zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

G. C. F. Lisch,

großherzoglich meklenburgischem Archiv=Rath,
Conservator der Kunstdenkmäler des Landes, Regierungs=Bibliothekar,
Direktor der großherzoglichen Alterthümer= und Münzen=Sammlungen zu Schwerin,
Ritter des königl. preuß. Rothen Adler=Ordens 4. Cl., Inhaber der großherzoglich=meklenburgischen goldenen Verdienstmedaille und der königl. hannoverschen goldenen Ehrenmedaille für Wissenschaft und Kunst und der kaiserl. russischen großen goldenen Verdienstmedaille für Wissenschaft
Ehrenmitgliede
der Deutschen Gesellschaft zu Leipzig und der geschichts= und alterthumsforschenden Gesellschaften zu Dresden, Mainz, Görlitz, Hohenleuben, Meiningen, Würzburg, Sinsheim, Königsberg, Lüneburg, Luxemburg und Christiania,
Ehrencorrespondenten der kaiserl. Bibliothek zu St. Petersburg,
correspondirendem Mitgliede
der geschichts= und alterthumsforschenden Gesellschaften zu Lübeck, Hamburg, Kiel, Stettin, Hannover, Halle, Jena, Berlin, Salzwedel, Breslau, Cassel, Regensburg, Reval, Riga, Kopenhagen, Leyden, der königl. Akademie zu Stockholm und der kaiserlichen archäologischen Gesellschaft zu St. Petersburg
als
erstem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Einundzwanzigster Jahrgang.


Mit einer Steindrucktafel und acht Holzschnitten.


Mit angehängtem Jahresberichte.

Auf Kosten des Vereins.

Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1856.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

 

 

 

 

 


Gedruckt in der Hofbuchdruckerei von Dr. F. W. Bärensprung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Inhaltsanzeige.


A. Jahrbücher für Geschichte.

Seite
I. Beiträge zur ältern Geschichte Rostocks, von dem Archivrath Dr. Lisch zu Schwerin und dem Senator Dr. Mann zu Rostock 1
Mit einem lithographirten Grundplan.
II. Ueber die wendische Stadt Goderak, von dem Archivrath Dr. Lisch 51
III. Ueber die wendischen Burg Kessin, von demselben 55
IV. Ueber die wendischen Fürstenburgen Meklenburg und Werle, von demselben 57
V. Ueber das Siegel, die Gründung und das Stadtrecht der Stadt Brüel, von demselben 64
Mit einem Holzschnitte.
VI. Zur ältern Geschichte der Stadt Sternberg, von dem Auditor Dr. Möhlmann zu Stade 71
mit Nachträgen von dem Archivrath Dr. Lisch 73
VII. Richardis, Gräfin von Arensberg, des Fürsten Johann II. von Meklenburg Gemahlin, nach den Entdeckungen des Dr. von Duve zu Ratzeburg 79
VIII. Friedrich Hahn, der erste Graf seines Geschlechts, von dem Archivrath Dr. Lisch 81
IX. Stammbuch der Herzogin Anna von Meklenburg, von dem Archivhülfsarbeiter Dr. Gollmert zu Berlin 126
mit Nachträgen und Uebersicht von dem Archivrath Dr. Lisch 148
X. Kritische Bemerkungen zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg, von dem Auditor Dr. Möhlmann zu Stade 152
XI. Ein Lied auf den Herzog Georg von Meklenburg vor Magdeburg, von demselben 165
XII. Miscellen und Nachträge 171
1. Ueber die Inschrift von Althof, von dem Archiv=Secretair Dr. Grotefend zu Hannover 171
2. Zur Geschichte des Bisthums Schwerin
a. von dem Archivrath Dr. Lisch 175
b. von dem Professor Dr. Deecke zu Lübeck 178
XIII. Urkunden=Sammlung 191
A. Urkunden über einige dem S. Johannis=Kloster zu Lübek zugehörig gewesene Besitzungen, von dem Canzlei=Secretair Dr. Dittmer zu Lübeck 193
B. Vermischte Urkunden 215
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

B. Jahrbücher für Alterthumskunde.

Seite
I. Zur Alterthumskunde im engern Sinne 227
1. Vorchristliche Zeit. 227
a. Zeit der Hühnengräber 273
b. Zeit der Kegelgräber 234
c. Zeit der Wendengräber 241
d. Vorchristliche Alterthümer gleichgebildeter europäischer Völker 243
Ueber die Hausurnen, besonders über die Hausurnen vom Albaner=Gebirge, von dem Archivrath Dr. Lisch 243
Mit 7 Holzschnitten.
Ueber eine römische Bronzestatuette der Ubertas, von demselben 256
2. Mittelalter 258
II. Zur Baukunde des christlichen Mittelalters 264
1. Kirchliche Bauwerke 264
Ueber die Kirche zu Gr. Wokern und die Feldsteinkirchen romanischen Styls, von dem Archivrath Dr. Lisch und dem Ober=Appellations=Gerichts=Copiisten Rogge zu Rostock 264
Ueber die Kirche, den Burgwall und die Stadt Neu=Buckow, von dem Archivrath Dr. Lisch 269
Ueber die zweischiffigen Kirchen zu Mestlin und Tarnow, von demselben 275
Ueber die Nonnen=Klöster zu Neu=Röbel und Malchow, von demselben 292
2. Weltliche Bauwerke 295
III. Zur Kunstgeschichte 297
Ueber den Maler Erhard Gaulrap, von dem Archivrath Dr. Lisch 297
IV. Zur Wappenkunde 310
Ueber das Wappen der Grafen von Danneberg, von demselben 310
Ueber das Siegel der Herzoginnen Hedwig und Elisabeth, Aebtissinnen zu Ribnitz, von demselben 314
Ueber die Siegel der Stadt Grabow, von demselben 315
V. Zur Naturkunde 318

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

A.

Jahrbücher

für

Geschichte.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 2 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Plan der S. Petri-Vorstadt oder Alt-Rostock
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 3 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

I.

Beiträge

zur ältern Geschichte Rostocks,

namentlich

über die alte fürstliche Burg zu Rostock,

von

dem Archivar Dr. Lisch zu Schwerin

und

dem Senator Dr. Mann zu Rostock.


Mit einem lithographirten Grundplan.


D ie Erkenntniß der Lage der wendischen Burgen in Meklenburg ist für die ältere Geschichte des Landes von der größten Bedeutung. So viel auch früher über die wendische Burg (urbs, castrum) Rostock vermuthet und geschrieben ist, so wenig Kritisches und Zuverlässiges ward doch bis auf die neueren Zeiten über den Ort geliefert, welcher die Veranlassung zur Gründung einer deutschen Stadt gab, die bald und rasch die bedeutendste in Meklenburg und nächst Lübeck eine der mächtigsten Städte der Hanse ward 1 ). Die Bedeutsamkeit des Ortes erklärt sich leicht aus seiner Lage an dem größten und bis zur Stadt Rostock mit Seeschiffen befahrbaren Flusse Meklenburgs, einer Lage, welche derjenigen Lübecks sehr ähnlich ist.


1) Rostock, der Oberhof Stralsunds (Hans. Urk.=Buch v. Lappenberg S. 184), erlangte schon 1251 wichtige Privilegien in Dänemark und in dem Bündnisse der wendischen Städte von 1293 (H. U.=B. S. 174) ward das Beitragsverhältniß dahin normirt, daß wenn Lübeck 100 stellt, Rostock 70, Stralsund 50, Wismar und Greifswald je 38 Mann zu stellen haben. Rostocker Landfriede von 1283. Unter den Ständen des Landes Rostock hatte Rostock als erster Stand den Vorrang vor der Ritterschaft und den Landstädten 1348 und 1374.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1.

Alt=Rostock ist nach der Eigenthümlichkeit wendischer Burganlagen nicht auf den Höhen des linken, sondern in der Wiesenniederung des rechten Warnow=Ufers zu suchen.

Bis auf die neueren Zeiten versetzte man die Stelle der alten wendischen Burg oder Stadt Rostock auf die Höhe, auf welcher in der neuern Stadt die Petrikirche (in der jetzt sogenannten Altstadt) steht. Dagegen läßt sich aber mit Recht sagen, daß diese Stelle durchaus nicht den Charakter einer wendischen Feste trägt; die Höhe des Petrikirchhofes ist gewissermaßen das höchste Vorgebirge einer großen natürlichen Hochebene mit festem Boden, welches an der plötzlichen, bedeutenden Ausbreitung der Warnow bei der Petribrücke schroff und tief in die Flußniederung abfällt. Nur an dieser Wiesenniederung ist die Höhe von Natur fest; landeinwärts hängt sie, wenn auch durch das ziemlich tiefe Thal der Grube von der Mittelstadt Rostock geschieden, doch mit dem festen Boden der landeinwärts liegenden Hochebene zusammen. Wäre diese Stelle eine wendische Burg gewesen, so würde sie für jene Zeit ganz ungewöhnlicher Befestigungsmittel bedurft haben, theils weil sie wenigstens zur Hälfte ihres Umfanges nicht durch die Natur befestigt ist, theils weil die Fläche, auf welcher die neuere Altstadt Rostocks liegt, für eine wendische Burg viel zu groß ist. Sie ist fast viermal größer als ein großer wendischer Burgwall zu sein pflegt; der große alte Markt allein mit seinen nächsten Umgebungen würde für eine wendische Burg mittleren Ranges schon hinreichend Raum gewährt haben.

Die wendischen Burgen 1 ) lagen immer in tiefen Sümpfen, Mooren oder Wiesen, wie Meklenburg, Werle, Ilow, Güstrow (und Rostock), oder waren oft von tiefen Wiesen her in See hinein geschüttet, wie Schwerin, Dobin, Ratzeburg, Quetzin u. s. w.

Diese Burgen waren künstlich aufgeschüttete, gewöhnlich länglich viereckige Wälle, deren Hauptbefestigung die Lage im Sumpfe war. So wie diese Aufschüttungen höher wurden, sanken die Burgwälle mit der Zeit immer tiefer in den Sumpf hinein und bedurften zur Erhöhung und Erweiterung fortwährender Aufschüttung; daher war der in den wendischen Landen übliche Unterthanendienst des Burg= und Brückenbaues


1) Vgl. Jahrbücher VI. S. 98 und die Beschreibung alter wendischer Burgen in andern Jahrgängen der Jahrbücher.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

("borgwerk und bruckwerk") bei weitem der wichtigste, weshalb er auch in den ältern Zeiten am häufigsten in den Urkunden genannt wird. Es gingen ohne Zweifel Jahrhunderte darauf hin, ehe ein großer Burgwall mit der dazu gehörigen Stadt hoch und weit genug war und fest genug stand, da die Moräste, in denen die Burgwälle liegen, oft 50 Fuß tief und noch tiefer sind, wie z. B. bei Meklenburg und Werle; es giebt Fälle, wie z. B. bei Werle, daß man durch die Sumpfwiesen häufig Dämme legte, welche aber nach ganz kurzer Zeit so sehr versanken, daß man sie in einer Tiefe von 30 Fuß und tiefer nicht wieder finden konnte, und daß man, so oft man die Legung dieser Dämme auch wiederholte, ganze Menschenalter hindurch nicht dahin gelangen konnte, diese schmalen Dämme ("Speckwege") zum Stehen zu bringen. Die Höhe der wendischen Burgwälle ist nicht nach dem zu schätzen, was über die sie umgebende Fläche hervorragt, sondern nach dem, was unter der Sumpfoberfläche steht; dort sind die wendischen Burgwälle oft 50 Fuß hoch und höher.

Die wendische Burg oder Stadt Rostock lag ohne Zweifel in den tiefen Sumpfwiesen vor dem Petrithore an der rechten Seite der Warnow, also der jetzigen Stadt Rostock gegenüber, von dieser durch die Ober= und Unter=Warnow getrennt. Diese Entdeckung ist schon in den Jahrbüchern IX, 1844, S. 18 flgd. mitgetheilt und nach Kräften bewiesen. Seitdem ist aber so reichhaltiges weiteres Material aufgefunden, daß wir uns nicht enthalten können, gemeinschaftlich diesen Gegenstand noch einmal aufzunehmen 1 ) und dabei zugleich die ganze erste Entwickelung der Stadt Rostock zu verfolgen. Nach jener Abhandlung in den Jahrbüchern ist von dem Condirector Dr. Mahn zu Rostock über die Lage der alten Burg Rostock 2 ) eine Schrift erschienen, die sich der Ansicht der Jahrbücher IX. a. a. O. anschließt und hier daher übergangen werden kann. Eben so wenig können wir hier Rücksicht nehmen auf eine Erklärung in den Rostocker Blättern 3 ), welche gegen den Dr. Mahn die alte Annahme wieder geltend macht, daß die alte Burg Rostock auf der Anhöhe der Petrikirche gestanden habe, da wir im Folgenden die Unrichtigkeit dieser Annahme beweisen zu können hoffen.


1) Die gegenwärtige Abhandlung ist nicht allein von den beiden Verfassern gemeinsam erforscht, sondern auch von beiden wiederholt ausgearbeitet.      D. Red.
2) Beitrag zur Geschichte des alten wendischen Rostocks. Von J. F. A. Mahn, Rostock 1854, 84 Seiten, als Osterprogramm der großen Stadtschule zu Rostock.
3) Rostocker Blätter für Unterhaltung und Belehrung, 1854, Nr. 32, April 24.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2.

Beschreibung der vor dem Petrithore belegenen Niederung.

Es ist nöthig, daß wir erst geographisch die Gegend 1 ) im Allgemeinen untersuchen und beschreiben, in welcher die alte Burg Rostock lag.

Die Altstadt der neuern deutschen Stadt Rostock, welche am linken Ufer der Warnow liegt, fällt gegen Osten schroff und tief in eine nicht sehr breite Wiesenniederung ab, welche sich bis an die Oberwarnow ersteckt; auf den Höhen stehen, dicht an der Stadtmauer, die beiden Kirchen der Altstadt, die S. Petri= und die S. Nicolai=Kirche. In der Wiesenniederung unterhalb liegen an der Altstadt drei uralte gewerbliche Anlagen: der Küterbruch 2 ) mit der Küterwiese, der Gärberbruch und der Fischerbruch.

Jenseits am rechten, östlichen Ufer der Ober= und Unter=Warnow breiten sich sehr weite, sumpfige Wiesenflächen aus, die kaum in einer Stunde zu umwandeln sind. Sie gehören theils zu den Feldmarken der Höfe und Dörfer Bartelsdorf, Riekdahl und Kassebohm, theils zum Stadtgebiete, nämlich die Petrithorvorstadt und die mühlenthorschen Wiesen. Im Norden werden sie von dem Dorffelde Dierkow, den städtischen sogenannten Speckäckern, gegen Osten vom Bartelsdorfer und Riekdahler Felde begrenzt; im Südosten liegt der Hof Kassebohm.

Durch diese Wiesen fließt von Osten her ein Bach, welcher von den Höhen des Bartelsdorfer Feldes herabkommt, oberhalb


1) Zur leichtern Orientirung legen wir einen, dem Tischbeinschen Grundrisse entnommenen, lithographirten Grundplan bei, dessen Zeichnung der Herr Ingenieur K. L. Beyer zu Güstrow für den Verein zum Geschenke gearbeitet hat.
2) Küter (fartor) ist eigentlich der Schlachter, der das Vieh schlachtet, im Gegensatze zu den Knochenhauern (carnifices), die das frische Fleisch verkaufen. Küte ist ein noch gebräuchlicher plattdeutscher Ausdruck für Eingeweide, derselbe, der im Oberdeutschen Kutteln (Kaldaunen) lautet. Daher heißt auch der niederdeutsche Küter im Oberdeutschen Kuttler. Die Küter handelten mit den Eingeweiden, wie noch in Nürnberg die Kuttler, oder schlachteten für die Garbräter; auch wurden die Hausschlachter, die nicht mit Fleisch handeln, Küter genannt. Daher gab es im Mittelalter an vielen Orten Küterhäuser (holländ. Kuyterhuys), d. i. Schlachthäuser, z. B. in Stralsund, in Schwerin und a. a. O., und die dahin führenden Straßen heißen häufig Küterstraßen; im Oberdeutschen heißen diese Schlachthäuser Kuttel=Höfe. In Rostock heißt das Schlachthaus seit alter Zeit auch Küterkaven (domus fartoris, domus mactatoria); eine Küterzunft hat es daselbst, so viel bekannt, nicht gegeben. Früher hatten Alt=, Mittel= und Neustadt Rostock jede ein besonderes Schlachthaus, dem je ein Küter vorstand, welcher an die Kämmerei eine jährliche Abgabe zu zahlen hatte. Noch jetzt existirt ein Kütermeister, als städtischer Diener und Aufseher über das Schlachthaus und die Schlachtordnung, welcher ungesundes Vieh abzuweisen und die Entrichtung der Schlachtsteuer zu überwachen hat; seine Accidenzien bestehen in gewissen Abfällen vom Schlachtvieh.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Bartelsdorfer Mühlbach, unterhalb der Witingstrang genannt wird, und die Wiesen der Petrivorstadt gegen die Riekdahler, Kassebohmer und die mühlenthorschen Wiesen der Stadt begrenzt; bei der Petribleiche ergießt er sich, der Stadt gegenüber, in die Ober=Warnow. Er ist jetzt zwar sehr versumpft und zugewachsen, in alten Zeiten im untern Laufe aber sicher breit genug gewesen, um kleine Fahrzeuge tragen zu können. In seinem untern Laufe steht er durch den sogenannten Kreuzgraben, der kein eigentlicher Seitenarm zu sein scheint, mit der Unter=Warnow in Verbindung.

Das ganze Areal der Petrivorstadt umfaßt ungefähr 55,000 [ ]Ruthen, wovon auf Wege, Bäche, Gräben etc. . ungefähr 6000 [ ]Ruthen (920 [ ]Ruthen für den Petridamm), auf Gärten 15,000 [ ]Ruthen, auf Wiesen 32,500 [ ]Ruthen und auf Ackerland 1500 [ ]Ruthen kommen. Außerdem enthält die Stadtfeldmark vor dem Petrithore, in die Feldmarken Dierkow und Bartelsdorf hineinschießend, ungefähr 16,000 [ ]Ruthen Ackerland, die sogenannten Speckäcker.

Die zur Petrithorvorstadt gehörige und dieselbe nach allen Seiten umgebende Wiesenfläche nebst Gräben und Bächen nimmt über 2/3 des Raumes ein. Es interessirt jedoch nur das feste Land in derselben. Dieses, meist nur niedrige Gärten enthaltend, zieht sich in der Mitte der Vorstadt in südlicher Richtung gegen den Petridamm hin, die Gegend von Karlshof, Stangenland, Pingelshof, S. Jürgen u. s. w. umfassend, links vom Damme liegend. Unmittelbar links am Damme liegt hier die sogenannte kleine Wyk, 263 [ ]Ruthen groß. Dieser grade gegenüber liegt auf der rechten Seite des Dammes eine Wiese, die große Wyk, von 710 [ ]Ruthen, ein großes längliches Viereck, mit der Längenrichtung von Osten nach Westen. Um dieselbe herum, nach dem Witingstrang zu, ist niedriges Gartenland, ungefähr 2000 [ ]Ruthen. In ziemlicher Entfernung hievon liegt ganz isolirt für sich an der Ober=Warnow, in grundlosen Wiesen künstlich aufgeschüttet, wie eine feste Insel, der Petrikirche gegenüber, die Petri=Bleiche, früher S. Petri=Ziegelhof, unweit der Ausmündung des Witingstranges in die Ober=Warnow. Sie enthält 1056 [ ]Ruthen.

3.

Rostocks Name wendischen Ursprungs.

Der Name Rostock ist sicher wendisch und von der Eigenthümlichkeit des Flusses Warnow bei der Burg entlehnt. Die alte Form des Namens ward immer Rozstoc, Rozstok,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

oder Rozstoch, auch Rostke geschrieben. Nun ist in den slavischen Dialekten, z. B. im Polnischen und Böhmischen, roz - eine sehr häufig vorkommende, untrennbare Präposition mit der Bedeutung: auseinander, zer= (lat. dis-), - und "stac", ein Zeitwort mit dem Begriffe: "werden, geschehen", oder Böhmisch: "stogim": stehen. Daher heißt rostać im Polnischen: "auseinandergehen, sich auflösen" und stok oder stoka: Zusammenfluß. Im Altslavischen 1 ) heißt daher rozteczka: Fluß ("fluxus"), roztieczka: Zurückfluß ("refluxus"), rozetagil: breitet aus ("dissolvit"). - In Böhmen findet sich an der Elbe eine Herrschaft Rostock, früher mit einem festen Schlosse, jetzt an der böhmisch=sächsischen Eisenbahn gelegen: es kommen mitunter Zusendungen an hiesige Behörden vor, welche für böhmisch Rostock bestimmt waren. Nach des wailand Professors Schröter handschriftlichen Notizen existirt in Rußland an der Wolga ein Fürstenthum Rostock. So liegt auch in der Mittelmark, in der Zauche, ein Dorf, welches in alter Zeit Rostock, in neueren Zeiten Rottstock geschrieben wird 2 ). In Meklenburg liegt bei Malchin auch ein Landgut Rostock, welches später Vulen - Rostock, darnach Faulen - Rostke und endlich Faulenrost genannt ward; die adelige Familie von Rostock, welche im 17ten Jahrhundert ausstarb, hatte wohl von der Stadt Rostock den Namen 3 ) und das Landgut wieder von der Familie. - Die Zusammensetzung mit - stok kommt im Slavischen öfter vor, z. B. in Witstok, Byalistok u. s. w.

Der Name Rostock bedeutet also: Auseinanderfließen, Ausbreitung des Stromes. Und dies stimmt zu der Naturbeschaffenheit des Flusses; die Warnow, welche bis zur Stadt und Burg Rostock ein schmales, für einen kleinern Fluß angemessenes Bette hat, breitet sich dicht unterhalb der Petribrücke, wo Ober= und Unter=Warnow sich scheiden, plötzlich zur Breite eines großen, langen Sees aus und wird auf zwei Meilen weit bis kurz vor der Mündung einem großen Strome gleich, auf


1) Vgl. Vetustissima vocabularia latino - boemica, ed W. Hanka, Prag, 1833, p. 62, 147, 249.
2) Vgl. Riedel's Mark Brandenburg, I, S. 269 und 262.
3) Vgl. Jahrbücher XX, S. 261 flgd.
In Rostock findet sich in älterer Zeit eine adelige Familie Rostock. In dem Privilegio vom J. 1278 findet sich unter den fürstlichen Rittern der dominus Gerardus de Rostok; er war auch fürstlicher Vogt in Rostock und besaß Kassebohm. Heinricus de Rostok stiftete für das Seelenheil seiner und der landesherrlichen Familie eine Vikarei nebst Armenspende in der S. Marienkirche und dotirte sie mit dem Dorfe Polchow, 16. März 1340, die dem hiesigen Dome am 21. December 1496 incorporirt ward.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

welchem die Seeschiffe bis vor die Thore Rostocks segeln können. Daher ist der Name sehr passend 1 ).

Die Burg Kessin, obwohl wenig genannt, ist mit Rostock nicht zu verwechseln und liegt in den Warnow=Wiesen dieses Dorfes, zwischen dem Kösterbeker Mühlbache und der Hohen=Schwasser Scheide. Das Terrain der Burg und des Burgdorfes, wo auch wendische Gefäßscherben zu finden sind, der Schloßberg und Lange Brink genannt, wird jetzt als Ackerland seit der vor einigen Jahrzehenden erfolgten Separation von den Kessiner Hausleuten benutzt.

4.

Zur Geschichte der wendischen Burg Rostock.

Die Nachrichten über die Geschichte der alten Burg Rostock sind sehr dürftig. Sie wird zuerst im Jahre 1161 genannt. Saxo Grammaticus erzählt nämlich: der Dänenkönig Waldemar habe auf seinen Verherungszügen im Wendenlande seine Leute in die weiten Sümpfe ("in longinquos paludis recessus") zum Raube ausgesandt und dabei auch die von den Bewohnern feige verlassene Burg Rostock 2 ) (urbem Rostock) verbrannt, auch das dort verehrte Götzenbild den Flammen übergeben; darauf habe er eine Brücke geschlagen ("preparato ponte"), um sein Heer mit dem Heere Heinrichs des Löwen vereinigen zu können, welcher während der Zeit in die Wendenländer eingedrungen war. Es erhellt aus dieser Stelle deutlich, daß hier von der Burg in den Sümpfen am rechten Warnow=Ufer die Rede ist. Hätte Alt=Rostock am linken Warnow=Ufer gelegen, so hätte man nicht nöthig gehabt, eine Brücke zu schlagen; Waldemar lag in Alt=Rostock am rechten Warnow=Ufer und Heinrich der Löwe kam an das linke Ufer, das damals noch unbebauet war.

Nachdem der Fürst Pribislav von Meklenburg im Jahre 1166 seine Länder, mit Ausnahme der Grafschaft Schwerin, wiedererhalten hatte, bauete er im Jahre 1170 die Burgen Meklenburg, Ilow und Rostock wieder auf und besetzte sie mit Wenden. ("Pribizlaus - - - aedificavit urbes Mekelenburg, Ilowe et Rozstock et collocavit in terminis eorum "Slavorum populos": Helmold II, c. XIV, §. 5.) Es ist


1) Der neue Versuch Mahn's a. a. O., S. 33, das Wort Rostock aus den semitischen Dialekten, z. B. dem hebräischen Worte Rosch: Haupt, abzuleiten, dürfte ebenso wenig motivirt sein, wie anderweitige ältere Ableitungen.
2) Urbs heißt im mittelalterlichen Latein bekanntlich nichts weiter als Burg.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hier offenbar nur von dem Wiederaufbau der álten wendischen Burg Rostock, am rechten Warnow=Ufer, die Rede, da Pribislav die wendischen Sitten durchaus beibehielt und alle seine alten wendischen Festen wieder aufbauete.

Während der Zeit waren mehrere, für Rostock höchst wichtige Ereignisse eingetreten. Der Fürst Pribislav hatte sich im Jahre 1164 mit der norwegischen Königstochter Woizlava vermählt, das Christenthum angenommen und im Jahre 1170 die Cistercienser Mönchs=Abtei Doberan 1 ) zu Althof gestiftet.

Die Lage der Burg Rostock war für ganz Meklenburg überaus wichtig, da bei derselben der bekannte und seit uralten Zeiten besuchte Haupthafen des Landes sich befand. Doberan aber war in Pribislav's Landen durch die dort gepflegte Bildung der wichtigste Ort geworden, dem das Fürstenhaus durch alle Zeiten geneigt blieb. Wegen der innigen Verbindung, in welche das Fürstenhaus mit Norwegen getreten war, bedurfte das nahe Doberan eines Seehafens, der kein anderer als Rostock sein konnte. In Althof=Doberan ward das erste Ziegelgebäude in dem wendischen Meklenburg aufgeführt und es haben sich dort Reste alter normannischer Bildung erhalten, z. B. in eingelegten Plasterziegeln zu Mosaikfußböden. Ohne Zweifel kamen Künstler und Werkleute aus Norwegen 2 ) nach Doberan und brachten Kunstwerke aller Art mit; naturgemäß nahmen sie den Weg über Rostock, da bei Doberan kein Landungsplatz ist. In jener Zeit mag das Fischer= und Lootsendorf Warnemünde von Dänen oder Normannen bevölkert worden sein, da die Warnemünder noch heute eine ganz eigene, spitze, dänische Mundart haben. Bei der Burg Rostock aber sammelten sich ohne Zweifel Handelsleute aus allen nordischen Ländern. Und so ward Rostock der Hafen für Doberan, wie es Wismar für die Burg Meklenburg war.

Bei dem nach dem Tode Pribislav's († 30. December 1178) ausgebrochenen Aufstande der Wenden ward Doberan wieder zerstört; Rostock aber, welches noch eine wendische Burg war, wird nicht gelitten haben. Pribislav's Sohn Borwin I. erhielt zunächst die Burgen Meklenburg und Rostock ("Borwinus . . . . obtinuit castra Rostock et Mekelenburg". Arnold. Lub. III., c. IV, §. 5.) Nach Herstellung des Friedens trat Borwin seinem Vetter Niclot das Land Rostock ab und begnügte sich mit den westlichen Landestheilen, die er von den Burgen Meklenburg und Ilow aus regierte ("Borwinus - recessit a castro


1) Vgl. Jahrbücher XX, S. 142 flgd. und S. 343 flgd.
2) Vgl. Jahrbücher XX, S. 148 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Rostock, tradens illud nepoti." Ebend. §. 16). Und wirklich sehen wir den Wendenfürsten Niclot oder Nicolaus in Urkunden von Rostock aus regieren, indem er z. B. dem im Jahre 1186 von Borwin wieder hergestellten Kloster Doberan im Jahre 1190 mehrere Begünstigungen ertheilte. Die beiden darüber redenden Urkunden 1 ) sind sehr merkwürdig und für die Geschichte Rostocks von großem Interesse. Am 8. April 1190 schenkte der Wendenfürst Niclot ("Nicolaus Slavorum princeps") zu Rostock ("Rotstoch") dem Kloster Doberan das Dorf Wilsen und 6 Mark jährlicher Hebung aus dem Kruge des ehemaligen Tempelortes Goderac 2 ) (später Godehardsdorf, jetzt Goorstorf), nicht weit von Toitenwinkel gelegen. Bei dieser Schenkung waren zu Rostock gegenwärtig: der Bischof Berno von Schwerin, Tiedvig Capellan von Rostock ("Tiedvigus capellanus de Rotstocke", nicht Thidericus, wie Franck hat), Heinrich, Capellan von Goderac, der Fürst Heinrich Borwin von Meklenburg und die wendischen Edlen "Sirizlav, Retis, Volcouiz, Uencegur, Rademir", dann Bruno von Chubanze und Gerhard Prelle. Man sieht deutlich, daß der Hof des Fürsten Niclot noch sehr slavisch war; an Geistlichen erscheinen nur "Capellane" von Rostock und Goderac, aber noch keine Pfarrer oder Plebane. Die zweite Urkunde ist für Rostock noch wichtiger. Durch dieselbe erlaubt der Fürst Niclot den Brüdern von Doberan, daß sie

"auf seinem Markte ("in foro nostro", d. i. zu Rostock,) ohne Zoll 3 ) frei kaufen und verkaufen ihre Leute aber, nämlich Krämer, Kürschner, Schuster, Kaufleute und Handwerker ("aliarum artium"), nach ihren Bedürfnissen täglich ohne Zoll auf seinem Markte kaufen und verkaufen können, wenn sie jährlich sechs Pfenninge zahlen".

Wie heidnisch die Bildung damals noch war, erhellt daraus, daß er dem Kloster zugleich das Strandrecht an dessen Küsten


1) Die beiden darüber redenden Urkunden sind öfter gedruckt, z. B. in Franck A. u. N. Mecklenb. III., S. 208 flgd.
2) Vgl. Jahrb. VI., S. 70 flgd.
3) Der alte fürstliche Zoll zu Rostock ging im Anfange des 14. Jahrhunderts in den Besitz einer Privatinteressenschaft über, die 1455 das Zollhaus auf dem Borgwall nebst Zeichenbuden bei den Thoren und mit der Zollgerechtigkeit an die Stadt veräußerte. Dieser fürstliche Zoll, anfangs bloß Zoll, im 16. Jahrhundert Last= und Tonnenzoll, im 17. Jahrhundert alter Zoll, seit dem 18. Jahrhundert Damm und Strandbrückengeld benannt, läßt sich durch die Rechnungen der Münz= und Mühlenherren, seit 1633 durch die Rechnungen der alten Zulage, seit 1716 durch die Rechnungen des Aerarii und seit 1838 durch die Rechnungen der Accisezulage bis zur Gegenwart urkundlich genau verfolgen, ist also wohl der älteste, jetzt noch bestehende Zoll in Meklenburg.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verlieh und zur Erforschung des Diebstahls die Feuerprobe bestimmte.

Aus diesen Urkunden ist deutlich zu ersehen, daß im Jahre 1190 ein großer Markt in Rostock und Rostock der Hafen für Doberan war. Unter Rostock ist ohne Zweifel immer noch das alte wendische Rostock in dem Sumpfe am rechten Warnow=Ufer zu verstehen.

Diese Ansicht hatte auch noch Ernst von Kirchberg in seiner meklenburgischen Reimchronik (CIII), wenn er nach alter Tradition berichtet, daß die alte Burg Rostock wieder aufgebauet sei gegen die (deutschen) Burgmänner, welche auf der Höhe, wo die Petrikirche steht, eine Burg gehabt hätten:

"In der czid der furste alsus
von Kyssin Nicolaus
Rodestock irnuwete,
daz borgwal her do buwete,
daz waz wider dy borgmann da,
den buwete her syne borg zu na,
dy hatten eyne burg zu der czid,
da sante Petirs kirche lyd,
doch kunden sy mit keynre schicht
des buwes ym weren nicht."

5.

Die Gründung der deutschen Stadt Rostock.

Die deutsche Stadt Rostock am linken Warnow=Ufer ward erst am 24. Junii 1218 von dem alten Fürsten Borwin I. gegründet. Hierüber läßt die Stiftungsurkunde 1 ) keinen Zweifel übrig: "qualiter ego Borwinus, necnon filii mei dilectissimi Henricus videlicet ac Nicolaus, tam nostram, quam heredum nostrorum nunc ac in futuris utilitatem procurantes, Rozstoc oppidum divina prosperante clementia delegimus astruendum". Er bewidmete die Stadt mit den Gerechtigkeiten der Stadt Lübeck (Lubecensis civitatis juris beneficio) und zur mehrerer Bekräftigung wurden die Großen seiner Herrschaft zugezogen (majores dominationis nostre), darunter auch der Abt Hugo von Doberan und der ganze Convent daselbst 2 ), ferner der Priester Stephanus (Stephanus sacerdos),


1) Vgl. Dittmar, Landesfürst in Rostock, Urk. Nr. 3.
2) Das Kloster Doberan ward in älterer Zeit von Rostock aus häufig bedacht. Nach dem Stadtbuche von 1261 - 70 vermachte Wulbernus Friso demselben sein Wohnhaus, Johannes Pallidus sein ganzes Vermögen, der Rathsherr Lutbert in der Lagerstraße einen erheblichen Theil seines Vermögens; schon 1264 wird der doberaner Hof erwähnt (domus monachorum de Doberan). Für (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in spätern Urkunden 1219 Priester von Rostock (sacerdos de Rostoc) genannt, endlich der Rath zu Rostock (ejusdem oppidi consules). Da schon ein Geistlicher und Rathspersonen vorkommen, so wird man annehmen können, daß die feierliche Bewidmung erfolgte, nachdem mit dem Aufbau bereits begonnen war.

Die erste Rathswahl kann man sich nach dem Vorbilde Lübecks und nach spätern Vorgängen in Rostock und Wismar so denken, daß in einer auf besonderes fürstliches Gebot zusammenberufenen und von dem fürstlichen Richter 1 ) (advocatus) präsidirten Versammlung der Gemeinde zuerst 8 Rathsherren mit Rath weiser Leute gewählt wurden und zwar so, daß von je einem derselben je ein Rathsherr vorgeschlagen und von der Gemeinde durch Acclamation approbirt ward. Diese 8 ersten Rathsherren setzte alsdann der Fürst in den Rathsstuhl ein, mit der Vollmacht, sich sofort und weiterhin auf die erforderliche Zahl von 24 Rathsmitgliedern zu ergänzen, die also erwählten in den Rathsstuhl einzusetzen 2 ) und die Stadt zu regieren 3 ).


(  ...  ) letzteren zahlte das Kloster jährlich 1 Mark Grundzins an die Stadt. - Die Mönche zu Satow hatten einen eigenen Hof auf der Altstadt. In einem sehr alten Rentenverzeichnisse der Stadt von 1270 - 80 heißt es: Doberanenses VIII solidos et IIII sol. et duplices vigilias, Satow VII sol. et duplices.
1) Der fürstliche Richtevogt steht an der Spitze der Stadt, bei ihm ist die Eschung der Gemeinde. Eine von Lübeck zwischen 1260 - 70 hierher ergangene Rechtsbelehrung wegen Strafe des Mädchens und der Wittwe, die sich ohne ihrer Verwandten Rath verehelicht, geht zu advocato et consulibus de Rostoc von advocatus, consilium et commune civitatis Lubecensis. Der fürstliche Richter hegt mit 4 Rathsherren das Gericht und das Erkenntniß wird von dem Umstande gefunden. Aus der Zeit 1283 - 84 heißt es im Stadtbuche:

"Pro occisione Nycholai de Wittenburch per justas sententias proscripti sunt in civitate Rozstoc: Hennekinus de Haren, Thidemannus Wullenpund, Volcekinus, quem in Kopenhaven nequiter occiderunt. Sedente pro tribunali Dethardo advocato, Henricho Monacho, Joh. de Bruneswich, Alberto de Cosfeld, et Everardo Nachtraven. Presentibus Henrico Albo et Nycholao, fratre suo, Ottone de Mone, Joh. de Sterneberg, Conrado Trepper, Joh. Aurifabro, Herbordo de Abelderbeke, et aliis quam pluribus. Sabbatis ante carnisp. hec contigerunt."

2) Vgl. Ergänzungen zu Detmar's Chronik bei Grautoff II., S. 583, ferner die Einsetzung eines neuen Rathes zu Rostock 1312, des alten Rathes Januar 1314, Vergleich zwischen Fürst Heinrich und dem alten Rath 8. Januar 1314; vgl. Rostocker Anzeigen und Nachrichten von 1825, in den Beilagen, S. 27, 28, 46 und Note 148, 150. - Wiedereinsetzung des alten Rathes zu Lübeck 1416, zu Wismar 1416, Einsetzung eines neuen Rathes zu Rostock 6. Dec. 1427; vgl. Grautoff II., S. 16 u. 17, 563 u. 564, 684, besonders 660 u. 661.
3) Die ursprünglichen Rechte des Rathes sind die Repräsentation und Vertretung der Stadt, die volle Verwaltung des Stadtvermögens durch die sogen. Amtsherren, welche den Burgemeistern Rechnung abzulegen haben, die Annahme der neuen Bürger, der Beisitz im Gerichte, die Feststellung der Bürgersprache und (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach der Erwählung und Einsetzung dieser 8 Rathsherren ward denselben vom Landesherrn der Freiheitsbrief der Stadt ausgehändiget.

Unverkennbar hat die Stadt Rostock von Anfang an eine hervorragende und selbstständige Stellung eingenommen. Der Grund ist darin zu suchen, daß ein Zweig der großen Kaufleute vom Rhein, Westphalen 1 ) und der Mittel=Elbe hier sich niederließ, die zu ihrer größern Sicherheit schon lange in enger genossenschaftlicher Verbindung (die Factoreien zu London, Wisby, Nowgorod bestanden schon) einen bedeutenden und einträglichen Handel nach Westen, Norden und Osten betrieben; dies ist der gemeine Kaufmann deutscher Nation, oder wie es auch heißt: communis mercator, qui jure lubicensi gaudet et regitur. Diese hierher gezogenen kaufmännischen Geschlechter 2 ) sind schon nach dem Stadtbuche von 1260 weit und breit mit Landgütern angesessen, z. B. die von Ratenow in Ehmkendorf, die von Baumgarten in Prangendorf, Diedrichshagen und Mönkhagen, die von Nore in Gnewitz und Bentwisch etc. .


(  ...  ) der Amtsrollen, sowie die Erlassung der sonstigen Verordnungen (arbitria, statuta). Der Rath erklärt um das J. 1360:

"Quod proconsules et consules de Rozstok a fundatione ipsius et a tempore, cuius memoria hominum non existit, potuerunt et consueverunt facere et fecerunt statuta, precepta et mandata et collectas imponere oppidanis in oppido Rozstok, prout eis, tanquam ad hoc juratis, super possessionibus, domibus et hereditatibus in dicto opido et in districtu eorum constitutis visum est expedire. Super quibus statutis, preceptis, mandatis et consuetudinibus dictis proconsulibus et consulibus nunquam fuit facta vel nota controversia, precipue in foro ecclesiastico, sed opidani dicti opidi, habentes domos superius et inferius et ex transverso sitas domibus, de quibus dictus Henricus de Vemeren (ein Geistlicher) in dictis libellis narrat, paruerunt et servaverunt et servant cum obediencia dicta statuta, mandata et precepta et nunquam contradixerunt."

Man nannte dies "de vullenkamen macht", und nur ein solcher Rath konnte Mitglied der Hanse sein.
1) Die verwandtschaftlichen Beziehungen einzelner Familien mit Westphalen lassen sich bis ins 14. Jahrhundert verfolgen. Die Rode stammten aus Warendorp; wegen der Cosfeld erhellt es aus dem Stadtbuche von 1270 - 88, fol. 71: Ghese resignavit Alberto de Cosfelde et Henrico fratri suo, avunculis suis, omnem hereditatem, quam habuit vel habet in Westphalia.
2) Welcher Trieb nach Selbstständigkeit in allen Beziehungen unsere Vorfahren durchdrang, beweiset z. B. die Verwaltung des Kirchenbauvermögens durch die Vorsteher (provisores, jurati); dieselben leihen Geld aus, kaufen und verkaufen Grundstücke ohne Consens irgend einer geistlichen Behörde, und wenn sie einen Consens für nöthig halten, so wenden sie sich an - die Kirchspielseingesessenen, die parochiani; z. B. 1302:

"Willikinus de Esinda, Winoldus Faber et Johannes Stetyn, jurati, s. Petri de consensu parrochianorum s. Petri vendiderunt domine Adelheydi, relicte Johannis Capitis, X marcarum redditus pro C marcis denariorum in duabus tabernis s. Petri juxta cimiterium sitis, quatuor vicibus in anno, quos redditus cum parrochia reemere voluerit, ad annum predicet, et si defectus fuerit, hunc provisores, qui pro tempore fuerint, adimplebunt."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nach der Gründung Rostocks zog sich der alte Fürst Borwin zurück und gönnte seinen beiden Söhnen, von denen Heinrich Borwin II. Herr von Rostock ward, thätigen Antheil an der Landesregierung; sein Sohn nannte sich nun Herr von Rostock, der Vater aber nannte sich noch im Jahre 1218 Herr der Kissiner (" Magnopolitanorum et Kyzenorum princeps").

Die deutsche Stadt Rostock ward auf der Höhe am linken Ufer der Ober=Warnow gegründet, so daß die schmalere nördliche Seite auch an die Unter=Warnow stieß; sie bestand aus der jetzt sogenannten Altstadt und ward von der Warnow, sowie von der Grube 1 ), welche eine natürliche Thalsenkung ist, begrenzt.

Es ist nothwendig und von hohem Interesse, die Anlage dieser alten Stadt welche sich sehr klar übersehen läßt, genauer zu verfolgen. Auf den beiden höchsten Punkten und an den äußersten Grenzen an der Stadtmauer ostwärts wurden die beiden Kirchen der Altstadt gegründet, und dem h. Petrus, dem Patrone der Fischer, und dem h. Nicolaus, dem Patrone der Schiffer, geweihet; nach vielfältigen Beobachtungen kommen Nicolaikirchen auch in den Districten der Weber häufig vor. Vielleicht wurden auch die beiden Schutzheiligen mit dem lübischen Recht von Lübeck eingeführt, da sich dieselben in fast allen Hansestädten finden. Beide Kirchen lagen ohne Zweifel in der ursprünglichen Anlage der Stadt. Schon im Jahre 1231 werden Walther und Gerhard als Pfarrer von Rostock genannt und beide kommen noch 1237 vor. Da an jeder Pfarrkirche nur ein Pfarrer (Pfarrherr) oder Pleban war, so können hier nur die beiden Pfarrer der Altstadt gemeint sein, um so mehr, da die nächste Hauptkirche der Mittelstadt, die S. Marienkirche, im Jahre 1231 noch nicht gegründet war 2 ).

Neben der Petrikirche war der Markt (forum antiquum), jetzt der alte Markt. Nach einer alten Sage sollen die Für =


1) Die Grube heißt in den alten Stadtbüchern: fovea, fluentus, aber auch fluvius, z. B.:

"Hinricus de Grip de consensu uxoris sue et pueri vendidit Henrico de Grevesmolen quartam partem stupe, site trans fluvium juxta pontem s. Katharine, quam cum uxore sua acceperat, quam quartam partem sibi resignavit."

Aehnlich findet sich trans fluvium einige Male für Altstadt: trans fluvium circa pontem piscium.
2) Nur die altstädter Pfarrer werden in den ältesten Zeiten als plebani de Rostoc bezeichnet. Stephanus sacerdos de Rodestock, 1219; Walterus et Gerardus, plebani de Rostoc, 1231 Oct. 29.; dieselben 1237 Febr. 15.; Waltherus, plebanus in Rostoc 1243 Sept. 12.; Johannes, plebanus in Rostoc 1247 Febr. 19. In dem Privilegio Borwin's wegen der Haide vom 25. März 1252 werden genannt, Johannes de S. Petro, Aemilius de S. Maria, Hinricus de S. Jacobo. Seitdem ist letztere Bezeichnung die allein übliche.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sten bei der Petrikirche sich eine Burg erbauet haben; diese alte Sage ist durchaus nicht begründet: die alte fürstliche Burg lag in der Petrithorvorstadt 1 ). An der Ostseite des alten Marktes, mit der Hinterseite nach dem Küterbruch, lag das altstädter Rathhaus; in dem Stadtbuche von 1270, fol. 23 heißt es:

"Ludolphus vendidit Bernardo domine Wendele aream unam in palude fartorum (Küterbruch) juxta domum burgensium sitam, quam sibi rationabiliter resignavit. (1279.)"

Die Hauptstraßen in der Mitte der Altstadt haben meist, parallel mit den beiden Hauptkirchen, die Richtung von Norden nach Süden, und tragen von den wichtigsten Gewerben der alten Zeit ihre Namen: die Küter= (Schlachter =) und Lohgärberstraße neben dem Küter= und Gärberbruch, die Altschmiedestraße, die Wollenweberstraße; in entgegengesetzter Richtung führen zur Grube die Hartestraße (platea cervorum) 2 ), die große Böttcherstraße (platea bodecariorum), die Molkenstraße (früher platea Frisonum), die Mühlenstraße. In der Mitte der Altstadt waren die Brot= und Fleischschrangen und bei S. Petri eine Badstube (stupa apud S. Petrum). An der Grube lag die Wassermühle zu den vier Gelinden (ad quatuor rotas). An Grubenbrücken werden erwähnt: pons s. Katharine, pons libre, pons antiquus piscium, pons piscium, pons Frisonum, pons alneus.

Es ist wohl selten eine alte Stadt so klar in der Anlage als die Altstadt Rostock.


1) In einem Verzeichnisse der Pächter der städtischen Gärten von 1290 in dem Stadtbuche von 1289 - 1295 wird aufgeführt: "Nicolaus Kercengheter de valle castri apud s. Petrum dabit singulis annis II mr. in pascha et II mr. Michaelis". An die jetzige Petrischanze kann nicht gedacht werden, da die Pacht für einen Morgen Gartenland 1 1/2 Mk. und 1 Mk. für einen Morgen Acker war; 1277 kostete 1 Last Roggen 4 1/2 Mk., das Tausend Mauersteine 1 Mk.; 1280 überließ Fürst Woldemar dem Bertram von Damen gegen ein Capital von 300 Mk. eine jährliche Hebung von 1 Last Roggen, 2 Last Gerstenmalz und 1 Last Hafermalz, für 120 Mk. eine Rente von 1 Last Hafermalz, 1 /2 Last Roggen, 1/2 Last Hafermalz. Ebenderselbe im Jahre 1279 an Heinrich Friso einen jährlichen Mühlenzins von 1 Last Roggen, 1 Last Gerstenmalz, 2 Last Hafermalz für ein Capital von 200 mr. usualis monete, und die Fürstin Agnes 1282 an Johann Witte für 300 Mk. eine jährliche Hebung von 40 Mk. - Die Pacht von 4 Mk. weiset also auf ein größeres Areal hin und der Beisatz Burgwall bei S. Petri hat nur im Allgemeinen die Lage im Gegensatz der fürstlichen Burgwälle bei S. Marien und beim Bramower (jetzt: grünen) Thor andeuten sollen.
2) Die Hartestraße ist nach der Familie von Hart (de cervo=Hirsch), welche hier angesessen war, benannt. Ein Hinricus de Hart war Rathsherr 1278 und 79. Henricus de Cervo habet viam, quam dimisit iacere X pedum spacium infra suam hereditatem et Conradum Parvum de platea cervi usque in plateam bodicariorum, quamdiu ipse Henricus vult, potest esse via, cum autem non vult, potest eam delere, sine alicuius impedimento. Actum anno gratie M.° CC° LXVII° pridie kal. Oct. Dies ist wohl der jetzt sogen. Seiden=Beutel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aber auch die Wenden zog man in die Stadt. Zu beiden Seiten, nach der Unter=Warnow bei dem Seehafen und nach der Ober=Warnow bei dem Flußhafen und den Wassermühlen am Mühlendamme, senkt sich das Gebiet der Altstadt zur Grube hinab. Hier waren an beiden Enden Niederungen. Nach der Unter=Warnow hin giebt es noch eine Straße: die Ellernhorst; nach dem Mühlenthore zu giebt es noch eine Straße, der Ellernbruch. In diese tieferen Gegenden versetzte man die Wenden; an der Seite, wo die Ellernhorst ist, giebt es zunächst eine Faule Straße, Kohlgärtnerstraße, Wendenstraße, Wendenthor; an der andern Seite neben dem Ellernbruch noch einen Wendländer=Schild und eine Faule Straße. Die Ellernhorst scheint im 13. Jahrhundert auch der kleine Bruch (parva palus) genannt worden zu sein, weil hier der "Wendenvogt" ("advocatus Slavorum") wohnte. Nach dem Stadtbuche von 1270 verkauft Ludwig in der Mönchenstraße dem Hermann Westphal 1281 eine Hausstätte bei dem Wendenvogt, dem kleinen Bruche gegenüber:

"Lodevicus in Monachorum strata vendidit Hermanno Westvalo aream unam apud advocatum slavorum contra parvam paludem, et illam sibi coram consulibus rationabiliter resignavit". (1281.)

Bald aber ward die Altstadt für den großen Verkehr zu enge. Rasch nach einander entwickelte sich die Mittelstadt (bis zur Lagenstraße, Faulen Grube und Buchbinderstraße) und die Neustadt Rostock, erstere mit der Pfarrkirche zu S. Marien 1 ) und letztere mit der Pfarrkirche zu S. Jacobi. Noch jetzt hat


1) Die Marienkirche, 1232 zuerst erwähnt, deren jetzige Gestalt durch mehrfache Umbauten entstanden ist, indem der untere Theil des Thurmes der ersten, der obere Theil des Thurmes nebst dem Chorumgang einer zweiten, der Haupttheil nebst dem Queerschiffe aber der letzten Bauperiode von 1399 flgd. anzugehören scheint, hatte in der spätern katholischen Zeit den Vorrang vor den andern drei Pfarrkirchen, in Folge dessen bei Aufrichtung des Domstiftes an S. Jacobi die Dompropstei der Pfarre an S. Marien incorporirt und die Besetzung der letzteren dem Papste reservirt ward. Mit welcher Vorliebe die S. Marienkirche von unsern Vorfahren bedacht ward, erhellt aus einem Verzeichniß der von den hiesigen geistlichen Stellen an den Bischof zu Schwerin zu entrichtenden Zehntenabgabe vom J. 1470. Darnach hatten an S. Marien der Pfarrherr, der Scholasticus, die S. Marienzeitensänger, die Inhaber der 53 Vikareien und 26 Commenden eine jährliche Taxeinnahme von 1972 Mk. 5 Sch., an S. Jacobi der Pfarrherr und die Inhaber von 28 Vikareien und 5 Commenden jährlich 753 Mk. 14 Sch., an S. Petri der Pfarrherr und die Inhaber von 15 Vikareien und 6 Commenden jährlich 602 Mk. 6 Sch., der Pfarrherr an S. Nicolai, 4 Marienzeitensänger und die Inhaber von 19 Vikareien und 5. Commenden jährlich 551 Mk. zu verzehnten. Die übrigen 36 Pfarreien des Archidiaconats Rostock waren ohne Vikareien zu jährlich 802 Mk. Einnahme taxirt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die S. Petrikirche Antheil an den Klingbeutelhebungen in S. Marien, und S. Nicolai an denen in S. Jacobi, wahrscheinlich eine den später gegründeten Kirchen auferlegte Verpflichtung, von den Gaben (oblationes) einen Theil an die Mutterkirche abzugeben.

Die der Altstadt zunächst gelegenen Straßen der Mittelstadt sind auch noch nach Gewerben benannt: die Weißgärberstraße, die Krämerstraße, die Hutfilterstraße, die Bäckerstraße. - Die bedeutenderen Straßen der Mittel= und Neustadt sind meist nach den dieselben anlegenden patricischen Geschlechtern benannt, wie die Mönchen= 1 ), die Koßfelder=, die Lager=, die Wokrenter=, die Schnickmanns=, die Cröpliner=, die Eselföter=Straße und andere.

Am äußersten, der Altstadt entgegengesetzten Ende der Neustadt liegen Straßen, welche Namen von einem ausgebildeten


1) Vgl. Jahrbücher XI., S. 171. - Johannes Monachus (Mönch) war Rathsherr in der Zeit von 1252 - 67, Andreas de Cosfelde von 1258 - 75, Gerlach de Cosfelde 1259 - 67, Hinricus de Cropelin 1264 - 87, Reineco de Wocrente 1264 - 67, Volmarus de Cosfelde 1275 - 86, Bernardus Cropelin 1277, Conradus de Lawe 1279 - 87, Gerardus de Lawe 1280 - 81, Albertus de Cosfelde 1279 - 88, Reyneko de Lawe 1282 - 88, Hinricus Monachus 1279 - 98, Thidericus de Lawe 1284, Thidemannus de Lawe 1285 - 86, Hildebrandus Eselesvot 1287 - 91. Eine Familie Snickeman kommt gleichfalls vor.
Die bedeutendsten Geschlechter der älteren Zeit gehören der Altstadt an. Dahin sind zu zählen die Reimberti, welche wahrscheinlich später den Beinamen "de antiqua civitate=Oldenstadt" führten; Reimbertus, 1252 erster Burgemeister, stiftete eine Seelenmesse im Kloster Doberan (vgl. de Westphalen mon. ined. III p. 1499); von seinen Söhnen fungirten als Rathsherren: Reynerus filius domini Reymberti 1266 - 97, Johannes 1279 - 84, Arnoldus 1275 - 78. Reynerus scheint eine bedeutende Persönlichkeit gewesen zu sein: er gehörte zu den vertriebenen Rathsherren, die ein päpstliches Commissorium vom 28. Januar 1289 an die Pröpste zu Lübeck, Stettin und Triebsees gegen Rath und Gemeinde zu Rostock wegen Wiedereinsetzung und Rückgabe ihres confiscirten Vermögens erwirkten, und zwar mit Erfolg, da Reynerus später wieder fungirt. Ueber seine Mission als hansischer Gesandter nach Riga findet sich eine höchst interessante Relation bei Grautoff, Chronik des Lesemeisters Detmar I., S. 420, 21 flgd. Die Unruhen von 1288 werden sich um die Theilnahme der Aemter an der Rathswahl und den Rathsstellen gedrehet haben; unter den Verbrechen des Heinrich von Ybendorp wird als erstes aufgeführt, daß er 6 Aemtern eine Betheiligung an der Rathswahl und an den Rathsstellen zugesagt, dieserhalb von dem Rathe zur Verantwortung gezogen, solche Zusage eidlich abgeleugnet habe, darauf aber des Meineides angeschuldigt worden sei. Weiter heißt es: Dit is de ander broke sin. - Wante her Heinric van Ybendorpe den rat vore gesworen hadde, do quam he uppe dat hus un dichte ene logene vor deme gantcen rade, uppe ene bewernisse der stat (Bewaffnung der ganzen Bürgerschaft), also sich de rat sunt (sollte) vorsan (vorsehen), un segede, dat he hern Reyneken, hern Reybernes sone, sprochen hadde bi Bolecow, des nicht ne was. Dat tugenden dhe rat un dhe stat un de riddere von Nikopinge mit eren breven un eren ingesegele, dat he dar elof wechen (11 Wochen) un ni von dannen quem do dher sulven tit, do he en dar sprechen solde (Stadtbuch von 1289 - 95). - Sonstige bedeutende altstädtische Geschlechter waren die Lore (lat. Cerdo), die Friso, die von Ratenow, von Hart etc. . -
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verkehre tragen, wie die Grapengießerstraße und Badstüberstraße, zuletzt auch noch eine Fischerstraße.

Alt=, Mittel= und Neustadt hatten jede ihr eigenes Rathhaus, jede ein Bäcker= und Knochenhaueramt mit besondern Scharren und Schlachthäusern, ein besonderes Gefängniß (domus praeconis antique, medie und nove civitatis), eine besondere Badstube (stupa apud s. Petrum, juxta castrum und stupa nove civitatis) und jede ihren besondern Marktplatz (forum antiquum, medium, novum). Eine fürstliche Burg lag am Ende der Mittelstadt, in der mittlern Gegend des jetzt sogenannten Burgwalls, (wo noch die Straßenkrümmung die Stelle bezeichnen mag), und eben so eine am Ende der Neustadt beim Bramower (jetzt "Grünen") Thor. Die jetzige Burgwallstraße im untern Theile scheint erst spät angebauet zu sein. Albert von Cosfeld besaß 1265 die Badstube 1 ) bei der Burg (juxta castrum), und noch 1280 ist von einer Baustelle zwischen Lager= und Koßfelderstraße die Rede.

Aus dem Stadtbuche von 1270 bis 1288 geben noch folgende Eintragungen, die auch sonst nicht ohne Interesse sind, näheren Aufschluß:

" Fol. 30 a. Johannes et Wasmodus et Jutta, pueri Hinrici de Bruneswic, locaverunt aream suam, que jacet inter stupam et Laghenstratam, Engelberto, famulo Volmari. Et de illa predictis pueris idem E. singulis annis III marcas ad censum arealem perpetuo dabit. Edificia vero in area existencia jam dicti sunt Engelberti.
Fol. 30 b. Albertus de Cosfelt dedit Thidemanno Heseler aream suam apud stupam et de illa sibi dabit singulis annis redditus trium marcarum ad censum arealem. Quotiescunque X marcas Alberto dederit, totiens una marca demetur. Et quum XXX marcas sic dederit, tunc predicte III marce sunt solute.
Fol. 35 a. Everardus Colstuve, Bernardus Niger et suus gener Wasmodus et Thydericus Bilrebeke vendiderunt Heydekino Rufo Pistori (Rodenbekker) post curiam suam tam latum spacium in vallo, sicut curia sua est, et longum usque in stratam, que fiet ibi, et illud sibi rationabiliter resignaverunt. Medietas ejusdem


1) Sie lag nach unten: "Civitas vendidit Alberto de Cosf. juxta fluvium Warnowe post stupam suam, sicut area jacet, quatuor pedes".
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

spacii versus stratam ad vallum est Everardi Naychtraven. Ceterum idem Heydheco vendidit eidem Everardo in sua parte et heredidate sua versus Laghenstratam singulis annis redditus trium marcarum pro XXV marcis etc.
Fol. 40. Thydericus Bilrebeke vendidit Everardo Nycticoraci omne spacium, quod habuit in occidentali parte valli apud Rufum Pistorem etc." -

Im J. 1265 am Tage Petri und Pauli beschließen Rath und Gemeinde der Stadt, nachdem diese im J. 1264 von einem großen Brande war heimgesucht worden, daß Gericht und Rath von ganz Rostock auf dem Markte der Mittelstadt gehalten werden solle. Zeugen dieser Vereinigung waren die Pfarrer an den 4 Pfarrkirchen, so wie Prior und Gardian der beiden Bettelmönchsklöster. Schon am 18. Julii 1262 hatte Fürst Borwin in Beitritt seiner Söhne Johann und Waldemar hiezu die Erlaubniß ertheilt (ut unum consilium totius civitatis sit et judicium, quod prius erat divisum). Außer diesem, freilich völlig entscheidendem Zeugnisse existirt kein Anzeichen einer Theilung des Raths der Stadt; namentlich findet sich vor 1262 bei den consules nie der Zusatz: antiquae, novae, mediae civitatis.

Bei jeder Pfarrkirche befand sich eine Schule. In den ältesten Stadtbüchern werden erwähnt: Scolae b. Marie, Jacobi, Petri, Nicolai.

Von den Mönchen siedelten sich zuerst und zwar schon früh die Franciscaner= Minoriten oder grauen Mönche in der Altstadt an und stifteten bei der Ellernhorst und den Wenden das große Kloster zu S. Katharinen, sicher ein Tochterkloster des schon 1223 gestifteten Minoritenklosters zu S. Katharinen in Lübeck. Schon im J. 1243 erscheint in einer doberaner Urkunde bei dem Fürsten Borwin III. von Rostock als Zeuge Eilhard Gardian der Minoriten zu Rostock ("Eylardus gardianus fratrum minorum in Rosztoch"). Einen ebenso bedeutenden Raum nahm das 1256 gestiftete Kloster der Prediger= oder schwarzen Mönche zu S. Johannis in der Mittelstadt ein, von der Steinstraße an bis zur Wohnung des jetzigen Schuldirectors.

Das von der Königin Margarethe von Dänemark am 22. September 1270 gegründete Cistercienser=Nonnenkloster zum h. Kreuz (claustrum dominarum) nahm gleichfalls einen sehr bedeutenden Raum in der Neustadt an der Stadtmauer (zwischen der Schwaanschen Straße und dem Katthagen) ein.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Hospitalien zum H. Geist und S. Georg 1 ) finden sich schon in den ältesten Stadtbüchern von 1258 flgd. Das Hospital zum H. Geist hat zuerst in der Altstadt 2 ) gelegen. - Gerlach von Cosfeld vermachte 1279 den Beginen 30 Mk. zum Ankauf eines Hauses zu ihrer Wohnung, falls sie die Erlaubniß der Stadt erlangen würden (si in favore civitatis haberi poterunt). Heinrich v. Tessikow verkaufte 1299 an Johann von Bandow ein Erbe im Küterbruche, welches früher den Beginen gehört hatte. Eine Beginenstraße (platea Bagginarum) wird 1304 erwähnt. - Gerlach v. Cosfeld vermachte den gesammten Pfarren der Herrschaft Rostock, die den Erblasser in ihre Brüderschaft aufgenommen, 30 Mk. zur Belegung und Verwendung der Renten bei ihren Zusammenkünften, wogegen sie für ihn Memorien lesen sollen, wie sie solches bei ihren geistlichen Mitbrüdern zu halten pflegten. Dies war der Herren=Kaland in der S. Marienkirche, zu dessen Brüderschaft auch die Landesherren und die Burgemeister gehörten 3 ). - Im Stadtbuche von 1270 - 88


1) Die Siechenhäuser, d. h. die Hospitalien für die Aussätzigen, lagen immer vor den Thoren unter dem Schutze des H. Georg. Das in Rostock mehrfach vorkommende domus leprosorum, oder leprosorium, wird das bei jedem Hospitale befindliche Armenhaus bezeichnen sollen, welches sêkenhus: Siechenhaus, hieß, freilich wohl nicht ganz mit Recht, denn schon damals war die Verfassung der Präbenden und Armenhäuser ganz eben so, wie jetzt, nur vielleicht noch mehr als jetzt von der eigentlichen Tendenz abweichend. Beide Hospitalien sind von dem Pfarrbezirk, worin sie liegen, eximirt. Wegen des vor dem Steinthore liegenden S. Georg heißt es:

"Dominus Lodevicus, plebanus de s. Nicolao, cum voluntate domini episcopi Suerinensis et domini Woldemari resignavit capellam s. Georgii apud infirmos tali conditione, quod ei omni anno IIII marce quatuor in anno presententur temporibus vite sue, et post obitum ejus libera esse debet. Anno gratie M. CC. LXXVIII°.
Ueber den H. Geist heißt es:
Notum sit universis, quod dominus Henricus plebanus ecclesie s. Jacobi coram communi Consilio civitatis Rostoccensis ab omnibus oblationibus et aliis, que sibi de domo s. Spiritus fieri solebant, per dies vite sue cessavit et insuper dominus noster dominus Woldemarus de Rostock eidem domui hoc indulsit et concessit, ut nullus unquam plebanus post mortem ejusdem domini Henrici de oblationibus, que in dicta domu s. Spiritus offerantur, vel in aliis aliquibus sibi aliquid juris debeat vel valeat usurpare. Actum coram communi consilio anno domini 1281.

2) Thimmo de Kescin posuit Johanni, filio Ingermi, et Alberto Copmanno aream juxta s. Spiritum in antiqua civitate de X mr. denar., de quibus singulis annis dabit II mr. in die Nicolai (1264).
3) Zu den Pfarren des Archidiaconats Rostock, welches mit den Grenzen der Herrschaft Rostock zusammenfallen wird, gehörten nach dem Zehntenregister von 1470: die Pfarren Ribnitz (40 Mk.), Culrade (5 Mk.), Wustrow (10 Mk.), Bentwisch (30 Mk.), Totendorp (10 Mk.), Volquenshaghen (20 Mk.), Rövershagen (8 Mk.), Blankenhagen (20 Mk.), Wulferdeshagen (5 Mk.), Marlow (20 Mk.), Kölzow (10 Mk.), Sülz (24 Mk.), Tessin (24 Mk.), Sanitz (40 Mk.), Dänschenburch (5 Mk.), Tulendorp (5 Mk.), Kessyn (30 Mk.), Kabelstorf (30 Mk.), Petschow (24 Mk.), Kemyn (30 Mk.), Lage (60 Mk.), Rekenitz (40 Mk.), (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fol. 109 wird einer "hereditas apud conversas in Gropengheterestrate" gedacht. Bemerkenswerth ist auch folgende Stelle im Stadtbuche von 1289 seqq., fol. 121 b.:

"Soror Wiba resignavit sororibus omnibus ad Capitulum pertinentibus domum suam in monte (Amberg?) sitam perpetuo possidendam tali modo, quod ipsa soror Wiba et sua soror habeant ad usum suum cameram quandam et curiam ad dealbanda fila sua". - Einige Jahre später wird ein Erbe verkauft, liegend "juxta Sorores in monte."

Die Mühlen am Damme, an der Grube und vor dem Cröplinerthor sind gleichfalls in ältester Zeit angelegt und waren von den Fürsten zu erblichem Besitz ausgethan gegen Entrichtung einer jährlichen Abgabe an Korn, Geld und gemästeten Schweinen; auch diese Mühlenzinsen gingen schon im Laufe des ersten Jahrhunderts in Privatbesitz über. Im J. 1264 gestattete Borwin, daß die Müller der Stadt=Gerichtsbarkeit unterworfen würden.

Die drei gewerblichen Brüche, der Küter=, Gärber= und Fischerbruch, zwischen der Altstadt und der Ober=Warnow, werden von Anfang an seit 1218 zu der Stadt gehört haben, da sie in unmittelbarer Verbindung mit dem Mittelpunkte der Altstadt stehen und die Stadt ohne diese Anlagen kaum bestehen konnte. Schon vor 1264 werden Erben, Baustellen und Speicher (granaria) im Bruche (in palude) zu Stadtbuch verlassen und verpfändet, z. B.: "Everardus molendinarius impignoravit Tidemanno piscatori aream unam in palude pro X mrc. denar; in festo Martini redimet" (1262).

Fast ausnahmslos kommt in den Stadtbüchern von 1258 - 88 nur die allgemeine Bezeichnung: "palus" (Bruch, Brok) vor, einmal wird des Küterbruches (palus fartorum 1270) und später einmal des Gärber= und des Fischerbruches (palus cerdonum, piscatorum) gedacht; ebenso finden sich, jedoch selten, die Ausdrücke: magna et parva palus (großer und kleiner Bruch) fol. 121, 134, 138 des Stadtbuchs von 1270 - 88. Daß aber unter dem Bruche eben nur die drei gewerblichen Brüche zu verstehen sind, dafür spricht nicht nur die noch jetzt bestehende Ueblichkeit, diese Gegend kurzweg "up dem brôk"


(  ...  ) Bistow (30 Mk.), Buchholz (30 Mk.), Hilghenhagen (5 Mk.), Satow (12 Mk.), Barsee (10 Mk.), Berndeshagen (11 Mk.), Johansdorp (9 Mk.), Lambrechtshagen (8 Mk.), Lichtenhagen (24 Mk.), Steffenhagen (12 Mk.), Cröpelin (frei), Parkentin (30 Mk.), Stobelow (5 Mk.).
Die beigesetzten Zahlen bezeichnen die Taxe des jährlichen Einkommens, welche Taxe wohl aus sehr alter Zeit herstammen mag.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu benennen, sondern auch manche Stellen des Stadtbuches weisen deutlich genug darauf hin, z. B.:

"Bertolt cerdo in palude posuit Hermanno hereditatem suam in palude pro XVII mrc.; Martini redimet (1270, fol. 58 des Stadtbuches 1262 - 70)."
"Illam aream, quae fuerat Stal supra paludem, resignavit coram consulibus, quia noluit pontem facere, neque exactionem dare, et consules vendiderunt eam Johanni de Malkin et resignaverunt ei rite et rationabiliter. Et de ea debet solvere IIII solidos in nativitate." (Fol. 22 a. des Stadtbuchs von 1270 - 88.)

Letztere Stelle ist um so wichtiger, als sie auf die bis in die Neuzeit festgehaltene Verpflichtung der Hausbesitzer der Brüche zur Erhaltung der nöthigen Brücken hinweiset.

Die Vorstädte waren gleichfalls bewohnt; es kommen Häuser und Bauhöfe (curiae agriculturae) vor dem Stein=, Schwaanschen=, Cröpliner= und Bramower=Thore vor.

Außer den gewöhnlichen bürgerlichen Gewerben finden sich Apotheker, Weingärtner (vinitores), Hopfengärtner (humularii) (Hopfengärten vor dem Steinthore beim Rosengarten und S. Georghofe, sowie vor dem Cröplinerthore auf Nemezower Gebiet), Glockengießerei, Kupfermühle (fabrica cuprea), Kerzengießer, Chirurgus, Aerzte (medicus). Um 1300 wird ein magister Arnoldus de quinque domibus physicus genannt, der ein Grundstück erwirbt mit dem Vorbehalt, die bürgerlichen Lasten zu tragen und es nur an Weltliche zu verkaufen. Viele Steinhauer (lapicidae) werden erwähnt.

Die Katharinenkirche hatte einen Ziegelhof, der schon 1325 eingegangen war, die Predigermönche gleichfalls, später auf das Kreuzkloster übergegangen, sowie auch die Petrikirche, alle drei vor dem Petrithore, die Kirche zu S. Jacob vor dem Bramower=Thore (jetzt Hädge's Garten), die S. Marienkirche vor dem Mühlenthore, die Stadt in Nemezow: alle lagen wohl an der Warnow.

Jedes Haus muß Waffen halten und Wachdienste leisten (arma habere et vigilias servare). Adelige, die sich hier ankaufen, die v. Moltke, v. Snakenburg, Reddag, müssen diese Verpflichtung, sowie die Entrichtung des Schosses übernehmen: auch pflegte bedungen zu werden, daß sie nur an Bürger wieder verkaufen und nichts Ungewöhnliches bauen dürften.

Die Bauart der Häuser war theils massiv (domus lapidea), theils geklehmt (domus lutea sive argillea). Es hat

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fast den Anschein, als sei der Grund und Boden der Stadt in Erben (hereditates) eingetheilt gewesen, obwohl "hereditas" oft auch nur für Haus zu nehmen ist. Auf dem Erbe von Hartwig von Nykoping standen zwei Häuser und fünf Buden, taxirter Werth 250 Mk.; Nicolaus v. Mölen besaß ein Erbe mit zwei geklehmten Häusern, werth 200 Mk., Gerhard Hollogher das Erbe zwischen Mittelmarkt und Scharren, die Wittwe von Waldogo das große Erbe bei der S. Marienkirche mit zwei Buden. Die Eigenthümer verkauften Baustellen von 30 - 40 Fuß Fronte gegen Grundzins (worttins, to wikbeldesrecht) zu erblichem Besitz, so lange der Zins bezahlt ward.

6.

Die Erweiterung des städtischen Grundbesitzes.

Der ursprüngliche Grundbesitz der Stadt wird vor dem Stein= und Cröplinerthore mit den Zingeln aufgehört und wahrscheinlich vor dem Petri= und Mühlenthore durch die Warnow begrenzt worden sein.

1. Zuerst erwarb die Stadt am 25. März 1252 von dem Fürsten Borwin die Haide, begrenzt von Hinrichsdorf, Mönkhagen, Volkenshagen, der Ribnitzer Landstraße, dann im Osten von Zarnestrom und dem Graswege bis zur Ostsee, im Norden von der Ostsee und im Westen von der Warnow bis Warnemünde. Die Stadt gründete hier drei Dörfer: Rövershagen mit 22 Zinshufen 1 ), jede 7 1/2 Morgen lang und zu 4 Mk. Pacht für jede Hufe, mit Kirche, Windmühle, einem Kruge beim Kirchhofe und einem an der Landstraße; Wasmodeshagen mit 25 Zinshufen, jede 7 1/2 Morgen lang und zu 4 Mk. Pacht; Porkeshagen mit 6 1/4 Zinshufen, jede zu 5 Mk. Pacht. Die große Wiesenstrecke zwischen Warnemünde und der Haide ward an hiesige Bürger verpachtet. Der Kaufpreis war 450 Mk. Pfennige, wovon 2 Mk. auf eine Mark Silber zu rechnen sein würden, da 1260 die Kirchenvorsteher zu S. Marien, Thidericus domine Lysen und Hinricus de Bochem, 100 Mk. Silber der Stadt liehen und 200 Mk. zurückerhielten. Die Mark Pfennige hatte also ungefähr einen Silberwerth von 7 Thlrn. Crt., im Verkehr jedoch damals einen weit größern Werth, da in


1) Die slavische Hufe enthält 15, die deutsche 30, die Hägerhufe (bei den Walddörfern) 60 Morgen; im 16. Jahrhundert werden 300 [ ]Ruthen auf den Morgen (juger) gerechnet.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der ältesten Zeit der Zinsfuß 15 - 20 Procent auf das Jahr, späterhin 10 Procent war.

2. Zur nämlichen Zeit verzichtete der Fürst Borwin auf jegliches Recht an den im Hafen der Stadt (in portu ipsorum) beschädigten Schiffen und überließ den Rostockern die Fischerei auf der Warnow von der Brücke bei der Petrikirche bis zur See und in die See hinein.

3. Zur Aufhülfe der Stadt nach einer großen Feuersbrunst schenkte der Fürst Borwin der Stadt am 12. Oct. 1264 seine Rechte in dem Bruche, welcher liegt zwischen dem festen Lande und dem Flusse, von der einen Seite, und zwischen dem S. Clemensdamme und dem Bartelsdorfer Bache, von der andern Seite.

4. Ferner trat zur nämlichen Zeit der Fürst Borwin der Stadt seine Rechte im Hafen der Rostocker zu Warnemünde und in allen Grenzen der Stadt bis zur Markscheide ab (praeterea jura per portum ipsorum in Warnemunde et per omnes terminos dicte civitatis nostre versus campum, qui vulgariter markschede nuncupantur, sepe dictis burgensibus nostris damus cum sua utilitate eternaliter possidenda). Die fürstlichen Richtevögte (advocati) mochten der Stadt zu Beschwerden Veranlassung gegeben haben. Gegen Ende des Stadtbuchs von 1260 - 70 findet sich ein Verzeichniß begangener Verbrechen 1 ) und erkannter Strafen und heißt es dort:

"Cum Folceko Tunneko fuit primo advocatus factus, confregit seras civitatis potenter et excepit ibi virum, qui deliquerat, et praeconem et uxorem ejus percussit. Postea cum potestate sua posuit virum in Kakolph sine consensu consulum. Postea jacuit Wernemunde et posuit pram ultra portum, violenter prohibens exitum et introitum. Deinde accepit cuidam mulieri de Lubek res suas sine consilio (Rath). Postea accepit naves in portu, pro quo civitas dampnum sustulit et de rege - - - -"

Schon früh wurden auf den Hafenbau bedeutende Summen verwandt. Nach dem Stadtbuche von 1288 verpflichtete sich ein rostocker Bürger aus einem hiesigen begüterten Geschlechte, Rotger Horn, das Tief zu Warnemünde in zwei Jahren auf 12 Fuß bei mittlerem Wasserstande zu bringen, und so fünf


1) Die bloße Eintragung der Verbrechen hatte wohl nur den Zweck, dieselben zu constatiren. So steht 1259 auch der König von Norwegen zu Buch: Johannes de Nore amisit per regem Norwegie XXVI mrc., Henricus et Nicolaus Plotsii XXX mrc. Rost. denar.; item dn. Meineko amisit cokonem (großes Schiff) et bona, valent LX mrc. Precipue servum suum decollavit.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahre zu erhalten, auf seine alleinige Kosten, gegen eine Entschädigung von 400 Mk. Silber oder 1350 Mk. Pfennige und 100,000 Mauersteinen.

Am Seegestade zwischen Warnemünde und Markgrafenheide finden sich mehrere Stellen, die den Beinamen altes Tief führen, und namentlich sind östlich ganz unzweifelhafte Spuren alter Hafenwerke, sowohl in der See als in den Wiesen; indessen folgt aus der im Abschnitte 1 gedachten Urkunde von 1252 und daraus, daß die Fundamente der 1312 bei der Warnow erbaueten Feste Dänschenburg noch jetzt hart an der Warnow beim Bauhofe zu Warnemünde vorhanden sind, daß die Warnow in historischer Zeit keinen andern Ausfluß als den jetzigen gehabt hat.

5. Fürst Woldemar verhieß am 27. October 1266 den von seinem Vater zu einem Schloßbau begonnenen Wall beim Bramower=Thor niederzureißen und nie wieder aufzubauen. Die Burgstelle in der Gegend, wo jetzt das neue Krankenhaus sich befindet, ging bald darauf in Privatbesitz über; vgl. Stadtbuch von 1270 flgd., fol. 37:

" Domina Aleydis, relicta Halshagen, vendidit s. Spiritui hereditatem suam, quam habuit in vallo castri apud portam Bramow, pro XXV mrc. - - - - -"

6. Am 11. December 1275 verkaufte der Fürst Woldemar mit Einwilligung seines Vaters Borwin an die Stadt Rostock die Dörfer Nemezow und Lypen zu Stadtrecht mit der Befugniß. die darin befindlichen Bauerstellen zu legen (hereditates ipsius villae ad nichilum redigere). Nemezow umfaßt den jenseit der Zingel liegenden Theil der Cröplinerthorvorstadt und die bis Bistow, Critzemow und Gr. Schwaß sich erstreckende Feldmark, Lypen die Feldmark vor dem Steinthore nebst Dallwitzhof und Gragetopshof, früher beide Höfe des S. Georg. Die Legung der Bauern wird sofort erfolgt sein.

7. Am 27. Februar 1286 verkaufte Nicolaus, Herr zu Rostock, mit Einwilligung seiner Mutter Agnes und seines Oheims, Herrn Heinrich von Werle, als Vormundes, gegen Bezahlung von Schulden seines Vaters Woldemar:

  1. das Dorf Wendisch=Wyk,
  2. den Burgwall mit der angrenzenden und bis zum Mühlendamme sich erstreckenden Wiese,
  3. die Pferdewiese zu Warnemünde (Pagenwerder),
  4. die Mühle beim Judenkirchhofe (die sogenannte Stampfmühle vor dem Cröplinerthore).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

8. Den Ort Warnemünde mit allem Eigenthum und aller Gerichtsbarkeit, jedoch ohne das Kirchenpatronat, hat Rostock erst 1323 von dem Fürsten Heinrich dem Löwen erworben.

Nach dem Cämmereiregister von 1325 besaß die Stadt noch das Dorf Barnstorf und einen Antheil in Dierkow, ohne daß über die Zeit des Erwerbes etwas erhellet.

Die Stadt muß schon früh Antheile in Rikdahl erworben haben. Die Stadt verkaufte nämlich 1291 am Tage Elisabeth an Thiderich Frise aus den Gütern von Nortmann in Riketalendorp eine jährliche Hebung von 4 Drömt Hartkorn und 4 Drömt Hafer, eine Rente von 4 Sch., 2 Topp Flachs, ein Rauchhuhn, aus dem Kathen (kothus) bei Otto 24 Hühner, aus dem Hause von Hinrich Pastow 4 Sch. und 5 Rauchhühner. Die Stadt behält die Wiedereinlösung nach drei Jahren für 50 Mk. (diese Hebungen hatten also einen Werth von 5 Mk.). Die Hopfenhöfe und Wiesen am Rikdahler=Steige heißen "orti in Riktalendorp" oder "versus Rikt.", dieselben könnten also aus Rikdahler=Feldmark entnommen sein. Im J. 1376, am Freitag nach Nicolai, kaufte die Stadt von dem hiesigen Bürger Johannes Bereke 9 1/2 Hufen in Riktalendorf mit Gericht und Dienst für 300 Mk. Rost. Pfenn.

Kassebohm ist 1329 von den Moltken angekauft und mit landesherrlicher Bewilligung unter Stadtgerichtsbarkeit und lübisches Recht gelegt worden.

7.

Die wendische Bevölkerung.

Der wendische Ort Rostock wird bald nach dem Aufbau der neuen deutschen Stadt abgebrochen und deutschen Anbauern zu Baurecht verliehen sein; die Wenden aber wurden in die entlegenen und niedrigen Enden der neu gegründeten Altstadt verwiesen. In den alten Stadtbüchern stößt man vielfach auf wendische Namen. z. B. Stadtbuch von 1289, fol. 96: "Dobers, Velciko, Thechaze, fratres, et soror ipsorum Thessika", vergleichen sich mit Adelheid, Wittwe von Thessekinus, wegen dessen Erbschaft; - fol. 97: Gerardus carnifex verkauft an "Bandan slavus" seine Buden; - fol. 99: "Janiko slavus" verkauft sein Erbe an Marquard Harmaker. Eine "domina Doberzlawe, relicta Johannis de Jagethus," wird 1295 erwähnt. Ferner: "Zelmarus slavus, Machorius Baghomile".

Den Wenden überließ man die tiefen Sumpfwiesen vor dem Petrithore, ihre alte Heimath, in Pacht. Nach dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Stadtbuche von 1289, fol. 45 b, verpachtete die Stadt im J. 1292 die Wiese auf der Wyk (supra Wyk) an die Wenden, nämlich "Minisken, Radeken, Johannem Scherebardesbroder, Nicolaus, Johannem Bisterveld, Miliken," gemeinsam für 20 Mk. jährlich; die Wiese gegen Bartelsdorf ward 1296 für 18 Mk., später 24 Mk., jährlich zu Michaelis verpachtet an "Thechen, Thessico, Johann frater Bartscerer, parvus Henricus specsnider", fol. 41 b. Weiter heißt es fol. 150:

"Anno nonag. VI°. Johannes tonsor barbarum, Thessike, Thekel et Nicolaus, slavi, convenerunt pratum juxta vallum pro XVIII mrc. et dabunt in festo b. Martini".

Dann heißt es weiter fol. 153 b.:

"Isti slavi tenent pratum versus Bertoldesdorp, prout prius tenuerunt, Thechel, Tessike, . . ., Johannes frater barbitonsoris, pro XXIV mr. Michaelis." (1300).

1315 pachten die Wiese am Damme für 5 Mk. jährlich auf zwei Jahre: "Techam magnus, Petrus cum longo nasu, Heinricus Molzan". Ohne Zweifel waren es auch Wenden, die nach dem Cämmereiregister 1329 pachteten:

"Sculeken, Langenese, Hanneman, Prore, Bistervelt convenerunt pratum madidum et pratum fartorum pro XXVII marcis, quolibet festo Michaelis persolvendis". (Von späterer Hand hinzugefügt): "Prata dominorum consulum metent".

Denn Bistervelt wird ausdrücklich unter den Wenden aufgeführt. Daher sind die Folgenden auch Wenden.

"Sculeke, Hinceke, Bistervelt et Techen et Stalknec convenerunt dicti et Ermer etiam conduxerunt pratum fartorum pro VIII marcis, eodem festo persolvendis".

Daher heißt es gleich hinterher ganz im Allgemeinen, daß die Wenden die nassen Wiesen in Pacht haben:

"Item sclavi dabunt XXX marcas de pratis madidis".

In den spätern Cämmereirechnungen z. B. von Petri 1355/56, 1356/57, 1363/64 heißen diese Wiesen kurzweg: Wenden=Wiesen (prata slavorum et fartorum), und die Namen der Pächter sind wendisch, z. B.: Hornyken, Nicolaus Wend, Reddagi, Major Strand, Petrus Loubatz, Darghetze de Retze. Als im J. 1472 die Wiesen vor dem Petrithore den Knochenhauern verliehen wurden, wird ausdrücklich gesagt, daß "de

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Wende und Specksnyders de sulven wysche beth an desse tyd gehad unde bruket hebben".

Außerdem überließ man den Wenden noch z. B. den Speckhandel und ohne Zweifel noch andere geringere Erwerbszweige 1 ); daher gilt in Rostock die Benennung Speckschneider so viel als Wende, und die Bezeichnung mit "Wenden und Speckschneider" wird ganz gewöhnlich. Ohne Zweifel überließ man den Wenden das Mästen und Schlachten der Schweine, da sie wohl Gartenbau trieben, und das "Speck verkaufen" ist wohl nur ein allgemeiner Ausdruck für die letzte Aeußerung ihres Gewerbes. Wahrscheinlich durften sie Vieh aufziehen und mästen, auch da sie in keiner Zunft sein durften, im Hause schlachten.

Im J. 1330 2 ) (feria sexta ante Marie Magdalene) ward die Befugniß der Wenden (Slavi lardum vendentes), Speck zu verkaufen, den Knochenhauern gegenüber, vom Rathe geordnet. Die Wenden dürfen das ganze Jahr hindurch am Montag und Donnerstag an der Ellernbrücke (pons alneus), einer Grubenbrücke, Speck verkaufen 3 ), ferner von Michaelis bis Weihnacht Rind= und Schaffleisch in halben und Viertel=Thieren (in dimidiis et quartalibus corporibus); außerdem durften sie Rindfleisch verkaufen, wenn sie das Haupt Rindvieh für 24 Schillinge gekauft hatten (carnes bovinas pro XXIV solidis emptas vendere debebunt) 4 ).


1) Wenden kommen vor als Heringswäscher und Bartscherer, z. B.: Petrus Slavus, lotor allecum. - Allotores allecum dabunt XII marcas civitati quolibet festo Martini et IIII sol. de qualibet mensa eodem festo.
2) Anno domini M°. CCC° XXX° feria sexta ante Marie Magdalene decreverunt consules universi unanimi consensu, quod carnifices lardum vendere non debeant, sed ante festum pasce tribus diebus forensibus scapulas et tybias et integra latera, sed carnes recentes vendere debeant, sicut fecerunt ab antiquo. Insuper Sluvi vendere debeant Iardum per circulum anni: scilicet secundis feriis et quinis in locis suis apud pontem alneum, ubi ab antiquo vendere consueverunt. Dicti vero Slavi a festo b. Michaelis usque ad festum Nativitatis Domini bovinas carnes et ovinas cum dimidiis corporibus et quartalibus perpetuo vendere poterunt, sed carnes bovinas pro XXIIII sol. emptas vendere debebunt. Gherwinus Wilde et Johannes Tolner tabule presidebant. -
3) Mit diesem Speckverkaufe stehen der Speckweg und die Speckäcker vor dem Petrithore in keiner Beziehung; "Speck" oder "Specking" ist eine noch jetzt häufig vorkommende Benennung für einen aus Rasen oder Buschwerk und Erde durch nasse Wiesen gelegten Weg oder Wiesendamm.
4) Die Brottaxe in dem "Liber arbitriorum civitatis Rostock" von 1400 hat für den Scheffel Roggen 1 Sch. bis 2 Sch., für den Scheffel Weizen 1 Sch. 4 Pf. und 2 Sch. 8 Pf. als geringste und höchste Marktpreise. Es sind also durchschnittlich 24 Schillinge gleich 18 Scheffel Roggen dermalen zu achten. Im J. 1355 kostete nach der Cämmereirechnung 1 Last Saathafer 6 1/2 Mk., 1 Last Gerstenmalz 12 Mk., 1 Last Hafermalz 6 Mk., 1 Last Roggen 14 Mk., 1 Last Gerste 12 Mk.; im Jahre 1379 galt der Scheffel Hartkorn 2 1/2 Sch., im J. 1419 2 Sch. 10 Pf. bis 3 Sch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Für diese Begünstigungen mußten sie nicht nur ein Stättegeld an die Cämmerei zahlen (a lardiscidis XXX solidos, denarios locorum), sondern waren auch zu gewissen Handdiensten verpflichtet. Es hielt nämlich nicht nur die Stadt reisige Pferde, sondern jeder Burgemeister mußte für den Stadtdienst einen Knecht und ein reisiges Pferd halten, wozu ihnen der Hafer von den Hospitalien geliefert ward und wofür sie städtische Wiesen benutzten. Wegen dieser Handdienste heißt es in dem Cämmereiregister von 1330, daß die wendischen Speckschneider alle Wiesen der Stadt mähen müßten:

"Slavi lardum vendentes prata universa civitatis ubicunque locorum situata metere debeant"

und zum J. 1329 ist von späterer Hand hinzugefügt, daß die dort genannten Wenden, als sie Wiesen pachteten, die Wiesen der Rathsherrn mähen sollten:

"Prata dominorum consulum metent".

Für solche Arbeit erhielten sie Lohn, wie aus den Cämmereirechnungen erhellt. Es war also das Absehen nur darauf gerichtet, sich Arbeitskräfte zu sichern. In ähnlichem Sinne waren die Warnemünder zu den Hafenbauten dienstpflichtig.

Die Wendenstraße liegt noch jetzt am Wendenthore, an der Unter=Warnow, zunächst dem Petrithore. Es gab aber früher noch eine Wendenstraße, da der Rath im ersten Viertheil des 14. Jahrhunderts eine Stelle Verkauft, wo früher die Wendenstraße sich befand. Die Stelle steht im Cämmereiregister (dem Acker= und Gartenbuch) von 1325 flgd. und zwischen Eintragungen auf Wendisch=Wyk bezüglich:

"Civitas habet in quadam area, quam Hinrico de Alen, penestico, vendiderat, ubi quondam strata slavorum fuerat, XXIIII solid. redditus perpetuos, quolibet festo Pasche et Michaelis erogandos".

Diese Stelle weiset auf die alten Wohnsitze der Wenden hin. Um dieselben in helleres Licht zu setzen, wird die Lage des im J. 1264 erworbenen Bruches und von Wendisch=Wyk nunmehr näher zu erörtern sein.

8.

Die Lage des Burgwalls=Bruches.

Am 12. Oct. 1264 schenkte der Fürst Borwin der durch die Feuersbrunst tief gebeugten Stadt Rostock zur Erleichterung der Noth mehrere Freiheiten und Gerechtigkeiten und sagt dabei auch:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

" Ceterum in palude, quicquid ad nos pertinere videtur, jacente inter aridam et fluvium, ex una parte, et inter aggerem s. Clementis et amnem qui decurrit ab amne Bertelsdorfie, ex parte altera, eorundem usibus assignamus".
(Außerdem überweisen wir zu ihrer Nutznießung noch alles das, was im Bruche uns zu gehören scheint, nämlich das, was liegt zwischen dem festen Lande und dem Flusse, von der einen, und zwischen dem S. Clemensdamme und dem Flusse, welcher von dem bartelsdorfer Flusse herfließt, von der andern Seite.)

Die Original=Urkunde ist nicht mehr vorhanden, sondern nur ein Transsumpt des Fürsten Heinrich des Löwen.

Das Wort "palus": Brook, Bruch, ist nun freilich in den rostocker Stadtbüchern der ältesten Zeit die beständige Bezeichnung für die drei Brüche bei der Altstadt, für den Gärber=, Fischer= und Küterbruch zusammen, und erst seit dem J. 1290 kommen neben diesem allgemeinen Ausdrucke die Bezeichnungen durch Gärberbruch, Küterbruch und Fischerbruch im Einzelnen häufiger vor. Eben so gewiß ist es aber auch, daß das Wort palus: Bruch, eine ganz allgemeine Bezeichnung für jede Sumpf= oder Bruchfläche ist. In den Jahrbüchern IX, S. 24 ist nun darin ein Fehlgriff gemacht, daß zur Deutung der Urkunde vom 12. Okt. 1264 der Standpunkt in der jetzigen Stadt Rostock genommen und unter dem Worte Bruch (palus) der Gärber=, Küter= und Fischerbruch verstanden ist, während diese drei Brüche doch seit alter Zeit sicher schon der neuern Stadt Rostock gehörten. Die Veranlassung zu dieser gewiß nicht richtigen Deutung lag darin, daß der S. Clemensdamm noch nicht bekannt war und nicht erforscht werden konnte. Vielfache neuere Entdeckungen werden aber die Lage dieses Dammes in das rechte Licht setzen. Nimmt man aber bei der Erklärung der Urkunde den Standtpunkt in der Petrivorstadt und nimmt man an, daß die in der Urkunde von 1264 erwähnten Räumlichkeiten hier, am rechten Ufer der Warnow, auf ehemals fürstlichem Gebiete, liegen, so löset sich alles auf eine befriedigende Weise, wenn man die neuern Entdeckungen in den Stadtbüchern dazu benutzt und das Wort palus ganz allgemein durch: Bruch, Sumpf oder Sumpfwiese erklärt, ohne auf die drei Brüche der Stadt Rücksicht zu nehmen. Man ist dann genöthigt, dasWort "arida": trockenes oder festes Land, nicht in dem Grund und Boden der jetzigen Stadt Rostock, sondern auf der entgegengesetzten Seite in dem Ackerlande der Petrithorvorstadt, an dem bartelsdorfer

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

oder dierkower Felde, zu suchen. Die angeführte Stelle in der Urkunde vom J. 1264 ist daher also zu übersetzen:

"Uebrigens überweisen wir das, was uns noch zugehörig erscheint in der Sumpfwiese, welche liegt zwischen dem trockenen Lande (nach Bartelsdorf oder Dierkow hin) und dem Flusse (Warnow), an der einen Seite, und zwischen dem S. Clemensdamm und dem Flusse, welcher von Bartelsdorf (?) herabfließt, an der andern Seite, zum Gebrauche der Bürger von Rostock".

Die von dem Fürsten Borwin im J. 1264 an die Stadt verkaufte Sumpffläche (palus) oder Sumpfwiese kann also nur in der Petrithorvorstadt zu suchen sein und zwar im vordern Theile derselben stadtwärts.

Es ist nun zunächst die Frage, wo der S. Clemensdamm liegt. Es ist wahrscheinlich, daß der S. Clemensdamm der jetzige Petridamm (die durch die Petrithorvorstadt sich windende Landstraße) sei, und daß dieser früher S. Clemensdamm geheißen habe. Der Name S. Clemensdamm verschwindet nämlich erst am Ende des 13. Jahrhunderts, mit dem Verkaufe des Dorfes Wendisch=Wyk an die Stadt, und der Name Petridamm taucht erst in dem ersten Viertheil des 14. Jahrh. auf; in der ältesten Zeit konnte auch der Damm nicht wohl von einer städtischen Kirche benannt werden, da die Petrithorvorstadt noch fürstliches Gebiet war. Eine Stelle im Cämmereiregister, welche, nach der Handschrift zu schließen, in der Zeit 1350 - 60 geschrieben ist, nennt den Petridamm 1 ) zuerst:

"Notandum quod civitas habet in ortis caulium dictis Wyk, sitis inter dammonem beati Petri et villam Derekowe, LXVII marcarum perpetuos redditus et duorum solidorum".

Eine andere Stelle ist weniger deutlich:

"Civitas locavit Johanni Stalknecht pratum foris valvam s. Petri secus dammonem, quamdiu sibi favet, pro XI marcis, quolibet festo b. Martini erogandis"

Der Petridamm geht zuerst eine Strecke grade aus bis an die Kreuzbrücke. Von hier windet er sich, als Landstraße von Rostock nach Ribnitz, durch die Wyk, die "Große und Kleine Wyk", augenscheinlich nach alten Gehöftsanlagen sich richtend.


1) Der Mühlendamm kommt früh urkundlich vielfach vor, und zwar im J. 1286 zur Bezeichnung des zwischen den Schleusen und dem weißen Kreuze liegenden Theils.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 33 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Von der Kreuzbrücke geht links ein zweiter, befahrbarer Damm ab, welcher Kadamm 1 ) heißt und nach dem Stangenlande, einem weiten, festen Plateau von Gartenland, führt, das zwischen der Wyk und Karlshof nach der Unter=Warnow hin, liegt. Es ist möglich, daß dieser Kadamm der alte S. Clemensdamm ist und überhaupt der einzige älteste Damm, welcher zuerst um die Wyk herum führte, ehe der Petridamm durch die Wyk gelegt ward. Jedoch ist es nicht von großer Wichtigkeit, die Lage des S. Clemensdammes ganz genau zu bestimmen, da der Kadamm und der Petridamm nahe bei einander liegen.

Der S. Clemensdamm lag jenseit der Warnow und hatte Gärten in seiner Nähe:

"Henricus de Gudowe, tutor domine Gertrudis de Halteren, et ipsa Gertrudis vendidit Johanni de Plothe lanifici ortum unum juxta aggerem sancti Clementis trans fluvium, sicut suum fuit, et sibi rationabiliter resignavit" (1293).

Es lagen am S. Clemensdamme auch Gehöfte und Baustellen:

"Henricus et Wernerus, filii Rodenbeckeres, vendiderunt Thydemanno molendinario hereditatem suam juxta aggerem s. Clementis sitam, de consensu uxoris Henrici et fratris ejusdem Hermanni scilicet, et sibi ipsam coram consulibus resignaverunt. Ludolfus Pes, Henricus Dunevar, Henricus de Lare tabule presidebant" (1298).
"Ludbertus Dunevar, Hermannus Lyse, Johannes de Lemhus ex jussu consulum et consensu vendiderunt Hartwico de Libra spacium illud juxta aggerem s. Clementis fluvio vicinum, ita tamen quod via ibi maneat, ut nunc est. Actum anno quarto (1294) Petri et Pauli".

Ferner:

"Hermannus Modenhorst vendidit Thydemanno Batzeler aream (Hausstätte) suam, quam emerat a civitate, juxta aggerem s. Clementis, sed dictus Hermannus obtinebit in dicta area III marcarum redditus pro XXX marcis denariorum, quos Thydemannus prefatus reemere poterit pro tanta summa, quando poterit" (1295).
"Hermannus Modenhorst vendidit Thydemanno de Redecle aream unam juxta agge-


1) Einen Kadamm giebt es vor allen vier Landthoren Rostocks.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 34 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rem s. Clementis et structuram in ipsa edificatam, quam sibi resignavit, promittens warandiam. Scriptum feria quarta ante Pentecostes" 1306.

Im J. 1270 wird auch ein S. Clemens=Sumpf oder Wiese oder Brok ("palus s. Clementis") genannt.

Ist nun die Lage des S. Clemensdammes glücklich erforscht, so bleibt doch noch die sehr bedeutsame Frage zu beantworten übrig, woher dieser Damm seinen Namen habe.

Der S. Clemensdamm führte seinen Namen nach der dabei gelegenen Kirche des heiligen Clemens:

"Ludolfus Pes, Ludbertus de Lagenstrata et Ludbertus Dunevar ex jussu et voluntate communium consulum vendiderunt Bernardo Copman, ad manus Seghefridi, generi sui, Hermanno Boken, Hermanno Modenhorst et Henrico Hart spacium illud, ubi fuerat ecclesia sancti Clementis, et quitquit civitas ibi habuit, ipsis quoque resignaverunt rationabiliter, promittentes warandiam diei et anni. 1293 circa festum assumptionis".

Die S. Clemenskirche, zu welcher der S. Clemensdamm führte, war also schon im J. 1293 abgebrochen und der Rath verkaufte in diesem Jahre die Stelle der Kirche und was dazu gehörte an vier rostocker Bürger. Der Raum muß nicht klein gewesen sein, da einer der Käufer, Hermann Modenhorst, von seinem Antheile im J. 1295 eine Hausstätte und 1306 wieder eine Hausstätte verkauft, beide am S. Clemensdamm gelegen. Man erkennt hieraus zugleich, daß die S. Clemenskirche am Clemensdamme gelegen hat, und zwar links vom Damme, nicht sehr weit von der Kreuzbrücke, da mehrere Räumlichkeiten am Damme nicht weit von der Warnow entfernt waren.

Es bleibt nun zur Erläuterung der Urkunde von 1264 nur noch die Untersuchung des bartelsdorfer Baches übrig. Die Urkunde nennt als Grenze den Bach, der von dem bartelsdorfer Bache herabfließt ("anmis qui decurrit ab amne Bartelsdorfie"). So lesen alle Handschriften. Man könnte annehmen, daß hier ein Schreibfehler stecke und ab agro Bartelsdorfie statt ab amne zu lesen und der ganze bartelsdorfer Bach oder der Witingstrang zu verstehen wäre. Aber die Stelle der Urkunde, so wie sie ist (mit den Worten: ab amne Bartelsdorfie), läßt sich auch wörtlich deuten. Von dem bartelsdorfer Bache gehen Wasserläufe und Gräben ab. Es ist möglich, daß das Wasser gemeint sei, über welches die Kreuzbrücke

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 35 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

führt und welches nicht weit von der Mündung des bartelsdorfer Baches aus diesem rechts durch die tiefen Sumpfwiesen fließt und sich in die Unter=Warnow ergießt. Es ist immer möglich, daß dieses Gewässer ein alter Lauf des bartelsdorfer Baches ist, welcher durch die Aufschüttung der Wyk eine andere Richtung erhalten hat.

Nach diesen Untersuchungen wird sich die Urkunde vom J. 1264 leicht erklären lassen.

Am 12. October 1264 schenkte der Fürst Borwin III. von Rostock der Stadt, das was ihm noch gehörte in der Sumpfwiese ("in palude"), welche liegt zwischen dem trocknen Lande ("inter aridam", d. i. Dierckow oder Karlshof und Stangenland) und dem Flusse (d. i. der Unter= Warnow ), von der einen Seite, und dem S. Clemensdamm (d. i. Petridamm) und dem von dem bartelsdorfer Bache herabkommenden Bache, von der andern Seite.

Die also verkaufte Wiesenfläche wird daher die jetzt sogenannte Armenwiese links jenseit der Kreuzbrücke sein.

9.

Die Lage von Wendisch=Wik.

Am 27. Febr. 1286 verkaufte der Fürst Nicolaus von Rostock an die Stadt Rostock:

sein Dorf Wendisch=Wik mit den angrenzenden Wiesen und den Burgwall mit den angrenzenden und bis zum Mühlendamme sich erstreckenden Wiesen:
("villam nostram Wendesche Wyk cum omni utilitate, proprietate, iudicio, cum pratis adiacentibus, vallum castri insuper cum prato adiacente et ad dammonem molendinorum ascendente".)

Dieses Dorf Wendisch=Wik läßt sich noch genau nachweisen. In den weit ausgedehnten Wiesenflächen vor dem Petrithore liegen zu beiden Seiten des Petridammes, zwischen dem bartelsdorfer Bache und dem Stangenlande, mehrere niedrige Plateaus von erhöhetem, festen Gartenlande, welche noch heute im Allgemeinen die Wîk genannt werden. Früher waren sie schärfer in zwei Theile getrennt: der mehr erhöhete Theil, rechts von der Landstraße von Rostock nach Ribnitz, hieß die große Wik, der Theil links an der Landstraße die kleine Wik;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 36 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mehr links liegt das Stangenland. Jetzt pflegt man wohl die Wiesen um diese Gärten die Wik zu nennen.

Die Lage des Dorfes Wik wird im J. 1325 deutlich bezeichnet: der Acker auf der Wik neben der Wiese am Damme:

"Viceman ortulanus dabit civitati duarum marcarum redditus de quodam agro supra Wich juxta pratum secus dammonem",

und an einer andern Stelle:

"Notandum quod civitas habet in ortis caulium dictis Wyk, sitis inter dammonem b. Petri et villam Derekowe, LXVII marcarum perpetuos redditus et duorum solidorum".

Die älteren Bewohner versichern, daß sie zuweilen bei tieferen Aufgrabungen in der Petrithorvorstadt große Scherbenlager gefunden und ganze Fuder (Gefäß =) Scherben fortgefahren hätten. Bei der Untersuchung an Ort und Stelle hat es leider nicht gelingen wollen, Scherben aus der heidnischen Zeit aufzufinden, da diese Stellen seit Einführung des Christenthums immer bewohnt und bebauet gewesen sind. Schon der Name Wîk ist ein Beweis, daß die Stelle ehemals ein wendisches Burgdorf oder eine Stadt getragen habe, da dieser Name noch öfter an ähnlichen Stellen vorkommt. So heißt auch das Dorf an dem wendischen Burgwalle Werle noch heute Wik 1 ). Auch an der Reknitz bei Marlow, wo eine wendische Fürstenburg stand, an dem uralten Passe nach Pommern, liegt eine Wik 2 ). So lagen am Ausflusse der Hilda (Rik oder Reke) bei dem Kloster Eldena bei Greifswald zwei Wiken, die wendische Wik und die dänische Wik, zusammen "Wicus ante claustrum" genannt; so lag eine Vik bei Arkona, jetzt vielleicht Vitte 3 ).

Der Ausdruck ist altgermanisch: wîch =Ort, Flecken, Burg, auch lateinisch. vicus, gothisch veihs, angelsächsisch vîc (vgl. Graff's althochdeutscher Sprachschatz I. S. 721), z. B. in Braunschweig (Bruns - wic=urbs Brunonis), Schleswig. Daher heißen die kleinen Häuser in den Ausbiegungen der Stadtmauern noch jetzt Wikhäuser, und daher kommt noch im Neuhochdeutschen der Ausdruck Weichbild. Im Altnordischen heißt vîk=Bucht, Hafen, was auch oft zu den wendischen Wiken passen würde. - Der untere Lauf des bartelsdorfer Baches heißt noch heute der Witingstrang, in allen Buchstaben an Ort und Stelle genau so zu hören. Ob dieser Name mit dem


1) Vgl. Jahrbücher VI, S. 88 flgd.
2) Vgl. Jahresbericht VIII, S. 80.
3) Vgl. Fabricius, Urkunden des Fürstenthums Rügen, II, S. 92 u. 85, I, S. 79.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 37 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dorfe Wik oder mit den Seeräuberzügen der Wikinger zusammenhängt, wofür nach Adam v. Bremen eine ältere Form "Withinger" 1 ) vorkommt, kann dahin gestellt bleiben. (Im Sonnenberge bei Parchim giebt es noch heute einen Witingsberg, an welchen sich Sagen von Räubern knüpfen.)

Zur Zeit des Ankaufes des Dorfes Wendisch=Wik waren die dortigen Gehöfte schon in deutschen Händen.

Die Frau Mechtild von Wyk besaß einen Hof zu Wyk ("curiam supra Wyk"), den sie nach dem Stadtbuche vom J. 1270 flgd., fol. 118, mit ihrem Sohne Heinrich im Frühjahr 1286 an Hermann, Meinrichs Sohn, und an Hermann Ratenow für 37 Mk. currenter Münze verpfändete. Diese Eintragung ist getilgt. Im folgenden Jahre verkaufte sie diesen ihren Hof an den Gärtner Riquard, fol. 156:

"Domina Mechtildis de Wyk et Henricus filius ejus, de consensa tutorum eorum, Conradi de Lawe, Alberti Spicenagel et Henrici de Totendorp, vendiderunt Riquardo ortulano suam curiam supra Wyk et sibi rationabiliter resignaverunt; sed dictus Riquardus solvit civitati annuatim VIII marcas, quatuor marcas in pasche et quatuor marcas Michaelis, Henrico de Totendorpe et Mechtildi et Heinrico filio ejus warandiam diei et anni promittentibus. Ludolfus Pes et Hildebrandus Eselesvot et Jo. Nicig tabule presidebant".

Conrad von Lawe und Albert Spicenagel waren beide rostocker Rathsherren, also wird auch die Verkäuferin einer deutschen Familie angehört haben. Der verkaufte Hof wird der Haupthof gewesen sein, da die Summe von 8 Mk. eine bedeutende Pacht war und die Verkäuferin den Namen von der Wyk trug.

Diese Eintragung ist gleichfalls getilgt, denn im J. 1288 verkaufte Riquard diesen Hof an Meinhard von Malchow; die Stadt als Grundherrschaft behielt sich jedoch vor, den Hof einzuziehen gegen Erstattung des von Meinhard gezahlten Kaufpreises, ein interessanter Beleg für die Festigkeit der alten bäuerlichen Erbleihe. Die Stelle fol. 163 des Stadtbuches lautet:

"Riquardus ortulanus de Wik vendidit Meynekino de Malchowe suam curiam supra Wik et sibi rationabiliter resignavit. Sed dictus Meynekinus dabit annuatim civitati VIII marcas denar., quatuor in pascha et quatuor Michaelis. Et si civitas dictam curiam emere voluerit, ipsi


1) Vgl. Jahresbericht VIII, S. 152.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 38 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meynardus pro tanto precio, sicut ipse comparavit, non negabit. Henricus de Totendorp, Nicolaus de Kessin, ortulanus, Fredericus de Besevitz et idem Riquardus promiserunt warandiam diei et anni. Hermannus Wilde, Hildebrandus Eselesphot et Jo. Nicig tabule presidebant".

Dies ist wieder getilgt und ein späterer Zusatz ist gleichfalls getilgt, lautend:

"Item consules vendiderunt eidem Menikino redditus IIII marcarum in curia, que fuerat Conradi Trepperes et Johannis de Wulferdeshagen, conditione predicta interposita".

Ueber das hier gedachte zweite Erbe in Wik giebt eine gleichfalls getilgte Eintragung von 1287 nähere Auskunft:

"Arnoldus Platemakere et Elerus sartor vendiderunt Johanni de Wulfardeshagen et Conrado Treppere de consensu uxorum eorum et puerorum omnem hereditatem eorum in Wendeschen Wyk, sive in ortis sive in pratis, eo modo quo a domino Waldemaro possiderunt et nunc a civitate possident, perpetuis temporibus dicta bona possidenda, sed dicti duo Johannes et Conradus dabunt civitati annuatim quatuor marcas, sicut predictus Arnoldus et Elerus dare consueverunt. Ludolfus Pes, Hildebrandus Eselesvot et Jo. Nicig tabule presidebant".

Eine andere Stelle auf der Wik scheint in folgender Eintragung gemeint zu sein:

"Civitas locavit Nicolao (Kercengeter ?) et Nicolao de Kezzin, ortulanis, spacium unum supra Wic, fossato circumductum, ad octo; de quo spacio dicti duo solvent annuatim VIII marcas, sed primo anno gratis habebunt. Finitis octo annis dicti duo dictum spacium pro precio, quod alter dare voluerit, obtinebunt. Precium dabunt in pascha et Michaelis. Actum 1290 in festo Albani, Ludolfo Pede, Hinrico de Vemeren, Ludberto tabule presidentibus".

Conrad Trepper's Hof wird schon im J. 1289 von einem Gläubiger weiter verkauft für 100 Mk.:

"Bernardus de Asbeke resignavit Johanni de Lubeke et Gerhardo Episcopo ortum humuli, qui fuerat Conradi Trepperes et pratum supra Wich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 39 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ejusdem pro C mrc. den., quem ortum et pratum Conradus predictus reemere poterit pro denariis eisdem. Ludolfus Pes, Ludbertus, Henricus de Lare tabule presidebant. Ad hec omnia Conradus Trepper coram consulibus assensum dedit".

Das Meindhardsche Gehöft muß bald darauf von der Stadt angekauft sein; sie verpachtete es ("curiam supra Wich") im J. 1300 an den Schlachter Gerhard auf 4 Jahre für jährlich 12 Mk. Pacht.

Auch der anderweitige Besitz von Trepper und Wulfardeshagen wird in städtischen Besitz gelangt sein. Denn es heißt gegen 1325:

"Notandum sit, quod civitas redemit a Hinrico de Dulmen octo marcarum redditus, quos habuit in ortis civitatis extra portam s. Petri, videlicet in fundo castri, juxta domum laterum s. Petri, et in ortis supra Wich sitis, quos Johannes Wulfardeshagen quondam tenuit. Istorum reddituum Eyghelbertus de Pomerio duas marcas, Bolto de Schowe duas marcas, Martinus ortulanus quatuor marcas annis singulis quolibet festo Michaelis erogabunt".

Außer diesen Höfen, dem S. Clemens=Kirchplatz und den schon oben im Abschnitt 7 berührten Wiesen war noch eine Dorfstelle in Wik. Es heißt um 1325:

"Civitas locavit antiquo Rover carnifici quoddam spaciam agrorum supra Wich, ubi quondam fuerat locus ville, pro sex (später übergeschrieben: "quinque) marcis denar. quolibet festo b. Martini erogandis".

Aus dieser Stelle geht hervor, daß im J. 1325 das wendische Dorf Wik als solches schon abgebrochen und von einzelnen Höfen besetzt war. Daß hier früher die Wenden wohnten, wird schon durch die in 7 angeführte Stelle ("ubi quondam strata slavorum fuerat") angedeutet, erhellet aber ganz besonders aus folgender Stelle:

"Johannes de Rathenow (aus einem altstädtischen Geschlechte) vendidit Henrico slavo Specsnider de Wich aream unam sitam infra Thydericum de Sosat, et sibi resignavit. In ipsa area obtinet dictus Rathenow unius marce redditus, quos Heinricus prefatus reemere poterit, quando vult vel potest, secundum arbitrium

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 40 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"civitatis, pro X marcis denariorum". (1294.) Stadtbuch vom J. 1289 flgd., fol. 128.

Im zweiten Viertheil des 14. Jahrhunderts werden die Pachtverhältnisse neu regulirt worden sein, um der Stadt höhere Einkünfte zu sichern. In den seit 1355 vorliegenden Cämmereirechnungen finden sich:

  1. Die Gärten in Wik (orti in Wyk, orti Wyk, oder orti caulium et humulorum versus Wyk);
  2. die Gärten in Rikdahl (orti in Riktalendorp, oder orti Riktalendorp, auch orti et prata humulorum versus Riktalendorp);
  3. die Wiesen am Petridamme (prata juxta aggerem s. Petri);
  4. die Wenden= und Küter=Wiesen (prata slavorum et fartorum).

Alles Uebrige muß also damals rein in Privatbesitz übergegangen sein. Jetzt gehören der Stadt nur noch die Besitzungen unter 3 und 4. Bei den Grundstücken unter 1 und 2 wird deren im 14. Jahrhundert erfolgte Eintheilung, von einzelnen Parcelirungen abgesehen, im Wesentlichen noch bestehen.

1. Die Gärten in Wik umfassen das Terrain zwischen dem Petridamme, dem grünen Wege, Bartelsdorf und Dierkow, welches ungefähr 130 ziemlich gleichmäßige Parcelen enthält.

Dazu paßt genau folgende Stelle des Cämmereiregisters:

"De Wyk.

Memorandum quod civitas habet extra valvam s. Petri quadraginta jugera ortorum cum dimidio jugere, in uno tramite, secus distinctionem ville Derekow situata, quorum quilibet ortus solvit civitati annuatim talentum quolibet festo Nativitatis b. Virginis pro redditibus perpetuo erogandis".

Aus dem J. 1358 am Tage vor Himmelfahrt wird bemerkt, daß die Renten aus den Gärten in Wik jährlich 67 Mk. 2 Schill. betragen, daß die Inhaber solche auf Erfordern der Stadt, deren freies Eigenthum sie seien, zurückgeben müssen, daß aber eine Veräußerung des Pachtbesitzes vor der Cämmerei zulässig sei.

"Et notandum, quod dicti orti spectant cum omni proprietate ad civitatem, nec cultores habent quicquam aliud in eis, quam suos labores, de quibus dant civitati redditus suos predictos, et quam cito civitas voluerit, jacebunt deserti ad quemlibet usum civitatis, nec ipsorum cultores

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 41 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

habebunt se alio modo intromittere de eisdem, sed solum quiti manebunt de redditibus exsolvendis inantea de eisdem. Etiam quicunque ipsorum cultorum, qui pro nunc sunt, voluerint suos ortos vel jugera aut partem eorum aliis resignare, debent eos in presencia dominorum camerariorum facere inscribi huic registro presenti et sic eorum successores".

2. Die Wiesen und Hopfenhöfe gegen Rikdahl sind die rechts vom Damme zwischen Bartelsdorf, dem bartelsdorfer Bache, in 70 gleichmäßige Parcelen von Alters her eingetheilt. Die alte Pacht war 39 Mk. jährlich, und wörtlich dieselbe Bemerkung, wie wegen der Gärten in Wik, findet sich für die Hopfenhöfe gegen Rikdahl.

Im Jahre 1372 Ostern liehen die Gärtner und Bürger, welche die Gärten und Wiesen in Wik, so wie auf der andern Seite des Dammes gegen Rikdahl bebauen, der Stadt 450 Mk. rostocker Pfennige und erhielten die Zusicherung, daß, wenn auch diese Grundstücke ihnen nicht verkauft sein sollten, doch die Befugniß der Stadt zu anderweitiger Disposition bis zur Rückzahlung der 450 Mk. ruhen sollte. Diese Eintragung ist ungetilgt und also allem Anscheine nach das Fundament, aus welchem das jetzige Eigenthum der privaten erwachsen ist.

Es folgt nun ein Verzeichniß der Inhaber der Hopfenhöfe in Wik, deren 37 1/2 Morgen aufgeführt werden; der Morgen ist zu 1 Pfund (1 Mk. 4 Schill.) verpachtet. In diesem Verzeichnisse kommen auch 20 1/2 Morgen "auf dem Sande" ("supra arenam") vor, die zu 1 Mk. für den Morgen verpachtet sind. Letztere sind entweder die Speckäcker, oder das höher gelegene Acker= und Gartenland inmitten der Petrithorvorstadt, welches zum Theil Sanduntergrund hat (Stangenland, S. Jürgen, Carlshof etc. .). Zusammenhangend muß Beides gewesen sein, da manche Gärtner auf beiden Stellen zugleich Land in Pacht haben, z. B.:

"Bertoldus Gherdenere habet II jugera minus uno quartali et dabit de jugere sito in Wyk I talentum et de aliis tribus quartalibus in arena sitis I mrc."
"Nicolaus Bucowe habet I 1/2 jugera, dans de uno jugere I pund sito in Wyk, et de 1/2 jugere sito supra arenam VIII solidos."
"Heyno Thie habet VI jugera sita supra arenam,dans VI marcas."

3. Die Wiese beim Petridamme ward von der Cämmerei auf Zeit verpachtet und ist im Besitze der Stadt geblieben.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 42 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dies kann daher nur das Terrain sein, welches Kl. und Gr. Wik heißt und links und rechts vom Damme liegt. Die Pacht betrug 3, 3 1/2 , 4 Mk. jährlich; sie wird auch bezeichnet: "parvum pratum a sinistra parte apud dammonem".

4. Die Küter= und Wendenwiesen (prata fartorum et slavorum). Die Lage dieser Wiesen ist schon durch die ältere Bezeichnung: "nasse Wiesen" (prata madida) genügend angedeutet, besonders aber durch folgende Stelle:

"Stalknec convenit madidum pratum juxta domum laterum s. Petri pro XVI marcis, quolibet festo b. Martini erogandis".

Die Wenden behielten diese Wiesen sehr lange. Erst im J. 1472 wurden diese Wiesen, welche "bis dahin die Wenden und Speckschneider gebraucht hatten", den Schlachtern (Knochenhauern) überlassen. Dieser interessante Vertrag, welcher im J. 1669/70 seine Endschaft erreichte, lautet also:

"De pratis civitatis extra valvam s. Petri assignatis carnificibus".

"Anno domini MCCCCLXXII°, die sabbatis ante visitationem Marie (27. Junii), coram consulatu Rostoch acta sunt infrascripta, videlicet: Dat umme nutticheyd willen der stad Rostok unde der knakenhower darsulvest is de rad myt den olderluden der knakenhowers, Clawes Sotebotter, Hans Spoetling, Bernd Hane unde Clawes Kertzeboem, unde ghanzen amptbroderen des sulven amptes, dede horen to den olden unde middelsten vleescharn, aver een gekamen, also dat de erscreven knakenhower scholen hebben unde bruken der stad wische buten sunte Peters dore beleghen by deme damme, alzo tor luchteren (linken) hant: genomet den hertichdom, twe werder tor Warnow ward achter dem hertichdome, unde tor vordern (rechten) hand den halz, dede schud uppen teghelhoff, de basse by der hoghen brugghe, eyn ord jeghen dem cruce, dede schut uppe de Warnow, eyn werder tuschen dem sulven orde unde dem wuppoyse, de küterwisch unde eyn werder by deme teghelhave, so alze de Wende unde speksnyders de sulven wysche beth an desse tyd gehad unde bruken hebben, wor

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 43 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vore de sulve knakenhower scholen unde willen alle jare uppe sunte Mertens dach deme rade to dancke gheven unde betalen dre unde twintich mark sundesch, unde dar baven scholen de sulve knakenhower deme rade unde stad to gude holden twe verdighe reysighe peerde unde twe weraftighe manne myt harnsche unde verdighe tughe, alz twe schutte edder eynen scutten unde eynen myt eyner glevien, de deme rade scholen ryden unde denen so vaken, alz se en tosegghen laten, unde myt dessen schal nicht wesen to vorvanghe edde mynringhe, wanner de gemene borghere ofte ampte 1 ) ere were uthmaken 2 ), men dar ane willen unde scholen de knakenhower bliven plichtich to donde der stad unde dem rade, alz dat von oldings gheholden ys" etc.

Nach dem Hauptregister der Cämmerei von 1670 lagen diese Wiesen, welche den Knochenhauern, weil sie nichts davon gegeben, abgenommen wurden, zu beiden Seiten des Petridammes und um die Bleiche herum bis zur Kreuzbrücke, dann diesseit der Warnow beim Küterbruche. Die Wiesen jenseit des Kreuzgrabens, namentlich die Armenwiese (pratum s. Katharine?), hat


1) In älterer Zeit unterscheidet ein feststehender Sprachgebrauch die nicht im Amtsverbande stehende Bürgerschaft und die Amtsgenossen. Ersteres tritt scharf bezeichnend im J. 1410 hervor, in der Forderung, daß die Rathsstellen zum Theil aus den Bürgern, zum Theil aus den Aemtern besetzt werden sollen. Von einem Amte, den Bäckern, heißt es im Statutenbuche:

" Vortmer welker man syn sulves wert an dem bekkerammethe, de schal syne eede don vor den weddemesteren an der jeghenwardicheit der olderlude unde des ammethes und anders nene eede don by X mark sulvers".

Der Eid lautete:

"Dat ik deme rade to Rozstok truwe, holt unde horsam wil wesen, ere beste to wetende unde ergeste to kerende unde den olderluden mynes amptes mogelken horsam to holdende, dat my god so helpe unde hilghen".

Die Bäcker setzten in Lübeck 1403 durch, daß der Unterschied zwischen den Eiden der Bürger und Handwerker aufhöre.
2) Der Liber arbitriorum von 1400 enthält ein Verzeichniß der von den Aemtern auszurüstenden Mannschaft, zusammen 613 Mann: Schuhmacher 40, Bäcker 30, Krämer 30, Pelzer 20, Knochenhauer 20, Böttcher 20, Riemenschneider 20, Kannengießer 16, Haken 30, Schneider (scroder) 20, Gärber 20, Wollenweber 20, Leineweber 16, Goldschmiede 3, Bartscherer 6, Klippekenmacher 5, Patinenmacher 5, Kleinbinder (veteler) 5, Reifer 10, Wandscherer 5, Tischler (Kistenmacher) 5, Maurerleute 10, Zimmerleute 10, Glaser, Maler 2, Fuhrleute 4, Fischer 20, Nadler 3, Grützmacher 3, Kohlhaken 6, Salzhaken 5, Weißgärber 3, Apfelhaken 3, Armborstner 5, Träger (wohl alle persönlich dienstpflichtig) 150, Leinwandschneider 3, Schwertfeger 3, Drechsler 3, Hutfilter 3, Altschneider 1, Kleiderseller, Speckschneider, Bechermacher, Altflicker bilden den Schluß ohne Angabe einer Zahl.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 44 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu dem Besitze von 1472 nicht gehört. Von einer andern größern Wiese (gr. und kl. Wyk?) heißt es, sie läge bei Wolhard Stindten Garten, später auch Stintenburg genannt.

Außerdem war schon früh ein Theil der Petrithorvorstadt in Privatbesitz übergegangen, z. B. der Platz der S. Clemens=Kirche. Der Hof in Wik scheint, nachdem die Stadt etwa den größern Theil des Landes abgenommen hatte, wieder an Private veräußert worden zu sein; es ist später die Rede von einer S. Katharinenwiese vor dem Petrithore am Damme beim Hofe des Heinrich Witte (apud curiam domini Heinrici Witte). Eines der Gehöfte führt noch jetzt den Namen Hof mit dem Beisatze des jedesmaligen Besitzers (z. B. Pingelshof).

10.

Die Burg Alt=Rostock.

Nach diesen sichern Ermittelungen läßt sich mit Grund annehmen, daß das wendische Alt=Rostock in der Petrithorvorstadt lag. Hiefür spricht nicht allein die Lage und Beschaffenheit dieser Vorstadt und die Existenz des Dorfes Wendisch=Wik, welches neben oder vor einem Burgwalle gelegen haben muß, sondern auch die ausdrückliche urkundliche Angabe, indem der Fürst Nicolaus von Rostock am 27. Februar 1286 der Stadt Rostock

"sein Dorf Wendisch=Wik mit den angrenzenden Wiesen, und außerdem den Burgwall mit den angrenzenden Wiesen und den sich bis zum Mühlendamme erstreckenden Wiesen verkaufte"
("vallum castri insuper cum prato adiacente et ad dammonem molendinorum ascendente").

Die wendische Fürstenburg Alt=Rostock lag jenseit der Warnow, an dem Flusse, in den tiefen Wiesen, dort wo einst S. Petri=Ziegelhof stand und jetzt die Petri=Bleiche ist.

Nachdem die Stadt im J. 1286 den Burgwall von dem Fürstenhause gekauft hatte, wird schon um das J. 1288 Nicolaus Kerzengheter als Pächter des Burgwalles bei S. Petri (für 4 Mk.) aufgeführt:

"Nicolaus Kercenghetere de vallo castri apud s. Petrum dabit singulis annis II mr. in pascha et II mr. Michaelis".

Derselbe wird 1289 (Dionysii) als Pächter genannt:

"Nicolaus Kerzengetere solvit de vallo castri IIII marcas".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 45 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im J. 1296 pachteten die Wenden "Thessike, Thekel, Johann Scherebartsbroder und Nicolaus" die Wiese beim Burgwalle (wohl die Schlachterwiese):

"Anno nonagesimo sexto Johannes Tonsor Barbarum, Thessiko, Thekel et Nycolaus, slavi, convenerunt pratum iuxta vallum pro XVIII marcis et dabunt in festo b. Martini".

Im J. 1310 ward nach dem Hausbuche von 1304 die "Wiese links neben dem Burgwalle vor dem Petrithore" (d. i. die jetzige Schlachterwiese) neu verpachtet:

" Civitas locavit Thessekino, fratri Nicolai, et Thessekino Vogel pratum ad sinistram manum juxta vallum extra portam s. Petri ad quatuor annos, anno quolibet pro VIII marcis Mich. (Symonis et Jude 1310)".

Um diese Zeit stand hier auch S. Petri=Ziegelhof. Im J. 1325 heißt es:

"Notandum sit, quod civitas redemit a Hinrico de Dulmen octo marcarum redditus, quos habuit in ortis civitatis extra portam s. Petri, videlicet in fundo castri iuxta domum laterum s. Petri et in ortis supra Wich sitis, quos Johannes Wulferdeshagen quondam tenuit. Istorum reddituum Enghelbertus de Pomerio duas marcas, Bolto de Schowe duas marcas, Martinus ortulanus quatuor marcas annis singulis quolibet festo Michaelis erogabunt."

Aus einem Flurregister von 1669 erhellt, daß der S. Petri=Ziegelhof nur einen Theil der jetzigen Petri=Bleiche einnahm, der übrige Theil aber aus Gartenland bestand, welches in der Folge in den Besitz der Petrikirche gelangte.

Die Stadt kaufte also im J. 1325 von Heinrich von Dulmen 4 Mark Pacht aus den "Gärten der Stadt vor dem Petrithore auf dem Burgplatze neben dem Petri="Ziegelhofe" und 4 Mark Pacht aus den Gärten auf der Wik zurück, welche Johannes Wulferdeshagen früher besessen hatte. Es ist in dieser Stelle nämlich der Ausdruck über die Gärten auf dem Burgplatze ohne Trennung so zusammenzuhalten, wie er hier geschrieben ist, so daß der Ausdruck "orti civitatis extra portam s. Petri videlicet in fundo castri iuxta domum laterum s. Petri" nach der Urkundensprache zur Bezeichnung eines und desselben Grundstückes zusammengehört und nicht zu trennen ist. Hiefür wird die alte Pacht von 4 Mk., nämlich 2 Mk. von Engelbert von Baumgarten und 2 Mk. von Bolte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 46 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Schowe gegeben. Für die Gärten auf der Wik, welche früher Johann Wulferdeshagen hatte, wird ebenfalls die alte Pacht von 4 Mk. durch den Gärtner Martin bezahlt (vgl. oben S. 39).

In demselben Jahre 1325 pachtete Stallknecht eine tiefe Wiese bei S. Petri=Ziegelhof:

"Stalknecht convenit madidum pratum iuxta domum laterum s. Petri pro XVI marcis quolibet festo b. Michaelis erogandis".

Nach den Cämmereirechnungen von 1355 flgd. überließ Henneke Martini, wahrscheinlich des eben genannten Gärtners Martin Sohn, an Heinrich Bruno's (Sohn) und Heinrich Winkel ein Stück Landes, "Wall" genannt, für 4 Mk. Pacht:

"Henneke Martini resignavit Hinrico Brunonis et Hinrico Winkel, ipsis equaliter, spacium agri seu terre sue, dictum wal, de quo dabunt civitati annuatim quatuor marcas. Scriptum sub anno LIX (1359), feria quarta post Agnetis, Hinrico Frisonis et Arnoldo Cropelin presentibus, et quum civitas mandaverit, desertum et incultum jaceri, ad usum civitatis jacebit."

Es läßt sich aber nicht bestimmen, ob dieses Land auf dem Burgwalle oder auf der Wik, welche ebenfalls Wall genannt werden könnte, lag, da der Gärtner Martin im J. 1325 nur für 4 Mk. Land auf der Wik erworben zu haben scheint und es sich nicht ermitteln läßt, ob er auch den Burgwall erwarb.

Fernerhin kommt noch derselbe Martini mit 4 Mk. Pacht vom "Walle" vor:

"Item Henneke Martini de walle quatuor marcas".

Das von Martini für 4 Mk. gepachtete Land, welches, nach dem Verhältniß der übrigen Pächte, ungefähr 4 Morgen groß gewesen sein muß, wird immer im Ganzen, ohne Berechnung nach Morgen, verpachtet.

Weiterhin kommt der Name Burgwall nicht wieder vor. Bei dem Verkaufe der Wiesen an die Schlachter im J. 1472 wird nur noch der "Ziegelhof" genannt.

Es leidet also keinen Zweifel, daß die wendische Fürstenburg Alt=Rostock vor dem Petrithore, gleich rechts am Damme, an der Ober=Warnow, in den tiefen Wiesen, dort gestanden habe, wo jetzt die Petri=Bleiche ist.

Und mit der urkundlich angegebenen Lage stimmt auch die Beschaffenheit des Bodens überein. "Sämmtliche Wiesen vor dem Petri= und Mühlenthore sind", nach glaubwürdigen Untersuchungen, "von so weichem Untergrunde, daß nicht anzunehmen ist, daß je ein Gebäude darauf gestanden haben könne. Selbst

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 47 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auf denjenigen Stellen, welche jetzt am festesten sind, findet man nach Durchstechung der Wiesennarbe keinen festen Grund, sondern stets nur fast fließende Modde; in der Gegend der sogenannten Cämmereidienerwiese und auf dieser selbst ist ein so weicher Untergrund, daß noch jetzt die ganze Fläche beweglich ist. Wenn man nun nicht annehmen will, daß die Burg am linken Warnow=Ufer gestanden habe, so bleibt die einzige mögliche Stelle nur die Petri=Bleiche. Für die Annahme, daß die Petri=Bleiche der in Frage stehende Platz sei, spricht der Umstand, daß dieselbe, in den sie umgebenden weichen Wiesen, gleich einer Insel, aus festem, steinigen Grandboden besteht".


Betrachtet man die ganze Petrithorvorstadt, so wird die Lage der alten Burg Rostock durch Vergleichung mit andern Burgen glänzend bestätigt. Die Lage von Alt=Rostock hat die meiste Aehnlichkeit mit der Lage der Fürstenburg Werle zu Wik bei Schwaan, auch mit der Burg Kessin. Der Burgwall liegt in tiefen Wiesen an dem Warnowflussee der Wohnort für die Bevölkerung und zugleich die Vorburg, die Wik, liegt vor dem Burgwalle landeinwärts, auch in tiefen Wiesen, jedoch dem festen Lande näher.

Von großer Bedeutung ist aber, daß hier in den ältesten Zeiten die S. Clemenskirche, die älteste Kirche Rostocks, lag, welche schon im J. 1293 abgebrochen war, zu welcher der S. Clemensdamm führte (vgl. oben S. 33 flgd.).

Die wendische Bevölkerung wohnte auf den Vorburgen, welche den Namen Wik führten. Nun liegt neben der rostocker kleinen Wik ein weites, niedriges, festes Plateau von Gartenland, welches das Stangenland heißt und in jüngern Zeiten auch wohl mit zur Wik gerechnet wird. Das Stangenland mit dem daran stoßenden Karlshof liegt nicht, wie das wendische Dorf Wik, mitten im Sumpfe, sondern stößt an die breite Unter=Warnow. Das Stangenland mit Karlshof bildete daher wohl den Handelshafen von Alt=Rostock und war wohl der Wohnort der einheimischen und fremden Kaufleute, der Ort des Verkehrs, gewissermaßen der Hafen von Alt=Rostock. Und diese Ansicht wird durch die S. Clemenskirche bestärkt, welche sicher links vom Petridamme, nach dem Stangenlande hin, gestanden hat, vielleicht dort, wo rund um einen kleinen Teich die Häuser, einem kleinen Dorfe vergleichbar, stehen, vielleicht aber auf der kleinen Wik: hier soll man 1 bis 2 Fuß tief unter der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 48 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

obern Decke von Garten= und Wiesenerde auf kaum zu durchdringende Stein= und Schuttmassen stoßen.

Der h. Clemens, angeblich von den Aposteln Petrus und Paulus bekehrt, soll nämlich von dem Apostel Petrus den Auftrag erhalten haben, das Schiff der Kirche in den Hafen zu steuern; er ward, an einen Anker gebunden, im Meere ertränkt, weshalb auch ein Anker sein Attribut ist; er wird als der erste oder zweite Nachfolger Petri betrachtet, und das Symbol des Schiffes für die Kirche Christi ist im Mittelalter ein reich ausgeschmücktes Sinnbild. Es läßt sich aber auch eine rein geschichtliche Veranlassung daneben annehmen. Es ist oben S. 10 angedeutet, daß Rostock und Doberan im 12. Jahrhundert ohne Zweifel in lebhaftem Verkehr mit Norwegen standen. In Drontheim aber stand schon früh bei der Königsburg eine S. Clemenskirche, als deren Erbauer Olaf II. der Heilige (1016 - 1030), der Schutzpatron Norwegens, angegeben wird. Der h. Olaf ward zuerst in der S. Clemenskirche begraben und ein Jahr später nach seiner Heiligsprechung auf den Altar dieser Kirche gesetzt. Bei der Erbauung des berühmten großen Domes (seit 1180), Christkirche genannt, ward die S. Clemenskirche, welche unmittelbar an der Nordseite des Chors des Domes steht, mit diesem in Verbindung gesetzt, indem ein Gang zwischen beiden Kirchen durchgebrochen und gebauet und dadurch die S. Clemenskirche ganz erhalten ward. In spätern Zeiten ward der Leichnam des h. Olaf in dem Octogon hinter dem Chore im Osten des Domes beigesetzt 1 ).

Es ist nun sehr wahrscheinlich, daß die Normannen die Verehrung des h. Clemens nach Rostock gebracht haben, indem Doberan zu einer Zeit gegründet ward, wo der Leichnam des h. Olaf, des Schutzpatrons von Norwegen, noch in der Clemenskirche zu Drontheim beigesetzt war. Wahrscheinlich war auch der "Capellan Tiedvig zu Rostock", welcher im J. 1190 bei dem Wendenfürsten Niclot zu Rostock als Zeuge auftrat, Capellan an der S. Clemenskirche. Freilich war der Hof des Fürsten Niclot auf der wendischen Burg Rostock im J. 1190 noch sehr wendisch; aber man hätte doch in Gegenwart des Bischofs Berno einen Pfarrer von Rostock erwarten können. Daß die S. Clemenskirche sehr alt war, läßt sich daraus vermuthen, daß sie schon früh abgebrochen ward. Jedenfalls sind aber diese Andeutungen auf einen Verkehr mit Norwegen, in Verbindung mit den in Doberan gemachten Entdeckungen, sehr bedeutungsvoll.


1) Ueber den Dom und die S. Clemenskirche in Drontheim vgl. v. Minutoli, Der Dom zu Drontheim, Berlin, 1853, S. 15, 24 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 49 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

11.

Die spätern fürstlichen Burgen in und bei Rostock.

Bei der Gründung der deutschen Stadt werden auch die Fürsten aus den Sumpfwiesen in die neue Stadt gezogen sein. Es geht die alte, in Ernst v. Kirchberg ausgesprochene Sage, daß die Fürsten zuerst in der Altstadt eine Burg gehabt haben, wo jetzt die Petrikirche steht; es ist nicht unwahrscheinlich, daß die Fürsten am alten Markte, in der Nähe der Petrikirche, ein Schloß oder Haus besaßen (S. 12). Bei dem raschen Wachsthum der Stadt werden die Fürsten aber schon früh auf der entgegengesetzten Seite der Altstadt eine Burg gehabt haben. Es ist oben (S. 19) nachgewiesen, daß dieselbe unweit der Marienkirche, am jetzt sogenannten Burgwall, wo die Straße nach der Warnow stark abzufallen beginnt, gelegen habe. Diese Burg verschwindet schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts 1 ). Die Fürsten zogen sich selbst gerne an die Enden der Stadt zurück, um sich freier bewegen zu können. Der Fürst Borwin III. begann daher eine Burg am Bramower Thore aufzuschütten (vallum apud portam Bramowe ad castrum edificandum inchoatum); aber am 27. Oct. 1266 mußte Borwin's Sohn Waldemar der hiedurch beunruhigten Bürgerschaft versprechen, diesen Burgwall wieder abzutragen 2 ). Ja, am 21. Dec. 1278 gab der Fürst Waldemar für sich und seine Nachfolger das Versprechen, eine Meile weit zu beiden Seiten der Warnow keine


1) Ueber das fürstliche Schloß zu Rostock an der "Burgwall"=Straße in der Mitte der Stadt und über den großen Brand der Stadt giebt Ernst von Kirchberg Cap. CXXXI (bei v. Westphalen Cap. CXXIX) eine Nachricht von 4 Reimzeilen, welche in dem Abdruck in v. Westphalen Mon. ined. ganz ausgelassen sind.

Daz selbe iar als hy nu stad (1251)
wart Lubike virbrant drad
vf santi Vites abint io.
- - - - - -
- - - - - -
Dar nach in dem nehisten iar (1252)
frow Sophya starb virwar
swedisch geborn von koniges lib
des iungen Hinrich Burwinis wib.
- - - - - -
- - - - - -
Daz selbe iar Rodestog genannt
halb zu grunde gar virbrant
ane Burwinis burg alleyne
vnd vnsir frowen munstir reyne.

2) Bgl. Dittmar's Landesfürst in Rostock, Nr. 6 und 9.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 50 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Burg oder Befestigung anzulegen 1 ); er verkaufte den Grund und Boden der bei Schmerle gelegenen fürstlichen Burg "Hundsburg" an die Stadt.

Die Rostocker werden von den fürstlichen Burgmännern beunruhigt worden sein, denn Nicolaus Glode ward dieserhalb 1269 in den Criminal=Codex eingetragen:

"Nycholaus Glode proscriptus est per justas sententias pro eo, quod Tidemannum Hecht, volentem capere volucres in Kezcin, duxit captivum supra castrum Hundesborg".

Im J. 1270 sollte die Hundsburg zur Anlegung des Cisterzienser=Nonnen=Klosters zum H. Kreuz benutzt werden 2 ); aber auf den Wunsch vieler angesehener Männer ward das Kloster innerhalb der Stadt gegründet.

Demnächst bewohnten die Landesherren einen nicht befestigten Hof hieselbst (curiam domini terre), ebenso wie in Wismar. Derselbe scheint auf der Neustadt gelegen zu haben, unweit des Bramower Thores. Denn im J. 1329 erwarben die Grapengießer eine Hausstätte auf der Huder hinter dem Hofe des Landesherrn (supra Hude retro curiam domini terre).

Die Burg auf der Altstadt mag Luttekenborch geheißen haben. Im Stadtbuche von 1261 flgd. heißt es:

"Bodo de Ratenow posuit fratri suo Johanni aream illam, in qua Luttekenborch fuit edificatum, et resignavit eidem, et promisit pro defectu Bodo pro III mrc. et III sol. et III denar."

Seit der Säcularisirung des Klosters Doberan benutzten die Fürsten lange Zeit den Doberaner Hof (jetzt die Reitbahn).

Im Anfange des 18. Jahrhunderts ließen die Landesherren das Palais am Blücherplatze bauen.

Vignette

1) Vgl. Dittmar a. a. O. Nr. 8.
2) Vgl. daselbst Nr. 8.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 51 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II.

Ueber die wendische Stadt Goderak,

von

G. C. F. Lisch.


D er wendische Ort "Goderac", in welchem zur Wendenzeit ein Götze "Gudrac" verehrt ward, muß von großer Bedeutung gewesen sein, da der Warnowfluß zu derselben Zeit "Gudakrsâ" genannt ward. In den Jahrbüchern VI, S. 71 flgd. ist die Geschichte dieses Ortes dargestellt und dargelegt, daß der erste schweriner Bischof und Wendenapostel Berno, nachdem er den Götzen Gudrac gestürzt und den H. Godehard an dessen Stelle gesetzt hatte, den Ort Goderac geschenkt erhielt und denselben S. Godehardsdorf nannte, endlich daß dieser Name Godehardsdorf jetzt in Goorsdorf, bei Toitenwinkel in der Nähe von Rostock, abgeschwächt sei.

Es war von großer Bedeutung die Ueberreste dieses Ortes aufzufinden; sie mußten in einem im Moor liegenden Burgwalle aufgefunden werden können, da die Wenden alle ihre bedeutendern Orte in Sümpfen aufschütteten. Es ward Jahre lang geforscht, aber nichts gefunden, da die Feldmark des jetzigen Dorfes Goorsdorf nur leichten, ebenen Boden hat und keine große Moor= oder Sumpffläche besitzt. Durch andere Forschungen veranlaßt, dehnte ich meine Forschungen etwas weiter aus, da auf der Feldmark Goorsdorf nichts gefunden werden konnte, und machte auf den an Goorsdorf grenzenden Feldmarken Toitenwinkel und Dierkow Entdeckungen 1 ), welche ich für das alte Goderac halte.


1) Dankbar muß ich der thätigen Beförderung des Herrn Lehrers Brunow zu Toitenwinkel gedenken, welcher großen Antheil an diesen Entdeckungen und Nachforschungen hat und dieselben noch fortsetzen wird.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 52 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Da die Feldmark des Dorfes Goorsdorf nicht groß ist und immer als Dorf zu dem angrenzenden Hauptgute Toitenwinkel gehört hat, so nehme ich an, daß zur Wendenzeit die Feldmark des bedeutsamen wendischen Ortes Goderac größer war, als die des jetzigen Dorfes Goorsdorf, und daß das jetzige Gut Toitenwinkel einen Theil der Feldmark des alten Ortes Goderac bildete. Die päpstliche Bestätigungsbulle von 1189 1 ) bestätigt dem Bisthume Schwerin auch "das Dorf S. Godehardssdorf im Lande Kissin und ein anderes angrenzendes Dorf ("in terra Kytin duas villas, villam sancti Godehardi scilicet et aliam huic adiacentem"). Außerdem muß man, meiner Ansicht nach, den Ort Goderak mehr in der Nähe der Warnow, der Gudakrsâ, suchen, als bei dem Dorfe Goorsdorf, welches mehr landeinwärts und von der Warnow entfernter liegt, als Toitenwinkel. Endlich ist Toitenwinkel immer ein namhafter Ort 2 ) geblieben, während Goorsdorf ein unbedeutendes Dorf ward.

Was aber den Ausschlag für diese Ansicht giebt, ist die ganze Bodenbildung. Das weite Thal der Warnow wird, namentlich ungefähr von Bützow und von der Mündung der Nebel in die Warnow an, ununterbrochen von ungewöhnlich großen Sumpfwiesen gefüllt, in denen viele bedeutende wendische Burgwälle liegen, nämlich stromabwärts: Bützow, Werle (bei Wik), Kessin, Rostock, Goderak. Stromaufwärts setzt sich diese Wiesenfläche mehr in dem Thale der Nebel über Güstrow hinaus fort. Die Warnow macht bei Kessin die östlichste Biegung. Von diesem Kniee breitet sich die Warnow gegen Norden bis zum Anfange der Unter=Warnow, d. h. bis zur jetzigen Stadt Rostock, von wo das Flußthal ganz vom Stromwasser erfüllt und der Strom mit festen Ufern plötzlich sehr breit wird, zu sehr großen und sehr tiefen Sumpfwiesen aus, in denen vor dem Petrithore der Stadt Rostock die alte wendische Stadt Rostock auf der jetzt sogenannten Wik liegt. Diese Sumpfniederung setzt sich aber in der Richtung der schmalen Ober=Warnow gegen Norden, über den Anfang der Unter=Warnow hinaus, rechts von dieser fort, zwischen die Feldmarken Dierkow und Gehlsdorf (mit der Gehlsdorfer "Fähre") hindurch, tief in die Feldmark Toitenwinkel hinein, gegen deren nördliche Grenze sie ihr Ende findet. Diese breite Niederung, welche ganz in der Richtung der Ober=Warnow von Kessin über Rostock liegt, wird am rechten Ufer der Warnow auf den genannten Feldmarken von Gehlsdorf, Dierkow und Toitenwinkel von hohen Ufern festen Ackerlandes umgeben.


1) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 45.
2) Vgl. Jahrb. XX, S. 324 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 53 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In dem letzten Winkel dieser Wiesenniederung, also nicht sehr ferne vom rechten Ufer der Unter=Warnow, in der Mitte der Niederung, nach allen Seiten noch sehr weit von tiefen Wiesen umgeben und weit vom festen Lande entfernt, dem Hofe von Toitenwinkel gegenüber, liegt, an einem kleinen See, ein mächtiger Burgwall, welcher zu den bedeutendsten Erscheinungen dieser Art im Lande gehört. Dieser Burgwall bildet ein an den Ecken etwas abgerundetes Oblongum und ist ohne Zweifel künstlich aufgeschüttet, wie seine graden, regelmäßigen Seiten deutlich beweisen. Er ragt ungefähr 12 Fuß über dem Wasser und der Wiesenfläche empor und hat einen Flächeninhalt von 1114 Quadratruthen, einen Umfang von 670, eine Länge von 230 und eine Breite von 190 Schritten.

Die ganze Oerfläche ist jetzt mit Wald bedeckt und bietet einen sehr schönen Anblick. Es führt freilich ein wahrscheinlich alter Weg von Toitenwinkel zu diesem Burgwalle; aber die Wiesenniederung ist so naß und tief, daß der Weg an mehreren Stellen den größern Theil des Jahres hindurch unter Wasser steht. Man gelangt zu dem Burgwalle gewöhnlich auf einem Canal, der von dem Hofe Toitenwinkel bis zu dem See gegraben ist, welcher eine Seite des Burgwalles bespült. Es liegt kein Burgwall in Meklenburg so weit vom festen Lande entfernt, als dieser, und seine Mächtigkeit, Ausdehnung und Lage sind so großartig, daß man ihn, nächst dem Burgwalle von Meklenburg, wohl zu den bedeutendsten heidnischen Burgwällen des Landes zählen muß.

Die mittelalterliche Burg der rittermäßigen Familie von Moltke kann dieser Burgwall nicht gewesen sein, da derselbe für eine mittelalterliche Burg viel zu weit vom festen Lande und zu isolirt liegt; die moltkesche Burg lag ohne Zweifel an derselben Stelle, auf welcher noch jetzt der Hof Toitenwinkel liegt, wie aus der Erhöhung, den Resten der Burggräben und andern Zeichen deutlich zu erkennen ist.

Diesen bei Toitenwinkel belegenen, vielleicht seit uralter Zeit mit Waldbäumen bewachsenen Burgwall oder Hain halte ich für den alten Tempelort Goderak, da sich in der ganzen Gegend keine andere Oertlichkeit findet, welche man dafür halten könnte, und die ganze Gestaltung und Lage für einen solchen Ort bedeutend genug ist. Alterthümer haben sich freilich noch nicht viele gefunden, da die Nachforschung im Waldboden immer schwierig ist und selten mit Erfolg belohnt zu werden pflegt; jedoch sind schon an zwei verschiedenen Stellen mit zerstampftem Granit durchknetete Gefäßscherben gefunden, welche ohne Zweifel heidnischen, vielleicht sehr alten Ursprunges sind.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 54 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Merkwürdig ist, daß dieser Burgwall ganz isolirt im Sumpfe liegt und ohne Vorland plötzlich und steil aus der Tiefe emporsteigt. Der Burgwall hat keine Vorburg oder Nebenburg zum Wohnplatze für die Bevölkerung, wie die meisten größern wendischen Burgen, ja nicht einmal eine kleine Scholle Vorland an den regelmäßigen und steilen Rändern. Diese Abgeschlossenheit scheint noch mehr dafür zu sprechen, daß diese Stelle ein von der Welt abgeschlossener Tempelort war.

Sieht man von dem Burgwalle gegen Süden, so überblickt man klar und ohne Unterbrechung die große Wiesenniederung, in welcher die wendische Burg Rostock vor dem Petrithore der Stadt deutlich vor Augen liegt.

Doch auch der Wohnort, die Stadt Goderak scheint wiedergefunden worden zu sein. Verfolgt man die Wiesenniederung von dem Walle bei Toitenwinkel eine Viertelstunde abwärts gegen die breite Unter=Warnow hin, so liegt hier, zwischen Dierkow und der Fähre, auf der Feldmark Dierkow, rings von tiefen Wiesen umgeben, ein zweiter Burgwall, welcher kleiner und niedriger ist, als der erste Wall, und ganz das Ansehen hat, wie die Vorburgen der wendischen Hauptburgen. Dieser Burgwall liegt nicht weit von der breiten Unter=Warnow, nahe östlich bei der Fähre, der Stadt Rostock grade gegenüber. Er hat einen Flächeninhalt von ungefähr 500 Quadratruthen, eine Höhe von ungefähr 8 bis 10 Fuß und einen Umfang von 440 Schritten.

In neuern Zeiten hat man auf diesem Burgwalle Mergel gegraben und dabei sehr viele Gefäßscherben, Knochen, Kohlen, auch Alterthümer ausgegraben, welche leider alle verloren gegangen sind. Bei der Untersuchung der Mergelgrube fand ich gleich einige heidnische Gefäßscherben, viele Knochenfragmente und einen schönen, in drei Stücke zerschlagenen Schleifstein. Neuere Nachforschungen haben viele Gefäßscherben, von denen viele mit wellenförmigen Linien verziert sind, ganz in dem Charakter der Scherben von den jüngern wendischen Burgwällen, ferner sehr viele Thierknochen, Metallschlacken, auch einen thönernen Spindelstein zu Tage gefördert.

Diesen nicht weit von dem Ufer der Warnow liegenden Burgwall halte ich für die Handelsstadt Goderak, welche in alten Zeiten zum Theil die Stelle der neuen, gegenüberliegenden Stadt Rostock eingenommen haben mag.

Nachgrabungen auf beiden Burgwällen möchten zu belohnenden Entdeckungen führen.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 55 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III.

Ueber die wendische Burg Kessin,

von

G. C. F. Lisch.


D as Dorf Kessin bei Rostock lag nach vielen Chroniken und Urkunden auf dem Lande Kizin oder Kessin, und es war wahrscheinlich, daß das Dorf Kessin an der Stelle der alten wendischen Burg Kessin lag. War dies der Fall, so mußte bei dem Dorfe Kessin ein wendischer Burgwall liegen. Trotz vieljähriger, aufmerksamer Bemühungen wollte die Entdeckung des Burgwalles nicht glücken; das Dorf ist lang und weit und seit alter Zeit viel bebauet gewesen. Es schien hin und wieder eine Entdeckung glücken zu wollen; bei genauerer Untersuchung erwiesen sich aber die gefundenen Alterthümer, wie blaugraue Topfscherben und Bruchstücke von Mönchsdachziegeln, immer als mittelalterliche. Durch die Entdeckungen des Herrn Ober=Appellations=Gerichts= Copiisten Rogge und die Bemühungen des Herrn Senators Dr. Mann scheint jetzt die Lage der alten wendischen Burg Kessin gefunden zu sein.

Bei dem Dorfe Kessin, eine halbe Meile südöstlich von Rostock, macht die Warnow die östlichste Ausbiegung und hat hier, wie überall in ihrem mittlern Laufe, weite und tiefe Wiesen an ihren Ufern. Wenn man von Rostock her durch das Dorf geht, so fließt am äußersten Ende der kösterbeker Mühlbach vor dem Dorfe vorüber in die Warnow. Zwischen diesem Mühlbache, der Warnow und der Feldmark Hohen=Schwaß dehnen sich, außerhalb des Dorfes, in den Warnow=Wiesen weite Strecken Ackerland aus, welche seit der vor einigen Jahrzehenden erfolgten Separation der kessiner Hausleute unter den Pflug gebracht sind. Diese Ackerflächen sind die Flächen der wendischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 56 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Burg und Stadt Kessin. Sie erheben sich, wie der wendische Ort Rostock, nur einige Fuß hoch über die sie umgebenden Flächen, sind aber durch Wasser und Moor hinreichend geschützt. Der Boden ist offenbar aufgebrachter, verschiedenartiger, leichter Boden, aber festes Land in dem Sumpfe. Die Flächen haben eine sehr große Ausdehnung und eine auffallende Aehnlichkeit mit Alt=Rostock. Die einzelnen Bestandtheile bilden längliche Vierecke, welche durch Dämme mit einander verbunden sind.

Zunächst an der Warnow liegt ein Plateau, welches jetzt der Lange Brink heißt. Dieses hat ganz die Lage der übrigen wendischen Burgen an der Warnow, der Burgen Rostock und Werle. Hier fanden sich einzelne Scherben von heidnischen Gefäßen. Dieses Plateau scheint mir der Wall der Burg Kessin zu sein.

Hinter diesem Plateau, wenn man die Warnowseite als die Vorderseite ansieht, nach dem jetzigen Dorfe hin, mitten in den Wiesen, liegt ein zweites Plateau, welches der "Schloßberg" heißt. Dieses scheint der wendische Wohnort für die Bevölkerung gewesen zu sein. Sollte hier aber, nach dem Namen, die Burg gestanden haben, so würde das erste Plateau an der Warnow, der Lange Brink, eine Vorburg gewesen sein. Auf dem Schloßberge finden sich häufig Scherben von mittelalterlichen blaugrauen Töpfen und Mönchsdachziegeln. Das Plateau scheint also im Mittelalter lange bewohnt und beackert gewesen zu sein.

Vor diesem mittlern Plateau liegt, neben dem Dorfe, ein drittes Plateau, welches die Vorburg getragen haben mag. Von diesem Plateau führt ein Damm zu dem kösterbeker Mühlbache und über eine Brücke in das äußerste Ende des Dorfes.

Diese drei großen Plateaus bildeten ohne Zweifel die wendische Burg Kessin. Diese hat ihrer Anlage nach die größte Aehnlichkeit mit den wendischen Burgen Werle und Rostock, welche ebenfalls, an der Warnow belegen, aus drei Theilen bestehen, am meisten Aehnlichkeit aber mit der Burg Rostock, welche mit Kessin an Ausdehnung und Höhe gleich ist, d. h. in großen Ausdehnungen sich nur einige Fuß hoch über die Wiesenflächen erhebt.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 57 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV.

Ueber die wendischen Fürstenburgen

Meklenburg und Werle,

von

Dr. G. C. F. Lisch,
großherzoglich=meklenburgischem Archivar und Conservator.


U nsere alten wendischen Burgwälle, auf denen die obotritischen Könige, die Stammväter unsers erhabenen Fürstenhauses, residirten, gehören zu den ehrwürdigsten geschichtlichen Denkmälern Meklenburgs. Nachdem es uns gelungen war, dieselben zu erkennen und entdecken, ist es unablässig unsere Sorge gewesen, in den Jahrbüchern die Geschichte und die Eigenthümlichkeit derselben immer mehr aufzuhellen, und Meklenburg hat wahrlich einen nicht geringen historischen Schatz in diesen geschichtlichen Denkmälern gewonnen. Vorzüglich war unser Augenmerk beständig auf die Hauptburgen gerichtet, auf denen zur letzten Heidenzeit die Landesherrscher vorzugsweise und in den ersten christlichen Zeiten die verschiedenen Linien unsers Herrscherhauses noch eine Zeit lang residirten; und ganz besonders waren uns die berühmtesten Burgen Meklenburg und Werle ein Gegenstand der Sorge. Nachdem die Entdeckung dieser Burgen gelungen und die Lage derselben festgestellt war, wurden sie immer mehr ein Gegenstand der allgemeinen Aufmerksamkeit und Theilnahme und fingen bald an volksthümlich zu werden. Diese immer mehr wachsende Aufmerksamkeit ließ aber auch die Befürchtung aufkommen, daß in unserer gewerbfleißigen Zeit die in weiten Sumpfwiesen liegenden, aus leichter, fruchtbarer Erde bestehenden Burgwälle über kurz oder lang dem Ackerbau zum Opfer fallen könnten. Das Vaterland verdankt es der tiefen historischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 58 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Einsicht und der warmen Vaterlandsliebe Sr. Königlichen Hoheit des allerdurchlauchtigsten Großherzogs, daß die beiden Burgwälle Meklenburg und Werle auf lange Zeit jeder Gefahr entrissen und zu geschichtlichen Denkmälern des Vaterlandes erhoben sind. Nachdem das Ziel glücklich erreicht ist, wird es allen Freunden der vaterländischen Geschichte hoffentlich willkommen sein, hierüber Kunde zu empfangen und die Vollendung der Monumentirung durch unsere Jahrbücher in der vaterländischen Geschichte für die Zukunft aufbewahrt zu sehen. Mit großer Freude kann ich, der ich, als Conservator der historischen und Kunstdenkmäler des Landes, von Sr. Königlichen Hoheit mit der Leitung und Ausführung der Angelegenheiten betrauet war, die große Freundlichkeit, Theilnahme und Thätigkeit aller bei der Vollendung der Werke betheiligten Personen anerkennen und rühmen. Ich benutze zugleich diese Gelegenheit, um einige sehr interessante neue Entdeckungen hier mitzutheilen.


1. Die Burg Meklenburg,

deren klare und urkundlich verbürgte, also zweifellose Geschichte zuerst in den Jahrbüchern VI, S, 79 flgd., entwickelt und in den folgenden Jahrgängen weiter verfolgt ist, liegt hart links an der Eisenbahn (rechts von der Chaussee) von Schwerin (Kleinen) nach Wismar, dicht vor dem Dorfe Meklenburg in der ausgedehnten Sumpfwiesenniederung, und ist seit der Entdeckung bereits sehr vielen Reisenden bekannt geworden. Der Burgwall war bis Johannis 1854 den Bauern des Dorfes Meklenburg zusammen, welche alljährlich die Ränder immer mehr in die Tiefe hinabpflügten, in Pacht gegeben. Mit dem Ablaufe dieser Pachtzeit und der darauf folgenden Regulirung der Dorffeldmark ward der Burgwall aus der Pacht genommen und nach Allerhöchstem großherzoglichen Befehle, d. d. Doberan den 10. August 1853, zur Forst gelegt. Unter der obern Leitung des Herrn Forstmeisters Plüschow zu Wismar ward die obere Fläche im Herbste des J. 1854 mit Eicheln besäet und im Frühling des J. 1855 die höchste Stelle mit jungen Eichen und die Tiefe mit Weiß=Ellern bepflanzt. Durch diese Besamung mit Eichen, welche schon kräftig treiben, wird der Burgwall hoffentlich auf Jahrhunderte erhalten bleiben und nach Jahren von den vorüberführenden Wegen aus einen würdigen Anblick bieten. Zu noch sicherer Bestimmung ist bei dem starken Froste im Monate Januar 1856

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 59 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von der Feldmark Mödentin ein großer Granitblock von ungefähr 7000 Pfund Gewicht, unter besonderer Theilnahme und Mitwirkung des Herrn Pächters Mengel zu Mödentin, auf die höchste Erhebung des Burgwalles gebracht und soll auf denselben die Inschrift: BURG MEKLENBURG eingehauen werden.

Bei der forstwirthschaftlichen Bearbeitung der Oberfläche dieses Burgwalles ist nichts von Bedeutung gefunden; es fanden sich überall nur die bekannten Gefäßscherben aus der Heidenzeit und an den höhern Stellen große Ziegel und viel Ziegelschutt von den Wohnungen der Burgmänner aus dem 14. Jahrhundert (vgl. Jahrb. VI, S. 85 flgd.).


2. Die Burg Werle,

vor welcher der letzte Wendenkönig Niklot, der Stammvater des fürstlichen Hauses, den Heldentod im Kampfe starb und deren Geschichte in den Jahrbüchern VI, S. 88 flgd. ausgeführt ist, liegt links an der Eisenbahn von Bützow nach Schwaan, ganz dicht vor dem Haupthofe des Dorfes Wiek (welcher rechts liegen bleibt), in einer großen Sumpfwiesenniederung, hart am rechten Ufer der Warnow. Die Monumentirung dieses Burgwalles war mit großen Schwierigkeiten verbunden, da derselbe mit dem Hofe Wiek in Erbpacht gegeben war und mit den ihn umgebenden Wiesen einen wichtigen Bestandtheil des neuen Erbpachthofes Wiek bildete. Glücklicher Weise ist der Erbpächter Herr Schmidt zu Wiek ein Mann von geschichtlichem Sinne und patriotischem Eifer und that gerne alles Mögliche, um die Erhaltung des Burgwalles zu befördern. Da die Fläche zu groß war und den besten Acker des Erbpachtstückes bildete, so konnte der ganze Burgwall unmöglich aus der Ackernutzung gezogen werden, auch war unter diesen Umständen eine Vernichtung des Burgwalles nicht zu befürchten; man mußte sich daher begnügen, die größte Erhebung des Burgwalles zum Denkmale zu erheben. Nach beendigter Regulirung ward nun nach Allerhöchstem Befehle vom 21. Junii 1855, unter vielfacher, lebendiger Theilnahme und Thätigkeit der Herren Amtshauptmann Seitz, Oberforstmeister von Storch und Cammer=Ingenieur Peltz zu Güstrow, im Herbste des J. 1855 die ganze höhere (nordwestliche), ovale Erhebung des Burgwalles aus der Erbpacht genommen und mit Wall und Graben umgeben. Außerdem ward von dieser also

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 60 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

abgegrenzten Erhebung zu der nahen Eisenbahn und dem mit derselben parallel laufenden Landwege ein Weg gelegt, welcher grade auf einen uralten Damm durch die weiten Sumpfwiesen am linken Warnow=Ufer stößt. Im November des J. 1855 ward, unter der Leitung des Herrn Cammer=Ingenieurs Peltz, ein 12,000 Pfund schwerer Granitblock nicht ohne Gefahr glücklich durch die Wiesen auf die höchste Spitze des Burgwalles gebracht, und soll in denselben zu sicherer Bezeichnung die Inschrift: BURG WERLE eingehauen werden. Darauf soll die höchste Erhebung um den Stein mit einem Kreise von 12 Linden (in Beziehung auf die alte Mythologie der nahe liegenden Stadt Schwaan) umpflanzt und der Abhang ringsumher mit allerlei leicht wachsendem und dem leichten Boden angemessenem Gebüsch und Baumwerk bepflanzt, endlich auch der neue Weg zur Eisenbahn zu beiden Seiten mit Bäumen besetzt werden. So ist denn auch die Erhaltung dieses Burgwalles durch eine angemessene Monumentirung auf lange Zeit gesichert.

Bei den nicht unbedeutenden Aufgrabungen bei der Umwallung und sonst ist nichts von Bedeutung gefunden. Ueberall fanden sich in großer Zahl die bekannten Gefäßscherben und röthlich gebrannte Lehmstücke mit Stroheindrücken ("Klehmstaken") aus der Heidenzeit; auch wurden, wie früher, wieder einige kleine eiserne Messer gefunden. Am Abhange der höchsten Erhebung, nach der innern Vertiefung des Burgwalles hin, lag ein lose in den Erdboden gelegtes Fundament von Feldsteinen, etwa 30 Fuß lang und 2 Fuß breit, wahrscheinlich von der gegen Südost gekehrten Fronte des Haupthauses (oder der Residenz); hinter der einen Ecke dieses Fundamentes, wie es früher und wohl noch jetzt zu den Bauerhäusern gelegt ward, fanden sich große Massen von Thierknochen, namentlich von Rindern, Schweinen und Schafen, auch ein Rehgehörn.

Merkwürdig ist es, daß sich, wie schon früher, hin und wieder große Bruchstücke von menschlichen Schädeln fanden, namentlich an dem nordwestlichen Ausgange von der Burg nach der Warnow hin.

Ein auf der Spitze des Burgwalls gefundenes Bruchstück einer kleinen Platte sehr schönen, antiken, grünen Porphyrs, 3 ? lang, 2 ? breit, 1/3 ? dick, vortrefflich geschliffen, ist vielleicht in neueren Zeiten mit Hauskehricht auf den Burgwall gekommen (?).

Von höherer Bedeutung sind einige neuere geschichtliche und sprachliche Forschungen.

Aus meiner Darstellung in den Jahrbüchern VI, S. 88 flgd., geht hervor, daß ich, geleitet durch neuere Ueberlieferungen oder

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 61 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vielmehr Vermuthungen, die Lage der Fürstenburg Werle bei Wiek nur durch Schlüsse aus alten Chroniken und annähernde Urkundennachweisungen bestimmt habe; es war jedoch die Lage der Burg urkundlich und ausdrücklich nicht festgestellt. Nachdem nun die Monumentirung der Burg vollendet ist, habe ich, zu meiner Ueberraschung und Befriedigung, eine alte Urkunde entdeckt, welche die Lage der Burg Werle bei dem Hofe Wiek in der Nähe von Schwaan über allen Zweifel erhebt.

Die Fürsten von Werle hatten, wahrscheinlich in alter Zeit, in der Marienkirche zu Lübeck eine ewige Vikarei, zu Ehren des Heiligen Kreuzes und der Heiligen Petrus des Apostels und Georg des Märtyrers, gestiftet und mit sechs Hufen (oder bis zu 24 Mark 4 Schill. sund. und 18 Hühnern jährlicher Einkünfte) im Dorfe Benitz, zwischen Schwaan und Rostock, genannt die "düdischen hoven", dotirt und die Verleihung dem jedesmaligen Dechanten des lübecker Dom=Capitels übertragen. Der Altar dieser Vikarei stand im südlichen Kreuzschiffe ("in parte australi") in der Nähe der Hauptthür ("in ascensu ejusdem ecclesie") bei den Bildern der Heil. Drei=Könige. Als nun das Fürstenhaus Werle, und damit das sorgende Patronat der Vikarei, im J. 1436 ausgestorben war und die Einkünfte zur Erhaltung des Vikars nicht mehr ausreichten. so traten im J. 1439 die Nowgorodfahrer in Lübeck, welche noch keine eigene Capelle hatten, hinzu und verbesserten die Vikarei mit 34 lüb. Mark jährlicher Einkünfte, welche sie von dem Rath der Stadt Lüneburg zu beziehen hatten, oder mit einem Capitale von 600 lüb. Mark. Hiedurch ward dieser Altar der Altar der Nowgorodfahrer, indem diesen der Domdechant von Lübeck auch das ihm bisher zugestandene Präsentationsrecht übertrug. Der alte Stuhl der Nowgorodfahrer steht noch heute an der angegebenen alten Stelle der Kirche 1 ), obgleich die ganze Gegend der Kirche in jüngern Zeiten zu Epitaphien und Begräbnißplätzen modernisirt ist.

Diese Verbesserung der fürstlich=werleschen Vikarei in der Marienkirche zu Lübeck durch die Nowgorodfahrer bestätigte am 1. Julii 1439, also noch nicht volle drei Jahre nach dem Aussterben des werleschen Fürstenhauses, der lübecker Domherr Burchard von Osta, als General=Vikar des damals abwesenden lübecker Bischofs Johann. Dieser Burchard von Osta, wahrscheinlich aus dem rügischen und meklenburgischen Adelsgeschlechte


1) Nach den Mittheilungen des Herrn Malers Milde zu Lübeck.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 62 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Osten stammend, sagt nun in der Bestätigungsurkunde 1 ) vom 1. Julii 1439, daß

"die ewige Vikarei in der Marienkirche zu Lübeck einst von den Herren von Werle gestiftet sei, welche damals zu Wyck, nicht weit von der Burg Schwaan, gewohnt hätten"
("perpetua vicaria, quam olim domini de Werle, tunc in Wyck, prope castrum Swan, Swerinensis diocesis, commorantes, fundaverunt").

Leider ist die erste Stiftungsurkunde der Fürsten von Werle über diese Vikarei nicht mehr vorhanden. Aber die Bestätigungsurkunde von 1439 giebt jedenfalls eine sichere Angabe; denn entweder hat der lübecker Domherr diese wichtige Mittheilung aus der ersten Stiftungsurkunde geschöpft, oder er hatte, als meklenburgischer Edelmann, zwei Jahre nach dem gewiß viel besprochenen Aussterben des Fürstenhauses Werle noch sichere Ueberlieferungen über die älteste Residenz des Fürstenhauses, die er verewigen wollte, welche nach 400 Jahren grade in dem Jahre der Monumentirung dieser Burg auf eine überraschende Weise wieder zur Geltung gekommen sind. Jedenfalls giebt diese Urkunde das älteste urkundliche Zeugniß über die Lage der Fürstenburg Werle.

Die Nowgorodfahrer erhielten übrigens Erlaubniß, die von den Fürsten von Werle gestiftete Vikarei auf einen andern Altar zu übertragen, welcher aber in demselben südlichen Kreuzschiffe der Marienkirche bei den Bildern der Heil. Drei=Könige, jedoch einige Stufen höher, errichtet war.

Uebrigens werden die Fürsten von Werle noch mehr geistliche Stiftungen in den Kirchen Lübecks gehabt haben. In der Petrikirche zu Lübeck ist in der Südwand des Chores, wenn ich nicht irre, eine Capellenthür, welche einen kunstreich gearbeiteten Griff aus Messing hat, auf welchem auch vier werlesche Stierköpfe angebracht sind.

Auch über den Namen Werle läßt sich jetzt wohl Bestimmtes mittheilen. Der Herr Dr. Alexander von Hilferding zu Petersburg, Verfasser einer so eben erschienenen alten Geschichte der slavischen Völker (in russischer Sprache), welcher im Herbste 1855 in Schwerin war, um die slavischen Alter=


1) Vgl. Vermischte Urkunden. - Ich habe diese Urkunde in einem Auszuge in der jetzt im Staats=Archive zu Schwerin aufbewahrten v. Rudloff'schen Urkunden=Sammlung (aus den v. Behr'schen Handschriften) entdeckt und von dem Herrn Professor Dr. Deecke zu Lübeck in den v. Melle'schen Handschriften auf der Bibliothek zu Lübeck nachgewiesen und hieraus von dem Herrn Professor Dr. Mantels und dem Herrn Maler Milde zu Lübeck collationirt und vervollständigt erhalten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 63 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

thümer der schweriner Sammlungen zu studiren, bemerkte, daß das slavische Werle sicher: Adler 1 ) bedeute.

slavisch Werle = Adler

nach Schmaler's deutsch=wendischem Wörterbuche, Bautzen, 1843, nach welchem das w im Anfange, wenn ein Consonant folgt, gewöhnlich nicht gehört wird, aber geschrieben werden muß; daher wird oft auch urle gehört. Daher wird in alten meklenburgischen Urkunden der Name Werle häufig auch Wrle geschrieben und bei den Skandinaviern lautete er auch Urle (vgl. Jahrb. VI, S. 73 und 90).

Auch über den Namen des Fürsten Niklot, der mit der Geschichte von Werle so eng verflochten ist, hat der Herr von Hilferding die Eklärung gegeben, daß Niklot: der Milde heißt. Die Sylbe ne oder ni ist die Negation: nicht, und klotiz heißt polnisch: schelten, russisch schlagen; polnisch ist klotnia: Zank. Niklot heißt also: der nicht Scheltende.

Vignette

1) Eben so heißt Rarog (Rereg=Meklenburg) = Falke.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 64 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V.

Ueber das Siegel,

die Gründung und das Stadtrecht

der Stadt Brüel,

von

G. C. F. Lisch.


I n den Wappen, das heißt in ihrer ursprünglichen, wahren Gestalt, liegt eine reiche Quelle für die Geschichte und daher ist es erklärlich, daß in unsern durch Gründlichkeit in der Forschung hervorragenden Zeiten der Siegelkunde eine besondere Bevorzugung zu Theil wird. Sicher seit zwei, in vielen Fällen schon seit drei Jahrhunderten ist diese Wissenschaft immer mehr verfallen, indem Flachheit, Kleinlichkeit und Mißverstand Schritt für Schritt überhand nahmen, und noch heute kann man sich noch nicht ganz auf den richtigen Standpunkt erheben, indem die Einsicht in das eigentliche Wesen des Mittelalters und die tiefere Kenntniß des Vaterlandes in der geschichtlichen Entwickelung noch sehr unsicher ist; denn halbe Kunst und Scheinprunk ohne gründliche geschichtliche Forschung werden nie das wahre Wesen ersetzen können, und schaden, namentlich durch muthwilliges Einreißen, oft mehr, als das Festhalten an dem, was noch besteht.

Namentlich hat die alten, ehrwürdigen Siegel der Städte eine fast unerhörte Vernachlässigung und Verunstaltung betroffen. Und doch sind sie die Symbole der Geschichte ihrer Gründung, welche eindringlicher als die Geschichte zu den jüngern Geschlechtern zu reden und ohne Unterbrechung und mit reicher Zeugungskraft die Erinnerung lebendig zu erhalten im Stande sind.

Einige Beispiele werden hinreichen, diese Klage zu rechtfertigen. Die Stadt Strelitz, d. h. Alt=Strelitz, welche im J. 1349 von den landesherrlichen Grafen von Fürstenberg, aus dem Geschlechte der von Dewitz, gestiftet ward, hatte in alter Zeit in der den Stadtsiegeln eigenthümlichen Rundung einen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 65 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

längs getheilten Schild, welcher in der rechten Hälfte anderthalb Becher (also den halben Schild der von Dewitz) enthält, in der linken Hälfte gerautet ist (der halbe Schild des Grafen von Fürstenberg); die von Dewitz führen nämlich drei Becher im Schilde, als Grafen von Fürstenberg führten sie einen gerauteten Schild 1 ). Die Bedeutung ist also sehr sinnreich und klar. Und was hat man hieraus gemacht! In der rechten Hälfte steht jetzt Ein lang gezogener Becher, in der linken Hälfte stehen zwei Fähnlein: ohne allen Sinn, und zum Ueberflusse hat man auch wohl dem Siegel eine moderne Schildform gegeben und Helmschmuck und Helmdecken darauf gesetzt. - Die Stadt Teterow führt ursprünglich in der Rundung den eigenthümlichen und unterscheidenden Helm des Fürstenhauses Werle: einen Helm mit zwei gekreuzten Pfauenfedern auf demselben; die Stadt führte also als Ehrenzeichen einen Theil des Wappens der Fürsten von Werle, ihres Stifters, im runden Siegel. In neueren Zeiten hat man auf den oft kaum erkennbaren Helm drei Straußfedern, den Helm gegen den alten Gebrauch auf einen Schild und auf den Schild drei Rosen gesetzt, welche wahrscheinlich eine dunkle Ueberlieferung von den zwei Pfauenaugen sind. - Solche Verunstaltungen haben die Siegel fast aller Städte erfahren. - Daß man die alten, großen Stadtsiegel mit ihren vollen Darstellungen verworfen und die kleinen Raths= oder Geschäfts=Siegel, welche oft nur die halben Bilder nebeneinander (wie z. B. in Sternberg, Grevismühlen, Wittenburg) enthalten, an deren Stelle gesetzt, - daß man die Rundung verlassen und die Schildformen mit neu erfundenen, oft bedeutungslosen Helmzierden eingeführt hat, - ist an der Tagesordnung.

Ganz besonders hat das Siegel der Stadt Brüel unter den verunstaltenden Händen moderner Siegelstecher leiden müssen, vorzüglich weil das alte Siegel der Stadt verloren gegangen war. Und doch liegt in dem Siegel der Stadt Brüel eine reiche Geschichte! - Die Stadt Brüel führt jetzt, schon seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts:

ein rundes Siegel, auf welchem ein, jetzt mit einer Krone bedeckter, moderner Schild steht, welcher queer getheilt ist; die obere Hälfte ist wieder längs getheilt und enthält hier rechts einen halben Stern, links einen gekrönten meklenburgischen Büffelskopf, die untere Hälfte des Schildes enthält drei von einander getrennte Brote.


1) Vgl. die Abbildung in Bagmihl's Pommerschem Wappenbuch, I., Taf. XLVIII.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 66 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dieses Stadtsiegel wird nun folgendermaßen erklärt 1 ). "Stadtwappen von Brüel: unter einem halben Stern und einem halben Büffelskopf drei Brote, nach einer alten Tradition zur Erinnerung, daß einst in uralter Zeit die Brüeler, wie die Schwaaner den Rostockern, einer vom Feinde hart bedrängt gewesenen und ausgehungerten Nachbarstadt nach Aufhebung der Belagerung zuerst Brot zugeführt haben. Vielleicht ward dieser Freundschaftsdienst dem benachbarten Sternberg erwiesen. In diesem Falle würde der halbe Stern im brüeler Wappen auch seine Erklärung finden, wenn er nicht etwa darauf Bezug hat, daß diese Stadt vormals mit dem sternberger Recht bewidmet war, was aber auch dort längst erloschen ist und eigentlich das parchimsche Recht war."

Diese Bildung des brüeler Stadtwappens ist nun fast in jedem Theile unrichtig und unverständlich. Im J. 1855 haben zwei Freunde unsers Vereins, unabhängig von einander, zwei Abdrücke des ersten, seit Jahrhunderten 2 ) verloren gegangenen Siegels der Stadt Brüel entdeckt: der Herr Maler Milde zu Lübeck einen Abdruck an einer Urkunde vom J. 1384 im lübecker Archive und der Herr Dr. Crull zu Wismar einen Abdruck an einer Urkunde vom J. 1444 ("des mydwekens vor der bord vnser leuen vrowen") im wismarschen Archive ("hebben de erlike rad tome Brule ok erer stad ingesegele mede hengen laten an dessen breff").

Siegel der Stadt Brüel

Dieses nach einer Zeichnung des Herrn Malers Milde von dem sehr gut erhaltenen lübecker Originale hieneben in Holzschnitt dargestellte erste Siegel der Stadt Brüel hat


1) Vgl. Mecklenburg. Zeitung, 1851, Nr. 180, Beilage.
2) Vielleicht in dem Brande von 1485, in welchem auch das Original des Stiftungsbriefes verbrannte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 67 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die Form eines dreiseitigen Schildes, welcher (nur ein Mal) längs getheilt ist und in der rechten Hälfte einen halben ungekrönten Stierkopf und in der linken Hälfte (ohne Queertheilung) oben einen halben Stern und unten drei Blätter an einem Stengel enthält, mit der Umschrifft:

Inschriftskreuz S'. OPIDI. BRVL e .

Aehnlich war ein altes geschnitztes und bemaltes Wappen an einem Rathsstuhle in der Kirche zu Brüel, nur daß hier schon der Stengel an den Blättern fehlt und die drei Blätter getrennt von einander als Semmel oder Wecken dargestellt sind.

Zur Erklärung dieses Stadtsiegels ist eine Geschichte der Gründung der Stadt nothwendig. Am Johannistage (24. Junii) 1340 erhob der Ritter Reimar von Plessen 1 ) das Dorf Brüel zu einer Stadt ("stedeken") und setzte bei der Stiftung zu ersten Burgemeistern und Rath sechs Rathsherren ein: Claus Runge, Peter Wamekow, Hans Kruse, Claus Gägelow, Hans Sültemann und Gerke Herder. Dies ist der wesentliche Hergang bei der Stiftung, und die bisher nur in einem schlechten Texte bekannt gewesene Stiftungsurkunde 2 ) enthält im Uebrigen nur die Abgrenzung der Stadtfeldmark. So wenig Worte nun auch die Urkunde von der Stiftung macht, so bedeutsamer Inhalt liegt doch in diesen wenigen Worten in Beihalt des ersten, ohne Zweifel bei der Gründung der Stadt angefertigten Siegels.

Die Stadt Brüel ward von dem Ritter Reimar von Plessen gegründet. Daher hat wohl das Siegel die Form eines ritterlichen Schildes. Diese Form ist ganz ungewöhnlich; in der Regel sind die Städtesiegel rund und haben das Stadtzeichen in der Rundung; nur wenn einer Stadt der landesherrliche oder ein anderer Schild, ganz oder zur Hälfte, verliehen war, steht dieser Schild in der Rundung, wobei jedoch immer zu berücksichtigen ist, ob einer Stadt ursprünglich ein Schildzeichen oder der Schild mit dem Schildzeichen verliehen war. Auch die von einem rittermäßigen Geschlechte gestiftete Stadt Strelitz hat einen Schild, jedoch in der Rundung. Bei der Sammlung aller alten meklenburgischen Städtesiegel haben sich, gegen alle Erwartung, noch zwei, aber nur zwei, schildförmige Stadtsiegel kurz nach der Entdeckung des brüeler Stadtsiegels gefunden, welche beide sehr alt sind: ein sehr altes (wohl das älteste) Siegel der Stadt Gadebusch, mit einem sehr alten Büffelskopfe und ohne den Baum


1) Die Stadt (Alt =) Strelitz ward ungefähr um dieselbe Zeit, am Tage der H. Barbara 1349 von den Grafen von Fürstenberg aus dem rittermäßigen Geschlechte der von Dewitz gegründet. Vgl. v. Kamptz Mekl. Civil=Recht I, 2, S. 232.
2) Vgl. Vermischte Urkunden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 68 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(oder Busch), im lübecker Archive, und ein sehr altes Siegel der Stadt Warin mit dem Wappen des Bisthums Schwerin, zwei gekreuzten Bischofsstäben, im schweriner Archive. - Ohne Zweifel soll aber die Schildform des ersten Siegels der Stadt Brüel auf den ritterlichen Stand des Stifters deuten.

Der Stifter der Stadt Brüel stammte aus dem Geschlechte der von Plessen. Der halbe Stierkopf in der rechten Hälfte des brüeler Stadtsiegels ist nun ungekrönt und hat kein Halsfell und kein aufgerissenes Maul; er ist also kein Theil des landesherrlichen meklenburgischen Wappens, welches im J. 1340 schon völlig ausgebildet war, wenn auch Brüel in der Herrschaft Meklenburg lag, sondern ein Theil des Wappens der von Plessen. Die von Plessen führen nämlich einen ganzen, schwarzen, ungekrönten Büffel 1 ) im goldenen Schilde. Es unterliegt also keinem Zweifel, daß der halbe Stierkopf im brüeler Stadtwappen aus dem Wappen der von Plessen entnommen ist und derselbe, gegen das älteste Siegel, nicht als der landesherrliche meklenburgische Stierkopf mit Krone und Halsfell dargestellt werden darf.

Die Stadt Brüel lag noch in der Herrschaft Meklenburg und war von der Herrschaft Richenberg=Parchim und der in dieser liegenden Stadt Sternberg nur durch den Warnow=Fluß und die an diesem liegende Feldmark des Gutes Sagsdorf, wo an der Warnow=Brücke in alter Zeit die Landtage gehalten wurden, getrennt. Wenn eine Stadt gestiftet ward, so setzte der Stifter, nach Kundmachung seines Willens, zuerst eine gewisse Zahl von Rathmännern aus den Patriciern ein, welche das Stadtrecht mitbrachten und sich fortan ergänzten 2 ). Die sechs Rathmänner, welche Reimar von Plessen zuerst als Burgemeister und Rath der Stadt Brüel einsetzte, waren nun gewiß aus Patriciergeschlechtern der nahen Stadt Sternberg; wenigstens läßt sich das mit Sicherheit von Peter Wamekow und Claus Gägelow annehmen 3 ).

Die Stadt Sternberg lag aber in der Herrschaft Parchim oder Richenberg und hatte daher parchimsches Recht 4 ).


1) Ein Notarius "Johannes olde" beschreibt in einem Notariatszeugnisse vom 2. Dec. 1364 im wismarschen Archive das Siegel der v. Plessen folgendermaßen:

"Predicta autem sigilla dicte littere appendicia erant figurata et disposita ad modum clipeorum, in quorum quolibet medio sigillorum quoddam animal, quod bubalus latine et teuthonice wesent dicitur, sculptum fuit".

Also werden damals die Büffel oder Wisent noch bekannt gewesen sein.
2) Vgl. oben S. 13.
3) Vgl. Geschichte der Stadt Sternberg in Jahrb. XII, S. 198.
4) Vgl. Lisch Maltzan Urk. I, S. 154, und Jahrb. XII, a. a. O.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 69 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Es läßt sich daher annehmen, daß der erste Rath der Stadt Brüel das parchimsche Recht mit nach Brüel brachte und hier einführte. Daher bekennt der Magistrat der Stadt Brüel am 26. Mai 1589 in seinem "Berichte 1 ) über der Stadt Brüel besondere Rechte, Statuta und Gebräuche, wie solche auf Befragen und Befehl der Herzoge ao. 1589 über gewisse vorgelegte Articul eingesandt worden", daß sie unter der Jurisdiction und Gerichts=Gewalt ihres Junckern Reimar von Plessen stehen. Der andern Articul seynd derselben etzliche wenige, als von Bürgen und Bürgschaften, von Eheberedung und und Heirathsschreiben, und wie es mit Ansprüchen der Kinder erster und ander Ehe gehalten werde, und dergleichen, im Gebrauche, und richten wir uns mit demselben nach Sternbergischem Gebrauch und Gewohnheit, auch nach obgedachten zwischen unsern Junckern und uns aufgerichteten Vertrage" u. s. w. Die Stadt Brüel gebrauchte also noch am Ende des 16. Jahrh. das parchimsche Recht als Familienrecht, hatte jedoch schon einen andern Gerichtsgebrauch. Jetzt hat die Anwendung des parchimschen Rechts in Brüel ganz aufgehört. - Daher soll der halbe Stern 2 ) im Siegel der Stadt Brüel wohl darauf hindeuten, daß diese das parchimsche Recht von Sternberg erhalten habe und ihr erster Rath mit sternberger Bürgern eingesetzt worden, Sternberg also die Mutterstadt von Brüel sei.

Die Deutung des letzten Siegelzeichens ist nicht schwer. Das alte Siegel zeigt ganz deutlich unter dem halben Sterne ein Dreiblatt oder drei Bläter an einem Stengel (von Broten oder Wecken ist keine Spur). Dies soll ohne Zweifel den Namen der Stadt Brüel bedeuten und ist ein "redendes Zeichen", wie die Stadt Kröpelin einen Krüppel (plattd. Kröpel) im Siegel hat. Das Wort Brüel oder Bryle ist wohl ein wendisches Wort und bedeutet einen grünen Anger 3 ) oder Brink.


1) Vgl v. Westphalen Mod. ined. I, p. 2080; vgl. v. Kamptz Mecklenb. Civil=Recht, I, S. 289.
2) Das älteste Siegel der Stadt Sternberg, welches ohne Zweifel aus der Zeit ihrer Gründung in der ersten Hälfte des 13. Jahrh. stammt, ist noch in einem Abdrucke vom J. 1355 vorhanden. Es hat in der Rundung einen vollen, richenbergischen Stierkopf ohne Halsfell, mit einem großen Sterne zwischen den Hörnern und zwei kleinen Sternen zu den Seiten. Das kleine Siegel (secretum) des Raths zu Sternberg, in einem Exemplare vom J. 1328, ist rund, ohne Schild, längs getheilt und hat in der rechten Hälfte einen halben Stern und in der linken Hälfte einen halben meklenburgischen Stierkopf mit Krone und Halsfell. - Das älteste große Siegel der Stadt Parchim hat auch zwei Sterne zu den Seiten des richenbergischen Stierkopfes.
3) Vgl. Frencel Etymologien in v. Westphalen Mon. ined. II, p. 2408:

"Brühl: locus juxta aquas, locus aridus ex aquis siccatus. - Hirschbrühl: statio cervorum circa loca aquosa et virgultis amoena. - Brühlicht, brühlichter Platz: viridaria, silva nemorosa, item siccata et succisa".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 70 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Im Polnischen ist bryla= Klumpen, Scholle, Erdscholle, brylasty= klumpig, brylowy= voll, massiv, wohl mit dem Begriffe der fetten, fruchtbaren, schweren Erde. Das Wort ist auch in die deutsche Sprache übergegangen und kommt in der Form "der Brühl" als "grüner Rasenplatz am Wasser" oder Horst öfter vor. Daher mag denn auch das Dreiblatt das bekannte Dreiblatt (Menyanthes trifoliata=Dreiblatt oder Fieberklee), oder überhaupt Klee darstellen sollen. Eine entfernte Anspielung mag sein, daß auch auf dem ältesten parchimschen Stadtsiegel neben dem Stierkopfe zwei rankige, dreilappige Blätter mit Stengel stehen.

Es möchte hiernach nicht schwer sein, das Siegel der Stadt Brüel, übereinstimmend mit der Geschichte ihrer Gründung, also zu deuten und zu lesen:

die von dem Ritter (Schildform des Siegels) Reimar von Plessen (halber Stierkopf) gegründete und mit sternbergischem (oder parchimschem) Rechte bewidmete (halber Stern) Stadt Brüel (Dreiblatt).

Es giebt wohl nicht viele Stadtsiegel, welche so sinnig sind und so viel ausdrücken, als das brüelsche Stadtsiegel.

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 71 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VI.

Zur

ältern Geschichte der Stadt Sternberg.

Nachtrag,
vom Auditor D. Möhlmann zu Stade.


D ie im XII. Bande dieser Jahrbücher enthaltene Geschichte von Sternberg veranlaßt mich zu folgenden Bemerkungen:

Zu S. 221. - Die hier erwähnte Stiftung des Ritters Heinrich von Plessen findet sich umständlicher in Pfeffinger's braunschweig=lüneburgischer Historie. Hamburg, 1731. I, S. 597, mit folgenden Worten: "Henrich (v. Plessen) Ritter auf Zülow, - - gab 1492 300 Mk. Capital ad horas s. Crucis nach Sternberg und stiftete daselbst Ao. 1503 nebst seinem Bruder Helmold ad horas b. Virginis ein Lehn von 835 Mk., auch Ao. 1502 vier Vikarien zum Brühl, nebst vielen dazu gelegten Capitalien, † 1510 und wurde zu Brühl begraben. Helmuth, dessen Bruder, Erbherr auf Müsselmow im alten Hofe, vermachte Ao. 1503 viele Pächte nach Sternberg" etc. .

Zu S. 223. - Der Wallfahrten nach Sternberg erwähnt Nicolaus Gryse in seinem Spegel des Antichristischen Pawestdoms vnd Luttherischen Christendoms. Rostock, 1593. Bogen M: "Ock de Walfarden na den H. Orden vnd Steden in Hispanien, na Compostelle, thor fensteren Sterne, in de Marcke na Wilßnack na dem H. Blode, im Landt tho Meckelenborch na Rostock tho vnser leuen Frowen, edder na Swerin edder Sterneberg na dem H. Blode". - In seiner Historia van der Lere, Leuende vnd Dode M. Joachimi Slüters. Rostock, 1593. Bogen K heißt es: "Vele Affgöderye hefft man im auergelöwischen Pawestdom mit dem vermeinten H. Blode da=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 72 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mals allenthaluen, ock by vns in den benaberden örden gedreuen, nicht alleine thor Wilsenack vnd thom Sterneberge, sondern ock tho Swerin, denn de geistlosen verblendeden vischers vnd affgödesdener des antichristischen Pawestes hebben dorch solcke vnd dergelyken vam Düuel geknüttede geldtnette de weltgüder an sick gevischet, vnd allenthaluen de velen offer van allen örden an gelde, korn, waß vnd flaß vnd anderen gauen hüchlischer wyse tho sick gelocket vnd an sick gebracht".

Wachs mag oft und viel geopfert sein. Beno tho Houenschen in der holländischen Provinz Gröningen verordnet 1505 in seinem Testamente: "Item predictus testator voto se constrinxit peregrinando locum sacrum, videlicet venerabilis sacramenti in Sterneborch, quod minime impleuit, idcirco prenominatus testator wlt, quod frater suus faciet eo citius quo poterit istam pro eo peregrinacionem, offerendo ibi quartam partem vnius cere talenti ad honorem venerabilis sacramenti".

Dieses Testament findet sich in den Chartulae Langenses (einem Copiarium des Ostfriesischen Klosters Langen oder Blauhaus im königlichen Archive zu Aurich), denen eine Hand aus den Zeiten des dreißigjährigen Krieges die Aufschrift gegeben hat: "Ancompste der goederen des Convents toe Langhen hodie Blawhuis in de Kromme horn ab An. 1348 ad Annum 1519".

Suur, der jenes Copiarium ebenfalls benutzte, fragt in seiner Geschichte der Ostfriesischen Klöster, Emden, 1838, S. 87: "In Westerwolde, in der Provinz Gröningen, liegt ein Hof Sterrenborg; war dort vielleicht der Gnadenort?"

Es könnte nun zweifelhaft erscheinen, ob das meklenburgische Sternberg gemeint sei, da hier von dem hochwürdigen Sacramente, sonst stets nur von dem heil. Blute, außerdem aber eigentlich nur von einem Sterneborch die Rede ist; indessen ist die Schwierigkeit, wenn überhaupt eine, leicht gehoben. Das heil. Blut besteht aus den durchstochenen Hostien, die Hostien aber eben sind das Sacrament des Altars, und demnach wird auch in Urkunden selbst (man sehe Bd. XII, S. 268, 271, 272) von der Capelle des Sacraments geredet. Was aber die Verwechselung der Buchstaben in Sterneborch und Sterneberg betrifft, so ist dies eine für frühere Zeiten nicht ungewöhnliche, und würde auch, wäre sie ohne Beispiel, bei ihrer Leichtigkeit, kaum in Betracht kommen können.

Uebrigens aber dient jene testamentarische Verfügung zum Beweise, mit welcher Schnelligkeit die Kunde von neuen Gnadenörtern allgemein ward und daß die von Cranz in seiner Vandalia

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 73 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gegebene Nachricht: "Coeptus est inde concursus undicunque populi in locum Sterneberg", nicht etwa bloß von der nächsten Nachbarschaft zu verstehen sei, überhaupt nicht zu eng interpretirt werden müsse. (Vgl. auch Franck's Bericht von denen durch die Jüden zerstochenen Hostien. Rostock, 1721. S. 40).

Zu S. 233. - Die Visitation des Klosters zu Sternberg ist hier nach einem Briefe des Vicarius Wenceslaus Linck zwar umständlicher erzählt, als sonst bekannt war; dennoch ist eine nicht angeführte Stelle aus einem Briefe Luthers an Johann Lange vom 28. November 1520 nicht ohne Interesse, da dort der Mitwirkung eines Laienbruders Johann nicht erwähnt wird: "Vicarius", heißt es daselbst, "ad Sternberg ivit, sequitur eum f. Johannes conversus". (Bei de Wette, I, S. 527).

Zu S. 250. - Die Idendität des Werner mit dem Bernhard Orestes scheint mir eine irrige Annahme zu sein. Was sonst den letztern betrifft, so ging er 1566 von Lippstadt als Conrector nach Soest und von da als Rector nach Braunschweig. Daß er aus Horstmar gebürtig war, scheint keinem Zweifel zu unterliegen. (Möller, alte Nachrichten von Lippstadt. 3. Jahrg., 1787. S. 287. Eigentlich ein Beiblatt zu den dortigen Anzeigen.)

Endlich kann ich unangezeigt nicht lassen, daß dem rostocker Gelehrten Etwas von 1743, S. 26, zufolge in der Leichenrede auf den Senator Nicolaus Duncker († 1614), die, wie die übrigen dort aufgeführten, auf der Universitäts=Bibliothek sich befinden dürfte, "artige Nachrichten von Sternberg und Schwerin" enthalten sind.

Möhlmann.     


Die Nachrichten, welche diese auf der Regierungs=Bibliothek zu Schwerin aufbewahrte Leichenrede auf den rostocker Senator Nicolaus Duncker über Schwerin und Sternberg enthält, sind sehr unbedeutend: von Schwerin wird nur gesagt, daß der Herzog Johann Albrecht eine Schule unter dem Rector Dabercusius gestiftet habe; von Sternberg wird die Judenverbrennung kurz berührt. Aber die Rede enthält doch etwas Interessantes und wird zuverlässig sein, da sie ein Rectorats=Programm der Universität Rostock, vom J. 1614, ist: "Programma in obitum honorabilis viri dn. Nicolai Dunckeri, senatoris Rostochiensis. Rostochii, typis Joachimi Pedani, Acad. Typ., Anno M.DC.XIV. - - P. P. Rostochii sub sigillo Rectoratus nostri, 21. Novemb. Anno 1614".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 74 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Es ist bekannt, daß David Franck in seinem A. u. N. Mecklenburg den Georg Preen für den ersten evangelischen Prädicanten und Reformator in der Stadt Sternberg ausgiebt. Er läßt dafür keinen Beweis, sondern nur kurze Andeutungen aus einem Visitations=Protocolle von 1572 reden. Da nun bisher keine sichere Quelle über Georg Preen zu finden war, er in den gleichzeitigen Acten nie, auch späterhin nicht, genannt wird, die Geschichte der Reformation in Sternberg sich nach den Acten auch ganz anders gestaltet, als bisher angenommen ist, so mußte ich mich veranlaßt sehen, die Existenz des Georg Preen zu bezweifeln (Jahrb. XII, S. 240 flgd.). Fest steht aber, daß Faustinus Labes der erste angestellte lutherische Prädicant und Reformator Sternbergs war und dort sicher von 1533 - 1545 wirkte, und daß Nicolaus Gisenhagen der erste lutherische Pfarrer von Sternberg war 1556 - 1568.

Nun giebt aber die Lebensbeschreibung des Senators Nic. Duncker in dem erwähnten Programme eine historische Nachricht über Georg Preen, die erste, wie es scheint, sichere Quelle.

Nicolaus Duncker war 1548 zu Sternberg geboren. Sein Vater Andreas Duncker war ein vornehmer Bürger ("primarius") in Sternberg. Nicolaus ward mit seinem Bruder Andreas, welcher späterhin Pastor an der Petrikirche zu Rostock ward, im väterlichen Hause und in der Schule zu Sternberg so sorgfältig erzogen und ausgebildet, daß er die unter dem Rector M. Mathias Dabercusius gegründete Schule zu Schwerin beziehen konnte. Nachdem seine Aeltern im J. 1565 (ohne Zweifel statt des Druckfehlers 1556) gestorben waren, schickte ihn Georg Preen, "Diener des göttlichen Wortes an der Kirche zu Sternberg", welchen Andreas Duncker auf seinem Sterbebette zum Vormunde seiner Kinder ernannt hatte, im J. 1566 auf die blühende Universität Rostock.

"Orbatum utroque parente anno 56 (v. p. 65) mox anno subsequente reverendus et optimus vir dn. Georgius Prenius, verbi divini in ecclesia Sternebergensi minister, cui, ut tutori, una cum reliquis suis fratribus et sorore unica pater eum in agone commendaverat, in hanc academiam ad capiendum uberiorem ingenii cultum misit".

Dies ist die einzige bisher bekannte, wie es scheint, unverdächtige Quelle, welche über Georg Preen redet und ihm zugleich seine Stelle anweiset. Georg Preen war nicht der erste lutherische Prädicant in Sternberg, sondern muß neben dem Hauptprediger Nicolaus Gisenhagen zweiter Prediger in Sternberg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 75 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gewesen sein, da der zweite Prediger zu Gisenhagen's Zeit bisher unbekannt geblieben ist. Preen ward jedoch sicher nicht Hauptprediger.

Nicolaus Duncker blieb 5 Jahre auf der Universität Rostock, bis er als Lehrer an die Schule zu Parchim berufen ward, an welcher er bis in das vierte Jahr wirkte. Im J. 1575 ward er nach Rostock berufen, wo er im J. 1590 Senator ward und im J. 1614 starb.

G. C. F. Lisch.     


Ich füge bei dieser Gelegenheit noch einige Nachrichten über die Wallfahrten nach Sternberg hinzu, welche ich nach der Abfassung meiner Geschichte aufgefunden habe.

G. C. F. Lisch.     

1.

Unnsen frunntlicken groet midt vermoghe denstes, lieues vnd gudes. Irluchtighen, hochbornnen fursten, besunders gnedighen, lieuen heren. Als V. Gnaden vns hebben doen scriuen berorende Thyell Komer vnde in synen saken beholplich tsyne, hebben wy deme allent so gherne ghedaen, ghelyck he Iwen Gnaden muntlick werdt vortellenn, vnd voghen Iwen Gnaden to wettenn, dat de hochbornne vnnse fruntlicke liue hues'-frowe seir krencklyck sindt der hillighen dre konnynge heuet ghewest vnd is noch nicht all ghesundt, szo vro wy beiden vns anders intledighen moghen vnd eir liefsten in guden puncten wedder ghestalt syn, dencken wy, wilt godt, dat hillighe sacrament thome Sterneberghe to irsokenn dussen sommer. Konden wy Iwen gnaden denste, willen vnd wolbefall bewisen, sollen Iwe Gnaden, de godt almechtich vrolick vnd ghesundt moet [erholden] vnd bewaren, vns willich an vinden. Vnder vnszeme secrete gheuen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 76 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vpn neisten gudensdach nae Jubilate, anno etc. XCseptimo (= 1497).

Euerwin greue the Benthem     
vnnd vann Steinforden.        

Den irluchtighen hochbornnen fursten vnd heren Magnus vnd Balthazar ghebrodern von gotis gnaden hertoghen tho Meckelburch, fursten tho Wenden, greuen tho Szweryn, Rostock vnd Stargharde, vnsen besunders gnedighen lieuen heren.

Des Grafen Eberwin von Bentheim Gemahlin war Ingeburg, des Herzogs Ulrich II. von Meklenburg=Stargardt Tochter.

2.

Unnsze willigen dienste myt vermoghe lieues vnnd guts touornn. Hochgebornen fursten, lieuen hernn vnnde ohme. Wy geuen iwen furstlicken lieuen amme latesten to erkennende, wo wy de hoichebarnen vnsze lieuen zwester van Lindowe ohrer bedefardt in erlosszinghe de zuluen zee in ohrer dotlicken krankheidt gade deme heren gelauet heft, thome Sterneberge bringen werden. Deme nach werden wy, wil got, morgen amme dage anuntiacionis Marie tiegens den auent tho Gadebusch iwer leuen stadt in der herberge myt sampt ohrer lieue ertogende. Bidden gantz denstlick, vns einen iwer lieuen dieneren morgen amme zulffen dage vnnszen lieuen frowenn tiegens den auent edder zondages morgen fro betther an genompte iwer f. leue stat toscicken willen, de vns wiszen vnd fortforenn mogen, ock vns vnd die vnnszen ane gefeerde myt einem stracken geleide durch vnnd wedder durch iwer leuen landen besorgen, willen wy myt allem flite gerne vordenen. Bidden den des ouermals iwer leuen bescreuene antwerde by iegen-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 77 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wardigem. Datum Raceborch amme auende annuntiacionis Marie anno XCVII°.

Mangnus van gots gnadenn thu Zasszen,     
Engern vnnd Westphalen hertog.        

Denn hoichebornenn furstenn herrn Mangnusz vnnd Baltzari gebroderen hertogenn thu Mekelenborg, furstenn thu Wennden, grauen thu Zworin, Rostock vnnd Stergerde der lande heren, vnnszenn lieuen herenn vnnd ohmenn.

(L. S.)

3.

Aldergnedigeste, dorchluchtede, hochgeboren vorste. Wytliken sy iwer vorstliken gnaden, dat ik [Schomaker] arm man byn vorwaldiget van Hennink Sweryn wedder got vnde recht vnde alle byldelicheit.
- - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -

Aldergnedigeste, dorchluchtede, hochgeboren vorsten, so grep he my drudde warfe vp deme karkhaue to Spantkowe, des ik doch nicht an em vortruwede, vnde leth my slan vp deme karkhaue, dat ik enen groten poel blodes blodde vp deme karkhaue, de noch nicht wedder gewyget is, vnde let my done in den staken setten, dar sath ik done XIIII dage, done wart ik denkende vp dat hilge sakermente tom Sternebarge vnde vp den hilgen apostel godes sunte Jacobe, de hulpen my schynbarliken, dat ik los wart vt den benden vnde quam wech vormyddelst der gnade gades.
- - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 78 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4.

"Im J. 1524, auch etliche Jahre vorher, ließ sich in Danneberg ein Poltergeist mit vielen Offenbarungen vernehmen und ward von vielen Leuten gesehen, - - in Herrn Johann Möllers, gewesenen Unterpropstes, und zuletzt in Hans Slapesiden, gewesenen Bürgermeisters in Danneberg, Person. Er erzählte viele Wunder, die damals geschehen waren, und drang endlich darauf, daß man Seelen=Geräthe, Bäde, Vigilien, Seelmessen und dergleichen wieder aufrichten, auch Walfahrten nach den heiligen Städten Sterneberg und Wilsnack anstellen und dazu auserlesene Personen, Mönche und Pfaffen, gebrauchen müsse."

Aus des Gerichtsverwalters Sültemeyer zu Danneberg Nachrichten zur Geschichte des Schlosses, auch der Stadt Danneberg, in Spiel's Vaterländ. Archiv des Königreichs Hannover, 1820, II, S. 230.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 79 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VII.

Richardis Gräfin von Arensberg,

des Fürsten Johann II. von Meklenburg=Gadebusch bisher unbekannt gewesene Gemahlin.


D ie bisher unbekannt gewesene Gemahlin des Fürsten Johann II. von Meklenburg=Gadebusch hieß Richardis und war nicht eine geborne Gräfin von Ravensberg, sondern eine Gräfin von Arnsberg in Westphalen, eine Tochter des Grafen Ludwig von Arnsberg.

Seibertz in seiner Landes= und Rechtsgeschichte des Herzogthums Westphalen, Erste Abtheilung, Arnsberg, 1845, sagt S. 207: "Graf Ludwig starb am 2. Mai 1313, nach einer vierzigjährigen Regierung, während welcher er durch kräftige Entwickelung der innern Hülfsquellen seines Landes, so wie durch weise Mäßigung im Gebrauche derselben nach außen seinen Unterthanen das damals unerhörte Glück eines nur selten unterbrochenen Friedens gewährt, sich selbst aber durch unpartheiliche Gerechtigkeitsliebe in dem Vertrauen Aller, die mit ihm verkehrten, das schönste Denkmal gestiftet hatte."

"Mit seiner Gemahlin Peronelle, Tochter des im J. 1277 zu Aachen erschlagenen Grafen Wilhelm von Jülich, deren Zustimmung er seit 1276 fast in jeder seiner Urkunden erwähnt, hatte er sechs Söhne und drei Töchter."

S. 210. "Von den Töchtern war 2) Richarde zuerst mit dem Fürsten Johann von Meklenburg, Sohn von Johann I. und dessen Gemahlin Ludgarde, vermählt. Diese wird gewöhnlich eine Gräfin von Ravensberg genannt (602); allein aus der Versicherung, welche ihr 1302 ihr zweiter Gemahl über ihr Witthum ausstellte, geht deutlich hervor, daß sie Richarde hieß und die Tochter des Grafen Ludwig von Arnsberg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 80 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

war. Nachdem nämlich ihr erster Gemahl 1299 zu Gadebusch gestorben war, verlobte sie ihr Vater 1302 dem Grafen Wilhelm von Dale, Sohn des Grafen Otto und dessen Gemahlin Cunigunde von Bronchorst. In der über ihr Nadelgeld und künftiges Witthum ausgestellten Urkunde 1 ) nennt ihr Verlobter sie

Richardam relictam quondam domini Johannis, domini Magnopolensis, filiam domini Ludewici comitis de Arnsberg (603)".

Noten:

602) Westphalen Mon. ined. II, p. 1263. Rudloff Gesch. von Mecklenburg, II, 102.
603) Meyer bei Wigand Westphäl. Archiv) VII, Nr. 84, vgl. S. 127. - Sie hatte nur eine Tochter; Niesert Urk. Samml. V vor dem Register 1316. Nach ihm, S. 42, und der dazu gehörigen Stammtafel, wäre Richarde nicht die Gemahlin Wilhelms, sondern seines ältern Bruders Otto gewesen, der auch als Probst zu Deventer und Thesaurar zu Bremen vorkommt † 1316. Die Belege dazu sollten in den Noten zu den Urkunden über die Herrschaft Gemen geliefert werden; diese sind aber nicht erschienen.

Der Verein verdankt die Auffindung dieser Nachricht dem Herrn Dr. v. Duve in Ratzeburg.

 

Vignette

1) Vgl. Vermischte Urkunden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 81 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

VIII.

Friedrich Hahn,

der erste Graf seines Geschlechts.

Eine Biographische Skizze,

von

G. C. F. Lisch.


F riedrich II. Hahn 1 ), der jüngste Sohn Friedrich's I. Hahn auf Basedow und Neuhaus, war einer der größten Männer des hahnschen Geschlechts und Meklenburgs; reich begabt, tief gebildet, edel, großherzig, im Besitze einer bedeutenden Gelehrsamkeit und eines scharfen Geistes, war er nicht allein einer der Ersten, welche die hohe wissenschaftliche Bildung der neuern Zeit im Lande repräsentirten und beförderten, sondern muß auch zu den größten Geistern seiner Zeit für ganz Deutschland, ja Europa gezählt werden. Nach den Berichten noch lebender Zeitgenossen und nach der Ueberlieferung, hatte er einen zarten Körperbau und war, wie sein ausgezeichneter Oheim Ludwig Achatz I. Hahn auf Diekhof, verwachsen; aber in der schwachen Hülle lebte ein großer Geist, der sich nach allen möglichen Richtungen hin mit Uebergewicht geltend machte. Es wird von ihm erzählt, daß sein entschiedenes, durchdringendes, aber doch edles und menschenfreundliches Auftreten überall Ehrfurcht einflößte und unbedingte


1) Die im Nachstehenden folgende Biographie Friedrich's II. Hahn ist freilich bereits in Lisch Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn, Band IV, Schwerin, 1856, S. 255 - 319, gedruckt. Da diese Familiengeschichte aber sehr wenig verbreitet ist, so hat es angemessen geschienen, diese Biographie hier noch ein Mal abzudrucken, da sie für die neuere Zeitgeschichte von sehr großem Interesse ist.       D. Red.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 82 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ergebung erlangte; er herrschte überall durch sein bloßes Erscheinen, obgleich er ein so warmer Menschenfreund war, daß man ihn im Hauswesen den "guten Vater" nannte. Dennoch war sein ganzes Wesen immer groß und abgeschlossen, wie der Charakter aller bedeutenden Männer, die von der Mitwelt gewöhnlich nicht verstanden werden, in der Regel zu sein pflegt. Selbst allen seinen Familienmitgliedern, sogar den von ihm Bevorzugten, imponirte er, nach deren Mittheilungen, so sehr, daß sie sich einer gewissen "Scheu" vor ihm nicht erwehren konnten. Verbunden mit dieser Größe des Charakters war eine stete Gleichmüthigkeit und geistige Ruhe, die sich selbst durch schmerzerregende, aber unabwendbare Ereignisse nicht erschüttern ließ. Daher war ihm bei seiner großen Auffassung des menschlichen Geistes, nach einer Mittheilung von Zeitgenossen, z. B. auch die Trauer bei Todesfällen unlieb. In diesem Sinne gab er dem Prediger zu Basedow bei dem Begräbnisse seiner innig geliebten Gemahlin im J. 1801 die Weisung, nicht viel über fünf Minuten zu reden. Dagegen sind wieder die Inschriften, die er für den Sarg seines früh gestorbenen Sohnes Ferdinand entwarf, edel und tief empfunden. Friedrich II. Hahn scheint seinem ältern Zeitgenossen, dem großen Könige Friedrich II. von Preußen, mit dem er auch denselben Vornamen trug, in vieler Hinsicht sehr ähnlich gewesen zu sein. Feind aller Eitelkeit, lehnte Friedrich II. Hahn alle Aufforderungen zur Uebernahme hoher Staats= oder Hofämter beharrlich ab.

Im höchsten Grade verehrungswürdig ist dabei seine unablässige Sorge um das Wohl der Menschheit; seine Bemühungen um das Volksschulwesen, um das leibliche Gedeihen der niedern Stände, um Ackerbau und Fabrikwesen sind wahrhaft rührend. Es entging seinem großen Geiste nichts. Sehr treffend ist die Schilderung seines Haushofmeisters Nevermann, der ihn selbst zur Gruft brachte, wenn er, von dem Standpunkte eines Dieners, sagt: "Er war ein Mann von festem Charakter, dem sein Versprechen heilig war. Er lieh sein Ohr keinem Schmeichler oder Projectenmacher. Ernst und Würde umgaben ihn, wobei Recht und Hülfe den Bedrückten zu Theil ward. Die Gesundheit seiner Unterthanen lag ihm sehr am Herzen, deswegen hielt er ihnen einen Arzt, Chirurgen und freie Medicin; stündlich fragte er nach dem Befinden eines etwa kranken Dieners, und schien sichtbar erheitert, wenn er ihn wieder sah. Er gönnte jedem so gerne sein gutes Auskommen und möglichste Bequemlichkeit in Hinsicht der Wohnung u. s. w., und schmälerte nichts. Wittwen und Waisen hatten an ihm einen Versorger, und er ließ wahrlich Niemanden Brotes weinen; es war ihm eine

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 83 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Freude, wenn es Allen wohl ging, darum nannten ihn so viele ihren guten Vater. Er pflegte zu sagen, wenn Jemand in seiner Umgebung ihn zuweilen eine Aeußerung in Betreff der Zukunft hören ließ: Habt Ihr denn schon gesehen, daß ich Jemand verstoßen habe?" - So ehrwürdig er nun auch als Menschenfreund erscheint, so steht er doch als Mann der Wissenschaft fast höher und glänzender da, und er verdiente eine ausführlichere Beschreibung, als hier gegeben werden kann, zum Vorbilde aller kommenden Geschlechter. Leider fließen die Quellen sehr spärlich, da in unruhigen Zeiten wohl die meisten Papiere verloren gegangen sind. Was hier geboten wird, hat nur mit den größten Anstrengungen erforscht und zusammengestellt werden können.

Von großer Wichtigkeit für die Familiengeschichte ist es, daß Friedrich II. Stammhalter des ganzen Geschlechts und der erste Graf ward.

Friedrich II. ward am 27. Julii 1742 zu Neuhaus in Holstein geboren. Hier verlebte er seine Jugendjahre, da sein Vater bis zu seinem Tode seinen Wohnsitz zu Neuhaus hatte. Leider ist von seiner Jugendbildung fast gar nichts bekannt; ohne Zweifel wird er sie zum größten Theile in Holstein, zu Neuhaus und in Kiel, genossen haben. Als er 17 Jahre alt war, ward im J. 1759 sein hoffnungsvoller ältester Bruder Ludwig Kay im 25. Jahre seines Alters in einem Duell durch einen Raufbold zu Schleswig erstochen. In demselben Jahre fingen auch die Untugenden seines 23jährigen, geistesschwachen Bruders Dethlev in einem solchen Maaße an auszuarten, daß der Vater sich bald genöthigt sah, diesen seinen "ungerathenen Sohn" gerichtlich unter Curatel stellen zu lassen. So ward Friedrich II. in der Folge der einzige Sohn Friedrich's I., der nach des Vaters Tode Herr seiner Handlungen ward.

Von der größten Bedeutung ist Friedrich's II. Universitäts=Bildung. Nach der Matrikel der Universität Kiel (p. 273) ward er hier am 27. Februar 1760, unter dem Prorectorat des Professors Philipp Friedrich Hane, eines meklenburgischen Predigers Sohns von Belitz, im 18. Jahre seines Alters immatriculirt. Wenige Tage später ward Caspar von Buchwald von Seedorf, der spätere Gemahl einer Cousine Friedrich's II., Sophie Charlotte Hahn von Diekhof, immatriculirt. Die kieler Universitäts=Matrikel sagt:

Prorectore CLXXXIX.

Philippo Friderico Hane ss. theolog. D. et p. p. ord., histor. itid. p. p. et ordin. theolog. h. t. decano. -
- - - - - - - - - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 84 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Anno MDCCLX.
Mens. Febr. XXVII. Fridericus ab Hahn eques Holsatus.
  Mart.  V. Maximus Baronowitz Ucraniensis.
    X. Caspar von Buchwaldt eques Holsatus.

Hier flößte ihm ohne Zweifel der Professor Friedrich Koes, oder lateinisch Kosius, der fast ein halbes Jahrhundert, von 1721 bis 25. Sept. 1766, Professor der Mathematik in Kiel war, die Liebe zu den Naturwissenschaften, namentlich aber zur Mathematik und Astronomie ein und legte den Grund zu seiner hohen und sichern wissenschaftlichen Bildung. Kosius muß, nach der bei seinem Begräbnisse erschienenen Gedächtnißschrift, ein bedeutender Mann gewesen sein. Er war in Schleswig geboren und reiste nach vollendeten Studien in England, wo er mit Newton, Flamsteed, besonders aber mit Halley bekannt ward, und darauf in Deutschland, wo er mit Leibnitz in Verbindung trat. Leibnitz sagt von ihm, daß er verdiene, nicht unbeachtet zu bleiben, da er einen ungewöhnlich tiefen Blick in die Analysis gethan habe und von ihm eine Erweiterung der Wissenschaft zu erwarten sei 1 ). Von dem stillen Wirken dieses gediegenen Mannes erhielt Friedrich II. Hahn ohne Zweifel seine gründliche Bildung.

Daß, nach dunkeln Ueberlieferungen, Friedrich Hahn auch in Göttingen studirt habe, ist nicht gegründet. Nach den sorgfältigen Nachforschungen des Herrn Professors Dr. Waitz zu Göttingen ist Friedrich Hahn in den Matrikeln der Universität Göttingen in der Zeit von 1750 bis 1766 nicht zu finden und in diesem Zeitraume überall kein anderer Hahn in Göttingen immatriculirt, als Friedrich Carl Philipp von Hahn aus Curland am 2. April 1766.

In seinem 24. Lebensjahre vermählte sich Friedrich II. Hahn am 3. Januar 1766 mit Wilhelmine Christine von Both, geb. 1744, der ältesten Tochter der damals verwittweten, zu Warin wohnenden Oberhauptmannin Anna Friederike von Both, geb. von Plessen, aus dem Hause Katelbogen, und des wailand


1) Der Professor Koes oder Kosius hat mehreres geschrieben, namentlich aber eine Schrift: "De analysi aequationum differentialium". - Leibnitz sagt von ihm in seinen Epistolis, ed. Kortholt I., ep. 206: "Hactenus dominum Koesium ignoravi, sed meretur profecto non ignorari. Videtur enim profundius solito in novam analysin inspexisse et credo, si huc intendat animum, posse ab ipso aliquid conferri ad augendam scientiam. Itaque plura de eo nosse gratum erit". - Die Nachrichten über die Immatriculirung Friedrich's Hahn zu Kiel und über den Professor Kosius verdanke ich der freundlichen Theilnahme des Herrn Etatsraths, Professors Dr. Ratjen zu Kiel.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 85 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Oberhauptmanns Adolph von Both auf Rankendorf. Wilhelmine Christine soll sehr schön, zart und geistreich gewesen sein, aber von schwindsüchtiger Anlage. Am 15. März 1774 schrieb der berühmte königlich=großbritannische Leibarzt Dr. Zimmermann zu Hannover an Friedrich II.: "Die Krankheit Ihrer mitleidenswürdigen Frau Gemahlin ist Phtisis consummata und der Ausgang leider - was Ihr Arzt Ihnen gewiß wird gesagt haben". Obgleich Zimmermann im J. 1774 das Leiden der Frau für ausgebildete Schwindsucht erklärte, genas sie dennoch wieder vollständig, schenkte ihrem Gemahle seit dem J. 1776 fünf Söhne und starb erst am 14. Nov. 1801. Nevermann sagt von ihr: Sie war eine Stütze der Kranken und Nothleidenden und der Wittwen und Waisen; sie fühlte mit Bewußtsein in ihrem erhabenen Stande, daß sie von der Vorsehung mit zeitlichen Gütern zum Wohlthun gesegnet war, und machte davon würdigen Gebrauch". Der Ober=Consistorialrath Zöllner zu Berlin, welcher im J. 1795 Friedrich II. in Remplin besuchte 1 ), sagt: "Der Herr Landmarschall ist selbst ein Kenner der Wissenschaften und beschäftigt sich mit mehreren, vornehmlich mit Astronomie und Naturkunde, so eifrig, als wenn sie seine Naturstudien wären. Auch seine Gemahlin findet an gründlichen Kenntnissen Geschmack und hat sich deren sehr viele erworben. Wir haben heute beim Abendessen mit diesem glücklichen Paare, den beiden Söhnen und ihrem Hofmeister Herrn Hecker eine so interessante Unterhaltung gehabt, daß Geist und Gaumen in gleichem Maaße befriedigt wurden".

Bei seiner Vermählung vollendete Friedrich II. auch die von Claus Ludwig Hahn auf Remplin gegründete milde Stiftung für hülfsbedürftige Personen weiblichen Geschlechts, indem er 2000 Thaler Capital hinzuthat und das Stiftungscapital noch zu vergrößern beabsichtigte; er erreichte die landesherrliche Bestätigung der Stiftung am 20. Februar 1766.

Friedrich's II. Vater Friedrich I. starb am 1. Junii 1772, als Friedrich II. im 30. Lebensjahre stand. Am 8. Oct. 1772 setzten sich die beiden Brüder Dethlev und Friedrich in Grundlage des väterlichen Testamentes vom 6. August 1766 zu Kuchelmiß auseinander. Nach diesem Testamente sollte von den holsteinschen Gütern Dethlev das Gut Gr. Colmar, Friedrich die Güter Neuhaus c. p. und Lehmkuhlen erben; von diesen Gütern sollte


1) Zöllner's Reise ist herausgegeben unter dem Titel: "Joh. Friedr. Zöllner's, königl. preuß. Ober=Consistorialraths und Probstes in Berlin, Reise durch Pommern nach der Insel Rügen und einem Theile des Herzogthums Mecklenburg im Jahre 1795. In Briefen. Berlin, 1797". Ueber seinen Besuch in Remplin und die Gemahlin Friedrich's II. Hahn vgl. S. 412 flgd.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 86 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lehmkuhlen der Mutter bis zu ihrem Tode zum Genießbrauche bleiben; über die meklenburgischen Güter, von denen Basedow c. p. einen Theil und Kuchelmiß c. p. mit Hinzenhagen den andern Theil bilden sollte, sollten die beiden Brüder loosen. Beide Brüder erkannten bei der Auseinandersetzung das väterliche Testament an, entsagten aber der Kavelung über die meklenburgischen Güter, indem Dethlev die Güter Kuchelmiß c. p. und Hinzenhagen anzunehmen bereit war, womit Friedrich sich zufrieden erklärte. Friedrich gab außerdem seinem Bruder Dethlev, statt der 30,000 Thaler baaren Geldes, welche der künftige Besitzer von Basedow dem andern Theile auszahlen sollte, 50,000 Thaler und schenkte ihm außerdem noch 10,000 Thaler, um ihm die Kosten und Verwendungen zu erleichtern, welche zu "seiner persönlichen Befreiung aus der von Mevius'schen Vergewaltigung" verbraucht waren.

Dethlev erhielt also die Güter Kuchelmiß, c. p. Serrahn und Wilsen, das Gut Hinzenhagen und die genannten 50,000 Thaler Abfindung aus Basedow und 10,000 Thaler Geschenk. Dethlev zog nun nach Kuchelmiß. Das durch das Testament auf ihn vererbte Gut Gr. Colmar c. p. trat er seinem Bruder Friedrich II. ab, wogegen dieser ihm so viel Einkünfte aus Basedow, als die zehnjährige Aufkunft von Colmar gebracht hatte, und das Recht des Zurückkaufes einräumte. Friedrich II. verkaufte jedoch das Gut Gr. Colmar im J. 1783 an die Grafen von Holstein. Nach dem Tode seiner Mutter verkaufte er im J. 1793 auch das Gut Lehmkuhlen an den Hofrath Hinüber.

Dethlev überlebte unter Curatel seinen Bruder Friedrich fast 4 Jahre, bis in das J 1809.

So erhielt Friedrich II. im J. 1772: in Holstein die Güter Neuhaus c. p., Gottesgabe, Hof Köhn, Mühlen, Warderhof, Morrehm, Giekau, Dransau, Engelau, Emkendorf, Dorf Köhn, Gleschendorf und Pülsen, ferner Gr. Colmar und die Anwartschaft auf Lehmkuhlen c. p.; in Meklenburg die Güter Basedow c. p., Wargentin, Langwitz, Jessin, Schwinkendorf, Wendischhagen und die Lehne auf Bristow und Grube. Er blieb einstweilen auf Neuhaus in Holstein wohnen und verkehrte viel in Kiel.

Er behauptete seinen Entschluß, nicht in Hofdienste zu treten, bis zu seinem Tode, konnte es aber nicht abwenden, daß er im J. 1773 zum dänischen Kammerherrn und am 4. Sept. 1783 zum Ritter des Dannebrog=Ordens ernannt ward. Er fürchtete den Hofdienst so sehr, daß er die Residenzen mied und nicht nach Kopenhagen reisen wollte, so gerne er dies schon längst gethan hätte. Der Graf Leopold Friedrich von Stolberg

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 87 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

suchte ihn im J. 1779 von dieser Furcht zu befreien, indem er ihm schrieb: "Der Graf Bernstorf wird der einzige sein, welcher wünschen wird, Sie in Diensten zu sehen; aber ich stehe Ihnen dafür, daß er, Ihren Wunsch, frei zu bleiben, wissend, Ihnen keinen Antrag thun wird. Der Hof ist lange gewohnt, Leuten, welche Ihre moralischen Antipoden sind, seine Dienste anzubieten. Fürchten Sie nichts !" Dies hatte die Folge, daß der Graf Stolberg ihm am 1. Jan. 1780 in Kopenhagen Zimmer bestellen wollte.

Die übrigen Häuser der Linie Basedow eilten um diese Zeit ihrem Aussterben entgegen. Im J. 1771 war Ludwig Staats II. auf Diekhof gestorben und hatte seine Güter so sehr mit Schulden belastet hinterlassen, daß nach seinem Tode Concurs ausbrach und die diekhöfer Güter alle von der hahnschen Familie kamen. Von der rempliner Linie war Alexander auf Salow im J. 1763 jung gestorben; seine Güter wurden für seinen geisteskranken Bruder Claus Ludwig durch eine Curatel verwaltet, in welcher auch Friedrich II. nach dem J. 1771 mitwirkte.

Da trat das für die Familie große Ereigniß ein, daß 1779 - 80 die rempliner Linie ausstarb. Am 6. Sept. 1779 starb der letzte männliche Sproß der rempliner Linie, der unter Curatel stehende geistesschwache Erblandmarschall Claus Ludwig auf Remplin, als Friedrich II. grade zu Salow mit der Aufnahme der Curatel=Rechnungen beschäftigt war, und alle meklenburgischen Lehngüter der rempliner Linie fielen an Friedrich II. und seinen Bruder Dethlev. Am 30. April 1780 starb Anna Hedwig von Geusau, geb. Hahn, die ("furiosa") Schwester des Claus Ludwig auf Remplin, und schon am 3. Julii 1780 folgte ihr ihr einziges sie überlebendes, wahnsinniges Kind, Wilhelm von Geusau. Beide waren kurz hinter einander Erben der seeburger Güter, welche, da sie als Allodialgüter angesehen wurden, mit einer großen Geld= und Mobiliarverlassenschaft nach kurzem Processe auch der hahnschen Familie verloren gingen.

Nach dem Tode des Erblandmarschalls Claus Ludwig Hahn auf Remplin nahm Friedrich II. sogleich die reiche meklenburgische Lehnserbschaft in Besitz. Die Güter, welche Claus Ludwig hinterließ, waren aus dessen eigenem Besitze: die meklenburg=schwerinschen Güter: Remplin, Lipen, Panstorf, Dempzin, Faulenrost, Wendischhagen, Retzow, Hungerstorf, Rittermannshagen, Pampow c. p. und die Lehnrechte an Bristow c. p., Moltzow und Baumgarten, ferner die meklenburg=strelitzschen Güter, welche Claus Ludwig von seinem Bruder Alexander geerbt hatte, nämlich Pleetz, Roga, Salow, Ramelow, Bassow, Schwanebek, Bresewitz und Arensberg c. p.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 88 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Mutter fand den Schritt ihres Sohnes Friedrich II. bedenklich und suchte sogleich eine Auseinandersetzung anzubahnen. Man wußte sehr wohl, daß Dethlev nicht im Stande war, ein Vermögen zu verwalten, und daß er überreichlich Vermögen hatte, um seinen Unterhalt zu bestreiten. Dennoch mußte seines dereinstigen Allodialnachlasses halber eine rechtliche Auseinandersetzung getroffen werden. Am 30. Oct. 1779 ward ein landesherrlich bestätigter Vergleich zwischen Friedrich II. und der Curatel Dethlev's geschlossen, nach welchem Friedrich II., so lange Dethlev zur Verwaltung seines Vermögens unfähig sei, die von Claus Ludwig angeerbten Lehngüter ("Remplin, Bristow, Faulenrost, Dempzin, Lipen, Arensberg, Salow, Pleetz, Bresewitz und Ramelow, alle c. p.") zum Besitz und alleinigen Eigenthum erhielt, wogegen er sich verpflichtete, der Curatel Dethlev's die Hälfte der reinen Einkünfte der rempliner Güter, welche, nach Abzug der Abgaben, Lasten, Verbesserungen, Bauten, so wie der von Claus Ludwig ausgesetzten Pensionen, schließlich auf 5204 Thaler 44 Schill. auf das Jahr berechnet ward, jährlich auszuzahlen.

Mit den in Meklenburg=Strelitz gelegenen Gütern ererbte Friedrich II. im J. 1779 auch das Erblandmarschallamt des Landes Stargard. Er führte das Amt aber nicht selbst, sondern ließ es in den letzten Jahren seines Lebens durch einen Vice=Landmarschall verwalten. In einem an den Engern Ausschuß der Ritter= und Landschaft gerichteten Vortrage vom 18. April 1785 zeigte Friedrich II. an, daß er durch den weiten Umfang seiner Geschäfte und durch Reisen, welche theils seine außerhalb Landes liegenden Güter, theils andere Verbindungen nothwendig machten, an der Erfüllung seiner Obliegenheiten als Landmarschall behindert sei und daß er daher "mit Genehmigung Serenissimi Strelitzensis", welche jedoch nicht zu den Acten gekommen ist, dem von Genzkow auf Jatzke seine Stellvertretung im Kreise übertragen habe. Da der Engere Ausschuß mit dieser "willkührlichen Substitution" nicht einverstanden war, auch von 1786 bis zum 2. Nov. 1792 von Friedrich Hahn Schreiben vorliegen, welche sein Ausbleiben aus den landständischen Versammlungen, größtentheils wegen dringender Geschäftsreisen nach seinen Gütern in Holstein, und nur ein Mal wegen "Unpäßlichkeit" entschuldigen, so wird die Bestellung des von Genzkow auf Jatzke zum Vice=Landmarschall nicht zu Stande gekommen sein. Aber auf dem Landtage von 1791 ward am 9. November ein Rescript des Herzogs Adolph Friedrich von Meklenburg=Strelitz vom 3. Nov. 1791 vorgelegt, nach welchem der von Oertzen auf Kotelow beauftragt ward, den Land=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 89 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

marschall Hahn auf Remplin für diesen Landtag zu vertreten, und am 4. Jan. 1792 erging ein herzoglicher Erlaß, nach welchem, auf den Vorschlag des an der Verwaltung des Landmarschallamtes behinderten Erblandmarschalls Hahn, der von Oertzen auf Kotelow zum Vice=Landmarschall ernannt ward. Da nun auch der von Oertzen auf Kotelow bald durch Krankheit an der Verwaltung des Amtes verhindert ward, so ward auf dem Landtage des J. 1793 für die Dauer desselben der Rittmeister von Rieben auf Ihlenfeld mit Genehmigung der strelitzschen Landtags=Commissarien von der Ritter= und Landschaft des stargardischen Kreises erwählt. Auf dem Landtage des J. 1794 ward am 25. November zu Protocoll gegeben, daß dringende Geschäfte den Erblandmarschall Hahn vom Landtage abgerufen hätten und von der Landtagsversammlung dem von Genzkow auf Rossow die Verwaltung des Amtes während dieses Landtages übertragen sei. Nach dem am 13. Oct. 1796 erfolgten Tode des Vice=Landmarschalls von Oertzen auf Kotelow ward nach einem Erlasse des Herzogs Carl von Meklenburg=Strelitz vom 5. April 1797 auf Ansuchen des Erblandmarschalls Hahn der von Oertzen auf Lübberstorf zum Vice=Landmarschall des stargardischen Kreises bestellt. Nach dem am 9. Oct. 1805 erfolgten Tode des Erblandmarschalls Friedrich II. Hahn ward der von Oertzen auf Lübberstorf am 6. Nov. 1805 von dem Herzoge von Meklenburg=Strelitz seines Amtes als Vice=Landmarschall entbunden, nachdem Friedrich's II. Hahn Sohn Carl erklärt hatte, daß er das Erblandmarschallamt des stargardischen Kreises selbst verwalten wolle.

So befand sich Friedrich II. Hahn am Ende des J. 1779 in einem reichen und reizenden Besitze, der so bedeutend war, wie wohl seit drei Jahrhunderten kein Hahn einen ähnlichen besessen. Friedrich verlegte nun seinen Wohnsitz von Neuhaus nach Remplin, welches an Reichthum und Reiz Neuhaus sehr ähnlich ist, aber größere Gebäude hatte, näher dem Herzen Deutschlands und mehr in der Mitte aller Besitzungen Friedrich's lag. Seitdem er in Remplin wohnte, entfaltete er auch mehr nach außen hin die wissenschaftliche Thätigkeit, welche den Glanzpunkt seines Lebens bildet.

Friedrich II. gehört zu den größten Geistern des deutschen Volkes; er stand mit den großen Männern jener Zeit, welche eine höhere Bildung heraufführten, in der innigsten, freundschaftlichsten Verbindung, wie es großen Geistern eigen ist, und Deutschland verdankt ihm einen bedeutenden Theil seiner Erhebung über die Versunkenheit des flachen Franzosenthums. Zwar waren Mathematik und Naturkunde, vorzüglich aber Astronomie, seine Lieblingsstudien; ehe er aber gereift war und thätig in den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 90 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aufschwung der Astronomie eingriff, lebte er auch mit Freude den philosophischen Studien. Und in dieser Richtung traf er schon früh mit Herder, welcher mehr als einer den Umschwung der allgemeinen Bildung in Deutschland bewirkte und bezeichnet, auf gleichem Wege zusammen. Beide waren ungefähr gleich alt (- Herder war nur zwei Jahre jünger als Hahn -) und stimmten in den höchsten Ansichten überein; sie wurden daher bald die innigsten Freunde. - Nachdem Herder im J. 1769 sein Amt in Riga aufgegeben hatte und auf Reisen gegangen war, erhielt er am 11. Nov. 1769 zu Paris den Antrag, den Prinzen Peter Friedrich Wilhelm, Sohn des Fürstbischofs Herzogs von Holstein zu Eutin, als Instructor und Reiseprediger drei Jahre lang auf Reisen zu begleiten. Er nahm den Antrag an und ging im Anfange des J. 1770 über Holland und Norddeutschland nach Kiel, wo sich der junge Prinz aufhielt. Hier war es, wo Friedrich Hahn die persönliche Bekanntschaft Herder's machte, die sich gleich zur innigsten Freundschaft ausbildete. Herder's Frau schreibt 1 ): "Der holsteinsche Adel, wohlhabend und human, gesellt sich mit dem Gelehrten und dem Staatsdiener, schätzt wissenschaftliche Vorzüge und erwirbt sich deren selbst. Herder fühlte sich in diesen Verhältnissen, nach seiner eigenthümlichen Neigung, gern als Patriot, und war in dem liberalen Umgang mit solchen Männern in diesem schönen Lande ganz einheimisch. Zu Kiel war der durch Wissenschaft und edlen Charakter ausgezeichnete Graf von Hahn sein besonderer Freund. An diesen großen Astronomen ist die Ode Orion gerichtet, worin Herder ihm Hochachtung und Liebe für seine edelmüthige Freundschaft nach Jahren noch darbringt. Die schöne Natur, noch mehr der Umgang mit vielen edeln und guten Menschen ließen die angenehmsten Eindrücke in ihm zurück, an die er sich immer gerne erinnerte".

Am 15. Julii 1770 hielt Herder die Abschiedspredigt in Eutin und trat mit dem Prinzen und dessen Oberhofmeister, dem Herrn von Cappelmann, die Reise an. In Straßburg, wo der Prinz sich den Winter aufhalten sollte, bat Herder um seine


1) Das Leben Herder's und seine Beziehungen zu Friedrich II. Hahn sind geschildert in den

Erinnerungen aus dem Leben Joh. Gottfrieds von Herder, von Maria Caroline von Herder, geb. Flachsland, herausgegeben von Joh. Georg. Müller, Erster Theil,

in

J. G. v. Herder's Sämmtlichen Werken. Zur Philosophie und Geschichte. Zwanzigster Theil. Stuttgart und Tübingen, bei Cotta. 1830.

Die hier in Betracht kommenden Ereignisse in dem Leben Herder's sind in dieser Ausgabe geschildert S. 130, 133, 153 flgd., 159, 247, 251. Die Beziehungen zu Friedrich Hahn sind geschildert S. 151 - 62 und S. 255.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 91 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Entlassung, da er einen Ruf des Grafen Wilhelm von Bückeburg als Hauptpastor und Consistorialrath angenommen hatte. Im Mai 1771 kam er in Bückeburg an und verheirathete sich am 2. Mai 1773 zu Darmstadt. Am 8. April 1775 erhielt er die Superintendentur im Bückeburgischen.

Aus dieser Zeit sind noch einige höchst interessante Briefe Herder's vorhanden, welche 1855 im hahnschen Archive zu Neuhaus entdeckt sind. Leider sind es nur wenige, und es scheint keine Hoffnung vorhanden zu sein, daß noch mehr erhalten sind; es muß ein großer, reicher Briefwechsel untergegangen sein; aber diese wenigen sind von so großer Bedeutsamkeit, daß die weniger wichtigern im Auszuge, die bedeutsamsten vollständig am Schlusse dieser Lebensbeschreibung mitgetheilt sind. Diese Briefe, welche die tiefsten Ansichten Herder's berühren, sind um so wichtiger, als sie in die Blüthenzeit Herder's fallen. Unter den vielen Briefen an Friedrich Hahn, selbst den von seinen nächsten Verwandten, sind allein die von Herder ohne alle Förmlichkeit geschrieben. - Als Herder im J. 1774 seine "Philosophie der Geschichte der Menschheit", sein wichtigstes Werk, geschrieben hatte, schickte er am 5. Aug. 1774 Friedrich Hahn das Werk mit der Bitte: "Ich bin äußerst begierig, Ihre, meines ersten Philosophen, Meinung zu hören. Ich bitte Sie nochmals bald, bald um Ihre Meinung". Herder macht bei dieser Gelegenheit folgende merkwürdige und interessante Aeußerung: "Mir fehlt, wie ich mündlich sagte, der Gebrauch der höhern Mathematik, in der, wie ich wittre, wenigstens vortreffliche Gleichnisse liegen müssen, in der Philosophie höher zu steigen, bisher habe ich aber noch nicht in das Zauberland kommen können, wer weiß auch je. Die Lampe meines Geistes brennt von gar zu nassem Feuer: sie hat immer Oel der Leidenschaft nöthig, und das ist so grob und wäßrig, - daher denn alles, was ich schreibe und denke, dampft. Ihre Flamme wird und muß reiner brennen: muntern Sie sich ja dazu auf".

Man sieht klar, wie hoch Herder seinen Freund Hahn schätzte, namentlich wegen dessen mathematischer Gelehrsamkeit, die Herder so hoch stellte und doch nach der Eigenthümlichkeit seines Geistes nicht erringen konnte.

Hahn und Herder hatten sich kurz vorher gesprochen. Am 20. Junii 1774 war Friedrich Hahn mit seiner Frau und seinem Schwager v. Blome in Hannover und wollte am andern Tage nach Pyrmont reisen, wohin auch der hannoversche Leibarzt Zimmermann zu gehen beabsichtigte.

Auch die "Aelteste Urkunde des Menschengeschlechts" schickte Herder am 5. August 1774 an Friedrich Hahn zur

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 92 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Beurtheilung mit den Worten: "Gefiels Ihnen, in die älteste Urkunde zu sehen, so halten Sie sich, bitt' ich, an den ersten Theil und ans Register; überschlagen Sie alles, was nicht für Sie ist, und suchen Goldkörner im Sande. - - Leben Sie wohl, liebster Freund; ich liebe Sie herzlich; ewig der Ihrige".

Am 28. August 1774, an seines "ältesten Buben Geburtstage", schrieb Herder wieder an Hahn mit der merkwürdigen Enthüllung, die sein ganzes Streben entfaltet: "Es muß einen Punkt geben, wo Zeichen, Wort und Bedeutung zusammenfallen. Ja, Liebster, nach dem Punkte suche ich toll und wild und wieder sorgsam und lechzend, ohne ihn noch recht zu haben. Was Sie mir einst in Pyrmont sprachen, schien mir in Ihrer Seele große Aussicht, die ich aber nicht umfassen konnte: es war für mich, wie aus einem andern Lande. O hätten Sie Herz und Lust, hierin Leibnitz zu werden!" Aehnlich schreibt Herder am 24. Dec. 1774: "Hätte ich die höhere Mathematik inne, so ahndets mich, hätte ich für mein unerschöpfliches Meer vom Hauptgedanken: Sinnlichkeit ist nur Phänomen, Bild, Formel von Gedanken, objectiv und subjectiv betrachtet, vortreffliche Data und Gleichnisse finden müssen. Ich besitze sie aber leider nicht".

Im Junii 1775 erhielt Herder von der Akademie der Wissenschaften zu Berlin den Preis für die Schrift: "Ueber die Ursachen des Geschmackes bei den verschiedenen Völkern". Er hatte am 24. Dec. 1774 die Abhandlung, "wie er sie der Akademie eingesandt und wie sie den Preis nicht bekommen wird, soll und darf", auch an Friedrich Hahn geschickt, "zu sehen, ob ers troffen; es ist eine allweite herrliche Frage". Friedrich Hahn hatte auch über die Preisfrage gearbeitet, und Herder erbat sich dessen Abhandlung dagegen mit der Bitte: "Meine Abhandlung schicken Sie mir nicht zurück ohne Anmerkungen. Zeigen und sagen Sie keinem Menschen von meiner Abhandlung. Es ist Schande, vor unsrer honnetten Welt, zu laufen und nicht zu siegen. Aber vor Ihnen hab' ich keine Schande".

Im J. 1774 schenkte Friedrich Hahn an Herder Bolingbrocke's Werke; am 5. August 1774 schrieb Herder: "Wärs nicht möglich, daß ich Ihren Bolingbrocke bekäme? - - Könnte ich zu Ihnen fließen, Sie und Ihre Bibliothek zu genießen, für die Plastik dazu die Bibliothek Ihres Schwagers! Schon aus meiner ungeselligen Einöde zu entkommen, wäre ein Schatz: alles Uebrige, daß man doch für Etwas da ist, und das, was man soll, zu sein und zu werden doch aufs beste streben muß, ungerechnet". - Am 24. December 1774 schrieb

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 93 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herder: "Dank Ihnen für Bollingbrock, edler Mann! Er ist mir ein Denkmal Ihrer Freundschaft und bringe viel Früchte". Aus diesem Geschenke entstand Herder's kurze, aber treffende Betrachtung über Bolingbrocke in seiner Adrastea. In Friedrich's Hahn Bibliothek befindet sich noch ein Exemplar von "The works of Bolingbroke in five volumes. London, 1754".

Bald eröffneten sich für Herder glänzende Aussichten. Am 12. Dec. 1775 erhielt er durch Göthe eine vorläufige Anfrage, ob er die Stelle eines General=Superintendenten in Weimar annehmen wolle, und er sagte mit frohem Herzen Ja, - "schon um aus seiner geselligen Einöde in Bückeburg zu kommen". Es fehlte ihm aber an Geld zum Umzuge. Am 7. Aug. 1776 schrieb er an Friedrich Hahn: "Sie werden wissen, daß ich jetzt nach Weimar soll zur Stelle des Ober=Consistorial=Raths und General=Superintendent. Ich habe keine Schulden, aber auch keinen Vorrath. - - Ich hoffe Sie in Pyrmont zu sehen". Friedrich Hahn schickte ihm sogleich 300 Thaler. Am 2. Oct. 1776 kam Herder in Weimar an und begann hier im Vereine mit den größten Männern Deutschlands seine große Laufbahn, gewiß zur hohen Freude seines Freundes Friedrich Hahn. In einem Briefe vom 21. Junii 1778 mahnt Herder sich selbst an seine Schuld. Friedrich Hahn hat aber mit zartem Sinne diese Stelle aus seinem Briefe herausgeschnitten und als losen Zettel beigelegt; er ließ Herdern das Geld als Geschenk von Freundes Hand. Herder's Frau schreibt 1 ): "Herr Graf von Hahn, den Herder in Holstein kennen gelernt, erwies sein Wohlwollen gegen ihn durch ein ansehnliches Reisegeschenk besonders thätig".

Am 21. Junii 1778 schickte Herder an Friedrich Hahn seine Schrift: "Vom Erkennen und Empfinden", die er 1778 in den Druck gab. Das Thema war von Anfang an zwischen den beiden Freunden das Hauptthema gewesen. Schon am 5. August 1774 schrieb Herder an Hahn: "Den med. terminus aber der beiden Sätze, die ich, wie sie, für identisch halte ("erkennen und genießen"), habe ich bis jetzt noch nicht anders als im Wesen eines Geistes, eines eingeschränkten, sich vervollkommenden Geistes finden können. Wozu genössen Sie, wenn Sie nicht erkennen wollten?" Zugleich schickte Herder am 21. Junii 1778 "die Plastik" welche er in diesem Jahre auch herausgab, und welche Hahn schon "dem Anfange nach kannte". Herder war dazu gewiß schon früh in Holstein


1) Ueber das Reisegeld nach Weimar, welches Friedrich Hahn Herdern schenkte, vgl. daselbst S. 255.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 94 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und durch Hahn dazu angeregt, da Hahn eine bedeutende Bibliothek und sein Schwager v. Blome auf Saltzau, nach Ueberlieferungen, eine sehr gute Sammlung von Kupferstichen und andern Kunstwerken besaß. Daher schreibt Herder schon am 5. August 1774 an Hahn: "Könnte ich zu Ihnen fließen und Ihre Bibliothek genießen, für die Plastik dazu die Bibliothek Ihres Schwagers!" Herder schrieb an Hahn bei der Uebersendung beider Werke am 21. Junii 1778: Damit Sie, hochgeschätzter, lieber Freund, nicht denken, daß ich ganz aus der Welt bin, so sende ich Ihnen hiemit ein Schriftchen, das Sie aus dem Entwurf bereits kennen und das ich Ihnen gar dedicirt hätte, wenn die Dedicationslaune die meinige wäre. Auch ein anderes Ding, mit Namen Plastik, das Sie dem Anfange nach kennen, kommt hiebei. Ich wünsche, daß beides Ihnen wohlthue. Und darf ich bitten um Antwort und Ihre Meinung, die mir statt hundert ist, wie Sie wissen". Man sieht, daß beide Freunde sich ihre Arbeiten vor der Herausgabe mittheilten.

So weit läßt sich der Verkehr Friedrich's Hahn mit Herder aus geringen Bruchstücken verfolgen. Vielleicht gelingt es, nach dieser Anregung in der Zukunft mehr zu entdecken, namentlich Briefe Friedrich's Hahn, an denen es ganz fehlt.

Aber auch mit andern jüngern Männern jener Zeit stand Friedrich Hahn in Verbindung. Boie, ein Holsteiner, der in Göttingen seit 1770 den Musen=Almanach herausgab und im J. 1772 einen Dichterverein, den Hainbund, gestiftet hatte, dem so viele ausgezeichnete Männer angehörten, wie der Meklenburger Johann Heinrich Voß und die Brüder Christian und Friedrich Leopold Grafen v. Stolberg, Holsteiner, gab am 14. Januar 1773 seine lebhafteste Freude und Dankbarkeit zu erkennen, daß Friedrich Hahn die dürftigen Umstände eines aufkeimenden dichterischen Talents, Namens Thomsen, gemildert hatte (vgl. unten die Briefsammlung). Moses Mendelssohn schätzte Friedrich Hahn als scharfsinnigen Philosophen so hoch, daß er bekannte, nie einen geistreichern Mann gesehen zu haben. Der berühmte hannoversche Leibarzt und Schriftsteller Zimmermann, den Friedrich Hahn auch als Arzt gebrauchte, schreibt am 6. Dec. 1774: "J'écris à Monsieur de Hahn, le philosophe, l'homme de génie, l'esprit transcendant, dont Mendelssohn m'a dit que pour la force de l'abstraction metaphysique il n'avoit jamais vu son égal".

Mit den Brüdern Grafen von Stolberg stand Friedrich Hahn ebenfalls in Verkehr. Der Graf Friedrich Leopold schreibt (vgl. unten die Briefsammlung) am 6. Julii 1779:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 95 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Mein Bruder wünscht sehr das Glück Ihrer Bekanntschaft, und Sie wissen, hoffe ich, wie viel Ihr Umgang zum Glück meines Lebens beitragen würde".

Auch bei großen Staatsmännern stand Friedrich Hahn in hoher Achtung. Der dänische Minister Graf von Bernstorf hätte Friedrich Hahn gerne in Staatsdiensten gesehen, glaubte es aber nicht wagen zu können, bei den Zuständen des Hofes ihm einen Dienst anzubieten. Der preußische Minister von Herzberg schrieb am 13. Julii 1779 die vertraulichen Worte: "Es ist mir überaus angenehm gewesen, zu ersehen, daß Sie sich meiner Freundschaft erinnern und mir von dem jüngst (13. Mai 1779 zu Teschen) geschlossenen Frieden (nach dem baierschen Erbfolgestreit) einiges Verdienst zuschreiben. Ich habe freilich einigen Antheil daran gehabt; er hat auch seinen Werth, ist aber nicht im ganzen so ausgefallen, wie ich es gewünschet und auch möglich erachtet habe".

Dies sind einige Grundzüge, aus denen die große Bedeutsamkeit Friedrich's Hahn für die Entwickelung der deutschen Bildung sehr klar zu erkennen ist. Möchte es gelingen, noch mehr, als das Wenige, was hier geboten ist, zu entdecken 1 ). Das Gemälde könnte so reizend werden, wie wenige andere.

Mit dem am 6. Sept. 1779 erfolgten Tode des Erblandmarschalls Claus Ludwig Hahn auf Remplin, durch den die Lehngüter der rempliner Linie an Friedrich Hahn fielen, änderte sich die ganze Scene. Friedrich Hahn, der jetzt seinen Wohnsitz von Neuhaus nach Remplin verlegte, fand in Remplin nicht allein größere Räumlichkeiten und ein größeres Vermögen, sondern hatte auch bis dahin seine eigentlichen Studien so weit vorbereitet, daß er mit Erfolg thätig wirken konnte. Er beschäftigte sich von jetzt an vorzugsweise mit der Astronomie, ohne die übrigen Wissenschaften, namentlich die Naturwissenschaften, zu vernachlässigen.

Wundemann stellt den Erblandmarschall Friedrich Hahn in seinem Werke: "Meklenburg in Hinsicht auf Cultur, Kunst und Geschmack, 1800", I, S. 125, unter den gelehrten Adeligen Meklenburgs oben an.

Hahn stand mit den größten Astronomen Europa's in Verbindung, namentlich mit Herschel, durch welchen er viele ausgezeichnete astronomische Instrumente und seltene Bücher bezog.


1) Die Entdeckung der hier mitgetheilten und benutzten, wichtigen culturgeschichtlichen Briefe verdanke ich der freundlichen Theilnahme des Herrn Grafen Ferdinand Hahn auf Neuhaus, in dessen Archive dieselben unter den Papieren aufbewahrt werden, die noch aus dem Nachlasse seines großen Großvaters gerettet sind. Ich hatte im Sommer des J. 1855 Gelegenheit, die freundliche Güte des Herrn Grafen in Neuhaus, und später, zu verehren.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 96 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Vorzüglich trat er aber mit dem berühmten deutschen Astronomen Bode in innigen, dauernden Verkehr. Bode, ein Hamburger, geb. 1747, war nur 5 Jahre jünger als Friedrich Hahn und trat mit diesem gewiß schon sehr früh in Verbindung. Schon im J. 1768 gab Bode sein berühmt gewordenes, allgemein verbreitetes Werk: "Anleitung zur Kenntniß des gestirnten Himmels" heraus, das in vielen Auflagen noch heute seinen großen Werth behauptet. Im J. 1772 ernannte ihn die berliner Akademie zu ihrem Astronomen; als solcher gab er seit 1774 seine wichtigen astronomischen Jahrbücher und im J. 1801 einen neuen Himmelsatlas heraus, in welchem 12,000 Sterne mehr, als früher, verzeichnet sind. An diesen großen Werken hat Friedrich Hahn nicht allein einen bedeutenden Antheil, sondern er hat auch großes Verdienst um die Herausgabe des Himmelsatlas.

Ein anderes inniges Verhältniß entspann sich zwischen Friedrich Hahn und dem würdigen Hecker, Professor der Mathematik an der Universität Rostock. Hecker war im J. 1747 geboren, also grade so alt als Bode; er war 1778 zum Professor an die neue herzogliche Universität Bützow berufen und 1788 bei der Verlegung dieser Universität nach Rostock gegangen. Seit dieser Zeit entspann sich die Freundschaft zwischen Friedrich Hahn und Hecker, welcher in alten Freundschaftsverhältnissen zu Bode stand. Hecker stand nicht allein in lebhaftem Briefwechsel mit Friedrich Hahn, sondern ward auch zugleich mit Bode von diesem häufig nach Remplin eingeladen, wo diese ausgezeichneten Männer in dem angenehmsten wissenschaftlichen Verkehr mit einander lebten. Friedrich Hahn hat das Verdienst, daß durch Hecker die Lage und die Temperatur Rostocks festgestellt ward, indem Hahn die dazu nöthigen Instrumente nach Rostock gab. Als Zöllner im J. 1797 Remplin besuchte, war Hecker's Bruder Hofmeister der Söhne Friedrich's Hahn, namentlich Ferdinand's, und lebte bei Friedrich in angenehmen wissenschaftlichen Verhältnissen 1 ), in welchen er ihm auch hülfreiche Hand


1) Die Nachricht über die Verhältnisse des Professors Hecker in Rostock zu Friedrich II. Hahn sind enthalten in der Festschrift, welche die Universität Rostock bei der 50jährigen Amtsjubelfeier Hecker's am 12. December 1828 herausgab: "Seni venerando Petro Johanni Heckero per quinquaginta annos professori publico die 12 mens. Decembris anni 1828 Academia Rostochiensis". Die Universität sagt p. VIII zu Hecker: "Eodem fere tempore (1788) aut non multo secus inter mareschallum comitem de Hahn, qui vir mathesin assiduo et prospere coluit, Teque notitia contracta est, quae postea in firmam amicitiam coaluit. Quocirca ille non modo crebris literis a Te edoctus est, sed etiam quum Te et magnum illum Bodium, Berolinensem, quocum Tibi vetus fuit consuetudo, in villas suas suburbanas crebro invitasset, eum convenisti tempusque utilissimis sermonibus consumsistis. Ejusdem viri amicitiae debetur, quod acceptis ab eo machinis situm urbis nostrae, poli (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 97 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

leisten konnte. Hecker lebte späterhin mit einer hanschen Pension von 500 Thalern in Malchin.

Bald darauf, seit dem J. 1798, war auch ein anderer meklenburgischer Gelehrter, der als Naturforscher bekannte Candidat Zylius, welcher mehrere Preise gewann und gekrönte Preisschriften herausgab, Hauslehrer zu Remplin und blieb auch bei Friedrich Hahn als Gehülfe einige Jahre, nachdem Hecker mit Hahn's Söhnen auf die Universität Greifswald gegangen war 1 ). Der Hofmeister des jüngern Sohnes war eine Zeit lang Voigt, welcher späterhin mit einer hahnschen Pension von 400 Thalern ebenfalls in Malchin wohnte.

Nachdem Friedrich Hahn nach Remplin gezogen war, richtete er seine reiche Bibliothek geschmackvoll ein, welche auf ungefähr 12,000 Bände seltener, großer und prachtvoller Werke,


(  ...  ) altitudinem, naturam loci maximeque rationem, quae ei cum maris superficie intercedit, penitius explorare Tibi licuit". - Ueber Hecker's Bruder vgl. Zöllner's Reise durch Pommern etc. ., 1797, S. 413 und 388; vgl. Eschenbach's Annalen VIII, 1798, Stück II, S. 9 flgd., wo S. 11 auch Hecker's Beobachtungen der Barometerhöhe in Rostock mitgetheilt sind.
1) Johann Dietrich Otto Zylius, Sohn eines Predigers zu Sietow bei Röbel, aus einer alten meklenburgischen Predigerfamilie, war ein Mann von großen Kenntnissen in der Physik (vgl. Neue Monatsschrift von und für Meklenburg, 1795, Supplement, Stück 4, zum Monat December, S. 128, und Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie VI, 1796, S. 142). Er war, als Candidat der Theologie, 1794 Hauslehrer bei dem Dr. Oerthling zu Rostock. Hier schrieb er in Gren's Journal der Physik, Bd. VI, Heft 2, ein Schreiben über einige vom Herrn H. R. Lichtenberg gemachte Einwürfe gegen das antiphlogistische System und gegen die Auflösung des Wassers in der Luft, und Heft 22 ein Schreiben über de Luc's Lehre von der Verdunstung und dem Regen (vgl. Eschenbach's Annalen, 1794, Stück 3, August, S. 24. und Stück 13, November, S. 104; Meusel's Gelehres Teutschland, Bd VIII, S. 726). Im J. 1795 war Zylius Hauslehrer bei dem Leibarzt Dr. Graumann zu Bützow. Hier gewann er den von der physikalischen Classe der Akademie der Wissenschaften zu Berlin für das Jahr 1794 ausgesetzten Preis (eine goldene Medaille von 50 Ducaten) über de Luc's Theorie vom Regen; die Preisschrift erschien gedruckt unter dem Titel: "Herrn Zylius Prüfung der neuen Theorie des Hrn. de Luc, vom Regen und seiner daraus abgeleiteten Einwürfe gegen die Auflösungstheorie. Eine von der königl. preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin gekrönte Preisschrift. Berlin 1795". gr. 8. Die Schrift war die einzige, welche zur Preisbewerbung eingegangen war, aber die Akademie bezeugte, daß sie Genüge geleistet habe (vgl. Meusel a. a. O., Eschenbach's Annalen Bd. V, 1795, Stück 47, September, S. 369, Monatsschrift a. a. O.). Seit dem J. 1798 war Zylius Hauslehrer und Gehülfe bei dem Erblandmarschall Friedrich Hahn zu Remplin (vgl. Meusel a. a. O.). Der Candidat Hecker, welcher 1797 sicher Hauslehrer in Remplin war, begleitete Friedrich's Hahn Söhne auf die Universität Greifswald, und Zylius blieb Gehülfe Friedrich's Hahn bei dessen gelehrten Forschungen. Im J. 1802 lebte Zylius in Goldberg. Hier gewann er wieder einen Preis (eine goldene Preismedaille) von der Teylerschen Stiftung in Holland für eine "Abhandlung über den gegenwärtigen Zustand unserer Naturkenntniß von den wässerichten Lufterscheinungen, von Johann Diederich Otto Zylius in Goldberg im Mecklenburg=Schwerinschen". Diese Abhandlung erschien 1804 gedruckt nicht allein in der deutschen Urschrift, sondern auch in einer holländischen Uebersetzung mit der Bemerkung: "Aan wien door Directeuren en Leden van Teylers Stichting in den jare 1802 de gouden Eerpenning is toegewezen". (Vgl. Eschenbach's Annalen Bd. XIII, St. 32, S. 255.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 98 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vorzüglich aus den Fächern der Astronomie, Mathematik, Philosophie, Naturgeschichte, Geschichte, Geographie, Alterthumskunde, Patristik, Philologie, der neuern schönen Literatur u. s. w., anwuchs. "Die Bibliothek zeichnete sich nicht so sehr durch Menge von Bänden, als durch kostbare und große Werke aus: sie war an mathematischen und physikalischen Werken reich und enthielt die vollständigen Sammlungen der Schriften der gelehrten Gesellschaften und die classischen Werke der Philosophie älterer und neuerer Zeit" 1 ). Die Bibliothek ist ein Beweis der Weite des Gesichtskreises Friedrich's Hahn. Außerdem enthält sie viele Bücher, welche ihm von den Verfassern als Zeichen der Verehrung zugeschickt sind.

Nach Friedrich's II. Tode blieb die Bibliothek zuerst in Remplin. Hier ward sie bald zuerst aus dem Marmorsaale in das Gartenhaus versetzt, wo sie bis zum J. 1816 blieb. Im J. 1816 ward sie nach Basedow gebracht, wo sie, gewiß nicht mehr in einem vollkommenen Zustande, im Schlosse als gemeinschaftliches Eigenthum der Erben Friedrich's II. aufgestellt ward. Nach erfolgter Auseinandersetzung darüber erwarb sie Friedrich's II. Enkel, der Graf Friedrich Wilhelm Adolph auf Basedow, zum alleinigen Eigenthum, und dieser ließ nun den größern Theil im J. 1830 nach Faulenrost versetzen und in dem dortigen Schlosse aufstellen; die werthvollsten Bücher und Prachtwerke blieben jedoch in Basedow und sind in einem von dem Geheimen=Ober=Baurath Stüler neu erbaueten Bibliotheksaale neben dem Schlosse aufgestellt, während der Graf im Schlosse noch eine Handbibliothek hat. Wahrscheinlich sind in Remplin mit manchen Büchern auch die werthvollen wissenschaftlichen Correspondenzen Friedrich's II. verloren gegangen, da sie sich in den von Remplin nach Basedow im J. 1816 ausgelieferten Acten nicht haben finden lassen. Auch zu Neuhaus und Faulenrost hatte Friedrich II. Bibliotheken zum Handgebrauche.

Da Friedrich II. die höhern Naturwissenschaften liebte und pflegte und alle seine Beobachtungen auf die Erkenntniß des Weltlebens zurückzuführen suchte, so hatte er zu Remplin auch ein chemisches Laboratorium, eine vortreffliche Elektrisir=Maschine mit vollständigem elektrischen Apparat, eine Luftpumpe, eine gute Mineraliensammlung, und außerdem viele andere


1) Ueber die Bibliothek Friedrich's II. Hahn vgl. Zöllner und Wundemann a. a. O. Die letzten Nachrichten sind von M. Droysen in den Greifswalder kritischen Nachrichten, 1804, Stück 50; vgl. Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie, XII, St. 48, S. 379. - Nach Friedrich's II. Tode ward die Bibliothek zuerst nach Basedow, dann nach Faulenrost und von dort in neuern Zeiten zum Theil wieder nach Basedow versetzt, nachdem hier ein Bibliotheksaal neu gebauet war.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 99 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sammlungen für die Naturwissenschaften, auch für die Kunst, z. B. große Vorräthe von Wedgewood=Geschirren u. s. w. "Und alle diese Dinge waren nicht zur Schau ausgestellt, sondern im und zum Gebrauche."

Endlich ließ er im Garten zu Remplin eine schöne, "unerschütterliche" Sternwarte, die erste in Meklenburg, bauen, welche die vortrefflichsten astronomischen Instrumente enthielt: eines der größten und achtungswerthesten Werke seines Lebens. Im J. 1791 machte er mit seinem Freunde Bode eine Reise nach Magdeburg, dem Harz, Göttingen, Kassel, Gotha, Jena, Halle und Dessau, um Erfahrungen zur Einrichtung der Sternwarte zu sammeln und die Bibliotheken zu benutzen; vorzüglich mochten ihn die Sternwarten zu Göttingen und Gotha anziehen, und dazu traf er auf dieser Reise Männer, wie Zach zu Gotha, Kästner zu Göttingen, Klügel zu Halle, u. A., welche Mitarbeiter an Bode's astronomischen Jahrbüchern und dessen und Hahn's Correspondenten und Freunde waren. Im J. 1793 war die Sternwarte eingerichtet. Im Sommer (Julii bis August) 1794 lud Friedrich Hahn seinen Freund Bode nach Remplin ein, um seine Freude mit ihm zu theilen. Bode gab in dem 1794 herausgegebenen astronomischen Jahrbuche für das Jahr 1797 ein "Verzeichniß der vorzüglichsten in dem astronomischen Salon des Herrn Erblandmarschal von Hahn zu Remplin befindlichen Instrumente" 1 ). Friedrich Hahn verschaffte sich nach und nach viele astronomische Instrumente, 50 an der Zahl, von denen folgende die wichtigsten und ausgezeichnetsten sind: ein siebenfüßiges Herschelsches Spiegel=Teleskop, ein (ganz vorzügliches) fünffüßiges achromatisches Fernrohr von Dollond (noch in Basedow befindlich), ein dreieinhalbfüßiges achromatisches Fernrohr von Dollond, ein zweifüßiger Sternaufsucher von Dollond, ein kleines vierfüßiges Dollondsches Handfernrohr, ein dreifüßiges Handfernrohr von Ramsden, ein Kometensucher von Nairne und Blunt, ein sehr schönes und berühmtes Dollondsches Universal=Aequatorial=Instrument (eine ausgezeichnete "kleine tragbare Sternwarte"), ein vierfüßiges Dollondsches Mittagsfernrohr oder Transitinstrument (auf Granitsäulen ruhend), eine parallatische Maschine mit einem sechsfüßigen Fernrohr von Lincoln, ein zwölfzölliger und ein sechszölliger Spiegelsextant von Dollond, ein Vollkreis von Cary, drei künst=


1) Die Nachricht über die erste Vollendung der Sternwarte zu Remplin mit einer Beschreibung aller Instrumente giebt Bode in seinem Astron. Jahrbuche für 1797, Berlin 1794, S. 240 flgd. Ueber das erste Riesenteleskop vgl. Astron. Jahrbuch f. 1796, Berlin 1793, S. 191.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 100 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

liche Horizonte, ein zehnzölliger Quadrant von Nairne und Blunt, eine astronomische Secundenpendeluhr von Klindworth in London und eine andere von Höschel in Augsburg, eine andere von Möllinger in Berlin, ein kostbarer Taschen=Chronometer (in Gestalt einer goldenen Taschenuhr) von Arnold in London, ein Declinatorium von Nairne und Blunt in London, ein Repetitionskreis von Ramsden (eines der gelungensten Instrumente), Erd= und Himmelsgloben von Senex in London, eine Mondkugel von Russel in London und viele andere kleinere Instrumente 1 ). Ein Passage=Instrument von Brandes und Höschel war im J. 1806 noch nicht ausgepackt. - Neben der Sternwarte standen die Riesenteleskope unter freiem Himmel. Zuerst hatte Friedrich Hahn nur Ein zwanzigfüßiges herschelsches Spiegelteleskop, mit einem Metallspiegel von 12 englischen Zoll Durchmesser und vierzig Pfund Gewicht; dieses erwartete er, nach einem Briefe vom 16. Junii 1793, nächstens, da Herschel schon einen Uranustrabanten dadurch wahrgenommen hatte; es stand, nach Bode's Bericht, in Remplin schon im Sommer 1794. Das Rohr ward in Remplin gebauet und wog 230 Pfund. Mit der Zeit, als der Spiegel anfing etwas dunkel zu werden, ließ Friedrich Hahn ein zweites zwanzigfüßiges herschelsches Spiegelteleskop erbauen mit einem Spiegel von 18 Zoll Durchmesser. Die beiden Spiegel waren von Herschel selbst in großer Vollkommenheit. Das zweite Riesenteleskop ließ Friedrich Hahn im Sommer 1801 bauen, als Bode bei ihm zum Besuche war, welcher die Sternwarte im besten Zustande fand 2 ). Der ganze sinnreiche Mechanismus zur Bewegung dieser Teleskope war von Friedrich Hahn selbst erfunden und entworfen, von seinem einsichtsvollen und anstelligen Gärtner gezeichnet und von seinem geschickten Schlosser zu Remplin, der ihm viel zur Hand war und der auch selbst Secundenuhren machte, unter seiner Leitung gebauet. (Vgl. Bode's Astron. Jahrbuch für 1797, S. 252.) "Wer die Schwierigkeiten bei der Errichtung eines solchen In=


1) Fernere Nachrichten über die Sternwarte zu Remplin finden sich in Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie, Bd. IV, 1793, St. 7, S. 55; Zöllner's Reise durch Pommern, 1795, S. 413 flgd.; Wundemann's Meklenburg in Hinsicht auf Kultur, Kunst und Geschmack, Th. I, 1800, S. 396 flgd.; Bode's Astron. Jahrbuch, 1793, S. 248; Krey's Beiträge zur Meklenburgischen Kirchen= und Gelehrtengeschichte, Bd. II, 1821, S. 147 flgd. Die letzten Nachrichten über die Sternwarte und den gelehrten Apparat Friedrich's Hahn giebt Droysen, Professor der Mathematik und Physik zu Greifswald, in den Greifswalder kritischen Nachrichten, 1804, St. 50; vgl. Eschenbach's Annalen der Rostockschen Academie, XII, 1805, St. 48, Mai, S. 377 flgd. Vgl. (Dietz) Mecklenb. Journal, Bd. I, 1805, S. 165.
2) Ueber die Erbauung des zweiten Riesenteleskops berichtet Bode in seinem Astron, Jahrbuch für 1804, Berlin 1801, S. 266.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 101 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

struments kennt, muß es bewundern, wie sehr es dem Grafen gelungen ist, demselben den Grad der Vollkommenheit zu geben, den es erhielt".

Nach Friedrich's II. Tode nahm der Dr. J. Droysen, Professor der Mathematik und Physik an der Universität zu Greifswald, am 28. Mai 1806 ein Verzeichniß sämmtlicher Instrumente auf und schätzte sie, freilich sehr niedrig, zu 8896 1/3 Thalern. Im J. 1809 kaufte Bode 8 Instrumente, nämlich den Kometensucher, den Vollkreis, das Mittagsfernrohr, das Universal=Aequatorial=Instrument, drei Sextanten und eine Sternenuhr für 2125 Thaler und im J. 1813 das größte Spiegelteleskop für 1274 1/3 Thaler, wie es heißt, für die Sternwarte zu Königsberg. Was von den Instrumenten im J. 1816 sonst noch übrig war, ward mit der Bibliothek nach Basedow versetzt und wird bei derselben aufbewahrt.

Im Schlosse hatte Friedrich Hahn andere große Sammlungen von ausgezeichneten mathematischen und physikalischen Instrumenten, 94 an der Zahl, z. B. eine Elektrisirmaschine von Nairne und Blunt in London, eine andere große Elektrisirmaschine, eine Luftpumpe von Dollond, galvanische Batterien, ein Mikroskop von Dollond, seltene Barometer und Thermometer, Magnetnadeln zur Beobachtung der Declination und Inclination, z. B. einen magnetischen Apparat von Nairne und Blunt, seltene Globen, einen schönen Apparat zur Optik, einen Apparat zur Bestimmung des specifischen Gewichts der Körper von Nairne und Blunt, Mikroskope, Brennspiegel, Regenmesser von Höschel, einen Hygrometer von Saussure und viele andere Instrumente.

Bode sagt in seinem Astronomischen Jahrbuche für 1793, S. 248: "Herr Landmarschall von Hahn ist ein großer Verehrer und nicht gemeiner Kenner der Mathematik, Astronomie und Physik. Er wendet einen Theil seines ansehnlichen Vermögens auf eine ruhmwürdige Art zur Anschaffung einer kostbaren Bibliothek, einer vorzüglichen Sammlung natürlicher Seltenheiten und physikalischer und astronomischer Instrumente, wie ich denn im vorigen Jahre auf seinem Rittersitze Remplin unter andern ein von ihm angeschafftes siebenfüßiges herschelsches Spiegel=Teleskop zu sehen und zu gebrauchen Gelegenheit gehabt habe."

Bald nach der Einrichtung der Sternwarte fing Friedrich Hahn an, einige Ergebnisse seiner Beobachtungen und Gedanken nach und nach auf schriftstellerischem Wege zu veröffentlichen; er legte, mit wenigen Ausnahmen, seine schriftstellerischen Arbeiten in Bode's Astronomischen Jahrbüchern nieder. Seine schriftstellerischen Arbeiten sind in chronologischer Reihe folgende:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 102 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
1786. Briefwechsel mit Witte über den Ursprung des Irrthums u. s. w.; Anhang in Witte's Versuch über die Bildung der Völker zur Vernunft.
1791. Beobachtungen und Bemerkungen über die Streifen des Jupiter und deren Veränderungen, in Bode's Astronomischem Jahrbuch für das Jahr 1794, Berlin 1791, S. 241 flgd.
1792. Bemerkungen über die Neigungsnadel, in den Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin (auch unter dem Titel: Beobachtungen und Entdeckungen aus der Naturkunde etc. .), Band X, Stück 3, Berlin 1792, S. 355. (Vgl. S. XXXIV, wo Friedrich Hahn unter den Mitgliedern der Gesellschaft aufgeführt ist.)
1792. Gedanken über die Sonne und ihr Licht, in Bode's Astron. Jahrb. für 1795, Berlin 1792, S. 226.
Diese Abhandlung erschien hier nur in einem Auszuge. Vollständig gedruckt ist sie in den Schriften der Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, Bd. XI, St. 1, Berlin 1793, S. 20 - 32. - Der in Bode's Astron. Jahrb. mitgetheilte Auszug ist auch wieder abgedruckt in Voigt's Magazin für das Neueste der Physik, Bd. X, St. 2, Gotha 1795, S. 123.
1793 Bemerkungen an der Venus, Beschreibung einiger merkwürdigen Sonnenflecke und astronomische Nachrichten, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1796, Berlin 1793, S. 188.
1794. 1. Einige mit einem vorzüglichen fünffüßigen Dollondischen Fernrohr angestellte Beobachtungen (vorzüglich über einige größere Sterne) in Bode's Astron. Jahrb. f. 1797, Berlin 1794, S. 155.
2. Mehrere Beobachtungen, daselbst S. 250.
1795.  1. Gedanken über die Ursachen der Lichtabwechselungen veränderlicher Sterne, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1798, Berlin 1795, S. 224.
2. Beobachtungen (über das Licht der Sterne) das. S. 240.
1796. Gedanken über den Nebelfleck im Orion, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1799, Berlin 1796, S. 235.
1797. in der Mitte des Monats Julii reiste Friedrich Hahn nach Berlin, um den Meridian von Remplin zu bestimmen. Er hatte zu diesem Zwecke den Gang seines Arnoldschen Chronometers auf der Sternwarte in Remplin genau geprüft und reiste mit demselben nach Berlin, um auf der dortigen Sternwarte am 10., 11, und 12.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 103 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  Julii zu Mittag die rempliner Zeit mit der berliner zu vergleichen. Vgl. Bode's Astron. Jahrb. f. 1800, Berlin 1797, S. 249.
1798. 1. Beobachtungen und Gedanken über die Gegend des gestirnten Himmels beim nördlichen Flügel der Jungfrau, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1801, Berlin 1798, S. 178.
2. Ueber die Bahn der veränderlichen Sterne, das. S. 240. 
1799. 1. Einige Beobachtungen bei der totalen Mondfinsterniß vom 3. bis zum 4. Dec. 1797, nebst Bemerkungen über die Beschaffenheit des Mondes, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1802, Berlin 1799, S. 204.
2. Ueber den planetarischen Nebelfleck bei μ Wasserschlange, das. S. 231.
1800. Einige Beobachtungen über Mira Ceti, über die Nebelflecke in der Leyer und der Hydra, ingleichen eine neue Entdeckung des Herrn Dr. Herschel's, den Wärmestoff betreffend, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1803, Berlin 1800, S. 106.
1801. Beobachtung eines kleinen beweglichen Sterns, sehr nahe bei dem veränderlichen Stern Mira am Halse des Wallfisches, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1804, Berlin 1801, S. 195.
(Das Astronomische Jahrbuch für 1805, welches 1802 herausgegeben ward, enthält keinen Beitrag von Friedrich Hahn, da seine Gemahlin am 14. November 1801 starb.)
1803. Bemerkungen über die Sonnenflecken, bei Gelegenheit der beim Durchgang des Merkurs am 9. Nov. 1802 auf der Sonne sich gezeigten merkwürdigen Fleckengruppen, in Bode's Astron. Jahrb. f. 1806, Berlin 1803, S. 215.
1804. Ueber die Stoffe im Weltraume und eine Wahrnehmung am Saturn (am 20. April und 13. Mai 1804 eingesandt), in Bode's Astron. Jahrb. f. 1807, Berlin 1804, S. 152 und 157.

Außer den eigentlichen astronomischen Beobachtungen erstrecken sich Friedrich's Hahn Forschungen am Himmel immer auf die Beschaffenheit der Welt und das Wesen der Weltkörper; er verfolgte mit seinen vortrefflichen Instrumenten vorzüglich die unbekannten Gegenden des Himmels, die Nebelflecke, die veränderlichen Sterne, das Licht und den Lichtwechsel der Planeten und deren Trabanten, die Atmosphären; Magnetismus, Elektricität, Licht

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 104 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Wärme erkannte er schon als die großen Hebel des Lebens der Welt und der Weltkörper. Daher schließt auch Herder seine Ode "Orion" auf Friedrich Hahn, den "Lichterwecker", in und aus dessen Geiste mit den achtungsvollen Worten:

"Was regt und treibt und beseelet,
Wodurch sich alles bewegt
Und lebt und fühlt und genießet
Und denkt und strebet, ist Licht!"

Nach vielen Jahren setzte Herder seinem Freunde Friedrich Hahn in seiner Adrastea 1 ) in dem Abschnitte: "Newton's Teleskop" ein ehrendes Denkmal und in der schönen Ode "Orion, An den Erblandmarschall von Hahn". Die in der Ode berührten Sternbilder beziehen sich auf einige wissenschaftliche Arbeiten, welche Hahn in Bode's Astronomischen Jahrbüchern bis 1802 herausgegeben hatte (vgl. oben S. 102 flgd.). Herder's Frau berichtet über diese Ode 2 ): "Zu Kiel war der durch Wissenschaft und edlen Charakter ausgezeichnete Graf von Hahn "(nachheriger Erblandmarschall) Herder's besonderer Freund. An diesen großen Astronomen ist die Ode Orion gerichtet, worin Herder ihm Hochachtung und Liebe für seine edelmüthige Freundschaft nach Jahren noch darbringt".

Herder sagt in der Adrastea:

"Newton's Teleskop.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

- Herschel, Schröter, von Hahn haben über diese "Lichtregionen, über das Licht der Sonne, über die planetarischen Weltkörper, die sich ihrer Ausbildung zu nähern scheinen u. f., Beobachtungen gemacht und so allgemein umfassende, tief eingreifende Gedanken geäußert, daß man sich fast auf dem Wege zur rechten ersten Kosmogonie glaubt. Insonderheit hat letzterer von manchen seiner Beobachtungen, z. B. den Landschaften in der Sonne, der dunkeln und hellen Region im Orion u. f., in wenig Worten so mahlerische Beschreibungen


1) Ueber Friedrich Hahn als geistreichen Astronomen redet Herder, neben dem Abdruck der Ode Orion, in seiner zwischen 1801 und 1803 geschriebenen Adrastea, Begebenheiten und Charaktere des achtzehnten Jahrhunderts, herausgegeben von Johann von Müller, Tübingen, bei Cotta, 1809, S. 438 flgd. und 449, oder: Herder's Sämmtliche Werke: Zur Philosophie und Geschichte, XII. Theil, Stuttgart und Tübingen, bei Cotta, 1829, S. 60 flgd.
2) Ueber Herder's Orion vgl. Erinnerungen aus dem Leben J. G. v. Herder, von Maria Caroline v. Herder, geb. Flachsland, herausgegeben von Joh. Georg Müller, I. Theil. S. 152, in Herder's sämmtlichen Werken: Zur Philosophie und Geschichte XX. Theil, Stuttgart und Tübingen, bei Cotta, 1830. - Unter den in Th. I, S. 261, und Th. III, S. 243 flgd. aufgeführten Freunden Herder's ist dagegen Friedrich Hahn nicht aufgeführt. - Vgl. (Dietz) Mecklenburg. Journal, Bd. I, 1805, September, S. 161.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 105 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gegeben, daß man sie in Farben gezeichnet zu sehen wünschet. Sein und anderer Gedanke, daß die Sonne aus dem Weltraume den glänzenden Stoff abscheide, und sich theils ihn selbst zueigne, theils andern kleinern Weltkörpern zusende, kann zu großen Aufschlüssen führen. Auch dessen letzte Nachricht von Herschel's Entdeckung, daß die Sonne uns außer dem Licht auch unsichtbare Wärmestrahlen zusende, erregt alle Erwartung."

"In welch einem merkwürdigen Zeitpunkt leben wir! Nicht leicht fand sich in allen gebildeten Ländern Europa's eine so zusammenstimmende Bemühung beobachtender, denkender, forschender Geister, als jetzt über den Himmel wachen, insonderheit seit Herschel's gefundenem Reflektor. Bode's Astronomisches Jahrbuch, von Zach's Correspondenz sind davon Zeugen."

"Außer den bekannten Astronomen Frankreichs find Herschel, Maskelyne, Piazzi, Oriani, in Deutschland Bode, Schröter, Olbers, Triesnecker, von Hahn , u. f., nicht minder die holländischen, dänischen, schwedischen, russischen Astronomen in gemeinschaftlicher Wirkung."

" Orion.

An den Erblandmarschall von Hahn.

In welchem Streife der Welten
Weilt jetzt Dein forschender Blick?
Am hohen Flügel der Jungfrau?
Wie oder am glänzenden Schwan?

Im Wallfisch oder der Hydra?
Oder an der Leyer Apolls?
Am flammenden Schwert des Orion
Und seiner furchtbaren Nacht?

O Du, der Quelle der Welten
Nachspähender, forschender Geist,
Der, Prunk der Höfe verachtend,
Am Himmel droben enthüllt

Des Weltalls wirkende Kräfte,
Den Streit des Lichts und der Nacht,
Die Geburt der Strahlen im Aether,
Den Quell lebendigen Seyns,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 106 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Und wandelt still in den Thälern
Der Sonne, lieblich umschirmt
Von Lauben himmlischen Lichtes,
Die allem Seele verleihn.

O dringe weiter in jenen
Ambrosisch leuchtenden Quell,
Und gib Gesetze dem Weltall,
Gesetze des werdenden Seyns.

Du Lichterwecker! Orion
Winkt Dir mit flammendem Schwert,
Es tönt die Leyer Apollo's,
Es singt der himmlische Schwan:

"Was regt und treibt und beseelet,
Wodurch sich alles bewegt,
Und lebt und fühlt und genießet,
Und denkt und strebet, ist - Licht!" "


Eine der wichtigsten Unternehmungen, welche Friedrich Hahn beförderte, war der große Himmelsatlas (oder: Uranographie), den Bode im J. 1801 herausgab. Bode faßte im J. 1796 den Plan, die Sternbilder des Himmels in großem Format herauszugeben, um alle neuen Entdeckungen in die Karten einzutragen; im September 1796 erließ er die Ankündigung des Werkes (vgl. Astronom. Jahrb. für 1799, Berlin 1796, S. 249). Friedrich Hahn, welcher, bei der Freundschaft zu Bode, nicht geringen Antheil an der erweiterten Kenntniß des gestirnten Himmels und den Entdeckungen Bode's hatte, ergriff den Plan mit Begeisterung; er schoß die Kosten dazu zinsenfrei her und machte nur die Bedingung, aus dem Ertrage der Subscriptionsgelder nach und nach sein Capital zurückzunehmen. Friedrich Hahn ließ die 20 Kupferplatten in großem Folio=Format, über 2 und 3 Fuß groß, in England für 6000 Thaler Gold stechen und mußte ein Parlaments=Patent zur Uebersendung der Platten erwirken, da die Ausfuhr von Kupfer wegen des Krieges verboten war. Er schenkte darauf seinem Freunde Bode die Kupferplatten und überließ ihm den Gewinn, den er daraus ziehen könnte. Bode dedicirte das Werk seinem Freunde Hahn, dem "erleuchteten Beschützer der Sternkunde" auf folgendem Titel;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 107 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Joa. Elerti Bode Uranographia sive astrorum descriptio, viginti tabulis aeneis incisa, ex recentissimis et absolutissimis astronomorum observationibus, sumtus commodante illustrissimo astronomiae patrono, generosissimo equite Megapolitano Friderico de Hahn, dynasta Remplini. Berolini MDCCCI, apud auctorem.

In der Vorrede sagt Bode: "Nata mihi est ao. 1796 cogitatio, novas coeli icones forma maxima delineandi, quibus deligentius, apertius, plenius cuncta in coelo stellato inventa effingerem. Quam rem arduam, quaeque magnos requirat sumtus, ut susciperem, adductus sum insigni humanitate illustrissimi de Hahn Remplini, viri de astrorum cognitione meritissimi. Qui generosissimo animo vir, quo studia haec insigniter adjuvaret meque amicitiae ornaret documento, non dubitavit, impensas huic operi maximas suppeditare, idque sine usura, addiditque, si debitam hanc ipsi pecuniam ex operis venditione redactam reddidissem, permissurum se mihi tabulas aeneas quaeque inde reditura sunt emolumenta. Quam eximiae in me benevolentiae rarissimique in litterarum commoda studii significationem aperui astronomiae studiosis, ne ignorarent, quantum in hoc opere tandem perfecto viro huic esset tribuendum".

Nach seinem Tode schrieb Bode in seinen Astronomischen Jahrbüchern: "Am 9. Oct. 1805 starb zu Remplin in Meklenburg der Erblandmarschall Friedrich Graf von Hahn. Er war ein eifriger Verehrer und Beförderer der Sternkunde, verwandte rühmlichst einen Theil seiner großen Glücksgüter zur Anschaffung einer auserlesenen Bibliothek und kostbarer astronomischer Instrumente und hat sich dadurch, wie durch Betrachtungen und Abhandlungen in meinen Jahrbüchern seines Namens Gedächtniß ehrenvoll gestiftet. Er war mein vieljähriger Freund und Gönner".

Die hohe Verehrung, welche sich Friedrich Hahn in den Kreisen der Wissenschaft erwarb, kann am besten dadurch bezeichnet werden, daß die neuesten, ausgezeichneten Selenographen Beer und Mädler, ohne alle persönliche Veranlassung, zu Ehren und zum Andenken Friedrich's Hahn auf der von ihnen 1834 - 36 herausgegebenen, vortrefflichen, gewiß für alle Zeiten unvergänglichen Mondkarte ein bedeutendes Ringgebirge des Mondes mit dem Namen Hahn belegt haben. Dieses Ringgebirge gehört zu den bedeutendern; die Größe und Augenfälligkeit der Ringgebirge, die den Namen berühmter Männer erhalten haben,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 108 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ist aber als ein Maaßstab für das Ansehen dieser zu betrachten. Die genannten Selenographen haben die früher eingeführten und bereits gebräuchlich gewordenen Namen beibehalten, jedoch mehreren noch unbezeichneten Kratern und Ringebenen neue Namen gegeben, welche von Astronomen, Mathematikern und Naturforschern der neuern und zum Theil auch der ältern Zeit hergenommen sind. Zu diesen gehört auch das Mondringgebirge Hahn. In der Selenographie von Beer und Mädler, Berlin 1837 1 ), §. 175, ist es genauer beschrieben:

"In. N. erstreckt sich ein mit niedrigen Hügelketten durchzogenes, nirgend steile Parthien zeigendes Terrain bis zum Hahn, unter + 32° 19' B. und 70° 55' L., ein Ringgebirge von 10 Meilen Durchmesser und nahe kreisförmig. Sein aus vielen Gipfeln bestehender westlicher Wall hat gegen 59° Böschung, und darf man von diesem von den gegenüberliegenden (optisch überhängenden) schließen, so muß einem beträchtlichen Theile seiner innern Fläche die Erde stets unsichtbar sein. Im Innern steht ein großer Centralberg und einige niedrige Bergarme gehen von den Wallgipfeln ab. α liegt 1516 t über der innern Vertiefung. Im Vollmonde ist Hahn eben so wenig sichtbar, als der benachbarte Berosus R. Dieser Name steht auf Riccioli's Karte neben zwei Ringgebirgen, deren eine wahrscheinlich Hahn, der andre dieser Berosus ist. Man unterschied sie später durch die Bezeichnungen borealis und australis. Beide Ringflächen sind sehr ähnlich, nur ist der Centralberg des Berosus viel niedriger. Ganz isolirt in einer großen und hellen Ebene zeigt sich Hahn A unter + 30° 3' und 68° 5', ein sehr augenfälliger Krater." - So glänzt auch Friedrich's Hahn Name am Himmel auf ferne Zeiten.

Beer und Mädler erwähnen auch der hahnschen Forschungen an andern Stellen ihrer Selenographie S. 139 bis 141: "So lange der Erdschatten nur einen Theil des Mondes bedeckt, erscheint der volle Schatten in grauer Farbe ohne merkliche Modificationen einzelner Stellen. Die Flecken des Mondes verschwinden entweder gleich beim Eintritte in den Schatten völlig, oder es bleibt noch eine kurze Zeit hindurch eine schwache und ungewisse Spur zurück. Sobald aber der größte Theil des Mondes bedeckt ist, folgt dem grauen Schatten allmählig ein


1) Ueber das Mondringgebirge Hahn vgl. man: "Der Mond nach seinen kosmischen und individuellen Verhältnissen, oder allgemeine vergleichende Selenographie , mit besondrer Beziehung auf die von den Verfassern herausgegebene Mappa Selenographica, von Wilhelm Beer und Dr. Johann Heinrich Mädler. Berlin, Verlag von Simon Schropp & Comp., 1837, §. 175, S. 201." - Ueber die selenographischen Ansichten Hahn's vgl. daselbst §. 95 und 96, S. 140 - 141.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 109 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rother Schimmer, der bei totalen Sonnenfinsternissen sich über den ganzen Mond verbreitet und oft eine ungemein lebhafte Röthe annimmt. - - - - - - - -
Mit der zunehmenden Lebhaftigkeit der rothen Farbe erscheinen nach und nach die verdeckten Mondflecke wieder. Mehrere Beobachter bemerken allerdings ausdrücklich, daß sie weder mit bloßem, noch mit bewaffnetem Auge im verfinsterten Monde Flecken gewahr werden konnten. Dagegen haben Helfenzrieder, Schröter, Hahn und andere Beobachter theils nur die hellsten Flecken, theils alle sonst im Vollmonde gut sichtbaren während der Finsterniß gesehen. - - - - - - -
Ob übrigens, wie einige vermuthet haben, eine eigenthümliche Lichtentwickelung des Mondes zu dieser Zeit vor sich gehe, zumal das Roth sich immer erst nach einiger Zeit blicken läßt, wagen wir nicht zu entscheiden. Hahn nimmt eine Phosphorescenz an, die in hoher Beleuchtung einer Mondgegend stets stattfinde, aber nur während der Finsterniß von uns wahrgenommen werde, und glaubt den Grund darin zu finden, daß die Oberfläche des Mondes ein weit größeres Quantum von Licht und ein weit geringeres von Wärme, als die Erde, von der Sonne empfange. Das letztere kann als wahrscheinlich zugegeben werden, ohne daß daraus das erstere nothwendig folgt".

Doch nicht allein in den weiten Räumen der Wissenschaft wirkte Friedrich Hahn, auch auf dem Felde praktischer Thätigkeit suchte er seine Kenntnisse anzuwenden und nützlich zu machen, und zugleich das Leben zu verschönern. Er unterhielt zu Remplin herrliche Gärten und ausgedehnte Treibhäuser, in denen er auch, unter der Aufsicht eines geschickten Kunstgärtners, Liebnau, der ihm auch bei seinen astronomischen und physikalischen Unternehmungen zur Hand ging, viele seltene und kostbare fremde Pflanzen zog 1 ), damit, durch Hülfe einer guten Bibliothek, das Studium der Botanik gefördert und zugleich das Leben verschönert werde. Im J. 1804 war ein geordneter "botanischer Garten" zu Remplin. Auch den Ackerbau und die Viehzucht beförderte er mit Eifer, namentlich durch Einführung holsteinscher Kühe in Meklenburg 2 ). In Anerkennung dieses Strebens erwählten ihn am 7. Junii 1781 die meklenburgische physikalische Gesellschaft zu Rostock, am 27. Julii 1790 die Gesellschaft naturforschender Freunde zu Berlin, am 1. Mai


1) Das Schloß Remplin mit den dortigen Gärten ist geschildert in Zöllner's Reise durch Pommern, S. 412 flgd., und in Wundemann's Meklenburg, I, 1800, S. 377 - 407, der Garten besonders S. 404 flgd.
2) Ueber die Beförderung der Viehzucht durch Friedrich Hahn vgl. Wundemann a. a. O. I, S, 102.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 110 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1798 die märkische okonomische Gesellschaft zu Potsdam, am 14. Junii 1799 die braunschweig=lüneburgische Landwirthschafts=Gesellschaft zu ihrem Mitgliede und am 7. Januar 1801 die physikalische Gesellschaft zu Rostock zu ihrem Ehrenmitgliede.

"Die von Hahnschen Güter zeichneten sich durch die Schönheit der Wirthschaftsgebäude und durch das gute Ansehen der Dörfer auffallend aus, und die großen, sorgfältig geschonten Waldungen gaben ihnen einen vorzüglichen Wert."

Auch das Fabrikwesen beförderte er mit Lebhaftigkeit. Bei den bedeutenden Waldungen, die früher die Höhen bei Remplin noch mehr bedeckten, legte Friedrich Hahn im J. 1781 zu Remplin mit großen Kosten eine Fabrik von weißem Glase an. Es wurden tüchtige Meister und geschickte Glasschleifer, zum Theil mit Familie, aus Böhmen und Thüringen geholt; Modelle wurden aus England verschrieben. Es wurden kostbare geschliffene Sachen angefertigt. Das Unternehmen war so großartig, daß selbst der hochselige Großherzog Friedrich Franz I. mit Hochdessen Gemahlin es in Augenschein nahm. Als aber die Magazine sich füllten und der Absatz stockte, ein Monopol nicht zu erreichen war, die Holzverwüstung bedenklich ward und die Kosten sich vermehrten, ohne daß ein nennenswerther Ertrag herauskam, hob Friedrich Hahn dieses achtungswerthe Unternehmen auf.

Bei allen diesen ernsten Beschäftigungen, zu denen die große Last der Verwaltung ausgedehnter Güter und eines bedeutenden Vermögens sich gesellte, verschmähete Friedrich Hahn nicht die Reize der Geselligkeit und der Kunst, wie er treu an der Natur hing und den Acker= und Gartenbau liebte. Er unterhielt eine Musik=Capelle, deren Mitglieder er zum größten Theile von Claus Ludwig übernommen hatte, und hatte in dem Schlosse zu Remplin einen schön ausgestatteten Musiksaal. Auch war er ein Freund der Malerei und beschäftigte den damals berühmten Maler und Director Bernhard Rode zu Berlin mit sehr bedeutenden Aufträgen. Im J. 1780 ließ er von Rode sehr viele große Gemälde aus der alten Mythologie malen, welche noch die Wände des Saales zu Neuhaus schmücken. Für das Schloß zu Remplin malte Rode drei historische und sechs allegorische Bilder 1 ). Friedrich Hahn zeichnete selbst gerne. In seiner Bibliothek finden sich von ihm noch zwei Foliobände Handzeichnungen, meistentheils nach der Antike, ein Denkmal seines Fleißes, seiner Sauberkeit und seines Geschmacks.

Den wahren Schlußstein seines ganzen Strebens, das im


1) Ueber die Rodeschen Gemälde zu Remplin vgl. Wundemann a. a. O. I, S. 383 flgd., und Zöllner's Reise, S. 419.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 111 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

höchsten und edelsten Sinne des Wortes Humanität war, bildete aber sein eifriges Bemühen um die Verbesserung des Volksschulwesens, das ihm, namentlich in Holstein, unendlich viel verdankt; ja man kann ihn mit Recht einen der ersten und vorzüglichsten Beförderer des Volksschulwesens nennen.

Es giebt eine ausführliche Beschreibung der neuhäuser Schulen von dem Prediger Sieverts zu Gikau 1 ), aus welcher sich die ganze Entwickelung klar verfolgen läßt. Um sein Ziel zu erreichen, fand Friedrich Hahn zur Verbesserung des Volksschulwesens wesentlich nothwendig: 1) zweckmäßige Schulhäuser, 2) tüchtige Lehrer, 3) erforderliche Lehrmittel, 4) eine allgemeine Schulcasse, 5) einen geordneten Schulvorstand, 6) öffentliche Schulprüfungen. Friedrich Hahn hielt dafür, daß vor allen Dingen für gesunde, anständige, freundliche und gehörig große Schulhäuser gesorgt werden müsse, und dann für tüchtige, ihrem Fache ganz gewachsene Lehrer, welche so gestellt werden müßten, daß sie nicht mit Nahrungssorgen zu kämpfen oder ihr Brot außer dem Hause oder durch Nebengeschäfte zu suchen nöthig hätten, sondern mit Lust und Freudigkeit ihr Amt verwalten und sich selbst ein gutes Buch, angenehmen Hausrath und anständige Kleider verschaffen könnten; dann hielt er für nothwendig, daß nicht von den Aeltern unmittelbar an den Lehrer das Schulgeld bezahlt, sondern Schulcassen errichtet würden, an welche jedes Haus nach Verhältniß seinen bestimmten Beitrag zu zahlen habe; auch wollte er jedem Schullehrer zwei Schulväter zur Seite setzen, welche gemeinsam die Zucht und Schulordnung aufrecht erhalten sollten. Alles dies und noch vieles Andere, was eine totale Reform des Schulwesens beförderte, ward scharf durchdacht und endlich ausgeführt; es ward ein vollständiger Plan entworfen und endlich von Friedrich Hahn angenommen. Als im J. 1789 in Holstein die Leibeigenschaft und der persönliche Hoftag aufhörten und die Vermessung der Gutsländereien und die Einkoppelung derselben nöthig wurden, ward der Inspector Voigt zu Neuhaus von seinem Herrn beauftragt, einen Plan zur Einrichtung der neuhäuser Güter zu entwerfen und dabei auf die Schulverbesserung Rücksicht zu nehmen. Voigt war, wie sein Herr, ein sehr wohldenkender und umsichtiger, aber auch sehr entschiedener Mann, der das volle Vertrauen seines Herrn besaß


1) Die Nachrichten über die Schulverbesserung durch Friedrich Hahn sind enthalten in den "Schriften der Schleswig=Holsteinschen patriotischen Gesellschaft", Zweiten Bandes, Heft III, Zweite Abtheilung, Altona, 1820, in der Abhandlung: "Beschreibung der Neuhauser Schulen. Ein Beitrag zur Verbesserung des Schulwesens, von J. J. Sieverts, Prediger zu Giekau". Vgl. auch Krey Beiträge etc. . Bd. II, S. 147.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 112 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und auf dessen holsteinschen Gütern "allmächtig" war, so daß er noch heute dort bekannt ist. Nachdem die Güter einigermaßen geordnet waren, ward bereits in den Jahren 1798 und 99 bei Friedrich's Hahn Pfarre zu Gikau ein glücklicher Anfang mit der Verbesserung des Schulwesens gemacht. Friedrich Hahn begann dieselbe mit dem Bau eines neuen Schulhauses zu Gikau. Um dieses Haus, dessen Bau eigentlich der Gemeinde oblag, ganz dem beabsichtigten Zwecke und seinen Wünschen gemäß einrichten zu können, schoß er die ganze Bausumme, welche sich auf 1600 Thaler belief, ohne Zinsen so lange her, bis sie von dem Kirchenvermögen allmälig wieder abgetragen werden könnte. Jetzt mußte Voigt einen Riß zu dem Schulhause zu Gikau entwerfen, der, nach einigen Abänderungen und Verbesserungen durch Friedrich Hahn, zum Muster für die übrigen zu erbauenden Schulhäuser dienen sollte, und noch in demselben J. 1798 ward der Bau in Angriff genommen und im J. 1799 größtentheils vollendet. Mit Ernst ward jetzt zur vollständigen Ausführung des ganzen Schulplans geschritten. Friedrich Hahn erhöhete nun nicht allein die gutsherrlichen Beiträge an die Schulcasse und den Lehrergehalt, sondern regelte und vergrößerte auch die Schulländereien, so daß er jeder Schulstelle, außer Land zu einer Baumschule, 29 1/2 Tonnen à 240 Quadratruthen beilegte. So setzte Friedrich Hahn zu Gikau seinen Plan vollständig durch. Am 19. Julii 1802 gab er eine ausführliche Erklärung sowohl über das, was er bereits zur Verbesserung seiner Schulen gethan, als auch über das, was er künftig noch für dieselben zu thun Willens sei. In der That ward die Schule zu Gikau, eine ganz neue Erscheinung, eine Musterschule, welche ganz "den Geist ihres edlen Begründers athmet und spricht deutlich genug seine höhern Ansichten vom Schulwesen in der gesammten äußern und innern Verfassung aus". Und wahrlich ist das Schulhaus zu Gikau, natürlich massiv gebauet, neben dem großartigen Predigerhause, von solcher Größe und Freundlichkeit, daß es wohl zu keiner Zeit besser gebauet werden kann, ein würdiges Denkmal des edlen Stifters. Zwar ward im Lande viel darüber gesprochen; man fand das Haus zu groß, zu schön, aber Friedrich Hahn erreichte doch sein Ziel, indem er durch das gegebene Beispiel eine allgemeine Verbesserung der Schulen hervorrief. Friedrich Hahn beabsichtigte nun, die übrigen Schulen auf seinen Gütern eben so einzurichten. Um das J. 1801 trieb er Voigt an, die übrigen Bauten auf den Gütern eifrig zu betreiben, damit man zu dem Bau der Schulhäuser kommen könne. Aber er erlebte nicht die vollständige Ausführung seines Planes. Die übrigen Schulhäuser, so wie das Predigerhaus zu Gikau, sind zur Zeit der Communion der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 113 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

neuhäuser Besitzungen, zwischen 1805 und 1829, gebauet. "Sieht man", sagt Sieverts, "auf die von Friedrich Hahn erbaueten Schulgebäude, auf ihre äußere und innere Verfassung und Beschaffenheit, so sagen sie uns nach des edlen Begründers Tode, wie er von Schulhäusern, Schulkindern und Schullehrern dachte; wie er Schulhäuser als die ersten und vorzüglichsten Gebäude im Dorfe betrachtete, wo das innere geistige Leben des jungen Menschen aus seinen Keimen entwickelt und selbst seine physische Natur und Beschaffenheit ihre erste Gestaltung und Bildung erhalten sollte; wie er Schulkinder als die edelsten und wichtigsten Pflanzen ansah, für deren Wartung, Pflege und Erziehung nicht zu sehr gespart und geknickert werden müsse, um sie zu gesunden und fruchtbaren Bäumen aufzuerziehen, die einst ihre Stelle würdig ausfüllen und Segen und Gewinn für Aeltern und Vaterland sein sollen."

Dies sind die Grundzüge des Charakters und Strebens Friedrich's Hahn, den man einen edlen und wahrhaft großen Mann zu nennen wohl berechtigt ist. Möge er zum Nutzen und Frommen der Nachwelt einen Lebensbeschreiber finden, der mit ausgedehntern Forschungen, wenn diese noch möglich sein sollten, ihm allein seine Mußestunden so widmen kann, wie er es verdient.

Mit derselben Strenge und Gewissenhaftigkeit, mit der er für das Wohl der Menschheit und das Gedeihen der Wissenschaft wirkte, sorgte er auch für die Verwaltung seiner zahlreichen Güter, die er als musterhafter Hausvater nicht nur bedeutend verbesserte, sondern auch ansehnlich vermehrte. Er erwarb nach und nach folgende Güter:

1779 wurden Bristow c. p. und ein Theil von Faulenrost eingelöset.
1783 wurden Hinrichshagen und Levenstorf mit Antheil in Lupendorf für 36,000 Thaler eingelöset, laut Contracts vom 22. October 1783.
1785 ward Baumgarten eingelöset.
1787 ward Pantschenhagen für 20,000 Thaler wieder angekauft, laut Contracts vom 9. Junii 1787.
1788 ward Tressow, welches in alten Zeiten zu den hahnschen Gütern gehört hatte, von Heinrich Gottfried von Wendland als Bauerdorf für 29,000 Thaler angekauft, laut Contracts vom 23. Febr. 1788, und neu aufgebauet.
1790 ward Grabowhöfe mit der Pertinenz Sommerstorf für 93,750 Thaler angekauft, laut Contracts vom 16. Oct. 1790, und angemessen eingerichtet. Das Gut Grabowhöfe, welches noch in der ersten Hälfte des
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 114 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  18. Jahrhunderts nur Grabow hieß, führte bereits in der Mitte des 18. Jahrh. den Namen Grabowhöfe und bestand aus zwei Höfen, welche zwei verschiedene Besitzer hatten.
1796 wurden Klenz, Gehmkendorf und Kl. Markow für 165,000 Thaler gekauft, laut Contracts vom 6. December 1796.
1797 ward Lansen mit der Pertinenz Schwarzenhof für 146,500 Thaler gekauft, laut Contracts vom 6. December 1797.

Diese bedeutenden neuen Erwerbungen, welche zum Theile für die Abrundung der basedower Güter von großer Wichtigkeit waren, betrugen (außer Bristow und Baumgarten) über 35 1/2 katastrirte ritterschaftliche Hufen, wofür 490,250 Thaler bezahlt wurden.

Zwei andere, wenn auch kleinere Besitzungen sind für die Geschichte Friedrich's II. von Interesse:

1796 kaufte er das freie adelige Rittergut in der Ortschaft Heldenbergen bei der freien Reichsstadt Friedberg in der Wetterau für 55,000 Gulden, um durch den Besitz ein Mitglied der reichsunmittelbaren Ritterschaft der Wetterau bei Friedberg zu werden, ehe er die Grafenwürde erwarb. Er bauete das Gut aus und nannte es Neuburg und bestimmte es, wie Neuhaus, zum Majorat. Nachdem aber die politische Wichtigkeit des kleinen Gutes durch Aufhebung der deutschen Reichsverfassung verloren gegangen war, war der Werth desselben von keiner Bedeutung und die Verwaltung bei der großen Entfernung von den Wohnsitzen der Familie sehr lästig und kostspielig. Friedrich's II. Nachkommen fanden es daher angemessen, so lange dieses Majoratsgut noch in Communion war, diese Besitzung im J. 1833 für 22,000 Thaler zu verkaufen.

1790 kaufte Friedrich II. Hahn von dem Rittmeister von Meyenn auf Vielist die Eldenburg bei Waren, am Ausflusse der Müritz, eine Pertinenz des Allodialgutes Vielist, aus Vaterlandsliebe, um die Schiffbarmachung der Elde zu erleichtern, welche gleich darauf, seit dem J. 1792, der Regierungsrath von Brandenstein mit dem größten Eifer betrieb. Die Sache kam auch seit dem J. 1797 in Gang. Nachdem der Zweck erreicht war, verkaufte der Graf Friedrich Wilhelm Adolph Hahn auf Basedow am 31. Dec. 1833 die Eldenburg für 6000 Thaler wieder an die Elden=Schiffbarmachungs=Actien=Gesellschaft, um dem Strombau mehr Freiheit zu gewähren.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 115 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zu seiner Annehmlichkeit kaufte Friedrich II. Hahn:

1792  ein großes Haus in Hamburg, welches er auch ausbauete, und noch
1805  ein großes Haus in Rostock.

Friedrich II. Hahn zahlte also über eine halbe Million Thaler für neu erworbene Güter.

Alle seine Güter setzte Friedrich II. Hahn in einen vortrefflichen Zustand und führte auf allen viele neue Gebäude auf. Außer seinem prachtvollen Wohnsitze Remplin vollendete er namentlich mehrere Güter durch neue Bauten und Anlagen ganz. Zuerst brachte er Faulenrost zu einem schönen Zustande. Der Erblandmarschall Claus Ludwig hatte dort seit dem J. 1760 ein neues, schönes Wohnhaus zu seinem Sommersitze erbauen lassen, er vollendete aber den Ausbau nicht, da er bald in Tiefsinn verfiel. Friedrich II. brachte nun den Bau zu Ende und legte ausgezeichnete Gärten und Treibereien bei demselben an. Zöllner sagt in seiner Reise durch Pommern etc. ., 1797, S. 426: "Zu Faulenrost hat der Landmarschall Hahn seit kurzem ein sehr schönes Wohnhaus erbauet und einen Garten angelegt: die Kanäle, welche den Garten durchschneiden, die ausländischen Bäume, Gesträuche und Pflanzen, die schönen, freien Grasplätze, das Ananas= und Gewächshaus, worin viele Seltenheiten gezogen werden, und der Geschmack in der Vertheilung des Ganzen: dies alles giebt diesem Landsitze eine große Annehmlichkeit". - Seit dem J. 1800 bauete er das im J. 1788 erkaufte Gut Tressow auf, welches er zuerst seinem jüngern Sohne Carl zum Bewohnen gab. - Auch das Gut Grabowhöfe bauete er aus und gab es zuerst seinem ältern Sohne Ferdinand. - Im Anfange dieses Jahrhunderts ließ er auch zu Basedow den alten Flügel des Schlosses, rechts am Aufgange, abbrechen und ein neues Wohnhaus mit Thurm aufführen. Dieser Flügel ist gegenwärtig das herrschaftliche Wohngebäude und unter dem jetzigen Grafen durch den Geheimen=Ober=Baurath Stüler aus Berlin, welcher auch alle andern neuen Gebäude in Basedow aufgeführt hat, erhöhet und geschmackvoll ausgebauet und eingerichtet. - Endlich ließ Friedrich II. die Kirche zu Bristow mit einem neuen Thurm zieren und die Orgel in der Kirche zu Basedow wieder herstellen.

Höher aber als alle diese großen Unternehmungen steht das Glück, welches Friedrich II. über alle seine Unterthanen verbreitete; daher schreibt in der Seele derselben sein Kammerdiener Nevermann: "Auf allen Gütern und Dörfern entstanden neue Gebäude, aus denen Wohlstand und froher Anblick bei den Einwohnern hervorleuchtete, denn sie hatten ihr gutes Aus=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 116 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kommen und ihr hoher Protector erfreuete sich ihres Wohlstandes".

Bei so großen Verdiensten und einer so bedeutenden Stellung erhob der Kaiser Franz II. ihn und seine Nachkommen am 7. Sept. 1802 in den Grafenstand, der am 15. Dec. 1802 von Meklenburg anerkannt ward. Der Wappenschild blieb unverändert: ein rother Hahn im silbernen Schilde. In dem Grafendiplome ist das volle Wappen folgendermaßen bestimmt.

"Silberner Schild, worin ein rother Hahn, mit schwarzem Schnabel, Füßen und zwo derlei Federn im Schwanze, gehen erscheint. Auf dem Schilde ruht die reichsgräfliche Perlenkrone, auf dieser aber ein gekrönter, freyadelicher, offener, blau angeloffener und roth gefutterter, mit goldenen Halskleinodien und roth und silberner Decke behängter Turnierhelm, auf dessen goldener Krone der im Schilde beschriebene rothe Hahn wiederholt erscheint. Schildhalter endlich sind auf jeder Seite ein ganz geharnischter Mann mit roth und silberfarbenem Federbusche, mit der einen Hand den Schild haltend und die andere auf ein blankes Schwert gestützt".

Friedrich II. Hahn war zu erhaben gesinnt und stand zu frei, um ehrgeizig sein zu können. Man erzählt sich aber, er habe um die Grafenwürde deshalb nachgesucht, weil ein Pächter, Otto Conrad Hahn 1 ), Pächter des Domanialgutes Eldena


1) Der Pächter Otto Conrad Hahn ward am 6. Dec. 1788 geadelt und erhielt zum Wappen einen "queer getheilten Schild, in dessen oberer goldener Theilung ein Hahn in natürlicher Farbe zur Rechten schreitend, die untere aber mit Schwarz und Silber geschacht ist. Zur Rechten mit Gold und Schwarz, zur Linken mit Silber und Schwarz herabhangende Helmdecken. Auf dem Helme zwischen zwei mit der Mündung auswärts gekehrten und schwarz und gold queer gewechselten Büffelhörnern ein Hahn auf die im Schilde beschriebene Art wiederholt". - Sein Vater war Johann Conrad Hahn, der als königl. großbritannischer Oberamtmann 42 Jahre auf dem Amte zu Medingen gestanden hatte; seine Vorfahren sollten angeblich aus dem Geschlechte der Hahn in Liefland und Curland stammen. Otto Conrad Hahn hatte sich von Preußen den Titel eines Hof=Kammerraths verschafft. Er hatte das meklenburgische Domanialgut Eldena in Pacht und die ehemaligen alten hahnschen Lehngüter der Linie Damerow, nämlich Carow, Damerow, Gr. Poserin, Hahnenhorst und Mathiashorst gekauft. Durch Vorbringung dieser Gründe ward ihm auf seinen Antrag am 6. Dec. 1788 der Adel verliehen, der am 4. März 1789 von Meklenburg anerkannt ward. Er trieb in der Folge großen Güterhandel. Im J. 1793 hatte er z. B. Gr. Grabow und Gresse. Um dieselbe Zeit kaufte er auch das Gut Grube bei Krakow, von dem die uralte, schon im 14. Jahrh. ausgestorbene Familie von Grube, welche auch dem Dorfe Grubenhagen den Namen gab, ihren Namen trug; späterhin war das Gut Grube ein Lehn der alten, auch schon längst ausgestorbenen Familie v. Cölln auf Gr. Grabow und Cölln, an Grube grenzend. Im J. 1793 ließ der Kammerrath Otto Conrad v. Hahn den Namen des Gutes Grube in Charlottenthal umwandeln, um die Verwechselung mit dem alten hahnschen Gute Grube, bei Bristow, in der Nähe des malchiner See's, zu vermeiden. (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 117 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in Meklenburg, der von Preußen mit dem Titel eines Hofkammerraths begnadigt war, sich am 6. December 1788 hatte adeln lassen; dieser gab vor, aus der curländischen Linie der Hahn zu stammen, kaufte damals die ehemaligen alten hahnschen Güter Damerow, Carow, Gr. Poserin, Hahnenhorst und Mathiashorst, trieb in der Folge großen Güterhandel und wohnte zuletzt auf Charlottenthal bei Krakow. Theils um nicht mit diesem Manne, der sich die Herkunft aus dem alten hahnschen Geschlechte hatte aneignen wollen, gleich zu stehen, theils um häufige Verwechselungen zu verhüten, soll Friedrich II. Hahn die Grafenwürde zu suchen veranlaßt worden sein.

Von den hohen fürstlichen Personen erhielt Friedrich Hahn stets die Beweise der ehrendsten Aufmerksamkeit. Wie schon oben erwähnt ist, schenkte der hochselige Großherzog Friedrich Franz I. mit Hochdessen Gemahlin ihm in Remplin die Ehre eines Besuches. Im J. 1796 hatte er auch die Ehre, den damaligen Kronprinzen, nachmaligen König Friedrich Wilhelm von Preußen mit Höchstdessen Gemahlin Louise, als dieselben in Strelitz zum Besuche waren, bei sich zu empfangen; Wundemann erzählt (S. 405), daß die Kronprinzessin Louise ihre besondere Freude an den Gärten und Treibhäusern bezeigt und, außer mehreren Blumen und Früchten, auch einige Bambusrohre zum Andenken mitgenommen habe. "Es war Friedrich's Hahn größtes Vergnügen, seine ganze Ergebenheit zum Empfang dieser hohen königlichen Gäste an den Tag zu legen. Noch nach seiner Gemahlin Tode genoß Friedrich Hahn zu drei oder vier Malen zur Herbstzeit bei den von ihm angestellten Jagden das hohe Glück, den Herzog Carl von Meklenburg=Strelitz, Höchstdessen Bruder den Prinzen Ernst und Sohn den Erbprinzen, den jetzt regierenden Großherzog Georg, in Remplin aufnehmen zu dürfen. Dieser Besuche gewürdigt zu sein, war ihm eine große Freude, und die edle Denkungsart des Herzogs Carl mit edler Seele achtend, widmete er demselben seine ganze Aufmerksamkeit, wozu er auch alle seine Untergebenen aufforderte, um so viel als möglich seinem herzoglichen Freunde, wie er den Herzog nannte, den Aufenhalt angenehm zu machen. Gegenseitig erhielt er auch verschiedene Einladungen an den Hof zu Strelitz, wo ihm, wie in seinem eigenen Hause, die größte Bequemlichkeit bereitet ward, so daß er sich dieser Aufnahme gar


(  ...  ) Von dem alten Lehn Grube bei Krakow ist noch das Vorwerk See=Grube bei Krakow übrig. Der Kammerrath Otto Conrad von Hahn machte zuletzt auf Charlottenthal Concurs; das "Hahn=Charlottenthaler Debitwesen" war lange Zeit sehr bekannt. Er liegt auf dem Kirchhofe zu Eldena begraben und hat sein Geschlecht in männlicher Linie nicht fortgepflanzt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 118 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

oft mit Heiterkeit lebhaft zu erinnern pflegte." (Nevermann's handschriftl. Bericht.)

Auf dem Gipfel seines reichen Glückes verlor Friedrich II. Hahn am 14. Nov. 1801 seine Gemahlin, nachdem er mit ihr 34 Jahre lang im innigsten Einverständniß eine glückliche Ehe geführt hatte; sie starb an der Wassersucht und ward in der Kirche zu Basedow begraben. Obgleich die Gesundheit der Frau in den ersten Jahren ihrer Ehe sehr schwach gewesen war, so daß der berühmte Arzt Dr. Zimmermann ihren frühen Tod an der Schwindsucht befürchtete, so erstarkte sie doch allmählig, so daß sie ihr Alter bis über 56 Jahre brachte und ihrem Manne noch fünf Söhne gebar, und zwar die ersten drei sehr rasch nach einander, nachdem die Ehe zehn Jahre lang unfruchtbar gewesen war.

Friedrich II. Hahn hatte fünf Kinder:

1) Friedrich Ludwig, geb. 9. September 1776, gestorben 6. Sept. 1779;

2) Friedrich Adolph, geb. 5. März 1778, gestorben 21. Junii 1782;

3) Ferdinand, geb. 28. Febr. 1779, gest. 12. Jan. 1805;

4) Carl Friedrich, geb. 18. Mai 1782;

5) Christian Ulrich Friedrich, geb. 7. August 1789, gest. 19. Januar 1790.

Von diesen fünf Söhnen starben drei in jungen Jahren, und es waren bei der Mutter Tode nur zwei am Leben, Ferdinand und Carl.

Nachdem Friedrich II. Hahn diese beiden Söhne, nach vollendeter Jugendbildung im väterlichen Hause, zu Hamburg zu den Studien hatte vorbereiten lassen, schickte er sie mit ihrem Hofmeister auf die Universität Greifswald, wo sie beide ihre künftigen Gemahlinnen kennen lernten. Nachdem die Familie am 7. September 1802 in den Grafenstand erhoben war, vermählte sich am 22. April 1803 der ältere Sohn Graf Ferdinand mit Louise Johanna Hedwig von Wolfradt, des Landraths Bleichart von Wolfradt auf Lüssow in Pommern Tochter, und am 14. Sept. 1804 der jüngere Sohn Graf Carl mit Sophie Louise von Behr, einer Tochter des Landesdirectors Felix Gustav von Behr auf Vargatz und Dönnie in Pommern, Geschwisterkind mit des Grafen Ferdinand Gemahlin, da deren Mutter eine Schwester des Landesdirectors Felix Gustav v. Behr war.

Der Vater gab bei der Vermählung dem ältern Sohne Ferdinand das wohl eingerichtete Gut Grabowhöfe und dem jüngern Sohne Carl das neu aufgebauete Gut Tressow zum Wohnsitze.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 119 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

So schien ein glückliches Alter das Leben Friedrich's II. krönen zu wollen, als ein harter Schlag seine Kraft untergrub. Am 12. Januar 1805 starb zu Remplin der ältere Sohn Graf Ferdinand, kaum 26 Jahre alt, als er mit seiner Gemahlin von einem Besuche aus Pommern zurückgekommen war, und hinterließ eine junge Wittwe und einen unmündigen Sohn Friedrich Wilhelm Adolph; eine Tochter Louise Wilhelmine erblickte nach des Vaters Tode am 3. Junii 1805 das Licht der Welt. Der so frühe und unvermuthete Hintritt dieses hoffnungsvollen jungen Mannes versetzte nicht allein das ganze gräfliche Haus in die tiefste Trauer, sondern beugte auch den Grafen Friedrich II. tief, so standhaft bei seiner hohen Bildung auch die Tröstungen waren, mit denen er allen voranging. Er machte zu seiner Zerstreuung eine Reise nach Hamburg, kam aber kränkelnd von dort zurück und beschloß am 9. October 1805 um Mitternacht zu Remplin sein thatenreiches, glückliches und beglückendes Leben in einem Alter von 63 Jahren; er ward unter großem Leidwesen und aller seiner Verwandten und seiner Unterthanen, denen er ein "guter Vater" gewesen war, am 16. October in der Kirche zu Basedow neben seiner Gemahlin in der ersten Begräbnißgruft rechts vor dem Altare begraben. In Basedow wird noch seine Marmorbüste aufbewahrt, welche ein denkendes, geistreiches Antlitz zeigt.

Auf seinem Sarge stehen unter andern folgende Inschriften:

Hier schlummert im Tode der hochgeborne Herr Graf Friedrich von Hahn, Erblandmarschall des Herzogthums Mecklenburg=Strelitz, Ritter des Dannebrog=Ordens, Mitglied der unmittelbaren freien Reichsritterschaft, Erb= und Gerichtsherr auf Remplin, Neuhaus etc. ., geboren den 27. Juli 1742, vermählt mit Fräulein Wilhelmine von Both, gestorben den 9. Octbr. 1805.


Dem Edlen
der mit gründlicher Kenntniß bereichert
voll unermüdeter Wissbegierde
in die geheimsten Werkstätten
der Natur auf Erden
und in die Tiefen des Himmels drang.

Friedrich II. Hahn hatte am 30. Mai 1801 ein Testament gemacht und nach dem Tode seines Sohnes Ferdinand am

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 120 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

16. Februar 1805 einen Nachtrag hinzugefügt. Nach diesen Verfügungen sollte haben:

1) sein Enkel Graf Friedrich: Basedow c.p. Jessin, Langwitz, Christinenhof, Schwinkendorf und Wendischhagen Antheil, Faulenrost c. p. Dempzin, Lipen, Rittermannshagen und Hungerstorf, Lansen mit Schwarzenhof, Grabowhöfe c. p., Sommerstorf, Baumgarten, Pantschenhagen, Eldenburg, Arensberg mit Hartenland;

2) sein Sohn Graf Carl: Remplin c. p. Panstorf, Retzow und Pampow, Bristow mit Glasow, Grube und Wendischhagen Antheil, Hinrichshagen c. p. Levenstorf, Pantschenhagen und Lupendorf Antheil, Tressow, Klenz mit Gehmkendorf und Kl. Markow, Pleetz, Salow und Ramelow mit dem Erblandmarschallamt des stargardischen Kreises.

Die Fideicommißgüter Neuhaus c. p. in Holstein und Neuburg (früher Heldenbergen) in der Wetterau blieben bis zum J. 1829 in Communion.

Friedrich's II. schwachsinniger Bruder Dethlev starb erst am 25. März 1809, im 73. Jahre seines Alters, und erst nach dessen Tode fielen seine Güter Kuchelmiß, Serrahn, Wilsen und Hinzenhagen an Friedrich's II. Erben zurück.

Der Graf Carl verlegte nach des Vaters Tode seinen Wohnsitz nach Remplin und übernahm das Erblandmarschallamt. Für den Grafen Friedrich auf Basedow zu Grabowhöfe waltete "die von Hahn=Grabowhöfer Vormundschaft" zuerst in den Personen des Kammerherrn von Wickede auf Gorschendorf und des Legationsraths Hansen zu Güstrow, unter der Obervormundschaft des Hof= und Landgerichts zu Güstrow.


Briefsammlung zu dem Leben
Friedrich's II. Hahn.


1. Boie an Friedrich Hahn.

Die Großmuth, mit welcher Ew. Hochwohlgeboren angefangen haben, den ländlichen Dichter zu unterstützen, der unserm Vaterlande so viel Ehre macht, und Sie allein darin als einen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 121 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

thätigen Beschützer und Gönner gefunden hat, macht einen zu großen Eindruck auf mich, als daß ich meinen Dank zurückhalten könnte. In einer Zeit, wo man allenthalben die edelsten Gesinnungen höret und lieset und so selten eine That sieht, die der Menschheit Ehre macht, muß dem, der Gefühl für das, was edel und gut ist, hat, nothwendig das Herz glühen, und daß sie im Stillen geschehen. Es war einer der schönsten Tage meines Lebens, wie mir Herr Thomsen in Ausdrücken der überfließenden Dankbarkeit und des innigsten Gefühles Nachricht von dem Edelmuth gab, mit welchem Ew. Hochwohlgeboren seine dürftigen Umstände so sehr gemildert. Unabhängig, wie Sie wissen, daß ich meiner Lage und meiner Denkungsart nach bin, kann es Ihnen nicht Schmeicheley scheinen, wenn ich Ihnen meine lebhafte Freude über die Handlung und darüber bezeuge, daß ich das Glück habe, den edlen Mann kennen zu lernen, der ihrer fähig gewesen ist. Ich habe sogar nichts von unsrer andern Aussicht mit dem guten Dichter gehört, der, ihn zum Landmesser, wo möglich, zu machen. - - Es wäre doch Schade, wenn ein Genie, wie das seinige, in einer Dorfschule verrosten und unbrauchbar bleiben sollte.

Göttingen, 14. Januar 1773.

H. Boie.     

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


2.
Herder an Friedrich Hahn.

Hier, mein hochgeschätzter Freund, ist mein Buch, bei dem Sie weder Namen noch vielleicht Zweck nennen müssen. Ersteren will ich nicht hergeben, letzteren weiß ich vielleicht selbst nicht. So viel auch selbst gegen das Licht zu sagen wäre, daß und wie mans ausbreitet, so hat sich mein Schriftlein doch nur auf Eine Seite geworfen und gefragt: macht das Licht glücklich? Ich bin äußerst begierig, Ihre, meines Ersten Philosophen, Meinung zu hören. Daß große Gallflecken im Buche sind, will ich nicht läugnen, und wenn bei einem, wünschte ich bei diesem bald eine neue Ausgabe, der Aufhellung und anderer Richtung wegen, die insonderheit das 3te Stück bekommen sollte. Ich bitte Sie nochmals bald, bald um ihre Meinung.

Glücklich angekommen sind Sie doch? Wie stehts mit Ihrer Gesundheit? etc. .- - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 122 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eben an dem Tage, da ich mit Ihnen aß, bekam ich 2 Stunden vor der Mahlzeit Nachrichten, die mich 3 Klafter tief in die Erde schlugen etc. . - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Was ich an die Preisfragen bisher gedacht, ist nicht der Rede werth: den med. terminus aber, der beiden Sätze, die ich, wie Sie, für identisch halte (erkennen und genießen), habe ich bisher noch nicht anders als ein Wesen eines Geistes, und wie ichs hier entwickeln werde, eines eingeschränkten, sich vervollkommnenden Geistes finden können. Mir fehlt, wie ich mündlich sagte, der Gebrauch der höhern Mathematik, in der, wie ich wittre, wenigstens vortreffliche Gleichnisse liegen müssen, in der Philosophie höher zu steigen, - bisher habe ich noch nicht in das Zauberland kommen können, wer weiß auch je. Die Lampe meines Geistes brennt von gar zu nassem Feuer: sie hat immer Oel der Leidenschaft nöthig und das ist so grob und wässrig, - daher denn alles, was ich schreibe und denke, dampft. Ihre Flamme wird und muß reiner brennen: muntern Sie sich ja dazu auf. Wozu genössen Sie, wenn Sie nicht erkennen wollten.

Wärs nicht möglich, daß ich Ihren Bolinbrock bekäme? Sie könnten sich ja immer den andern, wie Sie wollten, verschreiben. Oder sind Sie frauenzimmerlich mit Ihrer Bibliothek, daß Sie keine Lücke wollen? Könnte ich zu Ihnen fließen, Sie und Ihre Bibliothek genießen, für die Plastik dazu die Bibl. Ihres Schwagers! Schon aus meiner ungeselligen Einöde zu entkommen, wäre ein Schatz: alles Uebrige, daß man doch für Etwas da ist, und das was man soll, zu sein und zu werden doch aufs beste streben muß, ungerechnet. - - Gefiels Ihnen, in die älteste Urkunde zu sehen, so halten Sie sich, bitt ich, an den Ersten Theil und ans Register: überschlagen Sie alles, was nicht für Sie ist, und suchen Goldkörner im Sande. Schreiben Sie mir bald und wo möglich mit Bolinbr. Viele Empfehlungen von mir und meiner Fr. an Ihre Frau Gemalin und für Sie guten Segen der Brunnenkur! Leben Sie wohl, liebster Fr.; ich liebe Sie herzlich, ewig.

Bückeb. d. 5. Aug. 774.

Der Ihrige                       
Herder.     

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 123 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3.
Herder an Friedrich Hahn (1774).

Der beste Dank, lieber Theurer, ist stumm, und so sage ich Ihnen auch Dank für Ihre willige, schnelle, stille und edle Güte. Meine Frau ist glücklich mit einem Sohne nieder: ich wünsche Ihrer Gemahlin ein Gleiches: nun solls bald mit dem Reisen gehen und Ihr zufriedener Blick dahin ist mir auch gutes Omen.

"Es muß einen Punkt geben, wo Zeichen, Wort und Bedeutung zusammenfallen", ja Liebster! nach dem Punkt suche ich toll und wild und wieder sorgsam und lechzend, ohne ihn noch recht zu haben. Was Sie mir einst in Pyrmont sprachen, schien mir in Ihrer Seele große Aussicht, die ich aber nicht umfassen konnte; es war für mich, wie aus einem andern Lande. O hätten Sie Herz und Lust, hierin Leibnitz zu werden.

Gott gebe Ihnen viel Gesundheit, Ruhe und Freude, auch für die Freude, die Sie mir recht als Pathengeschenk gaben. Bückeb. den 28. Aug. an meines ältesten Buben Geburtstage.

H.     

Ich schicke Ihnen bald etwas in Palingenesie zu.

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


4.
Herder an Friedrich Hahn.

Hier haben Sie, edler Freund, meine Abhandlung, wie ich sie der Akademie eingesandt und wie sie den Preis nicht bekommen wird, soll und darf. Dazu ist sie selbst zu kurz und vermuthlich wirds ein Franzose, der am 3ten Theil à la Helvetius viel gelabbert hat, erhaschen. Auf den 3ten Theil scheint auch der Concipient (der, in Parenth. zu sagen, nichts von der Frage verstanden zu haben scheint,) meist angesehen, und den bin ich fast übergangen, - ich kann also nichts kriegen.

Aber Ihnen schicke ich doch die Abhandlung, zu sehn, ob ichs troffen? und wenn Sie gearbeitet, schicken Sie mir auch das Ihre. Es ist eine allweite herrliche Frage. Hätte ich die höhere Mathematik inne, so ahndets mich, hätte ich für mein unerschöpfliches Meer vom Hauptgedanken: Sinnlichkeit ist nur Phänomen, Bild, Formel von Gedanken, objectiv und subjectiv betrachtet, vortreffliche Data und Gleichnisse finden müssen. Ich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 124 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

besitze sie aber leider! nicht, nur bin ich noch von meinem Thema, wie La Fontaine vom Buch Baruch so voll, daß ich glaube, die ganze Philosophie ruhet in ihm.

Zeigen und sagen Sie keinem Menschen von der Abhandlung. Es ist Schande für unsrer honnetten Welt, zu laufen und nicht zu siegen. Dank Ihnen für Bollingbrock, edler Mann! Er ist mir ein Denkmal Ihrer Freundschaft und bringe viel Früchte. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen schon gemeldet, daß meine Frau mir den 28. Aug., drei Tage nach meinem Geburtstage, einen braven, muntern, starken Buben gebracht, der von Tage zu Tage an Gottesgabe zunimmt und mein Bild seyn soll. Wenigstens hangt er ganz an mir. Gebe Ihnen Gott auch bald die Freude! die gottähnlichste auf der Erde. - Halten Sie nur hübsch Diät und baden Sie sich und trinken kalt Wasser und vermeiden das warme entnervende Getränk, das Zeug, worin der Teufel unsers falschen ermatteten Jahrhunderts schwimmet.

Meine Abhandlung schicken Sie mir nicht zurück ohne Anmerkungen. Ich bilde mir ein, daß man bei ihr prostabilirte Harmonie und all das Zeug nicht mehr braucht und daß man mit ihr einst wunderbare Aufschlüsse im Geister= und Körperreich thun könne.

Tausendmal umarmt Sie ganz

Der Ihrige                       
Herder.     

Bückeb. d. 24. Dec. 774.

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


5.
Zimmermann an Friedrich Hahn.

Monsieur.

Je ne vous écris pas cette fois en médecin, car je sçai que vous n'aimez pas ces gens là: - et moi non plus.

Mais j'écris à Monsieur de Hahn, le philosophe, l'homme de génie, l'esprit transcendant, dont Mendelssohn m'a dit que pour la force de l'abstraction métaphysique il n'avoit jamais vu son égal. - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 125 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

C'est à vous, Monsieur, de juger d'un ouvrage tel que celui dont je vous presente l'annonce. - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Hannover, 6. Dec. 1774.

J. G. Zimmermann.     

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.


6.
Graf Friedrich Leopold von Stollberg an
Friedrich Hahn.

Meinberg, den 6. July 1779.     

- - - - - - -
- - - - - - -

Ihre Gemahlin sagt, eine der Ursachen, welche Sie abhielten nach Kopenhagen zu kommen, ja die Hauptursache, wäre die Furcht, daß man suchen würde, Sie zu nöthigen, in würckliche Dienste des Königs zu treten. Ich kann Ihnen mit Gewißheit sagen, daß Sie das nun nicht zu fürchten haben. Zum wenigsten wird man nicht in Sie dringen; was man Ihnen vielleicht von der Art sagen würde, wäre nichts als Compliment. Der Graf Bernstorff wird der einzige sein, welcher wünschen wird, Sie in Diensten zu sehen, aber ich stehe Ihnen dafür, daß er, Ihren Wunsch frey zu bleiben wissend, Ihnen keinen Antrag thun wird. Der Hof ist lange gewohnt, Leuten, welche Ihre moralischen Antipoden sind, seine Dienste anzutragen, fürchten Sie nichts!

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

Mein Bruder wünscht sehr das Glück Ihrer Bekanntschaft, und Sie wissen, hoffe ich, wie viel Ihr Umgang zum Glück meines Lebens beitragen würde.

F. L. Graf zu Stolberg.     

Original im gräflich=hahnschen Archive zu Neuhaus.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 126 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IX.

Stammbuch

der Herzogin Anna von Meklenburg,

mitgetheilt

von Dr. L. Gollmert zu Berlin.


W enige Tage, nachdem hieselbst ein Aufsatz 1 ) über Stammbücher und Rebus erschienen war, in welchem neben einer lehrreichen Besprechung dieser Gegenstände nach den verschiedensten Seiten hin auch eine Reihe von auserwählten Stammbuchversen und Rebus dargeboten wird, tauchte im hiesigen königlichen Geheimen=Staats= und Cabinets=Archive bei Gelegenheit der archivalischen Bearbeitung des sogenannten Croy'schen Nachlasses ein Büchelchen auf, das Stammbuch 2 ) einer meklenburgischen Herzogin, welches denen, die überhaupt nicht nur von den im Gebiete des Staates, der Wissenschaft oder der Kunst auf das Wohl und Wehe der Menschheit Einfluß übenden Begebenheiten früherer Jahrhunderte, sondern auch von den stilleren Regungen des menschlichen Herzens, von Denkmälern christlicher Freundschaft und Liebe regere Kenntniß nehmen, als ein nicht unwillkommener Beitrag zu der oben gedachten Festschrift erscheinen dürfte, um so mehr, da in der letzteren nur ein einziger Denkspruch von denen, welche in dem vorgefundenen Stammbuche verzeichnet stehen, nämlich der vom Markgrafen Johann Sigismund eingeschriebene (Nr. VII), sich abgedruckt findet.


1) Der vollständige Titel lautet: (G. Friedländer) Von Stammbüchern und Rebus. - Berlin, Hertz, 1855. 8°.
2) Dasselbe ist nunmehr mit sauberem Einbande versehen und unter die Handschriften des Archivs sub Nr. 253 aufgenommen worden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 127 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zugleich kann dem Büchlein auch an und für sich eine historische Bedeutung nicht ganz abgesprochen werden, insofern es einmal (in seinem Eingange) von dem Verlaufe der letzten Lebenstage und dem in Gott beschlossenen Ende eines der bedeutendsten Fürsten seines Stammes, des Herzogs Ulrich von Meklenburg, eine umständliche Darstellung giebt, dann aber auch in die weitverzweigten freundschaftlichen und Verwandtschaftlichen Beziehungen, in welchen die Besitzerin des Büchleins und überhaupt der meklenburgische Hof um das Jahr 1600 zu den gleichzeitigen europäischen Fürstenhäusern gestanden, wenigstens einen Einblick thun läßt.

Auch in Absicht auf Autographa sei erwähnt, daß von mehr als funfzig fürstlichen Personen der genannten Zeit, die zum Theil nicht nur demselben Hause, sondern auch derselben Familie angehörten, die eigenhändigen Schriftzüge gleichwie in einer Sammlung sich hier vereinigt finden.

Schließlich mag noch erwogen werden, daß es allein durch Zusammenstellung einer möglichst großen Zahl von Wahl= und Denksprüchen mehr und mehr gelingen wird, alle diejenigen unter diesen zu enträthseln, deren Inhalt durch die Anfangsbuchstaben der einzelnen diesem entsprechenden Worte nur angedeutet erscheint, - dann nämlich, wenn etwa dieselbe Sentenz, welche an dem einen Orte auf die erwähnte Art nur angedeutet worden, an einem anderen sich vollständig ausgeschrieben vorfinden sollte.

Möge von diesen Gesichtspunkten aus dem im Nachfolgenden näher zu beschreibenden Stammbüchlein einige Aufmerksamkeit und Theilnahme nicht versagt werden.


Das in Rede stehende Stammbuch besteht aus neun Blättern in kleinem Quartformat, welche zwar mehr oder minder vergilbt, sonst aber wohl erhalten und mit einem Goldschnitt versehen sind. Auf einem zehnten, den übrigen vorgehefteten und durch die Beschaffenheit des Papiers, sowie durch das Fehlen des Goldschnittes von ihnen unterschiedenen Blatte steht folgende Notiz:

"Etzliche Bletter auß einem alten Furstl. Bethebuch so die hochsehl. Hertzogin zu Grabow im Gebrauch gehabt. Darin Unterschietliche Furstl. Persohnen zum Gedechtnuß geschrieben worbey vorne des Hertzogen Ulrichs zu Meckelnburg F. G. tödtlicher abgangk Anno 1603 beschrieben".

Für die Annahme (die ich wegen der nächstdem zu lösenden Frage gern festhalten möchte), daß wir in den vorliegenden neun

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 128 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Blättern Alles besitzen, was derartiges dem Gebetbuche der Herzogin beigeheftet gewesen, läßt sich aus der gegebenen Notiz freilich weder eine Bestätigung, noch eine Widerlegung entnehmen, doch möchte vielleicht der Umstand für die Vollzähligkeit der Blätter sprechen, daß gerade die der Zeit nach jüngsten, zuletzt eingeschriebenen Denksprüche (nämlich fünf Sprüche aus dem Jahre 1625) gleich auf der Rückseite des ersten jene Beschreibung von dem Heimgange des Herzogs Ulrichs enthaltenden Blattes und zwar in einer den gegebenen Raum durch Enge der Schrift möglichst sparsam benutzenden Weise gefunden werden, wie wenn man nur darum hierher seine Zuflucht genommen hätte, weil das Schlußblatt mit Versen angefüllt war.

Eine andere Frage ist die: Wer war die hochselige Herzogin zu Grabow, in deren Händen sich das alte fürstliche Gebetbuch befand, und der ohne Zweifel die beigeschlossenen Denksprüche gewidmet waren?

Es scheint, als sollte sich bis zu einer an Gewißheit grenzenden Wahrscheinlichkeit nachweisen lassen, daß nur an Anna, des Herzogs Philipp I. zu Pommern=Wolgast jüngste Tochter (geb. den 18. Sept. 1554) und seit dem 9. Dec. 1588 (zweite) Gemahlin des Herzogs Ulrich von Meklenburg, gedacht werden könne.

Um zunächst von der in obiger Notiz enthaltenen Angabe Gebrauch zu machen, so gehörte das Schloß zu Grabow (in dem zu Meklenburg gehörenden Fürstenthum Wenden an der Elbe belegen) zu den Gütern, welche für die hinterlassenen Wittwen der meklenburgischen Herzöge zum Leibgedinge bestimmt waren 3 ). Es kann daher unter einer (ausschließlich so bezeichneten) "Herzogin zu Grabow" füglich nur eine verwittwete Herzogin verstanden werden, und zwar muß diese mindestens bis zum Jahre 1625, bis zu welchem die Stammbuchverse hinabreichen, am Leben gewesen sein. Solcher Herzoginnen nun gab es nur zwei: Sophie, die Gemahlin des Herzogs Johann IV., verwittwet seit dem 22. März 1592, gestorben 1634, und Anna, die Gemahlin des Herzogs Ulrich, verwittwet seit dem 14. März 1603, gestorben am 10. Sept. 1626. Unter diesen aber steht es in Betreff der ersteren nicht allein historisch fest, daß sie nach dem Tode ihres Gemahls den im Jahre vorher erledigten Wittwensitz Lübz bezogen 4 ), sondern - was jeden Zweifel in dieser Beziehung heben muß - auch ihr Name und Denkspruch


3) Vgl. A. F. Büsching, Neue Erdbeschreibung, Th. III, Bd. 3, S. 375.
4) Vgl. v. Lützow, Versuch einer pragmatischen Geschichte von Mecklenburg, Th. III, S. 135 und 148.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 129 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

findet sich unter den in dem Stammbuche verzeichneten (Nr. XIX). Somit kann wohl nur Ulrich's Gemahlin Anna im Besitze jenes Büchleins gewesen sein, - eine Behauptung, die dadurch noch mehr an Halt gewinnen muß, (wobei ich freilich jene früher geäußerte Annahme, als hätten wir das ganze Stammbuch der Herzogin vor uns, als richtig voraussetze,) daß die Jahre 1596 bis 1625, in welchen die Denksprüche verzeichnet worden sind, ziemlich genau mit der Zeit ihres Todes, mit ihrem vorletzten Lebensjahre abschließen.

Zu diesem ersten aus der Aufschrift des Stammbuches hergeleiteten Beweggrunde, dasselbe der Herzogin Anna zuzuschreiben, gesellen sich aber noch manche andere, zu welchen die Beschaffenheit des Büchleins selber hinführt. Denn

zweitens konnte es Niemandem mehr Bedürfniß sein, ein Gedenkblatt an den verstorbenen Herzog Ulrich, und zwar gerade in Bezug auf die letzten, in das Glück des ehelichen Umganges bei Fürsten und Niederen gleich tief eingreifenden, dem Familienkreise allein zugehörigen Lebensumstände, wie ein solches den übrigen Erinnerungsblättern vorausgeht, seinem Gebet= und Stammbüchlein anzuschließen, als der hinterbliebenen Wittwe desselben, der Herzogin Anna.

Drittens fällt die verhältnißmäßig größte Zahl der Einschriften (nämlich zehn, von denen die fünf ersteren von brandenburgischen, die fünf letzteren von einheimischen Fürsten und Fürstinnen herrühren,) gerade in das Jahr 1603, das Todesjahr des Herzogs Ulrich, so daß die Vermuthung nahe liegt, eben dieser Todesfall habe die Verwandten zusammengeführt, und es habe gerade darin mehr als jemals für diese eine Veranlassung gelegen, der trauernden Wittwe ein Blättchen der Erinnerung zu weihen.

Viertens darf nicht übersehen werden, daß einzig und allein der (nur durch Buchstaben angedeutete) Denkspruch des Herzogs Ulrich selbst (Nr. XL) nicht eingeschrieben, sondern eingeklebt ist. Es gewinnt hiernach den Anschein, als wäre derselbe, obgleich den Jahren nach der früheste (von 1596), dennoch erst nach dem Tode Ulrich's von der Herzogin als ein die Stelle seiner eigenhändigen Einschrift vertretendes Denkmal von anderswoher entnommen und den übrigen Denksprüchen zugesellt worden, während bei Lebzeiten des Gemahls der Gemahlin ein solches vermittelndes Erinnerungszeichen erklärlicher Weise wohl entbehrlich scheinen mochte.

Endlich fünftens findet der sonst auffällige Umstand, daß unter den vielen dem meklenburgischen Hause näher oder entfernter stehenden Personen, welche in das Stammbuch sich eingeschrieben, gerade der Name der Herzogin Anna vermißt wird,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 130 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ein Name, der neben dem des Landesfürsten, ihres Gemahls, vor Allem der Inhaberin des Büchleins hätte willkommen sein, um dessen Einschrift als eine Ehrenerzeigung sie vorzugsweise hätte nachsuchen müssen, - nur darin seine Erklärung, daß sie selber es war, die durch Vereinigung eines Stammbuches mit ihrem Gebetbuche in den Stunden frommer Andacht zugleich dem Kreise ihrer Lieben, der abgeschiedenen wie der lebenden, ein stilles Andenken weihen wollte.

Nach diesen Bemerkungen, welche vielleicht nöthig waren, um bei einem Einblick in das Büchlein nicht bloß vereinzelte Sprüche und Namen vor sich zu sehen, sondern einen historisch feststehenden Mittelpunkt zu gewinnen, von dem aus betrachtet nun die Einzelnen zu einer großen Familie zusammentreten, und welchem gegenüber sie ihrem gemeinsamen Gefühle liebender Zuneigung, wiewohl Jeder nach seiner Eigenthümlichkeit, Ausdruck verleihen: möge zunächst noch ein alphabetisch nach Fürstenhäusern und innerhalb derselben nach Familien zusammengestelltes Verzeichniß zur Erleichterung der Uebersicht über die Personen, welche - natürlich ohne Rücksicht auf genealogische oder chronologische Anordnung - in das Stammbüchlein sich eingetragen haben, und deren Autographa wir somit vor uns sehen, den Denksprüchen selber vorausgeschickt werden 5 ).

Stammbuch

5) Hiebei schien es der genealogischen Vollständigkeit halber angemessen, der zur Zeit ihrer Einschrift vermählt gewesenen Fürstinnen nicht nur bei dem eigenen Stammhause, sonder (in parenthesi) auch bei dem des jedesmal betreffenden Gemahls Erwähnung zu thun.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 131 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Stammbuch
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 132 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Stammbuch

 


Das nunmehr folgende Stammbuch ist, - abgesehen von der Auflösung mancher Abkürzungen, deren Nachbildung zum Theil mit Schwierigkeiten verbunden gewesen sein würde, wie unter anderen die des in sehr verschiedenen Formen wiederkehrenden

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 133 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"manu propria", und abgesehen von der Auslassung bedeutungsloser Verzierungen, - dem Originale getreu nachgeschrieben worden.


S. 1.

A nno 1603 den 9 Februarij ist der Dürchleüchtiger Hochgeborner Fürst vnnd Herr, Herr Vlrich 6 ), Hertzog züe Meckelnbürgk etc. . etwaß schwach geworden, vnnd mit einem Hüesten vnnd Fieber befallen, welche schwacheit S. F. G. Deromassen zügesetzet, daß dieselbe den 26 desselben Monatß züe Bette sich leggen müssen, Folgenden tag war der Sontag Sexagesima hat die Schwacheit sich gahr sehr gemehret, vnnd haben S. F. G. den Montag wahr der leste Februarij sich mit dem lieben Godt vereiniget, vnnd mit grosser hertzlicher Andacht daß Heilige Abendtmahl deß Herrn empfangen, Hernach hat diese Kranckheitt immer von tage zügenommen, in welcher doch S. F. G. dem lieben Godt, vff denselben S. F. G. Ihre vertrawen mit grosser bestendigkeitt vestiglich gesetzett, mit gedült aüßgewartet, Vnnd ist entlich den 14 Martij deß Morgenß ein Viertel vor 4 Vhren, nach Gotteß Vnwandelbahrem willen dieser Hochlobliche, Fromme, Gottselige vnnd Christliche Fürst, in Christo dem Herrn, deme S. F. G. vor erst deroselben Seele getreülich befohlen, fein sanfft eingeschlaffen, Dero Seelen Godt gnedig sein wolle.


S. 2.

I.

16 HA 6a ) 25 6b ).

Famam virtutis mors abolere nequit.
Elisabet 7 ) Herzogin zu Mecklenburgk geborne LandgreVin
zu Hessen,
E. L. Demütige gehorsame Dochter vndt Dienerin
bis in mein todt.


6) Des Herzogs Albrecht VI. (zweiter) (Sohn, geb. 22. April 1528.
6a) H. A., d. i. Hans Albrecht, Gemahl der Herzogin.

NB. Für den bei weitem größten Theil der den Zahlzeichen eingereiheten Buchstaben läßt sich auf ähnliche Weite die Deutung finden und ist solche an den betreffenden Stellen beigefügt worden.

6b) Die Anfangsbustaben der Namen, welche verschlungen sind, stehen alle unter einem Bogen Bogen und sind in ihrer Folge aufgelöst worden.     D. Red.
7) Des Landgrafen Moritz von Hessen (älteste) Tochter, geb. 24. März 1596, seit dem 25. März 1618 (zweite) Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow, † 16. Dec. 1625.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 134 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

II.

1625.

Dieu ne delaisse jamais les siens,
Eleonora Maria 8 ) fzAnhalt etc. .
E. G. Demütigste gehorsame Dochter vndt Dienerin allezeit.

III.

1625.

En Dieu mon esperançe.
Sophia Elisabeth 9 ) Freulein zu Meckelnburg,
E. G. demüthige gehorsame dochter und dienerin so lang
ich lebe.

IV.

1625.

Tout auec Dieu.

Christina Margretta 10 ) Freuelein zu Mekelnburgk
E. G. demutige gehorsame dochter vnd dienerin bis in todt.

V.

16 HVM 10a ) 25.

A dieu complaire à tous seruir
jamais mal faire cèst mon desir.

Marguerithe 11 ) grevin zu Stolberg geborne grevin zu Solms.
E. F. G. allerdemütigste vndt gehorsambe Dienerin.


8) Des Fürsten Christian I. von Anhalt=Bernburg (zweite) Tochter, geb. 7. August 1600, seit dem 7. Mai 1626 (dritte) Gemahlin des Herzogs Joann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow, † 2. Julii 1657.
9) Des Herzogs Johann Albrecht II. von Meklenburg=Güstrow (älteste) Tochter, geb. 20. August 1613, seit dem 13. Julii 1635 Gemahlin des Herzogs August von Braunschweig=Wolfenbüttel, † 12. Aug. 1676.
10) Eine (rechte) Schwester der vorigen, geb. 9. März 1615, vermählt 1) mit dem Herzog Franz Albert von Lauenburg seit 1640; 2) mit dem Herzog Christian von Schwerin seit dem 6. Julii 1650, † 16. August 1666.
10a) H. V., d. i. Heinrich Vollrath, Gemahl der Gräfin Margarethe.
11) Des Grafen Albert Otto zu Solms=Laubach (älteste) Tochter, geb. 1604, seit 1623 (zweite) Gemahlin des Grafen Heinrch Vollrath zu Stolberg, † 1648.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 135 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

S. 3.

VI.

gnade dir got in ewigkeit. 12 )

1. 6. HG 12a ) 0.3.

HR . M . D . D . HG 13 ).

(Herr regiere mich durch deinen Heiligen Geist) 14 ).

ELisabeth 15 ) Marggreffin vndt Churfurstin zu Brandenburg etc. . Witwe, Geborne Furstin zu Anhalt etc. .       Manu propria.

D. L. Getreue dienstwillige Muhm, vndt bestendige schwester, Leb vndt sterb Ich etc. .


12) Diese Worte, welche in einer abgekürsten Form: "Gnade dir Gott" noch fünf Mal wiederkehren (vergl. Nr. XIV, XVII, XXV, XXVI, XXXVIII), rühren in keinem dieser Fälle von der Hand dessen her, der den darunter stehenden Denkspruch eingetragen, sondern sind zweifellos allesammt von einer einzigen fremden Hand beigefügt worden. Aus dem Sinne nun, den jene Worte in Bezug auf den zugehörigen Stammbuchvers allein haben können, wornach sie als ein Nachruf an den abgeschiebenen Einschreiber desselben erscheinen müssen, sowie aus dem Umstande, daß keiner von denen, welchen ein solcher Nachruf zu Theil geworden, die Inhaberin des Büchleins überlebt hat, möchte mit Sicherheit gesschlossen werden können, daß wir an den bezeichneten Orten die Handschrift der Herzogin Anna selber vor uns haben (vgl. Anmerkung zu XXVI).
12a) H. G., d. i. Hans Georg, Gemahl der Markgräfin.
13) Es wird, wie schon oben S. 133 bemerkt worden, im Allgemeinen nur dann erst möglich werden, den vielfach vorkommenden, allein durch Buchstaben verzeichneten Sentenzen ihren eigentlichen Wortlaut mit einem gewissen Grade von Zuverlässigkeit unterzulegen, wenn sich von derselben Person, von der wir sehen, daß sie einer derartigen Sentenz sich bedient hat, gleichzeitig der Gebrauch eines jenen Buchstaben vollkommen entsprechenden Wahlspruch nachweisen läßt. Im vorliegenden Stammbuche konnte dies nur bei zweien geschehen (Nr. XL und XLI). Wenn ich daher gleichwohl, auf Analogien gestützt bei dem größten Theile dieser Art von Denksprüchen eine Auflösung versucht habe, so soll eine solche natürlich auf Gewißheit gar keinen, auf Wahrscheinlichkeit nur einen höchst geringen Anspruch machen.
14) Vgl. in Nr. XLVII den Wahlspruch der Markgräfin Agnes.
15) Des Fürsten Joachim Ernst von Anhalt (dritte) Tochter, geb. 25. Sept. 1563, seit dem 16. Oct 1577 (dritte) Gemahlin des Churfürsten Johann Georg von Brandenburg, verwittwet seit dem 8. Jan. 1598, † 26. Sept. 1605.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 136 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

VII.

16 HSA 15a ) 04.

I S T D

(Initium sapientiae timor dei) 16 ).
Pro Lege & Pro Grege 17 ).

Hannß Sigismundt 18 ) Marggraff zu Brandenburgk    In Preußen etc. . Hertzogk.

Manu propria.     

VIII.

1. 6. HS 18a ) 0. 4.

Gottes Wort Mein Hort.

Anna 19 ) geborne vnnd vermehl(te) Marggreffin zu Brandenburg. In Preußen Hertzogin.

manu propria.     

S. 4.

IX.

1. 6. 0. 3.

Mein thun Vnd leben
Ist Gott ergeben.
Georg Albrecht 20 ) Marggraff zu Brandenburgk.

m. p.     

E. L. Getrewer dienstwilliger Freund vnd Pate die Zeit meines Lebens.

X.

1. 6. 0. 3.

Allein In Gott mein vertrawen.
Sigismundt 21 ) Marggraff zu Brandenburgk etc. .

m. p.     

E. L. Getrewer vnd dienstwilliger freundt dieweil ich lebe.

15a) H. S. A., d. i. Hans Sigismund (und) Anna, vgl. Nr. VIII.
16) Walhspruch des Churprinzen Carl Ämil; vgl. Elias Geisler, disputatio de Symbolis, von Denk= oder Leibsprüchen, Lips. 1674. p. 15.
17) Denselben Wahlspruch hatte auch Alphons von Castilien und Leon, vgl. Geißler a. a. O., p. 21.
18) Des Churfürsten Joachim Friedrich (ältester) Sohn, geb. 8. Nov. 1572, wurde Churfürst den 18. Julii 1608, † 23. Dec. 1619.
18a) H. S., d. i. Hans Sigismund; vgl. Nr. VII.
19) Des Herzogs Albert Friedrich von Preußen (älteste) Tochter, geb. 3. Julii 1576, seit dem 30. Oct. 1594 Gemahlin des Vorigen, † 30. Mai 1625.
20) Des Churfürsten Johann Georg und der Elisabet (vierter) Sohn (vgl. Anmerk. 15), geb. 19. Nov. 1591, † 19. Nov. 1615.
21) (Rechter) Bruder des Vorigen, geb. 20. Nov. 1592, † 20. April 1640.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 137 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XI.

1. 6. 0. 3.

A N G W

(Alles nach Gottes Willen) 22 ).
Frewlein Elisabeth Sophia 23 ) Marggreffin zu Brandenburgk.

M. p.     

E. L. getrewe Muhme weil ich lebe.

XII.

1. 6. 0. 3.

I. H. G. I. G. G.

(Ich hab's gestalt in Gottes Gewalt) 24 ).
Frewlein Dorothea Sibylla 25 ). Marggräffin zue Brandenburgk.

M. p.     

E. L. getrewe Muhme weil ich lebe.

S. 5.

XIII.

1 6  †  0 1

treuw ist wilttbrett aber gott verlest die seinen nicht.
Sophia 26 ) konigin tzu Denemarken, wittwe
e l getreuwe tochter weil ich lebe.

Es komett alles von gott, glück vnd unglücke, armutt vnd reichthum, das lebende und der thutt.


22) Wahlspruch der Herzogin Elisabeth von Meklenburg; vgl. Geißler a. a. O., p. 24.
23) (Rechte) Schwester der beiden Vorigen, geb. 4. Julii 1589, vermählt 1) mit dem Fürsten Janus I., Herzog von Radziwill=Birga seit dem 27. Junii 1613, 2) mit Julius Heinrich, Herzog von Lauenburg, seit dem 27. Febr. 1628, † 24. Dec. 1629.
24) Des Churfürsten Johann Friedrich I. von Sachsen Wahlspruch war: "Ich hab's gestalt ins Herrn Gewalt"; vgl. Geißler p. 10.
25) (Rechte) Schwester der drei Vorigen, geb. 19. Oct. 1590, seit dem 12. Dec. 1610 Gemahlin des Herzogs Johann Christian zu Brieg und Liegnitz, † 8. März 1625.
26) Des Herzogs Ulrich von Meklenburg Tochter (aus erster Ehe), geb. 1557, seit dem 20. Junii 1572 Gemahlin des Königs Friedrich II. von Dänemark, verwittwet seit dem 4, April 1588, † 4. Oct. 1631.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 138 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XIV.

gnade dir got

1. 6. HG 26a ) 0. 1.

R. M. H. D. D. H. G.

(Regiere mich Herr durch deinen heiligen Geist.) 27 )
Anna Katharinna 28 ). Konnigin zu Dennemarcken. m. p.
E. L. gedrewe dochder weil ich lewe.

XV.

1601.

G. W. W. S. N. S. W.

Hedwig 29 ) . Freulein . zu . Dannemarck.
E. L. getreue tochter die weil Ich Le(be).

XVI.

Ohne Jahr (zwischen 1604 und 1606) 30 ).

W. G. V. D. H. W. G.

(Wer Gott vertraut, der hat wohl gebaut.) 31 )
E. L. allezeit gettrewe schwester Elisabett 32 ) Hertzog (in) zu
Braunschweig vnd Lüneburg mein eigen Hand.

S. 6.

XVII.

gnade dir got
1 5   CM 32a )  9 8.
I.  L.          V.  S.
B.   I.           D.  H.
Sigismundus Augustus 33 ) H. z. Meckelnburgk.


26a) C. A., d, i. Christian (IV., Gemahl der Königin, und) Anna.
27) Vgl. den Denkspruch in Nr. XLVII.
28) Des Churfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg (älteste) Tochter, geb. 26. Junii 1575, seit dem 27. Nov. 1597 Gemahlin des Königs Christian IV. von Dänemark, † 29. März 1612.
29) Des Königs Friedrich II. von Dänemark (vierte) Tochter, geb. 1581, seit dem 12. (Sept. 1602 Gemahlin des Churfürsten Christian II. von Sachsen, † 26. Nov. 1641.
30) Elisabeth wurde 1604 Herzogin von Braunschweig, ihr Gem. † 1606, zur Zeit ihrer Einschrift aber war sie noch nicht verwittwet, folglich fällt die Einschrift selber innerhalb der Jahre 1604 - 1606.
31) Vgl. den Denkspruch in Nr. XLIX. - Desselben Wahlspruchs bediente sich auch Philipp von Baden und Ernst Ludwig von Pommern=Wolgast. Vgl. Geißler p. 14 und 27.
32) Des Herzogs Julius von Braunschweig=Wolfenbüttel (dritte) Tochter, geb. 1567, vermählt 1) mit Adolph, Grafen von Schaumburg, 2) mit Christoph, Herzog von Braunschweig seit 1604; † 24. Oct 1618.
32a) C. M., d. i. Clara Maria, des Herzogs Gemahlin.
33) Des Herzogs Johann Albrecht I. (dritter) Sohn geb. 1560, † 5. Sept. 1603.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 139 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XVIII.

1 6 S † A 33a ) 0 3.

A. G. SIA. G.

(An Gottes Segen ist Alles gelegen.) 34 )

Clara Maria 35 ) geborne zu Stettin pommern Hertzogine zu Meckellinborg wittwe.

E. L. gtreue dinstwillige Muhme vnd dochtter die weyl ich lebe.

S. 7.

XIX.

1. 6. † 0. 3.

H. C. Z. S. E.

(Hilf Christe zum seligen Ende).
Sophia 36 ) Geborn zu Schleßwig Holstein.
Hertzogin zu Meckelnburgk. wittwe.
Dein Getrewe schwester. weil ich lebe.

XX.

1603.

A. n. G. W.

(Alles nach Gottes Willen.) 37 )
Anna Sophia 38 ) frewlein zue Mechelnburgk etc. .

XXI.

1. 6. 0. 3.

Deum curo et populum.

Adolphus Friedricus 39 ) Dux Megapolitanus etc. .

XXII.

1. 6. † 0. 3.

Deum colo reliqua delibero.

Joannes Albertus 40 ) Dux Megapolitanus etc. .


33a) S. A., d. i. Sigismund August, Gemahl der Herzogin.
34) Vgl. den Denkspruch in Nr. XLV.
35) Des Herzogs Bogislav XIII. von Pommern=Barth (älteste) Tochter, geb. 11. Julii 1574, seit 1593 Gemahlin des Vorigen, verwittwet seit dem 5. Sept. 1603 (bis 1607), † 19. Febr. 1623.
36) Des Herzogs Adolph von Holstein=Gottorp (älteste) Tochter, geb. 13. Mai 1569, seit dem 17. Febr. 1588 Gemahlin des Herzogs Johann IV. von Meklenburg, verwittwet seit dem 22. März 1592, † 1634.
37) Vgl. Anmerk. 22.
38) Des Herzogs Johann IV. Tochter, geb. 19. Sept. 1592, † unvermählt den 11. Febr. 1648.
39) Bruder der Vorigen, geb. 15. Dec. 1588, † 27. Febr. 1658.
40) Bruder der beiden Vorigen, geb. 6. Mai 1590 † 23. April 1636.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 140 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

S. 8.

XXIII.

15 † R E † 98.

Was . Gott . Will. 40a )

Hansfridrich 41 ) HzSPom etc. . (E. L. getrewer Bruder
dweil ich lebe 17 Februarii.
Frantzburgk.
S.

XXIV.

1. 5. HF . 41a ) 9. 8.

H. F. Z. SP

Eerdtmud 42 ) Hirzogin zu Stittin Pamirn Giborn Aus Curfurstlichin Stami Brandinburck. m. p.
E. L. Alliziid gitriwi schwistir vnd F. Muttir ziid minis libinst.

XXV.

gnade dir got

1. 5 † 9. 8

M. H. Z. G

(Meine Hoffnung zu Gott). 43 )
Kahtrina Vrsula 44 ) gebornes Frewlein zu sachsen meine Handt.

XXVI.

gnade dir gott

1 5. Clara 45 ) 9 8

Des zeitlichen Lebens Ausganck.
Ist des Ewigen ein Anfanck.


40a) Ein anderer Wahlspruch desselben war: "Omnia Sperando fero, nec despero Ferendo", Vgl. Geißler, p. 27.
41) Bruder der Herzogin Anna von Meklenburg, geb. 27. August 1542, † 9. Febr 1600.
41a) H. F., d. i. Hans Friedrich, vgl. Nr. XXIII.
42) Des Churfürsten Johann Georg von Brandenburg (älteste) Tochter, geb. 26. Junii 1561, Gemahlin des Vorigen seit dem 17. Febr. 1577, † 13. Nov. 1623.
43) Wahlspruch des Landgrafen Philipp II. von Hessen; vgl. Geißler, p. 20.
44) Des Herzogs Franz II. von Sachsen=Lauenburg (zweite) Tochter, geb. 18. April 1579, † 18. April 1611.
45) Des Herzogs (erste, im J. 1598 verstorbene) Gemahlin.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 141 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Zeit ist kurtz, der Tott ist schnell
Ein Jeder lebe, wie er Sterben will.
J E S V S.
H : M : M : G
Bugslaff. 46 ) H. z. SPom.

S. 9.

XXVII.

16 HI 46a ) 0 6

A. N. G. W.

(Alles nach Gottes Willen.) 47 )

Elisabeth 48 ) geboren aus koniglichenn stamme zu dennemarcken Hertzogin zu braunschwig vnd luneburg EL allezeit getrewe vnd gehorsam tochter weil ich lebe.

XXVIII.

1. 6. 0. 6.

G. † . M. Z. W. A. V.

freuwlein Hedwig 49 ) Hertzoin zu braunschwig vndt luneburgk E L allezeit getrew vndt deinstwillig muhme.

XXIX.

1. 6. 0. 6.

A. V. E. 50 )

Sophia Hedwig 51 ) gebornes frewlein zu Braunschwig vnd luneburgk E. l. alle zeit getrewe vnd gehorsam tochter dieweil ich lebe.


46) Bogislav XIII., Bruder der Herzogin Anna von Meklenburg, geb. 9. August 1544, † 7. März 1606.

An Bogislav XIV., geb. 1580 † 1637, habe ich hier deshalb nicht gedacht, weil 1. die obige Einschrift "Clara" mehr für Bogislav XIII. spricht, 2. die Ueberschrift "Gnade dir Gott", wie oben Anmerk. 12 gezeigt worden, sonst überall nur auf Personen sich bezieht, die vor der Herzogin Anna von Meklenburg, d. h. spätestens 1626, gestorben sind.)

46a) H. I., d. h. Heinrich Julius Gemahl der Herzogin.
47) Vgl. Anmerk. 22.
48) Des Königs Friedrich II. von Dänemark (älteste) Tochter, geb. 1573, seit 1590 (zweite) Gemahlin des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig, † 19. Julii 1625.
49) Des Grafen Enno II. von Ostfriesland (älteste) Tochter, seit 8. Nov. 1562 (zweite) Gemahlin des Herzogs Otto des Jüngeren von Lüneburg=Harburg, † 8. Nov. 1562.
50) Etwa: "Alles von Einem" (?). - Denselben Sinn mit ähnlichen Worten enthält der Wahlspruch Christian's IV. von Dänemark: "Alles von Gott". Vgl. Geißler, p. 17.
51) Des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig=Wolfenbüttel (zweite) Tochter, geb. 20. Febr. 1592, seit dem 8. Junii 1607 Gemahlin des Grafen Ernst Casimir von Nassau=Dietz, † 1642.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 142 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XXX.

1 : 6 : 1 : 2 :

Ach godt hilf mihr ist es dein wille.
E: g: gehorsamer Sohn vnd diener weil ich lebe.
Frantz Julius 52 ) HzSachssen.

S. 10.

XXXI.

1 6 EMF 52a ) 0 8

Virtute et Constantia.
Fridericus 53 ) Curl. et Semgall: Dux manu pr.

XXXII.

1 6 F 53a ) 0 8.

M. H. S. Z. G.

(Meine Hoffnung sei zu Gott.) 54 )

Elisabeth Magdalenna 55 ) geborne Hertzogin zu Stettin pommer Hertzogin zu Curlandt. E. L. gehorsame treuw deinstwilige Muhme vnndt Tocher weill ich das lebentt habe.

S. 11

XXXIII.

1. 5. BC 9 8

Christo et Reip.

Philipp 56 ) HzS Pom.

XXXIV.

1. 5. BC 9 8.

GS:MR:OM

E. L. allezeit getreuwer lieber Vetter weihl ich lebe.
Frantz 57 ) Hertzogk zu Stettin Pommern etc. mein eigen hand.


52) Des Herzog Franz II. von Sachsen=Lauenburg (vierter) Sohn, geb.14. (Sept. 1584, † 16. Oct 1634.
52a) E. M. (F ?), d. i. Elisabeth Magdalena, des Herzogs Gemahlin (und Friedrich ?).
53) Des (letzten Herrmeisters der Kreuzritter in Liefland) Herzogs Gotthard Kettler (ältester) Sohn, geb. c. 1569, † 1639.
53a) F., d. i. Friedrich, vgl. Nr. XXXI.
54) Vgl. den Denkspruch in Nr. XXV und XLVIII.
55) Des Herzogs Ernst Ludwig von Pommern=Wolgast (zweite) Tochter, geb. 14. Junii 1580, seit dem 14. März 1600 Gemahlin des Vorigen, † 1610.
56) Philipp II., des Herzogs Bogislav XIII. (ältester) Sohn, geb. 28. Julii 1573, † 3. Febr. 1618.
57) Des Vorigen Bruder, geb. 24. März 1577, † 27. Nov. 1620.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 143 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XXXV.

1 6 AIME 0 2.

L'Astre que domine mon Juir. (jour)
Ma fect serf de Mars et d'amour.
(m'a fait etc.)

Vlrich 58 ) Erbe zu Norwegen Hertzog zu Sleßwigk Holstein etc. .

m. p.     

XXXVI.

1604.

Ich habe noch nie gesehen den gerechten vorlassen oder seinen
samen nach brott gehen.

Christian Wilhelm 59 ) Ertzbischopff zu Magdeburg. M. z. B. (Markgraf zu Brandenburg.) m. p.

XXXVII.

Ohne Jahr (1604?)

Las Gott walten.

Friderich 60 ) M. z. B. (Markgraf zu Brandenburg). m. p.

S. 12.

XXXVIII.

1 6 † 0 1.

gnade dir got.

Virtute decet non genere niti.

Johannes 61 ) Haeres Noruegiae Dux Slesuici Holsatiae. m. p.

XXXIX.

1 6 0 1.

Vicit post funera virtus.
bone parole e triste fatte
inganna i savij e le matte.

JFriderich 62 ) E B zu B HzSholstein (Johann Friedrich, Erzbischof zu Bremen, Herzog zu Schleswig=Holstein). m. p.


58) Des Königs Friedrich II. von Dänemark und Norwegen (zweiter) Sohn, geb. 1578, † 27. März 1624.
59) Des Churfürsten Joachim Friedrich von Brandenburg (siebenter) Sohn, geb. 28. August 1587, seit 1598 Erzbischof zu Magdeburg, † 1. Januar 1665.
60) Des Churfürsten Johann Georg von Brandenburg (sechster) Sohn, geb. 22. März 1588, † 19. Mai 1611.
61) Des Königs Christian III. von Dänemark und Norwegen (jüngster) Sohn, Stammvater des Hauses Holstein=Sonderburg, geb, 25. März 1545, † 9. Nov. 1622.
62) Des Herzogs Adolph von Holstein=Gottorp (jüngster) Sohn, geb. 1579, seit 1596 Erzbischof zu Bremen, † 3. Sept. 1634.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 144 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

S. 13 (leer).

S. 14.

XL. 63 )

1. 5 . A . 64 ) 96.

H. G. V. V. G.

(Herr Gott verleih uns Gnade.) 65 )
Vlrich 66 ). H. z. Meckhlenburg.

S. 15.

XLI.

1. 6. 0. 6.

A. M. B.

(Alles mit Bedacht.) 67 )
Augustus 68 ) dJHzbvLuneburgk (? Herzog zu Braunschweig
und Lüneburg).
E, L, dienstwilliger vetter, allezeitt. Ln.

XLII.

1 6 1 2.

Gott Mein schutz.
E. G. getrewer dienstwilliger vetter vndt Shon weil ich lebe.
Vlrich 69 ) Hertzogk zu Stettin Pommern.
geschrieben zu Grabow den 18 Augusti.

XLIII.

1. 6. V. 69a ) 1 9.

Tout vient de dieu l'heur et le malheur 70 ).

Hedwig 71 ) Geborne aus Fürstlichem Hause Braunschwig vnd Luneburgk Hertzogin zu Stetin pommern etc. . E. G. Jeder Zeit Im hertzen gehorsamste vnd getrewste tochter vnd dinerin bis in todt.


63) Vgl. oben S. 129.
64) A., d. i. Anna, des Herzogs Gemahlin.
65) Geißler p. 24, giebt als Ulrich's Wahlspruch an: "Herr Gott verleih uns deine Gnade".
66) Vgl. oben S. 133.
67) Des Herzogs Wahlspuch, nach Geißler p. 16.
68) Des Herzogs Heinrich (jüngster) (Sohn, geb. 10. April 1579 † 17. Sept. 1666.
69) Des Herzogs Bogislav XIII. (jüngster) Sohn, geb. 12. August 1587, † 31. Oct. 1622.
69a) V., d. i. Ulrich, vgl. Nr. XLII.
70) Vgl. Nr. XIII.
71) Des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig=Wolfenbüttel (vierte) Tochter, geb. 19. Febr. 1595, seit dem 7. Febr. 1619 Gemahlin des Vorigen, † 26. Jumii 1650.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 145 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

S. 16.

XLIV.

1 6 0 6.

Vigilando et agendo.
Wer Gott vertrawt hatt wollgebawt.

Julius Augustus 72 ) Dux Brunsuicensis et Lunaeburgensis Abbas ad Lapidem Divi Michaëlis manu Sua.

XLV.

1 6 HWAE (?) 0 6.

An Gottes Segen ist alles gelegen.

E. G. getrewer vnd gehorsamer Ohmb Sohn vnd Diener bis in den tot.

Wilhelm 73 ) hertzogk zu Churlandt.

S. 17.

XLVI.

1 API 73a ) 6 0 4.

W. G. W.

(Was Gott will.) 74 )
Omnia assunt bona quem penes est virtus.
Philippus Julius 75 ) dux stett: Pom. manu propria.

XLVII.

1. 6. IPA 75a ) 0. 4.

Herr Regir mich durch deinen Heiligen Geist.

Agnes 76 ) Geborne Marggrefin zu Brandenburgk Hertzogin In pommern.

Mappria.     

E. L. Getrewe dienstwillige Muhm vnnd Tochter bis in Todt.


72) Des Herzogs Julius von Braunschweig=Wolfenbüttel (jüngster) Sohn, geb. 4. Febr. 1578, † 30. August 1617.
73) Des Herzogs Gotthard Kettler (zweiter) (Sohn, geb. 1572, † 1640.
73a) A. P. I., d. i. Agnes, des Herzogs Gemahlin, (und) Philipp Julius.
74) Vgl. den Denkspruch in Nr. XXIII.
75) Des Herzogs Ernst Ludwig von Pommern=Wolgast Sohn, geb. 27. Dec. 1584, † 6. Febr. 1625.
75a) I. P. A., d. i. Julius Philipp (und) Agnes; vgl. Nr. XLVI.
76) Des Churfürsten Johann Georg von Brandenburg (fünfte) Tochter, geb. 17. Julii 1584, seit dem 25. Junii 1604 Gemahlin des Vorigen, seit dem 9. September 1628 Gemahlin des Herzogs Franz Carl von Sachsen=Lauenburg, † 16. März 1629.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 146 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XLVIII.

1 6 EL 76a ) 0 4.

M. H. Z. G. A

(Meine Hoffnung zu Gott allein.) 77 )

Sophia Hedewig 78 ) g zu B vnd l H zu S pomern widtwe D l getreuge dinstwilige schwester . . . . . . . . . 79 )

XLIX.

1. 6. F. 79a ) 1 9.

H. D. H. D.

Sophia 80 ) geborne aus Churfurstlichen S Sachßen Herzogin zu Stettin Pommern. Mp. E. L. stetz getreue Muhme vnd tochter lebe vnd sterbe ich.

S. 18.

L.

1. 6 0 4.

V V V V V.

E. F. g. gehorsamer Diener Erenfridt von Minckwitz 81 ) Freyherr zu Minckwitzburgk vndt Drenaw Rö. Kais. königl. (?) Majestät etc. . Radt.

m. p.     

LI.

1 6 IC 0 5.

Quicquid agis prudenter agas et respice finem.

Joachimus Carolus 82 ) Dux Bruns: et Lunaeb: etc. m. p.


76a) E. L., d. i. Ernst Ludwig, Gemahl der Herzogin.
77) Wahlspruch Friedrich's II. von Dänemark. Geißler, p. 18. Vgl. Nr. XXV und XXXII.
78) Des Herzogs Julius von Braunschweig=Wolfenbüttel (älteste) Tochter, geb. 1. Dec. 1561, seit dem 20. Oct. 1577 Gemahlin des Herzogs Ernst Ludwig von Pommern=Wolgast, verwitwet seit dem 17. Junii 1592, † 30. Jan. 1631.
79) Die ursprünglich noch vorhanden gewesene folgende Zeile ist abgeschnitten.
79a) F., d. i. Franz, Gemahl der Herzogin.
80) Des Churfürsten Christian I. von Sachsen (zweite) Tochter, geb. 29. April 1587, seit dem 26. August 1610 Gemahlin des Herzogs Franz von Pommern (zweiten Sohnes des Herzogs Bogislav XIII.), † 9. Dec. 1635.
81) Aus einem sehr alten Geschlechte das Besitzungen in Böhmen, Schlesien, Lausitz und Meissen hatte. Gleichzeitig lebten: Georg von Minckwitz auf Minckwitzburg Kaiserl. Reichs=Hofrath), Magnus Freiherr von Minckwitz (1607 Apellationsrath in Böhmen) und Hans Friedrich von Minckwitz (1613 ebenfalls daselbst Appellationsrath), vgl. Zedler Universal=Lexicon Bd. XXI, S. 298 und 299.
82) Des Herzogs Julius von Braunschweig=Wolfenbüttel (dritter) Sohn, geb. 23. April 1573, † 9. Okt. 1615.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 147 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

LII.

1. 6. 0. 5.

G. GV. GH.

E. g. dienstwillige Dochter alle Zeit.
Hedwig. 83 ) geborne Hertzogin zu B. vnd Luneburgk.

LIII.

G. W. M. H.

(Gottes Wort mein Hort.) 84 )
E. g. dinstwillige Dochter alle Zeit.
Katharina Sophia 85 ) geborne Hertzogin zu B. vnd L.

Berlin, den 22. März 1855.

Dr. Louis Gollmert.      

 



83) Des Vorigen (jüngste) (Schwester, geb. 1580, seit 1621 Gemahlin des Herzogs Otto von Lüneburg, † 1641.
84) Vgl. den Denkspruch in Nr. VIII.
85) Des Herzogs Otto des Jüngeren von Lüneburg=Harburg (jüngste) Tochter, geb. 6. Mai 1577, seit dem 26. Febr. 1609 Gemahlin des Grafen Hermann von Schaumburg, † 18. Dec. 1665.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 148 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nachtrag und Üebersicht.


Die alten Stammbücher fürstlicher Personen sind von sehr großem Interesse und bieten für die Symbolik einen reichen Stoff zur Anwendung, welche bei Gelegenheit des schweriner Schloßbaues oft zur Frage stand. In Folge der Arbeit des Herrn Dr. Gollmert und anderer Studien wandte ich mich an meinen hochverehrten Freund den Herrn Archivrath Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel, welcher denn die Freundlichkeit hatte, im Archive und auf der Bibliothek zu Wolfenbüttel umfassende Forschungen anzustellen. Die Forschungen im Archive blieben ohne allen Erfolg. Dagegen fanden sich auf der Bibliothek mehrere Quellen, welche manches Werthvolle lieferten. Diese sind:

1) ein handschriftliches Stammbuch Mscpt. Extravag. 282. 2. (im Folgenden mit Wolf. Ms. 289. 2. bezeichnet);

2) ein handschriftliches Stammbuch Mscpt. Extravag. 309. (im Folgenden mit Wolf. Ms. 309 bezeichnet);

3) Stammbuch der Fürstin Dorothea von Anhalt, des Herzogs August d. j. von Braunschweig zu Wolfenbüttel zweiter Gemahlin, in einem durchschossenen Exemplare von "Andreas Friedrichs Neu Bilderbuch in Stimmen", 1617, in 4 to (im Folgenden mit Wolf. A. Friedr. bezeichnet);

4) Nicolai Reusneri J. C. Symbolorum heroicorum liber singularis. Jenae. 1608. 8 vo min. (69. 2. Eth.) (im Folgenden mit N. Reusner bezeichnet).

Ich stelle über die meklenburgischen fürstlichen Personen im Folgenden die Ergebnisse sowohl dieser Forschungen, als die Ergebnisse des im Vorstehenden abgedruckten Stammbuches der Herzogin Anna mit einigen andern Forschungen chronologisch zusammen.

Die Ergebnisse des Stammbuches der Herzogin Anna sind im Folgenden mit Berlin. Ms bezeichnet.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herzog Johann Albrecht I. († 1576):

Premente cruce tollimur.

(N. Reusner, p. 120.)


Herzog Johann VII., dessen älterer Sohn, († 1592):

Fer opem domine, qui spem dedisti.

(N. Reusner.)

NB. Auf einer Medaille des Herzogs zu Leipzig, im 20. Jahre seines Alters, steht:

Principis est virtus maxima nosse Deum.


Herzogin Sophie, dessen Gemahlin, geborne Herzogin von Schleswig=Holstein, († 1634):

H. C. Z. S. E.

(d. i. Hilf Christe Zum Seligen Ende ).

(Wolf. Ms. 289. 2. fol. 13 vom J. 1604. Berlin. Ms. Nr. XIX.)

NB. Die Lesart C (= Christe) ist nach einer Durchzeichnung des Originals durch den Herrn Geheimen Archivrath Dr. Friedländer zu Berlin ganz sicher.
In einem Ausgabebuche schreibt die verwittwete Herzogin:
      Hilff gott hir christlich zu leben
          vnd selig zu sterben.

In ihrer Autobiographie vom J. 1633 schreibt sie:
      Hilff Gott zu einem seligen Ende.


Herzog Sigismund August, des Herzogs Johann Albrecht I. jüngerer Sohn, († 1600):

G. G. M. H. T.
          (N. Reusner, p. 121.)
I. L.           V. S.
B. I.           D. H.
          (Berlin. Ms. Nr. XVII.)

d. i. vielleicht:

Im Leben           Vnd Sterben
Bin Ich             Dein Heil.


Herzogin Clara Maria, dessen Gemahlin, Herzogin von Pommern, († 1633):

A. G. S. I. A. G.

(d. i. An Cottes Segen Ist Alles Gelegen ).

            (Berlin. Ms. Nr. XVIII.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herzog Adolph Friedrich I., des Herzogs Johann VII. älterer Sohn,(† 1658):

Deum curo et populum. 1603.

          (Berlin. Ms. Nr. XXI.)
A. B. C. D. E. F. 1604.
             (Wolf. Ms. 289. 2. fol. 13.)

NB. Dieser Wahlspruch ist allerdings sehr auffallend. Bekanntlich führt der Herzog während seiner Regierung immer den Wahlspruch:
Fortune. infortune. fort une.


Herzogin Anna Sophia, des Herzogs Johann VII. Tochter, († 1648):

M. G. St. I. G. H. 1603.
(d. i. Mein Glück Steht In Cotttes Hand ).
Anna Sophia Fräulein zu Meklenburg.
          (Wolf. Ms. 289. 2. fol. 13.)

Dagegen:

A. N. G. W. 1603.
(d. i. Alles Nach Gottes Willen).
          (Berlin. Ms. Nr. XX.)

NB. Der letztere Wahlspruch scheint der Herzogin Anna Sophie, der Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht I., anzugehören.


Herzog Gustav Rudolph, des Herzogs Adolph Friedrich I. Sohn, († 1670):

En Dieu mon Esperance. 1654.
          (Wolf. Ms. 309. fol. 10.)

Herzog Johann Albrecht II., des Herzogs Johann VII. jüngerer Sohn, († 1636):

Deum colo, reliqua delibero. 1603.
          (Berlin. Ms. Nr. XXII.)
M. A. V. M. E. S. I. G. H. 1604.
(d. i. Mein Anfang Vnd Mein Ende Sind In Gottes Hände ).
          (Wolf. Ms. 289. 2. fol. 13.)

Herzogin Elisabeth, dessen Gemahlin, Landgräfin von Hessen=Kassel, († 1625):

Con la fedeltà finirò la vita.
          (Wolf. A. Friedr. p. 53.)
Famam virtutis mors abolere nequit.
          (Berlin. Ms. Nr. I.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Herzogin Sophie Elisabeth, des Herzogs Johann Albrecht II. Tochter, († 1676):

En Dieu mon Esperance.
          (Berlin. Ms. Nr. III.)

Herzogin Christine Margarethe, desselben Tochter, († 1666):

Tout auec Dieu.
          (Berlin. Ms. Nr. IV.)

Herzog Ulrich von Meklenburg=Güstrow († 1603):

H. G. V. V. G. 1596.
(d. i. Herr Gott Verleih Vns Cnade ).
          (Berlin. Ms. Nr. XL.
                                     Wolf. Ms. 289.2. fol. 13. vom J. 1597.)
Tua gratia mecum domine.
          (N. Reusner. p. 122.)

Herzogin Anna, dessen zweite Gemahlin, Herzogin von Pommern, († 1626):

H. G. A. A. N. 1597.
(d. i. Hilf Cott Aus Aller Noth? )
          (Wolf. Ms. 289. 2. fol. 13.)
H. G. A. A. N. 1621.
Anna H. z. Meckelburg Wittwe.
Auf Gott hoffe ich, seiner gnedigen Zusage und Hülffe
tröste ich mich. 1621.
          (Wolf. A. Friedr. p. 12.)

Herzogin Sophie, des Herzogs Ulrich Tochter, Königin von Dänemark:

Trew ist wiltbrett,
aber gott verlest die seinen nicht.
          (Berlin. Ms. Nr. XIII.)

Herzog Carl von Meklenburg († 1610);

Principis est virtus maxima nosse Deum.
          (N. Reusner. p. 123.)

NB. Vielleicht ist dies eine Verwechselung, da der Herzog Johann VII., sein Neffe, diesen Wahlspruch in seiner Jugend führte.
Der Herzog Carl führt auf seinen Münzen immer den Wahlspruch:

Quaerite thesauros in coelo.

G. C. F. Lisch.      

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

X.

Kritische Bemerkungen

zur Geschichte der Buchdruckerkunst

in Meklenburg,

vom Auditor Dr. Möhlmann zu Stade.


Erster Beitrag


D as außerordentliche Interesse, welches ich an der im vierten Theile der Jahrbücher enthaltenen, so sehr gelungenen Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg von dem Archivar Lisch genommen habe, glaube ich am besten dadurch zu bethätigen, daß ich die gemachten Bemerkungen, wie sich mir dieselben aufdrängten, dem geehrten Vereine rücksichtslos mittheile, überzeugt, daß dieselben die Forschungen Anderer anregen werden und die Sache selbst dadurch nur gewinnen kann, etwanigen Berichtigungen mit Vergnügen entgegen sehend.

1. Druckerei von Hermann Barkhusen.

Das Vaterland Barkhusens, obgleich (Bd. IV., S. 71, in d. Anmerk.) ein Zweifel dagegen ausgesprochen wird, scheint unbedingt die paderbornische (dem Range nach die zweite) Stadt Warburg, früher auch Wartburg und Wertburg genannt, zu sein, da er sich selbst Hermannum Barchusen alias Petri de Wertborgh Paderbornensis diocesis nennt und ein anderer Ort dieses Namens im Umfange des Paderbornischen Kirchensprengels nicht existirt.

Hinsichtlich seines Namens scheint mir eben so wenig ein gegründeter Zweifel obwalten zu können, da das alias Petri offenbar nichts anders als den Vornamen seines Vaters, also:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 153 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

anders genannt Peter's (Sohn) andeuten kann. - Indessen wird S. 69 Hermann von Emden für identisch mit demselben gehalten, wie daraus geschlossen wird, daß der Titel des folgenden Werkes lautet:

Liber missalis secundum ritum ecclesie Hamburgensis &c. Expensis Hermanni de Emden, opera Joa. Prüss Argentine impressus 1509.

und er 1505 (S. 66 - 68) zum Drucke eines hamburger Breviers sich verpflichtet hatte.

Nun ist zwar durch Herrn Archivar Lappenberg (Bd. X, S. 385) bereits nachgewiesen, daß zwei verschiedene Werke vorliegen, - wie meines Erachtens auch ohne allen weitern Beweis bereits die Benennungen Meßbuch und Brevier, als an sich schon deutlich genug, da das Brevier nur dem Meßbuche ähnlich ist, (Müllers Lexicon des Kirchenrechts und der katholischen Liturgie. Würzburg, 1830. I, S. 198) bezeugen; - wenn aber derselbe (Bd. V, S. 205) vermeint, das Meßbuch sei zu Emden gedruckt, so muß ich ganz entschieden anderer und zwar der Meinung sein, daß jene Stelle nur übersetzt werden könne: "Auf Kosten (d. h. im Verlage) von Hermann von Emden, gedruckt bei Johann Prüß zu Straßburg". - Es ist demnach weder von einem emdener, noch von einem rostocker Drucke die Rede, also auch nicht von Hermann Barkhusen, sondern von einem Buchhändler, der wahrscheinlich zu Hamburg wohnte; die Benennung von Emden deutet wenigstens an, daß er zwar aus Emden gebürtig war, nicht aber dort seinen Wohnsitz hatte. - Demnach ist (wie Bd. IV, S. 69, 81 und 91 angenommen wird) auch nicht einmal Barkhusen Verleger des Missals.

Was die Anlegung seiner Druckerei betrifft, so sind darüber sehr verschiedene Ansichten vorgetragen. Während Herr Archivar Lisch kein früheres Jahr als 1505 kennt (Bd. IV, S. 65), vermeinen die Herren Culemann und Grotefend (Jahrbücher XIV, S. 387) dargethan zu haben, daß bereits 1482 diese Druckerei zu Rostock gewesen sein müsse, weil die Type eines in diesem Jahre ohne Angabe des Orts und des Druckers gedruckten Buches denen Barkhusens ähnlich sei. - Allein selbst die vollkommenste Gleichheit der Type zugegeben, so würde daraus gar nicht folgen:

1) daß überall dieselbe Druckerei in Frage stände, da ja mehr als ein Drucker aus einer und derselben Schriftgießerei sich seine Typen gekauft haben könnte, die schwerlich jeder Drucker selbst wird gegossen haben;

2) insofern wirklich dieselbe Druckerei, d. h. die Druckereigeräthschaften, als Typen etc. ., nachgewiesen werden könnten, so folgte daraus noch nicht, daß dieselbe damals schon (1482) zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 154 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rostock vorhanden gewesen wäre, sondern der Besitzer könnte an einem ganz andern Orte gewohnt haben;

3) würde auch selbst, wäre dies nachgewiesen, nicht ohne Weiteres gefolgert werden dürfen, daß Barkhusen schon 1482 zu Rostock gedruckt habe, da ja die Druckerei von einem frühern Besitzer auf ihn übergegangen sein könnte.

Es zerfällt dieser Beweis, von welcher Seite auch man ihn betrachtet, in Nichts, und es leuchtet ein, daß bloß nach den Typen zu schließen, ein mißliches Ding ist.

Barkhusen erscheint zuerst als Notar zu Rostock 1502 (Bd. IV, S. 71) und druckte, so weit sich nachweisen läßt, zuerst 1505 (S. 65), es trieb aber auch derselbe, wenigstens noch 1508, buchhändlerische Geschäfte (S. 66 und 67). Wenn nun S. 76 gemeint wird, er habe seine Druckerei nie als Erwerbsquelle benutzt, weshalb auch nach S. 134 Ludwig Dietz der erste öffentliche Buchdrucker zu Rostock, der ein künstlerisches Gewerbe daraus machte, gewesen sein soll, so scheint dieses ohne allen Grund zu sein, da sogar (S. 65) ein Contract zwischen Barkhusen und dem hamburger Domcapitel über den Druck des Breviers mitgetheilt wird, was offenbar auf ein Buchdruckergewerbe hinweist, außerdem nach dem Contracte von 1508 (S. 66 flgd.) er auf seine Druckerei mehr verwandte, als sein Vermögen erlaubte und deshalb zur Verpfändung aller seiner Güter, beweglicher und unbeweglicher, und besonders dieser, sich genöthigt sah, woraus hervorgeht, daß er seine Druckerei habe vergrößern wollen, um dadurch größern Gewinn zu ziehen. Und was sollte auch wohl ihn haben bewegen können, seine Druckerei für sich nicht eben so nutzbar zu machen, als seinen Buchhandel, um so mehr, als die frühern Buchdrucker stets zugleich die Buchhändler mit abgaben ? Selbst die Brüder zum gemeinsamen Leben druckten ja des Gewinnes wegen.

Barkhusen scheint Anfangs bloß buchhändlerische Geschäfte gemacht zu haben, eine Meinung, auf die ich durch den undatirten Contract (S. 70 - 71) geleitet werde, da er das für irgend ein Capitel übernommene Brevier, wo es am besten geht, drucken lassen will. Mir ist es nicht wahrscheinlich, daß zur Zeit dieses Contractes Barkhusen selbst bereits im Besitze einer Druckerei gewesen sei, obgleich sich über die Sache streiten ließe: da aber ein anderes Beispiel, so lange seine Druckerei existirte, sich nicht nachweisen läßt, auch gar nicht anzunehmen ist, daß er das in seiner eigenen Druckerei zu Beschaffende in einer fremden hätte ausrichten lassen, so will mir scheinen, daß er eben durch diesen (vielleicht vortheilhaften) Contract auf die Anlegung einer eigenen Druckerei geführt sei, wie er denn dergleichen Contracte mehr

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 155 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mag geschlossen haben. Ich setze demnach diese Urkunde vor 1505. Jedenfalls aber trieb er bereits damals buchhändlerische Geschäfte, zu denen er sogar schon einen Gehülfen, den dort genannten Ludwig Dietz nöthig hatte.

Dies würde dann die S. 136 ausgesprochene Vermuthung, daß Ludwig Dietz 1504 nach Rostock kam, bestätigen; zugleich aber auch müßte ein noch größerer Verkehr Barkhusens angenommen werden, da er sodann wenigstens zwei Substituten gehabt hätte, weil als solcher 1505 außerdem noch Bernhard van dem Berge erscheint.

Dieser bisher noch unbekannte Buchdrucker schloß Namens Barkhusen's im genannten Jahre mit dem verdener Domcapitel einen Vergleich über den Druck von 800 Exemplaren des Breviers ab. Das sehr verwahrlosete Original dieser Urkunde, deren Siegel abgefallen sind, findet sich in den Ueberresten des verdener Domarchives im königlichen Provinzialarchive für Bremen und Verden zu Stade und verdient wegen seines merkwürdigen Inhalts in den Jahrbüchern um so mehr eine Stelle, als die Vergleichung mit dem in Bd. IV. S. 70 - 71, abgedruckten Formular den Forscher unwillkührlich zur Vergleichung auffordert.

Maria.

Am Jare na godeßborth veffteynhundert vnde viue, Am Mandage na Assumptionis Marie, hebben sick de Werdigen Heren Er Heyneke van Mandelslo, Domdeken, vnde Er Bartold van Landesberge, Domheren to Verden, van wegen des Erwerdigesten In god fforsten vnde Herenn Ern Cristoffers, confirmeerden Coadiutors des ertzebisscoppdoms to Bremen vnde administrators des Stichtes to V[erde]n, to Brunswick vnde Luneborgh Hertogen etc. ., vordragen myt dem Erßamen vnde bescheden Bernardo van dem berge, beuelhebbere vnde Substituten des Erhafftigen He[rmanni] barchusen, des Ersamen Radts to Rostock Secretarien, vmme achtehundert boke effte breuiaria to druckende verdesches Stichtes, des de gnanten Heren willen eyn breuier offte eyn Exemplar gecorrigeret na den kercken to Verden, Bardewyk vnde Luneborgh vngesumeth maken lathen, vnde by den Werdigen Official to Luneborgh beteren twisschen duth vnde Natiuitatis cristi erstkomende, So dat de gnante Hermannus sodan exemplaer In dussem tokamende Wynachten by dem gedachten Officiale to Luneborgh vinden vnde entfangen schall,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 156 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vnde wen he sodan exemplar aldar entfangen heft, Schall he van stunt anheuen, sodane achtehundert breuier . . . . . . . . . . . . . . .
dubbelder schrifft to drugkende, In mathen vnde formen, alze de vorgescreuen k. . . en eyne gedeelde proben by sick hebben, vnde bynnen eynem haluen [jare] na der entfanginge to endende, Jd enwere denne sake, dat dem gnanten Hermannus eyn set[te]r entghinge effte ander merklike echtenoth vorhinderde, sodane vorhindernisse schall he laten vorwitliken den gnanten Heren officiali, dan schall se eme nicht schedelick wesen, Sunder so fro he kan allikewoll sodan werck fullenbringen vpp gudt kleen des besten pappyrs de forme von achte colummen, Vnde wann he sodane boke den gnanten Heren upp des Stichtes Houe to Luneborgh leuert, denne willen se dem gnanten Hermanno, synen eruen effte fulmechtigen den Verndell der boke dar wol tor noge betalen, offte betalen laten dorch den Officiall edder vorwarer des Stichtes Houes bynnen Luneborgh, alße vor Ißlick bok vngebunden achtheyn schillinge lubisch, vnde wat he ene der myt gegrauenen clausuren vnde gebunden myt kappen vnde planeert leueren kan, willen vnde schullen se eme vor Ißlick stücke twe vnde twintich schillinge Lubisch betalen, Vnde de anderen dre deel schullen vnde willen se eme to dren terminen, alze to dren haluen Jaren dar negestkomende, gutlick vornogen, So dat he des lesten termyns schall deger all vnde wol betaldt werden, sunder list, vnde He schall neyn breuier mer drugken den vorgescreuen Heren to vorfange, dan sodan achtehundert, sunder offt he eyn stige blade Ißlikes druckes vngeuerlich, vmme caduke, defecte edder andernn vorlaren blade darmede to erfullende, uppleggende worde vnde derhaluen Jenige boke full worden, schollen alle den vorgenannten Heren vmme eynen redeliken pennigk ouergeuen werden. Vnde dyth alle Immathen bauengescreuen so to holdende, hebben de gemelten parth In beyden delen eyn dem anderen gheredt vnde gelauet In guden truwen sunder alle list wol to holdende. To merer tuchnisse der warheyt synt dusser nottelen twe eynes Ludes myt eyner Hant gescreuen, dorch den namen Maria uthgekeruet vnd myt beyder parth anhangenden Ingeßegelen, alß Hern Heyneken vnde Hern Bartoldes vorgedacht, upp de eyne, vnde Hermanni barchusen, van der anderen syden, beuestiget, Am dage vnde Iare wo bauengescreuen iss.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 157 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueber dieses verdener Brevier 1 ) ist mir zwar nichts Näheres bekannt geworden: es kann aber gar keinem gegründeten Zweifel unterliegen, daß dasselbe wirklich gedruckt sei, da beiden Theilen dem obigen Contracte zufolge sehr viel daran lag.

Was sonst von den landsmannschaftlichen Beziehungen zu Nicolaus Baumann, S. 71 - 72, 75, Anmerk. 2, und abermals S. 204 - 205 gesagt wird, ist jedenfalls schon aus dem Grunde unhaltbar, weil Barkhusen erwiesenermaßen der paderborner Diöcese angehörte, die Stadt Emden aber, - wäre sie die Heimath Baumanns, - in der münsterschen, außerdem auch sehr entfernt von Warburg, endlich aber letzteres in Westphalen, ersteres in Friesland lag, Ländern, die sich ganz entschieden feindlich gegenüber standen und noch jetzt eine gewisse Eifersucht gegen einander nicht abgelegt haben. Die Frage aber, ob Baumann ein Emdener gewesen sei, will ich jetzt nicht näher untersuchen.

Wie lange Barkhusen lebte, ist nicht angegeben, nur wird S. 64 gesagt, er sei bis 1526 Stadtsecretair gewesen; nach einer Notiz in Bd. VII, S. 199, Anmerk. 1, indeß muß man annehmen, daß er bis 1535 gelebt habe.

Wie lange Barkhusen druckte? - In der Buchdruckergeschichte ist man sehr bemüht gewesen, zu zeigen, daß er etwa erst 1514 oder 1515 (m. s. z. B. S. 76) oder bereits 1513 (S. 136) seine Druckerei an L. Dietz abgetreten, bis dahin selbstständig dem Geschäfte vorgestanden habe. Hiernach allein schon müßte der Druck des Reineke de Voß von 1517, der S. 90 als vielleicht von ihm herrührend angegeben wird, wegfallen: indessen haben mich auch die vorgetragenen Gründe keinesweges überzeugen können, daß selbst nur bis 1513 Barkhusen's Druckerei fortbestanden habe.

Zwar 1510 noch hat er nach seiner eigenen Angabe (S. 73) die Halsgerichtsordnung gedruckt: aber nach dieser Zeit finde ich keine Beweise mehr für seine typographische Thätigkeit. Ausdrücklich heißt es in dem nun folgenden Werke von 1512: "a Ludovico Dytze chalcographo solerti expressum" (S. 87). Zwar wird nun S. 76 und 88 kurzweg dies dahin erklärt, daß das Werk in Barkhusen's Officin durch dessen geschickten Drucker L. Dietz gedruckt sei, und S. 135, das Lob eines geschickten Druckers habe dem Dietz wohl Barkhusen beigelegt, da der Betheiligte das wohl nicht gut selbst habe schreiben können: allein es wäre unerhört und wohl ohne Beispiel, daß als Drucker der


1) Während des Druckes gehen die Zusätze und der Zweite Beitrag (S. 161 und 163) von dem Herrn Verf. ein, auf welche hierdurch verwiesen wird.      D. Red.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 158 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gehülfe statt des Meisters genannt würde, daher nicht zu vermuthen, und mit dem eigenen Lobe nahmen es die ältern Buchdrucker wahrlich nicht eben genau, worüber ich zur Vermeidung aller Weitläuftigkeit nur auf Gerkens bekannte Reisen (4 Theile) verweise. Demnach kann ich dieses Werk von 1512 nur der Officin des Dietz und nicht der des Barkhusen zuschreiben und folgeweise auch das 1509 gedruckte Lübische Recht (S. 81), da Dietz selbst sich als den Drucker angiebt (S. 82 - 83). Die Einwendungen (S. 75 und 81), Barkhusen sei zur Herausgabe vorzüglich befähigt gewesen, es seien die Barkhusenschen Lettern, der Rath zu Rostock möge sich wegen der Appellationen nach Lübeck gescheut haben, den Gesetz=Codex herauszugeben, scheinen mir sämmtlich unerheblich, da die Unfähigkeit des Dietz nicht allein nicht nachgewiesen ist, sondern sogar S. 135 von ihm gerühmt wird, daß er so sehr in den wissenschaftlichen Geist seines Herrn eingegangen sei, daß dieser ihn habe vorschieben können, wie denn auch S. 142 ihm das wohlverdiente Lob gezollt wird. Was den von den Lettern hergenommenen Grund betrifft, so habe ich darüber bereits oben mich als nichtssagend erklärt und die Scheu des rostocker Rathes vor dem Publiciren eines Rechtsbuches, auf das er und mit ihm so viele andere Städte von Amt und Pflicht wegen, somit im eigenen Interesse, zur Erhaltung der städtischen Gerechtsame halten mußte, leuchtet mir um so weniger ein, als die Appellationen nach Lübeck nach wie vor jedem unbenommen blieben, die auch schon zur Ertheilung des lübecker Stadtrechtes bedingt waren, somit für den Rath kein unübersteigliches Hinderniß abgeben konnten.

Gesetzt aber, dieser habe Grund gehabt, die Publicirung zu hintertreiben, so wäre sein Zweck doch schon durch die 1509 herausgegebene Schrift vereitelt, und ging der zwar die öffentliche Autorität ab, so blieb das Resultat doch dasselbe. Sollte indeß auch dieses nicht sein, so würde ich doch nicht zugeben können, daß, hätte sich der Stadtsecretair Barkhusen als Herausgeber sowohl als Drucker genannt, das Werk dadurch ein officielles geworden wäre, da Barkhusen hier nicht einmal als Stadtsecretair, sondern als Buchdrucker auftritt, sodann aber auch dazu es eines besondern Auftrages des Rathes bedurft hätte.

Somit bleibt denn nichts weiter übrig, als dem Dietz die Ehre der Herausgabe sowohl als des Druckes zu lassen, und es folgt, daß er bereits 1509 selbstständig zu Rostock druckte, 1510 aber auch noch Barkhusen, endlich, daß, wie die Typen zeigen, Anfangs ein Theil der Druckerei des Letztern, später der ganze übrige Rest in den Besitz des Erstern überging. Noch 1516 z. B. druckte er mit den schon 1505 von Barkhusen gebrauchten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 159 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

deutschen Lettern (S. 146) und 1533 noch wurden Barkhusen's Missallettern gebraucht (S. 178).

Endlich ist es mir unwahrscheinlich, daß die S. 90 aus der Rentereirechnung von 1510 mitgetheilte Stelle, nach welcher dem Nicolaus Baumann für das Abschreiben einer Chronik 2 Gulden bezahlt sind, mit der sternberger Juden=Historie in Verbindung stehe, da eine deutsche Uebersetzung schwerlich einen viel größern Raum als das nach S. 87 nur fünf Bogen starke lateinische Original erfordert haben würde, darnach aber der Schreiberlohn ein ganz unverhältnißmäßig hoher gewesen wäre, außerdem aber auch dieser Posten in der Rentereirechnung nochmals hätte aufgeführt werden müssen, nämlich wegen der Kosten des Druckes, zu denen nach S. 72 - 73 der Herzog sich geneigt erklärt haben sollte.

2. Druckerei des Ludwig Dietz.

Nach obiger Ausführung druckte derselbe bereits 1509 zu Rostock. 1524 (S. 137 steht wohl durch Druckfehler M. D. XIIII) suchte derselbe nach Lübeck überzusiedeln und druckte dort wirklich 1531 die Bibel. Nichts desto weniger ist S. 137 der Versuch gemacht, zu beweisen, er habe sich nie nach Lübeck übergesiedelt, da er später wieder zu Rostock und zwar bis an sein Ende wohnte. Anerkannt wird aber daselbst, es müßten die Drucke entscheiden, und da nun von 1525 - 1533 fortwährend viele Flugschriften und Plakate aus Dietz's Druckerei ausgegeben seien, die sich auf rein rostockische oder meklenburgische Händel beziehen, außerdem nur undatirte oder aus Rostock datirte Drucke erschienen, so wird daraus der Schluß gezogen, er habe nur, "um ausgebreitetern Verkehr zu gewinnen, auf kurze Zeit eine Filial=Anstalt zu Lübeck für einige größere Werke begründet.

Zugegeben also wird, daß die Drucke entscheidend seien. Da ist nun gewiß, daß Dietz noch 1526 zu Rostock druckte (S. 171), aber 1527 heißt es bloß: "Gedrucket to Rozstock"; durch wen denn aber? (S. 172 - 173); Lettern von Dietz, was will das sagen? wie bereits angeführt. - 1528 Vertheidigung etc. . (S. 174) "mit den ältern Lettern von Ludwig Dietz zu Rostock gedruckt". Das steht auf den beiden Bogen nicht, sondern es ist Ansicht des Herrn Verfassers. Sind aber dies die ältern Lettern, so liegt es nahe, daß Dietz diese durch neuere bessere zu ersetzen suchte, daher die ältern an einen Andern veräußerte, besonders bei einem etwanigen Umzuge.

Darnach ist es mir zweifelhaft, wer von 1527 - 1529, wo Dietz zu Rostock wieder erscheint, gedruckt habe, ob Dietz oder

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 160 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ein Anderer. Hat Dietz irgendwo sonst besser unterzukommen gemeint, so ist er gewiß zu Rostock nicht geblieben, von wo er ja schon 1524 sich wegsehnte. Es müßte aber auch der neu gewählte Ort seinen Erwartungen nicht entsprochen haben, wenigstens nicht auf die Dauer, weil er nach Rostock zurückkehrte. Der Einwand, rostockische und meklenburgische Flugschriften und Plakate seien während der Zeit aus Dietz's Druckerei hervorgegangen, scheint mir nicht durchgreifend, denn es steht nicht fest, daß sie aus Dietz's Druckerei herstammen, da der Drucker nicht genannt ist, "gedruckt zu Rostock", aber offenbar nicht ohne weiteres heißen kann bei Dietz, sondern bei N. N. - Hätte aber Dietz sie gedruckt, so konnte das zu Lübeck oder wo sonst eben so gut geschehen, und es lag nahe, an ihn sich zu wenden, weil man ihn kannte.

Von 1529 (S. 174, 175 und 177) bis 1531 war Dietz unbestritten zu Rostock, vielleicht noch 1531 (S. 178), in diesem Jahre aber zog er nach Lübeck, denn es existiren Drucke dieses Jahres, sowohl aus Rostock als Lübeck datirt (S. 178), nur nehme ich an, daß das zu Rostock gedruckte Buch älter ist als das zu Lübeck, wo er auch 1533 die Bibel druckte und den Psalter besonders (S. 180). Von da bis 1538. wo es wieder heißt: "Rostock by Ludw. Dietz" (S. 181) ist eine Lücke, so daß man bis auf Weiteres es dahin gestellt sein lassen muß, wie lange er in Lübeck gewesen sein mag.

Hiernach aber erscheint mir die Behauptung, er sei stets zu Rostock geblieben, sehr gewagt, da ich im Gegentheil annehmen möchte, Dietz habe 1527 - 29 einen andern Wohnort gehabt und sei abermals 1531 von da weg nach Lübeck gezogen, wo er bis nach 1533 blieb, sicher aber 1538 wieder nach Rostock zurückgekommen war. Die Meinung, er habe für größere Werke dort bloß eine Filialanstalt errichtet, würde jedenfalls besser umzukehren sein, da zu größern Werken offenbar ein bedeutenderer Apparat gehört, außerdem aber dieses eine Officin von einem Umfange voraussetzen, wie wan sie zwar in unsern Tagen kennt, die in jener Zeit aber wenigstens zu den größten Seltenheiten gehört haben würde. Dietz's Buchdruckerei gehörte aber wohl schwerlich zu diesen, da er noch 1558 klagt, daß er zu Rostock nur eine geringe Nahrung habe (S. 139), woraus sich denn auch sein häufiges Hin= und Herziehen erklärt.

Wegen seiner Drucke habe ich noch hinzuzufügen, daß die S. 158 aufgestellte Vermuthung, durch die Worte:

Dar druckt men denne nedden vnder
Eynen affgod effte eyn meerwunder,

werde auf die Michaelisbrüder und Marschal gezielt, da erstere

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 161 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den Erzengel Michael, letzterer eine Meerjungfer als Druckerzeichen gebrauchten, wenigstens bei erstern nicht zutrifft, da 1519, wo das Buch gedruckt ward, zu Rostock noch Alles katholisch war, selbst Joachim Slüter erst 1523 daselbst protestantisch zu predigen begann, folglich von dem Erzengel gewiß nur mit der größten Verehrung gesprochen wurde, sodann auch, weil der Erzengel kein Abgott war, wie mir denn auch kein Beispiel bekannt ist, daß selbst der eifrigste Protestant den Erzengel zum Abgott gestempelt haben sollte, welchen Ausdruck vielmehr die Zeloten nur von wunderthätigen Bildern gebrauchten, insofern nicht die ursprüngliche Bedeutung gemeint ist.


"Der Seelen Trostspegel. - Tho Rostock dorch Ludowick Ditz. Anno 1519." - Dieses weder in der Buchdruckergeschichte, noch in den Nachträgen erwähnte Werk führt Nicol. Gryse in seinem "Spegel des Antichristischen Pawestdoms vnd Luttherischen "Christendoms etc. . Rostock dorch Steffen Müllman, 1593", wiederholt an, z. B. Bogen Ji und Oo.


Zusatz 1.

Ob trotz des 1505 abgeschlossenen Vertrages wegen des verdener Breviers (vgl. oben S. 157) dieses zu Stande gekommen sei, muß weiterer Forschung anheimgestellt bleiben (vgl. S. 163). Jedenfalls hätte die Zahl der Exemplare nicht ausgereicht, und das wäre freilich bei dem großen Umfange der verdener Diöcese nicht auffallend. Das aber steht fest, daß das Brevier 1516 zu Basel aufgelegt ist, von welcher Ausgabe der Generalsuperintendent Pratje (vgl. sein "Altes und Neues aus Bremen und Verden", I, S. 109) die zweite Hälfte besaß. Der Titel ist: "Enchiridion seu breviarium secundum morem insignis ecclesie Verdensis nec non totius diocesis novissime impressum, emendatum" etc. . - Am Schlusse: "Basilee in officina Magistri Jacobi Pfortzensis etc. ., Anno etc. . Milles. quingent. dec. sexto".


Zusatz 2.

"Rosarium Mariae tho Rostock gedrucket Anno 1517". - Durch wen? steht zu näherer Untersuchung. In der Buchdrucker=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 162 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geschichte so wenig, wie in den Nachträgen ist dieses Werk aufgeführt. Gryse a. a. O., Bogen Rr, hat aber bei Anführung einer Stelle daraus obige Nachricht.


3. Buchdruckerei der Michaelisbrüder.

Die (Bd. XII, S. 503) aufgestellte Vermuthung, in dem Buche von "den drei Strengen" seien die Anfangsbuchstaben vielleicht in Folge des Sturmes, der über dasselbe gleich bei seinem Erscheinen hereinbrach, unausgefüllt geblieben, ist eine irrige, da ich dieselbe Erscheinung auch in vielen Exemplaren älterer Kirchenväter, selbst in den unschuldigsten Missalen gefunden habe. Es ist also lediglich Nachlässigkeit des Besitzers der Grund davon.


zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Nachtrag

vom

Archivar Dr. G. C. F. Lisch.


Die Buchdruckerei der Michaelisbrüder zu Rostock.

ist nach der Aufhebung des Klosters wahrscheinlich in Rostock geblieben. Noch im J. 1572, also 50 Jahre später, hat eine wahrscheinlich in Rostock nachgedruckte Flugschrift:

Ein bewechliche Demonstration zu lob v n mit Querstrich ehrn des durchleuchtigsten Hochgebornen F ue rsten vnd Herrn Wilhelm, Princen zu Oranien u. s. w.

am Schlusse mit der Bezeichnung:

Gedruckt vth eynem Gedruckten exemplar, dat gedruckt ist gewest tho Nedder Wesel am Ryn.

auf der letzten Seite das zu Jahrb. IV, S. 44, und Lithographie I, 5, abgebildete große Druckerzeichen der Michaelisbrüder, einen großen Holzschnitt, den H. Michael auf einer Weltkugel darstellend, wie er mit Kreuzstab und Schwert den Drachen überwindet. Der Holzschnitt ist zwar schon etwas abgenutzt, aber doch noch immer kräftig und deutlich.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 163 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zweiter Beitrag

vom

Auditor Dr. Möhlmann.


Eines der seltensten, vielleicht nur in dem einzigen mir vorliegenden Exemplare erhaltenen Werke sind die:

Statuta sy
nodalia diocesis Ver-
densis innouata et con-
firmata per Reuerendissimum ac illu-
strem et altigenitum Principem et d n mit Querstrich m
d n mit Querstrich m Cristophorū sctē Breme n mit Querstrich Archi-
episcopū, et Verde n mit Querstrich ecclesiarū admini-
stratorē perpetuū Brunswice n mit Querstrich et Lu-
neburge n mit Querstrich ducatuum ducem. etc. de
consensu Capituli sui dicte
Verdensis ecclesie.

Am Schlusse:

Impressum Rostochii per
Ludouicum Dietz, sub anno a Natiuitate
d n mit Querstrich i M. CCCC XXIII . Die vero. XXVIII .
Mensis Augusti.

Auf der letzten, sonst leeren Seite steht das in Jahrb. IV, S. 183 - 184 beschriebene Druckerzeichen, mit der Umschrift:

Canis lapidem etc. . - Das Ganze enthält 7 1/2 Bogen, da der letzte Bogen G anderthalb enthält und deshalb bis zu Gv bezeichnet ist; das Format ist 4 to , nicht, 8 vo ,wie irrig in (Pratjes) Altem und Neuem aus den Herzogth. Bremen und Verden, Stade, 1769, I, S. 111, angegeben wird, obgleich der Verfasser selbst hinzusetzt: "Dis kenne ich blos aus der Anführung in Just. Joh. Kelpens Anmerk. über einen Ablasbrief. [Hannover 1723.] S. 63". - Bis pag. 28 incl. ist Alles paginirt, sodann folgt noch ein 4 Seiten langes Register.

In dem vorliegenden Exemplare fehlt der Bogen F., der handschriftlich ergänzt ist, und ist aus dem Nachlasse des bremischen Geschichtsfreundes, des Predigers Schlichthorst, in die seit 1838 durch den Herrn Generalsuperintendenten Köster begründete Predigerbibliothek zu Stade gekommen.

Den Anfang bildet - und zwar schon auf der Rückseite des Titels - ein Publicationspatent: "Cristophorus etc. . - -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 164 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Uniuersis" etc. .: Es seien zwar von seinen Vorgängern allerlei Synodalgesetze gegeben, indessen "non absque multis incommodis nec sine animarum periculis in contemptum et desuetudinem venerunt" etc. . In der Fürsorge für das Seelenheil seiner Untergebenen habe er daher diese mit Einwilligung des Domcapitels erneuert und nach den Zeitbedürfnissen verbessert, "ac denuo arte impressoria excussa, per nostram diocesim vbilibet publicandas. - - Et vt nullus eorundem ignorantiam pretendere, et per hanc se excusare possit. Similiter volumus et mandamus sub excōmunicatiōis et decē florenorum penis. Quas premissa tamen duodecim dierum monitione canonica pro omni dilatione, rebelles et cōtrauenientes incurrere decernimus per psentes ipso facto, quatenus intra eosdem duodecim dies a die publicatiōis presentium computandos oēs, et singuli quarūlibet collegiatar. vel parrochialium Ecclesiarum in nostra Diocesi consistentiū Prelati et pastores curam animarum habentes, debeant, et quilibet eorum debeat. Exemplum aliquod dictarum constitutionum Impressum, ab Officiali nostro ad hoc in oppido Luneburgensi residenti (precio eciam tolerabili per nos statuendo) sibi comparasse et emisse etc. . - - - Datum et actum in Luneburgo in monasterio Minorum de obseruantia. Anno d n mit Querstrich i Millesimoquingentesimo vigesimotercio".

Sodann folgen die Statute unter der Anrufung der heiligen und ungetheilten Dreieinigkeit, Vaters, Sohnes und heil. Geistes, "ac tocius Curie celestis triumphalis Amen", schon früher publicirt von Bischof Johann (wahrscheinlich dem 3ten, † 1472), und sodann unmittelbar darauf von Johann III. der Befehl, daß die Statute in allen Kirchen der Diocese stets vorhanden sein sollen, (habeantur conscripti vel impressi, et in choro seu sacristia iaceant, sic vt patere possint cuilibet legere vel videre volenti).

Uebrigens sind die Statute der verschiedenen Bischöfe in ein gewisses System gebracht und bei der Ueberschrift auch diejenigen genannt, von denen sie ausgehen.

Sonst gehen die Statute bis p. 20, wo "Copia statutorum Karoli imperatoris quarti" anfängt; p. 21 folgt: "Confessio in vulgari" (d. i. plattdeutsch), dann p. 23: "Casus papales und p. 27 Casus episcopales".

 

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 165 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XI.

Ein Lied

auf

den Herzog Georg von Meklenburg

vor Magdeburg,

mitgetheilt vom Auditor Dr. Möhlmann zu Stade


I n meiner Bibliothek befindet sich eine im J. 1566 gebundene Sammlung von Meisterliedern, die in jener Zeit als fliegende Blätter verbreitet wurden. Im Ganzen sind es 82 Stück, die, außer mehreren Gebeten, 143 Lieder enthalten, sämmtlich sehr selten, weshalb ich auch diesen Band für einen der größten Schätze meiner Sammlung halte. Die Geschichte des Kirchenliedes besonders kann daraus den größten Gewinn ziehen, aber auch andere Fächer sind keinesweges ausgeschlossen, da trotz des bloß kirchlichen Sinnes Manches darin vorkommt, was zwar diesen Charakter trägt, nichts desto weniger aber der Zeit= oder Provinzialgeschichte angehört.

Ohne auf weitere Angaben hier mich einzulassen, bemerke ich nur, daß der Titel eines jener Flugblätter ist: "Fünff newe Lieder, von der Löwlichen vnnd Keyserlichen freyen Statt Magdeburgk, vnd jrer schweren Belagerung" etc. . Ort, Jahr, Drucker sind nicht angegeben. Das umständlichste ist das auf den Herzog Georg bezügliche und deshalb theile ich dasselbe hier mit. Es lautet:

Das Ander.

Nun hört von mir ein New gedicht
wie vns der Bapst hat zugericht,
ein spiel inn Deutschen Landen,
zu erkülen sich jm Deutschen blut,
Gott machte inn bald zu schanden.

Do man schreib tausentfünffhundert Jar,
vnnd funfftzig ein verdampte schar,
der Gotlosen Papisten,
vor Braunschweig sich gelagert hat,
mit viel der falschen Christen, Ja Christen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein argen list hat man erdacht,
das man die Feind von dannen bracht,
ziehet hin jr frommen Leute,
bey Magdeburgk ist ein schönes Land,
da kriegt jr gute beute, Ja beute.

Hertzog Jörg von Mechelnburgk,
der zog bald hin vor Magdeburgk,
die Christen zuvertreiben,
wir dancken Gott von Himelreich,
er must vns lassen bleiben, ja bleiben.

Die armen Pauren schlug er seer,
darnach hat er kein glück nicht mehr,
hat jmmer abgenommen.
biß das er selbs mit den Reuttern sein,
in Magdeburgk ist kommen, Ja gekommen.

Bey hundert Pferdt hat man erlegt,
dasselb hat jn so hart bewegt,
er wolt den schaden rechen.
darumb reyt er den feinden zu,
vnd wolt sie all erstechen, Ja stechen.

Gott gab jnn bald in vnser hand,
Das daucht jm nicht ein kleine schand,
es soll noch besser werden,
wir preisen dich von Hertzen Herr,
Gott himels und der Erden, Ja Erden.

Die Thumherren sind mit jn jrem Rath,
zu schanden worden vor der Statt,
die Junckfraw wolten sie schenden,
Gott hat die Junckfrawen in seiner hut,
wird sich von jr nicht wenden Ja wenden.

Sie wolten Gotts Wort Rotten aus,
vnd stossen gar zur wellt hinaus,
darzu die frommen Christen,
die falschen Christen vnd Müniche knecht,
die gottlosen Papisten, Ja Papisten.

Magdeburk die werde Statt,
viel vngeratener kinder hat,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Adel auff dem lande,
der Mutter nicht wil gehorsam sein,
ist jn ein grosse schande, Ja schande.

Den Junckhern ists ein grosse schandt,
das sie jr eigen Vatterlandt,
verraten vnd verderben,
drumb wird sie Gott außrotten gar,
mit allen jren erben, Ja erben.

Gotts Wort sie wöllen leiden nicht,
darumb hat Gott die bösewicht,
verendert vnd gefangen,
sie haben verdienet schwert, galgen vnd raht,
darnach jnn thut verlangen, Ja verlangen.

Der Engel Gottes stund vns bey,
vnnd fürt vns durch zwey Läger frey,
jnns dorff großen Otterßleuen,
Gott sprach ich will die Mörder bald,
in ewer hende geben, Ja geben.

Sie mainten es wer ein Faßnachtspil,
weil sie den vnser sahen viel,
inn weissen hembden kommen,
als sie vernamen es were kein schimpff,
da schlugen sie die drummen, Ja drummen.

Die Magdeburger sprachen das Gott walt,
die feind sie vberfielen bald,
der ward gar viel erstochen,
vom Fewer feind jr viel auch erstickt,
So hat sich Gott gerochen, Ja gerochen.

Man vberfiel sie bey der nacht,
vnd hielt mit jn ein finstere schlacht,
wer Man am tag herkomen,
Man het die Thumbherren funden dar,
vnd het sie mit genomen, Ja genomen.

Das Interim hat man dieselbe nacht,
in weissen hemden gen Magbeburk 1 ) bracht,
drumb werden die Papisten


1) Dieses b in Magdeburg steht so im Originale.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mit vns hinfürt zu friden sein,
sampt den Adiaphoristen, Ja Adiaphoristen.

Die Feindt hatten sich vermessen gar,
sie wolten für dem Newen jar,
hin her gen Magdeburg kommen,
das sein sie grosse Propheten gewest,
vnd haben recht vernomen, Ja vernomen.

O Gott von Himel du bist gerecht,
zu füssen lieffen der Junckfrawen knecht
vnnd kamen widergeritten,
sie kamen auff Rossen hergedrapt,
Nach Edelmannes sitten, Ja sitten.

Am Freitag vor Sanct Thomas tag,
früh ist geschehen die Niderlag,
des Bapsts verloren Kinder,
Man treibt sie zur Satt 1 ) hinein,
gleich wie die schwein vnd Rinder, Ja Rinder.

Des negsten tags darnach so bald,
der Fürst kam auch in vnser gewalt,
er wardt bey tag geschlagen,
die Burger tasten jnn freidig an,
das wolt jm nicht betagen, Ja bethagen.

Er sprach jr Landßknecht nembt meiner acht,
das Ich nicht werd vmbs leben bracht,
vnd thut bey mir das beste,
also kamen sie zur Statt hinein,
wilkomen jr lieben geste, Ja geste.

Wir waren kaum fünfftzig Reuter starck,
da sieht man Gottes wunderwerck,
es geschach so gar behende,
die Landeßknecht warn sehr freidig darzu,
vnd brauchten jre hende, Ja hende.

Die Pfaffen knecht für kurtzer zeit
haben vor Magdeburg inn dem streit,
einen schaffstall abgewunnen,
dagegen die von Magdeburgk,
jren Pferdtstal vberkomen, Ja kommen.


1) Statt: Statt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Feindt nicht viel gewunnen hat,
den Gott ist bey der Junckfrawen Statt,
vnnd wird sie noch baß rechen,
an seinen Feinden allzumal,
jr macht wird er zurbre 1 ), Ja zerbrechen.

Darumb danckt Gott von Himelreich,
ein jeder auch bekere sich,
vnd führe ein Christlich leben,
So wird vnns Gott verlassen nicht,
seinen segen geben, Ja geben.

Der vns diß Liedlein hat gemacht,
der fragt nicht viel nach der Feinde pracht,
er weis Gott wird sie stürtzen,
die jr Vatterland verraten hand,
jr leben wird Gott kürtzen, Ja kürtzen.

Der Meister ist vielen wol bekandt,
lieblich on falsch ist er genant,
verjagt von den Intermisten,
Gott helff seiner armen Christenheit
vnd stürtz seiner falschen Christen, Ja Christen.

Dem Titel nach ist obiges Lied: "Im thon, Es gehet ein frischer Sommer daher" zu singen.


Der Herzog Georg fiel bekanntlich im Jahre 1552 vor Sachsenhausen bei Frankfurt. Bei von Fichard (Frankfurtisches Archiv für ältere deutsche Literatur und Geschichte. Frankfurt a. M. 1811. I, S. 140 etc. .) werden zwei alte Lieder von der Belagerung Frankfurts und Sachsenhausens mitgetheilt, von dem letzteres den Tod des Herzogs berichtet, und so weit es hierher gehört (S. 147 - 148), so lautet:

1.

Weiters so last euch sagen
Sachsenhausen ward berenth
Wohl an einem Dienstage
Deß frewet uns allesambt
Begunten heftig zu schießen auch
Zu schanzen fiengen sie an
Scharmitzelten nach Landsknechtsbrauch
Verlohren manchen Mann.


1) So im Originale beim Abbruch der Zeilen, das "chen" fehlt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2.

Es ward ihm abgeschoßen
Von Meckhelburg der Herzog wohlgebohrn
Daß hat den Marckgraven verdroßen
Verhieß sich vor iedermann
Sachsenhausen zu schleiffen gar
Keinen Stein auf dem andern zu lahn
Undt stehn in großer leibesgefahr
Beidt Weib und auch die Mann.


Nachschrift. So eben ersehe ich aus dem ersten Jahresberichte (1836. S. 31), daß bereits Bibliothekar Böhmer auf obiges Lied aufmerksam gemacht hat. Die Fassung daselbst ist nicht genau und deshalb bemerke ich, daß bei von Fichard nur zwei Lieder, die beiden andern aber bei von Lersner (nicht Larsner) stehen.


Anmerkung. Rathmann sagt in seiner Geschichte der Stadt Magdeburg (Magdeburg 1803. III, S. 608): "Geschichtschreiber und Dichter, selbst im Auslande wetteiferten mit einander, diese ruhmvolle Vertheidigung Magdeburgs zu erheben, und sie ihren Zeitgenossen und der Nachwelt bekannt zu machen." Vergleicht man nun aber S. 563 (Anmerkung) damit, so ergiebt sich, daß ihm nur das lateinische Gedicht des Petrus Lotichius bekannt war, was um so mehr auf die außerordentliche Seltenheit obiger Lieder schließen läßt.

Zur Erläuterung des Vorstehenden möge hier noch Rathmanns Erzählung folgen. Es heißt bei demselben S. 576:

Als sich nun am folgenden Morgen (1550, 20. December) Prinz Georg von Mecklenburg im Felde zeigte um den erlittenen Schaden und Schimpf zu rächen: so griff ihn ein Corps der Besatzung zu Fuß und zu Pferde so tapfer an, daß sie seine Reuterei völlig in die Flucht schlugen und ins Lager vor Diersdorf jagten. Ihn selbst aber, da er mit dem Pferde stürzte, und verschiedene Wunden bekommen hatte, nahmen sie, nach einer verzweifelten Gegenwehr, nebst verschiedenen Edelleuten gefangen. Als man ihn aber zum Thor hineinbrachte, wollten die Weiber, welche ihre Männer in der Niederlage bey Hillersleben eingebüßt hatten, ihn als den Urheber davon todtschlagen, und kaum konnten ihn die Bürgermeister, die ihn gleich am Thore in Empfang nahmen, vor dieser weiblichen Wuth schützen. Unter unglaublichem Zulauf und Gedränge des Volks führte man ihn aufs Rathhaus, und dann in sein Quartier. Er blieb in der Stadt, im Lindwurm, in anständiger Verwahrung, bis er nach aufgehobener Belagerung wieder in Freiheit gesetzt ward. Man kann leicht denken, welche Freude es in der Stadt machte, daß man den nächsten Urheber ihrer jetzigen Noth, gefangen genommen hatte. Man that Freudenschüsse von Thürmen und Wällen. Man läutete mit allen Glocken, auch mit der großen Glocke des Doms, welche seit drei Jahren nicht gebraucht worden war, und ließ alle Thurmuhren wieder schlagen, welche seit drey Wochen nicht geschlagen hatten, um das Zeichen der Sturmglocke desto merkbarer zu machen".

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XII.

Miscellen und Nachträge.


1.
Ueber die Inschrift von Althof.


D ie in den Jahrbüchern wiederholt behandelte, wichtige Ziegelschrift auf die Fürstin Woizlava in der Kapelle zu Althof hat ununterbrochen die Aufmerksamkeit vieler Forscher auf sich gezogen. Schon bei der ersten Bekanntmachung der nicht zahlreichen Ziegel=Bruchstücke in den Jahrb. II, S. 28 flgd. gelang es mir, den Inhalt der Inschrift aus den Ziegelbruchstücken festzustellen. Seitdem war die Inschrift ununterbrochen der Gegenstand der Verhandlung zwischen mir und vielen entfernt wohnenden Freunden. Im J. 1849 glückte es dem Herrn Professor Dr. Wiggert in Magdeburg zuerst, in den Ziegelbruchstücken die Reste von leoninischen Hexametern zu erblicken (vgl. Jahrb. XV, S. 166 flgd.). Jetzt konnten die Steine mit mehr Sicherheit geordnet, mit andern Inschriften in leoninischen Hexametern verglichen und leichter ergänzt werden. Ich konnte schon damals mit Sicherheit annehmen, daß die Steine, mit Einschluß der zweifellosen Ergänzungen, also zu ordnen seien:

Anno milleno d Ergänzung
Quo magn[us — — e] virgine [n]ascitur Ergänzung
Claustri fun[da]trix Woizlav terre [do]minatrix
Fulta fide m[ulta est hic in pac]e sepulta.

Jetzt wurden die freundschaftlichen Correspondenzen noch lebhafter. Von vielen Conjecturen für den zweiten Hexameter behielt die des Herrn Professors Dr. Deecke zu Lübeck die Oberhand. Der erste Hexameter mußte die Jahreszahl enthalten. Nun ward die Inschrift in der Kapelle zu Althof theils in den Original=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ziegelbruchstücken wieder eingemauert, theils in den Ergänzungen, auf ausdrücklichen Befehl Sr. Königl. Hoheit des Großherzogs, nur durch Malerei gegeben in folgender Weise (vgl. Jahrb. XIX, S. 145):

Inschrift

Der Inhalt war mit Sicherheit gewonnen, auch die Form hergestellt. Jedoch ließ sich nicht leugnen, daß, wenn auch dem mittelalterlichen, leoninischen Hexameter manche Freiheiten gestattet sind, die Quantität in der zweiten Hälfte des ersten Hexameters

Inschrift

nicht richtig war. Ferner waren zwei Ziegelbruchstücke mit den Sylben e c I e und D A der Inschrift nicht eingefügt, da sie nicht untergebracht werden konnten. Schon dem Professor Dr. Schröter zu Rostock war bei der Entdeckung der Inschrift im J. 1822 das D nach den Buchstaben ILL e N OD sehr anstößig, und der Stein mit e c I e konnte von Niemand befriedigend gedeutet werden.

Nachden nun die Inschrif durch alle diese unablässigen Bemühungen der völligen Wiederherstellung ziemlich nahe gebracht und der Weg bedeutend geebnet war, machten zwei Gelehrte zu gleicher Zeit und vollig unabhängig von einander die Herstellung der Inschrift zum Gegenstande ihrer besonderen Bemühungen und sandten dem Verein Erklärungen, welche ziemlich mit einander übereinstimmen und das Rechte getroffen haben scheinen. Der Herr Archiv=Secretair Dr. Grotefend zu Hannover und der Herr Professor Dr. Julius Wiggers zu Rostock sandten dem Vereine folgende Wiederherstellungen.

Der Herr Dr. Grotefend gab folgenede Erklärung, welche auch in den dem Correspondenz=Blatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichtsvereine, Jahrg. III, 1855; Juli, Nr. 10, S. 91, gedruckt ist:

Inschrift
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 173 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Herr Dr. J. Wiggers giebt am 5. Septbr. 1855 folgende Lesung:

Inschrift

Der Herr Dr. Grotefend hat die beiden Bruchstücke e c I e und D A untergebracht und das Versmaaß hergestellt. Er liest den ersten Hexameter also:

Inschrift

d. h. im Jahre eintausend (1000) zehnmal sechszehn (160) und zwölf (12), d. i.=1172. Es läßt sich nicht in Abrede nehmen, daß im Mittelalter dergleichen Umschreibungen der Jahreszahlen sehr häufig vorkommen und daß in dieser Conjectur die Quantität gerettet ist.

Der Herr Dr. Wiggers liest:

Inschrift

Anno milleno decies (C =) ce bis (I =) i que septeno

Es läßt sich auch hier nicht leugnen, daß in den leoninischen Hexametern des Mittelalters häufig die Ziffern einzeln eingereihet werden, welche dann als Buchstaben so zu lesen sind, wie wir die Buchstaben lesen 1 ), also C wie ce und I wie i. Wiggers hat grade so, wie Grotefend, die Sylben e c I e in decies, was jetzt gewiß richtig ist, untergebracht, aber in der Quantität, z. B. septeno und ce, gefehlt, wenn er auch seine Anordnung zu entschuldigen strebt. Ueberdies scheint mir auch die Wahl der Ziffern nicht glücklich, vielleicht nicht einmal richtig zu sein. Wiggers nimmt nämlich an, daß decies und septeno zusammengehören sollen, also: Anno milleno (1000) C (100) decies septeno (70) bis I (2). Jedoch scheint mir dieser "Nothbehelf" etwas zu künstlich zu sein. Jedenfalls scheint aber auch Wiggers die Sylben e c I e richtig untergebracht zu haben.

Ich möchte daher für den ersten Hexameter der Conjectur des Herrn Dr. Grotefend den Vorzug geben.

Den zweiten Hexameter möchte ich mit Grotefend so lassen, wie Dr. Deecke ihn gebildet hat. Der "Löwe" (leo) vom


1) Vgl. Jahrb. XIX, S. 389.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 174 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Stamme Juda steht dem "Lamme" (agnus) nach meiner Ansicht besser gegenüber, als der König (rex) nach Wiggers Conjectur. - Auch scheint mir die von Wiggers versuchte Einfügung von D A tur (sc. mundo oder hominibus) im zweiten Hexameter nicht ganz glücklich zu sein, da das Wort nascitur hinreichend ist. Auch hier scheint es mir besser, das Wort datur, welches auch Grotefend annimmt, in den letzten Hexameter statt est zu setzen, obgleich der Hiatus in der Cäsur leoninischer Hexameter wohl erlaubt sein dürfte. Das von Wiggers conjecturirte Wort fuit im letzten Hxameter gefällt mir nicht so gut. Ich bemerke hiebei, daß man versucht sein könnte, die Sylbe D A in das Wort fundatrix einzuschieben, in welchem die Sylbe fehlt; aber die Form des Steins, welcher die Sylbe D A enthält, paßt durchaus nicht in die Formen der Steine, welche die Sylben FV N und t RIX enthalten.

Ich würde daher mit Grotefend übereinstimmen und lesen:

Inschrift

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 175 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2.
Zur Geschichte des Bisthums Schwerin.

In den Jahrbüchern X, S. 194 flgd., und XV, S. 168 flgd., sind über das Bisthum Schwerin Nachrichten mitgetheilt, welche sich in heimischen Archiven nicht finden, und um so schätzenswerther sind, als bekanntlich die Mehrzahl der Urkuden des Bisthums verloren gegangen ist. Seitdem habe ich aus anderen verborgenen Quellen noch interessante Nachrichten gesammelt, und theile diese für einen dereinstigen Bearbeiter der Geschichte des Bisthums Schwerin mit. Namentlich sind unter diesen die Auszüge aus dem Memorialbuche des lübecker Domes von Wichtigkeit, welche mir durch die freundliche Bereitwilligkeit des Herrn Professors Dr. Deecke zu Lübeck mitgetheilt sind. Dieses Memorialbuch, welches jetzt auf der Bibliothek zu Lübeck aufbewahrt wird, ist am Ende des 15. Jahrh. nach ältern Originalien durch den Domherrn Henning Osthusen, wie es scheint zu seinem Privatgebrauche, zusammengestellt, geschrieben und fortgeführt.


a. Nachrichten zur Geschichte des Bisthums Schwerin,

gesammelt

vom Archivar Dr. Lisch zu Schwerin.

zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der schweriner Bischof Albrecht von Sternberg,
1356 - 1363,

zuerst Domherr zu Olmütz, darauf Bischof zu Loitomischl und Erzbischof zu Magdeburg und zuletzt wieder Bischof zu Loitomischl, starb am 14. Januar 1380 und liegt in der Pfarrkirche zu Sternberg in Mähren begraben; vgl. Wolny Markgrafschaft Mähren, Bd. V, S. 737. (F. W. Kretschmer zu Berlin.)

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der schweriner Bischof Rudolph II. von Anhalt,
1363 - 1365,

von welchem gar keine Urkunde bekannt ist, kam vielleicht nie in sein Bisthum; er starb im Fürstenthume Anhalt und ward zu Coswig begraben. Hederich sagt in seinem Index annalium ecclesiae Sverinensis (einem Register der Capitel=Matrikel);

"Rodolphus II episcopus Suerinensis succedit Alberto, mortuus sepelitur Coswigae in Anhaltino".

Vgl. Schröder P. M. I, S. 1418.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 176 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sedisvacanz des Bisthums Schwerin,
1365.

Nach dem Tode des Bischofs Rudolph II. von Anhalt war noch am 18. Nov. (in profesto Elisabeth viduae gloriosae) 1365 Sedisvacanz; es war an diesem Tage

"Hinricus de Bulow, archidiaconus Tribuses in ecclesia Suerinensi, administrator in spiritualibus et temporalibus eiusdem ecclesiae "uacante sede episcopali per capitulum eiusdem Suerinensis ecclesiae specialiter deputatus".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber den schweriner Bischof Potho,
1381 - 1390,

welcher vorher Bischof zu Münster war (1379 - 1381), sagt die Fortsetzung der münsterschen Chronik des Bichofs Florenz von Wevelinghoven in den Geschichtsquellen des Bisthums Münster, herausgegeben von Dr. Julius Ficker, Bd. I. Münster, 1851, pag. 72:

"XXXVII. Potho de Pothensten, nacione Bohemus. Huic per Urbanum sextum papam fuit provisum. Et veniens cum magna comitiva Bohemorum per quosdam armigeros prope Hammonem fuit invasus et ipse vix evasit. Et per capitulum et cives liberatus est, cum magna reverencia receptus, intronizatus et circumductus. 1 ) Et quia morum hominum et terre ignarus erat, ex persuasionibus aliquorum ecclesiam voluit obligare. Ad quod capitulum consentire noluit, unde se capitulo opposuit et capitulum se sibi. Et tandem translatus ad ecclesiam Swerinensem recessit 2 ), relinquens castrum cum opido Horstmaer in manibus comitis de Hoya, pro cuius liberatione multe expense fiebant 3 ). Et ipse festum divisionis apostolorum instituit.

"Providus ex toto non fuit iste Potho."

"1) 1379. Apr. 9. stellt Potho die erste Urkunde als Bischof von Münster aus. Doch erscheint Heidenrich Wulf noch April 27. in der Sühne mit dem Grafen von Bentheim als Stiftsverweser etc.
2) 1381. Apr. 28. stellte er noch eine Urkunde als Bischof von Münster aus etc.
3) 1382. Apr. 3. schloss Bischof Heidenrich einen Vertrag mit Otto von Hoya wegen Lösung Horstmar's".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 177 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sedisvacanz des Bisthums Schwerin,
1419.

Von 1415 - 1429 regierten hinter einander zwei Bischöfe mit dem Namen Heinrich: 1415 - 1418 Heinrich II. von Nauen und 1419 - 1429 Heinrich III. von Wangelin. Die scharfe Scheidung dieser beiden Bischöfe ist in mehrfacher Hinsicht von Interesse. Nach Jahrb. VIII, S. 23, lebte Heinrich II. noch am 8. Sept. 1418. - Am 8. Januar 1419 war jedoch schon Sedisvacanz; es waren nämlich an diesem Tage (dominica die infra octavas epyphaniae):

"Lubbertus Witgheruer et Johannes Lunowe canonici Zwerinenses ac in spiritualibus et temporalibus per capitulum eiusdem ecclesiae amministratores sede vacante specialiter deputati."

Damals war also Heinrich III. noch nicht Bischof.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der schweriner Bischof Gottfried Lange,
1457 - 1458,

stammte aus dem lüneburger Patriciergeschlechte der Langen mit dem halben Bären im Schilde und war der Sohn des Bürgermeisters Heinrich Lange, welcher erst im J. 1466 starb; vgl. Büttner Genealogiae der vornehmsten Lüneburgischen Adelichen Patricier=Geschlechter: "Gottfridus ward Doctor Decretorum zu Bononien, Canonicus zu Lübeck und Schwerin, ward Bischof zu Schwerin, weil er aber ein kräncklicher Herr war, starb er, als er kaum ein Jahr diese Dignität besessen hatte, aetat. 54."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der schweriner Weihbischof Dietrich von Sebaste,
1518,

wird in einer schweriner Urkunde "Thidericus Huls, tituli Sebastiensis episcopus in partibus, Stadensis, ordinis sancti Francisci", genannt. Eben so nennt ihn auch Slagghert in seiner Chronik des Klosters Ribnitz (Jahrb. III, S. 112): "de wigelbiscop tho Swerin broder Dideryck Huls, des ordens Francisci ock eyn broder, van Stade ghebaren."


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 178 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Nachrichten zur Geschichte des Bisthums Schwerin,

gesammelt

vom Professor Dr. Deecke zu Lübeck.


zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Bischof Heinrich I. von Bülow.

Ueber diesen Bischof, welcher, nach der Inschrift auf seinem Grabsteine, am 28. Nov. 1347 starb, hat das lübecker Memorialbuch folgende Aufzeichnung:

fol. 279. "Longini martiris (2. Dec.) obiit dominus Hinricus de Bulow, episcopus Zwerinensis, qui dedit canonicis, eciam liuonibus 2 m. 10 s. 8 d. et vicariis 21 s. 4 d., camp. 2 s. Exponuntur de villa Schurstorpe per collectorem maiorem et sunt modo 4 m. in toto."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Bischof Nicolaus Böddeker,

Ueber den Bischof Nicolaus Böddeker, über dessen Resignirung, Tod (3. Sept. 1459) und Begräbniß in Jahrb. X, S. 195, Nachrichten beigebracht sind, hat das lübecker Memorialbuch fol. 208 folgende Aufzeichnung:

"Reynaldi episcopi (Sept. 3) obiit reuerendus pater dominus Nicolaus Bodeker, primo decanus Lubicensis, deinde episcopus Zwerinensis, Tandem resignans obtinuit prebendam Lub. successoris sui in episcopatu domini Gotfridi Langen in Romana curia et de consensu capituli Lub. graciose curiam canonicalem domini et magistri Johannis Nyenborch tunc immediate defuncti acialem in platea Veghevur iuxta cimiterium ecclesie Lub. situatam, qui dedit promemoria sua canonicis, eciam liuonibus et vicariis 11 marc. redd. in et de curia sua canonicali, nunc autem magistri Wilhelmi Caluen omni anno ad diem presentem persoluendos. Et est sepultus in capella prope armarium ad orientem apud dominum Johannem episcopum sub lapide proprio."

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Bischof Conrad Loste.

Ueber den Bischof Conrad Loste (1482 - 1503) hat das lübecker Memorialbuch zwei Aufzeichnungen:

fol. 163. "Arnulfi confessoris (Julii 18). Consolacio sancti Answeri et sociorum eius, quam reuerendus in Christo pater et dominus Conradus Loste, episcopus Zwerinensis, dotauit, et sunt in advocacia capituli Lub. decem marcarum redditus et apud consulatum Erfordensem 5 marcarum redditus."

fol. 164. "Justi, Arcenii. Memoria parentum rev. patris domini Conradi Losten, episcopi Zwerinensis, pro qua dedit 100 marc. Lub., pro quibus dominus Hinr. Meyg ex curia sua soluit pro dominis canonicis, eciam liuonibus 1 ) et vicariis annuatim 6 marcas. Pars vicariorum reempta est et apud consulatum Lub. pro 2 1/2m. reimposita term. Mich."

fol. 289. "Hermoginis martiris (Dec. 12.) anno 1503 obiit reverendus in Christo pater dominus et dominus Conradus Loste, episcopus Zwerinensis, pro cuius memoria 3 m. inter dominos canonicos ex capella in Ghenyn, modo dominus Bruno Warendorp, et mortuo eodem domino Brunone capella dabit (nunc per eundem dominum Brunonem reformata) fortassis quinque aut sex marcas."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Dompropst Fürst Nicolaus von Meklenburg.

Der Fürst Nicolaus von Meklenburg war 1266 - 1289 Dompropst zu Schwerin und Lübeck. Das lübecker Memorialbuch hat über ihn folgende Nachrichten:

fol. 96 b. "Philippi et Jacobi (Mai 1). Dominus Nicolaus, dux de Mekelenborch, prepositus, dedit canonicis 1 chorum salis sic distribuendum, ita quod ante omnia debent recipi 10 m., quarum 9 m. debent reseruari et distribui ipsa die beatorum Primi et Feliciani (Junii 9), prout


1) Ueber die durch den lübecker Domdechanten Johannes Livo durch Testament fundirten Stellen der Livones vgl. die lübecker Statuten in Westphalen Mon. II, S. 2431.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 180 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ibidem est expressum. Et isto die presenti debet distribui 1 m. inter canonicos, eciam liuones presentes in sequentia celi enarrant. Rectori scolarum et succentori datur de vna m. iuxta ratam sicut dominis. Et quicquid de dicto choro vltra predictas 10 m. poterit prouenire, hodie inter canonicos capitulares presentes distribuatur. Salinarius exponit 15 m. Thezauro nichil datur de illis 15 m. iuxta determinacionem dominorum".

fol. 128. "Primi et Feliciani (Junii 9). Dominus Nicolaus, dux de Mekelenborch, Lub. et Zwerin. prepositus, dedit 9 marcas de uno choro salis recipiendas, provt supra in die Philippi et Jacobi ibi est expressum, nunc hic pro memoria sua distribuendas, videlicet canonicis 4 marcas, de quibus 3 solidi pro victualibus offerendis, et campanario 1 s. exponuntur, et vicariis 2 m. Relique 3 m. diuidentur intercanonicos capitulares presentes loco consolacionum, dummodo chorus salis valeat 12 m., si vero plus, dlstribuatur in dicto festo Philippi et Jacobi, prout ibi est expressum. Salinarius exponet."

Nach diesen beiden Aufzeichnungen war der Gedächtnißtag ("pro memoria sua") des Fürsten und Propstes im Dome zu Lübeck auf den Tag Primi et Feliciani, d. i. den 9. Junii, angesetzt. Der Fürst starb auch nach dem doberaner Nekrologium am 8. Junii (VI idus Junii); vgl. Jahrb. XIX, S. 359. Er mag also in der Nacht vom 8. auf den 9. Junii gestorben sein. Selbstverständlich ist der Sterbetag erst nach seinem Tode in das Memorialbuch nachgetragen, da der Fürst in der Schenkungsurkunde nur im Allgemeinen seinen künftigen Gedächtnißtag setzen konnte.

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Dompropst Heinrich von Bülow.

Heinrich von Bülow war ungefähr 1373 - 76 Dompropst zu Schwerin und Domherr zu Lübeck, z. B. im J. 1376: "Hinricus de Bulow dei gratia prepositus ecclesie Suerinensis et canonicus Lubecensis" (Schröder's Pap. Mekl. I, S. 1498). Das lübecker Memorialbuch sagt fol. 14a:

"Fabiani et Sebastiani martirum (Jan. 20) obiit Hinricus Bulow, prepositus Swe-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rinensis et canonicus Lubicensis, qui dedit canonicis et vicariis 5 m., quarum 2 m. de villa Schutstorpe per collectorem maiorem et 1 m. in Luneborch. Campanario solidum. Sepultus ante armarium quo ascenditur ad chorum."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Dompropst Nicolaus Wittenborch.

Nicolaus Wittenborch war um 1475-1481 Dompropst zu Schwerin und Domherr zu Lübeck. Das lübecker Memorialbuch sagt fol. 20a:

"Octaua sancte Agnetis (Jan. 28.) obiit magister Nicolaus Wittenborch, prepositus Zwerinensis et canonicus Lub., qui dedit pro memoria sua peragenda summe capitalis centum et viginti m., nunc cum venerabili capitulo Ratzeburgensi de anno etc. 18 imposite pro 6 m. Lub. annui census pro solum dominis canonicis 4 m. et pro vicariis 2 m. Sepultus in medio ecclesie prope sedes molendinatorum."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Domdechant Arnold Samervot.

Ueber diesen hat das lübecker Memorialbuch folgende Aufzeichnung fol. 288:

"Victorici martiris (11. Decbr.). Obiit Arnoldus Sameruot, vtriusque iuris doctor, canonicus, presbiter, quondam decanus Zwerinensis, qui dedit canonicis, eciam liuonibus et vicariis 3 m. redd., quos successor suus tenetur soluere de sua curia canonicali Zwerinensi. Camp. 5. Modo episcopus Zwerinensis. Et est sepultus in media ecclesia prope ambonem."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Domherr Dr. Heinrich Gherwe.

Heinrich Gherwe war Dompropst zu Halberstadt, Domdechant zu Dorpat, Domherr zu Lübeck, Schwerin und des Stiftes S. Gangolphi zu Magdeburg. Er starb am 21. Julii (die b. Praxedis virg.) 1474 und liegt im Dome zu Halberstadt unter einer Messingplatte begraben (vgl. Jahrb. XV, S. 170). Daß er auch Dompropst zu Schwerin gewesen sei, wie in den Jahrb. a. a. O. vermuthet ist, ist wohl ein Irrthum, da in der von dem Herrn Professor Wiggert mitgetheilten Nachricht:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Hinricus Gherwe prepositus eccl. Halberstad. et Zuerinensis" wohl zuletzt das Wort "canonicus" ausgelassen ist. Eine Aufzeichnung im lübecker Memorialbuche lautet fol. 166:

"Praxedis virg. (21. Julii). Hic peragetur memoria domini doctoris Hinrici Gherwen, prepositi Halberstad. ac decani Dorpat., necnon earundem ac huius Lub. et Suerinensis ecclesiarum canonici, qui dedit pro memoria sua perpetua et instar Vordis 1 ) annuo obseruanda 200 marc. lub., antea in bonis Stendorp pro decem marcis annuis redditibus impositas, nunc vero soluuntur ex Moysling, pro summa 184 m. 8 solidorum et vnius denarii lub. marc. lub. 8, solidi 11 et den. 7 cum medio obulo. Et restant adhuc ratione eorundem bonorum Stendorp apud episcopum Lub. summe capitalis soluende 75 m. 7 s. et 11 den. facture in futurum censum 2 1/2 m. 4 s. 8 1/2 den. Item dedit adhuc 2 1/2 marcas summam capitalem per modum consolacionis, prout inferius 25 Dec. lacius liquebit".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Domherr Dr. Hartwig von Bülow.

Hartwig von Bülow war Domherr zu Lübeck, Hildesheim, Schwerin und Hamburg. Er starb am 11. Jan. 1490 und ward im Dome zu Lübeck in der S. Rochus= oder Wullenpunds=Kapelle begraben, wo sein Leichenstein noch liegt (vgl. Jahrb. X, S. 195). Das lübecker Memorialbuch sagt fol. 8a.:

"Petri, Seueri et Leoncii (Jan. 11) obiit egregius vir dominus Hartwicus de Bulow, legum decretorumque doctor, Lubicensis, Zwerinensis, Hamburgensis ecclesiarum canonicus, qui dedit 5 marcarum redditus pro centum in Fresenborch, inter canonicos, liuonistas et vicarios equaliter diuidendos. Et est sepultus in capella Wullenpundes sub lapide suo in parte meridionali".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Domherr Dr. Nicolaus Speck,

ein geborner Wismaraner, wird 1494 - 1500 als Domherr zu Schwerin, auch Cantor genannt (vgl. Schröder's Pap. Meckl. Index). Eine Aufzeichnung im lübecker Memorialbuche lautet fol. 232:


1) Vgl. S. 184, in der Mitte, und S. 188, unten.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"Leodogarii episcopi (2. Oct.) obiit dominus Nicolaus Speck, decretorum doctor, Lubicensis, Zwerinensis ecclesiarum canonicus, qui dedit canonicis, eciam liuonibus 4 m. redd. et vicariis 3 1/2 m. redd. Inde dabunt celebrantibus 1 m. in anniuersario eiusdem domini doctoris. Summa capitalis est imposita centum florenis in villa Moyslinch, terminus solucionis occurrit post octauas pasce. Sepultus in medio ecclesie prope ambonem".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Domherr Peter Sadelkow.

Der schweriner Domherr Peter Sadelkow ist im Anfange des 16. Jahrhunderts eine sehr bekannte Person in der Geschichte des Bisthums Schwerin. Das lübecker Memorialbuch hat zwei Aufzeichnungen, in welchen beide Male sein Name verschrieben zu sein scheint, fol. 159 b. in Petrus "Andelkow" und fol. 169 in Petrus "Sadelberch".

fol. 159b. "Diuisionis apostolorum (Julii 15.) obiit Petrus [Sa]delkow, ecclesie Swerinensis canonicus, qui dedit pro memoria sua peragenda 100 marcarum redditus, inde celebrantibus 1 m., reliquum canonicis, liuonibus et vicariis, nunc d. Hinr. Koller."

fol. 169. "Christine virg. (Julii 24). Hic seruabitur memoria venerabilis viri magistri Petri Sadel[kow], Suerinensis et Butzowiensis ecclesiarum canonici, qui dedit pro sua memoria perpetua 5 marc. redditus, inde pro dominis 2 m., similiter pro vicariis 2 m. et pro celebrantibus 16 s. Et est summa capitalis 100 marcarum apud ducem Holsatie de anno 23 imposita, terminus est solucionis trium regum."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der schweriner Domherr Dr. Johann Knutze.

Ueber diesen, der am 3. Junii 1546 starb und dessen Leichenstein in Jahrb. X, S. 196 beschrieben ist, giebt das lübecker Memorialbuch fol. 123 folgende Nachricht:

"Pergentini et Laurentini martirum (Junii 3.) obiit Johannes Knutze decretorum doctor et canonicus Lub., qui dedit canonicis, liuonibus et vicariis 100 m. redditus, modo vicarii ex Schouwenborch".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der bützowsche Domherr Conrad Swarte.

Das lübecker Memorialbuch hat folgende Nachricht fol. 63 b:

"Liudegeri episcopi (März 26) obiit dominus Conradus Swarte, Butzouwiensis et Lubicensis inibi minori prebenda prebendatus ecclesiarum canonicus, qui dedit canonicis, eciam liuonibus et vicariis 5 m. redditus Erfordie. Sepultus in transitu publico apud altare sancti Habundi sub lapide suo".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der rostocksche Archidiakonus Albert Rethem.

Albert Rethem war in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts Archidiakonus zu Rostock; er starb am 7. Sept. 1467 und war sicher der Vorgänger des Archidiakonus Heinrich Bentzin (vgl. den folgenden Artikel). Das lübecker Memorialbuch hat fol. 214 folgende Nachricht über ihn:

"Hilarii pape (Sept. 10). Hic peragatur memoria venerabilis viri domini magistri Alberti Rethem, canonici et cantoris ecclesie Lubic., in decretis licentiati, archidiaconi Rostockcensis, qui obiit anno domini 1467, 7 die mensis Septembris, ad instar memorie quondam domini Nicolai Vordis, vt supra 2 Januarii, et dedit canonicis, eciam liuonibus quinque florenorum renensium redditus in Hemmyngstorpe, de. quibus 8 s. plebano seu cappellano in summo sub turribus pro perpetua sua memoria de ambone in perpetuum facienda, vt moris est. Et seniori cappellano ad beatam virginem dent 12 s. pro simili memoria de ambone, vt premittitur, facienda. Item testamentarii eiusdem dederunt in augmentum dicte sue memorie centum marcas, cum quibus empti sunt 5 m. redd. in Hemmyngstorpe. Iidem testamentarii dederunt centum m. in augmentum duarum consolationum, videlicet Anne et Barbare, cum quibus empti sunt 5 m. cum capitulo Lubicensi. Item dedit vicariis maioris ecclesie 100 m., quas ipsi imposuerunt. Item dedit choralibus 100 m. etc. Item dedit Beken Reynsen matertere sue paupercule 100 m. ad vitam suam et post mortem ipsius ad horas b. Marie virg., et sunt huiusmodi 100 m. impo-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

site in domo Conradi Langen in Luneborch pro 6 m. Item dedit fratribus kalendarum in arena 70 m., quas ipsi imposuerunt. Item dedit vicariis, cappellanis et officiantibus patronalium ecclesiarum sanctorum Petri, Jacobi et Egidii 100 m., quas imposuerunt ipsi. Item dedit vicariis, cappellanis et officiantibus in ecclesia b. Marie virg. 100 m., quas ipsi imposuerunt. Item dedit pro sua perpetua memoria 100 m. in ecclesia Zwerinensi, quas episcopus et capitulum imposuerunt. Et est sepultus in medio ecclesie prope ambonem versus baptisterium".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der rostocksche Archidiakonus Heinrich Bentzin.

Heinrich Bentzin war sicher 1471 - 1477 Archidiakonus zu Rostock und Pfarrer daselbst. Er war dabei lange Zeit herzoglicher Secretarius und zuletzt Rath (vgl. Rudloff Meklenb. Gesch. II, 2, S. 931). Schon am 8. Septbr. 1448 unterzeichnete er, was in Meklenburg selten zu geschehen pflegte, eine Urkunde des Herzogs Heinrich über die Vogtei Grabow mit den Worten: "De mandato domini ducis Hinricus Bentzin". - Das lübecker Memorialbuch fol. 58a hat eine Nachricht über Heinrich "Lentzin", welches ohne Zweifel "Bentzin" gelesen werden muß:

fol. 58a. "Benedicti abbatis (März 21) obiit Hinricus [B]entzin, archidiaconus Rostockzensis et canonicus Lub., qui dedit canonicis, liuonibus et vicariis 10 m. redditus cum G. v. Bulouwen, vicarii respondebunt. Sepultus est versus baptisterium ante ymaginem beate Marie virginis compassionis ad aquilonem".

fol. 14. "Fabiani et Sebastiani mart. (Jan. 20). Ad istud festum solempniter peragendum dominus Henricus Bentzin canonicus dedit ducentas m. redd. cum G. van Bulouwen. Vicarii imposuerunt et emonent".


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Erster Anhang.

Fremde Geistliche aus meklenburgischen Geschlechtern.


Der lübecker Donherr Antonius von Plessen

Ueber den lübecker Domherrn Antonius von Plessen, wahrscheinlich denselben Antonius von Plessen, welcher 1346 Propst zu Friedland war, giebt das lübecker Memorialbuch folgende Nachricht fol. 187:

"Ypoliti et sociorum eius (Aug. 13). Memoria Gherholdi primi episcopi Lub., qui sedem episcopalem transtulit de Oldenborch in Lubeke et obiit anno 1163 isto die in Bozowe, vbi tunc consueuit residere. - Obiit Anthonius de Plesse, canonicus, presbiter, qui dedit canonicis et vicariis 26 1/2 sol. 2 den. redditus de Schurstorpe per collectorem maiorem. Campanario solidum. Sepultus in capella sua, que nunc est doctoris theologie".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der lübecker Domherr Johann von Plessen.

Ueber diesen giebt das lübecker Memorialbuch folgende Nachricht fol. 174:

"Felicis, Simplicii (Julii 29) obiit Johannes de Plesse, canonicus, qui dedit canonicis 2 m. et vicariis 1 m., quas collector maior exponet, et anticipabitur propter festum Marthe. Campan. s. Et est sepultus in capella sua in circuitu chori in latere meridionali sub lapide suo ibidem posito" (Plessenkapelle).

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der lübecker Domherr Johann von Blücher.

Ueber diesen giebt das lübecker Memorialbuch fol. 210 folgende Nachricht:

"Saturnini Ortuliani (Sept. 5) obiit dominus Johannes Blucher can., qui dedit canonicis et vicariis 4 m. 7 s. 7 d. redditus in Brunswick. Camp. s. Sepultus in ecclesia dum itur de armario ad chorum sub lapide suo, qui est medius inter tres ibi iacentes".

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der lübecker Domherr Albert Stralendorf.

Das lübecker Memorialbuch hat folgende Aufzeichnung:

fol. 188: "Eusebii confessoris (14. Aug.). Obiit Albertus Stralendorp, canonicus, qui dedit canonicis et vicariis 4 m., quas suus vicarius hic in ecclesia exponet. Camp. s. Sepultus in ecclesia dum itur de armario ad chorum ad manum dexteram sub lapide suo iacente prope capellam suam continente imaginem sacerdotalem".

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der eutiner Propst Albert Stralendorf.

Das lübecker Memorialbuch hat folgende Aufzeichnung:

fol. 171. "Jacincti. Felicis. Anne matris Marie (26. Julii). Ad consolacionem sancte Anne dedit dominus Albertus Stralendorp, prepositus Vthinensis, canonicis et vicariis 2 1/2 m. redd. in Hemmyngstorp distribuendas in sequencia misse b. Anne. Summi vicarii habent ius, canonici dabunt partem suam succentori et rectori scolarum."

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Zweiter Anhang.

Weltliche aus meklenburgischen Geschlechtern.


Der Ritter Thetlev von Gadebusch.

Ueber den hochgestellten Ritter Thetlev von Gadebusch, welcher in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wirkt und dessen Lebensnachrichten in Jahrb. XIV, S. 83 flgd. zusammengestellt sind, hat das lübecker Memorialbuch folgende Aufzeichnung:

fol. 183. "Romani martiris (9. Aug.). Obiit Detleuus de Godebusse et vxor eius, qui dederunt canonicis et vicariis 3 m. redditus de Sebente" per collectorem maiorem. Camp. s. Et non sunt hic sepulti,"

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Gewaltthätigkeit

des

Ritters Mathias von Axecow

gegen den

lübecker Dompropst Barthold Rike
1436.

Das Memorialbuch des lübecker Domes enthält fol. 192a und 201 folgende interessante Aufzeichnung, welche dem Vereine durch den Herrn Professor Dr. Deecke mitgetheilt ist:

fol. 192a. Octaua Laurencii (Aug. 17). Notandum est, quod anno domini 1436 venerabilis vir quondam dominus Bertoldus Diues, decretorum doctor, huius ecclesie prepositus, postquam in die b. Marie Magdalene sacra obtulerat, diaboli satellites de ducatu Magnopolensi procedentes, ex instigatione diabolica Mathie Axcow militis propter certam causam ecclesie Lub., contra ipsum intentatam in terra Holtzazie non longe a ciuitate Lub. captus ipsumque per varia loca inhumaniter circumducentes, tandem ad castrum Zwan Ottonis Vereggen, castellani eiusdem dyocesis Zwerinensis, transductus et incarceratus, ibidem 18 die mensis Augusti, in die b. Agapiti martiris, miserabiliter extinctus fuit et corpus eius ibidem in ecclesia parochiali sepultum ac demum exhumatum et in sarcophago plumbeo depositum ad ciuitatem Lub. translatum, in ecclesia cathedrali retro caput sepulcri dominici in medio ecclesie 28 die mensis eiusdem in die b. Augustini episcopi et confessoris deflebiliter et deuotitissime cum ympnis et canticis defunctorum repositum atque sepultum fuit. Pro cuius memoria leuauit capitulum 100 marcas de curia prepositure provenientes, cum quibus empti sunt 5 marc. redditus in Luneborch pro solum canonicis. Preterea testamentarii dicti domini prepositi dederunt 3 marcas 2 sol. redd. ex Luneborch; inde 21 sol. recipiantur ad peragendum hodie missam cum sequencia dies ire et aliis, sicut in anniuersario quondam domini Nicolai Vordis. Insuper cuilibet canonico liuoni dari debet vnus sol. Re-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 189 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

siduum vero scil. 27 sol. inter vicarios distribuatur. Eadem die venerabilis prepositus huius ecclesie Lub. pro tempore existens tenetur citare 20 pauperes Christi ipsos ad mensam ponendo et post cibum cuilibet 3 den. Lub. dando pro remedio animi dicti Bertoldi, qui dedit omnibus successoribus suis in prepositura vnam sartaginem nouam ad braxandum, pro qua et ferramentis ad eam necessariis 40 m. exposuit, sicut narrat in suo testamento. Similiter legauit eisdem successoribus vnum caldarium magnum muratum pro vsu stuphe cum sartagine predicta, quam et quod quilibet dominus prepositus Lub. pro tempore existens tenetur conseruare in esse iuxta dictamen venerabilis capituli huius ecclesie.

fol. 201. Ruffi martiris (Aug. 27). Notandum ad perpetuam rei memoriam posteris nostris notificandum, quod auctores miserabilis captiuitatis venerabilis viri quondam domini Bertoldi Diues, huius ecclesie Lub. prepositi, per insidias quorundam satellitum Magnipolensium ac mortis inde subsecute in vinculis castri Zwan, Zwerinensis dyocesis, perpetratarum, vt supra 17 die mensis Augusti plenius habetur notatum. Idem satellites, huiusmodi captiuitatis et necis auctores, optulerunt ecclesie nostre Lubicensi in vim emende, pacis et concordie realiterque persoluerunt duo milia et quadringentas marcas Lub., de quibus reuerendus pater dominus et capitulum eiusdem ecclesie Lub. primo deputaverunt ducentas marcas pro memoria perpetua dicti domini prepositi in translacione sui corporis de parrochiali ecclesia dicti castri Zwan, vbi primo sepultum fuerat, ad hanc ecclesiam nostram Lubicensem translatum et sepultum in die beati Augustini episcopi, 28 die mensis Augusti, anticipanda propter celebritatem eiusdem festi peragendam, cum quibus quidem ducentis marcis empti sunt decem marcarum redditus Erfordie, de quibus vicarii et officiantes huius ecclesie habebunt 4 m. Item 30 scolares pauperes quilibet 3 den., magister scolarium

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

et succentor quilibet 15 et quilibet sociorumscole 6 den. Similiter duo scolares et alii chorales officiacionem non habentes quilibet 6 den., et quilibet vicarius siue officians teneatur offerre 1 den. Residuum vero distribuatur inter canonicos, eciam liuones in vigiliis et missa defunctorum interessentes. Et eadem missa debet solempniter decantari cum illo tractu Dies ire. Insuper prefati domini episcopus et capitulum Lub. de premissis pecuniis deputaverunt mille m. pro duobus beneficiis fundandis in capella noua retro summum altare, de bonis supradicti domini prepositi pro horis beate Marie virg. decantandis constructa. Residuum vero suprascriptarum pecuniarum mille et ducentarum m. versum fuit in vtilitatem ecclesie Lub. loco diuersarum grauium expensarum contra premissos iniuriatores in consilio Basiliensi et in curiis pape et imperatoris, necnon in iudicio Westfalico ac coram domino episcopo Verdensi, commissario hic et in partibus per sacrum Basiliense consilium deputato, in huiusmodi lite factarum, de qua causa confectum est longum registrum in armario huius ecclesie repositum et durauit quasi per tres annos. Et est modo sepultus in capella beate Marie virginis. (In margine: Nota, ista peractio translationis semper intimari debet amicis et consanguineis dicti prepositi.)

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 191 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

XIII.

Urkunden-Sammlung.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 192 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

A.

Urkunden

über

einige dem St. Johannis - Kloster zu Lübek

vormals zugehörig gewesene Besitzungen in Meklenburg und die daraus bezogenen Hebungen,

mitgetheilt

vom

Canzlei - Secretair Dr. G. W. Dittmer zu Lübek.


I. Drieberg , im Kirchspiele Cramon.


Nr. I.

Helmold und Nicolaus, Grafen zu Schwerin, verkaufen dem St. Johannis-Kloster zu Lübek 24 1/2 Hufen in Drieberg, nebst dem Zins von 50 Hühnern und den sonstigen Hebungen, so wie mit der Freiheit von Beden, Diensten oder sonstigen Beschwerungen, für 660 Mk. lüb. Pf., behalten sich jedoch zwei Drittheile vom Rechte an Hals und Hand und die Dienste der Colonen zur Landwehr und zum Burgwerk, bei ergehendem allgemeinen Aufgebot , vor.

D. d. 1281. Mai 21.

Nach dem Originale abgedruckt im Lübeker Urkundenbuch T. I, Nr. 413.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. II.

Helmold und Nicolaus , Grafen zu Schwerin, genehmigen die Uebertragung derjenigen Güter, welche die schweriner Bürger Ludwig von Hasencop und Gerold Müller in Drieberg zu Lehen gehabt, an das St. Johannis - Kloster zu Lübek.

D. d. 1281. Mai 22.

Nach dem Originale abgedruckt daselbst Nr. 414.


Nr. III.

Gunzelin und Heinrich, Grafen zu Schwerin, gewähren dem St. Johannis - Kloster zu Lübek das freie Eigenthum an den 2 Hufen in Drieberg, welche der Marschall Bolte und dessen Brüder dem Kloster verkauft haben, und zwar also, dass dem Kloster daran eben dieselben Rechte wie an den 24 1/2 Hufen zustehen sollen.

D. d. 1300. Febr. 26.

Nach dem Originale abgedruckt das. T. II, Nr. 112., Lisch Urk. zur Gesch. des Geschl. Maltzan T. I, Nr. 41.


Nr. IV.

Gunzelin, Graf zu Schwerin, genehmiget die Uebertragung von 2 Hufen in Drieberg durch Hermann, Ulrich und Johann Bolte an das St. Johannis - Kloster zu Lübek.

D. d. 1300. Mai 24.

Nach dem Originale abgedruckt im Lübeker Urkundenbuch T. I, Nr. 724.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. V.

Vicke Lützow bekennt, vom St. Johannis-Kloster zu Lübek 40 Mk. lüb. Pf. empfangen zu haben, und verspricht dagegen, die Dorfschaft Drieberg, so wie die übrigen Klostergüter im Ratzeburgischen , in seinen Schutz zu nehmen.

D. d. 1348. Aug. 15.

Omnibus ad quos presens scriptum peruenerit, Vicko Lutzowe famulus salutem in domino. Recognosco presencium testimonio constare cupiens, quod reverende in Christo domine abbatissa, priorissa et conuentus monasterii beati ewangeliste in Lubeke ex fauore et speciali amicicia liberaliter mihi dederunt et in numerata pecunia prompte porrexerunt quadraginta marc. den. monete lubicen., propter quod beneficium sic karitative mihi impensum me ad hoc obligo presentibus et astringo, quod ville earum Dryberche et villanis ibidem nunquam dampna aliqua inferre debeam aut facere inferri per meos aliqualiter, sed eandem villam ac villanos tamquam mea, propria bona erga omnes sibi dampna inferre volentes, si qui fuerint, quamdiu vixero, applacitare tenebo, et una cum aliis earundem monialium bonis in terra Raceborgh situatis in omnibus, quibus potero, defendere fideliter et tueri. In cuius rei testimonium meum sigillum presentibus est appensum. Datum anno domini M°CCCXL octavo, in festo assumptionis Marie.

Das Original befindet sich im St. Johannis - klösterlichen Archive 1 ); das vom Pergamentstreifen abgelöset beiliegende Siegel enthält die Umschrift:

Umschrift


1) m Jahre 1371 verpfändet Herzog Albrecht die Bede aus Drieberg an Johann Knop und Berchteheilens Kinder (Jahrbücher des Vereins etc. Jahrg. V., S. 128.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. VI.

Heinrich Westhaff, Propst, Judex und Subconservator der Lübeker Diöcese, durch Delegation von Seiten des Decans Wilhelm von Volkersen, Judex und Conservator der Hildesheimer Kirche, beauftragt, ermahnt die Eingesessenen zu Drieberg, Tiedke Burmester, Henneke Burmester, Arnd Weghener, Lüdeke Brandes , Claus Abelen, Parsowen, Ghereke Rhigerdes, Hermann Detmer, Marquard Tymme, dem St. Johannis - Kloster die Gefälle zu entrichten, und bedrohet die Renitenten mit dem Kirchenbanne.

D. d. 1413. März 24.

Das in Form einer Notariats - Urkunde durch den Cleriker der Ratzeburger Kirche, den kaiserlichen Notar Heinrich von Stove redigirte Original befindet sich im St. Johannis - klösterlichen Archive und enthält, ausser dem Zeichen des Notars, zwei anhangende Siegel, das eine mit der Umschrift:

Umschrift

das andere das des Johannes Ramekowen, unter einem angehefteten Pergamentzettel, worauf bemerkt ist: "Executio est per me Johannem Ramekowen vic. not. in Cremmon publicata de ambone sub ao. domini MCCCCXIII°. dominica Letare, quod attestor sub apposito meo sigillo".


Nr. VII.
1498.

Dryberche habet XXX mans.
et mansus solvit II marc.

It. Claus Samer in loc. Hinrich Hyldebrant IIII mans. pro VIII marc.

dat tantum sex marc. ratione prefecture 1 ). dat XII pullos V lammer et II oues vor II marc.


1) Die Freiheit einer Hufe des Dorfschulzen vom Zins kommt auch in dem Kaufbriefe von Weitendorf auf Poel (Lüb. Urkundenbuch T. II, Nr. 435) vor.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 197 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

It. Tytke Abel habet III mans. pro VI marc.

dat I hon VI top vlas I tegetlam et IX lammer vorI I marc. IX s.

It. Peter Honnowe habet II mans. pro IIII marc.

locus vacat s. Hyldebrant et Tytke Abel habent agrum et cuilibet dat XXIIII s.

It. Hinrieh Wolter habet III mans. et I quarter pro VI 1/2 marc.

dat I pullum VI top vlas II lammer vor VIII s. u. I osse vor XXIIII s.

It. Hinrich Meyger jun. in loc. Claus Abelen sen. habet II mans et I quarter pro IIII marc. VIII s.

dat I hon IIII top vlas I tegetlam II ossen u. I lam vor II marc. noch I lam u. I ouis vor IX s.

It. Pawel Hase in loc. Hinrich Meyger sen. habet I quarter pro XII s.

dat I hon 1/2 top vlas. III s.

It. Lemmeke Tyges habet III 1/2 mans. pro VII marc.

dat XII honer VII top vlas I tegetlam noch X lammer u. I ouis vor III marc. myn II s.

It. Henneke Grotiohan habet III 1/2 mans. pro VII marc.

dat IX pullos VI top vlas II oues pro XII s.

It. Hane Grotjohan in loc. Kersten Samers habet III mans. pro VI marc.

dat I pullum VI top vlas.

It. Claus Abel jun. dat XII pullos.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Register I der Hebungen während der Jahre 1485-1493.


Nr. VIII.
1530.


Dryberge XXX houen.
Claus Samer schulte IIII   houen vor VI Währung .
Hinrich Laurensen IIII   houen vor VI Währung XII s.
Hinrich Werneke. I   quarter vor XII s.
Jochim Flogel. III   houen vor VI Währung .
Laurens Laurensen. III 1/2   houen vor VI Währung VIII s.
Marcus Oldenborch. IIII   ouen myn I quarter vor V Währung VIII s.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 198 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Thies grote Johan III 1/2   houen vor VII Währung .
Hinrick Meyer II   houen vor IIII Währung VIII s.
Marten Thies III   houen vor V Währung VIII s.
Hans Kaphinxst XXIIII   s.
Summe von Dryberge is L Währung VIII s.

De Driberger hebben dyt Jar nichtes gegeuen, wente idt was en durch Hartich Albrechts vaget tho Sweryn Hans Karsteden vorbaden wo ock nu negest vorgangen Jar geschen.

1531.

De pacht von dem XXXI ten Jare hefft Hartoch Albrechtes Kokemester Nicolaus Andree entfanghen vnde my Nicolao Petri weddervmme yn namen myner werdighen Frouwen Alheides Bromsen Ebbedissenn anno XXXV auerantwerdeth, wo dusse nafolgende Quitantie clerlich vormeldet vnde mede bringeth, ludende aldus.

1535.

Wy Alheidis Bromse Ebbedisse, Anna priorissa vnnde gantze versammelynghe des Junkfrouwen Closters Sancti Johannis bynnen Lübeck don wytlick apenbar vor alsweme, dat wy de hinderstellygen pechte tho Dryberge, so vnse gnedige her Hartoch Albrecht dorch sinen kokemester Nicolaus Andree am jungstvergangenen XXXI Jare vpboren vnde enthfangen leth, vnde nu in disseme Jare weddervmme dorch gemelten kokemester dem werdighen vnde achtbaren Hern Nicolao Petri 1 ) Domhern tho Sweryn, vnseme procurator, enthrichten lathenn, weddervmme van ehme, alse van Hern Nicolao Petri tho vuller genoghe vpgeborth vnnde enthfanghenn hebben. Daruan wy eme, deme gemelten Hern Nicolao Petri, vnsem procuratori, quiteren vnde vorlaten yn krafft dysser quitantii schrifft vnnd hebben des tho orkunde vnse pytzier vpt spatium dusses breues wytlickenn doen drucken, datum vp vnsem Closterhaue am Dage conuersionis Sancti Pauli Anno XXXV.

Tho gedenkende dat de Lammer vuste wechstoruen vnnd nicht gesunth weren inn velen ordenn, ock dorsten de Lude myt denn honern, flasse vnnde Lammeren nicht nha Lubke farenn ynn dysser veyde, one was lede dat de Holsten ore perde vnnde wagen myth den guderen


1) Dieser Nicolaus Petri war vorher St. Johannis - klösterlicher Vicar und Klosterschreiber.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 199 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

scholden genhamen hebben gelyck wo anderen luden wedderfarenn ys myt kalenn. So hebbe ick vp de Bede Hans Karsteden M. g. Hern Hartoch Albrechts Vagede vnd der armen lude dyt vorschreuen gelt genhamen; doch wyllen vnde scholen se, de Dribergher, thom andern Jare myt gades Hulpe dat Flas, Honer vnd Lammer nha wanthliker wise nha Lubeck foren vp den Closterhof.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Register der Hebungen während der Jahre 1527-1556, fol. 111 - 113 b. u. fol. 121.


II. Rammekendorf, im Kirchspiele Kalkhorst.


Nr. IX.

Heinrich und Johann Both verkaufen dem St. Johannis - Kloster zu Lübek 10 Vollhufen in Rammekendorpe , mit allen Zubehörungen und zum freien Eigenthume, für 400 Mk. Lüb. Pf., unter Vorbehalt des innerhalb der nächsten 10 Jahre ihnen gestatteten Rückkaufsrechts.

D. d. 1316. Mai 25.

Nach dem Copiarius gedruckt im Lüb. Urkundenb. T. II, Nr. 339.


Nr. X.

Heinrich II., Herr von Meklenburg bestätiget dem St. Johannis - Kloster zu Lübek das Eigenthum an 5 Hufen in Rammekendorpe, welche dasselbe vom Ritter Heinrich Both erkauft.

D. d. 1317. Mai 22.

Nach dem Copiarius abgedruckt daselbst Nr. 346.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 200 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. XI.

Johann und Heinrich Gebrüder Both beurkunden, dass ihr verstorbener Vater Heinrich Both und ihr Oheim Johann Both dem St. Johannis-Kloster zu Lübek 15 Vollhufen in Rammekendorpe, mit allen Zubehörungen und mit der Hebung von 1 Mark Lüb. Pf. aus der Mühle, so wie mit der Freiheit von Beden, Diensten oder sonstigen Beschwerungen , für 400 Mk Lüb. Pf. verkauft und dass ihnen der bereits abgelaufene zehnjährige Termin des Rückkaufs annoch auf drei Jahre erstreckt worden.

D. d. 1327. Febr. 24.

Nach dem Copiarius abgedruckt daselbst Nr. 475.


Nr. XII.

Heinrich II. von Meklenburg, Stargard und Rostock bestätiget diesen Verkauf , mit der besonderen Zusicherung , dass weder dem Landesherrn, noch sonst Jemandem ein Anspruch auf Beden, Dienste oder sonstige Leistungen in Rammekendorpe zuständig sei.

D. d. 1327. Febr. 24.

Nach dem Copiarius abgedruckt daselbst Nr. 476.


Nr. XIII.

Volrad van dem Broke verkauft dem St. Johannis-Kloster zu Lübek seine Hälfte des Dorfes Rammekendorpe., nebst allen Zubehörungen und zum freien Eigenthume , wie solches vorher die Bothe und nach ihnen der van dem Broke besessen, für 475 Mh. Lüb. Pf., und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 201 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

verheisst die Bestätigungs - Urkunde des Landesherrn, Herzogs Albrecht (III.), Königs von Schweden, sobald derselbe der Haft entlediget und zurückgekehrt sein werde, auf eigene Kosten zu erwirken.

D. d. 1392. Jun. 3.

In gades namen Amen. Allen den ghennen, de dessen yegenwardighen bref sen edder horen lesen, begere ick Volrad van dem Broke knape witlick to wesende, Bekenne vnde betughe openbar, dat ick myt rade vnde vulborth myner negesten erfnamen vnde al der ghenen, der ere vulbort darto tho eschende was, hebbe den innyghen closteriuncfrouwen in gode, alse der ebbedissen, priorynnen vnde dem gantzen convente des closters sunte Johannis ewangel. bynnen Lubeck vnde eren vormunderen yegenwardich vnde tokamende vor veftehalvehundert vnde vyf vnde twyntich marck pennynge lubescher munthe, de my wol to myner noghe betalet vnde an mine vnde myner erfnamen nuth vnde behof gekeret syn, rechtlyken vnde redeliken vorkoft, vorlaten vnde vplate myt dessem yeghenwardigen breve myne helfte des gansen dorpes genometh Rammekendorpe belegen in deme kerspele to der Kalckhorst des stichtes Razeborch, myt ackern gebuwet vnde ungebuwet, lande, water, weyde, wissche, broken, toruen, myt richte to manrechte vnde myt aller tobehoringhe, alse desulve helfte des vorbenomeden dorpes in eren lantschede belegen is, also dat se de hebben scolen vnde besitten in ganser vryheyt vnde egendome, alse de Bothe vor vnde ick na aldervrigest yn ghehat hebben vnde beseten, vnde moghen se vorkopen, vorgeven, vorsetten, vorpanden vnde voranderen, in wat personen se willen, geistlick vnde werlick, myne edder myner erfnamen vulborde dar nynerleye wis tho eschede. Ock so schal ick vnde myne erfnamen vnde medelovere nascreven en des vorscreven gudes waren, wanner vnde wo dicke en des behuf ys vnde wi dar to esscheth werde, vnde up vnse eghene arbeyt vnde koste entledyghen vnde entfrygen van ansprake enes yewelken, de vor recht kamen wil. Vortmer wanner vnse gnedige here konynck Alberth van Sweden der venknysse los werth vnde hir over to lande kumpt, edder vnse heren, de ze rechte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erveheren des landes syn, so scal ick vnde wil vnde myne erfnamen dat bearbeyden vnde vortbrynghen up vnse arbeyt vnde koste, alse vorscreven steyt, by den heren, dat se dessen kop vulborden vnde dat desse vorscreven helfte des vorbenomeden dorpes Rammekendorpe erbenomeden gadeshuse van den heren geeyghet vnde gevryet werde. Kunde ick edder myne erfnamen des nicht don, so schal ick vnde myne erfnamen deme gadeshuse dicke genomet de vorscreven veftehalfhundert vyff vnde twyntich marck penninghe wedder gheven vnde bynnen deme halven yare na der tydt, dat se dat van vns eschen, betalen bynnen der stat to Lubeck in pennynghen, alse denne to der tyt genghe vnde gheve syn. Vor alle desse vorscreven stucke vnde eyn iewelk besunderen stede vnde vast tho ewighen tyden tho holdende hebben myt my Volrade hovetmanne vorbenomet mede lavet myt samender hant vnde guden truwen de hir na screven stan: alse her Helmolt van Plesse, ridder, Radeke van dem Broke, myn sone, Radeke, myn veddere, Hinrick Both, Hartwigh Pren, Hennygh Parkentyn, Clawes Parkentyn, Bertram Kule, Herman Pluskowe, also ofte dat so velle dat ienicht gebrek worde in ienyghen stucken, so schole wy alle alse hovetman vnde medelovere vnde eyn yewelick van vns vorghenomet mit samender hant en voreplichtich wesen vul to donde, wanner dat man vns dar to eschende is, des gelick offte yenich van vns vorstorve, in des stede schal man setten enen anderen like truwe werdigen man bynnen dem halven jare, wanner dat men dat esschet. Vnde wi alle vorbenomet alse hovetman vnde medelovere vnde eyn iewelick van vns hebben to tughe vnde merer bewaringhe alle der vorscrevenen stucke vnse ingesegele an dessen yegenwardigen bref ghehenget. Datum in Lubeck Anno domini MCCC nonagesimo secundo, in festo penthecostes.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Pergament - Copiarius fol. 219 b bis 221 b. - Die Gefangenschaft, in welche Albrecht nach dem unglücklichen Ausgange der Schlacht bei Falköping im J. 1388 gerathen war, endigte sich erst im J. 1405 und zwar mit der Verzichtleistung Albrechts auf den schwedischen Thron.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. XIV.

Der Propst Detlef, der Prior Detlef und das Domcapitel zu Ratzeburg beantragen gegen die van dem Broke die Wiedereinsetzung in die ihnen widerrechtlich entzogenen 7 Hufen zu Rammekendorf.

D. d. 1393. Sept. 8.

Wytlick sy allen de dessen bref sen edder horen lesen, dat wi Detlef, provest, Detlef, prior, vnde dat gantze capittel to Ratzeborch de van dem Bruke offte ere medelover edder nemende, he si ghestlick edder werlick, willen mer manen, mer allen vmme also vele geldes, als vnse breve mer vth wiset, wan her Hynrikes Kolebeken breve, de em besegelt weren vnde vns noch besegelt synt uppe soven hove to Rammekendorpe in deme lande to Mekelenborch, alse welker soven hove twe buwede Valke an der tydt, do vns de bref besegelt ward, vnde Engelke twe vnde Hinrick Moller twe vnde Hinrick Rode ene, dar wil wi de vorbenomeden guden lude vnde ere medelovere also lange vmme manen, beth se vns wedder in desuluen soven hoven myt rechte weldighen, der wi entweldighet synt. Des to tuge so hebbe wi vnse ingesegele mit willen vnde wisschop henget an dessen bref, de geven vnde screven is na gades borth drutteyn hunderth iar an deme dre vnde neghentigeste iare, in vnser leven vrowen dage erer bord.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Pergament - Copiarius fol. 220 b. 222.


Nr. XV.

Johann, Herzog zu Meklenburg, verleiht dem Heinrich Quitzow auf Tankenhagen, als Lohn für vielfältige getreue Dienstleistung , die Gerichtsbarkeit und alle Nutzungen in den Dörfern Rammekendorpe und Weltzin.

D. d. 1406. Nov. 30.

Wy Johan van der gnade gades hertoge to Mekelenborch, greve tho Sweryn, to Stargarden vnde tho Rostock

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

here bekennen vnde betugen openbar yn dessem breve, dat wy myt vnsen erven hebben vorgeven vnd vorlaten vnseme lewen truwen manne Hynrick Quitzouwen wanafftych to deme Tanckenhagen vnde synen rechten erven rychte vnde denst, dat hogeste vnde dat sydeste, hant vnde hals, alle bede vnde alle nudt yn den dorpen tho Rammekendorp vnde tho Weltzyn, vor synen truwen mannychvoldygen denst, den he vns gedan hefft, dat schal hee vnde syne erven gantzlyken hebben quidt vnde fryg, alse vnse vorfaren vnde wy vryest gehat hebben, vnde vns vnde vnsen erven nychtes ane to brukende edder to beholdende. Vnde were dat he edder syne erven dydt vorbenomede gudt weme vorkofften edder vorsetten, gestlyken luden edder werlyken, deme schal dusse breff so hulplyk wesen yn alle synen articulen, alse de Hinricke vnde synen erven thogescreven is. Alle dusse vorghescreven stucke lave wy hertoge Johan vorbenomet myt vnsen erven deme vorbenomeden Hynryck Quitzsouwen yn guden truwen myt gantzen loven stede vnde vast to holdende sunder hynder, hulperede vnde sunder alle argelyst, vnd we dessen breff hefft myt wyllen vnde vulborth Hynryck Quitzouwen vnde syner erven, de schal wesen eyn vullenkamen hovethman dar mede to manende gelyck em sulven. Tho hoger betugnysse so hebbe wy hertoge Johan vorbenomet myt gantzer wytschopp vnse ingesegel hengen laten an dessen breff, de gegeven vnde geschreven is nha gades borth verteynhundert yar dar nha in deme sosten yare, yn sunte Andreas dage des hyllygen apostels.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Pergament - Copiarius fol. 222b, 223 b.


Nr. XVI.
1498.

Rammekendorpe habet XIIII mans. et mansus solvit III marc. et 1 ketelhove solvit 1 marc. (acht Ketelhoven) 1 ).

It. Marquard Suerbeer habet II mans. pro IIII marc.

dt. II lammer vor XXIIII s. et IIII olde oues pro II marc et IIII s.


1) Nach Inhalt des Kaufbriefes von 1327 war die Heuer von zwölf Hufen mit 2 Mk. 8 ssl. und von 3 Hufen mit 3 Mk., von jeder, zu bezahlen; der Ketelhufen hingegen geschieht hier keine Erwähnung.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

It. Hans Suerbeer habet II mans. pro IIII marc.

dt. II lammer vor VIII s.

It. Tytke Houichorst habet I koten pro VI s.

dt. I ouis pro VI s.

It. Claus Schutte habet II mans. pro VIII marc.

dt. IIII oues pro XXIIII s.

It. Tytke Tydowe habet II mans. pro VI marc.

dt. III lammer u. I olt ouis pro XX s.

It. Joachim Vick habet II mans. pro II marc. et II ketelhoven pro II marc.

dt. I vaccam pro II marc.

It. Hinrik Beuer habet II mans. pro V marc. et I ketelhove pro I marc.

It. Gherke Schutte habet I ketelhove pro XXIIII s.

dt. VI lammer pro XXIIII s.

It. Hinrik Houichorst habet I ketelhove pro II 1/2 marc. et I ketelhove pro I marc.

dt. I ouis pro VIII s.

It. Marquard Vick in loc. Hans Kalkhorsten habet II mans. pro II marc.

dt. I ouis u. II schape vor I marc.

It. Jürgen Mallin habet I koten pro VIII s. Item habet noch I koten pro X s.

dt. I ossen pro II marc. IIII s.

It. Tytke Cletzyn habet I koten pro XX s.

dt. II oues pro XII s.

It. Hans Suerbeer habet I ketelhoue in loc. relicti Herman Beuersche pro II 1/2 marc. et I ketelhove pro I marc.

Aus dem Hebungs - Register I.


Nr. XVII.
1530.


Rammekendorp XXIII hoven.

Peter Vicke schulte II hoven vor II Währung Id. II Tegethoven vor II Währung .

Solvit tamen ratione officii III Währung .
Id. tenetur de he van Hinrik Beuer entfanghen hefft II Währung .

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hans Dolle II hoven vor IIII Währung VIII s.

Hans Hekert I hove vor XX s.

Tonnies Molt II hoven vor VI Währung .

Hans Boytyn I Ketelhove vor II Währung . VIII s. Noch I Tegethoue vor I Währung . Dem ys syne hur veer yar lanck thogegeuen vnnd is nu dat veffte.

Hans Surbeer II hoven vor IIII Währung IIII s. Id. van Jurgen Mallyns erven IIII Währung .

Pasche Eggerdes VI s.

Clawes Vicke IIII s.

Albert Surbeer II hoven vor IIII Währung IIII s. dat tamen III Währung VIII s. alse Hans Boytyn. Noch II hoven vor IIII Währung .

Id. tenetur de a°. XXIX IIII Währung , de a° XXX XX s.

Hinrik Beuer II hoven vor VI Währung . Idem tenetur de multis annis.

Summa van Rammekendorp is XXXIX Währung II s.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Häuer - Register II, 110b., 111.


Nr. XVIII.
1557.


Hovenhur tho Rammekendorp a°. LVII Sondages nha alle gades hillyghen bedaget vnnde Sondages nha Martini enthfanghen.

Thies Vicke schulte II hoven is II Währung . Noch II Tegethouen vor II Währung . Solvit tantum III ratione offitii. Similiter retinet pullum ex offitio.

Gerke Surbeer II houen vor VIII Währung .

Hans Dolle II houen vor IIII Währung VIII s. Noch vor Clawes Schutten wurth XII s. Summa V Währung IIII s.

Hans Haket I houe vor XX s.

Tonnies Molde II houen vor VI Währung .

Pasche Eggerdes I ketelhoue vor II Währung VIII s. Noch I Tegethoue vor I Währung . Summa III Währung VIII s.

Junge Hans Surber II houen vor IIII Währung IIII s. Noch vor Jurgen Mollins Erue IIII Währung . Summa VIII Währung IIII s.

Alberth Surber II houen vor IIII Währung .

Valentin Surber II houen vor IIII Währung IIII s.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jochim Beuer II houen vor VI Währung .

Hinrich Bremer I houe vor II Währung .

Clawes Voth vor de Smede VI s.

Clawes Wosteuelt VI s.

Tonnies Varmen IIII s.

Olde Hans Surber vor Hinrik Houikhorstes Wurth VI s.

Summa der hur van Rammekendorp (vnd XII Währung van Kalkhorst) is LXIIII Währung XIIII s. Darvan I T. Beers vor XXVIII s. Rest fries geldes LXIII Währung II s.

Aus dem Häuer - Register II fol.


Nr. XIX.

Balthasar Both auf Kalkhorst verheisst wegen des ihm vom St. Johannis - Kloster zu Lübek für 4000 Mark verkauften Dorfes Rammekendorf den landesherrlichen Willebrief , falls derselbe vonnöthen sein werde, auf seine eigenen Kosten zu erwirken , und für den Fall des künftigen Verkaufes dieses Dorfes dem Kloster den Vorkauf zu lassen.

D. d. 1563. Febr. 11.

Ick Baltzer Both, erffgesetenn thor Kalkhorst im Clutzerorde belegenn, bekenne vnnd betuge offentlich vor iedermennichlick mith diessenn openen breue vor my vnnd mine eruen, nachdem vnnd als die erwerdige vnnd werdige fruwe Elizabeth Salige, Abtissin, Windele, Priorissa, vnnd gantze versamlunge des Junckfrouwen Closters tho S. Johannes binnen der Stadt Lubeck, die Erbarn vnnd Wissenn hern Anthonius vann Styttenn vnnd Ambrosius Meiger, Burgermeistere darsuluest vnnd nu tor tyt berurtes Closters verordnete vorstendere, durch einen vprichtigen, redlichen, bestendigen kop reiflich vnnd ewiglich my vnnd mynen Eruen ohres Closters Dorp Rammekendorp negest by der Kalkhorst belegenn sampt alle dessuluen Dorpes tobehorigenn gerechticheit vor veerdusent marck lubisch verkofft vnnd vpgelathenn, alles fernerenn Inhalts ohres my darvp gegeuenen vorsegelden kopbreues, So hebbe ick my dariegenn kegenn obgemelte Abtissin,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Priorissa vnnd gantze vorsamlunge, ock dessuluen vorstendere lofflick vorsecht vnnd vorplichtet, dath im falle my dartho eynes Willebreues vann furstlicher Durchluchtigen tho Mekelnborch mynem gnedigen heren vnnd Landesfursten van noden synn wurde, dath sy my densuluen tho vorschaffen nicht verhafftet sin, sunder ick densuluen vp myn eigen Euentur vnnd vnnkostenn vthbringen vnnd erlangen, desseliken ock Sie die Abtissin, Priorissen vnnd gantze versamlunge, ock dersuluigen vorstendere vnnd ohre nhakomelinge dieses kopes haluenn vann mynen Veddern vnnd mennichlicks die dariegen jenige tho hebben vermeinden oder befoget sin mochten ansprake vnnd anfechtunge vor mynen Landesfursten vnnd in allem rechten geistlich vnnd wertlich inn rechte vnnd sust allenthaluen vertredenn vnnd benhemen. Dar ick ock kunfftichlick bedacht wurde edder ock myne Eruen, berurt Dorp wedderum tho verkopen, tho versetten, tho verpanden oder jenigerley wise tho verandern vnnd verlathenn, dat ick oder myne Eruen dat sulue berurten Closter vor einem andern verkopen schole vnnd wille. Alles truw vnnd vngeferlich im krafft dieses mynes Reuersalbriefes, denn ick tho merer bekrefftigunge vnnd orkunde der warheit myt mynem angebornen Pitzier witlichen versegelt, die gegeuen vnnd geschreuen is inn Lubeck Donrdages denn Elfften Februarii, im Jare nach Christi vnses heren vnnd eenigen heilandes geburt im voffteinhundert vnnd Dre unde sostigestenn.

An einem Pergamentstreifen hängt das Siegel, auf welchem über dem Wappenschilde die Buchstaben B B befindlich.


Nr. XX.

Herzog Ulrich von Meklenburg notificirt dem Rath zu Lübek die zwischen von Quitzow Erben und Both Erben stattgehabte Ausgleichung.

D. d. 1576. Jul. 9.

In Rechtfertigung sich haltend zwischen Albrecht von Quitzow vnd Dittrich von Quitzow Erben, Clegern, eins, Peter Boett vnd Baltasars Erben, Be-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

clagten, andersteils, haben wir von Gotts gnaden Vlrich Hertzog zu Meckelnburg, Furst zu Wenden, Graue zu Schwerin, der Lande Rostock vnd Stargard Herr, Beclagten die gebetene literas mutui compassus an den Rath zu Lübeck hiermit erkant vnd mitgeteilt, von Amtswegen, zu Urkund mit Vnserm Hoffgerichtssecret besiegelt vnd geben zu Güstrow den 9. Julii A°. XV C LXXVI.

Siegel in Oblate mit der Umschrift:

Johan Alberti et Udalrici Fra. Sigillum iudicii . . . . . Ducum Megapolensium Principum Vandalorum.


Nr. XXI.

Syndicus Lange von Wismar bekennt im Auftrage von Balthasar Both Erben, vom St. Johannis - Kloster die Urkunde, Inhalts deren die Bothschen Vorfahren das Dorf Rammekendorp dem Kloster verkauft , zurückempfangen zu haben.

D. d. 1576. Sept. 27.

Ich Joachimus Lange, Syndicus der Stadt Wissmar, Beken vnd thue kundt hiemitt, das Ich in namen vnd von wegen seligen Baltzer Boths nachgelassener Erben von den Ehrnvesten Erbarn vnd Hochweisen Herrn Hieronimo Lunenburgk vnd Hern Christophero Toden, Burgermeistern der Stadt Lübeck vnd Vorstehern S. Johans Klosters daselbst, einen versiegelten Pergamenen brief vf das Dorf Ramkendorf lautendt, mittelst welchem vor etlichen langenn verschienen Jaren gedachter Bothe Voreltern geregtes Dorf Ramkendorf der Abtissin vnd gantzen Vorsamlung erwenten Klosters verkauft, zu meinen Handen entfangen habe, Ire Erb. Hochw. dessfals vnd von wegen des entfangenen Briefs hiemitt loszelendt vnd quittirende, Mit Verpflichtung von obermelten Erbarn gedachten Hern Vorstehern eine genugsam besiegelte quittung fürderlichst zur Handen zu vorschaffen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zu Urkund hab Ich diese Schrift mit eigener Handt vnterschrieben vnd mitt meinenn Pitschaft besiegelt. Actum Lübek den 27sten September 1576.

(Siegel in Oblate
beigedruckt. )
     Ich Joachim Lange Syndicus
bekenne das obengeschriebene whar.

III. Küssow , im Kirchspiel Damshagen.


Nr. XXII.

Heinrich und Johann Both verkaufen dem St. Johannis - Kloster zu Lübek 7 1/2 Hufen in Kussow.

D. d. 1314. Nov. 18.

Dreyer apparatus, cf. Lüb. Urkundenb. T. II, S. 291, Not. 1.


Nr. XXIII.
1498.

Kussowe habet XIIII mans.
et mansus solvit XXIIII s.

It. Marquard Borke in loc. Herman Bortken habet III mansi pro IIII 1/2 marc.

dt. III bucke vor VII s.

It. Ratke Wolder in loc. Hans Dusers habet II 1/2 mans. pro IIII marc.

dt. III schape vor XII s.

It. Bertolt Bortke habet II 1/2 mans. pro IIII marc. It. I dorlant pro XII s.

dt. I olden buck u. II iunge bucke vor XXIIII s. It. XVIII s.

It. Claus Bortke habet I 1/2 mans. pro II marc.

dt. I olt butlink III Schape vor XIIII s.

It. Hinrick Crogher habet II mans. pro III marc.

dt. III Schape vor I marc.

It. Syvert Velt in loc. Marquard Eggers habet II mans. pro III marc.

Aus dem Häuer - Register Nr. I.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Nr. XXIV.
1530.

Syverth Velth II   hoven ys III Währung .
Ratke Wolder II 1/2   hoven ys III Währung XII s.
Hinrick Kroger II   hoven ys III Währung .
Hans Kroger III   hoven ys IIII Währung VIII s.
Tönnies Bordeke II 1/2   hoven ys III Währung XII s.
Herman Bordeke I 1/2   hoven ys II Währung . IIII s.

De Küssower hebben dit Jar nichtes geuen willen, wo se in vorgangen Jaren gedaen hebben.

Aus dem Häuer - Register Nr. II, fol. 112b., 113.


Nr. XXV.

Der Kanzler Caspar von Schöneich verspricht, aus dem etwaigen mindern Ertrage des ihm vom St. Johannis - Kloster zu Lübeck verkauften Dorfes Küssow keine Ansprüche gegen das Kloster herleiten zu wollen.

D. d. 1537. März 25.

Ich Caspar von Schoneich Canntzler bekenne offentlich vor mich vnd meine Erbenn, Als ych vonn denn Werdigenn Frawenn Alheidis Abbatissen vnd gantzenn Samelung des Klosters St. Johannes bynnenn Lübeck, denn Gestrengenn, Hochgeborenn vnnd Erbarn Hern Clausenn Bremsenn rytternn vnnd Hern Matheenn Packenbusch Doctoren, beide Burgermeistern zu Lübeck, als berurter Abtissenn, Samelunge vnnd Ihres Klosters vorstenderenn, das Dorf Kuessow bey Grebismollenn gelegenn, vnnd darin eyn vnnd zwantzigk Mark vnnd vier Schillinge Lübisch jerlicher pechte, Inhalts Ihres kauffbrieues, myr derwegen überantwortet, Erblich gekaufft, vnnd Ich Ine dasselbe mit barem zugetzaltem gelde volliglich entrichtet vnnd betzalt habe, Das Ich Ine aus freyem gutenn wyllenn, vor mich vnnd meyne Erbenn, versprochenn vnnd zugesagt habe, Wie Ich auch sollichs hie mit wissentlich thue, Als sich zugetragenn vnnd begeben wurde, das die Zynns

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 212 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vnnd pachtgeber zu Kuessow einsteyls nicht gestendigk sein woltenn, das sie so uill pacht zu geben schuldigk, als myr angetzeigt vnnd in berurtem breue vermeldet ist wurdenn, dar durch myr an der pacht etwas abgehenn wurde, Das Ich solichs abganges halbenn die berurtenn Abtissenn, Sammelunge vnd vorstender wydder myt noch ane Recht nicht wyll belangenn, noch solichs zugestattenn, Vnd das solicher Erbkauff nichts destoweinigher bestendigk vnnd kreftlich sein solle. Alles trewelich vnnd vngeferlich. Des zu Urkundt hab Ich meyn angeerbet Pitzschafft wissentlich ann diesenn brieff henkenn lassen, der gegebenn ys zu Schwerin Sontages palmarum, Nach Christi vnnsers Hern geburt Funfftzenn hundert vnnd im Sieben vnnd Dreissigstenn Jare.

Das Original wird im St. Johannis - klösterlichen Archive aufbewahrt, und das an einem Pergamentstreifen hangende Siegel enthält über dem Wappenschilde die Buchstaben: C V S.


Nr. XXVI.

Notiz über die Ursache des Verkaufes von Küssow und über die Verwendung des dafür erlangten Kaufpreises von 390 Mark.

1537.

Tho wetende dat A°. XXXVII am daghe Dorothee virginis worth dem Meklenborgeschen Cantzler M. Caspar von Schonekenn Rytter dat Dorp Kusow dorch de Erwerdyghen Frouwen Alheydis Bromsen Ebbedyssenn, Anna Houesche priorissa vnnde gantze vorsammelynghe myth wyllen, rade vnnde vulborde der Gestrengen Erbarenn Hochgelerten vnnd Wolweysenn Hern Nicolaus Bromse Rytter vnnde Matheus Pakebusch der Rechte Doctor vnnde vorstendere des Closters vor III C vnnde XC mr. tho eynem ewygen Erffkope vorkofft, nachdeme dat Closter dar allene de pacht vnnde hartoch Hinrik van Mekelenborch dat Rockhoen vnnde den denst dar ynne hefft. Ock hadden de Kussower inn velenn Jarenn noch pacht noch hur dem Closter gegeuenn, werenn vnnde synt arge bouenn. Dyth gelt worth wedder angelecht tho der entfryginghe der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dryer wispel Sultegudes, so dat Closter vp der Sulten tho Luneborch hefft, vnde kostede de enthfryginghe dem Closter XIII C LXII Währung V Währung IIII  Lub.

Aus dem im St. Johannis - klösterlichen Archive befindlichen Häuer - Register II, fol. 196.


IV. Kalkhorst, im Kirchspiele Klütz.

Nr. XXVII.

1530. Hans Boysche XII Währung .
1537. Joachim Boysche XII Währung .

Aus den im Archive des St. Johannis - Klosters befindlichen Häuer - Registern I u. II.


Nr. XXVIII.

Balthasar und Peter Both auf Kalkhorst, für sich und ihren Bruder Hans , verheissen wegen des ihnen vom St. Johannis - Kloster zu Lübek für 500 Gulden verkauften Bauern zu Kalkhorst den landesherrlichen Willebrief, falls derselbe vonnöthon sein werde , auf ihre Kosten zu erwirken, und räumen dem Kloster für den Fall des Wiederverkaufes das Vorkaufsrecht ein.

D. d. 1563. Junii 7.

Wy Balthazar vnd Peter die Bothe gebrodere, erffgegeseten thor Kalkhorst, bekhennen offentlich vor vns, vnsern broder Hansen vnd vnsern Eruen zu vnd mith diesem vnserem Breue, Nachdem vnd also die Erwerdige frow Elizabeth Abtissa des Junckfrouwen Closters tho St. Johannes binnen der Statth Lübeck belegen vnd dessuluigenn Closters Vorstendere, die Erbarn vnd Wisen Herrn Anthonius van Stitten vnd Nicolaus Bardewigk,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Burgermeistere, vns, vnserm Broder Hansen ohres Closters Mhan Jochim Boischenn thor Calckhorst wanafftig, mit aller pacht vnd heuinge, nemlich jerlich twelff mark Lübisch sampt dem rockhone vnd aller gerechtigkeit, dem Hochgsten vnd Sidesten, wie dat Closter sollichs ahn ohme gehat, vor viffhundert fl. Munthe durch einen rechten bestendigen kop verkofft vnd ouergelatenn hebben, luth ohrer vns darup gegeuenen vorsegelden vorschriuinge, so hebben wy vns dargegen kegen obgemelte Abtissen vnd vorstendere vnd ohre Nhakomelinge lofflich vorsecht vnd vorplichtet vor vns, vnsern Broder vnd vnsern Eruen, dath im falle tho sollichen kope m. f. g. tho Meklenborgk vnser gn. Herren Willebreff vannoden, Sie vns densuluigen tho vorschaffen nicht scholen geholden sein, Sunder wy den suluest vp vnsere egene eventur vnd vncosten vnns vorschaffen, Desgelikenn ock sie dieser vorkopinge vnd auerlatinge haluen kegen vnsen vetteren vnde jedermennichlich aller anfechtinge vnd ansprake haluen vor vnseren Landesfurstenn vnd in allem Rechten geistlich vnd werldtlich vertreden, benhemen vnd schadlos holden scholen vnd willen. Dar ock wy oder vnsere Eruen kunftichlick bedacht wurden, gemelten Jochim Boischenn oder sines Erues besitter wedderumb tho vorkopen, tho vorsetten, vorpanden edder jenichermate tho vorandern oder ouertholaten, so scholen vnnd wille wy vnd vnsere Eruen berurtem closter desuluen vor einem anderen vor gelicke viffhundert florehn munthe wedder auerlathen. Alles trewlich vnd vngeferlich In krafft dusses breues, den wy Balthazar vnd Peter de Bothe obengemeldt mede vhan wegen gemeltes vnseres broders Hannsen tho mehrer vorseckeringe mith vnserm angebaren pitzierenn witlichen vorsegeldt, die gegeuen in Lübeck Mandages na Trinitatis, Anno dusent viffhundert Ihm sostigsten Jare dreie nigem talles.

An Pergamentstreifen hangen die Siegel von Balthasar und Peter Both.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 215 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

B.

Vermischte Urkunden.


Nr. XXIX.

Der Graf Wilhelm von Dale verspricht, des Grafen Ludwig von Arnsberg Tochter Richarde, Wittwe des Fürsten Johann von Meklenburg, nach der Vermählung mit ihr eine jährliche Rente von 200 Mark aus seinen Gütern verschreiben und aus ihrem in Gadebusch verschriebenen Witthum ihrem Vater 300 Mark zahlen zu wollen.

D. d. 1302. Sept. 29

Nach dem Originale im Düsseldorfer Archive.

Nos Wilhelmus comes de Dale in hiis scriptis publice recognoscimus presentium inspectoribus universis, quod si divina disponente gratia inter nos, ex una parte, necnon inclitam dominam Richardam, relictam quondam domini Johannis, domini Magnopol[ensis], filiam domini Ludewici comitis de Arnesberg, ex reliqua, matrimonium contractum fuerit, nos fide corporali prestita promittimus, quod eidem domine pro usufructu ducentarum marcarum redditus comparabimus, de quorum certa et firma demonstratione in die placiti super huiusmodi causa matrimoniali proxime habenda domino Ludewico comiti de Arnesberg, patri suo, fide prestita et per fidejussores idoneos firmam certitudinem faciemus. Preterea fide corporali prestita promittimus in hiis scriptis, quod de pecunia, que nobis cedet ex parte predicte domine et cum eadem ratione dotalitii, quod ipsa in castro et domo Godebu[z] habere dinoscebatur, domino Ludewico comiti prefato trecentas marcas denariorum Monasteriensium aut Susatensium dabimus et assignabimus sub hac forma, videlicet quod si dicta pecunia adhuc solvenda una vice integraliter persoluta nobis fuerit, in ipsa solutione nobis facta pre-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 216 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

fato domino Ludewico comiti aut suis heredibus legitimis dictas trecentas marcas simul et integraliter persolvemus, sin autem divisis vicibus nobis jam dicta pecunia persoluta fuerit, eidem domino . . comiti aut suis heredibus prima solutionis vice ducentas marcas assignabimus, residuas vero centum marcas eidem persolvemus in solutionis termino proximo subsequente, super quibus denariis, ut premissum est, persolvendis domino . . comiti predicto aut suis heredibus sibi fide prestita promittemus in die placiti predicta per fidejussores idoneos securam facere cautionem. Promittimus nichilominus fide prestita sub pena trecentarum marcarum, quod in dicta causa matrimoniali in proximo super hac placito concepto procedemus, conditiones integraliter observando, que super huiusmodi causa in hiis instrumentis et in instrumentis sepedicti domini . . comitis nobis traditis plenius continentur. In cujus rei firmitatem sigillum nostrum presentibus duximus apponendum. Datum anno domini M°CCC° secundo, die beati Michelis archangeli.

"An der Urkunde, voll von Abbreviaturen, hängt das (beschädigte) Siegel des Grafen von Dale, worin ein Reiter (weiss Wachs). Ein anderes, ebenfalls Reiter - Siegel, eines Grafen Henrich von Dale ist in Jungii Histor. Comitat. Bentheim. Tab. I. No. 4, wozu die Erläuterung im Cod. diplomat. p. 55.

Gedruckt in Dr. Paul Wigand Archiv für Geschichte und Alterthumskunde Westphalens, Band VII, 1838, S. 174, Nr. LXXXIV.


Die meklenburgischen Namen scheinen in der Urkunde, welche voll von Abbreviaturen" ist, nicht richtig gelesen zu sein. Gedruckt sind:

"Magnopoldi" und "Godebur",

wofür ich

Magnopolensis und Godebuz

in den Text gesetzt habe. Namentlich ist wohl ohne Zweifel Godebuz (Godebuz, d. i. Gadebusch) statt Godebur zu lesen.

G. C. F. Lisch.      


Nr. XXX.

Der Ritter Reimar von Plessen auf Brüel stiftet die Stadt Brüel.

D. d. 1340. Junii 24.

Nach Abschriften aus dem 16. Jahrhundert im grossherzogl. meklenburgischen Geh. u. Haupt - Archive zu Schwerin.


Ick her Reimar van Plesse, ridder, erffseten tho dem Brule, bekenne vnd betûge an disseme mîneme

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 217 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

âpenen brêue vôr alle de yênnen, dede en sên edder hôren lesen, dat ick hebbe lecht den Brule tho êneme stedeken vnd ynsettet borgermeistere vnd râdt in deme bâuenschreuen Brule, benômeliken Clawes Rungen, Peter Wamekowen, Hans Krusen, Clawes Gogelowen, Hans Sulteman vnd Gerke Herder vôr vullenkâmen borgermeister vnd râdt dessuluen êrbenômeden stedeken, vnd dat hebbe beprivileiet vnd entfrîet, wo hîr na folget. In dat êrste de grôte wisk, alse se licht in alle eren schêden, dâr tho schole se hebben eine frîe drifft erem queke tho gânde vth vnde tho hûs, sôuen rôde brêth, vnd vth deme singeldôre beth vp de mênen edder schelpwisk ôck sôuen rôde brêth, so schole se ôck hebben de sulue drifft so brêth vt deme môlendôre beth an den middelstrôm an der Warnow, ôck an dat holt tho Wiperstorpe, quîdt vnd frîe, wo bâuenschreuen, vp welkeme suluesten velde se scholen hebben alle holt quîdt vnd frîe, wêck vnd hart, mit allen sôlen, vthgenâmen den karpensee vnd dat holt tho Wiperstorp, bet vp den môlengrâuen; furder scholen se hebben dat Prutzenbrôck vnd Râdestubben, mit holte vnd rôre, vnd den Dechel, den vûlen sê, den Hilkensê vnd den rôden sê, mit allem holte, wêck vnd hart, mit aller viskerîe, mit alle ôck quîth vnd frîe; ôck scholen se hebben den schilt vnd den krônskamp vnd schilt thendest deme hâlen sê beth vp den sê, ôck de Kerstens kûlen vnd dat Sannenmôr, de Albrechtskûlen, dat torffmôr vnd alle affsôle, de liggen an eren anslegen, ôck quîth vnd frîe. Vnd wêrt dat dâr wol wurde wundet, dat blôtlôsz hêt, so scholen se dâr aff hebben tho deme richte achte schilling lübsch, vnd ick vnd mîne eruen beholden dâr tein schilling anne. Vnd wêret dat dâr wolde vth edder in fâren, de schal hebben des rades willen vnd mi vnd mînen eruen den tollen geuen, wen se vth fâren. Alle disse vôrgeschreuen priuilegia vnd frîheit scholen dusse vôrschreuen borgermeistere vnd râdt, ôck ynwâner disses vôrgemelten blekes hebben quîdt vnd frîe, gelîk anderen steden in vnser gnedigen heren lande belegen. Alle dusse vôrgeschreuen artikel vnd stucke vnd ein yslich bi sick lâue ick her Reymar van Plesse, ritter, wo bâuen berôrt, vôr mi vnd mîne eruen vnd nakâmelinge den êrbenômeden borgermeisteren vnd râde vnd der gantzen mênheit stede vnd vaste vnuorbrâken wol tho holdende. Des tho grôterme lôuen vnd mêr wisheit hebbe ick her Reimar

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 218 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

van Plesse, ritter, wo bâuen berôrt, mîn ingesegel vôr mi vnd mîne eruen vnd nakômelinge henget nedden an dussen âpen brêff. Hîr an vnd âuer sint gewesen mîne vedderen: Helmet van Plesse thôm Erpeshagen vnd Johan Plesse tho Musselmow, de ôck ere segel tho tûge hebben henget nedden an dussen brêff, geschreuen na der gebôrt Christi dûsent drêhundert in deme veertigesten iâre, am dâge sunte Johannis midden im samer.

Nach mehrern im grossherzoglichen Archive zu Schwerin aufbewahrten Abschriften aus dem 16. Jahrh., von denen namentlich eine, zu der vorstehenden Redaction benutzte in der Orthographie dem Urtexte gewiss sehr nahe kommt.

Als die Stadt im J. 1485 abbrannte, soll auch dieses Privilegium mit verbrannt sein; es ward daher am Sonnabend vor Reminiscere 1487 von den Vettern Johann d. ä. und Helmuth von Plessen auf Brüel dem Inhalte nach erneuert.

Am Sonnabend vor Palmarum 1504 producirte aber der Rath das vorstehende "vorsegelde Priuilegium, dar en von olders wegen anfal der segele tokamen was", und liess sich dasselbe durchwörtliche Transsumirung von dem Ritter Heinrich v. Plessen auf Brüel bestätigen.

Die Urkunde ist auch, jedoch mit einem schlechten Texte, gedruckt in Franck A. u. N. M. VI, S. 127.


Nr. XXXI.

Der lübeker Domherr Burchard von Osten, General - Vikar des abwesenden lübeker Bischof's Johann, bestätigt die Verbesserung der vor Zeiten durch die Fürsten von Werle gestifteten Vikarei in der Marienkirche zu Lübek durch die Nowgorodfahrer zu Lübek und überträgt die Vikarei auf diese.

D. d. Lübek. 1439. Julii 1.

Nach einer jüngern Abschrift auf der Bibliothek zu Lübek.


Borchardus de Osta, in decretis licenciatus, canonicus ecclesie Lubicensis, reuerendi in Christo patris ac domini domini Johannis, dei gracia episcopi Lubicensis, de presenti in remotis agentis, in spiritualibus et temporalibus vicarius generalis. Provisionis nostre merito debet preueniri subsidio, ut ecclesiastica beneficia, presertim ciuitatis Lubicensis, suis attenuata fructibus, ad diuini cultus augmentum restaurentur ac persone seculares ad id subsidia prestantes spirituali remunera-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 219 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

cione se gaudeant premiatos. Quum itaque perpetua vicaria, quam olim domini de Werle, tunc in Wyck prope castrum Swan, Suerinensis diocesis, commorantes, in ecclesia beate uirginis Lubic., in parte australi, prope imagines sanctorum Trium Regum, in ascensu eiusdem ecclesie, ad honorem sancte crucis beatorumque Petri apostoli ac Georgii martyris, cum sex mansis in villa Benitze, parrochie Buckholte, inter oppidum Rostock et dictum castrum Swan, dicte Swerinensis diocesis, sita, nunc vocatis de dudischen hoven, omnique iudicio supremo et infimo siue mero et mixto imperio duorum fundorum eiusdem uille, pro salute animarum suarum fundauerunt, cuiusque uicarie collacio ad uenerabilem dominum decanum ecclesie Lubicensis pro tempore existentem pertinere dinoscitur, in suis fructibus, qui de certis bonis ad uiginti quatuor marcarum et quatuor solidorum Sundensium ac decem octo pullorum redditus siue census, saluo iudicio predicto, iure se extendere deberent, adeo attenuata sit, quod vicarius eam pro tempore obtinens inde sustentari commode non potest, et prouidi uiri societas mercatorum in dicta ciuitate Lub. uocatorum Nowerdesvarer, hoc attendentes, in augmentum uicarie huiusmodi triginta quatuor marcarum Lubicensium annuos redditus in consulatu Luneborgensi, Verdensis diocesis, per eos, cum gracia tamen reempcionis pro sexcentis marcis Lubicensibus, ut in litteris desuper confectis plenius continetur, emptos, deo, nobis et uenerabili capitulo Lubicensi, mediantibus providis viris Johanne Ilhorn, Hinrico Gripeshorn et Hinrico Dives, ciuibus Lubicensibus, eorum prouisoribus, obtulerunt, supplicantes, ut, eos sub protectione ecclesiastica recipientes, de ipsis ad utilitatem ipsius uicarie, ut inferius describitur, disponeremus. Nos igitur de consensu uenerabilis capituli prefati, autoritate episcopali, qua fungimur in hac parte, pecuniam et redditus prefatos et alias ac alios quoscunque, quos forsan in futurum offerri ad uicariam huiusmodi contingat, sub perpetua protectione ecclesiastica tenore presentium suscipimus eosque in augmentum dicte uicarie in perpetuum, de prefatorum mercatorum societatis provisorum consensu, quem coram nobis ad id expresse prestiterunt, applicamus, hoc modo, ut sequitur, dividendos, uidelicet ut honorabilis dominus Johannes Nosselman, alias

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 220 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mollens, nunc ipsius uicarie possessor, et post eum quilibet eandem uicariam pro tempore obtinens, redditus predictos suis laboribus et expensis annis singulis emoneat, et ex eis omni profesto beati Martini confessoris in futurum venerabilibus decano pro tempore existenti unam marcam pro cereis candelis, ad suum altare figendis, ac capitulo dicte ecclesie Lubicensis IIII marcas, ut in crastino die confessoris beati Martini omnium de dicta societate mercatorum defunctorum memoriam cum uigiliis et missa, ut moris est, in ecclesia Lubicensi peragi perpetuo faciant, absque retardatione exsolvat, residuum vero idem uicarius pro tempore existens, conseruatis misse ornamentis, libro et calice altaris, infra describendi, in suos usus convertat. Ceterum uicariam predictam de loco prefato, ubi hactenus locata fuerat, ad aliud altare, sub honore sancte Crucis et aliorum predictorum patronorum, in eodem australi latere dicte ecclesie beate Virginis, supra certos gradus ascendendo, iuxta dictorum sanctorum Trium Regum imagines constructum, secundum desiderium mercatorum et provisorum dicte societatis de consensu predicto transferimus perpetuo remansuram, uolentes et statuentes, ut uicarius pro tempore eam obtinens in ea personaliter resideat et ad minus ter in septimana qualibet, die scilicet dominicis, Lune et Veneris, missas, quarum una ad minus sit pro defunctis, deuote dicere sit adstrictus; quotiens uero ultra quindenam absque licencia provisorum dicte societatis pro tempore existencium vel maioris partis eorum aberit, extunc his additis et addendis forte redditibus pro tempore absentie sit privatus, fructusque huiusmodi interim ad ordinacionem eorundem provisorum ad reficiendum paramenta altaris predicti sint assignati. Jus vero patronatus sive presentandi ad uicariam huiusmodi, quotiens uacauerit in futurum, ad tres seniores prouisores societatis mercatorum vocatorum de Nowerdesvarer predicte, pro tempore existentes, de expresso consensu venerabilium Nicolai Sacchow, decani, cuius hactenus, ut dictum est, erat collatio, et capituli prefati, in perpetuum prorogamus, et illud transferendo ipsis dicta autoritate episcopali concedimus per presentes, ita tamen et taliter, quod nonnisi actu presbiterum aut talem, qui infra annum in presbiterum realiter ordinetur, alioquin omni iure sibi in uicaria huiusmodi vel ad eam competenti, ipso facto privatus censeatur, teneantur presentare, qui et obedien-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 221 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

tiam domino decano pro tempore existenti et capitulo prestet, ut moris est, et in choro dicte ecclesie beate uirginis divinis officiis teneatur interesse. In quorum omnium testimonium presentes fieri nostrique sigilli iussimus et fecimus appensione communiri. Datum apud ecclesiam Lubicensem supradictam anno domini millesimo quadringentesimo tricesimo nono, die prima mensis Julii. Et nos Nicolaus Sacchow decanus totumque capitulum dicte ecclesie Lubicensis, quia premissis consensum expressum prebuimus, idcirco sigillum magnum ecclesie apponi eciam iussimus in testimonium omnium premissorum.

Nach einer von Melle'schen Abschrift auf der Bibliothek zu Lübek, revidirt von dem Herrn Professor Dr. Mantels und dem Herrn Maler Milde zu Lübek.


Nr. XXXII.

Die Stadt Antwerpen verpflichtet sich, der verwittweten Herzogin Ursula von Meklenburg jährlich eine Leibrente von 3750 Carolus gulden zu zahlen.

D. d. Antwerpen. 1565. Sept. 1.

Aus dem Originale im Provinzial-Archive zu Stade mitgetheilt vom Auditor Dr. Möhlmann daselbst.


Wy Burgermeesteren, Scepenen, Tresoriers, Rentmeestere, raide, Poirteren ende gemeyne Ingesetene van der stadt van Antwerpen, Doen condt ende kennelick allen den genen, die dese letteren (Irēn) selen sien oft hoiren lesen, Alsoo dese voirsechte stadt vuyt saken van de fortificatien der zeluer, Item van vele ende verscheyden beden ende diensten der Conincklyker Mayesteyt van Spaignien onsen genadigen Heere ende zyne voirsaten by de zelue stadt gedaen, als meer andere zaken geuallen Is In groote tachterheeden, loopende tot vuytnemenden frette ende Intereste, Dewelcke de zelue stadt, omme die te minderen ende de meeste schade metter minster te verhuedene, met gheene gereerdere remedie en hebben weten te veruallen, dan by vercoopinge van erflycke Renten, den penninck Tweelfue, derthiene, Vierthiene, sesthiene ende achthiene, ende lyftochtrenten den penninck Achte op een lyff, ende

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 222 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den penninck thiene op twee lyuen respectiue ter quytinge staende, totter sommen toe van vyffhondert duysent ponden, van viertich grooten vleems tpont eens In capitale Hooftpenningen, DairInne onse voirsechte genadige Heere den coninck geconsenteert heeft by syne opene besegelde brieue van consente ende octroye van der daten des Negensten May anno XV C vierentzestich geteeckent onder op de plycke Donerloope: Soo eest, dat wy by gemeynen consente ende ouerdrage deser stadt Mits der sommen van Twintich duysent goede duytsche onverboden Daelders, makende tot derttich stuuers den daelder gerekent, Derttich duysent carolus guldenen tot twintich stuuers elcken gulden gerekent, die ons al ende wel Is vergvuden ende by ons voirts bekeert ende beleyt tot ontlastinge der voirsechten tachterheeden vercocht hebben wel ende wettelyken In titule van wettigen vercoope Die doirluchtige, Hoochgeboorne Vorstinne ende Vrouwe, Vrouw Vrzala, geboerne to Saxen, Engheren, Westfalen etc. ., Hertoghinne tot mechelenborch etc. ., Saliger Hertogen Magnus tot Saxen, Engeren ende Westfalen etc. . ende vrouwen Catharinen geboerne Hertoginne tot Bruynzwyck ende Lunenborch dochtere, ende wylen Hertoghen Henrik tot mechelenborch etc. . nagelatene wedewe, Out zynde de zelue Vrouw Vrzala omtrent vyfenveertich Jaeren, Theuren lyue alleen geduerende ende nyet langere, Tsiaers lyftochten DryeDuysent zeuen hondert ende vyftich carolus guldenen, Tot twintich stuuers elcken gulden gerekent, goet van goude ende swair van gewichte, oft die weerde dair voer In anderen ganckbaren gelde, gelyck telcken daghe van betalene gemeynlik bynnen Antwerpen In borssen gaen zelen Jairlickere ende lyftocht Renten, Welcke voirsechte rente wy geloeft hebben ende gelouen In goeder trouwen wel ende volcomelick te betalene der voirsechte coopersse oft den ghenen, die sake, macht oft opdracht dair toe hebben zal, brengere sbrieffs oft vidimus dairaff, besegelt met eenen segele auctentyck, Alle Jare Opten Eersten dach van Septembri, Wairaff DJierste Jair Renten zal verschynen Opten Eersten dach van Septembri In den Jare xvC Sessentzestich, Ende alsoo voirts van termyne te termyne ende van Jare te Jare totter tyt ende wylen toe de voirsechte Rente gelost zal wesen oft bynnen vyfthien dagen na elcken termyn onbegrepen by alsoo, dat wy oft die ghene die last hebben zelen van der voirsechten stadt wegen, de voirsechte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 223 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Rente te betalene, des versocht zynde bynnen der seluer stadt van der voirsechten coopersse, brengere sbriefs of van den vidimus als bouen, Ende hebben hier vore verbonden ende verbinden ons zeluen, onse oiren ende nacomelingen ende alle der voirsechten stadt van Antwerpen ende onse ende heure goeden, ruerende ende onruerende, Jegenwoirdige ende toecomende, waer die gelegen zyn oft beuonden selen mogen worden, De welcke wy gestelt ende geset hebben, stellen ende seten by desen tot heerlichere executie van allen heeren, houen ende wetten, geestelyck ende weerlick omme by arresten van ons ende onsen nacommers lichamen ende goeden voirsecht, soo wair die beuonden zelen wordden aen dees syde oft aen geens syde van der zee oft berchs, ons ende onsen nacomers te bedwingene totter betalinge van achterstelle van der voirsechten Renten met alle die costen, die de voirsechte coopersse oft brengere sbriefs by gebreke van betalinge gehadt zoude mogen hebben. Ende bouen desen hebben wy geconsenteert ende consenteren by desen onsen letteren, In zoo verre Dat wy In eenigen gebreke waren van eenigen van den voirsechten termynen te betalene, Nae dat Wys oft die gene, die last van betalene, als bouen, hebben zelen, van der voirsechten coopersse, brengere sbrieffs oft van den vidimus als bouen denchdelyken versocht zelen zyn, Dat sy oft de voirsechte brengere sbrieffs emmers de voirsechte vyfthiene dagen na elcken termyn leden synde opte voirsechte stadt ende onsen ende elcken van ons ende onsen nacommers cost zal mogen vertheeren tot wat plaetssen hen geliuen zal totter volder betalinge van den voirsechten termynen elck daegs eenen grooten brabants van elcken carolus gulden, die men verachtert zoude wesen, Welcke theere, daert alsoo geuele, wy alsus kennen schuldich zynde, gelyck de principale Rente voirsecht, Gelouende noch onder de voirsechte verbintenisse tonsen eygenen ende nyemands anders laste, den voirsechte coopersse oft actie van heur hebbende van der voirsechten Renten vry ende exempt te houdene van den thiensten ende twintichsten penninck ende van allen anderen Impositien by onsen genadigen Heere den Coninck, staten van lande oft der voirsechten stadt In toecomenden tyden optestellene oft te Introducerene, In Hoedanige manieren ende vuyt wat saken tselue soude mogen wesen, tware oyut gedacht oft noch geuseert geweest oft nyet, Ende hebben gerenunchieert ende

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 224 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zyn afgegaen, renuncieren ende gaen aff mits desen van allen gratien, vuytsetten ende respyten, die wy souden mogen Impetreren van onsen heyligen vader den Paus, van onsen voirsechten genadigen Heere Den Coninck ende van heuren nacommers oft van wat anderen Heeren, dattet ware geestelic oft weerlick, by saken van eenige lasten ons ouercomende, als van cruysvaerden, orlogen ende Heeruaerden oft anderen van allen priuilegien geImpetreert ofte te Impetreren van allen coustumen, subtylen vonden ende behendicheden oft exceptien, als dat wy bedrogen zynden zyn bouen de rechte helft, Dat wy de voirsechte penningen nyet ontfangen en hebben, Ende voirts van allen anderen beschudden, Die te bate ende de voirsechte coopersse oft brengere sbriefs te schade ende Hindere zoude mogen comen In eeniger manieren Ende zunderlinge den Rechte, dat seegt, dat gemeyne renunchiatie oft verthyen nyet en dooch, Behoudelik Dies Is voirwarde, Dat wy oft onse nacommers, tregiment van der voirsechten stadt hebbende, In den name van der zeluer stadt Dese voirsechte Rente zelen mogen afcoopen, lossen ende quyten tallen tyden als ons gelieuen zal mits wedergeuende ende betalende voir elcken carolus gulden lyftochten Acht carolus guldenen eens Henendragens, Te wetene tsamen met Twintich duysent goede Duytsche onuerboden daelders In spetie oft derttich stuuers voir elcken daelder, makende Derttich duysent carolus guldenen tot twintich stuuers den gulden gerekent In loopende gelde, gelyck ten tyde van dezelue afquytinge alhier bynnen Antwerpen gemeynlicken In burssen gaen zal ende met verschenender Renten, Ende waert, dat desen tegenwirdigh chaertere oft brieff by brande oft eenigerhande ongeual verbrant, vernielt, gestolen oft verloren werdde ende de voirsechte coopersse oft die gene die recht oft sake aen voirsechte Rente hebben sall, verclairde by eede, dattet also ware, Soo worden wy gehouden, heur eenen nyeuwen chaertere van gelycken Inhouden te delinreren op heuren cost. In kennissen der waerheyt ende vasticheden der dingen voirsecht So hebben wy den grooten segell der voirnoemde stadt van Antwerpen, Dien wy In desen gebruycken, desen Letteren Doen aenhangen opten Eersten dach van Septembri Int Jair ons Heeren alsmen screeff M CCCCC ende vyfentzestich,

Das Siegel scheint abgerissen zu sein.

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 225 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen
Inhalt:

B.

Jahrbücher

für

Alterthumskunde.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 226 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 227 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I. Zur Altertumskunde

im engern Sinne.


1. Vorchristliche Zeit.

a. Zeit der Hühnengräber.


Wohnungen aus der Steinperiode zu Dreveskirchen.

(Fortsetzung von Jahrb. XIX, S 290 flgd., und XX, S 276.)

Meine Vermuthung, daß sich auf dem Höhenzuge meines Feldes, welcher der Ostsee am nächsten liegt, noch mehrere heidnische Wohnstätten finden würden, hat sich bei der diesjährigen Drainage gerechtfertigt, und auch ich bin augenblicklich der Ueberzeugung, daß die Scherben, die ich das letzte Mal eingesandt habe (Jahrb. XIX, S. 289), von Hausgeräth herstammen und keine Aschenkrüge gewesen sind. Wir können annehmen, daß in diesem Jahre 50 solche Wohnstätten gefunden sind, und habe ich von sehr vielen einzelne kleine Bruchstücke von Scherben zur Bestätigung aufgenommen. Diese Wohnplätze lagen ebenfalls in der Tiefe von 4 Fuß und hielten sich nicht allein an diesem Höhenzuge gebunden, sondern folgten auch einer andern Richtung dem Hofe zu.

Der Theil der Höhe, den wir in diesem Jahre abdrainirt haben, heißt der Rauhberg. Fast an der höchsten Stelle, jedoch etwas seitwärts am Berge, stießen wir auf eine besondere Wohnung, welche die Aufmerksamkeit der Leute, die in diesem Graben arbeiteten, erregte und mir deshalb die Anzeige machten.

Ich ließ den Graben bei meiner Anwesenheit nun weiter vollenden; dieser ganze Platz hatte eine Länge von 12' und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 228 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

war durch eine Steinschicht von ziemlich großen Steinen (wie 4 Mann einen heben konnten) in zwei ungleiche Hälften getheilt, von denen die nach Osten liegende Hälfte nur 4' hatte, mithin von der gewöhnlichen Größe, jedoch die auf der andern Seite der Scheide befindliche Hälfte doppelt so groß war.

Auch der Scherbenreichthum war bei weitem größer, und es stellten sich noch andere Vorzüge heraus, nämlich daß einige Scherben Spuren von Verzierungen und zwar stark erhaben an sich trugen.

So findet sich unter andern eine Scherbe, wo es fast nicht zweifelhaft sein kann, daß dieselbe eine Krone (?) vorstellen soll. Einzelne andere Bruchstücke haben andere Erhabenheiten.

Auch fand sich eine Scherbe mit einem Henkel, welcher durch 5 erhabene, platte Reifen von oben nach unten geziert ist. Es will mir auch scheinen, als wenn diese Scherben von verschiedenen Gefäßen gewesen sind, wenigstens fanden sich dieselben dicker und auch dünner.

Dreveskirchen, den 4. Septbr. 1855.

C. T. Koch.     

Nachtrag.

Die Scherben stammen von verschiedenen Geräthen her und sind alle ohne Zweifel altheidnischen Ursprunges und stark mit grobem Granitgrus durchknetet. Die meisten sind sehr dick und sehr rauh auf der Oberfläche und nicht mit geschlemmtem, feinem Thon überzogen; diese Scherben sind sehr hart und scheinen dies dadurch geworden zu sein, daß sie, als Hausgeräthe, oft dem Feuer ausgesetzt gewesen sind. Einige Stücke sind sogar ziegelroth auf der Oberfläche gebrannt, im Innern des Bruches aber noch braun. Diese Gefäßscherben stammen wohl noch aus der Steinperiode. Dafür zeugen die "Verzierungen", aufgesetzte Knoten und Streifen mit Eindrücken, und ein sechsfach gereifter Henkel, ganz nach Art der Todtenurnen der Steinperiode, nur dicker und plumper. - Andere dünnere, mit feinem geschlemmten Thon überzogene, dunkelbraune Scherben haben das Aussehen der Thongefäße aus der ältern Zeit der Bronze=Periode. Außerdem fanden sich Knochen von Hausthieren, z. B. Rinderzähne, Eberhauer u. dgl. Auch Stücke von röthlich gebranntem Lehm kamen vor. Es leidet also keinen Zweifel, daß wir hier Höhlenwohnungen der ältern heidnischen Zeit gefunden haben.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 229 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Hünengrab von Neu=Kalen.

In dem Grenzgraben zwischen den Holzungen der Stadt Neu=Kalen und des großherzoglichen Forsthofes Franzenshagen lag ein kleines Hünengrab, welches im J. 1852 bei Gelegenheit des Baues der Chaussee von Neu=Kalen nach Pisede abgetragen ward. Der Herr Burgemeister Mau zu Neu=Kalen, welcher den Arbeitern aufgegeben hatte, die beim Bau sich etwa findenden Alterthümer an ihn abzuliefern, und der sich fast täglich auf der Baulinie befand, war grade gegenwärtig, als dieses Grab, das zuerst als solches nicht erkannt ward, abgetragen ward. Die Decksteine waren nicht sehr groß, jedoch noch so groß, daß sie zum leichtern Transport einmal, jedoch nicht öfter, gesprengt werden mußten. Nach Abnahme der Decksteine fand sich, daß die Steinstellung ein heidnisches Grab war. In dem Grabe fanden sich die sehr verwitterten Gebeine einer menschlichen Leiche, welche nicht verbrannt war, und neben derselben ein nicht verziertes, glattes Gefäß aus hellbraunem Thon, ganz von der Gestalt, welche die Urnen der Steinperiode haben. Das Gefäß ist 7" hoch, nähert sich im Bauche der Kugelform und hat einen senkrechten, 2 1/2" hohen Hals, an dessen Anfange beim Bauche sich zwei ganz kleine Henkel oder durchbohrte Knötchen, von etwa 1" Höhe, zum Durchziehen einer Schnur, befinden. Das Gefäß hat die Gestalt, wie die in Jahrbüchern X, S. 255, oben, abgebildete, zu Moltzow gefundene Urne, nur daß der Hals der Neu=Kalenschen Urne niedriger und diese Urne ohne alle Verzierungen ist. Nach allen Umständen leidet es keinen Zweifel, daß dieses Grab der Steinperiode angehört. - Der Herr Burgemeister Mau hat diese Urne nebst Ueberresten von den Gebeinen an sich gebracht und dem Vereine geschenkt.

G. C. F. Lisch.     

Hünengrab von Pisede

Vgl. unten bei den Kegelgräbern.
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Pfeilspitzen und Hirschgeweih von Allershagen.

Zu Allershagen bei Doberan ward im Torfmoore, 8 Fuß tief, ein ungewöhnlich großes und starkes Hirschgeweih gefunden; neben demselben lagen andere Knochen und zwei kleine, gut gearbeitete Pfeilspitzen aus Feuerstein von der gewöhnlichen Größe, wie Frid. Franc. Tab. XXVII, Fig. 14 und 15. Das Geweih mit den Pfeilspitzen ist an die großherzogliche Geweihsammlung in Schwerin abgeliefert. Wenn es

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 230 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auch nicht ganz sicher ist, daß das Geweih mit dem Stirnbein des Hirsches und die Pfeilspitzen aus derselben Zeit stammen, da die Pfeilspitzen nicht in dem Schädel stecken, so ist es doch wahrscheinlich, daß der Hirsch durch diese Pfeile getroffen und in dem Torfsumpfe verendet sei. Die Mächtigkeit des Torflagers läßt auf eine Zeit von wenigstens 1600 Jahren schließen.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Feuersteingeräthe von Lohmen.

Zu Lohmen bei Dobbertin wurden in einem Torfmoore folgende Feuersteingeräthe gefunden und von dem Herrn Pastor Lierow zu Lohmen dem Vereine geschenkt:

vier Lanzenspitzen aus Feuerstein, eine mit Schaftzunge, zwei ohne Schaftzunge und eine zerbrochen;

zwei halbmondförmige Messer aus Feuerstein;

ein viereckiger Griff eines Dolches aus Feuerstein, von welchem die Klinge abgebrochen ist, von ausgezeichneter Arbeit;

sechs spanförmige Messer aus Feuerstein.

Der Herr Pastor Lierow berichtet, daß auf dem vor dem Dorfe Lohmen neu angelegten Begräbnißkirchhofe oft Feuersteinspäne und andere Bruchstücke von zerschlagenen Feuersteinen 1 ) gefunden, auch Urnen ausgegraben werden. Es war hier also wohl eine Fabrik von Feuersteingeräthen und eine heidnische Begräbnißstätte.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Streitaxt von Schwaan.

Eine Streitaxt aus Hornblende schenkte der Herr Burgemeister Daniel zu Schwaan. Diese Streitaxt ist zwar in der Form schon vollendet, aber noch nicht ganz fertig; die Schleifung ist erst an einer Seite angefangen und das Loch ist noch nicht ganz vollendet, indem es sich von unten nach oben von 6/8" bis 5/8" verengt, also noch lange nicht gleichmäßig und überhaupt nicht weit genug ist.

G. C. F. Lisch.     


1) Lohmen heißt: Steinbruch.
Polnisch: lomen: Steinbruch,
lomac: brechen (von harten Körpern),
lom: Bruch.
Böhmisch: lom: Steinbruch, Abbruch (fractura),
lomec: Steinbrecher,
lomjm: brechen,
lomenj: das Brechen (fractio).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 231 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Streitaxt von Gr. Godems.

Zu Gr. Godems bei Parchim ward beim Graben eine Streitaxt, aus Grünstein, von schöner Form, gefunden und von dem Herrn Bau=Conducteur Voß zu Schwerin erworben und dem Vereine geschenkt.

Streitaxt von Ruthen.

Ein Bruchstück einer Streitaxt aus Grünstein=Porphyr, gefunden zu Ruthen bei Lübz in der Elde, schenkte der Herr Pastor Lierow zu Lohmen.

Keil von Schwaan.

Im J 1855 ward bei dem Bau des neuen Armen= und Krankenhauses zu Schwaan ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher Keil gefunden und von dem Herrn Burgemeister Daniel zu Schwaan dem Vereine geschenkt. Dieser Keil ist aus Gneis, an beiden Enden ziemlich gleichmäßig zugeschärft, überall geebnet, 11" lang, 4 1/2" breit, 2 1/2" dick in der Mitte und 5 1/2 Pfund schwer.

Keil von Upahl.

Ein Keil aus Grünstein, in der Schneide offensichtlich oft nachgeschliffen, ward im September 1854 zu Upahl bei Güstrow beim Ausräumen einer Moddegrube gefunden und durch den Herrn Pastor Kossel für den Verein erworben.

Keile.

Vier Keile aus grauem Feuerstein, gefunden auf dem Felde zu Viecheln bei Gnoyen, schenkte der Herr von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen, nämlich:

zwei Keile, jeder ungefähr 6" lang, beide auf der einen breitern Seite stark abgesplittert und zerschlagen, und

zwei Keile, jeder gegen 4" lang, beide dick und auf den breiten Seiten zum größern Theile geschliffen.

Einen Keil aus gelblichem Feuerstein, ganz geschliffen, und einen Keil aus hellgrauem Feuerstein, roh zubehauen und angeschliffen,

beide gefunden zu Bülow bei Güstrow, schenkte der Herr Ingenieur Carl Beyer zu Güstrow.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 232 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Einen Keil aus Feuerstein, roh zubehauen und nur in der Schneide angeschliffen, und

einen Keil aus fettlosem, hellgrauen Feuerstein,

gefunden zu Jamel bei Grevismühlen, schenkte der Herr Bau=Conducteur Voß zu Schwerin.

Einen Keil aus grauem Feuerstein, gefunden zu Pustohl, A. Bukow, schenkte der Herr Dr. Crull zu Wismar.

Ein halbmondförmiges Feuersteinmesser,

gefunden auf dem Felde zu Remlin bei Gnoyen, bei dem großen, aufgedeckten Hünengrabe, in welchem eine hölzerne Keule gefunden ward (vgl. Jahrb. IX, S. 364), schenkte der Herr von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Pfeilspitzen aus Feuerstein von Bützow.

Auf dem Klüschenberge bei Bützow fand der Herr Friedrich Seidel zu Bützow zwei Pfeilspitzen aus Feuerstein, ungefähr 2" lang, aus Feuersteinspänen gebildet, und schenkte sie dem Vereine.

Vier Feuersteinspäne,

sichtlich zu Pfeilspitzen benutzt, gefunden auf dem Klüschenberge bei Bützow, schenkte der Herr Friedrich Seidel zu Bützow.

Ein Feuersteinblock,

1 3/4" lang, roh zubehauen, zur Bildung einer Pfeilspitze, ward von dem Herrn Friedrich Seidel zu Bützow auf dem Klüschenberge bei Bützow gefunden und von demselben dem Vereine geschenkt.

Zwei Feuersteinspäne

fand der Herr Friedrich Seidel zu Bützow in der Darnow=Holzung bei Bützow und schenkte sie dem Vereine.

Schleifstein von Rogeez.

Einen Schleifstein von grauem, alten Sandstein, von ziemlich bedeutender Größe, an mehreren Seiten ausgeschliffen, in der Steinperiode zum Schleifen der steinernen Werkzeuge gebraucht, gefunden zu Rogeez bei Malchow, besitzt der Herr Major von Bülow auf Rogeez.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 233 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Schleifstein von Dierkow.

Auf einem wendischen Burgwalle oder Stadtplatze (Goderak?) in der Wiese von Dierkow bei Rostock, welche mit den bis zum Hofe Toitenwinkel reichenden Wiesen zusammenhängt, nicht weit von der Warnow, fand der Handlungslehrling Ulrich Lisch zu Rostock einen alten Schleifstein, welcher, nach den Schleifrinnen, zum Schleifen von schmalen Hohlmeißeln gedient haben mag. Der Stein, von dunkelgrauer, quarziger Steinart, ist schon in alter Zeit an beiden Enden verstümmelt; der Stein ist jetzt noch 7" lang, 3 1/2" breit und 1" dick und in den neuesten Zeiten beim Mergelgraben in drei, noch zusammenpassende Stücke zerschlagen.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 234 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

b. Zeit der Kegelgräber.


Heidnischer Begräbnißplatz von Pisede.

Einige hundert Schritte südöstlich von dem der Stadt Malchin gehörenden, nicht weit von dieser Stadt liegenden Gehöfte Pisede, und etwas weiter von der vorüberführenden rostock=neubrandenburger Chaussee entfernt, lag im flachen Felde ein heidnischer Begräbnißplatz, aus welchem Feldsteine hervorragten. Einem Steinhauer war es gestattet worden, sich hier Steine auszubrechen. Erst nachdem dieser am Ende des Monats November 1855 die Steine ausgebrochen, den Platz durchwühlt, die hinter den Steinen stehenden Urnen beim Steingraben zerbrochen und deren Inhalt bis auf die metallischen Gegenstände verschüttet hatte, ward dieser Fund dem Herrn Apotheker Timm, dem Herrn Pastor Rathsack und dem Herrn Succentor Schliemann zu Malchin zufällig bekannt, welche sofort dem malchiner Magistrate davon Anzeige machten und denselben um Schutz und um die Mittel und die Erlaubniß zur weitern Aufdeckung und Verfolgung der Alterthümer baten, was auch bereitwillig gewährt ward. Die genannten Herren stellten sogleich die weitern Forschungen an, wurden aber durch das bald darauf im December eintretende Frostwetter an der vollständigen Nachgrabung gehindert. Glücklicher Weise war der Steinhauer ein verständiger Mann, der in seiner Weise bei der Ausgrabung ganz gut beobachtet hatte und alles auslieferte, was er gefunden hatte; hiernach scheint auch das Grab erschöpft zu sein. Der Herr Apotheker Timm, welcher den Fund an sich genommen hatte, suchte nun alle nähern Umstände der Ausgrabung festzustellen und hat nicht allein, mit Erlaubniß des Magistrats der Stadt Malchin, die gefundenen Alterthümer, sondern auch einen ausführlichen Bericht, der im Folgenden benutzt ist, an den Verein eingesandt.

Der Begräbnißplatz

war von ovaler Gestalt und hatte in seiner Länge von Nordwest nach Südost etwa 70' und in seiner Breite von Südwest nach Nordost etwa 50' Durchmesser. Der Platz hatte eine Erhebung von 1 1/2 Fuß über die ihn umgebende ebene Ackerfläche und ward mit dem übrigen Acker gepflügt und besäet. Nach der Aussage eines Arbeiters war der Platz vor einigen 20 Jahren

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 235 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

noch einige Fuß höher, so daß dort ruhende Arbeiter hinter demselben Schutz gegen Wind und Wetter finden konnten. Der Platz war in seiner westlichen Hälfte im Umkreise mit größern Granitsteinen eingefaßt, und es ist wahrscheinlich, daß auch die andere Hälfte von Steinen eingeringt gewesen ist; vor etwa 18 Jahren sind hier viele Steine zum Chausseebau ausgebrochen.

Innerhalb dieses mit Steinen umringten Begräbnißplatzes befanden sich mehrere Begräbnisse aus verschiedenen Perioden der heidnischen Vorzeit neben einander.

1. Ein Hünengrab.

Am nordwestlichen Ende dieses Begräbnißplatzes ward ein Grab aus der Steinperiode entdeckt, welches ungefähr 1 1/2 Fuß tief unter der Oberfläche stand. Der innere Raum dieses Begräbnisses war im Rechteck von Granitblöcken gebauet und 4 1/2' lang, 2 1/2' breit und etwa 3' hoch. Die vier Seitenwände dieser Kiste waren von 5 größeren Steinen gebildet. Von außen, ebenfalls unter der Erdoberfläche, war diese Steinkiste von kleinern Steinen umgeben, deren Zwischenräume mit Lehm ausgefüllt waren, augenscheinlich um sie zu befestigen. Diese Steinkiste war nicht mit Steinen zugedeckt; jedoch sollen vor etwa 18 Jahren während des Baues der rostock=neubrandenburger Chaussee mehrere große Granitblöcke hier ausgegraben und zu Brückendecken verwandt worden sein. Die Längenrichtung der Steinkiste ging von Nordwest nach Südost.

In dieser Steinkiste lagen am südöstlichen Ende

4 Schädel von verschiedener Größe

und neben diesen nach Nordwest hin viele menschliche Gebeine, aus deren Lagerung man schließen muß, daß sie zu den Schädeln gehört haben. Leider sind die Schädel zerbrochen und die Gebeine zerschlagen und zum Theil verworfen; jedoch sind noch die Stirnbeine und einige Oberhauptbeine gerettet. Die Schädel sind nur dünne und klein und die Stirnen grade nicht schön gebildet; die eine Stirne ist ziemlich gut gestaltet, eine andere hat aber eine stark aufgeworfene Nase und eine starke Biegung nach hinten. So viel ist gewiß, daß die Schädel sich weder durch Größe, noch Schönheit, auch die übrigen Gebeine sich nicht durch Größe und Stärke auszeichnen. - Es ist möglich, daß die Leichen hockend oder sitzend in die Steinkiste beigesetzt worden sind; jedoch spricht die Länge der Kiste grade nicht dafür, da diese grade lang genug gewesen sein mag, um die Leichen hineinzulegen.

Neben den Schädeln lagen in der Steinkiste 3 Keile von Feuerstein, von denen zwei groß und dünne sind, der dritte ganz klein und in seiner Gestaltung sehr selten ist:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 236 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 Keil von grauem Feuerstein, 6" lang, 1 3/4" breit im Mittel und 3/4" dick in der Mitte, auf den beiden breiten Seiten ganz geschliffen und an der Schneide sichtlich oft und scharf nachgeschliffen;

1 Keil von grauem Feuerstein, 5 1/4" lang, 2" breit im Mittel und 3/4" dick in der Mitte, auf den beiden breiten Seiten ganz geschliffen und an der Schneide sichtlich oft und scharf nachgeschliffen, jedoch an der Schneide an einigen kleinen Stellen zerschlagen;

1 kleiner Keil von grauem Feuerstein, 3" lang, 1" breit und 3/4" dick, etwas unregelmäßig, an den beiden breiten Seiten ganz geschliffen und an der Schneide sichtlich oft und zwar so nachgeschliffen, daß die Schneide gegen den Breiten=Durchmesser schräge liegt; wahrscheinlich ist dieser kleine Keil, der wegen seiner Kleinheit sehr selten ist, zum Einsetzen in eine hölzerne Keule oder dergleichen benutzt worden.

Weiter ward innerhalb dieses Grabes nichts gefunden.

2. Kegelgräber.

Merkwürdig ist es, daß sich innerhalb des Steinringes, der den ganzen Begräbnißplatz umschloß, auch mehrere Begräbnisse aus der Bronzeperiode fanden, oder es war vielmehr, nach der Bauart, dieser Begräbnißplatz ein großes, wenn auch niedriges, Familien= Kegelgrab, in dessen Umkreis das Hünengrab hineingezogen war. Es ist einige Male beobachtet, daß Begräbnisse aus der Bronzeperiode oben auf Hünengräber gesetzt sind und das Ganze dann zu einem Kegelgrabe gemacht ist, wie z. B. in dem bekannten Grabe zu Waldhusen bei Lübek, in einigen Gräbern zu Moltzow am malchiner See; es ist aber in Meklenburg, so viel bekannt ist, noch nicht beobachtet, daß ein Hünengrab aus der Steinperiode neben Begräbnissen aus der Bronzeperiode in einem Kegelgrabe stand.

Innerhalb des die Begräbnißstelle umgebenden Steinringes standen

5 Urnen von Thon

im Kreise umher, nicht weit von dem Steinringe, 1 1/2 Fuß unter der Erdoberfläche, also auf dem natürlichen Erdboden. Die Urnen waren alle zertrümmert, da sie vom Pflugeisen getroffen und dadurch zerstört waren. Nach den Scherben hatten sie die charakteristische bräunliche Farbe der Urnen der Kegelgräber und hatten ungefähr 3/4 Fuß im Durchmesser. Sie waren, wie gewöhnlich, von drei oder mehreren Steinen umstellt und mit einer Steinplatte zugedeckt, standen also in einer kleinen Steinkiste. Sie enthielten eine "kohlige Masse", also zerbrannte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 237 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Knochen, unter denen der Steinbrecher einige kleine Bronzestücke fand. Daß in diesem Grabe nach der Zeit der Steinperiode Leichenbrand geherrscht hat, geht daraus hervor, daß sich auch zwischen den kleinern Steinen, mit denen das Hünengrab von außen umpackt war, einige Kohlenstücke fanden; die Verpackung war also zur Zeit der Bronzeperiode geschehen. Wahrscheinlich ist in der Mitte des Begräbnißplatzes die Brandstelle gewesen, um welche, innerhalb des Steinringes, die Urnen beigesetzt sind.

In 4 von diesen Urnen fanden sich, nach Aussage des Arbeiters, kleine Bronzegegenstände, welche noch zu erkennen sind, da sie dem Leichenbrande ausgesetzt gewesen und durch denselben zersprengt worden sind. Diese Gegenstände sind:

1 Paar Handbergen, aus Bronze, vom Feuer ganz in viele kleine Stücke zersprengt;

2 kleine Hefteln mit Spiralplatten, aus Bronze, durch den Leichenbrand verbogen, von denen jedoch nur noch die Spiralplatten vorhanden sind;

1 Diadem mit eingravirten Spiralwindungen, aus Bronze, von welchem jedoch nur noch ein kleines Stück, das offenbar, nach dem Roste zu urtheilen, durch den Leichenbrand abgesprengt wurde, erhalten ist;

Gegen Nordwest, am Ende, in der Mitte der Verengung des elliptischen Steinkreises, also nördlich neben dem Hünengrabe aus der Steinperiode, stand die größte Urne, welche etwa 1 Fuß im Durchmesser hatte. Nördlich neben dieser Urne lagen viele Bronzegegenstände, welche, nach der Aussage des Arbeiters, nicht in einer Urne, sondern so gefunden wurden, als wenn sie mit einem menschlichen Körper hingelegt waren. Alle diese Gegenstände sind ziemlich gut erhalten, in ihrer ursprünglichen Form und mit demselben, tiefen und alten Rost bedeckt, so daß es sicher ist, daß sie nicht dem Leichenbrande ausgesetzt gewesen sind. Dieses Grab, welches neben dem Hünengrabe lag, scheint das älteste und bedeutendste in dem Begräbnißplatze gewesen zu sein und keinen Leichenbrand erlitten zu haben. Die Bronzegegenstände dieses Begräbnisses sind:

1 Diadem, von ausgezeichneter Arbeit. Es ist nicht, wie gewöhnlich, mit gravirten Spiralwindungen verziert, sondern mit drei Paar queer und parallel laufenden, erhabenen Reifen mit eingravirten Horizontalstrichen verziert; die zwei dazwischen liegenden, vertieften, glatten Bänder sind an jeder Seite mit feinen, erhabenen Zickzacklinien auf vertieftem Grunde geschmückt. Der Rost ist tief und spielt ins Bläuliche. Diese Art von Diademen scheint älter zu sein, als die mit Gravirung verzierten.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 238 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1 Paar Armringe, massiv und einfach gravirt, eng, von 2 1/2" innerm Durchmesser.

2 Armringe, massiv und nicht gravirt, von derselben Weite; diese Ringe scheinen nicht zu diesem Begräbnisse zu gehören, da sie einen andern Rost haben.

1 gewundener Kopfring.

1 gewundener Halsring.

1 Nadel, deren Spitze abgebrochen ist, jetzt noch 2 1/2" lang.

1 Paar Handbergen, ziemlich wohl erhalten, reich gravirt.

Dieses Begräbniß scheint, nach den Schmuckgegenständen, einem Frauenzimmer anzugehören. Dann würden die Handbergen auch Frauenschmuck sein. Dies scheint auch aus mehrern andern Beobachtungen hervorzugehen. Leider ist noch kein Grab mit Handbergen wissenschaftlich aufgedeckt, aus welchem mit Sicherheit hervorginge, daß es einem Frauenzimmer angehörte.

Der Herr Apotheker Timm hat die Güte gehabt, die Bronzen zu analysiren, und hat gefunden, daß sie, wie gewöhnlich, nur aus Kupfer und Zinn bestehen und zwar ungefähr 90 Procent Kupfer enthalten.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kegelgrab von Wiek.
Nachtrag zu Jahrb. XX, S. 283.

Die in einer Urne mit Kinderknochen in dem Kegelgrabe von Wiek bei Schwaan gefundenen Raubvogelkrallen, welche in Jahrb. XX, S. 283 als Falkenkrallen angenommen sind, sind nach der gütigen Untersuchung und Bestimmung des Herrn Geheimen=Raths Professors Dr. von Lichtenstein zu Berlin wirklich Krallen eines Edelfalken.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die bronzene Spule von Viecheln,

welche in Jahrbuch XIX, S. 318, beschrieben und für die einzige bisher bekannt gewordene gehalten ist, hat ein Seitenstück gefunden. Auf dem sogenannten Wunderberge bei Lichterfelde in der Gegend von Neustadt=Eberswalde, einem runden Hügel von höchstens 30 Schritten Durchmesser, wurden, außer einigen Alterthümern aus Feuerstein, viele Alterthümer aus Bronze: 2 Frameen, 17 Pfeilspitzen, 2 Hefteln mit Spiralen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 239 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

3 Lanzenspitzen, mehrere Nadeln, Ringe, Dolche, ein Schwert u. s. w., welche zum großen Theile in den Besitz des Superintendenten Kirchner zu Gransee gekommen sind. Man vgl. die Schrift von Ernst Kirchner über Thors Donnerkeil, Neu=Strelitz, 1853, S. 25. In der Nähe des Wunderberges ward nun auch eine Spule von Bronze gefunden (vgl. E. Kirchner a. a. O. S. 97), welche zu der angeführten Schrift Kirchner's Fig. 26 abgebildet ist. - Beide Spulen sind von gleicher Größe und unterscheiden sich nur dadurch, daß an der Spule von Viecheln die Streben der Scheiben fest aus einem Stücke mitgegossen sind, an der Spule von Lichterfelde die Streben frei stehen.

G C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Hifthorn von Bochin.

In Frid. Franc. Tab. XII, Fig. 1, (vgl. Erläuterung S. 121) ist ein zu Bochin in der Mark Brandenburg gefundenes, im großherzoglichen Antiquarium aufbewahrtes, aus Bronze gegossenes Werk abgebildet, welches ohne Zweifel der Bronze=Periode der Kegelgräber angehört. Es ist dort stehend abgebildet und für ein Gefäß ausgegeben. Nach vielfältiger, genauer Prüfung hat sich diese Ansicht jedoch nicht behaupten lassen; es fehlt nämlich dem Gußwerke ein Boden, der auch nicht vorhanden gewesen sein kann, da jede Spur einer Anfügung fehlt. Dagegen erklärt sich das Werk leicht, wenn man es liegend darstellt und für die Schallmündung eines Hifthorns von einem Urstierhorne annimmt. Nach dieser Annahme hat das Gußwerk von Bochin die größte Uebereinstimmung mit dem bei Wismar gefundenen Hifthorn aus Bronze, welches im Jahresber. III, S. 67 flgd. beschrieben und abgebildet ist. Form, Größe, Verzierungen, der angegossene Henkel und vieles Andere stimmt in beiden Stücken genau überein. Besonders sind es die eingeschlagenen Dreieck= und die gravirten Bogenverzierungen, welche nicht allein auf beiden Stücken gleich sind, sondern auch mit andern verzierten Alterthümern aus der Bronze=Periode übereinstimmen, wie schon im Jahresber. III, S. 71 flgd. bemerkt ist. Es ist daher keinem Zweifel unterworfen, daß das Bronzewerk von Bochin zu einem Hifthorn gehört habe. - Daß ich im Frid. Franc. im J. 1837 von Spuren von Vergoldung an dem Bronzeguß von Bochin gesprochen habe, ist ein Irrthum von mir; die hellen Stellen sind nur Stellen, an denen der Rost abgescheuert ist und die Bronzefarbe durchscheint.

G. C. F. Lisch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 240 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eine Lanzenspitze

aus Bronze, wahrscheinlich zu Hohen=Lukow gefunden, ohne Rost, schenkte der Herr Pastor Vortisch zu Satow.

Eine Lanzenspitze

aus Bronze, mit Schaftloch und Nagellöchern, ohne Rost, ist zu Gostorf bei Grevismühlen, im Torfmoore, 6 Fuß tief gefunden und von dem Herrn Oberforstmeister von Lehsten zu Rehna geschenkt.

Bronzering von Schwisow.

Zu Schwisow bei Bützow ward ein voll gegossener, schmaler Ring von Bronze, von der Größe eines Armringes, 2 1/2" weit, geöffnet, an beiden Enden spitz auslaufend, gefunden und von dem Herrn Friedr. Seidel zu Bützow erworben und dem Vereine geschenkt.

 

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 241 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

c. Zeit der Wendengräber.


Wendenkirchhof und Heftel von Holm.

Eine Heftel aus Bronze

mit Spiralfeder, von der bekannten Form der Hefteln aus der Eisenperiode, ward zu Holm bei Dassow auf dem "Vierenberge" in den Tannen in einer ganz zerbrochenen Urne, in welcher Knochensplitter lagen, 1 Fuß tief unter der Erde gefunden und von dem Herrn Oberforstmeister von Lehsten zu Rehna geschenkt. Es werden dort öfter zerbrochene Urnen gefunden; der Platz ist also ohne Zweifel ein wendischer Begräbnißplatz

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wendenkirchhof von Gorschendorf.

Bei dem Bau der Chaussee von Neu=Kalen nach Pisede wurden im J. 1852 von den Steinbrechern auf dem Felde von Gorschendorf vier große Urnen gefunden und mit in ihre Erdhütten genommen; leider zertrümmerten die Arbeiter bei einer unter ihnen entstandenen Schlägerei drei derselben. Die vierte erhielt der Herr Burgemeister Mau zu Neu=Kalen, welcher bald nach der Auffindung nach Gorschendorf geschickt hatte, und schenkte sie dem Vereine. Die Urne hat die Beschaffenheit der Urnen aus der ältern Zeit der Eisenperiode, ist ziemlich cylinderförmig, sehr groß, 13" hoch und ungefähr 10" weit in der größten Bauchweite, von hellbrauner Farbe und an der Außenfläche, mit Ausnahme des 2 1/2" hohen Halses, rauh und noch nicht mit geschlämmtem Thon überzogen und noch nicht geglättet. Die Urne gleicht, auch in der unfertigen Außenfläche, in jeder Hinsicht ganz mehreren in dem Wendenkirchhofe von Helm (vgl. Jahresber. V, S. 67 flgd.) gefundenen Urnen. Sie war mit zerbrannten Knochen, Asche und Sand gefüllt, es fanden sich aber bei der Ausleerung keine Alterthümer darin.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Wendenurne von Malchin.

Im Sommer 1854 wurden beim Ausgraben des schiffbaren Kanals bei Malchin 3 bis 4 Urnen gefunden, von denen nur

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 242 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eine gerettet ward, die übrigen aber zerschlagen wurden. Der Herr Apotheker Timm zu Malchin erwarb die eine erhaltene Urne und schenkte sie dem Vereine. Die Urne ist aus heidnischer Zeit und scheint ein häusliches Geräth und keine Todtenurne gewesen zu sein. Es ist auch über den Inhalt dieser Gefäße nichts bekannt geworden. - Es ward beim Ausgraben auch ein Schädel und ein Kahn gefunden.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Spindelsteine.

Einen Spindelstein, gefunden auf dem Felde zu Remlin bei Gnoyen, schenkte der Herr von Kardorff auf Remlin zu Gnoyen.

Einen Spindelstein, aus weißem Sandstein, bei den Erdarbeiten an der Chaussee von Neu=Kalen nach Pisede in der Stadtholzung von Neu=Kalen gefunden, ward von dem Herrn Burgemeister Mau zu Neu=Kalen erworben und von demselben dem Vereine geschenkt.

Einen Spindelstein aus Thonstein, und

einen Spindelstein aus gebranntem Thon, unbekannten Fundortes, schenkte der Herr Friedr. Seidel zu Bützow.

Einen Spindelstein aus grauem Sandstein, platt, gegen 2 Zoll im Durchmesser, mit concentrischen Kreisen um das Loch verziert, erwarb der Herr Pastor Kossel zu Tarnow für den Verein.

Einen Spindelstein aus gebranntem Thon, gefunden auf dem Kaninchenwerder bei Schwerin, schenkte der Herr Hofschlosser Duve zu Schwerin.

Drei Spindelsteine, welche in Dörfern des Amtes Schwerin von den Landbewohnern an Schlüssel gebunden waren, erwarb und schenkte dem Vereine der Herr Hofschlosser Duve zu Schwerin.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 243 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

d. Vorchristliche Alterthümer gleich gebildeter europäischer Völker.

Ueber die Hausurnen,

besonders

über die Hausurnen vom Albaner=Gebirge,

vom

Archivrath Dr. Lisch .

In sehr fernen Zeiten ging ohne Zweifel dieselbe Cultur durch alle europäischen Länder, wie noch heute der Bildungsstand der sogenannten wilden Völker sehr ähnlich ist, selbst wenn sie in Zeit und Raum sehr weit von einander entfernt sind. Ja, es hat sich manche Eigenthümlichkeit aus dem grauesten Alterthume bis heute erhalten; so werden z. B. auf manchen Inseln an der Küste Dalmatiens die Thongefäße noch heute auf dieselbe Weise verfertigt, wie sie vor mehrern tausend Jahren allgemein in Europa und noch heute von den Flachschädeln an der Westküste Amerikas gemacht werden. Erst mit der größern Ausbildung der Bronzecultur, namentlich seit der Erfindung des Hohlgusses, und der Anwendung des Eisens erheben sich manche Völker zu einer eigenthümlichen Bildung und auf eine höhere Stufe, welche durch eine höhere Ausbildung in den Künsten, namentlich in der Baukunst, bezeichnet wird. Es unterliegt aber keinem Zweifel, daß in sehr ferner Zeit, die ich das epische Zeitalter nennen will, die Völker Griechenlands und Italiens ganz dieselbe Bildung hatten, welche wir bei allen andern nördlicher wohnenden Völkern Europas treffen. Leider ist uns von diesem Bildungsstande bis jetzt sehr wenig bekannt geworden; die Untersuchungen über die Alterthümer der Griechen und Italier bewegen sich fast ausschließlich um jene Zeit, aus welcher die Bau= und Schriftwerke jener Völker stammen. Einzelne Formen und Eigenthümlichkeiten von Geräthen jener ältesten Völker erhalten sich sehr lange, selbst bis in die römische Kaiserzeit hinein, während

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 244 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in Norddeutschland die Cultur der Bronzeperiode bis zu ihrem Untergange ganz ungetrübt bleibt. Daher ist in Griechenland und Italien das ganz Alte oft sehr schwer von dem Jüngern zu unterscheiden; bei der großen Cultur, welche einst in diesen Ländern geherrscht hat, mag auch sehr wenig Altes übrig geblieben sein. Und doch werden und müssen sich bei genauerer Forschung in Griechenland und Italien Alterthümer finden, welche denen der mittlern und nördlichen Länder Europas gleich und älter sind, als der Anfang der Baukunst und des Schriftenthums. Es ist bekannt, daß an den Ufern des Hellespontus auf der Ebene von Troja dieselben kegelförmigen Grabhügel stehen, wie auf den Ebenen Norddeutschlands an den Gestaden der Ostsee. In der Privatsammlung des hochseligen Königs Christian VIII. von Dänemark in Kopenhagen sah ich einst mehrere alte italische Graburnen, welche Derselbe mit großer Anstrengung und tiefem Blicke in Italien gesammelt hatte und welche genau dieselbe Gestalt und Größe hatten, wie die (in den Jahrbüchern des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde, Jahrgang XI, 1846, S. 357, abgebildeten) Graburnen der Bronzeperiode im nördlichen Deutschland, nur mit dem Unterschiede, daß sie aus rothem Thon bestanden, während die norddeutschen immer eine braune Farbe haben. In unsern Museen findet man oft ein Bronzegeräth aus uralter Zeit Italiens neben jüngern Erzeugnissen der Kunst, und eben so oft daneben ein aus einem norddeutschen Bronzegrabe stammendes Stück "ungewissen Fundortes", welches vor längerer Zeit in eine Sammlung römischer Alterthümer gelegt ward, weil man damals die deutschen Alterthümer noch nicht kannte.

Es ist von großer Wichtigkeit, die wenigen Spuren zu verfolgen, welche zu einer tiefern Kenntniß des griechischen und italischen Alterthums im eigentlichen Sinne des Wortes, d. h. der ältesten Zeiten, leiten können. Und hiezu geben die "hüttenförmigen Aschengefäße" vom Albanergebirge die beste Veranlassung, wenn man sie mit den "Hausurnen" des Nordens vergleicht.


Um einen klaren Blick in diese interessante Angelegenheit thun zu können, ist es nöthig, die Geschichte der nordischen Hausurnen zu verfolgen.

Im J. 1826 hatte der Sächsische Verein zur Erforschung und Bewahrung vaterländischer Alterthümer zu Leipzig (vgl.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 245 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

dessen zweiten Bericht, 1826, S. 30) die erste Urne dieser Art erhalten, welche zu Burg=Chemnitz in Thüringen gefunden und Fig. V zu dem erwähnten Berichte und hier wieder abgebildet ist.

Urne

Die Urne ist cylinderförmig, 12 1/2 Zoll hoch, ganz geschlossen und aus Einem Stücke, und ist oben mit einem kegelförmigen Dache bedeckt, in welchem sich eine viereckige Oeffnung von 3 1/2 Zoll im Quadrat befindet; diese Oeffnung war mit einem Deckel (einer Thür) zugedeckt, der in den die Oeffnung umgebenden Falz paßte und durch Riegel verschlossen werden konnte, welche durch zwei Oehren geschoben werden konnten, die an beiden Seiten der Oeffnung sitzen. Diese Urne ist nach den Abbildungen der nächstfolgenden, bei Rönne gefundenen Urne "völlig gleich und daher hat auch derselbe Holzschnitt zur Abbildung beider benutzt werden können.

- Leider ist nicht gesagt, in welcher Art von Gräbern diese Urne gefunden ist; jedoch mag die Bemerkung, daß durch ein Oehr ein "dünner metallener Drath gezogen" sei, zu der Vermuthung leiten, daß dieser Drath von Bronze war, weil sonst wohl gesagt worden wäre, daß der Drath aus Eisen bestehe, in diesem Falle aber wohl schon verrostet gewesen sein würde. In dem leipziger Bericht ist noch keine Vermuthung über die Gestalt dieser Urne ausgesprochen. Auch Klemm in seinem Handbuch der germanischen Alterthumskunde, 1836, S. 186, welcher diese Urne auf Taf. XIV, Fig. 13 wieder abbildet, hat noch keine andere Ansicht, als daß er sie unter den "Seltenheiten und Curiosis" aufführt und sie eine "sehr seltsame Erscheinung" nennt. - Ich wiederhole vorläufig ausdrücklich, daß diese Urne die Thür im Dache hat.

Im Sommer des J. 1833 leitete Se. Majestät der jetzt regierende König Frederik VII. von Dänemark während Seines Aufenthaltes auf der Insel Bornholm die Aufdeckung mehrerer Grabhügel und fand in der Haide Robbedale unweit Rönne in einem Hügel eine Urne, welche der bei Burg=Chemnitz gefundenen an Gestalt völlig gleich ist und auch noch die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 246 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Urne

Thür in dem Dache hat. Diese Urne, welche 11 Zoll in der Höhe und 8 1/2 Zoll im größten Durchmesser hat, ist abgebildet in den Historisch=antiquarischen Mittheilungen der königlichen Gesellschaft für nordische Alterthumskunde, Kopenhagen, 1835, S. 100, und darauf in dem Leitfaden für Nordische Alterthumskunde, herausgegeben von derselben Gesellschaft, Kopenhagen, 1837, S. 40, so wie in der englischen Uebersetzung desselben: Guide to northern archaeology etc., edited for the use of english readers by the earl of Ellesmere, London, 1848, p. 44. - Auch diese Gesellschaft spricht sich nicht weiter über diese Urne aus, als daß sie "in ihrer Art einzig" und zum Verschließen eingerichtet worden sei, "um die Gebeine vor jedem Berühren noch mehr sicher zu stellen". Auch Sorterup sagt in Kort udsigt over museet for nordiske oldsager, Kjöbenhavn, 1846, p. 34, nichts weiter, als daß die Urne die Oeffnung an der "Seite" habe. Worsaae setzt diese Urne in seinen Afbildninger fra det kongelige Museum for nordiske old-sager i Kjöbenhavn, 1854, p. 54, Fig. 222, mit Recht in die Bronzezeit.

Im Sommer des J. 1837 entdeckte der jetzige Herr Archiv=Secretair Dr. Beyer in einem Kegelgrabe aus der Bronzeperiode zu Kiekindemark bei Parchim eine gleich gestaltete Urne (vgl. Jahresbericht des meklenburg. Vereins III, S. 59), welche in den Jahrbüchern des meklenburg. Vereins XI, 1846, und XIV, 1849, S. 313, und hieneben wiederholt abgebildet

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 247 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Urne

ist. Diese Urne, welche 10 1/2 Zoll hoch ist und 12 Zoll im Durchmesser hat, stammt ganz sicher aus der Bronze= Periode, da der Grabhügel die Gestalt der Gräber aus dieser Periode hatte und in demselben noch ein sicher der Bronze=Periode angehöriges, kleines, schönes Henkelgefäß und etwas Bronze gefunden ward. Auch ich hatte damals noch keine tiefere Einsicht in die Bedeutung dieser Urne und erklärte sie 1846 a. a. O. nur für eine "bienenkorbförmige Urne", den Deckel zu der Oeffnung aber für eine "Thür". Zu bemerken ist, daß diese Urne die Thür schon in der Seitenwand, jedoch noch ein rundes, kuppelförmiges Dach hat.

Darauf ward in einem heidnischen Grabe bei Aschersleben die in den meklenburg. Jahrbüchern XIV, 1849, S. 312, und hier wieder abgebildete Urne entdeckt, welche in das königliche Museum zu Berlin kam und durch den Herrn General=Director von Olfers in Gypsabgüssen an mehrere Museen verschenkt ward. Diese Urne, von viereckiger Gestalt, 16 Zoll hoch, mit der Nachbildung eines hohen Strohdaches und mit einer Thür an einer Seite, erkannte jeder sogleich für die Nachbildung eines Hauses. - Nach der Masse der Urne ist sie ohne

Urne
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 248 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zweifel heidnischen Ursprunges und nach der Farbe und Bereitungsweise stammt sie anscheinend aus der letzten Zeit der Bronzeperiode.

Durch Vergleichung mit dieser viereckigen Urne von Aschersleben geleitet, erklärte ich in den Jahrbüchern des Vereins für meklenburgische Geschichte etc. . XIV, 1849, S. 313, auch jene runden Urnen mit kuppelförmigem Zeltdache und mit einer Thür an der Seite, ohne Fenster oder Andeutung derselben, für Nachbildungen der jedesmaligen Wohnhäuser und erkannte in den verschiedenen Formen die fortschreitende Entwickelung der Wohnhäuser in alter Zeit.

Im Herbste des J. 1853 machte der bekannte englische Alterthumsforscher Kemble, damals zu Hannover, längere Zeit umfängliche antiquarische Studien in den Museen zu Berlin und Schwerin und nahm die hier erworbenen Erfahrungen mit nach Hannover, als grade die gräflich von Münstersche Sammlung für das dortige Museum erworben ward.

Urne

In dieser Sammlung befand sich eine fünfte Urne ähnlicher Art, welche zu Klus in der Nähe von Halberstadt gefunden ist. Diese von Kemble in der Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen, Jahrgang 1851, zweites Doppelheft, Hannover 1854, S. 391, beschriebene, in Holzschnitt dargestellte und hier wieder abgebildete Urne, 12 Zoll hoch, hat mehr eine ovale Urnengestalt, ähnlich den bei Gallentin in Meklenburg in mehrern Kegelgräbern der Bronze=Periode (nach den Jahrbüchern des Vereins für meklenb. Geschichte etc. . XI, S. 365) gefundenen, hieneben zur Vergleichung wieder abgebildeten Urnen, hat einen einfassenden und überragenden, ebenfalls kuppelförmig gewölbten, aber beweglichen Deckel und eine viereckige Thür hoch in der Seitenwand, wenn auch nicht mehr im Dache.

Urne
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 249 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Neben der hannoverschen Urne ward die Hälfte eines gleichen, mit Einritzungen bezeichneten Deckels einer zweiten Urne gefunden, so daß im Ganzen jetzt sechs Hausurnen bekannt geworden sind, und zwar alle aus nördlichen Gegenden.

Kemble wiederholt bei der Bekanntmachung dieses Fundes in der hannoverschen Zeitschrift a. a. O. meine Forschungen aus den Jahrbüchern des Vereins für meklenburg. Geschichte XIV, S. 312 flgd., meint jedoch, "die Form, eben so wie die sehr gewöhnliche (?) Thonmasse führe zu der Meinung, diese Urne (von Klus) wenigstens gehöre einer durchaus spätern Zeit an, als der Bronzeperiode". Dieser Ansicht meines geehrten Freundes muß ich jedoch mit Bestimmtheit widersprechen, da die Urnen von Rönne und Kiekindemark sicher in kegelförmigen Hügeln der Bronzeperiode gefunden sind und grade die cylindrische Form dieser Art von Urnen bestimmt für die Bronzeperiode redet. Eben so wenig kann ich Kemble beipflichten, wenn er meint, daß, "da drei von den sechs bekannten Gefäßen dieser Art in der Nähe von Halberstadt gefunden seien, dies eher auf die Laune (?) eines einzelnen Töpfers, als auf eine weit (?) verbreitete Sitte zu deuten sei, und es sich allerdings denken lasse, daß die andern ähnlichen vielleicht ursprünglich aus derselben Quelle (?) gekommen seien". Freilich sind diese Urnen nicht sehr verbreitet, d. h. sie sind nicht häufig, aber schon aus diesen 6 Urnen ergiebt sich, daß die Form doch so weit verbreitet war, daß an eine Herstammung, wenn auch nur der Sitte, aus derselben Quelle wohl schwerlich zu denken ist; diese Urnen finden sich nämlich auf dem ziemlich großen Raume vom thüringer Walde bis zur Insel Bornholm und von der Ostsee bis zum Harzgebirge.

Die weiter unten folgenden italischen Forschungen werden meine Ansichten noch mehr bestätigen, wenn die gegenwärtigen nicht in sich selbst Haltung genug haben sollten.

Wirft man einen vergleichenden Blick auf die Gestalt aller dieser Urnen, so drängt es sich unwillkürlich auf, daß sie die Entwickelung des alten Wohnhauses darstellen. Die Völker, die in einem von der modernen Bildung entfernten Zustande leben, pflegen in der Regel runde Häuser mit einem kuppelförmigen Zeltdache zu haben; das Haus war eine Nachbildung des Zeltes. So haben noch jetzt viele Völker Afrika's runde Hütten mit kegelförmigem Dache (vgl. Weiß Kostümkunde, Stuttgart, 1855, I, S. 18, auch mit Abbildungen). Die älteste Form des Hauses geben ohne Zweifel die Urnen von Burg=Chemnitz und Rönne, welche die Thür im Dache haben, wie die Wohnungen ungebildeter Völker oft die Thür im Dache haben, zum Schutze gegen wilde Thiere; man stieg auf Leitern

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 250 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hinein, welche man nach sich zog, und so war man durch die steilen, glatten Wände mehr gesichert. Jünger sind sicher diejenigen runden Häuser, wie die Urnen von Kiekindemark und Klus, welche die Thür in der Seitenwand haben. Das jüngste Haus wird wohl durch die Urne von Aschersleben dargestellt; dieses Haus war viereckig, mit hohem, steilem Strohdache, ein überraschendes Vorbild der jetzigen geringen Landhäuser.

Da alle runden Urnen dieser Art entweder bestimmt aus nordischen Gräbern der Bronzeperiode stammen, oder durch Vergleichung in diese verwiesen werden müssen, so läßt sich wohl mit Sicherheit annehmen, daß sie Abbildungen der Häuser der Germanen sind.

Nimmt man dies als wahrscheinlich an, so scheint es auch nicht unwahrscheinlich zu sein, daß selbst die Gräber der Bronzeperiode, welche stets kegelförmige Rasenhügel bilden, gleich den Decken der Hausurnen, eine Nachbildung des kegelförmigen Hausdaches sind. Auch giebt die zur Zeit der Bronzeperiode allgemein übliche Zudeckung der beigesetzten Urnen mit umgestülpten flachen Schalen diesen Urnen ein den Hausurnen ähnliches Ansehen, wenn auch gerade kein besonderes Gewicht auf diesen Gebrauch zu legen ist.

Ueberraschend ist die Aehnlichkeit der auf der Antoninssäule dargestellten germanischen Häuser mit den hier geschilderten Hausurnen; auf diese Aehnlichkeit haben auch Müllenhoff im Vierzehnten Bericht der schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, Kiel, 1849, S. 2, und Kemble in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen a. a. O. aufmerksam gemacht. Montfaucon L'Antiquité expliquée Suppl. I, pl. XXV, p. 63, sagt: "In eadem Antoniniana columna aedes "conspicimus ex lignis paleisque confectas rotundasque, quarum cacumen fornicis instar rotundum est et in conum desinit: sunt tamen illae non inconcinne structae. In casas porro nonnisi ab ostio lux ingrediebatur: quod ostium praealtum est et in nonnullis ad tectum usque aperitur. Eodem quoque modo veteres Galli aedes struebant suas". Die Schilderung dieser Tugurien stimmen ganz zu den Hausurnen; Columella schildert sie noch mit einem runden Dache ("testudineato tecto"). Mein Freund Müllenhoff irrt jedoch, wenn er die viereckige Hausurne von Aschersleben gradezu zur Vergleichung zieht und drückt sich etwas unbestimmt aus, wenn er sagt: Dies Stück (die viereckige Urne von Aschersleben), gewis eine Seltenheit, die ihres Gleichen sucht, stellt in der That das altgermanische, fast (?) quadratische oder

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 251 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

runde (?) Haus dar, das die Römer mit Recht ein tugurium nennen konnten, mit seinem hohen spitzen (?) Strohdach" u. s. w.; es ist hier offenbar die Schilderung der Alten und die Darstellung auf der Antoninssäule in die viereckige Urne hineingetragen, welche zwar das Bild eines Hauses giebt, aber nicht die Eigenthümlichkeiten der ältesten Urnen dieser Art hat. - Eben so wenig kann ich meinem Freunde Kemble darin beistimmen, wenn er sagt: "Eben aus der Form (?) dieser Tuguria (auf der Antoninssäule) geht auch hervor, daß diese Urnen nicht der Bronze=, sondern der Eisenzeit angehören". Wir dürfen nicht vergessen, daß sich in Norddeutschland und Skandinavien die Bronzeperiode viel (wohl tausend Jahre) länger rein und unvermischt erhält, als in Südeuropa, und erst spät (vielleicht erst gegen die Zeit der Völkerwanderung) plötzlich und ohne Uebergang (nach der Bronzeperiode hin) in die Eisenzeit übergeht, - und daß die Gestalt der Häuser sich noch länger halten konnte, als die unvermischte Anwendung der Bronze, wie sich denn, nach den Schilderungen der römischen Schriftsteller, in Italien die runden Häuser oder Tugurien auf dem Lande auch viel länger gehalten haben, als die reine Bronzeperiode, aus der die Hausurnen stammen. - Für das Alter der Hausurnen können nur die Form der Gräber und die Beigaben entscheidend sein.


Es gab gewiß einst eine Zeit, welche ich die Zeit der reinen Bronzeperiode nennen will, in welcher alle Völker Europa's und die asiatischen Völker der Küsten des Mittelmeeres dieselbe Cultur hatten. Zwar ist, wie oben bemerkt, in den südlichen Ländern von dieser Cultur bisher sehr wenig bekannt geworden; aber sie wird sich nach und nach aus einzelnen Zügen herausstellen lassen. Einen überraschenden Anhaltspunct bilden die oben geschilderten Hausurnen.

Im J. 1817 wurden im Albanergebirge, an dem Wege von Castel Gandolfo nach Marino, ungefähr 13 englische Meilen von Rom, viele Hausurnen in einer Felsspalte gefunden, welche von neu angewachsener Felsbildung überdeckt gewesen sein soll. Es läßt sich jetzt wohl schwerlich ermitteln, ob das Letztere gegründet ist, oder überhaupt nur wahrscheinlich sein kann, wenn man nicht etwa annehmen will, daß in jenen vulkanischen Gegenden die Felsschichten durch vulkanische Gewalten in jüngern Zeiten verschoben worden seien; es wird sich jetzt schwerlich ermitteln lassen, ob die Bedeckung des Felsspaltes, wenn sie wirklich vorhanden gewesen ist, vor oder nach der Beisetzung

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 252 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Urnen, durch Natur oder Kunst geschehen sei. Jedoch hängt von der Ermittelung dieses Umstandes für die Bestimmung der Urnen nicht viel ab. Es ist wahrscheinlich, daß das Volk, welches diese Urnen beisetzte, in dem felsigen Boden einen geschützten Felsspalt zur Beisetzung der Asche ihrer Todten benutzte.

Die zahlreichen Urnen dieses Fundes wurden weit zerstreut. Im J. 1846 kaufte der Herr Professor Dr. Gerhard zu Berlin in Rom im Kunsthandel ein Exemplar für das Museum zu Berlin, welches in der Terracottensammlung dieses Museums Nr. 5026 oder nach Gerhard's Leitfaden vom Jahr 1851 als Nr. 32 a aufgestellt ist. Ich fand sie hier im Herbste des J. 1855 und erkannte in derselben eine überraschende Aehnlichkeit mit den Hausurnen des Nordens. Die Urne vom Albanergebirge, welche 12 Zoll hoch ist, hat ebenfalls eine runde Basis, eine cylinderförmige Gestalt oder runde Wand, welche jedoch nach oben hin ein wenig zugespitzt ist, ein rundes, festes Dach und eine viereckige Thür in der Seitenwand. Diese Urne hat jedoch

Urne
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 253 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einige Verzierungen, welche den nordischen Urnen fehlen, diese Urnen aber noch mehr als die Nachbildung eines Hauses erscheinen lassen. An jeder Seite der Thür sind zwei etwas erhöhete Rippen, welche wohl Pilaster oder Pfeiler zum Tragen eines Vordaches bezeichnen sollen. Auf dem kuppel= oder kegelförmigen Dache, welches jedoch ein wenig länglich gedrückt ist, liegt in der Mitte, in dem senkrechten Durchmesser der Thür, ebenfalls eine Rippe zur Bezeichnung des Firstbalkens. Zu diesem Firstbalken laufen an jeder Seite 4 Rippen, zur Bezeichnung der Sparren, hinauf, welche oben am Firstbalken hervorstehende Köpfe haben. Die beiden Enden des Firstbalkens laufen in eine kleine Figur von erhöheten Rippen in der Form Figur aus, vielleicht zur Bezeichnung eines Giebelornaments über der Thür oder eines Balkenwerkes zur Befestigung der Enden des Firstbalkens. - Hier haben wir ein vollständiges Bild eines altitalischen Hauses, mit den Eigenthümlichkeiten der südlichen Häuser, mit 4 Pfeilern vor der Thür, den ersten Anfängen einer Säulenhalle.

Die Masse und die Art der Verfertigung dieser Albanerurne stimmt ganz mit der der nordischen Urnen des Heidenthums, und überhaupt mit der charakteristischen Eigenthümlichkeit der Thongefäße aller sogenannten "wilden" Völker, d. h. wenn man so sagen soll, derjenigen Völker, welche noch keine Brennöfen kennen, überein; mit dem Brennofen, der zuerst immer mit der Cultur vorzurücken scheint, beginnt die höhere gewerbliche Bildung, erst nach dem Schmieden des Eisens. Die Albanerurne besteht im Innern der Wände aus grobkörniger, felsiger Masse, d. h. aus Thon mit zerstampfter Felsmasse durchknetet, und unterscheidet sich von den nordischen Urnen nur dadurch, daß die Masse, wie zahllose italische Gefäße, eine röthlich =braune Farbe hat, während die nordischen Gefäße aus braunem Thon bestehen, der mit (geröstetem? und) zerstampftem dunklen Granit durchknetet ist. Die ursprünglich rauhe Außenfläche der Albanerurne ist schließlich mit fein geschlämmtem, braunem Thon überzogen und geglättet. Die Verfertigungsweise dieser Urne ist also ganz dieselbe, wie bei den Thongefäßen aller andern alten, heidnischen Völker, welche noch nicht im Besitze der Wissenschaft und Kunst sind. Es ergiebt sich also aus der Form und der Verfertigungsweise der Albanerurne, daß in Italien einst dieselbe Cultur herrschte, wie im mittlern und nördlichen Europa.

Aber nicht nur Form und Verfertigungsweise der Albanerurne machen auf eine gewisse Stelle in der Geschichte der menschlichen Kunstentwickelung Anspruch; auch der Inhalt der Urne,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 254 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den ich in Berlin genau untersucht habe, redet für eine bestimmte Zeit, wenn man in diesem Falle einstweilen auch nur nach Perioden oder Jahrtausenden rechnen kann. Auf dem Boden lag noch etwas von dem Inhalte, das sich durch die ziemlich verschlossene Form der Urne darin erhalten hatte. Es liegen in der Urne: in kleine Stücke zerbrannte Menschengebeine und ein Blatt von einem thönernen Löffel; zwischen den Menschengebeinen fand ich ein kleines Ringelchen von Bronze und ein ungefähr einen Quadratzoll großes, dünnes, stark gerostetes Bruchstück von einem getriebenen oder gehämmerten Gefäße aus Bronze, welches mit zwei Reihen ganz kleiner, von innen heraus getriebener Buckel verziert ist, ganz auf dieselbe Weise, wie so viele dünne, nicht gegossene Gefäße aus Bronzeblech aus den Gräbern Norddeutschlands ans Licht gezogen werden. Solche norddeutsche Gefäße sind z. B. die bronzenen Schalen von Dahmen und Kl. Lukow, wie sie in den meklenburg. Jahrbüchern X, S. 283, und XIII, S. 376, von mir in Abbildungen dargestellt sind, ferner das Gefäß und die Nadel von Sparow, welche in Schröter und Lisch Friderico - Francisceum Tab. XII, Fig. 2, und Tab. XXIV, Fig. 20, abgebildet sind (vgl. auch die Abbildung der Nadel in den Jahrbüchern IX, S. 332).

Diese Entdeckung verweiset die Albanerurne bestimmt in die Zeit der ausgebildeten Bronzeperiode, und man kann wohl mit Bestimmtheit das Ergebniß der Forschung aussprechen, daß zu irgend einer Zeit die Bildung und der Geschmack bei den altitalischen und den norddeutschen und nordischen Völkern in vielfacher Hinsicht ganz dieselbe war, ja daß sie so weit ging, daß sich selbst seltene Formen bei beiden wiederholten, wobei jedoch scharf zu berücksichtigen ist, daß die Völker ihre Eigenthümlichkeiten neben der gemeinsamen Cultur ausdrückten, wie z. B. die Albanerurne ein Vordach oder eine Säulenhalle vor dem Hause andeutet, welche in den südlichen Ländern sehr verbreitet und ein Bestandtheil des Baustyls ward, in den norddeutschen Ländern aber nicht zur Anwendung kam.

Ueber diese Albanerurnen ist zur Zeit ihrer Entdeckung auch wiederholt geschrieben. Der Herr Professor Gerhard theilt mir mit, daß Alessandro Visconti (oder auch dessen Bruder Filippo) eine kleine Schrift über diesen Fund herausgegeben habe, in welcher er diese Urnen für antidiluvianisch (!?) erkläre, daß aber sein öfteres Bemühen um diese Schrift bis jetzt vergeblich gewesen sei; das Giornale Arcadico des Jahres 1817 und der folgenden Jahre würden aber wohl Nachweisung geben. Da aber einem mit Italien vertrauten Manne, wie dem Herrn Professor Gerhard, diese Schrift unzugänglich geblieben ist, so wird mir mein Bemühen viel weniger gelingen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 255 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Dieser Auffassung und der angeblichen Art der Auffindung in einem von jüngerem Gestein überwachsenen Felsspalt mißtrauend, ist denn Gerhard (im Archäologischen Anzeiger, 1832, S. 172) eher der Meinung beigetreten, daß "jene seltsame "Hüttenform als eine für rhätische Soldaten der Kaiserzeit mit Erinnerung an ihre heimathlichen Formen gewählte Abweichung von der Form sonstiger Aschengefäße" zu betrachten sei. - Aber so sinnreich diese Erklärung auch sein mag, so scheint ihr doch der gesammte Fund zu widersprechen, da man alle Umstände in Erwägung ziehen muß, wie die Verfertigungsweise der Urne, die in derselben gefundenen Bronzen, u. s. w.; ja selbst die Form der Urne mit den vier Pfeilern an der Thür, welche keinen nördlichen Charakter haben, redet dagegen. Es ist nicht glaublich, daß rhätische Soldaten sich die Mühe sollten gegeben haben, auf eine ganz veraltete und sehr schwierige Weise ihre Urnen aus freier Hand zu machen und am offenen Feuer zu dörren, während sie sich jede beliebige Form bei zahlreichen Töpfern um ein Billiges bestellen konnten; es ist nicht glaublich, daß rhätische Soldaten feine Geschirre öder Schmuckgefäße von Bronzeblech sollten mit in fremde Länder genommen und ihren Todten mitgegeben haben, während sie zahlreiche Gegenstände anderer Art römischen Ursprunges gewiß im Besitze hatten.

Den rechten Punct in der Erklärung scheinen mir die englischen Forscher getroffen zu haben. Durch Canova erhielt A. W. Hamilton ein auch noch mit Gebeinen gefülltes Exemplar der Albanerurnen, und Hamilton gab sie an das Britische Museum, wo sie Nr. 1 bildet, zum Zeichen, daß man sie dort für sehr alt hält. In dem Katalog des Britischen Museums wird gesagt: die Urne sei eine Vase von grober, brauner Waare, "in der Gestalt eines tugurium oder einer ländlichen Wohnung der ältesten Bewohner Italiens und ein Stück der ältesten italischen Töpferkunst". Der Catalogue of the greek and etruscan vases, Vol. I., London, 1851, sagt: "Nr. 1. Oval vase. Hight 13 in., Length 15 in. Coarse brown ware. In the form of the Tugurium or rustic cottage of the early inhabitants of Italy. At one end is a moveable door flanked by perpendicular ridges and grooves, which perhaps represented fluted pilasters. On each side of the roof are five ribs meeting at the top of the ridge, and at each end under a pointed projection is an object like an Zeichen inverted thus Zeichen . The surface of the vase appears to have been pointed, as traces of a rude meander pattern remain in several places. The inferior is filled

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 256 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

with burnt bones. This interesting specimen of the earliest italian fictile art was found in 1817 in the Monte Albano near the road from Castel Gandolfo to Marino, about 13 miles from Rome."

Daß die Hausform der Graburnen nicht bloß vereinzelte "Töpferlaune" sei, beweisen zur Genüge auch die etruskischen Grabkisten, welche oft Fortsetzung dieser Hausurnen und Erinnerung an dieselben sind. Die etruskischen Todtenkisten aus Stein oder gebranntem Thon haben häufig die Form eines Hauses mit Dach und Thüren, oft nur mit Andeutung von Thüren, ohne Durchbrechung der Wände. Beweisende Stücke sind z. B. Nr. 505 und 547 der etruskischen Denkmäler in der Sammlung der antiken Bildhauerwerke des Museums zu Berlin (nach dem Kataloge, Dreißigste Auflage, 1855). Besonders merkwürdig ist die etruskische Todtenkiste, Nr. 539, von dem "sogenannten Grabmale des Porsenna", dessen Deckel "ein Haus mit Eingangsthüren an den Seiten und einer vorragenden Bedachung darstellt" (einem sogenannten Schweizerhause ähnlich); das Dach ist weit vorspringend und die Thüren sind klein und viereckig. Diese etruskischen Grabkisten, als Fortbildung der altitalischen Hausurnen, scheinen mir den sichersten Beweis dafür zu geben, daß alle alten Völker Europa's die Todten gerne in der Nachbildung ihres Hauses beisetzten, wenn sie auch nur den Grabhügel in der Form des kegelförmigen Hauses nachahmen konnten.

Die Zeit der Hausurnen, wenn nicht Entdeckungen in Italien oder Griechenland etwas Bestimmtes ans Licht bringen sollten, scheint spätestens in die Zeit der römischen Könige zu fallen oder noch weiter zurückzureichen. Jedoch soll diese Vermuthung für nichts weiter gelten, als für eine Vermuthung.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Römische Bronzestatuette der Ubertas,
gefunden zu Manderow.

Vor drei Jahren stießen Arbeiter zu Manderow, in der Pfarre Proseken bei Wismar, beim Torfstechen in einer Tiefe von 4 Fuß auf etwas Hartes, das sich beim Herauswerfen als eine kleine Bronzefigur erwies. Das Torfmoor, welches an einem kleinen See liegt, war vorher mit Busch, namentlich mit Weiden bewachsen. Die Bronzefigur blieb so lange verborgen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 257 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bis sie der Herr Cantor Krüger zu Proseken, in lebhafter Theilnahme an den Bestrebungen des Vereins, im J. 1855 für den Verein erwarb.

Die Figur ist 6 1/2 Zoll hoch, aus Bronze und hohl gegossen. Sie stellt eine weibliche Göttin dar, in langem Untergewande, mit etwas kürzerem Obergewande, dessen Ende nach hinten über die linke Schulter geschlagen ist; die rechte Schulter ist entblößt. Im linken Arme trägt sie ein großes, mit Schuppen verziertes Füllhorn, in welchem Aehren, Baumfrüchte und Weintrauben liegen. In der rechten Hand hält sie eine runde Schale. Auf dem Haupte trägt sie ein antikes Diadem. "Eigenthümlich ist das in einem starken Zopfe nach griechischer Weise zusammengefaßte, dann aber über den Scheitel mit einem Wulste zusammengefaßte Haar, welches sich hier wie eine Blume (Lotos?) bildet und so an die Isisdarstellungen späterer römischer Auffassung erinnert. In diesem (jetzt etwas schief gedrückten) Wulste zeigt sich ein Einschnitt, welcher wohl dazu bestimmt gewesen sein könnte, eine Scheibe (Sonnen= oder Mondscheibe?) getragen zu haben."

Die Figur ist aus spät römischer Zeit, jedoch noch von guter Arbeit. Sie stellt eine Ubertas (Segen) oder Felicitas publica dar, wie sie auch auf Münzen oft vorkommt. "Sie stammt aus der Zeit, in welcher fremde Gottheiten oder deren Attribute mit den heimischen zu neuen symbolischen Bezeichnungen verbunden wurden", wie der Kopfputz und die Attribute auf eine spätere Zeit hinweisen. Die Figur ist sonst schlank und zart gebildet, der Faltenwurf ist reich und geschmackvoll, die Züge sind edel und fein. Die Figur hat sowohl Kunstwerth, als besonders historischen Werth, da sie sicher in Meklenburg gefunden ist. Die meisten der zahlreichen in den Ostseeländern gefundenen römischen Alterthümer stammen aus den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt, namentlich aus dem 2. und 3. Jahrhundert des römischen Kaiserreichs.

In der Auffassung der Herstammung, des Alters und der Zeit der Figur stimmen die berliner Archäologen in ihren Ansichten, welche mir durch den Herrn General=Director von Olfers mitgetheilt sind, mit mir überein.

Schwerin im Juni 1855.

G. C. F. Lisch.      


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 258 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

2. Alterthümer des christlichen Mittelalters
und der neuern Zeit.


Alterthümer von der bischöflichen Burg zu Bützow.

Auf dem "Schlossplatze" zu Bützow, dem Platze der ehemaligen mittelalterlichen bischöflichen Burg, wurden beim Ausgraben der Erde zu den neuen Gebäuden im Sommer 1855 ferner noch gefunden und von dem Herrn Friedrich Seidel zu Bützow geschenkt:

ein eiserner Schlüssel,

eine eiserne Pfeilspitze und

ein kleiner, glasurter Stein (wohl Kalkstein), durch einen großen Brand glasurt, und ferner noch

ein kleiner eiserner Schlüssel.

Bei dieser Gelegenheit berichtet der Herr Friedrich Seidel folgendes Ereigniß. Zum Umbau eines Fensters in dem Criminalgebäude (der bischöflichen Burg) entdeckte man 18 Fuß hoch über der Erde mitten in der aus sehr großen Mauersteinen fest gemauerten Wand ein kleines eisernes Gitter, dessen Stangen so sehr verrostet waren, daß sie nicht viel dicker waren als ein Rohrhalm. Unter der untersten Querstange war ein eichenes Brett von ungefähr 8 Zoll im Quadrat eingeschoben und unter diesem war ein ähnliches Stück Brett eingemauert. Zwischen beiden Brettern war ein leerer Raum, in welchem auf etwas Stroh 3 Hühnereier lagen, deren Inhalt ganz fest, wie krystallisirt oder verglaset, war. Die Maurer behaupteten, daß hier ursprünglich kein Fenster angelegt gewesen, sondern alles so beim Bau der Burg vermauert worden sei. Man vermuthet hinter diesem Umstande irgend eine Absicht, die sich aber wohl schwerlich errathen läßt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 259 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Eiserne Alterthümer von Marlow
aus der Reknitz.

Bei der unumgänglich nothwendigen Vertiefung des Strombettes der Reknitz zur Anlage einer Brücke von Marlow nach Pommern fand sich, daß von der Stelle an, wo der Damm an der meklenburgischen Seite am Lande aufhört, nach dem entgegengesetzten pommerschen Ufer hin in der Reknitz ein Steinwall von ungefähr 30 Fuß Länge und 15 Fuß Breite lag. Wahrscheinlich ist in alter Zeit auf der meklenburgischen Seite hier wegen des sumpfigen Ufers eine Art Mole durch Einrammen eichener Pfähle, welche zum Theil noch stehen, und durch Versenken kopfgroßer Steine gebildet und von da an eine kleine Brücke von ungefähr 20 Fuß Länge über die Reknitz gemacht worden. Da aber alle Nachrichten über diese Brücke und den in Ueberresten in seiner ganzen Ausdehnung durch das Reknitzthal auf meklenburgischer und pommerscher Seite noch vorhandenen Damm schweigen, so muß sich die Erbauung dieses Brückendammes in eine sehr ferne Zeit verlieren.

Als die Arbeiter wenigstens drei Schichten dieser Mole und eine Masse von Steinen abgetragen hatten, fanden sich folgende Alterthümer:

1) ein eisernes Hufeisen, welches sehr klein ist und an welchem die Stollen nach unten stehen, wie noch jetzt bei der Winterschärfung der Vordereisen. Bei dem Bau der Chaussee bei Triebsees fand man auf einem versunkenen und überbaueten Knüppeldamme eine Menge solcher kleiner Hufeisen, an denen jedoch die Stollen hakenförmig nach oben gerichtet waren;

2) ein eiserner Sporn mit dünnen, runden Bügeln und einer kurzen Spitze statt des Rades 1 ); die beiden Oesen stehen in der Richtung verschieden, die eine, rund, perpendiculair, - die andere, viereckig, horizontal;

3) eine eiserne, lange und schmale Sichel, wie dergleichen in der Gegend von Marlow schon öfter gefunden sind;

4) ein eiserner Splint, vielleicht zum Zustecken einer Thür, wahrscheinlich von einem Schiffe.

Marlow, 1855.

Dr. Hüen.      


1) Aus der Gestaltung dieses Sporns ergiebt sich, daß der Fund nicht aus der heidnischen, sondern aus der ersten christlichen Zeit, etwa aus dem Ende des 12. oder dem Anfange des 13. Jahrhunderts, stammt, zu welcher Zeit bei Marlow eine namhafte fürstliche Burg stand.      G. C. F. Lisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 260 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber

ein zu Dreveskirchen gefundenes großes Thongefäß.

und

den Ort Dreveskirchen.

Vgl. Jahrb. XVII., S. 368, XIX., (S. 290, und oben S. 227 flgd.

Bei Gelegenheit der Auffindung der heidnischen, unterirdischen Wohnstätten zu Dreveskirchen, zur Zeit der Drainirung des Feldes im J. 1855 ward auch ein anderer Fund gemacht, der, wenn er auch nicht altheidnisch ist, doch wohl dem früheren Mittelalter angehört.

Ungefähr 40 Ruthen von einer heidnischen Wohnstätte entfernt, fand sich mitten in einer quellenreichen Stelle ein großes Gefäß von gebranntem Thon, leider sehr zertrümmert. Dasselbe scheint eine Höhe von ungefähr 2 1/2 Fuß und einen Durchmesser von 2' gehabt zu haben; die Form in tonnenförmig. Es ist aus weißlichem Thon geformt, im Töpferofen gebrannt und am obern Rande von innen und außen weißlich glasurt. Der Rand an der Oeffnung ist stark gewulstet.

Unter dem Randwulste finden sich Spuren einer Verzierung.

Im Boden sind in der Mitte und im Umkreise Löcher durchgebohrt.

Das Gefäß stand auf einigen Bruchstücken von Ziegeln von 3" Höhe und 6" Breite, deren Oberflächen 4 3/4" unter dem umgebenden Terrain lagen.

Den Zweck des Gefäßes anlangend, so hat man es hier offenbar mit der Fassung eines Brunnens zu thun, wofür nicht allein die Durchlöcherung des Bodens, sondern auch die quellichte Beschaffenheit des Bodens deutlich sprechen. Eben so sicher gehört in Bezug auf das Alter das Gefäß frühestens dem Mittelalter an, wie der Charakter der Verzierung und die Glasur beweisen.

Die Verzierung besteht in an einander gereiheten kreisförmig gelegten Bändern, deren Enden von unten her in dem Kreise in eine Lilie von 1 1/2" Höhe auslaufen (oder: in an einander stoßenden kreisförmigen Bändern von 2" Durchmessern, in deren jedem eine mittelalterliche Lilie steht, mit einem Stempel eingedrückt), ein vielfach angewandtes romanisches Ornament, dessen Zeichnung hier in der Lilie jedoch schon germanische Weise hat, so daß man Uebergangsstyl annehmen könnte.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 261 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Aus der Existenz eines Brunnens würde man auf eine neu angelegte Wohnstelle schließen dürfen, und die urkundlichen Nachrichten scheinen merkwürdig mit dieser Annahme zu harmoniren.

Dreveskirchen hieß, ehe es eine Kirche erhielt, Gardeskendorf, und es wäre wohl möglich, daß man das Dorf bei Erbauung desselben an dem besten Punkte der Gegend, wo sie weithin sichtbar ist, um diese wieder aufgebauet habe, falls man nicht annehmen will, daß Gardeskendorf neben Dreveskirchen, wie Mirisdorf neben Hohenkirchen, existirt habe (vgl. Jahrbücher XI, S. 412, Nr. 5).

Es führt dies wieder auf die Etymologie des Namens. Dreveskirchen heißt bekanntlich im Mittelalter tôr Oedeskerken; z. B. in der 1431 transsumirten Urkunde des Fürsten Heinrich I. von 1270 (Jahrb. VII, S. 301). Eben so oft kommt aber im 14. und 15. Jahrhundert die Form Oeteskerken vor, und da scheint es nicht übermäßig hergeholt, wenn man sie mit dem Familien=Namen Oete in Verbindung bringt, den manche Personen dieser Gegend führten, z. B. 1328 Peter und Hinrik Oete von Klein=Strömkendorf, 1347 Timmo und sein Bruder Hinrik Oete und deren Vetter Hinrik, 1356 Jochen Oete, wismarscher Bürger, 1366 Hinrik Oete von Questin, Nicolaus Oete von Klein=Strömkendorf, und annimmt, daß die neue Kirche auf die Hufe eines Oete erbauet sei, oder, was minder wahrscheinlich ist, daß ein Oete sich um das Zustandekommen des Baues besonders verdient gemacht habe. Daß Oete ein Familien=Name ist und diese selten zu Ortsbezeichnungen gebraucht werden, ist freilich wahr; allein einmal mag zur Zeit der Entstehung Oete noch Personen=Name gewesen sein. Es scheint ein Diminutiv von Otto zu sein, welcher Name sich ebenfalls als Familien=Name hier findet; es finden sich außerdem auch noch andere Beispiele, z. B. Preensberg und Mecekendorf.

Bei der Aufgrabung dieses Gefäßes waren gegenwärtig die Herren Dr. Crull und Apotheker Beckmann aus Wismar, und sind die letzteren Annahmen über die Etymologie des Namens von dem Herrn Dr. Crull entstanden.

Dreveskirchen, 4. Septbr. 1855.

C. T. Koch.      

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Zinnernes Hausgeräth von Wend. Waren.

Im J. 1855 wurden bei den Grabungen zwischen dem Goldberger See und dem Serrahn=See an der Mildenitz mehrere zinnerne Geräthe gefunden, welche sich durch Geschmack in Form und Verzierungen auszeichnen und deshalb für die

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 262 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

großherzogliche Alterthümer=Sammlung erworben wurden. Es sind 4 große Schüsseln, 3 kleinere Schüsseln, 3 Teller, 1 Leuchter und 1 Maaß. Beachtenswerth sind nur die Schüsseln, namentlich die großen. Das Geräth war ohne Zweifel Bauernbesitz und im Anfange des 17. Jahrhunderts gefertigt. Von den Schüsseln tragen 4 folgende eingravirte Namen: Hans Berent, Jacob Lemcke, Jochim Lutke, Christianus Mosolf 1611; aus der letztern Jahreszahl läßt sich die Zeit des Ankaufes entnehmen. Sicher wurden die Geräthe im dreißigjährigen Kriege hier verborgen. Die Schüsseln sind mit drei Schilden, Stadtwappen und Zinngießermarken, bald 2 und 1, bald 1 und 2, gestempelt. Sechs Schüsseln haben einen Schild mit zwei gekreuzten Bischofsstäben, also wohl das Wappen der Stadt Bützow, eine einen Schild mit einem Stier vor einem Baume, also das Wappen der Stadt Güstrow. Daneben haben die bützower Schüsseln folgende Zinngießermarken: drei einen Schild mit einer Rose und den Buchstaben C. D., eine einen gleichen Schild mit I. E., eine einen Schild mit drei Sternen und I. E., eine einen Schild mit einem Henkelkrug (= Krôß, daher noch der Name Stênkrôsz); die güstrowsche Schüssel hat als Zinngießermarke einen Schild mit einem Steinbock. Die Schüsseln sind also wohl alle in Meklenburg gemacht.

Von den drei Tellern haben zwei einen Schild mit zwei gekreuzten Schlüsseln (Riga, oder Regensburg?, oder das Erzbisthum Bremen oder das Bisthum Minden?) und einen Schild mit einem Henkelkruge und H. M., einer einen Schild mit einem Stadtthor und einer Jungfrau darüber, also Magdeburg, und einen Schild mit M. Der Leuchter hat einen Schild mit einem Löwen und einen undeutlich gewordenen Schild. Das Maaß ist nicht gestempelt.

Die sämmtlich wohl in Meklenburg gefertigten, nicht schweren Schüsseln zeichnen sich alle durch Schönheit, Geschmack und Leichtigkeit sowohl in der Form, als in der Verzierung aus, und geben redende Beweise von der großen Handwerkstüchtigkeit, welche noch kurz vor dem dreißigjährigen Kriege herrschend war, wie dies z. B. auch an der Töpferei häufig bemerkt werden kann, eben so von der großen Ausdehnung der Gewerbe, da z. B. Bützow wenigstens vier tüchtige Zinngießermeister hatte, welche ihre Erzeugnisse bis nach Goldberg hin (wahrscheinlich durch die Jahrmärkte) verkauften. Man kann nicht genug aufmerksam auf die Handwerkserzeugnisse des 16. Jahrhunderts und der nächsten Jahre sein.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 263 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ein kleiner zinnerner Krug,

von der Gestalt und mit den Reifenverzierungen der Krüge aus dem 14. und 15. Jahrhundert, gegen 3 1/2" hoch, gefunden in der Gegend von Bützow, erworben und dem Vereine geschenkt von dem Herrn Friedrich Seidel zu Bützow.

Bronze=Grapen.

Der Herr Portraitmaler Schacht zu Rostock besitzt einen kleinen mittelalterlichen Grapen aus Bronze, 4 3/4" hoch und im Durchmesser. Auf dem Rande steht in Conturen eingegraben die Inschrift:

Inschrift

Rostock.

T. Rogge.      

Silberschmuck von Niendorf.

Zu Gr. Niendorf bei Crivitz wurden beim Graben 20 Wittenpfennige der Städte Lübeck, Lüneburg und Hamburg aus dem Anfange des 15. Jahrhunderts gefunden und mit denselben ein kleiner silberner Schmuck von der Größe der Pfennige, welcher so construirt ist, daß 6 Lilien von einem Knopfe in der Mitte nach einem vergoldeten Ringe gehen. Der Herr Pächter Krüger wandte diesen Fund dem Vereine zu.

Ein großes eisernes Messer

mit hölzernem Griffe, aus dem Mittelalter, ward in der Stadt Schwerin beim Legen der Gasröhren 4 Fuß tief gefunden und durch die Vermittelung des Herrn Kaufmanns Schnelle erworben.

Einen messingenen Siegelring,

aus dem 16. - 17. Jahrhundert, gefunden zu Brütz bei Goldberg, schenkte der Herr Jahn zu Güstrow. Auf dem Schilde steht ein halber Mann, der ein Schwert schwingt, zu jeder Seite ein Stern; über dem Schilde stehen die Buchstaben T. W.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 264 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

II. Zur Baukunde

des christlichen Mittelalters.


Kirchliche Bauwerke.


Die Kirche zu Gr. Wokern.

Die Kirche zu Gr. Wokern bei Teterow ist eines der merkwürdigsten alten Gebäude in Meklenburg. Wir verdanken die Entdeckung dieser Kirche dem Herrn Ober=Appellationsgerichts=Copiisten Rogge zu Rostock, welcher im Sommer des J. 1855 von derselben saubere und getreue Zeichnungen aufgenommen hat; die Bedeutsamkeit dieser Erscheinung veranlaßte auch mich, dieselbe im Herbste des J. 1855 einer Prüfung an Ort und Stelle zu unterwerfen. Die nachfolgende Beschreibung ist daher doppelt und sicher verbürgt.

Die Kirche gehört zu den alten Feldsteinkirchen romanischen oder Rundbogen=Styls, von denen einige merkwürdige Beispiele in Meklenburg entdeckt sind. Sie ist von gleicher Bauart, wie die Kirche von Dambek oder Minzow bei Röbel (vgl. Jahrb. XV, S. 283 flgd.) und hat gewiß Aehnlichkeit mit der Kirche von Papenhagen bei Rambow, nicht weit von Malchin (vgl. Jahresber. VI, S. 103 flgd. und Lisch Maltzan. Urk. III, S. 262) gehabt, obgleich die letztere ganz Ruine geworden ist.

Die Kirche zu Gr. Wokern ist ganz von Granit=Feldsteinen erbauet, ohne daß irgendwo (mit Ausnahme der jüngern Wölbung des Schiffes) Ziegel angewendet wären. Das ganze Gebäude ist äußerst tüchtig aufgeführt, sehr wohl erhalten und zeigt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 265 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nirgends eine Spur des Verfalls. Die Ecken, die Thür= und Fensteröffnungen und die Gesimse sind von behauenen Granitfeldsteinen. Das Ganze, in alten, ehrwürdigen Verhältnissen, ist eine sehr befriedigende Erscheinung.

Die Kirche besteht aus einem vierseitigen Chor und einem oblongen Schiffe; der Thurm am Westgiebel ist ein neueres Bauwerk von Holz.

Der Chor ist ein Viereck, mit rechtwinklig angesetzter, grader Altarwand, und 26 1/2' lang, 21 1/2' breit, 25 1/2' (hamburger Maaß) hoch bis zum Scheitel des Gewölbes; die Mauern von Granitfeldsteinen sind 5' dick. Die Altarwand hat drei Fenster, die Südwand zwei Fenster und eine Pforte, alle im Rundbogen überwölbt. Die Nordwand hat auch zwei Fenster gehabt; als jedoch in etwas jüngern Zeiten, wahrscheinlich zugleich mit der Erbauung des Schiffes, an die Nordseite des Chors eine Sakristei angebauet ward, wurden die Fenster zugemauert und eine Sakristeithür durchgebrochen, welche jetzt wieder vermauert ist. Merkwürdig ist das kuppelartige Gewölbe des Chores, welches ganz aus unbehauenen Granitfeldsteinen in einer Dicke von 1 1/2' ausgeführt ist. Es hat keine Rippen und gleicht einem nicht ganz regelmäßigen und etwas unfertigen Kugelabschnitte. Rogge schreibt: "Das Gewölbe besteht aus 4 Kappen von Granitgerölle, 1 1/2 Fuß dick, welche gegen die Ecken der Umfassungswände Front machen, 2 Zoll hervorstehen und dadurch genöthigt sind, oben in kaum bemerkbaren Kehlen auf die Seiten dieses beinahe quadratischen Raumes zu stoßen, wodurch die Schildbogen auf denselben die Form einer Parabel erhalten". - Wenn auch die Construction aus 4 Kappen bestehen mag, so sind diese doch sehr wenig bemerkbar, und das ganze Gewölbe hat das Ansehen eines etwas unfertigen Kugelabschnittes. - Ein gleiches Gewölbe wird der Chor der Kirche zu Dambek gehabt haben, wie man noch an den hin und wieder stehenden Ansätzen sehen kann.

Wahrscheinlich ist dieser Chor die älteste Kirche, welche in den ältesten Zeiten allein stand, und war im Westen durch eine Wand (mit Thür) geschlossen. Als in etwas jüngern Zeiten das Schiff angebauet ward, ward diese Wand durchbrochen, wie es noch jetzt der im Uebergangsstyle gewölbte Spitzbogen des Triumphbogens zeigt.

Das Schiff ist jedenfalls etwas jünger, als der Chor, jedoch in den Ringwänden ganz in demselben Style ausgeführt; es ist 58' lang, 34 1/2' breit und 26 3/4' hoch; die Mauern sind 5' dick. Es hat an jeder Seite zwei Fensterpaare

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 266 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(mit Ausnahme der westlichen Hälfte der Nordwand, welche wegen der Pforte nur ein Fenster hat) und in der Nordwand die Hauptpforte; eine Pforte in der Westwand ist jetzt zugemauert. Alle Thüren und Fenster sind im reinen Rundbogen überwölbt und eben so construirt, wie die Oeffnungen des Chores. Die nördliche Hauptpforte ist durchaus wohl erhalten; sie tieft sich rechtwinklig ein Mal ein und der überwölbende Halbkreisbogen ruht auf einem Gesimse, welches aus einem Plättchen und einer Höhlung gebildet ist. Die ganze Gliederung der Pforte besteht aus behauenen Granitfeldsteinen. - Eben so sind die glatt und schräge eingehenden Fenster construirt, welche im Rundbogen übewölbt sind. Dem Anscheine nach mag an den Fenstern in frühern Zeiten restaurirt sein. Die Pforten sind jedoch sicher von jeder Restauration unberührt geblieben.

Das Schiff der Kirche unterscheidet sich aber im Innern durch die Wölbung bedeutend von dem Chore. Das Schiff, welches durch einen starken Gurtbogen in zwei Theile getheilt wird, hat zwei Kreuzgewölbe, welche von Ziegeln aufgeführt sind; die Gewölbe haben Rippen, jedoch keine röhrenartige Schlußsteine, und sind etwas roh angesetzt. Diese Gewölbe sind gewiß alt, jedoch wahrscheinlich erst später, längere Zeit nach der Vollendung der Kirche, eingesetzt; ich kann sie nicht für ursprünglich und romanisch halten. Schon die Arbeit beweiset, daß sie später eingesetzt sind.

Das Alter der Kirche zu Gr. Wokern zu bestimmen, ist sehr schwer, da es in Meklenburg für diesen Fall an sichern Anhaltspuncten zur Vergleichung fehlt. Die bekannten übrigen Rundbogenkirchen sind alle von Ziegeln ausgeführt und liegen in den Bisthümern Ratzeburg und Schwerin, welche einen mächtigen Einfluß von Westen her, von Braunschweig, Hildesheim, Amelungsborn u. s. w., nicht zurückweisen können. Die Kirchen, welche hier zur Vergleichung kommen können, die Kirchen zu Dambek (oder Minzow) und Papenhagen liegen in andern Diöcesen und können einen Einfluß von Osten und Süden her nicht verleugnen. Die Kirche zu Wokern liegt im Bisthume Camin; die Kirche, welche ihr ganz gleich ist, ist die Kirche zu Dambek, welche im Bisthume Havelberg liegt. Die Kirchen zu Wokern und Dambek sind ganz gleich, an Styl, Bauart, Form, Größe, Material und Wölbungsweise. Die Kirche zu Dambek hat außer der romanischen Bauweise auch noch romanische Malerei in der Sakristei. Wenn nun auch der Chorschluß beider Kirchen gradlinig ist, so scheinen sie beide doch schon am Ende des 12. Jahrhunderts erbauet zu sein; wenn auch nicht die Kirchen ganz in dieser Zeit erbauet wurden, so ward doch vielleicht der Chor beider

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 267 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kirchen bei der Einführung des Christenthums errichtet und das Schiff später, jedoch nicht viel später, angebauet. Die beiden Chöre mögen gegen das Ende der romanischen Baustylsperiode gebauet sein. - Mehr Anhalt würde vielleicht die Kirche zu Papenhagen geben, wenn sie nicht in Ruinen läge. Diese Kirche ist eben so gebauet gewesen, wie die beiden andern Kirchen, hat jedoch in dem Fundamente eine halbkreisförmige Apsis als Chorschluß; daher scheint diese Kirche etwas älter zu sein, als die beiden andern. Zwar wird das Dorf Domherrenhagen oder Papenhagen dem im J. 1226 gestifteten Domherrenstifte zu Güstrow erst im J. 1240 als Hägerdorf verliehen (vgl. Lisch Maltzan. Urk. III, S. 262, und Lisch Hahn. Gesch. I, B, S. 54); aber die Kirche kann deshalb viel länger gestanden haben und vielleicht grade ihrer Ehrwürdigkeit wegen dem Dom=Capitel verliehen sein.

Jedenfalls ist die Bekanntwerdung dieser romanischen Feldsteinkirchen im östlichen Meklenburg von großer Wichtigkeit für die Kunstgeschichte Meklenburgs.

Merkwürdig ist es, daß diese drei romanischen Feldsteinkirchen des östlichen Meklenburgs in alten Zeiten Pfarr= und Mutterkirchen waren, aber alle sehr früh Tochterkirchen geworden sind, ja die Kirche zu Papenhagen ganz Ruine und die Kirche zu Dambek halb Ruine. Wokern war eine Pfarrkirche landesherrlichen Patronats. Im J. 1364 war Johannes Rumpeshagen Pfarrer zu Gr. Wokern ("dominus Johannes Rumpeshagen plebanus in Wokert"). Noch lange nach der Reformation war Wokern eine Pfarrkirche und ward erst im 17. Jahrhundert mit der Pfarrkirche zu Klaber vereinigt, welche ritterschaftlichen Patronats war. Im J. 1302 stiftete Deneko von Cröpelin mit seinen nächsten Verwandten eine Vikarei in der Kirche zu Wokern und dotirte sie mit der Primermühle.

An alten Kunstsachen besitzt die Kirche nichts, da sie vor einigen Jahren restaurirt und völlig ausgeräumt ist. In der Sakristei steht das zurückgesetzte alte Altarblatt aus Eichenholz geschnitzt, die Kreuzigung darstellend, eine Arbeit von nicht hohem Alter und keinem besondern Kunstwerth. Vor der nördlichen Hauptpforte liegen zwei halbmuldenförmige Mühlsteine von Granit aus der Heidenzeit, welche vielleicht im Mittelalter zu Weihbecken benutzt gewesen sind.

G. C. F. Lisch,     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 268 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Lohmen

bei Dobbertin gehört zu den älteren Landkirchen Meklenburgs. Chor, Schiff und Thurm sind aus Feldsteinen erbauet, mit behauenen Sockeln und Ecken.

Der Chor hat in der Ostseite 3 und in der Südseite 2 gekuppelte, schmale, schräge eingehende, aus Ziegeln construirte Fenster im Uebergangsstyle, welche unter einem Rundbogen stehen, ähnlich der Kirche zu Grevismühlen. Die Nordseite des Chores hat, wegen des Anbaues der Sakristei, nur Ein Fenster. Durch die Einfassung der Fenster durch eine Rundbogennische wird dieser Bau in eine sehr alte Zeit, etwa in das Jahr 1220, hinaufgerückt.

Das Schiff hat dreitheilige Spitzbogenfenster aus dem 14. Jahrhundert.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Alt=Bukow

ließ einen alten, merkwürdigen Bau vermuthen, da Bukow in der Geschichte der Bekehrung Meklenburgs eine hervorragende Stellung einnimmt, indem z. B. bei der Stiftung des Klosters Neukloster oder vielmehr der Wiederaufrichtung des Nonnenklosters Parkow zu Kussin, später Sonnenkamp genannt, im J. 1219 der Priester Walther von Bukow der erste in der Reihe der anwesenden Priester ist und vor den Priestern von Rostock, Lübow und Neuburg steht. Die Erwartung ward aber durchaus getäuscht, indem sich die Kirche als einen jungen, gewöhnlichen Bau mit vielen Unregelmäßigkeiten aus den schlechtern Zeiten des 15. Jahrhunderts zeigte. Der Thurm ist allerdings von großen Verhältnissen. An Alterthümern besitzt die Kirche nichts weiter, als ein ungewöhnlich hohes und schlankes, jedoch einfaches Kapitäl aus Kalkstein, von viereckiger Grundform mit abgefasten Ecken, etwas über 2 Fuß hoch, im Durchmesser wohl kaum ein Drittheil der Höhe haltend; dieses Kapitäl stammt von einem gewiß sehr merkwürdigen, alten Bau. Es steht gegenwärtig im Innern der Kirche am Seiteneingange auf dem Fuße eines ebenfalls alten Taufsteins aus Kalkstein. Diese beiden Trümmer sind wohl die einzigen und letzten Reste aus der alten Zeit Bukows.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 269 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Neu=Bukow.

Bei Gelegenheit der Beschreibung der Kirche zu Neuburg 1 ) im XVIII. Bande dieser Jahrbücher, S. 288, ist schon auf die Kirche zu Neu=Bukow 2 ) aufmerksam gemacht worden. Ein neuer Besuch derselben in Gesellschaft des Herrn Archivars Dr. Lisch, der sie in seiner Eigenschaft als Conservator inspicirte, macht jetzt eine Beschreibung möglich.

Die Kirche zu Neu=Bukow besteht aus einem Chor, einem Langhause mit Seitenschiffen und einem Thurmgebäude. Anbauten sind jetzt nicht vorhanden.

Der Chor ist von länglicher Gestalt und rechtwinklig geschlossen. Der Fuß besteht aus Granit. Das einfach gebildete Fußgesimse einschließend, laufen auf den Ecken Lissenen empor, an die sich oben als Fries eine doppelte Stromschicht schließt. Die drei Fenster der Altarwand, deren mittleres wenig höher ist, als die beiden seitlichen, sind schmal, mit schräger Laibung, mit einem Rundstabe eingefaßt, und mit abwechselnd glasurten Ziegeln gemauert. Der Giebel, dessen Einfassung schlecht restaurirt ist, ist ganz glatt, aber durchaus mit schräge, im Zickzack, statt horizontal gelegten, abwechselnd glasurten Steinen ausgezeichnet tüchtig aufgeführt 3 ). Nach Süden hat der Chor zwei Fensterpaare angegebener Bildung, nach Norden eins, da dort früher eine Sakristei oder, wie es noch in Neuburg heißt, "Gar[w]kamer" angebaut war. Auf der Südseite führt eine hübsch ornamentirte Pforte im Uebergangsstyle in den Chor.

Das Langhaus hat einen sehr hohen Unterbau von gehauenem Granit oder ist vielmehr mit solchem bekleidet. Auf jeder Ecke läuft von diesem eine Lissene empor, die sich auf den Langseiten in einem treppenartig ausgeschnittenen Bande vereinigen; der Grund unter diesem Bande ist geputzt und wird nach unten durch eine Stromschicht begränzt, welche auf den freien Theilen der Giebelseiten den Fries allein bildet. Oberhalb des Frieses sind die drei letzten Schichten über einander vorgekragt


1) In Jahrb. S. 287, Z. 32 muß es heißen statt "von der mittlern": "wie die mittlere", und muß hinzugefügt werden, daß die dort beschriebene Bildung sich nur auf der Nordseite findet, während die südliche einen Spitzbogenfries, und keine mittlere Lissene hat.
2) Vgl. Jahresber. VII, S. 74.
3) Vgl. Kuglers Schriften zur Kunstgeschichte I, S. 665. (Gleiche Giebel haben mehrere Kirchen im Lande z. B. Neukloster (1219), Neu=Röbel, Schwerin (1248). Vgl. Jahresber. VI, S. 87, VII, S. 74. G. C. F. Lisch).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 270 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und machen so das Dachgesims aus. Die südliche Thür befindet sich, wie die nördliche und die des Chores, in einem abgetreppten, mit abwechselnd glasurten Ziegeln versehenen Vorsprunge. Der Bogen ist der des Uebergansstyles, die Gliederung der Schmiege kräftig und wohlgeordnet, und mit Kapitälen versehen. Der nördlichen Thür fehlen diese; sie hat nur ein einfaches Kämpfergesims und ist bloß mit Viertelsäulen gegliedert. Auf beiden Seiten des Langhauses sind zwei Fenster angebracht, die aber nichts mehr vom Uebergangsstyle haben. Sie sind nicht schmal, sondern wohl vier bis fünf Fuß weit, nicht tief liegend, sondern springen nur einen Stein zurück, ihre Schmiege ist nicht schräge, sondern der vorspringende Stein abgerundet, und der Bogen, der sie schließt, ist ein kräftiger Spitzbogen, kurz man könnte glauben, daß sie im 14. Jahrhundert eingesetzt wären, wovon sich aber nicht die geringste Spur findet. Ob das Stabwerk ursprünglich so war, wie es jetzt ist, läßt sich nicht entscheiden, da es jüngst erneuert ist, jedoch, wenn ich nicht irre, dem früheren gleich. Im Allgemeinen machen sie der reichen und kräftigen Ornamentation des übrigen Baus gegenüber einen sehr nüchternen Eindruck. An den freien Theilen der beiden Giebelseiten finden sich je ein schmales Fenster von ziemlich gleicher Gliederung. Der östliche Giebel, der früher beträchtlich höher war, war mit Blenden belebt. Das Innere des Chores wird von Kreuzgewölben überspannt, die durch einen breiten Gurtbogen getrennt sein sollten, nach der Bildung der Wandpfeiler zu urtheilen; das jetzige Gewölbe scheint nicht dem ursprünglichen Bau anzugehören und mag, wie die des Langhauses, wo auch die Verbindung nicht ganz organisch ist, erst nach Vollendung des ganzen Baues von einem andern Meister ausgeführt sein. Die Fenster der Altarwand sind, wie außen, mit einem Stabe eingefaßt, nicht aber die seitlichen Fenster. Die Wände sind in größter Breite, jedoch nur um einen Stein vertieft.

In der nördlichen Wand sieht man die zur ehemaligen Sakristei führende Pforte, die im Rundbogen gewölbt ist und, ohne Schmiege, sehr einfach ornamentirt ist, indem an der Kante volle rothe Steine und glasurte sogenannte Flachecken wechseln. Das Triumphthor ist ganz schlicht gehalten; die rechtwinkligen Pfeiler sind etwas weiter als der Bogen, dessen schlichtem Kämpfer ihre letzten Schichten sich schräge nähern, worin man eine Reminiscenz an die romanischen Pilaster sehen könnte.

Das Langhaus besteht aus drei gleich hohen Schiffen, deren äußere die halbe Breite des mittleren haben, welches ziemlich doppelt so lang als breit ist. Die Schiffe werden von zwei großen Pfeilern getrennt. Diese haben die Grundform eines gleichschenkligen Kreuzes mit starken Dreiviertelsäulen in den

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 271 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Winkeln; ihre Gesimse sind einfach aber kräftig gegliedert. Die Scheide= und Gurtbogen haben ein rechtwinkliges Profil. Auch hier sind die Wände flach vertieft, doch sind hier die Seiten der Nischen abgerundet, während ihr Bogen eine volle Kante hat. Die Fensterlaibung ist auch hier mit Ziegeln mit abgerundeten Ecken gebildet, nur daß sie tiefer ist als außen, indem sie zwei abgerundete Ecken mehr hat.

Während so Chor und Kirche dem späten Uebergangsstyle angehören, ist der Thurmbau, wie so vielfach, ein Werk des 15. Jahrhunderts, nüchtern und einfach gehalten, aber von guter Anordnung, und macht namentlich von Nordwesten her gesehen mit seinem hohen Helm einen sehr stattlichen Eindruck. Außer seinem Styl im Allgemeinen beglaubigen insbesondere noch einige Ornamentziegel, die in halber Höhe angebracht sind, sein Alter. Sie stellen die h. Jungfrau und den S. Nicolaus vor und finden sich ebenfalls an dem sogenannten Leichenhause von S. Nicolai zu Wismar, welches 1437 erbaut worden ist. Uebrigens ist die Bukowsche Kirche ebenfalls diesem Heiligen gewidmet.

Die ganze Einrichtung der Kirche ist aus jüngerer Zeit und schlecht, bis auf die Kanzel, die aus Eichenholz im frühen Rococostyle ziemlich gut geschnitzt ist; außerdem sind noch einige bronzene Wandleuchter da und Stangenleuchter aus dem siebenzehnten Jahrhundert, so wie ein älterer Kirchenstuhl mit dem v. d. Lüheschen und Hahnschen Wappen, bezeichnet A. V. D. L. und J. H., 1571. Aus früher Zeit findet sich nur ein vortreffliches kleines Weihrauchfäßchen (jetzt im Antiqarium zu Schwerin).

Von Malerei auf den Wänden ist nichts wahrzunehmen; ob sich welche auf den Gewölben und Bogen findet, muß dahin gestellt bleiben.

Alte Leichensteine sind noch vier vorhanden. Zwei, die schon sehr vertreten sind, liegen vor dem Altare. Man lies't noch:

Inschrift

Dieser ist glatt. - Der zweite zeigt unter einem Baldachin das Bild eines Priesters.

Inschrift

Zwei andere Steine liegen zwischen den Thüren des Langhauses, ebenfalls den Fußtritten sehr ausgesetzt, sind aber weniger mitgenommen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 272 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auf dem einen lies't man:

Inschrift

(Anno domini M . CCC . LXXXVI, sabbato palmarum, obiit dominus Heghel Haghebuke, perpetuus vicarius ecclesie Nygenbucowe. Orate pro eo.)

auf dem andern:

Inschrift

(Anno domini MD — — — obiit venerabilis vir dominus Theodidericus Runghe, hujus ecclesie vicarius et procurator horarum.)

Der Stein 1 ) liegt halb unter Stühlen und konnte daher jetzt nicht vollständig gelesen werden.

C. D. W.     


1) Auf dem Steine steht Wirklich theodericus . Der Zuname ist rūghe , olso runghe zu lesen, nicht rughe (=Ruge), wie es auf den ersten Blick zu heißen schien. Nach zwei Original=Urkunden im großherzogl. Archive ward Theodoricus Runge clericus diocesis Zwerinensis im J. 1487 mit einer Vikarei in der Kirche zu Neu=Bukow belehnt. Er wird nach dem J. 1505 gestorben sein, da er Procurator der Marienzeiten (procurator horarum) war, welche am Tage vor Allerheiligen 1505 von den Patronen der Bikareien in der Kirche zu Neu=Bukow (den v. Oertzen, v. d. Lühe und v. Bibow) gestiftet wurden      G. C. F. Lisch.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 273 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Neu=Bukow,

welche im Vorstehenden beschrieben ist, wird im zweiten Viertheil oder um die Mitte des 13. Jahrhunderts, jeden Falls nicht später, erbauet sein. Wahrscheinlich ward sie bei der Gründung der Stadt Neu=Bukow aufgeführt.

Die Gründung der Stadt Neu=Bukow

ist noch sehr dunkel und es ist äußerst wenig Material zur Geschichte der Stadt zusammengebracht. Sowohl bei der Stadt, als im großherzoglichen Archive fehlt es ganz an alten Stadturkunden, da sie verbrannt sind. Das Material muß also aus einzelnen Andeutungen zusammengebracht werden. Die älteste, die Stadt betreffende Urkunde ist vom Jahr 1304. Aber schon im J. 1270 ist eine doberaner Urkunde in Neu=Bukow verhandelt ("Acta sunt in Noua Buchowe, data Wismarie 1270 in die s. Processi et Martiniani"=2. Julii); vgl. Westphalen Mon. ined. III, p. 1512. Die Stadt wird jedenfalls aber noch älter sein. Das Lübeker Urkunden=Buch I, S. 204, Nr. 222, giebt eine Urkunde, durch welche eine Zusammenkunft in der neuen Stadt Bukow ("in novo opido Bukow") angesetzt wird; die Urkunde giebt leider das Jahr nicht an, aber die Herausgeber setzen sie in das Jahr 1255. Der ungewöhnliche Ausdruck: "in der neuen Stadt Bukow", statt in der "Stadt Neu=Bukow", scheint darauf hinzudeuten, daß die Stadt damals vor nicht langer Zeit gegründet war. Man wird mit der Gründung der Stadt und der Kirche wohl in das zweite Viertheil des 13. Jahrhunderts hinauf kommen.

Der Burgwall bei Neu=Bukow.

Unmittelbar bei der Stadt Neu=Bukow liegt ein Burgwall, welcher ohne Zweifel der Stadt den Ursprung gegeben hat. Der Burgwall hat eine sehr bedeutende Ausdehnung und Höhe, ist aber an einer Seite sichtbar zum großen Theile abgegraben und sonst als Acker= und Gartenland viel durchgearbeitet, wie er auch gegenwärtig als Garten verpachtet ist. An einer Seite ist aber seine mit Bäumen und Buschwerk bewachsene Höhe sehr bedeutend. Er ist an einigen Seiten von Wiese und Wasser begrenzt; an einer Seite sind die Wiesen sicher durch Abtragung eines Theiles des Burgwalles ausgefüllt. Der Wall trug früher eine fürstliche Burg, und diese wird im 14. und 15. Jahrhundert in den Urkunden öfter genannt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 274 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Burg Bukow war aber schon eine bekannte, wie es scheint, häufig besuchte Residenz der Fürsten von Meklenburg, in deren Nähe das erste Feld=Nonnenkloster zu Parchow (später unter dem verdeutschten Namen Sonnenkamp zu Kussin=Neukloster, wieder aufgerichtet) gestiftet ward. Am 2. August 1220 hob der Fürst Borwin I. zu Bukow ("Bukowe") das Strandrecht (vgl. Lübeker Urk. Buch I, Nr. 21) und den dassower Brückenzoll auf (vgl. das. Nr. 22), unter den Zeugen der letztern Urkunde steht der Priester Walther von Bukow ("sacerdos magister Walterus in Bukowe") obenan. Am 9. Julii 1231 war im Gefolge des Fürsten Johann von Meklenburg unter den Rittern auch der Vogt Günther von Bukow ("Gunterus aduocatus de Bucowe": Rudloff Urk. Lief. S. 25). Es geht hieraus hervor, daß Bukow damals, als nahe an der Grenze des Landes Rostock oder Kessin gelegen, eine Burg von Bedeutung war.

Ich glaube annehmen zu können, daß die alte Burg Bukow der bei der Stadt Neu=Bukow gelegene Burgwall ist, der noch in die Wendenzeit hineinreichen mag. - Alt=Bukow wird wohl immer nur das Bauer= und Pfarrdorf zum Burgwalle gewesen sein.

Der Strich des alten Landes Meklenburg von der Burg Meklenburg bis Doberan, der Meeresküste parallel, ist überhaupt der Beachtung sehr werth und sehr merkwürdig. Hier lagen fast in grader Linie von ungefähr 3 Meilen die wichtigen Burgen Meklenburg, Ilow, Neuburg, Bukow, daneben das älteste Nonnenkloster Parchow und darüber hinaus das älteste Mönchskloster Doberan.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Taufstein von Neuburg.

Die merkwürdige und interessante Kirche zu Neuburg (vgl. Jahrb. XVIII, S. 285 flgd., und VII, S. 73) hat gar kein altes Kirchengeräth mehr. In den Jahrb. XVIII, S. 286 ist erwähnt, daß zur Schwelle der Thurmpforte das Fragment eines Taufbeckens benutzt sei; es ist ein flach convex abgerundetes Becken aus bläulich weißem Kalkstein, mit Verzierungen eines Brillantstabes, welches umgekehrt ist und mit der abgerundeten Ecke die Schwelle bildet. - Bei dem Bau des Schulhauses in den neuesten Zeiten wurden aus den alten Fundamenten große Stücke der Seitenwände dieses Beckens ausgegraben, und da sie nicht recht paßten, von den Arbeitern in kleinere Stücke zerschlagen und diese theils wieder vermauert, theils zu einem Haufen von Pflastersteinen an der Dorfstraße geworfen. Hier fand ich im Herbste

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 275 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1855 noch vier größere Stücke, etwa eine Spanne hoch, einige Spannen breit und etwa 1/2 Fuß dick, nach innen ausgehöhlt. Das Becken ist sehr alt und sehr kunstreich bearbeitet, vielleicht das kunstreichste im Lande. So viel sich noch erkennen läßt, war das Becken sehr groß und achteckig, geradwandig und ganz mit Verzierungen bedeckt. An den Ecken stehen runde Pilaster, auf jeder der 8 Ecken steht eine Nische, welche mit einem (aus zugespitzten Vierecken gebildeten) Brillantstabe eingefaßt ist. In jeder Nische steht eine Heiligenfigur in gleicher Fläche mit der Seite, nur durch eingegrabene Linien gezeichnet, auf vertieftem Grunde. Da der Stein auch immer queer durch zerschlagen ist, so hat sich keine ganze Figur mehr zusammenfinden lassen; jedoch läßt sich die angegebene Construction noch aus den Bruchstücken entnehmen. Der Taufstein war gewiß sehr alt und schön, vielleicht ein kostbares Kirchengeräth des Fürsten Johann des Theologen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts, als seine Gemahlin Luitgard noch häufig auf der Neuburg residirte.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die zweischiffigen Kirchen zu Mestlin und Tarnow.

Wiederholt ist in unsern Jahrbüchern mehrerer merkwürdiger meklenburgischer Kirchen gedacht, welche nur Eine Reihe von Pfeilern, also zwei Schiffe haben. Bisher sind Kirchen dieser Art entdeckt zu Schlagsdorf, Ankershagen, Schwinkendorf, Gnoien und Reknitz (vgl. Jahrb. XII, S. 462, und XIII, S. 412); zu diesen kommen jetzt noch hinzu die Kirchen zu Mestlin und Tarnow. Betrachtet man diese Kirchen genau, so haben sie in den Verhältnissen alle ungefähr dieselbe Construction; alle sind hoch und schlank und von schönen Verhältnissen und scheinen ungefähr aus der besten Zeit des 14. Jahrh. zu stammen. Es scheint aber diese seltene Anlage nicht ursprünglich entworfen gewesen zu sein, sondern es ist wahrscheinlich, daß die Pfeiler erst bei einer spätern Wölbung eingebracht wurden. Ursprünglich mögen diese Kirchen eine Balkendecke gehabt haben. Als man aber im 14. Jahrhundert mehr in die Höhe strebte und mehr Gewölbe bauete, erhöhete man wohl oft die Ringmauern und wölbte den innern Raum. Nun waren diese für Ein Gewölbe zu weit und für drei Gewölbe zu schmal; man wählte also den Ausweg, zwei Gewölbe und Eine Reihe von Pfeilern zu bauen und dadurch zweischiffige Kirchen herzustellen.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 276 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bei der Kirche zu Tarnow läßt sich dieser Gang des Baues ziemlich klar nachweisen. Für die katholischen Zeiten hatte diese Einrichtung grade nichts Unbequemes, um so weniger, da solche Kirchen durch diese Theilung gleich in die Männer= und Frauenseite getheilt ward.

Die Kirche zu Mestlin.

Die Kirche zu Mestlin 1 ) bei Dobbertin besteht aus Chor, Schiff und Thurm.

Der Chor hat eine quadratische Grundform, mit grader Altarwand, und ist von Feldsteinen (Granitquadern) erbauet; der Sockel und die Ecken sind regelmäßig behauen. Die schmalen Fensteröffnungen haben schräge eingehende, glatte Laibungen; ob sie rund oder im Uebergangsstyle leise gespitzt gewölbt sind, läßt sich nicht mehr genau erkennen, da in den Fensterwölbungen wohl schon oft restaurirt ist. Der Giebel hat Rundbogennischen. Der Chor stammt also sicher aus der Zeit, in welcher unsere meisten Kirchen gebauet sind, ungefähr aus dem J. 1230.

Das Schiff ist ein hohes, schönes Gebäude im Spitzbogenstyle, von sehr großen Ziegeln, und hat dreitheilige Spitzbogenfenster. In der Mitte des Schiffes stehen zwei schlanke Pfeiler, welche schöne Spitzbogengewölbe tragen. Dadurch wird die Kirche in zwei Schiffe getheilt. Die Pfeiler, welche Sockel haben, sind achteckig und so gestellt, daß 4 Ecken unter den Gewölbescheidungen stehen und mit Diensten bekleidet sind; es laufen also nach den 4 Weltgegenden 4 Dienste an den Pfeilern hinauf. Die in jüngern Zeiten in schwarz, grau und weiß bemalten Gewölberippen haben einen eigenthümlichen, sonst noch nicht beobachteten Schmuck, indem sie mit zahlreichen Scheiben oder Rippenschilden besetzt sind. Diese Scheiben, von 10 " Durchmesser und ungefähr l " Dicke, sind von gebranntem, hellgelben Thon und mit verschiedenen Reliefs, wie Sternen, Kreuzen, Rosetten u. s. w., verziert, welche immer mit verschiedenen Farben bemalt sind. Die Südpforte ist von 6 Wulsten eingefaßt und von abwechselnd schwarzen, grünen und rothen Ziegeln aufgeführt. Das Schiff wird ungefähr aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammen oder um diese Zeit auf die jetzige Weise eingerichtet sein.

Die Pforte im Thurme ist ebenfalls aus hellgrün glasurten und rothen Ziegeln aufgebauet.


1) Die Entdeckung dieser interessanten Kirche gehört dem Herrn Klosterhauptmann, Freiherrn J. von Maltzan zu Dobbertin, welcher mir nicht allein diese Entdeckung gleich mittheilte, sondern mich auch zur Untersuchung der Kirche freundlichst beförderte.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 277 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Kirche zu Tarnow.

Die Kirche zu Tarnow bei Bützow ist ein hohes, schönes Gebäude. Die ganze, von kräftigen, großen Ziegeln erbauete Kirche, außer dem Thurme, bildet ein großes Rechteck, ohne äußerliche Abgrenzung eines Chores, mit grader Altarwand. In der Mitte der Kirche stehen 3 Pfeiler, welche die 8 Gewölbe der Kirche, also an jeder Seite 4 Gewölbe, tragen; die ganze Kirche wird hiedurch in zwei Schiffe getheilt. Die Pfeiler sind achteckig (ohne Dienste) und niedrig und die Gewölberippen setzen sich ohne Vermittelung auf die Pfeiler. Die schönen Gewölbe sind spitzbogig. Die Pforten sind kräftig und schön gegliedert; namentlich ist die westliche Pforte der Südwand sehr schön und reich an Gliederungen. Die dreitheiligen Fenster der Seitenwände sind im Spitzbogen construirt. Die Kirche, wie sie jetzt ist, stammt wohl aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. - Früher hatte die Kirche wahrscheinlich eine andere Einrichtung, als sie noch nicht gewölbt war, also noch keine Pfeiler in der Mitte hatte. Dies sieht man deutlich an der Ostwand. In den ältesten Zeiten hatte die Kirche Ein großes Fenster in der Mitte der Wand. Als man aber die Pfeiler und die Gewölbe in die Kirche bauete, mußte man einen Strebepfeiler in der Flucht der Pfeiler, also an die Mitte der Ostwand, setzen, um die Gewölbe zu stützen. Man mauerte also das Fenster in der Mitte der Altarwand zu, welches überdies zum Theil durch die Pfeiler verdeckt worden wäre, und setzte einen Strebepfeiler dahin. Eben so setzte man an jede Ecke der Altarwand einen Strebepfeiler; man sieht an dem Ziegelverbande, daß alle diese Strebepfeiler in jüngern Zeiten angebauet sind. Statt des einen Fensters brach man nun zwei Fenster in die Ostwand, so daß am Ende eines jeden Schiffes ein Fenster steht; diese Fenster sind zweitheilig und stehen nicht regelmäßig unter den Gewölben. Aus allen diesen Umständen erkennt man deutlich, daß die Wölbung zu zwei Schiffen jüngern Ursprunges ist, als die Anlage der Kirche.

Das Thurmgebäude ist ein ziemlich hoher Bau, ungefähr 100 Fuß hoch, und in verschiedenen Zeiten gebauet. Das untere Drittheil ist aus Feldsteinen erbauet und stammt wohl noch aus der Zeit des ersten Baues. Die oberen zwei Drittheile sind aus Ziegeln aufgeführt. In jeder Seite steht eine schmale, spitzbogige Nische, welche von oben bis unten reicht und in welcher drei Schallöffnungen über einander stehen.

Das Innere der Kirche ist jetzt ganz ausgeweißt. Aus mehrern Stellen, wo die Kalktünche abgefallen ist, sieht man deutlich, daß die Gewölbekappen auf goldgelbem Grunde

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 278 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bemalt sind; dies läßt auf eine schöne Malerei schließen, welche, nach den Farbetönen, vielleicht der in der Bibliothek zu S. Katharinen in Lübek ähnlich gewesen ist. Da die Kalktünche sehr lose ist, so ist es wahrscheinlich, daß sie vor nicht sehr langer Zeit aufgebracht ist. Die vier mittleren Gewölbe haben noch Gewölbeschilde: die beiden östlichen: vom Altare aus gesehen rechts mit dem Wappen der v. Bülow (von dem Gute Prützen eingepfarrt), links mit dem Wappen der v. Blücher; die beiden westlichen: rechts mit einem Agnus Dei, links mit einem Adler. Die Schilde sind nur gemalt und ohne Reliefs und hiernach und nach den matten, verblichenen Farben wohl nicht alt.

Der Altar ist ein Flügelaltar aus der jüngsten katholischen Zeit und von schlechter Arbeit. Das Mittelstück enthält in der Mitte Christum am Kreuze mit Maria und Johannes Ev. und in abgesonderten Nischen in großen Figuren: zur Rechten Johannes d. T., zur Linken wahrscheinlich die H. Katharine, da die weibliche Heilige noch ein Bruchstück von einem Attribute in den Händen hält, welches einem Rade ähnlich sieht. Die Flügel sind queer getheilt. In jeder der 4 Abtheilungen stehen 4 Figuren. Zunächst dem Mittelstücke stehen 4 weibliche Heilige: zur Rechten, neben Johannes d. T., oben eine Heilige, welche auf jedem Arme ein Kind trägt, die H. Anna (?), unten die H. Gertrud mit einem Hospitalmodelle im Arme, zur Linken, neben der H. Katharine, oben eine gekrönte Jungfrau, der die Attribute fehlen, wahrscheinlich die H. Margarethe (?), unten die H. Barbara mit einem Thurme. Die Heiligen Katharine, Margarethe und Barbara gehören zu den Nothhelfern. Die übrigen Figuren, in jeder Reihe 3, sind die 12 Apostel, denen aber schon zum größern Theile die Attribute fehlen. Die Rückseiten der Flügel sind mit Malereien bedeckt, welche zwar wohl erhalten, aber schlecht gemalt sind.

Am Westende steht ein schöner Taufstein, der jetzt wieder in Gebrauch kommen wird. Der runde, einfache Fuß ist aus Granit. Die Schale ist aus Kalkstein und mit sehr guten, kleeblattförmigen, architektonischen Verzierungen bedeckt; sie stammt wohl aus dem 14. Jahrhundert.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 279 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Retgendorf
und
die Kapelle zu Buchholz.

Die in schöner Lage auf den Ufern des schweriner Sees liegende Kirche und Pfarre zu Retgendorf ward im J. 1241 gegründet. Der Bischof Theoderich von Schwerin (1239 - 1247) sagt in der Urkunde 1 ) vom 28. Decbr. 1241, durch welche er die Pfarre dotirt, daß er die Kirche, welche auf dem Grund und Boden der verwittweten Gräfin Audacia von Schwerin erbauet sei, geweihet habe ("quod nos vocati ad ecclesiam in Retkendorpe dedicandam"). Da der Priester aber noch nicht bedacht war, so vermochte der Bischof die Gräfin, daß sie zur Unterhaltung des Pfarrers 2 Hufen in Retgendorf hergab; diese bestätigte der Bischof, in Gegenwart des Grafen Gunzelin von Schwerin, durch die erwähnte Urkunde als Pfarrgut und bestimmte zugleich den Pfarrsprengel, indem er die Dörfer Flessenow, Schlagstorf, Tessin, Liessow und Buchholz, wo damals schon eine Kapelle gegründet war ("capellam in Bokholte fundatam") dazu legte. Die Kirche ist also ohne Zweifel im J. 1241 fertig geworden und geweihet, da die Urkunde erst am Ende d. J. gegeben ist und der Bischof, der kaum ein Jahr lang den Hirtenstab geführt hatte, wohl innerhalb eines Jahres die Dotirung der Pfarre betrieben haben wird.

Die jetzt stehende, eine Restauration erwartende Kirche zu Retgendorf ist aber nicht mehr jene alte, im J. 1241 geweihete, sondern eine etwa hundert Jahre später erbauete Kirche. Die ganz von Ziegeln aufgeführte Kirche ist, ohne Spur von einem ältern Bau, im ernsten Spitzbogenstyl des 14, Jahrhunderts, mit kräftigen Strebepfeilern und gothischen Thür= und Fensteröffnungen und Gewölben aufgeführt; vielleicht ist sie im dritten Viertheil des 14. Jahrhunderts erbauet. Sie bildet ein Oblongum mit einem dreiseitigen Chorschluß und ist drei Gewölbe lang. Der Thurm ist nur eine Etage hoch von Ziegeln hinaufgeführt.

Das Innere der Kirche ist jetzt überweißt, stand aber, nach sichern Spuren, früher im Rohbau, wie gewiß alle Kirchen des Spitzbogenstyls. An den Mauerpfeilern unter dem Triumphbogen sind an jeder Seite viereckige Flächen geputzt, sicher zur Aufnahme von Malereien, von denen der Herr Architekt Stern auch noch Spuren entdeckt hat.


1) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. IX, S. 31, - Das bei der Pfarre noch aufbewahrte Original dieser Urkunde hat leider keine Siegel mehr.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 280 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Das Schnitzwerk dieser Kirche ist sehr beachtenswerth.

Der Altar besteht aus einem steinernen Tische, welcher mit einer Platte aus polirtem Stuck bedeckt ist, in welcher noch die 5 bischöflichen Weihkreuze in etwas zierlichen Formen stehen.

Der Altarschrein ist ein einfacher Flügelaltar. Die Einrahmung und das geschnitzte Laubwerk ist jung, aus dem Ende des 15. Jahrhunderts; einige Seitenverzierungen sind ganz jung. Die in den Rahmen stehenden Holzschnitzwerke sind aber von großem Werthe. Sie stellen, in der Ansicht nach dem Altare hin, dar:

Die Verkündigung Die Kreuzigung Die Anbetung
Mariä. Christi. der H. Drei Könige.

Alle diese Holzschnitzwerke sind von großer Schönheit; die Figuren sind lang und von edler Bewegung, namentlich in der Verkündigung Mariä, und das Ganze macht einen befriedigenden Eindruck. Offenbar stammen diese Werke wenigstens aus der Zeit der Erbauung der jetzt stehenden Kirche, wenn sie nicht noch älter sind, was wahrscheinlich ist; für die jetzige Umrahmung sind sie nicht gemacht, da sie nicht genau hineinpassen, und schon nach dem Style nicht. Diese Werke gehören zu den bessern Schnitzwerken im Lande. Leider sind sie in neuern Zeiten mit schlechten Farben überpinselt. - Die Rückwände sind nicht bemalt.

Auf dem Balken unter dem Triumphbogen steht ein Crucifix, mit Maria und Johannes Ev. zu den Seiten, ebenfalls ein Werk aus guter, atler Zeit, in sehr passenden Verhältnissen und von guter Wirkung.

An der nördlichen Seitenwand steht eine Kreuztragung in ziemlich großen Verhältnissen, ebenfalls ein gutes Werk aus alter Zeit; der das Kreuz tragende Christus ist eine große, ernste Figur, die beiden Seitenfiguren sind nicht so gut.

Ein Epitaphium der Familie v. Sperling und einige Leichensteine sind aus der Zeit der neuern Geschichte.

Die Kirche hatte eine Pforte an jeder Langseite und eine Thurmpforte. Von den im guten Spitzbogenstyle erbaueten Pforten ist die südliche zugemauert, die nördliche, dem Pfarrhofe gegenüber, ist die Haupteingangspforte. Die Tür in dieser Pforte stammt sicher noch aus der Zeit der Erbauung der Kirche. Sie ist von Eichenholz und nach dem Innern der Kirche hin durch eine merkwürdige Belegung mit Riegeln in Form zweier Achtecke verbunden. Die Thür füllt die ganze spitzbogige Pforte, ohne Sturz; in den großen Flügel ist jedoch eine kleinere, viereckige Eingangsthür eingeschnitten. Der eiserne Beschlag dieser Thür ist so alt, wie die Thür, und äußerst tüchtig und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 281 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geschmackvoll gearbeitet; die Hespen laufen in Lilien von den schönsten Verhältnissen aus. Die ganze Arbeit ist schon eine große Seltenheit geworden. Sehr merkwürdig ist eine Bemalung der äußern Thürfläche. In dem Spitzbogen steht, in angemessenen, füllenden Verhältnissen, draußen auf der Thür ein großer gemalter meklenburgischer Stierkopf, freilich sehr vergangen, jedoch noch in den Umrissen zu verfolgen, namentlich in der in altem Style gehaltenen goldenen Krone. Diese merkwürdige Verzierung ist wohl sicher ein Zeichen, daß die Kirche zur Zeit der meklenburgischen Herrschaft, also nach dem J. 1359, nach dem Ankaufe der Grafschaft Schwerin durch die Herzoge von Meklenburg, erbauet worden sei; vielleicht ist die Kirche sehr bald nach dem J. 1359 vollendet, indem man durch Anbringung des einfachen Stierkopfes (ohne andere Wappenzeichen) die neue Herrschaft deutlich bezeichnen wollte. Zu andern Zeiten hätte man zu einer solchen weltlichen Bezeichnung nicht gegriffen. Die Anbringung des meklenburgischen Stierkopfes über der Hauptpforte scheint sehr bestimmt dafür zu sprechen, daß die Kirche im dritten Viertheil des 14. Jahrhunderts erbauet worden sei, wenn nicht schon der Baustyl dafür spräche.

Ueber dieser Pforte sind zwei gleicharmige Lilienkreuze, ein häufig vorkommendes Ornament, übereinander hohl eingemauert.

Von den Glocken ist die größte und die kleinste alt.

Die große Glocke hat folgende Inschrift in gothischer Minuskel:

Inschrift

Statt der Puncte stehen kleine Heiligenfigürchen zwischen den einzelnen Wörtern.

=Anno domini MCCCCLXXXII (1482) ante Galli. Da pacem rex gloriae Christi. Osanna vocor.

Die kleinste Glocke hat folgende Inschrift in gothischer Minuskel:

(Ein heiliger Bischof) anno (ein Heiligenbild) d n mit Querstrich i (ein Heiligenbild) m (ein Antoniuskreuz 1 ) T) cccc (ein Antoniuskreuz) lv .
= Anno domini MCCCCLV (1455).


1) Vielleicht war diese Glocke ein Geschenk der nahen Antonius=Präceptorei Tempzin, welche im J. 1520 das Patronat der an Retgendorf grenzenden Pfarre Zittow erwarb; vgl. Jahrb. XIV, S. 268 u. 259).
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 282 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Kapelle zu Buchholz

ist, nach den Mittheilungen des Herrn Architekten Stern zu Schwerin, ein der Kirche zu Retgendorf ähnliches, jedoch etwas bedeutenderes Gebäude. Sie ist in demselben Styl erbauet, hat aber einen fünfseitigen Chorschluß und ist wohl etwas jünger als die Kirche zu Retgendorf. Sie ist nicht gewölbt und hat kein alterthümliches Mobiliar mehr. Diese Kapelle ist also auch nicht mehr diejenige, welche schon im J. 1241 stand.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die Kirche zu Zittow

wird ungefähr zu derselben Zeit gebauet sein, als die retgendorfer gebauet ward, vielleicht etwas früher. Urkundlich kommt die Kirche zu Zittow zuerst im J. 1286 vor, als der Graf Nicolaus von Schwerin dem Dom=Capitel zu Riga das Patronat der Kirche zu Zittow bestätigte, welches im J. 1520 auf die Antonius=Präceptorei Tempzin überging 1 ). Die Kirche ist aber älter, als 1286. Sie bildet ein Oblongum von 3 Gewölben Länge und einem Thurme.

Der Chor, ein Viereck von einem Gewölbe, mit grader Altarwand, ist im Uebergangsstyle, ungefähr 1230 - 1240, erbauet. Die Wände sind aus Granitblöcken aufgeführt, von sorgfältig gewählten Feldsteinen mit graden Flächen; die Ecken sind behauen. Die einfachen, aber würdig und gut construirten Fensterlaibungen sind aus großen Ziegeln. Trotz des guten Baues ist die Altarwand doch etwas ausgewichen und durch zwei colossale Strebepfeiler an den Ecken gestützt. Architektonische Ornamente fanden sich nicht. Die Gewölberippen haben ein halbkreisförmiges Profil und sind sehr stark.

Das Schiff von zwei Gewölben Länge ist jünger und dazu in jüngern Zeiten umgebauet, wie man im Innern deutlich sieht. Die Wände sind ebenfalls von Feldsteinen aufgeführt, welche aber kleiner und weniger sorgfältig gewählt und weniger gut vermauert sind, auch durch Brand gelitten haben mögen. Die Fenster sind in weitem Spitzbogen um das J. 1450 in schlechtem Styl von Ziegeln aufgeführt.

Der Thurm ist ein junges Werk im Rundbogenstyl aus dem 16 - 17. Jahrhundert.

An Merkwürdigkeiten besitzt die Kirche nichts weiter, als etwa die Kanzel und das kambser Chor, beide zu gleicher Zeit


1) gl. Jahrb. XIV, S. 259 und 268.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 283 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erbauet, schwarz mit Gold decorirt, beide mit denselben Wappen und Namenszügen.

1. H. F. v. H. 2. H. E. v. P. 3. D. J. v. P.
J. v. H. O. v. O. G. E. v. L.

d. i.

  1. H. F. von Halberstadt (auf Cambs).
    J. von Holstein.
  2. Helmuth E. von Plessen (aus dem Hause Müsselmow auf Cambs) † 1694.
    Oelgard von Oertzen.
  3. Dietrich Joachim von Plessen (auf Cambs) † 1733.
    Gertrud Ele von Lepel.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Die S. Gertrud=Kapelle zu Güstrow.

Vor dem Hageböker=Thore der Stadt Güstrow steht eine kleine Kirche, der H. Gertrud geweihet, um welche der Begräbnißplatz, "Gertruden=Kirchhof", angelegt ist. Die Kapelle steht verlassen und ist leer und wüst, und ist längst aufgegeben und ausgeräumt; vor etwa 40 Jahren stand noch die Kanzel, von der jetzt aber keine Spur mehr übrig ist. Jetzt wird sie mitunter als Leichenhaus und als Aufbewahrungsort der Geräthschaften der Todtengräber benutzt. So unscheinbar und unangesehen diese Kapelle auch ist, so ist sie doch als Bauwerk sehr merkwürdig. Die Kapelle, welche keinen Thurm besitzt, in alten Zeiten aber ohne Zweifel einen Dachreiter gehabt haben wird, bildet ein Oblongum mit dreiseitigem Chorabschlusse. - Man. kann an der Kapelle drei Bauperioden genau unterscheiden.

Die westliche Wand bis zum Giebel ist der älteste Theil und wahrscheinlich sehr alt. Sie ist außen mit 5 langen, rundbogigen Doppelnischen verziert; wenn diese Rundbogen auch nicht sehr alt, sondern nur eine Reminiscenz aus alter Zeit sein mögen, so trägt doch die Wand Spuren einer fernen Zeit. Hiefür spricht auch die innere Verzierung. Im Innern stehen an der Wand dort, wo die Außenwand zwischen den Doppelnischen nicht vertieft ist, schwache Lissenen. Die Wand trägt aber auch im Innern Spuren alter Zeit. Sie ist nämlich mit festem Kalk glatt geputzt und dann nach alter Art mit Ziegeln bemalt. Das Roth dieser Malerei ist das bekannte, alte, gelbliche Roth; das Format der gemalten Ziegel ist aber ganz klein, ungefähr so groß wie das der jetzigen Ziegel, während die alten Malereien das Format der größten Ziegel, oft auch das der

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 284 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Werksteine nachahmen; die Bandstreifen sind schwärzlich, während sie bei andern alten Malereien bläulich oder gelblich grau sind. Diese Malerei auf Putzgrund ist ein sehr beachtenswerther Ueberrest alter Zeit. Diese Malerei ist mit einer Kalktünche bedeckt, welche mit grünen Ranken bemalt ist, eine Verzierung, welche vielleicht dem Ende des 15. oder dem Anfange des 16. Jahrhunderts angehört. Auf diese jüngere Malerei sind einige weiße Kalktünchen aufgetragen.

Die beiden graden Seitenwände sind jüngern Ursprunges; man sieht deutlich, daß sie an die Westwand nur angelehnt sind. Diese Wände sind auch merkwürdig. Während die westliche Wand ein massiver Bau ist, haben die beiden Seitenwände im Innern eine Holzconstruction, welche außen mit Ziegeln verblendet ist 1 ). Im Innern bestehen diese Wände aus ausgemauertem Holzverband in der Construction eines Andreaskreuzes. Trotz dieser Construction, die aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts stammen mag, sind die Wände doch noch ziemlich wohl erhalten. Die nördliche Pforte ist sehr gut gegliedert und verziert.

Der dreiseitige Chorschluß scheint der jüngste Theil zu sein. Er hat im Innern unter den Fenstern rundbogige Nischen, welche aber jedenfalls nicht alt sind, sondern vielleicht aus dem Anfange des 16. Jahrhunderts stammen.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kunstwerke der Kirche zu Rühn.

Die Kirche zu Rühn besitzt noch mehrere alte Stickereien und Webereien zu Altar= und Kanzelbehängen u. s. w.

Unter andern besitzt sie noch eine alte gestickte Decke, welche zuletzt wohl als Kanzeldecke benutzt ist, aber wohl ein Stück von einem Antependium eines Altars ist. Diese Decke ist von verblichenem rothen Sammet mit goldenen Streifen. Darauf stehen in Seide gestickt Figuren von 1 Fuß Höhe, unter Baldachinen, von mittelmäßiger Arbeit und ohne eigentlichen Kunstwerth, wahrscheinlich aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stammend. Das Hauptbild ist die Anbetung der Heil. Drei Könige, gut gezeichnet, 12 Zoll hoch und 17 Zoll breit. Zur Rechten stehen 4 Figuren, zur Linken 2 Figuren, welche jedoch nur schlecht gearbeitet und schwer zu erkennen sind. Wahrscheinlich sollen alle diese Figuren Apostel darstellen, da


1) Ein ähnlicher Holzbau steckte in der alten Kirche zu Wittenförden, welche 1853 abgebrochen ist; vgl. Jahrb. XVIII, S. 288.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 285 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bartholomäus an einem Messer, Matthäus an einem Winkelmaaß, Jacobus d. ä. an einer Tasche zu erkennen ist.

Die Kirche zu Rühn bewahrt noch ein kleines Oelgemälde mit dem Bilde der Herzogin Ursula von Meklenburg, Aebtissin zu Ribnitz († 1586), mit der Jahreszahl 1586 und dem meklenburgischen Wappen. Die Herzogin ist vor einem Crucifixe knieend in grauer Klostertracht dargestellt, wahrscheinlich zum Gedächtniß ihres Todes. Im Hintergrunde ist eine alte Ansicht der Stadt Ribnitz.

Die Kirche zu Rühn hat noch ein großes Tauffaß (Fünte) von Holz aus dem 16. Jahrhundert.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Alte Stickereien in der Kirche zu Güstrow.

Die zur bessern Erhaltung der obern Altardecke in der Pfarrkirche untergebreitete leinene Unterdecke war mit mehrern Bruchstücken mit alten Stickereien geflickt, welche wahrscheinlich Kanten von alten Altardecken oder Antependien gewesen sind. Im Allgemeinen haben diese Stickereien antiquarischen Werth nicht allein wegen der Darstellungen und der Arbeit, sondern auch wegen der Zeichnung. Durch die Bemühungen des Herrn Kirchenvorstehers Gerber zu Güstrow sind diese Reste alter Kunst in das großherzogl. Antiquarium gekommen.

A. Eine Stickerei

besteht aus zwei Streifen, 7 Zoll breit, jeder 3 1/2 Fuß lang, beide oben mit anscheinend etwas jüngern Stickereien von gleicher Breite geflickt. Der Grund der ältern Hauptstreifen ist von festem, blutrothen Taffet, dicht mit gestickten goldenen Lilien besetzt. Jeder alte Hauptstreifen hat zwei Felder, in deren jedem eine Heiligenfigur in Gold und farbiger Seide aufgenähet ist. Die Zeichnungen sind richtig, edel und geschmackvoll gehalten. Die Arbeit stammt wohl noch aus dem Ende des 14. Jahrhunderts.

Oben sind zwei eben so breite Streifen von 1/2 Fuß Länge Zum Ausflicken angesetzt. Diese sind offenbar nach unten hin abgeschnitten, da die Figuren nur bis zu den Knieen vorhanden sind. Das Seidenzeug des Grundes ist sehr lose gewebt; die Lilien sind nicht mehr ganz von Gold, sondern von Gold und rother Seide gestickt, eben so sogar die Heiligenscheine. Der Styl der Zeichnungen ist nicht so ernst, die Arbeit nicht so reich und gediegen, wie bei den übrigen Figuren.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 286 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Die Darstellungen sind folgende, von oben nach unten:

I. auf dem einen Streifen:

1) die H. Anna mit der Maria auf dem Arme, welche das Christkind auf dem Arme hat, (oben zum Ausflicken angesetzt);

2) der Apostel Andreas, mit einem Andreaskreuze vor sich; diese Figur fehlt jetzt ganz, ist aber aus den Umrissen auf dem Grunde klar zu erkennen;

3) der Apostel Paulus, mit einem aufgerichteten Schwerte in der rechten Hand;

II. auf dem zweiten Streifen:

1) Gott Vater, die rechte Hand zum Segnen erhoben, in der linken Hand die Weltkugel haltend;

2) der H. Gregor Papst, mit der dreifachen Krone, mit der rechten Hand einen päpstlichen Stab mit einem Doppelkreuze, in der linken Hand einen aufgerichteten großen Schlüssel haltend;

3) die H. Katharine, mit einer Krone auf dem Haupte, in der linken Hand ein nach unten gerichtetes Schwert haltend, mit dem Bruchstücke eines mit Stacheln besetzten Rades zu den Füßen.

B. Eine andere Stickerei

besteht aus zwei Streifen, 8 1/2 Zoll breit, jeder 4 1/2 Fuß lang, welche oben durch ein gewebtes, gemustertes Stück Zeug von 1 Fuß Länge mit einander verbunden sind; unten an den Enden sind Franzen angesetzt. Der ganze Grund ist einfach, aber geschmackvoll gestickt oder genäht. Jeder Streifen enthält 3 Figuren, welche unter Baldachinen stehen. Diese Stickerei ist leichter und loser und nicht so reich, als in der andern Stickerei, auch ist die Zeichnung nicht so edel, wenn auch noch sehr gut Diese Stickerei enthält nur weibliche Heilige.

Die Darstellungen sind folgende, von oben nach unten:

I. auf dem einen Streifen:

1) die H. Katharine, in der rechten Hand ein nach unten gerichtetes Schwert haltend, neben dessen Spitze ein halbes Rad zu ihren Füßen liegt;

2) die H. Maria Magdalene (?), mit einer (orientalischen) Mütze und sehr langem, gelben Haar, etwas (eine Salbenbüchse?) in den Händen haltend, das nicht mehr zu erkennen ist;

3) die H. Johanna (?), (als Aebtissin?), mit einer Bischofsmütze auf dem Haupte, mit Weihel und Wimpel (d. i. Kopf= und Kinntuch), mit einem großen, auf der Erde stehenden Kreuze im linken und einem Gefäße (wie es scheint) im rechten Arme;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 287 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

II. auf dem andern Streifen:

1) eine heilige Jungfrau, welche etwas in der Hand hält, das nicht mehr zu erkennen ist;

2) die mittlere Figur fehlt: der Leinewandgrund ist mit einer weiblichen Figur in Wasserfarben so schlecht bemalt, als hätte es ein Kind gemacht;

3) die H. Elisabeth, in fürstlichem Gewande, in goldenem Rock und rothem Mantel, mit einem weißen Wittwenschleier, mit einer Krone in der rechten Hand.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Kirche zu Teterow.
Nachtrag zu Jahrb. Xll, S. 464.

In Jahrb. XII, S. 464, ist die Inschrift auf dem Leichensteine des sonst bekannten teterowschen Pfarrers Gerhard Vogelsang, welcher im J. 1380 starb, mitgetheilt. Der Herr Ober=Appellationsgerichts=Copiist Rogge zu Rostock bringt nun die Nachricht, daß bei der Kirche zu Teterow noch ein alter schöner Kelch, ein Geschenk dieses Pfarrers Gerhard Vogelsang, aufbewahrt wird, der folgende Inschrift trägt:

Inschrift

An den sechs Knäufen am Griffe stehen die Buchstaben:

I h e S V S.

Ein zweiter Kelch der Kirche zu Teterow hat einen Wappenschild mit drei Adler= oder Greifenköpfen und die Inschrift:

Inschrift

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Beischläge der S.Olavs=Burse in Rostock.

Auf dem Hofe der Universitäts=Bibliothek zu Rostock stehen zwei große "Beischläge", d. i. Wangen oder Seitenstücke zu den Sitzen vor der Hausthür, welche früher vor dem am Hopfenmarkte, jetzt Blüchersplatze, in der Verlängerung der Kröpelinerstraße gelegenen Hause standen, welches für die alte S. Olavs=Burse oder Regentie der Universität gehalten und in neuern

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 288 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zeiten von den Professoren Tychsen und Normann bewohnt ward. Bei dem Verkaufe des Hauses behielt die Universität diese "Beischläge" als Denkmäler. Die beiden Steine sind große, dicke Kalksteinplatten und mit Relieffiguren auf vertieftem Grunde reich verziert.

1) Auf dem einen Beischlage steht in der Mitte in größerer Darstellung Maria mit dem Christkinde auf dem Arme und darüber in kleineren Darstellungen Johannes d. T. und der Apostel Andreas.

2) Auf dem andern Beischlage steht in der Mitte in größerer Darstellung der H. Georg und darüber in kleinerer Darstellung ein Wappen. Das Wappen ist ein Mal queer und zwei Male längs getheilt, enthält also 6 Schilde, je oben und unten drei. In heraldischer Ordnung stehen in der obern Hälfte 1) ein Vogel, 2) zwei ins Andreaskreuz gestellte Kreuzstäbe, 3) ein Stier; in der unteren Hälfte 4) ein Stier, 5) ein Vogel, 6) zwei gekreuzte Kreuzstäbe. Auf dem Schilde steht eine Bischofsmütze; hinter dem Schilde stehen, neben der Bischofsmütze, rechts ein Schwert, links ein Bischofsstab, ins Andreaskreuz gestellt.

Das Wappen stammt wohl aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, gehört wohl einem nordischen Bischofe an und ist wohl aus dem Familienwappen und dem bischöflichen Wappen desselben combinirt. Der zwei Male vorkommende Schild mit den zwei Kreuzstäben (Stäben, auf denen oben ein gleicharmiges Kreuz steht) ist wohl das bischöfliche Wappen. Die Schilde mit Vogel und Stier sind wohl das Familienwappen des Bischofes. Die Ermittelung des Wappens hat bisher in Skandinavien und im nordöstlichen Deutschland noch nicht gelingen wollen.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 289 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Der Altar der Kirche zu Alt=Röbel.

Der Altar der Marien=Kirche zu Alt=Röbel, welcher gegenwärtig durch einen neuen ersetzt und von seiner bisherigen Stelle versetzt ist, kann bei der großen Wichtigkeit der Kirche für die Baukunst vielleicht von Einfluß werden und verdient daher eine genauere Untersuchung und Beschreibung, so wie deren Veröffentlichung. Der Altar hatte überdies eine merkwürdige, wenn auch grade nicht lobenswerthe Einrichtung. Das frühere Mittelstück des Altars war nämlich ein vollständiger alter Altar, der mit den aufgeschlagenen Flügeln nicht breiter ist, als gewöhnlich das Mittelstück eines Flügelaltars einer kleinen Kirche zu sein pflegt. In der ersten Hälfte des 16. Jahrh. befestigte man nun diesen Altar mit aufgeschlagenen Flügeln zu einem Stücke und machte dieses zu einer Mitteltafel, setzte oben einen schmalen Aufsatz mit figürlichen Darstellungen auf und gab diesem Mittelstücke zwei neue Doppelflügel, in welche man viele andere alte, geschnitzte Figuren der Kirche, wenn sie nicht zu groß waren, ohne besondere Wahl setzte. Einige sind fast zu groß; einige sind sehr winzig, und deshalb hat man diese kleine Figuren auf Postamente gestellt. Der Styl des Schnitzwerkes dieser Flügel in Säulen und Baldachinen ist möglichst schlecht und verdient der Rede nicht. Diese neuern, verfallenen Flügel sind jetzt vernichtet, die Figuren ins Antiquarium versetzt.

Der alte Altar.

Der alte Altar, jetzt in der Sakristei der Kirche aufgestellt, ist ein kleiner, alter Altar von ziemlich guter Arbeit.

Mitteltafel:

in der Mitte: die Jungfrau Maria, die Schutzpatronin der Kirche, auf dem Halbmond stehend, mit dem Christkinde auf dem Arme, gute Figur;

rechts in der Ansicht: die H. Anna (?) oder Maria Magdalena (?), stehende weibliche Figur, anbetend, gute Arbeit;

links: Johannes der Täufer, schlechtere Arbeit.

Die beiden früher mit der Mitteltafel zu Einem Stück verbunden gewesenen Flügel sind in der Vorderwand ein Mal längs und queer getheilt, so daß jeder Flügel 4 Heilige enthält, deren Namen zu ihren Füßen stehen. Flügel links in der Ansicht:

links:

oben: der H. Georg, stehend, den Drachen tödtend;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 290 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unten: der H. Justus (?), mit einer Kirche in den Händen (am Fuße steht: S. IOSTVS.);

rechts:

oben: die H. Barbara, mit einem Thurme neben sich;
unten: die H. Apollonia.

Flügel rechts in der Ansicht:

links:

oben: die H. Katharina mit einem Schwerte;
unten: die H. Gertrud mit einem Hospitale im Arme;

rechts:

oben: der H. Apostel Jacobus mit dem Pilgerstabe;
unten: der H. Nicolaus als Bischof.

Die Flügel des alten Altars waren früher mit der Mitteltafel zu Einer Tafel vereinigt; es war daher nur die Hinterwand derselben zu sehen. Diese enthält in jedem Flügel 2 kleine Gemälde auf Goldgrund, ernst und gut gemalt:

links in der Ansicht:

oben: eine H. Aebtissin mit Heiligenschein, in weißem Gewande, mit schwarzem Gürtel und schwarzem Mantel, wird von einem Bischofe geweihet; daneben rechts sitzen 5 Nonnen, in gleicher Tracht, in einem Chorstuhle, mit Büchern in den Händen; links knieen zwei männliche Figuren in langen weißen Untergewändern und reichen Obergewändern, die eine mit einem Buche, die andere mit einem Rosenkranze in den Händen;
unten: der H. Georg, den Drachen tödtend;

rechts:

oben: dieselbe H. Aebtissin, wie oben links, im weißen Untergewande und schwarzem, blau gefutterten Mantel, mit einem Bischofsstabe in der Hand, umher Nonnen, in gleicher Tracht, stehend, von denen zwei ein Bund Schlüssel halten;
unten: der H. Severian (?). An einem galgenartigen Gerüste hängt an Stricken der Heilige, dessen Füße mit einer großen Kugel oder einem Steine beschwert sind; links stehen Kriegsknechte mit Haken und Messern, im Begriffe, mit den Haken den Leib zu zerreißen, rechts ein König und zwei geharnischte Ritter.

Die neuen Flügel

enthielten in der Vorderansicht geschnitzte Figuren, welche von verschiedenen Nebenaltären ohne besondere Wahl angebracht waren. Die Flügel waren ein Mal queer getheilt und enthielten in jeder Reihe 3 Figuren:

Der Flügel links in der Ansicht:

unten:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 291 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in der Mitte: die H. Jungfrau Maria mit dem Christkinde;
links: die H. Anna, mit der Maria auf dem linken und dem Christkinde auf dem rechten Arme;
rechts: eine weibliche Heilige mit einer Mütze auf dem Haupte;

oben:

in der Mitte: die H. Jungfrau Maria mit dem Christkinde;
links: die H. Katharina, mit Schwert und Rad;
rechts: die H. Anna, mit einem Kinde auf jedem Arme.

Der Flügel rechts:

unten:

in der Mitte: die H. Jungfrau Maria, mit dem nackten Christkinde, welches in jeder Hand einen Apfel hält, auf dem Schooße;
links: eine gekrönte weibliche Heilige mit einem Apfel in jeder Hand;
rechts: der Apostel Johannes Ev. mit dem Kelche in der Hand;

oben:

in der Mitte: der H. Veit, als Bischof, in einem Grapen stehend;
links: ein Heiliger, mit einer Säule im Arme;
rechts: ein Heiliger mit einem Kreuze im Arme, beide ohne weitere besondere Zeichen.

Die Hinterseite der neuen Flügel, wenn sie über das Mittelstück zusammengeschlagen waren, waren mit schlechten Gemälden bedeckt. Jeder Flügel war einmal queer getheilt, enthielt also 2 Gemälde:

Flügel links in der Ansicht:

oben: wahrscheinlich Mariä Verkündigung, aber ganz verdorben und kaum mehr zu erkennen;
unten: die Geburt Christi: das Christkind in der Krippe.

Flügel rechts in der Ansicht:

oben: die Darstellung Christi im Tempel;
unten: die Anbetung der Heil. Drei Könige.

Die zweiten Flügel waren auf der Vorderseite bemalt, auf der Hinterseite nicht. Die Vorderseiten waren queer getheilt und enthielten in jeder der 4 Abtheilungen

drei Apostel,

im Ganzen also die zwölf Apostel.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 292 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Der Aufsatz

enthielt mehrere kleine, schlecht geschnitzte biblische Scenen aus der ältesten biblischen Geschichte, z. B. den Sündenfall, die Vertreibung aus dem Paradiese, den Tod Abels u. s. w.


Die Erklärung dieses Altares ist sehr schwierig, hat jedoch keinen so bedeutenden Werth, daß sich eine weit ausgedehnte Forschung der Mühe verlohnen sollte.

Der kleine, alte Altar ist aus dem Ende des 15. Jahrhunderts; die Flügel waren spät im 16. Jahrh., gewiß schon zur Zeit der Reformation angesetzt.

Die Hauptheilige der Kirche war die Jungfrau Maria, daher auch die Kirche die Marienkirche hieß. (Die neustädter Kirche war eine Nicolaikirche.) Daher hat auch wohl der kleine alte Altar immer der Marienkirche gehört, indem die Hauptfigur desselben ein Marienbild ist.

Man könnte jedoch auch annehmen, daß der Altar aus der Kirche des Dominikanerklosters auf der Neustadt bei der frühern Säcularisirung und Zerstörung des Klosters in die Marienkirche versetzt sei, wie die bekannten Chorstühle in die Nicolaikirche versetzt wurden. Die ungewöhnlichen Malereien auf den Rückwänden scheinen für einen Klosteraltar zu reden; jedoch scheinen keine bestimmte Beziehungen vorhanden zu sein.

Die Figuren in den Flügeln sind mannigfaltig genug, geben aber keine bestimmten Anhaltspunkte für die Geschichte der Kirche, von welcher nur bekannt ist, daß sie Nebenaltäre zu Ehren der H. Katharina, Philippi und Jacobi, des H. Georg und des H. Antonius hatte.


Die Klöster der Stadt Röbel sind in Jahrb. VIII, S. 114 flgd. behandelt. Auf der Neustadt war schon vor dem J. 1273 ein Nonnenkloster der Büßerinnen der H. Maria Magdalena und im J. 1285 ward auf der Altstadt ein Dominikaner=Mönchskloster gestiftet. Da aber zwei Klöster für die Stadt zu viel waren, so ward das Nonnenkloster im J. 1298 nach Malchow verlegt und den Dominikaner= oder Predigermönchen das Nonnenkloster auf der Neustadt eingeräumt.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 293 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber das Kloster der Büßerinnen zu Röbel,
später zu Malchow,

lassen sich noch folgende interessante Aufklärungen geben.

Das Nonnenkloster zu Neu=Röbel war vom Orden der Büßerinnen der H. Maria Magdalena. Nach einer der Urkunden über die Verlegung des Klosters nach Malchow vom J. 1298 1 ) werden sie Nonnen "sanctimoniales de ordine poenitentium noue ciuitatis Robele, Hauelbergensis diocesis", genannt und nach einer Urkunde vom J. 1273 2 ) war das Kloster "ad honorem dei omnipotentis et beate Marie virginis ac sancte Marie Magdalene" ("sanctimoniales in Robele") geweihet. Der Orden war zur Zeit der Kreuzzüge, als Sittenlosigkeit überhand nahm, gestiftet und nahm gefallene Büßerinnen auf; es bildete sich jedoch schon sehr früh eine erste Abtheilung von wirklichen Klosterfrauen, die "Samenung zur Heil. Magdelene". Die Regel für die Büßerinnen der Heil. Maria Magdalene ("sororibus poenitentibus Mariae Magdalenae") war sehr strenge. Die Nonnen waren zur strengen Clausur, zum Schweigen und zur Arbeit verpflichtet, nährten sich mäßig von Gemüse, schliefen auf Stroh und wollenen Decken und kleideten sich in grobe, weiße Gewänder, daher sie auch wohl die weißen Frauen genannt wurden; die Strafen für selbst geringe Ueberschreitungen der Ordensregel waren sehr hart. Der Papst Gregor IX. gab dem Orden am 23. Oct. 1232 eine Regel, welche der Papst Nicolaus III. am 1. Jan. 1280 bestätigte. Gregor IX. gab demselben die Regel des H. Augustinus und die Ordnung der Nonnen des Heil. Sixtus von Rom ("institutiones ordinis monialium sancti Sixti de Urbe"). Die Klöster standen unter Priorinnen. Die vorzüglichsten Heiligen des Ordens waren, außer Maria, Maria Magdalena und Augustinus, noch Johannes d. T., Petrus und Paulus, Jacobus, Laurentius und Bartholomäus.

Das Kloster ward mit dieser Regel im J. 1298 nach Malchow verlegt, wo der erste Propst Albert hieß (1298: Albertus prepositus sanctimonialium in Malchow). Die Bezeichnung des Ordens ist in den malchowschen Urkunden sehr selten. Einmal werden sie aber im J. 1320 "ad honorem dei omnipotentis et beate Marie virginis ac sancte Marie Magdalene moniales in Malchow" genannt. Gewöhnlich


1) Vgl. Schröder P. M. I, S. 845.
2) Vgl. Jahrb. XVI, S. 213.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 294 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und häufig werden sie in den Urkunden nur als "religiosae dominae sanctimoniales in Malchow" bezeichnet. Daß die Nonnen zu Malchow die Ordensregel der Büßerinnen der Heil. Maria Magdalene befolgten, geht auch daraus hervor, daß das Kloster die Ordensregel des Papstes Gregor IX. vom J. 1232 und die Confirmation durch den Papst Nicolaus III. nach einer beglaubigten Abschrift vom J. 1305 besaß.

Im Laufe der Zeit muß aber das Kloster zu Malchow eine andere Regel angenommen haben. Im J. 1358 wird das Kloster "conventus monasterii S. Johannis baptiste et sancte "Magdalene in Malchow" und im J. 1376 werden die Nonnen "religiose domine sanctimoniales monasterii sancti Johannis baptiste ac sancte Marie Magdalene in Malchow" genannt. Diese Ausdrücke sind aber nicht klar. In einer Bulle vom 18. März 1474, durch welche die Wiederherbeischaffung der dem Kloster unrechtmäßiger Weise entfremdeten Güter angeordnet wird, nennt der Papst Sixtus IV. das Kloster bestimmt ein Cistercienser=Kloster ("monasterium antiqui opidi Malchow, per priorissam solitum gubernari, ordinis Cisterciensis, Zwerinensis diocesis"). Es ist eine bestimmte Thatsache, daß in allen Fällen, wo es irgend geschehen konnte, die meklenburgischen Feldklöster nach und nach der Regel des Cistercienser=Ordens zugewandt wurden, welcher in den Klöstern Doberan, Dargun und Neukloster so mächtige Stiftungen in Meklenburg besaß.

Wann das Kloster der Büßerinnen zu Neu=Röbel gestiftet sei, ist nicht mit Bestimmtheit zu ermitteln. Es wird jedoch nach dem J. 1232 (der Ordensregel) und vor dem J. 1273 (der ältesten bekannt gewordenen Urkunde des Klosters) gestiftet worden sein.

 

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 295 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Weltliche Bauwerke

des Mittelalters.


Das Giebelhaus zu Güstrow
an der Mühlenstraße,

welches der bedeutendste Ueberrest alter weltlicher Baukunst in Güstrow und eines der ausgezeichnetsten Bauwerke aus einer gewissen Periode in Meklenburg ist, ist noch immer nicht fest bestimmt, so sehr das Gebäude auch eine Geschichte verdiente. Das Haus ist ein sehr großes Giebelhaus von bedeutenden Verhältnissen und ohne Zweifel in der allerletzten Periode des gothischen Styls, ja schon mit Anklängen an die "gothische Renaissance" aufgeführt. Es wird durch eine Auffahrt von einem rechts daneben stehenden massiven Queerhause getrennt, welches ursprünglich gewiß zu dem Giebelhause, als Scheure oder Speicher, gehörte, und hat hinter sich einen großen Garten, welcher in alten Zeiten auch einen großen Hof umschlossen haben mag.

Es ist immer meine Ansicht gewesen, daß dieses Haus schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, etwa gegen das Jahr 1530, erbauet worden sei. Der jetzige Besitzer hat nun an einem der alten Schornsteine einen gebrannten Ziegel entdeckt, in welchen die Jahreszahl 1539 mit arabischen Ziffern in den damals üblichen Zügen eingegraben ist. Das Haus ward also sicher im J. 1539, also nach den großen Stadtbränden, vollendet und ist sicher eines der letzten bedeutendern Beispiele alter Bauart in Meklenburg.

Es steht noch zur Frage, wem das Haus zur Zeit der Erbauung gehört habe. Ich glaube, es war der Hof des Klosters Doberan, welchen dieses im J. 1433 von dem Kloster Michaelstein zu seinen am Mühlenthore gelegenen Mühlen kaufte (vgl. Jahrb. XII, S. 13 und 331). Der Hof des Klosters lag nach der Kauf=Urkunde am Ziegenmarkte. Nun liegt jetzt das in Frage stehende Haus nicht am Ziegenmarkte, aber unmittelbar neben diesem in der Mühlenstraße,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 296 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wenn man vom Ziegenmarkte (oder Mühlenthore) nach dem Markte geht, links an der Straße, einige Häuser vom Anfange derselben; der Ziegenmarkt mag früher einen größern Raum eingenommen haben. - Eine andere Ansicht, der michaelsteiner oder doberaner Hof sei das letzte Haus der Stadt, wenn man vom Markte nach dem Mühlenthore geht, rechts am Mühlenteiche, gewesen, weil dieses hinten sehr altes Mauerwerk hat und auch am andern Ende des Ziegenmarktes liegt, kann wohl nicht richtig sein, da dieses Haus an einer Seite am Mühlenteiche liegt, in der Urkunde von 1433 aber ausdrücklich gesagt wird, daß der michaelsteiner Hof zwischen zwei Häusern, zwischen Hans von Schonen und Curt Rissert, liege. Demnach muß der Hof in einer Straße und nicht am Ende derselben gelegen haben.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 297 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III. Zur Kunstgeschichte.


Ueber den Maler Erhard Gaulrap,

vom

Archivrath Dr. Lisch.


Wenn es auch bisher unser ununterbrochenes Bemühen gewesen ist, die alten Kunstwerke unsers Vaterlandes zu entdecken, zu bestimmen und bekannt zu machen, zu erhalten und im alten Geiste wiederherzustellen, so hat dies doch bisher zumeist die Denkmäler der Baukunst und die in und an diesen befindlichen untergeordneten und dieselben ausschmückenden Kunstwerke betroffen, da diese Werke einen höhern geschichtlichen Werth haben, als diejenigen, welche zur Ausschmückung des Einzelnlebens bestimmt sind und aus dem Einzelnleben hervorgehen. Bauten, wie die Dome zu Doberan, Schwerin, Güstrow und viele andere, wie die Schlösser zu Schwerin, Wismar und Güstrow, sind selbst große geschichtliche Denkmäler, welche oft viel deutlicher reden, als Urkunden; denn was ein Volk in Jahrhunderten gemacht hat, ist nicht selten bedeutender, als was ein Mensch in Tagen und Stunden gethan hat: nicht allein das ist Geschichte, was geschehen, sondern auch das, was gemacht ist, oder mit andern Worten, die Bildungsgeschichte mag wohl eben so hoch und höher stehen, als die Regierungs= und Kriegs= und Friedensgeschichte.

Dennoch ist es wohl förderlich, die Geschichte der Einzelnbestrebungen in das große Ganze einzureihen, und auch die Geschichte der zeichnenden Künste in der Vorzeit zu verfolgen, da sie an und für sich von Werth und man in unsern Tagen gewohnt ist, unter Kunstgeschichte oft nur Geschichte der Malerei zu verstehen, wie die "Kunstausstellungen" in überwiegendem Maaße Gemälde bringen und "Kunstblätter" oft vorherrschend Gemälde besprechen.

Wir haben aus dem 14. und 15. Jahrhundert sehr viele vortreffliche Werke der Malerei im Lande; alle aber sind kirch=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 298 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

liche Werke, wie denn in frühern Zeiten die Malerei vorzüglich der Baukunst diente. Die Staffeleimalerei beginnt bei uns erst mit dem 16. Jahrhundert, nach dem Vorgange der großen Meister Albrecht Dürer und Lucas Cranach d. ä. Wenigstens haben wir wohl keine älteren, heimischen Staffeleibilder im Lande. Ueber die alten Altarwerke haben wir einige ausführliche urkundliche Nachrichten, welche um so wichtiger sind, als die Werke noch existiren. Diese mögen einer andern Untersuchung vorbehalten bleiben.

Jetzt mögen uns einige namhafte Maler am Hofe zu Schwerin im 16. Jahrhundert beschäftigen. Vorzüglich sind es zwei Maler, welche eine hervorragende Stelle einzunehmen scheinen, beide mit dem Vornamen Erhard, der eine in der ersten, der andere in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Der Herzog Heinrich der Friedfertige hatte einen Hofmaler Erhard Altdorffer, welcher in der Zeit 1512 - 1550 vorkommt. Der Herzog scheint sehr viel auf ihn gehalten zu haben, da er ihn oft auf Reisen zu großen Festlichkeiten mitnahm, was wohl hauptsächlich seinen Grund darin haben mag, daß die Kunstmaler zugleich Wappenmaler, also für Turnierfeste unentbehrlich waren. So nahm der Herzog ihn mit: zu dem großen Turnier am 23 - 28. Februar 1512 in Ruppin, da es in der Reiserechnung heißt:

"VII Pf. dem moler Erhart",

und zu der Vermählung der Prinzessin Katharine, seiner Schwester, mit dem Herzoge Heinrich von Sachsen=Freiberg am 5. Julii 1512 in Freiberg, da es in der Reiserechnung heißt:

"Zw Perleberck am dage Johannis Baptiste".
"XII ßl. Erhardt moler zerunge nach Wittenberck".
"Zw Habelberck am freitage nach Johannis vßlozunge".
"III ßl. dem Doctor vnde Erhardt moler".

Höchst wahrscheinlich ist es, daß Erhard Altdorffer diese Reise benutzte, um in Wittenberg den großen Maler Lucas Cranach d. ä. zu sehen, ja es ist möglich, daß er dessen Schüler war, wie aus der Vorsorglichkeit des Herzogs zu schließen sein dürfte, der ihn nach Wittenberg vorausschickte.

Im J. 1516 malte der "Maler Erhard" den Altar in der Heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg (vgl. Jahrb. XII, S. 222 und 268); außerdem wird er öfter genannt; so z. B. malte "Erhart Alttorffer maler" Wappen im Schlosse zu Stavenhagen (vgl. Jahrb. V, S. 22).

Im J. 1537 schenkte der Herzog Heinrich seinem "Hofmaler, diener und lieben getreuen Erhart Alttorfer" ein Haus zu Schwerin an der Ritterstraße zum erblichen und freien Besitze, und befahl im J. 1547, daß sein "Hofmaler Meister

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 299 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Erhart Alttorfer" von der Landbede wegen seines von ihm bewohnten Hauses verschont bleiben solle, da ihm das Haus als ein abgabenfreies geschenkt sei.

Um das Jahr 1550 überreichte Erhard Altdorffer dem jungen Herzoge Johann Albrecht "ein klein Werk mit seiner Faust gemacht" für eine "kleine und geringe Verehrung" und erbot sich, dem Herzoge unterthänige und angenehme Dienste zu erzeigen, falls es der Herzog Heinrich erlauben würde. Der undatirte Brief ist also nach 1547 und vor 1552 geschrieben. Der Brief ist unterzeichnet: "Erhart Altorffer itzt bawmeister". Es kommt in jener Zeit öfter vor, daß andere Künstler Baumeister werden; so ward der Bildhauer Philipp Brandin in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Baumeister des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow und des Königs von Dänemark (vgl. Jahrb. V, S. 23 und 25).

Mit der Regierung des Herzogs Johann Albrecht I. verschwindet Erhard Altdorffer aus der Geschichte. Von seinen Werken scheint im Lande nichts übrig geblieben zu sein. Vielleicht ist von ihm ein auf Pergament im J. 1526 gemalter Stammbaum mit den Bildern und Wappen aller meklenburgischen Fürsten und Fürstinnen, ein Band in Folio, im Archive zu Schwerin, ein Werk seiner Hand. Die Kunstwerke in der Kirche zu Sternberg sind bei dem Brande der Kirche im J. 1741 untergegangen. In der herzoglichen Gemäldegallerie zu Gotha 1 ) ist freilich ein Brustbild des Herzogs Heinrich des Friedfertigen (jetzt auch in Copie im Antiquarium zu Schwerin), welches von einem Schüler Lucas Cranachs d. ä. stammt; dieses trägt aber das Monogramm I S. Von wem das Bild desselben Herzogs in der Gallerie auf dem schwedischen Schlosse Gripsholm bei Stockholm gemalt ist, läßt sich nicht beurtheilen, da die herausgegebenen Abbildungen nur als Costümbilder gelten können. Das von demselben Herzoge existirende Bild in Holzschnitt mag aber von Altdorffer gezeichnet sein.

Erhard Gaulrap.

Wichtiger für die Kunstgeschichte ist Erhard Gaulrap, ein Schüler des Lucas Cranach d. j., unter dem Herzoge Johann Albrecht I. in der Zeit 1560 - 1570.

Erhard Gaulrap war ein Sohn (wahrscheinlich der älteste) des Waffenschmiedes Benedict Gaulrap, des "Büchsenmeisters" des Herzogs Johann Albrecht I. von Meklenburg.


1) Vgl. Rathgeber Beschreibung der herzogl. Gallerie zu Gotha, S. 193.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 300 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Der Herzog hatte im Anfange seiner Regierung, wahrscheinlich auf seinen Reisen während des oberländischen Krieges, den Vater kennen gelernt und bestellte ihn am 15. Sept. 1553 zu seinem "Büchsenmeister"; bei der Bestellung versprach ihm der Herzog auch: "Wan er vns auch etwas etzen, machen vnd vergulden wirdet, dasselbige wollen wir ihme zu ider zeytt mit billicher belonunge vorgnugen vnd bezalen". - Zwar wird Erhard Gaulrap in den gleichzeitigen Urkunden nirgends ein Sohn des Benedict Gaulrap genannt, aber aus den von dem schweriner Schulrector Bernhard Hederich in seiner Schwerinschen Chronik mitgetheilten Nachrichten werden die Verhältnisse der Familie Gaulrap ziemlich klar. Hederich sagt nämlich zum Jahre

"1553 Am tage Luciae (13. Decbr.) wird Lucas Gaulrap, des Vater ein kunstreicher Etzer bey Hertzog Johan Albrecht gewest, geboren, der seine kindliche Jahre, bey Leben seiner lieben Eltern, unter dem Dabercusio und seinem genero (B. Hederich) mit fleißigem studieren zubracht, hernach von seinem Bruder Erhard, einem fürtrefflichen Conterfeyer, Lucas Mahlers zu Wittenberg gewesener Discipel, nach Annaberg gefördert, da er folgends im Joachimthal seine studia etliche Jahr continuirt, hernach zu Leipzig sich auff das studium juris begeben, welches zu vollenziehen er Doctorem Ludolphum Schraderum ordinarium zu Frankfurt an der Oder fleissig in die sechs Jahr gehöret, von welchem er hernach des Reichs Vicecancellario D. Vieheuser, auch Doct. Lamperto Distelmeyer, Churfürstlichen Brandenburgischen Cancellario, commendirt, durch welcher beförderung er Kammergerichts=Advocat zu Cöln an der Spree worden und zum Syndico der Mittelmerckischen und Reppinischen Landschafft bestellet und sich mit D. Lucae Hoffmeisters, Churfürstlichen Brandenburgischen Rahts nachgelassenen Wittwe, Doctoris Johannis Weinleben, so auch Churfürstlicher Cantzler gewesen, Tochter, befreyet, in welcher Bestallung und Dienst er auch noch (1598) mit grossem ruhm, neben dem miltreichen Segen des Allmächtigen, verharret. Dieses fürnehmen Mannes hab ich in diesem chronico mit gedencken wollen, meine gebürliche danckbarkeit für seine milde und reiche handreichung zu bezeugen, die er zum offtermal an mir dermassen bewiesen, daß ich ihn mit Wahrheit wohl ein exemplum memoris et grati in praeceptorem discipuli nennen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 301 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und rühmen kann, auch meinen lieben Schwerinischen zu einer Erinnerung und Trost, daß sie unvermögens halben weder an Gottes Gnade, noch ihren Kindern, wie sie beym studiren zu erhalten seyn, verzagen, weil des offtgemelten Herrn Gaulraps der fromme Gott so väterlich sich angenommen und ihm seine mir und viel andern alhir bekante Liebe und Treu in matrem viduam et aegram, Gehorsam gegen seine praeceptores und geleistete treuen und fleissigen dienst in seiner Jugend so reichlich belohnet, dadurch er nicht allein so viel fürnehmer Leute Gunst, sondern auch Beforderung bekommen und nunmehr einen ansehnlichen Stand bey einem guten Namen und ehrlicher unterhaltung führet".

Nach diesem ausführlichen gleichzeitigen Berichte war der Syndicus Lucas Gaulrap zu Berlin ein Bruder des Malers Erhard Gaulrap und ein Sohn des kustreichen Etzers Benedict Gaulrap; also waren beide Brüder sicher Söhne des Benedict Gaulrap, der im J. 1553 Büchsenmeister des Herzogs Johann Albrecht ward. Die Nachrichten Hederichs stimmen genau mit einem Briefe des Lucas Gaulrap, d. d. Frankfurt a. d. O. 9. Nov. 1572 an den Herzog Johann Albrecht überein, in welchem er seine Lebensgeschichte umständlich erzählt.

Lucas Gaulrap ward zwei Monate nach des Vaters Anstellung 1553 in Schwerin geboren; also war Erhard Gaulrap sicher ein älterer Bruder, da er schon im J. 1557 in der Lehre war und späterhin seinen Bruder zum Studiren beförderte. Lucas Gaulrap sagt ausdrücklich, daß er nur diesen einen Bruder gehabt habe.

Benedict Gaulrap war wahrscheinlich aus dem Lande Meissen, da in der Folge seine Kinder, wenigstens auf längere Zeit, dahin zurückstreben. Sein Sohn Erhard war wahrscheinlich im Auslande geboren und mit den Aeltern nach Meklenburg gekommen; sein Sohn Lucas aber war ein geborner Meklenburger. Benedict Gaulrap lebte nicht lange nach seiner Anstellung in Schwerin; er starb sicher vor dem J. 1563 1 ), und hinterließ eine Wittwe, welche ihn in hülfsbedürftigen Umständen längere Zeit überlebte.

Nach des Vaters Tode nahm sich der Herzog Johann Albrecht der verlassenen Knaben väterlich an ("mei omni ope destituti quasi tutelam suscepit", sagt Lucas selbst im J. 1572). Da Lucas Anlage zum Studiren hatte, so gab der Herzog ihn


1) Am Michaelistage 1564 ward Bartholomäus Falkenhagen von Luckau zum Büchsenmeister des Herzogs Johann Albrecht I. bestellt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 302 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bei dem berühmten Schulrector Dabercusius in die Kost; schon am 2. Aug. 1563 quittirte Dabercusius über 4 Thaler Kostgeld für Lucas Gaulrap.

Wie der edle Herzog Johann Albrecht I. ein offenes Auge und Herz für jedes höhere Streben hatte, so wünschte er auch die Talente des jungen Erhard Gaulrap für die Kunst nutzbar zu machen. Der Herzog beförderte in dem Knaben zuerst die Kunst, die dessen Vater geübt hatte: er ließ ihn zu einem "Aetzer" ausbilden. Am 8. Dec. 1557 schreibt der Herzog in seiner Ausgabenrechnung:

"1557. 30 thaler dem Etzerjungenn, die er mir abuordienen soll, Schwerin am 8 Decembris, damit er etwaß lernen soll, dieweil er sich sein lebenlang zu mir vorpflichtet".

Der Herzog schickte ihn wohl nach Annaberg (vielleicht Gaulraps Geburtsort), um sich dort in der Kunst des Aetzens und Vergoldens der Rüstungen und Waffen auszubilden. Der Herzog hatte dort einen "Platener" Wulf von Speier, bei dem er seine Rüstungen machen ließ; so schreibt er in seinem Tagebuche: "1563. 50 taler dem Platener vf Sanct Annenberg Wulf von Speier vf einen harnisch zu schlagen, d. 25 Febr.".

Auf dieser Reise schickte der Herzog den Erhard Gaulrap bei dem Maler Lucas Cranach in Wittenberg vor, um bei ihm Portraits von Luther und Melanchthon zu bezahlen. In den Renterei=Rechnungen heißt es:

"1557. 24 thaler dem Etzerjungenn geben, so er Lucas Malern geben soll für Controfey deß Lutheri vnd P. Melancthonis, am 9 Decembris".

Diese Reise war für Erhard Gaulrap entscheidend. Vielleicht sollte der berühmte Lucas Cranach der jüngere 1 ), der würdige Sohn seines berühmten (1553 gestorbenen) Vaters, "ausgezeichnet im Portrait und Colorit", den jungen Gaulrap prüfen, vielleicht entdeckte dieser in ihm gute Anlagen und munterte ihn zur Malerei auf: genug Erhard Gaulrap ward Maler und Schüler des Lucas Cranach d. j.

Der Herzog wünschte wohl dringend einen Maler nach seinem Sinne zu haben, den er hatte ausbilden lassen. Er kaufte und bestellte, ehe Gaulrap ausgebildet war, oft Kunstwerke bei andern Malern:


1) Schuchardt zu Weimar, der "Lucas Cranach des Aeltern Leben und Werke", 1851, herausgegeben hat, bespricht auch den jüngern Cranach, beabsichtigt jedoch, ein eigenes Werk über diesen herauszugeben.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 303 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"1560. Okt. 29. 100 thaler Johan Ophorn an rogken zur Wissmar verkauft für ein Stück Esau vnd Jacob".
"20 thaler eidem auff das stück des jüngsten gerichts eodem die zugestelt, sal kegen Faßnacht fertig sein".
"1563. Oct. 14. 25 thaler dem Maler Peter Böckel vf drey gemalte taffeln, so er aus dem niderlande gebracht".

Der Herzog gab nun den Erhard Gaulrap "in die Lehre 1 ) zu Lucas Cranach" in Kost und mit "Lehren und Studiren", um ihn die "Kunst der Malerei zu lehren", so daß Cranach ihn in allem Nothwendigen zu unterhalten hatte 2 ). Im Frühling des J. 1560 war Erhard Gaulrap sicher bei Lucas Cranach in Wittenberg; in des Herzogs Ausgabenrechnung heißt es:

"1560. 8 Mai. 12 thaler dem jungen Gert Maler nach Wittenberg geschickt seinem Meister".

Der Name Gert ist wohl ein Schreibfehler statt Erhard.

Neben der Malerei trieb Gaulrap aber auch noch die Kunst des Aetzens und ätzte für den Herzog noch einen Brustharnisch in Annaberg. In des Herzogs Ausgabenrechnung heißt es:

"1560. 27. Sept. 18 doppelte Ducaten dem Erhard Gilrapf maler und etzer, damit den kuriß zu vergulden, gen Dresden und Anneberge".
"31. Dec. 12 duppelte Ducaten noch geben dem jungen Maler, zu vergulden den kuriß zu S. Anneberge, auch mit zum hinderzuge".

Mit dem Ede des J. 1561 hatte Erhard Gaulrap seine Studien vollendet. Am 20. Februar 1562 zu Stargard nahm der Herzog Johann Albrecht den "jungen Maler" auf Lebenszeit in seinen Dienst, und Erhard Gaulrap verpflichtete sich, dem Herzoge, der ihm alle Beförderung geleistet, "daß er die Kunst der Malerei gelernt und erfahren habe", sich "weiter dazu zu halten" und dem Herzoge die Zeit seines Lebens zu dienen 3 .

Es war bei den zahllosen großartigen Unternehmungen des Herzogs Johann Albrecht allerdings eine Schattenseite, daß es


1) Die Cranach, Vater und Sohn, standen in großem Ansehen. Im J. 1538 schickte auch der hamburger Rath den Franz Tymmermann in die Lehre zu Lucas Cranach d. ä. Vgl. Zeitschrift des Vereins für hamburg. Geschichte III, Heft 3 u. 4, S. 586.
2) Vgl. im Anhange die Briefe des Lucas Cranach.
3) Vgl. den Dienst=Revers im Anhange.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 304 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unter seiner Regierung oft an Geld mangelte. Die Schulden für Erhard Gaulrap wurden erst in den nächsten Jahren bezahlt.

In des Herzogs Tagebuche heißt es:

"1562. 7. Aug. 52 thaler Hertzog Vlrichs bawmeister entrichtet von Erhart Gaulraps des malers wegen bezalt, die er von ime gelehnet hat".

Des Herzogs Ulrich Baumeister war zu der Zeit Franziscus Parr (vgl. Jahrb. V, S. 23).

Lucas Cranach aber ward für seine Forderungen noch lange nicht befriedigt, und hoffte außerdem noch auf ein Ehrengeschenk. Er hatte für die Unterweisung und Unterhaltung im Ganzen 155 Thlr. 18 gr. zu fordern. Am 8. Nov. 1565 bat Cranach um Befriedigung; er erhielt auch 50 Thlr. auf Abschlag, aber noch im J. 1568 waren 105 Thlr. 18 gr. rückständig.

Erhard Gaulrap blieb mehrere Jahre in Schwerin; am 8. Nov. 1565 nennt L. Cranach ihn des Herzogs Diener. Mit der Zeit wird er aber des Herzogs Dienst verlassen haben und nach Meissen gezogen sein. Am 9. Nov. 1572 schreibt Lucas Gaulrap, daß sein Bruder ihn, freilich unbedachtsamer und voreiliger Weise, von der schweriner Schule zu sich nach Meissen gerufen habe, damit er besser die meißnische Sprache erlerne; darauf habe ihn sein Bruder auf die Schulen zu Annaberg und Joachimsthal und auf die Universität zu Leipzig, und endlich nach Frankfurt a. O. geschickt und ihn überall erhalten; da seinem Bruder aber die Ausgaben für ihn zu bedeutend wurden, so erbat er von dem Herzoge eine Unterstützung.

Hiemit verschwindet Erhard Gaulrap aus der Geschichte, wenigstens Meklenburgs.

Es ist nun die Frage, ob etwas von den Werken des Erhard Gaulrap übrig geblieben ist. Ich glaube es bejahen zu können. In dem Fest= und Tanzsaale des alten Schlosses zu Schwerin entdeckte ich vor vielen Jahren an der Hauptwand in einer in dem damals wüst stehenden Saale abgeschauerten Bettkammer hinter den Betten über der berühmten Inschrift des Herzogs Johann Albrecht I. (μητ άξενος μητε πολυξενος) ein wohl erhaltenes, großes Bild, den Herzog Johann Albrecht I. und dessen Gemahlin Anna Sophie auf einer Holztafel neben einander in halber Figur und Lebensgröße darstellend, in einem schönen, gleichzeitigen Rahmen, mit den meklenburgischen Farben blau, roth, gold und schwarz bemalt (vgl. Jahrb. V, 1840, S. 39). Das fürstliche Paar ist in den kräftigsten Lebensjahren dargestellt und allem Anscheine nach im J. 1562 gemalt, wahrscheinlich das Probestück und erste Ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 305 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mälde Gaulraps in Meklenburg. Ich glaube, daß man dies mit Sicherheit annehmen kann, da die Eigenthümlichkeiten der cranachschen Schule im Allgemeinen, besonders aber scharfe Charakteristik, klares Colorit und feste Farbe, bestimmt hervortreten.

Das Bild ist noch gut erhalten und noch in dem alten Rahmen aus der Zeit des Herzogs Johann Albrecht I. Dieser Rahmen ist an und für sich und für die Kunstgeschichte des 16. Jahrhunderts nicht unwichtig. Der Rahmen ist vielfarbig; die äußersten Glieder, also gewissermaßen der Grund, ist schwarz; der mittlere breitere Streifen ist blau und von goldenen und einem rothen Streifen begleitet; auf dem blauen Streifen liegt eine hübsche goldene, flache Rankenverzierung aus der Renaissance, welche in den Ecken und in der Mitte der Seiten von erhabenen Thierköpfen, Rosetten etc. . gehalten ist: die Bemalung des Ramens ist also in den meklenburgischen Farben geschehen. Ganz dieselben, jedoch schmalere Rahmen haben noch 4 Bilder (große Thierstücke) von Martin de Vos; leider sind diese Rahmen ihres Schmuckes beraubt und mit einer äußerst schlechten schwarzen Oelfarbe überschmiert, aber die Arabesken lassen sich in den Conturen noch genau erkennen, eben so die Stellen, wo die größern Verzierungen gesessen haben. Diese Bilder 1 ) tragen den Namen des Künstlers; eines (mit einem Leoparden) hat die ausführliche Inschrift:

F. MERTHEN . DE .
VOS . ANTVERPI-
ENCY . 1572.

Ohne Zweifel hat also der Herzog Johann Albrecht I diese Bilder noch selbst ankaufen und einrahmen lassen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Martin de Vos selbst in Meklenburg war und hier malte, wie er auch in fürstlichen Schlössern des Herzogthums Lüneburg gemalt haben soll. Im Schlosse zu Dargun sind einige Zimmer mit einer gewirkten Hautelisse= Tapete ausgeschlagen, welche an einer Seite, jetzt unter einer Leiste auf einer nach hinten umgeschlagenen Kante, den Namen MARTINVS DE VOS tragen 2 ). Martin de Vos hat also die Zeichnungen zu dieser Tapete, welche Gegenstände aus der alten Geschichte darstellen, geliefert.

Wahrscheinlich hat Erhard Gaulrap auch die beiden lebens=


1) Die vier noch in Schwerin vorhandenen Bilder stellen einen Elephanten, ein Kameel, einen Leoparden und ein Einhorn dar; drei andere, mit einem Löwen, einem Hirsch und einem Pferde, sollen früher in Ludwigslust verkauft worden und in den Kunsthandel gegangen sein.
2) Nach Entdeckung des Herrn Malers Jentzen zu Schwerin und nach Untersuchung des Herrn Amtmanns von Pressentin zu Dargun.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 306 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

großen Bilder des Herzogs Johann Albrecht I. und Gemahlin, in ganzer Figur, gemalt, welche die Jahreszahl 1574 tragen, früher in der Kirche zu Lübz (dem Wittwensitze der Herzogin) in Fetzen hingen, von hier durch mich nach Schwerin versetzt und für die großherzogliche Ahnengallerie im Schlosse zu Schwerin wiederhergestellt 1 ) sind. Diese Bilder sind sehr charakteristisch, leicht und mit Gewandtheit und Fleiß gemalt, leichter und sicherer als das oben erwähnte Bild auf Einer Holztafel, welches 10 Jahre älter ist. Im J. 1574 scheint Gaulrap aber in Meissen gewohnt zu haben, jedoch kann er immer nach Schwerin gerufen worden sein, da die Bilder unter einander in Gesichtszügen, Alter und Kleidung sehr ähnlich sind. - Die lebensgroßen Bilder des fürstlichen Paares in der Kirche zu Doberan sind erst im J. 1614 von D. B., d. i. Daniel Block, dem Hofmaler der Herzoge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II., wahrscheinlich nach den lübzer Bildern, gemalt und im J. 1750 "renovirt", haben daher für die Kunstgeschichte gar keinen Werth.

Wichtiger ist in der doberaner Kirche das vortreffliche Bild des Herzogs Ulrich, welches im J. 1587 von dessen Hofmaler Cornelius Krommony, einem Niederländer, gemalt und noch nicht übermalt ist; von demselben Maler sind auch die Bilder der Aeltern des Herzogs in der doberaner Kirche, höchst wahrscheinlich auch die schönen Bilder des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin Elisabeth in der Kirche zu Rühn vom J. 1578. Vielleicht ist auch ein kleines Bild des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin Anna (?) zusammen auf einer Holztafel, früher im Archive, jetzt im Schlosse zu Schwerin, von diesem Maler.

Ob die gleichzeitigen kleinen Bilder des Herzogs Johann Albrecht, seiner Gemahlin und seines Bruders Carl im großherzoglichen Archive zu Schwerin von Erhard Gaulrap stammen, ist wohl schwer zu ermitteln.

Im Auslande mögen sich jedoch noch verschenkte Bilder von ihm finden.



1) Die Restauration der beiden Bilder ist durch den Herrn Maler Theodor Fischer unter meiner beständigen Leitung mit großem Fleiß und Geschick so beschafft, daß nichts übermalt ist, wo mit neuen Farben gemalt ist, war sicher keine Malerei mehr vorhanden. Die historisch werthvollen Bilder waren nicht allein mehr zerfallen, als irgend ein anderes mir bekannte Bild, sondern auch vielfach zerrissen und lückenhaft.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 307 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlagen.


Nr. 1.

Ich Erhart gaulrap bekenne mit diser meiner eigenen hantschrift, das micher der durchleuchtige hochgeborner forst hertzogk hans albrecht zu Megklenborgk aus forstlicher angeborner mildigkeit mir armen gesellen alle forderung vnd hilfe gethan, das ich die kunst der mallerei gelernt vndt erfaren habe, vnd s. f. g. mich itz weitter dartzu halten, vnd dar kegen habe ich hochgemelten s. f. g. dar kegen zugesaget, hin fure s. f. g. die zeit meines lebens tzu dienen, doch das mich s. f. g. auch meiner gelegenheit nach mit vnterhaltung gnedigest vorsehen, und geschehen tzu stergert den 20 feberwarius 1562.

(L. S.)

Nach dem Originale, im großherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin, untersiegelt mit einem Siegel mit einem queer getheilten Schilde,in dessen unterer Hälfte ein Vogel, in dessen oberer Hälfte der Vordertheil eines springenden Rosses (wie es scheint) steht, über dem Schilde mit den Buchstaben E. G.

Auf der Rückseite steht von des Herzogs Johann Albrecht eigener Hand geschrieben:

"Des jungen Malers reuersal ad vitam".


Nr. 2.

Durchleuchtiger, hochgeborner furste, gnediger her. Ewer furstlich gnaden sein mein vnderthenige dinste zuuor. Gnediger furst und her. E. f. g. werden sih gnediglich zu entsinnen wissen des offtern schreiben vnd suplizeren van wegen E. f. g. diner Erhardt Gaulrap, welchen ih auff E. f. g. schreiben vnd begeren angenomen vnd E. f. g. befehl nah vnderhalten, das meine an ihn gewandt, mit kost, lheren vnd andern seine nottwendigen vnderhalten, do ih mih dann in vnderthenikeit zu E. f. g. niht allein der bezalung allein, sondern auh mit einer vorehrung in hoffnung gestanden, vnd noh, dan ih weis vnd habe E. f. g. horen rumen, das E. f. g. milde sein gegen denn, so E. f. g. dinen, verhoff niht, das ih der einige allein sey, der solhs must geratten, so ist noh mein vnderteniges bitten, E. f. g.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 308 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wollen mih nicht am shaden sein lassen, welhs E. f. g. vm ein hundert thaler ein geringes vnd nicht ein grosse, vnd bin vngezweifelt, E. f. gnaden werden mih dissmol genedigk bdencken, dan wel ih fur solhen muhen (?) E. f. g. vnderthenigk mit bitten ersucht vnd mir ein zettel von E. f. g. werden, darin formeldet, das E. f. g. mih mit eigener boshafft gnedigs beantwortten wolt, dorauff ih geholffen, bit noh vfs vnderthenigste, Ew. f. g. wollen mir mit disem botten gnedigklih beantwortten vnd den rest mit schicken, welhs in vnderthenikeit gegen E. f. g. fordinen wil, verhoff E. f. g. werden mir niht vrsachen geben, mih bei mein gnedigen hern den Churfursten des nah der lenge zu beklagen dorffen vnd furschrifft begeren. Damit sein E. f. gnaden got dem almechtigen in sein gnedigen schuz befholen, erhalte E. f. g. mit langer gesunheit. Datum Wittembergk den 8 nouember 1565.

Ewer furstlichen gnaden

vndertheniger diener     
Lucas Cranach         
Maler.      

Dem durchleuchtigen vnd hochgebornnen fursten vnd hern hern Johans Albrecht hertzogk zu mechelnburg, fursten zu wenden, grafen zu swerin, Rostock vnd stargardt hern, meinem gnedigen fursten vnd hern.

(L. S.)

Nr. 3.

Durchleuchtiger hochgeborner Furst, gnediger Her. Ewer furstlh. gnaden sein mein vnderthenige dinst zuuor. Gnediger furst vnd her. Ewer f. g. werden sich genedigk zu entsinnen wissen, das mihr noh etzlihs yeldt als nemlich 105 thl. 18 gr. von wegen Erhardt gawlrappen, so E. f. g. zu mir in di Lhere forschriben vnd befholen, demselbigen zu vnderhalten mitt Lheren vnd studern, zu seiner nottorfft, welhs sich den alles in di 155 thl. 18 gr. erstrecket, darauf ich 50 thl. entpfangen. Weil ich dan auff E. f. g. gnediges begern meinen fleis gethan vnd die forlage gethan, so sein doch E. f. g. bewogen worden, mir den resten nicht zu zalen. Doch kan ich mich des nicht berihten. das ich solhs gegen E. f. g. forschuldet, sondern der vnderthenigen hoffnung gestanden, E. f. g. wurden mich zur pbermassen mit einer forehrung bedacht haben; bit auch noch, das

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 309 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

E. f. g. mich genedicklichen, welhs ich E. f. g. heimstellen wil, wollen mich doch genedicklih bedencken vnd mih niht am schaden so sher lassen. E. f. g. wollen es doch, wie ich hoff, di 105 thlr. bezalen lassen, oder wo es ihe nicht sein kont, genedicklih die helffte geben lassen, vnd mein genediger furst vnd her sein, vnd do fileicht ihmendes mih bei E. f. g. angeben, dessen ih niht hoff, dan mir darin vnguttlih geschiht, wolten solhs mih in vngnaden niht entgelten lassen, vnd bit noh wie zuuorn, Ew. f. g. wollen mir was mit disem botten schicken, dan E. f. g. darann ein geringes vnd mir zu grossem nutz gereichett, welhs ich gegen E. f. g. in vnderthenikeit danckbar wil erfunden werden. E. f. g. wollen meins schreibens kein vngemaches thragen. Damit sein E. f. g. godt dem almechtigen in sein genedigen schutz mit langer gesunheit, fride vnd aller seliger wolfardt befholn. Datum Wittembergk den 19 februarii 1568.

Ewer furstl. Gnaden

vndertheniger     
Diner          
Lucas Cranach  
Maler.     

Dem durchleuchtigen hochgebornen fürsten vnd hern hern Johanns Albrecht Hertzogen zu Meckelnburgk etc. . meinem genedigen fursten vnd hern.

 

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 310 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

IV. Zur Wappenkunde.


Ueber

das Wappen der Grafen von Danneberg,

vom

Archivraht Dr. Lisch.

Die Geschichte der Grafen von Danneberg, welche Rudloff (in seiner Urkunden=Lieferung zur Kenntnis der Mecklenburgischen VorZeit, Schwerin, 1789,) zuerst übersichtlich dargestellt hat, ist für Meklenburg von großer Wichtigkeit, indem diese Grafen disseit der Elbe einen großen Theil des südwestlichen Meklenburgs, von Dömitz bis Marnitz und nördlich hinauf bis gegen Hagenow und Neustadt besaßen, also für einen Theil Meklenburgs als ehemalige Landesherren angesehen werden müssen. Die Städte Grabow und Dömitz und das Nonnenkloster Eldena verdanken den Grafen von Danneberg ihre Entstehung und Ausbildung.

Seit langer Zeit habe ich mich bemühet, die Siegel der Grafen von Danneberg zu erforschen, um auch von dieser Seite die geschichtliche Darstellung Rudloffs zu ergänzen. Ist auch das Wappen der Grafen von Danneberg nicht ganz unbekannt, so fehlt es doch noch ganz an einer genauen Forschung, durch welche sich allerdings bemerkenswerthe Ergebnisse herausstellen. Da nun bei der Ausschmückung des neuen Residenzschlosses zu Schwerin auch das Wappen der Grafen von Danneberg zur Frage kommt, so habe ich es für angemessen gehalten, meine Forschungen zu veröffentlichen und mein Verfahren zu rechtfertigen.

So wie die Grafschaft Danneberg durch die Elbe in zwei Theile geschieden ward, so theilte sich auch die Grafenfamilie mit der Zeit in zwei Linien, deren jede ein besonderes Wappen führte. Die Linie der Grafen von Danneberg zu Danneberg, am linken Ufer der Elbe, führte einen rechtsgekehrten, aufsteigenden, ungekrönten Löwen, die Linie der Grafen von Danneberg zu Dömitz etc. ., am rechten Ufer;

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 311 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Elbe, einen gleichen Löwen vor einer Tanne auf einem Berge (also außer dem Löwen noch ein redendes Zeichen) im Schilde. - Ich will bei meiner Darstellung der gräflich=dannebergischen Heraldik den rudloffchen Stammbaum zu Grunde legen, da er ausreichend ist, wenn auch durch die neuere Urkundenforschung gewiß viel bisher unbekanntes Material ans Licht gefördert ist.

Die Grafen von Danneberg haben folgende Abstammung und die dabei aufgeführten Schildzeichen mit den Jahren der Urkunde, an denen die Siegel hangen:

Grafen von Danneberg.

Stammbaum Grafen von Danneberg.

Die Siegel, unter deren Schildzeichen die Jahreszahl der Urkunden uneingeklammert steht, werden im Originale im großherzogl. Staats=Archive zu Schwerin aufbewahrt; die Siegel der eingeklammerten Jahreszahlen habe ich in andern Archiven und gedruckten Werken gefunden. Der Graf Volrad II. führt an einer Original=Urkunde des hannoverschen Klosters Mariensee an der Leine vom J. 1215 nur einen rechts gekehrten, aufgerichteten Löwen im leeren Schilde. Von dem Grafen Volrad III. zu Grabow, von der Dömitzer Linie, befindet sich im schweriner

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 312 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Archive kein Original=Siegel; wohl aber ist sein Siegel, mit einem Löwen vor einer Tanne, in Harenberg Chron. Gandersheim., p. 1394, und in Rehtmeier Braunschw. Lüneb. Chron. I., p. 506, vom J. 1267, abgebildet und befindet sich auch, nach v. Hodenberg's Mittheilung, an einer Original=Urkunde im königl. Staats =Archive zu Hannover. An einer Urkunde im schweriner Archive vom J. 1273 führen zwar Adolfs I. Söhne Volrad III, Friedrich und Bernhard III ein gemeinschaftliches Siegel mit einem Löwen vor einer Tanne, welches freilich nur in einem Fragmente vorhanden ist, aber doch wohl Bernhard III angehört, da es von den übrigen gräflichen Siegeln verschieden ist; jedenfalls aber führen doch die drei Brüder zusammen das unterscheidende Schildzeichen.

Aus dieser Darstellung geht hervor, daß die Grafen von Danneberg disseit der Elbe sicher einen Löwen vor einer Tanne im Schilde führten (mit Ausnahme Heinrich's IV. zu Marnitz, von dem kein Siegel mehr vorhanden zu sein scheint) und daß die Grafen jenseit der Elbe dieses Schildzeichen nie, sondern nur einen Löwen (einmal auch zwei Löwen) im Schilde führten, - daß man also den Löwen vor einer Tanne für den disseitigen Landestheil unbedenklich als Wappen annehmen kann. - Die Tanne steht auf einem Berge, der freilich nicht hoch ist, sich aber doch deutlich genug von dem Boden etwas abhebt.

War nun auch die Gestalt des Wappens der Grafen von Danneberg ermittelt, so stand es doch noch zur Frage, wie dasselbe zu färben sei. Da die Grafen von Danneberg seit dem J. 1306 ausgestorben sind, so ist mit Sicherheit anzunehmen, daß sich ein colorirtes Wappen derselben nicht mehr findet. Man muß also durch Schlüsse die Farben des Wappens zu ermitteln suchen. Dieser Schluß kann nur aus andern von den Grafen verliehenen Wappen hergenommen werden. Die Stadt Danneberg führt noch jetzt im Siegel einen Berg mit einer Tanne, welche von zwei Löwen gehalten wird, offenbar durch Verleihung der Grafen; in dem alten Siegel der Stadt Danneberg, von dem ein Abdruck vom J. 1437 vorliegt, fehlt aber der Berg ganz. Nach angestellten Erkundigungen sind die Farben des Siegels der Stadt Danneberg nicht mehr bekannt. In neuern Zeiten ist der Versammlungssaal des landschaftlichen Hauses zu Celle mit den Wappen der lüneburger adeligen Geschlechter, Stifter und Städte in Farben geschmückt und unter diesen das Wappen der Stadt Danneberg mit einer grünen Tanne zwischen zwei schwarzen Löwen im goldenen Felde, mit denselben Farben, mit welchen dort auch das Wappen der Stadt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 313 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lüchow (drei schwarze Rauten im goldenen Felde, nach demselben Schilde, wie es die Grafen von Lüchow führten,) gemalt ist. Wenn ich auch kein Mißtrauen gegen diese Tingirung hegen darf, so kann ich diese doch auch nicht als unbedingt maaßgebend anerkennen, da es mir an begründeten Auctoritäten zu fehlen scheint. Ich habe daher unter den Vasallen der Grafen von Danneberg gesucht, ob sich hier nicht Anklänge des lehnsherrlichen Wappens finden könnten. Und hier treten uns zwei adelige Familien der Grafschaft Danneberg entgegen, welche auch in dem diesseitigen Theile der Grafschaft in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts öfter mit Siegeln auftreten: die von Danneberg und die von Hitzacker; von beiden Familien sind alte Siegel vorhanden und beide Familien existiren noch, so daß hier sichere Fingerzeige zu vermuthen sind, um so mehr, da sich die Farben der adeligen Wappen länger und reiner erhalten haben, als die der Städtesiegel. Die von Danneberg führen seit alter Zeit zwei Queerbalken im Schilde, jetzt zwei goldene Queerbalken auf einem blau und silbern geschachten Schilde, der von zwei goldenen Löwen gehalten wird (vielleicht einer Reminiscenz von den Grafen von Danneberg); die von Danneberg, welche ihres Namens wegen zur Berücksichtigung kommen mußten, müssen hier ausscheiden, weil sie von den Grafen von Danneberg (und deren Hauptburg) nur den Namen, aber nichts im Schilde führen. - Die von Hitzacker führen dagegen nicht den Namen, wohl aber seit alter Zeit das Schildzeichen ihrer Lehnsherren, nämlich einen Löwen im Wappen, jetzt einen silbernen Schild mit einem rothen Löwen, der mit zwei grünen linken Schrägebalken belegt ist. Dieses Wappen halte ich für das den von Hitzacker verliehene Wappen der Grafen von Danneberg, um so mehr, da mir die grünen Schrägebalken eine Hindeutung auf die Tanne zu sein scheinen. Daß der v. hitzackersche Löwe jetzt gekrönt ist und eine Hellebarde trägt, scheint mir nicht alt zu sein, da ich auf alten Siegeln keine Spur davon wahrgenommen habe; mehrere vorliegende gut ausgedrückte und erhaltene Siegel der v. Hitzacker aus der Zeit bald nach dem J. 1350 haben den gräflich=dannebergischen Löwen, ohne Krone, Hellebarde und Queerbalken.

Ich habe daher ohne Bedenken angenommen,

daß das Wappen der ehemaligen Grafen von Danneberg an dem rechten Ufer der Elbe ein rother Löwe vor einer grünen Tanne im silbernen Schilde sei.

Hiezu scheint vortrefflich zu stimmen, daß das Wappen der Stadt Dömitz, der Hauptresidenz dieser Grafenlinie, nach

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 314 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Tradition auch ein rothes Thor im silbernen Rundschilde ist.

Bestärken mag diese Annahme noch, daß in dem herzoglich=braunschweigischen Wappen die Tingirung des v. hitzackerschen, also des gräflich=dannebergischen Wappens, sonst nicht vorkommt.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Siegel der Herzogin Hedwig von Meklenburg.
Aebtissin des Klosters Ribnitz,

1423, † 1467,

und

der Herzogin Elisabeth, Hedwigs Nachfolgerin.

Die Herzogin Hedwig von Meklenburg, Tochter des Herzogs Johann II. von Meklenburg=Stargard, Aebtissin des Klosters Ribnitz 1423 † 1467, führt ein kleines, rundes Siegel mit einem Schilde mit einem Stierkopfe und im Rande, statt der Umschrift, mit den Buchstaben:

Umschrift

Die Herzogin führt dieses Siegel z. B. an zwei Original=Urkunden: vom Sonntage nach Katharine 1452 und vom Mittwoch vor Oculi 1467.

Dieses selbe Siegel führte auch ihre Nachfolgerin, die Herzogin Elisabeth von Meklenburg, Tochter des Herzogs Heinrich III. von Meklenburg=Schwerin, Aebtissin des Klosters Ribnitz 1467 † 1503. Die Herzogin Elisabeth führt dieses Siegel z. B. an einer Originalurkunde vom S. Marcus=Tage 1469 und auf einem Briefe vom Montage vor Himmelfahrt Christi 1482.

Es leidet also keinen Zweifel, daß beide Herzoginnen ein und dasselbe Siegel führten.

Bekanntlich führte der Kaiser Friedrich III. (1440 - 1493) diese Buchstaben als Wahlspruch: auf seinen großen, kleinen und Handsiegeln, in seinem Monogramm, an Gebäuden und Denkmälern, auf seinem Grabdenkmale. Bekanntlich sind unzählige Erklärungen versucht, bis man eine eigenhändige Erklärung des Kaisers entdeckte; die Buchstaben bedeuten:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 315 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
A ustriae e st Imperare Orbi Vniverso

oder

A lles e rdreich Ist Oesterreich Vnterthan.

Vgl. Köhler's Münzbelustigungen, III, S. 169 flgd.

Uebrigens legte der Kaiser nicht immer denselben Sinn in diese Buchstaben; es steht z. B. auf einem Becher des Kaisers in der Ambraser Sammlung zu Wien der Spruch:

Aquila Ejus Iuste Omnia Vincet.

Vgl. v. Leber Wien's Kaiserl. Zeughaus I, S. 167.

Es möchte wohl schwer sein, zu enträthseln, welchen Sinn die Aebtissin Hedwig in diese Buchstaben gelegt hat. Das aber scheint sicher zu sein, daß die Wahl dieser Buchstaben durch den Kaiser Friederich III. veranlaßt worden sei.

G. C. F. Lisch.     

zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Ueber

die Siegel der Stadt Grabow,

von

G. C. F. Lisch.

Viele Städte haben im Laufe der Zeit ihre ehrwürdigen Siegel, in denen oft ein großer Theil der Geschichte ihrer Stiftung liegt, so sehr entstellen lassen, daß der wesentliche Inhalt ganz verloren gegangen ist. Es giebt aber auch Städte, welche ihr altes Siegel ganz fallen lassen und ein neues Bild in das Siegel aufgenommen haben. So führte z. B. die von den Herzogen von Pommern bestätigte Stadt Stavenhagen, welche im 13. Jahrhundert zu Pommern gehörte, in einem großen Siegel einen Schild mit dem pommerschen, aufsteigenden Greifen; seit wenigstens drei Jahrhunderten hat aber die Stadt dieses Wappenbild fallen lassen und den Stierkopf in ihr Siegel aufgenommen, ohne Zweifel weil sie andere Landesherren erhalten hatte.

Auffallender ist aber die bis jetzt noch nicht erklärte und chronologisch ganz dunkle Veränderung des Siegels der Stadt Grabow. Die Stadt Grabow führte in alten Zeiten im Siegel den Heiligen Georg, in ganzer Figur auf dem Drachen stehend, mit einem aufgerichteten Schwerte in der rechten und einem auf die Erde gestützten, mit einem Kreuze geschmückten Schilde in der linken Hand. Das Siegel hatte eine zweifache Umschrift, in zwei Reihen: in der äußern:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 316 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Umschrift

in der innern:

Inschrift

Das große und das kleine Siegel waren von gleicher Bildung. Beide kommen während des 13 - 15. Jahrhunderts öfter vor. Noch während der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts führt die Stadt Grabow ein kleines Siegel mit dem Heil. Georg, welches wohl im Anfange des 16. Jahrhunderts gestochen sein wird, da das Inschriftband im Renaissancestyl geschlungen um die Heiligenfigur gelegt ist. Dieses Siegel kommt in den Acten zuletzt am Donnerstag in den Pfingsten 1550 vor.

Jetzt führt die Stadt einen halben Mond und drei Sterne im Siegel. Ueber die Einführung dieses Siegels war bisher gar nichts bekannt und es hatte den Anschein, als wenn das Siegel erst in neuern Zeiten erfunden worden sei. Genauere Forschungen haben jedoch ein anderes Ergebniß geliefert. Dieses neue Stadtsiegel erscheint sehr bald, nachdem das alte Siegel mit dem Heil. Georg aufhört. Während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts führt die Stadt Grabow im Siegel einen Renaissance=Schild, auf welchem unten ein mit den Sicheln nach oben geöffneter halber Mond und darüber ein großer Stern in der Mitte des Schildes steht; über dem Schilde stehen die Buchstaben C. G. Dieses Siegel erscheint zuerst in den Acten am 12. Octbr. 1569 und fernerhin während der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Darauf erscheint im 17. Jahrhundert, sicher im J. 1667, ein kleines Siegel ("Minor - Secret") mit einem halben Monde und drei Sternen zur Seite, und dieses Wappen ist bis heute das Wappen der Stadt Grabow geblieben.

Forscht man nach diesem so auffallenden Wechsel des Siegelzeichens der Stadt Grabow, so ist darüber keine urkundliche Nachricht vorhanden. Jedoch gestattet die Zeit der Abschaffung des alten und die Einführung des neuen Wappenzeichens den Schluß, daß der Wechsel zur Zeit (nach 1550 und vor 1569) und im Geiste der Reformation, namentlich der vollständigen Durchführung der Reformation durch den Herzog Johann Albrecht I., vielleicht im J. 1552, durch einfachen Rathsschluß, geschehen sei. Man entfernte aus dem Stadtsiegel das Bild eines katholischen Heiligen, nachdem in der Kirche die Verehrung der Heiligen vollständig abgeschafft war.

G. C. F. Lisch.     

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 317 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ueber

das Siegel der Stadt Brüel,

von

G. C. F. Lisch,

vgl. oben S. 64.


zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Alte maltzansche Siegel.

Im lübecker Archive hat der Herr Maler Milde zwei maltzansche Siegel entdeckt, welche bisher (in Lisch Urkunden des Geschlechts Maltzan) unbekannt geblieben sind:

1) an einer Urkunde vom J. 1320 ein schildförmiges Siegel mit dem ausgebildeten maltzanschen Wappen und der Umschrift:

Umschrift

Diese Umschrift ist gewiß interessant, da sie wohl noch ein Ringen zeigt, die slavische Aussprache durch die herkömmlichen lateinischen Buchstaben wiederzugeben; das c statt Z in dem Namen Moltzan ist sonst nicht weiter beobachtet. So wie in dem Zunamen hier der Z=Laut durch C wiedergegeben ist, so ist in dem sehr gedehnten Vornamen das C durch SC ausgedrückt!

2) ein schildförmiges Helmsiegel mit der Umschrift:

Umschrift

Der Helmbusch steht in der Umschrift an der Stelle des Kreuzes.

G. C. F. Lisch.     


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 318 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

V. Zur Naturkunde.


Fossile Pferdezähne von Schlutow.

Auf dem Felde von Schlutow bei Dargun wurden beim Graben von Muschelkalk in dem Lager, etwa 4 Fuß tief unter der Erdoberfläche, die Zähne eines großen Thiergebisses gefunden und mehrere derselben von dem Herrn Amtmann v. Pressentin an die schweriner Sammlungen eingesandt. Nach der gütigen Bestimmung des Herrn Geheimen=Raths Professors Dr. v. Lichtenstein zu Berlin sind dies Pferdezähne, welche sich im Alluvium, z. B. der Mark Brandenburg, sehr häufig finden.

G. C. F. Lisch.     

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen   zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

Jahresbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

von

Wilhelm Gottlieb Beyer,

Dr. jur. und Archiv=Secretair zu Schwerin,
als
zweitem Secretair des Vereins.

 


Einundzwanzigster Jahrgang.

 

Vignette

 

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1865.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 2 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gedruckt in der Hofbuchdruckerei von Dr. F. W. Bärensprung.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 3 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

D ürfen wir das abgelaufene Vereinsjahr im Ganzen auch nicht gerade zu den glücklichsten zählen, so gehört es doch auch eben so wenig zu den unglücklichsten. Dieser Charakter zeigt sich sogleich in Betreff der Personal=Chronik. Es sind nämlich im Laufe des Jahres 5 ordentliche Mitglieder durch den Tod aus unsrer Mitte geschieden, namentlich der Gutsbesitzer v. Berg auf Neuenkirchen bei Neubrandenburg, gestorben den 6. Februar 1855 1 ); der Consistorialrath Professor Dr. Aug. Ludw. Diemer zu Rostock, gestorben den 26. Juli 1855, 81 Jahre alt; der Drost v. Bülow zu Dömitz, der Rittmeister v. Blücher auf Rosenow zu Güstrow, beide gestorben im Sommer 1855, und eins der jüngsten Mitglieder des Vereins, der Pastor Stiebler zu Prestin, gestorben in den Osterfeiertagen des gegenwärtigen Jahres. Ausgetreten sind ferner 7 Mitglieder, namentlich die Herren: Gutsbesitzer Engel auf Charlottenthal, Hofmaler Schlöpke zu Schwerin, Landessteuerdirector v. Wickede zu Rostock, v. Mühlenfels auf Neuhof bei Ribnitz, welcher ins Ausland gegangen ist, Lehrer Müller zu Waren, Pastor Franz Boll zu Neubrandenburg und Oberhofmeister v. Kamptz zu Neustrelitz. - Beigetreten sind dem Vereine dagegen die Herren Advocat Magnus Knebusch auf Greven und Lindenbeck zu Schwerin, Baron v. Simolin auf Gr. Dselden in Curland, Landrath Graf v. Bassewitz auf Schwiessel, Gymnasiallehrer Dr. Ebeling zu Schwerin, Gutsbesitzer Wiechmann zu Kadow, Pastor Kossel zu Tarnow, Pensionair J. Lembke zu Lambrechtshagen, Stadtrichter Gentzken zu Altstrelitz, Gymnasiallehrer Dr. Schiller zu Schwerin und stud. jur. G. Brüning aus Schwerin. Der Verein hat also im Ganzen 12 Mitglieder verloren und 10 neue wieder gewonnen, so daß sich unsre Zahl wieder um zwei vermindert hat und gegenwärtig nur noch 278 beträgt.


1) Vgl. den interessanten Nekrolog von E. Boll, im Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte IX, S. 106.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auch von den correspondirenden Mitgliedern sind wiederum zwei in Deutschland wohlbekannte und hochgeehrte Männer durch den Tod abgefordert, nämlich der Bibliothekar Dr. Schönemann zu Wolfenbüttel und der Geheime Ober=Regierungsrath v. Raumer zu Berlin. Schönemann gehörte zu den treuesten und thätigsten Freunden des Vereins außerhalb Meklenburgs und leistete demselben als Vorsteher der berühmten Bibliothek zu Wolfenbüttel mit unermüdlicher Bereitwilligkeit oft sehr wesentliche Dienste, namentlich durch Zusendung seltener, für Meklenburg wichtiger Druckwerke und Mittheilung sonstiger literarischer Nachrichten, Forschungen auf dem Gebiete der Münzkunde u. s. w. Er hatte indeß schon vor mehren Jahren das Unglück völlig zu erblinden und starb am 8. Septbr. 1855 an der Cholera. Auch der um die brandenburgische Geschichtsforschung hochverdiente Geheimerath v. Raumer benutzte, besonders in früheren Jahren in seiner Stellung als Referent im preußischen Archiv=Wesen und Archiv=Director, mit Bereitwilligkeit jede Gelegenheit, sich unserm Vereine gefällig zu erweisen und dessen Bestrebungen zu fördern. Sein plötzlicher Tod am 12. März d. J. erregte bekanntlich großes Aufsehen und allgemeine Theilnahme und ward in öffentlichen Blättern vielfach besprochen. - An die Stelle dieser abgeschiedenen alten Freunde und Gönner haben zwei andere, nicht minder verdienstvolle Herren den Verein durch die gefällige Annahme des ihnen durch unsern ersten Herrn Secretair im Auftrage des Ausschusses zugesandten Diplomes geehrt, nachdem sie uns schon seit Jahren ihre Theilnahme durch die That bewiesen hatten, ich meine den Herrn Freiherrn v. Stillfried=Rattonitz zu Berlin, Ober=Ceremonienmeister Sr. Majestät des Königs von Preußen und Director des von ihm errichteten königlichen Hausarchivs, und den Maler Herrn Milde zu Lübeck. Der Fürsprache des erstern, welcher den Gelehrten und Kunstfreunden namentlich durch die Herausgabe der prachtvollen Kunstdenkmäler des Hauses Hohen=Zollern bekannt ist, verdankt der Verein unter anderm ein Exemplar der Monumenta Zollerana als Geschenk Sr. Majestät; mit dem auch um die Erhaltung und Restaurirung der historischen Denkmäler seiner alten ehrwürdigen Vaterstadt hochverdienten Herrn Milde aber stehen wir grade jetzt in Veranlassung der von ihm unternommenen Herausgabe von Lithographien der alten Stadtsiegel des lübecker Archivs in lebhaftem Verkehre. - Die Zahl unsrer correspondirenden Mitglieder beträgt also wiederum 56.

Zu den mit uns verbündeten Vereinen sind im Laufe dieses Jahres zwei neue hinzugekommen: 1) der neugegründete

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 5 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Verein für die Geschichte der Grafschaft Ruppin, dessen Leitung unser correspondirendes Mitglied, der Herr Geh. Regierungsrath v. Quast, als Präsident, und der durch die Herausgabe einer Abhandlung über Thors Donnerkeile auch als Alterthumsforscher bekannte Herr Superintendent Kirchner zu Gransee, als Secretair, übernommen haben und welcher unter dieser Leitung große Hoffnungen erregt, für uns aber als nächster Nachbarverein doppeltes Interesse hat; 2) die k. k. Central=Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmäler des österreichischen Staates, welche uns bereits durch Zusendung der von ihr edirten Mittheilungen etc. ., einer geschätzten Zeitschrift mit werthvollen artistischen Beilagen, erfreuet hat. Wir stehen daher jetzt mit 73 geistesverwandten Vereinen, Gesellschaften und Behörden in wissenschaftlichem Verkehre.

Das Präsidium des Vereins hat durch den zu unserm lebhaften Bedauern schon auf der General=Versammlung von 1855 angekündigten Rücktritt des Herrn Geh. Regierungsraths Dr. Knaudt eine Veränderung erlitten. Wir dürfen indeß hoffen, diese Lücke bald durch die auf der General=Versammlung erfolgte einstimmige Wahl des Herrn Geh. Raths v. Oertzen, welcher diese Stelle schon einmal eine Reihe glücklicher Jahre hindurch mit Liebe und Umsicht bekleidete, würdig ausgefüllt zu sehen, obwohl die Zustimmung des abwesenden Herrn Geh. Raths noch nicht hat erfolgen können. Im übrigen ist das bisherige Beamten=Personal noch dasselbe geblieben.

Ueber die Vermögensverhältnisse des Vereins giebt der Rechnungs=Extract in der

Anlage A.

die nöthige, im Ganzen nicht unerfreuliche Auskunft. Der Vergleich mit der vorigen Rechnung ergiebt nämlich eine Erhöhung der laufenden Einnahme (nach Abzug des Cassenvorraths und der erhobenen Capitalien) von 10 Währung : Gold und 660 Währung : 42 Schilling (Meckl.) 6  Cour., welche im vorigen Jahre vereinnahmt wurden, auf 10 Währung : Gold und 703 Währung : 41 Schilling (Meckl.) . Cour., also circa um 43 Währung : Cour., was wir dem ungewöhnlich hohen Erlöse aus dem Verkaufe der Druckschriften des Vereins von 98 Währung : 20 Schilling (Meckl.) . verdanken. Hieraus und aus der ziemlich erheblichen Ersparung an Druckkosten etklärt es sich, daß die laufende Ausgabe trotz des außerordentlichen Honorars von 100 Währung Gold für die Ausarbeitung des Registers über die letzten 10 Jahrgänge der Jahrbücher nur circa 4 Währung mehr beträgt, als im vorigen Jahre, und daß sich das Capitalver=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 6 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mögen nur um circa 33 Währung : Cour. vermindert hat. Dasselbe beträgt nunmehr annoch 2509 Währung : 20 Schilling (Meckl.) 6  Cour., welche außer dem nöthigen Cassenvorrath und einem kleinen Capitel von 105 Währung : mit allerhöchster Bewilligung gleich den Geldern milder Stiftungen sämmtlich bei der Reluitions=Casse zu 3 1/2 pCt. belegt sind, eine Begünstigung, welche wir ausschließlich der Umsicht und der Bemühung des Herrn Berechners verdanken.

Für die Sammlungen des Vereins haben wir kaum jemals eine so kärgliche Erndte gehalten, als in diesem Jahre. Dies gilt namentlich für die Alterthumssammlung, für welche nach Ausweisung des Verzeichnisses in der

Anlage B.

im Ganzen nur 61 Stücke erworben wurden, welche überdies zum größern Theile nur von geringerem Werthe. - Nicht viel bedeutender ist der Zuwachs der Münzsammlung, worüber der Specialbericht des Herrn Pastor Masch zu Demern in der

Anlage C.

nähere Nachricht giebt.

Mit lebhaftem Danke müssen wir hier aber noch der dem Vereine von unserm hochverehrten correspondirenden Mitgliede, Herrn F. W. Kretschmer in Berlin verehrten Zeichnungen von 5 seltenen Münzen aus dem 15. Jahrhunderte aus einem zu Cladow bei Landsberg a. d. W. gemachten Münzfunde erwähnen. Wir besitzen bereits eine ganze Sammlung dieser überaus saubern, sehr schätzbaren Zeichnungen. Außerdem gab Herr Archivrath Dr. Lisch Nachricht über zwei angeblich meklenburgische Bracteaten aus dem 12. Jahrhundert, welche 1840 zu Dalie in Hedemarken in Norwegen gefunden sind.

Dagegen ist die Bildersammlung, worüber in der

Anlage D.

ein ausführlicher Bericht anliegt, noch fortwährend in jugendlichem Wachsthum begriffen. Ihr ist aber ein bestimmtes Maaß vorgeschrieben, das sie bei der eifrigen Pflege des Herrn Archiv=Registrators Glöckler anscheinend bald erreicht haben wird. - Am reichlichsten aber ist auch in diesem Jahre die Büchersammlung bedacht. Das Verzeichniß der neuen Erwerbungen in der

Anlage E.

weiset nicht weniger als 141 Bücher nach, unter welchen sich

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 7 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wiederum viele überaus werthvolle Werke befinden. Dieser, besonders durch die zahlreichen Spenden der verbündeten Vereine von Jahr zu Jahr in steigender Progression wachsende Reichthum beginnt sogar schon uns Sorge zu machen, indem der vorhandene Raum zu enge wird. - Zu der Urkundensammlung endlich sind uns wiederum einige, in den Jahrbüchern mitgetheilte, nicht unwichtige Abschriften und Regesten von auswärtigen Urkunden, welche Meklenburg betreffen, theils nach den Originalen, theils aus seltenen Druckwerken, geschenkt worden, größtentheils jedoch schon im vorigen Jahre.

Uebrigens erfreuen sich unsere Sammlungen fortwährend der Aufmerksamkeit nicht nur des einheimischen Publicums, sondern auch auswärtiger Gelehrter. Unter den letzteren ist namentlich unser corrsspondirendes Mitglied, der als Alterthumsforscher rühmlichst bekannte Herr Dr. v. Hagenow zu Greifswalde zu nennen, welcher in diesem Frühjahre Schwerin und unser Antiquarium besuchte. - Als Gönnern und Freunden des Vereins, welche unsere Sammlungen durch ihre Geschenke bereicherten, habe ich dies Mal folgenden Herren den schuldigen freundlichen Dank abzustatten: Alban, Kammer=Ingenieur zu Schwerin, Albrand, Pastor zu Lübow, A. Bartsch, Pastor zu Warin, v. Behr=Negendanck auf Torgelow zu Ludwigslust, Fr. Beyer, Ingenieur zu Schwerin, K. Beyer, Ingenieur zu Güstrow, v. Boddien, Jägermeister zu Schwerin, v. Brocken, Domainenrath zu Dobbin, G. Brüning, stud. jur. zu Berlin, Crull, Dr. med. zu Wismar, Daniel, Bürgermeister zu Schwaan. E. v. Deecke, Dr. zu Lübeck, Dittmer, Dr., Canzlei=Secretair zu Lübeck, Duve, Hofschlosser zu Schwerin, Th. Fischer, Hofmaler zu Schwerin, Francke, Kämmerei=Berechner zu Güstrow, Freitag, Gymnasiast zu Schwerin, J. Gefken, Pastor zu Hamburg, P. v. Götze, Geh. Rath zu Petersburg, Groth, Archivrath zu Schwerin, W. Havemann, Prof. in Göttingen, Hirsch, Prof. zu Danzig, Hüen, Dr. med. zu Marlow, Jahn, Bürger zu Güstrow, E. v. Kamptz zu Schwerin, K. Klug, Pastor zu Lübeck, Koch, Gutsbesitzer auf Dreveskirchen, Kossel, Pastor zu Tarnow, Kretschmer zu Berlin, Krüger, Cantor zu Proseken, v. Ledebur, Director zu Berlin, v. Lehsten, Oberforstmeister zu Rehna, Lenthe, Hofmaler zu Schwerin, Lierow, Pastor zu Lohmen, Ulr. Lisch, Handlungsdiener zu Rostock, A. C. Maaß zu Waren, Maltzan, Freiherr, Justizrath zu Rostock, Märker , Geh. Archivrath zu Berlin, Masch , Pastor zu Demern, Mau, Bürgermeister zu Neukalden, Möhlmann, Dr., Auditor zu Stade, A. Niederhöfer, Maler zu Röbel,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 8 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ritter zu Friedrichshöhe, Sachse, Dr., Geh. Medicinalrath zu Schwerin, Schliemann, Superintendent zu Parchim, Schnelle, Kaufmann zu Schwerin, Fr. Seidel, Bürger zu Bützow, v. Sprewitz, Oberinspector zu Güstrow, C. H. Tamms, Pastor zu Stralsund, Techen, Dr. med. zu Wismar, Timm, Apotheker zu Malchin, Voß, Bauconducteur zu Schwerin, Wiechmann, Gutsbesitzer zu Kadow, Wiencke, Kaufmann zu Plau, Willebrand, Pastor zu Kladow, und Zober, Dr., Prof. zu Stralsund.

Die wissenschaftliche Thätigkeit des Vereins hatte auch in diesem Jahre ihren gewohnten ruhigen Fortgang, nur daß sich dies Mal auch unsere auswärtigen Freunde und Gönner mehr als gewöhnlich dabei betheiligten. Der 21. Band unsrer Jahrbücher zeichnet sich daher vortheilhaft aus durch die höchst dankenswerthen Beiträge der Herren Dr. Möhlmann zu Stade, Dr. v. Duve zu Ratzeburg, Dr. Gollmert zu Berlin, Dr. Grotefend zu Hannover, Dr. Deecke und Dr. Dittmer zu Lübeck, und die dadurch gebotene größere Mannigfaltigkeit des aus der Fremde eingeführten Materials zum Ausbau unserer heimischen Geschichte ist allerdings geeignet, den schmerzlichen Verlust eines andern, und zwar eines unserer tüchtigsten und gründlichsten Mitarbeiter, Herrn Pastor Boll zu Neubrandenburg, für den Augenblick weniger fühlbar zu machen. Die dem Umfange wie dem Inhalte nach bedeutendste Arbeit dieses Jahrganges sind jedoch unbezweifelt die aus den gemeinschaftlichen Studien des Herrn Senators Dr. Mann zu Rostock und unsers alten Führers, Herrn Archivraths Dr. Lisch zu Schwerin hervorgegangenen Beiträge zur älteren Geschichte Rostocks, wodurch uns in der That ein völlig klares Bild der ersten Gründung und des raschen Wachsthums der weitaus interessantesten und bedeutendsten unserer Städte im 13. Jahrhundert geliefert wird. Es ist dadurch zum ersten Male eine feste, sichere Grundlage einer vollständigen Geschichte dieser alten Hansestadt gegeben, eine Arbeit, welche nachgrade ein unabweisliches, weit über Meklenburgs Gränzen hinaus empfundenes Bedürfniß geworden ist und die zugleich nicht leicht lohnender gefunden werden kann. - Die von dem Herrn Archivrath Dr. Lisch mitgetheilte Biographie des Grafen Friedrich v. Hahn führt uns dagegen in die neuern Zeiten zurück und lehrt uns einen höchst merkwürdigen Charakter aus dem Ende des vorigen Jahrhunderts kennen, einen Mann, der nicht nur seinen Ruhm darin suchte, Künste und Wissenschaften mit fürstlicher Liberalität zu unterstützen, sondern auch durch eigene ernste und tiefe Forschungen seinen Namen an den ewigen Sternenhimmel schrieb, während derselbe hier in seiner irdischen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 9 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Heimath schon nach einem halben Jahrhunderte fast vergessen war. - Unter den Abhandlungen in dem zweiten, der Alterthumskunde gewidmeten Theile der Jahrbücher erlaube ich mir, besonders auf die des Herrn Archivraths Dr. Lisch über die Hausurnen aufmerksam zu machen, welcher in der That höchst überraschende Entdeckungen in dem königlichen Museum zu Berlin zum Grunde liegen. - Mit diesem Bande der Jahrbücher zugleich wird dann nun endlich auch das von dem Herrn Ritter zu Friedrichshöhe sehr sorgfältig ausgearbeitete dritte Register zu den 10 letzten Bänden ausgegeben werden, welchem am Schlusse ein chronologisches Gesammtregister über den reichen Inhalt aller bis jetzt erschienenen 20 Bände mit vollständigen Regesten der darin gedruckten Urkunden beigegeben ist, wodurch die Uebersicht der bisherigen Leistungen des Vereins und deren künftige Benutzung ungemein erleichtert wird.

Von sonstigen literarischen Erscheinungen dieses Jahres außerhalb unsers Vereins ist hier zunächst die bisher unbekannte, von unserm correspondirenden Mitgliede Herrn Prof. Dr. Deecke zu Lübeck bearbeitete Fortsetzung der lübischen Chronik des Reimar Kock von dem Bürgermeister Gotthard v. Hövel zu erwähnen. Diese Chronik, welche die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts, also eine sehr wichtige Periode unsrer Geschichte umfaßt und überall auf eine Schilderung der damaligen Zustände und Ereignisse in Meklenburg eingeht, ist nämlich vollständig abgedruckt in A. Fahne, Geschichte der Freiherren v. Hövel, Band III, Cöln 1856, gr. Fol. - Noch näher steht uns das schon oben erwähnte und mehrfach in öffentlichen Blättern besprochene Unternehmen des Herrn Milde zu Lübeck: die Herausgabe alter Städtesiegel aus dem lübecker Archive in äußerst treuen und saubern Lithographen, mit einer kurzen Erläuterung unsers Herrn Pastors Masch, zu Demern, vielleicht des gründlichsten Siegelkenners im Norden Deutschlands. Das erste, bereits ausgegebene Heft enthält die ältesten Siegel Lübecks, Hamburgs und der holsteinschen Städte, wobei die unserm Vereine früher aus Kopenhagen geschenkte Sammlung von Original=Siegeln dem Herausgeber von wesentlichem Nutzen gewesen ist. Die folgenden Hefte werden die ältesten meklenburgischen Stadtsiegel bringen, deren Sammlung aus dem lübecker Archive dem Herrn Archivrath Dr. Lisch bei der ihm von Serenissimo gnädigst übertragenen Ausschmückung des Thronsaales im hiesigen Schlosse mit den Wappen der verschiedenen Landestheile und Städte Meklenburgs ebenso förderlich gewesen ist, als umgekehrt die bei dieser Gelegenheit in den hiesigen Archiven angestellten gründlichen Forschungen dem Werke der Herren Milde und Masch zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 10 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Gute gekommen sind. Die Wichtigkeit der alten Stadtsiegel für die Geschichte der Städte hat Lisch in der Abhandlung über die Siegel der Städte Brüel und Grabow in dem jüngsten Bande der Jahrbücher überzeugend dargethan, weßhalb ich das besprochene Unternehmen dringend, empfehlen zu dürfen glaube. - Unmittelbar hieran knüpft sich ein ähnliches Unternehmen des Herrn Dr. v. Hagenow, welcher von der königlich preußischen General=Direction die Erlaubniß erhalten hat, wichtige Siegel in den preußischen Archiven abzuformen, und in dem Archive zu Stettin bereits eine große Menge mit ausgezeichneter Kunstfertigkeit copirt hat. In demselben Sinn endlich wirkt für die Prignitz schon seit Jahren der unserm Vereine gleichfalls als correspondirendes Mitglied angehörige Hr. Pastor Ragotzky zu Triglitz bei Putlitz. - Ein literarisches Unternehmen anderer Art, das aber gleichfalls in den Kreis unserer Forschungen gehört, ist das unsers ordentlichen Mitgliedes Herrn Gutsbesitzers Wichmann zu Kadow bei Goldberg. Herr Wichmann beabsichtigt die Herausgabe eines möglichst vollständigen kritischen Repertoriums der gedruckten plattdeutschen Literatur bis zum Jahre 1660 und hat dazu nicht nur die unmittelbare Mitwirkung unsers Vereins in Anspruch genommen, sondern ist auch durch dessen Vermittelung mit unsern Freunden, den Professoren Herrn Dr. Deecke in Lübeck, Dr. Kosegarten in Greifswald und Dr. Zober in Stralsund in Correspondenz getreten und auf diesem, so wie auf andern Wegen bereits in den Besitz eines sehr reichen und kostbaren Materials gelangt. Sein Unternehmen verdient ohne Zweifel die eifrige Förderung und Unterstützung aller Freunde der reichen und wohllautenden Sprache unserer Väter, so wie unsrer eignen Jugend und des größten Theiles unsers Volkes, die aber ihrem Untergange unverkennbar mit immer rascheren Schritten entgegengeht.

Der Gesammtverein der historischen Vereine strebt immer mehr sich auszubreiten und ist ganz geeignet, den Mittelpunct der historischen Forschung in Europa zu werden, wenn er nicht in Deutschland selbst ohne alle Unterstützung bliebe, wogegen ihm unsere Nachbarn im Westen und Norden bereitwillig entgegenkommen. Ich kann es mir daher nicht versagen, noch ein Mal, wenn auch mit noch so geringer Hoffnung auf Erfolg, zu seiner Unterstützung einzuladen, namentlich durch Beziehung des Correspondenzblattes, welches in der letzten Zeit bedeutend an Interesse gewonnen hat und dessen Ertrag bisher fast die einzige Einnahme=Quelle des Vereins ist. Sollte es nicht gelingen, innerhalb unsers Special=Vereins kleinere Kreise zu bilden, deren jeder ein gemeinsames Exemplar zu beziehen hätte? Ueber die letzte Generalversammlung zu Ulm am 19. bis 22. Sept. v. J.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 11 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

habe ich bereits in dem Quartalberichte vom 7. Jul. d. J. kurz berichtet und verweise im Uebrigen auf die in dem Correspondenzblatte Nr. 1. und 2 dieses Jahrganges abgedruckten Protokolle. Die nächste Versammlung wird in Hildesheim sein. - Das National=Museum zu Nürnberg hat durch die rastlose Thätigkeit seines Gründers, des Freiherrn v. Aufseß, und die Unterstützung fast aller deutschen Fürsten nach allen öffentlichen und Privatberichten in dem letzten Jahre rasch an Umfang und Bedeutung gewonnen und ist bereits der Vereinigungspunkt für die gesammten Vereine des südwestlichen Deutschlands geworden, in welchen dadurch unverkennbar ein regeres wissenschaftliches Leben geweckt und gefördert wird. Gleichwohl fehlt auch ihm immer noch die rechte Theilnahme des deutschen Volkes. Vielleicht würde es auch diese rascher gewinnen, wenn sein Charakter als National=Eigenthum gesicherter und wenn es deßhalb möglich wäre, den Sitz desselben unter dem unmittelbaren Schutze des deutschen Bundes nach der Bundesstadt Frankfurt zu verlegen.

Schwerin, im Juli 1856.

W. G. Beyer, Dr.,                    
Archiv=Secretair, als zweiter Secretair des Vereins

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 12 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage A.

Auszug

aus der Berechnung der Vereins=Casse
vom 1. Juli 1855 bis 30. Juni 1856.

Berechnung der Vereinskasse.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 13 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
Berechnung der Vereinskasse

Schwerin, den 30. Juni 1856.

F. Wedemeier, Dr., Ministerial=Registrator,
p. t. Cassen=Berechner.             


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 14 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage B.

Verzeichniß

der in dem Vereinsjahre von Ostern 1855 bis dahin
1856 erworbenen Alterthümer.

I. Alterthümer aus vorchristlicher Zeit.

A. Aus der Zeit der Hünengräber.

4 Streitäxte, nämlich 2 aus Grünstein und 2 aus Hornblende.
9 Keile, wovon 8 aus Feuerstein und 1 aus Gneis.
1 Dolch (Bruchstück) aus Feuerstein
4 Lanzenspitzen aus Feuerstein
4 Pfeilspitzen aus Feuerstein
2 halbmondförmige Messer aus Feuerstein
6 spanförmige Messer aus Feuerstein
4 Späne aus Feuerstein
1 Schleifstein aus Sandstein.
1 Urne aus Thon.
Bruchstücke von 4 Schädeln.

B. Aus der Zeit der Kegelgräber.

1 Lanzenspitze aus Bronze.
1 Diadem aus Bronze.
1 Kopfring aus Bronze.
1 Halsring aus Bronze.
5 Armringe aus Bronze.
2 Handbergen aus Bronze.
1 Nadel aus Bronze.
Bruchstücke von einem Diadem, 2 Hefteln und 2 Handringen aus Bronze.
Bruchstücke mehrer Urnen aus Thon.

C. Aus der Zeit der Wendengräber.

1 Heftel aus Bronze.
8 Spindelsteine aus Thon.
2 Urnen aus Thon.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 15 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

II. Alterthümer aus dem christlichen Mittelalter.

1 Pfeilspitze aus Eisen.
1 Messer aus Eisen.
1 Sichel aus Eisen.
1 Hufeisen aus Eisen.
1 Sporn aus Eisen.
1 Splint aus Eisen.
2 Schlüssel aus Eisen.
1 Siegelring aus Messing.
1 Krug aus Zinn.
1 Gefäß aus Thon.

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 16 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage C.

Bericht über die Münzsammlung.

Zur Münzsammlung sind im verflossenen Geschäftsjahre nur 67 Stücke hinzugekommen und wurden ihr seit ihrem Bestehen 828 Hohlmünzen, 31 goldene, 3884 silberne, 1109 kupferne und 217 Schaumünzen, im Ganzen 6069 Stücke zugewendet; bekanntlich sind in diese Zahlen alle die Dubletten mit einbegriffen, von denen manche wieder vertauscht sind.

Mittelalterliche Münzen sind dies Mal nicht eingegangen; unter den neueren aber manche interessante, wohin besonders der Silberrubel der Kaiserin Anna von 1734 zu rechnen, welcher mit einer größern Zahl kleinerer russischer Münzen, nebst mehren andern aus verschiedener Herren Ländern (zusammen 32) vom Hrn. Senator Demmler in Rehna geschenkt ward. Ferner ward die Sammlung bedacht durch die Freundlichkeit der Herren Pastor Albrand in Lübow, Kaufmann Wiencke in Plau, Oeconom K. Beyer und Ingenieur F Beyer, Domainenrath v. Brocken auf Dobbin, Wiechmann auf Kladow (die Krönungsmünze des K. Joseph I. von 1690, Appel II, S. 86, 5), Justizrath Freiherr v. Maltzahn in Rostock (ein preußischer [v. Schulteß=Rechberg I, n. 1811] und ein badischer Thaler), v. Behr=Negendank auf Torgelow (darunter der Sterbe=Doppelgroschen auf die Kurfürstin Anna Sophia zu Sachsen von 1717), Papiermüller Müller und Brigadier Zabel zu Parchim (ein malmöischer Schilling des K. Johann von Dänemark). - Die neuesten meklenburg=schwerinschen und strelitzschen Schillinge und Dreilinge von 1855 sind der Sammlung beigefügt worden.

Die Bitte an die Herren Mitglieder des Vereins, dieses Theils der Sammlungen, der durch ihre Güte schon so manches für die Numismatik bedeutende Stück aufbewahrt, auch ferner freundlich eingedenk sein zu wollen, erlaube ich mir auszusprechen, da er seit einigen Jahren nur spärlich bedacht wird. Zur Abrundung der einzelnen Rubriken ist auch dasjenige, was einzeln geringfügig erscheinen mag, immer von Wichtigkeit.

Demern, 1856.

G. M. C. Masch.     

 


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 17 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage D.

Die Bildersammlung des Vereins.

Seit Michaelis 1855 hat die Bildersammlung des Vereins eins wiederum eine für mehrere Fächer besonders wünschenswerthe Erweiterung erlangt. Indem sich allmählich einzelne Abtheilungen einer gewissen Vollständigkeit nähern, beginnt das Interesse der Sammlung für Kunstgeschichte und Biographie, überhaupt ihre Nutzbarkeit für wissenschaftliche und künstlerische Zwecke mehr hervorzutreten. In dieser Beziehung darf auch wohl die Thatsache, daß mehre andere historische Vereine Deutschlands, der russischen Ostseeprovinzen etc. . ähnliche vaterländische Sammlungen angelegt haben und dieselben eifrig fortführen, erwähnt werden.

Für die Abtheilung der Bildnisse sind 38 neue Blätter, größten Theils Zeitgenossen des 16. und 17. Jahrhunderts (aus Westphalen, monumenta ined. Tom. III.) erworben. Unter den Portraits befinden sich Staatsbeamte und Celebritäten - besonders Kanzler und Räthe der frühern Zeit - 10, Gelehrte 22, Militairs 4, Künstler 2.

Das Fach der Denkmäler ist durch 10 neue Blätter, das der Prospecte etc. . durch 6 Blätter erweitert worden.

Der Gesammtzuwachs der Sammlung beträgt demnach 54 Blätter. Die Mehrzahl der Bildnisse ist durch Ankauf erworben.

Der gesammte Umfang unserer meklenburgischen Bildersammlung stellt sich zur Zeit auf 693 Blätter, von denen 386 zur Abtheilung der Bildnisse, 188 zu der Abtheilung der Prospecte und Architekturen gehören. Die Abtheilung der Alterthümer und Denkmäler zählt zur Zeit erst 53 Blätter, wird aber demnächst durch einzureihende Abbildungen von ältern Inschriften und Siegeln erweitert werden. Die übrigen 66 Blätter vertheilen sich auf die Fächer der Situationspläne, historischen Begebenheiten, Trachtenbilder und Carrikaturen.

Die Anzahl von 693 Blättern ist an sich und im Vergleiche zu ähnlichen Sammlungen in Oberdeutschland nicht bedeutend, wohl aber nach dem Maaße unsers frühern einheimischen Kunstfleißes, der an größern und selbstständigen Blättern überall nicht viel erzeugt hat. Es kommt hinzu, daß unsere meisten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 18 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Städte wiederholt von starken Feuersbrünsten heimgesucht sind und daß namentlich zu Rostock in den Unglückstagen des 11. und 12. August 1677 einzelne Denkmäler dieser Kunstrichtung gänzlich vernichtet sein dürften.

Die neu erworbenen Blätter sind, wie in dem Berichte des vorigen Jahres, in einem Nachtrag zum Katalog nach den Abtheilungen der Sammlung zusammengestellt. Eine Reihe literarischer Nachweisungen, besonders die Bildnisse betreffend, schließt sich wiederum diesem Nachtrage an.

Schwerin, im Juli 1856.

A. Gloeckler.     

 


Nachtrag

zum Katalog der Bildersammlung.

I. Bildnisse.

A. Hof= und Staatsbeamte und Celebritäten.

Dr. Michael Graß, Kanzler des Herzogs Johann zu Meklenburg, gest. 1615. Kpf. von Bernigeroth. F. - Jacob Bording, Rath und Kanzler des Herzogs Ulrich z. M., gest. 1616. Kpf. von Dems. F. - Dr. Ernst Cothmann, Rath und Canzler der Herzoge Ulrich und Johann Albrecht II., gest. 1624. Kpf. von Dems. F. - Dr. Hajo a Nessa, Canzler des Herzogs Ad. Friedrich, gest. 1620. Kpf. von Dems. F. - Dr. Albert Hein, Rath des Herzogs Joh. Albrecht II., gest. 1636. Kpf. von Dems. F.

Dr. Jacob Bording, herzogl. meklenburgischer und dann königl. dänischer Leibarzt, gest. 1560. Kpf. von Dems. F. - Martin Chemnitz, Prof. der Rechte zu Rostock, hernach pommerscher und dann schleswig=holsteinscher Kanzler, gest. 1627. Kpf. von Dems. F. - Ernst Joachim v. Westphalen, schlesw=holst. Rath und Kanzler, Herausgeber der Monumenta inedita, gem. von Denner, Kpf. 1738 von Ch. Fritsch. F.

Frau Geh. Räthin H. v. Kamptz, geb. v. Bülow, gez. von Mathtieu, lith. von C. Fischer. R.=F. - Dr. Ernst Alban zu Plau; Lith. von G. Peikert. F.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 19 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

B. Meklenburgische Gelehrte.

Dr. David Chytraeus, Prof. zu Rostock, gest. 1600. Kpf. von Bernigeroth. F. - Dr. Johann Freder, Prof. und Superintendent zu Rost., gest. 1604. Kpf. von Dems. F. - Dr. Simon Pauli, Prof. und Superintend. zu Rost., gest. 1591. Kpf. von Dems. F. - Johann Casel, Prof. zu Rost. und zu Helmstädt, gest. 1613. Kpf. von Dems. F. - Dr. Paul Tarnow, Prof. der Theol. zu Rost., gest. 1633. Kpf. von Dems. F. - Heinrich Camerarius, Prof. der R. zu Rost., gest. 1601. Kpf. von Dems. F. - Johann Possel, Prof. der griech. Sprache zu Rost., gest. 1623. Kpf. von Dems. F. - Joh. Simon, Prof. der Rhetorik zu Rost., gest. 1627. Kpf. von Dems. F. - Joh. Cothmann, Dr. und seit 1625 Prof. der Theol. zu Rost. Kpf. von Dems. F. - Jacob Fabricius, Dr. und Prof. der Medicin zu Rost., h. meklenburg. und k. dänischer Leibarzt, gest. 1652. Kpf. von Dems. F. - Joh. Dorscheus, Dr. und Prof. der Theol. zu Rost., gest. 1659. Kpf. von Dems. F. - Christian Sledan, Dr. und Prof. der Theol. zu Rost., gest. 1646. Kpf. von Dems. F. - Dr. Joh. Quistorp, Prof. und Superintend. zu Rost., gest. 1647. Kpf. von Dems. F. - Joh. Sibrand, Dr. und Prof. der R. zu Rost., auch Syndikus das., gest. 1638. Kpf. von Dems. F. - Thomas Lindemann, Dr. und Prof. der R. zu Rost., auch Syndikus das., gest. 1632. Kpf von Dems. F. - Joachim Schnobel, Dr. und Prof. der R. zu Rost. 1642, seit 1654 Syndikus zu Stettin. Kpf. von Dems. F. - Georg Radow, Dr. und Prof. der R. zu. Rost. 1665, gest. als Capitular zu Lübeck 1699. Kpf. von Dems. F. - Franz Wolff, Dr. und Prof. der Theol. zu Rost., gest. als Pastor zu Hamburg 1710. Kpf. von Dems. F.

Dr. J. W. Petersen, Prof. der Poesie und Rhet. zu Rost., gest. als Gutsbesitzer bei Magdeburg 1727. Kpf. 4. - Frau Joh. Eleon. Petersen, geb. von und zu Werlau. Kpf. 4. - Dr. D. P. H. Schmidt, geb. 1773 zu Parchim, schlesw.=holst. Apotheker und Literat. Rieler del., Nissen sc. 8. - Pastor W. C. Monich zu Lübsee, früher Prorector am Gymnasium zu Schwerin; gez. von Schucht, lith. von Korn. R.= F.

C. Meklenburgische Militairs.

C. Ch. V. Schwerin, preuß. General=Feldmarschall. J. G. Schmidt sc. Kpf. g. - Major v. Thien. Lith. F. -

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 20 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Oberstlieutenant v. Wickede zu Schwerin. Gez. von G. v. Boddien. Lith. von Funke. R.=F. - Oberst v. Nußbaum. Lith. von C. Fischer. R.=F.

D. Meklenburgische Künstler.

Carol. Sophie Aug. Großmann, geb. Hartmann, geb. 1752 zu Gotha. Goepffert sc. 8. - Caroline Parrod, geb. Beutler, gest. 1855. Lith. von A. Günther. R.=F.

II. Meklenburgische Prospecte, Architekturen, Grundpläne.

Ansicht von Rostock, nach Lindebergs Zeichnung vom J. 1597, mit Staffage von 10 Fig. Kpf. Q.=F. - Ansicht von Schwerin, nach Merians Topographie vom J. 1640. Kpf. Q.=F. (Beide Bl. aus Westphalen, monum. ined. Tom. III.)

Umrahmung einer Bildnische an der Marienkirche zu Rostock. Lith. F. (Aus A. Essenwein, Norddeutschlands Backsteinbau im Mittelalter.) - Die kathol. Kirche zu Schwerin. Lith. color. 12.

Plan von dem Badeorte Doberan. Entworfen von Fr. Heuckendorff. Q.=F. (Aus Röper, Geschichte von Doberan. 1808. 8.)

III. Meklenburgische Alterthümer und Denkmäler.

Das große goldene Horn von Tundern Kpf. F. - Leichenstein des Helmold Plessen in der Kirche zu Viecheln vom J. 1186. Kpf. F. - Grab des Güstrow. Domherrn Berend Moltzan in der Nicolai=Kirche zu Stralsund, vom J. 1452. Lith. 8. - Grab des Marschalls Ulrich Maltzan auf Grubenhagen und seiner Gem. Beate Vieregge in der Kirche zu Grubenhagen. v. J. 1459. Lith. 8. - Grab des Marschalls Joachim Maltzan auf Osten in der Kirche zu Demmin, v. J. 1565. Lith. 8. (Die drei letztgen. Bl. aus Lisch, Urkunden des Geschlechts v. Maltzan, Bd. III, IV.) - Grab des Knappen Ludolf Hahn auf Basedow und seiner Gem. Oelgard, in der Kloster=Kirche zu Dargun, vom J. 1448. Lith. 8. - Grab des Ritters Ludolf Hahn auf Basedow und seiner Gem. Jutta in der Kloster=Kirche zu Dargun, vom J. 1480. Lith. 8. (Die beiden letzten Bl. aus Lisch, Gesch. des Geschlechts Hahn, Bd. II.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 21 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mittelalterl. Grenzstein aus Granit auf der Scheide der Schwerin=Lankower Feldmark. Handz. 4. - Eiserner Wagen auf dem Rathhause zu Demmin, an welchem der gefangene Ritter Berend Maltzan auf Wolde (um 1480) angeschlossen gewesen sein soll. Handz. 4. - Der dem Prof. F. L. Ch. Karsten im J. 1823 gewidmete silberne Ehrenbecher. Lith. 2 Bl. Kl. F.


Fliegendes Blatt aus dem J. 1849 mit Unterschrift: "Wie Häschen höhere Interessen zu vertreten hat". Lith. F.


Nachfolgende meklenburgische Bildnisse kommen in literarischen Werken zerstreut vor:

Anna, Prinzessin von Meklenb, verm. Prinz. von Braunschweig, Erbin des russischen Throns, gest. von Bernigeroth. F. Siehe: Zedlers Universallexicon, Bd. 21. - Friedrich II. "der Fromme", J. Collyer sc. 4. und: Ad. Friedrich IV., T. Simpson del. et sc. 4. Beide mit englischer Unterschrift, siehe: Th. Nugent, the History of Vandalia, Vol. II.

J. v. Oertzen auf Roggow, gest. 1707, Kpf. von Bernigeroth. Gr. F. Siehe J. Sukows Leichenrede: Die hohe Majestät der Frommen. Rostock 1707. F. - E. S. v. Warburg auf Quaden=Schönfeld, Landrath; J. Schleven sc. Berlin 1767. F. Siehe Pistorius das Geschlecht v. Warburg. F.

A. Crantzius, Dr.j. can. den. 1517. Kpf. 8. Siehe: Leben des berühmten Dr. A. Crantz. Hamburg 1722. 8. - J. G. Dorscheus, gest. 1659. Kpf. von Fröhlich 4. Siehe: N. Ridemanns Leichenrede: Ehrenlohn wohlverdienter Kirchenlehrer. Francf. a. M. 1660. 4. - St. Hahne. Hofprediger zu Güstrow, gem. von v. Hussen, gest. von v. Winterstein. Siehe N. Heidemanns Leichenrede: Von der Freudigkeit eines guten Gewissens. Güstrow 1667. 4. - Dr. M. Siricius, Kpf. von W. Kilian. 4. Siehe: M. Siricii ostensio fundament. abominationum papatus. Gustrov. imp. J. Wildii. Lipsiae typis J. Wittigau. 1687. 4. - J. Schaper, D. Med. Kpf. von J. Wolffgang. Berlin 1714. F. ist beigegeben: Ch. Burchard, Solennia exequiarum pp. Rost. 1721. F. - Dr. J. Eckermann, Prof. zu Kiel, Kpf. von Schmidt. 1794. 8. Siehe in Beyers Journal für Prediger, Bd. 9. Ders. Kpf. von Arendt. Siehe in Allgem. D. Bibliothek, Jahrg. 1792, Bd. 25.

Von meklenburg. Prospecten finden sich die beiden kleineren, auf einem Q.=F.=Bl. vereinigten Ansichten von Rostock

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 22 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Wismar, um 1640, welche Merians topogr. Saxoniae infer. enthält, auch in J. A. Werdenhagen, de rebus publ. hanseaticis. Francof. M. Merian. 1641. F.

Meklenburg. Architekturen, besonders kirchliche von Bützow, Doberan, Ratzeburg, Rostock, Schwerin und Wismar, sind vor Kurzem publicirt in: A. Essenwein, Norddeutschlands Backsteinbau im Mittelalter. Text mit Abbildungen. Gr. F. Carlsruhe 1855. 56.

An Situationsplänen zu geschichtlichen Begebenheiten sind enthalten: Charte zum Treffen bei Sehestedt, 10. Dec. 1813, in Francke, Meklenburgs Noth und Kampf etc. . Wismar 1835. 8. - Stellung des französ. Heers bei Ratzeburg, 1813; Gefecht bei Lauenburg, 18. Aug. 1813; Gefecht bei Boizenburg, 16. Sept. 1813; Treffen bei der Göhrde, 16. Sept. 1813; Gefecht bei Zarrentin, 18. Sept. 1813; Gefecht bei Boden, 4. Dec. 1813; Treffen bei Sehestedt, 10. Dec. 1813 - in Zander, Geschichte des Kriegs an der Niederelbe im J. 1813. Lüneburg 1839. 8. - Der Situationsplan von Schwerin von E. F. v. Martius datirt aus dem Jahre 1819.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 23 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anlage E.

Verzeichniß

der in dem Vereins=Jahr 18 55/56 erworbenen Bücher,
wissenschaftlich geordnet.

I. Münz= und Wappenkunde und Genealogie.

Nr.

  1. - 7. Revue de la numismatique Belge, publiée sous les auspices de la société numismat. à Bruxelles par R. Chalon, C. Piot et C. Serrure. Ime Serie. Tom. V. VI. 2e. Serie. Tom. I - V. Bruxelles 1849 - 1855. 7 Vol. 8. (Geschenk der Numismatischen Gesellschaft zu Brüssel.)
  1. Hamburgische Münzen und Medaillen. Herausgeg. vom Verein für Hamburg. Geschichte. Abth. II. Heft 1. Medaillen. Heft 3 u. 4. Münzen, bis 1753. Mit Abbildgen. Hamburg 1852. 54. 4. (Geschenk des Vereins.)
  2. J. T. Bagmihl, Pommersches Wappenbuch. Bd. V. Stettin 1855. gr. 8.
  3. Dynastische Forschungen von L. v. Ledebur. Zweites Heft. Berlin 1855. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

II. Kunst= und Literaturgeschichte.
(Vergl. unten: "Baden und Würtemberg".)

  1. C. Schiller, Ueberblick des Entwickelungsganges der Kirchen=Architektur. Mit 3 lithogr. Tafeln. Braunschweig 1855. 8.
  2. Mittheilungen der k. k. Central=Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale in Oesterreich. Redig. von K. Weiß. Jahrg. I. Jan. bis Juni. gr. 4. Mit Abbild. Wien 1856. (Geschenk der Commission.)
  3. Der Bildercatechismus des XV. Jahrhunderts. Ed. von J. Geffken. 1. Die 10 Gebote mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438. Leipzig 1855. gr. 4. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 24 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Bibliografia della Dalmazia e del Montenegro, saggio di G. Valentinelli. A spese della Societa Stessa. Zagabria 1855. 8. (Geschenk der histor. Gesellschaft zu Agram.)
  2. Annual report of the board of regents of the Smithsonian Institution. 1854. 55. Washington. (Geschenk vom Smithsonian=Institut zu Washington.)

III. Biographie.
(Vergl. unten: "Belgien, Pommern etc. .")

  1. Belisarius. Römischer Feldherr. Eine Biographie von Ch. F. Zeller. Tübingen 1809. 8. (Geschenk des Hrn. Student G. Brüning.)
  2. Albert Suerbeer, Erzbischof von Preußen, Livland und Esthland. Von P. v. Goetze. St. Petersburg 1854. Mit Abbildg. gr. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  3. Notice sur van Bommel, evêque de Liège. 3e. edit. Liège 1853. 8. (Geschenk der Archäolog. Gesellschaft zu Lüttich.)

IV. Russische Ostseeprovinzen.
(Vergl. "Biographie".)

  1. Archiv für die Geschichte Liv=, Esth= und Curlands. Mit Unterstützung der esthländ. literär. Gesellschaft ed. von v. Bunge und Paucker. Bd. VII, Heft 2. 3. Reval 1853. 54. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv=, Esth= und Curlands. Ed. von der Gesellsch. f. Gesch. der russ. Ostseeprovinzen. Bd. VII, Heft 2. 3. Riga 1854. 8. (Geschenk der Gesellschaft)

V. Nordische Alterthumskunde.

  1. Zur Alterthumskunde des Nordens von J. Worsaae. Mit 20 lithogr. Tafeln. Leipzig 1847. gr. 4.
  2. Annaler for nordisk oldkyndighed og historie, udgivne af det kongelige nordiske Oldskrift - Selskab. 1853. 8.
  3. Mémoires de la société royale des antíquaires du nord. 1848 - 1849. Copenhague 1852. 8. (Nr. 22 und 23 Geschenke der königl. Gesellschaft für nord. Alterthumskunde zu Kopenhagen. )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 25 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

VI. Belgien und die Niederlande.
(Vergl. oben: "Münzkunde und Biographie".)

  1. 25. Annales de la Société Archéologique de Namur. Tom. II. III. Namur 1851 - 54. 2 vol. 8.
  1. Publications de la Société Arch. de Namur. Documents inédits. No. 1. Protocole des déliberations de la municipalité de Namur du 26. Jan. au 25. Mars 1793. Namur 1847. 8. (Nr. 24-26. Geschenke der gen. Gesellschaft.)
  2. Bulletin de la société scientifique et litéraire du Limbourg. Tom. I. II. Tongres 1852 - 55. 2 vol. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. Bulletin de l'Institut Archéologique Liègois. Tom. I. II. Liège 1852. 8. 2 vol.
  4. Aperçu historique sur la Franc - Maçonnerie à Liège avant 1830 par Ulysse Capitaine. Liège 1853. 8.
  5. Le chant national Liègois par U. Capitaine. Liège 1854. 8.
  6. Recherches historiques et bibliograph. sur les Journaux et les écrits périod. Liègois par U. Capitaine. Liège 1853. 8.
  7. 33.Nécrologe Liègois pour 1851, 1852. Liège 1852. 53. 2 vol. 8.
  1. Notice sur Hyacinthe Fabry, dernier représentant polit. de l'ancien pays de Liège. Liège 1851. 8. (Nr. 28 - 34 Geschenke der Archäolog. Gesellschaft zu Lüttich.)
  2. Publications de la société pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans la grand - duché de Luxembourg. Année 1854. X. Luxembourg 1855. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. Stukken over Letter -, Geschied - en Oudheidkunde. Uitgegeven van wege de Maatschappy van Nederlandsche Letterkunde te Leyden. 1850. 8, (Geschenk der Gesellschaft das.)

VII. Die Schweiz.

  1. Beiträge für vaterländische Geschichte. Herausgeg. von der histor. Gesellschaft zu Basel. Bd. V. Das. 1854. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Mittheilungen der Antiquar. Gesellschaft zu Zürich. Bd. IX, Abth. 2. Zürich 1852, 55. gr. 4.
  3. Inscriptiones confoederationis Helveticae Catinae; ed.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 26 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Th. Mommsen. (Mittheilungen der antiquar. Gesellschaft zu Zürich. Bd. X.) Turici 1854. 4.

  1. Die Ortsnamen des Kantons Zürich. Aus den Urkunden gesammelt und erläutert von Dr. H. Meyer. Zürich 1819. gr. 4. (Nr. 38-40 Geschenke der antiquar. Gesellschaft das.)

VIII. Oesterreichische Länder. (Vergl. oben: "Kunst= und Literaturgeschichte".)

  1. -43. Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Philos.=histor. Classe. Bd. XV - XVII. Wien 1855. 8.
  1. 45. Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Bd. 14. 15. Wien 1855. 56. 8.
  1. Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Jahrg. 1855. Wien. 8.
  2. Monumenta Habsburgica. Sammlung von Actenstücken zur Geschichte des Hauses Habsburg von 1473 - 1576. Erste Abth. Zeitalter Maximilians I. Bd. II. Wien 1855. 8.
  3. 50. Fontes rerum Austriacarum. Erste Abth. Scriptores. Bd. I. Zweite Abth. Diplomataria et acta. Bd. VIII. IX. Wien 1855. 8. (Nr. 41-50 Geschenke der kaiserl. Akademie.)
  1. Funfzehnter Bericht über das Museum Francisco - Carolinum. Lief. X der Beiträge zur Landeskunde von Oesterreich ob der Enns. Linz 1855. 8. (Geschenk des Museums.)
  2. 53. Mittheilungen des histor. Vereins für Krain. Redig. von Dr. Klun. Jahrg. IX. X. Laibach 1854. 55. 4. (Geschenk des Vereins.)
  1. 55. Mittheilungen des histor. Vereins für Steiermark. Heft 5. 6. Gratz 1854. 55. 8.
  1. Die keltischen und römischen Antiken in Steiermark. Gratz 1856. 8.
  2. Der angebliche Götter=Dualismus an den Votivsteinen zu Videm und Aquiläja in Abrede gestellt von Prof. Knabl. Gratz 1855. 8. (Nr. 54 - 57 Geschenke des histor. Vereins zu Gratz.)
  3. Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Dritte Folge. Heft 5. Nebst dem 26. Jahresbericht. Innsbruck 1856. 8. (Geschenk des histor. Vereins das.)
  4. 60. Chronicon Fuchsio - Lupino - Oltardinum sive Annales Hungarici et Transsilvanici, ed. JosephusTrausch. Pars I. 990 - 1630. Pars II. 1630 - 1699. Coronae 1847. 2 vol. 4.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 27 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. Bd. I. Kronstadt 1855. 8. (Nr. 59 - 61 Geschenke des histor. Vereins zu Kronstadt.)
  2. Zur Frage über die Herkunft der Sachsen in Siebenbürgen. Von J. K. Schuller. Hermannstadt 1856. 8. (Geschenk des Vereins für Landeskunde das.)

IX. Allgemeine deutsche Geschichte und Alterthumskunde.
(Vergl. oben: "Genealogie und Kunstgeschichte".)

  1. Beiträge zur Geschichte und Geographie des alten Germanien von Dr. W. Giesers. Aus der Zeitschrift des Vereins für westphälische Geschichte etc. . Münster 1852. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. Urkundenbuch zur Geschichte des Hauses Hohenzollern. Herausgeg. von v. Stillfried und Dr. Maercker. Bd. II. Urkunden der fränkischen Linie. 1235 - 1332. Berlin 1856. gr. 4. (Geschenk Sr. Maj. des Königs von Preußen.)
  3. Grundzüge zu einem künftigen teutschen Gesammtwesen und einer Nationaleinheit. (Von v. Plessen. ) Wien 1815. 8.
  4. Denkschriften des german. Nationalmuseums. Bd. I. Erste Abth. Organismus und literar. Sammlungen des Museums. Mit Holzschnitten. Nürnberg 1856. gr. 8. (Geschenk des Museums.)

X. Bayern.

  1. Almanach der königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1855. München. 8.
  2. 69.Abhandlungen der histor. Classe der Akademie der W. Bd. VII. Abth. 3. Bd. VIII. Abth. 1. Das. 1855. 4.
  1. Ueber die Grenzscheide der Wissenschaften. Festrede von F. V. Thiersch. Das. 1855. 4.
  2. Ueber die Gliederung der Bevölkerung des Königreichs Bayern. Festrede von Dr. v. Hermann. Das. 1855. 4.
  3. Rede zur 96. Stiftungsfeier der Akademie der W. von Fr. v. Thiersch. Das. 1855. 4.
  4. F. v. Schelling, Denkrede, geh. am 28. März 1855 von Dr. H. Beckers. Das. 1855. 4.
  5. Dr. L. Hübner's biograph. Charakteristik. Vorgetragen am 15. Juni 1822 von J. Wißmaier. Das. 1855. 4. (Nr. 67 - 74 Geschenke der k. Akademie.)
  6. Oberbayerisches Archiv für vaterländ. Geschichte. Her=
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 28 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

ausgegeben von dem histor. Verein von und für Oberbayern. Bd. XV. Heft. 1. München 1854. 8. (Geschenk des Vereins.)

  1. Archiv für Geschichte und Alterthumskunde von Oberfranken. Bd. VI. Heft 2. Bayreuth 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. Archiv des histor. Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg. Bd. XIII. Heft 3. Würzburg 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
  3. Verhandlungen des histor. Vereins von Oberpfalz und Regensburg. Bd. XVI. Mit 4 lith. Tafeln. Regensburg 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

XI. Baden und Würtemberg.

  1. Vierzehnter Jahresbericht an die Mitglieder der Sinsheimer Gesellschaft zur Erforschung der vaterländ. Denkmale der Vorzeit von K. Wilhelmi. Sinsheim 1856. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben. 9. und 10. Bericht. Ulm 1855. 4. Mit Holzschn. Lith. etc. . fol. (Geschenk des Vereins.)
  3. Würtembergische Jahrbücher für vaterländ. Geschichte etc. . Herausgegeben vom K. statist.=topograph. Bureau mit dem Verein für Vaterlandskunde. Jahrg. 1853. Stuttgart 1855. 8. (Geschenk des Bureau's.)
  4. Zeitschrift des histor. Vereins für das würtemberg. Franken. Bd. III. Mit Abbildg. Von O. Schönhuth. Mergentheim und Aalen 1854. 55. 8. (Geschenk des Vereins.)

XII. Der Mittelrhein; Nassau und Hessen.

  1. Abbildungen von Mainzer Alterthümern. VI. Die ehemal. stehende Rheinbrücke bei Mainz und die Aufgrabungen auf dem "Kästrich" das. Mainz 1855. 4. (Geschenk des Vereins zur Erforschung der rhein. Geschichte.)
  2. Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde etc. . Bd. IV. Heft 3. Wiesbaden 1855. 8.
  3. H. Bär, diplomat. Geschichte der Abtei Eberbach im Rheingau. Bd. I. Heft 4. Wiesbaden 1855. 8. (Nr. 84 und 85 Geschenke des Vereins.)
  4. Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. Mit Abbildungen. Heft VII. Frankfurt a. M. 1855. gr. 8. Geschenk des histor. Vereins das.)
  5. Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. 6. Suppl. Kassel 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 29 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Period. Blätter der Geschichtsvereine zu Kassel, Darmstadt, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt a. M. Jahrg. 1855. Nr. 5, 6. Wiesbaden 8.

XIII. Sachsen und Thüringen.

  1. Mittheilungen des Königl. sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländ. Alterthümer. Heft 8. Dresden 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. Zeitschrift des Vereins für Thüring. Geschichte etc. . Bd. II. 1 - 3. Jena 1855. 56. 8.
  3. Thüring. Geschichtsquellen. Bd. II. Chronicon eccles. Nicolai de Siegen, ed. Dr. Fr. Wegele. Das. 1855. 8.
  4. Rathsverfassung von Erfurt im Mittelalter. Von A. Michelsen. Das. 1855. 4.
  5. Urkundlicher Ausgang der Grafschaft Orlamünde. Festprogramm, herausgeg. von A. Michelsen. Das. 1856. 4. (Nr. 90 - 93 Geschenke des Vereins.)
  6. Mittheilungen der Geschichts= und Alterthumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes. Bd. IV. Heft 2. Altenburg 1855. 8.
  7. Einige Actenstücke zur Geschichte des sächsischen Prinzenraubes. Abgedruckt aus der "Zeitung für Stadt und Land". Altenburg 1855. 8. (Nr. 94 und 95 Geschenke der Gesellschaft.)

XIV. Schlesien und die Lausitz.

  1. Jahresbericht 32. der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Arbeiten etc. . der Gesellschaft i. J. 1854. Breslau 1854. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)
  2. Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens. Heausgegeben von Dr. R. Roepell. 1. Heft. Breslau 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
  3. 99. Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der Oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften, besorgt durch C. Neumann. Bd. 31. 32. Görlitz 1854. 55. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

XV. Westphalen und Niedersachsen.

  1. 101. Zeitschrift für vaterländ. Geschichte und Alterthumskunde. Herausgeg. vom Verein für Gesch. Westphalens. Neue Folge. Bd. VI VII. Mit Abbildg. Münster 1855. 56. 8. (Geschenk des Vereins.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 30 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Mittheilungen des histor. Vereins zu Osnabrück. Bd. IV. Das. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. 104. Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1852. 53. Hannover 1855. 56. 8.
  1. Urkundenbuch des histor. Vereins für Niedersachsen. Heft 3. Urkunden des Stifts Walkenried. Abth. II. 1. Hälfte. Das. 1855. 8.
  2. Neunzehnter Bericht über den histor. Verein für Niedersachsen. Das. 1856. 8. (Nr. 103 - 106 Geschenke des Vereins.)
  3. Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg von Dr. W. Havemann. Bd. II. Göttingen 1855. 8. (Geschenk des Hrn. Verfassers.)
  4. Statist.=topogr. Sammlungen zur Kenntniß des Kurfürstenthums Braunschweig=Lüneburg. Bremen 1791. 8.
  5. Statist. Repertorium über das Königreich Hannover. Von W. Ubbelohde. Hannover 1824. 4. (Nr. 108 und 109 Geschenke des Hern. Dr. Möhlmann zu Stade.)

XVI. Preußen, Brandenburg und Pommern.

  1. Caspar Weinreichs danziger Chronik von 1461 bis 1495. Ed. von Th. Hirsch. Mit Abbildg. Berlin 1855. 4. Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
  2. 114. Der neuen Preußischen Provinzialblätter andere Folge. Herausgeg.von Dr. A. Hagen. Bd. V - VIII. Königsberg 1854. 55. 8. (Geschenk der Gesellschaft Prussia das.)
  1. Novus codex diplom. Brandenburg. Ed. von Riedel. Erste Abth.: Geistl. Stiftungen, adel. Familien und Städte. Bd. X. 1856. 4. (Geschenk des Hrn. Herausg.)
  2. (Zusammengebunden:) a) Delineatio der Pommerschen Landesverfassung. Von D. Mevius. 1650. 4. b) Eiusdem ius publicum Pomeranicum. 8. c) Caroc, specimen introductionis in notitiam Pomeraniae Suecicae (um 1700). 4. d) Helvig, specimen differentiarum iuris Pomeran. et provinc. Rugiani. 1730. 4. e) Hering, de alienatione domaniorum a Pomeraniae ducibus facta. 1732. 4. f) Begründete Deduction von Landständen. 1718. 4. g) Engelbrecht, iura ordinis equestris in Pomerania Suec. 1742. 4. h) D. Mevii rechtl. Bedenken in Contributions=Sachen, bes. d. Ritterschaft. 1720. 4. i) Caroc, de immunitate nobilium a collectis. 1685. 4. Nebst noch einigen kleineren Dissert. (Geschenk des Hrn. Dr. Techen in Wismar.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 31 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Codex Pomeraniae diplomaticus. Herausgeg. von Dr. Hasselbach und Dr. Kosegarten. Bd. I. Lief. 5. Greifswald 1854. gr. 4.
  2. Baltische Studien. Herausgeg. von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte etc. . Jahrg. XVI, Heft 1. Stettin 1856. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. Conrad Schlüsselburg, vierter Superintendent zu Stralsund. Erste Abth. Von C. H. Tamms. Das. 1855. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  4. Die Jubelfeier der 50jähr. senator. Amtsführung des Bürgermeisters Dr. Schwing zu Stralsund. Das. 1855. 4.
  5. Spottlieder der evangel. Stralsunder auf die kathol. Priesterschaft aus den J. 1524 - 1527. Herausgeg. von Dr. E. Zober. Das. 1855. 8. (Nr. 120 und 121 Geschenke des Hrn. Herausgebers.)

XVII. Hamburg und Lübeck.

  1. Zeitschrift des Vereins für Hamburg. Geschichte. Neue Folge. Bd. I. Heft 1. 2. Das. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)
  2. Zeitschrift des Vereins für Lübeck. Geschichte etc. . Heft 1. Lübeck 1855. 8.
  3. Urkundenbuch der Stadt Lübeck. Herausgeg. von dem Vereine für Lübeck. Geschichte etc. . Lief. 4 - 8. Das. 1855. 56. 4. (Nr. 123 u. 124 Geschenke des Vereins.)
  4. Der alte lübische Schützenhof. Zur Feier seiner Stiftung vor 300 Jahren beschrieben von Dr. E. Deecke. Lübeck 1855. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  5. Das Hufenareal und die Hufenhäuer in den Dörfern des St. Johannis=Klosters zu Lübeck während des 16. und 17. Jahrh. von Dr. G. Dittmer. Lübeck 1856. gr. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  6. K. v. Viller's Verdienste um Lübeck. Von K. Klug. Lübeck 1856. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

XVIII. Meklenburgica.

  1. Versuch über die Verbesserung des Nahrungsstandes in Meklenburg. Neubrandenburg (1786). 8.
  2. 131. Briefwechsel, die Landwirthschaft, insbesondere die meklenburgische betr. 3 Thle. Schwerin 1786 - 89. 8.
  1. Meklenburg=Schwerinsches Kriegsrecht und militair. Gesetze. Schwerin 1796. 4.
  2. Meklenburg=Schwerinsches militairisches Gesetzbuch. 1810.4.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 32 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Betrachtungen über die Herzogl. Mecklenburg. Declarator=Verordnung vom 12. Febr. 1802 etc. . Schwerin 1802. 8.
  2. Ueber Aufhebung mittelbarer Stifter, Abteien etc. . in Teutschland. Mit Anwendung auf die Meklenburg. Jungfrauen=Klöster. Von Häberlin. Helmstedt 1805. 8.
  3. Beschreibung der Wasserheilanstalt zu Stuer bei Plau. Von J. H. Rausse. Zeitz 1846. 8.
  4. 138. Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn. Herausgeg. von Dr. Lisch. Bd. III. IV. Schwerin 1855. 56. gr. 8. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)
  1. Die Pflege der Heilkunde durch die medicinische Facultät zu Rostock vom 17. bis zum 19. Jahrh. Von Dr. Tott in Ribnitz. 8. (Aus Hencke's Zeitschrift für Staats=Arzneikunde. Jahrg. 1856. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  2. A. Bartsch, Die Wariner Schützengilde. Ihre Anfänge und ihre Geschichte bis zu ihrer 200jährigen Stiftungsfeier im Jahre 1856. Schwerin 1856. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  3. Archiv für Landeskunde in den Großherzogthümern Meklenburg und Revue der Landwirthschaft. Jahrg. V. Schwerin 1855. gr. 8. (Geschenk Sr. K. H. des Großherzogs.)
  4. "Psalterium Davidis prophetae et regis Hebraeorum, veteris translationis. Cum M. Lutheri praefatione et lemmatibus ac notis Adami Siberi. Lipsiae 1573." Den Herzogen Joh. Albrecht I. und Sigismund August von Ad. Siber zugeeignet. Schön erhaltenes Exemplar in einem gleichzeitigen gepreßten Lederbande mit bildlichen Darstellungen. Dem Einbande ist auf der Vorderseite die Signatur: "J. A. H. Z. M. 1573." aufgedruckt. (Geschenk des Hrn. Oberlehrers Steffenhagen zu Parchim.)

 

Vignette
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXI. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 1. October 1855.

Vignette

A bermals hat sich die Zahl der historischen Vereine Deutschlands um einen vermehrt, den Verein für die Geschichte der Grafschaft Ruppin, welcher unter der Präsidentschaft unsers correspondirenden Mitgliedes, des Herrn Geh. Regierungsraths v. Quast und dem Secretariat des auch als Alterthumsforscher bekannten Herrn Superintendenten Kirchner zu Gransee Tüchtiges zu leisten verspricht. Unser Verein hat sich beeilt, mit demselben in Correspondenz und Schriftenaustausch zu treten.

In Anerkennung seiner grossen Verdienste um die Wissenschaft und mehrfacher Beweise seines Interesses für unsern Verein ward der Herr Freiherr v. Stillfried zu Berlin, Oberceremonien-Meister Sr. Majestät des Königs und Director des neuerrichteten Königl. Hausarchivs, Herausgeber der Monumenta Zolleriana, in der heutigen Quartal-Versammlung zum correspondirenden Mitgliede unsers Vereins ernannt.

Als ordentliche Mitglieder traten dem Vereine in dem abgelaufenen Quartale bei: der Herr Adv. M. Knebusch auf Greven und Lindenbeck hieselbst und der Herr Baron v. Simolin auf Gr. Dselden bei Schrunden in Curland, aus dem berühmten Geschlechte der Báthori. Andrer Seits haben wir aber auch 2 unsrer ältern Mitglieder durch den Tod verloren, nämlich den Herrn v. Berg auf Neukirchen bei Neubrandenburg, welcher schon am 6. Februar d. J. gestorben ist, und den Consistorialrath, Prof. d. Rechte, Dr. August Ludwig Diemer zu Rostock, gest. am 26. August d. J., 81 J. alt. Eine Biographie des v. Berg findet sich in dem Archiv der Freunde für Naturgeschichte in Meklenburg von E. Boll, Heft IX. S. 106 ff.

Unter den Sammlungen des Vereines vermehren sich die Bibliothek und die Bildersammlung fortwährend in steigendem Verhältniss, hauptsächlich in Folge des immer umfänglichern Austausches unsrer Jahrbücher mit den Schriften fremder Gesellschaften, wogegen die Erwerbungen der Alterthumssammlung, seit einiger Zeit sichtlich abnehmen, so dass es fast scheint, als ob sich die Fundgrube dieses Schatzes allmählich erschöpfe, wogegen uns aber durch den ungewöhnlichen Werth einzelner Stücke häufig Ersatz gewährt wird. Die diesmaligen Erwerbungen sind:

I. Für die Alterthumssammlung (von Ostern bis Michaelis 1855):

1) Aus der vorchristlichen Zeit.

a) Aus der Zeit der Hünengräber:

4 Lanzenspitzen, 2 halbmondförmige Messer, 6 spanförmige Messer, 1 viereckiger Griff eines Dolches aus Feuerstein, gef. in einem Torfmoore bei Lohmen, gesch. von dem Herrn Pastor Lierow zu Lohmen. - 1 Streitaxt aus Grünstein, von besonders schöner Form, gef. beim Graben zu Gr. Godems bei Parchim, gesch. von dem Herrn Baucouducteur Voss zu Schwerin. - Bruchstück einer Streitaxt aus Grünstein-Porphyr, gef. zu Ruthen bei Lübz in der Elde, gesch. von dem Herrn Pastor Lierow zu Lohmen. - 1 Keil aus gelblichem Feuerstein und 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, roh zubehauen und vorne angeschliffen, gef. zu Bülow bei Güstrow, gesch. von dem Herrn Ingenieur K. Beyer zu Güstrow. - 1 Keil aus Feuerstein, roh zubehauen und nur an der Schneide angeschliffen, und noch 1 Keil aus fettlosem hellgrauen Feuerstein, gef. zu Jamel bei Grevismühlen, gesch. von dem Herrn Baucouducteur Voss zu Schwerin. - 1 Keil aus hellgrauem Feuerstein, gef. zu Pustohl, A. Buckow, gesch. von. dem Herrn Dr. Crull zu Wismar. - 4 Feuersteinspäne, sichtlich zu Pfeilspitzen benutzt, gef. auf dem Klüschenberge bei Bützow, gesch. von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow. - 1 Schleifstein aus dunkelgrauer quarziger Steinart,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gef. auf einem Wendischen Burgwalle bei Rostock, gesch. von dem Handlungslehrling Herrn Ulrich Lisch zu Rostock. - Mehre Gefäss-Scherben, gefunden auf alten menschlichen Wohnstätten auf der Feldmark Dreveskirchen, gesch. von dem Herrn Koch auf Dreveskirchen.

b) Aus der Zeit der Kegelgräber:

1 Lanzenspitze aus Bronze mit Schaftloch und Nagellöchern, gef. zu Gorstorf bei Grevismühlen 6 Fuss tief im Torfmoor, gesch. von dem Herrn Oberforstmeister v. Lehsten zu Rehna.

c) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe:

1 Heftel aus Bronze, gefunden in einer Urne auf dem Vierenberge zu Holm bei Dassow, gesch. von dem Herrn Oberforstmeister v. Lehsten zu Rehna. - 1 Spindelstein aus Thonstein und 1 Spindelstein aus gebranntem Thon, unbekannten Fundorts, gesch. von dem Herrn Fr. Seidel zu Bützow. - 1 Spindelstein aus grauem Sandstein, für den Verein erworben von dem Herrn Pastor Kossel zu Tarnow.

d) Römische Alterthümer:

Eine gut gearbeitete, hohlgegossene Bronzestatuette, aus spät römischer Zeit, nach dem Urtheil des Herrn Geh. Raths v. Olfers zu Berlin eine Ubertas darstellend, gef. 1852 im Torfmoor zu Manderow im Kirchspiel Proseken bei Wismar, und für den Verein erworben durch den Herrn Cantor Krüger zu Proseken.

2) Aus dem christlichen Mittelalter:

1 sehr kleines eisernes Hufeisen mit den Stollen nach unten gekehrt; 1 eiserner Sporn mit einer kurzen Spitze statt des Rades; 1 lange schmale eiserne Sichel; 1 eiserner Splint, vielleicht von einem Schiffe, gefunden beim Bau einer Brücke über die Recknitz bei Marlow auf einem Steinwalle im Flusse, gesch. von dem Herrn Dr. med. Hüen. zu Marlow. - 1 eiserner Schlüssel, 1 eiserne Pfeilspitze und 1 kleiner durch Feuer glasurter Stein, gef. auf dem Platze der älteren bischöflichen Burg zu Bützow, gesch. von dem Herrn Fr. Seidel daselbst. - 1 grosses eisernes Messer mit hölzernem Griffe, gef. unter dem Strassenpflaster zu Schwerin, für den Verein erworben durch Herrn Kaufmann Schnelle daselbst. - 1 messingner Siegelring mit einem unbekannten Wappen und den Buchstaben T. W. aus dem 16. oder 17. Jahrhundert, gef. zu Brütz bei Goldberg, gesch. von dem Herrn Jahn zu Güstrow. - 1 zerbrochenes Gefäss aus hellem Thon gebrannt, mit weisslicher Glasur und 5-6 Löchern im Boden, von 2 1/2 Fuss Höhe und 2 Fuss Weite, gef. bei Dreveskirchen, gesch. von dem Herrn Koch auf Dreveskirchen.

II. Für die Münzsammlung:

1 bronzene Medaille auf den Fürsten von Schwarzenberg und 10 fremde Kupfermünzen, gesch. von dem Herrn Pastor Albrand zu Lübow. - 1 bronzene Medaille auf die Kaiserin Maria Theresia von Oesterreich, 1743, gesch. von dem Herrn Kaufmann Wienke zu Plau. - 1 kupferner Hohlpfenning der Stadt Rostock, gef. zu Friedrichshöhe bei Rostock, gesch. von dem Herrn J. Ritter daselbst. - 1 Scharf der Stadt Wismar, gef. zu Gr. Labenz, gesch. von dem Herrn Oeconomen Fr. Beyer. - 1 Groschen des Herzogs Wilhelm von Braunschweig, 1620, gesch. von dem Herrn Oberinspector v. Sprewitz zu Güstrow. - 1 Sechsling des Herzogs Adolph Friedrich von Meklenburg, 1622, gesch. von dem Herrn Kämmereiberechner Francke zu Gnoyen. - 1 Groschen der Stadt Hildesheim, 1729, und 1 preussischer Schilling, 1771, gef. zu Kl. Wokern, gesch. von dem Herrn Ingenieur K. Beyer zu Güstrow.

III. Für die Bildersammlung:

1) Joh. Gottl. Friedrich, Hofprediger zu Ludewigslust. Rad. von G. D. Matthieu. 4. (Geschenk des Herrn Archivar Groth.)

2) Die Kirche zu Ludorf, gez. von A. Niederhöffer. Lith. F. (Geschenk des Herrn A. Niederhöffer.)

3) Ansichten vom Innern des neuen Schlosses zu Schwerin. Aus der Illustrirten Zeitung vom 1. Juli 1855. Holzsch. Gr. Fol.

4) Die Dorfkirche und die grosse Eiche zu Kleinow. Rad. von Findorff. 4.

5) Die neue Kirche zu Ludwigslust. Kupf. von C. Schmidt. 4.

6-40) Fünf und dreissig ausgewählte Blätter aus "Meklenburg in Bildern", meist Architekturen, auch Trachtenbilder etc. Lith. 8.

IV. Für die Büchersammlung:

1, 2) Annales de la Societé Archéologique de Namur. Tome II. III. Namur. 1851-54. 2 Vol. 8,

3) Publications de la Societé Arch. de Namur. Documents inédits. No. 1. Protocole des deliberations de la Municipalité de Namur du 26 Jan. au 25 Mars 1793. Namur. 1847. 8. (Num. 1-3 Geschenke der Archaeolog. Gesellschaft zu Namur.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4, 5) Bulletin de la société scientifique et litéraire du Limbourg. Tom. I. II. Tongres. 1852 -1855. 2 Vol. 8. (Geschenk der Literair. Gesellschaft zu Limburg.)

6-13) Revue de la numismatique Belge, publiée sous les auspices de la société numismat. a Bruxelles par R. Chalon, C. Piot et C. Serrüre. 1me Serie. Tom. V. VL 2e Serie. Tom. I.-V. Bruxelles. 1849-1855. 7 Vol. 8. (Geschenk der Numismat. Gesellschaft zu Brüssel.)

14, 15) Bulletin de l'Institut Archéologique Liégeois. Tom. I, II. Liége. 1852. 8. 2 Vol.

16. 17) Nécrologe Liégeois pour 1851, 1852. Liége. 1852, 53. 2 Vol. 8.

18) Aperç historique sur la Franc-Maçonnerie a Liége avant 1830 par Ulysse Capitaine. Liége. 1853. 8.

19) Le chant national Liégeois par U. Capitaine. Liége. 1854. 8.

20) Réchierches historiques et bibliograph. sur les Journaux et les écrits pèriod. Liégeois par U. Capitaine. Liége. 1853. 8.

21) Notice sur van Bommel, evêque de Liége, 3e edit. Liége. 1853. 8.

22) Notice sur Hyacinthe Fabry, dernier représentant polit. de l'aucien pays de Liége. Liége. 1851. 8. (Num. 14-22 Geschenke der Archaeolog. Gesellschaft zu Lüttich.)

23) Mittheilungen der Antiquar. Gesellschaft zu Zürich. Band IX. Abth. 2. No. 18, 19. Zürich. 1852, 55. gr. 4.

24) Die Ortsnamen des Kantons Zürich. Aus den Urkunden gesammelt und erläutert von Dr. H. Meyer. Zürich. 1849. gr. 4.

25) Inscriptiones confoederationis Helveticae Catinae, ed Th. Mommsen. (Mittheilungen der antiquar. Gesellschaft zu Zürich. Bd. X.) Turici. 1854. 4. Num. 23-25 Geschenke der Gesellschaft.)

26) Archiv des Vereins für Siebenbürgische Landeskunde. Neue Folge. Bd. I. Kronstadt. 1855. 8.

27, 28) Chronicon Fuchsio-Lupino-Oltardinum sive Annales Hungarici et Transsilvanici, ed Josephus Trausch. Pars I. 990-1630. Pars II. 1630-1699. Coronae. 1847. 2 Vol. 4. (Num. 26-28 Geschenke des histor. Vereins zu Kronstadt.)

29) Mittheilungen des histor. Vereins für Krain. - Redig. von Dr. Klun. IX. Jahrg. Laibach. 1854. 4. (Geschenk des Vereins.)

30) Mittheilungen des histor. Vereins für Steiermark. Heft 5. Gratz. 1854. 8. Nebst dem Jahresbericht des Vereins.

31) Der angebl. Götter-Dualismus an den Votivsteinen zu Videm und Aquiläja in Abrede gestellt von Prof. Knabl. Gratz. 1855. 8. (Num. 30 und 31 Geschenke des histor. Vereins zu Gratz.)

32) Württembergische Jahrbücher für vaterländ. Geschichte, Geographie etc. Herausgeg. von dem königl. statist. topograph. Büreau mit dem Verein für Vaterlandskunde. Jahrg. 1853. Stuttgart. 1855. 8. (Geschenk des gen. Büreaus.)

33) Verhandlungen des Vereins für Kunst und Alterthum in Ulm und Oberschwaben. Neunter und zehnter Bericht. Ulm. 1855. 4. Mit Holzschn. und Lith. und 5 Kunstbl. Fol. (Geschenk des Vereins.)

34) Zeitschrift des histor. Vereins für das württemberg. Franken. Bd. III. Heft 1. Mit 2 Abbild. Von O. Schönhuth. Mergentheim. 1854. 8. (Geschenk des Vereins.)

35) Annalen des Vereins für Nassauische Alterthumskunde etc. Bd. IV. Heft. 3. Wiesbaden. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

36, 37) Der neuen Preussische Provinzialblätter andere Folge. Herausgeg. von Dr. A. Hagen. Bd. V. VI, Königsberg. 1854. 8. (Geschenk der Gesellschaft Prussia das.)

38) Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der Oberlausitz. Gesellschaft der Wissenschaften, besorgt durch C. Neumann. Bd. 31. Heft 3-5. Görlitz. 1854. 55. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

39) Zeitschrift des Vereins für Thüring. Geschichte etc. Bd. II. Heft 1, 2. Jena. 1855. 8.

40) Thüring. Geschichtsquellen. Bd. II. Chronicon eccles. Nicolai de Siegen, ed Dr. Fr. Wegele. Jena. 1855. 8.

41) Rathsverfassung von Erfurt im Mittelalter. Von A. Michelsen. Jena. 1855. 4. (Num. 39-41 Geschenke des Vereins das.)

42) Beiträge zur Geschichte und Geographie des alten Germanien von Dr. W. Giefers. Aus der Zeitschrift für westphälische Geschichte etc. Münster. 1852. 8. (Geschenk des Vereins für Gesch. u. Altertumskunde Westphalens.)

43, 44) Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1851. Heft 2. Jahrg. 1852. Heft 1. Hannover. 1854, 55. 8.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

45) Urkundenbuch des histor. Vereins für Niedersachsen. Heft 3. Die Urkunden des Stifts Walkenried. Abth. II. Erste Hälfte. Hannover. 1855. 8. (Num. 43-45 Geschenke des Vereins.)

46) Codex Pomeraniae diplomaticus. Herausgeg. von Dr. Hasselbach und Dr. Kosegarten. Bd. I., Lief. 5. Greifswald. 1854. gr. 4.

47) Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte etc. Heft 1. Lübeck. 1855. 8.

48) Urkundenbuch der Stadt Lübeck. Herausgeg. von demselben Vereine. Lief. 4, 5. Das. 1855. 4. (Num. 47 und 48 Geschenke des Vereins.)

49-51) Briefwechsel, die Landwirthschaft, insbesondere die Mecklenburgische betr. 3 Theile. Schwerin. 1786--1789. 8.

52) Versuch über die Verbesserung des Nahrungsstandes in Mecklenburg. Neubrandenburg. (1786.) 8.

53) Betrachtungen über die Herzogl. Meklenburg. Declarator-Verordnung vom 12. Febr. 1802 etc. Schwerin und Wismar. 1802. 8.

54) Ueber Aufhebung mittelbarer Stifter, Abteien und Klöster in Teutschland. Mit Anwendung auf die Mecklenburg. Jungfrauen-Klöster. Von Haeberlin. Helmstedt. 1805. 8.

V. Für die Urkundensammlung * ):

10 Urkunden über die Besitzungen des Johannis-Klosters zu Lübeck in Meklenburg. Abschrift. Geschenk des Herrn Canzlei-Secretairs Dr. Dittmer zu Lübeck.

2 Urkunden über die Vermählung der Markgräfin Dorothea von Brandenburg an den Herzog Heinrich von Meklenburg, von 1429. Abschrift. Geschenk des Herrn Dr. Märker in Berlin.

1 Leibrentenverschreibung der Stadt Antwerpen für die Herzogin Ursula von Meklenburg von 1565. Abschrift. Gesch. des Herrn Auditors Dr. Möhlmann zu Stade.

An wissenschaftlichen Arbeiten für die Jahrbücher sind eingegangen:

1) Geschichte der alten wendischen Fürstenburg und Stadt Rostock von dem Herrn Archivar Dr. Lisch zu Schwerin und Herrn Senator Dr. Mann zu Rostock.

2) Die wendische Fürstenburg Kessin, vom Herrn Archivar Dr. Lisch.

3) Der wendische Tempel und Handelsort Goderack, von demselben.

4) Siegel und Gründung der Stadt Brüel, von demselben.

5) Merkwürdiges Siegel der Herzoginnen Hedwig und Elisabeth, Abtissinnen zu Rühn, von demselben.

6) Biographie des Grafen Friedrich II. Hahn auf Remplin, von demselben.

7) Ueber die alte Inschrift zu Althof (Jahrb. XIX. S. 145), von dem Herrn Archiv-Secretair Dr. Grotefend zu Hannover.

8) Ueber denselben Gegenstand von dem Herrn Dr. theol. Julius Wiggers zu Rostock.

Auf der General-Versammlung des Gesammtvereines zu Ulm wird unser Verein dies Mal in Vollmacht des Ausschusses durch den Herrn Geh. Regierungsrath v. Quast vertreten sein.

W. G. Beyer, Dr., Archiv-Secr.,
als zweiter Secretair des Vereins.

 

Vignette

Gedruckt in der Hofbuchdruckerei von Dr. F. W. Bärensprung.   


*) Die Erwerbung dieser hier nachträglich verzeichneten Urkunden fällt schon in das abgelaufene Vereinsjahr. Siehe den Jahresbericht 1855. S. 7.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument zum nächsten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXI. 2.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 7. Januar 1856.

Vignette

D er vierte Jahrgang des bekanntlich von dem Herrn Archiv-Secretair Dr. Grotefend in Hannover herausgegebenen Correspondenz-Blattes des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Altertums-Vereine bringt uns in No. 1-3 den vollständigen Abdruck der in den Sitzungen der General-Versammlung zu Ulm vom 19. bis 22. September v. J. gehaltenen Protocolle mit ihren Anlagen. Von den 37 verbundenen Vereinen waren 24 durch Abgeordnete vertreten, darunter der unsrige durch unser geehrtes correspondirendes Mitglied, den Geh. Regierungsrath und Conservator der Kunstdenkmäler im Königreich Preussen, Herrn v. Quast auf Radeleben. Im übrigen beschränkte sich die Theilnahme grösstentheils auf Würtemberg; doch fehlte es nicht an einzelnen in der gelehrten Welt wohlbekannten Namen aus den übrigen süd- und norddeutschen Staaten, so wie aus dem benachbarten Frankreich, der Schweiz und Belgien. Aus Frankreich war namentlich der bevollmächtigte Minister Herr Graf v. Reinhard, als Vice-Präsident des Institut historique de France, erschienen und beantragte eine nähere Verbindung dieses Instituts mit dem Gesammtverein, was mit Dank angenommen ward, ferner die Herren Chr. du Four, Präsident der Commission des Napoleonischen Museums, und Garnier, beständiger Secretair des Alterthumsvereins der Picardie zu Amiens.

Die Versammlung ward durch Herrn Prof. Hassler, als Vorsitzenden des Localvereins zu Ulm, eröffnet, späterhin aber hatten Se. Erlaucht der Herr Graf Wilhelm von Würtemberg die Gnade, das Präsidium zu übernehmen. Die gemeinsamen Unternehmungen des Gesammtvereins sind bei dem Mangel an einem irgend nennenswerthen Fonds immer noch fast ganz auf die Erforschung des limes imperii romani und der Gaubeschreibung Deutschlands beschränkt. Ueber den Fortgang der erstern enthalten die Protokolle einen umfänglichen Bericht, und auch das zweite Unternehmen hat insofern seinen erfreulichen Fortgang, als sich wieder mehre Bearbeiter der Beschreibung einzelner Gaue gefunden haben. - Auch die Berichte über die Wirksamkeit und den Wachsthum des National-Museums zu Nürnberg und des römisch-germanischen Museums zu Mainz lassen hoffen, dass wenigstens der Fortbestand dieser Institute durch die grossherzige Unterstützung, welche namentlich dem erstern von Seiten fast aller Fürsten Deutschlands zu Theil geworden ist, gesichert sein werde. - In den Versammlungen sowohl der ersten als der zweiten Section trat auch diesmal das Streben über die Erhaltung der noch vorhandenen historischen Denkmale und Kunstwerke unsers Vaterlandes zu wachen hervor, wobei der Zustand des Domes zu Ulm und des Holstenthores zu Lübeck wiederholt die besondere Aufmerksamkeit der Versammlung erregte. Namentlich der Anblick jenes Gotteshauses, eines der erhabensten Denkmale der Kunst und des frommen Sinnes unserer Vorfahren, welches jetzt in der That den Einsturz und damit unser Volk und unsere Zeit mit ewiger Schande bedroht, riss alle Anwesende zur innigsten Theilnahme hin, als deren Ausdruck noch einmal der mahnende Noth- und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hülferuf der Versammlung durch Deutschland erschallt. - Die übrigen von dem Verwaltungsausschusse mit grosser Umsicht zur Verhandlung gestellten Fragen betrafen zwar zunächst nur schwäbische Verhältnisse, hatten jedoch ohne Ausnahme ein näheres oder entfernteres allgemeines Interesse, und die Debatte ist nicht nur im Allgemeinen anziehend und belehrend, sondern füllte auch in mehreren Fällen, wo die Versammlung gleichsam als ein wissenschaftlicher Areopag ihr Urtheil abgab, zu einem überraschenden und wichtigen Abschluss.

Der Bericht über den Personalbestand unsers Special-Vereins ist insofern sehr günstig, als wir bei dem Abschluss des letzten Quartals, mit welchem die im Laufe des ganzen Jahres eingegangenen Kündigungen in Kraft traten, gleichwohl nur 2 Mitglieder verloren haben. Es sind nämlich ausgetreten die Herren Gutsbesitzer Engel auf Charlottenthal, Hofmaler Schlöpke in Schwerin, Landes-Steuerdirector v. Wickede zu Rostock, Gutsbesitzer v. Mühlenfels auf Neuhof (jetzt im Auslande), Lehrer Müller zu Waren und ganz neuerdings, gewiss zum grossen Bedauern aller Vereinsglieder, unser bisheriger treue Freund und gründlich gelehrter Mitarbeiter, Herr Pastor Boll zu Neubrandenburg. Eingetreten sind dagegen Herr Graf v. Bassewitz, Landrath, auf Schwiessel bei Lage, Herr Dr. Ebeling, Gymnasiallehrer zu Schwerin, Herr Wichmann auf Kadow und Herr Pastor Cossel zu Tarnow.

Die Erwerbungen für die verschiedenen Sammlungen des Vereins sind folgende:

I. Für die Alterthumssammlung.

A. Aus der vorchristlichen Zeit.

1) Aus der Zeit der Hünengräber:

3 Keile aus grauem Feuerstein, und Reste von 4 menschlichen Schädeln, gef. in einem Hünengrabe bei Pisede, gesch. durch Vermittelung des Hrn. Apothekers Timm zu Malchin von dem löbl. Magistrate daselbst. - 1 Streitaxt aus Hornblende, gef. bei Schwaan, gesch. von dem Hrn. Bürgermeister Daniel daselbst. - 1 Keil aus Gneis, gef. in Schwaan bei dem Bau eines Hauses, gesch. von demselben. - 2 Pfeilspitzen aus Feuerstein und 1 roh zubehauener Block zur Bildung einer Pfeilspitze, gef. auf dem Klüschenberg bei Bützow, gesch. von dem Hrn. Fr. Seidel daselbst. - 2 Feuersteinspäne, gef. in der Darnow bei Bützow, gesch. von demselben.

2) Aus der Zeit der Kegelgräber:

1 Diadem, 1 P. Armringe, 2 einzelne Armringe, 1 gewundener Kopfring, 1 gewundener Halsring, 1 Nadel und 1 P. Handbergen aus Bronze. gef. in einem Grabe ohne Leichenbrand; ferner Bruchstücke von 1 P. Handringen, 2 kleinen Hefteln und 1 Diadem aus Bronze, durch Feuer stark beschädigt, zwischen Bruchstücken von 5 Urnen gefunden in einem Grabe mit Leichenbrand bei Pisede, gesch. durch Vermittelung des Hrn. Apothekers Timm zu Malchin von dem löbl. Magistrate daselbst. - 1 Armring aus Bronze, gef. zu Schwiesow bei Bützow, gesch. von dem Hrn. Fr. Seidel zu Bützow.

3) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe:

1 Urne oder Hausgeräth von Thon, gef. bei der Vertiefung eines schiffbaren Canals bei Malchin und gesch. von dem Hrn. Apotheker Timm daselbst.

B. Aus dem christlichen Mittelalter.

1 kleiner zinnerner Krug aus dem 14. oder 15. Jahrh., gef. in der Gegend von Bützow, gesch. von dem Hrn. Fr. Seidel daselbst. - 1 kleiner eiserner Schlüssel, gef. auf dem Schlossplatze zu Bützow, gesch. von demselben. - Außerdem wurden an das grossherzogliche Antiquarium von den Vorstehern der Pfarrkirche zu Güstrow Bruchstücke einer alten gestickten Altardecke eingesandt.

II. Für die Münzsammlung.

6 silberne Scheidemünzen, gesch. von dem Hrn. Domainenrath v. Brocken auf Dobbin. - 1 brandenburger Silberdreier von 1554 und 1 brandenburger

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Sechspfennigstück von 1711, gef. in Parchim und gesch. von dem Hrn. Superintendenten Schliemann daselbst. - 1 silberne, vergoldete Medaille auf die Krönung Josephs I. zum römischen Könige 1690, gesch. von dem Hrn. Wiechmann auf Kadow.

III. Für die Büchersammlung.

1, 2) Hamburgische Münzen und Medaillen. Herausgeg. vom Verein für Hamburg. Geschichte. Abth. II. Heft 1. Medaillen. Heft 3 und 4. Münzen, bis 1753. Mit Abbildungen. Hamburg. 1852. 54. 4. (Geschenk des Vereins.)

3) C. Schiller, Ueberblick des Entwickelungsganges der Kirchen-Architektur. Mit 3 lithogr. Tafeln. Braunschweig. 1855. 8.

4) Der Bildercatechismus des XV. Jahrh. Ed. von J. Geffken. 1. Die 10 Gebote mit 12 Bildtafeln nach Cod. Heidelb. 438. Leipzig. 1855. Gr. 4. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)

5) Dynastische Forschungen von L. v. Ledebur. Zweites Heft. Berlin. 1855. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

6) Albert Suerbeer, Erzbischof von Preussen, Livland und Ehstland. Von P. v. Goetze. St. Petersburg. 1854. Mit Abbildg. gr. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

7) Caspar Weinreichs Danziger Chronik von 1461 bis 1495. Ed. von Th. Hirsch und F. Vossberg. Mit Abbildg. Berlin. 1855. 4. (Geschenk des Hrn. Prof. Hirsch zu Danzig.)

8) Mémoires de la société royale des autiquaires du nord 1848-1849. Copenhague. 1852. 8.

9) Annaler for nordisk oldkyndighed og historie, udgivne af det kongelige nordiske Oldskrift-Selskab. 1853. 8. (Num. 8 und 9 Geschenke der königl. Gesellschaft für nord. A. zu Copenhagen.)

10) Beiträge zur vaterländ. Geschichte. Herausgeg. von der histor. Gesellschaft zu Basel. Bd. V. Das. 1854. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

11) Publications de la société pour la recherche et la conservation des monuments historiques dans la grand-duché de Luxembourg. Année 1854. X. Luxembourg. 1855. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)

12, 13) Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Philos.-histor. Classe. Bd. XV. XVI. Wien. 1855. 8.

14) Funfzehnter Bericht über das Museum Francisco - Carolinum. Lieferung X der Beiträge zur Landeskunde von Oesterreich ob der Enns. Linz. 1855. 8. (Geschenk des Museums.)

15) Abbildungen von Mainzer Alterthümern. VI. Die ehemal. stehende Rheinbrücke bei Mainz und die Aufgrabungen auf dem "Kästrich" das. Mainz. 1855. 4. (Geschenk des Vereins zur Erforschung der rhein. Geschichte.)

16) Almanach der königl. bayerischen Akademie der Wissenschaften. Jahrg. 1855. München. 8.

17) F. W. J. v. Schelling. Denkrede, geh. am 28. März 1855 von Dr. H. Beckers. München. 1855. 4.

18) Dr. L. Hübner's biograph. Charakteristik. Vorgetragen am 15. Juni 1822 von J. Wiszmaier. Das. 1855. 4.

19) Rede zur 96. Stiftungsfeier der Akademie d. W. von Fr. v. Thiersch. Das. 1855. 4.

20) Abhandlungen der histor. Classe der Akademie der W. Bd. VII. Abth. 3. Das. 1855. 4. (Num. 16-20 Geschenke der k. Akademie d. W. zu München.)

21) Oberbayerisches Archiv für vaterländ. Geschichte. Herausgeg. von dem histor. Verein von und für Oberbayern. Bd. XV. Heft 1. München. 1854. 8. (Geschenk des Vereins.)

22) Archiv für Gesch. und Alterthumskunde von Oberfranken. Bd. VI. Heft 2. Bayreuth. 1855. 8. (Geschenk des histor. Vereins das.)

23) Period. Blätter der Geschichtsvereine zu Kassel, Darmstadt, Mainz, Wiesbaden und Frankfurt a. M. Jahrg. 1855. Num. 5. 6. Wiesbaden. 8.

24) H. Bär, Diplomat. Geschichte der Abtei Eberbach im Rheingau. Bd. I. Heft 4. Wiesbaden. 1855. 8. (Num. 23 und 24 Geschenke des historischen Vereins daselbst.)

25) Mittheilungen des Königl. sächsischen Vereins für Erforschung und Erhaltung vaterländ. Alterthümer. Heft 8. Dresden. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

26) Zwei und dreissigster Jahresbericht der Schlesischen Gesellschaft für vaterländ. Kultur. Arbeiten und Veränderungen der Gesellsch. im J. 1854. Breslau. 1854. 4. (Geschenk der Gesellschaft.)

27) Mittheilungen des histor. Vereins zu Osnabrück. Bd. IV. Das. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

28) Zeitschrift für vaterländ. Gesch. und Alterthumskunde. Herausgeg. vom Verein für Gesch. Westphalens. Neue Folge. Bd. VI. Mit Abbildg. Münster. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

29) Geschichte der Lande Braunschweig und Lüneburg von Dr. W. Havemann. Bd. II. Göttingen. 1855. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

30) Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1852. Zweites Doppelheft. Hannover. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

31) (Zusammengebunden:) a. Delineatio der Pommerschen Landesverfassung. Von D. Mevius. 1650. 4. b. Ejusdem jus publicum Pomeranicum. 8. c. Caroc, specimen introductionis in notitiam Pomeraniae Suecicae (um 1700). 4. d. Helvig, specimen differentiarum juris Pomeran. et provinc. Rugiani. 1730. 4. e. Hering, de alienatione domaniorum a Pomeraniae ducibus facta. 1732. 4. f. Begründete Deduction von Landständen. 1718. 4. g. Engelbrecht, jura ordinis equestris in Pomerania Suec. 1742. 4. h. D. Mevii rechtl. Bedenken in Contributions-Sachen, bes. d. Ritterschaft. 1720. 4. i. Caroc, de immunitate nobilium a collectis. 1685. 4. Nebst noch einigen kleineren Dissertat. (Geschenke des Hrn. Dr. T e eben m Wismar.)

32) Conrad Schlüsselburg, vierter Superintendent zu Stralsund. Erste Abth. Von C. H. Tamms. Das. 1855. 4. (Geschenk des Hrn. Verf.)

33) Spottlieder der evangel. Stralsunder auf die kathol. Priesterschaft aus den J. 1524-1527. Herausgeg. von Dr. E. Zober. Stralsund. 1855. 8.

34) Die Jubelfeier der 50jähr. senator. Amtsführung des Bürgermeisters Dr. Schwing zu Stralsund. Das. 1855. 4. (Num. 33 und 34 geschenkt vom Hrn. Prof. Dr. Zober das.)

35) Der alte lübische Schützenhof. Zur Feier seiner Stiftung vor 300 Jahren beschrieben von Dr. E. Deecke. Lübeck. 1855. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

36) Archiv für Landeskunde in den Grossherzogthümern Meklenburg und Revüe der Landwirtschaft. Jahrg. 1855. Schwerin. Gr. 8. (Geschenk S. K. H. des Grossherzogs.)

37) Meklenburg-Schwer. Kriegsrecht und militair. Gesetze. Schwerin. 1796. 4.

38) Meklenburg-Schwer. militairisches Gesetzbuch. 1810. 4.

39) Grundzüge zu einem künftigen teutschen Gesammtwesen und einer Nationaleinheit. (Von v. Plessen.) Wien. 1815. 8.

40) Beschreibung der Wasserheilanstalt zu Stuer bei Plau. Von J. H. Rausse. Zeitz. 1846. 8.

IV. Für die Bildersammlung.

Porträts:

1) Dr. J. W. Petersen, Prof. der Poesie und Rhetorik zu Rostock, gest. als Gutsbesitzer bei Magdeburg 1727. Kpf. 4. 2) Frau Joh. Eleon. Petersen, geb. von und zu Werlau. Kpf. 4. (Num. 1. 2 Geschenke des Hrn. Geh. Medic.-Rath Dr. Sachse.) 3) Dr. D. P. H. Schmidt, geb. 1773 zu Parchim, schleswig-holsteinscher Literat. Rieter del. Nissen sc. Kpf. 8. (Geschenk des Hrn. Pastors Willebrand zu Kladow.) 4) Pastor W. C. Monich zu Lübsee, früher Prorector am Gymnasium zu Schwerin; gez. von G. Schucht, lith. von W. Korn in Berlin. Royal-Fol. (Geschenkt vom Hrn. Dr. Beyer.) 5) Frau Geh. Räthin H. v. Kamptz, geb. v. Bülow; gez. von Mathieu, lith. von C. Fischer. Royal-Fol. (Geschenk des Hrn. E. v. Kamptz zu Schwerin.) 6) Ohne Schrift: Oberst v. Nussbaum. Lith. von C. Fischer. Royal-Fol. (Geschenk des Hrn. Malers Th. Fischer.)

Ansichten, Grundpläne etc.

1) Die kathol. Kirche zu Schwerin. Lithogr. color. 12. (Geschenkt vom Schüler C. Freitag hier.) 2) Plan von dem Badeorte Doberan. Entw. von Fr. Heuckendorf Q.-F. 3) Der dem Prof. F. L. Ch. Karsten im J. 1823 gewidmete Ehrenbecher. 2 Bl. Kl. F. (Num. 2 u. 3 geschenkt vom Hrn. Student G. Brüning.) 4) Fliegendes Blatt aus dem J. 1849 mit Unterschrift: "Wie Häschen höhere Interessen zu vertreten hat" etc. Lith. Fol. (Geschenk des Hrn. Forstmeisters v. Boddien.)

Für die naturwissenschaftliche Sammlung sandte Herr Amtmann v. Pressentin zu Dargun einige fossile Pferdezähne ein, welche in einem Lager von Muschelkalk bei Schlutow, 4 Fuss tief, gefunden wurden.

Wissenschaftliche Arbeiten sind nur die Beschreibungen der Kirchen zu Gross-Wockern und Retgendorf und Zittow von dem Herrn Archivar, Conservator Dr. Lisch eingegangen.

W. G. Beyer, Dr., Archiv-Secr.,
als zweiter Secretair des Vereins.

 


Gedruckt in der Hofbuchdruckerei von Dr. F. W. Bärensprung.   

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 1 ] zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
zum nächsten Dokument zum übergeordneten Dokument Dokument dauerhaft verlinken Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

XXI. 3.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde.


Schwerin, den 7. April 1856.

Vignette

Z uvörderst habe ich die traurige Pflicht, nachträglich den Tod eines unserer ältesten und fleissigsten correspondirenden Mitglieder zu melden. Der Bibliothekar Dr. Schönemann zu Wolfenbüttel ist nämlich bereits am 8. September 1855 an der Cholera gestorben, nachdem er mehre Jahre vorher völlig erblindet war. Zu diesem empfindlichen Verluste ist neuerdings noch der Tod des wirklichen Geh. Ober-Regierungsrathes Dr. v. Raumer zu Berlin hinzugekommen, welcher bekanntlich am 12. März d. J. plötzlich auf geheimnissvolle Weise seinem hohen Wirkungskreise und der Wissenschaft entrissen ward. - Anderer Seits hat der Ausschuss des Vereins in der heutigen Versammlung beschlossen, den Maler, Herrn Dr. Milde zu Lübeck, der nicht bloss als Künstler, sondern auch als Forscher auf dem Gebiete der Wappenkunde rühmlich bekannt ist, zu unserm correspondirenden Mitgliede zu ernennen.

Auch von den ordentlichen Mitgliedern des Vereins sind uns drei durch den Tod entrissen: der Rittmeister v. Blücher auf Rosenow zu Güstrow, der Pastor Stiebeler zu Prestin und der Drost v. Bülow zu Dömitz. Ausserdem hat der Herr Oberhofmeister v. Kamptz zu Neustrelitz seinen Austritt angezeigt, wogegen der Herr Pensionär Joh. Lembke zu Lambrechtshagen wiederum beigetreten ist.

Zu den correspondirenden Vereinen ist hinzugekommen: die kaiserliche Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale des österreichischen Staates zu Wien.

Die Erwerbungen für Sammlungen des Vereins sind kaum jemals so unbedeutend gewesen, als in diesem Quartal. Es sind nur zu verzeichnen:

I. Für die Alterthumssammlung.

A. Aus der vorchristlichen Zeit.

1) Aus der Zeit der Hünengräber:

1 Streitaxt aus Hornfels, etwas verwittert und ausgewaschen, gef. auf dem Schelffelde bei Schwerin von dem Maurergesellen Hering. (Angekauft.) - 1 Pfeilspitze aus Feuerstein, gef. zu Friedrichshöhe bei Rostock und gesch. von dem Herrn Ritter daselbst. - 1 Urne aus Thon, gef. im Jahre 1852 in einem Steingrabe bei Neukalden, gesch. von dem Herrn Bürgermeister Mau daselbst.

2) Aus der Zeit der Wendenkirchhöfe:

1 grosse Urne aus Thon, gef. im Jahre 1852 beim Chaussee-Bau auf dem Gorschendorfer Felde, und gesch. von dem Herrn Bürgermeister Mau zu Neukalden. - 1 Spindelstein aus Sandstein, gef. in der Stadthölzung bei Neu-

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 2 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

kalden, und gesch. von dem Herrn Bürgermeister Mau daselbst. - 1 Spindelstein aus Thon, gef. auf dem Kaninchenwerder bei Schwerin, gesch. von dem Herrn Hofschlossermeister Duve zu Schwerin. - 3 Spindelsteine aus Thon aus den Dörfern des Amtes Schwerin, gesch. von dem Herrn Hofschlossermeister Duve zu Schwerin.

II. Für die Münzsammlung.

1 preussischer Thaler von 1750 und 1 badischer Thaler von 1830, gesch. von dem Herrn Justiz-Rath Freiherrn v. Maltzan zu Rostock. - 1 polnisches Dreigroschenstück von 1619, 1 schwarzburg-rudolstädter Groschen von 1643, 1 "obersächsischer Kreisgroschen" von 1662, 1 Doppelgroschen des Kurfürsten Friedrich August I. von Sachsen auf den Tod seiner Mutter Anna Sophia von 1717, gesch. von dem Herrn v. Behr-Negendank auf Torgelow zu Ludwigslust. - 1 meklenburg-strelitzer Schilling von 1855, gesch. von dem Herrn Pastor Masch zu Demern.

Auch erfreuete unser hochverehrte Gönner, Herr F. W. Kretschmer zu Berlin, den Verein wiederum durch Zeichnungen in seiner bekannten überaus sauberen Manier von 5 seltenen Münzen aus dem 15. Jahrhundert aus einem zu Cladow bei Landsberg a. d.W. gemachten Münzfunde, und Herr Archivrath Dr. Lisch gab Nachricht über zwei angeblich meklenburgische Bracteaten aus dem 12. Jahrhundert, welche 1840 zu Dalie in Hedemarken in Norwegen gefunden sind.

III. Für die Bildersammlung:

Portraits: 1. Ohne Schrift: Oberstlieutenant v. Wickede zu Schwerin. Gez. von G. v. Boddien, lith. von Funke. Fol. 2. Major v. Thien. Lith. Fol. (Geschenk des Hrn. Hofmalers Lenthe.)

Ausserdem sind für die Sammlung an älteren meklenburg. Bildnissen die sämmtlichen in E. de Westphalen Monumenta inedita etc. Tom. III. befindlichen, von Bernigeroth gestochenen Blätter erworben, und zwar: Kanzler und Räthe 6 Bl.; Professoren der Theologie, Jurisprudenz etc. zu Rostock 18 Bl.; herzogl. Leibärzte 2 Bl. Ferner Aegidius Faber, Predicant zu Schwerin, und des Helmold Plessen Leichenstein (von 1186); zusammen 28 Blätter, von denen jedoch einige schon in der Sammlung vorhanden und bereits im Kataloge angeführt sind.

IV. Für die Bibliothek:

1, 2)Annual report of the board of regents of the Smithsonian Institution. 1854. 55. Washington. (Geschenk vom Smithsonian-Institut zu Washington.)

3) Stukken over Letter-Geschied-en Oudheidkunde. Uitgegeven van wege de Maatschappy van Nederlandsche Letterkunde te Leyden. 1850. 8. (Geschenk der Gesellschaft das.)

4) Zur Alterthumskunde des Nordens von J. Worsaae. Mit 20 lithogr. Tafeln. Leipzig. 1847. gr. 4.

5) J. T. Bagmihl Pommersches Wappenbuch. Bd. V. Stettin. 1855. gr. 8.

6) Archiv für die Geschichte Liv- Esth- und Curlands. Mit Unterstützung der esthl. literar. Gesellschaft ed. von v. Bunge und Paucker. Bd. VII. Heft 2 und 3. Reval. 1853. 53. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

7) Mittheilungen aus dem Gebiete der Geschichte Liv- Esth- und Curlands. Ed. von der Gesellschaft für Gesch. der russischen Ostseeprovinzen. Bd. VII. Heft 2 und 3. Riga. 1854. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

8) Fontes rerum Austriacarum. Oesterr. Geschichtsquellen. Erste Abtheilung. Scriptores. Bd. I. Wien. 1855. 8.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 3 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

9, 10) Dasselbe Werk. Zweite Abth. Diplomataria et acta. Bd. VIII., IX. Das. 1855. 8.

11) Monumenta Habsburgica. Sammlung von Actenstücken zur Geschichte des Hauses Habsburg von 1473-1576. Erste Abth. Zeitalter Maximilans I. Bd. II. Das. 1855. 8.

12, 13) Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Bd. 14. 15. Das. 1855. 56. 8.

14) Sitzungsberichte der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. Philos. histor. Classe. Bd. 17. Das. 1855. 8.

15) Notizenblatt. Beilage zum Archiv für Kunde österr. Geschichtsquellen. Jahrg. 1855. Das. 8. (Num. 8-15 Geschenke der kaiserl. Akademie.)

16) Verhandlungen des histor. Vereins von Oberpfalz und Regensburg. Bd. XVI. Mit 4 lith. Tafeln. Regensburg. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

17) Archiv des histor. Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg, Bd. XIII. Heft 3. Würzburg. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

18) Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. Sechstes Supplement. Kassel. 1855. 8. (Geschenk des Vereins.)

19) Archiv für Frankfurt's Geschichte und Kunst. Mit Abbildungen. Heft VII. Frankfurt a. M. 1855. gr. 8. (Geschenk des hist. Vereins das.)

20) Neues Lausitzisches Magazin. Im Auftrage der Oberlaus. Gesellschaft der Wissenschaften besorgt durch Dr. C. Neumann. Bd. 32. Görlitz. 1855. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)

21, 22) Der neuen Preussischen Provinzial-Blätter andere Folge. Herausgeg. von Dr. A. Hagen. Bd. VII. VIII. Königsberg. 1855. 8. (Geschenk der Gesellschaft Prussia.)

23) Novus codex diplom. Brandenburg. Ed. von Riedel. Erste Abtheil. Geistl. Stiftungen, adel. Familien und Städte. Bd. X. 1856. 4. (Geschenk des Hrn. Herausgebers.)

24) Zeitschrift des histor. Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1853. Erstes Doppelheft. Hannover. 1856. 8. (Geschenk des Vereins.)

25) Statistisch-topogr. Sammlungen zur Kenntniss des Kurfürstenthums Braunschweig-Lüneburg. Bremen. 1791. 8.

26) Statistisches Repertorium über das Königreich Hannover. Von W. Ubbelohde. Hannover. 1824. 4. (Num. 25 und 26 Geschenke des Hrn. Dr. Möhlmann zu Stade.)

27) Urkundenbuch der Stadt Lübeck. Th. II. Lieferung 7 und 8. Lübeck. 1856. 8. (Geschenk des histor. Vereins das.)

28) K. v. Viller's Verdienste um Lübeck. Von K. Klug. Lübeck. 1856. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

29, 30) Geschichte und Urkunden des Geschlechts Hahn. Herausgeg. von Dr. Lisch. Bd. III. IV. Schwerin. 1855. 56. gr. 8. (Geschenk des Hrn. Herausg.)

31) Die Pflege der Heilkunde durch die medicin. Facultät zu Rostock vom 17. bis zum 19. Jahrh. Von Dr. Tott in Ribnitz. 8. (Aus Hencke's Zeitschrift für Staats-Arzneikunde. Jahrg. 1856. Bd. 71. - Geschenk des Hrn. Verf.)

32) A. Bartsch, Die Wariner Schützengilde. Ihre Anfänge und ihre Geschichte bis zu ihrer 200jährigen Stiftungsfeier im Jahre 1856. Schwerin. 1856. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)

V. Für die Urkundensammlung:

1) Verzeichniss der in dem staedtischen Archive zu Röbel aufbewahrten Urkunden von dem Herrn Archivrath Dr. Lisch zu Schwerin.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 4 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

2) Acten eines Hexenprocesses zu Sternberg vom Jahre 1667, gesch. von dem Herrn A.. C. Maass zu Waren.

An wissenschaftlichen Arbeiten hat der Herr Archivrath Dr. Lisch überreicht:

1) Ueber die Hausurnen.
2) Zur Geschichte der Malerei in Meklenburg.
3) Ueber die Siegel der Grafen von Danneberg.
4) Ueber das Siegel der Stadt Grabow.

Ausserdem berichtete derselbe über einen Burgwall bei Franzensberg bei Neukalden, und der Unterzeichnete über die Glocken zu Woserin.

Schliesslich erlaube ich mir, den in dem Jahresbericht von 1855 S. 11 mitgetheilten Beschluss in Betreff der nächsten General-Versammlung in Erinnerung zu bringen, und diejenigen Herren, welche etwa geneigt sein mögten, die Versammlung durch einen wissenschaftlichen Vortrag zu erfreuen, um die thunlichst baldige Anmeldung desselben bei dem ersten Secretair, Herrn Archivrath Dr. Lisch hieselbst ganz gehorsamst zu ersuchen.

W. G. Beyer, Dr., Archiv-Secr.,
als zweiter Secretair des Vereins.

 

Vignette

Gedruckt in der Hofbuchdruckerei von Dr. F. W. Bärensprung.