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III. Zur Kunstgeschichte.


Ueber den Maler Erhard Gaulrap,

vom

Archivrath Dr. Lisch.


Wenn es auch bisher unser ununterbrochenes Bemühen gewesen ist, die alten Kunstwerke unsers Vaterlandes zu entdecken, zu bestimmen und bekannt zu machen, zu erhalten und im alten Geiste wiederherzustellen, so hat dies doch bisher zumeist die Denkmäler der Baukunst und die in und an diesen befindlichen untergeordneten und dieselben ausschmückenden Kunstwerke betroffen, da diese Werke einen höhern geschichtlichen Werth haben, als diejenigen, welche zur Ausschmückung des Einzelnlebens bestimmt sind und aus dem Einzelnleben hervorgehen. Bauten, wie die Dome zu Doberan, Schwerin, Güstrow und viele andere, wie die Schlösser zu Schwerin, Wismar und Güstrow, sind selbst große geschichtliche Denkmäler, welche oft viel deutlicher reden, als Urkunden; denn was ein Volk in Jahrhunderten gemacht hat, ist nicht selten bedeutender, als was ein Mensch in Tagen und Stunden gethan hat: nicht allein das ist Geschichte, was geschehen, sondern auch das, was gemacht ist, oder mit andern Worten, die Bildungsgeschichte mag wohl eben so hoch und höher stehen, als die Regierungs= und Kriegs= und Friedensgeschichte.

Dennoch ist es wohl förderlich, die Geschichte der Einzelnbestrebungen in das große Ganze einzureihen, und auch die Geschichte der zeichnenden Künste in der Vorzeit zu verfolgen, da sie an und für sich von Werth und man in unsern Tagen gewohnt ist, unter Kunstgeschichte oft nur Geschichte der Malerei zu verstehen, wie die "Kunstausstellungen" in überwiegendem Maaße Gemälde bringen und "Kunstblätter" oft vorherrschend Gemälde besprechen.

Wir haben aus dem 14. und 15. Jahrhundert sehr viele vortreffliche Werke der Malerei im Lande; alle aber sind kirch=

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liche Werke, wie denn in frühern Zeiten die Malerei vorzüglich der Baukunst diente. Die Staffeleimalerei beginnt bei uns erst mit dem 16. Jahrhundert, nach dem Vorgange der großen Meister Albrecht Dürer und Lucas Cranach d. ä. Wenigstens haben wir wohl keine älteren, heimischen Staffeleibilder im Lande. Ueber die alten Altarwerke haben wir einige ausführliche urkundliche Nachrichten, welche um so wichtiger sind, als die Werke noch existiren. Diese mögen einer andern Untersuchung vorbehalten bleiben.

Jetzt mögen uns einige namhafte Maler am Hofe zu Schwerin im 16. Jahrhundert beschäftigen. Vorzüglich sind es zwei Maler, welche eine hervorragende Stelle einzunehmen scheinen, beide mit dem Vornamen Erhard, der eine in der ersten, der andere in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.

Der Herzog Heinrich der Friedfertige hatte einen Hofmaler Erhard Altdorffer, welcher in der Zeit 1512 - 1550 vorkommt. Der Herzog scheint sehr viel auf ihn gehalten zu haben, da er ihn oft auf Reisen zu großen Festlichkeiten mitnahm, was wohl hauptsächlich seinen Grund darin haben mag, daß die Kunstmaler zugleich Wappenmaler, also für Turnierfeste unentbehrlich waren. So nahm der Herzog ihn mit: zu dem großen Turnier am 23 - 28. Februar 1512 in Ruppin, da es in der Reiserechnung heißt:

"VII Pf. dem moler Erhart",

und zu der Vermählung der Prinzessin Katharine, seiner Schwester, mit dem Herzoge Heinrich von Sachsen=Freiberg am 5. Julii 1512 in Freiberg, da es in der Reiserechnung heißt:

"Zw Perleberck am dage Johannis Baptiste".
"XII ßl. Erhardt moler zerunge nach Wittenberck".
"Zw Habelberck am freitage nach Johannis vßlozunge".
"III ßl. dem Doctor vnde Erhardt moler".

Höchst wahrscheinlich ist es, daß Erhard Altdorffer diese Reise benutzte, um in Wittenberg den großen Maler Lucas Cranach d. ä. zu sehen, ja es ist möglich, daß er dessen Schüler war, wie aus der Vorsorglichkeit des Herzogs zu schließen sein dürfte, der ihn nach Wittenberg vorausschickte.

Im J. 1516 malte der "Maler Erhard" den Altar in der Heil. Bluts=Kapelle zu Sternberg (vgl. Jahrb. XII, S. 222 und 268); außerdem wird er öfter genannt; so z. B. malte "Erhart Alttorffer maler" Wappen im Schlosse zu Stavenhagen (vgl. Jahrb. V, S. 22).

Im J. 1537 schenkte der Herzog Heinrich seinem "Hofmaler, diener und lieben getreuen Erhart Alttorfer" ein Haus zu Schwerin an der Ritterstraße zum erblichen und freien Besitze, und befahl im J. 1547, daß sein "Hofmaler Meister

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Erhart Alttorfer" von der Landbede wegen seines von ihm bewohnten Hauses verschont bleiben solle, da ihm das Haus als ein abgabenfreies geschenkt sei.

Um das Jahr 1550 überreichte Erhard Altdorffer dem jungen Herzoge Johann Albrecht "ein klein Werk mit seiner Faust gemacht" für eine "kleine und geringe Verehrung" und erbot sich, dem Herzoge unterthänige und angenehme Dienste zu erzeigen, falls es der Herzog Heinrich erlauben würde. Der undatirte Brief ist also nach 1547 und vor 1552 geschrieben. Der Brief ist unterzeichnet: "Erhart Altorffer itzt bawmeister". Es kommt in jener Zeit öfter vor, daß andere Künstler Baumeister werden; so ward der Bildhauer Philipp Brandin in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts Baumeister des Herzogs Ulrich von Meklenburg=Güstrow und des Königs von Dänemark (vgl. Jahrb. V, S. 23 und 25).

Mit der Regierung des Herzogs Johann Albrecht I. verschwindet Erhard Altdorffer aus der Geschichte. Von seinen Werken scheint im Lande nichts übrig geblieben zu sein. Vielleicht ist von ihm ein auf Pergament im J. 1526 gemalter Stammbaum mit den Bildern und Wappen aller meklenburgischen Fürsten und Fürstinnen, ein Band in Folio, im Archive zu Schwerin, ein Werk seiner Hand. Die Kunstwerke in der Kirche zu Sternberg sind bei dem Brande der Kirche im J. 1741 untergegangen. In der herzoglichen Gemäldegallerie zu Gotha 1 ) ist freilich ein Brustbild des Herzogs Heinrich des Friedfertigen (jetzt auch in Copie im Antiquarium zu Schwerin), welches von einem Schüler Lucas Cranachs d. ä. stammt; dieses trägt aber das Monogramm I S. Von wem das Bild desselben Herzogs in der Gallerie auf dem schwedischen Schlosse Gripsholm bei Stockholm gemalt ist, läßt sich nicht beurtheilen, da die herausgegebenen Abbildungen nur als Costümbilder gelten können. Das von demselben Herzoge existirende Bild in Holzschnitt mag aber von Altdorffer gezeichnet sein.

Erhard Gaulrap.

Wichtiger für die Kunstgeschichte ist Erhard Gaulrap, ein Schüler des Lucas Cranach d. j., unter dem Herzoge Johann Albrecht I. in der Zeit 1560 - 1570.

Erhard Gaulrap war ein Sohn (wahrscheinlich der älteste) des Waffenschmiedes Benedict Gaulrap, des "Büchsenmeisters" des Herzogs Johann Albrecht I. von Meklenburg.


1) Vgl. Rathgeber Beschreibung der herzogl. Gallerie zu Gotha, S. 193.
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Der Herzog hatte im Anfange seiner Regierung, wahrscheinlich auf seinen Reisen während des oberländischen Krieges, den Vater kennen gelernt und bestellte ihn am 15. Sept. 1553 zu seinem "Büchsenmeister"; bei der Bestellung versprach ihm der Herzog auch: "Wan er vns auch etwas etzen, machen vnd vergulden wirdet, dasselbige wollen wir ihme zu ider zeytt mit billicher belonunge vorgnugen vnd bezalen". - Zwar wird Erhard Gaulrap in den gleichzeitigen Urkunden nirgends ein Sohn des Benedict Gaulrap genannt, aber aus den von dem schweriner Schulrector Bernhard Hederich in seiner Schwerinschen Chronik mitgetheilten Nachrichten werden die Verhältnisse der Familie Gaulrap ziemlich klar. Hederich sagt nämlich zum Jahre

"1553 Am tage Luciae (13. Decbr.) wird Lucas Gaulrap, des Vater ein kunstreicher Etzer bey Hertzog Johan Albrecht gewest, geboren, der seine kindliche Jahre, bey Leben seiner lieben Eltern, unter dem Dabercusio und seinem genero (B. Hederich) mit fleißigem studieren zubracht, hernach von seinem Bruder Erhard, einem fürtrefflichen Conterfeyer, Lucas Mahlers zu Wittenberg gewesener Discipel, nach Annaberg gefördert, da er folgends im Joachimthal seine studia etliche Jahr continuirt, hernach zu Leipzig sich auff das studium juris begeben, welches zu vollenziehen er Doctorem Ludolphum Schraderum ordinarium zu Frankfurt an der Oder fleissig in die sechs Jahr gehöret, von welchem er hernach des Reichs Vicecancellario D. Vieheuser, auch Doct. Lamperto Distelmeyer, Churfürstlichen Brandenburgischen Cancellario, commendirt, durch welcher beförderung er Kammergerichts=Advocat zu Cöln an der Spree worden und zum Syndico der Mittelmerckischen und Reppinischen Landschafft bestellet und sich mit D. Lucae Hoffmeisters, Churfürstlichen Brandenburgischen Rahts nachgelassenen Wittwe, Doctoris Johannis Weinleben, so auch Churfürstlicher Cantzler gewesen, Tochter, befreyet, in welcher Bestallung und Dienst er auch noch (1598) mit grossem ruhm, neben dem miltreichen Segen des Allmächtigen, verharret. Dieses fürnehmen Mannes hab ich in diesem chronico mit gedencken wollen, meine gebürliche danckbarkeit für seine milde und reiche handreichung zu bezeugen, die er zum offtermal an mir dermassen bewiesen, daß ich ihn mit Wahrheit wohl ein exemplum memoris et grati in praeceptorem discipuli nennen

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und rühmen kann, auch meinen lieben Schwerinischen zu einer Erinnerung und Trost, daß sie unvermögens halben weder an Gottes Gnade, noch ihren Kindern, wie sie beym studiren zu erhalten seyn, verzagen, weil des offtgemelten Herrn Gaulraps der fromme Gott so väterlich sich angenommen und ihm seine mir und viel andern alhir bekante Liebe und Treu in matrem viduam et aegram, Gehorsam gegen seine praeceptores und geleistete treuen und fleissigen dienst in seiner Jugend so reichlich belohnet, dadurch er nicht allein so viel fürnehmer Leute Gunst, sondern auch Beforderung bekommen und nunmehr einen ansehnlichen Stand bey einem guten Namen und ehrlicher unterhaltung führet".

Nach diesem ausführlichen gleichzeitigen Berichte war der Syndicus Lucas Gaulrap zu Berlin ein Bruder des Malers Erhard Gaulrap und ein Sohn des kustreichen Etzers Benedict Gaulrap; also waren beide Brüder sicher Söhne des Benedict Gaulrap, der im J. 1553 Büchsenmeister des Herzogs Johann Albrecht ward. Die Nachrichten Hederichs stimmen genau mit einem Briefe des Lucas Gaulrap, d. d. Frankfurt a. d. O. 9. Nov. 1572 an den Herzog Johann Albrecht überein, in welchem er seine Lebensgeschichte umständlich erzählt.

Lucas Gaulrap ward zwei Monate nach des Vaters Anstellung 1553 in Schwerin geboren; also war Erhard Gaulrap sicher ein älterer Bruder, da er schon im J. 1557 in der Lehre war und späterhin seinen Bruder zum Studiren beförderte. Lucas Gaulrap sagt ausdrücklich, daß er nur diesen einen Bruder gehabt habe.

Benedict Gaulrap war wahrscheinlich aus dem Lande Meissen, da in der Folge seine Kinder, wenigstens auf längere Zeit, dahin zurückstreben. Sein Sohn Erhard war wahrscheinlich im Auslande geboren und mit den Aeltern nach Meklenburg gekommen; sein Sohn Lucas aber war ein geborner Meklenburger. Benedict Gaulrap lebte nicht lange nach seiner Anstellung in Schwerin; er starb sicher vor dem J. 1563 1 ), und hinterließ eine Wittwe, welche ihn in hülfsbedürftigen Umständen längere Zeit überlebte.

Nach des Vaters Tode nahm sich der Herzog Johann Albrecht der verlassenen Knaben väterlich an ("mei omni ope destituti quasi tutelam suscepit", sagt Lucas selbst im J. 1572). Da Lucas Anlage zum Studiren hatte, so gab der Herzog ihn


1) Am Michaelistage 1564 ward Bartholomäus Falkenhagen von Luckau zum Büchsenmeister des Herzogs Johann Albrecht I. bestellt.
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bei dem berühmten Schulrector Dabercusius in die Kost; schon am 2. Aug. 1563 quittirte Dabercusius über 4 Thaler Kostgeld für Lucas Gaulrap.

Wie der edle Herzog Johann Albrecht I. ein offenes Auge und Herz für jedes höhere Streben hatte, so wünschte er auch die Talente des jungen Erhard Gaulrap für die Kunst nutzbar zu machen. Der Herzog beförderte in dem Knaben zuerst die Kunst, die dessen Vater geübt hatte: er ließ ihn zu einem "Aetzer" ausbilden. Am 8. Dec. 1557 schreibt der Herzog in seiner Ausgabenrechnung:

"1557. 30 thaler dem Etzerjungenn, die er mir abuordienen soll, Schwerin am 8 Decembris, damit er etwaß lernen soll, dieweil er sich sein lebenlang zu mir vorpflichtet".

Der Herzog schickte ihn wohl nach Annaberg (vielleicht Gaulraps Geburtsort), um sich dort in der Kunst des Aetzens und Vergoldens der Rüstungen und Waffen auszubilden. Der Herzog hatte dort einen "Platener" Wulf von Speier, bei dem er seine Rüstungen machen ließ; so schreibt er in seinem Tagebuche: "1563. 50 taler dem Platener vf Sanct Annenberg Wulf von Speier vf einen harnisch zu schlagen, d. 25 Febr.".

Auf dieser Reise schickte der Herzog den Erhard Gaulrap bei dem Maler Lucas Cranach in Wittenberg vor, um bei ihm Portraits von Luther und Melanchthon zu bezahlen. In den Renterei=Rechnungen heißt es:

"1557. 24 thaler dem Etzerjungenn geben, so er Lucas Malern geben soll für Controfey deß Lutheri vnd P. Melancthonis, am 9 Decembris".

Diese Reise war für Erhard Gaulrap entscheidend. Vielleicht sollte der berühmte Lucas Cranach der jüngere 1 ), der würdige Sohn seines berühmten (1553 gestorbenen) Vaters, "ausgezeichnet im Portrait und Colorit", den jungen Gaulrap prüfen, vielleicht entdeckte dieser in ihm gute Anlagen und munterte ihn zur Malerei auf: genug Erhard Gaulrap ward Maler und Schüler des Lucas Cranach d. j.

Der Herzog wünschte wohl dringend einen Maler nach seinem Sinne zu haben, den er hatte ausbilden lassen. Er kaufte und bestellte, ehe Gaulrap ausgebildet war, oft Kunstwerke bei andern Malern:


1) Schuchardt zu Weimar, der "Lucas Cranach des Aeltern Leben und Werke", 1851, herausgegeben hat, bespricht auch den jüngern Cranach, beabsichtigt jedoch, ein eigenes Werk über diesen herauszugeben.
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"1560. Okt. 29. 100 thaler Johan Ophorn an rogken zur Wissmar verkauft für ein Stück Esau vnd Jacob".
"20 thaler eidem auff das stück des jüngsten gerichts eodem die zugestelt, sal kegen Faßnacht fertig sein".
"1563. Oct. 14. 25 thaler dem Maler Peter Böckel vf drey gemalte taffeln, so er aus dem niderlande gebracht".

Der Herzog gab nun den Erhard Gaulrap "in die Lehre 1 ) zu Lucas Cranach" in Kost und mit "Lehren und Studiren", um ihn die "Kunst der Malerei zu lehren", so daß Cranach ihn in allem Nothwendigen zu unterhalten hatte 2 ). Im Frühling des J. 1560 war Erhard Gaulrap sicher bei Lucas Cranach in Wittenberg; in des Herzogs Ausgabenrechnung heißt es:

"1560. 8 Mai. 12 thaler dem jungen Gert Maler nach Wittenberg geschickt seinem Meister".

Der Name Gert ist wohl ein Schreibfehler statt Erhard.

Neben der Malerei trieb Gaulrap aber auch noch die Kunst des Aetzens und ätzte für den Herzog noch einen Brustharnisch in Annaberg. In des Herzogs Ausgabenrechnung heißt es:

"1560. 27. Sept. 18 doppelte Ducaten dem Erhard Gilrapf maler und etzer, damit den kuriß zu vergulden, gen Dresden und Anneberge".
"31. Dec. 12 duppelte Ducaten noch geben dem jungen Maler, zu vergulden den kuriß zu S. Anneberge, auch mit zum hinderzuge".

Mit dem Ede des J. 1561 hatte Erhard Gaulrap seine Studien vollendet. Am 20. Februar 1562 zu Stargard nahm der Herzog Johann Albrecht den "jungen Maler" auf Lebenszeit in seinen Dienst, und Erhard Gaulrap verpflichtete sich, dem Herzoge, der ihm alle Beförderung geleistet, "daß er die Kunst der Malerei gelernt und erfahren habe", sich "weiter dazu zu halten" und dem Herzoge die Zeit seines Lebens zu dienen 3 .

Es war bei den zahllosen großartigen Unternehmungen des Herzogs Johann Albrecht allerdings eine Schattenseite, daß es


1) Die Cranach, Vater und Sohn, standen in großem Ansehen. Im J. 1538 schickte auch der hamburger Rath den Franz Tymmermann in die Lehre zu Lucas Cranach d. ä. Vgl. Zeitschrift des Vereins für hamburg. Geschichte III, Heft 3 u. 4, S. 586.
2) Vgl. im Anhange die Briefe des Lucas Cranach.
3) Vgl. den Dienst=Revers im Anhange.
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unter seiner Regierung oft an Geld mangelte. Die Schulden für Erhard Gaulrap wurden erst in den nächsten Jahren bezahlt.

In des Herzogs Tagebuche heißt es:

"1562. 7. Aug. 52 thaler Hertzog Vlrichs bawmeister entrichtet von Erhart Gaulraps des malers wegen bezalt, die er von ime gelehnet hat".

Des Herzogs Ulrich Baumeister war zu der Zeit Franziscus Parr (vgl. Jahrb. V, S. 23).

Lucas Cranach aber ward für seine Forderungen noch lange nicht befriedigt, und hoffte außerdem noch auf ein Ehrengeschenk. Er hatte für die Unterweisung und Unterhaltung im Ganzen 155 Thlr. 18 gr. zu fordern. Am 8. Nov. 1565 bat Cranach um Befriedigung; er erhielt auch 50 Thlr. auf Abschlag, aber noch im J. 1568 waren 105 Thlr. 18 gr. rückständig.

Erhard Gaulrap blieb mehrere Jahre in Schwerin; am 8. Nov. 1565 nennt L. Cranach ihn des Herzogs Diener. Mit der Zeit wird er aber des Herzogs Dienst verlassen haben und nach Meissen gezogen sein. Am 9. Nov. 1572 schreibt Lucas Gaulrap, daß sein Bruder ihn, freilich unbedachtsamer und voreiliger Weise, von der schweriner Schule zu sich nach Meissen gerufen habe, damit er besser die meißnische Sprache erlerne; darauf habe ihn sein Bruder auf die Schulen zu Annaberg und Joachimsthal und auf die Universität zu Leipzig, und endlich nach Frankfurt a. O. geschickt und ihn überall erhalten; da seinem Bruder aber die Ausgaben für ihn zu bedeutend wurden, so erbat er von dem Herzoge eine Unterstützung.

Hiemit verschwindet Erhard Gaulrap aus der Geschichte, wenigstens Meklenburgs.

Es ist nun die Frage, ob etwas von den Werken des Erhard Gaulrap übrig geblieben ist. Ich glaube es bejahen zu können. In dem Fest= und Tanzsaale des alten Schlosses zu Schwerin entdeckte ich vor vielen Jahren an der Hauptwand in einer in dem damals wüst stehenden Saale abgeschauerten Bettkammer hinter den Betten über der berühmten Inschrift des Herzogs Johann Albrecht I. (μητ άξενος μητε πολυξενος) ein wohl erhaltenes, großes Bild, den Herzog Johann Albrecht I. und dessen Gemahlin Anna Sophie auf einer Holztafel neben einander in halber Figur und Lebensgröße darstellend, in einem schönen, gleichzeitigen Rahmen, mit den meklenburgischen Farben blau, roth, gold und schwarz bemalt (vgl. Jahrb. V, 1840, S. 39). Das fürstliche Paar ist in den kräftigsten Lebensjahren dargestellt und allem Anscheine nach im J. 1562 gemalt, wahrscheinlich das Probestück und erste Ge=

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mälde Gaulraps in Meklenburg. Ich glaube, daß man dies mit Sicherheit annehmen kann, da die Eigenthümlichkeiten der cranachschen Schule im Allgemeinen, besonders aber scharfe Charakteristik, klares Colorit und feste Farbe, bestimmt hervortreten.

Das Bild ist noch gut erhalten und noch in dem alten Rahmen aus der Zeit des Herzogs Johann Albrecht I. Dieser Rahmen ist an und für sich und für die Kunstgeschichte des 16. Jahrhunderts nicht unwichtig. Der Rahmen ist vielfarbig; die äußersten Glieder, also gewissermaßen der Grund, ist schwarz; der mittlere breitere Streifen ist blau und von goldenen und einem rothen Streifen begleitet; auf dem blauen Streifen liegt eine hübsche goldene, flache Rankenverzierung aus der Renaissance, welche in den Ecken und in der Mitte der Seiten von erhabenen Thierköpfen, Rosetten etc. . gehalten ist: die Bemalung des Ramens ist also in den meklenburgischen Farben geschehen. Ganz dieselben, jedoch schmalere Rahmen haben noch 4 Bilder (große Thierstücke) von Martin de Vos; leider sind diese Rahmen ihres Schmuckes beraubt und mit einer äußerst schlechten schwarzen Oelfarbe überschmiert, aber die Arabesken lassen sich in den Conturen noch genau erkennen, eben so die Stellen, wo die größern Verzierungen gesessen haben. Diese Bilder 1 ) tragen den Namen des Künstlers; eines (mit einem Leoparden) hat die ausführliche Inschrift:

F. MERTHEN . DE .
VOS . ANTVERPI-
ENCY . 1572.

Ohne Zweifel hat also der Herzog Johann Albrecht I diese Bilder noch selbst ankaufen und einrahmen lassen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Martin de Vos selbst in Meklenburg war und hier malte, wie er auch in fürstlichen Schlössern des Herzogthums Lüneburg gemalt haben soll. Im Schlosse zu Dargun sind einige Zimmer mit einer gewirkten Hautelisse= Tapete ausgeschlagen, welche an einer Seite, jetzt unter einer Leiste auf einer nach hinten umgeschlagenen Kante, den Namen MARTINVS DE VOS tragen 2 ). Martin de Vos hat also die Zeichnungen zu dieser Tapete, welche Gegenstände aus der alten Geschichte darstellen, geliefert.

Wahrscheinlich hat Erhard Gaulrap auch die beiden lebens=


1) Die vier noch in Schwerin vorhandenen Bilder stellen einen Elephanten, ein Kameel, einen Leoparden und ein Einhorn dar; drei andere, mit einem Löwen, einem Hirsch und einem Pferde, sollen früher in Ludwigslust verkauft worden und in den Kunsthandel gegangen sein.
2) Nach Entdeckung des Herrn Malers Jentzen zu Schwerin und nach Untersuchung des Herrn Amtmanns von Pressentin zu Dargun.
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großen Bilder des Herzogs Johann Albrecht I. und Gemahlin, in ganzer Figur, gemalt, welche die Jahreszahl 1574 tragen, früher in der Kirche zu Lübz (dem Wittwensitze der Herzogin) in Fetzen hingen, von hier durch mich nach Schwerin versetzt und für die großherzogliche Ahnengallerie im Schlosse zu Schwerin wiederhergestellt 1 ) sind. Diese Bilder sind sehr charakteristisch, leicht und mit Gewandtheit und Fleiß gemalt, leichter und sicherer als das oben erwähnte Bild auf Einer Holztafel, welches 10 Jahre älter ist. Im J. 1574 scheint Gaulrap aber in Meissen gewohnt zu haben, jedoch kann er immer nach Schwerin gerufen worden sein, da die Bilder unter einander in Gesichtszügen, Alter und Kleidung sehr ähnlich sind. - Die lebensgroßen Bilder des fürstlichen Paares in der Kirche zu Doberan sind erst im J. 1614 von D. B., d. i. Daniel Block, dem Hofmaler der Herzoge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II., wahrscheinlich nach den lübzer Bildern, gemalt und im J. 1750 "renovirt", haben daher für die Kunstgeschichte gar keinen Werth.

Wichtiger ist in der doberaner Kirche das vortreffliche Bild des Herzogs Ulrich, welches im J. 1587 von dessen Hofmaler Cornelius Krommony, einem Niederländer, gemalt und noch nicht übermalt ist; von demselben Maler sind auch die Bilder der Aeltern des Herzogs in der doberaner Kirche, höchst wahrscheinlich auch die schönen Bilder des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin Elisabeth in der Kirche zu Rühn vom J. 1578. Vielleicht ist auch ein kleines Bild des Herzogs Ulrich und seiner Gemahlin Anna (?) zusammen auf einer Holztafel, früher im Archive, jetzt im Schlosse zu Schwerin, von diesem Maler.

Ob die gleichzeitigen kleinen Bilder des Herzogs Johann Albrecht, seiner Gemahlin und seines Bruders Carl im großherzoglichen Archive zu Schwerin von Erhard Gaulrap stammen, ist wohl schwer zu ermitteln.

Im Auslande mögen sich jedoch noch verschenkte Bilder von ihm finden.



1) Die Restauration der beiden Bilder ist durch den Herrn Maler Theodor Fischer unter meiner beständigen Leitung mit großem Fleiß und Geschick so beschafft, daß nichts übermalt ist, wo mit neuen Farben gemalt ist, war sicher keine Malerei mehr vorhanden. Die historisch werthvollen Bilder waren nicht allein mehr zerfallen, als irgend ein anderes mir bekannte Bild, sondern auch vielfach zerrissen und lückenhaft.
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Anlagen.


Nr. 1.

Ich Erhart gaulrap bekenne mit diser meiner eigenen hantschrift, das micher der durchleuchtige hochgeborner forst hertzogk hans albrecht zu Megklenborgk aus forstlicher angeborner mildigkeit mir armen gesellen alle forderung vnd hilfe gethan, das ich die kunst der mallerei gelernt vndt erfaren habe, vnd s. f. g. mich itz weitter dartzu halten, vnd dar kegen habe ich hochgemelten s. f. g. dar kegen zugesaget, hin fure s. f. g. die zeit meines lebens tzu dienen, doch das mich s. f. g. auch meiner gelegenheit nach mit vnterhaltung gnedigest vorsehen, und geschehen tzu stergert den 20 feberwarius 1562.

(L. S.)

Nach dem Originale, im großherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin, untersiegelt mit einem Siegel mit einem queer getheilten Schilde,in dessen unterer Hälfte ein Vogel, in dessen oberer Hälfte der Vordertheil eines springenden Rosses (wie es scheint) steht, über dem Schilde mit den Buchstaben E. G.

Auf der Rückseite steht von des Herzogs Johann Albrecht eigener Hand geschrieben:

"Des jungen Malers reuersal ad vitam".


Nr. 2.

Durchleuchtiger, hochgeborner furste, gnediger her. Ewer furstlich gnaden sein mein vnderthenige dinste zuuor. Gnediger furst und her. E. f. g. werden sih gnediglich zu entsinnen wissen des offtern schreiben vnd suplizeren van wegen E. f. g. diner Erhardt Gaulrap, welchen ih auff E. f. g. schreiben vnd begeren angenomen vnd E. f. g. befehl nah vnderhalten, das meine an ihn gewandt, mit kost, lheren vnd andern seine nottwendigen vnderhalten, do ih mih dann in vnderthenikeit zu E. f. g. niht allein der bezalung allein, sondern auh mit einer vorehrung in hoffnung gestanden, vnd noh, dan ih weis vnd habe E. f. g. horen rumen, das E. f. g. milde sein gegen denn, so E. f. g. dinen, verhoff niht, das ih der einige allein sey, der solhs must geratten, so ist noh mein vnderteniges bitten, E. f. g.

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wollen mih nicht am shaden sein lassen, welhs E. f. g. vm ein hundert thaler ein geringes vnd nicht ein grosse, vnd bin vngezweifelt, E. f. gnaden werden mih dissmol genedigk bdencken, dan wel ih fur solhen muhen (?) E. f. g. vnderthenigk mit bitten ersucht vnd mir ein zettel von E. f. g. werden, darin formeldet, das E. f. g. mih mit eigener boshafft gnedigs beantwortten wolt, dorauff ih geholffen, bit noh vfs vnderthenigste, Ew. f. g. wollen mir mit disem botten gnedigklih beantwortten vnd den rest mit schicken, welhs in vnderthenikeit gegen E. f. g. fordinen wil, verhoff E. f. g. werden mir niht vrsachen geben, mih bei mein gnedigen hern den Churfursten des nah der lenge zu beklagen dorffen vnd furschrifft begeren. Damit sein E. f. gnaden got dem almechtigen in sein gnedigen schuz befholen, erhalte E. f. g. mit langer gesunheit. Datum Wittembergk den 8 nouember 1565.

Ewer furstlichen gnaden

vndertheniger diener     
Lucas Cranach         
Maler.      

Dem durchleuchtigen vnd hochgebornnen fursten vnd hern hern Johans Albrecht hertzogk zu mechelnburg, fursten zu wenden, grafen zu swerin, Rostock vnd stargardt hern, meinem gnedigen fursten vnd hern.

(L. S.)

Nr. 3.

Durchleuchtiger hochgeborner Furst, gnediger Her. Ewer furstlh. gnaden sein mein vnderthenige dinst zuuor. Gnediger furst vnd her. Ewer f. g. werden sich genedigk zu entsinnen wissen, das mihr noh etzlihs yeldt als nemlich 105 thl. 18 gr. von wegen Erhardt gawlrappen, so E. f. g. zu mir in di Lhere forschriben vnd befholen, demselbigen zu vnderhalten mitt Lheren vnd studern, zu seiner nottorfft, welhs sich den alles in di 155 thl. 18 gr. erstrecket, darauf ich 50 thl. entpfangen. Weil ich dan auff E. f. g. gnediges begern meinen fleis gethan vnd die forlage gethan, so sein doch E. f. g. bewogen worden, mir den resten nicht zu zalen. Doch kan ich mich des nicht berihten. das ich solhs gegen E. f. g. forschuldet, sondern der vnderthenigen hoffnung gestanden, E. f. g. wurden mich zur pbermassen mit einer forehrung bedacht haben; bit auch noch, das

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E. f. g. mich genedicklichen, welhs ich E. f. g. heimstellen wil, wollen mich doch genedicklih bedencken vnd mih niht am schaden so sher lassen. E. f. g. wollen es doch, wie ich hoff, di 105 thlr. bezalen lassen, oder wo es ihe nicht sein kont, genedicklih die helffte geben lassen, vnd mein genediger furst vnd her sein, vnd do fileicht ihmendes mih bei E. f. g. angeben, dessen ih niht hoff, dan mir darin vnguttlih geschiht, wolten solhs mih in vngnaden niht entgelten lassen, vnd bit noh wie zuuorn, Ew. f. g. wollen mir was mit disem botten schicken, dan E. f. g. darann ein geringes vnd mir zu grossem nutz gereichett, welhs ich gegen E. f. g. in vnderthenikeit danckbar wil erfunden werden. E. f. g. wollen meins schreibens kein vngemaches thragen. Damit sein E. f. g. godt dem almechtigen in sein genedigen schutz mit langer gesunheit, fride vnd aller seliger wolfardt befholn. Datum Wittembergk den 19 februarii 1568.

Ewer furstl. Gnaden

vndertheniger     
Diner          
Lucas Cranach  
Maler.     

Dem durchleuchtigen hochgebornen fürsten vnd hern hern Johanns Albrecht Hertzogen zu Meckelnburgk etc. . meinem genedigen fursten vnd hern.