. Jahrh. allgemein geworden.
1) Gedruckt und beschrieben in Lisch Gesch. u. Urk. des Geschl. Hahn, I. B, Nr. V, und gedruckt in Rudloff Urk. Lief. Nr. VI.
2) Gedruckt und beschrieben in Lisch Mekl. Urk. II, Nr. V.
3) Dieses Siegel führt der Fürst Johann bis ins J. 1246. Bald darauf kommen auch andere Siegel von ihm vor.
4) Vergl. Rudloff Urk. Lief. Nr. VII.
5) Vergl. Lisch Mekl. Urk. III, Nr. XXV.
6) Vergl. Riedel Cod. dipl. Brand. I, p. 446.
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das erste Siegel: ein schildförmiges Siegel mit einem vorwärts schauenden Stierkopfe, ebenfalls mit Hauern,

Siegel

mit der Umschrift: 1 )

Umschrift

Dieses Siegel allein ist entscheidend; denn er nennt sich zwar bis zur Selbstständigkeit seines Bruders Heinrich im J. 1236 vorherrschend und häufig noch Herr von Rostock (Nicolaus dominus de Rozstok), aber es kommen auch Fälle vor, daß er sich während dieser Zeit Herr von Werle (dominus de Werle), und nach dieser Zeit, als er Herr von Werle und Güstrow war, wieder Herr von Rostock nennt, ein Schwanken, welches auch in der Titulatur seines Vaters bemerkt wird. Grade in der erwähnten ersten Urkunde, welche er mit seinem Siegel als Herr von Rostock besiegelte, nennt er sich: dominus de Werle, und als sicher sein Bruder Heinrich schon als Herr von Rostock siegelte, in den Jahren 1240 und 1241, nennt er sich noch: dominus de Rozstok 2 ). Er stellte in diesem Zeiträume mehrere Urkunden


1) Vergl. Lisch Mekl. Urk. II, Nr. VIII.
2) Vgl. die mirowschen Urkunden Nr. II und III in Jahrb. II, S. 216 flgd.
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in seinem Namen aus, zu denen sein Bruder Heinrich oder auch einige seiner Brüder nur ihre Einwilligung gaben oder als Zeugen hinzutraten.

Nachdem Nicolaus sich mit seinem Bruder Heinrich auseinander gesetzt hatte, nannte er sich vorherrschend Herr von Werle oder Güstrow (dominus de Werle, dominus de Guzstrowe) und siegelte mit einem neuen Siegel, dem frühern fast ganz gleich,

Siegel

jedoch mit der Umschrift 1 ):

Umschrift

Das Siegel als Herr von Rostock führte er noch im Juli 1238 2 ) das Siegel als Herr von Werle im August 1240 3 ).

III. Der Fürst Heinrich oder Borwin war in den ersten Jahren nach der ersten Landestheilung seinem nächst ältesten Bruder Nicolaus anvertraut und trat bis zum Antritt


1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I, Nr. XXI, XXVI, XLIV und XLV, und Zusätze und Verbesserungen.
2) Vgl. daselbst Nr. XXI.
3) Vgl. daselbst Nr. XXVI. Merkwürdig ist, daß das Original der in Besser's Beitr. zur Gesch. der Vorderstadt Güstrow S. 122 gedruckten Urkunde vom J. 1248 noch mit dem ersten Siegel mit der Umschrift: Sigillum domini Nicolai de Rozthok, besiegelt ist. Vgl. unten Urk.=Sammlung.
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einer Regierung nur in Gemeinschaft mit demselben oder mit allen seinen Brüdern auf. Mit seiner Confirmation ("mutato fortassis proprio nomine in confirmacione"-nach der doberaner Genealogie) nahm er den Namen Borwin an, und hiemit ist ein Hülfsmittel mehr zur Erkennung seines Regierungsantrittes gegeben. Im J. 1235 bei Ausstellung des Privilegiums der Stadt Plau tritt er, in Gemeinschaft aller seiner Brüder, dominorum de Werle, noch mit dem Namen Heinrich auf (vgl. Westph. Mon. ined. IV, p. 928). Er erhielt in der Theilung die Herrschaft Rostock und nannte sich seitdem: Borwinus dominus de Rozstok. Schon am Anfange des J. 1236 1 ) erscheint er unter diesem Namen und Titel, wenn sich auch sein Bruder Nicolaus noch fernerhin Herr von Rostock nennt; am 15. Februar 1237 besiegelte er schon selbstständig auftretend eine (unten in der Abhandlung über die Fürstin Sophie von Rostock mitgetheilte) doberaner Urkunde mit seinem großen, runden Siegel, welches er fortan beständig führte: mit einem rechts hin schreitenden Greifen

Siegel

und der Umschrift:

Umschrift

1) Dies ist eine bisher unbekannte, unten in der Urk.=Sammlung mitgetheilte Urkunde des Klosters Rehna v. 12. Mai 1236 von "Johannes Magnopolensis (  ...  )
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Zeugen dieser Urkunde sind: "domini Johannes Magnopolensis et Nicolaus de Werle". Zu derselben Zeit war er schon sicher mit seiner Gemahlin Sophia, welche am 24. April 1241 nicht mehr lebte, vermählt, wie unten 1 ) klar dargethan werden wird. Mit dem J. 1240 ist die Selbstständigkeit seiner Regierung völlig geordnet und außer allem Zweifel 2 ). - Es scheint hiernach, daß er, nach der Tradition, ungefähr im J. 1234 oder 1235 mündig geworden sei und seine Regierung in dieser Zeit angetreten habe, da einige ältere Geschichtschreiber die zweite Landestheilung in das Jahr 1234 setzen; dies würde aber vielmehr eine dritte Theilung, nämlich die Auseinandersetzung der Fürsten Nicolaus und Heinrich (oder Borwin) sein.

IV. Der Fürst Pribislav, der jüngste der vier Brüder, welcher zuerst dem ältesten seiner Brüder, dem Fürsten Johann, anvertraut war, kommt in den Urkunden am wenigsten vor. Nachdem die Vormundschaft nach den Landestheilungen und Verwaltungen aufgehört hatte, erscheinen zwar die drei Brüder Johann, Nicolaus und Borwin öfter bei einander, z. B. im J. 1236 bei der Stiftung des Klosters Rehna und im J. 1237 bei einer Verleihung an das Kloster Doberan; aber der Fürst Pribislav scheint von seinen Brüdern immer entfernt gehalten zu sein. In der Theilung erhielt er die Herrschaft Parchim oder die mittlern Länder des südlichen Theiles des Landes, namentlich das Land Warnow bis an den Bogen der obern Warnow, zu welchem noch Sternberg gehörte, und nannte sich deshalb seit seiner Volljährigkeit Herr von Parchim (dominus de Parchim). Urkundlich erscheint er als solcher, als er im J. 1238 zu Parchim die Privilegien dieser Stadt confirmirte 3 ), in demselben Jahre, als auch die Fürsten Johann und Nicolaus dem Kloster Dargun Verleihungen erteilten 4 ), und im J. 1240, als er der Stadt Parchim die Gerichtsbarkeit über das Dorf Bicher schenkte 5 ). An


(  ...  ) dominus", in welcher als Zeugen auftreten: "dominus Nicolaus de Werle, Boruwinus de Roztoc". In der bischöflichen (Confirmation des Klosters Rehna vom 26. Dec. 1237 (vgl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I. B, S. 23) werden, als einziges Beispiel, die vier Brüder noch: "nobiles domini de Slavia, domini Johannes, Nicolaus, Heinricus, Pribizlaus fratres" genannt. Die Canzlei des Bischofs Ludolph von Ratzeburg war mit den neuen Verhältnissen des Landes Meklenburg wohl noch nicht ganz vertraut. - Auch in dem Vertrage des Bischofs Brunward mit dem Fürsten von Rostock über die pommerschen Zehnten vom 5. Februar 1236 (in Lisch Mekl. Urk. III, S. 81) wird er schon "dominus Borewinus de "Rozstok" genannt.
1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I, Nr. XXX.
2) Vgl. daselbst Nr. XXVII.
3) Gedruckt in Cleemann's Chronik von Parchim, S. 101.
4) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I, Nr. XX und XXI.
5) Vgl. Cleemann's Parch. Chron., S. 221.
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der Verleihungsurkunde, welche das Kloster Dargun im J. 1241 von ihm erhielt, hängt sein erstes, von ihm bekanntes Siegel, welches ohne Zweifel einen Stierkopf mit einem Ringe zwischen den Hörnern als Wappenzeichen führte 1 ).

Siegel

Später, sicher seit dem J. 1249, nannte er sich nach der von ihm an der Warnow bei Kleefeld und Kritzow erbaueten Burg Richenberg: Herr von Richenberg, und seit dieser Zeit führte er auch ein neues Siegel, ein Majestätssiegel, mit seiner eigenen thronenden Person im Bilde 2 ).

Siegel

1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. I, Nr. XXVIII.
2) Ueber die Siegel der Pribislave von Richenberg vgl. die folgende besondere Abhandlung Nr. II.
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Wann er zur Volljährigkeit und Regierung gelangt sei, läßt sich schwer bestimmen. Möglich, ja wahrscheinlich ist es, daß er bei der letzten Landestheilung oder vielmehr bei der Thronbesteigung des Fürsten Heinrich oder Borwin von Rostock sein Erbtheil angewiesen erhielt; denn es existirt im großherzoglichen Archive zu Schwerin in Abschrift eine von dem Fürsten Heinrich von Meklenburg im J. 1256 transsumirte, bisher unbekannte Urkunde über die Kirchen= und Pfarrgüter von Raden vom 25. Jun. 1234, in welcher er sich schon Herr von Richenberg (Pribislaus dei gratia dominus in Richenberch) nennt, wenn es anders mit dem Datum ("Acta sunt hec in Sterneberg anno domini millesimo ducentesimo tricesimo quarto, in crastino Johannis baptiste") seine Richtigkeit hat, wogegen jedoch mit Grund nichts vorgebracht werden kann.


Aus dem Vorgetragenen ergiebt sich nun im Allgemeinen, daß

die vier Söhne des Fürsten Heinrich Borwin II: Johann, Nicolaus, Heinrich oder Borwin und Pribislav, bei dem Tode ihres Vaters, 1226, und Großvaters, 1227, minderjährig waren,

daß

während der Minderjährigkeit das Land von einer Vormundschaft von Prälaten und Edlen des Landes verwaltet,

daß

im Anfange des J. 1229 das ganze Land in die vier Herrschaften Meklenburg, Werle, Rostock und Parchim=Richenberg für die vier Brüder getheilt ward,

daß

der Fürst Johann von Meklenburg im J. 1231,
der Fürst Nicolaus von Werle im J. 1232,
der Fürst Borwin von Rostock im J. 1234,
der Fürst Pribislav von Richenberg nach dem J. 1234
die Regierung selbstständig antraten.

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II.

Die

Siegel der meklenburgischen Fürsten
von Parchim=Richenberg,

von

G. C. F. Lisch.


D ie Kenntniß der Siegel der Fürsten von Parchim=Richenberg ist für die Geschichte dieser Linie unsers Fürstenhauses von so großer Wichtigkeit, daß diese ohne dieselbe kaum mit Sicherheit dargestellt werden kann. Die Kenntniß derselben ist aber ohne Abbildung der noch vorhandenen Abdrücke kaum zu erlangen. Es ist daher hier Hauptzweck, um der Geschichte des Hauses Parchim=Richenberg eine festere Grundlage zu geben, Abbildungen der Siegel dieser Fürsten mitzutheilen und dieselben mit einigen historischen Erläuterungen zu begleiten. Außerdem werden diese Abbildungen endlich die Heraldik des meklenburgischen Landeswappens säubern, welche in frühern Zeiten durch neu erfundene richenbergische Wappen so sehr verunstaltet ist.

Als Heinrich Borwin I., nach seinem ihm vorangegangenen Sohne Heinrich Borwin II., am 28. Januar 1227 starb, waren seine vier Enkel, die Fürsten Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav von Meklenburg, noch minderjährig. Die Vormundschaft für diese jungen Fürsten besiegelte ihre Urkunden mit einem gemeinschaftlichen Siegel, welches einen Greifen zum Wappenzeichen hatte 1 ). Das gesammte Erbe der Borwine ward unter die jungen Fürsten vertheilt und Pribislav, der jüngste der Brüder, erhielt den Theil des Landes, dessen Hauptstadt Parchim war; daher nannte er sich auch Herr von Parchim. Er ward erst spät volljährig; wenigstens tritt er erst im J. 1238 selbständig als Herr von Parchim auf, wenn auch


1) Ueber diese Verhältnisse vergl. man die voraufgehende Abhandlung: Ueber die meklenburgische Hauptlandestheilung.
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Spuren von dem frühern Eintritt seiner Volljährigkeit (im J. 1234) vorhanden Sein mögen.

Die Geschichte des fürstlichen Hauses Richenberg liegt noch sehr im Dunkeln (vgl. noch v. Lützow Mekl. Gesch. II, S. 15) und wartet einer ausführlichen, begründeten Darstellung, zu welcher die Archive noch viel wichtigen Stoff enthalten. Die folgende kurze Darstellung enthält die Hauptbegebenheiten der Familie. Als nach seiner bekannten Fehde mit dem Bischofe von Schwerin im J. 1256 nicht nur dieser, sondern auch der Graf von Schwerin die Hände nach seinem Reiche ausstreckte, ja selbst seine Brüder zulangten, um das väterliche Erbe nicht in fremde Hände gerathen zu lassen, ging er zu dem Schwiegervater seines Sohnes Pribislav, einem Herzoge von Pommern, und erwarb hier die Herrschaft Wollin; er trug zwar mit seinem Schwager Richard, Herrn von Frisack, im J. 1261 die Stadt Parchim dem Markgrafen von Brandenburg auf, damit dieser ihm seine Güter wieder verschaffe; jedoch waren alle Bemühungen vergeblich. Er starb nach dem J. 1270. Pribislav, der letztlebende von seinen Söhnen, erwarb durch seine Gemahlin Catharine, eine pommersche Fürstentochter, die Länder Daber und Belgard in Hinterpommern. Auch er verpflichtete sich im J. 1285 den brandenburgischen Markgrafen zum Dienst und nahm im J. 1287 mit den Herren Heinrich und Richard von Frisack von denselben seine Länder zu Lehn. Jedoch auch seine Bemühungen waren fruchtlos und im J. 1315 starb mit ihm seine Linie aus.

Höchst wichtig für die Ergründung der Geschichte Pribislavs und seiner Herrschaft Parchim sind nun die Siegel, welche er und sein Sohn führten. Ohne die bisher angenommenen Siegelbilder kritisch zu prüfen, möge hier zuvor eine Darstellung des Wirklichen Raum finden.

So lange Pribislav minderjährig war, wurden die für ihn ausgestellten Urkunden der Vormundschaft auch mit demselben Vormundschaftssiegel besiegelt, welches für alle vier Brüder gebraucht ward.

Nachdem er nach erlangter Volljährigkeit, als Herr von Parchim (dominus de Parchem), im J. 1238 seine Herrschaft Parchim angetreten hatte, wählte er sich, wie seine Brüder, ein eigenes Siegel und führte zum Wappen einen vorwärts schauenden Stierkopf mit einem schwebenden Ringe zwischen den Hörnern. Von diesem Siegel ist nur noch ein Fragment von einem einzigen Exemplare vorhanden, welches an der Urkunde des Klosters Dargun (vgl. Lisch Meklenb. Urk. I, S. 65 und 66) vom J. 1241 hängt;

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auf diesem Fragment, welches noch jetzt, jedoch sehr zersplittert, an der Urkunde hängt,

Siegel

ist noch das rechte, kräftige, nach innen gebogene Stierhorn und der Ring in der Krümmung desselben klar zu erkennen. Der Archivar Schultz im Anfange des vorigen Jahrhunderts kannte es noch unverletzt und hat von demselben eine etwas verkleinerte Zeichnung, die jedoch, da er nicht Zeichner war, zur Abbildung nicht zuverlässig genug ist, im Archive hinten lassen.; nach dieser hatte das Siegel die Umschrift:

Umschrift

Auch Westphalen Mon. ined. IV, Tab. 8, Nr. 6, hat das Siegel, angeblich nach dem Originale, wahrscheinlicher aber nach Schultz's Ueberlieferung oder nach eigenem Entwurfe, abbilden lassen, jedoch ohne Umschrift und überhaupt schlecht, wie alle, von ihm gelieferten Siegel= und Münzenabbildungen. Rudloff und Evers d. A. kannten (nach Rudloff II, S. 128 und 129) das Siegel wahrscheinlich auch noch vollständig, wenn nicht auch in ihren Angaben die Schultzsche Abbildung das Original hat vertreten müssen 1 ); dergleichen kommt freilich auch noch im vorigen Jahrhundert vor. Die Existenz eines Siegels Pribislavs mit einem Stierkopfe, so lange Pribislav sich noch vorherrschend Herr von Parchim nannte, ist jedoch außer allem Zweifel.

Nachdem Pribislav sich, sicher seit dem J. 1249, an der nordwestlichen Grenze seines Reiches auf den hohen Ufern der Warnow, zwischen Kritzow und Brahlstorf oder Kleefeld, nicht weit vom Ostufer des schweriner Sees, die Burg Richenberg hatte erbauen lassen 2 ) und sich nach derselben vorherrschend Herr von Richenberg nannte, ließ er sich ein neues Siegel


1) Daß, nach Rudloff, dieses Siegel an einer Urkunde von 1244 gehangen haben soll, ist jedenfalls ein Druckfehler; es existirt aus diesem Jahre keine Qriginal=Urkunde von Pribislav im Archive, dagegen hängt das Siegel an einer Urkunde vom J. 1241.
2) Vor dem Jahre 1249 ist nur Eine Urkunde, über die Kirchen= und Pfarrgüter von Raden, vom 25. Junii 1237, in den Archiven, in welcher er sich Herr von Richenberg nennt, wenn anders das Datum richtig ist, da die Urkunde nur in einer Abschrift vorhanden ist.
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stechen. Dies ist ein großes, rundes Siegel, wie ein sogenanntes Majestätssiegel: auf einem Throne mit einer Säule an jeder Seite ist des Fürsten eigenes Bild sitzend dargestellt, wie er mit der rechten Hand ein entblößtes Schwert auf dem Schooße hält und die linke Hand, wie gebietend, erhebt; ein Wappen fehlt auf diesem Siegel ganz. Von diesem Siegel sind noch vier, wenn auch zerbrochene, alte Original=Exemplare vorhanden, aus denen sich das Siegel bis auf einige Buchstaben der Umschrift wieder herstellen läßt.

Siegel

Die Umschrift lautet:

Umschrift

Da der Fürst selbst auf diesem Siegel abgebildet ist, so fehlt auch das Wort SI G ILLVM und die Umschrift besagt, daß der thronende Fürst PRIBIZL A VS selbst sein soll.

Dieses Siegel hängt in Bruchstücken noch:

1) an einer Urkunde der Kirche zu Parchim vom J. 1249, nicht gedruckt;

2) an einer Urkunde des Klosters Doberan vom J. 1253, gedruckt in Westphalen Mon. ined. III, p. 1496;

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3) an einer Urkunde der Kirche zu Wahmkow vom J. 1256, nicht gedruckt;

4) an einer Urkunde über die Vereinbarung mit dem Grafen Guncelin von Schwerin vom J. 1270, gedruckt in Rudloff Urk=Lief. S. 59 und Cleemann's Chronik von Parchim S. 116.

Als Pribislav nach den trüben Erfahrungen, welche er in seiner Fehde mit dem Bischofe Rudolph von Schwerin gemacht hatte 1 ), die Regierung seines Landes aufgab (1257) 2 ) und sich nach Pommern zurückzog, nannte er sich Herr zu Wollin, genannt Herr von Wendenland (dominus de Wolin, dictus de Slavia). Auch als solcher führte er noch sein großes Siegel, welches er als Herr von Parchim und Richenberg geführt hatte; er besiegelte noch im J. 1270 damit die Acte, durch welche er sein Land Parchim den Grafen von Schwerin überließ 3 ). Die Ueberreste, welche von diesem Original=Siegel noch vorhanden sind, gehören ohne Zweifel zu dem abgebildeten Siegel dieses Fürsten.

Pribislavs I. von Parchim=Richenberg Sohn Pribislav II. lebte in Pommern; sein Schwiegervater, Herzog Mestwin, hatte ihm die Herrschaft Daber und Belgard in Hinterpommern zum Besitz gegeben. Nachdem der Sohn vermählt und ansässig geworden war, entsagte der Vater für sich und seine Erben den Ansprüchen an Parchim. Pribislav II. scheint nach seinen Knaben= und Jünglingsjahren gar nicht in Meklenburg gewesen zu sein; er erscheint in meklenburgischen Urkunden nur ein Mal, nämlich als er am 30. April 1289 zu Colberg zu Gunsten des Klosters Dargun den Ansprüchen entsagte, welche er an den in seines Vaters ehemaliger Herrschaft belegenen Klostergütern hätte haben können 4 ). Gewöhnlich nennt er sich Herr von Daber und Belgard: dominus de Belgard, auch: dominus de Belgard et Doberen, auch wohl: Pribizlaus de Slavia dominus terrae Doberen et terrae Belgard in Cassubia. Als solcher führt er, wie sein Vater, ein großes, rundes Siegel, mit seinem eigenen Bilde in weitem Gewande, auf einem Throne sitzend, mit der rechten Hand ein bloßes Schwert über die Schulter haltend, mit der linken


1) Vergl. Rudloff M. G. II, S. 43.
2) Vergl. Lisch Urk. zur Gesch. des Geschlechts Maltzan I, Nr. VIII.
3) Vergl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XXII.
4) Vergl. Lisch Mekl. Urk. I, S. 185 flgd. Zu der Zeit war der Abt von Dargun mit mehreren Mönchen seines Klosters zu Colberg und ließ sich dort zu größerer Sicherheit diese Urkunde ausstellen. Dargunsche Mönche waren öfter in Hinterpommern (man vergl. die folgende Urkunde, d. d. Cöslin 18. Sept. 1289, S. 187), wahrscheinlich in Angelegenheiten des Filialklosters Bukow.
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einen Wappenschild, auf welchem ein gekrönter Stierkopf steht, neben sich auf die Erde stützend;

Siegel

Die Umschrift lautet:

Umschrift

Dieses Siegel hängt an der erwähnten dargunschen Urkunde vom J. 1289 im Archive zu Schwerin und an einer Urkunde vom Weihnachtstage 1291 im Archive zu Stettin, in welcher Pribislav II. als Zeuge auftritt 1 ).

So sind die Siegel der beiden Pribislave von Parchim=Richenberg völlig klar, und die Geschichte beider ist nach ihren Siegeln und Titeln zu scheiden; desto größer ist die Verwirrung, welche bisher in der Beschreibung derselben geherrscht hat. Westphalen hat in Mon. med. IV zu p. 1254, Tab. 7 und Tab. 8, die Siegel Pribislavs I. in Kupferstich gegeben, und zwar nach Urkunden ("fide diplomatum"), wie er sagt. Zuerst giebt er Tab. 7, Nr. 4, das Vormundschaftssiegel für ein Siegel Pribislavs allein aus und bezeichnet es, mit einem verhunzten Greifen, als "sigillum Pribislai domini Megapol."


1) Von diesem vollständigen Abdruck hat der Verein einen Lackabguß durch die Güte des Herrn Oberlehrers Dr. Hering zu Stettin erhalten.
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"1231 inter diplomata Sonnenk. et Neukl.", mit der Umschrift: SI G ILLU M . PRIBISL A I . DO M . M e c KL e N B, - einer Umschrift, welche rein erdichtet ist, wie man sich aus dem oben mitgetheilten Vormundschaftssiegel, welches grade an der Sonnenkampschen oder Neuklosterschen Urkunde von 1231 hängt, überzeugen kann. Auf Tab. 8 theilt er das Siegel Pribislavs mit dem Stierkopfe mit ziemlichen Freiheiten nach Schultz's verkleinerter Handzeichnung mit, jedoch ohne Umschrift. Die meiste Verwirrung haben jedoch die großen Siegel der beiden Pribislave mit ihrem eigenen Bilde hervorgebracht. Nach Kirchbergs Chronik Cap. CXXIX soll Pribislav I. ein Jungfrauenbild im Siegel geführt haben. Kirchberg sagt:

her vurte eyn jungfrowin bilde
gemalt an syme schilde.

Hiernach führte er aber auf seinem Schilde ein gemaltes Jungfrauenbild; von einem Siegel ist hier gar nicht die Rede; Kirchberg mag übrigens auch das Siegel Pribislavs gemeint und in dem thronenden Herrscher mit dem lockigen Haupte ein Jungfrauenbild erkannt haben. Der sogenannte Heraldiker Rixner, der sich um das J. 1530 in Meklenburg aufhielt und hier eine rein erdichtete meklenburgische Heraldik schrieb, die leider lange genug als Quelle gebraucht ist, malte nun flugs auf einem möglichst schlecht gestalteten Schilde ein splitternacktes, stehendes Weibsbild mit einem fliegenden Schleier um Hand und Hüften als Landeswappen für die Herrschaft Parchim. Für eine weibliche Figur nahm man nun, verführt durch die unklare Angabe Kirchbergs, das thronende Bild Pribislavs mit weitem Gewande, und auf die, vielleicht archivarische, Versicherung, daß dem wirklich so sei, bemühete man sich nicht weiter um Aufsuchung der Originalsiegel, sondern nahm die Zeichnung Rixners für Wahrheit an. Daher ließ Westphalen a. a. O. Tab. 8, Nr. 11, dieses Rixnersche Gebilde ("fide diplomatum"!) in Kupfer stechen und nannte es: "Sigillum Pribislai dni. in Parchim. Dipl. Parch. 1273". Schon Chemnitz nahm dies für Wahrheit und stellte weitläuftige Untersuchungen über dieses Nebelbild an und sagte von Pribislav II.: "und hat er mit seinem Herrn Vatter ein Siegel und Wappen geführt". Selbst Rudloff (Mekl. Gesch. II, S. 128-129) kann sich von diesen Rixnerschen Traditionen noch nicht losmachen, und wenn er auch auf die wirklichen Darstellungen hindeutet, so redet er doch bei Pribislav I. noch von einer "sitzenden nackenden Person" und bei Pribislav II. von einem "nackenden weiblichen Fußsiegel".

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III.

Das Schloß Richenberg,

von

G. C. F. Lisch.


S chon einige Male ist der ehemalige Sitz der fürstlichen Linie Richenberg Gegenstand der Schilderung gewesen; da aber diese Schilderungen entweder sehr alt sind, oder auch nach diesen alten Schilderungen ohne persönliche Gegenwart zusammengestellt und aufgeschmückt wurden und von den gröbsten Entstellungen wimmeln, so begaben der Herr Geschichtsmaler Schumacher und der Referent sich im Sommer 1834 persönlich nach der Richenberger Mühle, um die Oertlichkeit genau zu untersuchen.

Eine ausführliche Geschichte der ganzen Fürstenlinie Richenberg und ihrer Wohnsitze muß für eine andere Zeit aufgespart bleiben; hier sollte zur Sicherung der Nachrichten über die Ueberreste der Stammburg nur eine Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes für die Zukunft, wenn vielleicht keine Spur mehr zu finden ist, niedergelegt werden. Nur die alten Archivnachrichten über den Ort Richenberg mögen hier eine Stelle finden. Am 26. Julii 1317 bahnte der Fürst Heinrich von Meklenburg die Familie von Critzow mit dem Kirchspiele Cladow und dem Hofe Critzow und mit den bei diesen Gütern liegenden Mühlen 1 ), zu denen auch die Richenberger Mühle gehört. Die Belehnung geschah vielleicht, weil Pribislav II. im J. 1315 ohne Erben gestorben und das Privatgut seiner Linie ohne Zweifel heimgefallen war. Genannt wird die Richenberger Mühle zuerst in einer Urkunde vom 1. Febr. 1447, durch welche der Herzog Heinrich d. A. dem Heinrich von Bü=


1) Vergl. Jahrb. III, S. 232.
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low dieselben Güter Cladow und Critzow und die "Mole thom Richenberge" verleiht 1 ). Daß Richenberg zum Hofe Critzow gelegen ist, beweisen die Lehnacten des Gutes vom J. 1550, in welchen genannt werden:

"Die Mole vnd felt zum wusten Richenberge."

Die früheste Nachricht aus der neuern Zeit giebt Chemnitz im Anfange des 17. Jahrhunderts, wenn er sagt:

"Richenberg, nicht weit von dem schwerinschen See bei Critzow, der Bülowen rittersitze gelegen, davon noch jezo rudera vorhanden sein."

Diese Nachricht ist wahrscheinlich Veranlassung zu manchen übertriebenen, ohne persönliche Anschauung gemachten Beschreibungen der neuesten Zeit geworden.

Obgleich die richenberger Mühle mit dem wüsten Felde Richenberg in alter Zeit zu dem zur Pfarre Cladow gehörenden Dorfe Critzow lag, so gehörte sie doch zur Pfarre Zittow, welche in alten Zeiten 4 Filiale (Zaschendorf, Langenbrütz, Cambs und die im 17. Jahrhundert baufällig gewordene Kirche zu Brahlstorf bei Kleefeld) hatte. Nach einer "Restauration" der Mühle im J. 1695 war sie auf die andere Seite der Warnow, aus der Pfarre Zittow in die Pfarre Cladow, verlegt und der Müller hatte sich zur Kirche nach Cladow gewandt; nach langen Streitigkeiten ward er jedoch an seine alte Pfarre Zittow und Langenbrütz zurückgewiesen.

Die alte Burg Richenberg stand allen Nachrichten infolge in der Nähe der jetzigen Richenberger Mühle an dem Wege zwischen Kritzow und Kleefeld oder Brahlstorf an der Warnow. Hier erhebt sich unmittelbar bei der Mühle am rechten Ufer der Warnow, über der Mühle und dem genannten Wege, eine sehr steile Anhöhe, deren Ansteigung jetzt mit Buchen bewachsen ist; die Erhebung über dem Spiegel der Warnow mag ungefähr 80 Fuß betragen. Diese Anhöhe wird von den Bewohnern der Gegend nach alter Tradition noch heute der "Schloßberg" genannt. Ist man oben angekommen, so zeigt sich die Anhöhe als eine viereckige Hochebene, deren eine grade Seite die erwähnte Bergwand ist. Dieses Plateau hat die Gestalt eines ziemlich regelmäßigen von S. gegen N. gerichteten Rechteckes, welches in W. und N. von einem Kniee der Warnow begrenzt wird; rings fällt es in die Tiefe ab: gegen W. und N. zur Warnow, gegen O. in ein Bruchgehölz, gegen S., am geringsten, in ein Ackerfeld. Die


1) Vergl. Rudloff Mekl. Gesch. II, S. 119.
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Länge des Plateau's von S. nach N. beträgt etwa 225 Schritt, die Breite etwa 170 Schritte. Am südlichen Ende erhebt sich das Plateau am höchsten; diese Erhebung scheint zum Theil künstlich und zur Stelle eines Thurms benutzt gewesen zu sein. In der Mitte ist eine Senkung, welche ebenfalls zum Theil künstlich zu sein scheint. Gegen O. nach Müsselmow hin senkt sich der Blick in einen tiefen, schönen Thalgrund, gegen W. in das schöne Warnowthal; gegen NO. erhebt sich der Kleefelder Bergwald, der weit hin sichtbar ist. Die ganze Gegend ist sehr bergig und voll enger Thalschluchten.

Von der ehemaligen Burg ist sehr wenig vorhanden, am wenigsten "Trümmer und Zinnen." Am Fuße nämlich ist das Plateau an den am meisten zugänglichen Seiten gegen N. und O. von einem Steinwalle von Feldsteinen umgeben. An der ganzen Nordseite nach Kleefeld hin liegt im Fuße des Berges, etwa 170 Schritte weit, in grader Richtung eine Schicht von dicht gelegten, sorglich gefügten Feldsteinen, welche mit einer dünnen Erd= und Moosdecke belegt sind; diese Fügung hat ganz das Ansehen des Fundamentes einer Mauer. Dieser Theil des Burgwalles ist noch unangerührt. Eben so ist es am östlichen Fuße des Berges gewesen; hier aber sind die Steine in neuern Zeiten ausgebrochen und in das angrenzende Bruchgehölz geworfen, mit Ausnahme einiger Stellen, wo noch Spuren der Umwallung sichtbar sind. An derselben östlichen Seite, ungefähr in der Mitte des Abhanges, liegt noch eine große Gruppe von Feldsteinen, wie Trümmer; die Stelle ist mit Buschholz bedeckt. Die Steine liegen hier hohl und mehr lose auf einander gehäuft; nach der Aussage der Bewohner soll man hier zu Zeiten mit einer Stange zwischen den Steinen hindurch in einige Tiefe dringen können: allem Anscheine nach stand an dieser Stelle ein Thor= oder ein Kellergemäuer, an der Stelle, wo der Berg am bequemsten zu ersteigen ist.

Dies ist Alles, was an diesem Orte an ehemalige Bauten erinnert, aber auch noch so klar ist, daß sich eine künstliche Arbeit durch Menschenhand nicht abweisen läßt.

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IV.

Das Land Ture,

von

G. C. F. Lisch.


Z u dem Lande Richenberg=Parchim, welches im Allgemeinen die späteren Vogteien Parchim, Lübz, Plau, Goldberg und Sternberg umfaßte, gehörte auch das Land Ture. Häufig sind neben einander die Länder Turne und Ture genannt, nicht weniger häufig sind sie mit einander verwechselt, da eine genauere Begrenzung derselben früher fehlte. Dem Lande Turne ist in Jahrb. II, S. 87 flgd. seine Lage angewiesen; das Land Ture hat dagegen einer bestimmtem Bezeichnung seiner Ausdehnung bisher entbehrt. Mußte die Lage des Landes Turne durch weit reichende urkundliche Forschungen mühsam von außen her gesucht werden, so läßt sich dagegen die Lage und Ausdehnung des Landes Ture nach vollständigen Beschreibungen von innen heraus genau construiren. Im großherzoglichen Archive finden sich nämlich Register über eine Reichssteuer, die Königs= oder Kaiser=Bede genannt, welche noch in jüngeren Zeiten nach den alten "Ländern" erhoben ward; in diesen werden die Dörfer, welche zur Ture gerechnet wurden, vollständig aufgezählt. Von diesen Registern, welche aus dem Ende des 15. Jahrh. stammen, ist vorzüglich eines, welches wahrscheinlich vom J. 1496 ist, bestimmt und sicher; mit diesem stimmen mehrere andere überein. Es lautet:

Keisers boringe von der Ture.
I. Kreien (Kreien).
Carbow (Karbow).
Wilsen (Wilsen).
Retzow (Retzow).
Quatzelin (Quaßlin).
Dartz (Darz).
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Walstorp (Wahlstorf).
Borkow (Barkow).
Broke (Brook).
Bentzin (Benzin).
II. Werder (Werder).
Lateran (Lutheran).
Grantzin (Granzin).
Tor Wothen (Woeten).
Lentzkow (Lenschow).
Cotzebade (Kossebade).
Grabow (Grabow).
Burow (Burow).
Szolkow (Zolkow).
Cladrum (Kladrum).
Badegow (Badegow, im ritterschaftl. Amte Crivitz).
Runow (Runow).
Niendorp (Niendorf).
III. Jnwanre Lübtze (Einwohner der Stadt Lübz).
to Bobtzin (Bobzin).

Die Ture bildete also das jetzige Amt Lübz: noch heute gehören sämmtliche aufgezählte Dörfer, mit Ausnahme von Lenschow und Badegow, zum Domanial=Amte Lübz, und dasselbe Amt enthält jetzt nur wenig Dörfer mehr, als die alte Ture 1 ).

Auch die Stadt Lübz lag in der Ture; noch im Anfange des 14. Jahrhunderts war Lübz ein Dorf, bei welchem die Burg Eldenburg erbauet war: im J. 1308 nennt der Fürst Heinrich von Meklenburg, in einer Verpfändungs=Urkunde an die von Plessen:

"hus to der Eldeneborch mit deme dorpe unde vorwerke to Lubitze mit vnseme dêle der Thure."

So wird Lübz im 14. und noch im 15. Jahrhundert öfter genannt; die Stadt ist wohl erst am Ende des 14. Jahrh. erbauet, jedoch fehlen bis jetzt genauere Nachrichten über die Zeit der Gründung derselben.

Nachdem im Laufe der Zeit die Stadt Lübz entstanden und in dieselbe eine fürstliche Vogtei gelegt war, wurden die Ortschaften der Ture so geschieden, daß die unter I aufgeführten Dörfer noch in Jüngern Zeiten mit dem alten Namen der Ture


1) Es gehören außer den aufzählten Dörfern jetzt zum Amte Lübz nur noch die Dörfer: Grebbin, Kritzow, Lanken, Ruthen, Schlemmin, Wangelin und Wessentin. Die von Cleemann vermuthete größere Ausdehnung des Landes Ture und die Verwandtschaft der Namen Ture und Stur (im Lande Malchow) bleibt reine Hypothese; vergl. Cleemann's Parchimsche Chronik S. 270 und 245.
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belegt wurden; die unter II genannten Ortschaften bildeten speciell die Vogtei Lübz; zu diesen Dörfern kam denn seit dem 14. Jahrh. III die Stadt Lübz.

Das Land Ture lag also in langer Ausdehnung von NW. gegen SO. zu beiden Seiten der Stadt Lübz, und ward gegen W. in gleicher Richtung von dem Lande Parchim (oder Warnow, vergl. Jahrb. II, S. 104) und gegen O. in gleicher Richtung von dem Lande Kussin (Kutin) oder Plau, in der Folge zum Lande Werle gehörend, begrenzt. Die Gaue Brenz, Parchim, Ture und Kussin mochten aber das Land Warnow (vergl. Jahrb. II, S. 104) bilden, welches gegen Osten hin an das Land Müritz (mit den Gauen Malchow, Röbel und zuweilen Vipperow) stieß.

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V.

Das Land Kutsin oder Kutin.

von

G. C. F. Lisch.


D ie Bestimmung der Lage des Landes Kussin, welches nach der ersten Landestheilung zum Fürstenthume Richenberg=Parchim gehörte, hat ein vielfaches Interesse und kann selbst wichtigern Untersuchungen in der Landesgeschichte zur Unterstützung dienen, des archäologischen Interesses kaum zu gedenken, indem dieses Land in dem später lange Zeit hindurch traditionell gewordenen Titel der Obotritenfürsten (rex Kissinorum et Kussinorum) das ganze Mittelalter hindurch eine Rolle spielt. Die Erforschung der Lage dieses Landes ist aber nicht allein durch sich selbst schwierig, sondern wird noch mehr dadurch erschwert, daß es mehrere, ebenfalls nicht unwichtige Ortschaften und Länder mit ähnlich klingenden Namen in Meklenburg giebt, deren Lage auch noch nicht bestimmt ist. Es gab nämlich ein Kissin, ein Kussin und ein Kutsin. Zur sichern Beglaubigung kommen alle drei Ortschaften in der Fundations=Urkunde des Klosters Sonnenkamp (Neukloster) vom J. 1219 1 ) vor:

"villa Kuszin, ubi locus idem fundatus est, qui nunc Campus Solis vocatur; - - ecclesia quoque Kiszin et villa Rokentin;-- in terra Cutsin villa, quae dicitur Techutin".

Wo des Fürsten Borwin Domaine oder Privaterbtheil ("de nostro patrimonio", nach der eben erwähnten Urkunde) Kuszin lag, unterliegt also keinem Zweifel, da das Kloster Sonnenkamp oder Neukloster an der Stelle dieses


1) Vergl. Lisch Mekl. Urk. II, Nr. I und II.
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Ortes erbauet ist, wie es auch der Bischof Brunward in zwei Confirmations=Urkunden, von 1219 und 1235 1 ), wiederholt ausspricht.

Der Ort Kissin lag nach vielen Anzeichen ohne Zweifel in dem später so genannten Lande Rostock 2 ) und ist wohl sicher das jetzige Kirchdorf Kessin in der Nähe von Rostock. Das Kloster Sonnenkamp erhielt schon bei seiner Gründung die Kirche zu Kissin und das dazu gehörende Dorf Roggentin, welches bei Rostock liegt; der alte Tempelort Goderac oder Godhardsdorf (villa S. Godehardi) lag an der untern Warnow 3 ), in dem Lande Kytin (in terra Kytin), wo freilich Kytin statt Kyszin steht, was allerdings eine Variante zwischen hochdeutscher und niederdeutscher Aussprache sein kann; das Land Kissin grenzte an das Land Circipene. Zeichen genug für die Behauptung; doch bedarf die Lage dieses Landes noch einer genauern Nachweisung, wenn sie auch aus vielfachem Vorkommen und allen Verhältnissen der letzten Glieder des obotritischen Fürstenhauses im Allgemeinen nicht zweifelhaft sein kann.

Ueber das Land Kutsin herrscht aber noch völliges Dunkel, ja man hat es nicht selten mit den Ländern Kizsin und Kuzsin verwechselt. Zuerst kommt das Land Kutsin oder Kutin in der Confirmationsurkunde des Kaisers Friederich für das Bisthum Schwerin vom J. 1170 vor 4 ). Nachdem die nördlichen, dem Bisthume zugetheilten Provinzen aufgezählt sind:

"Castrum Magnopolense, Sverin, Kutin, Kissin",

d. h. in richtiger geographischer Aufeinanderfolge von O. gegen W.

"Meklenburg, Schwerin, Kutin (d. i. Kuzsin oder Sonnenkamp) und Kissin" (bei Rostock)

werden auch die südlichen Provinzen des Bisthums genannt:

"Parchim quoque, Kutin et Malchow, cum omnibus villis ex utraque parte alvei, quae dicitur Elde, ad ipsa castra pertinentibus".

Das Land Kutin oder Kutsin, nach der dazu gehörenden Burg so genannt, lag also zwischen den Ländern Par=


1) Vergl. Lisch Mekl. Urk. II, Nr. II und VII.
2) "Wurle, situm iuxta flumen Warnou, prope terram Kicine". Helmold I, 87, 3. - Werle lag bei der Stadt Schwaan; vgl. Jahrb. VI, S. 88 flgd.
3) Vgl. Jahrb. VI, S. 70 flgd.
4) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, Nr. I.
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chim und Malchow und umfaßte hier die Dörfer an beiden Ufern der Elde.

Es ist auch möglich, zwei ziemlich weit von einander entfernte Puncte in der Längenausdehnung dieses Landes anzugeben.

Das Kloster Sonnenkamp erhielt bei seiner Gründung im J. 1219 zwanzig Hufen zu Techentin im Lande Kutsin:

"in terra Cutsin in uilla, que dicitur Techutin, XX mansos";

und der Bischof Brunward bestätigte im J. 1235 dem Kloster:

"in prouincia Cuscyn Techentyn".

Dieses Dorf, welches das Kloster bis zu seiner Säcularisirung besaß, ist das Dorf Techentin bei Goldberg. Nicht lange nach der Zeit der ersten Geschichte Meklenburgs war das Land Kutsin 1 ) zum Lande Parchim geschlagen, indem es in einer päpstlichen Confirmations=Bulle für das Kloster Sonnenkamp vom J. 1267 2 ) heißt:

"Tehghentin in terra Parchem".

Im J. 1271 schenkte auch der Fürst Heinrich von Mecklenburg demselben Kloster das Dorf Niendorf (Par. Wahmkow) im Lande Parchim (Niendorp in terra Parchem) 3 ).

Ohne Zweifel umfaßte das Land Kutsin gegen Südost hin noch den plauer See. Die Urkunden des Bisthums Schwerin werden auch hier wieder vermißt; jedoch können die noch vorhandenen alten Regesten aushelfen. Als am 26. April 1232 die fürstlichen Brüder Nicolaus und Heinrich, Herren von Rostock, dem Stifte Schwerin ihre Rechte am Lande Bützow abtraten, verliehen, sie 4 ) demselben auch die Hälfte der Wasserverbindung zwischen dem malchower (d. i. Flesen=) See und dem plauer See:

"Obgemelte hern geben auch in disem brieffe dem Bischoffe vnd seiner Kirche zwei Dorffer, die sechtszig hufen haben, auch den halben teil des wassers, so von Malechowe heruntergeht in den See Cuzhin, vnd die andern Wasser, so weit sich das


1) Die Varianten des Namens können nicht irre machen, wenn die Identität des an den verschiedenen Orten genannten Landes außer Zweifel gesetzt ist. Im J. 1170 heißt der Ort Kutin, im J. 1181 Kitin, im J. 1219 Kutsin, im J. 1235 Kuscyu. - Auch bei Wittenburg (Par. Körchow) lag ein Kutsin (vgl. Ratzeburger Zehnten=Register), welche jetzt Kützin heißt.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. II, Nr. XXI.
3) Vgl. das. II, Nr. XXIII.
4) Vgl. das. III, Nr. XXV.
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landt daran erstreckt des dorffs Crazneierst; das ander dorf seind sie ihnen gleichßfalß einzuantworten verpflichtet".

Der hier genannte See Cuzhin oder Kuzin, in den von Malchow her ein Gewässer fließt, kann kein anderer sein, als der plauer See. Das bischöfliche Dorf Crazneierst, welches an dieser Wasserverbindung lag, ist das später sogenannte Dorf Bischofsdorf, jetzt Biestorf 1 ). Freilich lagen im 12. Jahrh. des schwerinschen Bischofes zwei Dörfer im Lande Müritz und im Lande Warnow. In den Fundations= und Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin aus dem 12. Jahrhundert werden aber nur die beiden größern Länder Warnow und Müritz im Süden des bischöflichen Sprengels aufgeführt, an deren Stelle unmittelbar darauf im 13. Jahrhundert oft die kleineren Länder oder Vogteien: Brenz, Parchim, Ture, Kuszin, Malchow, Vipperow genannt werden 2 ). Es ist nicht unwahrscheinlich, daß in ältester Zeit die Vogtei Kuszin ganz oder theilweise der westlichste Theil des größern Landes Müritz war, oder daß die Grenze zwischen den Ländern Müritz und Warnow östlich am plauer See war, so daß von zwei neben einander liegenden Dörfern (Biestorf, und Petersdorf?) das eine im Lande Warnow, das andere im Lande Müritz lag. In der Urkunde des Papstes Alexander III. vom J. 1177 3 ) werden die beiden Dörfer als am "Sturichze" liegend aufgeführt; der "Sturich=zê, d. i. stursche See kann aber wieder kein anderer sein, als der plauer See.

Diese Nachricht von der Lage des Sees Cuzhin wird noch im J. 1295 durch eine Urkunde bestärkt, in welcher dem Kloster Neuenkamp der Aalfang in den Gewässern des plauer Sees bestätigt ward; hier wird eine Stelle bei Plau am See, nördlich vom Ausflusse der Elde aus diesem See,

"Cutzinerorth"

genannt. Das deutsche Wort "ort" heißt: "Spitze, Ecke". Das erste Glied dieser Composition trägt offenbar den Namen Cutzin (Cutzin-er-orth = Kutziner Ecke, wie Klützer Ort = Ecke des Landes Klütz) 4 ). Diese Stelle kann nun von


1) Die Lage des bischöflich=schwerinschen Dorfes Bischofsdorf, jetzt Biestorf, ist in Jahrb. II, S. 147, und V, S. 219 nachgewiesen.
2) Ueber die Lage der Länder Warnow und Müritz vgl. Jahrb. II, S. 103.
3) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 35.
4) Beim Cutzinerorth lag im J. 1295 auch noch ein Sonnenberg ("locus qui uocatur Sunnenberge").
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dem Lande oder dem See Kutzin den Namen haben oder auch von einem Dorfe Kutzin, auf dessen Feldmark diese Stelle lag und welches späterhin bis heute Qetzin genannt ist, wenn nicht grade dieser Ort Quetzin das alte Cutszin oder Kutin ist und das Land und der See Kutsin wieder von diesem Dorfe den Namen tragen, was allerdings am wahrscheinlichsten ist.

Ja noch im J. 1331 verpfändete, nach den Regesten der bischöflich=schwerinschen Urkunden, der Bischof Johann mehrere bischöfliche Tafelgüter und namentlich "in Cussin Jabel" (nördlich am Cölpin=See). Jabel dürfte also einer der südöstlichsten Puncte des Landes Kuszin sein.

Das Land Kutsin lag also ohne Zweifel, wie das Land Ture, in der Richtung von NW. gegen SO., zu beiden Seiten der Stadt Goldberg, zwischen den spätern Städten Sternberg und Plau, und ward gegen W. von dem Lande Ture, gegen O. von den Ländern Werle und Malchow begrenzt und bestand ungefähr aus den jetzigen Aemtern Goldberg und Plau. Schon im 13. Jahrh. ward das Land Kutsin, wie das Land Ture, zum Lande Parchim gelegt. Die alte südwestliche Grenze des Landes Werle bildete die Mildenitz (von Goldberg bis Sternberg); nach dem Untergange des Hauses Richenberg=Parchim kam jedoch das Land Kutsin an Werle, indem fortwährend Techentin von Werle, dagegen Niendorf (im Lande Parchim) von Meklenburg confirmirt ward. Hat diese Lage des Landes Kutsin ihre Richtigkeit, so lagen auch Wahmkow, Pritz und Karow, ebenfalls Endpuncte, in dem Lande Kutsin, da sie 1254 und 1256 im Lande des Fürsten Pribislav lagen.

Wo die fürstliche Burg Kutsin lag, von welcher das Land den Namen hatte, läßt sich wohl schwer bestimmen. Möglich und wahrscheinlich ist es, daß sie an der Stelle des jetzigen Dorfes Quetzin bei Plau stand; möglich wäre es freilich, daß die borwinsche Domaine Kuszin, auf welcher das Kloster Sonnenkamp erbauet ward, die alte Burg Kutsin gewesen sei, aber wahrscheinlich ist es nicht; denn schwerlich wird das Land Kutsin so weit gegen NW. gereicht haben, des Umstandes kaum zu gedenken, daß in der Fundations=Urkunde des Klosters Sonnenkamp ausdrücklich und gesondert Kuszin neben Cutsin genannt wird. Es ist also einstweilen am gerathensten anzunehmen, daß die Burg Kutsin an der Stelle des Dorfes Quetzin gelegen habe. Dies scheint dadurch bekräftigt zu werden, daß noch in den J. 1264 und 1271 ein

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Burgwall zu Quetzin existirte; es heißt nämlich in zwei Urkunden von den genannten Jahren, die Kirche zu Quetzin besitze:

"duas kotas in villa Quitzin sitas ante Borchwall;"

auch die Waldung, welche bis an den Cutzinerorth ging, hieß der Wald Quitzin. Ja noch in den Jahren 1348 und 1355 existirte, nach Urkunden:

"de borchrûm, dat man den borchwal nometh, to endest deme dorpe Quitzyn belegen".


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VI.

Sophia von Rostock,

des Fürsten Borwin III. von Rostock Gemahlin,

von

G. C. F. Lisch.


U eber die Gemahlin des Fürsten Borwin von Rostock ist zu allen Zeiten vielleicht mehr geschrieben, als über irgend eine andere meklenburgische Fürstin bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts, theils weil vielleicht einige Dunkelheiten und Widersprüche in den alten Nachrichten zur Forschung gereizt, theils weil die verwandtschaftlichen Verbindungen der fürstlichen Häuser Dänemark und Rostock stets einen Einfluß auf die Geschichte beider ausgeübt haben; ja es ist in neuern Zeiten über die Sophie eine eigene Schrift von Becker 1 ) herausgegeben.

Trotz aller Forschungen, welche Becker vollständig angeführt hat, sind bisher alle Lebensumstände dieser Fürstin durchaus dunkel und unzuverlässig, ja unrichtig. Nach unerwarteten Entdeckungen ist es auch nicht nöthig, die frühern Angaben zu prüfen oder zu widerlegen. Es lassen sich alle Lebensverhältnisse in einigen Hauptgrundzügen nach der folgenden Urkunde fest und unzweifelhaft bestimmen.

Der Fürst Borwin von Rostock verleiht der Abtei Doberan Privilegien über Gerichtsbarkeit und landesübliche Dienste.

D. d. Rostock. 1237. Febr. 15.

In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Borwinus dei gratia dominus de Rozstok vniuersis


1) De Sophia, Henrici Burwini III. domini Rostochiensis uxore. Commentatio historica, quam in auditorio collegii medicei defendere studehit P. W. Becker, theologiae candidatus. Hafniae, 1830. - Vgl. Werlauff in Jahrb. IX, S. 122, Not. 30, 5.
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Christi fidelibus presens scriptum inspecturis in perpetuum. Ne firmis et rationabilibus actibus hominum presentis temporis maliciosa posteritatis in aliquo possit derogare inuidia, scripturarum solent adhiberi remedia, ut, que in statu cupiunt persistere solido, scriptis commendata maneant firmiora. Ea propter noticie tam futurorum, quam presentium uolumus adherere, quod nos uexationes et incommoda declinare cupientes et tranquillitate concordie gaudere, ut omnis rancoris de cetero sopita sit controuersia, que inter ecclesiam Doberanensem et nos super aduocatie disceptatione emerserat, de consilio fidelium nostrorum sub hac forma compositionis elegimus concordare. De beneplacito enim domini abbatis et fratrum suorum, immo ipsorum ad nos accedente petitione huiuscemodi decreuimus ordinationi firmiter inherere, uolentes omni grauamini et incommodo sane prouidere, ecclesie indempnitati per hoc consulendo: si quos capitalis sententia publico facto uel fuga non aliqua sinistre suspitionis fama reos condempnauerit, quales sunt fures, furto suo ualorem octo solidorum excedentes, incendiarii, homicide, manu tantummodo mortua presente, violentie illatores oppressione mulierum seu raptu uirginum, ita duntaxat si in ipso instanti uiolentia passa clamore ualido per uicinos fuerit attestata, quiquid in tales agere uoluerimus siue pecuniaria satisfactione, siue mortis condempnatione, ad nostre iurisdictionis spectabit ordinationem; si autem abbatie homines iudicio astantes uadiauerint et quicquid cause infra terminos eiusdem abbatie ortum fuerit, nichil nostrum exinde uendicamus, sed concessa eis sollempniter a primis fundatoribus et deinceps iudiciaria potestate abbas per aduocatum suum omnes alias causas emergentes

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iudicabit, et quicquid uadiatum fuerit, domino abbati et monasterio pertinebit. Nos etiam paterne deuotionis imitatores esse cupientes et meritum aliquod in prefata ecclesia nobis comparare desiderantes, omnes donationes et libertates eidem loco a progenitoribus nostris indultas confirmamus, ratum habentes videlicet, quod tam ipsi fratres, quam fratrum homines liberi sint et immunes ab omni infestatione aduocatorum et iudicii, ab urbium, pontium, aggerum exstructione, a uectigalium et theloneorum extorsione, necnon ab omni expeditione, nisi in terre defensione, cum uidelicet terra ab extraneo domino impetitur, seu etiam qualibet secularis iuris exactione, ita ut nemini nisi soli deo et monasterio teneantur. Ne autem ab heredibus nostris vel a quoquam alio iam sepedictis fratribus ulla in posterum oriri possit calumpnia, quod absit, presentem paginam testium annotatione et sigilli nostri impressione, ut iugiter inconuulsa permaneat, roboramus. Testes autem hii sunt: Alexander abbas in Nouo Campo, Thidericus prepositus, Syfridus decanus, Rodulfus scolasticus, Laurentius custos, Ouo et Wernerus canonici Zwerinenses, Adam prepositus in Campo Solis, Thedelinus prepositus in Rune, Walterus et Gerhardus plebani in Rozstok; milites: Thitleuus de Godebuz, Johannes de Snakenburg, Heinricus Gamme, Nicolaus dapifer, Walterus de Penz, Baroldus, Heinricus Grube, Bernardus de Wygenthorpe et alii quam plures, tam clerici, quam laici. §. Ego Brunwardus dei gratia Zwerinensis episcopus ordinationem huius rei, cui interfuimus, banno nostro confirmantes, ad ipsius facti corroborationem sigillum nostrum vna cum sigillis dominorum videlicet Johannis Magnopolensis et Nicolai de Werle apponi fecimus. Acta sunt hec anno

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gratie M °CC°XXX°VII°, indictione decima. Datum in Rozstok, XV kalendas Martii.
Siegel

Vorstehende Urkunde, welche auch in Westphalen Mon. ined. III, p. 1481, gedruckt ist, ist in einer schönen, festen Minuskel geschrieben. Eingeschnitten sind vier Doppellöcher zur Einhängung von Siegeln:

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1) an erster Stelle hing an einer Schnur von rother Seide ein Siegel, welche abgerissen ist (des Bischofs Brunward);
2) an zweiter Stelle hängt an einer Schnur von grüner Seide des Fürsten Johann von Meklenburg Siegel, S. 15;
3) an dritter Stelle fehlt das Siegel ganz (des Fürsten Nicolaus);
4) an vierter Stelle hängt an einer Schnur von rother Seide das Siegel des Fürsten Borwin von Rostock mit dem Siegel seiner Gemahlin Sophie auf der Rückseite, beide oben abgebildet.
Beide angehängte Siegel sind mit braunem Firniß überzogen.

An dieser Urkunde hängt an letzter Stelle das Siegel des Fürsten Borwin, welches, was bisher nicht bemerkt ist, auf der Rückseite das Siegel seiner Gemahlin Sophie als Rücksiegel trägt, mit der Umschrift:

Umschrift

Auf dem hier getreu abgebildeten Siegel befindet sich das stehende Bild der Fürstin, welche mit jeder Hand einen Schild hält: der Schild an der rechten Hand ist im Wappenzeichen verletzt, hat aber nach den Umrissen nur eine einzige Figur, wahrscheinlich den Greifen von Rostock, geführt; der Schild an der linken Hand ist wohl erhalten und führt, wenn auch durch den bedeckenden Firniß etwas unklar, doch sicher drei rechts schreitende Thiere über einander, von denen sich das mittlere als schreitender Löwe oder Leopard klar genug erkennen läßt. Die Fürstin führte also sicher den bekannten dänischen Königsschild mit drei Leoparden als Familiensiegel.

Es ist daher nicht zu bezweifeln, daß

die Gemahlin des Fürsten Borwin III. Sophia hieß, aus dem dänischen Königshause stammte und schon am 15. Februar 1237 vermählt war.

Die Urkunde ist wahrscheinlich zu Schwerin vor einer großen Versammlung ausgefertigt, da der Bischof Brunward von Schwerin, welcher sie bestätigte, in den allernächsten Zeiten darauf starb, und zu Rostock von dem Fürsten Borwin und nach der ganzen Beschaffenheit des Siegels zugleich von seiner Gemahlin, welche wohl wegen ihrer Leibgedingsgüter Zustimmung gab, besiegelt, also originalisirt ("Datum in Rozstock").

Borwins Vermählung wird also mit seiner Volljährigkeit zusammen und in das Jahr 1236 fallen; denn seit dieser Zeit erscheint er mit seinem neuen Namen und Titel selbstständig wirkend 1 ), wenn auch die vorstehend abgedruckte Ur=


1) Vgl. oben S. 19.
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kunde die erste von ihm besiegelte ist, welche von ihm bekannt geworden ist.

Daß dies alles seine Richtigkeit habe, wird durch eine im großherzogl. Archive zu Schwerin im Original aufbewahrten Urkunde des Klosters Dargun 1 ) bewiesen, nach welcher

des Fürsten Borwin III. Gemahlin Sophie am 24. April 1241 schon gestorben war,

indem Borwin dem Kloster Dargun eine Schenkung macht

zum seligen Andenken seiner verstorbenen Gemahlin, einer Tochter des Königs von Schweden,
("pro felici memoria quondam vxoris nostre domine Sophie, filie regis Swetie").

Wahrscheinlich wird Sophie nicht lange vor dem 24. April 1241 gestorben sein, da solche Gedächtnißfeiern gewöhnlich bald nach dem Tode der Hingeschiedenen gestiftet wurden.

Hiemit stimmen auch die übrigen Familienverhältnisse und Nachrichten, indem Borwin III. vier Kinder hatte, welche ganz gut in der Zeit 1236- 1241 geboren sein konnten, und Waldemar von Rostock führt am 13. Februar 1268 seine Mutter Sophie und seinen Bruder Johann als verstorben 2 ) auf; die beiden andern Söhne Borwins, Heinrich und Erich, starben ohne Zweifel sehr jung.

Es ist nun die Frage, wessen Tochter Sophia war. Urkundliche Nachrichten sind nicht mehr vorhanden. Ueber die Fürstin giebt es außer den Urkunden nur noch eine alte Quelle, Kirchbergs Chronik von 1378, zu welcher die Klosterquellen benutzt sind; jedoch steht sie schon zu ferne, als daß sie für die ältern Zeiten in schwierigen Dingen ohne Verdacht der Unvollständigkeit sein könnte. Kirchberg sagt:

Nu tu wir vurbaz sage schyn,
wy von Rodestog her Burwyn,
der dritte son waz wirdiglich
geboren von Burwyne Hinrich.
Der nam des koniges tochtir da
von Denemarkin, dy dar na
von godis genaden im gebar
dry sone, der hiez eyn Waldemar,
vnd den andirn Hinrich,
den dritten der hiez Erich.

Cap. CLXXXII.


1) Gedruckt in Lisch Mekl. Urk. I, S. 69.
2) Vgl. doberaner Urkunde in Westphalen Mon. ined. III, p. 1511: "pro salute-- matris nostre domine Sophie et fratris nostri Johannis".
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und

Do man schreib zwelfhundirt iar
vnd eyn vnd funftzig sundir spar
-  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -
-  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -  -
dar nach yn dem nehisten iar
frow Sophia starb virwar,
Swedisch geborn von koniges lib,
des iungen Hinrich Burwins wib,
vnd wart mit vngehabin
zu Doberan begrabin.

Cap. CLXXXI.

Kirchberg widerspricht sich hier darin, daß er die Sophia ein Mal aus Dänemark, das andere Mal aus Schweden stammen läßt. Man sollte fast vermuthen, daß er, wie wir, die eine Nachricht vom Kloster Doberan, die andere vom Kloster Dargun erhalten habe; in der Jahreszahl ihres Todes wird er sich aber wahrscheinlich versehen und 1251 statt 1241 geschrieben haben: denn von zwei Gemahlinnen Borwins ist in den Quellen nirgends die Rede. Nach ihrem Siegel war Sophia sicher eine dänische Königstochter; der Verfasser der darguner Urkunde vom J. 1241 muß sich also versehen und den Namen Schweden (Swetia) überhaupt für die nordischen Reiche genommen haben.

Aus diesem Gewirre von Nachrichten hat man nun eine Geschichte construirt, ohne sie durch Urkunden beweisen zu können. Man hat dem Fürsten Borwin zwei Gemahlinnen gegeben, bald Margaretha und Sophia, bald beide Sophia genannt, hat die eine 1241, die andere 1251 (nach Kirchberg) sterben lassen; Rudloff hat im Gegensatze dieser unbegründeten Darstellungen nur Eine Gemahlin Borwins: Sophia, welche "vor 1251 vermählt und vor 1268 gestorben" sein soll, freilich nach Urkunden, jedoch sehr weit von der Wirklichkeit entfernt.

Sophiens Vater wird nirgends mit Namen genannt; er muß also aus den damaligen Verhältnissen herausgefunden werden. Im Allgemeinen hat man den König Abel von Dänemark für den Vater der Fürstin Sophia ausgegeben und zwar aus dem Grunde, weil er in einer Urkunde vom J. 1251 1 ) den Fürsten Borwin seinen Schwiegersohn (dilectum generum nostrum dominum Borwinum) nennt. Hiergegen wird im Allgemeinen vorgebracht, daß gener nicht immer den "Schwiegersohn", sondern oft nur eine Verwandtschaft bezeichne.


1) Gedruckt in Nettelbladt Hist. dipl. Abhandl. Beil. Nr. XIV., und Rostock. Nachr. u. Anz. 1752, S. 97; vergl. v. Lützow Meckl. Gesch. II, S. 17 u. 20.
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Zwar ist es nicht zu leugnen, daß gener im Mittelalter zuweilen nur irgend ein, nicht immer bestimmtes, näheres Verwandtschaftsverhältniß bezeichnet, wie durch patruus sehr häufig jedes weitere Verwandtschaftsverhältniß (Vetter) ausgedrückt wird. Aber in der Urkunde vom J. 1251 werden andere Verwandtschaftsverhältnisse bezeichnet und der König nennt neben seinem Vater und Bruder seinen "geliebten Schwiegersohn" so daß sich aus dieser engen Zusammenstellung wohl auf eine sehr enge Verwandtschaft schließen läßt.

Die dänischen Schriftsteller, namentlich Becker 1 ) und Werlauff 2 ), stimmen gegen die Annahme, daß Sophia Abels Tochter gewesen sei, weil Abel nur Eine Tochter, Sophia, gehabt habe, welche um das J. 1240 geboren und im J. 1258 an den Fürsten Bernhard von Anhalt verheirathet worden sei. Diese Sophia ward also vermählt, als Sophia von Rostock starb. Beide Schriftsteller machen es dagegen, mit Latomus, wahrscheinlich, daß Sophia von Rostock die Tochter des Königs Waldemar III. († 1231) gewesen sei. Aber Waldemar III. vermählte sich mit Eleonore um das J. 1228, und beide starben im J. 1231. Sophia, welche im J. 1236 vermählt ward, kann also die Tochter dieses Fürstenpaares auch nicht sein. Daß ein Waldemar Sophiens Vater gewesen sei, möchte sich daraus schließen lassen, daß einer ihrer Söhne auch Waldemar hieß.

Man wird daher, da Sophiens Vermählung und Tod urkundlich bedeutend weiter hinauf gerückt ist, am Ende zu der Annahme gezwungen werden, sie für eine Tochter Waldemars II. zu halten, so daß Abel Borwins Schwager war. Genauere Erforschungen über die Herkunft der Sophia müssen wir jetzt aber dänischen Forschern überlassen, nachdem es zur Gewißheit erhoben ist, daß

der Fürst Borwin III. von Rostock im Anfange des J. 1237 mit einer dänischen Prinzessin Sophia vermählt war, welche im Anfange des J. 1241 mit Hinterlassung mehrerer Söhne gestorben war.

Vignette

1) Becker a. a. O., S. 20.
2) Werlauff in Jahrb. IX, S. 122.
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VII.

Historische Nachrichten

von

dem lübeckischen Patriziat,

vom

Dr. E. Deecke zu Lübeck.

Mit Beilagen.


M an hat vom lübeckischen Patriziate oft geredet, und mit Recht. Denn es hat der alten Stadt Ruhm und Ehre im deutschen Vaterlande erworben; es hat aber auch zweimal die heftigsten Erschütterungen ihres ganzen Gemeinwesens veranlaßt, und endlich hat es durch seine Beseitigung und Ausscheidung wesentlich die Gestaltung ihrer Zustände zur Folge gehabt, in der wir sie noch heute erblicken.

Aber man hat über Entstehung und Wesenheit desselben auch verschiedene Ansichten geäußert. Die gewöhnlichste ist die, daß man seinen Ursprung wirklichen Edelleuten zuschreibt.

"Dasselbe Bedürfniß, - hat man gesagt, - welches die Hanse in's Leben rief, führte den kampflustigen Adel nach Lübeck. An Edelleuten, welche die Gelegenheit gern ergriffen, im Dienste der emporblühenden Stadt Ruhm und Beute zu gewinnen, fehlte es nicht. Tausende von ihnen, die im 12. und 13. Jahrh. in den Dienst der Städte traten, gehörten den irrenden Rittern an, denen oft keine andere Wahl gelassen war, als entweder selbst zu rauben, oder Räuber zu bekämpfen. Manches edle Geschlecht war auch der beständigen Fehde und des Geräusches der Waffen überdrüssig geworden und zog es vor, die Sicherheit und das Wohlleben der Städter zu theilen.

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Auf den Römerzügen, welche fast alle Kaiser unternahmen, hatten die deutschen Edelleute die Entdeckung gemacht, daß der Edelgeborene Ehre, Ansehen und Vermögen gewinnen könne, ohne dem Kriege und seinen rohen Gewohnheiten zu huldigen. In Italien lernten sie einen Adel kennen, welcher, ohne die Waffen an die Seite zu legen, all das Wohlleben genoß, welches der Friede erzeugt. Dort gab es Patrizier, als in Deutschland die Städte sich zu bilden anfingen. Nach dem Muster italienischer Städte bildeten sich die deutschen. Lübeck war nicht die letzte unsers Vaterlandes, wohin sich der Adel wandte; es scheint auch nicht zu den undankbaren Republiken gehört zu haben. Mit Enthusiasmus empfingen Rath und Bürgerschaft den Krieger, welcher mit Ruhm und Sieg gekrönt in die Vaterstadt zurückkehrte. Eine Erwählung zu Rath entging dem verdienst= und hoffnungsvollen Adeligen fast niemals. Als aber die Geschlechter einmal einheimisch im Rathhause geworden, da war auch die Bahn des lübeckischen Patriziats gebrochen. Doch bei weitem nicht alle Familien, welche später in den Reihen der patrizischen aufgeführt werden, gewannen durch die kriegerischen Thaten ihrer Vorfahren Ansehen und Einfluß. Die eingewanderten Edelleute traten frühzeitig in eine enge Verbindung mit den Klassen, welche Geld und Geldeswerth besaßen. Bald war das Band zwischen älteren und jüngeren Patriziern so fest geschlossen, daß es dem Historiker fast unmöglich gemacht ist, mit einiger Sicherheit zu entscheiden, ob sich die einzelnen Geschlechter durch Geburt oder Geld das Bürgerrecht unter den lübeckischen Patriziern erworben haben."

Solche Ansicht nun hat auf den ersten Blick manches für sich, ja sie findet eine bedeutsame Stütze in der Geschichte mancher süddeutschen und ausländischen Städte. Anders jedoch waren die Verhältnisse in Norddeutschland, namentlich in den später angelegten Städten, zu denen auch Lübeck gehört.

Ich setze als bekannt voraus, welche Stellung im deutschen Reiche der hohe Adel einnahm und wie sich ihm gegenüber Ministerialen und Ritter zu Gut und Recht und Ansehen emporrangen, ja einen neuen Adel bildeten. Ich übergehe auch, welches diese Güter, diese Ehren etc . waren.

Nur daran erinnere ich, daß, bei den großen Rechten und Gunsten, die der Adel besaß, er an sich keinen Antrieb fühlen konnte, in die Städte überzugehen und sich bürgermäßig anzusiedeln. Weit eher vielmehr hatten die Bürger Veranlassung, aus den Mauern ihrer Städte auf's Land zu ziehen, wo sie als Nichtadlige zu manchen Diensten nicht verpflichtet waren und doch in rittermäßigem Ansehen leben konnten. Und so

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geschah es auch; grade in unsern Gegenden sind manche jüngere Rittergeschlechter aus sogenannten Knappen oder Junkern hervorgegangen, wie man Freie der Art gewöhnlich nannte, wenn sie zu größerem Grundbesitze gekommen und ehe sie zu gelegener Zeit wirkliche Ritter geworden waren.

Dennoch schlossen sich, außer Personen, wie sie eben bezeichnet sind, und die ja z. B. in Folge von Erbfällen in die Städte wieder überzugehen genöthigt sein konnten, auch wirkliche Ritter den Bürgergemeinden an; ja sie bildeten integrirende Theile derselben, wie z. B. in vielen Städten des Südens und Westens. Aber dies gab auch zu manchen Unordnungen Veranlassung. Den andern Bürgern wollten solche Personen nicht gleich geachtet und in den Leistungen gleichgestellt sein, und doch auch nicht lediglich die Wechselfälle des Kriegs= und Lehndienstes tragen. Für manche Oerter war daher verordnet, die Söhne eines Ritters sollten vor Ablauf eines gewissen Lebensjahres wieder Ritter werden oder von der Stadt völlig als ihren Bürgern zugehörig betrachtet und behandelt werden. In andern Städten war zur Erwerbung des Bürgerrechts die Verehelichung mit einer Bürgerwittwe oder Tochter zur Pflicht gemacht. Noch anderswo war den Rittern die Wohnung in der Stadt und deren Weichbilde gradezu untersagt. So in Lübeck. Unser altes Recht gebot auch, daß, wer in den Rath gewählt habe, kein Amt von Herren tragen dürfe; es gebot, daß, wenn eine ehrbare Frau oder Wittwe einem diesen Stand Ergreifenden ihre Hand reichte, sie nichts als ihre fertigen Kleider mitnehmen, ihre übrige Habe dagegen den nächsten Erben lassen solle. Desgleichen war Gesetz, daß kein Bürger Rittern oder Ministerialen in irgend welcher Weise ein Erbe verkaufen dürfe; wer das brach, verlor sein Erbe und zahlte der Stadt 50 Mark Silbers. Und dieses Gesetz kam noch in später Zeit zur Anwendung. So geschah es, daß der Rath ein Haus, welches das doberaner Kloster in der Mühlenstraße besessen und 1551 verkauft hatte, als es 1586 an die v. Qualen und von diesen an die v. Blomen überging: daß, sage ich, der Rath solches Haus, trotz aller Fürsprache des Dänenkönigs, wegnehmen und für Rechnung der Betheiligten verkaufen ließ.

Konnten nun unter solchen Umständen ritterliche Familien sich in unserer Stadt nicht gut ansiedeln, so erwarben doch auswärts Mitglieder der lübeckischen Familien die Ritterwürde. Ich kann als solche, unter andern, 1286 Johannes Clok, 1296 Marquard vamme Hagen, 1303 Hildebrand van Möln, 1306 Gottschalk van Segeberg, 1317 Gö=

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dere van Vifhusen, 1326 Otto van Bocholte, 1349 Gottschalk van Warendorp urkundlich nachweisen. Diesen sind späterhin andere gefolgt; ich erinnere nur an den berühmten Nicolaus Bröms, den Kaiser Karl V. zum Ritter machte. Uebrigens geschah dergleichen schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrh. Kaiser Friedrich II. erklärt: daß er aus seiner Machtvollkommenheit einem Manne gestatte, - trotz dem, daß sein Vater kein Ritter gewesen sei, und kaiserliche Verordnungen dergleichen verböten, - der Ehre der Ritterwürde theilhaft zu werden. Ohne Einfluß auf Bildung des Junkerstandes blieben solche Umstände gewiß nicht.

Warum man aber - in Rücksicht auf die Verhältnisse jener Zeit - nicht unrichtig verfuhr, wenn man so behutsam in Aufnahme von Rittern in die Stadt war, ist unschwer zu erklären. Ein anderes Interesse hatte der Ritter, dessen Ehre und Ansehen in meisterhafter Führung der Waffen, in ständigem Besitz von Land und Leuten, in dem Adel der Herkunft lag; - ein anderes der Kaufmann, dem nur die Noth das Schwert umgürtete, der mit Land und Leuten bloß Verkehr suchte, dessen Herkunft binnen Jahr und Tag für sein Fortkommen gleichgültig war. Wie leicht hätte jener zum Stadtregiment gelangen, das Gemeinwesen in nutzlose und kostspielige Kämpfe verwickeln, ja die Früchte der Mühen und Gefahren, die der Bürger bestand, für sich ernten können! Und Lübeck war von jeher Gegenstand des Neides; in fast alle bürgerliche Unruhen waren Fremde, Könige, Fürsten, Herren oder Ritter, verwickelt; bei der Verschwörung von 1384 hatten Ritter die Leitung des Unternehmens. Selbst noch in später Zeit, als unsere Patrizier wirklich für Adlige galten: welchen Zwist erregten sie als Landbegüterte; welche Vorrechte nahmen sie in Anspruch; welcher Hochmuth kam da den Bürgern gegenüber zu Tage! Das lehrte aber schon im Mittelalter manche Stadt, namentlich seitdem das kaiserliche Ansehn sank, und lübecker Bürger besuchten und kannten manche. Mußten doch die Reichshäupter selbst gegen die widerspenstigen Ritter mit Feuer und Schwert ausziehen! Mußten doch unsere Vorfahren selbst die Ritterburgen in diesen Landen oft und gewaltsam genug heimsuchen. Und einem Stande, der sich dem friedlichen Verkehr und dem ruhigen Fleiße kaufmännischer Gemeinden so ungünstig erwies, hatte man die Häuser, den Rathsstuhl, die Geldbeutel, die Herzen geöffnet?

Die Aristokratie, welche sich in Lübeck erhob, war vielmehr eine anderartige. So schwer es nämlich auch halten mochte, seine herkömmliche Freiheit zu behaupten: so wurden doch bei

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weitem nicht alle freien Männer Vasallen oder Höflinge, sondern ein großer Theil bewahrte seine Freiheit inmitten einer größeren Genossenschaft, in einer anerkannt freien Gemeinde. Sie hießen schöffenbar Freie, und wurden, wenn sie ihre Freiheit nur einige Generationen zurück darthun oder durch das Zeugniß ihrer Standesgenossen eidlich erhärten konnten, jenen Lehensträgern und Amtlingen als ebenbürtig geachtet, durften auch ein Wappen führen und nach der Ritterwürde streben. Schon 1187 schloß Kaiser Friederich Rothbart nur die Söhne der Geistlichen und Bauern von derselben aus. Ebendahin rechnete man aber in jener Zeit auch die Handwerker und anfänglich alle gewerbtreibenden Bürger, bis allmälig die Kaufmannschaft, zumal der kaiserlichen und freien Reichsstädte, zu solchem Ansehn, Besitzthum und Einfluß gedieh, daß man ihr die Anerkennung nicht versagen konnte. Erst in späteren Tagen, nachdem die Zunftverfassungen eingeführt waren, und als man keine vollkommene Freiheit, sondern nur Dienstadel anerkennen wollte, traten Bürger und Ritter mehr auseinander. So ward unter andern den Patriziern selbst die Turnierfähigkeit streitig gemacht.

In Lübeck war, nach der Anordnung Heinrichs des Löwen vom J. 1163, rathsfähig: wer von freiem Stande, keines Herrn Eigen oder Dienstmann, von gutem Gerüchte, echt und recht und frei geboren, in der Stadt erb= und eigenthümlich angesessen, nicht eidbrüchig geworden und nicht durch offenbares Handwerk begütert war, auch nicht schon einen Bruder im Rathe hatte. Festgesetzt war zugleich, daß man die Rathswürde nur zwei Jahre hindurch zu bekleiden verbunden sei; im dritten konnte man austreten, es sei denn, daß Vorstellungen und Bitten zu längerem Bleiben bewögen. Sichtlich war solche Satzung darauf berechnet, daß es den Kaufleuten, welche den eigentlichen Kern der Bürgerschaft bildeten, möglich blieb, ihren Geschäften mit Erfolg und Nachdruck vorzustehen, zumal da die Verhältnisse jener Zeit unendlich viel kritischer und schwieriger waren, als in unseren Tagen. Je lebhafter und ausgebreiteter aber das kaufmännische Geschäft, und je größer die Stadtgemeinde, und je mannigfaltiger die städtischen Verhandlungen wurden: um so mehr mußte die Rathswahl Personen treffen, die sich öffentlichen Angelegenheiten ohne Behinderung ihrer eigenen widmen konnten. Der sogenannte gemeine Kaufmann, der mit seinen Waaren die Meere, die Länder durchzog, oft Jahre lang in der Fremde zubringen mußte, konnte nicht dazu gehören, gesetzt auch, daß er von Handhabung des Rechts und gemeinheitlicher Verhältnisse so viel verstehen mußte, um sich auf den Faktoreien und Handelscontoren tüchtig zu erweisen.

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Wir finden denn auch in einer Reihe von Urkunden diejenigen, welche die Rathswürde bekleidet hatten, immer noch in politischen Geschäften thätig, und, was besonders wichtig ist, mit dem eigentlichen Rath in der innigsten Verbindung.

Ihnen zunächst standen solche Bürger, die, wenn noch nicht in den Rath gewählt, doch vermöge ihrer Umstände und Verhältnisse besonders dazu geeignet waren. Man nannte sie anfänglich die Reichen oder Reichsten, d. h. die Besitzenden, im Gegensatz zu den noch Erwerbenden oder nach Besitz Ringenden. Allein sie begnügten sich darum nicht mit dem Genuß ihrer Zinsen; ja, nicht Stadtämter allein übernahmen sie, sondern auch Kriegsdienste. Schon die lübischen Bürger, welche im J. 1190 zur Stiftung des deutschen Ritterordens Veranlassung wurden, waren schwerlich bloße Kaufleute: die religiöse Begeisterung bewegte in jenen Tagen manches Herz nicht minder, als der ledigliche Eifer für das Geschäft. Unter den Kreuzfahrern, die im Sept. 1196 vor Akko landeten, waren, wie der älteste Chronist unserer Stadt sagt, 400 der Tapfersten aus Lübeck, nicht Arme allein, sondern auch Reiche. So zogen fernerhin, wie die Urkunden darthun, tüchtige Männer der Art nach Livland, nach Preußen, und erlangten dort für ihre Kriegsdienste Eigenthum und Lehen, und es mag mancher lübische Bürger dort eines ritterlichen Geschlechtes Begründer geworden sein. Besonders jüngere Mitglieder begüterter Familien setzten in Kriegsthaten eine gewisse Ehre.

Seitdem nun zu dem Reichthum die Erfahrung und wirkliches Verdienst kam, ward der Einfluß und das Ansehn jener Bürgerklasse natürlich noch größer. Ausdrücklich ward sie von den andern Bürgern, selbst bei amtlichen Verhandlungen, durch die Benennung unterschieden. Man nannte sie die Namhafteren, die Einsichtigeren, die Höheren, die Aelteren, als Vertreter der Kirchsprengel auch die Geschworenen, die Kirchspielsverordneten. Auch im gewöhnlichen Leben kamen sie als ehrbare Bürger, ja als Bürger par excellence vor. Insbesondere standen sie den Kaufleuten, Handwerkern und Verlehnen gegenüber und erscheinen vorzugsweise als freie Grundbesitzer in der Stadt und deren Gebiete, und in Geldgeschäften thätig.

Endlich trat die Macht der Herkömmlichkeit dazu. Gelang es solchen Bürgern auch nicht, für sich und die Ihrigen ausschließlich den Besitz des Rathsstuhls oder anderer Stadtämter zu erlangen, wovon bei uns kein Beweis ist: so ward man doch im Laufe eines Jahrhunderts gewohnt, einigen Namen besonders guten Klang, einigen Familien besondere Befähigung zuzugestehen. Diese setzten auch, in Zeiten, wo schon die Dauer

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gewisse Würde gab, die man kaum noch zu kennen scheint, eine Ehre darein, zu erhalten, was sie erworben, und durch eine, wenn auch gemessene, doch liberalere Erziehung und tiefere Einsicht zu sichern. Durfte doch bald selbst eine höhere Bildung nicht ausgeschlossen bleiben! Dies war namentlich der Fall, nachdem die Leitung der hansischen Angelegenheiten in die Hände des lübischen Rathes gekommen war und die wichtigsten und mannigfaltigsten Verhandlungen mit Fürsten und Herren zu pflegen standen, die - was wohl zu beachten ist - gerade zu derselben Zeit größere Selbstständigkeit erlangten und eine eigenthümliche Politik annahmen. Da galt es, besondere Klugheit, schärferen Blick, freiere Ansichten der Dinge, lebhafteren Sinn, größere Gewandtheit im Verhandeln, gründliches Verständniß des Verhandelten zu bewähren: die Gewiegtheit der Väter konnte aber den Söhnen auf die einfachste Weise zu Hülfe kommen. Indessen reichten Gesinnung und Rede nicht immer aus und waren nicht überall das Entscheidende: auch das Schwert mußte in die Wagschale geworfen werden. Krieger nun ließen sich wohl erlangen; aber die Anführer, namentlich im Seekriege, mußten schon der Sicherheit wegen Einheimische sein: die fremden Rotten und ihre Hauptleute hätten ja nicht bloß der Stadt, sondern der ganzen Hanse gefährlich werden mögen.

So war es den Umständen gemäß, daß sich im Laufe des 14. Jahrh., wo der Rath, durch weitreichende Thätigkeit und glückliche Erfolge nach außen, größere Selbstständigkeit und Auctorität gewann, auch die zum Rathsstuhl vorzüglich befähigten und würdigen Familien sich von den bloß begüterten absonderten, und hervorragendes Ansehn und gewisse Sonderinteressen in Anspruch nahmen. Es bildete sich die Klasse der von altersher guten, ehrbaren und freien Geschlechter.

Zwar urkundlich und kaiserlich bestätigt ist sie nicht, wie es in anderen Städten notwendig ward, wo über Recht, Würde, Freiheit und Adel der Geschlechter Streit entstand. Nicht einmal die Confirmation dessen war hier nöthig, was man anderswo schon im 13. Jahrh. von den Kaisern sich feierlich verbriefen ließ: daß nämlich Bürger der Art Lehngüter erwerben, Lehen empfangen und geben, und daß sie in weltlichen Gerichten neben Adel und Rittern zu Rechte sitzen dürften. Ohne Zweifel ist dies den Bürgern einer so angesehenen Stadt, wie Lübeck damals war, nie streitig gemacht; übrigens ist auch in unsern Gegenden während des Mittelalters die Trennung der Stände nie so scharf und vollständig gewesen, wie z. B. noch im Laufe des vorigen Jahrhunderts. Beabsichtigte man aber eine Abson=

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derung nach einer bestimmten Politik, so galt es, sie wohl verborgen zu halten, oder sie so allmälig erfolgen zu lassen, daß sie nicht einmal auffällig, viel weniger drückend ward. Nun hatte auch in jener Zeit Lübecks Industrie alle Hände voll zu thun und in allen Ländern den reichsten Gewinn zu erwarten; es ließen sich's aber auch die Rathmänner sauer genug werden, Mittel und Wege dafür nicht bloß zu erhalten, sondern auch zu vermehren und zu erweitern. Selbst an großen Calamitäten, welche nicht selten in Folge von außerordentlichen Maßregeln manche Abänderung der bestehenden Ordnung notwendig machen, fehlte es nicht. Der mehrmals wiederkehrende, fürchterlich wüthende schwarze Tod, vor dem ganze Städte, ja Landschaften verödeten, verschob und verrückte manche Grenze; zum Streiten und Widerstreben ließ er keine Zeit. Die Reaction blieb freilich nicht aus; sie kam, wenn auch erst später; eine Reihe von Empörungen erhob sich in den wendischen Städten; acht Jahre lang war Lübeck seines alten Raths und seiner Geschlechter beraubt: - allein grade damit schwand alles klare und deutliche Bewußtsein früherer Zustände vollends, oder doch in dem Grade, daß manche lediglich herkömmliche Verhältnisse gesetzliches Ansehen erhielten.

Solcher Stand der allgemeinen Noth, da weder reich noch arm verschont blieb, - an einem Tage starben, nach völlig beglaubigten Nachrichten, in unserer Stadt 500 Menschen, - führte aber auch die zu einander Gewöhnten und Gehörigen enger zusammen. Der Tod mit allen seinen zeitlichen Schrecken und ewigen Gerichten und Strafen; der Gedanke, daß ein Kameel leichter durch ein Nadelöhr gehe, als ein Reicher ins Himmelreich komme, - trieb zu Errichtung von Brüderschaften, deren Mitglieder einander thätige Theilnahme und gute Werke und inständige Fürbitten im Leben und im Tode zusicherten. Ja, je mehr man des Guten in diesem Leben genossen, je mehr seines Lohns man dahin hatte: um so ängstlicher blickte man auf den unerbittlichen Ausgleicher der Verhältnisse und um so eifriger war man bemüht, ihm abzuringen, was man vermochte.

Ich muß indessen bemerken, daß ich nur von Lübeck und dessen Patriziat rede; anderer Orten hat sich alles ganz anders begeben und gestaltet.

Wirklich werden auch gleich nach jener Schreckenszeit unsere Junker, oder, wie sie auch heißen, Konstavels, d. h. berittene, schwerbewaffnete Krieger, zuerst erwähnt, und diese Namen zeugen zugleich von einem Anspruche auf höhern, ja gradezu auf den ritterlichen Stand, als wenn etwa nur noch der Brief oder die Weie gefehlt hätte.

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Bestärkt ward solche Ansicht durch den glänzenden Besuch, welchen Kaiser Karl IV. im J. 1375 unserer Stadt machte. Hier waren es nächst dem Rathe die Junker, welche ihm und seinem Gefolge die herrlichste Aufnahme bereiteten. Der Kaiser selbst wohnte im Hause des Junkers Gerd von Darsowe in der Königsstraße. Vor seiner gütigen Herablassung und dem freundlichen Entgegenkommen seiner Begleiter schwand mancher Zweifel, mancher Anstand: es war eine Zeit, wo die Kaiser nur noch in den Reichsstädten eine sichere Stütze erkannten. Nun war der Kaiser so artig, den Rathmännern das Prädikat Herren beizulegen und sie den Räthen der 4 Städte beizuzählen, denen von Alters her die Auctorität gegeben sei, in des Kaisers eigenem Rathe Sitz und Stimme zu haben. Natürlich wirkte das auf die Geschlechter, denen seit einem Jahrhundert fast alle Rathsmitglieder entsprossen waren, zurück. Wir sehen sie denn auch zunächst von den bloß begüterten Familien sich entschieden trennen; diese bildeten die Klasse der riken Koplüde, auch wisen Koplüde, oder, wie sie bald nachher hießen, der Renthener, und begründeten der Gechlechtsaristokratie gegenüber eine Geldaristokratie, welche beide die eigentlich bürgerliche Freiheit mannichfach bedrohten.

Das fühlte die übrige Bürgerschaft wohl, die damals schon zahlreich und kräftig und auch einsichtig genug war, um zu erkennen, was ihr bevorstand. Schon im J. 1376 erhoben sich die Handwerker gegen den Rath und zogen bald auch andere Companien in ihr Interesse, zumal da grade außerordentliche Abgaben gezahlt werden sollten. Für dasmal zwar ward der Sturm beschwichtigt; aber es war vorauszusehen, daß die Ruhe nicht von langer Dauer sein könne. Man fühlte das Bedürfniß engerer Vereinigung und eines geschlossenen Widerstandes. Schon im J. 1378 traten deshalb die Mehrzahl der Kaufleute im Schonenfahrer=Schütting zusammen, um, wie sie ausdrücklich erklärten, ihre Cumpanei fester zu machen; auch wählen sie, zu den zwei Schaffern, die sie bisher gehabt, vier Haupt= oder Aelterleute, die des Schüttings Rath sein und ihm aufs beste vorstehen sollten. - Ihnen folgten im J. 1379 die Junker und gründeten die sogenannte Zirkelbrüderschaft.

Zwar diese Verbrüderung war an sich kein politischer Verein, wie ihn die Kaufleute offenbar geschlossen hatten: sie war vielmehr, ihrer Begründung nach, eine religiöse Gesellschaft, eine geistliche, und nur insofern eine ordensmäßige, als sie, zur Ehre der heiligen Dreieinigkeit gestiftet, ihren Mitgliedern die Tragung eines besondern, beständigen Ordenszeichens zur Pflicht machte.

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Auch erwarben die Zirkelbrüder eine Capelle von den Mönchen zu St. Katharinen, stifteten gewisse Präbenden und Almosen, richteten jährliche Festversammlungen ein und verpflichteten sich zum Trost der Seelen aller aus ihrer Mitte Verstorbenen, d. h. zur Erlösung derselben aus dem Fegefeuer. Jedoch ist nicht zu übersehen, wie auf solche Weise einerseits eine Verbindung mit der im Volke höchst einflußreichen Geistlichkeit, namentlich den meist beliebten Franziskanern, begründet ward, und wie andrerseits allen Rathsmitgliedern, die den Geschlechtern angehörten, möglich, ja natürlich und anständig, blieb, mit diesen im innigsten Zusammenhange zu verharren.

In dem Jahre nach Stiftung der Zirkelbrüderschaft, nämlich 1380, rührten sich die Aemter; auch ihnen genügte nicht mehr an der bisherigen Verfassung; sie verlangten bestimmte und genaue Rollen, die ihre Gerechtsame enthielten. Als sie ihre Absicht nicht erreichten, vielmehr für angestellten Unfug und Ungebühr dem Rathe öffentlich Abbitte leisten mußten, bildete sich die bekannte Verschwörung von 1384. Auch diese ward mit Energie unterdrückt; doch gestattete der Rath dem angesehensten der Aemter, den Brauern, im J. 1386, aus Gnaden, und so lange es ihm behaglich wäre, sich vier Aelterleute zu wählen und somit eine besondere Zunft zu bilden. Aber Friede ward auch dadurch nicht. Seit 1403 brach der Zwist in helle Flammen aus; fünf Jahre lang widerstanden Rath und Geschlechter; dann mieden sie, von der Uebermacht gedrängt, die Stadt; nur die Rentenirer noch hatten sich zu ihnen gehalten. Es läßt sich denken und ist auch naturgemäß, daß unter solchen Verhältnissen die Companien eine ganz andere Bedeutung bekamen, als sie früher hatten: Reibungen, die über 30 Jahre lang fortdauerten, mußten Gedanken, Pläne, Anstalten herbeiführen, auf die man in Tagen der Ruhe gewiß nie gekommen wäre; vor allem aber ward die verfolgte und gedrängte Parthei, nämlich Rath und Geschlechter, zu engerer Vereinigung und innigem Zusammenhalten gezwungen.

Es folgte, was ich hier nur andeuten kann, eine ins achte Jahr dauernde völlig demokratische Zunftherrschaft, die jedoch der Stadt überall nicht wohl that. Im J. 1416 ward vielmehr der alte Rath vollkommen restituirt, den Bürgern allen aber nicht allein der strengste Gehorsam anbefohlen, sondern auch alles untersagt, was zur Verkleinerung der Obrigkeit oder deren Macht und Freiheit irgendwie beitragen könnte. Und 113 Jahre lang war nun so tiefe Ruhe, daß, als König Erich von Dänemark die Bürgerschaften der wendischen Städte durch heimlich zugetragene Briefe aufzuregen suchte, und in

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Hamburg, Wismar, Rostock, Stralsund die Empörung blutigroth aufloderte, die Lübecker überall begütigend und vermittelnd auftraten. Mit dem Rathe war übrigens auch das Patriziat in alle seine früheren Verhältnisse wieder eingetreten, die nun, durch kaiserliches Ansehn, wenn nicht ausdrücklich, doch factisch zu recht= und gesetzmäßigen wurden. Fortan bildete sich die Zirkelbrüderschaft zu einer förmlichen Junkergilde aus; es sonderten sich aber in ihr die Herren, d. h. die Rathsmitglieder oder sonst Beamteten, auch die wirklichen Ritter, von den Brüdern oder eigentlichen Zirklern und den Gesellen d. h. den jüngeren oder ledigen Aspiranten. Fortan ward jeder nur mit Einwilligung der zur Gesellschaft gehörigen Bürgermeister vorgeschlagen, und, ehe gestimmt ward, untersucht, wiefern sein Geschlecht ihn würdig mache, den Zirkel zu tragen. Der Rath selbst ward eine rein aristokratische Behörde; fast alle seine Mitglieder waren oder wurden Zirkler, und die Verbindung zwischen beiden so eng, daß einige Chronisten im Ernst behaupten, die Zirkelbrüder hätten im Rathsstuhl mitgesessen. Mochte sich, wie es einmal dem Gange menschlicher Dinge gemäß ist, ein Zwiespalt regen: so sah man sich doch genöthigt, au niveau des schon bestehenden Vereins zu bleiben. So entstanden unter andern die Companie der Rentenirer oder Kaufleute 1450 und die Greveraden=Companie 1493. Sie waren oder wurden nur Pflanzschulen der Zirkelbrüderschaft; ja man konnte endlich Mitglied aller drei Vereine sein. Zur Zirkelgesellschaft nämlich qualificirte der Adel des Geschlechts; zur Kaufmannsbrüderschaft das Renteniren; in der Greveraden=Companie scheint ein, wiewohl nicht gelungener, Versuch gemacht zu sein, einer einzelnen Familie ein gewisses Uebergewicht zu verschaffen, jedoch unter dem scheinbaren Vorwalten besonderer kirchlicher Elemente.

Noch einmal erhob sich zu Lübecks großem Unglück die Demokratie in den Jahren 1529-1535. Auch dasmal ward durch des Kaisers Auctorität dem Rathe sein vollkommenes Regiment und Ansehen wiedergegeben, ja dasselbe ausdrücklich wie 1416 hergestellt. Allein die Treue, mit der die Geschlechter der katholischen Kirche zugethan waren, ließ sie nicht wieder emporkommen: die Veränderung der kirchlichen Verhältnisse führte, auch ohne ausdrückliche Verletzung der kaiserlichen Gebote, eine größere Theilnahme aller Bürger am Gemeinwesen mit sich; überdies zogen viele Familien ihres Glaubens wegen in die Fremde. Die Greveraden=Companie erlosch; die Zirkelbrüderschaft löste sich auf; die Junker aber, welche blieben, bildeten einen politischen Verein, eine Zunft, wie die Rentenirer;

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ihre kirchliche Macht und Bedeutsamkeit war vorüber. Als Junkercompanie trat sie fortan zur Bürgerschaft und kommt als bürgerliches Collegium ausdrücklich vor. In 138 Jahren, nämlich von 1531 bis 1669, saßen nur 7 Junker auf der Bürgermeister= und 27 auf der Rathsbank; die übrigen rathsfähigen Collegien dagegen lieferten 31 Bürgermeister und 88 Senatoren. Eine eigentliche Klage also über aristokratische Präponderanz konnte man nicht führen. Aber es traten allerdings im J. 1580 elf Patrizier zur Erneuerung der alten Brüderschaft in der Zirkelgesellschaft zusammen, und die Rentenirer folgten ihnen darin 1581, machten auch gleich ihnen die Aufnahme von Geburt und Herkommen abhängig. Doch sprachen die letzteren nur den bloßen Stadtadel, das eigentliche Patriziat, an: die Zirkler dagegen wollten für durchaus adlig gehalten sein. Als man ihnen diese Ansicht, wie namentlich zwischen 1630 und 40 geschah, verkümmerte, ja sie öffentlich und heimlich deßhalb verspottete und höhnte: erwirkten sie sich bei Kaiser Ferdinand III. im J. 1641 eine ausdrückliche Bestätigung ihrer Rechte, in der es heißt: "daß sie, laut beigebrachter glaubwürdiger Documente, von mehreren Jahrhunderten her adelige Freiheit und Gerechtsame genossen, und, wie ihre Vorfahren, sowohl sie selbst, als ihre Nachkommen inskünftige in Turnier= und Ritterspielen, hohen geistlichen Stiftern und ritterlichen Orden ohne Jemandes Widerrede, wie alle andern des heil. Röm. Reichs rittermäßige Personen, fähig, tauglich und geschickt sein und verbleiben sollten, auch die vor Jahren von ihnen geübten Ritterspiele zu Roß und Fuß nach Belieben wieder anstellen und aufrichten möchten". - Aber dadurch war kein Dank mehr zu erlangen. In die Stellen, welche die Zirkler früher eingenommen, war bereits die Kaufleutecompanie eingerückt, und bildete, mittels Verwandtschaft und Verschwägerung, einen so undurchdringlichen Phalanx, daß selbst die Ritter zu Roß und zu Fuß, mit Schimpf oder Ernst, nicht durchzudringen vermochten. In 150 Jahren, von 1580 bis 1730, traten ihnen daher lediglich 8 Familien bei.

Nur die eiserne Noth vereinigte beide Companien noch einmal, als ein geschlossener Angriff gegen sie von den andern Kollegien her erfolgte. Eine Aristokratie war den Grundgesetzen allerdings gemäß; aber eine Oligarchie, wie sie nun factisch bestand, schien den Zünften mit Recht unerträglich. Dazu wirkten die traurigen Folgen des dreißigjährigen Krieges, der

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jähe Sturz und die verderbliche Uneinigkeit der Hansa, die völlige Niederlage des Handels und mancherlei Willkürlichkeiten, denen sich gebildete Bürger nicht mehr unterwarfen. Doch wollte der Rath, so mangelhaft er auch gewesen sein mag, fremden Machtbefehlen sein Ansehen nicht aufs neue verdanken: er räumte der Bürgerschaft aus freien Stücken Theilnahme an der Finanzverwaltung ein. Kaum aber war dies erfolgt, als dieselbe nun auch Abschaffung der aristokratischen Verschwägerungen und Berücksichtigung aller commercirenden Zünfte bei Ergänzung des Raths, oder wenigstens bei der Wahl von kaufmännischen Senatoren das Präsentationsrecht einer Anzahl Aspiranten verlangte. Jetzt ließ man es auf eine kaiserliche Commission ankommen. Aus Gründen, deren Erörterung hier zu weit führen würde, entschied diese- oder vielmehr, was dabei entscheidend war, eine subdelegirte fürstliche - im Ganzen zu Gunsten der Bürgerschaft. Der Bürgermeister David Gloxin setzte diese Entscheidung im Rathe durch. Am 9. Jan. 1669 kam der bekannte Receß zu Stande, auf dem Lübecks heutige Verfassung beruht, und durch welchen der Einfluß der beiden aristokratischen Collegien - man kann namentlich mit Bezug auf die Zirkler sagen - vernichtet ward. Es half nämlich den Junkern auch das nicht, daß der Kaiser, nach gehöriger Information, im Jahre darauf gerade die sie betreffenden Beschränkungen wieder aufhob. Konnten doch selbst die Rentenirer sich nur dadurch behaupten, daß sie, wie auch der Name Kaufleutecompanie sagte, fortan ein wirklich commercirendes Collegium bildeten.

Das Patriziat erlag; - ob man sich unbedingt darüber freuen durfte, ist die Frage. Bei richtigem politischen Bewußtsein und gehörig begriffener Freiheit hätte es noch die herrlichsten Früchte bringen können. Gerade damals erhob sich die Autokratie der Fürsten und das Hofregiment. Wie wichtig mußte es da sein, Männer benutzen zu können, die vermöge vornehmer Herkunft, liberaler Bildung, höfischer Erziehung und Sitten, umfassender Reisen und Bekanntschaften, unabhängiger und sicherer Stellung sich ganz vorzüglich den Staatsgeschäften widmen konnten, zumal in Tagen, wo dieselben eine Bedeutung, einen Umfang, eine Tournure erhielten, die man früher kaum geahnt! Wie konnte, ja wie mochte man von den Fachgelehrten und Geschäftsmännern jener Zeit auf solchem Felde Erfolg zu hoffen auch nur wagen! -

Während des 18. Jahrh. ward die Zirkelgesellschaft immer schwächer; die fähigsten Mitglieder wurden ihr meistentheils durch Erwählung zu Rath entzogen. Im J. 1800 war nur

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ein actives Mitglied übrig. Dann completirte sie sich noch einmal bis zum J. 1809. Ein Vorschlag, Gelehrte zu wählen, kam nicht zur Ausführung. Seit der Zeit ruht ihr Votum.

Das Versammlungshaus der Zirkler war anfänglich die Olavsburg, die, nach Einigen, zwischen dem Burg= und Hüxterthore, nach anderen, zuverlässigeren Nachrichten, zwischen dem Hüxter= und Mühlenthore in der Waknitz gelegen haben und mit einer Zugbrücke versehen gewesen sein soll: wahrscheinlich der heutige Kaninchenberg. Im J. 1510 soll das letzte Gelag dort gehalten sein. Während des Wollenweberschen Aufruhrs ward sie zerstört. 1479 war aber schon das Companiehaus in der Königsstraße gekauft, welches 1582 umgebaut, jetzt dem Ober=Appellationsgerichte eingeräumt ist.


Beilagen.

A.

Aeltestes Memorial des Schonenfahrer=Schüttings, Pergamenthandschrift von 173 Folien, fol. 2 a :

Anno domini m ccc l xx viij jare . . . . . . . . . do worden de bedderve lude des to rade, de hir vore gescreven stan, unde andere bedderve lude, de se dar to nemen, van den wisesten, dat se desse kumpanye vaster wolden maken vnde dat desse kumpanye de bet vorstan worde, unde koren veer houetlude myt eyner gantzen eendracht, de vor dessen schuttingh raden scholen, vnde scholen den vorstan . . . .

B.

Vritze Grawert's, Rathsverwandten zu Lübeck († 1538), Zirkelbuch, fol. 19:

In de Ere der hilligen Drefaldicheit wart disse Selschop der Circkeler erst begunt, alse men schreff na Gades Bort XIII c vnde LXXIX Jare, alse de Breue wol clerliken vormelden vnde vtwisen, de de Monneke to sunthe Katherinen desser Selschop dar vp gegeuen vnde besegelt

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hebben. Dit synt de Fundatores, de desse Selschop erst begunden, also: Her Gherd Darsowe, Hermen Darsowe syn broder, Marquart van Damen, Jacob Holk, Hermen Moer, Boldewyn Spegeler, Johann vnde Hinrik brodere geheten van Meteler, Arendt van der Brügge. Desse negen Personen stan aldus geschreuen in der monneke breue.

C.

Testament Peter Smylow's vom J. 1386:

Vortmer, den Junchern, de den Cyrkel draghet, gheue ik C Mark Lub. also beschedeliken: isset dat se kopen wyllen eyn Hus, edder maken ene dechtnysse, vnde wyllen myne wapene laten henghen by der anderer Juncheren Wapene in sunte Katherinen Kerken, vnde dar to in der Cappellen.

D.

Abschrift eines Briefes, den der Minoriten=General den Zirkelbrüdern 1393 ertheilt:

Venerabilibus in Christo Dominis et Domicellis omnibus et singulis de Societate Circuliferorum Civitatis Lubicensis presentibus et futuris, et eorum consortibus et proli, Frater Hinricus, Ordinis Fratrum Minorum Generalis Minister et Servus, cum oracionum suffragio salutari omnium incrementa virtutum, Sincere dilectionis et devocionis attendentes affectum, quem ad nostrum Ordinem geritis, more venerabilium progenitorum vestrorum, sicut multiplicia beneficia ipsi Ordini liberaliter impensa probant et ostendunt. Ne igitur tantorum beneficiorum una cum fratribus mihi commissis immemor seu ingratus existam, licet non quantum debeo, sed prout valeo, debitas vicissitudines rependere cupiens, dona spiritualia pro temporalibus tribuendo, vos ad universa et singula nostre Religionis suffragia in vita recipio pariter et in morte, plenam vobis imparticipationem bonorum omnium tenore presencium conferendo, que per fratres nostros et sorores

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sancte Clare, ubicunque terrarum morantur operari dignabitur clemencia Saluatoris. Datum Colonie, ipso tempore nostri generalis Capituli, anno Domini millesimo tricentesimo nonagesimo tercio, in festo Pentecostes inibi celebrato.

E.

Memorialbuch der Zirkelbrüderschaft von 1429:

Int Jar vnses leuen Heren Jesu Cristi XIV c vnde XXIX vppe den hilligen Drefaldicheit Dach wort dit Bok vorramet to holdende by der gemenen Selschop der Cirkeler, de vp der Tidt vp der Oleuesborch to hope weren, myt erer aller Vulbort vnde Willen, in de Ere der hilligen Drefaldicheit vnde to Troste alle den Selen, de vdt desser Selschop vorstoruen synt.
Int erste scholen de Schaffers vppe der hilligen Drefoldicheit Dach der Selschop schaffen twe Maltiden, des Morgens vnde ok des auendes, vnde geuen des Morgens Schynken, vnde dre Richte darto, unde des Auendes dre Richte, vnde nycht mer, vnde elk man, de idt vormach, sal komen des Morgens to teygen, vnde des auendes to vyuen, by ver Schillynge brokes, vnde men sal des Morgens nenen Gast mede bryngen, men wert dar we des Morgens in de Selschop entfangen, den mach he des Auendes mede bryngen.
Item, offte jument in vnser Selschop were, de Vründe hadde, de he gerne in desse Selschop hadde, de schal gaen to den Schafferen des Morgens vor der Maltidt, offte des Dages dar bevorne, vnde geuen en to erkennende, we de Persone is, so scholen de Schaffere gaen vor der Maltidt to den Borgermesteren, vnde geuen en to kennende; wille de Borgermesters vnde de Schaffers dar mer vth der Selschop by hebben, dat moghet se doen, vnde wes de Borgermestere myt den Schafferen vnde der Selschoppe ens werden, dat solen de Schaffers deme genen wedder seggen, de de vmme synen Vrunt gespraken hefft, offte he vmme synen Vrunt weruen sal edder nycht.

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Item, so solen de Schaffere des Morgens vmme gaen lang de Tafelen; were den welke mang, de den Cirkel nycht by eme drege apenbare, de sal IIII Schillynge gebraken hebben, unde to der Auent maltidt solen de Schaffere seggen lanck der Tafelen, vnde dergelick solen de Schaffere vorbaden laten de dar nycht en eten, de in de Selschop horen, Vrowen vnde Wedewen, den ere Mans affgestoruen synt, de in desse Selschop horden, de sick nycht vorendert en hebben buten der Selschop, dat se solen komen to sunthe Katherinen des Mandaghes Morgens to achten in de Klocken, vnde offeren to der Selemyssen, to Troste den Selen, de vth desser Selschop vorstoruen synt. De des nycht en dede, sal braken hebben en Punt Wasses, nycht to latende.
Item, wan de erste Maltidt vppe der hilligen Drefaldicheit dach gedaen is, so solen de olden Schaffere, de dat Jar to vorne afgyngen, Rekenschop doen vor der gemenen Selschop, wes se entfangen vnde vtgegeuen hebben, vnde wan dat geschen is, so solen de Schaffere, de de Kost doen, de Selschop bidden, dat se twe nye Schaffere kesen, de dar vellich to syn, ere Tidt sy vte. So sal man twe andere kesen, to den twen, de to Jare karen worden, dat alle Jar twe Schaffere solen wesen dat Jar ouer, dat de ene den anderen anwise, vnde vmme dat ander Jar sal man enen Heren vtme Rade to Schaffere kesen, dat alle Wege manck dessen Schafferen en Here vt deme Rade wesen sal, vp dat alle der Selschop doende de bet vorwaret, vnde Gades denst mede vormeret werde, to Eren der hilligen Drefaldicheit.
Item, wan de Rekenschop gedaen is, vnde de Schaffere gekaren synt, vornehmen de Schaffere, dat dar frame Lude syn, de desser Selschop begeren, so solen se idt demen Borgermesteren vormanen, dat se de Selschop vragen, offte se ok wer frame Lude hebben willen, unde wert es de gantze Selchop eyns, dat se de Selschop vormeren wyllen, so mogen degenne vmme eren Vrunt spreken, den de Schaffere

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tosecht hebben, dat se vmme eren Vrunt spreken mogen, vnde wan de Selschop dar vmme spreken willen, so solen de genne vtgaen, de darumme woruen hebben, vnde ok de genne, de den gennen to behoren, dar vmme woruen wert, de solen ok vtgaen, vnde de denne in desse Selschop entfangen wert, dea sal de genne, de vmme en spraken hefft, des Auendes to der Auent Maltidt mede bryngen, vnde he sal myt eme bryngen X Mark Lub., de sal he doen den Schafferen, de denne de Koste doen.
Item, so solen de Schaffere bestellen, dat des Sondages, des Auendes na der Maltydt, de Vrowen, de ere Manne in desser Selschop hebben, vnde in de Selschop horen, vp de Oleuesborch kamen danssen unde sik vrolik maken.
Item, so scholen de Schaffere des Mandaghes na der hilligen Drefaldicheit dage de Boren kleden laten mit deme Stucke, vnde darvmme setten de Luchtere vnde Lichte, vnde bestellen dat myt den Monneken to sunthe Katherinen, dat se de Myssen syngen vppe deme Kore, vnde dar solen de Schaffere twe dreigede Lichte to maken laten, elck Licht von eneme Punde Wasses, dar de Schafferschen de Selemyssen mede wynnen solen.
Item, des Mandages na der hilligen Drefaldicheit Dage, so solen de Schaffere der Selschop schaffen twe Maltidt, des Morgens vnde des Auendes, vnde solen geuen des Morgens Schynken, vnde dre Richte darto, vnde des Auendes dre Richte, vnde nycht mer, vnde dar solen eten alle, de in de Selschop horen, Man, Vrowen vnde Wedewen, der ere Man vte desser Selschop vorstoruen synt, de sik nycht vorandert en hebben buten desser Selschop, vnde de Schaffere vnde de Schafferschen solen dat myt enem jewelken bestellen, dat se vp de Oleuesborch kamen, vnde des Morgens to sunthe Katherinen, to der Selemyssen.
ltem, des Dynxtedaghes na der hilligen Drefaldicheit Dage, so scholen de olden Schaffere myt den nygen Schafferen vppe der Oleuesborch eten, was dar auer blifft; dar solen se

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to hebben sos Stoueken Wynes, vnde maken sik vrolick. Der mede schal gene Kost mer wesen, vnde wes dar auer bliuet, von Allemyssen vnde van Bere, dat sal man geuen to sunthe Jurgen den armen Seken, dat se vor de Selen bidden, de vth desser Selschop vorstoruen synt.
Item, des ersten Mandages in der Aduente, so sal men began to sunthe Katherinen de Selschop to deme anderen male, to Troste den Selen, de vth desser Selschop vorstoruen synt, vnde de Schaffere solen de Boren kleden laten myt deme Stucke, vnde dar vmme setten de Luchtere myt den Lichten, vnde bestellen dat myt den Monneken to sunthe Katherinen, dat se de Mysse synghen vp deme Kore, vnde de Schaffere solen maken laten twe dreigede Lichte, dar de Schafferschen de Selemyssen mede wynnen solen, vnde dar to solen de Schaffere vorboden laten Man vnde Vrowen vnde Wedewen, de in de Selschop horen, dat se dan kamen to achten in de Klocke, vnde offeren to der Selemyssen; de idt nycht en dede, sal braken hebben en Punt Wasses, nycht to latende. Ellik gedreiget Sele-Licht sal en Punt Wasser hebben.
Item, wanner en vt desser Selschop vorsteruet, idt sy Man, Vrouwe, effte Wedewe, de in desse Selschop horet, den sal nument to Graue dregen, he en sy in vnser Selschop, de buten Rades syn, de idt vormogen, vnde we des doden Vrunde dar to bidden; de idt vormach, de sal idt doen, vnde nycht weygeren by IIII Stoueken Wynes, nycht to latende, vnde dat solen de genne, de de bidden, den Schafferen, de dat Jar Schaffere synt, to kennende geuen, we idt nycht doen en wolde; vnde de Schaffere solen de ver Stoueken Wynes manen, vnde dat sal comen to der Koste to hullepe. Vnde welde de genne, de braken hefft, dat Gelt nycht vtgeuen, so solen dat de Schaffere der gemenen Selschop to kennende geuen, wan se Rekenschop doen.
Item, wan de Vrunde des vorstoruen doden

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wyllen ene began hebben to sunthe Katherinen so solet se dat den Schafferen to kennende geuen; so solen de Schaffere gaen to den Borgermesteren, vnde werden des myt en ens, vp wat dach idt wesen schal; so solen de Schaffere den Vrunden to kennende geuen, vppe wat dach idt wesen sal; so solen de Schaffere de Boren cleden laten myt deme Stucke, vnde dar vmme setten de Luchtere myt den Lichten, vnde bestellen dat myt den Monneken to sunthe Katherinen, dat se de Mysse syngen vppe deme Kore, vnde dar solen de Schaffere to vorbaden laten Manne vnde Vrowen vnde Wedewen, de in desse Selschop horen, dat se dar camen to achten in de Klocke, vnde offeren to der Selemyssen: de des nycht en dede, sal gebraken hebben I Punt Wasses, nycht to latende; vnde de synen Vrunt begaen let, de sal de Sele-Lichte suluen betalen, vnde nycht mer sal he vt geuen.
Item, wan de Schaffere to sprekende hebben, dar der Selschop Macht ane licht, so mogen de Schaffere de Selschop vorbaden laten to sunthe Katherinen to kamende, by ver Schillinge Lub.
Item, wor Broke vppe Was steit geschreuen, dat solen de Schaffere hartliken unde ernstliken inmanen, vnde myt desseme Wasse sal man de Lichte mede staende holden, de vmme de Boren staen; vnde were we, de idt den Schafferen nycht geuen wolde myt wyllen, dat solen de Schaffere der Selschop to kennende geuen, wan se Rekenschop doen.
Item, so sal elk, de in desse Selschop horet, den Cyrkel by em dregen, offte twe andere, de in de Selschop horen, de den Cyrkel by en hebben, mogen den panden, de en nycht by sik en hefft, vppe eyn halff Stoueken Wynes, also dicke vnde vaken, alse he mede bevunden wert, dat he den Cirkel nycht by ene hefft.
Item, wan ein Man vt desser Selschop vorsteruet, de sal geuen der Selschop II Mark, ene Vrowe ene Mark, vmme syner Sele wyllen, in de Ere der hill. Drefaldicheit, dat men Gadesdenst mede staende holt; de ok mer gheuen wil, de mach dat doen.

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Item, so scholen de Schaffere laten maken de Lichte, de vppe deme Altare staen in der Cappellen, vnde de Tortsigen vnde de Lichte, de men vmme de Boren settet, dat se jo vorbetert werden, vnde nycht vorgaen, to Eren der hill. Drefaldicheit, vnde to Troste den Selen, de vt desser Selschop vorstoruen synt.
Item, solen de Schaffere alleDynck bewaren in der Cappellen, also dat alle Ornate gebetert werden vnde nycht vorgaen, alse Myssegewede, vnde alle doent, dat deme Altare to behort, to Eren der hilligen Drefaldicheit.
Item, so hebben de Selschop der Cirkeler de Cappellen gekofft van den Monneken to sunte Katherinen; dar sal men alle Dage Mysse inne lesen, des Werkeldages de leste Mysse, vnde des hilligen Dages de erste Mysse na deme Sermone. Hir synt Breue vppe van den Monneken besegelt, vnde ok andere breue. Item so syngen de Monneke to sunthe Katherinen des Dynxtedaghes ene Mysse vp deme Kore vnde vp den Orghelen, van der hilligen Drefaldicheit, dar vor sal man den Monneken geuen twolf Mark. Item solen de Monneke de Lampen bernende holden, de dar henget vor der Cappellen, Dach vnde Nacht, dar vor sal me en geuen viff Mark, vnde vp de Myssen vnde vp de Lampen en syn gene Breue.
Item so gyfft me den Pyperen X Mark, dar vor solen se der Selschop denen, wen se to hope syn, vnde vppe deme Raethuse vnde ok anderwegen, woer me erer behoef heft. Wen se der Selschop to unwyllen weren, so sal men andere Pyper nemen. Item so gyfft me der Kokenbeckerschen ene Mark.

F.

Ordnung von 1477 (nach einer Abschrift des 16. Jahrh.).

In Gades Namen.     Amen.

Hirna steit beschreuen dat Reskoppe behörende in de Companie, de men des wynters hölt von S. Marten bet up palmdach, dat en schaffer dem anderen auerantwordet.

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Dre taffelen, und ene lange tafel van 3 stucken, de men to hope föget.
Ver par taffel schragen unde ver par benke schragen.
Twe brandtroden, ein forcke, ein isern schuffel, ein roste.
4 gratias berkannen, 2 berkannen, ein van stöveken, de ander van 1/2 stöveken, 1 Flasko van ganzen, vnde 1 van halven stoveken.
2 Handvate, 1 Handbecken, 4 Luchter, 2 Scheren, 1 Bohr.
2 Windfänge.
3 Fleuten in ein Foder.
1 Bunze mit 2 stocken.
1 Brodtkorff.
2 hangende Cronen, de en mit S. Jurgens, de ander mit S. Magdalenen bilde.
Ene Vastelavens borch mit aller tobehorunge.
En schlot mit twe slotelen.
En stande Brandrode.
Twe soltvate.

1. Men schall huren en hus, dat belegen is igliken als men beste kan vnde mit provit kalen vnde holt darinnen kopen to tiden na den gemenen provit vnde darna dat men macht hefft. Dat gelt scholen de Schaffers verleggen van allen, dat man den winter over darin benödiget is, sunder der selschop schaden, vnde dat gelt wedder entfangen wenn da gerekenet is von iglichen sinen dehl, vnde men schal dat hus vpsluten, darin gahn vp s. Martens auendt, de erste Koste to holden sunder jennigerlei bikoste vor der tidt darin to holdende.

2. Wen wy erst henne gahn, so scholen de Schafferen ersten schenken beth to den Sunnauendt, vnde den vor dat de Klocke viue sleit, kenen schenken kesen. De ersten schölen sin de olden Schaffere, de des jares to voren schaffeden, vnde dar na de anderen, de dar sin. Na viff uhren auerst schal man de nien kesen, de sik iglichen gegen den Sundach darup reden mag, vnde wat se uns thom inbitt na de vesper geuen, daran schal sik iglich an dem Sundage an nögen laten, darvan idt iglich vormach, idt sin mettwüste, edder anders wat godes. Wer vns dat beste deit, deme danken wi up dat beste. Wen man upsluten let, so darf man nichtes geven; de schenken hebben den noch

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to bestellen, vnde de dat fruenlach nich mede holden, de gahn den balde to hus.

3. De schenken, de men keset, de schall men kesen na vordehl, vnde nich na frundschop, vnde dar na se schaffet hebben, olde vnde lange darin gewesen sin, vnde en van den schenken schall des avens de weke över darin bliuen, bet dat de keller geslaten is, ok mit to vure vnde lichte sehn, dat dar kehn schade gesche, idt si imme huse, imme Keller, edder wor idt is. Isset dat iemandt tor aventmaltidt blifft, so scholen de schaffere mede bliuen, wo se van nodtsaken edder warues wegen nich bliuen könen, so mogen se enen andern cumpaniebroder vor sik bidden, de idt dohn wil; dar na schall he quit sin. Wenn de schenken den willkam van sik drinken, dat scholen desulven don sunder hulpe, vnde kene knechte vor se; hebben se auerst notsake, so mach idt en Cumpaniebroder vor em don. Man schal vp den groten vastelaventsauent kenen schenken kesen ut denen, de den vastelauent holden bi der borch. Wer notsaken hefft, de mach enen andern vor sik bidden, den keller des auendes to sluten von unsen bröderen.

4. De vastelauents dichter scholen de schaffer kesen binnen den twolften na vordehl vnde nich na fruntschop, ut denen, de plegen den vastelauent to holden vnde dar to geschicket sin. Wen de schaffere iemant verschonen wulden, vnde enen anderen vor eme kesen, de idt vaken gedan hadde, dat schall nich sin, vnde schal an der menen selschop stan wer idt don schal; vnde den idt to dohn gebören wurde, vnde he wolde idt nich dohn, vnde sede, dat he idt vaken gedan hadde, dat schal he bewisen mit weme, vnde vp wat tidt, vnde in wat hus, vnde mit weme men darna ene vaken schreuen findet mank den vastelauensdichtern, de schal idt na gan, vnde de schaffere schölen vastelauent mit holden, vnde deme man idt nich verdenken wil, de schall sin auer föfftig jaren.

5. De schaffere schall man kesen des ersten Sundages in der vasten, vnde wen de middagesmaltidt gedan is, scholen des schenken iglichen dersulven so geschaffet hebben, in der donsen effte in de Kamer föhren; de noch nich geschaffet hebben, scholen dar buten bliuen. Van denen schal men kesen, de der

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selschop nutt vnde framlich sin. Were van denen iemandt nich jegenwardich effte buten desser stat muren, vnde men sik vermodede, dat he nich auer sen noch sond dat iar buten bleue, so mach man em so wol kesen effte he jegenwardich were. De schaffere scholen de taffelen des middages decken, de schenken des Auens, vnde wer to win in der cumpanie nich is, de schal geuen 1/2 stöueken wins, dat scholen de schaffere entgangen. Des auens schall men fruens hebben, vnde de schaffere scholen win geuen den ganzen dag.

6. Des andern sundages in der vasten scholen de schaffere de taffel decken vor de Klocke 5, vnde da schal kamen vnser selschop alle vor de Klocke 5, bi strafe enes stoueken wins sunder gnade, de scholen de schaffere entfangen vnde bereken der selschop tom besten. Wenn men schenket hedde vnde wi van de taffel gegan sin bi dat fur, so scholen de schaffere seggen wat dar auer blifft, da scholen denne de Companiebroder vmme spreken, wor men dat keren schal. Ere Rekenung scholen se schriuen in en bok, up dat en ander sik na der rekenschop regeren mach, wes man des winters auer van noden hefft. Wan dar gerekent is, so schal jeder de schaffere vruntlich betalen, vnde de schaffere scholen win vnde Kröpel geven.

7. So idt enem edder twen effte mer in vnse selschop ginge, als idt in vorleden tiden geschen is, dat God affkere, deme sin Got entginge, vnde de schaffere dat besorgeden vnde fruchteden vor quadt, vnde dat de ganze selschop idt mit dregen schulde, dat schal nich sin. De schaffere sehen to, dat se eres godes wisse sint, vnde wer dat gelt entlanget. De mene selschop schal dar nich to antwerden vnde sunder schaden bliuen.

8. Wen gegeten vnde gerekent is, so scholen beide, olde vnde nie schaffere, spreken vmme de hoiken, de wi scholen dregen, vnde wat men ens wart, dat schal men don. Hebben de olden mit den jungen, nemandes utbescheden, to don effte to laten, de hoiken to dregen, so schall men twe ut der selschop kesen, de se ermanen, de hoiken to dregen, se mogen se maken laten wor se willen. Wi scholen se dregen ouer alle, nemandt utbescheden, sunder list. Were dat en edder mer en jar um dat ander ut der selschop bleue, unde

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dat twe enen hoiken dregen, dat schal nich wesen. Ilk en schal sinen egen hoiken hebben, vnde wen de ander wedder in de Selschop kummt, so schal he betalen, wat de selschop darup settet, so ferne eme lustet, selschop to holden. De hoiken schal man dregen dat ganze iar bet meidach.

9. De borch scholen de schaffers antwerden den vastelauensdichtern mit aller tobehoringe, als se de entfangen hefft vor den fastelauent, als en dat bequeme is, unde schal dar wat an gebetert werden, scholen idt de schaffere vorbetern. Den dichters scholen de schaffere geuen to hulpe to der borg van wegen der menen selschop 5 mark vnde nich mer, vnde den dregern 8 sch. vnde nich mer. Wen de vastelauent ut is, so scholen de dichter den schafferen de borch antwerden mit aller tobehorunge.

10. De Kokenbeckerschen schall men geuen dar na dat de winter lank is vnde se vaken kumpt vnde got brot gebacken hefft, tor tidt II schill.

11. Der stad trumpetter schall men geuen dar na se uns den winter denen. A. 1438 gaff men enen 1 rihnschen fl.

12. Denen pipern scholen de schaffers geuen vor ere denste 10  , wen da gerekent is, unde laten se gan. De fastelaventsdichter scholen em geuen 3 effte 4 dage, de se upgebrocht hebben, vnde men em nich schuldig is, 1  . Idt scholen de piper kamen, wen men erer behoff is, uns to denen, sonderlick in deme feste winachten unde de tidt auer. Were, dat se orloff beden van den schafferen, so scholen de schaffere idt maken, dat wi se krigen könen, up de tidt wen wi erer behoff hebben; sunderlick wen wi in den winkeller gan, so scholen se nene nodsake maken. Is iemandt krank, so schicke he enen anderen in sine stelle.

13. Wen men schaffere keset, wil men den anderen losen spelluden wat geuen, so kan men idt don; men gaff a. 1436 igliken enen witten, denen anderen jeden 6  , darna se weren.

14. Item im namen gades, als dat en erlike wise is, dat wi des dinxtedages to vastelauent gan in den winkeller, da scholen vns bestellen de schaffere de Rosen, dar wi van oldinges her pleggen to sitten bi gunst vnser heren, vnde dar to reine hölte, witte bekere unde guden rinschen win jegen dat wi dar kamen.

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Vnse schaffere schullen ok bestellen bi den vastelavensdichteren, dat se vor achten in de cumpanie kamen, we ok alle olden, de kenen vastelauent holden. Den scholen wi alle in den winkeller gan mit vnsem vullen schale, iglick ene bernende tortizie in siner hant dregend, Burgermestere, ratmanne unde alle, de vnse companie mit holden, nemant utgeslaten. Wan wi dar kamen vnder der Rosen, so dohn wi vnse tortizien na older wonheit van vns vnsen knaben se bernend to holden, mit apener dore, dewile wi dar sitten vnde idt den oldesten god danket. Den scholen wi upstan vnde wedder weggan ut deme winkelre vnde scholen nich scheden vor dat wi vor de companie kamen; dat schal voregan, de schaffere achter, vnde iglick mach sine torticie mit sik na hus nemen. De schafferen geven den piperen 1 qwarter wins, deme cumpanieknecht 1 qw. vnd der menen selschop koken.

15. De in unse selschop kumpt, de schal schaffen vnde schenken, wen sin tidt is vnde he dar to kamen wert, als andere vor eme gedan hebben. Dat erste iar is he des schaffens vrig. Vnsen Borgermesteren to bewisen, dat se unse gode olde wanheit holden, vnde kene schedung van uns hebben, schicken wi up palmdage to der auentmaltidt 1 stoueken wins. Willen se der selschop ferner ehre don, wan se bursprak spreken, dat licht an enen.

16. Wen men enen broder keset, dat schal geschen up enen fridach edder andern fasteldach, da idt der selschop god dunket vnde de meiste, edder io de twede dehl der selschop kegenwardig sy. Sunsten schal men idt to kennen geuen den oldesten enen dag vorher, offte de persone ok willekamen were der selschop, vnde off men ene wol vorslagen konde. Is iemend in der selschop, dar he hader up hedde, mit deme schal he sik vordragen, ehr he darin kamen schal. De darum waruet, de schal utgan, wen men sprickt, unde den schal men endrechtichlik daröver spreken, als dat am aller nuttesten vnde framlikesten is. Wan he ingehalet wert, so scholen de schaffere eme seggen, dat he holden mut, wat in unsen bökeren steit schreuen. Schal he nicht ingehalet werden, so scholen de schaffere up dat nie nich darum kloppen, idt si den, dat idt der menen selschop will is, vnde nich na 1. 2 edder 3 willen, da scholen de schaffers kelm ungunst um hebben.

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17. Were iemend van unser selschop, de uns vorsmede, unde sik in andere cumpanie kesen let, vnde darin queme, vnde dan wedder in vnse cumpanie gan wolde, dat schal nich sin. He schal darum vp nie waruen laten. Der gelik he anderwegen waruen let, vnd he vorsmadet wurde, na deme he uns vorsmadet, vnde se em, so schal he nich wedder vor en broder in unse selschop gan; he schal erst darum waruen laten. Wen he sik en jar to hus sunder ander cumpanie geholden, so mag he kamen wen he wil, vnde idt steit an der selschop, offt se en wedder entfangen willen edder nich, daran de sake gelegen is.

18. So iement buten vnse selschop so lange bleue, dat men twiuelde, offt he geschaffet hadde edder nich vnde wedder to uns queme, vnde uns vroet maken wolde, dat he in olden tiden schaffet hadde, dat schal he bewisen mit twe ut vnse selschop, de men so kennet, dat se eme dat nich to gode dohn, up wat iar, in wat vor en hus vnde mit weme. Kan he dat nich don, so schal he schaffen lik andere.

19. Also vele unwill van seggen kumpt, so schall gehn knabe in den schorsten stan, noch in der donsen stedes sinen mester upwaren; de schenken unde Cumpanie knecht schall dat vorrichten. De hir wedder deit, den schal de cumpanieknecht heten henut gan, wil he nich der Schenken knecht is, welcke de cumpanie knecht helpen schal. Dat schal ok sinen Junker nich towedder wesen; wert he tornich darum, so schal de selschop eme tospreken.

20. So iement unser bröder in der cumpanie mit enem andern broder sik schellen wurde, derwegen schal de ene deme andern de companie nich vorbeden, den he hefft in der cumpanie kene macht allene, ok do he in de selschop quam, wert he van genen allene ingewelet, sunder van der ganzen selschop, unde kunde sulkes deme anderen in tokamenden tiden to groter vornichtinge vnde vnruste kamen. Hebben se wat to hope to don, dat scholen ere vrunde efft de selschop gutlik vorgeliken, idt were den dat broke der ganzen selschop vorfallen, dar scholen se manniglik darum spreken vnde gutlik mit umgan, darna de sake gelegen is, vnsen heren er gnadig recht vorbeholden.

21. Effte iement van vnsen broderen mit deme anderen schellinge effte vorborgen hat hefft, vnde dat

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an eme reken wulde binnen edder buten der cumpanie, vnde he em sultst nicht don wulde, sunder enen anderen up em to schundende eme to vorhonen, edder mit begripinge siner rede in ungeluck to bringen, vnde dat queme vor geestlike efft werltlike personen buten vnse selschop, de schal weten dat de cumpanienbrodere vnde sine vrunde sin to hope gekamen, nic en up den anderen mit wonden to steken; so se im rechte wat to donde hebben, so moget se er recht utstan, vnd leiden; auerst in de cumpanie scholen se personlik vorfriget sm, beholdende iglik sine sake to verforen in deme rechte; averst de selschop will frede hebben.

22. Effte en denre in unse selschop volgede sinem meistere, vnde enen van unse selschop vorhonede, vorschonede sinen meister, de neme idt up sik. De sulke stucke offte stanck mit willen maken, dessen meister scholen de schaffere gutliken underwisen, darmede vnsen broderen gelik gesche, vnde he idt namals late. Kan he dat nich don, vnde wil de Knabe sik nich underwisen laten, so schal men upmarken, vnde do idt des Knaben schuld is, so schal he nich mehr in vnse companie volgen, vnsen vorgeschreuen broder to troste, unde he mach em dohn alles wat he kan mit rechte. Is idt averst sines meisters schult, da schal de selschop umme spreken, wo idt darumme gan schal, unde dar na he idt verbroken hefft.

23. Wen men upsteit, schal ken Knecht mit Krösen ber ut den Keller mechtich wesen to dragen, noch to vorschenken, sunder der Selschop unde Cumpanien Knecht. Will wol van den bröderen iement, schenken vnde dat kros, so eme auerantwerdet is, twei brochte, vnde en so god in de stede wedderkopen wil, gelik ok ander reschop, schege deme knechte nich darin to nahe, dar ouer scholen de schaffere mit der selschop richten.

24. Wol einen erliken gast in vnse cumpanie biddet, de schal vor em den schaffers betalen thom vorlage 1 schill., dergeliken to der anlage. Blifft he to der maltidt, so schal he sin winlag betalen, vnde nich dat nalag.

25. Aldewilee vele twedracht wert twischen unsen jungen luden um dat utreient in den dagen to deme vastelauende, als dat iglik na sinen willen vor effte achter wil danzen, unde wo he erst efft lest wil sin in

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deme lage, dat schal nich sin. De Vastelauensdichter scholen dar to sen, wer dan to ilker tidt jemant fällig ist, den scholt se de torsen antwerden vor to dansen, den andern de torsen achter to danzen, unde de sullen an unde ut danzen, als idt eme de vastelauensdichter heten unde beuelen rechtwis um dat ene lag nich mer to scheven als dat ander. De mit der beugen effte worden iement rebell makede, de schal brokegelder den vastelauensdichteren upsetten. Gelikerwise de to lat effte nichten kumpt. De vastelauend holden, scholen sik nogen taten an den rimen, de enen de vastelauensdichter geuen, wat he in deme schale wesen schal, vnde wan eme de rimen geuen werden des sundages vor der lutken vastelauent, vnde offt de vastelauensdichter nicht konen umme dat dichten vordragen, so scholen twe van enen dichten edder dichten laten, de andern twe scholen de borch bestellen, ok scholt se darum dobbelen edder loten; wat ilk del geboret to don, dat schal he don, sunder iennige insage.

27. a. 1477 den ersten sundach in der vasten is dit beleuet worden van den samtliken cumpaniebröderen in der cumpanie, ok dat iglik broder, de to der stelle is, deme idt nene redliche nodsake weren, de cumpanie mede holde, he queme vor winachten edder na winachten. De ene broder schal so vele gelden als de ander wen de schaffers reken. Is idt sake, dat en broder buten bleue enen winter ouer vnde wolde den den andern winter wedder in gahn vor enen broder gelik he to vore dede, dat schal nich sin, he schal sik up dat nie wedder inweruen laten.


a. 1478 hadden de Junckeren in der Compagnie 3 Nöte, weren so god als 40  ; de nam Hans Luneborch tho sik, vnde gaff den Bröderen darvor 12 suluerne bekere, de men in der Companie bruken schal, unde wegen 6 lodige Mark min 2 Loth.

a. 1479. vocem jucunditatis lib. 8. fol. 192 Jacobi. Hermen Bere Juncker hefft gekofft van Hern Diderich Basedouwen unde Hans Luneborge Junckeren semptlik en hus belegen in der koningstraten, by Tym Ewinghusen sinem huse, welck em de Rad hefft heten thochriuen.

a. 1491 quemen over en de Bröder der selschop der Junkeren, dat wol van den Companien bröders in

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de Companie enem andern broder geue scheldworde effte honlike worde, dat bewislik were, de em in sine ere efft geruchte gingen, de schal in der selschop braken hebben sunder gnade to betalende 10  .

Item, efft forder ein Companie-Broder up den andern sin mest toge efft blotete in ernst efft quaeden modes, dat bewislik were, de schal in der selschap braken hebben to betalende 20  .

a. 1499. quemen in der Junckercumpanie de brodere över en, dat 12 der jungesten broder scholden dat vastelauentspil holden.

Item quem et, dat en Companienbroder toge buten landes und wolde den namals wedder in sine vörige stede treden, dat schal nicht sin; he schal van nien spelen lik enem jungesten broder.

a. 1528. am donrestage na der hill. drier koninge dage de beleuen vnd sloten eindrechtichlik de brodere der Junckercompagnie, dat en jeder, so na disser tyt ein nie broder der Compagnie wurde, scholde geven 15  unde sedan geld scholde he geven sunder jennige vertögeringe.

G.

Bestätigung der Brüderschaft durch Kaiser Friedrich IV. 1485.
(vidim. Copie.)

Wir Friderich von Gottes Gnaden Römischer Kayser etc. etc. - - bekennen offentlich mit diessem Brieff vndt thuen kundt allermanniglich, dass vnss vnsser vndt des Reichs lieben getreuwen die Gesellschaft der heyligen Trivalticheit zu Lübek, die mann nennet die Zirckelbrüder, haben fürbringen lassen, wie sy vndt ihr vorvordern, so bissher in derselben Ihrer Gesellschaft, gewessen sein, mit einander ein Gesellschafft mit nahmen [- hier fehlt offenbar etwas, doch hat keine Copie es ergänzt -] einen Ring, der vnten einstheils offen sey, darinn in mitte einen auffgethanen Circul, ohn allermanniglichs irrung vndt hindernuss getragen, geführt vndt gebraucht hetten: vndt vnss darauff demütiglich anruffen vndt bitten lassen, dass wir Ihnen solch Ihre Gesellschafft alss römischer Keysser zu confirmiren vndt bestetten genädiglich geruheten, dess halben wier angesehen solch Ihr diemütig ziemlich bete, auch die annemen vndt getreuwen dienst, So Sy Vnss vnd dem

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heyligen Reich bisshero gethan haben vndt hinfür in kümfftig Zeit wol thuen mögen vndt sollen; vndt darum mit wolbedachtem Muhte, gutem Rate vndt rechter wissen denselben Zirkul Brüdern die vorberürt Ihr Gesellschafft mit dem gemelten Ring vndt Zirkul alss Römischer Keysser gnädiglich confirmirt vndt bestett vndt Ihnen dazu diesse besondere gnadt vnd freyheit gethan vndt gegeben, auch gegonnet vndt erlaubet, confirmiren, bestetten, thuen, geben, gönnen vndt erlauben Ihnen auch von Römischer Keysserl. Machtvollkommenheit wissentlich in krafft diesses Brieffs, Alsso dass die so iezo in der obgemelten Gesellschafft sein, vndt alle andere die fürbass hin zu Ewigen zeiten zu Ine in die Gesellschafft kommen, vndt sich der annehmen werden, den obgemelten Ringk mit einem Zirkul allein, oder der mehre soviel sie wöllen, vndt zwischen Jedem Ring einen Adler Schwanz, in einer Gesellschafft oder Halssbandtweisse, vndt vorn herab an einem Adler Schwanz die heylich dreyfaltigkeit, zu vnterst auch ein Ringk mit einem Circul hangende, alss den solches in mitte

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einem Jeglichen füglicher ist, an allen enden vndt stetten auch in allen vndt Jeglichen Ehrlichen vndt redlichen Sachen vndt Händeln tragen führen vndt gebrauchen sollen vndt mögen, von allermänniglich vnver-hindert. Vndt gebietten darauff allen vndt Jeglichen Vnssern vndt des heyl. Reichs Churfürsten vndt Fürsten, Geistlichen vndt weltlichen, Prälaten, Graffen, Freyen Herren, Rittern, Knechten, Hauptleuten, Vizdompen, Vögten, Pflegerin, Verwessern, Amptleuten, Schultheissen, Burgermeistern, Hoffrichtern, Landrichtern, Richtern, Rähten, Künigen der Wappen, Ehrholden,

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Perseuandten, Burgern vndt Gemeinden, vndt Insonderheit anderen Vnsern vndt des Heyl. Reichs Vnterthanen vndt getreuwen, in wess würden States oder Wessens die sein von oberürter Römischer Keysserlicher machtvollkommenheit ernstlich vndt vestiglich mit diessem Brieve vndt wöllen, dass Sie der obgenandten Cirkul-Brüder, So ietzo, alss vorberürt ist, in der gemelten Gesellschafft der heyligen dreyfaltigkeit, die mann nennet die Cirkulbruder, sein oder künftiglich darin kommen werden, Zu Ewigen Zeiten, an diesser Vnsser Kaisserlichen Confirmation, bestettung, Gnaden Freyheiten Gönnung vndt Erlaubung, damit Wir Sy, alss vorgeschriben stehet, versehn haben, nicht hindern noch Irren, Sondern Sy der in Irer Inhalt geruhlich vndt ohn Intrag gebrauchen, Nutzen vndt Niessen lassen, vndt dabey von Vnsser vndt des heyligen Reichs wegen Handhaben, Schutzen vndt Schirmen, vndt hierwieder nicht thuen noch Jemands zu thuen gestatten, in kein weisse, alsslieb einem Jeglichen sey Vnsser vndt des Reichs schwere Straff vndt Vngnade, vndt verliessung einer Pöene nemblich vierzig Mark Lötiges Goldes zu vermeiden, die Ein Jeder, so offt Er freventlich hierwieder thete, Vnss halb in Vnsser vndt des Reichs Cammer, vndt an andern halben theil den Obgenandten Cirkulbrudern, vndt Ihr Jeglichem, So hierwieder beleidiget wirdt, vnablässlich Zu bezahlen verfallen sein soll. Mit Vrkundt diess briffs besiegelt mit Vnsserm Keysserlichen Maytt anhangendem Insigel. Geben zu Lintz, am Sechsszehenden Tag des Monats January, nach Christi geburt Vierzehenhundert vndt im fünfvndtachtzigesten, Vnsserer Reiche des Römischen im Fünfvndtvierzigesten, dess Keysserthumbs im Dreyvndtdreyssigesten, vndt des Hungerischen im Sechss vndt Zwanzigsten Jahre.

Ad mandatum Domini         
Imperatoris proprium.   

Dass gegenwertige Copia Privilegii Caesaris gegen dem auff weiss Pergamenen in forma Patenti geschribenen, vndt mit dem Keysserlichen in gelb Wachss, auff der Einen Seiten mit dem Keysserlichen Bild, auff dem Tron, auff der andern Seiten aber mit dem Reichs gedoppelten Adler gezeichneten vndt eingedruckten, an Viol-

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brauner gezwieter seyden anhangendem Insiegel bekräfftigten Original-Diplomati, in dessen Mitte Ein Güldener Halssbandt, allermassen selbiger in dem Privilegio beschrieben, gemahlet stehet, von Mir Vntergeschriebenen Notario Publ. Caesareo fleissigst collationiret auch allerdings von wort zu wort gleichlautende befunden worden, Solches bezeuge krafft diesser meiner Eigenhändigen subscription. Zu mehrer Vrkundt vndt beglaubung habe Ich meinen Tauff vndt Zunahmen mitt vntergeschrieben, auch mein Notariatzeichen vndt gewöhnlich Pitschafft bey vndt vntergedrucket, hiezu Amptshalber Sonderlich

(S. N.) requiriret vndt gebetten.
(L. S.) Johannes Julianus Schaubius     
Authoritate Caesarea Notarius
Publicus mppria.

H.

Fastnachtsspiele der Zirkelbrüder.

(Henr. Kerkring) Verzeichniß von denen adelichen Familien. Der Zirckel=Gesellschaft in Lübeck. Lüb. 1689. 4. S. 24 ff.

An. 1431. ist der Auffzug gewesen von den beyden treuen Cameraden. Fastelabend Tichter wahren Hanß Westfael, Hanß von Wickeden.

An. 1434. ist gewesen das Gerichte Salomonis. Tichtere Bartold Crispin, der alte, Bertram Constein.

An. 1435. von dem alten Manne. Tichtere Hanß Westfaell, Hanß von Wickeden, Eberhardt Brechefeldt [Brekewolt], Jacob von Stiten.

An. 1436. wahr der Aufzug, wie der Esel ein Bein bricht. Tichter Jacob van Stiten.

An. 1438. wahr die Action von der Helle. Tichtere Hanß Brußkauw, N. Constein.

An. 1439. wahr von den 5 Tugenden. Tichtere Hans Kerkringk, Hanß Lüneborch, Hanß Brechefeldt.

An. 1441. wahr vom Glücksradt. Tichter der alte Hanß Dersauw.

An. 1442. wahr von der Treuw. Tichtere Jacob von Stiten, Lütje Behr, Hans Dersauw.

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An. 1443. wahr daß die Schande verhönet. Tichtere Andreas Constein und Bertram Lüneburch der Jünger.

An. 1447. wahr wie der Löw vom Stuell verstossen worden. Tichtere Lütje Behr, Fritz Grauwert.

An. 1448. wahr daß Alter und die Jugend nicht gleich frisch sein. Tichtere Bertram Dersauw, Hanß von Wickeden.

An. 1451. wahr das Jener mit dem Esell keinen Danck verdienen köndte, er ritte oder ginge zu Fusse. Tichtere Lütje und Herman Beere, Hanß Berckefeld, Jordan Pleßkauw.

An. 1452. wahr daß einer dem Wolff ein Weib geben wolte. Tichtere Berendt Dersauw, Heinrich Rüsenberg.

An. 1454. wahr von dem güldnen Vellus des Jasonis welches er gewan. Tichtere Fritz Grauwert der älter, Conradt Grauwert.

An. 1455. wahr das judicium Paridis mit den dreyen Göttinnen. Tichtere wallen Lütje und Herman Behre, Heinrich Kerckrinck, Bertram von Rentelen.

An. 1457. wahr wie 3 Rehe die Jungfrau aus der Helle gewunnen. Tichtere Jordan Pleßkauw, Heinrich Rüssenberg, Dietrich Basedauw, Gothardt Pleßkauw.

An. 1458. wahr wie man mit Falcken pflügen soll. Tichtere Bertram Lüneburch, Herman Dersauw, Wedekindt Kerckrinck. Desselben Jahres fiel die Burg umb auff der Beckergruben Ecke, darin wahren 16 Frauen und Jungfrauen und 8 Männer.

[Hierüber sagt eine alte Notiz: Anno 1458 up den Dinxdage to vastelavend fill de borch um vp der Beckergroven orde, da was vp Telske van Wickeden, Albert Grauwert, Metke Brekevelds, Geske Beren, Anneke Wittichs, Caterine Russenberchs, Grete von Rentelen, Agnete Luneborgs, Wendele Lipperades, Telske Pleßkauwen, Geske Kerckringen. Noch weren darup etliche fruen de weren groff swanger, als Anke Dessouwen, Heilke Basedouwen unde Caterine van Caluen, noch Liske Westfaells Junckfrouwe und Lutke Beren kind. Noch wehren hirup achte Menner, alß Vritz Grauwert, Junge Bertram Lüneborch, Jordan Pleßkouw, Herman Kolman, Herman Darsouw, Bertram van Rentelen, Wedeke Kerckrink, Thomas Kerckrink. Dit sint se alle, Menner vnde Fruen, de barup weren, unde was up S. Valentins dach, unde Gott gaff gnade, dat sik nemandt leed dede, dat eme am live edder sus schade schude. Hermen von Wickeden forde de borch.].

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An. 1459. wahr wie der arme Ritter durch Wolthat des Königs Tochter erwarb. Tichtere Hanß Pleßkauw, Heinrich von Wahrendorff und Thomas Kerckringk.

An. 1461. wahr von des Kaysers Tochter und von des Königs Sohn von Jerusalem, und den gülden Adeler. Tichtere Cordt Grauwert, Dietrich Basedauw, Woldemar von Wahrendorff.

An. 1462. wahr von einem alten Weibe, so den Teuffel verbrennet. Tichtere Heinrich Nüsenberg, Gothardt Pleßkauw, Lütje von Zaunen [van Thunen], Hanß Brußkauw.

An. 1463. wahr von dem Abgott mit einer Seule. Tichtere Herman Dersauw, Wittekindt Kerckringk, Wilhelm von Kalven.

An. 1464. wahr von einem Mohren Könige, den sie wolten weiß waschen, aber er blieb gleich schwartz. Tichtere Heinrich von Wahrendorff, Thomas Kerckringk, Brunow Brußkauw.

An. 1465. wahr von einem Könige und einer Königinne und einem Weibe, welche Wunder wircken köndte. Tichtere Lütje von Zaunen, Hanß von Wickeden, Gotschalck von Wahrendorff, Fritz Grauwert.

An. 1466. wahr von der alten und neuen Welt, und von der Gerechtigkeit, und ihrer Tochter, Treue, und einem Bruder Wahrheit, und halte masse. Tichtere Dietrich Besedauw, Woldemar von Wahrendorff, Wilhelm Pleßkauw und Gottschalck von Wickeden.

An. 1467. wahr der König Alexander, wie er durch Vermessenheit verfiel in die Hände der Könige von Mohrenlandt, welche sein Bildniß hätten mahlen lassen, dabey sie ihn erkannten, in diesem Spiel wahr ein Drache bey dem jungen Könige aus Mohrenland, welcher Alexandrum überfallen wolte, Inhalts der Historien. Tichtere Cordt Grauwert, Gotthardt Pleßkauw, Rickebade Kerckrinck.

An. 1468. wahr von der Königinne von Franckreich, wie sie besaget wahr von 3 Thoren, darumb sie aus dem Lande musten. Die Meinung wahr, daß man die Thoren nicht alle vertreiben könne. Tichtere Wittekind Kerckrinck, Heinrich von Stiten, und Heinrich von Kalven.

An. 1469. wahr von zweyen Königen der eine ein Christ, der ander ein Heyde, und der Christen König behielt den Streit. Tichtere Heinrich Rüssenberg, Brunow Brußkauw und Gerwin Bock.

An. 1470. wahr der Auffzug, von dreyen Getreuen, da der eine vor dem andern sterben wolte. Wie auch von einem alten Weibe, und von den Teuffeln, die fechten zusammen umb einen vergrabenen Schatz, und das alte Weib überwandt die

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Teuffele, und schlug sie und verbrennet sie sehr. Tichtere Lütje von Zaunen, Hanß von Wickeden, Heinrich Brömbsen, Fritz Grauwert der Jünger.

An. 1471. wahr von einer Ehrlichen Frauen, die hatte viele Anfoderungen, ist doch standhafftig in Ehren geblieben. Tichtere Wilhelm Pleßkauw, Woldemar von Wahrendorff, Hanß Behre, Gotthardt Kerckrinck.

An. 1472. wahr der Auffzug von dem Pferde aus der Burg. Tichtere Gotschalck von Wickeden, Herman von Wickeden, Rickebade Kerckringk, Cordt Brekewoldt.

An. 1473. wahr der Auffzug, wie Alexander das Paradiß gewinnen wolte. Tichtere Brunow Brußkauw, Hartwich von Stiten, Jochim Grauwert.

An. 1475. wahr wie Virgilius mit Vorsichtigkeit die weisen Vermessenen überwan, und das Frömmigkeit und Zucht einem jeden nütze. Tichtere Gotschalck von Wickeden, Rickebade Kerckringk, Herman von Wickeden.

An. 1476. wahr von der Mäßigkeit, wie der Vater dem Sohn lehrete. Tichtere Hartwich von Stiten, Hanß Lüneborch, Jordan Behre.

An. 1477. wahr wie ein Kayser sein Gemahl versuchen ließ, ob sie ihm auch treu wehre, und befand sie Ehren fest. Tichtere Fritz Grauwert, Cordt Brekhewaldt, Gottschalck von Wickeden, Hanß Behre.

An. 1478. wahr von dem alten Manne. Tichtere Rickebade Kirchringk, Heinrich von Wickeden, Arnoldt Westfaell, Hanß Herze.

An. 1479. wahr von einem Kayser, der hielte ein Gerichte, ob die Frauen würdiger wehren Gold zu tragen oder die Ritter. Tichtere Hartwich von Stiten, Hanß Lüneburg, Hanß Kirchringk, Hanß Grauwert.


Reimer Cock. chron. ms. ad a. 1537:

Jdt hebben ok datsulvige Jar tho Lubegk etlike ene Borch im Vastelauende gemaket unde thogerichtet. Darup wardt gespelet de Historie von Ammon und Mardacheus; tho wat ende unde warum, dat wet ik nicht. Auerst dat hebbe ik gehöret, dat ein buket behr prawest, ein Mameluke, welcke de vorrede hadde, do dusse tragedie gespelet wurt, derhalven vele van den predigern vnde thohorern des Evangelii mere davon bedrouet alse vorfrouwet worden.

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I.

Nachrichten von den Lagen der Zirkler. ms.

Anno XV c . vp der hillighen dreualdicheit daghe, do schaffeden dat Cirkel-Lach Herr Hynryk Westfaell vnde Garwen Buck.

Tho deme ersten Laghe:
XII Schynken. Vor de Kruken wandages
III Boetelynghe.    III Schilling (Meckl.) nu vor de Lecheln.
XC Hoener, dar na se groet I voeder boeken klawen vnde
   syn.    X secke Kalen.
IX c Eygher de varsch syn. III Punt lychte.
Ein Stucke Wyldes. II Tortysygen, elk en half
I Verendel vam Ossen.    punt.
I Harst tor Braden. Anderthalb schepel soltes,
Vor Zemmelen XXIIII Schilling (Meckl.)    myt de Scynken to solten.
Vor Sconroggen XIIII Schilling (Meckl.) Deme Kake to lone XX Schilling (Meckl.)
Vor almyssen Broet VI Schilling (Meckl.) Vor Darmen IIII Schilling (Meckl.)
I Verendel versker Botteren. Vor Petercyllyge II Schilling (Meckl.)
To den Tafeln III verske Vor grütte VIII  .
   Botteren. Vor sypollen I Schilling (Meckl.)
III kese. Vor IIII Stoueken Etekes
   III koken, dat Stücke vor IIII Schilling (Meckl.)
   III Schilling (Meckl.) Vor Honnych I Schilling (Meckl.)
VI punt resynen. Vor Sennyp I Schilling (Meckl.)
I punt Engeuers. Vor Speck VI Schilling (Meckl.)
I punt pepers. Den dregeren to loene ane
IIII loet saffranes.    de Kroese XX Schilling (Meckl.)
VIII loet negelken. Vor dat tuch henne to foe-
III loet Kanneels-Puder.    ren II Schilling (Meckl.)
II loet Zalsamentes. By deme Bleckhaue to vor-
I Punt Suckers stot.    kost VIII Schilling (Meckl.)
Item ersten en half punt To dem Ackerhaue, dar na
   Kabeben Confecht, vnde    men bedyngen kan, ye
   en half Punt Kaneel Con-    XIIII Schilling (Meckl.)
   fecht, dar na de Perso- Dem Baden Jorgen II Schilling (Meckl.)
   nen kemen. Dem Kalgreuen II Schilling (Meckl.)
Item dar na en Punt wyt Der Kokenbeckersken 1
   Marcelle.    Mark.
II Tunnen hamborger Bers. Den Pyperen XII Schilling (Meckl.)
II Tunnen Kauentes. Den Trumpers VIII Schilling (Meckl.)
Wyn als men drynken mach. Den Monneken to sunte
Emes Beer desgelyken. Katerynen XVII Mark.
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Anno XVc do schaffeden dat Zamer Lach Jacoby Her Hynryck Westuael vnde Garwen Buck.

I Tunne Hamborger Bers. Wyn vnde Emeske beer.
I Tunne Kauentes. Krüde up de Spyse ys to
I Voeder Boeken Holtes,    hulpe vam Voerlaghe.
   IX Secke Kalen. En half Scepel Soltes.
Spyse botter vp de Hoenre Petercyllygen wortelen.
   vnde verske Vische vam I stucke Speckes.
   Voerlaghe. Vor Semmelen, Sconroggen,
II verske Botteren.    Almyssen brot XVIII Schilling (Meckl.)
II Kese. Etyck, Grütte, sypollen.
II Koken to IIII Schilling (Meckl.) I Quarter Wynetekes.
Auet, alss de tyt thosecht. Deme Kake to loene I Mark.
To deme Bygoete I punt Den Dregeren vor Meyg
   Mandelen, II punt rasy-    vnde to Lone X Schilling (Meckl.)
   nen, I stoueken Bastart. Der Kokenbeckerschen
I punt lychte.    VIII Schilling (Meckl.)
III Lammer, I verendel to Jorgen dem Baden II Schilling (Meckl.)
   braden. Dem Kalgreuen II Schilling (Meckl.)
Anderthalb achtendel van Dem Brader I Schilling (Meckl.)
   dem Ossen, vnde I Harst
   to braden.
   Vor LXXV Hoener dat stucke . . . .
   Hans Vysker vor Lasse, syneme Knechte in de Hant I Schilling (Meckl.) , em suluest in de hant erst mael VI Schilling (Meckl.) , brynget he mer des anderen daghes, so gyfft men eme den I Mark.
   De den kelre wart IIII Schilling (Meckl.)
   II beer haneken.
I taskenslot vor den kelre.

Item men lecht I vnder tatellaken vnde dwelen vmme her, vnde Krude gestreyget, vnde men lecht langest de tafel Zemmelen vnde schonroggen.

Item Kroese vnde Stoppe myt hamborger Bere, vnde let men den wyn drygerleyg enen na deme anderen smecken, den besten dar blyuen se by, vnde men settet denne kannen vnde Glese ersten vp de tafelen, vnde sytten denne en halfe Stunde, so gyfft men denne Krude in twen Schoweren vp de tafelen gemenget tho hope Kannel Confecht vnde Kabeben, vnde II Scuffel in elken Schower, vnde denne en halve Stunde dar na nympt men aff de Schouwers, vnde lecht denne dar inne wytte Marcelle.

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Item des Nachtes slapen de Dregers vor deme Keller, des Morgens to V. so moet men vth dem Kelre doen Broet vnde Kauent, vnde deme Kake krude to deme wyltbrade.

Des gyfft de Kokenbeckersche vp den dren tafelen Koken.

De Scaffers stan vp der delen, vnde heten de heren vnde Broders alle wylkamen, vnde blyuen vp der delen bestande, des wert en de bormester se beyde to syk esken, vnde vragen se, offt se ok wyllen nygge broeders innemen, vnde offt en ok jement ys beualen in tho waruen; is den dar en, de der gansen selscop nycht beleuet, so ghyfft men voert Water.

. . . . gyfft men II Sconroggen vnde ok Zemmel vp.

Item so scenket men ersten Kauent in Glesen vnde Hamborger Ber in de halffwassen to deme ersten rychte.

Item ersten ghyfft men vp de tafel IIII Scynken vor de Borgemesters vnde jungen heren, vnde de olden Broders, vnde gelen Sennyp darby vnde Pulse voert.

Item to deme anderen rychte gyfft men Wyltbrede, myt Kanneel vnde Negelken vmme ghestrouwet, Lepel dar by.

Item des scenket men voert na Wyn in glesen, vnde Emes beer in de Proeveste.

Item dar negest gyfft men den stücket schaffles myt Zalsamente Puder.

Item dar negest gyfft men de Braden, enen Boch van deme Wylde vnde II rynderen braden.

Item dar negest gyfft men de botteren, kese vnde koken. Wen dat gescheen is, so gan de jungesten broders ersten sytten, vor de kocken vnde laten syk den erst anrychten.

Item de Speellude spelen up der Brugghen II daghe, so vaken ene Partyghe brodere kamen, vnde spelen vor alle rychte erst an, vnde thom braden, denne behoert en II Kannen wyns to aller maeltyt.

Item des gyfft men Water langhest de tafel, myt dwelen.

Item wenner se vpstan, so scal men scenken vmme myt wyue vnde bere.

Item des auendes gyfft men de kolden braden vnde den schynken dar by, vnde gelen Sennyp.

Item dar negest gyfft men . . . . . . myt Petercyllygen.

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Item dar negest gyfft men Wynmoes.

Item dar negest gyfft men twe braden Hoener in een Vat, I gevullet, I vngevult.

Item dar negest Botter vnde Kese, vnde de koken darby.

Item des mandaghes gyfft men Wyltbrede, verske Vyske, Rynderen braden vnde II Boetelynges braden; to der haluen maeltyt kamen de Vyskers, den decket men en de tafel vor der koken, vnde gyfft en Wyn vnde beer, vnde men moet se na der Maeltyt wedder uth spisen.

Item to der ersten Maeltyt gaan de schaffers vmme thor braden, vnde beseen, offte enn jderman synen Cyrkel by syk hofft.

Item des auendes byddet men, dat se wyllen to sunte Katerynen kamen, to offeren, vnde des anderen daghes auent vnde morghen wedder to kamende, vnde syk vroelyk to makende.

Item men danset II auende II danse, vnde des Mandaghes to myddaghe enen dans, to deme latesten den Ruppelreyg.

Item des mandages de kolden spyse des auvendes vnde verske Vyske, vnde Wynmoes, also hyr voerghescreuen steyt.

Item to der braden des auendes so bydden de scaffers, des andern daghes wedder to kamen vnde to vnser leuen vrouwen thor Hoernyssen to offeren.

Item des dynxtedages gyfft men III schynken vnde wyltbrede vnde verske Viske, vnde stucket scaepulesk mit Zalsamente Puder, vnde de kolden braden, vnde ok verske braden vnde den Zemmer van deme Wylde, Boetelynges braden, Botter vnde kese, koken darby.

Item des         dages         xtedag to toenen de Scaffers dat.

Item ersten gan se by den Bleckhoff, vnde des anderen dages vaert men vp den Ackerhoff, vnde men nympt mede to allen Reysen III stoueken bers, I stucke van der braden, VI braden Hoener, Brot, taffellaken, VI hallewassen, vnde tynnen vate vnde men bestürt dar melk, eyger, vnde botter, vnde I roen schynken, den Knechten lub. beer, vn wat dar auerlopt.

Item des auendes gyfft men de kolden braden vnde scaepulesk gerostet, vnde de schynken, sennyp dar by, vnde dar na varske Vyske, wynmoes, braden Hoener, bottere vnde kese.

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Item des bestellet men gerne I runden dans in deme haue, in der wyle maket men gerne de Botter moelygen vnde beren brot in Grapen, vnde de kolden. Braden, Eyger, dyt settet men na der Hant den knechten voer; hefft men bers genoech, so gyfft men en, offte Kauent. Vor X gan se sytten, vnde to XI syn se wege to hus.

Item tafelkrude, dat brynghet de vrouwe vor deme dore, dar holet se van allen rychten voer, ok beer vnde broet.

Item de Almyssen vnde ansneden broet, vnde spylde beer gyfft men to sunte Jurgen den Seken.

Item de IIII Schaffersken, de lutken vnde groten de bryngen jewelyck allyke vele, also hyr na gescreuen steyt:

int erste XII vate. III dwelen.
II braden vate. I broetdwelen vnde scyuen-
XIIII salsere.    laken.
II bottervate. I tynnen stoueken kanne,
I almyssen vat.    vnde dat de kroese, kan-
V suluerne kannen.    nen, glese gewasken syn
V suluerne stoepe.    in loge.
V gulden Voete myt Glesen, XII küssen.
   vnde X lutke wynglese, II Bencklaken.
   vnde IIII Kauentesglese. II Bütten vnde ballygen
VI halffwassen.    vnde molden.
II proeveste. I olt laken, dar de kok
XXIIII lepel.    dat vlesk inne sleyt.
III lange tafellaken vnde I I dwele, dar men de vate
   lanck vndertafellaken.    mede droeget.
   Tho deme Zamerlage Jacoby so bryngen man de beyden olden Scaffersken mede, wes men den behoeff hefft dem Lage.
VI suluerne Kannen. II lange tafellaken.
VIII voete myt glesen. II waterdwelen.
XX suluerne lepel. I laken dar de kock dat
II proeweste.    vlesk mede decket.
VI halwassen. I bütte dar men de glese
VI wynglese.    inne spölt.
IIII kauentes glese. I drege dwele.
II handuate vnde II becken. II stoucken kannen to bere.
I appel vnde I almissen vat. I lanck bencklaken, edder
I lanck vndertafellaken.    II korte.
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XV küssen. XV vate.
Item de lychte settet men II bradenvate vnde XV sal-
   up de balken.    sere.

Dit vorgescreuen huesgerat deit men in korne koruen, vnde in hoppensecke, vnde voret vppe des berspunder wagen; dat bestüren de dregers vnde seen darto.


Ergänzungen liefert eine Nachricht von 1502, wo es unter andern heißt:

Item de veer Hussdeener [Bürgermeisterdiener] holden de wacht, twe vor eener porten vnde de andern twe vor der porten na der herlichkeit.
Item de kalgreue was Pörtner. Item vor de Dören seten ridende denre, güngen aff vnd an.
Item hir was de spelgreue, noch dat grote spill vnde trumpers.
Item hadden wy der heren ridende denre Cock vnde Cort Dalenborch vor kokenmester, vnde hadden volck to XII vaten.
Item int erste was de Olausborch behangen mit Tappezerie tho beiden siden und mit Benckelaken up dat finste, vnde en Credentzer, dar man das sülversmyde uppe settet, van 3 treden.

Am Sonntage Mittag giebt es:

Item 4 Vate in iglikem enen schinken, darby 4 Rinderbrade mit sennyp vnde oliven.
Item saden wyltbrade.
Darna stücket schapvlesk mit Zalsamenten Puder.
Darna Potthest mit rasynen.
Item mandelmoes, hirby heidensche Koken.
Darna gebraden van enem groten Harten, hirby Oranien-Eppel. Darby en Schwan, gestaffert mit des Keysers Wapen vor de borst.
Item noch enn boven ok gestaffert na siner Art mit den wapen, harte verguldet.
Hirna twigerleie gebacken, Botter vnde Kese, darby lubesche Koken.
Item hirna gaff men Dammaschen unde Water [Rosenwasser] ut sülvernen Hantvaten.
Darna kregen se Eppel, hirby Annyssconfecht, item noch in sülvernen schalen lammersche Nöte.

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Item von gedrenken gaff men Hamborger vnde Emes beer, rynschen wyn, roden Garscheiner vnde Couent vor de vrouwen vnde lubesch beer vor dat volk. -

Alles zusammen kostete 83  1 ßl. Doch kamen die Schaffer um 10  9 ßl. zu kurz.


Die Kuchen der Zirkelbrüder hatten, laut einer Nachricht mit Abbildung, Wappen und Inschriften, nämlich:

Anno domini M. CCCC. LIII. God beware to Lubeke dinen Rad, de borghere darsuluest vor alle quaed. Innerhalb dieser Umschrift die Wappen der: Arpen, Witick, Vrolinck, Westfalen, van Tunen, van Stiten, Darsouwen, Kerckringen, Constinen, Garver, Beren, van Rentelen, Klingenberge, van Minden, van Calven, und Lüneburgen.

Auf der andern Seite:

Lubeke aller stede schone, van riker ere dregest du de krone. Darin die Wappen der: Brömsen, Geverdes, Schonebergen, van Wickeden, Castorpen, Möller, Breckwolden, Crispinen, Grawerts, Pleskowen, Russenbergen, Grambecke, Bramsteden, Segeberge, Ebelingk, Kolman.

Einige nennen auch manche andere Namen. Vielleicht ist die Form öfter verändert.

K.

Vritze Grawert, Zirkelbuch Ms .

f. 34 b. Item in deme XXXIIII Jare da hadde sik de Menheit myt den LXIIII vnde hundert so vngeschicket, dat men dat Lach moste anstaen laten; de Fynster worden vtgebraken, de taffelen wechgenamen, de Doren tobraken; sus moste men dit geschen laten; God betert.

f. 31 b. De Oleuesborch, dar synt de glasefynster alle vtgebraken, by der LXIIII vnde Hunderten erem Regimente; de yserne Trallygen synt ok alle vtgebraken, de doren entweyg, vnde de holten Fynster geschamffert, de Bencken vnde Schragen, unde sus alle Dynck, vmme gekamen, so dat dar nu quaedt Hoge is to holdende.

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L.

(1429) Dit sint de namen der vorstoruenen vth desser selschop.

Her Tideman Vorrad.
Gotschalk Constin.
Her Joh. Tisenhusen, Ridder.
Craen Vorrad.
Hinrik Pleschouw.
Tideman Holt.
Her Hartman Pepersak, Börgermeister.
Lutbert Vyncke.
Her Thomas Morkerke, Bmstr.
Albert Gildehusen.
Tideman Los.
Hermen van Dulmen.
Her Werner Gildehusen.
Hinrik Rickbade.
Her Gerd van Attendorne, Bmstr.
Godeke Klever.
Franciscus Wynsenbarch.
Gottschalk Moerkerke.
Her Johan Nyebur, Bmstr.
Her Hinrik van Hacheden.
Euert Russenbarch.
Her Brun Warendorp.
Her Hermen Iborch.
Her Goswin Klingenbarch, Bmstr.
Her Cord van Alen.
Constyn Schoneke.
Her Hinrik Westhof, Bmstr.
Gerd van Attendorne.
Gottschalk van Attendorne.
Her Jordan Pleskouwe, Bmstr.
Wennemer van Essende.
Her Tideman Junge.
Her Simon van Urden.
Berend Stekemest.
Her Berend Plesskouwe.
Hans Parsevale.
Thomas Parsevale.
Her Clawes van Urden.
Goswyn Reygher.
Berend Darsowe.
Her Henning van Rentelen, Bmstr.
Tideman van Alen.
Hinrik Warendorp.
Peter van Alen.
Gerd Salmesteyne.
Albert Moerkerke.
Hinrich Coustyn.
Cord Nüttebarch.
Bertram van Rentelen.
Gerd Darssowe.
Hermen Darssowe.
Her Reyner van Calven.
Godeke Kerckring.
Hinrich Peperzak.
Hans vamme Zee.
Her Tobias Gildehusen.
Radeke Wesseler.
Marquart Lange.
Her Hinrich Gildehusen.
Bartram Klingenbarch.
Cord Bruggemaker.
Ludeke Coesfeld.
Bruno Warendorp.
Cord Westfael.
Ludeke Osenbruggen.
Her Clawes van Stiten.
Hans Pleskouw.
Clawes Blomenroed.
Her Tideman Moerkerke.
Hinrik van Alen.
Marquart van deme Kyle.
Tymme van deme Kyle.
Hans Mornewech.
Hinrik Negendanck.

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Bernt Stekemest.
Hinrik Brandenborch.
Clawes Brüggemaker.
Hans Luneborch.
Her Johan Hoyer.
Godeke Traveman.
Evert Suderland.
Hinrik up dem Orde.
Segebode Holt.
Hinrik Plesskowe.
Her Bertolt Rolant.
Bertram Klingenbarch.
Gerd Traveman.

De hir nagescreuen staen, de weren do ieghenwardich levendich vnde mit eren willen vnde vulbort wart disse bauensettede Ordeninge gemaket (s. Beil. E.).

Her Cord Brekewold, Bmstr.
Her Hinrik Rapesülver, Bmstr.
Her Ditmer van Tunen, Bmstr.
Her Hinrik Meteler.
Her Johan Crispin.
Her Hermen Westfael.
Her Tideman Steen.
Her Johan Darssowe.
Her Lodewich Krul.
Her Johan Bere.
Her Tideman Sernetin.
Her Johan Klingenbarch.
Her Kersten van Rentelen.
Her Thomas Kerckring.
Her Brun Warendorp.
Her Clawes Robele.
Her Johan Gherwer.
Her Tymme Hadewerck.
Her Johan Luneborch.
Vromold Warendorp.
Hans Westhoff.
Marquart Vyncke.
Godeke Plesskowe.
Godschalk van Wickede.
Albert Moerkerke.
Gottschalk van Attendorne.
Tydeman Druge.
Hans Krowel.
Sivert Vickinghusen.
Hinrik van Hacheden.
Helmich van Plesse.
Clawes Brömse.
Hans van Damen.
Hinrik van Calven.
Jordan Plesskowe.
Hans Lange.
Gosswin Westhoff.
Tideman Brekewold.
Hermen Darssowe.
Brant Hogeman.
Hans van Rentelen.
Hinrik Westfael.
Hinrik Kule.
Hans Gherwer.
Segebade Crispin.
Gottschalck vamme Zode.
Thomas Kerckring.
Hans Hadewerck.
Clawes Schworne.
Evert Moyelke.
Wilhelm van Calven.
Hans Brusskowe.

Im Jar 29, vp der hill. Drefaldicheit dach do quam in disse Selschop als folget.

Her Jacob Bramstede.
Her Johan Segeberg.
Her Tideman Soling.
Vritze Grawert.
Martin Castorp.
Godeke Kerckring.
Berend Darssowe.
Hans Westfael.

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1430 trin.

Hans Kerckring.
Arend van deme Kyle.
Hans van Wickede.
Hinrik Constyn.

1433 trin.

Bartold Crispin.
Hartman Peperzak.
Bartram Luneborch.
Hinrik Cernetin.
Hermen Hitfeld.

1443 trin.

Her Hinrik Lipperade.
Her Bartolt Wytik.
Hanss Darssowe.
Evert Brekewold.
Hans Brekewold.
Ludeke Bere.
Hanss Luneborch.
Segebade Crispin.
Jacob van Stiten.

1447 trin.

Her Gerd van Minden.
Her Hinrik van Stiten.
Hans Bere.
Bartram Luneborch.
Vritze Grawert.

1452 trin.

Her Johan Syna.
Her Hinrich Ebelingk.
Her Hinrich Castorp.
Cord Brekewoldt.
Hinrich Russenbarch.
Bartram van Rentelen.
Hermen Bere.
Cord Grauwert.
Jordan Plesskouwe.

1460 trin.

Her Johan Vrolingk.
Her Andreas Geverdes.
Her Hinrik van Hacheden.
Hermen Darssowe.
Godeke Plesskouw.
Wedeke Kerkringk.
Thomas Kerkringk.
Lütke van Tunen.
Hanss Plesskouw.
Hinrich Warendorp.
Hanss van Wickede.

1465 trin.

Her Cord Möller.
Her Hermen Sundesbeke.
Her Johan Hertze.
Willem Plesskouw.
Hans Brusskouw.
Brun Brusskouw.
Volmer Warendorp.
Ricbade Kerkring.
Godschalk van Wickede.
Hanss van Mynden.
Vritze Grawert.
Hermen Grawert.

1470 trin.

Her Johan Wytinckhoff.
Henrich van Calven.
Hans Bere.
Ambrosius Segeberg.
Gödeke Kerkring.
Hartich van Stiten.
Hermen van Wickede.
Jürgen Geverdes.

1479 trin.

Her Tideman Ewinckhusen.
Her Hinrich Lipperade.
Her Hinrich Brömse.
Her Diedrich Basedowe.
Hans Lüneborch.
Cord Brekewold.
Hans Hertze.
Arent Westfael.
Hans Grawert.
Jordan Bere.
Hans Luneborch der junge.
Berent Basdow.
Hans Kerkring.

1488 trin.

Hans Wytick.
Brun Warendorp.

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Hinrich Westfael.
Hans Brekewold.
Sander Luneborch.
Sander Plesskowe.
Thomas Luneborch.
Arent Kerkringk.
Hermen Darssouw.

1495 trin.

Her Ditrich Hupe Bmstr.
Her Johan Testede.
Laurens Brekewolt.
Evert van Rentelen.
Jochim Bere.
Hermen Luneborch.
Garwin Buck.
Bartolt Kerkring.
Jochim Luneborch.
Hans Bruskauw.
Hans van Wickeden.
Andreas Geverdes.

1501 trin.

Her Tideman Berck, Bmstr.
Her Bode van Adeleffsen, ridder.
Her Jasper Lange.
Her Hinrich Castorp.
Her Hermen Meyger.
Vritze Grawert.
Thomas van Wickede.
Götke Pleschow.
Diderich Brömse.
Hans Kerkring.
Hinrich Billinchusen.
Cord Grawert.
Bertram Luneborch van Meuslingen.

1508 trin.

Hans Kerkring.
Hermen van Wickede.
Hans Luneborg van Meuslinge.
Andreas van Calven.
Clawes Bromese.
Gottschalk van Wickede.

1511 trin.

Doctor Hinrich Bromse.
Her Johan Nyestat.
Her Hartich Stange.
Johan Garlop.
Hinrich van Calven.
Hartich van Stiten.

1515 trin.

Her Lambert Wytinckhoff.
Hans Luneborch Caterinen Sone achter S. Jacob.
Matz Mulich.
Hinrich Kerkring.
Marcus Tode.
Friedrich van deme Werder hövetman.

1525 trin.

Hans Luneborch de swarte edder stive.
Tönnies van Stiten.
Lutke Luneborch.
Hinrich Warendorp.
Willem Brömse.
Clawes Bardewick.
Jurgen Basedow.
Klingenberg Kerkring.

1526.

Jochim Basdow.
Jacob Buck.
Jordan Bassdow.
Hinrich van Wickeden.
Arent Westfaell.

1532.

Hinrich Brömse.
Vlrich Elers.
Bartram Luneborch.

Hir endet sik nu de rechte olde Zirkelbröderschop.

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VIII.

Liscows Leben,

von

G. C. F. Lisch.


L iscow gehört ohne Zweifel zu den größern Geistern des deutschen Volkes. Nicht allein daß er unter den Satirikern noch immer in der ersten Reihe steht, der Reichtum seines Geistes, seine Klarheit und Gewandtheit sind so ausgezeichnet, daß er bis auf die neueren Zeiten wohl von niemand übertroffen ist; lebhaft erinnert er in der objectiven Vollendung der Ausdrucksweise an Göthe. Verehrungswürdig ist die Wahrheitsliebe und kräftige Offenheit und Geradheit seines Wesens, Eigenthümlichkeiten, welche er nie verleugnete und die mit seinen Schriften in vollkommenem Ebenmaaße stehen; er repräsentirt durch sie eine fein gebildete norddeutsche Natur, wie kein anderer. Was seine Werke besonders charakterisirt, ist eine seltene Klarheit und Schärfe der Auffassung und eine ungemeine Leichtigkeit, Sicherheit und Schönheit im Ausdruck; hierin vorzüglich eilte er seiner Zeit so bedeutend voraus, daß ihm keiner seiner Zeitgenossen zu vergleichen ist 1 ). Von seinem Leben und Charakter war bisher gar nichts bekannt; es giebt wohl keinen Schriftsteller seines Ranges, dessen Lebensverhältnisse in ein so tiefes Dunkel gehüllt wären. Und doch muß


1) Sehr treffend fällt daher Koberstein (Grundriß zur Geschichte der deutschen National=Litteratur, 1827, S. 213) das feste Urtheil: "Auf die Bildung der "deutschen Prosa wirkten zwei Männer erfolgreich ein: von Mosheim und Liscow".
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eine genauere Kenntniß seiner Handlungen und seiner Schicksale für das Verständniß und die Beurteilung seiner Schriften mächtig wirken und diese den Gebildetem des Volkes näher führen. Jedenfalls aber ist Liscow besonders für unser engeres Vaterland von hoher Bedeutung, da er ohne Zweifel zu den größten Geistern gehört, welche Meklenburg erzeugt hat.

Die frühern Nachrichten über Liscows Leben bestehen in einer ziemlich großen Zahl kurzer, in Zeitschriften zerstreuter Nachrichten, welche jedoch zum Theil nur unsichere Ueberlieferungen und unbegründete Vermuthungen sind und daher wenig Beachtung verdienen; der begründeten und wahrscheinlichen Angaben sind aber bis jetzt sehr wenige, und diese sind fortwährend von einem Buche in das andere gewandert, so daß sich die bisherigen Nachrichten über Liscows Leben auf einige wenige Originalquellen zurückführen lassen.

Liscow war ein Meklenburger; so viel war in neuern Zeiten zur Gewißheit geworden. Anhaltende Aufmerksamkeit führte endlich auf leise Spuren von seinem Wirken; im Verfolgen derselben wurden denn im großherzoglichen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin nach mehrjährigen Forschungen endlich nach und nach so bedeutende Entdeckungen gemacht, daß sich nicht allein die Hauptschicksale seines Lebens bis zu einem gewissen Zeitpuncte sicher und vollständig darstellen, sondern sich auch in einer Reihe eigenhändiger Briefe sehr wichtige Beiträge zu seinen Schriften liefern lassen. Zu den Werken Liscows dürfen fortan nicht allein seine für den Druck bestimmten literarischen Werke, sondern müssen auch seine Briefe gezählt werden, da diese fast mehr, als jene die Theilnahme des Gebildeten in Anspruch zu nehmen im Stande sind.

Wenn in den folgenden Zeilen ein Abriß von Liscows Leben versucht wird, so wird bei diesem Unternehmen für mehrere wichtige Abschnitte seines Lebens die bisher betretene Bahn gänzlich verlassen, wenn auch fortwährend berücksichtigt, dagegen eine ganz neue, aus den Originalquellen geschöpfte und mit diesen belegte Schilderung geliefert werden, damit nicht dereinst wiederum die Forschung getrübt oder gar durch irgend ein unvorhergesehenes Unglück unmöglich gemacht werde.


Nachdem diese Arbeit schon vollendet war, erhielt ich Kunde von schätzenswerthen Nachrichten, welche in den schleswig=holstein=lauenburgischen Provinzialberichten

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enthalten seien. Und wirklich sind diese Mittheilungen so bedeutend, daß sie für die Erkenntniß des Lebens Liscows, so wie für seinen künftigen Biographen oder den Herausgeber seiner Werke von großer Wichtigkeit sind. Diese Nachrichten sind folgende: eine viele neue Angaben enthaltende und schätzenswerthe Biographie Liscows von dem Justizrath und Bankdirector Dr. G. P. Schmidt von Lübeck in Altona, 1821, Heft 5, S. 1-12 und 1822, Heft 2, S. 1-28, mit Nachträgen in 1823, Heft 1, S. 94-102, und 1828, H. 1, S. 117-123; interessante Beiträge zu Liscows Leben in des Candidaten H. Schröder zu Krempdorf Aufsätzen, in denen er den jüngern J. F. Liscow zum Verfasser der Satiren zu erheben sucht, in 1824, Heft 4, S. 155-163, 1825, Heft. 4, S. 730-742 und 1827, Heft 4, S. 682-698, und Entgegnungen auf dieses Bestreben von einem Ungenannten in 1825, Heft 2, S. 354, und von dem Stud. F. H. C. Lübker in 1827, Heft 3, S. 518-532, so wie Zurücknahme der Vermuthung von Schröder in 1830, Heft 2, S. 259-262; beachtenswerthe Familienüberlieferungen vom Dr. jur. von Coch zu Wilster, einem Urenkel der Schwester Liscows, in 1825, Heft 4, S. 742-745; endlich Untersuchungen und Beiträge von Siemers in 1828, Heft 2, S. 730-732, und von Dietz in 1828, Heft 2, S. 344-347. Ich habe diese Nachrichten noch geprüft, bearbeitet und eingeschaltet 1 ), da sie meine Forschungen durchgängig unterstützen.

Schmidt hat seine Forschungen späterhin noch einmal zu einer zusammenhangenden Biographie umgearbeitet: Christian Ludwig Liscow, in den Historischen Studien von Schmidt von Lübeck, Altona, 1827, S. 121-194, und diese Bearbeitung nach spätern Mittheilungen in Holst. Pr. B. 1828, H. 1, S. 117 flgd. fortgesetzt. Diese Arbeit enthält viele treffliche Betrachtungen und Gesichtspuncte; jedoch behalten die ersten Mittheilungen in den Holst. Pr. B. durch den Geist der Forschung immer ihren eigenthümlichen Reiz. In diesen sagt Schmidt, 1821, Heft 5, S. 2: "Wir haben alle Nachrichten von ihm gesammelt, auch selbst geforscht, auf unsere Weise. Es hat uns nicht die Mühe verdrossen, Kirchenbücher und andere Urkunden nachschlagen zu lassen. Dennoch sind wir nicht im Stande, eine Lebensbeschreibung dieses ausgezeichneten Mannes zu liefern. Alles, was wir liefern können, sind Materialien zu einer solchen Biographie, zum Theil


1) Der Kürze wegen werde ich die Citate durch die Abkürzung: "Holst. Pr. B." bezeichnen.
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"neue und unbekannte, und alle authentisch. Möge ein Gelehrter von Profession, dem eine öffentliche Bibliothek zu Gebote steht, diese Materialien benutzen, um die deutsche Litteratur von der Schmach zu rächen, einen ihrer classischen Schriftsteller nicht zu kennen".


In den Tagen, an denen ich die folgenden Blätter für den zu bestimmten Zeiten festgesetzten Druck der Jahrbücher des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde schließlich redigirte, kam mir die neueste Schrift über Liscow:

Christian Ludwig Liscow. Ein Beitrag zur Literatur= und Kulturgeschichte des achtzehnten Jahrhunderts. Nach Liscows Papieren im K. Sächs. Haupt=Staats=Archive und andern Mittheilungen herausgegeben von Karl Gustav Helbig, Oberlehrer an der Kreuzschule in Dresden. Dresden und Leipzig, Arnoldische Buchhandlung, 1844,

in die Hände. Das Werk veröffentlicht endlich die viel besprochenen und lange ersehnten Nachrichten über Liscows letzte Lebensschicksale aus den Acten des königl. sächsischen Staats=Archivs zu Dresden, bei welchen sich "eine Convolut Papiere und Briefe Liscows, die ihm weggenommen waren", fand, und ist daher nicht allein für die Literaturgeschichte, sondern auch für die Zeitgeschichte im höchsten Grade wichtig. Nach aufmerksamer Durchforschung der Abhandlung und Vergleichung derselben mit der meinigen finde ich, daß keine von beiden etwas von dem Stoffe der andern enthält, daß beide vielmehr sich zu einer vollständigen Biographie Liscows ergänzen. Es würde freilich besser gewesen sein, wenn Einer des Andern Materialien zur Verfügung gehabt und Ein Ganzes gebildet hätte. Da aber einmal beide Verfasser gleichzeitig nach verschiedenen Originalquellen denselben Gegenstand bearbeitet haben, so müssen beide Arbeiten zu einem Ganzen neben einander bestehen bleiben. Damit aber beide Arbeiten auch ihre Eigenthümlichkeit bewahren, so habe ich die meinige unverändert gelassen und zur Vervollständigung und Vergleichung, so wie zur Bequemlichkeit für die Leser nur die Resultate der Helbigschen Forschungen in [- - H.] kurz eingeschaltet. Sehr erfreulich ist mir die Uebereinstimmung meiner Arbeit mit den Helbigschen Forschungen nicht nur in den historischen Resultaten und der Behandlungsweise, sondern auch in den Ansichten über Liscows Charakter und Werth gewesen, was

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jedoch nicht groß Wunder nehmen darf, da Liscow eine zu klare und seltene Persönlichkeit ist.

Uebrigens werden die bisher erschienenen Arbeiten über Liscow nur kritische Vorarbeiten für den künftigen Biographen des großen Mannes und Herausgeber seiner Schriften sein können, welcher jetzt aber auch wohl ein sicheres, ausreichendes und vollständiges Material finden wird.


Die bisherigen ältern Nachrichten über Liscows Leben, so viel deren bekannt geworden sind, sind folgende. Alle Original=Quellen werden im Folgenden mitgetheilt werden; die übrigen Nachrichten sind im Wesentlichen nichts weiter, als zahlreiche Wiederholungen der Angaben, welche die Original=Quellen liefern. Die sichersten Quellen sind Liscows eigene Schriften, namentlich Liscows Vorrede zu seinen gesammelten Schriften, 1739. - Dann folgen: Papiere des Kleeblatts, oder Ecksteiniana (von Sander), Brandiana und Andresiana, Leipzig, 1787, mit den Ueberlieferungen des Dompropstes Dreyer zu Lübeck. - Allgemeine deutsche Bibliothek, 1788, Band 82, Stück 1, S. 296 (Wiederholung der Erzählungen von Dreyer). - Monatsschrift von und für Mecklenburg, 1789, Stück 9, Sept., S. 893 (Wiederholung der Dreyerschen Ueberlieferungen nach der Allgem. deutsch. Bibliothek), und 1790, Stück 10, Oct., S. 652 (Anzeige von Liscows Tod aus dem hamburger Correspondenten, 1760, Nr. 204), Einsendungen von Dietz, beide noch einmal abgedruckt in Holst. Pr. B. 1828, H. 2, S. 344. - Freimüthiges Abendblatt, Schwerin, 1827, Nr. 462, S. 921 (Liscows Taufschein); Nr. 464, S. 962 (Die Anecdote von Liscows Verspottung des spanischen Gesandten aus dem Janus, 1800, Julii); Nr. 465, S. 982 (Die Entfernung Liscows aus Dresden, aus der Irene, 1806);

Nr. 870: Neuere Forschungen in den oben erwähnten schleswig=holstein=lauenburgischen Provinzialblättern, 1821 bis 1828, und der Leipziger Litteratur=Zeitung, Int. Bl. 1806, St. 56, und 1807, St. 19. - Der Freimüthige von Kotzebue und Merkel, 1805, August (Beurtheilung von Liscows Schriften). -Müchlers Ausgabe von Liscows Schriften, Berlin, 1806, Vorrede, (enthält keine neue Nachrichten). - Gaysenhayner's und Flörcke's Norddeutsches Unterhaltungsblatt, Güstrow, 1816, I, 1, S. 38 flgd. (enthält nur die bekannten Nachrichten). - Cleemann

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Archiv =Lexicon, Parchim, 1809, enthält die bekannten Nachrichten und führt außerdem folgende Literatur an: Meister's Charakteristik deutscher Dichter, II, S. 88 (mit Liscows Bildniß); Riedel's Briefe an das Publicum; Küttner's Charaktere deutscher Dichter und Prosaiker; Flögel's Geschichte der komischen Litteratur; Koch's Grundriß einer Geschichte der Sprache und Litteratur der Deutschen; Bauer's Gallerie der berühmtesten Dichter des 18. Jahrhunderts; Eschenbach's Annalen der Universität Rostock, Band 2, Stück 16, 1790 (enthält Liscows Immatriculirung und damit zugleich die erste Angabe von Liscows Geburtsort). [Die neuere Literatur giebt Helbig S. I. an.]


Eine ältere Quelle muß hier aber ganz voraufgeschickt werden, weil sie alle Perioden von Liscows Leben berührt, lange Zeit hindurch für die Hauptquelle gegolten hat und weiterhin wiederholt zur Beurteilung kommen wird. Dies sind die Nachrichten, welche der Dompropst Dreyer zu Lübeck dem Herausgeber der "Papiere des Kleeblatts" mittheilte. Dreyer war bekanntlich ein höchst ausgezeichneter, kenntnißreicher, historisch gebildeter Mann, welcher an den Orten heimisch ward, an denen und in deren Nähe Liscow gelebt hatte; ja Dreyer wird Liscow selbst gekannt haben. Dreyer war am 13. Dec. 1723 zu Waren in Meklenburg geboren, erhielt seine erste Bildung in seiner Vaterstadt und besuchte, darauf die Domschule zu Schwerin; in den J. 1738-1739 studirte er zu Kiel, wo er sich in dem Hause des bekannten Geheimenraths von Westphalen, seines Oheims, der sorgfältigsten Pflege erfreute. Nachdem er die Universität Halle besucht hatte, kehrte er im J. 1743 nach Kiel zurück, arbeitete hier bei seinem Oheim und ward im J. 1745 daselbst Professor. Im J. 1753 ward er Syndicus der Stadt Lübeck und erhielt im J. 1761 die Würde eines Dompropstes daselbst. Er starb am 15. Februar 1802 zu Lübeck. Dreyer's historischer Forschungsgeist und seine Bekanntschaft mit allen gelehrten Männern Lübecks und Holsteins berechtigen zu der Annahme, daß er theils aus eigener Erfahrung, theils aus glaubwürdigen Berichten älterer Männer, namentlich des Rectors von Seelen, möglichst zuverlässige Nachrichten über Liscow gewonnen hatte.

Dreyer's Nachrichten sind niedergelegt in einem Buche, betitelt:

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Papiere des Kleeblattes, oder, Ecksteiniana, Brandiana, und Andresiana. Meldorf und Leipzig, bey R. J. Boie, 1787 1 ),

einem schönwissenschaftlichen Sammelwerke von satirischer und humoristischer Tendenz, in welches S. 203-444 Liscows Satire über die Vortrefflichkeit und Nothwendigkeit der elenden Scribenten "für unsere Zeiten bearbeitet, so wie nicht minder mit Einleitung und Anmerkungen bereichert von Matthias Tobias Brand" aufgenommen ist, um Liscows Schriften zu würdigen und in ein glänzendes Licht zu stellen; der Herausgeber sagt nämlich in der Einleitung S. 207: "Etwas über "Liscows Leben und Schriften:" "Liscow übertraf an satirischem Geiste alle seine Landsleute vor und neben ihm; schrieb zuerst unter ihnen eine Prose, deren Reinheit und Bestimmtheit noch fünfzig Jahre nach ihm in der goldenen Zeit ihrer Litteratur Wenige erreichten; und ragte an reicher Belesenheit und wahrer Aufklärung weit über seiner Zeit hervor. Er lebte, starb und ward vergessen".

Der Herausgeber sagt nun über Liscows Leben Folgendes:

(S. 236) "Schon lange lag diese meine Einleitung druckfertig, als ich nach Jahrelangen vergeblichen Bemühen durch die Güte des würdigen gelehrten Domprobsten Dreyer in Lübeck noch einige Nachrichten, Liscows Leben betreffend, erhielt. So wenig es auch ist, so darf ich es Dir, geliebter Leser, doch nicht vorenthalten."

"Liscow oder Liskov hieß nicht Christoph Friedrich, wie der Verfasser der Charaktere mit halber Gewißheit ihn nennt, sondern Christian Ludewig." (S. 237.) "Er war als Candidat der Rechte zu Lübeck im Hause des Domdechanten und geheimen Raths von Thienen Privatlehrer seiner beyden Stiefsöhne, der jungen Herren von Brömbsen. Hier erfuhr er eine Unannehmlichkeit, wovon ich die avthentische Nachricht der Gefälligkeit des Herrn Cantor Schnobel in Lübeck verdanke, eine Unannehmlichkeit, welche die entferntere Bewegursache zu seinem Streite mit Sievers gewesen seyn soll. Der Dechant von Thienen ließ nemlich seine Stiefsöhne von dem Cantor Sievers, dem Vater des Magisters, examiniren,


1) Diese "Papiere des Kleeblattes", welche auch einige sonst nicht bekannte satirische Ankündigungen von Liscow u. dgl. enthalten, scheinen äußerst selten zu sein. Ich hatte lange vergebens darnach geforscht, bis mir sie die königliche Bibliothek zu Berlin reichte. [Helbig hat das Buch nicht zur Ansicht erlangen können; vgl. S. VII.]
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um zu sehen, was Liskov's Unterricht gefruchtet habe. Die Kinder bestanden schlecht. Die Schuld konnte in der Art des Examens liegen; und wenn auch die jungen Herren in der That der billigen Erwartung nicht Genüge thaten, so ist doch wenigstens der Schluß von der Unwissenheit des Schülers auf die Untauglichkeit des Lehrers, wie man weiß, nicht immer der sicherste. Dies scheint aber der Dechant nicht erst untersucht zu haben, wie man wohl aus Liskovs ausgezeichneten Kenntnissen und Talenten, die doch augenscheinlich genug documentirt sind, argwöhnen mag. Genug, Liskov erhielt Vorwürfe, und der Herr Cantor seine Schüler. Dies kränkte ihn, denn er war Mensch. Allein, wenn es ihn gereizt hat, die Sünde des Vaters am Sohne heimzusuchen, so wäre auch dies menschlich, nur freilich nicht edel. Die erste Blöße gab ihm der junge Magister gleich nach seiner Rückkehr von der Academie durch ein Avertissement, worin er um Beyträge zu einem "itzt lebenden gelehrten Lübeck" bat und zugleich es ankündigte. Liskov parodirte es. Als erster, bisher noch ganz unbekannter, Versuch verdient diese Parodie immer aufbewahrt zu werden, und als Reliquie ist sie mir wohl so merkwürdig, wie eine Sprosse der Leiter, die Jacob im Traume sah. Hier sind beyde Avertissements" (datirt Lübeck, d. 28. Dec. 1730 und d. 11. Jan. 1731.) - - - - - - - - - - - - - - - (S. 245.) "Dies wäre denn die Parodie, wozu Liskov allenfalls Veranlassung genug in dem albernen Avertissement des Magisters finden konnte, ohne daß wir daraus eben auf persönlichen Groll schliessen dürften, wenn nicht obige Anecdote es einigermassen wahrscheinlich machte. Dem sey wie ihm wolle, so begreifen wir nun, wie Sievers so hastig unsern Satyricker für den Verfasser der scharfen Recension erklären, und dadurch so unbesonnen die eigentliche Fehde veranlassen konnte. Ihren übrigen Verlauf wissen wir. Von Lübeck kam Liskov als Privatsecretair zu dem geheimen Rath von Blome, dem damaligen Probsten des adelichen Klosters Pretz, ohngefähr um die Jahre 1738 und 1739. In oder vor dieser Periode hat er auch, wie man aus seiner Vorrede sieht, einige Zeit in Mecklenburg auf dem Lande zugebracht. Vielleicht war es auf den Gütern des geheimen Raths. Von nun an verlassen uns die Nachrichten aufs neue; und wir finden endlich unsern Liscow in Dresden wieder, wo er an dem geheimen Kammerrath von Heinecke einen thätigen Gönner hatte. Allein er gehörte nun einmal zu der seltnern und un=(S. 246)glücklichen Classe von Menschen, die bei einem

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leisen, reizbaren Gefühle für das Lächerliche und Unschickliche einen witzigen Einfall eben so wenig zurückhalten können, als das Niesen; und oft ihre besten Freunde beleidigen, ohne daß ihre Absicht eben etwas Schlimmeres wäre, als Befriedigung ihres Bedürfnisses. Er beleidigte durch Sarcasmen seinen Gönner; und durch Sarcasmen über den damaligen englischen Minister am Dresdner Hofe zog er sich das Unglück zu, Dresden verlassen zu müssen. Er starb zu Eulenburg in Meissen 1759, und, wie man sagt, im Arrest."

"Dies wäre denn die erste, immer noch gar zu mangelhafte Nachricht, das Leben unsers deutschen Swift's betreffend."

Diese Nachrichten theilte in einem kurzen, historischen Auszuge bei Gelegenheit der Anzeige der "Papiere des Kleeblattes" die Allgemeine deutsche Bibliothek, 1788, Band 82, Stück 1, S. 296, mit und ward dadurch lange Zeit Hauptquelle für das Leben Liscows.


Ueber Liscows Leben.


1. Liscows Abstammung und Verwandtschaft.

Unser Christian Ludwig Liscow 1 ) stammt aus einer meklenburgischen Predigerfamilie, deren Schicksale sich aus den meklenburgischen Archivacten hundert Jahre hindurch klar und bestimmt verfolgen und sich aus dem nachstehenden Stammbaume und dessen quellenmäßiger Erläuterung erkennen lassen.

[Um eine vollständige Kenntniß der ganzen Familie zu gewinnen, ist der Stammbaum aus Helbig's Schrift und andern Nachrichten durch Chr. Ludw. Liscows Nachkommen vermehrt.]


1) Liscow schreibt seinen Namen ohne Ausnahme immer "Liscow", mit lateinischen Buchstaben, selbst wenn er, was öfter vorkommt, seine Vornamen daneben mit deutschen Buchstaben schreibt. [Helbig's Unterscheidung zwischen "Liskow" und "Liscow" je nach den Buchstaben, S. 1, scheint völlig unerheblich zu sein.]
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Stammtafel
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Actenmäßige Erläuterung des Stammbaumes der Familie Liscow.

I. 1. Christian Liscow,

Prediger zu Alt=Gaarz, 1639, † 1681.

Christian Liscow I. ("Christianus Liscovius Primisloviensis Marchicus") war im J. 1615 zu Prenzlau geboren, hatte hintereinander die Schulen zu Prenzlau, Stettin und Lüneburg besucht und darauf zu Rostock studirt. Nach Beendigung seiner Universitäts=Studien ward er Hauslehrer bei dem Herrn Jaspar v. Oertzen auf Roggow, in dessen Hause er ungefähr 6 Jahre lebte. Durch die Bemühung desselben erhielt er im J. 1639, ungeachtet der Protestation einiger Gemeindeglieder gegen den ausländischen Candidaten, die Pfarre zu Alten=Gaarz bei Neu=Bukow, welcher er bis zum J. 1681 vorstand. In diesem Jahre ward ihm der Candidat Johann Schütz adjungirt, der seine Tochter Ursula heirathete. In demselben Jahre starb Christian Liscow und hinterließ einen Sohn und eine Tochter:

II. 2. Christian Liscow,

Prediger zu Westenbrügge, 1671, † 1695.

Christian Liscow II., auch Lischow geschrieben, war der Sohn des Pastors Christian Liscow zu Alten=Gaarz. Er ward als Candidat (oder "Studiosus") im J. 1671 Prediger zu Westenbrügge und starb im J. 1695 mit Hinterlassung zweier Söhne: Heinrich Christian und Joachim Friederich.

3. Ursula Liscow

war die Tochter des Pastors Christian Liscow I. zu Alten=Gaarz. Sie ward an den Pastor Johann Schütz verheirathet, der im J. 1681 Adjunct und noch in demselben Jahre Nachfolger ihres Vaters in der Pfarre zu Alten=Gaarz ward. Der Pastor Johann Schütz starb im J. 1705; seine Frau überlebte ihn.

Der Prediger Christian Liscow II. zu Westenbrügge (vgl. II., 2.) hinterließ zwei Söhne:

III. 4. Heinrich Christian Liscow,

Prediger zu Volkenshagen, 1718-1725.

Heinrich Christian Liscow war der älteste Sohn des Pastors Christian Liscow zu Westenbrügge. Er war vorher 16 Jahre lang königl. schwedischer Garnisonsprediger beim Fürstenbergischen Regimente zu Wismar und ward im J. 1718 zum Pastor in Volkenshagen bei Ribnitz vocirt, nachdem hier zwei Wahlen wegen Wahlumtriebe annullirt worden waren.

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Er starb am 28. October 1725. Seine Wittwe, eine Schwester des Pastors Lackmann zu Westenbrügge, der seinem Vater im Amte gefolgt war, lebte noch im J. 1741, 72 Jahre alt, dem Anscheine nach kinderlos, da ihr Mann sehr schwächlich war und nicht lange nach seiner Verheirathung starb, von Kindern nirgends die Rede ist, so oft sie auch zu den Acten ihre Lage schildert und von Kindern der andern Predigerwittwe zu Volkenshagen redet, und sie in hohem Alter ihr Vermögen der Kirche zu Volkenshagen zu vermachen die Absicht hatte. In den Pfarracten zu Volkenshagen findet sich auch keine andere Nachricht über das Ehepaar.

5. Joachim Friederich Liscow,

Prediger zu Wittenburg, 1699, † 1721.

Joachim 1 ) Friederich Liscow war der jüngste Sohn des Pastors Christian Liscow II. zu Westenbrügge. Er war am 12. März 1675 zu Westenbrügge geboren. Nachdem er zu Rostock seine Universitätsstudien vollendet hatte, ward er Pagen=Informator am fürstlichen Hofe zu Grabow 2 ). Von hier ward er im J. 1699 zum Prediger in der Stadt Wittenburg befördert und war hier so beliebt, daß, als er im J. 1710 einen Ruf nach Ivenack erhalten hatte, die Gemeinde dringend um sein Bleiben bat. Er starb am 25. Julii 1721 und hinterließ eine Wittwe, Margarethe Christine, welche am 11. Junii 1734 beerdigt ward, und drei Söhne und eine Tochter. Seine Frau scheint eine Tochter oder Schwester des Rectors Hausvoigt in Eutin gewesen zu sein, da dieser mit seiner Schwester oder Tochter bei der Tochter Taufzeugen waren 3 ).

Die Kinder 4 ) des am 25. Julii 1721 verstorbenen Predigers Joachim Friederich Liscow zu Wittenburg waren:

IV. 6. Christian Ludwig Liscow,

getauft am 29. April 1701, der älteste der Brüder, der bekannte Satiriker. Daraus, daß sein Vater Pagen=Informator


1) Nach seinen im schweriner Archive oft vorkommenden, deutlich und voll ausgeschriebenen eigenhändigen Unterschriften hieß des Satirikers Liscow Vater Joachim Friederich, nicht Johann Friedrich, wie in dem weiter unten mitgetheilten Kirchenzeugnisse und bei Helbig, S. 1, angegeben ist. Nach einem Zeugnisse des ehemaligen Herrn Predigers Ritter zu Wittenburg, jetzt zu Vietlübbe bei Plau, ist auch in dem wittenburger Kirchenbuche der Name mit Joachim Friederich angegeben, auf den auch sein zweiter Sohn getauft ward.
2) Schon Schmidt in Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 4, vermutet scharfsinnig, daß Liscows Vater eine Stellung am fürstlich meklenburgischen Hofe eingenommen habe.
3) Vergl. Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 7, und 1822. H. 2. S. 27.
4) Von hier an ist außer den Archiv=Acten auch das wittenburger Kirchenbuch durch Vermittelung des Herrn Predigers Ritter benutzt.
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am fürstlichen Hofe zu Grabow gewesen war, erklärt es sich, daß die fürstlichen Personen zu Grabow Pathenstelle bei ihm vertraten und er die Namen des Prinzen, nachmaligen Herzogs Christian Ludwig führte. Er starb am 30. Oct. 1760 als sächsischer Kriegsrath.

7. Ernestine Elisabeth Auguste Liscow,

welche am 8. Mai 1703 getauft ward. Diese Tochter ward nach damaligem Gebrauche bei der wittenburger Pfarre "conservirt": d. h. sie ward am 30. Nov. 1722 an den Nachfolger ihres Vaters, den ehemaligen (seit 1710) Feldprediger beim Waldowschen Regimente, Johann Anton Schütze zu Grabow (aus Havelberg, nachdem er vor den Werbenachstellungen auf seine "schöne Leibeslänge" geflüchtet war,) verheirathet. Dieser starb schon am 20. Dec. 1726 und hinterließ seiner Wittwe zwei unmündige Kinder: August Friederich Schütze, getauft den 10. Dec. 1723, und Margarethe Henriette Dorothea Schütze, getauft am 24. Dec. 1724, beerdigt am 9. März 1736.

Nach dem Tode ihres Mannes ist das Schicksal ihrer beiden jüngern Brüder innig mit dem ihrigen verflochten; diese Brüder waren:

8. Joachim Friederich Liscow,

getauft am 29. Nov. 1705, der mittlere der Brüder. Er besuchte die Schule zu Lübeck. Am 26. Aug. 1723 opponirte er ("Wittenburgo-Mecklenb.") als Primaner nebst seinem Freunde Boetius aus dem Eutinschen und dem Meklenburger Ratke dem auf die Universität gehenden G. Cläden aus Flensburg hier bei dessen öffentlicher Disputation 1 ). Michaelis 1723 (oder nach andern Nachrichten 1724) ging er zum Studium der Theologie mit Boetius auf die Universität Jena, welche auch der Dichter v. Hagedorn im Frühling des J. 1726, 18 Jahre alt, bezog. Hier knüpfte sich zwischen J. F. Liscow und v. Hagedorn das Band inniger Freundschaft, welches ihr ganzes Leben hindurch dauerte; beide sollen in Jena ein munteres Studentenleben geführt haben 2 ). Im J. 1728 war er Candidat der Theologie und conditionirte als Hauslehrer zu Waschow bei Wittenburg.


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 3; 1823. H. 1. S. 94-95; 1825. H. 4. S. 731; 1827. H. 3. S. 529; Schmidt Histor. Studien, S. 125.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1823. H. 1. S. 94-95; 1825. H. 4. S. 731; 1827. H. 3. S. 522.
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9. Carl Heinrich Liscow,

der jüngste der Brüder, geboren am 30. Dec. 1707, getauft am 1. Jan. 1708, war im J. 1728 ebenfalls Candidat der Theologie und Hauslehrer zu Stintenburg bei Zarrentin am Schalsee im Lauenburgischen 1 ).

Von mehr Geschwistern ist nirgends eine Spur zu finden. Der Dr. von Coch meint nach Familiennachrichten zwar, daß es "mehr als wahrscheinlich sei, daß der Licentiatus juris Rassow in Hamburg, der mit einer zweiten Schwester unsers Satirendichters verheirathet gewesen," seine verwittwete Schwägerin sehr thätig unterstützt habe 2 ); aber einmal fehlt es an glaubwürdigen Nachrichten hierüber, dann wird in einem Briefe des französischen Gesandten in Hamburg vom 30. Junii 1736 Rassow nur Liscows Freund genannt; in nähern Verwandtschaftsverhältnissen werden aber die Familien Liscow und Rassow gestanden haben, da der Rathsherr Heinrich Rassow zu Gadebusch Gevatter bei dem zweiten Kinde des Pastors Liscow stand 3 ).

Die Wittwe Schütze scheint sowohl durch Schwäche des Charakters, als auch durch Mangel in Bedrängniß gerathen zu sein. Ihre Mutter wünschte sie zum zweiten Male bei der Pfarre zu "conserviren"; die Tochter hatte sich aber schon im J. 1728 mit dem lüneburgischen Landmesser Koch, der sich in Geschäften der hannoverschen Commission seit anderthalb Jahren zu Wittenburg aufhielt, in Liebeshändel eingelassen und war dadurch in bösen Ruf gekommen. Ihre beiden jüngern Brüder, darüber aufgebracht, forderten den Landmesser Koch am 31. Aug. 1728 zum "Zwiegespräch" in der Stadt Wittenburg an der Mauer hinter den "beiden Priesterscheunen." Es kam bald zum heftigen Wortwechsel und, da alle drei bewaffnet waren, zu ernstlichen Thätlichkeiten, so daß Koch und Friederich Liscow nach Hause getragen werden mußten. Die Brüder Liscow hatten den Landmesser Koch übel zugerichtet, dieser hatte dagegen dem Friederich Liscow mit seinem Hirschfänger eine Wunde in das rechte Ellenbogengelenk beigebracht. Diese Wunde war im Anfange leichtfertig behandelt, bald darauf aber so schlimm geworden, daß der "Brand" zu weit um sich gegriffen hatte und an eine Heilung nicht mehr zu denken war.


1) Diesen Carl Heinrich Liscow kennt Schmidt in Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 3 nicht, auch das wittenburger Kirchenzeugniß in 1822. H. 2. S. 27 führt ihn nicht auf, obgleich er nach des Herrn Predigers Ritter Zeugniß in das Kirchenbuch eingetragen ist.
2) Vergl. Dr. v. Coch in Holst. Pr. B. 1825. H. 2. S. 743.
3) Vergl. das Kirchenbuchzeugniß in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 27.
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Am 11. Sept. bat die Mutter um die Erlaubniß zur stillen Beerdigung ihres Sohnes, der, wenn er auch noch nicht gestorben, doch nicht mehr zu retten sei, da die Verwesung schon über den Arm hinausgegangen und der Kranke von der heftigsten Raserei befallen sei. Die Landesregierung bewilligte der Mutter am 14. Sept., "casu existente", die stille Beerdigung in Betracht, daß ihr Mann in Wittenburg viele Jahre Prediger gewesen sei.

Joachim Friederich Liscow tritt von dieser Zeit an ganz aus der Geschichte Meklenburgs.

Carl Heinrich Liscow verschwindet seit dieser Zeit aber ganz aus der Geschichte.

Die Wittwe Schütze "entfernte" sich bald darauf wegen Andranges der Gläubiger ihres verstorbenen Mannes aus Wittenburg und ließ ihrer Mutter ihre beiden Kinder zurück, von denen in Cleemann Syll. Parch. S. 90 August Friederich im J. 1748 als Student angegeben wird.

Die Nachrichten über des Satirikers Liscow Brüder erhalten durch die neuern Mittheilungen eine eigenthümliche Wendung. - Es ist ohne Zweifel, daß Joachim Friederich Liscow es war, der am 14. Septbr. 1728 im Sterben lag. "Beide, der Wittwe Schützen mittelster und jüngster Bruder, als des seel. Hrn. Past. Liscowen Söhne Friederich und Carl, wovon jener zu Waschow, dieser aber zu Stintenburg Kinder=Informatores" waren, werden mit diesen Worten ausdrücklich von dem Magistrate zu Wittenburg bei dem Herzoge Carl Leopold als Theilnehmer an dem Streite mit Koch angeklagt und es wird dabei "Friederich Liscow" als derjenige bezeichnet, der "im rechten Arme bey der junctur beym Ellenbogen verwundet" worden sei. Dazu sagt auch die Mutter in ihrer Bitte, daß ihr "einer Sohn, der zu "Waschow conditioniret und seine studia theologiae absolviret, verwundet" worden sei, und der Herzog ermahnt sie in seiner Antwort, ihre "beyden Söhne Friederich und Carl abzurathen, zumahlen denn dergleichen keinem Menschen, viel weniger dann theologiae studiosis anstehe".

Nun aber lebte ebenfalls ohne Zweifel Joachim Friederich Liscow noch lange in Hamburg, während Carl Heinrich seit dem J. 1728 völlig verschwindet. Man könnte auf die Vermuthung kommen, es sei der jüngere Bruder gewesen, welcher 1728 verwundet worden und gestorben sei, da er nicht weiter vorkommt; aber die oben mitgetheilten Nachrichten sind

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zu klar und glaubwürdig, als daß man eine Verwechselung annehmen könnte.

Einen unwiderleglichen Beweis, daß J. F. Liscow im J. 1728 nicht gestorben und begraben, sondern geheilt sei, giebt seine körperliche Beschaffenheit. In einem "poetischen Billet" Hagedorns an ihn vom 10. März 1735 heißt es:

Ein weiß, durchsichtiges, beschnittenes Papier,
Das achtzehnmal geschwärzt mit kurz und langen Zeilen,
Die nicht nach jüdischer Manier
Zur linken Hand, wohl aber rechtwärts eilen,
Wo unten an dem Rand,
Zu meinem innigsten Vergnügen,
In deutlichen und halb ovalen Zügen
Zuerst ein J, dann F, und endlich Liscow stand,
Ertheilte durchs Gesicht
Dem Herzen den Bericht,
Dies letternreiche Blatt und reizende Papier
Sei ein Epistelchen von Dir.

Eschenburg sagt hiezu in einer Anmerkung zu dem hagedornschen Gedichte "der Schwätzer": "Ihm fehlte die rechte Hand, die er in einem Duelle verloren hatte". Schmidt 1 ) bezieht dies richtig auf J. F. Liscow, obgleich andere es auf C. L. Liscow haben angewandt wissen wollen 2 ). Es ist aber hieraus die Sage entstanden, daß dem einen Liscow die rechte Hand gefehlt habe. Der Dr. von Coch berichtet 3 ) aus Familiennachrichten: "Es hat aber weder Er (C. L.), noch sein Bruder "(J. F.) die rechte Hand im Zweikampfe gänzlich eingebüßt, sondern nur der letztere (Joachim Friederich) hat bloß eine fast ganz gelähmte Hand davon getragen, nachdem er in einem Duelle mit einem curländischen Barone, das er sich durch Satirisiren zugezogen, einen Degenstoß durch den Unterarm erhalten". Auch Schmidt 4 ) nimmt an, daß J. F. Liscow in einem Duelle auf der Universität Jena die rechte Hand verloren habe.

Aus den oben mitgetheilten Nachrichten aus den Original=Acten des schweriner Archives wissen wir aber, daß es nicht ein curländischer Baron, sondern eben des Dr. von Coch Ur=Aeltervater war, welcher dem J. F. Liscow der Schwester wegen die rechte Hand lähmte. J. F. Liscow


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 12-14.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1824. H. 4. S. 162.
3) Vergl. Holst. Pr. B. 1825. H. 4. S. 730.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1823. H. 1. S. 95.
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starb also nicht, sondern ward, freilich bei völliger Lähmung des rechten Armes, wiederhergestellt, und diese Eigenthümlichkeit stellt die Person des J. F. Liscow noch fester.

Die Wittwe Schütze ging mit dem Feldmesser Koch davon und ließ ihrer Mutter ihre zwei Kinder erster Ehe zurück, von denen das jüngste, 12 Jahre alt, 2 Jahre nach dem Tode der Mutter in Wittenburg starb. Koch oder, wie er nach Familiennachrichten 1 ) heißt, Georg Johann Eberhard von Coch war der einzige Sohn des kurhannoverschen Majors Johann Coch. Frühzeitig trat er in kurhannoversche Militärdienste. Da er ein Meister in der Handzeichnung gewesen sein soll, so diente er der hannoverschen Commission in Meklenburg als Feldmesser. Er soll sich auch einige Zeit bei dem bischöflich=lübeckischen Geheimen=Rathe von Coch, einem Verwandten, in Lübeck aufgehalten und hier C. L. Liscow kennen gelernt haben 2 ). Nach seinem bewaffneten Zusammentreffen mit den jüngern Brüdern Liscow 3 ) nahm er seinen Abschied als Ingenieurlieutenant und ging nicht lange nach seiner Wiederherstellung mit seiner Frau, der ehemaligen Wittwe Schütze, geb. Liscow, nach Preetz. In Wittenburg sind sie nicht getrauet, in Preetz auch nicht. Sechszehn Wochen nach der Hochzeit, am 26. April 1729, also 8 Monate nach dem Kampfe Cochs mit den Brüdern Liscow, ward die Frau zu Preetz von einem Sohne, Georg Friederich, entbunden, welcher am 1sten Mai 1729 ohne Taufzeugen aus den Familien getauft ward, woraus schon Schmidt auf "ungünstige Verhältnisse" schließt 4 ). Beim Ausbruche des österreichischen Erbfolgekrieges trat Coch im J. 1742 wieder in kurhannoversche Dienste. Seine Frau begleitete ihn bis nach Hamburg, wo sie zurückblieb und sich einige Zeit bei ihrem Bruder Joachim Friederich aufhielt. Sie empfing von ihrem Manne aus Ilmenau den letzten Brief, in welchem er ihr seine Beförderung zum Hauptmann meldete. Seitdem vernahm sie nichts weiter über ihn, als daß er in einem Treffen geblieben sei. Sie zog jetzt von Hamburg nach Schleswig, wo sie bis an ihr Ende in dem Hause des Advocaten Hansen wohnte. - Ihr Sohn Georg Friederich Coch studirte 1751 in Halle und 1752 und 1753 die Rechtswissenschaft, ward Advocat zu Schleswig, erwarb sich den Ruf eines geschickten Juristen, ward 1779 königlicher


1) Die nächstfolgende Darstellung ist einem nach Familiennachrichten verfaßten Aufsatze des Dr. von Coch zu Wilster, eines Ur=Enkels der Schwester Liscows, in Holst. Pr. B. 1825. H. 2. S. 742 entnommen, wenn nicht andere Quellen angegeben sind.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1825. H. 2. S. 354.
3) Vergl. oben S. 110.
4) Vergl. Schmidt in Holst. Pr. B. 1823. H. 1. S. 94.
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Hardesvogt des Amtes Gottorf und starb als solcher zu Schleswig am 2. Sept. 1780; auch er hatte einen besondern Hang zur Satire und bei kleinem Wuchse ungewöhnliche Muskelkräfte. Ein Sohn von diesem war der vor einigen Jahren (vor 1825) verstorbene Pastor Coch zu Rahlstedt, dessen Sohn der oft genannte Dr. v. Coch ist 1 ).

Joachim Friederich Liscow ging, da er als Theologe nicht gut in Meklenburg bleiben konnte, wohl bald nach seiner Herstellung nach Hamburg, wo seit dem Mai 1733 sein Universitätsfreund v. Hagedorn und seit 1734 auf einige Zeit öfter sein Bruder Christian Ludwig wohnte; er wohnte hier sicher schon im J. 1735 2 ). Er lebte hier als privatisirender Gelehrter oder, unter dem beliebten Titel der damaligen Zeit, als Secretair von allerlei schriftstellerischen Arbeiten und andern schriftlichen Geschäften, ohne Anstellung. Er war hier "Redacteur der gelehrten Artikel des Hamb. Correspondenten", welche damals die spätern Literatur=Zeitungen vertraten, und der Hamb. Anzeigen" 3 ).

Hagedorn nennt ihn deßhalb auch einen Rechtsgelehrten 4 ). Die Freundschaft mit Hagedorn war warm und lebhaft. Hagedorn nennt ihn 1744 in dem Gedichte "der Schwätzer" 5 ):

Als nun mein Liscow kam, der Bruder von dem Ketzer. Später jedoch ward dieses Verhältniß gestört, da Hagedorn empfindlich und mißlaunig ward. [H. S. 44]

[In einem Briefe vom 4. April 1740 giebt Hagedorn von dem abenteuerlichen Plane des J. F. Liscow, die Tochter eines hamburger Kaffeehausbesitzers zu heirathen und das Kaffeehaus später selbst zu übernehmen, unserm Liscow Nachricht. H. S. 51. - Am 4. Juni 1741 rühmt Hagedorn gegen unsern Liscow seines Bruders Freundschaft: "Je plains le pauvre Solitaire, comme je serois à plaindre moi-même, si je devois exister ici sans Mr. Votre frère". H. S. 57-58. -Noch am 12. Februar 1749 schreibt J. F. Liscow an seinen Bruder unter andern über den mißgestimmten Hagedorn: "Si jamais nous venons à des explications, que j'évite, il pourroit bien lui arriver le malheur, dont il se plaint


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 686.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 12, und die angeführte Scherzepistel Hagedorns.
3) Schmidt Histor. Studien, S. 127 und 167.
4) Am 4. April 1740 schreibt Hagedorn von ihm: "C'est se rendre quasi indigne de ces ancetres que de renoncer à l'éclat, qui environne les Jurisconsultes". H. S. 51.
5) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 14. Die hagedornsche Fabel "die Thiere" ist an Christian Ludwig Liscow gerichtet.
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"sans fondement, c'est à dire, de perdre en moi un ami, qu'il ne retrouveroit peut-être de sa vie". H. S. 61-62.]

Im J. 1760 führt ein Werk "die Stadt Hamburg in ihrem politschen, ökonomischen und sittlichen Zustande, von Christian Ludwig von Griesheim, 1760", §. 54, den "scharf denkenden Lüscow" als in vielen Geschäften lebend auf 1 ).

Noch im J. 1764 steht Joachim Friederich Liscow unter den Subscribenten auf die zu Hamburg herausgegebenen Gedichte Richey's 2 ). "Nach allen uns zugekommenen Nachrichten ist er unverheirathet zu Hamburg gestorben 3 ).

Daß J. F. Liscow zuletzt Burgemeister in Hamburg geworden sei, beruhet wahrscheinlich auf einer Verwechselung mit Lipstorf 4 ).

In den schleswig=holstein=lauenburgischen Provinzialblättern ist lange Streit darüber gewesen, wer von den beiden Brüdern der satirische Schriftsteller gewesen sei. Der Candidat H. Schröder zu Krempdorf, darauf zu Itzehoe, vertheidigte hartnäckig die Ansicht, "der jüngere Bruder Joachim Friederich sei der bekannte Satiriker" 5 ). Die zahlreichen Widersprüche würden aber, nach Gewinnung historischer Sicherheit, nicht zu lösen sein und Schröder hat sich selbst schon dadurch vollständig widerlegt, daß er ausspricht, "daß der in Dresden angestellt "gewesene Liscow unbezweifelt der Satirendichter sei" 6 ), auch seine Ansicht endlich wieder zurückgenommen 7 ), nachdem Schmidt wichtige Nachrichten über C. L. Liscows letzte Lebensschicksale mitgetheilt hatte. Der Streit ist jedoch dadurch von Wichtigkeit geworden, daß er sehr reichhaltige Quellen eröffnet hat.

Christian Ludwig Liscow, der Satiriker, verheirathete sich im J. 1745 mit der Wittwe des Kammerraths Buch, geb. Johanna Catharine Christiane Mylius, aus Eilenburg, auf Berg vor Eilenburg; diese gebar ihm während seines Aufenthalts zu Dresden drei Söhne [H. S. 63]:


1) Vergl. Siemers in Holst. Pr. B. 1828. H. 2. S. 731.
2) Nach einer Mittheilung des Hrn. Archivars Dr. Lappenberg zu Hamburg. Vergl. Holst. Pr. B. 1828. H. 2. S. 731.
3) Nach Schmidt in Holst. Pr. B. 1825. H. 2. S. 355.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 696; 1828. H. 2. S. 731; 1830. H. 2. S. 261.
5) Vergl. Holst. Pr. B. 1824. H. 4. S. 155 flgd.; 1825. H. 2. S. 354 flgd. und H. 4. S. 730 flgd.; 1827. H. 3. S. 518 flgd. und H. 4. S. 682 flgd.
6) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 694.
7) Vergl. Holst. Pr. B. 1830. H. 2. S. 259.
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V. 10. Christian Ludwig Liscow,

geb. 1746, welcher 1766 als Fürstenschüler zu Grimma starb [H. S. 75.];

11. Friederich August Liscow,

geb. 1748, welcher nach des Vaters Tode den Militairstand erwählte. "Er war lange Adjutant des Grafen Bellegarde, welcher um die Verbesserung der sächsischen Cavallerie viele Verdienste hat." Er stand als sächsischer Rittmeister im Cürassier=Regimente von Zezschwitz in Schmiedeberg und verheirathete sich am 4. Jan. 1797 mit Friederike Amalie Wilmersdorf, des verstorbenen sächsischen Amts=Steuer=Einnehmers und Stadt=Syndicus in Schmiedeberg ältesten Tochter; die Vertrauung geschah auf dem Gute Berg, da seine Mutter vielleicht noch lebte 1 ). "Er starb als sächsischer Major im Dec. 1807 2 ) zu Danzig in Folge der beschwerlichen Küstenwachen bei Colberg. Franzosen, Sachsen und Polen brachten ihn feierlich zur Gruft. Er war mild und bescheiden; ihm war das unverdiente Schicksal seines Vaters wohl bekannt". - Sein Schwager, der Steuer=Revisor Wilmersdorf, lebte noch 1822 zu Oelsnitz 3 ).

12. Carl Friederich Liscow,

geb. 1749, welcher schon 1752 starb [H. S. 63]; und nach Familiennachrichten zu Eilenburg noch zwei Töchter [H. S. 74], über deren Schicksal das Kirchenbuch von Berg berichtet 4 ):

13. Christiane Wilhelmine Liscow,

geb. 7. Sept. 1751, welche erst am 15. Februar 1811 unverheirathet zu Eilenburg starb [H. S. 74];

14. Charlotte Christiane Liscow,

geb. 8. Dec. 1752 [H. S. 74, gest. 14 April 1796, wahrscheinlich ebenfalls unverheirathet, da das Kirchenbuch nichts weiter berichtet.

Der sächsische Major Friederich August Liscow hinterließ zwei Söhne:


1) Vergl. Schmidt in Holst. Pr. B. 1828. H. 1. S. 122, nach dem Kirchenzeugnisse.
2) Nach Schmidt in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 26, und 1828. H. 1. S. 122. - Helbig S. 75 giebt das Jahr 1818 an.
3) Vergl. Schmidt in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 15.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1828. H. 1. S. 121.
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VI. 15. Friederich August Alexander Liscow,

war im März 1819 Lieutenant bei der sächsischen reitenden Artillerie 1 ) und lebt noch jetzt als Oberlieutenant von der Armee in Dresden [H. S. VI u. 75];

16. Friederich August Albert Liscow

widmete sich im J. 1819 den Wissenschaften auf der Fürstenschule zu Grimma; er soll damals im Besitze der großväterlichen Papiere gewesen sein 1 ).


Ueber die Fortpflanzung der Familie Liscow in den Ostseeländern durch C. L. Liscows Oheim und Brüder bis auf unsere Tage fehlt es ganz an Nachrichten.

Von Kindern des im J. 1725 gestorbenen Predigers Heinrich Christian Liscow zu Volkenshagen, von denen allein die Rede sein könnte, ist keine Spur zu finden.

Am 23. Sept. 1824 starb zu Lauenburg unverheirathet Johann Georg Lescow, 82 Jahre alt, früher Prediger zu Lauenburg und Artlenburg. Dieser Lescow war in Eutin geboren, wo sein Vater Hofmaler gewesen sein soll. Als Candidat lebte er in Lübeck. Ein Brudersohn von ihm, früher Rathmann in Lauenburg, lebt jetzt als Landmann in Dassendorf, und ein anderer lebt als Maler in Nordamerika. Diese Familie Lescow wird aber nicht zu der Familie Liscow gehören, da schon zu der Zeit C. L. Liscows nach den "Briefen der Ungelehrten" ein Stadtsecretair Lescow zu Eutin unter den Subscribenten erscheint. Zur Vermeidung künftig etwa möglicher Irrthümer sind diese Nachrichten hier mitgetheilt.


2. Liskows Geburt.

Aus dem vorstehenden Stammbaume erhellet, daß unser Christian Ludwig Liscow der älteste Sohn des Predigers Joachim Friederich Liscow zu Wittenburg in Meklenburg=Schwerin war und zu Wittenburg geboren und am 29. April 1701 getauft ist. Dies alles ist bis auf die neuern Zeiten nicht bekannt gewesen. Obgleich diese Umstände nach den eben aus den Originalquellen mitgetheilten Nachrichten nicht zu bezweifeln sind, so möge hier doch zur größern Sicherheit ein be=


1) Nach Schmidt Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 17 u. 26.
1) Nach Schmidt Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 17 u. 26.
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glaubigtes Zeugniß aus dem wittenburger Kirchenbuche 1 ) Raum finden, welche im schwerinschen Freimüthigen Abendblatt, 1827, Nr. 462 S. 921 mitgetheilt ist:

"Johann Friedrich Liskow - geboren zu Westenbrügge, in der Rostockschen Superintendentur und der Buckowschen Präpositur, im Jahre des Heils Ein Tausend sechs Hundert fünf und siebenzig am 12ten März -ward zum Prediger nach Wittenburg berufen Eintausend sechshundert neun und neunzig.; ließ Eintausend siebenhundert und ein am 29sten April seinen Sohn taufen und ihn nennen Christian Ludwig;

Die Gevattern sind gewesen: 1) Die Durchl. Herzogin zu Grabow, Christine Wilhelmine, 2) die Durchl. Prinzessin Sophia Louise, 3) der Durchl. Prinz Christian Ludwig,

und starb in Wittenburg den 25sten Juli Eintausend siebenhundert ein und zwanzig, in einem Alter von 46 Jahren, nachdem er sein Seelsorgeramt daselbst 22 Jahr mit aller Treue und Sorgfalt verwaltet. Seine hinterbliebene Frau Wittwe wurde am 11ten Junii (ohne Jahreszahl) auf erhaltene hochfürstl. Dispensation des Abends in der Stille in der Kirche beigesetzt; es ist drei Stunden geläutet worden, und im Hause eine Parentation gehalten."

Daß die hiesigen Kirchenbücher dieß deutlich sagen, bezeuge ich sub fide pastorali.

Wittenburg, am 10. April 1826.

(L. S.) B. E. Glüer, Past. pr.

Nach den Originalquellen steht also Liscows Tauftag fest. Jedoch war schon lange vor der Mittheilung des Taufzeugnisses Liscows Herkunft, Geburtsort und Geburtstag bekannt. Der in den vaterländischen Wissenschaften gründlich bewanderte Mag. Siemssen zu Rostock theilt im Freimüth. Abendbl. 1827, Nr. 465, S. 982, mit, daß

"der Geburtsort (Wittenburg) und der Geburtstag (der 26ste April 1701) des vormaligen Sächsischen Kriegsraths Liskow schon vor zwanzig Jahren aus einer authentischen Quelle in der Irene (1. April 1806) gemeldet worden" 2 ),


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 3. S. 528.
2) Ein anderes, über die übrigen Familienglieder in manchen Stücken ausführlicheres, jedoch auch wieder mangelhafteres Kirchenzeugniß steht in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 26.
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und auch im Norddeutschen Unterhaltungsblatt, 1816, I, 1, S. 40-41, ist Liscows Herkunft aus Wittenburg richtig angegeben.

Da nun der auf den 26sten April 1701 angegebene Geburtstag Liscows zu seinem zweiffellosen Tauftage am 29. April 1701 stimmt, so steht dieser Tag als Geburtstag Liscows wohl nicht zu bezweifeln.


3. Liscows Jugendbildung.

Liscows Jugendbildung ist die dunkelste Seite seiner Lebens. Den ersten Unterricht erhielt er wahrscheinlich im älterlichen Hause in seiner Vaterstadt Wittenburg 1 ). Nach den wohl nicht zu bezweifelnden Mittheilungen des Dompropstes Dreyer zu Lübeck besuchte er darauf das Gymnasium zu Lübeck. Gewißheit ist hierüber nicht mehr zu erlangen, da das Schülerverzeichniß dieser Schule erst mit dem J. 1750 beginnt 2 ). In der Monatsschrift von und für Meklenburg, 1789, Stück 9, S. 895, wird gesagt: "Ich erinnere mich, von einem längst verstorbenen Manne, welcher 1739 zu Wismar auf Schulen gewesen war, gehöret zu haben, daß Liscow damals zu Wismar gewesen sei." Wie sich weiter unten ausweisen wird, ist diese Nachricht richtig; Liscow war jedoch damals ein Mann von 38 Jahren. Man hat 3 ) aber aus dieser ganz einfachen und klaren Angabe herausgelesen und verbreitet, Liscow habe die Schule zu Wismar 4 ) besucht. Sichere Nachricht wird auch hierüber nicht zu gewinnen sein, da die wismarschen Schülerverzeichnisse ebenfalls erst um die Mitte des vorigen Jahrhunderts anfangen 5 ). Die Verzeichnisse der Schüler der Domschule zu Schwerin umfassen den Zeitraum von 1668 bis 1785, enthalten aber eben so wenig einen Liscow 6 ), als die Verzeichnisse der Domschule zu Güstrow, welche mit dem J. 1702


1) Liscow schreibt z. B. eine große, klare, feste, schöne, geläufige Handschrift, welche sich vor andern sehr auszeichnet und der Handschrift seines Vaters sehr ähnlich ist.
2) Nach Mitteilung des Herrn Dr. Deecke zu Lübeck.
3) Z. B. im Norddeutschen Unterhaltungsblatt, I. 1. S. 42.
4) Schmidt in Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 4. nimmt, ohne besondere Zeugnisse an, Liscow habe zuerst die Schule zu Wismar, dann die Schule zu Lübeck besucht. Schon aus der wissenschaftlichen Dichtung, welche bekanntlich durch den lübecker Rector von Seelen so sehr gepflegt ward, mochte man schließen, daß er seine Hauptbildung zu Lübeck empfangen habe.
5) Nach Mittheilung des Herrn Directors, Professors Dr. Crain zu Wismar.
6) Nach Mittheilung des Herrn Directors Dr. Wex zu Schwerin.
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beginnen 1 ). Man muß also annehmen, daß Liscow die Schule zu Lübeck besucht habe, da Dreyer, ein historisch=gebildeter und zuverlässiger Mann, Liscows Jugendjahren noch nahe genug stand und Liscow sich späterhin in seinen Candidatenjahren wieder viel in Lübeck bewegte und hier viele Freunde hatte.

Siebzehn Jahre alt bezog er die Universität Rostock. Er ward am 17. Junii 1718 immatriculirt 2 ), nach der Universitäts=Matrikel mit diesen Worten:

"1718, mense Junio, die 17, Christ. Ludov. Liscovius Wittenb. Megap."

An demselben Tage ward sein mutmaßlicher Jugendfreund "Joh. Henr. Wiesener Wittenb. Megap." mit ihm immatriculirt 3 ). Nach den spätern Aeußerungen seiner Thätigkeit studirte er die Rechtswissenschaft und wandte großen Fleiß auf seine Bildung in den classischen Sprachen und andern allgemein bildenden Wissenschaften, auch in der neuern, namentlich der französischen Literatur, welche ihm sein ganzes Leben hindurch große Dienste leistete.

Vermuthet ist, daß Liscow im Anfange Theologie und später Jurisprudenz studirt habe, da er auch in der Theologie sehr bewandert war 4 ). Die Anspielungen Philippi's hierauf haben nicht viel Gewicht, da dieser die beiden Brüder oft verwechselte und nicht recht wußte, woran er.

Die rostocker Universitäts=Matrikel, welche wiederholt durchforscht ist, giebt die Facultät, welcher Liscow angehörte, nirgends an. Es dürfte sich aber wohl mit Gewißheit annehmen lassen, daß Liscow zuerst Theologie studirt habe, da er in seinen Schriften mehr gelehrte theologische Kenntnisse an den Tag legt, als man von einem Juristen seiner Zeit erwarten kann. Uebrigens wird sich ein so bedeutender Geist, wie Liscow, nicht ängstlich auf eine Facultät beschränkt haben; seine Schriften beweisen, daß ihm nichts von dem ferne lag, was den menschlichen Geist fesseln kann.

Ueber Liscows Universitätsleben theilt der Pastor Coch zu Alt=Rahlstedt, ein Enkel der Schwester Liscows, dem Prof. Kordes zu Kiel am 21. Jun. 1815 brieflich folgende Anecdote


1) Nach Mitteilung des Herrn Directors, Oberschulraths und Professors Dr. Besser zu Güstrow.
2) Diese Nachricht ist auch schon gedruckt in den Annalen der Univ. Rostock, 1790. 2. St. 16. und in der Monatsschrift von und für Meklenb. 1790. St. 8. S. 539.
3) Am 18. Julii 1705 ward, "Johann Martin Lisco Cöslin. Pomer." zu Rostock immatriculirt, vielleicht ein Stammesverwandter Liscows, obgleich sein Name Lisco geschrieben ist.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 6.
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mit 1 ), welche er von seiner Großmutter oft gehört hat. Zur Feier des Reformationsfestes sei in Rostock eine Disputation zwischen Luther und Tetzel durch zwei Studirende vorgestellt worden. Luthers Rolle sei fleißig eingeübt; die Rolle des Tetzel, welche Liscow übernommen habe, sei völlig vernachlässigt. Liscow habe aber mit eigener Gewandtheit den Ablaß so vertheidigt, daß er nicht nur seinen Gegner, sondern auch den zu Hülfe eilenden Präses aus dem Felde geschlagen habe, von welchem letztern die Disputation unterbrochen und aufgehoben sei. Des gegebenen Aergernisses wegen sei Liscow relegirt und von seinem Vater, der die Geschichte nie habe vergessen können, mit einer Ohrfeige zu Hause empfangen; Liscow aber habe die Theologie verlassen und sich dem Studium der Rechtsgelehrsamkeit gewidmet. - So interessant diese Anecdote auch sein und in mancher Hinsicht wahr sein mag, so ist sie doch in der Chronologie nicht richtig, da das Jubiläum der Reformation 1717 gefeiert, Liscow aber erst 1718 zu Rostock immatriculirt ward. Jedoch ward im J. 1720 das Jubiläum der Universität feierlich begangen.

[Daß er darauf in Jena studirt habe, beweist ein Collegienheft über Geisterlehre aus Jena vom J. 1722 unter seinen Papieren, und ein anderes Heft von Thomasius de jure decori berechtigt zu der Vermuthung, daß er auch zu Halle studirt hat. H. S. 1-2]


4. Liscows Candidatenstand.

Liscows Candidatenstand ist für die deutsche Literatur die wichtigste Periode seines Lebens, da seine sämmtlichen, durch den Druck bekannt gewordenen schriftstellerischen Erzeugnisse in diesen Zeitraum fallen, dessen reichster Abschnitt und eigentlich Liscows ganze literarische Thätigkeit von den Jahren 1732-1735, also von Liscows 33-36stem Lebensjahre, begrenzt wird.

Wohin Liscow sich nach Beendigung seiner Universitätsstudien gewandt habe, ist nicht bekannt. Seine satirische Kritik des vom Professor Mantzel zu Rostock herausgegebenen Naturrechts, welche Liscow erst im J. 1735 drucken ließ, ist von Schwerin am 30. Nov. 1726 datirt; diese Schrift würde also die erste schriftstellerische Arbeit Liscows sein. Es ist wohl die Meinung geäußert, als sei das Datum erdichtet; aber Liscow spricht es zu oft aus, daß er die Kritik 10 Jahre vor ihrem Erscheinen


1) Vollständig gedruckt in Falck's Staatsbürgerl. Magazin für die Herzogthümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, Bd. III. 1823. Heft 1. S. 247.
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geschrieben habe 1 ) als daß man bei seiner großen Offenheit an der Wahrheit dieser Angabe zu zweifeln nöthig hätte. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, daß Liscow sich zuerst nach der Haupt= und Residenzstadt seines Vaterlandes wandte, um so mehr, da er bei dem später erfolgenden Eintritt in fürstliche Dienste am Hofe des Landesherrn schon bekannt war; auch mochte er sich bei der geringen Entfernung seiner Vaterstadt von Schwerin hier manche Bekanntschaft erworben haben, die er für sein Fortkommen für nützlich halten konnte.

Hierauf war Liscow, nach den Mittheilungen in den "Papieren des Kleeblattes", einige Zeit "als Candidat 2 ) der Rechte zu Lübeck im Hause des Domdechanten und Geheime Raths von Thienen 3 ) Privatlehrer seiner beiden Stiefsöhne, der jungen Herren von Brömbsen. Hier erfuhr er eine Unannehmlichkeit (wovon ich die authentische Nachricht der Gefälligkeit des Herrn Cantor Schnobel in Lübeck verdanke), eine Unannehmlichkeit, welche die entferntere Bewegursache zu seinem Streite mit Sievers gewesen sein soll. Der Dechant von Thienen ließ nämlich seine Stiefsöhne von dem Cantor Sievers, dem Vater des Magisters, examiniren, um zu sehen, was Liscows Unterricht gefruchtet habe. - - Liscow erhielt Vorwürfe und der Herr Cantor seine Schüler. Dies kränkte ihn. - - Die erste Blöße gab ihm der junge Magister gleich nach seiner Rückkehr von der Academie durch ein Avertissement, worin er um Beiträge zu einem "itzt lebenden gelehrten Lübecks bat und zugleich es ankündigte. Liscow parodirte es, wozu Liscow allenfalls Veranlassung genug in dem albernen Avertissement des Magisters finden konnte, ohne daß wir daraus eben auf persönlichen Groll schließen dürften, wenn nicht obige Anecdote es einigermaßen wahrscheinlich machte. Dem sey ihm wolle, so begreifen wir nun, wie Sievers so hastig unsern Satyricker für den Verfasser der scharfen Recension erklären und dadurch so unbesonnen die eigentliche Fehde veranlassen konnte."


1) Vergl. unten zum J. 1735.
2) Hiemit steht nicht in Widerspruch, wenn Liscow auch "Student" genant wird. In der damaligen Zeit war dies übliche Redeweise. Bei Pfarrbesetzungen z. B. werden die Candidaten, weiche noch kein Amt gehabt haben, gewöhnlich Studenten genannt.
3) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 5. Daß Liscow wirklich in dem Hause des Domdechanten, kaiserl. Kammerherrn und Reichshofraths von Thienen als Erzieher seiner Stiefsöhne lebte, ist sicher, da die Tochter des ältern von Brömbsen oft ihren Vater darüber hat reden hören. Vergl. Holst. Pr. B. 1823. H. 1. S. 95-96. - Liscow wird in dieser Zeit zuweilen Magister genannt, d. i. nach damaliger Redeweise wohl nur: Lehrer.
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Der Magister Sievers, Sohn des Cantors Sievers zu Lübeck (1701, † 1736), war ein zwar fleißiger, aber unreifer, anmaßender junger Mensch, welcher schon in seinem 21. Lebensjahre zu schriftstellern anfing 1 ). Nach dem Verzeichnisse der von ihm herausgegebenen Schriften, welches seiner "Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu Christi, Lübeck, 1732", angehängt ist, erschienen seine "poetischen" Erstlinge im J. 1726. In den Jahren 1728 bis 1730 erschienen zahlreiche Schriften von ihm zu Rostock, wo er sich aufhielt 2 ) und "die studirende "Jugend unterrichtete 3 )". Seit 1730 kamen seine Schriften zu Lübeck heraus, wohin er in diesem Jahre zurückgekehrt war. Eine derselben 4 ) stattete der Rector von Seelen mit einer Vorrede aus; dieser, welcher 1718-1762 Rector zu Lübeck war 5 ), also Liscow, Sievers und Dreyer kannte, konnte daher über Liscow noch zuverlässige Nachricht geben.

[Im J. 1729 war Liscow nach einem Briefe seines Bruders in Lübeck 6 ), vielleicht schon zu der Zeit, vielleicht auch etwas später, als Erzieher im Hause des Domdechanten und Geheimen=Raths von Thienen]. "In dem gedruckten Verzeichnisse der Gelehrten, die zur Zeit des Reformationsfestes zu Lübeck 1730 daselbst gewohnt haben, kommt auch Christian Ludwig Liscow, candidatus juris, vor 7 )." Im J. 1729 lernte ihn Gottsched auf seiner Rückreise von Königsberg und Danzig zu Lübeck kennen 8 ) und blieb einige Zeit mit ihm in Verkehr, ja scheint ihn zu seiner Schriftstellerei veranlaßt zu haben, bis Liscows Selbstständigkeit ihn endlich selbst vernichtete.


1) Vergl. Liscows Vorrede S. 7; Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 5; 1825. H. 4. S. 740 flgd.
2) Nachrichten über den Mag. Sievers finden sich in dessen eigenen und in Liscows Schriften, so wie in den "Papieren des Kleeblattes," auch in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 5 flgd. Eine gleichzeitige Chronik der Stadt Rostock (von Segnitz), handschriftlich im Archive zu Schwerin, berichtet noch. Folgendes: "1730. "Jan. 3. Hr. Mag. Sievers, Kayserl. gekrönter Poet, schreibt Satyrische Patrioten" (des Satyrischen Patrioten in gebundener Rede VI Theile, 4, Rostock, 1730). "Alle Monahte gibt er 2 Bogen heraus und hat damit in diesen Monaht einen Anfang gemacht, worinnen er unterschiedliche gar hefftig angegriffen, weßfalß der Studiosus Baudin ein Carmen wieder herausgegeben auf Ahrt eines Patents und solche auf des Hn. Cant. Mag. Krusen Hochzeit distribuiren lassen, worin er wiederum gedachten Hn. Mag. ziemlich angegriffen."
3) Vergl. Liscows Vorrede S. 7.
4) Opuscula Academica Varno-Balthica, cum praef. L. Jo. Henr. a Seelen. Lübeck. 1730.
5) Vergl. Deecke Das Catharineum zu Lübeck, 1843, S. 50.
6) Vergl. Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 7.
7) Vergl. daselbst 1825. H. 2. S. 354; 1825. H. 2. S. 730; 1827. H. 3. S. 530.
8) Vergl. daselbst 1821. H. 5. S. 8.
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Die Anzeige zu der Herausgabe eines "Gelehrten Lübecks" von Sievers erschien (vergl. oben S. 104) am 28. Dec. 1730, Liscows Parodie 1 ) zu Lübeck am 11. Jan. 1731. In diesen Jahren lebte Liscow also noch zu Lübeck, und wahrscheinlich war damals sein Verhältniß zu dem Geheimen=Rath von Thienen schon aufgelöst. Im J. 1732 erschien von Sievers, dem Magister, kaiserl. gekrönten Poeten und Mitgliede der königl. preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, die verhängnißvolle "Geschichte des Leidens und Sterbens Jesu Christi", über welche bald darauf in dem Hamburgischen Correspondenten eine scharfe Recension erschien. Sievers hielt Liscow für den Verfasser derselben und trat öffentlich gegen diesen auf. Dies war die unmittelbare Veranlassung des Streites, welcher unsern Liscow auf das Feld der Satire rief, indem Liscow in der Vorrede zu der Sammlung seiner Schriften selbst sagt, daß "Sievers ihn für den Verfasser der Recension gegen ihn hielt, vermuthlich weil er an seines Vaters Beleidigung dachte und kein gutes Gewissen hatte." Daß Liscow während der Zeit seiner satirischen Feldzüge gegen Sievers, in welche auch seine Satiren gegen den Professor Philippi begannen, also in den Jahren 1732-1734, in Lübeck wohnte, geht aus vielen Stellen seiner Vorrede zu der Sammlung seiner Schriften, 1739, S. 8 flgd., klar hervor; namentlich sagt er hier S. 38, daß im J. 1733 eine Schrift "an ihn nach Lübeck geschickt" worden sei.

Nach Beendigung des Streites mit dem Magister Sievers (1733), welcher denselben sogar auf die Kanzel brachte 2 ) und dadurch die Geistlichkeit aufzuhetzen suchte, verließ Liscow Lübeck. [Er lebte hier noch privatisirend am 12. Febr. 1734, als er das von Helbig aufgefundene und S. 28-40 abgedruckte ironische Danksagungsschreiben "an die deutsche Gesellschaft in Jena" schrieb, welche ihn zum Mitgliede ernannt hatte. H.] Bald darauf finden wir ihn jedoch in andern Verhältnissen.

Die bisher bekannten ältern Nachrichten sagen: "Von Lübeck ging Liscow darauf als Privatsecretair zu dem Geheimen=Rath von Blome, dem Probst des adelichen Klosters Pretz, ungefähr um das J. 1738 und 1739. In und vor dieser Periode hat er auch einige Zeit in Mecklenburg auf dem Lande zugebracht." Aber dann bleibt die Zeit von 1734 bis 1738 in Liscows Leben, eine sehr wichtige Zeit, völlig dunkel. Andere


1) Sievers Ankündigung und Liscows Parodie sind gedruckt in den Papieren des Kleeblattes, S. 238-245.
2) Vergl. Liscows Vorrede S. 15.
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Ueberlieferungen 1 ) sagen, daß er sich nach seinem Weggange aus Lübeck auch einige Zeit in Wismar aufgehalten habe. An beiden Ueberlieferungen ist etwas Wahres, jedoch sind beide zu unbestimmt, als daß sie einen klaren Blick in Liscows Leben gönnten. Schmidt ist der Meinung, daß Liscow von Lübeck nach Hamburg gegangen sei, indem er sagt 2 ): "Er blieb in Lübeck bis zum Sommer 1734, wo er zu seiner sterbenden Mutter nach Wittenburg, und von da nach Hamburg ging," und 3 ): "Nachdem er den Herbst 1834 und die ersten Monate 1835 in Meklenburg mit Verfertigung der gedachten Schriften und mit Regulirung der mütterlichen Erbschaft zugebracht hatte, ging er im März 1735 nach Hamburg." Allerdings starb seine Mutter im J. 1734 und ward am 11. Junii d. J. begraben; jedoch ist diese eine Begebenheit nicht hinreichend, um einen wichtigen Zeitabschnitt aufzuklären.

Die Originalquellen des schweriner Archivs geben über diese dunkle Periode in Liscows Leben vollständige Aufklärung. Nach seinem Weggange aus Lübeck nahm Liscow, ohne Zweifel im J. 1734, wahrscheinlich als Privatsecretair, Dienste bei dem schleswig=holsteinschen Geheimen=Rath Matthias von Clausenheim 4 ). Dieser, der Enkel des holstein=gottorfischen Leibarztes Matthias Clausen, war mit seinem Vater nicht lange vorher unter dem Namen von Clausenheim geadelt. Er war Domherr in Hamburg, zuerst unter seinem Vater Landrentmeister und Cammerrath, dann seit 1721 Geheimerrath in holstein=gottorfischen Diensten 5 ), verließ dieselben im J. 1732 und lebte seitdem in Hamburg, wo er am 6. April 1744 starb. Seine Frau war Margaretha Lucia Redecke, einzige Erbin ihres im J. 1716 verstorbenen Vaters, des Hofraths Heinrich Rudolph Redecke; sie brachte ihrem Manne aus der väterlichen Erbschaft als weibliche Lehnträgerin die Güter Scharstorf und Gr. Potrems mit der Meierei Wendorf, den Bauern in Kl. Potrems und einem Theile des Bauerndorfes Prisannewitz, alle neben einander bei Lage liegend, zu. Im J. 1726 kaufte der Geheimerath von Clausenheim dazu von der Familie von Bischwang als sein Hauptgut das in der Nähe von Liscows Vaterstadt Wittenburg liegende Gut Körchow und im J. 1732 das Gut Brahlstorf, nicht weit von Körchow, zwischen Hagenow und Boizenburg. Der Ge=


1) Vergl. Monatsschrift von und für Mecklenburg, 1789, Stück 8, S. 895.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 8; 1822. H. 2. S. 1-5, 12.
3) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 1. S. 12.
4) Vergl. unten Briefe Nr. 1. 2. u. 12.
5) Vergl. Holst. Pr. B. 1826. H. 1. S. 77-78.
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heimerath halte mit diesen großen Gütern viele Geschäfte und manche Streitigkeiten erhalten, welche ihm den Beistand eines in Meklenburg bekannten Mannes und eines gewandten Geschäftsführers wünschenswerth machen mochten. In diesen Verhältnissen lebte Liscow nun bald in Hamburg, bald öfter längere Zeit in ländlicher Stille zu Körchow. Hier in Körchow schrieb er die Satire: "Eines berühmten Medici Glaubwürdiger Bericht von dem Zustande, in welchem er den Professor Philippi den 20sten Junii 1734 angetroffen," welche zu "Merseburg," oder vielmehr zu Lauenburg, 1734 gedruckt ward. Liscow sagt dies selbst 1 ) mit den Worten:

"Ich hatte diese Schrift in Mecklenburg auf dem Lande gemacht."

Die ländliche Muße und die Nähe seines Verlegers in Hamburg gönnten ihm auch Zeit und Gelegenheit, in denselben Jahre 1734 seine meisterhafte Satire: "Von der Vortrefflichkeit und Nothwendigkeit der elenden Scribenten," welche von allen seinen Schriften "den besten Abgang" gehabt 2 ), ein rein dichterisches und allgemeines Werk ohne persönliche Tendenzen, jedoch ohne Zweifel eine Frucht seiner persönlichen Streitigkeiten, zu redigiren und drucken zu lassen. Er hatte diese Satire schon im J. 1732 versprochen 3 ) und arbeitete wohl schon seit dieser Zeit an derselben, obgleich Liscow, nach seinen handschriftlichen Erzeugnissen zu urtheilen, gewiß sehr leicht schrieb.

In denselben Verhältnissen gab Liscow im J. 1735 zu "Kiel" auch seine Satire gegen den rostocker Professor Mantzel 4 ) heraus, welche er schon im J. 1726, nach dem Datum zu Schwerin, geschrieben hatte 5 ) und jetzt beim Ausbruche von Streitigkeiten über denselben Gegenstand 6 ) mit dem Professor drucken ließ. Daß diese Schrift zu "Kiel" herauskam und Liscow ein offenes Schreiben an Mantzel auch von "Kiel" datirte 7 ), hat vielleicht darin seine Veranlassung, daß der Geheimerath von Clausenheim wohl mitunter diesen seinen frühern Wohnort, wo er gewiß öfter Geschäfte hatte, mit Liscow besuchte.


1) Vergl. Liscows Vorrede zu der Sammlung seiner Schriften, 1739. S. 44.
2) Vergl. daselbst, S. 49.
3) Vergl. Liscows Gesammelte Werke, S. 89. - Neu aufgelegt ward diese Satire schon im J. 1736.
4) Ueber die durch den Streit mit Mantzel entstandenen Berührungen mit Reinbeck und über Kästners Urtheil vergl. man Schröders treffliche Andeutungen in Holst. Pr. B. 1824. H. 4. S. 155 flgd.
5) Vergl. Liscows Gesammelte Werke, S. 577, 629, 772, 890, 894.
6) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 17.
7) Vergl. Liscows Gesammelte Schriften, S. 895.
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Durch diese Verhältnisse wird denn auch die Stelle in Hagedorns Anmeldungs=Epistel an J. F. Liscow 1 ) vom 10. März 1735 klar, wenn Hagedorn sagt:

"Ach, stellte sich zugleich Dein Bruder bei Dir ein,
So würde mir der Adern frohe Regung
Und meines Bluts ergötzende Bewegung
Ganz unvermeidlich seyn.
Du mußt ihm unverzüglich schreiben,
Er solle ja nicht lang ausbleiben."

Ob Liscow in dieser Zeit Theil an dem hamburger Correspondenten gehabt habe, läßt sich nicht mit Bestimmtheit behaupten, jedoch vermuthen, da er gewiß öfter kleinere Aufsätze schrieb und "Kritiken in die gelehrten Blätter" lieferte 2 ). Nach Schmidts Bericht 3 ) wurden "die hamburgischen Anzeigen von den beiden Liscows nebst andern herausgegeben und enthielten schätzbare Beiträge von Hagedorn; auch in den übrigen hamburger Blättern zeichnen sich die Liscowschen Kritiken durch Witz und Gründlichkeit aus." Helbigs Ausspruch: [Liscow privatisirte wahrscheinlich zunächst in Lübeck, wenigstens noch 1734, etwas später, gewiß seit 1735, in Hamburg, wo er bei der Redaction des hamburger Correspondenten betheiligt gewesen zu sein scheint; in dieser Zeit begleitete er auch einen Adeligen auf einer Reise nach Frankreich und England (vergl. allgem. Anzeiger der Deutschen, 1820. Nr. 230): wenigstens wird in einem Briefe seines Freundes Hagedorn vom J. 1739 sein Aufenthalt in Paris erwähnt. H. S. 91.] stützt sich nur auf Vermuthungen und unbegründete Ueberlieferungen. Liscows Reise nach Paris aber geschah unter andern Umständen, als von Helbig angegeben ist, wie aus dem Folgenden hervorgehen wird.

Hiemit hört Liscows schriftstellerische Thätigkeit auf und es ist daher ein höchst glückliches Ereigniß, daß er Freiheit und Muße gewann, wenigstens seine bis dahin ausgearbeiteten Schriften der Presse zu übergeben.

Liscow befand sich noch im Anfange des Monats Octobeer 1735 im Dienste des Geheimenraths von Clausenheim zu Körchow, als sich hier für ihn Gelegenheit bot, bei dem Herzoge Carl Leopold von Meklenburg Dienste zu nehmen.


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2 S. 13.
2) Vergl. das. S. 16 flgd.
3) Vergl. das. S. 5.
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5. Liscows Staatsdienst in Meklenburg.

Von einer amtlichen Stellung Liscows in Meklenburg 1 ) ist bisher nichts bekannt, überhaupt die Geschichte seines Lebens während seiner Anstellung in Meklenburg völlig dunkel gewesen. Die einzige Andeutung ist in der Monatsschrift von und für Meklenburg, 1789, Stück 8, S. 894, enthalten, indem ein unbekannter Verfasser sagt: "Von Lübeck kam er als Privatsecretair zu dem Geheimenrath von Blome, dem Probste des adelichen Klosters zu Pretz, ungefähr im J. 1738-1739. Um diese Zeit, aber auch schon 1734, vielleicht noch früher, lebte er eine Weile im Mecklenburgischen. Ich erinnere, mich auch, von einem längst verstorbenen Manne, welcher bis 1739 zu Wismar auf Schulen gewesen war, gehört zu haben, daß Liscow damahls zu Wismar, und, wenn ich nicht irre, bey seinem Bruder gewesen sey."

Liscows amtliche Stellung in Meklenburg, welche für sein Leben eben so einflußreich ist, als die darüber vorhandenen Papiere für die Erkenntniß seines Charakters wichtig sind, ist der Hauptgegenstand dieser Schilderung. Es werden in dem Anhange hier alle Actenstücke darüber vollständig mitgetheilt werden, weil magere Berichte aus Briefen nicht viel nützen. Aus diesen Actenstücken des großherzoglichen Geheimen= und Haupt=Archivs, welche im Fortschritte der Forschung nach und nach Zusammenhang unter sich gewonnen haben, ist folgende Schilderung entnommen.

Die Schicksale und Handlungen des Herzogs Carl Leopold von Meklenburg sind bekannt genug, weniger vielleicht sein Charakter. In seinen heftigen Streitigkeiten mit den Landständen räumte er vor einer kaiserlichen Commission und Executions=Armee das Feld und ging im J. 1721 nach Danzig, von wo aus er, immerfort protestirend, regierte. Als sein Bruder Christian Ludwig, ein ausgezeichnet wohlmeinender Fürst, zum Administrator des Landes ernannt war, erschien er plötzlich im J. 1730 2 ) wieder in Schwerin, um seine Rechte selbst wahrzunehmen. Er hielt sich hier unter großen Stürmen, bis im J. 1735 neue Executions=Truppen vor Schwerin erschienen, die Stadt nach mehrtägiger Belagerung einnahmen und den Herzog


1) Dieser bisher ganz unbekannte, wichtige Abschnitt in Liscows Leben ist auch von Helbig unberührt gelassen, da es bisher an Quellen fehlte.
2) Es ist merkwürdig, daß Liscow kurz vor der Zeit, als der Herzog Christian Ludwig, sein Pathe, zum Landesadministrator bestellt ward, aus Meklenburg ging. Es scheinen ihn aber mehr Familienverhältnisse, als Politik dazu veranlaßt zu haben.
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zur Flucht nötigten. Er ging am 9. Februar 1735 mit wenigen Dienern nach Wismar, welches bekanntlich seit dem westphälischen Frieden schwedisch war, und blieb hier bis zum J. 1741. Von Wismar ging er nach Dömitz, wo im J. 1747 der Tod seinem stürmevollen Leben ein Ende machte. In Wismar fuhr er unerschütterlich fort, die Rechte seiner Regierung zu behaupten; zugleich wandte er sich an mehrere Fürsten, um durch ihre Hülfe, durch Einfluß oder Gewalt, wieder zur wirklichen Herrschaft zu gelangen.

Es fehlte ihm aber zunächst an gewandten, kenntnißreichen Dienern; diese mußten vor allen Dingen erst gewonnen werden, da viele aus seiner bisherigen Umgebung ihm nicht gefolgt waren. Ein Mann ganz nach des Herzogs bessern Wünschen geschaffen, war Liscow, und dieser hätte ihm bedeutende Dienste leisten können, wenn des Herzogs Fehler nicht jeder bedeutenden Persönlichkeit hindernd in den Weg getreten wären.

Einer der ersten, welche der Herzog in Wismar in seine Dienste zog, war Daniel Christian Mester, welcher schon 18. Jahre in fürstlichen Diensten gestanden hatte, zuletzt als Postsecretair zu Schwerin. Im J. 1727 war er Burgemeister in Sternberg geworden. Bald nach des Herzogs Carl Leopold Ankunft in Wismar erscheint er diesem, jedoch unter dem Titel eines Burgemeisters von Sternberg, dienend, erhielt aber seine Anstellung als "wirklicher Secretair" des Herzogs erst am 9. Nov. 1736; dieser verharrte bei dem Herzoge, indem dieser ihm seine Bestallung am 23. Oct. 1743 erneuerte. Mester ward also sehr bald Liscows Specialcollege, an welchen viele von Liscows Briefen gerichtet sind.

Liscow hielt sich im Herbste 1735 auf seines Principals Gute Körchow auf, als der Arzt Dr. Heintze von Wismar aus ihm im Auftrage des Herzogs Carl Leopold den Antrag machte, in dessen Dienste zu treten 1 ). Heintze war wahrscheinlich ein Schul= oder Universitätsfreund Liscows, da dieser ihn seinen "Herrn Bruder" nennt. Liscow war durch diesen "unvermutheten" Antrag sehr und, wie es scheint, freudig und ernst überrascht und versprach in seinem Antwortschreiben vom 4. Oct. 1735, in den nächsten Tagen nach Wismar zu kommen. Nachdem hier Mester mit ihm über seine besondern Dienstverhältnisse unterhandelt hatte, erklärte Liscow sich am 11. Oct. in einem französischen Schreiben an den Herzog bereit, in seine Dienste zu treten, so bald er sein Verhältniß zu dem Herrn


1) Die folgende Darstellung dieser Abschnittes wird durch die am Ende mitgeteilten Briefe belegt, deren Anführung daher im Texte unterlassen ist. Was in diesen Briefen nicht enthalten ist, ist aus andern Acten des schweriner Archivs geflossen.
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von Clausenheim auflösen könne, wohin er mit allen Kräften streben werde. Doch schon am folgenden Tage, am 12. Oct. 1735, leistete er seinen Diensteid und wird Gelegenheit genommen haben, sein Privatdienstverhältniß baldmöglichst oder gleich aufzulösen Liscow war wirklicher Secretair, oder genauer zu reden, Geheimer= und Legations=Secretair des Herzogs Carl Leopold geworden 1 ).

Fragen wir nach den Gründen, welche Liscow veranlaßt haben können, in des viel angefeindeten Fürsten Dienste zu treten, so haben wir keine andere Antwort, als daß es Liscows aufrichtige Neigung war. Liscow hat sich sein ganzes Leben hindurch als einen zu offenen, geraden, festen Charakter gezeigt, als daß sich ein anderer Grund vermuten lassen dürfte. Der von vielen im Volke geliebte Herzog war ursprünglich, trotz seiner Flecken, ein eben so offener, fester Mann, der von seinem Rechte aus voller Seele überzeugt war und eine andere politische Rolle gespielt haben würde, wenn er seinen freilich gewalthaberischen, jedoch auf eigene Rechtsvorstellungen gegründeten Willen gehabt hätte, dessen äußere Erscheinung und innere Richtung dem Wesen des Königs Carl XII. von Schweden so ähnlich war. Dabei ist nicht außer Acht zu lassen, daß alle Partheien einen Theil, der Schuld trugen, da sie in einer beschränkten Zeit lebten und eben von den Vorurtheilen der Zeit befangen waren, wobei sich freilich nicht leugnen läßt, daß im hartnäckigen Kampfe auch des Herzogs Tugenden oft zu Fehlern wurden. Liscows Lebenselement aber war es, da er vor seiner Zeit weit voraus war, die verwerflichen Schwächen der Menschen zu verspotten und zu geißeln, und so liegt es klar am Tage, daß er sich bei den unaufhörlich wiederkehrenden, oft kleinlichen Bestrebungen der politischen Partheien zu einem Manne hingezogen fühlte, dessen Handlungen, die Schranken des gewöhnlichen, gemessenen Lebens überspringend, weit aussehende Pläne im Schilde führten. Daher giebt auch Liscow in seinem ersten Schreiben an den Herzog offen und ehrlich als den Grund seines Schrittes seine "natürliche Neigung" zu dem Fürsten an:


1) Schmidt divinirt schon scharfsinnig, daß Liscow nach Vollendung seiner akademischen Laufbahn im Dienste des Herzogs Carl Leopold gestanden und in dem Familienzwiste der herzoglichen Brüder die Gunst seiner Gevatters verscherzt habe; vergl. Holst. Pr. B. 1821. H. 5. S. 5. Es ist allerdings auffallend, daß Liscow nie mit dem friedliebenden Herzoge Christian Ludwig, seinem Pathen, in Berührung erscheint; jedoch war dessen Stellung lange Zeit durch seinen Bruder vielfach gestört und ohne sicheres Fundament. Auch mochte allen 3 Brüdern Liscow der Auftritt mit ihrem Schwager Coch so unangenehm sein, daß sie lieber im Auslande Dienste suchten, als in einer Zeit, wo der Theologenstand noch viel äußere Würde hatte, sich an dem fein fühlenden Hofe des Herzogs Christian Ludwig bewarben.
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"Bien ne serait plus conforme à l'inclination naturelle, quej'ai toujours eue de servir Votre Altesse Serenissime, et de lui donner marques réelles de ces sentimens de respect et de zèle, qu'on m'a imprimés dès le berceau." Daher versprach er in seinem Dienst=Reverse vom 12. Oct. 1735, mit dem geringen Gehalte von 20 Thalern monatlich, wovon er sich bei "etwa geschehenden Verschickungen auch beköstigen sollte, friedlich zu sein, bis der große Gott nach seinem allerheiligsten Willen baldige bessere Zeiten ins Land schicken" werde. Die Diensteide unter dem Regimente Carl Leopolds haben alle eine besondere individuelle Fassung und waren nicht herkömmliche, nichts sagende Formeln; so verpflichtete sich auch Liscow, "keine Gefahr zu scheuen, bei allen etwa vorkommenden Begebenheiten sich standhaft aufzuführen, was die Landes=Defension und die gerechteste Satisfaction des Fürsten betreffe, mit stets unermüdetem Fleiße zu Stande zu bringen und an seinem Herrn, so lange nach Gottes Willen die unruhigen Zeiten dauern dürften, fest zu halten."

Vielleicht aber mochte Liscow auch die Hoffnung haben, für sein hart bedrängtes Vaterland in seiner Einfluß versprechenden Stellung wirken zu können, worin er sich jedoch gänzlich täuschte, da der Herzog keinen Rath zum Einlenken annahm.

Zunächst verrichtete er mit Mester die vorkommenden Secretariats=Geschäfte zu Wismar. In dieser Zeit (1736) erschien auch die zweite Auflage seiner ausgezeichneten Satire über "die Vortrefflichkeit und Notwendigkeit der elenden Scribenten." Angenehm mochte aber seine Lage in Wismar nicht^ sein, indem er und Mester am 17. Febr. 1736 die bekannte Geheimeräthin von Wolfrath, des Herzogs Maitresse, bei demselben darüber verklagten, daß sie ihnen kein Holz zum Einheizen verabfolgen lassen wolle, und sie ihn daher um etwas Holz baten, da sie bei der Kälte nicht ohne nothdürftige Wärmniß sein könnten. Vertrautern Umgang hatte Liscow nach seinen Briefen in Wismar mit dem Advocaten Crull 1 ).

Bald änderte sich jedoch Liscows Lage. Der Herzog Carl Leopold setzte seine Hoffnung auf das kriegslustige Frankreich, welches endlich trotz der Friedensliebe des Cardinals Fleury seine Waffen siegreich gegen das schwache Oesterreich kehrte, von wo durch hannoversche Vermittelung dem Herzoge alles Unheil kam. Schon von 1728 bis 1731 hatte der Herzog den Dr. Hieronymus von Germann in Paris gehabt; aber sogleich beim


1) Vergl. Briefe Nr. 12 u. 18.
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Ausbruche der Feindseligkeiten sandte er von Wismar aus im J. 1733 seinen Geheimen=Secretair (seit 1734 Hofrath) Christian Wilhelm Heil und seinen Rath Heinrich Günther Raiser nach Paris; beim erfolgreichen Fortschritte der französischen Waffen ward Heil im J. 1734 wieder nach Paris gesandt: beide Male ohne Erfolg, wie es bei den Gesinnungen des Cardinals Fleury nicht anders zu erwarten stand. Da nun Heil die Sache auch ungeschickt angefangen und nichts erreicht hatte, so ward Liscow zu einer Gesandtschaft an den französischen Hof bestimmt, von welchem Carl Leopold jetzt um so mehr Einfluß auf den wiener Hof hoffen mochte, als durch des Cardinals Fleury ehrenwerthes Streben so eben ein für Frankreich günstiger Friede zu Wien verhandelt war und des Herzogs eigene Stellung sich verschlimmert hatte. Am 9. April 1736 erhielt Liscow von dem Herzoge eine eigenhändige Instruction und Briefe an den König Ludwig XV., den Cardinal Fleury und den Siegelbewahrer Chauvelin, und reiste am 11. April nach Paris ab, in Begleitung eines Dieners Namens Loison. Er ging mit der Post nach Rotterdam, mußte hier 14 Tage auf Schiffsgelegenheit nach Calais warten und langte am 26. Mai über Calais in Paris an 1 ). Diese ganze Gesandtschaftsreise war so tiefes Geheimnis, daß selbst seine vertrautesten Freunde in Wismar und Hamburg nicht wußten, wo er war; so viel war gewiß, daß er durch Hamburg gereist war, aber seine dortigen Freunde nicht besucht hatte 2 ). Der Herzog schrieb am 2. Julii 1736 an den französischen Envoyé de Poussin zu Hamburg, der die Correspondenz zwischen dem französischen und dem meklenburgischen Hofe besorgte: "Da Wir zwey Persohnen am 11. Aprilis a. c. von hier an den königl. französischen Hoff abgefertiget, als aber sieder der Zeit nicht die geringste Nachricht von ihnen eingelauffen, ob nicht durch Dero Vermittelung aufs eheste eine Nachricht von Ihr Excellence den Hrn. Garde des sceaux zu erhalten, das jemand von Uns dorten angekommen; der Herr Envoyé werden Uns dadurch sehr obligiren, wenn die Sache sonst in aller Stille geschehe." Der Envoyé wußte aber auch nichts von dem ungenannten Gesandten und antwortete


1) Auf diesen Aufenthalt in Paris bezieht sich Hagedorns Aeußerung in einem Briefe bei Helbig: "Vous y (à Leipzig) serez moins gené et observé, que Vous n'aves été à Lubec, ou peut-ètre à Paris, ville de France, dont Vous n'avez pas gouté tous les agrémens , ou partout où Vous avés été depuis quelques années."
2) Vergl. Brief Nr. 12.
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am 6 Julii, daß er nach Paris geschrieben und sich dort nach den abgeschickten Personen erkundigt habe.

Liscows Reise war von vorne herein vergeblich. Er sollte den König von Frankreich als Garanten des westfälischen Friedens zur Intercession vermögen und ihm dafür Aussicht auf Einfluß in den nordischen Angelegenheiten eröffnen. Daß durch Güte, bei dem angefeindeten Charakter des Herzogs, von einer Vermittelung nichts zu erreichen stand, war klar, und zu einem Kriege für einen Fürsten eines fernen, kleinen Landes konnte sich Frankreich unmöglich bestimmen lassen.

Nachdem Liscow sich in gebräuchliche Hofkleidung gesetzt hatte, ging er sogleich, am 17. Junii, nach Versailles, konnte aber erst am 20. Junii zu einer Audienz bei dem Siegelbewahrer gelangen. Dieser empfing ihn äußerst kalt und mit verächtlicher Miene, und erklärte ihm rund heraus, daß er nicht begreife, wie der Herzog Hülfe von Frankreich erwarten könne. Liscow suchte ihn, in Verfolg der Unterhandlungen mit Heil, auf ein Bündniß mit Rußland hinzuleiten; aber damit kam er gar schlecht an, denn Chauvelin sagte, Frankreich brauche keine Bündnisse und werde Rußland nicht entgegenkommen, welches Frankreich betrogen und verraten habe, und fragte Liscow, ob er denn Vollmachten vom russischen Hofe habe. Als Liscow dies verneinte, kehrte ihm der Siegelbewahrer den Rücken und ließ ihn stehen, nachdem er ihm verheißen hatte, ihn dem Cardinal Fleury vorzustellen. Chauvelin nahm ihn am folgenden Tage zwar mit zum Cardinal, stellte ihn aber nicht vor. Da Liscow nun auch am nächsten Tage keine Vorstellung durch den Siegelbewahrer erlangen konnte, so ging er allein zum Cardinal, welcher ihm sagte, er möge mit dem Siegelbewahrer reden und sich an dessen Worte halten; damit ließ er ihn stehen und Liscow hatte kaum noch Zeit, ihm den Brief an den König zu überreichen. Was Liscow von Chauvelin zu erwarten hatte, wußte er schon; er konnte sich um so weniger irgend einen Erfolg versprechen, als Fleury und Chauvelin eifersüchtig auf einander waren. Daher that Liscow keine Schritte weiter, sondern ging nach Paris zurück, um an den Herzog zu berichten. Er schrieb ihm am 23. Junii, er wolle ihm lieber durch Enthüllung der Wahrheit mißfallen, als ihm durch trügerische Hoffnungen schmeicheln; er habe von Frankreich nichts zu erwarten, es sei denn durch ein Bündniß Frankreichs mit Rußland, welches jedoch Heil sehr unwahrscheinlich gemacht habe, um so mehr, da es durch Rußland angeboten werden müsse; der Herzog müsse sich also an Rußland wenden: etwas anderes und besseres könne er ihm nicht vorschlagen.

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Liscow war überhaupt über diese Mission getäuscht worden: er hatte geglaubt, der französische Hof sei geneigt, dem Herzoge zu helfen; nun aber fand er Alles ganz anders, als er es sich gedacht hatte, er fand Theilnahmslosigkeit und Verachtung und machte die Erfahrung, daß "ein Engel vom Himmel nicht vermögend sei, etwas auszurichten, wenn man ihn nicht hören wolle." Er schrieb daher am 28. Junii an seinen Collegen Mester: "Ich habe die Wahrheit geschrieben und bin nicht der Mann, der jemand mit falscher Hoffnung schmeicheln kann. Es wäre nach gerade Zeit, sich eines bessern zu besinnen und gelindern und vernünftigern Ratschlägen Platz zu geben."

Am 3. Julii ging vom Cardinal Antwort auf das Schreiben des Herzogs ab; der Cardinal ging, um sich aus der unangenehmen Sache zu ziehen, so weit, Liscow in Verdacht zu bringen, indem er, in Widerspruch zu seinen mündlichen Aeußerungen, schrieb, er werde immer seine Vorschläge "hören", habe ihn jedoch nicht wieder gesehen und kenne daher die Mittel und Wege nicht, welche der Herzog zur Abwehr seiner täglich wachsenden Noth vorzuschlagen habe; würde Liscow Mittel angeben können, welche jedoch immer schwieriger erschienen, so werde sich der König mit Vergnügen bereit finden lassen.

Der Herzog zürnte, wie vorauszusehen war, und machte Liscow außerdem Vorwürfe über seine Saumseligkeit; er befahl demselben, in Folge diplomatischer Höflichkeiten aus Wien, weiter zu dringen, da es dem Könige ein leichtes sei, zu helfen, wenn nur Ernst gezeigt werde. Liscow folgte dem Hofe nach Compiegne. Er strebte hier umsonst nach einer Audienz bei dem Siegelbewahrer, obgleich dieser ihn 14 Tage lang in seinem Vorzimmer sah, für einen Mann, wie Liscow, in Wahrheit ein Opfer, welches nur große Pflichttreue und Liebe bringen kann. Endlich faßte er am 28. Julii auf einige Augenblicke den Siegelbewahrer, der ihn auf die trotzigste und hochfahrendste Weise kurz damit unterbrach und abfertigte, man könne doch kein Heer nach Meklenburg senden und werde keine Erklärung zu Gunsten des Herzogs geben, und ihn wieder stehen ließ. Am folgenden Tage erhielt Liscow Antwortschreiben vom Könige und vom Siegelbewahrer, welche nichts weiter waren, als leere Höflichkeitsformeln.

Liscow war jetzt ohne Zweifel vom französischen Hofe entlassen und konnte es doch dem Herzoge gegenüber nicht wagen heimzukehren. Er bat daher am 2. Aug. um Verhaltungsbefehle und um Geld, da er weder Mittel habe in Paris zu bleiben, noch die Kosten der Rückkehr zu bestreiten, um so weniger, da der lange Aufenthalt, seine Kleidung, die Reisen

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und der Verlust auf die ihm mitgegebenen Ducaten seine Casse gänzlich erschöpft hätten. Bei seiner Abreise waren die Reisekosten für ihn und seinen Diener auf ungefähr 500 Thaler genau berechnet; dies konnte natürlich nicht ausreichen. Er schrieb zugleich an Mester und bat auch diesen um Verwendung bei dem Herzoge, damit er Geld erhalte, unter bittern Klagen über seine höchst unangenehme Lage. Mester aber war ein gewöhnlicher Geschäftsmann. Liscow mußte augenblicklich aus Noth, Verlegenheit und Schande gerissen werden; statt Nachsendung von Geld bei dem Herzoge durchzusetzen, verlangte er auf des Herzogs Befehl Vorlegung der Ausgaberechnung. Liscow war über diese Behandlung im höchsten Grade empört und sein hoher, rechtlicher Geist zeigt sich nirgends mehr, als in seiner Antwort an Mester vom 26. Aug.: "ich verlange," schreibt er, "daß man mir die Ehre thue, zu glauben, daß ich mich nicht mit dem elenden Rest einer Summe zu bereichern suchen werde, die so geringe ist, daß es sich kaum der Mühe verlohnen würde, sie ganz zu unterschlagen." Er sah ein, daß über die "Monituren" so viel Zeit hingehen werde, daß er "darüber todt hungern" könne, und bat umgehend um Geld oder um die Gewißheit, daß er nichts haben solle. Liscow kannte wohl zu wenig das Hofleben und den gewöhnlichen Schlendrian des Geschäftsganges, oder wollte vielmehr nicht die gewöhnlichen Wege wandeln; wie die Sache einmal stand, fand er keine Rettung vor der Heftigkeit des Herzogs, der durchaus schleunigst erfolgreiche Hülfe haben wollte, und vor den kleinlichen Forderungen der actenmäßigen Vollständigkeit, hinter welche sich die feigern Diener des Herzogs verschanzten. Und so verlor der Herzog einen seiner treuesten und vielleicht seinen tüchtigsten Dieser, wie er schon oft die Besten auf ähnliche oder noch mehr betrübende Weise verloren hatte.

Liscow hatte um 200 Thaler gebeten. Statt dessen erhielt er Befehl, nach Hause zu kommen. Das konnte er aber nicht ohne Geld. Liscow war, da er sich in Paris nicht halten konnte, am, 4. Sept. nach Rotterdam gegangen, wo er sich durch lübecker Handelsverbindungen eher halten konnte. Von hier forderte er 300 Thaler statt 200 Thaler; er werde zu Hause Rechnung ablegen, aber er verlange jetzt Geld oder die Gewißheit, daß er nichts haben solle, damit er seine Maaßregeln nehmen könne. Der Wirth in Rotterdam wollte ihn ohne Geld nicht fahren lassen, und so ward seine Schuldenlast von Tage zu Tage größer. Unterdessen hatte der Director von Seelen zu Lübeck die Nachricht erhalten, daß Liscow

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von seinem Diener ermordet sei; die Madame Heineken zu Lübeck, des bekannten sächsischen Ministers Mutter, Liscows Freundin, meldete dies am 17. Nov. an Mester mit der so wahren Bemerkung: "er ist ein braver Mensch, aufrichtig, und hat verdient, von großen Herrn estimiret zu werden." Die Nachricht von Liscows Tode war nicht gegründet, vielmehr schleppte sich Liscow mit dem armen Loison umher, den er erhalten mußte.

Liscow wandte sich wiederholt an den Herzog, der ihm aber nicht mehr anwortete. Er fand endlich Freunde, welche die Schulden, die er im Dienste des Herzoge hatte machen müssen, tilgten und ihm Vorschüsse zur Rückreise nach Hamburg machten. Am 25. Nov. war er noch in Rotterdam. Er schrieb am 20. Dec. noch einmal an den Herzog, ohne jedoch einer Antwort gewürdigt zu werden.

Da nahm er endlich am 19. April 1737 zu Hamburg seinen Abschied mit großer Würde, indem er schrieb: "Ich würde nicht ermangeln, mich persönlich zu Ew. Hochfürstl. Durchlaucht Füßen zu werfen, allein das Verfahren Ew. Hochfürstl. Durchlaucht gegen mich ist so beschaffen, daß ich dieses zu wagen billig Bedenken trage, und so außerordentlich ungnädig, daß ich notwendig daraus schließen muß, daß Ew. Hochfürstl. Durchlaucht meine Dienste nicht weiter verlangen. Ich laße dahin gestellet sein, was Ew. Hochfürstl. Durchlaucht vor Ursachen gehabt, eine so große Ungnade auf mich zu werfen. Mein Gewißen sagt mir, daß ich Ew. Hochfürstl. Durchlaucht redlich zu dienen gesuchet, und bis an meines Lebens Ende gedient haben würde, wenn es Ew. Hochfürstl. Durchlaucht nicht gefallen, durch das ungnädige Benehmen gegen mich mir stillschweigend meinen Abschied zu geben." Er bat schließlich um Erstattung seiner Reisekosten und eine förmliche "Dimission, damit er sein Glück in der Welt weiter suchen könne," und wiederholte am 6. Mai 1737 diese Bitten von Hamburg aus noch ein Mal, wahrscheinlich ebenfalls ohne Erfolg.

Und hiemit verschwindet Liscow aus dem meklenburgischen Staatsdienste.


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6. Liscows letzte Lebensschicksale

und

sein Staatsdienst in Preußen und Sachsen.

Nachdem Liscow im Mai 1737 aus dem meklenburgischen Staatsdienste getreten war, blieb er wahrscheinlich einige Zeit in Hamburg, da hier sein Bruder Joachim Friederich wohnte [und ihn die heitere Freundschaft mit dem diesem Bruder vertrauten Dichter Hagedorn 1 ) fesselte, der seit 1733 2 ) Secretair der englischen Court in Hamburg war H. S. 42-44.], auch Liscows Verleger in Hamburg wohnte.

"Hamburg war damals der Mittelpunct der norddeutschen schönen Literatur und nicht leicht wird man in der hamburgischen Geschichte ein Decennium nachweisen können, wo so viele ausgezeichnete Männer zusammentrafen, als zu Liscows und Hagedorns Zeiten. Auch an Wochenschriften und kritischen Blättern fehlte es nicht" 3 ).

Von Hamburg ging Liscow, nach Dreyers Mittheilungen, welche um so zuverlässiger sein werden, als dieser in der Zeit 1738-1739 in Kiel studirte, "ungefähr um das Jahr 1738 und 1739 nach Preetz als Privatsecretair zu dem Geheimenrath von Blome", welcher im J. 1738 zum Propst des Klosters zu Preetz ernannt war 4 ). Hier fand Liscow herzliche Aufnahme und einen Kreis gebildeter, angenehmer Menschen, welche ihn längere Zeit stark fesselten; von seiner Schwester 5 ) und seinem Schwager Coch, welche damals noch in Preetz wohnten, ist nirgends in Teilnahme die Rede, obwohl er vielleicht durch deren Anregung die Stelle bei dem Herrn von Blome erhalten haben mag. Diese Zeit in Liscows Leben


1) Helbig theilt S. 44 flgd. mehrere interessante Briefe Hagedorns an Liscow aus des Letzterm Nachlaß mit.
2) Nach Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 5. kam Hagedorn schon im J. 1731 nach Hamburg.
3) Schmidt schildert diese Verhältnisse in Hamburg ausführlich in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 2-5.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 19.
5) In einem Briefe an die Frau des Klosterorganisten Hargens zu Kiel in Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 692 sagt er:
"Sie haben wohl gethan, daß Sie meiner Schwester Brief behalten haben; lassen Sie ihr doch wissen, wo ich bin".
Aus diesen Worten scheint hervorzugehen, daß die Verhältnisse seiner Schwester traurig waren, da eine fremde, wenn auch Liscow vertraute Person ihre Briefe zurückhalten konnte.
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ist in neuern Zeiten durch Schmidt, Schröder und Helbig aufgeklärt, namentlich verdanken wir dem Cand. Schröder längere Auszüge aus einigen Briefen Liscows, welche früher Canzleirath Loseken zu Preetz, später Professor Nasser zu Kiel besaß 1 ). Außer dem Hause des Herrn von Blome war er den Häusern der Klosterfräulein von Wonsfleth und von Ahlefeld, der Prediger Callisen und Henseler, vorzüglich aber im Hause des Klosterorganisten Hargens bekannt, dessen Frau († 1790) eine geistreiche Dame war, welche unsern Liscow zu einem vertrauten häuslichen Umgange anzog; wir wissen dies nicht nur aus Ueberlieferungen, sondern auch durch die eben erwähnten Briefe, welche an diese Frau und deren Mann gerichtet sind, nachdem Liscow Preetz verlassen hatte. Liscow schreibt an diese Frau 2 ): "Aber ist es nicht Schade, Madame, daß man nicht das Vergnügen haben kann, solche Leute, als Sie sind, beständig zu sehen? Ich versichere Sie, ich gäbe, ich weiß nicht was, darum, wenn ich dieses Glück haben könnte. Allein es ist allhier ein Jammerthal, und nichts vollkommen in dieser Zeitlichkeit. Indessen gefällt mir diese Zeitlichkeit, bis auf die Entfernung von Ihnen, noch so ziemlich. Ich bin auch Willens, falls es bei mir steht, es noch eine Zeit lang in dieser Welt anzusehen. Glauben Sie, man versäumt nichts dadurch". Er grüßt dann noch die oben genannten und andere Personen in Preetz, jedoch nicht seine Schwester. Nach den Ueberlieferungen war Liscow wegen seiner geselligen, fröhlichen und gutmüthigen Laune und wegen seiner Kinderliebe ein immer willkommener Gast.

Von Preetz besorgte Liscow im J. 1739 zu "Frankfurt und Leipzig", eigentlich aber zu Hamburg bei Herold eine Gesammtausgabe seiner sämmtlichen gedruckten Schriften unter dem Titel: "Sammlung Satirischer und Ernsthafter Schriften" 3 ), ebenfalls ohne Namen, jedoch mit einer historischen Einleitung, seiner letzten, größern, öffentlichen schriftstellerischen Thätigkeit.

[Nach Preetz richtete Hagedorn drei Briefe an Liscow vom 14. Oct. 1739, 28. Dec. 1739 und 4. März 1740, welche bei Helbig S. 44-50 gedruckt sind; Hagedorn arbeitete dahin, Liscow aus seiner dunklen Lage zu ziehen und


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 15-16, und 1827. H. 4. S. 689-693.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 692.
3) Von dieser Ausgabe der gesammelten Schriften Liscows giebt es zwei verschiedene Ausgaben von demselben J. 1739, in gr. 8 und kl. 8. und mit verschiedenen Seitenzahlen. Vergl. Holst. Pr. B. 1825. H. 2. S. 356, und 1830. H. 2. S. 261.
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schlug ihm eine Hofmeisterstelle zu Leipzig vor, welche er durch Mascows Vermittelung erhalten konnte. H. S. 44-48.]

Was weiter über Liscows Leben bis zu seinem Tode bisher begannt geworden war, hatte keine große Bedeutung und beruhte fast nur auf dunkeln Sagen und unzuverlässigen Ueberlieferungen. Helbig hat das Verdienst, den Rest des Lebens Liscows aus sichern Quellen erhellt zu haben; doch muß man bemerken, daß schon Schmidt und Schröder viele wichtige Beiträge und richtige Angaben haben.

[In Preetz schrieb Liscow Betrachtungen über die pragmatische Sanction: Réflexions sur la Sanction pragmatique; er theilte sie Hagedorn mit, der in Liscow drängte, sie nach Wien zu schicken, wo sie eine gute Wirkung hervorbringen würden 1 ). H. S. 49 u. 56. - Liscow empfahl sich durch diese Abhandlung, von welcher sich ein ziemlich bedeutendes Fragment unter Liscows nachgelassenen Papieren befindet, durch Hagedorns Vermittelung dem preußischen Gesandten 2 ) in Hannover, dem Grafen Truchseß von Waldburg. H. S. 51-52.] Bei der Aussicht auf eine Anstellung ging Liscow von Preetz ohne Zweifel zunächst nach Hamburg. Hier soll er die Bekanntschaft eines reisenden Cavaliers aus Sachsen gemacht haben, mit dem er eine Reise nach England 3 ) gemacht haben soll; jedoch läßt sich dieses Ereigniß nicht beweisen, obgleich es nicht unwahrscheinlich ist, da Liscow auch der englischen Sprache und Verhältnisse so kundig war, daß er bald zum Legations=Secretair nach England vorgeschlagen, jedoch nicht bestimmt ward.

[Nach einem Briefe des Grafen von Waldburg aus Rheinsberg vom 17. Nov. 1740 erhielt er auf dessen Empfehlung die Aussicht auf die Stelle eines preußischen Legations=Secretairs. H. S. 51-52.]

Nach einem Briefe Liscows an die Madame Hargens vom 9. Dec. 1740 4 ) ging er bald nach Hannover. "Wie ich nach Hannover kam", schreibt er, "hatte der Graf Truchses schon jemand angenommen und ich sahe mich also in der Hoffnung, die ich mir gemacht hatte, betrogen. Sie können


1) Grade in dem für Liscow folgenreichen Jahre 1740 suchte die Kaiserin Maria Theresia in Grundlage der pragmatischen Sanction ihrem Gemahle Einfluß zu verschaffen; Liscows Schrift war also recht eigentlich eine Staatsschrift.
2) Liscow suchte, in seiner kräftigen Vorliebe für große Charaktere und entschiedenes Handeln, in "preußischer Gesinnung", preußische Dienste zu gewinnen. Seinem vertrauten Freunde Lamprecht glückte auch im J. 1742 das, was Liscow auf die Länge nicht erreichte. Vergl. Holst. Pr. B. 1828. H. 1. S. 118.
3) Nach Wilmersdorf's Mittheilungen im Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 20.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 690.
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leicht erachten, wie mir dabei zu Muthe gewesen ist. Aber ich fand mich doch noch ziemlich darin, und, unter uns geredet, es war mir einiger Maßen lieb, daß es mir so gieng, weil ich dadurch einen Vorwand bekam, wieder nach Hamburg, und, welches das wichtigste war, wieder nach Preetz zu reisen. Doch dieser Vorwand ward mir durch die guten Vertröstungen, die man mir gab, bald wieder genommen. Ich blieb in Hannover und der Graf Truchses nahm mich gar mit nach Berlin. Daselbst habe ich auf den Trost Israels bißhero gewartet, und ich kann dem Grafen rühmlich nachsagen, daß er vor mich redlich gesorget hat. Ich habe in seinem Hause bishero gewohnet, und er hat sich alle Mühe von der Welt gegeben, mich anzubringen. Anfangs sollte ich als Legations=Secretaire nach Engelland gehen, hernach sollte ich in des Marggrafen von Baireuth Dienste gehen: Aber es ward aus allem nichts."

Endlich ward Liscow am 9. Dec. 1740 preußischer Legations=Secretair bei dem Grafen Dankelmann, welchen Friedrich der Große wegen der bevorstehenden Kaiserwahl als Gesandten zu dem Kurfürsten nach Mainz und darauf zur Kaiserwahl nach Frankfurt schickte. Liscow ging schon an demselben Tage, d. 9. Dec. 1740, nach Mainz ab. Er schreibt in dem erwähnten Briefe weiter: "Endlich bin ich doch angekommen, und ich habe die Ehre, Ihnen zu sagen, daß ich mit dem Baron von Dankelmann, der President von der Regierung in Minden ist, als Legations=Secretaire nach Mayntz gehe. Heute Morgen habe ich dem Könige geschworen, und morgen Abend gehe ich mit der Post von hier nach Minden, und von da nach Mayntz." Aus Mainz schrieb Liscow am 4. März 1741 zwei Briefe 1 ) an Hargens und seine Frau in Preetz, in welchen er z. B. sagt: "In Mayntz gefällt es mir so ziemlich. Man ißet hier gut; der Rheinwein ist auch nicht zu verachten, und es würde dieser Ort mir vollkommen angenehm sein, wenn er nicht zwei große Fehler hätte. Denn erstlich ist hier keine Lutherische Kirche, und zum andern kein Bourgogne=Wein. - - Meine Geschäfte sind ungefähr so groß, als meine Einkünfte. Das ist, auf Deutsch geredet, sie bedeuten beide sehr wenig." Wahrscheinlich ging er mit Danckelmann auf einige Zeit nach Frankfurt, dem Orte der Kaiserwahl, welche jedoch noch einige Zeit ausgesetzt blieb, da er in demselben Briefe schreibt: "In Mayntz


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1827. H. 4. S. 691 flgd.; vergl. 1822. H. 2. S. 20.
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werde ich wol nicht lange mehr bleiben, weil wir, allem Ansehen nach, bald Ordre bekommen werden, nach Frankfurt zu gehen."

[Während seiner diplomatischen Beschäftigung in Mainz hatte Liscow sich der Freundschaft Heinrichs von Bünau und des sächsischen Legations=Secretairs Chr. Ludw. von Hagedorn 1 ), des Bruders des Dichters, zu erfreuen. H. S. 51-52.]

Der preußische Dienst Liscows dauerte nicht lange; überhaupt war Liscow wohl nicht auf die Dauer, sondern wohl nur auf die Zeit der Sendung des Grafen Danckelmann angestellt. [Liscow merkte, daß Danckelmann, der ihm noch einen bedeutenden Theil seines Gehalts schuldig war, ihn los sein wollte. Auf einer Reise zum Könige von Preußen nach Schlesien, auf welcher Danckelmann ihn mit der Weisung zurückließ, nach Hamburg zu gehen und auf weitern Ruf zu warten, blieb Liscow, da er unwohl ward, im Mai 1741 in Hannover zurück und wandte sich an den Grafen von Waldburg. Danckelmann klagte ihn jedoch bei diesem der Indiscretion an, und Liscow erhielt trotz seiner offenen und männlichen Verteidigung bei dem Grafen und dem Ministerium natürlich Unrecht, worauf er den preußischen Staatsdienst verließ. Im Junii 1741 war er noch in Hannover. H. S. 54-59.]

Sehr bald änderte sich jedoch Liscows Lage und zwar so sehr, daß er durch seine fernern Schicksale bis auf den heutigen Tag die größte Teilnahme gefunden hat. Bis auf die neuern Zeiten war aber hierüber alles im Dunkeln; Helbig hat bedeutende Aufklärungen gegeben, jedoch darf es nicht unverschwiegen bleiben, daß Schmidt schon längst alle Hauptbegebenheiten, bis auf den Criminal=Proceß, in den Liscow verwickelt ward, richtig und ziemlich vollständig erzählt hat.

[Schon im Julii 1741 war Liscow in Dresden als Privatsecretair in Diensten des sächsischen Ministers Grafen von Brühl; schon im September desselben Jahres ward er zum königlichen Secretair oder Cabinets=Secretair ernannt mit einer jährlichen Besoldung von 400 Reichsthalern und im October 1745 erhielt er das Prädicat eines Kriegsraths 2 ). H. S. 60.]

Als der Beförderer 3 ) seines Glückes wird der sächsische


1) Vergl. Schmidt in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 20. Hier wird auch eine scherzhafte Werthbestimmung über ein Portrait des Dichters Hagedorn, welches der berühmte Maler Denner zu Hamburg gemalt hatte, mitgetheilt; sie ist unterzeichnet: "Mit einer Vorrede Hrn. Lisci, Hof=Satyr und Festungsmaler in Mainz. 1741."
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1824. H. 4. S. 159.
3) Vergl. schon Papiere des Kleeblattes, S. 245, und Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 21.
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Geheime Kammerrath und Unterminister Carl Heinrich von Heinecken 1 ) genannt. Dessen Aeltern 2 ) waren der tüchtige Kunstmaler Paul Heinecken und Catharine Elisabeth geb. Oesterreich, ebenfalls eine geschickte Malerin, zu Lübeck. Er war zu Lübeck 1706 geboren († erst 1791) und Bruder des bekannten lübecker Wunderkindes 3 ), welches wirklich Außerordentliches leistete. Er beachte die Schule zu Lübeck und ging mit einem rühmlichen Zeugnisse zugleich mit dem jungem J. F. Liscow, Michaelis 1724 auf die Universität Leipzig; wahrscheinlich war er also auch ein jüngerer Bekannter unsers C. L. Liscow, von dem wenigstens das gewiß ist, daß er Hausfreund seiner Aeltern war. Heinecken zeichnete sich später als Schriftsteller von Wissenschaft und Geschmack aus und war ein würdiger Jünger der wissenschaftlichen Schule des Rectors von Seelen. Er war Unterminister zu Dresden unter dem Premierminister Grafen von Brühl und dessen rechte Hand; beide regierten eigentlich das Land. Wie Brühl machte auch von Heinecken ein glänzendes Haus. In solchen Verhältnissen konnte es ihm nicht schwer werden, unserm Liscow eine Anstellung zu verschaffen; durch ihn stieg Liscow und konnte auch nur fallen, nachdem v. Heinecken die Hand von ihm gezogen hatte.

"Von jetzt an arbeitete Liscow unmittelbar unter v. Heinecken und dem Grafen Brühl; er ward vorzüglich in polnischen Angelegenheiten gebraucht und mußte die Staatsschriften in diesem Fache ausarbeiten 4 )."

Im J. 1742 schrieb Liscow 5 ) die Vorrede zu v. Heinekens Ausgabe und Uebersetzung des Dionysius Longinus vom Erhabenen, durch welche vorzüglich die Schule Gottscheds vernichtet ward. Zu Liscows vertrautesten und gleichgesinnten Freunden in Dresden gehörte der Dichter Johann Christoph Rost, welcher seit 1744 Privat=Secretair und Bibliothekar des Grafen Brühl war und ihm mit Glück in der Bekämpfung der gottschedschen


1) Ueber den Minister von Heinecken vergl. Schmidt in Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 21. flgd. und 1823. H. 1. S. 96; Helbig S. 60.
2) Ueber v. Heinecken's Aeltern vergl. Holst. Pr. B. 1823. H. 1. S. 96. - Seine Mutter war ohne Zweifel die Madame Heinecken, Liscows Freundin, welche in den unten mitgetheilten Briefen Nr. 11 u. 21 genannt wird; der Brief Nr. 20 ist ohne Zweifel von dieser Frau selbst geschrieben und deutet bestimmt auf ein vertrautes Verhältniß Liscows zu dem heineckenschen Hause.
3) Der Herr Dr. Deecke zu Lübeck äußert in einem Briefe: "Es ist fraglich, ob der geheime Kammerrath von Heinecken Bruder oder Vetter des Wunderkinder gewesen sei. Für beides sind Auctoritäten da. Doch erkennt er in einem an die hiesige Bibliothek geschenkten Exemplare seiner Gallerie royale de Dresde Lübeck als seine Vaterstadt an".
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 23.
5) Ueber Liscows schriftstellerisches Feiern während seiner Staatsdienstes vergl. Holst. Pr. B. 1824. H. 4. S. 159. aus gleichzeitigen Briefen.
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Schule beistand 1 ). Mit dem seit 1741 gebildeten leipziger Gelehrten=Vereine, in welchem Gellert und Rabener waren, stand Liscow in Spannung, da der heitere, kühne und klare liscow=hagedornsche Geist nicht zu dem moralischen Tone der jüngern Männer stimmte 2 ).

[Im J. 1745 verheirathete sich 3 ) Liscow mit der Wittwe des Kammerraths von Buch, geb. Johanne Catharine Christiane 4 ) Mylius aus Eilenburg, und erhielt mit ihr das Gut Berg vor Eilenburg. Sie gebar ihm während seines Aufenhaltes in Dresden 5 ) drei Söhne Christian Ludwig 1746, Friederich August 1748 und Karl Friederich 1749, der schon 1752 starb. H. S. 62-63.]

Die bisherigen Ueberlieferungen von Liscows letzten Schicksalen sind folgenden Inhalts. Er beleidigte in Dresden "durch einige Sarkasmen seinen Gönner, den Grafen Brühl, und durch ähnliche sarkastische Einfälle über einen Gesandten am dresdner Hofe zog er sich das Unglück zu, Dresden verlassen zu müssen. Die Geschichte wird in der Zeitschrift Janus, 1800, Julii, (vergl. Freimut. Abendbl. 1827, Nr. 464, S. 963) so erzählt. "Der englische oder der spanische Gesandte hatte am Hofe zu Dresden öffentliche Audienz, welcher Liscow beiwohnte. Das steife Ceremoniel, welches dabei beobachtet ward, machte den Hofleuten die größte Langeweile. Als daher der Gesandte endlich abtrat und jedermann froh war, sagte Liscow zu einigen neben ihm stehenden: "Da verließ ihn der Teufel und die Engel traten zu ihm und dieneten ihm." "Das darüber erfolgende Lachen entging dem Gesandten nicht, der sich beschwerte und Genugthuung verlangte. Bei angestellter Untersuchung ergab sich, daß Liscow es veranlaßt hatte und er ward nach Eulenburg geschickt". (Seine Entfernung vom sächsischen Hofe soll im J. 1747 durch den spanischen Minister veranlaßt sein; diese Nachricht theilt Siemssen aus einer "authentischen" Quelle in der Irene (1807 ?) im Freimüth. Abendbl. 1827, Nr. 465, S. 982, mit.) "Pott schreibt von ihm: Hätte Graf Brühl, damaliger Königlich Polnischer und Kurfürstlich Sächsischer Minister, mit welchem Liscow vermöge seines Amtes und der ihm anvertraueten Ge=


1) Vergl. Holst. Pr. B. 1823. H. 1. S. 97. flgd. - Eine Anecdote aus Liscows Leben vergl. daselbst S. 99 flgd., aus Richard Roos bunten Steinen.
2) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 22.
3) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 23.
4) Vergl. Holst. Pr. B. 1828. H. 1. S. 121.
5) In Dresden lebte damals auch Chr. Ludw. von Hagedorn, des Dichters Bruder, Legationsrath und Generaldirector der Kunstakademie, den Liscow in Mainz hatte kennen lernen. [H. S. 46].
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schäfte arbeitete, Liscow'n Gehör gegeben, so würde Kursachsen und Deutschland keinen siebenjährigen Krieg gesehen haben. Liscow erklärte Brühlen gerade und offen seine Meinung. Da dies nichts fruchtete, sagte er ihm, Stirn gegen Stirn, auf Liscowische Weise die Wahrheit, so daß Brühl, des Widerspruchs nicht gewohnt und durch kriechende Schmeichler verdorben, höchst erbittert gegen ihn ward und ihm möglichst wehe zu thun suchte; aber Liscow lächelte und behandelte ihn in philosophischer Ruhe auf seine launige Art 1 )."

[Nach den Acten des dresdener Archivs, welche jetzt durch Helbigs Bericht eine klare Einsicht gestatten, verhält sich die Sache aber anders, mag auch immerhin an der Anecdote mit dem englischen Gesandten etwas Wahres sein.]

[Es ist bekannt, daß Sachsen durch des Königs August II. rücksichtslose Verschwendung und durch den nordischen Krieg ruinirt worden war. Jetzt bedurfte das Land eines weisen und sparsamen Fürsten zur Erholung. Da bemächtigte sich unter August III. der Graf Brühl der Regierung und jetzt ward die tolle Wirthschaft nur noch schlimmer, als früher, und die unkluge Theilnahme am österreichischen Erbfolgekriege und am siebenjährigen Kriege, welche Brühl verschuldete, brachte das einst so glückliche Land dem Untergange nahe. Liscows scharfer, klarer Geist durchschauete ohne Zweifel alle Gebrechen, um so mehr, da er sie in der nächsten Nähe zu betrachten Gelegenheit hatte, hörte und sah gewiß vieles, was mit den Gebrechen in Verbindung stand und sprach sich in seiner Freimüthigkeit gegen Gleichgesinnte aus; gegen Brühl selbst wird er als Subaltern nicht aufgetreten sein, aber er schmeichelte demselben auch gewiß nicht und ließ sich auch nicht zu Schlechtigkeiten brauchen, daher allein er, trotz seiner glänzenden Fähigkeiten, keine glänzende Laufbahn machte. AIs die Unordnung und der Druck in Sachsen einen sehr hohen Grad erreicht hatten, wurden nach dem Landtage von 1749 plötzlich ein gewisser Alexander Mackphail Bishopfield, schottischer Abkunft, der früher in Finanzangelegenheiten in Holland thätig gewesen und seit 1747 in Sachsen bei Steuer= und Finanz=Projekten benutzt worden war, und der Geh. Kriegscanzlei=Secretair Georg Gottlob Seyffert angeblich wegen unzulässiger Einmischung in die Steuer = und Finanzangelegenheiten des Landes und wegen Verdachts einer projectirten Veränderung der Landesverfassung in Steuersachen zur Untersuchung gezogen. Die Untersuchung, in welche mehrere hochgestellte Beamte und Mitglieder der


1) Man vergl. auch Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 24 flgd.
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Ritterschaft verwickelt wurden, gab das Resultat, daß von beiden Angeklagten über Brühls schlechte Wirtschaft Briefwechsel geführt, daß in Seyfferts Wohnung freimüthige Rede gewechselt und von beiden ein Memorial an den König über den Zustand des Landes ausgearbeitet war, in welchem der König gebeten ward, die Minister zu entlassen. Eine Commission, welche eine Verteidigung nicht zugestand, verurtheilte den Bishopfield zu 8 Jahren Festungsstrafe auf dem Sonnenstein und den Seyffert zum Pranger und lebenslänglicher Zuchthausstrafe. Allen übrigen Leidensgefährten ward die Strafe erlassen und die Aussicht auf baldiges Wiedereintreten in den Staatsdienst eröffnet, mit Ausnahme Liscows, H. S. 63-67.]

[Liscow war nämlich auf eine Aussage Seyfferts, als wenn er an dem gedachten Memorial Antheil gehabt, am 15. Dec. 1749 zur Verantwortung gezogen und mit Arrest belegt. Liscow verteidigte sich gewandt und behutsam, leugnete jede Teilnahme an dem Memorial, räumte jedoch ein, daß er mitunter freimüthige Reden angehört habe. Er schrieb am 22. Jan. 1750 offen an Brühl, gestand, daß er zuweilen freimüthige und unbesonnene Reden geführt habe und bat um Verzeihung. Dagegen ließ Brühl die Untersuchung gegen ihn verschärfen, in welcher Liscow bei seinem freimüthigen Bekenntnisse beharrte. Zwei andere Briefe an Brühl fruchteten nichts. Nachdem das Urtheil über Bishopfield und Seyffert gesprochen war, ward er am 18. April 1750, gegen die eidliche Versicherung des Schweigens über alles Vergangene und fernerhin über alle Landesangelegenheiten, der gefänglichen Haft 1 ) und seines Amtes mit Entziehung der Besoldung entlassen. H. S. 67-69].

[Liscow begab sich hierauf auf das Gut seiner Frau nach Eilenburg 2 ), wo ihm, nach Familiennachrichten, diese 1752 und 1753 noch zwei Töchter gebar. Vermutlich beschäftigte er sich hier in stiller Muße 3 ) mit literarischen Arbeiten. Er starb nach dem Zeugnisse des Pastors Rosenthal auf seinem Gute Berg vor Eilenburg am Schreibtische vom Schlage getroffen, den 30. October früh gegen 10 Uhr im J. 1760


1) Die gefängliche Haft Liscows deutet schon Bodmer an; vergl. Holst. Pr. B. 1824. H. 4. S. 158.
2) Diese Nachricht hat schon Schmidt Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 25, und in 1828. H. 1. S. 120-122. bringt derselbe Kirchenzeugnisse des Superintendenten Ehrhardt und des Pastors Abt zu Eilenburg bei, aus denen Liscows letzte Lebensschicksale völlig klar werden.
3) Nach einer brieflichen Mittheilung des Superintendenten Ehrhardt lebte Liscow zu Berg bei Eilenburg allerdings in Haft, jedoch in einer weiten, indem er sich in einem Umkreise von zwei Stunden ungehindert bewegen konnte. Vergl. Holst. Pr. B. 1828. H. 1. S. 120.
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und ward den 2. Nov. bei der Bergkirche beerdigt. H. S. 69 und 74].

Ueber Liscows Tod besitzen wir schon lange eine glaubwürdige Nachricht im Hamburger Correspondenten, 1760, Nr. 204 1 ):

"Hamburg. Am 30. October 1760 starb zu Eilenburg der königl. polnische und churfürstl. sächsische Kriegs=Rath Herr Christian Ludwig Liscow, im 59. Jahre seines Alters. Seine Sammlung satyrischer Schriften, die in Jedermanns Händen ist, legt von seinem großen Genie, seiner Gelehrsamkeit und seinem angenehmen Witze ein unverwerfliches Zeugniß ab, das bey der Nachwelt gewiß in Ehren bleiben wird. Der Werth seiner Freundschaft, die er allemahl mit dem redlichsten und aufrichtigsten Wesen schmückte, macht seinen Verlust allen denen, welche ihn gekannt haben, empfindlich. Wie schätzbar er einem Hagedorn gewesen, beweiset die Fabel von den Thieren, die er ihm in seinen Gedichten gewidmet hat, und die schönste Schilderung von den Vorzügen des Verstandes und des Herzens des verewigten Liscow ist".

   Der Freiheit unverfälschte Triebe
Erhöh'n den Werth der Wahrheitsliebe,
Die Deine Seele stark gemacht.
   Dein glücklicher Verstand durchdringt in edler Eile
Den Nebel grauer Vorurtheile,
Des schulgerechten Pöbels Nacht.
   Was Haller und die Wahrheit preisen,
Mein Freunde das wagst du zu beweisen;
- Wer frei darf denken, denket wohl. -

Nach dieser gleichzeitigen, also zuverlässigen Todesanzeige starb Liscow am 30. Octbr. 1760 und zwar allerdings zu Eilenburg, jedoch nach dem ganzen Ton der Anzeige, welche von ihm als von einem in der bürgerlichen Welt geachteten und freien Manne redet, gewiß nicht im Gefängnisse, was zuerst nach der Voraussetzung in den Papieren des Kleeblatts und daraus, daß sich in Eilenburg eine Strafanstalt befindet, vermuthet und nach und nach als Thatsache angenommen ist.


1) Ich verdank eine Abschrift dieser Anzeige der Güte des Herrn Archivars Dr. Lappenberg zu Hamburg. Sie war schon in der Monatsschrift von und für Mecklenburg, 1790, Oct., S. 653, ans Licht gezogen und dadurch erhalten. Es kam hier aber vorzüglich darauf an, ob die Anzeige eine gleichzeitige war, was jetzt allerdings gewiß ist. Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 25; 1827. H. 3. S. 531.
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In den hamburgischen Nachrichten aus dem Reiche der Gelehrsamkeit, 1761, St. 42, Junii 2., S. 333 wird ähnlich berichtet 1 ):

"Eilenburg. Daselbst verstarb am 30. October des verwichenen Jahres Hr. Christian Ludewig Liscow, Königl. Poln. und churfürstl. Sächsischer Kriegsrath, in dem 59sten Jahre seines Alters. Er war Anfangs Secretair des Hrn. Premierministers Grafen von Brühl Excellenz und erhielt nachmals den Charakter eines Kriegsraths. Seine satyrischen Schriften, die Anno 1739 in Octav herausgekommen, haben ihn in der gelehrten Welt bekannt genug gemacht."

Liscow ward sicher nach Eilenburg verwiesen, weil Kränkung und Empfindlichkeit eine Entfernung vom Hofe forderten und erreichten.

Darin stimmen jedoch alle Nachrichten überein, daß Liscow nicht allein ein Mann von ausgezeichneter Klarheit und Schärfe, sondern auch von großartiger Rechtlichkeit, überhaupt aber ein Mann von seltener Geistesgröße gewesen sei, wovon auch die folgenden Briefe 2 ) das glänzendste Zeugniß geben.


Liscows Persönlichkeit schildert Schmidt 3 ) nach den Ueberlieferungen der Madame Hargens zu Preetz also: "Er war klein, von ziemlichem Embonpoint, fein gebaut, dunkel von Auge, Haar und Gesichtsfarbe, lebhaft in Blick und Bewegung. Vergleicht man mit dieser Beschreibung den Kupferstich von Heinr. Pfenninger, welcher sich vor dem zweiten Bande von Meisters Geschichte der teutschen Sprache befindet, so wird man sich eine ziemlich deutliche Vorstellung von Liscows Persönlichkeit machen können". - Ueber seine Gestalt pflegte er oft zu seiner Schwester zu sagen: "Sonst ginge es noch mit meiner Gestalt, wenn nur meine Nase nicht so verzweifelt klein wäre". Vom Tabackrauchen war er ein großer Liebhaber 4 ). - Im gesellschaftlichen Umgange war Liscow ernst und genügsam, jedoch gesprächig, heiter und launig; er liebte


1) Nach Lübker's Mitteilung in Holst. Pr. B. 1827. H. 3. S. 526.
2) Liscows Briefe, zu denen auch Helbig einige beigesteuert hat, gehört wenigstens eben so sehr, oft fast mehr zu den ausgezeichneten Werken seines Geistes, als seine Ausarbeitungen, und werden künftig nicht übersehen werden können.
3) Vergl. Holst. Pr. B. 1822. H. 2. S. 16.
4) Vergl. Falck Staatsbürgerl. Magazin, III, 1823. Heft 1. S. 248.
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häusliche Geselligkeit, suchte den Umgang mit gebildeten Frauen und hatte große Freude an Kindern, mit denen er lange scherzen und spielen konnte. Er war überhaupt ein zart fühlender Mensch; daher wirft ihm auch der muntere Hagedorn vor, daß er Weiber und Wein nicht genug liebe. Im Ganzen lernen wir also in Liscow einen in jeder Hinsicht musterhaften Mann kennen.


Die literarische Thätigkeit Liscows hört mit seiner Gesandtschaftsreise nach Paris 1736 auf; wenigstens ist über eine solche während der letzten Periode seines Lebens fast nichts bekannt geworden. Dieses Verstummen bleibt allerdings eine auffallende Erscheinung, welche jedoch darin begründet sein mag, daß Amtsgeschäfte seine wissenschaftliche Thätigkeit hemmten, daß er vielleicht aus Grundsatz nicht weiter schriftstellerte, da die Schärfe und Rechtlichkeit seines Geistes ihn wiederholt in drückende Lagen versetzt hatte, seine Schriftstellerei aber mit den Grundzügen seines Charakters innig zusammenhing, endlich daß zwingende Verhältnisse ihn vielleicht zum Schweigen nöthigen.

[Nach Helbigs Mittheilungen sind folgende Nachrichten über Liscows schriftstellerische Thätigkeit bekommt geworden. Im J. 1740 hatte er die oben erwähnten Reflexions sur la Sanction pragmatique geschrieben, von denen sich in Liscows Papieren ein ziemlich bedeutendes Fragment des Manuscripts findet. H. S. 51. - Gewiß ist, daß die neue Vorrede zur zweiten Auflage der Heineckenschen Uebersetzung des Longin, Dresden, 1742, in welcher er sich mit Entschiedenheit auf die Seite der Schweizer gegen die Anmaßungen Gottscheds und seiner Genossen stellte, von ihm herrührt. Ferner muß sich Liscow während dieser Zeit mit Recensionen beschäftigt haben. Auch zwei Manuscripte, die Liscow von seinen später in Beschlag genommenen Papieren zurückerhielt, nämlich eine "Schrift wider des seeligen Herrn Dr. Löscher réflexions über die pensées libres" und "Gedanken über die Historie von Jacob und Esau", mögen dieser Zeit angehören. Endlich ward ihm mehrere Male der Antrag gemacht, sich bei der im J. 1752 bei Herold in Hamburg erschienenen Uebersetzung Moliere's zu betheiligen. H. 60-61. - Während seines Aufenthalts zu Eilenburg beschäftigte er sich vermuthlich in stiller Muße mit literarischen Arbeiten. Doch sind diese alle wahrscheinlich verloren gegangen, denn über das Schicksal seiner Papiere nach seinem Tode wußte sein Sohn schon 1803 keine Auskunft zu geben. H. S. 74.]

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H. Schröder hat eine bisher unbemerkt geblichene Satire Liscows: "Auszug eines Schreibens von der Glückseligkeit der Wortforscher" aufgefunden und in "Ruinen und Blüthen", herausgegeben von Winfried (d. i. Hinsche, jetzt Burgemeister zu Bergedorf), Altona, 1826, S. 30-65, mit einer Einleitung wieder abdrucken lassen. "Sie ist zuerst enthalten in dem vierten Stücke der fast vergessenen Gottschedschen Beiträge zur kritischen Historie der deutschen Sprache, wo sie im J. 1733 anonym gedruckt ward, zu einer Zeit, wo Liscow noch in freundlichem Vernehmen mit Gottsched stand." Die Satire ist gegen Kaspar Abel's Etymologien zu den von demselben (Braunschweig, 1732) herausgegebenem alten Chroniken gerichtet. Schröder, mit Schmidt, schließt aus der Eigenthümlichkeit, daß Liscow der Verfasser sei 1 ).

Zur Vervollständigung der Nachrichten über das Schicksal der Schriften Liscows möge hier noch folgender Bericht Raum finden, welcher im Gesellschafter von Gubitz, 1842, Bl. 98, enthalten ist.

"Jean Paul sagt über Liscov in seiner Vorschule der Aesthetik (VIII, Programm §. 37): "Er schrieb alle seine Satiren im Zwischenraume vom Jahre 1732 bis 1736; so unbegreiflich in diesen bloßen vier satirischen Jahreszeiten auf der einen Seite ein so großer Unterschied zwischen seiner ersten und letzten Satire, nämlich ein so schnelles Fortschreiten ist: so unbegreiflich ist auf der andern das nachherige Verstummen und Verschließen eines so reichen Geistes: eine literarische Seltenheit einziger Art".

"Jean Paul wundert sich vielleicht am unrechten Orte. - - Wir wissen von Liscovs Lebensumständen überhaupt wenig und das Ende seiner Laufbahn ist vollends in Dunkel gehüllt. Er soll in Eilenburg und zwar im Gefängnisse gestorben sein. - - Sey dem, wie ihm wolle, so kann hier von einer literarischen Seltenheit keine Rede sein, wenn nicht etwa vom Jahre 1736, in dem Liscov seine letzte Satire herausgab, bis zu seiner Haft ein beträchtlicher Zeitraum verfloß, wo man denn allerdings berechtigt wäre, eine fortgesetzte Thätigkeit zu erwarten, deren Aufhören sich aber sogleich erklärt, wenn Liscov bald nach 1736 ins Gefängniß wanderte und als Gefangener starb.


1) Vergl. Schmidt Histor. Stud. S. 170; Einleitung zu der Satire; Hallesche Allgem. Lit. Zeit. 1827. II. Erg. Bl. März. Nr. 35. S. 277.
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Ich habe, indem ich dieses schreibe, weder die schätzbare Müchlersche Ausgabe der Liscovschen Schriften, noch ein literar=historisches Werk, aus dem ich mich belehren könnte, zur Hand: trügt mich indessen mein Gedächtniß nicht, so hat Liscov das Jahr 1736 nicht sehr lange überlebt (?)"

"Doch es sei zwischen dem Jahre 1736 und der Gefangenschaft Liscovs eine Zeit verflossen, beträchtlich genug, um ihn uns nicht müßig zu denken - ist er den müßig gewesen?

Der Dichter Schubart erzählt uns in seiner Selbstbiographie("Schubarts, das Patrioten gesammelte Schriften und Schicksale", Stuttgart 1839, Bd. I. S. 127), daß er bei seinem Aufenthalt in Heilbronn (welcher, obwohl es nicht ausdrücklich angegeben ist, in den Anfang der siebziger Jahre fallen muß) einen Herrn von Pankuch kennen lernte, von dem er Folgendes berichtet: "Einstmals reiste er nach Dresden und gab sich viele Mühe, Liscovs ungedruckte Schriften zu sammeln; ein Landgeistlicher aber, von unverständigem Eifergeiste besessen, hatte längst zuvor alle köstlichen Ueberbleibsel des Liscovschen Geistes vernichtet. Liscovs arme Witwe brachte dem Geistlichen ein Manuscript voll der allermarkigsten Zeichnungen von der Hand dieses unsers Swifts und bat ihn, es an einen Verleger zu verhandeln. Der Geistliche hatte kaum ein Paar Seiten gelesen, als ihm eine markige Pfaffenzeichnung auffiel und - das Manuscript lag im Feuer". - - -

"Das, worauf es hier ankommt, ist die Frage: Aus welcher Zeit waren - wenn man das ganze Faktum, wie es Schubart erzählt, gelten läßt - jene so schmählich vernichteten Schriften Liscovs. Waren es vielleicht Jugendschriften - - ? - - - Oder waren es Liscovs letzte Schriften - - ? So wäre die Quelle des Liscovschen Geistes keinesweges versiegt und das Räthsel gelöst, oder vielmehr, es wäre kein Räthsel zu lösen.

Und wie mich dünkt, sind wir weit eher zu dieser letzten Annahme berechtigt, als zu jener ersten. Liscov - - trat keinesweges als schon gereifter Schriftsteller auf; es ist ein mächtiger Unterschied zwischen seinen frühern und seinen spätern Productionen. Es läßt sich daher kaum annehmen, daß er etwa aus kritischem Bedenken seine Jugendschriften der Welt vorenthalten habe. - - Wahrscheinlich sind es daher Liscovs gereifteste Schriften, die uns so unwiederbringlich verloren gegangen sind."

Vignette
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Liscows Briefwechsel.


Nr. 1.

HochEdler und Hochgelahrter,
     Hochzuehrender Herr Doctor,
          Werthester Herr Bruder.

Jch bin Ew. HochEd. vor die Zeichen ihrer aufrichtigen Freundschaft ungemein verbunden, und werde dieselben nimmer vergeßen.

Wenn es mir möglich wäre, so würde ich mich heute noch auf den Weg nach Wismar machen: Aber so kan ich nicht eher als Morgen, und hoffe, die Ehre zu haben, den Hr. Bruder übermorgen ganz gewiß zu sehen und zu sprechen. Ich ende hier meinen Brief, weil ein so unvermutheter Befehl, als der Hr. Bruder mir im Nahmen Jhro Durchl. gethan hat, mir nicht vergönnt meine Gedancken zusammen zu haben. Jndeßen verharre ich mit aller aufrichtigen Hochachtung

Ew. HochEd.
M. H. Doctoris
und werthesten Herrn Bruders
ergebenster Diener
Körchow, Liscow.
den 4ten Octobr. 1735.
A Monsieur
Monsieur Heintze
Docteur en Medecine tres celebre
  à
(L. S.) Wismar.
Siegel: Gekrönter ovaler Schild mit einem rechtshin schauenden Vogel auf einem links hervorwachsenden, nackten Ast. Dieses Siegel gebraucht Liscow fortan immer.

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Nr. 2.
Monseigneur.

Vôtre Altesse Serenissime m'ayant fait la grace de me faire demander par le bourguemaître Mester, si je voudrois bien Lui prêter serment de fidelité, et quand je pourrois entrer dans mon service, Elle me permettra de Lui representer lá dessus treshumblement que je reconnois comme je dois l'honneur que Vôtre Altesse Serenissime me fait de me juger digne de La servir, et que je tácherai d'y répondre par une fidelité à toute epreuve.

Je suis prét, Monseigneur, d'en assûrer Vôtre Altesse Serenissime par mille sermens, et je serois charmé, si dés ce moment je pourrois entrer dans Son service. Rien ne seroit plus conforme à l'inclination naturelle que j'ai toûjours euë de servir Vôtre Altesse Serenissime et de Lui donner des marques reelles de ces sentimens de respect et de zéle qu'on m'a imprimés dés le berceau.

Mais comme le tems que je me suis engagé de rester chez Mr. de Clausenheim n'est pas encore fini, c'est avec bien du regret que je me vois obligé de dire à Vôtre Altesse Serenissime, que je ne suis pas en état de profiter aussitôt que je le voudrois de l'offre gracieux qu'Elle a bien voulu me faire, et de Lui marquer précisement le tems quand je pourrai avoir l'honneur d'entrer dans Son service. Tout ce que je puis dire à Vôtre Altesse Serenissime c'est que je ferai tout mon possible de me debarasser au plûtôt des engagemens où je suis, pour m'attacher à jamais à la personne de Vôtre Altesse Serenissime.

J'ai l'honneur d'étre avec la plus profonde soûmission

Monseigneur
de Vôtre Altesse Serenissime
le trés humble, trés obeïssant
et trés fidele serviteur
à Wismar
le 11 éme Octobre 1735.
C. L. Liscow.
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Nr. 3.

Demnach des regierenden Herrn Herzog zu Mecklenburg Herrn Carl Leopold Hochfürstl. Durchl. mein gnädigster Fürst und Herr in Dero würcklichen Diensten mich gnädigst auf und anzunehmen geruhet, und monatlich Zwantzig Reichsthaler reichen zu laßen in Gnaden versprochen, wovon mich bey hernechst etwa geschehenden Verschickungen auch beköstigen soll; So erkenne mich nicht nur für solche Hochfürstl. Hulde tief unterthänigst verbunden, sondern reversire mich auch hiedurch, mit vorgemeldetem tractement, ich sey an was Orten es wolle in Dero Hohen Diensten und Angelegenheiten versandt worden, biß etwan der große Gott, nach seinem allerheiligsten Willen baldige bessere Zeiten im Lande schicket, unterthänigst friedlich zu seyn, welcher gestalt, nach Dero gnädigsten intention in geheimen negotiis ich mich bloß in aller Stille aufzuführen, und mich nach der Maße zu richten habe, in der festen Zuversicht, es werden Jhro Hochfürstl. Durchl. bey vermerckter meiner treu=devotesten Aufführung und fleißiger Arbeit, Dero Gnade mir nicht entziehen, sondern weiter angedeyen laßen. Zu desto mehrer Versicherung habe diesen Revers eigenhändig unterschrieben und mit meinem Pettschaft untersiegelt. So geschehen Wißmar den 12ten Octobr. 1735.

(L. S) Christian Ludwig Liscow.
(Das Siegel wie oben S. 151.)

Nr. 4.

Jch endes unterschriebener schwere zu Gott dem Allmächtigen einen leiblichen Eyd, dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn Carl Leopold, regierenden Herzogen zu Mecklenburg, meinem gnädigsten Fürsten und Herrn, getreu und hold zu seyn, was mir anvertrauet, und verschwiegen gehalten werden soll, keinem Menschen zu offenbahren, oder wißend zu machen, Dero Bestes, nach allem Vermögen, zu befördern, alles Böses, so viel in meinen Mächten ist, abzuwenden; Jnsonderheit aber denen mir zu erhellenden Ordern auf das genaueste nachzuleben, keine Gefahr zu scheuen, bey allen etwa vorkommenden Gegebenheiten mich standhaft, wie einem rechtschaffenen Be=

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dienten eignet und gebühret, aufzuführen: Meinem gnädigsten Fürsten und Herrn einzig anzuhangen, und alle meine actiones nach der Richtschnur Derer Reichsgrund=Gesetze, welche ich selber gelesen, und wohl verstanden, einzig und allein, unter göttlichem Beystande, einzurichten, und nach denenselben, was die Landes=Defension, und gerechteste satisfaction meines gnädigsten Fürsten und Herrn betrift, mit stets unermüdetem Fleiß zu Stande zu bringen, und völligst zu erhalten; unaufhörlich zu bestreben, mich äußerst angelegen seyn laßen soll: auch mich von dieser meiner eidlichen wohlbedächtlichen harten Verbindung weder durch Gunst, Gaben, Geschencke, Intimidirung, Furcht, Haß oder Neid, oder einige menschliche Absichten, wie sie immer Nahmen haben können oder mögen, abwendig machen laßen, sondern an meinem gnädigsten Fürsten und Herrn beständig Zeit Lebens, und so lange nach Gottes Willen, die unruhige Zeiten dauren dürften, mich fest zu halten, und Dero Dienste nicht zu quitiren, auch mit dem tractement, so mir accordiret, und gnädigst vermacht friedlich zu seyn; alles so wahr mir Gott helffe, durch unsern Herrn Jesum Christum, in Einigkeit des Heil. Geistes. Amen. Zu mehrer Bekräftigung und Festhaltung dieses habe solches eigenhändig unterschrieben, und mit meinem Petschaft untersiegelt. Geschehen Wißmar den 11ten Octobr. 1735.

(L. S.) Christian Ludwig Liscow.

Nr. 5.

Durchlauchtigster Hertzog,     
     gnädigster Fürst und Herr,

Ew. Hochfürstl. Durchl. haben die Gnade vor uns gehabt, daß Sie uns bißhero zur notdürftigen Wärmniß Holtz gnädigst reichen laßen, welches wir mit tieff untertänigsten Danck erkennen. Wann nun aber der Feuer=Boeter David Larson uns nichtes mehr verabfolgen laßen will, unter dem Vorwand, die Frau geheimte Rähtin von Wulffrahten hätte es verboten, indeßen wir bey jetziger Kälte ohne nothdürftiger Wärmniß nicht seyn können; so nehmen zu Ewr. Hochfürstl. Durchl. wir unsere unterthänigste Zuflucht mit demüthigster Bitte, Sie geruheten die gnädigste Ordre zu erteilen, daß die kurtze Zeit, so nach Ewr. Hochfürstl. Durchl. gnädigsten resolution wir etwa noch

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hier seyn möchten, uns wie bißhero notdürftiges Holtz zum Einheitzen gereichet werde. Wir zweiffeln nicht an gnädigster Deferirung und sind in wahrer Treue unabläßig

Ewr. Hochfürstl. Durchl.
C. L. Liscow. unterthänigste
Daniel Christian Mester.
Suppl.
d. 17. Febr. 1736.
Dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn,
Herrn Carl Leopold,
regierenden Hertzogen zu Mecklenburg, etc. . etc. .
unserm gnädigsten Fürsten und Herrn
unterthänigst.
Von der Hand des Secretairs Mester geschrieben.

Nr. 6.

Instruction

von den Secretair Lischow
den 9. Aprilis 1736.

Es hette derselbe sich von hier über Lübeck, Hamburg, Holland, alwo er ein schiff nehmen, nacher Calais oder Dunckercken und alsdan weiter nacher Paris sich zu begeben, folglich seine credetive an den Francosischen Hof zu überreichen, nebst wiederholung unsern vorigen Negotio von Anno 1734, wobey er den des itzigen regierenden Hertzoges von Meclenburg bestendige Treue Ergebenheit auffs kräfftigste zu versichern hette, wesfals den die Erleidungen und Zustand im lande ein großes wehre verschlimmert geworden, es hoffeten also JDhl. ihr allerChristl. M. würden bey diesen Frieden JDhl. nicht allein als hoher Garant des westfehlischen Friedens fölligst wieder in ruhiger regirung setzen und zu völliger gerechsten Satisfaction und indemnisation des 17jährigen Schadens und eußersten Turbation gegen den Münsterschen Frieden nach den klaren Reichs Gesetzen und kayserl. beschwornen Wahl capittulation nachdrücklich setzen, sondern auch nach den vormahligen project zu Jhren höchsten intresse eine gerechte hand in den Norden zu haben aller ferneren höchst gefehrlichen anscheinenden ungerechtigkeit zu wehren, nach welchen vorigen Project Er der

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S. L. aufs angelegenste zu negotiiren und da von getreulichst bald möglichst zu referiren.

Nach dem Concepte von des Herzogs Carl Leopold eigner Hand.
Unterschrieben ist diese Instruction eigenhändig von Liscow also:

Daß dieses mir statt einer Instruction mitgegeben solches bescheinige hiemit. Wismar den 9 ten April 1736.

Christian Ludwig Liscow.


Nr. 7.

Sire.

Il y a quelques années que je me donnai la liberté de representer à Votre Majesté la triste situation de mes affaires et de Lui demander Sa protection contre les injustices, qu'a l'extrême violation des Constitutions de l'Empire les maisons de Lunebourg et leurs adhérans ont exercées contre moi dépuis si long tems. Votre Majesté eut alors la bonté de me promettre, que si l'occasion s'en présenterait, Elle ne manquerait pas de songer à mes interêts.

Cette promesse m'a engagé à faire tous mes efforts pour être utile à Votre Majesté. Mais, Sire, le zèle que j'ai témoigné pour le service de Votre Majesté, bien loin de m'avoir été profitable, ne m'a attiré que de nouvelles insultes de la part de mes persécuteurs, dont je ne vois pas encore la fin, à moins que Votre Majeste n'y mette ordre. Je supplie donc Votre Majesté de ne point permettre, qu'un Prince de l'Empire, qui Lui est tout devoué, soit opprimé impunement. La qualité de Garant de la Paix de Munster donne à Votre Majesté un droit incontestable de l'empêcher, et je La prie très humblement de vouloir bien employer Son autorité à ce qu'en conformité de la dite Paix de Munster il me soit donné une entière satisfaction, et pour me fair rentrer dans la paisible possession de mes Etats et dans la parfaite jouissance de tous les droits et régaux, qui ont été si solemnellement confirmes aux Princes de l'Empire dans la Paix de Munster.

J'ai expédié mon secrétaire privé Liscow exprès avec celle-ci, et je prie Votre Majesté de lui ajouter

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foi selon son instruction et d'être persuadée que mon zéle pour le service de Votre Majesté ira toujours en augmentant, ayant l'honneur d'étre avec tout le respect imaginable

Sire
(à Wismar
le 9 éme Avril 1736.)
de Votre Majesté
An den König von Frankreich, nach dem Concepte von Liscows Hand.

Nr. 8.

Monsieur.

Il souviendra à Votre Eminence, que j'implorai il y a quelques années l'assistence de Sa Majesté Très Chrétienne contre les violences inouies des maisons de Lunebourg et de leurs adhérans, auxquelles j'ai été exposé dépuis si long tems. La réponse que je reçus alors, fut assez favorable, pour me faire espérer un heureux changement dans mes affaires. Mais, Monsieur, voyant que mes affaires bien loin de prendre un meilleur train, ne font qu'empirer, et que le zèle, que j'ai témoigné pour le service de la France, fournit à mes ennemis de nouveaux prétextes de continuer leurs injustices, je me trouve forcé de recourir de nouveau à la Majesté Très Chrétienne et de lui envoyer pour cet effet mon secrétaire privé Liscow, lequel je recommende particulièrement à Votre Eminence.

Comme mes prétensions sont justes et bien fondées, j'espère, que Votre Eminence aura la bonté d'appuyer fortement par Ses représentations la lettre, que je me donne l'honneur d'écrire au Roi, et de porter Sa Majesté à des résolutions, qui me soient favorable.

Je prie Votre Eminence d'être persuadée, que je Lui en aurai une sensible obligation, et que je serai toujours avec un attachement très parfait

Monsieur
(à Wismar
le 9 éme Avril 1736.)
de Votre Eminence
An den Cardinal Fleury, nach dem Concepte von Liscows Hand.

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Nr. 9.

Monsieur.

En conformité de la Vôtre du           1734 je n'ai point négligé ce que Vous m'avez recommendé, et Vous pouvez croire, quej'ai fait tout mon possible pour faire réussir l'affaire.

Cependant, Monsieur, mes affaires n'ont point changé de face dépuis ce tems là, au contraire elles sont allé de mal en pis. C'est ce qui m'a fait prendre la résolution de recourir de nouveau à Sa Majesté Très Chrétienne pour lui demander sa protection et de lui envoyer pour cet effêt mon Sécretaire privé Liscow, lequel je Vous prie de favoriser en tout ce qui dépendra de Vous, Vous recommendant mes interêts et les mettant entièrement entre Vos mains.

La bonne volonté que Vous m'avez toujours témoignée, me fait esperer, que Vous continuerez à employer Votre crédit pour le bien de mes affaires, et je Vous prie de croire, que je chercherai les occasions de Vous donner des marques de mon amitié et de l'estime parfaite avec laquelle je suis

Monsieur
(à Wismar
le 9 éme Avril 1736.)
An den Garde des Sceaux Chauvelin, nach dem Concepte von Liscows Hand.

Nr. 10.

Monseigneur.

J'aurais bien plutôt eu l'honneur de rendre comte à Votre Altesse Sérénissime de mon expédition, si la difficulté de trouver un vaisseau pour Calais et les vents contraires ne m'avoient retenu à Roterdam plus de quinze jours, de sorte que je ne suis arrivé a Paris que le 26 éme Mai. Le désordre, où le voyage m'avoit mis, et la nécessite de me faire habiller ne m'ont permis d'aller à Versailles que le 17 éme Juin et je n'ai pu parler au Garde des Sceaux que le 20 éme.

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Je lui rendis la lettre de Votre Altesse Sérénissime, qu'il reçut avec beaucoup de froideur et la lut avec une mine si méprisante, que d'abord je n'auguroit rien de bon; aussitôt la réponse, qu'il me fit, ne fut guéres favorable.

Après avoir entendu les propositions, que je lui fis selon mon instruction, il me dit: Je ne comprend pas, Monsieur, quelle assistance Son Altesse peut attendre de nous; car nous ne nous mêlons point des affaires de l'empire. Je repondis à cela, qu'à mon avis le roi de France comme garant de la paix de Westphalie était obligé de protéger Votre Altesse Sérénissime contre l'injustice, avec laquelle on veut La priver des régaux et des prérogatives, dont Elle devroit jouïr selon la paix de Westphalie, et de Lui procurer une entiére satisfaction et indemnisation, sur quoi il me dit: Nous verrons ce que nous aurons à faire; mais, ajouta-t-il, quant à ce que Vous dites de réassumer la négotiation de 1734, entamée par Heil, Vous savez, que les affaires ont changé de face dans ce tems là; cette négotiation avoit un objet pour nous, mais à cette heure ce n'est plus cela. Je répondis, que je savois bien, que les affaires étoient changées, mais que non obstant cela je croyois, qu'une alliance avec la cour Russienne sur le pied proposé par Heil seroit toujours avantageuse à la France et lui donneroit un grand poids dans le Nord, sur quoi il me dit: Nous n'avons pas besoin d'alliances et surtout nous ne ferons point d'avances à la cour Russienne, qui nous a trompé et trahi notre secret; si elle veut s'allier à nous, c'est à elle à parler, et Vous, Monsieur, êtes Vous muniz de pleins pouvoirs de la part de la cour Russienne? Je repondis que non. Vous voyez donc, dit-il, qu'il n'y a rien à faire; cependant, ajouta-t-il, je Vous présenterai au cardinal, auquel Vous pouvez rendre Vos lettres, et Vous n'avez qu'à Vous montrer demain au matin. En disant cela, il me tourna ce dos et me laissa là.

Le lendemain 21 éme Juin je ne manquai pas d'aller chez le Carde des Sceaux, qui en me voyant me dit: Vous n'avez qu'à venir, Monsieur; je Vous menerai chez le Cardinal. Il m'y mena effectivement, mais il ne me présenta pas, de sorte que je fus de me retourner sans avoir eu audience.

Le 22 éme je fus encore chez le Garde des Sceaux, mais on me dit, qu'il n'iroit point chez le Cardinal.

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J'y allai donc sans lui et le Cardinal me fit d'abord entrer dans son cabinet. Je lui rendis la lettre de Votre Altesse Sérénissime, qu'il lut, et après l'avoir lue, il me dit: Il faut que Vous parliez de ces affaires au Garde des Sceaux et Vous en tenir à ce qu'il Vous dira. C'étoit tout ce qu'il me dit, après quoi, voyant qu'il étoit sur le point de sortir, je remis entre ses mains la lettre pour le Roi et me retirai.

Je ne fus point chez le Garde des Sceaux, sachant que je ne lui pourrois point parler, mais je retournai d'abord à Paris, pour faire rapport à Votre Altesse Sérénissime du succès de ma première audience. Je suis au désespoir de ce que le succès n'est pas tel, que je l'aurois souhaité, puisque je prévois, que ce que j'ai l'honneur de mander à Votre Altesse Sérénissime, Lui sera très désagréable. Cependant, Monseigneur, j'aime mieux déplaire à Votre Altesse Sérénissime par un recit trop fidèle, que de Lui rien cacher et de L'amuser par des espérances trompeuses.

Votre Altesse Sérénissime voit à cette heure évidemment, quel fond il y a à faire sur l'amitié de la France. Cette couronne, pour en juger sur ce que le Garde des Sceaux m'a dit, n'assistera jamais Votre Altesse Sérénissime, à moins qu'elle n'y trouve son compte, et le mauvais sucès de la négotiation de Heil 1'a tellement rebutée, qu'elle ne prêtera jamais l'oreille a une alliance avec la Cour Russienne, à moins qu'elle ne soit proposée de la part de la Cour Russienne même.

Je puis assurer Votre Altesse Sérénissime, que la démarche, que Heil a fait faire à la France par ses projets mal digérés, l'a piqué extrémement et qu'il sera bien difficile de l'engager à faire quelques efforts en faveur de Votre Altesse Sérénissime. Tout ce que Votre Altesse Sérénissime peut faire à mon avis c'est de tâcher d'être bien avec la Cour Russienne, si Votre Altesse Sérénissime a une fois gagné la Cour Russienne, et que cette cour propose une alliance fort avantageuse a la France, à condition que Votre Altesse Sérénissime y soit comprise, la France se déclarera peut-être pour Votre Altesse Sérénissime; mais sans cela je ne vois point qu'il y ait quelque chose à faire ici; car si je ne suis pas en état de montrer un plein pouvoir de la Cour Russienne, on traitera de chimère tout ce que je pourrai dire d'une alliance avec cette puissance.

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Votre Altesse Sérénissime me pardonnera. la liberté, avec laquelle je Lui parle; c'est une marque du zèle, que j'ai pour Son service, duquel je ferai tout mon possible, de Lui donner des preuves, La suppliant très humblement, d'être persuadée, que si ma négotiation ne réussit point, ce n'est pas ma faute. Je ferai de mon mieux; mais si l'on refuse à m'entendre, si l'on me relance, comme la premiere fois, je ne vois point ce que je puisse faire, et Votre Altesse Sérénissime aura la bonté de m'excuser. Cependant, Monseiqneur, la froide reponse du Garde des Sceaux ne m'empêchera pas de revenir à la charge et de tâcher de me faire écouter, et je prie Votre Altesse Sérénissime de m'honorer bientôt de Ses ordres, afin que je sache ce que j'ai à faire en cas qu'on s'obstine à rejetter mes propositions et si dans ce cas là Votre Altesse Sérénissime veut, que je revienne ou que je reste ici pour en faire d'autres selon l'instruction, qu'Elle me fera la grace de me donner.

Votre Altesse Sérénissime trouvera sur un billet à part une addresse, sous laquelle Elle peut, s'il Lui plait, m'envoyer sûrement Ses ordres.

J'ai l'honneur d'être avec un très profond respect

de Votre Altesse Sérénissime
à Paris
le 23 éme Juin 1736.
le très humble et très
obéissant serviteur
C. L. Liscow.
(Vorstehender Brief ist in Chiffren geschrieben.)

A Son Altesse Séréenissime Monseigneur Charles Leopold Duc regnant de Meclembourg, Prince des Vandales, de Suerin et de Ratzebourg, Comte de Suerin, Seigneur des Pais de Rostock et de Stargard

  à
(L. S.) Wismar.
pr. 4 July 1736.

Auf einem eingelegten Zettel:

A Monsieur
Monsieur Raffou
demeurant au Fauxbourg St. Germain, Rue du Colombier
à l'Aigle noir
  à
(L. S.) Paris.
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Nr. 11.

HochEdler          
Hochzuehrender Herr Bürgermeister.

Ich zweifele nicht, Sie werden glauben, ich sey unterwegens gestorben: Allein ich lebe noch; und befinde mich wohl. Die Ursache warum ich nicht eher geschrieben, ist, daß ich erst den 26 ten Maii zu Paris angekommen, und wegen vieler Verhinderungen nicht eher als den 17 ten Junii im Stande gewesen auszugehen.

Mit voriger Post habe ich an Jhro Durchl. geschrieben: Allein ich glaube mein Brief wird nicht gar zu angenehm sein. Ich habe die Wahrheit geschrieben, und bin nicht der Mann der jemand mit falscher Hofnung schmeicheln kan. Ich finde es hier ganz anders, als ich es mir vorgestellet. Ich dachte man wäre geneigt uns zu helfen, allein man ist es wahrlich nicht; und wo wir uns sonst auf niemand verlassen können, so sind wir verlohren. Es wäre also nach gerade Zeit sich eines beßern zu besinnen, und gelindern und vernünftigern Rathschlägen Platz zu geben. M. H. Bürgermeister werden so gut seyn, und, falls man mit Ihnen von dieser Sache reden sollte, recht von Herzen abzusprechen, und die Unmöglichkeit, mit Gewalt seine Absichten zu erreichen, vorzustellen. Ich will nicht ermangeln hier mein bestes zu thun: Allein ich verspreche mir wenig gutes: und ein Engel vom Himmel würde nicht vermögend sein etwas auszurichten, wenn man ihn nicht hören will.

Mit meinen ducaten bin ich übel daran. Sie gelten hier nicht: Und wenn ich sie nach der Müntze schicke, verliehre ich auf einen jeden mehr denn 40 ßl. Das gefällt mir nicht, weil ich, wo ich noch einige Monathe hier bleiben soll, mich genöthigt sehen werde, um einen Wechsel anzuhalten, wozu man sich schwerlich verstehen wird, zumahl, wenn meine Sachen nicht gut gehen. Indeßen kan ich ohne Geld weder hier leben, noch wieder zu Hause kommen. Ich verspreche mir von Ew. HochEd. daß Sie, wenn ich noch Geld nöthig haben solte, mein Wort bestens reden werden.

Die Einlage bitte ohnschwer an Loison seine Frau zu bestellen, und, wenn Sie mir die Ehre thun an mich zu schreiben, es dieselben wissen zu laßen, damit sie ihren Mann auch durch einen Brief erfreuen kan. Sie können Ihre Antwort nur an Madame Heinecken in Lübeck addressiren, welche sie schon besorgen wird. Schreiben Sie mir was unser Goldmacher macht,

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und alles was sie glauben, das mir zu wißen nöthig ist. Croll und sein gantzes Hauß grüße zum schönsten.

Ich verharre mit vieler Hochachtung  
Ew. HochEdlen
    M. H. Bürgermeisters
    ergebenster Diener
    Liscow.
Paris
den 28 ten Junii 1736.
   

P. S. Heil hat hier alles verdorben durch seine Vorschläge, die er nicht ausführen können: Und auf diese vorschläge soll ich auch bauen? Was kan da gutes heraus kommen?

A Monsieur
Monsieur Mester
Bourguemaitre de la ville de Sternberg
  à
Wismar.
(L. S.)

Nr. 12.

Monsieur.

Ce n'est que depuis mon retour à Hambourg, d'où j'ai esté du tems absent, que la lettre, dont Vous m'avés honnoré, m'a esté rendue; sans ce contretems je n'aurois pas tardé si longtems, à me donner l'honneur de Vous repondre. Vous souhaités, que je Vous donne des nouvelles de Mr. Lyskow, et en verité je ne puis Vous satisfaire; ce que je seai seulement est qu'il a esté à Hambourg yl y a huit ou dix semaines plus ou moins, et qu'il en est parti, sans avoir veu ny Mr. le conseiller privé de Clausenheim, ny Mr. de Rassau son ami, ny moi qui suis beaucoup des siens et qui l'estime infiniment. Je soupçonne qu'il n'en a vsé ainssi que par les ordres du Duc son maitre et que les mêmes raisons l'empechent encore d'escrire à ses amys. C'est tout ce que je puis Vous dire, Monsieur. Si Vous aprenés de ses nouvelles, faites moi la grace de m'en donner,

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et si elles me parviennent plustôt qu'à Vous, j'aurai l'honneur d'en vser de même à Votre egard. J'ai celui d'estre avec beaucoup de consideration

Monsieur
Hambourg
ce 36 Juin 1736.
Vostre très humble et très
obéissant serviteur
de Rochefort.
  Le defaut de la langue Alle-
mande m'oblige, Monsieur,
d'escrire en françois. Je Vous
renvoie la lettre pour Mr.
Lyskow, ne sachant où
l'addresser.
 
    A Monsieur
Monsieur S. Croll
avocat
 
    à
Wismar.
(L. S.)

Nr. 13.

Monsieur.

Le S'. Liscow Secretaire privé de Votre Altesse me rendit il y a 10 ou 12 jours la lettre, qu'Elle m'a fait l'honneur de m'écrire du 9 Avril dernier, et je ne l'ai pas reveu dépuis. Je serai toujours prest à entendre ce qu'il aura à me dire de Sa part, pour en rendre compte ensuite à Sa Maj . Jusque là je ne puis rien dire de précis à Votre Altesse, n'étant pas instruit de Ses veues ni des moyens de terminer Ses malheurs. Ils paroissent augmenter tous les jours et le remède me paroit de plus en plus difficile. Il ne m'est jamais revenu, que Son attachement au Roi ait été esté comme un pretente de procedures, qui ont été faites contr' Elle, mais si le S'. Liscow peut nous suggerer le moyens d'adoucir Ses peines, le Roy s'y pre-

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stera avec plaisir. En mon particulier je serai fort aise d'avoir des occasions de Vous marquer le parfait attachement avec lequel je suis

Monsieur
  De Votre Altesse  
a Chantilly
le 3 Juillet 1736.
le très obligé
le Card. de Fleury.
A Son Altesse
Monsieur le Duc de Meckelbourg
    à
Wismar.
(L. S.)

Nr. 14.

Wismar d. 9 July 1736
an Lischo.

Deßelben von 23 passato ist allererst den 4 dieses allhier angekommen. Es hat nicht wenig Verwunderung gegeben, daß so woll die Reife so langsam, alß auch daß 3 gantze Wochen ohne das geringste anzufangen passiret. Aus beygeschlossenem extract wird er ersehen, wie der Wienerische Hof sich erkläret, es wäre also dem Könige von Franckreich gar ein leichtes, wenn nur Ernst gezeiget würde, die Sache in Kurtzen in Mecklenburg völligst herzustellen und zu Dero höchsten Interesse wegen gerechtester Satisfaction nach denen leges Imperii auszuführen. Er wird dieses bestmüglichst vorstellen und alles anwenden, daß nichts verseumet wird.


Nr. 15.

Mon Cousin. J'ay receu par le S r. Liscouu la lettre du 9 Auril d er , qu'il etoit chargé de me remettre de Votre part; Vous ne deuez point douter, que je ne sois toujours fort peiné des sujets de plaintes, dont Vous me rappellés le souvenir, et de ce que les conjonctures n'ayent encore pu jusques icy Vous y faire trouver un changement conforme à Vos dézirs. J'ay toujours Vos interests éqalement

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à coeur, et ce sera avec plaisir, que je verray naître le moment de contribuer à Votre satisfaction personelle; je n'ay à cet egard qu'a m'en remettre au compte, que le S r. Liscouv poura Vous rendre luy même de mes sentimens et de mon affection pour Vous, sur ce je prie Dieu, qu'il Vous ait, mon Cousin, en sa sainte et digne garde. Ecrit a Compiegne le 29 Juillet 1736.

Louis.
Chauuelin.
A mon Cousin
le duc de Meckelbourg
Prince du St. Empire.

(L. S.)

Nr. 16.

Monseigneur.

Le S. Liscow m'a remis la lettre du 9 Avril dernier, dont Votre Altesse a bien voulu m'honorer. Les témoignages qu'Elle a la bonté de m'y donner de Sa confiance, me sont un nouveau motif de m'interesser à tout ce qui La regarde; Elle voudra bien estre persuadé, que je seray très attentif à proffiter de toutes les occasions, où je pourray Luy donner des preuves de mon zèle pour Son service et que je me feray un plaisir de contribuer de mes soins à ce que Votre Altesse puisse retirer de la mission du s. Liscow auprès de sa Maj tout le fruit, qu'Elle en attend.

Je suis avec un respectueux attachement

Monseigneur
de Votre Altesse
A Compiegne
le 29 Juillet 1736.
très humble et très obéissant
serviteur
Chauuelin.
A Son Altesse
Monseigneur le Duc de Meklenbourg
Prince du St. Empire.
Garde des Sceaux.
(L. S.)

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Nr. 17.

Monseigneur.

Les ordres, que Votre Altesse Sérénissime a bien voulu me donner par Mester, m'ont été bien rendus le 22 éme du mois passé à Compiegne, où j'avois suivi la Cour.

Avant même que je les eusse reçus, je me suis donné toute la peine du monde pour parler au Garde des Sceaux. Mais je n'ai pu obtenir le moindre petit moment d'audience, quoiqu'il me vit tous les jours à son antichambre, jusqu'à ce qu'enfin le 28 éme passé j'eus l'honneur de lui parler seul pour quelques momens. Je commençai à lui faire mes propositions, mais lui, sans vouloir me donner le tems de parler, m'interrompit de la manière la plus brusque et la plus hautaine, pour me dire, que ce que Votre Altesse Sérénissime prétendoit du Roi, ne se pouvoit faire, et qu'il m'expedieroit bientôt. Je lui répondis, que s'il voudroit m'écouter, il trouveroit, que Votre Altesse Sérénissime ne prétendoit rien, qu'Elle ne pût raisonnablement attendre d'un Prince garant de la paix de Westphalie. Sur quoi il me dit: Que voulez-Vous, Monsieur.? Nous ne pouvons point envoyer une armée en Mecklenbourg. Mais, lui dis-je, rien ne Vous empêche de faire de fortes et sérieuses représentations à la Cour de Vienne, et je crois, que cela suffira. Monsieur, me dit-il, nous ne ferons jamais de déclaration pour le duc: nous l'assisterons de tout ce que nous pourrons selon la disposition des affaires, mais nous ne forons point de déclaration pour lui. Il repeta cela plusieurs fois, et après avoir ajoûte: Voilà tout ce que je puis Vous dire, il me quitta.

Comme je me retirai, il fit courir après moi pour me faire rappeller et me dit, que l'après-midi il me feroit tenir une lettre pour Votre Altesse Sérénissime. Je fus chez lui à l'heure qu'il m'avoit marquée. Mais on me remit au lendemain qui étoit le 29 éme passé, où enfin il me donna la lettre du Roi et la sienne, que j'ai l'honneur d'envoyer à Votre Altesse Sérénissime.

Votre Altesse Sérénissime verra par ces lettres et par ce que j'ai l'honneur de lui dire la manière, dont j'ai été reçcu ici, et quel fond il y a à faire sur l'assi stance du Roi. Je suis au désespoir d'être obligé de mander des nouvelles si désagréables à Votre Altesse Sérénissime. Mais ce n'est pas ma faute. J'ai fait

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tout ce que j'ai pu et j'espère, que Votre Altesse Sérénissime aura la bonté de ne point m'imputer le mauvais succès de ma négotiation, que j'aurois voulu faire reussir aux dépens même de ma vie. Mais il m'a été impossible de vaincre la dureté du Garde des Sceaux, qui n'a jamais voulu entrer en détail avec moi et qui même m'a renvoyé sans vouloir m'entendre.

Cependant, Monseigneur, quoiqu'en me faisant tenir les lettres, que j'ai l'honneur d'envoyer à Votre Altesse Sérénissime, on m'ait en quelque façon donne mon congé, je n'ose pourtant partir d'ici sans un ordre exprès de Votre Altesse Sérénissime, et je La supplie très humblement de me faire savoir Ses intentions au plutôt, afin que je sache, si je dois rester encore ici pour faire de nouvelles tentatives, ou si Votre Altesse Sérénissime veut, que je m'en retourne. Quoiqu'il plaira à Votre Altesse Sérénissime de m'ordonner, Elle trouvera bon, que je Lui représente, que mon argent tire sur ses fins, et que, soit que Votre Altesse Sérénissime veuille que je reste plus long tems ici, ou qu'Elle souhaite que je revienne, je ne saurois faire ni l'un ni l'autre sans une lettre de change de 80 à 100 louis d'or, que Votre Altesse me fora la grace de m'envoyer, s'il Lui plait. Si Votre Altesse Sérénissime voudra bien considérer, combien il est cher à vivre ici, et (sans compter la perte de plus de 250 écus, que j'ai faite sur mes ducats) les dépenses que j'ai été obligé de faire pour m'équiper tant soit peu, avec les voyages qu'il m'a fallu faire à Versailles et à Compiegne, où toutes choses sont encore plus chères qu'ici, Elle ne trouvera pas étrange la demande, que je me donne la liberté de Lui faire, et ne me refusera pas un secours absolument nécessaire, pour éviter la honte et l'embarras inséparables d'un manque d'argent dans un lieu, où l'on ne connoit personne. Je l'en supplie très humblement, étant avec une soumission très profonde

de Votre Altesse Sérénissime
à Paris
le 2 éme Aoùt
1736.
le très humble et très obéissant
serviteur
Liscow.
A Son Altesse Sérénissime
Monseigneur le Duc regnant de Meclenburg etc.
    à
(L. S.) Wismar.
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Nr. 18.

HochEdler      
Hochgeehrter Hr. BürgerMeister.

Es hat mich sehr gewundert, daß M. Hr. Bürgermeister mir nicht auf meinen Brief geantwortet: denn unsere Abrede war bey meiner Abreise gantz anders. Ich habe mein Wort gehalten: Sie aber nicht. Denn die paar Zeilen, so ich von Ihrer Hand erhalten, kann ich unmöglich als eine förmliche Beantwortung meines Schreibens ansehen: Weil sie in einer gantz andern Absicht geschrieben.

Indeßen bin ich dem Inhalt dieser Zeilen getreulich nachgekommen: Muß aber beklagen, daß meine Bemühung nicht die gewünschte Würkung gehabt. Es hat Mühe gekostet ehe ich den Garde des Sceaux zu sprechen bekommen: Ich habe beynahe 14 Tage in seiner Antichambre lauren müßen. Und endlich als ich vor ihm kam, erhielt ich nichts von ihm als ein trotziges Nein, und eine so kurze Abfertigung, als ich nimmer vermuthet hätte.

Ich kan M. Hn. Bürgermeister versichern, daß wenn ich vorher gewußt hätte, wie wenig man sich hier um Uns und Unsere Sachen bekümmert: ja wie verhaßt Heil uns hier durch seine übel ausgefallene Anschläge gemacht, so hätte mich kein Mensch aus Wismar bringen sollen. Allein geschehene Dinge sind nicht zu ändern, und ich muß mich damit trösten, daß ich das meine gethan. Daß man mich trotzig abweiset, und kaum hören und sehen will, davor kann ich nicht. Ich bin am schlimmsten daran: und M. Hr. Bürgermeister kan glauben, daß ich noch wenig vergnügte Stunden in Franckreich gehabt. Mir hat in langer Zeit weder Eßen noch Trincken schmecken wollen, welches mir Anfangs verdrießlich war, nun aber nachgerade recht lieb ist, weil die Zeit heran nahet, da ich kaum wißen werde, wo ich brodt her nehmen soll. Ich habe desfalls um Geld geschrieben, und ersuche M. Hn. Bürgermeister sein Bestes zu thun, daß ich den verlangten Wechsel bekomme. Das Geld geht hier, als wenn es Füße hätte, und man hat wenig davor; die Reisen nach Versailles haben mir viel gekostet, und die letzte nach Compiegne hat mir den Rest völlig gegeben. Auf die ducaten habe ich bey 250 Rthlr. verlohren: und das elende Kleid, samt dem bißgen leinen Zeug, so ich unumgänglich haben mußte, hat mir auch was gekostet: Daß also M. Hr. Bürgermeister leicht nachrechnen kann, daß ich geld nöthig habe: es sey, daß ich hier bleiben, oder zurück kommen soll.

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Die guten Zeitungen aus Norden habe ich gelesen. Ich wolte wünschen, daß sie würcklich so gut wären, als derjenige der sie überschreibet sich einbildet. Ich vor meine Person finde nichts tröstliches darin, denn wenn der Kayser von handhabung der Regalien spricht, so hat es einen ganz andern Verstand, als wenn wir so reden, und nicht die Meinung, daß der Kayser seine decreta wiederruffen wolle. M. Hr. Bürgermeister sieht dieses besser als ich.

Uebrigens ersuche M. Hn. Bürgermeister nochmahlen vor mich zu sorgen, daß ich nicht ins Chatelet komme, und mir mit dem ehesten umständlich zu schreiben. Ich verharre mit aller Aufrichtigkeit

Ew. HochEdl.
     M. Hn. Bürgermeisters
ergebenster Diener
Paris> L.
den 2 ten Aug. 1736.
A Monsieur
Monsieur le Rourquemaitre Mestre
    à
(L. S.) Wismar.

Versiegelt mit C. L. Liscows Siegel.

Couvertirt an:
A Monsieur
Monsieur Croll,
JC te et Advocat très celebre
    à
(L. S.) Wismar.
pr. XII. Aug.

Nr. 19.

Paris den 16 ten August 1736.

Monsieur.

Deßen Brief vom 13 ten dieses habe ich gestern wohl erhalten. Wie es mich nun sehr wundert, daß man mir nicht schreibt, ob ich hier bleiben, oder zu Hause kommen soll; So ist es mir sehr empfindlich, daß man, wie es scheint, an meiner Ehrlichkeit zweifelt, und ehe man mir Geld schicket, eine Rechnung von meinen Ausgaben zu sehen verlanget. Ob es nun

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zwar eine sehr leichte Sache ist, eine Rechnung zu machen, und ein Betrieger diese Kunst so gut verstehet, als der ehrlichste Mann von der Welt, So wird man es mir doch nicht verargen, daß ich vor dieses mahl noch keine Rechnung einschicke. Ich unterlaße es aus nachfolgenden Ursachen: 1. Weil ich verlange, daß man mir die Ehre thue, zu glauben, daß ich mich nicht mit dem elenden Rest einer Summe zu bereichern suchen werde, die so geringe ist, daß es sich kaum der Mühe verlohnen würde, sie gantz unterzuschlagen, und 2. weil ich vorhersehe, man würde mir, da man doch einmahl ein Mißtrauen in mir zu setzen angefangen, über einen jeden Punct meiner Rechnung monita machen, deren Beantwortung, und das daraus folgende hin und herschreiben, so viele Zeit wegnehmen würde, daß ich darüber todt hungern könnte. Weil ich nun nicht glaube, daß man mich darum hieher geschicket, so erwarte ich mit dem ehesten entweder Geld, oder wenigstens eine Gewißheit, ob ich was haben soll, oder nicht? damit ich meine mesures darnach nehmen könne. Je suis

Monsieur
votre Serviteur
Liscow.
A Monsieur
Monsieur Mester
Bourguemaitre de la ville de Sternberg
    à
(L. S.) Wismar.
pr. 9 Sept. 1736.

Nr. 20.

Lübeck den 17. Novbr. 1736.

Hoch Edel gebohrner         
Insonder Hoch zu Ehrender Her Burgemeister.

In dinstlich antwordt auf Dero geehrtes von 15 dieses melde daß ich Dero letztes schreiben von September gleich den Posttag darauf so prompt wie die vorigen und des Hr. Krols richtig spediret habe. ich befinde mich aber seit den 28 Augusti in Paris datiret von bewußten Freunde ohne die geringste nachricht, welches mich sehr befrömdet, zu mahl da vor 14 tagen von Hn. Pastor Neumeister auß Hamburg an den hiesigen H. Rector von Seelen ein schreiben eingelauffen, dar in ge=

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standen, wie in Hamburg das gerücht lieffe, der bewuste Freund sey in Paris von seinem Diener Erwürget worden, ich wünsche nicht daß dieses wahr seyn möge. Es ist ein braver Mensch aufrichtig, und hat verdient von großen Herrn estimiret zu werden. Ich hoffe durch einen guten Freund von Paris auß zu erfahren, wo der Freund geblieben. Solle ich bald nachricht bekommen, wil ich es melden, dafern aber Dieselben eher wie ich was zuverießlich da von erfahren, wil umb Communication dienstlich gebäthen haben, die ich nach Empfehlung Gottes die Ehre habe zu seyn

Euwer Hoch Edel Gebohren     
meines hoch zu Ehrenden Hn. Bürgermeisters
ergebenste Dienerin
C. E. Heineken.
A Monsieur
Monsieur Mester,
Bourgemaitre de Sternberg,
    à
(L. S.) Wismar.

Nr. 21.

HochEdler          
Hochzuehrender Herr Bürgermeister.

Ich habe vor mehr als 5 Wochen an Ihro Hochfürstl. Durchl. geschrieben und Deroselben gemeldet, wie die Noth mich gezwungen, Paris zu verlaßen, und mich nach Holland zu begeben. Ich bat dabey unterthänigst, mir noch mit 200 Rthlr. zu helfen. Allein ich habe noch zur Zeit keine Antwort, wohl aber einen Brief von M. Hn. Bürgermeister erhalten, in welchem mir befohlen wird zu Hause zu kommen.

Wann ich nun ohne Geld unmöglich diesem Befehl nachkommen kan: So habe M. Hn Bürgermeister hiedurch gantz' ergebenst ersuchen wollen, es bey Ihro Hochfürstl. Durchl. dahin in die Wege zu richten, daß ich Geld bekomme. Vor 6 Wochen wären 200 Rthlr. genug gewesen mich aus meiner Noth zu reißen: Allein jetzo muß ich nothwendig 300 Rthlr. haben, wo ich zu hause kommen soll. Ich erbiete mich nochmahls, wie ich in meinem vorigen an Ihro Hochfürstl. Durchl. gethan, von allen meinen Ausgaben Rechnung abzulegen, und mir, was ich zu viel verthan, an meiner Gage abziehen zu

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laßen. Ich glaube daß dieses Erbieten alles ist, was man von mir verlangen kan. Sollen aber, über verhoffen, Ihro Hochfürstl. Durchl. meinen Untergang beschlossen haben: So werden Dieselbe doch die Gnade haben, mir einmahl vor allemahl wißen zu laßen, ob ich von Deroselben noch einige Hülfe zu erwarten habe oder nicht. Ich habe bißhero aus unterthänigstem Respect vor Ihro Hochfürstl. Durchl. meine Noth niemand klagen mögen: Wenn ich aber sehe, daß man mich unglücklich machen will: so muß ich es machen, wie ich kan, und bin versichert, daß die gantze Welt mit mir ein Mitleyden haben wird. M. Hr. Bürgermeister werden die Güte haben Ihro Hochfürstl. Durchl. dieses alles vorzustellen, und ihr bestes zu thun, daß ich Geld bekomme: oder mir wenigstens die Freundschaft thun, mir zu melden, daß ich nichts haben soll. Es muß dieses aber bald geschehen: denn es ist mit mir auffs höchste gekommen, und weiß ich nicht wie lange ich es hier werde halten können. Sie können meine Briefe nur an die Madame Heinecken in Lübeck addressiren. Ich bin mit vieler Hochachtung

M. Hn. Bürgermeisters
Rotterdam
den 25 ten Novbr. 1736.
ergebener Diener
C. L. L.

P. S. Wo sie mich in W. nicht wieder haben wollen, so machen sie doch, daß Loison zu hause kommen kan. Mich deucht nicht, daß es billig ist, daß der Kerl auf meine Unkosten hier liegt.

A Monsieur
Monsieur Mester
Bourgemaitre de la ville de Sternberg
    à
(L. S.) Wismar.

Nr. 22.

Durchlauchtigster Herzog,      
Gnädigster Fürst und Herr.

Ew. Hochfürstl. Durchl. werden sich gnädigst erinnern, was ich in meinem letzten unlerthänigsten Schreiben vom 20 ten Decembr. vorigen Jahrs Deroselben vorzustellen die Ehre gehabt habe.

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Ich hätte geglaubet, Ew. Hochfürstl. Durchl. würden durch die so oft wiederholten Vorstellungen der großen Noth, in welcher ich mich befand, gerühret worden seyn: Allein die Folge hat gewiesen, daß ich mich mit vergeblicher Hoffnung geschmeichelt; indem Ew. Hochfürstl. Durchl. mich nicht der geringsten Antwort gewürdiget, sondern in dem Elende, worin ich ohne meine Schuld gerathen war, stehen laßen.

Ich habe also selbst zu meiner Rettung Anstalt machen müssen, und bin so glücklich gewesen, daß ich endlich gute Freunde gefunden, die mir so viel vorgeschoßen, daß ich meinen Wirth in Rotterdam bezahlen, und nach Hamburg zurückreisen können. Wie hoch sich meine Schuld belaufen, werden Ew. Hochfürstl. Durchl. aus beygehender Ouitung, und was Loison auf meine Rechnung verzehret, aus dem gleichfalls angeschloßenen Zeugniße meines Witths gnädigst ersehen.

Da ich nun alle diese Unkosten in Ew. Hochfürstl. Durchl. Diensten gemachet, und aus keiner andern Ursache so tief in Schulden gerathen bin, als weil Ew. Hochfürstl. Durchl. mir in Ungnaden denjenigen Zuschub versaget, den ein Diener, der verschicket worden, von seinem gnädigsten Herrn mit Recht fordern kan: So flehe Ew. Hochfürstl. Durchl. unterthänigst an, Dieselbe geruhen gnädigst, mich, durch eine baldige Erstattung der mir verursachten Kosten, aus den Schulden zu reißen, die ich in Dero Diensten zu machen genötigt worden.

Diese Forderung ist so billig, und Ew Hochfürstl. Durchl. so wenig mit meinem Unglück gedienet, daß ich des unterthänigsten Vertrauens lebe, Ew. Hochfürstl. Durchl. werden, nach Dero welt=berühmten Großmuth und Liebe zur Gerechtigkeit, meine unterthänigste Bitte gnädigst Statt finden laßen.

Ich würde nicht ermangeln, mich persönlich zu Ew. Hochfürstl. Durchl. Füßen zu werfen, und Dieselbe mündlich in aller Unlerthänigkeit hierum anzuflehen: Allein das Verfahren Ew. Hochfürstl. Durchl. gegen mich ist so beschaffen, daß ich dieses zu wagen billig Bedencken trage, und so außerordentlich ungnädig, daß ich nothwendig daraus schließen muß, daß Ew. Hochfürstl. Durchl. meine Dienste nicht weiter verlangen.

Ich laße dahin gestellet seyn, was Ew. Hochfürstl. Durchl. vor Ursachen gehabt, eine so große Ungnade auf mich zu werfen. Mein Gewißen saget mir, daß ich Ew. Hochfürstl. Durchl. redlich zu dienen gesuchet, und mit Freuden bis an meines Lebens Ende gedienet haben würde, wenn es Ew. Hochfürstl. Durchl. nicht gefallen, durch das ungnädige Bezeigen gegen mich, mir stillschweigend meinen Abschied zu geben.

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Ich muß dieses, wie sehr es mich auch schmerzet, geschehen laßen: Und bitte nur, als die einzige und letzte Gnade, so von Ew. Hochfürstl. Durchl. erwarte, unterthänigst, Ew. Hochfürstl. Durchl. geruhen gnädigst, den mir schon ertheilten stillschweigenden Abschied in eine förmliche dimission zu verwandeln, damit ich mein Glück in der Welt weiter suchen könne.

Ich getröste mich einer gnädigen Erhörung, und verharre lebenslang in tiefster submission

Ew. Hochfürstl. Durchl.
Meines gnädigsten Fürsten und Herrn
  untertänigster treu=gehorsamster
Hamburg
den 19 ten April 1737.
C. L. Liscow.
A son Altesse Serenissime
Monseigneur le Duc regnant de Meclembourg
    à
(L. S.) Wismar.

Ontfangen van d' Heer Christian Lodewyk Liscow de Somma van zeven hondert dertien Guldens vor Logement en verteeringen ten mynen huyzen sedert den 4. Sept. tot den 21. Febr. 1737. gedaan.

segge [713 Fl.] Jacob van Dam.

Ick ondergeschreben betuige, dat onder de verteeringen, die de Heer C. L. Liscow an myn huys sedert den 4. Sept. 1736, tot den 21. Febr. 1737 heett gedaan, zyn Knegt Joseph Nicolaus Loison voor zyns Heers Rekening, heett gehad en geordonnert Een hondert en drie en twintigh Guldens. Rotterdam den 21. Febr. 1737.

Jacob van Dam.


Nr. 23.

Monseigneur!

Dans ma derniere du 19 eme Avril je me suis donné la liberté de demander à Vôtre Altesse Serenissime le remboursement de l'argent que j'ai depensé dans Son service et un congé dans les formes.

Comme ma demande était très juste, j'espere que Vôtre Altesse Serenissime m'accordera l'vn et l'autre,

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et j'aurois crû que Vôtre Altesse Serenissime me feroit la grace de me faire savoir la resolution là dessus. Mais comme il a plû a Vôtre Altesse Serenissime de ne me faire donner aucune reponse à ma lettre, Elle trouvera bon que je reïtere mes tréshumbles instances, et que je La supplie tréshumblement de me tirer au moins d'une incertitude plus facheuse que ne le seroit vn refus formel.

C'est vne grace qui ne coûte rien, et la moindre, que Vôtre Altesse Serenissime me puisse faire.

Je suis avec le plus profond respect et vne soumission trés parfaite

Monseigneur
de Vôtre Altesse Serenissime
  le tréshumble et trésobeïssant serviteur
à Hambourg
le 6 éme Mai 1737.
C. L. Liscow.
A Son Altesse Serenissime
Monseiqneur Charles Leopold Duc regnant de Meclemburg, Prince des Vandales, de Suerin et de Ratzebourg, Comte de Suerin, Seigneur de Rostock et de Stargard
    à
(L. S.) Wismar.

Anhang.

Nr. 24.

Magnifici, Hoch- und Wohl-Edel-
gebohrne, Veste, Groß=Achtbahre, Hoch=
und Wohlgelahrte, Hoch und Wohl=
weise Herren,
Hochzuehrende Herren

Der weltbekante Eyfer, welchen Ew. Magnificenzen auch Hoch- und Wohl Edelgeb. Herren in Beförderung der edelen Gerechtigkeit unermüdet verabspühren laßen, erwecket eine Zuversichtliche Hoffnung, daß Selbige auch die gerechte Beschwerden eines Ausländers, bey einer Sache, darinnen er bloß von Denenselben Schutz und Hülfe gewarten kan, Hochge=

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neigt behertzigen werden. Das unter Dero weisem Regiment so beglückte Hamburg giebet nicht nur vielen Ausländern einen sichern und höchst vergnügten Aufenthalt, sondern es ist auch nicht leicht ein Land und angesehener Ort, welcher nicht von dieser so berühmten Stadt Hamburg manche wichtige Vortheile zöge. Je größer also die Hochachtung derer Ausländer vor die wohl eingerichtete Hamburgische Republic ist; desto mehr wächset bey selbigen das Vertrauen, daß die Theuren Väter dieser großen und freien Stadt keinem einzigen Ausländer, mit Wißen und Willen einige Beleidigung werden zufügen laßen.

Eben dieses Glück darf ich denn auch mir von Ew. Magnific. auch Hoch- und Wohl Edelgeb. Herren versprechen, da der Verfaßer des Hamburgischen Correspondenten, welcher, wie ich aus seinen eigenen Briefen ersehen, Liscow heist, mich bishero, bey aller Gelegenheit, auf eine harte und anzügliche Weise in seinen Blättern angegriffen. Nun habe ich gehoffet, ihn durch den Weg der Gelindigkeit zu rechte zu bringen; daher ich an ihn höflich geschrieben, alle wiedrige Meinung ihm zu benehmen, gesucht, und meine aufrichtige Freundschaft angetragen. An statt aber, bescheidener zu werden, hat derselbe, da er wahrgennommen, daß seine Waare seit der Zeit um ein merckliches beßer abgegangen, alß er, mich spöttisch durchzuziehen angefangen, biß dato vor undienlich gefunden, seine stachlichte Feder zu mildern, sondern der besorgliche Abgang der Käufer hat ihn vielmehr gereizet, solche noch weit mehr, als zuvor, zu schärfen.

Ist es nicht, anderer spöttischer Ausdrücke vor jezo nicht einmahl zu gedenken, eine große Anzüglichkeit, daß er im 166sten Stücke des vorigen Jahres, auf mich diese Reime hinsezet:

Frange, PUER, calamos, et INANES desere NUGAS, ET POTIUS GLANDES rubicundaque COLLIGE corna, etc.?

Und wie heftig ziehet er nicht in seinem jüngsten 83sten Stücke gegen meine ohnlängst herausgegebene Schrift auf so eine Art loß, daß sich alle vernünftige gewundert, wie ihm dergleichen Schreibart in der Censur nachgesehen worden!

So wenig aber die Gelehrte einen Menschen groß kennen, der Liscow heist, und so wenig er sich durch wahre Verdienste bißher bekannt gemacht, noch in so ein Ansehn gebracht, daß er befugt wäre, sich zu einem algemeinen Schriftrichter aufzuwerfen, und Männer, die in öffentlichen Aemtern sitzen, auf eine unerlaubte Art anzugreifen; desto unbescheidener sind seine Reden, daß er einen zum ersten Profeßor der deutschen Be=

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redsamkeit von einem Grossen Könige bestellten Lehrer nennet: einen Zum Bathos, oder niederträchtigen Schreibart, gebohrnen, und darinne vollkommen gewordenen Redner.

Ist es nicht auch eine besondere Dreistigkeit, daß er spricht: wenn er, wie er bißher gethan, mit mir schertzen wolte; so wolle er das und das sagen, gerade, als ob der Student Liscow, der nichts als ein Zeitungsschreiber ist, der Mann wäre, der das Recht hätte, über Männer in öffentlichen Lehr=Aemtern seinen Scherz zu treiben. Da er aber gleich darauf saget: wenn er im Ernst reden wolle, müsse er gestehen, daß ich nicht nur kein Französisch, das ich elend übersetzet, verstehe, sondern auch in der bisherigen abgeschmackten Schreibart mich selbst übertroffen: So verräth er seinen Uebermuth ganz ausnehmend!

Gewiß, dies Urteil, weil es bloß von Msr. Liscow herkömt, hat bey mir nicht die geringste wiedrige Bewegung gemacht. Denn ich habe in solcher Schrift vorausgesagt, daß Leute seines Schlages so urtheilen würden. Ob aber gleich das unglückliche Urteil eines, der von Zeitungschreiben sein mühsames Stück Brod suchet, ein sehr geringes Gewichte auf der Waagschale der Wahrheit giebet: So wißen doch wohl hundert Leser nicht, daß Herr Liscow dieser Held sey, der so groß von sich redet: Wir, wir, urteilen so und so; sondern es dencken manche, daß etwa gescheidte, ansehnliche und unpartheyische Männer solche Urteile fällen!

Es gelanget demnach an Ew. Magnificenzen, auch Hoch- und Wohl Edelgeb. Herren mein ergebenstes Gesuch, ihn zu bedeuten, sich künftig einer bescheidenem Schreibart zu bedienen, und seine bißherige Anzüglichkeiten zu wiederruffen, auch wo er sich dergleichen weiter unterfinge, einem vernünftigern die Verfertigung der gelehrten Articul in denen Hamburg. Zeitungen aufzutragen; dergleichen Verwarnung auch an den Verfaszer derer Niedersächsischen Nachrichten ergehen zu laßen, bitte. Solche mildrichterliche Verfügung werde mit aller verbundensten Dankbarkeit erkennen, und aus ganz besondrer Hochachtung lebenslang beharren, Ewr. Magnificenzen, auch Hoch-und Wohl Edelgeb. Herren

ganz ergebenster Diener,
D. Johann Ernst Philippi, Profeßor
der Deutschen Beredsamkeit auf hiesiger
Königlichen Academie.

Halle, den 1 sten Juny 1734.

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Aufschrift:

Denen Magnificis, Hoch- und Wohl-Edelgebohrnen, Vesten, Groß=Achtbahren, Hoch= und Wohlgelarthen, Hoch= und Wohlweisen Herren, Herren Burgemeistern, Syndico, Praetoribus, Cämmerern, und Oberältesten, auch sämtlichen Vornehmen Mitgliedern E. Hoch Edl. und Hochweisen Raths des Heil. RömischenReichs freyer Stadt Hamburg, etc. .
Meinen Hochzuehrenden Herren.

Aus dem hamburger Archive nach dem Originale mitgetheilt vom Hrn. Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg.

Vignette
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IX.

Miscellen und Nachträge.


1.

Das frühere Slaventhum der deutschen Ostseeländer

hat in den Jahrbüchern VI, S. 1-50, von dem verstorbenen Professor Fabricius eine Beleuchtung gefunden. Wie zu erwarten stand, fand die geistreiche Abhandlung eben so geistreichen und begründeten Widerspruch. Wie es allen nicht auf Brief und Siegel gegründeten historischen Hypothesen geht: ein großer Theil der Ausführung fällt als unhaltbar zusammen, während, was vielleicht nur erreicht werden sollte, die Grundansicht nicht unbeachtet bleiben darf. Außer der Widerlegung von Boll in Jahrb. IX, S. 1 flgd. hat nun auch Kosegarten in Cod. Pomer, dipl. I, 2, S. 316 die urkundlichen Angaben beleuchtet.

G. C. F. Lisch.


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2.

Die Stiftung des Klosters Rehna.

Die in vieler Hinsicht wichtige Gründung und Stiftungszeit des Klosters Rehna ist bisher in Folge der nach dem Originale in Lisch Gesch. u. Urk. des Geschl. Hahn I, B, Nr. VIII gedruckten Bestätigungsurkunde des Bischofs Ludolph von Ratzeburg vom 26. Dec. 1237 in das Jahr 1237 gesetzt; vergl. Masch Gesch. des Bisth. Ratzeburg S. 148 flgd. Der Bischof sagt freilich in der erwähnten Urkunde, daß er das Kloster gegründet und mit mehrern zeitlichen Gütern ausgestattet habe ("quod nos - - cenobium sanctimonialium - - in villa, que Rene dicitur, - - fundauimus et bonis quibusdam temporalibus dotauimus"). Die

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Sache verhält sich aber etwas anders. In Lisch Gesch. des Geschl. Hahn a. a. O. Nr. VII und IX sind schon zwei Urkunden mitgetheilt, welche einen andern Zusammenhang vermuthen lassen, und ebendas. S. 25 und in Lisch Meklenburg in Bildern, 1844, S. 60 flgd., ist dieser klarer angedeutet.

Das großherzogliche Archiv bewahrt nun die unten mitgetheilte, eigentliche Gründungsurkunden 1 ), welche vom 12. Mai 1236 datirt ist. Dieselbe sagt ausdrücklich:

daß ein Bruder Ernst vor kurzem ein neues Kloster gegründet und der Ritter Heinrich von Roxin zur Ausführung der Gründung das Dorf Roxin, der Ritter Gottfried von Bülow 20 Hufen und der Ritter Otto von Kowal 10 Hufen im Dorfe Lübsee zur Vollendung des Werkes geschenkt, der Fürst Johann von Meklenburg aber das neu gegründete Kloster mit den Rechten bewidmet habe, welche das Neue Kloster Sonnenkamp besitze.

Daß in dieser Urkunde das Kloster Rehna gemeint sei, unterliegt keinem Zweifel: die in der Urkunde genannten Güter waren die alten Güter dieses Klosters; vergl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I, B, Nr. VII und IX. Diese Urkunde war aber bis jetzt durch Mißverstand zu den Urkunden des Klosters Sonnenkamp oder Neukloster gelegt, weil in derselben das Kloster Rehna nicht mit Namen, sondern nur ein neu gestiftetes oder neues Kloster (novum claustrum) genannt, dagegen das Neue Kloster, genannt Sonnenkamp, (Nouum Claustrum, quod Campus Solis appellatur,) beiläufig erwähnt wird. Die Urkunde selbst hat auch auf der Rückseite die Registratur von derselben Hand, welche alle andern alten Urkunden des Klosters Rehna tragen, und auf dem umgebogenen Rande aus dem 13. Jahrhundert die alte Ziffer V zur Bezeichnung der Reihenfolge der Urkunden; diese Bezeichnungsweise haben aber nur die Urkunden des Klosters Rehna, und grade diese Urkunde fehlte bis jetzt in der Reihenfolge der Urkunden dieses Klosters.

Es ist also ohne Zweifel, daß das Kloster Rehna im Anfange des J. 1236 auf oben angegebene Weise gegründet sei und unter der sogenannten Stiftung durch den Bischof Ludolf von Ratzeburg nur die Feierlichkeit der Weihung verstanden werden könne, um so mehr da das


1) Vergl. Urkunden=Sammlung und oben S. 19-20.
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Kloster schon unter seinem Vorgänger, dem Bischofe Petrus, gegründet sein muß (vergl. Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I, B, S. 23), obgleich sich nicht leugnen läßt, daß nach der Confirmationsurkunde der Bischof Ludolf zur Ausstattung des Klosters wesentlich beitrug und namentlich durch Schenkung des Dorfes Rehna dem Kloster hier seine Stelle anwies.

G. C. F. Lisch.


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3.

Ueber die Stiftung des Franziscanerklosters zu Neubrandenburg.

Die Stiftung des Franziscanerklosters zu Neubrandenburg ward bisher bis in das 15. Jahrh. hinabgesetzt; Rudloff, Meckl. Gesch. II, S. 714, findet die älteste Spur von der Stiftung in einer urkundlichen Angabe vom J. 1417. Es läßt sich aber die Stiftung noch hundert Jahre weiter zurück verfolgen. Das Kloster besaß nämlich zu Watzkendorf einen Hof mit 2 Hufen, von denen die eine der Ritter Otto von Dewitz zur Unterhaltung einer ewigen Lampe am 18. Sept. 1339 geschenkt und die andere der Knappe Hartwig Warlin zum Altardienst am 17. Dec. 1362 für ein Geschenk des Knappen Hermann Falkenhagen verkauft hatte. Das Kloster stand also schon sicher im J. 1339. Die Schicksale dieses Grundbesitzes giebt das hier folgende Visitations=Protocoll an, welchem die beiden darüber lautenden Urkunden 1 ) angehängt sind.

Aus dem Neubrandenburger Visitations=Protocoll vom J. 1570.

Gnedige Fursten vnd Hern, Wier habenn aus E. f. g. schreibenn, so ahnn den Raht wegen des munnichen Klosters ausgangen vnnd in den alten visitir=Registernn vernahmmen, das E. f. g. gemeltes Kloster vff vndertheniges Bittenn Jachim Riebenn vnnd anderer E. f. g. Hoffräthen dem Raht zu einem hospitall oder Behausung armer krancker vnuermugener leutht, die sich mit Jhrer hende Arbeit nicht ernehren konnenn, Zugericht vnnd erbauet werde, gnediglich gewilliget vnnd nachgegebenn,


1) Vergl. Urkunden=Sammlung.
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Dartzu dann vnnd vmb desto mehr vnnd reichlicher vnderhaltung solcher Armen gedachter Jachim Riebe vnnd andere vom Adel Jhre Milde handt vnndt Almosenn gudtwillig zu gebenn versprochenn haben sollen,

Wier befinden aber, das noch zur Zeit vndt bis vff heutigenn tagk vnnd noch vff etzlicher leutht fleissiges erinneren vnnd Anhaltenn gleichwol weniger als nichts darann gebessert noch gebauet, Sondern dermassenn, das es got erbarmenn mochte, Auch noch vonn tage zu tage je lenger je mehr darann verfallen thut, welches doch mit geringem gelde hette erhaltenn, vnnd nun wol, weil es eingefallenn, mit etlichen tausent guldenn nicht sol auffgebauet werden mugenn etc. .

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Als aber noch etzliche heuser, so zum Kloster belegenn, vorhandenn, haben wier verordenet, das demselbigenn Pastornn die eine Behausung zu seiner Wohnung sampt denn hopffen garttenn vnnd holtzs kauelen, wie es der Munch Ehr Nicolaus schutzs, weil er für die Armen gebrediget, gehat hat, Jhngleichem was die beidenn Dorffschafftenn Jhren vorigen Predigers zu vnderhaltung gegebenn, Eingethann vnnd verreichet werden mochte etc. .

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Es habenn auch die Munniche des Klosters Jhm Dorffe Watzkendorff einen eigenen hoff mit zweienn huefenn gehabt, wie aus denn beiden Copeien Der lateinischen briefe, so mit N. vnd O. gezeichnet, zuersehen. Denselbigenn hoff mit sampt denn huefen, Dinsten vnnd anderer gerechtigkeit, die Ambtleuthe zu Stargardt, Als das Kloster wuste gewordenn, Ohne Vrfach, wie wier dann desselben durch glaubwirdige lebendige Vrkunden, vngeferlich vor vierzehen Jharenn Jhngleichen als andere kirchenn gueter eingezogenn, vndt dieweil wier dann noch ihnn der hoffnung, das das kloster mit gotlicher hulff vndt Ehrlicher leutht beforderung zu einem Hospital erbauet vnnd auffgericht werden soll - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - --- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

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Als wollen E. f. g. vff gnedige Mittell vndt wege, wie dann solches dem kloster zum bestenn leichtlich geschehen kahnn, gnediglich gedenckenn.

G. C. F. Lisch.


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4.

Der Hof des Klosters Doberan zu Lübeck.

Bekanntlich bewirthschafteten die Klöster des Cistercienser=Ordens, welchem die meisten, angesehensten und reichsten Klöster Meklenburgs angehörten, ihre zahlreichen Landgüter selbst. Sie hatten daher in den zunächst gelegenen größern Städten gewöhnlich große Höfe, um von diesen ihre Producte leichter und vortheilhafter absetzen zu können, und in andern Städten, wo sie in der Nähe kleinerer Besitzungen gewöhnlich die Mühlen zu gleichem Zwecke erworben hatten, kleinere Höfe oder Häuser. Das reiche Kloster Doberan hatte nun einen großen Hof zu Rostock (den bekannten "Doberaner Hof" an der Stelle der jetzigen Reitbahn) in der Nähe der Abtei selbst und einen großen Hof zu Wismar (an der Grube) in der Nähe der von der Abtei getrennten Landgüter Redentin und Farpen.

Es mochte nun der Abtei wohl wünschenswerth sein, in der reichen Hansestadt Lübeck Grundbesitz zu haben, um auf demselben manche Einkäufe und Geschäfte bequemer besorgen zu können. Lübeck aber wehrte mit Nachdruck jede fremde Macht ab und strebte dahin, nur der eigenen Geistlichkeit und Bürgern Grundbesitz zu gestatten; man vergl. oben Deecke über das lübeckische Patriciat S. 52. Dennoch wußte der Einfluß des Reichthums zu erreichen, was das Gesetz verbot. Das Kloster Doberan besaß nämlich schon im 14. Jahrhundert einen Hof zu Lübeck, hatte denselben jedoch unter dem Namen eines lübecker Bürgers zu Stadtbuch tragen lassen. Am 16. Juni 1384 1 ) bekannte nämlich der lübecker Bürger Rudolph Münter, daß der beim Bischofshofe in Lübeck gelegene Mönchhof, in welchen die doberaner Mönche einzukehren pflegten, nicht ihm gehöre, sondern dem Kloster Doberan, obgleich er auf seinen Namen geschrieben sei.

Das Kloster Doberan besaß diesen Hof bis kurz vor der Aufhebung des Klosters (1552). Als die Reformation um sich griff, vermietete das Kloster den Hof, da vorhanden gewesen


1) Vergl. Urkunden=Sammlung.
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ist ein "Miethcontract zwischen dem Kloster Dubbran und Johann Chur, Vicario zu Lübeck, darin diesem der Klosterhof zu Lübeck in der Mühlenstraße nächst an dem Bischofshofe gegen jährliche 10 Mk. lüb. Miethe eingethan wird, 1539, die Luciae virg.", nach der Designation der Möllenschen Documente in den Nordalbingischen Studien, I, 1, S. 109, Nr. 15. Kurz vor der Säcularisirung verkaufte im J. 1551 das Kloster den Hof. Als er im J. 1586 an die v. Dualen und darauf von diesen an die v. Blomen überging, ließ der lübecker Rath ihn wegnehmen und für Rechnung der Betheiligten verkaufen, weil kein ritterlicher Mann in Lübeck ein Erbe besitzen durfte; vergl. Deecke oben S. 52.

G. C. F. Lisch.


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5.

Die Stiftung der Stadt Güstrow.

Die Stiftung der Stadt Güstrow ist öfter der Gegenstand der Untersuchung gewesen. Man muß jetzt annehmen, daß die Stadt mit der Verleihung des schwerinschen Rechts im J. 1222 gegründet sei, da trotz aller Forschungen nie eine ältere Spur aufzufinden gewesen ist. Es sind jetzt aber zwei Gegenstände in Untersuchung zu ziehen, um die Stiftung und Ausbildung der Stadt klarer auffassen zu können.

Im gräflich=hahnschen Archive zu Basedow fand ich zwei höchst interessante (in Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I. B., Nr. I. und II. gedruckte) Urkunden vom 26. Junii 1215 und 20. Junii 1219, über die Schenkung des Dorfes Wargentin (auf der jetzigen Feldmark Basedow) an das altmärkische Kloster Arendsee, beide zusammen in unzweifelhaft gleichzeitiger Schrift auf Einem Pergamente neben einander geschrieben. Die von den Brüdern Nicolaus und Heinrich von Rostock ausgestellte Urkunde vom 20. Junii 1219 ist von Güstrow datirt. Verhielte sich alles so, wie geschrieben steht, so käme der Name Güstrow, wenigstens als fürstliche Burg, schon früher vor, als die Stiftung der Stadt durch Verleihung des Stadtrechts im J. 1222. Dies ist auch bereits (in Lisch Meklenburg in Bildern, Jahrgang III, Heft 2, S. 9.) ausgesprochen. Aber ist auch die Aechtheit der beiden Urkunden über allen Zweifel erhaben, so erregt doch ihre Form mannigfache Bedenken. Sie sind, wie schon Lisch Gesch. des Geschl. Hahn I. A., S. 100 angedeutet ist, keine Originale, sondern ohne Zweifel nur bald

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nach der Ausstellung angefertigte beglaubigte Abschriften. Bei dem Abschreiben ist nun die Jahreszahl verschrieben; sie muß 1229, statt 1219 lauten. Die Urkunde ist nämlich von den beiden mittlern Söhnen des im J. 1226 gestorbenen Fürsten Heinrich Borwin II. ausgestellt, und zwar nach der Volljährigkeit ihres ältern Bruders Johann von Meklenburg und vor der Volljährigkeit des dritten Bruders Heinrich, später Borwin, (vergl. oben S. 12 flgd.) Die Urkunde kann daher nur im J. 1229 ausgestellt sein und die Stiftung der Stadt Güstrow im J. 1222 ist durch nichts erschüttert.

Eine zweite Thatsache in Beziehung auf die Ausbildung der Stadt wird ebenfalls durch die kritische Behandlung einer andern Urkunde in ein helleres Licht gestellt. Die im J. 1222 gegründete Stadt Güstrow, die spätere Altstadt, lag am rechten Ufer der Nebel, an der Stelle der jetzigen Mühlenthor=Vorstadt, ungefähr bis zu der Ziegelei und dem Sct. Georgen=Hospitale, welches schon vor dem Thore der alten Stadt lag, wie stets die Sct. Georgen=Hospitäler vor den Stadtthoren lagen. Das fürstliche Schloß lag aber am linken Ufer der Nebel. Nachdem nun die fürstliche Residenz eingerichtet und in deren Nähe im J. 1226 das Dom=Collegiat=Stift gegründet war, entstand bald am linken Nebelufer eine neue Stadt, die Neustadt, die jetzige Stadt Güstrow. Die neue Stadt wuchs nun so schnell empor, daß das Bestehen der alten Stadt gefährdet ward; deshalb brachten die Bürger der alten Stadt dem Fürsten ein Opfer und gewannen im J. 1248 dadurch den Besitz der neuen Stadt und die Erlaubniß, die neue Stadt gänzlich wieder abzubrechen (contulimus nouam ciuitatem, funditus destruendam) und die alte Stadt mitpassenden Gebäuden wieder anzufüllen und emporzubringen (et antiquam ciuitatem - - edificiis honestis repleant et subleuent). Besser (in Beiträgen zur Gesch. der Vorderstadt Güstrow, S. 73 flgd.) kehrt die ganze Sache um und sucht darzuthun, daß im J. 1248 die Altstadt abgebrochen und die Neustadt ausgebauet sei; er bringt zum Beweise die darüber redende Urkunde im Urtexte (S. 121) und in Uebersetzung (S. 73) bei und ist nach dieser mit Recht verwundert, daß Latomus die Sache wieder umgekehrt und mit uns gleich darstellt. Bei diesem Widerstreite untersuchte ich denn die Original=Urkunde 1 ) im güstrowschen Stadtarchive und fand, daß Latomus vollkommen Recht hat. Besser hat nämlich die


1) Vergl. unten Urkunden=Sammlung.
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Urkunde nach einer Abschrift Hoinckhusens gegeben, wie sie in Rudloff Urk.=Lief. Nr. X gedruckt ist. Hier ist aber grade die wichtigste Zeile:

edificiis honestis repleant et subleuent,

ausgefallen und außerdem ein wichtiges Wörtchen: et, versetzt. Rudloff und Besser lesen und interpungiren nämlich:

"civibus nostris in Guzstrowe contulimus novam ciuitatem et funditus destruendam eis in rerum suarum dispendio adiacentem antiquam ciuitatem,"

d. h. freilich:

Wir verleihen unsern Bürgern in Güstrow die Neustadt und die gänzlich abzubrechende, zu ihrem Schaden dabei liegende Altstadt.

Im Originale steht jedoch:

"ciuibus nostris in Guzstrowe contulimus nouam ciuitatem, funditus destruendam, eis in rerum suarum dispendio adiacentem, et antiquam ciuitatem edificiis honestis repleant et subleuent,"

d. h.

Wir verleihen unsern Bürgern in Güstrow die neue Stadt, dieselbe gänzlich abzubrechen, welche zum Nachtheil ihres Stadtwesens dabei liegt, unddaß sie die alte Stadt mit paßlichen Gebäuden wieder anfüllen und heben.

Es leidet also keinen Zweifel, daß im J. 1248 die Neustadt wieder abgebrochen und die Altstadt wieder gehoben werden sollte. Dennoch war nach 50 Jahren die Neustadt schon wieder blühend und es standen schon die Pfarrkirche und das Heil. Geist=Hospital. Dagegen bestand noch im 15. Jahrhundert die Altstadt und hatte noch Kirche, Pfarrer und Kirchenvorsteher.

Uebrigens trennte die Nebel bei Güstrow die Bisthümer Schwerin und Camin; die Altstadt mit dem Sct. Georgen=Hospitale vor dem Mühlenthore gehörte zum Bisthume Schwerin, die Neustadt mit der Sct. Gertruden=Kapelle vor dem hageböker Thore auf dem jetzigen alten Kirchhofe zum Bisthume Camin.

G. C. F. Lisch.


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6.

Die Stiftung der Stadt Neustadt.

Die Stiftung der Stadt Neustadt ist für die Geschichte der meklenburgischen Lande nicht unwichtig, schon z. B. um die Besitzungen der Grafen von Schwerin und Danneberg scheiden und erkennen zu können. Die erste Spur von dieser Stadt finden die meklenburgischen Geschichtsforscher bisher im J. 1291, in einer wichtigen Urkunde, welche vom 2. August 1291 zu Neustadt datirt ist (datum in Noua Ciuitate):

vergl. Rudloff Urk. Lief. Nr. L. Demgemäß hat auch Rudloff in seiner Gesch. der Grafen von Danneberg, S. 36, und in seiner meklenb. Gesch. II, S. 120, die Stiftung der Stadt ungefähr um diese Zeit, und zwar durch die Grafen von Schwerin, angenommen, und ihm sind bisher alle Geschichtschreiber gefolgt. Der Ursprung der Stadt geht jedoch weit höher hinauf.

Um aber die Untersuchung mit vollständiger Gewißheit führen zu können, muß zuvor bemerkt werden, daß der Name Neustadt (Noua Civitas) nicht völlig sicher leitet, da es scheint, daß die Grafen von Schwerin mit diesem Namen öfter auch die Neustadt von Schwerin bezeichnet haben, namentlich in Urkunden, in denen von der Altstadt Schwerin die Rede ist. Die Stadt Neustadt an der Elde führte dagegen den eigenthümlichen Namen Gleve, auch Chlewe. Dies läßt sich um so weniger bezweifeln, als auch das erste, wenigstens aus der Mitte des 13. Jahrh. stammende große Siegel dieser Stadt in der Umschrift:

Umschrift

auch diesen Namen führt. Die Untersuchung hat daher nur dort eine sichere Grundlage, wo die Stadt den Namen "Neustadt Gleve" führt. Ist auf diesem Wege die Gründung der Stadt festgestellt, so läßt sich aus Nebenumständen dann auch bestimmen, ob diese Stadt dort gemeint sei, wo bloß eine "Neustadt" genannt wird.

Die erste bisher bekannt gewordene Original=Schrift, in welcher Gleve vorkommt, ist eine in Lisch Urk. z. Gesch. des Geschl. Maltzan, I, Nr. XLIV, gedruckte Urkunde, durch welche der Graf Guncelin von Schwerin die Stiftung einer Vicarei in seiner Neuen Stadt Gleve (in Noua Ciuitate nostra Glewe) bestätigt. Im Laufe des 14. Jahrhunderts kommt nun der Name Glewe noch öfter vor. So heißt es in zwei eldenaer Urkunden vom J. 1353: Datum in Noua ciuitate Chlewe und Ghlewe, und ciues

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in Noua Ciuitate Chlewe, und noch im J. 1375 heißt es:

ghude lubesche pennighe, also to Grabow edder to der Nigenstat to deme Glewen ghenghe vnde gheue sint.

Nach diesem untrüglichen Zeichen ist aber die Stadt Neustadt viel älter, als bisher angegeben ist. In dem lübeckischen Urkundenbuch I, Nr. CXCVI, ist nämlich ein Brief abgedruckt 1 ), in welchem die Grafen Bernhard und Adolf von Danneberg den Rath von Lübeck bitten, zwei Männer nach der "Neuen Stadt Chlewa" (ad Nouam Ciuitatem Chlewa) zu schicken. Der Brief ist zwar nicht datirt, aber ein anderer zu gleicher Zeit ausgestellter Brief derselben Grafen (Nr. CXCV) ist vom Mai 1253 datirt und ein dritter, auch nicht datirter Brief (CXCIV) giebt Veranlassung, die Urkunde in das J. 1253 zu setzen. Die Urkunde wird auch nach den Ausstellern in diese Zeit fallen, da die Grafen und Brüder Bernhard I. 1230-1264 und Adolf I. 1248-1269 regierten und die datirte Urkunde vom Mai 1253 dieselbe Bezeichnung der Aussteller hat. Uebrigens kommen Bernhard II. 1271-1292, Bernhard III. 1273 und Adolf II. 1270 († vor 1290) vor; jedoch können diese nicht gemeint sein. Daß von den Herausgebern der lübeckischen Urkunden der zweite Graf: Albert, statt Adolf, genannt ist, ist ein Versehen, welches in den Berichtigungen verbessert wird; unter den Grafen von Danneberg kommt der Name Albert gar nicht vor.

Es leidet also keinen Zweifel, daß die Neustadt Glewe schon im J. 1253 gegründet war; und hierauf deutet auch der Styl des alten Stadtsiegels hin.

Hiernach wird es denn erlaubt sein, mehrere alte Stellen, in welchen nur von einer Neustadt die Rede ist, auf die Neustadt Glewe zu deuten. Im J. 1248 stellt der Graf Guncelin von Schwerin dem Kloster Zarrentin eine Urkunde aus: Datum apud Nouam Ciuitatem, und im J. 1251 kommt in einer zarrentiner Urkunde bei demselben Grafen als Zeuge vor: Bernardus plebanus Noue Ciuitatis.

Es steht nun noch zur Frage, ob die Stadt Neustadt zur Grafschaft Schwerin oder zur Grafschaft Danneberg gehört habe. Nach den früher bekannt gewordenen Urkunden kommt die Stadt als eine Stadt der Grafen von Schwerin vor. Grade vom J. 1291 an konnte sie nur durch Vertrag an diese übergegangen sein. Nach der lübecker Urkunde vom J. 1253 scheint sie aber


1) Vergl. unten Urkunden=Sammlung.
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von je her zu der Grafschaft Schwerin gehört zu haben. In dieser

bitten nämlich die Grafen von Danneberg die Stadt Lübeck, ihnen zwei Männer der Stadt unter ihrem Geleite zu schicken, und wenn sie dieselben zu ihnen abzusenden fürchten sollten, sie nach Neustadt Chlewe zu senden, damit die Grafen sie unter sicherem Geleite in ihr Land führen könnten. (Mandamus etiam vestre vniversitati, - - nobis duos homines de uestra ciuitate sub nostro ducatu transmittatis, et si forte ipsos ad nos transmittere formidatis, petimus tamen, ut ipsos ad Nouam Ciuitatem Chlewa mittatis: nos ipsos ad nostram terram in bona custodia ducemus.)

Hier ist offenbar die Neustadt Glewe als außerhalb der Grafschaft Danneberg liegend bezeichnet und deshalb wird sie sicher zur Grafschaft Schwerin gehört haben; und daher wird es denn auch erklärlich, daß die Grafen von Schwerin im 13. Jahrh. öfter in und bei Neustadt erscheinen.

G. C. F. Lisch.


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7.

Gude manne.

In Jahrb. IX, S. 230 flgd. ist der Ausdruck "gude manne" zur Untersuchung gezogen und der Begriff desselben annäherungsweise in dem der "rittermäßigen Vasallen" gefunden. Die Frage nach dem Begriffe würde leicht mit Bestimmtheit zu beantworten sein, wenn sich Uebersetzungen von Urkunden fänden, in welchen der Ausdruck in lateinischer und niederdeutscher Sprache vorkommt. Es ist endlich gelungen, eine solche Urkunde aufzufinden. Im großherzoglichen Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin befindet sich nämlich von der unten 1 ) mitgetheilten lateinischen Vicareistiftung für die Kirche Zu Wokern vom 8. April 1302, in welcher oft der lateinische Ausdruck vasallus vorkommt, eine ebenfalls daneben mitgetheilte niederdeutsche Uebersetzung, in welcher dieser Ausdruck stets durch gude man übersetzt wird; die Uebersetzung dieser Urkunde ist um so mehr beweisend, als sie ohne Zweifel noch am Ende des 15. Jahrhunderts (1480-1490), wahrscheinlich von der Hand oder in der Canzlei des Canzlers


1) Vergl. Urkunden=Sammlung.
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Dr. Antonius Gronewald 1 ) (1488-1501), also im vollen Bewußtsein der Bedeutung der Formel und dazu in der östlichen Canzlei, abgefaßt ist.

Noch im ersten Viertheil des 15. Jahrh. werden von den Herzogen Heinrich und Albrecht in einem im Concept nicht datirten, von dem Canzler C. v. Schöneich abgefaßten Ausschreiben die "Prelaten, gudemanne vnd vnderthanen im landt zu Stargardt gesessen" zum Landtage nach Cölpin geladen. Noch in der Hofordnung der Herzoge Balthasar und Heinrich vom J. 1504 (vgl. Versuch über die Zulässigkeit landesherrl. Bedienten etc. . 1774, Beil. Nr. I) werden genannt:

"zween vom Adel oder Guetmanne".

Der Ausdruck gude man bezeichnet also nichts weiter als den Begriff eines Vasallen ohne weitere Nebenbedeutung.

G. C. F. Lisch.


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8a.

Landtag vom J. 1488.

Bekanntlich wurden die Landtage in den ältern Zeiten unter freiem Hammel gehalten; sie dauerten in der Regel nur Einen Tag und bestanden daher gewöhnlich gewiß in nicht viel mehr, als in der Annahme oder Verwerfung oder schnellen Modification der landesherrlichen Propositionen. Von den ältern Verhandlungen ist fast gar nichts bekannt; um so willkommener wird jede Reliquie sein, welche über die Landtagsverhandlungen im Mittelalter erhalten ist. Zu diesen gehört das nachstehende Landtags=Protocoll, welches durch einen besondern Zufall entdeckt ist.

Auf der Rückseite einer Abschrift der landesherrlichen Privilegien=Bestätigung für das Land Stargard vom 12. Junii (an deme dunredaghe nnde achtendaghe des hylghen lychammes) 1477, welche im großherzogl. Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin aufgefunden ward, steht eine in kleiner, unscheinbarer, flüchtiger Schrift von der Hand des herzoglichen Canzlers geschriebene Nachricht oder Notiz, welche nichts weniger ist, als ein Landtags=Protocoll aus dem J. 1488. Im Junii des J. 1488 hielten die Herzoge einen Landtag oder vielmehr nach neuern Begriffen einen Convocationstag in den verschiedenen Landestheilen zur Bewilligung verschiedener Reichsanlagen, nämlich der gewöhnlichen Reichsanlagen, und außerdem zur Bewilligung von 3000 Fl. (zum Türkenkriege


1) Nicht Gravenwoldt, wie Rudloff M. G. II, S. 921 berichtet.
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nach dem nürnberger Beschlusse vom J. 1487: Rudloff M. G. II, S. 985) und von 5000 Fl. (für die kaiserliche Belehnung vom J. 1487: Rudloff M. G. II, S. 981). Die meklenburgischen Stände waren zu Zurow, die stargardischen bei Neu=Brandenburg, wahrscheinlich zu Cölpin, dem Huldigungsorte, versammelte Die stargardischen Stände, über deren Verhandlungen das hier mitgeteilte Protocoll erhalten ist, waren in ihren Beschlüssen sehr sonderbar: nachdem ihnen von dem Canzler die kaiserlichen Mandate vorgelesen waren, gaben sie den Abschied, daß sie Deputirte zu den bei Zurow versammelten meklenburgischen Ständen schicken wollten: was diese beschließen würden, das wollten sie auch thun: wenn die Deputirten mit dem Abschiede von Zurow zurückkehren würden, so solle der Propst von Friedland, als Landstand aus dem Stande der Prälaten, die Stände wieder zusammen berufen, um ihnen den Abschied von Zurow mitzuteilen, der für sie als Norm angenommen sei. Ein historisches Resultat dieses Landtags=Protocolls ist, daß noch im 15. Jahrhundert (also vor der Union) die Stände der einzelnen Landestheile gesondert Landtagsversammlungen hielten.

Folgendes ist das Landtags=Protocoll; der Ort der Versammlung ist leer gelassen: wahrscheinlich war die Zusammenkunft bei Cölpin, da sie 1 Meile von Neu=Brandenburg gehalten ward. Hinterher ist noch eine lehnsherrliche Angelegenheit zu Papier genommen.

Item anno etc. LXXXVIII up dynxtedach na Corporis Christi weren vorgaddert stede vnde manschop up deme dorpe [Colpin?], isz I myle van Nyenbrandenborghe, dâr geuen vnsze gnêdighen heren vôr der keyserliken mandâte haluen vnde van noch III M gulden dem keyser to geuende vnde van V M gulden de Regalia to Nurnberge to entfangende vthgegeuen weren, vnde dorch my gelesen II keyserlike mandât, in papiri vôr den heren vnde manschop vnde steden vôrgescreuen, vnde dat permintes mandât vor der manschop vnde steden alleyn, w ae rt geslâten vnde was dâr dat affschêt, dat de stede wolden etlike schicken vnde de mantschop ôck etlik to Zurow, dâr der andern vnser lande redere vôrscreuen synt, wes de dêden, wolden ze ôck dôn; scholde na deme dâghe to Zurouw de prâuest van Vredelandt vorgad-

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dern gêstlick vnde werltlick, en to vorwitlikeden den affschêtt to Zurouw.

Item vorlêth vnde belênde do dâr sulfft syne hûsfrouwen

mit al syneme gûde to lîfftucht na des lants rechte vnde gewônte, presentibus Hinrick vnde Ryben, Achim Blankenborch, Hermen Holtebuttel, Hermen Glyneke, etc.


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8b.

Fehde der Stadt Friedland mit den von Schwerin.

Vor dem vorstehenden Landtags=Protocolle ist auf der Rückseite desselben Freiheitsbriefes ein Receß über eine Streitsache zwischen den von Schwerin (auf Cummerow und Oldewigshagen? und der Stadt Friedland) niedergeschrieben, welcher am Tage vorher auf dem Kirchhofe zu Neu=Brandenburg verhandelt ward. Die Friedländer hatten nämlich in den damals häufigen Fehden einen Hans von Schwerin köpfen lassen.

Anno etc. LXXXVIII up mândach na des hilgen lîchammes dâghe to Nigenbrandenborghe up deme kerckhâue vôr middâghe vôr vnszen gnêdighen heren beide in fruntschop to entschêdende erschênen synt Oldewyc Zwerin up de eyne vnde de van Vredelant schickeden up de anderen syd; lêth Oldewic êne zedel lesen entiegen de van Vredelant, der wegen se Klawes Zweryn synen veddern hadden affhouwen lâten, begherende lîck vnde wandel dâr vôr; de van Vredelande lêthen lûden vnde gêuen v oe r dorch Mauricius Glineken etc. Item wert do na middâghe berecesset, dat beide vôrscreuen parte twusken dit vnde Galli schôlen wesen to Vredelant oft hiir bynnen Nyenbrandenborch up ên vôrscryuent vnser gnêdigen heren XIIII dâghe beuôren. Geschên up der heren hâue bynnen Nygenbrandenborg post meridiem die quo supra, presentibus consulatu Brandenburgensi, Hinrico Riben, N. Lintstede vnde Nicolao preposito etc.

G. C. F. Lisch.


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9.

Zur Geschichte der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin.

Der Herr Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg hat aus einem hamburger Todtenbuche (Necrolegium ecclesiae Hamburgensis) und der Herr Dr. Deecke zu Lübeck aus Leichensteinen im Dome zu Lübeck folgende wertvolle chronologische Notizen zur Geschichte der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin mitgeteilt.

Aus dem hamburger Todtenbuche.

Bisthum Ratzeburg.

1) 1228. April 29. starb der Bischof Heinrich I.
"April 29. Henricus episcopus Raceburgensis."
2) 1228. Oct. 25. starb der Bischof Lambert.
"Oct. 25. Lambertus ep. Rac."

Bisthum Schwerin.

3) 135 . . März 2. starb der zum Bischof (?) erwählte Wilhelm Pape.
"VI non. Martii. Wilhelmus Pape, huius ecclesie cantor et electus Sverinensis."

Wilhelm Pape kommt als hamburger Domherr 1341-1345 vor; die Würde eines Cantors kann er nur zwischen 1345-1350 bekleidet haben. Um 1354 soll er verstorben gewesen sein. In die Geschichte des Bisthums Schwerin führt diese Nachricht eine ganze neue Thatsache ein. Wenn Wilhelm Pape auf den Bischofsstuhl von Schwerin erwählt ward, auf welchen er jedoch nicht gelangte, so wird dies vielleicht um das J. 1347 geschehen sein.

4) 136 . . Nov. 20. starb der Dompropst Hermann Holt.
"Nov. 20. Hermann Holt prepositus Sverinensis."

Als hamburger Domherr kommt Hermann Holt 1342 vor, als Propst von Schwerin 1357 und 1365 (in festo Elisabeth: "Hermannus prepositus et Johannes Holt frater eius").

Nach den Leichensteinen im Dome zu Lübeck.

5) 1407. Nov. 10. starb der Domthesaurarius Johann Schütte.

Im südlichen Seitengange des Doms zu Lübeck liegt ein Leichenstein mit zwei Bildern in Lebensgröße, mit folgenden Umschriften:

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Umschriften
6) 1459. Sept. 3. starb der Bischof Nicolaus Böddeker.

In der Kapelle des Domes zu Lübeck, in welcher die beiden von Milde herausgegebenen großen bischöflichen Grabplatten liegen, liegt rechts von der ausgezeichneten, großen Messingplatte ein Leichenstein mit dem flachen Bilde eines Bischofes und folgenden Inschriften:

Inschriften

und umher mit viel kleineren Buchstaben:

Umschriften

Der letztere Theil der Inschrift ist dem Anscheine nach auch jünger, als die Hauptinschrift, und begründet vielleicht den Aufenthalt und die Bestattung des Bischofs in Lübeck näher. Der Bischof resignirte im J. 1457 und erhielt außer einer Pension vom Stifte Schwerin die Dompräbende in Lübeck, welche sein Nachfolger Lange bisher besessen hatte; vergl. Rudloff M. G. II, S. 781.

7) 1490. Jan. 11. starb der Domherr Dr. Hartwig von Bülow.

In der S. Rochus=Capelle im Dom zu Lübeck liegt ein Leichenstein mit der Inschrift:

Inschrift
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8) 1546. Junii 3. starb der Domherr Dr. Johann Knutzen.

In dem südlichen Chorumgange des Domes zu Lübeck liegt ein Leichenstein mit folgender Inschrift:

Anno 1546 tertia Junii obiit dominus Johannes Knutzen, decretorum doctor eximius, ecclesiarum lubicensis, sverinensis et slesvicensis canonicus ac prepositus luneborgensis. Oremus pro invicem ut salvemur, multum enim valet deprecatio iusti assidua.

Dieser Johann Knutze kommt während der Reformationszeit in Meklenburg öfter vor. Wegen Mangels an Material und Undeutlichkeit der Handschriften ist seine Wirksamkeit bisher noch nicht scharf beobachtet. Ohne Zweifel ist er derselbe, welcher 1528-1534 auch Pfarrer zu S. Marien in Wismar war; vergl. Crain's Reformation in Wismar, S. 12, wo er Dr. Johannes Kuntze genannt wird, wie der Name in der undeutlichen Schrift oft geschrieben zu sein scheint.


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10.

Ueber das fürstlich=stargardische Archiv.

Im J. 1497, "am Sondaghe na s. Vrsulen daghe", schreibt der Karthäuser=Mönch "broder Joachim Herdebergh, cartuser", an den Herzog Magnus von Meklenburg, in dessen Auftrage er Geschäftsreisen ins Stargardsche machte:

"Tho Stargharde stunt eyne kiste vppe dem thorne m[yt] brêuen, dar lepen, lôue ick, de müse vaste yn. Ick hadde vôrsath, to bosênde brêue myd Jachim Bardenvlyth van ghehêtes willen iwer gnâden vedder hertoghen Vlrikes, men id blêff, lôue ick, na; de sâke is my nu nicht wol in dem synne. Ick hebbe, lôue wol, ghehôret, dat dâr b[rêue] mede wêren myt vorghuldeden seghelen. Do de brèue stunden, lôue [ick, stunt an] eyner andern stede eyn part iffte to hôpe; ick lôue . . . . . . . . . . tyden id doch nicht tho male tho seggende, de iâmerliken vnde str[effliken], also ick lôue ghehôret hebbe, vornichtiget worden."

G. C. F. Lisch.


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11.

Der Lange=Stein bei Wittenburg.

Der Lange=Stein

Fast in der Mitte zwischen Wittenburg und Waschow steht auf dem wittenburger Stadtfelde ein Stein aus Granit, welcher der lange Stein heißt, und einem mit der waschow=wittenburger Landstraße fast gleichlaufenden Feldwege den Namen: langsteinscher Weg gegeben hat. Der Stein ist 6 Fuß lang, 2 ' 10 " breit und 1-2 ' dick, auf einer Seite glatt behauen,

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auf den übrigen Seiten roh. Auf der glatten, nach Süden gekehrten Seite ist ein Kreuz eingehauen, dessen Balken 3 und 2 ' lang und 6 " breit sind. Ueber diesem Kreuze ist in halbovaler Form die Inschrift eingehauen:

Inschrift
(= Obiit Heinricus comes. Orate pro eo.)

Die Sage, welche sich an diesen Stein knüpft, ist: der Graf Heinrich sei, von dem jetzt abgebrochenen Amtsthurme aus an dieser Stelle, wo er im Lager vor seinem Zelte gestanden habe, erschossen. Dazu ist nun die Entfernung, fast 1/4 Meile, zu groß, indeß deutet diese Sage wohl darauf, daß der Graf 1 ) hier im Kampfe gefallen sei. Zugleich will die Sage, daß ein früher in der Kirche zu Wittenburg befindlich gewesener, reich mit Gold verzierter Panzer und ein jetzt m der großherzoglichen Alterthümersammlung aufbewahrter Helm (welcher oben den Hieb eines Streithammers zeigt) diesem Grafen gehört habe.

Einige hundert Schritte nordwestlich von diesem Steine ist auf dem Acker eine Senkung mit einem Soll, auf dessen östlicher Seite ein Erdwall sich befindet, mit Gebüsch bewachsen, welcher die Schanze heißt, also früher wohl einmal zum Schutze, vielleicht eines Lagers aufgeworfen ist. Doch ist darüber keine Sage bekannt, auch ungewiß, ob und inwieferne diese Schanze mit dem langen Steine in Verhältniß stehe.

J. Ritter.


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12.

Ueber die Verbindung der Ostsee mit der Elbe


vermittelst des Schweriner Sees.
Nach den Rathsprotokollen der Stadt Wismar v. J. 1674,
vom
wail. Dr. C. C. H. Burmeister zu Wismar.

Die Verbindung der Ostsee mit der Elbe durch den Schweriner See ist der Gegenstand großartiger Bestrebungen vieler Herzoge Meklenburgs gewesen (der Herzoge Albrecht V., Johann Albrecht und Ulrich: vergl. Pölker neue mekl. Urkunden, Stück


1) Die Beantwortung der Frage, welcher Graf hier gestorben sei, ist nicht ohne Wichtigkeit. Sollte der Graf Heinrich von Ratzeburg hier seinen Tod gefunden haben? Das Material des Steins, der Styl der Arbeit, die Form der Buchstaben deuten auf eine sehr ferne Zeit.
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S. 23 flgd.). Normann, über Wismar's Handelslage, S. 69 flgd., macht der Stadt Wismar den Vorwurf, daß sie sich die Herstellung des Kanalsystems nicht genug angelegen sein ließ und daß nach Wallensteins Zeit das Kanalprojekt so gut wie vergessen schien. Um so erfreulicher wird man es vernehmen, daß selbst unter der schwedischen Regierung, nachdem im Jahre 1672 der Stadt Wismar die Niederlags=Gerechtigkeit verliehen war, von Seiten der Stadt Wismar an der Vollendung dieses Projektes eifrig gearbeitet ward.


Rathsprotokoll vom 13. Juli 1674, fol. 94b.

Dom: Cons. D. Schwartzkopf 1 ) prem. premitt. die principalste Ursache hiesigen Conventes sei, daß wir mit den Schwerinschen noch in etwas in differentz stehen als 1) wegen des brauwerkes 2) wegen der Fichelschen Fahrt.

Conclus. Es sollen Reitendiener abgefertigt werden, umb eigentlich zu vernehmen, ob der angesetzte tagh seinen Vortgang nehmen könne, darnach denn disputatio zu richten sein wird, und weil Herr Consul D. Schwartzkopf Ihm jemant zu adjungiren für nöthig hielte, so ist H. H. Tanke 2 ) Ihm atjungiret worden.

 

Rathsprotokoll vom 27. Juli 1674, fol. 98a.

D. C. D. Schwartzkopf prem. prem. es sei erweislich, daß Ihm und Herrn Tanken committirt nach Schwerin zu reisen 1) wegen der Brauer auf dem landt, 2) wegen der fichelschen Fahrt und hetten Suerinenses wegen der Fichelschen Fahrt sich zu aller Billigkeit ausgelassen, wenn nur die Stadt privatos auffbringen könne, die die Mittel securiren wollen von der Fahrt von Ficheln bis in die Elbe, und wollen zu Vicheln ein Kauffhaus na bei der gelegenen Schantze bauen.

Daselbst, fol. 99b.

Weil nuhn an der Fahrt von Viecheln in die Elbe dieser Statt hochgelegen, wehre zu wünschen, daß wir ex publico dazu legen könnten, einige privati die alhier von mitteln sein musten, etwas zu legen, Es mußte vorerst bey Er. Königl. Mayst. woll angenommen werden, wenn die statt etwas dabei


1) Casparus Schwartzkopff war nach der Rathsmatrikel Bürgermeister von 1672-1691
2) Heinrich Tanke war nach der Rathsmatrikel Ratsherr von 1666-1680.
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thut, Und wie man verhoffte, es solle durch Gottes gnade angehen, So sei es vor die Posteritat löblich, wofern Wir etwas erkleckliches hierzu contribuiren werden.

Ampl. Senatus consensit und wünschet jederman von hertzen, daß solches werk welches vorhin als desperat gehalten worden, zu einem effect kommen möge. Und weil medio Augusti die deputirte der Stadt wie auch der H. deputirte zu Schwerin in rem presentem sich verfüegen wollen, werde es sich ferner geben, wie weit man kommen könne.

 

Rathsprotokoll vom 10. August 1674, fol. 106a.

8) Wegen der vichelschen Fahrt und deß Besehung, hetten Suerinenses Hamburgensem Schiltknecht recommentirt, der visitation beizuwohnen, denn den H. Mellen wollen Suerinenses nicht dabei haben. Deßhalb ad senatum in Hamburg umb Ihn uff 14 Tage zu erlassen geschrieben werden. Solte er heut oder morgen ankommen Könnte die Visitation für sich gehen, und mögte der Herr Subrector 1 ) mitgenommen werden, so hetten auch die H. Suerinenses begehret, einen Maurer mitzunehmen.

Conclus: Obige Personen mit zu nehmen, wolte auch mitziehen, wher es nicht undiensam und wil H. Consul D. Schwartzkopf mitreisen, weil er von allen Dingen bescheid weiß.

 

Rathsprotokoll vom 25. Aug. 1674, fol. 111b. ff.

1) D. Consul D. Schwartzkopf premiss. premitt. sei neulich wie Ihm committirt mit David Schmitt, dem Herrn Subrectore und dem Baumeister von Vicheln bis in die Elbe zu Wasser zu gereyset, verlasse seine ausführliche Resolution, worin die Mengel der Fahrt bestehen, Wie auch Walter Bloken schreiben an den Herrn Cammermeister dem er die Besichtigung sämblich anspricht.

Weil den vielen Beschwerungen in diesem werke vorgekommen werde man ehe man sich weiter auslässet, wissen müssen, wie hoch die Kosten lauffen werden und ob und wie hoch die aufflagen uff der Stör und Elde, uff die Kauffmann Wahren, Schwerinscher Seite seyn werden, Item ob Suerinenses prestanda prestiren werden. Und weil Herr Schiltknecht von Hamburg ein berümbter Ingenieur uff E. E. Rhatts Kosten von Hamburg hieher und so weiter uff Fichell und den


1) Subrektor Andraes Pauli, nach Groth Schulprogramm vom J. 1821, S. 13.
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Strohm hinab nach der Elbe gereiset, auch einen nähern überschlag der Kosten machen will was auch sonst in diesen Werke bei den Hamburger Kaufleuten großen Vortheil thun kann, werde er woll ein recompens sowol an zehrung als wegen seiner Verseumniß haben müssen Und wollte er auch ein ausführlichen aufsatz der gantzen Fahrt einschicken, was er zu machen kosten wirt.

Conclus. uff 30 oder 40 Rthlr. zum wenigsten muß er haben weil er aber den aufsatz einschicken muß Kan alsdan ein nähere Conclusion gemacht werden.

2) Dominus Cons. D. Schwartzkopff übergab seine Rechnung was er und sein Adjunkt unterwegs verzehret und hetten Suerinenses sie fast allenthalben frey gehalten, und seie das meiste, das verzehrt, die bei sich gehabte Kalte Kuche, und viele Trinkgelt, so sie unterwegs ausgegeben.

Concl. es soll refundiret werden.

Der Ingenieur zu Hamburg hat nicht wieder geschrieben, weil es da nicht anders seyn kann, mußen wir Ihm etwas an Hand gehen darumb daß er von Hamburg verschrieben seine Reisekosten vorschoß, sich verseumet und sonst diese Fichelsche Fahrt reconmandiren kann, ob irgend zu Hamburg leute seyn mochten, die den Vorschuß thun wollen gegen genugsam assecuration.

Conclus. Votis latis Sollte Jhm 50 Rthlr. für seine deßhalb gehabte Muhe zu recompens eins für alles gegeben werde, welches dem David Schmidt committiret Ihm zu vertificiren und daß er die ausführliche Relation aufsetzen möge, wie er die Fahrt befunden habe.


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13.

Das Grab des J. Freder,

des berühmten Superintendenten zu Wismar, im Chor der Marienkirche daselbst, mit der in Schröder's Predigerhistorie S. 48 aufbewahrten Inschrift, ist wiedergefunden. Es ist vom Altar aus gesehen nach W. hin grade aus der zweite große Leichenstein, auf den in der Mitte die Namen Hans Wulf und Katharina Wulf in neuerer Zeit eingehauen sind.

Wismar, 1837.

Dr. C. C. H. Burmeister.

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X.

URKUNDEN-SAMMLUNG.


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Nr. I.

Der Fürst Johann von Meklenburg bestätigt die Gründung und Bewidmung des Klosters Rehna.

D. d. Gadebusch. 1236. Mai 12.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Johannas dei gratia Magnopolensis dominus omnibus Christi fidelibus in perpetuum. Ne rerum gestarum memoria tempore labente simul labatur, decet eam scriptis auctenticis perhennare. Ea propter notum esse volumus tam posteris, quam presentibus, quod quidam miles Henricus nomine de Roxin pro salute anime sue villam Roxin cum terminis suis ad consummationem noui claustri, quod frater Ernestus inchoauit, domino inspirante resignauit. Dominus Godefridus de Bulowe viginti mansos super Lipesse sitos et dominus Otto de Kowale decem in eodem loco iacentes similiter dederunt ad bonum opus, quod nouiter inchoatum est, perficiendum. Nos autem feodalia nostra et quicquid iuris habuimus in bonis predictis eidem claustro resignauimus, ita vt homines in eis residentes ea libertate, quam habentilli de nouo claustro, quod Campus Solis appellatur, perfruantur. Ne autem

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tale factum in posterum ab aliquo reuocetur, presentem paginam inde scribi fecimus sigilli nostri munimine roboratam. Testes vero, qui presentes erant, hii sunt: fratres nostridominns Nicolaus de Werle, Borewinus dominus de Roztoc; Thetleuuus de Godebuz, Godefridus dapifer, Gerardus Lepel, Volcwinus de Languedele, Theodericus de Dybowe, Johannes de Bulowe et alii quam plures. Acta sunt hec anno gratie M °CC°XXXVI, XVII° kal. Junii. Datum in Godebuz.

Nach dem Originale auf einem kleinen Pergament, in einer gedrängten, festen, kleinen Minuskel. An einer Schnur von weissen linnenen Fäden, welche an den ältesten Urkunden des Klosters Rehna öfter vorkommen, hängt des Fürsten Johann Siegel, wie es oben S. 15 abgebildet ist. Auf dem untern, umgebogenen Rande steht die Ziffer V, und auf der Rückseite die Aufschrift: De Rucsin, beides uralte Registraturzeichen des Klosters Rehna, welche von derselben Hand die übrigen ältern Urkunden des Klosters Rehna tragen.


Nr. II.

Der Fürst Nicolaus von Werle übergiebt den Bürgern von Güstrow die zu ihrem Schaden entstandene neue Stadt Güstrow, bewilligt ihnen, dieselbe wieder abzubrechen und die alte Stadt wieder mit ansehnlichen Gebäuden zu füllen, und verspricht auch den Markt von seiner bisherigen Stelle nicht zu verlegen.

D. d. 1248.

Nach dem Originale im Stadtarchive zu Güstrow.


Nicolaus dei gratia dominus de Werle omnibus presens scriptum intuentibus salutem inperpetuum. Quoniam pium et rationabile iudicatur, acta dominorum ad instantiam proborum uirorum facta sigilli testimonio declarare, notum esse uolumus tam presentibus, quam futuris presentem paginam inspecturis, quod ciuibus nostris in Guzstrowe commorantibus pro dono quodam contulimus nouam ciuitatem, funditus destruendam, eis

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in rerum suarum dispendio adiacentem, et antiquam ciuitatem, quam hactenus diuina cooperante gratia per munitionum reparationes et noctis excubias in custodia habuerunt,edificiis honestis repleant et subleuent, tali tamen prehabita conditione, quod si nostro, consulum eorumque placuerit consilio, opidum nostrum Guzstrowe scilicet per munitiones ampliores possumus ampliare. Preterea decreuimus forum absque consulum ciuitatis consilio a loco modo habito nullatenus transferendum. Ne igitur huiusmodi factum a nobis in posterum poterit dubitari siue a successorum nostrorum memoria aboleri, sigilli nostri appensione duximus roborandum. Huius rei testes sunt: comes Mauricius, filii mei Henricuset Johannes, dominus Grubo, dominus Bernardus de Wigendorp, dominus Albertus de Holdendorp, dominus Johannes filius domini Baroldi, dominus Echehardus de Anchere, dominus Marquardus de Goudenbuche, Bertoldus Kolbaze aduocatus, Hermannus Longus, [Felix, Henricus Parvus, Sartor, Everhardus de Weitendorp, Willekinus de Robele, Hermannus Parvus, Felix,] Ernestus, Theodericus Longus, Hermannus de Demene, Theodericus de Norwegia, dominus Ludewicus Kaboldus. Acta (sunt) sunt hec anno dominice incarnacionis M °CC°XLV°III, datum de manu Godefridi notarii, in Guzstrowe, kalendas Julii.

Nach dem Originale im Stadtarchive zu Güstrow, auf Pergament, in einer etwas eckigen, kleinen Minuskel. An einer Schnur von rother, gelher und schwarzer Seide hängt das oben S. 17 abgebildete schildförmige Siegel mit einem gekrönten Stierkopfe mit geschlossenem Maule, ohne aushangende Zunge und ohne Halsfell, jedoch mit hauerartigen Verzierungen; Umschrift:

Umschrift

Gedruckt in Rudloff's Urk. Lief. Nr. X und Besser's Beitr. S. 122, wo die allerdings wichtigen Worte: edificiis honestis repleant et subleuent tali, ausgelassen sind.

Die in [ ] eingeschlossenen Zeugen finden sich hei Rudloff; in meiner Abschrift fehlen sie, wahrscheinlich aus Versehen, indem ich vielleicht zwischen Felix - Felix eine Zeile überschlagen habe. - G. C. F. Lisch.


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Nr. III.

Die Grafen Bernhard und Adolf von Danneberg schreiben an den Rath der Stadt Lübeck wegen angeblich von ihren Leuten geraubter Pferde.

D. d. (1253).

Nach dem besiegelten Originale im Archive der Stadt Lübeck, gedruckt im lübeckischen Urkundenbuch I, Nr. CXCVI.


B. et A. dei gratia comites et domini de Dannenberch. Consulibus et burgensibus in Lubeke vniuersis paratam ad obsequia voluntatem. Vos litteris vestris nobis demandastis, quod serui nostri prope uestram ciuitatem equos spoliassent, sed illi serui nostri, nec in terra nostra morantur, nisi vnus, qui vocatur Johannes de Mostyn: ille noster seruus non est, nec nostra familia, sed est in pane domini Gerardes de Boyzemer. Si ille fuerit cum eis, nos nescimus. Noueritis, quod idem Johannes premissus pro illo delicto satisfacere debet, nisi quod sentencia iuris eundem non posset attingere. Mandamus etiam uestre vniuersitati, si dampnum ullum fuerit uobis illatum, nobis duos homines de uestra ciuitate sub nostro ducatu transmittatis, et si forte ipsos ad nos transmittere fermidatis, petimus tamen, ut ipsos ad Nouam Ciuitatem Chlewa mittatis: nos ipsos ad n ostram terram in bona custodia ducemus, et cum eis bona uestra, si fuerint ablata, per nostrum dominium querere non desistemus, nisi restituantur.


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Nr. IV.

Der Fürst Nicolaus von Werle verleiht den Brüdern Bernhard und Heinrich von Peccatel, Rittern, zur gesammten Hand ihre in der Vogtei Penzlin gelegenen Güter Lübkow, Ziplow. Hohen-Zieritz, Stribbow, Peccatel, Gross-Vielen, Klein-(Kolhasen-)Vielen, Brusdorf und Langhagen, so wie den genannten Rittern von Peccatel und dem Ritter Raven zur gesammten Hand die Güter Lübbechow, Vielen und Zahren, mit aller Gerichtsbarkeit, allen Beden und Diensten, allen Freiheiten, Gerechtigkeiten und Kirchenlehen.

D. d. 1274. März 12.

Nach dem Originale im pommerschen Archive zu Stettin, mitgetheilt vom Herrn Bagmihl zu Stettin.
(Vgl. Jahrb. III, S. 13 u. 30, und Urk. zur Gesch. des Geschl. Maltzan II, Nr. 386 u. 393, und unten Nr. XVIII.


In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Omnibus in perpetuum Amen. Nos Nicolaus dei gratia dominus de Werle notum facimus tam presentibus, quam futuris, quod de bona et libera voluntate nostra, cum consensu filiorum, dilectis ac fidelibus nostris domino Bernardo et domino Hinrico fratribus dictis de Peccatle eorumque heredibus siue successoribus bona eorum in aduocacia Pencelin vel vbicumque habuerint in partibus Slauie contenta iuncta manu porreximus et in eisdem metis, quibus iacent predicta bona, ipsis cum iudicio manus et colli et ab omni precaria, a denariis monete, a reparacione plancarum et sepium, siue ab omnibus incurrentibus, que superuenire poterint, libere contulimus perpetualiter possidenda, cum siluis, pratis, pascuis, palludibus, cultis et incultis, viis, inuiis, aquis aquarumque decursibus, exitibus et regressibus, cum duobus stagnis tam Magno, quam Paruo Vilem adiacentibus, cum molendinis, videlicet cum molendino sito ante ciuitatem Pencelin et cum molendino dictoTrendecops, que cum vniuersis et singulis supra, intra et

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infra se integra continentur, ita vt nos nec nostri heredes, successores auf iudicii nostri exsecutores ad mensuranda bona prefatorum militum nullam prorsus habeamus de cetero potestatem. Hec sunt bona predictorum militum videlicet domini Bernardi et domini Hinrici de Peccatle iuncta manu porrecta et eorum heredibus, successoribus cum omni iure, ut supradictum est, et cum collatione beneficiorum seu ecclesiarum: Lupogloue, Cippelow, Ciriz, Stribbow, Peccatle, Vilem, Colhazen Uilem, Brusmezdorpe et Lancauel. Insuper contulimus domino Bernardo et domino Hinrico militibus prelibatis necnon domino Coruo communiter iuncta manu porrecta scilicet Lubbechowe, Vilem et Zarne cum omni iure, ut supra tactum est. Et hec bona comparauerunt sibi milites iam tacti pro CCtis marcis et XL marcis slauicalium denariorum, set altera bona supradicta comparauerunt sibi fratres sepedicti specialiter pro DC marcis slauicalium denariorum. Vt autem hec porrectio nostra seu collatio firma et inuiolata perhenniter perseueret, nec aliquis successorum nostrorum siue indicii nostri exsecutorum ipsam proponant aut valeant infirmare, prelibatis militibus domino Bernard o et domino Hinrico fratribus dictis de Peccatle atque domino Coruo et eorum heredibus, successoribus in munimen ac memoriale perpetuum paginam presentem contulimus nostri sigilli munimine roboratam. Hec acta sunt in presentia domini Ghodefridi prepositi de Gustrowe et domini Hinrici de Vlotowe, Gherardi de Antiqua Villa, Nicolai de Bruseuitze, Olrici de Bardenulet, Willekini camerarii, Hermanni de Smarzenow, Lamberti de Rozenhagen, Hermanni Sagittarii et aliorum plurimorum fidelium, tam militum, quam seruorum, quos omnes huic scripto pro testibus duximus innotandos. Datum anno domini millesimo ducentesimo LXX°IIII°, in die beati Gregorii pape.

Das an der Urkunde befindlich gewesene Siegel ist abgerissen. Sonst ist die Urkunde gut erhalten und sehr schön geschrieben.


Die hier genannten Güter waren alte Lehne der von Peccatel, jedoch nur ihre im Lande Penzlin liegenden Güter. Sie besassen

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ausserdem an der Grenze derselben liegende Güter im Lande Raduir, namentlich das Städtchen Prilwitz mit den zu diesem Schlosse liegenden Gütern. Auch Weisdin mit dem mächtigen Burgwalle (vergl. unten) war bis auf neuere Zeit peccatelscher Besitz.

Das Dorf Colhazen Vilem trug damals diesen Namen wahrscheinlich von dem Besitzer Kohlhase; im J. 1248 kommt ein fürstlicher Vogt Bertoldus Kolhaze vor; vergl. oben Nr. II.

G. C. F. Lisch.


Nr. V.

Der Markgraf Albert von Brandenburg schenkt dem Johanniter-Orden, zu Händen der Comthurei Mirow, das Eigenthum des Dorfes Wokuhl, welches bis dahin den Brüdern und Vettern Dargaz gehört hatte.

D. d. Salzwedel. 1285. Mai 9.

Nach dem Originale im Johanniter-Ordens-Archive im königl. preuss. Staats- und Cabinets-Archive zu Berlin,
gedruckt in Riedel Cod. dipl. Brand. II, 1, Nr. 233.
(Vergl. Jahrb. IX, S. 43.)


Albertus dei gratia marchio Brandeburgensis vniuersis Cristi fidelibus presentem paginam inspecturis salutem in domino sempiternam. Ad omnem bonioperis consummacionem adeo nobis expedit intendere vigilanter, vt cum districtus iudex in die nouissimo cunctorum examinare uenerit actiones, non formidanda sint nobis gehenne suplicia pro delictis, sed quomodo eterne beatitudinis premia possimus pro bonis operibus adipisci. Hinc est quod notum esse volumus tam presentibus, quam futuris, quod proprietatem ville Wukun et molendini adiacentis, quorum possessio fuerat olim dilectorum nobis Friderici et Chotemari, militum nostrorum, et fratruelium ipsorum, dictorum Dargaz, damus liberaliter seu donamus commendatori et fratribus sancte domus hospitalis Jerosolymitani beati Johannis baptiste et eorum ordini, pro remedio anime nostre et progenitorum nostrorum, libere possidendam. Excipimus seu eximimus predicta ab omni exactione seu petitione, angaria, parangaria, con-

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structione vrbium, poncium seu municionum et generaliter ab omni vexacione et molestia, quibus predicti fratres et eorum homines in predictis bonis a nobis vel a nostris heredibus possent in perpetuum grauari vel aliqualiter impediri. Hec predicta bona cum proprietate et omni libertate et omni iusticia et iudicio et aduocacia et omni illo, quod vulgariter recht uel vnrecht dicitur, cum omnibus terminis suis hucusque habitis, cum aquis, aquarum decursibus, molendinis, pratis, pascuis, lignis, terris cultis et incultis et omnibus pertinenciis, sibi adherentibus de consuetudine, gracia uel de iure, damus seu donamus ante dictis commendatori et fratribus in Myrowe et eorum ordini, perpetuo, quiete ac pacifice possidenda; sei hoc solum excipimus, quod villicus predicte ville Wukun duo talenta cum dimidio, et nihil amplius, in crastino beati Martini nobis soluet census nomine annuatim. Et ne hec donatio nostra a nostris successoribus uel a quibuslibet in perpetuum aliis valeat irritari, presentem paginam damus memoratis commendatori et fratribus sigilli nostri mumimine roboratam. Hec acta sunt in Saltwedele, anno domini CC°. LXXXV°, VII° idus Maii, presentibus: domino Czabello de Redingstorph, domino Friderico et domino Chotemir Dargaz, fratribus, domino Hermanno de Redere, domino Henrico de Lankow, domino Petro de Wuthenow, domino Johanne Romlow, domino Henrico Soneke, domino Henrico Missenero ac aliis fide dignis.

Das Dorf Wokuhl grenzte mit dem Dorfe Gardow, dem alten Sitze einer eigenen Comthurei, welche in der Comthurei Nemerow unterging; das Dorf Gardow ging später selbst in dem Dorfe Wokuhl unter; vergl. Jahrb. IX, S. 41-42.


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Nr. VI.

Der Markgraf Albert von Brandenburg verleiht der Johanniter- Comthurei Mirow einen Hof mit 4 Hufen im Dorfe Starsow.

D. d. Wittstock. 1287. Julii 17.

Nach dem Originale im Johanniter-Ordens-Archive im königl. preuss. Staats- und Cabinets-Archive zu Berlin,
gedruckt in Riedel Cod. dipl. Brand. II, I, Nr. 245.
(VergI. Jahrb. II, S. 72, 246 u. 257.)


Nos Albertus dei gratia marchio Brandeburgensis omnibus Cristi fidelibus, ad quos presentes peruenerint, salutem in domino sempiternam. Humane tragilitatis condicio eo infirmitatis iugo premitur, vt rite gesta quantotius deleat obliuio, nisi scriptis autenticis fuerint perhennata. Notum igitur facimus tam presentibus, quam futuris, recognoscentes perpetuo in hiis scriptis publice protestando, quod nos curiam in villa Starsow, que fuerat Hinrici dicti Nyzel et heredum suorum, cum quatuor mansis adiacentibus supradicte curie commendatori curie Myrowe ac fratribus domus hospitalis Jerosolymitani sancti Johannis, cum aquis, pascuis, lignis, agris cultis et incultis, cum omni vtilitate, libertate, proprietate ac pleno iure donamus perpetuo possidendam. Volumus etiam, quod ab illo, quod vnrecht proprie dicitur, libera maneat curia supradicta et ab omni vexacione et molestia, quibus per nostros officiales grauari poterit, sit exempta. Insuper ob omni exactione precaria ipsam curiam reddimus absolutam, nobis nichilominus de talento quolibet et in festo beati Martini annis singulis persoluendos duos solidos denariorum Brandeburgensium reseruando. Vt autem premissa per nos et heredes nostros inuiolabiliter perpetuo obseruentur, presentes impressione nostri sigilli tradidimus consignatas in memoriam sempiternam, adhibitis testibus infrascriptis, ut Ludolpho de Plote, Henrico et Friderico Soneke, Friderico et Chotemar Dargaz, Henrico de Lankow, tunc temporis aduocato, Bernardo de Peccatele et quam pluribus aliis fide dignis. Datum Wizstoc, anno domini M°. C. C°. LXXXVII, in die Alexii confessoris.


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Nr. VIIa.

Der Fürst Nicolaus von Werte verleiht, auf Bitten des Ritters Deneko von Cröpelin und dessen Vettern, das Eigenthum der Primersmühle zur Stiftung einer Vicarei in der Kirche zu Wokern und schenkt zu derselben Vicarei die Bede von zwei Hufen in demselben Dorfe,

d. d. Güstrow, 1302, April 8,

unter Confirmation des Bischofs Heinrich von Camin,

d. d. 1306. Nov. 25.

Lateinischer Original-Text.

Nach einer Abschrift aus dem Ende des 15. Jahrh. im grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


Hinricus dei gracia Caminensis eeclesie episcopus vniuersis Christi fidelibus in omnium saluatore salutem. Juste deuocionis affectum ut robur firmitatis accipiat digum est confirmacionis beneficio suffragari. Nos itaque qui litteras nobilis viri domini Nicolai domini de Werle supra quadam donacione sua vidimus in hec verba:

Nos Nicolaus dei gracia dominus de Werle recognoscimus presentibus et testamur, quod ad peticionem dilectorum nostrorum vasallorum: domini Denekonis de Cropelin, necnon patruelium suorum Nicolai et fratrum suorum, filiorum domini Gherardi de Cropelin militis, Rodolfi, Gotfridi, Barolt, dedimus et contulimus molendinum et proprietatem Primersmolen dictum cum redditibus tredecim marcarum et omnibus aliis pertinenciis in eodem, que nostri prehabiti vasalli in eodem molendino possidere videbantur, ad viccariam faciendam in ecclesia Wokart, ad quam augmentandam assignauimus eidem viccarie precariam integram duorum mansorum sitorum in villa Wokart in mansis Ghodekonis tributariis Be[r]nardi perpetuo cum prememorato molendino Primersmolen ad vicariam et altaris edificium

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Nr. VIIb.

Niederdeutsche Uebersetzung.

 

 

Nach einer Abschrift aus dem Ende des 15. Jahrh. im grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


Hinricus van gades gnâden eyn biscop des Camminschen stichtes allen trûwen cristen minschen heil. Idt is werdich, to hulpe to kâmende deme bogêr der rechtuerdighen innicheit myd der w oe ldât der confermêringe, vp dat de entfange eyne sterke der vasticheit. Wy hebben denne ghesên brêue des eddelen hernn Clawes heren van Werlde, lûdende vp etlike syne gifte in dessen worden:

Wy Clawes van gades gnâden here van Werle bokennen iegenwardighen vnde betûgen, dat wi vmme der bede willen vnser gûden mannen: alze herre Deneke van Cropelin, ritter, Roloff, Gotte, Barolt hebben gegeuen eyne môle vnde egendôm Prymermôle gehêten myd renten XIII marken vnde allen anderen tobehôringen in der suluesten môlen, welker vnse vôrscreuen gûde manne in der suluesten môlen plegen to besittende, to eyner vicarrien in der kerken to Wokerde to mâkende, to welkerer vorbeteringe bestedige wi der suluesten viccarien den ganszen tynst twîer hôuen belegen in dem dorpe to Wokerde in den tinsthôuen Götke Berndes êwich myd der vôrgedachten Primermôlen to der viccarien vnde bûete des altars vnde gotliken dênste vul-

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et cultum diuinum perficiendum in ipsa ecclesia Wokart, in remissionem peccatorum nostrorum, dilectorum progenitorum et fundatorum ecclesie eiusdem; respeximus nichilominus specialem dilectionem, quam gessimus ad dominum Conradum Pennink sacerdotem propter morum suorum constanciam et constitucionem, vt ipsi dicta vicaria canonice conferatur, vt per eum et suos posteros nostrorum predecessorum et vasallorum prediciorum et eorum progenitorum in ipso altari et dei officio in perpetuum memoria peragatur. Testes huius sunt: Bernardus, Johannes de Belin, Conradus Bunow, Deneko de Cropelin, Nortmannus, Rodolphus Barolt, Hinricus de Linstow, Nicolaus Hane, milites. In cuius plenum testimonium sigilum nostrum presentibus est appensum. Datum et actum Gustrowe anno domini M°CCC° secundo, dominica cum cantatur Judica me deus, in quadragesima.

Nos igitur donacionem huismodi dicti nobilis domini Nicolai ratam habentes ac prescriptorum suorum vasallorum affectui gratanter occurrere volentes, ipsius vicarie memorate institutionem approbamus ac ipsam auctoritate ordinaria in nomine domini confirmamus, prohibentes firmiter sub pena anathematis, ne quis huiusmodi vicarie institucionem infringere aut ipsam confirmacionam turbare audeat temerarie vllo modo, cum vtrique, tam institucioni, quam confirmacioni sepedictos tam nobilem dominum Nicolaum, quam ipsos suos vasallos invenerimus voluntate bona et libere consensisse. Datum anno domini M°CCCVI°, in die beate Katerine virginis.

Nach einer Abschrift aus dem Ende des 15. Jahrhunderts auf Papier, dessen Wasserzeichen ist: ein Ochsenkopf, auf dessen Stirn ein hohes Kreuz steht, um dessen langen Stamm sich eine Schlange windet. Auf der Rückseite steht eine Registratur von der Hand des Canzlers Caspar von Schöneich.


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len to bringende in der kerken to Wokerde vmme der vorgeuinge willen der sunde vnser lêuen olderen vnde fudêrer der suluesten kerken, so hebbe wi angheseen nicht wênigher sunderghe lêue, de wi hebben ghehat to her Cor Penninge prêster vmme vulstandigheit syner szede vnde handelinge, up dat em de vôrgesechte vicaria schal geystliken vorlêgen vp do mede dorch em vnde synen nakâmelinghen vnsen v oe r v#244;rscreuenen vnde der vôrgesechten gûde mannen vnde eren olderen in deme gotliken ambachte des altares to êwigen tîden schal gedacht werden. Disses sunt tûge: Bernt, Johan van Belin, Cort Buno, Deneke van Cropelin, Nortman, Rolof, Barelt, Hinnck van Linstow, iunge Clawes Hane, ridder. Disses in eyne vullenkâmen tûgenisse vnse segel is gehenget vôr dessen iegenwardigen brêff. Datum to Gustrow in deme iâre des hernn M°CCC° in deme andern iâr, in deme sôndage wan me singet Judica me deus, in der vasten.

Hîr umme wille wi sodâne gifft des eddelen hernn Clawes vast hebben vnde deme bogêr syner vôrscreuen gûden mannen willen entiêgen kamen, so approberen wi de anbestedinge der gedachten viccarien vnde van vnser macht wegen se confirmeren in den nâmen des hernn, vnde wi vorbêden starke by der pyne der vormâlledîginge, dat dâr nicht eyn îslik de bestedinghe disser viccarien tobreke effte de conformeringe iênegerleige wîse dunkenich bekummere, also wi denne hebben ghevunden de vâken gesechten, alze den eddelen hern Clawes vnde syne gude manne in eyneme gûden vnd vrîgen willen to vulbordende der anbestedinge vnde confirmeringe. Datum anno domini M°CCCVI°, in die beate Katerine virginis.

Nach einer Abschrift aus dem Ende des 15. Jahrhunderts auf Papier mit dem Wasserzeichen p . Die Hand, welche die Uebersetzung geschrieben hat, kommt in den Concepten der fürstlichen Canzlei am Ende des 15. Jahrhunderts öfter vor, und namentlich ist von derselben Hand das Landtagsprotocoll vom J. 1488 (vergl. Miscelle Nr. 8.) geschrieben. Auf der Rückseite steht eine Registratur von der Hand des Canzlers Caspar von Schoneich.


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Nr. VIII.

Urkunden der Stadt Grevismühlen,

aus

dem lübecker Oberstadtbuche

mitgetheilt

vom Dr. Deecke zu Lübeck.

1309 - 1310.


1309. Consules civitatis Gnevesmolen omnibus presencia inspecturis in domino salutem. Recognoscimus tenore presencium, aream, quam Gerardus Wllenpund in Lubeke sitam ex parte domine Yde, relicte domini Marquardi de Plezcowe, et suorum verorum heredum vendiderit, a domina supradicta et suis veris heredibus supra nominatis coram nobis esse pleno consensu rite et racionabiliter resignatam, quod nostri appensione sigilli publici protestamur.

1310. Honorabilibus viris et discretis dominis consulibus Lubicensibus consules in Gnevesmolen etc., quod Johannes Bom, noster concivis, suis proximioribus consentientibus, omnem hereditatem sibi hereditario iure in Lubeke per mortem Conradi Bom, sui avunculi, incidentem Joanni Boyeneven coram nobis racionabiliter resignavit, presentibus protestamur. Insuper quod similiter Conradus Bertoldi dictus omnem hereditatem eum attingentem per mortem dicti Conradi Bom, sui avunculi, de bonis, que in Lubeke habebat, nostro civi dicto Kneseken iure et racionabiliter coram nobis resignavit, sub sigilli nostri appensione presentibus protestamur. Datum etc.

1310. Honorabilibus viris etc., quod filia Ulrici de Parlin et alia uxor cuiusdam nostri concivis dicti Sorowe, filie sororis Conradi Bom felicis memorie, omnem hereditatem in Lubeke eis per mortem predicti Conradi Bom, suarum avunculi, derivatam, cum consensu omnium prouisorum et proximiorum heredum eorundem bonorum, coram nobis rite de proprio volun-

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tatis arbitrio predicto Ulrico de Parlin totaliter omni iure resignauerit, litteris presentibus protestamur. Datum etc.

Ein Testament eines Lübecker Bürgers "Wolterus Pornehagen de Grewesmolen" ist im Lübecker Urkundenbuche, I, Nr. DXXIX, mitgetheilt.


Nr. IX.

Vogt und Rathmänner der Stadt Wismar bezeugen, dass vor ihnen die Brüder Conrad und Willekin Hanenstert, Knappen, eine Hebung von 1 1/2 Wispel Roggen dem Nonnen-Kloster zu Stettin übertragen haben.

D. d. Wismar. 1324. Febr. 3.

Nach dem Originale im pommerschen Archive zu Stettin, mitgetheilt vom Herrn BagmihI zu Stettin.


Nos advocatus et consules civitatis Vis marie recognoscimus ac tenore presencium firmiter pretestamur, quod constituti coram nobis honesti armigeri Conradus et Willekinus fratres dicti Hânstêrt cum consensu sororum heredumque suorum alterum dimidium chorum siliginis, quem [a] religiosis dominabus abatissa, priorissa conuentuque sanctimonialium in Stetyn, ordinis Cysterciensis, iure hereditario possidebant, ad manus earundem dominarum resignaverunt ipsisque privilegia universa et singula super huiusmodi siligine confecta integraliter transmiserunt et ex toto. In eius rei evidentiam presens scriptum sigillo nostre civitatis ac predictorum Conradi et Willekini sigillis duximus muniendum. Datum anno domini M °CCC°XXIIII°, in crastino purigicacionis Marie.

Aus dem pommerschen Provinzial-Archive zu Stettin. An starken grauen Zwirnfäden hangen zwei schildförmige Siegel:

1) das zu Lisch Gesch. u. Urk. des Geschl. Hahn I, Taf. I, Fig. 6. abgebildete Siegel mit drei rechts schreitenden Hähnen mit abgeschlagenem Halse und der Umschrift:

Umschrift
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2) ein schildförmiges Siegel ganz mit dem Schildzeichen des ebendaselbst Fig. 5. abgebildeten Hanenzagelschen Siegels, nämlich mit einem rechts schreitenden Hahne ohne Hals, mit der Umschrift:

Umschrift

Nr. X.

Der Fürst Albrecht von Meklenburg schenkt dem Franziskaner-Kloster zu Neu-Brandenburg das Eigenthum einer Hufe in Watzkendorf, welche der Ritter Otto von Dewitz dem Kloster zur Unterhaltung einer ewigen Lampe geschenkt hat.

D. d. Sternberg 1339. Sept. 18.

Nach einer bei der Kirchen-Visitation im J. 1570 genommenen Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Nouerint vniuersi presentes litteras inspecturi, quod nos Albertus dei gracia Magnopolensis, Stargardie et Rozstock dominus, ad honorem cultus diuini ampliandum et eterne beatitudinis premium consequendum, fratribus tocius conuentus ordinis minorum in nostra ciuitate Nyenbrandenborch dimisimus pie et donauimus nostram proprietatem super unum mansum iacentem in villa Wascekendorp, quem fidelis noster Otto de Dewitze miles eisdem fratribus ad vnam perpetuam lampadem ob anime sue remedium liberaliter erogauit. In cuius testimonium sigillum nostrum presentibus duximus apponendum. Datum Sterneberch anno domini M . CCC . XXX nono, sabbatho proximo post exaltacionem sancte crucis.

Vergl. Urkunde Nr. XIII.


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Nr. XI.

Der Bischof Andreas von Schwerin ernennt während seiner Abwesenheit aus seinem Bisthume den Abt von Doberan zu seinem General-Vicar in geistlichen Angelegenheiten im Archidiakonate Doberan, ungeachtet der Bischof den Priester M. Johannes von Wunstorp zu seinem General-Vicar in geistlichen und weltlichen Angelegenheiten bestellt hat.

D. d. Wolgast. 1354. Sept. 16.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin. (Vgl. Jahrb. VIII, S. 16-17).


Andreas dei et apostolice sedis gracia episcopus ecclesie Zwerinensis vniuersis et singulis presencia visuris seu audituris salutem in domino. Cum ex causis nostris et ecclesie nostre nos agere oporteat inremotis, de vicariis nostris duximus prouidendum; ideoque vos venerabilem fratrem nostrum dominum Jacobum, abbatem monasterii in Dobberan, Cysterciensis ordinis, nostre diocesis, facimus, constituimus et ordinamus omni iure et modo, quibus melius possumus, per archidyaconatum abbacie vestre nostrum et ecclesie nostre vicarium in spiritualibus generalem, dantes et concedentes vobis vel alteri, cui vices vestras auctoritate nostra in hac parte commiseritis, plenam potestatem regendi et gubernandi spiritualiter nomine nostro tam in capitibus, quam in membris, visitandi, inquirendi, corrigendi, puniendi, reformandi, negligencias et defectus supplendi, iusticiam reddendi ac quoslibet, si opus tuerit, a suis administracionihus uel beneficiis suspendendi uel amouendi, presentatos ad beneficia in ipsis iustituendi, curam animarum plebis committendi, synodo presidendi, in casibus et a sentenciis nobis specialiter reseruatis absoluendi et dispensandi, causam seu causas spirituales et temporales in dictis districtibus, terminis et locis ad nostrum forum spectantes siue per appellationem, siue per querelam, seu quocumque alio modo ad nos nostrumque delatas seu inposterum deferendas examen

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audiendi, cognoscendi, examinandi ac eciam diffiniendi et exequendi, alium uel alios substituendi et reuocandi, ubi, quando et quotiens videbitur expedire, permittentes eciam et concedentes vobis domino abbati supradicto, in predictis districtibus, terminis atque locis plenam administracionem in omnibus et singulis supradictis, ita quod nostra absencia nichil impediat, neque ledat, sed omnino in uos dominum abbatem, vicarium nostrum in dicto archidiaconatu, sit data potestas modo et ordine prenotato, quam nos in premissis haberemus, si personaliter presentes essemus, et generaliter omnia et singula faciendi et exercendi, que in premissis et cura premissa necessaria fuerint seu eciam oportuna, eciam si mandatum exigant speciale, gratum et ratum habituri, quidquit per vos dominum abbatem supradictum, tamquam nostrum vicarium, vt prefertur, actum seu factum fuerit in premissis seu quolibet premissorum, non obstante, quod alias magistrum Johannem de Wonstorp presbiterum in vestro archydiaconatu suprascripto et nonnullis aliis archidiaconatibus, ecclesiis, terminis atque locis in nostrum generalem vicarium in spiritualibus et temporalibus ordinauimus et constituimus, quem ab ipso archidyaconatu dumtaxat presentibus reuocamus, volentes et districte precipientes omnibus et singulis in prefatis districtibus seu terminis constitutis, vt vobis seu vestro in hac parte commissario in omnibus, que auctoritate et vice nostra feceritis et eis mandaueritis, fideliter pareant cum effectu. Datum in Wolghast, Caminensis dyocesis, sub anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo quarto, die decima sexta mensis Septembris, nostra sub sigillo.

Nach dem Originale, auf Pergament, in einer kleinen, festen und scharfen MinuskeI. An einem Pergamentstreifen hängt das in Jahrb. VIII, S. 16 beschriebene grössere Siegel des Bischofs Andreas.


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Nr. XII.

Der Bischof Volrad von Ratzeburg befiehlt dem Priester Dietrich Zachelwitz, Pfarrer zu S. Marien in Wismar, die Einführung des Kanzlers Bertram Bere in die Vicarei auf dem Hofe des Fürsten Albrecht von Meklenburg in Wismar.

D. d. Schönberg. 1355. März. 15.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Volradus dei gracia Raceburgensis ecclesie episcopus dilecto nostro, domino Thiderico Tzagheluitzen, rectori ecclesie beate Marie virginis in Wysmer, salutem in domino. Quia vicariam vacantem per spontaneam resignacionem domini Hinrici Vryedach, rectoris ecclesie parrochialis in Lubow, solitam in ciuitate Wysmer in curia illustris principis domini Alberti ducis Magnopolensis ibidem officiari, ad presentacionem antedicti domini Alberti ducis, venerando viro Bertramo Bern, eiusdem domini prothonotario, duximus conferendam et ipsum ad eandem more solito canonice inuestiendum: vobis presentibus mandando precipimus, quatenus ipsum in possessionem ipsius introducatis pacificam et corporalem, facientes et mandantes sibi de redditibus ipsius per censuram ecclesiasticam integraliter responderi. Datum Sconenberghe anno domini millesimo tricentesimo quinquagesimo quinto, dominica qua cantatur Letare, nostro sub secreto presentibus in testimonium premissorum appenso.

Das Original ist auf Pergament in einer kleinen, festen Minuskel geschrieben. An einem aus dem Pergament geschnittenen Streifen hängt das bei Masch Bisth. Ratzeburg, S. 256, nicht beschriebene, kleine, runde Secret-Siegel des Bischofs: im gegatterten, mit kleinen Kreuzen besetzten Siegelfelde steht die links hinschreitende, ganze Figur des Bischofs mit dem Stabe in der linken Hand; Umschrift:

Umschrift

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Nr. XIII.

Der Knappe Hartwig Warlin verkauft dem Franziskaner-Kloster in Neu-Brandenburg eine Hufe in Watzkendorf, deren Kaufpreis der Knappe Hermann Valkenhagen dem Kloster geschenkt hat, um von den Einkünften der Hufe Wein, Oblaten und Oel zum Dienst aller Altäre der Klosterkirche zu kaufen.

D. d. 1362. Dec. 17.

Nach einer bei der Kirchen-Visitation im J. 1570 genommenen Abschrift im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


In nomine domini Amen. Ego Hartuuicus dictus Werdelin famulus coram vniuersis Christi fidelibus, quorum interest ac interesse poterat, publice recognosco lucidius protestando, quod eum bona uoluntate vnanimique consensu meorum heredum, quorum intererat, maturaque deliberacione prehabita et de beneplacito omnium affinium meorum et amicorum rite et rationabiliter venundaui et iusto vendicionis titulo vendidi conuentui atque fratribus minoribus in Nouabrandenborch, Hauelbergensis diocesis, vnum mansum in villa seu ad villam Waskendorp iacentem pro quadraginta marcis monete vinkenoge ac slauice cum omni iure, fructu, vtilitate, libertate et omni proprietate, sicut liberius ipsum hucusque dinoscor habuisse, quem mansum pro nunc Heyno Horn sic dictus possidet atque habet, ad quem vero mansum iam dictum triginta solidi Brandenburgensium denariorum iacent in certis redditibus atque ueris, quas quidem quadraginta marcas antedictas honestus vir Hermannus Valkenhagen famulus pro dicto manso vel redditibus triginta solidorum Brandenburgensium antedictis exponebat et libere persoluebat pure in dilectionem dei et in honorem dei genitricis virginis Marie et beati Francisci confessoris atque omnium sanctorum, ob salutem anime sue progenitorumque eius ac quorumcunque suorum nunc et inposterum heredum immemoriale perpetuum et perenne, ad comparandum vina, oblatas et olea in ministerium omnium eorum altarium in dictorum fratrum ecclesia

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iacentium et in cultum diuinum temporibus sempiternis, quos vero redditus videlicet triginta solidorum Brandenburgensium denariorum sepedictos procuratores seu prouisores dictorum fratrum nunc vel pro tempore existentes tollent et percipient singulis annis in quolibet feste beati Martini episcopi in dicto viro Heynone Horn apud Coemiterium, nunc dicte curie vel sepedicti mansi cultore, vel a quibuscunque aliis in futurum cultoribus libere, pacifice et quiete, vt premittitur, possidendos, quorumcunque meorum heredum et successorum contradictionibus et reclamacionibus amputatis et impedimentis quibuscunque postpositis penitus et exclusis. Resignaui quoque et presentibus resigno atque dimitto prefatum mansum ad dictam villam Waskendorp situatum cum dictis redditibus et pretactis coram inclyto et illustrissimo principe et domino domino Johanne duce Magnopolensi, tanquam domino pheodoli, ad approbandam et confirmandam, ratificandam vendicacionem meam atque voluntatem dei intuitu in premissis. Vt autem hec omnia et singula premissa in certo vigore perpetuoque statu permaneant et persistant et apud posteros et presentes maneant inoblita, presentes litteras desuper confectas meo sub sigillo dedi communitas. Ego vero Hermannus Valkenhagen supradictus, huius empcionis verus principalis, meis veris cum heredibus et amicis sigillum meum in maius memoriale perhenne premissorum duxi appendendum. Testes huius rei sunt: inclytus princeps et dominus dominus Johannes dux Magnopolensis supradictus, nobilis dominus dominus Eckhardus comes in Vorstenberge, dominus Vicko Mundt miles, Detwich de Ortze, Busso de Sthudern et Gothfridus Spegelberg, famuli, et alii plures fide digni. Datum anno domini M. CCC. LX secundo, sabbatho proximo ante festum beati Thome apostoli.


Vergl. Urkunde Nr. X.

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Nr. XIV.

Der Senior Dietrich von Bülow und das Capitel zu Bützow verleihen dem Vicke von Bülow, Thesaurarius des Bisthums Schwerin, und allen vom Geschlechte von Bülow wegen ihrer Verdienste um die Kirche zu Bützow die östliche Capelle im Neuen Chore dieser Kirche und legen zu dem neu erbaueten Altare in derselben zwei Vicareien mit den Hebungen aus Pritz und Schependorf.

D. d. Bützow. 1364. Aug. 26.

Nach einer Abschrift im grossherzogl. meklenb. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


Nos Thidericus de Bulowe senior totumque capitulum ecclesie collegiate Butzowensis, Zwerinensis diocesis, tenore presencium publice recognoscimus lucide protestantes, quod honorabili viro domino Vickoni de Bulowe, thezaurario ecclesie Zwerinensis, ac omnibus et singulis de progenie Bulowensi propter sua bene merita nobis et ecclesie nostre multipliciter impensa locum superiorem noui chori dicte nostre ecclesie in parte orientali in summo, in quo iam inceptum est capelle edificium et altare erectum, cum nostro beneplacito, consensu pleno, largam licenciam vtraque tam eiusdem capelle edificium, quam altare consecratum ad vsum capelle inperpetuum et irreuocabiliter damus et conferimus in hiis scriptis eiusdemque domini Vickonis instancia applicantes eidem altari prenotati loci irreuocabiliter duas vicarias, videlicet vicariam commendabilis viri domini Jacobi Maldem, perpetui vicarii in dicta nostra ecclesia, habentis redditus sue vicarie in maiori Prytze, ac vicariam, cuius redditus in villa Wolken sunt fundati, spectantem ad collacionem honorabilis viri domini Hinrici Ludolueshagen, canonici ecclesie nostre supradicte, ac cuiuslibet suorum successorum in prebenda reddituum ville Schepekendorp perpetuis temporibus officiandas. Datum et actum Butzow anno domini M °CCC°LXIIII°, feria secunda infra octauam as-

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sumpcionis beate Marie uirginis, nostri capituli sub sigillo presentibus appenso in testimonium euidens omnium premissorum.

Nach einer Abschrift aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts im Diplomatarium des Collegiat-Stifts Bützow, fol. CLXII.


Nr. XV.

Der Propst Heinrich von Bützow und der Priester Conrad Schönenbeeker, General-Vicare des abwesenden Bischofs Albert von Schwerin, bestätigen eine von dem bützowschen Domherrn Heinrich Ludolfshagen in der Kirche zu Bützow gestiftete Vicarei.

D. d. Bützow, 1365 (?), März 18,

unter Transsumirung

einer Urkunde, durch welche der Knappe Henning Trechow zu Trechow einen zu dieser Vicarei gelegten Kathen zu Wolken an Heinrich Ludolfshagen verkauft,

d. d. Bützow, 1360, Mai 6.

Aus dem Diplomatarium des Collegiat-Stiftes Bützow im grossherzoglich-meklenburgischen Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
(Vergl. Jahrb. VIII, S. 16-17.)


In nomine domini Amen. Omnibus, ad quos peruenerit presens scriptum, nos Hinricus, prepositus Butzouiensis in ecclesia Zwerinensi, et Conradus Sconenbeker, presbiter, venerabilis in Christo patris ac domini Alberti, Zwerinensis ecclesie episcopi, in remotis agentis, in spiritualibus et temporalibus vicarii generales, presentium tenore cupimus fore notum, quod litteras validi Henningi Trechowen armigeri eiusque vero sigillo pendente sigillatas, pro parte honorabilis viri domini Hinrici Ludolueshagen, canonici ecclesie Butzouiensis, dicte Zwerinensis diocesis, non cancellatas, non abolitas, neque rasas, sed prorsus omni suspicione carentes,

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nobis exhibitas vidimus et audiuimus, de verbo ad verbum tenorem qui sequitur continentes: - -
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Ego Henneke Trechow, armiger, morans in villa Trechow, vna cum meis veris heredibus recognosco et publice protestor per presentes, quod iuste emptionis titulo rite et rationabiliter vendidi honorabili viro primo et principaliter domino Hinrico Ludolfshagen, canonico Butzouiensi, Reymaro militi et Vicconi fratribus dictis de Bulow, ad manus eiusdem Hinrici viginti septem pullorum singulis annis redditus in quadam kotha ville Wolcken, quam nunc inhabitat dictus Arnoldus Bulow, pro quinque marcis lubec. denar. mihi et meis heredibus per dictum dominum Hinricum prompte et integraliter persolutis. Et ego vna cum meis heredibus predictam kotham sic prefatis dominis Hinrico, Reymaro et Vickoni fratribus dictis de Bulow vendidi cum omni iure vasallico, cum omnibus lignis, rubetis, virgultis, pratis, pascuis, paludibus, cespitibus, agris cultis et incultis, riuis, stagnis, aquarum decursibus et incursibus, viis et inuiis, sicut ab olim et adhuc continetur, sicut progenitores mei predictam kotham liberius possederunt et multis temporibus possedi eandem. Insuper ego Henneke predictus vna cum meis heredibus dictam kotham in nostro pheodo tam diu ad manus predictorum tenebimus, quousque per dominum pheodi de eadem inpheudantur, ad quos ego cum meis heredibus, quantum potero, circa predictum dominum pheudi cooperabor, et antequam de dicta kotha inpheodantur et post inpheudationem eiusdem ego cum meis heredibus ipsis et eorum cuilibet veram waraniliam seu deuictionem, secundum consuetudinem iuris terre Butzow, promittimus fide data. In quorum omnium euidens testimonium sigillum meum presentibus est appensum. Datum et actum Butzow anno domino M . CCC . LX, ipso die beati Johannis apostoli et euangeliste ante Portam Latinum.

Qua lecta nobis, ut prius, humiliter supplicauit, ut eosdem redditus vna cum aliis predictis prefate vicarie modis supra scriptis et condicionibus applicare ac in protectionem ecclesiasticam recipere dignaremur authoritate ordinaria domini nostri Alberti Zweri-

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nensis ecclesie episcopi supradicti. Nos igitur zelo iusticie succensi, cultum diuinum ac Christi patrimonium in cunctis possibilibus augere et cumulare cupientes, inspectisque multis seruitiis ecclesie Zwerinensi per predictum dominum Hinricum pluries imoensis, de libero consensu et beneplacito decani et capituli ecclesie Butzouiensis, iustis precibus prefati domini Hinrici deuotius inclinati, altare vnum in omnipotentis dei sueque genitricis Marie sanctorumque Andree apostoli et Catharine virginis honorem in ecclesia Butzouiensi ad vnam vicaram decernimus erigendam, cui vicarie predictos redditus, in quibuscunque rebus existant, prout literis autenticis coram nobis extitit declaratum, nomine dotis perpetue applicamus et assignamus ac eos vel ea auctoritate ordinaria nobis in hac parte concessa confirmamus, in nomine patris et filii et spiritus sancti. Conditionem et modum per prefatum dominum coram nobis expositum et dicta bona seu redditus vna cum eorum incolis, iusticiis et colonis, cum omnibus suis limitibus et terris, in protectionem et tuitionem ecclesiastice recipimus libertatis, ita videlicet quod ad redditus dicte vicarie et ad ipsam vicariam discretus vir Arnoldus Fabri prespiter primo et principaliter debet decano et capitulo ecclesie Butzouiensis canonice presentari. Et nos Goswinus decanus ac capitulum ecclesie Butzouiensis tenore presentium recognoscimus publice protestantes, quod nos vnanimi consensu fauemus et annuimus honorabili viro domino Hinrico Ludolueshagen, nostro concanonico, fundare, erigere et instaurare vnam vicariam perpetuam in nostra Butzouiensi ecelesia, ad cuius vicarie confirmationem secundum modum et formam vt suprascribitur nostrum damus tauorem. Ad hoc voluntatem, consensum et in dicti consensus nostri euidentiam presentem confirmationem sigilli nostri maioris munimine tecimus roborari. Datum et actum in opido Butzow, Zwerinensis diocesis supradicte, anno domini M . CCC . LXV, mensis Martii die XVIII, nostri vicariatus sub sigillo.


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Nr. XVI.

Der lübecker Bürger Rudolph Münter bekennt, dass der auf seinen Namen zu Stadtbuch getragene Mönchhof des Klosters Doberan nicht ihm, sondern diesem Kloster gehöre.

D. d. Lübeck. 1384. Junii 16.

Nach dem Originale im grossherzogl. Geh. u. Haupt-Archive zu Schwerin.


Vniuersis paginam presentem visuris seu audituris ego Rodolphus Můnter, ciuis Lubicensis, recognosco et protestor publice per presentes, curiam clericalem, sitam apud curiam episcopalem in Lubeke, michi in libro ciuitatis asscriptam, in qua religiosi viri de Dobrane solent hospitari, michi nullatenus pertinere, licet tum michi illa asscriptio ita facta sit, attamen dicta curia cum suis appertinenciis claustro Dobrane dinoscitur pertinere, nec ego et mei heredes quicquam iuris non habemus in eadem. In euidencius testimonium premissorum sigillum meum presentibus est appensum. Datum Lubeke anno domini M ° CCC° LXXX quarto, in octauo corporis Christi gloriosissimi.

Auf einem kleinen Pergament in einer festen MinuskeI. Das Siegel ist von dem eingehängten Pergamentstreifen abgefallen.


Nr. XVII.

Gerhard von dem Reinde verpfändet dem Priester Peter Damerow, Vicarius zu Schorrentin, einen Morgen Wiese auf den Schilden zu Trebelin oder 10 Lüb. Mark zur Stiftung einer Vicarei in der Kirche zu Schorrentin.

D. d. 1441. Nov. 30.

Nach der Original-Vidimation im gräflich-hahnschen Archive zu Basedow.


Ik Gerardus van deme Reinde, wanaftich tho Trebelyn, bokenne vnde botûge âpenbar vor

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allesweme, dat ik schuldich byn myt mynen rechten eruen deme duchtigen prêster her PetereDamerowen, vicario tho Schortin, X lubesche marck, de he my rêde lêndt vnde vul vôr dân heff. Desse vôrghescreuen X lubesche marck heft he vort lecht vnde gheuen tho eyner vicarien, de bostediget ys yn de parkerken tho Schortin tho sunte Katerinen altare, der hilgen iuncfrowen. Vôr desse vôrscreuen teyen lubesche marck sette ik Gerardus vôrscreuen myt mynen rechten eruen em her Petere vnde al synen nakâmelingen eyne morgen wisches vp den schilden tho Trebelin alle iâr brûkende aff tho meygende, tho vôrende vnde de grut mede tho eyneme pande vnde schal deyt gras vôren, wôr em edder synen nakâmelingen alder êuenst kumpt, sunder hinder edder wedersprâke myner edder myner eruen, vnde ik Gherardus vôrscreuen myt mynen eruen schôlen her Petre vôrscreuen vnde al synen nakâmelingen desse wische wâren vnde entfrîgen vôr alle ansprâke gheystlyck vnde werlick, vnde wen ik Gerardus vôrscreuen myt mynen eruen desse vôrscreuen wisch wedder lôzen willen, szo schal ik edder myne eruen em hern Petre edder synen nakâmelingen thoszâgen tho sunthe Johannes dâge mydden imme sâmer, des nêgesten sunte Martens dâge dâr na deme vicario borêden X lubesche marck; vôr de renthe schal hee des grâses brûken; des ghelîkes mach de vicarius vns ôk thosâgen, [oft he] bohyndert worde yn der visch, alzo vôrscreuen steyt, vnde denne de wisch vorszetten, wôr deme vicario alder êuenst kumpt, sunder weddersprâke myner edder myner eruen, vnde wen disse vôrscreuen summe lôzet wert, szo schal de vicarius vort na râde syner lênheren den summen legen, dâr de vicarius syne pacht mach vinden sunder hinder. Dit lâue ik Gerardus vôrscreuen myt mynen eruen em her Petre vôrscreuen vnde al synen nakâmelyngen stede vnde vast yn gûden trûwen wol tho holende. Tho grôterme lôuen vnde bokantnisse szo hebbe ik Gerardus vôrscreuen myn ingeszegel hengeth vôr dessen âpen brêff, de ghegeuen vnde screuen ys na gades bôrt dûsent iâr veerhundert iâr dâr na yn deme eyn vnde veertigesten iâre, in sunthe Andreas dâge, des hilgen aposteles. Hîr an vnde âuer syn geweszen de duchtigen prêstere: her Peter Werner, kerchere tho deme Nyen Kalande, her Hinrik . . . . yde,

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de . . . . . ingezîgel mede hebben henget vôr desse brêff tho thûge.

Auscultata et collationata est presens copia per me Johannem Hertken, notarium publicum, per alium fideliter conscripta, concordans cum suo vero originali de verbo ad verbum, quod protestor manu apposita.

Nach der Original-Vidimation auf einem auf zwei Seiten beschriebenen Quartblatt Pergament, im gräflich-hahnschen Archive zu Basedow.


Nr. XVIII.

Der Herzog Heinrich d. A. von Meklenburg verleiht der Wittwe des Reimar von Pleetz, gebornen Anna von Dewitz, ihres Vaters heimgefallenes Erbe, nämlich halb Prillwitz mit allen dazu gehörenden Gütern, zu rechtem Erbe ihr und ihren leiblichen Erben.

D. d. Stargard. 1449. Junii 4.

Nach dem Originale im gräflich-hahnschen Archive zu Basedow.


Vôr allen den iênnen, de dyssen brêff zên edder hôren leszen, bokenne wy Hinrik de older, hartoge to Mekellinburgh, ffurste to Wenden, to Stargarde vnde Rostock here, dat vôr vns ys gheweset de êrbarn vrûwe Anne van Dewetzen, Remer van Pletzen naghelâten hûsfrûwe, vnnde heft vns anvallen vnde beden, dat wy ee r mochten lîghen eres vâder erue, dat vns anvallen ys van eren olderen weghen, vnde wy ee r arfliken geuen hebben ee r vnde eren rechten lîues aruen, dâr wy nummende an bekennen anders wan vns, vnde willen ee r des ên wêre wesen vôr alsweme, wy vnde vnse rechten eruen: Szo geue wy vnde lîghen ee r in crafft desses brêues ee r vnde eren rechten lîues eruen, de van erem lîue bâren synt, half Prilleuitzo mydt aller tobehôringhe vnde mydt allen gûderen, alze de hôuetbrêff vthwyset, als dâr iewarldes olynghos hefft togheleghen, to ee neme rechten erue vnde l ee n to ee wygen tokâmeden tyden, vndo nimmendt dâr vp to sâkende vnde ôk nênerleye brêue

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bâuen desse brêue to holdende, vnnde dat gûdt, dat de klôster iunctrûwen hebben, dat lîghe wy ee r szo qwîdt vnde szo vrygh, alzet ere olderen iewarlde hath vnde beseten hebben. Hîr an vnde ôuer is gheweszet: vnsze lîue szône hartoghe Olrick, her Berndt van Pletzen, Hinrick van Heydebreke, Jachym Plate, Hans Pyckatel. Des to tûghe vnde grôter bewâringhe, szo hebbe wy ê#234;rgenanten heren vns ingesegel vôr vns vnde vôr vnsen szône vnde vôr allen vnsen nakômelinghen lâten hengen vôr dessen brêff, de ghegeuen vnnde ghescreuen ys to Stargarde in deme gildegarden, des mydtwekens in deme Pingesten, na der bôrdt Cristi v ee rtênhundert i ae r dâr na in deme negen vnndev ee rtigsten iâre.

Nach dem besiegelten Originale, auf Pergament, in einer festen Minuskel, im gräflich-hahnschen Archive zu Basedow. An einem Pergamentstreifen hängt das herzogliche Siegel mit einem links gelehnten Schilde mit dem meklenburgischen Stierkopfe und einem links gekehrten Helme darüber.

Die Urkunde lautet nicht auf hahnsche Besitzungen und wird durch irgend einen Zufall in das hahnsche Archiv gekommen sein; daher lautet eine Registratur aus dem 16. Jahrh. auf der Rückseite:

Ein fremdt brieff vp halben Prilleuitz.

Vergl. oben Nr. IV und Einleitung zu derselben Urkunde.

Vignette
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Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.


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I. Zur Alterthumskunde

im engern Sinne.

1. Vorchristliche Zeit.

a. Im Allgemeinen.


Untersuchungen

über

die heidnischen Grabgefäße,

von

G. C. F. Lisch.


U eber die Art der Verfertigung der thönernen Gefäße, welche in den heidnischen Gräbern Norddeutschlands und überhaupt in den vorchristlichen Begräbnissen der Länder germanischer Bevölkerung gefunden werden, sind bisher die abweichendsten Meinungen laut geworden. Es ist darüber so viel geschrieben und oft so viel mit der sonderbarsten Kleinlichkeit zusammengetragen, daß es ermüden muß, eine Recension aller dieser Meinungen, welche nichts weiter sind als Meinungen, nur durchzulesen. Das Resultat der frühern Ansichten geht aber im Allgemeinen dahin, daß die Urnen in den heimischen Grabhügeln nicht auf der Töpferscheibe verfertigt und nicht gebrannt, vielmehr aus freier Hand geformt und durch Luft und Sonne gehärtet oder gedörrt seien. Es fragt sich, ob dies möglich, wahrscheinlich und wirklich gewesen sei.

Ehe diese Fragen beantwortet werden können, wird es nicht unzweckmäßig sein zu bemerken, daß sich bei fortgesetzter Forschung die Scheidung der Begräbnisse im nordöstlichen Deutschland in drei Hauptclassen:

1) in die steinernen Hünengräber des unbekannten vorgeschichtlichen Volkes mit Steinwerkzeugen, ohne Kenntniß der Metalle,
2) in die Kegelhügel der Germanen mit Geräthen aus Bronze und mit Schmuck aus Gold,

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3) in die Begräbnißplätze der Wenden mit den in den natürlichen Erdboden eingegrabenen Urnen, welche Werkzeuge aus Eisen und Schmuck aus Silber enthalten,

als unzweifelhaft richtig bewährt hat und daß jetzt sogar schon Uebergangsperioden beobachtet werden können.

So verschieden nun diese Hauptclassen von Gräbern nach ihrem Inhalte an Waffen, Werkzeugen und Schmuck sind, so sehr übereinstimmend ist die Art der Verfertigung der Urnen, welche in allen drei Classen von Gräbern gefunden werden. Die Art der Verfertigung, ja selbst die Masse ist bei allen Urnen aus allen Arten von heidnischen Gräbern durchaus gleich und die Urnen der verschiedenen Perioden der Vorzeit unterscheiden sich vorzüglich nur durch Gestalt und Verzierung.

Die Frage über die Härtung der heidnischen Gefäße läßt sich kurz beantworten. Denn daß die Urnen nicht gebrannt, sondern nur von Luft und Sonne gedörrt, der Erde anvertraut sein sollten, ist nicht möglich, da sie sich in diesem Falle nicht so viele Jahrhunderte, ja Selbst Jahrtausende lang in feuchter Erde fest und unverletzt erhalten haben könnten. Die tägliche Erfahrung lehrt schon, wie wenig Formungen von ungebranntem Thon der Feuchtigkeit widerstehen, wenn man es auch nicht in Anschlag bringen will, daß die ältesten Urnen so häufig hell klingend der Erde entnommen werden. Bloß getrockneter Thon würde in der Erde wieder zu einer feuchten Masse erweichen. Die Erfahrung lehrt dagegen, daß wenn Thon auch nur durch ein offenes Feuer, z. B. einer Feuersbrunst, ein wenig gehärtet ist, er seine Form Jahrhunderte lang behält; daher sind die Reste der im 12. Jahrh. durch Brand untergegangenen Lehmwände auf den wendischen Burgwällen meistens noch so gut erhalten, daß sich noch klar die Stroheindrücke unterscheiden lassen, obgleich die Masse nur leicht geröthet ist.

Schwieriger ist die Frage zu beantworten, auf welche Weise die heidnischen Urnen geformt sind. Zwar hat es den Anschein, daß die Gefäße auf der Scheibe gedrehet sind, so daß selbst erfahrene Töpfer an der Verfertigung aus freier Hand zweifeln; die Regelmäßigkeit und Cohärenz aller einzelnen Theile derselben zu einem festen Ganzen, die Schönheit und völlig runde Schwingung der Formen, die gleichmäßigen Linien der Ränder, die ebenen Flächen des Bodens lassen starke Zweifel an der Bildung aus freier Hand entstehen. Dazu kommt, daß die Töpferscheibe ein sehr altes Hülfsmittel zur

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Verfertigung von Gefäßen ist. Schon im Homer 1 ) ist die Töpferscheibe bekannt, und die Cultur der alten Griechen und Germanen war zu einer gewissen Zeit, wo die Bronze allein herrschend war (Bronzezeitalter) 2 ) nach allen Aufgrabungen so übereinstimmend, daß sich die Germanen vor den Griechen nicht zu schämen brauchen, indem beide eine völlig identische Cultur besitzen. Beide schöpften ihre Bildung gewiß vielmehr aus einer und derselben Quelle, welche im epischen Zeitalter lange Zeit reichlich floß, bis die Ausbildung der Baukunst der Cultur der Griechen eine andere Richtung gab. Die Unbekanntschaft der Wenden mit der Töpferei im heutigen Sinne des Gewerbes scheint auf den ersten Blick ebenfalls unglaublich, da ihre Berührung mit den germanischen Völkern des Mittelalters ihnen wohl ein wichtiges gewerbliches Hülfsmittel zugeführt haben dürfte.

Ehe sich jedoch beide Untersuchungen, über Formung und Härtung der Urnen, zu Ende führen lassen können, steht es hauptsächlich zur Frage: wie wurden die Urnen denn wirklich gemacht? Bevor diese Frage beantwortet werden kann, muß aber jedem noch die Frage in den Sinn kommen: woher denn diejenigen, welche die Bekanntschaft der alten Völker Deutschlands mit der Töpferscheibe leugnen, ihre Gründe genommen haben? - Diese letztere Frage läßt sich durch nichts beantworten. Es giebt keine andern Gründe dafür, als daß die Verfechter der bisherigen Meinung sagen: "der Augenschein lehre es, - es sei klar, - es lasse sich nicht bezweifeln etc. ., daß die Urnen aus freier Hand geformt und nicht gebrannt seien"; - oder man sagt auch schlechthin: "es sei eine aus freier Hand geformte und nicht gebrannte Urne gefunden", etc. . Mit solchen zuversichtlichen Angaben, welche nur aus dem


1) Homeri Illias XVIII, 599:

Homeri Illias XVIII, 599

Kreisend hüpfdten sie bald mit schön gemessenen Tritten
Leicht herum, so wie oft die befestigte Scheibe der Töpfer
Sitzend mit prüfenden Händen herumdreht, ob sie auch laufe.

Vergl. K. O. Müller Archäologie der Kunst, §. 62.
2) Dies ist das eherne Zeitalter, das Hesiod in
 (ein ehernes Geschlecht) nennt und so treffend schildert:

Hesiod v. 127

Damals formte man Erz; noch gab's kein dunkeles Eisen.

Und von seiner Zeit sagt er v. 159:

Hesiod v. 159

Jetzt nun lebt ein eisern Geschlecht. -

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ersten flüchtigen Anblick weniger Gefäße gezogen sein können, ist es aber nicht allein gethan. Daß eine Urne hin und wieder einige unbedeutende Erhöhungen und Vertiefungen auf ihrer Außenseite hat, berechtigt noch nicht zu der Annahme, sie sei aus freier Hand gebildet und nur gedörrt.

Es steht daher nun hauptsächlich zur Frage: Wie bildeten die Alten Deutschlands ihre Gefäße?

Ein flüchtiger Anblick des Aeußern einer Urne allein führt zu gar keiner bestimmten Ansicht von der Verfertigung des ganzen Gefäßes. - Alle heimischen Urnen sind ohne Unterschied der Zeit aus einem Gemenge von Thon und zerstampftem Granit, oder dem Ansehen nach aus Thon, Glimmerblättchen und zerstampftem Feldspath und Kies verfertigt, aus einem Teige, der nach Zeit oder Umständen mehr oder weniger grobkörnig ist. Die grobkörnigsten Urnen werden in den ältesten Gräbern beobachtet, wenn auch in jeder Art von Gräbern feinkörnige Urnen gefunden werden. In Hünengräbern sind oft so grobkörnige Urnen gefunden, daß sie fast ganz aus grob zerstampftem Feldspath zu bestehen scheinen. Im Fortschritte der Zeit wird das Gemenge immer feinkörniger; an die Stelle des zerstampften Granits tritt nach und nach öfter mehr gleichkörniger Kiessand; so viel ist sicher, daß man in den Wendenkirchhöfen nicht mehr so grobkörnige Urnen findet, wie in den Hünengräbern.

Betrachtet man nun eine unverletzte Urne in ihrer äußern und inneren Oberfläche, so ist ihr freilich die Art ihrer Verfertigung nicht anzusehen: alles an der Oberfläche ist geglättet und mitunter etwas leise hügelig; auch der Boden ist glatt und es fehlen demselben beständig die Streifen, welche das Abschneiden von der Töpferscheibe verrathen und häufig als die sichern Kennzeichen der Anwendung derselben betrachtet werden; der Granitgrus tritt an den Außenwänden der Urnen fast ganz in den Hintergrund. Ganz anders gestaltet sich aber die Sache, wenn man eine hinreichende Menge von Urnenscherben aller Art vor sich hat. An diesen macht man dann die auffallende Entdeckung, daß die gröbere, mit Steingrus vermengte Masse den Kern der Urnenscherbe, den inneren Haupttheil der Wand bildet und dieser Kern nach der Außenfläche und Binnenfläche hin allmählig feiner wird, bis die äußersten Flächen ganz in reinen Thon übergehen; nur einzelne Sandkörner, Feldspathstückchen und Glimmerfünkchen haben sich noch durch die Oberfläche durchgedrängt. Diese Art der Verfertigung muß gar Wunder nehmen. Wie, wird man fragen, haben die Leute es

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möglich gemacht, den innern Theil der Scherbe regelmäßig ganz grobkörnig zu bilden und ihn nach den Außenflächen hin allmählig in eine feine, unvermischte Thonmasse übergehen zu lassen? - Einige neuere Entdeckungen werden diese Erscheinung völlig aufzuklären im Stande sein. In der großherzogl.=meklenburgischen Sammlung und in der Sammlung des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde, beide zu Schwerin, befinden sich nämlich ganze Urnen und Scherben von Urnen, welche noch nicht vollendet sind, und diese zeigen völlig klar das bei der Anfertigung der Urnen beobachtete Verfahren, das sich nur durch Ansicht dieser Urnen oder durch Annahme der folgenden Beschreibung beweisen läßt. Man bildete nämlich zuerst die Urne aus der mit zerstampftem Granit vermengten Thonmasse. War diese Masse sehr grobkörnig, so wurden die Außenflächen sehr rauh; war die Masse, wie die der Urnen in den Wendenkirchhöfen, feiner, so waren die Wände für das weitere Verfahren nicht rauh genug und man machte sie durch vertiefte Einkratzungen oder auch durch viele und schmale Abschabungen rauh, damit eine feinere Masse auf diesen rauhen Flächen haften konnte. Auf diesen rauhen Kern der Urne trug man dann eine feinere Thonmasse, bis die Urne im Innern und Aeußern glatt und wieder rund war, und zwar so, daß man zuerst die innere Fläche ganz und den äußern Theil des Halses oder Randes überzog und dann, nachdem der Rand trocken war, die Urne umstülpte und die Außenwand und den Boden überzog. Dann wurden die Verzierungen eingegraben, eingeschnitten oder eingedrückt. Mit diesem Ueberziehen der Urnen verschwindet denn freilich jedes äußere Merkmal von der Art der Verfertigung der Gefäße.

Nur wenige Gefäße zeigen unten auf dem Boden einen runden Eindruck, welcher sicher dadurch entstanden ist, daß man das Gefäß bei der Ueberziehung mit reinem Thon auf dem Daumen herumgedreht hat wenn man dieselbe von Außen begann.

Diese Art der Verfertigung der heidnischen Gefäße ist zu allen Zeiten ohne Ausnahme dieselbe; und sie allein kann Aufklärung darüber geben, ob die Töpferscheibe angewandt worden sei oder nicht. Auf den ersten Blick ergiebt sich nun ohne Zweifel, daß die heidnischen Völker des nördlichen Europas zu keiner Zeit die Anwendung der Töpferscheibe gekannt haben. Es ist unmöglich, daß ein Gefäß von einer durchgehends stark mit Granitgrus gemengten Masse auf der Töpferscheibe habe gedreht werden können, da die Töpferscheibe eine durchaus feine und gleichförmige Masse fordert. Alle einzelnen Sandkörner oder Feldspathstücke, deren sich Tau=

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sende in einer Urne finden, würden tiefe parallele Furchen gebildet, die Wände zerrissen, ja die Formung derselben unmöglich gemacht haben. Es ist daher ohne Zweifel, daß alle heidnischen Urnen aus freier Hand gebildet sind. Der Anblick einer noch nicht mit feinem Thon überzogenen Urne zeigt dies unwidersprechlich; man sieht klar die einzelnen Theile der Oberfläche in rundlichen Flächen gebildet, so daß es klar ist, die ganzen Gefäße seien durch kreisförmige Bewegung der Hand, durch Drücken und Wischen gebildet. Zwar erscheint eine solche Fertigkeit wunderbar, und es giebt in den Sammlungen zu Schwerin Gefäße von den größten Dimensionen, welche in der Regelmäßigkeit der Form den besten Töpfer= und Porzellanarbeiten unserer Tage nicht nachstehen. Aber die Sache hat sich einmal nicht anders machen lassen und man muß den Alten diese große Fertigkeit und Sicherheit zugestehen, so dünne und regelmäßig auch viele Gefäße gebildet sind.

Diese Bildung des Teiges, aus welcher die Gefäße geformt sind, führt uns denn wieder auf die Art der Härtung derselben zurück. Die Mengung der Masse mit Granitgrus geschah wahrscheinlich, um die Form der Gefäße beim Brennen zu bewahren; denn es geschieht bei nicht gehöriger Regulirung des Brennfeuers häufig, daß die Form der thönernen Gefäße nicht stehen bleibt, sondern sich wirft, ja ganz vernichtet wird. Die Vermischung des Thons mit Granit war also zur Erhaltung der Form der Gefäße notwendig.

Ueberdieß lehrt auch der bloße Anblick, daß die alten Gefäße durch Feuer gehärtet sind.

Die kleinen, becherförmigen Gefäße der Hünengräber, welche in der Regel von reinerer und feinerer Thonmasse sind, und die größern urnenförmigen Gefäße, welche in der Regel aus einer mehr grobkörnigen Masse bestehen, sind fast in der Regel röthlich oder rothgelb gebrannt. Thon wird aber bekanntlich nur durch Brennen roth; die genannten Urnen oder die Scherben derselben sind nun oft ganz den gebrannten, feinern Ziegeln an Farbe gleich. Die größern topfförmigen Urnen in den Hünengräbern und die kleinern Henkelgefäße in den Kegelgräbern sind in der Regel schwärzlich oder schwarzbraun; dieselbe Farbe haben hin und wieder, neben seltenen, ziegelroth gebrannten Urnen, auch Urnen in den Wendenkirchhöfen. Alle diese schwärzlichen Urnen tragen nun vollends die unverkennbaren Zeichen des Brandes; sie sind nämlich wolkig oder geflammt gefärbt, indem neben hellere Flächen sich

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schwarze, wolkige Stellen legen, welche nur durch das russige Anschlagen der Flammen entstanden sein können. Die schwarze Färbung der wendischen Urnen ward ohne Zweifel wohl deshalb gewählt, um diese Unregelmäßigkeit der unvollkommenen Brennung zu verdecken.

So unzweifelhaft nun die Härtung der Urnen durch Feuer ist, so wenig darf man wohl den Gebrauch eines künstlichen, ganz verschlossenen, feuerfesten Ofens annehmen. Gebrannt sind die Urnen ohne Zweifel, aber nicht gar gebrannt, nicht ganz fest. Dieser Mangel, die Unregelmäßigkeit der durch die Brennung entstandenen natürlichen Farben der Urnen, die russigen Wolken der Färbung scheinen vielmehr darauf hinzudeuten, ja es gewiß zu machen, daß man die Urnen in einer hellen Gluth härtete, welche mehr frei brannte und vielleicht nur an den Seiten durch Stein= und Rasenschichtungen zusammengehalten ward.

Der Brennofen ist überhaupt und unzweifelhaft in den nordöstlichen Ländern Deutschlands nur eine Folge christlicher Cultur; erst mit der Einführung des Christenthums erscheinen in diesen Ländern gebrannte Ziegel und gar gebrannte Töpfergefäße. Selbst die fürstlichen Burgen waren nur aus Holz und rohem Lehm gebauet.

Es ist daher ohne Zweifel, daß alle heidnischen Gefäße

1) aus freier Hand geformt,

2) an offenem Feuer gehärtet sind.

Den besten Vergleichungspunct geben die bekannten schwarzen jütischen Töpfe, welche durch ganz Dänemark und Norddeutschland ausgeführt werden. Nach sorgfältigen Nachforschungen bei mehrern in Jütland geborenen und erzogenen Töpfern werden diese Töpfe nicht von Töpfern, sondern in ganz Jütland in den armem Gegenden von allen Bauerfamilien, von Personen männlichen und weiblichen Geschlechts, gemacht, und zwar ohne Ausnahme aus freier Hand, durch Drücken, Schmieren und Wischen mit kleinen Ballen und Steinen, und an einem offenen Feuer von Torf, wie Kohlen in einem Meiler, halb gar gebrannt, wodurch sie die schwarze Farbe erhalten 1 ). Der Herr Professor Ehrenberg zu Berlin teilte mir mit, daß er gesehen habe, wie die Nubier neben ihren Hütten Töpfe, höher als die Hütten, zur Aufbewahrung des Getreides aus freier Hand formten. Diese Art der Gefäßbereitung giebt den


1) In den Berichten der königl.=schlesw.=holst.=lauenb. Gesellsch., VIII, 1843, S. 18-19 ist eine ähnliche Mittheilung gemacht.
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besten Beweis für die Möglichkeit der Verfertigung der alten Urnen aus freier Hand, obgleich der Kunstsinn und die Fertigkeit der Alten auf einer unendlich viel höhern Stufe stand, als jetzt selbst bei unsern geschicktern Töpfern.

Hat man die Art der Verfertigung der Graburnen erkannt, so ist es demnächst eine verzeihliche Frage, ob man nicht Kennzeichen habe, aus denen man bestimmen könne, welcher der verschiedenen Perioden die Urnen angehören, auch wenn man nichts von den Umgebungen weiß, unter denen sie gefunden sind. Die Art der Verfertigung giebt, wie dargelegt ist, kein Kennzeichen ab; auch die eingesprengten Glimmerfünkchen verstatten keinen Schluß auf ein Volk, dem solche Urnen angehören könnten, da sie sich an allen Urnen finden. Man muß daher nach andern Kennzeichen suchen. Das trüglichste Kennzeichen ist die Masse, aus der die Urnen bestehen; dennoch kann ein durch Uebung geschärftes Auge es in Anwendung bringen. Im Allgemeinen wird nämlich die Masse im Fortschritte der Zeit feinkörniger. Es ist damit nicht der Schluß gestattet, als gehörten alle Urnen aus feinkörniger Masse einer jüngern Zeit an, da man auch in Hünengräbern feinkörnige Urnen findet; aber so viel ist gewiß, daß sich Urnen mit sehr grobem Feldspathgemenge in der Regel nur in Hünengräbern, Urnen, mit starkem Kiessande und feinen Quarzkörnern versetzt, in der Regel in Kegelgräbern, Urnen von mehr gleichmäßiger Masse vorherrschend in Wendenkirchhöfen finden. Jedoch läßt sich dergleichen nur nach Proben beurtheilen und schwer beschreiben. - Ein mehr sicheres Kennzeichen geben die Formen der Urnen. In den Hünengräbern der Steinperiode kommen kannen=, birnen= und kugelförmige Urnen, oft mit ganz kleinen Henkeln versehen, häufig vor; ganz eigentümlich sind ihnen die kleinen becherförmigen Gefäße mit fast senkrechten Wänden, - Formen, die ganz charakteristisch sind und späterhin nicht wieder vorkommen, wenn auch zuweilen in ähnlichem, größern Maaßstabe. Im allgemeinen sind die Gefäße der Hünengräber immer nur klein. -In den germanischen Kegelgräbern ist die Mannigfaltigkeit der Urnen sehr groß. Vorherrschend sind jedoch zweierlei Arten von Urnen: diejenigen, welche man vasen= oder urnenförmige nennen kann, von allen Größen, oft von bedeutender Höhe, mit geringen Ausbauchungen, ähnlich den Krateren der Griechen und Römer, und die feinen Henkelgefäße von allen Größen, mit stark eingezogenem, hohen Halse und großen Henkeln im Verhältniß zur Urne; man findet die letztere Form auch aus ge=

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schlagener Bronze. Einige Formen, wie die eines Bienenkorbes, mit einer kuppelförmigen Wölbung statt der Oeffnung und mit einer Thüröffnung in der Seitenwand, - ferner wie die einer antiken Schale mit Seitenhenkeln, ähnlich einer Amphore, u. a. sind dieser Art von Gräbern ganz eigenthümlich.

Die Urnen in den Wendenkirchhöfen sind regelmäßig fast von derselben Gestalt und sind auf den ersten Blick an der Form zu erkennen; man kann sie schüsselförmig nennen; der Reichthum der Formen weicht in dieser Zeit einem allgemeinen Typus, der über ganze Länder verbreitet ist. Sie sind im Verhältnisse zur Oeffnung in der Regel nur niedrig; sie sind nach oben hin stark ausgebaucht und sehr weit geöffnet und laufen nach dem Boden von sehr geringem Durchmesser sehr spitz zu, so daß sie oft bei der geringsten Berührung umfallen. Große Henkel fehlen ihnen ganz; dagegen zeichnen sie sich durch angesetzte kleine, durchbohrte Knötchen oder Knöpfchen aus, welche wahrscheinlich dazu dienten, mehrere zusammengehörende Urnen zusammenzubinden, da eine Urne zum Bergen aller Gebeine des verbrannten Leichnams zu klein war. Vielleicht waren diese Knötchen auch nur Styl, da die Gefäße zum häuslichen Gebrauche auch ähnliche Knöpfe hatten, zum durchziehen einer Schnur (eines Seils), um sie an dieser zu tragen (Seiltopf, plattd. sêlpott).

Die verschiedenen Urnen lassen sich folgendermaßen beschreiben. Die Urnen der Hünengräber sind klein und in den Formen mannigfaltig, becher=, birnen= und kugelförmig; der Bauchrand liegt tief. Die Urnen der Kegelgräber sind groß und haben mehr senkrechte Formen, welche sich den sogenannten antiken Formen nähern; der Bauchrand liegt mehr in der Mitte. Die Urnen der Wendengräber sind schüsselförmig, weit geöffnet und unten spitz; der Bauchrand liegt hoch oben.

Das sicherste Kennzeichen des Alters der Urnen liegt jedoch ohne Zweifel in den Verzierungen derselben, welche zugleich bedeutende Beiträge zur Kenntniß der Geschmacksbildung desjenigen Volkes geben, von dem sie herstammen. Es ist freilich schwer, ohne bildliche Darstellungen Zeichnungen charakteristisch zu beschreiben; jedoch läßt sich Manches andeuten, was überall leicht wieder zu erkennen ist. - Die Verzierungen der Urnen in den Hünengräbern sind sehr charakteristisch; sind sie auch tief eingegraben und steif in den Linien, so zeigen sie doch eine sehr selbstständige, nicht unedle Geschmacksbildung. Die Verzierungen bestehen stets in kurzen Linien, welche gewöhnlich in sehr großer Menge, zu=

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weilen auf die ganze Außenseite des Gefäßes, mit einem ziemlich groben Griffel tief in das Gefäß eingedrückt sind. Häufig sind Verzierungen aus perpendiculairen Linien, welche gruppenweise parallel neben einander stehen. Andere häufig vorkommende Verzierungen sind im Allgemeinen schuppenförmig, oft mit nach unten gekehrten Spitzen, wie kleine, gemaschte Franzen; oft bestehen sie nur aus Gruppirungen von kurzen senkrechten Linien. - Die Verzierungen der Urnen in den Kegelgräbern sind viel mannigfaltiger und freier und größer, erscheinen jedoch viel seltener, als auf allen andern Arten von Urnen; gewöhnlich bestehen sie in den mannigfaltigsten Gruppirungen aus flach eingeschnittenen, concentrischen Halbkreisen, welche auf Linien stehen, die rings um den Bauch der Urne laufen, oder aus mehrern concentrischen Kreisen, welche über dem Bauche der Gefäße eingeschnitten sind; alle Verzierungen an dieser Art von Urnen sind leichter und großartiger gehalten. Gewöhnlich finden sie sich nur an den Henkelgefäßen und weiten antiken Schalen, seltener an den hohen, urnenförmigen Gefäßen, die in der Regel roh und grob gearbeitet sind. - Die Verzierungen der Urnen in den Wendenkirchhöfen sind nie zu verkennen: sie sind wie mit einem kleinen, laufenden, gezahnten Rade, welches kleine, dicht stehende, vierseitige Puncte bildet, eingedrückt; diese Eindrücke laufen in parallelen, graden und in rechten Winkeln gebrochenen Linien, dem Mäander ähnlich, um die hoch liegende, weite Bauchung der Urne; nach dem Boden hin bilden sie allerlei gradlinige Figuren in verschiedenen Winkeln. Die Anwendung des Kammrades machte eine freie Behandlung der Verzierungen unmöglich oder doch sehr schwierig; daher ist eine immer wiederkehrende Grundform in der Verzierung leicht erklärlich. Die Ueberziehung der wendischen Urnen mit einer dunkelschwarz erscheinenden Masse, vielleicht nur schwarz gefärbtem Thon, ist den wendischen Urnen eigenthümlich.


Es bleibt nur noch übrig, die Bestimmung der in den heidnischen Gräbern niedergesetzten Gefäße zu erforschen. Die Zeit ist nicht ferne, wo man alle vorchristlichen Gefäße für Opfergefäße ausgab, wie alle alten Geräthe für Opfergeräthe. In Meklenburg ist nie ein Fall vorgekommen, daß man hätte versucht sein können, irgend ein Gefäß als zum gottesdienstlichen Gebrauche bestimmt anzusehen; vielmehr gehören alle hier gefundenen Gefäße dem Todten=

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Cultus an. Es scheint, als wenn die Leichen der ältesten Hünenzeit in Meklenburg regelmäßig unverbrannt beigesetzt wurden; aber so viel ist gewiß, daß in Meklenburg schon in den Hünengräbern häufig Leichenbrand vorkommt, der in der Bronzezeit der Kegelgräber herrschend und allgemein wird, indem aus dieser nur sehr wenig Beispiele von Beisetzung der unverbrannten Leiche vorkommen; in den Wendenkirchhöfen ist nur Leichenbrand erkennbar, von Beisetzung der Leichen ist keine Spur, als etwa in den letzten Zeiten des Heidenthums an den Rändern der großen Begräbnißplätze (Wendenkirchhöfe). Es werden nun auch in den Hünengräbern, welche unverbrannte Leichen enthalten, Gefäße gefunden; diese waren wohl ohne Zweifel die Trink= und anderen Gefäße des Bestatteten und wurden ihm, wie seine steinernen Waffen und sonstigen Geräthschaften, nach uraltem Gebrauche mit ins Grab gegeben. Alle Gefäße aus den Brandhügeln und großen Begräbnißstellen waren aber dazu bestimmt, die Ueberreste des verbrannten Leichnams aufzunehmen. Die Gefäße der Kegelgräber scheiden sich dabei in zwei Gattungen, welche ziemlich klar zu beobachten sind: in Beinurnen (ossuaria) und Aschenurnen (cineraria). Die größern, gröbern, urnenförmigen Gefäße dienten, wenn mehren Gefäße in einem Grabe gefunden werden, zur Aufbewahrung der Gebeine (ossuaria) des verbrannten Leichnams; in die kleinern, feinern, gehenkelten Gefäße ward die Asche der Leiche (cineraria) gesammelt; auch die ganz kleinen, zierlichen Gefäße und Näpfe, welche den Kegelgräbern eigenthümlich sind, sind häufig mit Asche gefüllt und scheinen dazu bestimmt gewesen zu sein, die Asche von einzelnen Theilen der Leiche aufzunehmen, wie z. B. von der Stelle, wo das Herz der verbrannten Leiche auf der Brandstätte gelegen hatte. Auch die großen, niedrigen Schalen der Kegelgräber dienten nicht zum gottesdienstlichen Gebrauche; sie wurden dazu gebraucht, sie umgekehrt auf die Urnen zu stülpen und diese damit zu bedecken, wenn die Urnen keine eigenen Deckel hatten oder nicht mit Steinen zugedeckt wurden. Auch dienten die Schalen zu Untersatzschalen der Urnen. In den Wendenkirchhöfen ist freilich kein äußerer Unterschied zwischen Beinurnen und Aschenurnen bemerkbar. Jedoch ist es sicher, daß, wo, wie es häufig der Fall ist, die Urnen paarweise oder nesterweise beisammenstehen, die eine Knochen, die andere Asche enthält.

Sind nun die verschiedenen Perioden der Völker, denen die vorchristlichen Gräber in Meklenburg angehören, im Allge=

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meinen erkannt, - sind selbst hiernach, wenigstens für Meklenburg, Holstein, die brandenburgischen Marken und Pommern, untrügliche Kennzeichen für die Urnen der verschiedenen Perioden gewonnen: so ist es nicht zu gewagt, jetzt schon versuchsweise einen Schritt weiter zu gehen und die Uebergangsperioden zwischen den verschiedenen Hauptepochen aufzusuchen. Hiebei muß aber wiederum bevorwortet werden, daß die Aufhäufung von Alterthümern in Museen ohne zuverlässige Aufgrabungsberichte zur unmittelbaren, reinen Erkennung der ethnographischen Fragen nichts hilft, und daß diese Aufhäufung von alterthümlichen Schätzen erst dann für den höchsten Zweck einige Ausbeute gewähren kann, wenn die ethnographischen Fragen gelöset sind und die Beantwortung derselben nur noch der Vervollständigung und Anwendung bedarf 1 ).

Die älteste Classe der Gräber, die der Hünengräber, besteht entweder aus viereckigen Steinbauten (Steinkammern) ohne Erdhügel, oder aus sehr langen, nicht hohen, mit großen Granitpfeilern umstellten Hügeln (Riesenbetten), in welchen sehr häufig an einem Ende eine Grabkammer steht, die mit großen Granitplatten bedeckt ist. Diese Classe von Gräbern unterscheidet sich vor allen andern ohne Zweifel durch gänzlichen Mangel an Metall: alle Geräthe sind aus Stein, vorherrschend aus Feuerstein, Hornblende und Grünstein; der Schmuck ist aus Bernstein gearbeitet. Dennoch soll Eisen in den Gräbern dieser Classe gefunden sein. Diese Wahrnehmung ward zuerst in Meklenburg gemacht (vgl. Friderico-Francisceum, Erläuterung S. 74 u. 76 flgd.). Diese Erscheinung war im Gegensatze zu andern Beobachtungen allerdings höchst auffallend und konnte nicht aufgeklärt werden. In den neuesten Zeiten ist Danneil (vgl. Erster Jahresbericht des altmärkischen Vereins, 1838, S. 44) so glücklich gewesen, diese Erscheinung aufklären zu können. Auch in der Altmark ward in Urnen Eisen in Hünengräbern gefunden, jedoch keineswegs, wie in der Regel in aufgeschütteten Hügeln die Alterthümer geborgen


1) Zur unabweislichen Sicherheit wird diese Bemerkung z. B. durch die Aufstellung der im Museum der vaterländischen Alterthümer zu Schwerin in demselben Locale vereinigten Sammlungen: der großherzoglichen, von Ludwigslust hierher versetzten, und der dem Verein für meklenb. Geschichte angehörenden Sammlung. Diese letztere ist nach dem Bau der Gräber aufgestellt; der gesammte Inhalt eines jeden Grabes ist zusammengehalten und die einzelnen Gräber sind wiederum nach historischen Epochen zusammengruppirt. Der flüchtigste Ueberblick überzeugt selbst den Laien von der Existenz des oben angegebenen Unterschiedes nach drei Culturepochen. Die großherzogliche Sammlung ist nach den Arten und Unterarten der einzelnen Gegenstände geordnet und giebt über die einzelnen Gattungen, ja selbst über ganze Perioden das hellste Licht, - sobald diese Perioden erkannt sind.
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sind, in der Tiefe der Hügel auf dem Urboden, sondern dicht unter der Rasendecke und an den Seiten der Grabhügel; die Urnen, in denen diese eisernen Altertümer aufbewahrt sind, sind die Urnen mit den unverkennbaren Kennzeichen, welche sich in den jüngsten Wendenkirchhöfen finden. Nach Gewinnung dieses Resultats erhalten denn auch die in den meklenburgischen Hünengräbern gefundenen eisernen Alterthümer Aufklärung, indem sie denen gleichen, welche unter ganz andern Umständen in den Wendenkirchhöfen gefunden werden. - Wir haben es in solchen Fällen also mit einer zweiten, jüngern Bestattung zu thun, indem Slaven ihre Todten in den "Gräbern der Vorzeit" ("sepulchris antiquorum", wie die Slaven die Hünengräber selbst nennen: vgl. Lisch Mekl. Urkunden. Bd. I an mehrern Stellen und Frid. Franc. S. 10 flgd.) beisetzten, wie noch heute die kirgisischen Völkerschaften am Altai ihre Begräbnisse an die uralten, heiligen Tschudengräber lehnen, welche den Kegelgräbern in den Ostseeländern in jeder Hinsicht gleich sind (vgl. Ritters Erdkunde von Asien, zweite Ausgabe, I, S. 761, 764 flgd., 778, u. a. a. O.). In Meklenburg sind in den letzten Jahren solche jüngere Bestattungen in uralten Gräbern, zuweilen aus mehreren Perioden über einander, öfter beobachtet. In einigen Fällen ist es aber auch zur unbezweifelten Gewißheit geworden, daß alte Hünengräber schon früher durchwühlt sind und die in ihnen gefundenen eisernen Geräthe aus den allerneuesten Zeiten stammten, indem sie bei der Durchwühlung verloren oder abgebrochen waren.

Ganz außer dem Bereiche der Forschung über den Inhalt der Hünengräber liegen gewöhnlich die Münzen, welche in norddeutschen Hünen= und Kegelgräbern gefunden sein sollen. Gewöhnlich sind es altdeutsche Dickpfennige aus der ottonischen Kaiserzeit oder noch ältere deutsche Münzen, welche unter dem Namen der wendischen Pfennige bekannt sind; in Meklenburg sollen dergleichen in einem Kegelgrabe gefunden sein, welches nach dem übrigen Inhalte sicher der Blüthe der germanischen Bronzezeit angehört (vgl. Evers Betrachtung über eine in Rostock geprägte alte Münze, 1785), und auch aus der Mark wird über einen ähnlichen Fund berichtet (vgl. v. Ledebur: Das königl. Museum Vaterländ. Alterth. zu Berlin, 1838, S. 86). Aber über solche Funde ist so wenig Zuverlässiges und Genaues aufgezeichnet, daß sich aus denselben gar nichts anders schließen läßt, als daß die Münzen, wie häufig, zur größern Sicherheit hinter großen Steinen und im heiligen Grabesring verborgen werden. Zu solchen jüngern Eingrabungen gehören denn auch jene kugeligen, langhalsigen und gehenkelten, hell klingend ge=

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brannten Töpfe aus blaugrauem Thon, welche ohne Zweifel dem frühern Mittelalter, vom 12. bis 15. Jahrhundert, angehören und in denen öfter Münzen vergraben wurden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß man solche Töpfe mit Münzen und andern Kostbarkeiten auch an und neben Grabhügeln eingrub. Wenn sich auch nicht leugnen läßt, daß in der letzten Zeit des Slaventhums in Slavenländern, aber auch nur in diesen, solche Töpfe zu Graburnen benutzt sein mögen, so gehören doch solche Fälle gewiß zu den höchst seltenen und bedürfen zur Beglaubigung der genauesten Nachrichten und Zeichnungen.

Dennoch lassen sich von der Zeit des Ueberganges von den Hünengräbern zu den germanischen Kegelgräbern Beispiele nachweisen. In den meisten Hünengräbern des gesammten Nordens sind die Leichen beigesetzt; Leichenbrand ist selten. Diese Gräber in der Gestalt der Steinkisten und langgestreckten Betten werden vorzüglich durch Geräthe aus Stein bezeichnet. Hin und wieder finden sich jedoch Hünengräber mit Leichenbrand; diese werden schon einer etwas Jüngern Zeit angehören. Diese Riesenbetten mit Brandstätten verlieren denn auch an ihrer alten Form, indem sich das Oblongum des Steinringes oft mehr dem Kreise nähert. Und in solchen Hünengräbern werden denn auch die ersten Spuren von Metall, und zwar von rothem, unvermischten Kupfer gefunden (vgl. Erster Jahresbericht des altmärk. Vereins S. 43 und Jahrb. des Ver. f. meklenb. Gesch. etc. . IX, S. 326 flgd.).

Diese Uebergänge lassen sich auch in den germanischen Kegelgräbern verfolgen, denen die Belastung mit Steinen ganz fehlt und welche, gleich den alten südeuropäischen und nordasiatischen Gräbern (vgl. Ritters Erdkunde a. a. O. S. 649-733, 761, 901, 1103, 1134 etc. .), in Kegelform aufgeschüttet sind. Die Geräthe, welche in diesen Gräbern gefunden werden, sind durchaus nur aus Bronze, d. h. mit Zinn oder Blei legirtem Kupfer, die Schmucksachen aus reinem Golde; Silber und Eisen fehlen, Stein dürfte höchstens nur in Streitäxten vorkommen, deren Form sich bis auf die neuern Zeiten erhalten hat. Diese Periode der germanischen Kegelgräber charakterisirt sich durch den Leichenbrand; jedoch kommen, wiewohl höchst selten, einzelne Leichenbestattungen vor, wie z. B. in einem Familienbegräbnisse die zuerst und am tiefsten bestattete Leiche ohne Verbrennung beigesetzt war, die später und höher bestatteten Leichen verbrannt und in Urnen beigesetzt wurden (vgl. Frid. Franc. Erl. S. 43 flgd.). Solche Grabhügel stammen aus der Zeit des Ueberganges von der unbekannten

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Hünenzeit zum ehernen Zeitalter. - Die Zeit der germanischen Kegelgräber bleibt sich in zahlen Beispielen immer gleich. So wie sich aber die Form der Begräbnisse verändert, wird auch der Inhalt ein anderer. Merkwürdig sind in dieser Hinsicht die nächsten Umgebungen von Ludwigslust. Hier finden sich, vorzüglich an Stellen, welche eine natürliche Erhebung haben, überall in einiger Tiefe Urnen. Alle diese Urnen sind in den natürlichen Erdboden eingegraben; nirgends ist ein Hügel aufgeschüttet: dies ist die vorzüglichste Abweichung dieser Begräbnisse von den aufgeschütteten Kegelgräbern, eine Abweichung, welche dieselben schon mit den jüngsten slavischen Begräbnißstätten gemein haben. Die Urnen haben eine andere Gestalt: sie sind viel niedriger und weiter, als die Urnen der Kegelgräber, laufen nach unten spitz zu und haben viel Kubikinhalt. Sie gleichen der Masse und den senkrechten Wänden nach den Urnen der Kegelgräber, entfernen sich aber von den Urnen der Wendenkirchhöfe noch durch den Mangel an eingedrückten Verzierungen, an färbendem Ueberzug und an Abrundung der Form. Das Metall in dieser Art von Urnen ist vorherrschend noch Bronze und es finden sich, wenn auch Waffen gar nicht beobachtet sind, doch noch hin und wieder Schmucksachen von Bronze, welche denen aus der besten Zeit der Kegelgräber nichts nachgeben und die Bronzeperiode noch durch das Vorkommen der Spiralplatten in Fingerringen charakterisiren. In manchen Urnen ist der Mangel an Bronze auffallend: unter einer Menge von Handringen war kein einziger ganz; alle waren zerbrochen und die zusammenpassenden Bruchenden waren durchbohrt, um die Enden zusammenzuhalten: eine Erscheinung, welche sonst ihres gleichen nicht findet (vgl. Jahresbericht des Vereins für mekl. Gesch. II, S. 45). Aber nicht allein der Mangel an Bronze, auch die Composition der Bronze ist auffallend: sie hat nicht mehr jene dunklere, glühende, edle Farbe; sie ist fast weiß und ähnelt dem Zinn (vgl. Jahresber. II, S. 47, Frid. Franc. Erl. S. 138; Jahrb. IX, S. 342 flgd.); der Rost ist nur leicht und mehlartig: kurz alles von dieser matten Bronze hat ein sehr unedles Ansehen. Dazu kommt noch das Erscheinen von Eisen; in neuern Zeiten wurden in diesen weiten Urnen bei Ludwigslust eiserne Geräthschaften neben denen aus matter Bronze gefunden, namentlich eine knieförmig gebogene Nadel aus Eisen, wie dergleichen sonst nur in vollkommen ausgebildeten Kegelgräbern gefunden werden (vgl. Jahresber. des Ver. für mekl. Gesch. II, S. 45). - Diese Wahrnehmung ward durch die Oeffnung eines Grabes bei Borkow (vgl. Jahresbericht etc. . II, S. 43)

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kräftig unterstützt. Unter einer Steinanhäufung, einem Kegelgrabe ähnlich, fand sich eine weite Urne, den großen Urnen der Kegelgräber sehr ähnlich. In derselben fanden sich Bruchstücke von einem Handringe aus jener matten, weißlichen Bronze mit dem mehlartigen Anfluge von Oxyd, ganz wie die zerbrochenen Handrine von Ludwigslust; dabei lag ein Bruchstück von einem Messer aus Eisen. So täuschend ähnlich das borkower Grab dem Inhalte nach den ludwigsluster Begräbnissen ist, so war jenes doch durch die Aufwerfung eines Hügels noch der germanischen Zeit näher gerückt. - Die flach eingegrabenen, weiten und niedrigen Urnen mit Geräthen aus weißlicher Bronze zusammen mit Geräthen aus Eisen werden also aus der Zeit des Ueberganges von dem Germanenthum zum Slaventhum stammen.

Die Wendenkirchhöfe zeichnen sich, außer daß ihre Urnen charakteristisch sind, durch Leichenbrand, Vergrabung der Urnen in den Urboden, durch Mangel an Gold, durch Zurückdrängung der Bronze und durch Vorherrschen von Eisen, Silber und Glas aus.

Westlich von der lüneburger Haide wird kein Eisen mehr in heidnischen Grabstätten gefunden (vgl. Wildeshausen in alterthümlicher Hinsicht 1837, S. 36); die alte Bronzecultur hört hier plötzlich mit der Verbreitung des Christenthums auf.


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Die Graburnen der Hünengräber.

Es ist Absicht des Ausschusses des Vereins, nachdem jetzt hinreichend Erfahrungen gesammelt sind, nach und nach die Charakteristik der Urnen der verschiedenen Perioden zur Kenntniß und Anschauung zu bringen. Und so sollen denn hier zuerst die Urnen der Steinperiode oder der sogenannten Hünengräber vorgeführt werden.

Die Hünengräber, welche in neuern Zeiten in Meklenburg bei der Aufgrabung vorzüglich beobachtet sind und den werthvollsten Stoff zur Forschung liefern, sind:

1) das Hünengrab von Prieschendorf bei Dassow, Jahresber. II, S. 25 flgd. und IV, S. 20-21;

2) das Hünengrab von Lübow bei Wismar, Jahresber. 111, S. 36 flgd.;

3) das Hünengrab von Helm bei Wittenburg, Jahresber. V, S. 22-23;

4) die Hünengräber von Moltzow bei Malchin, Jahresber. VI, S. 134-136 und unten bei den Hünengräbern;

5) das Hünengrab von Remlin bei Gnoyen, Jahrb. IX, S. 362-365;

6) das Hünengrab von Tatschow bei Schwan, dessen Inhalt in der großherzoglichen Sammlung aufbewahrt wird, Erster Bericht über das Antiquarium zu Schwerin, 1843, S. 5, Nr. 1.

Die Urnen der Hünengräber haben eine ganz bestimmte, nicht zu verkennende Individualität, welche von dem Kenner selbst an einzelnen Scherben auf den ersten Blick erkannt wird. Diese Individualität ist in Deutschland bisher noch nicht nachgewiesen; um so mehr mögen die folgenden Darstellungen Interesse erwecken. Im Allgemeinen sind die Urnen der Hünengräber klein, mannigfaltig in Form und in Form und Verzierung eigenthümlich. Die Urnen sind, jedoch bei aller Verschiedenheit der Gestalt, in der Regel kugelförmig, birnenförmig oder becherförmig. Häufig haben die Urnen einen engen, sehr hohen Hals mit senkrechten Wänden und oft große Henkel, aber auch kleine, durchbohrte Knötchen, welche jedoch nicht so winzig sind, wie die kleinen Knötchen an den Urnen der Wendenkirchhöfe. Am bezeichnendsten sind jedoch die Verzierungen; diese sind in der Regel aus kurzen, kräftigen, graden Linien

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gebildet, welche mit einem spitzen Werkzeuge tief in die Oberfläche eingedrückt und wenn auch etwas steif, doch geschmackvoll sind und zu dem ganzen Gefäße im Einklange stehen; viele Urnen der Hünengräber haben freilich gar keine Verzierungen, in manchen Gräbern finden sich dagegen desto mehr Verzierungen an den Urnen.

Die Verzierungen der Urnen der Hünengräber lassen sich bis jetzt sicher wenigstens in mehrere Classen bringen. Die Verzierungen bestehen nämlich:

1) in Gruppen senkrechter Parallellinien, welche

Verzierung: Gruppen senkrechter Parallellinien

vom Halse bis an den Bauchrand hinablaufen, oder auch senkrechter Parallellinien, welche den ganzen Bauch bedecken; diese Verzierungen finden sich z. B. an den drei wohl erhaltenen Urnen aus dem Hünengrabe von Moltzow No. 2 (Jahresber. VI, S. 135), welche zugleich die Grundformen der Hünenurnen darstellen:

a. an einer becher= oder schalenförmigen Urne:

Verzierungen an einer becher= oder schalenförmigen Urne

eine ganz gleich geformte und verzierte Urne aus der Steinperiode ward in dem merkwürdigen Grabe von Waldhausen bei Lübeck gefunden und abgebildet in den von dem Vereine für lübeckische Geschichte herausgegebenen Beiträgen zur nordischen Alterthumskunde, Heft I, 1844, Bl. V, Fig. III.

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b. an einer Urne mit hohem, engen, senkrechten Halse und kleinen durchbohrten Knoten oder

Verzierungen an einer kugelförmigen Urne

Henkelchen; ganz dieselbe Form mit ganz denselben Verzierungen hat sich an einer andern Urne aus einem ebenfalls zu Moltzow aufgedeckten Hünengrabe Nr. 3 (vergl. unten) gefunden, jedoch hat diese einen etwas größern Henkel; sowohl hierin stimmt diese Urne fast ganz mit der in dem Hünengrabe von Helm

Verzierungen an einer kugelförmigen Urne
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gefundenen Urne herein, als auch in den Verzierungen; jedoch hat diese helmer Urne, nach vorstehender Abbildung, außer den senkrechtem Linien auch noch kleine Verzierungen von Zickzacklinien zwischen Bauch und Hals; der Bauch ist ganz kugelig;

c. an einer birnenförmigen Urne, mit hohem, jedoch

Verzierungen an einer birnenförmigen Urne

weit ausgebogenen Halse; von dieser Art von Form haben sich noch mehrere Urnen in dem Hünengrabe von Moltzow Nr. 4 (vergl. unten) gefunden, jedoch mit etwas andern, aber doch ähnlichen Verzierungen.

Diese Art von Formen und Verzierungen war also sicher von Malchin bis Lübeck und Wittenburg, also von der Peene bis an die Trave und Elbe, herrschend.

Die Verzierungen die Hünenurnen bestehen ferner:

Verzierungen: Gruppen von ganz kurzen senkrechten Strichen unter einander

2) in Gruppen von ganz kurzen senkrechten Strichen unter einander. Diese Gruppen haben wieder oft die Dreieckform, welche überhaupt oft an den Verzierungen der Hünenurnen gefunden wird. Verzierungen dieser Art wurden an einer Urne

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in dem Grabe von Prieschendorf gefunden, und ganz dieselben in dem Grabe von Lübow, also ungefähr von der Trave bis Wismar.

Eine auffallende Verzierung ähnlicher Art fand sich an einer Urne aus dem Grabe von Prieschendorf, indem die senkrechten Striche rechts einen schräge hinab gehenden Beistrich

Verzierungen: senkrechten Striche rechts einen schräge hinab gehenden Beistrich

haben, so daß man versucht sein könnte, diese Verzierung für ein runisches Rune zu halten, wenn in so fernen Zeiten überall Schriftzeichen zu vermuthen ständen.

3) Oft stehen diese kurzen Striche, einzeln oder in Gruppen unter einander, in Zickzackform neben einander. Solche Gruppen zeigt namentlich die seltene, leider nicht ganz erhaltene Urne aus dem großen Hünengrabe von Tatschow,

Urne aus dem großen Hünengrabe von Tatschow

die größte, bekannte Urne aus der Steinperiode, und eine ganz zertrümmerte Urne aus dem Hünengrabe von Lübow, in welchem sich außerdem noch eine Urne mit umherlaufenden einfachen Zickzacklinien fand.

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4) Ganz charakteristisch sind endlich die schuppenförmigen Verzierungen. Diese zeigen sich bezeichnend an zwei Urnen aus dem reichen Grabe von Prieschendorf. Auf der einen dieser Urnen bestehen die Verzierungen aus zwei Reihen

Verzierungen: Verzierungen aus zwei Reihen von Halbkreisen

von Halbkreisen, so daß die Verzierungen wie runde, sich deckende Schuppen aussehen; darunter stehen Gruppen von längern, mit kurzen Stichen gebildeten Linien. Auf der andern Urne erscheinen diese Verzierungen als Reihen zusammenhängender

Verzierungen: Reihen zusammenhängender Spitzen oder als einzelne Reihen von spitzen Schuppen

Spitzen oder als einzelne Reihen von spitzen Schuppen. Aehnliche Verzierungen in ganz kleinen Mustern, welche die Urnen fast ganz bedecken, kommen noch an einigen Urnen in der großherzoglichen Sammlung vor; leider ist der Fundort dieser Gefäße nicht bekannt.

Wie Schuppen erscheinen auch die Halsverzierungen der seltenen Urne aus dem Hünengrabe von Remlin, welche die Gestalt einer hangenden Birne und einen im Verhältnisse zu dem Bauche der Urne ungewöhnlich stark eingezogenen Hals

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Halsverzierungen

hat; um den obern Theil des Bauches laufen auch die bekannten Gruppen von senkrechten Parallellinien. Die schuppenförmigen Verzierungen erscheinen bei genauer Betrachtung in natürlicher Größe als rautenförmige Schraffirungen, jedoch im

rautenförmige Schraffirungen

ganzen und aus der Ferne durchaus als Schuppen. Auch diese Verzierung findet sich in ähnlichen Gestalten an Fragmenten anderer Urnen, namentlich an einer ganz damit bedeckten Urne in der großherzoglichen Sammlung, deren Fundort jedoch ebenfalls nicht bekannt ist. Diese Verzierungen verrathen eine ungewöhnliche Fertigkeit und Geschicklichkeit.

Die gewöhnlichen, nicht verzierten Urnen der Hünengräber haben oft die Becherform, wie eine Urne aus dem Grabe von Prischendorf, die einzige, welche von den vielen Urnen des

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Becherform

Grabes in einer senkrechten Hälfte zur vollen Ansicht erhalten ist. Mehrere Urnen, sowohl aus diesem Grabe, als aus anderen Gräbern, zeigen diese Form, mit ziemlich senkrechten Wänden, oft mit einem leisen Bauchrande, oft nur wenig in den Wänden gebogen, zuweilen ohne alle Abweichung von der graden Linie in den Wänden.

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Die Schädel erschlagener Feinde als Trinkschalen bei den nordischen Völkern benutzt.

Von der kannibalischen Sitte, Menschenfleisch zu essen, weiß die Geschichte der nordischen Völker nichts, wenn gleich bei wichtigen Angelegenheiten einmal ein Mensch, sei es ein Gefangener oder ein Sclave, den Göttern geopfert ward, wie es z. B. Tacitus von dem heiligen Haine der Semnonen erzählte daß dort bisweilen nach alter Sitte, wenn Gesandte aller Sweven sich versammelt hätten, ein Mensch getödtet werde. Eben so wenig als man nun das Fleisch eines, sei es im Kampfe oder beim Opfer getödteten Menschen aß und sein Blut trank, eben so wenig wird man sich aus seinen Gebeinen Geräthe und aus seinem Schädel ein Trinkgefäß gemacht haben. Mögen die Germanen auch an Tapferkeit andere Völker übertroffen und ihnen dadurch oft einen Schrecken bei bloßer Nennung ihres Namens eingejagt haben; von kannibalischer Rohheit findet sich keine Spur, weder daheim, noch wenn sie in fernen Ländern kämpften. Das Betragen gegen die Frauen, die Behandlung der Sclaven und viele andere Züge verrathen

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im Gegentheile eine gewisse Anerkennung der Menschenwürde und ein zartes Menschengefühl. Woher stammt denn jener fast allgemein herrschende Glaube, den noch im letzten Jahrgange unserer Jahrbücher (S. 361) der Herr A. G. Masch in seinem sonst so schätzbaren Berichte über das Moor bei Fehrbellin ausgesprochen hat? Die Aufklärung finde ich bei Dahlmann Geschichte von Dänemark I, 33, wo es in einer Anmerkung also heißt:

"Nicht wie Kannibalen tranken die alten nordischen Völker aus den Hirnschädeln erschlagener Feinde. Die Stelle im Krakumaal Regner Lodbroks, die man so gemißdeutet hat:

Dreckom bjór at bragdi
Or bjúdvidomhausa

heißt wörtlich:

bald aus den Krummhölzern
der Köpfe (oder Schädel), -

das will nach der metaphorischen Weise der alten Skalden sagen:

aus den Hörnern der Thiere. -

Siehe Raffn: Einiges über die Trinkgefäße in Walhalla, in Falck's neuem staatsb. Magazin I, 840 etc. .

Vietlübbe, 1845.

J. Ritter.

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Menschenschädel von Langsdorf.

In dem Torfmoore von Langsdorf bei Sülz ward 7 Fuß tief ein Menschenschädel gefunden und von dem Herrn Geheimen=Amtsrath Koch zu Sülz zum großherzoglichen Antiquarium eingereicht, der jedoch zu merkwürdig ist, als daß er nicht eine besondere Erwähnung verdiene Der Schädel muß aus den allerfernsten Zeiten stammen, da er, obgleich er in dem lange erhaltenden Moor gelegen hat, dennoch sehr mürbe geworden ist; andere Gebeine wurden trotz des sorgfältigsten Forschens in der Nähe nicht gefunden. Der sonst ausgewachsene Schädel ist nicht dick; die Näthe sind alle klar zu erkennen und noch nicht verwachsen. Auffallend ist an demselben die höchst geringe Ausbildung: die Stirn ist ganz ungewöhnlich schmal und niedrig, kaum einen Daumen breit und in dieser geringen Ausdehnung völlig abgerundet; die Augenhöhlen liegen nahe an einander, die Erhöhungen über den Augenhöhlen sind auffallend hoch, berühren sich fast unmittelbar über der Nase und sind stark auswärts nach oben gewandt; das Hinterhauptbein hat bei einer ziemlich abgerundeten Oberfläche einen sehr

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starken Höcker, wie wenn Jemand mit dem Daumen die Knochenmasse nach unten stark fortgeschoben hätte; die Modellirungen im Innern des Stirnbeins und des Hinterhauptbeins sind äußerst geringe ausgeprägt, vielmehr überall mehr abgerundet und glatt. Der Schädel wird also wohl in den fernsten Zeiten einem Menschen angehört haben, welcher auf der niedrigsten Stufe menschlicher Bildung stand.

G. C. F. Lisch.

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b. Zeit der Hünengräber.

Feuersteinmesser=Manufactur von Jabel.

Nach Mittheilungen des Herrn Klosterhauptmanns von Borck zu Malchow findet sich auf dem Felde von Jabel, am Ufer des Cölpin=Sees, eine Sandscholle, welche eine große Masse von Resten von Alterthümern bewahrt und auf eine große Wohn=, Begräbniß= und Manufacturstätte alter Zeit schließen läßt. Man findet daselbst unzählige Scherben von Urnen, Knochenfragmente und Feuerstein=Splitter und Späne. Schon früher waren ähnliche Stellen in dem benachbarten Damerow und in dem gegenüberliegenden Klink, an den Ufern desselben Sees, entdeckt (vgl. Jahresber. VII, S. 46). Alle solche Stätten haben das Eigenthümliche, daß sich an denselben außer großen Massen von Ueberbleibseln aus der Steinperiode Alterthümer aus allen Perioden der heidnischen Vorzeit finden. Der Herr Klosterhauptmann von Borck hat außer dieser Nachricht auch, nach aufmerksamer Sammlung, mehrere dort gefundene Stücke eingesandt:

1) eine Menge der bekannten vierseitigen Feuersteinsplitter oder Messer;

2) mehrere Feuersteinblöcke, von denen diese Späne abgehauen sind, und unter diesen einen, welcher zu einer Pfeilspitze hat gestaltet werden sollen, wie sich grade solche Stücke in Meklenburg und in andern Ländern schon öfter gefunden haben;

3) einen zerbrochenen, halben Schmalmeißel aus Feuerstein;

4) ein Stück sehr dickes, grünes Glas;

5) eine eiserne Pfeilspitze.

G. C. F. Lisch.

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Hünengräber und andere alte Grabstätten zu Moltzow.

(Vgl. Jahresber. VI, S. 133 und 134).

Der Theil der in der Nähe des malchiner Sees bei Rothenmoor gelegenen Feldmark Moltzow, welcher östlich vom Hofe in einer hohen Gegend mit einer erhebender Aussicht gelegen ist, zeichnet sich auffallend durch seinen Reichthum an alten Gräbern aus, zumal im Gegensatze zu den angrenzenden Feldern. Zwar sollen auf dem nahen Felde des Gutes Klocksin viele alte Gräber gewesen und bei dem Fortrücken der Steine oft alte Gefäße ausgepflügt sein; aber hier hat die Ackercultur längst alles dieser Art zerstört. Auf der andern Seite, zu Rambow und Rothenmoor, finden sich nur sehr vereinzelt Kegelgräber. Die zahlreichen Gräber von Moltzow liegen auf einem mit vielen Grand= und Mergelkuppen bedeckten Höhenrücken, welcher sich nördlich von Ilkensee bis zu der Wiesenniederung bei Dahmen erstreckt, mit westlicher Abdachung nach dem klocksiner Grenzbache und östlicher Senkung nach dem rambowschen Grenzbache. Die prachtvolle Aussicht, welche man von den meisten der Gräber genießt, scheint bei der Wahl der Grabstätten berücksichtigt zu sein. Alle in den Jahresberichten bisher als moltzower gedachte Gräber liegen auf dem bezeichneten Raume, in dessen Nähe überdies die Ruine der papenhäger Kirche, einer der ältesten Kirchen dieser Gegend, sichtbar ist, deren Lage vielleicht zu einem Orte in Beziehung steht, welcher den Heiden heilig gewesen ist.

Vier Hünengräber, von denen drei bereits untersucht sind, machen sich als solche kenntlich; an zwei andern Stellen muß die Aufgrabung entscheiden.

Kegelgräber sind in großer Anzahl über die ganze Fläche zerstreut; doch zeichnen sich drei Stellen aus, an denen mehrere nahe bei einander gelegen sind:

1) der in Jahresber. VII, S. 25 unter der Ueberschrift "Kegelgräber von Rambow" bezeichnete Ort gehört hierher, da er innerhalb der jetzigen Grenzen von Moltzow liegt; auch gehören die in Jahresber. VII, S. 22-23 aufgeführten Gräber dazu;

2) finden sich nahe an dem rambower Grenzbache unterhalb des Schliesees in den sogenannten Kämpen fünf Kegelgräber nahe bei einander; die beiden kleinsten sind 8' hoch, bei etwa 70 Schritt Umfang;

3) die dritte Gruppe liegt auf der westlichen Abdachung über dem Torfmoore, welches an den moltzower Hof stößt.

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Es sind hier noch sechs Steinringe deutlich zu erkennen, die Hügel aber alle, bis auf einen, fortgeackert; von mehrern Stellen ist es wahrscheinlich, daß sie auch Steinringe gewesen sind, sie sind aber sehr zerstört und große Haufen aufgethürmter Steine liegen daneben. Die Ringe haben ungefähr 16 ' - 20 ' Durchmesser.

Hünengrab von Moltzow Nr. 3.

Einer dieser Steinringe, welcher in gelbem Sande stand, ward abgetragen. In dem Steinringe stand eine Kiste aus platten, rothen Sandsteinen von hier gewöhnlicher, Bauart, in ein Viereck gesetzt, genau von Osten nach Westen, etwa 5 ' lang und 3 1/2 ' breit. In der Steinkiste, welche mit Sand ausgefüllt war, stand in der nordwestlichen Ecke eine zwar zerborstene, jedoch noch kenntliche und erhaltene, gehenkelte Urne, in Größe, Form und Verzierung ganz wie die S. 255 abgebildete Urne Nr. 1 aus dem Hünengrabe von Moltzow in Jahresber. VI, S. 135, nur mit dem Unterschiede, daß unsere Urne Einen größern Henkel statt zwei kleiner hat, und ähnlich der ebendaselbst abgebildeten Urne aus dem Hünengrabe von Helm. Sie ist im Bauche fast kugelförmig und hier gut 5 " hoch, hat einen engen Hals mit senkrechten Wänden von gut 3 " Höhe und einen großen Henkel von 2 " Höhe. Sie ist am obern Bauchrande rings mit den charakteristischen Verzierungen der Steinperiode verziert, wie die beiden oben genannten Urnen: vom Anfange des Halses laufen nämlich

Verzierung

ringsumher bis auf ein Viertheil des Bauches senkrechte, kräftig eingegrabene Linien hinab, welche in Gruppen abwechselnd von 6 und 2 mal 2 Linien in Zwischenräumen neben einander stehen. Neben der Urne lagen Stücke von dem Schädel eines erwachsenen Menschen, welche jedoch fast ganz vergangen und so zerbrechlich waren, daß sie beim Herausnehmen zerfielen. Im Uebrigen fanden sich in der Kiste nur Bruchstücke von rothem Sandstein, welche von dem Deckel der Kiste herrühren mögen.

Hünengrab von Moltzow Nr. 4.

Links am Wege von Moltzow nach Rambow, dem in Jahresber. VI, S. 133 beschriebenen Hünengrabe gegenüber, lag auf einer sandigen Anhöhe ein an einer Seite schon angegrabenes Hünengrab von NW. nach SO. streichend, im Um=

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fange ungefähr 27 Schritt messend. Am nordwestlichen Ende standen vier große Granitblöcke, das Grab selbst einschließend, und bildeten ein Viereck von ungefähr 4 ' Länge und 2 ' Breite. Am südöstlichen Ende lagen mehrere platte Steine, welche vielleicht einen Ring um das Grab gebildet haben mögen. Das Steingrab war mit Erde und Steinen ausgefüllt; oben darauf stand ein Dornbusch. Nachdem dieses abgeräumt war, wobei sich Stücke von ausgedörrtem, schwarzen Eichenholze fanden, zeigten sich unverbrannte Menschengebeine und unter diesen sechs Menschenschädel, ohne Ordnung in Lehm und Sand so fest verpackt, daß man alle in Stücken mit der Hacke losbrechen mußte; alle Schädel standen auf ihrer untern Fläche Mitunter zeigten sich auch schon einige Scherben, die alle unbezweifelt einer und derselben Urne (unten Nr. 15) angehören, welche offenbar aus der jüngsten heidnischen Zeit stammt.

Auch stand in diesem obern Raume:

Urne Nr. 1: eine flache Schale, ohne alle Verzierungen, 3 " hoch, 5 " weit im Bauchrande, 3 1/2 " weit in der Oeffnung, mit einem kleinen Boden von ungefähr 2 " Durchmesser, mit eingezogenem Halse von 1 1/4 " Höhe; vom Rande zum Bauche schwingt sich ein großer, etwas zusammengedrückter Henkel mit 1 1/2 " weiter Oeffnung. Gefäße dieser Form und Arbeit kommen in diesen Gegenden öfter in Kegelgräbern vor.

Nachdem die Knochen zur obern Hälfte abgeräumt waren, zeigte es sich, daß das Grab im Fundamente durch eine Reihe kleiner, aufrecht stehender, platter Steine in die Quere getheilt war, welche den Grund und Boden des Grabes in zwei Fächer theilte, wie eine ähnliche Scheidung auch in dem Hünengrabe von Remlin (Jahrb. IX, S. 363) beobachtet ist. Unter den Knochen und dem mit diesen aufgefüllten festen Thonmergel lag eine fest gepackte Schicht von weiß und röthlich ausgeglüheten kleinen Feuersteinen; dazwischen zeigten sich Spuren von Brand. Unter dieser festen Feuersteinschicht fand sich auf dem Urboden eine Lage von Urnenscherben, genau Scherbe an Scherbe gelegt, alle, bis auf 3 Stücke, mit der Außenseite nach oben; an einigen Stellen war die Lage durch Druck von oben etwas verschoben, so daß einige Scherben schräge zu stehen schienen.

Die Lage dieser verschiedenen Schichten ist unbezweifelt, wie hier berichtet ist. Unter den kleinern Feldsteinen innerhalb des Grabes lagen die Gebeine, unter diesen die Feuersteine, unter diesen die Urnenscherben: alles in fester Ord=

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nung, wenn auch das Grab in den Ringsteinen und in der obern Auffüllung schon berührt war.

Nachdem die Urnenscherben alle sorgfältig gesammelt waren, zeigte es sich nach ganz genauer Prüfung, daß sie einer ganzen Menge von Gefäßen angehörten, wie in dem prieschendorfer Grabe (Jahresber. II, S. 25) sich eine ähnliche Erscheinung zeigte.

Urne Nr. 2. Die meisten Scherben hatten einer ungewöhnlich großen, dickwandigen, schwärzlichen Urne angehört, welche ungefähr die Gestalt der oben, S. 256, abgebildeten größern, birnenförmigen Urne von Moltzow Nr. 2 gehabt hatte; jedoch war der 3 1/2 " hohe Hals mehr senkrecht. Oben am Bauche unter dem Rande standen 4 durchbohrte Knöpfe oder Henkelchen. Der obere Theil des Bauches war mit langen,

Verzierung

senkrechten Streifen von Verzierungen aus graden, kräftigen Linien geschmückt, welche tief hinab reichten. Zwischen je 2 solcher Streifen stand oben unter dem Rande über dem nicht verzierten Streifen, ein nach unten gerichtetes, aus Parallellinien gebildetes, kleines Dreieck oder eine Spitze. Eine große Merkwürdigkeit an dieser Urne ist, daß die tief eingedrückten Linien mit weißem Kalk ausgelegt sind; dies ist ohne Zweifel eines der ältesten musivischen Ornamente, welche existiren, und, wie es scheint, bisher noch nicht beobachtet.

Urne Nr. 3. Andere Scherben gehören einer ähnlichen, großen Urne an. Der Rand ist jedoch 4 " hoch und mehr nach außen geschwungen und die Farbe ist hellbraun; die Verzierungen sind ähnlich, nur laufen die Querstriche in den beiden äußern die Linien begleitenden Streifen schräge nach unten; die durchbohrten Knöpfe sind sehr flach und kaum bemerkbar. Zwischen je 2 Streifen stehen unter dem Rande zwei nach unten gerichtete, kleinere Dreiecke. Auch die vertieften Verzierungen dieser Urne sind mit Kalk ausgefugt.

Urne Nr. 4. Eine andere große Urne war ebenfalls mit Längsstreifen von Verzierungen versehen, welche auch mit Kalk ausgestrichen waren. Die Verzierungen dieser Urne haben abwechselnd Streifen der Urnen Nr. 2 und 3 und Streifen, welche aus weit auseinander stehenden, einzelnen Linien bestehen, zwischen denen gruppenweise schräge Querstriche umschichtig nach oben und unten laufen, so daß die Gruppen von Querlinien zickzackförmig erscheinen. Der senk=

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rechte Hals ist gegen 4 " lang. Die durchbohrten Knöpfe sind sehr flach.

Urne Nr. 5. Von einem andern, dickwandigen, ähnlichen Gefäße, dessen gleichartige Verzierungen auch mit Kalk ausgefugt sind, sind nur wenig Bruchstücke vorhanden. Zwischen je zwei Längsstreifen der Verzierungen stehen am Halse zwei, etwas längere Dreiecke.

Urne Nr. 6. Einige dickwandige Scherben gehören einer andern Urne an, da die Verzierungen ganz eigenthümlich sind, indem die zwischen den senkrechten Hauptlinien stehenden Querlinien umschichtig bald senkrecht, bald wagerecht stehen; auch sind die Henkel größer, als an den andern verzierten Urnen.

Urne Nr. 7. Eine andere große, dickwandige Urne, ohne Henkel, nur mit Fingereindrücken an der Stelle derselben, mit sehr hohem und weitem, senkrechten Halse, war ohne alle Verzierungen, ebenso

Urne Nr. 8: eine kleinere, von ähnlicher Beschaffenheit.

Außer diesen charakteristischen, großen Urnen waren in dem Grabe

Urne Nr. 9-14: noch 6 kleine Gefäße ohne Verzierungen, wie die verschiedenen vollständigen Boden= und mehrere Randstücke beweisen.

Endlich kommen bei diesem Grabe noch

Urne Nr. 15: die Scherben der hellbraunen, weit geöffneten Urne mit fast senkrechten Rändern in Betracht, welche oben in der Einleitung zu diesem Grabe erwähnt ist und welche in dem obern Raume des Grabes gestanden hatte. Die unregelmäßigen Verzierungen sind leichtfertig mit einem Span eingekratzt und die Masse ist hart. Dadurch gleicht diese Urne ganz den aus den jüngsten wendischen Zeiten (aus den Burgwällen) stammenden Gefäßen zum häuslichen Gebrauche. Es sind solche Gefäße schon einige Male in Hünengräbern beobachtet worden, so daß auch hier die Erscheinung eintritt, daß Gefäße der ältesten und der jüngsten Zeit in demselben Grabe jedoch in vermiedenen Höhen stehen.

Es ist daher ohne Zweifel, daß dieses Grab in jüngern Zeiten außerdem noch zwei Male (Urne Nr. 1 und 15) zu Bestattungen oder andern Zwecken benutzt ist.

Der mitunterzeichnete Pastor Ritter zu Vietlübbe war bei der Aufgrabung gegenwärtig.

A. v. Maltzan. J. Ritter. G. C. F. Lisch.
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Hünengräber von Kuppentin.

Auf der südöstlichen Seite der kuppentiner Feldmark, auf einer sandigen Anhöhe die, nach Westen sich abdachend, früher mit Tannen bestanden und diesen Frühling wieder mit Tannen besäet war, auch deshalb nur der Tannenkamp heißt nahe den Schäferei=Tannen, zwischen Hof Malchow und der kuppentiner Schleusenwärterei, ragen an mehreren Stellen ziemlich große Steine etwas aus dem Sande hervor. Gewöhnlich liegen 2 bis 4 solcher Steine neben einander und ist der Sand dazwischen erhöhet, so daß alle diese Stellen wahrscheinlich Reste von Hünengräbern oder Steinkisten sind. Zwei solche Stellen wurden von dem Herrn von Bülow zu Kuppentin, der die Arbeiter dazu hergab, dem Herrn von Kardorff auf Remlin und mir untersucht.

Nr. 1.

Die eine Stelle zeigte an der Oberfläche zwei große Steine, die 8 Fuß von Süden nach Norden aus einander lagen; aber etwa 6 Zoll unter der Oberfläche lag ein dritter Stein der Länge nach zwischen beiden, und an der südlichen Ecke dieses Steins lag 10 Zoll tief ein hohl geschliffener Keil aus Feuerstein, 4 1/2 " lang, an der Schneide hellgrau, am entgegengesetzten Ende schwarz. Von diesem Steine an zog sich westlich eine Brandstelle, nur 8 Zoll unter der Oberfläche, etwa 6 Fuß lang und breit, auf einer Unterlage von grobem Kies und ausgeglüheten Feuersteinen; unter Kohlen fanden sich noch angebrannte Stücke Eichenholz, aber keine Spuren von Urnen.

Nr. 2.

Eine zweite Stelle, welche untersucht ward, zeigte 3 hervorragende Steine, nämlich so, daß sie ein rechtwinkliges Dreieck bilden und an der quadratischen Gestalt nur der nordwestliche Stein fehlte. Beim Nachgraben zeigten sich in der Mitte noch zwei große Steine und am östlichen Rande derselben ward das Fragment einer kleinen Urne gefunden, deren Rand mit 5 horizontal laufenden Linien, wie mit einem zusammengedrehten Drath eingedrückt, verziert war. Weiter fand sich nichts; auch war keine Brandstelle sichtbar.

Mit den gefundenen Alterthümern hat der Herr Landrath von Blücher auf Kuppentin dem Vereine ein Geschenk gemacht.

Vietlübbe, im Mai 1844. J. Ritter.
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Hünengrab von Hoikendorf.

Auf der Feldmark von Hoikendorf bei Grevismühlen ward ein ziemlich großes Hünengrab abgetragen, welches der Länge nach von Steinpfeilern eingefaßt war und innerhalb des Hügels eine Steinkammer hatte, welche in den Seitenwänden von großen Steinen aufgebaut und mit einem großen Steine bedeckt war. In dem Grabe fanden sich mehrere Keile aus Feuerstein von gewöhnlicher Form, von denen der Herr Dreves auf Hoikendorf einen dem Vereine geschenkt hat.

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Streitaxt von Hoikendorf.

Zu Hoikendorf bei Grevismühlen ward eine kleine, ungefähr 6 " lange, an mehrern Stellen angeschlagene Streitaxt aus Hornblende gefunden und von dem Herrn Dreves auf Hoikendorf geschenkt. Dieser Streithammer hat ein ovales Schaftloch und ist an einem Ende beilförmig, hervorstehend zugeschärft und abgerundet und am andern Ende spitzig auslaufend. Ein fast ganz gleicher Streithammer ist im J. 1832 zu Kl. Woltersdorf, nicht weit von Hoikendorf, beide eine kleine Stunde von Ostseebuchten entfernt, gefunden (vergl. Jahresber. IV, S. 24) und ein sehr ähnlicher der Angabe nach bei Güstrow (vgl. Jahresber. III, S. 39). Diese 3 Streithämmer sind die einzigen, welche bisher mit ovalem Schaftloche entdeckt sind.

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Schleifstein von Rambow bei Malchin.

In einem Teiche zu Rambow neben dem neuen Hofe ward neben vielen dicken, grobkörnigen, mit zerstampftem Granit durchkneteten Gefäßscherben, ein großer Schleifstein von der Art, wie sie zum Schleifen der steinernen Keile und Beile gebraucht wurden, gefunden und von dem Herrn Landrath Reichsfreiherrn von Maltzan auf Rothenmoor, Rambow etc. . dem Vereine geschenkt. Schleifsteine dieser Art gehören zu den allerseltensten Alterthümern; gewöhnlich sind sie aus einem sehr dichten, harten, rothen Sandstein. In Meklenburg=Schwerin ward bisher erst ein solcher Stein zu Dabel bei Sternberg in einem großen Hünengrabe gefunden (vgl. Frid. Franc. Erl. S. 77, Nr. 13, und Erster Bericht über die Vermehrungen des großherzogl. Antiq. A. Nr. 5, S. 6) und in der großherzoglichen Sammlung zu Neu=Strelitz befindet sich ein ähnlicher Stein von geringerer Größe. Der zu Rambow

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gefundene Stein ist ein sehr dichter, feinkörniger, fast quarzähnlicher Sandstein von weißgrauer Farbe und so hart, daß er zum Schleifen von Metallen nicht tauglich ist; er hat ungefähr die Gestalt eines viereckigen, jedoch an einer Seite etwas zugespitzten Prismas, und gehört daher zu der Gattung von Schleifsteinen, welche in Dänemark "keulenförmige" genannt werden; "diese haben wohl ursprünglich die Form eines mehrteiligen Prismas gehabt, sind aber durch den Gebrauch in der Mitte dünner geworden und auf den Seiten zugleich ausgehöhlt" (vgl. Histor. antiq. Mittheilungen S. 66, I, b. und Tab. II, Fig. 2.) Unser rambowsche Schleifstein ist 12 " lang und an jeder Seite durchschnittlich 4 " breit und an jeder Längsseite und auch an einer Ecke sehr glatt, wenn auch noch nicht tief, hohl ausgeschliffen; die beiden Enden sind unbearbeitet.

G. C. F. Lisch.

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Steinerne Quetschkeule (?).

Zu Sternberg beim Hausbau ward ein Instrument, einer Mörserkeule ähnlich, beinahe in Form einer Flasche, gefunden und vom Reichsfreiherrn A. von Maltzan auf Peutsch geschenkt. Es ist aus dem vulkanischen Gesteine der rheinischen Mühlsteine (!), 6 1/2 " im Ganzen, 4 " im Klump, 2 1/2 " im Griffe lang; es ist rund, sich etwas nach oben zuspitzend, im Klump etwa 3 ", im Griffe etwa 1 1/2 " im Durchmesser. An beiden Enden des Klumps geht eine etwas unregelmäßige Rille, wie zum Umbinden eines Bandes. Ähnliche Instrumente sind in Skandinavien gefunden (vgl. Nilsson Skandinaviska Nordens Urinvånare), auch in Deutschland, z. B. in einem "Hünenberge" bei Frankfurt a. O. und im Luch bei Fehrbellin (vgl. Jahrb. IX, S. 359). Nordische Forscher, namentlich Nilssen, halten diese Instrumente, für Quetschwerkzeuge (krossningsinstrument) zum Zermalmen des Getraides etc. ., "beharrt jedoch nicht auf dieser Erklärung", da die Instrumente nicht mit Sicherheit aus Hünengräbern stammen. Das Exemplar aus dem fehrbelliner Luche ist aus Granit, das frankfurter Exemplar aus Grauwacke, das nordische Exemplar aus "schonischem Uebergangsstein". - Unser Exemplar sieht freilich in Masse und Form etwas modern aus und es steht, mit Nilsson, noch zur Frage, wohin diese Instrumente gehören und welche Bestimmung sie gehabt haben.

G. C. F. Lisch.

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c. Zeit der Kegelgräber.

Ueber die spina des Tacitus.

Durch die Entdeckungen, welche auf dem Gebiete der Alterthumskunde in neuerer Zeit gemacht sind, schwindet mehr und mehr das Vorurtheil, als seien die Germanen zu den Zeiten der blühenden Römerherrschaft noch so roh und ungebildet gewesen, daß sie in bloße Thierhäute sich gehüllt hätten. Die in den Gräbern sich findenden Waffen, Geräthe und Schmucksachen aus Bronze zeigen einen schon höhern Grad der Kultur und ausgebildeteren Kunstsinn. Wenn nun Tacitus in seiner kleinen Schrift "über die Lage, Sitten und Völker "Germaniens" eine ziemlich richtige Kenntniß der Germanen zeigt und sie keinesweges als rohe Barbaren darstellt, wenn gleich nicht durch übermäßigen Luxus verdorben, wie die Römer seiner Zeit, so haben, so viel ich weiß, doch die Erklärer eine Stelle im Tacitus (cap. 17: Tegumen omnibus sagum, fibula aut si desit spina consertum: die Bedeckung für Alle ist ein Oberkleid mit einer Spange, oder wenn die fehlt, mit einem Dorn zusammengefügt) so ausgedeutet, als hätten die Germanen in Ermangelung der fibula einen wirklichen Dorn, von einem Dornbusch gebrochen, zur Befestigung gewählt, und daraus wieder umgekehrt den Schluß gemacht: die Germanen seien noch im Naturzustande gewesen.

Wenn Tacitus als das gewöhnliche Befestigungsmittel die fibula nennt und im Nothfalle die spina, so wird es Jedem, der eine germanische fibula gesehen hat, einleuchten, daß als Ersatzmittel dafür kein hölzerner Dorn gemeint sein könne. Die fibula ist nämlich eine Art Broche oder Tuchnadel, deren Verfertigung sehr künstlich war (abgebildet noch im letzten Jahrgange der Jahrbücher, Seite 331), eine Nadel mit einem Bügel, der an beiden Enden in eine Spiralplatte auslief. Fragen wir nun: welches Geräth findet sich in Gräbern der Germanen, daß es statt der fibula gebraucht werden könnte, so ist es allein die Nadel mit einem Knopfe, theils grade, theils knieförmig gebogen, wie sie z. B. in den Kegelgräbern von Ruchow, Wittenburg, Goldenbow, Gallentin, Borkow, Klink (Jahresber. II, 40, 43; III, 65; V, 32, 33, 44, 61) und sonst häufig gefunden sind. Der Abstand zwischen der fibula und der Nadel mit einem Knopfe ist noch immer groß genug, aber nicht so unbegreiflich, wie zwischen der fibula und einem hölzernen Dorn. Die Heftel (fibula) ist eine Ausbildung des Dorns (spina), da jene eine künstliche Vor=

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richtung zum Gebrauche dieser ist, da jede fibula als Hauptgrundbestandtheil einen Dorn (spina) oder eine Nadel enthält. - Warum aber Tacitus das Wort spina gebraucht, mag daraus erklärbar sein, daß diese Nadeln allerdings Aehnlichkeit mit einem Dorn haben und wir auch ähnliche metallene (drathförmige) Spitzen Dornen nennen, vielleicht also die alte deutsche Benennung auch dem lateinischen Ausdrucke spina entsprach. Sonst heißt die Nadel bei den Römern acus; aber die acus hatte wohl eine schärfere Spitze und war zum Stechen bestimmt. Den Bronzenadeln mit Köpfen gleichen außerdem die Stacheln der Igel und Stachelschweine, welche der Römer ebenfalls mit spina benannte. Wenn nun die bisherigen Aufgrabungen häufiger die fibula als die bezeichnete Nadel zu Tage gefördert hat, so dient auch das zur Bestätigung dessen, was Tacitus sagt, daß nämlich die fibula das Gewöhnliche, die spina nur das Aushelfende sei. Daß die reicheren Gräber die fibula, die ärmeren dagegen die spina enthalten, liegt in der Sache selbst; doch beide zusammen können auch in den reichsten Gräbern gefunden werden.

Vietlübbe 1845. J. Ritter.
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Kegelgrab und Krone von Admanshagen.

Admanshagen, 1/2 Meile von Doberan, liegt in der weiten, flachen Gegend, welche sich nordöstlich von Doberan ausbreitet. Nirgends sind auf diesen Feldern Höhen und alte Gräber zu erblicken. Nur dort, wo der Boden gegen Lambrechtshagen hin sich etwas erhebt, liegen auf der Hufe des Bauern Harms, grade zwischen den Dörfern Admanshagen und Lambrechtshagen, mehrere niedrige, jetzt unter den Pflug gebrachte Kegelgräber, welche dem Boden nur ein stark wellenförmiges Ansehen geben, übrigens klar und scharf genug aufgesetzt sind. Sie sind sehr weit, ungefähr 20 Schritt im Durchmesser, und haben dabei jetzt nur etwa gegen 2 Fuß Erhebung; sie sind mit einem Kreise von Steinen, welche unter der Erdoberfläche stehen, eingefaßt und die Urnen stehen mit Steinen verpackt in der Mitte der Gräber. Der Bauer ist seit einigen Jahren beschäftigt, zu gelegenen Zeiten diese "Steine aus dem Acker zu brechen." In einem solchen Hügel, welchen der Unterzeichnete bei der Besichtigung an Ort und Stelle noch als ein Kegelgrab erkannte, fand der Bauer im Herbste des J. 1843 eine Urne mit Asche und Knochen, welche noch zerstreut umherlagen; die Urne zerfiel unter seinen Händen. Zwischen den Knochen lag in der Urne aber die hiebei

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abgebildete, uralte, voll gegossene Krone von Kupfer,

Krone

welche er dem Herrn Ernst Brockelmann zu Rostock überließ, der dieses werthvolle Stück des Alterthums wieder dem Vereine freundlichst schenkte. Leider fehlt der Zierrath (bijou) und ein Stück des Reifes, welches vor der Aufschüttung des Grabhügels abgebrochen gewesen sein muß, da das Bruchende alten Rost hat.

Diese Krone ist theils durch sich selbst von Wichtigkeit, theils durch Vergleichung mit der in der großherzoglichen Alterthümersammlung aufbewahrten, in Frid. Franc. Tab. XXXII, Fig. 1. abgebildeten, zu Trechow gefundenen Krone (vgl. Jahresber. VI, S. 112), welche bisher die einzige, auf dem Continent bekannt gewordene war. Beide Kronen sind nämlich völlig gleich: beide sind voll und noch etwas roh gegossen, mit einem Charniere, durch welches ungefähr ein abgeschnittenes Viertheil des Reifes geöffnet und geschlossen werden kann, indem es an einer Seite um einen Stift geht und am andern Ende in einen Zapfen an dem andern Ende des Reifes paßt; beide sind in kleinen Zacken ausgeschnitten, beide sind der Länge nach mit 3 eingegrabenen Parallellinien eingefaßt. Die trechowsche Krone wiegt 2 Pfund 8 Loth, die admanshäger ist von gleicher Größe, ist also ungefähr eben so schwer gewesen; jene ist in 16 Zacken ausgeschnitten, auf dieser sind die Zacken etwas enger und kürzer, und es sind ihrer wahrscheinlich einige mehr gewesen.

Auffallend bleibt die völlige Gleichheit beider Kronen, welche ungefähr in dieselbe Zeit fallen. Bemerkenswerth ist ferner der tiefe Rost, welcher beide bedeckt. Die Krone von Trechow, welche von der bekannten antiken Bronze (Kupfer mit Zinn legirt) ist, hat einen so tiefen, glänzenden, dunkel=

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grünen, edlen Rost, wie keine einzige Bronze der großherzoglichen und der Vereins=Sammlung, gehört also ohne Zweifel zu den ältesten Alterthümern der (germanischen) Bronze=Periode. Die Krone von Admanshagen hat einen gleich tiefen und edlen Rost, ist aber noch aus rothem Kupfer; nach der chemischen Analyse des Herrn Pharmaceuten, Provisors Witte zu Schwerin ist das Metall reines Kupfer, welches nichts weiter enthält, als eine kaum merkliche Beimischung von Eisen. Der ebenfalls mit Rost bedeckte Stift des Charnieres, um welchen sich das ausgeschnittene, bewegliche Vierteil dreht, ist aber schon von gelber Bronze. Dieser Stift kann in jüngern Zeiten der alten Zeit erneuet sein. Reines Kupfer aber fällt in die Zeit des Ueberganges von der Stein= zur Bronzeperiode; vgl. Jahrb. IX, S. 327. Der rohe, unebene Guß stimmt ebenfalls zu den wenigen kupfernen Altertümern aus der Uebergangsperiode; vgl. Jahrb. a. a. O. Die Form aber, in Vergleichung mit der trechowschen Krone von Bronze, der Stift von Bronze in dem Charniere, die Form des Kegelgrabes, in welcher die Krone gefunden ist, deuten auf die Bronzeperiode. Man kann daher unbedenklich annehmen, daß die Krone von Admanshagen in die ersten Zeiten der Bronzeperiode, kurz nach der Steinperiode, fällt, also ein sehr hohes Alter hat.

G. C. F. Lisch.

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Kegelgrab von Peccatel bei Penzlin.

Auf der westsüdwestlichen Seite der Feldmark Peccatel (in der Richtung nach Liepen), da wo auch die Grenzen von Adamsdorf (früher Kustal) und Klem=Vielen zusammentreffen, liegt auf einem Hügelrücken, der fast von Norden nach Süden läuft und sich etwas steil nach Osten abdacht, ein Kegelgrab von 25 Fuß Höhe und 120 Fuß Durchmesser, mit Eichen, Buchen und Gebüsch bewachsen. Es wird der große Geldberg genannt (ein Name, welcher auch zu Lehsen vorkommt). Zur Aufdeckung dieses Grabes im Interesse des Vereins hatte mich der Herr Baron A. von Maltzan auf Peutsch, der schon früher einen Versuch gemacht hatte, von Osten und Westen in den Grabhügel hineinzudringen, freundlichst eingeladen, gab auch die erforderliche Mannschaft und Anspannung dazu her. Bei der früher versuchten Aufgrabung waren an der Oberfläche, die überall 3 bis 4 Fuß hoch mit größeren und kleineren Steinen bedeckt ist, im Osten viele Urnen, aber nur in Scherben, mit Knochen zum Vorschein gekommen, hatten aber kein bestimmtes Resultat geliefert, ob sie der Zeit

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der Kegelgräber oder einer spätem Periode angehörten 1 ). Indem ich nun in der angefangenen Richtung von Osten nach Westen die Arbeit fortsetzte und einen Durchschnitt von 24 Fuß Breite durch den ganzen Hügel machte, fand ich noch 8 Fuß östlich von der Spitze des Hügels, 5 Fuß tief, eine Brandstelle mit einer doppelten Schicht mittelgroßer Steine, aber keine Spur von Urnen oder sonstigen Alterthümern. Außer der Steindeckung über dem ganzen Hügel fand sich eine zweite innere Wölbung aus einer einfachen Schicht ziemlich großer Steine, die aber nur etwa ein Drittheil des Hügels im Süden und Südosten bis zur Mitte umfaßte und 12 Fuß tief unter der Oberfläche sich hinzog. Grade in der Mitte des Kegels fanden sich erst wieder Steine, sonst war alles Sand, und zwar war es der eigentliche Begräbnißplatz mit der Brandstelle und den darüber backofenförmig gelegten Steinen, aber nur sehr klein. Ueber dem Urboden, der aus Lehmmergel besteht, war 2 Fuß hoch Sand angehäuft, 5 1/2 Fuß lang und 4 1/2 Fuß breit. Darauf war die Leiche verbrannt und so weit auch mit Steinen, in der Mitte etwa 2 Fuß hoch, belegt. Auf der Brandstelle lag eine fast harte Decke von Asche, fast 2 Linien dick und darüber eine Menge Kohlen, von Eichen und Überreste von Knochen. Zwischen den Kohlen fanden sich in der ganzen Fläche zerstreut:

1) etwa 14 hellblaue oder meerblaue Glasperlen, von denen aber nur 8 erhalten und im Brande etwas zusammengeschmolzen sind; die übrigen zerfielen in sandartige Stücke. Sie sind bedeutend größer, als die zu Lehsen gefundenen (Jahresbericht IV, 28). An eine Perle ist ein Stückchen Gold angeschmolzen, so wie an eine andere ein Stück von einem Zahne. Außerdem lagen zwischen den Kohlen und besonders in der Asche

2) Stückchen Gold, ohne Zweifel Reste eines spiralförmig gewundenen Fingerringes, wie Jahrb. IX, S. 336, von welchem mehrere Enden Drath ganz unversehrt, andere ganz klar zusammengeschmolzen sind; das Gewicht des Goldes betrug 50 Gran Apothekergewicht.

Außerdem fanden sich viele zerschmolzene Stücke Bronze; von diesen ist klar zu erkennen:

3) eine Heftel mit zwei Spiralplatten, wie die in Jahrb. IX, S. 331 abgebildete;


1) Als ich bald nach diesen ersten Versuchen das Grab zu Peccatel besichtigte, glaubte ich in den noch bei dem Grabe liegenden Scherben Urnen aus den Kegelgräbern zu erkennen.

G. C. F. Lisch.

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4) drei Enden dünner Spiralen, vielleicht Halsschmuck, 1/4 " im Durchmesser und bis 1 " lang;

5) sechs Ringe, wahrscheinlich Beschlagringe, ungefähr 1/2 " im innern, 3/4 " im äußern Durchmesser;

6) mehrere Stücke Bronzeblech, ungefähr 3/4 " breit, wie von einem großen Ringe;

7) eine ziemlich große Menge kleiner Bronze=Fragmente.

Der Inhalt dieses Grabes ist in den auszeichnenden Hauptsachen, Gold und meerblauem (caeruleus) Glase, ganz dem Kegelgrabe von Lehsen (Jahresber. IV, S. 28) gleich, und geben diese beiden Gräber durch die Glasperlen einen wichtigen Anhaltspunct für die Zeitbestimmung der ausgebildeten Kegelgräber.

Bei dieser Auffindung waren zugegen die Herren Baron A. von Maltzan, von Kardorff auf Remlin, Bibliothekar Genzen, Lieutenant von Bülow, Lieutenant du Trossel aus Neustrelitz, Gutsbesitzer Dudy auf Adamsdorf und Pastor Nahmmacher zu Peccatel.

Westlich von dieser Stelle war in einer Entfernung von 8 Fuß eine mauerförmige Steinsetzung von 4 Fuß Höhe und Breite in einem Kreisbogen, dessen Mittelpunct die Brandstelle war. Oestlich war sie nicht zu entdecken, vielleicht liegt sie wegen des steilen Abhanges des Urbodens noch tiefer, als es augenblicklich möglich war hineinzugraben.

Etwa 400 Schritte westlich von diesem Kegelgrabe liegt ein anderes von 20 Fuß Höhe und etwa 100 Fuß Durchmesser in der Scheide zwischen Adamsdorf und Klein=Vielen; es heißt der kleine Geldberg.

Ferner befindet sich südwestlich nahe bei dem großen Geldberge auf einem runden, aber flachen Hügel ein Steinkreis von 30 Fuß Durchmesser, wie der Ring um ein Kegelgrab. Hier soll ein früherer Besitzer von Adamsdorf nachgegraben und Urnenscherben gefunden haben.

Vietlübbe, im Juni 1844.

J. Ritter.

Der Inhalt dieses großen Grabes ist in den auszeichnenden Hauptsachen, Gold und meerblauem (caeruleus) Glase, ganz dem Kegelgrabe von Lehsen (Jahresber. IV, S. 28) gleich. Es können diese beiden Gräber durch die Glasperlen einen wichtigen Anhaltspunct für die Zeitbestimmung der ausgebildeten Kegelgräber geben.

Nach dem Werke "Ueber die Anfertigung und Nutzanwendung der farbigen Gläser bei den Alten, von H. C.

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von Minutoli, Berlin 1836", ist bis jetzt Folgendes gewiß. Farbige Gläser und Glaspasten wurden schon seit den ältesten Zeiten, schon vor Herodots Zeit, in Asien und Afrika, vorzüglich in Phönicien und Aegypten, angefertigt und namentlich waren Theben und später Alexandrien durch Anfertigung farbiger Gläser berühmt (Min. S. 8, 11 u. 24); in den Ruinen von Pompeji wird viel farbiges Glas, oft von hohem Kunstwerth, gefunden, wie noch heute die alten Aggrys oder Aigries in Afrika sehr geschätzt werden (vgl. Minutoli S. 21 und Jahresber. VIII, S. 76) "Allen schriftlichen Ueberlieferungen zu Folge scheinen die Römer seit den ältesten Zeiten alle feinen Glaswaaren aus der Fremde bezogen zu haben, denn nach Plinius (XXXVI, c. 26) ward erst unter dem Nero die erste Glasfabrik in Rom eingerichtet. Zur Zeit jenes Schriftstellers wurden zwar bereits viele Glaswaaren in Rom angefertigt, allein deren Material war grünlich, wenig durchsichtig und sehr zerbrechlich, während die aus der Fremde eingeführten Kunstproducte dieser Art die Durchsichtigkeit des Krystalls besaßen. Nach Caylus machte aber diese Kunst in der Zwischenzeit von Nero bis zu Galerius Regierungsantritt große Fortschritte und erreichte einen hohen Grad von Vollkommenheit" (Min. S. 20).

Es ist wahrscheinlich, daß das in den heidnischen Gräbern Meklenburgs gefundene Glas aus römischen Staaten stammt. Nehmen wir dies an, so läßt sich schon eine ungefähre Zeitbestimmung geben. Mehrfach gefärbtes und Mosaikglas kommt in meklenburgischen Gräbern erst in der Eisenperiode vor, (vgl. Jahresber. VIII, S. 65 und 73). In den rein ausgebildeten Kegelgräbern ist bisher nur dasselbe bläuliche oder meerblaue Glas gefunden, welches "wenig durchsichtig, sehr zerbrechlich" und splitterig im Bruche ist. Die Farbe gleicht den hellblau gefärbten Eisenschlacken, welche die bei Hochöfen vorüberströmenden Flüsse führen, z. B. im Haarz die Selke; nach Klaproth's Analyse ist das blaue Glas der Alten mitunter durch Eisen gefärbt (vgl. Minutoli S. 33), jedoch auch durch Kupfer und Kobalt (Min. S. 35 und 37).

Kommen nun diese mattblauen Glasperlen der nordischen Kegelgräber aus Rom, so dürfte sich einstweilen der Schluß machen lassen, daß diese Gräber aus der Zeit vor Nero stammen, da sich sonst in so ausgezeichnet großen und schönen Gräbern auch wohl andere Gläser gefunden haben würden. Zugleich scheint dann der Schluß gewagt werden zu dürfen, daß die Kegelgräber mit Bronze, Gold und meerblauem

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Glase in die Zeit vor Christi Geburt fallen, die Eisenperiode mit Eisen, Bronze, Silber, Mosaikglas und römischen Gefäßen (vgl. Jahresber. VIII, S. 38 flgd. und 49) in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt beginnt.

G. C. F. Lisch.

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Kegelgrab von Retzow Nr. 4.

Nordwestlich vom Dorfe Retzow, Amts Lübz, liegen drei Kegelgräbergruppen, deren größere Hügel früher von dem Herrn Hauptmann Zinck aufgedeckt sind; vgl. Jahrb. IX, S. 381. Sie werden allmählig von den Besitzern der Ackerstücke abgetragen, um den Acker besser benutzen zu können; doch ward mir gesagt, daß in den kleineren Hügeln noch Manches gefunden werde. Im Interesse des Vereins wandte ich mich an die Ackerbesitzer und erklärte ihnen, daß sie von dem Zerstören der kleineren Hügel abstehen sollten, deren Aufdeckung ich, so wie es nöthig erschiene, übernehmen würde. Eine Gruppe von acht unversehrten kleinen Hügeln ist der Zerstörung am meisten ausgesetzt, und ließ ich einen derselben wegräumen, ohne etwas zu finden; er war etwa 2 1/2 Fuß hoch und 20 ' breit im Durchmesser, aus Dammsteinen mit Erde vermischt aufgetragen. In einem zweiten von gleicher Größe lagen fast nach der Mitte unter Steinen dicht über dem Urboden eine Speerspitze aus Bronze, an der kaum merklichen Schaftzunge kurz abgerundet, mit 2 Nietheften, 5 1/2 " lang und 1 1/4 " breit, und darüber ein in mehrere Stücke zerbrochener, siralcylindrischer Armring aus dreieckigem Bronzedrath, 3 " weit und mit etwa 5 Windungen. Spuren von Urnen und sonstigen Alterthümern zeigten sich nicht.

Vietlübbe, im September 1844.

J. Ritter.

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Kegelgrab von Kreien bei Lübz.

Südöstlich von dem Hofe Kreien hat unfern des Moderloches, in welchem das lange Bronzeschwert (Jahrb. IX, S. 387) gefunden ist, eine Gruppe Kegelgräber gelegen; man kann noch die Stelle von 8 derselben erkennen. Von diesen Gräbern ist nur eins unversehrt geblieben, zweien aber droht der Untergang, da zu wirthschaftlichen Zwecken, besonders von den Bauern, die zu Tage liegenden Steine weggefahren und nur die Grundsteine nach der Mitte zu vorhanden sind. Um so nötiger schien es, das, was in diesen beiden, fast zum größten Theile zerstörten Gräbern noch etwa vorhanden sein möchte,

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für den Verein zu retten. Auf mein Ersuchen erlaubte der Herr von Plato nicht nur eine Untersuchung der Hügel, sondern stellte auch die erforderlichen Leute. Für die erste Ausgrabung wählte ich den am meisten angegriffenen Hügel. Derselbe war in der Mitte noch über 5 ' hoch und hatte einen Durchmesser von 3 Ruthen; von dem früheren Steinkreise um den Hügel waren noch einzelne Steine vorhanden. Die Erde, aus welcher der Hügel aufgeschüttet war, zeigte dieselbe Beschaffenheit wie der Boden umher, nämlich humusreichen Sand, jedoch so mit Dammsteinen vermischt, daß kaum hineinzudringen war. Die Aufgrabung geschah von Osten und es fand sich in dem Hügel eine Steinkiste, welche erst mit der westlichen Wand den Mittelpunct des Hügels berührte, also noch in der östlichen Hälfte des Grabes lag. Diese viereckige Steinkiste war aus großen, nach innen etwas glatt gespaltenen Steinen aufgesetzt, 3 1/2 ' hoch und 4 ' im Quadrate weit; der obere Deckstein fehlte schon. In dieser Steinkiste standen 2 Reihen Urnen über einander, welche aber sämmtlich zerdrückt waren; sie waren alle unverziert und von dunkelbrauner Farbe. Die oberen Urnen standen 2 ' über dem Urboden; es waren ihrer drei, zwei mit Knochen und eine mit Sand und Asche angefüllt. Gleich in der ersten, östlich stehenden Urne lag über den Knochen eine bronzene Nadel, mit edlem Rost überzogen, 4 3/4 " lang, vom Knopfe an in der Länge von 1 1/4 " knieförmig oder wie ein S gebogen. - Auf dem Urboden standen 4 Urnen, 2 große, eine mit Knochen und die andere mit Asche und Sand gefüllt (ossuarium und cinerarium), und ebenso 2 kleinere, mit Knochen eines Kindes. An Altertümern fand sich aber nichts darin. - Der Boden, auf dem diese Kegelgräbergruppe steht, dacht sich südöstlich ab. Vietlübbe, im Juli 1844.

J. Ritter.

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Kegelgrab von Sternberg.

In einem Grabe bei Sternberg wurden in einer zerbrochenen Urne unter Knochen und Asche mehrere Bronze=Alterthümer gefunden und von dem Herrn Burgemeister, Hofrath Schlüter erworben. Derselbe schenkte aus diesem Funde vor dem J. 1834 dem Gymnasium Fridericianum zu Schwerin 2 Handringe aus Bronze welche später zur Sammlung des Vereins kamen (vgl. Jahresber. V, S. 64); gegenwärtig hat derselbe dem Vereine den Rest des Fundes, bestehend aus einem Handringe und einem Fragment eines gewundenen Halsringes geschenkt.

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Begräbnißplatz bei Schwerin.

Bei der Bepflanzung eines Theils des Exercierplatzes bei Schwerin ward ein Begräbnißplatz entdeckt, dessen Stelle allein von Interesse sein kann, da der Inhalt zerstört ist. Der Begräbnißplatz liegt am Wege von Schwerin nach Zippendorf auf der letzten, noch zu Schwerin gehörenden, etwas isolirten Höhe des Höhenrückens, welcher sich am großen See entlang zieht und der "Hals" oder der Exercierplatz genannt wird, kurz vor der zippendorfer Grenze, zwischen dem Wege am Großen See und dem Mittelwege am Faulen See, zwischen der Wiese am südlichen Ende des Faulen Sees (und der äußersten Spitze des Haselholzes) von der einen und dem Kaninchenwerder von der andern Seite, dort wo auf der großen schmettauischen Charte am Großen See der "Born=Berg" verzeichnet steht. Diese Höhe ward zur Bepflanzung mehrere Fuß tief ganz umgegraben oder rajolt und es zeigten sich bei dieser Arbeit an mehrern Stellen viele Scherben von Urnen, welche alle zertrümmert wurden. Die Urnen waren alle einfach von Form, ohne Verzierungen, sehr dickwandig und röthlich, schwarz oder bräunlich von Farbe gewesen. Auch waren zwei Brandstellen erkennbar. Bei der völligen Umwälzung war aber keine Möglichkeit vorhanden, etwas zu retten; auch zeigte sich keine Spur von Alterthümern. Die Urnenscherben hatten den Charakter der Bronzeperiode.

G. C. F. Lisch.

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Gold= und Bronze=Geräthe von Parchim.

Im Herbste des J. 1844 fanden zwei Arbeiter beim Steinsprengen die im Folgenden beschriebenen Alterthümer, welche durch den Herrn Dr. Beyer für den Verein durch Kauf erworben und gerettet sind. Als die Arbeiter nahe am Ufer der Elde in einem Eichenholze am Fuße des Sonnenberges, ganz in der Nähe des Brunnens bei Parchim, einen 3 Fuß dicken und 7 Fuß im Umfange haltenden Stein, welcher noch etwa 1 1/2 Fuß tief in der Erde lag, lösen wollten, drang die Hacke eines Arbeiters plötzlich durch den sehr fest gelagerten Stein= und Kiesgrund unter dem Steine in eine Höhlung, welche sich bei näherer Untersuchung als eine regelmäßig, von flachen Steinen gebildete viereckige Kiste von etwa 1 Kubikfuß Inhalt zeigte. In dieser Kiste lag:

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1) ein Bronzegefäß, welches die übrigen Alterthümer enthielt.

Bronzegefäß

Dieses Gefäß ist der Bestimmung nach eine Büchse von der Art, wie in Frid. Franc. Tab. XII, Fig. 3 und 4, einige abgebildet sind und wie dergleichen in Meklenburg schon einige Male beobachtet sind: die Hauptverzierungen sind nämlich, nach der unten mitgeteilten Abbildung, auf der untern Seite angebracht und die Oeffnung ist durch einen Deckel verschlossen, welcher oben ein Oehr hat, durch welches ein Riegel geht, der an beiden Seiten durch zwei auf den Seitenwänden des Gefäßes stehende Oehren geht. Der Form nach ist das Gefäß eine sogenannte "Hängeurne", wie solche im Strelitzischen öfter gefunden sind und eine im Jahresber. VII, S. 34 abgebildet ist, nur mit dem Unterschiede, daß die strelitzischen Hängeurnen sehr große, ganz anders verzierte und viel jüngere, auch nicht mit einem Deckel verschlossene, jedoch ganz gleich construirte Gefäße sind. - Unser Gefäß ist aber ganz klein, so groß, wie die erwähnten gradwandigen Riegelbüchsen der Kegelgräber, 2 " hoch und 4 " weit im weitesten Durchmesser. In der Mitte des Bodens unter dem scharfen Bauchrande ist ein durch den Guß vertieftes sogenanntes Krücken=Kreuz mit 1 " langen Balken; umher läuft eine Verzierung von

Bronzegefäß: Boden mit Verzierung
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Augen, jedes bestehend aus 3 erhabenen, concentrischen Kreisen, welche durch eine Schlangenlinie verbunden sind, so daß diese Verzierung als ein Vorläufer der wahrscheinlich etwas spätern Spiralverzierungen erscheint. Diese Verzierung ist nach innen durch eine Linie begrenzt, auf welcher nach innen gekehrt Halbkreise stehen, nach außen durch mehrere einfache Linien, welche durch Reihen von Schrägelinien begrenzt sind. Auf dem obern Rande des Bauches sind Parallellinien im Zickzack eingravirt, wie sie auf Handringen öfter vorkommen. - Das Ganze ist mit tiefem, edlen Rost bedeckt. Auch ist das ganze Gefäß aus ziemlich röthlicher Bronze, also aus einer schwachen Legirung mit Zinn verfertigt und scheint daher auf ein hohes Alter zu deuten. - Als das Gefäß gefunden ward, hatte der Rand zwei breite, niedrige Oehren und war durch einen bronzenen Riegel verschlossen, welcher durch diese Oehren und das Oehr des Deckels ging; da der Rand des Gefäßes aber sehr morsch war, so zerbrachen die beiden Oehren beim Oeffnen und auch der Riegel ging verloren; jedoch sind die Grenzen des Riegels in dem Rost des Deckels noch sichtbar.

In diesem Gefäße lagen folgende Alterthümer:

2) ein gewundener goldener Armring, wie der in Jahrb. IX, S. 376 abgebildete, bei Peccatel gefundene, jedoch nicht wie dieser an jedem Ende mit einer Spiralwindung, sondern im gespaltenen Ende mit zwei Spiralwindungen, wie der im Frid. Franc. Tab. XXII, Fig. 1 abgebildete. Er war bei der Auffindung vollkommen erhalten und glänzend, grade so groß, wie der Bauchrand des Bronzegefäßes, und in diesen eingeklemmt, so daß er nur durch Zusammendrücken herausgenommen werden konnte. Er ward später bei der Untersuchung des Metalls, welches lange Zeit nicht als Gold erkannt ward, mitten durchbrochen, und so ist mit der Zeit die eine Hälfte verloren gegangen, angeblich durch Kinder verspielt; über den Werth der noch vorhandenen Hälfte wurden die Finder erst durch den Herrn Dr. Beyer unterrichtet.

Die Art der Verfertigung der gewundenen goldenen Armringe, welche jedenfalls der Aufmerksamkeit würdig ist und manches Räthselhafte zu bergen scheint, ist durch das Auseinanderbrechen dieses Ringes klar ans Licht getreten. Mit den Reifen sind diese Ringe nicht gegossen, auch sind die Windungen nicht eingefeilt; eben so wenig können sie aus einer runden Stange gedreht sein. Nach vielen Spuren, welches unser Ring zeigt, sind diese Ringe aus mehreren zusammengelegten, dünnern Stangen gedreht: man sieht an

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vielen aus dem Verbande gekommenen Stellen ganz klar die Fugen zwischen den einzelnen Dräthen und am Bruche die Enden dieser Dräthe selbst. Die große Frage ist nun, wodurch eine so innige Verbindung erzeugt ist, daß die Ringe aus Einem Stücke zu bestehen scheinen. Dies scheint völlig räthselhaft zu sein.

Ferner lagen in dem Gefäße:

3) 12 kleine sogenannte Hütchen oder Buckel aus Bronze, wie Frid. Franc. Tab. XXXIII, Fig. 10, jedoch nur ungefähr 1 " hoch, und

4) 11 flache runde Knöpfe aus Bronze, etwas über 1 " im Durchmesser, unten mit einem kleinen Oehr zum Aufheften; einer ist verloren gegangen.

Der Fund gehört in allen seinen Theilen zu den seltenen.

G. C. F. Lisch.

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Bronze=Geräthe von Dahmen.

Zu Dahmen am malchiner See wurden beim Modergraben 6 Fuß tief in einem Moderloche mehrere höchst interessante, völlig wie neu erhaltene, von Rost freie Bronzen gefunden, durch die Aufmerksamkeit des Herrn Barons A. von Maltzan auf Peutsch zu Rothenmoor gerettet und von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan auf Rothenmoor, Dahmen etc. . dem Vereine geschenkt. Der Fund besteht aus einer Schale und zwei paar Spiralringen.

Das Interessanteste des Fundes ist eine

Bronzeschale

Bronzeschale

von einfacher, ernster, sehr schöner Form, aus Bronzeblech getrieben und mit getriebenen Verzierungen geschmückt, 2 3/4 "hoch,

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6 3/4 " weit in der Oeffnung, mit einem 3/4 " hohen, eingezogenen und nach außen gelehnten Rande, welcher auf dem ebenfalls 6 3/4 " weiten Bauchrande steht, mit einem Boden von 1 3/4 " Durchmesser. Vom Bauche bis zum Rande liegt ein breiter Henkel von der Weite eines starken Zeigefingers. Die Verzierungen bestehen vorzüglich aus erhabenen, kleinen, runden Buckeln von 3/16 " Durchmesser, welche von innen heraus getrieben sind, ähnlich den Buckeln, mit welchen die Lederrüstung von Peccatel (Jahrb. IX, Lithogr., Fig. 8 und 8c.) beschlagen ist; um den eingezogenen Rand läuft eine Reihe solcher getriebener Buckel; um den obern Theil des Bauches laufen zwei Reihen, welche zwischen drei Reihen getriebener Knötchen von der Größe eines Stecknadelkopfes liegen. Der kreisrunde Boden ist von einem von innen heraus getriebenen, erhabenen Rande von beinahe 1/2 " Breite begrenzt. Die Schale ist von alter Bronze. Der an jeder Seite mit drei Furchen verzierte Henkel aber ist an jedem Ende mit zwei Nieten von rothem Kupfer befestigt. Das Gefäß gehört zu den großen Seltenheiten; wenigstens ist in Meklenburg noch keine ähnliche Schale aus Bronze beobachtet. Uebrigens zeugt der durchfressene Boden vom Gebrauche über dem Feuer. - Die Form des Gefäßes gleicht ganz den Formen der in den reinen Kegelgräbern, namentlich auf der benachbarten Feldmark Moltzow öfter gefundenen kleinen Schalen.

Schalen von allen Größen sind nämlich den aus der Bronzeperiode stammenden Kegelgräbern eigenthümlich. Oft sind die Schalen groß und weit, wie die in Frid. Franc. Tab. XXXV, Fig. 13 und 14 abgebildeten; dann haben sie zur Bedeckung der großen Knochenurnen gedient, wie dies in dem Kegelgrabe von Meyersdorf (vgl. Jahresber. V, S. 47) und in mehrern Kegelgräbern von Perdöhl (vgl. Jahresber. V, S. 50, Nr. 5, S. 52, Nr. 17 und 18, und S. 54, Nr. 23 und 24) sicher beobachtet ward. Andere Schalen sind klein; auch diese haben zuweilen zur Bedeckung von Urnen mit engen Mündungen gedient, wie dies in einem Kegelgrabe von Gallentin (vgl. Jahresber. II, S. 38, Nr. 2) und in einem Kegelgrabe von Moltzow (vgl. Jahresber. VI, S. 137) ebenfalls sicher der Fall war. Diese beiden Schalen von Moltzow sind der hier abgebildeten Bronzeschale ganz ähnlich. Zuweilen sind ähnliche kleinere Schalen auch nicht zur Urnenbedeckung gebraucht gewesen, wie eine kleine Schale, welche in einer in einem Kegelgrabe von Moltzow stand (vgl. Jahresber. VII, S. 22) und in der Grundform unserer Bronzeschale gleich ist. Die in dem Hünengrabe von Moltzow gefundene Schale aus

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der Bronzeperiode (vgl. oben S. 265, Nr. 1, und S. 267) ist ebenfalls der Bronzeschale ähnlich. Ueberhaupt ist die gleiche Gestaltung der Gefäße auf der Feldmark von Moltzow (vgl. oben S. 264) merkwürdig.

In dieser Schale und unter einer Sandsteinplatte wurden

zwei Paar Spiralcylinder

gefunden, in jeder Hinsicht ebenfalls von seltener Beschaffenheit.

Spiralcylinder

Das eine Paar ist 4 1/2 " hoch und 3 " weit, das andere 3 " hoch und 2 3/4" weit. Als sie aufgefunden wurden, steckte immer eine kleine Spirale in einer größern.

Die Grundform und Arbeit an beiden Paaren ist gleich. Die Hauptmasse besteht nämlich aus einer Spiralwindung von breiten, flachen und glatten Bronzestreifen, welche an beiden Enden in ganz schmale, halbrunde Drathenden auslaufen. Die breiten Enden sind mit einer ununterbrochenen Zickzacklinie verziert, welche aus eingegrabenen kurzen, senkrechten Parallelstrichen gebildet ist. Die Spiralen ähneln daher der in Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 5 abgebildeten Spiralen, jedoch mit den hier angegebenen Abweichungen. Der Herr Baron A. von Maltzan auf Peutsch fand im römischen Antiquarium zu Berlin ein Paar ganz gleiche Spiralen, welche der Angabe nach in Süditalien gefunden sein sollen.

Die großen Spiralen, deren jede aus einem 9 Fuß langen Bronzestreifen besteht, haben 6 Windungen aus breitem Blech und an jedem Ende 2 Windungen aus Drath; die kleinen Spiralen haben 4 Windungen aus breitem Blech und an jedem Ende 2 Windungen aus Drath.

Die kleinen Spiralen gehören wohl zur Bedeckung der Unterarme, die großen zur Bedeckung der Oberarme oder der Beine über dem Fußknöchel.

G. C. F. Lisch.

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Spiralcylinder von Moltzow.

In einem Moderloche zu Moltzow, nicht ferne vom malchiner See, ward beim Modergraben ein gewöhnlicher, vom Roste nicht befallener Spiralcylinder von halbrundem Bronze=

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drath, wie Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 8, von 15 Windungen, gefunden und von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan auf Rothenmoor, Moltzow etc. . dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.

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Kupfernes Pferdebild von Varchentin.

Der Herr Dr. Jenning zu Stavenhagen hat ein kleines Pferdebild geschenkt, welches sichern Erkundigungen zufolge vor mehreren Jahren zu Varchentin bei Stavenhagen beim Mergelgraben in einer kleinen Steinkiste zwischen den Scherben einer zertrümmerten Urne gefunden ist. Das Bild ist vorne gut 1 1/2 ", hinten nur 5/8 " hoch und ungefähr 2 " lang. Es ist einfach und roh gearbeitet; die Beine sind zusammengegossen und nur unten an der Stelle der Füße getrennt und auseinander gebogen; die vordern Beine sind noch einmal so hoch, als die hintern; die Ohren stehen wie kleine Hörner aufwärts;

Kupfernes Pferdebild von Varchentin

ein Schwanz fehlt. Der Rost ist nur leicht. Dicht unter dem Kopfe ist der Hals durchbohrt und das regelmäßige Loch zeigt Spuren, daß das Bild an einem Ringe getragen ist. Der Leib des Ringes ist voll gegossen und aus rothem Kupfer, die Ohren sind jedoch aus Bronze.

Die Verbreitung und Bedeutung solcher Thierbilder ist noch sehr wenig zur Sprache gekommen. In Meklenburg=Schwerin ist unser varchentiner Bild das erste, welches bekannt geworden ist. - In der großherzoglichen Sammlung zu Neustrelitz werden 3 gleich große Bilder ähnlichen Styls aufbewahrt; eines von diesen ist zu Warbende beim Pflügen gefunden, der Fundort der andern ist nicht bekannt. Diese 3 Bilder sind offenbar Stierbilder, nach ihrer kurzen, gedrungenen Gestalt und den langen Hörnern. Alle drei sind voll aus Bronze gegossen und alt; namentlich hat das bei Warbende gefundene schönen edlen Rost. Ein viertes, ganz gleiches Exemplar eines kleinen Stierbildes ward, nach den zuverlässigen Mittheilungen des Herrn Gymnasiallehrers Masch zu Neu=Ruppin, der dasselbe mehrere Male gezeichnet und auch dem Vereine eine Zeichnung geschenkt hat, dem längst verstorbenen Kammerrath Mende zu Neustrelitz gebracht; dasselbe war zu Rödlin

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bei Neustrelitz beim Pflügen unter einer Menge kleiner, feiner Knöchelchen gefunden. Der Drath, der die Hörner bildete, war in einem Loche beweglich. Nach Mende's Tode ward das Bild mit dessen Münzsammlung in Dresden verkauft. - In der Sammlung des Herrn Grafen von Zieten auf Wustrau bei Neu=Ruppin befindet sich ein gleich großes metallenes Bild, welches nach dem langen, runden Leibe, dem langen Rüssel, der Stellung der Beine und dem Mangel an Hörnern einem Schweine gleicht. Der Fundort ist unbekannt. - Bei Schlieben ward in der Urne eines Grabhügels ein dem varchentiner ähnliches Pferdebild gefunden, welches jetzt in der Sammlung vaterländischer Altertümer zu Berlin aufbewahrt wird; vergl. Klemm Handbuch der germanischen Alterthumskunde S. 366 und Abbildung T. XXII, und Bericht der deutschen Gesellschaft in Leipzig, 1831, S. 8 flgd. und Abbildung Fig. 1. - Klemm besitzt nach seiner Mittheilung a. a. O., Not. 5, zwei dem schliebenschen ähnliche Pferdebilder, welche auf dem Rücken ein Oehr haben.

Dies sind, so weit unsere Nachrichten reichen, die bisher bekannt gewordenen, in Norddeutschland gefundenen Thierbilder. Alle sind von gleicher Arbeit und gleichem Styl und gehören offenbar einer sehr alten Zeit an. Der edle Rost, welchen mehrere tragen, weiset sie in die Zeit der reinen Kegelgräber aus der Bronze=Periode zurück, und zwar in eine sehr frühe Zeit derselben, da unser varchentiner Bild noch aus rothem Kupfer gegossen, die Ohren aber später aus Bronze angesetzt sind. Die Bildungen sind Stiere oder Pferde, eines vielleicht auch ein Eber, also Darstellungen heiliger Thiere der Germanen. Offenbar waren es Votivbilder oder vielmehr Amulete, da die meisten zum Tragen eingerichtet und alle sehr klein und von derselben Größe sind.

G. C. F. Lisch.

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Commandostab von Glasin.

Die sogenannten Commandostäbe aus Bronze, bestehend aus einer beilartigen Waffe mit langem Stiel aus Bronze, sind im germanischen Norden eine auffallende Erscheinung, sowohl wegen ihrer Gestalt, als wegen der Erzcomposition, da dieselbe auch etwas Silber enthält man vergl. Jahrb. IX, S. 340. Schon früher wurden in Meklenburg zu Blengow drei gefunden (vergl. Frid. Franc. Erl. S. 115 und Tab. XXIII, Fig. 1), von denen ein Exemplar im großherzoglichen Antiquarium aufbewahrt wird; später ward zu Hans=

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dorf ein anderes Exemplar gefunden (vgl. Jahresber. II, S. 47), welches in der Vereinssammlung aufbewahrt wird.

Commandostab von Glasin

Zufall und Theilnahme führten dem Vereine ein drittes Exemplar zu. Ein unbekannter, hausirender Nagelschmied hatte es mit altem Eisen an den Schmied zu Glasin bei Neukloster verkauft, der es beim Probiren zerschlug. Hier fand es der Herr Hülfsprediger Born zu Neukloster, der es nach den letzten Jahrbüchern des Vereins sogleich erkannte, erwarb und dem Vereine zum Geschenk darbrachte. Das Exemplar ist, wenn auch in 5 Stücke zerschlagen, doch bis auf die Beilspitze ganz vollständig und gewährt durch die Zertrümmerung einen Blick in das Innere. Es ist fast ganz so gebildet, wie das zu Blengow gefundene, nur ein wenig größer in allen Dimensionen, und offenbar von demselben Künstler gearbeitet; vielleicht ist es eines der drei bei Blengow im J. 1808 gefundenen Exemplare, welche bisher spurlos verschwunden gewesen sind. Das zu Hanstorf gefundene Exemplar ist in den Verzierungen von anderer Art. Der Stiel des glasinschen Exemplars ist bis ans Ende ganz hohl gegossen; jedoch hat die Höhlung nicht zur Aufnahme irgend eines Gegenstandes dienen können, da an einigen Stellen in der Mitte der Stiel durch Unvollkommenheit des Gusses voll gegossen und an einer Stelle zur Füllung einer Lücke in der Oberfläche ein Stift quer durch getrieben ist. Das Beil ist in der Richtung des Stiels auch hohl gegossen. An der Stelle der Zusammenfügung des Beils und des Stiels geht dieselbe verzierte Verbindung, welche jetzt durchbrochen ist, über beide Theile.

G. C. F. Lisch.

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Bronzewaffen von Glasin bei Neukloster.

Im Sept. 1844 fand der Schullehrer Elbrecht zu Glasin in einer Wiese 1 1/2 Fuß tief beim Torfstechen an einer Stelle

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beisammen 1 Framea von Bronze, wie Frid. Franc. Tab. XIII, Fig. 7, und 23 Lanzenspitzen aus Bronze, mit Schaftloch und zwei Nagellöchern, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. VIII, Fig. 5; die Lanzenspitzen sind alle von gleicher Größe und ungefähr gleicher Form, jedoch in den Umrissen etwas von einander abweichend, also alle in verschiedenen Formen gegossen; alle sind sehr angegriffen und braun tief verwittert und theils sehr zerbrechlich, theils zerbrochen. Durch Vermittelung des großherzoglichen Amtes zu Warin sind diese Bronzewaffen in das großherzogliche Antiquarium abgeliefert.

G. C. F. Lisch.

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Armring von Gnoien.

Der Herr von Kardorff auf Remlin kaufte bei dem Kupferschmiede Stolzenburg zu Gnoien einen Armring und schenkte ihn zu den Sammlungen des Vereins. Der Ring, welcher in einem Moor oder Gewässer gefunden sein muß, ist ohne allen Rost und zeigt manche bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit. Er ist geschlossen, 3 " im Durchmesser, 3/4 " breit, hohl, aus dünnem Bleche. Das Blech ist nicht getrieben sondern gegossen, wie man auf der innern Fläche dieses von Rost nicht angegriffenen Ringes deutlich sieht, indem auf dieser noch alle und viele Erhöhungen und Unregelmäßigkeiten des Gusses stehen; auch ist eine ganze Stelle des Ringes auf der Außenseite sehr porös. Man kann daher annehmen, daß die hohlen Ringe der Bronzezeit wie alle übrigen Geräthe ebenfalls gegossen sind, wenigstens als Blech. Uebrigens ist die Bronze ziemlich roth und hat daher wohl wenig Zinn. An der Stelle der Zusammenfügung ist der Ring zierlich geschweift und mit einem breiten Querbande und an jeder Seite mit vielen schmalen Querlinien verziert.

G. C. F. Lisch.

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Goldenes Diadem von Schwasdorf.

Goldene Diademe sind in Dänemark öfter gefunden; auch in Meklenburg hat der Unterzeichnete einige Male Gerüchte von der Auffindung solchen Schmuckes hieselbst vernommen, jedoch nie bestimmte Nachricht darüber gewinnen können. Jetzt bringt der Herr von Kardorff auf Remlin zu Gnoien sichere Kunde über die Auffindung eines goldenen Diadems, welches, wie so viel Wertvolles, wiederum in Hamburg's Schmelztiegeln den Untergang gefunden hat.

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Vor etwa zehn Jahren fanden nämlich Steinbrecher, welche für die rostock=neubrandenburger Chaussee Steine sprengten, unter einem Haufen von Steinen (also wahrscheinlich in einem Kegelgrabe) zu Schwasdorf bei Gnoien, mit Remlin grenzend, ein Stück gelbes Metall, welches sie zu sich und am nächsten Sonntage mit nach Gnoien nahmen, um es hier zu verwerthen. Der israelitische Kaufmann Beer zu Gnoien kauft den Gegenstand und schickt ihn zum Einschmelzen nach Hamburg, wo er 80 Thaler Gold dafür erhält. Nach der Aussage und Beschreibung des Kaufmanns Beer, welcher in dem Rufe eines zuverlässigen, achtungswerthen Mannes steht, ist der Gegenstand wie ein kleiner "Mützenschirm" gestaltet gewesen, also ohne Zweifel ein aus der Bronze=Periode stammendes Diadem, wie es in Jahrb. IX, S. 333 abgebildet ist.

G. C. F. Lisch.

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Glasperlen vom Diadem von Putbus.

Im J. 1824 ward bei Putbus durch den sogenannten Tannenberg ein Weg gegraben und dazu die Erde etwa 16 Fuß tief weggeräumt. Hiebei ward ein Diadem gefunden, an welchem Menschenhaar und etwas verbranntes Zeug hingen. An dem Diademe saßen ungefähr 100 Perlen, etwas größer als Erbsen, weiß, roth und grün. Die weißen zerfielen, als sie an die Luft kamen. Das Diadem ist verloren gegangen. Von den Perlen hat der Herr Dr. Jenning zu Stavenhagen eine undurchsichtige rothe und eine durchsichtige grüne mit der vorstehenden Nachricht eingesandt.

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d. Zeit der Wendengräber.

Grab von Sembzin.

In einer Sandgrube auf dem Felde von Sembzin, an der Landstraße von Röbel nach Waren, an der Müritz, wurden im Sommer des J. 1843 folgende Alterthümer gefunden und von dem Herrn Klosterhauptmann von Borck zu Malchow dem Vereine überliefert:

1) die Scherben einer heidnischen Urne, hellbraun, ohne Verzierungen, stark mit zerstampftem Granit durchknetet, dem Anscheine nach aus der ältern Zeit der Eisenperiode; die Scherben, so wie die in der Urne befindlich gewesenen verbrannten Knochen haben Spuren von Eisenrost.

In der Urne hatte gelegen:

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2) eine Kette von Bronze, aus einfachen, runden, schräge durchschnittenen Gliedern, 2 ' 9 " lang, welche in besondern, eingehängten Gliedern blaue Glasperlen trägt, ganz wie sie in Wendenkirchhöfen gefunden werden; zu dieser Kette scheinen zu gehören:

3) zwei Nadeln von Bronze, beide gleich, ungefähr 4 " lang, am Kopfende breit geschlagen, etwas gebogen und in zwei entgegengekehrte platte Spiralen von ungefähr 1 1/4 " Durchmesser auslaufend; in Kruse Necrolivonica Tab. 12, Fig. 5 ist eine ähnliche Kette ebenfalls mit 2 Nadeln abgebildet; ferner war in der Urne gewesen:

4) eine etwas beschädigte, kleine Heftel von Bronze mit einem zu einem hohlen, runden Knopfe gestalteten Bügel von ungefähr 3/4 " Durchmesser, und

5) ein großer, breiter, hohler, wulstförmiger Armring aus Bronzeblech, wie ein Wulst, nach innen der Länge nach offen, 3/4 " hoch in der Rundung, 1 " breit, ganz wie Frid. Franc. Tab. XXI, Fig. 4, nur schmaler in den Dimensionen. Der Ring ist leider in mehrere Stücke zerbrochen; in drei Stücke zerbrochen war er jedoch schon bei der Beisetzung.

Alle Alterthümer, welche nur leichten, nirgends edlen Rost haben, sind in Meklenburg durchaus eigenthümlich und selten. Die Spiralen an den Nadeln sind zwar in den Ostseeländern gewöhnlich, aber sie sind bisher noch nicht an Nadeln bemerkt; der in Frid. Franc, abgebildete hohle Armring ist der einzige seiner Art in den Sammlungen Meklenburgs; Ketten und Hefteln, wie sie dieser Fund enthält, sind aber noch nie in Meklenburg beobachtet worden. Dem Roste und dem Charakter nach haben diese Alterthümer Aehnlichkeit mit den auf dem benachbarten Gute Klink (vgl. Jahresber. III, S. 64 flgd.) und bei Ludwigslust (vgl. Frid. Franc. Erl. S. 63 flgd.) gefundenen, wahrscheinlich aus der Uebergangsperiode von der Bronze= zur Eisenperiode stammenden Alterthümern; die bei Ludwigslust gefundenen Fingerringe mit 2 Spiralen (Frid. Franc. Tab. XXIII, Fig. 16) gleichen an Arbeit und Rost ganz den Spiralen der Sembziner Nadeln. Das Kettenwerk ist aber vorzüglich mehr nach Norden und Osten hin (vgl. Kruse Necrolivonica) aus der jüngern heidnischen Periode beobachtet worden, wenn auch die kobaltblauen Glasperlen die Eisenperiode in Meklenburg charakterisiren.

Schwerin.

G. C. F. Lisch.

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Wendenkirchhof von Kuppentin.

Nahebei dem Dorfe Kuppentin, etwa 85 Ruthen von der Kirche in südöstlicher Richtig, erstrecken sich auf beiden Seiten des Weges nach Plau, nördlich und südlich mehrere hundert Schritte lang und etwas weniger breit, sandige Hügel, die zum Theil vom Winde zusammengewehet scheinen und jetzt mit Tannen bestanden sind. In einer Sandgrube zwischen dem Daschower und Plauer Wege waren, nach dem Berichte der Einwohner, schon oft Urnen, mit Knochen angefüllt, zum Vorschein gekommen. Auf Einladung des Herrn von Bülow zu Kuppentin und des Herrn von Kardorff auf Remlin begab ich mich dorthin und stellten wir, besonders da am Plauer Wege Steinkreise beim Grabenziehen sichtbar geworden Nachforschungen an. In der bezeichneten Sandgrube fanden wir Urnenscherben verschiedener Art und nach vielen Versuchen entdeckten wir am nördlichen Rande der Grube

1) eine Urne von hellbrauner Farbe, halb angefüllt mit kleinen, feinen Knochen, offenbar von einem Kinde. Die Urne maß 6 1/2 " in der Höhe, 3" in der Oeffnung, 7 1/2 " in der Bauchweite und 2 3/4 " in der Basis, war aber zerbrochen. -Lohnender war die Untersuchung am Plauer Wege, wo drei kleine Steinkreise von etwa 6 ' Durchmesser in der Richtung von Osten nach Westen, jeder gegen 10 Schritte von dem andern entfernt, sich zeigten. Von Osten stand

2) eine Urne von 6 1/4 " Höhe, 6 1/2 " in der Oeffnung, 7 3/4 " in der Bauchweite und 3 1/2 " in der Basis haltend. Darüber war ein überfassender Deckel mit einem Henkel. Die Urne war zerbrochen, aber ganz von Gestalt der erhaltenen unter Nr. 4 ähnlich. Der Inhalt bestand aus Knochen.

3) Die folgende Urne war 7 " hoch, maß in der Oeffnung 7 ", im Bauche 10 " und in der Basis 3 ". Oben war die Wand der Urne 4 " hoch, fast senkrecht, und der Bauch so spitz ausgebogen, daß er unter dem Drucke der Steine gänzlich zerbrochen war. Der überfassende Deckel war eine Schale mit einer Basis von 3 ". Die Urne war voll Knochen und Asche und stand auf einem platten, ganz glatten Steine.

4) Die letzte Urne ist wohl erhalten, 9 1/2 " hoch, hält 10 " in der Oeffnung, 12 " in der Bauchweite und 5 " in der Basis; ihre Gestalt ist ähnlich der im Frid. Franc. Tab. VI, 1 abgebildeten. Darüber war ein überfassender Deckel, einer Schale ähnlich, mit einer Basis, die wie bei gewöhnlichen Flaschen von unten hohl und nach innen erhaben eingedrückt ist. Ueber den fast bis zum Rande der Urne reichenden Knochen

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lag in der Mitte ein Ring von sehr heller Bronze, fast 1 " weit, aus dickem Drath, dessen Enden zusammengelöthet sind.

Die gefundenen Alterthümer sind als Geschenk des Herrn Landraths von Blücher auf Kuppentin in die Sammlung des Vereins gegangen.

Ein weiterer Versuch, einen der Sandhügel zu untersuchen, ließ uns im Westen des Begräbnißplatzes, fast in der Mitte der Länge, eine Brandstelle entdecken, die voll Asche, Kohlen und Knochenfragmenten eine Länge von 8 Fuß in der Richtung von Osten nach Westen und eine Breite von 3 bis 4 Fuß hatte; die Steine waren schwarz gebrannt und waren dammförmig gelegt.

Vielleicht dürfte dieser Ort noch künftig manche Ausbeute geben, so wie schon vieles verloren gegangen ist, z. B. eine kupferne Kapsel oder großer Nadelknopf, wie er zu Helm gefunden ist, mit dem lange die Kinder eines Tagelöhners gespielt haben. Für's Erste läßt sich nicht weiter, als etwa in der Nähe der Sandgrube nachsuchen; das Nachgraben aber hält schwer, weil der Sand über den früheren tragbaren Boden bis zu 5 Fuß angehäuft ist.

Vietlübbe, im Mai 1844.

J. Ritter.

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Wendenkirchhof von Vietlübbe (Stievendorf).

Auf der südwestlichen Seite von Vietlübbe, auf dem Acker des untergegangenen Dorfes Stievendorf, an der südöstlichen Seite eines vom Dorfe aus sich hinziehenden Hügels wurden auf mehreren Stellen Urnenscherben, wie die Wendenkirchhöfe sie zeigen, von brauner und schwarzer Farbe, gefunden. Da ich zugleich an einigen Stellen Setzungen von Dammsteinen, ähnlich denen auf Wendenkirchhöfen, fand, so ließ ich an zwei verschiedenen Orten nachgraben. Zwar fand ich Urnenscherben genug, auch noch zwischen Steine gepackt Boden von mehreren Urnen, aber der Inhalt war schon mit dem Haken überall zerstreuet und die Urnen zertrümmert. Doch hoffe ich noch an einigen Stellen, die ich augenblicklich der Ackerbestellung wegen nicht untersuchen kann, einige Ausbeute zu erhalten. Der Urboden ist abwechselnd Sand und sandiger Lehm.

Vietlübbe, im August 1844.

J. Ritter.

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Wendenkirchhof zu Liepen bei Penzlin.

Von dem Herrn Pastor Nahmmacher zu Peccatel darauf aufmerksam gemacht, daß bei dem Dorfe Liepen sich kleine, flache Gräber befänden, aus denen schon hellrothe Scherben bei Anlegung eines Weges zum Vorschein gekommen seien, begaben in seiner Begleitung der Herr von Kardorff auf Remlin und ich uns dahin, bei Gelegenheit der Aufgrabung des großen Kegelgrabes von Peccatel. Die Stelle liegt einige hundert Schritte nördlich vom Dorfe, am östlichen Ufer des Sees, mit einer Abdachung nach Süden. Auf demselben liegen anscheinend flache Kegelgräber, allein sie sind nicht rund und das Ganze hat das Ansehen eines Wendenkirchhofes, welches sich auch dadurch bestätigt, daß zwischen den kreisförmigen Gräbern auch längliche und andere unförmliche Steinlagen sich befinden. Diese Steine liegen hier nicht von Natur, da es ein weicher, fast wehsandartiger Boden ist, ohne Spuren von Gerölle; auch fehlen umher überall Steine. Eine der kreisförmigen Stellen öffneten wir und fanden am südöstlichen Rande neben einander 2 Urnen. Die eine fast erhaltene Urne ist schwarzbraun, 12 1/2 " hoch, 10 " in der Oeffnung, 12 " in der Bauchweite und 4 3/4 " in der Basis haltend. Der Inhalt bestand aus Knochen und schwarzgebrannter Erde nebst Asche. Ueber der Urne war ein schalenförmiger Deckel von röthlicher Farbe, verziert mit sich schräg durchschneidenden Linien, Bändern und einem Henkel. Die daneben stehende Urne war klein, ganz zertrümmert, mit feinen Knochen angefüllt, unter denen eine flache, dünne, runde Scheibe aus Sandstein, mit einem Loche in der Mitte (Spindelstein?), 1 1/8 " im Durchmesser haltend, sich fand. Auffallend war noch, daß die Erde um die Urnen hier mit Branderde und Kohlen angefüllt war. Die Urnen waren bis an den obern Rand in den Urboden eingesenkt, und die Auftragung von Sand und Steinen betrug 2 bis 2 1/2 Fuß.

Ein anderer Wendenkirchhof liegt am Wege von Liepen nach Kl. Vielen links, nicht weit von der Stelle, wo der Weg nach Adamsdorf davon abgeht. Eine Untersuchung war wegen Kürze der Zeit nicht möglich. Der Platz aber trägt den Charakter des Helmer Kirchhofes; besonders sind kleine Steinkreise zu Tage liegend.

Vietlübbe, im Juni 1844.

J. Ritter.

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Wendenbegräbniß von Pleetz.

Auf dem gräflich=hahnschen Gute Pleetz bei Friedland wurden links hart am Wege vom Hofe nach der sogenannten Tannenschäferei auf einem Stücke ebenen, sandigen Ackers beim Sandgraben ungefähr 4 Fuß tief in einer schwarzen Urne, welche jedoch zertrümmert war, folgende Alterthümer gefunden und von dem Herrn Erblandmarschall Grafen Hahn auf Basedow, Pleetz etc. . dem Vereine überwiesen:

eine Lanzenspitze aus Eisen;

ein Messer aus Eisen;

ein kleiner Beilhammer aus Eisen, an einem Ende mit einem Hammer, am andern mit einem Querbeile, 4 1/2 " lang und ungefähr 1/2 bis 3/4 " Durchmesser im Quadrat;

eine Heftel aus Bronze von der gewöhnlichen Art der Hefteln der Wendenkirchhöfe, abgebildet Jahrb. IX, S. 343.

G. C. F. Lisch.

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Wendischer Silberschmuck von Schwerin und Remlin.

In Jahrb. IX, S. 388-392 und 460 flgd. sind zwei ganz gleiche Funde von Silberschmuck und Silbermünzen beschrieben und abgebildet, welche nach den Münzen aus der Zeit um das J. 1000 n. Chr. fallen. Ein ganz gleicher Fund ward ungefähr zu gleicher Zeit zu Obrzycko an der Warthe im Oborniker Kreise des Regierungs=Bezirks Posen gemacht und ist beschrieben und abgebildet von Dr. Julius Friedländer: Der Fund von Obrzycko, Silbermünzen aus dem zehnten christlichen Jahrhundert, Berlin, 1844. Aehnliche Funde sind bekanntlich schon früher mehrere Male gemacht. Es läßt sich daher die Verbreitung einer gewissen Art von Silberschmuck zu einer bestimmten Zeit über einen großen Raum verfolgen. Interessant ist, daß zu dem Funde von Obrzycko auch noch der Topf erhalten und a. a. O. abgebildet ist, in welchem der Schatz gefunden ward; es ist ein Topf von 10 " Höhe, welcher "vier kleine Henkel zum Durchziehen von Schnüren" hat, also grade ein solcher Topf, wie einer auf folgender Seite als bei Gnoien gefunden und zum häuslichen Gebrauche bestimmt gewesen, beschrieben ist.

G. C. F. Lisch.

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Tragetopf von Gnoien.

Im Torfmoor bei Gnoien ward 8 Fuß tief ein thönernes Gefäß gefunden und von dem Herrn von Kardorff auf Remlin, welcher es durch gütige Vermittelung des Herrn Kämmerei=Berechners Francke zu Gnoien erhalten hatte, dem Verein geschenkt. Dieses Gefäß ist im hohen Grade interessant, weil es keine Todtenurne ist, sondern ein zum häuslichen Gebrauche bestimmtes Gefäß; Gefäße der letztern Art aus dem Heidenthume gehören aber zu den allerseltensten Alterthümern. Daß es nicht, wie fast alle aus heidnischer Zeit stammenden Gefäße, zum Todten=Cultus gebraucht ward, beweiset nicht allein die Auffindung im Torfmoor, sondern auch Gestalt und Beschaffenheit. Das Gefäß, welches 10 " hoch ist und 10 " im Bauchdurchmesser mißt, hat nämlich eine unten abgeplattete, eiförmige Gestalt und einen eingezogenen, 2 1/2 " hohen und 6 " weiten Hals; auf dem Obertheile des Bauchrandes stehen entgegengesetzt je 2 und 2, also 4 starke, mit 2 Stützen aufgesetzte Knoten, durch welche ein ziemlich großes Loch gebohrt ist, um eine starke Schnur durchziehen zu können; und wirklich sollen beim Auffinden noch Fäden einer Schnur (eines Seils) in den Löchern gehangen haben. Das Gefäß ist also zum Tragen von Flüssigkeiten bestimmt gewesen und die älteste Form von dem, was noch heute in Meklenburg ein Seiltopf (sêlpott) genannt wird. Die Form des Gefäßes ist übrigens schön; die Farbe desselben ist schwarz und über jedem Knopfe ist eine viereckige Gruppe von 9 runden Löchern zur Verzierung eingeschnitten. Daß das Gefäß aus dem Heidenthume stammt, beweisen nicht allein Form und Einrichtung, sondern auch die Masse, welche stark mit zerstampftem Granit und Glimmerfünkchen durchknetet ist. Das Gefäß hat Aehnlichkeit mit den zu Böhlendorf in einem Moraste gefundenen Gefäßen (vgl. Jahresbericht VIII, S. 56) und dem zu Obrzycko mit Silbergeräth angefüllten Topfe (vgl. vorhergehende Seite).

G. C. F. Lisch.

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Urnen vom Mörderberge bei Neubrandenburg.

Auf dem Mörderberge in der Nähe der Krappmühle bei Neubrandenburg wurden bei einer Nachgrabung viele Scheren von heidnischen Urnen gefunden, welche offenbar Mäntel oder Umkleidungen hatten. Diese Urnenmäntel sind 3/4 " dicke, sehr leicht und hellklingend gebrannte oder vielmehr durchbrannte, ganz roh geformte Bildungen von der gewöhnlichen Masse der Urnen. Einige Stücke verdankt der Verein der Güte des Herrn Pastors Boll zu Neubrandenburg.

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e. Vorchristliche Alterthümer auswärtiger Völker.

Römische Thonmaske von Friedrichsdorf

bei Bukow.

Zu Friedrichsdorf bei Bukow, Pfarre Drevskirchen, ward in einer Mergelgrube ein merkwürdiges Thongebilde gefunden und dem Vereine von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster geschenkt, welcher es von dem Besitzer des Gutes, Herrn Koch, geschenkt erhalten hatte. Auf angestellte weitere Forschungen hat auch Herr Koch gütigst berichtet, daß die Terracotta in einer Mergelgrube zu Friedrichsdorf, etwa eine Stunde vom Strande der Ostsee, von einem Tagelöhner gefunden sei. Der Fund ist also sicher constatirt.

Die Terracotta ist ein Reliefgesicht aus gebranntem, röthlichen Thon, unten abgebrochen und grade bis unter das Kinn reichend. Das Ganze ist 1 3/4 " hoch. Das Gesicht, gut 1 " hoch, ist ein fein gearbeitetes Mädchengesicht, mit jugendlichen, runden, heitern und kräftigen Zügen, auf dessen Stirn horizontal und an dessen Schläfen hinab ein faltiger Schleier liegt. Das Haupt umgiebt ganz, gegen 3/4 " breit, eine Bildung, wie eine Glorie, von 4 parallel laufenden, erhabenen Zickzacklinien.

Die Erklärung des Ursprunges und der Bedeutung dieser seltenen und schönen Terracotta ist äußerst schwierig. Es sind kundigen Kreisen in Berlin Gipsabgüsse vorgelegt, ohne jedoch eine bestimmte Ansicht oder auch nur eine Andeutung über die Heimath gewinnen zu können. Im königlichen Antiquarium zu Berlin befinden sich einige ähnliche Bildungen, namentlich eine, welche in Panofka Terracotten des königlichen Museums zu Berlin, Taf. 62, Nr. 3, abgebildet ist; aber Panofka giebt auch keine Auskunft und räth auf eine Meduse oder Selene, freilich ohne Begründung und Wahrscheinlichkeit, um so weniger, da auf dem berliner Kopfe die Hauptumgebung wirklich wellenförmig, nicht gezackt ist. Am meisten scheint die Ansicht des Herrn Dr. B. Köhne zuzutreffen, nachdem er im Herbste 1844 von einer Reise nach Italien heimgekehrt war; dieser schreibt: "Mittelalterlich ist der Kopf nicht; dagegen spricht sein Styl durchaus. Römisch ist der Kopf aber auch nicht; dafür ist der Styl zu strenge. Ich finde den Kopf sehr ähnlich den Bildungen griechischer Terrakotten der mittelitalienischen Niederlassungen. Namentlich habe ich gesehen und besitze selbst verschiedene im alten Pästum gefundene Terracotten ganz desselben Styls und möchte ich den

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in Meklenburg gefundenen Kopf für ein Werk der unter griechischem Einfluß ausgebildeten Kunst der in der Gegend Campaniens wohnenden sabellischen Völker halten; namentlich hat eine meiner Terracottenfiguren fast genau denselben Ausdruck. Die Verzierung, welche den Kopf umgiebt, ist sehr sonderbar: sie scheint aus Strahlen zu bestehen; jedoch scheint mir der Kopf ein weiblicher, kein Helios zu sein. Die Verzierung scheint mir hier zum Kopfputze zu gehören und ist vielleicht ein mit Tänien (Haarbinden) verzierter Kalathos (Kopfaufsatz aus Flechtwerk), welcher ohne Bänder häufig die Köpfe der pästanischen Terracotten schmückt. Denn für den pästanischen Ursprung dieses interessanten Stückes möchte ich mich auch ferner erklären. Die Frage, wie dieses Stück nach Meklenburg gekommen, ist nicht schwer zu beantworten. Pästum, am Meere gelegen, verdankte seinen alten Reichthum seinen Handelsverbindungen. Pästanische Kaufleute können zur Ostsee gekommen sein, und sollte es mich wundern, wenn Meklenburg nicht noch mehr Stücke besäße, in denen sich pästanischer Ursprung wieder erkennen läßt. Unser Kopf ist zwischen 250 und 150 v. Chr. angefertigt."

G. C. F. Lisch.

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Römische Münzen.

Von dem Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen ist dem Vereine ein römischer Denar geschenkt, welcher im J. 1844 in der Kirche zu Gr. Varchow in den Klingebeutel geworfen, also muthmaßlich daselbst gefunden ist:

Av. Links gekehrter Kopf; Umschrift:
AVRELIVS CAE - SAR AVG P II F
Rev. Rechts gekehrte, stehende Figur mit einem Zweige in der ausgestreckten rechten Hand und einem Füllhorn im linken Arme; Umschrift:
COS II

Die Silbermünze ist also von dem Kaiser Marcus Aurelius vom J. 145.


Zu Bössow bei Grevismühlen ward ein römischer Denar auf den Kaiser Antoninus Pius vom J. 161 gefunden:

Av. DIVVS ANTONINVS
Rev. CONSECRATIO
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2. Mittelalter.

Mittelalterliche Alterthümer von Mühlengeetz.

Der Herr von Zülow zu Bülow bei Güstrow hat dem Vereine nachstehende Alterthümer übersandt, welche zu Mühlengeetz in einem Moore, Namens Sumpfsee, gefunden sind:

einen Schädel von einem Thiere (Wolf oder Hund), welcher in der Mitte von 3 Menschengerippen lag, zwei Sicheln von Eisen und

einen sogenannten Hechtstecher von Eisen.

Von dem Herrn von Zülow aufmerksam gemacht, untersuchte der Herr Dr. Schnelle auf der Hufe des Bauern Schwarz zu Mühlengeetz eine im Mittelalter bewohnt gewesene Stelle und erstattete über dieselbe nachstehenden Bericht, unter Einreichung von Proben von Alterthümern. Auf der Hufe befand sich ein kleiner Hügel, der auf seiner Abdachung gegen Osten auf einem Raume von einigen Quadratruthen eine Menge von Scherben enthielt, welche dort bis einen Fuß tief liegen. Alle Scherben stammen von den bekannten großen, bläulich schwarzen, festen Henkelkrügen des Mittelalters und bestehen aus Wandscherben, Beinen und Henkeln; auch fand sich eine durchbohrte und am Rande zugeschärfte Scheibe aus derselben Thonmasse der Töpfe, wie sich solche Scheiben schon mehrere Male an mittelalterlichen Wohnstätten gefunden haben; wahrscheinlich sind es Netzsenker.

Die Taufbecken

von Messing, mit den viel besprochenen "räthselhaften" Inschriften sind in Jahrb. II, S. 78, III, S. 86 und V, S. 93 Gegenstand der Untersuchung gewesen. Es ist namentlich Jahrb. III, S. 87 des Umstandes erwähnt, daß sich an manchen Orten sehr viele Becken dieser Art finden. Dieser Umstand läßt sich mit einer sehr interessanten Thatsache vermehren. In dem sogenannten Krusen=Convent, einem im 13. Jahrhundert von einem Bürger Kruse gestifteten Armenhause (domus baginarum Crispi oder conventus Crispi=Kruse, d. i. Krause), wie Lübeck solcher Wohlthätigkeitsanstalten sehr viele hat, wird eine ganze, große Lade voll solcher Becken, unter denen viele mit der "räthselhaften" Inschrift, aufbewahrt; auch finden sich noch an anderen Orten diese Becken. Es geht daraus wohl hervor, daß die Becken im Allgemeinen nichts weiter waren, als überhaupt - Schüsseln, deren man sich sowohl zum häuslichen Gebrauche, als auch zu Taufbecken bediente.

G. C. F. Lisch.

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II. Zur Baukunde.

1. Mittelalter.

a. Weltliche Bauwerke.

Burgwall von Weisdin bei Neu=Strelitz.

Außer den jetzt noch bebaueten mittelalterlichen Burgwällen bei den Orten Stargard, Prillwitz, Wesenberg (wo noch eine Thurmruine steht). Fürstenberg, Feldberg (vgl. Jahresber. III, S. 185), Alt=Strelitz etc. . giebt es im Lande Stargard nicht viele Burgwälle aus dem Mittelalter. Einer der bedeutendsten, vielleicht der bedeutendste im Lande ist der Burgwall von Weisdin. Er liegt dem jetzigen Hofe von Weisdin gegenüber, am andern Ufer des kleinen Sees, an dem der Hof liegt. Er ist mit hohen Buchen bewachsen und von der Chaussee von Neu=Brandenburg nach Neu=Strelitz klar zu erkennen. Er ist ungefähr 60 Fuß hoch, mit sehr steilen Seiten und hat oben am Umring ungefähr 200 Schritt und unten am Fuße ungefähr 380 Schritt Umfang. Dann folgt am Fuße ein Graben, dann ein Wall, welcher sich an eine Wiesenniederung am See lehnt. - Oben stehen noch die Fundamente und das Souterrain eines alten Thurmes, aus Feld= und Mauersteinen mit Kalk, Asche und Kohlen gemauert.

Dieser alte Burgwall war, wie Prillwitz, ein Hauptsitz der Ritter von Peccatel.

G. C. F. Lisch.

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b. Kirchliche Bauwerke.

Die Kirche zu Klütz.

Jahresber. VIII, S. 139 flgd. ist die Kirche zu Klütz als ein durch die Unbill jüngerer Zeiten verunstalteter Bau aus der Zeit des Rundbogenstyls in die Geschichte der Baukunst Meklenburgs eingeführt. Leider muß diese Kirche aus der Zahl der Rundbogenkirchen wieder ausscheiden. Der Herr Professor

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Dr. Crain zu Wismar, welcher die Kirche gleich nach mir besah, äußerte sogleich gegründete Zweifel gegen das behauptete hohe Alter der Wölbung und der Kirche überhaupt und erklärte die Wölbung des Schiffes für ein Werk der neuesten Zeiten; eben so äußerte sich der Herr Bau=Conducteur Thormann zu Wismar, welcher ebenfalls die Kirche später untersuchte. Nachdem ich im Sommer 1844 die Kirche mit dem Herrn Professor Dr. Crain noch einmal einer Prüfung unterworfen habe, muß ich die a. a. O. aufgestellten Behauptungen zurücknehmen.

Zwar ist das Schiff ganz im Rundbogenstyl gewölbt und auch die Pfeiler stehen im Einklange zu der Wölbung, so daß das Ganze auf den ersten Blick als ein byzantinischer Bau aus dem 12. Jahrhundert erscheinen kann. Bei näherer Betrachtung schwindet aber der Schein und es wird bald zur Gewißheit, daß die Wölbung des Schiffes ganz jungen Ursprunges sei.

Die ganze Kirche ist nämlich ein Bau aus der Zeit des Uebergangsstyls mit starken Anklängen an den Rundbogenstyl. Der sehr gut gebauete Chor hat schräge eingehende, nicht gegliederte, leise gespitzte Fenster, eine eben so construirte Pforte und einen Fries von Halbkreisen, welche sich auch sonst noch als Verzierungen an den Seitenwänden finden; die Wölbung aus alten, großen Ziegeln stammt wahrscheinlich aus der Zeit der Erbauung der Kirche. - Das Schiff war ungefähr in gleichem Style erbauet. Es hat Pforten aus der Zeit des Uebergangsstyls und Reste eines Rundbogenfrieses an der Nordwand; die Fenster, von denen in derselben Wand noch zwei stehen, waren jedoch Doppelfenster, welche durch eine Säule von Ziegeln mit einem kleinen Kapitäle aus Ziegelstein geschieden sind: ein Doppelfenster ist im Rundbogen, das andere im Uebergangsspitzbogen gewölbt, jenes mit einer spitzbogigen, dieses mit einer rundbogigen Mauernische, also grade entgegengesetzt, eingesetzt, so daß man bei den Restaurirungen aus verschiedenen Zeiten nicht bestimmen kann, welcher Baustil eigentlich vorwaltet.

So viel ist aber außer Zweifel, daß das Schiff ebenfalls im Uebergangsstyle, entweder zugleich mit oder bald nach dem Chore, und zwar wohl bald nach der Kirche zu Grevismühlen (vgl. Jahresber. VIII, S. 142 flgd.), vielleicht von demselben Baumeister, erbauet ist.

Die ganze Nordseite des Schiffes ist im spätern Mittelalter, etwa um das Jahr 1400 ganz und im Style des ausgebildeten Spitzbogens mit weiten Fenstern umgebaut und trägt keine Spur des alten Baues. Wahrscheinlich ward um diese Zeit die Kirche auch zuerst oder auch neu gewölbt.

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Die jetzige Wölbung im Rundbogenstyl ist aber in den neuern Zeiten ausgeführt, wie im mittlern Deutschland im Anfange des vorigen Jahrhunderts, bei dem Vorwalten des Rundbogens des französischen "Rococostyls" im Prachtbau und in Schmucksachen, oft Kirchen im Rundbogen gewölbt wurden. Darauf deuten schon im Innern die inwendig oben unfertig verkürzten und überdachten alten Fenster. Der sichere Beweis liegt aber oberhalb des Gewölbes, indem hier die alten, weiten Fensternischen und die frühern Gewölbeansätze bedeutend über das jüngere Gewölbe hinausreichen. Auch deuten auf einen jüngern Bau schon die kleinen Steine und der sorgsame Abputz des Gewölbes. Diese Ansicht wird durch die im großherzoglichen Archive aufgefundenen Nachrichten unwiderleglich bestärkt, indem aus den Acten hervorgeht, daß die neue Wölbung im Rundbogenstyl in der Zeit vom März bis August 1701 ausgeführt ist 1 ).

In der letzten Zeit, 1843/4, ist das Mobiliar der Kirche ganz neu hergestellt; bei dieser Gelegenheit sind die viereckigen Pfeiler abgerundet und die in Jahrb. VIII, S. 142 erwähnten alten Kirchenstühle mit den Wappen verkauft und untergegangen, dagegen unter dem alten Gestühle zwei von plessensche Leichensteine aus dem 16. Jahrhundert aufgefunden, welche an der südlichen Wand ausgerichtet sind.

Der ursprüngliche Bau stammt also ganz aus der Uebergangsperiode. Dagegen sind bei der Beurtheilung des Baues 3 Restaurationen: von ungefähr 1400, von 1701 und von 1844, zu berücksichtigen.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Bützow.

Die Kirche des ehemaligen bischöflich=schwerinschen Collegiatstifts zu Bützow ist als ein ausgezeichnetes Bauwerk schon in Jahresber. III, S. 137 und 162 flgd. und Jahrb. VIII, S. 1 flgd. zur Sprache gebracht, hat auch sonst in architectonischer


1) In mehrern Vorstellungen bei der Landesregierung vom März 1701 klagen mehrere Eingepfarrte über die verlangte Räumung der Kirche, namentlich sagt Gabriel Christian Lange von Wichmannstorf am 4. März 1701:

"Daß die H. Patronen der Kluetzer Kirche nächstverwichenen Sonntag von der Kanzel publiciren lassen, daß sie gesonnen, selbige Kirche zu bauen oder gewölben zu lassen, als würden alle Eingepfarrte damit zu wissen gemacht, daß sie ihre Stühle aus der Kirche schaffeten".

Am 9. Aug. 1701 war die Wölbung vollendet, indem der Prediger bekannt machte, daß die Stühle wieder in die Kirche gesetzt werden könnten.
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Hinsicht so viel Aufmerksamkeit erregt, daß sie die genauere Prüfung verdient, welcher sie wiederholt unterworfen ist. Hiezu forderte besonders eine glückliche Entdeckung, nämlich die Entdeckung einer oben Nr. XIV, S. 226, abgedruckten Urkunde vom 26. Aug. 1364 auf, in welcher ausdrücklich von der Erbauung eines neuen Chores die Rede ist. Hiedurch aufmerksam gemacht, mußte das in Jahresber. III, S. 165 angeführte von bülowsche Wappen an der Außenwand des Chors eine strengere Beobachtung veranlassen, welche Aussicht zur Gewinnung anderweitiger Ergebnisse verhieß.

Die Stadt Bützow stand schon vor dem Jahre 1229 und hatte natürlich seit der Erbauung eine Kirche (vgl. Jahrb. VIII, S. 5). Das Dom=Collegiat=Stift ward im J. 1248 gegründet. Der jetzt stehende hohe Chor ward nach der Urkunde vom 26. Aug. 1364 gegründet und in der nächsten Zeit darauf erbauet. Hiernach ist auch die Kirche zu Bützow, wie sie jetzt steht, aus drei zu vermiedenen Zeiten gebaueten Theilen zusammengesetzt. Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm; das Schiff besteht aber offenbar aus zwei zu verschiedenen Zeiten erbaueten Theilen, aus dem zunächst an den Chor grenzenden mittlern Theile und dem westlichen Theile mit dem Thurme.

Der dem Chore zunächst liegende östliche Theil des Schiffes ist ohne Zweifel der älteste Theil der Kirche, und zwar der Chor der alten Kirche oder der alte Chor. Der Raum ist zwei Gewölbe groß. Die Gestalt der alten Kirche muß eine ganz andere gewesen sein. Die Pfeiler der frühern Kirche stehen noch: sie sind nur halb so hoch, als die jetzige Kirche. In der Mitte der Höhe der Kirche stehen noch die Kapitäler der alten Pfeiler, schön mit Weinlaub verziert. Als der westliche Theil des Schiffes in viel höherm Maaßstabe angelegt ward, wurden diese Pfeiler erhöhet und auf die Kapitäler sehr rohe Verlängerungen aus schlichtem Mauerwerk aufgesetzt, um die Gewölbe zu tragen. Der alte Scheidebogen steht noch jetzt an der westlichen Grenze dieses alten Chors, jetzt innerhalb des Schiffes. Auch von außen ist dieser Theil der Kirche als der älteste zu erkennen. Er hat noch nicht die dem Spitzbogenstyl eigenthümlichen Strebepfeiler. Die äußerst niedrige, im strengen Spitzbogenstyl aufgeführte Pforte in diesem Theile des Schiffes ist freilich durch Aufschüttung des Kirchhofes etwas in die Tiefe gebracht; aber sie ist auch an und für sich niedrig und stimmt ganz zu der ursprünglichen Höhe des alten Chors, ist auch ebenso mit Weinlaub verziert, wie die Kapitaler im Innern. Dieser ehemalige alte Chor stammt also ohne Zweifel

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aus der Zeit der Gründung der Kirche und der Stadt, aus dem ersten Viertheil des 13. Jahrhunderts.

An den alten Chor schließt sich im Westen das alte Schiff von 3 Gewölben Länge oder jetzt der westlich e Theil de s Schiffes. In diesem ruhen die Gewölbe auf zierlichen Säulenbündeln mit Kapitälern aus allerlei humoristischen Menschen= und Thier=Gestalten. Dieser Theil der Kirche, mit einer höhern, schlanken Pforte und mit Strebepfeilern, ist ohne Zweifel in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, zugleich mit dem Thurme, erbauet und bei der Stiftung des Dom=Collegiat=Stifts im J. 1248 gegründet.

Der jetzt stehende Chor aber ist kurz vor dem J. 1364 gegründet und in der Zeit von 1365-1375 vollendet. Man sicht von außen und innen sehr deutlich die Anfügung. Der ganze Bau ist auch in einem ganz andern Style gehalten, als die übrigen Theile der Kirche. Der innere Chor ist von einem Gewölbe überdeckt, welches hohe, schlanke Pfeiler halten; der Umgang hinter demselben ist aber zu 3 großen Kapellen weit über die Ringmauern der Kirche hinausgerückt. Im Aeußern trägt dieser Bau ganz den Charakter der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, wie die Kirchen der wendischen Hansestädte, etwa wie die Marien=Kirche zu Rostock. Das Mauerwerk ist glatt und tüchtig und zierlich; die vielen Strebepfeiler sind gut geordnet; die Gesimse haben durchbrochene Ziegelarbeit; die weiten Fenster sind hoch und schlank. Besonders charakteristisch ist es für große Chorbauten aus dieser Zeit, daß oft enge Winkel zwischen nahe stehenden Strebepfeilern an der Außenseite überwölbt sind. Ueberdies wird der in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts ausgeführte Bau noch durch eine besondere Urkunde verbürgt. Die oben angeführte Urkunde vom 26. Aug. 1364 sagt ausdrücklich, daß der Senior Dietrich von Bülow und das Capitel des Collegiatstiftes Bützow dem Thesaurarius des schweriner Doms, Vicke von Bülow, dem nachmaligen Bischofe Friederich II. von Bülow, welcher schon 1363 vom Dom=Capitel gewählt war, wegen seiner Verdienste um das Stift Bützow, und nachfolgend allen und jeden aus dem Geschlechte von Bülow

den obern, östlichen Theil des neuen Chores der Kirche zu Bützow, in welchem der Bau einer Capelle begonnen und ein Altar errichtet war,

   (locum superiorem novi chori in parte orientali in summo, in quo jam inceptum est capellae aedificium et altere erectum)

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mit 2 dazu gestifteten Vicareien verleihen Im J. 1364 war also der Bau noch nicht vollendet, der unter dem bützowschen Senior Dietrich von Bülow und unter dem schwerinschen Thesaurarius Vicke, dem nachmaligen Bischofe Friederich von Bülow begonnen war. In der Zeit von 1365 bis 1375 war dieser Friederich von Bülow Bischof zu Schwerin; nach langen und harten Leiden, welche das Bisthum Schwerin, vorzüglich in Folge der Regierung der von Bülow, fast ein Jahrhundert hindurch erduldet hatte, ward es durch den Bischof Friederich von Bülow und seine Verwandten in kurzer Zeit wieder gehoben und zur Blüthe gebracht. Man findet daher überall Spuren von einer angestrengten, tüchtigen Thätigkeit aus der Zeit des Regiments dieses Bischofes, welcher in mancher Hinsicht eine bedeutende Person in der Geschichte unsers Vaterlandes ist. Unter ihm ist der neue Chor der bützowschen Kirche vollendet und geweihet; denn nicht an einem Pfeiler, sondern an allen 5 Pfeilern des neuen Chors ist an der Außenseite das von bülowsche Wappen angebracht welches ohne Zweifel die Vollendung durch einen Bischof von Schwerin aus dem Hause von Bülow bezeichnet; der letzte Bischof aus diesem Haufe und zugleich der erste, welcher sein Familienwappen in Amtsgeschäften geltend machte (vgl. Jahrb. VIII, S. 18), war aber Friederich II., 1365-1375. Die Strebepfeiler an der Verbindung des alten und des neuen Chors haben kein Wappen, weil sie nicht allein den neuen Bau berühren.

Die Kirche zu Bützow ist dem Dom zu Lübeck in der Geschichte des Baues am ähnlichsten. Der Dom zu Lübeck ist bekanntlich eine Stiftung des 12. Jahrhunderts. Von dem alten Gebäude steht aber nur noch das Schiff im Rundbogenstyl mit seinen alten Gewölben und vielleicht das Thurmgebäude; die Seitenschiffe sind schon jünger. Der Chor ist der jüngste Theil und dadurch für die Geschichte der Baukunst wichtig, daß er dem Chor der Kirche zu Bützow auffallend gleich und in einer historisch zu bestimmenden Zeit erbauet, nämlich von dem Bischofe Heinrich von Bokholt (1317-1341) gebauet und ungefähr im J. 1335 vollendet ist. Seine Grabschrift auf dem aus Erz gegossenen Leichensteine mit seiner liegenden Bildsäule im Chore des Domes, deren so wie der folgenden Nachrichten Mitteilung ich dem Herrn Dr. Deecke zu Lübeck verdanke, sagt dies ausdrücklich:

Anno domini MCCCXLI, kalendis Marcii, obiit dominus Hinricus cognominatus de Bocholte, huius ecclesie episcopus duodecimus. Orate

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pro eo dominum Jhesum Christum. Iste fuit magister in artibus et in medicina, deinde huius ecclesie decanus, postea prepositus, ad ultimum episcopus, qui fecit construi hunc chorum et instauravit tres prebendas et sex vicarias in ista ecclesia multisque redditibus et bonis ditavit eandem, quam eciam in episcopatu rexit fere viginti quatuor annis.

Man vgl. dazu Alberti Krummendyk chron. ep. Lub. bei Meibom Script. Germ. II, p. 398; Alb. Krantz Metrop. IX, c. 13, p. 243; des Minoriten=Lesemeisters Chronik zum J. 1341. Besonders sagt der "Codex Eglensis" (vgl. Archiv für Staats= und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg, II, S. 253 flgd.):

Item anno episcopatus sui XIII, cum dictus episcopus vidisset opus chori ecclesie sue maioris circa sexaginta annos inceptum et omni spe perfectionis seu consummacionis destitutum, confidens de adiutorio diuino, operarios conduxit et dictum opus anno pontificatus sui XVIII cum ambone, fenestris, pauimento, sedilibus et aliis necessariis consummavit, cui operi impendit vltra duo milia marcarum et quadringentas marcas denariorum lubicensium, ac in circuitu eiusdem chori noui fundauit vnam prebendam etc.

Sind diese Beobachtungen schon für die Geschichte der Kirche zu Bützow interessant, so führen sie doch noch weiter und gestatten Schlüsse auf andere wichtige Bauwerke, namentlich auf den Dom zu Schwerin.

G. C. F. Lisch.

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Der Dom zu Schwerin.

Der älteste Dom des Bisthums Schwerin steht nicht mehr. Die jetzt noch stehende Kirche soll am St. Veits=Tage 1248 geweihet (vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 93) und seit dem J. 1222 durch die dem Heil. Blut gebrachten Opfer gegründet sein. In Jahrb. VIII, S. 29, Anm., ist nachgewiesen, daß das Thurmgebäude einen alten Bau aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts enthält, der mit in die neue Kirche aufgenommen ist. Aber auch das jetzt stehende eigentliche Kirchengebäude kann nicht ganz aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen, also nicht im J. 1248 als fertig geworden

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geweiht sein; der Styl der Kirche ist in vielen Theilen der vollkommen ausgebildete, hohe Spitzbogenstyl des 14. Jahrhunderts, während in Meklenburg in der ersten Hälfte des 13. Jahrh. der niedrige Uebergangsstyl mit den schmalen Fenstern herrschte. Es soll zwar nicht behauptet werden, daß die Kirche eines reichen Bisthums im Anfange des Spitzbogenstyls nicht in einem großen Maaßstabe angelegt worden sei; aber was von der Kirche im J. 1248 geweihet ward, war gewiß noch nicht viel. Als alt erscheinen nur die obern Fenster des hohen Chors mit ihren einfachen, weiten Bogen; die obern Fenster des Schiffes stehen nicht mehr in ihrer Reinheit da, indem sie, wahrscheinlich bei der Ueberwölbung des Schiffes durch die Stralsunder, welche sie zur Lösung vom Banne ausführen mußten, im 15. Jahrh. in einem Dreieck mit graden Linien überdacht sind. Die Seitenschiffe mit dem Umgange hinter dem Altare sind aber mehr als wahrscheinlich erst im 14. Jahrhundert gebauet und unter dem Bischofe Friederich II. von Bülow, 1365-1375, vollendet und geweihet worden. Hiefür redet nicht nur der Styl der Pforten, Fenster und Pfeiler, welche durchaus den Charakter des 14. Jahrhunderts tragen, sondern auch dieselben, an den beiden südlichen Pforten marktwärts angebrachten Wappenschilde des Bischofs Friederich II. (vgl. oben S. 306 und Jahrb. VIII, S. 19-20), welche an dem aus der Zeit dieses Bischofs stammenden neuen Chor der Kirche zu Bützow befestigt sind und ohne Zweifel die Zeit der Vollendung des Baues bezeichnen. Daher kam es auch, daß der älteste Theil des Kreuzganges, das Refektorium, das die jetzigen Lehrzimmer des Gymnasiums enthält, erst im J. 1392 an die Kirche angebauet werden konnte.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Eldena.

In der Zeit 1230-1235 ward zu Eldena ein Cistercienser=Nonnen=Kloster gegründet. Ein großer Brand verzehrte im J. 1290 Kirche, Kloster, alle Wirthschaftsgebäude und alle Urkunden (vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. LI). Im J. 1514 am Sonntage Esto mihi brannte wieder das eigentliche Klostergebäude (grôt slâphûs) ab. In den neuern Zeiten ward am 9. Aug. 1835 der Ort wieder von einer bedeutenden Feuersbrunst heimgesucht, in welcher wiederum die Kirche ganz ausbrannte.

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Von dem Kloster ist auch nicht die geringste Spur mehr zu finden.

Die Kirche ist im Innern durchaus neu; kein Leichenstein, kein einziges altes Geräth oder Ornament zeugt von alter Zeit. Der Thurm ist in den letzten Jahren nach dem letzten Brande neu aufgeführt. Die Ringmauern der Kirche sind jedoch ohne Zweifel die ursprünglichen aus der Zeit der Gründung des Klosters, und die Kirche ist sowohl 1290, als 1835 nur ausgebrannt. Die Kirche ist ein nicht großes, einfaches Oblongum, welches im Osten dreiseitig abgekantet ist, ohne Seiten= und Kreuzschiffe, ohne besondere Altartribune und hohen Chor, ohne Anbaue. Das Material besteht aus sehr großen, festen Ziegeln. Der Styl fällt in die allererste Zeit des Spitzbogenstyls; die Fenster sind schon weit und spitzbogig, jedoch noch nicht schön und kühn. An den Rundbogenstyl erinnert noch der eigenthümliche Fries, welcher aus sich durchschneidenden Halbkreisen besteht; jedoch ist dieses Ornament sehr groß, viel größer, als gewöhnlich, und es sind die Halbkreise nicht aus geformten Reliefs zusammengesetzt, sondern durch gewöhnliche hervorstehende Mauersteine gebildet. Dies ist das einzige Bemerkenswerthe an der Kirche für die Geschichte der Baukunst und des Klosters.

Der Kreuzgang stand nach den Spuren von angelehnten Gebäuden und vermauerten Eingängen an der Südseite der Kirche.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Satow

und

der Uebergangsstyl.

Satow hatte im Mittelalter eine gewisse Wichtigkeit, da es seit früher Zeit dem Kloster Amelungsborn gehörte, dessen Mönche die Abtei Doberan stifteten und dessen Abt Oberaufseher, Vater und Visitator, des Klosters Doberan war und blieb; es war daher das ganze Mittelalter hindurch ein Klosterhof, eine Art Kloster, zu Satow, wo auch die Landesherren oft Ablager hielten. Von diesem Klosterhofe ist keine Spur mehr vorhanden; die prachtvolle, reiche Gegend aber, über welche man namentlich von dem Pfarrhofe aus eine weite Aussicht genießt, zeugt von der richtigen Einsicht der amelungsborner Mönche, sich einen ergiebigen, schönen Boden zu wählen.

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Die Kirche, der einzige Ueberrest aus alter Zeit, ist, wider Erwarten, nicht bedeutend und gehört der Zeit an, in welcher Satow cultivirt ward: sie ist nur klein und im Uebergangsstyle erbauet. Jedoch hat der Bau derselben einige wichtige Merkwürdigkeiten für die Kunstgeschichte des Vaterlandes. Der Chor ist mit Einem Gewölbe bedeckt. Die Fenster des Chors sind, nicht zum Vorteil, sehr verbauet. Nach einigen, im Innern der Kirche zu erkennenden Ueberresten hatte der Chor ursprünglich Rundbogenfenster. Das südliche Fenster ist ein hübsches, kurzes Fensterpaar, durch eine Säule mit einem Kapitäl geteilt, auf welcher die im Rundbogen gewölbten Fensterbogen ruhen. An die Nordseite des Chors stößt eine gewölbte Sacristei. - Das Schiff hat 2 Gewölbe und unter jedem 3 schmale, schräg eingehende, leise gespitzte Fenster im Uebergangsstyl. Jedes Gewölbe ist nicht durch einen Stein, sondern durch einen großen Reliefkreis von einigen Fuß Durchmesser geschlossen; von diesem kreisförmigen Gewölbeschluß laufen 8 Rippen hinab. Hiernach stimmt die Kirche zu Satow durchaus mit den Kirchen in der Mitte des Landes von Satow bis Güstrow und Schwan überein, namentlich, so viel bis jetzt bekannt ist, mit den Kirchen zu Neuenkirchen, Gägelow, Ruchow, Witzin, Lüssow, Cambs, Großen=Grenz, Hohen=Sprenz, Güstrow und Schwan (vgl. Jahresber. VI, S. 87 flgd.; VII, S. 74; VIII, S. 97 flgd. u. 101). Die Kirche zu Satow hat jedoch noch eine Eigenthümlichkeit. Die Pforten der Kreuzschiffe des Doms zu Güstrow, der im J. 1226 gegründet ward, sind ganz eigenthümlich: die nördliche Pforte ist noch im Rundbogenstyl erbauet, die südliche Pforte aber ist schon spitzbogig, jedoch noch sehr eigenthümlich und im Uebergangsstyl; außerdem hat diese südliche Pforte ganz eigenthümliche Verzierungen, indem in der Zusammenfügung und in der Mitte der Kreissegmente der Wulste, welche die Pforte verzieren, in der Richtung des Mittelpunctes zugespitzte Scheiben in rechtwinkliger Stellung angebracht sind (vgl. Jahresber. VIII, S. 99). Ganz dieselbe Pforte mit 3 Wülsten, jeden mit 3 Scheiben, hat die Kirche zu Satow und es ist durch dieselbe der Schluß gestattet, daß beide Kirchen denselben Baumeister hatten und dieser entweder von dem Kloster Amelungsborn (zu Satow) oder aus dem Bisthume Hildesheim nach welchem das Dom=Capitel zu Güstrow eingerichtet ward, gekommen war.

Vor der Kirche liegt ein großer behauener Taufstein aus Granit

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Von den Glocken ist die mittlere alt; sie stammt nach der Umschrift:

Umschrift

aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Neuenkirchen bei Schwan.

ist ein alter, tüchtiger Bau aus Granit, mit den Oeffnungen und Gliederungen aus Ziegeln; an den Pforten, Ecken etc. . sind die Granitquadern regelmäßig behauen und geebnet. Die Kirche besteht aus einem Chor mit einem Gewölbe, einem Schiffe von zwei Gewölben und einem Thurmgebäude.

Der Chor hat an jeder Seite 2 schmale Fenster (oder ein Fensterpaar), welche alle rund gewölbt sind; auch das Gewölbe ist rund und ohne Rippen. Das Schiff ist im Uebergangsstyl aufgeführt und hat unter jedem Gewölbe an jeder Seite 3 schmale, leise gespitzte Fenster im Uebergangsstyl mit Wulsten, also im Ganzen 12 Fenster, alle wohl erhalten. Die Hauptpforte ist ebenfalls im Uebergangsstyl und spitzbogig. Der Schluß der Gewölbe besteht aus einem großen Reliefkreise, von welchem 8 Rippen hinablaufen, wie in der Kirche zu Satow (vgl. oben). Die Kirche gehört also auch dem Baustile der Kirchen in der Mitte des Landes an.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Reinshagen bei Güstrow.

So wie die Kirchen zwischen Sternberg, Güstrow und Schwan einen bestimmten, ausgeprägten Baustil haben, welcher wahrscheinlich aus der Zeit der Stiftung des Doms zu Güstrow stammt, so scheinen nach allen Berichten die Kirchen östlich von Güstrow nach Gnoien und Neukalden hin wieder einen bestimmten Charakter zu haben, namentlich die Kirchen zu Reinshagen, Watmanshagen, Warnkenhagen, Belitz, Jördenstorf; namentlich scheinen diese Kirchen alle aus Ziegeln und sehr groß und zierlich gebauet zu sein.

Die Kirche zu Reinshagen ist ein großes, schönes Ziegelgebäude, welches auf einer geschmackvoll behauenen Granitbasis ruht. Sie besteht aus einem Chor und einem breitern Schiffe, welches zwei Seitenschiffe hat, und ist ganz gewölbt, im Schiffe drei Gewölbe lang. Die 9 Gewölbe des Schiffes ruhen in

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der Mitte auf 4 Saulenbündeln, ohne Kapitäler. Die Pilaster, welche die Chorgewölbe tragen, sind mit Weinlaub verziert.

Der Bau stammt aus den ersten Zeiten des ernsten Spitzbogenstyls. Die grade Altarwand des viereckigen Chors hat ein großes, von einem Wulst eingefaßtes Spitzbogenfenster; über dem Fenster steht ein Fries von halben Kreisbogen; ebenso ist der Giebel der Altarwand mit emporsteigenden Halbkreisen eingefaßt. Jede Seite des Chors hat 2 Fenster.

Die Pforte in der südlichen Chorwand ist ganz mit Weinlaub belegt. Die Pforten in der südlichen Schiffwand und im Thurme haben Kapitäler aus Weinlaub.

Der mittelalterliche Altar von Schnitzwerk ist recht gut gearbeitet.

Die Inschrift der großen Glocke ist seit einem Jahrhundert als räthselhaft besprochen. Sie ist der im Jahresber. VII, S. 74 beschriebenen Glocke zu Neuburg völlig gleich: sie ist nämlich recht modellirt, also verkehrt gegossen und lautet:

Inschrift
(Consolor uivva. Fleo mortea. Pello nociua.)

Zur Veranschaulichung ist die Inschrift hier von der Rechten zur Linken gesetzt. Einige Buchstabenvarianten scheinen beide Glocken von einander zu unterscheiden, namentlich steht auf der reinshäger Glocke ganz bestimmt M ORT e A statt mortua; auch ist die Folge der 3 Sprüche auf beiden Glocken wohl verschieden. Uebrigens sind beide Inschriften ohne Irrthum deutlich zu lesen.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Alt=Gaarz.

Auf hohem Meeresstrande, noch berührt von dem ewigen Rauschen der Wogen, steht die Kirche zu Alt=Gaarz, ein alter, tüchtiger Bau aus den Zeiten der Verbreitung des Christenthums, ähnlich den Kirchen von hier bis Neukloster, wie z. B. Neubukow, Neuburg, Drewskirchen u. a. Die Kirche stammt aus der Zeit des Uebergangsstyls und mag noch in das erste Viertheil des 13. Jahrh. fallen; der Bau ist im ernsten und strengen Styl aufgeführt und hat, trotz der Verunstaltungen durch die vielen weit hervorspringenden Chöre, etwas Imponirendes. Die durchaus und schön gewölbte Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm. Der Chor, mit einem Gewölbe bedeckt, hat im Süden eine kleine, nicht verzierte, im Rund=

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bogen überwölbte Pforte und in jeder Wand drei schmale Fenster aus der Zeit des Uebergangsstyls. Das Schiff, von zwei Gewölben bedeckt, hat gewölbte Seitenschiffe und unter jedem Gewölbe 2 und an jedem Ende der Seitenschiffe 1, also im Ganzen 12 Fenster von derselben Construction und im Norden eine Hauptpforte in demselben Styl. Alle Gliederungen, Bogen, Gurte etc. im Innern sind sehr ernst und würdig.

Im Thurmgebäude liegt die Schale eines großen, granitenen Taufbeckens (Fünte) mit ausgezeichnet schön und flach gearbeiteten architektonischen Verzierungen, so daß diese Taufschale ohne Zweifel zu den schönsten und merkwürdigsten des Landes gehört. Der schmucklose Fuß ist an die Außenwand gelehnt.

Vor dem Altare liegt ein Leichenstein mit 2 in Linien in guter Manier eingegrabenen Figuren, rechts dem Bilde eines Ritters, der die Rechte auf das Schwert stützt und mit der Linken den Wappenschild der von Oertzen hält, - links dem Bilde einer Frau, zu deren Füßen der Schild der von Stralendorf steht. Die Umschrift lautet:

Umschrift

Nördlich daneben liegt eine zweite Grabplatte, welche jedoch im Innern ganz abgetreten ist. Es sind nur noch einige Buchstaben der Inschrift zu erkennen:

Inschrift

Die Schrift stammt aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts und die Gruft ist wahrscheinlich ebenfalls eine von örtzensche (Tidericus Orde[ssen]).

Im Thurme hangen 4 alte, schöne Glocken:

1) die große Glocke hat in Umrissen auf der einen Seite das Bild eines den Kelch haltenden Heiligen (Sct. Johannes des Evangelisten), auf der andern Seite das Bild des Sct. Johannes des Täufers mit dem Agnus Dei. Inschrift:

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Inschrift
(= Anno domini MCCCCLX, in die sancti Jacobi. O rex gloriae Jesu Christe veni cum pace. Osanna. O Maria ora pro nobis.)

Wahrscheinlich hieß die Glocke Osanna=Hosianna; vgl. unten die Kirche zu Russow und Jahresber. I, S. 68 und VIII, S. 149.

Diese Glocke ist also zur Zeit des Vicke von Oertzen gegossen, der unter dem oben beschriebenen Leichensteine liegt.

2) Die mittlere Glocke hat die Inschrift:

Inschrift
(= O rex gloriae Jhesu Christe veni cum pace. Amen. Anno domini MCCCCLXXX jare. Help Jesus, Maria, Anna, Johannes.)

3) Die kleine Glocke hat die Inschrift:

Inschrift
(= Anno 1519 Catherinae mihi nomen perdulce dicatur.)

4) Die kleinste oder Beierglocke hat keine Inschrift.

G. C. F. Lisch.

Die Kirche zu Russow

ist im Spitzbogenstyl erbauet und hat nichts Bemerkenswerthes, als daß sie im Süden ein Kreuzschiff und im Norden die Spuren von der Verzahnung eines zweiten Kreuzschiffes hat.

Die Glocken haben folgende Inschriften:

1) Die große Glocke:

Inschrift

Vor dem Worte anno steht ein Antonius=Kreuz, auf dessen Querbalken mit kleinen Buchstaben steht: S. A N t O N y IVS.

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Dann folgt ein Schild mit dem Gießerzeichen: zwei über einander gelegten Winkeln. Darunter steht auf dem Mantel der Glocke in einem runden, oben verzierten Schilde ein Marienbild, rechts daneben ein Schild mit dem lübischen Adler, links das Gießerzeichen noch ein Mal. Die Glocke hieß also unbezweifelt Osanna; vgl. oben Alt=Gaarz.

2) Die zweite Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

G. C. F. Lisch.

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Die Kirchen des Landes Stargard.

Für den, der die Kirchen in dem jetzigen Großherzogthume Meklenburg=Schwerin kennt, sind die Kirchen in dem meklenburg=strelitzischen Lande Stargard eine auffallende Erscheinung, um so mehr, als der Uebergang von einem Baustile zum andern auf der Landesgrenze ohne Vermittelung fast plötzlich ist. Während die Kirchen in Meklenburg=Schwerin vorherrschend aus Ziegeln und nach Zeiten und Ansichten der Baumeister in den mannigfältigsten Formen und Größen und fast immer individuell und sinnreich erbauet sind, haben die Granit=Kirchen des Landes Stargard fast eine und dieselbe Gestalt, so daß sie sich summarisch behandeln und ohne Nachteil unter Einen Baustil zusammenbringen lassen.

Dagegen ist es wieder überraschend, daß im Stargardischen in der Regel jedes Dorf oder Landgut, möge es eine Pfarre haben oder nicht, eine Kirche besitzt, während im Meklenburg=Schwerinschen gewöhnlich nur am Orte der Pfarre und hin und wieder in einem andern Dorfe der Gemeinde eine Filial=Kirche steht, also bei weitem die wenigsten Ortschaften Kirchen besitzen.

Diese Wahrnehmung über den Bau der Kirchen im Lande Stargard läßt sich wenigstens an den meisten Kirchen im nördlichen Theile des Landes machen, namentlich an den

  Kirchen
  zu Reddemin, Neverin, Staven, Roga,
  Dahlen, Salow, Lübberstorf, Broma,
  Golm, Holzendorf, Helpte, Käbelich,
  Cölpin, Teschendorf und Warbende,

welche unmittelbar hinter einander von dem Berichterstatter unter freundlicher Beförderung und Begleitung des Herrn Reichsfreiherrn A. von Maltzan auf Peutsch untersucht sind.

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Bei weitem die meisten Kirchen des Landes bilden nämlich ein einfaches Oblongum mit rechtwinklig angesetzter grader Altarwand, ohne äußere Gliederungen, Strebepfeiler und Ausbaue; die Glocken hangen sehr häufig in einem neben der Kirche gehenden, niedrigen Glockenstuhle, selbst oft wenn Thürme da sind. Der ganze Bau dieser Kirchen besteht aus sorgfältig gewählten und an den Wandecken behauenen Granitblöcken; Sockel, Ecken und Pforten sind aus sorgfältig und in künstlerischen Linien behauenen Graniten ausgeführt, besonders sind die Pforten schön und sorgfältig errichtet; die Fensteröffnungen sind mit Ziegeln ausgekleidet. Kalktünch bedeckt von innen und außen die Kirchen. Die Fenster sind schmal, ohne Gliederungen schräge eingehend, im Uebergangsstyle leise gespitzt; am häufigsten stehen in der Altarwand drei, und in jeder Seitenwand, nach der Größe der Kirche, drei oder zwei mal drei Fenster. Gewölbe sind selten zu finden. Charakteristisch für den Styl ist die Wölbung der Kirche zu Lübberstorf, welche mit zwei Gewölben, je einem für Chor und Schiff, bedeckt ist: der Gewölbeschluß besteht nämlich aus einem großen Reliefkreise, von welchem 8 Rippen hinablaufen; diese Gewölbe finden wir auch in den aus der Zeit des Uebergangsstyls stammenden Kirchen zwischen Sternberg, Güstrow und Schwan (vgl. Jahresber. VIII, S. 102 und oben S. 310).

Alle diese charakteristischen Merkmale sprechen dafür, daß die Kirchen des Landes Stargard zur Zeit des Uebergangsstyls, etwa seit der Besitznahme des Landes durch die Markgrafen von Brandenburg nach dem Vertrage von Kremmen vom J. 1236, und zwar nach märkischen Mustern, erbauet sind, da sich Kirchen dieses Styls auch in der Mark öfter finden; jedenfalls sind alle diese Kirchen zu einer und derselben Zeit gebauet und die ersten steinernen Kirchen der Gemeinden. Noch die größere Kirche der im J. 1248 gegründeten Stadt Friedland hat eine Pforte von behauenem Granit, wie die genannten Landkirchen, obgleich sie von Ziegeln erbauet ist.

Ebenfalls für diese Zeit des Baues redet noch die Kirche zu Golm, welche im Schiffe noch Ansätze zu 2 Gewölben neben einander und daher auch in der Altarwand zwei Fenster hat; vgl. Jahresber. VII, S. 124 und 127.

Die größte und fast einzige Zierde dieser Kirchen sind die oft sehr schön construirten Pforten aus behauenen Granitquadern. Häufig sind sie nur einfach, jedoch oft auch gegliedert, und zwar in drei rechteckigen, eingehenden Gliederungen. Eine der schönsten und am schärfsten ausgeprägten Kirchen ist die

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Kirche zu Dahlen. Die Pforte im Thurme hat eine dreifache, rechteckige Gliederung; die innere und äußere sind aus behauenem Granit, die mittlere aus großen Ziegelstücken mit sehr kräftig und schön modellirtem Laubgewinde über den ganzen Bogen. Außerdem hat die Kirche in der Südwand noch zwei kleinere Pforten im Uebergangsstyl, von denen die westliche Kapitäler aus eingesetzten Reliefziegeln hat.-Ganz dieselbe dreifach gegliederte Thurmpforte aus Granit und Ziegel mit demselben Laubgewinde hat die Kirche zu Holzendorf.

Die Kirche zu Holzendorf hat übrigens außer dieser Pforte nichts dem Bau der übrigen Kirchen Aehnliches; sie ist nämlich ganz, auch im Thurme, von Ziegeln gebauet, hat auch, außer der Thurmpforte, Kirchenpforten aus Ziegeln, etwas weitere, jedoch noch einfache Fenster und Strebepfeiler.

Die Kirche zu Staven hat eine Eigenthümlichkeit, welche sich noch an andern Kirchen des Landes finden soll. Obgleich die Kirche aus Granit ist, so hat sie doch im Aeußern zwischen den Seitenfenstern und am Westgiebel mit Ziegeln ausgemauerte Nischen, welche in zwei Rundbogen gewölbt sind, die im Zusammenstoßen auf einem Tragsteine ruhen.

Aeußerst arm sind die stargardischen Kirchen an alten Geräthen und Denkmälern. Alte Taufkessel (Fünten) finden sich zu Lübberstorf (zerbrochen), Broma und Dahlen, letzterer mit starken Gesichtern verziert, wie die Fünte von Rülow (vgl. Jahresber. V, S. 123), welche jetzt im Schloßgarten zu Neustrelitz aufgestellt ist (vgl. Gentzen Verzeichniß der Gegenstände, um welche das Georgium zu Neustrelitz vermehrt ist, 1843, S. 4). Alte halbmuldenförmig ausghöhlte Weihkessel aus Granit (oder zu Weihkesseln benutzte heidnische Handmühlen?) finden sich an den Kirchen zu Wanzka, Helpte und Warbende. Geschnitzte Altäre sind selten und ohne Bedeutsamkeit; ein altes Bild der schmerzensreichen Mutter Maria (Maria tôr lâdinge) liegt noch im Thurme zu Salow.

Auf den Glocken ist nichts von Bedeutung bemerkt. Von Interesse könnten 2 Glocken zu Staven sein, beide mit gleichen Inschriften:

auf der einen Seite:

JOGIM FRIEDERICH CANS FÜRSTLICHER MECKLENBURGISCHER OBER UND GEHEIMBTEN RATHS PRAESIDENT HAT DIESE KLOCKE UMBGIESSEN LASSEN DATUM DEN 14 JUNIUS 1690.

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auf der andern Seite:

oben:

SOLLI DEO GLORIA

unten:

M. VITES SIEBENBAUM GOSS MICH IN SCHWERIN.

G. C. F. Lisch.

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Die Kirche zu Wanzka.

Das im J. 1290 von den Markgrafen von Brandenburg gestiftete Cistercienser=Nonnen=Kloster Wanzka war das einzige Kloster seiner Art im jetzigen Großherzogthume Meklenburg=Strelitz oder im Lande Stargard, ja neben den Johanniter=Comthureien Mirow und Nemerow das einzige Feldkloster im Lande, wenn man nicht die an den oft streitig gewesenen und zweifelhaften Grenzen des Landes liegenden Klöster Himmelpfort und Broda noch dazu rechnen will; das Kloster, in einer ziemlich angenehmen, jedoch in unmittelbarer Nähe nicht sehr reizenden Gegend, 1 Meile von Neustrelitz, war groß und begütert.

Von den Klostergebäuden ist keine einzige Spur vorhanden.

Die Kirche steht noch in den Ringmauern, ist jedoch vor einigen Jahren ausgebrannt und hat dadurch die letzten Reste ihrer frühen Einrichtung verloren; selbst Leichensteine fehlen gänzlich, so daß die Kirche gar keine Ausbeute giebt. Die neuere Restaurirung ist auch nur ganz schlicht und ohne Geschmack.

Das Kirchengebäude ist ein sehr langes, hohes Gebäude im ausgebildeten Spitzbogenstyle und eine der bedeutendern Kirchen im Lande Stargard; es ist jedoch nur ein einfaches Oblongum ohne Seiten= und Kreuzschiffe, also ohne Säulen= oder Pfeilerstellungen, ohne Gewölbe, kurz ohne bemerkenswerthe Eigentümlichkeiten, jedoch ganz von Ziegeln aufgeführt. Die Kirche gleicht den Kirchen mancher anderer Nonnenklöster, namentlich z. B. ganz der Kirche zu Dobbertin. In alter Zeit war der dreiseitig abgeschnittene Chorschluß gewölbt; der westliche Theil, der den hohen Nonnenchor hatte, ist wohl nie gewölbt gewesen. Eine Eigenthümlichkeit des Baues ist, daß die sehr hohen Fensternischen nur in der obern Hälfte Glasfenster enthalten, in der untern Hälfte schon zur Zeit des Baues zugemauert und diese Füllungen flach überwölbt und weiß getüncht sind, so daß man von dem hohen Nonnenchor noch nicht die Fenster erreichen kann.

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An der westlichen Pforte liegt einer der bekannten halbmuldenförmigen Weihkessel aus Granit.

In der Kirche zu Wanzka ist der Herzog Ulrich, mit welchem die Linie Meklenburg=Stargard im J. 147l ausstarb, begraben, jedoch ohne Spur des alten Begräbnisses. Bei der jüngsten Restauration ist ihm im Chor ein Kenotaph gesetzt, auf welchem eine Platte mit der auf Befehl des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow von Andreas Mylius in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. für die Kirche verfaßten lateinischen Inschrift in elegischem Versmaaße liegt.

G. C. F. Lisch.

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Die lübecker Altäre in den Kirchen zu Neustadt und Grabow.

Große Brände verzehrten im J. 1725 die Stadt Grabow und im J. 1728 die Stadt Neustadt und vernichteten zugleich das Innere der Kirchen dieser Städte. Bei den Sammlungen für diese Städte schenkten, nach überlieferten Nachrichten, die Lübecker jeder dieser Kirchen einen alten Altar.

Der an die Kirche zu Neustadt geschenkte Altar, welcher jedoch nie in der Kirche aufgestellt ist, sondern bis vor einigen Jahren, wo er in die großherzogliche Alterthümer=Sammlung genommen ward, in dem Materialienhause lag, ist ein Kunstwerk erster Größe, von ausgezeichneter Schönheit und so großer Vollendung, daß er selten seines gleichen findet. Dieser Altar wird, da er an seinem frühern Aufbewahrungsorte sehr gelitten hat, gegenwärtig in Schwerin restaurirt. Wahrscheinlich stammt er aus der Marienkirche zu Lübeck, da im Mitteltheile Maria und Christus als Hauptbilder stehen und sich außerdem unter den Heiligenbildern der H. Olaf findet, dessen Verehrung durch die Bergenfahrer, nach der Mittheilung des Herrn Dr. Deecke zu Lübeck, in der Marienkirche zu Lübeck charakteristisch ist. In einer Urkunde im großherzoglichen Archive zu Schwerin findet sich auch eine Vicarien=Urkunde vom J. 1436 für die "olderlude des kopmans vnde de gemeyne kopman van Berghen to Lubeke wesende - - to behuff der lichte vor sunte Olausbilde neddene in Vnser Vrowen kerken hangende."

Es war zu vermuthen, daß der der Kirche zu Grabow geschenkte Altar ebenfalls Kunstwerth habe. In den neuesten Zeiten ist der Altar geschlossen und ein neues, grade nicht an=

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sprechendes Bild darüber gehängt. Der Unterzeichnete ließ daher bei einer Anwesenheit zu Grabow das Bild abnehmen und die Flügel des alten Altars öffnen. Aber sowohl Bildhauerei und Schnitzwerk, als Malerei sind durchaus gewöhnlich und nicht besser, als wie es sich häufig und überall findet, so daß die Hoffnung auf ein großes Kunstwerk gescheitert ist. Jedoch ist der Altar ziemlich groß und wohl erhalten: er enthält, außer den Mittelgruppen und vielen kleinen Brustbildern der Propheten udgl., 56 Heiligenbilder. Die Mittelgruppe stellt den Berg Golgatha dar. Hinter dem Berge, der nur lose eingeschoben ist, steht auf dem weißen, nicht vergoldeten Kreidegrunde der Altarwand mit gleichzeitiger Schrift:

Aufschrift

so daß doch wenigstens die Zeit der Verfertigung (1379) für das Werk gewonnen ist. - Auf der Rückseite des Berges Golgatha steht:

I. R.
AO. 1596.

Es schien notwendig, für künftige Zeiten diese Erfahrungen hier niederzulegen.

G. C. F. Lisch.

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Die Bülowen=Kapelle in der Kirche zu Doberan

ist als ein seltenes Bauwerk wegen ihrer mittelalterlichen Malereien in Jahrb. IX, S. 447 flgd. beschrieben. Interessant würde es sein, wenn man die Zeit der Erbauung kennte; sie läßt sich jetzt nach Auffindung einer Urkunde im großherzoglichen Archive zu Schwerin wahrscheinlich genau bestimmen. Sie ist ohne Zweifel von dem Bischofe Friederich von Schwerin im J. 1372 gegründet und in den nächsten Jahren vollendet. Es verkaufen nämlich am 20. Dec. 1372 die von Oertzen 30 Mark aus Schmadebeck, welche der Bischof Friederich von Schwerin zu seinem, seines Bruders und seiner übriger Lieben (carorum) Gedächtniß der Kirche zu Doberan schenkte. Nach der Geschichte des Geschlechts der von Bülow waren des Bischofs Brüder: Johann, Reimar und Heinrich auf Schepekendorf. Dieser Heinrich von Bülow ist also wahrscheinlich derjenige, welcher über der Thür in der Kapelle abgebildet ist.

G. C. F. Lisch.

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2. Neuere Zeit.

Die Schlösser zu Wismar und Schwerin
und deren Baumeister.

Der Baumeister des wismarschen Schlosses ist der Maurermeister Gabriel von Aken (vgl. Jahrb. V, S. 20-22), und der Steinbrenner Statius von Düren fertigte die Verzierungen aus gebranntem Thon, mit welchen auch die alten Gebäude des Schlosses zu Schwerin aufgeputzt sind (vgl. Jahrb. V, S. 18 und 36). Diese Bauten wurden in dem Zeiträume von 1552-1555 ausgeführt. Gabriel von Aken war mit der Oberleitung des Baues unzufrieden und zog am Ende des J. 1553 von Wismar nach Lübeck (vgl. Jahrb. V, S. 20, Not. 1 und S. 21) und Statius von Düren folgte ihm nach Lübeck (vgl. Jahrb. V, S. 18 und 36) ungefähr im J. 1557. In Lübeck stehen nun noch hin und wieder viele Häuser, welche ohne Zweifel durch die Wirksamkeit beider Männer entstanden sind. Namentlich stehen in der Wahmstraße Nr. 450 bis 453 vier tüchtige, sehr wohl erhaltene Giebelhäuser neben einander, welche ganz in dem Geiste dieser Männer gebauet sind, namentlich sind sie ganz mit allen und denselben Ornamenten aus gebranntem Thon (gedruckten Steinen) verziert, welche an den Schlössern zu Wismar und Schwerin angebracht sind: es finden sich hier nicht allein alle die menschlichen Brustbilder und Thiergestalten aus denselben Formen, auch die Köpfe der wahrscheinlich fürstlichen Personen, sondern auch die beiden Brustbilder mit den Spruchbändern GOT. HEF. und INAG. ELIS., welche nur ein Mal am Schlosse zu Schwerin sich finden (vgl. Jahrb. V, S. 41-42).

Es ist also ohne Zweifel, daß beide Meister noch lange Zeit ihre Wirksamkeit in Lübeck fortsetzten.

G. C. F. Lisch.

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III. Zur Münzkunde.

Die

neuern meklenburgischen Denkmünzen,

zusammengetragen

von

G. M. C. Masch,

Pastor in Demern.


Die meklenburgische Münzkunde besitzt in dem bekannten Werke des ehemaligen Geheimen Archivraths Carl Friedrich Evers "Meklenburgische Münzverfassung" eine Arbeit, welche, obgleich sie fast ein halbes Jahrhundert alt (1798, 1799) ist, großen Werth behalten hat und als eine recht tüchtige Grundlage betrachtet werden muß. Bei der Stellung des Verfassers zum Archive und bei seinem umsichtigen Fleiße ist nur wenig Hoffnung vorhanden, daß sich mehr Materialien für den ersten, allgemeinen, geschichtlichen Theil in meklenburgischen urkundlichen Quellen finden werden, als er bereits und im Ganzen recht zweckmäßig ausgebeutet hat. Um aber die norddeutsche Numismatik als ein Ganzes im Auge zu fassen und sie aus diesem Gesichtspuncte zu bearbeiten, was sich immer mehr als nothwendig herausstellt, liegen die Urkunden von Lübeck, Hamburg, Lüneburg und Stralsund noch nicht in ihrem ganzen Reichtum vor, wenn gleich für Hamburg schon früher von Langermann und für Lübeck später von Grautoff sehr Erfreuliches geleistet ward.

Mehr läßt sich für die Vervollständigung des zweiten, speciell beschreibenden Theiles des Eversschen Werkes thun; denn bei allem unverkennbaren Fleiße, der darauf verwandt

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ward, läßt dieser in der Bearbeitung aller derjenigen Münzen, welche keine Jahreszahl haben, sowohl der Hohlmünzen, als der zweiseitigen Münzen, sehr viel zu wünschen übrig. Die Hohlmünzen sind von ihm unverhältnißmäßig schwach behandelt worden und sind gewiß vor allen einer neuen, umfassenden Untersuchung bedürftig; die Solidi der meklenburgischen Städte aber ermangeln bei einer, dem Zweifel sehr unterliegenden Grundansicht, aller nähern Zeitbestimmung, welche er freilich auch in der Gewißheit nicht geben konnte, wie es jetzt, nachdem Grautoff so viele Münzrecesse ans Licht gezogen hat, die ihm unbekannt bleiben mußten, möglich geworden ist. (vgl. Jahresber. VI, 53). Jedoch auch abgesehen hievon, hat Evers, indem er diese alten Münzen einem modernen Münzschematismus unterlegte, Alles unter einander gemengt, und nicht einmal die Perioden, welche sich schon bei dem Anschauen herausstellen, bemerkt.

Die Sammlungen, welche zu seiner Zeit vorhanden waren, hat er allerdings treulichst benutzt, aber es sind nach ihm mehrere neue Typen und sehr viele Stempelverschiedenheiten bereits bekannter Gepräge der ersten Herzoge, welche Münzen schlagen ließen, in den verschiedenen Funden zum Vorschein gekommen, so daß sich aus den großherzoglichen Sammlungen in Schwerin und Neustrelitz, aus der Vereinssammlung und aus der Universitätssammlung in Rostock eine reiche Nachlese veranstalten ließe.

Bei allen diesen, gewiß nicht unbegründeten Ausstellungen, die sich auch wohl noch vermehren ließen, wenn man einzelne Parthien vornehmen wollte, und die hier nur darum angegeben werden, um auf das hinzuweisen, was zunächst für meklenburgische Münzkunde geschehen könne, bleibt Ever's Werk doch immer in solcher Bedeutung, daß eine Fortsetzung desselben bis auf die neueste Zeit nur wünschenswerth erscheinen kann, und so ist denn in dieser Hinsicht die Zusammenstellung der neuern Denkmünzen wohl nicht zwecklos.

Um einen festen Anfangspunct zu gewinnen, ward mit dem Regierungsantritte des Großherzogs Friederich Franz 1785 begonnen, und so wurden denn die wenigen Denkmünzen der ersten Zeit, welche Evers bereits hat, mit aufgenommen. Da sein Plan der Fortsetzung zum Grunde liegen muß, so mußten, wie er es gethan hat, auch die Meklenburger, welche im Auslande groß geworden, berücksichtigt werden, jedoch sind die Denkmünzen auf Daries, Theden und Graf Bernstorff, welche in die Zeit dieser Sammlung fallen, hier nicht wiederholt worden, da sie bereits von ihm genügend beschrieben sind.

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Von allen hier beschriebenen Denkmünzen lagen (mit sehr wenigen Ausnahmen) die Originale oder Stanniolabdrücke vor, bei denen, welche Bolzenthal herausgegeben hat, bedurfte es derselben nicht, denn die Abbildungen sind so treu, wie möglich; ihre Vollständigkeit aber verdankt diese Arbeit der freundlichen Hülfe der Herren Archivar Lisch, Universitäts=Bibliothekar Baron von Nettelbladt in Rostock und F. W. Kretschmer in Berlin, denen öffentlich Dank zu sagen eine Freude ist.


Die

neueren meklenburgischen Denkmünzen.


A. Das Haus Meklenburg=Schwerin.

I. Friedrich Franz. (Geboren den 10. Dec. 1756, folgte seinem Oheim Herzoge Friedrich in der Regierung den 24. April 1785, nahm die großherzogliche Würde an den 14. Juni 1815, feierte sein fünfzigjähriges Regierungsjubiläum den 24. April 1835 und starb 1. Febr. 1837).

1. Auf den Antritt der Regierung.
24. Apr. 1785.
In Gold und Silber. 2 1/2 Loth. Größe nach Mader 29.

HS. In einem Kranze, von Lorbeer und Palmzweigen gebildet:
FRIEDERICUS
FRANCISCUS
D : G : DUX MECKLENBURG :
POST OBITUM
SERENISSIMI PATRUI
ET DUCIS FRIEDERICI
PATRIS PATRIAE
FASCES REGIMINIS
CAPESSIT
ANN : M. DCC. LXXXV.
D : XXIV. APRIL.
RS. Eine aus Wolken ragende Hand hält an einem Bande ein ovales Medaillon mit dem Bildniße des Herzogs Friedrich, worunter im Hintergrunde die Vorderseite der Kirche in Ludwigslust sich zeigt. An der linken Seite
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  sitzt das weinende, mit einem langen Schleier vom Haupt bis zu den Füßen verhüllte Meklenburg, mit der Rechten sich ein Tuch vor die Augen, mit der Linken den ovalen, vollständigen Wappenschild haltend. Zu den Füßen A: A: (Abraham Aaron) Im Abschnitt:
VESTIGIA PII ET IMMOR-
TALIS PATRUI
SEQUOR

Evers Mecklenb. Münzverf. II, S. 210. Die Erfindung ist vom Archivrath Evers und sollen in Gold 50, in Silber 500 St. geprägt sein.

2. Auf das Regierungs=Jubiläum.
24. Apr. 1835.
In Gold, Silber (3 1/4 Loth) und Bronze Größe 31.

HS. FRIEDR. FRANZ GROSSHERZOG V. MECKLENBURG SCHWERIN
Das rechtsgekehrte Brustbild des Großherzogs, mit einem Hermelinmantel um die Schultern, darunter F. A. NÜBELL FEC : Unten im Rande der Umschrift:
* D : XXIV APRIL MDCCCXXXV *
ZUM GEDÄCHTNIS . FÜNFZIGJÄHRIGER REGIERUNG
RS. Clio, sitzend, hält mit der Linken eine auf ihren Schooß gestützte Tafel, worauf sie schreibt:
D. 10 DECM
1756.
D 24 APRIL
1785.
D 24 APRIL
1835.

Jahresber. I, S. 28.

II. Friedrich Ludwig. (Aeltester Sohn des Großherzogs Friedrich Franz, geb. 13. Jun. 1778, vermählte sich am 23. October 1799 mit Helene Paulowna, Großfürstin von Rußland, kehrte mit ihr im Febr. 1800 ins Vaterland zurück, vermählte sich nach ihrem, am 24. Sept. 1803 erfolgten Tode mit Herz. Caroline Luise von Sachsen=Weimar am 1. Juli 1810, und nach ihrem Tode mit Auguste Friederike, Landgräfin von Hessen=Homburg, † 29. Nov. 1819.)

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1. Auf die Ankunft mit der Gemahlin in Meklenburg, Febr. 1800.
In Gold und Silber. Größe 25.

HS. SERI IN COELVM REDEATIS DIVQVE LAETI INTERSITIS POPVLO Im Meere Felsen, auf denen links im Hintergrunde ein Tempel steht; im Vordergrunde steht ein Obelisk, welcher bis gegen den obern Rand in Wolken hinein reicht, aus denen Lichtstrahlen hervorgehen. In der Mitte des Obelisken=Schaftes sind 2 ovale Schilder angebracht, auf dem rechten steht der Buchstabe F, auf dem linken H. Auf der Basis des Obelisken:
DELICIÆ
PATRIÆ
  unten am Rande: C F
RS. In einem Kranze von Eichenlaub:
PRINCEPS
CONNVBIO FELIX
REDIT
PATRIA IVBILANTE
MENS. FEBR
MDCCC.
2. Auf die Vermählung, 1. Juli 1810.
In Gold und Silber. Größe 19.
HS. FRIEDRICH U. CAROLINE Eine brennende Fackel und ein Bogen mit Pfeil kreuzweise über einander gelegt. Unten:
HEIL DEM EDLEN PAARE
RS. Zwischen einem Myrthenzweige rechts und einem Lorbeerzweige links, welche unten mit einer Schleife zusammen gebunden sind:
VERMAEHLUNG
IN
WEIMAR
D. I. IULI
MDCCCX.

Appel Repert. III, p. 610, n. 2157.

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III. Paul Friedrich. (Sohn des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig aus erster Ehe, geb. 15. Sept. 1800, vermählte sich am 25. Mai 1822 mit Fpriedr. Wilh. Alexandrine Helene, Prinzessin von Preußen, folgte seinem Großvater 1. Febr. 1837 in der Regierung und starb 7. März 1842.)

1. Auf die Vermählung, 25. Mai 1822.
Größe 28.
HS. Die beiden rechts gekehrt Brustbilder, die Prinzessin mit einem Blumenkranze im Haar. Ein dicker Blumenkranz umgiebt die Bilder und auf ihm liegen unten 2 Schilde, von denen der erste den Stierkopf, der zweite den preußischen Adler hat.
RS. Die beiden Vermählten, der Prinz mit Bügelkrone auf dem Haupte und einen Stab in der Hand, die Prinzessin, welche mit der königlichen Krone geschmückt ist, umfassend, sitzen in antiker Kleidung auf einem zweiräderigen Wagen, der von einem Viergespann gezogen wird, welches der voraufgehende Hymen, die Fackel in der Hand, leitet.
Im Abschnitt:
XXV MAI MDCCCXXII.
  Auf dem Boden: BRANDT. F.

Bolzenthal Denkmünzen zur Gesch. des Königs Friedrich Wilhelm III, p. 36, t. XXII. n. 108.

2. Auf den Tod, 7. März 1842.
Silber 7/32 Loth. Größe 15.
HS. PAUL FRIEDR. GROSSHERZOG V. MECKLENBURG SCHWERIN. Das links gekehrte Brustbild.
RS. In einem von 2 Cypressenzweigen, welche durch eine Schleife gebunden sind, gebildeten Kranze, unter einem Stern von 5 Strahlen:
VOLLENDET
D. 7. MAERZ
1842.

Köhne Zeitschrift II, S. 322, mit Abbildung.
Die Hauptseite dieses Jettons ist mit dem Stempel des Paulsd'or geprägt. Eine kleinere (1/8 Loth, Gr. 12) ist dieser hinsichtlich des Bildes und der Schrift ganz gleich und dazu ist der Stempel des halben Paulsd'or benutzt worden.

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IV. Helene Luise Elisabeth. (Tochter des Erbgroßherzogs Friedrich Ludwig aus zweiter Ehe, geb. 24. Jan. 1814, vermählt am 30. Mai 1837 mit Ferdinand Philipp Ludwig Carl Heinrich Joseph, Herzog von Orleans, welcher 13. Juli 1842 starb.)

1. Auf die Vermählung, 30. Mai 1837.
Größe 39.
HS. LVDOV. PHILIPPVS. I FRANCORVM. REX. Das rechts gekehrte Brustbild des Königs mit einem Eichenkranze und davon herabhangender Schleife; unter dem Arme: E. GATTEAUX
RS. DOMESTICA. FELICITAS. SPES. PVBLICA
E. G.
  Die Herzogin im Spitzenkleide, einen Rosenkranz im Haar mit herabhangendem Schleier und der Herzog in reich gestickter Uniform mit 2 Ordenssternen und übergehängtem Ordensband reichen sich über einem Altar die Hände. Im Abschnitt:
FERDINAND. PHIL. LVD. C. H. DVX AVREL.
HEL. LVD. ELIS. PRINC. MEGALOPOL.
SACRIS NVPTIAL. IVNCTI
MDCCCXXXVII.
2. Desgleichen.
Größe 28.
HS. * FERD. PH. L. C. H. IOS. DUX AURELIANI *
HELENA LOD. ELIS. PRINC. MEGALOPOL.
SUERIN
  Die beiden rechtsgekehrten Brustbilder, das der Prinzessin hat einen Schmuck mit herabhangenden Perlen um den Hals, unter dem Arme des Herzogs steht: BRANDT F -AN C PENS RE D.L'AC D. FRAN. A ROM.
RS. Ein Blumen= und ein Lorbeerkranz, in einander geschlungen, und oben mit einer Schleife gebunden, in der Mitte:
JUNCTI
D. 30 MAII
1837
3. Desgleichen.
Größe 28.
HS. Die Brustbilder des Herzog und der Herzogin über einander links gekehrt, letzteres mit einem Perlenhalsbande; unten: MONTAGNY. F.
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RS.
FERDINAND
DUC D'ORLEANS
PRINCE ROYAL,
MARIÉ LE 30 MAI 1837.
A HÉLÈNE, PRINCESSE
DE MECKLENBOURG
SCHWERIN.
4. Desgleichen.
Größe 17.
HS. LE DUC ET LA DUCHESSE D'ORLEANS Die beiden links gekehrten Brustbilder über einander, unten: MONTAGNY. F.
RS. In einem geperlten Rande:
FERDINAND
DUC D'ORLEANS
PRINCE ROYAL,
MARIÉ LE 30 MAI 1837.
A HÉLÈNE PRINCESSE
DE MECKLENBOURG
SCHWERIN.
5. Desgleichen.
Größe 26. Zinn mit Oehse, sehr schlechte Arbeit.
HS. * LE DUC D'ORLEANS LA PRINC ESSE HELENE *
Die beiden Brustbilder über einander links gekehrt.
RS. * UNIS A FONTAINEBLEAU LE 30. MAI *
Frankreich als gehelmte weibliche Figur, die Rechte auf einen Schild gestützt, in der Linken eine Lanze haltend, steht zwischen der knieenden Herzogin in moderner Kleidung und dem knieenden Herzoge in Uniform. Im Abschnitt: 1837
6. Desgleichen. Glückwunsch des Departements der niederen Seine.
Größe 28.
HS. LOUIS PHILIPPE I ROI DES FRANCAIS. FERD. P. L. C. H. J. DUC D'ORLEANS. HEL. L. E. DE MECKLEMBOURG SCH. DUCH SSE D'ORLEANS. Die drei Brustbilder: des Königs mit einem Eichenkranze, des Herzogs mit Lippen=, Backen= und Gurgelbarte, und der Herzogin mit glattem Haar, wor=
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  über eine Schnur, und Perlenreihe um den Hals, über einander und rechts gekehrt. Auf dem Abschnitte des Halses des Herzogs: BARRE. F.
RS.  
LE DEPARTEMENT
DE LA SEINE INFERIEURE
FELICITE LE ROI
SUR LE MARIAGE
DE S. A. R.
LE DUC D'ORLEANS
AVEC LA PRINC SE> . HÉLÈNE.
DE. MECKLEMBOURG SCHWERIN
CÉLÉBRÉ A FONTAINEBLEAU
LE 30 MAI 1837
Vignette
M E LE C E DE MONTALIVET
P. D. F. MIN E DE L'INTÉRIEUR
Vignette
M R LE B N DUPONT DELPORTE
PRÉFET
7. Auf den Einzug in Paris, 4 Juni 1837.
Größe 26. Zinn, wie Nr. 5.
HS. * LE DUC etc. . Stempel von Nr. 5.
RS. Aus einem Triumphbogen, in dessen Thor ein Reiter sichtbar, ist eben ein vorn und hinten zurückgeschlagener, mit 2 Pferden bespannter Wagen gefahren, in dem 4 Personen einander gegenüber sitzen. Im Hintergrunde 3 Bäume. Im Abschnitt:
ENTREE A PARIS
LE 4 JUIN
1837
8. Auf die von der Stadt Paris gegebenen Feste, im Juni 1837.
Größe 36.
HS. HELÈNE L. E. DE MECKLENB. SCHWERIN
* FERDINAND P. L. C. H. DUC D'ORLEANS.

Die beiden Brustbilder rechts geehrt, unten: BARRE FECIT
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RS. FÊTES DONNÉES PAR LA VILLE DE PARIS.
JUIN MDCCCXXXVII

Die Stadt Paris mit der Mauerkrone, sitzend, neben sich einen Schild mit dem Stadtwappen (im rothen Felde ein antikes Schiff unter einem blauen Schildeshaupt), legt die linke Hand auf die Brust und streckt die rechte über einen Altar aus, auf dem Früchte liegen, dessen Seiten 2 Fackeln bilden und der mit F. H. bezeichnet ist. Im Abschnitt:
MARIAGE DU PRINCE ROYAL BARRE F.
9. Auf die Geburt des Grafen von Paris,
24. Aug. 1838.
Größe 35.
HS. FERDINAND P. L. C. H. DUC D'ORLEANS
* HÉLÈNE L. E. DE MECKLENB. SCHWERIN.

Die Brustbilder des Herzogs und der Herzogin gegen einander gekehrt, das der Herzogin mit einem Schmuck im Ohre. Unten: BORREL FECIT
RS. LOUIS PHILIPPE ALBERT COMTE DE PARIS
Das rechts gekehrte Brustbild des Kindes. Unten:
NÉ A PARIS
LE 24 AOUT. 1838.
  unter dem Halse: BORREL. F.

Anm. Eine sehr schöne, große (nach Mader 47) Denkmünze auf die Geburt besitzt die großherzogliche und die Vereinssammlung, resp. in Silber und Bronze, durch die Gnade der Frau Herzogin.

A. LOUIS PHILIPPE I ROI DES FRANÇAIS

Das links gekehrte Brustbild mit einem von Eichenlaub und Oelzweig gemischten Kranze mit herabhangender Schleife. Unter dem Abschnitt: DOMARD F.

R. LOUIS PHILIPPE ALBERT COMPTE DE PARIS.

Frankreich, als eine gekrönte und geharnischte weibliche Figur dargestellt, mit einem über die Schultern geworfenen Mantel, sitzt auf einem Stuhl, setzt die Linke in die Seite und streckt die Rechte mit einem Zepter der mit einem Hahn gegipfelt ist, über die mit einer Grafenkrone gezierte Wiege, in welcher, jedoch so, daß es sich zugleich auf den Schooß von Frankreich lehnt, das unbekleidete Kind schlummert. Den rechten Fuß setzt die Figur auf einen Schemel und rechts neben dem Stuhle liegt auf einem Kissen die Grafenkrone und darüber ein Degen, links ein Füllhorn und Merkurstab, und ein Oelzweig hebt sich über diese in die Höhe. Daneben DOMARD. Im Abschnitt:

NÉ A PARIS LE 24 AOUT 1838.

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10. Desgleichen.
Größe 17.
HS. LE DUC etc. . Stempel von Nr. 4.
RS. LOUIS PHILIPPE ALBERT D'ORLEANS COMTE DE PARIS Das rechtsgekehrte Brustbild des Kindes im Hemdchen. Unten:
NÉ A PARIS LE 24 AOUT
1838.

MONTAGNY. F.
11. Auf die Taufe des Grafen von Paris,
2. Mai 1841.
Größe 35.
HS. FERDINAND P. L. C. H. DUC D'ORLEANS * HÉLENE L. E.DE MECKLENBOURG SCHWERIN Die beiden links gekehrten Brustbilder: der Herzog mit Lippen=, Backen= und Gurgelbarte, die Herzogin in schlichtem Haar, mit einer Perlenschnur um den Hals Unten: BORREL FECIT.
RS. BAPTEME DE L IS PHIL E ALB T COMTE DE PARIS. Die Religion im faltenreichen Gewande, Schleier auf dem Haupte, ein Kreuz haltend, tauft das Kind, welches ihr Frankreich, in Gestalt einer gehelmten weiblichen Figur, über einen Taufstein, der vorn mit einem geflügelten Engelskopfe geziert ist, entgegen hält. Ueber dem Täufling schwebt der heilige Geiste wie eine Taube, von dem 11 Strahlen herabschießen. Zwischen der Religion und dem Taufsteine, zu dessen Füßen ein Oelzweig liegt, steht auf einem einfach behangenen Taburet eine Gießkanne und ein Kästchen, hinter Frankreich liegt auf einem Tischchen eine Grafenkrone und ein Degen mit einem Bande; daneben: BORREL. F. Im Abschnit:
2 MAI 1841
12. Desgleichen.
Größe 17.
HS. FERD. P. L. C. H. DUC D'ORLEANS * HELENE L. E. DE MECKLENB. SCHWERIN. Die beiden links gekehrten Brustbilder. Unten: BORREL.
RS. BAPTEME DE L. P. ALB. COMTE DE PARIS Die Darstellung der Taufe wie auf der vorigen Münze. Unten:
2 MAI 1841 BORREL F.
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Anm. Die der großherzoglichen und der Vereinssammlung resp. in Silber und Bronze von der Frau Herzogin verehrte Denkmünze (Größe 39) hat die heilige Handlung schöner symbolisirt.

  HS. LOUIS PHILIPPE I ROI DES FRANÇAIS Das links gekehrte, bekränzte Brustbild. Im Abschnitt: PETIT F.
  RS. COMES PARISIENSIS. SACRO. LAVACRO. ABLVTVS. Ueber einem in Vasenform gebildeten, von einem Engelskopfe getragenen, reich verzierten Taufstein hält die zur linken Seite desselben stehende Stadt Paris, mit der Mauerkrone geziert, und neben sich zum Fuße den Hintertheil eines antiken Schiffes (Stadtwappen) das königliche Kind, auf einem Kissen sitzend, zur Taufe, welche die an der rechten Seite stehende Religion, die mit einem Rosenkranze gekrönt ist und ein Kreuz im Arme hat, aus einer Muschel vollzieht. Auf dem Taufsteine, neben der Religion, steht eine Vase, und der heilige Geist als Taube schwebt von oben hernieder, von 7 Strahlen umgeben. Im Abschnitt:
II. MAII. M. DCCC. XLI.
PETIT INV. ET F.
13. Desgleichen.
Größe 28.
HS. LOUIS   etc. . Stempel von Nr. 6.
RS. AVG TE ENFANT VIVEZ POUR LE BONHEUR DE LA FRANCE ET LE MAINTIEN DES LIBER TÉS PUBLIQUES. Das rechts gekehrte Brustbild des Kindes, im Arme: CAQUE. F. Unten:
BAPTÊME
DE M R LE COMTE DE PARIS
A LA METROPOLE LE 2 MAI 1841.
14. Auf die Geburt des Herzogs von Chartres, 9. Nov. 1840.
Größe 35.
HS. FERDINAND etc. Stempel Nr. 9.
RS. ROBERT PHILIPPE LOUIS EUGÈNE FERDINAND D'ORLÉANS DUC DE CHARTRES (zweite Reihe) NÉ A PARIS LE 9 9 BRE BAPTISÉ LE 14 9 BRE. Das rechts gekehrte Brustbild des Kindes im Hemdchen mit übergeschlagenem Spitzenkragen. Darunter: 1840. Im Abschnitt des Bildes: BORREL.
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B. Das Haus Meklenburg=Strelitz.

I. Carl Ludwig Friedrich. (Geboren 10. Oct. 1741, succedirt seinem Bruder Adolf Friedrich IV. am 2. Juni 1794, nahm die großherzogliche Würde an 28. Juni 1815, starb 6. Nov. 1816.)

1. Auf den Antritt der Regierung,
2. Juni 1794.
Gold und Silber (1 1/2 Loth). Größe 26.
HS. CARL LUDE. FRID. HERZOG ZU MECKLENBURG Das rechts gekehrte ältliche Brustbild in toupirtem Haar mit Zopf, bekleidet mit der landständischen Uniform mit Epaulette, Ordensband und Stern des schwarzen Adlerordens, im Arm H (Hein).
RS. In einem Kranze von Lorbeer und Palmzweigen:
GEBOREN D.
10 TEN OCTOBER
1741 U. SUCCEDIRT
NACH ABSTERBEN
SEINES HERRN
BRUDERS DEN
2 TEN IUNI
1794.

Evers Münzverf. II, S. 337.

2. Auf die Huldigung, 22. Dec. 1794.
Silber. Größe 27.
HS. CAROLUS MEGAPOLITANORUM DUX. Das rechtsgekehrte Brustbild mit gekräuseltem Haar und Zopf, in landständischer Uniform mit Epaulette, Ordensband und Stern. Unter dem Arm H (Hein).
RS.
CAROLO
SUO
LAETA GENS
MEGAPOLITANA

DIE XXII DECEMBRIS
MDCCXCIV.

Evers Münzverf. II, S. 337. Der Stempel ist nach wenigen Abdrücken unbrauchbar geworden.

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3. Auf die freimaurerische Stellung desselben, 1817.
Silber 1 7/8 Loth. Größe 31.
HS. CARL GROSSHERZOG VON MECKLENBURG STRELITZ (zweite Reihe) GEB. D. 10 OCTBR. 1741 GEST. D. 6 NOV. 1816. Das rechts gekehrte Brustbild in bürgerlicher Kleidung, mit dem Stern des Andreas= und schwarzen Adler=Ordens, um den Hals ein Band mit einem Winkelmaße. Unten: LOOS.
RS.  
DEM
FÜRSTEN
UND FREIMAURER;
DIE LOGEN
MECKLENBURGS:
ZU DEN DREI STERNEN,
TEMPEL DER WAHRHEIT,
PHOEBUS APOLLO,
HARPOCRATES
ZUR MORGENRÖTHE,
UND ZUM
FRIEDENSBUNDE.
1817.

II. Luise Auguste Wilhelmine Amalie. (Tochter des Herzogs Carl, geb. 10 März 1776, vermählt am 24. Dec. 1793 mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, ward durch die Thronbesteigung desselben am 16. Nov. 1797 Königin, reisete im Juni 1798 mit dem Könige nach Schlesien, wohnte am 19. August 1800 einem Ritterspiele in Fürstenstein (Vorstinburg) bei, das von schlesischen Edelleuten auf der wiederhergestellten Burg ausgeführt wurde, feierte am 18. Januar 1801 die Säcularfeier der preußischen Königswürde, besuchte Thüringen im Mai 1803, kehrte nach den Unfällen der Jahre 1806 und 1807 am 23. Dec. 1809 mit ihrem Gemahle nach Berlin zurück und starb am 19. Juli 1810 in Hohenzieritz bei Neustrelitz. Ihre Leiche ward am 22. Dec. 1810 im Mausoleum zu Charlottenburg beigesetzt.)

1. Auf die Vermählung, 24. Dec. 1793.
Silber (2 Loth). Größe 28.
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HS. FRIEDRICH WILHELM KRONPRINZ VON PREUSSEN (zweite Reihe) LUISE AUGUSTE WILHELMINE AMALIE PRINZESS. V. MECKLENB. STREL. Beide rechts gekehrte Brustbilder, der Kronprinz in der Uniform seines Regimentes. Unten LOOS.
RS. GESEGNET SEY DURCH IHN EIN GANZES VOLK! Die Fruchtbarkeit, als Göttin personificirt, sitzend, hält in der linken Hand einen aufgebrochenen Granatapfel, in der rechten Myrtenkranz und Pfeil. Zu der Göttin führt der Kriegsgott, bloß mit Helm, Lanze und Schild bewaffnet, einen jungen Helden in römischer Kriegstracht, der mit dem Lorbeerkranze auf dem Helme geziert ist. Im Abschnitt:
VERMÆHLT IN BERLIN
DEN 24 DECEMB.
1793.

Bolzenthal Denkmünzen, p. 2, t. II n. 4.
Evers Münzverf. II, p. 338.

2. Desgleichen.
Silber 1 15/16 Loth. Größe 27.
HS. FRIDERICVS PRINC. HERED. BOR. LVDOVICA PRINC. MEGALOPOL. Die beiden Bildnisse neben einander gestellt und links gewandt unten A / S (Abramson).
RS. MEDIA INTER ARMA HYMENAEO. Ein hoher Altar mit Myrten und Rosengewinden verziert, auf dessen Vorderseite der Gott Hymen, in der einen Hand seine Fackel, in der andern 2 Myrtenkränze tragend, zu sehen ist. Auf dem Altare lodert eine Flamme und um denselben liegen Waffen in römischer Form. Im Abschnitt:
NUPT. CELEB. BEROLINI
D. XXIV DEC.
MDCCXCIII.

Bolzenthal Denkmünzen p. 2, t. II, n. 5, Idee von Rammler.
Evers Münzverf. II, p. 339.

3. Desgleichen.
Zugleich auf die Vermählung der Schwester Friederike mit dem Prinzen Ludwig, 24. und 26. Dec. 1793.
Silber (2 Loth). Größe 30.
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HS. PARES SANGUINE VIRTUTE AMORE. Kastor und Pollux, neben einander stehet, in griechischer Tracht, mit Sternen auf dem Haupte, legen Myrtenkränze auf Hymens Altar, auf welchem ein Medaillon mit zwei jungfräulichen Köpfen sich befindet. An den Altar lehnt sich eine mit Rosen umwundene brennende Fackel. Unten STIERLE.
RS.  
FRIDERICUS
REGNI BOR. HERES
LUDOVICUS
HERED. REG. FRATER
CUM SORORIBUS
LUDOVICA ET FRIDERICA
FILIABUS
HEREDIS DUCATUS
STRELITIO MEGALOP.
FAUSTIS. MATRIM.
IUNCTI
BEROLINI
D. XXIV ET XXVI DEC.
MDCCXCIII.
  Darunter zwei Zweige mit blühenden Rosen.

Bolzenthal Denkmünzen p. 2, t. III, n. 3.
Evers Münzverf. II, p. 339.

4. Auf das erste Geburtsfest in Berlin,
10. März 1794.
Silber 15/16 Loth. Größe 24.
HS. LUISE AUGUSTE WILHELMINE AMALIE KRONPRINZESSIN V. PREUSSEN (zweite Reihe) GEBOHREN D. 10 MÆRZ 1776. Das links gekehrte Brustbild mit lockigem Haar; unten: LOOS.
RS. DES DIADEMS DES KRANZES WERTH. Auf einen behauenen Stein ist ein mit Kronen und Adlern bestreueter Purpurmantel gelegt, auf welchem ein Diadem mit einem Kranze umwunden liegt. Im Abschnitt:
ERSTES GEBURTSFEST
IN BERLIN
1794.

Bolzenthal Denkmünzen p. 3, t. II, n. 6.
Evers Münzverf. II, p. 340.

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5. Auf das erste Geburtsfest
nach der Thronbesteigung und völligen Genesung, 10. März 1798.
Silber 15/15 Loth. Größe 24.
HS. LUISE AUGUSTE WILHELMINE AMALIE KŒNIGIN V. PREUSSEN Das links gekehrte Brustbild mit einem Tuche um Kopf und Hals. Unten: LOOS.
RS. Ein Kranz von Rosen, Lilien und Convolvulus, der die Worte einschließt:
DES
TREUEN VOLKES
LIEBE
WAND DANKBAR
DIESEN
KRANZ

D. 10. MÆRZ
1798

Bolzenthal Denkmünzen p. 8, t. IV, n. 18.
Evers Münzverf. II, p. 340.
Appel Repert. II, p. 741, n. 4.

6. Denkmal der Liebe und Verehrung.
Silber. Größe 31.
HS. LUISE PREUSSENS SCHMUCK Der Königin Brustbild links gekehrt. Unten: ABRAMSON.
RS. In einem Kranze von Rosen= und Eichenblattern:
DER
FRAUEN
HOECHSTER
STOLZ

Bolzenthal Denkmünzen p. 9, t. IV, n. 22.

7. Auf die Reise in Schlesien, 7. Jun. 1798.
Silber. Größe 20.
HS. Die Brustbilder des Königs in Uniform mit Ordensband, und der Königin mit einem Bande im Haar, einem Tuch um den Hals, neben einander links gekehrt. Unten: K.
RS. Ein strahlender Stern, darunter:
WILLKOMMEN
KOENIGLICH PAAR
IN
DEINEM SCHLESIEN
JUN. 1798
Zwei kreuzweise gelegte Lorbeerzweige.

Bolzenthal Denkmünzen p. 9, t. III, n. 23.

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8. Desgleichen, 25. Jun. 1798.
Silber. Größe 36.
HS. FR. WILH. III. LUISE K. U. K. V. PREUSSEN Des Königs und der Königin Brustbilder auf einem gemeinschaftlichen, mit einem Kranze von Eichenlaub und Rosen geschmückten Postamente neben einander stehend und rechts gewandt, das des Monarchen in Uniform mit Ordensstern. Auf dem Postamente der Tag der Ueberreichung dieser Denkmünze.
DEN 25 JUN.
1798
RS. WAS KUNST UND FLEISS IN TARNOWITZ GEWANN
In der Unterschrift fortgesetzt:
BRINGT SCHLESIEN
DEM KŒNIGLICHEN PAARE

Die Natur, als Göttin vorgestellt, auf einem Würfel sitzend, zu dessen Seiten 2 Löwen ruhen; sie hält auf ihrem Schooße eine große silberhaltige Bleiglanzstufe; der Genius der Bergbaukunst steht vor ihr, entschleiert ihr Angesicht und beleuchtet es mit der Grubenlampe. Unten: LOOS.

Bolzenthal Denkmünzen p. 9, t. XXVIII, n. 24. In Breslau überreicht und aus dem in Tarnowitz gewonnenen Silber geprägt.

9. Dank bei dem Ritterspiele in Fürstenstein, 19. Aug. 1800.
Größe 35.
HS. Die Brustbilder des Königs Friedrich Wilhelm III. und der Königin Luise in alter Rittertracht neben einander gestellt und rechts gekehrt. Unten: KÖNIG
RS.  
VORSTENBURG
DEN XIX AUGUST
MDCCC.

Bolzenthal p. 10, t. I, n. 26. Den 4 Siegern von der Hand der Königin in 2 an Ketten und 2 an Bändern hangenden goldenen und silbernen Medaillen überreicht.

10. Auf die Säcularfeier der preußischen Königswürde, 18. Jan. 1801.
Größe 28.
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HS. FRIEDR. WILH. III. LUISE K. U. K. V. PREUSSEN Des Königs und der Königin neben einander gestellte Brustbilder, rechts gewandt, das des Monarchen in Uniform und mit Ordensstern. Unten: LOOS.
RS. Die Königskrone in den Strahlen der Sonne. Darunter:
DEM
KÖNIGLICHEN PAARE
HEIL UND DANK
UND NEUE HULDIGUNGEN
DES TREUSTEN VOLKS

BEIM ANBEGINN
DES ZWEITEN SÄCULUMS
DER MONARCHIE

D. 18 JAN.
1801

Bolzenthal Denkmünzen p. 10, t. IV, n. 30.

11. Bei der Ankunft in Thüringen, 30. Mai 1803.
Größe 30.
HS. FRIEDR. WILHELM III KŒNIG VON PREUSSEN (zweite Reihe) LUISE AUG. WILHELMINE AMALIE KÖNIGIN Das Brustbild des Königs in Uniform mit Ordensstern und das der Königin neben einander gestellt und rechts gewandt. (Im Arm: LOOS)
RS.
DEM
ALLGELIEBTEN
KŒNIGL. PAARE
WELCHES
DIE NEUEN UNTERTHANEN
DURCH SEINE GEGENWART
BEGLÜCKTE
BEI DER ANKUNFT
IN
THÜRINGENS HAUPTSTADT
ERFURTH
DEN 30 MAI 1803
IN TIEFSTER EHRFURCHT
ÜBERREICHT
VON
F. A. RESCH
UND
A. SCHERNITZ.

Bolzenthal Denkmünzen p. 14, t. XIV, n. 35.

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12. Auf die Rückkehr des königlichen Paares,
23. Dec. 1809.
Größe 25.
HS. FR. WILH. III. Blumenvignette LOUISE Blumenvignette KŒNIG. U. KŒNIGIN V. PREUSSEN Des Königs und der Königin Brustbilder neben einander gestellt und links gewandt. (Im Arme: LOOS)
RS. DES VOLKES FLEHN KRÖNT WIEDERSEHN Die Personification der Stadt Berlin mit einer Mauerkrone auf dem Haupte und neben sich einen liegenden Bär, bringt, vor einem mit dem königlichen Adler gezierten Altare stehend, Dankopfer. Im Abschnitt:
BERLIN D. 23 DEC.
1809

Bolzenthal Denkmünzen p. 19, t. IX, n. 51.

13. Desgleichen.
Größe. 19.
HS. HS. FR. WILH. III Blumenvignette LOUISE Blumenvignette KŒNIG. U. KŒNIGIN V. PREUSSEN Des Königs und der Königin neben einander gestellte Brustbilder links gekehrt, das des Königs in Uniform und mit Ordensband. Unten: LOOS.
RS. HEIL DEN HEIMKEHRENDEN Die Stadt Berlin in derselben Darstellung wie die vorige. Im Abschnitt:
BERLIN D. 23 DEC.
1809

Bolzenthal Denkmünzen p. 19, t. IX, n. 53.

"Der Stempel zu der Vorderseite findet sich auch mit einem ganz abweichenden Typus auf der Kehrseite verbunden: nämlich mit der Umschrift: SIE KEHREN ZURÜCK und mit der Personification der Zeit, welche an ein Denkmal schreibt: 1809 - NEUE - GLÜCKLICHE - ZEIT - KEHRT - WIEDER - ZU - UNS. Endlich ist jener Stempel zu der ans der Medaillen=Münzanstalt von Loos hervorgegangenen sogenannten Kalender=Medaille für das Jahr 1809 benutzt worden."

14. Desgleichen.
Größe 26.
HS. FRIDERICI GUILELMI III ET LOVISAE Des Königs und der Königin neben einander gestellte Bildnisse links gewandt. Unten: ABRAMSON
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RS. FORTVNAE REDVCI DESIDERATISSIMORVM Die Fortuna, das Füllhorn in der linken Hand und das Steuerruder in der Rechten, vor einem Altare stehend und opfernd. Im Abschnitt:
VOTA SOLVTA
CI C gespiegelt I C gespiegelt CCCVIIII

Bolzenthal Denkmünzen p. 19, t. IX, n. 52.

15. Auf den Tod, 19. Jul. 1810.
Größe 29.
HS. LOUISE PREUSSENS SCHMUCK Das links gewandte Brustbild der Königin mit Diadem. Unten: ABRAMSON.
RS. ACH! IST FÜR UNS DAHIN
Eine Pyramide, über derselben ein strahlender Stern. Im Abschnitt:
GEST. ZU HOHEN ZIERITZ
D. 19. IUL. 1810
IM 35 IAHRE

Bolzenthal Denkmünzen p. 20, t. IX, n. 55; "mit unwesentlicher Abweichung auch in kleinerer Ausführung vorhanden."

16. Desgleichen.
Größe 19.
HS. LUISE AUG. WILH. AMAL. KÖNIGIN VON PREUSSEN (zweite Reihe) DER ERDE GEGEBEN DEN 10 MERZ 1776 Das Bild der Königin ohne allen Schmuck (im Arme L.) Unten: VERMÆHLT D. 24. DEC. 1793
RS. SIE IST DAHIN DIE KŒNIGIN DER HERZEN Das Vaterland unter dem Bilde einer weiblichen Figur und an der königlichen Krone und dem Wappenschilde kenntlich, sitzt trauernd an einem Aschenkruge, der mit dem Namen LUISE und darüber mit einem Sternenkranze bezeichnet ist. Neben dem Aschenkruge liegt auf einem Tabouret die Königskrone. Im Abschnitt:
D. 19 JULIUS
1810

Bolzenthal Denkmünzen p. 20, t. IX, n. 56

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17. Desgleichen.
Größe 28.
HS. LUISE AUG. WILH. AMAL. KŒNIGIN VON PREUSSEN Zweite Reihe: DER ERDE GEGEBEN D. 10 MÆRZ 1776 Das Bildniß ohne allen irdischen Schmuck, über dem Haupte schwebt eine Strahlenkrone. (Loos.) Unten: VERMÆHLT D. 24 DEC. 1793
RS. AUS DER ERDE NEBEL ZURÜCK ZUM EWIGEN LICHT Die mit trüben Wolken bedeckte Erde wird als das in tiefe Trauer versetzte Königreich an dem mit dem preußischen Adler bezeichneten Steine erkannt. Durch die Nebel hebt sich eine Lichtflamme und steigt zum Urquell des Lichts empor, welchen der oben in Sonnenstrahlen prangende Name des Ewigen bezeichnet. Im Abschnitt:
DEN 19 JULIUS
1810

Bolzenthal Denkmünzen p. 20, t. XIII, n. 57.

18. Auf die Versetzung der Leiche nach Charlottenburg, 23. December 1810.
Größe 24.
HS. LUISE AUG. WILH. AMAL. KŒNIGIN VON PREUSSEN Zweite Reihe: ENTSCHLIEF DEN 19 JULI 1810 Die verstorbene Königin Luise auf dem Paradebette. Im Abschnitt:
UM
ALS ENGEL DES LICHTS
WIEDER
ZU ERWACHEN.
  Auf dem Sockel des Bettes: LOOS FEC.
RS. DEIN TREUES VOLK WEINT UM DICH UND SEGNET DICH Ansicht des im Schloßgarten zu Charlottenburg errichteten Mausoleums der Königin Luise. Im Abschnitt:
IHRER RUHE GEWEIHT
SEIT
DEM 23 DECEMB.
1810

Bolzenthal Denkmünzen p. 20, tab. IX, n. 58.

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III. Friederike Caroline Sophie Alexandrine. (Tochter des Herzogs Carl, geb. 22. März 1778, vermählte sich am 26. December 1793 mit Friedrich Carl Ludwig, Prinzen von Preußen, nach dessen Tode († 28 Dec. 1796) am 10. Dec. 1798 mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Solms und als der am 13. April 1814 gestorben war, am 29. Mai 1815 mit Ernst August, Herzog von Cumberland, demnächst König von Hannover, und starb 29. Juni 1841.)

1. Auf die Vermählung, 26. Dec. 1793.
Silber 2 Loth. Größe 28.
HS. FRIEDRICH LUDWIG KARL PRINZ VON PREUSSEN Zweite Reihe: FRIEDRIKE KAROLINE SOPHIE PRINCESS. V. MECKLENB. STREL. Die beiden Brustbilder rechts neben einander, beide mit gekräuselten Haaren. Der Prinz in Uniform mit Ordensband. Unten LOOS.
RS. DEM IUNGEN HELDEN AUCH DER MYRTHENKRANZ. Ein junger Held in altdeutscher Tracht mit einem Lorbeerkranze um das Haupt, sitzt auf eroberten Trophäen und empfängt mit der linken Hand, die rechte auf einen Schild gelehnt, von der in einem durch 2 Tauben in den Wolken gezogenen Göttin der Liebe einen Myrthenkranz. Im Abschnitt:
VERMÆHLT IN BERLIN
DEN 26 DECEMB.
1793

Evers Münzverf. S. 341.

2. Desgleichen,
zugleich auf die Vermählung der Schwester Luise mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm.
S. B. II, 3.
3. Auf das erste Geburtsfest in Berlin, 2. März 1794.
Silber (1 7/12 Loth). Größe 24.
HS. FRIEDERIKE KAROL. SOPHIE (2te R.) PRINZESSIN LUDW. V. PREUSSEN Das rechtsgekehrte Brustbild mit gelocktem Haar, darunter LOOS.
Unten:
GEBOHREN
D. 2 MÆRZ 1778
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RS. IHREM FESTE DIESE FRÜHLINGSROSE Ueber einem viereckten Stein ist ein Purpurmantel ausgebreitet, worauf eine Rose am Stengel liegt. Im Abschnitt:
DEM ERSTEN IN BERLIN
2 MÆRZ 1794.

Evers Münzverf. II, p. 341.
Auf die folgenden Vermählungen ist eben so wenig, wie auf den Tod der Königin von Hannover bis jetzt eine Denkmünze geschlagen worden. (Nachricht vom Herrn Dr. Grote, Conservateur des Königl. Münzcabinets in Hannover.)

IV. Carl Friedrich August. (Sohn des Herzogs Carl, geb. 30. Nov. 1785, trat 1799 in preußische Kriegsdienste, ward 1805 Major, 1810 Obristlieutenant, 1812 Obrist, im Juni 1813 Generalmajor und 8. Dec. 1813 Generallieutenant, 1825 General der Infanterie, 9 Dec. 1827 Präsident des Staatsraths und starb 21. Sept. 1837. Am 25. Sept. ward die Leiche in der Gruft zu Mirow beigesetzt, wo der Sarg später von dem Officiercorps mit einem silbernen Lorbeerkranz geschmückt ward.

1. Auf die Feierlichkeit der Niederlegung des Lorbeerkranzes.
Silber. Bronze. Größe 29.
HS. Blumenvignette CARL HERZOG VON MECKLENB. STREL. Blumenvignette Das links gekehrte Brustbild, unten GEB. 30 NOV. 1785 GEST. 21 SEPT. 1837.
RS. Die Darstellung des Sargschmuckes. Auf einem Kissen, worauf die Worte: DEM FELDHERREN DEM HERZOG CARL V. MECKLENB. STRL. stehen, liegt oben die Herzogskrone, dann der Säbel mit Degenquast und darüber ein Lorbeerkranz, aus 2 Zweigen durch ein Band verbunden, dessen Blätter mit der Angabe der Schlachten bezeichnet sind und zwar auf dem obern Zweige bei der Schleife anfangend: G 21 A 3 (Gröditzberg den 21. August 1813), L G 19. A 3 (Löwenberg 19. August 1813), G 23 A 3 (Goldberg 23. August 1813), K 26 A 3 (Katzbach 26. August 1813), M 16 O 3 (Möckern 16. Oct. 1813), W 3 O 3 (Wartenburg 3. Oct. 1813), H 2 A 3 (?) Auf dem untern Zweige: A 16 O 6 (Auerstädt 16. Oct. 1806?), G 5 M 3 (?) H 26 M 3 (Haynau 26. Mai 1813),
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  B 21 M 3 (Bautzen 21. Mai 1813), GG 2 M 3 (Groß=Görschen 2. Mai 1813). Unten G. LOOS DIR. L. HELD FEC.

Abendblatt. 1839 Nr. 1064.

V. Caroline Charlotte Mariane. (Tochter des Großherzogs Georg, geboren 10. Januar 1821, vermählt am 10. Juni 1841 mit Friedrich Carl Christian, Kronprinzen von Dänemark.)

1. Auf die Vermählung, 10. Juni 1841.
Gold. Silber. Bronze. Größe 30.
HS. FREDERICUS REGNI DANICI HERES * CAROLINA PRINC: MEGALOPOLIT. Beider Brustbilder neben einander links gekehrt; das der Kronprinzessin ist mit einem Blumenkranze geschmückt; darunter:
  CHR : CHRISTENSEN FC.
RS. * HIS DUCIBUS JUNCTI * Der bekränzte Hymen zündet die Hochzeitsfackel an; neben ihm ein fliegender Eros, welcher in der Linken den Bogen hält, von dem er so eben ein Geschoß entsendet hat. Unten D. X JUN. A. MDCCCXLI. Darunter THORVALDSEN INV. KROHN FEC.

Köhne Zeitschrift II, p. 186.

C. Anstalten.

I. Universität Rostock.

1. Auf die Restauration der Universität, 1789.
Silber (1/2 Loth). Größe 1 1/4 Zoll.
HS. ACADEMIA ROSTOCHIENSIS. Die schräge Seite eines Säulentempels der Minerva mit einem schrägen Dache auf steinigem Grunde. Im Abschnitt:
SCIENTIIS ET
ART. LIB.
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RS. In einem Kranze von Lorbeer und Palmzweigen:
FUNDATA
MCCCCXIX
Blumenvignette   Blumenvignette   Blumenvignette
RESTAURATA
MDCCLXXXIX
Blumenvignette   Blumenvignette   Blumenvignette

QUOD FELIX
FAUSTUMQOUE
SIT

Evers Mecklenb. Münzverf. II, p. 556. Vom Strelitzischen Hofmedailleur Hein gestochen und in Strelitz 1799 (?) geprägt. (Kostet 1 Rthl. 8 ßl.)

2. Auf die Säcularfeier, 12. Nov. 1819.
Silber 3 1/2 Loth. Größe 32.
HS. ALBERTUS & IOANNES ACADEMIAE ROSTOCHIENSIS CONDITORES MCCCCXIX. Die Brustbilder der beiden Herzoge übereinander, links gekehrt. Albert jugendlich und mit einer Krone, Johann im langen Barte und einer Schaube, beide in Haustracht, mit Ketten um den Hals, an denen Kleinode hangen. Unter den Bildern: A. AARON
RS. FRIDERICUS FRANCISCUS ACADEMIAE ROSTOCHIENSIS (zweite Reihe): INSTAURATOR MDCCLXXIX. Das Brustbild des Großherzogs, rechts gekehrt, in gestickter Uniform, mit Epaulett, 2 Ordenssternen und einem blauen Ordensbande. Im Arme L. A. AARON. Unter dem Bilde:
IN SACRIS
SAECULARIBUS
12. NOVBR. 1819

II. Badeanstalt Doberan.

1. Auf die Errichtung, 1793.
Silber 1 Loth. Größe 22.
HS. BALINEVM DOBERANENSE CONDITVM. Das Badehaus zu Doberan mit 2 Blitzableitern auf dem Dache. Im Abschnitt:
M. DCCXCIII.
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RS. CIVIVM EX SALVTE GLORIAM PETIT Auf einem Fußgestelle eine viereckte Pyramide mit einer Kugel auf deren Spitze, und dem Namenszuge FF. , worüber eine Krone, auf der Vorderseite. Auf der Leiste: M. Löser. & S.

Evers Münzverf. II, p. 211, ist 1798 in der Herzogl. Münze geprägt.

III. Münze in Schwerin.

1. Auf den Besuch derselben durch Großherzog Friederich Franz, den 28. März 1828.
Fünfthalerstück. Größe 15.
HS. FRIEDR. FRANZ V. G. G. GR. HERZOG V. MECKLENBURG SCHW. Der rechtsgekehrte Kopf des Großherzogs.
RS. Das vollständige, schraffirte Wappen mit einem offnen Helm, welcher eine Königskrone trägt, unter einem Fürstenmantel; unten:
D. 28. MAERZ 1828.
2. Auf die Wiederherstellung derselben.
Silber 2 3/4 Loth. Größe 29.
HS. FRIEDRICH FRANZ GROSSHERZOG VON MECKLENBURG SCHWERIN. Das rechtsgekehrte Brustbild.
RS. DIE MÜNZE Abbildung des Münzgebäudes mit der Inschrift: GRHZL. MÜNZE und unter derselben:
IN SCHWERIN
1829.

Die Hauptseite ist die zu den Verdienstmedaillen (D. I. B.) geschnittene.

IV. Loge zur Vaterlandsliebe in Wismar.

1. Jubilarmedaille, 14. April 1844.
Größe 27.
HS. An einer Bandschleife ein neuneckiger strahlender Stern mit einem runden Schilde, in dessen Mitte Zirkel und Winkelhaken übereinander, auf dessen Rande umher die Zeichen und Buchstaben
[]   Z V L Z W
(Die Loge zur Vaterlands Liebe zu Wismar)
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  stehen; unter dem Sterne streben links ein Eichen=, rechts ein Akacienzweig empor; darunter
H SCHRÖDER.
  In der durch eine Randlinie vom Felde getrennten Umschrift steht unten:
AM XIX APRIL MDCCCXIX *
  Oben rechts von unten anfangend:
A. O. v. VIEREGGE. 1 TR MSTR v. ST. MIT STIFTER.
RS. Eine aufgerichtete brennende Fackel, darunter 2 Rosenzweige, rechts mit Knospen, links mit Blüthen; oben zu beiden Seiten der Fackel:
XIX APRIL MDCCCXLIV.
  In dem Rande, wie auf der Hauptseite rechts von unten nach oben:
* F. L. v. VIEREGGE Pr. Gr. MSTR. MITSTIFTER
  links von oben nach unten:
* F. G. F. CRULL. D. Z. MSTR. V. ST. MITSTIFT R.

D. Verdienst=Medaillen.

I. Civil=Verdienst=Medaille.

A. Die ältere.

In Gold 5 Loth, in Silber 4 Loth. Größe 29.
HS. FRIEDERICH FRANZ HERZOG ZU MECKLENBURG. Das rechts gekehrte Brustbild im bloßen Haupte mit Zopf, in Uniform mit Ordensband und Stern; unter dem Arm: A. AARON
RS.  
Blumenvignette DEM Blumenvignette
REDLICHEN MANNE
UND DEM
GUTEN BÜRGER

S. v. Biedenfeld Ritterorden t. XVIII, n. 1. 2. II, p. 262. Eves II, p. 211. Im J. 1798 nach dem Entwurfe des Reg.=Raths v. Brandenstein geprägt.

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B. Die neuere.

Größe 29.
HS. FRIEDRICH FRANZ GROSSHERZOG VON MECKLENBURG SCHWERIN. Das rechtsgekehrte Brustbild mit kurzen Haaren und bloßem Halse.
RS. In einem dicken Eichenkranze, der oben und unten einmal kreuzweise mit einem an den Rändern mit einer Linie versehenen Bande zusammengebunden ist:
DEM
REDLICHEN MANNE
UND DEM
GUTEN BÜRGER

Beide werden an einem blauen, roth und gelb eingefaßten Bande getragen.

II. Medaille für Wissenschaft und Kunst.

A. Die ältere.

HS. FRIEDERICH FRANZ HERZOG ZU MECKLENBURG. Das rechtsgekehrte Brustbild in bloßem Haupte mit Zopf, in Uniform mit Ordensband und Stern; unter dem Arm: A. AARON
RS.
Blumenvignette DEN Blumenvignette
WISSENSCHAFTEN
UND
KÜNSTEN.

Evers Münzverf. II. auf dem Titel abgebildet und S. 211. Der Stempel der HS. ist der der Civil=Verdienstmedaille.

B. Die neuere.

HS. FRIEDRICH FRANZ GROSSHERZOG VON MECKLENBURG SCHWERIN. Das rechtsgekehrte Brustbild mit kurzen Haaren und bloßem Halse.
RS. In einem dicken Eichenkranze, der oben und unten einmal kreuzweise mit einem an den Rändern mit einer Linie eingefaßten Bande zusammengebunden ist:
DEN
WISSENSCHAFTEN
UND
KÜNSTEN

Der Stempel der HS. ist der der neueren Civil=Verdienstmedaille.

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III. Militair=Verdienstmedaille. (Vom Herzoge Friederich Franz am 23. Juli 1814 "zu rühmlicher Anerkennung der muthvollen Thaten und des ausgezeichneten Benehmens der Truppen in dem ewig denkwürdigen Kriege gegen fremde Unterjochung" gestiftet und wird nach ihren beiden Classen in Gold und Silber an einem blauen Bande mit gelber und rother Einfassung im Knopfloche getragen.)

Oval.
HS. Ein aufgerichtetes antikes Schwert mit einem Lorbeerzweige umschlungen zwischen der Jahrzahl 18   13.
RS. Unter dem Namenszuge FF steht
Mecklenburgs
Streitern.

S. v. Biedenfeld Ritterorden II, p. 262, tab. XVIII, fig. 2 u. 3.

IV. Kriegsdenkmünze (vom Großherzoge Paul Friederich für die in den Jahren 1808-1815 im Felde geleisteten Kriegsdienste durch das Statut vom 30. April 1841 (S. Officielles Wochenblatt Nr. 15., v. Biedenfeld Ritterorden II. p. 264.) gestiftet, wird aus Geschützmetall an einem gelben Bande mit rother und blauer Einfassung auf der linken Brust getragen und ist auf dem Rande mit dem Namen des Inhabers bezeichnet.)

Größe 19.
HS. Unter der großherzoglichen Krone die Buchstaben PF M in einander geschlungen. Darunter 1841.
RS. In einem Lorbeerkranze, der oben offen ist und unten durch eine Schleife verbunden:
FÜR
TREUEN DIENST
IM
KRIEGE.

V. Ehrenpreis des patriotischen Vereins.

Größe 29. (Wird in Gold und Silber vertheilt und der Name des Empfängers eingravirt.)

HS. Minerva sitzend, den Speer neben sich gestellt und sich auf den Schild stützend, hält in der erhabnen Rechten einen Zweig, der sich in 3 Theile theilt, hinter ihr auf einer Säule sitzt die Eule und neben ihr steht ein Hakenpflug, liegt ein Hirtenstab und Weberschiff und Faden und Knäuel.
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RS. In einem vollen Eichenkranze
DER
MECKLENBURGISCHE
PATRIOTISCHE
VEREIN
FÜR
ACKERBAU INDUSTRIE:
ERTHEILT DIESEN
EHRENPREIS

E. Meklenburger.

I. Gebhard Lebrecht Fürst Blücher von Wahlstatt. (Geboren zu Rostock den 16. Dec. 1742, unterm 3. Jun. 1814 zum Fürsten erhoben, starb 12. Sept. 1819 zu Krieblowitz in Niederschlesien.)

1. Denkmünze.
Silber 15/16 Loth. Größe 29.
HS. FÜRST BLÜCHER V. WAHLSTATT Das links gekehrte, mit einem Lorbeer bekränzte, sehr ähnliche Brustbild mit einer Löwenhaut; unten IACHTMANN.

Diese Medaille ist einseitig.

2. Desgleichen.
Silber 5/8 Loth. Größe 19.
HS. In einem Lorbeerkranze das Brustbild links gewendet, mit der Ueberschrift:
BLÜCHER VON WAHLSTADT
Unter dem Kranze: LOOS.
RS. Ohne Umschrift das Wappen des Fürsten. Ein quadrirter Schild mit Mittelschild, worin im rothen Felde 2 silberne auswärts gekehrte Schlüssel. Im 1. und 4. silbernen Felde ein schwarzer, königlich gekrönter Adler mit goldenem Schnabel, Kleestengeln in den Flügeln und Fängen; im 2. goldnen: Schwert und Marschallstab durch einen Lorbeerkranz gesteckt; im 3. goldnen: das schwarze eiserne Kreuz mit seiner silbernen Einfassung. 4 gekrönte Helme stehen auf dem Schilde, der mittlere rechts trägt 2 überschränkt gelegte silberne Schlüssel, der mittlere links das Bild des 2ten Feldes; der äußere rechts hat den Adler und der
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äußere links ein goldnes Banner mit dem eisernen Kreuze am goldnen Stabe. Schildhalter sind 2 königlich gekrönte Adler. Die Kette des schwarzen Adler=Ordens umgiebt den Schild und das Ganze steht unter einem aus einem Fürstenhute hervorfallenden Mantel.
3. Desgleichen.
Silber 1/8 Loth. Größe 9.
HS. V. BLÜCHER FÜRST V. WAHLSTATT Brustbild in Uniform mit Stern und Ordensband.
RS. In einem Lorbeerkranze
DER
ALLER
WELT
VEREHRTE
HELD
AN. 1813=14
GEB 16 DC.
1743.
4. Desgleichen.
Schraubenmedaille von Zinn mit einliegenden Bildern, welche die vom Fürsten Blücher gelieferten Schlachten vorstellen. Größe 19.
HS. FELD=MARSCH: FÜ: V.BLÜCHER. Das rechts gekehrte Brustbild in Uniform mit Orden um den Hals, Ordensband, 2 Sternen und einem Kreuze auf der Brust. Unten STETTNER.
RS. SEIN NAHME GLAENZ SO LANG DIE ERDE SCHWEBT Der Kriegsgott ohne Helm, vorwärts gekehrt mit gesenktem Schwerte auf Armaturen stehend.
5. Desgleichen.
Messing. Größe 16.
HS. FELDMAR : FÜRST VON BLÜCHER. Brustbild in Uniform mit Ordensband und Stern ; unten L. (Lauffer in Nürnberg).
RS. DEM SIEGE SEIN LORBER. Ein Held mit gesenktem Schwerte wird bekränzt von der Siegesgöttin. Im Abschnitt: IETTON
6. Desgleichen.
Silber. Größe 5.
HS. PRINCEPS BLUCHER. Der Kopf von der linken Seite mit Schnurrbart.
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RS. Zwischen 2 Lorbeerzweigen die Fasces mit dem Beile.

Appel III, S. 74, Nr. 241.

7. Desgleichen.
Silber 1. Größe 5.
HS. PRINCEPS BLUCHER. Vom Stempel der vorigen.
RS. Ein Palmzweig und eine Posaune liegen kreuzweise.

Appel III, S. 74, Nr. 242.

8. Auf den Sieg bei Hainau, 26. Mai 1813.
Silber 1/8 Loth, mit Oehre zum Tragen als Schmuck bestimmt. Größe 10.
HS. GOTT SEGNETE DIE VEREINIGTEN HEERE Eine rechtshin gekehrte, geflügelte Siegesgöttin, die in der ausgestreckten Linken einen Kranz und in der Rechten ein flammendes Schwert hält.
RS.
BEI
HAYNAU
DURCH
BLÜCHER
D. 26 MAI
1813

Appel IV, S. 371, Nr. 1388.

9. Auf den Sieg an der Katzbach, 26. Aug. 1813.
Silber 15/82 Loth. Größe 15.
HS. GEBH. LEBER. V. BLÜCHER FÜRST V. WAHLSTATT. Rechtsgekehrtes Brustbild in Uniform mit Stern und Ordensband. Am Arme C. L. (Lesser in Breslau). Unten GEB. D. 16. DECB. 1743.
RS. DAS BEFREITE SCHLESIEN. Silesia mit ihrem Wappenschilde sitzend, rechtsgekehrt, hält mit der ausgestreckten rechten Hand vor sich eine Victoria. Im Abschnitt
SIEG A. D KATZB.
26. AUG.
1813.

Appel III, S. 74, Nr. 239, hat diese RS. mit der HS. von Nr. 10. verbunden.

10. Desgleichen.
Silber 1/2 Loth. Größe 17.
HS. ALBR. LEOP. V. BLÜCHER K. P. GENER. FELDMARSCHALL Rechtsgekehrtes Brustbild in Uniform
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  mit 2 Kreuzen am Halse, mit Ordensband, jedoch ohne Ordensstern und Schleife auf der Schulter. Im Arme C. L. Unten: GEB. 16. DECB. 1743.
RS. DAS BEFREITE SCHLESIEN. Silesia sitzend und Sich stützend auf ihren Wappenschild, rechts gekehrt, hält mit der ausgestreuten rechten Hand vor sich eine Victoria. Im Abschnitt
SIEG A. D. KATZB.
1813
11. Desgleichen.
Wie Nr. 8.
HS. GOTT SEGNETE u. s. w. Der Stempel von Nr. 8.
RS.
AN DER
KATZBACH
DURCH
BLÜCHER
D. 26. AUGUST
1813
12. Auf den Uebergang über die Elbe bei Wartenburg, 3. Oct. 1813.
Wie Nr. 8.
HS. GOTT SEGNETE u. s. w. Der Stempel von Nr. 8.
RS.
DURCH
BLÜCHERS
ÜBERGANG
ÜBER DIE
ELBE
BEI
WARTENBURG
D. 3. OCT.
1813

Appel IV, S. 1017, Nr. 3738.

13. Auf den Sieg bei Möckern, 16. Oct. 1813.
Wie Nr. 8.
HS. GOTT SEGNETE u. s. w. Der Stempel von Nr. 8.
RS.
BEI
MÖCKERN
DURCH
BLÜCHER
D. 16. OCT.
1813

Appel IV, S. 599, Nr. 2167.

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14. Auf die Schlacht von Brienne, 1. Febr. 1814.
Messingcomposition. Größe 23.
HS. FELDMARSCHALL VON BLÜCHER. Das rechts gekehrte Brustbild in Uniform mit einem Orden um den Hals, 3 auf der Brust und Ordensband. Im Arme STETTNER. Unten IETTON.
RS. DIE SCHLACHT V: BRIENNE. Vorstellung der Schlacht, rechts Infanteriequarree, 2 Kanonen neben sich, auf welche eine Cavallerie=Colonne zusprengt, hinter welcher, mehr im Vordergrunde, Infanterie marschirt; ganz hinten ein brennendes Dorf. Im Abschnitt:
D. 1 FEBRUAR
1814
15. Auf den Sieg bei Laon, 9. u. 10. März 1814.
HS. GOTT SEGNETE u. s. w. Der Stempel von Nr. 8.
RS.
BEI
LAON
DURCH
BLÜCHER
D 9 U. 10 MÆRZ
1814

Appel IV, S. 502, Nr. 1837.

16. Auf den Einzug in Paris, 31. März 1814.
Zinn. Größe 28.
HS. (Erste Reihe) DES DEUTSCHEN VOLKS UNSTERBLICHE HELDEN UND ZIERDEN (Zweite Reihe) KATZBACH MÖCKERN LEIPZIG BRIENE LAON KULM LEIPZ-BAR SUR AUBE FERE CHAMP MONTM: Ein Lorbeerkranz, nächst dem die einzelnen Buchstaben P A R I S außerhalb stehen und in demselben die beiden gegen, einander gekehrten nackten Brustbilder, welche die Ueberschrift über jedem bezeichnet: BLÜCHER SCHWARZENBERG
RS. DIE DEUTSCHEN BRÜDER FÜR FRIEDEN U. VATERLAND SIEGER: Ein großes Thor, auf dessen Enden eine Spitzsäule, auf dessen Mitte eine Figur mit einer Fackel steht, bezeichnet mit P.TE DE PARIS, hat drei Eingänge, durch deren beide äußern Soldaten
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  einziehen, in der Mitte empfängt ein Held von einer knieenden Stadt einen Schlüssel. Ueber dem Thor schweben 3 fünfstrahlige Sterne, bezeichnet W. F. A. (Wilhelm, Franz, Alexander), ein Comet sinkt an der rechten Seite nieder. Im Abschnitt
IN PARIS
DEN 31. MAERZ
1814
  Auf dem Abschnitt PFEUFFER.
17. Auf den Frieden von Paris, 30. Mai 1814.
Messing. Größe 17.
HS. F. MAR. G. L. VON BLUCHER. Rechts gekehrtes Brustbild in Uniform.
RS.
THE
LIBERTIES
OF EUROPE RESTD.
BY THE UNITED
EFFORTS OF ENGLAND
AND HER
AUGUST ALLIES.
THE
PRELIMINARIES
OF PEACE SIGNED
MAY 30
1814

In England gefertigt.

18. Auf die Erhebung in den Fürstenstand,
6. Junius 1814.
Bronze. Größe 37.
HS. CASTRENSIS PRAEFECTVS PRINCEPS WAGSTADT. MDCCCXIV. Das nackte rechts gekehrte Brustbild. Unten:
THOMASON & CO.
DIREXIT.
RS. In einem unten mit einer Schleife gebundenen Lorbeerkranze
PRINCEPS CREATVS
A REGE SVO
APVD DVBRIM
IVNII VI MDCCXIV.
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19. Auf den Besuch in England, 1814.
Bronze. Größe 36.
HS. G. L. VON BLUCHER und nach unten PRINCE OF WAGSTADT Das rechtsgekehrte nackte Brustbild; in dessen Abschnitt HALLIDAY F.
RS.
HOSPES
BRITANNIARVM
MDCCCXIV
20. Auf den Sieg bei la belle Alliance,
18. Jun. 1815.
Silber 15/16 Loth. Größe 25.
HS. Des Fürsten Blücher von Wahlstatt und des Herzogs Wellington gegen einander gestellte Bildnisse, die ein Lorbeerkranz umschließt, mit der Beischrift: BLÜCHER WELLINGTON Unter dem Kranze: LOOS.
RS.
DER
SIEGGEWOHNTEN
HELDEN
HERRLICHSTER SIEG
VON GOTT GEGEBEN
ZUM UNVERWELKLICHEN
LORBEERKRANZ.

VERNICHTUNG DES
MEINEIDIGEN FEINDES
NACH VIERTÆGIGER SCHLACHT
BEI
LA BELLE ALLIANCE
D. 18 IUNI 1815

Bolzenthal Denkmünzen p. 27, t. X. n. 77.

21. Desgleichen.
Silber 13/16 Loth. Größe 23.
HS. Die Bildnisse des Herzogs Wellington und des Fürsten Blücher auf einem mit Fahnen gezierten Schilde; über den Bildnissen ein Lorbeerkranz, unter denselben LA BELLE ALLIANCE. Umschrift: HERZOG VON WELLINGTON FÜRST VON BLÜCHER. ; unten ist ein Theil der Erdfläche sichtbar mit S. JOAN-WATERLOO und darauf liegt ein Schild mit den französischen Farben über einem Degen und zerbrochenen Adler. Am Rande F. STUCKART. F.
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RS. Unter einem auf Wolken schwebenden Genius, der Schwert und einen Schild mit den Fascees und der Inschrift M. S. JOAN-WATERLOO hält, die Aufschrift:
DEM
ANDENKEN
DER FÜR DIE
VERBÜNDETEN HEERE
SO SIEGREICHEN,
FÜR EUROPAS WOHL
SO ENTSCHEIDENDEN
TAGE
DES 16 : 17 : 18 : JUNI.
1815.
  und im Rande ST . (Die Schrift steht rund niederwärts gekehrt.)

Bolzenthal p. 27 beschreibt in der Note * ) diese durch Sauberkeit ausgezeichnete Arbeit des F. Stuckart in Wien.
Appel IV, S. 1018, Nr. 3742.

22. Desgleichen.
Messingcomposition mit Oehr. Größe 23.
HS. (Von unten nach oben) * HERZOG VON WELLINGTON (von oben nach unten) * FÜRST VON BLÜCHER Die beiden Brustbilder gegen einander gekehrt, beide in Uniform mit Ordensband, Blücher mit 2 Kreuzen und Stern auf der Brust. Unter beiden IETTON.
RS. SCHLACHT BEI LA BELLE ALLIANCE. Vorstellung der Schlacht, rechts ein Generalstab zu Pferde, dem eine Colonne preußischer Infanterie mit fliegender Adlerfahne folget, im Hintergrunde aufgestellte Militairmassen und ein brennender Ort. Im Abschnitt
V. 15. BIS 18. IUN:
1815.
23. Desgleichen.
Wie Nr. 8.
HS. GOTT SEGNETE u. s. w. Der Stempel von Nr. 8.
RS.
BEI
LA BELLE
ALLIANCE
DURCH
BLÜCHER
UND
WELLINGTON
D. 18 JUNI
1815
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24. Desgleichen.
Silber 1/16 Loth. Größe 17.
HS. Ein querliegendes Schwert mit umwundenem Lorbeer, darauf liegt ein Helm, auf welchem eine Nachteule sitzt.
RS.
SIEG
BEI BELLE
ALLIANCE
DURCH HERZOG
V. WELLINGTON
UND FÜRSTEN
V. BLÜCHER
AM 18. IUNI
1815.

Appel IV, S. 97, Nr. 401. Eine kleinere (Gr. 8. wiegt 15 Gr.) wurde von einem Münzgraveur in Siebenbürgen nachgemacht.

25. Auf den Einzug in Paris, 7. Juli 1815.
Silber 15/16 Loth. Größe 25.
HS. Des Fürsten Blücher von Wahlstatt und des Herzogs Wellington gegeneinander gestellte Bildnisse, von einem Lorbeerkranz umschlossen, mit der Beischrift: BLÜCHER WELLINGTON. Unten LOOS.
RS.
DER
ENTSCHEIDENDEN
HELDEN-SCHLACHT
GLORREICHE
VOLLENDUNG

EINZUG
DER
PREUSSISCHEN
UND
ENGLISCHEN
SIEGER
IN
PARIS
D. 7 JULIUS
1815

Bolzenthal Denkmünzen p. 28. t. X. Nr. 79. (HS. von Nr. 20.)

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26. Desgleichen.
Wie Nr. 8.
HS. GOTT SEGNETE u. s. w. Der Stempel von Nr. 8.
RS.
DURCH
DEN
SIEGREICHEN
EINZUG
BLÜCHERS
UND
WELLINGTONS
IN
PARIS
D. 7 JULIUS
1815
27. Desgleichen.
Messingcomposition. Größe 22.
HS. AUFS NEUE SIEGTEN SIE ZU ALLER VÖLKER GLÜCK Ueber einem Altar, auf dem eine Flamme brennt, reichen sich die zu den Seiten desselben stehenden Blücher und Wellington, beide in Uniform, die Hände und werden von einem in Strahlen herabschwebenden Engel mit einem Lorbeerkranze geschmückt. Im Abschnitt:
BLÜ : U : WELLIN:
IETTON
RS. ZWEITER EINZUG DER ALLIERTEN MONAR. IN PARIS. Zwei Reiter, gefolgt von einer Schaar Uhlanen, ziehen zur Stadt und werden am Thore von einem Manne, der den Hut in der Hand hat, empfangen. Im Abschnitt:
DEN 10. IULY
1815
28. Auf Wellington und Blücher.
Silber 9 3/4 Loth. Größe 3 1/16 Zoll.
HS. In einem ovalen Rahmen, der mit einem Bande umschlungen ist, an der rechten Seite mit einem Lorbeer, an der linken mit einem Palmzweige, welche unten mit einer Schleife an dem Rahmen befestigt sind, geschmückt, ist Wellingtons halb vorwärts gekehrtes Brustbild in reicher Uniform mit Epauletten, Ordensband und Stern. Der Rahmen wird oben von einem Engel gehalten und dar=
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  über schwebt im Strahlenglanze eine englische Herzogskrone. Unter dem Rahmen ist eine Draperie mit der Inschrift:
SUCH WELLINGTON ART THOU, TRIUMPHANT FAME (zweite Reihe) SHALL THRO' THE WORLD IMMORTALIZE THY NAME.
  Unten T. H. F.
RS. Blücher, in Feldmarschalls=Uniform mit 3 Orden, auf dem Kopf einen Hut, in der erhobenen Rechten einen Commandostab, reitet auf einem mit Schabracke und Fliegennetz geschmückten Pferde rechts hingewandt und das Pferd tritt auf einen zu Boden liegenden Krieger in gestickter Uniform, der eine Brille trägt, die linke Hand flehend emporhebt und die Rechte auf die Brust hält und dessen Commandostab neben ihm zerbrochen da liegt. Im Hintergrunde rechts eine befestigte Stadt mit wehenden Fahnen, zu der 3 Menschen flehend aufsehen, links im Meere ein Felsen und davor ein Schiff, vor welchem 2 Menschen, ein stehender und ein sitzender, sich befinden. Ueber dem Reiter ein Band, in dessen Mitte BLÜCHER rechts davon auf dem herunterhangenden Ende, über der Stadt und dem zu Boden geworfenen Krieger:>
THE FALL OF HAMBURCHS
TYRANT DAVOUST
  links auf dem Bande:
ELBAS
EMPEROR.
  Ueber dem Bande in kleiner Schrift:
STRUCK BY J. PARISH IN HONOUR OF HIS OLD FRIEND BLUCHER.
  Im Abschnitt:
HALLIDAY FECIT.
29. Auf die Friedensfeier zu Ohlau, 18. Jan. 1816.
Silber. Größe 9.
HS. V. BLÜCHER FÜRST V. WAHLSTATT. Brustbild in Uniform mit Stern und Ordensband.
RS. In einem Lorbeerkranze:
ZUR
FRIED-
FEIER D. 18.
IAN. 1816
ZU
OHLAU.
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30. Von der Stadt Berlin.
Dem Fürsten zu Karlsbad am 3. Juli 1816 überreicht in Gold 150 Duc. schwer, in Silber 15 1/2 Loth. Größe 3 3/8 Zoll.
HS. Dem Fürsten Blücher von Wahlstatt die Bürger Berlins im Jahr 1816. Das rechtsgekehrte Bildniß des Fürsten, mit um die Schultern geworfener Löwenhaut, darunter Schinkel inv. König fec. Unten in der Umschrift ein Schild mit einem Bären, dem Wappen der Stadt Berlin.
RS. Der gepanzerte Erzengel Michael mit entfalteten Flügeln, auf dem Haupte einen mit dem eisernen Kreuze gezierten Helm, mit der Linken das Gefäß des umgürteten Schwerts erfassend, mit der Lanze in der Rechten dem unter seinen Füßen liegenden, menschlich gestalteten Ungeheuer, an dessen Extremitäten man den Drachen erkennt, den Todesstreich versetzend. Die Umschrift besteht aus den 3 Jahreszahlen: .1813. und .1814. zu den Seiten, .1815. oben.

Bolzenthal Denkmünzen p. 29. t. XXV. Nr. 85.

31. Auf den Tod, 12. Sept. 1819.
Bronze. Größe 27.
HS. FÜRST BLÜCHER VON WAHLSTATT. Das links gekehrte Brustbild, über demselben ein Kreuz in der Form des eisernen Kreuzes. Im Armabschnitt BRANDT. F.
RS. Fürst Blücher als Jupiter, den flammenden Donnerkeil in der Rechten, auf einem mit vier Rossen bespannten Wagen stehend, und mit der Linken das Gespann lenkend; voran schwebt Victoria; über der Vorstellung schwebt der königliche Adler, Zepter und Reichsapfel haltend, unter den Jahreszahlen 1813 1814 1815. Im Abschnitt:
GEB: 16 DEC: 1742
GES T : 12 SEP: 1819
  Darunter ein Lorbeerzweig.

Bolzenthal Denkmünzen p. 32 t. XII. Nr. 96.

32. Desgleichen.
Silber 1 3/16 Loth. Größe 28.
HS. GEBHARD LEBERECHT V. BLÜCHER FÜRST VON WAHLSTATT. Das linksgekehrte Brustbild.
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RS. Neben einend Altar, der die Inschrift trägt:
ER KAM,
SAH
UND
SIEGTE
  steht rechts der Kriegsgott mit gesenktem Schwerte, neben sich den Schild und legt einen Lorbeerkranz auf den Altar. An der linken Seite schwebt über Ruinen der Engel des Friedens herbei, mit einer Palme in der Linken und einem Sternenkranz in der Rechten, den er über den Altar hält, auf den aus an beiden Seiten zerteilten Wolken Strahlen herabschießen. Im Abschnitt:
GEB. 16 DECMB: 1743
GEST: 12 SEPT:
1819
  Auf der Leiste LESSER.
33. Auf die Errichtung des Denkmals in Rostock,
26. Aug. 1819.
Silber 3 7/8 Loth. Größe 35.
HS. DENKMAL DES FÜRSTEN BLÜCHER VON WAHLSTATT Die Abbildung des Denkmals; unter dem Fuße: IACHTMANN. F.
RS.
ERRICHTET
IN SEINER
VATERSTADT
ROSTOCK
VON
MECKLENBURGS
FÜRSTEN
UND
VOLK

D. 26 AUGUST
1819.

Abendblatt Nr. 88.

34. Auf die Errichtung des Denkmals in Breslau,
1827.
Silber 2 Loth. Größe 28.
HS. FÜRST BLÜCHER V. WAHLSTATT - MARSCHAL VORWÄRTS GENANNT. Das links ge=
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  kehrte Brustbild. Im Achselabschnitt H. GUBE FEC. Darunter G. LOOS DIR.
RS. DEM FELDHERRN UND DEM HEERE DIE SCHLESIER Abbildung des Denkmals, unter ihm auf einer Leiste STATUAR. C. RAUCH. Im Abschnitt die Jahrzahlen
1813 - 1814
1815

Bolzenthal Denkmünzen p. 42. t. X. Nr. 130.

II. Balthasar Ludwig von Wendessen. (Geboren zu Lichtenberg in Meklenburg=Strelitz 1721, trat 1739 in Preußische Kriegsdienste, zog als Premierlieutenant in den siebenjährigen Krieg und beendigte ihn als Major; ward 1770 Commandeur bei dem Renzelschen Regiment, 1783 Commandant in Breslau, 1789 Generallieutenant, 1791 Gouverneur zu Neiße, 1792 erhielt er den rothen Adler=Orden, 1793 übertrug ihm der König das breslauische Gouvernement und 1796 das warschauische, in Warschau starb er den 5. Dec. 1797.)

1. Auf seinen Abschied von Breslau (2. Jan. 1796)
vom Officiercorps.
In Silber 1 7/8 Loth.
HS. BALTHASARI LUDOVICO A WENDESSEN WRATISLAVIAE REGUNDAE PRAEFECTO (2te Reihe) ARMIS VIRTUTE FIDE CLARO CARO CIVIBUS ET MILITIBUS Brustbild von der linken Seite in Generals=Uniform, mit der Decoration des großen rothen Adler=Ordens. Unten KOENIG (in Breslau)
RS. VARSOVIAM UT IDEM MUNUS SUBIRET PETENTI D. 2 IANUAR 1796 (2te Reihe) GRATUS DUCUM LEGIONIS CUI PRAEEST ANIMUS. Ein Kranich, stehend auf den Fasces, worunter eine Löwenhaut ausgebreitet ist, hält in seiner rechten Klaue ein Steuerruder von einem Lorbeerzweige umwunden.

III. Gabriel Christoph Lembke. (Königl. Schwedischer Landrath, Dr. der Rechte und Bürgermeister von Wismar, geboren am 19. Dec. 1734, ward am 2. Mai

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1759 Dr. der Rechte in Jena, am 30. Juni 1762 in den Rath und am 18. Jun. 1777 zum Bürgermeister in Wismar erwählt und nachher königl. schwedischer Landrath und starb am 16. Mai 1825.)

1. Auf seine Jubelfeier, 30. Jun. 1812.
Größe 30.
HS. DEM FREUND UND KENNER DER GESETZE. Neben einem vierseitigen Altar, dessen Vorderseite mit einer Waage zwischen 2 Eichenzweigen geschmückt ist, steht zur linken Seite eine antik gekleidete weibliche Gestalt mit der Mauerkrone auf dem Haupte, welche durch den mit der Linken gehaltenen Schild, worauf das Wappen der Stadt mit seinem Helm steht, als Wismar bezeichnet wird, und gießt mit der rechten Hand aus einer Schale in die auf dem Altare brennende Flamme. Hinter der Figur neben dem Stadtwappen steht ein rückwärts gewendeter Storch und rechts am Altare liegt ein linksgelehnter, ovaler Schild mit dem Lembkeschen Familien=Wappen, im Schilde und auf dem Helm ein Lamm mit einer Fahne. Im Abschnitte
DEN 30 JUNIUS
1812.
  Auf dem Fußboden links LOOS.
RS.
BEI DER
FUNFZIGJÄHRIGEN
AMTS-JUBELFEIER
DES BÜRGERMEISTERS
K. SCHWED. LANDRATHS
UND
DOCTORS DER RECHTE
HERRN
GABRIEL CHRISTOPH
LEMBKE

ALS DENKMAL
DER HOCHACHTUNG
UND FREUDE
GEWIDMET
VON DER STADT
WISMAR
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IV. Olaus Gerhard Tychsen. (Geboren zu Tondern 14. Dec. 1734, erhielt 1760 einen Ruf nach Bützow, wurde daselbst 1763 Professor der orientalischen Sprachen, 1789 Professor, Oberbibliothekar und Vorsteher des Museums, ward 1813 bei seinem Jubiläum Vicekanzler und starb am 30. Dec. 1815. - S. Olaf Gerh. Tychsen oder Wanderungen auf die mannigfaltigsten Gebiete der bibl. Asiat. Literatur. Ein Denkmal von A. Th. Hartmann. Bremen 1820.)

1. Bei seiner Jubelfeier, 14. Nov. 1813.
Größe 32.
HS. FRUCTUS TULIT UBERRIMOS. Ein mit Früchten behangener Palmbaum steht in einer Wüste, rechts von dem Stamme steht das Wort Talmud in rabbinischer Schrift (     ), links eine jüdische Bezeichnung der Bibel durch die drei hebräischen Buchstaben Tav Nun, Kaph ( hebräisch ) und vor demselben weiter unten das Wort Alkoran in kufischer Schrift (      ). Im Abschnitt:
DIE XIV NOVEMBRIS
MDCCCXIII
RS. Blumenvignette FRIDERICUS FRANCISCUS DUX MEGAPOLITANUS
     Im Felde:
OLAO
GERHARDO TYCHSEN
DE
UNIVERSITATIBUS
LITTERARIIS
BUTZOVIENSI ET
ROSTOCHIENSI
PER
DIMIDIUM SAECULUM
OPTIME MERITO
Blumenvignette

O. G. Tychsen. 2 Bd. 3 Abth. p. 358 - 60. Das goldene Exemplar des Jubilars, 15 Duc. schwer, besitzt jetzt das acad. Münzkabinet in Rostock.
Beschreibung des Jubelfestes findet sich auch im Freimüthigen 1813 Nr. 283. Leipz. Lit. Zeit. 1814 Nr. 103.

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V. Peter Johann Hecker. (Geboren zu Stargard in Hinterpommern den 18. Oct. 1747, ward 1778 von Berlin, wo er seit 1767 den Lehrvortrag der Mathematik in dem Friedrich=Wilhelms=Gymnasium übernommen, als ordentlicher Professor der Mathematik nach Bützow berufen, ward 1789 nach Rostock zur restaurirten Universität versetzt, feierte 1828 sein Jubiläum und starb den 17. Sept. 1835. - S. Abendbl. 1836 Nr. 911, wo auch 1828 Nr. 521. die Beschreibung der Jubelfeier.)

1. Bei seiner Jubelfeier, 12. Dec. 1828.
Größe 33.
HS. ORNAMENTA DOCTRINAE PIETATE ILLUSTRAVIT ET FIDE. Ein großer Eichenkranz.
RH.
FRIDERICUS FRANCISCUS
MEGAPOLEOS MAGNUS DUX
PETRO IOANNI HECKERO
MUNERE ACADEMICO
PER QUINQUAGINTA ANNOS
FIDELISSIME FUNCTO
D. XII. M. DECEMBRIS
A. MDCCCXXVIII.

Abendblatt Nr. 911 enthält die Beschreibung dieser von Nübell in 2 Exemplaren in Gold zu 25 Duc. und 50 Exemplaren in Silber geprägten Denkmünze, welche auch in Bronze vorhanden ist.

VI. Moritz Joachim Christoph Passow. (Geboren am 13. Mai 1753, ward er 1779 Rector in Ludwigslust, 1783 Instructor des Erbprinzen Friedrich Ludwig, 1784 Hofdiaconus, 1793 wirklicher Hofprediger, 1794 Superintendent in Sternberg und Consistorialrath, 1818 Oberhofprediger in Ludwigslust, 1819 Dr. der Theologie, feierte 1829 sein Jubiläum (Abendblatt 1829, Nr. 547) und starb 28. Jul. 1830. (S. Abendblatt 1830, Nr. 586.)

Größe 29.
1. Bei seiner Jubelfeier, 26. April. 1829.
HS. PROPTER NOMEN DOMINI LABORAVIT NEQUE DEFATIGATUS EST. Auf einem Boden steht ein Kelch, hinter dem ein Kreuz liegt und vor dem eine aufgeschlagene Bibel, bezeichnet mit I. COR. I. 18. I. COR. X. 16.
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RS.
FRIDERICUS FRANCISCUS
MEGAPOLEOS MAGNUS DUX
VIRO OPTIME MERITO
MAURITIO IOACHIMO CHRISTOPHORO
PASSOVIO
TH. D. CONCIONATORI AULICO PRIMARIO
CONSISTORIO A CONSILIIS
MUNERIBUS IN SCHOLA ET ECCLESIA
PER L ANNOS
D. XXVI APRIL. MDCCCXXIX
EGREGIE FUNCTO
D.

Abendblatt Nr. 547 hat die Beschreibung der Münze.

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IV. Zur Geschlechter= und Wappenkunde.

1. Zur Geschlechterkunde.

Familie von Plessen.

Im südlichen Seitenschiffe des Doms zu Lübeck liegt ein Leichenstein mit den Umschriften:

Anno domini M. CCC. L. in die Marthe obiit dominus Johannes de Plesse, Lubicensis et Hamburgensis ecclesiarum canonicus. Anno domini M. CCC. LXVII. sequenti die Tiburcii obiit dominus Antonius de Plesse canonicus huius eeclesie. Orate pro eis.

Lübeck. Dr. E. Deecke.
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Familie von Bülow.

Im südlichen Seitenschiffe des Doms zu Lübeck steht:

Anno 1660 hat der Hochedelgebohrenn etc. . Herr Curth von Bülau, fürstl. Mechl. Pfandhauptman zu Gadebusch, auf Stintburg, Dronnewitz und Ostfeld Erbgesessen, diese Begräbnis erblich und zu ewigen Zeiten erkaufft und bewölben lassen.

Der Hochedelgebohrenn etc. . Herr Currth von Bülow ist auff diese Welt gebohren anno 1601 den 24 Martii, anno 1622 im Dec. mit seiner hertzlieben Frauen der Hochedelgebohrenn etc. . Fr. Hedewich von Dalwitz verehelicht und anno 1660 den 21 Decembris im Herrn selig entschlaffen.

Victor von Bülow, Curths Sohn, obiit an. 1624, die 3 Januarii.

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In der St. Rochus=Capelle im Dom zu Lübeck liegt ein Leichenstein mit der Inschrift:

Anno domini M. CCCC. XC., die veneris, undecima Januarii, obiit venerabilis et egregius vir dominus Hartwicus de Bulow, decretorum doctor, huius lubicensis, hildesiensis et swerinensis, hamburgensis ecclesiarum canonicus - - -Orate pro eo.

Lübeck. Dr. E. Deecke.
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Familie von Pentz.

Im nördlichen Seitenschiffe des Domes zu Lübeck ist ein Epitaphium mit folgender Genealogie und Inschrift:

ANNO MDLXVI DEN XIII AUGUSTI STARF DER ERBARE UND EHRNVESTE JASPER PENTZE, ARFSETEN TO NUTZKOW.


BALTZER PENTZ
ZU REDVIN.
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ULRICH PENTZ
ZU REDVIN.
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VOLRHAT PENTZ
ZU REDVIN.
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JASPER PENTZ
ZU NUTZKOW.
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BALTZER PENTZ
ZU NUTZKOW.
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MARQUART PENTZ
ZU NEUENDORF
UND WARLITZ.
MAGDALENE VON BASSEWITZ.
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SOPHIA VON VIEREGGEN.
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MARGARETE SEESTADEN.
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ANNA VON BOECWOLT.
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ANNA POWISCHE.
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ANNA VON THINEN.
horizontale Klammer
CHRISTIANUS PENTZE
REGIAE MAJESTATIS DANICAE ET NORWEGICAE CONSIL. FORTALITII GLÜCKSTADTENSIS GUBERNATOR, DOMINUS IN NEWENDORF ETC. IN AVORUM SUORUM MEMORIAM RENOVARI CURAVIT
A. CHR. MDCXXXIII.
Lübeck. Dr. E. Deecke.
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Denkstein von Selow.

Auf dem Felde des Dorfes Selow bei Bützow steht ein Denkstein, welcher in der Gegend sehr bekannt und in der Literatur öfter besprochen ist. Zuerst beschrieb ihn Mantzel in den Bützowschen Ruhestunden, XIII, S. 16 flgd., darauf Günther im Jahresber. III, S. 190. Die Entzifferung der Inschrift war bisher nicht gelungen. Mantzel hatte jedoch den Anfang derselben ziemlich richtig gedeutet, konnte aber den Namen nicht lesen und brach bei demselben ab; auch sah er auf dem Wappenschilde 3 Hasenköpfe, und daher hat man den Stein für einen hasenkopfchen oder maltzanschen Denkstein gehalten, um so leichter, als in dem Kriege mit dem Fürsten Heinrich die bischöfliche Parthei der Maltzan mit der Ritterschaft des Landes Bukow hier ein Treffen bestand (vgl. Rudloff II, S. 244).

Der Stein steht gegen das Ende der Feldmark Selow, links dicht am Wege von Bützow nach Doberan, "auf der dritten Hufe des Dorfes", nahe bei dem Bauerhofe, mit der Hauptseite gegen Norden gekehrt. Er ist von hellem, quarzreichen Granit und dem zu Jahresber. II in Abbildung beigegebenen von bernstorffchen Denksteine ganz ähnlich, enthält aber weder ein hasenkopsches Wappen, noch ist die Inschrift unleserlich; vielmehr ist alles sehr gut erhalten und klar.

Auf der nördlichen Hauptseite knieet in der Mitte eine betende männliche Figur, ohne Kopfbedeckung, in kurzem Wams, ohne Waffen und Schmuck; vor derselben steht ein Schild mit 3 Schaafs= oder Lammesköpfen.

Oben in der Rundung ist ein Crucifix ausgehauen. Am Rande umher steht die Inschrift, oben von der rechten Seite beginnend:

Inschrift
(= Anno domini MCCCIC (= 1399) in die beati Viti martiris (= Junii 15) obiit Hermannus Lameshovet.)

Ueber der Figur steht ein geschlungenes Band mit der Inschrift:

Inschrift
(= Misere mei deus.)

Auf der Rückseite steht dieselbe Darstellung, jedoch ohne Umschrift; auf dem Bande steht dieselbe Inschrift:

Inschrift
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Der Stein ist also zum Gedächtniß eines gewissen Hermann Lammeshaupt oder Lammeshovet errichtet, welcher nach der Kleidung und dem Mangel an Würdenbezeichnungen ein Bürger, vielleicht ein reisender Kaufmann, war, der hier seinen Tod fand. In einer im Archive der Stadt Gadebusch aufbewahrten Urkunde vom 1. Oct. 1411 wird ein lübecker Bürger Hermann Lammeshovet (Hermannus Lammeshouet ciuis Lubicensis) als Testamentsvollstrecker eines andern lübecker Bürgers genannt; vielleicht war dieser ein Sohn des bei Selow gestorbenen Mannes. - Zu dem Namen Lammeshovet stimmt auch das redende Wappen auf dem Steine. - Die Volkssage von dem hier vorgefallenen Kampfe zweier Ritter ist also nichts weiter, als eine Sage.

Wir verdanken diese Aufklärung der Beförderung des Herrn Reichsfreiherrn A. von Maltzan auf Peutsch.

G. C. F. Lisch.

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Personennamen

in Beziehung auf Meklenburg,

aus dem lübecker Oberstadtbuche

mitgetheilt

vom

Dr. Deecke zu Lübeck.

1) Geistliche:
1295. dominus Johannes, prepositus et plebanus in Robele 1 ).
(Sein Bruder heißt: Ludwig, beider Vater: consul Hinricus Storm.)
1285. dominus Hermannus, plebanus in Malchowe.
Nonnen:
1289. Wibe, filia Werneri de Stella, in claustro Cernentin
1292. Wibe, filia Werneri de Stella, in claustro Cernentin
1299. Dhitburgis, monialis in Dobbertin.
1308. Heylewich de Dule, monialis in Campo Solis.

1) Hiedurch wird es zur Gewißheit, daß der Johann Storm, ein geborner Röbeler, der in Jahresber. VIII., S. 115-116 öfter genannt wird, nicht Propst des Klosters, sondern Archidiakonus des Bischofs von Havelberg zu Röbel war, indem die Prämonstratenser=Archidiakone den Titel der Pröpste führten.
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2) Städtebewohner:
Rostock:
1295. Hermannus Lyse cives in Rostock.
Bertrammus Damen cives in Rostock.
Wismar:
1287. Johannes dictus Vette Knecht, institor de Wismaria.
1303. Hinricus Bodin de Wismaria.
Parchim:
1288. Johannes Thidemannus dicti Stuten, cives in Parchem.
Gadebusch:
1294. Johannes de Hamelen, civis in Godebuce. Item 1309 et 1310.
1295. Hinricus Roggenbuc de Godebuce.
1312. Johannes de Godebuce, frater Nicolai de Molendino.
Sternberg:
1312. dominus Thidericus Ketelhod et uxor eius Walburga, Sternenbergenses.
Röbel:
vid. 1295. dominus Johannes plebanus in Robele.

 

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2. Zur Wappenkunde.

Hanenzagel und Hanenstert.

In Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn I, A., S. 54 flgd., sind auch die Geschlechter Hanenzagel und Hanenstert behandelt und auf der beigegebenen Lithographie Fig. 5 und 6 auch die Siegel beider Geschlechter abgebildet: Hennekin Hanenzagel hat 1360 einen rechts schreitenden Hahn mit zwei Füßen, ohne Hals, der Knappe Willekin Hanenstert 1302 drei Hahne mit einem Fuße, ohne Hals im Wappen. An einer Urkunde im Archive zu Stettin vom 3. Februar 1324 hängt nicht allein das oben erwähnte Siegel des Knappen Willekin Hanenstert, sondern auch das Siegel seines Bruders, des Knappen Conrad Hanenstert, dieser hat ganz das Wappen des Hennekin Hanen=

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zagel: einen rechts schreitenden Hahn ohne Hals jedoch steht der Hahn nur auf einem Fuße, wie die Hähne in dem Wappen seines Bruders.

G. C. F. Lisch.

Siegel des Martin Kalsow.

Der Verein kaufte ein messingenes Siegel aus dem 14. Jahrhundert. Es ist rund und hat im Siegelfelde ein Hauszeichen wie ein römisches V, an dessen rechten Balken eine Linie rechtwinkelig angesetzt ist, wahrscheinlich ein mißverstan=

K; die Umschrift lautet:

Umschrift
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V. Zur Sprachkunde.

Christliche Zeit.

Niederdeutsches Evangelienbuch

aus der Mitte des 14. Jahrhunderts,

von

G. C. F. Lisch.


Die niederdeutsche Sprache wartet noch immer auf die verdiente historische Entwickelung ihrer Formen und ihres Ganges. Noch sind aber nicht einmal ihre Denkmäler erforscht. Freilich ist es nicht viel, was sie aus alter Zeit aufzuweisen hat, aber doch genug, um ihren Werken einen Platz in der Entwicklungsgeschichte der allgemeinen deutschen Literatur zu gönnen. Die dichterischen Werke haben sich von jeher einer besondern Berücksichtigung zu erfreuen gehabt; wie in allen Sprachen, ist auch von der Prosa der ältern niederdeutschen Mundart bisher wenig die Rede gewesen, und doch ist ihre Kenntniß im höchsten Grade wichtig.

Die ältesten niederdeutschen Sprachdenkmäler in Prosa sind die Rechtsbücher und die Particularrechte, wie die Stadtrechte, Morgensprachen, Gildensatzungen udgl. Ihnen folgen die Urkunden; diese waren bis zum Ende des 13. Jahrh., mit sehr wenigen Ausnahmen, lateinisch abgefaßt; erst mit dem Anfange des 14. Jahrh. kommen deutsche Urkunden einzeln vor, bis sie in der Mitte des 14. Jahrh. häufig und bald, mit Ausnahme der geistlichen Urkunden, allgemein werden. So reiches Material die Rechtssatzungen und die Urkunden auch geben, so bewegen sie sich doch in bestimmten, beschränkten Kreisen und in gewissen Formen. Mit dem Durchdringen der deutschen Sprache für die Urkunden treten im 14. Jahrh. auch die niederdeutschen Chroniken in Prosa hervor, unter denen die Chroniken der Stadt Lübeck die erste Stelle

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einnehmen, welche sich freilich schon freier, aber doch auch in einem gewissen, herkömmlichen Style bewegen.

Man muß daher zur vollen Würdigung der niederdeutschen Sprache nach andern Geisteswerken suchen, welche eine andere Richtung haben, als eine juristische und historische. Zugleich mit den Urkunden und Chroniken erscheinen geistliche Bücher, wie Bibelübersetzungen, Evangelien, Gebetbücher u. s. w., welche zum Theil bis zum Anfange des 15. Jahrh. in neuen Redactionen fortleben. Im Meklenburgischen sind bis jetzt ganze Bücher dieser Art nicht bekannt geworden; aber einige Fragmente geben doch einen vollständigen Begriff von der geistlichen Sprache des 14. Jahrh.

Das älteste Fragment eines Andachtsbuches ist aus einem alten Evangelienbuche. Es ist ein im großherzogl. Geh. und Haupt=Archive aufgefundenes Blatt Pergament in kl. Fol., mit gehaltenen Columnen, mit rothen Anfangsbuchstaben und Ueberschriften. Die kleine, stumpfe Minuskel deutet auf die Mitte des 14. Jahrh., für welche Zeit auch die Sprachformen reden, wie z. B. der durchgehende Gebrauch der enklitischen Negation en -, deren regelmäßige Anwendung mit der Mitte des 14. Jahrh. in den Urkunden aufhört, die abgekürzten Verbalformen, einzelne alte Sprachformen, wie stempne (Stimme) u. s. w.

Fragment eines Evangelienbuches.

Pergament=Handschrift
im großherzogl. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin aus der Mitte des 14. Jahrh.

Des midwekens. Secundum Johannem [Ev. X. 22].

In der tyd weren gemâket ghemeyne wertschop to Jherusalem, vnde it was winter; men Jhesus wanderde an den tempel an de porten Salomonis. Dâr vmme vengen ene de iôden vnde sprêken: wo lange krokestů vnse sêle; bistů Cristus, dat segge vns âpenbâr. Do sprak Jhesus: ik spreke mit iů vnde gy en lôuet des nicht; de werk, de ik dô in dem nâmen mynes vâders, de betûget van my; men gy en lôuet des nicht, wente gy en sîn van mynen scâpen nicht. De myne scâpe sîn, de hôret myne stempne, vnde ik bekenne se, vnde se volget my vnde gheue en dat êwige leuent, vnde se vorderuen nicht vnde nêmant nympt se von mynen handen vnd nêmant mach se nemen van mynes vâder henden. Ik vnde myn vâder sîn eyn. Do hâlden de iôden steene, vp dat se ene steenden.

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Do sprak Jhesus: vele gûder werk hebbe ik bewîset van mynem vâdere; vôr welke desser werk steene gy my? Do sprêken de iôden: vmme dîne gûden werk steene wy dy nicht, men dor dîne blasfemighen, dat du ên mynsche bist vnde mâkest dy got. Do sprak Jhesus: en is nicht gescreuen in iůwer êe, wente ik gesprôken hebbe, gy sîn gode, do sprak he, dat gy gode weren, to den, den godes wort gesprôken wart, vnde de scrift mach nicht vorstôret werden, den de vâder heft gehilghet vnde ghesant an de werlt, vnde gy spreken, wente du blasphemest, wente ik sprak, ih bin godes sône. Is it dat ik nicht en dô mynes vâders werk, so en lôuet my nicht; is it âuer dat ik. se dô, en wil gy my denne nicht lôuen, so lôuet mynen werken, vp dat gy lôuen bekennen vnde gy glôuet, wante de vâder an my is vnde ik an dem vâdere.

Des donredaghes. Secundum Johannem [Ev. VII. 40].

In der tyd do etlyke van der schâere hôrden de wort Jhesu, do sprêken se: he is wêrliken ên prophete; de anderen sprêken: he is Cristus, vnde etlike sprêken: is echt Cristus ghekômen van Galylea? En sprekt nicht de scrift: van Dauites slechte vnde van Bethlahem dem castelle is Cristus gekômen. Aldus was twîuel vnder der schâr, vnde etlike wolden ene vanghen, vnde nêmant lede sîne hand an em. Do quêmen de dênstknechte to den biscopen vnde to den glyseners, vnde se sprêken to den dênstlûden: wôr vmme en hebbe gy enen nicht gebracht? Do antwardeden de dênslûde: ny ên mynsche redede also wol, alse de mynsche. Do sprêken de glyseners: sêe gy icht also de propheten edder de vorsten oder de glyseners an em lôuende, sunder de schâren, de nicht hebben bekannt; de êe is vorvůllet. Do sprak to em Nychodemus, de des nachtes to Jherusalem kômen was, de ôek eyn der glyseners was, de ordêl vnser êe: de richtet nicht den mynschen, êr he se hebbe hôrt vnde bekam wert. Do sprêken se: Bistu ôk ên Galileus? He wâre de scrift vnde syk suluen; wente de prophete van Galylea nicht vp en steit. Dâr na ghink mâlk in sîn hûs.

Des vridages vor Halmen. Secundum Johannem [Ev. XI. 47].

In der tyd hadden de biscope vnde de glyseners ênen rad vnde sprêken: wat dô wy dessen mynschen,

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wente he vele têkene dôet? Lâte wy ene aldus? Al dat voelk lôuet an em, vnde so kômen de Romere vnde nemen vnse herscop vnde vnse voelk. Do sprak eyn vnder en, de hêt Cayphas, ên byscop des iâres:

gy en wêten nicht, noch kônet denken; it temet yo wol vnde is beter, dat eyn mynsche sterue vôr dat volk, wen dat alle mynschen vorderuen. Dit en sprak he nicht van sik suluen, men he was ên biscop des iârs vnde prophetirede dat, dat Jhesus was staruende vôr dat voelk, nicht allêne vôr dat voelk, men dat godes kindere, de dâr weren verschuchtert, worden in ein gesamelt. An deme suluen dâghe weren se denkende, wo se ene dôdeden. Vnde Jhesus wanderde nicht âpenbâr by den iôden, men he ghink in êne stad, de hêt Efferem, vnde dâr blêf he mit sînen iungeren.

VI. Zur Schriftenkunde.

1. Urkunden.

Der Verein gewann an Urkunden;

I. Von dem Herrn Bagmihl zu Stettin Abschriften von folgenden Urkunden aus dem pommerschen Provinzial=Archive zu Stettin:

1) 1289. Jan. 27. (sexto kal. Febr.)
d. d. Stolp.

Der Fürst Pribislav von Wenden, Herr zu Daber und Belgard, schenkt dem Kloster Bukow 200 Hufen im Lande Belgard, sich jedoch für seine Lebenszeit die Hälfte des Ertrages vorbehaltend.

2) 1304. Jan. 28. (fer. III ante purif. Mariae.)
d. d. Stettin.

Der Herzog Otto von Pommern bestätigt die von seiner Mutter Mechthild dem Nonnenkloster vor Stettin zunächst zu Gunsten ihrer Enkelinnen Mechthild und Beatrix, Gräfinnen von Schwerin, Nonnen in demselben Kloster, gemachte Schenkung von 8 Hufen in dem Dorfe Daber.

3) 1306. Aug. 15. (fer. II post domin. Deus in adj.)
d. d. Stettin.

Die Herzogin Mechthild von Pommern schenkt, unter Zustimmung ihres Sohnes Otto, dem Nonnenkloster vor Stettin 8 Hufen im Dorfe Daber, zunächst zum lebenslänglichen Gebrauch ihrer beiden Enkelinnen Mechthild und Beatrix Gräfinnen von Schwerin, Nonnen in demselben Kloster.

4) 1324. Febr. 3. (in crast. purif. Mar.)
d. d. Wismar.

Vogt und Rathmänner der Stadt Wismar bezeugen, daß vor ihnen die Brüder Conrad und Willekin Hanenstert, Knappen, eine Hebung von 1 1/2 Wispel Roggen dem Nonnenkloster zu Stettin übertragen haben.

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II. Von dem Herrn Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg 12 aus dem Nachlasse des vor bereits 20 Jahren verstorbenen Professors Hartmann zu Hamburg gekaufte Urkunden über die Vicareien der Pfarrkirche zu Sternberg;

1) 1317. März 4. (fer. VI ante dominicam Oculi.)
d. d. Vicheln.

Der Fürst Heinrich von Meklenburg bestätigt eine von Berthold Wamekow und dessen Brüdern, Bürgern zu Sternberg, mit 20 Mark jährlicher Hebung aus dem Dorfe Torgelow gestiftete Vicarei in der Kirche zu Sternberg.

2) 1373. Nov. 4. (des vrygedaghes na alle ghodes hilghen daghe.)
d. d. Sternberg.

Der Herzog Johann von Meklenburg erlaubt den sternberger Bürgern Bernd von Rüst und Thideke von Parem, 6 1/2 Mark und 2 1/2 Schill. lüb. Pfenn. Hebungen aus den Dörfern Pastin und Zülow zu Vicareien zu bestimmen.

3) 1437. Aug. 21. in assumptione b. virginis.)
d. d. Sternberg.

Behende Hans errichtet sein Testament in der Art, daß er sein Vermögen seiner Ehefrau vermacht, diese jedoch vier Wallfahrten, nach Aachen, Golm, Wilsnack und Kenz, für sein Seelenheil thun lassen soll.

4) 1443. Mai 27.
d. d. Sternberg.

Der sternberger Bürger Hermann Berch verpfändet den Vicarien zu Sternberg 8 lüb. Schill. jährlicher Hebung aus seinem Hopfenhofe und 1 1/2 Morgen Ackers, bei dem Hopfenhofe gelegen.

5) 1470. Julii 22.
d. d. Sternberg.

Der sternberger Bürger Martin Volbrecht verpfändet dem Vicar Dietrich Bruno zu Sternberg und seinen Nachfolgern 1 lüb. Mark jährlicher Hebung aus seinem Hopfenhofe auf dem Reimerskamp.

6) 1470. Julii 22.
d. d. Sternberg.

Auszug aus dem Testamente des Heinrich Wredenhagen, insoferne er die Vicarien zu Sternberg betrifft.

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7) 1482. März 12.
d. d. Sternberg.

Henning Tengel verpfändet den Vicarien zu Sternberg 8 lüb. Schill. jährlicher Hebung aus 3 Morgen Ackers auf dem lucower Felde.

8) 1495. Oct. 13.
d. d. Sternberg.

Der Vicar Heinrich Stolpe zu Sternberg, im Namen der Erben des Drewes Barendorf, verkauft dem Ritter=Kaland zu Sternberg 8 lüb. Schill. jährlicher Hebung aus einem Acker auf der Dömelow.

9) 1502. Julii 14.
d. d. Sternberg.

Die Wittwe Katharine Langhannes zu Sternberg verpfändet dem Priester Heinrich Mormann 12 lüb. Schill. jährlicher Hebung aus 3 Morgen Ackers vor dem lukower Thore hinter dem Buchholze.

10) 1502. Aug. 21.
d. d. Sternberg.

Der sternberger Bürger Henneke Bockholt verpfändet der Wittwe Anna Restorf 4 lüb. Schill. jährlicher Hebung aus seinem Kohlgarten.

11) 1517. Febr. 17.
d. d. Bützow.

Zutpheldus Wardenberg, Administrator des Bisthums Schwerin, confirmirt eine an dem Martins=Altare in der Kirche zu Sternberg mit einem Hause in der Ritterstraße, 5 Morgen Ackers und 14 Mark lüb. Hebungen fundirte Vicarei.

12) 1561. Mai 29.
d. d. Bützow.

Der Dechant Johann Dalhusen zu Bützow verleiht dem Jacob Netzeband ein Lehn am Maria=Magdalenen=Altare in der Pfarrkirche zu Sternberg.

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2. Bücher.

Chronik von Schwerin

1600 - 1710,

unter dem Titel:

Annales einiger Mecklenburgischer mehrentheils die Stadt Schwerin betreffender Geschichte, aus eigenhändigen Diariis Schwerinscher Gelehrten zusammengetragen etc. . von ao. 1600 bis 1728,

ein handschriftliches Heft in 4., erwarb der Verein durch Geschenk des Herrn Burgemeisters Daniel zu Rehna. Am Ende ist etwas ausgerissen, so daß die Chronik für die Jahre 1711 - 1728 fehlt. Die ältern Aufzeichnungen haben natürlich wenig Werth, da sie nichts Neues bringen; die jüngern Berichte enthalten aber als gleichzeitige Aufzeichnungen manche schätzenswerthe Nachricht über die Stadt und den Fürstenhof.

Voran gebunden sind Nachrichten über die Einweihung der Schelfkirche, fürstliche Einzüge und Leichenzüge, Illuminationen bei feierlichen Gelegenheiten etc. . aus dem 18. Jahrh., von denen Abschriften nicht selten sind.

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VII. Zur Buchdruckkunde.

Novum Testamentum

per Desiderium Erasmum Roterodamum.

1530.

Das in Jahrb. IV, S. 177, Nr. 48, nach Panzer aufgeführte lateinische Neue Testament nach der rostocker Ausgabe von 1530, welches dort nicht beschrieben ist, weil kein Exemplar zu finden war, ist von dem Vereine auf der schildenerschen Auction zu Greifswald erstanden.

Das Buch ist in klein 8, jeder Bogen in Lagen von 8 Bl., mit Sign. A-ZZ, mit Folienbezeichnung 1 - 366 und Columnentiteln gedruckt; auf dem Bogen ZZ beginnt ein Index, welcher sich durch aa-bb fortsetzt; vorangeheftet sind Einleitungen auf Bogen signirt a-c. Der ganze Satz ist in kleinen gothischen Lettern ausgeführt.

Der von Holzschnitt=Typen eingefaßte Titel lautet:

NOVUM Testamentu...

Auf der Rückseite beginnt auf 7 Seiten:

Erasmus Roterodamus pio...

Dann folgt auf 16 Seiten:

ERASMI RO-...
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Darauf folgt auf 1 1/2 Seiten:

§ Johannes Bebeluis lectori...

datirt: Basilee. VI Idus Februarii / Anno XXVI, woran sich unmittelbar schließt und bis zum Texte fortgeht:

ELENCHVS...

u. s. w. für die vier Evangelien.

Hierauf folgt der Text von fol. 1 bis fol. 360a.; diesem ist angehängt

von fol. 360 b. an:

DE LIBRIS...

von fol. 362 a. an bis 366:

ERASMUS...

Das Ganze schließt, ohne Folienbezeichnung, auf 27 Seiten, mit:

§ Inder Epistolarum...

Auf der letzten Seite steht das größere, runde Druckerzeichen von Ludwig Dietz, wie es am Ende des Katechismus von 1540 steht und Jahrb. IV, S. 183-184 beschrieben ist, mit der Umschrift:

CANIS LAPIDEM SEQVITVR OMISSO IACTORE

und darunter:

§ Rozstochii in edibus...

G. C. F. Lisch.

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Hermann Barckhusen

und

das hamburger Brevier

von 1508

In der ältern Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg, Jahrb. IV, S. 66 flgd., 69-71 und 81, ist nachgewiesen, daß Hermann Barckhusen im Jahre 1508 den Druck eines hamburger Breviers übernommen habe. Von diesem Brevier war bis dahin kein einziges Exemplar aufgefunden und es ward daher angenommen, daß das im Verlage des Hermann von Emden von Johann Prüß zu Straßburg im J. 1509 gedruckte Meßbuch dasjenige sei, dessen Verlag Hermann Barckhusen übernommen habe; es ward dabei vermutet, daß der Name Hermann von Emden ein anderer Name des Hermann Barckhusen sei. Diese Vermuthung fällt aber fort, nachdem von beiden Büchern ein Exemplar aufgefunden ist, dieselben also verschieden sind: man vergl. Lappenberg Zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Hamburg, 1840, S. XXIX, S. 11 und 120. Das Brevier, welches nur in Einem Exemplare in der Bibliothek des Herrn Seniors Dr. Rambach zu Hamburg aufzufinden gewesen ist, ist ohne Druckort, Druckernamen und Jahreszahl und der Beschreibung nach dasjenige Werk, welches Hermann Barckhusen in Verlag nahm (vergl. Lappenberg a. a. O. S. 11 und XXIX). Das Meßbuch dagegen (vergl. Lappenberg das. S. 120) ist auf Kosten des Buchhändlers Hermann von Emden zu Straßburg durch Johann Prüß gedruckt:

expensis prouidi viri ...

Beide Werke sind also zu gleicher Zeit gedruckt.

Für Meklenburg bleibt hiervon das von Interesse, daß Hermann Barckhusen nicht den zweiten Namen Hermann von Emden führte; daß er aber den Beinamen Petri (Sohn) von Wertborg führte, bleibt nach Jahrb. IV, S. 71, unbestritten.

G. C. F. Lisch.

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VIII. Zur Rechtskunde.

Die Straßengerechtigkeit in Meklenburg.

Von

A. F. W. Glöckler.


1. Einleitung.

In Meklenburg sind manche heimische Rechts=Institute von den frühern Romanisten wenig nach Ursprung, Bedeutung und localem Herkommen erörtert worden. Hiedurch haben unter Anderm auch die bäuerlichen Rechtsverhältnisse gelitten[ 1 ), auf deren Entwickelung freilich auch durch manche politische Umstände wesentlich eingewirkt worden ist. Es fehlt in Meklenburg, wie in Norddeutschland überhaupt an Weisthümern und Bauersprachen, welche die altherkömmlichen Rechte des Landvolks nachweisen, fast gänzlich 2 ). Dies ist wesentlich wohl darin begründet, daß ein freier, mit vollem Eigenthum dotier Bauernstand ohne Herrendienst in unsern Gegenden geschichtlich so gut wie unbekannt ist. Diese Thatsache hat jedoch eine mannigfaltige, zum Theil sehr erfreuliche, mehr oder minder günstige Entwickelung der Colonats=Verhältnisse im Einzelnen während des Mittelalters nicht ausgeschlossen. Namentlich gilt dies von manchen geistlichen Besitzungen. Die neuere Wissenschaft des einheimischen Rechts hat fast ausschließlich für Lehn= und Lübisches Recht Quellen eröffnet oder Zerstreutes gesammelt und bearbeitet. Schon aus diesen Gründen wird eine Nachweisung über die Straßengerechtigkeit in Meklenburg, als bezeichnend für das Wesen früherer ländlicher Rechtsverhältnisse, hier Platz finden.


1) Vgl. Eichhorn, Deutsche Staats= und Rechtsgesch. § 545.
2) Vgl. Grimm's Deutsche Rechtsalterthümer, Bd. I, Einleitung; Weisthümer, Th. III, Vorwort und S. 218-321, wo unter den Weisthümern aus Niedersachsen nichts aus Meklenburg dargeboten wird. Doch kommen in unsern Archiven allerdings einige brauchbare Nachrichten über Vorgänge bei Schulzen=, Wroge= und Landgerichten im 16. und 17. Jahrhunderte vor. - Ueber den "rugianischen Landgebrauch" vgl. Fabricius in den Jahrbüchern für meklenburg. Geschichte, Jahrg. VI, S. 36, 37.
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Es kommt aber hinzu, daß überhaupt die Geschichte des meklenburgischen Landvolks, namentlich die Frage der Entstehung und Ausbildung der Leibeigenschaft, sehr im Dunkeln liegt, obgleich die Frage der Aufhebung der Leibeigenschaft bei uns eine Literatur hervorgerufen hat. , Leider haben auch v. Wersebe's treffliche Forschungen über die in Norddeutschland gestifteten niederländischen Colonien des 12. Jahrhunderts keine für uns fruchtbare Fortführung gefunden. Es ist bei uns hinsichtlich der Leibeigenschaft noch ein Grundirrthum: als habe das Mittelalter die harte Leibeigenschaft gehabt, fast allgemein vorherrschend. Für Meklenburg ergiebt sich mit Sicherheit so viel, daß der Zustand unsers Landvolkes im Mittelalter blühender gewesen ist, als in den beiden letzten Jahrhunderten. Ganz sicher hat bei uns die Leibeigenschaft in ihrer härteren Gestalt erst im 16. und 17. Jahrhunderte ihre Entwickelung gefunden. Es geschah dies wesentlich durch das Lehnwesen ohne Kriegsdienst, durch den Einfluß des römischen Rechts, durch die Säcularisationen der Klöster, durch die reversalmäßige Einengung der landesherrlichen Souverainetät nach innen, durch die öfteren zeitweisen Faustpfand=Veräußerungen oder Verpachtungen[ 1 ) ganzer umfänglicher Domanialämter an Privatpersonen, durch den starken Verlust des den alten einheimischen ritterlichen Geschlechtern zuständigen Grundbesitzes an Ausländer, besonders im Kriege Emporgekommene, endlich durch die mannigfachen Leiden des Krieges selbst und innerer Zwietracht. Durch diese Umstände haben die bäuerlichen Verhältnisse eine nachhaltige Zerrüttung erst im 17. und 18. Jahrhunderte erfahren.

Durch Monographien über einzelne ländliche Rechtsverhältnisse wird wohl die Aufmerksamkeit berufener Forscher auf die verschiedenen Seiten der staatswirthschaftlich so wichtigen Geschichte des Landvolkes und des großen Grundbesitzes mehr hingeleitet werden.

2. Begriff der Straßengerechtigkeit in Meklenburg.

Die Straßengerechtigkeit umfaßte nach den Acten zweierlei:

1) das Straßenrecht, d. h. die Befugniß des Grundherrn oder gewisser Colonisten, auf und am Rande der


1) Die Verpfändungen ganzer Domanialämter fanden besondere im Laufe des 16. Jahrhunderts, die Verpachtungen mehr im 17. Jahrhunderte statt. Unter andern sind in dieser Hinsicht die Familie von Barbi und der Amtmann Andreas Hundt beispielsweise zu nennen.
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Dorfstraßen Lein oder Getreide zu säen oder einen sonstigen wirthschaftlichen Betrieb daselbst zu treiben, jedoch ohne Nachtheil für das Gemeinwesen oder die Privatrechte einzelner Colonisten;

2) das Straßengericht, d. h. die Befugniß eines oder mehrerer Grundherren, Verbrechen, die auf und unmittelbar an der Dorfstraße, (oder auf Feld= und Kirchwegen,) begangen wurden, zu untersuchen, den Uebelthäter zu richten und die Strafgefälle (Brüche) zu erheben.

Besonders in Acten des 17. Jahrhunderts umfaßt der Ausdruck: Straßengerechtigkeit häufig diese beiden Begriffe und den Besitz beider Befugnisse. Später deutet er meistens nur noch auf die Gerichtsbarkeit, indem das Besäen der Dorfstraßen mehr und mehr aufhörte. Im Laufe der frühern Zeit ist aber der Ausdruck: Straßenrecht fast allein üblich, und zwar vorherrschend als auf den Anbau, auf die ökonomische Benutzung der Dorfstraßen gerichtet. Bisweilen jedoch, namentlich etwa von 1480 bis um 1560, deutet das Wort: Straßenrecht ebenmäßig auf Anbau und auf Gerichtbarkeit der Straßen, bezeichnet gleichsam den Inbegriff der Rechte und Befugnisse hinsichtlich der Dorfstraßen.

Da in vielen Prozeßacten des 16. Jahrhunderts die Bezeichnung Straßenrecht für das Besäen der Dorfstraßen typisch ist und der wirkliche Anbau der Straßen damals gewöhnlich den eigentlichen Gegenstand des Streites bildete, so wird der Ausdruck in diesem Sinne auch in der folgenden Erörterung durchweg gebraucht werden.

3. Quellen und Literatur.

Unsere heimische Gesetzgebung hat sich nirgends über die Straßengerechtigkeit ausgelassen, man müßte denn einige Stellen von Landtags=Resolutionen und landesherrlich mit der Stadt Rostock geschlossener Verträge, einzelne Streitpuncte über die Gerichtsbarkeit auf den Straßen betreffend, hierher rechnen 1 ). Die Gesetzgebung ging in Meklenburg selten über das dringendste Bedürfniß der Zeiten hinaus, ergriff gewöhnlich nur einzelne zur Zeit wichtige und unabweisliche Verhältnisse, ohne auch diese immer zu erschöpfen.


1) Siehe z. B. die Landtags=Verhandlungen vom J. 1572, in Spalding's mekl. öffentl. Landtags=Verh. Bd. I, S. 48, 65, 81, 93, 104. Vertrag mit der Stadt Rostock v. J. 1584, Art. 102, 103.
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Die allerdings hin und wieder vorkommenden Spuren von ländlichen Gewohnheits= und autonomischen Rechten sind fast gar nicht bekannt gemacht und jeden Falls nirgends gesammelt. Schon der alte, fleißige Mantzel fragte vor etwa 100 Jahren vergeblich von seiner Studierstube zu Rostock aus nach "Bauern=Gerichten und Dorfsgewohnheiten" 1 ).

Die Quellen der vorliegenden Untersuchung sind ausschließlich Archivacten, meistens Prozesse des 16. Jahrhunderts, welche theils bei den Acten der einzelnen Domanial=Aemter, theils der Lehn= und Allodialgüter niedergelegt sind.

In der verwandten juristischen Literatur ist die Straßengerechtigkeit nicht ganz unbekannt, ohne jedoch Erhebliches zu gewähren. Stryck 2 ) berührte sie in der Abhandlung über die pommerschen Lehne. Dies rief im J. 1702 eine Dissertation des J. W. Reichel 3 ) zu Greifswald hervor, welche nach römischen Grundsätzen geschrieben ist und auf die heimischen Quellen wenig eingeht. Westfalen 4 ) fand in einer Urkunde das "Stratenrecht". Es ist für Manches in der Literatur jener Zeit bezeichnend, daß der berühmte Herausgeber der "Monumenta inedita" in einer Note das Wort unbedenklich für das corrumpirte "Brakenrecht", Recht der Gerichtsgefälle oder Brüche erklärt!-Franck[ 5 ), der heimische Geschichtschreiber, giebt den Begriff der Straßengerechtigkeit bei Gelegenheit derselben Urkunde mit den Acten übereinstimmend an. Dagegen scheint Mantzel 6 ) die Sache nicht gekannt oder doch nirgends erörtert zu haben.

Da übrigens der Stoff der gegenwärtigen Abhandlung in vielen Acten zerstreuet ist und nicht vollständig für alle Beziehungen zu erlangen war, auch Vorarbeiten noch zu sehr fehlen, so hat auf das Streben nach gleichmäßiger Vollständigkeit und Klarheit zur Zeit verzichtet werden müssen.

4. Ueber die Straßen im Allgemeinen.

Die Straßen wurden in Deutschland seit Alters in viae regiae und viaeprivatae unterschieden.


1) In den Selecta jurid. Rostoch. Fasc. I, spec. 4, qu. 4. pos. 1. spec. 47. pos. 5. Vgl. v. Kamptz Civilrecht der Herzogthümer Mekl. I, S. 321. Bollbrügge, Das Landvolk in Meklenburg=Schwerin, S. 130.
2) Stryckii disputatio de feudis Pomer. p. 129.
3) De jure in platea paganica. Gryphisw. 1702. 4.
4) De consuetudine ex sacco etc. ibq. Specimen documentorum, p. 35, 36.
5) Altes und neues Meklenburg, Bch. VIII, S. 285.
6) Siehe die Literatur seiner Schriften bei v. Kamptz, Civilrecht, Th. I, S. 360 flg.
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Die via regia oder "gemeine kaiserliche freie Straße", umfaßte alle öffentlichen Wege des Reichs, welche zum allgemeinen Verkehr dienten und Städte und Länder, wie Land und Meer verbanden. Später sind diese öffentlichen Wege, mehr von der Theorie, als der Gesetzgebung, in Heer=, Handels= und Poststraßen bisweilen unterschieden. Die Begründung und Unterhaltung, der Schutz und Ertrag derselben, nicht minder die Gerichts= und Polizeigewalt über sie, gehörten durchweg in Deutschland zur Reichs= und später zur Landeshoheit. Der Inbegriff dieser Befugnisse bildete das Straßen=Regal, jus viarum regale 1 ). Schon frühzeitig wurden einzelne Beziehungen dieses Regals durch Gesetze und Herkommen (z. B. Goldene Bulle, I, 17, Sachsenspiegel II, 27) genauer bestimmt.

Auf seinem Grundstücke konnte jeder Freie Wege nach Willkühr anlegen und über deren Bau, Benutzung und Erhaltung verfügen, so weit nicht die Rechte Dritter in Frage kamen. Zwischen diesen eigentlichen Privatwegen und den "gemeinen kaiserlichen Straßen" standen die Gemeindewege und Dorfstraßen, deren Begründung, Erhaltung und Nutzung den Grundherren und Gemeinden zukommt. Die Privat= und Gemeindewege waren in Deutschland seit Alters auch hinsichtlich der Gerichts= und Polizeigewalt ganz oder theilweise im Besitze der Grundherren. Ja bisweilen war deren Patrimonialgewalt sogar auf die öffentlichen, ihren Grundbesitz durchschneidenden Wege ausgedehnt. Es lag dies begründet in dem eigentlichen Rechtsbegriffe des deutschen Grundeigenthums, welcher, im Gegensatze des römischen, ursprünglich fast überall Besitz und Ausübung gewisser Hoheitsrechte, namentlich des Schirmrechts und der Gerichtsbarkeit über die Hintersassen, einschloß. Dies führte da, wo die Grundherren als Stand der Ritterschaft mächtig waren, zu manchen Beschränkungen auch des Straßenregals.

5. Das Straßenregal in Meklenburg.

In Meklenburg ist das Straßenregal, wie manche andere Regalien, durch altherkömmliche große Ausdehnung der Privatrechte an Grund und Boden, wesentlich durch eine mächtige Ritterschaft und die Seestädte vertreten, auffallend beschränkt.


1) Die Grundsätze der älteren Praxis siehe bei Regnerus Sixtinus Tractatus de regalibus, (1606. 8) p. 41 seq. Vgl. über die Literatur Ortloff, Grundzüge des teutschen Privatrechts, S. 300. Bekannt ist der Satz: "Kaiserliche Majestät bringt das Geleit mit sich".
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Es gab hier zwar seit Alters "kaiserliche freie Straßen", die frühzeitig in Urkunden vorkommen 1 ); auch mag das in der Landeshoheit begründete Straßenregal zu Zeiten umfänglich geübt, oder doch hinsichtlich des Rechts der landesherrlichen Oberaufsicht im ganzen Lande damals schon zuweilen nachdrücklich vertreten sein. Indessen ist nicht zu leugnen, daß bereits im Laufe des 13. und 14. Jahrhunderts in einzelnen Fällen eine ausdrückliche Verleihung der vollen Gerichtsbarkeit und Polizeigewalt an größere Städte und Grundbesitzer, als auf die ihr Gebiet etwa berührenden Landstraßen 2 ) mit gerichtet, urkundlich dem Wortlaute oder Sinne nach zu entnehmen sein dürfte. Dies ist z. B. wohl unzweifelhaft hinsichtlich der Stadt Rostock der Fall, indem ihr im J. 1358 durch den Herzog Albrecht II. die volle, unbeschränkte Gerichtsbarkeit nicht bloß in den Stadtmauern, sondern auch innerhalb ihrer ganzen "Markscheide" und auf Wegen und Umwegen verliehen worden ist 3 ). Noch ausdrücklicher ist später, in dem Erbvertrage vom J. 1584, dem Rathe die Straßengerichtsbarkeit auf den Dorf=, Feld= und Landstraßen im Gebiete der Rostock zustehenden Hospital=Dörfer bestätiget 4 ).

Seit den Zeiten des ewigen Landfriedens (1495) wurden Gesetzgebung und Regierung in vielen deutschen Territorien durchgreifender von den Landesherren geübt. Manche Fürsten suchten ihre Landeshoheit über den factischen Zustand der bloßen Lehnsherrlichkeit hinauszuführen. Dieses zunächst gegen die Landstände und deren Privilegien oder doch gegen manche der großen Innehaber des mit einzelnen Hoheitsrechten ausgestatteten Privat=Grundbesitzes sich richtende Streben fand auch in Meklenburg einigermaßen statt. So trat Herzog Heinrich der Friedfertige


1) Z. B. "Via regia" 1216 im Gebiete des Klosters Dargun: siehe Lisch, meklenb. Urkunden, Bd. I, S. 14.
2) Bei Verleihungen und Verkäufen von Grund und Boden kommt nicht bloß die Form: "cum umni jure, cum viis et inviis", oder: "cum omni utilitate in viis et semitis" häufig vor (vgl. z. B. Jahrbücher des Vereins für meklenb. Gesch. Jahrg. III, S. 231; Lisch, Gesch. und Urkunden des Geschlechts Hahn, H. 80, 84, 104), sondern es heißt auch z. B. in zwei Urkunden des Klosters Doberan v. J. 1281 und 1283: "in viis et semitis communibus et privatis". Lisch), Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn, S. 89, 93. - Freilich sind die viae communes wohl nicht als identisch mit den viae regiae zu betrachten; auch steht der Ausdruck nicht in nächster Verbindung mit dem folgenden: ,,cum omni jure et judicio"; jedoch dürften jedenfalls solche und ähnliche Formen des urkundlichen Wortlauts für die Bedeutung des Straßenregals und besonders für die Entwickelung des Straßenrechts in Meklenburg von wesentlichem Einflusse gewesen sein.
3) Die Urkunde ist öfter gedruckt, wie in: Histor. diplom. Abhandlung vom Ursprung der Stadt R. Gerechtsame, Beilagen, No. 43. Wahrer Abdruck der - Privilegien der Stadt Rostock, (1773. 4.) S. 38.
4) Erbvertrag mit der Stadt Rostock vom J. 1584, Art. 102, 103. Schröders Repertorium des Rostockschen Rechts führt S. 510, 511 bei den Stadtdörfern auch der Stadt Landstraßengericht auf.
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wiederholt mit Nachdruck gegen den Mißbrauch der ritterschaftlichen Patrimonial=Gewalt von Seiten einzelner Vasallen, wie z. B. des Heinrich Smeker zu Wüstenfelde, auf. Auch in Beziehung auf das Straßenregal suchte er die landesherrliche Hoheit in mehrfachen Streitigkeiten, z. B. mit Wismar, aufrecht zu erhalten. Dieser Stadt lag es herkömmlich ob, die von dort in das Land nach Proseken, Beidendorf u. s. w. führenden Landstraßen=Steindämme zu erhalten, wogegen sie die Ausübung der Jurisdiktion daselbst ansprach 1 ). Herzog Heinrich und später Herzog Ulrich wollten der Stadt eine solche Befugniß nicht zugestehen, sondern übten zeitweise Gerichtsbarkeit und Geleitsrecht auf jenen Dämmen aus, ließen auch wohl hierin nachlässige Diener ihres Amtes entsetzen. Vom Herzog Ulrich ward bei einer solchen Gelegenheit im J. 1575 ausdrücklich erklärt: "es sei löblich und wohl hergebracht, "daß der hohen Obrigkeit die gemeinen Landstraßen, und so weit man auf beiden Seiten mit einem langen Spieße reichen könne, mit den Obergerichten zuständen; auch die von Adel gestatteten den Landesherren ohne Widerrede die Gerichte und Brüche auf den Heerstraßen, wie noch bei Hans Preen's Zeit zu Modentin geschehen sei". Eben so hieß es in dem auf dem Sternberger Landtage des J. 1572 dem v. d. Lühe auf Panzow wegen einer Beschwerde über vermeintliche Eingriffe in dessen Straßengerichtsbarkeit ertheilten Bescheide: "der Fall betreffe einen auf der Landstraße erschlagenen Bauern; weil nun die Gerichte auf allen Landstraßen zu den fürstlichen Regalien gehörten und der hohen Obrigkeit durch das ganze Land zuständig wären, so sei von dem herzoglichen Amte nach Gebühr verfahren" etc. . 2 ).

Durch die Reversalen der J. 1572 und 1621 ward jedoch die nachdrückliche Vertretung mancher landesherrlichen Hoheitsrechte überaus erschwert. Die Bestimmung der Polizeiordnung vom J. 1572, Titel: "Von Besserung der Brücken, Wege und Stege" ist in ihrem Sinne auf eine entschiedene Regalität der Landstraßen wohl nicht auszudehnen. Die unheilvollen Zeiten des 17. Jahrhunderts führten, besonders seit dem J. 1648 3 ), zu offenem Kampfe zwischen der nach


1) Dies ist seitdem wiederholt Gegenstand von teilweise merkwürdigen Händeln zwischen der Stadt und den Landesherren geworden, namentlich im J. 1694. Vgl. dagegen den wohl allgemein gültigen Satz bei Regnerus Sixtinus, tract,. de regalibus, p. 42.
2) Vgl. Spalding, a. a. O. Bd. I, S. 81, 93, 94.
3) Instrumentum pacis Osnabrugensis, Art. V, §. 30, Art. VIII. §. 1, 2, sicherte den Reichsständen die hohe Landesobrigkeit, das Recht der Bündnisse u. s. w., anerkannte gleichsam den Grundsatz der territorialen Souverainetät, freilich nicht ohne Bestätigung der "jura et privilegia" der Stände, Wie ließ sich aber das in praxi reimen?-
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Souverainetät strebenden Landeshoheit und den bevorrechteten Landständen. In den Beschwerden vom J. 1701 suchen die Stände oder vielmehr die Ritterschaft nach: daß die Landesherrschaft sich "der auf denen Strömen und Bächen, welche durch adeliche Felder fliessen, wider das Herkommen angemasseten Jurisdiction und Fischerei gnädigst begeben möge" 1 ). Demgemäß ist auch durch den §. 419 des Erbvergleichs vom J. 1755 "denen von der Ritterschaft, den Landbegüterten und Städten die Gerichtsbarkeit über die durch ihre Güter gehende Landstraßen, Feld= und Holzwege, auch Bäche und Ströme, so weit sie selbige berühren, gelassen" worden 2 ). Dies hat jedoch eine zu Zeiten umfängliche und eingreifende Handhabung des, der Landesherrschaft auf allen "unstreitigen öffentlichen Landwegen und Heerstraßen" zustehenden, polizeilichen Oberaufsichtsrechts keineswegs ausgeschlossen 3 ).

6. Vorkommen des "Straßenrechts" in Meklenburg.

Seit dem 15. Jahrhundert läßt sich das Straßenrecht, dem mehrfachen oben bezeichneten Begriffe nach, in den meisten Gegenden des Landes als im Privatbesitze der großen Grundherren und Colonisten befindlich nachweisen. Auch hat dabei hinsichtlich des Besäens der Dorfstraßen der Umstand, daß eine Dorfstraße zugleich als Heerstraße diente, einen wesentlichen Unterschied, wenigstens in der älteren Zeit, wohl nicht begründet.

Im J. 1473 verkaufen Henning und Arnd von der Molen auf der Steinburg dem Bürger Simon Smede zu Parchim die halbe Feldmark Berkow mit dem halben Straßenrechte daselbst. Heinrich Riebe auf Galenbeck verlieh im J. 1500 der Pfarre zu Klockow 4 Hufen mit dem Straßenrechte 4 ). Im J. 1511 verkaufte, Hans Holstein auf Ankershagen unter Andern


1) "Resolutiones ad Gravamina, ibq. Additamenta, so bey der kayserl. Commission anno 1701 übergeben", Art. 19.
2) Hiernach wird auch z. B. von Hagemeister, Versuch einer Einleitung in das meklenb. Staatsrecht, S. 239-248, ein Straßen= und Stromregal in Meklenburg, ebenso wie das Forstregal,, abgeläugnet. - D. Mevius Entwurf eines meklenb. Landrechts, Buch II, Titel 13, nimmt die landesherrliche Jurisdiction auf allen öffentlichen Landstraßen als Regel an. Jargow, Einleitung zu der Lehre von den Regalien, S. 295, meint, der §. 419 des Erbvergleichs sei auf die Poststraßen nicht auszudehnen.
3) Vgl. Instruction für die Domanial=Beamte vom 13. März 1771 wegen der Wegebesserung. Verordnung vom 13. Sept. 1783 wegen zu raschen Fahrens auf den Landstraßen; Constitution wegen des Wagengeleises vom 1. Nov. 1794 u. a. m.
4) Westphalen sagt l. c. p. 35: "Stratenrecht; corrupta vox est, lege: brackenrecht, von brechen, verbrecken". Vgl. Franck, A. u. N. M., Buch VIII. S. 284.
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"dre Del am Stratenrechte tho Passentin" dem Kloster Broda. Gleichzeitig besaß der Bauer Drewes Krasemann zu Kl. Helle "dat Stratenrecht na Antall der Houen". Dem Herzog Heinrich zu Meklenburg stand 1520 das Straßenrecht in den Comthurei=Dörfern Kraak und Sülstorf zu 1 ). Um das J. 1540 beschwerte sich das Kloster Dargun unter Andern über Volrath Preen, der sich unterstehe, "im Dorpe Kusserowe vp der Strate Lin tho seyende, dar he die Buren tho dwang, datt sie idt em ploegen mußten; item tho Warsow vndersteit he sick, vp der Straten tho seyende". Seit dem J. 1550 werden in Verträgen über Lehn= und Allodialgüter als Pertinenzen derselben häufig "Lienbrincke, Strassenrecht, halbe Leinsaat auf der Strassen" aufgeführt. In selbstständigen Prozeßacten wird der Gegenstand z. B. bei den Gütern Chemnitz, Danneborth, Kieve, Kittendorf, dem Kloster Dobbertin, mehreren Aemtern, bei Warlin, Wessin, Woggersin, Zehna, hinsichtlich der Gerichtsbarkeit auch auf Landtagen, wie im J. 1572 2 ) verhandelt. Das Straßenrecht zu Proseken wird damals als der Kirche und später als der Pfarre daselbst zuständig bezeichnet. Georg Maltzahn auf Penzlin verpfändet 1609 an Bertram Smiterlow zu Greifswald seinen Antheil Mallin nebst dem "halben Flachsbau auf der Straßen". Gleichzeitig klagte Christoph Moltke zu Strietfeld über das Amt Dargun, welches die Straße zu Walkendorf mit Lein besäe. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wird das Straßenrecht immer seltener genannt. Indessen ward z. B. im J. 1654 der Straßenplatz zu Stove auf Ansuchen der dortigen Bauern, gemäß einem Befehle des Herzogs Adolph Friedrich zu Meklenburg, vermessen und unter die einzelnen Colonisten ausgetheilt. Um das J. 1700 fanden Prozesse zwischen der Kirche zu Petschow und der Gutsherrschaft von Lüsewitz wegen Bebauung und oekonomischer Benutzung der Petschower Dorfstraße statt. Endlich beschwerte sich u. A. noch 1702 der Pächter zu Vorder=Bollhagen gegen die Bauern zu Röddelin wegen des daselbst von ihnen auf der Dorfstraße vorgenommenen Leinsäens, und einzelne ähnliche Vorträge gingen um diese Zeit noch von Pächtern der Aemter Meklenburg, Doberan und Ribnitz ein.

Sonach erhellt, daß das Straßenrecht, und zwar vorherrschend im Sinne der wirthschaftlichen Benutzung der Dorfstraßen, Jahrhunderte lang in Meklenburg üblich war. Es war auch nicht einzelnen, wie etwa den südöstlichen, Theilen des


1) Vgl. Jahrbücher des Vereins für meklenb. Gesch. Jahrg. I, S. 74.
2) Vgl. Spalding. a. a. O. Bd. I, S. 48, 65. Franck, a. a. O. Bd. X, S. 216. (Die Beschwerde des H. Schönberg wegen Grebbin gegen das Amt Crivitz betr.)
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Landes eigenthümlich, sondern kommt auch nicht selten in anderer Richtung, wie zu Grebbin, Kothendorf, Meklenburg, Proseken u. s. w. vor. Jedoch mußten Umfang und Bodenart der Feldmarken, wie besonders die Räumlichkeit der Dorfstraßen wesentlich dabei einwirken. So heißt es in dem Landtheilungs=Register vom J. 1610 beim Amte Neukloster: "bey diesem Amte wird kein Leinsame auff Brincke vnd Strassen, besondern in den sadigen (tragbaren) Acker geseet". - Auch in den Aemtern Rühn und Schwaan scheint etwas Aehnliches der Fall gewesen zu sein. In manchen Dörfern mag überhaupt niemals irgend eine wirtschaftliche Benutzung der Straßen stattgefunden haben. Mehrere Amtsbücher, wie das der Comthurei Nemerow aus den J. 1572 und 1641, sagen bei manchen Dörfern ausdrücklich: "haben keine Straßenbrinke, darauff man "Lein sehen kann" 1 ).

7. Die Dorffreiheiten.

Es gab seit Alters in den meklenburgischen Dörfern und auf deren Feldmarken besondere Gemeindeplätze und freie Aecker, an denen in der Regel die ganze Dorfschaft gemeinsame Nutzungsrechte hatte. Solche Plätze und Aecker werden in älteren Acten gewöhnlich als "Freiheiten, Trifften, Brinke, Gilde= vnd Lienlender" bezeichnet. Vieler Orten mögen sie altherkömmlich gewesen, und mehr willkührlich in Folge bloß localer Verhältnisse, als durch besondere Dotationen der Grundherren entstanden sein, obgleich auch das Letztere von einigen Dörfern, wie z. B. Neukirchen, Wessin u. A. einigermaßen nachzuweisen sein dürfte. Brincke kommen nicht selten, wie zuweilen noch jetzt, in der Mitte der Dörfer nahe an der Kirche vor. Sie scheinen vorzugsweise unter der Bezeichnung "Freiheit" verstanden zu werden. Mitunter lagen auch Brinke dicht vor den Dörfern, so daß sie die Straße nahe berührten. Auf solchen Brinken - und hier vielleicht ursprünglich - hat bisweilen eine Ausübung des Straßenrechts durch Besäung mit Lein stattgefunden; oder die Freiheit und die Straße wurden zugleich bebauet, wie noch um 1586 in Woggersin.

Bei größeren, wohlhabenden Dorfschaften werden, namentlich im 16. Jahrhundert, ,,Gilde= vnd Lienlender" häufig erwähnt. Sie wurden von allen oder vielmehr von einer größern Zahl zu dem Zweck verbundener Colonisten gemeinsam angebaut. Den Ertrag der Saat, die zuweilen auf Stoff zur Bier=


1) Vgl. Jahrbücher für meklenb. Gesch. Jahrg. IX, S. 94.
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brauerei berechnet war, pflegten die Gildegenossen zur Zeit der Erndten und großer Festtage, besonders des Pfingstfestes, in fröhlichen Gelagen zu verthun. Solche "Gildenbiere" dauerten oft 3 bis 4 Tage lang und führten zu allerlei Ueppigkeit und Unordnung. Bezeichnend ist für das alte Verhältniß zwischen Grundherren und Colonisten, daß noch um d. J. 1560, anscheinend nicht ganz selten, manche Vasallen mit Familie und Gesinde, auch einigen Nachbarn, die "Gildenbiere" der Hintersassen persönlich besuchten, oder wenn sie behindert waren, einen guten Antheil Festbiers sich auf den Hof bringen ließen, wie dies z. B. die Restorf auf Wessin und Radepohl im J. 1560 selbst bezeugen. Um diese Zeit ergingen öfter Beschwerden über manche Ausschweifungen des ländlichen Gildewesens. Hier und da, so wird behauptet, seien die Bauern mit den gewöhnlichen Gildeländern nicht zufrieden, machten allerlei Weideplätze und Aecker zu Gildeländern und trieben Todtschlag und Unzucht bei den Festen. Bei einzelnen Dörfern wird von 5, ja von 7 Gildeländern, unter denen bisweilen auch Wiesen vorkommen, geredet. Die Polizeiordnung von 1572, Titel: "Von den Gilden und Abenddäntzen auff den Dörffern" verbietet deshalb alle "gemeine Gilden" und gestattet nur die Pfingstgilden in den Dörfern, "da sie vor Alters vnd bis anhero eine Gewohnheit gewesen." Jedoch soll das Gildenbier nicht, wie bisher gewöhnlich, aus dem Ertrage der freien gemeinen Aecker und Gründe genommen, sondern um baares Geld aus den Städten geholt werden; die Zechen sollen nicht länger als 2 Tage dauern. - Solche Verbote und Beschränkungen haben sich vielfach in späteren Kammer= und Amtsordnungen wiederholt. Das ländliche Gildenwesen scheint aber nicht so sehr durch polizeiliche Verbote, als vielmehr durch das starke Sinken des Landvolks überhaupt im Laufe des 17. und besonders im 18. Jahrhundert fast gänzlich verschwunden zu sein. Ohne Zweifel stand es, als von der Nutzung gewisser gemeinsamer Räumlichkeiten ausgehend, in einiger Verbindung mit dem Besäen der Dorfstraßen, oder fiel gar mit diesem zusammen, indem die in der Mitte der Dörfer gelegenen Brinke zeitweise wohl ziemlich willkührlich von den Colonisten genutzt wurden. Später ist das letztere hier und da auch von den Grundherren geschehen, indem sie auf der "Freiheit" Gebäude errichteten, wodurch zuweilen die Brinke ganz eingingen. Uebrigens sind solche Brinke noch jetzt in manchen meklenburgischen Dörfern, besonders auf früheren geistlichen oder städtischen Besitzungen anzutreffen und werden als Trocknenplatz, Gänseweide oder ähnlich benutzt.

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8. Der Ursprung des Leinsaens auf den Dorfstraßen.

Sehr viele Nachrichten setzen die Sitte des Leinsäens auf den eigentlichen Dorfstraßen als im 16. Jahrh. bereits weit verbreitet außer Zweifel. Der Ursprung dieser Sitte dürfte sich wesentlich auf die räumliche Anlage der Dörfer und das Wesen des älteren ländlichen Wirthschaftsbetriebs, auf das Eigenthümliche des Flachsbaues und dessen frühere, größere Verbreitung, endlich auf die Umfänglichkeit der Flachsabgabe der Colonisten in älterer Zeit zurückführen lassen.

In der Anlage mancher Dörfer ward ursprünglich weder strenge Regelmäßigkeit noch sorgliche Raumbenutzung erstrebt. Ein großer Theil derselben hat sich allmälig und weniger planmäßig, als vielmehr nach den zeitweisen Umständen gestaltet, wie diese durch die wachsende Zahl der Colonisten, allerlei Unfälle, das Interesse der Grundherren, das Verhältniß zwischen diesen und den Hintersassen, die Bodenbeschaffenheit, und durch andere Thatsachen sich bildeten. Noch nach 1290 treten die Dörfchen ("villulae") öfter urkundlich auf. Wie sehr Brand= und Kriegsunglück, Naturereignisse, innere Zwiste u. s. w. selbst auf die ungleich fester und planmäßiger begründeten Städte hier und da wirkten, ist bekannt und nicht weniger Orten nachzuweisen. So sind denn in vielen Dörfern mehr oder minder unregelmäßige und ausgedehnte Straßen und Plätze entstanden.

Zu einer wirthschaftlichen Benutzung derselben wurden einzelne Colonisten wohl schon frühzeitig um so mehr veranlaßt, als manche Dörfer durch den Landstraßenverkehr gar nicht berührt und die localen Zwecke der breiten Dorfstraße durch theilweisen Anbau nicht beeinträchtigt wurden. Zudem war überhaupt in allem bäuerlichen Betriebe des frühern Mittelalters wie an gemeinschaftlicher Benutzung einiger Theile der Feldmark, so besonders daran gelegen, das zu bebauen, was den Hof des einzelnen Colonisten zunächst umgab, was der Pflegende vor Augen hatte, leicht überwachen konnte 1 ). Die ursprüngliche Beschränkung oder zeitweise durch Fehden, Räubereien und Patrimonialdruck herbeigeführte Unsicherheit des ländlichen Betriebes und die mancherlei Dienstverhältnisse der erwachsenen männlichen Colonisten mußten nothwendig hierauf hinleiten.

Uebrigens ist jedoch mit mehrfachem Grunde anzunehmen, daß das Besäen der Dorfstraßen erst im 15. und 16. Jahrh. sich verallgemeinerte, ein Umstand, der neben manchen


1) Vergl. Grimm's Rechtsalterthümer, Bd. II, S. 495.
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andern Thatsachen auf eine reichere und betriebsamere Bevölkerung dieser Zeiten, besonders im Vergleiche zu der des 18. Jahrh. unverkennbar hindeutet.

Zum Anbau der Dorfstraßen ward vorzugsweise die Leinpflanze verwandt. Die Straßen erschienen zum Besäen mit Getreide wohl schon deshalb weniger geeignet, weil es den bebauten Plätzen in den meisten Fällen an genügendem Schutze gegen die Einwirkung mancherlei localen Verkehrs und des umlaufenden Vieles fehlte, indem ein Umzäunen der Saatplätze in der Regel nicht statthaft war, während die starke, zähe Leinpflanze sich für eine weniger gesicherte Lage mehr schickte. Hiezu kam, daß der Flachsbau früher ein wichtiger Betriebszweig und sehr verbreitet im Lande war. Fast aller Bedarf an Leinewand, selbst für die Hofhaltungen, ward aus dem heimischen Naturerzeugnisse und durch inländische Verarbeitung gewonnen. Während schon englische und niederländische Wollengewebe (im 15. und 16. Jahrh.) den Bedarf der Wohlhabenderen und besonders der Reichen befriedigten, ward die Leinewand noch vorherrschend im Lande selbst erzeugt. Die Zahl der Leinenweber war im 16. Jahrh. in einzelnen Städten und Aemtern ungleich bedeutender, als jetzt. Noch im 17. Jahrh. kommen "Flachs= und Leingewands=Register" bei den fürstlichen Hofhaltungen vor. Die herzoglichen Aemter, die damals öfter über Mangel an Leinsaamen oder mißrathene Erndten klagten, mußten alljährlich oder zeitweise "zu Hofe" ansehnliche Massen Flachs liefern. Hier ward der Flachs nach der Güte gesondert und zur bestimmten Bearbeitung meistens wieder an die Amtshäuser verteilt.

Insbesondere mußte aber der Bauer nicht bloß das eigene Bedürfniß befriedigen, sondern durchweg auch eine Abgabe in Flachs an die Grundherren entrichten. Für die meisten Gegenden Meklenburgs läßt sich seit dem Beginne der urkundlichen Zeit hinsichtlich der Lasten der Colonisten unter den Fruchtzehnten an Lämmern, Hühnern u. s. w. die Flachsabgabe nachweisen. In der Regel ward von jeder Hufe Landes ein Topp Flachs (toppus lini, ligatura lini), bisweilen mehr, je nach dem Hufenmaaße 1 ) oder nach Uebereinkunft


1) In Pommern und Meklenburg tritt frühzeitig urkundlich ein dreifaches Landmaaß hervor: 1) Landhufe, mansus teutonicus, aratrum, = 30 Morgen cultivirten Landes; 2) Hägerhufe, mansus indaginarius seu Westphalicus, = 60 Morgen; 3) Hakenhufe, uncus, mansus slavicus, = 15 Morgen. Hiernach wurden gewöhnlich Voll=, Doppel = und Halbhüfner unterschieden. Die Landhufe bildete die Regel für die Größe der Bauerhöfe. - Jeder Morgen ward zu 300 Quadratruthen und die Ruthe zu 8 Ellen berechnet. Anscheinend galten diese Normen in Meklenburg noch während des 17. (  ...  )
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entrichtet. Diese Abgabe 1 ) hat sich, wie die des Rauchhuhns, welches dem Gutsherrn für jede Feuerstelle (domus, area) in Anerkennung des Obereigenthums zukam, bis in die neueren Zeiten erhalten, ja im 16. Jahrh. scheint der Betrag derselben bisweilen willkürlich gesteigert zu sein.

9. Erwerbung des Straßenrechts Besitztitel der Colonisten.

In frühester Zeit ward das Straßenrecht - die Besäung der Dorfstraßen - wohl nur von einzelnen Colonisten ausgeübt, denen die Benutzung der nahen Straße besonders gelegen schien. Von einem Rechte mag dabei selten die Rede gewesen sein, indem der mit dem Blute oder mit Rath dienende Lehnmann, das ferne und zuweilen noch wenig organisirte, fast immer milde verwaltete Kloster und die wenigen herzoglichen Vögte das Treiben der Colonisten im Einzelnen zu überwachen wenig befähigt und wohl selten geneigt waren, so lange jene ihre Verpflichtungen erfüllten.

Nach Zeugenaussagen in Prozeßverhandlungen des 16. Jahrh. hatten viele ritterschaftliche Colonisten das Straßenrecht im Laufe der Zeit nicht so sehr vertrags= und spruchmäßig, als durch Verjährung erworben, indem es heißt: sie hätten herkömmlich, und ungestört seit Alters die Straße besäet. Actenmäßig ist es, daß noch während des 16. und 17. Jahrh. sich ritterschaftliche Colonisten und Domanialbauern hie und da in einem solchen herkömmlichen Besitze des Straßenrechts erhalten haben. Im Allgemeinen scheint aber besonders seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. und noch entschiedener in der folgenden Zeit eine besondere, ausdrückliche Verstattung der Grundherren der herrschende Rechtstitel für die Ausübung des Straßenrechts der Colonisten geworden zu sein 2 ).


(  ...  ) Jahrh. durchweg. Das Verhältniß der verschiedenen Hufenmaaße zu der Flachsabgabe läßt sich als gleichmäßig bestimmt wohl nicht nachweisen.-Durch den Erbvergleich vom J. 1755, Art. I, §. 8 und die Directorial=Vermessung ward der Begriff der ritterschaftlichen Hufe genau bestimmt; der einer Bauerhufe ist wohl noch jetzt schwankend. Vergl. Fabricius in den Jahrbüchern des Vereins für mekl. Gesch., Jahrg. VI, S. 17 flgd; Hane in der neuen Monatsschrift, Jahrg. III, S. 169. flgd.
1) Aeltere Beispiele vgl. z. B. in Westphalen, monum. ined. Tom. II, p. 2046, 2058; Thiele's Güstrower Domkirche, S. 10; Ratzeburger Zehnten=Register (ed. Arndt), S. 25; Lisch, meklenb. Urkunden, Bd. II, S. 236, 269 flgd.
2) Dem entsprechend wiederholt Reichel, 1. c., §. 6, 8, die schon in Husans Tractatus de hominibus propriis und von Andern gegen Ende des 16. Jahrhundert gelehrte romanistische Grundansicht: "Jus hoc in platea paganica non potest competere rusticis ipsius pagi, quia hi ipsi sunt pars fundi."
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Dies mußte auch wohl der Fall sein, als mit der härteren Gestaltung der Leibeigenschaft und mit dem steigenden Einflusse des römischen Rechtes alle Verhältnisse sich änderten. Seitdem der Vasall nicht wesentlich mehr mit dem Blute diente, sein Rathsdienst durch Gelehrte verdrängt und sein Leben meistens auf dem ländlichen Rittersitze in oft allzu großer Muße verbracht ward, mußte er um so mehr zur eigenen oekonomischen Ausbeutung des Grundbesitzes und zu größerer Strenge gegen die Colonisten geneigt werden, als seine Bedürfnisse durch den Einfluß fremder und höfischer Sitten und das Streben, das Ritterliche in glänzenden äußeren Formen zu erhalten, sich steigerten, während die Mittel zu deren Befriedigung durch fortgehende Theilungen des Grundbesitzes, ja durch ererbte Schulden geringer wurden. Dem entspricht es, wenn schon um die Mitte des 16. Jahrh. einzelne große Grundherren unter andern auch die Ausübung des Straßenrechts für sich in Anspruch nehmen. Hierauf gerichtet erscheinen z. B. die oben (unter 6) erwähnten Beschwerden des Klosters Dargun über Volrath Preen um d. J. 1540; die Restorf auf Wessin und Radepohl standen um 1570 mit ihren Vettern auf Bolz und Kritzow darüber in Prozeß, daß sie die gemeinsamen Lein= und Gildeländer der Unterthanen zu Wessin angeblich für sich selbst willkührlich nutzten. - Ein solches Streben der Grundherren veranlaßte, bei den vielfachen planlosen Theilungen des Grundbesitzes, manche derartige Streitigkeiten, in denen die Vasallen gewöhnlich mit Eifer oder gar Erbitterung gegen einander auftreten, obgleich die Sache selbst zuweilen noch wesentlich im Interesse der Hintersassen geführt werden mochte. Denn durchweg betreffen die Prozesse solche Dorfschaften, deren Insassen nach verschiedenen Rittersitzen oder Aemtern pflichtig waren.

In den geistlichen und Domanialbesitzungen ward das Besäen der Dorfstraßen in den früherrn Zeiten ebenfalls mehr blos herkömmlich, als mittelst eines besondern ursprünglichen Rechtstitels ausgeübt. Als aber im Gefolge der Kirchenverbesserung die großen Feldklöster aufgehoben, und die Landesherren, den namentlich im Puncte der Steuern altherkömmlich und auch ausdrücklich privilegirten Ständen gegenüber, wesentlich auf die neu entstandenen oder bedeutend vergrößerten Domanialämter zur Bestreitung fast des ganzen rasch steigenden Aufwandes für den Hof= und Staatshaushalt angewiesen wurden, mußten auch hier die Colonats=Verhältnisse tief ergriffen werden. Auf die Dauer konnten sich die meisten Colonisten mit ihren alten, großen, meistens erbzinslichen Hufen=

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dotationen, den milder festgestellten Diensten und Pächten und manchen herkömmlichen Befugnissen an Holzhieb, Torfstich, Fischerei und Rohrwerbung, Straßenrecht u. s. w. gegen den Drang mächtiger, neuer Zeitbedürfnisse und neuer Rechtslehren nicht in alter Weise erhalten. Nachhaltig wirkte hier auch der Umstand, daß in Folge landesherrlichen dringenden Bedürfnisses zeitweise ganze große Domanialämter als Faustpfand oder pachtweise in die Hände von Privatpersonen, selbst von Ausländern, gelangten, gewöhnlich mitsammt der vollen Patrimonialgewalt. Unmöglich konnte dies der Stellung der Colonisten förderlich sein. So wurde denn im Domanial=Gebiete unter den herkömmlichen Befugnissen derselben auch das Besäen der Dorfstraßen allmälig aufgehoben oder nur besonders und ausnahmsweise grundherrlich gestattet. Mitunter ward es, schon vor 1600, ausdrücklich für eine Amtssache erklärt. In der folgenden Zeit ließen die Amtleute zuweilen die Straße für Amtsrechnung nutzen, wie z. B. zu Meklenburg; mitunter die Saat der Bauern, als ungehörig auf der Straße, zerstören. Unter den Herzogen Christian I, Louis und Friedrich Wilhelm erklärte die Kammer mehrmals, z. B. im J. 1685 wegen Klockenhagen, im Amte Ribnitz, das Besäen der Dorfstraßen und die Nutzung der Brinke und Trifften für ein "Reservat der Aemter." Anderer Seits wurden bisweilen die Colonisten in dem herkömmlichen Besitze des Straßenrechts von der Kammer gegen die Pächter der Kammerhöfe geschützt, wie noch im J. 1702 die Bauern zu Röddelin.

10. Ausübung des Straßenrechts; Beschränkungen.

Seit Alters durfte bei Ausübung des Straßenrechts weder der gemeine Fahrweg gesperrt, noch die Auf= und Abfahrt für die Höfe der einzelnen Colonisten gehindert werden. Demgemäß ward das Einzäunen der bebauten Stellen in der Regel nicht gestattet oder doch strenge überwacht, indem es allzu leicht mißbraucht ward und öfter zu Gewalttätigkeiten führte.

Im J. 1565 war Streit zwischen den nach verschiedenen Landestheilen gehörenden Aemtern Wredenhagen und Mirow wegen des Leinsäens in dem getheilten Dorfe Kieve. Die Amt=Wredenhagenschen Unterthanen hatten ihre Leinsaat auf der gemeinen Freiheit daselbst so eingezäunt, daß mehreren Amt=Mirowschen Einwohnern der nöthige Wirthschaftsraum beengt ward "und sie kaum eine Gans oder ein Huhn bei

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ihren Höfen mehr halten konnten." Auf Befehl des Herzogs Ulrich ward der Zaun umgehauen und das Säen auf der Straßenbreite eingeschränkt. - Um d. J. 1573 hatten die Passow zu Zehna die ökonomische Nutzung der Dorfstraße so ungebührlich ausgedehnt, daß die Amt=Güstrowschen Unterthanen daselbst nicht mehr frei zu ihren Höfen ein= und ausfahren konnten; ein Theil der Straße war eingezäunt, ein anderer zur Wiese gemacht worden. Nach geschehener Untersuchung ward zwar den Passow, weil sie seit Alters das Straßenrecht zu Zehna geübt hatten, das Leinsäen auch ferner gestattet, jedoch mit der Beschränkung, die Straße zum gemeinen Gebrauche frei zu lassen und die Wiese ganz einzuziehen. - In einem Prozesse der Holstein mit den Linstow wegen des Dorfes Woggersin werden Jene im J. 1586 unter anderm beschuldigt: sie hätten daselbst einen neuen Graben "angerichtet und die alte Straße eingezogen." Nach späteren Acten eines Streites zwischen den Peccatel und den Maltzan wegen Blumenholz hatten die Hintersassen jener den maltzanschen Unterthanen daselbst "durch Beseyung der Straßen die gehorliche Fahrwege, Vff= vnd Abgenge vff ihre Hoffe nicht benommen vnd gehemmt." Die Dorfschaft Meklenburg verklagte noch im J. 1685 bei der Kammer das dortige Amt, welches die Dorfstraße, angeblich zur Erhaltung der Straßengerechtigkeit, mit Lein besäen lasse und die Unterthanen dadurch an der Auf= und Abfahrt behindere.

Ebenso war es gegen das Straßenrecht, Gebäude, besonders zu dauernden Zwecken, auf der Straße und gemeinen Freiheit zu errichten. Selbst den einzelnen, auf derselben Feldmark berechtigten Grundherren ward dies früher in der Regel nicht gestattet. Um das J. 1552 hatte ein Bauer zu Woosten, Joachim Krell, auf der Straße daselbst "eigens Freuels" eine Scheure erbauet. Er mußte sie alsbald abbrechen und auf seinen Hof setzen. Joachim Krause, der Antheil an Varchentin besaß, ward auf Antrag des Amts Stavenhagen im J. 1570 gezwungen, ein auf der Straße daselbst erbautes Haus niederzureißen. Als Joachim Kleinow 1630 auf der Straße zu Karstorf ein "Pforthaus" gebauet hatte, erwirkte das Amt Stavenhagen in Kurzem dessen Abbruch. Etwas Aehnliches war zu Krümmel vorgekommen. Zu Petschow hatte der Gutsbesitzer von Lüsewitz um d. J. 1680 die "gemeine Straßenbreite" durch mehrere Bauten eingeengt, ein Umstand, der zu einem langwierigen Prozesse zwischen der Kirche zu Petschow und der Gutsherrschaft von Lüsewitz die Hauptveranlassung gab. - So ward die Errichtung von Gebäuden auf den Straßen und Freiheiten der Dörfer fast durchweg für un=

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zulässig erklärt und zuweilen noch besonders bestraft. Es konnte dies jedoch füglich nur da vorkommen, wo der Grundbesitz getheilt war. Die Rechtsbegründung des Verfahrens gegen solche Bauten ward übrigens nicht so sehr in dem Wesen öffentlicher Straßen, als in der Befugniß der Colonisten zum Leinsäen oder im Besitze der Gerichtsbarkeit über die Dorfstraße von Seiten eines der berechtigten Grundherren gefunden.

Zuweilen kommt ferner die Baumpflanzung auf Dorfstraßen in Verbindung mit dem Leinsäen vor. Die zur Ausübung des Straßenrechts befugten Colonisten pflegten hier und da Weiden vor ihren Höfen auf der Dorfstraße anzupflanzen. Früher geschah dies mancher Orten nach alter Gewohnheit, herkömmlich und willkürlich von einzelnen Bauern; im Laufe des 16. Jahrh. wird aber auch hier häufiger eine besondere grundherrliche Verstattung für nothwendig erachtet. In den getheilten Dörfern führte dies bisweilen zu Händeln und Prozessen, indem der im Besitze der Straßengerichtsbarkeit sich befindende Grundherr die Weidenpflanzungen der eigenen oder fremden Colonisten nicht gestatten wollte. Diese Verhältnisse werden z. B. in Prozessen der Restorf unter sich wegen des Straßenrechts und der Gildeländer zu Wessin um 1570, des Klosters Dobbertin mit den Restorf auf Bolz wegen der Gerichtsbarkeit im Dorfe Lenzen um 1590, so wie der Gutsherrschaft von Lüsewitz mit der Kirche zu Petschow um 1700, besonders in den Zeugenverhören berührt. Mehrfache Angaben deuten darauf hin, daß in älterer Zeit allerdings manche Colonisten herkömmlich mit dem Leinsäen zugleich die Baumpflanzung, namentlich von Weiden, die sie ausschließlich nutzten, auf der Dorfstraße geübt hatten. Es bezogen sich z. B. in Schwetzin die Colonisten bei einem Streite über das Straßenrecht auf die vor den Höfen von ihnen gehegten Weiden hinsichtlich der Theilung und Begrenzung beim Leinsäen. - Später ward auch dieses Herkommen der Colonisten von den Grundherren allgemeiner beschränkt oder aufgehoben, indem man es als einen Eingriff in die Gerichts= und Polizeigewalt über die Dorfstraße ansah. Die Domanial=Aemter erklärten zuweilen das Weidenpflanzen für eine Amtssache. So sagte z. B. das Amt Boizenburg 1738 in einem Prozesse mit dem Gutsherrn von Tüschow, der Antheil an Granzin besaß, wegen abgehauener Weiden und eines niedergerissenen Zauns zu Granzin: "das Amt habe nach Angabe des Amtsbuchs die Straßengerechtigkeit zu Granzin; der von den Unterthanen des Beklagten gemachte Zaun sei wider das Straßenrecht zu weit auf die Straße gerückt, wogegen es zur Befugniß des Amtes gehöre, die Straße

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mit Bäumen zu beflanzen, jedoch absque praejudicio viae et actus."

Uebrigens fand das Leinsäen auf den Dorfstraßen weder ganz gleichmäßig in derselben Straßengegend statt, noch ward es überhaupt in derselben bestimmten Weise geübt, indem hierauf manche locale, wie räumliche Erweiterung oder Beschränkung der Dörfer und die zeitweisen Verhältnisse zwischen den Grundherren und den Colonisten wesentlich einwirkten. Oft scheint das Leinsäen ausschließlich auf einem, in der Mitte de s Dorfes, belegenen freien Platze geübt zu sein, wie dies auch, als in Pommern vorherrschend, bezeugt wird 1 ). Die öfter vorkommenden Bezeichnungen: Straßenplätze, Straßenbrinke, Freiheit, wie bei Petschow, Poserin, Stove, Wessin und Woggersin, dürften in der Regel auf eine solche Lage hindeuten. Hier und da lief anscheinend der herkömmliche Fahrweg, wie z. B. in Kotendorf um 1598, zu beiden Seiten längs der Straßenbreite hin, so daß auf deren Mitte gesäet ward. Andrer Orten scheint sich der Anbau auf die Ufer der Dorfstraße beschränkt zu haben, wie etwa in Prosecken und Schwetzin, so daß die Colonisten den ihre Höfe begrenzenden Theil der Straße theilweise benutzten. Mitunter ward jedoch, wie z. B. in Miekow um 1586, einzelnen Bauern freigestellt, vor ihren Höfen oder sonst auf der Straße nach einem gewissen Verhältnisse Lein zu säen. - Ebenso ward auch schon im Laufe des 16. Jahrh. in manchen Dörfern, wo das Straßenrecht üblich war, nicht gerade alljährlich die Straße bebaut, sondern mehr nach den zeitweisen Umständen, "nach Gelegenheit der Jahre", wie dies von Kotendorf, Lenzen, Petschow, Wessin und andern Orten angedeutet wird.

11. Einfluß der Hufenzahl bei getheiltem Grundbesitze.

Sehr wichtig für die grundherrlichen, wie für die Colonats=Verhältnisse sind die vielfachen Theilungen des Grundbesitzes. Sie sind uralt und in zahlreichen Urkunden schon des 13. und 14. Jahrh. nachzuweisen. Als nahe liegend und unvermeidlich erscheinen sie für die Zeiten der Germanisirung des Landes, wo beim Mangel einer regelmäßigen Verwaltung und durchgreifenden Gesetzgebung schon die großen Dotationen, z. B. mancher Klöster, Zusammenhang und Einheit nicht immer verfolgten, wo die Erweiterung der geringen Volksmenge durch fremde Kolonisten, bei der Einwirkung viel=


1) Reichel, 1. c. §. 3, sagt: in Pommern pflege das Leinsäen zu geschehen, "in medio plerumque pagi opatio longiori et latior."
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facher, oft abweichender grundherrlicher Interessen, nicht selten willkührlich und planlos geschehen mußte und wo kleinere zeitweise Veräußerungen des Grundbesitzes durch Privatpersonen nach Neigung oder Bedürfniß, z. B. als Geschenk an Klöster oder durch Verkauf bei Geldnot ungehindert stattfanden. Die schon frühzeitig ausgebildete Eigenthümlichkeit des meklenburgischen Lehnrechts, namentlich die fast unbeschränkte Veräußerlichkeit und Verschuldbarkeit der Lehen 1 ), mußte die Theilungen des Grundbesitzes befördern. Nicht minder mußte dies durch die spätere Ausbreitung der ritterlichen Geschlechter geschehen, indem die nachgebornen Söhne von der Erbfolge nicht ausgeschlossen wurden, so daß zur Befriedigung der Nachgebornen im Laufe des 15. und 16. Jahrb. ungemein viele Teilungen des Grundbesitzes und Errichtungen neuer Rittersitze geschehen mußten. Ueberdieß ward die Sitte der antichretischen Verpfändung ganzer Güter oder ansehnlicher Theile ebenso frühzeitig und umfänglich in Meklenburg geübt, als die der Gewährung von Special=Hypotheken an Grund und Boden, welche gewöhnlich auf einzelne Gehöfte, Dienste und Pächte der Colonisten oder auf einen bestimmt bezeichneten Theil des Hauptgutes gerichtet wurden, was in den traurigen Zeiten des 17. Jahrh. mittelst des Systems der "adjudicatio in solutum" zu einer unglaublichen zeitweisen Entwerthung und zu mancher Zerstückelung des großen Grundbesitzes geführt hat. Daß die zum Gewährenlassen führende Beschränkung der landesherrlichen Hoheitsrechte auch hier eingewirkt hat, ist wohl nicht zu bezweifeln.

Die durch solche Teilungen herbeigeführte Zerrissenheit des Grundbesitzes war die Hauptquelle vieler Händel, obgleich vielleicht den Colonats=Verhältnissen nicht gerade überall und zu allen Zeiten nachtheilig. Die Teilungen ergriffen nicht bloß den Grund und Boden selbst, sondern auch die ihm anklebenden Rechte, wie das Kirchenpatronat, die Jurisdiction u. s. w. Das Theilungswesen ging so weit, daß die Colonisten einzelner Dörfer 3, auch wohl 4 verschiedenen Grundherren zustanden, daß Landesherren, Lehnleute und milde Stiftungen Antheile an einer und derselben Feldmark besaßen, ja, daß sogar einzelne Dörfer verschiedenen Landesherren zugehörten.

Demgemäß war auch das Straßenrecht häufig getheilt, wie schon oben u. a. die Veräußerung des halben Straßenrechts zu Berkow im J. 1473 angeführt ist. Bei solchen Teilungen normirte hinsichtlich des Leinsäens


1) Vergl. Jahrbücher für meklenb. Geschichte, Jahrg. III, S.164, 231 flgd.
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auf den Dorfstraßen die Hufenzahl. Es war überhaupt Rechtens, wie noch ein herzogliches Erkenntniß vom 24. Jan. 1581 (bei Woggersin) besagt, "die Theilung der Guter, so von Geschlechtern pro indiuiso in diesen Landen gebraucht, nach Hufenzall zu machen." Diese war herkömmlich oder gesetzmäßig für manche ländliche Verhältnisse, wie die Schäferei und Jagdberechtigung, entscheidend. Nach der Polizeiordnung vom J. 1572, Titel: "Von Jagen", soll derjenige Jagd= und Schäfereirecht ansprechen dürfen, der 4 Hufen oder darüber auf einer Feldmark besitzt 1 ). Bei gemeinsamen Holzungen wurden die Mastgelder nach Hufenzahl getheilt 2 ). Dasselbe galt von Gerichtsgefällen, wo die Jurisdiction mehreren Grundherren zustand. - Im J. 1586 ward ein Streit zwischen Zabel Stal auf Pohnstorf und dem Amte Güstrow wegen 4 Bauhöfe zu Miekow und deren Antheil am Straßenrechte dahin verglichen, daß die Colonisten der 4 Höfe die Straße nach Anzahl der Hufen sollten besäen dürfen. - In einem Prozesse zwischen den Holstein und Linstow wegen des Straßenrechts zu Woggersin sagen 1586 mehrere Zeugen gleichmäßig aus: Die Parteien hätten früher bisweilen zu gleichen Teilen die Freiheit besäet; aber die Holstein besäßen mehr Hufen auf der Feldmark, als die Linstow, und nach altem Landgebrauch werde das Straßenrecht nach Anzahl der Hufen ausgetheilt. - Bei ungefähr gleicher Hufenzahl verglich man sich bisweilen über Theilung durch das Loos. So hatten sich früher einmal die genannten Holstein und Linstow wegen Woggersin dahin vertragen: daß keiner ohne des andern Vorwissen die Straße und Freiheit besäen solle, sondern man gemeinschaftlich zwei gleiche Stücke abmessen und durch das Loos vertheilen, nach der Erndte aber den Platz in Freiheit liegen lassen wolle.

12. Das Straßenrecht hört auf.

In der zweiten Hälfte des 17. und im Laufe des 18. Jahrh. ist die Gewohnheit, auf der Dorfstraße Lein zu säen, in Meklenburg nach und nach verschwunden. Zunächst mag dies allerdings in der durch Krieg und Pest, Leibeigenschaft und innern Unfrieden herbei geführten, lange fortgehenden Entvölkerung 3 ) (im J. 1750 war die Bevölkerung von


1) Vergl. v. Kamptz, Civilrecht, Bd. I. S. 358, 364, 399.
2) Vergl. z. B. Spalding, a. a. O. Bd. I. S. 48, 63 - 65.
3) Vergl. Jahrbücher des Vereins für meklenb. Geschichte, Jhg. VI, S. 34 flgd. (Groth, Uebersicht der Bevölkerung u. s. w.); Schlözers Staatsanzeigen, Bd. IV, S. 200-215: " Oligarchische Verwüstung von Meklenburg." -Scharf bezeichnet der Geheime Rath P. Schmidt in der "Engern Abbildung" den Zustand des Landes um das J. 1747 als eine Zeit, "da das Interesse der Ritterschaft allein die Verfassung des Landes ausmachte!"
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Meklenburg=Schwerin auf 150,000 Einwohner gesunken !) begründet sein. Auch mögen die vielen Truppen=Durchzüge dazu mitgewirkt haben. Der wesentlichste Grund dürfte aber, besonders für den ritterschaftlichen Grundbesitz, darin zu suchen sein, daß der Bauernstand überhaupt in Verfall gerieth, seitdem die Gutshörigkeit der Hintersassen vieler Orten in Knechtschaft und Besitzlosigkeit ausartete, so daß das Entlaufen der Leibeigenen immer häufiger ward. Patrimonialrechtlicher Druck und "Bauernlegen", durch die Reversalen vom J. 162l, Art. 16, wohl zu sehr erleichtert, fanden zwar hauptsächlich auf dem ritterschaftlichen Grundbesitze im 17. und 18. Jahrh. statt, doch wurden auch in den Domainen die Colonats=Verhältnisse durch die Gestaltung der Leibeigenschaft und manche Mißgriffe der Verwaltung wesentlich erschüttert. Es ist auffallend, aber unzweifelhaft, daß in Meklenburg, wo "altes Herkommen" eine so verbreitete, vielfach angesprochene und oftmals, namentlich in der Gesetzgebung und in den Landtags=Verhandlungen des 16. Jahrh., ausdrücklich anerkannte Rechtsquelle bildet, dieses alte Herkommen besonders in den Colonats=Verhältnissen im Laufe des 17. und 18. Jahrh. von Seiten der großen, freilich auch bedrängten Grundbesitzer ziemlich willkührlich gehandhabt worden ist. Daß eine schonungslose Ausdehnung der grundherrlichen Rechte fast alle herkömmlichen Befugnisse der Colonisten berühren mußte, liegt sehr nahe und ist bereits in Einzelnheiten angedeutet worden. - Uebrigens ist nicht zu verkennen, daß mancher Orten die sich ausbildende Straßenpolizei mit gutem Grunde den Anbau der Dorfstraßen beschränkte oder aufhob, wozu schon die Erweiterung der Posteinrichtungen in der Zeit von 1680 - 1750 bisweilen dringend auffordern mußte.

Daß der sonst grundgelehrte, aber auch oft unzuverlässige Westfalen 1 ) die Bedeutung des Straßenrechts nicht kannte, fällt um so mehr auf, als es zu seiner Zeit doch noch hier und da in Meklenburg und Pommern 2 ) geltend war. So beschwert sich, wie oben erwähnt, noch im J. 1702 der Pächter zu Vorder=Bollhagen über das Leinsäen der Colonisten


1) Wie es mit der Correctheit mancher Abdrücke in den "Monumenta inedita" beschaffen sei, bezeugt noch jüngst Michaelsen, Sammlung altdithmarscher Rechtsquellen. Vorrede, S. XVIII, wo es von dem Abdruck des Büsumer Codex in Monum. inedita, III, p. 1731 seq: heißt: "er ist in dem Grade nachlässig und fehlerhaft, daß man ihn großen Theils gar nicht gebrauchen kann."
2) Vergl. Reichel, 1. c. §. 2: "sumimus pro spatio - cui saepius lini semen inserunt "; §. 8: "saepius enim audimus, rusticos dicere solere: es wäre so die alte Gewohnheit, daß sie vor ihre Höfe wol köndten auf den Strassen Lein säen."
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in Röddelin. In demselben Jahre beklagte sich der Pächter zu Hoppenrade bei herzoglicher Kammer, daß die Bauern zu Viecheln die Dorfstraße eigenmächtig bezäunt und mit Kohl bepflanzt hätten, so daß er nun daselbst kein Lein säen könne, wie sonst, üblich sei. Dagegen war freilich mancher Orten, z. B. nach den angeführten Prozeßacten über die Straße zu Petschow um 1705 das Säen auf den Dorfstraßen schon wesentlich außer Gebrauch. Die Acten wegen Granzin besagen 1738: das Amt Boizenburg habe seit Alters das Straßengericht zu Granzin und es sei deshalb die Straße "vormahlen verschiedentlich mit Leinsamen besäet gewesen." Später wurden bei der Directorial=Vermessung (1756 flgd.) hin und wieder, namentlich in den Aemtern Stavenhagen und Lübz, Dorfstraßen mit "nutzbaren Brinken" nach Abrechnung der Wege bonitirt. So lag damals in Poserin "der nutzbar geschätzte Acker auf der Straße an zweyn Flecken und das Uebrige war stark mit Weiden besetzet und dadurch getheilet." Allein ein alterthümliches, mehr oder minder abgabenfreies Nutzungsrecht der Colonisten fand hierbei wohl ohne Zweifel nicht mehr statt. Schon das Bonitiren der nutzbaren Brinke 1 ) deutet auf das Gegentheil; auch wird in einem Streite zwischen den Beamten der Vermessungs=Commission wegen Schätzung der Straße zu Poserin das Straßenrecht gar nicht angeführt. Endlich wird auch in gleichzeitigen Schriften über landwirtschaftliche Gegenstände, z. B. in den 1769 erschienenen: "Gedanken von Verbesserung des Flachsbaues, vornämlich im Meklenburgischen" 2 ) des Leinsäens auf den Dorfstraßen nicht mehr gedacht.


1) Nach der Instruction für die Landmesser vom 30. Octob. 1751, §. 10, kommt u. A. in das erste caput "auch alles, was sonst als Acker beständig oder zuweilen gebraucht wird"; in das vierte caput, u. A. "Brinke und Alles, was zur Weide allein oder zugleich mit dazu gebraucht wird." Die Instruction für die Taxatoren, von demselben Datum, bestimmt. in §. 13: es sollen jedoch "die Post=, Heer= und übrige, beständige, nie zum Aufbrechen und zur Kultur und Weide kommende Wege" den Besitzern nicht mit angerechnet werden.
2) Der geschwätzige Verf. (ein Landpfarrer?) hat sein Buch dem Geh. Rath Grafen von Bassewitz=Prebberede gewidmet, der - nach der Vorrede - zu ihm geäußert hatte, "daß in dem verachteten Flachsstengel die herrlichsten Subsidien für das Vaterland verborgen lägen." S. 35 schätzt er den ganzen Jahresertrag des damaligen Flachsbaues in Meklenburg, nach Abrechnung des Bedarfs der ländlichen Haushaltungen, nur 8000 Rthlr. werth! - Die noch jetzt interessante "Oeconom. und statist. Reise durch Meklenburg, Pommern" u. s. w. (von Fr. v. Buchwald auf Gudumlund), Kopenhagen. 1786. 8. nennt das Straßenrecht nicht und stellt u. A. eine Vergleichung zwischen den dänischen und meklenburgischen Bauern zum Vorteile der letzteren an.
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13. Das Straßengericht.

Bei den vielen Theilungen des Grundbesitzes und dem öfteren Verluste der betreffenden Urkunden und dem Mangel einer Codisication der ländlichen Rechtsgewohnheiten ward auch das Straßengericht die Quelle mancher Händel zwischen den Grundherren. Eine nahe Veranlassung des Streites lag zuweilen in der Theilung der Gerichtsgefälle, der Bruchgelder. Gewöhnlich wird aber diese Gerichtsbarkeit in den Acten mit dem Leinsäen auf den Dorfstraßen zugleich verhandelt, so daß im Gefolge von Streitigkeiten über das Straßenrecht die Frage der Gerichtsbarkeit öfter als das entscheidende Moment erörtert wird. Doch kommt der Gegenstand auch in selbständiger und in nicht processualischer Verhandlung vor, indem zu Zeiten des 16. und 17. Jahrh. auf den Besitz von Gerechtsamen, die zwar in der That von keinem großen Belange waren, aber doch dem Besitzer eine gewisse Würde gaben und zeitweise nutzbarer werden konnten, mehr Werth gelegt ward, als heutiges Tages. Außerdem hat, bei beschränkterer Einsicht in öffentliche Verhältnisse und leichterer Verfolgung des eigenen persönlichen Vortheils, die zu jener Zeit größere Liebe für das Local=Herkömmliche hier mitgewirkt.

Der oben bestimmte Begriff des Straßengerichts tritt öfter actenmäßig hervor, wie in dem angeführten Prozesse der Holstein gegen die Linstow wegen Woggersin um 1586, wo es heißt: - keineswegs hätten die Linstow das Straßengericht zu Woggersin allein besessen, "vnd wenn sich Felle vnd Bruche vff der Strassen zugetragen, allein das Gerichte geheget vnd die geburende Bruche daruon genommen."

Das Verhältniß zwischen der Gerichtsbarkeit und dem Leinsäen auf den Dorfstraßen wird, besonders in der zweiten Hälfte des 16. Jahrh., von streitenden Parteien zuweilen in ganz entgegengesetzter Weise bezeichnet. Gewöhnlich wird zwar behauptet, das Leinsäen sei Ausfluß der Gerichtsbarkeit, und noch später: es finde nur mitunter zur Bezeichnung und Wahrung der Gerichtsbarkeit von Seiten der ritterschaftlichen Grundherren und der Domanial=Aemter statt. dagegen wird aber auch zu beweisen gesucht, daß das Leinsäen selbstständig geschehen könne, daß das Straßenrecht etwas Unabhängiges und Hauptsächliches sei. - Als im J. 1573 das Amt Güstrow den Passow die Nutzung der Straße zu Zehna nicht weiter gestatten wollte, bezog es sich theils auf vorgekommene Mißbräuche, theils aber auch auf das dem Landesherrn zuständige Straßengericht zu Zehna. Indessen war nach dem

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Rathe der herzoglichen Commissarien den Passow das Leinsäen, als altherkömmlich, unter üblicher Beschränkung, auch ferner zu gestatten. Bald darauf ließ das Amt Bukow, im Besitze der hohen Gerichtsbarkeit zu Danneborth, das von den Bibow auf der Straße daselbst gesäete Lein "des angemasseten hohen Gerichts halber" ausreißen, wogegen die Bibow den hiervon unabhängigen, vieljährigen Besitz des Straßenrechts zu Danneborth darzuthun suchten Als im J. 1584 Joachim Krammon, dessen Frau, geb. Hobe, als Erbjungfer Antheil an Kl. Lüsewitz und Tulendorf befaß, "die freye Straße zu Tulendorf, so zum höchsten Gerichte gehörig vnd dazu beschirmet wird, mit Leyn zu beseyen sich unterstanden" hatte, ließ Dietrich Bevernest, der das höchste Gericht daselbst besaß, angeblich, um sich in dessen Besitze zu erhalten, den Flachs auf der Straße zerstören. Es behaupteten ferner 1586 die Linstow gegen die Holstein wegen Woggersin: es sei Landgebrauch: "wer die Strasse vnd Freiheit mit Leien zu beseen befugt, das dem auch das Strassengerichte zugehore." In einem Streite zwischen dem Kloster Dobbertin und den Restorf auf Bolz wegen der Gerichtsbarkeit und des Leinsäens zu Lenzen erklärten sich die Parteien darüber einverstanden, daß "die Straßen=Freiheit mit zum hochsten Gerichte gehore". Das Amt Walsmühlen bezog sich 1598 wegen des angeblich ihm zuständigen Straßengerichts zu Kotendorf besonders darauf, daß es die Straße daselbst seit langer Zeit zur Erhaltung der landesherrlichen Gerichtsbarkeit zeitweise mit Lein besäet habe. Uebrigens gab es zu, daß den Pentz und den Lützow 10 Hufen zu Kotendorf gehörten. Im J. 1612 ward das Amt Boizenburg landesherrlich angewiesen, den vom dermaligen Inhaber von Zahrensdorf, Johann Meves, auf der Dorfstraße gesäeten Flachs zu zerstören, weil man dessen Vorgängern "das Geringste bis hieher am Straßengericht nicht gestendig gewesen." Im J. 1615 verkaufte Herzog Johann Albrecht II. an Joachim Oswald Wangelin das Straßengericht zu A. Schwerin "vnd also auch die Beseiung derselbigen." Endlich heißt es noch 1622 in dem Prozesse der Peccatel gegen die Maltzan wegen Blumenholz: es sei landgebräuchlich, "welchem das Strassengericht zukehme, der auch die Strassen wo vnd wie offte eß ihme gefellig, zu beseyen Macht habe."

Nach der vorherrschenden und damals allerdings naheliegenden Ansicht ward demnach das Leinsäen auf den Dorfstraßen als Zubehör oder Ausfluß der Gerichtsbarkeit betrachtet. Dabei ist jedoch zu bemerken, daß auch die entgegenstehende

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Ansicht, nach welcher das Straßenrecht als eine selbstständige, von der Gerichtsbarkeit unabhängige Befugniß erscheint, unter Umständen in der früheren Zeit Begründung und wirkliche Geltung gewinnen konnte, wie dies bereits oben unter 6, 9 und 10 durch Nachweisung von Thatsachen angedeutet ist. Es geschah dies hauptsächlich durch den Einfluß der Theilungen des Grundbesitzes und die Bedeutung des localen Herkommens. Ursprünglich benutzten einzelne Colonisten hier und da die Dorfstraßen mehr oder minder willkürlich nach localen und persönlichen Einflüssen in gutem Glauben. Hieraus entstand ein Herkommen, welches sich nach und nach verbreitete und eine gewisse Gültigkeit gewann. Wo der Grundbesitz getheilt war, ward die Straße mancher Orten und zuweilen lange Zeit hindurch von den Colonisten der verschiedenen Grundherren in gutem Glauben, ohne Widerspruch von Seiten des Gerichtsherrn, nach Anzahl der Hufen genutzt. Wohl nur aus diesen Gründen gestanden z. B. die im unzweifelhaften Besitze der Gerichtsbarkeit sich befindenden Aemter, wie das Amt Güstrow dieselbe zu Miekow und zu Zehna besaß, den andern auf derselben Feldmark berechtigten Grundherren, auch nachdem die Befugniß streitig geworden war, Antheil am Straßenrechte nach Hufenzahl oder wie sonst herkömmlich war, zu. Wie das locale Herkommen, wenn es unzweifelhaft erschien und gehörig dargestellt ward, noch in später Zeit zuweilen Anerkennung fand, ist ebenfalls bemerkt, wie z. B. hinsichtlich der Bauerschaft zu Röddelin noch im J. 1702. Einzelne Colonisten oder einzelne unter verschiedenen auf derselben Feldmark angesessenen Grundherren mögen auch frühzeitig durch einen besonderen Rechtstitel, wie Kauf, Verpfändung, Dienstvertrag u. s. w. bestimmten Antheil am Straßenrechte erworben haben. Wenn die zuerst bezeichnete Ansicht, dem eindringenden, allgemeinen Verfalle der Colonats=Verhältnisse entsprechend, seit dem Beginne des 17. Jahrh. entschiedener vorherrschend ward, so ist auch wohl hierin ein auf die bäuerlichen Interessen ungünstig mitwirkender Einfluß des römischen Rechtes nicht zu verkennen. In zweifelhaften Fällen hätte man zunächst auf locales Herkommen, auf die Theilungen des Bodens und auf die Entwickelung der Verhältnisse zwischen Grundherrn und Colonisten zurückgehen müssen. Dies geschah von Anwälden und Richtern seltener und jedenfalls ungründlicher, seitdem die eigenthümliche Bedeutung des deutschen Grundeigenthums oft mißverstanden, die Gutshörigkeit aber mehr und mehr nach römischen Mancipiats=Ansichten beurtheilt ward, und ein entsprechender Einfluß in der einheimischen Gesetzgebung der Reversalen vom J. 1621

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bereits hervorgetreten war, da doch einer Seits das römische Recht weder ein Privat=Eigenchum mit Hoheitsrechten, noch ein deutsches Colonatswesen, noch endlich die umfassende Bedeutung des Herkommens, des Rechtsgebrauchs 1 ), als vorherrschender Quelle des Rechtes, gekannt hatte, und anderer Seits noch in neuerer Zeit trotz aller Bedrängniß ein Theil der Colonisten sich in persönlicher Freiheit, ein anderer im Besitze lehnrechtlicher und erbrechtlicher Nutznießungs= oder Eigenthumsrechte an Grund und Boden (Lehnschulzen, Erbmüller, Erbschmiede u. s. w.) erhielt.

Ganz der angedeuteten Wendung der Dinge entsprechend zeugen mancherlei Acten gegen das Ende des 16. Jahrhunderts von zunehmender Unkunde der Colonisten mit heimischen Rechtsverhältnissen, während bis um 1550 in Prozessen und Beschwerden ritterschaftlicher Untersassen und frommer Stiftungen, in Jurisdictions=Händeln u. s. w. Selbstbewußtsein und Rechtseifer der Colonisten noch einiger Maßen hervortreten. So gestehen z. B. in Zeugenverhören, die 1575 über die Gerichtsbarkeit in Schlowe stattfanden, mehrere der befragten Bauleute, das Wesen des höchsten und des "sidesten" Gerichts nicht zu kennen, andere erscheinen unklar über die Bedeutung des Rauchhuhns, so wie gewisser Beden und Dienste.

Das Straßengericht eines Dorfes war zuweilen im gemeinsamen Besitze mehrerer Grundherren, indem Beschwerden wegen einseitiger Erhebung von Brüchen bei den Straßengerichten mehrfach vorkommen. Gewöhnlich ward auch hier der Einfluß der Hufenzahl, besonders für die Theilung der Strafgefälle, geltend gemacht. Um das J. 1550 fielen die Brüche beim Straßengerichte zu Varchentin zur einen Hälfte dem Herzoge Joh. Albrecht I. und zur andern den Rostke auf Varchentin und Schloen zu. Später, 1570, machten aber auch die Krause Mitansprüche an dieses Straßengericht, indem sie das Eigenthum des Kirchenlehns und der meisten Hufen zu Varchentin behaupteten. Wegen verweigerter Theilung der Brüche beim Straßengerichte zu Marin klagten 1591 die Blücher wider die Marin. Es war nämlich um das J. 1580 ein Bauer auf der Straße zu Marin erschlagen, dessen Mörder 15 Gulden Strafgeld beim ältesten Schulzn erlegt hatte. Dieses Geld ward später von Levin Marin einseitig er=


1) Vgl. Dittmer, Das Sassen= und Holsten=Recht, Vorwort, S. 11: "Was in den Gerichtsprotocollen als Sassen= oder Holstenrecht bezeichnet wird, war nichts anderes, als der Inbegriff der im Volke lebenden und im Vogtding verkündeten Rechtsgebräuche".
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hoben, während das Straßengericht angeblich den Blücher und Marin gemeinsam zustand, da beide ungefähr gleichen Antheil an der Feldmark des Ortes besaßen. Ebenso behaupteten 1586 die Holstein gegen die Linstow, daß das Straßengericht zu Woggersin ihnen gemeinsam sei. Noch um 1680 war das Straßengericht zu Zieslübbe halb landesherrlich, halb nach dem Lehngut Möderitz gehörig. - Indessen kommen auch Fälle vor, wo bei ziemlich gleicher Theilung der Feldmark, das Straßengericht einem Grundherrn ausschließlich zustand. So gehörte im J. 1610 das unferne Gadebusch belegene Dorf Jarmstorf zur einen Hälfte nach dem herzoglichen Amte Gadebusch, zur andern den Bülow auf Holtorf. Das Straßengericht stand jedoch ausschließlich dem Amte Gadebusch zu.

Das Verhältniß zwischen dem Straßengerichte und der Gerichtsbarkeit überhaupt war im Laufe des 16. und 17. Jahrhunderts nicht aller Orten gleichmäßig bestimmt. Gewöhnlich erscheint das Straßengericht als ein besonderer, wenn auch nicht grade immer selbstständiger Theil der Gerichtsbarkeit. Der Inbegriff der höchsten und niedrigsten Gerichtsbarkeit, als einem oder mehreren Grundherren zustehend, schloß nicht überall eo ipso das Straßengericht ein. Die auf der Straße vorkommenden Vergehen bildeten gleichsam einen eigenen Kreis der gerichtlichen Wahrnehmung. Ueber das Straßengericht wird bisweilen als über etwas Selbstständiges verfügt. Die uralten Theilungen der Feldmarken und die später sich häufenden Partial=Veräußerungen mußten auch auf die gesammte Gerichtsbarkeit einen wesentlichen Einfluß üben, indem dabei der altdeutsche Grundsatz festgehalten ward, daß jedem Grundherrn Schutz= und Schirmrecht und die Gerichtsgewalt über seine Hintersassen zustehe. Daher konnte es vorkommen und war wirklich öfter der Fall, daß in demselben Dorfe und auf derselben Feldmark 3 bis 4 Jurisdictionen bestanden: ein Grundherr besaß die höchste und niedrigste Gerichtsbarkeit überhaupt, oder nur diese, und ein dritter die höchste, ein zweiter das Straßengericht, ein dritter und vierter die Gerichtsbarkeit über seine Colonisten innerhalb deren Höfe, und vom Schulzen des Dorfes ward noch eine gewisse niederpolizeiliche Gewalt geübt. Alles dies war auch in vielen Dörfern und in deren Nähe schon äußerlich durch Galgen, Pranger und Halseisen erkennbar. Bisweilen war die hohe Gerichtsbarkeit zwischen mehreren Lehnleuten unter sich, oder zwischen einem der Landesherren und einem Vasallen getheilt, wenn sie gleich pro indiviso besessen ward; häufig hatten sich die Landesherren und demnächst andere große Grundherren bei Dotationen die hohe Gerichtsbar=

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keit, als durch die Brüche möglicher Weise einträglich, vorbehalten. Auch die Kirchen und Pfarren waren bisweilen durch Dotationen mit bestimmen Colonats=Hufen im Besitze einer Gerichtsgewalt. - Demnach heißt es in Urkunden über Veräußerungen des Grundbesitzes so häufig: "hohestes edder Obgericht vber Haut vnd Har, sidestes vnd Strassengericht;" oder: "hogestes vnd sidestes Gericht vber Halß und Handt vf der Feldmarke, Strassen vnd binnen Zaunes." Im J. 1569 vertauschte Achim Halberstadt auf Kl. Brütz 5 Bauern zu Meteln an den Herzog Johann Albrecht I. unter Andern gegen die dem Herzoge in dem getheilten Dorfe Gr. Brütz zustehende "hogeste vnd sideste Gerichtsgewalt vber Halß vnd Handt vf der Veldmarke, Strassen und binnen Zauneß". Die Schoenberg auf Frauenmark wurden 1572 wegen des von ihnen angesprochenen Straßengerichts zu Grebbin durch landesherrliche Resolution dahin bedeutet: "sie hätten über ihre dortigen Leute nicht weiter zu richten, als was in deren beschlossenen vier Pfälen geschehe". 1 ) In den Beweisartikeln des Zabel Stall zu Pohnstorf wider das Amt Güstrow wegen Miekow v. J. 1578 heißt es: "Art. 18. Wahr, daß demnach das hohe vnd niedere Gericht zusampt dem Strassengericht vber vnd bei den streitigen Hofen dem Kläger zustehe". Als im J. 1598 wegen eines Todschlags zu Walsmühlen der Punkt streitig war, ob der Mord auf der Dorfstraße oder im Hofe eines Pentzschen Unterthanen geschehen sei erklärte das Amt Walsmühlen, daß es das hohe Gericht auf der Straße daselbst nur "vf beiden Seiten bis ahn die Zeune" anspreche. Otto Prignitz auf Bollewick behauptete 1628 die hohe, niedere und die Straßengerichtsbarkeit zu Nätebow und war andern Lehnleuten wegen dreier ihnen gehöriger Bauhöfe daselbst "keiner Gerichte weiter als auf den drey Hoeffen innerhalb Zauns gestendig". Diese Beispiele werden auch vermutlich den Begriff der bisweilen vorkommenden Zaungerichte bestimmen. Endlich war im J. 1645 der Herzog Adolph Friederich bereit, dem Gutsbesitzer von Altenhagen auf dessen Ansuchen das Straßengericht daselbst dergestalt zu concediren, daß er die von den Colonisten im Dorfe oder auf der Straße verübten Unthaten bestrafe, aber keine Jurisdiction über Reisende oder Einwohner des Dorfes, die nicht Bauern seien, zu üben habe.

Die Competenz der Straßengerichte war jedoch


1) Vgl. Spalding, a. a. O. I, S. 48, 65. Franck, A. u. N. Meklenburg, Buch X, S. 216.
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anscheinend nicht immer genau auf die Dorfstraße beschränkt. Vielmehr standen wohl bisweilen "Straßen= vnd Feldgerichte" in einer gewissen natürlichen Verbindung. Es wird wenigstens über die Strafgefälle bei Straßengerichten zuweilen auch wegen solcher Fälle berichtet, die anscheinend auf freiem Felde geschehen waren. Auch werden Straßen= und Feldgerichte in Veräußerungs=Urkunden öfter in solcher Wortverbindung aufgeführt, daß diese auf einen sachlichen Zusammenhang fast unverkennbar hindeutet. So verpfändete Achim Riebe auf Broma im J. 1612 dem Rathe zu Friedland seine Erblehngüter zu Klokow und Kotelow unter Andern mit dem "Strassen= vnd Feldgerichte an Haut, Haar, Hals vndt Handt". Zu Blumenholz gab es 1620 ein Straßen= und Feldgericht, welches die Peccatel gemeinsam besaßen, die auch damals einen Verbrecher auf dem nahen Felde hatten hängen lassen. Im J. 1621 wird zu Kobrow ein landesherrliches "Strassen= und Feldgericht" erwähnt. - Dagegen kann eine Erstreckung der Straßengerichtsbarkeit, so weit sie Privatpersonen als Grundherren zustand, auf die Landstraßen für die Zeiten des 16. Jahrhunderts nicht füglich behauptet werden. Wie bereits oben unter 5 erwähnt ist, wollten die Landesherren, namentlich die Herzoge Heinrich und Ulrich z. M., selbst der Stadt Wismar die Gerichtsbarkeit und das Geleitsrecht auf den nahen Landstraßendämmen nicht zugestehen. Entsprechend ward gegen einzelne Lehnleute damals wiederholt und entschieden verfahren. So wird ein Fall erwähnt, der zu Mödentin zu Zeiten des Hans Preen vorkam; auch setzte in einem andern Falle, der im J. 1572 als Privatbeschwerde des von der Lühe zu Panzow auf dem Landtage mit verhandelt ward, der vermeintlich verletzte Grundherr der landesherrlichen Erklärung von der Regalität der Landstraßengerichtsbarkeit nichts weiter entgegen. 1 ) Doch zeigt sich diese Regalität allerdings in anderer Beziehung, z. B. hinsichtlich des Geleitsrechts und der Verpflichtung aus Gewalttaten, die auf der Landstraße gegen Reisende verübt wurden, damals, wie früher und später, in einzelnen Fällen etwas schwankend, worauf wohl die Landestheilungen und die ständischen Privilegien eingewirkt haben.

Die Straßengerichte wurden hauptsächlich in Fällen der Tödtung feierlich gehegt. Im Laufe des 16. und in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts herrschten dabei noch wesentlich die älteren, landesüblichen Formen des altdeutschen


1) Vg. Spalding, a. a. O. Bd. I, S. 81, 93, 94 und 102. Bezeichnend sind die oben unter 5 angeführten späteren ritterschaftlichen Beschwerden v. J. 1701.
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Gerichtsverfahrens vor. Die Hegung geschah da, wo die That begangen, oder wo der Körper des Entleibten gefunden war, immer aber unter freiem Himmel und "bei Sonnenschein", d. h. während hoher Tageszeit, und so, daß der "blinkende Schein", der Leib des Getödteten, gesehen ward. Wo Selbstmord, wo Tod durch Unfall oder blinde Naturgewalt vorlag, ward ein Noth= oder Fahrrecht gehalten; der todte Leib ward geprüft, der casus "kürzlich untersucht und schließlich Recht" gesprochen. In Fällen des Todtschlags fand das Blutgericht mit der Beschreiung statt. Der gewöhnlich entflohene Thäter ward friedlos gemacht, von dem Entleibten aber die Hand genommen, welches Letztere in Mecklenburg bis etwa um das Jahr 1580 noch durchweg geschah. Der Vorsitzende, Dingvogt, war seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhundert gewöhnlich ein Rechtsgelehrter oder doch ein öffentlicher Beamter, bisweilen noch aus dem Stande der Dorfschulzen, besonders beim Fahrrecht; die "Beisitzer im Rechte", Dingleute, so wie die "Vorsprachen und der Findes= oder Dingmann" waren häufig Colonisten. - Im einzelnen wich das Verfahren in den verschiedenen Landestheilen allerdings etwas ab 1 ), wie denn überhaupt in Deutschland selbst in den kleineren Territorien von einem durchweg und gleichmäßig geltenden Landrechte kaum die Rede sein kann, weil überall sehr viel von dem localen Herkommen und dem Einflüsse der privaten Patrimonialgewalt abhing. - Eben so sind auch die Straßengerichte in Meklenburg, so wie das ältere gerichtliche Verfahren überhaupt, nicht auf einmal und nicht gleichmäßig erloschen. Nur so viel ist gewiß, daß in der Zeit von 1650 bis 1750 2 ) auch das ältere gerichtliche Verfahren die wesentlichsten Umgestaltungen erlitten hat.


1) Doch läßt auch das Verfahren in den Seestädten fast alle sonst üblichen Grundzüge erkennen. Siehe z. B. über die Beschreiung zu Rostock im 16. Jahrh.: Neue wöchentliche Rostocker Anzeigen, 1839, Nr. 10; Formula, wie das Fahrgericht in Wismar zu halten. Das. 1686. 4. - Ziemlich übereinstimmend war auch das Verfahren in den Nachbarländern, so in den Lübeckischen Hospital=Dörfern in Holstein und Sachsen=Lauenburg; Dittmer, das Sassen= und Holsten=Recht, S. 93 flg. 105 flg. Derselbe, das heil. Geist Hospital zu Lübeck, S. 90-96; in Bremen um 1700: C. Koch, de judicio bannitorio. Bremae. 1716. 4. - Ueber die Grundzüge des altdeutschen Gerichtsverfahrens überhaupt siehe Grimms Deutsche Rechtsalterthümer, Bd. II, S. 745 flg.
2) Wie im J. 1710 die alten Formen des peinlichen Verfahrens bei den meklenb. Patrimonialgerichten schon ganz verstümmelt erscheinen, darüber ist vom Verf. ein Beispiel aus Origin.=Acten erzählt in den Jahrbüchern für meklenb. Geschichte, Jahrg. IX, S. 490 flg.
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Ueber die Aussteuer der Töchter aus dem Lehn,

eine Urkundenmittheilung

von

G. C. F. Lisch.

Johans Albrecht.

Erbare, tugentsame, liebe andechtige. Wir haben euer schreiben, betreffend einen furstandt, den ihr den auch erbarn vnsern lehnleuten vnd lieben getreuen Hartich vnd Reimern gebrudern den Bulowen zu Radem bestellen soltet, nemlich das ihr ihnen nach eurem todtlichen abgang dass gut, so sie euch an stadt eures ehegeldts freiwilliglich eingereumpt, auf euer lebelang zu geniessen, wiederumb so gut, als sie euch das vbergeben, liffern, vndt solchen furstandt verburgen soltet, hören verlesen, vnd wissen vns anfenglich vnserer deswegen an die hochgelerten vnsere Rath, Professorn zu Rostock vnd lieben getreuen Friederich Heinen, Lorentz Panclowen vnd Heinrich Gladowen ausgegangener Commission wol zu erinnern, wir seindt auch des recesses, so durch sie zwischen euch beiderseits auffgerichtet, nach nothdurfft berichtet, können aber bei vns nicht erachten, warumb ihr desselbigen vnd insonderheit des verburgten furstandes beschwerung traget, dann ihr gleichwol wisset, daß ihr kein erbjungfrau in die gemelten guter seiet, euch auch dieselbigen mit keinem rechten, noch aus landtüblicher gewonheit, sondern allein aus gutwilligkeit euerer vettern zukommen, so ist euch auch gleichfals vnuerborgen, das nach dem gebrauch vnserer lande vnd Furstentumb keiner Jungfrauen mehr zur ehelichen aussteuer gepurt, dann so vil ihres vatters guter jerlicher nutzung ertragen. Nun werden wir bestendig berichtet, das solche guter bei weitem so vil nicht, als obgenante eure vettern euch in der gute vnd freuntschafft gepoten, nemlich 300 fl. jerlich, ertragen sollen, sondern selbs in der hauptsumme vber 500 fl. nicht vil werth sein sollen. Deswegen wissen wir eurer bitt disesfals nicht stadt zu geben, sondern ihr werdet euch selbs dermassen in die sach zu schicken wissen, damit wir fernerm anlauffen vnd ihr mit weitleufftiger vnfruchtbarer suchung verschonet pleiben muget, wollen wir euch gnediger mainung hinwider nicht bergen. Datum Schwerin den 15. 8bris Ao. etc. . 69.

An

Jungkfrau Annen Bulowen.

Nach dem Concepte im großherzogl. meklenb. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

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IX. Zur Erd= und Naturkunde.

Ein Paar Wisenthörner

oder Büffelhörner, gefunden auf der Feldmark Jörnstorf bei Neubukow, beim Ausgraben einer Wiese, 12 Fuß tief, unter Torf= oder Modererde, gewann der Verein durch Geschenk des Herrn Schlüter zu Jörnstorf.

Ein Elengeweih,

gefunden zu Grambow bei Goldberg im Torfmoor, schenkte dem Vereine der Herr von Passow auf Grambow.


Druckfehler

in den

Historischen Nachrichten von dem lübeckischen Patriciat,
vom Dr. E. Deecke zu Lübeck.


S. 55, Z. 10 v. u. lies: Verlehnten, statt: verlehrten.
S. 63, Z. 15 v. u. - van - von.
S. 66, Z. 11 v. o. - andert - endert.
- Z. 6 v. u. - denen - demen.
Z. 4 v. u. - mer - wer.
- Z. 3 v. u. - Selschop - Selchop.
S. 67, Z. 1 v. u. wes was.
S. 68, Z. 3 v. u. - van - von.
- Z. 4 v. o. - men - man.
- Z. 20 v. u. - Wasses - Wasser.
- Z. 5 v. u. - wolde - welde.
S. 69, Z. 19 v. u. - men - man.
S. 71, Z. 13 v. o. Bunge Bunze.
S. 75, Z. 5 v. o. spele schale.
- Z. 13 v. o. - dat spill schal - dat schal.
S. 78, Z. 12 v. o. - spele - schale.
Vignette
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Jahresbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

von

Dr. Friedrich Carl Wex,

zweitem Secretär des Vereins.


Zehnter Jahrgang.


Vignette

In Kommission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1845.

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General=Versammlung

am 11. Julius 1845.


N achdem der Herr Präsident die anwesenden auswärtigen und einheimischen Mitglieder begrüßt und durch einige einleitende Worte die Versammlung eröffnet hatte, forderte er die Beamten zur Berichterstattung auf. Der zweite Secretär begann mit Folgendem:

Als vor 10 Jahren eine Zahl patriotisch gesinnter Männer in unserer Stadt zusammentrat, um einen vaterländischen historischen Verein zu gründen, da vereinigten sich so viele glückliche Umstände, da walteten so viele günstige Einflüsse über dem Entstehen dieses Vereins, daß seine ersten Stifter den frohesten Hoffnungen sich überlassen durften, und ihrer Schöpfung ein glückliches Gedeihen, ein thatkräftiges und dauerndes Dasein versprachen. Schon die äußere Veranlassung seines Hervortretens, das in Meklenburgs Annalen ewig denkwürdige Regierungs=Jubiläum des Hochsel. Großherzogs Friederich Franz, gab dem Vereine die bedeutungsvolle Weihe einer patriotischen Stiftung. Die Theilnahme ferner nnd kräftige Unterstützung, die er von diesem Fürsten gewärtigen durfte, der lange vorher mit besonderer Vorliebe die vaterländischen Alterthümer gepflegt und die reichen antiquarischen Schätze des Friderico=Francisceum gesammelt hatte, bewährte sich bald auf das Glänzendste durch mancherlei Beweise fürstlicher Huld. Ueberraschend aber war die Aufnahme und Anerkennung, die der hervorgetretene Gedanke eines solchen Vereins im ganzen Lande fand. Gleich zu Anfang mehrte sich von Tag zu Tage die Zahl der ordentlichen Mitglieder, von allen Seiten beeilte man sich, die Sammlungen des Vereins durch Geschenke zu bereichern, durch gelehrte Arbeiten seine Tendenzen zu fördern, durch mitgetheilte Notizen und Miscellen künftigen Untersuchungen vorzuarbeiten. Deutlich trat hervor, daß man schon längst einen solchen Vereini=

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gungspunct gewünscht, und daß der Verein einem lebhaft gefühlten Bedürfnisse entsprach.

Unter solchen Vorzeichen bildete sich der Verein, und darnach gestalteten sich die Hoffnungen, mit denen er seiner weiteren Entwickelung entgegensah. Wir stehen heute am Schlusse des ersten Decenniums, und freudig dürfen wir sagen: jene Hoffnungen haben nicht getäuscht. Der Verein hat, seiner ursprünglichen Tendenz und Verfassung getreu, immer weiter und reicher sich entfaltet, und darf in jeder Hinsicht auf diese erste Periode seines Daseins mit Zufriedenheit zurückblicken.

Aber dürfen wir auch mit derselben Zuversicht der Zukunft vertrauen? Dürfen wir mit denselben Hoffnungen das zweite Decennium antreten, jetzt wo der äußere Impuls, wo der Reiz der Neuheit fehlt? Jedes Werk geht unter, was der Zufall, die Zeit und momentanes Bedürfniß erzeugte; dauernd und beständig allein ist die Idee. Und wollen wir es etwa für einen bloßen Zufall, für eine vorübergehende Erscheinung halten, daß seit 20 Jahren in allen Gauen des deutschen Vaterlandes solche historische Vereine sich gebildet haben? Lange genug hatte der Deutsche, dem nun einmal gelehrtes Forschen eine eigenthümliche, angeborne Gewohnheit ist, alle Höhen und Tiefen gemessen, aller Völker Sitten und Sprache ergründet und des Alterthums fernste Jahrhunderte durchforscht; da richtete er endlich den nun geübten und geschärften Blick auch auf den vaterländischen Boden, und die Vorzeit seiner Väter, ihre Sprache und Sitten erschien ihm als ein würdiges Ziel seiner Studien. Aber nur gemeinsames Streben ließ hier ein Resultat hoffen; darum reichte man sich brüderlich die Hand, und Deutschlands Norden und Süden, und Osten und Westen verband dieselbe Idee, in der die großen Namen Wissenschaft und Vaterland zu Einem Symbole sich vermählten, um wie ein leuchtender Stern die deutschen Stämme zu geistiger Einheit zu führen.

Und diesem geistigen Bunde fehlt nicht der leitende Führer und Lenker. Ohne einen solchen versinkt ein solches Studium des grauen Alterthums leicht in Antiquitätenkram und phantastische Träumereien. Das hat in reichem Maaße England erfahren, wo im vorigen Jahrhunderte der Sinn für vaterländische Alterthümer seinen Höhepunct erreichte, aber leider der wissenschaftlichen Leitung entbehrte, und der ehrenwerteste Enthusiasmus selbst schnöden Betrügereien literarischer Wichte zur Beute diente. Aber Deutschland hat in Jacob Grimm den Mann, der solche Bestrebungen leiten und lenken kann, der in das Chaos verworrener und zerstreuter Data Licht und Zusammenhang zu bringen weiß, aber auch die Gränzen der Wissen=

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schaft kennt, und zur rechten Zeit mit einem Halt dem Enthusiasmus Zügel anzulegen weiß. Mögen alle deutschen Vereine zu dieser Fahne sich halten, mögen sie die schwere Selbstverläugnung üben, daß sie, wo es gilt, ämsig Data zu sammeln, nicht zu früh selber die Resultate daraus ziehen und vorzeitig die Lorbeern erndten wollen, die allein dem Meister gebühren.

Aber jeder Stamm hat auch seine besondere Geschichte, die zu pflegen und zu erforschen Sache der einzelnen Vereine ist. Und fassen wir diese Aufgabe unseres Vereins in's Auge, da treten uns zu Anfang dieses zweiten Decenniums so günstige Auspicien entgegen, daß wir der vielseitigsten Anregung und kräftigsten Belebung unserer Studien entgegensehen dürfen. Denn die nächste Zukunft wird uns mit großartigen Schöpfungen vaterländischer Kunst umgeben, die dem gebildeten Geschmacke der neueren Zeit huldigen, aber zugleich den Traditionen und Ueberresten der Vorzeit treu sich anschmiegen. Dort sehen wir die Burg Johann Albrechts neu erstehen, gereinigt und befreit von den geschmacklosen Bauten, die an die öde Zeit des dreißigjährigen Krieges erinnern; dort wird die Fürstengruft der Grafen von Schwerin mit dem Glanze mittelalterlicher Kunst geschmückt und unserem erhabenen Dome eine der Zierden zurückgegeben, von denen die traurige Zeit der letzten Kriege ihn entkleidete; dort sehen wir bisher unzugängliche Kunstschätze zur öffentlichen Beschauung aufgestellt, geeignet zur Weckung und Belebung des Kunstsinns, aber vorzüglich bedeutungsvoll als Vorzeichen des neuen Kunsttempels, der einst unsere Stadt zieren und auch unsere antiquarischen Schätze in seine Mitte aufnehmen soll. Wie also unser Verein sein Entstehen dem Rückblicke auf die segensreiche Regierung Friederich Franz I. verdankt, so wird er seine Dauer und sein ferneres Gedeihen dem Fürsten beimessen, der von Liebe für Kunst und Wissenschaft beseelt, allen unseren Instituten ein Leben voller Jugend und Frische einhaucht.


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Erster Abschnitt.

Aeußere Verhältnisse des Vereins.

I. Mitglieder.

1. S eit der Gründung des Vereins zieren 514 Namen die Matrikel unserer ordentlichen Mitglieder. Aber viele hat der Tod aus unserer Mitte gerissen, manche wurden durch andere Verhältnisse uns entzogen. Heute zählt der Verein 392 ordentliche Mitglieder. In dem letzten Jahre starben drei:

der Hofbuchdrucker Bärensprung in Schwerin † 25. October 1844,
der Maler Fischer in Schwerin † 16. Februar 1845,
der Bürgermeister Zickermann in Goldberg.

In dem ersten jener Verstorbenen betrauert der Verein eins seiner thätigsten Mitglieder, welcher gleich bei seiner ersten Begründung als Beamter in den Ausschuß trat und acht Jahre lang den Geschäften des Bibliothekars mit unablässigem Eifer sich unterzog. Wie er nach allen Seiten hin für die Sache des Vereins thätig war, lieferte er auch für den ersten Jahrgang unserer Vereinsschriften eine umfassende litterar=historische Abhandlung: Materialien zu einer Geschichte des ältern Meklenburgischen Theaters.

Der zweite, Herr Maler Fischer, leistete bei seiner vielseitigen Kunstfertigkeit dem Vereine die wesentlichsten Dienste, indem er ältere Bildwerke höchst geschickt zu erneuern und zu ergänzen verstand.

Neu gewonnen wurden sechszehn Mitglieder:
Herr Kammerjunker von der Lühe in Doberan,
- Commerzienrath Weber in Hamburg,
- Domänenrath Kollmann auf Grüssow,
- von Schack auf Wendorf,
- von Jasmund auf Dobbin,
- von Schack auf Nustrow,
- Maler Gillmeister in Schwerin,
- Bau=Conducteur Ruge in Schwerin,
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Herr von Oertzen auf Kittendorf,
- Hofrath Schlüter in Crivitz,
- Jägermeister von Voß in Neustrelitz,
- vonGundlach auf Rumpshagen,
- Stadtsecretär Gädcke in Lübz,
- Inspector Benecke in Pampow,
- Uhrmacher Sevecke in Boizenburg,
- Amtsauditor von Bülow in Schwerin.

2. Zu den ausgezeichneten Gelehrten Deutschlands und des Auslandes, die unter dem Namen von correspondirenden Mitgliedern unsere Arbeiten und Interessen fördern, trat in diesem Jahre hinzu Herr Troyon in Lausanne. Dagegen verloren wir durch den Tod den großen Sprachforscher Herrn Kopitar in Wien († 11. August 1844), der bei seiner gründlichen Kenntniß der slavischen Sprachen manchen Aufschluß uns gab über die Bedeutung wendischer Ortsnamen, die in unserem Lande sich erhalten haben, und noch weitere Unterstützung der diesseitigen Forschungen über unsere wendische Vorzeit versprach. Ferner Herrn von Kobbe, Dr. iuris und Rittmeister a. D. zu Ratzeburg, der die Geschichte der norddeutschen Staaten zu seinem Studium gewählt hatte und dieselbe nach vielen Seiten hin beleuchtete. Die Gesammtzahl der correspondirenden Mitglieder beträgt jetzt 55.

3. Die Zahl der mit uns durch Verkehr und Schriften=Austausch verbundenen Vereine beläuft sich jetzt auf 34, seitdem im Laufe dieses Jahrs

  1. der Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer zu Mainz,
  2. der Verein für lübeckische Geschichte und Alterthumskunde,
  3. der Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben

mit uns in Verbindung getreten sind.

II. Finanzielle Verhältnisse.

Bei der bedeutenden Zahl der ordentlichen Mitglieder und in Folge mancher außerordentlichen Gaben, welche mehrere der hohen Beförderer unseres Vereins theils früher, theils noch jetzt spenden, gestalteten sich die Finanzen unsers Vereins gleich zu Anfang höchst günstig, so daß eine nicht unbedeutende Summe zurückgelegt werden konnte, welche man für unvorhergesehene

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Fälle, namentlich aber zur Ausführung irgend eines historischen Unternehmens, das im Verlauf der Zeit als zweckmäßig und ausführbar sich darbieten möchte, bestimmt hat.

Den Bericht über diefes letzte Jahr wird Herr Geheimer Canzleirath Faull uns vorzulegen die Güte haben.

Vom 1. Julius 1844 bis zum 1. Julius 1845 betrug
Finanzbericht
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Finanzbericht

Schwerin, den 1. Julius 1845.

P. F. R. Faull,
p. t. Cassen= Berechner.

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Zweiter Abschnitt.

Thätigkeit des Vereins für die Erreichung seiner Zwecke.


I. Litterarische Thätigkeit der Mitglieder.

W enn die Hauptaufgabe unseres Vereins darin bestehen muß, daß wir treu und sorgfältig die Ueberreste sammeln, die aus dem Alterthume irgendwie sich erhalten haben, so darf wohl kein Verein eines größern Eifers seiner Mitglieder zur Lösung dieser Aufgabe sich rühmen. Mag auch hierin Einzelnen, namentlich unserem ersten Secretär, der freilich auch in jeder andern Hinsicht die Seele unseres Vereines ist, und einigen anderen Herren, wie Herrn Pastor Ritter in Vietlübbe, Herrn Baron von Maltzan auf Peutsch, Herrn von Kardorff auf Remlin der Ehrenpreis gebühren, so dürfen wir doch im allgemeinen die Bereitwilligkeit und den Eifer der Mitglieder, denen sich Gelegenheit darbot, die Sammlungen des Vereins zu bereichern, oder durch Mittheilungen und Notizen die Bestrebungen desselben zu unterstützen, mit dem innigsten Danke rühmend hervorheben. Auf diese Weise haben sich die Rubriken unserer Sammlungen von Jahr zu Jahr gemehrt, wie der zweite Theil unserer Jahrbücher seit der im letzten Jahrgange getroffenen Einrichtung Ihnen gezeigt haben wird. Auf den Antrag eines Mitgliedes in der vorigen Jahresversammlung wurde auch eine Sammlung von Portraits namhafter meklenburgischer Personen angelegt, und diese zugleich zu einer umfassenderen Bildersammlung erweitert. Die specielle Aufsicht über dieselbe übernahm bereitwilligst Herr Dr. Wedemeier, der seine eigenen Sammlungen dem Vereine überließ, wodurch gleich zu Anfang ein guter Grund gelegt wurde. Durch diese Sammlungen unseres Vereines ist während der 10 Jahre vieles gerettet worden, was sonst verloren gegangen sein würde, und manches, was vereinzelt ohne Werth war, erhielt dadurch seine Stellung als vermittelndes Glied. Niemand glaube daher, daß irgend eine Gabe zu geringfügig sei, noch weniger mache

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man den Alterthumsvereinen den Vorwurf, daß sie auf Kleinigkeiten Werth legen und unbedeutend scheinende Dinge der Aufbewahrung für würdig halten. Es giebt hierbei keine Kleinigkeiten; die anscheinend geringfügigste Sache, die unbedeutendste Notiz, deren Wissen oder Nichtwissen beim ersten Blicke gleichgültig erscheinen möchte, kann oft eine spätere Untersuchung fördern und unterstützen, und einer Demonstration Beweiskraft geben, durch die wenigstens in formeller Hinsicht die Untersuchung an Interesse gewinnt. Wir verhehlen nicht, daß hierbei mancherlei Irrthümer und Abwege denkbar sind, auf die der Liebhaber des Alterthums gerathen kann. Mancher wohl legt den einzelnen Sachen, die irgend einer künftigen Untersuchung als Beleg dienen sollen, einen Werth an und für sich bei, und preist sie als Kunstwerke an; wodurch dann wenigstens der kältere Beobachter der guten Sache entfremdet wird. Oder dort findet sich vergraben eine künstliche Spange, ein zierlicher Schmuck, so ist dies zwar ein deutlicher Fingerzeig von einer ehemaligen Verbindung des Landes mit gebildeteren Völkern, aber darum noch nicht ein Beweis von der Kunstfertigkeit der ursprünglichen Bewohner des Landes. Bedeutsam in dieser Hinsicht sind für uns die Worte des Tacitus, welcher (Germ. 15) von unseren deutschen Vorfahren berichtet: Gaudent praecipue finitimarum gentium donis, quae non modo a singulis, sed publice mittuntur: electi equi, magna arma, phalerae torquesque, iam et pecuniam accipere docuimus. Da Niemand besser als die Römer sich auf die Diplomatie der Geschenke verstand, so läßt sich leicht denken, wie viel von dergleichen von Rom aus gespendet worden ist, um die Riesen geschmeidig zu machen Vgl. auch Tac. Hist. IV, 76.


Geschenke und Beiträge für unsere Sammlungen erhielten wir in diesem Jahre von den Herren: Gymnasiast Arndt in Neu=Brandenburg, Pensionär Bade zu Leussow, Dr. Beyer in Parchim, Rittmeister v. Blücher auf Kl. Bresen, Landrath v. Blücher auf Kuppentin, Pastor Boll zu Neu=Brandenburg, Klosterhauptmann v. Borck zu Malchow, Kaufmann Brockelmann zu Rostock, Bürgermeister Daniel zu Rehna, Dreves auf Hoikendorf, v. Drechsel zu Kreien, Bürgermeister Flörke in Grabow, Superintendent Flörke in Parchim, Graf Hahn auf Basedow, Heukendorf auf Kl. Walmsdorf, Pensionär Hundt zu Zarchelin, Dr. Jenning zu Stavenhagen, v. Kardorff auf Remlin, Geheimer =Amtsrath Koch in Sülz, Kammerherr v. Langen auf Neuhof, Archivar

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Lappenberg in Hamburg, Archivar Lisch in Schwerin, Baron v. Maltzan auf Kl. Luckow, Baron v. Maltzan auf Peutsch, Pastor Masch in Demern, v. Oertzen auf Roggow, v. Passow auf Grambow, v. Platow zu Kreien, Pastor Ritter zu Vietlübbe, Hofrath Schlüter in Crivitz, Schlüter zu Jörnsdorf, Dr. Schnelle auf Buchholz, v. Schuckmann zu Viecheln, Steuerrath Schultze in Schwerin, Pensionär Tack zu Kl. Methling, Pastor Vortisch in Satow. Viele Geschenke verdanken wir dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukalden, der, ohne Mitglied des Vereins zu sein, für denselben sich sehr thätig erwies.

Die litterarische Thätigkeit im engeren Sinne, die in größeren Abhandlungen den historischen Stoff bearbeitet, kann allerdings überall nur von einer kleinen Zahl von Mitgliedern, denen amtliche Stellung und specielle Studien dies möglich machen, erwartet werden; aber die Zahl dieser Mitarbeiter hat sich im Laufe der Jahre nicht vermehrt, sondern vermindert. Drei sehr thätige Mitglieder, Pastor Mussäus in Hansdorf, Professor Fabricius in Breslau, Dr. Burmeister in Wismar, wurden uns schon früher durch den Tod entrissen, andere haben wenigstens in diesem Jahre mit keiner Gabe uns beschenkt. Zu um so größerem Danke verpflichtet uns die rastlose Thätigkeit unseres ersten Secretärs, des Herrn Archivars Lisch, der auch in diesem Jahre, neben der umfassenden Redaction des zweiten Theiles der Jahrbücher, auch für den ersten Theil die meisten Abhandlungen geliefert hat, wie Sie aus der Inhaltsanzeige ersehen werden. Herr Archivregistrator Glöckler lieferte eine ausführliche Abhandlung über die Straßengerechtigkeit in Meklenburg. Kein Theil der Jahrbücher war ohne Beiträge von unserem thätigen Numismatiker, Herrn Pastor Masch, der diesmal ausführlich über die neueren meklenb. Denkmünzen berichtet hat. Mit besonderer Freude begrüßen wir die Beiträge, die aus unserer lieben Stadt Lübeck aus der Feder des Herrn Dr. Deeke uns zugekommen sind. Viele Aufgrabungsberichte und einzelne Miscellen lieferte Herr Pastor Ritter.

Ist nun eine größere Theilnahme der Mitglieder in dieser Hinsicht wünschenswerth, so dürfen wir anderen zu unserer Rechtfertigung allerdings wohl geltend machen, daß zu historischen Special=Untersuchungen vorerst ein Stoff und Data vorliegen müssen, die zur Bearbeitung geeignet sind. Den Meisten von uns stehen dergleichen nicht zu Gebote. Aber wie? wenn wir einen solchen Stoff uns verschafften? Wie, wenn er uns ganz nahe läge? Zehn Jahrgänge unserer Jahrbücher liegen

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vor uns, reich an Stoff, reich an Material, was der Ergänzung, was der Berichtigung bedürfen möchte. Manches ist über eine Stadt, über einen Ort berichtet, was dem, der von Jugend auf in jenem Orte gelebt und in den Traditionen desselben aufgewachsen ist, ganz anders erscheint. Manche Abhandlungen greifen ein in die Technik; der Mann von Fach wird manche Ansicht berichtigen können. Oft ist das klassische Alterthum berührt; ich fürchte, die Philologen werden mancher Behauptung widersprechen und mit reichen Citaten uns entgegenrücken. Lassen Sie uns also im nächsten Jahrgange unserer Jahrb. noch einen dritten Abschnitt mit der Ueberschrift "Kritik" oder "Berichtigungen" hinzufügen. Vielleicht wird so hinsichtlich mancher Puncte die Wahrheit ermittelte und um diese ist es uns ja allein zu thun.

Die meklenburgischen Regesten.

Nach dem vorigjährigen Berichte (IX, S. 9) betrug die

Anzahl der bereits bearbeiteten Urkunden   4561.
  Hinzugekommen sind:
  Vom Unterzeichneten aus
  Rostocker Etwas 1737-1742 40
  Vertheidigte Gerechtigkeit 24
  Lisch Jahrbücher IX 30
  Lisch Maltzan II 159
  ----- 253.
  ----------
  4814.

und die Zahl der durchforschten Werke ist 118.

Demern, den 9. Julius 1845.

G. M. C. Masch.

II. Erwerb der Sammlungen.

A. Bibliothek.

Die Bibliothek des Vereins ist im verflossenen Jahre um 76 Nr. erweitert worden, und zwar größten Theils durch Geschenke von befreundeten Gesellschaften, sowie von Vereins=Mitgliedern.

Die systematische Ordnung in der Aufstellung der Bibliothek und die Bearbeitung der kleineren, in Kapseln gesammelten Schriften wurde fortgeführt. Seit Michaelis vorigen Jahres

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besteht für die in Schwerin wohnhaften Vereins=Mitglieder ein Lesezirkel, der, so weit es den Theilnehmern gefällig ist, seinen Fortgang nehmen und unter Andern auch die Schriften der historisch=antiquarischen Vereine des mittlern und südlichen Deutschlands, so wie die gesammte Folge des v. Raumerschen historischen Taschenbuchs nach und nach zur Ansicht bringen wird.

Verzeichniß

der in dem Vereinsjahre 1844/45 erworbenen Bücher,

wissenschaftlich geordnet.

I. Allgemeine und classische Alterthumskunde.

(Bemerkung. Ueber solche alterthumswissenschaftliche Werke, welche ausschließlich oder doch in der Hauptsache ein bestimmtes Land betreffen, sehe man die unten folgende Landesgeschichte der einzelnen Staaten.)

Nr.

  1. Die Lehre von den Elementen bei den Alten. Berlin 1842. 8. (Durch den Hrn. Gymnasial=Lehrer Masch zu Neu=Ruppin als Geschenk eingesandt.)
  2. Dr. L. J. F. Janssen, Een Romeinsche Tegel, gevonden in de nabiiheid van Nymegen. Gravenhage 1844. gr. 8. (Mit einer Tafel Fascimile. - Geschenk des Hrn. Verfassers.)

II. Münz= und Wappenkunde.

  1. Die Münzen der Ostgothen. Von J. Friedländer. Mit 3 Kupfertafeln. Berlin 1844. gr. 8. (Geschenk des Hrn. v. Kardorff auf Remlin zu Gnoien.)
  2. Programm der numismatischen Gesellschaft in Berlin zur Feier des Eckhel=Festes am 13. Januar 1845. Berlin 1845. 4.
  3. Erster Jahresbericht der numismatischen Gesellschaft zu Berlin. (Mnscr.) daselbst 1845. 8. (Nr. 4 und 5 Geschenke der Gesellschaft.)
  4. H. C. Dittmer, Geschichtliche Darstellung der Münzfuße von den zu Lübeck vorgekommenen gröberen Silbermünzen. Lübeck 1845. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  5. J. T. Bagmihl, Pommersches Wappenbuch. Band 2. Lieferung 1. 2. 3. Stettin 1843. gr. 8.
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III. Kunst = und Litteratur=Geschichte.

  1. G. Rathgeber, Beschreibung der herzoglichen Gemälde=Gallerie zu Gotha (und vieler andern auf dem Schlosse daselbst befindlichen Kunstschätze). Gotha 1835. 8. (Geschenk des Hrn. F. W. Kretschmer in Berlin, mit dessen handschriftlichem Verzeichnisse der vorkommenden Münzen und Medaillen.)
  2. L. Bechstein, Kunst=Denkmäler in Franken und Thüringen. Erste Lieferung. Schweinfurt 1844. 4.
  3. Dr. Grotefend, Verzeichniß der Handschriften und Incunabeln der Stadt=Bibliothek zu Hannover. Das. 1844. 8. (Geschenk des historischen Vereins für Niedersachsen.)
  4. Joh. Secundi, Opera. Accurate recognita ex museo P. Schriverii. Lugduni Batavorum 1631. 12. (Geschenk des Hrn. Dr. Jenning zu Stavenhagen.)

IV. Sammelwerke und allgemeine Geschichte.

  1. D. Chytraei, Chronicon Saxoniae et vicini orbis arctoi. Pars prima et secunda. (2. Vol.) Rostock 1590. 8. (Geschenk des Hrn. Baron von Maltzan auf Peutsch.)
  2. Wöchentliche Zeitung aus mehrerlei örther vom J. 1620. Bogen Eeee. und Nr. 6. und 45. Nebst noch einiger gedruckten polit. Nachrichten 4. (Geschenk des Hrn Dr. v. Duve zu Ratzeburg.)
  3. Fr. v. Raumer, Historisches Taschenbuch. Neue Folge. Fünfter Jahrgang. Leipzig 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Regierungs=Directors von Oertzen.)
  4. E. F. Mooyer, Die Einfälle der Normannen in die pyrenäische Halbinsel. Münster und Minden 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

V. Die Schweiz.

  1. Frédéric Troyon, Description des tombeaux de Bel-Air près Cheseaux sur Lausanne. ibd. 1841. 4. (Mit vielen Abbildungen. - Geschenk des Hrn. Verf.)
  2. L. Ettmüller, Die beiden ältesten deutschen Jahrbücher der Stadt Zürich. Das. 1844. 4. (Geschenk der antiquarischen Gesellschaft zu Zürich.)
  3. Die Schlacht bei St. Jacob in den Berichten der Zeitgenossen. Säcularschrift der historischen Gesellschaft zu Basel. Das. 1844. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
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VI. Die Niederlande.

  1. L. J. F. Janssen, Oudheidkundige Mededeelingen III. Met twee gekleurde Platen. te Teyden. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  2. L. J. F. Janssen, Rapport over handschriftelicke documenten etc. 1844. 8. (Aus einer holländischen Zeitschrift. - Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  3. Dr. C. Leemanns, Bydrage tot. de Geschiedenis der Bouw-en Beeldhouwkunst in Noord-Nederland. II. III. 1844. 8. (Aus einer holländischen Zeitschrift. - Geschenk des Hrn. Verf.)

VII. Böhmen.

(Vgl. unten Schlesien und die Lausitz.)
  1. Verhandlungen der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen in der 22. General=Versammlung am 17ten April 1844. Prag 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. J. E. Wocel, Grundzüge der böhmischen Alterthumskunde. Mit 8. lithogr. Tafeln von J. Hellich. Prag 1845. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

VIII. Russische Ostseeländer.

  1. Monumenta Livoniae antiquae, Bd. IV. (Riga's ältere Geschichte) Riga und Leipzig. 1844. 4.

IX. Dänmark.

  1. Vedel-Simonsen, Bidrag til Odense Byes oeldre Historie. Forste og andet Bind. Odensee. 1842, 43. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  2. a) Mémoire de la société royale des antiquaires du nord. 1840-1843. Copenhague. 1843. 8.
    b) die Königliche Gesellschaft für nordische Alterthumskunde. Jahresversammlung 1842, 1843. Copenhagen w. o. (Geschenke der Gesellschaft.)
  3. C. Ch. Rafn, Mémoire sur la découverte de l'A-mérique au dixième siècle. Second tirage. Copenhague. 1843. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  4. Aktstykker, for storste Delen hidtil utrykte, til Oplysning isoer af Danmarks indre Forhold i
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oeldre Tid. Anden Samlings forste Hefte. Odensee 1844. 4. (Geschenk der literar. Gesellschaft von Fühnen.)

X. Deutsche Reichsgeschichte.

  1. S. Ferrarius, Cronen zur Zierd und Schutz des heil. röm. Reichs auf denen Häuptern der etc. . römischen Kaiserin und röm. Königs Eleonora und Josephi, so auf das richtigste beschrieben nach allen Umständen der Wahl= und Krönungs=Solennitäten etc. . Nürnberg. 1690. 4. Mit Kupfern. (Geschenk des Hrn. Baron von Maltzan auf Peutsch.)

XI. Deutsche Landes=Geschichte.

a) Baden und Würtemberg.
  1. K. Wilhelmi. Zehnter Jahresbericht an die Mitglieder der Sinsheimer Gesellschaft zur Erforschung der vaterländ. Denkmale der Vorzeit. Sinsheim. 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Ober=Schwaben. Erster und zweiter Bericht. Ulm 1843, 44. 4. Hiebei: Kunstblätter. Heft. 1. Chorgestühl im Ulmer Münster. Das. w. o. Fol. (Geschenk des Vereins.)
b) Baiern.
  1. 33. a) Abhandlungen der historischen Classe der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. IV. Abth. 1. München. 1844. 4.
    b) Bulletin der Akademie. Vom 31sten Aug. 1843 bis 14ten Septbr. 1844. Das. 4. (Geschenke der königl. Akademie zu München.)
  1. 35. a) Oberbayersches Archiv für vaterländische Geschichte, herausgegeben von dem historischen Vereine von und für Ober=Bayern. Band V. Heft 3. Band VI. Heft 1 und 2. München 1843, 44. 8.
    b) Sechster Jahresbericht desselben Vereins. Für das J. 1843. München 1844. 8. (Geschenke des Vereins.)
  1. -38. E. C. Hagen und Th. Dorfmüller, Archiv für bayreuthische Geschichte und Alterthumskunde, Bd. I. Bayreuth 18..-1830; fortgesetzt als: a) Archiv
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für Geschichte etc. . des Ober=Main=Kreises, Bd. I. II. Das. 1831 - 1836. b) Archiv für Geschichte etc. . von Oberfranken. Bd. I. II. Das. 1838-1844. 8. Letzteres herausgeg. von E. C. v. Hagen. Nebst den Jahresberichten des histor. Vereins von Oberfranken für 1843, 44. Bayreuth 1844. 8. (Geschenk des Vereins.)

  1. Siebenter Bericht über das Bestehen und Wirken des historischen Vereins zu Bamberg. Das. 1844. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. 41. a) Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Achter Band. Erstes Heft. Würzburg 1844. 8.
    b) Vierzehnter Jahresbericht desselben Vereins. Das. ebenso.
    c) Album für die Inauguration des Denkmals Walthers von der Vogelweide. Würzburg 1843. 8. (Geschenke des Vereins.)
c. Hessen und der Mittelrhein.
  1. E. Neuhof, Nachricht von den Alterthümern in der Gegend und auf dem Gebürge bei Homburg vor der Höhe. Das. 1780. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Jenning zu Stavenhagen.)
  2. Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Bd. IV. Heft. 1 und 2. Kassel 1845. 8. (Geschenk des Vereins.)
  3. a) Statuten des Vereins zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer in Mainz. Das. 1844. 8.
    b) Zeitschrift desselben Vereins Bd. I. Heft 1. Mainz 1845. 8. (Geschenke des Vereins.)
d. Thüringen und Sachsen.
  1. Einladungsschrift zur zwölften Jahresfeier des hennebergischen alterthumsforschenden Vereins in Meiningen am 14ten Novbr. 1844. Das. 4. (Geschenk des Vereins.)
  2. Mittheilungen der Geschichts= und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg. I. Band. 4tes Heft. Das. 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. a) Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit. Drittes Bändchen. Leipzig 1844. 8.
    b) Systematische Inhalts=Uebersicht des obigen Werkes. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
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e. die Lausitz.
  1. L. Haupt und J. E. Schmaler, Volkslieder der Wenden in der Ober= und Nieder=Lausitz. Bd. II. (in 4 Heften und Schluß des Werkes.) Grimma 1843. 4.
  2. Neues Lausitzisches Magazin, herausgeg. von der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften durch J. L. Haupt. 21ster, neuer Folge 8ter Band. Görlitz 1843. 8. (Geschenk des Vereins.)
f. Brandenburg und Pommern.
  1. Märkische Forschungen. Herausgegeben von dem Vereine für Geschichte der Mark Brandenburg. 2ter Band. Berlin 1843. gr. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. 52. Siebenter und achter Jahresbericht des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie, herausgegeben von J. F. Danneil. Neuhaldensleben 1844. 45. 8. (Geschenk des Vereins.)
  1. Markgraf Albrecht des Aelteren Testament für seinen Sohn Albrecht Friedrich. 1562. Berlin 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Friedländer zu Berlin.)
  2. 55. a) Baltische Studien. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. Zehnter Jahrgang, erstes und zweites Heft. Stettin 1844. 8.
    b) Neunzehnter Jahresbericht derselben Gesellschaft. Das. 1844. 8. (Geschenke der Gesellschaft.)
  1. C. G. Fabricius, Stralsund in den Tagen des Rostocker Landfriedens (13ten Junius 1283). Sundine v. J. 1845. Nr. 4 flgd. (Geschenk des Hrn. Verf.)
g. Niedersachsen, Lübeck und Hamburg.
  1. Vaterländisches Archiv des historischen Vereins für NiederSachsen. Jahrgang 1843. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. Beiträge zur nordischen Alterthumskunde. Herausgegeben von dem Vereine für Lübeckische Geschichte. 1. Heft. [Mit 7 lithographirten Tafeln.] Lübeck 1844. 4. (Geschenk des Vereins.)
  3. Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte. Zweiten Bandes erstes Heft. Daselbst 1844. 8. -(Geschenk des Vereins.)
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h. Schleswig, Holstein und Lauenburg.
  1. Neunter Bericht der königlich Schleswig=Holstein=Lauenburgischen Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer. Kiel 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Nordalbingische Studien. Neues Archiv der Schleswig=Holstein=Lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte. Ersten Bandes erstes und zweites Heft. Kiel 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
i. Meklenburgica.
  1. a. Oratio de Ulrico religioso, justo etc. Megapolitano duce, in publicis exequiis pronunciata 14. Apr. 1603 a Davide Lobechio. Rostochii 1603. 4.
    b. Eine christliche Predigt, gehalten bei der fürstlichen Leichenbestätigung des wail. Durchl. Fürsten Herrn Ulrichen, H. z. M. durch Lucam Bacmeisterum, Rostock 1603. 4. (Geschenk des Hrn. Prof. Giesebrecht zu Stettin.)
  2. G. v. Flotow, Königlich Sächsischer Finanz=Director, Beiträge zur Geschichte der Familie von Flotow.
  3. G. C. F. Lisch, Urkunden=Sammlung zur Geschichte des Geschlechts von Maltzan. Bd. II, 1331 bis 1431. Mit 4 Steindrucktafeln. Schwerin 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
  4. G. C. F. Lisch, Berichtigung einer von dem Hrn. Staatsminister v. Kamptz zu Berlin in dessen Prüfung u. s. w. gemachten Aeußerung. Schwerin 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  5. Eines Ungenannten handschriftliche Nachrichten über Merkwürdigkeiten der Stadt Schwerin, (besonders über kirchliche und fürstliche Hausfeste aus der Zeit von 1708 bis 1714) mit beigefügten "Annales" v. J 1600 bis 1710. Mscr. 4. (Geschenk des Hrn. Bürgemeister Daniel zu Rehna.)
  6. 68. Großherzoglich=Meklenburg=Strelitzischer Staats=Kalender. 1844 und 1845. Neustrelitz. 8. (Geschenk des Hrn. Canzlei=Vice=Directors v. Maydell.)
  1. Der Geschichte der öffentlichen Universitäts=Bibliothek und des Museums zu Rostock erste Fortsetzung. Von O. G. Tychsen. Rostock 1793. 4. (Geschenk des Hrn. Archivar Groth.)
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  1. N. Chytraei, contra pestem epistola satyrica. Rostochii 1578. 4. (Geschenk des Hrn. Dr. Jenning zu Stavenhagen.)
  2. Gentzen, zweites Verzeichniß der Erwerbungen für die Sammlung heimathlicher Alterthümer und das Münz=Cabinet (zu Neustrelitz) von Michaelis 1843 bis Ende 1844. Das. 4. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  3. -75. (Rostocksche) Gelehrte Nachrichten auf die Jahre 1753-56. 8. (Geschenk des Hrn. Criminalraths v. Bülow zu Bützow.)
  1. E. v. Berg, die Separation der Massen im meklenburgischen Concursprocesse und deren Folgen. Neubrandenburg 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)

B. Alterthümer,

außer den in den Jahrbüchern beschriebenen.

1. Aus vorchristlicher Zeit.

a. Aus der Zeit der Hünengräber.

Zu Friedrichsdorf bei Buckow wurden auf den Anhöhen und in den Mergelgruben folgende steinerne Geräthe gefunden:

eine Streitaxt aus Hornblende, eine Streitaxt aus Grünsteinporphyr, ein Keil aus gelblichem Feuerstein, zerbrochen, ein hohl geschliffener Keil aus grauem Feuerstein, ein Dolch aus grauem Feuerstein, und von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster, der sie von dem Besitzer des Gutes, Herrn Koch, geschenkt erhalten hatte, als Geschenk überwiesen.

Von dem Herrn von Kardorf auf Remlin zu Gnoien ward eingereicht:

1. ein hohl geschliffener Keil aus grauem Feuerstein, an den breiten Seiten sehr schön, an den schmalen Seiten weniger polirt, jedoch am scharfen Ende zerschlagen, gefunden auf dem Felde von Niendorf bei Bützow;

2. ein Keil, sehr schön gearbeitet und erhalten, auf der Oberfläche braun gefärbt, dick und breit, gefunden zu Viecheln bei Gnoien beim Grabenziehen, 2 Fuß tief in einer Wiese, geschenkt von dem Herrn von Schuckmann;

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3. ein Keil aus graugelbem Feuerstein, ursprünglich geschliffen gewesen, jedoch fast auf der ganzen Oberfläche zerschlagen, gefunden zu Gr. Luckow bei Gnoien im ebenen Acker bei mehreren zerstörten Hünengräbern;

4. ein halbmondförmiges Messer aus Feuerstein, wie Frid. Franc. Tab. XXVII. Fig. 3., gefunden in einem Bruche, dem Schmaalmoor, zu Grantzow bei Gnoien.

Von dem Herrn Bürgemeister, Hofrath Schlüter zu Crivitz wurden dem Vereine geschenkt:

eine Streitaxt aus Hornblende, im Schaftloche durchgebrochen und zur untern Hälfte vorhanden, gefunden auf dem Acker zu Jörnstorf bei Neu=Buckow;

ein Keil aus hellgrauem Feuerstein, unbestimmten Fundortes.

Zu Kl. Lukow bei Teterow ward in einer Modergrube eine Streitaxt aus Hornblende von zierlicher Form gefunden und von dem Herrn Baron von Maltzan auf Kl. Lukow geschenkt. Die Waffe ist schon gefchlissen, jedoch noch nicht polirt, das Schaftloch ist noch nicht geschliffen, und ist die etwas schräge Einbohrung in, wie es scheint, concentrischen Ringen noch sehr sichtbar.

Eine Streitaxt aus Hornblende, gefunden auf dem Felde zu Zarchelin, geschenkt von dem Herrn Hundt zu Zarchelin.

Ein Keil aus Feuerstein, zur untern Hälfte vorhanden, gefunden zu Miekenhagen, geschenkt vom Herrn Pastor Vortisch zu Satow.

Ein Keil aus grauem Feuerstein und eine Scherbe von einer grobkörnigen, dickwandigen Urne, gefunden im Cummerower Holze, dicht unter der Erdoberfläche, geschenkt von dem Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen.

Ein Keil aus Feuerstein, zur Hälfte vorhanden, gefunden auf dem Felde zu Rothenmoor bei Malchin, geschenkt von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan.

Ein Keil aus Feuerstein, gefunden zu Leussow bei der Kl. Krambser Scheide, geschenkt von dem Herrn Organisten Bade zu Leussow.

Ein Keil aus Feuerstein, gefunden nebst fünf anderer auf einer Landwiese, der sogenannten Hafdick bei Kneese, geschenkt von dem Herrn Pensionair Tack zu Kl. Methling.

Ein Dolch aus Feuerstein, gefunden bei Schwerin am Fuße des Treppenberges, geschenkt vom Herrn Mühlen =Controleur Seeckt zu Schwerin.

Lanzenspitze aus Feuerstein von Sülz. In dem an die sülzer Saline verpachteten tribseer Moor ward eine Lanzenspitze aus grauem Feuerstein, 7 1/2 Zoll lang, wie Frid.

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Franc. Tab. XXX. Fig. 4., gefunden und von dem Herrn Geheimen Amtsrath Koch zu Sülz geschenkt.

b. Aus der Zeit der Kegelgräber.

Eine Framea aus Bronze mit Schaftloch und Oehr, ohne Rost, von der Größe und Gestalt der Framea in Frid. Franc. Tab. XIII, Fig. 2, jedoch mehr verziert, und dem in Worsaae Dänemarks Vorzeit S. 22 abgebildeten "Celt" völlig gleich, ward in einer Modergrube zu Moltzow bei Malchin gefunden und von dem Herrn Landrath, Baron von Maltzan auf Rothenmoor, Moltzow etc. . geschenkt.

Bronzering von Karbow. Auf dem, noch durch eine zerfallene Steinsetzung und einen Dornbusch bezeichneten Kirchhofe des untergegangenen Dorfes Cheelsdorf (Michaelsdorf, des alten Dorfes Cesemowe) fand der Herr von Drechsel, jetzt zu Kreien, im Sande einen starken, offenen Armring aus Bronze, im rhombischen Durchschnitt, von 3 1/2 äußerem und 2 1/4 innerem Durchmesser, mit sehr starkem Rost, und schenkte denselben dem Vereine.

Zu Friedrichsdorf bei Buckow ward ein Schermesser von Bronze gefunden und dem Vereine von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster geschenkt, welcher es von dem Herrn Koch auf Friedrichsdorf geschenkt erhalten hatte; vgl. oben steinerne Geräthe von Friedrichsdorf.

2. Aus der Zeit des Mittelalters.

Von dem Herrn Bürgemeister Dr. Flörcke zu Grabow ist dem Vereine ein zinnernes Modell eines Giebelhauses, aus dem 16. oder 17. Jahrhundert, 15 " hoch und 8 " breit, 7 Pfd. schwer, vielleicht ein Meisterstück, geschenkt worden. Es ward auf dem sogenannten Griemoor, einer großen, tiefen, wässerigen Weidefläche, etwa 3/8 Meile von der Stadt Grabow, etwa 400 Ruthen rechts von der Chaussee nach Ludwigslust, zwischen dieser und der grabow=neustädter Landstraße, an der Stelle, welche auf der großen schmettauschen Charte mit "Kegel=Schabe" bezeichnet ist, gefunden und bei der Urbarmachung eines Landstücks durch den Pflug an das Licht gebracht.

Herr Pastor Ritter in Vietlübbe berichtet: "In dem Torfmoore zwischen Vietlübbe und Karbow ist wieder ein Hufeisen aus früherer Zeit gefunden. Ferner fand sich auf einem Acker, der wie eine Insel mitten im Moore liegt und

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den Namen Arnaun führt, bei Ziehung eines Grabens eine eiserne Axt, von den jetzt gewöhnlichen abweichend durch den langen Bart und schmalen Hals (eine ähnliche Axt wurde vor kurzem in Boizenburg in einem Garten vergraben gefunden und vom Herrn Uhrmacher Sevecke in Boizenburg dem Vereine zugesandt), und nicht weit davon beim Graben ein Eisen, vielleicht eine Art Lanzenspitze, 5 1/2 " lang, an einem Ende meißelförmig, an dem andern viereckig spitz auslaufend."

Ein Helm aus Eisen, mit messingenen Knöpfen verziert, mit durchbrochenem Visir, geschenkt von dem Herrn Gymnasiasten Arndt zu Neu=Brandenburg.

Ein Hufeisen aus dem Funde von Neu=Brandenburg, Jahrb. V, S. 95, geschenkt von dem Herrn Gymnasiasten Arndt zu Neu=Brandenburg.

Ein Schwertknopf (?) aus blaugrauem, festen Thon, in der Gestalt eines Kegels von 1 " Höhe, welcher der Länge nach durchbohrt ist, gefunden bei Neu=Brandenburg, geschenkt vom Herrn Gymnasiasten Arndt zu Neu=Brandenburg; nach Gestalt und Masse ist es wahrscheinlich ein mittelalterlicher Schwertknopf.

Eine Agatkugel, durchbohrt, 1 " im Durchmesser, vielleicht von einem Rosenkranze, geschliffen, auf einer weniger durchsichtigen Steinlage verwittert, gefunden bei Neu=Brandenburg, geschenkt vom Herrn Pastor Boll zu Neu=Brandenburg.

Ein altes Gewehrschloß, gefunden auf der sogenannten Homburg, einem westlichen Stadtteile von Gnoien, welcher früher an der westlichen Seite mit Wall und Graben umgeben war, an der Stelle des schon vor Jahren verschütteten Wallgrabens, in bedeutender Tiefe dort, wo am Kirchhofe beim Bau des neuen Schulhauses in den letzten Jahren ein Brunnen gegraben ward, geschenkt von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoien.

C. Münzen und Medaillen.

Nach dem Berichte des vorigen Jahres, wie er im Jahresberichte IX, S. 24 erstattet ist, waren zur Münzsammlung des Vereins 4384 Exemplare gekommen, jetzt hat sich diese Zahl auf 4667 gehoben; und zwar sind ihr 560 Hohlmünzen, 23 goldne, 3138 silberne, 793 kupferne zweiteilige Münzen und 153 Medaillen und Schaumünzen mancherlei Art geworden; davon sind in die Sammlung 3348 Stück eingelegt. - Durch

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Austausch von Doubletten gewann die Vereinssammlung von der Großherzogl. Meklenburg=Strelitzischen Münz=sammlung 50 verschiedene strelitzische Gepräge, und vom Herrn Westermann 28 ältere, seltenere Stücke, worunter sich die Turnosen des Erzb. Walram von Cöln, 1333-1349, (Appel Repert. II, 172), des Gr. Friedrich von Mörs (Appel III, p. 619, Mader VI, p. 260 n. 35), des Gr. Ludwig von Flandern (1346 - 83) und des Bischofs David von Utrecht von 1477 (vgl. Appel I, p. 501, n. 1) auszeichnen, uns um so erwünschter, als diese Münzclasse bisher fast gar nicht bei uns repräsentirt war. Diese eingetauschten Münzen sind selbstverständlich in die Zahl des Zuwachses nicht mit aufgenommen worden, der sich ohne sie auf 283 beläuft.

Von diesen wurden die Medaille auf die Vermählung des Kronprinzen Friedrich von Dänemark mit der Herzogin Caroline von Strelitz, dann durch Herrn Geheimen Amtsrath Koch in Sülz aus einem Münzfunde in Pommern, welcher die zur Zeit des siebenjährigen Krieges cursirende leichte Münze in schön erhaltenen Exemplaren enthielt, 11 Stück (5 Meklenburger und von Anhalt=Bernburg, Brandenburg, Anspach, Braunschweig, Würtemberg, Wied und Fulda resp. 8 und 4 Gr.=Stücke), ferner die beiden neuesten meklenburgischen Münzen und noch 5 andere, im Ganzen 17 Stück angekauft, die übrigen 266 sind geschenkt worden.

Se. Königliche Hoheit der Großherzog Friedrich Franz übersandte der Sammlung die Denkmünze der Berliner Gewerbeausstellung von 1844 in Silber; dieselbe ging ihr auch in Bronce vom Herrn Baron von Maltzan auf Peutsch zu, der außerdem noch 1 bentheim=teklenburgisches 12 Mariengroschenstück von 1671, einen polnischen D.=Gulden von 1831, einen cölnischen D.=Groschen von 1766 und einen brandenburgischen Viertelthaler des Churfürsten Georg Wilhelm von 1622 übersandte.

Die beiden im Jahrbuche S. 298 angeführten römischen Denare von Antoninus Pius, bei Bössow, und Marcus Aurelius, im Klingebeutel zu Gr. Varchow gefunden, wurden, der erstere vom Herrn Heukendorf auf Kl. Walmsdorf und der zweite vom Herrn Dr. Jenning in Stavenhagen der Sammlung überwiesen; dem letztgenannten Herrn dankt die Sammlung in diesem Jahre noch 3 römische Münzen, 2 bronzene resp. des Papienus Maximus und Constantinus und eine Goldmünze des Valentinianus (Molan Boehm p. 161, n. 1) und außerdem 23 meklenburgische, 17 rostocksche, 10 wismarsche Münzen, einen bischöflich ratzeburgischen Doppelschilling G 3 gestempelt, 3 lü=

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becksche Münzen von 1379, 1559 und 1657, einen Schilling von Lüneburg, 4 pommersche Doppelschillinge der Herzoge Bogislaus und Ulrich von 1621 und einen Schilling von 1692, 3 stralsunder, 2 anclamsche und eine garzische Münze (Köhne Beiträge, Nr. 486) und außerdem Münzen von Anhalt, Baden, Baiern, der Pfalz, Brandenburg und Preußen, Braunschweig, Hannover, Hanau (von Johann Reinhard, Appel III, S. 339, Nr. 1199), Hessen, Westphalen, Schleswig, Holstein, Lippe, Oesterreich, Reuß, Lauenburg, Sachsen, Würtemberg, Mainz, Münster, Corvei, Goslar, Frankfurt, Dänemark, Schweden, Frankreich, Niederlande, Sardinien, Sicilien, Rußland, Griechenland, Türkei (eine Goldmünze), Haiti, eine bleierne alte Spottmünze (Molan Boehm p. 426, n. 12), eine Münze auf die neue Börse in London, Schaupfennige auf den Maler Valentin und den Münzmeister in Zellerfeld Henning Schluter (Appel III, S. 997, Nr. 2416), im Ganzen 181 Münzen. Ferner schenkte der Herr Superintendent Flörke in Parchim 7 Münzen, bei der Restaurirung der St. Georgenkirche gefunden, der Herr Kammersecretair Bouchholtz in Schwerin 1 brandenburgisches 2 Groschenstück von 1693; der Herr Pastor Ritter in Vietlübbe 17 theils meklenburgische, theils andere Münzen; Herr Kammerherr von Langen auf Neuhof 14 Dütchen aus dem 17. Jahrhundert von Rostock, Schleswig =Holstein und Bremen=Verden und ein 4 Markstück des Königs Christian V. von Dänemark von 1673 (Schultheß=Rechberg Nr. 1090 von 1671). Herr Gastwirt Dünhaupt in Gadebusch gab eine meklenburgische (Schilling von 1671) und hamburgische Münze (halb Reichsort von 1626), in seinem Garten gefunden, und außerdem 12 theils schweizerische, theils italienische Münzen; Herr Bürgemeister Daniel in Rehna einen stralsunder Dütchen von 1625; die geschichts= und alterthumsforschende Gesellschaft des Osterlandes sandte einen zu Gerstenberg gefundenen Bracteaten (vielleicht Abt Windolf von Pegau, siehe Mitth. der Gesellschaft I, 4 , p. 44, Tab. 1, Fig. 1). Herr Rittmeister von Blücher auf Bresen schenkte einen Doppelschilling der Herzoge Magnus und Balthasar und Herr von Kardorff auf Remlin 1 meklenburgische, 1 rostocker, 1 stralsunder, 1 lüneburger, 2 pommersche, 1 schaumburger (Dütchen von 1609), 2 holsteiner, 2 brandenburger, 2 sächsische, 1 kaiserliche, 1 hessische, 1 westphälische, 1 paderbornische, 1 münstersche, 3 dänische, 1 polnische und 1 französische Münze; Herr Pastor Vortisch zu Satow 1 Viertelsthaler des Kaisers Rudolph II. von 1584; Herr Apotheker Berend in Schwerin 1 Real von Quito von 1839; Herr Cantor Hintze in Schwerin ein dä=

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nisches Markstück von 1617; Herr Pastor Tapp zu Neese 1 lübecker Sechsling von 1675; Herr Advocat Wilbrand zu Gnoien (auf der sogenannten Bärenburg [Jahrb III, S. 186] gefundene) Münzen von Rostock, Lüneburg, Hamburg, Stralsund, Danzig (Dütchen von 1539), Dänemark (2 Schilling von 1582) und Schleswig=Holstein, sämmtlich aus dem 16. Jahrhundert.

G. M. C. Masch.

Von dem Herrn F. W. Kretschmer zu Berlin wurden geschenkt:

1) eine Sammlung Staniol=Abdrücke von mehrern seit dem Regierungs=Antritte des Großherzogs Friederich Franz I. auf Meklenburger geprägten Medaillen mit einer Beschreibung derselben;

2) Staniol=Abdrücke von 18 Bracteaten, welche das königl. preuß. Münzcabinet zu Berlin aus dem stintenburger Münzfunde (vgl. Jahrb. VIII, S. 88) erworben hat, unter diesen auch 4 mit einem Stierkopfe;

3) sehr saubere Zeichnungen von 2 Bracteaten aus einem im Sommer 1844 bei Magdeburg gemachten Funde aus dem zweiten Viertheil des 13. Jahrhunderts, nämlich von 1 Bracteaten mit einem Stierkopfe auf Thorzinnen und 1 Bracteaten mit einem sechsstrahligen Stern in einem mit Perlen besetzten Thore (Perleberg).

D. Siegelsammlung.

Zur Siegelsammlung kamen:

1) Die Siegel der Stadt Grabow durch den Herrn Bürgemeister Dr. Flörcke zu Grabow;

2) die Siegel der Stadt Parchim durch den Herrn Dr. Beyer zu Parchim;

3) die Siegel der Stadt Stavenhagen durch den Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen;

4) die Siegel der Stadt Neu=Brandenburg durch den Herrn Pastor Boll zu Neu=Brandenburg;

5) die Siegel der Stadt Lübz durch den Herrn Stadt= Secretair Advocaten Gädcke zu Lübz.

E. Bildersammlung.

Die Portrait=Sammlung enthält bereits 137 Stück. Es schenkte 107 Herr Dr. Wedemeier, 3 Herr Archivar

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Lisch, 1 Herr Pastor Masch, 1 Herr Schulrath Meyer, 1 Gymnasial=Director Dr. Wex; 5 wurden käuflich erworben.

Ansichten von Gegenden, Städten, Gebäuden 12. Unter diesen die Grundrisse und Ansichten von dem Schlosse und Pädagogium zu Bützow von dem wail. Geheimen Hofrath Kahle zu Schwerin, überreicht von dem Archivar Lisch, und mehrere Geschenke von dem Gymnasiasten F. Bärensprung zu Schwerin.

Pläne von Städten und Ortschaften 7.

Historische Scenen, Ansichten von Denkmälern u. s. w. 9.

III. Verhandlungen der General=Versammlung.

1. Wahlen. Der Herr Präsident und der Herr Vicepräsident erklärten zu großer Freude der Versammlung, daß sie auch fernerhin bereit wären, ihre bisherige Stellung zu dem Vereine beizubehalten. Die übrigen Beamten, welche gleichfalls dem Herrn Präsidenten die Erklärung abgegeben hatten, daß sie nicht abgeneigt seien, noch ferner ihre Aemter fortzuführen, wurden von der Versammlung durch Acclamation in denselben bestätigt. Die Neuwahl von vier Repräsentanten erfolgte durch Stimmzettel. Der Ausschuß besteht jetzt aus folgenden Mitgliedern:

Se. Exzellenz Herr Geheimeraths= Präsident und Minister von Lützow, Präsident des Vereins.
Herr Regierungs=Director vonOertzen, Vice = Präsident.
- Archivar Lisch, erster Secretär.
Hofmaler Schumacher, Antiquar.
Geheimer Canzleirath Faull, Rechnungsführer.
Archiv=Registrator Glöckler, Bibliothekar.
Gymnasial=Direktor Dr. Wex, zweiter Secretär.
Herr Regierungsrath Dr. Knaudt, Repräsentant
- Pastor Bartsch, Repräsentant
- Vice=Oberstallmeister von Boddien, Repräsentant
- Advocat Dr. Beyer, Repräsentant
Aufseher der Münzfammlung: Herr Pastor Masch in Demern.
Aufseher der Bildersammlung: Herr Dr. Wedemeier.
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2. Die Verhandlungen des Vereins betrafen manche Vorschläge, die zur Beschlußnahme noch nicht geeignet waren. Der Antrag eines Mitgliedes in Bezug auf eine comparative Sammlung ausländischer Alterthümer schien der Versammlung der erwünschten Begrenzung zu ermangeln. Großen Anklang fand aber die Erklärung eines Mitgliedes, dahin wirken zu wollen, daß der Verein in Besitz von Alterthümern aus anderen ursprünglich slavischen Ländern gelange. Herr Archivar Lisch theilte mit, daß Herr Troyon in Lausanne, correspondirendes Mitglied unseres Vereines, eine große Reise unternehme, um die Tendenzen der deutschen Alterthumsvereine zu verfolgen.

Verzeichniß

der allerhöchsten Protectoren, hohen Beförderer, Ehrenmitglieder, correspondirenden Vereine, correspondirenden Mitglieder und ordentlichen Mitglieder,
am 11. Julius 1845.


I. Protectoren.

  1. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Meklenburg=Strelitz.
  2. Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Meklenburg=Schwerin.

II. Hohe Beförderer.

  1. Seine Königliche Hoheit der Erbgroßherzog von Meklenburg=Strelitz.
  2. Seine Hoheit der Herzog Gustav von Meklenburg=Schwerin.
  3. Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Frau Erbgroßherzogin von Meklenburg=Schwerin.
  4. Ihre Königliche Hoheit die Frau Herzogin von Orleans.
  5. Ihre Königliche Hoheit die verwittwete Frau Großherzogin von Meklenburg=Schwerin.
  6. Seine Durchlaucht der regierende Fürst von Schaumburg=Lippe.
  7. Seine Majestät der König von Dänemark.
  8. Seine Durchlaucht der Erbprinz von Schaumburg=Lippe.
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III. Ehrenmitglieder.

  1. Se. Excellenz der Herr Geheime Staatsminister v. Kamptz zu Berlin.
  2. Der königliche Oberpräsident der Provinz Pommern, Herr v. Bonin zu Stettin.
  3. Se. Excellenz der Herr Staatsminister v. Dewitz zu Neustrelitz.
  4. Se. Excellenz der Herr Graf v. Reventlow, königlich dänischer Gesandte zu London.
  5. Die Frau Gräfin v. Hahn auf Basedow.

IV. Correspondirende Vereine.

  1. Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde, zu Stettin.
  2. Schleswig=holstein=lauenburgische Gesellschaft für vaterländische Geschichte, zu Kiel.
  3. Königlich=dänische Gesellschaft für nordische Alterthumskunde, zu Kopenhagen.
  4. Thüringisch=sächsischer Verein für Erforschung vaterländischen Alterthums, zu Halle.
  5. Voigtländischer alterthumsforschender Verein, zu Hohenleuben.
  6. Königliche schleswig=holstein=lauenburgische Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, zu Kiel.
  7. Gesellschaft für vaterländische Alterthümer, zu Zürich.
  8. Verein für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens, zu Münster.
  9. Wetzlarscher Verein für Geschichte und Alterthumskunde.
  10. Historischer Verein für Niedersachsen, zu Hannover.
  11. Sinsheimer Gesellschaft zur Erforschung der vaterländischen Denkmale der Vorzeit.
  12. Verein für hessische Geschichte und Landeskunde, zu Cassel.
  13. Historischer Verein für Oberfranken, zu Bamberg.
  14. Nassauischer Verein für Alterthumskunde und Geschichtsforschung, zu Wiesbaden.
  15. Historischer Verein für Unterfranken und Aschaffenburg, zu Würzburg.
  16. Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte und Industrie, zu Salzwedel.
  17. Gesellschaft für Geschichte und Alterthumskunde der russischen Ostsee=Provinzen, zu Riga.
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  1. Dänischer historischer Verein, zu Kopenhagen.
  2. Verein für Geschichte der Mark Brandenburg, zu Berlin.
  3. Oberlausitzsche Gesellschaft der Wissenschaften, zu Görlitz.
  4. Verein für hamburgische Geschichte.
  5. Historischer Verein für Oberbaiern, zu München.
  6. Königlich=baierische Akademie der Wissenschaften, zu München.
  7. Königlich=niederländisches Museum der Alterthümer, zu Leyden.
  8. Schlesische Gesellschaft für vaterländische Cultur, zu Breslau.
  9. Hennebergischer Verein für vaterländische Geschichte, zu Meiningen.
  10. Gesellschaft für vaterländische Alterthümer, zu Basel.
  11. Historischer Verein der Oberpfalz und von Regensburg, zu Regensburg.
  12. Historischer Verein von Oberfranken, zu Baireuth.
  13. Westphälische Gesellschaft zur Beförderung vaterländischer Cultur, zu Minden.
  14. Geschichts= und alterthumsforschende Gesellschaft des Osterlandes, zu Altenburg.
  15. Verein zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer, zu Mainz.
  16. Verein für lübeckische Geschichte und Alterthumskunde, zu Lübeck.
  17. Verein für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben.

V. Correspondirende Mitglieder.

in Baden:
   zu Sinsheim: 1. Wilhelmi, Pastor.
in Braunschweig:
   zu Wolfenbüttel: 2. Schmidt Dr., Archivrath.
3. Schönemann Dr., Bibliothekar.
in Bremen: 4. von Hormayr, Freiherr, Geheimer=Rath und königl. baierscher Gesandter.
in Dänemark:
   zu Kopenhagen: 5. Finn Magnusen, Dr., wirklicher Etatsrath und Geheimer=Archivar.
6. Molbech Dr., Justizrath und Professor.
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   zu Kopenhagen: 7. Rafn Dr., wirklicher Etatsrath und Professor.
8. Thomsen, Justizrath und Director der königl. Museen.
in Frankfurt a. M.: 9. Böhmer Dr., Stadtbibliothekar.
in Hamburg: 10. Lappenberg Dr., Archivar.
in Hannover:
   zu Göttingen: 11. Havemann Dr., Professor.
in Holstein=Lauenburg:
   zu Segeberg: 12. Asmussen Dr. theol., Seminar=Director.
   zu Kiel: 13. Falck Dr., Etatsrath und Professor.
   zu Ratzeburg: 14. v. Duve Dr.
in Lübeck: 15. Behn Dr.
16. Deecke Dr., Gymnasiallehrer.
17. Dittmer Dr., Canzlei=Secretär.
in Oesterreich:
   zu Prag: 18. Hanka Dr., Bibliothekar.
in Preußen:
   zu Berlin: 19. Friedländer Dr., Bibliothekar.
20. J. Grimm Dr., Professor.
21. W. Grimm Dr., Professor.
22. Höfer, Geheimer=Archivrath.
23. Homeyer Dr., Professor.
24. Klaatsch, Geheimer=Archivrath.
25. Kretschmer.
26. Lachmann, Dr.,Professor.
27. von Ledebur, Director.
   zu Berlin: 28. Pertz Dr., Ober=Bibliothekar, Geheimer Ober=Regierungsrath.
29. v. Raumer Dr., Geheimer Ober=Regierungsrath und Archiv=Director des preußischen Staats.
30. Riedel Dr., Geheimer=Archivrath und Professor.
   zu Jüterbock: 31. Heffter Dr., Land= und Stadtgerichts=Director.
   zu Neu=Ruppin: 32. Masch, Gymnasiallehrer.
   zu Salzwedel: 33. Danneil, Director und Professor.
   zu Greifswald: 34. Barthold Dr., Professor.
35. von Hagenow Dr.
36. Kosegarten Dr., Professor.
   zu Stettin: 37. Bagmihl, Buchdruckerei=Besitzer.
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   zu Stettin: 38. Giesebrecht Dr., Professor.
39. Hering Dr., Professor.
40. von Modem, Archivrath.
   zu Stralsund: 41. Brandenburg Dr., Syndicus und Archivar.
42. Fabricius, Bürgermeister.
43. Zober Dr., Gymnasiallehrer und Stadtbibliothekar.
   zu Königsberg: 44. Voigt Dr., Geheimer=Regierungsrath und Archiv=Director, Professor.
   zu Breslau: 45. Stenzel Dr., Geheimer=Archivrath und Professor.
   zu Liegnitz: 46. von Minutoli, Regierungs=Assessor.
   zu Halle: 47. Förstemann Dr., Bibliothekar und Professor.
48. Leo Dr., Professor.
   zu Bonn: 49. Dahlmann Dr., Professor.
in Sachsen:
   zu Jena: 50. M ichelsen Dr., Professor.
in Rußland:
   zu Petersburg: 51. Köhne Dr., Collegien=Assessor.
in Schweden:
   zu Stockholm: 52. Hildebrand, Archivar und Reichs=Antiquar.
   zu Upsala: 53. Geijer Dr., Professor und Reichshistoriograph.
54. Schröder M., Ober=Bibliothekar, Professor und Ordenshistoriograph.
in der Schweiz:
   zu Lausanne: 55. Troyon, Alterthumsforscher.

VI. Ordentliche Mitglieder.

A. In Meklenburg.

zu Boizenburg: 1. Martens, Conrector.
2. Päpcke, Amtsverwalter.
3. von Schöpffer, Amtsauditor.
4. Sevecke, Uhrmacher.
bei Boizenburg: 5. von Stern auf Tüschow.
bei Brüel: 6. Schnelle auf Buchholz, Dr.
7. Zarncke, Pastor zu Zahrenstorf.
zu Bützow: 8. Bolte, Criminalgerichts=Director.
9. von Bülow, Criminalrath.
10. Carlstedt M., Stiftsprediger.
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zu Bützow: 11. Drechsler, Senator.
12. Fust, Cantor und Organist.
13. Freiherr von Glöden.
14. Baron von Maltzan, Amts=Auditor.
15. zurNedden, Rector.
16. Reinnoldt, Criminalsecretär.
17. von Wick, Criminalrath.
bei Bützow: 18. Behrns, Pastor zu Qualitz.
19. Buschmann, Pastor zu Boitin.
20. Erhardt, Amtmann zu Rühn.
21. von Meerheimb auf Gr. Gischow, Drost.
22. von Schack auf Wendorf.
23. Wagner, Pastor zu Zernin.
zu Crivitz: 24. Krüger, Amtmann.
25. Martini, Ober=Amtmann.
26. Schlüter, Hofrath.
bei Crivitz: 27. von Barner auf Bülow, Major.
zu Dargun: 28. Hase, Amtmann.
zu Doberan: 29. Crull, Präpositus.
30. von der Lühe, Kammerjunker, Amtsverwalter.
zu Dömitz: 31. von Bülow, Drost.
32. Vogel, Bürgemeister.
33. Zinck, Hauptmann a. D., Elb=Zoll=Director.
bei Friedland: 34. von Oertzen auf Leppin, Geheimer=Justizrath.
35. von Oertzen auf Kötelow.
zu Gadebusch: 36. Litzmann Dr., Medicinalrath.
37. Wilhelm, Apotheker.
38. von Wrisberg, Landdrost.
bei Gadebusch: 39. von Döring auf Badow.
40. Rohrdanz auf Dutzow.
41. v. Leers auf Schönfeld, Landrath.
zu Gnoien: 42. Bölckow, Hofrath.
43. von Kardorff auf Remlin.
44. Meyer, Dr. med.
bei Gnoien: 45. von Schuckmann, zu Viecheln.
46. Günther, Pastor zu Gr. Methling.
47. von Kardorff auf Granzow.
48. Mühlenfeld, Pastor zu Boddin.
49. von Oertzen auf Repnitz.
50. Tack, Pensionär zu Kl. Methling.
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bei Goldberg: 51. Baron von Le Fort auf Boek, Klosterhauptmann zu Dobbertin.
52. von Oldenburg auf Glave.
zu Grabow: 53. Crull, Amtmann.
54. Flörke, Kirchenrath.
55. Heiden, Conrector.
56. Krüger, Amtsmitarbeiter, Advocat.
57. Löwenthal Dr.
58. Matthesius, Pastor.
59. v. Pressentin, Amtsmitarbeiter.
60. Römer, Rector.
61. Rüst Dr., Amtsarzt.
bei Grabow: 62. Tapp, Pastor zu Neese.
bei Grevismühlen: 63. Eckermann auf Johannsdorf.
64. von Müller auf Rankendorf.
65. Rettich auf Rosenhagen.
66. von Paepke auf Lütgenhof, Justizrath.
zu Güstrow: 67. Besser, Dr., Oberschulrath, Director des Gymnasiums.
68. Brandt, Canzlei=Director.
69. von Bülow, Justizrath.
70. Diederichs, Advocat.
71. Krull, Advocat.
72. Mencke, Canzleirath.
73. Scheel, Stadtbuchhalter.
74. Türck, Pastor.
75. Viereck, Senator.
76. Volger Dr.
bei Güstrow: 77. von Blücher auf Lüdershagen.
78. von Buch auf Zapkendorf.
79. Engel auf Charlottenthal.
80. Graf von der Osten=Sacken auf Marienhof.
81. von Wedemeyer auf Langhagen, Hof= und Canzleirath.
bei Hagenow: 82. Bruger Dr., Pastor zu Warsow.
bei Krakow: 83. von Jasmund auf Dobbin.
bei Kröpelin: 84. Vortisch, Pastor zu Satow.
zu Lage: 85. Kues Dr.
86. Lüders, Bürgemeister.
bei Lage: 87. von Lowtzow auf Rensow.
zu Lübz: 88. Drechsler, Geheimer=Amtssrath.
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zu Lübz: 89. Gädcke, Stadtsecretär, Advocat.
90. Schlaaff, Amtsauditor.
bei Lübz: 91. von Behr=Negendanck auf Passow.
92. Hoffschläger auf Weisin.
zu Ludwigslust: 93. Brückner Dr., Ober=Medicinalrath.
94. Gerdeß, Rector.
95. Salfeld, Pastor. 96. von Schmidt, Geheimer=Legationsrath.
97. Sellin, Pastor.
98. Zehlicke, Seminardirector.
bei Ludwigslust: 99. Erfurth, Pastor zu Picher.
100. Willebrandt, Candidat zu Jasnitz.
zu Malchin: 101. Behm, Cantor.
bei Malchin: 102. Graf von Hahn auf Basedow, Erblandmarschall.
103. Baron von Maltzahn auf Rothenmoor, Landrath.
104. Walter, Pastor, zu Bülow.
zu Malchow: 105. von Borck auf Möllenbeck, Kammerherr, Klosterhauptmann.
106. Engel, Küchenmeister.
107. Meyer, Bürgemeister.
bei Malchow: 108. Graf von Blücher auf Göhren.
109. Christmann, Candidat, zu Penkow.
110. von Flotow auf Walow.
111. Kollmann auf Grüssow, Domänenrath.
zu Mirow: 112. Giesebrecht, Präpositus.
zu Neubrandenburg: 113. Behm, Advocat.
114. Boll, Pastor.
115. Brückner Dr., Rath.
116. Friese Dr., Professor, Director des Gymnasiums.
117. Frodien, Advocat.
118. Hahn, Senator und Camerarius.
119. Hahn, Advocat.
120. Hoffmann, Rentier.
121. Kirchstein Dr., Rath.
122. Löper Dr.
123. Meyncke, Kreisrendant.
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zu Neubrandenburg: 124. Müller Dr., Hofrath, Stadtrichter.
125. Nicolai, Syndicus.
126. Oesten, Advocat u. Landsyndicus.
127. Roggenbau, Senator.
128. Rümker, Advocat.
129. Siemssen, Rathssecretär.
bei Neubrandenburg: 130. von Berg auf Neuenkirchen.
131. von Dewitz auf Kölpin.
132. von Engel auf Breesen, Kammerherr.
133. von Klinggräff auf Chemnitz.
134. Koch auf Trollenhagen.
135. Sponholz, Pastor zu Rülow.
bei Neubuckow: 136. Löper, Pastor zu Mulsow.
137. von Oertzen auf Roggow.
138. Priester, Pastor zu Westenbrügge.
bei Neukalden: 139. von Blücher auf Teschow, Landrath.
zu Neustadt: 140. von Bülow, Landdrost.
bei Neustadt: 141. Grimm, Präpositus zu Gr.Laasch.
142. Schneider, Pastor zu Herzfeld.
zu Neustrelitz: 143. Bahlcke, Hofrath.
144. Bergfeld, Professor.
145. v. Bernstorff, Regierungsrath.
146. von Bülow, Lieutenant.
147. Gentzen, Bibliothekar.
148. von Graevenitz, Geheimer=Kammerrath.
149. Jahn auf Langhagen.
150. Kaempffer, Confistorialrath und Superintendent.
151. von Kamptz, Oberhofmeister.
152. Ladewig Dr., Professor am Gymnasium.
153. Lingnau, Postdirector.
154. Nauwerck, Hofrath.
155. von Oertzen, Kammerherr.
156. Schröder, Rector der Mädchenschule.
157. v. Schultz, Geheimer=Justizrath.
158. von Voß, Jägermeister.
159. Weber, Geheimer=Justizrath.
160. v. Wenckstern, Oberstlieutenant.
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zu Neustrelitz: 161. Wulffleff, Constistorialrath.
zu Parchim: 162. Flörke, Superintendent.
163. Florke, Senator.
164. Koß Dr., Bürgemeister.
165. Langfeld, Gerichtssrath.
166. Niemann, Collaborator am Gymnasium.
167. Schumacher, Apotheker.
168. Zehlicke Dr., Director des Gymnasiums.
bei Parchim: 169. von Quitzow auf Severin.
zu Penzlin: 170. Eberhard, Präpositus.
171. Baron von Maltzahn, Erblandmarschall.
172. Müller, Bürgemeister.
173. Napp, Rector.
bei Penzlin: 174. Doblow, Pastor zu Gr. Vielen.
175. Eberhard, Pastor zu Gr. Lukow.
176. Flügge auf Gr. Helle.
177. von Gundlach auf Mollenstorf.
178. von Gundlach auf Möllenhagen, Rittmeister.
179. von Gundlach auf Rumpshagen.
180. Jahn auf Kl. Vielen.
181. Baron von Maltzahn auf Peutsch.
182. Baron von Maltzahn auf Mallin.
183. Baron von Maltzahn auf Alt=Rehse.
184. Nahmmacher, Pastor zu Peccatel.
zu Plau: 185. Nevermann Dr.
186. Schultetus, Senator.
bei Plau: 187. von Bülow zu Kuppentin.
188. Cleve auf Karow.
189. Kortüm, Erbpächter zu Klebe.
190. Ritter, Pastor zu Vietlübbe.
191. Zander, Pastor zu Barkow.
zu Ratzeburg: 192. v. Bülow auf Gorow, Landrath.
193. Gentzken M., Consistorialrath.
194. von Wickede, Forstjunker.
195. Zander Dr., Professor.
bei Ratzeburg: 196. Arndt, Pastor zu Schlagsdorf.
zu Rehna: 197. Daniel, Bürgemeister.
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zu Rehna: 198. Demmler, Senator.
199. Fromm, Präpositus.
bei Rehna: 200. Masch, Pastor zu Demern.
201. Monich, Pastor zu Lübsee.
zu Ribnitz: 202. zurNedden, Amtsverwalter.
zu Röbel: 203. Engel, Bürgemeister, Hofrath.
bei Röbel: 204. Graf von Blücher auf Finken.
205. von Ferber auf Melz.
206. von Gundlach auf Hinrichsberg.
zu Rostock: 207. Ackermann, Oberappellationsrath.
208. Bachmann Dr., Professor und Director des Gymnasiums.
209. von Bassewitz, Oberapellationsrath.
210. Beselin, Advocat.
211. Crull Dr. Hofrath.
212. Crumbiegel Dr., Senator.
213. Diemer Dr., Consistorialrath, Professor.
214. Ditmar Dr., Geheimer=Justizrath und ritterschaftl. Syndicus.
215. Fromm, Oberappellationsgerichts=Vicepräsident.
216. von Glöden, Privatdocent.
217. Hinrichsen, Rentier.
218. Karsten Dr., Bürgemeister.
219. Karsten, Diaconus.
220. Baron von Nettelbladt, Bibliothekar.
221. von Nußbaum, Major.
222. von Oertzen Dr., Oberappellationsgerichts=Präsident, Excellenz.
223. G. W. Pogge, Rentier.
224. Reder Dr.
225. Scheel, Oberappellationsgerichtssekretär.
226. Siemssen Dr.
227. Spitta Dr., Professor, Ober=Medicinalrath.
228. Tiedemann, Besitzer der Hof=Steindruckerei.
229. Viereck, Oberappellationsgerichtsrath.
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zu Rostock: 230. von Wickede, Landes=Steuerdirector.
bei Rostock: 231. von Hafften zu Hoh.=Schwarfs.
232. Graf von Rittberg auf Beselin.
zu Schönberg: 233. Bicker, Buchdrucker.
234. Karsten Dr., Gerichtsrath.
235. Kindler, Advocat.
zu Schwaan: 236. Ahrens, Gerichtsrath.
zu Schwerin: 237. Ahrens, Landrentmeister.
238. Assur, Privatgelehrter.
239. Bartels Dr.
240. Bartning, Hofrath.
241. Bartsch, Pastor.
242. von Bassewitz, Regierungsrath.
243. vonBassewitz, Amtsmitarbeiter.
244. Beyer Dr., Advocat.
245. Boccius, Canzleirath.
245. von Boddien, Kammerherr, Vice=Oberstallmeister.
247. Bouchholtz, Geheimer=Hofrath.
248. Bouchholtz, Regierungssecretär.
249. von Bülow, Hausmarschall.
250. von Bülow, Kammerjunker und Amtsauditor.
251. Demmler, Hofbaurath.
252. von Elderhorst, General=Major.
253. Faull, Geheimer=Canzleirath.
254. Graf von Finkenstein, Kammerherr, zur Zeit in Dresden.
255. Frese Dr. Brigade=Arzt und Hofrath.
256. Gillmeister, Maler.
257. Glöckler, Archiv=Registrator.
258. Grimm, Kriegsrath.
259. Groth, Archivar.
260. Holm, Hofrath.
261. Jeppe, Kammer=Registrator.
262. Juhr, Senator.
263. Kaysel, Justizrath.
264. Kliefoth Dr., Superintendent.
265. Knaudt Dr. Regierungsrath.
266. Lenthe, Hofmaler.
267. von Levetzow, Minister und Kammerpräsident, Exzellenz.
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zu Schwerin: 268. Lisch, Archivar und Regierungs=Bibliothekar.
269. Lorenz, Candidat.
270. von der Lühe, Adjutant.
271. von Lützow, Minister und Geheimerathspräsident, Excellenz.
272. von Lützow, Schloßhauptmann.
273. von Lowtzow, Lieutenant.
274. Mantius, Commerzienrath.
275. von Maydell, Canzlei=Vicedirector.
276. Baron von Meerheimb, Kammerdirector.
277. Meyer, Schulrath.
278. Müller, Geheimer=Canzleirath, Regierungs= und Lehnfiscal.
279. zurNedden, Regierungssecretär.
280. Nübell, Münzrath.
281. von Oertzen, Regierungsdirector.
282. von Oertzen, Amtsauditor.
283. Oldenburg Dr., zweiter Hypothekenbewahrer.
284. Peters, Hofcopiist.
285. Petterß, Bildhauer.
286. Pohle, Advocat.
287. Prosch Dr., Geheimer=Legationsrath.
288. Prosch Dr., Cabinetsrath.
289. Reitz, Prorector.
290. Ringwicht, Advocat.
291. Baron von Rodde auf Zibühl.
292. Ruge, Bauconducteur.
293. Schmidt, Postsecretär.
294. Schmidt Dr., Justizrath.
295. Schröder, Amtsverwalter.
296. Schröder Dr., Pastor.
297. Schultze, Steuerrath.
298. Schumacher, Hofmaler.
299. Schweden, Advocat.
300. Schwerdtfeger, Advocat.
301. Seebohm Dr. med.
302. von Steinfeld, Geheimerrath.
303. Baron v. Stenglin, Lieutenant.
304. Wachenhusen, Bauconducteur.
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zu Schwerin: 305. Walter, Oberhofprediger.
306. Wedemeier Dr. phil.
307. Weir, Wegebaumeister.
308. Wendt, Hofrath.
309. Wex Dr., Director des Gymnasiums.
310. von Wickede, Forstrath.
311. Wünsch, Oberbaurath.
312. von Zülow, Major und Flügel=Adjutant.
bei Schwerin: 313. Beust, Pastor zu Plate.
314. Flemming Dr., Ober=Medicinalrath, zu Sachsenberg.
315. von Schack auf Brüsewitz, Geheimerrath.
316. Schubart, Pensionär zu Gallentin.
zu Stavenhagen: 317. Jenning Dr., Advocat.
bei Stavenhagen: 318. von Blücher auf Rosenow, Rittmeister.
319. von Heyden auf Bredenfelde.
320. von der Lancken auf Galenbeck, Kammerherr.
321. Nahmmacher, Pastor zu Kastorf.
322. von Oertzen auf Kittendorf.
zu Sternberg: 323. Kleiminger, Consistorialrath und Superintendent.
bei Sternberg: 324. von Barner auf Kl. Görnow.
zu Sülz: 325. Koch, Geheimer=Amtsrath.
bei Sülz: 326. Freiherr von Bülow auf Emekendorf.
bei Tessin: 327. Karsten, Präpositus zu Vilz.
328. von Koß auf Vilz.
329. von Oertzen auf Woltow.
330. von Plüskow auf Kowalz.
331. von Schack auf Nustrow.
zu Teterow: 332. Burmeister, Präpositus.
bei Teterow: 333. Benecke, Inspector zu Pampow.
334. v. Blücher auf Suckow, Landrath.
335. Heise auf Vollrathsruhe.
336. Heise junior zu Vollrathsruhe.
337. Jordan auf Grambzow, Domänenrath.
338. Baron von Maltzahn auf Gr. Lukow.
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bei Teterow: 339. Baron von Maltzahn auf Kl. Lukow.
340. Baron von Möller=Lilienstern auf Carlsdorf.
341. Pogge auf Roggow.
zu Waren: 342. Müller, Lehrer.
343. Pries, Bürgemeister.
344. Schmidt, Bürgemeister, Hofrath.
345. Sprengel Dr. juris.
bei Waren: 346. von Behr=Negendanck auf Torgelow.
347. Brückner, Präpositus zu Gr. Gievitz.
348. Conradi, Pfarrvicar zu Ankershagen.
349. von Frisch auf Klocksin.
350. von Oertzen auf Sophienhof, Kammerherr.
351. Graf von Voß auf Großen=Gievitz.
zu Warin: 352. Bartsch Dr., Kreisphysicus.
bei Warin: 353. Pauly, Pensionär zu Kl. Warin.
354. von Bassewitz, Kammer= und Jagdjunker zu Tarzow.
zu Wismar: 355. von Cossel, Buchhändler.
zu Wismar: 356. Crain Dr., Professor, Director des Gymnasiums.
357. Crull, Kaufmann, königl. niederländischer Consul.
358. Enghart, Pastor.
359. Frege Dr. Lehrer am Gymnasium.
360. Haupt, Lehrer am Gymnasium.
361. von Lützow auf Eickhof, Erblandmarschall.
362. Thormann, Bauconducteur.
363. von Vieregge auf Steinhausen, Kammerherr.
bei Wismar: 364. Albrandt, Pastor zu Lübow.
365. Koch zu Dreveskirchen.
366. Lampert, Pastor zu Dreveskirchen.
367. von Stralendorf auf Gamehl.
zu Wittenburg: 368. von Flotow, Amtsverwalter.
369. von Rantzau, Oberforstmeister.
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zu Wittenburg: 370. Ratich, Amtshauptmann.
371. Vaigt, Bürgemeister, Hofrath.
bei Wittenburg: 372. Kehrhahn, Pastor zu Döbbersen.
373. Krüger, Pastor zu Gammelin.
374. von Lützow auf Tessin.
375. von Schack auf Körchow.
zu Zarrentin: 376. Grammann, Pastor.
377. von Röder, Domänenrath.

B. Außerhalb Meklenburg:

in der Mark Brandenburg: 378. von Hieronymi Dr., Professor. zu Berlin.
379. Schadow Dr., Director. zu Berlin.
380. Graf von Zieten, Landrath, Erbherr auf Wustrau.
zu Hamburg: 381. Krüger, Postsecretär.
382. von Lehsten, Drost.
383. Weber, Commerzienrath.
im Hannöverschen: 384. Freytag, Pastor zu Gartow.
385. von dem Knesebeck, Geheimer=Justizrath, zu Göttingen.
in Pommern: 386. Graf von Krassow, Landrath zu Franzburg.
in Sachsen: 387. Sabinin M., Hofprobst zu Weimar.

C. Im Auslande.

in Rußland: 388. Rußwurm, Ober=Inspector zu Reval.
Zusammenstellung.
I. Protectoren 2
II. Hohe Beförderer 8
III. Ehrenmitglieder 5
IV. Correspondirende Vereine 34
V. Correspondirende Mitglieder 55
VI. Ordentliche Mitglieder 388
Vignette
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X. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 7. October 1844.

Vignette

Z u seinen 400 ordentlichen Mitgliedern gewann der Verein seit der letzten General-Versammlung einen neuen Zuwachs durch den Beitritt des Herrn Kammerjunker von der Lühe zu Doberan und des Herrn Commerzienrath Weber in Hamburg. Dagegen haben ihren Austritt mit Ablauf dieses Jahres angezeigt die Herren: Pastor Tarnow in Güstrow, Pastor Bauer in Lambrechtshagen, Pastor Müller in Neese, Gerichtsrath Reinhold in Schönberg, Dr. Bartsch in Rostock, Leiter Schäfer in Rostock, Candidat Wilbrandt in Boizenburg, Präpositus Schumacher in Parum, Domänenrath von Paepke auf Quassel, Oberlehrer Müller in Neubrandenburg, Advocat Wilhelms in Parchim, Oberlehrer Dr. Büchner in Schwerin, Senator Strempel in Schwerin, Pastor Keil in Gressow. Von den correspondirenden Mitgliedern verloren wir durch den Tod den in der gelehrten Welt namentlich als Kenner der slavischen Litteratur berühmten B. von Kopitar in Wien und den als Geschichtsschreiber bekannten Dr. von Kobbe in Ratzeburg. Die Verbindung mit auswärtigen Vereinen wurde durch angeknüpften Schriftenaustausch mit dem neugegründeten Vereine für lübeckische Geschichte und dem Vereine zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer zu Mainz erweitert.

Für die Bibliothek wurden erworben:

1) L. J. F. Janssen, Oudheidkundige Mededeelingen. III. Met twee gekleurde Platen te Teyden. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
2) Frédéric Troyon, Description des tombeaux de Bel-Air près Cheseaux sur Lausanne. ibd. 1841. 4. (Mit vielen Abbildungen. - Geschenk des Hrn. Verf.)
3) Die Schlacht bei St. Jacob in den Berichten der Zeitgenossen. Säcularschrift der historischen Gesellschaft zu Basel. Das. 1844. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
4) a. Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte, herausgegeben von dem historischen Vereine von und für Ober-Bayern. Fünfter Band. Drittes Heft. München. 1843. 8. b. Sechster Jahresbericht desselben Vereins. Für d. J. 1843. München. 1844. 8. (Geschenke des Vereins.)
5) Siebenter Jahresbericht des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie, herausgegeben von J. F. Danneil. Neuhaldensleben. 1844. 8. (Geschenk des Vereins.)
6) a. Baltische Studien. Herausgeg. von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. Zehnten Jahrganges erstes Heft. Stettin. 1844. 8. b. Neunzehnter Jahresbericht derselben Gesellschaft. Das. 1844. 8. (Geschenke der Gesellschaft.)
7) Nordalbingische Studien. Neues Archiv der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte. Ersten Bandes erstes Heft. Kiel. 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
8) Neunter Bericht der Königl. Schleswig-Holstein-Lauenburg. Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländ. Alterthümer. Kiel. 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
9) Vedel-Simonsen, Bidrag til Odense Byes oeldre Historie. Forste og andet Bind. Odense. 1842, 43. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
10) C. Ch. Rafn, Mémoire sur la découverte de l'Amérique au dixième siècle. Second tirage. Copenhague. 1843. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

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11) a. Mémoire de la société royale des antiquaires du nord. 1840-1843. Copenhague. 1843. 8. b. Die Königliche Gesellschaft für nordische Alterthumskunde. Jahresversammlung 1842, 1843. Copenhagen. w. o. (Geschenke der Gesellschaft.)
12) Die Lehre von den Elementen bei den Alten. Berlin. 1842. 8. (Durch den Hrn. Gymnasial-Lehrer Masch zu Neu-Ruppin eingesandt.)
13) E. v. Berg, Die Separation der Massen im mecklenb. Concursprozesse und deren Folgen. Neubrandenburg. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
14) G. C. F. Lisch, Berichtigung einer von dem Hrn. Staatsminister v. Kamptz zu Berlin in dessen Prüfung u. s. w. gemachten Aeusserung. Schwerin. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
15) G. v. Flotow, Königl. sächs. Finanz-Director, Beiträge zur Geschichte der Familie v. Flotow. Dresden. 1844. Fol. (Geschenk des Hrn. Verf.)
16) Fr. v. Raumer, Historisches Taschenbuch Neue Folge. Fünfter Jahrgang. Leipzig. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Regierungs-Directors v. Oertzen.)
17) D. Chytraei Chronicon Saxoniae et vicini orbis arctoi. Pars prima et secunda. (2 Vol.) Rost. 1590. 8. (Geschenk des Hrn. Baron v. Maltzan auf Peutsch.)
18) S. Ferrarius, Cronen zur Zierd und Schutz des heil. röm. Reichs auf denen Häuptern der etc. röm. Kaiserin und röm. Königs Eleonora und Josephi, so auf das richtigste beschrieben nach allen Umständen der Wahl- und Krönungs-Solennitäten etc. Nürnberg. 1600. 4. Mit, Kupfern. (Geschenk des Hrn. Baron v. Maltzan auf Peutsch.)
19) (Rostocksche) Gelehrte Nachrichten auf d. J. 1753-56. 8. (Geschenk des Hrn. Criminal-Raths v. Bülow zu Bützow.)
20) Dr. Fr. Liebe, Der Grundadel und die neuen Verfassungen. Braunschweig. 1844. 8.
21) L. Bechstein, Kunst-Denkmäler in Franken und Thüringen. Erste Lieferung. Schweinfurt. 1844. 4.
22) Preusker, Blicke in die vaterländische Vorzeit. Drittes Bändchen. Leipzig. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
23) L. Haupt und J. E. Schmaler, Volkslieder der Wenden in der Ober- und Nieder-Lausitz. Bd. II. (in 4 Heften und Schluss des Werkes). Grimma. 1843. 4.

Zur Alterthümer-Sammlung kam:

I. aus vorchristlicher Zeit:

1) aus der Zeit der Hünengräber:

mehrere Feuerstein-Späne und Blöcke und zerbrochene Geräthe und Scherben von einer alten Feuersteingeräth-Manufactur zu Jabel am Cölpin-See, geschenkt, von dem Herrn Klosterhauptmann von Borck zu Malchow; der Inhalt zweier durch den Herrn Pastor Ritter aus Vietlübbe zu Kuppentin aufgedeckten Hünengräber, namentlich 1 hohl geschliffener Keil aus Feuerstein und Urnenscherben, geschenkt von dem Herrn Landrath von Blücher auf Kuppentin ; aus einem grossen Hünengrabe zu Hoikendorf 1 Keil aus Feuerstein, geschenkt von dem Herrn Dreves auf Hoikendorf; 1 Schleifstein von hartem, weissen Sandstein zum Schleifen der steinernen Geräthe, gefunden zu Rambow, und geschenkt von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan auf Rothenmoor; 1 Quetschkeule aus vulkanischem Gestein, gefunden in Sternberg beim Hausbau, geschenkt von dem Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch: 2 Streitäxte aus grünsteinartigem Gestein, 2 Keile aus Feuerstein und 1 Dolch aus Feuerstein, gefunden zu Friedrichsdorf bei Bukow, geschenkt von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster; 1 Streitaxt aus Hornblende, gefunden zu Kl. Lukow bei Teterow, geschenkt von dem Herrn Baron von Maltzan auf Kl. Lukow; 1 Streitaxt aus Hornblende, gefunden zu Hoikendorf, geschenkt von dem Herrn Dreves auf Hoikendorf; 1 Streitaxt aus Hornblende, gefunden zu Zarchelin, geschenkt von dem Herrn Hundt zu Zarchelin; 1 Keil aus Feuerstein, gefunden zu Rothenmoor, geschenkt von dem Herrn Baron von Maltzan auf Rothenmoor; 1 Lanzenspitze aus Feuerstein, gefunden im Moor von Tribsees bei Sülz, geschenkt von dem Herrn Geheimen Amtsrath Koch zu Sülz.

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2) aus der Zeit der Kegelgräber:

1 Krone aus Kupfer, gleich der in Frid. Franc. Tab. XXXII, Fig. 1,abgebildeten Krone, gefunden in einem Kegelgrabe zu Admannshagen, geschenkt von dem Herrn Kaufmann E. Brockelmann zu Rostock; der von dem Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch geschenkte Inhalt, eines von demselben unter Leitung des Herrn Pastors Ritter aus Vietlübbe aufgedeckten grossen Kegelgrabes zu Peccatel bei Penzlin, gleich dem wichtigen Inhalte des Kegelgrabes von Lehsen (vgl. Jahresber. IV. S. 28), bestehend in einem goldenen, spiralförmigen Fingerringe, mehreren meerblauen Glasperlen und mehreren Bronzen, jedoch alles vom Feuer zerschmolzen; der Inhalt eines von dem Herrn Pastor Ritter aus Vietlübbe aufgedeckten Kegelgrabes zu Retzow, A. Lübz, bestehend aus 1 Lanzenspitze und 1 spiralförmigen Armringe aus Bronze; der Inhalt eines von demselben zu Kreien bei Lübz unter Beförderung und auf Kosten des Herrn von Plato aufgedeckten Kegelgrabes, bestehend aus 1 knieeförmig gebogenen Nadel aus Bronze, gefunden in einer Modergrube zu Moltzow, geschenkt von dem Herrn Landrath Baron von Maltzan auf Rothenmoor; 1 Armring aus Bronze, gefunden zu Karbow bei Lübz, geschenkt von dem Herrn von Drechsel zu Kreien; 1 hohl gegossener Armring aus Bronze, von einem Kupferschmiede zu Gnoyen gekauft und geschenkt von dem Herrn von Kardorf auf Remlin zu Gnoyen; 1 Schermesser aus Bronze, gefunden zu Friedrichsdorf bei Bukow, geschenkt von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster.

3) aus der Zeit der Wendenbegräbnisse:

der Inhalt eines zu Sembzin an der Müritz gefundenen Begräbnisses, bestehend aus Urnenscherben, 2 Nadeln aus Bronze, 1 mit dunkelblauen Glasperlen verzierten Kette aus Bronze, 1 Heftel aus Bronze und 1 grossen hohlen, wulstförmigen Armringe aus Bronze, geschenkt von dem Herrn Klosterhauptmann von Borck zu Malchow; der Inhalt eines durch den. Herrn Pastor Ritter aus Vietlübbe theilweise aufgedeckten Wendenkirchhofes zu Kuppentin, bestehend aus Urnen und 1 Ringe aus Bronze, geschenkt von dem Herrn Landrath von Blücher auf Kuppentin; der Inhalt eines von demselben aufgegrabenen Wendenkirchhofes zu Lipen bei Penzlin, bestehend aus Urnen: 1 Tragetopf mit vier Henkeln zum häuslichen Gebrauche, gefunden im Torfmoore zu Gnoyen, geschenkt von dem Herrn von Kardorf auf Remlin zu Gnoyen; Scherben von Urnen und deren Thonmänteln, gefunden auf dem Mörderberge bei Neu-Brandenburg, geschenkt von dem Herrn Pastor Boll daselbst.

4) in Meklenburg gefundene römische Alterthümer:

1 flache Maske eines Mädchengesichts aus gebranntem, röthlichen Thon, mit einer wellen- oder zickzackförmigen Umkränzung des Kopfes, gegen 2 Zoll hoch, gefunden in einer Mergelgrube zu Friedrichsdorf bei Bukow, geschenkt von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster; 1 Silbermünze des Kaisers Antoninus Pius vom J. 161, gefunden zu Bössow.

II. aus dem Mittelalter:

1 Wolfs (?)-Schädel, 2 Sicheln und 1 Fischstecher aus Eisen, gefunden in einem Moore bei Mühlengeetz, geschenkt von dem Herrn von Zülow zu Bülow, und mehrere Scherben von Krügen und 1 Thonscheibe zum Netzsenken (?), gefunden auf einer alten Wohnstelle auf der Feldmark von Mühlengeetz, geschenkt von dem Herrn Dr. Schnelle auf Buchholz; 1 Axt und 1 Meissel aus Eisen, gefunden in dem Torfmoore bei Vietlübbe, und 1 Knopfform auf dem stievendorfer Felde zu Vietlübbe, geschenkt von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe; 1 Helm, 1 Schwertknopf aus gebranntem Thon und 1 Hufeisen aus Eisen, geschenkt von dem Herrn Gymnasiasten Arndt zu Neu-Brandenburg: 1 geschliffene und durchbohrte Agatkugel, vielleicht von einem Rosenkranze, geschenkt von dem Herrn Pastor Boll zu Neu-Brandenburg.

Die Münz-Sammlung empfing:

durch Geschenk:

1) von dem Herrn Superintendenten Flörcke zu Parchim: 7 verschiedene Scheidemünzen, gefunden bei der Restaurirung der St. Georgen-Kirche zu Parchim.

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2) von dem Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch: 1 halber Gulden des Grafen Moritz von Teklenburg, 1671: 1 polnisches Zweiguldenstück von 1831; 1 köllnischer Doppelgroschen von 1766.
3) von dem Herrn Kammer-Secretair Bouchholtz zu Schwerin: 1 brandenburgisches Zweigroschenstück von 1693.
4) von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe: 1 Viergroschenstück der Herzogin Anna Amalia von Sachsen-Weimar von 1764, 1 meklenb. strelitz. Viergroschenstück von 1764 und 2 Kupferdreilinge.
5) von dem Herrn Heukendorf auf Kl. Walmsdorf: 1 zu Bössow gefundene Silbermünze des Kaisers Antoninus Pius vom J. 161.
6) von dem Herrn Kammerherrn von Langen auf Neuhof: 1 dänischer Thaler von 1693 und 14 verschiedene Duschen aus dem 17. Jahrhundert, gefunden zu Neuhof bei Warin.
7) von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Rehna: 1 Dütchen der Stadt Stralsund von 1625.

durch Ankauf:

8) eine Bronze-Medaille auf die Vermählung des Kronprinzen Friederich von Dänemark mit der Prinzessin Caroline von Meklenburg-Strelitz vom J. 1841, 4 verschiedene Silbermünzen aus dem 17. und 18. Jahrhundert, und ein meklenb.-schwerin. Schilling und Dreiling von 1844.

Zur Siegelsammlung schenkte der Herr von Oertzen auf Roggow eine grosse Sammlung schöner Originalsiegel von meklenburgischen Urkunden des Mittelalters, durch welche die Sammlung eine schätzenswerthe Grundlage erhalten hat.

Die Handschriften wurden vermehrt durch eine Chronik von Schwerin aus der Zeit 1600-1711, für die Begebenheiten der letzten Zeiten manche Angaben enthaltend, ein Geschenk des Herrn Burgemeisters Daniel zu Rehna.

Die neuangelegte Portraits-Sammlung erhielt zum Geschenk das Bild des Geheimen Medicinalraths Dr. Hennemann vom Director Wex.

Zur Sammlung der Naturmerkwürdigkeiten gewann der Verein ein Paar Büffel (Wisent-)Hörner, gefunden 12" tief in einer Wiese zu Jörnstorf bei Neu-Bukow, durch Geschenk des Herrn Schlüter zu Jörnstorf.

An wissenschaftlichen Arbeiten und Nachrichten gingen ein: von dem Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

über die Kirchen zu Klütz (im Verein mit dem Herrn Professor Crain zu Wismar), zu Bützow und Schwerin (mit Urkunden), zu Eldena, zu Satow, zu Neuenkirchen, zu Alt-Gaarz und Russow (durch Beförderung des Herrn von Oertzen auf Roggow), zu Reinshagen, im nördlichen Theile des Landes Stargard, (durch Beförderung des Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch), die Klosterkirche zu Wanzka, die lübecker Altäre in den Kirchen zu Neustadt und Grabow;

ferner:

über den Burgwall von Weisdin, den Huldigungsplatz von Cölpin, den Denkstein von Selow bei Bützow (auf Kosten des Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch) und die Baumeister der Schlösser zu Wismar und Schwerin.

Dr. C. Wex ,                        
als zweiter Secretär des Vereins.

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X. 2.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 6. Januar 1845.

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D er Verein gewann im Laufe des letzten Vierteljahrs acht neue ordentliche Mitglieder in den Herren: Domänenrath Kollmann auf Grüssow, von Jasmund auf Dobbin, von Schack auf Wendorf, von Schack auf Nustrow, von Oertzen auf Kittendorf, Maler Gillmeister in Schwerin, Bauconducteur Ruge in Schwerin, Hofrath Schlüter in Crivitz. Zwei der bisherigen Mitglieder traten aus. Zum correspondirenden Mitgliede wurde ernannt Herr Troyon zu Lausanne. Litterarische Verbindung wurde angeknüpft mit dem Vereine für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben.

Die Bibliothek empfing:

1) J. T. Bagmihl, Pommersches Wannenbuch. Band II. Lieferung 1 u. 2. Stettin. 1843. gr. 8.
2) G. Rathgeber, Beschreibung der herzoglichen Gemälde-Gallerie zu Gotha (und vieler andern auf dem Schlosse daselbst, befindlichen Kunstschätze). Gotha. 1835. 8. (Geschenk des Hrn. F. W. Kretschmer in Berlin, mit dessen, handschriftlichem Verzeichnisse der vorkommenden Münzen und Medaillen.)
3) L. Ettmüller, Die beiden ältesten deutschen Jahrbücher der Stadt Zürich. Das. 1844. 4. (Geschenk der antiquar. Gesellschaft zu Zürich.)
4) Dr. C. Leemanns, Bydrage tot de Geschiedenis der Bouw-en Beeldhouwkunst, in Noord-Nederland. II. III. 1844. 8. (Aus einer holländischen Zeitschrift. - Geschenk des Hrn. Verf.)
5) L. J. F. Janssen, Rapport over handschriftelicke documenten etc. 1844. 8. (Aus einer holländ. Zeitschrift. - Geschenk des Hrn. Verf.)
6) J. E. Wocel, Grundzüge der böhmischen Alterthumskunde. Mit 8 lithogr. Tafeln von .J. Hellich. Prag. 1845. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
7) Monumenta Livoniae antiquae. Bd. IV. (Riga's ältere Geschichte.) Riga und Leipzig. 1844. 4.
8) a. Abhandlungen der historischen Classe der königlich bayerischen Akademie der Wissenschaften. Bd. IV. Abth. 1. München. 1844. 4. b. Bulletin derselben Akademie. Vom 31. Aug. 1843 bis 14. Sept. 1844. Das. 4. (Geschenk der königl. Akademie zu München.)
9) E. C. Hagen und Th. Dorfmüller, Archiv für bayreuthische Geschichte und Alterthumskunde, Bd. I, Bayreuth. 18- 1830; fortgesetzt a. als Archiv für Gesch. etc. des Ober-Main-Kreises, Bd. I, II. Das 1831-1836. b. als Archiv für Gesch. etc. von Oberfranken, Bd., I, II. Das. 1838-1844. 8. Letzteres herausg. von E. C. v. Hagen. Nebst dem

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Jahresbericht des histor. Vereins von Oberfranken für 1843-44. Bayreuth. 1844. 8. (Geschenk des Vereins)
10) Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte. Bd. VI, Heft 1 und 2. München. 1844. 8. (Geschenk des Vereins für Oberbayern.)
11) Siebenter Bericht über das Bestellen und Wirken des histor. Vereins zu Bamberg. Das. 1844. 8. (Geschenk des Vereins.)
12) a. Archiv des historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. Achter Band. Erstes Heft. Würzburg. 1844. 8. b. Vierzehnter Jahresbericht, desselben Vereins. Das. ebenso. c. Album für die Inauguration des Denkmals Walthers von der Vogelweide. Würzburg. 1843. 8. (Geschenk des Vereins.)
13) Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Ober-Schwaben. Erster und zweiter Bericht. Ulm. 1843, 44. 4. Hiebei Kunstblätter. Heft 1. Chorgestühl im Ulmer Münster. Das. w. o. Fol. (Geschenk des Vereins.)
14) Statuten des Vereins zur Erforschung der rheinischen Geschichte und Alterthümer in Mainz. Das. 1844. 8. (Geschenk des Vereins.)
15) Neues Lausitzisches Magazin, herausg. von der oberlausitzischen Gesellschaft der Wissenschaften durch J. L. Haupt. 21ster neuer Folge 8ter Band. Görlitz. 1843. 8. (Geschenk des Vereins.)
16) Mittheilungen der geschichts- und alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg. I. Bd. 4tes Heft. Das. 1844. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
17) a. Vaterländisches Archiv des histor. Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1843. Hannover. 1843. 8. b. Dr. Grotefend Verzeichniss der Handschriften und Incunabeln der Stadt-Bibliothek zu Hannover. Das. 1844. 8. (Geschenk des Vereins.)
18) Beiträge zur nordischen Alterthumskunde. Herausg. von dem Vereine für Lübeckische Geschichte, 1 Heft. [Mit 7 litliogr. Tafeln.] Lübeck. 1844. 4. (Geschenk des Vereins.)
10) Systematische Inhalts-Uebersicht der "Blicke in die vaterländische Vorzeit der sächsischen und angrenzenden Lande" von K. Preusker. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
20) Markgraf Albrecht des Aelteren Testament für seinen Sohn Albrecht Friedrich. 1562. Berlin. 1844. 8. (Geschenk des Herrn Dr. Friedländer zu Berlin.)
21) Elias Neuhof, Nachricht von den Alterthümern in der Gegend und auf dem Gebürge bey Homburg vor der Höhe. Das. 1780. 8.
22) Dr. H. C. Abel, Wohlerfahrner Leibmedicus derer Studenten etc. Leipzig. 1713. 8 (Nr. 22 und 23 Geschenke des Hrn. Dr. Jenning zu Stavenhagen.)
23) "Wöchentliche Zeitung aus mehrerley örther" vom J. 1620. Bogen Eeee. und Nr. 6 und 45. Nebst noch einigen gedruckten polit. Nachrichten. 4 (Geschenk des Hrn. Dr. v. Duve zu Ratzeburg.)
24) Eines Ungenannten handschriftliche Nachrichten über Merkwürdigkeiten der Stadt Schwerin, besonders über kirchliche und fürstliche Hausfeste aus der Zeit von 1708 bis 1714; mit beigefügten "Annales" v. J. 1600 bis 1710. Mscr. 4. (Geschenk des Hrn. Burgemeister Daniel zu Rehna.)
25) G. C. F. Lisch, Urkunden-Sammlung zur Geschichte des Geschlechts von Maltzan. Bd. II. 1331 bis 1431. Mit 4 Steindrucktafeln Schwerin. 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)

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Die Alterthümer-Sammlung erhielt:

I. aus vorchristlicher Zeit:

1) aus der Zeit der Hünengräber:

den Inhalt und die Beschreibung von zwei auf der Feldmark Moltzow von dem Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch aufgedeckten Hünengräbern; einen Dolch aus Feuerstein, gefunden am Treppenberge bei Schwerin, geschenkt von dem Herrn Mühlen-Controleur Seeckt zu Schwerin; einen Keil aus Feuerstein, gefunden zu Leussow, geschenkt von dem Herrn Bade zu Leussow.

2) aus der Zeit der Kegelgräber:

einen sogenannten Commandostab aus Bronze, ganz wie der in Jahrb. IX, S. 340 abgebildete, gefunden in der Gegend von Glasin, geschenkt von dem Herrn Hülfsprediger Born zu Neukloster; Urnenscherben aus einem Begräbnissplatze bei Schwerin, am grossen schweriner See, zwischen Schwerin und Zippendorf, durch eine Aufgrabung des Herrn Archivars Lisch zu Schwerin.

3) aus der Zeit der Wendenbegräbnisse:

den Inhalt, einer Urne, bestehend aus einer Lanzenspitze, einem Messer und einem kleinen Beil aus Eisen und einer Heftel aus Bronze, gefunden zu Pleetz bei Friedland, geschenkt von dem Herrn Erblandmarschall, Grafen Hahn auf Basedow.

An Münzen wurden geschenkt:

1) von der geschichts- und alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes zu Altenburg: 1 Bracteat aus dem gerstenberger Funde aus dem 12. Jahrh.
2) vom Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe: 4 alte meklenb. Kupfermünzen.
3) vom Herrn Gastwirth Dünnhaupt zu Gadebusch: 1 hamburger Halb-Reichs-Ort 1620, ein meklenb. Schilling 1670, in dessen Garten gefunden.
4) vom Herrn Rittmeister von Blücher auf Kl. Bresen: 1 meklenb. Groschen o. J., aus dem Anfange des 16. Jahrh., gefunden zu Kl. Bresen.
5) vom Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen: 32 meklenb. Kupferdreilinge, 1 schwedische Kupfermünze, 1 griechische Kupfermünze, 7 verschiedene Silbermünzen.

Die Sammlung von Zeichnungen ward vermehrt durch Ansichten und Grundrisse von dem Schlosse und Pädagogium zu Bützow v. J. 1775 von dem wail. Herrn Geheimen Hofrath, Burgemeister Kahle zu Schwerin, überreicht durch den Herrn Archivar Lisch zu Schwerin.

Zu der Sammlung von Handschriften schenkte der Herr Steuerrath Schultze zu Schwerin: einen eigenhändigen Brief des hochseligen Erbprinzen Friederich Ludwig vom 15. Oct. 1812 an den Ratsherrn Hoffmann zu Parchim.

An Nachrichten und schriftlichen Arbeiten wurden eingereicht:

1) von dem Herrn Dr. Deecke zu Lübeck:

  1. historische Nachrichten von dem lübeckischen Patriciat, eine Abhandlung mit Beilagen;
  2. Beiträge zur Geschichte des Bisthums Schwerin;
  3. Beiträge zur Geschichte der Familien von Bülow, von Pentz und von Plessen, nach lübecker Leichensteinen;
  4. Meklenburgische Personennamen aus dem lübecker Oberstadtbuche;
  5. Urkunden der Stadt Grevismühlen aus derselben Quelle.
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2) von dem Herrn Dr. Köhne zu Berlin:

über die bei Friederichsdorf gefundene altitaliänische Terracotta (vgl. den vorigen Quartal-Bericht).

3) von dem Herrn Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg:

Beiträge zur Geschichte der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin.

4) von. dem Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

  1. Lebensbeschreibung des Satirikers C. L. Liscow;
  2. Nachträge zu den bei Remlin und Schwerin gemachten Funden von silbernen Schmucksachen und Münzen (vgl. Jahrb. IX, S. 388 flgd.), in Veranlassung des bei Obrzycko gemachten ähnlichen Fundes;
  3. Ueber den Landtag vom J. 1488;
  4. Ueber die Gründung der Stadt Güstrow;
  5. Ueber die Gründung der Stadt Neustadt;
  6. Ueber den Begriff der Guden Manne.

5) durch den Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch aus dem Nachlasse des wail. strelitzischen Geheimen Raths von Gamm, des bekannten Genealogen, von dessen Sohne, dem Herrn von Gamm auf Friedrichshof:

Classificirte Uebersichten des gesammten, sowohl ausgestorbenen, als lebenden, meklenburgischen Adels, ungefähr vom J. 1775.

6) von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe:

Ueber den "Langen Stein" bei Wittenburg, einen alten Denkstein.

Dr. C. Wex ,                        
als zweiter Secretär des Vereins.

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X. 3.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 7. April 1845.

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D em Vereine traten bei Herr Jägermeister von Voss zu Neu-Strelitz und Herr von Gundlach auf Rumpshagen. Dagegen haben wir den Tod zweier Mitglieder zu beklagen, des Herrn Hofbuchdruckers Bärensprung, welcher unserem Vereine die regste Theilnahme widmete, und acht Jahre lang den Geschäften des Bibliothekar-Amtes sich bereitwilligst unterzog, und des Herrn Malers Fischer. Vier Mitglieder zeigten ihren Austritt aus dem Vereine an.

Die Bibliothek empfing:

1) Einladungsschrift zur zwölften Jahresfestfeier des Hennebergischen alterthumsforschenden Vereins in Meiningen, am 14. November 1844. Das. 4. (Geschenk des Vereins.)
2) Die Münzen der Ostgothen. Von J. Friedländer. Mit 3 Kupfertafeln. Berlin 1844. gr. 8. (Geschenk des Hrn. von Kardorff auf Remlin zu Gnoien.)
3) Grossherzoglich Mecklenburg-Strelitzischer Staats-Calender. 1844 und 1845. Neustrelitz. 8. (Geschenk des Hrn. Canzlei-Vice-Directors v. Maydell.)
4) H. C. Dittmer, Geschichtliche Darstellung der Münzfüsse von den zu Lübeck vorgekommenen gröberen Silbermünzen. Lübeck 1845. 8. (Geschenk des Hrn Verf.)
5) Gentzen, Zweites Verzeichniss der Erwerbungen für die Sammlung heimathlicher Alterthümer und das Münzcabinet (zu Neustrelitz) von Michaelis 1843 bis Ende 1844. Das. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
6) Baltische Studien. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. Zehnten Jahrgangs zweites Heft. Stettin 1841. 8. (Geschenk des Vereins.)
7) Zeitschrift des Vereins für hamburgische Geschichte. Zweiten Bandes erstes Heft. (Das. 1844. 8. - Geschenk des Vereins.)
8) Märkische Forschungen. Herausgegeben von dem Vereine für Geschichte der Mark Brandenburg. 2ter Band. Berlin 1843. gr. 8. (Geschenk des Vereins.)
9) Der Geschichte der öffentlichen Universitäts-Bibliothek und des Museums zu Rostock erste Fortsetzung. Von O. G. Tychsen. Rostock 1793. 4. (Geschenk des Hrn. Archivar Groth.)
10) N. Chytraei contra pestem epistola satyrica. Rostochii. 1578. 4.
11) Johannis Secundi Opera. Accurate recognita ex museo P. Schriverii. Lugduni Batavorum. 1631. 12. (Nr. 10 und 11 Geschenke des Hrn. Dr. Henning zu Stavenhagen.)

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12) E. F. Mooyer, Die Einfälle der Normannen in die pyrenäische Halbinsel. Münster und Minden 1844. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
13) Dr. Janssen, Eeen Romeinsche Tegel, gevonden in de nabiiheid van Nymegen. Gravenhage 1844. gr. 8. (Mit einer Tafel Faksimile. - Geschenk des Hrn. Verf.)

An typographischen Merkwürdigkeiten erwarb der Verein:

Das im J. 1530 bei Ludwig Dietz in Rostock gedruckte, von Desiderius Erasmus Roterodamus herausgegebene Neue Testament,

aus der schildenerschen Auction zu Greifswald.

Zur Alterthümer-Sammlung kam:

I. aus vorchristlicher Zeit:

1) aus der Zeit der Hünengräber:

der Inhalt, zweier von dem Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch auf der Feldmark des Gutes Moltzow bei Malchin aufgedeckter Hünengräber mit einem Berichte über die Gräber auf dieser Feldmark überhaupt; 1 hohl geschliffener Keil aus Feuerstein, gefunden zu Niendorf bei Bützow, 1 Keil aus Feuerstein, gefunden zu Gr. Lunow bei Gnoien und ein halbmondförmiges Messer aus Feuerstein, gefunden in einem Moor zu Grantzow bei Gnoien, geschenkt, von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoien; 1 Keil aus Feuerstein, gefunden zu Viecheln bei Gnoien, geschenkt von dem Herrn von Schuckmann zu Viecheln; 1 Keil aus Feuerstein und Urnenscherben, gefunden im Cummerower Holze dicht unter der Erdoberfläche, geschenkt von dem Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen; 1 Keil aus Feuerstein, gefunden zu Miekenhagen, geschenkt von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow; 1 halbe Streitaxt aus Hornblende, gefunden zu Jörnstorf bei Neu-Bukow, und 1 Keil aus Feuerstein, unbestimmten Fundortes, geschenkt von dem Herrn Burgemeister Hofrath Schlüter zu Crivitz.

2) aus der Zeit der Kegelgräber:

eine schöne, kleine Schale aus Bronze mit einem Henkel, 1 Paar grosse und ein Paar kleine Spiralcylinder, gefunden im Moder zu Dahmen am malchiner See, und 1 Spiralcylinder, gefunden im Moder zu Moltzow, gerettet, und eingesandt, durch den Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch als Geschenk des Herrn Landraths Baron von Maltzan auf Rothenmoor, Dahmen und Moltzow etc.; 1 kleine Hängeurne aus Bronze, 1 halber goldener Armring, 12 sogenannte Hütchen und 12 Knöpfe aus Bronze, gefunden unter einem grossen Steine in einer kleinen Steinkiste, am Fusse des Sonnenberges beim Brunnen in der Nähe von Parchim, gerettet und angekauft durch den Herrn Dr. Beyer zu Parchim; 1 Handring und 1 Fragment eines gewundenen Halsringes, aus einem Grabe bei Sternberg stammend, geschenkt, von dem Herrn Burgemeister, Hofrath Schlüter zu Crivitz; ein kleines Pferdebild von Kupfer, gefunden zu Varchentin bei Stavenhagen in einer kleinen Steinkiste beim Mergelgraben, geschenkt, von dem Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen; 2 Glasperlen von einem bei Putbus gefundenen Diadem, geschenkt von demselben;
Nachricht von einem vor mehreren Jahren zu Schwasdorf bei Gnoien gefundenen und nach Hamburg gebrachten und dort eingeschmolzenen goldenen Diadem.

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Zur Münz-Sammlung des Vereins wurden

A. geschenkt:

1) von Sr. Königlichen Hoheit, dem allerdurchlauchtigsten Grossherzoge Friedrich Franz von Meklenburg-Schwerin:

1 silberne Medaille auf die erste deutsche Gewerbeausstellung zu Berlin 1844;

2) von dem Herrn Baron A. von Maltzan auf Peutsch:

1 Bronze-Medaille auf dieselbe Gewerbeausstellung,
1 brandenburgischer Viertelthaler von 1622, bei Malchin gefunden;

3) von dem Herrn von Kardorff auf Remlin zu Gnoien in verschiedenen Sendungen:

10 verschiedene Silbermünzen,
11 verschiedene Silbermünzen,
1 Kupfermünze;

4) von dem Herrn Dr. Jenning zu Stavenhagen in verschiedenen Sendungen:

1 römische Goldmünze des Kaisers Valentinianus, 1 1/4 Ducat schwer,
1 römische Silbermünze des Kaisers Marcus Aurelius, zu Gr. Varchow in den Klingebeutel geworfen,
1 römische Küpfermünze des Kaisers Papienus Maximus,
1 römische Kupfermünze des Kaisers Constantinus,
2 alte Wittenpfenninge der Stadt Anclam,
1 alter Wittenpfenning der Stadt Lübeck,
1 alter lüneburgischer Schilling,
3 meklenburgische Silbermünzen aus dem 17. Jahrhundert,
2 dänische Münzen neuerer Zeit,
1 türkische Goldmünze und eine Sammlung von Münzen aus den letzten Jahrhunderten, bestehend aus:

76 Silbermünzen,
48 Kupfermünzen,
1 Zinnmünze,
1 Bleimünze;

5) von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe:

9 meklenburgische Kupfermünzen;

6) von dem Herrn Pastor Vortisch zu Satow:

1 Viertelthaler des Kaisers Rudolph II. von 1584;

7) von dem Herrn Apotheker Berend zu Schwerin:

1 Real von Quito 1839.

B. angekauft:

8) durch den Herrn Dr. Beyer zu Parchim:

5 verschiedene Silbermünzen, unter denen 3 türkische, welche ein Handwerksgeselle aus Constantinopel mitgebracht, hat;

9) durch den Herrn Geheimen Amtsrath Koch zu Sülz:

10 Silbermünzen aus der Zeit 1754-58, nämlich 2 Groschenstücke und 8 Viergroschenstücke aus verschiedenen deutschen Staaten, unter denen 4 meklenburgische aus einem in Pommern gemachten grössern Funde von lauter neuen, wohl erhaltenen Münzen dieser Art, und
1 meklenburgisches Zweigroschenstück von 1752 mit dem Büffelskopfe, die einzige Münze dieser Art, in dem Funde.

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Die Siegel-Sammlung erwarb: durch Kauf: ein messingenes mittelalterliches Pettschaft des Martin Kalsow; durch Geschenk: die Abdrücke der Siegel: der Stadt Grabow durch den Herrn Burgemeister Dr. Flörke daselbst, der Stadt Parchim durch den Herrn Advocaten Dr. Beyer daselbst der Stadt Stavenhagen durch den Herrn Advocaten Dr. Jenning daselbst, der Stadt Neu-Brandenburg durch den Herrn Pastor Boll daselbst.

Die Urkunden-Sammlung ward vermehrt durch:

4 Abschriften von 4 Urkunden, von 1289-1324, aus dem stettiner Archive, geschenkt von dem Herrn Bagmihl zu Stettin;

12 Original-Urkunden auf Pergament, von 1317-1551, über die Vicareien der Kirche zu Sternberg, geschenkt von dem Herrn Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg, welcher sie aus dem Nachlasse des längst, verstorbenen Professors Hermann zu Hamburg erworben hat.

3 Abschriften von 1 Urkunde aus dem Stadt-Archive zu Güstrow und 2 Urkunden aus dem gräflich-hahnschen Archive zu Basedow, geschenkt von dem Herrn Archivar Lisch.

Die Bilder-Sammlung erhielt an Geschenken:

1) von Herrn Dr. Wedemeier:

107 Portraits und 5 Abbildungen obotritischer Götzen, 2 Abbildungen von Denkmälern und einen Plan der Stadt Schwerin;

2) von Herrn Pastor Masch in Demern:

1 Portrait;

3) von Herrn Archivar Lisch:

3 Portraits und 5 Ansichten.

Ausserdem wurden 3 Portraits käuflich erworben.

Zur Sammlung der Naturmerkwürdigkeiten gewann der Verein ein Elengeweih, gefunden zu Grambow bei Goldberg im Torfmoore, geschenkt von dem Herrn von Passen auf Grambow.

An wissenschaftlichen Arbeiten und Nachrichten wurden eingereicht:

1) von dem Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

  1. über die Stiftung des Klosters Rehna;
  2. über die Stiftung des Klosters zu Neu-Brandenburg;
  3. über den doberaner Mönchhof zu Lübeck;
  4. über den Landtag vom J. 1488;

2) von dem Herrn Pastor Masch zu Demern:

über die neuern meklenburgischen Denkmünzen;

3) von dem Herrn Pastor Ritter zu Vietlübbe:

  1. über die "spina" in Tacitus Germania;
  2. über heidnische Trinkschalen aus Schädeln erschlagener Feinde.

Die auf dem beiliegenden Blatte ausgesprochenen Bitten empfehlen wir den geehrten Mitgliedern zu gefälliger Beachtung.

Dr. C. Wex ,                        
als zweiter Secretär des Vereins.

Vignette
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D er Ausschuss des Vereins hat beschlossen, neben den bisherigen Sammlungen auch eine Bildersammlung anzulegen, in welcher alte und neue Portraits namhafter meklenburgischer Personen, Autographa bedeutender Männer, Ansichten und Risse von Gebäuden, Charter Pläne und dergleichen Gegenstände aufbewahrt werden sollen. Zum Aufseher dieser Sammlung, zu welcher bereits durch eingegangene Geschenke ein guter Grund gelegt ist, ist Herr Dr. Wedemeier ernannt worden. Wir ersuchen daher sämmtliche Mitglieder des Vereins, so wie Buch- und Kunsthandlungen und überhaupt Alle, die sich für zweckmässige Aufbewahrung solcher Gegenstände interessiren, was von dergleichen Abbildungen in ihrem Besitze sich befindet, dem Vereine zur Aufbewahrung zu übergeben. Auch betreffende Nachweisungen werden sehr willkommen sein.


Da sehr häufig der Fall vorkommt, dass zufällig gefundene, oft sehr werthvolle Alterthümer an Metallarbeiter, namentlich an Goldschmiede, Kupferschmiede, Gelbgiesser u. s. w. verkauft werden, wie der Verein schon die wichtigsten Gegenstände aus den Werkstätten solcher Arbeiter erworben hat, so werden die Mitglieder des Vereins dringend gebeten, nach Umständen ihr Augenmerk auf die Werkstätten der Metallarbeiter zu richten, sich mit einzelnen dieser Arbeiter in Verbindung zu setzen und die an dieselben etwa verkauften Alterthümer für den Verein zu erwerben.

Schwerin, den 7. April 1845.

Der Ausschuß des Vereins.

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