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Inhalt:

Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Arbeiten des Vereins

herausgegeben

von

G. C. F. Lisch,

Großherzoglich meklenburgischem Archivar und Regierungs=Bibliothekar, Aufseher der Großherzoglichen Alterthumssammlung, correspondirendem Mitgliede der pommerschen, der thüringisch=sächsischen, der schleswig=holstein=lauenburgischen und der altmärkischen Gesellschaft für vaterländischer Geschichte und Alterthumskunde
als
erstem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Zweiter Jahrgang.


 

Mit einer Steindrucktafel.


Auf Kosten des Vereins.
Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1837.

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Inhalt:

Inhaltsanzeige.


S. 
I. Die Abtei Alt=Doberan zu Althof und Woizlava, vom Archivar Lisch zu Schwerin 1
II. Ueber Bilder meklenburgischer Fürsten in der Kirche zu Doberan, von demselben 37
III. Marie oder Marienne von Pommern, Mutter der Fürstin Anastasia von Meklenburg, vom Dr. v. Duve zu Möllen 41
IV. Zur Geschichte der Johanniter=Comthurei Mirow, vom Archivar Lisch
A. Aeltere Geschichte der Comthurei 51
B. Ueber das Land Turne 87
V. Ueber die niedern Stände auf dem flachen Lande in Meklenburg=Schwerin, vom Pastor Mussäus zu Hansdorf 107
VI. Der Bauer im Fürstenthume Ratzeburg, vom Rector Masch zu Schönberg 141
VII. Handschriften mittelhochdeutscher Gedichte, vom Archivar Lisch 154
A. Das Vater=Unser von Heinrich von Krolewiz aus Meißenland 156
B. Die Leidensgeschichte Christi 166
VIII. Miscellen und Nachträge 173
IX. Briefsammlung 197
X. Urkundensammlung 211
A. Urkunden der Comthurei Mirow 213
B. Vermischte Urkunden 291
Vignette
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Stein=Inschrift aus der Kapelle zu Althof bei Doberan
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I.

Das Kloster Alt=Doberan

zu Althof

und

Woizlava,

des Obotriten=Königs Pribislav Gemahlin,

von

G. C. F. Lisch.


E ines der ehrwürdigsten historischen Denkmäler Meklenburgs ist ohne Zweifel die Abtei Doberan: vielfach und innig ist ihre Geschichte mit der des Fürstenhauses und des Landes verkettet von den ältesten Zeiten unserer Geschichte bis auf die Säcularisirung der Stiftung und von da herab in neuerer Gestalt bis auf den heutigen Tag. Von hier aus vorzüglich verbreitete sich an dem baltischem Gestade Deutschlands das Licht des Christenthums 1 ) und die Wärme einer mildern Sitte und edlern Bildung, und daher ist es ein schöner Zug in dem Leben unserer Fürsten, daß sie den Ort, wo im Obotritenlande zuerst mit Erfolg die neue Lehre lebendig ward, zu ihrem Freudenorte und ihrer Todtengruft erkoren. Ueber fünf hundert Jahre hindurch ist Doberan Zeuge erquickender und betrübender Ereignisse des Landes gewesen: Veranlassung genug, um dunkle Stellen in der Geschichte dieses Ortes aufzuhellen.

Das Kloster Doberan des meklenburgischen Mittelalters prangte in einer reichgeschmückten Gegend nicht fern vom reizenden Gestade der Ostsee, dort, wo jetzt der liebliche, berühmte


1) Auch Alb. Kranz nennt Doberan "fidei propuguaculum unicum" in der alten Zeit, und in einer Urkunde des Herrn Nicolaus von Werle vom Jahre 1244 heißt es: "quod fratres (Doberanensis) ecclesie se primos exstirpatores ydolorum in Slauia fecerunt".
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Badeort steht, neben der schönen und merkwürdigen Kirche. Früher stand es an einem andern Orte, auf dem, eine halbe Stunde von Doberan gelegenen Meierhofe Altenhof. Hier lag in neuern Zeiten ein ehrwürdiges kirchliches Gebäude altdeutschen Styls in Schutt und Staub: es war die erste Kirche der Abtei; darinnen stand noch vor Kurzem ein Backhaus! Unser allerdurchlauchtigster Großherzog Friedrich Franz stellte, in richtiger Würdigung der Landesgeschichte und voll edlen Eifers um die ehrwürdigen Denkmäler des Alterthums, das Gotteshaus nach Jahrhunderten langer Entweihung wieder her, "das Heiligthum, den Ahnherrn und sich selbst ehrend". Bei dieser Gelegenheit wurden durch den Scharfblick unsers Fürsten die meisten derjenigen gebrannten Ziegelsteine mit einer eingegrabenen Inschrift in der Kapelle zu Althof entdeckt, welche die Gunst des erhabenen Protectors unsers Vereins mir zuwandte und welche wir den Mitgliedern des Vereins hier in einer getreuen lithographirten Abbildung mittheilen. Als eines der ältesten Denkmäler unserer Geschichte verdient die Inschrift eine genauere Betrachtung. Wir wagen eine Erklärung derselben, obgleich wir, bei der Vielseitigkeit und Schwierigkeit des Gegenstandes, weit entfernt sind, zu glauben ihn erschöpft zu haben; zu weiterer Forschung mag jedoch unser Versuch anregen.

Nothwendig wird im Anfange der Untersuchung eine Geschichte der neuern Entdeckung der Inschrift, so weit sie sich aus den wenigen hinterlassenen Papieren des Professors Schröter zu Rostock darstellen läßt. Dieser thätige und geistreiche Mann war von des Großherzogs K. H. mit der Entzifferung der Inschrift beauftragt, ward aber leider von einer unheilbaren Krankheit seiner Thätigkeit entrissen, noch ehe er mit seinen Ansichten hierüber ganz im Reinen war. 1 ) Zuerst wurden schon vor dem 11. September 1820, also schon vor der beschlossenen Restaurirung des Gebäudes, drei schwarz glasurte Steine entdeckt: a., c. und f.; diese waren an der äußern Mauer der Kapelle so eingemauert, daß die Schrift auf dem Kopfe stand. Der Stein a. saß Eingangs der Thür links, der Stein c. an dem linken Eckpfeiler Eingangs der Thür und der Stein f. an demselben Eckpfeiler nach der Länge der Kapelle.


1) In der von ihm herausgegebenen "Chronik von Rostock von 1310 bis 1314", dessen Vorrede, am Sonntage Palmarum 1826 datirt, wohl seine letzte literairische Arbeit ist, verheißt er S. X. eine Abhandlung über die merkwürdige Inschrift zu Althof bei Doberan.
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Der Großherzog, welcher hiedurch auf die historische Bedeutsamkeit des Gebäudes noch mehr aufmerksam gemacht ward, theilte die Nachricht dem Professor Schröter mit, welcher die Steine am 11. September 1820 zeichnete. - Ein zerstörendes Naturereigniß beförderte die Erhaltung der Kapelle. Am 9. August 1822 traf ein Blitzstrahl das Gebäude, entzündete das, den Einsturz drohende Dachwerk und beschädigte das Gewölbe. Noch an demselben Tage befahl der Großherzog, welcher zu Doberan Hof hielt:

"die alte Kapelle (jetziges Backhaus) zu Althof wegen ihrer wichtigen Inschrift völlig ins Alterthum wieder herzustellen und dagegen für ein anderes Local zum Backhause zu sorgen."

Am 9. September 1822 schlug Schröter vor, die zuerst gefundenen Steine herauszunehmen, was denn auch geschah. Bald wurden die zwei andern glasurten Steine: b. und e. entdeckt, welche innerhalb der Kapelle mit der Schrift in die Wand hineingemauert waren. Bei der Arbeit an der Kapelle wurden bei sorgfaltiger Säuberung endlich im Jahre 1823 alle übrigen Steine in den Mauern innerhalb der Kapelle gefunden; diese sind nicht glasurt. Sorgfältig von des Großherzogs K. H. gesammelt und bewahrt, sind noch alle Steine vorhanden, mit Ausnahme eines Bruchstücks von dem Steine e., auf welchem nach einer Handzeichnung Schröters am Ende das F noch ganz stand, und eines Bruchstücks des Steines 10., welcher am Ende ein M enthielt.

Da der Inhalt der Inschrift zu enge mit ihren eignen und den Schicksalen der Kapelle verbunden ist, so stelle ich, einstweilen ohne historischen Beweis, zum Leitfaden und Zielpunct, das Ergebniß der angestellten Forschungen hier vorauf:

Woizlava, die zweite, von den neuern Geschichtschreibern nicht erwähnte Gemahlin des letzten Obotritenkönigs Pribislav, bekehrte ihren Gemahl zum Christenthum und veranlaßte die Gründung des ersten christlichen Gotteshauses im Obotritenlande zu Althof bei Doberan oder Alt=Doberan.

Schröter meint, daß die Kapelle in dem J. 1637 oder 1638, in welchen Jahren Doberan auf eine empörende Weise von den kaiserlichen und schwedischen Truppen heimgesucht ward, in den unwürdigen Zustand versetzt worden sei, weil Latomus (1610) sie noch die "Kapelle" nenne. Aber wir finden sie schon viel früher in Ruinen liegen. Schon vor dem Jahre 1522 hatte Herzog Heinrich der Friedfertige

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in seiner Vorliebe für das vaterländische Alterthum, 1 ) indem er schon Graburnen 2 ) sammelte, den "wilden Ort im Felde", wo sonst das Kloster Doberan gestanden, aufgesucht, den Schutt des verfallenen Gebäudes selbst "abgeräumt" und eine Inschrift in saubern römischen Unzialen gefunden, welche den Titel des Pribislaus enthielt. Nicolaus Marschalcus Thurius war Begleiter des Fürsten und Zeuge und Mitarbeiter bei dieser Forschung, worüber er folgendes schreibt:

Der Meckelburgischen Chronicken ein kostbarlicher Außzug von Doctore Nicolao Marescalco Thurio, deme Erbarn, Vhesten und Gestrengen, Hern Caspari von Schöneychen, der etc. . Fürsten, Hern Heinriches und Albrechts Gebrüder, Hertzogen zu Meckelburg etc. . Cantzler, zugeschrieben [anno 1522].
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Hab ich auß den Chronicken der Fürstenthumb zu Meckelborg durch euwer und des hochberümbten etwan Herrn Brand von Schöneichen euers Vettern, auch Meckelborgischen Canzler Hülf und rath hier und andere ortt befunden, das Herkommen derselbigen Fürsten - -
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zusammenbracht und ein außzug derselbigen Cronicken gemacht. Euch, nicht als wäre das so köstlich von mir geachtet, sonder ein gedächtnus unser freundlichen gemeinschafft in tappfern und etwan in ergötzlichen Handelungen und Geschäfften, so wier viel Jar bey gedachten unsern gnedigen Herrn gehabt, zugeschrieben.
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Pribißlaus - - ist darnach an das reich kommen und gehabt eine Koneginne von Norwegen Voisclauam genannt, welche vff heutigen Tag an einem wilden Ort, da die Zeit das Closter Doberan von ihren Herrn vff gericht, mit viel heiligen Körppern, umb des glaubens willen ertodtet, begraben,


1) Nic. Marschalk Thur. redet den Herzog Heinrich in der Dedication seiner Annales Herulorum 1521 an:
"Tu. antiquitatis totius es et uirtutum omnium amator summus ac maximus.
2) Vergl. Nic. Marschalci Thur. Vitae Obetritarum in Westph. Mon. ined. II, p. 1512, - Annales Herulorum (ad annum 1521) in Westph. Mon. I, p. 193, und Chronicon rhythmicum de regibus Obetr. in Westph. Mon. I, p. 572.
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das dem loblichen Fürsten Hertzogen Heinrichen von Mecklenburg mit einem grabe und Tietell mit alt romischen seuberlichen buchstaben erstlich angezeyget, darzu er selbst abgereumbt und gelesen, das ungeuerlich über vieher hundert Jare anher auffgerichtet.
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Es hat auch der durchleuchtigste Fürst Hertzog Heinrich den Königlichen Tyttel des letzten Königes Pripislai im Feylde in einer Alten Capellen, do desselbigen gemahel ein geborne Königin von Norwegen begraben, wie hievor angezeiget. selbst lateinisch gefunden und so ungeuerlich ich Nicolaus Marschalk dar bey seinen Fürstlicher gnaden was, so ward er fleisig abgeschriben, also lautend: Pribislaus dei gratia Herulorum, Vagiorum, Circipenorum, Polaborum, Obetritarum, Kissinorumque Rex; Und alß sein fürstlich gnade den in deutze Zunge zu brengen begeret, so hab ich den in Massen, wie ich warlich aus der Fürstenthumb alten Cronicken bericht und gelernet, transferiret, etc. .

Genauer beschreibt dieser Gelehrte und Rath des Fürsten die Inschrift in seinen Annal. Herul:

Pribislaus ergo Voisclavam, Noricorum oceani regis filiam, conjugem duxit, a qua fidei devota, christianismi legibus eruditus. - - -
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(Niclotus) - - Doberani - - tumulatus, in curia illa antiqua, ubi et Voisclava, regina, Pribislai regis Herulorum ultimi conjunx, in sacello, id quod saxum ibi litteris insculptum Romanis indicat. Adjiciendus vero coronidis loco titulus regis; nam et illum in sacello eo, monstrante aedituo invenimus, qui Pribislaus dei gratia Herulorum, Vagriorum, Circipoenorum, Polaborum, Obetritarum, Cissinorum Vandalorumque rex.
N. Mareschalci Ann. Her. II, Cap. 40 in Westph Mon. I, p. 247, 250 et 251.

Hiernach waren in der Kapelle (in sacello) zwei Inschriften: eine Grabschrift auf die Fürstin Woizlava

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und im Mauerkranze (coronidis loco) eine Inschrift mit dem Titel des Pribislav. 1 )

In keinem Inventarium, in keinem Visitationsprotocolle des 16. Jahrhunderts, so viel Actenstücke dieser Art auch durchsucht sind, wird der Kapelle gedacht: ein sicherer Beweis dafür, daß sie damals zu keinem kirchlichen Zwecke und im Anfange des 16. Jahrhunderts zu gar keinem Zwecke benutzt ward, weil sie sonst wohl erwähnt wäre. Wahrscheinlich ward mit der Säcularisirung des Klosters, als die geistlichen Gebäude in fürstliche Wohnungen und Hofe umgewandelt wurden, das Backhaus in die Kapelle gebauet; denn in dem Inventarium von 1610 bei Gelegenheit der Landestheilung (fol. 240, b.) heißt es von Althof:

"Die alte Kirche, so gemaurett vnd gewelbett, itzo das Backhaus."

Damals sah Latomus noch eine Inschrift in gebrannten Steinen; er redet darüber also:

     ad ann. 1179.
Des folgenden Jahrs (etliche fetzen das vorige) ist der Herr von Mecklenburg Pribislaus am ersten Octobris zu Lüneburg im Turnierspiel durch einen schweren fall aus dem sattel umb sein Leben kommen, und daselbst sein leib auff den Kalckberg zwar begraben, aber nach 35 Jahren ins Kloster Dobran geführet und sol daselbst, wie Reimarus Coch im Lübschen Chronico schreibet, in der Kirchen ins norden unter einen herrlichen mit messing begossenen Grabstein bei seiner Gemahlin Witzlava in gegenwart Wertislai und Jarimari Fürsten aus Pommern und Rügen herlich zur Erden bestetigt worden sein, mit diesen eingehowenen Worten und titui: Pribislaus Dei gratia Herulorum, Wagirorum, Circipenorum, Polaborum, Obetritarum, Kissinorum, Wandalorum Rex. Ob nun wol dieser stein nicht alda wird gefunden, so henget dennoch am pfeil ein bret, darauff des Pribislai Epitaphium geschrieben stehet mit diesen Worten: Epitaphium Pribislai primi, fundatoris hujus Monasterii qui fuit filius Nicloti Wagriorum, Circipanorum, Polaborum, Obetritarum, Kissinorum, Wandalorumque Regis Illustrissimi. - - - - - -
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1) Außerdem waren noch Inschriften in den Fenstern der Kirche zu Doberan, welche vielfach angeführt sind. - Endlich führt Nathan Chytraeus in seinem Werke: Variorum in Europa itinerum deliciae, ed. secunda, 1599, p. 382, noch folgende Inschrift aus Doberan an:
"Pribislaus, filius regis Nicoloti, primus fundator huius monasterii inclytus ac religiosissimus, cuius reliquiae sunt hic conditae."
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Dieser Königliche Titul beide Nicioti des Vaters und Pribislav des Sohns ist nicht allein etliche 100 jahr in der finsterlucht daselbst im Kloster gelesen, sondern auch ohngefähr - vor 100 Jahren von Hertzog Heinrichen dem friedmacher in der Capellen zum alten Hofe nahe bey Dobran belegen, gefunden worden, wie solches nicht allein D. Marscalcus, so eben bei J. F. G. gewesen, verzeichnet, sondern ich auch selbst ein theil des tituls auff 12 gebrannten steinen gesehen habe.
     (Latomi Genealochron. Megap. in Westph. Mon. IV, p. 194, flgd.)

Ihm folgt Chemnitz in seinem Chroniken I., S. 422, jedoch ohne selbst etwas gesehen zu haben.

Die letzten Zeugnisse sind: ein Inventarium zu einem Pacht=Contracte über Althof vom 30. Junii 1712, in welchem es heißt:

"Das Backhaus, sonsten Kirche genand, Ist gantz umbher gemauret und inwendig mit einem Gewölbe geschlossen. Die steinernen Pfeiler seynd theilß gantz weggebröckelt. Hierin ist ein fertiger Backofen. Im Eingange des Backhauses eine kleine Kammer;"

und das Inventarium zu einem Pacht=Contracte von 1726, welches ungefähr wie die frühern lautet und auch noch die Bemerkung enthält, es seien

"die steinernen Pfeiler zum Theil gantz weggebröckelt".

Diese Pfeiler sind die Stützpfeiler an der äußern Kirchenmauer; diese sind auch erst in neuerer Zeit bei der Restauration der Kirche neu aufgeführt.

Mögen auch die kaiserlichen und schwedischen Truppen in den Jahren 1637 und 1638 und schon früher, 1632, schottische unbewaffnete Hülfsvölker ohne Commando die Verwüstung vollendet haben, indem namentlich die letztern nicht einmal die Gebäude in den Aemtern Bukow und Doberan verschonten, sondern auf den fürstlichen Meierhöfen alle Thüren und Fenster zerschlugen und endlich die Gebäude in Brand steckten, so ist doch gewiß, daß schon während des geistlichen Besitzes, also schon vor der Säcularisirung des Klosters, die Kapelle wüst lag. Und dieser Umstand scheint dafür zu reden, daß das Gotteshaus, da es von der Geistlichkeit unbeachtet und in Schutt lag, schon in ältern Zeiten verlassen worden sei, da der Abt es wohl unterhalten haben würde, wenn es im Anfange des 16ten Jahrh. noch irgend einem bekannten geistlichen Zwecke gedient

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hätte. Wir haben die Verwüstung der Kapelle also in frühern Zeiten zu suchen. Wahrscheinlich litt Althof schon während der Rostocker Fehden im Anfange des 14ten Jahrh., da dem Kloster Doberan in dieser Zeit von mehrern Seiten her Kriegsschäden vergütet werden; bei diesen Vergütungen wird denn auch, nach den bisher bekannten und aufgefundenen Nachrichten, des Alten Hofes unter diesem Namen zuerst, und im Mittelalter urkundlich zuletzt gedacht. In dem großen Verzeichnisse der Kriegsschäden vom J. 1312, welche die Rostocker dem Kloster verursacht hatten, heißt es:

Anno dommi M°CCC°XII° consules simul et vniuersitas ciuitatis Rostock atque eorum complices. Dampna subscripta ecclesie Doberanensi in grangiis suis incendio atque indepredatione rerum multiformiter, inprimis: - - Item magistro antique curie abstulerunt II equos.

Also schon damals ward der Hof nach dem System des Cistercienser=Ordens, abgesondert von einem Klosterbruder, einem Magister verwaltet, wie die übrigen Klosterhöfe; auch 1334 kommt ein Gerhardus magister in antiqua curia vor. Härter, als die Rostocker, muß der Fürst Heinrich der Löwe selbst mit den Höfen des Klosters verfahren haben, indem er verschiedene Male dasselbe durch Bestätigungen und Verleihungen für das von ihm zugefügte Unrecht entschädigt, und zwar zuerst im Allgemeinen im J. 1315

"in recompensam omnis dampni, quod a nobis ecclesia Dobberanensis sustinuit,"

(vgl. auch Lünig's Reichs=Archiv P. spec. Cont. IV., P. II, Forts., S. 683 und Rudloff II. S. 212) und dann besonders im J. 1319

"pro dampnis, que intulimus Abbati et conuentui in antiqua curia Doberan".

Es muß in der Zeit den Klöstern in dieser Gegend übel mitgespielt sein, indem auch das Kloster Sonnenkamp (Neukloster) die bittersten Klagen führt, indem es sich im J. 1328 also vernehmen laßt:

"Nouerit igitur tam presencium etas, quam futurorum posteritas, quod propter aduersitates plures, retroactis temporibus nobis obuias, videlicet vnius anni nostre pachte ablacionem, grangiarum nostrarum violencia euacuacionem, cara tempora, gwerram in terra ac alios infortuitos casus, scilicet incendium, spoliacionem, sicut liquet,

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ad tantam deuenimus inopiam, quod nisi mutuo et concessione transissemus, intus et extra, in grangiis nostris deductio penitus defecisset expensarum."

Dies ist dasjenige, was sich urkundlich und aus der sichern historischen Zeit über die Zerstörung der Kapelle und die Schicksale der Inschrift sagen läßt. Wichtiger noch ist für unsern Zweck die Erbauung der Kapelle und die Gründung des ältesten Klosters Doberan; innig damit verbunden ist die Familiengeschichte des Fürsten Pribislav. Bei der Dunkelheit, welche noch über diese Gegenstände herrscht, und bei der Mangelhaftigkeit der Geschichtsbücher über diese Zeit, wird es am gerathensten sein, rein chronologisch in Chronikform bei der Darstellung zu verfahren. Leider besitzen wir nur sehr wenig Urkunden über die älteste Geschichte von Doberan; dennoch haben wir einen treuen Führer in der Dunkelheit, unsern wackern Kirchberg, der seine für uns unschätzbare Chronik aus dem J. 1378, so viel Doberan betrifft, sicher, wie er sich selbst ausdrückt, von Büchern zu Büchern gehend, aus den besten Quellen schöpfte: aus des Klosters alten Urkunden, Chroniken, Kalendarien und Nekrologien, welche jetzt leider verschwunden, früher aber bei dem Glanz und Reichthum der Abtei und ihrem Verkehr mit dem Fürstenhause sicher reichlich vorhanden gewesen sind, wobei er, nach seiner Einleitung, fleißiges Forschen nach mündlichen Nachrichten nicht verschmähete. Daher läßt es sich auch erklären, daß Kirchberg mit so großer Vorliebe und Ausführlichkeit bei Doberan verweilt. Es ist daher kein Grund vorhanden, weshalb man in die Nachrichten Kirchbergs Zweifel setzen sollte, sobald ihm nicht Urkunden offenbar widersprechen, und wir müssen ihm mehr Glauben schenken, als Männern, welche dem Vaterlande fern standen. Auf spätere Chronisten, wie Marschalk, Mylius, Latomus, u. A., braucht man keine Rücksicht zu nehmen, sobald man auf die ersten Quellen zurückgehen kann und jene aus Kirchberg und vorhandenen Urkunden schöpften.

Nach gänzlicher Vollendung gegenwärtiger Arbeit in der Handschrift, ist dem Verf. im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin ein Diplomatarium des Klosters Doberan nach langer Verborgenheit (im August 1836) zu Händen gekommen. Dieses Diplomatarium scheint sicher in der Mitte des 13ten Jahrhunderts angelegt und immer gleichzeitig mit der Ausstellung neuer Urkunden fortgeführt zu sein. Vor diesem Diplomatarium befindet sich auf vier Blättern eine

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Genealogia principum et dominorum, qui post Pribizlavum in Slavia dominium tenuerunt,

fernerhin von uns Doberaner Genealogie genannt. Die ersten drei Blätter sind von einer Hand aus der Mitte des 14ten Jahrh. geschrieben; dieselbe führt die letzte Nachricht aus dem Jahre 1363 auf und fügt noch eine Urkunde vom J. 1365 ein; das letzte Blatt, die Zeiten des Königs Albrecht von Schweden umfassend, ist von einer andern Hand aus dem Ende des 14ten Jahrh. beschrieben. Der Haupttheil dieser Genealogie, von welcher zu anderer Zeit weitere Nachricht folgen wird, ist also als Quelle älter, als Kirchberg. Die Nachrichten aus dieser Genealogie, welche die gegenwärtigen Forschungen bestätigen, sind in dieser Abhandlung noch nachgetragen. Hiebei ist aber zu bemerken, daß jetzt wohl keine Nachrichten weiter entdeckt werden dürften, da von Pribislav keine Urkunden vorhanden waren. Nach einer Randbemerkung mit rother Dinte in dem Diplomatarium, welche offenbar in der ersten Hälfte des 13ten Jahrhunderts geschrieben ist, hatte das Kloster kein älteres Privilegium, als das vom J. 1192:

"Nullum privilegium reliquid nobis fundator noster Pribizlavs, sed commisit vtile propositum suum ante mortem suam filio suo Henrico Borwen et est primum priuilegium istius ecclesie, quod inuenies in tercio folio" (de anno 1192).


1164 vermählte sich Pribislav mit Woizlava, eines Königs von Norwegen Tochter; dieselbe bekehrte in demselben Jahre ihren Gemahl und dessen Bruders Sohn zum Christenthum.

[D]a man schreib nach godes geburd
eylf hundirt und vier und seszig vurd:
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - - -
nach den cziden quam es sus,
daz konig Prybislauus
wolde elichir dinge phlegin.
Der konig von Norwegin
gab ym syne tochter da,
dy waz geheiszin Woyslaua,
dy waz eyne gude cristen.
Mit allen yren listen
dy frowe dar nach dachte,

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wy sy tzum glouben brachte
iren herren Prpbisla;
daz quam von godes genaden da,
daz do Pribizlauus
und syns bruder son alsus,
der waz Nycolaus genant,
dy beyde quamen unvirwant
zu des gloubin warheit
und cristenlichir wirdigheit.

Kirchberg CI. (bei Westph. p. 741.)

Abgesehen davon, daß nach Chemnitz Erzählung aus frühern Chronisten Pribislav drei Mal vermählt gewesen sein soll: zuerst mit Pernille, des Herzogs Canut von Schleswig Tochter, dann mit der Woizlava, und endlich mit Mechthild, des Fürsten Boleslaus von Polen Tochter: abgesehen hieven, da die Erforschung dieser Verhältnisse außer unserm Zweck liegt, so ist doch kein Grund vorhanden, warum man an der ausführlichen Erzählung Kirchbergs zweifeln sollte, um so mehr, da auch andere Chronisten vor der Säcularisirung des Klosters Doberan mit ihm darin übereinstimmen, daß Woizlava Gemahlin des Pribislav und eine Königstochter von Norwegen gewesen sei. So steht z. B. in einer, in gemalten Bildern der meklenburgischen Fürsten und ihrer Gemahlinnen dargestellten Genealogie, welche im J. 1526 vollendet ist, unter den Bildern des Fürsten Pribislav und seiner Gemahlin: Pribisslaus Nicloti Konigs Szonn, und: Woisclaua sein gemahel eine konigin von Norwegenn geborn. - Unsere ältern Historiker, z. B. Schröder, welcher in den Wism. Erstl. S. 310 folg. die älteste Geschichte von Doberan äußerst richtig beurtheilt und darstellt, und Franck, führen diese Ereignisse als historische auf, während sie von den Neuern übersehen werden, z. B. von Rudloff in der von ihm angelegten Genealogie im Staatskalender, wo der Name der Gemahlin Pribislavs mit N. N. bezeichnet ist, wie Rudloff ihn auch in seiner Geschichte ignorirt, ferner von v. Lützow, welcher I, S. 227 auch darstellt, daß Pribislav vor dem J. 1168 zum Christenthum übergetreten sein müsse. - Im Anfange des Jahres 1164 konnte bei dem glücklichen Stande der Dinge für Pribislav (vgl. Rudloff I, 131 folgd.) die Vermählung sehr gut geschehen, um so mehr da Pribislav gleich darauf bei den christlichen Fürsten von Pommern Aufnahme fand, wenn überhaupt religiöse Beweggründe wahre Veranlassung der damaligen politischen Begebenheiten gewesen sind; wahrscheinlich waren sie es nicht. Und für unsere Ge=

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schichte ist es von hohem Interesse, daß Häuslichkeit und Liebe der Friedensreligion bei unserm Fürstenhause Eingang verschafften. Schwieriger ist die Abstammung der Fürstin Woizlava zu erklären. Eine Tochter eines Königs von Norwegen soll sie gewesen sein, und doch trägt sie offenbar einen slavischen Namen. Nach einer gütigen Erklärung des Herrn Wenceslaw Hanka, Bibliothekars am böhmischen National=Museum zu Prag, eines competenten Richters, löset sich die Streitfrage aber sehr leicht; derselbe sagt nämlich in Beziehung auf eine Anfrage, ob Woizlava vielleicht eine Uebersetzung des ursprünglichen Namens der Fürstin sein könne: "Die Königstochter von Norwegen konnte immer den Namen Woislava angenommen haben, ohne ihren ursprünglichen zu übersetzen, denn es war bei den Slaven Sitte, wie wir es bis jetzt bei den russischen Großfürstinnen und Kaiserinnen sahen, und selbst die männliche Jugend bekam in ältesten Zeiten die Namen erst bei dem Tonsurfeste im 10. oder 12. Jahre, und zwar nach der natürlichen Eigenschaft meistens. Woizlava 1 ) heißt: Kriegsruhm oder Heeresruhm, und Pribizlav: der zunehmende Ruhm." - Durch diese Aufklärung werden künftige


1) Ueber die Genealogie der Woizlava theilt der Hr. Dr. v. Duve zu Möllen folgende Nachricht mit:
Woizlava, die Gemahlin Pribislai, soll eine Königstochter aus Norwegen gewesen sein, und wird ihr Vater Burevin genannt. Daß kein König Burevin in Norwegen existirte, lehrt die Norwegische Geschichte; inzwischen scheint es mir, als wenn der Name des Sohnes von Pribislav und der Woizlava die Abstammung der Woizlava wahrscheinlich machen könne, nämlich:
Stammbaum
Man findet nämlich sodann bei Henrich Borwin den Namen des Großvaters und Elter=Vaters von mütterlicher Seite vereiniget. Ueber Henrich Skokul und Buris vgl. Gebhardi Geschichte von Dänemark und Norwegen Th. 1, S. 150, 152 und 495, 496. Es ergeben diese Nachrichten, daß Buris und Henrich Skokul in Verbindung mit Norwegen standen u. s. w., und konnte Buris, weil seine Mutter Königin von Norwegen war, leicht für einen Norwegischen Fürsten gehalten werden.
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Forschungen über die Abstammung der Fürstin nicht wenig erleichtert.

1164 (am 29. April) zerstörten die Obotritenfürsten Pribislaus und Nicolaus das Heidenthum zu Alt=Doberan 1 ) und dessen Heiligthümer daselbst.

Do man schreib der iare czal
nach godes geburt recht ubir al
eylfhundirt vier vnd seszig bas
yn des meyen dritten kalendas
- - - - - - - - - - - - -
der erbar konig pribisla
- - - - - - - - - - - - -
durch god greif her es manlich an,
es waz zu Alden Dobran,
dy abtgode warf her hesziich nider,
vnd virhrante sy do sider.

Kirchberg CII. (bei Westph. IV., pag. 742)

Dies geschah zu derselben Zeit, als Pribislav getauft ward, am 29. April 1164. Die Doberaner Genealogie sagt hierüber:

Sciendum quod anno domini MCLXIIII, tercio kal. May, dominus Pribizlawus, Magnopolitanorum et Kissinorum ac tocius Slauie regulus atque nobilis princeps, sacrum baptisma suscepit et ad fidem Christi perfecte conuersus est.

1164 ließ Pribislaus den Anfang zu Erbauung eines Gotteshauses zu Alt=Doberan machen, zu Ehren Gottes, der Jungfrau Maria und des heil. Nicolaus.

In des almechtigen godes here
vnd ouch yn synre mutir ere,
dy an ende ewig vmmer ya
ist genant maria,
vnd ovch yn syne ere so
dem byschofe nycolao
her liez da syne kunster
buwin eyn godes munster.

Kirchberg CII. (bei Westph. IV., pag. 742.)

(Unmittelbare Fortsetzung der zuletzt citirten Stelle.)


1) Doberan. - Ueber die Etymologie von Doberan theilt Hanka Folgendes mit: "Dobran ist nach unserm alten Onomastikon ein Mannsname (Casiopis Mus. VI, 61), auf Deutsch: Der Gütige, und wir haben mehrere Ortschaften Dobran, welche gewöhnlich nach ihrem Erbauer so hießen. Sollte es aber in ältesten Urkunden Deberan heißen. so bedeutet Deber: ein mit Wald bewachsenes Thal." - In allen Urkunden kommt nur Dobran und Doberan, nie Deberan vor. Vielleicht war der Ort Doberan (der Gütige) auch zu Ehren der zu Althof verehrten wendischen Gottheit benannt.
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1170 ward das Kloster zu Alt=Doberan gestiftet, zu welchem die Mönche von Amelungsborn kamen; der erste Abt Conrad ward ordinirt und Pribislav dotirte das Kloster.

Dirre erwirdige bischof so
von Mekilnborg her Berno
quam zu huden vnd zu wartin
des gelouben nuwen wyngartin,
den da hatte geplantzit sus
der konig pribislauus.
Her half ym sundir schrantzin
huwin dy ersten plantzin,
dy quamen von Amelungesburn dar,
dar von. wush yn eyn selige schar
- - - - - - - - - - - - - - - -
Dy plantzin wushin sunder wan
da zu Alden-Doberan.
Da wart eyn gantz conuente
mit geistlichir presente
in sante marien here
vnd Benedictus ere;
do wart des clostirs appid drad
von Amelungesborn her Cunrad,
der wart geeyschit und getzired
vnd dar zu geordiniret;
her waz der erste appid da
zu Doberan des clostirs ja.
- - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - -
Der gude konig Pribisla
gab und half dem clostir da,
mit manchir gäbe riche
ted her ym gutliche
und richede ez zu der stunde,
so her beste kunde.
Alsus daz clostir erst ankleib;
daz waz do man dy jarczal schreib
sybenczig und eilfhundirt nach godes geburt gesundirt.

Kirchberg CII. (bei Westph. IV, p. 743.)

Hiemit stimmen auch andere glaubwürdige Nachrichten überein, namentlich: Erici regis hist. gent. Danor. ad a. 1170 in Lindenbrog script. rer. germ. sept. p. 270:

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Anno domini MCLXX. - - Connentus mittitur in Dobrun, kalend. Martii;

fernner Chronik des Lübecker Franziskaner Lesemeisters Detmar, herausgegeben von Grautoff, S. 55,

1170. - - Do quam oc to Doberan dat convent der grawen moneke.

In dasselbe Jahr setzen die Stiftung des Klosters auch: Leuckfeld in seiner Chronologia abbatum Amelunxhornensium, S. 32, und der Disenbergische Abt Gaspar Jongelinus (1644), bei Leuckfeld S. 48; für beide spricht die Wahrscheinlichkeit, daß sie aus Quellen schöpften, jener aus denen des Klosters Amelungsborn, aus welchem das Kloster Doberan hervorging, dieser aus denen des Cistercienser Ordens, zu welchem der Doberaner Convent sich bekannte. Man vgl. auch Schröders Wism. Erstl., S. 309, und v. Lützow's meklenburg. Gesch. I., S. 299. - Andere, weniger glaubwürdige Nachrichten, welche auch bei Schröder und v. Lützow a. a. O. angeführt sind, nehmen das Jahr 1169 als Stiftungsjahr an; dieser Angabe fehlt jedoch jegliche Zuverlässigkeit; möglich ist es indessen, und auch wahrscheinlich, daß der Entschluß zur Gründung des Klosters schon im J. 1169 ausgesprochen ward, die feierliche Installirung des Convents und des Abtes erst im J. 1170 geschah. Uebrigens war dies in demselben Jahre (1170), als, nach Helmold II, c. 14, §. 5., Pribislav die Städte aufbauete und bevölkerte, indem er einsah, daß es nichts helfe, gegen den Stachel zu lecken.

Mit den Zeugnissen über die, im J. 1170 geschehene Stiftung des Klosters Doberan stimmt auch die Dober. Geneal. überein, wenn sie sagt vom

(Pribizlaus), qui ex instinctu et per exhortacionem venerabilis et sanctissimi in Christo patris domini Bernonis episcopi - - claustrum Doberan fundauit et - - conuentum, euocatum de grege dominico in Amelungesborne fratrum ordinis Cysterciensis sub domino Euerhelmo ibidem abbate existente, in possessionem corporalem cum domino Conrado primo abbate anno domini MCLXX introduxit et introductum strennuo defensauit.

Nach diesen einfachen Nachrichten lösen sich nun alle Zweifel in Klarheit auf, sobald man nur Kirche und Kloster von einander scheidet: die Kirche oder Kapelle zu Althof ward im J. 1164, das Kloster daselbst im J. 1170 gestiftet. - Von der Stiftung des Klosters ist ferner die Erbauung desselben zu scheiden:

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1171 begann der Bau des Klosters zu Alt=Doberan,

nach den alten Versen, welche Latomus noch im Kreuzgange des Klosters las:

Annus millenus centenus septuagenus
Et primus colitur, cum Dobran struitur.

1171 und 1172 war Pribislav mit Heinrich dem Löwen auf der Wallfahrt zum heiligen Grabe.

Du man nach godes geburt schreib gar
eylfhundirt eyn und sybenczig jar,
- - - - - - - - - - - - - - -
der herzoge Hinrich Leo
lebte in sulchin frede so,
her gedachte yn gantzin synnen
dinst gode tun zu mynnen,
her dacht um syner sunde urhab
zu iherusalem suchin godes grab.
- - - - - - - - - - - - - - -
Dem herczogen vulgiten dy da:
der Wende konig Prybisla, etc.

Kirchberg CXI. (bei Westph. p. 756.)

Die Wallfahrer kehrten in demselben Jahre 1172 wieder heim, nach Alberti Stad. Chron. am Ende des Jahres

MCCLXXII Heinricus dux per Graeciam iuit Hierosolymam, rediens ipso anno.

Mit diesen Angaben stimmt auch die Dober. Genealogie überein:

Sequenti igitur anno domini LXXI illustris princeps dominus Hinricus dux Saxonie et Bawarie, qui rebellem sibi predictum dominum Pribizlavum multis bellis precipuis perdomuit et subiugauit, dispositis in Slavia episopatibus, - - statuit sanctum domini visitare scpulcrum fecitque socios itineris sui - - sepedictum eciam Pribizlauum regulum sive principem Slauorum, Guncelinum comitem de Zwerin - - et alios multos tam nobiles, quam ministeriales, ut habetur in cronicis Saxonum et Slauorum.

1172 starb Woizlava und ward zu Alt=Doberan begraben.

So sy 1 ) zu lande quamen da
dy konygin Woyslaua


1) Die Kreuzfahrer, unter ihnen Pribislav.
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erbar vnd wol vtrsunnen
dy wile hatte gewunnen
einen son czweynamig 1 ) vnvirwant,
Hinrich Burwy waz der genant;
dy wyle daz Pribislaus
uf sinre verte waz alsus,
also sy dy gebord gebar.
Nicht lange czid dar nach virwar
sy wart mit suchede vnd mit swere
beuallin vnd mit krangheit sere,
daz sy dar von den tod entphing.
Ir bygraft snel dar nach irging
gar wirdiglichen sundir wan;
man grub sy zu Alden Doberan.

Kirchberg CXI. (bei Wesstph., p. 757.)

Nach dieser Darstellung Kirchbergs wäre Heinrich Borwin I. erst im J. 1172 geboren, während er nach Rudloff I., S. 145 sich schon im J. 1166 vermählte. Die Geschichte Borwins bedarf zwar noch durchaus einer kritischen Bearbeitung; aber hier ist bei Kirchberg wahrscheinlich ein Versehen vorgefallen, um so mehr, da er keine Jahreszahl angiebt. Nach Arnold von Lübeck, zu Helmold III., c. 4, §. 8. und 10., ward Borwin schon im J. 1183 gefangen und stellte seinen Sohn als Geißel. Jedoch hat dieses Verhältniß seinen Einfluß auf unsere Untersuchung und die Nachricht Kirchbergs läßt sich augenblicklich nach den übrigen Nachrichten nicht vertheidigen, verdient, als einheimische Quelle, jedoch Beachtung. 2 )

1177 (kal. Febr.) verlieh Bischof Berno 3 ) von Schwerin dem Kloster Doberan die Zehnten aus mehreren Dörfern.

Man vgl. die Verleihungsurkunde in Westphalen Mon. III., Praef. p. 142. Nach dieser Urkunde bestanden Kloster und Convent unter einem Abt. Der erste Abt kommt schon bei der


1) Ueber die zwei Namen des Heinrich Burwin theilt Hanka folgendes mit: "Woizlavas Sohn hatte der damaligen Sitte gemäß einen christlichen und einen heidnischen Namen; dies hatten kurz nach der Bekehrung alle Slaven z. B. die russische Fürstin Helena Olga, der serbische Zar stephan Nemania. Borwin, oder nach unserer Aussprache Borowin, heißt: der vom Föhrenwalde; auch heißt ein Waldgott der Slawen Borowit."
2) Nach Böttiger's Heinrich der Löwe, S. 210, ist über die Mutter der Gemahlin Heinrich Borwins noch immer nichts Annehmbares bekannt geworden; vielmehr sind die bisherigen Annahmen durch ihn sehr zweifelhaft gemacht.
3) Dies geschah "pro voluntante ducis Henrici," nach der Urkunde. Dies zeugt für die Verbreitung des Investiturrechts, welches Heinrich der Löwe sich angemaßt hatte. Vgl. Schmidt's Gesch. der Deutschen IV, 106.
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Gründung des Klosters Dargun 1173 in einer nicht datirten Urkunde des Bischofs Berno vor, als Zeuge: Conradus abbas de Dodiran, derselbe, welcher 1170 nach den Chroniken den Convent nach Doberan führte.

1178 starb der Fürst Pribislav nach einem unglücklichen Sturze auf einem Turnier zu Lüneburg und ward dort begraben.

Um die selbin czid alsus
der strenge Pribizlauus
wolde suchin kurtzewyle;
her richte sich mit gantzir yle
geyn Luneborg zu synen frunden
und zu syns eben aldirs kunden
- - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -
do sturtzede her und viel sich tod;
vil manchir clagete syne nod.
Mit groszin ungehabin
wart her alda begrabin.

Kirchberg CXIV. (bei Westph., p. 759.)

Eben so, auch in der Jahresbezeichnung unbestimmt, redet die Dober. Geneal.:

Peracto itaque peregrinacionis itinere et voto, cum sepefatus dominus Pribislaws ad terram suam redisset, non longe post Luneborgh proficiscitur, ubi tunc principes curiam sollempne habuerunt, ibique in torneamento lesus heu obiit et ibidem in castro apud Benedictinos sepelitur.

1179 ward das Kloster Alt=Doberan von den Wenden zerstört.

Recht als es sich gefugete sus,
daz tot waz Pribislauus,
den geloubin legeten czitlich sidder
der wentfulg eyn teyl darnidder;
- - - - - - - - - - - - - - - - -
da wurden von den phlagin
Marien rittir irslagin
alle gar uf eynen tag.
daz waz do man schriebens phlag
in dem vierden Idus Nouembris
und nach godes geburt gewis

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nuyn und sybenczig und eylfhundirt
- - - - - - - - - - - - - - - -
ir blieben acht und sybenczig tod
von der grozin martir nod,
dy mit mychelme schalle
geyn hymele vuren alle.
Vurbaz sys ane viengen,
daz clostir sy durch giengen,
waz gudes do dar ynne waz
daz nam enweg der wende haz;
sie wusteden mit roublichir hant
der brudere wonunge unvirwant.
- - - - - - - - - - - - - - - -
daz waz des selbin jaris gewis
in dem dritten Idus Decembris,
daz daz clostir wart virstoret.

Kirchberg CXV. (bei Westph., p. 760 flgd.)

Nach Rudloff und seinen Nachfolgern soll Pribislav im J. 1181 gestorben sein. Als Quellen dieser Angabe führt Rudloff I., 145 die eben angeführten Stellen aus Kirchberg und Arnold von Lübeck II., cap. 33. an. Kirchberg aber nennt ganz klar, wenigstens für die Zerstörung des Klosters nach dem Tode Pribislavs, das Jahr 1179, und Arnod von Lübeck sagt nur, daß Heinrich der Löwe zu Weihnacht 1181 in Lüneburg ein Fest gegeben habe; daß dies dasselbe sei, an welchem Pribislav stürzte, ist nicht angegeben. - Die meklenburgischen Chronisten des 16. und 17. Jahrhunderts, wie Marschalk, Mylius, Lindeberg und Chemnitz, und die Historiker des vorigen Jahrhunderts, wie Franck und Schröder, nehmen alle das Jahr 1178 als das Sterbejahr des Pribislav an. Und alles spricht für diese Annahme. Ueber den Sterbetag des Fürsten haben wir genauere Nachrichten. Pribislav starb zu Lüneburg, ward in der Michaelis =Klosterkirche auf dem Kalkberge beigesetzt und war Wohlthäter dieser Stiftung. In dem gleichzeitigen Necrologium monasterii St. Michaelis Lüneburg., herausgegeben von Wedekind, S. 98, ist der Sterbetag Pribislavs auf III kal. Januarii, d. i. den 30. December 1 ) angezeichnet. Es heißt hier nämlich mit der gleichzeitigen Schrift:


1) In den Jahrb. I., S. 135 hat sich ein auffallender Druckfehler oder Irrthum eingeschlichen, indem dort der 26, December als Todestag nachdem Nekrologium angegeben ist.
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III kal. Jan. O. Prebeszlauus fr. nr.
IIII or solides de salina. de prebenda.

und mit der Schrift des 13. Jahrhunderts:

III kal. Jan.

O. Prebiszlaus Inschriftskreuz fr. nr. princeps Slauorum, qui primus procerum Slauie factus est Christianus. pro quo filius Borewinus dedit sancto Michaeli in Slauia uillam Szizzimouwe, que nunc dicitur mons S. Michaelis.

Hiemit stimmt das Doberaner Nekrologium des Kreuzgangsfensters, Jahrbücher I., S. 136, überein, indem dieses ebenfalls den Sterbetag Pribislavs auf denselben Tag setzt, auf:

III kal. Januarii;

statt des Sterbejahres hat dieses Denkmal wahrscheinlich das Jahr der Versetzung der fürstlichen Leiche von Lüneburg nach Doberan (1215).

Die Zerstörung des Klosters Doberan setzt Kirchberg mit ausführlicher Beschreibung in das Jahr 1179, auf den 10. November und 11. December, unmittelbar nach dem Tode Pribislavs. Da es im Mittelalter herrschende Sitte war, das Jahr mit Weihnacht anzufangen, so starb Pribislav am 30 December, und zwar nach mittelalterlicher Rechnung im Jahre 1179, d. i. nach jetziger Rechnung im J. 1178. 1 ) Das Todesjahr Pribislavs giebt die Dober. Genealogie nicht an, wohl aber das Jahr der Verwüstung des Klosters:

Porro predicto domino Pribizlao cum patribus dormiente et venerabili patre et episcopo Bernone pre senio deficiente, reliquie Amorreorum 2 ) ydolatre sancte religionis et fidei inimici gregem dominicum et vineam domini sabaoth noviter plantatam armata manu inuadentes peremerunt in veteri Doberan vna die 3 ), scilicet quarto idus Nouembris anno domini MCLXXIX, occisorum animas circiter LXXVIII 3 )


1) Auch Wersebe Niederländ. Colonien u. s. w. I., S. 432, N. 39, und Böttiger Heinrich der Löwe, S. 364, N. 418, folgen Rudloff, indem sie die beiden chronistischen Angaben mit einander in Verbindung zu setzen suchen; jedoch bestimmen beide schon richtiger, da sie das Todesjahr Pribislavs in 1180 sehen, denn die Weihnachtstage von 1181 konnten nur in die ersten Tage unsers Jahrs 1180 fallen. Darin irrt aber Böttiger, daß er meint, Kirchbergs Reimchronik gebe durchaus keine Zeitbestimmung an.
2) Amorrei = Amorrhaei, 'Aμορραϊοι, Amoriter = Götzendiener.
3) Nach diesen Darstellungen scheint Kirchberg auch diese Genealogie, welche unstreitig aus ältern Quellen fließt, benutzt zu haben.
3) Nach diesen Darstellungen scheint Kirchberg auch diese Genealogie, welche unstreitig aus ältern Quellen fließt, benutzt zu haben.
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totamque substantiam monasterii nichilominus depredantes.

Wichtiger als diese Combinaton ist der Umstand, den Chemnitz im Leben Borwins aus einer "Brieflichen Urkunde" mittheilt, daß nämlich H. Borwin I. im J. 1179 die Hälfte des Schlosses Marlow mit neun Dörfern einem Henricus de Bützow übergeben habe, um diese Gegend zu cultiviren. Aus diesem Act läßt sich schon eher schließen, daß Borwin in diesem Jahre die Regierung angetreten habe und Pribislav abgetreten sei. - Daß das älteste Kloster Doberan wirklich von den Wenden verwüstet sei, sagt Borwin selbst, indem er in einer Urkunde von 1192(Westphalen Mon. III., p. 1469) sagt, sein Vater habe das angefangene Werk nicht vollenden können" "per insultum slauorum et per alia multa impediluenta".

1186 stellt Heinrich Borwin das Kloster wieder her.

Do man nach godes geburt schreib gar
eylfhundirt ses und achzig jar
in dem achten Kalendas Junii,
der Croniken schritt lyd mir des bi,
als Alexander babist waz,
und euch daz romische rich besaz
von Swobin Keysir Frederich,
der fürst Hinrich Burwy
mit godes helfe falsches fry
- - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -
mit truwen des erbeydte sich,
daz her wider uf richte,
daz êr syn vater stichte,
zu Doberan daz convente
nach syner alden rente
undir dem apte sundir haz,
der zu Amelungisbornen waz
dy czid, der hiez appid Johan.
Sus wart irnuwet Doberan
und wart mit groszir andacht
daz conuent zu besitzunge bracht.

Kirchberg CXVI. (bei Westph., u. 761.)

Wann die frühesten Klostergebäude an dem neuen Orte aufgeführt sind, läßt sich nicht erweisen; im J. 1189 scheint jedoch noch kein Gebäude des neuen Klosters aufgeführt gewe=

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sen zu sein, da in einer Bulle des Papstes Clemens von d. J. wohl des Ortes Doberan, aber nicht des Klosters Doberan, dagegen des Klosters Dargun erwähnt wird.

1190 stellt Nicolaus von Rostock zwei Schenkungsbriefe an das Kloster Doberan aus, aus denen die Wiederherstellung des Convents sicher hervorgeht.

Vgl. Westph. Mon. III., p. 1467. Diese beide Urkunden sind die ältesten Urkunden des Klosters Doberan und noch dadurch merkwürdig, daß das anhangende Siegel des Nicolaus ein Reitersiegel ist, wohl des einzigen meklenburgischen Fürsten, der sich eines solchen Siegels bedient hat.

1192 bestätige Borwin I. das Eigenthum des Klosters und verleiht demselben neue Rechte.

Vgl. die Urkunde bei Westph. Mon. III., p. 1469. Diese Urkunde ist nach den vorhandenen Papieren des Klosters und nach dem Bekenntniß des Klosters in dem Diplomatarium das älteste Privilegium der Stiftung, da von Pribislav schon im 13ten Jahrh. keine Urkunden vorhanden waren. - Die Doberaner Genealogie sagt:

Hinricus Burwy nobilis princeps, supradicti domini Pribizlaui filius et heres vnicus, opus, quod pater suus pie inceperat, et inimicus fidei, scilicet gens pagana deuastauerat, plenius per omnia perfectissime restaurauit. Hic enim adiutorio - domini Bernonis - conuentum secundario de Amelungesborn sub domino Johanne ibidem abbate existente in possessionem claustri bene restauratam aduocando introduxit et primum priuilegium super fundacionem abbacie Doberanensis liberaliter donauit.

1193 confirmirte Bischof Brunward dem neuen Kloster Doberan (dem nuwen clostere Doberan) seine Rechte.

Vgl. Kirchberg p. 762.

1218 bestätigte Borwin I. wiederholt die Rechte und Besitzungen des Klosters.

Vgl. Westph. Mon. III., p. 1474.

Seit dieser Zeit, und schon seit dem Jahre 1215, werden beständig Kloster und Convent genannt. 1 ) Auch müssen um


1) Z. B. im J. 1218 universalis conventus unter dem Abte Hugo zu Doberan; vgl. Westph. Spec. Mon. p. 13. Bei der Stiftung des Klosters (  ...  )
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diese Zeit Kirchen= und Klostergebäude, wenn auch nur interimistisch, vollständig eingerichtet gewesen sein, da der Konvent die Leiche Pribislavs von Lüneburg holte und sie zu Doberan im neuen Kloster beisetzte. Nach den bisherigen historischen Forschungen wird das Jahr 1215 1 ) für diese Handlung allgemein festgesetzt; diese Zeitbestimmung ist wohl aus Kirchberg geschöpft, welcher sagt:

Der des closters stichter was, -
dy brudere holeten yn sundir haz,
mit michelen betrubin
zu Doberan sy yn begrubin.
Alsus was mit arbeyd
daz conuent lange nach ym bereyd.
Syn erben hulfen sunder raste
den munchen ouch dar zu vil vaste,
daz Pribisla der selige man
wart begrabin zu Doberan.
Daz was, du man nach godes geburt
schreib tusent vnde czweihundirt vurt
und funfczehin iar, dy czid gewis
kalendas Octobris,
do wart her dort irhabin
und hy widder begrabin
mit grossin eren wirdiglich,
als es eyme konige vugete sich.

Kirchberg CXIV. (bei Westph., p. 760.)

Dieselbe Angabe hat die Doberaner Genealogie, indem sie, gleich nach Aufführung der Wiederherstellung des Convents, sagt:

Quo facto et conuentu predicto in loco perseuerante ex vehementi ipsius conuentus desiderio et conamine dicti domini Hinrici Burwi principis ossa patris sui domini Pribislaui anno domini MCCXV kal. Octobris de Luneborgh asportantur et in Doberan, vbi nunc est claustrum, honorifice reconduntur.


(  ...  ) Sonnenkamp im J. 1219 waren Abt, Prior, Kellermeister und Kämmerer des Klosters Doberan Zeugen.
1) Im J. 1216 ward auch das, im J. 1173 gestiftete Cistercienser=Kloster Dargun nach langer Verwüstung des Klosters und Vertreibung seiner Bewohner wieder hergestellt und durch Mönche aus dem Kloster Doberan wieder bevölkert.
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Mit diesen, aus den Denkmalen des Klosters Doberan geschöpften Nachrichten scheint eine andere Angabe einer Lüneburger Urkunde, gedruckt in der seltenen Schrift: Gebhardi Diss. secularis de re litteraria Coenobii S. Michaelis in urbe Luneburga, Luneb. ex officina Sterniana, 1755, nicht übereinzustimmen. Nach dieser Urkunde 1 ) vom Jahre 1219 schenkt Heinrich Borwin I.,

"pro remedio anime nostre et parentum nostrorum et precipue domini Pribizlai patris nostri",

das Dorf Cesemone (nach dem Necrol. St. Michaelis: Szizzimouwe) der

"ecclesie beati Michaelis Archangeli in Luneborg, ubi corpus dicti patris nostri quiescit".

Die Urkunde ist datirt: Acta sunt hec anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo XIX. - Diesen Widerspruch weiß ich nicht zu heben; hat das Datum der Urkunde, welche uns der verdienstvolle Wedekind in einem correcten Abdruck schenken möge, seine Richtigkeit, so hat die Nachricht, daß Pribislav noch 1219 zu Lüneburg begraben lag, allerdings den Vorzug.

Uebrigens wird im J. 1218 ein abbas de Doberan uniuersalisque conuentus ibidem genannt, (vergl. Franck A. u. N. M. IV, S. 37.) und in einer Urkunde Heinrich Borwins vom J. 1219 werden schon Kirche und Kloster Doberan aufgeführt.


Aus diesen Zeugnissen geht hervor, daß auf Betrieb des Bischofs Berno durch den Fürsten Pribislav zu Doberan schon im J. 1164 eine Kirche oder Kapelle und 1170 ein Kloster gegründet ward, beide Stiftungen aber, nach dem Tode ihres Schirmherrn, im J. 1179 von den Wenden verwüstet wurden. Dieses Kloster stand nun unbezweifelt zu Althof. Dies beweiset vor allen Dingen die dort noch stehende Kapelle, welche nach allen vorgetragenen schriftlichen Zeugnissen, nach dem Baustyl und den dort aufgefundenen Inschriften unter Pribislav gebauet ward. Die Kapelle zu Althof ist im Gewölbe im Rundbogenstyl, wenn auch aus der Zeit seines Verfalls, erbaut, welcher mit dem Anfange des 13. Jahrhun=


1) Vgl. Urkunden=Sammlung: Vermischte Urkunden.
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derts und schon etwas früher durch den deutschen Spitzbogenstyl verdrängt ward. Die Fenster der Kapelle nähern sich von den rundbogigen Fenstern neben dem Eingange nach dem Altare hin immer mehr dem Spitzbogen. Das ganze Innere des Gebäudes, des einzigen dieser Art in Meklenburg=Schwerin, macht einen beruhigenden Eindruck. Die Stelle des Altars ist mit kleinen Ziegeln von ungefähr 2" im Quadrat gepflastert, welche mit Löwen, Greifen, Schwänen, Rosetten und andern Verzierungen in dünner Mosaik oder Glasur belegt sind. Mit ähnlichen Steinen sind mehrere Stellen im hohen Chor der Doberaner Kirche, z. B. die Altarstelle und das Grab Heinrichs des Löwen belegt: ein Beweis, daß im Anfange des 14. Jahrhunderts an der Kapelle gebauet ward. Es werden in den ältesten Urkunden immer mehrere Ortschaften Doberan unterschieden; in der Urkunde des Bischofs Berno von 1177 kommen zwei, oder, wenn man will, drei vor: das praedium in Doberan, in welchem das alte Kloster gegründet war, Doberan (wohl der fürstliche Hof) und villa slauica Doberan; ungefähr so verhält es sich noch 1192 nach der Confirmations=Urkunde Borwins: hier wird noch das Landgut genannt, welches Pribislav dem Kloster zur Erbauung der Abtei geschenkt hatte, und daneben die Stelle des Klosters (praedium in Dobran ad construendam abbatiam und locus in quo monasterium situm est in Dobran) und Dobran (wohl der Ort, der vorher wendisch Doberan genannt wird). Ebenso lautet die Urkunde Borwins von 1218. Der Ort, wo zuerst Kirche und Kloster erbauet wurden, hieß späterhin Alt=Doberan oder Althof; in einer Urkunde des Bischofs Hermann von Schwerin vom 4. October 1273 über die Zehnten des Klosters wird der Zehnten des Ortes, wo das neue Kloster stand (decima loci, in quo ipsum monasterium situm est) neben dem Zehnten von Alt=Doberan (decima antiqui Doberan) aufgeführt; die Urkunden aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nennen den Ort curia antiqua, Kirchberg nennt ihn Alt=Doberan; in spätem Zeiten heißt er immer Althof. Hier war Woizlava begraben und bei ihr waren, nach Marschalk, die von den Wenden erschlagenen Märtyrer bestattet. - Mit diesen Angaben stimmen denn auch die baulichen Ueberreste zu Althof überein: zuerst die restaurirte Kapelle; dann Reste des Klosters, die Monumente, von welchen der Professor Schröter in einem Berichte an des Großherzogs K. H. vom 9. September 1822 sagt: "Als

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"Reste des ersten Klosters erscheinen: 1) die große Scheure auf dem Hofe, die nicht allein von außen in der schön erhaltenen Fronte nach dem Felde zu, in den Pfeilern und dem gewölbten Thorwege ihre Bestimmung verräth, sondern fast noch mehr von innen durch die vielen massiv aufgemauerten Spitzbogen, welche sie der Länge nach durchziehen 1 ); 2) die Fundamente, welche der jetzige Pächter Vielhaack an mehreren Stellen des Hofes entdeckt hat; 3) die Keller, welche unter dem Teiche auf dem Hofe sich hinziehen und aus welchen die fabelhafte, oft vorkommende Sage eines unterirdischen Ganges bis nach Doberan entstanden zu sein scheint. Daß übrigens Gewölbe hier sein müssen, beweiset die merkwürdige und fast augenblickliche Versiegung des Teiches, als man bei seiner Schlemmung eine Lücke im Gemäuer verursacht hatte."

Diese Gebäude wurden, nach Kirchberg, von den Wenden auch nicht abgebrochen, sondern nur im Innern verwüstet. Dennoch ward bei der Restaurirung des Klosters durch Borwin im J. 1186 das Kloster an den Ort verlegt, wo jetzt noch die schöne Kirche steht, wahrscheinlich um dem ehrwürdigen, merkwürdigen Kloster eine größere Ausdehnung und Schönheit geben zu können, als es die alten Gebäude zu Althof gestatteten. So ward denn seit 1186 die neue Abtei Doberan gegründet, über deren einzelne Hauptgebäude noch Nachrichten vorhanden sind. Die Kapelle zu Althof ist aber das älteste Gotteshaus in Meklenburg=Schwerin.


1) Nach einem Inventarium vom J. 1712 war die Scheure mit "Brandmauern" aufgeführt und mit einer "Brandmauer" durchzogen; die übrigen Gebäude zu Althof waren damals, außer dieser Scheure und dem Backhause (der Kapelle), von Fachwerk. Nach dem Pacht=Contract von 1726 waren die östliche Mauer und die Giebel nord= und südwärts, auch die, die Scheure in der Mitte durchziehende "Riehwand von Brandmauer". Am 30. Julius 1792 traf dies Gebäude dasselbe Geschick, welches für das Backhaus so folgenreich ward, ohne jedoch eine Veränderung zu bewirken; ein Blitzstrahl schlug in die "große Scheure"; sie brannte aus und das Dach stürzte ein, jedoch ward sie wieder ausgebaut, wobei die alten Mauern und Pfeiler wieder benutzt wurden. In dem jüngsten Inventarium wird das, was stehen blieb, beschrieben: die nördliche, östliche und südliche Seite, so wie der ganze nördliche Giebel ist massiv von Mauersteinen, die westliche lange Seite mit dem Anbau und der südliche Giebel sind von Fachwerk; an der östlichen Seite sind 4 große massive Pfeiler, eben so am südlichen Giebelende, bei der großen nördlichen Thür eben so; die (innere) Wand an der Fachseite ist ebenfalls massiv. - (Die Nachrichten seit 1726 sind aus den Kammer=Acten entnommen.) - Die Ringmauern des alten Gebäudes stehen nach einer Besichtigung noch. Das Gemauer ist sehr alt. Es ist ein Oblongum in der Grundform und hat an der äußere längern, östlichen Seite 15 Fenster und nach der Seite der Kapelle hin eine Thür, alle im Spitzbogen aufgeführt und jetzt zugemauert; die mit dieser Seite parallel laufende Wand, welche jetzt Scheidewand innerhalb der Scheure ist, hat eben so viele correspondirende Oeffnungen, welche noch alle offen stehen.
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Nachdem die Wiederherstellung der Abtei im Jahre 1186 beschlossen war, lebten die Klosterbrüder wahrscheinlich zuerst noch in Althof, wo doch sicher ein Gotteshaus stand. Ohne Zweifel ward bald der Grund zu der Kirche an dem neuen Klosterorte gelegt. Diese ward am 3. October 1232 geweihet; dies geht aus einer Original=Urkunde des Bischofs Brunward von Schwerin hervor, in welcher er des Klosters und der Kirche Privilegien bestätigt:

Doberan die consecrationis eiusdem ecclesie V a nonas Oct., incarnationis dominice anno M°CC°XXX°II°.

Es waren bei dieser Feierlichkeit viele hochgestellte Personen gegenwärtig, welche Zeugen der erwähnten Urkunde sind, z. B. die Fürsten Johann von Meklenburg und Nicolaus und Heinrich von Rostock, ferner vier Bischöfe: Brunward von Schwerin, Balduin von Semgallen, als Legat der römischen Curie, Johann von Lübeck und Gottschalk von Ratzeburg, ferner vier Aebte, drei Präpositen und A. m. Jedoch war der Bau der neuen Kirche gewiß noch nicht ganz vollendet, da im Jahre 1248 1 ) eine Urkunde (gedruckt in Westph. Mon. III, p. 1491) ausgestellt wird, als eine Kapelle an der Kirche geweihet ward:

in festo dedicationis capellule, que ad portam est fundata.

Nach Zeugenaussagen liegen ungefähr östlich von der Doberaner Kirche in der Gegend des Beinhauses im jetzigen Park die Fundamente einer Interimskirche, welche allerdings bis zur Vollendung des Baues der neuen Kirche wohl vorhanden war.

Die massiven Klostergebäude (die "Steinhus", nach Kirchberg) wurden meistentheils unter dem Abte Conrad II. von Lübeck (1283-1293) aufgeführt 2 ): des Abtes Haus, das Schuhhaus und das Gasthaus und außerdem die Mauer um das Kloster. Ueberdieß hinterließ er 11,000 Mark Silbers zur Vollendung des Klosters. - Das


1) Um diese Zeit war, nach einer Urkunde (auch gedruckt in Westtph. Mon. III, p. 1485), im J. 1243 ein
Rotherus magister operis
und 1257
Sigebodo magister operis.
2) Im J. 1282 war im Kloster ein:
Ludolfus magister operis,
und im J. 1298 ein:
Henricus monachus tunc magister operis.
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alte Klostergebäude ("gar schone, ane gebrechin und gehone", nach Kirchberg) war von Fachwerk (daz hulzene munstir). Der Abt Johann (seit 1294) ließ es einreißen und ein neues massives Gebäude von dem, von Conrad hinterlassenen Gelde aufführen; man vgl. Kirchberg in Westph. Mon. p. 778 u. 781. Uebrigens war der neue Bau nothwendig, da ein Blitzstrahl das Kloster angezündet hatte; man vgl. Detmars lübeckische Chronik von Grautoff:

"1291. dat closter to dobran darna vorbrande in unses heren hemelvardes avende van blixsem unde unveder, darumme de monike sere wurden bedrovet."

Am 18. Januar 1302 schenkte der Fürst Heinrich von Meklenburg dem Kloster mehrere Einkünfte von der Insel Pöl, auch zu dem Zwecke, in der fürstlichen Begräbnißkapelle zu Doberan eine brennende Kerze zu unterhalten und lobenswerthe Fenster machen zu lassen; vergl. Westph. Mon. III, pag. 1570.

Aber erst am Trinitatisfeste 1368 waren alle Kirchen= und Klosterbauten so weit fertig, daß sie der Bischof Friederich II. von Schwerin als vollendet einweihen konnte.


Nach dieser zur Erläuterung unserer Inschrift nöthigen Darstellung mag es vielleicht gelingen, sie in Zusammenhang und zum größern Theile in Uebereinstimmung mit der Geschichte zu bringen.

Nach allen Zeugnissen aus dem 16. und 17. Jahrhundert über die Aufräumung der Kapelle waren dort zwei Inschriften: die eine mit dem Titel des Pribislav, die andere auf die Woizlava. Es steht zunächst zur Frage, auf welche von diesen beiden Personen unsere Inschrift gerichtet ist, ob auf Pribislav, ob auf Woizlava, oder ob die allenthalben an der innern und äußern Wand der Kapelle zerstreuet gewesenen Steine zu beiden Inschriften gehören. Hiebei ist vor allen Dingen zu bemerken, daß auf den ersten Blick die Steine sowohl nach der Masse der Ziegel, als auch nach der Form der Buchstaben, der Art der Einschneidung derselben und der Glasur sich in vier verschiedene Arten theilen: a) in die 6 glasurten Ziegel, welche für die äußere Mauerwand bestimmt waren und welche alle von derselben Arbeit sind; b) in die 12 nicht glasurten (mit 1 bis 11 und 0 bezeichneten) Steine aus dem Innern der Kirche, welche die Hauptmasse der Inschrift bilden und welche ebenfalls aus einer und derselben

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Hand hervorgegangen sind; endlich c) aus dem kleine α mit den Buchstaben e L A US t RIF und d) dem Steine ʆ mit den Buchstaben e .S e PV, welche offenbar von neuerer Arbeit sind und von denen jeder allein steht. Die zwölf Steine, welche den Haupttheil der Inschrift bilden, haben zu viel Zusammenhang unter sich, als daß man auf den Gedanken kommen könnte, sie zu trennen. Der mittlere Theil der Hauptmasse, Stein 3 bis 7, redet nun offenbar von der WOIZlaV (Stein 5 und 6); da auch die meisten der übrigen Steine dieses Haupttheils durch die weiblichen Endungen der auf ihnen stehenden Wörter auf eine weibliche Person deuten, so liegt die Annahme sehr nahe, alle zwölf Steine als zu der Inschrift auf die Woizlava gehörig zu betrachten. Die übrigen Steine, von anderer Arbeit, enthalten aber, mit Ausnahme der beiden ersten glasurten, Wiederholungen oder Ergänzungen des Inhalts der zwölf Hauptsteine und geben dazu in manchen Fällen, wegen anderer Anordnung der Buchstaben, den Zusammenhang noch bestimmter, als die zwölf Hauptsteine. Man wird daher gezwungen, anzunehmen, daß alle vorhandenen Steine zu derselben Inschrift gehören, welche aber in mehrern Exemplaren in den Wänden der Kapelle gestanden haben muß, um so mehr, da die Steine an der innern und äußern Mauer der Kapelle gefunden wurden. Da der glasurte Stein c nun den Namen WOIZL A U ganz und unversehrt enthält, so scheint kein Zweifel obwalten zu können, daß alle vorhandenen Steine zu der Inschrift auf die Woizlava gehören.

Gehen wir jetzt zur Erläuterung der Inschrift. Der Mitteltheil derselben, die Steine 3, 4, 5, 6 und 7, c und d, und α, geben, sich einander erläuternd und ergänzend. Folgendes:

Inschrift

claustri fundatrix Woizlav, terrae domina, fil(ia etc.) . . . .
(Des Klosters Gründerin Woizlav, des Landes Herrin, Tochter . . . . u. s. w.).

Der Inhalt dieser Worte scheint von den geschichtlichen Angaben abzuweichen. An sehr vielen Stellen sagt Kirchberg, daß Pribislav das Kloster fundirt habe; die Inschrift nennt aber die Woizlava als die Gründerin. Dieser scheinbare Widerspruch hebt sich aber leicht. Nach allen Urkunden schenkte Pribislav der Brüderschaft ein Landgut zur Erbauung einer Abtei; nach Kirchberg ließ derselbe auch das Münster bauen.

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Aber wenn auch Pribislav dies alles that, so bleibt doch noch der Ausweg, daß Woizlava ihren Gemahl zum Christenthum bekehrte und damit die Veranlassung und also wahrhaft die erste Gründerin des Klosters ward; auch ist es nicht unwahrscheinlich, daß Woizlava bei ihrem Eifer für das Christenthum die Mittel zur Erbauung der Kapelle oder des Klosters hergab, und ihr Gemahl die Ausführung und die Dotirung übernahm, und daß deshalb die dankbare Nachwelt ihr Verdienst nicht verschweigen wollte, wenn auch Pribislav als Landesherr zur größern Sicherheit seinen Namen in den Rechtsgeschäften hergeben mußte. - Zu beklagen ist, daß hinter dem Steine d, nach FIL . ., eine Lücke in der Inschrift ist, in welcher offenbar die Abkunft der Woizlava stand.

Etwas mehr zerrissen ist der letzte Theil der Inschrift, aus den Steinen 8, 9, 10 und 11, e und f, und β bestehend; jedoch ist der Zusammenhang der Steine noch klar und auch der Umstand gewiß, daß diese Parthie das Ende der Inschrift bildet, indem der Stein f ein Inschriftskreuz , als Bezeichnung des Endes, enthält, auch dieser Stein wohl noch an seiner ursprünglichen Stelle, am Ende der linken Seitenwand der Kapelle der Fronte zu, also am Ende der Inschrift eingemauert war, wenn diese links in der Fronte begann und rings um die Kapelle lief. - Der Zusammenhang dieses Theils ist folgender:

Inschrift

Die hier vorhandene Lücke ergänze ich folgendermaßen:

datrix, fulta fide, mortua est et in loco huius ecclesiac sepulta.
(- Geberin, ist, nach Sicherung des Glaubens, gestorben und in dieser Kirche begraben worden.)

Die Buchstaben e c I e auf dem Steine 11 halte ich für eine Abbreviatur des Wortes ecclesie. - Den Stein 0 mit dem vollen Worte VIR s I e habe ich, trotz aller Bemühungen und jahrelanger Forschung, nicht in den Zusammenhang hineinbringen können und ihn deshalb als zweifelhaft hingestellt; jedoch ist am Ende dieses Abschnitts ein anderer Erklärungsversuch gewagt.

Viel schwieriger und unsicherer ist derjenige Theil der Inschrift, aus den Steinen a und b, und 1 und 2 bestehend, welche ich in den Anfang der Darstellung gesetzt habe. Das Schwierigste dabei bleibt die Erklärung des Steins 1 und die

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Anfügung der Steine a und b, welche letztere beiden Doubletten sind. Ich wage es, den Sinn und die Stellung folgendermaßen zu ordnen:

Inschrift
Anno quo magnus ille
nodator ecclesie nascitur.
(In dem Jahre, als jener große Befestiger der Kirche geboren wird.)

Das Wort nodator (der einen Knoten schürzt) kommt im Mittelalter für: Zeuge, Bekräftiger, Bestätiger, vor (vgl. Du Fresnes. v. nodator und Dreyer Samml. verm. Abh. I. S. 9), wie es noch in spätem Zeiten Ueberlieferung war, daß die Schürzung eines Knotens zur Bekräftigung einer Urkunde in alten Zeiten hinreichend gewesen sei. - Ich leugne nicht, daß diese Deutung der Inschrift etwas ungewöhnlich ist, aber ich wünsche aufrichtig, daß heller Sehende etwas Besseres hiefür geben mögen. - Historisch läßt sich meine Deutung rechtfertigen, wenn man diese Stelle auf Heinrich Borwin I. bezieht und in diesem, was er in der That war, den großen Befestiger der Kirche in unserm Vaterlande erkennt: nach Kirchberg starb Woizlav in dem Jahre oder doch kurz darauf, nachdem sie den Heinrich Borwin geboren hatte. - Wäre diese Erklärung des ersten Theils der Inschrift richtig, so würde dies noch mehr für eine Uebereinstimmung zwischen ihr und Kirchberg sprechen.

Der Stein mit den Buchstaben e c I e steht ohne Doublette etwas isolirt; er könnte in den ersten Theil der Inschrift gesetzt werden:

Inschrift

Damit würde die, allerdings etwas harte Conjectur der Wörter: in loco, am Ende der Inschrift auch nicht nöthig sein und es wäre einfach zu setzen:

Inschrift

Nach diesen Erklärungsversuchen würde sich die ganze Inschrift folgendermaßen gestalten; (Antiquaschrift ohne Einklammerung bedeutet nothwendige und wahrscheinliche Ergänzung, mit Einklammerung Conjectur:)

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Inschrift
oder in Antiquaschrift:

[Anno] quo magn[us] ille nod[ator ecclesie] nascitur, claustri fundatrix Woizlav, terre domina, filia - - - - - - - - datrix, fulta fide mortua est et in loco huius ecclesie sepulta. Inschriftskreuz
(In dem Jahre, als jener große Befestiger der Kirche geboren wird, ist des Klosters Gründerin Woizlav, des Landes Herrin, die Tochter des - - - - - - - -, die Geberin, nach Sicherung des Glaubens, gestorben und in den Räumen dieser Kirche begraben.)

Es bleibt noch übrig, noch einen Erklärungsversuch des ersten Theils der Inschrift hier mitzutheilen, der auf den ersten Blick sehr nahe zu liegen und richtig zu sein scheint. Dieser Versuch besteht darin, daß man den ersten Theil der Inschrift auf die Jahre Christi bezieht und dann, mit Hineinziehung des Wortes VIR s I N e , abtheilt, ergänzt und liest:

Inschrift

d. i.

(Im Jahr [1172?], als jener große Begründer der Kirche von der Jungfrau geboren ward.

Dies würde zu dem Inschriftenstyl des Klosters Doberan stimmen, indem auch die, noch vorhandene Inschrift auf dem Grabe Heinrichs des Löwen aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts in Ziegelsteinen im hohen Chor die Jahre Christi also umschreibt:

Anno milleno
Tricen. [vicen.] noveno
Natus est ille
Quem predixere Sibille, etc.

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Man könnte auch in dem Steine 1 den Rest von der Jahrszahl des Sterbjahres der Woizlava finden und ILL e N O für den Rest von milleno 1 ) nehmen; aber das auf demselben Steine am Ende noch befindliche D würde dann auf ducentesimo hinweisen; die Inschrift aber redet vom 12. Jahrhundert. An dieser Klippe, diesem D, scheiterten vorzüglich viele Erklärungsversuche Schröters. Dennoch bliebe noch der Ausweg, diesen Theil der Inschrift als zu einer andern Inschrift auf das Begräbniß Pribislav in Doberan gehörig zu betrachten.


Die letzte Frage, die wir noch zu berühren haben, ist die nach dem Alter der Inschrift. Die fünf glasurten Steine 2 ) kündigen sich nach der Ziegelmasse und der Schrift als die ältesten an. 3 ) Die Hauptmasse der zwölf Steine ist wohl etwas jünger: die ausgezeichnete Sculptur und die Schriftzüge verrathen das, in Beziehung auf Meklenburg feinere und gebildetere vierzehnte Jahrhundert; namentlich möchten die Schriftzüge entscheiden: hier findet sich ein elegantes t zugleich neben dem T, und die zierlichen Schwingungen des N , und s auch die Züge der Buchstaben A , L und S sprechen für eine jüngere Zeit. Sculptur und Schriftzüge dieses Theils der Inschrift haben eine auffallende Aehnlichkeit mit den Umschriften auf den Siegeln aus dem Anfange des vierzehnten Jahrhunderts in den Ostseeländern. Die beiden allein stehenden Steine α und β sind sogleich als jüngere Arbeit zu erkennen, stimmen auch in Form und Größe nicht mit den übrigen; das in einer Ellipse stehende S und die flache, leichtfertige Sculptur verweiset sie in das 15. Jahrhundert.


1) Diese Form, statt millesimo, kommt öfter vor; man vgl. VII. Jahresbericht der Pomm. Ges. 1836, S. 38.
2) Nach v. Minutoli Mittelalterlichen Baudenkmalen der Mark Brandenburg wurden die glasurten Ziegel am Ende des 12. und im Anfange des 13. Jahrhunderts gebraucht: "Die Anwendung glasirter Ziegel scheint erst ins Ende des zwölften und den Anfang des dreizehnten Jahrhundert zu fallen, wo das mosaikartige Auslegen der Wände und Böden beliebt war", v. Minutoli S. 12. - Diese mosaikartige Auslegung des Fußbodens findet sich zu Althof und zu Doberan, hier auch am Grabe Heinrich des Löwen († 1329).
3) Der Herr Professor Rösel zu Berlin, welcher die Inschrift im J. 1836 in Schwerin sah, erklärte sich übereinstimmend mit dem, den Steinen hier zugeschriebenen Alter. Auch der Herr Dr. Prosch zu Ludwigslust ist derselben Meinung, welche jedoch darin etwas abweicht, daß die beiden Hauptmassen der glasurten und der nicht glasurten Ziegel in der Zeit sehr nahe stehen dürften und es schwer zu entscheiden sein möchte, welcher Theil der ältere sei, um so mehr, da die Glasur die Ausschneidung der Buchstaben sehr ausgefüllt hat.
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Hieraus ließe sich eine Geschichte der Setzung der Steininschrift entwerfen. Nach dem ganzen Inhalte der Inschrift ward sie nach der Verwüstung des Klosters zu Althof und nach der Gründung des neuen Klosters Doberan gesetzt: der Glaube war herrschend, die Kirche gesichert, das neue Kloster Doberan gewiß blühend, die Heidenbekehrung, Woizlav und Berlin waren noch in lebendigem Andenken. Die Inschrift mag also zuerst im Anfange des 13. Jahrhunderts gesetzt sein; wahrscheinlich vernachlässigte man über den Bau des neuen Klosters die Herstellung der ehrwürdigen alten Kirche nicht, sobald nur das neue Kloster so weit gediehen war, daß man sich auch mit andern Bauten beschäftigen konnte. - Die Hauptmasse der Inschrift in den zwölf Steinen scheint im Anfange des 14. oder in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gemacht und an die Stelle abgängiger Steine gesetzt worden zu sein; dies ward entweder durch die oben erwähnten Kriegsverheerungen im Anfange des 14. Jahrhunderts oder durch das Alter der ersten Steine veranlaßt. Die beiden allein stehenden Steine α und β sind wohl Ergänzungen bei spätern Reparaturen. Nimmt man an, daß die zwölf Steine nach den Kriegsdrangsalen im Anfange des 14. Jahrhunderts gesetzt wurden. so muß die Verwaisung der Kirche später geschehen sein. Daß Herzog Heinrich der Friedfertige im Anfange des 16. Jahrhunderts noch einen Pförtner vorfand, scheint darauf hinzudeuten, daß die Kapelle nach und nach verfiel.


Aufrichtigkeit fordert, schließlich noch über den Gang der Erklärung der Inschrift durch den Professor Schröter zu berichten. Zuerst war Schröter nur im Besitz der glasurten Steine; was er aus diesen herausbrachte, will ich nicht aufführen, da er es später selbst verwarf. Nachdem er aber alle, jetzt noch vorhandenen Steine benutzen konnte, ließ er im Jahre 1824 dieselben sauber zeichnen. Dieses Blatt ist mit mehreren Entwürfen zur Zusammenstellung und Ergänzung aufgefunden, aus denen sich die letzte Ansicht Schröters klar erkennen läßt. Er stellt die Steine in folgende Ordnung, (die kleinen Kreuze bezeichnen Anfang und Ende der einzelnen Steine, die darüber gesetzten Buchstaben und Zahlen die Stellen unserer Anordnung):

Inschrift
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Inschrift

Hieraus geht hervor, daß Schröter den Stein d verwarf oder noch nicht kannte, oder als Doublette unbenutzt ließ, eben so einen der beiden Steine a und b.

Einzelne, oft mit Bleistift hingeworfene Conjecturen finden sich mehrfach in seinen Papieren; sie sind alle nicht vollständig, finden sich aber alle in einem vollständigen Erklärungsversuche wieder, den Schröter offenbar nach der Zeichnung entworfen hat. Nach der Zeichnung und der Erklärung nahm er drei Inschriften an, in denen er jedoch viel ergänzte. Seine Erklärung ist folgende:

Est sepulcrum claustri fundatoris terre domini Pribislavi.


Hic iacet claustri fun da trix fult rix datrix Woilava terre domina fide moribus specie. Nascitur anno domini - - denascitur anno milleno duceno - - -


Est sepulcrum terre domini pribislavi conjugis Woislaue constructum eo tempere quo magnifice Jesu Christi ecclesia ulta fulta. Inschriftskreuz

Sowohl aus mündlichen Aeußerungen, als aus schriftlichen Andeutungen geht hervor, daß Schröter die Inschrift auf die Rächung an den abgefallenen Wenden beziehen wollte; daher die Lesung ulta. - Uebrigens zeugt die, bei der Restauration in neueren Zeiten in Althof gesetzte Inschrift, welche, wenn ich nicht irre, der Professor Schröter verfaßt hat, dafür, daß er die urkundliche und allerdings auch richtige Thatsache festhielt, Pribislav sei der Gründer des Klosters. Die Inschrift lautet:

An der Stätte eines heidnischen Heiligthums gründete dies Gotteshaus, den ersten thätigen Beweis seines Christenthums, im Jahre seiner Taufe Pribislav II., letzter König der Obotriten 1166.
Nach Jahrhunderten der Entweihung befahl es herzustellen Sein Enkel im zwanzigsten Geschlechte Friederich Franz, erster Großherzog

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von Meklenburg=Schwerin, im Jahre 1823, das Heiligthum, den Ahnherrn und sich selbst gleich ehrend.


Aus dem Vorgetragenen ergiebt sich nun:

Woizlava, die Gemahlin des letzten Obotritenkönigs Pribislav und die Mutter des Wendenfürsten Heinrich Borwin I., der Ueberlieferung nach eine Königstochter aus Norwegen, bekehrte ihren Gemahl zum Christenthum und veranlaßte, mit Hülfe des Bischofs Berno von Schwerin, die Gründung eines Klosters zu Alt=Doberan, jetzt Althof genannt, wo sie auch begraben ward. Pribislav dotirte und bestätigte als Landesherr die neue Stiftung in dem Jahre, in welchem er sich zum Frieden wandte. Nach dem Tode Pribislavs zerstörten die abgefallenen Wenden das Heiligthum; der Sohn frommer Aeltern, Heinrich Borwin I., stellte das Kloster wieder her, und versetzte es nach dem jetzigen Doberan; Kirche und Klostergebäude zu Althof wurden ebenfalls wieder hergestellt, litten im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts in den Kriegsdrangsalen und waren schon im Anfange des sechszehnten Jahrhunderts verfallen.

Und sollte man die Einzelnheiten dieses Berichts nicht annehmen können, so haben wir doch neben dem sorglichen Kirchberg noch eine Quelle mehr gewonnen, die Inschrift, aus der wenigstens die Wirklichkeit der Woizlava unbezweifelt hervorgeht. Und endlich haben wir eine schöne Thatsache mehr gewonnen: daß die Liebe in dem Fürstenhause unsers Vaterlandes dem christlichen Glauben Eingang verschaffte, ihn befestigte und ihm den Sieg verlieh. Seit dieser Zeit ward die neue Lehre schneller und glücklicher verbreitet, als durch alle andern Versuche.

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II.

Ueber

Bilder meklenburgischer Fürsten

in

der Kirche zu Doberan,

so wie

im Schloß zu Neustadt und im Archive zu Schwerin,

von

G. C. F. Lisch.

(Vergl. Jahrbücher I, S. 131 flgd.)


I n dem ersten Jahrgange der Jahrbücher ist die Darstellung des Kreuzgangsfensters aus der ehemaligen Abtei Doberan mitgetheilt. Obgleich dort Alles gegeben ist, was über dies Denkmal redet, so können doch einige spätere Entdeckungen im Großherzogl. Archive, welche von der Wichtigkeit des Denkmals Zeugniß ablegen, nicht unberücksichtigt bleiben, auch schon deshalb, damit sie nicht später außer dem Zusammenhange mitgetheilt werden und zu Irrthümern Veranlassung geben.

Diese Entdeckungen betreffen neuere Restaurationen des Denkmals, welche sicher erst nach der mitgetheilten Abschrift vorgenommen wurden. Innere Gründe sprechen dafür, daß das Fenster unter der Regierung Albrechts, ersten Herzogs von Meklenburg, verfertigt ward: sein Vater, Heinrich der Löwe, ist der letzte meklenburgische Fürst, welcher in dem Nekrologium aufgeführt ist; der letzte Todesfall darin ist der des Herrn Johann II. von Werle (1337); nicht lange darauf ward die völlige Ausstattung der Abtei mit Kirche und Klostergebäuden vollendet, da der Bischof Friederich II. von Schwerin am Trinitatisfeste 1368 Kirche und Kloster als vollendet ein=

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weihete. Zwischen 1337 und 1368 wird also das Fenster gemacht sein. Nicolaus Marschalcus Thurius († 1525) fand dasselbe noch vor, da er Obotritenkönige in "alten" Fenstern aufgeführt fand; er berichtet dies im Jahre 1522. Die im Archive aufbewahrte Abschrift der Inschriften im Kreuzgangsfenster hat noch den Character des fünfzehnten Jahrhunderts.

Die richtige Erkenntniß oder vielmehr die Entdeckung dieses Fensters wird wohl im J. 1515 geschehen sein. In diesem Jahre waren am Sonntage Reminiscere die Herzoge Heinrich und Albrecht in Doberan und unternahmen die Ausbesserung der Fenster im Kloster, indem sie mit dem Fenstermacher, Meister Hans Goltschmidt aus Rostock, am Montage nach Reminiscere einen Contract dahin schlossen, daß dieser für eine "vermalte Tafel" einen halben Gulden und für eine "unvermalte Tafel" sieben Schilling lübisch haben sollte. Der Contract ist allein mit dem Siegel des Herzogs Heinrich besiegelt.

Diese Restauration erstreckte sich aber in der Folge noch weiter, indem der einsichtsvolle Herzog Heinrich wohl die Bedeutsamkeit der alten Denkmäler würdigte. Im Jahre 1533 sandte er dem (letzten) Abt Nicolaus acht Bilder seiner Vorfahren, auf Leinewand gemalt, um diese auf seine Kosten in dem Fenster des Kreuzganges darstellen zu lassen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Bilder die fünf leeren Räume in dem Fenster füllen sollten, da diese, der Chronologie und Genealogie nach, keine Lücken in dem Nekrologium bezeichnen. Der Abt stellte dem Herzoge über den Empfang dieser Bilder nachstehenden Revers aus:

"Nachdem der Durchleuchtig Hochgeborn Furst vnd her, her Heinrich Hertzogk zu Megkelnburgk, Furst zu Whendenn, Graff zu Schwerin, Rostogk vnnd Stargardt der Lande her, Vns Nicolaenn Abt zu Dobberann achte tucher, daruff seiner furstlichen gnadenn vorelterenn gemalet, vberanthworten hat lassenn, So das wir vff seiner furstlichen gnaden belonung und betzalung, vnd vnsernn kosten essens vnd trinkens, dieselbigen seiner voreltern herkommen in vnserm Creutzgange machen lassen sollen, durch die glaser vnd maler, durch sein furstlich gnad dartzu verordent vnd bestelt, das wir verwilligt vnd verheissen habenn, wie wir hiemit thun, ein solchs vff seiner furstlichen Gnaden darlegen trewe=

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lich zuuerfordern, auch die tucher in guther verwarung zubehalten, vnd nach volendung solchs wergks der fenster die berurthen achte tucher vnuerletzt seinen furstlichen gnadenn zuzustellen lassenn. Des zu Vrkhundt haben wir vitser Abteyenn Ingesiegel mit wissen vff dissen brieff drucken lassen nach Allerheyligen tage Im Jar etc. . XXXIII°.

(Sig. Abbatis Dober.)

Unter der Regierung Herzogs Heinrich des Friedfertigen geschah überhaupt viel für die Belebung des Alterthums im Vaterlande. Unter seiner Regierung wurden auch die Bildnisse sämmtlicher meklenburgischer Fürsten und ihrer Gemahlinnen bis auf ihn auf Pergament gemalt, welche, in einem Bande zusammengebunden, noch im Archive aufbewahrt werden, und von denen Westphalen in Mon. ined. T. IV bei Kirchbergs Chronik einige schlechte Abdrücke gegeben hat. Dies Werk ward, nach einer Jahreszahl in dem letzten Bilde, im Jahre 1526 vollendet. Wahrscheinlich leisteten die Doberaner Bilder dazu Hülfe, wie umgekehrt nach gegenwärtiger Mittheilung der Fürst wieder Bilder nach Doberan lieh.

In der Kirche zu Doberan hangen bekanntlich auch viele Gemälde fürstlicher Personen in Lebensgröße. Es ist die Frage, ob diese Bilder Originale sind. In dem Schlosse zu Neustadt hangen 16 kleine fürstliche Bilder, 12 mit männlichen, 4 mit weiblichen Gestalten; diese Bilder sind 16 Zoll hoch und 8 Zoll breit auf Leinewand, welche in manchen Bildern vor der Malerei zusammengenähet ist. Nach der Arbeit, dem Styl der plattdeutschen Inschriften und der Form der Unzialbuchstaben sind sie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, nach dem fünfschildigen meklenburgischen Wappen, welches sich fast auf allen Bildern findet, aber nicht vor dem letzten Jahrzehend des 15. Jahrhunderts gefertigt. Der letzte der abgebildeten Fürsten ist der Herzog Johann Albrecht I. Die meisten Bilder, namentlich diejenigen, welche Unterschriften haben, sind aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts: des Herzogs Heinrich des Fetten, † 1471, seines Bruders Johann, † 1442, und seiner Söhne Albrecht, † 1483, und Johann, † 1474. Diese können, nach den Wappen, auch keine Originale sein; aber es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie zu den acht Tüchern gehörten, welche der Herzog Heinrich der Friedfertige dem Abte nach Doberan schickte und welche dieser copiren ließ. Im Jahre 1521 scheinen die ältern

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dieser Bilder schon gemalt gewesen zu sein, da Nicolaus Marschalcus Thurius am Ende seiner Annales Herulorum einen Holzschnitt von dem, in türkischer oder tatarischer Tracht abgebildeten Fürsten Niclot mittheilt, wie er auch in der Kirche zu Doberan zu sehen ist. Daß der Maler Hermann Niemann am 11. Sept. 1507 fünf Gulden für zwei Bilder erhielt, welche er für Doberan gemalt hatte (ghein Dobran zu molen), ist ein nicht unwichtiger Wink für das Alter der Bilder.

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III.

Marie oder Marienne,

erste Gemahlin Barnim's II. 1 ) oder des Guten, Herzogs von Vorpommern, Mutter der Fürstin Anastasia, Gemahlin des Fürsten von Meklenburg, Heinrich des Pilgers,

keine Tochter Albrecht I. Herzogs von Sachsen, sondern wahrscheinlich eine Tochter des Pfalzgrafen Heinrich, Herzogs von Sachsen.

Von

A. E. E. L. v. Duve,

Doctor juris und Advocaten in Möllen.


H insichtlich dieser Fürstin sagt der ehemalige Lübecksche Stadt=Syndicus Hermann Georg Krohn in dem (bisjetzt ungedruckten) 2 )

"Versuche einer verbesserten Geschlechts=Historie der Herren Herzoge von Sachsen=Lauenburg aus dem ascanischen Hause":

"sie ward um's Jahr 1247 dem Fürsten Otto, einem Sohne Ottonis pueri, Herzoges zu Braunschweig, verlobt, wie selbiger aber verstarb, dem Kaiser Friedrich II. zugedacht, welches aber der Papst hintertrieb 3 ). Nach=


1) Nach Gebhardi's Zählungsweise, nach der gewöhnlichen aber I.
2) Erwähnt wird dieser für die Lauenburgische Geschichte höchst wichtigen Arbeit, ("quae adhuc inedita meretur, ut in lucem prodeat"), in: Fr. Ph. Strube (praes. Avero) Vindiciae juris Brunvicensis et Luneburgensis in ducatum Saxo-Lauenburgicum. Göttingae 1754. S. 49, not. a. Vgl. auch P. v. Kobbe Lauenb. Gesch. Th. I. Vorrede S. XI.
3) Alberti Stad. Cod. Msc. Helmstadensis ad ann. 1247. bei Hoyer in praef. Contin. Alberti Stad.:
""modicum ante filia ducis Saxonie, Friderico quondam imperatori missa fnerat desponsata. Hanc antea desponsaverat Otto, filius Ottonis ducis Brunsvicensis, modicum post mortuus""
"Innocentii Pontificis rescriptum ad legatum Petrum Capoccium Cardinalem circa ann. 1247. beim Raynaldo Ann. eccl. T. XIII. pag. 566, N. 8.": (  ...  )
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"her ist sie mit Herzog Barnim I. in Pommern vermählet" 1 ).

Kanzow's Pommerania (Greifswald, 1816) Th. I. erzählet:

S. 228:

"1225 hat Herzog Barnim genohmen ein Früwlein Marienna, Tochter Herzog Albrecht von Sachsen."

S. 244:

"Unter demselben anstande im J. 1246, am siebenten Januarii, ist Herzog Barnim's in Vorpommern gemahl Marienne gestorben und in das Jungfrowen=Kloster in Stettin begraben worden, da er nur einen Sohn Bugslaff und zwey Töchter mit gehabt, als Hedwig, die Markgraf Hansen krigte, und Anastasia, welche er dem Fürsten Heinrich von Meklenburg gab."

S. 484:

"1243 hat Herzog Barnim das jungfräuwleyn=Kloster von vor Stettin gestiftet; eodem anno ist bereit tott Marienne ducissa in Stettin; uff dem sigel sitzet ein frawenbilde, hat einen habicht auf der Hand; zur rechten hand richtet sich ein greift auf und zur linken ein löwe" 2 ).


(  ...  ) ""Friderico quoudam imperatori excommunicato et dei et ecclesie inimico prestant manifeste auxilium, consilium et favorem; per quod dictam ecclesiam ut hostes publici persequuntur, Magdeburgensi matrimonium inter ipsum Fridericum et filiam ducis Saxonie procurante. Accepimus siquidem, quod marchio Misnensis, Bavarie et Saxonie duces, et filia ipsius ducis Saxonie, nec non et nobiles de Austria et Stiria et H. de Ouuerstein, qui pro ipsorum nobilium capitaneo, nomine dicti Friderici, se gerit, viri nobiles genere, sed suis perversibus actibus ignobilitantes se ipsos, et in reprobum sensum dati, prefato Friderico contra deum et ipsam ecclesiam assistunt viriliter et potenter. Ideoque mandamus"" etc.
1) "Daß diese Marie oder Marienne mit dem Herzoge Barnim von Pommern vermählet gewesen, bezeugen alle pommersche Scriptores, obwohl sie im Jahre ihres Todes und ob es die erste, oder zweite Gemahlin des Herzoges Barnim gewesen, gar nicht mit einander übereinkommen.
"s. Micraelii Antiq. Pomeraniae lib. III. §. 13. p. 216: item in schemate genealogico;
Hering in den historischen Nachrichten von den Collegiat=Kirchen zu Alt=Stettin § 5."
2) Zu dieser Stelle bemerket der Herausgeber (Kosegarten):
Man vgl. hiemit S. 244 Z. 11, wo Kanzow Marienne's Tod in das Jahr 1246 setzet, und doch scheint er sich in den obigen Zeilen auf eine Urkunde zu berufen, da er die Beschreibung eines Siegels hinzufügt; vielleicht ist dies aber nur das Siegel des neugestifteten Klosters, welches er hier beschreiben will" - (?!)
Wie leicht kann MCCXLVI mit MCCXLIII verwechselt werden, wenn die VI oder III schlecht geschrieben, oder schlecht in Stein gehauen, oder der untere (  ...  )
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Was nun

1) zuvorderst die angebliche Verlobung der Marie oder Marienne mit dem Prinzen Otto und die nachher beabsichtigte Verheirathung mit dem Kaiser Friederich II. betrifft, so enthalten die von Krohn in Bezug genommenen Geschichtsquellen keine Sylbe davon, daß die Tochter des ungenannten Herzoges von Sachsen, dessen dort erwähnet wird, Marie geheißen habe und diese Tochter nachher mit dem Herzoge Barnim II (I). vermählet sei. Gruber Orig. Livoniae fol. 180. not. w., indem er, gleich den Orig. guelph. T. IV. fol. 82. §. 71. eben jene Stellen anführt, nennt die darin erwähnte Tochter eines nicht näher bezeichneten Herzoges von Sachsen: Mathilde 1 ), und bemerket er dabei, diese Mathilde für die dritte Tochter des Herzoges Albrecht I. ausgebend:

"nomen Mathildis est in Alberti (Stadensis) stemmate Billingano p. 277. Haec forte est, quae postea in thoro fuit Helmoldi, Comitis Suerinensis, quem Johannes filius, anno 1274 sororium suum appellat diplomate Msc."

Allein in der Anmerkung * ) zu dem Abdrucke des, beim Raynaldo ann. eccl. l. c. befindlichen päpstlichen Schreibens, welchen die sylva docuiuentorum hinter den Orig. Livoniae als N. XXV. foI. 225. enthält, berichtiget er selbst seine früher geäußerte Meinung, indem er tagt:

"Rynaldus Ottonem puerum intelligit" (nämlich unter der Bezeichnung eines ducis Saxoniae) "quia 1251, N. 8. Papa Saxoniae ducem sollicitavit, ut filiam electo regi Wilhelmo matrimonio conjnngeret, is autem cujus filiam Wilhelmus duxit, Otto puer fuerit".

Abgesehen hievon, so ergiebt sich aber auch aus der bestimmten Nachricht, welche Kanzow über das Jahr der Verheirathung


(  ...  ) Theil der Zahlen beschädiget ist ! - Herzog Barnim I. fundirte und dotirte V. Kal. Martii 1243 das Marienkloster bei Stettin; vgl. v. Dreger Cod. dipl. Pom. p. 234-239, schon VI. Kai. Febr. 1243 setzte Marianne ducissa in Stettin diesem Kloster das Dorf Grabow aus; vgl. v. Dreger I. c. p. 238. Am XV. Kal. Aug. 1242 war Marienna "uxor nostra" Zeugin. einer Urkunde Barnims; vgl. v. Dreger I. c. p. 229 (Anm. der Red.).
1) In der Urkunde vom Jahre 1261 (V. Kal. Maji) wegen der terra Boitin heißt es:
"Nos Helena, Ducissa Sax.,- Johannes et Albertus filii ejus- consentientibus nobis et item filiabus et sororibus nostris Elyzabeth, Helena et Mechtilde, - - -"
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und das Todesjahr der, mit Barnim vermählten Marie mittheilet, mag man in letzter Hinsicht 1243 oder 1246 annehmen, offenbar so viel, daß die ungenannte Tochter des ungenannten Herzoges von Sachsen, deren Albrecht von Stade a. a. O. und der Papst Innocenz a. a. O. erwähnen, nicht jene Gemahlin des Herzoges Barnim sein könne. Freilich verlegt Krohn das Jahr der Verheirathung der Herzogin Marie in eine spätere Zeit, nach dem Jahre 1247; allein

2) diesem stehen die Nachrichten entgegen, welche Kanzow uns in Betreff der zweiten Frau des Herzoges Barnim und deren Nachkommen aufbewahret hat. Nachdem er nämlich (S. 244) den Tod der Herzogin Marie erzählet, fährt er fort:

"So dauerte er (nämlich Barnim) eine kurze Zeit, und nachdem noch Fürst Witzlaff's von Rhügen gemahl Margarethe lebte, welche Herzog Otten von Braunschweig und Lüneburg Tochter was und noch nicht sehr alt was, welcher Schwester Wilhelm der römische König hatte, so dachte er große Verwandschaft der Fürsten damit zu erwerben, und hat er dieselbe wieder zue Ehe ghenomen."

S. 256, 257 aber berichtet er:

"Auf das andre Jar 1263 ist gestorben Herzogs Barnims gemahl Margarethe, damit er keine erben gehabt, allein eine Tochter Elisabeth 1 ), welche hernach herzog Johann von Niedersachsen zue Ehe ghenomen".

Hinsichtlich der frühern Familienverhältnisse dieser Margarethe hatte er bemerket:

S. 229 (beim Jahre 1226): "Witzlaff - der Fürst von

"Rhügen, wie er sahe, daß seine Macht itzund etwas geschwächet was und sorge hatte, er möchte mit der Zeit das andere auch nicht mit frieden erhalten, darum gedachte er, er wollte etwan statliche schwegerschaft erwerben, da=


1) Auf diese Elisabeth ist daher dasjenige zu beziehen, was die Reim=Chronik des Ernst von Kirchberg Cap. 134 und de Behr rer. Mecklenb. Col. 203 von der, bei ihnen nicht genannten Schwester der Fürstin Anastasia sagen, indem sie erzählen: Johann, Herr zu Gadebusch, habe die unmündigen Sohne seines Bruders, des Fürsten Heinrich des Pilgers aufheben wollen, wie Anastasia, die Gemahlin dieses Heinrich und Tochter Barnim's, Herzoges von Pommern, mit ihren Söhnen von Wismar nach Ratzeburg, zu ihrer Schwester fuhr.
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mit er an der trost und Zuflucht mochte haben, und hat darum herzog Otten von Braunschweig und Lüneburg Tochter Margarethen zur Ehe ghenomen; denn ihre schwestern waren stattlichen herrn vermählet, als eine: herzog Albrechten von Sachsen, die andere: einem Landgrafen von Doringen, die dritte: fürst Heinrichen von Anhalt, die vierte: dem römischen Könige".

S. 238:

"Hirnach im Jahr 1241 ist der fürst von Rhügen Witzlaus gestorben - und hat mit seinem gemahl, herzog Otten von Braunschweig Tochter, vier Söhne hinterlassen, als Joromar, Witzlaus den andern des Namens und Borislaus und Jaroslaus".

Freilich macht er sich bei diesen Erzählungen, in Betreff der Abkunft der Margarethe, der ärgsten Anachronismen schuldig 1 ), gleich wie er auch das Todesjahr des Fürsten Witzlaus unrichtig angiebt 2 ), allein kein Grund ist vorhanden, um die Wahrheit der Thatsache zu bezweifeln, daß Herzog Barnim nach dem Tode seiner ersten Frau (Marie), der Tochter eines Herzoges von Sachsen, die Wittwe des Fürsten Witzlaus von Rügen, Margarethe 3 ) mit Namen, geheirathet habe und nicht die Nachrichten, welche Kanzow über die Abkunft der Margarethe ertheilet, einer Verwechselung jenes Witzlaus mit seinem Großsohne zuzuschreiben 4 ), der wirklich mit einer Schwester der Gemahlinnen des deutschen Königes Wilhelm, des Herzoges Albrecht I. von Sachsen, des Landgrafen Heinrich von Hessen und Thüringen, so wie des Fürsten Heinrich von Anhalt vermählet war 5 ).


1) z. B. Otto puer, Herzog von Braunschweig, hatte im Jahre 1226 noch gar keine Tochter, denn er war damals noch nicht vermählet; der deutsche König Wilhelm war noch gar nicht geboren u. s. w.
Wäre Margarethe eine Tochter des Herzoges Otto gewesen, so würde zwischen Johann I., Herzoge von Sachsen, und der Herzogin Elisabeth von Pommern keine Ehe haben statthaben können, weil beide nach canonischer Rechnungsweise im zweiten Grade Blutsverwandte waren.
2) Denn Witzlaus lebte noch im Jahre 1242, s. Gebhardi's Geschichte von Rügen in der Forts. der allg. Welthist. Th. 52. S. 23, not. Z.
3) Witzlaus nennt sie selbst in der Urkunde vom Jahre 1225 bei Schröder pap. Meklenb. S. 2915, Kanzow irrt also auch hinsichtlich des Jahres der Verheirathung.
4) Vgl. J. G. Eccard in der "Widerlegung der gemeinen Meinung, daß "Friedrich, der letzte Herzog des alten österreichischen Hauses, eine Braunschweigische Prinzessin zur Gemahlin gehabt habe." (s. I. 1716 in 4to) S. 37. flgd. (auch abgedruckt in Eccard hist. gencal. priuc. Saxon. sup. pag. 661 sqq.) und Gebhardi a. a. O. S. 27 not. r.
5) Vgl. (Koch's) Versuch einer pragment. Gesch. des Hauses Braunschweig=Lüneburg. S. 93, 94.
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Keinesweges läßt sich ferner

3) bei genauerer Prüfung der Verhältnisse, die Behauptung vertheidigen, daß die, mit Herzog Barnim in dessen erster Ehe vermählet gewesene Marie oder Marienne eine Tochter des Herzoges von Sachsen Albrecht I. gewesen sei, denn

A. Herzog Albrecht hatte sich erst im Jahre 1222 mit seiner ersten Gemahlin, der. östereichischen Agnes, verheirathet 1 ); Marie würde also im Jahre 1225 höchstens zwei Jahre alt gewesen sein können, wenn sie eine Tochter des Herzoges Albrecht war. Auf der andern Seite ist es urkundlich bewiesen, daß Herzog Barnim damals ebenfalls noch ein Kind war; dem zufolge des dipl. vom Monate Februar 1220 in de Ludewig Script. Rer. Bamberg. T. I. p. 1139, auf welches Gebhardi a. a. O. S. 87. not. g aufmerksam macht, stand Barnim, gleich seinem Bruder Bugislav, im Jahre 1220 nicht allein noch unter Vormundschaft seiner Mutter Mireslawa, sondern er soll sich sogar damals noch mit seinem Bruder "an der Mutterbrust" befunden haben. Mag dieß immerhin vielleicht nicht so wörtlich zu verstehehen sein, da wir den Herzog Barnim bereits im Jahre 1230 als selbstständig regierend finden 2 ), so läßt sich doch gewiß daraus, daß er erst im J. 1278 starb, mit großer Wahrscheinlichkeit muthmaßen, daß er wenigstens im Jahre 1225 noch sehr jung gewesen sein müsse. Die zwischen Barnim und Marie geschlossene Ehe stellt sich daher lediglich als eine, zur Erreichung politischer Zwecke eingegangene Verbindung dar. Zu jener Zeit war die Macht des Her=


1) Sie muß übrigens schon im Jahre 1229 oder wohl gar früher gestorben sein, denn in den Orig. guelph. T. IV. fol. 29. §. 18. wird aus Rymer Act. Augl. T. I. pag. 308 ein Antwortsschreiben des Königes von England, Heinrich III., vom 6. März 1229 an den Herzog Otto von Braunschweig mitgetheilet, worin es heißt:
"De eo, quod nos rogatis, ut foedus conjugale non iniremus inter sororem nostram et Ducem de Anhalt, cujus consanguinei se vobis iu carcere vestro graves exhibuerunt inimicos et adversarios, vobis significamus, quod hoc, sine consilio vestro et voluntate, nullatenus facere curabimus".
Der damals lebende Heinrich, Fürst und Graf von Anhalt, ward nie mit dem Titel dux de Anhalt bezeichnet, wohl aber Herzog Albrecht I. letzterer verheirathete sich erst nach dem 3. Januar 1241, mit der Braunschweigischen Helena (s. v. Duve im neuen vaterl. Archive von Spangenberg 1832 Heft 4. S. 268). Sollte er, der 1229 noch ein junger Mann war, von 1229 bis 1240 wohl unvermählet geblieben sein? - und wenn diese Frage als der Wahrscheinlichkeit entgegen, zu verneinen, wer ist dann seine zweite Frau gewesen? -
2) S. Gebhardi a. a. O. S. 88 vers. not. o flgd.
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zoges Albrecht I. noch unbedeutend und für den Herzog Barnim wenig zu fürchten, während letzterer, oder seine für ihn als Vormünderin handelnde Mutter, darauf bedacht sein mußte, sich die Freundschaft des Königes von Dänemark, als Lehnsherren, und dessen getreuen Landesgenossen und Vasallen, des Fürsten von Rügen Witzlavs zu bewahren, welcher Kraft genug gehabt hatte, um sich wieder in den Besitz seines Fürstemhums zu setzen 1 ). Es läßt sich daher wohl voraussetzen, daß man pommerscher Seits damals gesucht haben werde, sich durch Heirath mit einer Tochter aus einem mit Dänemark befreundeten Regentenhause, z. B. dem Braunschweigischen, Stärke und Hülfe zu verschaffen, und wäre Marie eine Tochter des Herzoges Albrecht I. gewesen, bei dem ebenfalls nur politische Zwecke zu der Verehelichung jener Tochter mit dem Herzoge Barnim Anlaß gegeben haben können, so würde er, nachdem er zum Besitze des Lauenburgischen gelangt war und die Fürsten von Rügen, so wie die Grafen von Holstein, Schwerin und Dannenberg seiner Lehnshoheit unterworfen hatte, gewiß nicht gelitten haben, daß sein Schwiegersohn Barnim unter Brandenburgische Lehnshoheit gerieth, wie bekanntlich geschah.

B. Herzog Bugislav III. (IV.) war der Sohn des Herzoges Barnim aus der Ehe mit Marie 2 ), und Bugislav's Tochter Elisabeth verheirathete sichern Jahre 1316 mit Erich I. von Sachsen=Lauenburg 3 ), dem Großsohne des Herzoges Albrecht I. Wäre Marie eine Tochter des Herzoges Albrecht I. gewesen, so trat zwischen Marien's Tochter Elisabeth und Albrecht's Enkel Erich, nach canonischer Zählungsart, der zweite, mithin ein die Ehe hindernder Grad der Blutsverwandschaft ein und die Chronisten würden es gewiß nicht unterlassen haben, bei Erzählung der Vermählung des Herzoges Erich mit der Elisabeth, dieses Verhältnisses und der eingeholten oder vernachlässigten päpstlichen Dispensation als einer großen Merkwürdigkeit aus=


1) S. Gebhardi a. a. O. S. 23. not. y.
2) S. oben die aus Kanzow S. 244 angeführte Stelle.
3) S. Detmar's Chron. ad ann. 1316 in Grautof's Ausg. der "Lübeckschen Chroniken" Th. I. S. 206. Daß die Verheirathung nicht erst im Jahre 1328 geschah, wie Kanzow's Pomerania Thl. I. S. 336 angiebt, beweiset. die vom Herzoge Erich I. aufgestellte Urkunde von 1318 wegen der Lübeckschen Gerechtsame am Ratzeburger See; denn in dieser Urkunde erwähnet der Herzog seiner Frau Elisabeth.
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drücklich zu erwähnen, da sie Heirathen selbst im vierten Grade der Verwandschaft als etwas Besonderes anzeigen.

C. Der, wohl als vorzüglicher Beweis zu betrachtende Umstand, daß Kanzow das Siegel der Herzogin Marie beschreibt 1 ). Der Greif zur rechten Hand sollte, nach damaliger Darstellungsweise, das Wappen des Gemahles der Herzogin bezeichnen (bekanntlich ein Greif), der auf der linken Seite befindliche Löwe aber das Familien=Wappen der Herzogin. Weder Herzog Albrecht I., noch irgend einer seiner männlichen Nachkommen haben je einen Löwen im Siegel geführt! Dieser Löwe im Siegel der Herzogin Marie, verglichen mit den sonst vorhandenen Nachrichten, setzen uns dann in den Stand, die Abstammung der Herzogin Marie richtiger ausmitteln zu können, als wie bisher, nach den Angaben der bis jetzt bekannt gewordenen pommerschen Chronisten geschehen ist. Alle diese Chronisten lebten nämlich beträchtliche Zeit später, als die Herzogin Marie, und bei aufmerksamer Prüfung ihrer Erzählungen läßt es sich nicht verkennen, daß sie die, von ihnen benutzten, für uns verlornen alten Nachrichten mit ihren eigenen Meinungen vermischten, dadurch aber sehr oft jene richtigen Nachrichten entstellten. Namentlich ist dieß bei Kanzow der Fall. Wahrscheinlich fanden jene Chronisten in den Quellen, woraus sie schöpften, die Bemerkung, daß Herzog Barnim die Tochter des Herzoges von Sachsen im Jahre 1225 geheirathet habe. Ihnen waren als Herzog von Sachsen nach Heinrich des Löwen Achtserklärung nur die Nachkommen des Herzoges Bernhard I. aus dem Hause Anhalt bekannt, und so bezogen sie denn die Nachricht von der Abstammung der Herzogin Marie auf den im Jahre 1225 gelebt habenden Herzog Albrecht von Sachsen. Wir wissen aber aus den Urkunden und sonstigen Belegen, welche in den Orig. Guelph. bekannt gemacht sind, daß auch Heinrich des Löwen Sohn, der Pfalzgraf Heinrich, sich Herzog von Sachsen nannte und auch von Anderen als ein Herzog von Sachsen bezeichnet ward. Zu jener Zeit war die Macht der Söhne des Herzoges Heinrich des Löwen, der Verbündeten Waldemar's II., Königes von Dänemark, im nördlichen Deutschlande vorherrschend, eine Befreundung mit ihnen folglich für den minderjährigen pommer=


1) Denn Kosegarten's Muthmaßung, daß dieß Siegel dasjenige des Klosters sei, möchte wohl keiner Widerlegung bedürfen.
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schen Herzog, wie bereits oben erwähnt worden, aus politischen Gründen sehr wünschenswerth, und wenn es nicht unwahrscheinlich ist, daß Kanzow, bei Erzählung der, gegen das Jahr 1226 (oder 1225) bewerkstelligten Verheirathung der Margarethe (der nachherigen zweiten Frau von Barnim), den Fürsten Witzlaus mit dem Fürsten Barnim und die Margarethe mit der Marie verwechselte 1 ), überdieß aber die Erzählung augenscheinlich mit seinen eignen unrichtigen Ansichten vermehrt hat, so scheint es, als wenn die S. 229 und 244 bei ihm befindliche Nachricht über die Gründe der Heirath auf Barnim's Verehelichung mit der sächsischen Marie aus dem braunschweigischen Hause zu beziehen sind, das Uebrige aber ein Zusatz neuerer Zeit und vielleicht bloß von Kanzow herrührend sei. Pfalzgraf Heinrich, Herzog von Sachsen, führte einen Löwen im Siegel 2 ), gleich wie sich ein Löwe im Siegel der Herzogin Marie von Pommern, Tochter eines Herzoges von Sachsen, findet. Daß Pfalzgraf Heinrich, außer der mit Otto, Herzoge von Baiern, verehelichten Agnes und außer der mit dem Markgrafen Hermann IV. von Baden verheiratheten Irmengard, noch andere Töchter gehabt habe, ist eine bereits ausgemittelte Thatsache 3 ). Albrecht von Stade bezeugt beim Jahre 1202: "Rex Otto duci Danorum (Waldemaro) filiam fratris sui Heinrici in Hamburg desponsavit, et sororem ducis, Helenam, fratri suo Wilhelmo" 4 ); nur ist der Name dieser mit Waldemar II. verheirathet gewesenen, bereits im Jahre 1204 gestorbenen, sehr jungen Tochter des Pfalzgrafen Heinrich ungewiß, und, weil man gefunden hatte, daß eine seiner Töchter Marie geheißen, aber nicht wußte, wo diese Marie geblieben sei, so muthmaßte man, daß sie die Gemahlin Waldemar's II. gewesen, jedoch bald nach der Heirath durch den Tod hinweggerafft sei. Jene Namensungewißheit auf der einen Seite, die Gewißheit auf der andern Seite, daß Barnim die Tochter eines Herzoges von Sachsen im Jahre 1225 geheirathet habe, welche Marie


1) Solche Verwechselung der Personen finden sich mehrfach bei ihm, s. z. B. oben S. 42. Anm. 1.
2) S. Orig. Guelph. T. III. Tab. XVIII ad p. 231.
3) Ueber die im Jahre 1226 mit Friedrich, Herzoge von Oesterreich, vermählte Gertrud vgl. (Kochs) Versuch einer pragmatischen Geschichte des Hauses Braunschweig=Lüneburg S. 73, 78.
4) Vgl. damit: Orig. Guelph. T. III. S. 172 und Gebhardi's Geschichte von Dänemark (in der Forts. der allg. Welthist. Thl. 82.) S. 513 not. x.
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hieß, mit dem Pfalzgrafen Heinrich, Herzoge von Sachsen, einerlei Siegel führte, und die übrigen vorstehend entwickelten Gründe, scheinen dann zu dem Schlusse zu berechtigen, daß Heinrichs's Tochter Marie nicht mit Waldemar II. verehelicht gewesen und im Jahre 1204 gestorben. sondern daß sie die, im Jahre 1225 mit Barnim II., Herzoge von Vorpommern, vermählte Marie oder Marienne sei, Waldemars Gemahlinn aber einen ändern Namen gehabt habe.

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IV.

Zur Geschichte

der Johanniter=Ordens=Comthurei

Mirow,

von

G. C. F. Lisch.


A. Aeltere Geschichte der Comthurei Mirow 1 ).

D as historische Verhältniß der Comthurei Mirow, so wie das geographische derselben gehörte bisher zu den interessantesten der ältern meklenburgischen Geschichte und Geographie, aber auch zu den schwierigsten: es fehlte an Urkunden. In unsern Archiven war nicht viel zu finden, weil die Behörde, welche die Urkunden in Empfang genommen und bewahrt hatte, die Johanniter=Ritter, nicht mehr als geistliche Ordensbehörde existirt und in ihrer Hauptverwaltung keine meklenburgische war. Der Untergang der Urkunden war bei der Sorglichkeit der geistlichen Corporationen auch nicht anzunehmen; endlich fanden sie sich bei einigen Nachforschungen bald in dem Geheimen=Staats=Archive in Berlin, wo mir, im Sommer 1834, die freundlichste Theilnahme an wissenschaftlichen Forschungen 2 ) die


1) Es ist hier einstweilen nur die ältere Geschichte von Mirow gegeben, weil zur Vorbereitung auf andere Untersuchungen nicht mehr nöthig und weil die neuere Geschichte der Comthurei mit der neuern Geschichte der Comthurei Nemerow innig verbunden ist, und daher auch die ältere Geschichte der letztern Commende erst behandelt sein muß.
2) Dankbar muß ich auch hier der Erlaubniß des Hrn. Geh. Ober=Reg.=Raths und Archiv=Directors von Tzschoppe und der Hülfe des Hrn. Geh. Archiv=Raths Höfer gedenken.
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Abschrift derselben gestattete. Nach oder noch vor der Auflösung der Comthureien Mirow oder Nemerow durch den Westphälischen Frieden gingen nämlich die Urkunden derselben an das Heermeisterthum Sonnenburg, dessen Archiv, und mit demselben die Urkunden der früher säcularisirten Commenden, nach der Einverleibung des Stifts mit Preußen an die Krone Preußen fiel. Während der Organisation der neuen preußischen Landestheile ward auch das Sonnenburger Archiv in das Königl. Geh. Staatsarchiv zu Berlin versetzt, wo es sich noch in seiner alten Ordnung mit seinen alten Repertorien befindet. Nach den Urkunden dieses Archivs werde ich nun versuchen, die Gründung und Ausdehnung der Commende Mirow darzustellen; diese Darstellung wird dann die Grundlage mancher anderer wichtigen historischen Forschungen werden können.

So große Freude die schöne Erhaltung der großen Masse von Urkunden im Geh Staats=Archive zu Berlin erregt, eben so betrübend ist der Anblick vieler Urkunden, namentlich der meklenburgischen, aus dem ehemaligen Sonnenburger Archive, wahrscheinlich weil sie, sauber eingepackt, vom Westphälischen Frieden an in der feuchten Odergegend unbenutzt geruhet haben, bis eine Preuß. Archiv=Commission sie revidirte und ihnen wieder Licht gönnte. Nun aber sind, wohl durch Nachlässigkeit der jüngern Ritter, die Siegel verwittert, die Schrift ist verblichen, das Pergament ist durch Nässe, Moder und sogenannte Eisenmale durchsichtig und morsch geworden und zerfällt an vielen Stellen bei der geringsten Berührung. Ich habe, die Erlaubniß zur Benutzung dieser Urkunden dankbar ergreifend, alles aufgeboten, sie zu enträthseln, und, oft durch Hülfe kleiner abgefallenen Stücke Pergament, welche gewöhnlich nur einzelne Buchstaben enthielten, herzustellen, wobei mir die Hülfe und Mitarbeit des Hrn. Geh. Archiv=Raths Höfer nicht wenig förderlich gewesen ist, da derselbe alle Urkunden mit mir collationirt hat. Später wird ihre Entzifferung kaum oder doch nicht mehr so gut möglich sein, als bei der ersten sorgsamen Entfaltung derselben durch mich nach langer Zeit; und so hat die Reihe der Urkunden, welche zu dieser Abhandlung mitgetheilt werden, in der Zukunft vielleicht größern Werth, als die Originale. Einige von ihnen sind freilich gedruckt, z. B. in Buchholtz Brandenb. Geschichte, aber nach schlechten z. B. Gundlingschen Abschriften, und so ungenau, daß sie in dieser Gestalt nicht brauchbar und glaubwürdig sind.


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Schon Heinrich Borwin II., Herr zu Rostock, schenkte den Brüdern des Johannis=Hospitals zu Accon, zu ihrer bessern Unterhaltung, sechszig Hufen im Lande Turne. Diese Schenkung wird nur durch spätere Bestätigungen 1 ) zur Gewißheit, da die Schenkungsurkunde noch nicht aufgefunden ist. Aus demselben Grunde ist auch die Zeit der Verleihung nicht mehr auszumitteln; jedoch wird diese vor der Mitte des Jahres 1226 geschehen sein müssen, und fällt vielleicht mit der Fundation anderer Stiftungen, wie z. B. des Doms zu Güstrow, in gleiche Zeit. Eines Dorfes oder Hofes wird in dieser Schenkung noch nicht erwähnt. Aus der Urkunde des Fürsten Nicolaus II. von Werle vom Jahre 1301 2 ) sieht man jedoch, daß die Ritter für die zu verschiedenen Zeiten empfangenen ersten Schenkungen die Summe von hundert Mark reinen Silbers bezahlten.

Nachdem durch den Tod Heinrich Borwins II. (1226) und seines Vaters Heinrich Borwins I. (1227) die vier Söhne des erstem: Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav "als Herren von Meklenburg" (domini Magnopolenses), das "ganze Erbe ihrer Väter" zur ungetheilten Herrschaft angetreten hatten, bestätigten dieselben am 3. Dec. 1227 zu Güstrow zusammen die Schenkung der sechszig Hufen an die Johanniter=Ritter, und zwar mit dem seit der Erwerbung durch die Ritter wahrscheinlich erst aufgebauten Dorfe Mirow, mit dem Mirowschen See, dem Dam=See und dem Bache, welcher durch den See Mirow fließt; von den sechzig Hufen lagen an jeder Seite der genannten Seen dreißig. Diese sechszig Hufen, welche die Herren von Meklenburg den Rittern "anwiesen", sind nach der ganzen Urkunde keine andern, als die von Borwin geschenkten sechszig 3 ).

Diese Bestätigungsurkunde ist in vieler Hinsicht interessant und wichtig, so daß sie eine genauere Betrachtung verdient. - Mirow lag mit seinen sechszig Hufen im Lande Turne; nicht nur die Lage, sondern auch die Herren dieses Landes sind bisher zweifelhaft gewesen: man schwankte, ob Turne den Herren von Werle als eigne Herrschaft mit Landeshoheit, oder als Lehn von Brandenburg gehöre, oder ob der Besitz des Landes überhaupt streitig gewesen sei. Von der letztern Ansicht ausgehend, hat in neuern Zeiten auch unser Riedel bei seinen


1) Vgl. Urk. Nr. I., IV. und XII.
2) Vgl. Urk. Nr. XII.
3) Riedel in "Mark Brandenburg im Jahre 1250" I., S. 421. scheint ohne besondern Grund eine doppelte Schenkung von 60 Hufen anzunehmen.
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Untersuchungen über die Länder der Mark Brandenburg das Land Turne in den Kreis seiner Forschungen gezogen und ist 1 ) zu dem Resultate gelangt, daß der Besitz desselben an den brandenburgischen und den meklenburgischen Höfen zweifelhaft gewesen sei, daß die Markgrafen anhaltinischen Stammes ihre Lehnsherrlichkeit geltend zu machen gesucht hätten, es aber unentschieden bleibe, ob und wie sie von den meklenburgischen Fürsten anerkannt worden. - Einstweilen von der Ausdehnung des Landes Turne und davon absehend, ob nicht vielleicht ein Theil desselben zu einer Zeit an Brandenburg gehört habe, ist es am gerathensten, nur die Comthurei Mirow im Auge zu behalten und zu untersuchen, welche Bewandniß es mit der brandenburgischen Lehnsherrlichkeit über diesen Theil des Landes Turne habe. Bisher war über Mirow außer der ersten Bestätigungsurkunde von 1227 nur noch eine Erweiterungsurkunde von 1242 2 ) bekannt. In beiden Urkunden ist keine Spur von Lehnsabhängigkeit meklenburgischer Fürsten zu finden, vielmehr sind sie so abgefaßt, daß sie über ein unbeschränktes Eigenthum verfügen. Betrachtet man nun noch die ganze Reihe der mirowschen Urkunden, so ist in allen diesen keine Spur von einem werleschen Lehnsverhältnisse zu Brandenburg zu erkennen, vielmehr sprechen viele Urkunden die Landesherrlichkeit der werleschen Herren über Mirow aus, welche auch in der Folgezeit nicht angefochten ist 3 ). Das Einzige, was darauf hindeuten könnte, ist eine lehnsherrliche Bestätigungsurkunde der Markgrafen Johann und Otto vom Jahre 1227, durch welche "die Schenkung des Dorfes Mirow und der Seen von Seiten der Söhne Borwins an die Johanniter=Ritter bekräftigt wird " 4 ). Riedel hat mit Recht Anstoß an dem Datum der beiden Urkunden von 1227 genommen 5 ). Die meklenburgische Schenkungsurkunde ist: Actum in Guztrowe anno gratie MCCXXVII°, III° nonas Decembris, indictione prima; datum per manum Conradi scriptoris; - die markgräfliche Bestätigungsurkunde ist: Actum apud oppidum


1) Riedel a. a. O. I., S. 414 flgd. und 423.
2) Vgl. Urkunde Nr. III.
3) So heißt die Comthurei Mirow in der Urkunde von 1227: hereditas progenitorum nostrorum; v. 1270 bona in terra districtus seu dominii nostri; v. 1273 bona in terra nostra; v. 1352 sita in territorio nostri dominii, in der Urkunde von 1296 ist Sophia, mater domini Nicolai, Domina terrae und von den Herren von Werle ist der Ritter Brusekinus inpheodatus.
4) Sie ist abgedruckt bei Buchholtz a. a. O. IV., Urk. Anh. S. 61. Zur bessern Uebersicht und zur Vollständigkeit füge ich in den Noten zur Urk. Nr. I. einen Abdruck nach dem Originale bei.
5) Riedel a. a. O. I., S. 422.
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nostrum Werben anno gratie MCCXXVII°, nonas Augusti indictione secunda. Riedel meint nun: "es gehe aus dem datum, besonders aus der Indiction hervor, daß die Jahrszahl der meklenburgischen Schenkungsurkunde eine falsche sei; vermuthlich sei die Urk. am 3. Dec. 1226 ausgefertigt". Dies ist offenbar ein Irrthum. Die meklenburgische Schenkungsurkunde kann nicht gut am 3. Dec. 1226 abgefaßt sein, denn Heinrich Borwin II. starb am 4. Jun. 1226 und Heinrich Borwin I. am 28. Jan. 1227 (vgl. Jahrb. I., S. 134); in der Urkunde nennen sich die vier Söhne Heinrich Borwins II. schon Domini Magnopolenses und sagen, ihr Vater Heinrich sei gestorben (bone memoriae pater noster Heinricus) und aus den Worten: "Quia tota jurisdictio ac hereditas progenitorum nostrorum ad nos deuenit, quicquid domino Jhesu Christo a patribus nostris - est impensum", scheint unbestreitbar hervorzugehen, daß auch der alte H. Borwin I. gestorben sei, als die Urkunde ausgestellt ward. Dazu ist die Indiction völlig richtig. Das Jahr 1227 hat die 15. Indiction, d. h. für das ganze Jahr nach jetziger Zeitrechnung, wenn die römische Indiction (vom 1. Januar anfangend) angenommen wird. In Deutschland ward aber im 13. Jahrh. vorherrschend die kaiserliche Indiction, vom 24. Septbr. anfangend, gebraucht 1 ); da nun unsere Urkunde vom 3. Decbr. 1227 datirt ist, so fällt sie natürlich schon in die 1. Indiction 2 ). Das datum der meklenburgischen Schenkungsurkunde hat also aus innern und äußern Gründen seine völlige Richtigkeit. - Nicht so verhält es sich mit der brandenburgischen Bestätigungsurkunde, deren datum vielmehr in allen Theilen offenbar falsch ist. Ist sie im August 1227 ausgestellt, so müßte die Indiction 15 sein, und die Bestätigung wäre dazu früher geschehen, als die Schenkung;- ist die 2. Indiction richtig, dann ist wieder die Jahrszahl falsch und müßte 1229 sein.

Ich halte nun nicht allein das Datum, sondern auch die ganze Bestätigungsurkunde, wenn nicht gerade für falsch, doch für nicht ausgefertigt. Falsche Indiction soll zwar kein Beweis für die Unächtheit einer Urkunde sein 3 ), da sie zu häufig vor=


1) Vgl. Helwig Zeitrechnung S. 214.
2) So ist auch eine Ratzeburger Urkunde (Westph. Mon. II., 2065) d. d. Ratzeburg VI Idus Sept. 1230 schon mit der 4. Indiction, also mit der kaiserlichen bezeichnet, obgleich 1230 in die 3. römische Indiction fällt. Man scheint also in Meklenburg im 13ten Jahrhundert auch nach andern Indictionen datirt zu haben, als nach der römischen, hier z. B. nach der konstantinopolitanischen, wenn überhaupt auf die Richtigkeit der Indictionen viel zu geben ist.
3) Vgl. Haltaus Jahrszeitenbuch S. 20.
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kommt; aber neben mehreren Gründen ist sie allerdings ein nicht ganz verwerflicher Beweis. Ueberdies ist, wie gezeigt, nicht sowohl die Indiction, als vielmehr das ganze Datum falsch. Auch manches andere in der Form der Urkunde erregt Verdacht; sie ist nicht besiegelt, hat auch in zwei scharf geschnittenen Löchern keine Siegelbänder, welche doch am häufigsten noch vorhanden sind, wenn auch die Siegel nicht mehr existiren. Ferner sind beide Urkunden von 1227 von derselben Hand geschrieben 1 ), obgleich die brandenburgische, später ausgefertigt, den Schreiber nicht nennt und zu Werben ausgestellt ist; auch scheint die Schrift der brandenburgischen etwas gezwungener. Der Hauptgrund bleibt aber immer der, daß von einer Lehnsherrlichkeit der Markgrafen über das Land Mirow sonst durchaus nicht die Rede ist, obgleich später der Orden viele neue Schenkungen erhält und darüber mancherlei Irrungen, z. B. über die Verjährung, entstehen, wobei eine oberlehnsherrliche Entscheidung oder eine Berufung auf sie von Wichtigkeit gewesen wäre; daß, wie Riedel meint, in dieser ersten Bestätigung gewissermaßen die Bestätigung späterer Schenkungen lag, ist nicht gut anzunehmen, da sogar öftere Wiederholungen der Bestätigung sich fast in allen Lehnsfällen finden. Die Stiftungsurkunden der Comthurei Nemerow, welche wirklich brandenburgisches Lehn war, lauten ganz anders! In der Fassung der Urkunde von 1227 ist es auffallend, daß alle vier meklenburgischen Brüder von den Markgrafen "fideles nostri" genannt werden, wiewohl die Brandenburger wohl nur nach der Lehnsherrlichkeit über Werle strebten; - ferner daß nicht die Schenkung der Ackerhufen, sondern nur des Dorfes Mirow und der Seen bestätigt wird; endlich daß die Urkunde nur ein Actum, aber kein Datum hat; das Datum spricht, wenn auch nicht immer, vorzüglich für die Ausfertigung.

Doch wir kehren wieder zur Geschichte der Comthurei Mirow zurück. Die Schenkung von Mirow hatte wohl ihren Grund in dem Geiste der damaligen Zeit und in dem frommen Sinne der beiden Borwine. Jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Dänenkriege mit der Schlacht von Bornhövd (1227), in welchen auch geistliche Ritter sich Ansprüche auf Dankbarkeit erwarben, Veranlassung der reichern Gunst der


1) Es ist die Hand des Conradus, der schon 1226 als scriptor curie (Schröder P. M. 547) und noch 1252 als magister Conradus (Westph. Mon. III, 1495) und zwischen beiden Jahren häufig als Schreiber und Notarius der werleschen Fürsten vorkommt, - eine Hand, welche bis tief in das 13te Jahrhundert noch viele Eigenthümlichkeiten aus dem Ende des 12ten Jahrhunderts hineinträgt; 1242 ist sie schon sehr zitternd und unsicher.
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meklenburgischen Herren gegen die Ritter wurden, wie denn auch die Grafen von Schwerin im Jahr 1227 die Besitzungen des Ordens in ihrer Herrschaft vergrößerten 1 ).

Durch die Theilung der meklenburgischen Lande unter die Söhne Heinrich Borwins II. kam das Land Turne an das Haus Werle, bei dem es auch ferner verblieb. Die meisten Urkunden über Schenkungen an die Johanniter sind von jetzt an zu Güstrow oder Röbel ausgestellt und unter den Zeugen finden sich oft Burgmänner von Güstrow oder Röbel. Nicolaus I. von Werle nennt sich 1241 und 1242 noch Herr zu Rostock, 1270 Herr zu Röbel und seit 1273 nennen sich seine Nachfolger Herren zu Werle.

Die südöstlichen Gegenden Meklenburgs hatten durch die verheerende Eroberung unter Heinrich dem Löwen und durch die anhaltenden Grenzstreitigkeiten sehr gelitten. In der Stiftungsurkunde des Klosters Broda wird von einer ganzen Gegend, welche wahrscheinlich die des jetzigen Amtes Strelitz ist, gesagt, daß die Dörfer verlassen (villae desertae) seien; häufig kommen im 13. Jahrhundert noch Einöden vor; in den Schenkungsurkunden wird es frei gegeben, die Gegenden mit Deutschen oder Slaven, und in Zechlin mit Handwerkern aller Art und jeden Volkes zum Anbau des Bodens 2 ) zu bevölkern; deutsche Cultur war später noch lange nicht durchgeführt, da noch 1256 von lauten Klagen der slavischen Bewohner bei Zechlin die Rede ist 3 ): erst nach den Verleihungen der Ländereien entsteht ein Dorf nach dem andern. Bei solchen Verhältnissen und bei den anhaltenden Irrungen über den Besitz der Länder mußten die meklenburgischen Fürsten vor allen Dingen darauf bedacht sein, hier einen dauernden Zustand zu begründen; und dies konnte nicht besser geschehen, als durch geistliche Stiftungen, die Quellen der Cultur damaliger Zeit, und gewiß vorzüglich durch Heranziehung der geistlichen Ritterorden an gefährliche Stellen. Daher geschah es auch, daß nach und nach die ganze Gegend von Neubrandenburg bis Zechlin und von Strelitz bis an die Müritz der Geistlichkeit zur Cultur hingegeben ward, ein Plan, welchen man als höchst preiswürdig erkennen muß. Hier lagen die Güter der Klöster Broda und Wanzka, der Commenden Nemerow und Mirow, der Klöster Doberan, Dobbertin und Eldena, aber mitten darin die Comthurei Mirow, östlich von der Müritz und an der


1) Vgl. Jahrb. I., S. 8.
2) Westph. Mon. III., 1485.
3) Westph. Mon. III., 1499s.
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Tollense dicht an einander, wie ein klösterlicher Gürtel zum Schutz und Schirm des Ganzen.

Im Jahre 1241 schenkte Nicolaus I. von Werle dem Jungfrauenkloster Benedictiner=Ordens zu Eldena in Meklenburg dreißig Hufen im Lande Turne zwischen den Seen Viltz und Radatze, so wie den Bach Driculne an den Grenzen dieser Hufen zur Erbauung einer Mühle 1 ). Diese Seen heißen noch jetzt Vieltz= und Raetz=See, an der Südgrenze des Amtes Mirow. Auf den geschenkten Hufen, welche nördlich von diesen Seen lagen, erbaute wohl das Kloster Eldena das Dorf Fleth (Vilet) und an dem Bache Driculne, jetzt Flether=Bach zwischen den beiden Seen, die Flether Mühle. Wie es öfter in dieser Zeit zu geschehen pflegte, verkaufte wegen zu großer Entfernung das Kloster diese Besitzungen noch vor dem 25. Septbr. 1270 an die Comthurei Mirow 2 ), welcher mit der Erwerbung sehr gedient sein mußte.

Wahrscheinlich lagen östlich von Zotzen=See, zwischen den Aeckern der Stifter Mirow und Eldena noch Hufen mit verlassenen Höfen; vielleicht um die Besitzungen beider Stifter in Zusammenhang zu bringen, schenkte Nicolaus I. von Werle 1242 den Johannitern einige Aecker, welche süd=östlich an Mirow grenzten, und bestimmte die Grenzen derselben, nämlich: von Stytna bis nach Wargalitz, von da bis an Zmolnitz und wiederum bis zu den Grenzen von Mirow 3 ). Diese Namen sind geographisch dunkel. Stytna und Wargalitz kommen zuletzt noch in der Urkunde von 1270 4 ) unter den Namen Stitnitz und Worlitz als Südgrenzen von Peetsch vor; Stytna lag wohl im Gebiete des Zotzen=Sees; Wargalitz kommt sonst nicht weiter vor und ist wohl in dem Dorfe Peetsch, welches 1270 zuerst genannt wird, oder auf dessen Feldmark untergegangen. Von Zmolnitz existirt noch der Schmolnitz=See. Diese Schenkung geschieht schon an eine curia fratrum in Mirowe, während früher nur von Hufen, Aeckern und einem Dorfe die Rede ist und die. Schenkungsurkunde noch an die Ritter zu Accon ausgestellt wird. Es ist also wahrscheinlich, daß schon 1242 ein Comthur in Mirow wohnte 5 ).


1) Urk. Nr. II.
2) Urk. Nr. IV.
3) Urk. Nr. III.
4) Urk. Nr. IV.
5) Ueber die Comthure von Mirow vgl. den Anhang.
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Die den Rittern geschenkten Aecker lagen nach allen Anzeichen zum großen Theil wüste und die Dorfstellen waren verödet; die Hufen, welche von den Fürsten verschenkt wurden, waren in den Urkunden wohl der Zahl nach bestimmt, aber keinesweges nach ihrer Lage und ihren Grenzen. Ein Hauptgeschäft bei der Cultivirung und Bevölkerung öder Gegenden war ihre Begrenzung und Vermessung, wie denn auch häufig Handdienste beim Feldmessen als Servitute vorkommen (jura s. servitia mensurationum, agrorum mensura, funiculi mensurationes, dimensio vel funiculi tractio). Nicht allein die Corporationen waren genöthigt, bei Vertheilung der ihnen verliehenen Aecker und bei Anlegung von Hofstellen das Land zu vermessen; auch den Fürsten mußte es nahe liegen, bei der wachsenden Anzahl der Anbauer und Colonisten, welche bei sichererm Rechtsstande herbeikamen und untergebracht sein wollten, die Vermessungen beaufsichtigen zu lassen. Die brandenburgischen Fürsten nahmen, ihrer Geldnoth zu steuern, im 13. Jahrhundert ihre Zuflucht selbst dazu, durch ihre Vögte die Feldmarken durchmessen zu lassen; die über die verliehene Zahl der Hufen gefundenen Aecker wurden dann abgetrennt, und mußten von den bisherigen Besitzern angekauft werden oder wurden auch an Andere verliehen 1 ). War dies freilich auch nicht überall zu besorgen, so war bei der Ordnung der Staaten eine Vermessung doch nothwendig, theils zur Sicherstellung des Besitzes, theils zur Beurtheilung der Größe der Abgaben, welche vom Landbesitz nach Hufen erhoben wurden 2 ).

Die Ritter fürchteten, es möchte ihnen, wenn auch nicht durch Nicolaus von Werle, doch in der Zukunft durch die "um sich greifende Verschlechterung der Menschen" eine gleiche Behandlung widerfahren, oder sie könnten zu größern Abgaben genöthigt werden. Es waren auch wirklich die Ländereien der Comthurei vermessen und mehr Hufen im Besitz der Ritter gefunden, als ihnen geschenkt waren, nach der Urkunde von 1301 Ueberschlag: overslach genannt 3 ). Diese hatte


1) Vgl. Riedel a. a. O. II., 106 flgd.
2) Im J. 1297, Jan. 1. erläßt Nicolaus von Werle dem Kloster Dargun die Vermessung des Dörfchens Vippernitz und bestimmt die Größe desselben zu 4 Hufen: ut in precariis et exactiouibus dandis vel quicquid communis terra fecerit, coloni dicte villule iuxta numerum quatuor mandsorum nec amplius facere tencantur.
3) Vgl. Urk. Nr. XII. Diese Erklärung wird durch mehrere Urkunden bestätigt. So heißt es in einer ungedruckten Urk. des Klosters Dargun vom 18. Oct. 1288: Nouerint vniuersi, quod nos decem mansos in solitudine fratrum monasterii Dargunensis, quam ouerslach nominamus, - -. sitos, quos quidem mansos excedere reperimus numerum (  ...  )
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der Vogt Heinrich Thakelange (von Röbel?) für seinen Fürsten reclamirt 1 ); die Ritter hatten ihm die Verjährung des Besitzes entgegengestellt. So war eine Rechtsfrage über den Besitz entstanden und noch nicht erledigt, und die Grenzen der Comthurei waren noch immer nicht bestimmt. Deshalb baten die Ritter den Fürsten inständigst, dieser Unsicherheit ein Ende zu machen und ihnen Beruhigung zu geben. Auf diese Bitten bestätigte Nicolaus I. von Werle 1270 den Johannitern die Güter, welche ihnen von seinem Vater, von seinen Brüdern und von ihm zu verschiedenen Zeiten geschenkt waren und auf denen jetzt die Dörfer Mirow, Gramtzow und Peetsch standen. Der Rechtsstreit über die bei der Vermessung zu viel gefundenen Hufen ward dadurch beendigt, daß der Fürst, in Anerkennung des Rechtsgrundsatzes der Verjährung, die Ritter im Besitze ließ, die Ritter ihm dagegen für das Eigenthum hundert Mark Silbers zahlten. Und um aller Besitzstörung für die Zukunft ein Ende zu machen, wurden die Grenzen der Commende neu und fest bestimmt. Mirow, Peetsch und Gramtzow kommen von jetzt als die Dörfer der Commende vor und die alten Namen verschwinden. Zuerst wurden die Grenzen des Dorfes Peetsch noch einmal und zuletzt bestimmt durch Stitnitz, Worlitz und Schmolitz 2 ). Dann sollten die Grenzen der Commende gehen von Schmollnitz nach Lemcule (dem jetzigen Acker Lehm=Kuhle am Raetz=See?), von da bis zu einem Baume an der Grenze zwischen Mirow und Wesenberg, und weiter bis nach Coboloe und zum Witsol (beide Oerter sind jetzt wohl unbekannt); vom Witsol bis zum Wege zwischen Qualsow und Mirow, von diesem Wege grade nach Scirin (wovon jetzt noch der Zerrin=See seinen Namen trägt) und von Scirin nach der alten Brücke (dem Alten=Wall?) auf der Grenze zwischen Gramtzow und Schilderstorp; dann


(  ...  ) mansorum, quos dicti fratres in eadem solitudine habere debeant etc. ; - und am 1. Januar 1297 und öfter erläßt Nicolaus von Werle dem Kloster Dargun die Nachmessung mehrerer Dörfer; nec nobis, nec successoribus nostris liceat aliquatenus agros ville denuo mensurare. In einer Urk. des Klosters Doberan von 1287 in Westph. Mon. III., p. 1537 heißt es: excrementum, vulgariter Owerslach nuncupatum, quod ex mensuratione agrorum ville - - excre-vit - und 1287 befreiet Heinrich von Werle das Kloster Amelungsborn von der Nachmessung seines Gutes Satow; vgl. Westph. a. a. O. p. 1535. Man vgl. auch Westph. a. a. O. 1589 stgd. und Rudloff Urkunden Lief. Nr. XLVI. Gleich mit Overslach ist auch wohl Overland: agri residui, vgl. Franck A. u. N. M. VI., S. 215. - Alia terrarum pertinentia, infra mensuram mausorum non contenta, quae dicuntur vulgariter Overland; vgl. Küster Opusc. II., St. 13 S. 134.
1) Urk. Nr. IV.
2) Vgl. oben. S. 58.
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ging die Grenze grade mitten durch den (Cotzer) See; gegen Westen sollte Mirow begrenzt sein von Cusowe (Cotzow), Losetz (Laerz) und Starsow. - Endlich bestätigte Nicolaus den Brüdern von Mirow den Besitz des Dorfes Fleth 1 ), welches sie vom Kloster Eldena gekauft hatten. So ward die Comthurei abgerundeter in ihren Grenzen, welche an manchen Stellen noch die des jetzigen Amtes Mirow sind. Zugleich belehnte der Fürst die Ritter mit allen möglichen Herrlichkeiten, Freiheiten und Gerechtigkeiten, auch mit Jagden, Patronatrechten und allen Gerichten, und befreiete sie ohne Beschränkung von allen Diensten und Leistungen. Dem Kloster Eldena war es 1241 so gut nicht geworden, da die Hufen des Klosters nur von den landüblichen Diensten des Städte= und Brückenbaues und vom Zoll befreiet waren, und die Bewohner derselben in Criminalfällen unter dem fürstlichen Vogte standen, welcher auch 2/3 der Bußen bezog. - Solche Gnadenbezeugungen waren der Grund, daß späterhin die Comthurei so mächtig ward und die Ritter vor allen andern Landeseinwohnern bevorzugt waren (speciali prerogatiua gaudent libertatis: Urk. d. d. Malchow 1309).

Im J. 1273 verliehen Nicolaus I. und seine Söhne Heinrich, Johann und Bernhard, Herren von Werle, der Comthurei Mirow das Dorf Zirtow, wie die damaligen Besitzer es inne hatten, und legten dazu 36 Hufen; eben so übertrugen sie auf die Ritter das Dorf Liniz oder Lenst in seinen damaligen Grenzen mit 12 Hufen 2 ). Die Ritter hatten diese Dörfer, wenigstens Zirtow, wahrscheinlich käuflich erworben, weil dieselben durch die Fürsten von den damaligen Besitzern auf die Comthurei übertragen wurden. Auch diese Hufen waren ohne Kenntniß ihrer wirklichen Anzahl verliehen; die Vermessung ward angeordnet und dabei bestimmt, daß die Ritter drei der vermessenen Hufen von den Fürsten zum Geschenk erhalten, die übrigen aber von denselben kaufen sollten; dies ist wohl von den "ouerslachtigen" Hufen zu verstehen, da die Ritter die 36 und 12 Hufen schon erworben und bestätigt erhalten hatten. Das Dorf Zirtow existirt noch; durch die Erwerbung desselben ward die Grenze der Comthurei gegen Wesenberg bestimmt. Aus dieser Erwerbung geht auch hervor, daß die in der vorigen Urkunde erwähnte Lemcule die gemuthmaßte am Raetz=See sei, da Zirtow östlich von derselben liegt. Das


1) Vgl. oben S. 58.
2) Urk. Nr. V.
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Dorf Lenst ist unbekannt, wenn es nicht, außerhalb der Commende liegend, die Försterei Lenz, Amts Goldberg bei Malchow am Plauer See ist. - Außerdem schenkten die Fürsten den Rittern gegen Norden hin 2 Hufen in Loyssow und 1 Hufe in Ankershagen; letztere war bis jetzt die nördlichste Besitzung der Ritter. Die Schenkung der Hufe in Ankershagen erhält dadurch Bedeutung, daß sie eine Vermittelung des Landes Turne mit dem Fürstenthum Werle giebt. Freilich ist noch zu untersuchen, wie weit Werle sich gegen SO. erstreckte; aber Ankershagen scheint nicht mehr zum Lande Turne gehört zu haben, und doch werden die Güter in Turne eben so als reines werlesches Eigenthum verliehen, wie die in Ankershagen.

Schon frühe hatten die Ritter einzelne isolirte Besitzungen gegen NW. nach der Müritz hin. - Auch die Ländereien am östlichen Ufer der Müritz gehörten den Herren von Werle; dieselben besaßen hier auch eine Mühle, gewöhnlich Boche oder Boke (die Böker Mühle) genannt. Schon die Vorfahren des Fürsten Nicolaus von Werle hatten diese ihre Mühle 1 ), auf ihrem Gute (wahrscheinlich der Klopzower Feldmark) gelegen, und zwar vermuthlich mit der Gerichtsbarkeit über den Mühlenbezirk und das Mühlenwerk, den Rittern geschenkt, und es war bis 1273 keine Klage über die Verwaltung der Mühle von den Besitzern derselben und gegen sie vorgekommen. Nun hatte aber Nicolaus von Werle


1) Wie sehr oft geognostische Forschungen zum Dienst der Geschichte ohne historische Unterlage und Unterstützung irre führen können, beweiset ein Aufsatz über Rethra in der Monatsschrist v. u. f. Meklenburg, 1790, S. 105, nach welchem, in Gemäßheit einer fingirten Geschichte der Müritz, "die Böker Mühle vor 100 Jahren erst angelegt werden konnte".
Durch die von mir beigebrachte Urkunde bestätigt sich aber die im Freim. Abendbl. 1821, Nr. 139, S. 763, Not. angeführte "Sage", nach welcher
"ein Abfluß der obern Müritz durch das Großherzogthum "Meklenburg=Strelitz oder durch das preußische nach der Havel existirt haben, und noch Spuren davon zu finden sein sollen".
Diese Sage wird im Freim. Abendbl. 1821, Nr. 152, S. 994 zu einem praktischen Vorschlage benutzt, indem es dort heißt:
"Anlegen läßt sich dieser Abzugs= und Schiffskanal entweder an der eingegangenen Böcker=Mühle, bei welcher früher ein schwacher Wasserabzug aus der Müritz, durch unterhalb derselben befindliche Seen, in die Havel war, oder von der noch bestehenden, nicht weit von dieser belegenen, Boldter=Mühle, bei welcher derselbe noch vorhanden ist. - - -. Zweckmäßiger ist es indeß, diesen Kanal von der Meierei Vietzen ab, Lärz vorbei nach Mirow zu ziehen, und durch die dortigen Gewässer mit der Havel in Verbindung zu bringen".
Bei den gegenwärtig ausgeführten großen Strombauten zur Schiffbarmachung der Elde= und Stör=Gewässer wird auch die Müritz mit den Havelgewässern durch einen Kanal in Verbindung gesetzt, welcher an der Boldter=Mühle vorbei, sich nur wenig tausend Schritte von dem alten Kanal des Nicolaus von Werle hinzieht.
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durch die Besitzungen der Ritter von Havelberg, d. h. durch den südlichen Theil der Feldmark Bök, von der Großen Müritz einen Graben ziehen lassen, welcher auch die genannte Mühle berührte und welcher wahrscheinlich die Müritz mit dem Caap=See in Verbindung brachte; zu welchem Zwecke: ob zur Trockenlegung der Müritz=Ufer, oder zur größern Füllung des Caap=Sees und anderer damit verbundener Gewässer, ob zur Bewässerung angrenzender Aecker, zur Schifffahrt oder zur Beförderung des Mühlenbaues, - ist unbekannt; jedoch kann es bei Kenntniß des dortigen Terrains von Interesse sein, wenn man die alten Spuren zur Cultivirung der Müritz=Ufer einmal wieder genau überlegt. Nicolaus von Werle hatte Befugniß zum Graben und Grund und Boden zu diesem Kanal (magnum fossatum) 1 ) von dem verstorbenen Ritter Johann von Havelberg erkauft, und dieser hatte ihm zugleich die Gerichtsbarkeit über den Kanal und über die, durch Ablassung des Müritz=Wassers in denselben etwa entstehenden Schäden abgetreten. Die Johanniter hatten bis dahin ihren Mühlendamm nicht erhöht, fürchteten aber jetzt, wenn der Fürst das Müritz=Wasser in den Kanal ablasse, so könne durch das Anwachsen des Wassers ihre Besitzung gestört werden. Deshalb versicherte ihnen Nicolaus I. von Werle im J. 1273, daß sie durch das Steigen des Wassers an ihrer Mühle von keiner Seite Schaden leiden sollten 2 ).

Die Herrn von Havelberg scheinen in dieser Gegend der Geistlichkeit den Besitz ihrer Mühlen auf alle Weise gestört zu haben. Schon 1256 hatte sich das Kloster Doberan mit Johann von Havelberg wegen einer Mühle an der Zechlinschen Grenze entzweiet; der Zwist ward durch Schiedsrichter geschlichtet 3 ). - Auch die Mirowschen Ritter waren durch die Entscheidung Nicolaus I. von Werle von 1273 wegen der Böker=Mühle noch nicht zur Sicherheit gelangt. Johannis von Havelberg Erben, Ritter Berthold von Havelberg und seine Brüder, hatten fortwährend Klagen über Beschädigung ihrer Ländereien durch die Mühlenanlage zu Bök und auf Entschädigung erhoben. Zwei Mal waren die Johanniter durch ein Rechtsurtheil des Fürsten Nicolaus freigesprochen; da die Sache aber schwierig war, so untersuchten die Fürsten Heinrich I. und Johann I. von Werle sie umständlich in Gegenwart vieler


1) Schon im J. 1375 wird dieser Kanal nur noch der Böker Mühlengraben genannt vgl. Urk. Nr. XXVIII.
2) Urk. Nr. VI.
3) Westph. Mon. III. 1498.
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Zeugen 1276 zum dritten Male, was den Erfolg hatte, daß die Herrn von Havelberg ihren Klagen auf immer entsagten. Darauf bestätigten die genannten Herren von Werle im J. 1276 nicht allein die frühere Bestimmung ihres Vaters von 1273, sondern verfügten auch Einrichtungen zum fernem Schutz der Ritter, befreieten diese in Beziehung auf die Mühle von der weltlichen Gerichtsbarkeit und übernahmen die Vertretung der Ritter für jede etwa vorkommende Klage und Rechtskränkung. Die hierüber ausgestellte Urkunde 1 ), welche von der großen Sorgfalt bei der Betreibung der Rechtsgeschäfte im Mittelalter einen lebendigen Beweis giebt, nennt die in Frage stehende Mühle freilich die Mühle in Mirow. Diese kann aber nach dem Gesagten und nach dem Transsumt der Urkunde von 1273 wohl keine andere sein, als die Böker=Mühle.

Auch die Herren von Stargard bedachten die Mirowschen Ritter: Markgraf Albrecht III., der letzte brandenburgische Fürst von Stargard, beschenkte am 13. März 1285 die Comthurei mit dem befreieten Eigenthum des Dorfes Gnewitz (Gnewetitz) 2 ) und am 17. December 1286 mit dem Eigenthumsrecht der Dörfer Dobelow und Kl. Karztauel 3 ), welches bis dahin die Gebrüder Chotemar und Otto in Besitz gehabt hatten, mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten, jedoch unter der Bedingung, daß die Ritter den jedesmaligen Herren von Stargard jährlich zu Martini von jedem Talente 2 Schillinge brandenb. Pf. als Zins geben sollten. 4 )


1) Urk. Nr. VII.
2) Vgl. Riedel a. a. O. I, S. 438, Not., und Gercken Cod. dipl. III, p. 82; vgl. Urk. Nr. VIII, a.
3) Vgl. Urk. Nr. VIII, b.
4) Das frustum durum (hartes Stück) war ein brandenburgisches Größenmaaß, und zwar ein Stück Land, welches einen chorum duri frumenti (einen Wispel harten Korns) jährlichen Ertrages oder jährlicher Pacht trug; dies ward denn auch frustum duri frumenti oder frustum durum. genannt. Man vgl. z. B.: prefati burgenses dederunt de choro duri frumenti tres fertones et de talento tres fertones, et de duobus choris avene tres fertoues, sicut de quolibet frusto duro; - - debent ispi - - dare de frusto duro quolibet tres fertones, sicut superius prenotatum est. Lenz Marg Gräfl. Uhrk. (von 1279) p. 85. - Ferner: in festo Andree - - census - instabat nomine precarie perhenniter dandus de manso, qui chorum duri frumenti vel magis solverit, de duobus choris avene equipollentibus choro duri frumenti et de talento in die Andree - - solidum ; Daselbst (Urk. 1282) p. 103. - Ferner: ecclesie - - obtulimus quinque frusta durifrumenti, sita in villa Belekow; Daselbst (Urk. von 1283) p. 115. Der Markgraf Albrecht von Brandenburg und Herr von Stargard dotirt 1300 einen Altar zu Eberswalde mit 10 frustis, welche aus 2 Talenten brand. Pf. und aus 4 Wispel Waizen und 4 Wispel Gerste bestehen sollen; vgl. Küster Opusc. I, St. 8, S. 88. - Nach unserer Urkunde sollten von ledem talento nel frusto (  ...  )
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Im Jahre 1337, als der Fürst Albrecht II. von Meklenburg die Ritter von dieser Abgabe befreiete, besaßen letztere in der Gegend zwischen Alt=Strelitz und Lychen, wo jetzt noch der Ort Comthurei liegt, die drei Hauptgüter: Wokuhl, Gnewitz und Dabelow.

Bis hierher sehen wir die Comthurei entstehen und sich bilden, durch Schenkungen wachsen und für die Cultur des Landes kämpfen. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts aber wächst das moralische Ansehen der Ritter bedeutend. Von 1296 an wird in den Urkunden das ehelose Leben und der Reichthum der guten Werke der Ritter und die Heiligkeit des Ordens gerühmt, und der Wunsch und die Hoffnung ausgesprochen, daß diese Verdienste auch die Seligkeit der Beschützer des Ordens fördern mögen. Ihr Einfluß auf Sittlichkeit und Religiösität geht unverkennbar aus solchen Zeichen hervor, ein Einfluß, der bei einer Wirksamkeit von etwas mehr als einem halben Jahrhundert in einem wüsten Lande sehr hoch zu schätzen ist. Bei einem solchen Streben mehrt sich denn auch nicht minder der Wohlstand der Brüder. Mit dem Ende dieses Jahrhunderts ist die Comthurei schon so weit gediehen, daß sie schnell hintereinander bedeutende Besitzungen durch Kauf erwerben kann.


(  ...  ) duro 2 brandenb. Schillinge gegeben werden. Ein talentum oder Pfund Silbers, ein angenommener Münzwerth, hatte im 13. und 14. Jahrh. den Werth von einer halben (zwölflöthigen, gewogenen) Mark (4 Rthlr. 16 gr.); ein talentum war wiederum der Werth von einem frustum oder einem Kornertrage von 1 Wispel harten Korns oder 2 Mispel Hafers. So galt denn frustum durum, talentum, Pfund oder 1 Wispel harten Korns für die Größe eines Landstücks, welches ein halb Mark Silbers Pacht oder Ertrag gab, und war zugleich das Maaß, nach welchem im Mittelalter die Abgaben (census) berechnet wurden. Man vgl. Kaiser Carl IV. Handbuch, Berlin 1781, S. 5, 7, 302, 361 und die dort angeführten Schriften. Derselben Meinung ist auch Gercken, indem er "ein Wispel hart Korn, zwei Wispel Hafer, ein Pfund Pfennige jährlicher Einkünfte, ein frustum oder Stück Geldes" für gleichbedeutend hält; vgl. Gercken's Abhandlung über frustum, Stück Geldes, in dessen Vermischten Abhandlungen I, S. 226, flgd.
In unserer Urkunde von 1286 sollten von jedem "taleuto vel frusto duro" 2 Schillinge brandenb. als census (Abgabe) gegeben werden; in einer andern Urkunde von 1337 wird dieser selbe Zins erlassen, welcher aber von "jowelker huve enen brandeburgeschen scilling" betrug. Hier läßt sich nun wohl nichts anders annehmen, als daß frustum durum im J. 1286 ein allgemeines Größenverhältniß bezeichnete, die befreieten einzelnen Hufen aber nicht den Werth eines frusti duri hatten, sondern daß 2 Hufen darauf gerechnet wurden; da nun 2 Wispel Hafer, gleich 1 Wispel harten Korns, auf ein frustum durum gingen, so geht aus unsern beiden Urkunden hervor, daß ein frustum durum auch statt einer Hufe schweren Bodens oder zwei Hufen Haferbodens gesetzt werden konnte.
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Im Jahre 1296 kaufen die Mirowschen Brüder von Brusekin von Lehsten und dessen Bruder Gerhard für 400 Mark flämischer Münze das nördlich an ihre Besitzungen grenzende Dorf Qualsow mit dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke. Der See Kenhorst ist wohl der Qualsower Schulzen=See, dessen nördliches Moorufer noch Kihnhorst heißt; und der See Gusteke ist vielleicht der Jäthen=See aus dem Grunde, weil er später von den hinzukommenden Besitzungen des Ordens mehr und mehr umschlossen und noch immer als ein nennenswerthes Gewässer aufgeführt wird. - Zugleich kaufen die Ritter zwei Hufen in Loißow. -Nicolaus II. von Werle, seine Mutter Sophia und seine Brüder bestätigen nicht allein den Rittern diese Erwerbungen mit allen Eigenthumsrechten und Freiheiten 1 ), sondern versichern ihnen in einer eignen Urkunde das volle, freie Eigenthumsrecht über die Güter, welche von Brusekin von Lehsten zu Lehnrecht besessen waren, indem sie dieselben feierlichst mit dem höchsten Gerichte und der Freiheit von allen Abgaben beschenken, und sie zu Herren und Patronen mit vollem Recht und allen Freiheiten einsetzen 2 ); die beiden Hufen in Loissow wurden nur von Lasten und Diensten befreiet.

Mit denselben Rechten und Freiheiten werden darauf von Nicolaus II., als er 1298 in Mirow das Fest der Himmelfahrt Mariä feierte, die Brüder mit dem Dorfe Gaarz an der Müritz beschenkt, welches sie von den werleschen Vasallen Otto und Gothmar von Retzow für 400 Mark gekauft hatten; ferner mit zehn Hufen in dem, an Gaarz grenzenden Dorfe Viezen, von denen vier durch Kauf von dem Ritter Conrad Buno für 80 Mark und sechs vielleicht durch Schenkung der Fürsten in ihren Besitz kamen. 3 ) Diese immer sich wiederholenden Erneuerungen der Schenkung des vollen Eigenthumsrechts ist sicher als eine hohe Gunst zu betrachten, indem in andern Fällen sich die Fürsten das Eigenthumsrecht theuer genug bezahlen ließen, wenn sie es überall veräußerten.

Die Regierung der Herren von Werle=Parchim und Röbel war für die Ritter eine höchst günstige gewesen; die Bemühungen der Brüder waren durch glänzenden Erfolg gekrönt. Da traten am Ende des 13. Jahrhunderts für das Haus Werle betrübende Umstände ein. Der werle=güstrowsche Vatermord und die Schwäche des sinkenden Hauses Rostock


1) Urk. Nr. IX.
2) Urk. Nr. X.
3) Urk. Nr. XI.
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wurden die Veranlassung zu langen Irrungen und verwüstenden Kriegen. Unser Nicolaus II. ging nicht allein siegreich aus ihnen hervor, sondern benutzte auch mit Kraft und Umsicht die Jahre des Friedens, die Spuren der Verheerungen wieder zu verwischen; besonders bedachte er wieder die geistlichen Stiftungen, um die Kräfte der Einzelnen wieder für den Segen des Landes zu stärken. Auch die Brüder von Mirow mochten wohl durch die Fehden gelitten haben, da die Kriegsfackel oft in den südöstlichen Gegenden Meklenburgs wüthete, und besorgt sein, daß die großen Veränderungen in den meklenburgischen Fürstenhäusern auch ihre Freiheiten gefährden könnten. Das Haus Werle=Güstrow war verschwunden, Rostock war kaum mehr vorhanden und das benachbarte Stargard war schon für das Haus Meklenburg dem unruhigen Heinrich bestimmt; Ländertheilungen und Reclamationen waren also leicht möglich, und damit war auch für die Ritter in Mirow die betrübende Aussicht vorhanden, daß sie von ihren bisherigen Schützern und Freunden getrennt werden und das von denselben erworbene Eigenthumsrecht verlieren könnten. Diese waren wiederum den Rittern Dank schuldig, weil sie gewiß immer nicht allem treue und muthige Vertheidigung und Hülfe, sondern auch Rath und Vertrauen bei ihnen gefunden hatten. So geschah es denn, daß Nicolaus II. im Anfange des Jahres 1301 die Brüder in Mirow besuchte und ihnen zur Beruhigung und zur Vermeidung aller Störungen alle ihre Besitzungen in Gramzow, Mirow, Petsch, Lenst und Vleeth, mit allen Rechten und Freiheiten, so wie sie den Rittern von den frühern Herren von Werle verliehen waren, nicht nur bestätigte und die Schenkungen erneuerte, sondern dieselben auch wiederholt von allen Lasten und Diensten befreiete, indem er den Rittern ihre bisherigen Besitzungen mit allen Eigenthumsrechten verlieh, wie er es in den letzten Jahren mit Qualsow und Gaarz gethan hatte. Außerdem bestätigte er ihnen das Eigenthum von Qualsow, dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke, von Gaarz und den zehn Hufen in Viezen, und fügte zu dieser Bestätigung eine Schenkung von dreißig Hufen in Roggentin mit drei Hufen Ueberschlag, dem See Bulgelow (Bullow) (den er den Rittern, nach einem Urkunden=Verzeichnisse, schon am Tage Bartholomäi 1300 in Brandenburg verliehen hatte,) und zwei und dreißig und ein halb Hufen in Loissow mit vollen Rechten und Freiheiten, mit Kirchenlehen und dem höchsten Gericht. Diese bedeutende Schenkung erhielten die Ritter für ihre vielfachen, den Fürsten geleisteten Dienste und für eine Geldsumme von

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nur zweihundert Mark. 1 ) Bedeutungsvoll fügt Nicolaus hinzu, daß alle diese Bestätigungen und Schenkungen nicht allein für ihn und seine Erben rechtskräftig sein sollen, sondern auch für alle, welche ihm an Erben Stelle in der Regierung nachfolgen dürften.

Und um die Ritter bei dem Herrenwechsel in Stargard ganz zu sichern und ihr Gebiet abzurunden, verschrieben und bestätigten Nicolaus und Günther von Werle ihnen zu Güstrow am Georgen=Tage 1304 8 Hufen in Schilderstorff, 9 Hufen zu Roggentin mit Bede und Zins, 22 Hufen zu Quechow, 46 Hufen zu Granzow, 32 Hufen zu Qualtzow, 33 1/2 Hufen zu Loissow mit dem Kirchenlehn daselbst; dazu verlieh ihnen Nicolaus von Werle noch zu Malchin am Tage Simonis und Judä 1306 12 Hufen zu Roggentin, 12 Hufen zu Tziransche (?) und 2 Hufen zu Schilderstorff. Diese Erwerbungen, welche das Eigenthum der Ritter gegen Norden hin ganz abrundeten, ergeben sich aus einem Urkunden=Protocolle im Großherzogl. Geheimen= und Haup=Archive zu. Schwerin.

Die wichtigste Begebenheit für die Ritter in dieser Gegend war demnächst die Erwerbung des Landes Stargard durch Heinrich II. von Meklenburg den Löwen. Die Ritter hatten von Nicolaus II. von Werle nach und nach Befreiung von allen Diensten und Lasten erworben, welche ihnen die Abhängigkeit von einem Oberherrn hatten fühlbar machen können; sie besaßen ihre Güter fast als freies Eigenthum. Sie waren aber noch an Heinrich von Meklenburg verpflichtet, indem sie an denselben jährlich von den Gütern Mirow, Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth und Repent Münzpfennige 2 ) und von vier


1) Urk. Nr. XII.
2) Ueber die, im Brandenburgischen selten vorkommende Abgabe der Münzpfennige vgl. Riedel a. a. O. II, S. 247. Der Grund dieser Abgabe ist noch immer nicht in ein klares Licht gestellt. So viel ich bis jetzt habe erforschen können, waren die Münzpfennige ein Grundzins von dem Grundbesitze, eine Recognition des landesherrlichen Grundeigenthums; in einer Dargunschen Klosterurkunde vom Jahre 1301 sagt Nicolaus von Werle: "Dimittimus homines liberos et exemptos a denariis monete, qui de quolibet manso et area singulis annis dari solent". Den Namen erhielt dieser Zins, weil er in baarem Gelde gegeben ward, indem außerdem noch Naturalabgaben geleistet wurden: als Heinrich II. von Meklenburg im J. 1328 dem Kloster Ribnitz das Gut Bockhorst verlieh, setzte er der "precaria denariorum" die "precaria annonae" entgegen. An die Geistlichkeit gab man, nach einer Ratzeburger Urkunde vom J. 1217 in Pistorii Amoen. III, 2242: "malorem decimam in agro, minutam de jumentis, pullos de areis, quod vulgari nomine rokhon dicitur". Das Rauchhuhn war also eine Abgabe an die Geistlichkeit von jeder Feuerstelle (area, Familie) und hat wohl davon den Namen, daß es vom Heerde (Rauch, area) gegeben ward. - In Carls IV. Landbuch der (  ...  )
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Hufen in Starsow sowohl Münzpfennige, als auch 28 brandenburgische Schillinge Zins 1 ) zu zahlen hatten. Sei es nun, daß Heinrich selbst bei dem Antritt seiner Regierung sich die Ritter verpflichten wollte und ihnen mit der Ablösung dieser Abgabe entgegen kam, sei es daß die Ritter, aus Furcht vor Ansprüchen von seiner Seite, auf die Ablösung angetragen hatten: im Jahre 1303 überließ er ihnen die Erhebung dieser Abgaben. 2 ) Vielleicht hatte er als Herr von Meklenburg die Münzpfennige als alte, "nach Gewohnheit jährlich zu zahlende" Abgabe von den ursprünglichen Gütern der Comthurei zu fordern gehabt, da 1227 die Ritter ihre Besitzungen von allen Herren von Meklenburg erworben, in der Folge das freie Eigenthum derselben aber nur von den Herren von Werle bestätigt erhalten hatten. Auf ein Lehnsverhältniß zu Brandenburg kann sich diese Abgabe wohl nicht gründen, da Heinrich selbst bekennt, daß er kein anderes Recht, und keine Forderung an Diensten, weder geringern, noch höhern (Lehndiensten?) von jenen Gütern habe. Hatte Heinrich nur irgend Ansprüche gehabt, so hatte er sie bei der Besitzergreifung von Stargard nach dem Tode seines Schwiegervaters, des Markgrafen Albrecht III., gewiß geltend gemacht; aber in der ganzen Urkunde ist keine Spur von einer Lehnsherrlichkeit. - In derselben Urkunde überläßt er den Rittern das Eigenthumsrecht von 4 Hufen in Starsow, zugleich mit Münzpfennigen und Zins; es hatten nämlich die Ritter von einem Fürsten von Meklenburg einen Hof in Starsow mit 4 Hufen erhalten 3 ); die Ritter traten dem Fürsten dagegen das Eigenthum über 6 Hufen in Sozen ab, welche bis dahin in ihrem Besitz


(  ...  ) Mark Brandenburg, p. 99, 135 und 136 wird auch. ein census arearum aufgeführt. Noch im J. 1492 gab die Stadt Gnoyen X Mark IV ßl. Muntepenninge.
1) Eben so dunkel ist die Abgabe des Zinses (census). Nach einer Dargunschen Urkunde von 1276 scheint der Zins eine Abgabe der Unterthanen für Dienste und Steuern von befreieten Gütern, also eine Recognition für die, der Landesherrschaft zu leistenden Dienste gewesen zu sein, indem es heißt: Homines in hiis villis commorantes ab omni exactione, peticione et seruicio semper sint liberi et soluti. Ita tamen ut pro seruicio et exactione quilibet mansus nobis soluat singulis annis unum solidum, duos solidos molendinum ; - - pro exactione et seruicio singulis annis in octaua pasche semper dabitur census iste. In unserer Urk. heißt der census ein tributum. - Die Größe dieser Abgabe war verschiedene in der Mark stieg sie bis auf höchstens 7 Schillinge; vgl. Riedel a. a. O. II, 225, flgd. Dieser höchste Satz ist von 4 Hufen auch wohl hier anzunehmen.
2) Urk. Nr. XIII.
3) Nach einem Urkunden=Protocolle im Großherzogl. Archive soll diese Verleihung vom "Herzoge Albrecht von Meklenburg 1287 am Tage Alexi in Wittstock geschehen sein. Hier ist offenbar ein Fehler.
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gewesen waren. Dies Setzen ist wahrscheinlich das Dorf in der Mark westlich an Zechlin grenzend. Heinrich machte diesen Tausch wohl zur Abrundung seines neuen Landes; denn bald darauf (1306) erwarb er vom Kloster Doberan auch Zechlin, "weil es mit seinem Lande Stargard grenze". - Aus derselben Urkunde wird es auch klar, daß die Ritter 1303 auch das Dorf Repent, östlich an Zechlin grenzend, besaßen.

Obgleich Heinrich die Ritter von allen Verbindlichkeiten gegen ihn befreit hatte, so nahm er sie dennoch in Anspruch, als er, nach dem Wittmannsdorfer Vertrage vom 15. Januar 1304, den Markgrafen von Brandenburg für das Land Stargard 5000 Mark Silbers zu zahlen übernommen hatte. In seiner Geldnoth (cum in magna necessitate debitorum ex parte illustris principis Marchionis Hermanni essemus positi) nahm er seine Zuflucht wahrscheinlich zu einer außerordentlichen Bede in seinen Besitzungen 1 ); da er diese aber von unsern Rittern nicht fordern konnte, so vermochte er sie zu einem Geschenke von 30 Mark Silbers zur Beihülfe (in subsidium) und zur Steuer seiner Noth. In der darüber ausgestellten Urkunde 2 ) bekennt er, daß die Ritter die Dörfer Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth, Repent und Mirow bis dahin mit allem Recht und Eigenthum und ohne Verpflichtung zur Bedezahlung besessen hätten; deshalb nehme er das Geld als ein reines Geschenk, als einen Beweis der Freundschaft und des Wohlwollens an, und werde die Erhebung desselben nie als ein Recht von seiner Seite betrachten. Dazu mußte er den Rittern noch einmal versichern, daß sie die genannten Güter auf ewige Zeiten von allen Münzpfennigen und von aller Bede frei besitzen sollten, wie es bis dahin der Fall gewesen sei. - Auch die kleinere Comthurei Nemerow mußte sich zu einer Subsidienzahlung von 40 Mark verstehen; diese gab ihm freilich die Summe auch als ein Geschenk, aber von ihren Gütern (de bonis eorum), welche in des Fürsten Herrschaft (in dominio nostro) lagen.

Mit dem Hause Werle blieben die Ritter fortwährend in dem bisherigen freundlichen Verkehr: noch in demselben Jahre 1304 kauften sie von den Fürsten Nicolaus II., Günther und Johann von Werle für 350 Mark 3 ) das Dorf Schilder=


1) Vgl. Riedel a. a. O. I, 440. - Noch im J. 1319 sagt Heinrich II. in einer Urkunde: "preter modum urgentibus nos hominibus debitorum nostrorum, vendere nos oportuit et vendidimus terram Pole". Westph. Mon. II, p. 1605.
2) Urk. Nr. XIV.
3) Urk. Nr. XV.
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storf mit dem Eigenthum, mit allen Einkünsten, Diensten und Rechten, auch mit dem Patronat über die Kirche daselbst. durch diese Erwerbung rundete die Comthurei ihre Besitzungen nach NW. ab; fast rund umher war schon alles verliehen, meistens an geistliche Stiftungen; nur gegen NO. und SW. blieb ihnen noch Aussicht auf unmittelbare Erwerbungen. Durch den Kauf von Schillersdorff konnten sie sich nun auch über den Wotersitz=See und die Böker Mühle mit der Müritz in Verbindung setzen. Diese Urkunde ist dadurch interessant, daß die drei Werleschen Brüder einmal zusammen auftreten, jedoch nur als Eigenthümer des verkauften Gutes. Nicolaus allein nennt sich Herr von Werle; Günther und Johann werden als "domicelli Slauiae" bezeichnet.

Bis die Ritter andere Erwerbungen an der Grenze ihres Gebietes bewerkstelligen konnten, kauften sie sich auch in Gegenden an, welche nicht mit ihren Gütern grenzten. Im Jahre 1305 brachten sie durch Kauf acht Hufen in Dambeck an sich 1 ), welche nur durch die Besitzungen des Klosters Dargun von der Comthurei getrennt waren und welche sich vermittelst des Besitzes in Ankershagen vielleicht an die Güter des Klosters Broda, und zwar zunächst an Vielen lehnten. Diese acht Hufen hatten den "Herren von Schwerin", wahrscheinlich den Rittern von Schwerin, welche schon seit 1273 in Röbelschen Urkunden als Zeugen vorkommen, gehört. Nicolaus II. bestätigte den Johannitern das Eigenthum dieser Hufen, behielt sich hier aber den Genuß der Geldbede und des Roßdienstes von den Bebauern der Hufen vor, bis die Ritter dieselben selbst bewirthschaften würden; dann sollten sie von allen Lasten befreiet sein.

Die Brüder des Fürsten Nicolaus II. von Werle werden zwar nirgends als Mitregenten aufgeführt; aber sie waren doch Fürsten des Hauses Werle und hatten, als solche, Rechte am Lande. Daher ließen sich die Ritter im Jahre 1309 von dem Fürsten Günther, Canonicus in Magdeburg, und dem Prinzen Johann, wenn auch nicht als Herren von Werle, doch als Gliedern des Werleschen Fürstenhauses, alle Besitzungen bestätigen, welche sie von den Herren von Werle geliehen erhalten hatten. 2 )

Durch alle diese Gerechtsame und Freiheiten, welche die Ritter nach und nach erhalten hatten, waren sie so unabhängig


1) Urk. Nr. XVI.
2) Urk. Nr. XVII.
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geworden, daß sie fast als Landesherren erscheinen. Ihre Freiheiten übten sie nicht allein in ihrem Gebiete, sondern sie suchten sie auch außerhalb desselben in dem Lande der Herren von Werle geltend zu machen, wo es ihr Vortheil etwa erheischen konnte. So hatte die Stadt Malchow von den Rittern Brücken= und Wegegeld erhoben und wiederholt gefordert; diese weigerten sich wahrscheinlich, an die Stadtgemeinde Zoll zu zahlen; ja es hatte selbst der Heermeister sich der Sache angenommen und Klage erhoben. Diese ward dann durch einen Vergleich beigelegt 1 ), indem im Jahre 1309 in Malchow die Rathmänner dieser Stadt und der Comthur von Mirow, damals Heinrich von Wesenberg, unter Vermittelung des Fürsten Bernhard von Werle, Bruders des Dominikaner=Ordens, und des Präpositus Gerhard des Jungfrauen=Klosters in Malchow zusammentraten. Die Stadt Malchow befreiete darauf in Folge der Verhandlungen auf immer alle Ritter des Ordens vom Brücken=, Wege= und Durchgangs=Zoll und von jeder andern Art von Abgaben auf dem Stadtgebiete. Diese Urkunde gönnt uns wieder einen Blick in die äußern Verhältnisse des Ordens, indem die Malchower bekennen, da die Brüder überall sich besonderer Vorrechte und Freiheiten erfreuten, so wollten auch sie die Ritter, welche nur Vasallen ihrer Herren von Werle seien, in ihren, vom apostolischen Stuhle ihnen bestätigten Rechten schützen und ehren. - Warum die Ritter darnach trachteten, grade in der Stadt Malchow frei von Abgaben zu sein, ist durchaus dunkel. Vielleicht geschah es deshalb, weil das im Jahre 1273 erworbene Dorf Lenst wirklich das dicht hinter Malchow an der Wasserfahrt liegende Lenz ist.

Im SW. Theile des jetzigen Großherzogthums Strelitz war am wenigsten Zusammenhang und Einheit in den Landestheilen: die Güter des Klosters Dobbertin lagen hier zerrissen; die Comthurei Mirow entbehrte einiger angrenzender Güter, welche ihnen nach dem Zusammenhange des Landes und der Gewässer sehr nützlich sein konnten; dazwischen lagen einige fürstliche Lehngüter, und die Prignitz erstreckte ihre Grenzen fast in das Land hinein. Mitten im Werleschen Gebiete besaß auch Heinrich II. von Meklenburg und Stargard noch das Gut Starsow, von welchem die Ritter schon 1303 vier Hufen eingetauscht hatten, den Mirowschen Holm und den Zotzen=See, welche Besitzungen er zu Lehn ausgegeben


1) Urk. Nr. XVIII.
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hatte. Als nun die Brüder durch die Handlungen eines meklenburgischen Ritters, Ebeling von Clepizk, wir wissen nicht wie, Schaden gelitten hatten, schenkte ihnen Heinrich der Löwe, zum Ersatz des schadens, das Eigenthum der genannten . Güter mit unbeschränkten Rechten und Freiheiten 1 ), jedoch sollten die Besitzer der Lehngüter zu ihren neuen Herren in ihren alten Rechten und Gewohnheiten bleiben.

Im Süden war nun gegen die Besitzungen des Klosters Dobbertin hin die Comthurei abgerundet. Nur im Norden fehlte den Rittern noch das Dorf Kakeldütten, um hier Grenznachbaren des Klosters Dargun zu werden. Dieses erreichten sie im Jahre 1342 von den Fürsten Nicolaus III. und Bernhard von Werle=Güstrow, welche ihnen für 45 Mark lübischer Pfennige das Eigenthum des genannten Dorfes mit der ganzen Feldmark desselben und mit unbeschränkten Freiheiten abtraten. 2 )

Vorher, im Jahre 1337, befreiete der Fürst Albrecht II. von Meklenburg noch die Comthureigüter Wokuhl, Gnewitz und Dabelow, zwischen Alt=Strelitz und Lychen im Fürstenthume Stargard liegend, welche seit 1285 und 1286 im Besitz der Ritter gewesen waren, von dem beschwerlichen jährlichen Zins an die Fürsten, der von jeder Hufe einen brandenburgischen Schilling betrug 3 ), und schenkte ihnen das freie Eigenthum der Güter, indem er alle Rechte an denselben aufgab und sie ebenfalls von allen Lasten befreiete. Jedoch ward der Zins von dem Dorfe Dabelow in eine Abgabe an die Pfarre zu Lychen verwandelt. 4 ) In Lychen war im J. 1316: Nycolaus presbyter, rector ecclesie in Lychen ordinis hospitalis sancti Johannis Jherosolimitani.

Schon 1298 hatte Nicolaus II. von Werle die Ritter mit Zehn Hufen in Viezen beschenkt. Im Jahre 1351 erwarben diese daselbst noch sieben Hufen und zwar auf folgende Weise. Die Ritter kauften von den Herren von Werle dem Rechtsgeschäfte nach das Eigenthum, mit Dienst und Gericht über diese Hufen; die Stadt Röbel zahlte den Kaufpreis, und hatte dazu die Geld= und Kornbede, welche die Fürsten bis dahin von den Hufen bezogen hattet, käuflich an sich gebracht. Die Ländereien hatten früher die Brusehaver, und zur


1) Urk. Nr. XIX.
2) Urk. Nr. XXI.
3) Vgl. S. 64, Urk. Nr. XIII und Urk. Nr. VIII.
4) Urk. Nr. XX.
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Zeit des Verkaufes Conrad Freiberg, vermuthlich zu Lehn, besessen und auf zwei Höfen selbst bewohnt; letzterer bezog bis zum Verrauf von denselben Hufen theils Gefälle von den Untersassen, theils Pacht. Da nun die Ritter die Hufen zu reinem Eigenthum und Besitz erwerben wollten, so kauften sie von Conrad Freiberg alle Aufkünfte, die er als Lehnträger von dem Gute noch zu beziehen hatte. 1 ) Die Stadt Röbel aber übertrug ihre Ansprüche an die Hufen auf die Ritter unter der Bedingung, daß damit eine geistliche Stiftung dotirt werde. Die Stadt hatte nämlich in der Kirche zu Mirow zwei Altäre gebauet: einen zu Ehren der Jungfrau Maria und einen zu Ehren des heiligen Kreuzes. Bei dem letztern Altar ward eine Weltpriesterstelle gegründet, welche von der Stadt Röbel besetzt werden sollte und zwar einmal nach Präsentation eines Candidaten von Seiten der Comthurei, und das andere Mal nach dem Willen der Rathmänner, und so abwechselnd immer fort bei Erledigung der Stelle. Dieser Priester nun sollte die Einkünfte von den sieben Hufen genießen, welche jedoch alle in Geldabgaben umgewandelt wurden; ein Theil der Einkünfte ward für die Bedürfnisse beider Altäre verwandt. Viele besondere Umstände des Kaufes und der Dotation werden die Urkunde auch für andere Verhältnisse interessant machen.

Angedeutet wird in dieser Urkunde noch, daß auch der zweite Altar der Jungfrau Maria eben so dotirt, und darüber auch eine Urkunde ausgestellt war. Bestätigung erhält diese Vermuthung durch eine Urkunde vom J. 1352 2 ), in welcher Bernhard von Werle die Ritter mit vierzehn Hufen in dem Dorfe Viezen belehnt, deren neun, mit dem halben Sumpf=See, früher die Brusehaver und damals Conrad Freiburg zu Lehn besessen hatte, die fünf übrigen aber zu dem Hofe gehört hatten, auf welchem ein gewisser Wisseke ebenfalls zu Lehn wohnte. Für diese vierzehn Hufen und dem dazu gehörenden halben Sumpf=See waren den Fürsten, wahrscheinlich von der Stadt Röbel, (gratanter) hundert Mark slavischer Münze ausgezahlt, wofür sie die Ritter mit dem vollen, freien Eigenthum der Güter bewidmeten, jedoch unter der Bedingung, daß sieben von diesen Hufen an den Altar der heiligen Maria und sieben an den Altar des heiligen Kreuzes in der Kirche zu Mirow besonders gehören sollten.

Ferner erwarb durch Kauf, nach einem Urkunden=Ver=


1) Urk. Nr. XXII.
2) Urk. Nr. XXIII.
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Zeichnisse, der Comthur Achim Wagenschütte Mittwoch nach Lätare 1470 für den Orden noch 5 Hufen in Viezen.

Endlich versetzte 1387 Wedeghe von Plote der Comthurei zu Händen des Comthurs Dethloff von Walmede für 450 Mark Vinkenaugen das halbe Dorf Loyssow, wiederlöslich nach 3 Jahren. 1 ) Wahrscheinlich blieb dies halbe Dorf, in welchem die Ritter schon 35 1/2 Hufen besaßen und welches also von bedeutendem Umfange war, bei der Comthurei; wenigstens ist von seiner Einlösung keine Spur vorhanden. Im Jahre 1370 hatten die Familien Retzow und Kerkberg (Kirchberg) Besitzungen in Loissow.


Es bleibt für die Geschichte des Besitzes der Comthurei noch zu betrachten übrig: der Antheil an der Müritz und der Erwerb Dargunscher Klostergüter.

Von der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts an brachten die Ritter von Mirow auch den Theil der Müritz an sich, welchen die Urkunden mit dem Namen der Vipperowschen Wasser bezeichnen. Diese Gewässer umfassen im Allgemeinen den Theil des Sees, welcher die Comthureigüter Gaarz und Viezen, Vipperow gegenüber, berührt, und wahrscheinlich auch einige kleinere nahe liegende Seen, da nach einer Urkunde vom 23. April 1361 diese Gewässer "de Vipperoweschen water und de anderen see" genannt werden. Dies läßt sich jedoch wohl nur nach Untersuchungen an Ort und Stelle darthun. Die sogenannten Vipperowschen Wasser waren wohl die Gewässer des ehemaligen Landes Vipporow, welches zur Zeit des Kaufes durch die Ritter aber schon in der Vogtei oder dem Lande Röbel untergegangen war, da die frühern Namen der kleinen "Länder" in dieser Gegend schon im vorigen Jahrhundert theilweise verschwinden.

Das Eigenthum der Müritz gehörte ursprünglich den Herren von Werle, welche aber den nördlichen Theil derselben, die große Müritz, den Städten Röbel und Waren 2 ) und einzelne kleinere Theile und Buchten angrenzenden Vasallen, auch den NW. Theil, an Sietow grenzend, dem Kloster Dobbertin (Schröder P. M. I, 1245 flgd.), unter verschiedenen Bedingungen


1) Urk. Nr. XXIV.
2) Diese Verleihungen sind noch nicht historisch aufgeklärt. Eines scheint hier für die Geschichte des Wasserstandes der Müritz von Interesse zu sein: Das Kloster Broda besaß 1244 jede zehnte Nacht die Gerechtigkeit über die "drei oberen Aalwehren zwischen der Müritz und dem Cölpin".
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verliehen hatten. Den südlichen, schmalern Theil der Müritz trugen die Herren von Crocher, als werlesche Vasallen, von den Fürsten zu Lehn. Hievon verkauften 1 ) am 20. December 1330 die Gebrüder Johannes und Jordanus von Crocher an den Heermeister Gebhard von Bortvelde und die Ritterconvente von Mirow und Nemerow für 315 Mark wend. Pf. den bezeichneten Theil der Müritz, die Vipperowschen Wasser genannt, in ihren alten Grenzen, mit allen Aufkünften, Freiheiten und Gerechtigkeiten, so wie mit der Gerichtsbarkeit, welche die werleschen Vasallen in ihren Gütern besaßen, und mit der Befreiung von Diensten. Da der Besitz der Müritz aber ein Lehn war, so gaben die von Crocher es in die Hände ihres Lehnherrn zurück, der die Johanniter unter der Bedingung wieder in dasselbe einwies, daß die Herren von Werle es für den Kaufpreis wieder einlösen könnten, wenn sie wollten.

Bald, im Jahre 1361, kauften auf dem Hofe Solzow die Ritter von Mirow diese Gewässer aber noch einmal 2 ), sei es, daß die Herren von Werle den vorbehaltenen Wiederkauf derselben vollzogen hatten, indem diese nach der Urkunde von Johann von Werle auf dessen Sohn Bernhard vererbt waren, - sei es, daß (da das Vererben wohl vom Eigenthumsrecht zu verstehen ist) die Ritter, mit dem bisherigen Lehnsbesitz und der Wiederablöslichkeit nicht zufrieden, ein freies Eigenthum erwerben wollten; auch mochte die Ausdehnung der Gewässer nicht mehr bestimmt und die Lage der alten Grenzen verwischt sein. Genug, die Ritter kauften am 23. April 1361 von dem Fürsten Bernhard von Werle für baare 700 Mark wend. Pf. oder Vinkenaugen die Vipperowschen Wasser, welche in ihren einzelnen Theilen folgende waren: die Vipperowsche Müritz, welche vom Troge (?) und von dem Rothen=Baume bis zu der Schilder Mühle reichte, die Lankow, die Nebel, die Torne, der Mewen=See und der Vipperowsche See, welcher bis nach Buchholz sich erstreckte. 3 ) Diese Gewässer erhielten die Ritter jetzt


1) Urk. Nr. XXV.
2) Urk. Nr. XXVI.
3) Alle diese Namen bedürfen einer Nachforschung aus andern Quellen und aus alten Charten und Sagen. Der Rothe Baum liegt noch auf der Schmettauschen Charte am westlichen Ufer an der Grenze zwischen Ludorf und Zilow auf einem Vorsprunge. Die Schilder Mühle wird in der Prignitz zugleich mit Dransee, Sewekow, Zempow, Kl. Berlin, u. a. O. erwähnt. Die Nebel ist auf der Schmettauschen Charte die südliche Bucht der Müritz. Mewenseen liegen an der Müritz umher aber mehrere.
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mit allem Rechte, mit der höhern und nieder Gerichtsbarkeit, mit dem Eigenthum und allen Aufkünften, wie die Herren von Werle sie bis dahin besessen hatten, auch mit Ueberlassung aller landesüblichen Abgaben. Ferner erhielten die Ritter oder diejnigen, welche von ihnen die Gewässer in Benutzung haben würden, die Freiheit, die Fische ohne Hinderniß zu verkaufen und sie verfahren zu lassen, wo und wohin sie wollten; der Wademeister sollte (als Bevorzugung oder Beschränkung ?) die Fische nach Röbel zu Markt auf einem Wagen bringen; von Martini bis Petri=Tag in der Fasten (vom 11. November bis 22. Februar) sollten sie aber gesalzene Hechte ausführen können, wohin sie wollten. Ferner wurden alle bisherigen Pächte und Fischereien auf den Gewässern aufgehoben und abgelöset, nur sollten die Herren von Morin aus den verkauften Gewässern eine jährliche Rente von 10 Mark wend. Pf. und einem Drömt Salz und der Hof Solzow die Fischerei mit 24 Wurfnetzen und einem Stocknetze in dem Wasser, der Kessel genannt, an den Grenzen des Hofes behalten. Uebrigens ward es den Fürsten freigestellt, die Gewässer binnen sechs Jahren von den Rittern für den Kaufpreis wiederzukaufen; nach Ablauf dieser sechs Jahre sollte aber der Wiederkauf nicht mehr gestattet sein. sondern das Eigenthum der Gewässer den Rittern auf ewigem Zeiten gehören. Diese Befugniß des Wiederkaufes räumte der Comthur Otto von Stendal den Herren von Werle mittelst einer besondern Urkunde feierlich ein 1 ); jedoch ist es zu einer Einlösung durch die Fürsten nie gekommen, vielmehr ging die Vipperowsche Müritz nach der Aufhebung der Comthurei wieder an die Herzoge von Meklenburg über.

Die genannten Vipperowschen Wasser machten aber nicht den ganzen südlichen Theil der Müritz aus. Dies geht aus einer Urkunde 2 ) hervor, durch welche die Herren Lorenz und Johann von Werle im Jahre 1375 den Gebrüdern Andreas und Heinrich Regedantze die Gewässer verliehen, welche bis dahin die Familie der von Crocheren zu Warne besessen hatte, nämlich die Theile der Müritz vom Böker Mühlengraben am östlichen und von der Kriweser Burg (oder Berg?) am westlichen Ufer bis an das Hofwasser von Solzow und das Dorf Buchholz in den Theilen, welche genannt wurden: der Bodden, die Düpe,


1) Urk. Nr. XXVII.
2) Urk. Nr. XXVIII.
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die Kule, die Verchene mit einem Werder vor Garz, die Klyzige und das Buchholzer Ende. 1 ) Dazu sollten die Regedanze die Freiheit haben, alle Woche zweimal, am Mittwoch und Freitage, Fische auf dem Markt zu Röbel feil zu bieten. Als Recognition für diese Belehnung sollten die Regedanze jährlich 20 Mk. lüb. zahlen und drei Pfund Pfeffer 2 ) am Martinstage auf den Hof Wredenhagen liefern.

Im 16. Jahrhundert entstanden über die Fischerei in der südlichen Müritz große Streitigkeiten und Rechtshändel zwischen den Rittern und den Fürsten (in Beziehung auf das Amt Wredenhagen). Aber schon vorher war manches streitig geworden. Die Urkunde von 1361 3 ) hatte eine Abgabe von 10 Mark wend. Pf. und einem Drömt Salz an die Herren von Morin auf den Besitz der Müritz=Gewässer gelegt. Eine Urkunde von 1482 4 ) sagt, daß die Gebrüder Heinrich (in den rechten doctor), Henneke und Lorenz Morin schon lange mit dem Comthur Achim Wagenschütte von Mirow dieser Abgabe wegen in Streit gelegen hätten, vorzüglich weil dem Comthur die darauf lautende Urkunde abhanden gekommen sei, obgleich nach der Agnitions=Urkunde von 1361 von den Herren von Werle sogar "zwei Briefe" den Rittern ausgestellt waren; das zweite Exemplar, welches hier in Nr. XXVI mitgetheilt ist, mochte wohl im Archive des Heermeisters zu Sonnenburg liegen. Diesen Streit der beiden Partheien schlichteten die Herzoge Magnus und Balthasar in einem Schiedsgerichte dahin, daß die Comthure von Mirow von dem Besitze der Müritz den Morinen jährlich am Martinstage 5 lüb. Mark 5 ) und ein Drömt Salz fernerhin geben sollten, wie diese die Abgabe früher als jährliche Pacht nach urkundlicher Bestimmung genossen hätten; alle Ansprüche aus der ersten Urkunde sollten fortan ruhen.


Einen bedeutenden Zuwachs erhielt im Laufe der Zeiten die Comthurei Mirow durch den Erwerb der Dargunschen


1) Diese Namen sind noch dunkler, als die der Vipperowschen Wasser.
2) In der Altmark war es besonders Gebrauch, daß die Krüger ihre Abgaben in Pfeffer entrichteten. Vgl. Riedel II, S. 270.
3) Vgl. Urk. XXVI.
4) Urk. Nr. XXIX.
5) Nach den Urk. von 1361 sollten die Morine 10 Mark wendische Pfennige, welche nach derselben Urkunde den vinkenogen gleich gestellt wurden, erheben; die ehemaligen wendischen Pfennige waren im 15. Jahrhundert den Stralsundschen und Rostockschen gleich, und von diesen gingen 2 Mark auf 1 lübische Mark. Vgl. Rudloff a. a. O. II, S. 955; Evers Mecklenb. Münz=Verf. I, S. 43 und 50; Kosegarten Pomm. Gesch. Denkm. I, S. 50, flgd. Hier ist die Berechnung also nach dem Münzfuße von 1361 und 1482 noch richtig.
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Klostergüter, welche ihren Hauptbestandtheilen nach gewöhnlich die Heidedörfer genannt werden. Die Güter der Comthurei erstreckten sich gegen Norden nach und nach bis an die Havel bei Kakeldütten und bis an die Seen, welche dieser Fluß durchströmt; unmittelbar daran stießen Besitzungen des Klosters Dargun, und jenseits derselben hatte der Johanniter=Orden noch Eigenthum in Ankershagen und Dambeck. Von der einen Seite mußte es den Rittern wünschenswerth sein, ihre Besitzungen unter einander und mit den Gütern des Stargardschen Klosters Broda in Verbindung zu bringen, und dadurch auch in den Besitz der Straße zu kommen, welche vom Stargardschen in die Herrschaft Werle (über Krazeburg) führt; andererseits konnte auch dem Kloster Dargun eine annehmliche Veräußerung des von ihren Besitzungen abgerissenen Stücks der Haidedörfer, willkommen sein.

Im Jahre 1256 schenkte Nicolaus I. von Werle dem Kloster Dargun das Gut Dalmestorp und den halben See Cobolc (Käbelick); dazu erwarb das Kloster für 500 Mark von dem Fürsten und dessen Vasallen die Dörfer Werder, Techentin, Blankenförde und Granzin mit allem Rechte, wie es die Vasallen Ludewin und Granzov früher von den Herren von Werle besessen hatten. Diese Uebertragung geschah von Seiten der Fürsten einstweilen vielleicht mündlich. Am 14. October 1256 schenkte der Bischof Heinrich von Havelberg dem Kloster den Zehnten aus diesen fünf Gütern 1 ), welche damals zu seinem Sprengel gehörten, in den Verhältnissen, in welchen sie früher zu dem Bischofe von Schwerin gestanden hatten 2 ); sollten die Klosterbrüder die Güter an jemand auf dessen Lebenszeit zum Nießbrauch überlassen, so sollte dieser auch den Zehnten von jenen erwerben können; würde das Kloster aber die Güter auf immer veräußern, so solle der Erwerber den Zehnten wieder vom Bischofe zu Lehn nehmen. Auffallend ist es, daß das Dorf Dalmerstorp in dieser Urkunde Arnoldsdorf genannt wird. - Der Fürst Nicolaus von Werle hatte noch keine Urkunde über die Verleihung ausgestellt; nach den Worten der Schenkungsurkunde hatte er, auf Anmahnung und dringendes Bitten des Abtes, noch am Allerheiligentage (1. Novbr. 1256) die Verleihung in Gegenwart mehrerer werlescher Vasallen am Hauptaltare feierlich bekräftigt, und erst am 6. Januar 1257


1) Urk. Nr. XXX.
2) Das Land Turne war seit 1255 dem Bisthum Havelberg zugetheilt. Vgl. Rudloff II, S. 166.
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stellte er zu Güstrow die Schenkungsurkunde 1 ) aus, welche aber nur noch in einem Transsumte von 1359 vorhanden ist. In dieser interessanten Urkunde werden die Grenzen dieser Besitzungen genau beschrieben und die Güter von der weltlichen Vogtei und den gewöhnlichen Diensten befreit, überhaupt dem Kloster für diese Güter die Freiheiten ihrer übrigen Besitzungen verliehen. - Die Fürsten Nicolaus II. und Johann II. und der Junker Johann III. von Werle bestätigten am 25. Junius 1314 aus Erkenntlichkeit gegen das Kloster und - für 300 Mark dem Abte Johannes alle Besitzungen 2 ), Rechte und Freiheiten, welche das Kloster von ihrem Großvater Nicolaus und ihren übrigen Vorfahren erworben hatte, namentlich an den Gütern Werder, welches auch Crazeborg genannt werde, Dalmersdorp, Techentin, Blankenvörde und Granzin, und verliehen ihnen dauerndes Eigenthum, höchstes Gericht, Beden und Steuern; namentlich leisteten sie dem Kloster für das Gut Krazeburg auf Jahr und Monat Gewähr, wenn Jemand an dasselbe Anspruch machen sollte. Die 300 Mark Gebühren waren wohl Kaufgelder für Eigenthumsrecht, Abgaben und Dienste, welche das Kloster jetzt erwarb, während es früher die Güter nur zu Vasallenrecht besessen hatte; bloße Consensgebühren, wie Rudloff II. S. 404 will, waren diese Gelder wohl nicht. Nach einem Mirowschen Urkunden=Verzeichnisse hatten die Fürsten Nicolaus und Johann von Werle schon am 23. Junius 1314 zu Gransee den Verkauf dieser Güter im Allgemeinen bewilligt.

Nachdem nun der Heermeister Hermann von Warberg und Otto von Stendal, Comthur von Mirow, für die Comthurei diese Güter von dem Abte Dietrich von Dargun für den Kaufpreis von 3070 Mark wend. Pf. gekauft hatten, bestätigte der Fürst Bernhard von Werle am 19. Jul. 1359, unter Transsumirung der beiden Schenkungs= und Bestätigungs=Urkunden, diesen Kauf 3 ) und übertrug den Rittern, gegen Erlegung von 350 Mark wend. Pf., welche bei der Uebertragung auf andere Besitzer wohl nicht allein Consensgebühren, sondern wohl mehr Entschädigung für dauernde Abgaben= und Dienstfreiheit waren, die fünf Güter auf der Haide mit allen Rechten und Freiheiten, welche dem Kloster in frühern Briefen zugesichert waren. An demselben Tage stellten Comthur und


1) Urk. Nr. XXXII.
2) Urk. Nr. XXXI.
3) Vgl. Urk. Nr. XXII.
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Convent von Mirow eine Urkunde 1 ) aus, in welcher sie dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Güter innerhalb zweier Jahre, vom nächsten Martins=Tage an gerechnet, für den Kaufpreis gestatteten; nach Verlauf dieser Frist sollte dieses Wiederkaufsrecht erloschen sein. - Ueber diese Güter finden sich von jetzt an weiter keine urkundliche Nachrichten, als daß, nach einem Urkunden=Inventarium, die Herzoge Magnus und Balthasar am Jacobi=Tage 1472 zu Mirow dem Orden die Dörfer Granzin und Crazeburg mit der Mühle und Mühlenstätte zu Granzin verschrieben und, d. d. Wesenberg am Sonntage nach Vis. Mariae 1491, eine Confirmation über die neue Mühlenstätte zu Granzin ausstellten.



1) Urk. Nr. XXXIII.
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Anhang 1.


Ueber die Comthure von Mirow.

D a über die Comthure von Mirow fast nichts bekannt ist, so möchte es hier am Orte sein, die Namen derselben, so viel als möglich, übersichtlich zusammenzustellen.

Im Jahre 1227 wurden 60 Hufen an den Seen Mirow und Dam den Johannis=Hospital=Rittern in Accon geschenkt (qui jugiter ibidem prelia domini preliantur). 1242 kommt zuerst eine curia Myrowe vor. 1249 ist frater Ecbertus de Mirowe Schiedsrichter über Lärz; vgl. Rudloffs Urk.=Lief. XI., S. 35, und Westph. Mon. III., 1492 und 1493; dieser Ecbert ist vielleicht einer der ersten Comthure. Im Jahre 1250 ist auf einem Capitel zu Cölln ein frater H. de Mirowe anwesend; vgl. Schröders P. M. I, 647, wo der Name H(enricus) ausgelassen ist, der in der "Remonstration" (vgl. Jahrb. I. S. 3 u. 9) steht. Derselbe Ordensbruder kommt XVI. kal. Nov. 1251 in einer, zu Werben datirten Urkunde, und zwar als der erste, als Comthur unter den Zeugen vor: frater Heinricus commendator in Mirowe; vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv II. 1, S. 80. Der ermähnte frater Ecbertus de Myrowe ist 1256 Zeuge einer Urkunde in Westph. Mon. III, 1499, und in einer Dargunschen Urkunde von demselben Jahre tritt ein magister Ecbertus auf; (vgl. Jahrb. I. S. 9, flgd.). Hiernach scheint es, als wenn der Bruder Ecbert nach dem Bruder Heinrich Comthur geworden ist. Im Jahre 1270 kommt als Zeuge auch schon vor frater Petrus plebanus in Mirowe; zu dieser Zeit bestand also schon eine Kirche in Mirow; überhaupt standen damals wohl schon die nöthigen Ordensgebäude in Mirow, da in demselben

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Jahre 1270 magister et fratres sacre domus genannt werden und ein frater Ar(noldus) mit dem Titel commendator in Miroe als Zeuge auftritt; von hier an ist auch der Titel commendator durchgehends vorherrschend. Eben so werden 1273 magister et fratres sacre domus in Mirowe erwähnt tempere commendatoris fratris H(enrici) de Honschet in Mirowe existente; wahrscheinlich derselbe frater Heinricus commendator domus hospitalis de Mirowe ist Zeuge einer ungedruckten Urkunde (vom 1. Mai 1272) des Erzbischofs Conrad von Magdeburg, dessen Ministerialis er auch genannt wird. Im Jahre 1296 kommt die erste Nachricht von einem Kloster in Mirow unter dem Comthur Alexander; denn die Brüder handeln als commendator et conuentus fratrum cenobii in Mirowe; auch heißt 1296 die Stiftung domus hospitalis in Mirowe. In einer andern Urkunde von demselben Jahre heißt es zwar: es habe dies frater Alexander suis temporibus geordnet; aber 1298 wird seiner noch erwähnt, also ist der Ausdruck "suis temporibus" wohl von dem noch dauernden Regiment des Comthurs zu verstehen. Im Jahre 1309 ist Hinricus de Wesenberg commendator in Myrowe und in derselben Urkunde ist dominus Henricus prior in Mirowe. 1341 erscheint mit Prior und Convent Rupertus de Mansfeld als Comthur; vgl. v. Raumer Cod. Dipl. Brandenb. contin. I, 26. In den Jahren 1351, 1359 und 1361 ist Otto von Stendal cummendur des huses to Myrowe; jedoch schon im J. 1345 kommt er als solcher in einer Urkunde vor; vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv I. 3, S. 243; in den Jahren 1304, 1306, 1307 und sonst kommt ein Otto von Stendal im Gefolge der Markgrafen von Brandenburg vor. Im Jahre 1387 ist Dethlof von Walmede Comthur. -So weit reichen die Nachrichten aus den bisher ungedruckten Urkunden der Comthurei. Aus andern gedruckten und ungedruckten Urkunden und Archivacten läßt sich die Reihe der Comthure bis zu Ende fortführen. - Im J. 1404 ist herr Eggert Freiberg Compter zu Mirow; vgl. Schröders P. M. II. 1724 und Westph. Spec. p. 189. Im Jahre 1447 ist her Hans von der Buke Cumptur to Mirow Richter in einem Streite des Klosters Wanzka. In den Jahren 1455-1468 kommt Berend von Plessen, welcher auch fürstlicher Rath war (vgl. Rudloff II, S. 929) öfter als Comthur vor; vgl. Küsters Opusc. XIII, 108, Schröders

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P. M. II, 2095 und 2208, u. a. O.; B. von Plessen † 1468 in Rostock. Dieses Comthurs unmittelbarer Nachfolger war Achim Wagenschütte, geistlicher Rath der Herzoge (vgl. Rudloff II, S. 933) und 1474 sogar Compter zu Mirow und zu Nemerow; er kommt noch am 3. März 1503 vor als Zeuge einer Urkunde des Grafen von Lindow in Gercken Cod. dipl. Br. I, S. 105. Die darauf folgenden Comthure sind: Melchior Barffus 1514-1527, Liborius von Bredow 1528-1541 und Sigmund von der Marwitz vom 19. bis zum 25. März 1541. Am 19. März 1541 besetzt Herzog Wilhelm von Braunschweig mit Willen der Herzoge die Comthurei und handelt als Comthur bis zum 23. December 1552, wo die Comthurei für den Herzog Christoph von Meklenburg eingenommen wird, welcher dem Herzoge Wilhelm von Braunschweig jedoch den fernern Genuß derselben gestattete. Im Jahre 1564 werden für den Herzog Johann von Meklenburg Unterhandlungen über die Einräumung der Comthurei angeknüpft; in demselben Jahre wird aber Herzog Carl († 1610) von Meklenburg zum Comthur ernannt. Dies sind die drei Herzoge von Meklenburg, welche gewöhnlich als Comthure betrachtet werden (vgl. Schröder P. M. I. 1099). Darauf ward die Comthurei für die Herzoge von Meklenburg verwaltet, bis sie dieselbe durch den westphälischen Frieden einzogen.

Es steht noch zur Frage, ob die Comthurei Mirow eine Ritter=Commende oder Priester=Commende gewesen sei (vgl. Jahrb. I. S. 178). Nach dem vorherrschenden Vorkommen eines Comthurs und dem, von den Rittern geleisteten Kriegsdienste (vgl. Jahrb. I, S. 31) ist die Comthurei wohl eine Ritter=Commende gewesen. Aber eben so wahrscheinlich ist es, daß auch eine Priester=Commende mit derselben verbunden war. Im J. 1309 ist nämlich neben dem Comthur auch ein Prior zu Mirow und im J. 1341 kommt vor: Rupertus de Mansfeld commendator domus Mirow, prior et totus conventus ibidem. Aehnlich scheint es zu Werben gewesen zu sein, wo in einer ungedruckten Urkunde vom Jahre 1238 vorkommen: testes: Reynfridus plebanus de Werbene, Alexander, Johannes, Ludolfus, Gregorius, sacerdotes, Dethmarus, miles sancti Johannis hospitalis in Werbene.

Hiernach gestaltet sich die, gewiß noch lückenhafte Reihe der Comthure folgendermaßen:

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Comthure von Mirow:

1227 - (fratres hosp. S. Joh. in Accon).
1242 - (curia Mirowe).
1250 - 1251 frater Henricus commendator in Mirowe.
1256 - frater Ecbertus de Mirowe (magister).
1270 - Arnoldus Commendator.
1272 - 1273 Henricus de Honschet.
1296 - 1298 Alexander.
1309 - Henricus de Wesenberg.
1341 - Rupertus de Mansfeld.
1345 - 1361 Otto von Stendal.
1387 - Dethlef von Walmede.
1404 - Eggert Freiberg.
1447 - Hans von der Buke.
1455 - 1468 Berend von Plessen.
1468 - 1503 Achim Wagenschütte.
1514 - 1527 Melchior Barffus.
1528 - 1541 Liborius von Bredow.
1541 - Sigmund von der Marwitz.
1541 - 1552 Herzog Wilhelm von Braunschweig.
1552 - 1564 Herzog Christoph von Meklenburg.
1564 - Herzog Johann von Meklenburg.
1564 - 1610 Herzog Carl von Meklenburg.

 


Anhang 2.


Antiquarisch=topographische Nachrichten
von der Comthurei Mirow

sind nicht mehr zu finden. Der Herr Pastor Giesebrecht zu Mirow berichtet darüber Folgendes:

"Alle Bauten in Mirow sind aus neuerer Zeit. Die 1742 abgebrannte Kirche ist 1744 wieder eingeweihet worden; der älteste Sarg in der herzogl. Gruft ist von 1675 (Herzog Johann Georg). Vom ehemaligen Johanniterthum nirgends die leiseste Spur. Das Schloß ist etwas älter, als die Kirche, aber immer

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ein Gebäude aus neuer Zeit, wie schon der flüchtigste Anblick zeigt. Es ist mir auch schon früher auffallend gewesen, daß weder an dem beim Brande stehen gebliebenen und beim Neubau wieder benutzten Gemäuer, noch auf dem Fußboden der Kirche der allergeringste Fingerzeig auf die alte Zeit zu finden ist. Die frühesten Pfarrschriften gehen nicht weit über den Anfang des vorigen Jahrhunderts hinaus; auch in der Amts=Registratur ist nichts, so weit ich habe erforschen können. Ueber Mirow kann ich nur die Auskunft geben, daß nichts da ist."

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B. Ueber das Land Turne,

auch

über das Land Lieze und die übrigen alten Gaue des
südöstlichen Meklenburgs.


D ie östlichen und südöstlichen Gegenden Meklenburgs sind nicht allein für die historische Entwickelung meklenburgischer Verhältnisse von Wichtigkeit, sondern haben auch immer die Aufmerksamkeit unserer Nachbaren, der Brandenburger und Pomeraner, ja selbst deutscher Forscher auf sich gezogen und um so mehr zur eifrigen Verfolgung der Wahrheit gereizt, als in diesen Gegenden Alles: Topographie, Besitz, Landeshoheit, Episcopalrechte u. s. w., in den altern Zeiten in Dunkel und Verwirrung zu liegen scheint. Um nun zur Aufklärung zu gelangen, wird es am gerathensten sein, von einem bestimmten Theile dieser Gegenden auszugehen, und, wenn möglich, dessen Grenzen und Eigenthumsverhältnisse zu bestimmen, um damit zugleich nach einer Seite hin Sicherheit für die übrigen Theile zu erhalten. Die ältere Geschichte der Johanniter=Comthurei Mirow giebt die nächste Veranlassung zur Erforschung der Ausdehnung des Landes Turne.

Die wahre Lage und die Herren des Landes Turne sind bis auf die neuesten Zeiten nicht ganz ermittelt. Abgesehen von der völligen Unbekanntschaft vieler älterer Historiker mit der Lage des Landes und von der Verwechslung desselben mit dem westlicher gelegenen Lande Ture 1 ) (dem Amte Lübz),


1) W. Hanka giebt uns über die Bedeutung von Turne und Ture folgende briefliche Aufklärung:
"Turne und Ture ist wohl slavisch von Tur: der Auerochs, vielleicht hängt damit das jetzige meklenburgische Wappen zusammen, welches bei den slavischen Dynasten häufig vorkommt. Auch im Böhmischen ist Ture pole, Turskow, Turnow, Turice, etc."
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haben selbst die gründlichsten Forscher in der alten Geographie dieser Landestheile, Rudloff 1 ) und Riedel 2 ), nicht ganz zum gewünschten Ziele gelangen können. Schwierig bleibt es immer, die Lage der alten "Länder" (terrae oder provinciae) zu begrenzen, da unsere älteren Urkunden aus einer Zeit stammen, in welcher die alten wendischen "Länder" in die Vogteien der neuen christlichen Herrscher umgewandelt wurden, und die alten Namen nur noch als Seltenheiten vorkommen. Jedoch ist es bei dem Lande Turne vielleicht noch möglich, die einzelnen Theile desselben in ihrem unmittelbaren Zusammenhange nachzuweisen. Es folgt hier zunächst eine Aufzählung der Theile des Landes Turne in ihrer Aufeinanderfolge von S. nach N. nach urkundlichen Beweisen.

Im J. 1237 hatte Nicolaus von Werle dem Kloster Doberan 50 Hufen im Lande Turne, beim Orte Zechlin um zwei Seen gelegen, mit diesen Seen und dem aus denselben fließenden Bache geschenkt, und der Bischof Brunward von Schwerin dem Kloster die Zehnten aus diesen Besitzungen verliehen 3 ); im J. 1244 stellte Nicolaus von Werle dem Kloster eine Schenkungs=Urkunde über diese Güter aus 4 ) und gestattete demselben zugleich, das Land durch eigne Leute oder Fremde anzubauen und Leute jeglichen Volks und jeglicher Kunst zu berufen. Nach einer Bestätigungs=Urkunde vom J. 1249 war schon der Ort Zechlin gebauet und der Grundbesitz


1) Rudloff Urk.=Lief. S. 43 hat jedoch die Lage des Landes Turne im Allgemeinen erkannt, wenn auch nicht begrenzt, indem es an Urkunden fehlte, er sagt nämlich:
"Turne hieß der Landstrich zwischen der Müritz, der Havel und der Dosse im weltlichen Gebiet der Herren von Werle und im geistlichen der Bischöfe zu Havelberg."
2) Riedel in seiner "Mark Brandenburg im Jahre 1250" hat dem Lande Turne Th. I, S. 414 flgd. einen eignen Abschnitt gewidmet, welcher die bisherigen Forschungen zusammenfaßt.
3) Brunwardus episc. Zwerinensis - - notum esse uolumus, quod nos - - Nycolai de Werle piam deuocionem collaudantes, et quinquaginta mansos, quos ipse in terra Turne in loco Szichalyn circa stagna duo sitos, simul cum ipsis stagnis et rivulo ex hiis decurreute ecclesie (in Duberan) contulit, in nostram protectionem recipientes, omnem decimam ex eisdem mansis prouenietem - - contulimus. D. MCCXXXVII in Warin, XVI kal. Marcii.
                          Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1481.
4) Nicolaus de Werle et Dom. in Guzstrowe - - Notum sit, quod ecclesie - in Duberan de patrimonio uostro contulimus quinquaginta mansos interra Turne in loco Szechlin -, circa duo stagna sitos, - - simul cum ipsis stagnis et rivulo ex hiis decurrente. D. in Guztrowe anno MCCXLIV, IV kal. Jan.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1486.
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des Klosters daselbst um 25 Hufen vermehrt 1 ); hiezu kamen noch 10 Hufen durch die Schenkung einiger Ritter, worauf Nicolaus dem Kloster in demselben Jahre den Besitz von 86 Hufen des Ortes Zechlin und der Gewässer confirmirte. 2 ) Diese Besitzungen tauschte jedoch der Fürst Heinrich II. von Meklenburg 1306 von dem Kloster ein, weil sie mit seinem neu erworbenen Lande Stargard grenzten und dem Kloster zu entfernt lagen. 3 )

Unmittelbar nördlich an Zechlin grenzten die Besitzungen des Klosters Dobbertin im Lande Turne, welche aus der jetzigen sogenannten hintern Sandprobstei bestehen. Im J. 1257 erließ der Bischof Heinrich von Havelberg diesem Kloster die Zehnten von dessen Besitzungen im Lande Turne, welche damals aus den Dörfern Laerz mit 40 Hufen, Verling mit 30 Hufen, Schwarz mit 30 Hufen und Zetin mit 20 Hufen bestanden 4 ), und welche jetzt die Feldmarken Laerz und Schwarz bilden; von Verling, welches schon im 13. Jahrhundert zu Laerz gelegt ward, zeugt nur noch der Verling=See nördlich und von Zetin der Zetner=See mit der "Dorfstelle" und "wüsten Feldmark Zeten" südlich an der Feldmark Schwarz. Das Kloster muß diese Besitzungen schon früh erhalten haben, da der Besitz von Laerz schon im Jahre 1249 zwischen den Klöstern Krevese und Dobbertin streitig war und von einem Schiedsgericht dem letzern zugesprochen


1) Nycholaus Dom. de Guzstrowe. - Notum esse uolumus, quod nos cenobio in Duberan - - villam szechelin cum LXXV mansis ac rivulum Wolevisz una cum stagno Lubetowe contulimus. D. Robele MCCXLIX, II kal. Nov.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1491.
2) Nycholaus Dom. de Guzstrowe. - Notum esse cupimus, quod nos - - cenobio de Duberan - villam szechelin cum LXXXVI mansis ac rivulum Wolevisz una cum stagno Lubetowe- -contulimus. Scire oportet, de predictis mansis Arnoldus miles de Nygenkerken, Fridericus miles de Ekstede, Thidericus miles de Ekstede decem mansos, libertate a nobis donata, ecclesie predicte contulerunt. D. Robele MCCXLIX, II kal. Nov.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1492.
3) Hinricus Dom. Magnop. et Stargard. - Tractatibus habitis super eo, quod possessiones, que abbas (Doberanensis) et conuentus habuerunt in parochia Zechghelyu, - minus utiles ipsis essent, - nobisque propter contiguitate in, quam habent cum terra nostra Stargardensi utilitate plurima convenirent, - - in permutationem convenimus. D. Wismarie MCCCVI in die Penthecostes.
                         Dipl. Dober. in Westph. Mon. ined. III, 1584.
4) Henricus Havelbergensis episcopus omnibus in perpetuum - - prepositiVolradi in Dobertin et sui conuentus precibus inclinati possessiones decimarum in terra Turne, in villa videlicet Loziz (Lärz) super XL mansis et in Verliuge super XXX et in Swerz super XXX et in Cetine super XX donamus. D. Havelberg MCCLVII, XV kal. Febr.
                         Rudloff Urkunden =Lieferung Nr. XIV.
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ward. 1 ) Solche Vorgänge mochten denn auch wohl die Ursache sein, daß die Fürsten Nicolaus, Heinrich und Johann von Werle bei Gelegenheit der Erneuerung der Privilegien des Klosters besonders die Grenzen seiner Besitzungen im Lande Turne festsetzten. 2 ) - Das südwestlich an Schwarz grenzende, jetzt wüst liegende Dorf Sagewitz erwarb das Kloster im J. 1280 3 ) und das südöstlich grenzende Dorf Dimitz im J. 1282. 4 )

Unmittelbar nördlich von den Gütern des Klosters Dobbertin lagen die Besitzungen des meklenburgischen Jungfrauen=Klosters Eldena. Der Fürst von Werle schenkte nämlich im J. 1241 diesem Kloster im Lande Turne 30 Hufen an den Seen Vieltz und Raetz, so wie zur Erbauung einer Mühle den Bach Driculne an den Grenzen dieser Hufen 5 ); diese Hufen und Gewässer bildeten bald die Feldmark und das Dorf Fleth (oder Vilet oder Viletz) mit der Flether Mühle am Flether Bach, welche Besitzungen das Kloster noch vor 1270 unter Genehmigung des Fürsten Nicolaus an die Johanniter zu Mirow verkaufte. 6 )


1) Vgl. Rudloff Urk.=Lief. Nr. XI.
2) Nicolaus et Hinricus et Johannes de Werle ad uniuersorum notitiam cupimus deuenire, quod dominus Volradus Dobertinensis ecclesie prepositus - nobis exhibuit presenciam deuote supplicando prefatam ecclesiam cum omnibus bonis innouare et per nouum priuilegium roborare. - - Sunt autem hec bona: - - In terra Turne villam Lozitce (Lärz) cum suis terminis, Swertitze (Schwarz) et Verlinge in vnam villam redactas cum suis terminis, villam Settin cum suis terminis, villam Clesten cum suis terminis. Sunt autem hic termini bonorum in terra Turne: a palude vbi fontes oriuntur inter villas Swertitce et Zagewitce (Dorfstelle Sagewitz südlich von Schwarz) sicut per colliculos distiuctum est, per directum usque ad disterminationem ville Zempowe, ab hiis quoque terminis sicut distinctum est usque ad terminos Dertcele a terminis Dertcele usque ad terminos Crummene (Krümmel), deinde usque ad terminos Starzowe et abinde sicut item per colliculos notatum est, usque in rivum, qui effluit de staguo Verlinge, dictum quoque rivum ex integro, quantum contingerit terminos Swertitce, ipsum quoque stagnum, quod Swertitce (Schwarz=See) dicitur, integraliter cum riuo effluente vsque in stagnum Cetin (Zetner=See). Idem quoque stagnum ex integro cum riuo, qui decurrit in stagnum Vilis (Vieitz=See), a stagno Vilis secus terminos Ville Dimitz usque in stagnum Womazowe (Gr. Wum=See). D. Guzstrowe MCCLXXIIII, XVIII kal. Jan.
Rudloff Urk.=Lief. Nr. XXX.
3) Vgl. Rudloff Urk.=Lief. Nr. XXXVII.
4) Vgl. Rudloff Urk.=Lief. Nr. XXXIX.
5) Nicholaus de Rostock. - Notum sit, quod ecclesie in Eldene - - contulimus triginta mansos in terra Turne interstagna Viltz et Radatze (Rätz). - - Dedimus insuper eidem ecclesie riuulum Driculne ad molendinum construendum, predictorum mansorum terminos alluentem. D. Guztrowe MCCXLI, XV kal. Febr.
6) Nicolaus de Rostock. - - - Item confirmamus et ratificamus emptionem uille Vilet cum suis pertineutiis, quam idem fratres (sacre domus (  ...  )
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Unmittelbar nördlich an diese Besitzung grenzten die ersten Erwerbungen des Johanniter=Ordens im Lande Turne, indem Heinrich Borwin II. von Rostock den Rittern, wahrscheinlich 1226, 60 Hufen im Lande Turne schenkte, welche Hufen mit dem Dorfe Mirow und den Seen Mirow und Dammene die Herren von Meklenburg im Jahre 1227 dem Orden bestätigten. 1 ) Nachdem Nicolaus von Werle im Jahre 1242 zu diesen Hufen noch einige Aecker hinzugefügt hatte 2 ), bestätigte er im J. 1270 den Rittern den Besitz der Feldmarken der Dörfer Mirow, Gramzow und Peetsch. 3 )

Dies sind sämmtliche, bisher bekannte Zeugnisse des 13. Jahrhunderts über die Ausdehnung des Landes Turne; gegen Ende des 13. Jahrhunderts verschwindet der Name des Landes und an der Stelle desselben werden nur das Kloster Dobbertin, die Comthurei Mirow u. s. w. genannt, während auch umher neue Namen statt der alten entstehen, wie z. B. die Herrschaft Stargard, die Vogtei Röbel u. s. w. Sicher umfaßte aber im 13. Jahrhundert das Land Turne, im engsten Zusammenhange folgende Ortschaften und Gewässer von S. nach N.:

Zechlin mit den Seen Wolewitz und Lubetow, Schwarz mit dem Schwarzer und Zethner See, die Seen Vieltz und Raetz mit dem Flether Bach und der Flether Mühle, das Dorf Fleth, die Dörfer Peetsch, Mirow und Gramzow mit den Seen Mirow und Damm, und das Dorf Lärz.

Wahrscheinlich ist, daß sich das Land Turne nach W., N. und O. hin noch weiter erstreckte; die Wahrscheinlichkeit kann aber beinahe zur Gewißheit erhoben werden, wenn es gelingt, den venachbarten Ländern ihre Grenzen gegen das Land Turne anzuweisen.


(  ...  ) hospitalis Jerosol.) emerunt legaliter contra prepositum et moniales ordinis S. Benedicti in Heldena, de qua uilla et suis pertineusiis renunciamus omni jure nostro. - - D. Robele MCCLXX, feria V post Math. ap.
1) Johannes, Nicolaus, Heinricus et Pribizlaus domini Magnopolenses - - volumus - ad uniuersorum - notitiam deuenire, quod pater noster Heinricus de Roztoch fratribus S. Joh. baptiste in Accon contulit in terraTurne LXta mansos; - - supradictis fratribus in terra Turne villam Mirowe cum LXta mansis et stagnum Mirowe et stagnum Dammene et rivum, qui fluit per stagnum Mirowe, assiguamus. Ex hiis mansis XXXta erunt in uno latere stagni et ex altero XXXta. D. in Guzstrowe MCCXXVII, III non Dec.
2) Vgl. S. 58.
3) Vgl. S. 60.
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Im Westen grenzten die Gewässer der Müritz. Die Müritz scheidet sich in zwei Theile: in den nördlichen, welcher das Wasserbecken der großen Müritz umfaßt, und in den südlichen, zu welchem die vielen schmalen Theile und kleinen Buchten und Seen gehören und welche noch im Anfange des 14. Jahrhunderts die Vipperowschen Wasser 1 ) genannt werden. Dieser Theil gehörte denn wohl zu dem alten Lande Vipperow, jener zu dem alten Lande Müritz. Diese Gewässer mögen denn auch wohl die Grenze der Länder Vipperow und Müritz gegen das Land Turne gebildet haben, es sei denn, daß die Güter Krümmel, Gaarz, Viezen, Retzow, Roggentin, Rechim, Leppin und Klopzow am östlichen Ufer der Vipperow schen Wasser noch zu dem Lande Vipperow gehörten, da wir über die Lage dieser Güter keine Nachrichten besitzen. 2 )

Im SW. ward Turne unmittelbar von dem kleinen Lande Lieze begrenzt. Dies Ländchen lag zwischen dem Lande Turne und der Dosse, d. h. der Prignitz. Der Name erscheint zuerst in einer Urkunde vom Jahre 1274, "nach welcher die "Dosse das Havelbergische Stiftsland vom Gebiete der Herren von Werle (terra Lieza) schied; nur die Dörfer Babitz und Groß=Haslau am linken Dosse=Ufer gehörten zu Wittstock und zur Prignitz". 3 ) Oefter werden in ungedruckten Archiv=Nachrichten vom 14. bis zum 16. Jahrhundert

"Swinrich, Berlin, Sewikau und Dransee, die vier Dörfer auf der Liezen"

genannt. Diese Güter besaß das Kloster Amelungsborn wohl schon vor 1256 4 ), bis es dieselben im Jahre 1430 an das Bisthum Havelberg verkaufte 5 ); es waren die

"gudere, de - (se) - hadden up der Lytze belegen twischen Wisteke und Myrow, -


1) Vgl. S. 75-78.
2) Die Länder Müritz und Vipperow lagen so, daß jenes nördlich von diesem lag. In der Confirmation des Bisthums Schwerin vom Jahre 1177 heißt es nämlich:
"provincia (Ducis Henrici) - - a Zwerin - - usque Vepro pergit, a Vepro vero tendit per Muritz et Tolenze perueniens usque Groswin et Penum fluuium."
3) Vgl. o. Raumer in v. Ledebur's Archiv VIII, 4, S. 316. - Die Behauptung v. Raumer's, daß der Name Lieze vom Dorfe Leizen, westlich von Röbel, komme, ist durch nichts begründet. Dies Dorf lag wahrscheinlich gar nicht einmal in der Lieze.
4) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 325.
5) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 331 und die vom Kloster darüber ausgestellte Urkunde von 1431 ebendaselbst, S. 348, flgd.
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"nomeliken de hoffstede to deme Drantze, dat dorp to deme Dranze und de nagescreven dorpere Swynreke Sevekow, beyde Bale, beyde Roderanke, Zempow, Uchtorpe, Luttiken Berlin unde de zee to groten Berlin, de kulemollen, den schild und schildermollen."

In dieser Urkunde wird klar angegeben, daß das Land Lieze grade zwischen dem Lande Turne und der Prignitz, d. h. nach der Urkunde zwischen der Comthurei Mirow und der Stadt Wittstock, lag. Und dies bestätigt auch die Geographie des Landes Turne, da die östlichsten Dörfer der Lieze, Zempow und Schweinrich, östlich und südöstlich an die dobbertinschen und zechlinschen Güter grenzen, welche schon im Lande Turne lagen. - Diese Güter des Klosters Amelungsborn wurden übrigens nach den Urkunden und einem Heberegister aus dem vierzehnten Jahrhundert 1 ) von dem Haupthofe Dransee verwaltet. 2 )

Die Lieze gehörte in der mittlern Zeit nicht den Herren von Werle, sondern den Herren von Meklenburg. Im J. 1353 verlieh nämlich, nach einer ungedruckten Urkunde 3 ), der Herzog Johann von Meklenburg=Stargard dem Henning Beer erblich das Obermarschallamt und legte dazu alle fürstlichen Gefälle von

"der gantzen Litze".

Mehr als wahrscheinlich war das Land also mit der Herrschaft Stargard an Meklenburg gekommen. Als im Jahre 1445 dem Capitel von Havelberg der Besitz der ehemaligen Amelungsborner Güter bestätigt ward, behielten sich die Herren von Meklenburg (zu dieser Zeit freilich schon nach dem Aussterben der werleschen Linie) bevor, was sie seit langer Zeit davon besessen:

"besittunge, den dinst, de bede, dat lantding, wes dar van vallen mag, vnde den tollen to dem Dranse".

Südlich gehörte zu dem Liezlande der Besitz des liefländischen Cisterzienserklosters Dünamünde bei Riga, welcher, seit


1) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 835 flgd.
2) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 326 flgd.
3) Vgl. Urkunden=Sammlung: Vermischte Urkunden.
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1232, aus den Gebieten von Netzeband und Rossow bestand 1 ); denn öfter wird in alten Archivnachrichten

"Rossow im Ober-Liezlendiken"

genannt.

Im Norden der Amelungsborner Güter hatte das rheinische Cisterzienserkloster Kampen Besitzungen, deren Haupthof das Gut Kotze (jetzt Mönchhof, südlich von Wredenhagen) 2 ) ward: im J. 1233 3 ) verlieh Nicolaus von Rostock, mit Einwilligung seiner Brüder Johann, Heinrich und Pribislav, dem Kloster 50 Hufen mit dem See Kotze (dem heutigen Mönchsee bei Wredenhagen). Hiernach scheint dieser Besitz uraltes meklenburgisches Eigenthum gewesen zu sein, da es von den Söhnen Heinrich Borwins weggeben wird, also nicht zum Lande Lieze, sondern zum Lande Vipperow gehört zu haben. Diese Besitzungen bestanden 4 ) übrigens aus dem Hofe Kotze (Mönchhof) mit dem See (Mönchsee) und den Dörfern Kiewe, Winterfeld, Wüsterade, Schönefeld, Großen Berlin und Glowen. 5 )

Gegen SO. und O. im S. grenzte an Turne ein Theil des später sogenannten Landes Stargard 6 ), welches seit der Mitte des 13. Jahrhunderts im Besitz der Markgrafen von Brandenburg war 7 ), und zwar derjenige Theil, welcher als ein eigner Landestheil durch das Gebiet des Ortes Wesenberg näher bezeichnet, und öfter in Verbindung mit dem Lande Lieze aufgeführt wird. Daß aber das Gebiet von Wesenberg nicht auf der Lieze lag, geht daraus hervor, daß beide durch das Land Turne von einander getrennt wurden. Im Jahre 1270 wird ausdrücklich gesagt, daß gegen Osten hin das Gebiet von Mirow, welches im Lande Turne lag, bis zu der Grenze


1) Vgl. v. Raumer a. a. O., S. 320, und Riedel Mark Brandenburg I, S. 376.
2) Hievon hatten die Kotzer Haide ihren Namen, welche später auch Möncher Haide und darauf Wittstocker Haide genannt ward; vgl. die Urkunde in Küster Opusc. II, St. 13, S. 93.
3) Oder vielmehr am 19. Dec. 1232 (1233, 19 kal. Jan.); vgl. die Urkunde in Küster Opusc. II, St. 13, S. 101.
4) Vgl. v. Raumer a. a. O., S. 323 flgd.
5) Ob auch das Dorf Kamptz dazu gehörte, wie v. Raumer, annimmt? Dieser leitet auch den Namen Kamps oder Kampitz von dem Namen des Klosters Kampen her.
6) Vgl. S. 89.
7) Vgl. Riedel a. a. O. I, S. 424 flgd.
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von Wesenberg gehen solle 1 ); im J. 1295 setzt (nach einer Ungedruckten Urkunde) der Jungher Otto von Brandenburg dem Grafen Helmold von Schwerin "Haus und Stadt Wesenberg, wie es die wendischen Herren seinem Vetter und Vater geliehen", zum Pfande; endlich verleihen die Markgrafen von Brandenburg den Fürsten von Meklenburg im J. 1329 außer dem Lande Stargard auch:

"Wesenberg, hus vnde stat, mit der Lice, welche Ausdrücke in der kaiserlichen Urkunde wörtlich wiederholt werden, durch welche Kaiser Karl IV. im J. 1348 die Fürsten von Meklenburg zu Herzogen erhob. Das Land Wesenberg scheint also mit der Lieze ursprünglich den meklenburgischen Fürsten gehört zu haben und erst später durch Verleihung an Brandenburg gekommen zu sein, von denen es wieder an Meklenburg kam.

Wie weit sich gegen O. und NO. das Land Turne erstreckt habe, ist freilich einstweilen nicht mit Sicherheit anzugeben. Es ist aber mehr als wahrscheinlich, daß noch die Feldmarken Loissow, Roggentin, Kakeldütten und Blankenförde, welche die Comthurei Mirow unmittelbar an ihren Ostgrenzen im Lande Turne erwarb, mit zu demselben gehörten, wenn es auch nicht ausdrücklich gesagt wird, und daß das Land Turne bis an die Havel und die zahlreichen Havelseen, namentlich bis an den Userinschen See reichte. Mit diesen Gewässern begann das Land der Redarier oder Raduir (das jetzige Amt Strelitz). Der urkundliche Beweis dieser Ansicht muß einer folgenden Untersuchung überlassen bleiben, da es gegenwärtig vorzüglich nur Zweck ist, die Ausdehnung des Landes Turne nachzuweisen, um eine Westgrenze des Landes der Redarier zu gewinnen.

Unsicher bleibt aber die Ausdehnung des Landes Turne gegen N. und NW. Außer dem, was nach dem hier Mitgetheilten von den Fürsten an geistliche Stiftungen verliehen war, wird nichts weiter als besonders zum Lande Turne gehörig genannt. Was nördlich und nordwestlich an die ersten Besitzungen der Comthurei Mirow grenzte, war schon früh an Ritter verliehen, von denen in dieser Gegend außer Andern vorzüglich die Retzow, Lehsten, Brusehaver, Buno u. A. vorkommen, welche die Comthurei Mirowo zum Theil auskaufte. Am bemerkenswerthesten aber ist in Beziehung auf das Land Turne das Geschlecht der Ritter von Havelberg,


1) Vgl. Mirowsche Urk. von 1270.
" - termini - - ad arborem signatam in terminis Mirowe et Wesenberge.
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deren Besitzungen Riedel mit Geschicklichkeit in die Beschreibung des Landes Turne verwebt 1 ). Der Ritter Johann von Havelberg besaß ein Gut an den Grenzen von Zechlin; im J. 1256 war nämlich durch eine Mühlenanlage des Klosters Doberan der See an der Grenze von Zechlin so hoch gestiegen, daß die benachbarten Ländereien des Johann von Havelberg überschwemmt wurden. Der Streit ward durch ein Schiedsgericht, bei welchem auch ein frater Conradus de Dunemunde gegenwärtig war, im genannten Jahre geschlichtet 2 ). Diese Besitzung lag offenbar an der Südgrenze des Landes Turne.

Außer dieser, dem Namen nach unbekannten Besitzung des Johannes von Havelberg besaß derselbe ein großes Gut in der Nordwestgrenze des Landes Turne oder der Comthurei Mirow, nämlich das Gut Bök. Daß Riedel dieses wichtigen Umstandes nicht erwähnt, hat theils darin seinen Grund, daß die Mirowschen Urkunden unbekannt waren, theils darin, daß er die Urkunde in Rudloff's Urk. Lief. Nr. XXVIII übersehen hatte, weil darin von den Besitzungen eines Berthold von Havelberg die Rede ist.

Da das Geschlecht der Ritter von Havelberg in der Geschichte der Müritz=Gewässer und des Landes Turne eine nicht unwichtige Rolle spielt, so wird es zur Aufklärung der Verhältnisse beitragen, wenn die Genealogie desselben klar ist. Ich theile hier mit, was ich in den Archiven zu Schwerin und Berlin und in gedruckten Urkunden habe auffinden können. Latomus führt in seiner Genealogie nur das Geschlecht auf, ohne einzelne Personen zu nennen und Riedel, welcher so manche Genealogie aufhellt, erwähnt nur des Johannes und seines Bruders.

Die Edlen von Havelberg hatten gewiß ihren Namen von der Stadt Havelberg (vgl. Riedel a. a. O. I., 285), müssen sich aber schon früh aus der Mark nach Meklenburg gewandt haben, indem sie, als Ritter oder Knappen (milites oder famuli), in der meklenburgischen Geschichte beständig im Gefolge der Fürsten von Werle (oder Rostock, Güstrow oder Röbel), am häufigsten zu Güstrow und Röbel, vorkommen, auch unter den Burgmännern (castellanis) von Röbel und unter den Räthen der Fürsten erscheinen und vor andern Lehnsleuten der Herren von Werle ihre Rechtsgeschäfte abmachen (vgl. Mirowsche Urk. von 1276); endlich lagen ihre Besitzun=


1) Riedel a. a. O. I., S. 419 flgd.
2) Vgl. Westph. a. a. O. III., 1498.
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gen in Werleschen Landestheilen. Zuerst kommen vor als Zeugen in einer Mirowschen Urk. v. 1227: Gotimerus (nicht Gotinus, wie Buchholtz und nach ihm Riedel I., 419 haben) et Johannen frater suus de Havelberch milites. Ihren Namen Havelberg mußten sie schon längere Zeit getragen haben, da sie zu derselben Zeit sich nach einem Gute nannten, und den Namen Havelberg als Beinamen zufügten: in einer ungedruckten transsumirten und übersetzten Urkunde des Klosters Broda kommen nämlich 1230 als Zeugen vor: Hans und Gereszlav broder, knapen, vann Wopen, heten Hauelberg; der Ort Wopen ist mir unbekannt. Nach einer Urkunde des Liudgeri=Klosters bei Helmstädt vom J. 1243 war ein Johannes von Havelberg ministerialis dieses Klosters und hatte in Wevensleve, Seilschen, Drugtesberge und Sierslove Besitzungen, von denen das Kloster einige ankaufte (vgl. Neue Mittheil. des thüringisches. Vereins II., 2 u. 3, 1836, S. 489); ob dieser Johannes von Havelberg mit unserm Ritter eine Person ist, vermag ich nicht zu bestimmen. Auch der Johannes de Havelberg, welcher im J. 1237 Zeuge einer Urkunde der Brüder Plothe zu Kyritz war, mag mit dem meklenburg. Ritter dieselbe Person sein; vgl. Gercken Fragm. March. II., S. 19.

Johannes von Havelberg war der Stammhalter des Geschlechts in Meklenburg, und war 1256 im Besitz eines Gutes an der Grenze von Zechlin (Westph. Mon. III., 1499) (vielleicht Repen statt Wopen?) und nach einer Mirowschen Urkunde von 1273 im Besitz von Bök an der Müritz, welches Gut im 13. und 14. Jahrh. das Hauptgut der Familie war. Johannes von Havelberg, miles, kommt als Zeuge von 1227 bis 1273 häufiger vor (vgl. Mirowsche Urk. von 1227, 1241, 1242 u. 1257; Beckmanns Beschr. der M. Br. V., II., S. 174; Westph. Mon. III., 1484, 1486, 1488, 1492, 1493; Schröder P. M. I., 620; Rudloff Urk. Lief. p. 37). Im J. 1273 war nach einer Mirowschen Urk. Johannes von Havelberg schon todt; in demselben Jahre tritt sein Sohn Bertoldus de Hauelberge miles als Zeuge und darauf als Contrahent wegen des Böker Mühlengrabens auf (nach Mirowschen Urkunden). Im J. 1274 ist ein Herrmannus de Hauelberge Zeuge in einer Urk. bei Rudl. Urk. Lief. Nr. XXVIII., in welcher auch des Bertoldus gedacht wird. Im J. 1276 verhandelt Bertoldus miles, filius domini Johannis de Hauelberg für sich und seine Brüder wegen Bök (in einer Mirowschen Urk.) und Zeugen sind: H.(enricus?) de Hauelbergh cum ipso actore fratre suo Ber.

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Dieser H. de Hauelbergh ist wohl Heyne de Hauelberghe miles, im J. 1277 Zeuge einer Urkunde in Rudl. Urk. Lief. S. 97. Darauf kommen 1285 zwei Brüder Johannes und Nicolaus vor (nach ungedruckten Urk. im Schweriner Archiv); Johannes, ritter, 1318, pinguis zubenannt (vgl. Cleemann's Parchimsche Chronik, S. 237), erscheint noch 1307, 1311, 1313 und 1328 als Zeuge (vgl. Schweriner Urk., Schröder P. M. I., 936, Westph. Mon. IV., 935 und ungedr. Urk.) und Nicolaus, ritter, noch 1318 (vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 374). In einer folgenden Generation wird Mathias von Havelberg famulus unter den consiliariis der Werleschen Fürsten genannt 1342, 1346 und 1354 (in 2 Mirowschen Urk., einer Stettiner und einer Schweriner Urk.). Zu gleicher Zeit erscheinen in Urk. des Schweriner Archivs 1356 Henneke Havelberg, und 1375 Kunecke Havelberg, und endlich 1431 Heinrich Havelberg, mit welchen das Geschlecht zu verschwinden scheint. Henneke und Kunecke von Havelberg waren im Besitze von Walow, welches von ihnen auf die von Flotow überging, und Heinrich von Havelberg (1431) besaß Striggow.

Hiernach gestaltet sich folgendermaßen der Stammbaum der

Stammbaum

Im J. 1273 hatte Nicolaus von Werle dem Johannes von Havelberg Geld dafür gegeben, daß er durch die Besitzungen desselben einen Kanal (magnum fossatum) graben durfte 1 ), durch welchen das Müritzwasser abgelassen werden konnte. Dieser Kanal berührte die Böker Mühle, welche damals schon


1) Vgl. S. 63.
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den Johannitern zu Mirow gehörte 1 ). Im Jahre 1276 bestätigten die Herren von Werle dem Orden den Besitz dieser Mühle und bewirkten, daß die Söhne des Johann von Havelberg, nämlich Berthold und Heinrich (oder Hermann) allen Ansprüchen entsagten, welche sie wegen des Laufes des Mühlwassers haben könnten 2 ). Dieser Böker Mühlengraben oder der Kanal ging durch die Südgrenze des, den Herren von Havelberg gehörigen Gutes Bök. - Nach einer andern Urkunde in Rudloff Urk. Lief. Nr. XXVIII verkaufte der Fürst Nicolaus von Werle am 25. Aug. 1274 der Stadt Röbel die silva tenebrosa (nach der Schmettauschen Charte: den Wahrenschen und Röbelschen Wohld zwischen dem Specker See und der Müritz) an dieser Seite der Müritz und bestimmte zugleich die Grenzen dieses Bruchwaldes, welche von Rudloff nicht ganz richtig andeutet sind (vgl. Rudl. Urk. Lief. a. a. O. und Meklenb. Geschichte I., S. 76, Not. n.). Diese Grenzen der silva tenebrosa sind: gegen NW. der Müritz=Busen Rederank in seinen, sich schlängelnden südöstlichen Ufern von der Müritz gegen Nordosten hin bis zu den Grenzen des Dorfes Jamen, wovon nur noch der Jambker=See seinen Namen trägt; gegen O., so weit der Bruch (palus der silva tenebrosa) den festen Boden der Aecker des Dorfes Palitz berührt (d. i. die westlichen Anhöhen der Pertinenzen des Gutes Federow: Schwarzenhof und Friedrichshof oder Lehmhorst, an welche noch eine "Dorfstelle" beim Hohlbaumsee grenzt), am Lubow=See vorbei, bis zu den Grenzen von Specke, und von dort nach den Grenzen Bertholds von Havelberg, nämlich nach dem Dorfe Seedorf und von da, so wie die Grenzen sich ziehen vom Dorfe Böken bis zur tenebrosa silva des Böker Wohlds und von hier zurück bis zum festen Lande an der Müritz. - Die silva tenebrosa, wohl eine appellative Benennung für: "Bruch" oder "Wohld", so weit sie der Röbelsche Wohld genannt wird, war also die Nordgrenze der Besitzungen der Herren von Havelberg. Da nun die Müritz westlich grenzen mußte und das Mirowsche Comthurei=Gut Schildersdorf die Ostgrenze bildete, so ist es klar, daß die heutige Feldmark des Gutes Bök die nördlichen Besitzungen der Herren von Havelberg bildete.

Da schon Besitzungen der Städte Röbel und Wahren bis an die Güter der Herren von Havelberg reichten, so scheint


1) Vgl. S. 62.
2) Vgl. S. 64.
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die Annahme nicht gewagt zu sein, daß die Besitzungen der letztern in der nordwestlichen Grenze des Landes Turne lagen.

Hiernach reichte das Land Turne von den Südgrenzen Zechlins gegen W. und NW. bis zur Müritz und gegen N. und NO. bis zu den Havel=Gewässern, und umfaßte ungefähr das jetzige Gebiet von Zechlin, der Dobbertinschen Kloster=Güter in der hintern Probstei und des jetzigen Amtes Mirow, der ehemaligen Comthurei Mirow.

Unsicherer als die Ausdehnung des Landes Turne ist die Oberherrlichkeit über dasselbe; um einigermaßen sicher zu gehen, wird es am gerathensten sein, die einzelnen Theile desselben einer Prüfung zu unterwerfen. Die der Comthurei Mirow gehörenden Güter im Lande Turne erscheinen ohne Ausnahme unter der Oberherrschaft der Herren von Werle; eine markgräfliche Bestätigungsurkunde über die erste Schenkung v. J. 1227 ist in ihrer Form zu unsicher, als daß man sie für ein öffentliches, allgemein gültiges Document sollte halten können 1 ). Außer dieser einzigen Urkunde ist von einem Einflusse der Markgrafen von Brandenburg auf die Comthurei Mirow keine Spur vorhanden, es sei denn, daß man die Abgaben an Zins und Münzpfennigen, welche Heinrich II. von Meklenburg aus den südlichen Comthureidörfern zu erheben hatte und im J. 1303 an die Comthurei überließ 2 ), für eine aus brandenburgischer Oberherrlichkeit herrührende Abgabe halten wollte, welche mit dem Lande Stargard an diesen Fürsten übergegangen war. Aber diese Hebungen konnten auch aus der ehemaligen ungetheilten Landesherrlichreit sämmtlicher meklenburgischer Fürsten nach dem Tode der Borwin herrühren 3 ), da Heinrich bekennt, daß er durchaus kein anderes Recht an diesen Gütern habe, vielmehr in der Urkunde von 1304 4 ) ausspricht, daß er eine Geldunterstützung von Seiten der Ritter für ein reines Geschenk ansehe.

Die Güter Zechlin wurden ebenfalls nur von den Herren von Werle verliehen, und als Heinrich II. von Meklenburg sie von dem Kloster Doberan erwarb, bedurfte dieser Tausch einer Bestätigung des Herrn Nicolaus von Werle 5 ).

Nur die Güter des Klosters Dobbertin, namentlich Sagewitz, Schwarz, Zettin und Dimitz, scheinen in einer ober=


1) Vgl. S. 54 flgd.
2) Vgl. S. 69.
3) Vgl. S. 53 u. 69.
4) Vgl. S. 69 u. 70.
5) Vgl. Westph. Mon. ined. III., 1585.
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lehnsherrlichen Abhängigkeit von Brandenburg gestanden zu haben; denn obgleich die Herren von Werle dem Kloster seine Güter im Lande Turne im J. 1274 bestätigten, holte das Kloster dennoch in den Jahren 1280, 1282 und 1285 markgräfliche Bestätigung ein 1 ).

Was die Episcopalherrschaft über das Land Turne betrifft, so stand dasselbe bis zum Jahre 1255 unter dem Bischofe von Schwerin, seit diesem Jahre unter dem Bischofe von Havelberg 2 ). Ueber die Zehnten aus Zechlin verfügt im J. 1237 noch der Bischof Brunward von Schwerin, am VII. Idus März 1255 schon der Bischof Heinrich von Havelberg, bei welchem Zechlin auch noch 1306 war 3 ). Die Zehnten aus den Dobbertinschen Klostergütern verleiht derselbe Bischof von Havelberg am 18. Jan. 1257 dem Kloster 4 ), und eben so verfügt er am 14. Octbr. 1256 über die Zehnten aus den nördlichsten Dörfern der Comthurei Mirow, welche früher dem Bischofe von Schwerin gehört hatten 5 ). Im J. 1341 bekennt der Comthur Rupert von Mansfeld, daß die Kirche zu Starsow dem Bischof von Havelberg unterworfen sei 6 ).

Die schwierigste Frage aber, welche hier endlich berührt werden möge, ist die: ob das Land Turne in den ältesten Zeiten der meklenburgischen Geschichte zu einem großem Landestheile gehört habe, und wenn dies der Fall ist, zu welchem. Vom 12. Jahrhundert bis zur urkundlichen Zeit unserer Geschichte werden alle umherliegenden "Länder" häufig genannt: die Länder Circipene, Tolenze, Raduir, Lieze, Vipperow, Müritz und andere kleinere Länder; nur des Landes Turne geschieht keiner andern Erwähnung, als in den aufgeführten Urkunden des 13. Jahrhunderts, welche in die Zeit der Colonisirung dieses Landes fallen. Gleich darauf verschwindet der slavische Name Turne auf immer.

In den neuesten Zeiten sind die südöstlichen Länder Meklenburgs Gegenstand gründlicher Forschungen v. Raumer's 7 ) und


1) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XXXVII. und XXXIX., Rudloff M. Gesch. II., 60, Not. x. und Riedel a. a. O. I., S. 422.
2) Vgl. Rudloff M. Geschichte II., S. 114; vgl. Riedel a. a. O. II., 558.
3) Vgl. Westph. Mon. III. p. 1481 und 1498, und III., p. 1584.
4) Vgl. Rudloff Urk. Lief. Nr. XIV.
5) Vgl. S. 79.
6) Vgl. v. Raumer Cod. dipl. Brandenb. contin. I., S. 26.
7) In v. Raumer's meisterhafter Abhandlung über "Der Cisterzienserklöster Kampen und Amelungsborn Besitzungen in der Prignitz", in v. Ledebur's Allg. Archiv VIII., 4, S. 316 flgd.
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v. Ledebur's 1 ) gewesen. In der höchsten Anerkennung der großen Verdienste dieser Forscher um die historische Kritik und Geographie kann ich, ihnen nacheifernd, doch nicht umhin, mich grade in Beziehung auf die hier zur Frage stehenden Länder von ihnen beiden abzuwenden. Die Meinung v. Raumer's 2 ) ist: das Land Müritz sei das spätere Land Turne am östlichen Ufer des Müritzsees und das Land Vipperow, am andern Ufer des Sees, sei das Land, welches später die Lieze genannt sei. v. Ledebur 3 ) behauptet ebenfalls: der Gau Müritz habe "außer Zweifel" am östlichen und südlichen Ufer des Sees gelegen und Vipperow habe sich auch um die südlichen Ufer des Sees erstreckt. So sorgfältig beide Schriftsteller auch ihre Ansichten sonst durch Urkunden vertreten lassen, so haben sie doch für diese Behauptungen keine einzige beweisende oder auch nur hindeutende Stelle beigebracht, wie es auch wohl keinen directen Beweis dafür giebt.

Meine Ansicht geht nun dahin, daß beide Länder, Müritz und Vipperow, am westlichen Ufer des Sees gelegen haben, und zwar Müritz nördlich von Vipperow 4 ). Eine starre Hindeutung für diese Behauptung liegt schon darin, daß das nördliche, große Becken des Sees im ganzen Mittelalter allein die Müritz genannt wird, die südlichen schmalern Gewässer des Sees dagegen mit dem Namen der Vipperowschen Wasser belegt werden, - ferner daß die spätern Länder und Vogteien mit ihren fürstlichen Schlössern und ihren Landdingen: Waren (mit Malchow) und Röbel (mit Wredenhagen 5 ) oder Wenden 6 ) südlich, am westlichen Ufer des Sees gelegen haben, am östlichen Ufer nichts der=


1) In v. Ledebur's Abhandlung über den "Umfang, insbesondere die Nordwestgrenze des havelbergischen Sprengels", in dessen Allg. Archiv XI., 1, S. 27 flgd.
2) Allg. Archiv a. a. O. S. 317.
3) Allg. Archiv a. a. O. S. 30 u. 39 flgd.
4) Dieser Meinung ist auch Riedel Mark Branb. I., S. 277, welcher den Gau Murizi in die Gegend von Plau und Röbel legt.
5) Wredenhagen war nur eine Burg, keine Vogtei, wie v. Raumer a. a. O. anzunehmen scheint; die Burg Wredenhagen lag in der Vogtei Röbel. In einer ungedruckten Urkunde des Herzogs Albrecht II. von Meklenburg vom J. 1361 wird von dem gesprochen, was
"to borchdeneste lycht tu dem Wredenhagen in der voghedie tu Robbele,
und was
"de borchseten van dem Wredenhagen hebben in der voghedie to Robele".
Namentlich werden Vipperow, Priborn und Melz zur Vogtei Röbel gerechnet.
6) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 327.
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gleichen vorkommt. Einen Beweis für diese Ansicht geben die verschiedenen Fundations= und Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin, mit welchen die klare Urkundenzeit Meklenburgs beginnt, und welche schon über geordnetere und bekanntere Gegenstände und Gegenden reden, als die havelbergischen. Nach Heinrich des Löwen Fundations=Urkunde vom J. 1170 sollten auch zwei, im Süden des schwerinschen Sprengels gelegene Länder, Warnow und Müritz, zu beiden Seiten der Elde, zum Bisthum Schwerin gehören 1 ). Hiernach ist es schon unwahrscheinlich, daß das Land Müritz am rechten Ufer des Sees gelegen habe, da sonst wohl das große Gewässer als Scheide genannt wäre. Das Land Warnow lag nach des Papstes Cölestin III. Confirmations=Urkunde von 1185 in dem Kniee der Elde südöstlich von den Städten Parchim, Neustadt und Grabow, wo noch, in einer an Alterthümern reichen Gegend, dicht an der meklenburgischen Grenze, südlich von Grabow, der brandenburgische Ort Warnow und nahe dabei in Meklenburg ein Ort Werle liegt : es ging westlich bis an die Burg Grabow 2 ). Einen schwer zu entkräftenden Beweis für die hier angenommene Lage der Länder Warnow und Müritz liefert die erste Confirmations=Urkunde des Kaisers Friederich vom J. 1170 3 ), in welcher statt Warnow und Müritz schon die congruirenden Länder Parchim, Kutin und Malchow aufgeführt werden; das Land Kutin reichte urkundlich von NW. her bis nach Goldberg und vielleicht bis gegen Lübz hinunter, lag also zwischen den Ländern Parchim und Malchow. Unmittelbar hinter Malchow folgt, wie in den übrigen Urkunden unmittelbar hinter Müritz, in dieser Urkunde das Land Tolenze.

Eine Hauptrücksicht ist hiebei auf die Folge der Länder zu nehmen, wie sie in den Schweriner Urkunden beobachtet wird: sie ist immer dieselbe, Land an Land in geographischem Zusammenhange schließend, und ist in umgekehrter Ordnung eben so genau, wenn etwa die Aufzählung von einer andern Welt=


1) Insuper duae provinciae versus austrum positae, Muriz et Warnowe cum omnibus terminis suis ex utraque parte fluvii, qui Eldena vocatur, ad episcopatum Suerinensum debent pertinere. Schröder's Wism. Erstlinge, S. 62.
2) Ad terram, quae Warnowe vocatur, cum omnibus terminis suis ex utraque parte fluminis, quod Eldene dicitur, usque ad castrum, quod Grabowe nuncupatur, ipsum flumen transiens. Schröder's Wism. Erstlinge S. 78.
3) Parchim quoque, Kutin et Malchow cum omnibus villis ex utra. que parte alvei, quae dicitur Elde. Franck's A. u. N. M. III., S. 118. - Ueber die Lage des Landes Kutin in einer spätem Abhandlung.
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gegend beginnt. Das Land Müritz stieß also östlich an das Land Warnow (Parchim) 1 ); beide bildeten also zusammen den südlichen Theil des Schweriner Sprengels zwischen der Elde bei Grabow und der Müritz und theilten sich vermuthlich ungefähr in den Raum; denn daß das weniger häufig vorkommende Land Warnow den ganzen südlichen Landstrich, der häufiger als Landestheil vorkommende Gau Müritz aber nur den kleinen Raum der Comthurei Mirow (des Landes Turne) sollte eingenommen haben, ist nicht wahrscheinlich.

Wenn der überall zur Anwendung gebrachte Satz, daß die bischöflichen Archidiakonate den Raum der alten Länder umfaßten, auch hier zur Anwendung gebracht werden soll, so kann noch der Hauptumstand hier zur Bestärkung dienen, daß in den Raum, welcher von mir den Ländern Warnow und Müritz zuertheilt ist, später die bischöflich schwerinschen Archidiakonate Parchim und Waren fallen.

Wichtiger noch ist die Aufzählung der Grenzländer in den Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin. In der Urkunde von 1170 wird des Landes Vipperow nicht gedacht. In der Confirmations=Urkunde des Papstes Alexanders III. vom J. 1177 2 ) gehen die Grenzen des Sprengels

von Schwerin bis Vipperow, von Vipperow durch (über) Müritz und Tolenze bis Groswin und die Peene 3 ).

Grenzte nun das Land Müritz östlich an das Land Warnow, so konnte Vipperow nicht gut anders als südlich an Müritz grenzen. Hiemit stimmt denn auch die Confirmations=Urkunde des Papstes Urban III. vom J. 1185 4 ) überein, welche die Grenzländer des Bisthums in umgekehrter Ordnung, von Norden her, aufzählt; nach dieser ging die Südostgrenze des Sprengels von Tolenze bis zum Walde Bezunt (Wittstocker Haide) und umfaßte in dieser Linie von NO. gegen SW. die Länder Tolenze, Müritz und Vipperow; vom Walde Bezunt ging die Grenze in das Land Warnow bis Grabow. Der Wald Bezunt schied die Länder Havelliere (das


1) Die beiden Länder Warnow und Müritz werden öfter in den Urkunden allein zusammen und in Verbindung genannt, vgl. Schröder's Pap. Mekl. S. 60, 61, 62, 79, 86, 87.
2) Vgl. Schröder a. a. O. S. 73.
3) Auch die Urkunden des Bisthums Havelberg, zu dem vor der Gründung des Schweriner Bisthums diese Länder gehörten, nennen immer Morizi und Dolenz in der Folge hinter einander.
4) Vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 76.
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Havelland, die Prignitz) und Müritz; bei genauer Ansicht der Charte verhält es sich auch wirklich so, indem die Haiden am linken Ufer der Dosse 1 ) gegen NW. ziehen; dabei lassen sie das kleine Land Vipperow östlich und nordöstlich liegen. Auch die havelbergischen Confirmations=Urkunden von 1150 und 1179 liefern einen Beweis, indem in denselben bei Aufzählung der Länder von W. oder SW. gegen NO. das Land Müritz unmittelbar auf das Land Linagga (in welchem Putlitz lag) folgt.

Mit dieser Ansicht stimmen nun wieder die Archidiakonats=Verhältnisse, mögen auch in der Folge die politischen Verhältnisse geworden sein, welche sie wollen. Nach der Fundations=Urkunde Heinrich des Löwen vom J. 1170 2 ) sollte der schweriner Sprengel gegen Osten und Süden, - gegen Rügen, Pommern und Brandenburg, mit den Grenzen seines Herzogthums zusammenfallen; er rechnet dazu das Land Vipperow nicht. Das Land Vipperow bildete aber das havelbergische Archidiakonat Röbel, welches nördlich noch die Neustadt Röbel umfaßte, während die Altstadt Röbel noch zur Schweriner Diöcese gehörte. Das Land Vipperow gehörte jedoch 1177 schon wieder zum Schweriner Sprengel und war in der Folge wieder an die Herren von Werle gekommen, denen es auch wohl ursprünglich gehört hatte 3 ), während später, in Folge der Fundations=Urkunde von 1170, das Archidiakonat Röbel zu Havelberg gelegt ist.

Bei allen diesen Verhältnissen wird des Landes Turne mit keiner Sylbe gedacht; aber auch in den Beschreibungen des havelbergischen Sprengeis kommt es nicht vor. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß es einen untergeordneten Gau irgend eines größern Landes bildete, oder daß es auch, als in der Grenze der werleschen (wendischen) und redarischen Länder liegend, während der verheerenden Kriegszüge in seiner Abhängigkeit zweifelhaft geworden war. Da das Land Vipperow und das Land der Redarier im J. 1170 als nicht zur Herrschaft Heinrich des Löwen gehörend erscheinen, das Land Turne aber bis zum Jahre 1255 zur Diöcese des Bischofs von Schwerin gehörte, so möchte sich annehmen lassen, daß das Land Turne den südöstlichsten, über die Müritz hinausreichenden Theil des Landes Müritz bildete, um so mehr, da es der Herrschaft Werle unterworfen war. Daß das Land Turne


1) Die Dosse bildete die uralte Grenze zwischen der Prignitz und Werle; vgl. v. Raumer a. a. O. S. 316.
2) Vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 62; vgl. v. Ledebur a. a. O. S. 35.
3) Vgl. v. Raumer a. a. O. S. 316.
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aber noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts an den havelberger Sprengel zurückfiel und die Markgrafen mit zweifelhaften Ansprüchen an das Land hin und wieder hervortraten, scheint darauf hinzudeuten, daß man von diesem Grenzlande keine sichere Bestimmung hatte.

Daß das Land Turne ganz an geistliche Corporationen verliehen ward, mag auch vielleicht darauf hindeuten, daß man in solchen Verleihungen Sicherung des zweifelhaften Eigenthums suchte.

Die Resultate dieser Untersuchung möchten nun folgende sein:

Das Land Vipperow lag westlich an den südlichen Theilen der Müritz, den Vipperowschen Wassern, um das jetzige Dorf Vipperow, und bildete kirchlich das Archidiakonat Röbel des havelbergischen Bisthums und politisch die später Vogtei Röbel mit Wredenhagen (Wenden) der werleschen Herrschaft 1 ).

Das Land Müritz lag westlich, nördlich und nordöstlich von dem großen nördlichen Becken des Müritzsees, vorzugsweise Müritz genannt, und bildete kirchlich das Archidiakonat Waren des schwerinschen Bisthums und politisch die spätern Vogteien Waren und Malchow der Herren von Werle.

Das Land Turne lag östlich von den Müritzgewässern, gehörte den Herren von Werle, obgleich auch die Markgrafen von Brandenburg Ansprüche daran machen mochten, bildete politisch in den Haupttheilen die spätere Johanniter=Comthurei Mirow und gehörte früher zum Sprengel des Bisthums Havelberg, dann bis 1255 zum schwerinschen, und darauf wieder zum havelbergischen Sprengel.

Vignette

1) Interessant für die Lage dieser Länder sind Ueberreste von Alrerthümern, namentlich der Fürstensitze. Röbel und Wredenhagen sind als solche bekannt, von Vipperow ist bisher noch nichts bekannt geworden. In Archiv=Acten über die Müritz aus dem Anfange des 18. Jahrhunderts findet sich folgende Stelle in der Beschreibung der Müritz=Ufer nördlich von Vipperow:
"So fand sich auch nahe an der Müritz der sogenannte alte Hoff, welcher sonsten für alters, wie der augenschein gab, mit hohen wällen und graben umbgeben gewesen. Dieser ohrt nebst dem darauf stehenden Häuschen und da herum liegenden Wiesen war umbher gantz untere waßer von der Müritz gesetzt".
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V.

Über die niedreren Stände

auf dem

flachen Lande in Meklenburg=Schwerin,

vom

Pastor Mussäus zu Hansdorf.


D as flache Land in Meklenburg ist theils landesherrliches Eigenthum, theils auch ein Besitz der Ritterschaft (Adel, Klöster, Städte). Auf den Besitzungen beider finden sich große Höfe und Dörfer. Die landesherrlichen Höfe werden meistbietend auf 14 bis 21 Jahre verpachtet (Pächter, Pensionär), die ritterschaftlichen gewöhnlich von den Besitzern bewirthschaftet. Bauern heißen im Allgemeinen die Tagelöhner auf den Höfen und die mit Ackerbau beschäftigten Bewohner der Dörfer. Diese Dorfbewohner sind entweder Hauswirthe (Vollhüfner, Halbhüfner, Viertelhüfner, welche letztern man Kossaten oder Käther heißt), die ein gewisses Ackerwerk für eine Pacht benutzen, und vorzugsweise Bauern genannt werden, oder Büdner, welche ein Haus und etwas Acker als Eigenthum für ein Kaufpretium und einen jährlich zu zahlenden Grundzins erworben haben, oder auch Tagelöhner jener Hauswirthe. Die Wohnungen der Tagelöhner auf Höfen und in Dörfern heißen Kathen, und sie selbst Kathenleute.

Die Kleidung der vornehmern Stände Meklenburgs ist ausländisch; selbst bei den Tagelöhnern und Dienstboten in den großen und kleinen Städten haben fremde Formen den Vorzug gewonnen, und nur bei den Landbewohnern (Bauern) hat sich von jeher viel Eigenthümliches erhalten sowohl in Hinsicht der

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Formen als der Zeuge. Letztere werden theils in den Städten gekauft, z. B. grobe Tücher, Wand genannt, Gaschen, Fries, Boi, Kamink etc. . etc. ., theils auch aus eignem Gespinnste vom nächsten Weber verfertigt. Solche Zeuge, die eigengemachte heißen, sind außer hedener, feinhedener (kleinhedener) und flächsener Leinwand:

1) Fünfkamm, auch bômsied, Halvsett genannt, mit garnenem Aufzuge und wollenem Einschlage, nach Weise des Atlasses gewebt, d. h. die Fäden des fünften Kammes decken oder fallen über die andern. Zwei Fäden sind in einem Rohre; der Einschlag giebt die rechte Seite. Es ist gemeinhin buntgestreift, zuweilen auch ganz schwarz oder grau, von vorzüglicher Dauerhaftigkeit. Wegen der fünf Kämme wird der Weberbaum niedriger (sied-er) gelegt; daher die Namen.

2) Vierkamm, wovon mehrere Arten, als:

a) Rasch: Aufzug garnen, Einschlag wollen oder garnen; 2 Fäden sind in einem Rohre; die Fäden des vierten Kammes decken, daher ähnlich dem Bomsied, nur wohlfeiler. Man gebraucht den Rasch wie 1 zur Kleidung, besonders zu Beinkleidern;
b) Zôrdauk 1 ) (vielleicht Zarttuch?): garnener Aufzug, 3 Fäden im Rohre, Einschlag von Garn oder Wolle; die Fäden des vierten Kammes decken, und der Einschlag giebt die rechte Seite. Es hat das Ansehen von Barchent nach folgender Façon Tuch für Oberbetten , und wird zu Oberbetten verwendet.
c) Keperbühre oder Doppelbühre: alle Fäden garnen, 4 in einem Rohre; der Aufzug decket und giebt die rechte Seite; Façon wie in b. Es wird meistentheils zu Oberbetten verarbeitet.
d) Gänseaugen: alle Fäden garnen, 2 in einem Rohre; der vierte Kamm bleibt nach einer gewissen Ordnung stehen und schlägt dann wieder ein; Façon Tuch für Tisch= und Handtücher ; zu Tisch= und Handtüchern gebraucht 2 ).

3) Flanell, und zwar hedener Flanell, wenn der Aufzug hedenes Garn, flächsener Flanell, wenn der Aufzug flächsenes Garn ist; ein Faden im Rohre; der Einschlag ist


1) Das ô, meistentheils hochdeutsch u, wird entfernt von den Städten lang wie au gezogen, schwankend zwischen o und au, z. B. buch = bôk und bauk.          D. Red.
2) Der Vollständigkeit wegen sind auch Zohrdauk, Keperbühr und Gänseaugen aufgeführet, obwohl man sich nie mit diesem Zeuge kleidet.
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allemal von Wolle, herrscht vor und macht die rechte Seite. Ziemlich geschmeidig, gemeinhin buntgestreift. Zu Frauenröcken verwendet.

4) In Futtertuch, Fauderdauk, herrscht der garnene Aufzug mit 2 Fäden im Rohre vor, während das Uebrige wie beim Flanell ist. Man färbt es gewöhnlich nach dem Weben schwarz, und es ist sehr hart und fest. Bei den schwarzen Bauern (siehe unten) sehr gebräuchlich zu Männerröcken etc. .

5) Kleiderzeug, 2 Fäden Garn und 1 Faden gedoppelter Wolle im Aufzuge, im Einschlage lauter Wolle; daher feingestreift und meistentheils in zwei Farben. Zur Frauenkleidung gebräuchlich.

In Hinsicht der Wahl der Farben und einzelner Eigenheiten scheinen die nördlichen Bewohner von den südlichen sich ziemlich allgemein zu trennen. Bei Rhena, Zarrentin, Hagenow, am Schweriner See, bei Krivitz, auch bei Neukloster, auf der südlichen Seite der Warnow, bei Lage, Tessin und in allen, von diesen Ortschaften südlich gelegenen Gegenden ziehen die Männer ungefärbte Leinwand zu Beinkleidern und Arbeitsröcken (Kitteln) vor; in den Aemtern Güstrow, Dargun, Stavenhagen etc. . wird dieselbe zu diesem Gebrauche sogar sorgfältig gebleicht. Ein scharf angezogener, etwa 6 Zoll breiter, schwarzlederner Gürtel hindert in letzterer Gegend bei der Arbeit das Aufflattern des übrigens zugeknöpften, weißen Kittels. So erscheint der Bauer selbst in den Städten, wohl gar in der Kirche, aber dann ohne Gürtel. Bei Stavenhagen ist dieser Kittel vorne ein wenig nach Weise eines Leibrocks ausgeschnitten. Bei wichtigen Gelegenheiten bleibt, besonders in den Aemtern Güstrow und Dargun, selbst im Winter ein leinenes Beinkleid; aber mehrere Westen (Brusttücher - Bostdäuker) von gestreifter Bomsiede etc. . werden dann angezogen, deren Klappen am Halse so zurückfallen, daß man das, mit bleierner Zierrath zugeheftete Hemde und selbst oft die Brust sehen kann. Darüber kommt dann ein kurzer, blautuchener Rock (Futterrock - Fauderrock) ohne Kragen und hinten ohne Knöpfe, an der Seite mit Taschenlöchern, jedoch ohne Taschen, und über diesen ein langer, dunkelblauer, tuchener Rock. Bei Gastmählern wird der letztere ausgezogen und bei Seite gelegt. Ein dünnes, gemeinhin schwarzseidenes Halstuch bedeckt den Hals. - Geht man in Hemdärmeln (hemdsmaugen, hemdmâgen), so ist wegen Kürze der Westen und des Beinkleides der Unterleib oft handbreit bis auf das Hemde entblößt. Der Hut ist

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zuweilen modern, öfter aber ein kleiner, runder Kopf mit sehr breitem Rande. Dieser Rand pflegt bei den Bauern um Rhena rauh und kastorartig zu sein. Eine gewöhnliche Hausmütze ist, besonders bei Gnoien, Dargun, die Klott oder Puthüll, rund, anschließend, von grünem Zeuge, mit Fell ringsum verbrämt, oben ein kleiner Quast.

Die Hemden der Frauen heißen ziemlich allgemein im ganzen Lande Hemdschürzen. An denselben ist das Leibchen feinere Leinwand und der untere Theil Sacklein. Wollen sie in Hemdsärmeln und doch geschmückt und reinlich erscheinen, so ziehen sie (z. B. bei Kröpelin) ein halbes Hemd (Aewerhemd = Oberhemd) über und heften die Aermel an den Händen mit rothem Bande zusammen. - In der südlichen Hälfte, besonders in der Gegend von Gnoien, tragen sie einen Unterrock (Pie) von gewöhnlich grünem Friese, mehrere Röcke von Flanell (siehe oben Zeuge), ein Mieder (Bindleib) von demselben Zeuge oder von Bomsiede, oder auch an Sonntagen von rothem oder grünem Damast oder Kamink, und eine Jacke (Kamsol oder Jope) von Bomsiede oder Rasch, die vorne Zugehäkelt ist; doch sind sie nicht sehr schüchtern in der Bedeckung ihrer Reize. Zuweilen ist die Jope und der oberste von den Röcken, deren Zahl bei Festlichreiten zu 6 steigt, von Tuch oder Kattun, und der Bindleib von grauer Leinwand oder wohl gar Nanking. Das Halstuch ist zuweilen unter, zuweilen über der Jope, die Schürze von gebleichter oder gedruckter Leinwand, an Feiertagen von Kattun, auch wohl von Seide, und unter dem oberen Rocke eine tüchtige Tasche, zu der eine Schlitze (Schneiderloch - Sniederlock) führt. Blau sind die gezwichelten Strümpfe, mit halbhohen Absätzen die Schuhe, jetzt seltener mit Schnallen. Bei Festlichkeiten lieben sie Pantoffeln, es wäre denn ein Tanz bestimmt, zuweilen aber auch dann. Die Haare sind vorne bald gescheitelt, bald hintenüber geschlagen, die hintern aber stets in einen Knollen (Dutt) aufgelegt, und die Mützen hinten rund, mit einem, wenigstens 3 Zoll breiten Striche. Ungeschwächte und Unverheirathete tragen bei feierlichen Gelegenheiten blanke Mützen, beim Abendmahle und am Charfreitage weiße, krausgelegte (Köppels), die Ränder mit blauem Bande benäht, an Werkeltagen jedoch, wie die Frauen, schwarze oder kattunene.

Nördlich, von Ribnitz an längs der Ostsee, kleiden sich die Männer zur Arbeit und am Sonntage in schwarzgefärbte Leinwand, zuweilen jetzt auch schon in graue. Die bomsiedenen Brusttücher knöpfen sie höher zu und die Beinkleider werden weiter. Das obere Brusttuch ist

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gemeinhin am Sonntage von Tuch, mit Aermeln, darüber dann ein tuchener Rock von dunkelgrauer oder blauer Farbe. Bei Klüz findet man schon andere Zeuge, Manchester etc. . Die meisten Männer tragen das Haar hinten rund (über dem Kessel) abgeschnitten, und das vordere mit einem bleiernen oder messingenen Kamme hintenüber gekämmt. Die Frauen gehen fast ganz wie ihre Nachbarinnen, bedecken aber mehr ihre Reize, obgleich sie alltäglich die Jope, besonders um Doberan, geöffnet tragen. Sie tadeln wie die andern einen schlanken weiblichen Wuchs; daher ein allgemein bekannter Vers:

lang un schmall
hätt keen Gefall;
kort und dick
giwt keenen Schick;
äwer so van miener Maat,
ach, dat ziert dei ganze Straat.

d. h. lang und schmal hat kein Gefallen; kurz und dick giebt keinen Schick; aber so von meinem Maaße, ach, das ziert die ganze Straße. - Man hat deshalb Beispiele, daß sie 7 Röcke, die vorzüglich hier sehr kurz sind, über einander tragen, deren jeder gewöhnlich unten und oben 6 Ellen weit und aus dem Grunde oben in viele Falten gelegt ist. Das Bindleib ist meistentheils mit einem fingerdicken Wulste an den Hüften versehen, um die Röcke zu tragen. Mit vielem Bande ist Jope und Rock besetzt. Das Haar legen sie hinten aufwärts und scheiteln es gewöhnlich vorne, lassen dann aber gerne auf der Stirne eine kleine Locke frei schweben. Die Mütze ist hinten rund und der Strich hat die verschiedensten Formen, zuweilen in die Höhe gerichtet, nordöstlich (Rövershagen) an der Stirne eingezogen und an den Backen weit herausstehend. Nordöstlich sind auch die Strohhüte häufig hinten offen, und die, überall an der Ostsee kurzen Jacken hinten sehr faltenreich. - Fast überall werden in Nordmeklenburg Schuhe mit hohen, spitzen Absätzen gewählt und blaue, zuweilen auch rothe Strümpfe mit bunten Zwicheln. - Die Schäfer ziehen im ganzen Lande hellblaue Röcke vor.

Außerdem sind noch einzelne Gegenden in Meklenburg, wo die Kleidung mehr und minder abweicht - Poel, die westliche Gegend um Rostock, Warnemünde und Fischland, die Gegend um Bützow und einige Dörfer bei Rhena.

Der Bauer auf Poel wählt einen dunkelgrauen, tuchenen Rock für den Sonntag. Derselbe ist ohne Kragen, bis oben zugeknöpft; er giebt dem Besitzer einen langen Hals und gefälligen Wuchs. Die Beinkleider sind zuweilen man=

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chesterne. - Die Frauen, deren Tracht sich bis Redentin verbreitet, haben an Feiertagen gewöhnlich gaschene, sehr kurze, faltige und dicke, unten mit Band besetzte Röcke, eben solche Jopen, mit krausem Besatze oben geschmückt, das Halstuch im Nacken tief niedergesteckt, daher einen von der Sonne sehr gebräunten Hals, Mützen wie gewöhnlich, den Strich stark geblauet und vorne ganz in die Höhe stehend, einen Hut von gleicher Stellung, damit das Gesicht frei sei, das Haar über der Stirne gekräuselt, blaue Strümpfe mit Zwicheln, Schuhe ohne hohen Absatz, vorne weit ausgeschnitten. Sie gehen gerne auf Pantoffeln.

In den Gemeinden Biestow, Buchholz, und in den Dörfern Sievershagen, Bargeshagen, Wilsen, Stöbelow, Gr. u. Kl. Grenz bei Rostock ist die sogenannte schwarze Tracht gebräuchlich, die sich, aber nicht in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit, auch den zunächst liegenden Dorfschaften mittheilt, bis sie sich in die andere, sogenannte bunte Tracht verliert. Die Männer tragen sehr weite, kurze Beinkleider von schwarzer, oft feiner Leinwand (5 Ellen werden zu einem Beinkleide genommen; der große Schulze zu Biestow soll 9 Ellen gebraucht haben), wobei nur 2 große Knöpfe, zuweilen auch nur ein einziger, den Gürtel (Quadder) und die handbreite, an einer Seite angenähte Klappe zugleich befestigen, und an den Seiten sehr große Schlitztaschen (Ficken) sich finden; lederne Senkel und Riemen schnüren das Beinkleid unter den Knieen zu. Die Weste (Krupin) von Bomsied ist gleichfalls schwarz, vorne bis zur Herzgrube mit einer Reihe daumendicker Knöpfe von Prinzmetall geschmückt, und von da an bis zum Beinkleide mit schwarzen Knöpfen besetzt, die nicht knöpfbar sind. Diese untere Hälfte hat ganz das Ansehen eines breiten Gürtels. Die Krupin (d. h. Kriech hinein) wird an der linken Seite zugeheftet. Ein dickes, buntkattunenes Tuch wird um den Hals geschürzt. Ueber die Krupin kommt eine schwarze Jacke (Schwubbjacke und Butrund im Scherze genannt), sehr weit, mit langem, etwas faltigem Schooße, stets vorne geöffnet, und über diese bei Reisen, früher mehr, jetzt seltener, ein langer, schwarzer Talar (Wams) 1 ). Beim höhern Putze wählt man statt der Krupin eine bomsiedene, schwarz-weißgestreifte Jacke, und im Hägerorte 2 ) eine rothgestreifte, oft mit 3 Arten roth, und statt der Schwubbjacke


1) Vielleicht das alte Hoiken?          D. Red.
2) Hägerort heißt der Winkel bei Warnemünde, wo die Namen der Dörfer sich meistens auf hagen enden.
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einen sehr langen, schwarztuchnen Rock, hinten vom Schooße an mit zahllosen, eingelegten Falten. - Das Haar ist stets gescheitelt und hinten rund abgeschnitten, der Hut mit rundem Kopfe und ziemlich breitem Rande, bei verheiratheten mit einer schwarzen, bei unverheiratheten mit einer kreideweißen Schnur umschürzt.

Aus Furcht vor schlankem, schlotterndem Wuchse nähen die Frauen um den schwarzen Bindleib über den Hüften einen armdicken Wulst, auf dem die 5 oder 7, bis zur Wade reichenden, Röcke hangen. Der enge Bindleib kann nur unten zugeheftet werden; den leeren Raum füllt ein oft sehr buntes oder blankes Brüstchen (Böschen, von Bost = Brust) d. i. Latz, von steifer, überzogener Pappe bis zum Kinne aus, wo es zuweilen absteht (Gr. Grenz), zuweilen nicht (Biestow). Die schwarze Jope, hinten mit langem, sehr breitem Schooße, steht immer offen Alltäglich ist der oberste Rock ein rother, in den bei Weibern um den Nabel der Sparsamkeit wegen ein tellergroßes Stück Leder (dei Deitsacht - das: Thut wohl) eingesetzt ist, und die Schürze weißleinen oder blaugefärbt, sonntäglich aber der oberste ein schwarzer mit unendlich vielen eingereihten Falten, und jeder untere etwas länger, damit von allen die gut besetzten Säume etwas sichtbar sind; die Schürze dann gemeinhin klar weiß. Strümpfe stets roth; die hohen Schuhe bei Feiertagen mit Riemen zugebunden, ohne Schnallen, an deren Stelle dann ein handgroßes, buntausgeschlagenes Stück Leder (Pleußen) schwebt. Die schwarze Mütze mit kleinem anliegenden Striche, hinten spitz und hoch; dort hängt eine fußlange, schwarze Schleife (Start - Schweif) nieder, anstatt daß anderswo die kurze Schleife aufrecht steht. Um den Hals werden bunte, seidene Tücher in großer Menge geschlagen, deren Enden zum Theil vorne untergesteckt sind, oder unter die Arme hinlaufend, hinten geknüpft, unter der Jope herabhangen. - Beim Abendmahl etc. . tragen die Mädchen weiße, dichtanliegende Mützen (Köppels); sie und die Frauen haben dann über die seidenen Tücher noch ein schmales, eingefaltetes, weißes Tuch lose gebunden, das sich auf der Brust kreuzet und sich dann unter die Arme hin verliert. Geputzt hat jede, auch im heißesten Sommer, einen kleinen, runden, schwarzen Muff, zu Gr. Grenz aber größere und schlaffe, die Handschuhe zuweilen ohne Fingerlinge, über der Hand mit bunter Klappe. Der von ihnen selber verfertigte Strohhut ist von seltsamer Form, oben platt, an den Seiten schmal, mit schwarzem Bande. Bei Beerdigungen wird in einigen Dörfern um den Hut ein weißes, zur Hüfte

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hinten herabflatterndes, Tuch (Truerdauk - Trauertuch) gebunden, und in der Gemeinde Biestow gehen sie gewöhnlich mit einem Stücke gebleichter Leinwand (Regendauk - Regentuch) unter dem Arme zur Kirche.

Sie lieben diese Tracht sehr, obgleich sie den Frauen schlecht steht; die der Männer giebt aber wahrlich ein ehrenfestes, mannhaftes Ansehen. - Unter diesen Leuten findet man öfters Haar und Auge dunkel, und meistentheils, wie im Amte Dargun und an der ganzen Seeküste, einen ausgezeichnet starken, hohen Gliederbau.

In Warnemünde, einer Ortschaft, die von Lootsen und Seeleuten bewohnt wird, tragen die Männer bei der Arbeit 3 Beinkleider über einander, eine leinene Unterhose (Unnerbrauk), eine andere von grünem Manchester (Spitzbüchs), und eine sehr weite, leinene Oberhose (Brauk). Ein Verlobter erhält von seiner Braut 2 überaus große, silberne, mit einer silbernen Kette verbundene Hosenknöpfe, die an der Klappe der Spitzbüchse befestigt werden; auf dem einen derselben ist Adam und Eva, auf dem andern der verbotene Baum abgebildet. Am Sonntage etc. . wird die Oberhose weggelassen, und dann wird die, zur andern Zeit zuknöpfte Spitzbüchse an den Knien nicht geschlossen. Die wollenen Strümpfe sind grau oder schwarz, gesprenkelt, und sehr eng anschließend. Hohe Stiefeln gewöhnlich, aber auch Schuhe. Die meistens grauen Westen sind sonn= und alltäglich von eigengemachtem Zeuge oder Laken. Bei der Arbeit wollene Jacken, sonst auch kurze Röcke. Wollene Zeuge halten sie für vornehm; "fi", sagen sie, "Linnen dregt de Buer" (pfui, Leinwand trägt der Bauer). Das Hemde ist am Halse mit daumendicken Knöpfen von Silber oder Bernstein geschlossen, und die Enden des Halstuchs (Slippen) hangen im Nacken nieder wie bei Frauen. Ein dreieckiger Hut, von dem ein schwarzer Flor fast bis zu den Knien niederschwebt, schmückt den Begleiter des Todten; dann ist die Oberjacke (Wams) schwarz, hinten sehr faltenreich, eben nicht lang, mit weiten Aermeln. Zur andern Zeit sind andere Hüte gebräuchlich.

Die Frauen tragen alltäglich rothe oder blaue, wollene Röcke, bunte oder einfache, gaschene Jopen (Kamisöler) mit langem Schooße, hinten spitz ausgehende Mützen (Hillen - Hüllen) mit langen Schleifen, häufig Spanhüte, rothe oder graue Strümpfe mit bunten Zwicheln, und gehen auf den Socken (Säcken); nur an Sonntagen etc. . zeigen sie sich auf schwarzen oder bemalten Pantoffeln. Dann wird auch anstatt der Mütze eine glatte, weiße Haube gewählt, die an den Ohren

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vorsteht, an der Stirne zurücktritt; dann werden 7 Röcke von denen die unteren länger sind, angezogen, der oberste braun oder gestreift, hinten kraus, mit buntem Bande besetzt; dann ist das Kamisol grau, das Halstuch weiß, auf der Brust sich sich kreuzend, hinten zusammenlaufend, die Schürze von Taffet, der kleine, sammetmanchesterne Muff mit etwa 4 Zoll langen, herabhangenden Fransen besetzt, die Handschuhe mit blumichten Klappen. - Die Braut nimmt am Sonntage vor der Trauung, an dem sie zum Abendmahle geht, und am Hochzeittage das Heuken (vielleicht von aufhocken abzuleiten?) um, ein Stück Pappe, mit schwarzem Sammetmanchester oder Laken bezogen, oben mit schwarzen Spitzen besetzt, etwa 1 1/2 Fuß lang und breit, und sehr hart und steif. Es wird auf den Rücken gelegt, umfaßt einen Theil der Arme, und wird vorne zugesteckt. Jede Bewegung der Arme, z. B. beim Essen, wird durch das Heuken behindert. Unter demselben wird um den Hals ein weißer, eingefalteter Kragen (Barthel oder Barthelkragen) gebunden, und das schwarze Kopfzeug ist mit Spitzen besetzt. - Die Fischländer sind den Warnemündern in Hinsicht der Kleidung ziemlich ähnlich.

In den, bei Bützow liegenden Ortschaften, Parkow, Neuendorf, Passin, Zeppelin, Selow, Jürgeshagen, Penzin, Gr. und Kl. Belitz, auch zum Theil zu Bernitt und Wokrent herrscht eine andere Tracht, welche der Tracht der Mönchguther auf Rügen ähnlich ist. Die Mützen der Frauen bedecken alles Haar und gehen über die Ohren an den Backen nieder bis gegen den Hals, hinten etwas gespitzt, mit einer Schnere im Nacken und einer fußlangen, schwarzen Schleife (Sleuje). Eine solche, stets strichlose Mütze besteht aus 2 Stücken, deren Naht quer über den Kopf geht. Bei Verheiratheten ist sie schwarz, das Band rundum festgenäht, und eine kleine Spitze, Haube genannt, guckt strohhalmsbreit an der Schläfe und an der Stirne heraus.

Die Mädchen in den ersten vier Dörfern tragen grüne Mützen mit rothem Bande oder rothe Mützen mit grünem Bande, das 9 Ellen lang um dieselbe gebunden ist; eben Verheirathete (Jungfruhens - junge Frauen) dunkelrothe, damastene Mützen, mit schwarzem Flor überzogen. Frauen haben schwarze Jopen, Mädchen grüne, hinten mit kurzen Schlippen oder Schooßenden, stets vorne zusammengeheftet, oben mit Band besetzt, die Bindleiber von buntgestreiftem Kamink, die eigengemachten Röcke sehr kurz, Strümpfe schwarz, Schuhe mit Spangen und sehr hohen Absätzen. Pantoffeln sind sehr beliebt, doch nicht in der Kirche. Alte

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Frauen tragen Sonntags braune, langzarsete Röcke und Jopen. Die Trauertücher bei Leichenzügen sind zweimal um den Strohhut gebunden und hangen bis zur Erde; dann sind die Schürzen klarweiß, sonst gemeinhin gedruckt. Jede Jahreszeit sieht bei Feierlichkeiten alle mit runden, prallen Muffen, innen von weißem, außen von schwarzem Felle, worin die großgeblümten Schnupftücher stecken, die sie aber nicht benutzen, da sie, wie alle im Lande, sich mit der Hand schnäuzen. - Die schwarzleinenen Beinkleider der Männer sind ziemlich weit, die Jacke dunkelblau, die Hüte rund, alltäglich über der Jacke ein Hemd (Boje), vielleicht weil, z. B. die Zeppeliner seit Menschendenken viel Fracht fahren; sonntäglich vertritt ein schwarzer Rock die Stelle der Boje. Aeltere Männer tragen auch in der Kirche ein grünes Futterhemd, das dann aber nicht Boje heißt, so wie Knaben bis zur Confirmation, zu welcher Zeit sie schwarze Röcke erhalten.

In den übrigen obengenannten Dörfern haben verheirathete Frauen, außer zu Bernitt, auf der Mütze noch eine Reihe schwarzes Band, unverheirathete rings um die Mütze eine Reihe Band, und die Naht über dem Kopfe mit blanken Tressen besetzt. Die Mützen der letzteren sind violett mit rothem Bande, auch roth mit grünem Bande. Die Jacken (Jopen), von Bomsiede oder Gaschen in allen Farben, sind hinten mit kurzem Schooße, ringsum faltig, stets geöffnet, und wie die Röcke mit buntem 1 ) Bande umgefaßt; die Mieder (Bindleiber), gewöhnlich von Bomsiede, sehr steif, mit kleinem Wulste an den Hüften zum Tragen der vielen kurzen Röcke; hin und wieder Sonntags einen bunten oder blanken Latz (Böschen); Strümpfe dunkelblau. Die Männer kleiden sich wie die Zeppeliner, aber ohne Boje. - Zu Oettelin sind Sonntags für Frauen blanke Brustlatzen (Bostdauk - Brusttuch, dasselbe, was Böschen, siehe oben) gebräuchlich. Die Jope heißt dort Bostliew - Brustleib. Breitgestreift sind die bomsiedenen Bindleiber. - Zu Warnow, Zernin und Tarnow trägt das Frauenzimmer mehrfarbiges Band auf dem Hute, das zu Baumgarten 3 Reihen grünes Band, das zu Wendorf 3 Reihen dunkelblaues um den doppelten Spanhut. In Hinsicht dieser Verzierungen hat fast jedes Dorf im Lande seine Eigenheit, so wie in der Form des Mützenstrichs und der Strohhüte, z. B. Kiepe, Pierkopp - Pferdekopf etc. . Die Männer zu Tarnow alltäglich in schwarzen Kitteln, unverheirathete in weißen, Sonntags alle in dunkelblauen Röcken.


1) Bunt heißen auch alle einzelne Farben autzer schwarz und weiß.
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In den beiden Dörfern Warnekow und Menzendorf bei Rehna zeigt sich ebenfalls eine abweichende Tracht. An beiden Orten sind die Mützen der Frauen von gleicher Form, rund, sehr klein, bei den Ohren etwas herabgehend, von façonnirtem, dunrelroth=seidenem Zeuge, das Hinterstück ein gewirkter oder gestickter Blumenstrauß, die Nähte und der Rand mit hochrothem Bande besetzt, hinten eine hochrothe Schleife. Der Strich, aus feinen, weißen Spitzen, ist am Saume undurchsichtig und ganz anschließend, das Haar straff aufwärts gekämmt, und unter der Mütze zusammengebunden.

Die Röcke der Bäuerinnen zu Warnekow (?) sind von dunkelgrünem Tuche, 7/4 Ellen lang und 5 weit, ringsum eingefaltet außer einem Viertel der Vorbahn. Die etwas kürzere, dunkelblaue oder schwarzbatistene Schürze ist 2 1/2 Elle breit und nicht minder gefaltet. Der kleine Schooß der Jacke ist nicht gekraust. Die, besonders vom Ellbogen an recht anschließenden, Aermel reichen bis zum Handknöchel, wo drei silberne Knöpfe sie schließen. Die stets offene Jacke ist unter der Brust tief ausgeschnitten, oben mit blankem Bande besetzt, ganz so auch das Leibchen von schwarzem Sammet=Manchester, über welches die Schürze mit einer vier Ellen langen Schärpe von hellblauem Gros de Tours (Graditur=) Bande vorne zugebunden wird, die Enden nur wenig länger als die Schleife. Das französische Kattuntuch unter dem Leibchen ist vorne offen, um die silberne Schnalle zu zeigen, welche das feine Quadderhemd am Halse zusammenfaßt. Uebrigens weiße wollene Strümpfe und niedrige Schuhe mit großen, silbernen Schnallen.

Die Röcke der Bäuerinnen zu Menzendorf sind von schwarzer, dunkelgrüner oder dunkelblauer Farbe, sehr kurz und eingefaltet, unten mit breitem Bande besetzt. Das gewöhnlich scharlachrothe Leibchen mit kleinem Schooße, oben mit mehrfarbigem Bande besetzt, ist halbhoch und mit einem Latz (siehe Böschen oben) verbunden, der mit Silberband eingefaßt und durch schmale silberne Tressen eingeschnürt ist; ferner ein Unterhemdchen mit langen, weiten Aermeln (dasselbe, was oben Aewerhemd), an der Hand und am Halse mit buntgenähtem Quadder, statt des Unterhemdchens aber auch häufig nur eine wollene Jacke. Das seidene Tuch, hinten mit eingewirkter Blume, ist vorne lose mit einer Nadel zusammengefaßt, um den Latz nicht zu verbergen. Die sehr weite Schürze ist von klarem, weißem Zeuge und ganz gekräuset, Strümpfe weiß, Schuhe mit Schnallen und hohen, spitzen Absätzen.

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In beiden Dörfern tragen die Männer Beinkleider und Jacken von braunem oder dunkelblauem Tuche, letztere mit kurzem Schooße, sehr kurze Westen von schwarzem Sammet=Manchester mit zwei Reihen silberner Knöpfe, ein französisches Kattuntuch um den Hals, über welches der Hemdekragen etwas überlappt. Die Beinkleider sind oben sehr weit, am Knie vier silberne Knöpfe und eine silberne Schnalle, die Stiefeln kurz, um wenigstens eine Handbreit die weißen Strümpfe zu Zeigen, die Hüte gewöhnlich modern, oder auch mit rundem Kopfe, einem vier Finger breiten Rande, schwarzem Bande und Schnalle.

Die Bauerhäuser in Meklenburg sind meistentheils ohne Schornsteine, und dann durch das Gatter in zwei Theile getheilt; der Rauch muß durch Thüren und Dach ziehen. Im vorderen Hausraume ist eine lange Hausdiele zum Dröschen und Aufbewahren des Stadtwagens; die Hühner nisten in aufgehängten Strohwischen; rechts und links sind Kammern für Knechte, und Ställe für Pferde, Ochsen etc. ., welche Ställe nach der Diele zu offen stehen, gemeinhin auch einige Tröge. Im hinteren Hausraume ist die kleine Diele (buten in'n Hus - außen im Hause genannt) mit der Küche und der Hinterthüre (lütt Dhör, Achterdhör - kleine Thüre, Hinterthüre), die Küchendecke, mit Schinken, Speck, Würsten des Räucherns wegen behangen, zu einer Seite die Wohnstube (Dönsk) mit Kammern, zur andern mehrere Kammern. Der, mit Schleeten bedeckte Boden über und neben der langen Hausdiele heißt Hill und wird zum Aufbewahren des besten Futters benutzt; Hill heißt auch öfters ein bequemer Sitz hinter dem Ofen. - Die Wände sind von Lehm aufgeführt, die Fußböden mit Lehm, auch wohl Steinen und Brettern gedielet, die Böden über dem hinteren Hausraume Windelböden, das Dach von Stroh, und an jedem Giebel (Kühlende) zwei Maulaffen (Mulapen), aus Holz geschnitzte Pferderöpfe, kreuzweise angenagelt - eine Erinnerung an die heiligen Rosse der Alten. Hinter dem Hause pflegt der Garten zu sein, und vorne der, mit Scheure und Ställen besetzte, Hof als ein großer Dungplatz benutzt zu werden. Das Ganze ist von einem einfachen Zaune oder Doppelzaune (Hakelwerk) oder einer Steinmauer umschlossen. - Im Strelitzschen lebt der Bauer vom Vieh getrennt und sein Hof gleicht einem kleinen Pachthofe.

Die Tagelöhnerwohnungen (Kathen) sind den Bauerhäusern ziemlich ähnlich, nur ohne den vorderen Hausraum und in kleinerem Maaßstabe, oft zwei, drei etc. . an einander gebauet, daher zweihischige, dreihischige etc. . Kathen. Die Kathen=

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leute geben keine baare Miethe, sondern auf den Höfen leistet die Frau für die Benutzung der Wohnung 90 bis 100 Frohntage jährlich, und in den Dörfern muß der Kathenmann mit seiner Frau in der Ernte seinem Bauern helfen.

In den Bauerstuben fehlen nie ein langer, starker Tisch, eine Wanduhr, einige Bänke, auch Stühle, auf welchen letzteren zuweilen Polster liegen, und ein hochaufgethürmtes Ehebette, bei Festlichkeiten mit farbigen Schleifen besteckt, häufig in Alkoven, öfters, besonders südlich, mit Gardinen. Hin und und wieder ist an der Wand ein roth und blau bemaltes Gesimse angebracht für Kalender, Bibel und Gesangbuch, schöne Aepfel und hübsche, auf Jahrmärkten gewonnene, Schüsseln. Jeder Hausgenosse hat an der Wand oder am Tische in ledernen Hefteln seinen hölzernen Löffel, der gemeinhin nie gewaschen, sondern nur abgewischt wird. - In den Kathenstuben finden sich gewöhnlich nur ein kleiner Hängeschrank, einige Brettstühle, statt des Tisches oft nur eine platte Lade. Ein Unter= und ein Oberbette mit Pfühl und blauen Kopfkissen, 2 Paar Betttücher, einige Hemden und Hemdschürzen sind oft alle Wäsche, und doch ist Ungeziefer selten, außer auf dem Kopfe, wo es für ein Zeichen von Gesundheit gilt. Hühner und Gänse mit ihren Jungen pflegen Winters und Frühjahrs hinter dem Ofen zu hausen. Allgemein beliebt sind stark geheizte Zimmer und dennoch warme Kopfbedeckung.

Im Sommer wird fünfmal des Tages gegessen, Morgenbrod, Kleinmittag (Hochimt), Mittag, Abendbrod, Nachkost; im Winter nur dreimal. Schwarzes Roggenbrod, Kartoffeln, Milch= und Mehlspeisen, Backobst, Kohl, Erbsen, Bohnen, Saubohnen (grot' Bohnen), Schwein= und Gänsefleisch, eingepökelt oder geräuchert, sind gewöhnliche Speisen; daher schlachtet in den besseren Gegenden auch der Aermste sein Schwein und einige Gänse. Zweimal in der Woche, Sonntags und Mittwochs, wird gekocht und Fleisch gegessen; an den übrigen Tagen wird das Essen aufgewärmt, und entfernte Arbeiten nöthigen den Tagelöhner oft wochenlang aus der kalten Kiepe von Brot und Speck zu leben. Zu Hause wird schon zum Morgenbrot brauner Kohl, Erbsen in Bier, Kartoffelsuppe (Suppkartoffel), Graupen etc. . in Buttermilch, aufgewärmt verspeiset. Das Gänsefleisch wird von den Wohlhabenden mit dem Blute sauer eingekocht und vom Herbste zur kommenden Ernte aufbewahrt. Lieblingsspeisen sind Semmel (Stuten), Klöße und Backbirnen (Klümp und Backbeeren), Pfannkuchen, dicker Reiß, Grapenbraten, d. h. Rindfleisch etc. . mit allerlei Backobst (Backbirnen und Backäpfeln - Backbeeren

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un Appelbackbeeren) in eisernen Grapen gebraten. Wie in Walhalla nach der Edda der gebratene Sährimer der Lohn der Enheriar ist, so wird noch jetzt Schweinsbraten jedem andern vorgezogen. Der Bauer sagt: Gausbrad sall de best sien, un Swiensbrad is't. Wasser hält man für ungesund; ick mag't nich in die Schauh hämmen - ich mag's nicht in den Schuhen haben. sagt der Bauer. Jeder sehnt sich nach Bier, das aber süßlich schmecken muß; daher wird es häufig mit gelben Wurzeln (Daucus Carola) versüßt. Das sauer gewordene wird hin und wieder in eine Tonne neben dem Feuerheerde gegossen, um sofort Essig zu den Speisen zu haben. Kaffee trinken nördlich wenige, und diese werden verlacht; doch trauen sie demselben unbegreifliche Kräfte zu; allein südlich, z. B. bei Grabow, ist Cichorien=Kaffee allgemein. Seit der Branntwein wohlfeil ist, trinkt auch der dürftigste ihn; er ist ihnen, wie Scorpionöl, ein Mittel wider alle Krankheiten.

Die gewöhnliche Beschäftigung ist Ackerbau und der damit verbundene Betrieb. Die Pachthöfe halten zu dem Zwecke außer den Kathenleuten mehrere Pferdeknechte, einen Ochsenknecht, einen Jungen, Haus= und Außenmädchen (Butendierns); der Bauer nach der Größe seines Ackerwerks einen oder zwei Kathenleute, einen Großknecht, einen Halbknecht, Großjange und Kleinjunge (Lüttjung), Großmädchen und Kleinmädchen, von denen jeder seinen Rang und sein Geschäft weiß. Pferdeknecht oder Großknecht zu werden, ist das höchste Ziel der Jünglinge. - Der Acker ist meistentheils in 7 Schläge getheilet, die zuweilen wie Koppeln eingehägt sind; 3 werden besäet, 1 als Brache, 3 als Weide benutzt. Die Wintersaat bekommt in besseren Gegenden 4 Furchen: Dreesch=, Brach=, Wende=, Saatfurche (Dreisch=, Brak=, Wenn=, Saatfohr), die erste Sommersaat 3, die zweite 2 Furchen. Gemergelt wird von den Klügern. - Ziemlich allgemein wird mit Ochsen gepflügt (gehakt). Der sehr zweckmäßige Pflug (Haken) ist außer der Schaar ganz von Holz, ebenso die hölzernen Eggen. 5 Kühe, 6 Pferde und viel Jungvieh machen mit den 20 Schafen und 4 - 8 Schweinen den gewöhnlichen Viehstand aus. - Zwei Blockwagen mit geringem Eisenbeschlage und ein wohlbeschlagener Stadtwagen sind das kostspieligste Geräthe. -Die Pferdesielen sind gemeinhin sehr unvollständig, z. B. bei Levin, Doberan  . oft ohne Söltel  ., so daß das Pferd beim Zurücktreten sich selbst frei machen kann. Des Sommers werden die Pferde von Knaben gehütet, die auf dem ersten besten ohne Zaum die übrigen durchs Dorf treiben. Dann kann der Bauer seine Kinder nicht täglich zur Schule senden,

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weil er anders keine Hirten hätte. Zur Vorbereitung auf eine weite Reise werden die Pferde die Nacht vorher durchgefüttert; sind sie im Begriff einzuschlafen, so werden sie durch einen Peitschenschlag wieder munter gemacht. Ist ein Pferd dumm, so heißt es: es studird. Die Ernte ist die schwerste, aber liebste Arbeit. Dann wird besser, oft im freien Felde, gegessen und getrunken, und die meisten Geburten dürften sich von dieser Zeit herschreiben. Dann schenkt der Schnitter (Mäher) seiner Binderin eine Harke, in einigen Gegenden mit farbigem Wachse bunt gemacht, sie ihm dagegen zuweilen einen blanken Erntekranz (Austkranz) auf den Hut. Lustig zieht man aus, singend kommt man heim. Lieder und Melodien liefert der Liederhändler auf Jahrmärkten. Müssige Zuschauer oder neckende Reisende werden gestrichen oder gebunden. Ersteres geschieht von den Männern, welche vor den Fremden, die Hüte auf den Sensen, hintreten, diese mit dem Streichholze schärfen und sich in einem Reimel eine Gabe erbitten; letzteres thut ein Mädchen, das um den Arm des Zuschauers ein Strohseil mit den Worten bindet:

hies bring' ich ihn'n ein Kränzelein,
damit soll'n Sie gebunden sein,
und wollen Sie wieder erlöset sein,
so mäuten Sie mi 'n lütt' Bescherung gäwen,

d. h. so müssen Sie mir eine kleine Bescherung geben.

Das Flachsbrechen (Brachen) ist eine Abendparthie der jungen Leute im Herbste. - Im Winter dröscht der Bauer mit seinen Leuten des Morgens frühe sein Korn aus; in neuern Zeiten aber läßt er dies oft durch seinen Kathenmann, etwa um den 16ten Scheffel, thun, während die Tagelöhner auf den Pachthöfen gewöhnlich um den 17ten dröschen. In dieser Jahreszeit spinnen die Frauen, oder weben auch zum Theil, besonders bei Grabow, Stavenhagen. Eine solche Weberin heißt Knäbsch.

Die vielen Flüsse, Seen und Sölle (kleine stehende Gewässer, vielleicht vom wend. Worte Sal, Fischteich, herstammend) geben Gelegenheit zum Fischfange, wobei man sich der Angel, der Reusen, der Bungen, der Wade, des Kessers (ein Stangennetz) etc. . bedienet. Aale fängt man vornämlich bei Mühlenteichen in den Aalkisten, und in der Ostsee entweder mit Aalschnüren, oder mit langen Stangen, an deren Enden Widerhaken sind, womit man den Wassergrund durchsucht. - Zu Wasserfahrten bedient man sich häufig schmaler Kähne ohne Kiele, deren Seitenbretter fast senkrecht auf dem horizontalen

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Grundbrette stehen, - oder man hat Boote, die durch Segel und Ruder getrieben werden, und auf der Ostsee große Boote, Jöllen genannt, vorne und hinten spitz. Die Ruder heißen Remen, die Stifte zur Befestigung derselben Dollen. In großen, viereckigen Fahrzeugen (Prahmen) werden auf den Füssen etc. . Holz, Korn, Steine etc. . verfahren.

Weil der Bauer von früher Jugend an schwere und einförmige Arbeiten treiben muß, so ist er gemeinhin sehr steif, aber oft unerwartet kräftig, ohne sich dessen immer bewußt zu sein. Wer nicht 6 Scheffel Korn Rostocker Maaß, etwa 360 bis 380 Pfund, zu tragen vermag, wird für schwach, und unfähig, ein Pferdeknecht zu werden, gehalten. Brüche sind häufig. Verkrüppelte werden Schneider. - Sehr oft ringen die stärkeren mit einander, indem zwei sich umarmen (faten - fassen) und sich einander niederzuwerfen suchen, wobei besonders das Emporheben (Bostsmät - Brustschmiß) hilft, oder indem zwei sich, an den Kragen fassend (Bostfaten - Brustfassen), mit den Armen niederzureißen bemüht sind. Zuweilen wird auch in die Wette gelaufen, und ein Pägel oder ein Pott Branntwein macht die Wette.

Hauptgelage (Beir - Bier, Köst - Brotrinde, dann Gastmahl, Häg - Fröhlichkeit, von hägen - lachen herstammend) sind: Fastelbeir vor den Fasten, Pingstbeir nach Pfingsten, Austbeir nach vollbrachter Ernte, oder Fastelköst, Pingstköst, Austköst. Dann wird getanzt, gescherzt, getrunken, auch wohl gegessen. Eine Violine, wenn's hoch kommt, ein Klarinet, und eine uralte Baßgeige, die jeder streicht (treckt - zieht), der will, machen die Musik. Sie kreischen laut auf; wie unwillkührilch bewegen sich die Füße. Dies Kreischen überwältigt sie mitten im Tanze, und der Venus wird dann späterhin meistens sehr reichlich geopfert. Dann und wann entspinnen sich Schlägereien, nicht grade aus Eifersucht, sondern aus Uebermuth der Berauschten. Der Tänzer läßt gemeinhin die Pfeife nicht ausgehen und den Hut nicht vom Kopfe, um sich recht würdig zu zeigen. Jeder, auch noch so beschränkte, Platz genüget. Ihre Tänze werden jetzt sehr durch Walzer etc. . verdrängt; sonst wählt man auch die große und kleine Acht, den Acht=, Vier=, Drei= und Zweitourigen, den Küssertanz, Klappertanz, Katz und Maus, sieben Sprünge, englisch Geck, Schuster=, Schneider=, Weber=, Scharfrichter=, Barbier=, Großvater=, Schäfer=, Pfannkuchen=, Gucker= (Kieker=), Windmühlen=, Küchentanz, Numero 8, preußisch Nummeré, Puckelkatrell (Rückenquadrille), lang Englisch, Hanacksch, Russisch etc. . Beliebte Touren sind: schän dör und stolz. Bei der ersteren

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Tour tanzen 4 Personen kreuzweise durch einander hin; bei der letzteren gehen sie, die Hände in die Seite gesetzt, im Kreise herum. - An Festtagen, an denen nicht getanzt wird, spielet man Pfand, Holtendröller mit Nüssen, Mann und Frau, ick sitt, ick sitt, up wän sien Glid (ich sitz, ich sitz, auf wessen Glied), jagt den Dritten etc. . In den Karten spielt das ernstere Alter Solo und Scherwenzel, Brausebart, Schaafskopf und Hund etc. . Kinderspiele sind im Frühlinge Kuhlsäg (Grubensau), wobei ein hölzerner Ball von einem Knaben mit einem Stecken unter dem Widerstande anderer in eine Grube gehütet wird, Kliew (bei Brandenburg Kliesk genannt), wobei ein Stückchen Holz, das auf einem in der Erde steckenden Stabe ruht, mit einem Stocke in die Höhe geschlagen und von einem Knaben im Hute aufgefangen wird etc. ., zur andern Zeit auch Sonn und Mond, Kükewieh (Küchlein und Weihe), Westenbrügge, Buck, Boll, Papöken, Ruthen fief her etc. . - In Bauerdörfern, die nicht auf Hufen liegen, d. h. wo der Bauer nicht eine, von den übrigen abgesonderte, Hufe besitzt, haben die Pferdehirten Pfingsten ein Fest, dei Gill (Gilde). Ein Krähennest oder lebendige Krähen werden an eine Stange gebunden, mit der, wie mit einer Fahne, sie im Dorfe von Hause zu Hause ziehen, und in einem Reimel Brot, Milch, Bier und Branntwein sich bitten. Im Felde wird darauf Alles verzehrt, wobei sie hin und wieder nach einem Kranze reiten - Weddbahn jagen.

Nach vollbrachter Ernte ist das Erntebier besonders auf Höfen ein glänzendes Fest, das die Gutsherren oder Pächter ihren Dienstleuten geben. Dann wird auf dem Hofe gegessen, getrunken, getanzt bis in die späte Nacht, wobei zuweilen Verkleidete erscheinen. Das ganze schwere Jahr hindurch freuet sich der gemeine Mann (lütt Mann) zu dieser Feier.

Die größte aller Festlichkeiten ist eine Hochzeit, die auf Höfen gewöhnlich zum Erntebiere aufbewahret wird. Hier sei die Rede von einer Bauerhochzeit. - Nicht leicht verspricht sich ein Bauer mit einer Kathentochter; es ist unter seinem Stande. Nach dem Wunsche der Eltern darf er nur eine solche wählen, deren Bruder seine Schwester nimmt (Tauschfrei). Gewöhnlich macht ein Jahrmarkt das Verlöbniß, und er schenket seiner Künftigen dann bedeutungsvoll ein blankes Gesangbuch. Die Hochzeit pflegt im Herbste zu sein. Einige Tage vorher reitet ein unverheiratheter Freund als Hochzeitenbitter aus. Alles ist mit flatternden Bändern an ihm geschmückt und mit schimmernden Sträußen; selbst die Peitsche über den Schultern, ja den Kopf und den Schweif seines Rosses schmücken tiefrothe Bänder. Langsamer draußen reitend, jagt er jauchzend durch

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die Dörfer. Nicht bloß auf die Diele, auch in das enge Stübchen reitet er hinein und schnattert mit entblößtem Haupte seine Formel her; ein Glas Branntwein ist überall sein Lohn.

- Am Donnerstage Abends wird die Mitgift der Braut zum künftigen Wohnsitze, wenn möglich, hingeblasen, und dann wird getanzt. Diese Nacht gehört dem Bräutigam, aus Furcht, es möchten, durch Arglist böser Leute (Hexen) während der Trauung, späterhin Kinder fehlen. Am Freitage ist die Trauung, in einigen Kirchspielen in der Kirche, in andern gewöhnlich im Pfarrhause, und bei großen Hochzeiten im Bauerhause. In den Domainen muß die Frau des Predigers die Braut aufputzen. Eine oder zwei Schärpen um den Leib, ein weißes Kragentuch, mit vielem Grün benäht, mehrere Halsketten etc. ., und auf dem Haupte gleich einem Vogelneste die blanke Krone - das ist der Schmuck der jungfräulichen Braut. Alles Haar wird so viel als möglich durch blanke Blumen versteckt, auch ein Theil der Aermel, die Brust; selbst auf dem Rücken fehlt Flittergold nicht. In Warnemünde wird der Braut ein blankes, an den Ohren dicht anschließendes, Kopfzeug aufgesetzt, und vorne mit einer blanken Nadel befestigt; obenauf ist die Krone, an deren Vorderseite ein Spiegel sich findet. - Schwarz ist Rock und Jope, weiß gewöhnlich die Schürze; an jeder Seite derselben hängt ein seidenes Tuch nieder, oft auch mehrere. Ihre Führer sind 1 oder 2 Brautfrauen, 2 Ehemänner, 2, 4, ja 8 Brautjungfern, und bei Trauungen in der Kirche im Amte Dargun etc. . außerdem noch 2 unconfirmirte Mädchen (Nibben), die vor der Braut her um den Altar gehen, - alle Jungfern auch mit Schärpen und blankem Putze unter dem Mützenstriche und auf den Aermeln etc. . versehen. Den Bräutigam führen ein oder zwei Ehemänner (Trauführer) und eine ledige Mannsperson. Die Trauung im Hause geschieht gewöhnlich auf der großen Hausdiele. In der Mitte derselben ist (z. B. bei Doberan, anderswo mit geringen Abweichungen) ein Tisch mit einer großen Schüssel zum Opfern für den Prediger, hinter dem Tische zwei Stühle die Lehne gegen denselben. Vor dem Ringewechseln steht die Braut zur Rechten des Bräutigams neben den Stühlen, die Führer um sie her, die Jungfern etc. . hinter ihr; wenn aber die Ringe gewechselt werden sollen, tritt sie zur Linken des ihr sich nähernden Bräutigams. Auf der andern Tischseite stehen Prediger und Küster, die Gäste, wo sie wollen. Vor und nach der Handlung wird gesungen. - In einigen Gegenden, z. B. bei Bützow, Dargun, wo die Trauung gewöhnlich in der Kirche geschieht, wird bei der Rückkehr der Braut unter alle der Brautkuchen, doch nicht

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immer, vertheilet, von dem die Braut zuerst drei Stücke abzubeißen und aufzubewahren pflegt, um bei künftiger Schwangerschaft in der Lüsternheit daran zu nagen, da es dann den Geschmack des Gewünschten wundersam an sich hat. Alle küssen sich darauf (Bützow), da zur andern Zeit Küsse und Umarmungen (sick in dei Keiwen fallen - sich in die Kiefern fallen, d. h. sich umarmen) selten sind. - Nach der Trauung geht es sofort zu Tische. Die Braut muß mit den jungen Leuten auf der Diele essen, und der Bräutigam mit dem Hochzeitenbitter aufwarten. Speisen sind: dicker Reiß, Fische, Schwarzsauer, d. h. Schweinefleisch in dem Blute mit Essig gekocht, und Grapenbraten, hin und wieder auch Hühnersuppe, Hühnerreiß, Gänsebraten. Zuweilen wird zur Fischleber gereimt. Während des Essens bitten die Köchinnen auf einem Teller voll Salz sich eine Gabe, indem sie vorgeben, es sei die Schürze verbrannt. Die Braut steckt (bei Dargun) dem Hochzeitenbitter ein seidenes Tuch heimlich als Geschenk auf die Schulter, und derselbe danket nach dem Essen vom Stuhle den Gästen (ebenda). Beim Aufstehen wünscht man sich gegenseitig mit Handgeben eine gesegnete Mahlzeit. Dies Handgeben ist so gebräuchlich, daß auch zur andern Zeit Niemand kommt oder sich entfernt, Niemand dem Andern ein Glas zutrinkt, ohne die Hand zu geben. - Nun wird auf der Diele wacker getanzt, gewöhnlich auch noch des Sonnabends bis zum Sonntage. Dann ist Kirchgang, und zuweilen wird dann noch getanzt bis zum Montage, ja selbst bis in die folgende Nacht. Bei Dargun dauert die Hochzeit nur einen Tag. - Die zahlreichen Gäste quartieren sich in die Häuser ein; jeder hat ein Geschenk mitgebracht, z. B. Butter, Milch, ein Huhn, eine Schüssel etc. .; jeder Arme wird gesättigt. Bei Bützow muß die Braut bis zum Sonnabend Abend die Krone aufbehalten und darf so lange nicht zu Bette; anderswo wird sie schon Freitags abgetanzt im sogenannten Rückelreih. Zwei junge Kerle nehmen die Braut in die Mitte; um sie schließen die Jungfern einen Kreis, um diese Andere andere Kreise. Im letzten und äußersten Kreise haben zwei Männer sich einander nicht angefaßt; er ist also auf dieser Stelle geöffnet. Der eine von diesen beiden Männern reitet auf einer Gaffel, und der andere treibt ihn mit knallender Peitsche. Nun drehen sich alle Kreise tanzend, der äußere stets nach einer Richtung; der Bräutigam muß sie mit Gewalt durchbrechen, um seine Liebste zu gewinnen. Dann ändert sich plötzlich die Scene; der Bräutigam schützt die Braut; die Kreise bewegen sich wieder, und mehrere Weiber drängen an, um die Braut zu erhaschen, die sie darauf

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in die Kammer schleppen und ihr die Krone abpflücken, von der oft schon ein Theil im Gewirre unter die Füße gekommen ist. Nun erhält die junge Frau die schwarze Mütze. Beim Kirchgang geht die Braut wie eine Sechswöchnerin (siehe unten) um den Altar, aber geputzt mit den Resten der Krone. In einigen Gemeinden bleibt die Krone unversehrt.

Merklich anders ist es in Warnemünde. Am Abende vor der Hochzeit wird von den Verwandten unter Musik und Scherz das Brautbette errichtet und nebenbei geschmauset. Sechs Kopfkissen, mit buntem Taffet und klarem Zeuge überzogen, schmücken das hohe Bette. Am Hochzeitstage ist der Bräutigam des Morgens mit seinen Beiständen in seinem Hause, die Braut mit den ihrigen im Hause der Eltern, von der Kronenfrau aufgeputzt. Darauf trinkt sie eine kräftige Eiersuppe, während der Bräutigam zur Kirche mit seinen Führern geht, und dort mit Prediger und Küster vor dem Altare singet: Wie schön leuchtet der Morgenstern etc. . Bei den letzten Versen holen zwei seiner Führer die Braut unter Musik zur Kirche; 6 Brautjungfern mit grünen Schürzen, hochrothen Bändern und schwarzen Kopfzeugen führen den Zug. - Nach der Trauung gehen alle dreimal unter Musik um die Kirche und dann zum Brauthause. Nun werden die, von der Ortsköchin, zum Theil in dem Ortskessel bereiteten, Speisen aufgetragen, Rindfleisch mit Senf, Reiß und Kümmelbrot, Fische, Rindfleisch und Pflaumen, Butter, Käse, Aepfel, Nüsse. Je sechs Mann haben eine Schüssel vor sich, die, wenn sie geleert ist, wieder gefüllt wird, und dann unter die sechs vertheilt wird, von denen jeder seinen Theil nach Hause sendet, den Reiß in ausgehöhltem Kümmelbrote (Rießkniese), selbst Aepfel und Nüsse. Der Bruder der Braut giebt den Wein und Zucker und ist Brautdiener, die Serviette am Knopfe; die Schwester deckt den Tisch und giebt das Tischtuch her. Nach dem Essen wird, wie auch an andern Orten geschieht, gesungen und dann getanzt. Punsch ist das Getränk des Nachts, nie Bier. Die heimlich sich wegschleichenden Gäste werden mit der Bahre, auf der ein Stuhl ist, wieder geholt. Des Morgens wird der Großvatertanz durch das Fenster etc. . gemacht, und um 6 Uhr ein Gericht Fische gegessen.

Dreimal des Jahres haben die Warnemünder außerdem feststehende Schmausereien, das Fastelabendbier, bei dem der Bullenvater, d. h. derjenige gewählt wird, der das Jahr über den Ortsbullen halten muß, das Gräsergeldbier, wann die Herren aus Rostock (das Gewett) der Weide wegen

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kommen, und an dem Tage, an dem des Voigts Heu eingebracht wird, ist das dritte Gelag.

Brunshaupten und Ahrensee i. Amte Neubukow feiern ein eigemhümliches Kirchfest. Vor mehreren 100 Jahren soll dort ein Gewitter über acht Tage lang gestanden und großen Schaden angerichtet haben. Am Tage Urban, dem 25. Mai, wenden sich die geängsteten Einwohner an jenen Heiligen, und sogleich zieht das Gewitter seewärts. An diesem Tage ist Kirche; es wird selbst nicht gefischt.

Bei einer Entbindung bedarf man nicht immer eines Stuhls, obgleich Stühle gesetzlich eingeführt sind; der Ehemann nimmt häufig die Kreißende auf den Schooß. Es wird ihr, um das Gefühl für Schmerz zu betäuben, Franzbranntwein in Menge gereicht, und nach der Entbindung Brotbrocken in Butter gebraten, um die Eingeweide geschmeidig zu machen. An manchen Orten bestreicht man mit den Secundinen die Brustwarzen (z. B. bei Rostock); im Amte Dargun pflegt man damit Brust und Gesicht der Mutter zu salben, ohne nachher die Feuchtigkeit abzutrocknen. Auch verbrennt man hin und wieder die Secundinen, und giebt die Asche Kranken ein. Wollen sie nach der Entbindung nicht erfolgen, so muß sich der Mann den Bart abnehmen und denselben nebst der Seife der Frau eingeben. Eine Hose, auf das Bette gelegt, schützt gegen Nachwehen. Von einem ruhigen Verhalten nach der Entbindung ist gar nicht die Rede; daher häufig kränkliche Frauen. - Zwillinge hält man gewöhnlich für ein großes Unglück. - Das Kind wird, sobald als thunlich, getauft, aus Furcht, es möchte sterben und dann als Irrlicht ewig umherhüpfen (bei Neustadt), und auch aus Sparsamkeit, weil bis zur Taufe des Nachts die Lampe brennen muß, damit die Unterirdischen (besonders bei Rostock) es nicht stehlen und einen Wechselbalg hinlegen. Drei Gevattern sind gebräuchlich, die am Tauftage bei den Eltern des Kindes speisen. Bei unehelichen Kindern Gevatter zu stehen, ist anderswo zuweilen glückbringend; zu Warnemünde aber pflegen sie dann, den Kopf mit einer Schürze verhüllt, über die Straße zu gehen. Das Kind darf bei der Taufe nicht geschüttelt werden, weil ihm die Kleidung sonst nachher nicht hält. Gewöhnliche Namen sind Johann, Jochen, Hinrich, Carl, Friederich, Niklas, Christoph, Christian, Dethlof etc. ., zu Warnemünde Jacob, contrahirt Jap, -Anna, Maria, Sophia, Catharina, Dorothea, Friederika, Margaretha, Elisabeth etc. . Häufige Vaternamen sind Möller, Schmidt, Schneider, Schuhmacher, Weber, Zimmermann, Vaigt, Jäger, Awe (Ofen), Bär, Ebert, Hahn, Hase, Roß, Voß, Wolf,

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Düwel, Engel, Radder, Wiegert, Sachse und Sasse, Wendt, Westphahl, seltener Dütschmann. - Nach 6 Wochen geht die Mutter zur Kirche in Begleitung einer oder 6 Frauen um den Altar und opfert; setzt sie sich ohne Weiteres in den Stuhl, so bezahlt sie mehr.

Die Kinder wachsen auf, indem sie Winters und Sommers draußen spielen. Kränkliche sterben wegen Mangel an Aufsicht; nur gesunde werden groß. Bei gelinder Witterung gehen sie baarfuß, oft in Hemden, und schlafen in der Sonne. Das Mädchen unterscheidet man an einer Mütze aus 3 Stücken, den Knaben an einer aus vielen Stücken, deren Keile alle am Hinterkopfe in einen Stern zusammenlaufen. Der Heidendreck (schorfähnliche Schmutz auf dem Vorkopfe) wird gewöhnlich mit Sorgfalt abgemacht. 5 bis 6 Jahre alt, gehen sie Winters in die Schule, während sie Sommers schon die Gänse zu hüten pflegen. Nach vollendetem 14. Jahre werden sie eingesegnet, wenn sie lesen können, den Katechismus wissen und mit der Bibel bekannt sind. Wenige lernen schreiben, und das meistentheils nur Knaben, rechnen noch wenigere. Die Eltern scheinen zuweilen den Töchtern das Schreiben zu verwehren, aus Furcht, sie möchten sonst Liebesbriefe schreiben.

Von einem schweren Kranken sagt man: seit drei etc. . Nächten habe ich kein Licht bei ihm ausgehabt. Eine, unter das Bette gesetzte Schüssel mit kaltem Wasser schützet gegen das Wundliegen. Phantasirt der Kranke, so legt man ihm zuweilen einen todten Pferdekopf unter das Kopfkissen; der Dunst macht ihn sofort ruhig. Schon vor dem Tode pflegt man das Maaß zum Sarge und Todtenhemde zu nehmen. Stirbt er, so wird er sogleich aus dem Bette genommen, gewaschen und angekleidet, ehe er erstarrt. Den Tod sucht man ihm zuweilen durch Wegnahme des Kopfkissens zu erleichtern, besonders deshalb, weil man fürchtet, es möchten einzelne Federn darin sein, die den Tod erschweren. Dann werden die Glocken geläutet (Scheidelklocken). Bei der Beerdigung am dritten etc. . Tage wird das ganze Dorf, bei armen Verstorbenen um Gottes willen, gebeten, und jedes Haus ist gehalten, einen Folger zu senden. Im Sterbehause der Wohlhabenden wird zuvor Branntwein und Semmel (Stuten) gereicht; zuweilen wird auch nach der Beerdigung den Freunden ein tüchtiges, aber stilles Gastmahl gegeben; das nennen sie scherzweise: dei Hut vertären - die Haut verzehren. - Am Tage der Beerdigung gehen des Morgens zwei Männer hin, das Grab zu bereiten, wobei sie zweimal läuten. Kommt der Leichenzug um Mittag auf die Feldscheide des Kirchdorfs, so beginnen wieder

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die Glocken, bis derselbe den Kirchhof erreicht. Hier wird der Sarg auf die Bahre gesetzet, ein stilles V. U. gebetet und ein Gesang gesungen. Dann wird die Leiche von verheiratheten oder unverheiratheten Männern, je nachdem der Todte es war, unter Glocken und Gesang einmal um die Kirche getragen, damit er nicht wieder komme. Prediger und Küster gehen vor der Leiche her, die Männer folgen, und hinterher die Frauen, Verwandte zuerst. Zuweilen wird die Leiche in die Kirche gebracht, und eine Rede vom Altar (Sermon, Abdankung) oder von der Kanzel (Leichenpredigt) gehalten. Nach dem Zuwerfen des Grabes (Kuhle) wird wieder still gebetet, worauf Alle weggehen. - Sorgfältig hütet man sich, dem Todten etwas von fremdem Zeuge mit in den Sarg zu geben, aus Furcht, er möchte den, dem es gehört, nachholen. Auch darf ihm kein Zipfel der Bekleidung in den Mund fallen, weil sonst die Seinigen bald folgen; ein Rasenstück pflegt ihm deshalb zur Befestigung des Gewandes auf der nackten Brust zu liegen. Auf die Bahre darf Niemand aus eben dem Grunde sich setzen. Im Sterbehause (bei Dargun) wird gemeiniglich von dem Standorte der Leiche bis zur Thüre nach der Entfernung derselben Asche gestreuet. Zu Warnemünde wird die Leiche die Nacht vor der Beerdigung auf die wohl erleuchtete Diele gestellt, und die Verwandten sitzen als Wache (Wak) in der Stube, suchen die Gesänge zur Beerdigung auf und schmauchen; die jungen Leute machen dann auf der Straße allerlei Kurzweil. Die Todtenfrau ruft dort, die Straßen durchlaufend, die Folger in der Stunde der Beerdigung mit lauter Stimme zusammen.

Der Meklenburger ist zu mechanischen Arbeiten sehr aufgelegt, ja es ist fast kein Dorf, in dem nicht mehrere sich finden, die ohne weiteren Unterricht Haus= und Ackergeräthe zu machen verstehen, selbst zuweilen Gefäße mit länglich=rundem Boden. Der Schulze zu Ziegendorf bei Grabow verfertigt gute Tischuhren. Der Statthalter Buller, der erst zu Hof Grabow, dann zu Brusow und endlich zu Kl. Bölkow wohnte, hatte ohne alle Anleitung sich eine Drehorgel gemacht und ein Fortepiano fast vollendet, als er starb. Ein junger Mensch zu Heiligenhagen spielt auf einer selbstgemachten Flöte zum Tanze. Ein Pferdehirte zu Rittermannshagen schnitzte Hunde, Pferde etc. ., selbst Menschenköpfe ganz leidlich aus Holz. Daß besonders Musiksinn reichlich vorhanden sei, sieht man an den gewöhnlichen Spielleuten, die gemeinhin ohne Beihülfe die Violine erlernen, selbst zuweilen das Klarinet, und jede vorgesungene Melodie ungesäumt nachspielen. Bei den Hirten

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hin und wieder um Dargun findet sich auch eine Art Schalmei, etwa 4 Fuß lang, unten sehr weit, von Tannenholze gemacht, mit Pechdraht umwunden, und stets feucht gehalten. Der Ton gleicht dem eines Serpent. Dort gießt mancher Bauer sich die Rockknöpfe aus Blei mit dem Bilde eines Pferdes.

Das Gedächtniß ist bei den meisten sehr stark; es giebt Beispiele, daß ein Bauer eine ganze Predigt herbeten kann, die er so eben hörte. Das Combinations=Vermögen, und mithin Witz und Laune, die freilich zuweilen ins Schmutzige zu streifen liebt, scheint ungleich stärker als Scharfsinn. - Der Kalender ist ihnen das non plus ultra geistiger Arbeiten; daher Kalender machen = im tiefen Nachdenken brüten, sich schweren, unnöthigen Sorgen ergeben. Derselbe und Katechismus, Bibel, Gesangbuch sind fast die einzigen Bücher. Fürs Erste ist noch an nichts weiter zu denken. - - - -

Alte Volkslieder scheinen zu fehlen; aber zahlreich ist die Menge von Mährchen, Sagen (Läuschen), z. B. von verwünschten Prinzessinnen etc. ., von den Hünen, welche gewaltig große und starke Leute gewesen sind, und immer das Vieh gehütet haben, bis sie am Ende ausgestorben, oder durch Verheirathung sich unter dem kleineren Geschlechte verloren haben. Sie sollen alle Kirchen im Lande (eine Sage bei Doberan), außer der zu Stäbelow, erbauet haben; wie wäre es anders möglich gewesen, meinte ein Bauer, die großen Feldsteine oben ins Gemäuer zu bringen? - Manche Fabel, worin aber nur Thiere, niemals Bäume etc. ., reden, geht rund, und noch jetzt deutet man im Scherze die Töne mancher Thiere, vielleicht aus Vorliebe für Onomatopoien.

Religiosität ist so ziemlich allgemein vorhanden. Gewöhnlicher Trost bei den größten Unglücksfällen ist: es hätte noch schlimmer werden können; Gott sei Dank! Nur der Arm ist zerbrochen etc. . Gott nennt man nie ohne das Beiwort "lieb" - leiw, ebenso auch oft Sonne, Mond, Erde, Brot. Mit großer Andacht wird der Altar zwei= bis viermal jährlich besucht, und zu dem Krankenbette beständig der Prediger gefordert. Unter den größten Schmerzen siehet man oft Menschen dem Tode mit einer erhebenden Fassung entgegen gehen, die - man nenne sie nicht Stumpfsinn - nur das Eigenthum einer hoffenden Seele sein kann, aber leider! oft den vornehmeren Standen fehlet, die nicht selten Religion nur für eine Angelegenheit des einfältigen Pöbels halten. - Redlichkeit und Treue ist Gewohnheit; nur Holzfrevel und Entwendung eßbarer Sachen (Mundraub) rechnen die Bauern nicht immer unter Diebstähle. Der das Holz aus harter Erde und das

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Obst aus hartem Holze hat wachsen lassen, sprechen sie, der ist so hart nicht; es ist für einen jeden. - Die Tugend der Versöhnlichkeit wird auch ihnen sehr schwer, und einige Gegenden überschreiten in Hinsicht der Keuschheit alle Gränzen der Zucht, besonders auf manchen Höfen, wenn das Beispiel der Vorgesetzten schlecht ist; daher denn zunehmende Armuth, öfterer Familienzwist und Mangel an Segen bei der Kinderzucht; andere freuen sich einer besseren Sitte, z. B. Warnemünde. - Ueber manche schlechte Neigungen belehren herrliche Sprichwörter, z. B. wär ümmer up sienen Kopp besteiht, dei kümt am Ennen ok up den Kopp tau stahn - wer immer auf seinen Kopf besteht, der kommt am Ende auch auf dem Kopf zu stehen.

Obgleich höchst gemüthlich und heiter, scheinen die meklenburger Bauern nicht frei von Mißtrauen zu sein, es möchte denn irgend etwas Wundersames oder Abergläubisches erzählt werden. Aus Mißtrauen behalten sie lieber ihre kleine Baarschaft bei sich, als daß sie dieselbe immer zinsbar belegen sollten. Aus Mißtrauen bleiben sie gerne bei der alten Sitte in der Arbeit und im Hause, und sagen lieber ja zu Allem, was ihnen gesagt und gerathen wird, als daß sie ihre rechte Meinung vorbringen sollten. Aus Mißtrauen gebrauchen sie selten Arznei, sondern lieber Hausmittel und Quacksalbereien, oder sterben elendiglich, indem sie sagen:

wer wol kümt in Docters Hännen,
dei kümt ok bal tom Ennen,

d. h. wer da kommt in Doctors Hände, der kommt auch bald zu Ende, und: wotau hewwen fünst dei Awtheikers das Gift in dei Awtheik? d. h. wozu haben sonst die Apotheker das Gift in der Apotheke? - Der Scharfrichter kennt auch den menschlichen Körper, meinen sie. - Die Gerechtigkeit betrachten sie als ein System von Ungerechtigkeiten, das zuweilen darauf ausgeht, einen Unschuldigen anzufallen, um Geld zu kriegen. Daher der häufige Wechsel der Advocaten bei Processen und die Sprichwörter: dörch Schaden wart man klauk; wo dei Tun am siedsten is, is am lichsten äwerstiegen; ick hört tau, wat der dei Klock slaug; dat Gericht will ok läwen, un jeder helpt sick, fo gaud hei kan - d. h. durch Schaden wird man klug; wo der Zaun am niedrigsten ist, ist am leichtsten überzusteigen; ich hörte zu, was da die Glocke schlug; das Gericht will auch leben, und jeder hilft sich, so gut er kann. Noch immer findet wegen des siebenjährigen Krieges der Preuße kein Zutrauen bei dem Bauer; daher hört man von preußischen Kniffen, preußischer Waare = schlechter Waare.

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Ein hoher Grad von Menschenkenntniß wird dem meklenb. Bauer durch dieses stete, vorsichtige Aufmerken eigen, und er dürfte im Handel etc. . den gewöhnlichen Städtern oft weit überlegen sein. Auch darf man behaupten, daß der den Bauer nie ganz kennen lernet, den derselbe zu fürchten hat. - Hat derselbe aber irgend Jemanden sein Zutrauen geschenkt, so verliert er es nicht leicht wieder. - Unerschrocken, wenn es Noth thut, fürchtet man dennoch überall das Soldatenleben, weil es dabei Körperzwang und Schläge giebt.

Allgemein ist der Aberglaube; Spuk, Zauberei und Sympathie sind ganz gewöhnliche Dinge, und obwohl viele, sorgfältig beobachtete Beispiele z. E. das Blutstillen als unnöthig darthun, so wird es doch gemeinhin nicht unterlassen, weil bei vielen Wunden das Blut rasch sich ergießt und dann von selbst steht, dies aber die Leute täuscht. Nicht anders ist es bei Brandwunden, der Rose etc. . Diese Sympathien sind alle von höchst lächerlichem Inhalte. Es ist jedoch nicht zu läugnen, daß manche Bauern im Verbinden, Reinigen der Wunde und Streichen bei Verrenkungen eine ziemliche Fertigkeit besitzen. - Ist ein Vieh krank, die Milch blau, das Bier lang, sterben die jungen Gänse etc. ., so haben es böse Leute gethan. Diese bösen Leute stehen zum Theil mit dem Teufel in Verbindung, und dann wird scharf mit Mohrenpulver etc. . geräuchert, die Hexe gestäupt, vernagelt, vergraben, gekocht etc. ., wobei manche Scharfrichter etc. . sich thätig beweisen; oder diese Leute haben es als eine Anlage mit auf die Welt gebracht, daß ihr Ansehen, Wünschen etc. . schadet, oder sich auch nachher aus Unvorsichtigkeit erworben, wenn sie z. B. beim Segensprechen in der Kirche sich umgesehen haben. Auch kann man sich und den Seinen durch Verrufen schaden und durch hundert andere Kleinigkeiten. 1669, den 11. Jun., wurde zu Gorow Anna Wilden, Hans Holstens Ehefrau, und den 23. Tieß Wilde wegen Zauberei verbrannt. 1 ) 1697, den 28. April, ist zu Haßdorf Trine Tiehlmanns, seligen Hans Schlorfen Wittwe, wegen Zauberei verbrannt. 2 ) - Feuerbesprechen, Festmachen,


1) Sage darüber. Der Jäger Erdmann zu Neuhof geht des Abends bei der Gorowschen Holzkoppel vorüber, als plötzlich ihm ein Hirsch in den Weg tritt. Er schießt auf denselben, und da steht Tieß Wilde vor ihm und ist sehr ungehalten - Grund genug, ihn als Zauberer anzuklagen, der sich durch Hülfe des Bösen, d. h. des Teufels, in ein Thier verwandeln könne. Auf der Tortur giebt er seine Schwester als Theilnehmerin etc. . an, die Anfangs Alles läugnet, aber nachher doch bekennt. Hans Holst heirathete den 24sten Julii Emmerentia Wilden wieder, und das war die Frau des verbrannten Zauberers.
2) Sage. Dieselbe hatte viel Böses gethan, z. B. das Bier in manchen Häusern so leberdick gemacht, daß man es auf einem Stocke hatte tragen können. (  ...  )
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das Gestohlene wieder schaffen durch Vernageln oder Räuchern des Fußtapfens, durch Kaffeeaufguß etc. ., dem Dieb ein Auge ausschneiden, Geldbrennen, Schatzgraben etc. . sind noch immer Gegenstände des Aberglaubens, so wie Kreuze in der Walpurgisnacht an den Thüren etc. . Geister sind entweder überirdische, z. B. wilde Jäger, Waud (Wodan?), an der Elbe Fruh Wod genannt, oder unterirdische (Unnerirschen, Dümlings, d. h. Däumlinge), die mit jenem immer Krieg führen und zum Aufziehen eines größern Geschlechts ungetaufte Säuglinge stehlen (siehe oben Entbindung etc. .), nach Einigen aber durch Waud schon fast ausgerottet sind, oder Wassergeister (Watermäum, d. h. Wassermutter), welche zuweilen in Gestalt eines Käfers (Dytiscus marginalis wird als solcher angeklagt) Kinder und Andere ins Wasser ziehen. Der wilde Jäger ist ein Mann auf einem Schimmel mit vielen bellenden Hunden an einer Kette und vielen Kutschen über und neben einander, zuweilen auch (an der Elbe) in Gestalt eines Heuschobers, von Einigen für einen alten Edelmann gehalten. Er thut denen nichts, die mitten im Wege bleiben; daher sein Zuruf an den Wanderer: midden in den Wäg! Als Spuk erscheint auch der Teufel im langen, rothen Rocke mit einem Pferde= und einem Hühnerfuße, welche beide er sorgfältig versteckt, oder mit rauher Haut, Hörnern und Schwanz und einem Kuhmaule, oder auch als Meteor (Drak - Drache). Im letzteren Falle trägt er Schätze, die er herunterwirft, wenn man ihn bittet; steht man dann aber nicht unter einem Dache, so wirft er Koth nieder. In den Volksmärchen zeigt er sich häufig dumm und leicht zu betriegen. - Auch erscheinen Verstorbene, die etwa noch einen Wunsch haben. Als Scheidegänger wandern falsche Zeugen


(  ...  ) Endlich läßt der Grundherr zu Neuhof sie holen. Die Häscher und mit ihnen der Inspector (Wirthschafter) versprechen unterweges ihr die Freiheit, wenn sie sich zu einem Kunststücke verstände, z. B. zwei Pflüger mit den Ochsen festbannete. Sie macht ihre Sache, und ein Pflüger sitzt fest. Auf die Frage, warum der andere nicht auch festgemacht sei, erwidert sie, derselbe habe am Pfluge einen Pflock von Kreuzdorn. Der Beweis ist gegeben; sie wird eingesetzt und gepeinigt, worauf sie denn ihren Umgang mit dem Satan bekennt. Auf dem Fußsteige von Haßdorf nach Neuhof wird ein Pfahl eingerammt, der in neuerer Zeit noch unter dem Namen Smokpahl (Schmauchpfahl) dastand, um den Pfahl ein Faden vierfüßiges Kluftholz gelegt, und die Frau mit einer Holzkette daran gebunden. Das ganze Feld, alle Ellern im Bruche sind voll von Zuschauern aus Rostock, Wismar, Bützow etc. . gewesen. Vor dem Anketten zieht sie ihren rothen Rock aus, und bittet, denselben ihrer Enkelin aufzubewahren; man verspricht es ihr. Beim Anzünden hat sie guten Muth und singt den Gesang: Ach Gott und Herr, wie groß  etc. . Endlich aber verläßt der Böse sie, indem er in Gestalt eines schwarzen Vogels aus den Schuhspitzen auszieht. Da hat sie denn ganz erbärmlich geschrieen und an der Kette gezerrt, bis der Rauch ihr aus dem Halse gekommen ist. Den Rock hat man nachher auch weislich verbrannt.
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einer Gränze mit schrecklichem Weherufen. Fast kein Landweg ist, auf dem es nicht irgendwo spuken soll, und mit bedeutungsvollem Lächeln nennt der Bauer gewöhnlich irgend einen Edelmann oder Amtmann, der gegen die Unterthanen ungerecht und grausam verfahren sei und jetzt keine Ruhe finde -ein Beweis, wie sehr diese Leute vor der Einführung einer bessern Justiz gedrückt sind. Gespenster werden von den Bannern in Säcken gewöhnlich in ein Ellernbruch als den geheimen Aufenthalt der Kröten und anderer Wunder getragen, worauf auch ein Sprichwort hindeuten mag: er ist beim lieben Gott im Ellernbruch (hei is bi'n leiwen Gott in't Ellernbrauk) d. h. er ist gestorben. Auch glaubt man an Doppelgänger, Gedanken genannt. Die Pferde verrathen sogleich die Nähe eines Geistes, auch die Hunde durch Bellen und Heulen etc. .

Im Mai stellt man nicht gerne eine Hochzeit an. Perlen im Schmucke der Braut sind dem Bauer gleichgültig; aber manchem im höheren Stande deuten sie auf künftige Thränen. - In den Zwölfen nach Weihnachten darf man nicht waschen, weil sonst Jemand im Haufe stirbt. In Johannisnacht darf kein Zeug draußen liegen, weil der böse Krebs (Gryllus gryllotalpa) stch darauf setzt. Die Zeichen des Thierkreises im Kalender bestimmen vielfältig das Geschäft des Tages. Junge Gänse werden durch ein Beinkleid gesteckt; dann holt die Krähe sie nicht. Eine Doppeleiche ist von geheimer Kraft, nicht minder eine hohle, in die man hauchen muß. Der Storch, die Schwalbe, die Eule werden gemeinhin als heilig verschont. Der Kukuk, der im Winter Sperber ist, kündigt des Lebens Länge an nach scherzender Sage, der Brustknochen der Gänse die Witterung des nahen Winters, Doppeläpfel Zwillinge der sie essenden Personen, das Heimchen, Maulwurfshaufen im Hause, Eulengeschrei den Tod, Krähenzüge nahe Kriege, flatterndes Spinnegewebe an den Stubendecken eine Hochzeit; Kröten und Katzen deuten auf Hexen; Donnerkeile (Belemniten) kommen mit dem Blitze und schützen gegen denselben. Ueberall sieht man Wunder, überall glaubt man die Nähe der unsichtbaren Welt zu gewahren.

Neben dem Hochdeutschen findet sich auch in Meklenburg das Platte. Ersteres wird fast allgemein in den höheren Ständen gesprochen, wiewohl man auch da hin und wieder das Platte wie einen lieben, bequemen Hausrock nach den Geschäften des Tages im stillen, häuslichen Kreise vorzieht. Reine Betonung, reine Aussprache aller Buchstaben sind die bemerkenswerthen Vorzüge des Hochdeutschen in Meklenburg. Nirgends wird b mit p, d mit t, g mit ch oder k verwechselt,

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nirgends ein Vocal unnöthig und ärgerlich gedehnt; selbst das ei wird, befonders im östlichen Meklenburg, von dem ai deutlich genug unterschieden - eine glückliche Folge der Verbindung mit dem Platten.- Wie aber jede Sache ihre Schattenseite hat, so dürfte auch hier zu tadeln sein, daß man ziemlich allgemein pf wie f spricht, dem z nicht die gehörige Schärfe giebt, und das i nicht gespitzt genug, sondern mehr in ie hinüber tönen läßt. Letzteres erkennt man besonders beim Aussprechen des Französischen z. B. la fille etc. .

Als Eigenthümlichkeit einzelner Gegenden verdient es einer Erwähnung, daß man im Strelitzschen und an der Gränze von Neu=Vorpommern beim Hochdeutschreden j und g häufig verwechselt, im Strelitzschen und an der Elbe öfters scht und schp für st, sp, z. B. Schtein für Stein hören läßt, und in der Umgegend Schwerins das e und a vor rz nicht scheidet, z. B. Herz wie Harz, schwarz wie schwärz spricht. Auch möchte man im Schwerinschen das j richtiger gesprochen wünschen, da es gemeinhin wie dj oder vielmehr wie das g der Italiäner vor e und i tönt. Von dem Platten verleitet, zieht endlich der Halbgebildete das a in gedehnten Sylben gerne in ao hinüber z. B. Wåter für Water, und stößt das ch in schw aus z. B. Schwein - Swein.

Die niedere Volksklasse redet immer platt, obgleich in verschiedenen Mundarten. Die südwestlichen Bewohner und die in den Städten von ganz Meklenburg sprechen das Platte ohne viele starre Doppellaute aus, z. B. de - die, een - ein, bleew - blieb, Hö - Heu, Beer - Bier, höden - hüten, möten - müssen etc. . Die übrigen Landbewohner verwenden unzählige Doppellaute z. B. dei, ein, bleiw, Heu, Beier, häuden, mäuten etc. . Verschieden von beiden Mundarten ist die in Warnemünde herrschende. Die Bewohner dieses Ortes, meistentheils Lootsen und Seeleute, ziehen alle Vocale, wenn es angeht, in e und i hinüber z. B. Werneminner, und verwenden beim Aussprechen der Wörter mehr die Lippen, während die übrigen Meklenburger mehr die Zunge gebrauchen.

Das Platte mit den vielen Doppellauten wird vorzugsweise das breite genannt. Weil fast alle Vocale irgend einen Doppellaut zu berühren scheinen, so widerstehen sie oft aller Schreibung z. B. schälen-sollen, möten - das Weglaufen hindern. Die Sprechwerkzeuge des Platten werden dadurch auf eine Weise geübt, daß ihm das Aussprechen fremder Zungen, besonders des Schwedischen und Englischen, wenig schwierig ist. - Nicht minder als die Vocale, sind auch manche Consonanten mit Mühe abzusprechen, vorzüglich das r am Ende,

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das d zwischen zwei Vocalen und das n. Weil man im Schreiben die Radical=Consonanten des Wortes im Hochdeutschen gerne beibehält, damit das Wort fürs Auge kenntlich bleibe, weil man aber dennoch der Aussprache nichts zu vergeben wünscht, so hat man viele Mühe, das d von r zu unterscheiden, z. B. in: Fädder - Feder, warren - werden. Am Ende verhallt das r fast in ä, jedoch mit einem leisen Anschlage des r z. B. Füer - Feuer, hür- höre, sprich fast wie füäh, hüäh. Das n vermischt sich meistentheils so wunderlich mit j, z. B. Länner - Länder, Hand etc. . fast wie Länjer, Hajnd, daß man es keineswegs mouillé nennen möchte und auch das j zu schreiben, wegen seiner Undeutlichkeit, nicht für gut finden dürfte. Das h wird in einigen wenigen Ortschaften (bei Goldberg) nicht hörbar z. B. dei Und ät bäten - der Hund hat gebissen.

Dies Platte ist mit dem Englischen vielleicht näher als andere platte Mundarten, die im Holsteinischen herrschende etwa ausgenommen, verwandt, wie man aus manchen Formen und Wörtern z. B. was, black, down, little, girl etc. . etc. . im Platten: ick was, Black (Dinte), duhn (nahebei), lütt, Göhr (Kind, im westlichen Meklenburg aber wie im Holsteinischen ein kleines Mädchen) wahrnimmt; es ist zum Verstehen alter Urkunden und Gedichte so geeignet, daß man oft nicht bloß einzelne Wörter, sondern ganze Sätze wieder zu finden glaubt; es ist von allen platten Mundarten am wenigsten durch fremden Einfluß geändert - Gründe, welche zu der Behauptung führen dürften, als sei diese Mundart dem Urstamme aller germanischen Sprachen am nächsten, wie auch Kinderling dasselbe überhaupt schon vom Platten vermuthet (siehe dessen gekrönte Preisschrift). Und nur hin und wieder scheint das Slavische einigem, freilich sehr geringen, Einfluß zurückgelassen zu haben, eine Vorneigung zu gewissen Tönen in der Aussprache (man vergleiche das häufig für g gebrauchte j, das oben erwähnte unreine n und r, das au, ei etc. . mit dem böhmischen g, n', r' au, ey z. B. n'ikdy, r'jpa, gak, saud, meydlo etc. . Negedlys böhm. Grammatik), und einige wenige Wörter: Pietsche- peitsche (bic c ), Dätz - Kopf, näwrig - eigennützig (newz c ily), Lootse (Lod'-Schiff), Pracher - Bettler (prach - Staub, Schmutz), Slaw-großer Mensch, Sood-Brunnen (sud), Wuhrd - Ackerwerk beim Hause (worati - ackern) u. s. w.

Zur Uebersicht der Verwandtschaft des Platten mit dem Hochdeutschen in Hinsicht einzelner Wörter mag folgende Tabelle dienen:

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das Hochdeutsche bleibt oder wird im Platten a - - - - ä, o, äu, ö

Verwandtschaft des Platten mit dem Hochdeutschen

Beispiele sind: Zahn - Tähn, halten - hollen, fahren - fäuern, Alter - Oeller, Paar - Poor, Thräne - Thran, mähen - maihen, Härchen - Hörken, Gedärme - Gedirm, Baum - Bom, glauben - glöwen, Haus - Hus, räubern - röwern, Mäuse - Müs, Flecken - Placken, Leben - Läwen, zehn - tein, mehr - mihr, Pferd - Pfierd, fremd - frömd, Heerde - Haud, Heerd - Hierd, geheißen - häten, Kleid - Kled, dein - dien, heulen - hulen, Leute - Lüd', geglichen - gläken, Milch - Melk, glich - gleik, gewinkt - wunken, immer - ümmer, spielen - spälen, die-dei, Spiel- Spil, schieben - schuwen, riechen - rüken, soll - sall, Sohn - Sähn, Wolle - Wull, Loos - Lott, Moos - Muß, Oefen - Awens, hören - hüren, Nuß - Nät, gut - gaud, Fuder - Fauder, fluchen - flöken, Uebel - Aewel, hüten - häuden, betrügen - bedreigen etc. .

Was die Consonanten betrifft, so wird b in der Mitte und am Ende eines Wortes ein w: leben - läwen, Leib - Liew; ch wird r oder ck: ich-ick, fällt weg in: Ochs, Wachs, sechs - Oß, Waß, sös etc. ., bleibt vor t: Licht etc. ., und wird zwischen 2 Vocalen verdoppelt: Leder - Lädder, oder tönt in r über: Erde - ier, verliert sich nach n und l: Kinder - Kinner, Felder-Feller; f wird gewöhnlich p: Flecken - Placken, wird einmal ch: Luft - Lucht; g bleibt, wird verdoppelt: liegen - liggen; h und j bleiben; k wird g: Rücken -

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Rüggen, bleibt übrigens; l bleibt, verliert sich in: sollst -schast oder sast; m, n und p unveränderlich; pf wird stets p: Pfund-Pund; qu wird einmal dw: queer-dweer; r bleibt häufig, wird zuweilen s: verlieren-verleisen, und verschwindet in: mir-mi etc. .; s bleibt im Anfange, wird ss: diese - disse, wird t: das - dat, wird sch: Wiese-Wisch; ss bleibt zuweilen, wird t: essen - äten, wird tz: Messer - Metz; sch bleibt zuweilen, verliert sich vor w: Schwein - Swein, verändert sich im Munde einiger Menschen in sk: Fisch - Fisk; st bleibt gewöhnlich, wird s und ß: ist - is, Mist - Meß; ß wird fast immer t: reißen - rieten; t bleibt selten, t und dt werden gewöhnlich d: rathen - radhen, Städte - Städer, t fällt weg in: nicht- nich etc. ., Alter - Oeller; v und w unverändert; z bleibt: kratzen, wird d: Zwang - Dwang, wird ss: hetzen - hissen, wird gewöhnlich t: zahm - tam etc. .

Das e kann in den meisten Fällen apostrophirt werden, auch mitunter i, ei, und ie, z. B. wat 's dor? 'n' fruh. -

Genitiv und Dativ fehlen. Ersterer wird umschrieben, z. B. den Mann sien Fruh, oder dei Rock van den Mann - beides mit sehr verschiedener Bedeutung; der Dativ wird durch den Accusativ oder durch die Präposition: för - für, ausgedrückt. Die 5 Declinationen unterschieden sich durch die Bildung der Mehrzahl. Die erste bildet die Mehrzahl durch Umlaut: dei Dochter, dei Döchter; die 2te durch ein angehängtes en oder n: Arft (Erbse), Arften; die 3te durch ein angehängtes s: Hahn, Hahns, die 4te durch ein angehängtes er: Dörp (Dorf), Dörper; die 5te durch Umlaut und ein angehängtes er: Fat (Faß), Fäter. Als anredendes Pronomen gebraucht man: du, ji, hei und sei; das hochdeutsche Sie drängt sich aber immer mehr ein. Die Verba haben kein Particip. Act., kein Fut. Conj.; dem Partic. Pass. fehlt die Vorschlagsylbe ge. Der Conjunctiv wird durch mögen etc. . umschrieben, oder auch eigens gebildet. Es giebt nur 1 Conjugation; aber 155 Verba bilden Imperf. und Partic., zuweilen auch die 2te und 3te Pers. Sing. Präs. Ind. auf eine eigene, jedoch nicht immer ganz regellose, Weise. 105 von diesen irregulairen Verben haben außer dem gewöhnlichen Imperf. Indic. noch ein zweites, das gewöhnlich durch Umlaut aus jenem gebildet wird. Dies Imperf. II. wird gebraucht, wenn ein relativer Satz mit as, dor, wenn damit verbunden ist, oder in Gedanken zurückbleibt, z. B. ick wier in Hamborg (nicht: ick was), as dei Franzos dor ankeim (nicht ankam), d. h. ich war in H., als die Franzosen dort ankamen; ick släug em (nicht: slaug), as hei dor so jäug (nicht: jaug), d. h. ich schlug ihn, als er dort so jagte etc. .

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Sehr erklärlich wird dies Imperf. II. ungleich häufiger gebraucht, als das Imperf. I.

Eine doppelte Verneinung verneint recht kräftig, z. B. nüms nich - Niemand, narens nich - nirgends etc. . Von den Präpositionen sind achter - hinter (vergl. das engl. after), mang - unter, jünt und tens - jenseit, bemerkenswerth; tens bezeichnet, daß der jenseits befindliche Gegenstand der Länge nach queer vorliege, z. B. tens dei bäk liggt dat Hus - jenseit des Baches liegt das Haus der Länge nach queer vor. -

Die Menge der Interjectionen ist zahllos; noch immer werden neue gebildet. Sie sind zum Theil Substantiva und Verba geworden, z. B. husch, haps, dei Husch, dei Haps, huschen, hapsen. Einen gleichen Ursprung haben ojehen: hei ojehet so väl (von o Jesus etc. .), bumsen, dunsen, brummen, butzen, bullern, ballern, kloppen etc. . mit ziemlich verschiedener Bedeutung. Daher die unendlich vielen Onomatopoien.

Was die Stellung der Worte betrifft, so liebt man die Voransetzung des Wortes, welches den stärksten Nachdruck hat. Das veranlaßt häufige und mannigfaltige Inversionen, welche dem Platten eine große Modulation und einen lebhaften Ausdruck geben, aber jedesmal den Sinn der Worte in etwas ändern. Fast kein Gespräch wird unter Bauern geführt, in dem nicht eine Menge Versetzungen vorkommen.

Einzelne Wörter haben im Platten einen andern Sinn als im Hochdeutschen. So bezeichnet z. B. Leidenschaft: eine Trübsal, gemein: herablassend etc. .; Wesen, Natur, Leben haben einen sehr unanständigen Nebenbegriff; Lebensart bedeutet hin und wieder Lebensbedürfnisse, und im östlichen Meklenburg wird nicht selten der Begriff von hochmüthig und großmüthig vertauscht.

Die unzähligen Apostrophirungen der schon an sich wenigsylbigen Wörter, die weiche Aussprache einzelner Buchstaben, die keine besondere Thätigkeit der Organe erfordert, und die vielen Inversionen machen es begreiflich, daß der Platte das Gedachte mit einer Schnelligkeit hervortreten läßt, wie vielleicht in keiner andern Zunge. Im langsamem Munde eines betagten Bauern scheint es freilich nicht immer diesen Charakter zu haben, wohl aber in dem rascheren Munde besonders der weiblichen Jugend. Der Reichthum an eigenthümlichen, in den übrigen deutschen Dialecten nur zum Theil in der Ableitung gefundenen, oft auch denselben ganz entfremdeten Wörtern, welche eine rechte Vorrathskammer an Terminologien für Kunst und Gewerbe genannt werden können, die tägliche Vermehrung derselben durch Onomatopoien und auf andern Wegen, die

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vielen bildlichen und sprichwörtlichen Reden, welche eine Fülle von Nebenideen hervorrufen, die ganz gewöhnlichen Inversionen der Rede, alle mit ihrer eigenen Deutung, und endlich die Einwirkung des Accents auf Quantität machen das Platte ohne Zweifel zur Poesie ganz passend, und die große Gemüthlichkeit, welche demselben innewohnt, da es im Munde eines gemüthlichen Völkchens angewachsen ist, giebt den platten Versen eine liebenswürdige Naivetät, so daß dieser Dialect, wie unter den griechischen der dorische, sich vorzüglich für Idyllen, für den Komus und für kindlich fromme Lieder eignen dürfte (vergl. Voß und Babst), weniger freilich für den ernstern Kothurn. Vom platten im Allgemeinen hat ein entschiedener Kenner germanischer Mundarten (Adelung, Lehrgebäude der deutschen Sprache, S. 74 und 79) unter andern geurtheilt: es fehlt demselben nichts als eine sorgfältige und verständige Cultur, um sie zu der reichsten, angenehmsten und blühendsten Sprache zu machen.

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VI.

Der Bauer

im Fürstenthume Ratzeburg

vom

Rector Masch zu Schönberg.


U eber die Verhältnisse der Einwohner des jetzigen Fürstenthums Ratzeburg zu den früheren Landesherren, dem Bischofe und Capitel, enthalten die Urkunden nur vereinzelte Nachweisungen. Aus diesen ergiebt sich nun zuvörderst, daß nie eine Art der Hörigkeit statt fand. ain keinem Kaufbriefe über erlangte Dörfer oder Hufen werden die Bewohner als ein erkaufter Gegenstand bezeichnet; auch läßt sich ein Grund für die persönliche Freiheit derselben aus dem bekannten Umstand ableiten, daß die Mehrzahl der ältesten Bewohner des Bisthums Einwanderer aus Gegenden waren, wo keine Hörigkeit bestand. Daher finden wir denn auch förmliche Verhandlungen, wenn die Kirche wieder Güter einziehen wollte, welche sie zum Bebauen ausgethan hatte, so 1285 in Römnitz 1 ), und wo sie verpflichtet war, Häuser und Gartenmeliorationen nach dem Taxwerth zu vergüten; wir finden, daß Dorfschaften Grundstücke als Eigenthum erkauften, so 1320 in Mahlzow 2 ); oder daß ganze Höfe zu Bauerrecht gelegt und den Bauern eingethan wurden, so Rodenberg 1379 3 ); wir treffen ein Landgericht, wo die Unter=


1) S. Masch Geschichte des Bithums Ratzeburg S. 187.
2) Ebendaselbst S. 222. Die ungedruckte Urkunde, welche die Dorfschaft selbst besitzt, siehe in der Urkunden=Sammlung in den vermischten Urkunden.
3) Ebendaselbst S. 281.
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thanen unter sich selbst das Urtheil finden 1 ); aus allen diesen Umständen, die sich leicht vermehren ließen, geht eine persönliche Freiheit unwiderleglich hervor, die übrigens auch nie angefochten ward und noch jetzt, wie die Bauern selbst es deuten, durch das Tragen eines Degens bei Vertrauungen angezeigt wird.

Unter welchem Rechtstitel nun die Bauern die von ihnen cultivirten Hufen besaßen, ist vielfältig in neueren Zeiten zur Sprache gekommen; durch eine rechtskräftig gewordene Wetzlarsche Entscheidung vom 23. Jun. 1797 steht jetzt fest, daß das bäuerliche Besitzrecht auf einem erblichen Colonat sich gründe, von einem wahren Eigenthum der Bauern also nicht die Rede sein könne. Wie die Deduction geführt ward, aus welcher diese Entscheidung herfloß, welche jetzt nur noch für die wenigen, nicht regulirten Dorfschaften von Belang ist, ist nicht bekannt. Die Richtigreit derselben zu bestätigen oder anzufechten ist hier nicht der Ort, jedoch drängt es sich auf, daß es natürlicher gewesen wäre, an ein ächt deutsches Erblehn zu denken, als an eine römische Emphyteusis, zumal da einzelne Fälle vorhanden sind, die ganz die Form des Lehnwesens an sich tragen, wie z. B. die Schlagsdorfer Kirche von einem Stücke Land auf dem Riepser Felde nur dann eine Recognition erhielt, wenn der Besitzer der Stelle sich änderte 2 ).

Die Bauerstellen erben, wie es die Constitution vom 30 Jul. 1776 bestimmte, welche alte Gewohnheit und den bisherigen Gerichtsgebrauch gemeinkündig machte, in absteigender Linie mit Ausschluß der Seitenverwandten fort und zwar so, daß vorzüglich auf den ältesten Sohn gesehen werden sollte, jedoch dem Vater die Freiheit zu lassen sei, denjenigen von seinen Söhnen zum Nachfolger im Gehöfte zu erwählen, dem er es, als einem tüchtigen Wirth, am liebsten gönnet, nur soll der Vater es der Amtsobrigreit gehörig anzeigen, und den Amtsconsens darüber erwarten. Tritt der Vater dem Sohne das Gehöft noch nicht ab, so bleibt dieser nebst seiner Frau, als Knecht und Magd, so lange der Vater lebt, bei den Eltern in Lohn und Kost, und muß sich nach des Vaters Tode mit der Mutter wegen des Altentheils, mit den Geschwistern wegen der landüblichen Abfindung vergleichen. Die Brüder bekamen gemeiniglich ein Ehrenkleid und ein Pferd und bei ihrer Verheirathung die halbe Hochzeit; die Schwestern eine Aussteuer, ein aufgemachtes Bette (ohne Bettgestelle), eine


1) S. Masch Geschichte des Bisthums Ratzeburg S. 730.
2) Ebendaselbst S. 580, Not. 8.
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Lade mit Kleidung und Leinwand, 1 Kuh, Schafe, 2 Schweine und die halbe Hochzeit, dazu 2 Anzüge und ein weißes Halstuch mit Spitzen. Die unverheiratheten Geschwister pflegten gemeiniglich gegen den gewöhnlichen Dienstlohn, der meistens in Erzeugnissen der Landwirthschaft, in Leinwand, Kleidern und einigem Gelde bestand, bei der Stelle zu bleiben. Trat der Vater aber bei seinem Leben noch die Stelle dem Sohne ab und ging aufs Altentheil, so ward dieser nach Dorfgebrauch gerichtlich regulirt, die Eltern blieben am Tische des Hauswirths, erhielten Korn und einige Obstbäume und wurden demnächst von dem Bauern begraben, ohne daß die übrigen Kinder zu den Kosten beitrugen. Der neue Besitzer gelobte mittelst Handschlages: die Stelle als ein guter Hauswirth zu bewirthschaften, der Landesherrschaft und sonsten die schuldigen Leistungen abzutragen, alle Dienste unweigerlich zu beschaffen und sich als getreuer Unterthan zu beweisen. So ward ihm denn die Stelle überlassen, damit er solche nach Landesordnung und Gebrauch nutzen und genießen möge, auch ihm verheißen, daß er und seine ehelichen Leibeserben, wenn er alle Obliegenheiten getreulich erfülle, bei dem Genuß dieser Stelle ungestört erhalten werden, solle, auch ihm aller obrigkeitlicher Schutz zugesichert und ihm über dies Alles unter des Amtes Hand und Siegel ein Hausbrief ertheilt.

Auch die unmündigen Kinder schließen des Vaters Geschwister von der Erbfolge aus; der verwittweten Mutter aber steht es frei, sich zu verheirathen und mit ihrem Manne die Stelle bis zur Mündigkeit der Erben zu bewirthschaften; dann erhält sie und der Stiefvater, der Jahrenbewohner genannt wird, ein Altentheil, konnten aber eben so wenig als die Kinder der zweiten Ehe eine Ansprache an die Stelle machen, es sei denn, daß diese von der Mutter herrührte, denn die Töchter hatten, wenn keine rechtmäßigen Söhne da waren, Erbrecht an die Stelle und soll auch da vorzüglich auf die älteste Tochter Rücksicht genommen werden. Wären aber keine rechtmäßigen Söhne und Töchter vorhanden, so kann der Hauswirth zum Besten einiger Seitenverwandten nicht darüber schalten, sondern das Gehöft fällt, im Stande worin es war, frank und frei an die Landesherrschaft zurück, welche unbeschränkt darüber verfügen, es mit einem neuen Wirthe besetzen konnte, der es beweinkaufte 1 ) und wobei auf die nächsten Verwandten des ab=


1) Eine altrethümliche Formel, wie der Weinkauf in den Aemtern Schönberg und Stove gehalten oder getrunken werden soll, hat sich erhalten. Nach ihr beginnt der Vorsprach: Ich frage, ob es wohl so ferne Tages sei, daß allhier (  ...  )
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gegangenen Wirthes Rücksicht genommen werden sollte oder die Ländereien vereinzeln und anderen Stellen und Meiereien beilegen. Hinsichtlich der Allodialerbschaft aber, wozu Vieh und Fahrniß, aller Hausrath, auch die Bretter auf dem Balken, das eingeworbene Korn und die Saat auf dem Felde gehörte, traten ganz die Bestimmungen des gemeinen Rechtes ein.

Die landesherrlichen Rechte an diesen Bauerhöfen bestanden und bestehen außer dem erwähnten Heimfall in den Regalien der Forst= und Jagdgerechtigkeit, die erstem in dem Maße, daß keine Eiche oder Buche, sie mochte auf dem Felde stehen wo sie wollte, dem Bauern gehörte; einzelne Dorfschaften, jedoch nicht alle, waren dem Fruchtzehntenzuge unterworfen, den entweder die Landesherrschaft erhob oder der zu den Einkünften des Predigers gehörte; die Naturalien, welche noch in der letzten Zeit des Bisthums und auch später geliefert wurden, als Zehntlämmer (24 ßl.), Schneidelschweine, Gänse (12 ßl.), waren schon längst zu Geld gesetzt, Flachs wird von einigen Dörfern in natura geliefert, in andern das Pfund mit 4 ßl. bezahlt, die Schafabtrift mußten mehrere Feldmarken sich gefallen lassen. Die Hauptaufkunft aber bestand aus der sich schon in den ältesten Zeiten findenden Abgabe, welche mit dem Namen Pacht (pactus) belegt ward und als Recognition der Unterthanen für die innehabenden Ländereien angesehen wurde und in einer bestimmten nicht überall gleichen sehr niedrigen Geldsumme bestand; die Pachthühner, schon längst zu Geld gesetzt (4 ßl.), wurden als Recognition für einzelne Wörden oder Koppeln angesehen. Mit diesen sind die Rauchhühner (4 ßl.) nicht zu verwechseln, welche sich bekanntlich auf die Jurisdiction und das privative dominium beziehen und die daher auch an einigen Orten dem Prediger, z. B. in Herrnburg von den sogenannten Priesterhufen entrichtet wurden. In den frühern Zeiten wurde nach dem Hufenmodus bei außerordentlichen Fällen gesteuert (Bede, precaria), und es scheint, als ob die Anordnung dieser Bede lediglich vom Willen des Bischofs abhing, wo denn auch das Capitel von seinen Unterthanen eine solche erheben konnte; die Quote war in des Bisthums letzten Zeiten ein Gulden. Jedoch die Hufeneinrichtung scheint nach der Säcularisation ganz außer Anwendung gekommen zu sein, und statt der Bede entstand unter dem Namen der Contribution


(  ...  ) ein öffentlicher Weinkauf über dies Erbe kann oder mag gehalten und bestätigt werden, und nach geschehener Bejahung erklärt er, daß er einen Weinkauf halte, verläßt dem Käufer das Erbe und trägt es ihm über, alles zu 3 Malen und wünscht 3 mal Glück und schließt mit den 3 mal wiederholten Worten: Soln Weinkauf Sol.
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eine feste Abgabe, welche auch das Gesinde ergreift. Von jedem Scheffel Aussaat Land wird 3 Schilling (Meckl.) ., vom Fuder Heu 8 Schilling (Meckl.) , für den Knecht 30 Schilling (Meckl.) , für den Halbknecht 15 Schilling (Meckl.) , für die Dirne und den Jungen 13 Schilling (Meckl.) ., und sind einige von diesen eigene Kinder des Hauswirths 18 Schilling (Meckl.) . gezahlt und für jeden Thaler 1 1/2 Schilling (Meckl.) . Zählgeld entrichtet. Andere Geldabgaben waren das Monatsgeld, welches zu der Zeit entstand, als das Fürstenthum den Herzogen von Schwerin gehörte, zum Unterhalt der Einspenniger gegeben ward und späterhin zur Reservaten=Casse kam und nicht überall gleich ist; das Frachtfuhrengeld, das 1734 statt gewisser Naturalfuhren, das Landreutergeld, welches 31. Mai 1774 mit 1 1/2 Schilling (Meckl.) . von jedem Thaler der Contribution angeordnet wurde, das Haulohn des Deputatholzes, das Glockenläutergeld bei Landestrauer. Außer diesen Geldleistungen lastete ein sehr beschwerlicher Naturalhofdienst, der nach den herrschaftlichen Meiereien geleistet ward, auf den Bauerstellen, und zwar mußte der Bauer gemeiniglich 8 Stunden lang Spann= oder Handdienste thun lassen und darin alle zur Landwirthschaft nothwendigen Arbeiten ausrichten; in einigen Ortschaften waren die nicht angesessenen Einwohner zu Garten= und andere zu Fachdiensten pflichtig, in einigen zur Probstei ehemals gehörenden Dörfern mußten sie bestimmte Pfunde Heede spinnen. Dörfer, die keinen Naturaldienst leisteten, zahlten Dienstgeld. Außer diesen Hofdiensten waren sie zu ungemessenen herrschaftlichen Diensten bei Bauten u. s. w. verpflichtet (Nebendienst, Capiteldienste), zugleich zur Anfuhr des Deputatholzes, zur Wegebesserung, zu Kirchen= und Mühlenfuhren, zur Bewachung und Transportirung der Gefangenen, zu Briefreisen, Jagdfrohnden u. s. w. Die Ländereien lagen in Communion.

Wenn nun auch die Geldabgaben verhältnißmäßig sehr geringe waren, die Bauern zur Erhaltung ihrer Wohnhäuser und zum Neubau Bau= und Pfahlholz, zur Erhaltung ihrer Ackergeräthschaften Nutz= und zum Brennen Radeholz aus den herrschaftlichen Forsten erhielten (eine Eiche und eine Buche), so ergiebt sich schon aus der Menge der angegebenen Prästationen, daß es selbst bei angestrengtem Fleiße den Bauern unmöglich sein mußte, ihre Felder, die überdies fast allgemein eine sehr ansehnliche Ausdehnung hatten, gehörig zu bebauen, daß fast der ganze Ertrag, der nur gering ausfallen konnte, von der Menge des Zugviehes, der Knechte, Mägde und Dienstjungen, die zum Hofdienst unentbehrlich waren, verzehrt ward und daß ein wohlhabender Bauernstand nie entstehen konnte. Daher machte man gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts Zuerst den Versuch, einige Dörfer zu verkoppeln. Die Com=

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munion der Ländereien ward aufgehoben, es wurden Contracte mit den Bauern auf gewisse Jahre abgeschlossen, während welcher der Naturaldienst und der Zehnten durch Geld vergütet, jedoch das Bau= und Nutzholz verabreicht ward und Heimfall und Erbfolge durch die schon früher angeführte Verordnung bestimmt wurde.

Hieraus ging nun die Regulirung oder gänzliche Ablösung der Ländereien von dem Nexus mit der Großherzogl. Kammer hervor, welche, nach den liberalsten Grundsätzen unternommen und durchgeführt, den Wohlstand der Bauern dauernd begründet und eine vollkommnere landwirthschaftliche Cultur möglich macht. Die Besitzungen zu separiren und das, was jedem zufiel, so zu legen, daß es eine zusammenhangende Fläche bildet, die Lasten, die darauf ruhen, zu ordnen und aufzuheben, sind die Zwecke der Regulirung. Nachdem die Dorfschaft vermessen worden, wird die Größe der Lasten berechnet, es wird untersucht, wie viel Land abgetreten werden kann, das entweder zu herrschaftlichen Zuschlägen oder zu Meiereien gelegt oder zu Büdnereien verkauft wird, und aus diesen Ansätzen ergiebt sich die Größe der jährlichen Abgabe, die nach Scheffel Rocken bestimmt und nach dem Preise am Martinitage in Lübeck (mit 2 schilling (Meckl.) Zähl= und Procentgeld vom Thaler für den Einnehmer) abgeführt wird. Wenn dies Geschäft auf dem Wege der gütlichen Verhandlung zu Stande gekommen, so erhält das Dorf eine Regulirungsurkunde. Durch diese wird die Stelle unwiderrufliches Eigenthum des Bauern, das Heimfallsrecht hört auf, jedoch der Vorkauf und Näherrecht wird vorbehalten, der Bauer hat allein für die Erhaltung der Gebäude zu sorgen, denn die Holzleistungen hören auf, die Vererbung kann nur an einen, welchen er willkürlich unter seinen Söhnen und Töchtern wählen kann, geschehen, übrigens bleibt es bei der constitutionsmäßigen Bestimmung wegen des Vorzugs der Söhne vor den Töchtern und der Primogenitur; die jungem Kinder werden dorfüblich aus der Stelle abgefunden, denn jede Zerstückelung ist untersagt. Die Stelle kann gültig verhypothecirt und auch verkauft werden, jedoch letzteres, wegen des vorbehaltenen Vorkaufsrechts, nicht ohne Consens des Landesherrn. Von dem Kaufgelde muß der Käufer den Zehnten (10 pCt.) und den Zahlschilling (6 1/4 pCt.) (ersterer findet sich bereits unter dem Namen Uplatelgeld zu Anfang des 16. Jahrhunderts als altherkömmlich angeführt, letzteren 1 schilling (Meckl.) von der  . als Sportel des Amtmanns traf ich zuerst 1646) erlegen. Alle Naturalleistungen, welche die Herrschaft zu fordern hat (nicht aber die, welche den Kirchen gebühren, die Anfuhr des Deputatholzes und

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die Sorge für die Wege), hören auf und die ungemessenen Nebendienste sind für jeden Vollbauer jährlich auf 8 Spanntage angesetzt. Das Holz wird von den Feldmarken weggenommen; um der Stelle aber den Holzbedarf zu sichern, wird gleich bei der Regulirung ein Theil des Ackers zu Holzkoppeln bestimmt, welche nur zu diesem Zwecke benutzt werden dürfen (Verordnung vom 27. April 1825). Hinsichtlich des Erbrechtes bestimmt die Verordnung vom 26. October 1824, daß, wenn ein Hauswirth verstirbt, ohne den Erben seiner Bauerstelle letztwillig und rechtsgültig ernannt zu haben, die Bestimmungen der römischen Erbfolge=Ordnung in Anwendung kommen. In dem Hausbriefe wird dem Besitzer, mit Bezugnahme auf die Versicherungs=Urkunde, die Bewirthschaftung der Stelle überlassen und ihm aller obrigkeitliche Schutz zugesichert, wogegen er verpflichtet ist, alle Leistungen prompt zu erfüllen und dem Amte den schuldigen Gehorsam zu erweisen.

Die Bewohner des Fürstenthums unterscheiden sich schon seit langen Jahren, ohne daß sich nachweisen ließe seit wann, in die Braunen und Bunten 1 ), Namen, die von der Kleidung hergenommen sind. Letztere richten sich im Allgemeinen nach der Tracht der niedern Stände in den benachbarten Städten; die Handwerker, die eingewanderten Tagelöhner u. s. w. gehören dazu, und sie würden, als ein fremdes Element, hier nicht einmal zu erwähnen sein, wenn nicht ganze Dorfschaften, namentlich Ziethen, Mechow und Lankow, zu ihnen gehörten. (Auffallend ist es, daß gerade diese Dörfer Tafelgüter des Domprobstes waren.) Eine noch jetzt bestehende Trennung fand seit Menschengedenken zwischen ihnen und den Braunen statt; Ehen zwischen beiden gehören im Allgemeinen zu den seltneren Fällen und führen fast immer einen Wechsel der Kleidung herbei; der Bauer selbst heirathet fast nie eine Bunte.

Die Braunen, die Eingebornen, sind ein sehr kräftiger Menschenschlag, der sich aber erst in den Zwanzigen vollkommen auszubilden pflegt, von mittlerer Größe, selten unter 5 Fuß 3 Zoll, selten über 6 Fuß groß, breitschultrig, fast nie bäuchig, von wohlgebildeten Gliedern und ansprechender Gesichtsbildung, mit dunkelblondem oder lichtbraunem Haar und blauen Augen, von frischer Gesichtsfarbe, mit schönen, weißen Zähnen. Ihre Lebensweise bietet wohl eigentlich nichts Eigenthümliches dar; daß aber der Ratzeburger viel ißt und im Ganzen gut ißt,


1) Unter den Eigennamen mehrerer Bauern kommt 1285 vor: bonde Roland.
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zumal viel Fleisch, ist bekannt genug, daher kann er denn auch sehr stark arbeiten, und in der Ernte, wo die Arbeit zum Fest wird, kommen fremde Arbeiter nie mit ihm aus; er übereilt sich nie, aber er ermüdet erst spät, und Ausdauer in jeder Hinsicht, welche wohl oft Hartnäckigkeit genannt werden kann, gehört zum Charakter des Volkes, das sich übrigens durch Treue und Rechtlichkeit und Wohltätigkeit vortheilhaft auszeichnet, fest an dem einmal Bestehenden hält und sich zum Aneignen fremder Ansichten ungern entschließen kann.

Die Wohnungen sind mehr zweckmäßig als bequem eingerichtet; sie sind allerdings bedeutend größer, als man sie gewöhnlich in Meklenburg antrifft, aber für den Bewohner selbst bleibt, da sie zugleich zur Scheure und zum Viehgebäude dienen, doch nur ein geringer Theil des Raumes übrig. Die älteren Häuser sind von Eichenholz gebaut, die Wände sind ausgeflochten und inwendig und auswärts mit Strohlehm beworfen (gekleemt). In der Mitte ist die große Dreschdiele, mit Lehm ausgeschlagen, an den Seiten derselben sind die Ställe für Pferde und Kühe; neben der großen Hauptthür, in die ein Wagen mit Korn hineinfahren kann, sind zwei Schuppen (Vorschup) für die Schafe und Schweine. Am Giebelende ist die Stube (Döns') angehängt, so daß sie drei freie Wände hat und mit der vierten am Hause steht. Die Decke besteht aus darüber gelegten Brettern. Ein großer Ofen, in dem man das Essen zu erwärmen pflegt, nimmt fast die Hälfte der Stube ein, deren Geräthe aus Bänken an den drei Seiten, einem großen eichenen Tisch, einigen selbstverfertigten Lehnstühlen, welche bei Festlichkeiten mit ledernen Kissen belegt werden, besteht. An der Wand stehen auf einer "Bort" die zinnernen Schüsseln und Kannen (die gewöhnlichen Hochzeitsgeschenke) und irdene oder weiße Teller; eine andere, mit einem Vorhang von blauer Leinwand versehen, trägt die Milch; über der Thür findet man Bibel, Gesangbuch, Postille; die hölzernen Löffel stecken an der Wand; von der Decke hängt ein hölzerner Haken mit Zähnen zum Verlängern und Verkürzen herunter, um die Lampe zu tragen. Nur wenige und kleine Kammern sind im Hause. Der Heerd ist offen und frei oder mit einem mächtigen Geländer eingefaßt, der Boden vor ihm mit Kieselsteinen gedämmt, über ihm ein mächtiger "Schwibbogen", von dem der Kesselhaken herunter hängt. Der Schornstein fehlt, der Rauch durchzieht das ganze Haus und hat alles Holz schwarzbraun gefärbt, und räuchert den Speck und die Schinken, die unter der Decke "im Wiem" hangen, vortrefflich. So die alten Häuser; die neueren haben im Ganzen denselben Typus be=

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halten, aber sie sind in allen ihren Theilen viel stattlicher geworden und bequemer eingerichtet: die Wände sind ausgemauert, die Vorschuppen weggeblieben, die Stube ist geräumig und mit Windelböden belegt, alles trägt, bei ländlicher Einfachheit, das Gepräge des Wohlstandes; und während sich früher nur noch ein schuppenähnliches Backhaus, das einige Wohnungen zum Vermiethen enthielt, in der Nähe des Hauses oder in dem mit riesigen Obstbäumen bepflanzten, fast gar nicht bestellten Garten befand, hat die verbesserte Ackercultur fast bei jeder Bauerstelle Scheuren nothwendig gemacht, denn das Haus kann nicht mehr, wie früher, das geworbene Korn fassen.

Seit den frühesten Zeiten fand im ehemaligen Bisthum eine gesonderte Administration statt; während die jetzigen Vogteien Schönberg und Stove zu den Tafelgütern des Bischofs gehörten, besaß die Capitulartafel die Vogteien Schlagsdorf und Rugensdorf. Nach der Säcularisation zerfiel das Land wieder in die Aemter Ratzeburg, Stove (späterhin zum Amte Schlagsdorf vereinigt) und Schönberg; erst seit Errichtung der Landvogtei 1814 hat diese Trennung in der Verwaltung aufgehört, welche eine Trennung unter den Einwohnern herbeiführte. Nur in seiner Vogtei ist der Ratzeburger heimisch, und wenn die Vogtei= und Kirchspielsgrenzen zusammen fielen, so ist die Trennung so groß, daß eine Heirath zwischen diesen Getrennten zu den höchsten Seltenheiten gehört und die oder der Hereingekommene nie recht heimisch wird: "He is nich mit uns' Water döft". Auch in der Kleidung findet, namentlich beim weiblichen Geschlechte, eine solche Abweichung in Einzelnheiten statt, daß man gar leicht die verschiedenen Vogteien und Kirchspiele herauskennen kann.

Die sehr kleidsame Nationaltracht der Männer, an welcher jedoch die Mode in neuerer Zeit einige Veränderungen im Schnitte hervorgebracht hat, besteht aus einer Weste, welche bis an die Hüften reicht; früher war sie länger und von eigengemachtem wollenen Zeuge oder zum Putz von blauem rothgeblümten Camelot, jetzt von andern Westenzeugen; aus einer Jacke von eigengemachtem halbwollenen Zeuge (Beierwand), fast immer braun gefärbt, mit einer Reihe Knöpfe; einer kurzen und engen schwarzen Hose aus Bratt, an den Knien mit ledernen Senkeln zugebunden (jetzt ziemlich von Pantalons verdrängt); aus weißen wollenen Strümpfen und Stiefeln, die bis über die Wade reichen, oder aus Schuhen mit Riemen, selten mit Schnallen. Um den Hals wird ein schwarzes oder buntes seidenes Tuch getragen, über dem die ausgenäheten Querder ein wenig herüber liegen; das Haar ist jetzt überall kurz ver=

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schnitten; früher trug man es länger, gescheitelt, hinter die Ohren gestrichen und durch einen Kamm von Messing gehalten. Der Hut hat einen runden niedrigen Kopf und einen mäßig großen Rand. Zur bequemern Tracht im Hause gehört eine meistens grüne Sammtmütze mit Pelz gefüttert und verbrämt und hölzerne Pantoffeln. Das sonntägliche Feierkleid, welches sich aber erst der Verheirathete zulegte, war ein schwarzer Rock mit rothem Flanelle gefüttert, ohne Kragen, mit ziemlich weiten Aermeln und großen Aufschlägen, mit Falten an der Seite und großen Taschenpatten. Er reichte bis an das Knie, war vorne gerade geschnitten und in seiner ganzen Länge mit Knopflöchern geziert, von denen nur die bis zur Hüfte offen waren; die Knöpfe waren übersponnen und groß. Der Rock hat aber jetzt eine gewöhnliche städtische Form erhalten und man steht den angegebenen nur noch bei alten Leuten, mit denen diese Form aufhören wird; die Pelzmützen sind meistens gegen Kappen von moderner Form vertauscht worden; auch wollen die altväterlichen Bauerhüte (Teulhoot) den modernistrenden Burschen nicht mehr gefallen, welche, wenigstens im Putz, nur Tuchjacken mit zwei Reihen Knöpfen tragen. Ein früherer Putz bestand in silbernen Knöpfen, welche aus den kleinen dänischen Vierschillingsstücken (Kopfvieren) gemacht wurden, an die eine "Oehse" angelöthet ward; diese Knöpfe sind ganz verschwunden, eben so wie auch ungefärbte Jacken bei den Bauern nicht mehr gefunden werden. Bei schlechtem Wetter wird ein schwarzgefärbter linnener Kittel von Oberrocksform getragen.

Die Mädchen tragen Hemdschürze und Oberhemde, über der Brust mit einer silbernen Spange, welche die Form eines Herzens hat, mit einer Krone darüber, zusammengehalten (Brüschen). Die Aermel reichen bis an den Ellenbogen, in einigen Gegenden bis zum Handgelenk, erstere sind offen, letztere aber durch einen Querder geschlossen; dann ein Mieder (Bostlief), welches hinten ziemlich hoch geht, an der Brust aber mehr ausgeschnitten ist. Früher ward dazu der geblümte Camelot und gedruckte Leinewand verwendet, jetzt entweder Cattun, besonders rother, oder Wollensammet u. dgl. Es ist aber breit eingefaßt, wozu man zum Putze seidene, mit Gold und Silber façonnirte Bänder verwendet. Dann kommt eine Jacke, meistens von Tuch, eben so wie das Leibchen verziert, von dunkelblauer oder dunkelgrüner Farbe, mit engen Aermeln, welche zugeknöpft werden, und die unten überschlägt und zugesteckt wird. Das Halstuch, zum Putz ein seidenes mit farbiger Kante und bunter Stickerei, gewöhnlich ein rothes, wird in den verschiedenen Gemeinden verschieden getragen; meistens wird es

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hinten eingesteckt, so daß der Besatz der Jacke zu sehen ist; in Schlagsdorf dagegen hängt es über die Jacke. Hier trägt man noch vor der Brust einen Brustlatz von steifer Leinewand mit Seide überzogen und oben mit Band besetzt (Bostdok, Brüschen), der sich jedoch in den meisten übrigen Gegenden nicht findet. Mehrere Röcke von brauner Farbe, wenn es eigengemachte sind, oder von blauer, wenn man Tuch anwendet, seltener von dunkelgrüner, werden übereinander getragen; alle sind unten mit Band besetzt. Früher waren sie hinten und an den Seiten in enge, steife Falten gelegt, jetzt verschwindet diese Form mehr und mehr. Weiße wollene Strümpfe und Schuhe mit hohen, spitzen Absätzen und Schnallen, meistens großen silbernen, werden stets, auch im heißen Sommer, getragen; barfuß geht niemand. Das Haar wird in einigen Gemeinden von der Stirne zurückgestrichen, in anderen gescheitelt getragen, auf dem Kopfe in einem Neste zusammengewunden und durch ein künstlich geschnitztes Stäbchen (Nestnadel) gehalten. Die Mütze (Hüll) ist in dem größten Theil des Landes eine runde (dreistückige), gemeiniglich mit Band, zum Putz mit Gold= und Silbertressen auf den Nähten besetzt, in vielen Dörfern aber und namentlich in der ganzen Schlagsdorfer Gemeinde wird eine Spundmütze getragen, welche nur aus zwei Stücken besteht, hinten wegsteht, und von ihr hängt langes rothes Band in einer Schleife herunter; mit rothem Bande wird überall die Mütze unter dem Kinn zugebunden. Die Spitze (Strich) vor ihr ist nirgends sehr breit und wird bald aufstehend, bald am Kopfe anliegend gefunden. Der Hut ist aus dünnen weidenen Spänen, zum Bande geflochten (Flechtels), zusammengenäht, nicht überall von gleicher Form, doch immer vom Kopfe abstehend, mit Cattun gefüttert, fast überall mit blauem Bande besteckt, nur in einigen Dörfern stets mit schwarzem; er gehört aber nie zum Putze. Die Schürze ist überall blau, entweder von gedruckter Leinewand oder von baumwollenem Zeuge; eine Schärpe von breitem blauen oder grünem seidenen oder Hamburger Band, vorne zu einer großen Schleife gebunden, bedeckt das Band derselben. Ein Halsband (Krallenband), bald von Glasperlen, bald von buntem Sammtband, mit einer rothen Schleife befestigt, und silberne Ohrringe vollenden den Anzug, der in jedem seinem Theile das Gepräge des Wohlstands und der Tüchtigkeit trägt und dabei höchst decent und sehr kleidsam ist.

Diese Kleidung der Unverheiratheten bleibt auch nach der Verheirathung dieselbe, nur mit dem Unterschiede, daß dabei schwarz die vorherrschende Farbe wird: statt der bunten Mütze

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wird eine schwarze getragen, statt der rothen Bänder kommen schwarze, und Tuch und Schürze ist, zumal beim Anzug in der Kirche, weiß, ersteres mit Spitzen besetzt. Bei Trauer oder bei der Communion und am Charfreitag und Bußtag erscheinen auch die Mädchen im schwarzen und weißen Anzug. - Im Winter tragen ältere Frauen in einigen Gegenden beim Ausgehen eine große schwarze Tuchkappe (Kapp), welche zugleich Hals und Schultern bedeckt, auch wohl Klapphandschuhe ohne Finger, unten dreieckig geschnitten und mit Pelzwerk besetzt, jedoch beides verschwindet mehr und mehr aus dem Gebrauche. Eine nur in der Selmsdorfer Gemeinde sich findende Eigenthümlichkeit ist, daß die nächsten weiblichen Anverwandten bei Leichenbegleitungen ein großes weißes Tuch über die Mütze gesteckt tragen.

Eigenthümlich nationale Belustigungen lassen sich nicht namhaft machen; eine sehr rauschende und, wie die Verbote sagen, durch Gesöff höchst ärgerliche Feier des Pfingstfestes, welche Pfingstgilde genannt ward, wurde 1681, 1688, 1698 und 1734 streng untersagt; das Kranzreiten, das von den Knechten um Pfingsten angestellt wird und mit Tanz endigt, ist ganz neuern Ursprungs. Fastnacht wird von dem Gesinde durch Aussetzen der Nebenarbeit und durch Schmausereien 8 Tage lang in jedem Dorfe begangen; der Weihnachtsabend durch Essen und Trinken gefeiert (Vulbuksabend). Hauptfeste sind die Hochzeiten, welche im Herbste so gestellt werden, daß die Trauung der meisten Paare an demselben Tage statt hat (lange Regh'). Die Braut erscheint dabei im festlichen Nationalanzug, schwarz mit buntem Band besetzt, mit einer Krone von Gold= und Silberlahn geschmückt, Wittwen und Gefallene mit der schwarzen Mütze, in der Hand Spitzentuch und das Brautgeschenk: das Gesangbuch mit silbernem Beschlage; der Bräutigam im Rocke, den Hut mit blankem Kranze und Strauße geziert und unter dem Arm das Zeichen des freien Mannes, einen Degen, von dem ein Tuch und rothes Band herabhangen. Trauführer, Brautjungfern (Bisittersch), Schaffner sind ernannt; der Hirte in festlichem Anzug mit einem Strauße geschmückt und mit einem Queerbeutel versehen, um Geschenke für sich zu sammeln, hat in Versen zierlichst das ganze Dorf und alle Verwandte eingeladen; nur die Unverheiratheten pflegen dem Zuge, der bis zum Kirchhofe von der Musik begleitet wird, in die Kirche zu folgen. Bis gegen Abend verweilt die Gesellschaft im Kirchdorfe (in einigen Gemeinden finden fast nie Haustrauungen statt, welche in anderen häufiger sind), dann kehrt man ins Hochzeitshaus zurück, wo aber die Thür ver=

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schlossen ist und erst geöffnet wird, nachdem das Brautpaar den alten Frauen gelobt hat, Gut zu thun, und eben so, wie die ganze Begleitung vor der Thür mit Semmel von ihnen bewillkommnet wird. Man setzt sich an die langen, schmalen Tische, die mit ungeheuren Massen herkömmlicher Gerichte, als Hühnersuppe, Milchreiß, Rindfleisch mit Pflaumen (Grapenbraad), Schwarzsauer, Kohl und Hammelfleisch, Gänse= und Schweinebraten (Kartoffeln sind als Fremdlinge ganz ausgeschlossen) besetzt sind. Die Schaffner tragen auf; die zinnerne Kanne mit Bier, das Glas mit Schnapps machen die Runde, zwischen den Gängen wird von den Alten auch wohl die kurze, mit Silber beschlagene Pfeife wieder angebrannt, dann wird getanzt, die Braut, nachdem ihr die Krone abgetanzt und sie mit der schwarzen Mütze bekleidet ist, wird von den alten Frauen zu Bette gebracht, und mehrere Tage lang (die Hochzeiten werden gewöhnlich in der Regel am Freitag gefeiert), oft bis in die andere Woche hinein, dauern diese Festlichkeiten, deren Aufwand bereits ältere Gesetze, zuletzt 1787, zu beschränken versuchten. Da, wenn es irgend thunlich ist, Tauschfreien geschlossen werden, so daß Brüder und Schwestern aus zwei Familien sich gegenseitig heirathen, so wird die Hochzeit (Köst) sehr oft in mehreren Dörfern gefeiert. Ueber die Ausrüstung derselben, so wie über das Einzelne der Feierlichkeiten dabei entscheidet der Dorfgebrauch und fest wird am Herkommen gehalten. Kein Armer verläßt ungespeiset und ungetränkt das Hochzeitshaus.

Das Angegebene gilt freilich in seinem ganzen Umfange nur von dem Bauer, jedoch ist es im Allgemeinen auch auf die Classe der eingebornen Tagelöhner anwendbar, welche dieselbe Kleidung tragen und ursprünglich aus Bauerstellen herstammen. Daher ist unter ihnen auch ein verhältnißmäßiger Wohlstand nicht selten.

Die Bauern in Ziethen, Mechow und Lankow, eben so die in der Vogtei Manhagen schließen sich in ihrer Kleidung den ihnen zunächst wohnenden Lauenburgern an; daher kann ihre Tracht hier nicht füglich näher geschildert werden, da das Fremde zu ersichtlich an ihnen hervortritt.

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VII.

Handschriften

mittelhochdeutscher Gedichte,

mitgetheilt

von

G. C. F. Lisch.


I m Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin befindet sich eine, bis jetzt unbekannte Handschrift mit zwei mittelhochdeutschen Gedichten. Der Codex ist Pergament in Quartform, jetzt 67 Blätter enthaltend, welche nach Doppelblättern in Quaternionen eingeheftet sind. Dieser Cod. enthält von fol. 1 bis 30 eine Leidensgeschichte Jesu (Passionale) und von fol. 31 bis 67 eine Paraphrase des Vater Unser von Heinrich von Krolewiz aus Meißenland (heinr. v. misen bei Grimm). Das V. U. ist vollständig, das Pass. leider nicht. Im Anfange des Cod. fehlt nämlich etwas, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Quaternio, von welcher jedoch noch ein loses beschriebenes Blatt vorhanden ist; ferner bestand die vierte der vorhandenen Lagen, mit welcher das erste Gedicht schließt, ursprünglich nur aus einer Lage von drei Doppelblättern, deren zweites das zweite Blatt (zwischen den jetzigen fol. 29 und 30) durch Ausschneiden verloren hat. - Das zweite Gedicht umfaßt 4 Quaternionen und 5 zusammengeheftete Blätter. Die erste und letzte Seite dieser Abtheilung sind nicht beschrieben. - Aus diesem Zustande der Handschrift scheint hervorzugehen, daß beide Gedichte nur wegen des gleichen Formats des Pergaments zusam=

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mengebunden sind; hiefür scheint auch die Schrift zu sprechen. Beide Gedichte sind im Anfange des 14ten Jahrh., vielleicht am Ende des 13ten Jahrh. geschrieben; die Hand beider hat Aehnlichkeit, jedoch ist die des Pass. stumpfer, als die des V. U., welche auch einen ältern, festern Charakter hat. Auf jeden Fall sind beide Gedichte zu verschiedenen Zeiten geschrieben, wenn sie auch von demselben Schreiber geschrieben sein sollten, wogegen sich jedoch noch sagen läßt, daß das Pass. eine große Menge, dem V. U. unbekannter niederdeutscher Formen hat, von denen viele gewiß dem Abschreiber zugerechnet werden müssen. Der ganze Codex ist in gespaltenen Columnen geschrieben; in jeder Columne stehen, zwischen Linien von Dinte, 34 Zeilen, welche mit Stichen im Pergament bezeichnet sind; der Anfangsbuchstabe eines jeden Verspaares ist im ganzen Codex roth durchstrichen. Die sonstigen Verzierungen des Cod. sind in beiden Gedichten verschieden: in dem ersten Gedichte beginnen die häufigen Abschnitte mit einfachen, großen gothischen Unzialen, regelmäßig in rother und grüner Farbe abwechselnd; im zweiten Gedichte beginnen die Hauptabschnitte mit grünen, in roth verzierten, großen Unzialen, die Unterabschnitte aber alle mit einfachen rothen Unzialen; außerdem sind die Ueberschriften und Nebenschriften mit rother Dinte geschrieben.


[Aufsatz]
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A. Paraphrase des Vater Unser

von

Meister Heinrich von Krolewiz

aus Meißenland.

(heinr. v. mîsen.)


D ies Gedicht ist seinem Inhalte nach bisher unbekannt; die Brüder Grimm kannten es jedoch schon längere Zeit und benutzten es aus einer Papierhandschrift in Gotha, von von welcher W. Grimm 1 ) Abschrift genommen hat; dieser hat es öfter in seiner Ausgabe des Freidank benutzt. Schon früher führte es J. Grimm, unter der Bezeichnung heinr. v. mîsen in der Grammatik an, z. B. I., 387, 413, 931, 933. Das Gedicht umfaßt 4888 Reimzeilen und ist in den gewöhnlichen mittelhochdeutschen Reimpaaren geschrieben; es hat in der Form nur die Eigenthümlichkeit, daß jeder einzelne Abschnitt mit drei Reimzeilen schließt. Der Dichter nennt sich selbst fol. 60, b, 2. heinrich von krolewiz vz missen lant und sagt fol. 31, daß vor ihm keine deutsche dichterische Erklärung des V. U. zu Stande gebracht sei und daß er seine Arbeit Weihnacht 1252 begonnen und nach drei Jahren an demselben Tage vollendet habe. - Zur Kenmniß unserer Handschrift und zur Vergleichung mit andern theile ich hier Anfang und Ende des Gedichts mit, so wie die Stellen, welche über den Dichter und die Zeit der Abfassung reden, endlich einen interessanten Abschnitt über den Magnet; diese Proben werden zugleich von der Poesie 2 ) selbst zeugen: sie gehört zwar nicht zu den


1) Der Herr Professor W. Grimm schreibt: "Die Paraphrase des Vater Unser von Heinrich v. Meisen war mir bisher nur aus einer Gothaischen Papierhandschrift, von der ich selbst Abschrift genommen, bekannt." - Zur Herausgabe dieses Gedichts ist, nach vorbereitenden Verhandlungen, gegründete Aussicht vorhanden.
2) Herr Prof. Bachmann zu Berlin schreibt über Heinrich von Meißen: "Ich finde seine Poesie zwar eben nicht schön, aber auch nicht ganz elend, und für meißnisch ist diese Probe wohl ziemlich alt".
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schönsten des Mittelalters, läßt sich aber recht gut lesen und enthält manche belehrende und erwärmende Stelle; sie läuft manchen mhd. Gedichten den Rang ab. Eine nicht geringere Wichtigkeit hat das Gedicht von der sprachlichen Seite. Die Haupteigenthümlichkeit in der Sprache besteht in dem abgekürzten Infinitiv auf-e etc. . sowohl außer dem Reim, als in demselben z. B. zů: tů, ê: verstê, sache: mache; diese Abkürzung kommt häufig vor (vgl. Grimm Gr. I, 931 u. 387), nach meiner Bemerkung aber vorherrschend nach den Hülfszeitwörtern mögen, wollen, sollen, können. Eine andere Abkürzung ist die der 2 Pers. Sing. Praes. z. B. has: las (vgl. Gr. I, 933) und hieze und spriches außer dem Reim. Auch seltnere Formen hat das Gedicht, z. B. zwirnt (Gr. III, 228), âteilich (Gr. II. 707) diu luft, der stange, der saf (Gr. II, 210); eigenthümlich endlich ist ein Schwanken in Formen, wie kurt: geburt, bekurten: geborten im Reim, dagegen kurze und bekurze außer dem Reim. -Die thüringisch=sächdische Eigenthümlichkeit des Gedichts ist in der Handschrift ziemlich getreu durchgeführt.


Diz ist daz Pater noster z v ring diute.
fol. 31,
b, 1.
G ot dv richer himel crist,
sint dv in allen steten bist
vnde doch deste minner nicht
an einer ganzen angesicht.
so ist mir von dir daz irkant,
daz dv hast in diner hant
alle creature
von lufte vnde von viure,
von wazzer vnde von erden,
da von dv hieze gewerden
alle lebendinge dincg,
vnde bist ir aller vmmerincg.
Daz weiz ich wol alsunder wan:
ich bin in diner hant betan,
vnde ist mir von dir daz irkant,
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daz mich hat din zesewe hant
al vz vnde vz gerůret an,
rechte als da ein zimmermann
ein hus al eine machet gar,
da er inne sine iar
wesen vnde wonen wil.
Endvnket dich herre nicht z v ring vil.
sus hast dv al gemeine
gezimmert mich al eine
vnde dir ein hvs bereitet;
ob dir daz nicht vorleitet
der tivuel vnde min bose gir,
so hast dv herre hie an mir
ein hus, da dv inne wonen wilt.
Da gein mir doch min herze spilt,
swe groze missetat ich han
daz ich habe hoffenlichen wan,
kan ichz verdienen vmme dich,
daz du will setzen mich
fol. 31,
b, 2.
mitten an din hertze,
da mich nimmer smertze
sint mals mer ger v ring ret.
Wirt daz vollen vůret,
so will dv herre dennoch me
an mir wnders bege:
kan ichz verdienen gegin dir,
so will du wonen ovch in mir.
Diz sin vremede sinne.
Dv bist div ware minne;
swer in der minne din enstet,
din minne in so z v ring dich gevet,
daz er in dir wonet gar
vnde div in ime ovch vur war.
Diz sin vremede sache,
dar abe man mohte mache
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g v ring te mere vnde rede lanch;
wen daz ez ist ein anevanch
der rede, der ich beginne wil:
des wil ich hie von niht z v ring vil
sagen, wende es ist gen v ring ch.
Wer ich so wis vnde also kl v ring ch,
daz ich die rede mochte
vol bringen, so siv tochte,
der ich hie beginne wil,
dennoch so hete ich wisheit vil.
Jedoch ist got also g v ring t,
swer iht in sime namen t v ring t
daz der wol vollenkvmet dar an.
Daz weiz ich wol alsunder wan;
des laze ich sus die rede stan.
   Nvtze rede ist vil irdacht;
ez ne wart aber nie z v ring divte braht
ein so kleine mere,
fol. 32,
a. 1.
daz ie so nvtze were,
so des ich beginne wil:
wen div rede solle alle zil
sin vnde alle stunde
in aller menschen munde;
wende wir horen die wisen lesen,
daz ane die rede nicht mvge genesen,
wende sie git des lihes not
vnde ist g v ring t vur der sele tot.
En truwen swa ein mere
also nutze were,
daz were ein schone z v ring versicht,
vnde swer daz gerne horte nicht,
der dvhte mich ein bose man.
Ir svlt des haben deheinen wan,
daz ichz in dvschen Sachen
so g v ring t icht wolle machen;
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spreche ich daz vnde trvge die diet,
so tete ich vbel; ez ist gewiet
von gote her vor langer stvnt,
ez sprach des waren gotes mvnt
vnde gab vns diz mere,
daz ez ein bete were
gein ime vur vnser missetat,
dar inne er bevangen hat
die rehten e vnde vnser leben:
des ich wil vrkvnde geben.

 


 

fol. 42,
a, 1.
W ir svlen ovch niht vergezzen des
der vierde stein magnes,
der daz ysen z v ring sich z v ring t
vnde so vil lvte m v ring t
die irre varen vffe den seen.
Daz svlt ir also versten:
der divtet die patriarchen;
d[i]v scrift ist so div barken;
fol. 42,
a, 2.
als wir ir niht kvnnen verste,
so vare wir irre vffe dem se.
So svle wir t v ring n, daz ist vns g v ring t,
als der mernere t v ring t,
swanne er sich verirt
vnde daz ein wider wint im wirt
vnde daz div naht ane gat
vnde er der sterne niht nehat,
er kan sich niht berichten baz:
er gvzet wazzer in ein vaz
vnde wirfe eine nalden drin
vnde wiset ir des mannes schin;
der stein daz ysen zvhet z v ring sich,
daz ist zwar harte wnderlich,
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swen er enzvcket ir den stein,
so wirt div nalde des in ein,
daz siv sich dicke vmme dret
vnde danne rehte bestet,
z v ring gegin dem leite sterne.
Sus svle wir t v ring n vil gerne;
swanne so wir irre wesen
vnde beworrenliche lesen,
so rihte wir vnser barken
z v ring gegin den patriarchen
vnde an ir wisunge;
wande ir iegliches zvnge
giht an vnser vrowen,
die wir S  len schowen
wnderlichen gerne
glich dem leitesterne,
vnde an irn svn crist,
die der wäre mittach ist.
Div zwei sten gein ein ander;
wolle wir danne rehte wander;
so svle wir da en zwisschen ge,
so nekan daz nimmer gesche,
wir negen die rechten straze
z v ring gein des himeles maze.
Svs wolle wir diz laze.

 


 

fol. 60,
b, 2.
W olt ir die rede vur g v ring t vurlan
vnde niht z v ring den bosten,
so wil ich mich des trosten,
ob ir die rede merket gar,
daz siv ist reht vnde war,
welt ir mich aber besweren
vnde die rede verkeren,
so vindet ir ie wol dar an
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daz ivch dvnket missetan,
des weiz ich eine warheit wol,
dvrch daz bite ich als ich sol,
daz ir sie keret z v ring den besten.
Wir sin hie an dem lesten.
Des mvz ich iv den nennen,
daz ir in mvget irkennen,
der dise rede hat geticht
vnde in divschen bericht:
der ist heinrich genant
von krolewiz vz missen lant.
Vnde dvrch daz m v ring z er sich
hie nennen, daz ist billich,
daz man gedenke sin da bi
swer dese rede lesende si.

 


 

fol. 65,
b, 1.
Nu seht, des engegahte ich niht,
do ich gehorte dise gesciht
vnde do mich div rede ane qvam,
wande ich sie niht wol vernam.
Des begonde ich dar vf denken,
waz man mochte schrenken
rede her in diz mere,
vnde daz siv were
z v ring sagene g v ring t den livten
vnde daz man sie divten
den tvmmen mochte baz dan e
Ich vorhte, daz in daz gesche
daz ich an mir selben vant,
daz in div rede were vnbekant,
als mir, er ich gedachte,
daz ich die rede vur brachte
z v ring divte vnde alsus tichte
vnde in divsche berichte.
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Die wisen in latine
ir kunst dar an liezen schine
vnde schriben da vone vil,
des ich nicht alles sagen wil;
in divschen wollen sie es niht t v ring n,
daz sie sich iht wolten m v ring n,
sint sie ez alle verswigen
vnde die rede liezen ligen:
so m v ring stez t v ring n doch ettewer;
ine weiz niht, vil lihte bin ich der,
fol. 65,
b, 2.
von dem got daz wolte,
daz er diz reden solte.

 


 

fol. 66,
a, 2.
H ete ich nv wol sinne scharf,
da ich niht vil von sagen darf,
da von entsagete ich doch niht vil;
dvrch daz ich wider keren wil
vnde wil ivch des berihte,
wenne ich diz mere tihte
vnde wenne ich das gedehte,
daz ich ez z v ring divte brehte.
Z v ring einen wihennachten
begonde ich dar vf trahten,
wie diz seihe mere
g v ring t z v ring sagende were,
vnde wizzet daz vurwar,
nach cristes gebvrt zwelfhundert iar
vunfzich vnde zwei dar z v ring
fol. 66,
b, 1.
do begonde ich mine sinne m v ring .
Wie ich also gedehte,
daz ich die rede vur brehte
z v ring divte in gdes eren,
dar an begonde ich keren
beide witze vnde sin
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vnde entsagete weder me noch min,
dan als mir got sante in den m v ring t;
were nv div rede g v ring t,
des solle ir gote danken;
vz minen sinnen kranken
enkonde ich nicht gereden baz.
Nu svlt ir ovch wizzen daz,
wenne div rede wart volbraht:
rehte als ir do wart gedaht
an vnsers herren gebvrt,
die tage waren do kvrt,
die nechte lanch waren,
hinnen drin iaren
brahte ich die rede z v ring diute
Diz merket g v ring ten livte,
so mvget ir wizzen svnder wan,
der iv die rede hat kvnt getan,
daz der ist also genant,
als man iv e des tet bekant.
Hie mite si div rede volant.

 


 

fol. 67,
a, 1.
Von disen selben sachen
mohte man wol machen
harte lanch ein mere
daz g v ring t z v ring sagende were;
nv ne dvrfe wir des niht,
fol. 67,
a, 2.
wande ir habet von dirre gesciht
lange rede gn v ring ch gehort;
des wolle wir lazen sus diz wort
vnde biten inneclichen
got den lobes richen,
daz er vns helfe sende
her in diz enlende,
daz wir so gewerben,
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swenne wir irsterben,
daz wir alle geliche
kvmen in gotes riche,
vnde vnser himmel vrowen
ovch m v ring en da beschowen
vnde al daz himelische her,
vnde daz wir mvzen immer mer
mit in ewicliche
leben in gotes riche.
Des half vns der himel crist,
der ein war helfer ist.
Nu leset, leset, leset, leset,
also daz ir wnschende weset,
daz vns kume der gotes trost,
daz wir alle werden irlost
von der ewiclichen not,
swenne wir gesterben tot.
Nu sprechet amen, des helf vns got.

 


[Aufsatz]
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B. Leidensgeschichte Christi.

(Passio christi.)

F ür dieses Gedicht weiß ich wegen seiner Unvollständigkeit keinen Verfasser, zumal es viele Passionale giebt. Die vorhandenen Blätter enthalten 4092Verse; das Fehlende, wenn nicht mehr als eine Quaternio verloren ist, mag ungefähr 1080 Verse betragen. Zur Beurtheilung und Vergleichung theile ich den Anfang der ersten vollständigen Quaternio der Handschrift (den zweiten des Gedichts) und den Schluß des Gedichts mit, ferner einige Stellen aus der Mitte. Ich berühre hier nur noch die Frage, ob dieses Gedicht mit der Paraphrase des V. U. denselben Verfasser habe; - selbst nach einer flüchtigen Vergleichung muß die Beantwortung verneinend ausfallen. Die Leidensgeschichte Jesu hat, von der dichterischen Seite betrachtet, einen höhern Schwung, mehr Kraft, mehr Gedrängtheit und Ringen mit der Sprache; sie hat viele Wörter, Redeweisen und Formen, welche dem rein Althochdeutschen nahe stehen, und statt der sprachlichen Verkürzungen vielmehr Verlängerungen, wie die schwäbische, durch - n - verlängerte Form der 2 Pers. Plur. (vgl. Grimm Gr. I, 932); daneben hat das Gedicht aber auch eine große Menge niederdeutscher Sprachformen, welche nicht auf Rechnung des Abschreibers allein kommen, da sie sich auch im Reime finden: die meisten kommen freilich in den Vorsylben vor. - Heinrich von Krolewiz bewegt sich dagegen mit weniger Schwung in einfacherm, verständlicherm, breiterm Gange fort, und zwar in einer Sprache, welche der heutigen hochdeutschen Sprache thüringisch=sächsischen Dialekts näher kommt. Einzelne sprachliche Abweichungen zwischen beiden, z.B. daß die pass. chr. nehein, heinr. v. mîsen aber dehein hat, sind Umstände, welche außerdem zur speciellen Vergleichung dienen können.

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fol. 2,
a, 1.
si dir des k v ring ninges ere lieb,
so henge dissen als einen dieb.
    D o diz pylatus vornam,
der ivden r v ring phes er vnder quam
vnde sprah san: ist diz der crist,
den herodes suchende ist?
Ja sprechen ir wol dri.
Do santc er in herodi.
Die ivden ihesum viengen,
z v ring iherusalen sie giengen
da sie herodem vůnden
vnde vorten cristen vor en gebunden.
Do herodes in gesach,
vil liebe im dar an gescach,
daz er in hete gesen
vnde hofte zeichen da geschen.
Er vraget in wider vnde vort;
ihesus aber nechein wort
heroden geantworte;
herodes in bekorte.
Jhesum er vorsmete,
an pellelen gewete
sante er in pylato wider;
da mite wart die viedce nider
geleget zuschen en zwein,
daz sie gehvllen wol in ein
vnde wart vers v ring net vnder in.
Die ivden ihesum vorten hin
aber wider an pylaten;
vil thure sie in baten,
daz er in rihten wolte,
als er z v ring rechte sollte.
Pylatus sprah wider sie:
weder herodes noh ich hie
an ime nicht schvlt nevinden;
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ir mvget noch gerne irwinden
vnde vemet en svs mit cmer veme,
da er smerzen noh abe geneme;
da mite lazet ine gan.
Daz wirt san nimmer getan,
sprachen sie alle gemeine.
Jhesus aner al eine
mit pylato da blieb;
die ivden hie da vz trieb.
Do ladete er ihesum vor sich:
nv ihesus berichte mich,
bist dv der ivden k v ring ninc? Er sweich,
mit deme hovbete er zer erden neich.

 


 

fol. 3,
a, 2.
D ie ivden in aber namen,
z v ring kalvarie sie qvamen
vnde z v ring gen im vz sine wat,
einen geweveten roc ane nat
vnde ovh ander sin gewant;
dar vf worfen sie z v ring hant
ir loz, wer iz behete
vnde wer iz an sich tete,
also der wissage david
an sime psalmen dar qvid
van vnseme herren ihesu criste,
den die ivden durh vnse geniste
an daz vrone cruce erh v ring ben:
mine hande sie dvrh gr v ring ben
fol 3,
b, 1.
vnde mine vůze beide;
vnde sprichet anderweide:
sie zalten min gebeine
beide groz vnde cleine
vnde marcten vnde sagen mich ane
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in mortgiriclicher mane
vnde z v ring teileten mine cleider
vnde vůrphen dar vf leider
ir loz, wie sie behielte,
daz man sie niht enspielte,
noch z v ring stucken niht enschriete;
ovch kyndete der diete
der g v ring te micheas,
de ein wissage was,
vuses herren cristus kvmft
vnde des cruces segenvmft.

 


 

fol. 27,
a,1.
V wer nechein newere,
der daz ymmer vorbere,
oh ein vng v ring ter
schulde sine můter
vnde vch vbelschal hieze,
daz er den lehen lieze,
vnde s wer dan diz tete,
der vch heschvlden hete,
in sineme hvse den hielte
vnde v sine hande vielte,
vnde lien von v intfienge,
vnde die vntruwe begienge
die wile er hieze vwer man,
daz er vch lieze schelden dan
in also getenen steten,
da er vch mochte vortreten:
sweme des nicht heiratete
vnde mich dar vmme vragete,
ich teilet im wol die werden,
daz man mit wilden perden
ime den leben neme.
Nv merkent, wie gezeme
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dese rede gote si
vnde nemet alle bilde bi.
Ir leien vnde ir phaffen,
got der vch geschaffen z v ring sinen grozen eren hat,
daz al die werlt an v stat
vnde ir da mite stellet
allez daz ir wellet
z v ring vbele vnde z v ring g v ring te,
daz merket an vwerm m v ring tc
durch waz dese ere v si vorlegen,
daz ir so hoge sint gestegen
fol. 27,
a. 2.
vher vwer sippeteile;
got geb ez v z v ring heile,
daz ir herren sint genant
vber die lvte vnde vber die lant;
der babes hat vnder sime hohe
kardenale vnde bischode;
die kvninc hat sine vorsten,
die mit vrevelichen getorsten
vffe desen ertriche leben:
wer hat desc ere v gegeben ?
went ir, daz von adele
dese ere an vch wadele
oder von angebornen werden ?
Ja sit ir also vůl erden
vnde ein wormich as
vnde irsterbet also gas
also die bittende armen,
wie lutzel sie v irbarmen.
Werent ir von engelen geboren
vnde den z v ring vorsten irkoren,
so mochtet ir vns vorwizen,
daz wir den lib svs slizen
in vwerem dienste alle tage;
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des sint wir nv in vnser clage
vil sat, noch werdent ir sater,
wer heten doch al einen vater
vnde eine mvter allentsam,
da die menscheit abe qvam,
vrowen even vnde adamen,
von der zwier lichamen
so si wir al geliche
arme vnde riche
z v ring der werlde gecomen.

 


 

fol. 30,
b, 1.
D och pruwe in dime gemerke
die almechtigen gotes sterke,
waz er al wnders hat gestift,
vnde vornim die waren scrift,
vnde pruwe, durch wilche sache
er hir die wnder al mache,
so vindestu z v ring m ende dan,
daz dvrch nicht wen dvrch den man
hat getan al sine zeichen;
so macht dw wollen reichen
in der wisheite grvnt,
da vindest dw den rehten vunt
vnde daz ware geleite,
gotes heimelicheite.
Je mer dv gote dich virres,
ie harter dv dih irres
fol. 30,
b, 2.
an siner vornvnfticheit;
wen sin gewalt ist breit
vnde ist tief vnde lanc;
iz nemah nehein gedanc
mit gedanken geroren,
noch nehein sin vol vuren
in die stat, als er ist.
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Nu kvs, ob dv wis bist,
vnde kvs daz ewige leben,
wen daz ist allen den gegeben,
die iz herzlichen geren;
vnher, swes got wil vnberen,
vnde halt, swaz er ovch halte;
getruwe gote al balte:
her vorredet dich nicht,
er weiz wol alle kvnftige geschicht;
deste baz mach er dich leiten,
will dw iz ime irbeiten.
Nu volge gote an daz zil,
daz dv gelovbes, swaz er wil
t v ring n vnde swaz er habe getan,
vnde wes des sicher ane wan
vnde habe dich des gevlitzen,
daz dw nicht worder willen
geres, dan got gebiete;
vnde den rat, den er ri[ete]
vor der werlte anegenge,
an der wite vnde an der lenge,
an der hoe vnde an der niedere,
vnde aber hin vf widere,
da er sitzet vffe,
an der smele vnde an der tvfe,
an der lenge vnde an der kvrte
vnde sine edelen gehvrte:
daz laz stan, als er daz stalte:
laz vallen, den er valte,
laz irlost, den er irloste,
werhost, den hie vorboste,
vnde getruwe gote in vollen,
so blibest dv vmbewollen.

 

Vignette
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VIII.

Miscellen und Nachträge.


1.
Zur Gründung des neuen Klosters Doberan.

I n den Jahrb. II, S. 21, flgd. ist ausgeführt, daß nach der Verwüstung des ersten Klosters Doberan zu Althof das neue Kloster im Jahre 1186 zu Doberan wieder hergestellt worden und sicher seit dem Jahre 1215 die neue Einrichtung vollendet gewesen sei. Bis zu dem Jahre 1215 existiren nur vier Urkunden über das Kloster Doberan, welche jedoch über Verfassung und Bauten nichts melden. Nicht ohne Werth sind Nachrichten über die ältesten Aebte, indem mit der Nachweisung von Aebten auch die Existenz eines Mönchsconvents, also des Klosters, erwiesen ist. - Der erste Abt des Convents zu Althof war Conrad; dieser ward wahrscheinlich bei der Verwüstung des Klosters erschlagen. Der erste Abt des neuen Klosters Doberan wird Gottfried genannt, von Kirchberg in seiner Chronik Cap. CXXI in Westph. Mon. IV, p. 765, indem er die ersten sechs Aebte aufzählt:

Dy des clostirs eppide warin,
dy nenne ich hy by synen jarin.
Der erste waz appid Conrad;
her Godefrid quam nach im drad;
Hugo hiez der dritte;
der vierde sundir mitte
nach ym hiez Eylhart;
Matheus der fünfte wart;
den sestin appid hiez man so
mit namen Segebodo.

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Der zweite Abt Gottfried kommt nun schon im J. 1210 in den Verhandlungen zwischen dem Fürsten Borwin und dem Bischofe von Lübeck über die Zehnten von der Insel Pöl 1 ) in einer Urkunde vor, welche in Schröder P. M. I. S. 513 gedruckt ist. Es ist jedoch bemerkenswerth, daß in dem Originale dieser Urkunde der Name Godefridus in eine Lücke vor seinem Titel: abbas Doberanensis, zwei Mal nachträglich mit schwärzerer Dinte, jedoch mit gleichzeitiger Schrift eingetragen ist; man kannte also zu Lübeck bei der Ausfertigung der Urkunde den Namen des Abtes wohl nicht; an dessen Richtigkeit ist aber wohl nicht zu zweifeln, da auch Kirchberg seiner als des zweiten Abtes gedenkt. Schröder nennt diesen Abt Gottfried I., um ihn von einem später vorkommenden Gottfried, welcher sicher von 1229-1241 Abt war, zu unterscheiden. Während der Zeit des Regiments dieses spätern Abtes Gottfried kommt ein alter Abt Gottfried noch einmal vor, indem im Jahre 1230 Godefridus antiquus abbas de Doberan in einer Doberaner Urkunde als Zeuge auftritt. Dieser spätere siebente Abt Gottfried ist aber derselbe zweite Abt Gottfried, indem Kirchberg sagt, daß Gottfried im Jahre 1242 zum zweiten Male resignirt habe (Kirchberg CXXV).

Die nächstfolgenden Aebte sind: der dritte, nach Kirchberg und nach einer Urkunde von 1218, Hugo; - der vierte, Eilhard, wird nur von Kirchberg genannt; - der fünfte, Mattheus, nach Urkunden 1219-1222 und nach Kirchberg CXXI: 1225; - den sechsten, Segebodo, nennt nur Kirchberg, und zwar im J. 1226 (CXXII) und später seinen Tod im J. 1229 (CXXIII); - Gottfried II., nach Urkunden sicher 1229-1241 Abt, resignirte 1242 zum zweiten Male (Kirchberg CXXV).

Die Reihefolge der ältesten Aebte von Doberan wäre demnach:

1) 1170 - 1179 Conrad I.
2) 1186 - 1210 Gottfried I. (1.)
3) - 1218 - Hugo.
4) 1218 - 1212 Eilhard.
5) 1219 - 1225 Mattheus.
6) 1226 - 1229 Segebodo I.
7) 1229 - 1242 Gottfried I. (2.)

1) 1170 - 1179 Conrad I.
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Zur Erläuterung der Althöfer Inschrift diene noch nachträglich die Bemerkung, daß die Form des zweiten L in dem Worte ILL e N OD auf dem Steine Nr. 1. auch auf dem ältern großen Siegel der Stadt Wismar, welches noch im Jahre 1311 in Gebrauch ist, in dem zweiten L des Wortes SI s ILLV M vorkommt.

G. C. F. Lisch.      


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2.
Epitaphien in der Kirche zu Doberan.

I n den Jahrb. II, S. 37 flgd. ist von den Bildern und Denkmälern in der Kirche zu Doberan die Rede. In dieser Kirche sind freilich sehr alte Denkmäler, aber die gemalten haben zu verschiedenen Zeiten eine sogenannte Renovirung erleiden müssen. Bekannt ist es, daß im vorigen Jahrhundert mancherlei in der Kirche gebauet und gemalt, d. h. renovirt ward, was sie grade nicht ziert; versteckter ist aber eine Notiz in den fürstlichen Renterei=Rechnungen vom J. 1514, aus welcher hervorgeht, daß schon damals die alten Denkmäler "renovirt" wurden; die Notiz lautet:

   1514.
"XVIII schilling (Meckl.) verantwerth er Johann Katthen zu den epitafien zu renofiren, die ghein Dobran hören, am donderstage nach oculi".

Nicht ohne Interesse ist auch folgende Notiz aus den Rechnungen des Jahres:

   1516.
"XII. mark meister peter gurtler zu den wapen zu dobran an de Kirche zu machen, des Sunnafendes na letare".

In demselben Jahre verfaßte auch Dr. Nicolaus Marschalk die bekannten metrischen Inschriften (Epitaphien).

Ebenso erhielt der Fenstermacher Hans Goldschmied um Ostern 1516 seine Bezahlung für die "Fensterlucht" (vgl. Jahrb. II, S. 38).

G. C. F. Lisch.      


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3.
Die Könige der Wenden.

D er Titel eines Königs der Wenden, Obotriten u. s. w. spukt in unserer ältesten Geschichte so unbestimmt umher, daß man ihn bald fast im Uebermaaße im Munde geführt, bald ganz verworfen hat. Einheimische Quellen aus der Wendenzeit besitzen wir nicht; man muß sich also nach unverdächtigen Zeugnissen aus den christlichen Nachbarländern umsehen. Und wirklich giebt es sichere Zeugnisse dafür, daß der Titel eines Königs meklenburgischen Fürsten des zwölften Jahrhunderts beigelegt ward. Bei dem mächtigen und ruhmreichen wendischen Fürsten Heinrich, 1105-1126, ist dies sicher der Fall gewesen. Sein Schützling und Zeitgenosse Helmold sagt nämlich I. cap. 36, §. 6:

"Super omnes hos imperavit Henricus, vocatusque est rex in omni Slavorum et Nordalbingorum provincia".

Vgl. Rudloff I, S. 90. und hiemit stimmt auch eine neu eröffnete Quelle, das von Wedekind herausgegebene Nekrologium Monasterii S. Michaelis, überein, indem dort des Fürsten Todestag, mit der Schrift vor Anfang des 13. Jahrh., eingezeichnet ist mit den Worten:

"Martius. XI kal. (sc. Aprilis). Heinricus rex Sclauorum".

Diese Quellen sind wahrlich unverdächtig und der Titel eines Königs der Slaven scheint außer allen Zweifel gesetzt zu sein. Daß auch Pribislav II. den Königstitel trug, beweiset die mittelalterliche Inschrift, welche der Herzog Heinrich der Friedfertige und sein Rath Nicolaus Marschalk 1522 in der Kapelle zu Althof fanden. Auch Arnold von Lübeck, ein kundiger Zeitgenosse, nennt ihn noch immer "regulum".

G. C. F. Lisch .     


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4.
Der Dialekt der meklenburger Wenden

war zunächst mit dem niederlausitzer und dem oberlausitzer verwandt; daher sind die Grammatiken genannter Mundarten zu gebrauchen. Mit Lexicis ist es freilich schwer;

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daher ist nichts anderes zu thun, als da der Connex von der einen Seite mittelst des Kassubischen mit dem Polnischen, von der andern Seite aber mittelst des Oberlausitzischen mit dem Böhmischen zusammenhängt, zu diesen die Zuflucht zu nehmen.

W. Hanka.      


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5.
Die letzten Wenden in Meklenburg auf der Jabelhaide.

I n den Jahrb. I, S. 6, Note 4, flgd. sind Nachrichten über die letzten Wenden beigebracht. Der Gegenstand ist von hohem Interesse und verdiente eine Erforschung an Ort und Stelle: Sitten und Sagen werden ohne Zweifel noch für eine wendische Bevölkerung sprechen. - An schriftlichen Denkmälern scheint es bisher fast ganz zu fehlen; daher werden seltene Andeutungen als Nachträge nicht unwillkommen sein.

Im Anfange des 16. Jahrhunderts war die wendische Sprache auf der Jabelheide noch nicht verschwunden. Nic. Marschalk Thurius sagt nämlich in seinem Comment. in libr. gest. Obetrit. bei Westph. Mon. II, p. 1510 (ungefähr im J. 1521):

"qui Gabellarum saltus incolunt, tam re, quam sermone adhuc Sarmathae, nihil de moribus mutavere;"

man vgl. noch N. Marschalk Th. in Annal. Herul. cap. IV, 1, in Westph. Mon. II. p. 175.

Außer diesem Ausspruche ist bis jetzt nichts weiter aufgefunden, als eine Andeutung in den Rechnungen der fürstlichen Kammer, wo es unter Ausgaben an das Hofgesinde heißt:

   "1512.
" 1/2 gulden dem Jungenn der die trome sleit der wende".

Im Jahre 1514 wird jedoch Kleidung gegeben

"dem wendt trumsleger".

Ob auf diese Weise aus dem Volksnamen der in Meklenburg oft vorkommende Eigenname Wendt entstanden sein mag?

Ueber die benachbarten Wenden in den Aemtern Danneberg und Lüchow giebt es zur Vergleichung ausführlichere Nachrichten.

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Besonders bemerkenswerth ist ein Brief des Predigers Clemens Wendel zu Hitzacker an den Baumeister Büring zu Boitzenburg vom J. 1536 aus dem Großherzogl. Archive zu Schwerin 1 ), welcher auch einen interessanten Beitrag zur Sittengeschichte giebt.

Eine gründliche Abhandlung über die Lüneburger Wenden findet sich in Spiel's Neuem vaterländischen Archiv, 1822, II, S. 217, flgd; über die Grenzen der überelbischen Wenden vgl. man v. Wersebe Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale und Unstrut etc. ., 1829, S. 248 und 252 flgd.; die topographische Eintheilung des wendischen Bezirks am linken Ufer der Niederelbe ist behandelt und mit geschichtlichen Angaben ausgestattet von Wedekind in den Noten zu einigen Geschichtschreibern des deutschen Mittelalters, II, s. 176 und 405, flgd.; über die Sitten der lüneburger Wenden finden sich neuere Beiträge in Schlegel's Kirchen= und Reformationsgeschichte von Norddeutschland, 1832, III, S. 144 und 648 flgd., nach welchen sich noch in unserm Jahrzehend Ueberreste der wendischen Sprache im Lüneburgischen erhalten haben.

G. C. F. Lisch .     


6.
Ueber die Bedeutung des Namens Schwerin

(in frühern Zeiten immer Zuerin geschrieben) ist uns folgende briefliche Mittheilung von W. Hanka in Prag geworden:

"Zuerin heißt: Thiergarten; wir nennen Schwerin noch immer mit diesem alten Laute".

W. Hanka.      


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7.
Ueber den Ritter Fr. Spedt.

(Vgl. Jahrb. I, 42.)

D ieser Mann ist so merkwürdig, daß er in der Geschichte des 16. Jahrhunderts fortan nicht ignorirt werden kann. Alles


1) Mitgetheilt in der Briefsammlung Nr. 4.
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neu Entdeckte nachträglich mitzutheilen, wäre unmöglich; doch dürfen nothwendige Daten nicht verschwiegen und Mittheilungen aus fremden Archiven nicht bei Seite gelegt werden.

Am 19. Februar 1561 nahm der Kaiser Ferdinand seinen und des Reichs lieben Getreuen Friederich Spedten sampt seiner zukünftigen ehelichen Hausfrau, ihren Kindern, Dienern, Gütern, u. s. w. in des Kaisers und des Reiches besondern Schutz und Schirm". - Am 10. Junius 1573 war er verheirathet; seine Frau hieß Elisabeth. - Fr. Spedt starb 22. Februar 1589; sein Vetter und Erbe war Hans Spedt zu Görlitz.

Außer diesen Nachrichten und dem, was Andreas Mylius in Gerdes Samml. S. 289 über seinen Charakter und Masch im freimüth. Abendbl. 1836, Nr. 935 über seine Herkunft sagt, möge hier noch das willkommen sein, was der Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel dem Vereine aus dem Herzoglich Braunschweigischen Landeshauptarchive mitgetheilt hat.

G. C. F. Lisch.      

Der Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel übergiebt dem Vereine:

          "Nachrichten über den diplomatischen Intriguanten Fr. Spedt, in welchen nicht unwichtige Beiträge zur Aufklärung einer so bedeutsamen Parthie der Geschichte des 16. Jahrh. geliefert sind. Durch die Beschreibung der vielseitigen, in die damaligen Zeitverhältnisse tief eingreifenden Thätigkeit jenes Mannes angeregt, habe ich weitere Nachforschungen darnach in dem hiesigen Herzogl. Landeshauptarchive angestellt und bin dabei zu fehr merkwürdigen Aufschlüssen gelangt, deren Mittheilung zu einer höchst wünschenswerthen weitern Ausführung vielleicht nicht unangenehm sein dürfte.

Unter den hier vorhandenen Massen von Acten, die Correspondenz zwischen dem Landgrafen Philipp von Hessen und dem Herzoge Heinrich dem Jüngern von Braunschweig=Lüneburg betreffend, findet sich ein Schreiben vom 9. Januar 1557, in welchem der Landgraf dem Herzoge schreibt:

"daß der bewußte Mann
(am Rande ist von fremder Hand bemerkt: "wird Spett gemeint")
"noch nicht bei ihm angekommen sei, wiewohl demselben das Geleit zum zweiten Male geändert worden, und

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besorge er, der Landgraf, daß jener ihm thun werde, wie hiebevor dem Herzoge".

Worauf dies zielt, ist noch nicht zu ermitteln gewesen.

In einem folgenden Briefe vom 13. desselben Monats meldet der Landgraf:

"daß der am 8. erfolgte Tod des Markgrafen Albrecht von Brandenburg die Ursache sei, weshalb Friedr. Spedt so lange ausgeblieben und bis daher nicht zu ihm gekommen".

Gleich darauf muß indessen Letzterer bei dem Landgrafen angelangt sein, denn dieser meldet schon unterm 24. Januar:

"Fr. Spedt habe ihm allerlei gesagt, was nicht über Land zu schreiben sei; wenn der Herzog es wissen wolle, möge er eine vertraute Person senden, welcher die Dinge im Vertrauen angezeigt werden sollten".

Einem Berichte des, hiernach vom Herzoge, jedoch vornämlich zur Betreibung anderer Angelegenheiten an den Landgrafen gesandten Secretairs Hans Meisen ist nun beigefügt:

"Copia desjenigen, so Fr. Spe an den Landgrafen geworben und was er vor Antwort darauf bekomen hat".

Es beginnt diese Schrift mit mehreren von Fr. Spedt vorgebrachten Rechtfertigungsgründen, unter welchen der erste wörtlich lautet:

"Wer eher komen, wan Gott mir meinen lieben gnedigen Hern (den Markgr. Albrecht) nicht genomen hette".

Der zweite betrifft eine unwichtige Privatsache. In dem dritten entschuldigt er sich damit:

"daß er des, was er der Königinn solle vermeldet haben, böslich "überdicht" werde".

In dem vierten erklärt er:

"daß er der Wolffe Handlung mit Waldeck, die er in ihrem Werth und Unwerth bleiben lasse, ebenfalls schändlich "überdicht" werde, und begehrt gegen beide Verhör und Recht".

In dem fünften beschwert er sich:

"daß der, ihm "alhie" begegenten Verstrickung halber, ihm ungütlich geschehen".

(es ist undeutlich, was hiemit gemeint sein mag; der Satz endigt damit, "daß, weil er nicht gefordert sei, ihn Niemand zu tadeln habe".)

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In dem sechsten weiset er von ihm gemachten Vorwurf:

"daß er sonst gegen den Landgrafen gedient",

mit der Erwiederung zurück:

"daß er gethan habe, wie einem ehrlichen, aufrichtigen (!) Kriegsmann gebühre, damit der Landgraf sehe, daß er demselben dienen könne und einen Herrn zu haben verdiene,

und fügt hinzu:

"auch wo nicht also mir beschehen, hette ich S. F. G., noch derselben Jungen Hern und Sonen nit die Dienst thun können, so itzund thun mag. Gottlob, das Werk wirtt den Meister beweisen".

Hiernach giebt er

"Stück und Mittel an, darin er S. F. G. dienen könne":
"Wenn nämlich sein gnädiger Herr wäre am Leben geblieben, würde er zwischen Brandenburg und Hessen ein hohes, löbliches Werk dadurch zu wege gebracht haben, daß, da Markgraf Albrecht die eine Tochter des Herzogs von Ferrara habe nehmen wollen, der Landgraf Wilhelm entweder die andere, oder des Markgrafen Joachim Tochter geheirathet hätte. Ferner würde vom Markgrafen Albrecht den Churfürsten zu Brandenburg und dem Landgrafen die Macht gegeben sein, zwischen Herzog Heinrich und ihm, dem Markgrafen, zu handeln. Uebrigens sei es noch des Letztern Absicht gewesen, wieder über die Bischöfe und Nürnberg zu ziehen, wozu ihm der reiche Herzog von Ferrara, der, wie gesagt, ihm seine eine Tochter zu geben nicht abgeneigt sich gezeigt, desgleichen der Pabst das Geld verschafft haben würden. Auch habe der Pabst die von den Markgrafen und den Bischöfen geschlossenen Verträge confirmiren wollen. Da nun aber dies Alles nicht geschehen, so wolle er, Spedt, auf folgende Weise dem Landgrafen und seinen Söhnen Glück zuwenden:
1) Sei bei dem jetzigen Papste an Geld zum Kriege, so wie an geistlichen Gütern ein Großes zu erlangen; namentlich würde derselbe dem Landgrafen die ledigen Stifter Fulda und Hersfeld

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vor andern zu guberniren verleihen. Die Mittel und Personen, wodurch dies zu erlangen sei, wisse er.

2) Wenn einer der Söhne des Landgrafen um die 6000 Cronen Dienstgeld, die ""sein gnediger lieber Herr"" von dem Könige von Frankreich gehoben, sich bewürbe, so würde er diese, nebst den sämmtlichen, vom verstorbenen Markgrafen besoldeten Officieren, ferner

3) noch eine namhaft gemachte Anzahl von Rittmeistern und Hauptleuten, und

4) einen so geschickten obersten Banniermeister, wie in Deutschland wenige seien, demselben zubringen, auch

5) Mittel und Wege anzeigen, wie ein solches Heer zu unterhalten sei.

6) Wolle der Landgraf, was ohne einige Beschwerde geschehen könne, den Handel, der dem Markgrafen ""in Reussen"" angeboten, annehmen, und dadurch 400,000 Gulden, jedoch unter der Bedingung, wider den König von Schweden zu kriegen, erlangen, so sei er, Spedt, im Stande, dem Landgrafen die Personen, durch welche dieses zu Verhandeln sei, zuzuführen.

7) Ständen dem Landgrafen für seinen Sohn, den Landgrafen Wilhelm, zwei ""wesentliche"" Heirathen vor: die eine nämlich mit Markgrafen Joachim des Churfürsten Tochter, die andere mit einer der beiden Töchter des, bedeutende Baarschaft habenden Herzogs von Ferrara; durch die erstere sei große Freundschaft, durch die zweite Geld und Freundschaft zu erlangen.

8) Könne durch eine dazu dienliche Person eine Heirath des Landgrafen Ludwig mit der einzigen Tochter des Grafen Pitsch verhandelt werden, wodurch dem Landgrafen an 18 Schlösser zugebracht werden könnten.

9) Wenn diese Mittel und Wege vorgenommen und ihm, Spedt, die Verhandlungen dabei anvertraut werden sollten, wolle er die Nassausche Sache mit einem viel Geringern vertragen.

10) Könne der Landgraf neben den Churfürsten zu Sachsen und Brandenburg die Sachen zwischen Preußen und den Liefländern leichtlich verglei=

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chen, worüber mit dem Landgrafen zu reden ihm befohlen worden".

Es folgen hiernach die von dem Landgrafen auf vorstehende Vorschläge ertheilten Antworten, worin derselbe zuvörderst mit der gegebenen Entschuldigung zufrieden zu sein erklärt, dann die Artikel 1 bis 6, so wie 9 mit angegebenen Gründen ablehnt, dagegen auf den 7ten, 8ten und 10ten näher eingeht, und zwar in der Weise, daß er Spedt beauftragt, über den 7ten Artikel mit dem Landgrafen Wilhelm selbst zu reden, in Ansehung des 8ten aber weiter nachzuforschen, ob die Sache sich wirklich so verhalte, und was in dem Falle, daß der Graf Pitsch, nach dem etwa früher erfolgenden Ableben seiner Gemahlin, sich wieder verheirathen und Kinder erzeugen sollte, dessen erste Tochter von der Erbschaft bekommen würde. In Betreff des 10ten Artikels endlich äußert der Landgraf sich dahin, daß, wenn von Seiten des Reichs keine Schritte in der Sache gethan werden sollten, und die beiden Churfürsten geneigt wären, zwei Räthe zu einer solchen Handlung zu schicken, so wolle er ein Gleiches thun.

Schließlich berichtet der Secretair Meisen noch Nachfolgendes, welches dem Landgrafen von Fr. Spedt weiter mitgetheilt worden:

"Zunächst nämlich habe der Markgraf Albrecht den jungen Herren zu Weimar zur Wiedererlangung ihrer Länder verhelfen wollen;
ferner sei vom Papste beabsichtigt, dem Markgrafen Albrecht 2000 Pferde und 20 Fähnlein Knechte zu verschaffen, womit dieser habe ""an Tirol wehren sollen, daß der König von England keine Hülfe aus Teutschland hätte hineinbekommen sollen"";
"sodann wäre der König von Frankreich bereit gewesen, dem Markgrafen etliches Kriegsvolk unter der Bedingung zu unterhalten, daß derselbe damit, auf Erfordern, binnen Monatsfrist an der Grenze Frankreichs sein wolle."

Wolfenbüttel, den 22. Dec. 1836.

Dr. Schmidt.      


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8.
Ueber die frühesten meklenburgischen Hoftheater,

(vgl. Jahrb. I., S. 99) 1 )

haben sich im Großherz. Archive zu Schwerin noch Nachrichten gefunden, welche in folgender Cabinets=Relation zusammengefaßt sind.

Nachricht wegen der Comedianten in Suerin.

"Alß diese trouppe im Decemb. 1712 congedirct ward, wurden daraus conserviret:

"l) Lamartiniere,
2) deßen Frau,
3) Lambert,
4) die Lesseville,
5) Steineck.

Eines jeden appointement war 200Rchtr., und ward von dem hochseeligsten Herren (H. Friederich Wilhelm) resolviret, daß Lamartiniere alß Sprachmeister, Lambert als Fechtmeister bey den pagen gebrauchet, die beyden Frauenzimmer aber, bis man wieder eine neue trouppe formiren köndte, conserviret werden solten".

"Lamartiniere bittet um sein und seiner Frauen restirende gage seit Neujahr 1713, dabeneben um Abfolgung seiner noch arrestirten Schriften; noch um Kleidergelder vor sich und seine Frau, wovon die Umstände dem Herrn Elvers bekant sein werden".

"Lambert bittet auch um seine restirende gage seit weynacht 1713 und dabei umb einen Reisepass nach Franckreich".

"Die Lesseville fordert auch ihre restirende gage seit weynachten 1713".

Im April 1714 baten die genannten Personen den Herzog Carl Leopold noch einmal um Zahlung ihres rückständigen Gehalts in Bittschriften, welche alle französisch abgefaßt sind. Lambert nennt sich: "commedien et maistre d'armes": die Lesseville schreibt sich Lesuille.


1) Im März 1837 ist auch Bärensprung's vollständiger Versuch einer Geschichte des Theaters in Meklenburg=Schwerin, in Commission der Stillerschen Hofbuchhandlung, 400 S., erschienen.
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Auch über das spätere Hoftheater und dessen Director, den berühmten Schönemann, haben sich noch bestimmte Nachrichten gefunden. Nach einem gerichtlichen Zeugnisse war Johann Friedrich Schönemann wirklich im J. 1704 zu Crossen geboren (vgl. Jahrb. I., S. 104), da er in dem Zeugnisse vom 5. Nov. 1756 als 52 Jahre alt angegeben wird. Nach dem Aufhören der Hofbühne im J. 1756 (vgl. Jahrb. I., S. 112) gewann Schönemann am 5. Nov. d. J. auf der Neustadt Schwerin das Bürgerrecht und von der Regierung das Privilegium als Gewürz= und Weinhändler; er erbat dies Privilegium von dem Herzoge Friederich in Veranlassung "der ausnehmenden Gnadenbezeugungen, welche er von des Herzogs hochseligem Vater empfangen" und in Folge der "gnädigen Versicherungen", welche Herzog Friederich selbst ihm öfter ertheilt habe. Er hatte sich auf der Schelfe ein Haus gebaut und sich dort ansässig gemacht, "um sich und die Seinigen durch ein bürgerliches Gewerbe zu versorgen". Das Haus hatte er noch bei Lebzeiten des Herzogs Christian Ludwig gebaut, da dieser ihm, besonders für ein demselben präsentirtes Brettspiel, Holz, Kalk und Steine zu dem Hause geschenkt hatte; den taxirten Werth der Materialien erhielt er jedoch lange nicht ausgezahlt. Nachdem auch sein Sohn im siebenjährigen Kriege häufig zu "ihm aufgetragenen gefährlichen Reiten und Kundschaften" sehr stark in Anspruch genommen war, forderte er für beides Entschädigung, da er sich in höchst bedrängten Umständen befand, vorzüglich da man ihn, 73 Jahre alt, wegen einer "übernommenen und erschlichenen Bürgschaft" um sein Haus zu bringen suche; außerdem war er durch die Kriegsverhältnisse und andere Umstände in große Verlegenheiten gerathen. Der Herzog Friederich gewährte ihm die erbetene Entschädigung.

G. C. F. Lisch.      

Ueber die ersten Schauspiele in Nord=Deutschland theilt der Herr Canzlei=Rath Thomsen zu Kopenhagen mit:

"Die Sophia von Meklenburg († 1632), Tochter des Herzogs Ulrich, Mutter von Christian IV., steht hier in gesegnetem und mit Recht hochverehrtem Andenken. Bei der Vermählung dieser Princessinn mit Friederich II. König von Dänemark (1572) wurden mehrere Schauspiele aufgeführt 1 ), die zu den


1) Vgl. Jahrbücher I. S. 84.
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litterarischen Seltenheiten gehören, aber gedruckt sind. Ich glaube, es sind die ersten dänischen; sie scheinen in Verbindung mit den meklenburgischen zu stehen 1 ). Ich werde gelegentlich eine Notiz über diese, in ihrer Art merkwürdigen Stücke geben, von denen vielleicht nur ein paar Exemplare auf uns gekommen sind".

Thomsen.      


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9.
Alte Zauberformeln.

Vgl. Jahrb. II. S. 132.

I n einem Visitations=Protocolle des Amtes Rehna vom J. 1603 heißt es bei der Kirche zu Lübsee:

"Freidagesche gehe mit böten und segnen vmb, vnd wolle sich dauon nicht abmanen lassen. Ist vorbescheiden, vnd ob sie es woll gestanden, daß sie zu dem Schörbuck vnd Vosse rath wüste mitt segnen, vnd vom Herrn Superintendenten ernstlich vnd hartt darumb gestraffet vnd dauon abzustehen ermahnet vnd bedrohet worden, So ist sie doch vest dabei geblieben, daß es eitel gute wortt weren, vnd thete keine sünde damit, sondern hülffe den leuten, hatt auch müssen die wortt, so sie gebrauchete, sagen, wie folget:

Dem leidigen Schörbuck (oder: Vosse) schal so wehe geschehen,
Wen he dem minschen sin Flesch freth,
Sine Knaken gnaget, sin blott sücht,
Alß idt der Jungfern Marien leitt ist,
Wan de minsche vf enen sonnabent die scho schmeret,
Vff enen sondach tor möhlen föhret
Vnd vff enen nachmittagk ton eiden schweret.
   "Es ist aber ihr mit ernste eingeredet, das sie angelobet hernach nicht mehr zu thun."

In einem Hexenprocesse vom J. 1630 kommt unter den Bekenntnissen vor, daß ein Mädchen gegen das Zahnweh diese Worte gebraucht habe:


1) Vgl. Jahrbücher I, S. 84.
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De hillige S. Jost
Toch äuer dat mehr
vnd wehnede so sehr.
"Jost, wat schad dy?"
""O here mine thenen dohn my we!""
"Jost, ick wil se dy segnen."
Der worme sindt negen:
de söte worm,
de grise worm,
de grawe worm,
de brune worm,
de witte worm,
de rode worm;
alle de ick nicht benömen kan,
de schal de Here Christ benömen.
Nehmet jy water in den Mundt
vnd spyet de worme vp de grundt
im Nahmen
des Vaters, Sohns vnd hilligen Geists
Amen !

Aus dem Vorkommen der Heiligen läßt sich wohl sicher schließen, daß die Zauberformeln und Zaubereien unter dem gemeinen Volke noch Ueberreste des Katholicismus aus dem Mittelalter sind. Eine nähere Beleuchtung des Besprechens möchte nicht ohne Interesse sein, obgleich eine Untersuchung dieser Art bei der verschämten Heimlichkeit der Leute ihre besondern Schwierigkeiten haben mag.

G. C. F. Lisch.      


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10.
Zur Mythologie der Zeiten, Tage und Stunden.

(Vgl. Jahrb. II., S. 132 flgd.)

E in reiches Feld für alterthümliche Forschungen bietet der Aberglaube und der Brauch dar, der an die Zeit geknüpft ist. Allem Anscheine nach ist dieses Feld bisher wenig beachtet; dennoch würde es dem Arbeiter sicher eine eben so reiche Ernte liefern, als den Herren Mussäus und Masch durch ihre Arbeiten über die volksthümlichen Sitten geworden ist; vorzüglich den Herren Geistlichen liegt die Erforschung dieser Art von

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Aberglauben nahe, der viel historischen Keim in sich hat und weiter verbreitet ist, als man glaubt. Referent bringt hier einige Beispiele bei, die ihm in einigen Tagen vor kurzem aufgestoßen sind.

In den "Twelften" kommt das Vieh nicht aus dem Stalle und es wird nicht gewaschen (vgl. Jahrb. II., S. 134), (in den Zwölften, d. h. von Weihnacht bis Heil. Drei Könige: der Zwölfte). Dieter Gebrauch findet sich noch heute in Bauerdörfern dicht bei Schwerin und auf Pachthöfen hat er noch nicht lange, vielleicht noch nicht überall, aufgehört; gewaschen wird noch in dieser Zeit von ungebildetem Leuten in den Städten nicht.

An Mariä Verkündigung (25 März) geht der Pflug zu Felde, daher heißt der Tag: plôgmarien (plôg = pflug).

An allen Marientagen dürfen die Mädchen auf dem Lande nicht nähen; die Sitte war noch seit Menschendenken gebräuchlich.

In der Johannisnacht darf die Leinwand nicht auf der Bleiche liegen (vgl. Jahrb. II., S. 134), aus Furcht, der, welcher die Leinwand trägt, möge Krebsschaden erhalten, denn an diesem Tage geht der große Krebs.

G. C. F. Lisch.      


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11.
Die Insel Lieps in der Ostsee.

E s geht bei dem Volke die Sage, daß die Insel Lieps in der Ostsee noch in jüngern Zeiten bewohnt gewesen sei, und namentlich glauben die Bewohner der Insel Poel, daß noch zu ihrer Ureltern Zeiten Bauern auf derselben gewohnt haben. Daß dieser Sage etwas Geschichtliches zum Grunde liegt, läßt sich nicht bezweifeln. Daß die Insel aber um 1600 noch zwei Hufen Landes enthalten, wie Schröder's kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar, S. 79, meldet, ist unrichtig. Das Citat aus Latomus Genealochronicon ad ann. 1266 lautet ganz anders (Westph. Mon. ined. IV. S. 237): "Es soll aber damals gemelte Insel, dem alten continuirten Bericht nach, zwo Hufen Landes in sich begriffen haben, und einen gemauerten thurm, darnach sich der seefahrende Mann richten können, darauf gestanden sein; ob nun

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wol nicht allein das Land meist verspuelet, also daß nur ein klein stück übrig, sondern auch der thurm bis aufs fundament verfallen ist, wie der augenschein gibt, so wird dennoch vom E. Raht daselbst umb des Seefahrenden Mannes willen, anstat des thurms eine backe oder tonne gehalten". Woher Latomus die Nachricht hat, daß zwei Hufen auf derselben gewesen, ist nicht angegeben. In den ältesten Stadtbüchern, welche mit den Jahren 1243 und 1272 beginnen, habe ich dieselbe nicht erwähnt gefunden. Nur in dem Rathsbuche, worin sich die ältesten Rathsverordnungen befinden, fand ich folgende Nachricht: Insula dicta Lypze ad concordiam nostrorum consulum amplius dimittitur consulibus eam annuatim sortilegiare; haec acta sunt ao. domini MCCCXXVIII. sabbato ante festum sanctae Trinitatis. Es ist möglich, daß Latomus die Angabe von zwei Hufen, als eigne Vermuthung, wie wir es wohl öfter bei alten Schriftstellern antreffen, aufgestellt hat. So viel steht aber sicher, daß ein steinerner Thurm zur Erleichterung der Schifffahrt auf der Jnsel errichtet ward, von dessen Trümmern sich noch jetzt Spuren in ausgewaschenen Mauersteinen vorfinden. Welches die Ursachen der Verspülung gewesen sein mögen, ob der 13. Nov. 1375 furchtbar wüthende Sturm (Lüb. Chronik I., Grautoff I., S. 302) oder die 1396 (ebd. S. 372) große Wasserfluth, welche in Lübeck, Rostock und Stralsund, also auch wahrscheinlich in Wismar stattfand, darüber fehlen geschichtliche Nachrichten.

Wismar.

Dr. C. C. H. Burmeister.      


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12.
Die alte wismarsche Kirche.

V on der alten wismarschen Kirche, welche im Osten der jetzigen Stadt, in dem ehemaligen Dorfe Wismar, lag, und welche Reimarus Kock, aus Wismar gebürtig, noch als eine Kapelle gekannt hat (Lüb. Chronik Grautoff I., S. 462), findet sich nur geringe Nachricht. Der Herr Rector Masch in Schönberg, den ich über dieselbe zu Rathe zog, versicherte mir, daß außer den Stellen bei Schrödcr P. M. I. 475, und S. 774, besonders aber S. 2868 (val. Lüb. Chron. a. a. O.), welche letzten beiden Nachrichten Masch nur vereinbar hält,

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nichts bekannt sei; daß die Kirche vor dem Thore und vor dem alt=wismarschen Thore lag. scheint dadurch ausgemacht. In einem Testamente, welches zu dem Jahre 1285 im Stadtbuche eingeheftet ist, heißt es: Ego Alkerus cogitans de futuris do sancto Nicholao ad structuram 2 M., minoribus fratribus 2 M., dominae nostrae 3 M., sancto Georgio 2 M., hospitali 1 M., ecclesiae in antiqua Wismaria 2 M. Noch wichtiger aber ist die Nachricht, welche ich als Note in einem alten Copialbuche der St. Nicolai=Kirche fand: Ao. dni. MCCCCLXXXI. martini ep. don wart ghewiget de olde wismersche Kerchoff van bischop Nicolaus Pentze bischop to Zwerin un des andern jares wart ghekoren bischop Conradus Loste in sine stede un makede dat stichte quit un vrig un losede alle de haue un breue wedder, de dar sine vorvare utesettet hadde; na bischop Loste wart ghekoren herr Johann Tun MCCCCC quarto, feria II ante Gregorii. Vgl. Schröder P. M. über die Bischöfe zu J. 1482 n. 1504. Es erhellt daraus, daß diese Kirche zum Sprengel des Bisthums Schwerin gehörte, und die aqua Wisimara, das Mühlenwasser bei Wismar, die Grenze der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin war. Schröder P. M., S. 430; Masch Geschichte des Bisthums Ratzeburg S. 49.

Wismar.

Dr. C. C. H. Burmeister.      


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13.
Meklenburgische Mitglieder der fruchtbringenden Gesellschaft.

I m "Etwas von Gelehrten Rostockschen Sachen", 1740, S. 713, heißt es:

"Wir wüßten außer (Wilhelm von) Lohausen und dem Prof. Tscherning niemand, der jemahls aus Mecklenburg in dem Orden sich befunden."

Aus nachstehenden Auszügen aus des bekannten und zuverlässigen Archivars Joh. Schultz Sammlungen im Großherzogl. Archive zu Schwerin ergiebt sich jedoch, daß die beiden Herzoge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II. während ihres Exils zur wallensteinschen Zeit mit

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ihren vertrautesten Dienern zu Mitgliedern dieser Gesellschaft aufgenommen wurden.

   1628.
"In diesem Jahre ist Hertzog Johann Albrecht II. mitt in der Fruchtbringenden Gesellschaft aufgezeichnet worden unter dem Titul der Vollkommene, dessen devise der achtzeilige weitzen in Aehren, und wie sein damaliger mignon Otto von Preen auch mitt darin auffgenommen, ist ihm der Nahme der Verborgene, die Eberwurtzel, in trüben wetter. Diesen ist auch zugefüget worden des Hertzogen Leibmedicus Angelo di Sala, ein Italiano von Gebuhrt, unter dem Titul der Lindernde, Camillenblüet das Wapen, die Schmerzen".

   1629.
"Wilhelm von Calchum sonst genand Lohausen war ein membrum der Fruchtbringenden Geselschafft in Teutschland, welcher sonst genand der Fest im Stande, unter dem Brasilienholtz, gratuliret Hertzog Adolph Friedrichen 1 ), daß Er sich auch mitt in der geselschafft einzeichnen lassen, hatt ihm sein ausgegebenes Büchlein zugesand, wogegen der Hertzog sich insonderheit bedanket 1 ), (22 Decbr. 1629) und bey hoffenden besseren Zeiten ferne fürstliche Gnade ihm versprochen. Der Nahme, so dem Herzoge beygeleget, ist gewesen: der Herrliche in Tugenden, mit dem Zeichen Betonienkraut: und da der Herzog Moritz von der Marvitz den ältern, als seinen Hoffmarechall, so trew und fest bey ihm in seinem exilio ausgehalten, seer aestimiret, als ist der auch mitt zum Glied auffgenommen worden unter den Nahmen der wiederbringende Natürliche Wärme unter dem Zeichen der Lavendul. Es ist auch im selbigen Jahr Dr. Johann Cothmann, als Hertzoag Johann Alberti Cancellarius, mitt auffgezeichnet, mit


1) Beide Schreiben sind auch noch im Großherzogl. Archive aufgefunden und in der Briefsammlung Nr. 5. und 6. mitgetheilt. Das Schreiben des Herzogs ist besonders erfreulich. Außer daß dieser Fürst in seiner mißlichen Lage eine freudige Zuversicht ausspricht und selbst in den Ehrennamen der Mitglieder der Gesellschaft mit wissenschaftlichem Sinne Trost sucht, ist sein Schreiben besonders sorgfältig stylisirt, wofür schon die vielen Correcturen des Conceptes zeugen.
1) Beide Schreiben sind auch noch im Großherzogl. Archive aufgefunden und in der Briefsammlung Nr. 5. und 6. mitgetheilt. Das Schreiben des Herzogs ist besonders erfreulich. Außer daß dieser Fürst in seiner mißlichen Lage eine freudige Zuversicht ausspricht und selbst in den Ehrennamen der Mitglieder der Gesellschaft mit wissenschaftlichem Sinne Trost sucht, ist sein Schreiben besonders sorgfältig stylisirt, wofür schon die vielen Correcturen des Conceptes zeugen.
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dem Nahmen der Beharliche in Hitze und Kälte und ist ihm Wintergrün zum Zeichen zugeeignet".

G. C. F. Lisch.      


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14.
Zur Geschichte des meklenburgischen Lehnrechts.

D er Professor Kämmerer zu Rostock hat in seinen Beiträgen zum gemeinen und meklenburgischen Lehnrecht in den Beilagen zu den wöchentl. Rost. Nachr. und Anzeigen vom J. 1836, vorzüglich durch Mittheilung von Correspondenzen aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive unterstützt, die Geschichte der vielbesprochenen meklenburgischen Lehnrechts=Projecte, namentlich des Husanschen Entwurfs, endlich ins Klare gebracht. Nur eines ist in der Geschichte der Bemühungen des Herzogs Ulrich für das heimische Lehnrecht noch dunkel.

Der Herzog Ulrich gab am 6 Mai 1579 mehrern Rechtslehrern den Austrag zum Entwurf verschiedener Rechtsbücher; am 20. Mai 1579 übernahm Husan die Abfassung des Lehnrechts und des Criminalrechts und am 3. Junii 1579 ward ihm dazu der specielle fürstliche Auftrag. Am 31. Jan. 1580 war Husan mit der Arbeit fertig, erhielt jedoch noch am 22. März 1580 dazu Acten aus der Hofgerichts=Registratur; am 28. Mai 1580 scheint er den Entwurf ganz vollendet und an den Herzog Ulrich abgeliefert zu haben. Diesen Entwurf wollte der Herzog nach Husan's Schreiben vom 28. Mai 1580 und dem herzoglichen Schreiben vom 5. Junii d. J., "den Landräthen und andern von den ältesten vom Adel, die (der Herzog) derwegen zu Hofe erfordert hätte, noch vor dem schierstkünftigen Rechtstag vorlegen und mit ihnen übersehen". - Diese, bisher unbekannten Umstände gehen aus den Anlagen der oben gedachten Beiträge hervor. - Der Herzog Ulrich legte darauf bekanntlich Einigen aus der Ritterschaft Fragen über einige Lehnrechtsfälle vor, welche von diesen zu Güstrow am 26. Januar 1581 beantwortet wurden. Diese Fragen und Antworten sind in Gerdes Sammlung S. 78-87 abgedruckt; bei den Antworten sind auch die Namen derjenigen mitgetheilt, welche sie gegeben; an welche Personen sie gerichtet worden seien, ist nicht bekannt. - Von Interesse ist es nun, zu erfahren, wann diesen Herren aus der Ritterschaft diese Fragen vorgelegt seien;

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aus der Vergleichung der data der prägen und Antworten ließe sich ein Schluß darauf machen, ob die Befragten Nachforschungen angestellt oder die Fragen nach ihrer Erfahrung ohne viel Vorbereitung beantwortet haben. - Ein anderer, wohl zu beachtender Umstand ist, an wen diese Fragen gerichtet seien; man sollte meinen, daß die Antwortenden auch die Befragten gewesen, und dies scheint bisher angenommen zu sein. Wenn dies aber nicht der Fall wäre. so ließen sich wiederum Schlüsse aus der Vergleichung der befragten und der antwortenden Personen ziehen. Diese Frage nach den Personen der Befragten ist bisher noch nicht aufgeworfen. Den Zeitpunct der Vorlegung der Fragen berührt Kämmerer, indem er S. 56, Not. 27 sagt:

"Untere Rechtslehrer geben immer das Jahr 1581 als die Zeit an, zu welcher Herzog Ulrich den Vasallen die Fragen vorgelegt habe.- Allein theils ist darüber kein Beweis vorhanden, theils spricht dafür auch nicht einmal die Wahrscheinlichkeit. Denn die von Gerdes mitgetheilten Fragen haben weder im Anfang, noch am Schluß ein datum; und nur die Antworten führen ein solches vom 26. Januar 1581. Man schließt daher von der Zeit der Antwort auf die Zeit der Frage. Dieser Schluß ist aber um deßwillen sehr mißlich, weil sonst angenommen werden müßte, daß die 21 befragten Vasallen - - - mit ihren Deliberationen in gar zu kurzer Zeit fertig geworden wären, was jedoch nicht ganz wahrscheinlich ist".

Kämmerer nimmt daher an, daß die Fragen vermuthlich im Jahre 1580 vorgelegt seien.

Etwas anders gestaltet sich jedoch die Sache nach der Vorladung des Herzogs Ulrich, welche sich in Abschrift im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive befindet und also lautet: 1 )

"Verzeichniß derer von Adel und Gelahrten, so zu Berahtschlagung des Mecklenburgischen Lehn=Rechtes auff den 24ten Januarii Anno 1581 gen Güstrow beschrieben".

Ulrich.

Unsern gnädigen Gruß zuvorn. Ehrbarer, lieber Getreuer. Nachdem Wir mit Euch etlicher nohtwendigen


1) Daß dem Professor Kämmerer diese Citation aus dem Archive nicht mitgetheilt ward, hat lediglich darin seinen Grund, daß derselbe bestimmte Actenstücke zur Mittheilung wünschte und der Umfang seiner Arbeit unbekannt war.
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Sachen halber nothwendige Unterredung zu pflegen gemeint, als begehren Wir gnädig, Ihr wollet euer Thun darnach richten, daß Ihr, hindan gesetzt aller andern euren obliegen und sachen, auff den 24 Monats=Tag Januarii schierstens gewiß und unaußbleiblich bey uns zu Güstrow erscheinet und folgents solcher Unterredung gewertig seyn möget, und Euch daran ohne kundbahre Leibes Ehehafften keinerlei Weges verhindern laßen. Daran thut Ihr unsere zuverläßige gnädige und gefällige Meynung. Datum Alten=Stargardt den 23 Decembris Ao. 1580".

               An
Jochim Halberstadt zu Lütcken=Brütz Land=Raht.
Werner Hahn zu Baßdau Land=Raht.
Jochim Krauße zu Ferchentihn Land=Raht.
Hanß Linstau zu Bellien Land=Raht.
Hanß von Bülow zu Pockrent Land=Raht.
Johann Carmohn zu Woserihn Land=Raht.
Jürgen von Blanckenburg zu Wolffshagen, Hauptmann zu Wistock und Goldbeck.
Jürgen Wackerbart zum Catelbogen, Hauptmann zu Wahrien.
Jürgen Below zu Carchau.
Jochim von der Lühe, Hauptmann zu Dobbertien..
Jürgen von der Lühe zu Költzow.
Bartelt Lützow zu Lützow.
Jochim Baßewitz zu Levitzow.
Hartwig Preßentihn zu Preßentihn.
Mathias Viereg zu Roßewitz.
Hinrich Moltzan zum Arendshagen.
Clauß Peccatel der Aeltere zu Lütcken=Vielen.
Jochim Koßebade der Aeltere zu Torgelau.
Albrecht von Quitzow zu Stavenvw.
Vicke Jensrow zu Devitz.
Vicke von Bülow zu Harckensee.
Doctor Jochim Möller.
Doctor Hinricus Husanus.
Doctor Laurentius Niebuhr.
Doctor Michael Graßus.
Doctor Johannes Albinus.
Doctor Jacobus Bordingus.
Licentiatus Hubertus Sieben.
Magister Andreas Mylius.

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Aus dieser Ladung geht hervor, daß die Befragten erst am 23sten December 1580 auf den 24 Januar 1581 (wahrscheinlich zum Rechtstage) geladen wurden, ohne daß ihnen irgend etwas über die Veranlassung der Ladung mitgetheilt ward. Sie beantworteten daher die Fragen ohne Vorbereitung nach ihrer Erfahrung innerhalb zweier Tage. Aus den beiden Personenlisten geht hervor, daß die Geladenen alle zur Beantwortung erschienen, mit Ausnahme des Vicke von Genzkow zu Dewitz, statt dessen noch ein Vicke von Bülow von Rensow gegenwärtig war. Aber die acht ausgezeichneten Gelehrten, welche geladen waren, wurden bei der Beantwortung ausgeschieden, mit Ausnahme des Licentiaten Hubertus Sieben, wohl des unbedeutendsten von allen ! 1 )

G. C. F. Lisch.      

Vignette

1) Bei dieser Gelegenheit wäre die Frage wohl nicht unpassend, ob es jetzt, bei der großen Masse des sehr zerstreuten und reichen Materials, zur Abfassung einer ausführlichen Geschichte des eigenthümlichen meklenburgischen Lehnrechts nicht schon an der Zeit wäre
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IX.

Brief=Sammlung


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Nr. 1.

Handschreiben des Herzogs Johann Albrecht I. von Meklenburg an den Herzog Albrecht I. von Preußen
(über das Lochauer Bündniß).

D. d. Rostock 17. October 1551.

Aus dem königl. Geheimen Archive zu Königsberg
mitgetheilt
vom Herrn Geh. Archiv=Direktor, Prof. Dr. Voigt zu Königsberg.

U nser freuntlich dinst und was wir mehr liebes und guts vermogen, alzeit zuvorn. Hochgeborner Fürst., freuntlicher lieber herr und vater. Wir zweyffeln gar nicht, e. l. sey des Berichtes, so unser freuntlicher lieber vetter, maragraff Hans zu Brandenburgk und wir hiebeuor e. l. zugeschrieben, welcher gestalt wir uns neben seiner liebden auch von e. l. und unsers freuntlichen lieben vettern Hertzog Heinrichen zu Meckelnburgk wegen auf die vbergebne Volmacht mitt Herzoge Moritzen, dem churfurst zu Sachsen und landtgraff Wilhelmen zu Hessen im Vorein und Bundtnus eingelassenn, noch eingedenk, darauf wir auch als baldt nach dem gehaltenen tage zur Naumburgk vom Torgow abe in unser aller namen den reiffenberger mit gnugsamer Instruction und Credentzen an die konnigliche wirde zu frankreich umb hulf und Beistandt zu solchem hochwichtigem wergke angefertigt. Nhun hat die Konnigliche wirde alsbaldt Jren oratoren Johannem fraxineum Bischoff zu Bariom 1 ) mit Credentzen und Beuelch an uns semptlich in Deuzschland geschigkt, wie wir den e. l. ein sonderlich schreiben, das wir von gemeltem oratorn empfangen, von der Konniglichen Wirde an e. l. ausgangen neben gemelts oratorn beybriefen hiemit vberschigken, vnnd es hat alsbald nach des oratorn ankunfft der churfurst


1) "Johannes Fraxineus. episc. Bayonensis", d. d. Cassellis VIII Martii          Die Red.
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Zu Sachsen den marggraffen und uns gegen der Lochow zu sich vorschrieben, da dan auch erstlich der marggraff und volgendes nach wenig tagen wir personlich ankommen sein und haben die hessische gesanten, albereit für uns alda zur stedte gefunden, vnd ob wol allerley disputirliche weitleufftigkeifen, die dan zum theile das alte vorige mistrauen, zum theile auch sonderlich subtile Disputationes erregt, im anfangk sich zugetragen, so ist doch den dritten Octobris die offensis Bundtnus entlich in allen puncten und artikeln von uns allen eintrechtiglich beschlossen und bewilliget, in massen es alles auffs papir zuuor gebracht und uns von verns vorgelesen worden, und hat nichts mehr daran gemangelt, dan das es auffs reyne dieselbige nacht hat umbgeschrieben und vorsiegelt sollen werden. Aber der wein vnd vberige trunck pflegt selten etwas guths auszurichten; daher sich dan vorvrsacht, das der churfurst zu Sachßen und marggraff Hans auf denselben abent nach dem nachtmall mit wortten Jn vneynigkeit mit eynnander gerathen, und also mit czornigem gemuthe aus dem gemache von eynnander gangen sein, und ist der Marggraff, vngeachtet das wir, der Konnigliche Orator und die hessisch rethe bey sein Liebe mith vleyße freuntlich und bithlich angehalden vnnd gebetten, er wolle die gemeine wolfarth des vaterlandes des Kunigs neigunge, die durch solchen misvorstandt gehinderth wurde, mehr gelten lassen, dan die privat affection, tzorn vnd beim wein eingefallene vneinigkeith, die doch one alle beschwerliche ehrenrurige rede sich zugetragen vnd abgangen, frue fur tage vngesegend dauuon getzogen, vnd hat alle hendel stecken lassen. Weil sich dan der Kunig von Frankreich auf vnser aller embsige vleißige bitt vnd antzeigunge, als weren die Dinge zwischen uns den Deutzschen fursten albereidt vorgliechen und zum anzuge, der den ersten octobris geschehen soldt, geschigken vnd gefast, gegen uns gnedig vnd freuntlich erzeigt vnd nicht allein unser bit, andere alle Monat, so lange der Krieg werhen wurdt, einhundert tausent Kronen zu erlegen, sondern auch damith dem Keyser desto meher zu thune gemacht, seine gewalth desto meher getheilt vnd geschwecht worde, dem Keiser albereith vnns zu gute, vnnd Keyner andern vrsach halben, vheintlich abgesagt, auch albereith dem Keyser, wie wir des gewissen berichtet vom Reingraffen fur wenig tagen empfangen, zwo gewaltige Stedte, zwo feste Schlosser vnd viertzehen schieffe mit großem guthe vnd geschutze genhommen hat, So haben wir solches alles vnd zuforderst vnser brieff, siegel vnd

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Jnstruction, dadurch wir den Kunig von Frankreich zu diesem vorhaben bewegt haben, der sich auch sonderlich vorpflichtet hat, keinen frieden one unser aller Bewilligung mit dem Keyser zu machen, noch aufzurichten, betrachtet, vnnd das uns vorweiszlich und an ehren vnd glimpfs nachteillig, Das wir dem, so wir eynmalh bewilliget, nicht nachsetzen sollen, da wir doch lieber noth und thodt leiden wollen, dan das vns solchs mit warheith vnd bestand Je nach gesagt solde werden, Vnd haben Vnß demnach Jm namen des herren mit dem churfursten zu Sachsen, der für sich, seinen Bruder vnd vetter, den Jungen Marggraffen zu Ansbach, sich vorpflichtet, vnd mit dem Landtgraffen zu Hessen in offensiv Bundtnuß eingelassen, solchs auch dem frantzosen zugeschrieben, seind darauf des geltes vnd gisel, so der frantzos schigken werden, Zwen, vnd der ein ein furst vnd der ander ein graff sein wirdt, gewertig, haben auch vnsern Brudern herzogk Cristofern gegen Cassel abgefertigt, vnd wollen seine Liebe neben einen Jungen Landtgraffen für gisel hin wider Jn Frankreich, wie solches hiebeuor zu Torguw von uns semptlich bewilligt vnd dem Kunige vormeldet ist, werden schiaken. Wir haben auch daneben die guthe gelegenheith, so ytzo vorhanden, bewogen, das der Keyser aus Hispangen, desgleichen auch aus Jtalien, da der Babst ytzo selbst gnug zu schaffen, keine hulff haben wirdet, Vnnd das auch der turk in Vngern so viell dem kunige Ferdinando zu schaffen gibt, das er dem keyser wenig hulffe thun khan, vnd das hiruber der Keyser in Meilandt vnd Niderlandt sich selber gegen den franzosen wheren vnd also seine macht theylen musz, welche gelegenheith, da sie dismalh vorseumbt, sich nymer mher so gut zutragen wurde. Alsdan nhun auch E. L. eben so woll, als wir andern Jre volmacht zu diesem handel von sich geben, vnd daraus derselbe vorgenomen, vnd darin so weith vortgefharen, das der handel bey dem Kunige aus Frankreich so fern, wie gemelth, gebracht, vnd volgendts beschlossen vnd von Marggraff Hansen, auch eur L n. halben bewilligt worden, So zweiffeln wir nicht, E. L. werden neben vns in dieser sachen vortschreitten Jn Bewegunge Jrer volmacht, vnd aller handt vmbstende, sonderlich auch das der Keyser ytzo zu Augspurgk vnd in andern oberlendischen Stedten die predicanten ausgejagt, vnd one allen Zweyffel doch entlich wider vns allen, dieweil vnser aller vorhaben nicht gar heimlich, feindtlich nach gelegenheit wirdet handeln, wie vns dan mher dan von eynem orthe gewisser Bericht einkommen ist, Das Lazarus Schwendi sich offentlich gegen etlichen

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hauptleutten vnd Rithmeistern hat vornemen lassen, wan die sache mit Magdeburgk vortragen, so hette er vom Keyser bevelch, reuther vnd Knecht in vnser furstenthumb zu fhuren, welchs er auch gewis thun wurde, wo er die leuthe an der handt behieldte. Demnach gelanget an E. L. vnser gar freunthlich Bith, e. l. wollen sich hir in ires gemuths freuntlich und unvortzüglich gegen vns erkleren, Vnnd da e. l. in diesem wergke neben unns vortzuschreitten geneigt, das wir dan in Bewegung vhoriger handlung in keinen Zweiffell stellen, So bitten wir freuntlich, e. l. wollen vns Jre volmacht dartzu vberschigken, auch beuelichs Brife an Claus Berner vnd andere E. I. bestalte rithmeister, damit die reuther in der Zeith, ehe die vorrucket, nachdem der Keyser auch Jn großer Bewerbunge ist, Jn Bestallung mugen genomen werden, vbersendenn, vnd daneben die vorordnung thun, das so viel gelds als auff sechshundert pherde, (.dan so viel vnd nicht mher wil Eur L. Jn dem offensiv werck zu vnderhalden zukommen.) auf drey Monat vnd den an vnd abtzugk notig, vns E. L. wegen muge behandet werden. Wir mugen E. L. auch nicht verhalden, das wir einen vnsers standes, den wir auch zu vns bracht, also das ehr eigener person bey vns im felde sein wirdet, mit der vorsigelten vnd vntherschriebenen Bundtnus zu dem Konige in Frankreich als bald auff der post abgefertigt, damit der Kunig die Bundtnuß auch vorsiegel vndterschrieben vnd Jn desselben gegenwertigkeith leiblich schwere. So balt derselbe widerkumpt, das dan nicht lange vorbleiben kan, sol der anzugk Jm namen des herrn geschehen, dan des Khonnigs rath vnd hochst anhalten ist, das man die eyl fur die handt nemen vnd mith nichten feiren sol, darumb wollen E. l. vns die schreiben an Claus Berner vnd die andern zuzuschigken nicht seumen. Wir wollen auch E. l. ein Copei der Bestallunge, der wir vns semptlich vorgliechen, auffs furderlichste zuschigken. Mit Magdeburgk stehen dy sachen richtigk, dan sie ergeben sich an herzogk Moritzen den churfursten zu Sachsen, Behalten Jre religion freiheit, festung vnd aue das Jre vnd bleibt die stadt vnd vheste Jn vnser handt, vnnd soll vns zu all vnserm Besten offenstehen; So beheld auch herzog Moritz reuther vnd Knechte beysamen, bis die Post aus frankreich kompt, darmit man ohne alle hindrunge als bald zum anzuge kommen khan. Letzlich bitten wir auch freuntlich, e. l. wolden diese Dinge, nachdem alle gefhar darauf stehet, ganz heimlich halden, Vnnd auch Marggraff Hansen dauon keine Bericht thun, das wir herzog Moritzen also in geheimb zu halten

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zugesagt. Wir wolden E. l. Copien der Bundtnuß, auch allerley notigen bericht haben zugeschigkt, So hat es die eyle nicht leiden wollen. Vnnsern Bruder Hertzog Georgen wil herzog Moritz zu sich nemen, damit er auch auf vnser seytten sei. E. l. wollen sich hier Jn allenthalben freuntlich vnd also wie vnser vortrauen zu derselben stehett erzeigen; Das sein wir Jn allewege widderumb zuuordienen vrbuttigk. Datirt Roztock den XVII Octobris, Anno LI.

Hertzog hans Albrecht          
zu Meckelburgk             
Manu propria.     


Nr. 2.

Handschreiben des Herzogs Johann Albrecht I. von Meklenburg an den Herzog Albrecht I. von Preußen
(über das Lochauer Bündniß).

D. d. Dresden 21. December 1551.

Aus dem Königl. Geheimen Archive zu Königsberg
mitgetheilt
vom Hrn. Geh. Archiv=Director, Professor Dr. Voigt zu Königsberg.

Hochgeborner furst, freundtlicher lieber herr oheim vnd Vatter. Jch bin ahm tag Luciae bei Marggraffen Hansen zu Grimnitz gewesen, vnd mich mitt s. l. dermaßen beredet, das ich mich gentzlich thue getroßten, s. l. wirdt sich neben vns wider ihn handel begeben; Dan beide der Churfurst vnd ehr haben myhr Handlung ihn ihrer irrung eingerumtt, vnd will sie durch gotliche verlihung uff den 17 Januarii zu Magdeburgk wider zusammen bringen, welicher tag mir auch zu gutlicher handlung zwischen meinem brudern h. Georgen von den beyden Churfursten Sachsen vnd Brandenburgk ist angesetzet worden. Ob uns gelich von vnserm vnd e. l. Vettern M. A. ist zugeschrieben worden, Desglichen von dem Reingraffen vnd fraxim, dem ich e. l. briff hab zugestellt, alhy itzo berichtet, das ehs sich ahn den vorschlegen gestoßen, etc. ., so habe ich doch gewisse Zuversicht, der hildebrandt wird ehs, als es ihme von vns ist vorgeschlagen, annemen. E. l. schicke ich zu die Nottel der Verein und auszcugk der bestallung,

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weil dan die Zeitten sehr kurz vnd die Reutter sich bewerben lassen. Dennoch vnd als bitt ich freundlich, wie vor geschehen, e. l. wollen sich mitt ihrer hulffen gefasset machen vnd die Verordenung thun, damitt nits zu schaden verseumett.

E. l. hulffe wolle sein zu disser verein 600 pherde, so behylten e. l. zue andern 200 innen.

Weheme aber e. l. ihr hülffe ahm liebsten will zu weyssen, stehet zu e. l. etc. .

Es hatt der Churfurst allein zu wardtgeldt bis uff Estomihi 26000 Thaler gewendett; Mein Vetter H. H. hat auch gewilliget; Straszborch soll auch uff vnser Seytten sein u. s. w. Jch wolle auch e. l. andre Dinge vnd nebenabredungen mitt haben vberschicket, aber ehs halt alhy in der eylle so bald nitt konnen abgeschrieben werden. Jch bitt vleißigk vnd freundlich, e. l. wolten sich in dissen Dingen ye fürderlicher, ye besser vnd gutwilligk erzeygen. Das wirdt dem vatterlande vnd e. l. selbes mitt zum besten gereichen.

E. l. will ich bald, als sie begeren, meiner Theologen iudicium uff des Osiandri Confession zuschicken, das albereidt ahm mehrerem theil vor meinem abreyssen gefertiget gewesen. Jch hab auch dissen tag mitt dem H. Philippe Melanchton davon geredet, der mir sein bedenken daruff gar kurz hatt zugestellet, das e. l. neben dem andern illich bekommen werden.

Gegen mir were auch die angewandte entschuldigung von vnnotten gewesen.

Ich habe e. l. zugesante betlin mitt vlis durchlesen vnd gefeldt mir nur sehr woll, Dan ehs vnserm Christlichen glauben enlich vnd vnstreffllich. Thue hiemitt e. l. Gott dem Hern gesampt den ihren befhelen. Datirt illich Dresen ahm 21 abend vmb 12 Uhr des Monats Decembris, A° 51.

von gotts gnaden I. A. H. z. M.
Manu propria.             

Dem Hochgebornen Fürsten Hern
Albrechten dem elteren Marggrafen zu
Brandenburg in Preußen, zu Stetin,
Pommern, der Cassuben und Wenden, etc. .


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Nr. 3.

Handschreiben des Herzogs Albrecht I. von Preußen an den Herzog Johann Albrecht I. von Meklenburg
(über das Lochauer Bündniß).

D. d. Königsberg 26. Januar 1552.

Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin
mitgetheilt
vom Archivar Lisch.

Hochgeborner furst, freuntlicher fillieber her oheim vnd sone. E. l. eigen hantschreiben neben andern mehr schreiben, die mihr e. l. mitgeteilet vnd ich mich gantz freuntlich bedanken thu, welcher datum e. l. hantschrift treffen vmb abent den 21 des vergangen monates decembris vmb 12 vrn helt, habe ich nit ane frolocken den 17 ianuarii bekommen, das aber e. l. so lang mit antwort von mihr verzogen, bitte ich gar freuntlich, si wolle mich aus denen vrsachen, das mich der liebe got gnediglich mit schwacheit daheim gesuchet vnd verhindert, also das mihr zu schreiben vnmuglich, freuntlich entschuldigt nemen; Wolte auch e. l. eigen hantschreiben ich niemandes anders beantworten lassen, bis mihr, got sei lob, widervmb zu disem vermogen verholffen. Vnd bin zumb hogsten erfrewet, das e. l. von beiden teilen, Cur= vnd fursten, handlung gestatet, zu dem lieben got hoffent, das e. l. nun mehr auch zu gutem vertrag solchen gerichtet, des ich auch froliche antwort erwarte beider handlung, nicht alleine zwischen den beiden, sunder auch e. l. geliebten bruder. Vnd ob wol e. l. von vnsserm sone vnd vettern, desgleichen Reingraffen vnd Frexin vermeldet, das sichs an den vorschlegen an ienem ort gestossen u. s. w., so habe doch e. l. gewise zufersicht, das der Hildeprant werde alles thun, wy nun vorgeschlagen, annemen. Darzu wunsche ich gottes gnade vnd segen, auff das beschehe, wy sich e. l. getrosten. Wil aber doch e. l. nicht pergen, das gleichwol bey vns hir allerley erschallet, als sol Hyldeprant mit dem ich nit nenne in vnterhandlungen stehen; ich wil aber mit e. l. hoffen, etc. .

Vnd thue mich kegen e. l. bedanken den zugeschickten nottel, dy mihr alle wol worden, wy e. l. aus andern nebenschreiben zu fernemen vnd wil hoffen, wo e. l. dy personen vertragen, das an dem meinen kein mangel sein werde, den das man bereit alles bey sich vnd ehe di sach vortgehet, ob wue noch hintterstellich auch dar bey sein solle u. s. w., Vnd zweifel nicht, wo sich bede e. l., wer si zu sich nemen werde,

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nicht vertragen, das es noch beschehen werde, den es ist mihr alles eins vnd wo es mar. H. 1 ) e. l. lassen wil, bin ales auch wol zufriden. Das der Churfurst bis auff esto mihi so syl gewant sihet, das er auch leut auspringen werde. so hat mar. Ha. meine Rittmeister alle verzeichent, wy wol ich auch etzlich dem kur. mit Vntterscheid vberlassen, so bin ich auch erfrewet, das e. l. her Vetter mein lieber oheim vnd swager bewilliget, vnd were gut, das fyl auff der seiten weren, wy den e. l. mit der genenten in hofnung stehen, u. s. w.

Das ienige, so nit abgeschriben konnen werden vnd e. l. mihr gern zugeschicket, wil ich noch gewarten.

Wil auch gern erwarten e. l. teologen iudicium, vnd sunderlich weil e. l. mit filippo daruon geredet vnd er sein bedenken dar auff e. l. gar kurcz zugestellet, vnd mich trosten, in kurcz neben andern bekomen werde; sihe auch von mehr orten so fyl, das man oseandri lere nicht abfellet, hof auch, wie filippus dy augen recht aufthun werde, er wege furslagen, damit dy spaltung gestillet, wil es nicht hoffen, das er sich ein part machen werde, dardurch dy spaltung geweitert wert.

Vnd bedanke mich kegen e. l. gancz freuntlich, das meiner entschuldigung nicht vonnoten etc. .

Weil ich den in erfarung kumb, wy filippus vnd sarcerius auff das trientisch concilium verordent, deuchte mich nit vngeraten sein, das der artikel justificationis clerer, als in der confession gestellet, damit den babisteten ire aristotelische opiniones vnd weis nicht was das mehr ist. so fyl pus 2 ) darnider geleget, sihe aber wol, ob ich mit der hilffe bey euch andern, so darff man aber meyn im concilio nicht, das bin ich auch wol zufriden, darff so fyl weniger verantworten, etc. .

Das auch e. l. meine zugesante gebettinge mit fleis durchlesen vnd e. l. wirt sehr wol gefallen, auch vnsserm christlichen glauben enlich vnd vnstrefflich, das danke ich dem ewigen got vnd e. l. freuntlichem iudicio, bin auch in disen beswerungen verursacht, ein vater vnsser mit einer auslegung zu stellen, es ist aber noch nicht abgeschrieben, vnd dy itzigen leuft nunmehr also geschickt, das ich mich besorg, e. l. mit andern gescheften also beladen, das si solche zu lesen nicht abzuwarten, warumb ichs auff dy gelegenheit verzihen wil etc. .


1) D. i. Markgraf Hans.
2) D. i. Filippus.
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Befele hiemit e. l. vnd alle dy ir lieb Got dem herren in langer gesuntheit, ewiger vnd zeitlicher wolfart zu erhalten vnd vor allem vbel zu behuten. Amen. Vnd bitte, e. l. woll mihr ire swestern sehr grussen, der sachen ich, wy e. l. bewust, vortgestelt vud weil dy Zeit so kurcz, in bedencken genomen etc. .

In eile kunigspergk den 26 January, anno 1552.

Albrecht der elter etc. .     

Dem hochgebornen Fursten vnserm
freuntlichen lieben Ohaimen vnd Soen
Hrn. Johan Albrechten, Herzogen zu
Meckelburg, etc. .


Nr. 4.

Schreiben des Predigers Clemens Wendel zu Hitzacker an den meklenburgischen Baumeister Gabriel Büring zu Boitzenburg.

D. d. Hitzacker 9. Januar 1536.

(Vgl. Jahrb. II, S. 177.)
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Gnad vnnd frede dorch Jesum Cristum vnszeren Heylanth erworffen, mith erbeding allß frunthlichem willen vnnd alß broderlicher leue. Harth frunthliche leue Gabrigel. Jch do dyr withlich mynen gesunth vnnd myner armen hufzvrowen, welk ick ock stede vann dy vnnd dyner leffen husvrowen, myner leffen lanßmanßchen, bogere tho horenn. Leffe Gabrigel, hartleffe broder, mick is boricht geworden, dath dick myn g. h. van Mecklenborch vor eynen bumeyster tho Boyszenborch heffth gesetteth, vnnd weth ock wol, dath du eyn guth gehor by syner forstelicken g. heffsth, szo wyl ick dy nicht bargen, dath ickV jar lanck byn tho Hyssacker byn eyn predicanth gewesth godes worden; der nach nu tue jar up eynem dorpe by Hyssacker eyn paster gewesth. Nu synth de wendeschen lude szo vnnduorstendich, dath ick weynich fruchth dorch mvne predicacien kan don, des ick denne eyn groth beszuer myner Conciensien drage, wenthe ick weth wol, wat my Cristus myn heylanth heffth beuolen Mathei in dem VII: du schath de perlen nicht vor de suye werpen. Der orsacke nu is myne

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broderlicke leffe tho dyner broderlicken leffe, du muchtesth szo broderlick by my don, szo du kundesth my behannden, dath ick muchte up dusse thokumpsten Paschenn van wegen mynsz g. h. van Mecklenborch dorch synn ouersten dockthores eyne esching godeß worth tho predicken muchte krigen, wenthe du weßt alle myne legelickheyth wol. Ock wil ick dy nicht bargen, dath ick allen misbruck der vorigen suarten kunsth, dar ick mer inne bewanth waß, alße ick in der dath hatte gansz aff gedan vnnd de bocke vnnd alle dath dar tho horth genszlicken vorbranth vnnd in VI jaren ganß nichth, goth geloffeth, dar eyne bockstaff effthe gebruck gehath, wenthe ick hadde dar dorch groten vorsmath, ja noch groter gesuer myner conciencien. Dar vmme, goth geloffeth vnnd Cristus, myn eyniges heylanth, gansz enthleddichget, welszck ick dy allenthalffenn nicht wolth bargen, besunderen alssze mynem besunderen, eynigen, harthleffen, vtherckoren broder kunthmacken vnnd wolde goth, ick muchte eyne stunde by dy syn, wolde ick dy der sacken wol clarlich eyn vunderrichtinge don. Wath du nu hyr in don wilth, szo scriff mick eyn anthwerth tho Hyssacker vnnd szende den breff deme tholner tho Hyssacker, szo wyl ick den wol krigen. Hyr bowissz dy broderlick in, vordenn ick vmme dy in eynem gelicken effthe groteren. Hir Cristo Jesu mede in langer gesunth beuolen dy vnnd alle de dynen. Datum ilende Hyssacker, des sondages nach der hilgen driger konning dage, anno 1536.

Clemens Vendel,          
dyn olde medebroder tho Juterbock
vonn ketter Angermunde.     

Dem kunsthrichen Meyster Gabrygel
Burinck, buwmeyster mynß g. h. vann
mecklenborch
               iß tho Boyssenborch,
mynem harthleffen broder kome dusse
breff broderlick.


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Nr. 5.

Schreiben des Obristen Wilhelm von Lohausen an den Herzog Adolph Friederich I. von Meklenburg.

D. d. Bremen 6. October 1629.

(Vgl. Jahrb. II, S. 191.)
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Durchlauchtiger, hochgebohrner fürst,
Gnädiger her.

Ewere fürstliche G. sambt den ihrigen in gueter gesundheit, vnd beßerm, alß leider jetzigem fürstlichen Zustand zu wißen, were mier ein sonderbahre frewde. Habe auch zu bezeugung meiner vnterthänig beharlich trewen neygung mit diesem meinem besuchbriefflein dieselbe vnterthänig anzulangen nicht vmbgehen wollen. Vnd demnach ich erfrewlich vernohmen, daß Ewer fürstliche G., vnlängst nach dem Festen, der fruchtbringenden geselschaft die ehre gethan, sich in dieselbe zu [ge]ben, alß hatt derselbe nicht vnterlaßen sollen, E. f. G. ein abtruck seines ein in teutsch außgegebenen büchleins zuzuschicken, mit vnterthäniger bitt, solches in gnaden auf vnd anzunehmen vnd dero herliches Vrtheil mich nach verlesens würdigung zu verständigen. Ein anderes so von meßlichen 1 ) sachen, welche durch die rechenkunst 1 ) allein erforschet werden können, handelt, sol ehist Ewer furstl. G. auch zugeschicket werden.

Wie nuhn der Feste in keinen Zweiffel zeugt, eß bleibe der Herliche mit furstherlichen Gnaden ihme beygethan, alß bittet er vnterthänig vergewissert zu sein, daß seines wenigen theils er auch ist vnd vnverendert verbleibt

Der Fest im Stande                     
Ewer fürstlichen Gnaden          
vnterthänigen Dieners        
Wilhelms von Lohausen.

          Eilend,
Bremen den 9 October
          1629.

   Dem Durchleuchtigen, hochgebornen
Fürsten vnd herren, herren Adolff Frie=
derichen, Hertzog zu Mecklenburg, etc. .
meinem gnädigen Fürsten vnd herren.



1) Trigonometrie?
1) Trigonometrie?
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Nr. 6.

Schreiben des Herzogs Adolph Friederich I. von Meklenburg an den Obristen Wilhelm von Lohausen zu Bremen.

D. d. Lübeck 22. December 1629.

(Vgl. Jahrb. II, S. 191.)
Aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.

Adolph Friedrich.

Unsern günstigen gruß vnd gantz wolgeneigten willen zuuor. Edler vnd Vester, lieber besonder.

Wir haben eur angenehmes besuch=briefflein zusampt dem vberschickten, von Euch in teutsch gegebenen büchlein zu vnsern handen wol geliefert empfangen, vnd den Inhalt eures schreibens vnd waß Ihr Euch wegen eines auch obhandenen büchleins darinnen anerbietet, gnugsamb verstanden Daß Jhr nun nicht allein vnsers Zustands (Welcher bei dieser beschwerlichen Zeit, Gott sei danck, noch also beschaffen, daß wir vns bei guter gesundheit befinden vnd an herlicher, fester und bestendiger Hoffnung, mit Gottlicher hülff, frolichere vnd beßere Zeit eins wiedervmb zu erleben vnd zu vorigen wolstande wieder zu gelangen, nichts fallen laßen) auß trewer neigung erkundigen, sondern Vnß auch eurer eignen arbeit des obgenanten schonen buchleins alß eine herliche Frucht der loblichen fruchtbringenden Geselschaft theilhafftig machen wollen, solches gereicht vnß zu sonderbarem angenehmen gefallen. Wir bedanken Vnß dafür billig vnd wollens vmb Euch hin wiedervmb mit erweisung angenehmen willens vnd womit Euch liebs geschehen mag, gunstiglich zu erkennen nicht vnterlaßen, Jnmaßen wir Euch jederzeit mit bestendiger Wolgewogenheit vnd allem guten sonders wol beigethan sein vnd bleiben, deßen sich dan der Veste zum Herlichen veste zu versichern vnd zu verlaßen hat, vnd wir thun Jhn hiemit zu allem selbst erwünschten wolergehen Gottes schutz wol befehlen. Datum Lübeck den 22 Decembris 1629.

     An
Wilhelm von Kalchum,
     genant Lohausen,
Obristen der Stat Bremen.

Vignette
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X.

Urkunden-Sammlung.

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A.

Urkunden

der

Johanniter-Comthurei Mirow.


Nr. I.

Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislaus, Herren von Meklenburg, bestätigen ihres Vaters Heinrich Borwins II. Schenkung von sechszig Hufen im Lande Turne mit dem Dorfe Mirow und den Seen Mirow und Damm an die Brüder des Johannis-Hospitals in Accon.

D. d. Güstrow 3. Decbr. 1227.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Johannes, ego Nicolaus, ego Heinricus, ego Pribizlaws, fratres, domini Magnopolenses, omnibus in perpetuum. Quoniam hominis generatio preterit et alia subsequitur, plura priorum facta in tempore deperirent cum tempore et obliuionis nubilo tegerentur, sed ad cauendam huiusmodi negligentiam ea, que rationabiliter gesta sunt, solent ad memoriam perpetuam inditio scripti notabilis eternari. Hinc inde uolumus ad uniuersorum tam presentium, quam futurorum notitiam

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deuenire, quod bone memorie pater noster Heinricus. dominus de Roztoch, Deum, quantum humana fragilitas permittebat, pro oculis habend, pro suorum suorumque uenia peccatorum progenitorum, fratribus hospitalis sancti Johannis Baptiste in Accon, qui iugiter ibidem una cum reliquis fidelibus prelia domini preliantur, ad ampliandam ipsorum sustentationem ipsis, ad honorem Dei sanctique Johannis Baptiste, contulit in terra Turne LX ta mansos, spontanee ac libere renuntians iuri suo, quod in eis habuit uel habere aliquatenus uidebatur. Quia vero tota iurisdictio ac hereditas progenitorum nostrorum ad nos deuenit, quicquid domino Jhesu Christo a patribus nostris ad gloriam ipsius laudabiliter est impensum, nos, pari uoto factis eorum consentientes, ratum habemus et incowlsum, quicquid per eos dinoscetur esse factum. Unde supradictis fratribus hospitalis sancti Johannis Baptiste in terra Turne villam Mirowe cum LX ta mansis et stagnum Miro[we et s]tagnum Dammene et riwm, qui fluit per stagnum Mirowe, desupcr et inferius, assignamus cum omni utilitate in agris et siluis, pratis et pascuis, aquis et aquarum decursibus, pet[itioni]bus et exactionibus et seruitiis, que wlgo Borchwerch et Bruggewerch nominantur, quemadmodum pater noster omni iuri nostr libere ac irrefragabiliter renuntiantes. Ex hiis mansis XXX ta erunt in uno latere stagni et ex altero XXX ta . Ut igitur hec omnia rata permaneant et in perpetuum illibata et per omne seculum inconwlsa, dictos fratres presenti scripto cum appensione sigilli nostri et cum subscriptis testibus duximus communire. Nullus ergo hominum hanc nostre donationis paginam audeat uiolare, si diuinam effugere uoluerit ultionem. Testes hii sunt: Thedelinus prepositus fratrum de Dobrotin, Godefridus, Theodericus, Bertoldus, Johannes, canonici de Guztrowe; layci: Zlawotech de Malegowe, Gotimerus et Jo-

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hannes frater suus de Hauelberch, Vnizlauus castellanus de Robole, Heinricus Gamba dapifer, Jordanus, Heinricus Grubo, Baroldus, milites, castell. de Guztrowe. Actum in Guztrowe anno gratie M mo CC mo XX mo VII mo , III° nonas Decembris, indictione prima. Datum per manum Conradi scriptoris.

Charte: Pergament.

Schrift: eine gleichmässige, neugothische Minuskel. Die langen Buchstaben sind nach oben hinaus sehr verlängert und oben alle verziert. Die Eingangsformel istt mit gemischiter verlängerter Schrift geschrieben.

Siegelband: überhaupt ist nur Eine seidene Schnur von rother, grüner und gelber Seide angehängt, mehr Siegel sind auch nicht vorhanden gewesen.

Das Siegel: war in Lein genähet, ist aber darin zerfallen. Der Text hat an einigen Stellen [ ] ergänzt werden müssen. Die Namen der milites cast. de Guztrowe sind in der Urkunde nicht deutlich abgetheilt. Nach einer, klarer interpungirten Urkunde von 1241, in welcher Heinricus Grube vorkommt, ist also zu interpungiren: Jordanus, Heinricus Grubo, Baroldus.

Gedruckt ist die Urk. bei Buchholtz Brandbg. Gesch. IV, Urk. Anh. S. 60 und Lentz Marggräfl. Urk. S. 869, aber mit wesentlichen Fehlern. In der Eingangsformel ist der dritte Name: ego Heinricus ausgelassen, so auch das Wort tegerentur. Ferner steht bei B: depereunt, statt deperirent, dum - pre oculis habens statt: Deum pre oculis habens, pertinet statt petitionibus, Theodorcus de Dobrotin statt Thedelinus, Gotinus statt Gotimerus, Gambera statt Gamba, Bartoldus statt Baroldus, Guzstowe statt Guztrowe, u. A.; ausgelassen ist Bertoldus unter den canonicis von Güstrow. Manche dieser Fehler, z. B. Theodoricus und Gotinus, sind auch in unsere Geschichten übergegeangen. Vgl. Rudloffs Urk. Lief. S. 25.

Anmerkung. Zur Erläuterung des Textes folgt hier die, wahrscheinlich nicht ausgefertigte Bestätigungsurkunde der Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg: Actum apud Werben anno gratie M°CC°XX°VII°, nonas Augusti, indictione secunda. Diese Bestätigungsurkunde ist eben so geschrieben, wie die Schenkungsurkunde von demselben Jahre; in zwei eingeschnittenen dreieckigen Löchern hängt kein Siegelband.

Nach dem Originale im königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.

In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Johannes et Otto Dei gratia marchiones Brandeburgenses omnibus in

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perpetuum. Christianitatis sue cultum memoriter ostendunt, qui ecclesiam Dei benigno affectu fouent, edificant et tuentur. Unde nouerint uniuersi, tam futuri, quam presentis homines temporis, quod nos bonorum illorum donationem, quam dilecti fideles nostri, filii nobilis uiri domini Burwini circa fratres et ecclesiam hospitalis sancti Johannis baptiste in Accon pro suorum remedio peccatorum fecerunt, villam videlicet Mirowe cum stagno ipsius ville, stagnum Dammene et riuum, qui fluit per stagnum Mirowe, desuper et inferius, perpetualiter confirmamus. et siqua alia bona etiam secundum temporum cursum et ut diuinitus ipsis fuerit inspiratum, eroganda duxerint eisdem. Ut autem hec nostra donatio racionabiliter facta ullatenus valeat immutari, presentem paginam inde conscribi et sigilli nostri appensione iussimus insigniri. Huius rei testes sunt: Henricus pincera, Albertus de Niendorp, Thegenardus aduocatus de Saltwedele, Johannes, Albertus, Fridericus, Hartmannus, Bruniggus, fratres de Redekestorp, Albertus de Lypzeke, Olricus aduocatus de Arneburch et alii quam plures. Actum apud oppidum nostrum Werben. Anno gratie M°CC°XX°VII° nonas Augusti, indictioue seeunda.


Nr. II.

Nicolaus I. von Werle schenkt dem Jungfrauen-Kloster zu Eldena dreissig Hufen in dem Lande Turne an den Seen Viltz und Radatze, und den Bach Driculne zur Anlegung einer Mühle.

D. d. Güstrow 18. Januar 1241.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Nicholaus, dominus de Rozstok, in perpetuum. Notum sit omnibus, tam presentibus, quam futuris, quod nos, pro remedio animarum parentum nostrorum ac pro nostrorum uenia peccatorum, ecclesie Eldene. ad ampliorem sustentationem sanctarum monialium ibi-

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dem deo seruientium, contulimus triginta mansos in terra Turne inter stagna Viltz et Radatze, de bona et libera uoluntate, cum omni iurc et utilitate in pascuis, pratis, siluis, montibus, planiciebus, agris cultis et incultis, perpetuo possidendos. Dedimus insuper eidem ecclesie riuulum Driculne, ad molendinum construendum, predictorum mansorum terminos alluentem. Volumus etiam, ut iidem triginta mansi liberi sint ab omni exactione uectigalium, a constructione urbium et pontium et ab omni inquietatione, qua in eisdem mansis posset supradicta ecclesia molestari. Si vero aliquis cultor mansorum istorum inciderit iudicium et sententiam colli uel manus, ad uocationem prepositi aduocatus noster ucl heredum nostrorum iudicabit eam causam et si uentum fuerit ad satisfactionem, due partes satisfactionis cedent nobis et tercia cedet pars ecclesie. Alia omnia iudicia libera permanebunt ecclesie memorate. Vt autem hoc rationabile factum nostrum a nobis aut heredibus nostris, seu ab aliquibus calumpniam contra uolentibus commentari, non ualeat irritari, sepe fatam ecclesiam presenti scripto cum appensione sigilli nostri ac testium inscriptione duximus roborandum. Testes hii sunt: Heinricus prepositus eiusdem ecclesie, Olricus prepositus de Dobertin, Reinerus decanus de Guztrowe, Gunzelinus comes de Zverin, Everhardvs de Molendino, Luderus de Bluchere, Theodericus Scakmann, milites de Zverin, Vnizlavs, Jerozlavs, Heinricus Dargatz, Johannes de Havelberch, Geroldus de Peccatle aduocatus, milites de Robele, Heinricus Grubo, Bernardus de Wienthorp, Ekkehardvs Gallus, Gerardus Metleke, Heinricus Fulmen, Theodericus de Ganzowe et alii quam plures. Acta sunt hec anno gratie millesimo ducentesimo quadragesimo primo, XV° kal. Februarii. Datum Guztrowe per manum Conradi scriptoris.

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Diese Urkunde ist gewiss eine der schönsten aus dem 13. Jahrh. und ruft lebende das Andenken an die Urkundenausstattung des vorigen Jahrhunderts zurück.

Charte: ein grosses Pergament von quadratischer Form.

Schrift: eine reine, kräftige, schöne neugothische Minuskel. Die Eingangsformel ist in verlängerter Schrift geschrieben. Die Zeilen stehen noch weit auseinander.

Siegelband: eine roth und weiss seidene Schnur.

Siegel: fehlt.


Nr. III.

Nicolaus I. von Werle schenkt dem Hofe zu Mirow einige, (südlich) an die Mirowsche Feldmark liegende, Aecker und bestimmt deren Grenzen.

D. d. Güstrow 17. Junii 1242.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Nicolaus dominus de Roztok in perpetuum. Sciant tam presentes, quam futuri, quod nos, ad honorem Dei et beati Johannis Baptiste, fratribus hospitalis eiusdem sancti Johannis Baptiste in partibus tranmarinis degentibus, ad ampliorem sustentationem fratrum eorundem, curie ipsorum, que in predio nostro sita est, Myrowe nomine, adiecimus de bona uoluntate liberaliter conferendo quosdam agros adiacentes, cum omni iure et utilitate in agris, pratis, pascuis, siluis, super hec bona similiter omni nostro iudicio renunciantes. Decernimus etiam, hec bona esse libera ab omni exactione uectigalium, a constructione urbium et pontium et ab omnibus hiis, que dictam curiam ualeant aliquatenus aggrauare. Agros autem collatos sic circumscribimus disterminando: de Stytna

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usque in Wargalitz, deinde in Zmolnitz, deinde usque in terminos Myrowe. Ne igitur hoc racionabile factum nostrum a nobis uel a successorihus nostris in posterum ualeat irritari, fratres memoratos et curiam suprafatam presenti priuilegio cum appensione sigilli nostri ac testium inscriptione irrefragabiliter communimus. Testes hii sunt: Helyas archidiaconus canonicus de Guztrowe, Reinerus decanus, Theodericus camerarius de Doberan, Vnizlaus, Jarozlaus, Heinricus Dargats, Johannes de Hauelberch, castellani de Robele, Heinricus Fulmen, Albertus de Antiqua Uilla, Johannes de Duzcin, Gerardus Scoke tunc aduocatus, et alii quam plures. Datum Guztrowe per manum Conradi scriptoris, anno gatic M mo CC mo XL mo II, XV, kal. Julii.

Charte: Pergament.

Schrift: Minuskel mit verlängerter Eingangsformel. Die Hand dieser Schrift ist augenscheinlich schon zitternd gewesen.

Siegelband: eine grün seidene Schnur.

Siegel: ist abgefallen.

Gedruckt: ist diese Urkunde bei Buchholtz a. a. O. S. 70. wieder mit vielen Fehlern: z. B. terrae ipsorum statt curie ipsorum, libertatis st. liberaliter, Zmolinz st. Zmolnitz, Heldag st. Helyas, castellanus st. castellani, Scoze st. Scoke; Doberan ist ausgelassen, u. A.


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Nr. IV.

Nicolaus I. von Werle bestätigt den Rittern alle bisherigen Schenkungen, jetzt auf den Feldmarken Mirow, Gramtzow und Peetsch liegend, und bestimmt die Grenzen derselben nach geschehener Vermessung. Zugleich bestätigt er den Kauf des Dorfes Fleth vom Kloster Eldena.

D. d. Roebel, 25. Septbr. 1270.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.

(Die Abweichungen der drei vorhandenen Exemplare sind mit A., B. und C. bezeichnet, A. ist Bezeichnung des nachstehenden Drucks.)


N icolaus Dei gratia dominus de Robole 1 ) omnibus Christi fidelibus presencium inspectoribus subscriptorum notici[am cum] salute. Ea que aguntur 2 ) in tempore, ne simul cum tempore in recidiue obliuionis scrupulum dilabantur, solent in scriptis redigi et per ea tenaci memorie commendari. Nouerit igitur presens etas et futura posteritas, quod licet religiosi viri . . magister et fratres sacre domus hospitalis Jerosolomitane diuersa bona in terra districtus seu dominii nostri, videlicet de Mirowe, de Gramsowe et de Pezeke, uillas cum suis pertinentiis, iuribus et utilitatibus, sibi a felicissime recordationis Henrico patre nostro, Johanne, Henrico, Pribizlao, fratribus nostris, et a nobis diuersis temporibus, in subsidium terre sancte ob honorem Dei sanctique Johannis Baptiste, pleno iurc donata, tanto tempore possederint, quod etiam prescriptio legitima sit completa: timent tamen, ne forte, si non ad presens, saltem post hec, malicia hominum succrescente, tam propter incertitudi-


B. 2) geruntur. C. 1) Werle. 2) geruntur.
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nem terminorum, quam propter alia, super hiis turbationis et dubietatis scrupulus valeat oboriri; quapropter nobis humiliter supplicarunt, quatinus idemnitati et quieti eorundem perpetuo remedio consulere dignaremur. Ipsorum itaque petitioni rationabili fauorabiliter annuentes, memorata bona ad plenam certitudinem et fratrum eorundem quietem perpetuam certis terminis seu limitibus circumscribenda duximus et lucide designanda. Cum tamen tempore Henrici Thakalange 1 ) advocati nostri questio seu controuersia super dicta donatione suborta fuisset ex parte nostra contra fratres predictos, quod plures agros sev mansos extra donationem predictam fuissent inuenti; cum tamen tempus prescriptionis eorundem agrorum completum fuisset: iidem fratres eorum inquietudine precauentes nobis humiliter supplicarunt, ut nos tam pro Deo, quam pro pecunie summa C m marcarum examinati argenti, eisdem fratribus plenius et expressius omnes terminos 2 ) dictorum agrorum distingueremns et super eosdem perpetuam firmitatem seu libertatem conferremus. Nos vero precibus eorum, consilio 3 ) filiorum nostrorum H. et Jo., fauorabiliter annuentes terminos predicte donationis taliter distinguimus. Primo termini ville Peske 4 ) de Stitnitz in Worlitz, de Worlitz usque Smolnitz, de Smolnitz in Lemcule 5 ) et sic ad arborem signatam in terminis Mirowe et Wesenberghe, de arbore dicta usque in Coboloe 6 ), de Coboloe usque Witsol, de Witsol ad viam inter Qualsoe et Mirowe, directe de dicta uia usque in Scirin, de Scirin 7 ) usque ad pontem antiquum, et est dictus pons terminus inter Scilderstorpe et Gramsowe; item de palude erit diuisio 8 ) per medium secundum quod termini sunt nominati in Mirowe et Leys-


B. 1) Takelange. C. 1) Tatelange. 2) omnes terminos seu limites. 3) consilio et consensu. 4) Petzeke. 5) Lemekule. 6) Coblowe. 7) Cyrin. 8) diuisiu directe.
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sowe; item uille Myrowe, secundum quod obtentum est inter Cusowe uersus aquilonem, inter Losetz 1 ) uersus occidentem, inter Starsowe versus meridiem. Item confirmamus et ratificamus emptionem uille Vilet 2 ) cum suis pertinentiis, quam idem fratres emerunt legaliter contra prepositum et moniales ordinis sancti Benedicti in Heldena 3 ), de qua uilla et suis pertinensiis renunciamus omni iure nostro. Omnia vero bona illa, quocunque nomine censeantur, intra eosdem terminos vel limites constituta, cum suis pertinenciis omnibus, pratis, pascuis, campis, siluis, terris cultis et iucultis, prediis vrbanis et rusticis, introitibus et exeitibus 4 ), viis et inuiis, paludibus, stagnis, aquis, aquarum decursibus, molendinis, piscationibus, uenationibus, iudiciis sev iurisdicionibus, iuribus patronatus, et generaliter omnibus iuribus et vtilitatibus, eis rite tam a patre et fratribus nostris predictis, quam a nobis pleno iure donata et ab ipsis magistro et fratribus longo tempore vsque ad preseriptionem legitimam quiete possessa, publice recognoscimus, et ad pleniorem ipsorum fratrum quietem et cautelam, donationem bonorum huiusmodi ex integro renouantes, eis plenam damus facultatem locandi in eisdem bonis Sclauos 5 ) et Teutunicos, et faciendi in ipsis bonis et de ipsis, prout uiderit expedire. Renunciamus insuper omni iuri mensurationum, exactionum, collectarum, angariarum et parangariarum, seruiciorum, expedicionum et generaliter omnium munerum et onerum quacumque occasione ea uniuersaliter vel particulariter inponi contigerit, quod nobis aut heredibus seu successoribus nostris quibuslibet in eisdem bonis aut hominibus ibidem habitantibus uel habitaturis ad prosens competit uel possit competere in futurum. In cuius rei euidentiam et perpetuam firmitatem presens


B. 1)Loscitz. 2)Viletz. 4) exitibus. C. 1) Lositce. 2) Vlet. 3) Eldena. 5) Slauos.
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desuper conscribi fecimus instrumentum et ipsum eisdem . . magistro et fratribus tradidimus sigilli nostri 1 ) nostrorumque filiorum munimine roboratum. Nulli ergo 2 ) liceat, hane paginam nostre donationis 3 ) infringere uel ei 4 ) aliqua parte ausu temerario unquam ullo tempore contraire. Si quis autem hoc attemptare presumserit, indignationem 5 ) omnipotentis Dei et beati Johannis baptiste se nouerit incursurum. Actum et datum in Robele de consilio et consensu dilectorum natorum nostrorum H. et Jo., in presencia testium, quorum nomina sunt hec: Stephanus prepositus de Robele, et . . prepositus de Gustroe 6 ), H. plebanus in Campitz, H. advocatus dictus Thakalange 7 ), Remerus de Stocflit 8 ), Jo. de Cropelin, Priscebure et frater suus, Harnet Bere, Wideghe Bere 9 ), Gotemerus de Ritsoe 10 ), Ludekinus de Swerin 11 ), militum, et in presencia fratris VI. de Welleberg 12 ), fratris Petri 13 ), fratris Cesarii 14 ) et fratris Ar. commendatoris in Miroe et 15 ) Ger. 16 ) dicti Sciltcent, G. magistri piscatorum in Miroe 17 ) et 18 ) aliorum quam plurium fide dignorum, sub anno verbi incarnati M°CC°LXX°, feria V a post Mathei apostoli et ewangeliste.


B. 5) indigna. 7) Thakelange. 8)Stakfleit. 9)Wedeghe Bere. 12)Velleberge. 13) fratris Petri plebani in Mirowe. 14)fratris Cesarii commeudatoris in Cuppan. 17) G. magistri piscatorum et Bernardi socii sui. C. 1) sigilli nostri de consensu ac voluntate, ac cousilio nostrorum filiorum munimiue roboratum. 2) Nulli ergo omnino homiuum. 3) donatiouis, confirmationis ceu renonationis. 4) ei in. 6) et G. prepositus de Gustrowe. 7) Takelange. 8) Stockviet. 9) H. . . . . Bere et dominus Wedekinus. 10)Gotmarus de Retsowe. 11) fehlt in C. 12) Volrici dicti de Wlleberghe cumendatoris in Werben. 13) fratris Petri pl . . . . . owe et fratris Ar. commendatoris ibidem ; fratris Ces . . . . . . . . . . . . . . in Copa; fratris Bertoldi. 15) Item Wluingus et frater suus, Jo. Stange, H. Wangelin, Richardus scutte. 16) Gherardus clippifer. 17)G. et B. magistri piscatorum. 18) et alii quam plures fide digni. Annodomini MCCLXX. feria V post festum beati Mathei a. et e.
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Von dieser Urkunde haben sich nach einander drei Ausfertigungen gefunden, welche, mit Ausnahme der Varianten und einiger orthographischer Eigenthümlichkeiten, gleich lauten. Auch sind sie an Pergament, Schrift, Siegelbändern, den vielen Abbreviaturen u. s. w. gleich. Ich habe sie hier mit A. B. C. bezeichnet.

Urkunde A., welche als Text zum Grunde gelegt ist, hat durch Moder sehr gelitten und ist zerrissen. Angehängt sind drei seidene Schnüre (roth, grün, gelb). Die Siegel fehlen.

Urkunde B. ist besser erhalten und hat drei gleiche Siegelschnüre, an denen noch die beiden ersten Siegel hangen. Diese sind von dem gewöhnlichen ungeläuterten, zerbrechlichen Wachs, in parabolischer Form. Beide haben den gekrönten Stierkopf. Von den Umschriften sind nur wenige Buchstaben zu lesen.

Urkunde C. ist flüchtig geschrieben und sehr verdorben, zerrissen und voll Löcher und Eisenmale; durch die Entfaltung hat sie noch mehr gelitten, so sorgfältig dieselbe auch geschehen ist. Doch hat sie in der Zeugenreihe einige interessante Abweichungen. Angehängt ist eine gleiche Siegelschnur, von der aber das Siegel verloren ist.


Nr. V.

Nicolaus I. von Werle und seine Söhne Heinrich, Johann und Bernhard verleihen der Comthurei Mirow die Dörfer Zirtow und Lenz, und zwei Hufen in Loyssow und eine Hufe in Ankershagen.

D. d. Roebel, 3. April 1273.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


N icolaus Dei gratia et filii eius dilecti Henricus et Johannes et Bernardus domini de Werte omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Ea que geruntur in tempore, ne simul cum tempore in recidiue obliuionis scrupulum dilabantur, solent in scriptis redigi et per ea tenaci memorie commendari.

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Nouerit igitur presens etas et futura posteritas, quod nos de bona nostra uoluntate et unanimi consensu ad honorem Dei omnipotentis contulimus viris religiosis magistro et fratribus sacre domus hospitalis Jerosolimitane in Mirowe Domino famulantibus villam Cirethowe, sicut nunc possident possessores, sub terminis eisdem, cum XXXVI mansis, et villam Liniz sub suis terminis cum XII mansis, que ville, si mensurarentur, et tres mansi inuenirentur, predictis a nobis fratribus sunt collati. Si uero super predictum numerum excresceret, de nobis emere debent fratres superius nominati. Item duos mansos in Loysowe et unum in Ankershagen contulimus libere et perpetuo possidendos cum omni eodem iure, quo sepedicti fratres bona sua alia in terra nostra constituta possident et hactenus habuerunt, quocunque nomine censentur inter eosdem terminos uel limites ante dictos, cum suis pertinenciis omnibus, pratis, pascuis, siluis, campis, terris cultis et incultis, prediis vrbanis, rusticis, introitibus et exitibus, viis et inviis, paludibus, stagnis, aquis, aquarum decursibus, molendinis, piscacionibus, venacionibus, iudiciis et iurisdicionibus, et iuribus patronatus, et generaliter omnibus iuribus et vtilitatibus in eisdem bonis; damus plenam facultatem locandi Slauos et Theutunicos et in ipsis bonis faciendi et de ipsis, prout viderint expedire. Renunciamus etiam omni iuri exactionum, collectarum, angariarum et parangariarum, seruiciorum, expedicionum et generaliter omnium munerum et honerum, quacunque occasione ea vniuersaliter uel particulariter inponi contigerit, que nobis seu heredibus siue successoribus nostris quibuslibet in eisdem bonis auf hominibus habitantibus ibidem uel habitaturis ad presens competit uel possit competere in futurum. In cuius rei euidentiam et perpetuam firmitatem presens desuper scribi fecimus instrumentum et ipsum magistro et fratribus prefatis tradidimus sigilli nostri nostrorumque filiorum munimine

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roboratum. Testes sunt milites: Henricus de Ulothowe aduocatus in Robele, Nicolaus Gallus aduocatus in Guzstrowe, Johannes Koz aduocatus in Plawe, Misnerus, Fredericus Bruschauere, Bertoldus de Hauelberge, Henricus Kabolt, Ludolphus de Zwerin, Gerardus et Hermannus de Crimun, Bertoldus de Danbeke, Priseburius et Johannes frater suus, et alii quamplures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXX°III°. Datum Robele de manu Godefridi prepositi Guzstroen[sis] tempore commendatoris fratris H. de Honschet in Mirowe existentis, III° kalendas Maij.

Charte: Pergament.

Schrift: eine etwas unregelmässige Minuskel.

Siegelbänder: drei Schnüre von grüner und rother Seide.

Siegel: zwei sind zum Theil erhalten. Auf dem ersten ist noch der gekrönte Stierkopf vollständig. Das zweite Siegel ist noch fast vollständig: es ist von parabolischer Form, mit einem gekrönten Stierkopf und der Umschrift:

Umschrift

Nr. VI.

Nicolaus I. von Werte versichert den Rittern, dass die ihnen von den Werleschen Fürsten geschenkte Mühle durch Anlegung eines Canals aus der Müritz keinen Schaden leiden solle.

D. d. Roebel 12. Septbr. 1273.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


N icolaus, Dei gratia dominus de Werle, omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Notum esse uolumus vniuersis et presentibus protestamur, quod

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nos domino Johanni de Hauelberghe beate memorie dedimus denarios pro eo, quod per agros suos de magno stagno Muriz dicto fossatum facere possemus ad molendinum, quod Boche uulgariter dicitur, relinquens nostre iuridicioni, quid mali per cursum aque Muriz posset inferius et superius euenire. Vnde cum predecessores nostri viris religiosis fratribus in Mirowe sancte domus hospitalis Jerosolomitane sancti Johannis baptiste molendinum eorum in Villa ipsorum dederint, nec ipsi etiam aggerem molendini in aliquo exaltauerint, sicut notorium est et apertum, nec de eorum molendino apud nos est aliqua querimonia recitata, antequam aqua Muriz per nostram licentiam emitteretur: nolumus predictos fratres in molendino suo ab aliquibus seu ab aliquo ab aque crescentia molestari. Vt igitur hec firma sint et ne possint a nostris succesoribus dubitari, sigilli nostri testimonio roboramus. Testes sunt. Stephanus prepositus in Robele; milites: Henricus aduocatus in Robele dictus deVlotowe, Ludolphus de Zwerin; famuli: Olricus de Bardenulet, Willekinus camerarius, Bertrammus de Malechowe minor aduocatus, Hermannus minor aduocatus in Robele, Henricus minor aduocatus in Wesenberge, et alii quam plures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXXIII°. Datum de manu Godefridi prepositi Guzstroensis, pridie idus Septembris, Robele.

Charte: ein kleines Pergament-Blatt.
Schrift: schlecht und flüchtig.
Siegelband: eine Schnur von rother und grüner Seide. Vom
Siegel: sind noch einige Spuren vorhanden, welche aber bald ganz verschwinden werden.

Im Texte ist offenbar eine Unrichtigkeit im Namen des miles de Zwerin. Im Originale dieser Urkunde steht ganz klar: Rudolfus de Zwerin; jedoch ist an dem R etwas radirt oder verwischt, ohne dass verbessert wäre. In dem folgenden Transsumt dieser Urkunde, Urk. Nr. VII, steht aber eben so klar Ludolfus statt Rudolfus. Da nun auch unter den Zeugen der

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Urk. Nr. IV von 1270 Ludekinus de Swerin, und den Urkunden Nr. VI von 1273 und Nr. VII von 1276 Ludolfus de Zwerin aufgeführt ist, so ist auch in dieser Urkunde Ludolfus statt des zweifelhaften Rudolfus aufgenommen.


Nr. VII.

Heinrich I. und Johann I. von Werle entscheiden zwischen den Johanniter-Rittern von Mirow und den Herren von Havelberg die Rechtsstreitigkeiten über die Mühle der Ritter und befreien die Comthurei Mirow von allen Ansprüchen, welche wegen des Wasserstandes an die Mühle gemacht werden könnten.

D. d. Roebel 10. Junii 1276.

Nch dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


H enricus et Johannes, Dei gratia filii nobilis viri domini Nicolai de Werle, omnibus hoc scriptum visuiris salutem in domino sempiternam. Ad noticiam vniuersorum volumus peruenire, quod nos litteras patris nostri predicti vidimus non canellatas, non abolitas, nec in aliqua parte uiciatas, in hec verba:

Nicolaus, Dei gratia dominus de Werle, omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Notum esse volumus vniuersis et presentibus protestamur, quod nos domino Johanni de Hauelbergh beate memorie dedimus denarios pro eo, quod per agros suos de magno stagno Muriz dicto fossatum facere possemus ad molendinum, quod Boke wlgariter dicitur, relinquens nostre iuridicioni, quid mali per cursum aque Muriz posset inferius et superius euenire. Unde cum predecessores nostri uiris

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religiosis fratribus in Mirouue sancte domus hospitalis Yerosolimitane sancti Johannis baptiste molendinum eorum in villa ipsorum dederint, nec ipsi eciam aggerem molendini in aliquo exaltauerint, sicut notorium est et apertum, nec de eorum molendino apud nos est aliqua querimonia recitata, antequam aqua Muriz per nostram licenciam emitteretur, nolumus predictos fratres in molendino suo ab aliquibus seu ab aliquo ab aque crescencia molestari. Ut igitur hec firma sint et ne possint a nostris successoribus dubitari, sigilli nostri testimonio roboramus. Testes sunt: Stephanus prepositus in Robele; milites: Henricus aduocatus dictus de Ulotouue, Ludolfus de Zuerin; famuli: Olricus de Bardenulete, Wilhelmus camerarius, Bertrammus de Malchouue minor aduocatus, Hermannus in Robele, Henricus minor aduocatus in Wesenbergh, et alii quam plures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°L°XXIII°, datum de manu Godefridi prepositi Gustrouuensis, pridie idus Septembris, Robele.

Robele hanc litteram seu donationem, predictis fratribus a nostro patre et domino predicto collatam, ratam habemus et approbamus, et ne aliquis hominum cuiuscumque conditionis in posterum hanc donationem rationabiliter factam uiolare valeat, sigillorum nostrorum munimine roboramus.

Ceterum in presenti scripto protestamur, quod Bertoldus miles, filius domini Johannis de Hauelberg, coram nobis et nostris feodalibus quam plurimis abrenuntiauit omni iuri, uel dampno, seu inpetitioni, uel actioni qualicumque, quam se habere dicebat de fratribus predictis uel submersione aque ipsorum molendini in Myrouue, sicut etiam notum est quampluribus et sepius approbatum, eorum aggerem et

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molendinum loco et modo debito positos, sicut etiam nobis innotuit a fide dignis. Nolumus etiam predictos fratres ab aliquibus in predicto molendino uel aggere suo aliquo modo molestari, vel ad iudicium trahi seculare. Si uero aliqui super isto dictos fratres inpetere ac molestar (i?) temptauerint, nos, pro ipsis in tali inuectione responsuri, ab omnibus excipiemus eosdem libere absoluendo. Cum igitur ratio probabilis ac euidens testimonium bonorum ac laudabilium ea, que quandoque confucioni inuoluuntur, inpetitionis ac inuercionis oblique ac indebite inmunia efficiat, consencientes ueritati, scrutati sumus a nostris feodalibus fide dignis, memoratos fratres bis coram dilecto patre nostro ab incusatione aque et molendini se penitus per iuris sentencias, quam plurimis hoc testantibus, de insultu prefati militis domini B. et sibi consencientium excepisse et li[beros] de iudicio euasisse. Quamobrem cum tam euidens causa et actio lucida dubietatis scrupulo cor nostrum nostramque conscienciam non valeat nec debeat obnubilando obfuscare, nec a ueritatis serie segregar(i?), et quod magis est, nunc tertio coram nobis prehabitos fratres ab eadem incusatione [multis] presentibus racionabiliter et libere defensos et dimissos cause memorate et inmunes; insuper et sepe dictus miles suique fratres cum suis parentibus memoratis fratribus omnem actionem quo ad hanc causam, quam ipsi seu heredes eorum habent seu habere possent, perpetuo resignarunt: igitur testamur, et nos cum patre nostro dilecto, necnon ceterorum militum ac famulorum testimonio, commenda[torem fratresque] ipsos utique non debere a dicto domino B., nec suis fratribus, nec a quoque alio hactenus inpetendo perturbari, nec ad eorum proprietatem aliquid de dictis bonis attrahere deposcentes. In cuius testimonium presentem cartulam nostrorum fecimus sigillorum munimine roborari; et quia temporis labilitas et future propaginis ignorancia tutum et cautum edocuit,

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experimento multoruni scripti memoriam in aliquibus necessariis sub notabili testimonio memoriter motando co[n]seruari, hanc cautelam cognoscentes, presentem cartulam subscriptis testibus confirmamus, noibis uidelicet: H. et Joh. dominis de Werle, et domino Her. de Lan[ge]uorde aduocato tunc temporis, et domino H. de Hauelbergh cum ipso actore fratre suo domino Ber., et domino Priscebur, et domino Cummino, et domino Remberto de Stoculete, et domino Ludolfo de Zuerin, et domino Step[hano] cappellano, et domino Johanne aduocati notario, et Ricberto minore aduocato, et Jacobo iuniore, quos in huius cause determinacionem et rei conscriptionem nouimus adiutores. Datum in Robele anno domini M°CC°LXX°VI°, IIII° idus Junii.

Charte: Pergament.
Schrift: kleine, cursivische, ziemlich undeutliche Minuskel. Manches hat ergänzt werden müssen.
Siegelbänder: zwei Schnüre von rother und grüner Seide. Von den
Siegeln: sind nur noch einzelne Stücke Wachs vorhanden.

Text: diese Urkunde hat auch die Urkunde von 1273 transsumirt. Da das Transsumt aber nur klein ist und in den Namen der Zeugen und den, denselben beigefügten wichtigen Amtstiteln mehrere Abweichungen enthält, so ist das Transsumt hier ganz abgedruckt. Die Abweichungen, über welche zum Theil schon bei der vorigen Urkunde geredet ist, sind auf das genaueste mit den Originalen verglichen. - Als Formel ist in dieser Urkunde bemerkenswerth, dass der Ortsname im Datum des Transsumts (Robele) in der Originalurkunde unmittelbar wiederholt ist.


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Nr. VIII. a.

Albrecht, Markgraf von Brandenburg, verleiht der Comthurei Mirow das befreiete Eigenthumsrecht des Dorfes Gnewitz.

D. d. Lychen 13. März 1285.

Nach dem Original im Königl. Archive zu Berlin gedruckt in Gercken Cod. dipl. III, p. 82.


A lbertus, Dei gratia Marchio Brandenburgensis, uniuersis Cliristi fidelibus presentem paginam inspecturis salutem in domino sempiternam. Ad omnem boni operis consummationem adeo nobis expedit intendere vigilanter, ut, dum districtus iudex in die nouissimo cunetorum examinare venit actiones, non formidanda sint nobis gehenne supplicia pro delictis, sed quomodo eterne beatitudinis premia possimus pro bonis operibus adipisci. Hinc est quod notum esse volumus tam presentibus, quam futuris, quod nos proprietatem ville, que Gnewetiz dicitur, damus liberaliter seu donamus commendatori et fratribus S. domus hospitalis Jerosolimitani b. Johannis baptiste et eorum ordini pro remedio anime nostre et nostrorum progenitorum libere possidendam. Excipimus seu eximimus predictam [villam ?] ab omni exactione seu petitione, angaria, parangaria, constructione urbium, pontium seu munitionum, et generaliter ab omni vexatione et molestia, quibus predicti fratres et eorum homines in predictis bonis a nobis vel a nostris heredibus possent in perpetuum grauari vel aliqualiter impediri. Hec predicta bona cum proprietate et omni libertate et omni iusticia et iudicio et aduocatia et omni illo, quod vulgariter Recht vel Unrecht dicitur, cum omnibus terminis suis hucusque habitis, cum aquis, aquarum decursibus, molendinis, pratis, pascuis, terris cultis et incultis, et omnibus pertinentiis sibi

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adherentibus de consuetudine, gratia vel de iure, damus seu donamus antedictis commendatori et fratribus in Myrou ac eorum ordini perpetuo, quiete ac pacifice possidenda. Preterea excludimus, quod in crastino b. Martini annis singulis nobis de domo villici predicte ville Gnewetiz dno talenta cum dimidio denariorum Brandenb. census nomine omni procul dubio persoluentur. Et ne hec nostra donatio a nostris successoribus vel a quibuslibet aliis in perpetuum valeat irritari, presentem paginam damus memoratis commendatori et fratribus sigilli nostri munimine roboratam. Acta sunt hec in Lychen anno domini M°CC°LXXXV° III idus Martii, presentibus dno. Ludolpho de Plote, dno. Henrico Semeke (?), dno. Friderico et dno. Chotemir Dargaz, dno. J. et dno . . . . de Loweberch, dno. Hermanno et dno . . . . . . . . . . . dno. Friderico de Osterwalde et dno. Wichmanno Glude . . . . . . . . aduocato, dno. Johanne fratre ipsius et quam pluribus . . . 1 ).


Nr. VIII. b.

Albrecht, Markgraf von Brandenburg, verleiht dem Johanniter-Orden das befreiete Eigenthumsrecht der Dörfer Dabelow und Kl. Karzstavel.

D. d. Werbelin 17. Dec. 1286.

Aus einem Diplomatarium auf Papier aus dem 15. Jahrhundert im Grossh. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


I n nomine domini Amen. Nos Albertus Dei gracia Marchio Brandenburgensis omnibus in perpetuum. Humana memoria assidua mortis cogitacione negociorumque ac tractatuum multitudine infirmani mentem habet; ut adiuuetur vocibus testium ac testimonio litte-


1) "Diese ausgelassenen Stellen sind in der Urschrift vermodert."
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rarum, ad hoc ut acta mortalium robur alicuius obtineant firmitatis: hinc est quod notum esse volumus tam presentibus, quam futuris protestando, quod proprietatem villarum Dobelow et Karztauel minoris, quarum villarum possessio fuerat Chotemar et Ottonis fratrum, damus seu donamus liberaliter Commendatori et fratribus sancte domus hospitalis Jherosolimitani beati Johannis baptiste et eorum ordini libere perpetuo possidendam. Excipimus seu eximimus predicta bona ab omni exactione seu petitione, angaria, parangaria, constructione vrbium, poncium seu municionum, et generaliter ab omni vexacione uel molestia, quibus predicti fratres et eorum homines in predictis bonis a nobis uel a nostris heredibus possent in perpetuum grauari uel aliqualiter impediri. Hec predicta bona cum proprietate et omni libertate et omni iusticia et iudicio et aduocacia et omni illo, quod vulgariter Recht uel Vnrecht dicitur, cum omnibus terminis suis hucusque habitis, cum aquis, aquarum decursibus, molendinis, pratis, pascuis, lignis, terris cultis et incultis, et omnibus pertinenciis, sibi adherentibus de consuetudine, gracia uel de iure, damus seu donamus antedictis Commendatori et fratribus in Mirow et eorum ordini perpetuo, quiete ac pacifice possidenda, illo tamen excluso pariter et excepto, quod de talento quolibet uel frusto duro nobis et nostris heredibus soluentur duo solidi denariorum Brandenb. in crastino beati Martini census nomine annuatim. [Ne] hec nostra donacio a nostris successoribus uel a quibuslibet aliis in perpetuum valeat irritari, presentem paginam damus memoratis Commendatori et fratribus sigilli nostri munimine roboratam. Acta sunt hec in Werbelino anno domini M°CC°LXXXVI°, XV kal. Decembris, presentibus domino Henrico de Wildenhagen, Henrico de Sankow tunc temporis aduocato, et domino Chotemar Dargaz et aliis fide dignis.


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Nr. IX.

Nicolaus II. von Werle mit seinen Brüdern bestätigt den Rittern das Eigenthumsrecht über das Dorf Qualsow mit dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke, welches sie von den Brüdern von Lehsten, und über zwei Hufen in Loissow, welche sie von den Fürsten von Werle gekauft haben.

D. d. 14. Oktober 1296.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staas-Archive zu Berlin.


N os Nycholaus Dei gratia dominus de Werle et sui fratres vniuersis presentia visuris uel audituris salutem in Domino sempiternam. Que geruntur in tempore, ne simul labantur cum lapsu temporis, poni solent in ligwa testium uel scripture memoria perhennari. Hinc est quod notum esse volumus tam presentis, quam futuri temporis hominibus, Commendatorem et con[uen] tum fratrum sancti Johannis Baptiste cenobii in Mirowe, consensu vnanimi manuque communi, villam quandam, que vocatur Qualezowe, cum stagno dimidio, quod vocatur Kenhorst, et stagno integro, quod Gusteke dicitur, erga Brusekinum de Lesten, vasallum nostrum fidelem, et heredes suos rite et rationabiliter emisse et ab aliis suis amicis quibuslibet libere consentieutibus, pro C°C°C°C° [marcis] denariorum slauicalis monete totaliter persolutis, prout infra terminos suos et per terminos suos cum omnibus pertinentiis et finibus suis in latum protenditur et in longum, cum agris cultis et incultis, lignis, siluis, rvbis, aquis, piscationibus, pascuis, pratis, aquarumque decursibus, nemoribus, virgultis, paludibus, montibus, collibus, planis, asperis, viis et inviis ac aliis omnibus locis, infra limites et

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metas dicte ville actenus et adhuc contentis, nostra voluntate legitima et nostrorum fratrum et beneplacito accedente, et generaliter cum vtilitate, libertate omni et ecclesiastico benencio ac pleno iure. Nos igitur intuentes dictorum fratrum vitam celibem, bonorum operum frequentiam, ordinis sanctitatem, sperantes in anima et corpore apud Deum piis ipsorum adiuuari meritis, ad laudem Dei et beate virginis Marie ac sancti Johannis Baptiste, pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum nostrorum ac filiorum, heredum et successorum nostrorum, proprietatem dicte ville Qualezow fratribus in Mirowe et ordini sancti Johannis Baptiste dedimus et presentibus damus, de bona nostre matris dilecte et nostrorum fratrum voluntate, cum omni vtilitate supra scripta, volentes nichilominus, ut ab hominibus eandem villam inhabitantibus ex nunc et deinceps per nos uel per nostros suceessores aut nostros aut ipsorum aduocatos uel bodellos uel ipsorum nuncios numquam precaria, numquam curruum seruicia, numquam denarii monete, numquam agrorum mensura uel aliqua seruicia petitionum requirentur et ad custodiendum castra et propugnacula, uel quod wlgariter landwere dicitur, numquam de cetero tenebuntur; set quicquid dicti fratres ordinis sancti Johannis baptiste cum ipsis hominibus fecerunt uel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum, utpote prenominatus Bruseke et Gerardus frater eius, dicti de Lesten, cum suis heredibus, dictis fratribus de Mirowe eandem villam Qualezowe, ut est superius scriptum, nostra uoluntate accedente, vendiderunt. Damus dicto cenobio et fratribus in Mirowe proprietatem duorum mansorum etiam in Loysowe, ab omni precaria et seru[iciis] iustis et iniustis cum omni vtilitate et fructu liberos et exemptos, ea libertate, qua villa (?) Qualezowe predicta (?), eisdem fratribus pro C° marcis denariorum slauicalis monete condonauimus, cum omni iure prenotato, sine

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aliquo seruicio, propter dilectionem, [quam] ad fratrem Alexandrum Commendatorem habuimus et abemus, integraliter possidendos. Ut igitur dicta nostra donatio firma nostris temporibus et perpetuis in[uiolabilis] permaneat, nos super eo scriptum nostrum sepe dictis fratribus dedimus et sigilli nostri apensione iussimus [commun]iri. Huius rei [testes] sunt: Domina Sophia de Werle, Albertus de Redere, Conradus Buno, Otto de Retzowe et Johannes de Goltstede, milites; Gotmarus de Retzowe famulus, et alii quam plures fide digni. Actum et datum anno domini M°CC°LX°X°VI°, pridie idus Octobris.

Charte: ein quadratisches Pergamentblatt.
Schrift: eine fette, deutliche Minuskel, aber sehr verblichen, so dass die Urkunde sehr schwer zu entziffern ist.
Siegelband: eine grün und weiss seidene Schnur.
Siegel: ist bis auf wenige Spuren verschwunden.


Nr. X.

Nicolaus II. von Werle mit seinen Brüdern belehnt die Ritter mit dem Dorfe Qualsow, so wie mit der Voigtei und dem höchsten Gericht über dieses Gut, und befreit zugleich die Seen Kenhorst und Gusteke und zwei Hufen in Loissow von allen Lasten und Diensten.

D. d. Roebel 1296.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


N icholaus Dei gratia dominus de Werle et sui fratres vniuersis presencia visuris salutem in Domino sempitemam. Que geruntur in tempore, ne simul labantur cum lapsu temporis, poni solent in lingua testium vel scripture memoria perhennari. Hinc est quod tam

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presencium, quam ad futurorum volumus noticiam peruenire, quod nos de bono matris nostre ac nostrorum fratrum consensu ville Qualezowe proprietatem, que fuerat Brusekini et suorum heredum, qua idem a nobis extiterat inpheodatus, damus sancte domui hospitalis Jerosolimitani ordinis beati Johannis baptiste in Mirowe, cum agris cultis et incultis, pascuis, lignis, nemoribus, piscationibus, cum [omn]i vtilitate, libertate, aduocacia ac pleno iure, videlicet manus et colli, donamus perpetuo possidendam. Volumus eciam, vt predicta villa ab illo, quod Vnrecht dicitur, libera maneat et infra Scedhe siue mensura, qua per nostros grauari poterat, sit exempta; insuper ab omni exactione precaria et molestia, qua per nostros officiales grauari poterat, reddimus absolutam. Constituimus [etiam] sepedictos fratres a tempore et die huiusmodi donacionis nostre memoratorum bonorum cum omni eorum vtilitate dominos et patronos. Stagnum eciam, quod vocatur Kenhorstesse, dimidium ad predictam villam sine contradictione qualibet et stagnum integrum, quod Gusteke dicitur, sicut idem Bruseke et Gerhardus de Lesten et eorum heredes antiquitus possederant, pertinebit; duos eciam mansos in Loysow ab exactione, precaria, seruiciis iustis et iniustis donamus liberos et exemptos. Hanc donacionem frater Allexander suis temporibus ordinauit. Ne autem hec ab aliquibus valeant irritari in posterum, presens instrumentum super hoc confectum damus predictis fratribus sigilli nostri et matris nostre munimine roboratum. Actum et datum Robele coram testibus infra scriptis, videlicet Domina nostra, domina terre Sophia matre domini Ni., domino Alb. de Redere, Domino Conr. Bu n mit Querstrich ., domino Ot. de Rezow et fratre suo Gotmar, domino Jo. de Goltste de et aliis fide dignis. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXXXX°VI°.

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Charte: Pergament.
Schrift: flüchtig, verblichen und schadhaft.
Siegelbänder: zwei Schnüre von rother und gelber Seide.
Siegel: sind abgefallen.


Nr. XI.

Nicolaus II. von Werle belehnt die Ritter zu Mirow mit dem Dorfe Gaarz, welches sie von Otto und Gothmar von Retzow, und mit vier Hufen in Viezen, welche sie von Conrad von Bunow gekauft hatten, ferner mit sechs Hufen in Viezen.

D. d. Mirow 15. August 1298.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Cum rerum gestarum certissima representatio sit scriptura, que de verborum serie redactorum in ipsam nichil minuit neque mutat, sapientum decreuit industria, ut ea, que aguntur debite, litterarum serie et fidelium testimonio roborentur, ne posteris dubium oriatur. Proinde nos Nicolaus Dei gratia dominus de Werle recognoscimus et tenore presentium in publicam notitiam deuenire cupimus singulorum, quibus presentes fuerint recitate, quod noster miles strennuus Otto de Ritzow, necnon Gothmarus suus [frater] villam Gardiz viris religiosis et in Christo reuerendis videlicet fratribus in Myrow ordinis sancti Johannis baptiste hospitalis Jherosolimitani pro quadringentis marcis denariorum vendiderunt ac coram nobis libere resignarunt. Nos igitur intuentes dictorum fratrum vitam celibem, bonorum operum frequentiam, ordinis sanctitatem, sperantesque in anima et corpore apud deum piis ipsorum meritis adiuari, ad laudem Dei

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omnipotentis et beate Marie virginis ac sancti Johannis baptiste, pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum ac filiorum, heredum et successorum nostrorum, proprietatem dicte ville Gardiz fratribus in Myrow et ordini sancti Johannis baptiste dedimus et presentibus damus de bona nostre matris dilecte et nostrorum fratrum voluntate, ita ut ipsam villam iam dicti fratres cum omnibus suis pertinentiis, videlicet agris cultis et incultis, lignis, siluis, rubis, aquis, piscationibus, pascuis, pratis [et] integris distinctionibus et generaliter cum omni vtilitate libertatis, ecclesiastico beneficio ac pleno iure videlicet manus et colli libere perpetuo possidebunt, volentes nichilominus, vt ab hominibus eandem villam inhabitantibus ex nunc et deinceps per nos uel per nostros successores aut nostros aut ipsorum aduocatos vel bodellos vel ipsorum nuncios nunquam precaria, nunquam curruum seruicia, nunquam denarii monete, nunquam agrorum mensura, vel aliqua seruicia petitionum requirantur et ad custodiendum castra et propugnacula, vel quod wlgariter lantwere dicitur, nunquam de cetero tenebuntur; sed quicquit dicti fratres ordinis sancti Johannis baptiste cum ipsis hominibus fecerint vel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum. Verum etiam proprietatem quatuor mansorum in villa Visene, quos iam dicti fratres a nostro milite Con. dicto Buno nobis dilecto pro octoginta marcis denariorum sibi conparauerunt, similiter proprietatem aliorum sex mansorum ibidem, ea libertate, qua villam Gardiz predictam eisdem fratribus condonauimus, cum omni iure prenotato, damus perpetue eosdem decem mansos sine aliquo seruicio propter dilectionem, quam ad fratrem Alexandrum commendatorem habuimus et habemus, integraliter possidendos. Huius rei testes sunt: dominus Johannes de Lewezow miles, dominus Frede(re)ricus Moltheke miles, dominus Conradus dictus Buno miles, dominus Hinricus dictus Vosh miles,

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dominus Johannes de Goltstede miles, dominus Otto et dominus Hinricus fratres dicti de Ritzow milites, Gothmarus de Rithzow marschalcus, Nicolaus Huriz, Bernardus de Hakenstede, Echardus dictus Hane, et alii quam plures, tam clerici, quam laici, fide digni, si necesse fuerit, quod absit, qui perhibebunt testimonium veritatis. Ne autem hec donationis conditio, proprietatis libertatisque, a nobis firmiter et perpetualiter concessa, ad irritum a nostris heredibus siue successoribus reuocetur, in euidens testimonium et cautelam presentem paginam munimine nostri sigilli fecimus communiri. Actum et datum anno incarnationis Domini nostri Jhesu Christi millesimo ducentesimo nonagesimo octauo, in die assumptionis [matris] nostre sancte Marie perpetue virginis, in curia Myrow.

Charte: ein grosses Pergamentblatt.
Schrift: klein und weitläuftig, dabei stark verblichen und beschädigt.
Siegelband: ein Pergamentstreifen. Vom ehemaligen
Dasein des
Siegels: sind nur geringe Spuren vorhanden.


Nr. XII.

Nicolaus II. von Werle bestätigt den Johanniter-Rittern alle ihre bisherigen Besitzungen und schenkt ihnen das Eigenthum von Roggentin, Loissow und dem Bullow-See, indem er alle diese Verleihungen mit gleichen vollen Rechten bewidmet.

D. d. Mirow 18. Januar 1301.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.

(Die Abweichungen der drei vorhandenen Exemplare sind mit A, B und C bezeichnet, A ist Bezeichnung des nachstehenden Drucks.)


N ycholaus Dei gratia dominus de Werle omnibus Christi fidelibus presens scriptum visuris et audituris

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salutem in domino sempiterno 1 ). Ea que fiunt in tempere, ne simul recedant cum tempere, selent in lingua testium poni et scripture memeria perhennari. Hinc est quod omnibus tam presentibus, quam futuris, ad ques scriptum 2 ) peruenerit, velumus esse notum, presentibus publice pretestantes, quod Hinricus, pater aui nostri karissimi Nycolai de Werle, ex consensu ipsius et ex bona voluntate Johannis, Hinrici, Pribzlay 3 ), fratrum suorum, et Johannis et Hinrici, natorum suorum, virorum nobilium, donauit sacre domui hospitalis Jherosolimitani et fratribus in Mirow in Christo reuerendis diuersis temporibus, in subsidiuni terre sancte, ob honorem Dei sanctique Johannis Baptiste, pariterque in remissionem suorum peccaminum videlicet et progenitorum ac filiorum, heredum ac suorum successorum, proprietatem villarum seu mansorum Granzowe, Mirowe, Petzeke, Lenst ac Vlete 4 ) sub certis terminis suis pleno iure, tam pro Deo, quam pro pecunie summa C marcarum examinati argenti libere et perpetue possidendum 5 ). Que vero proprietas predictarum villarum 6 ), cum suis omnibus pertinenciis, pratis, pascuis, campis, siluis, terris cultis et incultis, prediis vrbanis et rusticis, introeuntibus 7 ) et exeuntibus, viis et inviis, palludibus, stagnis, aquis aquarumque decursibus, molendinis, piscationibus, venationibus, iudiciis seu iurisdictionibus, iuribus patronatus et generaliter omnibus iuribus et vtilitatibus, est a iani dictis nostris progenitoribus karissimis rite et racionabiliter predicte domui et fratribus in Mirow 8 ) elargita 9 ). Preterea nos preces dictorum fratrum intuentes et perturbationes ipsorum precauentes publice recognoscimus et ad pleniorem


B. 2) presens pagina. 3) ct Pribezlai. 5) possidendam. 9) pleno iure elargita. C. 1) sempiteruam. 2) presens pagina. 3) Pribizlay. 4) Gransow, Mirow, Pezich, Lenste ac Vlete. 5) possidendam. 6) predictarum villarum fehlt. 7) introitibus. 8) Von predicte bis Mirow fehlt.
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ipsorum fratrum quietem et cautelam donationem proprietatis villarum huiusmodi predictarum et mansorum 1 ) ex integro renouantes, eis plenam damus facultatem in eisdem villis Slauos et Theutonicos 2 ) locandi et faciendi in ipsis bonis et de ipsis 3 ), prout ipsis viderit expedire. Renunciamus insuper omni iuri mensurationum, exactionum, precariarum, angariarum et parangariarum, seruitiorum, expeditionum 4 ) et generaliter omnium munerum et onerum, quaeumque occasione ea vniuersaliter vel particulariter inponi contigerit, quod nobis aut heredibus aut successoribus nostris, seu aduocatis nostris aut ipsorum nunciis quibuslibet in eisdem bonis aut hominibus ibidem habitantibus aut habitaturis ad presens competit uel possit competere in futurum. Nos uero eciam, intuentes dictorum fratrum vitam celibem, bonorum operum frequenciam, ordinis sanctitatem 5 ), speramus in anima et corpore apud Deum piis ipsorum meritis adiuuari, ad laudem Dei omnipotentis et beate Marie virginis ac sancti Johannis baptiste, pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum ac filiorum, heredum et successorum nostrorum, et pro pecunie summa CC marcarum, ac eciam pro multimodis seruiciis nobis exhibitis, proprietatem villarum ac mansorum: Qualezowe 6 ) et dimidii stagni quod dicitur Kenhorst et integri stagni, quod dicitur Gusteke 7 ), et in villa Roggentin XXX 8 ) mansorum, pariterque trium superfluorum mansorum, qui tres mansi dicuntur vberslach 9 ) ibidem, et integri stagni, quod dicitur Bulgelove 10 ), et in villa Loysowe XXXII 1/2 mansorum et proprietatem ville Gardiz 11 ) et X mansorum in villa


B. 1)et mansorum fehlt. 2) Teutonicos. 8) triginta. 9) ouerslagh. 10) Buleglove. 11) ville Queghow XLta mansorum. C. 2) Teutonicos. 3) de ipsis bonis. 4) petitionum, expeditionum. 5) sanitatem. 6) Qualsow. 7) Custeke. 9) ouerslactich. 10) Bulchelowe. 11) [man]sorum in villa Quechowe ordini S. J. (Urk. C ist hier schadhaft.)
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Visne 1 ): ordini sancti Johannis baptiste et fratribus in Mirow dedimus et presentibus damus debona nostre matris et nostrorum fratrum voluntate: ita ut ipsas villas seu mansos vel stagna iam dicti fratres cum omnibus suis pertinenciis, videlicet agris cultis et incultis, ligns, siluis 2 ), rubis, aquis, piscationibus, venationibus 3 ), pascuis, pratis et integris distinetionibus, et generaliter cum omni vtilitate et libertate prescripta, ecclesiastico beneficio ac pleno iure, videlicet manus et colli, libere perpetue possidebunt, volentes nichilominus, ut ab hominibus easdem villas inhabitantibus et predictos mansos 4 ) colentibus, et in eisdem stagnis ex iussu fratrum piseantibus, ex nunc et deinceps per nos vel per nostros successores, aut nostros aut ipsorum aduocatos, vel bodellos, vel ipsorum nuncios nunquam precaria, nunquam curruum seruicia, nunquani denarii monete, nunquam agrorum mensura, vel aliqua seruicia petitionum seu expeditionum requirantur, et ad custodiendum castra et propugnacula, vel quod wulgariter lantwere 5 ) dicitur, nunquam de cetero tenebuntur; sed quicquid dicti fratres ordinis saneti Johannis baptiste cum ipsis hominibus, villis, mansis vel stagnis supradictis fecerint vel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum. In cuius rei firmamentum presentem paginam sigillorum nostrorum 6 ) communimus patrocinio, districte mandantes, ne aliqui hominum, siue heredes nostri, vel vice heredum nobis succedentes, hec aliquatenus presumant infringere, que nobis ad utilitatem virorum religiosorum fratrum in Mirow placuit confirmare. Huius donationis testes sunt: Conradus Buno, Nicholaus de Malin, Bernardus de Bellin, Otto de Retzow, Fridericus Brusehauere, Hinricus Wulf 7 ), Nycolaus Hane,


B. 1) in Visne X. 3) venationibus fehlt. 5) landwer. 7) Hinricus Lupus C. 2) silnis fehlt. 3) venationuibus fehlt. 4) predictas villas. 6) sigillorum nostrorum fehlt. 7) Hinricus Lupus.
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milites fideles; Gothemarus de Retzowe marschalcus 1 ), Eggehardus 2 ) et Ludekinus Hane et alii quam plures, tam clerici, quam layci, fide digni. Datum et adum in curia Mirow, anno 3 ) domini M°CCC°I° 4 ), in die beate Prisce virginis.

Von dieser Urkunde sind drei Ausfertigungen vorhanden, welche aber alle drei sehr verschieden von einander sind.

Urkunde A, welche als Text zum Grunde gelegt ist, ist eine quadratische Membrane. Die Schrift ist eine kräftige Minuskel, ganz im Charakter des dreizehnten Jahrhunderts, schon mit cursiven Zügen, aber gross, kräftig, gedrängt. Angehängt ist eine Schnur von grüner und weisser Seide, an welcher jedoch das Siegel fehlt. - Dieses Exemplar ist wahrscheinlich die Original-Urkunde.

Urkunde B ist ein oblonges Pergament. Die Schrift ist offenbar von jüngerer Hand und wie die einer schlecht geschriebenen Urkunde aus dem vierzehnten Jahrhundert. Angehängt ist eine roth und gelb seidene Schnur, ohne Siegel.

Urkunde C ist noch schlechter geschrieben, in einer schlechten cursivischen Minuskel des vierzehnten Jahrhunderts. Angehängt ist eine grün und weiss seidene Schnur, ohne Siegel. Dies Exemplar hat durch Moder stark gelitten, namentlich ist an der rechten Seite eine Stelle beinahe von der Grösse einer Hand durch Eisenmale ausgefallen.

Die Schrift der Urkunden A und C steht um ein Jahrhundert auseinander.

Zum Text der drei Urkunden sind einige Bemerkungen nöthig:

1) Zu Not. 5. S. 242. Die Urkunden B u. C haben: "pro pecunie summa C marcarum examinati argenti." In Urk. A hat statt C m marc. offenbar CC marc. gestanden; aber eben so deutlich ist bei den CC radirt, so dass von dem ersten C nur noch wenig zu sehen ist.

2) Zu Not. 11. S. 243. In der Bezeichnung der Verleihungen von Gaarz und Viezen sind in den drei Urkunden Abweichungen, von denen ich einige nicht erklären kann. Es hat nämlich:

A. proprietatem ville Gardiz et X mansorum in villa Visne.


B. 1) Godmer marschalcus. 2) Echardus. 4) M°CCC° primo. C. 1) Godmer marschalcus. 2) Echardus. 3) Von domini bis virginis fehlt.
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B. proprietatem ville Queghow XLta. mansorum in Visne X.
C. . . . sorum in villa Quechowe ordini Sci Johannis etc.

Die Urk. A hat Gardiz. - In Urk. B ist mit anderer und schlechterer Schrift, als die der Urkunde, und mit Rasuren der Name Queghow hineingeschrieben, und dahinter XLta, was sich sonst nicht findet; dann folgt eine Lücke, so klar, dass man sieht, die Stelle sei zum nachherigen Hineinschreiben offen gehalten gewesen. Das X hinter Visne ist ebenfalls auf gleiche Art hinterher geschrieben. - In Urk. C scheint gar nicht von den X mansis in Visne die Rede gewesen zu sein; an der gehörigen Stelle findet sich nichts davon, obgleich die Urkunde dort nicht gelitten hat. So viel Pergament als zur Bezeichnung des Eigenthums in "Quechow" nöthig war, ist vor . . . sorum im Pergament vermodert.

3) Ferner haben dann alle drei Urk. bei dem Dorfe Loyssow klar die Zahl XXXII 1/2 , d. i. 32 1/2, mit der gewöhnlichen Bezeichnung für 1/2.

4) In Urk. C fehlt das datum; sie schliesst mit: "anno".


Nr. XIII.

Heinrich II. von Meklenburg überlässt den Johanniter-Rittern die Münzpfennige von Mirow, Zirtow, Petsch, Lenst, Fleeth und Repent und die Münzpfennige und den Zins von Starsow. Zugleich tauscht er von den Rittern sechs Hufen in Sozen gegen vier Hufen in Starsow ein.

D. d. Stargard 15. August 1303.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


H ynricus Dei gratia dominus Magnopolensis omnibus presens scriptum visuris et audituris effcetum in domino salutarem. Facta memorie digna scriptis commendare decreuit prudens antiquitas, ne longinqui-

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tate temporis, quod iuste et rationabiliter actum dignoscitur, cuiusquam obliuione uel temeritate contingat in dubium reuocari. Ad noticiam igitur tam presentium, quam futurorum volumus peruenire, quod nos de maturo nostrorum vasallorum consilio et nostra bona voluntate viris religiosis ac in Christo honorandis, fratribus sacre domus hospitalis Jerosolomitani sancti Johannis baptiste in Myrowe, vniuersos denarios monete, quos in villis predictorum fratrum, scilicet Myrowe, Zirtow, Pezich, Lenst, Vlit, Repent et in IIII or mansis Starsow, tam denarios monete, quam XXVIII solidos Brandenburgenses de tributo, quod dicitur Thins, percipere annuatim consuevimus, cum nichil aliud iuris uel seruitii, tam minoris, quam maioris, habuimus in villis prenotatis, predictos denarios contulimus et dimisimus possidendos et perpetuis temporibus donamus libere et quiete percipiendos. Verum eciam proprietatem IIII or mansorum in villa Starsow, quos sibi predicti fratres comparare poterint, contulimus cum omni iure, libertate, vtilitate ac aministratione denariorum monete et Tinsh, sicut ad nos pertinebat, perpetue possidendam fratribus prenominatis. Vnde iam dicti fratres proprietatem sex mansorum in villa Sozene cum redditibus et omni iure, sicut hactenus habuerunt, ad manus nostras in reconpensam integraliter resignarunt. Ne autem in posterum super hoc possit alicilius dubietatis calumpnia suboriri, presentes litteras duximus sigilli nostri munimine roborandas in testimonium veritatis. Huius rei testes sunt: dominus Bosso de Dolla, dominus Wilkinus Sonycken, dominus Conr. Lupus, dominus Fredericus Hasencop, dominus Fredericus Můnt aduocatus, dominus Johannes de Plawe, milites; Gludo et frater suus de Wesenberch, Bosso Wadescenkel, Rudolfus de Dolla, Henricus de Sconenhusen, et alii quam plures, tam clerici, quani layci, fide digni. Datum et actum in Stargart,

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anno domini millesimo trecentesimo tercio, XVIII° kalend. Septembris.

Charte: oblonges Pergament.
Schrift: unregelmässige Minuskel.
Siegelband: roth und gelb seidene Schnur.
Siegel: verloren, mit Ausnahme höchst geringer Spuren.


Nr. XIV.

Heinrich II. von Meklenburg bezeugt den Empfang eines Geschenkes von dreissig Mark Silbers von den Rittern und bestätigt ihnen die Befreiung ihrer Güter von allen Abgaben.

D. d. Lychen 3. April 1304.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


H ynricus Dei gratia dominus Magnopolensis omnibus Christi fidelibus presens scriptum visuris seu audituris salutein in Domino sempiternam. Facta mem[orie dig]na scriptis commendare decreuit antiquitas, ne longinquitate temporis, quod iuste ac racionabiliter actum dignoscitur, cuiusquam obliuione contingat [uel temerita]te in dubium reuocari. Nouerit igitur preseus etas fidelium et discat felix successio futurorum, quod prelibati fratres sacre domus hospitalis Jerosolimitani ordinis [sancti] Johannis baptiste de Myrowe omnia bona uillarum seu mansorum eorum, uidelicet Zyrtowe, Peceke, Lenst, Vlethe, Repent et Myrowe, cum omni iure, proprietate et libertate, terris cultis u[el in]cultis, lignis, paludibus, aquis, aquarumque decursibus, molendinis, piscationibus, pratis et pascuis, cum suis pertinentiis, sub certis terminationibus sicut iacent, absque precaria ad nos perduxerunt. Cum autem in magna necessitate debitorum

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ex parte illustris principis Marchionis Hermanni essemus positi, in sub[sidium] iam dicti fratres ordinis sancti Johannis baptiste de bonis eorum predictis triginta marcas argenti nobis animo beniuolo donauerunt. Quam donationem argenti nec modo in presenti pro iure reputamus, nec umquam nos uel nostri heredes siue successores pro iure reputabimus in fut[ur]um, sed pocius pro gracie et beneficii inpensione. P[reterea] nos, dictorum fratrum considerantes uitam celibem, bonorum operum frequentiam, ordinis sanctitatem, sperantes in animo et corpore apud Deum deuotis eorum precibus salubriter adi[uuari, ad] laudem Dei omnipotentis et beate Marie uirginis sanctique Johannis baptiste, pro salute anime nostre et uxoris nostre ac progenitorum nostrorum, necnon successorum, damus e[isuem fratribus] presentibus et futuris eorum bona supradicta, sicut ad nos ea perduxerunt, per nos et nostros heredes seu successores a denariis monete et a precaria in perpetuum libera et exempta. Vt autem omnia predicta a nobis et nostris successoribus perpetua permaneant et inconuulsa, dedimus eisdem fratribus supradictis de Myrowe presentem paginam sigilli nostri patrocinio firmiter communitam. Testes sunt milites nostri: dominus Busso de Dolle, dominus Willekinus Soneke, dominus Rodolfus de Wodensuegen, dominus Hechardus de Dewize, dominus Hinricus Soneke, dominus Ficco Munt, dominus Johannes de Plawe aduocatus, dominus Hinricus Krowel aduocatus, dominus Rodolfus de Dolle, et quam plures alii fide digni. Datum Lychen anno Domini M°CCC°quarto, tertio nonarum Aprilis.

Charte: Pergament von oblonger Form, an der rechten Seite stark beschädigt und lückenhaft.
Schrift: klare, grosse, fette neugothische Minuskel.
Siegelband: ein Pergamentstreifen.
Siegel: ist offenbar abgerissen.

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Der Text hat wegen der grossen Eisenmale und Lücken vielfach ergänzt werden müssen; er wird mit der Zeit immer mehr leiden, da viele einzelne Pergamentstückchen nur noch lose mit der Charte zusammenhangen.

Unter den Zeugen ist der Namen Krowel (Krauel) undeutlich geschrieben. Aber er kommt auch in einer Nemerowschen Urk. d. d. Lychen 3. April 1304 vor: Krowel aduocatus; ferner 1299 Krowel aduocatus in Lychen und 1305 Henricus Krowel miles in schröders P. M. I., 851 und 890.


Nr. XV.

Nicolaus II. von Werle und seine Brüder Günther und Johann verkaufen an die Ritter das Eigenthum des Dorfes Schildersdorf mit allen Rechten und Freiheiten.

D. d. Plau 9 Junii 1304.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


[ I n nomine sancte] et indiuidue trinitatis Amen. Nycolaus Dei gratia dominus de Werle, Guntherus et Johannes eadem gratia domicelli slauie, omnibus presens scriptum cernentibus salutem in domino sempiternam. [Quonia]m prude[ntis es]t consilium, ut acta digna memoria certa scripturarum elucidacione sic seruentur inte(r)gra, quod usque ad cursum futuri temporis circa gesta ueritatis maneant incorrupta: [hinc] [est quod] notum f[aci]mus vniuersis presentibus et futuris, quod, de bona nostra uoluntate, necnon et maturo vasallorum nostrorum fidelium consilio, vendidimus et dimisimus ordini sacre domus hospitalis Jerosolomitani sancti Johannis baptiste et fratribus in Mirow proprietatem bonorum nostrorum et mansorum in villa scilderdorpp cum redditibus singulis et prouentibus, prout nos et mater nostra sophya dilecta [pie] memorie dinoscimur possedisse, terris cultis et

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incultis, lignis, sub intermissione positis(?) que wlgariter dicuntur heynholt, siluis, paludibus, aquis, aquarumque decursibus, stagnis, molendinis, areis, piscacionibus, pratis, pascus campis, et cum omnibus suis attinenciis sub certis metis et terminis, cum omni libertate, vtilitate, cum iudicio maiori et minori, manus et colli, libere perpetuo possidendam. Tradidimus vero eisdem fratribus plenam facultatem, in ipsis bonis et mansis Slauos seu Teutonicos locandi, et faciendi in ipsis bonis, prout memoratis fratribus videbitur expedire. Insuper renunciamus omni exactioni precarie, moncte denariis, expedicionibus, seruiciis castrensibus, funiculi mensurationibus et generaliter singulis aggrauacionibus, in quibus iidem fratres poterunt molestari, nec in ipsis bonis debet per nos aut nostros successores, seu aduocatos calumpnia generari. Pro huiusmodi proprietate ac libertate bonorum et mansorum dictorum in Scilderdorpp sepedicti fratres in Myrow nobis trecentas marcas denariorum cum quinquaginta integraliter donauerunt. Jus etiam patronatus in ecclesia ibidem eisdem fratribus contulimus propter Deum. Vt huiusmodi sollempne factum a nostris successoribus maneat inconcussum, presens scriptum sigillis nostris duximus roborandum. Testes sunt: Conradus Buno, Ludolphus de Oldenborch, Otto de Retzow, Tesmarus, Priscebur, Vicko Vos, Bernardus de Belin, Conradus Vos, Conradus de Lancow, Nicolaus Hane, Yio de Morin, milites; Nicolaus de Ortzin, Jonas de Reberghe, Johannes Parsov coquinarius noster, Ludolfus Halremud, famuli honesti; Stacius de Babeszin, notarius noster. Actum et datum Plawe per manus Johannis de Cene nostri notarii, anno incarnacionis dominice millesimo trecentesimo quarto, feria tercia post octauam corporis Cliristi proxima.

Charte: Pergament von oblonger Form an der linken Seite oben zerstört; daher hier eine Lücke.

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Schrift: feste, grosse, fette Minuskel.

Siegelbänder: Für zwei Bänder sind nur Löcher vorhanden. In dem zweiten allein hängt eine Schnur von rother, grüner und gelber Seide, welche aber meistentheils schwarz und weiss geworden ist.

Vom Siegel: sind nur unbedeutende Spuren vorhanden.


Nr. XVI.

Nicolaus II. bestätigt den Rittern den Besitz von acht Hufen in Dambek, welche sie von den Herren von Schwerin gekauft haben.

D. d. Güstrow 4. Februar 1305.

Nach der auscultirten Copie im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n deme nhamen vnses herrenn A.[me]n. Nicolaus van Gots genadenn, herre van Werle, allen cristenlouigen luden, die desse ieghenwordighe dinge sihen edder horen, ewigen heil in deme herren. Wente dy tid der [pacte 1 )] nicht stede blift, darvmme s[wind]en vnde veruallen in der tid die minschlike [werk]inge: Darvumme is d[at] eine wonheit der eddelen, ere werke vnde ges[chege] dinge to bevestende mit breuen, tugen vnde hantuestungen, dorch welker sie in tokomenden tiden werden to der dechtnisse ghetagen. Hirvmme witlik sy den gegenwordigen vnde tokomenden, dat wy, van vnnserm guden willen, vulbord vnnser brodere vnde eruen, vnser truwen erbar [man], die rad daruff ghehad, to laue deme almechtigen gode vnde syner werden muder, der juncfrowen Marie, vnde tu die eren St. Johannis baptiste, deme hilgen [or]den[sünte] Jo-


1) pacte. So scheint die Urkunde zu haben. In andern übersetzten Urkunden aus gleichen Zeiten findet man oft in gleichem Zusammenhange: schefte und geschefte (acta).
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hannis hospitalis JherusaI., den br[oderen] to Myrow [geuen] wy den eygendom vnde friheit achte houen in deme dorpe Dambeke, die emals den [herr]en van [Swe]rin tho horden, dy sie rechtes kopes gekofft hebben: wy geuen den sulften broderen to Mirow in der sulften wise die meynschap vnde [nuth] in eren enden, alse sie liggen in holten, buschen, wolden, wischen, weiden, (lugen), wateren vnde der watere affvlate, ack(eren gheeret vnde [un]ghe[er]et), tu allem nutte vnde affkomende, ane dinst, frigh, to ewigen tiden to [roe]rende, doch darvpp geschen, dat dy vorgesechten houen p[ennik] bede to guende vnde roszdinst to dop[ende] [na] wanheit der houen vnnser erbar manne wanliker wise sin verplichtet, dat sy denn, dat na verlopinge der tid dy vorbenomeden brodere van Mirow die suluen vnder erer eigen p[lu]ch wolden eren, denne so willen wy, die houen wesen vtgenhamen vnde geloset, van aller besweringe vngemaket, bewagen van begerlicheit milder dechtnisse, vppe dat vnnser olderen vnde vnse demedige begher dorch mennigerleie bede vnnde woldat, die die herre geft, stedes to s . . hinde, vormiddelst der vorbenomeden broderen gades desto dehmoger werden beualen. Vppe dat dith milde vnde redelike werk vormiddelst der vormerkinge des twiuels bie etliken vnser nachkamen, also dy anderer guden namen willen nicht moge gebraken werden, hebben wy vnnse ingesegel, alse men sith, an dessen breff gehangen. Tuge die hir bie sinth gewesenn: Konr. Bunow, Ber. van Bellin, Lu. van Oldenborche Heneke Crapelin, Jo. Cabolt, Nortmannus, Hinr. Grubo, Vicko et Conr. Vos, Conr. van Lankow, vnse riddere, vnde vele mehr louewerdige manne. Datum Gustrow anno domini MICCC quinto, feria quinta post purificacionem.

Diese Urkunde ist nur in einer auscultirten Uebersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche vorhanden.

Charte: Pergament, sehr verschimmelt.

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Schrift: wohl scbon aus dem 15. Jahrhundert, ist sehr schlecht und dazu sehr verblichen, so dass der grössere Theil der Urkunde nach einigen durcbscheinenden Zügen und häufig wiederholtem Studium hat conjecturirt werden müssen. Die Entzifferung der Schrift gehört zu den schwersten Arbeiten dieser Art. Bei aller Sorgfalt war es unmöglich, Alles herauszubringen; an den schwierigen Stellen ist aber doch der Buchstabe respectirt.

Siegelband und
Siegel: sind nicht vorhanden gewesen.


Nr. XVII.

Günther, Canonicus des Doms in Magdeburg, und Junker Johann, Fürsten von Werle, bestätigen der Comthurei alle Güter, welche sie bis dahin von den Herren von Werle erhalten.

D. d. Ruppin 17. Mai 1309.

Auszug aus dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine Domini Amen. Gvntherus Canonicus sancte Magdeborgensis ecclesie et Johannes Dei gratia domicellus, fratres de Werle, omnibus- salutem. - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -
Notum esse volumus, - quod nos omnes libertates et immunitates proprietatum per litteras patentes traditas in villis, - - - - - - - - - - - - -
- - - - quas progenitores nostri - ac nobilis vir dominus Nicholaus de Werle, noster frater, - - fratribus in Myrowe, - - - libere et perpetuo donauerunt possidendas - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -
auctoritate presencium - - ratificamus, innouamus, approbamus et ex integro confirmamus. -

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Testes huius nostre confirmationis, donationis et renouationis hii sunt: noster awnculus dilectus comes de Lindowe, dominus Borchardus, et eins frater dominus Vlricus, dominus Albertus de Rennebeke et eius frater Conradus, milites predictorum comitum, Tezmarus, Henr. Grubo, Vicko Vos, Vicko de Lobeke, Ludolfus et Hartmannus fratres de Oldenborch, Yo. de Morin, Otto de Retzowe et Ludolfus de Decin, nostri milites fideles, et alii quam plures, tam laici, quam clerici, fide digni. Actum in Růppin et datum ibidem anno dominice incarnationis M°CCC°nono, in vigilia [festi] uitatis Pentecostes.

Die Urkunde enthält ausser dem hier Excerpirten nur die gewöhnlichen Formeln und die Namen, welche in allen frühern Urkunden vorkommen.

Charte: Pergament.
Schrift: klein.
Siegelbänder: zwei Schnüre von rother und grüner Seide.
Siegel: fehlen.


Nr. XVIII.

Die Stadt Malchow befreiet die Ritter vom Brücken-, Wege- und Durchgangs-Zoll und allen etwanigen andern Abgaben.

D. d. Malchow 24. August 1309.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staate-Archive zu Berlin.


V niuersis et singulis Christi fidelibus in perpetuum presens scriptum visuris Consules Ciuitatis Malchow ceterorumque vniuersitas burgensium ibidem in omnibus causis licitis quicquid poterint et honestis.

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Quoniam in negotiis et tractatibus rite gestis plerumque ad testimonia recurritur scripturarum, ideo tenore presentium litterarum recognoscimus et publice profitemur, quod in causa, quam prelibati Magister [et fratr]es sacre Domus hospitalis sancti Johannis Jerosol. in Alamania, Marchia et Slauia contra nos . . . . . . . do mouerunt dudum, et titulo super theolonio nostrorum pontium et semitarum indebite ab eisdem [Magistro et frat]ribus recepto et sepius requisito, talis est ordinata compositio inter nos ex parte vna, et fratrem Hynricum dictum de Wesenberg, Commendatorem in Myrowe, habentem super eo speciale mandatum a Magistro sui o[dini]s ex altera, religioso viro nobili domino fratre Bernardo de Slauia ordinis fratrum maiorum, nec non honorabili viro domino Gherardo, sanctimonialium in Malchow preposito, mediantibus et ad hoc operam prestantibus studiosam, dimisimus et dimittimus ac nunciamus eosdem Magistrum et fratres per presentes ac omnem eorundem familiam ab omni theolonio nostrorum pontium, semitarum et transitu ciuitatis Malchow in perpetuum liberos et solutos, et aliis generibus molestie quibuscunque. Et quia prefati Magister et fratres ab omni inpetitione theolonii et perturbationum vbique terrarum dinoscuntur verissime fore exempti et speciali prerogatiua gaudeant libertatis, eosdem iure suo, tanquam vasallos nobilium dominorum nostrorum de Werle, fauorabiliter perpetue curabimus promouere et suis libertatibus a sede apostolica indultis perpetuis temporibus summa diligentia honorare. In huius rei obseruantiam et memoriam sempiternam, et ne aliquod dubium in [poste]rum oriatur, ad utilitatem predictorum Magistri et fratrum et cautelam sigillum ciuitatis Malchow super premissis [libertat]ibus duximus apponendum. Datum et actum Malchow, anno dominice incarnationis M°CCC°IX° [in] die beati Bartholomei apostoli, presentibus Consulibus ibidem: Eyler,

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Vicko Roche, Bernardo Ranze, Johanne Dytmari, Hensone pellifice, Lamherto aduocati, nec non Johanne Rus.oe, domino Henrico priore in Mirowe, fratre Henrico dicto de Kyrisz, fratre Johanne de Angermůnde, fratre Bernardo de Regusede, fratre Herburdo de Brandenborg, fratre Hugone et aliis quam pluribus, tam clericis, quam laycis, fide dignis. Datum anno et die predictis.

Charte: Pergament, welchem an zwei Stellen gelitten hat.
Schrift: eine kleine, deutliche, feste Minuskel.
Siegelband: ein Pergamentstreifen; vom
Siegel: sind nur noch geringe Spuren vorhanden.


Nr. XIX.

Heinrich. II. von Meklenburg und Stargard schenkt den Rittern das Eigenthum am Dorfe Starsow, am Mirowschen Holm und am Zotze-See.

D. d. Stargard 27. Septemher 1321.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Quoniam ea, que suh spera actiuorum et passiuorum existunt, nunquam fixa permanebunt, sed assiduis fortune ictibus agitantur, eo facilius a memoria hominum elabuntur, nisi codicis serie perhennantur. Hinc est, quod nos Hinricus Dei gratia dominus Magnopolensis et Stargardie dominus vniuersis Christi fidelibus, tam presentibus, quam futuris, presens scriptum uisuris et audituris cupimus esse notum, quod de nostra bona voluntate et nostrorum prudentum vasallorum consilio dimisimus et dimittimus, dedimus presentibus et donamus ordini sacre domus hospitalis sancti Johannis Jerosolimitani et fratrihus eiusdem

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ordinis proprietatem istarum villarum Starzow et Holme et stagni, quod Soten nuncupatur, cum suis omnibus attinenciis, distinctionibus, metis et certis terminis, prout limites ipsarum cum omnibus interpositis sunt distincti, scilicet in lignis et specialibus lignis, aquis et aquarum cursibus, agris cultis et incultis, paludibus, pratis, pascuis, rubetis, venacionibus et cum omni fructu, libertate, vtilitate et consuetudine, cum omni iurc supremo et imo, iusto et iniusto, cum seruicio curruum, cum precaria, angaria et cum omni exaetione, que nos in dictis villarum distinctionibus hucusque dinoscimur habuisse; eciam homines predictas villas inhabitantes a seruiciis propugnaculorum, id est landweren, castrorum et ciuitatum, et a communi terre iudicio, quod dicitur landink, esse debeant exempti, ad que communes homines possunt cohortari; presertim vniuersos ac singulos bona pheodalia in dictis bonis a nobis habentes, cum tali iure et consuetudine, prout hactenus illa possederunt, dimisimus et dimittimus ordini predicto et fratribus eiusdem ordinis memoratis, renunciantes simpliciter omni proprietati, libertati, vtilitati, consuetudini et, omni iuri istorum omni premissorum et singulorum, ita quod neque a nobis aut heredibus nostris sev successoribus, vel nostris aduocatis aut officialibus, uel ipsorum quibuslibet nunciis in premissis omnibus et singulis nulla calumpnia aut molestia penitus debeat generari, quia nos pro dampno, fratribus et ordini predicto ex parte Ebelingi de [C]lepizk nostri militis illato, istorum omnium premissorum et singulorum proprietatem, libertatem, vtilitatem et consuetudinem ipsis dimisimus et pure propter Deum dimittimus perpetuis temporibus habendam et pacifice possidendam. Et vt hec facta sincere subsistant et intacta, litteris nostris munimine nostri sigilli roboratis iussimus perhennari. Testes huius rei sunt: Busso de Dolla, Allebertus de Dewiz, Theod. de Kerkow, Redeko de Rederen, Wedeko de

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Plote, Hinricus Blůchgher, Heningus Scadebak, Rytbrech de Berlin, Otto de Dewiz, milites nostri dilecti, cum aliis quam pluribus fide dignis. Datum et actum in Castro Stargard, anno domini M°CCC.XXI°, die dominico ante diem beati Mychaelis archangeli proximi.

Charte: Oblonges Pergament.
Schrift: unregelmässige Minuskel.
Siegelband: Pergamentstreifen.
Siegel: ist abgerissen.


Nr. XX.

Albrecht II. von Meklenburg schenkt den Rittern das Eigenthumsrecht und den Zins in ihren Gütern Gnewitz, Wokuhl, Dabelow, verwandelt jedoch den Zins aus Dabelow in eine Abgabe an die Pfarre zu Lychen.

D. d. Stargard 10. October 1337.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


W e Albrecht von der gnade Godes en here tliů Mekelenborch, thů Stargharde vnde thů Rostok, begheren oppenbare thů wesen alle den, dhe nů syn vnd noch thů comen moghen, dat we met rade vser wisen riddere, dorch dhe salicheit vser elderen sele vnd dorch ewighes lones, des we vnd vse erfnamen warden syn, lůterliken dorch dhe leue godes hebben ghegheuen vnd gheuen den erbaren gheistliken lůden den bruderen des ordenes sente Johannes des hospitalis von Jherusalem vnd eren orden den eghendoin vnd den tyns, von jowelker hůue enen Brandeburgeschen scilling, in eren dorpen thů Wůcůlen, thů Gnewize vnd thů Dobelowe,

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dar se inne hebben den eghendům, vnd vortygen al des rechtes, al der plicht vnd al des denestes, den we went an desse tyd dar an hebben ghehat, dat we vnd vse brůder Johannes, de vns lef is in Gode vnd noch vmmundich ist, noch vse erfnamen, dhe na vs comen, noch nenerlege ammachtman von vns nenerleyge plicht, noch recht daran eschen moghe. Vnde dhe tyns, also he hir vore bescreuen ist, von dem dorpe thů Dobelowe, dhe scal bliuen thu der wedemen thů Lychen. Alle desse vorscreuene dinc vnd jowelk stůcke besunderen, de bestede we ewelichenthůbesitten sunder allerleyge hinder vnd allerleyge weddersprake met ganzer macht den vorbenomeden brůderen vnd orden. Dat alle desse dinc, de hir vorebescreuen syn, stede vnde vast bliuen, so hebbe we vse ingheseghel ghehangen an dessen gyghenwordyghen brief. Tughe alle desser vorbescreuen dinge synt: her Gereke von Berthecowe, her Vritze sy[n] sone, her Lyppolt Bere, Vicke Munt, riddere, vnd ander erbare lude ghenůch, de des ghewerdich weren. Desse brief is ghegheuen op dem hus thů Stargharde vnder den jaren godes dusent jar drehundert iar in dem seuenen dritteghesten iare, in dem neysten vridaghe na sente Dyonysius daghe.

Charte: Pergament.
Schrift: wie gewöhnlich im 14. Jahrh.
Siegelband: ein Pergamentstreifen.
Siegel: von runder Form, noch halb vorhanden. Auf einem Schilde steht der gekrönte Stierkopf. Von der Umschrift ist noch vorhanden:

Umschrift

Das grössere Siegel. hat ein Rücksiegel: ein rundes Feld mit Sternen besäet: in der Mitte ein Helm. Umschrift:

Umschrift

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Nr. XXI.

Nicolaus III. und Bernhard von Werle überlassen den Rittern für 45 Mark lübischer Pfennige das Eigenthum des Dorfes Kakeldütten.

D. d. Güstrow 17. Februar 1342.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Nicolaus et Bernardus fratres, Dei gratia domicelli de Werle, omnibus Christi fidelibus, ad quos presens scriptum peruenerit, salutem in Marie virginis filium. Ne de labili memoria hominum euanescant ea, que fiunt in tempore, necesse est, ipsa in ligwa testium poni vel memoria scripture perhennari. Hinc est quod tenore presencium in publicam noticiam deuenire cupimus singulorum, quibus presentes littere fuerint recitate, nos ad laudem Dei et beate Marie virginis ac sancti Johannis baptiste et pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum, heredum, successorum nostrorum, et pro quadam summa pecunie, scilicet XLV marcis Lubisencium denariorum, proprietatem vniuersorum mansorum adiacentes ville Cakelduttem et integre ville predicte viris religiosis in Christo reuerendis commendatori et fratribus in Mirow, ac ordini sacre domus hospitalis sancti Jonannis Jerosolimitani dedimus et damus in presenti de bona nostra nostrorumque militum ac vasallorum voluntate et consensu, ita ut ipsos mansos iam dictos memorat(i) ville Cakeldutten antedicti fratres [in] Myrow cum proprietate et omnibus suis pertinenciis infra terminos et (pro) terimnos, uidclicet cum agris cultis et incultis, lignis, siluis, pratis, pascuis, paludibus, rubis, nemoribus, viis, inuiis, exitibus, introitibus, aquis, aquarum

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decursibus, stagnis, piscacionibus, venacionibus, et integris distinctionibus et generaliter cum omni vtilitate, libertate ac pleno iure, videlicet maniis et colli, [et si]ne agrorum mensura, libere et quiete perpetuo possidebunt, volentes nichilominus, vt ab hominibus eosdem mansos preno[minatos] colentibus et habentibus et in memorata villa habitantibus ex nunc et deince[ps] per nos, vd nostros successores, aut nostros aut ipsorum aduocatos, vel boddellos, uel ipsorum nuncios nunquam precaria, nunquam curruum uel equorum seruicia et nunquam exactiones alique, uel molestie, vel angarie, uel aliqua seruicia peticionum requirentur; et ad custodiendum castra et propugnacula, uel quod wlgariter dicitur lantwere, et visitare iudicia, que dicuntur lantdig et vochetdig, de cetero nunquam tenebuntur; sed quidquid dicti fratres in Myrow ordinis sancti Johannis Jerosolimitani cum ipsis hominibus et mansis sepe dictis fecerunt uel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum. Vt igitur nostra donacio rata et inconwlsa permaneat, nec ex diurnitate temporis in dubium deueniat aut errorem, presentem litteram predictis fratribus in Mirow et ordini sancti Johannis Jerosolim. memoriale contulimus nostris sigillis munimine roboratam. Huius donacionis testes sunt dominus Johannes de Gherden marscalcus, dominus Johannes Cos, milites, Andreas Vlotowe, Heine de Gherden, Mattias Hauelberch, famuli et aduocati nostri dilecti, et alii quam plures fide digni. Datum et actum Gustrowe, anno domini M°CCC°XLII°, dominica die qua cantatur Inuocavit me deus.

Charte: oblonges Pergament.
Schrift: cursivische Minuskel.
Siegelbänder: zwei Schnüre von rother und violetter Seide.
Siegel: sind beide vorhanden. Das erste ist ein grosses, rundes Siegel, worauf ein Schild, welches den gekrönten Stierkopf trägt; die Umschrift ist abgebrochen. - Das zweite ist ein

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kleines, rundes Siegel im runden Felde der gekrönte Stierkopf; Umschrift:

Umschrift

Nr. XXII.

Die Stadt Röbel schenkt der Comthurei Mirow das Eigenthum von sieben Hufen in Viezen, dotirt jedoch damit zwei Altäre in der Kirche zu Mirow.

D. d. Rorek 18. December 1351.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


W vy ghemeynen Ratmanne der stat to Nyen-Robele den witlik iu erbaren geystliken luden, dem cummendur vnde dem conuente to Myrowe, dat wy hebben twe altar in iuwer kerken ewyliken to verliende, vnde hebben darvp iuwen bref in dissen worden, de hyr na geschreuen stan, vnde betughen dat mit vnseme inghesegele, vp dat dar nen versumnisse ane sche, vnde sus hehbe wi dat mit iu ghededinghet vnde gi weder mit vs:

Wy broder Herman von Werberghe eyn ghemeyne byedere in Sassen, Marke, Wentlande vnde in Pomeren des ordens des heylighen huses des hospitalis sente Johannis von Jerusalem, broder Adolphus von Swalenberch, Cůmmendůr to Nemerowe vnde de ghemenen brodere dar selues, broder Otto von Stendal, Cummendůr vnde de ghemenen brodere des huses to Myrowe, bekennen vnde bet ue ghen openhare in desseme ieghenwordighen brefe alle den, de cn sehen, horen vnde lesen, dat de erbaren ratmanne der stat to Nyen-Robele hebben gegheuen

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lůtterliken dorch got vnseme orden den broderen des huses to Myrowe den eghendom vnde den denst mit deme richte euer seuen houen, de dar lighen in deme dorpe to der Visne, de wy gekoft nebben von vnseme herren von Wenden vnde de se rede betalet hebben; den pacht vnde wat dar vellet von den vorbenomeden seuen h  uen, hebbe w gekoft vnde ok betalet von dem erbaren knechte Coneken Vriberghe mit alleme rechte, dat de vorbenomede Coneke dar an hadde. Disse vorbenomden seuen h  uen 1 ) ligghen to twen h  nen 2 ), dar disse selue vorbenomde Coneke vppe wonet hadde vnde de Brusenhaueren vore vppe wonet hadden. Des hebben disse vorebenomden ratmanne mit vnseme rade ghemaket vnde mit vnseme willen eyn altar in vnser kerken to Myrowe vorbenomet in de ere des hilghen cruces, dat dar licht twischen den doren des chores; vnde dat vorsprokene altar schůllen de voreb[on]omeden ratmanne lyen eneme werliken 3 ) prestere, enes deme dar de Connendůr vnde de brodere to Myrowe vore bidden vnde jo enes darnegest, wem se seluen willen; vnde dat schal also ewiliken vmme gan, dat se dat jo enes lyen schullen deme dar de Cummendur vnde de brodere vorbenomet vore bidden vnde dar negest enes wewe se willen, alse de lenware beschreuen steyt in deme breue, den se hebben vppe dat altar vnser vr  wen sente Marien, dat se ok in vnser kerken hebben ghemaket. Vortmer weme dit altar gheleghen wert, de schal hebben de pacht ouer de vorbenomden seuen h  uen, de wy ghekoft hebben vnde de ratmanne betaleden rede, als hyr vore beschreuen steyt, von isliker hoven twe punt, dat is to samene achteyndehalue mark wendescher penninghe, vnde von isliker h  uen ses penninghe to mvntepenninghen, vnde den smalteghedcn vppe sente wolborghe dach. Ok kosten de vorbenomden ratmanne von vnsem


1) Hufen.
2) Höfen.
3) werltliken? = Weltpriester.
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herren von wenden vppe isliker houen vor vnde twintich scillinghe to bede vnde dre scheppel kornes, enen schepel roghen, enen ghersten vnde enen haueren, de he alle iar plach vp to borende. Disse vorsprokenen bede, beyde penninghe vnde korn, hebben se den luden, de vppe den houen wonen, ghelaten dorch Got vnde on to ghemake, dat se dar vore gheuen schullen alle iar von isliker houen ene mark; vnde derseluen seuen mark bede schal de prester vorbenomet vere hebben, vnde de anderen dre mark der bede hebben de vorbenomden ratmanne gheven in vnse goddeshus to Myrowe vorbenomet to vnser kerken, de schullen alle iar vpboren de ienne, de de kerken vorestan, vnde schullen dar von tughen luchte, oblaten vnde win to den twen altaren des hilghen crucis vnde vnser vrůwen, also dat me io vppe den altar twe licht bernen schal to twen vesperen vnde vnder missen vnde mettene wannet is duplex festum, vnde tughen dar van wes en not is. Disse vorebenomde ghulde, de disseme prestere togeschreuen steyt, dem dyt altar ghelenet is, de schal he seluen vp boren alle iar vp sente Michels dach vnde schal des macht hebben vt to pandende; were dat he des nicht nevermochte, so schal eme de Cummendůr darto helpen; were dat de Cummendur dat vers ue mede oder des nicht den enwelde, so schullen de ratmanne vorbenomet des vulle macht hebben vt to pandende to siner hant. Des schal disse prester eten vnde drinken mit vnsen broderen des conuentus vnde schal des war nemen to rechten tyden; vor de kost schal he gheuen dem huse to Myrowe alle iar vp sente Mertens dach dritteyn mark wendescher penninghe, vnde schal hebben ene kamere, dar he inne slape. Were dat deine Cummendur vnde den broderen nicht neluste mit eine vmme to gande der wernisse oder der krancheyt willen, so schal he wonen in deme dorpe to Myrowe vnde schal doch warden siner tyde vnde siner missen, vnde schal holden missen alle daghe to deme

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vorebenomden altare des morgens na prime oder vnder homissen, wu dat dem Commendur behaghet, vnde schal ministreren to der homisscn, wannet duplex fest is, wannet eme de prior het. Ok so schal he dyt altar suluen besinghen vnde nement von siner weghene, vnde schal to kore gan vnde de tyde helpen holden lik vnsen broderen. Vortmer were dat he ienighe versumnisse dede in sinen missen oder in sineme choregande, dat me eme bewisen mochte, so moghe wi also vele siner gh ue lde vpboren, also sik boret vor de versumnisse na wekental. Vortmer so ne schulle wi dissen vorbenomden seuen h  uen ere denst nicht hoghen men also vnsen anderen houen in deme seluen dorpe. Vnde wi schullen sy vordedinghen lik vnseme anderen gůde. Ok wanne disse prester sterft, vnde de Cummendur vnde de brodere vorbenomet binnen ver weken den ratmannen nenen personen nesenden, dar se vore bidden, so moghen de ratmanne vorebenomet dit altar, wenne de vor weken vmme komen sint, lyen weme se willen. Were ok dat dat hus to Myrowe den vorbenomden houen seluen b ue wen wolde, so schullen de Cummendur vnde de brodere deme vorbenomden prestere dar von gheuen beyde pacht vnde bede, also hir vore beschreuen steyt. To ener betůghinghe disser dingh so hebbe wi broder Herman an vorbenompt vnse ingheseghel mit den ingheseghelen der Cummendur vnde conuente vorebenomet in dissen bref ghehenghet. Disse bref is ghegheuen na goddes bort dritteynhundert iar in dem en vnde veftighesten iare, des sundaghes vor winachten in vnseme houe to Rorek.

Charte: ein grosses Pergament von ungefähr drei Spannen lang und einer Spanne breit.
Schrift: eine kräftige neugothische Minuskel des vierzehnten Jahrhunderts. Dies Transsumt ist also gewiss nicht viel älter, als die Original-Urkunde. Innerhalb des Umschlages, welcher mit dem untern Rande der Urkunde wie gewöhnlich gemacht ist, sind die beiden ersten Zeilen der Urkunde, von: Wy ghemeynen Ratmanne, bis: Herman von Werberghe

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eyu ghemeyne, wiederholt, jedoch mit den Varianten: an ne sehe.
Siegelband: eine grüne seidene Schnur, welche durch den Umschlag durch das Wort "ingheseghele" gezogen ist.
Siegel: in dreieckiger Form von weissem Wachs. Darin ist ein dreiseitiger Schild, welcher von oben nach unten getheilt ist. In der rechten Hälfte ist ein halber gekrönter Stierkopf und ein Stern in der Ecke; in der linken Hälfte steht ein Schlüssel aufrecht. Umschrift:

Umschrift

Nr. XXIII.

Bernhard von Werle belehnt die Ritter mit vierzehn Hufen in Viezen zur Dotation zweier Altäre in der Kirche zu Mirow.

D. d. 1. Februar 1352.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


B ernardus dei gratia dominus de Werle omnibus presentes litteras visuris et audituris salutem in domino sempiternam. Quoniam labilis est memoria hominum et labitur simul cum tempore labente, necesse est, vt ea, que fiunt, scripture testimonio confirmentur. Notum esse volumus tam presentibus, quam futuris, quod nos de bona nostra voluntate et maturo nostro consilio prehabito, ob amorem Dei sueque genitricis Marie et ob salutem anime nostre ac nostrorum progenitorum et pro quadam summa pecunie nobis gratanter persolute, videlicet C. marcarum slauicalis monete, dimisimus et donauimus et presentibus donamus et dimittimus ordini sacre domus hospitalis sancti Johannis Jerosolimitani ac fratribus domus Mirowe proprietatem quatuordecim mansorum sitorum in campis ville Visne, site in territorio nostri dominii; quorum mansorum

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nouem pertinent ad duas curias, in dicta villa Visne sitas, in quibus prius habitabant vasalli nostri dicti Brusehaueren et postea Conradus dictus Vriberch, et habebant predictos nouem mansos cum curiis prefatis a nobis in pheodo. Reliqui quinque mansi spectant ad curiam, in qua habitabat quidam dictus Wesseke, et fuerunt illi quinque mansi nobis in seruicio toracis astricti, cum omnibus suis pertinenciis ac prouentibus, cum omni vtilitate ac libertate, cum omni iure et consuetudine, quas nos ac nostri successores seu heredes in predictis quatuordecim mansis habuimus in precaria, in denariis monete, in canum annona, in iudicio supremo et infimo, manus et colli, in emni seruicio, ad quod populus terre nostre communis est astrictus, vel astringetur, videlicet borchwere, landwere et landdingh et huiusmodi similia, in seruiciis equorum et in aliis scruiciis seu grauaminibus quibuscunque, liberam et exemptam perpetuis temporibus possidendam salubriter et quiete. Insuper donauimus et presentibus donamus predicto ordini et fratribus predicte domus Mirowe proprietatem dimidii stangni, quod dicitur de Trumpf, siti apud dictam villam Visne, que fuit Conradi dicti Vriberch. Hanc etenim proprietatem dictorum quatuordecim mansorum et dimidii stangni predicti contulimus predicto ordini et fratribus domus Mirowe memorate, omni nostro iuri et consuetudini halbtis in eisdem simpliciter renunciantes et nichil in eisdem mansis predictis obtinentes, nec nostri successores seu heredes optinebunt. Horum dictorum quatuordecim mansorum septem pertinent ad altare sancte Marie virginis et septem ad altare sancte crucis constructis in ecclesia dicte domus Mirowe. Ne autem in posterum super hoc possit alicuius dubitacionis calumpnia suboriri, presentem litteram super hoc contextam duximus sigilli nostri munimine roborare in testimonium veritatis. Testes huius rei sunt: dominus T[z]abellus Molenbeke archino-

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tarius, Mathias Hauelberghe, Henncko Moryn, Yo de Grambow, Bernardus [de] Molen, famuli, consiliarii nostri, Nicolaus de Gusterowe notarius et quam plurcs alii fide digni. Datum in nostro castro . . . . hagh[en], anno domini [nostri] trecentesimo quinqnagesimo secundo, in vigilia purificacionis beate Marie virginis.

Charte: Pergament, an einigen Stellen vermodert.
Schrift: cursivische Minuskel.
Siegelband und
Siegel: fehlen.
Im Texte ist der Ort des Datum zum Theil verblichen. In einem "Protocolle der Verschreibungen des Hauses Mirow" ist er angegeben als: Wredenhagen.


Nr. XXIV.

Die Comthurei Mirow empfängt von Wedege von Plote unterpfändlich das halbe Dorf Loissow.

D. d. Mirow 12. Maerz 1387.

Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu. Schwerin.


I k bruder Deetleph van Walmede Cummeldur to Myrow vnde wy meynen brudere dar sůlues bekennen vor vns vnde vor alle vnsc nokomelinge, dat vns Wedighe van Plote heft gesat dat halue dorp to I.oysow, dat en scal he nicht van vns wedder losen eer alze nům to sůnte Mecheles daghe vort ouer dre iar; dar na bynnen dren iaren so scal dat to syner losinge stan, wen he vns de losinge kůndiget in den lesten dren iaren, so scal he dat vns toseggen in syme opene breue vppe paschen vnd scal vns to sunte Mecheles dage dar ncgest vnsc vcflelialfliundcrt marc an guden vinkenogen edder an guden penningen, alze denne to

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Nygenbrandehorch ghenge vnd ghene is, dar ein yewelik berue 1 ) man dem anderen mach vůl mede důn, wedder gheuen an eyme summen, vnde wen he vns betalet heft, so scole wy alle pacht vnde rente vte deme haluen dorpc to Loysow hören to deme sůluen sůnte Mecheles daghe, wen he vns vnse ghelt betalet heft, vnde wy alle rente geboret hebbcn, so scal dat halue dorp to Loysow van my bruder Deetleue edder we dar kummeldur is vnde van deme orden vnde van den meynen brůderen to Myrow leddich vnde los met aller tobehoringe Wedighen vnde synen eruen wedder wesen vnde we denne kummeldur is to Myrow, de scal id eme edder sinen eruen wedder vorlaten vor den heren. Tu tughe disser ding so hebbe ik bruder Deetlef min ingesegel myt des hůses ingesegele to Myrow vor dissen bref gehangen, de ghegeuen is to Myrow na godis bort dusent iar drehundert iar in deme souen vnde achtigesten iare, in sůnte Gregoriis dage des heyligen paweses.

Charte: oblonges Pergament.
Schrift: gewöhnlich.
Siegelbänder: zwei Pergamentstreifen.
Siegel: sind beide vorhanden, rund und von gewöhnlichem meklenburgischen Siegelwachs.
Der Wappenschild des erstem, kleinern ist nicht zu erkennen. Umschrift:

Umschrift

Das zweite, grössere ist gut erhalten und völlig dem Mirowschen Conventssiegel gleich, wie er an der Urkunde von 1359 hängt und dort beschrieben ist.



1) bederue?
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Nr. XXV.

Johann und Jordan von Cröchern verkaufen an den Johanniter-Orden, namentlich an die Comthureien Mirow und Nemerow, die Vipperowschen Wasser.

D. d. Mirow 20. December 1330.

Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


I n nomine domini Amen. Nos frater Gheuehardus de Bortvelde, Saxonie, Marchie et Slauie proceptor generalis domus hospitalis sancti Johannis Jerosolimitani, totusque conuentus domorum Myrowe et Nemrowe hospitalis predicti vniuersis et singulis, ad quos peruenerit presens scriptum, volumus esse notum, quod Johannes miles et Jordanus famulus, fratres dicti de Crocher, vasalli nobilis ac magnifici viri domini nostri, domini Jonannis de Werle, vendiderunt nobis iusto vendicionis tytulo, dicti domini Johannis consensu accedente, aquas dictas vulgariter Vipperowesche water, cum omnibus ipsarum pertinenciis, [a]ppendiciis, vtilitatibus, fructibus, limitilms et distinctionibus, quibus predicte aque antiquitus sunt distincte, cum redditibus suis triginta et vnius cum dimidia marcarum denariorum slauicalium, cum iurisdictione qualibet, sicut vasalli domini Johannis predicti communiter iurisdictione[m] [possi]dent in bonis suis, absque seruitute aliqua liberas et solutas. Quas aquas cum predictis omnibus dicti de Crocher a predicto domino Johanne tytulo tenuerunt pheodali et ad manus nostras dicto domino Johanni liberc ac beniuole resignarunt, vendiderunt inquam noibis pro trecentis marcis et quindecim marcis denariorum slauicalium, communiter in Noua Robbele soluencium, secundum communem terre cursum, terminis

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solucionum inter nos debitis ordinatis. Quas vendicionem et empcionem dictus dominus Johannes ratas et gratas habuit et eas, de consensu et consilio prudentum vasallorum suorum, ipsi tunc assistencium, suarum tenore litterarum confirmauit, volens ut nos dictas aquas possideamus cum pertinenciis suis et eis vtamur, quemadmodum est premissum, sub condicionibus et modis infrascriptis; si dictus dominus Johannes vel heredes sui dictas aquas cum pertinenciis suis premissis et aliis supradictis reemere vellent pro summa trecentarum et quindecim marcarum denariorum predictorum, de hoc liberam habent, quandocumque predicto domino Johanni aut suis heredibus placuerit, facultatem, sicut eis nostris patentibus presentibus litteris, nostris sigillis pendentibus sigillatis est permissum. Qua reemptione per dictum dominum Johannem aut heredes suos facta, ut est dictum, extunc contractus vendicionis et empcionis predicte penitus est rescissus et littere domini Johannis de Werle predicti desuper nobis date omnino sunt extincte. In cuius rei testimonium sigillum nostrum preceptoris predicti cum sigillis domorum Myrowe et Nemrowe predictarum presentibus sunt appensa. Datum Myrowe anno domini millesimo trecentesimo tricesimo, in vigilia beati Thome apostoli.

Charte: oblonges Pergament, an mehreren kleinen Stellen durchlöchert.
Schrift: cursivische Minuskel, hin und wieder abgefallen. Ueber die Stelle [obsi]dent oder [possi]dent lässt sich nach den Buchstaben nichts entscheiden.
Siegelbänder: drei Pergamentstreifen.
Siegel: sind abgefallen.


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Nr. XXVI.

Bernhard von Werle verkauft an die Ritter zu Mirow die Vipperowschen Gewässer.

D. d. Solzow 13. April 1361.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


W y Bernd von ghodes gnaden here tu Welle bekennen openbar vnde tůghen in desseme breůe vnde wyllen openbar wesen al den ghenen, dy dessen bryf syn vnde horn, dat wy myt ghůden wyllen vnde myt rade vser ratgheuen hebben vorkoft vnde vorkopen in desseme breůe den gestlyken luden des Ordens sůnte Johans des hospitales von Jerusalem vnde den brodereni tů Myrow des suluen ordens vor soůen hundert mark vynkennoghen penninghe, de se hebben alrede betalet, der wy en leddych vnde los laten, de Vypperoweschen watere, de aldus gheheyten vnde ghenůmet syn: en se de Vipperoweschc Můritz, de dar angheyt tu dem troghe vnde dem roden bome vnde hert tů der Schylder molne; en se de het de Lankow, vnde en se de het dy Neuele, vnde en se de het dy Torne 1 ), unde en se de het dy Mewense, vnde dy Vipperowesche se, de geyt wente an Bucholte, myt alme rechte, myt dem hoghesten rychte vnde sydesten, vnde myt alme eyghene, vnde myt aller nůt vnde vrůcht, also se vse vader her Johan von Wenden, deme god gnedych sy, vs gheerůet heft vnde wy na beseten hebben, vnde wy vnde vse erůen schun nenerleyghe bede, noch nůt an den wateren beholden, edder vse anbachtlude; vnde se scolen der gantz weldich wesen vnde brůken na eren wyllen. Vnde wy dy watere heft von erer weghen, dy mach dy vysche vor-


1) Wahrscheinlicher ist es, Torne als Torue zu lesen.
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kopen, vnde de se von en kopen, de moghen dy vische voren, wer se willen in vsen landen vnde in anderen heren landen, sůnder vse weddersprake vnde sunder hynder vser anbachtlude; vnd wy dar wademester is, de scal hebben edder schycken enen waghen, de se vische vore tu Robele tu markede, swen he se veyt, lutteke vnde grote, also he se veyt, sunder von sunte Mertens daghe wente sunte Peters daghe in der vasten, bynner der tyd so moghen se sollen den heket vnde voren, wer se willen. Vnde an dessen vorscreuen watere scole wy noch nemant pacht noch vischerighe anbeholden, sunder Hynrik von Morin vnde syne vedderen, Hennekens synes broder kyndere, vnde here rechten eruen, de beholden in dessen vorscreuene wateren jarlyker ghulde teyn mark wendescher penninghe vnde en dromt soltes; vnde sunder de vischerighe de tu deme houe lycht tu Soltzow, dat is von der vorstad an wente tu Sylow, dat het de ketel, wente an den hof vnde de weren, de dar bynnen lygghen, vnde swe in deme houe is, dy mach vischen myt vor vnde twyntych worpnette vnde en stokenette darsulues. Nů hebben dessen vorscreuen orde vnde brodere van Myrow vs vnde vsen eůen tughegheuen dorch vses dynstes wille vnde vordernisse, dat wy edder vse erůen de vorscreůene watere vnde ghulde moghen wedder kopen von den orden vnde broderen vor souen hůndert mark vynkennoghen edder wendesche tůschen hyr vnde sunte Mertens daghe, de nů neghest tu kůmt vort ouer sozs iar: bynnen desser tyd, swen wy konen, so moghen wy se losen. De souen hundert mark de scole wy en betalen tů Robele vp enen dach, swan wy edder vse eruen yd en kundeghen. Vnde dy plycht dir ghulde, de de bort [in] deme iare na der tyd an der pacht, de scolen de brodere von Myrow vpboren. Weret dat wy vnde vse eruen se wedder kopen wolden edder koften vor wendesche penninghe, so scolen de wendeschen penninghe

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so so ghůt wesen also vinkennoghen penninghe vor souen hundert mark bynnen desser vorscreuenen tyd. Weret dat wy edder vse eruen nicht wedder enkoften de vorscreuene watere vnde ghulde vor souen hundert mark bynnen dessen vorsc[r]euen sozs iaren, so vortmer scole wy, noch vse eruen nenen wederkop mer an den wateren vnde ghulde hebben, wen se scolen se den ewychlyken vnde vredychliken besitten vnde hebben. De deghedynghes lůde desser vorscreuen stucke hebben ghewesen: broder Herman von Werbergh mester des vorscreuen ordens vnde broder Otto von Stendal Cummendur des huses tu Myrow. Tughe desser vorbenomeden stucke synt: Hyuryk von Meryn, Heyne Plote, Tydeke Bruschauere vnde Henningh syn veddere, Tydeke Kozs, knapen, her Johan Rutze vnde Tyderyk. Wozsterode, vse scryuere. Stede vnde vast tu holdende al desse stucke, so hebbe wy vnse grote ingheseghel vor dessen bref ghehenghet, de ghegheuen vnde gescreuen is in dem houe tů Soltzow na der bort vnses heren godes drutteynhundert iar in deme ene vnde sestychghesten iare, in sunte Jurigens daghe des heylyghen martelers.

Charte: ein langes und schmales Pergament.
Schrift: unregelmässige, cursiviscbe Minuskel.
Siegelband: eine Schnur von grüner Seide.
Siegel: ist abgefallen.

Nach der Urkunde von 1482 Nr. XXIX war diese Urkunde 1482 verloren gegangen.


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Nr. XXVII.

Die Comthurei Mirow räumt dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Vipperowschen Wasser ein.

D. d. Solzow 23. April 1361.

Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


W y broder Otto van Stendal Commendur des huses to Myrow vnde de gnemenen brodere des conuentes dar sulues bekennen openbar in desme breue vnde tůghen, dat wy hebben wedder ghegheuen vnde gheuen in desser ieghenwerdecheyt deme erlyken vorsten vnseme leuen heren, hern Bernde van Wenden vnde synen rechten erfnamen enen wedderkop der Vipperoweschen watere vnde der anderen see, de to der wade liggen, vor souen hundert mark vynkenoghen edder wendeseher pennynghe to betalende to sunte Mertens daghe, de nu neghest tokumpt vort ouer sozs iar; bynnen desser tyd, swan vnse here wyl edder syne rechten erfnamen, so mach he losen sunder iengherhande weddersprake vor dat vorsproken ghelt, vnde scal vs dat vorkundyghen, wan he edder syne erfnamen dat losen wyllen; vnde wan he loset de vorscreuen watere, so scole wy em vnde synen eruen wedder antwerden twe breue, de he vns ghegheuen heft, beseghelt myt dem groten ingheseghele vppe de watere vorgescreuen. Dyt loue ik broder Otto van Stendal commendur vorghenomet vnde dat mene conuent des huses to Myrow entruwen vnseme leuen eruen heren, hern Bernde van Wenden vnde synen rechten eruen vnde to syner hant: Yon van Grambow, Hynrike van Moryn, Heyne Ploten, Clawese Karghow, Tydeke Brusehaueren stede vnde vast to holdende. To ener grotter tughynge, so hebbe ik myn ingheseghel

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myt des conuentes ingheseghel vor dessen bref ghehenghet, de ghegheuen vnde screuen is in deme houe to Soltzow na godes bort drutteynhundert iar in deme en vnde sosyghesten iare in sunte Jurgens daghe des hylghen mertelers.


Nr. XXVIII.

Laurentius und Johann, Herren von Werle, verleihen den Brüdern Regendantz die Gewässer der Müritz, welche die von Cröchern besessen hatten.

D. d. Malchin 1375.

Nach einer Abschrift aus dem Anfange sec. 16 im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


W y Laurencius vnde Johan broder van gades gnaden heren to Werle bekennen apenbar in dessem breue, dat wy hebben gegeuen vnde iegenwardigen gheuen in kraft vnde macht dusses breues vor alle vns vnde vnsen rechten eruen, dat wy mith witscap vnde wol bedachtem mode na rade vnser truwen rederen hebben gegeuen vnde geuen vnsem leuen getruwen hern Andreas vnde Hinrico broderen, ghenomet de Regedantze, vnde eren rechten eruen de watere, de hir na benometh stan, de de van Krochgeren to Warne beseten hadden, van deme Bocker malen grauen an bette like auer an den Kriweser borch in der lenge vnde brede bette an dat hofwater to Soltzow vnde vort an der anderen siden heth an dat dorp tho Bockholte, so de watere liggen in al eren sceden, enden vnde rumen, alze hir na bescreuen stan: eyn water genomet de boddem, vortmer eyn water genomet de dupe, dar negest dat water genomet de kule, vortmher en water genomet de verchene mith

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deme . . . en [wer]der, dat dar licht iegen Gartze auer vore der reke to Gartze mith den elden togen vnde rorhopen, mith deme watere genomet de klyzige, mith deme Bockholteschen ende, desser water to netende vnde hebben mith aller rechticheit nichtes vtligenamen. Hir vor scolen de vorbenomeden Regedantze mith eren rechten eruen vns vnde vnsen rechten eruen alle iar geuen XX lub. mark stral. vnde griph., so in vnseme lande genge vnde geue sin, vnde dre punt pepers to schikkende to deme Wredenhagen uppe alle sunte Mertensdage. Vortmher scholen se van desseme watere vorbenomet alle weken to twen tiden, alzo middeweken vnde vrigdage viske hebben to kope vppe deme markede to Rabel. Alle dusse vorbenomeden stucke laue wy Laurencius vnde Johan brodere vnde heren to Werle vor vns vnde vnse rechten eruen stede vnde vaste wol to holdende. Dusser stucke vnde articulen scolen vnde willen wy heren mith vnsen rechten eruen en vnde eren rechten eruen ene rechte were wezen. Aller vorgescreuen stukke laue wy Laurencius vnde Johan vor vns vnde vnse nakamelinge stede vnde vast tho holdende. Gegeuen vnde screuen to Malchin in den iaren vnses heren dusent dre hundert in deme vif vnde souentigsten iare. Tho merer warheith vnde sekerheit louen hebbe wy Laurencius vnde Johan wy mith wiscop vnde vulbort vnser truwen rederen hir by an vnde auer sint wezen leuen getruwen alze: Hinrik vnde Gunter Le[m]ewen (?), Hinrik van Bulow, Johan van Grabow, Heyne L[u]ttowen (?) vnde Bernt van Lesten marscalk.

Anmerkung. Die Schrift ist in mehreren Zügen so unklar, dass sich über einige Fälle durchaus nichts entscheiden lässt.
Auf der Rückseite steht als alte Registratur-Designation: "Wasser den kumptor van Mirow belangend".


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Nr. XXIX.

Herzog Magnus und Balthasar erneuern die Verpachtung des Comthurs zu Mirow, an die Morin jährlich fünf Mark lübisch und ein Drömt Salz zu entrichten.

D. d. Wredenhagen 25. September 1482.

Nach einer Abschrift im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


W y Magnus vnnd Baltasar gebruder vhan gadesz gnaden hertoghen tho Meckelenborch, fürsten tho Wenden, greuen tho Szweryn, Rostock vnnd Stergerde etc. der lande heren Bekennen myth dissem jegenwerdigen vnszem openen breue vhor vnsz, vnsze eruenn, nhakomelinghe vnnd szus vhor enen idermanne, den disse vnsze jeghenwerdighe breff vorkumpth szen, horen edder leszen, alszo dene de ghestrenghe vnnd wolduchtighe vnsze raedh vnnd leue getruwe Er Achym Wagenschutte Comptor tho Myro ahn enem, vnnd de hoechghelerde Er Hynrick Maryn in den rechten doctor, Henneke vnd Laurens Maryn, bruder, ahn den anderen dele, szus langhe in twedracht gheweszen synt enes vorsegelden breues, ludende vp etlyke rechticheyde des waters vnnd szee de Mortzen ghenoemith, welcker breff dorch dhen ergenanten eren Achim Wagenschutte Comptor den vorscreuen Marynen van affhenden ghekamen vnnd vorloren is gheworden, hebben wy vorgenanten heren dhe beyden parten myth dessen hyr nhagescreuen vnsen leuen ohemen, vnse besunderen heren vnnd frunde vnnd etlyke vnsze Reder entwey dedingeth vnnd euwichlyken vorrichteth, alsze dath dhe comptor edder regerer dhes huszes vnd houes tho Myro, de thor tydth ys, vnnd dhar na alle syne nhakamelinghe, dhen Marynen vnnd eren eruen alle jar vppe sunte mertens daghe vhan dhen rechticheyden des waters

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vnde sehe, Mortz ghenomith, szo im breue vorscreuen vnnd vorszegelth was, vyff lubescke marck vnnd eyn dromith szoltes, szo in vhor tyden de Maryne szyck der jarlyker pechte gebruketh hebben, gheuen vnnd vornughen schall, edder sze vnnd ere eruen ahn dhe enden dar dhen Marynen vnnd eren eruen ane benugheth vorwiszen, dar sze szodane pechte vnvorhindert moghen boren vnd dhar mede schal allerleye thosprake dhes vorlaren breues haluen vhan dhen Marynen tho Ern Achim Wagenschutten Comptor vorbenompt vnnd szynen nhakomelinghen ghestilleth euwichlyken wechgelecht weszen edder vhan dhen Marynen nycht forder mher anghespraketh werden, vnnd dhe Maryne vnnd ere eruen scholen euwichlyken by sulcker jarlyker vpborynghe dher vyff lubiscke marck und eyn dromith szoltes vhan dhem Comptor des huszes Myrow, tho dhen vorbenoemden dagetiden tho borende euwichlyken beszorgeth weszen vnde vnvorhynderth blyuen, in crafft vnnd machth dyszes breues. Hir by ahn vnde auer szynt ghewesth de wolgebaren vnszen besunderen leuen heren vnde frunde: her Jacob graue vhan Lyndow, greue tho Ruppyn vnde Mockeren vnsze leue ohem, her Lodewich graue tho Nowgarden vnnd here tho Euersten, Ludtke Moltszaen de junger, her Nycolaus Hertzberch prawesth to Fredelanth, Eggerth Hane vnnd mher der vnszen liuen getruwen. Des tor bekantnyssze hebben wy vnsze ingeszeghell myth wytschopp heten henghen benedden ahn dessen breff, dhe gegheuen ysz thom. Wredenhagen am negesten middeweken vhor Michaelis archangeli nha dhen jaren vnszes heren, szo men screff duszenth verhunderth vnde twe vnde achtentich.

Nach einer Copei auf Papier. Die in dieser Urkunde als verloren gegangen bezeichnete Original-Urkunde ist diejenige, welche Nr. XXVI d. d. 1361 nach dem Originale im Königl. Preuss. Geh. Staats-Archive abgedruckt ist.


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Nr. XXX.

Der Bischof Heinrich von Havelberg verleihet dem Kloster Dargun die Zehnten aus den Dörfern Werder, Arnoldesdorp, Granzin, Techentin und Blankenvort, welche Nicolaus Herr von Werle dem Kloster verliehen hat.

D. d. Velberg 14. Octobcr 1256.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Amen. Heinricus, Dei gratia Hauelbergensis ecclesie Episcopus, omnibus in perpetuum. Equitati et rationi conuenire uidetur, si ea, que iuste gerimus, perpetua stabilitate firmemus. Cum itaque experimento frequenti instruamur, quantum status presentis seculi sit incertus et hic manens ciuitas non sit nobis, consideremus nichilominus nobis esse summopere necessarium et salubre, ut nobis eternum et felicem statum per hec transitoria comparemus: Inde est quod nosse volumus tam posteros, quam presentes, nos de quinque villis, videlicet de Werdhere, de Arnoldesdhorp, de Grancin, de Techentin et de Blankenvort, quas nobilis vir dominus Nicholaus de Werle monasterio de Dargun, Cisterciensis ordinis, Caminensis dyocesis, in honore sancte Dei genitricis et virginis Marie fundato, cum omni iure liberaliter contulit, decimam ex eisdem villis prouenientem, que ad nostram spectabat iurisdictionem, ad subsidium fratrum in prefato monasterio deuote famulantium, vt per ipsorum, que Domino nocte dieque in orationibus, ieiuniis, vigiliis et aliis diuinis obsequiis offerunt, suffragia eterna gaudia feliciter assequamur, de communi con-

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sensu nostri capituli, prout ipsius probat appensio sigilli, cum omni iure nostro, sicut antea possederant a domino Zuerinensi, libere in donum perpetuum contulisse: sane si fratres dicti monasterii de Dargun possessionem predictarum villarum vendendo siue commutando a se dimiserint, ita videlicet ut eandem aliquis possideat usufructuario quoad viuit, ipsam cum decima tenebit a fratribus memoratis; si vero ita penitus eam a se duxerint alienandam, ut ad ipsos sepe dicta possessio de cetero redire non possit, quicumque eam possederit, ipsius decimam a nobis in feodo recipiet et tenebit. Acta sunt hec anno gratie M°CC°L°Vl°. Testes sunt: dominus Wicbertus prepositus de Hauelberge, magister Ecbertus, dominus Conradus de Brode, magister Johannes de Repin, dominus Stepnanus prepositus de Robele, dominus Hampe miles de Wistohc, dominus Heinricus Dargaz, dominus Otto Bersere, dominus Jeroslaus, dominus Vnslauus, milites de Robele, et alii multi. Vt autem hec nostra donatio in perpetuum maneat inconwlsa, presentem paginam cum testium subarratione conscribi fecimus et nostri ac capituli sigillorum testimonio communiri. Datum in Velberge pridie idus [Oc]tob., pontificatus nostri anno XII°.

Auf einem länglichen Pergament in einer klaren, festen, gefälligen Minuskel; die Siegel sind von den roth und grün seidenen Siegelbändern abgefallen.


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Nr. XXXI.

Nicolaus, Johann und Johann, Herren von Werle, verleihen dem Kloster Dargun Eigenthum, Gerichtsbarkeit, Dienste und Abgaben von den Dörfern Werder oder Crazeburg, Dalmersdorf, Techentin, Blankenvorde und Granzin.

D. d. Güstrow 25. Junii 1314.

Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.


I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Amen. Nicolaus et Johannes Dei gratia domini de Werle et Johannes eadem gratia domicellus de eodem, vniuersis presentia uisuris uel audituris salutem in Domino sempiternam. Ne acta nobilium a memoria hominum excidant laudabilia, expedit aliquotiens scripturam fieri, que testimonium contineat ueritatis. Noscat igitur reuerenda natio presentium et felix successio futurorum, quod, diuine remunerationis intuitu principaliter, quo fratres in Dargun gratuite semper prosequimur, et in consequenti recepto trecentarum marcarum restauro, prerogatiuas, proprietates et iura singula et indulta domino Johanni Abbati monasterii Dargunensis et fratribus eiusdem, Cysterciensis ordinis, ab auo nostro de Werle domino Nicolao, pie recordationis in Christo, et a nostris progenitoribus ceteris data et concessa, approbando, ratificando in sui robore per presentia confirmamus: utputa uillam Werdere, que alio nomine Crazeborch appellatur, Dalmersdorp, Techentin, Blankenuorde et Granzin per omnes terminos et metas, proprietatem perpetuitatis, cum omni iure, fructu et vtilitate, cum precariis et exactionibus et cum nummismate, confirmatione presentium perpetuo condonamus. Dimittimus insupcr dictarum uillarum incolas ab edificatione urbium,

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positione pontium, exstructione aggerum, extorsione uectigalium liberos et exemptos. Arbitramur etiam in presentibus, quod si aliqui in fuiturum, quod absit, uillam Werdere, que nunc Kraceborch nuncupatur, specialiter inbrigando impeterent, tunc nos, si requisiti fuerimus, euictionem seu warandiam anni et mensis prestabimus, domino Abbati antedicto et fratribus supradictis. Ne igitur hanc donationem et confirmationem nostram, a nobis rite et rationabiliter ordinatam, aliquis de nostris successoribus in posterum infringere ualeat uel presumat, presentem litteram super hoc confectam sigillorum nostrorum munimine duximus roborandam Testes huius donationis et facti sunt nostri milites: Tessemarus, Rodolphus Baroldi, Otto de Rethzowe, Conradus Vos, Conradus de Lankowe, Reymbernus de Malin, Hinricus de Morin, et clerici: decanus Gustrowensis dominus Koz, dominus Woldericus thesaurarius, magister Johannen de Campis et dominus Stacius, canonici Gustrowenses, et ceteri plurimi fide digni. Actum et datum in Gustrowe anno domini M°CCC° XIIII°, in crastino beati Johannis baptiste.

Charte: quadratisches Pergament, ganz erhalten.
Schrift: grosse, fette neugothische Minuskel, ganz leserlich.
Siegelbänder: drei, von grüner und rother Seide.
Siegel: nur das erste ist vorhanden, mit dem gekrönten Stierkopf. Die Umschrift ist noch ziemlich zu lesen.

Umschrift

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Nr. XXXII.

Bernhard, Herr von Werle, bestätigt den Verkauf der Dörfer Crazeburg, Dalmerstorf, Techentin, Blankenvorde und Granzin von dem Kloster Dargun an die Comthurei Mirow, unter Transsumirung der dem Kloster Dargun darüber gegebenen Urkunden.

D. d. Gustrow 6. Januar 1257.
D. d. Güstrow 25. Junii  1314.
D.  d.  Roebel   19. Julii 1359.

Aus einem Diplomatarium auf Papier aus dem 16. Jahrhundert im Grossh. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.


I n nomine domini Amen. Nos Bernardus Dei gratia dominus de Werle vniuersis Christi fidelibus presencia visuris vel audituris salutem in eo, qui omnium est vera salus. Cum ea, que geruntur in tempore, cum lapsu temporis euanescunt, nisi litteris et testibus idoneis fulciuntur: noscat igitur reuerenda nacio presentium et felix successio futurorum, quod litteras patris nostri pie memorie nostrorumque progenitorum, in presencia nostrorum consiliariorum ad hoc requisitorum, Abbati et Monasterio in Darghin Cisterciensis ordinis super quibusdam villis infra scriptis traditas, vidimus integras, nec in aliqua sui parte viciatas, et eas sane intelleximus, in quibus hec verba Prime littere:

In nomine beate et indiuidue trinitatis. Nicolaus Dei gratia dominus de Werle vniuersis sancte matris Ecclesie filiis salutem in vero salutari. Gesta racionabiliter transitu temporis annullantur, nisi fulciantur testibus et serie litterarum. Quapropter nouerint vniuersi presentis pagine inspectores, quod nos ob remedium anime nostre ac parentum nostrorum fratribus

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Cisterciensis ordinis in Darghin, Deo et beate virgini iugiter famulantibus, contulimus villam Dalmestorp cum vniuersis attinenciis suis et dimidietate stagni Cobolc. Preterea comparauerunt a nobis et a nostris feodalibus villas, pro quingentis pene marcis, quorum nomina subsequuntur, videlicet Werdere, Techentin, Blankenuorde et Granzin, cuius proprietatem ad admonicionem et instanciam domini Henrici, dicti loci Abbatis, in maiori altari obtulimus in die omnium sanctorum, cum omni iure, sicut Ludewinus et Granzov a nobis antea possederunt, prosentibus militibus nostris, quibus eadem hora contigit interesse. Volumus igitur, ut hanc, sicut et alias villas superius memoratas, quiete possideant cum omnibus attinenciis earundem, pratis scilicet, pascuis, aquis, molendinis, stagnis et vniuersis terris, quibus taliter supputantur. Incipiunt in stagno, quod Lanckauel dicitur, et ascendunt directe ad austrum perante duas quercus signatas ad montem vnum, in quo stat quercus signata, inde recto cursu procedunt per paludem magnam vsque ad stagnum, quod Thechentin vocatur, quod totum est claustri, a quo videlicet stagno circumflectuntur per ascensum Hobole, usque ad aliud stagnum, quod Stawkow nominatur, vbi in se riuulum recipit ex eodem stagno profluentem; ab inde vero per ascensum eiusdem riuuli et stagni tendunt ad viam, qua de Wesenberghe in Granzin venitur, quae eciam via terminus est inter Granzin et Babic, vsque ad alium quendam torrentem, qui estiuo tempore exsiccatur, per cuius descensum ad predictam Hobolam dirigunt cursum suum; inde per meatum Hobole ascendunt ad stagnum Paule, a cuius aquilonari parte circa medium versus aquilonem vadunt perante quercum ad paludem quandam, vnde directo cursu tenduntur ad quandam quercum, que sita est in orientali parte cuiusdam parui stagni, ex vtraque parte cruce bis signatam, et ab illa vsque ad quoddam stagnum, quod

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dicitur paruum Sciruene, diriguntur, a quo per ascesum parui montis recto tramite ante multas quercus signatas versus orientem veniunt ad quoddam stagnum, quod Cuthimershe nominatur; inde paruo interuallo procedunt ad quandam quercum, quae tres praecipuos habet ramos, et inferius est exusta; inde flectuntur et currunt ad aliam quercum, vbi conterminantur campi illorum de Granzin et de Cutkune et de Dalmerstorpe, a qua procedentes vadunt directo cursu ad quendam valliculum, vbi concurrunt termini illorum de Dalmestorp et illorum de Chutune et de Dannenbeke; inde recto cursu tendunt ante multos valliculos pro terminis factos vsque ad quandam magnam crucem quatuor vicibus signatam; inde vadunt iterum ante tales valliculos et dirigunt gressum suum vsque ad Hobolam fluuium, tenduntque per Hobolam ad castrum Zcarniz, de quo videlicet castro vergunt ad vallem Liperi, a qua veniunt ad quercus, cuius summitas est exusta; exinde recto pergunt tramite ad viam, que ducit Stargard; abinde tenduntur directe vsque ad vallem, que dicitur Margreuenbude; inde protrahuntur per paludem vsque Cobole: hos itaque prescriptos stabiles et inconuulsos volumus perhenniter obseruari. Dimittimus insuper dictarum villarum possessores liberos ab aduocacia, vrbium edificacione, poncium [et] aggerum exstructione, a peticione et vectigalium extorsione et reliquis seruiciis, que nobis hactenus ex debito impenderent, ita sane, ut per omnia ea libertate gaudeant, qua ceteri villarum homines, quas in nostro dominio sepe dicti fratres possident, perfrui comprobantnr. Vt ergo hec nostra donacio et oblacio fidelisque prelibatorum fratrum comparacio inuiolabiliter a posteris conseruetur, presentem paginam cum sigilli nostri appensione porrigimus munimine. Huius rei testes sunt: dominus Theodoricus prepositus de Gusterow, Albertus decanus, Gher. scolasticus, Godefridus canonicus et notarius ibidem,

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dominus Stepbanus prepositus de Robele, Vnizlaus, Jerez[l]aus, Johannes de Hawelberghe, Arnoldus de Nigenkerke, Lodewicus Cabolt, Johannes de Cropelin, Ludolphus Rone, milites, et alii quam plures. Datum Gusterow, anno domini M°CC°LVII°, in epiphania domini:

     Secundc littere:

In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Amen. Nicolaus et Johannes, Dei gracia domini de Werle, et Johannes eadem gracia domicellus de eodem. Vniuersis presencia visuris vel audituris salutem in domino sempiternam.

Dann folgt hier die Urkunde, d. d. Gustrow anno domini M°CCC°XIIII° in crastino beati Johannis baptiste, wie sie nach dem Originale in Nr. XXXI abgedruckt ist.

Quibus auditis et sic intellectis idem dominus Thidericus Abbas in Darghin ex parte ipsins suique conuentns nobis instantissime supplicauit, ut ad quendam contractum cum honorabilibus viris fratribus Hermanno de Werberghe magistro ordinis sancti Johannis hospitalis Hierosolimitani et Ottone de Stendal commendatore domus Mirow suisque cum conuentualibus, vendicionem et empciouem dictarum villarum, videlicet Craceborch, Dalmerstorpe, Techentin, Blankenuorde, Granzin, habitum, nostrum concessum apponere dignaremur; nos vero, non solum ob dicti Abbatis suique conuentus instanciam, sed eciam propter quandam pecunie summam, videlicet trecentarum et quinquaginta marcarum denariorum slauicalium, a predicto fratre Ottone commendatore exinde in prompto perceptam, nostrum consensum plenum de nostrorum concilio huiusmodi contractui apposuimus et presentibus adhibemus, prenarratam emptionem predictarum villarum per antedictos fratres Hermannum de Werberghe et Ottonem de Stendal ex parte sui ordinis factam ratificantes et

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certitudinaliter approbantes, itaque quod nec nos, nostri heredes, successores, nes aliquis nostrorum officialium prenarratum ordinem beati Johannis, magistrum ordinis eiusdem, commendatorem et conuentuales domus Mirow predicte in villis prelibatis, videlicet Craceborch, Dalmerstorp, Techentin, Blankenuorde et Granzin et in omnibus suis proprictatibus, libertatibus, juribus, metis atque terminis, prout in premissis nostrorum progenitorum continetur litteris, vllatenus debeant impedire. In huius vero nostri consensus confirmacionem et omnium premissorum pleniorem euidenciam presentes litteras, de certa nostra sciencia conscriptas, sigilli nostri munimine duximus roborandas. Testes huius sunt: Nicolaus de Plasten, Henricus de Morin, Hinricus Campze, Jo. de Grambow, Nicolaus Carghow, nostri consiliarii, Johannes Rutze noster notarius, Tidericus Mirow, Hennigk Brusehauere, et alii plurimi fide digni. Datum et actum Robele, anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo nono, ipso die beate Margarethe.


Nr. XXXIII.

Die Comthurei Mirow verschreibt dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Haidedörfer Crazeburg, Dalmerstorf, Granzin, Techentin und Blankenvorde.

D. d. 13. Julii 1359.

Nach dem Originale im Grossh. Geh. Haupt.-Archive zu Schwerin.


W y broder Otto van Stendal, Cummendůr tů Myrow, vnde wi ghemeynen brůdere dar sulues bekennen openbar an dessem breue alle den ienen, de en zeen edder horen, dat wi des macht hebben ghegheuen vnde gheuen in dessem breue useme leuen gnedyghen heren Juncher Bernde van Werle vnde synen rechten

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eruen, dat se dat gůt vp der heyde, dorpere de gheheyten syn: Craseborch, Dalmestorpe, Grantzyn, Techentyn, Blankenuorde, mit al deme dat dar tů hort, wedder kopen moghen vor dre dusent mark vnde souentich mark vinkenoghen penninghe, nu tů sunte Mertens daghe neghest kvmt vnde vort ouer eyn iar,  der dar na euer eyn iar tů sunte Mertens daghe, dat is nu tů sunte Mertens daghe vort ouer twen iaren; bynnen desser tit scolen se vns gheuen vnde betalen de vorscreuenen penninghe dre dusent mark vnde souentich mark in der stat tů Nyen Brandenborch, wanneyr en dat euenst is, vnde wi cummendůr vnde brůdere scholen denne wedder antworden de breue, de wi hebben vp dat gůt. Were ok dat vnse here Juncher Bernd edder syne eruen dat vorsproken gůt nicht wedder enkoften bynnen desser tit vnde dat vorsůmeden, so enscal vnse here Juncher Bernd noch syne eruen nyne wedder kopinghe an deme gůde meir hebben. Tů eyner groteren bewaringhe so hebbe wi vnse vnde der meynen brůdere ingheseghele vor dessen bref ghehenghet, de gheuen vnde screuen is na godes bort dusent iar drehundert iare inme neghen vnde vefteghesten iarc, in sunte Margreten daghe der hilghen iuncurowen.

Charte: oblonges Pergament.
Schrift: gewöhnlich.
Siegelbänder: zwei Pergamentstreifen.
Siegel: sind zwei vorhanden, beide rund und von gewöhnlichem ungeläuterten Wachs.

Das erste, kleinere hat in rundem Felde auf einem Schilde zwei aufrecht stehende Beile nebeneinander. Umschrift:

Umschrift

Das zweite, grössere hat im runden, mit vier halbbogenförmigen Linien am Rande verzierten Felde einen aufrecht stehenden Heiligen (den St. Johannes d. T.) mit dem Heiligenscheine, mit entblösster rechter Schulter und mit einem runden Schilde in der linken Hand, worauf ein kleines Lamm steht; an jeder Seite lehnt sich ein Blumen- (Rosen ?)-Zweig. - Umschrift:

Umschrift

(Dies Siegel ist abgebildet in Westph. Mon. IV., Tab. 17. Nr. 5.)


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B.

Vermischte Urkunden.


Nr. XXXIV.

Borwin, Herr von Meklenburg, verleiht dem Kloster St. Michaelis zu Lüneburg das Dorf Cesemone.

D. d. 1219.

Aus Gebbardi diss. secularis de re literaria coenobii S. Michaelis in urbe Luneburga, Luneburg ex off. Sterniana, 1755, nach dem Originale in den Kloster-Urkunden.
(Zu Jahrb. II., S. 21.)


I n nomine sancte et individue trinitatis. Ego Borwinus dei gracia Magnopolitanus dominus omnibus in perpetuum. Cum divina disposicio, cujus nutu subsistunt omnia et ordinantur, nos ad hanc novam christianitatis vineam destinaverit exolendam, necessarium consideravimus personis religiosis tamquam columpnis gubernationem nobis creditam sustentare, ne quod plantavit Dei dextera, nostra negligentia aut trepidare arescat, sed potius vigilum Christi ministrorum frequenti rigatione centuplum sorciatur incrementum. Vt vero nostra deuotio plenius elucescat et exemplo consimili quique fideles accendantur, ad noticiam sacrosancte matris ecclesie etatis scilicet tam futurorum, quam presencium pervenire desideramus, quod nos, pro remedio anime nostre et parentum nostrorum et precipue domini Pribizlai patris nostri, ecclesie beati Michaelis Archangeli in Luneborg, ubi corpus dicti patris nostri quiescit, de consensu et adprobatione filiorum nostrorum Heinrici et Nicolai, villam, que Cesemone dicitur, cum omni vtilitate sua et attinentiis obrulimus, XX et quatuor mansos obtinentem, cum cultis scilicet et incultis agris, sylvis, pratis et pascuis et aquis aquarumque decurs-

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bus et judicio, juri nostro renunciantes; dominum Burchardum predicti cenobii abbatem peticionibus quoque et exactionibus et serviciis, que vulgo burcwerk et brucgenwerk dicuntur, nec non expedicionibus misimus in possessionem. Ut autem hec nostra solempnis donacio robur ohtineat perpetue firmitatis et a nullo heredum nostrorum possit retractari vel irritari, hanc paginam sigilli nostri impressione roboratam eis porreximus, sed et banno domini Brunwardi Zwerinensis episcopi promovimus confirmari, eorumque nomina, sub quorum hec acta presencia consequenter fecimus annotari: dnus Brunwardus Zwerinensis episcopus, Mattheus abbas de Doberan, Johannes abbas de Lubeke, Alvericus prepositus de Sunenvelde, Walterus de Buchowe, Ouo de Lubouue, sacerdotes; de laycis vero: Janick, Stoyzlavitz, Zlauotech, Neopra, Heinricus Jermeriz, Thidericus de Godebuz, Johannes de Snakenborg et alii quamplures, quorum nomina superfluum duximus recitare. Ada sunt hec anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo XIX. Data per manum Eustachii notarii nostri feliciter Amen.


Nr. XXXV.

Herzog Johann von Meklenburg-Stargard verleiht dem Henning Beer 1 ) erblich das Obermarschallamt mit der Litze.

D. d. Lichen 20. Dec. 1353.

Nach einer auscultirten Copie im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin mitgetheilt vom Archivar Lisch. (Vgl. Rudlolf M. G. II, S. 368, 370 und 657.)
(Zu Jahrb. II., S. 93.)


W y Johan von der gnade gades hertoge thu Meckelenborg, thu Stargarde vnd thu Rostock ein herre,


1) Schon im Jahre 1337 verlieh der Fürst Albrecht II. dem Henningh Beren ein Burglehn zu Stargard; vgl. Franck A. und N. M. VI. S. 116.
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Bokennen vnd botugen in desseme jegenwerdigen breue, dat wy vnsem truwen Henningk Beren hebben gelegen vnd leinen vnnse ouerste Marschalkampt, vnd hebben eme dar thu gelegent alle gebeide vnd alle bede, id sy eigendoem effte welkerleiewis wy se beden, vnd alle vrucht vnd alle angefaell, dat vns mocnte anfallen, vp der gantzen Litze, sunder de manschopp. Hir aff schall vns de vorsprokene Henningk houerechtes plegen, also alse id to vnseme marschalkeampt boreth. Were ock dat de Litze vnnd dat dar thu horeth, Henninge affginge mit rechte, so schale wy Henninge thu vnsem marschalkampte leygen, also vele als eme dar an affginge. Were ock dat Henningk aff ginge, vnd lethe he vnmundige kindere nha, de vnse ampt nicht vorstan konden, so scholden se nemen vth deme slechte heren Lippoldes Beren, de waneth thu Cammin, den oldesten, de ere vormundere were also lange wente se thu eren jaren quemen. Were ock dat de vorbenomede Henningk affginge ane eruen effte de gene, de von em geboren weren, so scholde dat ampt fallen vp den oldesten, de von des vorsprokenen heren Lippoldes Beren von Cammin geboren were, vnnd dat ampt schall so vort eruen von dem einen up den andern alle de wile dat dat slechte waren mach. Thuge desser dingk sint vnse truwen: her Vicke Munth, her Vritze von Berthecow, riddere, Abele Woldenhagen vnd Hinrick Rode vnse schriuere vnd vele andere bederue lude, de se tuge wert sint. Desse breff de is gegeuen nach gades borth dusent drehundert jar in deme dre vnd veftigesten jare thu Lichen in sunte Thomas auende des hilligen appostels. Thu einer groteren betuginge so hebbe wy vnse hemeliche ingesegell vor dessen breff gehangen.

Auschultata et collacionata est presens copia per Hinricum Molitorem Hauelbergensis diocesis, auctoritate imperiali notarius, que cum suo vero origenali de verbo ad verbum concordat, quod protestor manu mea propria.

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Auf der Rückseite steht:

Ein coppie vff de Litze land d. h. Beren marschalken zu gr. marschalk, ampt 1524.


Nr. XXXVI.

Marquard, Bischof von Ratzeburg, verkauft den Bauern in Malzow ein Stück Land, wo das Holz abgetrieben war, für 400 M. Lub. Pfen. und eine jährliche unveränderliche Abgabe von 20 M.

D. d. Ratzeburg 2. Februar 1320.

Nach dem Originale im Besitze der Dorfschaft Malzow mitgetheilt vom Rector Masch zu Schönberg.
(Zu Jahrb. II., S. 141.)


I n nomine Domini, Amen. Marquardus dei gratia Ratzeborgensis ecclesiae episcopus universis Christi fidelibus praesentes literas inspecturis salutem in domino. Cum notitia rei gestae tenore praesentium recognoscimus et notum facimus universis, quod, cum olim gravati essemus immenso onere debitorum partim ab antecessoribus nostris et partim a nobis pro necessitate ac utilitate eeclesiae nostrae successive contractorum, nec habentes in promptu, unde eadem debita persolvere possemus: habita plena et matura deliberatione cum capitulo nostro et cum aliis amicis fidelibus ecclesiae nostrae, silvam nostram, sitam in terra Boitin prope villam nostram Malsowe, nobis et ecclesiae propter diversas et varias infestationes, molestias, perturbationes et injurias, quas a quibusdam vicinis nostris militaribus et aliis, occasione incisionis lignorum quorundam in dicta silva faciebant, sedulo perpessi fuimus, minus utilem, venditioni exposuimus, et tandem ligna ejusdem silvae, praeter

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fundum, quibusdam civibus in Lubeke vendidimus pro trecentis et quinquaginta marcis denarior. lubicens. nobis solutorum et in utilitatem ecclesiae nostrae atque in solutionem praedicti mutui conversorum. Post plures itaque annos nos adtendentes, quod ipse Fundus seu terra ejusdem silvae nondum arabilis facta et ecclesiae nostrae, si sic maneret inculta, nihil penitus commoditatis aut utilitatis afferret, demum matura deliberatione cum capitulo nostro praehabita, eundem fundum, sive terram totam et integralem silvae praedictae infra suos limites diffinitos et notos, sicut ab olim usque in praesentem diem satis noti apparent, colonis nostris omnibus in dicta villa Malsowe morantibus vendidimus pro quadringentis marcis denarior. lubicens. nobis solutorum et in utilitatem ecclesiae nostrae integre conversorum, ea tamen conditione apposita, quod coloni praedicti nunc exstantes et futuri viginti marc. denar. lubic. nomine pensionis de ipsa terra praedicta, sive arabilis facta fuerit, sive non, singulis annis in festo beati Martini nobis et successoribus nostris in perpetuum solvere teneantur, transferentes in eos plene et libere omni solennitate et legalitate, quae in talibus adhiberi solent et debent adhibitis, die tam terram sive fundum cum. suis pertinentiis omnibus, in pascuis, rubetis, rivulis, campis cultis et incultis et generaliter omnibus utilitatibus et appendiciis, nobis et ecclesiae nostrae in dicta terra sive fundo competentibus de consuetudine et de jure. A qua tamen generalitate judicium majus et minus excipiendum duximus, nobis illud specialiter reservantes. In contractu quoque isto hujusmodi inter nos et emtores ipsos conditio intervenit, videlicet quod ipse census praedictus fundo impositus saepedicto per nos vel successores nostros nullo modo ex quacunque causa vel figmento seu quaesito colore augeri debeat in futurum, ita autem, quod iidem coloni de terra sive fundo saepedicto sic vendito et translato neque

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decimas, vel exactiones seu tallias, vel aliud jus quodcunque praeter censum supradictum praestare, nec servitium seu obsequium quodcunque inde facere teneantur. In quorum omnium evidens testimonium praesentem literam inde confectam ipsis tradidimus, sigilli nostri appensione fideliter communitam. Et nos Eccardus dei gratia praepositus, Joannes prior et Capitulum ecclesiae Ratzeburgensis praedictae contractui supradicto, cui, prout humana nosse sinit fragilitas, non est dubium, domino nostro episcopo suisque successoribus et ecclesiae nostrae profuturum, consensum et collaudationem impertientes, praesenti instrumento sigillum nostrum ad preces domini nostri domini Marquardi episcopi praedicti duximus appendendum. Testes autem huius rei sunt discreti viri: Joanes Barnecow canonicus Ratzeburg., magister Pelegrinus Canonic. Hamburg., et Petrus plebanus Sconeberg., clerici nostri, et alii quam plures ad promissa vocati separatim et rogati. Datum Ratzeborg anno domini MCCCXX, in festo purificationis beatae Mariae virginis.

Das Original auf Pergament, im Besitze der Bauerschaft zu Malzow, - eine gewiss sehr seltene Erscheinung -, ist wohl erhalten; die Siegel sind, mit Ausnahme des Capitel-Siegels, ebenfalls fast ganz erhalten, nur dass die Umschriften abgebröckelt sind.

 

Vignette
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Jahresbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

aus

den Verhandlungen des Vereins

herausgegeben

von

A. Bartsch,

Prediger an der großherzoglichen Irrenheilanstalt Sachsenberg bei Schwerin, correspondirendem Mitgliede der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthümskunde, der schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für vaterländische Geschichte und des altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie,
als
zweitem Secretair des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde.


Zweiter Jahrgang.


Mit zwei lithographirten Tafeln.


Auf Kosten des Vereins.

Vignette

In Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin.


Schwerin, 1837.

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Inhaltsanzeige.


Erster Theil.

Aeußere Verhältnisse des Vereins.

S.
1. Angehörige des Vereins 1
2. Finanzielle Verhältnisse 5
3. Verfassung und Verwaltung 8
4. Versammlungen 9
5. Domestica 10

Zweiter Theil.

Thätigkeit des Vereins für die Erreichung seiner Zwecke.

1. Sammlung und Aufsuchung historischer Denkmäler.
   A. Sammlung von Schriftwerken
      I. Bibliothek 12
      II. Sammlung meklenb. typographischer Alterthümer 22
      III. Urkunden=Sammlung 23
      IV. Sammlung anderer älterer Handschriften 24
   B. Sammlung von Bildwerken.
      I. Grabalterthümer, Geräth, Waffen u. dgl.
         1. Aus vorchristlicher Zeit.
            A. Aus der Zeit der Hühnengräber 25
            B. Aus der Zeit der Kegelgräber 35
            C. Aus der Zeit der Wendenbegräbnisse 53
         2. Aus unbestimmter alter Zeit 76
         3. Aus dem Mittelalter 78
         4. Aus der neuern Geschichte 85
      II. Geognostische Merkwürdigkeiten und andere seltene Naturalien 85
      III. Pläne, Charten, Ansichten und Bildnisse 86
      IV. Münzensammlung 86
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S.
   C. Gesammelte Nachrichten von Alterthümern aller Art.
      I. Nachrichten von vorchristlichen Grabdenkmälern etc 105
      II. Nachrichten von andern alten merkwürdigen Stätten 110
      III. Nachrichten von alten Bildwerken 114
      IV. Nachrichten von alten Schriftwerken 123
   D. Vorbereitende Arbeiten, Actenstücke und Schriften für die Aufgrabungen des Vereins 125
      I. Großherzoglich meklenburg=schwerinsche Verordnungen zum Schutz und zur Rettung vaterländischer Alterthümer 128
      II. Großherzogl. meklenburg=schwerinsches Rescript wegen Gestattung von Aufgrabungen im Domanium für den Verein 130
      III. Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grrabalterthümer Meklenburgs etc von G. C. F. Lisch 132
      IV. Instruction für Aufgrabungen, entworfen von der Aufgrabungs=Deputation des Vereins f. m. G. u. A. 148
2. Bearbeitung des historischen Stoffes.
   A. Gelieferte Arbeiten 157
   B. Angeregte und vorbereitete Arbeiten 160
   C. Unterstützte und empfohlene Arbeiten außerhalb des Vereins 165
Anhang. Erklärung der am Ende des Berichts befindlichen lithographirten Tafel 167
Verzeichniß einiger im I. Jahrgange des Jahresberichts befindlichen Druckfehler.
Vignette
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Grabfunde
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Erster Theil.

Aeußere Verhältnisse des Vereins.


I. Angehörige des Vereins.

I n den allermeisten Beziehungen hat ein ungemein günstiges Geschick über dem zweiten Lebensjahre des Vereins gewaltet, und alle folgenden Rubriken des gegenwärtigen Berichts werden nur Erfreuliches zu melden haben. Bloß diese erste bezeichnet, neben ansehnlichem Gewinne, auch mehr als einen schwerer Verlust. Um gleich den allerschmerzlichsten zu nennen, so verlor der Verein durch den Tod des allerdurchlauchtigsten Großherzogs Friederich Franz einen Protector, der, schon lange vor dem Auftreten des Vereins ein warmer Freund und ein treuer, sorgsamer Pfleger des vaterländischen Alterthums, auch dem später auf dieselbe Bahn getretenen die ehrendste Anerkennung, die huldvollste Theilnahme und die kräftigste Unterstützung angedeihen ließ, und so, wie in vielen andern großartigen Zeugnissen, in dem Vereine selbst ein hoffentlich langdauerndes Denkmal Seiner Liebe zu Meklenburgs Geschichte Sich stiftete, 1 ) Zum Glücke sind, wie diese Liebe, auch jene wohlwollenden Gesinnungen für den Verein auf den erhabenen Nachfolger des Betrauerten fortgeerbt, wie das nachstehende Cabinets=Rescript des jetztregierenden allerdurchlauchtigsten Großherzogs von Meklenburg=Schwerin bezeugt:


1) Von den Erben des verewigten Herrn Geheimenraths= und Regierungs=Präsidenten von Plessen ist dem Vereine ein schönes Porträt des vollendeten Großherzogs geschenkt worden. Es ist von dem Herrn Professor Suhrland zu Ludwigslust in Oel gemalt und hat mit dem prachtvollen Goldrahmen eine Höhe von etwa 4 und eine Breite von 3 1/2 Fuß. Der frühere Besitzer erhielt es bei seiner Rückkehr vom Bundestage als Zeichen der Anerkennung und der Anhänglichkeit seines fürstlichen Herrn von diesem zum Geschenk. So wird es nicht blos eine herrliche Zierde des Vereinslocales bilden, sondern auch in einem reichen an zwei hochverdiente Wohlthäter den Verein freundlich erinnern.
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"Wir sagen dem Ausschuß des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde Unsern aufrichtigen Dank für das in dem Schreiben vom 3ten d. M. Uns bezeigte Beileid über den Uns betroffenen, tiefbetrübenden Verlust, so wie für den gleichzeitig Uns ausgesprochenen Glückwunsch. Das Uns angetragene Protectorat dieses schätzbaren Vereins nehmen Wir hiemit um so lieber an, da die Förderung vaterländischer Litteratur Uns stets angelegen, das Studium vaterländischer Geschichte uns stets erfreulich sein wird. Wir wünschen, daß der Verein mit dem schon bewährten regen Eifer sein schönes Ziel ferner verfolgen möge, und versprechen gern Unsere Mitwirkung hiezu.
     Schwerin, den 6ten März 1837.

Paul Friederich."

Und somit darf der Verein die zuversichtliche Hoffnung hegen, daß auch in Zukunft, nur unter den Auspicien eines andern Namens, dieselbe Huld von dem einen Throne Meklenburgs auf ihn ausströmen werde, welche von seinen ersten Anfängen an von dorther ihm zu Theil ward und die von dem zweiten Throne dieses Landes aus unter demselben Namen und in unverminderter Stärke ununterbrochen sich ihm bewähret hat.

Die Reihe der hohen Beförderer ward gleich nach der vorig jährigen General=Versammlung durch den regierenden Fürsten von Schaumburg=Lippe verstärkt, ein Gewinn, welchen nicht bloß der Umstand, daß Se. Durchlaucht in Meklenburg reich begütert sind, sondern mehr noch Höchstdessen lebhaftes, vielfach bewährtes Interesse für die Alterthumskunde als einen sehr bedeutenden und höchst erfreulichen betrachten läßt. Das Schreiben, welches die Genehmigung der vom Ausschusse dieserhalb vorgetragenen Bitte brachte, spricht zugleich die anerkennendsten, wohlwollendsten Gesinnungen für den Verein aus, Gesinnungen, deren Ausdruck später bei Gelegenheit des Dankes für die übersandten Druckschriften aufs huldvollste erneuert und deren Ernst durch ein den Dank begleitendes ansehnliches Geldgeschenk bethätigt ward. Auch von andern hohen Beförderern empfing der Verein in derselben Veranlassung freundlich dankende und anerkennende Worte.

Die Zahl der Ehrenmitglieder, welche von der vorigen Jahres=Versammlung durch die, freundlich genehmigte, Ernennung des königlichen Ober=Präsidenten der Provinz Pommern, Herrn von Bonin zu Stettin, auf 6 erhöht ward, sieht sich jetzt, in Folge von zwei schnell nach einander eingetretenen äußerst

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betrübenden Todesfällen, auf 4 reducirt. Die Namen von Plessen (großherzoglich meklenburg=schwerinscher Geheimeraths= und Regierungs=Präsident, starb am 25. April 1837) und von Oertzen (großherzoglich meklenburg=strelitzischer Staatsminister, starb am 3. April 1837) sind mit den unauslöschlichen Zügen ausgezeichneter Verdienste in die Geschichtstafeln der beiden nahe verwandten und verbundenen Staaten eingegraben, denen ihre Träger mit so viel Treue und mit so viel Erfolg ihr Leben widmeten, und deren aufrichtige, allgemeine Trauer um sie ihre beste Lobrede ist: auch in unserm Vereine haben sie sich durch zahlreiche und große Wohlthaten ein bleibendes Gedächtniß gestiftet.

Was den Verkehr unsers Vereins außerhalb Meklenburgs betrifft, so hat auch in dieser Beziehung das verflossene Jahr großes Glück gehabt. Hier kann zunächst nur von der Erweiterung jenes Verkehrs die Rede sein: die Früchte desselben werden an andern Stellen des Berichts ihren Platz finden. Es wurden neue Verbindungen angeknüpft mit dem thüringisch=sächsischen Verein, mit dem voigtländischen alterthumsforschenden Verein und mit der königlichen schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer, und damit zugleich ein Austausch der gegenseitigen Druckschriften eingeleitet. Auch die Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Zürich hat unserm Verein Correspondenz und Schriften=Austausch angetragen und mit Einsendung des ersten Heftes ihrer "Mittheilungen" den willkommenen Anfang gemacht; von unsrer Seite wird nicht gesäumt werden, einem so freundlichen Entgegenkommen freundlichst zu begegnen.- Zu correspondirenden Mitgliedern wurden ernannt:

1. Herr Professor Barthold zu Greifswald,
2.   -    Etatsrath Falck zu Kiel,
3.   -    Regierungs=Referendar A. von Minutoli zu Berlin,
4.   -    Oberbibliothekar Schröder zu Upsala, und
5.   -    Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen.

Es schied aus dem Kreise der gelehrte schwedische Forscher, Reichsantiquar Liljegren zu Stockholm, den vor kurzem der Tod der Wissenschaft entriß. Danach beträgt die gegenwärtige Zahl der correspondirenden Mitglieder 48.

Als ordentliche Mitglieder sind im Laufe des zweiten Jahres folgende Personen (nach chronologische Ordnung) dem Verein beigetreten:

1. Herr Cand. juris und Archivgehülfe Glöckler zu Schwerin.
2. - Hofrath und Prosessor Dr. Norrmann zu Rostock.
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3. Herr Doctor juris Sprengel zu Rostock.
4. - Kammer=Ingenieur Zeller zu Güstrow.
5. - Oberlehrer Weber zu Schwerin.
6. - Canzlei=Fiskal, Hofrath Tolzien zu Schwerin.
7. - Gutsbesitzer Cleve auf Karow.
8. - Hofrath Dr. Crull zu Rostock
9. - Bürgermeister, Hofrath Engel zu Röbel.
10. - Bataillons=Auditeur Grimm zu Wismar.
11. - Hauptmann a. D. von Restorff zu Bützow.
12. - Auditor von Schöpffer zu Bützow.
13. - Canzleirath von Bernstorff zu Bützow (jetzt Regierunasrath zu Neustrelitz)
14. - Criminalrath von Bülow zu Bützow.
15. - Criminalrath von Wick zu Bützow.
16. - Hofrath, Advocat Ehlers zu Bützow.
17. - Rector zur Nedden zu Bützow.
18. - Criminalsecretär Reinnoldt zu Bützow.
19. - Auditor Schlaaff zu Bützow.
20. - Senator Drechsler zu Bützow.
21. - Freiherr von Gloeden zu Bützow.
22. - Stiftsprediger M. Carlstedt zu Bützow.
23. - Cantor und Organist Fust zu Bützow.
24. - Amtsarzt Dr. Rüst zu Grabow.
25. - Apotheker Stockfisch zu Zarrentin.
26. - Porträtmaler Fischer zu Schwerin.
27. - Pensionär Rettich zu Rosenhagen.
28. - Professor und Director Dr. Bachmann zu Rostock.
29. - Doctor medicinae Löwenthal zu Grabow.
30. - Probst M. Genzken zu Ratzeburg.
31. - Stallmeister und Kammerherr von Boddien zu Ludwigslust.
32. - Actuarius Paepcke zu Lütgenhoff.
33. - Hofpostmeister Lingnau zu Neustrelitz.
34. - Kammer= und Jagdjunker von Bülow zu Golchen.
35. - Kammerherr von Vieregge auf Steinhausen zu Wismar.
36. - Pastor Bauer zu Rehna.
37. - von Behr auf Renzow.
38. - Advocat Schwerdtfeger zu Schwerin.
39. - Pensionär Schubart zu Gallentin.
40. - Instructor Willebrand zu Schwerin.
41. - Erblandmarschall Baron von Maltzan auf Burg Penzlin.

Von diesen überlebte indessen der Hofrath und Professor Dr.

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Norrmann zu Rostock den Empfang des Diploms nur um eine kurze Zeit, und es beträgt also der noch verbliebene Zuwachs dieses Jahres 40 Personen. Laut des ersten Jahresberichts belief sich die Zahl der damaligen ordentlichen Mitglieder auf 295. Von diesen hat der Verein späterhin 7 verloren, darunter 3 (den Geheimen Medicinalrath Dr. von Hieronymi zu Neustrelitz, den Hofrath Löscher zu Neustadt und den Landrath von Oertzen auf Brunn) durch den Tod. Es bleiben also aus dem ersten Jahre 288 und als neuer Erwerb des zweiten 40, zusammen 328 ordentliche Mitglieder.

Fassen wir die sämmtlichen Titel, unter welchen der Verein Angehörige besitzt, zusammen, so gestaltet sich die Zahlen=Uebersicht des ganzen gegenwärtigen Bestandes (mit Ausschluß der correspondirenden Vereine) folgendermaßen:

I. Protectoren 2.
II. Hohe Beförderer 7.
III. Ehrenmitglieder 4.
IV. Correspondirende Mitglieder 48.
V. Ordentliche Mitglieder 328.
-----
Summe aller Angehörigen des Vereins 387.

2. Finanzielle Verhältnisse.

Wie blühend die finanziellen Verhältnisse des Vereins sind und wie im Einzelnen dieselben während des zweiten Jahres sich gestaltet haben, das zeigt die folgende, vom Berechner des Vereins, Herrn Canzleirath Faull, eingereichte Uebersicht der Einnahmen und Ausgaben.

Finanzielle Verhältnisse
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Finanzielle Verhältnisse
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Finanzielle Verhältnisse

Werden nun hievon auch die schon zum dereinstigen Druck der meklenburgischen Regesten angewiesenen Gelder, für jetzt 250  ., und die zur Unterstützung der meklenburgischen Urkunden=Sammlung des Herrn Archivars Lisch bestimmten 100  . Gold als nicht mehr disponibel in Abzug gebracht, so bleiben dennoch sehr ansehnliche Mittel zu ferneren Unternehmungen und Verausgabungen für das nächste Jahr zur Disposition des Vereins


1) Die Druckkosten für den zweiten Jahrgang der Jahrbücher und Jahresberichte sind hierin nicht mitbegriffen, sondern kommen, da einem Beschlusse des Ausschusses gemäß diesmal beide Schriften erst nach der General=Versammlung ausgegeben werden, für das Rechnungsjahr vom 1. Julius 1837/38 in Ansatz.

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gestellt, ungerechnet die eigene Einnahme eben dieses Jahres. Und gewiß liegt es nicht im Zwecke des Vereins, ein Kapital=Vermögen anzuhäufen (die oben angeführten "belegten Kapitalien" bestehen einem großen Theile nach aus den für die Regesten und die Urkunden=Sammlung zurückgelegten Geldern, welche man, bis zu ihrer wirklichen Verwendung, nicht ganz ungenützt wollte liegen lassen), vielmehr legt er seine Einkünfte ohne Zweifel am besten an, wenn er sie unmittelbar im Dienste der Wissenschaft, für welche er arbeitet, verwendet. Indessen ist es doch auch rathsam, für etwanige unvorhergesehene Nothfälle und für nicht minder unvorherbestimmbare Gelegenheiten zu bedeutenden Erwerbungen und Unternehmungen einen Reservefonds zu behalten: denn die schlimmste aller Krankheiten, an welchen Gesellschaften wie die unsrige laboriren können, ist der Geldmangel. Beide Rücksichten werden denn auch im nächsten Jahre, wie bisher, bei der Verwendung der Geldmittel den Ausschuß leiten.

3. Verfassung und Verwaltung.

In der Verfassung unsers Vereins ist keinerlei Veränderung vorgenommen oder als nöthig ernannt worden, vielmehr haben die Statuten auch während des zweiten Jahres ihrer Wirksamkeit in jeder Hinsicht aufs beste sich bewährt.

Ebenso wenig hat das Verwaltungs=Personal einen Wechsel erfahren, sondern alle diejenigen, welche beim Beginne dieses Jahres den Ausschuß bildeten, haben bis zum Schlusse desselben ihre Functionen fortgeführt. Auch die jüngste, diesjährige General=Versammlung brachte, mit einer einzigen Ausnahme, keine Veränderung in dieser Hinsicht, indem sowohl die von einer Wahl unabhängigen beiden Herren Präsidenten und der in demselben Verhältniß stehende Herr Aufseher der Münzensammlung ihre Bereitwilligkeit zur Beibehaltung ihrer resp. Würden und Aemter freundlichst erklärten, als auch die übrigen Beamten durch Acclamation bestätigt, endlich drei der bisherigen Repräsentanten wieder gewählt wurden; nur der Herr Hofrath Holm erklärte zum Bedauern der Versammlung, anderweitiger Geschäfte wegen nicht länger dem Ausschusse angehören zu können, und an seine Stelle ward durch Stimmenmehrheit Herr Instructor Willebrand berufen. Für das nächste Jahr besteht also der Ausschuß aus folgenden Personen:

Se. Excellenz der Herr Regierungs=Präsident und Minister von Lützow, Präsident des Vereins.
Herr Regierungsrath von Oertzen, Vice=Präsident.

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Herr Archivar Lisch, erster Secretär.
Pastor Bartsch, zweiter Secretär.
Herr Hofbuchdrucker Bärensprung, Bibliothekar.
  -    Geschichtsmaler Schumacher, Antiquar.
  -    Canzleirath Faull, Rechnungsführer.
  -    Schloßhauptmann und Kammerherr von Lützow, Repräsentant.
  -    Oberlehrer Reiz, Repräsentant.
  -    Director Dr. Wex, Repräsentant.
  -    Instructor Willebrand, Repräsentant.

4. Versammlungen.

Auch in diesem Jahre hielt der Ausschuß regelmäßig seine Monats= und Quartal=Versammlungen, von welchen letzteren die 3 im Laufe desselben erschienenen Quartalberichte die Ergebnisse veröffentlichten. Die diesjährige General=Versammlung fand nach Vorschrift der Statuten am 11ten Julius zu Schwerin statt, und zwar im großherzoglichen Schlosse daselbst. Es hatten sich außer einer beträchtlichen Anzahl in Schwerin wohnender auch vom Lande und aus Rostock, Wismar, Schönberg und Lübeck Mitglieder eingefunden. Nachdem der Herr Präsident die Versammlung durch einige einleitende Worte eröffnet hatte, verlas der zweite Secretär den Jahresbericht, in welchen die übrigen Beamten an den geeigneten Stellen ihre Special=Berichte und Verzeichnisse, auch der Herr Rector Masch aus Schönberg seinen Bericht über den bisherigen Fortgang der Regesten (s. unten "angeregte und vorbereitete Arbeiten"), einlegten. Nachdem sodann die Erneuerung und theilweise Ergänzung des Ausschusses vorgenommen war und das oben angegebene Resultat geliefert hatte, ward der Versammlung der vom Herrn Dr. phil. Burmeister zu Wismar eingesandte Plan einer Sammlung und Erklärung der slavischen Ortsnamen in Meklenburg (s. unten "angeregte und vorbereitete Arbeiten") vorgetragen und den Mitgliedern zur Theilnahme und Unterstützung empfohlen. Hieran reihten sich mehrere Geschenke von Schrift= und Bildwerken, welche einige der Anwesenden im eigenen oder im Namen Abwesender überreichten, Mittheilungen über die "Blocksberge" in Meklenburg und andere interessante Gegenstände (was alles unter den betreffenden Rubriken des zweiten Theils seine nähere Erwähnung finden wird), u. dgl. m. Hierauf ward die Versammlung von dem Herrn Präsidenten mit einem Abschiedsworte entlassen und begab sich nun in denjenigen kleineren Theil des Vereins=Locales, in welchem die Bibliothek und die Alterthümer zur Zeit noch

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aufgestellt sind und auch die Münzensammlung von dem Aufseher derselben für diesen Tag ausgestellt war. Das hier Vorhandene und Geschaute gab längere Zeit zu vielseitiger Unterhaltung und Besprechung Stoff. Am Abend vereinigten sich die meisten Mitglieder, welche an der General=Versammlung Theil genommen hatten, und noch einige andere, welche diese zu besuchen behindert gewesen waren, zu einem Mahle, welches von der Freude über das bisherige Gedeihen des Vereins gewürzt, durch eine frische Unterhaltung und mehrfache Toasts belebt wurde und gewiß nicht verfehlt hat, die Mitglieder, namentlich die auswärtigen den einheimischen, näher zu bringen und manches Streben im Interesse des Vereins durch persönliche Besprechung anzuregen oder zu fördern, ein Erfolg, welcher ja einer der Hauptzwecke der General=Versammlung und gewiß wo er erreicht wird, ein großer Gewinn ist.

5. Domestica.

Die baulichen Reparaturen und Veränderungen, welche auf Veranstaltung des großherzoglichen Hofmarschallamts in dem großen zum Vereins=Locale gehörigen Saale unternommen wurden, um denselben nicht bloß wohnlich und seinem künftigen Zwecke entsprechend einzurichten, sondern auch in würdiger, einfach edler Gestalt wiederherzustellen und von manchen Verunzierungen früherer Zeit zu befreien, sind ihrer Vollendung ganz nahe gerückt, und binnen kurzem wird sich der Verein, wie schon früher in den Besitz, so nun auch in den vollständigen Gebrauch seines ganzen schönen Locales gesetzt sehen. - In der Person des Hofküsters Buchheim, dessen Aufenthalt im Schlosse in unmittelbarer Nähe des Vereinslocales und dessen Charakter ihn aufs beste zu einem solchen Posten zu qualificiren schienen (eine Voraussetzung, welche durch die zeitherige Erfahrung vollkommen bestätigt ward), bestellte der Ausschuß dem Locale einen Custos, der, gegen eine billige Gratification, die Beaufsichtigung und Reinhaltung desselben, die Bewachung der Sammlungen, die Umherführung der Besuchenden, so wie ähnliche Geschäfte mehr zu besorgen und über das alles eine genaue Instruction erhalten hat. - Eine große neue Vergünstigung zu den vielen schon früher empfangenen ist dem Vereine vom großherzoglichen Hofmarschallamte durch die unterm 31. October v. J. bewilligte unentgeldliche Heizung des zu dem Locale gehörigen Arbeitzimmers an zwei Wochentagen, welche sich am besten zu Arbeitszeiten für die in demselben beschäftigten Beamten zu eignen schienen, zu Theil geworden. Ueberhaupt hatte der

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Verein fortwährend, und so oft sich Gelegenheit dazu bot, von Seiten höchster und hoher Behörden der bereitwilligsten Unterstützung und Förderung sich zu erfreuen, und der Bericht wird in dem die Aufgrabungen betreffenden Abschnitte noch weitere Beläge hiefür zu nennen und zu rühmen haben.

Das große Siegel des Vereins ist nunmehr in Stahl gravirt worden und hat eine solche Einrichtung erhalten, daß es in eine Presse eingeschroben und in Oblaten abgedrückt werden kann. Der Ausschuß, um das Verdienst einer solchen Arbeit einem vaterländischen Künstler zuzuwenden, übertrug dieselbe dem Herrn Hofgraveur Jonas zu Güstrow, und glaubt nur gerecht gewesen zu sein, wenn er zu dem bedungenen sehr mäßigen Honorar noch den Ausdruck seines Dankes für das wohl gelungene Werk fügte.


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Zweiter Theil.

Thätigkeit des Vereins für die Erreichung seiner Zwecke.


1. Sammlung und Aufsuchung historischer Denkmäler.

E ine sehr erfreuliche und erfolgreiche Thätigreit hat der Verein während des zur Rechenschaft stehenden Zeitraums auf diesem Theile seines Arbeitsfeldes entwickelt. Nicht bloß haben einzelne Mitglieder und Gönner unablässig sich beeifert, seine Sammlungen zu vermehren, seinen Vorrath von Nachrichten über Gegenstände des vaterländischen Alterthums mit interessanten Notizen zu bereichern und seine Unternehmungen für weitere Erforschung dieses noch so große Ausbeute verheißenden Gebietes auf mannichfache Weise zu fördern, sondern auch der Ausschuß ist sorgfältig bemüht gewesen, die ihm zu solchem Zwecke zu Gebote stehenden Mittel und dargebotenen Gelegenheiten zum möglichsten Vortheil des Vereins anzuwenden und zu benutzen, wiewohl dennoch die Verausgabungen dieser Art die von dem Etat dieses Jahres für die Sammlungen ausgesetzte Summe bei weitem nicht erreicht haben.

A. Sammlung von Schriftwerken.

I. Bibliothek

(Nach dem vom Bibliothekar des Vereins, Herrn Hofbuchdrucker Bärensprung, der General=Versammlung vorgelegten Verzeichnisse. Die Nummern schließen sich an die des vorigjährigen Verzeichnisses an. Vgl. Jahresber. I. S. 73-87.)

  1. Alberti, Abbatis Stadensis, Clironicon etc. Helmaestadii 1587. 4. (Geschenk des Herrn Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  2. 219. Alberti, Variscia. Mittheilungen aus dem Archive des Voigtländischen alterthumsforschenden Vereins. 2te Lie=
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ferung 1830. 3te Lieferung 1834. 8. [Dabei: Statuten und Bücherverzeichniß des Vereins.] (Geschenk des V. a. Vereins.)

  1. M. F. Arendt, Großherzoglich Strelitzisches Georgium. Nord=Slawischer Gottheiten und ihres Dienstes. Minden 1820. 4. (Geschenk des Hrn. Archivars Lisch.)
  2. K. F. L. Arndt, Das Zehntenregister des Bisthums Ratzeburg aus dem 13. Jahrhundert, nach der Urschrift abgedruckt. Mit Bemerkungen. Schönberg 1833. 4. (Geschenk des Hrn. Rectors Masch in Schönberg.)
  3. M. T. Arnkiel's Außführliche Eröffnung was es mit der Cimbrischen und Mitternächtl. Völker etc. . ihrem Götzendienst etc. . eine Bewandtniß gehabt, und was von derselben Antiquitäten noch hin und wieder zu finden sei etc. . [Auch: Der Uhralten Mitternächtl. Völker Leben, Thaten und Bekehrung.] In 4 Theilen beschrieben und mit vielen Kupffer=Stücken beleuchtiget. Hamburg 1703. 4.
  4. H. W. Bärensprung's Versuch einer Geschichte des Theaters in Meklenburg=Schwerin. Von den ersten Spuren theatralischer Vorstellungen bis zum Jahr 1835. Schwerin 1837. 8. (Geschenk des Verf.)
  5. 225. Baltische Studien. Herausgegeben von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. 3ten Jahrgangs 2tes Heft. 4ten Jahrgangs 1stes Heft. Stettin 1837. 8. (Geschenk der G. f. P. G. u. A.) [M. s. Nr. 11-14.]
  1. Beehr, Rerum Meclenburgicarum libri octo etc. Lipsiae 1741. fol. (Geschenk des Hrn. Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  2. Joh. Berckmann's Stralsundische Chronik. A. d. Handschriften herausgegeben von Dr. G. Ch. F. Mohnike und Dr. E. H. Zober. 1r Thl. Stralsund 1833. 8. (Geschenk des Hrn. Consistorialraths Dr. Mohnike in Stralsund.)
  3. Bericht, gegründeter, eines Fürstl. Meklenb. Theologi von jetzt vorwaltender Landes=Kirchen=Verwirrung etc. . Rostock und Neubrandenburg 1738. 4.
  4. 230. Bericht, erster und zweiter, der Königl. Schleswig=Holstein=Lauenburgischen Gesellschaft für die Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer. Kiel. Aug. 1836. Jan. 1837. Mit Lithographien. 2 Bde. 8. (Geschenk der Gesellschaft.)
  1. -237. Berichte der deutschen Gesellschaft zur Erforschung vaterländischer Sprache und Alterthümer in Leipzig an die
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Mitglieder. Lpz. 1825. 26. 27. 28. 29. 30. und 31. 7 Bde. 8.

  1. A. Brandenburg, Geschichte des Magistrats der Stadt Stralsund, besonders in früherer Zeit etc. . Stralsund 1837. 4. (Geschenk des Hrn. Syndicus Dr. Brandenburg in Stralsund.)
  2. Fr. W. A. Bratring, Die Grafschaft Ruppin in historischer, statistischer und geographischer Hinsicht. Berlin 1799. 8.
  3. J. Fr. Joach. von Bülow, Mit Kupfern und vielen Urkunden versehene historische, genealogische und critische Beschreibung des Edlen, Freyherr= und Gräflichen Geschlechts von Bülow. Neubrandenburg 1780. Fol. (Geschenk des Hrn. Adv. Diederichs in Güstrow.)
  4. Calvör, Saxonia inferior antiqua gentilis et christiana. Das ist: Das alte heydnische und christl. NiederSachsen etc. . Goslar 1714. Fol. (Geschenk des Hrn. Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  5. Joh. Alex. Döderlein, a. Antiquitates in Nordgavia Romanae etc. Weissenburg 1731. 4.
    b . Desselben Schediasma historicum Impp. P. Ael. Adriani et M. Aur. Probi Vallum et Murum etc. Nor. 1723.
    c . Desselben Antiquitates Gentilismi Nordgaviensis etc. Regenspurg 1734.
    d . Desselben Inscriptiones slavo-russicae Tabulae perantiquae Templi Kalbensteinbergensis in agris Nordgaviensibus etc. Tyrnaviae Hungar. 1724.
    e . Desselben Slavonisch=Russisches Heiligthum mitten in Teutschland etc. . Nürnberg 1724.
  6. Fr. von Dreger, Codex diplomaticus oder Uhrkunden, so die Pommersch=Rügianisch= und Caminsche, auch andere venachbarte Lande angehen. Tom. 1. bis Anno 1269 incl. Stettin 1748. Fol.
  7. 245. Jo. Geo. Eccardns, Corpus historicum medii aevi sive Scriptores res in orbe universo, praecipue in Germania, a temporibus maxime Caroli M. usque ad finem seculi post C. n. XV. gestas enarrantes aut illustrantes. Lips. 1723. Tom. I. & II. Fol.
  1. -251. Etwas von gelehrten Rostockschen Sachen für gute Freunde. Jahrgang 1737-42. Rostock. 6 Bde. 8.
  1. (Dav. Faßmann,) Das glorwürdigste Leben und Thaten Friederich Augusti des Großen, Königs in Pohlen und
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Churfürstens zu Sachsen etc. . Hamburg und Frkf. 1733. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Friedländer in Berlin.)

  1. H. Francke, Zur Geschichte Trajan's und seiner Zeitgenossen. Den Präsidenten und Vorstehern des Vereins für meklenb. Gesch. und Alterth. gewidmet. Güstrow 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Francke in Wismar.)
  2. G. Friedländer, Beiträge zur Reformationsgeschichte etc. . Berlin 1837. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Friedländer in Berlin.)
  3. Ph. W. Gercken, Fragmente Marchica oder Sammlung ungedruckter Urkunden und Nachrichten zum Nutzen der Brandenburgischen Historie. Wolfenbüttel 1755. 8.
  4. W. Grimm, Der Rosengarten. Herausgegeben von etc. . Göttingen 1836. 8. (Geschenk des Hrn. Prof. W. Grimm in Göttingen.)
  5. Fr. von Hagenow, Beschreibung der auf der Großherzogl. Bibliothek zu Neustrelitz befindlichen Runensteine etc. . Mit 14 Holzschnitten. Loitz und Greifswalde 1826. 4. (Geschenk des Hrn. Rectors Masch in Schönberg.)
  6. Helmoldi Chronica Slavorum seu Annales etc. Francofurti 1581. Fol. (Geschenk des Hrn. Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  7. Hempel, Inventarium diplomaticum historiae Saxoniae inferioris etc. 1r bis 3r Thl. Hannover u. Lpz. 1785. 1786. Fol. (Geschenk des Hrn. Dr. von Duve in Mölln.)
  8. L. F. Höfer, Auswahl der ältesten Urkunden deutscher Sprache im Königl. Geh. Staats= und Cabinets=Archiv zu Berlin. Hamburg 1835. 4. (Geschenk des Hrn. Geh. Archivraths Höfer in Berlin.)
  9. a. Hoffgerichtsordnung der Durchl. etc. . Herren Johans Albrechts und Vlrichs, gebrüdern, Hertzogen zu Meckelnburgk etc. . Rostock 1570. 4.
    b. Kaiser Carols des Fünfften etc. . Peinlich Halsgericht. Alten Stettin 1569.
    c. Hertzogs Barnims des Eltern vnnd Philips Gevettern, zu Pommern etc. ., Ausschreiben und Verkündigung des Keyserlichen Landfriedens. Alten Stettin 1569.
  10. C. G. Homeyer, Verzeichniß deutscher Rechtsbücher des Mittelalters und ihrer Handschriften. Berlin 1836. 8. [2 Exemplare.] (Geschenk des Hrn. Professors Homeyer in Berlin.)
  11. M. Kalina von Jäthenstein, Böhmens heidnische Opferplätze, Gräber und Alterthümer. Mit 35 Steindrucktafeln.
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Prag 1836. 8. (Geschenk des Hrn. Bibliothekars W. Hanka in Prag.)

  1. Jahrbücher und Jahresberichte des Vereins für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde. 1r Jahrgang. Schwerin 1836. 8.
  2. 266. Jahresberichte der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde. Stettin. 8r und 9r: 1836. 10r und 11r: 1837. 8. (Geschenk der Gesellschaft f. P. G. u. A.) [M. s. Nr. 97-102.]
  1. -269. Jahresberichte des thüringisch=sächsischen Vereins für Erforschung des vaterländischen Alterthums. 1r, 2r u. 3r. Naumburg 1821. 1822. 1823. 8.
  1. Fr. E. Kettner, Antiquitates Quedlinburgenses etc. Lpz. 1712. 4.
  2. 272. P. von Kobbe, Geschichte und Landesbeschreibung des Herzogthums Lauenburg. 1r u. 2r Thl. Altona 1836. 8. (Geschenk des Hrn. Verf.)
  1. B. Kopitar, Glagolita Clozianus, i. e. Codicis glagolitici λειψανον. Vindobonae 1836. Fol.
  2. L. G. Kosegartens Uferpredigten u. hymnologische Aufsätze. Herausgegeben von Dr. G. Mohnike. Stralsund 1831. 8.
  3. L. G. Kosegarten s Akademische Reden. Herausgegeben von Dr. G. Mohnike. Stralsund 1832. 8.
  4. L. G. Kosegarten, Dissertationes academicae. Edid. Theoph. Mohnike. Sundii 1832. 8. (Nr. 274-276. Geschenke des Hrn. Consistorialraths Dr. Mohnike in Stralsund.)
  5. Krantz, Wandalia etc. Coloniae Agrippinae. Anno 1519. Fol.
  6. Kranzii Vandaliae et Saxoniae continuatio etc. Wittebergae 1586. Fol. (Nr. 277. 278. Geschenke des Hrn. Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  7. -284. Fr. Kruse, Deutsche Alterthümer oder Archiv für alte und mittlere Geschichte, Geographie und Alterthümer, insonderheit der germanischen Völkerstämme etc. . 1sten Bandes 1stes bis 6tes Heft. Halle 1824-1826. 8.
  1. L. von Ledebur, die Fünf Münsterschen Gaue und die Sieben Seelande Frieslands. Berlin 1836. 8.
  2. L. von Ledebur, Blicke auf die Literatur des letzten Jahrzehnts zur Kenntniß Germaniens zwischen Rhein und Weser. Berlin 1837. 8. (Nr. 285. 286. Geschenke des Hrn. Directors von Ledebur in Berlin.)
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  1. -304. L. von Ledebur, Allgemeines Archiv für die Geschichtskunde des Preußischen Staats, 1r bis 18r Bd. Berlin, Posen und Bromberg 1830-1835. 8.
  1. -307. L. von Ledebur, Neues allgemeines Archiv etc. . 1r bis 3r Bd. Ebendas. 1836. 8.
  1. -310. Leibnitii Scriptores rerum Brunsvicensium etc. 3 tom. Hanoverae 1707. 1709. 1711. Fol. (Geschenk des Hrn. Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  1. a . Joh. Geo. Leuckfeldi Antiquitates Blanckenburgenses oder genealogische und historische Beschreibung derer vormals gelebten Grafen von Blanckenburg am Hartz=Walde etc. . Frkf. u. Lpz. 1708. 4.
    b . Desselben Antiquitates Gandersheimenses. Wolfenbüttel 1709.
    c . Desselben Antiquitates Ilfeldenses. Quedlinburg 1709.
    d . Desselben Historia Spangenbergensis oder histor. Nachricht von dem Leben, Lehre und Schriften Cyriaci Spangenbergs etc. . Quedlinburg und Aschersleben 1712.
  2. J. G. Liljegren, Run=Lära. Stockholm 1832. 8.
  3. J. G. Liljegren, Run=Urkunder. Stockholm 1833. 8.
  4. J. G. Liljegren, Monumenta Runica. [Svenskt Diplomatarium II. Bandets I. Del.) Stockholm 1834. 4. (Nr. 312-314 Geschenke des wail. Hrn. Canzleiraths Joh. G. Liljegren in Stockholm.)
  5. a . Lindenbrogii Scriptores Rerum Germanicarum septentrionalium etc. Hamburgi 1706. Fol.
    b . P. Lambecii Origines Hamburgenses etc. Hamburgi 1706.
    c . Th. Anckelmanni Inscriptiones urbis Hamburgensis. Hamhurgi 1706. (Geschenk des Hrn. Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  6. G. E. F. Lisch, Recension von Höfer's Auswahl deutscher Urkunden in den Jahrbüchern für wissenschaftliche Kritik. 1836. Nr. 37. [worin auch über die ältesten meklenburgischen Urkunden in deutscher Sprache abgehandelt ist.] 4.
  7. G. C. F. Lisch, Ueber die Framea, aus Meklenburgischen Alterthümern. Im freim. Abendbl. 1832 Nr. 719. 4.
  8. G. C. F. Lisch, Beiträge zur Meklenb. Alterthumskunde. Im freim. Abendbl. 1832 Nr. 721. 725. 4. (Nr. 316-318 Geschenke des Hrn. Archivars Lisch.)
  9. (Lünig,) Des Teutschen Reichs=Archivs partis specialis Anderer, dritter und vierdter Theil. Fol.
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  1. J. v. M., Curieuses Thaler =Cabinet. Das erste Fach, welches die Thaler der Röm. Kayser und Könige, wie auch der Ertz=Hertzogen von Oesterreich in sich hält. Lübeck 1697. 4. (Geschenk des Hrn. Rectors Masch in Schönberg.)
  2. H. G. Masii Antiquitatum Mecklenburgensium schediasma historico-philologicum. Lubecae 1700. 8. [2 Exemplare.] (1 Exemplar Geschenk des Hrn. Revisionsraths Schumacher.)
  3. F. A. Mayer, Abhandlung über einen im Fürstenthum Eichstädt entdeckten Grabhügel einer altteutschen Druidin. Mit 2 Steindrucktafeln. München 1836. 8.
  4. Joh. Gottfr. von Meyer, vollständige Beschreibung des etc. . hochgräfl. Geschlechts der Herren Reichsgraf= und Burggrafen von Kirchberg in Thüringen. Ans Licht gestellt durch H. F. Avemann. Frkf. a. M. 1747. 4.
  5. 325. v. Minutoli, Denkmäler mittelalterlicher Baukunst in den brandenburgischen Marken. Thl. 1. Lieferung 1 u. 2. Berlin 1836. Fol. (Gesehenk des Hrn. Referendars von Minutoli in Berlin.)
  1. Mittheilungen, Neue, aus dem Gebiete historisch=antiquarischer Forschungen. Herausgegeben von dem Thüringisch=Sächsischen Verein für Erforschung des Vaterland. Alterthums. 2ten Bandes 3tes und 4tes Heft. Halle 1836. 8. (Geschenk des Hrn. Dr. Karsten in Rostock.. [M. s. Nr. 150-153.]
  2. -329. Desselben Werkes zweiten Bandes 1stes bis 4tes Heft, in 3 Bänden. (Geschenk des Th.=S. Vereins.)
  1. Mittheilungen, historisch=antiquarische, herausgegeben von der Königl. Gesellschaft für Nord. Alterthumskunde. Kopenhagen 1835. 8. (Geschenk wail. Sr. Excellenz des Hrn. Ministers von Plessen.)
  2. Mittheilungen der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer in Zürich. 1stes Heft. 1837. 4. Mit Abbildungen. (Geschenk der Gesellschaft.)
  3. J. C. W. Moehsen, Beiträge zur Geschichte der Wissenschaften in der Mark Brandenburg von den ältesten Zeiten an bis zu Ende des 16. Jahrhunderts. Berlin u. Lpzg. 1783. 4.
  4. 334. G. Mohnike, Hymnologische Forschungen. 1r u. 2r Thl. Stralsund 1831. 1832. 8.
  1. G. Mohnike, Das sechste Hauptstück im Katechismus nebst einer Geschichte der katechetischen Literatur in Pommern. Stralsund 1830. 8.
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  1. G. Mohnike, Die Krönung König Christians III. von Dänemark und seiner Gemahlin Dorothea durch Dr. Johann Buggenhagen. Stralsund 1832. 8.
  2. G. Mohnike, Geschichte der Buchdruckereien in Stralsund bis zum Jahre 1809. Stralsund 1833. 4.
  3. -340. G. Mohnike, Bartholomäi Sastrowen Herkommen, Geburt vnd Lauff seines gantzen Lebens etc. ., von ihm selbst beschrieben. Aus d. Handschrift herausgegeben und erläutert. 1r bis 3r Thl. Greifswald 1823. 1824. 8. (Nr. 333-340 Geschenke des Hrn. Consistorialraths Dr. Mohnike in Stralsund.)
  1. C. E. Mrongovius, Ausführliches Polnisch=Deutsches Wörterbuch, kritisch bearbeitet. Königsberg 1835. 4.
  2. (H. Nettelbladt,) Historisch=diplomatische Abhandlung von dem Ursprunge der Stadt Rostock Gerechtsame und derselben ersteren Verfassung in weltlichen Sachen bis ans Jahr 1358 etc. . Rostock 1757. Fol. (Geschenk des Hrn. Senators Dr. Crumbiegel in Rostock.) [M. vergl. Nr. 205.]
  3. J. C. Conr. Oelrichs Verzeichniß der von Dregerschen übrigen Sammlung Pommerscher Urkunden zur Fortsetzung dessen Codicis Pomeraniae vicinarumque terrarum diplomatici. Alten Stettin 1795. Fol.
  4. 345. G. Palkowitsch, Böhmisch=Deutsch=Lateinisches Wörterbuch. Prag 1820. 2 Bde. 8.
  1. Pauli Jouij, von Com, Bischofs zu Nucera, Warhafftige Beschreibung aller Chronikwirdiger namhafftiger Historien vnd Geschichten, so sich bey Menschegedächtnuß von dem 1494sten biß auf das 1547ste Jar in der gantzen Welt etc. . zugetragen und verlauffen etc. . Frkft. a. M. 1570. Fol.
  2. M. Popoff, Description abrégé de la Mythologie Slavone. Traduit du Russe. St. Petersb. 1789. 8.
  3. -354. Fr. von Raumer, Historisches Taschenbuch 1r bis 7r Jahrgang. Lpzg. 1830-1836. Mit Kupfern. 8. (Geschenk des Hrn. Regierungsraths von Oertzen.)
  1. Chr. Detl. Rhode, Cimbrisch=Hollsteinische Antiquitaeten-Remarques etc. Hamburg 1720. 4.
  2. -359. F. A. Rudloff, Pragmat. Handbuch der Meklenb. Geschichte. 1r Theil. 2ten Theils 1ste bis 4te Abthlg. 3r Thl. 1r Band. Schwerin 1780-1794. 4 Bde. 8. [M. s. Nr. 177.]
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  1. W. A. Rudloff, Versuch einer pragmatischen Einleitung in die Geschichte und heutige Verfassung der teutschen Chur= und fürstl. Häuser. 1r Thl. Von Braunschweig=Lüneburg, Sachsen und Brandenburg. Göttingen und Gotha 1768. 8.
  2. Pawel Josef Safari, Slowanské Starozitnosti (Slavonische Alterthümer). 1stes Heft. Prag 1836. 8. (Geschenk des Hrn. Bibliothekars W. Hanka in Prag.)
  3. Sammlung, auserlesene, von allerhand alten und raren Species=Thalern etc. . Hamburg 1739. 4. (Geschenk des Hrn. Rectors Masch in Schönberg.)
  4. Sammlung ungedruckter Urkunden und anderer zur Erläuterung der Niedersächsischen Geschichte und Alterthümer gehöriger Nachrichten. 1sten Bandes 1stes bis 6tes Stück. Göttingen 1749-1752. 8.
  5. Ch. L. Schäffer, Beyträge zur Vermehrung der Käntniß der Teutschen Alterthümer. Mit Kupfern. Quedlinburg und Lpzg. 1764. 8.
  6. M. Schmeizel, Einleitung zur Wappenlehre. Jena 1723. 8. (Geschenk des Hrn. Rectors Masch in Schönberg.)
  7. Schmidt, Historisches Taschenbuch über die Entstehung der Apotheken im Allgemeinen und in Dänemark und den Herzogthümern Schleswig=Holstein=Lauenburg. Flensburg 1835. 8. (Geschenk des Hrn Dr. Schmidt d. Aelt. in Sonderburg.)
  8. Ch. Sclöpken's historische Nachricht von dem Heydenthumb, ersten Christenthum und Reformation des Fürstenthums Lauenburg. Lübeck 1724. 8.
  9. -370. Joh. Jac. Sell, Geschichte des Herzogthums Pommern von den ältesten Zeiten bis zum Westphäl. Frieden 1648. Nach dessen Tode herausgegeben. Berlin 1819. 1820. 3 Thle. 8.
  1. Staatskalender, Großherzogl. Meklenburg=Schwerinscher. 1837. 8. (Geschenk von H. W. Bärensprung.) [M. s. Nr. 192. 193.]
  2. Wolf Stephan sohn, Serbisch=Deutsch=Lateinisches Wör= terbuch. Wien 1818. 8.
  3. Skulius Theod. Thorlacius, Borealium veterum Matrimonia, cum Romanorum institutis collata. Hafniae 1785. 8.
  4. -381. Verhandlungen der Gesellschaft des vaterländischen Museums in Böhmen. Prag 1823-1825. 1832-1836. 8 Hefte. 8. (Geschenk des Hrn. Bibliothekars W. Hanka in Prag.)
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  1. Witichindi Monachi Corbeiensis Annales. Francof. a. M. 1577. Fol. (Geschenk des Herrn Landraths von Oertzen auf Kittendorf.)
  2. Ch. Woldenbergius de origine Consistoriorum, imprimis Megapolitani potestate, jurisdictione et officio Consistorialium. Rostoch. 4.

Ein Ueberblick über das vorstehende Verzeichniß, unter Vergleichung des vorigjährigen, läßt eine ansehnliche Zahl sehr schätzbarer, zum Theil seltener historischer Werke als schon jetzt im Besitze des Vereins befindlich erkennen. Einer Hervorhebung des Wichtigsten bedarf es für den Kenner nicht. Nur auf ein neues, in diesem Jahre hinzugekommenes Element unserer Bibliothek möge hier hingewiesen werden, auf die Vertretung nämlich, welche eine wichtige Hülfswissenschaft der ältesten meklenburgischen Geschichte, das Studium der slavischen Sprachen, zunächst auf Veranlassung und zu Gunsten des mit diesem Studium eifrig beschäftigten Herrn Dr. Burmeister zu Wismar, in derselben gefunden hat, und welche, je nach dem Bedürfnisse, auch für die Zukunft eine willige Berücksichtigung und Verstärkung von dem Ausschusse sich versprechen darf. Ueberhaupt erkennt es der Ausschuß (und gewiß mit ihm der ganze Verein) für wünschenswerth und für ein Hauptziel seiner Bestrebungen, daß die Bibliothek allmälig dasjenige, was näher oder entfernter der meklenburgischen historischen Literatur angehört oder ihr dient, in möglichster Vollständigkeit in sich vereinige, und mit sichererm Gewinn, als in Büchern, dürften sich unsre Kapitalien schwerlich anlegen lassen. Deshalb wird es immer eine vorzügliche Sorge des Ausschusses sein, die Bereicherung der Bibliothek in ununterbrochenem, mit der Vermehrung der Geldmittel in Verhältniß stehendem Fortgange zu erhalten, und auf die fernere Freigebigkeit der einzelnen Mitglieder läßt sich gewiß auch mit Sicherheit rechnen. Daneben aber dürfte auch eine umfänglichere, vielseitigere Benutzung dieser Büchersammlung, welche ja nicht blos eigentlich gelehrten Apparat für den Forscher, sondern auch des allgemein interessanten und unterhaltend belehrenden Stoffes für jeden gebildeten Freund der vaterländischen Geschichte gar viel enthält, ebenso sehr im Wunsch und Zwecke des Vereins, wie im Interesse seiner einzelnen Mitglieder liegen. Die Bibliothek ist, wie bekannt (s. die Statuten), jedem Mitgliede zugänglich, und möchte gern, wie in der Natur der Sache liegt, von recht vielen angegangen werden.

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II. Sammlung meklenburgischer typographischer Alterthümer.

Zu dem im vorigen Jahre vom Herrn Dr. Beyer zu Parchim geschenkten

  1. Breviarium diocesis Tzwerinensis 1529. Venundatur Rozstochij per fratres dom. viridis horti apud sanctum Michaelem. Exensum prodit hoc Breviarium Parisijs Anno 1530. 8.

sind neuerdings folgende alte meklenburgische Drucke hinzugekommen:

  1. Nic. Marescalci Thurii Annales Herulorum ac Vandalorum. Rostochii in aedibus Thuriis 1521. Fol.
  2. Nic. Marescalci Thurii Commentariolus Herulorum. Rostochii 1521. (Angebunden.)
  3. Nic. Marescalci Thurii Res a Judaeis gesta in Monte Stellarum. Rostochii 1522. Fol. (Es fehlen das Titelblatt und die 5 letzten Blätter.)
  4. Nic. Marescalci Thurii Deflorationes antiquitatum. Rostochii in aedibus Thuriis 1522. Fol.
  5. Vergiliocentonae elegantissimae veteris ac novi testamenti Probae Falconiae mulieris clarissimae. Impressum Rostochii in aedibus Thuriis 1526. Fol.
  6. Lactantii Firmiani opera. Rostochii 1476. Kleinfolio.
  7. Sti. Bernhardi, abbtis. Claraevallensis, sermones super Cantica Canticorum. Rostochii 1481. Großfol.
  8. Ein auf Pergament gedrucktes Schema zu einem Ablaßbriefe der Michaelisbrüder zu Rostock.

Die Nummern 2-6 wurden auf einer Doubletten=Auction der königl. Bibliothek zu Kopenhagen äußerst wohlfeil, und 7. 8 durch gütige Vermittelung des Herrn Prof. und Directors Dr. Bachmann zu Rostock (welcher noch weitere Mittheilungen über alte rostocker Drucke in Form einer Abhandlung für den Verein vorbereitet,) ebenfalls für einen sehr billigen Preis angekauft; Nro. 9 schenkte der Herr Dr. Deecke zu Lübeck. Der Ausschuß legt auch auf diesen Theil der Vereins=Sammlungen, und wohl mit Recht, einen großen Werth, und wird seinerseits die Erweiterung desselben sich stets angelegen sein lassen. Zu den übrigen Mitgliedern aber hegt er das Vertrauen, daß sie seine in dieser Beziehung mehrfach ausgesprochenen Bitten freundlich berücksichtigen und durch Schenkung oder Verkaufsantragung alter meklenburgischer Drucke, seien es auch

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nur Bruchstücke und abgerissener Blätter, durch Angabe, wo sich Exemplare befinden, durch Beschreibung derselben, namentlich des Anfanges und des Endes, der Buchdruckerzeichen, Holzschnitte, Wasserzeichen u. dgl. den Ausschuß und den Verein sich zum Danke zu verpflichten nicht verschmähen werden.

III. Urkunden=Sammlung.

Diese empfing:

  1. vom Herrn Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg:
    Abschrift von 16 Urkunden im Hamburger Stadtarchive aus dem 13., 14. und 15. Jahrhundert, das Bisthum Schwerin, die Herren von Meklenburg und die Stadt Wismar betreffend.
  2. vom Herrn Dr. Siemssen zu Wolde, aus dem Nachlasse seines Vaters, des wail. M. Siemssen zu Rostock:
    eine Originalurkunde des Klosters Heiligenberg vom J. 1516.
  3. vom Hrn. Dr. Betcke zu Penzlin:
    Abschrift einer gräflich=schwerinschen Bestätigungs=Urkunde der Stadt Neustadt vom J. 1344.
  4. vom Herrn Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel:
    Abschrift von 2 Urkunden aus dem herzoglich braunschweigischen Landeshauptarchive, betreffend überelbische Besitzungen der Grafen von Schwerin, aus dem 14. Jahrhundert.
  5. vom Herrn Geheimen=Archivrath Höfer zu Berlin:
    Abschrift einer Urkunde der Gräfin Adelheid von Ratzeburg.
  6. vom Herrn Dr. Deecke zu Lübeck:
    Abschrift von 3 Urkunden der Grafen von Schwerin und von Danneberg, über Privilegien der Stadt Lübeck in den gräflichen Landen, aus dem 13. Jahrhundert.
  7. vom Herrn Dr. von Duve zu Möllen:
    Abschrift einer Urkunde des Herzogs Albrecht IV. von Sachsen und seiner Gemahlin Beate.
  8. vom Herrn Oberlehrer Dr. Hering zu Stettin:
    Abschrift von 3 Urkunden aus dem 13. Jahrhundert, betreffend den Fürsten Pribislav von Dobern und Belgart (früher von Richenberg=Parchim).
  9. vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar:
    Abschrift einer Urkunde, betreffend Vogtei und Zoll der Stadt Wismar.
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  1. vom Herrn Kammerherrn von Vieregge auf Steinhausen zu Wismar:
    7 Original=Urkunden aus dem 15-17. Jahrhundert, betreffend die Güter Steinhausen und Eichholz und deren Besitzer.
  2. vom Herrn Dr. Dittmer zu Lübeck:
    Regesten von 47 ungedruckten Urkunden in lübeckischen Archiven über den früheren Besitz lübeckischer milder Stiftungen in Meklenburg.

Wird zu diesem neuen Erwerb das Besitzthum vom vorigen Jahre (Abschrift von 22 urkundlichen Documenten) hinzugerechnet, so enthält die Sammlung des Vereins zur Zeit:

Originalurkunden:       8.
Urkunden=Abschriften: 50.
Urkunden=Regesten:    47.

Bei dieser, gewiß noch weiter fortschreitenden Vermehrung des vom Verein gesammelten, bisher unbekannten urkundlichen Stoffes wird es nöthig, in späteren Jahrgängen der Jahrbücher, bis zur Bearbeitung desselben, einstweilen Auszüge oder Regesten mitzutheilen.

IV. Sammlung anderer älterer Handschriften.

Zu dieser kam:

  1. M. Bernhardt Latomi meklenburgische Chronik etc. . im Manuscript. Fol. (Geschenk des Hrn. Freiherrn v. Gloeden zu Bützow.)
  2. Ein starker Foliant handschriftlicher, die Grenzangelegenheiten zwischen Pommern und Meklenburg, auch Brandenburg, von 1569 bis 1699 betreffender, oft gleichzeitig geschriebener Verhandlungen, Recesse, Protocolle, Streitschriften etc. ., unter dem Titel: "Pommersche Grenzsachen". (Geschenk des Hrn. Advocaten Lemcke zu Wismar.).s

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B. Sammlung von Bildwerken.

I. Grabalterthümer, Geräth, Waffen u. dgl.

1. aus vorchristlicher Zeit:

A. Aus der Zeit der Hünengräber.

a. Gesammelter Inhalt einzelner Gräber:

Hünengrab bei Prieschendorf.

Der Herr Justizrath Päpcke auf Lütgenhof, Mitglied des Vereins, machte im März d. J. dem Ausschusse die gefällige Anzeige, daß auf seinem zweiten, nicht weit von Lütgenhof gelegenen Hauptgute Prieschendorf (bei Dassow, im nordwestlichsten Theile Meklenburg=Schwerins) eine alte Grabstelle sich befinde, und bot dieselbe dem Vereine zur Aufgrabung an. Nach getroffener näherer Vereinbarung mit dem Herrn Justizrath Päpcke ward vom Ausschusse der Herr Rector Masch zu Schönberg mit der Leitung dieser Aufgrabung beauftragt. Derselbe nahm den Auftrag bereitwillig an, und machte sich, mit der von der Deputation für Aufgrabungen entworfenen Instruction versehen, am 6ten Mai an das Werk. Ihm ward bei diesem Geschäfte die wohlwollendste Unterstützung von Seiten des Herrn Justizraths Päpcke zu Theil, welcher, wiewohl selber zu der Zeit von Hause abwesend, doch alle nöthigen Vorkehrungen und Anordnungen mit der größten Liberalität und Umsicht getroffen, und, ungerechnet die gastliche Aufnahme des Herrn Rectors Masch, auch Arbeiter, Werkzeuge und ein Gespann Pferde unentgeldlich zur Disposition desselben gestellt hatte, wofür der Ausschuß zum lebhaftesten, hiemit öffentlich ausgesprochenen Danke sich verpflichtet fühlt. Zugegen waren bei der Aufgrabung Herr Rettich von Rosenhagen und Herr Actuarius Päpcke von Lütgenhof, Mitglieder des Vereins. Folgendes ist der vom Herrn Rector Masch eingesandte, vom Herrn Archivar Lisch aus späteren Mittheilungen, sowie durch ausführliche Beschreibungen der gefundenen Alterthümer vervollständigte und mit Bemerkungen versehene Bericht über diese Aufgrabung.

Das Grab lag nordöstlich von dem Dorfe Prieschendorf auf der Höhe eines mäßigen Erdrückens und kündigte sich beim erstem Anblick als zu der Classe der Urgräber oder Hünengräber gehörend an. Die Gestalt des Grabes war die eines langen Rechtecks, etwas elliptisch; es hatte in seiner Hauptrichtung von Osten nach Westen 30 Fuß Länge, in seiner

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Breite von Norden nach Süden 18 Fuß Ausdehnung. Rings umher war es mit 15 mächtigen unbearbeiteten Granitblöcken eingefaßt, welche in Zwischenräumen von 4 bis 7 Fuß aufgestellt waren und nur mit den Spitzen aus der Erde hervorragten. Der innerhalb dieses Steinringes umgekehrt muldenförmig aufgeworfene Grabhügel erhob sich etwa 5 Fuß hoch über den Urboden und bestand aus Lehm, wie der Acker umher. Von einem zweiten Steinkranze, 1 ) der das Grab früher in einer Weite von etwa 25 bis 30 Fuß, von dem Mittelpuncte des Grabes aus gerechnet, umgeben hatte, fanden sich nur noch einzelne Steine vor; vor einigen Jahren waren einige weggeräumt worden, welche aus zwei gegen einander aufgerichteten Steinen bestanden hatten und bis zur Spitze mit Erde bedeckt gewesen waren; die jetzt noch stehenden 5 Steine, unter und bei denen nichts gefunden ward, boten diese Erscheinung nicht. Ungefähr in der Mitte des Grabes 2 ) stand im Hügel eine große Steinkiste, welche jedoch keine Decksteine hatte.

Das Grab ward von Osten gegen Westen abgetragen.

Am äußersten Östlichsten Ende fand sich, in einer Tiefe von etwa 4 Fuß, innerhalb des Steinringes, eine Schicht von Kohlen, anscheinend von Tannenholz, und mit Kohlenstaub gemischte Erde. In dieser Kohlenschicht lagen Urnentrümmer von gewiß zwei, wenn nicht drei Urnen. Von einer Urne sind viele Reste vorhanden; sie war braun und rund gebaucht und die Masse sehr stark mit weißen Feldspathkörnchen und goldfarbigen Glimmerblättchen vermengt. Sie war am obern Theile mit eingegrabenen Verzierungen versehen: oben mit einem mehrfachen Kranze von kleinen Halbkreisen (wie geschuppt), von denen lange Perpendikulärstriche hinabgehen, deren jede aus mehrern unterbrochenen Strichen besteht; nach einem leeren Raume von der Dicke eines Fingers läuft eine Reihe von kleinen perpendikulären Strichen umher. Auch einen kleinen Henkel hatte diese Urne. Außerdem fanden sich noch theils Bruchstücke von einer dünnen, mit dunklen Glimmerfünkchen versehenen Urne, theils dicke, ziegelrothe, mit groben fleischfarbenen Feldspathkörnern durchknetete Urnenscherben. - Neben den Urnen=


1) Auch im Schleswigschen fand sich ein Hünengrab mit einem doppelten Steinkranze. Vgl. Erster Bericht der Königl. Schlesw.=Holst.=Lauenb. Gesellsch., 1836, S. 11.
2) Dieses Grab scheint mit dem großen Grabe von Katelbogen, im Friderico-Francisceum Tab. XXXVI. abgebildet, Aehnlichkeit gehabt zu haben, wegen der in die Mitte gesetzten Steinkiste und des zweiten Steinringes; sonst stehen die Steinkisten gewöhnlich im Ostende.
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trümmern lagen vier rothe Sandsteine; sie sind unregelmäßig im Umfange, drei ungefähr 6 bis 8 Zoll breit, der vierte kleiner; sie sind dünne, flach, platt und offenbar gespalten, um so mehr, da der Sandstein in einigen einzelnen Steinen noch geschichtet ist. Man könnte auf den Gedanken gerathen, daß diese Steine jene rothen Sandstein=Schleifsteine seien, welche in den altern Gräbern öfter gefunden sind; aber diese sind immer sehr feinkörnig und marmorartig, unsere Steine sind dagegen grobkörnig und zeigen keine Spur von einem Gebrauche: wahrscheinlich dienten sie zu Unterlagen und Deckeln der Urnen. - Dagegen fand sich neben ihnen ein kleiner, viereckiger Schleifstein von dichtem, feinem, dunkelschwarzem Thonschiefer, welcher den Goldstrich annimmt, 2 1/4" lang, 1 1/8" breit und 3/8" dick; die schmalen Seiten des regelmäßigen Randes in der Dicke sind offenbar zum Schleifen gebraucht.- Auf dieser Urnenstelle lagen auch zwei Messer oder Späne aus grauem, durchscheinendem Feuerstein, wie Frid.-Franc. Tab. XXVII. Fig. 5: das eine 4" lang und an allen Rändern abgestumpft, ausgebrochen und viel gebraucht, das andere an den Rändern scharf, jedoch zerbrochen und nur ungefähr zur Hälfte vorhanden, 2 1/2" lang. - Endlich fand sich noch an der Oberfläche verwitterter Bernsteinschmuck: eine kugelförmige Perle von ungefähr 1/2" im Durchmesser, an welcher an einem Ende ein kleiner, jetzt abgebrochener, aus dem Stück geschnittener Henkel gesessen hatte, und zwei herzförmig geschnittene, durchbohrte, jetzt zerbrochene Bernsteinstücke.

Von Osten gegen Westen weiterschreitend stand ungefähr in der Mitte des Grabes die Steinkiste.

Jenseit der Steinkiste in dem westlichen Theile des Grabes, ungefähr in der Mitte des Ganzen, fand sich eine zweite, größere Begräbnißstelle. Dieser Theil des Grabes war auch besonders eingehegt. Die Ringpfeiler waren von der Steinkiste an bis zum westlichen Ende des Grabes mit der flachern Seite nach innen aufgerichtet und die Lücken zwischen denselben waren, in einiger Entfernung nach innen, durch kleinere flache Steine verdeckt, so daß die eigentliche Begräbnißstätte im Innern noch besonders eingefaßt war. Diese Mauer umfaßte den ganzen westlichen Theil des Grabes. An der Nähe dieser Mauer erschien der Boden mehr mit Sand gemischt, als in dem übrigen Raume des Grabes; jedoch fand sich in diesem sandigen Raume nichts weiter. Innerhalb der innern Ringmauer, in der Mitte des westlichen Theils des Grabes, nahe westlich an der Steinkiste, war eine Brandstelle; diese war mit kleinen, ziemlich dicht gefügten Feuersteinen ge=

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pflastert, welche durch den Brand weiß und halb verglaset sind. 1 ) Dieses Feuersteinpflaster war ganz mit Kohlen aus Tannenholz bedeckt.

Durch das Pflaster von Feuersteinen zeichneten sich die Stellen aus, wo die größere Masse der Urnenscherben gefunden wurde; diese, so wie der übrige Inhalt des Grabes, lagen westlich neben der Brandstätte, in der Mitte des westlichen Theils des Grabes. Eine ganze Urne kam nicht zum Vorschein; auch lagen nicht an denselben Stellen so viele Scherben, daß man fürchten könnte, eine Urne sei erst beim Aufgraben zertrümmert worden. Flache Steine lagen freilich in der Nähe der Scherben, jedoch nicht so, daß man sie mit Bestimmtheit als Deckel oder Unterlagen der Urnen angeben dürfte.

Die Scherben lagen ungefähr an drei Stellen nicht weit von einander. Wie sich aus der Farbe und den Verzierungen sogleich erkennen ließ, daß sie verschiedenen Urnen angehörten, so ergab auch eine sorgfältige Scheidung und Zusammenstellung der Fragmente, daß mit völliger Sicherheit sieben verschiedene thönerne Gefäße in dem Grabe vorhanden gewesen seien, wie sie im Folgenden so genau als möglich beschrieben sind.

Diese Aufgrabung bestätigt wieder die Seltenheit unversehrter Urnen in Hünengräbern; dennoch möchten sich die Formen der meisten Gefäße aus diesem Grabe durch Zeichnung herstellen lassen. - Außerdem sind diese Scherben von großer Wichtigkeit, indem man von ihnen mit Sicherheit weiß, daß sie aus einem Hünengrabe stammen, und man dieselben in der Folge zur Vergleichung von Urnen aus andern Arten von Gräbern wird gebrauchen können. Das vorzüglichste Resultat ist, daß die Verzierungen 2 ) vielleicht vorzüglich die Unterscheidung der Urnen aus den verschiedenen Arten der Gräber geben, wenn die äußere Form des Grabes gesichert ist, indem die Masse der gewöhnlichen Urnen aus verschiedenen Gräbern nicht viel von einander abweicht, wenn sich auch nicht leugnen läßt, daß die Masse der Urnen aus den Hünengräbern roher und dicker ist, als aus andern Gräbern, und sich jene, durchgehends schwarze Masse gewisser Urnen in den Kegel=


1) Eine Pflasterung der Brandstelle mit Feuersteinen, welche halb glasirt sind, kommt auch in den Hünengräbern im Holsteinschen vor. Vgl. Erster Bericht der königl. schlesw.=holst.=lauenb. Gesellsch. 1836, S. 25 und 28.
2) Die Verzierungen der Urnen aus dem Prieschendorfer Grabe werden künftig wohl einmal zur Abbildung kommen.
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gräbern wohl nie in den Urnen der Hünengräber findet. - Ein anderes Resultat dieser Aufgrabung, in Vergleich mit Aufdeckungen anderer Gräber, ist das, daß die Glimmerblättchen in den Urnen kein unterscheidendes Merkmal der Urnen überhaupt sind, wenn nicht andere Umstände, z. B. jene feine schwarze Masse einiger Urnen in den Kegelgräbern und gewisse Verzierungen, hinzukommen, da sich glimmerhaltige Urnen jetzt in allen Arten von Gräbern gefunden haben.

Es folgt hier die Beschreibung der Urnen nach den Fragmenten.

1) Eine große Urne von einer grobkörnigen Masse und brauner Farbe. Der Boden hat 3 3/4" im Durchmesser; die Fragmente haben eine Dicke von ungefähr 3/8". Vom Boden her baucht sich das Gefäß aus. Es mag eine Bauchweite von ungefähr 8 bis 10" und eine Höhe von 10 bis 12" gehabt haben. Die Masse ist hin und wieder mit stahlfarbigen Glimmerblättchen vermischt.

Hiernach, nach der Farbe und der Masse, so wie nach den Schwingungen der Urne, gehört zu dem vorhandenen Untertheile mit vielen Stücken des Bauches eine Reihe verzierter Fragmente. Um den obern Theil des Bauches läuft eine ziemlich regelmäßig eingegrabene Verzierung: eine dreifache Reihe von perpendikulären Strichen von 1/4" Höhe; von der Mitte eines jeden Strichs geht nach der rechten Seite im spitzen Winkel nach unten hin ein kleiner, dünner Strich. Ohne Jagd auf Seltenheiten machen zu wollen, ergiebt sich von selbst, daß dies Zeichen einem runischen N gleicht. Die einzelnen Charaktere stehen ungefähr 3/8" auseinander. - Nach einem Fragmente hatte auch der etwas eingezogene Hals eingegrabene Verzierungen, wie herabgehende, zusammenhangende Spitzen. - Der Rand lief scharf aus und war etwas ausgebogen; nach einem Fragmente maß die Oeffnung der Urne 6".

2) Nach vielen Fragmenten stand daneben noch eine große Urne, ungefähr gleicher Größe, Masse und Farbe; die Masse ist jedoch stark mit goldfarbigen Glimmerblättchen gemengt. Der Rand läuft ganz perpendikulär aus. Um den Bauch lief eine Verzierung, welche zur Hälfte nach oben hin aus drei horizontalen, concentrischen Kreisen besteht, von deren unterm nach unten hin Querstriche von der Rechten zur Linken laufen; dann folgt nach unten hin ein leerer Ring, von ungefähr 1", worauf sich die Verzierung wiederholt, jedoch so, daß die Querstriche auf dem obern Kreise stehen und nach oben hin von der Linken nach der Rechten gehen.

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3) Etwas davon entfernt stand ein weites, allenthalben ausgerundetes Gefäß von ziemlich feiner, glatter Ziegelmasse und röthlich gelber Farbe, ohne alle Verzierungen, allem Anscheine nach eine Schale, ungefähr wie die im Friderico-Francisceum Tab. XXXV, Fig. 14, von ungefähr 8" Oeffnung, mit senkrecht auslaufendem Rande.

4) Daneben stand ein Gefäß aus feinem Thon, rothgelb von Farbe, in kugelförmigen Schwingungen, mit einem 1/2" hohen, nach außen gebogenen Rande, ohne Verzierungen, sehr glatt im Aeußern.

5) Nicht weit davon stand ein Gefäß von grobkörniger, sehr dichter Masse und gelbbräunlicher Farbe. Alle Fragmente sind dicht mit eingegrabenen Verzierungen versehen. Diese Verzierungen bestehen aus dicht gedrängten, kurzen und dicken perpendikulären Linien in einzelnen Gruppen, auch um und über Halbkreise gruppirt. Der Boden hatte ungefähr 6" im Durchmesser, nicht viel mehr der Rand; das Gefäß scheint eine weit geöffnete Schale mit fast horizontalen Wänden gewesen zu sein. Die Verzierungen befinden sich auf der Außenwand schon unmittelbar am Boden und finden sich auch nicht nur auf dem obersten Rande des Gefäßes als Querlinien, sondern scheinen sogar unter den Boden hinzulaufen. Ein sehr kurzer, jedoch breiter und starker Henkel scheint zu diesem Gefäße zu gehören.

Außerdem standen in der Nähe dieser Urnen noch zwei kleinere Gefäße:

6) Ein kleines Grabgefäß, aus grobem Thon, hin und wieder mit Kiessand gemengt, in den Wänden matt ziegelroth, wie die Farbe alter Ziegel; nach dem Rande hin wird die Farbe gelblich. Der Boden hat 2 1/2" im Durchmesser. Das Gefäß baucht gar nicht aus, sondern geht, sich ein wenig nach oben erweiternd, in den Wänden grade in die Höhe, ungefähr in der Gestalt eines gewöhnlichen Blumentopfes oder Wasserglases (Becherform). Es mag ungefähr 3" Weite und 4 bis 5" Höhe gehabt haben.

Ein Fragment von einem Rande ohne Umbiegung, auf welchem außerhalb über einander drei Reihen hübscher Verzierungen von herabgehenden Spitzen sorgfältig eingegraben sind, wie sie auf dem Halse der Urne No. 1 stehen, scheint zu diesem Gefäße zu gehören. Auch der obere Rand ist mit Querlinien verziert.

7) Ein kleines Gefäß von einer sehr steinichten Masse, welche aussieht, als wäre sie aus zerstampftem Granit, in welchem fleischfarbiger Feldspath vorherrschend war, ist mit

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einem dünnen und glatten braunen Ueberzuge von Thon von innen und außen bedeckt. Der Boden hat 2 3/4" im Durchmesser. Ueber demselben biegt sich das Gefäß sogleich aus, welches ungefähr 4 bis 5" Höhe und ungefähr 4" Bauchweite gehabt haben mag. Der Rand ist nicht ausgebogen, sondern läuft senkrecht und dünne aus.

An der Stelle, wo die Urnen standen, wurden auch viele andere Geräthschaften des Grabes gefunden; diese bestanden ohne Ausnahme aus Feuerstein: von Metall war keine Spur. Es ward gefunden:

1) ein an den beiden breiten Seiten geschliffener Keil aus dunkelgrauem Feuerstein, wie Frid. Franc. Tab. XXVI, Fig. 2., gegen 5 1/2" lang, mit vielen ausgesprungenen Stellen;

2) ein gleicher, nur etwas dünnerer Keil;

3) die obere, 4" lange Hälfte eines an allen vier Seiten gleich breiten, überall geschliffenen Keils aus weißgrauem Feuerstein: der Bruch ist alt;

4) ein an allen vier Seiten geschliffener Schmalmeißel aus dunkelgrauem Feuerstein, wie Frid. Franc. Tab. XXVII, Fig. 1, mit abgebrochener Spitze, 7" lang;

5) ein im Groben zugehauenes Stück von dunkelgrauem Feuerstein, 2" lang, und

6) ein eben so langes Stück von roh bearbeitetem, hellgrauem Feuerstein, beide etwa zu Pfeilspitzen oder dgl. bestimmt;

7-12) sechs schmalgeschnittene Messer oder sogenannte Späne aus grauem, durchscheinendem Feuerstein, wie am östlichen Ende des Grabes gefunden ward, sehr regelmäßig und an den Seiten sehr scharf, wie sie im Frid. Franc. Tab. XXVII, Fig. 5. bis 11. abgebildet sind, nämlich: ein schmales Messer, an einem Ende dreiseitig, am andern Ende vierseitig im rhombischen Durchschnitt, gegen 4" lang, - zwei schmale dreiseitige Messer 3 1/2" und 2 1/2"lang, - ein breites, dreiseitiges Messer, 4" lang und 1 1/2" breit, - und zwei kleine dreiseitige Messerchen, 1 1/2" und 1 3/3" lang;

13) ein Fragment einer ganz dünnen Platte von hellgrauem Feuerstein, an einer Seite geschliffen, 2 1/4" lang und 1 1/4" breit;

14) ein unregelmäßiges, abgeschliffenes Stück Feuerstein mit scharfer Kante.

Endlich fand sich an der Urnenstelle noch eine gehenkelte Bernsteinperle, wie die vorher beschriebene, nur von birnförmiger Gestalt.

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Die Steinkiste in der Mitte des Grabes war aus sieben Steinen zusammengesetzt, welche einen 7 1/2 Fuß langen und 3 1/2 Fuß breiten Raum umschlossen. Die Kiste hatte keine Decke, auch keine Bodenbedeckung, weder von Steinen, noch von Sand, sondern war mit Erde gefüllt. Ihre Richtung war von Süden nach Norden; an der Nordseite war sie geöffnet. In der Kiste ward gar nichts, auch nicht einmal eine Scherbe gefunden. Vor der Oeffnung der Kiste im Norden lagen in der Tiefe des Grabes, etwas tiefer, als die erste Brandstelle, wohl nicht hoch über dem Urboden, Knochen nebst zwei Zähnen, welche zu einem Thierschädel gehörten, jedoch in einzelnen Stücken getrennt; sie waren so weich, daß man sie kaum hervorziehen konnte, erharteten jedoch allmälig wieder. Nach der Untersuchung des Herrn Professors Steinhoff zu Schwerin, Directors der Thierarzneischule daselbst, gehören sämmtliche Knochen zu dem Schädel eines Pferdes, welches von mittlerer Größe und ungefähr 12 bis 14 Jahre alt gewesen ist. Die Knochen sind ohne alle Anzeichen von Brand; der abgeschlagene Pferdekopf muß also unverbrannt in das Grab gesetzt sein. Von andern Theilen eines Pferdes ist nach den Knochen nicht die geringste Spur vorhanden: alle Fragmente lassen sich leicht dem Schädel zuweisen.

Von Menschengebeinen war im Grabe keine Spur zu finden.

Nach dieser Beschreibung waren in diesem Grabe zwei Begräbnißstellen: zu beiden Seiten, im O. und W. der Steinkiste. Die Steinkiste, welcher leider der Deckstein fehlte, war wohl zu anderm Gebrauche bestimmt (vielleicht zum Altar?).


Als im Monat Junius die großen Ringsteine gesprengt und die Ueberreste des Grabes fortgeschafft wurden, fand sich im Osten des Grabes noch eine Begräbnißstelle, welche sehr weit in den Ring des Grabes hinausgerückt und bei der ersten Aufgrabung bei Beendigung der Arbeit übersehen war. Sie ward in Gegenwart des Herrn Actuarius Päpcke aufgedeckt und zeigte eine große Uebereinstimmung mit der Bestattungsweise im westlichen Theile des Grabes. Diese Begräbnißstelle, welche wohl ein Theil der oben berührten ersten Begräbnißstelle ist, war ebenfalls durch einen kreisförmigen Bogen von runden Feldsteinen eingehegt. Innerhalb der Einhegung war ein Pflaster von weiß gebrannten Feuersteinen, auf welchen ein Aschenhaufen mit erstaunlich vielen Kohlen lag, dem

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Anschein nach von Tannenholz. Dabei lagen Trümmer von Urnen; nach der Masse und den Verzierungen waren es fünf gewesen. Die eine, von welcher der Boden vorhanden ist, ist äußerst roh gearbeitet und dick; sie ist im Innern schwärzlich gebrannt und mit vielem groben Feldspathgrus, wie von zerstampftem Granit, durchknetet. Zwei andere waren rothbraun mit Verzierungen, welche aus kurzen Strichen bestehen, die mit einem Stäbchen der Länge nach eingestochen sind; eine vierte ist hellröthlich, mit eingegrabenen Spitzen, wie Schuppen oder nebeneinander gestellte Halbkreise, verziert. Eine fünfte Urne war bräunlich ohne Verzierungen. Bei den Urnenscherben lagen zwei geschliffene Keile von Feuerstein: ein großer Keil von hellgrauem Feuerstein, am Bahnende abgeschlagen, 6" lang, 2" breit und 1" dick, und ein kleiner Keil von dunkelgrauem Feuerstein, 4 1/2" lang, 1 1/4" breit und 3/4" dick. Ferner fand sich daneben ein sehr schönes, rund gebogenes Messer von Feuerstein, wie ein Span, dreiseitig, wie ausgeschnitten, 4" lang und 3/4" breit. Endlich lag bei diesen Alterthümern der Schädel eines Thieres in kleine Stücke zerfallen; acht Backenzähne desselben sind noch wohl erhalten. Nach den wiederholten Untersuchungen des Herrn Professors Steinhoff zu Schwerin sind diese Zähne Backenzähne eines Pferdes; nach der Meinung des Herrn Thierarztes Reimer zu Schönberg dürften die Zähne einem Wiederkäuer angehören (?). 1 )

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Hünengrab bei Pampow.

Die im Jahresber. I. S. 14 ohne Angabe des Fundorts aufgeführten, vom Herrn Candidaten Schütz zu Pampow bei Schwerin eingesandten verzierten Bruchstücke einer


1) Der Herausgeber hält es für unnöthig auf die Wichtigkeit dieser mit so viel Umsicht ausgeführten und so genau beschriebenen Aufgrabung näher hinzuweisen. Nur die eine Bemerkung sei ihm gestattet, daß dieselbe offenbar eine neue, kräftige Stütze und Bestätigung enthält für die jüngsten, auf sorgfältige Vergleichung und Kritik gegründeten Ansichten in Bezug auf die Unterscheidung der verschiedenen Gattungen vorchristlicher Gräber, wie sie von unserm G. C. F. Lisch, als bisher gewonnene Resultate der ludwigsluster Sammlung, in seinen Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabalterthümer Meklenburgs etc. . dargestellt worden sind. Namentlich und zunächst gilt dies von dem Satze: daß das Vorkommen der Steinwerkzeuge und der Mangel an Metall durchaus charakteristische Kennzeichen der Hünengräber oder Riesenbetten sind, eine Erfahrung, welche auch für die schleswig=holstein=lauenburgischen Lande durch eine Menge von Nachrichten bestätigt wird, die in dem ersten und zweiten Bericht der Königl. schlesw.=holst.=lauenb. Gesellschaft f. Samml. und Erhaltung vaterl. Alterth. 1836 sich finden.
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Urne sind auf dem pampower Hoffelde in einem mit großen Steinpfeilern umstellten und mit einem Decksteine belegten Hünengrabe gefunden.

b. einzeln aufgefundene Alterthümer.
Streitäxte:

1 kleine Streitaxt aus Hornblende, vor mehreren Jahren zu Leikendorf in einem Grabe gefunden (geschenkt vom Hrn. Kammer=Prasidenten von Levetzow auf Lelkendorf).

Keile:

2 Keile aus Feuerstein, nur zugehauen und nirgends geschliffen, im Jahre 1830 zu Neu=Wangelin gefunden (vom Herrn von Bassewitz auf Neu=Wangelin).

1 großer Keil aus grauem Feuerstein, roh, aber sehr regelmäßig geschlagen und noch nicht geschliffen, gefunden beim Aufräumen eines Grabens auf dem Forstgehöfte auf dem Schelfwerder bei Schwerin (vom Herrn Oberförster Hennemann daselbst).

2 Keile aus Feuerstein, gefunden bei der Regulirung der Elde=Stör=Schiffahrt (vom Herrn Ober=Baurath Wünsch zu Schwerin).

1 kleiner Keil aus hellgrauem Feuerstein, überall geschliffen, gefunden zu Lelkendorf (vom Herrn Kammer=Präsidenten von Levetzow auf Lelkendorf).

1 geschliffener Keil von grauem Feuerstein, gefunden zu Gneve unweit der Müritz (vom Herrn Hofrath Engel zu Röbel).

1 großer geschliffener Keil aus grauem Feuerstein, vor einigen Jahren zu Ehmkendorf bei Sülz in einer Mergelgrube gefunden (vom Herrn Advocaten Schweden zu Schwerin).

1 Keil aus gelbem Feuerstein, geschliffen, 7" lang, 2 1/2" breit und 1 1/2" dick, gefunden in einer Mergelgrube zu Borkow, (Geschenk des Hrn. Oberlandförstmeisters Eggerss auf Borkow).

Messer:

1 Messer mit Griff, aus Feuerstein geschlagen, gefunden im Jahre 1836 auf dem Pfarracker von Kirch=Mulsow bei dem "Heidenholze", an einem Hügel unter einem großen Steine (vom Herrn Pastor Löper zu Kirche Mulsow). Von demselben sind weitere Nachforschungen an der Fundstelle verheißen worden.

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B. Aus der Zeit der Kegelgräber.

a. Gesammelter Inhalt einzelner Gräber:

Kegelgräber bei Gallentin.

Etwa zwei Meilen von Schwerin entfernt, unweit der nach Wismar führenden Chaussee, in der Nähe von Zickhusen, Neu=Lübsdorf und Gallentin und mit seinem östlichen Ende den schweriner See berührend, liegt ein sehr schön bestandener, größtentheils Laubholz enthaltender Wald, welcher gewöhnlich von dem einen der genannten benachbarten Orte das gallentiner Holz heißt. In diesem befinden sich (der Ausschuß verdankt die Anzeige hievon dem Herrn Ober=Baurath Wünsch zu Schwerin, Mitgliede des Vereins) eine ziemliche Anzahl kegelförmiger Erhebungen, welche leicht die Vermuthung erweckten, daß sie vorchristliche Gräber sein möchten. Um hierüber zur Gewißheit zu gelangen und event. durch eine Aufgrabung die von dem Steinbedarf der nahen Chaussee und der Anwohner schon vielfach berührten und noch ferner bedrohten Gräber für die genauere Kenntniß des vaterländischen Alterthums nutzbar zu machen und ihren etwanigen Inhalt dem Vereine zu retten, begab sich der Herausgeber am 3ten Julius d. J. in Begleitung des Herrn Ober=Bauraths Wünsch, welcher die Güte hatte, sein Fuhrwerk zu dieser Reise herzugeben, und eines andern Mitgliedes, des Herrn Advocaten Schwerdtfeger zu Schwerin, an Ort und Stelle. Diese beide Herren leisteten ihm bei diesem Unternehmen eine eben so eifrige wie geschickte Assistenz, und nicht minder zu rühmen ist die Liberalität des Herrn Pensionärs Schubart zu Gallentin, welcher den Aufgrabern in Wald und Haus die uneigennützigste Gastfreiheit angedeihen ließ, so wie die Gefälligkeit des Herrn Forst =Inspectors Mecklenburg zu Zickhusen, welche ebenfalls sehr vieles zur Förderung des Geschäftes beigetragen hat.

Mit den erforderlichen Arbeitern und Geräthschaften versehen und unter der Leitung eines der Localität vollkommen kundigen Mannes unternahm man zuerst eine allgemeine Besichtigung der fraglichen Hügel. Die meisten derselben waren, wiewohl mit Gehölz und Gebüsch bestanden, noch von so scharf ausgeprägter, kegelförmiger Gestalt, daß sich ihre Natur und Bestimmung nicht bezweifeln ließ. Die untersuchten Hügel liegen, der Mehrzahl nach, in zwei Gruppen, einer nördlichen am Rande des Waldes und einer südlichen in den sogenannten "gepflanzten Eichen", auf einem ringsum ebenen oder doch nur sehr schwach abgedachten Boden, auf welchen sie offenbar

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künstlich aufgetragen sind. Aeußere Steinringe fanden sich bei keinem; doch sollen dergleichen, nach Aussage der Arbeiter, bei mehreren allerdings früher vorhanden gewesen, aber zum Bau der Chaussee hinweggenommen und verbraucht worden sein. 1 ) Dagegen fühlten sich bei mehreren durch die vorläufige Untersuchung mit einer Eisenstange Steine im Innern leicht heraus.

Man schritt nun zur Aufdeckung einzelner dieser Kegelhügel, und zwar zunächst zur gleichzeitigen zweier ganz nahe an einander, in der nördlichen Gruppe gelegenen, die sich zwar durch nichts weiter vorzugsweise empfahlen, als daß der eine gar nicht, der andere mit wenigen, weit auseinanderstehenden Bäumen bewachsen war, wodurch sie leichtere Arbeit verhießen. Doch ward diese von der andern Seite wieder erschwert durch den strengen, harten Lehm, aus welchem sie bestanden. Nichts destoweniger ward nach Anleitung der von dem Verein ausgegangenen Instruction die Abgrabung bewerkstelligt. In dem einen, kleineren traf man nahe unter der Oberfläche der Lehmdecke auf ein dichtes, gewölbartiges Lager von Feldsteinen verschiedener Größe. Nachdem diese vorsichtig hinweggeräumt und auch die darunter befindliche Erde sorgfältig ausgekehrt war, wobei sich aber nicht das Geringste von Interesse fand, erreichte man den Urboden. Hier zeigte sich, über die ganze Basis des Kegels in gleichmäßiger Stärke ausgebreitet, eine dünne Schicht von Kohlen; die Holzsubstanz ließ sich, da der Lehm innig damit vermischt war, nicht mehr unterscheiden. Von Knochen und dgl. zeigte sich nirgends eine Spur, selbst als man versuchsweise noch ziemlich tief unter die Kohlenschicht und den Urboden hineingegraben hatte. - Auch die Aufdeckung des zweiten, größern Hügels hatte keinen Erfolg: doch drang man freilich auch nicht nach allen Seiten bedeutend tief in denselben ein, da außer der hier fast steinharten Lehmmasse auch viele alte Baumwurzeln das Graben fast ganz unmöglich machten und selbst den Gebrauch der Hacke sehr erschwerten.


1) Nicht bloß der Kunststraßenfleiß, auch - die Schatzgräberei hat sich an diesen Denkmälern versucht, wie sich wenigstens bei einem derselben mit Bestimmtheit ermitteln ließ. Ein kleinerer Kegelhügel nämlich fand sich bis unter den Urboden hinunter geöffnet und ausgeleert, und nicht bloß versicherten die Arbeiter, daß dies nächtlicher Weile von "Schatzgräbern" geschehen sei, sondern es lag auch noch rings um den Hügel ein doppelter Kreis von Kreuzdorn, bekanntlich der Zauberwall, durch welchen bei Geschäften der Art das Hinzutreten des Teufels verhindert werden soll. Daß die so Verschanzten dennoch nichts gefunden haben werden, was Schatzgräber zu suchen pflegen, läßt sich mit ziemlicher Gewißheit behaupten; ob sie etwas von der Art fanden, was don Alterthumsforscher interessirt, ließ sich nicht ermitteln. Es fanden sich weder Scherben noch Knochen oder dgl.; nur eine große Menge kleiner Feldsteine, die wohl die innere Pflasterdecke des Grabes gebildet haben, lag zerstreut umher.
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Desto günstigere Resultate lieferten 3 andere Grabhügel der südlichen Gruppe, welche durch die fortgesetzten Nachgrabungen dieses und des folgenden Tages geöffnet wurden.

α. Gallentiner Kegelgrab No. 1.

Dieser Grabhügel war auf einen von Osten nach Westen gehenden Abhang aufgeschüttet, so daß sein westlicher Rand sich nur wenig über den Urboden erhob, während er von Osten her viel steiler und höher aus der Ebene emporstieg. Die größte Höhe des Gipfels, d. h. seine Erhebung über eine mit dem östlichsten (tiefsten) Rande der Basis horizontal liegende Linie, betrug 7'. Auch die Durchmesser der Basis differirten um einige Fuß: von Osten nach Westen hatte die Durchschnittlinie eine Länge von 40', von Süden nach Norden eine Länge von 35'. Der ganze Aufwurf bestand, wie der Boden umher, aus ziemlich sandigem Lehm. Ringsteine oder sonstige äußere Steinbedeckungen fanden sich nicht. Der untere Umkreis und auch des Gipfels Ränder waren mit jungen Buchen und Gebüsch bewachsen; die Mitte war frei, nur mit Rasen bedeckt.

Die Aufdeckung ward durch Abgrabung des Gipfels in der Richtung von Osten nach Westen bewerkstelligt. Als man etwa 2 1/2' der Höhe abgetragen hatte, stießen die Arbeiter an einer Stelle, welche etwa ein Drittheil der Länge der ganzen Durchschnittfläche von deren östlichem Rande entfernt war, auf einen ziemlich großen, platten Stein, der sich bald als Decke einer Steinkiste auswies. Diese hatte einen andern Stein von gleicher Größe zum Fundamente, auf welchem die 4 regelmäßig gesetzten Wände ruhten, die aus einigen größern aufrechtstehenden Steinen mit mehreren zur Ausfüllung der Lücken dazwischen gestellten kleineren bestanden und deren Ränder von dem darüber gelegten Decksteine genau gedeckt wurden. Die größten Steine (Deck= und Grundstein und 3 der Seitensteine) hatten 2' größte Länge und Breite, und waren theils natürlich abgeplattet, theils offenbar gespalten; die kleinern hatten die Form gewöhnlicher Feldsteine; alle bestanden aus Granit. Der Grundstein lag etwa 3' über der entsprechenden Stelle des Urbodens. Als die Decke abgehoben war, zeigten sich sogleich deutlich die Ränder mehrerer Urnen. Beim Hinwegnehmen einer der Seitenwände gewahrte man in der nachstürzenden Erde

1 dünnes, kleines Scheermesser aus Bronze, wie sie gewöhnlich in Kegelgräbern gefunden werden, und

Scherben einer großen Urne von rothbrauner, grobkörniger Masse und dickem Bruch,

zu welcher das erwähnte Messer wohl gehörte; ihren weitern

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Inhalt hatte, so viel sich erkennen ließ, bloß Asche und Erde gebildet. Außer dieser zerfallenen fanden sich in der Kiste noch 5 andere Urnen, in zwei Reihen von Osten nach Westen. dicht neben einanderstehend; die Zwischenräume zwischen ihnen selbst, so wie zwischen ihnen und den Wänden der Kiste waren genau mit Erde ausgefüllt, so daß es schien, die Urnen seien absichtlich in Erde verpackt worden, da gegen ein zufälliges Eindringen der über und neben der Kiste liegenden Erde das genaue Aneinanderschließen der Wände und der Decke wohl geschützt haben mußte. Uebrigens war diese Erde innerhalb der Kiste ganz dieselbe, wie außerhalb. Der Boden der Urnen ruhte unmittelbar auf dem Grundsteine. Folgendes ist die nähere Beschreibung der Urnen dieser Kiste und ihres Inhalts 1 ):

1) eine röthlich gebrannte, mit Glimmerfünkchen durchsprengte Urne von einfacher Gestalt, ohne große Ausbauchung, 9" hoch, in der Mündung 7", im Bauche 11", in der Basis 3" im Durchmesser haltend, mit einem großen Henkel; die Wand ist dick. In ihr fand sich nichts als eine an manchen Stellen sehr klebrige Erdmasse.

2) ein kleines, dünnes, schönes Gefäß, im ganzen Bauche abgerundet, mit einem auf der Rundung senkrecht stehenden kurzen Halse, aus einer schwärzlichen, mit Glimmerfünkchen durchsprengten Masse, ungefähr 7" hoch, 8" im Bauche und etwas über 4" in der Mündung im Durchmesser haltend; der obere Theil des Bauches ist dicht gereifelt, am Halse steht ein großer Henkel. Zugedeckt war das Gefäß mit einer einfachen, überfassenden Schale. Die Scherben dieser Urne sind äußerst dünne, nur 1/8" dick und sehr gleichmäßig: ihre Verfertigung aus bloßer Hand wäre wunderbarer, als jede Geschicklichkeit auf der Töpferscheibe. Die Schale war von grober Masse und im Bruche gegen 1/2" dick. Der Inhalt bestand aus Erde und Asche, worunter einzelne Knochen, meistentheils sehr dünne Schädelknochen.

3-5) drei eigenthümlich, fast völlig eiförmig gestaltete Urnen, 8 bis 9" hoch, 6 bis 7" im größten Durchmesser,


1) Diese nähere Beschreibung ist hier, wie bei den folgenden Gräbern, zwar erst das Resultat einer spätern, in Schwerin vorgenommenen Untersuchung, da man bei der Aufgrabung die nicht von selbst auseinanderfallenden Urnen nicht leerte, sondern durch Binden etc. . in ihrem Zusammenhange möglichst zu erhalten suchte, um sie hinterher an gesicherterm Orte, nachdem die Masse mehr erhartet und die Form durch Zeichnung gerettet wäre, ihrer Beschaffenheit und ihrem Inhalte nach genauer untersuchen zu können. Doch scheint es angemessen, hier alles, was die einzelnen Kisten betrifft, gleich zusammenzufassen.
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4 bis 5" in der Basis und ungefähr ebenso viel in der Mündung im Durchmesser haltend, von einer sehr dicken, grobkörnigen, rothbraunen Masse. Die eine war noch mit einem dünnen, einpassenden Deckel, wie eine Scheibe, 4" im Durchmesser und 1/2" dick, zugedeckt. Außerdem fanden sich noch 2/3 eines zweiten Deckels, der jedoch, ohne den einpassenden Rand, 1" dick und oben knopfförmig abgerundet, unten aber ausgehöhlt ist. Alle drei enthielten nichts als viele äußerst zarte Gebeine, offenbar von sehr jungen Kindern.

Dicht neben dieser ersten Kiste, etwas weiter südöstlich, fand sich eine zweite, ebenso gebaut und ebenso hoch über dem Urboden liegend, wie jene. In derselben standen

6. 7) zwei grobkörnige, dicke Urnen, von derselben eiförmigen Gestalt und ungefähr von gleicher Größe, wie die unter 3-5 angeführten. Die eine, um ein Weniges kleinere enthielt Erde und Asche, die zweite eine große Menge Knochenstücke.

Als man sich hierauf weiter nach Westen wandte, traf man genau in der Mitte des Grabes eine dritte Steinkiste. Sie lag um einen reichlichen halben Fuß tiefer, als die beiden andern: im Uebrigen war sie vollkommen ebenso construirt, wie jene. Darin standen

8) eine ziemlich abgerundete Urne aus schwärzlicher Masse, 7" hoch, 3 1/2" in der Basis, 8" im Bauche und 6" in der Mündung haltend, mit einem großen Henkel. Sie war mit Asche und fettiger, schmieriger, zäher Erde angefüllt.

9) eine Urne von seltener Form, mit dem aufliegenden Deckel wie ein vollkommener Cylinder, gleich einer hohen Büchse, gestaltet, überall von gleichem horizontalen Durchmesser, nämlich 5"; das Ganze ist 9" hoch, wovon auf den Deckel gegen 1 1/2" gehen. Die Masse ist schwärzlich, das Gefäß ohne Verzierung und Henkel; der Deckel ist von gleicher Masse und wie eine umgekehrte kleine Schaale mit senkrechten Wänden gestaltet. Diese Urne enthielt sehr zarte Gebeine, z. B. Gelenkwirbel von 1" Durchmesser, und sehr dünne Zahnwurzeln. Ziemlich nach oben lag ein bronzener Ring, 1" im Durchmesser, von dünnem runden Erzdrath, nicht geschlossen, sondern an beiden Enden übergreifend. Weiter nach unten lag die Hälfte eines ähnlichen, dünnen Ringes. Beide waren stark oxydirt.

β. Gallentiner Kegelgrab No. 2.

Etwa 30 Schritte östlich von dem eben beschriebenen lag ein kleinerer, niedriger Hügel von 30' Durchmesser in der

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Basis und 3' größter Höhe über dem Urboden. Er war mit Rasen und wenigem Gestrüpp bewachsen und zeigte dieselbe Erdmischung, wie der Boden umher und wie jener andere Hügel. Bei seiner am folgenden Tage vorgenommenen Eröffnung fand sich gleich nahe am östlichen Rande eine äußerst regelmäßig gesetzte, nur mit wenig Erde bedeckte Steinkiste. Die Decke bildeten zwei flache, über einandergelegte Steine, deren Fuge noch durch kleinere platte Stücke verstopft war. Jede der vier Seitenwände bestand aus einer fast gleichseitigen Granitplatte von etwa 4 □' Flächeninhalt und 2 bis 3" Dicke; diese, wie auch die Decksteine schienen gespalten; von Behauensein zeigte sich keine sichere Spur. Eine ähnliche Platte, wie die Wandsteine, bildete den Boden der Kiste. Auf ihm ruhte, rings umher bis zu den Wänden mit Erde umgeben,

10) eine große Urne von eigenthümlicher, schöner Form, weit und scharf ausgebaucht, sich allmälig nach oben verengend, 7" hoch, ungefähr 4" in der Basis, etwas über 12" im Bauche, 6" in der Mündung im Durchmesser haltend. Das Gefäß hatte zwei starke, eckige, kleine Henkel, ungefähr 2" hoch und breit. Die Masse ist fein, schwärzlich, mit Glimmerfünkchen vermengt; die Wände sind dünne. Zugedeckt war diese Urne mit einer umgestülpten, überfassenden, einfachen Schale, 3" hoch, 3 1/2" in der Basis, 7" in der Mündung im Durchmesser haltend, von einer mehr braunen, mit Glimmerfünkchen vermischten Masse. Unter den Henkeln hatte die Urne nicht tief eingegrabene Linearverzierungen: nach oben geöffnete Halbkreise und darunter abwechselnd schräge rechts und links laufende Parallellinien, beide Reihen von Verzierungen durch horizontale Kreise begrenzt. Angefüllt war sie fast ganz mit angebrannten Knochen, unter denen dicke Schädelfragmente sich bemerklich machten. Oben zwischen den Knochen fanden sich, im Andreaskreuze über der größern Knochenmasse liegend, zwei dünne Nadeln aus Erz mit leichtem edlen Rost, jede ungefähr 6" lang: die eine mit drei eingefeilten kleinen Knöpfen von der Dicke der Nadel, ganz wie Frid. Franc. Tab. XXIV, Fig. 11; die andere oben knieförmig gebogen und am Ende mit einem großen concaven Knopf aus dünnem Erzblech. Tiefer in der Urne lagen drei Bruchstücke von zwei andern bronzenen, mehr oxydirten Nadeln; die Fragmente sind verbogen und schon im Bruche oxydirt. Ein diesen ganz ähnliches, ebenfalls stark oxydirtes Bruchstück einer Nadel hatte sich schon vor der Aufdeckung der Steinkiste in der Erde außerhalb derselben gefunden; wahrscheinlich wird dieses zu einer der letztgenannten Nadeln innerhalb der Urne gehört haben.

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Außer dieser einen Steinkiste mit ihrem eben beschriebenen Inhalte fand sich in diesem Hügel, ungeachtet der genauesten Untersuchung, nichts.

γ. Gallentiner Kegelgrab No. 3.

In nördlicher Richtung von dem Grabe No. 1, ungefähr 200 Schritte von demselben entfernt, liegt ein anderer Kegelhügel, der größte der bei dieser Aufgrabung berührten. Die Durchmesser seiner Basis halten 50', die Höhe über dem Urboden beträgt etwa 8'. Nach der südlichen und östlichen Seite flacht er sich, vermuthlich in Folge von Abschwemmungen und früherer Bearbeitung, mehr wellenförmig und allmäliger ab, als nach den beiden andern Seiten. Größtentheils ist er mit Gehölz und zum Theil ziemlich mächtigen Buchen besetzt. Auch hier besteht Aufwurf und Boden aus etwas sandigem Lehm. Der ganze Hügel zeigte sich dicht unter der Erdoberfläche mit kleinen und mittelgroßen Feldsteinen gepflastert. Unter dieser Steindecke fand sich hart am östlichen Rande des Hügels, nur wenig über dem Urboden, eine Steinkiste, die aber nicht aus platten, gespaltenen, sondern aus gewöhnlichen Feldsteinen von runder, kantiger u. a. Form und von verschiedener Größe aufgebaut war; auch die Decke ward durch einige größere Steine dieser Art mit zwischengelegten kleineren gebildet; der Boden bestand aus einem größeren, etwas platten Steine. Die ganze Kiste hatte ein viel roheres, unregelmäßigeres Aussehen, als die in den beiden andern Gräbern entdeckten, und bestand mehr aus einer gewölbartigen Anhäufung von Steinen. In derselben hatten zwei Urnen gestanden, von welchen aber die eine beim Aufdecken der Kiste schon gänzlich auseinandergefallen war. Nach den Scherben zu urtheilen war sie ganz gleich der zweiten gewesen, die als eine dicke Urne fast ganz von derselben Gestalt und Größe, wie oben 3-5, und von grobkörniger, bräunlicher Masse sich auswies. Den Inhalt beider bildeten nebst Asche und Erde ziemlich starke Knochenstücke.

Ein hereinbrechendes Regenwetter hinderte für dies Mal weitere Nachforschungen. Gewiß aber sind in diesem Hügel noch mehr Steinkisten vorhanden, und er sowohl, wie die übrigen noch gar nicht zur Untersuchung gekommenen Kegelhügel dieses Gehölzes verdienen wohl eine fernere Nachgrabung.

In keinem dieser drei Gräber fand sich eine Spur von Brandstätten oder auch nur von Kohlen.

Wenn man übrigens Gräber von der Größe und dem Inhalte, wie die gallentiner, mit andern größern Gräbern, z. B. dem zu Ruchow aufgedeckten, vergleicht, in welche

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letztere sich immer Waffen, wie eherne Schwerter, Speere, frameae, Handbergen u. dgl. fanden: so scheint daraus hervorzugehen, daß die Kegelgräber von bedeutender Höhe Kriegern und Helden des Volkes angehört haben.

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Kegelgrab bei Pampow (bei Schwerin).
(Inhalt geschenkt vom Herrn Candidaten Schütz zu Pampow.)

Auf dem pampower Hoffelde liegt ein länglicher Hügel, ein Kegelgrab, auf den Urboden aufgeschüttet. Beim Ackern stieß man am Fuße dieses Hügels auf eine kleine, regelmäßig gesetzte Kiste aus platten Steinen, welche kaum einen Fuß hoch mit Erde bedeckt war. In dieser Kiste standen zwei Urnen neben einander, eine größere und eine kleinere; die größere war mit Knochen, die kleinere mit Erde und Asche gefüllt.

Die größere Urne, welche zertrümmert war, mochte, nach einem Bruchstücke, ungefähr 10" Höhe und 6 bis 8" Durchmesser gehabt haben. Die Wand war fast senkrecht; sie ist im Bruch schwärzlich gebrannt, im Aeußern gelbbraun und röthlich gefleckt, mit häufigen kleinen Glimmerfünkchen vermengt, ohne Verzierungen. Nach allen Zeichen ist sie nicht auf der Töpferscheibe geformt, sondern aus freier Hand geschnitten und mit einem feinen Thonüberzuge versehen.

Die kleinere Urne ist ein Gefäß mit einem 2" hohen wirklichen Henkel an dem hohen, engen Halse; der Bauch ist stark und scharf ausgebogen. Das Gefäß ist ganz von der Gestalt wie die in Frid. Franc. Tab. XXXV. Fig. 2 u. 4 abgebildeten gehenkelten Gefäße. Es hat gegen 6" Höhe, in der Mündung etwas über 3, im Bauche gegen 6 und in der Basis gegen 3" Durchmesser; die Farbe ist rothbraun, und über den scharfrandigen Bauch läuft ringsherum ein Band von eingegrabenen Verzierungen, welche aus mehreren parallel laufenden Zickzacklinien bestehen; der Henkel und ein Theil der Seitenwand sind ausgebrochen.

Alterthümer wurden nicht weiter gefunden.

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Kegelgräber von Borkow.

Auf dem Felde von Borkow, zwischen Goldberg und Sternberg, in der alterthumsreichen Gegend Meklenburgs, finden sich mehrere, nicht unbedeutende Kegelgräber. Zwei derselben ließ der Besitzer des Gutes, der Herr Oberlandforstmeister Eggerss, vor einigen Jahren aufgraben und schenkte

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dem Vereine darauf die in denselben gefundenen Alterthümer, von den nöthigen Aufgrabungsnachrichten begleitet. - Beide Gräber waren rein kegelförmig: in der Basis des Grabes auf dem Urboden lag ein Steinpflaster, mit Sand und Asche bedeckt; hier standen in der Mitte des Grabes die Urnen, welche mit einer Anhäufung von Feldsteinen bedeckt waren; auf diesem Steingewölbe lag eine Schicht von Erde und Rasen, welche das Grab im Aeußeren zur Kegelform abrundeten. - Es ward gefunden:

1) in dem einen Kegelgrabe: eine große, sehr grobkörnige Urne, im Bruche stark mit grobem Granitgrus, meist Feldspathgrus vermengt, weit und nicht stark ausgebaucht, mit scharfem Rande im Bauche, im obern Theile glatt und schwärzlich, im untern Theile rauh, ungefähr von der Gestalt wie Frid. Franc. Tab. V. Fig. 4, an 12" hoch, 8 1/2" im Rande, an 13" im Bauche, gegen 5" im Boden im Durchmesser. Die Urne war mit Knochenbruchstücken gefüllt.

Unter denselben fand sich: ein Stück oxydirten Erzbleche s, 2" lang, 1 1/4" breit, mit Bindloch an einem Ende, wahrscheinlich Stück eines Armringes, denen gleich, welche im J. 1837 zu Ludwigslust im Garten des Herrn Oberstlieutenants von Elderhorst gefunden sind (vgl. unten Alterthümer von Ludwigslust), - ferner: ein Stück oxydirtes, aber im Rost verhärtetes Eisenblech, 1 3/4" lang und 1" breit, wie ein Bruchstück von einem Messer, - ein höchst seltener Fund (Eisen!) in einem Kegelgrabe.

2) in dem andern Kegelgrabe fanden sich zwei zertrümmerte Urnen; die eine hatte einen kleinen, unten ausgehöhlten Fuß, Verzierungen von eingegrabenen, breiten Strichen im obern Theile und einen umgebogenen Rand, - die andere war einfach mit senkrechtem Rande. Unter den Knochentrümmern in der Urne fand sich eine kurze, am obern Ende zwei mal knieförmig gebogene Nadel von Erz mit Knopf, mit dickem edlem Rost überzogen. Ein Echinit ist wohl durch Zufall in die Nähe der Urne gekommen.

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Kegelgräber bei Lelkendorf.

Von dem Herrn Kammer=Präsidenten von Levetzow zu Schwerin, Besitzer von Lelkendorf, wurde der Inhalt von 3 auf der Feldmark dieses Gutes aufgedeckten Gräbern, bestehend in

1 Scheermesser,
1 Haarpincette,
1 Armringe,

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1 langen Nadel,
3 kleinen Ringen,

alles aus Erzcomposition und oxydirt, dem Vereine geschenkt.

Nach den Mittheilungen des Herrn Gebers lagen auf dem dortigen Felde mehrere Gruppen von runden Hügeln, die einzelnen Hügel in Reihen paarweise neben einander. Eine solche Gruppe war schon früher zerstört. Die zweite Gruppe ward vor einigen Jahren aufgedeckt. Alle Hügel waren rund, äußerlich nur von Erde aufgeschüttet. Gegen Osten hin stand der größte; er allein war am Fuße mit einem Steinkranze (zum Schutze des Grabes) umgeben. Gegen Osten im Hügel stand das Grab: eine viereckige Kiste von roh behauenen Steinplatten (ein höchst seltenes Vorkommen in Meklenburg!), ringsum zusammengesetzt und bedeckt. In dieser Kiste standen drei Urnen: eine größere mit Knochen und Asche gefüllt und darin auch das Scheermesser und die Zange. In zwei andern niedrigem Gräbern fanden sich Urnen, welche auf einem platten Steine standen und mit einem gleichen bedeckt waren: in diesen fanden sich die Ringe und die Nadel. Die Urnen fielen alle auseinander.

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Grabalterthümer von Eickhof, Amts Sternberg,

eingesandt von dem Herrn Erblandmarschall von Lützow. Auf dessen Gute Eickhof wurden beim Ackern folgende Gegenstände an's Tageslicht gebracht:

eine Pfeilspitze, wie Frid. Franc. T. XXV, Fig. 8, nur etwas kürzer in der Klinge: 4" lang;

ein Scheermesser, wie Frid. Franc. T. XVIII. Fig. 11, 4" lang;

eine Pincette, wie Frid. Franc. T. XIX, Fig. 5, nur etwas kleiner und ohne Verzierungen, 2 3/4" lang;

eine Nadel, wie Frid. Franc. T. XXIV, Fig. 9, mit rundem Knopf und mit Reifen unter demselben, in der Mitte, ungefähr unter den Reifen, etwas gebogen.

Sämmtliche Sachen lagen unter kleinen Urnenscherben unter einem Haufen von Steinen. Sie sind sämmtlich von der Bronze der Kegelgräber und sind theilweise mit edlem Roste überzogen.

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Grabalterthümer von Ludwigslust.
(Geschenk des Herrn Oberstlieutenants von Elderhorst daselbst.)

Die nächste Umgebung von Ludwigslust ist sehr reich an Alterthümern; bei Haus=, Acker= und Gartenbauen sind nach

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allen Richtungen hin öfter Urnen mit Alterthümern gefunden. Vorzüglich reich war aber die, jetzt mit Tannen besetzte sandige Anhöhe hinter dem englischen Garten vor dem jetzigen Schulzenhause des Dorfes Klenow, wo der hochselige Großherzog Friedrich Franz im J. 1810 Höchstselbst umfassende Aufgrabungen mit dem günstigsten Erfolge vornahm. Die hier gewonnene Ausbeute hat mit den Alterthümern aus den Kegelgräbern im Allgemeinen und in manchen Stücken besonders völlige Uebereinstimmung; sie ist, von Abbildungen begleitet, im Friderico-Francisceum S. 63 flgd. ausführlich beschrieben. Aber Einzelnes ist in jeder Hinsicht ganz eigenthümlich 1 ) und hat in Meklenburg noch nichts ihm Aehnliches gefunden, so daß man in der Bestimmung über die Alterthümer dieser Gegend einstweilen nur auf eine Uebergangsperiode in der Völkergeschichte rathen darf.

Es sind außer den erhaltenen Alterthümern in der Gegend von Ludwigslust häufig Urnen ausgegraben, welche jedoch, nach angestellten Erkundigungen, unter den Händen der Landleute untergegangen sind. Nächst dem angezeigten Sandberge beim klenowschen Schulzengehöfte ist vorzüglich der, nahe bei demselben liegende Garten des Herrn Oberstlieutenants von Elderhorst ergiebig gewesen, durch dessen sorgende Aufmerksamkeit und Liebe zur Sache die auf seinem Grundstücke gefundenen Alterthümer jedesmal gerettet und für die Wissenschaft gewonnen sind. Am merkwürdigsten ist aber der Fund, welcher im Frühling des J. 1837 bei Umsetzung eines Obstbaumes in diesem Garten gemacht und unserm Vereine von dem Besitzer geschenkt ward. Die Aufnehmung der Alterthümer ist von dem Herrn von Elderhorst selbst bewerkstelligt und sorglich erhalten, wie es der folgende Bericht nach den ausführlichen Mittheilungen des Herrn Schenkers besagt.

Einige Fuß tief im Sande, ohne Aufwurf eines Hügels, stand eine nicht große Urne, dunkel im Bruch und mit Kiessand vermengt, von dunkler Farbe im Innern, von gelbbrauner Farbe in der Außenseite, mit ziemlich horizontalen Wänden ohne große Ausbauchung, dem Anscheine nach den übrigen, im Frid. Franc. abgebildeten ludwigsluster Urnen ähnlich. Leider war die Urne schon zusammengedrückt; jedoch ist ein Rest des Untertheils aufbewahrt. In und bei der Urne war keine Spur


1) Die vielen gewundenen Halsringe von Bronze mit edlem Rost, welche im J. 1810 bei Ludwigslust gefunden wurden, deuten auf die Zeit der Kegelgräber. Dagegen ward im J. 1827 im Garten des Hrn. v. Elderhorst eine knieeförmig gebogene Nadel von festem Eisen gefunden.
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von Knochen und Asche. In der Urne auf dem Boden derselben lag gewissermaßen ein Nest von vielen hohl getriebenen, ganz erhaltenen und zerbrochenen Handringen von Bronzeblech; alle diese Ringe sind so künstlich in einander gelegt und gewissermaßen geflochten, daß diese Zusammenstellung noch jetzt, nach vielem Verschicken und Besehen, eine völlige Halbkugel bildet. Der Ringe, welche diese Halbkugel bilden, sind sechs in elf Enden; einige Ringe sind noch ganz, die übrigen in den Bruchstücken vollständig erhalten. Jeder Ring hat 3" im Durchmesser und ist im Blech gegen 1" breit, von der Dicke eines gewöhnlichen Eisenblechs. Die Ringe sind offen und glatt; Verzierungen sind nicht anders vorhanden, als daß jedes Ende durch zwei eingravirte Querlinien abgegrenzt ist. Kurz vor dem Ende hat jedes Ende des Ringes ein eingeschnittenes dreieckiges Loch von ungefähr 1/4" in den Seitenlinien, wahrscheinlich um durch Bänder die Ringenden zusammenbringen zu können. Die zerbrochenen Ringe sind noch in den Bruchstücken vollständig vorhanden; die Brüche sind alt und in den Bruchenden oxydirt; das Merkwürdigste ist, daß alle Bruchenden, welche noch alle zusammenpassen, kurz vor jedem Bruchrande zwei runde, regelmäßig eingebohrte Löcher haben, so daß immer je zwei solcher correspondirender Löcher von zwei zusammenpassenden Bruchenden gegenüberstehen, offenbar um die schon beim Gebrauch zerbrochenen Ringe durch Bänder wieder zusammenzuheften; von Metallnieten ist reine Spur. - Außerdem lag in dem "Neste" noch ein 2" langes und 1" breites Stück Erzblech mit Längenreifen verziert, dem Anschein nach ein Stück vom Rande eines bronzenen Gefäßes. - In der Höhlung der aus den Handringen gebildeten Halbkugel lagen zwei Schichten von kleinen Ringen, jede Schicht von 6 Ringen, in zwei Parthien neben einander gelegt, wie zwei Rollen. Die Ringe sind nicht alle gleich groß, sondern in jeder Schicht oder Rolle folgte einem größern Ringe ein etwas kleinerer, so daß eine Schicht sich bildet wie ein abgestumpfter Kegel; der größte Ring hat 1 3/8", der kleinste 1 1/8" im Durchmesser. Die kleinen Ringe sind alle geschlossen, massiv und rund im Drath, der gegen 1/8" dick ist. Bei einer Rolle von sechs Ringen lag noch ein siebenter, der jedoch dünner ist, als die übrigen. Alle diese Ringe scheinen zu Beschlägen benutzt worden zu sein. - Oben in der Höhlung zwischen den Zwei Rollen von Ringen lag ein kahnförmiger Beschlag aus Bronzeblech, 2" lang, in der Mitte 1 1/8" breit, an einer Seite eingebogen, inwendig, wie es scheint, mit Leder, gefuttert.

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Dieser Beschlag scheint nach allen Anzeichen am Eingange einer Degen= oder Messerscheide gesessen zu haben, oder auch um das Ende eines breiten Griffes. - Ueber dem Ganzen lag ein bronzener Pfriemen, 4" lang, in einer Hälfte rund und spitz auslaufend, in der andern Hälfte viereckig und breit auslaufend.

Alle diese Sachen sind aus Metall, jedoch von einer andern Composition, als sonst in den Gräbern der Vorzeit vorkommt: das Metall ist nämlich heller, als sonst die antike Bronze. Der Pfriemen ist am dunkelsten (d. h. am meisten roth); die Armringe sind schon heller, noch heller ist der Beschlag; die kleinen geschlossenen Ringe sind fast ganz weiß, wie Silber. Edler Rost ist nicht bemerkbar; überhaupt ist die Oxydirung nur matt und wird stufenweise immer schwächer, je weißer das Metall ist: am meisten ist der Pfriemen verrostet, die kleinen Ringe dagegen sind fast ganz blank und haben nur stellenweise einen leichten Anflug von Rost.

Grabalterthümer von Neu=Polchow.

Vom Herrn Hofrath Dr. Crull zu Rostock ward geschenkt: ein großer gehenkelter Aschenkrug aus bräunlicher Masse mit Kiessand und Glimmersfünkchen, gefunden voll Knochen bei Neu=Polchow bei Lage; dabei eine zum Theil oxydirte Speerklinge von Erz und eine nicht durchbohrte Scheibe von Stein von ungefähr 1" Durchmesser.

Grabalterthümer von Ruchow.

Herr Geschichtsmaler Schumacher zu Schwerin lieferte eine Zeichnung des Inhalts des bei Ruchow 1819-1821 aufgedeckten großen Kegelgrabes, wie die Stücke im J. 1836 auf dem fürstlich bückeburgischen Gute Boldebuck aufbewahrt wurden. Die Zeichnung ist nach den Originalien. (Vgl Freimüth. Abendbl. 1821, No. 139.)

b. Einzeln aufgefundene Alterthümer.

Framea.

1 bronzene framea mit Schaftkerbe, ganz wie Frid. Franc. Tab. XIII. Fig. 5, ohne Rost, gefunden in der Bruchholzung des röbelschen Woolds, geschenkt vom Hrn. Hofrath Engel zu Röbel.

Commandostab oder Streitaxt.

Ein Commandostab oder eine Streitaxt mit Stiel aus Bronze, geschenkt vom Herrn Pensionär Burg=

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wedel zu Hansdorff bei Doberan. Dieses Geräth ward auf dem Felde von Hansdorff, nicht weit von der hasdorffer Scheide, 6 Fuß tief in einer torfigen Moorgrube gefunden und ist daher, wie alle in Moor gefundenen bronzenen Alterthümer, nicht vom Rost angegriffen. Es ist dem zu Blengow gefundenen, in Frid. Franc. Tab. VII, Fig. 1, Tab. XV, Fig. 6 und Tab. XXXIII. Fig. 1 abgebildeten und in der Erläuterung dazu S. 115, 129 und 158 näher beleuchteten Exemplare ganz gleich. Es besteht aus zwei getrennten Theilen: dem Beile und dem Schafte oder Stiele, beides aus Bronze. Das Beil war in der Schaftlinie hohl und der Schaft ist nach der Beilseite hin zur Hälfte auch hohl, also weiter gehöhlt, als das ludwigsluster Exemplar; das vollgegossene Ende ist noch 9" lang. Beide Theile waren, als das Geräth gefunden ward, durch ein in beide Höhlungen gehendes Holz mit einander verbunden. Leider ist beim Finden die Beilseite des Schaftes und die breite Seite des Beils zerschlagen, das Ganze also nicht mehr vollständig. Der Schaft hatte am Ende ein Oehr, welches noch zum Theil vorhanden ist, als wenn es zum Tragen an einem Riemen gedient hätte. Von dem Beile fehlt fast die ganze Schaftseite; von den kegelförmigen Aufsätzen ist noch einer vorhanden. Da diese Seite zerschlagen ist, so ist ersichtlich, daß das Beil in seinen dickern Theilen hohl gegossen ist; das Erz ist in seinen Wänden ungefähr 1/8" dick. Zugleich ist ersichtlich, daß der Guß auch im Innern höchst regelmäßig und reinlich gehalten ist. Uebrigens sind die beiden Schneiden des speerartig auslaufenden Beiles durchweg, mit Ausnahme eines kleinen Endes nach der Schaftseite hin, in alten Scharten vielfach ausgebrochen und die Spitze ist im alten Bruch abgebrochen. so daß ein vielfacher, ernsthafter Gebrauch nicht zu bezweifeln steht. - Nach dem Ansehen und einer chemischen Probe besteht das Ganze aus jener bekannten Bronzemischung aus Kupfer und Zinn, wie sie immer in den Kegelgräbern vorkommt.

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Metallbeschlag eines Hifthornes.

Durch einen glücklichen Zufall gelangte der Verein zu einem sehr seltenen und köstlichen Gegenstande des Alterthums, zu dem Beschlage eines großen Heer= oder Hifthorns, welches einem Blaseinstrumente, vielleicht von Horn, zur Befestigung gedient haben muß. Es ward in einer Grube des wismarschen Torfmoors ungefähr 6 Fuß tief gefunden und war ohne allen Rost (wie immer Bronze in Mooren).

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Der Herr Amts=Actuar Treu zu Wismar traf dasselbe zufällig unter andern Metallen bei dem dortigen Glockengießer, der es zum Einschmelzen bestimmt hatte, und brachte es sogleich an sich, um es dem Vereine zum Geschenke zu überreichen. Von dem Horn selbst ist keine Spur gefunden.

Der Beschlag besteht aus drei Stücken, welche eine doppelte Reihe von Nietlöchern zur Befestigung an die Hauptmasse des Horns haben: aus dem Mundstücke, einem Mittelringe und der Schallmündung. Alle drei Stücke sind aus der bekannten antiken Bronze der Kegelgräber gegossen und auf der Außenseite mit allen möglichen eingeschlagenen und eingegrabenen Verzierungen bedeckt, welche die in Kegelgräbern gefundenen Geräthe aus Bronze schmücken, namentlich mit den Spiralwindungen und mit den Spitzen, welche die zahlreich gefundenen Handringe bedecken; auch die verschiedenen Verzierungen, welche das bronzene Gefäß in Frid. Franc. Tab. XII, Fig. 1 bedecken, sind hier angebracht, so daß sich beide seltene Stücke des Alterthums in der Bestimmung ihres Alters zu unterstützen scheinen. Alle Stücke sind ohne Rost. - Das Mundstück ist 7" lang, in der Oeffnung 3/4" im Durchmesser, am Ende nach dem Horne hin 1 3/4" im Durchmesser und hier in sieben Spitzen ausgeschnitten. Es ist merkliche gekrümmt. Erhabene Reifen theilen das Erz in sieben glatte, verzierte Felder. - Der Mittelring ist 2 1/2" im Durchmesser und 3/4" breit. Auf der Außenseite stehen fünf, mit Querstrichen verzierte, erhabene Reifen, von denen der mittlere der größte ist; an diesem sitzt ein Oehr zur Befestigung eines Trageriemens. - Die Schallmündung ist ein becherförmiges Erz, 5 3/4" lang, an dem Ende nach dem Horne hin 4" und in der Mündung 5" im Durchmesser. Das Horn ward in den Beschlag hineingesteckt; etwas über 2" weit ist hiezu, soweit die Nietlöcher gehen, das Erz ausgefeilt und noch einmal so dünne, als in dem übrigen Theile. Ungefähr in der Mitte ist ein zweites Oehr zum Trageriemen angesetzt. Durch sechs hervorstehende Reifen ist die Außenseite in sieben Felder oder Bänder getheilt, welche die mannichfachsten Verzierungen tragen.

Diese Verzierungen, unter denen sich auch manche sonderbare Charaktere finden, machen dieses Horn vorzüglich merkwürdig und erfordern durchaus eine Abbildung, um nach derselben Untersuchungen anstellen zu können, welche ohne Abbildung nicht recht gelingen würden. Diese Abbildung muß aber bis auf eine andere Zeit ausgesetzt bleiben, da der Fund erst kurz vor der Generalversammlung eingereicht ist.

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e. Römische Alterthümer.

Römisches Grab von Bibow bei Warin.
Inhalt geschenkt vom Herrn Ober=Münzmeister Nübell zu Schwerin.
(Vgl. Jahresber. I, S. 93. 94.)

Ueber diesen merkwürdigen Fund geben wir folgenden Bericht des Herrn Archivars Lisch, zum Theil nach Mittheilungen des Herrn Kreisphysicus Dr. Bartsch zu Warin.

Vor einigen Jahren ward auf der Feldmark Bibow, dem Herrn Heerlein auf Hasenwinkel gehörig, nach Mergel gesucht. Man wählte die höchste Anhöhe der Feldmark, den sogenannten Mühlenberg, wo man unmittelbar an einem Haufen großer, unregelmäßig gelagerter und größtentheils durch Erde verdeckter Steine in die Tiefe grub und hier auch den schönsten Mergel fand. Diese Anhäufung von großen Steinen war ungefähr 8 bis 10' hoch über dem Erdboden und lag genau am östlichen Abhange des Berges, eines der höchsten in der ganzen Gegend, an dessen Fuße vor dem Grabe sich eine Seefläche ausdehnt. - Nachdem man beim Mergelgraben bis gegen 16 Fuß tief gekommen war und die Grube in dieser Richtung ausgebeutet hatte, ward in aufsteigender Richtung gegen die Spitze des Berges und das Grab hin fortgearbeitet und das Steinlager nach und nach von unten und den Seiten gelöst und entfernt, so daß man nach und nach von unten zur Mitte der Grundfläche des Grabes gelangte. Hier zeigte sich, während die Steine bei der Arbeit in die Grube rollten, unter vielen großen Steinen verpackt, ein großer, fester Lehmklumpen, aus dem etwas Schieferfarbiges hindurchschien. Der Gutsherr, welcher anwesend war, ließ den Klumpen, wie er da war, nach Hause bringen und fand in demselben zwei Gefäße von Thon mit Lehm gefüllt. Als bald darauf der Herr Obermünzmeister Nübell in Hasenwinkel eintraf, überließ Herr Heerlein demselben den Fund; der Hr. Nübell leerte darauf die Gefäße von dem füllenden Thon und fand in dem größern derselben ein Glas, Knochen und mehrere kupferne Münzen. Dieses Alles übergab der Hr. Obermünzmeister Nübell dem Verein.

Der Inhalt des Grabes besteht:

1) aus einer schlichten römischen Lampe aus sehr feiner, fester, hellgelber Siegelerde (terra sigillata), wie sie als einheimisches Product sonst in den Gräbern Norddeutschlands nicht vorkömmt;

2) aus einer kleinen schlichten Urne von derselben Thonmasse mit einem schieferfarbigen Ueberzuge, 4" hoch, 2 1/2" weit in der Mündung, 3 1/2" weit im Bauche und 1 1/2" im Durchmesser in der Basis;

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in der Urne lagen:

3) Fragmente von angebrannten kleinen und dünnen Menschengebeinen;

4) Stückchen einer sehr dünnen Platte aus der Thonmasse der Lampe und der Urne, jedoch mit kleinen Kieskörnern gemengt, - und einige kleine Stücke Quarz;

5) ein sogenanntes Thränenfläschchen aus sehr reinem und durchsichtigem, bläulich=weißem Glase, 3" lang und ungefähr fingerdick;

6) acht römische Kupfermünzen; vier derselben sind auf der Oberfläche so sehr zerfressen, daß sie nicht mehr erkennbar sind. Von den übrigen geben drei zusammen das Bild Einer Münze desselben Gepräges. Die eine, mit hellgrünem edlem Rost überzogen, hat auf dem Avers zwischen zwei Victorien einen Altar und darunter die Inschrift: ROM. ET. AVG. auf dem Revers ist ein Brustbild erkennbar. Eine zweite Münze hat auf dem Revers das bekränzte Brustbild eines Imperators mit der Umschrift: CAESAR. PONT. MAX., der Avers ist unkenntlich. Eine dritte Münze von rother Farbe hat von dem Gepräge dieser beiden deutliche Spuren. Diese drei gleich großen Münzen geben zusammen das Bild einer und derselben Münze in drei Exemplaren, welche folgende Bestimmung hat:

Rev.: CAESAR. PONT. MAX. (Caput laureatum.)
Av.:    ROM. ET. AVG. (Ara inter duas Victoria basi insistentes.)

"Diese Kupfermünze des Kaisers Augustus ist in allen Größen vorhanden und überaus häufig. Die Umschrift des Averses heißt: Romaeet Augusto. - Eckhel, Doctrina Numorum Veterum VI, 135-137, hat diese Münzen eigens abgehandelt und bewiesen, daß sie nicht in Rom, dagegen mit großer Wahrscheinlichkeit festgestellt, daß sie in Lugdunum Galliae (Lyon) geprägt sind, wo ein dem Augustus geweiheter, weit und breit besuchter Altar war, und zwar noch während des Lebens des Herrschers, während ihm in Rom, so lange er lebte, dergleichen Ehrenbezeugungen nicht gewidmet waren." 1 ) - Die achte Münze läßt theilweise noch etwas erkennen: auf dem Avers ist ein behelmtes (oder bekränztes ) Brustbild sichtbar, auf dem Revers eine stehende weibliche Figur mit einer großen Aehre in der rechten Hand, zu beiden Seiten die beiden Buchstaben S. C.


1) Diese Aufklärungen und Bestimmungen sind durch die Mittheilungen und Bemühungen des Hrn. Dr. Friedländer zu Berlin möglich geworden.
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Ferner fanden sich neben der Urne, ungewiß jedoch, ob über oder unter derselben:

7) Bruchstücke einer niedrigen Schale aus feiner, braunrother terra sigillata. Von diesem Gefäße ist nur noch die Hälfte des Bodens vorhanden; der Rand umher ist ganz abgebrochen. Dieser Boden hat 4 3/4" im Durchmesser und ist achtseitig im Rande geformt. Durch Streifen in erhabener und vertiefter Arbeit ist die Oberfläche des Bodens nach dem Innern der Schale in verschiedene Felder getheilt. Nach der Hälfte zu urtheilen, war in der Mitte ein rundes glattes Feld, in welchem ein Thier, wie ein Scorpion oder Taschenkrebs liegt. Um dieses Medaillon stehen 4 (im Ganzen müssen 8 vorhanden gewesen sein) Felder in Form eines Trapezes; abwechselnd sind zwei und zwei Felder mit denselben Verzierungen versehen; zwei Felder sind mit Mäanderverzierungen bedeckt, auf denen in der Mitte zwei verschlungene Ringe liegen, zwei Felder sind mit viereckigen Rosetten bedeckt: auf dem Felde liegt in der Mitte das Thier (ein Scorpion?), welches auch auf dem Mittelschilde liegt; alle diese Verzierungen sind in erhabener Arbeit gepreßt.

Wahrscheinlich bildete diese Schale eine Untersatzschale für die übrigen Gefäße. Kundige Alterthumsforscher würden durch Erklärung verpflichten.

Nach allem Vorgebrachten ist nun, wenn auch keine Inschrift dafür spricht, der römische Ursprung des Inhalts dieses Grabes wohl außer allem Zweifel.

Um die Untersuchung für die Folgezeit festzuhalten, sind die Hauptgegenstände dieses Fundes durch eine lithographirte Zeichnung bei diesem Jahresbericht Tab. II und III aufbewahrt:

Fig. 1. die Schale.
Fig. 2. die Lampe.
Fig. 3. die Urne.
Fig. 4. das Thränenfläschchen.
Fig. 5 a et b. 2 Münzen.

Ausgepflügte römische Münzen.

Eine Kupfermünze des römischen Kaisers Alexander Severus, ungefähr v. J. 227 p. C., auf dem Felde von Cremmin bei Grabow ausgepflügt und dem Vereine vom Herrn Maler Langschmidt zu Schwerin geschenkt.

Av. Das mit Lorbeer geschmückte Brustbild des Kaisers.
Umschrift: IMP. CAES. M. AVR. SEV. ALEXANDER. AVG.

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Rev. Ein schreitendes, nacktes Männerbild, mit einem Helm auf dem Kopfe, einer hasta in der rechten Hand und einem spolium auf der linken Schulter; zu beiden Seiten: S.-C.
Umschrift: P. M. TR. P. V. COS. II. P. P. 1 )

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C. Aus der Zeit der Wendenbegräbnisse.

Gesammelter Inhalt einzelner Begräbnisse:

Wendenkirchhof zu Camin bei Wittenburg.

Hierüber berichtet der Herr Archivar Lisch Folgendes. Es war Ostern 1837, als der Herr Kammer= und Jagd=Junker Ad. von Bülow von Camin Kunde gab von einer Stelle auf dem Gute seines Herrn Vaters, an welcher, nach seiner Wahrnehmung, öfter viele Urnenscherben und allerlei Geräthe gefunden seien. Die Stelle sei an einem Bache ein Sandhügel, der von einigen Dorfbewohnern als Sandgrube benutzt werde; die Urnenscherben, die er gesehen habe, seien schwarz, mit Punktreihen verziert, und das Geräth sei vorherrschend aus Eisen. - Nach diesen Angaben und andern hinzugefügten genauem Beschreibungen mußte diese Begräbnißstätte zu der Classe der sogenannten Wendenkirchhöfe gehören, welche im Friderico-Francisceum, S. 81-100, und den Andeutungen, S. 18-24 (als Slavengräber) beschrieben und erläutert sind. - Eine Anfrage bei dem Herrn von Bülow auf Camin hatte den günstigsten Erfolg, indem derselbe höchst freundlich und bereitwillig jede Unterstützung verhieß und die nöthigen Vorkehrungen anordnete. Der Hauslehrer desselben, Herr Armbrust, stellte auf Wunsch des Herrn v. Bülow Erkundigungen an und berichtete, daß die Urnen nicht tief unter der Erdoberfläche ständen und, weil an der Stelle viel Sand gegraben werde, viele Urnen theils unvorsichtiger, theils muthwilliger Weise zerstört seien; auch hatten sich die Hirtenknaben oft ein Vergnügen daraus gemacht, "diese Töpfe auszupurren" und zu zertrümmern. Nach der Aussage des Dorfschulmeisters seien auch häufig allerlei Geräthschaften an der Begräbnißstelle gefunden, unter andern Gegenständen z. B. ein "Pokal von Erz", eine Streitaxt, die der Dorfschmied noch lange als Holzaxt benutzt habe, zwei Speere und ein kurzes Schwert von Eisen, welches Alles der Schmied aber zu Hufeisen verschmiedet habe. - Alle diese


1) In der großherzoglichen Alterthümersammlung zu Neustrelitz befindet sich eine Kupfermünze vom IMP. COVSTANTINVS. AVG., welche in einer Urne gefunden ist.
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Umstände sind leider Wiederholungen der Ereignisse, welche auch den Kirchhof auf der Mooster (Frid. Franc. S. 97 flgd.) trafen. - Nachdem nun Alles zu den Ohren der Gutsherrschaft gekommen war, ward die Stelle unter besondere Aufsicht derselben gestellt und jede Berührung des Kirchhofs untersagt. Auch ward der angegrabene Rand desselben untersucht, um zu retten, was nahe zu Tage stand; was sich bei dieser vorläufigen Untersuchung fand, hatte der Herr von Bülow auf Camin die Güte an den Verein einzusenden.

Der Fund zeigte eine überraschende Wiederholung dessen, was auf ähnlichen Wendenkirchhöfen zu Kothendorff und Gägelow (Frid. Franc. S. 89 u. 96) beobachtet war. Es fand sich nämlich:

1) eine schwarze Urne mit Menschengebeinen gefüllt; leider war sie zertrümmert, jedoch haben sich die Fragmente zu einer vollständigen Hälfte zusammensetzen lassen. Es ist eine jener Urnen, welche die Wendenkirchhöfe vor allen andern auszeichnen. Die Urne ist derjenigen völlig gleich, welche zu Gägelow gefunden wurde und Frid. Franc. XXXIV, Fig. 7 abgebildet ist, und der zu Kothendorff gefundenen, Fig. 6, äußerst ähnlich. Sie ist nicht hoch (6 Zoll), oben weit geöffnet (9 Z.), bauchig (von 11 Z. Bauchweite), nach unten spitz zulaufend (3 Z. in der Basis). Sie ist, wenn auch mit feinerm Kiessande durchknetet, doch von feinerer Masse und tief schwärz mit Asphalt überzogen, aus welchem an ausgesprungenen Stellen hin und wieder kleine Glimmerpünktchen hervorscheinen. Sie ist auch ganz wie die gägelower Urne verziert, nämlich mit Linien aus Reihen kleiner, scharfer, quadratischer Punkte, welche mit einem gezahnten Rade eingedrückt sind; es laufen immer zwei Linien neben einander, jedoch nicht von einem doppelten Rade. Die Verzierungen sind auf dem obern Theile in rechten Winkeln gebrochen, am Bauche zu Dreiecken gestaltet, welche mit der Spitze nach unten gerichtet sind, und im untern Theile zu senkrechten parallelen Linien gerichtet, überhaupt so wie bei der gägelower Urne, nur daß die Dreiecke mit Puncten gefüllt sind und die senkrechten Striche näher an einander stehen. Außerdem hatte die Urne einen zu beiden Seiten eingedrückten Knopf. - Die Urne war mit zersprungenen Menschengebeinen gefüllt; Reste des Schädels waren dick und zeigten groß und scharf gezahnte Näthe, welche gewöhnlich aus einander getrieben waren. - Unter den Knochen fand sich eine kleine, einfache Pincette aus Eisen, 2 1/4" lang und 1/2" bis 3/4" breit, am offenen Ende jedoch zusammengenietet, in Ueberein=

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stimmung mit den räthselhaften bronzenen Geräthen in den Wendenkirchhöfen, welche Frid. Franc. Tab. XXXIII, Fig. 12 und 13 abgebildet sind, und eine am Anfange zu einem Oehr umgebogene Nadel ans Eisen, 3 3/4" lang. Auch lag zwischen den Knochen ein rundes Stück eines weißlichen, sehr porösen Feuersteins.

Ferner fanden sich

2) die Fragmente einer braunen Urne, ungefähr von der Gestalt, wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 4 und 5, mit den Verzierungen des gezahnten Rades versehen,

3) ein Fragment einer braunen Urne, mit denVerzierungen des gezahnten Rades versehen, nur daß die kleinen Quadrate hier viel größer sind und die Reihen, vierfach neben einander, mit Einem Rade eingedrückt zu sein scheinen,

4) die Fragmente einer braunen Urne, mit eingegrabenen Linien verziert, und

5) der größere Theil einer grobkörnigen, nicht verzierten Urne, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 2, welche ein kleines Oehr gehabt hat.


In Folge dieser vorläufigen Nachrichten und fortgesetzter weiterer Forschungen stand die Auffindung eines größern Urnenlagers zu vermuthen. Der Herr von Bülow auf Camin kam dem Verein höchst freundlich entgegen und gestattete nicht allein die Aufgrabung der fraglichen Stelle, sondern gewährte auch gastlich alle nöthigen Unterstützungen und Kosten der Aufgrabung, die Fuhren leistend, Arbeiter stellend u. s. w. Der erste Secretär des Vereins, Archivar Lisch, begab sich nach Camin; der Herr Kammer= und Jagd=Junker von Bülow, Sohn des Gutsherrn und Mitglied des Vereins, hatte sich auch eingefunden; und so begann mit einigen sorgsamen Gehülfen und den nöthigen Arbeitern am 17ten Junius d. J. die Aufgrabung, in theilnehmender häufiger Gegenwart vieler Zeugen aus der Nähe und Ferne.

Der Ort, wo die Aufgrabung vorgenommen ward, war das Ende eines Ackerstücks vor dem Hofe Camin, seitwärts von dem Dorfe und der Kirche, rechts in dem Kniee des Weges von Camin nach Kogel, dort wo der Weg nach Vitow abgeht. Die erste sichere Beobachtung war, daß die Urnen in den ursprünglichen, natürlichen Erdboden eingegraben waren; das Ackerstück war völlig eben und von der Aufwerfung eines Hügels war keine Spur vorhanden. Die Fläche ist ebener, kiesiger Roggenboden, läuft vom Hofe ohne Unterbrechung bis

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in die Biegung des genannten Weges und fällt hier, parallel mit dem Wege nach Kogel, in einen mehr sandigen Abhang ab, an dessen Fuß der Abfluß einer nahen krystallhellen Quelle strömt, die sich an dem Kreuzwege in den Bach ergießt. An diesem Abhange, der sich ungefähr 6 bis 10' über den Quellabfluß erheben mag, waren seit Menschengedenken von Hirtenknaben und Ackerleuten oft Urnen und Urnenscherben gefunden, die aber immer verloren gegangen waren. An diesem Abhange ward landeinwärts die Aufgrabung vorgenommen.

Ehe die Beschreibung der einzelnen Funde vorgenommen wird, mag es passend sein, die allgemeinen Beobachtungen voraufzuschicken. Die Grabstätte erstreckte sich an 150 bis 200' längs des Quellabflusses parallel mit dem Wege nach Kogel. Es war ein Kirchhof [ein Wendenkirchhof 1 )], in den die Urnen mit ihrem Inhalt eingegraben waren. Die Zahl der Urnen, welche in einigen Tagen enthüllt wurden, betrug weit über zwei hundert; eine sehr bedeutende Anzahl mag früher ausgegraben und untergegangen sein; viele mögen noch in dem Boden stehen, obgleich sie im Verlaufe der Arbeit sich seltener zeigten. Die Urnen waren alle ohne Deckel und waren ohne irgend eine Umhüllung in die Erde eingesetzt; tiefer landeinwärts fanden sich unter der großen Anzahl ungefähr zwölf, welche mit einem Steine bedeckt waren. Die Urnen standen in der ganzen Ausdehnung des Begräbnißplatzes in langen Reihen, deren drei bei der Aufgrabung beobachtet wurden. Außerdem standen zwei Schichten von Urnen über einander: die untere Lage mochte 1 bis 2 Fuß tief stehen, die obere stand unmittelbar unter der Erdoberfläche. Die obere Urnenschicht war durch den Pflug gänzlich zerstört, die Urnen waren zusammengeklappt, umgekehrt u. s. w., und boten für den Augenblick oft die auffallendsten Erscheinungen. Diese Schicht stand unmittelbar auf der untern, so daß es zuweilen den Anschein haben konnte, als seien Urnen in einander gestellt, was jedoch nie der Fall war. Die untere Schicht stand klar in der Erde; die meisten Urnen waren jedoch durch die Decksteine oder durch den Druck der Erde zerborsten, so daß mit der größten Mühe und Sorgfalt nur ungefähr 12 ganze oder halbe Urnen aus dem feuchten Boden gerettet wurden;


1) Reichhaltige Wendenkirchhöfe in Meklenburg sind bisher vorzüglich nur südlich und parallel von der Landstraße von Schwerin nach Wittenburg, am nördlichen Rande der Jabelhaide entdeckt, so zu Kothendorff, Presek, Camin; von einem andern, früher zerstörten zu Parum erzählten Arbeiter; im Anfange des vorigen Jahrh. wurden zu Körchow schwarze Urnen und Silber ausgegraben.
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die Masse der Scherben ist unglaublich groß. Der Druck der Erdschicht war so groß gewesen, daß z. B. kleine Feuersteine von 1 Zoll Durchmesser von innen durch die Urnenwände gedrängt waren und die Urnen zersprengt und durchlöchert hatten. In den einzelnen Reihen und Schichten standen die Urnen wieder gruppenweise oder nesterweise zusammen, oft zwei oder drei dicht neben einander und in der Nähe wieder mehrere kleinere Gruppen. Eine gefundene Urne war ein sicheres Zeichen, daß in der Nähe noch mehr standen. Jede Urne war sicher wenigstens ein Begräbniß; aber es ging daraus, daß die unbestreitbar zusammengehörende Mitgabe bei Einem Begräbniß in zwei Urnen vertheilt war, unleugbar hervor, daß in einzelnen Fällen mehrere Urnen zu Einem Begräbnisse verwandt wurden. Oft stand auch dicht neben der Urne mit dem Hauptinhalte eine andere, welche nur wenig Gebeine und fast lauter Sand mit Asche enthielt; einige Urnen schienen ganz leer neben gefüllten beigesetzt worden zu sein und enthielten nur Sand.

Die Urnen waren an Gestalt, Verzierung und Farbe denen völlig gleich, welche in andern Wendenkirchhöfen, wie z. B. bei Kothendorff, Gägelow, etc. . und vorzüglich in der Altmark gefunden und wie sie im Friderico-Francisceum Tab. XXXIV abgebildet sind; namentlich waren sie den dort Fig. 6 bis 8 abgebildeten gleich: nicht sehr hoch, oben weit geöffnet und nach unten spitz zulaufend. Fast alle hatten kleine Henkelchen und Knötchen; jedoch war nur ein Henkel so groß, daß man einen Finger hindurchstecken konnte. Fast alle trugen jene Verzierungen, welche mit ausgezahnten Rädern eingedrückt sind; nicht verzierte Urnen wurden nur sehr wenige gefunden, mit eingegrabenen Strichen verzierte Urnen waren höchst selten. Bei weitem die meisten der Hunderte von Urnen, gewiß die Hälfte, waren glänzend und tief schwarz mit Asphalt überzogen, durch welchen jedoch Glimmerblättchen hindurchschienen; die übrigen waren dunkelbraun; nur eine einzige fand sich von rothbrauner Farbe. Kleine Urnen waren höchst selten; anders geformte Gefäße waren gar nicht vorhanden. Ein glücklicher Zufall hat es gewollt, daß fast alle, von den verzierten schwarzen Urnen durch Gestalt, Verzierung und Farbe abweichenden Gefäße, wenn auch nur zum Theil, gerettet sind; dagegen sind von den schwarzen Urnen nur wenige erhalten.

Der Inhalt der Urnen bestätigte vollkommen die in den "Andeutungen" aufgestellten Ansichten. Gegenstände von Metall wurden in ungefähr 60 Urnen entdeckt. Vorherrschend

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war Eisen; aus Eisen waren Schildnabel, Schwerter, Spieße, Beile, Schaafscheeren, Sicheln, Messer, Spangen, Hefteln u. dgl. - Bronze fand sich selten und nur in einzelnen Gegenständen, vorzüglich hin und wieder in einer Heftel, wie sie so häufig in den Wendenkirchhöfen vorkommen und Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 13 dargestellt sind; auch fand sich einige Male Eisen auf Bronze, namentlich in den Schildverzierungen und Schildnieten. - An edlem Metall fand sich nur ein silberner Haken an einem Armbande aus Bronze; Gold kam nicht vor. - Gegenstände aus Stein fehlten gänzlich; jedoch war es auffallend, daß besonders geformte längliche Feuersteine häufig und nur in den Urnen gefunden wurden, wenn sich auch nicht leugnen läßt, daß der Boden, in dem die Urnen standen, steinig war und die Steine durch Zufall in die Urnen gekommen sein können. Dicht neben einer Urne lagen lange Stücke von versteinertem Holz; dagegen fanden sich in Urnen nahe dabei Hefte von weichem, wohl erhaltenem Holze an eisernen Messern. - Glas ward gar nicht entdeckt.

Es folgt hier die Beschreibung der Alterthümer, wie sie in einzelnen Urnen gefunden sind; von den Urnen, in welchen Alterthümer gefunden wurden, ist keine erhalten. Die laufenden Zahlen bezeichnen die verschiedenen Urnen, welche an ihrem Standorte ausgeleert sind:

1.

Die größte Ausbeute gewährten zwei schwarze, verzierte Urnen, ungefähr in der Mitte des Begräbnißplatzes, welche dicht neben einander standen. Sie waren die größten, welche entdeckt wurden: sie hatten ungefähr 13" Durchmesser im Rande, 15" Durchmesser im Bauche und 10" Höhe. Die Alterthümer, welche in beide Urnen vertheilt waren, gehörten offenbar zusammen, da von manchem zusammengehörenden ein Stück in jeder Urne lag. Die Gegenstände waren folgende (nach jeder Urne classificirt):

a. in der einen Urne:

die eisernen Beschläge eines Schildes, ganz wie sie zu Kothendorff gefunden und im Frid. Franc. Tab. IX abgebildet sind, und zwar: ein Schildnabel von Eisen, drei kleinere eiserne Schildbuckel als Spitzen auf Bronzeheften, wie Frid. Franc. Fig. 1 b , ein ganz eiserner Buckel als Spitze auf eisernem Hefte, eine eiserne Schildfessel, ungefähr 10" lang, mit eisernen, geknöpften Nieten an beiden Enden;

eine Speerspitze von Eisen mit Schaftloch;

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eine Speerspitze von Eisen mit Schaftzungen und abstehenden Lappen;

eine Schaafscheere von Eisen, ganz den heutigen ähnlich (die erste, welche in Meklenburg beobachtet ist; in der Altmark und in der Prignitz sind Schaafscheeren häufiger gefunden);

eine Sichel von Eisen (dies sind dünne halbmondförmige Messer, nach dem Ende hin spitz auslaufend, ungefähr 4" lang in der Sehne des Bogens und 1' bis 1 1/2" breit im Blech; diese Messer wurden zu Camin häufig gefunden und zeigen in einigen gut erhaltenen Exemplaren offenbar eine Sichel);

ein sichelförmiges Messer von Eisen mit einem Oehr an einem Ende;

ein kleiner runder Beschlag von Bronze von der Größe eines Pfennigs mit zwei bronzenen Nieten;

eine runde Schnalle von Eisen, an eine Schildspitze angerostet;

b. in der zweiten Urne:

ein Messer von Eisen mit gradem Rücken und Spitze, mit Resten eines hölzernen Griffes;

eine Sichel von Eisen;

die Spiralwindung einer Heftel von Bronze;

ein Stift von Bronze mit gespaltenem und wieder zusammengenietem Ende, - räthselhafte Instrumente, wie sie sich in Wendenkirchhöfen häufig finden (vgl. Frid. Franc. Tab. XXXIII, Fig. 12 u. 13).

2.

in einer schwarzen Urne:

vier Schildbuckel oder Spitzen ganz von Eisen;

eine Schildfessel von Eisen;

ein Schwert von Eisen; dieses Schwert ist in vier Enden zusammengebogen, ganz wie Frid. Franc. Tab. XV, Fig. 5, welches zu Kothendorff gefunden ist; es ist ungefähr 20" lang in der Klinge und ungefähr 1 1/2" breit, allmälig sich zuspitzend; es ist dünne im Eisen; ob es einschneidig oder zweischneidig war, ist nicht zu erkennen; das Heft ist 5" lang und vierseitig;

eine Sichel von Eisen;

ein kleines Messer von Eisen;

eine runde Schnalle von Eisen;

mehrere Ringe, Stifte und Beschläge von Eisen;

eine zierliche Heftel von Bronze, von der gewöhnlichen Art;

ein Beschlag von zwei kurzen, schmalen Bronzestreifen mit zwei bronzenen Nieten.

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3.

in einer schwarzen Urne:

eine breite Speerspitze von Eisen mit Schaftloch, 8" lang und gegen 2 1/2" breit in der größten Breite, als seltene Ausnahme wenig von Rost angegriffen.

4.

in einer braunen Urne:

ein Beil oder eine Streitaxt von Eisen, 5" lang, 2 1/4" breit in der Schneide und 1" breit am Schaftloch, wie das bei Kothendorff gefundene Beil (Frid. Franc. Tab. VII. Fig. 4); das Schaftloch ist elliptisch und 1 1/2" lang; 1 ) ein Messer von Eisen;

eine viereckige Schnalle von Eisen, an einem kurzen Streifen Eisenblech sitzend.

5.

in einer schwarzen Urne:

vier eiserne Schildspitzen oder Buckel auf bronzenen Nietheften;
eine eiserne Schildfessel mit bronzenem Endbeschlag.

6.

in einer braunen Urne:

eine kleine Sichel von Eisen;
ein Messer von Eisen;
eine dünne Stange von Eisen (ein Wetzeisen?) in einem eisernen Ringe hangend;
eine Heftel von Eisen.

7.

in einer schwarzen Urne:

ein Armring aus Bronze, ungefähr 4" im Durchmesser, aus dünnem, rundem Bronzedrath, welcher ungefähr 1/8" dick ist; die Enden sind zu Oehren umgebogen, durch welche ein doppelter Schließhaken von Silber geht, - das einzige Beispiel von edlem Metall in diesem Begräbnißplatze.

8.

in einer schwarzen Urne:

eine Sichel von Eisen;
ein Messer von Eisen mit wohl erhaltenem hölzernem Griffe;


1) Ein eisernes Beil und ein "Becher" (wahrscheinlich ein Schildnabel) wurden schon früher am Abhange des Begräbnißplatzes gefunden und von dem Schmied zu Camin heimlich zu Hufeisen verschmiedet, vgl. S. 53.
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eine Heftel von Eisen und
ein eiserner Schnallenring, beide zusammengerostet;
ein feinkörniger grauer Sandstein in Form eines kleinen Schleifsteins;
ein regelmäßiger bohnenförmiger kleiner Kiesel.

9.

in einer schwarzen, schön verzierten Urne:

eine Sichel von Eisen;
eine runde Schnalle von Eisen;
eine runde braune Kugel von Teig oder Harz oder dgl.

10.

in einer braunen Urne:

Bruchstücke eines Messers von Eisen;
eine Schnalle von Eisen;
eine Heftel von Eisen.

11.

in einer schwarzen Urne:

ein Messer von Eisen;
eine Heftel von Bronze.

12.

in einer schwarzen Urne:

eine Heftel von Bronze;

13.

eine schwarze Urne, deren Boden auf der Außenseite verziert ist; die Verzierung bildet ein rechtwinkliges Kreuz, von dessen Balkenenden fächerförmig Linien wie Strahlen auslaufen; außer dieser Urne fand sich noch eine mit einem eben so verzierten Boden; - in der Urne

ein schmales, zierliches Messer von Eisen.

14.

in einer schwarzen Urne:

eine Sichel von Eisen.

15.

in einer schwarzen Urne:

eine Schaafscheere von Eisen, ganz wie die heute gebräuchlichen und wie die in der Urne Nr. 1 gefundene, nur kleiner, 8" lang.

16.

in einer schwarzen Urne:

ein Stift von Bronze in Gestalt eines vollkommenen Cylinders, 2 1/4" lang und 3/16" dick, mit Ansatz von edlem Rost, ganz unbestimmten Gebrauchs.

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17.

in einer braunrothen, mit Strichen verzierten Urne:

ein Ring von Eisen, zur Hälfte vorhanden, wohl Rest einer Schnalle.

18.

in einer schwarzen Urne:

das Fragment eines eisernen Geräths, unkenntlich.

19.

in einer braunen Urne:

Fragment eines Schwertes von Eisen.

20.

in einer schwarzen Urne:

eine sehr schmale Heftel von Bronze.

21.

in einer schwarzen Urne:

Fragmente einer Sichel und eines Stiels von Eisen.

22.

in einer schwarzen Urne:

eine Sichel von Eisen, zur Hälfte vorhanden;
ein hölzerner Messerstiel;
ein hohler, kurzer Beschlag von Eisen;
ein Schildbuckel von Eisen.

(Da sich gewöhnlich, wie auch in den Urnen Nr. 1, 2 und 5 vier Schildspitzen zusammenfinden, so ist es wahrscheinlich, daß diese Urne zu einer andern gehörte, welche den übrigen Theil des Schildes barg, so daß auch hier höchst wahrscheinlich die Bestattung in zwei Urnen bewerkstelligt war.)

23.

in einer braunen Urne:

eine Sichel von Eisen.

24.

in einer schwarzen Urne:

eine viereckige Schnalle von Eisen.

25.

in einer schwarzen Urne:

eine Sichel von Eisen.

26.

in einer großen braunen Urne:

eine viereckige Schnalle von Eisen.

27.

in einer schwarzen Urne:

ein Messer von Eisen mit Resten des hölzernen Griffes;

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ein Fragment eines eisernen Stiels;
eine breite Heftel von Bronze.

28.

in einer schwarzbraunen Urne:

ein eisernes Messer mit hölzernem Griff;
die Hälfte eines eisernen Ringes.

29.

in einer schwarzen Urne:

eine Heftel von Eisen.

30.

in einer braunen Urne:

eine Sichel von Eisen.

31.

in einer kleinen schwarzbraunen Urne mit einem hohlen Fuße:

eine runde Schnalle von Bronze;
ein rätselhafter Stift von Bronze, wie in der Urne 1 b.

32.

in einer schwarzen Urne:

ein Messer von Eisen mit Resten eines hölzernen Griffes;
eine dünne eiserne Stange, viereckig, mit Resten eines hölzernen Griffes (Wetzeisen?).

33.

in einer braunen Urne:

ein kleines eisernes Messer mit hölzernem Griffe;
eine dünne eiserne Stange mit Resten eines hölzernen Griffes (vgl. Nr. 32).;
eine kleine Sichel von Eisen, in der Sehne 2 1/2" messend;
ein Schnallenring von Eisen.

34.

in einer schwarzen Urne:

Fragmente einer eisernen Sichel;
eine kleine Heftel von Bronze.

35.

in einer schwarzen Urne:

ein Fragment eines eisernen Messers.

36.

in einer braunen Urne:

ein Messer von Eisen.

37.

in einer schwarzbraunen Urne:

eine runde Schnalle von Eisen.

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38.

in einer braunen Urne:

ein dünner eiserner Stift mit hölzernem Griffe (Wetzeisen?);
ein eiserner Schnallenring.

39.

in einer braunen Urne:

ein eisernes Messer mit hölzernem Griff;
eine eiserne Schnalle.

40.

in einer schwarzen Urne:

ein eisernes Messer mit Spuren eines hölzernen Griffes;
ein eiserner Stift mit Spuren eines hölzernen Griffes;
eine runde Schnalle von Eisen.

41.

in einer schwarzen Urne:

Reste eines eisernen Messers.

42.

in einer schwarzen Urne:

Reste eines eisernen Messers.

43.

in einer braunen, mit Strichen verzierten Urne:

eine Sichel von Eisen.

44.

in einer schwarzen Urne:

eine Schnalle von Eisen.

45.

in einer braunen Urne:

Eisenstücke, anscheinend von einem Messer.

46.

in einer schwarzen Urne:

ein Bruchstück einer eisernen Messerklinge.

47.

in einer schwarz=braunen Urne:

eine Schnalle von Eisen.

48.

in einer schwarzen Urne:

ein Messer von Eisen mit Resten eines hölzernen Griffes.

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49.

in einer schwarzen Urne:

ein Klumpen festen Eisenrostes, wie er sich in vielen andern Urnen in erdartigem Zustande fand.

50.

in einer braunen Urne:

ein Klumpen festen Eisenrostes, wie in der Urne Nr. 49.

51.

in einer schwarzen Urne:

ein Stück dünnes Kupferblech, verbogen, 3" lang und 2" breit, auch in den Rändern oxydirt, von unregelmäßiger Form, ohne Spuren seiner Bestimmung.

In einigen Urnen fanden sich neben Alterthümern von Metall oder allein auch auffallend geformte Feuersteine; zwar können sie bei Sammlung der Asche durch Zufall aus dem kiesigen Boden in die Urnen gekommen sein, aber alle haben ungefähr dieselbe Gestalt von Natur oder sind durch Menschenhände dahin gebracht, so daß eine besondere Bedeutung dieser Steine bei ihrem öftern Vorkommen wohl kaum zu bezweifeln steht.

52.

in einer schwarzen Urne:

eine eiserne Stange (Wetzeisen?) mit Resten eines hölzernen Griffes;
ein von Natur keilförmig gestalteter Feuerstein, 2 1/2" lang.

53.

in einer schwarzen Urne:

eine Heftel von Eisen;
ein dreiseitig geschlagener Feuerstein, 3" lang und 1 1/2 " breit.

54.

in einer braunen Urne:

ein regelmäßig geschlagener Feuerstein, wie die spanförmigen Messer aus den Hünengräbern, 1 3/4" lang und 3/4" breit.

55.

in einer braunen, nicht verzierten Urne:

ein dreiseitiger Feuerstein, an zwei Seiten regelmäßig geschlagen, wie geschnitten, an der dritten Seite von Natur abgerundet, 2 1/2" lang und 1 1/4 " breit.

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56.

in einer schwarzen Urne:

ein keilförmiger Feuerstein, an einer Seite regelmäßig eben geschlagen, 3" lang und 1 1/4" breit.

57.

in einer schwarzen Urne:

ein lanzenförmiger Feuerstein, 3" lang, roh.

58.

in einer schwarzen Urne:

ein lanzenförmiger Feuerstein, 3 1/2" lang, roh.

59.

in einer schwarzen Urne:

ein von Natur regelmäßig gerundeter Feuerstein, ungefähr 1 1/4" im Durchmesser.

60.

unmittelbar neben einer schwarzbraunen Urne lagen Stücke von hellklingendem, weißgelbem, versteinertem Holze (dem Anschein nach Büchenholz).

Dies sind die, in dem caminer Wendenkirchhofe gefundenen Alterthümer. Von den Urnen, in welchen sich dieselben befanden, konnten keine gerettet werden. Dagegen wurden mehrere Urnen, wenigstens zur Hälfte im Längendurchschnitt, ans Tageslicht gebracht, welche keine Alterthümer enthielten. Alle diese Urnen sind nicht hoch, dagegen weit, gebaucht, oben weit geöffnet und nach unten spitz zulaufend. Es sind folgende:

61.

eine große Urne, dunkelschwarz mit Asphalt überzogen, und mit einem Zahnrade verziert, 7 1/2" hoch, 12" im Durchmesser im Rande der Oeffnung, 14" im Bauche und 4 1/2" in der Basis im Durchmesser haltend, mit einem Knötchen statt eines Henkels; an einer Seite hat Eisenrost von Alterthümern, welche in einer unmittelbar daneben stehenden Urne lagen, eine Stelle mürbe gefressen und ein Loch eingestoßen; auch in der Urne sind Eisenrostflecke; die Urne ist ungefähr, wie die Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 6.

62.

eine Urne derselben Art und Größe, nur daß aus dem Asphaltüberzuge goldfarbige Glimmerfünkchen durchschimmern; statt des Knötchens hat sie am Rande einen kleinen Henkel; über den vom Rande nach dem Boden laufenden perpendikulären, eingedrückten Punktlinien liegt zwischen jeder

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ersten und dritten Linie über der mittlern ein Andreaskreuz aus gleichen Linienverzierungen; es ist ungefähr 1/5 ausgebrochen.

63.

eine schöne geformte Urne, wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 1, ohne Verzierungen, schwarz mit Asphalt überzogen, durch welchen Glimmerfünkchen durchbrechen, 7 1/2" hoch, 9 1/2" im Rande, 13" im Bauche, 3" in der Basis im Durchmesser haltend; am Rande sitzt ein kleiner Henkel und und unter demselben stehen drei Knötchen, welche durch eingedrückte Punktreihen eines Zahnrades von einander getrennt sind; es fehlen vier kleine Stücke im Bauche.

64.

eine kleinere, verzierte, schwarze Urne, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 7, mit Glimmerfünkchen, welche hie und da aus dem Asphaltüberzuge hervorbrechen, mit einem Knötchen, 6 1/2" hoch, 9 1/2" im Rande, 12" im Bauche, 4" in der Basis im Durchmesser, ungefähr zu 2/3 vorhanden.

65.

eine kleinere, niedrige und weite Urne, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 8, glänzend schwarz von Asphalt, mit durchscheinenden Glimmerfünkchen, mit sehr feinen Punkten verziert, 5 1/2" hoch, 8 1/2" im Rande, 10 1/2" im Bauche, 3 1/2" in der Basis im Durchmesser, ungefähr zur Hälfte vorhanden.

66.

eine kleine, hohe und enge Urne, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 9, jedoch sehr reich mit Punktlinien verziert, schwarz mit Asphalt überzogen, mit feinen, spärlichen, durchbrechenden Glimmerfünkchen, 7" hoch, 7" im Rande, 10" im Bauche, welcher hoch am Rande über dem schlanken Untertheil sitzt, und 3 1/4" in der Basis im Durchmesser, ungefähr zu 3/4 vorhanden.

67.

eine ganz kleine, mit Punktreihen verzierte, dunkelbraune Urne ohne Henkel und Knötchen, 5" hoch, 6 1/2" im Rande, 8" im Bauche, ungefähr 3" in der Basis; im Boden und Bauche fehlt ungefähr 1/5.

68.

eine große, weit geöffnete Urne, ungefähr wie Frid. Franc. Tab. XXXIV, Fig. 6, braun, ohne Ueberzug, reich mit Punkten verziert, mit einem kleinen Henkel am Rande, 7" hoch, 11 1/2" im Rande, 13 " im Bauche, 2 1/2" in der Basis im Durchmesser haltend; es fehlt ungefähr 1/5.

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69.

eine große, braune, mit Punktreihen verzierte Urne, ohne Henkel und Knöpfe, 8" hoch, 10 1/4" im Rande, 13" im Bauche, 4 1/2" im Boden, in zwei Hälften vollständig vorhanden.

70.

eine gleiche Urne, 8 " hoch, 11" im Rande, 13 " im Bauche, 4 1/2" in der Basis, bis auf wenige Stücke vollständig.

71.

eine niedrigere, weit geöffnete, mit Punkten reich verzierte, braune Urne, mit einem Knopfe, zur Hälfte vorhanden, ungefähr 6" hoch, 9 1/2" im Rande, 12" im Bauche.

72.

eine ähnliche, anders verzierte Urne, zu 1/3 vorhanden, ungefähr 6 1/2" hoch, 9" im Rande, 12" im Bauche.

73.

eine mit weit auseinander stehenden Punkten in Linien verzierte braune Urne, 5 1/2" hoch, 8" weit im Rande, 10" im Bauche, 3" in der Basis, zur Hälfte vorhanden; der fast ganz vorhandene Boden ist mit einem Kreuze verziert.

Von ungefähr 90 andern Urnen sind in Beziehung auf Masse, Farbe und Verzierung und mitunter auch auf Form hinreichend bezeichnende Stücke von Urnen aller Art gerettet; eine vielleicht eben so große Zahl, namentlich schwarzer, Urnen ward völlig zertrümmert gefunden. Vorherrschend sind Urnenstücke mit Punktreihen verziert; alle andern Urnen waren seltene Erscheinungen. Zu den seltenen Urnen gehören drei, von denen auf der ganzen Oberfläche des Bauches die eine mit einem Instrumente in dicht stehenden Rillen zerkratzt, die zweite mit einem Schneidewerkzeuge abgeschabt, die dritte, wie mit einem scharfen Tuche, rauh abgerieben ist. Wahrscheinlich sind diese Urnen nicht vollendet, indem die Urnen der Wendenkirchhöfe offenbar einer mehrfachen Behandlung bedurften: zuerst mußten sie, wegen des eingemengten häufigen Kiessandes, in der Hauptmasse gedreht werden; dann wurden sie von innen und außen auf der rauhen Oberfläche nach der ersten Bearbeitung mit einem dünnen Ueberzuge von reinem Thon, und endlich mit Verzierungen und Asphaltüberzug versehen; die rauhe Oberfläche aus der ersten Bearbeitung diente dann zum Festhalten der folgenden Ueberzüge. Der Gebrauch der Töpferscheibe scheint bei den Urnen in den Wendenkirchhöfen, bei ihrer hohen Vollendung, außer Zweifel zu sein. - Außerdem

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sendet sich unter den Scherben noch ein runder, hoher Fuß und der oben beschriebene Boden einer Urne mit dem Kreuze mit fächerförmig gestalteten Balkenenden. Als Seltenheit verdient bemerkt zu werden, daß der flache Boden einer schwarzen Urne eine Dicke von 3/4" hat.

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Zweiter Begräbnißplatz von Camin bei Wittenburg.

Nicht weit von dem großen Begräbnißplatze, jenseit des Quellenabflusses, ist eine zweite Begräbnißstelle, an welcher zuweilen Urnenscherben gefunden sind. Endlich ward vor kurzem auch eine ziemlich wohl erhaltene, weitgeöffnete, mit Streifen verzierte, braune Urne daselbst gefunden und in derselben eine eiserne Heftel, welche der Rost nicht angegriffen hat, weil der Boden hier mehr reiner Sand ist. Beide Stücke sind der Sammlung des Vereins einverleibt.

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Wendische 1 ) Begräbnißurne von Malchin,  No. 1.

In dem sogenannten "Hainholze" bei Malchin ward im Sommer 1836 bei Aufräumung des Weges von Malchin nach Basedow im Sande eine mit einem Steine zugedeckte Graburne gefunden, welche der Herr Geheime Hofrath Lüders zu Malchin ganz in dem Zustande, wie sie gefunden war, an den Verein einsandte. Dem Herrn Archivar Lisch verdankt der Bericht die folgende ausführliche Beschreibung und Erörterung dieses interessanten Gefäßes und seines Inhalts.

Die Urne ist 7" hoch, 10" weit im Bauch, 7 1/2" weit im Rande, 3 1/2" im Durchmesser in der Basis. Sie besteht aus Thon, der im Innern stark mit Kiessand vermengt ist; im Aeußern ist die Urne glatt, von brauner Farbe, mit Glimmerpünktchen. Der obere Theil der Urne ist mit Strichen verziert, welche aus freier Hand eingegraben sind. Die Hauptverzierung besteht aus den bekannten Zickzacklinien. Der Inhalt der Urne war bei der Ueberlieferung noch nicht angerührt; die Urne war völlig mit angebrannten, zersprungenen Knochen und Sand gefüllt; fast die Hälfte war Sand. Das Ganze war fest verpackt und mit Pflanzenwurzeln durchwachsen. - Eine Entleerung gab interessante Resultate; die Knochen waren sehr fein, die Schädelknochen sehr dünne, zwei Zähne sehr klein. Unter den Knochen fand sich


1) Zum Unterschiede von dem bei Malchin aufgefundenen germanischen Grabe, dessen Inhalt Jahresber. I. S. 13 beschrieben ist.
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1) ein Würfel oder Spindelstein aus graubraunem feinem Sandstein oder gebranntem Thon, mit Verzierungen am äußern Rande: in der Mitte ein herumgehender Reif und zu beiden Seiten quer laufende Striche;

2) fünf Fragmente eines Kammes von feinem Knochen, in der Form wie Frid. Franc. XXXI, Fig. 5, nur kleiner, mit Nietlöchern, in deren einem ein eisernes Niet steckt, welches stark an ein Schädelfragment gerostet ist;

3) neun Fragmente von weiß calcinirten feinen Knochen= oder Elfenbeinplatten mit höchst regelmäßigen, feinen, eingepreßten Zickzackverzierungen; die Stücke geben einen weißen Strich, wie seine weiße Kreide; die Textur zeigt augenscheinlich ein Knochengebilde. Ein Nietloch, wie an den Fragmenten des Kammes, deutet daraus hin, daß diese Fragmente, welche sich nur durch die Feinheit und Verzierungen von denen sub 2 unterscheiden, ebenfalls einen Kamm gebildet haben;

4) Fragmente einer kleinen Heftel, nämlich: der um die Stange gewundene Spiraldrath aus Bronze und ein Stück einer Nadel aus Eisen, beides an ein Schädelfragment gerostet;

5) drei Stücke braunen Harzes, wie Stücke von Mumien, welche am Licht hell brannten und dann Wohlgeruch von sich gaben.

Nach den Gebeinen und den Geräthschaften möchte diese Urne wohl die Ueberreste eines jungen Frauenzimmers bergen: nach allem ist dies mehr als wahrscheinlich; dann erhielte das vielbesprochene Werkzeug des Spindelsteins hier allerdings seine Bedeutung.

Die Graburne von Malchin hat ein vielseitiges Interesse.

Zuerst ist es im hohen Grade merkwürdig, daß bei Cheine in der Altmark im J. 1825 ein völlig ähnlicher Fund gemacht ward. Hier bei Cheine war ein sogenannter Wendenkirchhof 1 entdeckt; dicht unter der Erde, ohne Hügelaufwurf, standen die Urnen zahlreich auf platten Steinen neben einander: alle sind weitbauchig und weit geöffnet, mit Linearverzierungen. Vorzüglich ist für uns eine Urne merkwürdig, weil sie fast denselben Inhalt hat, wie die malchiner; sie ist bei Kruse Tab. III, Fig. 5 abgebildet und der malchiner sehr ähnlich. In dieser Urne fand sich: 1) ein cylindrischer, in der Mitte durchbohrter Körper aus gebranntem


1) Vgl. Kruse deutsche Alterth. III, 1, S. 63 flgd. und Kupfertafel III, Fig. 1 bis 12
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Thon, 3" dick und 11" im Durchmesser, von rothgelber Farbe: Danneil halt diesen Gegenstand für ein Amulet; 2) ein zweiter ähnlicher Körper; 3) drei aus Knochen geschnittene Körperchen (Fig. 13 und 14 bei Kruse), von denen zwei mit einem eisernen Stifte durchbohrt sind, der auf beiden Seiten fast 2" lang vorsteht, auf der einen Seite viereckig, auf der andern Seite undeutlich kopfförmig ist; diese Körperchen sind nach den lithographirten Abbildungen Fragmente eines Kammes, ganz den malchinern gleich; 4) drei Brusthefteln aus Bronze mit einer an einem Ende um eine Querstange gerollten Nadel, die sich am Ende des Bügels in eine Scheide legt (Fig. 8 bei Kruse), wie sich diese Hefteln so häufig in den Urnen der Wendenkirchhöfe finden; das Fragment einer Heftel in der malchiner Urne ist denen aus Cheine ganz gleich; 5) ein länglicher, unregelmäßiger Körper, von der Größe einer Saubohne, der aus einer Harzart zu bestehen scheint und von welchem Stücke auf glühende Kohlen gelegt schmolzen und einen Geruch gaben, ähnlich dem des Bernsteins. Außerdem fanden sich noch Stücke von andern Substanzen, von denen das eine einer verdickten Wurzel von Haidekraut (Erica vulgaris) glich und welches auf Kohlen ebenfalls verdampfte. Auch die Knochen der malchiner Urne waren mit Pflanzenwurzeln durchzogen; die verdickten Wurzeln erinnern an die auf dem Wendenkirchhofe bei Marnitz gefundenen, mit Morasteisen cylinderförmig überzogenen und in den Cylindern vergangenen Wurzeln 1 ); auch diese Wurzeln geben Geruch beim Glühen.

Nach dieser Vergleichung, welche in allen Stücken die auffallendste Gleichheit zwischen beiden, bisher sehr selten 2 ) beobachteten Begräbnissen zeigt, läßt es sich nicht bezweifeln, daß beide derselben Generation angehören. Nach den zierlichen Gebeinen in der malchiner Urne scheint diese einer weiblichen Leiche anzugehören; hiefür sprechen auch die Fragmente von Kämmen; hat dies seine Richtigkeit, so sind die viel besprochenen durchbohrten kleinen Scheiben (Spindelsteine, Amulete, Knäufe, Dopper, u. s. w. genannt) ein weibliches Geräth, also wahrscheinlich Spindelsteine; eben so sind dann die beschriebenen, häufig vorkommenden Brusthefteln ein weiblicher Schmuck. Die eisernen Niete (Eisen in so kleiner Arbeit!), in Vergleichung mit der Bestattungsweise, deuten auf ein


1) Vgl. Friderico-Francisceum Tab. XXXII, Fig. 5, und Erläuterung dazu.
2) So z. B. bewahrt die großherzogliche Alterthumssammlung zu Ludwigslust nur zwei Kämme aus Knochen.
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wendisches Begräbniß, und hat dies wieder seine Richtigkeit, so ist es außer Zweifel, daß die braunen Urnen mit Glimmerfünkchen wendischen Ursprungs sind, da die malchiner Urne von dieser Beschaffenheit ist.

Zur größern Veranschaulichung ist dieser interessante Fund in Tab. I. lithographirt diesem Jahresbericht beigegeben.

Fig. 1. ist die mit Knochen und Pflanzenwurzeln gefüllte Urne.

Fig. 2. sind charakterische Knochen aus der Urne: a und b sind zwei Zähne, an deren kleinerm ein ungehöriger Knochen auf der Krone festgerostet ist, - c ist ein Finger= oder Zehenknochen.

Fig. 3. a, b, c sind drei Stücke Räucherwerk.

Fig. 4. ist der eine Kamm aus festem Knochen, in viele Stücke zersprungen und wieder zusammengestellt. Bei a und b stehen eiserne Niete hervor, auf welchen etwas gesessen hat; das Niet bei a ist wie ein Knopf stark verrostet; bei d, e, f sind Nietlöcher; bei c ist ein Stück vom Schädel an der untern Seite des Kammes festgerostet.

Fig. 5. ist der zweite Kamm aus feinem, weißem, calcinirtem Bein mit eingegrabenen Verzierungen, wie wenn man einen Meißel auf seinem Ecken abwechselnd fortgehen läßt, mit Hinterlassung der Spuren seiner Schärfe. Bei a, b, c, d sind Nietlöcher. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese feinere Platte die erste Fig. 4. zur Zierde bedeckt hat; die Niete und Nietlöcher bei a und b in beiden Figuren scheinen auch übereinzustimmen.

Fig. 6. ist der Spindelstein aus grauem Thon.

Fig. 7. ist das Fragment der Heftel; a ist die Windung des kupfernen Draths; bei b ist eine eiserne Nadel, bei c ein Stück vom Schädel angerostet.

Die malchiner Begräbnißurne findet ferner noch Aufklärung durch Nachrichten von andern gleichen Funden in der Altmark, welche vom Hrn. Regierungsrath von Werder, zu Magdeburg, gemacht und in den Berichten der deutschen Gesellschaft zu Leipzig vom J. 1829, S. 4 flgd., beschrieben sind. - Bei dem Dorfe Sanne, 1 1/2 Meile von Tangermünde und 1 Meile von Stendal, zieht sich eine natürliche Anhöhe mehrere hundert Schritte weit im ebenen Felde hin. Hier wurden schon früher Urnenscherben in großer Anzahl gefunden und schon bei leichter Nachgrabung Urnen, welche auf ganz einfache Weise in den Sand neben einander eingegraben wurden, ohne alle Steinsetzungen, Höhlungen, u. dgl.; selbst einer Sicherung von oben erfreueten sich die

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Urnen nicht. Man wählte nur die höchste Stelle des Hügelzuges zur Begräbnißstätte. Der Sand bedeckte einige Urnen noch fußhoch, andere nur zollhoch, ja eine stand mit dem Rande schon zu Tage. Bei der Entblößung der Urnen im feuchten Sande erschienen sie blendend schwarz. Von einigen achtzig Urnen wurden gegen 30 nur in Bruchstücken herausgenommen. Die Urnen haben einen kurzen Hals (Rand); unter dem Rande bauchen sie sich aus und verengen sich bis zum Fuße; ihre Farbe ist bald mehr, bald weniger schwarz oder braun, die Masse mit Kiessand, auch mit Glimmertheilen gemengt. Die Verzierungen der Urnen bestehen theils aus Vertiefungen, theils aus knopfartigen Erhöhungen. Die Vertiefungen bestehen aus Ringen, welche um die Urne herumlaufen, aus halben Bogen, graden Streifen, meist Dreiecken, und Punkten, alle mit freier Hand gemacht. Nur eine Urne ist mit Henkeln versehen, die andern haben kleine durchlöcherte Erhabenheiten. - Der Inhalt der Urnen bestand größtentheils aus gebrannten Menschenknochen, mit Beimischung des Sandes, der den Hügel bildet; von Asche fand sich wenig; die Stücke der Hirnschädel waren dazu gebraucht, die andern Knochenreste zu bedecken. In den meisten Urnen lagen dichte Gewebe von zarten Wurzelfasern. Zähne wurden wenige und nur selten ganz unverletzt gefunden. Von den Metallüberresten waren die meisten vom Feuer beschädigt. Man entdeckte einen spiralcylindrischen Fingerring von 3 1/2 Windungen, eine Heftel (wie sie gewöhnlich unter ähnlichen Umständen vorkommt); ferner zeigten sich Glasperlen von blauer Farbe. Ueberdies fanden sich Ueberreste von Kämmen (wie sie auf unserer Abbildung dargestellt sind), deren Zähne abgebrochen sind; in den Rändern derselben sind hervorstehende Metallnieten (von Eisen?). Auch lag in den Urnen Räucherwerk, in Form und Größe der türkischen Bohnen, das entzündet einen angenehmen Geruch verbreitet. Waffen fanden sich nirgends. - Nach dem Berichte vom J. 1831, S. 6 flgd., hatte die Begräbnißstelle abermals eine ziemliche Ausbeute gegeben. Neben einer großen Masse von Urnenscherben wurden auch einige wohlerhaltene Urnen zu Tage gefördert. Es kam wieder kein einziges Waffenstück vor, sondern nur Bruchstücke von blauen Glasperlen, Finger= und Ohr=Ringen, Nestelnadeln, Hefteln und Haarkämmen. Daß die (hervorstehenden) metallenen (eisernen?) Stifte in den Kammbruchstücken dazu gedient haben, Ueberplatten mit Verzierungen an den Kamm zu befestigen, wird durch die jetzt aufgefundenen Bruch=

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stücke mit Zeichnung außer. Zweifel gesetzt. Diese Fragmente lagen bei neu aufgefundenen Kammbruchstücken und scheinen von vermürbtem Elfenbein zu sein. Fast in allen Urnen fand sich auch diesmal unter den Knochenresten ein Stück Räucherstoff in Form einer Bohne. Man darf wohl, ohne zu irren, annehmen, daß die sannesche Grabstätte eine Begräbnißstelle für das weibliche Geschlecht gewesen sei. - Auch in der Gegend von Schlieben (S. 7) fanden sich Alterthümer aus Bronze und Knochen, einige Fragmente von Haarkämmen, Glasperlen, Ringe, Nadeln, die denen gleichen, welche bei Sänne gefunden wurden, so wie schwarz geröstete Waizenkörner, welche auch an andern Begräbnißstellen bei Magdeburg gefunden wurden.

Von gleichem Inhalt waren, nach dem Berichte von 1831, S. 10, ähnliche Begräbnißstellen bei Langengrassau, unweit Luckau in der Niederlausitz, an einem hohen, oben flachen Sandberge, der Heidenkirchhof genannt, auf welchem sich flache Hügel befinden, aus welchem schon früher Metallsachen zu Tage gefördert wurden. Eine Begräbnißstelle enthielt eine Schaafscheere, ein spitzzulaufendes Messer, ein pfriemenartiges Werkzeug u. dgl., alles vom feinsten Stahl. In andern Grabstellen zeigte sich immer unter einer niedrigen Erddecke im natürlichen Boden eine kleine kesselartige Vertiefung, mit calcinirten Knochen, Asche und etwas fremder, rothbrauner Erde ausgefüllt. Hier traf man weder eine Urne, noch ein Geräth; nur wenige machten eine Ausnahme. In dem einen Grabe lag die (gewöhnliche) Heftel von Kupfer und ein achteckiger Spinnwirbel (Spindelstein). In einigen andern kamen langzahnige Kammbruchstücke von Knochen und kupferne und eiserne Ueberreste von Ketteln, Haken und andern, unkenntlichen Dingen vor. In einem andern Grabe war eine große Urne, welche die calcinirten Knochenreste von einem erwachsenen menschlichen Körper und einem Kinde enthielt; darunter lag ein sauber gearbeitetes stählernes Messer, eine eiserne Klammer, eine dergleichen Schnalle, eine lange Nadel von Knochen, ein Stück Kamm von Knochen mit krummen Zähnen und einer durchgeführten eisernen Niete, viel mit calcinirten Knochen zum Theil zusammengeschmolzenes dunkelgrünes Glas, dergleichen Bronzeklumpen und ein wohlerhaltener Spinnwirbel.

Der Herausgeber macht im Berichte von 1831, S. 10, die Bemerkung, daß die auf dem rechten Ufer der Elbe liegenden Gräber bloße beraste Sandhaufen, die des linken Elbufers mit

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Steinen umkränzte Hügel seien, - eine Bemerkung, die sich durch den bloßen Augenschein in tausendfältigen Beispielen von großen steinumkränzten Gräbern in allen Ländern als unrichtig erweiset. Richtiger möchte die Behauptung sein, daß die Begräbnißstellen in der Erde sich vorzugsweise vom rechten Ufer der Elbe ostwärts finden und sich nicht weit in die Länder am linken Ufer der Elbe erstrecken. - Mehr Wahrscheinlichkeit hat jedoch die Bemerkung des Herausgebers, daß die einfachen Sandhügel den Wenden gehören.

Wendische Begräbnißurne von Malchin, No. 2.

Da es wahrscheinlich war, daß an dem Fundorte der ersten Urne noch mehr Alterthümer sich fänden, so richtete der Herausgeber an den Herrn Geheimen Hofrath Lüders die Bitte, weitere Nachforschungen dort anstellen zu lassen. Derselbe erfüllte mit gewohnter Bereitwilligreit dieses Gesuch, und der von ihm mit diesem Geschäft Beauftragte fand auch wirklich in der Nähe des ersten Fundortes noch eine zweite Urne nebst einigen Scherben, welche durch die Güte des Herrn Geheimen Hofraths Lüders dem Ausschuß ebenfalls eingesandt wurden. Die schon beim Auffinden mehrfach eingebrochene Urne zerfiel beim Auspacken gänzlich. Sie war von mittlerer Größe, rothbraun im Aeußern, ohne Verzierungen, dick im Bruch, roh in der Masse, mit scharfem Bauchrande, mit hohem, ausgebogenem Halse und einem kleinen Henkel. Angefüllt war sie ganz mit vielen, fest verpackten Menschengebeinen und mit Sand; der ganze Inhalt und selbst die Wand der Urne war dicht mit Pflanzenwurzeln durchzogen. Stücke von Schädel, Kinnladen und Zähnen waren sehr fein und zierlich, die Nähte des Schädels klar ausgebildet und leicht getrennt. Unter den Knochen fand sich:

1) ein durchlöcherter Spindelstein von grauem Sandstein, mit eingegrabenen runden Vertiefungen verziert;

2) drei Bruchstücke eines knöchernen Kammes, jedes mit einem eisernen Niet, welches an beiden Seiten der Knochenplatte hervorsteht;

3) ein Bruchstück einer feinern Knochenplatte, mit doppelten Punktreihen verziert, ähnlich den schwarzen Urnen aus den Wendenkirchhöfen;

4) einige Stücke braunen Räucherwerks.

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Allterthümer von Röbel.

Als Geschenk des Hrn. Hofraths Engel zu Röbel empfing der Verein: 1 eisernen Schildnabel und 3 eiserne Schildbuckeln, ganz wie von dem kothendorfer Schilde in Frid. Franc. Tab. IX, Fig. 1, und wie die Schildreste aus den caminer Begräbnissen Nr. 1, 2 und 5, - gefunden im alt=röbelschen Kirchenholze in einer Urne, welche beim Ausgraben zerfallen ist.

Urnenscherben von Prillwitz,

geschenkt vom Herrn Archivar Lisch. Derselbe berichtet, daß der Boden des Dorfes Prillwitz bei Neustrelitz, namentlich des fürstlichen und des Pfarr=Gartens, fast keine Stelle zeige, wo man nicht mit geringer Mühe Urnenscherben fände, soviel die Gärten auch bearbeitet und gereinigt sind. Der Herr Berichterstatter fand an der ersten besten Stelle sogleich die eingesandten Scherben. Ohne Zweifel ist es sehr wünschenswerth, daß eine sorgsame und kundige Hand alle dort verstreuten Scherben sammele und namentlich die mit Verzierungen versehenen, so wie Stücke vom Boden, von den Ausbauchungen und von den Rändern, dem Verein übergäbe, da sich durch Vergleichung derselben wohl ein Resultat gewinnen ließe. Herr Pastor Horn zu Prillwitz ist freundlich hiezu aufgefordert worden.

Erzfigur von Kl. Schmölen.

Bleierner Abguß eines menschlichen, knieenden Bildes aus Erz, welches im Original in der großherzogl. Alterthumssammlung zu Ludwigslust befindlich ist (vgl. Frid. Franc Tab. XXXI, Fig. 1), und in einer Graburne bei Kl. Schmölen, Amts Dömitz, gefunden ward, geschenkt von der Frau Professorin Schröter zu Langensee.

2. aus unbestimmter alter Zeit.

Handmühle von Wahmkow

Vom Herrn Canzleirath von Bülow zu Bützow: eine Handmühle aus Granit, bestehend aus zwei, äußerlich abgerundeten und in der Mitte durchbohrten Platten von 1 1/2 Fuß im Durchmesser und zusammen 1 Fuß Höhe, gefunden von dem Herrn Geber im Jahre 1831 am See zu Wahmkow. In der steilen Anhöhe an diesem See befinden sich nämlich zwei Gruben, augenscheinlich von Menschenhänden angelegt und, nach des Herrn Einsenders Meinung, in der Urzeit zu Fischerwohnungen dienend. In einer derselben fand sich beim

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Suchen nach Alterthümern diese Mühle, welche jedenfalls wohl der vorchristlichen Zeit, wahrscheinlich schon der Zeit der Hünengräber, angehört, 1 )

Helm von Dobbertin.

Im Jahre 1836 ward beim Torfgraben 8 Fuß tief unter der Oberfläche eines Moors, welches auf der Feldmark Sehlsdorf unweit der Grenze mit Herzberg liegt, ein großer, schöner, ganz glatter Helm aus Bronze, ohne Rost, gefunden und durch die Herren Vorsteher des Klosters Dobbertin dem Vereine übergeben. In dem Begleitungsschreiben (des Herrn Barons von le Fort) heißt es: "Der Form nach scheint er eine sogenannte Sturmhaube zu sein, und muß inwendig ein starkes Futter dazu gedient haben, sein Gewicht dem Inhaber erträglicher zu machen; auch würde er ohne ein solches schwerlich auf einen Kopf von gewöhnlicher Stärke gepaßt haben. Die (regelmäßig gebohrten und in gleichen Zwischenräumen von einander abstehenden) Löcher am untern Rande haben wahrscheinlich dazu gedient, das innere Futter oder das Visir zu befestigen, und der (durch die ganze Dicke hindurchgehende) Riß am obern Theile der Wölbung verräth den kräftigen Hieb eines Schlachtschwertes oder einer Streitaxt, welchem der Träger unterlegen ist".

Becken von Borkow.

Ein Becken aus antikem Erz, 2 3/4 "hoch, im Boden 13", im Rande 15 1/2" Durchmesser, mit fast senkrechter Wand und 3/4" breit übergebogenem Rande, ganz glatt, ohne Rost, gefunden in der Modde eines Solls (Teiches) zu Borkow, Geschenk des Hrn. Oberlandforstmeisters Eggerss auf Borkow. Ein Kennerauae wird einst vielleicht aus der Erzmischung das Alter des Beckens bestimmen können, welche viel Aehnlichkeit mit der des wismarschen Horns (s. o.) und des dobbertiner


1) Im Holsteinschen wurden ebenfalls zwei große Steine mit einem in der Mitte ganz durchbohrten Loche, vielleicht Mühlen= oder Handquerren=Steine gefunden. Der eine wurde vor einigen Jahren aus einem Hünengrabe bei Wilmersdorf, worin sich einige Urnen befanden, genommen, der andere ist unter einer Flugsandlage des Rothenmoors (bei Segeberg) gefunden. Erster Ber. der königl. schlesw.=holst.=lauenb. Gesells. 1836, S. 54. Auch im Magdeburgisch en wurden aus dem Torfmoore bei Isedringen zwei Handmühlen uneben alten Keilen!) hervorgezogen, bestehend aus einem flachen Untersteine und dem eigentlichen Mahl= oder Reibesteine. Diese Steine sind von festem Granit, Berichte der deutsch. Gesells. zu Leipzig 1830, S. 6.
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Helms hat; vielleicht gehört es derselben Zeit an, aus welcher das wismarsche Horn unbezweifelt stammt, nämlich der (germanischen) Zeit der Kegelgräber.

Ein Beil aus Knochen,

ungefähr 5" lang, vorgefunden in der Rumpelkammer eines ritterschaftlichen Gutes, geschenkt vom Herrn Bürgermeister Pries zu Waren.

Ein Kieselschiefer, dem Anschein nach ein

Schleifstein,

4" lang, 1" breit, gegen 1" dick, auf dem Felde von Borkow ausgepflügt, Geschenk des Herrn Oberlandforstmeisters Eggerss.

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3. aus dem Mittelalter.

a. Gottesdienstliches Geräth.

Taufbecken:

1) Auf dem Gute Rey ward 10 Fuß tief in einem morastigen, aus dem Garten in einen Soll führenden Graben bei Aufräumung desselben ein Taufbecken von Mefsing mit getriebener Arbeit gefunden. Der Besitzer, Herr Landrath von Schack auf Rey, hatte die Güte, dasselbe dem Vereine zu schenken, und Herr Archivar Lisch hat sich darüber im Folgenden näher ausgesprochen.

Diese Taufbecken gehören nach der in ihnen befindlichen Inschrift noch zu den räthselhaften, obgleich sie häufig Gegenstand der Untersuchung gewesen sind. Zusammengedrängt sind diese Untersuchungen in Kruse's deutschen Alterthümern, 1825, B. I, H. 4, S. 56-85; hiezu kommen noch einzelne Nachweisungen in Bd. II, H. 1, S. 79, und im Zweiten Jahresber. des thüring.=sächs. Vereins, 1822, S. 34.

Diese Taufbecken sind weit verbreitet; sie sind bisher beobachtet in Deutschland, Frankreich, Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Island. Ihr übereinstimmendes Kennzeichen besteht darin, daß in der Mitte im runden Felde der Gegenstand einer biblischen Geschichte in getriebener Arbeit erhaben dargestellt ist; um dieses runde Feld läuft im Kreise eine erhaben gepreßte oder geschlagene Inschrift, deren geschnörkelte gothische Buchstaben, 7 an der Zahl, sich 5 Mal wiederholen.

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Um diese dunkle Inschrift läuft zuweilen noch eine zweite, welche, klarer an Sinn, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Skandinavien aus einem deutschen Spruche besteht. Die innere Inschrift ist auf allen Becken gleich und scheint nach einem bestimmten katholischen Ritus gefertigt zu sein. Einige haben sie für gnostische Zeichen, andere für chaldäische Buchstaben gehalten; die besonnensten Erklärer finden darin eine abgekürzte, lateinische gottesdienstliche Formel.

Unser Becken, aus Messing geschlagen, mißt ungefähr 2 Fuß im Durchmesser und 3 Zoll in der Hohe; der Rand ist 3 1/2 Zoll breit. In der Mitte des Beckens ist in einem Kreise von 7 Zoll im Durchmesser von außen nach innen die Geschichte des Sündenfalls in erhabener Arbeit ausgetrieben: an einem Baume, um welchen sich die Schlange windet, stehen in einem Garten Adam und Eva, deren Gesichter entweder gar nicht ausgetrieben oder schon rund abgescheuert sind. Um dies Medaillon läuft in einem Kreise in einer Hohe von 1 Zoll eine von der innern Fläche des Beckens eingepreßte oder mit einem Stempel eingeschlagene Inschrift, welche, über dem Gipfel des Baumes mit der Schlange anfangend und von der Linken zur Rechten fortlaufend, sich fünf Mal in dem Kreise wiederholt. Diese auf allen bekannten Becken in derselben Form immer wiederkehrende Inschrift von sieben gothischen Buchstaben ist im zweiten Jahresber. des thüring.=sächs. Vereins Tab. VIII in der zweiten Stelle nach unserm Becken am getreuesten und klarsten dargestellt, auch in Kruse's deutschen Alterth. Bd. I, H. 4, Tab. 3, Fig. 1 a und Fig. 2 b und Tab. 4, Fig. 3 und Fig. 4 b finden sich getreue Abbildungen derselben. Die im dritten Jahresber. des thüring.=sächs. Vereins Tab. VIII abgebildete Inschrift fehlt jedoch darin, daß der erste Buchstabe nur zwei senkrechte Linien hat; auf unserm Becken sind drei Linien ganz deutlich, obgleich es sich nicht läugnen läßt, daß dieser Buchstabe an den verschiedenen Stellen nicht immer gleich ist, indem die erste Linie eine verschiedene Richtung oder Neigung hat. Außerdem beginnt jede Abtheilung eben so klar mit zwei kleinen Rosen über einander, wie in Kruse a. a. O. I, 4, Tab. 3, Fig. 1 a und Tab. 4, Fig. 3. Von allen Erklärungsversuchen scheint mir die von Thorlacius bei Kruse a. a. O. I, 4, S. 72 den Vorzug zu verdienen; derselbe liest nämlich:

Inschrift

Auf jüngern Taufbecken findet sich unzweifelhaft häufig die ähnliche Inschrift:

Inschrift
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Becken, welche in dem mittlern Medaillon mit der Vorstellung des Sündenfalles und in der ersten Umschrift mit dem unsrigen übereinstimmen, finden sich in der Kirche zu Tönningen, in der Kirche zu Giebichenstein, in dem Stifte Steterburg, zu Kopenhagen und Wien (welches aus Italien stammen soll); man vgl. Kruse a. a. O. S. 59, 72, 80 und 81; nach Thorlacius a. a. O. bei Kruse findet sich in Skandinavien die Darstellung des Sündenfalles am häufigsten.

Von der Inschrift bis zum Rande des Bodens ist in unserm Becken, von außen nach innen getrieben, noch eine bildliche Darstellung in einem Ringe von 2 1/2 Zoll Breite: diese zeigt einen laufenden Hirsch, der von einem kleinem Thiere, einem Windspiel am ähnlichsten, begleitet wird; diese Darstellung wiederholt sich sechs Mal. Zwischen den Hirschen steht an 5 Stellen ein Stumpf eines Baumstammes mit einer Eichel und Eichenlaub, an der sechsten Stelle stehen zwei solcher Eichenstumpfe. Die getriebenen Reliefs des Sündenfalles und der Hirsche zeigen nicht allein gute Zeichnung, sondern auch eine große Geschicklichkeit und eine ausgezeichnete Berechnung der Wirkung des Treibens, nach den eingeschlagenen Vertiefungen auf der untern Seite zu urtheilen. - In den äußersten Rand des Bodens ist ein Kreis von kleinen Verzierungen mit einem scharfen Stempel eingeschlagen, welche, dicht an einander schließend, abwechselnd aus einer kleinen Rose und einem kleinen Blatte bestehen. Auf dem ausgebogenen Rande des Beckens ist ebenfalls mit Stempeln eine Verzierung eingeschlagen; diese besteht aus 70, nach dem Innern des Beckens geöffneten, aus zwei concentrischen Punktlinien gebildeten Rundbogen von ungefähr 1 Zoll Spannung, welche durch eine Rose in den Stützpunkten verbunden sind; unter jedem Bogen ist ein kleines Lamm mit einem Stempel eingeschlagen.

Die Darstellung des Sündenfalles hat bekannte Gründe; die Darstellung der Hirsche bezieht sich wohl auf Psalm 42, 1: "Wie ein Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreiet meine Seele, Gott, nach Dir". Daher ist auch in dem Mittelschilde des Beckens zu Glaucha statt des Sündenfalles ein Hirsch dargestellt; vgl. Kruse a. a. O. S. 83. Außerdem findet sich im Mittelschilde auch öfter die Geschichte von Josua und Caleb mit den Weintrauben (IV Mos. 13), wie in der Kirche zu Träden und an andern Orten (vgl. Kruse a. a. O. S. 59); außerdem ist auch die Verkündigung Mariä öfter dargestellt, wie in dem Becken der Moritzkirche zu Halle (vgl. Kruse a. a. O. S. 78). In dem Becken einer Dorfkirche bei Naumburg findet sich im Mittelschilde ein Kranz von

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Granatäpfeln (vgl. Dritten Jahresber. des thüring.=sächs. Ver. S. 35), und in dem Becken der Kirche zu Punschrau bei Naumburg ist der große Christoph mit Christus in Kindesgestalt auf der Achsel dargestellt (vgl. Kruse a. a. O. III. 1, S. 79).

Die Erklärer scheinen diese Becken in das 12. und 13. Jahrhundert, in die Zeit der Heidenbekehrung und Kirchenerbauung zu setzen. Die Buchstaben der Inschrift scheinen jedoch einer jüngern Zeit anzugehören und mit den Buchstaben der Inschriften auf den Leichensteinen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Aehnlichkeit zu haben; auch der Styl der zweiten deutschen Inschrift auf einigen Becken deutet auf diese Zeit.

Auf der äußern Seite des Randes sind zwei Wappen eingravirt. Links an der ersten Stelle steht das Wappen der von Köllen und darüber die Buchstaben

C. V. K.

Rechts daneben steht das Wappen der von Bülow, darüber die Buchstaben:

A. V. B.

und unter diesem letztern Wappen:

ANNE. VAN. KOLLEN.

Diese Inschriften sind, wie hier gedruckt, in den lateinischen Capitalen des 16. Jahrhunderts gravirt. Das Becken war demnach Besitz oder Geschenk einer Anna von Bülow, verehelichten von Köllen, deren Gemahl ein E. v. Köllen war. Die von Köllen (de Colonia), eine meklenburgische Familie des Mittelalters, starben im 17. Jahrhundert aus und besaßen als altväterliches Lehn= und Haupt=Gut noch zuletzt Gr. Grabow und Cölln. Sie waren mehrfach mit dem Hause von Bülow verwandt; diese Vermählung ist aber bis jetzt unbekannt. Am wahrscheinlichsten ist dieser C. v. K. der Christoph von Köllen, welcher 1596 starb. Im J. 1624 lebten zu Gr. Grabow zwei Vettern Christoph und Caspar von Köllen, (Gerds und Adams von Köllen Söhne). Einer von diesen wird der in Frage stehende C. v. K. sein.

Nach Rey mag das Becken in Kriegszeiten gekommen sein. Rey war ein altes Gut der von Kalden, deren Name und Wappen aber von denen der von Kollen verschieden ist. Diese Bemerkung zur Abwehr von Vermuthungen auf die von Kalden, welche hier nicht möglich sind. 1 )


1) Ueber die räthselhaften Taufbecken sind in neuern Zeiten wiederholt Untersuchungen angestellt in den Jahresberichten des historischen Vereins im Rezat=Kreise V, 1835, S. 35 und VI, 1836, S. 12, und in (  ...  )
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2) Bei Aufräumung des Karpfenteiches zu Krassow bei Wismar ward im Sommer 1835 gefunden und durch den Herrn Bataillons=Auditeur Grimm zu Wismar dem Vereine geschenkt ein dünne geschlagenes, rundes Becken von Kupfer, wahrscheinlich ein Tauf= oder Weihbecken. Im Innern sind zur Verzierung an der Wand vier schmale Kupferstreifen aufgekittet, auf deren jedem ein ausgepreßtes Bild des heil. Petrus mit den Schlüsseln in der Hand steht. In der Mitte auf dem Boden hat auf einer aufgetriebenen runden Erhöhung ein ähnliches, rundes Blech gesessen, auf welchem, nach dem Berichte der Finder, ein Frauenbild mit einem Kinde auf dem Arme zu selben gewesen ist.

Löffel.

Herr Kaufmann Dalitz zu Stadt Malchow schenkte durch den Herrn Schulrath Meyer zu Schwerin

1) einen in zwei Stücke zerbrochenen Löffel von Messin g mit Traubenverzierung am Stielende, ganz wie Frid. Franc. Tab. XXXI, Fig. 4, und wie der zu Alt=Kalden gefundene, Jahresber. I, S. 15 beschriebene;

2) einen ähnlichen Löffel von sehr gelbem Messing, am Stielende mit dem gegossenen Bilde eines Heiligen, der einen Stab in der Linken hält; darunter die mit Punkten eingeschlagene Inschrift: S. IACOBVS.

Beide Löffel sind gefunden bei Grabung eines Fundaments in der Stadt Malchow.

b. Weltliches Geräth.

Waffen:

1) ein Degen mit schmaler Klinge, ganz von Eisen, an der Stelle des Schlosses zu Grabow gefunden (vom Herrn Maler Langschmidt zu Schwerin).


(  ...  ) des Hennebergischen alterthumsforschenden Vereine zu Meiningen Beiträgen, erster Liefer. 1834, ohne daß durch diese wiederholten Versuche das Räthsel gelöst wäre. Fernere Berichte über dieselben (Exemplare zu Hundeshübel und in Besitz der leipziger Gesellschaft) finden sich in den Berichten dieser Gesellsch. von 1829, S. 25 flgdd. und 1830, S. 108, mit neuen, abweichenden Erklärungsversuchen. Auch von Minutoliin den Denkmälern mittelalterl. Baukunst in den brandenburg. Marken Th. I, Liefer. 2, S. 30, sagt: "An merkwürdigen Taufschüsseln, ganz ähnlich den durch Herrn von Hammer berühmt gewordenen, sind die vaterländischen Kirchen reich; von den uns bis jetzt bekannt gewordenen sechszehn befinden sich zwei in der Marienkirche zu Berlin, etc. . - - Nähere Beschreibung und Abbildung werden unten folgen". Auch in Pommern finden sich mehrere Taufbecken dieser Art, vgl. Vierter Jahresber. der pommerschen Gesellsch. S. 72 flgd. (Hier werden die letzten Buchstaben ebenfalls AVE gelesen.)
Sollten sich nicht auch in Meklenburg noch mehrere finden? Diese Frage empfiehlt sich der Aufmerksamkeit vorzüglich der Herren Prediger.
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2) ein Schlachtschwert von Eisen mit breiter Klinge, welche halb abgebrochen ist, gefunden bei Vertiefung des Eldeflusses zwischen Plau und Lübz (vom Herrn Oberbaurath Wünsch zu Schwerin).

3) eine lange eiserne Lanzen spitze, gefunden unter tiefen Fundamenten eines Theils der alten Stadtmauer zu Röbel (vom Herrn Hofrath Engel daselbst).

4) eine Lanzen spitze aus Eisen, gefunden an der Fuhrt zwischen Kölpin= und Flesen=See bei Göhren (vom Herrn Oberbaurath Wünsch).

5) 6 Pfeilspitzen, 1 großer Bolzen, kleine Fragmente von einem Ringpanzer, 3 Ringe, alles aus Eisen, gefunden nebst mehreren andern Eisensachen von den Hauswirthen zu Vietlübbe bei Wegräumung alten Bauschutts und Mauerwerks auf den Wiesen an der Damerow=Karbower Scheide (vom Herrn Amts=Secretär Bahl zu Goldberg).

Anderes Geräth.

6) ein Steigbügel aus Eisen, mit der unter 4) erwähnten Lanzenspitze zusammen gefunden und von demselben Geber.

7) zwei verschiedene Sporen von Eisen (von einem ungenannten Geber).

8) ein eiserner Sporn mit langer Radstange, gefunden zu Vogtshagen bei Dassow (vom Herrn von Stern auf Gr. Welzin, Erbherrn auf Tüschow).

9) ein schaufelartiges räthselhaftes Werkzeug von Eisen, gefunden zu Prillwitz (vom Hrn. Pastor Horn daselbst).

10) Scherben von dicken Glasgefäßen, vom Herrn Archivar Lisch im J. 1836 auf der Burgstätte zu Prillwitz gesammelt. (Ein kleines Gefäß von derselben Art, wie diese Scherben, ist vor einiger Zeit beim Schlosse zu Güstrow in der Wiese gefunden und im Besitz der dortigen Domschule.)

11) ein großer vergoldeter Fingerring von Kupfer, mit eingesetztem Schilde von Glas, der aus zwei Stücken besteht: die untere pyramidalisch geschliffene Hälfte ist farblos und vergoldet, die obere Platte ist ebenfalls farblos; zwischen beiden ist eine rubinrothe, durchsichtige Lacklage, welche nicht allein die beiden Glasstücke verbindet, sondern auch dem Ganzen das Ansehn giebt, als sei das Schild ein á jour gefaßter Rubin. (Gefunden zu Maßlow, geschenkt vom Herrn Bataillons=Auditeur Grimm zu Wismar.)

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Siegel:

Ein Siegel Siegel , gefunden unter altem, gekauftem Metall (vom Herrn Plattirer Behrens zu Schwerin).

Lack=Abguß des großen Siegels des Fürsten Pribislav IV. (II.) von Richenberg=Parchim, nach einem OriginalSiegel (von Herrn Oberlehrer Dr. Hering zu Stettin).

Abdruck des Siegels des Friederich Hasenkop

Siegel , eingesandt vom Herrn Rector Masch zu Schönberg, der darüber Folgendes schreibt: "Der Stempel, von dem der anliegende Abdruck genommen, ist aus Metall und ward 1828 auf dem ratzeburger Stadtfelde gefunden; er war damals im Besitze des Senators Riemann in Ratzeburg, ob er ihn noch hat, oder, wie er beabsichtigte, ihn nach Kiel gesandt, weiß ich nicht."

Die Familie Hasenkop ist als meklenburgische hinreichend bekannt und soll nach v. Meding Nachrichten v. adl. Wappen I. No. 336, der seine Nachrichten aus dem MS. des Herrn v. Gamm von abgegangenen meklenburgischen Familien genommen, mit Paschedag Hasenkop zwischen 1466 und 1498 ausgestorben sein. Allbekannt ist die Angabe, daß die Hasenkop mit den v. Maltzahn von einerlei Abrunft seien, obgleich entscheidende Beweise dafür oder dagegen mir nicht bekannt geworden sind.

"Haben die neuerdings angestellten archivalischen Untersuchungen über die Familie Molzahn (Maltzahn) diese Frage entschieden?"

Daß eine Aehnlichkeit des Wappens zur Entscheidung nicht genüge, ist an sich schon klar und hier um so mehr, da die ältesten mir bekannten Maltzahnschen Siegel die Hasenköpfe gar nicht führen. Diese sind aber das bei v. Westphalen Mon. ined. III. tab. V ad p. 1465 No. 53 von 1292 mit der Umschrift: Inschriftskreuz  FREDERICI VAN MOLTZAN, welches einen ausgerissenen Weinstock mit 2 Blättern und einer Traube zeigt, und eins im ratzeburger Archiv von 1312 mit der Umschrift:

Inschrift , welches den Weinstock mit 3 Blättern hat. In der Urkunde heißt er Mvltsan.

Im ratzeburger Archiv sind nur 2 Siegel der Familie von Hasenkop und zwar von 1319, Inschrift mit 3 Hasenköpfen (auch bei v. Meding l. c. erwähnt) und dann von 1397 Inschrift , das in einem gespaltenen Schilde vorne 2 Hasenköpfe übereinander, hinten aber eine kleine Traube (oder Blatt) und ein größeres Blatt hat, also dem Maltzahnschen sehr ähnlich ist. Das mit=

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getheilte Siegel ist unstreitig viel älter, als jene beiden. Und liefert eine dritte Form.

Fridericus Hasencob findet, sich als Zeuge in der Urkunde von 1200 des Gr. Gunzel II. von Schwerin über Goddin und das Pfarrgut in Eixen in den Jahrbüchern des Vereins I. S. 200. (Wenn v. Meding l. c. ihn als 1221 lebend anführt, so kommt diese Jahrszahl zweifelsohne aus dem Abdruck der angegebenen Urkunde bei Westphalen mon. ined. IV. p. 906 (nicht 904, wie Jahrb. I. c. steht) her, der sie in jenes Jahr stellt.) Daß diesem das vorliegende Siegel gehörte, läßt sich freilich vielleicht nie nachweisen, jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, da es seiner Größe und Form nach doch wohl ins 13te Jahrhundert gestellt werden muß.


Zu dem im Jahresber. I. S. 16 aufgeführten Siegel des Jachgim Holloger bemerk Herr Rector Masch, daß Joachim Holloger im J. 1500 in einer Urkunde in Schröder's Pap. Meckl. p. 2602 vorkommt.

4. Aus der Zeit der neuern Geschichte.

Vom Herrn Bürgermeister Pries zu Waren: ein großes eisernes Spornrad, gefunden auf einem angeblichen Lagerplatze wallensteinischer Truppen.

Vom Herrn Seminar=Director, Pastor Sellin zu Ludwigslust: ein Pfeifenkopf von Meerschaum, schön geschnitten, seines Alters wegen merkwürdig. Im obern Theile sind 11 Personen in halber Figur, über Schranken hervorragend, bei einem Zechgelage versammelt, en relief dargestellt. Den mittlern Raum nimmt Bacchus auf der Tonne ein; ein Gast zapft aus dieser. Unter der Tonne ist die Jahreszahl 1651 eingeschnitten. Costüm und Verzierungen stimmen zu dieser Zeit. Unten an der Seite ist unter Mauerbogen rechts der meklenburgische Stierkopf, links ein Wappenkreuz en relief eingeschnitten.

II. Geognostische Merkwürdigkeiten und andere seltene Naturalien.

Ein Echinit von Linsengröße, völlig erhalten, in Feuerstein, gefunden auf der Feldmark Crivitz am rechten Ufer der Warnow (vom Hrn. Bau=Conducteur von Motz zu Schwerin).

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Ein Belemnit in Feuerstein, gut erhalten, mit vielen hervorstehenden polypenartigen Armen, ebendaselbst gefunden (von Demselben).

Ein Feuerstein mit einer wohl erhaltenen Muschelversteinerung, gefunden auf der Feldmark des Dorfes Salem, Amts Crivitz (vom Herrn Amtshauptmann Ratich zu Wittenburg).

Ein Geweih von einem Elenthier, im Störflusse bei der Schiffbarmachung desselben gefunden (vom Herrn Ober=Baurath Wünsch zu Schwerin).

III. Pläne, Charten Ansichten und Bildnisse.

Plan von Wismar und seiner Umgebung und der Blockade von 1715, nach dem Original des General=Majors von Schmettau (d. 13. Decbr. 1732), aus Makulatur bei einem Kaufmann hervorgesucht (vom Hrn. Cand. jur. Glöckler zu Schwerin).

Dr. von Hagenow's Charte von Rügen (Geschenk des Herrn Dr. von Hagenow zu Greifswald).

Vier Ansichten des ehemaligen bischöflichen Schlosses, jetzigen Amtshofes, zu Warin, welches nächstens abgebrochen werden soll, auf Kosten des Vereins gezeichnet vom Herrn Porträtmaler Krug aus Rostock.

Arnold's Originalzeichnung des Brustbildes der hochseligen Erbprinzessin Helena Paulowna für seinen Kupferstich, nach dem Pastellgemälde von Schröder (durch Herrn Dr. Friedländer zu Berlin von dessen Vater, welcher diese Zeichnung von Arnold's Erben erhielt).

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IV. Münzensammlung.

Die Anzahl der Münzen und Medaillen des Vereins hat sich in dem abgelaufenen zweiten Jahre von 217 bis auf 492 Stücke vermehrt. Geschenke sind, der Zeit nach, eingegangen von den Herren Ober=Medicinalrath Dr. Flemming zu Sachsenberg, Kammerpräsidenten von Levetzow auf Lelkendorf, Regierungsrath von Oertzen zu Schwerin, Maler Langschmidt daselbst, Gutsbesitzer von Flotow auf Altenhof, Candidat Dethloff zu Schwerin, Gutsbesitzer Jahn auf Adamsdorf, Pensionär Drenkhahn zu Boddin, Bau=Conducteur Hermes zu Sachsenberg, Major von der Lühe auf Redderstorf, Apotheker Stockfisch zu Zarrentin, Bürgermeister Pries zu Waren, Rector Masch zu Schönberg,

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Schulrath Meyer zu Schwerin, Ober=Münzmeister Nübell zu Schwerin, Superintendent Eyller zu Wismar, Dr. Beyer zu Parchim, Post=Commissär Krüger zu Hamburg, Regierungs=Präsidenten von Lützow zu Schwerin, Dr. Reder zu Rostock, Gutsbesitzer von Stern auf Gr. Welzin, Apotheker Schumacher zu Parchim, Gutsbesitzer Jahn auf Kl. Vielen, Hofrath Dr. Dornblüth zu Plau, Koch Schulz zu Gr. Markow, Kammerherrn von Vieregge sen. zu Wismar, Kammerrath von Grävenitz zu Neustrelitz, Dr. Burmeister zu Wismar und Adv. Schweden zu Schwerin.

Angekauft sind 27 Stücke.

Sämmtliche Medaillen und Münzen sind nunmehr geordnet und zerfallen in drei Hauptabtheilungen: Hohlmünzen, zweiseitige Münzen, Medaillen; jede dieser Hauptabtheilungen zerfällt in zwei Classen: in einheimische und in fremde, zu welchen letzteren auch die unbestimmten gelegt sind. Die einheimischen zweiseitigen Münzen sind für jetzt abgetheilt in Münzen

1) der Herren zu Werle, Fürsten zu Wenden,

2) der Bischöfe zu Ratzeburg,

3) der Herren und Herzoge zu Meklenburg,

a. vor der Landestheilung,
b. nach der Landestheilung

α. der Herzoge und Großherzoge von Meklenburg=Schwerin,
β. der Herzoge von Meklenburg=Güstrow
γ. der Herzoge und Großherzoge von Meklenburg=Strelitz,

4) der meklenburgischen Städte

a. Rostock,
b. Wismar,
c. Gnoien,
d. Güstrow,
e. Parchim (Privatscheidemünzen),
f. Neubrandenburg,
g. wegen Wismar die Münzen der Vierstädte (Lübeck, Hamburg, Lüneburg, Wismar).

Die auswärtigen Münzen sind abgesondert nach den verschiedenen Ländern oder Städten, denen sie zugehören.

Der General=Versammlung ist von dem Aufseher der Sammlung, Herrn Archivar Groth, ein vollständiges Verzeichniß sämmtlicher Münzen und Medaillen vorgelegt, woraus des beschränkten Raumes wegen hier nur nachfolgende angeführt werden.

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Bracteaten.

1) Einheimische

a. Ein Stück, 9/12 Z. i. D., 14 Aß schwer.
Ein Büffelskopf mit einer Lilie zwischen den Hörnern, gekerbter Rand.

Vid. Evers Mekl. Münzverfassung II. p. 12 in fine.

b. Ein ditto, 8/12 Z. i. D., 10 Aß schwer.
c. Ein Hohlpfennig, 9/12 Z. i. D., 9 Aß schwer.
   Der Büffelskopf, zwischen dessen Hörnern eine Krone mit drei Kugeln. Gekerbter Rand.
d. Ein anderer, 8/12 Z. i. D., 11 Aß schwer.
   Ein Stierkopf mit geschlossenem Maule und sehr großen, beinahe zusammengehenden Hörnern, zwischen welchen eine Kugel schwebt; platter Rand.

2. Auswärtige

a. Lübeck, 10/12 Z. i. D., 9 Aß schwer. Ein Adler mit zwei Köpfen, gererbter Rand.
b. Hamburg, 8/12 Z. i. D., 12 Aß schwer. Drei Thürme auf einer Mauer, in deren Mitte ein Thor mit einem Nesselblatte.
c. Unbestimmt, ausgebrochen, 4 Aß schwer. Zwei neben einander gestellte Schilde, im rechten ein gekrönter Bärenkopf, im linken ein Vogel.

Solidi.

1) Werte, 7/12 Z. i. D., 6 Aß schwer.

A. In einem punktirten Zirkel der Stierkopf mit einer Lilienrkone, mit offenem Maule und heraushangender Zunge; Umschrift: . . . .WER . . Mönchsschrift.
R. In einem Zirkel ein Kreuz, worauf eine wellenförmige Vertiefung, mit fünf in's Kreuz gestellten Punkten. Umschrift: MO. . . . PAR . . . Mönchsschrift.
   Vid. Evers II. pag. 20.

2) Magnus und Balthasar.

a. 9/12 Z. i. D., 14 Aß schwer.

A. In einem Zirkel ein Schild, worauf ein gekrönter Büffelskopf mit breit geöffnetem Maule, aushangender Zunge und dem Halsfelle. Umschrift : MONET NOVA-GVSTROW Mönchsschrift.
R. In einem Zirkel ein Kreuz. Umschrift von der rechten Seite: DVCVM MAGNOPOLEnS Mönchsschrift.
   Vid. Evers II. pag. 46.
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b. 11/12 Z. i D., 22 Aß schwer.

A. Auf einem von einem Zirkel umgebenen Schilde der gekrönte Büffelskopf mit großen Zähnen und dem Halsfelle. Umschrift wie die vorige.
R. Auf einem durch einen punktirten Zirkel gehenden Kreuze ein Schild mit gleichem Büffelskopfe, nur ohne Halsfell. Umschrift: DVCV MAG NOPO LENS Mönchsschrift.
   cf. Evers II. pag. 45. (verschieden)

3) Wismar

Feines Silber, 10/12 Z. i. D., 26 Aß schwer.

A. Ein Stern in einem Zirkel auf einem von einem punktirten Kreise eingeschlossenen Lilienkreuze. Umschrift: Ein Stern, MONETA  WYSMAR Mönchsschrift.
R. In einem punktirten Zirkel der mekl. Büffelskopf mit einer Lilienkrone zwischen beinahe geschlossenen Hörnern, mit oben platten und unten abgerundeten Ohren, mit aushangender Zunge und netzförmigem, links bis an das Ohr reichendem Halsfelle. Umschrift: Ein Stern CIVITAS MAGNOP Mönchsschrift.
   Evers II. pag. 473.

4) Hochmeister des Deutschen Ordens.

a. 11/12 Z. i. D., 28 Aß schwer.

A. Ein Schild, worauf ein Adler, liegt auf einem einen andern Schild quadrirenden, durchgehenden Kreuze. Umschrift: SALVA ° NOS ° DOMIN A 1518 Mönchsschrift.
R. Ein von einem Zirkel umschlossener Adler. Umschrift: ein an den Enden ausgebrochenes Kreuz, A L BERTVS ° D: G 8 MGR ° G'NALIS Mönchsschrift.

b. 11/12 Z. i. D., 28 Aß schwer.

A. Wie voriger. Umschrift: SALVA ° NOS ° DOMI NA1521.
R. Ein Adler im Schilde auf einem schmalen, durch einen punktirten Zirkel gehenden Kreuze. Umschrift: ALBER T ° D ° G M ° GNE RALIS.

5) Pommersche Städte

a. 7/12 Z. i. D., 13 Aß schwer (Gollnow).

A. Ein Greif mit zwei Wecken zwischen den Hinterfüßen.
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R. Zwei gegen einander gekehrte Halbmonde, umgeben von vier Sternen.

b. 7/12 Z. i. D., 10 Aß schwer (Stargard an der Ihna).

A. Wie voriger.
R. Ein Kreuz mit einem Stern in jedem Winkel.

c. 8/12 Z. i. D., 3 Aß schwer (Garz an der Oder).

A. Ein Greif mit einem Dreiblatte zwischen den Vorder= und Hinterfüßen.
R. Ein Schild mit einer lilienartigen Blume. Umschrift: M ° O ° N ° E ° T ° A ° Mönchsschrift.

Sechslinge.

1) Herzogl. Mekl.

Albrecht. 8/12 Z. i. D., 14 Aß schwer.

A. In einem punktirten Zirkel der gekrönte meklenb. Büffelskopf mit dem Halsfelle. Umschrift von der rechten Seite: Umschrift
R. Im punktirten Zirkel der stargardische Arm mit einer Binde. Umschrift: eine sechsblättrige Rose MONE . NO . DVC . MANOP Mönchsschrift.

8/12 Z. i. D., 16 Aß schwer.

A. Der Büffelskopf, wie voriger, nur mit aushangender Zunge. Umschrift: Eine 6blättrige Rose ALBART DE . GRA . DUX Die hierin vorkommmenden 3 A sind Mönchsschrift.
R. Wie voriger. Umschrift: Eine Rose mit 5 Blättern. MONE ° NO ° DVC ° MAN Mönchsschrift.

8/12 Z. i. D., 15 Aß schwer.

A. Der Büffelskopf wie bei den vorigen, nur mit gefüllter Krone. Umschrift: ein Hundskopf ALBFR' DFI GRAD.
R. Der Arm. Umschrift: HELF' GOT' GLV' BRO Das E im ersten Worte ist Mönchsschrift.

9/12 Z. i. D., 15 Aß schwer.

A. Der Büffelskopf mit gefüllter Krone, ganz runden Ohren, dem Nasenringe, auch mit einem Theile des Halsfelles zu beiden Seiten. Umschrift: Umschrift . Die Buchstaben A und M sind Mönchsschrift.
R. Der stargardsche Arm im punktirten Zirkel. Umschrift: MONETA . NOV . WITEN . . . Die drei letzten Zeichen sind undeutlich, vielleicht B 37.
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2) Wismar.

8/12 Z. i. D., 12 Aß schwer.

A. Das senkrecht getheilte Stadtwappen in einem geschweiften Schilde, rechts der halbe Stierkopf, links von Silber und roth viermal queer getheilt. Umschrift: MON . NOV . WISMAR, eine Rose von fünf Blättern.
R. Der Reichsapfel mit 96. Umschrift: LEOPOL . D . G. I . R . S . A. ohne Jahrszahl.

Schillinge.

1) Herzog Christian z. M.

10/12 Z. i. D., 17 Aß schwer.

A. Das gekrönte Wappen von 6 Feldern mit dem Herzschildlein; zu den Seiten ist der Wappenmantel. Im dritten Felde ist ein auf einem (nach Petra Santa purpurnen) Plane rechts schreitender Greif; das vierte Feld enthält das gekrönte Kreuz. Umschrift: Symbol 3 Kreise CHRISTIAN ° D . G . D . M Symbol 3 Kreise
R. Symbol — SCHILIN — GMECHL — ENBVRG — . 16 . 61 .
   Vid. Evers II, pag. 140, wo jedoch eine zwischen der Jahrszahl befindliche Figur, vielleicht ein Hut, nicht angegeben ist.

2) Wismar.

10/12 Z. i. D., 22 Aß schwer.

A. Ein Lilieukreuz in einem Zirkel. Umschrift: MONETA  WISMAR Mönchsschrift.
R. In einem Zirkel der meklenb. Stierkopf mit einer Krone zwischen langen Hörnern, oben platten und unten runden Ohren, offenem Maule, ohne heraushangende Zunge, mit einem grade abgeschnittenen gegatterten Halsfelle. Umschrift: eine Rose mit 6 Blättern, CIVITAS  MAGNOP Mönchsschrift.
   Vid. Evers II, pag. 473, wo aber die Zunge als heraushangend angegeben ist.

3) Hamburg.

10/12 Z. i. D., 22 Aß schwer.

A. Das Stadtwappen in einem punktirten Zirkel. Umschrift: Zwei sich kreuzende Zainhaken, durch deren Durchschnittspunkt eine senkrechte Linie geht, HAMBUR STADGELDT.
R. Zwei Ovale durchschneiden sich senkrecht; an den 4 Enden und in den 4 äußern Winkeln sind Ver=
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zierungen; in dem innern Raume ist die Zahl 48. Ein punktirter Kreis umgibt das Ganze. Umschrift: CRUX CHRIS GLORI NO 1641.

Ein Einzwölftelthalerstück der Stadt Bremen.

1 Z. i. D., 73 Aß schwer.

A. Der Reichsadler mit zwei Köpfen, darüber die Krone, in jedem Schnabel ein Ring; in der rechten Kralle das Scepter, in der linken Kralle das Schwerdt; im Herz schilde 1/12, darüber ein Kreuz; neben und unter den Krallen RDDR. Umschrift: FRANCISCCS . D . G . ROM . IMP. S . A
R. Zwei unten zusammengebundene blühende Oelzweige, oben durch einen Schildrand, worüber zwischen der Umschrift eine Krone, vereinigt; in der Mitte das Stadtwappen, ein zierlicher, schräg liegender Schlüssel. Zwischen den Oelzweigen und der Umschrift
          N . D . R . FUS .
Umschrift: MON . NOV . REIP BREMENS . 1764

Ein halber Richsort des Herzogs Heinrich z. M.

1 4/12 Z. i. D., 80 Aß schwer.

A. In zwei concentrischen Zirkeln das rechts gekehrte Haupt des Herzogs mit herunterhangenden Haaren und starkem Barte; zu den Seiten des Halses 15 25. Umschrift: HENRIG . DE . GRA DVX MAGNOP
Anmerkung. 1. Vor und nach dem ersten, nach dem dritten und vierten Worte steht eine Rose von 5 Blättern.
2. Beide E sind Mönchsschrift.
3. Alle N, auch im R., haben den Verbindungsstrich verkehrt.
R. In einem punktirten Zirkel das meklenb. Wappen mit vier Feldern und dem Herzschildlein, welches gegattert und weiß ist; der Greif im zweiten Felde ist aufgerichtet; im vierten Felde ist der wendische Stierkopf schräge gestellt und hinter der Krone desselben ragt in der Mitte ein Horn hervor. Umschrift: MONE NOVA GREVESMOLEM. Vor und nach dem ersten Worte eine Rose von 5 Blättern; hinter dem zweiten Worte eine andere kleine Blume.
cf Evers II, pag. 51 (verschieden).
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Dütchen.

1) Herzog Adolph Friedrich z. M.

1 3/12 Z. i. D., 71 Aß schwer.

A. Ein bis zum Fußrande des Schildes gehender Zirkel, darin das meklenb. Wappen auf einem spanischen Schilde, ohne Krone und Schildhalter. Umschrift: ° ADOLPH . FRIDR . V . G . G . HERTZ . Z . ein D, an welchem nach oben ein Zainhaken.
R. In einem punktirten Zirkel, zwischen welchem und der Umschrift oben ein Reichsapfel steht,
   16. — REICHS — DALER — 1 . 6 . 3 . 2 .
Umschrift: MECKL . F . Z . W. G . Z . S . D . L . R . V . S . H.
   Vid. Evers II, pag. 100.

2) Rostock.

Feines Silber, 10/12 Z. i. D., 32 Aß schwer.

A. In einem geschweiften, von einem punktirten Zirkel eingeschlossenen Schilde der rechts schreitende Greif auf einem Balken in silbernem Felde; zwischen dem Schilde und dem Kreise ist rechts ein halber, links ein ganzer Stern. Umschrift: MONET . NOV . CIVI . ROSTOCHI . eine fünfblättrige Rose.
R. In einem punktirten Zirkel: XVI — EINEN — REICHS — DALER — S. T. (Samuel Timpe.) Umschrift: Ein Dreiblatt am Stengel, REICHES DALER SILBEN. 1647.
   Vid. Evers II, pag. 380 (etwas verschieden).

3) Lübeck.

1 3/12 Z. i. D., 73 Aß schwer.

A. In einem punktirten und in einem feinen dichten Kreise, aus welchem jedoch das mit Strahlen und einer Blende umgebene Haupt hervorragt, der heil. Christoph bis an die Knie, mit bloßen Armen, einem faltenreichen Mantel um den Körper und einem Felle über Schultern und Brust, trägt auf dem linken Arme ein Lamm mit einem Halbzirkel über dem Hopfe. Zwischen der Umschrift: MONE NOV LVBECEN ist am Fußende in einer doppelten Einfassung ein von Silber und gegattert queer getheilter Schild zwischen 2 Zierrathen; außerhalb der Einfassung 6-3
R. Auf einem durch einen punktirten Zirkel gehenden Kreuze der zweiköpfige Adler. Umschrift: ein kleiner Vogel CRVX FVGA OMNE MALV
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4) Pommern.

1 2/12 Z. i. D., 54 Aß schwer.

A. Auf einem durchgehenden Kreuze, in einem Kreise ein Schild mit einem rechts aufgerichteten Greif. Ueber dem Schilde, innerhalb des Kreises zu jeder Seite des obern Kreuzbalkens ein Stern. Umschrift: BOGIS LAVS XIVD. G . DVX SP
R. In einem punktirten Zirkel: 16. ST — REICHS — TALER — . 1628 . Umschrift: REICHS . SCHROT . VND . KORN .

Gulden.

1) Herzog Gustav Adolph zu Meklenb.=Güstrow.

1 6/12 Z. i. D., 1 Loth schwer.

A. In einem geschweiften Schilde das mekl. Wappen, darüber eine Krone zwischen der Umschrift: V. G. G. GVST . ADOLF . HERZ . Z . MECKLENB.
R. EIN — GVLDEN — MECKLEN — BVRGS — 1679. Der Rand ist auf beiden Seiten geriefelt, der Schnitt glatt.
   Vid. Evers II. pag. 276 u. 277.

2) Ein Vaterlandsgulden, 1 6/12 Z. i. D., 1 Loth schwer.

A. Auf einem oberhalb durch eine geschlossene Krone zusammengehaltenen Wappenmantel ein ovaler Schild mit dem schraffirten Wappen; der Herzschild ist ein ungetheiltes Oval; beide im Wappen vorkommenden Greife sind halb aufgerichtet. Umschrift: Eine Rose mit fünf Blättern, FRIED . FRANZ . V. G . G . HERZOG ZU MECKLENB . SCHWERIN
R. 2/3, darunter im Abschnitte: DEM VATERLANDE — 1813. Umschrift: 18 : STUCK EINE MARK FEIN
Anmerkung. Diese Gulden wurden blos im Jahre 1813 von den freiwilligen Geschenken der Meklenburger geschlagen.

3) Rostock.

Ein Gulden oder halber Speciesthaler, 1 8/12 Z. i. D., 1 Loth 6 Aß schwer.

A. In einem punktirten Zirkel der rechts zum Kampfe gerüstete Greif mit gespaltenem Schwanze. Umschrift: MONETA . NOVA . CIVITA . ROSTOCHIENSIS 1637 S und T in einander geschlungen (Samnel Timpe).
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Ein Adler mit zwei Köpfen und Zirkeln um dieselben; über ihnen, zwischen der Umschrift, die Reichskrone; im Reichsapfel auf der Brust 16 Umschrift: FERDINANDUS . III . D : G : ROM : IM : S : A :

Speciesthaler.

1) Herzog Heinrich zu Meklenburg.

1 10/12 Z. i. D., 2 Loth weniger 18 Aß schwer.

A. In einem geriefelten Zirkel das Brustbild des Herzogs Heinrich des Friedfertigen, im Hermelin=Mantel, mit über einander gelegten Händen; auf dem links gekehrten, mit kurzen Haaren und starkem Bart versehenen Haupte sitzt ein Baret. Umschrift: HENRICVS + DEI + GRACIA + DVX + MEGAPOL' ein Vogel.
Anmerkung. Beide hierin vorkommende D sind ein verkehrtes G.
R. Ein zierliches Lilienkreuz, in dessen Winkeln oben rechts der meklenburgische Büffelskopf, links der aufgerichtete Greif; unten rechts der Arm mit einer Binde, und in der Hand einen Ring haltend, links der schräge gestellte wendische Stierkopf; auf der Mitte des Kreuzes der gräflich schwerinsche, gegattert und weiß queer getheilte Schild mit einem Knopfe in der Mitte. Umschrift: MONETA + NOVA + GREVESMOLENSIS + XXXX ein Vogel.
Vid. Madai Medaillen=Sammlung 1743, pag. 377 seq.; Evers II. pag. 49 hat HINRICVS.

2) Herzog Albrecht zu Meklenburg.

1 11/12 Z. i. D., 2 Loth weniger 24 Aß schwer.

A. Das en face gestellte unbedeckte Brustbild des Herzogs Albrecht des Schönen, mit kurzen, glatt gekämmten Haaren, starkem Barte, mit über den Harnisch vom Halse herabhangender Kette, ohne Hände. Umschrift: ALBERTVS + DEI + GRACIA + DVX + MEGAPOLE ein, Blatt oder ein kleiner Baum.
R. Dem vorigen ähnlich, nur ist die Form, sowohl des Lilienkreuzes, als auch der einzelnen Schilde etwas verschieden; auch ist der Herzschild oben roth und unten gegattert. Umschrift: Ein Blatt MONETA + NOVA + GADEBVSSENSIS + 1543 +
   Vid. Evers II. pag. 58.
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3) Meklenburg=Güstrow.

1 9/12 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Das Brustbild des Herzogs Carl, links gekehrt en profil, mit kurzen glatten Haaren, langem Knebelbarte, einer Halskrause, im zierlichen Harnisch; die rechte Hand ist auf den Gürtel gestützt; der linke herabhangende Oberarm ist nicht sichtbar, wohl aber der aufgerichtete Unterarm mit der Hand, auf deren Fingerspitzen ein Reichsapfel ruht. Umschrift: CAROLUS . DEI . GRA . DUX . MEGAPOLENSI 1609
Anmerkung 1. Ein punktirter Zirkel reicht nur bis zu dem von den Augen an zwischen der Umschrift stehenden Kopfe, über welchem die Jahrszahl in kleinen Ziffern steht.
Anmerkung 2. Der Reichsapfel ruht auf den Fingerspitzen, wird aber nicht, wie
   Evers II. pag. 241
sagt, von dem zum Theil sichtbaren Arm getragen.
R. Das quadrirte Wappen mit dem Herzschildlein, welches oben gegattert und unten weiß ist; geschmückt mit drei Helmen; über dem aus dem mittlern derselben hervorragenden Pfauenwedel ruht ein grade liegender Stierkopf; über diesem sind drei große Pfauenaugen, über welchen, zwischen der Umschrift, ein Reichsapfel schwebt. Schildhalter sind rechts ein Stier, links ein Greif mit vier Adlerklauen. Umschrift: PRIN . UA . COM . SU . ROS TOC . E . STAR .

4) Wallenstein, Herzog von Friedland und Sagan, später auch Herzog von Meklenburg.

1 10/12 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Das links gekehrte Profil des Herzogs Albrecht (Wallenstein) mit den Schultern, mit kurzen Haaren und einem Knebelbarte, mit breitem Halskragen; über der rechten Schulter scheint ein Mantel zu liegen; unter der Büste steht die Jahrszahl 1628. Umschrift: Eine fünfblättrige Blume ALBERTVS . D . G . DVX . ein Ordensstern FRIDLAN : ET. SAGAN
R. Unter einer Fürstenkrone ein Schild mit einem gekrönten Adler mit rechtshin ausgeschlagener Zunge;
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auf der Brust desselben ist ein quadrirter Schild mit vier gegen einander zum Kampfe gerüsteten Löwen. Umschrift: SACRI . ROMANI . IMPERII . PRINCEPS .

1 11/12 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Wallensteins Brustbild en face, jedoch ein wenig links gekehrt, so daß nur das rechte Ohr, nicht aber das linke, sichtbar ist, mit kurzen, starke Winkel bildenden Haaren und Knebelbarte, in zierlichem Harnisch, über welchem eine, von einer Schulter zur andern reichende, über die Brust herabhangende Kette; ein Mantel ist auf der rechten Schulter zusammengebunden. Umschrift: eine Arabeske über dem Haupte, ALBERT . D . G . DVX . MEGA . ein Löwe in einem Zirkel FRD . (I und D sind zusammengezogen und stehen etwas niedriger) ET . SAG . PR . VAN
R. Das mit dem zwischen der Umschrift befindlichen Fürstenhute bedeckte meklenburg=friedland=sagansche, aus 13 Feldern bestehende Wappen, welches von der Ordenskette des goldnen Vließes umgeben ist Umschrift: COM . SVE . DO : ROS . das von der Ordenskette herabhangende Vließ, ET . STARGAR 1632

5. Ein herzoglich sächsischer Achtbrüderthaler.

1 9/12 Z. i. D., 1 3/4 Loth schwer.

Auf jeder Seite sind, von einem Kranze umgeben, vier neben einander gestellte Brustbilder, mit entblößten Häuptern, herabhangengenden glatten Haaren, mit Ordensketten auf der Brust; die zur Rechten Gestellten zeigen die rechte Hand; die links Stehenden die linke Hand.

Auf einer Seite steht unten im Abschnitt:

MON : NOV : ARG : - Symbol : FRAT : — DVC : SAX :

Umschrift: Vor jedem Namen ein Wappen der verschiedenen Landestheile: D : G : IO : ERNEST — FRIDERICVS — WILHELMVS — ALBERTVS .

Auf der andern Seite ist im Abschnitte zu lesen: LINEÆ ° VIMA : — : RIENSIS. 16 10 — WA Umschrift: gleichfalls vor jedem Namen ein einfaches

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Wappen: IO : FRIDERIC, — ERNESTVS — FRID : WILHELM . — BERNHARD,

6) Stadt Lüneburg.

2 Z. i. D., 2 1/4 Loth schwer.

A. In einem Kranze das Stadtwappen: drei Thürme auf einer mit Zinnen versehenen Mauer, in deren Thor ein schräg liegender Schild mit einem links aufgerichteten Löwen. Umschrift: MONETA . NOVA . CIVITAT : LUNÆBURGENSIS .
R. Der gekrönte zweiköpfige Adler; in dem auf der Brust befindlichen Reichsapfel die Zahl 32. Umschrift: LEOPOLDUS . I . D : G : RO : IM : SE : AU GUS : 1660, zwei über einander kreuzweise gelegte Schlüssel.

7) Herzog Christian von Braunschweig, Bischof von Minden.

2 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Das links gekehrte geharnischte Brustbild en profil, in bloßem Haupte, mit einem breiten, ausgezackten Halskragen und einer Feldbinde. Umschrift von oben links: CHRISTIANUS D : G : EL . EP . MIND . DUX B . ETL . Zwischen den beiden D steht der verkehrt geschriebene Name des Münzmeisters, H S, mit einem Zainhaken in der Mitte.
R. Das braunschweig=lüneburgische Wappen von 8 Feldern, mit dem Schilde des Bisthums Minden in der Mitte. Umschrift: eine fünf blättrige Rose, IUSTITIA ET CONCORDIA . A. 1624, eine Rose von 5 Blättern.

8) Herzog August von Braunschweig=Lüneburg.

2 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Das vollständige braunschweig=lüneburgische Wappen mit 11 Feldern. Umschrift: AUGUSTUS HERTZOG ZU BRAUN : U : LU .
R. Ein wilder Mann, der eine mit der Wurzel ausgerissene Tanne wie eine gefällte Lanze hält. Umschrift: ALLES MIT BEDACHT . ANNO 1659. H . S . zwei kreuzweise gelegte Zainhaken.

Ducaten.

Jülich. 1 1/2 Z. i. D., einen Ducaten weniger 6 Aß schwer.

A. Johannes der Täufer in ganzer Figur, in der Linken einen über die Schulter gelegten Stab haltend, woran oben ein Kreuz; dieses, das Haupt mit dem Heiligenscheine, und die Füße, zwischen denen ein
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Kreuz steht, befinden sich Zwischen der Umschrift: S. JOHANNES BABTISTA, eine undeutliche Figur. Mönchsschrift.
R. Vier zusammenstoßende Halbzirkel, in deren Winkeln, sowohl nach innen, wie auch nach Außen, kleine Blumen sind, umgeben fünf ein Kreuz bildende Schilde; im obersten und mittelsten derselben ist ein zweiköpfiger Adler; in dem zur Rechten eine undeutliche Figur; der zur Linken enthält ein unten gepfeiltes Krückenkreuz; der unterste Schild ist gegattert. Umschrift: + DVX REINALD' . IVL + COMS . ein Zainhaken. (Zwischen 1402 und 1423.)

Ein meklenb.=strelitzisches Fünfthalerstück.

1 Z. i. D., einen Frd'or. schwer.

A. Unter einer geschlossenen Krone die in einander geschlungenen Buchstaben A. F. (Adolph Friedrich III.). Zu den Seiten: V . G . G .      H . Z . M.
Unten: 1748.
R. Unter einer geschlossenen Krone ein barokscher, mit Laubwerk gezierter Schild, worauf im goldenen Felde ein Stierkopf mit einer Lilie zwischen den Hörnern, mit dem Halsfelle und dem Nasenringe. Darunter 5. THALER — C . H . I (Jaster.)
   Vid. Evers II. pag. 313 und die Tabelle.

Ein (doppelter) Rosenobel.

1 6/12 Z. i. D., 2 Ducaten und 13 Aß schwer.

(Dieses Stück ist ausgepflügt auf dem kaltenhöfer Acker der Feldmark Prislich, im großherzogl. Amte Graboro, im Mai 1836.)

A. Das gekrönte Brustbild des Königs Eduard IV. von England in einem auf Wogen segelnden Schiffe; in der Rechten trägt der König ein Schwert, dicht daneben weht eine Fahne oder Flagge mit dem Buchstaben E (Mönchsschrift); in der Linken einen geviertheilten Schild, in dessen erstem und viertem Felde drei Lilien, 2/1, und im zweiten und dritten Felde drei über einander rechts laufende Leoparden. Die beiden Enden des Schiffes haben verzierte Einfassungen, aus welchen Taue nach dem Mastkorbe hinauf laufen. Der Bauch des Schiffes ist mit einer fünfblättrigen Rose mit 14 Saamenpunkten, und oberhalb, zu jeder Seite der Rose, mit einem
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Leoparden und einer Lilie geschmückt. Neben dem obern Schildrande links, und unter der Rose in der punktirten Einfassung über der Umschrift, ist ein kleines Kreuz mit einem Stempel eingeschlagen (vielleicht das Zeichen der Münzsammlung, zu welcher dieser Rosenobel gehört hat). Umschrift: DNS ein Dreiblatt I ein Dreiblatt H ED VAR IV ein Dreiblatt DI ein Dreiblatt GRA ein Dreiblatt REX vier kleine Zeichen, je zwei und zwei über einander, ANGL drei Zeichen FRANC Mönchsschrift (vor 1484).
R. Aus einer in der Mitte befindlichen fünfblättrigen Rose gehen 16 Strahlen; auf dem je vierten derselben sind Stufen, über welchen eine Lilie zwischen Verzierungen, abwechselnd mit diesen steht auf andern Strahlen ein Leopard unter einer Krone; über jedem dieser 8 Wappenbilder ist ein punktirter und darüber ein geschlossener Bogen; in den äußern Winkeln, welche diese letztern bilden, ist eine Art Dreiblatt, wie in der Umschrift. Das Ganze wird von einem punktirten Zirkel eingeschlossen. Umschrift: eine fünfblättrige Rose IHE AVT Dreiblatt TRANS undeutliche Zeichen PER MEDIVM zwei Dreiblätter ILLORVM Dreiblatt IBAT Dreiblatt. Mönchsschrift.
   Vid. Evang. Lucae Cap. IV. 30
cf. Köhler Münzbelustigungen VI. pag. 326 und
          VIII. pag. 143.

Medaillen.

1) Adolph Friedrich, H. z. M.

2 1/3 Z. i. D., 3 7/8 Loth schwer.

A. In einem punktirten Zirkel das links en profil gekehrte Brustbild des Herzogs mit über der Stirn in die Höhe gestreiften Haaren, kurzem Kinnbarte, aufstehendem, mit Spitzen besetztem Halskragen, einer Feldbinde über dem zierlich gearbeiteten Harnisch oder Kleide; oberhalb, zu beiden Seiten, sind Vorhänge. Umschrift: ADOLPHVS . FRIDRICH . V : G : G : HERT : Z : MEC : F : Z : W : G : Z : S : D : L : R : V : S : H : ein Zainhaken.
R. Fortuna, mit links gekehrtem Profil, auch dahin flatternden Haaren mit einem Shawl, der hinter dem Halse über beiden Schultern liegt, hinter dem
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Rücken mit beiden Enden rechts fliegt, jedoch so, daß das eine Ende, oberhalb der linken Hüfte, die Mitte des Körpers bedeckt, steht auf einer zwischen der Umschrift sich befindenden geflügelten Kugel, fassend mit der Rechten ein rechts aufgeschwelltes Segel, dessen unten spitz zulaufendes Ende die Linke hält. Hinter ihr jagen zwei behelmte Reuter von ihr; ihr zur Linken, etwas zurück, steht ein Baum. Umschrift: FORTVNE . IN . FORTVNE . FORT VNE . ANNO . 1613
   Cf. Evers II. pag. 90.

2) Auf den Tod der Fürstin Anna Maria, einer Tochter des Herzogs Adolph Friedrich z. M. und Gemahlin des Herzogs August zu Sachsen. 2 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Umschrift: Ein Vierblatt D. G. ANNA MARIA . DUX. SAX . IUL. CLIV . ET MONT . Im innern Zirkel, in eilf Zeilen: NAT — E DOMMEG — SVER . IUL . 1627 — NUPTA — IBID . 23 NOV . 1647 — DENATA — HAL . II . DEC . 1669-VIXIT — ANNOS XLII — MENS. 5 D—10 Diese letzte Zahl steht zwischen den Vor= und Zunamen des Münzmeisters Hl—F
R. Jacob, dessen Hut und Schäferstab auf der Erde liegen, ringt mit dem Engel; rechts die aufgehende Sonne, obenüber und links Gewölke. Unter den Füßen steht: Ich lasse dich nicht. Gen. 32. 27. Umschrift: Ein Vierblatt DEVM QVI . HABET . OMNIA . HABET .
Vid. Evers II. pag. 111 u. 112.

3) Herzog Christian Ludewig z. M. 1 2/12 Z. i. D., 113 Aß schwer.

A. Des Herzogs links gekehrtes Profil, in flatternden Haaren, mit dem Ordensbande über dem Harnische. Umschr.: CHRIST. LVDOV . D . G . DVX MECKLENB . R. Unter einer Krone das ovale, Schraffirte, von zwei Ordensketten umgebene Wappen. Umschrift: PER ANGUSTA AD AUGUSTA 17 52
   Vid. Evers II. pag. 186 (verschieden).
Anmerkung. Diese Medaille, eine ähnliche in Gold, und eine größere in Silber mit gleicher
R.
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Präge, wurden am Geburtstage der Herzogin Louise Friederike, den 3. Febr. 1753, bei Hofe vertheilt.

4) Die kleinere Begräbnißmedaille auf Herzog August von Braunschweig=Lüneburg, postulirten Bischof von Ratzeburg. 1 2/12 Z. i. D., 69 Aß schwer.

A. Das braunschweigsche Wappen mit einem Herzschilde, worauf eine Säule (oder ein Thurm), wohinter rechts ein Bischofsstab, und links ein Schwert schräge gesteckt sind; mitten über der Säule schwebt eine Bischofsmütze.
R. In 10 Zeilen: . NAT. 18 — NOV . ĀŌ . 1568 — OBHT . I . OCT . ĀŌ —1636 . REXIT . DIŒ — CESIN . RA . ĀŌS 26 — PROVINCIAS . HAE — REDITARIAS ĀŌS — TRES . VIXIT ĀŌS — 67 . MENS . 10 — DI .12

5) 2 8/12 Z. i. D., 3 Loth schwer.

A. Herzog August von Braunschweig=Wolfenbüttel in einer Rüstung, einen Federhut auf dem Kopfe, eine nach hinten lang flatternde, Feldbinde um den Leib, den Commandostab in der Rechten, sitzet zu Pferde. Umschrift: AUGUSTUS V G G HERZOG ZU BRUNSWYK UND LUNABURG
R. Das braunschweig=lüneburgische Wappen von 11 Feldern. Umschrift: ALLES MIT BEDACHT ANNO 1655 H. S. (Heinrich Schlüter.)
   Ein Palmzweig umgiebt das Ganze.

6) Gedächtnißmedaille auf Herzog Rudolph August, von Braunschweig=Lüneburg, 10/12 Z. i. D., 46 Aß schwer.

A. Das links gekehrte Brustbild des Herzogs en profil mit großer Lockenperrüque und im Harnische. Umschrift: RVD : AVG : D : G : DVX . BR . ET. L
R. NATUS — XVI MAY MDCXXII — REG : AGGRESS : — XVII . SEPT : MDCLXVI — OBIIT . XXVI IAN — *MDCCIV* — HC Symbol H zwei kreuzweis gelegte Zainhaken

7) Medaille auf den Kurfürsten Johann Georg I. zu Sachsen, als Reichsvicar, 1 4/12 Z. i. D., 1/2 Loth schwer.

A. Der Kurfürst, die Krone auf dem Haupte, bekleidet mit dem Kurmantel, das Schwert in der Rechten eilend, sitzt auf einem mit lang überhangender
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Decke und mit einem Federbusche auf dem Kopfe geschmückten Pferde, zwischen dessen Füßen die die Jahrszahl 16 19 und darunter das kursächsische Wappen, zu dessen Seiten Blumen stehen. Umschrift: PRO LEGE ET GREGE eine fünfblättrige Rose.
R. In zwölf Zeilen: D . G . — IOHANN . GEORG — DVX SAX . IVL . CLIV . E . — MONT . S . R . I . ARCHIMAR . — ELECC . ATO . POST EXCESS . — D . IMP . MATTHlÆ . AVG . SE — CUNDUM . VICAR.LANTGR . — THVR.MARCH.MISNLÆ — BVRGGR . MAGD . COM . D . MARCA. ET RAVENSP . — DNVS . IN RAVEN — STEIN .

8) Sterbemedaille auf Magdalena Sibylla, eine Tochter des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen, welche, nachdem sie im Jahre 1647 Wittwe des Prinzen Christian von Dänemark geworden war, sich 1652 mit Friedrich Wilhelm II., Herzog zu Sachsen=Altenburg wieder vermählt hatte. 2 Z. i. D., 2 Loth schwer.

A. Unter einer aus dem obern Rande hervorbrechenden Sonne eine von zwei aus Wolken zu beiden Seiten hervorragenden Händen getragene Krone; darunter ein Band mit den Worten:
ICH HABE ÜBERWUNDEN,
unter diesem ein auf der Vorderseite mit einer Blumenguirlande geschmückter Sarkophag, auf welchem die in einander geschlungenen Buchstaben M und S.
R. Eine Seite einer Pyramide, worauf in 10 Zeilen: V . — G . G . MAG — DALENA — SIBYLLA — GEB . AUS — CHURF . STAM — U . VERMÆHLTE — PRINC . ZU SACHSEN I . C . UND BERG.
Im Abschnitte rechts steht in drei Zeilen:
GEBOREN D . 23 XBRIS — 1617 ZU DRESDEN
Im Abschnitte zur Linken gleichfalls in drei Zeilen: STARB SELIG D . 6 IAN — 1668 . ZU ALTEN — BURGK

9) Begräbnißmedaille auf Prinz Johann Wilhelm, einen Sohn des Herzogs Bernhard zu Sachsen=Jena und der

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Maria von Tremouille. 1 3/12 Z. i. D., beinahe 172 Loth schwer.

A. Ein Sarkophag, bedeckt mit einem Mantel, darüber der Herzogshut, aus welchem zu beiden Seiten ein Stab hervorragt. Auf der vordem Fläche des Sarkophags steht: RECTOR — ACADEMIÆ — IENENSIS — MAGNIFI — CENTISS :
Auf der rechten Seitenfläche: VIXIT — ANN — XV — MENS — VII — DIES — XII.
Innere Ueberschrift: NON PERITVRA NECE.
Aeußere Umschrift von unten rechts: IOH . WILH . DVX SAX . I . C . M . ANG . ET WESTPH .
R. NATVS — D . XXIIX MARTI . — MDC . LXXV — DENATVS — D . IV . NOVEMBRIS . — MDC . LXXXX — SEPVLTVAS — MENSE . IANUAR . — M . C . XCI .
Die Inschrift des R wird von zwei Palmenzweigen, auf deren unterm Durchschnittspunkte ein symbolum mortis liegt, umgeben.

10) Auf den Kaiser Tiberius. 2 Z. i. D., 2 5/8 Loth schwer.

A. Das links gekehrte Profil des Tiberius, mit einem Lorbeerkranze im Haare. Umschrift: TI CAESAR DIVI AVG F . AVGVSTVS IMP III
Anmerkung. Die Zahl am Ende kann vielleicht IIII sein.
R. Ein Tempel mit geschmückter Façade; auf jeder Seite eine Säule, worauf eine beflügelte Figur, die zur Rechten hält einen Ölzweig, die zur Linken einen Lorbeerkranz in der Hand. Zu den Seiten des Tempeis steht: S C , unter dem Tempel: ROMETAVG (d. a. 5 post Chr.)
Anmerkung. Diese Medaille ist von einem Kenner für ächt und sehr selten anerkannt worden.

11) Spottmedaille.

a. Silber, 1 7/12 Z. i. D., 2 1/2 Loth schwer.

A. Ein rechtsgekehrter Kopf mit der Papstkrone; umgedreht: ein links sehendes Profil mit struppigen Haaren, Bockshörnern und Eselsohren. Umschrift: eine Rose mit sechs Blättern: DES BABST LEHR VND REICH IST DEM TEVFEL GLEICH.
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R. Rechts sehend ein Mannskopf en profil, mit dem Kardinalshut; umgedreht: ein links gekehrter Kopf mit der Narrenkappe. Umschrift: DER CARDINALSTAND IST NARNWERCK VND SCHANDT.

b. Bleierne Spottmedaille auf den für untergeschoben ausgegebenen Sohn Königs Jacob II. von England, Jacob Franz Eduard. 1 4/12 Z. i. D., 3/4 Loth schwer.

A. Rechts der Hintertheil eines Kriegsschiffes mit französischer Flagge; weiter vorwärts eine auf einem Krebse reitende, mit einer Pfaffenmütze bedeckte Person, welche auf den Händen ein Windelkind, über dessen Haupte ein Stern schwebt, trägt; darunter im Abschnitte: IAC . FRANC . EDOUARD — SUPPOSE I'20IUIN — 1688. Umschrift von unten rechts: ALLONS MON PRINCE NOUS SOMMES EN BON CHEMIN.
R. Ein Schild, enthaltend eine Windmühle in grünein Felde; über dem Schilde eine Pfaffenmütze, wohinter, als Ordenskette, ein doppelter Rosenkranz hervorkommt, den Schild umgiebt, unten, als Ordenszeichen ein Krebs, und er hat zur Devise: HONY . SOIT . QUI . BON . Y . PENSE . hat. Umschrift von unten rechts: LES ARMES ET L'ORDRE DU PRETENDU PRINCE DE GALES.

C. Gesammelte Nachrichten von Alterthümern aller Art.

I. Nachrichten von vorchristlichen Grabdenkmälern.

Ueber die verschiedenen Arten von Gräbern und ihre Verbreitung schreibt Herr Dr. von Hagenow zu Greifswald: "In unsrer Provinz (Vorpommern) kommen jene kegelförmigen Hügel, die Gold, Spiraldräthe, Handbergen u. dgl. enthalten, fast gar nicht vor, und darum sind die Gegenstände von Metall auch bei uns so rar und werden nur zufällig in der Erde oder in Torfmooren gefunden. Eine Anzahl kegelförmiger Hügel, die ich für die fraglichen zu erkennen glaubte, täuschte mich stets beim Aufgraben. Ich wüßte auch nicht, daß hier jemals ein solches gefunden und eröffnet

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sei; jenseit der Peene und in Hinterpommern sollen sie vorkommen. - Die Steinkisten sind wohl die ältesten Gräber; sie enthalten nur Steinsachen, schlechte Urnen, dann und wann Gerippe, aber nie Metall. - In welcher Reihenfolge die übrigen Arten folgen, ist unbestimmt; nur so viel scheint mir gewiß zu sein, daß die Urnen im Sande und in bloßer flacher Erde den Slaven als den letzten Heiden angehören. Hier um Greifswald, wie überall im Lande, sind dergleichen Urnenlager, und ich fand zum öftern Eisenbröckel, auch kleine Ringe und Fibeln von Bronze und dergleichen sehr oxydirtes Metall darin". - In der Altmark Brandenburg sind die sogenannten flachen Wendenkirchhöfe nicht selten und haben durch die Bemühungen des Herrn Professors Danneil zu Salzwedel die reiche Ausbeute geliefert, welche in der königl. Alterthumssammlung zu Berlin sich befindet. Ueber die Kegelgräber schreibt dieser verdienstvolle Mann: "Die kegelförmigen Grabhügel, wie sie sich bei Ihnen so viel zu finden scheinen, sind wahrscheinlich in der Altmark nicht vorhanden 1 ); dergleichen bilden nur Kugelsegmente bei uns, zur Kegelform erhebt sich meines Wissens kein einziger". - In Bezug auf die Wendenkirchhöfe theilt die königl. schleswig=holstein=lauenburgische Gesellschaft für Samml. und Erhalt, vaterl. Alterth. Folgendes mit: "Eine dritte Klasse von Gräbern sind die größern Begräbnißplätze aus alter Zeit, wo auf einem weiten Raume ohne Hügel Urne bei Urne sich finden kann. Solche Begräbnißplätze kommen in Wagrien, also auf früher slavischem Boden, vor."

Meklenburg ist an allen Arten vorchristlicher Gräber ungemein reich, wie vieles auch von diesen ehrwürdigen Resten der Vorzeit schon nutzlos zerstört oder unkenntlich geworden sein mag. Diesen Reichthum des Landes allmälig seinem ganzen Umfange nach kennen zu lernen, muß in mehr als einer Rücksicht dem Verein sehr wünschenswerth erscheinen 2 ). Deshalb hat der Ausschuß schon bisher sich angelegen sein lassen, eine ziemliche Menge von Notizen über diesen Gegenstand einzusammeln, und hofft und erbittet von der Willfertigkeit der Mitglieder, daß sie auch ferner mit derartigen Nachrichten ihn versehen werden.


1) Das häufige Vorkommen der reichen Kegelgräber in Meklenburg, auch in Holstein, und das seltene Vorkommen derselben in andern nahen Ländern, wie in Vorpommern, Mittelmark, Altmark, scheint auf eine alte, bedeutende Kultur=Epoche in den beiden erstgenannten Ländern zu deuten.
2) Eine möglichst genaue Gräbercharte des Landes würde gewiß ein sehr werthvolles und interessantes Werk sein.
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1. Hünengräber.

a) Die pommersche Gesellschaft berichtet: "Aus einem Schreiben unsers Mitgliedes, des Herrn von Suckow zu Stralsund, erlauben wir uns Ihnen folgende Notiz mitzutheilen, die vielleicht einiges Interesse für Sie haben möchte: ""In meinem Vaterlande Meklenburg=Schwerin finden sich die großartigsten aller Heidendenkmäler, die ich gesehen habe: es sind dies ungeheure Steinkisten, kleine Pagoden; die ansehnlichsten sah ich auf dem Wege von Meyenburg in der Prignitz nach Plau"". Diese Notiz wird hoffentlich für die in der bezeichneten Gegend wohnenden Mitglieder nicht verloren sein, sondern nähere Mittheilungen veranlassen.

b) Herr Rector Masch zu Schönberg meldet: "In der Nähe des Flechtkruges, einer Pertinenz von Prieschendorf, liegen die holmer Tannen, zum Domanial=Amt Grevismühlen gehörend. An der westlichen Seite derselben, etwa 10 Minuten von dem genannten Kruge und einige 100 Schritte von dem Rande des Gehölzes entfernt, liegt ein oben runder, etwa 15-20 Fuß hoher, holzfreier Hügel, dessen obere Fläche 33 Fuß im Durchmesser hat. Auf demselben befindet sich ein (von dem Herrn Berichterstatter durch einen Situationsplan dargestelltes) Hünengrab. Ungewiß blieb es mir, ob dieses Grab bereits aufgedeckt sei oder nicht. Für das Erstere schien allerdings die Vertiefung zwischen den Steinen zu sprechen; jedoch war an keiner Stelle eine Spur von ausgeworfener Erde zu erkennen, der Hügel war außerhalb der Steinreihen durchaus eben und mit Moos bewachsen".

c) Von den großherzoglichen Beamten zu Crivitz ist in Folge der jüngst erlassenen allerhöchsten Verordnungen zum Schutze der vorchristlichen Denkmäler ein Bericht über die im Amte Crivitz vorhandenen heidnischen Gräber der Landes=Regierung zu Schwerin eingesandt 1 ) und von diesem hohen Collegium dem Ausschusse zur Kenntnißnahme mitgetheilt worden. Eins der in diesem Berichte genannten Grabdenkmäler auf der Hof=Feldmark Ruthenbeck hat von dem mitberichtenden Hrn. Amtshauptmann Mühlenbruch eine nähere Beschreibung und Zeichnung erhalten, wornach dasselbe unzweifelhaft ein Hünengrab ist. Der genannte Herr Beamte schreibt nämlich: "Das Monument ruhet auf 6 großen Steinen, die außerhalb über der Erde 3 1/2 Fuß hoch sind; der Deckstein ist 13 Fuß und 10 1/2 Fuß, unten ganz flach, oben gerundet und


1) Mochte dieses Beispiel doch recht bald und überall Nachahmung finden.
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3 1/2 Fuß dick; derselbe ist - angeblich durch einen Blitzstrahl - geborsten; unten ist die Erde etwas vertieft und hat hier eine Höhe von 5 F., der innere Raum ist 8 und 8 F. Nach vorne vor dem Eingange befinden sich noch 7 große Steine, die 1 bis 2 F. über die Erde hervorragen; in deren Mitte hat ein bedeutend großer Stein gelegen, der aber schon vor längerer Zeit gesprengt und anderweitig verbraucht worden ist". Außerdem werden, ohne nähere Bezeichnung ihres Characters, auf der Hof=Feldmark Ruthenbeck noch 3, auf der Hof=Feldmark Zapel 1, auf den Dorf=Feldmarken Domsühl 5, Goldenbow 7, Raduhn 1, Zapel 2 vorchristliche Monumente aufgezählt, und schließlich wird hiezu bemerkt: "Es sind wahrscheinlich mehr dergleichen Monumente hier und auf andern Feldmarken vorhanden gewesen, die aber früher zu Bauten und massiven Brücken verwandt worden, und da hier auf mehreren bedeutenden Feldmarken gar keine Steine sich befinden und bei dort statt gefundenen Bauten schon der Bedarf von den verzeichneten Feldmarken hat genommen werden müssen, hier aber auch die gewöhnlichen Feldsteine schon sehr vergriffen und sparsam werden, so wird die Noth zuletzt die Verwendung der Denkmäler erfordern".

d) Auf dem Felde von Zülow bei Schwerin, an dem Wege von Wittenburg nach Schwerin über Neumühle, dort wo sich der Weg von Walsmühlen über Rogahn von dem Hauptwege über Strahlendorf trennt, nicht weit von dieser Theilung vom Wege linksein, befindet sich ein mit großen Steinen umstelltes Hünengrab, 100 Fuß lang und 10 breit, mit einer langen Fortsetzung von einhegenden Steinen, auf einem wüsten Ackerstücke. (Mittheilung des Herrn Archivars Lisch.)

e) Nach einer Mittheilung des Herrn Amtsverwalters Hase zu Schwerin befinden sich auf der Feldmark Kuhs, Amts Güstrow, noch mehrere recht wohl erhaltene Hünengräber.

2. Kegelgräber.

a) Zu Kogel bei Wittenburg, am Wege von Dodow an Kogel vorbei nach Camin, rechts am Holze und in demselben, auf dem Försteracker, so wie

b) zu Goldenbow an der vellahnschen Scheide, links am Wege von Goldenbow nach Vellahn, sind mehrere Kegelgräber.

c) Auf dem Felde von Zülow bei Schwerin zu jeder Seite des Weges von der Landstraße nach dem Hofe ein großes, mit hohen Bäumen bepflanztes Kegelgrab.

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d) Ein großes Kegelgrab bei Proseken, und

e) sieben bei Doberan.

f) Oestlich vom Dorfe Prillwitz stehen ungefähr vierzehn große Grabhügel von Kegelform, äußerlich von Erde aufgeschüttet. Die zunächst am Dorfe stehenden gehören zu den größten dieser Art.

g) Auf dem Felde von Gr. Upahl liegt nahe an der Scheide, dem Hofe Prützen gegenüber, auf einer Höhe ein Kirchhof mit vierzehn Kegelgräbern, von denen eins ziemlich bedeutend ist, alle aber nicht schwer aufzugraben sind. Umher liegen in der Ferne noch einzelne zerstreut.

Auf dem gegenüberliegenden Felde von Prützen sind nach der Aussage des Besitzers, Herrn Geheimen Finanzraths satow, noch zwei Kegelgräber, nahe der Stelle, wo er, ungefähr im J. 1820, ein Kegelgrab aufdecken ließ, dessen germanischer Inhalt im Besitze der Domschule zu Güstrow ist.

Auch auf dem angrenzenden tieplitzer Felde sind, in der Gegend des aufgegrabenen großen ruchower Grabes, noch einige Kegelgräber.

In dem Gehölze bei Upahl, auf dem Wege nach Dobbertin hin, zwischen Upahl und der Ziegelei, ist eine sehr große Menge von Gräbern, von denen die meisten leicht aufzudecken sind, und die beim Baumfällen und Ausroden dereinst doch zerstört werden.

(a-g Mittheilungen des Hrn. Archivars Lisch, meistens aus eigener Anschauung.)

h) In den Tannen bei Retgendorf, am östlichen Ufer des Schweriner Sees, und

i) in den Stadttannen bei Warin sind mehrere Kegelgräber. (Mittheilung des Herausgebers, aus eigener Anschauung.)

k) Bei dem Dorfe Kiekindemark bei Parchim, in der sogenannten Streithorst, zwischen der alten Landwehr und dem das jetzige Gebiet der Stadt Parchim von dem Domanialamt Neustadt trennenden Graben, findet sich eine Menge heidnischer (Kegel=?) Gräber. (Mittheilung des Herrn Stadtförsters Schultz zu Kiekindemark und des Herrn Dr. juris Beyer zu Parchim, welcher letztere sich zu weiteren Untersuchungen und Nachgrabungen an dieser Stelle bereit erklärt hat.)

l) An mehreren Stellen auf dem Felde bei Schwaan sind Hügel, welche Herr Gerichtsrath Ahrens daselbst ebenfalls für (Kegel=) Gräber hält.

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3. Wendenkirchhöfe.

a) Der Kirchhof zu Presek, einer Pertinenz von Hülfeburg bei Wittenburg, ist, nach einer Schilderung des frühern Besitzers, Herrn von Hammerstein, im Freimüth. Abendbl. 1821, No. 134, ein Wendenkirchhof. Durch den Herrn Pastor Ritter zu Wittenburg sind bei dem Herrn Pensionär Unruh zu Hülfeburg dieserhalb Nachrichten, welche das frühere Vorkommen von Urnen mit Ashe etc. . an jener Stelle bestätigen, eingezogen, und von letzterem für die Zeit, wo der damals noch mit Rapp bestellte Platz abgeerntet sein werde, weitere Untersuchungen verheißen worden.

b) In der Pfarrhölzung zu Gägelow bei Sternberg, wo schon viele Urnen und Scherben gefunden wurden, von welchen Herr Präpositus Brehm daselbst zwei treffliche Urnen von der Art der in den Wendenkirchhöfen vorkommenden Serenissimo überreichte, sind nach des Herrn Präpositus Bericht noch mehr Schätze zu erwarten, "auf dem ersten gegen Süden nach dem Dorfe zu gelegenen, jetzt mit Tannen bewachsenen Berge in der bergigen Pfarrhölzung, auf der Höhe dieses Berges".

II. Nachrichten von andern alten merkwürdigen Stätten.

1. Künstliche Steinstellungen bei Blengow.

Zwischen Blengow und Meschendorf am Meeresstrand findet sich, nach dem Berichte des Herrn Pastors Mussäus zu Hansdorff, eine künstliche Steinstellung, deren Bestimmung sich bisher noch nicht hat ausmitteln lassen. Nähere Untersuchungen und Mittheilungen würden willkommen sein.

2. Merkwürdiger Platz bei Grabow.

Auf dem kaltenhof=prislicher Felde bei Grabow ist in einer flachen Gegend eine Vertiefung mit bedeutenden Hügeln umgeben. Diese Stelle wird seit undenklichen Zeiten vom Volke "Bund=Sahl" genannt. (Mittheilung des Herrn Gerichtsraths Stollberg zu Grabow.) Schon nach früheren Vorkommenheiten mancher Art ist diese Feldmark jedenfalls von hohem Interesse.

3. Merkwürdige Stellen bei Schwaan.

Herr Gerichtsrath Ahrens zu Schwaan schreibt über einige merkwürdige Punkte der dortigen Umgegend Folgendes:

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"a) Burg Werle. Ueber die Lage dieser Burg ist bereits vielfältig geforscht. Aus hiesigen einzelnen. Später aufgezeichneten Nachrichten erhellt, daß man angenommen: die Burg habe bei Wiek gelegen, sei zerstört worden, und das Dorf habe davon den Namen Wiek - weil die Geschlagenen gewichen seien - erhalten. (s. Francke's Geschichte.) Soviel ist gewiß, daß bei Wiek Spuren eines alten Wallgrabens noch vor kurzem zu sehen gewesen sind. Man findet da eine bedeutende Menge von Scherben und Stücksteinen. Auch ist noch auf hiesigem Felde in der Nähe von Wiek eine mit einem Graben umgebene Fläche, welche als der Kirchhof bezeichnet wird. Nachgrabungen haben noch nicht stattgehabt 1 ).

b) Verehrungsort der Göttin Siwa. Diese Siwa soll im hiesigen Lindenbruche verehrt sein, wie unser Geschichtschreiber Francke I, pag. 223. 224, meldet. Es fehlen darüber jedoch alle weiteren Nachrichten; doch sind vor vielen Jahren Opfersteine gefunden, zu der Zeit aber zertrümmert. Auch sind ehemalige Linden=Alleen noch jetzt zu erkennen.

c) Burg bei Pölchow Bei dem Dorfe Pölchow bei Rostock, nicht weit von hier, sind im Holze noch bedeutende Reste von einer alten Burg, welche weiterer Nachforschungen würdig zu sein scheinen. Ein Kampf zwischen Obotriten und Rugiern hat angeblich die Burg zerstört".

4. Steinwall bei Adamsdorf.

In dem Berichte der deutschen Gesellschaft in Leipzig von 1829, S. 12, heißt es: "Uebrigens theilt uns der Herr Doctor Wagner (zu Schlieben) eine Bemerkung des Herrn Grafen von Blumenthal mit. Bei dem Gute des Herrn Grafen, Adamsdorf, unweit Neustrelitz im Meklenburgischen, befindet sich ein Ackerfeld, sonst ein Buchenwald, leicht einige tausend Morgen im Flächeninhalte, das mit einer Art von Mauer oder Steinwall umkränzt ist, worin mehrere hundert größere oder kleinere, regelmäßig gestellte und mit Fleiß zusammengetragene Steinhaufen sich


1) Schon Latomus suchte die Burg Werle bei dem Dorfe Wiek. Auch der Professor Mantzel zu Bützow folgte dieser Spur und besuchte die Gegend des Dorfes Wiek, worüber er in den Gel. Beitr. zu den M. schwer. Nachrichten 1764, St. 1, berichtet. Er fand unweit des Dorfes einen Platz, welcher "der Wall" genannt wurde; der Boden sei uneben und scheine mit Kohlenstaub gemischt zu sein. In der Nähe desselben liege ein runder, einen halben Scheffel Aussaat haltender Platz, "der Blocksberg" genannt, in welchem große eiserne Haken gefunden sein sollen. Ferner befinde sich in der Nähe ein großes Hünengrab. Vgl. Besser's Beitr. zur Gesch. der Vorderstadt Güstrow I, S. 128, (Notiz des Herrn Archivars Lisch.)
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zeigen. Auf der einen Seite liegt die sogenannte Dobber=See, auf der andern soll, der Sage nach, eine Wendenstadt gestanden haben. Außerhalb der Steinumwallung liegt das Riesengrab. Nach Abtragung des einen Steinhügels fanden sich drei kleine Urnen und in einer derselben Ringe. Einen derselben 1 ) übergab uns Herr Doctor Wagner für unsere Sammlung. Es wäre sehr zu wünschen, von diesem merkwürdigen Platze eine genauere Beschreibung zu erhalten". Auf Veranlassung dieser Nachrichten wurde unsrerseits mit dem gegenwärtigen Besitzer von Adamsdorf, Herrn Gutsbesitzer Jahn, Mitgliede des Vereins, Correspondenz angeknüpft. Das Nachstehende enthält die von demselben gemachten Mittheilungen.

"- - Betreffend die Angabe des verstorbenen Herrn Grafen von Blumenthal, - - kann ich nicht umhin, derselben insofern zu widersprechen, als ein mit einem solchen Walle umkränztes Feld auf dem adamsdorfer Felde nicht existirt; ein solcher Steinwall ist aber wirklich vorhanden, nur läuft derselbe in fast gerader Linie, anfangs von Ost nach West, dann aber fast ganz nördlich. Die Länge beträgt fast 1/4 Meile und die Breite von 2 bis 4 Ruthen. Daß dieser Steinwall ganz durch Menschenhände bereitet sei, glaube ich nicht, (wiewohl ich zugebe, ja überzeugt davon bin, daß der größte Theil desselben auf diese Weise entstanden ist): er enthält zu große Steine, als daß man annehmen könnte, sie seien durch Menschenkräfte zusammengebracht (der eine Stein mißt gewiß 16 Fuß in der Länge). Die Linie des Walles ist höchst unregelmäßig. Auf der einen Seite liegt eine Bruchwiese (früher ein See und noch jetzt der trockne See - droege See oder dobe See - genannt), und in der Nähe dieser Wiese, östlich von derselben und ziemlich hoch gelegen, befinden sich deutliche Spuren eines Kirchhofes; derselbe enthält im Flächeninhalt 72 □Ruthen und ist mit einem aus einzelnen Steinen bestehenden Ringe umgeben. Nachgrabungen, die hier schon früher vorgenommen worden und die auch ich wiederholt habe 2 ), lieferten nichts als den Beweis, daß dieser


1) Von welcher Gestalt und aus welchem Metall?
2) In einem andern Schreiben sagt Herr Jahn: "Von dem frühern Besitzer, Grafen von Blumenthal, wurden mehrere Nachgrabungen angestellt, wobei auch mehrere Alterthümer gefunden wordene diese hat derselbe aber, wenn ich nicht irre, an das Museum der Universität Halle, von wo er nicht sehr entfernt wohnte, geschenkt. Im verflossenen Jahre (1836) ließ ich ebenfalls einige Nachgrabungen vornehmen, jedoch ohne günstigen Erfolg. Im nächsten Jahre werde ich diese nun von neuem anstellen, und, sollte mein Bemühen nicht vergeblich sein, den Verein von den Ergebnissen in Kenntniß setzen".
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Ort als regelmäßiger Kirchhof benutzt worden ist; es finden sich nur noch wenige Knochen. Nicht sehr weit von diesem Kirchhofe soll nach der Aussage einiger Leute noch ein Kirchhof liegen, den man den "Heidenkirchhof" nennt: die Stelle habe ich noch nicht genau ausmitteln können; jedenfalls liegt sie auf derselben Seite des großen Steinwalles, auf welcher der vorhin genannte Kirchhof sich befindet. Auf der andern Seite des Walles liegen mehrere theils größere, theils kleinere Hügel, die viele Steine enthalten und mit Busch bewachsen sind; einer derselben, der jetzt der "Mürerberg" genannt wird und den der Graf von Blumenthal als das Riesengrab bezeichnet, ist von dem genannten Grafen geöffnet worden: von den Leuten, die diese Arbeit vollführten, wohnt noch einer in meinem Gute Liepen, und nach dessen Aussage fand man eine Urne mit kleinen Knochen und Asche nebst 3 Ringen von Messing; diese letztern sollen fein gravirt gewesen sein".

5. Lage von Suentana.

Ueber die Lage des Ortes Suentana, wo bekanntlich die empörten nordalbingischen Sachsen von den Obotriten unter Thrasiko i. J. 798 geschlagen wurden, macht Herr Dr. Beyer zu Parchim folgende Conjectur.

"Nach Luden, Gesch. des teutsch. V. Bd. IV, S. 395 und Not. 36 S. 557, hält Pertz diesen Ort für "Suante im Amte Schwaan." Allein abgesehen davon, daß es in diesem Amte meines Wissens überall keinen Ort Suante giebt 1 ), scheint mir auch die Gegend gar nicht zu passen. Die Veranlassung zu dem Kampfe gab bekanntlich der Aufstand der Sachsen gegen den fränkischen Statthalter Ebervin, nach dessen Vertreibung dieselben sich zu einem Feldzuge gegen die Obotriten, die alten Bundesgenossen der Franken, rüsteten, von denen sie auch jetzt wieder Unterstützung des zur Rache heraneilenden Kaisers fürchten mußten. Auf diese Nachricht rückten die Obotriten ihnen mit einem Heere entgegen, worauf es sogleich zur Schlacht kam. ("Thrasico, cognito Transalbinorum motu, cum omnibus copiis suis in loco, qui Suentana vocatur, occurrit, commissoque proelio ingenti eos caede prostravit." Adelmus ad a. 798., cf. Klüver Beschreibung etc. . Thl. 3, S. 26, Not. w.) Nach dieser Erzählung glaube ich das Schlachtfeld nicht allzu fern von der Grenze der streitenden


1) Der einzige ähnlich klingende Ort in Meklenburg möchte Schwandt auf dem Wege von Stavenhagen nach Neubrandenburg sein.
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Völker suchen zu müssen, und hier bietet sich uns kein passenderer Ort dar, als die Ebene, auf welcher der alte Grenzfluß, die Suentina, entspringt, das alte Swentin=Feld, eine öde Gegend im Gebiete der Wagrier, in der Nähe des heutigen Bornhöft, die auch in spätem Jahren (1227) zum Schlachtfeld geeignet gefunden wurde und den Nachkommen jenes Thrasiko ebenfalls als Sieger sah. Vgl. über diese Gegend Adam. Brem. bist. eecl. lib. II. c. 9, und Bangertus in den Noten zu Helmold. chron. Slavorum I, c. 57, p. 137, dessen Worte v. Beehr rer. mekl. lib. I, c. 3, p. 37 seqq. und p. 40 anführt; S auch Crantzii Vandal. lib. III, c. 40, lib. VII, c. 24 und an a. O. Ich muß gestehen, mir scheint diese Vermuthung so nahe zu liegen, daß ich mich wundern würde, wenn ich der Erste sein sollte, der darauf verfällt. Gleichwohl habe ich sie noch nirgends ausgesprochen gefunden".

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6. Blocksberge in Meklenburg.

In dem Quartalber. II, 2 ward die Bitte um möglichst Zahlreiche Nachrichten darüber ausgesprochen, ob sich auf den einzelnen Feldmarken noch Stellen finden, welche von dem Volke Blocksberge genannt werden, - eine für die Geschichte des Hexenwesens und der Hexenprocesse in Meklenburg sehr interessante Frage. Hierauf sind folgende "Blocksberge" in Meklenburg bis jetzt angemeldet worden (fernere Mittheilungen der Art werden erbeten):

a. bei Neddemin im strelitzischen, auch auf der schmettauschen Charte verzeichnet. (Mittheilung des Herrn Ober=Medicinalraths Dr. Brückner zu Ludwigslust.)

b. zu Waschow bei Wittenburg. (M. des Herrn Majors von Graevenitz auf Zühr.)

c. zu Sophienhof bei Waren. (M. des Herrn Kammerherrn von Vieregge sen. auf Steinhausen.)

d. zu Wietow, Amts Meklenburg. (M. des Herrn Bataillons=Auditeurs Grimm zu Wismar.)

e. f. zu Zarnewenz und Petersberg im Fürstenthum Ratzeburg. (M. des Herrn Rectors Masch zu Schönberg.)

g. auch auf dem Wege von Alten=Gaarz nach Zwendorff bei Neubukow soll einem Gerüchte nach ein Blocksberg sich finden. (M. des Herrn Pastors Mussäus zu Hansdorff.)

III. Nachrichten von alten Bildwerken.

I. Streithammer im 16. Jahrhundert.

Zur Geschichte der Streithammer theilt Herr Archivar Lisch die Notiz mit, daß in einem aus dem Anfange des 16.

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Jahrhunderts stammenden, im großherzoglichen Archive zu schwerin befindlichen Verzeichnisse mehrerer Sachen, welche von Straßenräubern genommen sind, mit der Aufschrift:

"breumer kaffleut zettel ao. 34",

auch

"IIII Streithamer"

aufgeführt werden, und daß auch unter der Regierung des Herzogs Johann Albrecht I. in der Mitte des 16. Jahrhunderts noch "Fausthammer" vorkommen.

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2. Der Taufstein aus der Döpe bei Hohen=Vicheln.

Im vorigen Jahrgange S. 33-35 ward eines aus der Döpe bei Hohen=Vicheln hervorgeholten, jetzt angeblich im Pfarrgarten dieses Dorfes befindlichen alten Taufsteins Erwähnung gethan, und gleichzeitig der mit diesem Steine in Verbindung gesetzten Sage von einer gewaltsamen Wendentaufe im Schweriner See oder in der Döpe gedacht. Ueber die verschiedenen Seiten dieses Gegenstandes sind nun neuerdings weitere Mittheilungen gemacht worden. Von diesen legen wir aber diejenigen, welche den ehemaligen Zusammenhang der Döpe mit dem Schweriner See und die Frage über die Richtigkeit der erwähnten Sage betreffen, einstweilen zurück, da ein geehrtes Mitglied eine Abhandlung über die Burg Dobbin vorbereitet, bei welcher Gelegenheit jene Punkte mit berührt und jene Materialien passender ihre Benutzung finden werden. Hier möge nur dasjenige angefüllt werden, was sich auf die Geschichte des in den 70ger Jahren des vorigen Jahrhunderts aus der Döpe wirklich hervorgeholten Taufsteins, namentlich seine Schicksale seit der Zeit seiner Auffindung und seine Identität mit dem im Pfarrgarten zu Hohen=Vicheln noch jetzt befindlichen bezieht.

Hierüber giebt Herr Hülfsprediger Günther zu Neuenkirchen einige sehr schätzenswerthe Notizen, welche sein Vater, der wail. Pastor Günther zu Hohen=Vicheln, Nachfolger und einige Zeit Hülfsprediger jenes Pastors Friederici, zu dessen Zeit die Hervorholung des Steins erfolgte, aus dessen eigenem Munde gehört zu haben versicherte. "In der Döpe 1 ), so erzählte Friederici, nicht fern von einem sehr breiten Graben, der von der ventschower Scheide in die Döpe hineinläuft (dieser Graben ist, freilich nur noch sehr schmal, auch heute noch


1) In der Volkssprache heißt übrigens der See nicht eigentlich "Döpe", sondern "de Döhw", wie der Herausgeber durch eigenes Hören sich überzeugt hat.
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sichtbar und bekannt unter der Benennung "drei Graben"), lag, in bedeutender Tiefe des Wassers, ein Stein, von welchem die Sage ging, daß dieser ein Taufstein sein solle, aus welchem ehemals Heiden getauft wurden. Ursprünglich solle derselbe in dem genannten Graben aufgestellt gewesen sein; in diesen solle eine Menge von Heiden hineingetrieben und eben hier auch ihre Taufe verrichtet worden sein. Allein nachdem die Heiden, voll Haß gegen die Christen, diese erschlagen, sei der Stein von ihnen ins Wasser geworfen. - - Hier lag er nun den hohenvichelnschen Fischern zum großen Hinderniß. Sehr oft, wenn man mit der sogenannten großen Wade fischte, kam diese in Berührung mit dem Steine, und selbst die der Oertlichkeit Kundigsten verwickelten nicht selten ihre Netze an demselben. So erging es auch dem Fischer Prignitz zu Hohen=Vicheln. Derselbe hatte eine neue Wade angekauft, und gleich beim ersten Zuge mit derselben gerieth diese an den Taufstein. Aegerlich darüber, befahl der Fischer seinen Leuten, die Wade anzuziehen, und es gelang ihnen, den Stein aus der Tiefe des Wassers dem Ufer näher zu bringen. Darauf ließ der Pastor Friederici ihn anholen und in die Kirche zu Hohen=Vicheln stellen. Späterhin erbat sich die rostocker Universität denselben. Demzufolge wurde der Stein nach Rostock transportirt und im dortigen Museum aufgestellt". Stimmt nun diese Erzählung, soweit sie die Emporholung des Steins aus der Döpe betrifft, im Wesentlichen mit dem Bericht des Herrn Präpositus Müller im vorigen Jahrgang überein, so weicht sie von des Letzteren Angaben desto entschiedener in der Nachricht ab, daß der aus der Döpe hervorgezogene Stein nach Rostock gebracht sei, während er nach jenen noch heute im Pfarrgarten zu Hohen=Vicheln sich befinden sollte. Bei dieser Angabe des Herrn Hülfspredigers Günther erinnerte sich der Herr Archivar Lisch, bei einem Besuche der Alterthumssammlung der Universität Rostock im Sommer 1836 in einem eingebundenen Hefte alter Kataloge und Nachrichten auch eine Nachricht über jenen Taufstein gefunden zu haben. Herr Professor Strempel zu Rostock hatte die Güte, die folgende genaue Abschrift dieser Nachricht aus den Museums=Akten mitzutheilen.

" P. M.

Ein See bei Hohen=Vicheln, welcher nur durch einen Ausfluß mit dem großen Schweriner=See zusammenhängt, führt von Alters her den Namen der Döpe, und die Tradition unter den dasigen Bauern besagt, daß in diesem See eine Menge Wenden getauft worden, so, daß sie in das Wasser

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hätten hineingehen müssen, und sodann von Geistlichen, die in einem Kahn, wo sie einen Taufstein mit Weihwasser bei sich gehabt, unter ihnen herumgefahren, getauft worden wären. Eben diese Tradition aber sagte auch, diese Wenden wären nachher vom Christenthum wieder abgefallen, hätten ihre Geistlichen verjagt, den Taufstein aber gewaltsam zerschmissen, und das größte Stück davon in die Döpe versenkt. Da von Vater auf Sohn fort im Winter bei hellem Eise es auch immer geheißen hatte, man könne an einem gewissen Orte der Döpe, nach der ventschower Seite hin, den Döpelstein sehen, so betrieb es endlich vor etwa 12 Jahren zu einer solchen Winterzeit der jetzige Herr Pastor Friederici zu Hohen=Vicheln, daß ein Versuch gemacht wurde, diesen vermeintlich in die Augen scheinenden Stein herauszuholen, welches auch in Gegenwart verschiedener distinguirter Personen, von 6 bis 7 Arbeitsleuten mit Hacken bewerkstelligt wurde, ob derselbe gleich auf 6 Klafter tief lag. Die Beschaffenheit des Steins, der zwar nicht zierlich behauen, aber doch offenbar zu einem Wasserbehälter ausgehauen gewesen ist, dient der Tradition ganz wohl zur Bestätigung, und die bis dahin fortgelaufene Tradition läßt, bei dieser Beschaffenheit des Steins, nicht wohl zweifeln, daß derselbe bei der Taufe jener Wenden als ein Taufstein gebraucht worden sei. Und so ist derselbe als eine Antiquität mit hieher auf die Bibliothek geschafft worden, nachdem längst vorher Se. Wohlgeboren Herr Hofrath Tychsen sich bereit erklärt hatte, ihn aufzunehmen.

Bützow, den 2. Junii 1787.

Dr. J. P. A. Müller". 1      

Dieses aktenmäßige Zeugniß stimmt mit der oben angeführten Erzählung des Pastors Günther nach mündlichen Aeußerungen des Pastors Friederici in der Hauptsache so gut überein, daß wohl als unzweifelhafte Tatsache angesehen werden kann,

1) es sei etwa um's Jahr 1775 aus der Döpe bei Hohen=Vicheln ein alter taufsteinartiger Stein hervorgezogen,

2) und dieser sei an das Museum der damaligen Universität zu Bützow 2 ) abgeliefert worden.


1) Dieser Dr. Johann Peter Andreas Müller war nach dem Staatskalender von 1787 zu der Zeit Consistorialrath und außerordentlicher Professor in der theologischen Facultät zu Bützow.
2) Wenn in der vom Herrn Hülfsprediger Günther gegebenen Erzählung des Pastors Friederici die Universität Rostock als die Empfängerin bezeichnet wird, so ist das wohl nur eine Verwechslung, die, wenn sie von Friederici selber herrührt, leicht daraus sich erklären ließe, daß, als dieser seinem (  ...  )
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Auch Herr Präpositus Müller gesteht in einem späteren Schreiben, auf den Grund jener Zeugnisse, die größere Wahrscheinlichkeit der letzteren Annahme zu, und fügt als Bekräftigung eine weitere Angabe des Fischers Prignitz (eines Sohnes des bei der Auffindung des Steins betheiligten) bei, "wie er sich erinnere, daß vor langer Zeit ein Taufstein von Hohen=Vicheln nach Rostock oder nach Bützow gebracht worden; doch wisse er nicht, ob dieses der in der Döpe gefundene oder ein anderer gewesen sei".

Es fragt sich jetzt nur noch: was ist aus dem in der Döpe gefundenen, an die Universität zu Bützow abgelieferten Steine geworden? Die am nächsten liegende Annahme scheint die zu sein, daß er bei der Verlegung der Universität ebenfalls nach Rostock gebracht worden sei. Hier aber hat er, nach der Versicherung des Herrn Professors Strempel, bis jetzt noch nirgends aufgefunden werden können. Herr Archivar Lisch fand im dortigen Museum allerdings ein Stück eines alten Taufsteins aus rothem Granit mit einem darauf ausgehauenen Gesicht, welches etwas stark und fast thierisch ist: sollte das vielleicht ein Rest des bei unbekannter Veranlassung zertrümmerten sein? Einem vom Herrn Hülfsprediger Günther mitgetheilten, jedoch von ihm selbst bezweifelten Gerüchte zufolge wäre der alte hohenvichelnsche Stein in neuerer Zeit beim Anbau an dem "weißen Collegium" zu Rostock als Fundamentstein verwendet worden. - Möglich wäre es auch, daß derselbe, vielleicht des lästigen Transports wegen, gar nicht mit nach Rostock gekommen, sondern in Bützow zurückgeblieben wäre. Dann aber müßte in letzterem Orte seine Spur doch aufzufinden sein, und der Herausgeber hat dieserhalb ein geehrtes Mitglied in Bützow um Nachforschungen gebeten, ist indessen bis jetzt noch von dem Erfolge nicht in Kenntniß gesetzt worden. Und somit darf dieser Gegenstand noch zu weiteren Erkundigungen den rostocker und den bützower Mitgliedern empfohlen werden.

Was endlich den im Pfarrgarten zu Hohen=Vicheln befindlichen Stein betrifft, so enthält der Bericht des Herrn Hülfs=


(  ...  ) Hülfsprediger Günther hievon erzählte, mit der Zurückverlegung der Universität Bützow nach Rostock auch der Stein schon nach letzterem Orte gelangt sein mochte. Denn Friederici war nach dem Staatskalender bis 1791 Prediger in Hohen=Vicheln; einige Jahre war Günther, später sein Nachfolger, sein Gehülfe, und 1789 ging die Versetzung der Universität nach Rostock vor sich. Jedenfalls wird Friederici, auf einer Pfarre herzogl. Patronats sich befindend, den aus herzogl. Grund und Boden gefundenen Stein nicht an die städtische Universität zu Rostock, sondern an die herzogl., damals (seit 1760) zu Bützow, abgeliefert haben.
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predigers Günther darüber Folgendes: "Dieser Stein, wie zwei ähnliche Exemplare, welche außerdem noch zu Hohen=Vicheln vorhanden sein werden, diente in katholischer Zeit wahrscheinlich als Weihkessel. Zwei derselben sollen aus der ehemaligen Kirche zu Rubow stammen, von welchen der eine früher im Pfarrgarten und der andere auf dem Pfarrhofe stand. Der dritte Stein gehörte wohl von jeher der Kirche zu Hohen=Vicheln an, und wird dieser auch jetzt noch im Kirchengebäude seinen Stand haben, woselbst aber die zwei rubowschen Steine nie aufgestellt waren". Herr Präpositus Müller dagegen weiß, außer dem im Pfarrgarten befindlichen, nur noch "von einem am obern Rande sehr beschädigten Kelche eines ehemaligen Taufsteins oder Weihkessels, welcher schon seit undenklicher Zeit unten in der hiesigen Kirche gelegen haben soll, und vielleicht, als er noch ganz war, auf dem bei dem ersten Pfeiler der Kirche, Eingangs rechts, befindlichen, fast 1 Fuß hohen steinernen Postament gestanden hat". Der Herausgeber nahm vor Kurzem beide Steine selbst in Augenschein, und fand den im Pfarrgarten stehenden ganz der Beschreibung entsprechend, welche Herr Präpositus Müller von demselben geliefert hat; der andere, in zwei Stücke zerbrochene (denn das vom Herrn P. Müller erwähnte "Postament" gehört offenbar als Fuß zu dem zweiten Bruchstücke, dem Kelche), der in der Kirche liegt, ist ebenfalls von Granit und auch sonst, an Größe und Gestalt, jenem ersten ziemlich gleich, nur daß die roh ausgehauenen vier Gesichter des letzteren, überhaupt alle Verzierungen, ihm fehlen. Dieser mag wohl der alte hohenvichelnsche, und jener im Garten der (oder einer der?) aus der rubowschen Kirche sein. Beide können übrigens, ihrer Form nach, eben sowohl zu Taufsteinen, als zu Weihkesseln gedient haben: die Stellung des einen in der Kirche befindlichen, nämlich gleich am Eingange an einem Pfeiler (wenn anders diese seine jetzige Stellung seine ursprüngliche ist), scheint allerdings mehr die zweite Bestimmung anzudeuten.

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3. Die Glocke von Camin.

"Die größere Glocke zu Camin bei Wittenburg ist viel besprochen. Nach der Sage in dortiger Gegend soll sie eine Inschrift tragen, welche Niemand habe enträthseln können, selbst, was jedoch kaum glaublich ist, der gelehrte Tychsen nicht. Nach brieflichen Mittheilungen (vgl. Jahresber. I, S. 35) des Herrn Pastors Bruger zu Warsow hätten "weder die berühmtesten Kenner, selbst Tychsen und Arendt, noch das großherzogliche Archiv zu Schwerin Aufschluß geben können;

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eine weitläuftige Correspondenz, welche sein seel. Großvater, wailand Prediger zu Camin, mit einer Menge auswärtiger Gelehrten darüber geführt, sei leider nach dessen Tode nicht aufzufinden gewesen". - Die Inschrift, welche ich bei Gelegenheit der Aufgrabungen zu Camin persönlich untersuchte, ist aber in großen, schönen Zügen auf den ersten Blick völlig klar und lautet einfach:

Inschrift

d. i.

Inschriftskreuz O . rex. gloriae . Jhesu . Christe . veni . cum . pace.
(O König der Ehren, Jesu Christ, komm mit Frieden.)

Es ist also die so häufig vorkommende Glockeninschrift. Was dieselbe jedoch merkwürdig macht, ist, daß sie in den bekannten römischen großen Unzialen aus dem Anfange des vierzehnten oder Ende des dreizehnten Jahrhunderts ausgeprägt ist, während die meisten übrigen Glockeninschriften derselben Art im Lande die gothische Schrift des fünfzehnten Jahrhunderts zeigen (vgl. Jahrbücher I, S. 65 und 68). - Die angebliche Schwierigkeit der Erklärung dieser Inschrift liegt wahrscheinlich darin, daß sie nach schlechten und vielleicht immerfort tradirten Abschriften vorgenommen ist. Nach der vom Hrn. Pastor Bruger mitgetheilten Abschrift zu urtheilen, ist freilich eine Erklärung nach Abschriften wohl schwerlich möglich, da die klaren Züge kaum wiederzuerkennen sind, selbst wenn man die Glocke gesehen hat, und die Abschrift mit dem letzten Buchstaben e des Wortes P A c e anfängt, also mit e   Inschriftskreuz O, und nicht mit dem Inschriftskreuz . Nach einer Mittheilung des Herrn von Bülow auf Camin, noch ehe ich die Inschrift untersucht hatte, hatte auch wohl der bekannte "nordische Alterthumsforscher" Arendt, der die Glocke mit eignen Augen gesehen, richtig gelesen, indem er es für eine Anrufung Christi erklärt habe.

G. C. F. Lisch.     

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4. Leichenstein in der Kirche zu Camin.

"In der Kirche zu Camin bei Wittenburg ist links vom Altar ein Leichenstein aus Sandstein in die Wand gemauert, welcher, nach der Zeichnung des Herrn Bau=Conducteurs von Motz (vgl. Jahresber. I. S. 29), dem Leichensteine des Vicke von Stralendorf auf Möderitz und seiner Frau (vgl. Clemann's Parchimsche Chronik, S. 251), vom J. 1604, gleich ist. Es ist ein Leichenstein von dem Grabe des Hans Halberstadt, geb. 1551, und seiner Frau Katharina Pentzen, geb. 1561.

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Auf dem Leichensteine sind die Figuren beider in Lebensgröße en haut relief ausgehauen, zu ihren Häupten die Wappen beider, auf dem Rande umher die Wappenschilder der Ahnen. Die Arbeit, der des möderitzer der Zeichnung nach völlig gleich, ist gut und ziemlich wohl erhalten, wird jedoch durch einen dicken Kalküberzug entstellt. Beide Arbeiten tragen ganz das Gepräge des Monuments des Herzogs Ulrich im Dom zu Güstrow.

Bei dieser Gelegenheit möge hier ein Gegenstand berührt werden, der in der Folge vielleicht zu manchen Hypothesen Veranlassung geben dürfte. In der Kirche zu Camin ist in der Wand rechts am Eingange ein kleines Pferd en relief in die Wand gemauert. Wie in und an dieser Kirche noch mehrere Marienbilder sich finden, so besaß sie auch ein Reiterbild des heil. Georg aus Holz gehauen, von welchem noch das Pferd unter der Thurmtreppe steht. Da nun dergleichen Bilder in den Kirchen gewöhnlich am Eingange angebracht sind und sich oft ein kleiner St. Georg neben einem größern findet, so ist nichts wahrscheinlicher, als daß das kleine in die Wand gemauerte Reliefbild eines Pferdes auf die Verehrung des St. Georg Bezug hat.

G. C. F. Lisch."     

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5. Leichenstein unter dem Portal der Schloßkirche zu Schwerin.

"Am 17. October ward unter dem Portal der Schloßkirche zu Schwerin eine neue Schwelle gelegt. Bei Aufnahme der alten Steine fand sich, daß das ganze Portal auf einem großen, behauenen Leichenstein ruhete, auf den die Pilaster gesetzt und die Schwelle gelegt war. So viel als möglich ward der Stein von seinen Bedeckungen befreiet; jedoch standen auf dem Kopf= und dem Fußende die Pilaster, welche nicht entfernt werden konnten. Der Stein war wie neu erhalten. Es waren zwei Figuren darauf eingegraben unter burgähnlichen Zinnen mit Thürmen, welche die Nischen bildeten. Rechts stand ein Ritter in Rüstung, links von ihm ein Frauenbild mit gefalteten Händen. An der linken Hand des Ritters, also zwischen beiden Figuren, war der Stein zum Einlassen einer Metallplatte zum Wappen schildförmig vertieft; darüber waren noch drei Vertiefungen, die eine wie ein Helm, die beiden andern, oberen neben einander waren rund. Die Inschrift war klar und erhalten. Sie begann offenbar oben und ging, von dem Beschauer, rechts herum. An der Seite der Frau war, so viel von den Pilastern nicht bedeckt war, zu lesen:

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Inschrift

(d. i. [die Petri et] Pauli apostolorum obiit dominus Detlevus de Tzule mildes] -),

und an der Seite des Mannes stand:

Inschrift

(d. i. [anno] MCCCXCII sabbato ante Elisabeth obiit Beke uxor -).

Nach der Stellung der Inschrift zu schließen starb die Frau (1392) nach dem Manne. Die Ritter von Züle (verschieden von den v. Zülow), namentlich dieser Dethloff, waren in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts bekannt und erscheinen oft im Gefolge der Fürsten.

Diese Bemerkungen werden hier deshalb ausführlich mitgetheilt, damit in der Zukunft, was so häufig in ähnlichen Fällen geschieht, nicht übertriebene Nachrichten von bedeckten Leichensteinen in der Schloßkirche sich verbreiten. Zugleich dient diese Bedeckung zum Beweise, daß man auch in einer aufgeklärten Zeit, wie die, in welche der Bau der Schloßkirche fällt (1561-1563), der Ueberreste des Alterthums nicht schonte.

G. C. F. Lisch."     

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6. Reliquien=Urne zu Wismar.

Die Schiffer=Compagnie zu Wismar ist im Besitze einer kleinen gläsernen, mit blauen Rändern verzierten Urne, ungefähr 6" hoch und 4" weit, mit einigen kleinen, an Pergamentstreifen genähten Beutelchen mit der Aufschrift: reliquiae de St. Mauritio und van sunte laurentius bente, außerdem einigen Knochen und, wie es scheint, Bernsteinstücken oder doch zum Räuchern gebrauchten Materialien. Die kleine pergamentne Schrift mit wohlerhaltenem Siegel, welche sich in dieser Urne befand, ist vom J. 1459 und vom Bischofe Johannes (von Ratzeburg), und unten auf der Urkunde steht episc. XXIII, welches mit Masch Geschichte des Bisthums Ratzeburg S. 352 stimmt. Die Urkunde enthält, daß die Kapelle zu Ehren des Apostels Paulus, Petrus u. s. w. rite geweiht sei. Urne und Urkunde ward, nach einem der Schiffercompagnie ausgestellten Atteste des wail. Consistorialraths Koch, damals Pastors zu St. Nicolai, im J. 1794 unter dem Altare gefunden. (Nach Mittheilungen der löbl. Schiffercompagnie und des Herrn Dr. phil. Burmeister zu Wismar.)

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7. Parchimsche Münzen.

Zu der im Jahresber. I, S. 19 unter III, 1 aufgeführten parchimschen Kupfermünze bemerkt Herr Dr. juris Beyer zu Parchim: "Diese Münze hat hier bis vor einigen Jahren zu dem Werthe von 6 (nicht 3) Pfennigen cursirt. Es ist aber keine unter irgend einer öffentlichen Autorität geprägte, sondern lediglich von einer Privatperson, dem Kupferschmied Saul hieselbst, auf eigene Rechnung und Gefahr ausgegebene Münze, zu deren Annahme mithin auch keine Verpflichtung stattfand, die aber, wegen des derzeitigen Mangels an hinreichender öffentlicher Scheidemünze, in der Stadt und der Umgegend gern genommen wurde. Dieser Umstand hatte schon früher ähnliche Speculationen hervorgerufen; namentlich hatte der Kaufmann H. L. Karnatz und später der nachmalige Senator Hoffmann zinnerne Münzen ausgegeben, die hier gleichfalls als Sechslinge cursirten. Alle diese Privatmünzen sind später von ihren Ausgebern wieder eingelöst, weil sie nachgeprägt wurden. Aehnliches hat auch in andern Städten, namentlich in Röbel, stattgefunden".

IV. Nachrichten von alten Schriftwerken.

I. Sachsenspiegel.

In Homeyer's Verzeichniß deutscher Rechtsbücher des Mittelalters und ihrer Handschriften, Berlin 1836, wird, nach Dreyer's Verzeichniß in den Beiträgen zur Literatur, unter 375 ein handschriftliches niedersächsisches Remissorium über den Sachsenspiegel als im Stadtarchive zu Röbel befindlich aufgeführt und über Beschaffenheit und Inhalt der Handschrift nähere Nachricht gewünscht. Eine im Quartalber. II, 1 zu diesem Zwecke erlassene Aufforderung, begleitet von einer unmittelbar an den Herrn Bürgermeister, Hofrath Engel zu Röbel, gerichteten Anfrage, brachte von diesem folgende Erklärung: "Das niedersächsische Remissorium über den Sachsenspiegel, welches sich im hiesigen Stadtarchive befinden soll, ist mir darin nie zu Gesichte gekommen, wenn ich gleich selbst während meiner Amtsführung die hiesige Registratur geordnet habe. Fände sich dasselbe, so würde ich solches mit Vergnügen mittheilen".

Die über den ehemaligen Arpeschen Codex des Sachsenspiegels angestellten Nachforschungen und veröffentlichten Aufforderungen (s. Jahresber. I. S. 30. 31) sind, wie es scheint, bisher ohne Erfolg geblieben.

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Ueber Fragmente des Sachsenspiegels dauerten die Verhandlungen mit dem Herrn Professor Homeyer, in Grundlage seines oben angeführten Werkes, von Seiten des Herrn Archivars Lisch nicht ohne Erfolg fort, und wird diese Angelegenheit der Berücksichtigung sämmtlicher Mitglieder dringend empfohlen.

2. Alte Wismarsche Stadtbücher.

Zu den bedeutendsten neueren Erscheinungen auf dem Felde der meklenburgischen Geschichte, und vielleicht der norddeutschen überhaupt, gehört die Wiederauffindung der alten wismarschen Stadtbücher durch den Herrn Dr. phil. Burmeister zu Wismar, welchem das Studium des dortigen Stadtarchivs von dem wissenschaftlichen Sinne des Magistrats bereitwillig gestattet worden ist. Der Verein darf sich im Laufe der Zeit manche interessante und wichtige Mittheilungen aus dieser reichen Quelle versprechen; Einiges ist ihm daraus schon zugeflossen.

3. Verschiedenes.

Mit dem Herrn Professor W. Grimm zu Göttingen ward über die Bearbeitung und Herausgabe mittelhochdeutscher Gedichte aus dem großherzoglichen Archive zu Schwerin correspondirt.

Die Herren Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg und Dr. Deecke zu Lübeck setzten mit dem Herrn Archivar Lisch die Forschungen über die Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg fort.

Cordesius, chron. Parch. c. VI. führt an, Herzog Heinrich habe sich von Luther einen Prediger für die 7000 Seelen starke lutherische Gemeinde in Parchim erbeten. Es wird Auskunft gewünscht, ob dieser Brief und die Antwort Luthers darauf noch vorhanden, und wo sie zu finden seien.

Ferner wird Nachricht erbeten, ob das von Nettelbladt, succ. notit. pag. 103, angeführte Manuscript Joachim Mantzel's: manipulus rerum Parchim., s. analecta ad M. Cordesii chron. Parchim., colligi coepta 1711, noch irgendwo vorhanden sei. Der Professor Mantzel zu Bützow, ein Vetter des Vf., bemerkt gelegentlich (Bütz. Ruhestunden Th. XIX, Nr. 6), daß das Mscpt. Sich dermalen (1765) in seinen Händen befinde.


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D. Vorbereitende Arbeiten, Aktenstücke und Schriften für die Aufgrabungen des Vereins.

Wie schon im Obigen mehrfach angedeutet worden, sind in die Reihe der Schaffner für unsre Alterthümer=Sammlung planmäßige Aufgrabungen unter Autorität des Vereins mit diesem Jahre eingetreten. Es war dem Vereine nicht unbekannt, daß mancherlei Bedenklichkeiten gegen Unternehmungen dieser Art gehegt werden und Zweifel an ihrem Nutzen öfter ausgesprochen sind. solche ungünstige Meinungen finden allerdings eine Erklärung und Entschuldigung in der vielfach mangelhaften, ja verkehrten Weise, wie Aufgrabungen früher großentheils angestellt wurden, in dem frevelhaften Muthwillen, welcher so oft blos zur Befriedigung einer müßigen Neugier und ohne irgend einigen Nutzen für die Wissenschaft ehrwürdige Denkmäler der Vorzeit zerstörte, in der leeren, kleinlichen Curiositätenkrämerei, welcher die Gräber nicht selten dienen mußten, in dem Mangel an Plan und Combination, wodurch solche Unternehmungen entweder ohne festen Halt und bestimmtes Ziel blieben, oder als vereinzelte, losgerissene Erscheinungen ohne Zusammenhang mit gleichartigen dastanden und deshalb unbeachtet und unfruchtbar blieben, so wie in manchem Andern, was auch diese Art der Gräberei nicht ganz mit Unrecht in denselben übeln Geruch mit hineingezogen hat, in welchem die Schatzgräberei mit dem vollsten Rechte steht. Allein Mißbrauch hebt den Gebrauch nicht auf, und Fehler, die begangen werden, können unmöglich doch zur gänzlichen Vernachlässigung der Sache, an welcher sie begangen wurden, führen: nur zum Bessermachen sollen sie Veranlassung geben und auffordern. Jene nicht hinwegzuleugnenden früheren Mängel und Uebelstände einerseits, andrerseits die von den erfahrensten Kennern der Alterthumswissenschaft theils geahnte, theils klar erkannte Bedeutsamkeit des Lichtes, welches aus den Gräbern der Vorzeit, und nur aus ihnen, für manche Theile des Alterthums sich gewinnen lasse, mußten unserm Verein ein starker Antrieb werden, mit Benutzung aller der früher gesammelten Erfahrungen, mit ausreichenderen Mitteln auf dem nun schon besser erkannten Wege ein lohnenderes Ziel zu erstreben, als welches so manche der älteren Versuche erreicht hatten, und durch Erforschung vorchristlicher Grabdenkmäler seinerseits den möglich

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größten Gewinn für die Geschichte des Vaterlandes und die Kenntniß der Vorzeit überhaupt zu Tage zu fördern. Der Verein hat diese Aufgabe, als seiner würdig, nicht verschmäht; aber er hat sich auch die Schwierigkeiten ihrer Lösung nicht verhehlt und durch möglichst umsichtige, sorgfältige Vorbereitung den Erfolg nach Kräften sicher zu stellen sich bemüht.

Die Deputation für Aufgrabungen, welche in Gemäßheit eines von der vorigen General=Versammlung genehmigten Planes gebildet ward (ihre bisherigen Mitglieder sind der Herr Archivar Lisch, der Herr Geschichtsmaler Schumacher und der Herausgeber), konnte unter glücklichen Umständen an die Ausrichtung des ihr gewordenen Auftrags gehen. Einestheils fand sie in dem gräberreichen Boden Meklenburgs ein ergiebiges, erst zum kleinen Theil ausgebeutetes Feld; sodann sah sie, bei den blühenden Verhältnissen des Vereins, hinlängliche Geldmittel zu ihrer Verfügung gestellt; ferner zählte sie unter den einheimischen und auswärtigen Mitgliedern viele bedeutende Kräfte, auf deren Mitwirkung sie rechnen durfte; endlich gewährte ihren Arbeiten das Vorhandensein der ludwigsluster Sammlung und die gleichzeitig fortgesetzte Herausgabe des Friderico-Franciscei eine verstärkte Anregung, eine willkommene Unterstützung und Erleichterung. Denn weit entfernt, daß diese zwei Aeußerungen eines und desselben Strebens nebenbuhlerisch und neidisch sich gegenseitig beeinträchtigt hätten, hat vielmehr eine der andern wesentlich genügt und gedient. Wie die Sache der ludwigsluster Sammlung und insbesondere des Friderico-Franciscei durch den vom Verein geweckten Sinn für die Alterthumskunde neuen Schwung erhielt, wie der Verein jene Angelegenheit als seine eigene ansah und als solche seinen Mitgliedern warm empfahl: so empfing die Deputation ihrerseits in der Geschichte der für jene Sammlung unternommenen Aufgrabungen von dem Herrn Ober=Zoll=Inspector, Hauptmann Zinck zu Dömitz äußerst nützliche Vorarbeiten und Materialien, und nicht minder mußten diejenigen Erfahrungen, welche eins ihrer Mitglieder, Herr Archivar Lisch, in seiner andern Eigenschaft als Aufseher der ludwigsluster Alterthümer, so wie als Fortsetzer und Commentator des Friderico-Franciscei, gesammelt hatte, ihr von dem allergrößten Vortheil sein. Insbesondere bildete die von demselben verfaßte und zu den Vereinsschriften eingereichte Abhandlung: "Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabalterthümer Meklenburgs etc. .." einen unmittelbaren Vorläufer und eine nothwendige Ergänzung ihrer eigenen Arbeiten, und die auf dessen Veranlassung unterm

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10. December v. J. publicirten allerhöchsten Verordnungen zum Schutz und zur Rettung der vaterländischen Alterthümer leisteten niemandem wesentlichere Dienste, als eben dem Verein.

So entwarf denn die Deputation zwei zur Instruction für die Leiter von Aufgrabungen sich eignende Vorschriften, von welchen die eine "Andeutungen über Aufgrabung vorchristlicher Grabdenkmäler", die andere "Fragen" enthält, "deren Beantwortung bei Aufgrabung vorchristlicher Grabdenkmäler von dem Verein f. m. G. u. A. gewünscht wird." Nach vielfältiger Berathung der Mitglieder über dieselben wurden sie der pommerschen und der königlichen schleswig=holstein=lauenburgischen Gesellschaft, den Herren Ober=Medicinalrath Dr. Brückner zu Ludwigslust, Professor Danneil zu Salzwedel, Dr. von Hagenow zu Greifswald, Hauptmann von Ledebur zu Berlin und Ober=Zoll=Inspector, Hauptmann Zinck zu Dömitz zur Begutachtung mitgetheilt, von wo sie mit mancherlei sehr schätzbaren Bemerkungen versehen zurückkehrten und hierauf schließlich redigirt wurden. Alle Erfahrungen, die bisher auf diesem Gebiete gemacht wurden, sind in ihnen benutzt, und alle Zielpunkte, welche für eine auf möglichst großen wissenschaftlichen Erfolg berechnete Aufgrabung sich herausstellen, haben darin eine angemessene Berücksichtigung gefunden. Bei den bisherigen vom Verein ausgegangenen Aufgrabungen wurden sie in Abschrift benutzt: für den künftigen Gebrauch sollen sie in diesem Jahresbericht und auch in Separatdruck abgedruckt werden.

Es blieb jetzt nur noch die Gestattung einer Ausnahme von dem Verbot der Aufgrabung vorchristlicher Gräber im großherzoglichen Domanium, welches durch eine der erwähnten allerhöchsten Verordnungen erlassen war, zu Gunsten des Vereins zu erbitten übrig. Diesem Gesuche ward mit gewohnter Huld durch einen Regiminal=Erlaß d. d. Schwerin den 31. März 1837 vollständig entsprochen. Und nunmehr konnte, da auch mehrere Nachweisungen und Anerbietungen aufzudeckender Gräber dem Verein zugegangen waren, mit dem Eintritt der günstigen Jahreszeit zur wirklichen Veranstaltung von Aufgrabungen geschritten werden. Es sind ihrer bis jetzt drei vorgenommen worden: nämlich bei Prieschendorf (s. oben S. 25-33), bei Gallentin (S. 35-42) und bei Camin (S. 53-69). Glücklich genug haben diese drei ersten Aufgrabungen des Vereins gleich alle drei Hauptklassen der vorchristlichen Gräber in Meklenburg berührt. Noch glücklicher haben alle drei einen sehr guten Erfolg gehabt, und dies, so wie die freundliche

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Unterstützung, deren die Deputirten des Vereins überall sich zu erfreuen hatten, und das lebhafte Interesse, welches diese Aufgrabungen in näheren und ferneren Kreisen erweckt haben, muß dem Verein Lust und Muth machen, auf der unter so günstigen Auspicien betretenen Bahn mit Eifer fortzuschreiten. Dabei ist es natürlich nicht seine Absicht, jedes lockende Grab zu öffnen und so die durch höhere Fürsorge vor sonstigem Angriff gesicherten Denkmäler mittelst eines erworbenen Monopols zu seinen Gunsten zu zerstören; vielmehr wird er dieselben mit allen seinen Kräften, und soweit die Verhältnisse es gestatten, zu schützen sich angelegen sein lassen. Allein wo entweder äußere Umstände eine anderweitige und dann für die Wissenschaft nutzlose Vernichtung drohen, oder wo innere Gründe im Interesse der Wissenschaft dringend die Oeffnung und Untersuchung eines alten Denkmals empfehlen, da wird er es nicht für eine Verletzung der Pietätspflicht gegen die vaterländische Vorzeit halten, sondern dieser Pflicht gemäß zu handeln glauben, wenn er den äußern Zusammenhang von Erde und Steinen lös't, um aus ihrer bewahrten Form und aus ihrem geretteten Inhalte der Geschichte eben jener Vorzeit eine Förderung zu verschaffen.

Wir geben nun die in diesem Abschnitte bis jetzt blos allgemein berührten Aktenstücke und Schriften in extenso.

I. Großherzogl. meklenburg=schwerinsche Verordnungen zum Schutz und zur Rettung vaterländischer Alterthümer. 1 )

(Publicirt im offic. Wochenblatt 1837, St. 2, Nro. 1638 u. 1639. Auch abgedruckt im Hamb. Corresp. 1837, Nro. 15.)

1.
Friedrich Franz,

von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc.etc. .

W ir befehlen, in Erweiterung Unsers Verbots vom 13. April 1804, wegen Aufgrabens heidnischer Gräber, euch hiedurch:


1) Auch in andern Staaten hat der neu erwachte Eifer für vaterländische Geschichte in neuerer Zeit ähnliche Verordnungen und Vorschriften hervorgerufen. Unter andern enthalten die baltischen Studien IV, Hft. I, S. 1 ff. eine Instruction von dem Vorstande der königlichen Museen zu Berlin für die beim Chausseebau beschäftigten Beamten in Beziehung auf die in der Erde sich findenden Alterthümer heidnischer Vorzeit, und S. 6 ff. eine Instruction (  ...  )
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1) den Pächtern und Dorfschaften in den euch untergebenen Aemtern bei scharfer Ahndung aufzugeben, sich aller Beschädigung der Gräber und Denkmäler der Vorzeit nicht weniger aller Zerstörung derselben, zu Abhülfe wirthschaftlicher und baulicher Bedürfnisse, zu enthalten, so wie selbst strenge darauf zu wachen, daß ohne eingeholte Unsere besondere unmittelbare Erlaubniß diesem nicht entgegen gehandelt werde;

2) alle früher oder künftig zufällig gefundenen, in Privathänden befindlichen Alterthümer von den Domanial=Eingesessenen einzufordern und dieselben mit einem möglichst genauen Bericht über Fundort und Fundart an Unsere Alterthumssammlung in Ludwigslust einzusenden.

Uebrigens soll den Besitzern solcher Alterthümer zwar eine Entschädigung für die durch die Ablieferung versäumte Zeit nach Tagelohn, so wie durch Erstattung des Metallwerthes, wenn es begehrt werden sollte, zugestanden werden, jedoch habt ihr eure Amtsuntergebenen in vorkommenden Fällen über den höchst geringen Geldwerth der meisten Alterthümer angemessen zu belehren.

An dem geschieht Unser gnädigster Wille und Meinung. Gegeben durch Unsere Regierung, Schwerin, am 10. Dec. 1836.

Friederich Franz.
(L. S.)

L. H. von Plessen.     

An
alle Beamte.

2.
Friedrich Franz,

von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc.etc. .

F ügen, mit resp. Entbietung Unsers gnädigsten Grußes, allen Obrigkeiten Unserer Ritter= und Landschaft und überhaupt allen


(  ...  ) von dem Canzleirath Thomsen zu Kopenhagen über nordische Alterthümer und deren Aufbewahrung, nebst einem Verzeichnisse der vorkommenden Alterthümer. Eine populäre Belehrung für den Landmann über die in der Erde sich befindenden heidnischen Alterthümer mit Winken über das zu beobachtende Verfahren, wenn ihm dergleichen aufstoßen (vom Herrn Prof. Danneil zu Salzwedel), steht in dem Amtsblatt der königl. Regierung zu Magdeburg 1835, Nro.15, S. 87 ff. Aehnliche populäre Anweisungen und Belehrungen, etwa im Freim. Abendblatt oder in einem Volkskalender, wären gewiß auch für Meklenburg sehr zu wünschen: denn soll sicher bewahrt und gerettet werden, so muß guter Wille und die nöthige Einsicht dem Gesetze zu Hülfe kommen.
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Unsern Unterthanen und Landes=Eingesessenen hiemit zu wissen: wie Wir bei der hohen wissenschaftlichen Bedeutung und der Ehrwürdigkeit der Gräber der Vorzeit und der in ihnen gefundenen Alterthümer Unser Verbot wegen Aufgrabens heidnischer Gräber in Unsern Domainen vom 13. April 1804 durch vorstehende Verordnung zu erweitern geruhet haben, und Wir es mit dem gnädigsten Danke erkennen würden, wenn auch die auf den ritterschaftlichen und städtischen Grundstücken befindlichen alten Grabstätten nicht anders als etwa zu wissenschaftlichen Zwecken geöffnet würden, auch dafür Sorge getragen werden wollte, daß alle auf diesen Besitzungen zufällig gefundenen oder sonst im Besitze von Privaten befindlichen Alterthümer an eine der öffentlichen Alterthumssammlungen des Landes abgegeben werden, da alle Erfahrungen den endlichen Untergang von Gegenstanden des Alterthums im Privatbesitze gelehrt haben. Wir lassen dies durch Unser Wochenblatt zur öffentlichen Bekanntmachung gelangen.

Gegeben durch Unsere Regierung, Schwerin, am 10. December 1836.

Friederich Franz.
(L. S.)

L. H. von Plessen.     

II. Großherzogl. meklenburg=schwerinsches Rescript wegen Gestattung von Aufgrabungen im Domanium für den Verein.

Paul Friedrich,

von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg etc. .

U nsern gnädigsten Gruß zuvor! Veste und Hochgelahrte, liebe Getreue. Nachdem von eurem Vereine eine eigene Deputation zur Aufgrabung und Untersuchung vorchristlicher Grabdenkmäler ernannt und von dieser eine, von den kundigsten Männern des In= und Auslandes begutachtete Anweisung zu solchen Aufgrabungen ausgearbeitet worden ist, wollen Wir euch, auf eure Bitte vom 3. d. M., hiemit in Gnaden autorisiren, die genannten Aufgrabungen und Untersuchungen in Unsern Domainen zu veranstalten; jedoch versehen Wir Uns dabei zu euch, daß ihr dieselben nur erst nach reiflicher Erwägung der Umstände in jedem einzelnen Falle und nur im wahren Interesse der Wissenschaft unternehmen und sie nur zuverlässigen, sachkundigen Händen anvertrauen, so wie die Arbeit selbst genau nach

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Maaßgabe der dazu entworfenen Instruction ausführen lassen werdet. Wir haben zu dem Zweck den urschriftlich anliegenden offenen Befehl an alle Unsere Beamten erlassen, und übermitteln euch denselben in Gnaden, womit Wir euch gewogen verbleiben.

Gegeben durch Unsere Regierung. Schwerin, am 31. März 1837.

Paul Friederich.

L. H. von Plessen.     

     An
den Ausschuß des Vereins
für Mecklenb. Geschichte etc. .
hieselbst.

Anlage.

Wir Paul Friedrich
von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr etc. .

Thun hiemit allen Unsern Beamten kund: daß Wir dem hiesigen Vereine für Mecklenburgische Geschichte und Alterthumskunde die in der landesherrlichen Verordnung vom 10. December v. J. sub 1. gedachte besondere unmittelbare Erlaubniß zur Veranstaltung von Aufgrabungen und Untersuchungen vorchristlicher Grabdenkmäler in Unserm Domanium ertheilt haben, und befehlen demnach hiedurch allen Unsern Beamten, den Deputirten des genannten Vereins, wenn sie sich durch Vorzeigung dieses legitimiren werden, bei den oben bezeichneten Ausgrabungen allen erforderlichen Schutz angedeihen zu lassen. Urkundlich unter Unserm Handzeichen und Insiegel. Gegeben durch Unsere Regierung. Schwerin, am 31. März 1837.

Paul Friederich.
(L. S.)

L. H. von Plessen.     

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III. Andeutungen über die altgermanischen und slawischen Grabalterthümer Meklenburgs und die norddeutschen Grabalterthümer aus der vorchristlichen Zeit überhaupt,

von

G. C. F. Lisch,

Großherzogl. meklenb. Archivar zu Schwerin, Aufseher der Großherzogl. Alterthümersammlung zu Ludwigslust etc. . 1 )

Ist es wahr, daß das Vorhandensein und die Pflege der Geschichte, so wie eine geschichtliche Fortführung aller Verhältnisse, vorzüglich die geistige Ausbildung eines Volkes charakterisirt, so liegt auch der Wunsch sehr nahe, über die Uranfänge und die Entwickelung der heimatlichen Verhältnisse, über das Leben der Vorfahren möglichst im Klaren zu sein. Während die übrigen deutschen Völkerschaften ihre Geschichte bis in die ersten Jahrhunderte der christlichen Zeitrechnung und noch weiter verfolgen können, besitzen die deutschen Ostseeländer nicht viel mehr, als eine Geschichte von sechshundert Jahren. Bekanntlich beginnt ihre urkundliche Geschichte erst mit dem Falle des Wendenthums in der Mitte des zwölften Jahrhunderts; und auch in den ersten Zeiten der sächsischen Einwanderung stießen die heimischen Geschichtsquellen gerade nicht reichlich, was wohl dem Umstande zuzuschreiben sein mag, daß in den deutschen Ostseeländern vorzugsweise Cistercienser=Klöster errichtet wurden, welche zwar, von Betriebsamkeit und verständiger Einsicht, unendlich viel für die Cultur des Landes und die Regelung aller Verhältnisse thaten, aber sehr wenig Bücher hinterließen. Zwar haben wir von Tacitus bis Helmold herab über die deutschen Ostseeländer manche Ueberlieferungen in den Geschichtsbüchern anderer Völkerschaften, aus denen wir eine Geschichte der vorchristlichen Zeit unsers Vaterlandes, so gut es gehen will, zusammenstellen können; aber alle diese Ueberlieferungen sind ohne Ausnahme fremde, oft fragmentarisch genug, nicht selten so dunkel, daß sie kaum verständlich sind; an heimischen Denkmälern über dem Erdboden können wir nichts aufweisen. sei


1) Wiewohl diese Abhandlung bereits im Freimüth. Abendbl. 1837, No. 943 u. 944, abgedruckt, auch im Separatabdruck (in Commission in der Stillerschen Hofbuchhandlung zu Rostock und Schwerin, 1837) erschienen ist, glauben wir doch den Mitgliedern einen Dienst zu leisten, wenn wir sie (mit einigen von dem Hrn. Verf. jüngst hinzugefügten Anmerkungen) in diesen Bericht mit aufnehmen, um so mehr, da es wünschenswerth erscheinen muß, daß alles, was von dem Verein auf diesem Gebiete geleistet und ausgegangen ist, in den Vereinsschriften sich zusammengestellt finde.
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es an Bau=, Bild= oder Schriftwerken. Zwar wissen wir aus den gleichzeitigen Jahrbüchern anderer deutscher Völkerschaften und aus den spätern Andeutungen unserer Urkunden, daß in den letzten Jahrhunderten vor dem Falle des Heidenthums in Meklenburg slavische Völkerschaften wohnten; aber wie weit sie zurückreichen, ob sie seit uralter Zeit Eingeborne waren, ob sie später einwanderten und deutsche Völkerschaften unterjochten oder verdrängten: dies alles sind Fragen, welche bis heute noch nicht mit Bestimmtheit beantwortet werden können. Es ist freilich wahr, daß in den neuesten Zeiten gründliche Untersuchungen es zu beweisen übernommen haben, daß in den nordöstlichen Ländern Deutschlands im Anbeginn der europäischen Geschichte germanische Völkerschaften wohnten und diese ungefähr in der Mitte des sechsten oder siebenten Jahrhunderts von slavischen Völkern verdrängt wurden, welche sich bis zur Mitte des zwölften Jahrhunderts siegreich behaupteten; - aber diese frühere Existenz germanischer Völkerschaften in den deutschen Ostseeländern wird von nicht wenigen geistreichen und gelehrten Männern bezweifelt: der bis heute noch nicht ganz geschlichtete Streit ist bekannt; eben so bekannt ist es auch, daß sich der Vortheil immer mehr auf die Seite derjenigen geneigt hat, welche eine germanische Urbevölkerung in den spätern wendischen Ostseeländern annehmen. Viel mehr urkundliche Aufklärung ist schwerlich zu erwarten, da es kaum zu hoffen steht, daß noch neue historische Quellen entdeckt werden, welche für die ältesten Zeiten ergiebig sein könnten. Und gesetzt auch, wir gewönnen Sicherheit in der Erkenntniß der frühesten Begebenheiten, so fehlt uns dann noch immer eine Einsicht in das Leben und die Culturverhältnisse der Völker, welche dem neueren Zustande vorangegangen sind.

Die letzte und einzige Hoffnung, Licht in die Dunkelheit zu bringen, ruhet in den Gräbern, welche bekanntlich aus der Vorzeit als dauernde, Ehrfurcht gebietende Denkmäler noch herüberragen und in ihrem Schooße das bergen, was wir suchen: Erkenntniß des seins und des Lebens der Vorfahren. Nur wenn eine Erkenntniß der Grabalterthümer der mitteleuropäischen Tiefländer von Nordfrankreich bis in die Ebenen Polens vor uns liegt und eine Vergleichung von der einen Seite mit dem Skandinavischen und britannischen Norden und mit Rom, von der andern Seite mit den Ergebnissen aus den noch slavischen Ländern möglich macht, erst dann können wir ungetrübte Blicke in die Vorzeit thun. Und gelingt es uns, zum Ziele zu gelangen, so können wir darauf rechnen, daß aus der Vergleichung der gewonnenen Resultate mit den noch aus dem

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europäischen und asiatischen Rußlande und aus Mittelasien zu gewinnenden Aufklärungen hervorgehen, welche zu den wichtigsten der Alterthumskunde gehören.

Meklenburg ist für die germanisch=slavische Alterthumskunde von nicht geringer Bedeutung, da es, mit unbedeutenden Ausnahmen, eines der westlichsten Slavenländer war und von der andern Seite nur durch ein schmales Meer von dem germanischen Skandinavien geschieden ist. Auch wurden von jeher die Ueberreste der Grabalterthümer in Meklenburg mehr geachtet, als vielleicht in manchen andern Ländern. Schon im Anfange des 16. Jahrh. sammelte der einsichtsvolle Herzog Heinrich der Friedfertige Graburnen und freute sich der Betrachtung der Vorzeit; auch der kunstliebende Herzog Christian Ludwig, in der Mitte des vorigen Jahrhunderts, achtete diese Alterthümer hoch und legte den Grund zu der jetzigen Sammlung des Großherzogs K. H. zu Ludwigslust. - Aber alle vereinzelten Funde, und hätte man deren noch so viele gemacht, werden die Alterthumswissenschaft nicht viel weiter bringen, vielmehr die Hypothesen und die Verwirrung noch mehren; alle ohne Nachricht überlieferten, vereinzelten Gegenstände des Alterthums verdienen, wenn sie nicht zufällig technischen oder künstlerischen Werth besitzen, mit Recht das Schicksal, dem sie früher oder später unterliegen: der "Rumpelkammer" anheimzufallen. Erst aus verbürgten, umsichtig und vorsichtig geleiteten Aufgrabungen, bei denen die äußere Gestalt und der innere Bau der Gräber eben so sorgfältig beobachtet wird, als die in ihnen verborgenen Ueberreste der Vorzeit, kann ein sicheres Resultat für die Geschichte gewonnen werden.

In Meklenburg blieb es der langen segensreichen Regierung des Großherzogs Friedrich Franz K. H. vorbehalten, umsichtige Aufgrabungen für die Wissenschaft zu gewinnen. Des erhabenen Fürsten Kenntniß und Werthschätzung alles dessen, was geschichtliche Bedeutsamkeit hat, ist bekannt. In die Fußtapfen seiner erlauchten Vorfahren tretend, beförderte Er auf jegliche Weise die Pflege des heimischen Alterthums, ja unternahm Höchstselbst die Leitung von Aufgrabungen, z. B. bei Ludwigslust, welche mit dem glänzendsten Erfolge gekrönt wurden. Besonders aber wurden, die Aufgrabungen in den Jahren 1804 bis 1806 durch die Thätigkeit des Hauptmanns, jetzigen Oberzoll=Inspectors Zinck zu Dömitz und die eifrige Theilnahme des verstorbenen Hofmarschalls von Oertzen in höchstem Auftrage betrieben, wobei der Fürst ununterbrochen Theilnehmer blieb. So entstand der Reichthum der großherzoglichen Sammlung germanischer und slavischer Alterthümer zu

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Ludwigslust, begleitet von verbürgten Aufgrabungsberichten und vermehrt durch die Beiträge der allgemein verbreiteten Theilnahme: ein Reichthum, der zwar nicht übermäßig ist und nicht durch Seltenheiten blendet, aber durch eine gleichmäßige Vollständigkeit wohl die meisten Sammlungen in dieser Art übertrifft. Diese Schätze wurden von des Großherzogs K. H. mit der größten Liebe und Sorge gepflegt, bis die Zeit kam, wo ein allgemeines Interesse die wissenschaftliche Bearbeitung derselben wünschenswerth machte. Die günstigsten Aussichten hiezu boten sich dar, als der Professor Schröter zu Rostock, ein Mann von Sachkenntniß, Geist und Kraft, eben aus Skandinavien heimgekehrt, in den ersten Jahren des vorigen Jahrzehnds ein allgemeines Interesse für Grabalterthümer im Lande erweckte. Die Huld des Landesherrn ward ihm in dem Maße zu Theil, daß ihn eine Bestellung zum Aufseher der ludwigsluster Alterthumssammlung zur wissenschaftlichen Bearbeitung derselben, die ihm schon nahe lag, dringend aufforderte. Er sah die Wichtigreit der Sammlung ein und entwarf den Plan zur Herausgabe einer bildlichen Darstellung der vorzüglichsten Alterthümer und der repräsentirenden Stücke jeder Gattung, und demnächst zur Ausarbeitung einer umfassenden Erläuterung, welche die gesammte germanische und slavische Alterthumskunde begreifen sollte. Die Buchhandlung von Breitkopf und Härtel in Leipzig ging auf den Plan ein; das Ganze unter dem Titel: Friderico-Francisceum, sollte sechsunddreißig lithographirte Tafeln im größten Folio=Format, welche alle abzubildenden Gegenstände, wo möglich in natürlicher Größe, enthalten sollten, und einen Band Text nach Beendigung der Lithographie umfassen. - Se. K. H. der Großherzog übernahm die Kosten der Zeichnungen und der Zurüstung zum Texte. Schon im Jahre 1824 erschienen 3 Hefte mit 18 Tafeln. Kaum war Schröter von einer Reise nach Kopenhagen im Interesse des Werkes heimgekehrt, als ihm ein Nervenschlag den freien Gebrauch seiner Geisteskräfte raubte und ihn seiner begeisternden Wirksamkeit entzog. Er hinterließ zur Erkenntniß seines Plans und zur Fortsetzung seiner Arbeit- nichts, da er alle seine Ideen und Erfahrungen bei sich im Geiste trug und überhaupt nur auszuarbeiten pflegte, wenn er mit sich einig geworden war und das gesammte Material gesammelt hatte; er hinterließ nichts, als das fünfte und sechste Heft der Abbildungen bei der Buchhandlung; diese konnten jedoch nicht ausgegeben werden, da noch das letzte Heft fehlte. Seine werthvolle, vorzüglich für heimische Alterthümer in Deutschland und Skandinavien gesammelte Bibliothek verlor sich durch Versteigerung. -

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Damit die kostbaren Lithographien nicht Makulatur würden, ward der gelehrte Professor Grautoff in Lübeck zur Vollendung und Erläuterung des Werkes im Jahre 1830 gewonnen; kaum hatte er aber die Sammlung in Ludwigslust revidirt, als ihn der Tod wegraffte, ohne daß auch er etwas anders hinterlassen hätte, als einige Handzeichnungen, um sich, fern von der Sammlung, ein klares Bild von den einzelnen Gegenständen verschaffen zu können. - Jedes Jahr drohte immer größern Verlust für die Sache; mit der Berufung an Schröters Stelle übernahm ich zugleich die Schwierige und wagliche Arbeit der Vollendung und Erläuterung des ganzen Werkes, welche bald beschafft werden mußte, da noch von Lebenden Nachrichten eingezogen werden konnten, ohne welche die Fortsetzung unmöglich war. Schröters umfassenden Plan mit Gründlichkeit zu verfolgen, lag außer den Grenzen der Möglichkeit; die Buchhandlung forderte bei den aufgewandten großen Kosten Beschränkung auf eine unentbehrliche Erläuterung der abgebildeten Alterthümer. Des Großherzogs K. H. brachte neue nothwendige Opfer. Schröters Vorbereitungen zum Werke fanden sich nach einiger Zeit; jedoch bestanden sie nur aus Excerpten aus Büchern über nicht meklenburgische Alterthümer, welche jetzt gar nicht benutzt werden konnten; an Hindeutungen über das Friderico-Francisceum fand sich nichts; flüchtige Bemerkungen, auf den Reisen nach Kopenhagen und Rügen gemacht, konnten allein theilweise zur Vergleichung dienen. Jedoch fand sich bei den Acten Schröters der bis dahin vermißte, alte Catalog über die Sammlung von dem Hofmarschall von Oertzen, als frühern Aufseher der Sammlung, in Ludwigslust bei der Sammlung der neuere Catalog Schröters und beim Hauptmann Zinck zu Dömitz dessen wichtige Tagebücher, die er bei den Aufgrabungen geführt hatte. Mit diesen Materialien und dem Hauptmaterial, der Sammlung selbst, welche zu weitern Nachforschungen im Lande Veranlassung gaben, ward dann die Arbeit unternommen; sie ist so weit vollendet, daß das letzte Heft der Abbildungen in der Lithographie und der Text im Drucke ist, so daß das Ganze spätestens bis zur Mitte d. J. im Buchhandel erscheinen kann.

Hierauf die Freunde und Beförderer des vaterländischen Alterthums aufmerksam zu machen und ihnen die Aufnahme des Werkes zum Besten der Sache ans Herz zu legen, ist der Zweck der bisherigen Darstellung. Zugleich aber möchte es an der Zeit sein, durch Darstellung der Resultate, welche aus der Bearbeitung der ludwigsluster Sammlung entsprungen sind, alle Vaterlandsfreunde auf die Wichtigkeit der Sache auf=

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merksam zu machen und sie bei der täglich zunehmenden Zerstörung der Denkmäler des Alterthums zur Rettung dessen zu vermögen, was noch zu retten ist, oder doch wenigstens Nachrichten und Zeichnungen niederzulegen, wozu jetzt bei dem Verein für vaterländische Alterthumskunde in Schwerin oder bei der großherzoglichen Sammlung in Ludwigslust Gelegenheit geboten ist. Zwar wird das Friderico-Francisceum alle diese Resultate enthalten, aber, wie es bei einer kritischen Untersuchung ohne Vorarbeiten nur der Fall sein kann, werden sie bei der reinen Darstellung der gemachten Erfahrungen nur als bescheidene, gelegentliche Vermuthungen, nicht als gewonnene, an die Spitze gestellte Wahrheiten erscheinen können. Diese Resultate sollen hier nach nackten Erfahrungen gegeben werden, ohne irgend eine Beimischung geschichtlicher Ausführungen.

Das Resultat des Friderico-Franciscei ist, wenn nicht Alles trügt, eine klare Scheidung der germanischen und der slavischen Alterthümer in Meklenburg, hervorgegangen aus einer Vergleichung des Baues der verschiedenen Arten von Gräbern und der aus ihnen erweislich ans Tageslicht geförderten Alterthümer. Es gibt in den deutschen Ostseeländern verschiedene Classen von Gräbern nach ihrer äußeren Gestalt; man kann deren sieben bis acht unterscheiden; einige zeichnen sich aber vor allen andern so klar aus, wie sie sich bestimmt wieder von einander unterscheiden. Durch Aufstellung der drei vorzüglichsten Klassen wird sich aber die Richtigkeit der gewonnenen Resultate am besten rechtfertigen lassen.

I. Klasse: Germanengräber.

Es gibt in Meklenburg eine große Anzahl von Gräbern der Vorzeit, und vielleicht möchten ihrer die meisten sein, welche durch ihre bestimmte Form fast allgemein bekannt sind. Sie bilden runde, oft durch angesetzte Begräbnisse auch oval gewordene Hügel in Kegelform von 2 bis 25, auch 30 Fuß senkrechter Höhe vom Gipfel bis zum Mittelpunkt der Basis; daher ist ihnen der Name Kegelgräber gegeben. Nie haben sie große Steine auf dem Gipfel zur Bedeckung, eben so wenig große Steinpfeiler in den Seitenwänden zur Haltung; im Aeußern ist nichts anders sichtbar, als eine Rasen= oder Moosdecke. Oft, jedoch nicht als Regel, finden sich kleinere Feldsteine um den äußersten Ring des Grabes gelegt, zum Schutz und zur Bezeichnung; eben so häufig, und vielleicht häufiger, nicht selten bei Gräbern derselben Art neben einander, ist dies nicht der Fall. Als die größten Gräber dieser Art sind bisher die Gräber bei Proseken, Ruchow und Prillwitz bekannt

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geworden. Im Innem sind die Ueberbleibsel und Geräthschaften des Todten unter Gewölben von rohen Feldsteinen oder in viereckigen Kisten von platten Feldsteinen beigesetzt. Die kleinern Hügel, in welchen nur ein Todter bestattet ist, bestehen häufig nur aus dem Einen Steingewölbe (Steinkegel), welches dann mit einer dünnen Erd= oder Moosdecke im Aeußern belegt ist; oft aber besteht das Grab eines Einzelnen auch nur aus Erde, mit Ausnahme der platten Unterlags= und Deckelsteine für die beigesetzte Urne. 1 ) Die größeren Hügel bergen gewöhnlich mehrere Begräbnisse oder Steingewölbe und Steinkisten neben einander und sind durch einen hohen Erdaufwurf zu einem runden Hügel vereinigt (Erdkegel). Das Auffallendste im Innern ist zuerst eine doppelte Bestattungsweise. Einige Todte sind in diesen Kegelgräbern als Leiche, ohne Verbrennung, in gewaltigen Särgen von Eichenholz begraben, wie es bei Beckentin, Neukirchen und Ruchow beobachtet ward; andere Leichen sind verbrannt und ihre Asche ist in Urnen beigesetzt; in einigen großen Hügeln finden sich beide Bestattungsarten neben einander in demselben Hügel, z. B. bei Ruchow, wo die Hauptleiche unverbrannt begraben, die übrigen Leichen verbrannt in Urnen beigesetzt waren. Sind die Leichen verbrannt, so findet sich auf dem Boden des Hügels oft die Brandstätte: ein Pflaster aus breiten Steinen, von ungefähr 5 Fuß Länge und einigen Fuß Breite; auf diesem Pflaster liegen dann Asche und Kohlen, unter den letztern sind Kohlen von Eichenholz und verkohlte Eicheln und Wacholderbeeren bemerkt. Die Urnen in den Gräbern dienten zur Aufnahme der aus dem Brande gesammelten Gebeine; häufig finden sich jedoch in einem Begräbnisse mehrere Urnen, von denen dann einige leer sind. 2 ) Die Urnen aus den Kegelgräbern lassen sich in zwei Klassen absondern. Einige sind von grober Masse, im Innern des Bruches stark mit Kiessand durchknetet, im Aeußern glatt von Thon, gelblich, gelbgrau, röthlich und bräunlich oder von gemischter Farbe, fest gebrannt;


1) Ein Hauptkennzeichen dieser Art von Gräbern ist, daß sie auf dem Urboden aufgeschüttet und die Urnen und sonstigen Alterthümer immer über dem Urboden beigesetzt sind.
2) Nach fortgesetzten Beobachtungen bei Ausgrabungen wurden in die größere, stärkere Urne des Grabes die Gebeine gesammelte die zweite feinere, zierlichere Urne enthielt mehr fettige Asche und nur einzelne Knochenstücke, z. B. vom Schädel; eine dritte Urne schien die letzten gesammelten Ueberreste des Leichenbrandes zu enthalten. In der größern Urne zwischen den Gebeinen lagen gewöhnlich die mitgegebenen Geräthe des Todten; die Aschenkrüge enthielten keine Alterthümer. Die Schalen wurden zu Untersatzschalen oder umgestülpt zu Deckeln benutzt.
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ihrer Form nach sind sie entweder im Durchmesser überall nicht viel von derselben Weite abweichend und wenig spitz nach dem Boden zulaufend, oder mit einem engen Hälfe in Form eines Gießgefäßes; 1 ) die Form ist gediegen, edel, groß, jedoch nicht sehr regelmäßig in der Ausführung, so daß die Verfertigung derslben auf der Töpferscheibe als bestritten erscheint. Etwanige Verzierungen bestehen aus einfachen Strichen, welche mit einem unvollkommenen Instrumente aus freier Hand eingekratzt sind. Eine andere Art von Urnen in den Kegelgräbern besteht aus einer feinkörnigen, schwarzen Masse; auch im Aeußern sind sie glänzend und schwarz mit eingesprengten häufigen Pünktchen von Glimmer, 2 ) jedoch ohne allen schwarz färbenden Ueberzug; ihre Form ist kleiner, zierlicher, 3 ) geschmackvoller als die der größern gelblichen Urnen, auch sind die eingeschnittenen Verzierungen regelmäßiger und sorgfältiger gearbeitet. - Was in diesen Gräbern den Todten mitgegeben ward, zeichnet sich zunächst nach dem Material aus. Vorherrschend ist überall Bronze (Erz) von den schönsten Farben, nach chemischen Untersuchungen ungefähr aus 85 Procent Kupfer und 15 Procent Zinn bestehend, jedoch in abweichenden Mischungen, nach der Bestimmung des Geräths sorgfältig berechnet. Alle Gegenstände aus Erz scheinen gegossen zu sein: alle sind stark vom Rost angegriffen oder mit dem herrlichsten, glänzendsten edlen Rost bedeckt, wenn sie nicht im Moor gefunden sind, welches Sachen aus Bronze Jahrtausende lang völlig unversehrt und wie neu erhält. Zum Schmuck findet sich öfter reines Gold. Eisen ist bisher in reinem Kegelgrabe bemerkt, jedoch an einzeln gefundenen Gegenständen, wiewohl höchst selten, beobachtet; Silber ist nie gefunden. Bernstein ist nicht selten; Glasflüsse sind zweifelhaft. - Was nun die in den Kegelgräbern gefundenen Geräthschaften betrifft, so sind sie im höchsten Grade merkwürdig: alles in diesen Gräbern Gefundene ist fremd, eigenthümlich, oft räthselhaft, erinnert in einzelnen


1) Die Urnen in den Kegelgräbern haben oft eine kannenförmige Gestalt und große Henkel. Nach vielen Erfahrungen dienten die gehenkelten. Gefäße, wie die andern Urnen, zur Aufbewahrung der Gebeine und der Asche.
2) Die eingesprengten Glimmerfünkchen sind nach mehrfachen neuern Erfahrungen kein charakterisches Kennzeichen der Urnen in den Kegelgräbern, wenn denselben auch die schwarzgebrannten, gehenkelten Urnen (ohne färbenden Ueberzug) eigentümlich sind. Glimmerfünkchen sind in Urnen aller Gräberarten bemerkt. Die unterscheidenden Merkmale für die Classificirung der Urnen bleiben: Masse, Form und Verzierung.
3) Besonders merkwürdig ist, daß die feinen Urnen in den Keggräbern oft so dünne und regelmäßig sind, daß ihre Verfertigung aus freier Hand als unmöglich erscheint.
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Fällen nur an Rom und erfreut eben so sehr durch seine antike Eigenthümlichkeit, als durch seine edle, kräftige Form. In allen Gräbern wiederholen sich in den verschiedensten Abweichungen die immer vorkommenden Geräthschaften. Man hat Gußstätten für Speerspitzen mit Schmelztiegeln und Klumpen von Gußerz, z. B. bei Demmin, gefunden und daneben hunderte von gefertigten Geräthschaften: ein Beweis, daß sie heimischen Ursprungs sind; aber alle gefundenen Exemplare derselben Gattung waren verschieden. Einige sich häufig wiederholende Geräthe sind dieser Art von Gräbern völlig eigemhümlich. Als solche treten zuerst die wohl bekannten, von Tacitus geschilderten frameae auf, ohne Ausnahme aus Bronze. Dies sind schwere, voll gegossene Lanzenspitzen, welche in der Richtung des Schaftes statt zugespitzt zu einer beilförmigen Schneide abgestumpft waren: eine von den Römern so gefürchtete Waffe, welche die Germanen als Stoßwaffe und als Wurfwaffe gebrauchten; in mehrern Gräbern ist sie neben der bestatteten Leiche auf einem eichenen Schafte von 3 bis 4 Fuß Länge mit einem ledernen Riemen zum Zurückziehen nach vom Fortschleudern zur rechten Hand der Leiche gefunden worden. Diese Waffe (vergl. freim. Abendbl. 1832, No. 719), theils ganz voll gegossen zum Einlassen in einen gespaltenen Schaft, theils an einem Ende hohl gegossen zum Einstecken eines Schaftes, ist sonst bei keinem andern Volke beobachtet worden. Aber sie ist häufig in Norddeutschland, den Rheinlanden, den Niederlanden, Nordfrankreich, Britannien, Dänemark und Skandinavien gefunden und allgemein bekannt, wenn auch unter verschiedenen Namen, wie Celt, Paalstaf, Streitmeißel, Abhäutemesser, Hobeleisen, selbst als Thränenfläschchen. - Ferner charakterisiren sich die Kegelgräber durch die in zahllosen Formen immer wiederkehrenden Spiralwindungen, theils als platte Spiralwindungen in Tellerform, theils als springfederförimge Spiralcylinder, theils als eingegrabene und eingeschlagene Verzierungen. Diese Spiralplatten finden sich an den bisher den deutschen Ostseeländern eigenthümlichen Handbergen, d. h. Handringe mit auslaufenden großen und platt liegenden Windungen (wie Ammonshörner) zum Schutze der Hand und des Unterarms; sie finden sich in kleinerm Maßstabe an Fingerringen, als Ausläufer an den cylindrisch gewundenen Armschienen, in allen Größen an den Brusthefteln. Die Spiralcylinder finden sich häufig als Fingerringe und als Armringe oder Armschienen, vielleicht auch als Beinschienen. Als Verzierungen kommen sie in durchbrochener Arbeit in den Schwertgriffen vor; als eingeschlagene und eingegrabene Verzierungen

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werden sie bemerkt an Diademen, Schildnabeln, Schwertknöpfen, Messerklingen, Haarzangen, Büchsen und Dosen, u. s. w. Diese Art von reiner Linearverzierung kommt ebenfalls nicht weiter vor. - Alle diese Merkmale sind allgemeine; aber eben so eigenthümlich ist alles Einzelne, was in den Kegelgräbern vorkommt. Eigenthümlich sind diesen Gräbern: jene kurzen, ungefähr 2 Fuß langen, zweischneidigen, gegossenen Schwerter aus Erz, mit erhabenem Mittelrücken und kurzem, kaum die Faust füllendem, ehernem Griffe; - jene kurzen, breiten Dolche mit dem kurzen Griff, den römischen so auffallend ähnlich; - jene Brusthefteln (fibulae) mit zwei Spiralplatten, ebenfalls nur den römischen ähnlich; - jene Diademe mit den eingeschlagenen Spiralverzierungen, jene großen und breiten Gerspitzen, jene langen Speerspitzen und Pfeile, und alle die immer neu verzierten Armringe, die spiralförmigen Fingerringe, die gewundenen Kopf= und Halsringe, die langen, großköpfigen Nadeln, die schönen Messer, die Scheermesser, die Haarzangen: alles aus Bronze; eigenthümlich sind ihnen die gewundenen goldenen Armringe und die cylindrisch gewundenen Fingerringe aus einfachem oder doppeltem Golddrath.

Diese Art von Gräbern ist gefunden von dem Weichselgebiete bis an die Pyrenäen und von den deutschen Hochländern bis tief in Skandinavien und Schottland hinein. Nimmt man dazu die auffallend hiemit übereinstimmenden Berichte des Tacitus, so läßt sich kaum bezweifeln, daß diese Art von Gräbern den Germanen angehört.

II. Klasse: Slavengräber.

Von den germanischen Kegelgräbern unterscheidet sich eine andere Art von Grabstätten in Meklenburg bedeutend, nämlich diejenigen Grabstätten, welche wohl Kirchhöfe und Wendenkirchhöfe genannt werden. Mit dem Namen von Kirchhöfen werden zwar gewöhnlich Gruppirungen vieler Gräber jeder Art, auch Gruppen von Kegelgräbern, belegt; aber eine Art von Kirchhöfen zeichnet sich vor allen andern durch ihren Inhalt sehr bestimmt aus. Die Wendenkirchhöfe sind nämlich langgestreckte, oft unscheinbare Gesammterhebungen auf Ebenen oder natürlichen Abhängen ohne bestimmte Form. 1 ) In diesen


1) Nach neuern Erfahrungen in Meklenburg und nach vielfältigen Beobachtungen in Pommern und im südöstlichen Holstein sind die Urnen der Wendenkirchhöfe nicht über der Erde unter Hügeln beigesetzt, sondern unter die Erdoberfläche eingegraben, also förmlich begraben. Sie werden nicht selten unter der ganz flachen, ebenen Erdoberfläche gefunden und unbedeutende Er= (  ...  )
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unbestimmt geformten Erhebungen stehen die Urnen in unglaublicher Menge, am Rande umher zwischen kleinen Steinen verpackt, im Innern dicht gedrängt in der Erde, oft auch zwischen kleinen Steinen, nicht tief unter der Erdoberfläche. In den Urnen findet man Geräth aller Art. Kirchhöfe dieser Art und immer von derselben Art sind aufgedeckt oder berührt zu Kothendorf, auf der Mooster bei Marnitz, zu Gägelow, Preseck u. a. a. O.; oft sind sie unbeachtet beim Ziehen von Gräben und Landstraßen zerstört. Die Urnen enthalten immer Knochen und Asche; 1 ) von Bestattung der Leichen ist keine Spur, eben so wenig von Brandstätten, da der Beisetzungsplatz für die Urnen nicht zugleich die Brandstätte gewesen zu sein scheint. Die Urnen sind zwar denen in den Kegelgräbern in einiger Hinsicht ähnlich, aber die meisten unterscheiden sich charakteristisch von denselben, so daß es in der Zukunft vielleicht gelingen kann, die Gräber selbst nach Urnenscherben zu erkennen, wenn auch andere Kennzeichen fehlen. Die Urnen in den Wendenkirchhöfen sind von feinerer Masse 2 ) und regelmäßiger geformt, so daß der Gebrauch der Töpferscheibe bei ihnen wahrscheinlicher ist. Häufig sind sie mit einem platten einpassenden 3 ) Deckel bedeckt, welcher freilich gewöhnlich zerbrochen ist, während die Urnen in den Kegelgräbern gewöhnlich mit platten Steinen zugedeckt sind, was jedoch auch in den Kirchhöfen beobachtet ist. Oft haben die Gefäße nasenähnliche Knötchen und kleine Henkelchen, welche zum Anfassen fast zu klein sind. Der Hauptcharakter der slavischen Urnen liegt aber in ihrer Form und Verzierung. Während die Grabgefäße in den Kegelgräbern mehr gleichmäßig in ihrer Weite von oben nach unten und mehr edel und kräftig in ihren Umrissen, oder auch mit engem Halse und gehenkelt gebildet sind, ist die Form der slavischen Urnen, wenn auch mehr ausgearbeitet, doch gewissermaßen etwas übertrieben: sie sind oben weit geöff=


(  ...  ) hebungen über den Urnen sind entweder geringe, natürliche an Abhängen, oder höchstens ein Erdaufwurf von dem Cubikinhalt der eingegrabenen Urnen. Die Urnen stehen in großer Zahl neben und über einander, ganz frei in der Erde oder auch durch einzelne platte Steine geschützt.
1) In den Wendenkirchhöfen finden sich oft auch mehrere, gewöhnlich zwei zusammengehörende Urnen neben einander; die eine enthält ebenfalls, wie in den Kegelgräbern, Gebeine und Alterthümer, die andere nur Erde und Asche.
2) Die Urnen in den Wendenkirchhöfen sind im Durchschnitt von feinerer Masse; in den Kegelgräbern sind die größern Urnen grobkörniger, die kleinern, feinern Urnen feinkörniger, als in den Wendenkirchhöfen.
3) Einpassende Deckel und überdeckende Schalen finden sich auch nicht selten auf enghalsigen Urnen in den Kegelgräbern. Einpassende Deckel finden sich nur auf gewissen weiter geöffneten Urnen in gewissen wendischen Begräbnißstellen.
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net und laufen nach dem Boden hin sehr spitz zu, so daß man sie oft kaum berühren kann, ohne sie umzustoßen. Die Verzierungen sind aber vorzüglich eigenthümlich: sie bestehen nämlich nicht selten aus parallelen, in spitzen oder in rechten Winkeln gebrochenen Linien, den Mäanderformen ähnlich, und sind offenbar mit einem viereckig gezahnten, wahrscheinlich radförmig gearbeiteten Instrumente eingedrückt. Auf einer zu Kothendorf gefundenen Urne ist ein rechtwinkliges, gleicharmiges Kreuz eingeprägt, dessen Balken links hin im rechten Winkel gebrochen sind, grade so, wie es sich auf den dänischen Goldbrakteaten aus den letzten Zeiten des Heidenthums findet. Oft sind die verzierten Urnen mit Asphalt von tiefschwarzer Farbe überzogen; die übrigen sind bräunlich gefleckt gebrannt, jedoch selten so hell, wie die germanischen Urnen; jene schwarz gebrannten, mit Glimmerfünkchen besprengten Urnen der Kegelgräber sind nicht bemerkt, wenn auch Glimmerfünkchen in braunen Urnen der Wendenkirchhöfe vorzukommen scheinen. Auffallend ist die sehr große Zahl der Urnen, welche in der Regel sehr gut erhalten sind, wenn Unverstand sie nicht zerstört hat. Alle diese Eigenthümlichkeiten, ja dieselben Formen finden sich in den verschiedensten Gegenden Meklenburgs wieder, stimmen auch auffallend mit den, in der Mark Brandenburg zahlreich gefundenen Urnen überein, während in den Kegelgräbern gewöhnlich jedes Stück des Alterthums zwar dieselbe allgemeine Grundform, aber doch immer seine besondere Gestaltung hat. - Die in den Wendenkirchhöfen gefundenen Geräthschaften lassen mit den in den Kegelgräbern gefundenen durchaus keine Vergleichung zu. Hier in den Wendenkirchhöfen ist alles mehr neu und bekannt, an die moderne Zeit grenzend, ja mit ihr übereinstimmend. Alles Fremdartige ist verschwunden: es fehlen die frameae, die Handbergen, die antiken Hefteln mit den Spiralplatten, die Spiralwindungen und Spiralverzierungen, die Spiralcylinder, die kurzen ehernen Schwerter u. s. w. Das Material, aus dem die meisten Sachen gefertigt sind, ist Eisen; aus Eisen sind die Schwerter, Lanzen, Pfeile, Schilde, selbst Streitäxte, Messer, Ringe u. s. w. Eigenthümlich sind den Wendenkirchhöfen lange, grade, wahrscheinlich einschneidige Schwerter, in mehrere Enden zusammen gebogen, um sie in die Urnen legen zu können: eine Erscheinung, welche dem Skandinavischen Norden völlig fremd ist, welche dagegen bei Ruppin neben einem mit christlichen Symbolen verzierten ehernen Gefäße beobachtet ward; eigenthümlich sind ihnen die großen, hutförmigen eisernen Schildbuckel; eben so modern sind die graden, spitzen

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Messer, die Lanzenspitzen, - Geräthe, welche vorzüglich viel in der Altmark gefunden sind. Bronze (Erz) tritt in den Hintergrund; nur einzelne Gegenstände sind aus Erz gefertigt, z. B. kleine Ringe, Knöpfe, Schnallen, Nadeln, moderne Stopfnadeln, Verzierungen auf Eisen, namentlich Eichelverzierungen, welche man wohl für Glocken gehalten hat, und die immer in derselben Gestalt wiederkehrenden kleinen Brusthefteln mit gebogenem Bügel und mit einer kleinen, dünnen Nadel, während alle diese Gegenstände auch aus Eisen neben andern derselben Art aus Erz vorkommen. An diesen Geräthen aus Erz ist der edle Rost noch nicht bemerkt; gewöhnlich sind sie mit einem mehlartigen Anfluge von mattgrünem Oxyd bedeckt. Gold ist nie bemerkt; dagegen findet sich häufig Silber bei allen Gegenstanden, die auch aus Erz vorkommen; im skandinavischen Norden fällt Silber in die letzte Periode des Heidenthums und in den Anfang des Christenthums; arabische Schmucksachen und Münzen deuten darauf hin, daß das Silber wohl erst durch den Handelsverkehr des Khalifats in die Ostseeländer kam. Als Verzierungen kommen blaue und buntfarbig eingelegte Glasflüsse häufig vor, so auch Bernstein; sauber gearbeitete Gegenstände aus Knochen, wie z. B. Kämme, werden öfter gefunden; Darstellungen roher menschlicher Figuren und ringförmige Schnallen mit christlichen Inschriften mit lateinischen Schriftzügen des 12. und 13. Jahrhunderts werden in Urnen gefunden, welche eine Vergleichung mit denen aus den Wendenkirchhöfen aushalten.

Nach diesen unleugbaren Erfahrungen möchte es nicht gesagt sein, diese Art von Gräbern der slavischen Bevölkerung zuzuschreiben. Zwar spricht hiefür kein Tacitus; aber es giebt innere Gründe, welche diese Annahme unterstützen: in den Wendenkirchhöfen ist alles moderner und, mit Ausnahme des Eisens, weniger durch die Zeit angegriffen; diese Art von Gräbern erstreckt sich geographisch nur so weit, als die slaven gegen Westen und Norden vorgedrungen sind; die Vergleichung ergiebt, daß das Volk dieser Gräber mit dem Norden zur letzten Zeit des Heidenthums und mit dem Khalifat in Verbindung stand; ja Spuren einer christlichen Cultur kommen vor; endlich ist es der directe Gegensatz, oder doch eine völlige, nie zu vereinigende Abweichung von den, nach Rom deutenden Kegelgräbern, welche die sogenannten Wendenkirchhöfe der slavischen Bevölkerung zuschreibt.

Mit den Resultaten der Wendenkirchhöfe kann aber die Betrachtung der Wendengräber noch nicht geschlossen sein; es

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läßt sich annehmen, daß einzelne Vornehmere des Volks besonders und kostbarer begraben wurden. Hierüber fehlen jedoch noch Erfahrungen.

III. Classe: Urgräber oder Hünengräber.

Diese Art von Gräbern bietet die großartigste Erscheinung im Reiche der Gräber dar. Diese Gräber bilden in der Regel ein Oblongum von unbehauenen großen Granitpfeilern und sind am Ostende mit gewaltigen Granitplatten bedeckt. Die größten Gräber dieser Art sind mit ungefähr 40 bis 50 Pfeilern umgeben, welche bis 4 Fuß im Durchmesser haben und noch 3 bis 6 Fuß hoch aus der Erde ragen, und sind gewöhnlich im Ostende mit 4 Steinen bedeckt, welche, bei einem Umfange bis 40 Fuß, in der Dicke ungefähr 4 Fuß messen; die Gräber haben oft eine Länge von 120 bis 160 Fuß. Das gewaltigste Grabdenkmal dieser Art, vielleicht in Deutschland, ist das bei Katelbogen; ein anderes majestätisches Grab liegt bei Naschendorf; übrigens sind sie in Meklenburg, namentlich im östlichen Theile desselben, nicht selten. Innerhalb der Steinpfeiler ist der Grabhügel aufgeschüttet wie eine langgestreckte, umgekehrt muldenförmige Erhöhung von 4 bis 8 Fuß Höhe. - Unter den großen Decksteinen findet sich gewöhnlich eine Steinkiste 1 ) aus großen, platten Steinen, in welcher die Alterthümer liegen, die übrigens auch in andern Theilen des Grabes Zerstreut sind. Der Inhalt dieser Gräber ist sehr einfach. Gewöhnlich finden sich nur Scherben von rohen, dick geformten Urnen; 2 ) in Meklenburg ist keine Urne bekannt, die unversehrt aus einem Hünengrabe gekommen wäre. Hin und wieder sind auch Gerippe von Menschen in den Hügeln gefunden. Das Material, welches in diesen Gräbern vorherrschend vorkommt, ist Feuerstein; jene vielbesprochenen, breiten, schön geschliffenen Keile aus Feuerstein (Streitkeile, an andern Orten auch wohl Donnerkeile und Thorskeile genannt) werden oft in großer Anzahl in ihnen gefunden; mit Sicherheit ist es nicht bekannt, daß sie je in einem andern Grabe gefunden wären. Außerdem finden sich noch Messer mancherlei Art aus Feuerstein in ihnen. Hiernach hat man diese Gräber einer uralten Zeit zugeschrieben, in welcher der


1) Die Alterthümer der Hünengräber finden sich häufig zu den Seiten der Steinkiste.
2) Die Urnen der Hünengräber zeichnen sich vorzüglich durch eigenthümliche, tiefeingegrabene, etwas schwerfällige, wenn auch oft geschmackvolle Verzierungen aus.
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Gebrauch der Metalle noch nicht bekannt war. Aber es ist unleugbar, daß in Meklenburg in denselben auch Spuren von Eisen 1 ) vorkommen; gewöhnlich ist dieses Metall vergangen, aber man hat auch einzelne Geräthe noch ziemlich gut erhalten aus ihnen hervorgeholt, wie Ringe, Streithammer u. dgl. Die holländischen und nordischen Forscher leugnen zwar das Vorkommen von Eisen in den Hünengräbern; aber es lassen sich sichere Aufgrabungen in Meklenburg nicht wegleugnen. Außerdem finden sich noch Schleifsteine von feinkörnigem, rothem Sandstein und Bernsteinschmuck; weiter ist nichts beobachtet. Das Vorkommen des Eisens setzt die Bestimmung der Hünengräber einen Augenblick in Zweifel; aber ein Hinblick auf die geographische Verbreitung derselben giebt zur weitern Forschung Muth. Die Hünengräber finden sich nämlich in allen den Gegenden, in welchen die germanischen Kegelgräber vorkommen: in Norddeutschland, in den Niederlanden, in Nordfrankreich, in Britannien und in Skandinavien, also am häufigsten in den Ländern, wohin die Slaven nie gedrungen sind. Man ist also gezwungen, sie einer nicht slavischen Bevölkerung zuzuschreiben, und will man nicht annehmen, daß die Germanen im Laufe der Zeit gewaltige Rückschritte gemacht haben, so ist man veranlaßt, die Hünengräber einer alten germanischen oder vorgermanischen Zeit anzuweisen, gewiß einer Zeit, welche der voraufging, in der die Kegelgräber erbaut wurden, aus denen römischer Einfluß nur zu klar hervorleuchtet. Auffallend bleibt allerdings die Zurückdrängung des Eisens durch das römische Erz; aber der Mangel an Technik zur vollkommenem Bearbeitung des Eisens mag wohl Veranlassung zur allgemeinern Aufnahme der schönen, brauchbaren und edlen Kupfercomposition durch die Bekanntschaft mit den Römern geworden sein. Auch kommen allerdings Beispiele von dem fortgesetzten Gebrauche des Eisens in Kegelgräbern vor. - Der Name Hünengräber tritt übrigens auch in Deutschland, selbst in Süddeutschland, urkundlich schon im


1) Das auffallende Vorkommen von Eisen in den Hünengräbern, welches jedoch nur hin und wieder bemerkt ist, ist unbestreitbar. Es ist bisher jedoch nur in Hünengräbern derjenigen Länder beobachtet, in welchen einst Wenden gesessen haben. Auch Professor, Director Danneil zu Salzwedel hat in geringer Tiefe Urnen mit eisernen Geräthschaften in Hünengräbern gefunden. Dieser Forscher hat daher die wohl richtige und schöne Ansicht gefaßt, daß in jüngern Zeiten oft Slaven in Hünengräbern beigesetzt worden seien und man also in uralten Gräbern neben der alten eine zweite, spätere Begrabung habe. Es ist eine interessante Beleuchtung über das Vorkommen von Eisen in Hünengräbern von Danneil zu erwarten. - Auch die sibirischen Völkerschaften pflegen noch heute ihre Todten in und an alten Grabhügeln zu bestatten.
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Mittelalter auf und ist gleichbedeutend mit den ebenfalls in Urkunden vorkommenden Ausdrücken: Riesengräbern, Riesenbetten, Gigantengräbern, Gräbern der Vorzeit.

Außer diesen Hauptgattungen giebt es noch andere Arten von Gräbern, welche sich aber bei genauerer Forschung irgend einer Hauptgattung zuschreiben lassen. - Zuerst sind bekannt die Steinkisten oder Steinhäuser, von gelehrten Forschern auch Urgräber genannt. Dies sind freistehende, viereckige Steinsetzungen, in den Wänden von großen, auf die schmale Kante gesetzten Steinplatten erbauet, über welche ein großer Stein als Decke gelegt ist. Sie finden sich überall, wo sich die Hünengräber finden, und enthalten dieselben Gegenstände, nämlich Scherben von groben Urnen, und Keile und Messer aus Feuerstein. Sie sind also derselben Zeit zuzuschreiben, aus der die Hünengräber stammen, und möchten in den frühesten Zeiten der Hünengräber erbaut oder auch unvollendete Hünengräber sein, an denen der äußere Steinring und der aufgeworfene Erdhügel fehlt. Ihre Gestalt hat unzählige Male zu der Meinung Veranlassung gegeben, als seien diese Steinkisten Opferaltäre; oft werden sogar halb zerstörte Hünengräber für Opfersteine gehalten. - Andere Classen sind: sogenannte Kistenhügel, d. h. kleine Erdhügel mit Urnen, welche zwischen platten Steinen wie in einer Kiste verpackt sind, - ferner kleine Steinringe mit einem niedrigen Erdhügel und endlich bloße Erdhügel. Alle diese Gräber sind untergeordneter Art und enthalten gewöhnlich nur Urnen und andere, oft unscheinbare Kleinigkeiten. Je nach dem Inhalte wird man die einzelnen Hügel dieser Gattungen einer Hauptclasse zuweisen können, namentlich wenn man erst das Studium der Urnen durch sichere Beurtheilung der größeren Gräber eine festere Grundlage gewonnen hat. Bei dem Studium der deutschen Grabalterthümer thut man übrigens wohl, den Inhalt der süddeutschen Gräber einer genauen, sorgfältigen Prüfung zu unterwerfen, indem die Gräber dieser Gegenden oft bedeutende Eigenthümlichkeiten haben.

Dies sind die als fertig hingestellten Resultate der aus der großherzoglichen Sammlung zu Ludwigslust hervorgegangenen meklenburgischen alterthümlichen Forschungen, welche im Friderico-Francisceum durch Zeichnungen und authentische Aufgrabungsberichte begründet und erhellt, aber vielleicht nicht so fertig hingestellt sind, als es hier geschehen ist. Diese Zeilen haben nur den Zweck, dem größern Werke allgemeinern Eingang vorzubereiten und die allgemeinere Aufmerksamkeit bei etwa bevorstehenden Aufgrabungen zu schärfen, damit in den nächsten

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Zeiten durch Zeichnung und Schrift noch gerettet werde, was nach einigen Jahrzehenden vielleicht vergeblich gesucht wird. Daß diese Schilderung für manche Forscher nicht umfassend genug geworden ist, liegt darin, daß hier nicht ein vollständiger Abriß der germanisch =slavischen Alterthumskunde, welche auch zu Hypothesen ihre Zuflucht hätte nehmen müssen, gegeben werden sollte, sondern nichts weiter als die Resultate, welche aus dem Friderico-Francisceum hervorgehen. Was hier vielleicht vermißt wird, bietet, nach meiner Einsicht, die ludwigsluster Sammlung nicht. Uebrigens werden diese Resultate ihre Würdigung erst nach dem Erscheinen und dem Studium des größern Werkes finden können. Diese Blätter sollen nichts weiter als Ankündiger, Vorläufer und demnächstige Begleiter des Friderico-Franciscei sein.

IV. Instruction für Aufgrabungen,

entworfen von der Ausgrabungs=Deputation des Vereins für mekl. Gesch. und Alterth.

1. Andeutungen über Aufgrabung vorchristlicher Gräber.

Zu den wichtigsten Denkmälern der Geschichte gehören die auf den Feldern zerstreuten Gräber aus der vorchristlichen Zeit, denn sie sind die einzigen Zeugen von allen den Jahrhunderten, über welche die Schrift schweigt oder doch dunkel ist. Aus ihnen vorzüglich ist zu lesen, welche Völker in den Ländern in uralter Zeit gewohnt, wie sie gelebt haben, und eine besonnene Vergleichung derselben in den verschiedenen Ländern kann zu den wichtigsten Aufschlüssen für die Geschichte führen, des Reizes nicht zu gedenken, den die Erkennung einer uralten, bisher nicht erkannten Culturstufe ausübt. Auch Meklenburg in allen seinen Gauen ist reich an Gräbern der Vorzeit; Jahrhunderte hindurch haben der Pflug oder Neugier und Gewinnsucht tausende von Gegenständen des Alterthums ans Licht gefördert, welche aber fast alle spurlos verschwunden sind, vorzüglich deshalb, weil sie im Privatbesitz blieben oder verheimlicht wurden; fast täglich hört man, bei einiger Nachforschung, von Funden, deren Spuren aber leider gewöhnlich eher wieder verschwinden, als die Mitwelt und die Nachwelt den geistigen Gewinn daraus geschöpft haben, der sich aus jedem Stücke des Alterthums schöpfen läßt. So reich auch Meklenburg noch an Grabdenkmälern ist, so sehr ist doch zu befürchten, daß bei der steigenden Ackercultur und den vielen neuen Straßen= und andern Bauten

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der Reichthum sehr verringert werde, wenn nicht die Gegenwart eifrig das Vorhandene zu retten oder zu erkennen sucht.

Nicht die aufgefundenen Dinge allein sind es, welche viel Licht über eine dunkle Zeit verbreiten: oft sind aufgegrabene Urnen zu nichts nütze, wenn man nicht weiß, von wannen sie kommen; wahrhafter Gewinn läßt sich dann erst hoffen, wenn alle möglichen Umstände einer Aufgrabung mit Gewißheit bekannt sind. Eine verständig geleitete Aufgrabung führt oft zu wichtigern Aufschlüssen, wenn auch Rost und Nässe nichts von den dem Todten mitgegebenen Geräthschaften verschont haben, als ein glänzender Fund ohne Nachricht von den Umständen, wie er gemacht ward. Auch glaube man nicht, ein oft wieder erscheinendes stück des Alterthums sei ohne Werth, weil es schon bekannt sei, oder irgendein Stück sei zu unbedeutend für den Alterthumsforscher: im Gegentheil können die erfolgreichen Untersuchungen nach dem Stande der Wissenschaften erst jetzt beginnen, und jeder begründete Beitrag, sei er auch noch so klein, ist von Werth.

Der Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde hat daher die nachfolgende Reihe von Fragen entworfen, deren Beantwortung er bei etwanigen Aufgrabungen dringend wünscht, und schickt nur noch einige vorbereitende Andeutungen über die Art der Aufgrabung vorauf.

Die vorchristlichen Gräber in Meklenburg lassen sich nach ihrem Bau füglich in drei Klassen theilen:

1) Steinbauten, unter den Namen von Steinkisten, Steinkammern, Hünengräbern, Riesenbetten, Riesengräbern u. s. w. bekannt. Diese sind in den Wänden von großen, platten, auf die hohe Kante gesetzten Feldsteinblöcken in Form einer viereckigen Kammer errichtet, welche oben mit einer großen Steinplatte bedeckt ist; oft sind die Seitensteine versunken oder umgestürzt, und der gesenkte Deckstein gibt oft zu der Annahme von Opferaltären, Gerichtsplätzen, oder dgl. Veranlassung. Diese Gräber heißen in Meklenburg Steinkisten. Eine besondere Art dieser Gräber sind die sogenannten Hünengräber: dies sind lange, umgekehrt muldenförmige Erdhügel von 4 bis 8 Fuß Höhe und großer Länge, ringsum mit großen Steinpfeilern umstellt, in deren Ring an einem Ende eine Steinkiste in der Erde steht, überdeckt mit großen Steinplatten, häufig mit vier. - Diese beiden Arten von Steinbauten enthalten Gerippe oder Urnen, und Werkzeuge und Waffen von Stein, gewöhnlich von Feuerstein.

2) Kegelgräber, alle auf den Urboden aufgeschüttet; diese haben eine kegelförmige, oft auch ovale Gestalt, haben

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keine Decksteine und keine Steinpfeiler in den Seitenwänden, jedoch zuweilen einen Kreis von kleinen Steinen am äußersten Fuß des Grabes zum Schutz und zur Bezeichnung desselben. Sie sind verschiedener Art. Die bedeutendsten sind große Hügel von Erde, welche im Innern Gewölbe von kleinen Feldsteinen enthalten, unter welchen sich die Alterthümer befinden. Ihnen gleich an Form sind kleinere Kegel, ganz von Feldsteinen aufgeführt und nur mit einer dünnen Moos= oder Erddecke bekleidet. Andere sind kleinere Erdhügel, an einem Ende mit einer kleinen Kiste von kleinern platten Feldsteinen, in welcher die Urnen stehen; andere sind Steinringe mit einem niedrigen Erdhügel innerhalb desselben; endlich bilden sie kleine Erdhügel ohne weitere äußere Kennzeichen. Diese aufgeschütteten Grabhügel (tumuli) enthalten in der Regel vorherrschend Geräthe aus Bronze und Urnen, mitunter auch Gerippe.

3) Kirchhöfe oder Wendenkirchhöfe, in denen Urnen in großer Zahl, oft zwischen Steinen verpackt, neben einander stehen. Diese Urnen, als die eigentlichen Begräbnisse, sind in den Erdboden eingegraben; wenigstens ist die Erhöhung der Wendenkirchhöfe sehr unbedeutend, kaum merklich, obgleich sie häufig an den höchsten Stellen einer Feldmark an Abhängen gefunden werden. Die Urnen dieser Begräbnißstellen enthalten, außer den Gebeinen, vorherrschend Geräthschaften aus Eisen.

Die Jahreszeit, in welcher Aufgrabungen am besten geschehen, möchte bei verschiedenen Gräbern verschieden sein. Besteht das Grab ganz aus Steinen oder schwarzer Erde, so ist die trockne Jahrszeit (im Sommer) wohl die beste; besteht das Grab aus Lehm, so ist die Zeit des Frühlings, wann der Frost aus der Erde ist, vorzuziehen, weil sich der Lehm dann am besten bearbeiten läßt; die aus Sand aufgeführten Gräber sind am besten im Spätsommer aufzudecken, weil dann die Urnen am meisten ausgetrocknet sind, namentlich in den Wendenkirchhöfen. Gestatten Umstände nicht die Aufdeckung der Gräber in den empfohlenen Jahrszeiten, so ist im Allgemeinen die Zeit des Frühlings vorzuziehen.

Auch die Aufdeckung der Gräber wird nach der verschiedenen Art derselben verschieden sein. Hier sind Erfahrungen über die Stelle voraufzuschicken, an welcher sich die Alterthümer finden.

In den Wendenkirchhöfen stehen die Urnen mit den Alterthümern dicht unter der Erdoberfläche. Die Steinbauten und Kegelgräber sind immer auf dem Urboden aufgerichtet; in den aufgeschütteten Kegelgräbern stehen die Alterthümer jedoch selten unmittelbar auf dem Urboden, sondern meistentheils in ver=

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schiedenen Höhen über dem Urboden in dem Hügel; in den Steinkisten scheinen die Alterthümer auf dem Urboden gestanden zu haben, jedoch oft durch Versenkung oder Anschwemmung unter die jetzige Erdoberfläche gekommen zu sein; in den großen Hünengräbern sind die Alterthümer oft durch das ganze Grab zerstreut.

Die Frage, wo man die Aufgrabung eines Hügels beginne, läßt sich im Allgemeinen dahin beantworten, daß man bei den aufgeschütteten Hügeln am besten thut, im Osten anzufangen und nach unten angegebener Weise einen Durchschnitt gegen Westen zu machen. Kommt man an die Stelle, wo die Urnen stehen, so bezeichnet man dieselbe mit kleinen Stäben oder dgl., damit man sie beim Fortschritt der Arbeit nicht verliert. Dann läßt man einen Fuß von der Urne entfernt einen Graben rund um den Raum ziehen, und nun beginnt die Arbeit dessen, der die Aufgrabung leitet. Mit den Händen oder irgend einem Messer löset man behutsam von unten nach oben die Erde, welche in den Graben fällt und die nach und nach fortgeschafft werden kann. Ist die Urne etwas freier geworden, so kann man sie in ihrer Stellung einige Stunden stehen lassen, damit sie an der Luft erharte. Bald sieht man, wie sie beschaffen ist. Ist sie zerdrückt, so muß ihre Form sogleich durch Zeichnung aufbewahrt werden; dann sucht man möglichst große Stücke derselben zu retten und alle Scherben zu sammeln, damit diese nach ihrer Erhärtung möglicher Weise zusammengestellt oder doch wenigstens zur Untersuchung aufbewahrt werden. Der Inhalt der zerdrückten Urnen muß auf der Stelle genau untersucht werden. Hat die Urne Längenrisse, so muß sie auf der Stelle, wie sie mit ihrem Inhalt dasteht, mit Bändern umbunden werden, welche man mit kleinen Knebeln so fest anzieht, als nöthig ist, worauf man sie nach Befinden 1/2 bis 2 Stunden stehen läßt. Hat die Urne mehrere Risse, so ist es rathsam, dieselben nach 1/2 bis 2 Stunden nach der Umbindung an der Stelle zu leeren. Ist die Urne ganz und fest, so kann sie bald nach der Entblößung ausgehoben werden; ist jedoch der Wind scharf, so bedecke man sie. Die Urne eine Nacht hindurch an ihrer Stelle stehen zu lassen, ist unnöthig und gefährlich; der Leiter darf die Urne nicht verlassen. Steht die Urne in einer kleinen Steinkiste, so verrichtet der Leiter alle Arbeiten allein persönlich; er hebt zuerst den Deckstein ab, klappt die Seitensteine nach auswärts zurück und verfährt wie angegeben.

Bei kleinern Hügeln wird man am besten thun, sie von Osten her ganz abzutragen und, bis man auf die Urne stößt,

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sorgfältig und dann nach der angegebenen Weise zu verfahren. Ist der Hügel ganz von Steinen aufgeführt, so ist es am gerathensten, ihn von oben herab abzutragen, bis man auf die mit Steinen bedeckten Alterthümer stößt, und dann nach der empfohlenen Art zu verfahren. - Die reichsten Hügel sind die großen Kegelgräber von Erde mit Steingewölben im Innern. Bei diesen ist es wohl am besten, zuerst in horizontalen Schaufelstichen den Gipfel, bei kleinern Gräbern ganz, bei großen Gräbern in einem von oben nach unten keilförmig gehenden Durchschnitt von Osten gegen Westen abzutragen, bis man auf die in Erde oder unter Steinen stehenden Alterthümer stößt. Dann beginnt man im Osten am Urboden und führt in horizontalen Schaufelstichen den Durchschnitt auf dem Urboden bis zu der Stelle fort, wo sich im perpendikulären Durchschnitt die Alterthümer zeigen, und verfährt hier nach der angegebenen Weise, den Durchschnitt bis zum Westende fortsetzend, mit der größten Behutsamkeit. Am besten ist es, die Hügel ganz abzutragen, oder sonst, wenn das Grab groß ist und noch Ausbeute vermuthen läßt, Seitendurchschnitte nach Norden und Süden zu machen.

Die Aufdeckung der großen Steinbauten oder Hünengräber hat mehr Schwierigkeiten. Oft ist es nicht nöthig, die Steine wegzuschaffen, sondern es genügt, wenn Sicherheit vorhanden ist, daß man die gewöhnlich aufgeschwemmte Erde in der Steinkammer 1 bis 2 Fuß tief unter der Erdoberfläche durchsucht. Will und muß man die Steine, namentlich die Decksteine, fortschaffen, so ist es am besten, die letztern nach außen hin abzuheben; geht dies nicht, so bleibt freilich oft nichts weiter übrig, als sie zu sprengen, was aber in der Regel den Alterthümern, wenn auch nur durch die Erschütterung, schadet. Wenn jedoch der Deckstein mit den Ecken über die Tragsteine wegragt und vorzüglich auf einem derselben zu ruhen scheint, so gelangt man, bei gehöriger Vorsicht, oft am besten zum Ziele, wenn man den Tragstein, auf welchem der Deckstein am meisten zu ruhen scheint, nach außen hin seitwärts untergräbt, bis er umstürzt und der Deckstein ihm nachfällt; doch müssen diese Einzelheiten bei der Aufdeckung der großen Steinbauten der Einsicht und Vorsicht des Anordnenden überlassen bleiben. - Ist die Grabstelle von Steinen frei, so kann man mit Bequemlichkeit die Erde 1 bis 2 Fuß tief untersuchen. Besonders genau muß man auf die Alterthümer dieser Gräber achten, weil oft und gewöhnlich sehr kleine, oft nur Zoll lange, mit Erde umkleidete Feuersteinsachen, wie Messer, Splitter, Späne, Pfeilspitzen, u. dgl. durch die ganze Ausdehnung des Grabes zerstreut

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liegen, seltener bei den Urnen. Auf die Bernsteinsachen muß man genau achten, weil sie mit ihrer verwitterten Oberfläche oft schwer von der Erde zu unterscheiden sind. In den langen Hünengräbern sind die steinernen Geräthe oft durch den ganzen Raum des Hügels zerstreut.

Eine Hauptregel ist es übrigens, von da an, wo die Alterthümer sich zu zeigen anfangen, die Erde sorgfältig zu durchforschen, weil sich oft wichtige "Kleinigkeiten" neben den Urnen finden, und das Augenmerk hiebei genau auf diese kleinern Sachen, wie Korallen, Ringe, u. dgl. zu richten. Die Hände darf man dabei nicht schonen, selbst wenn man auch in jene schmierigen, übel riechenden Massen der Brandstätte kommt, die sich in den Steinkegeln finden.

Unerläßlich ist die beständige Gegenwart und die schärfste Aufmerksamkeit des Leiters, weil sonst nicht allein durch den Unverstand der Arbeiter der Zweck der Aufgrabung nicht selten vernichtet, sondern auch, bei der oft unglaublichen Behendigkeit derselben, von ihnen Manches unterschlagen wird, indem sie es nicht begreifen können, daß man bedeutende Kosten für einige verrostete Stücke Kupfererz und für Urnenscherben aufwenden sollte; die verständigsten Erklärungen werden nicht selten für unwahr gehalten und sind oft gefährlicher, als schweigen.

Die Führung eines Tagebuches an Ort und Stelle der Aufgrabung ist auf jeden Fall zu empfehlen, indem die Erfahrung lehrt, daß nach wenigen Stunden eine Beschreibung, an einem entfernten Orte verfaßt, schon von der Wahrheit abweicht.


Wenn man sich zur Aufgrabung begiebt, möchte es nöthig sein, außer den Werkzeugen, welche die Arbeiter gebrauchen, also, nach Maßgabe des Grabes, Spaten, Schaufeln, Hacken, Hebebäumen etc. ., folgende Sachen mit sich zu führen:

einen Compaß,
einen Maßstab,
einige hölzerne Pflöcke,
ein gutes Taschenmesser und etwa eine Handhacke,
eine Serviette zum Schutz der Urnen gegen Luft, Sonne und Wind,
ein Stück Wachslein zum Schutz der Urnen gegen plötzlichen Regen,
etwas Sackband und Bindfaden,
einige kleine hölzerne Knebel,
einen Korb mit Heu gefüllt, rohe Baumwolle und geschmeidige Maculatur zur Verpackung der Alterthümer.

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Fragen, deren Beantwortung bei Aufgrabung vorchristlicher Grabdenkmäler vom Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde gewünscht wird.

1) Nachrichten über das Vorkommen und die Verbreitung sowohl verschwundener, als noch bestehender Alterthümer und Gräber in der Gegend des aufzudeckenden Grabes?

2) Etwaniger Name des Grabes, auch des Ackerstücks, auf welchem sich das Grab findet?

3) Volkssagen, welche an das Grab geknüpft sind?

4) Nachrichten von untergegangenen Ortschaften, und Namen der Gewässer und Gehölze in der Gegend des Grabes?

5) Lage des Grabes auf der Feldmark: ob in irgend einer Grenze, in der Mitte eines Ackerstücks oder bei Wohnungen?

6) Anzahl der neben einander liegenden Gräber, Verhältniß derselben zu einander und Beschaffenheit des Bodens, auf dem sie stehen?

7) Ob die Grabhügel einzeln oder in Mehrzahl beisammen, in Gruppen oder Reihen, auf Anhöhen oder bei Gewässern oder bei solchen Stellen liegen, die ehemals Gewässer gewesen sein mögen?

8) Material des Grabes im Aeußern: ob allein aus Steinen oder Erde, oder ob aus beiden zusammen?

9) Ob noch viel von der Erhebung des Grabes vorhanden, oder ob nur unmerkliche wellenförmige Erhöhungen, oder einige auf dem Erdboden liegende Steine?

10) Ob seit Menschengedenken das Aeußere des Grabes Veränderung erlitten habe durch Anschwemmung oder Anhäufung, durch Wegnahme von Steinen, durch Abspülen, Abgraben oder Abpflügen?

11) Aeußere Gestalt des Grabes: ob kegelförmig, gestreckt oder platt, ob rund, oval, viereckig=muldenförmig u. s. w.? (Wo möglich mit Umriß und Grundriß in Federzeichnung nach einem beliebig anzunehmenden Maßstabe.)

12) Bedeckung des Grabes mit Steinen und mit wie vielen, auf welche Weise, nach welcher Hmmelsgegend? Wie groß die Steine? (Wo möglich mit Federzeichnung.)

13) Umkränzung des Grabringes mit Steinen und mit wie vielen und in welcher Gestalt? (Wo möglich mit Federzeichnung.)

14) Höhe und Länge des Grabes über dem Erdboden, mit Berücksichtigung der Himmelsgegend? (Ist wo möglich in die Federzeichnung des Grundrisses einzutragen.)

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15) Nähere Beschreibung des innern Baues des Grabes:

a) Ob ganz aus Erde?

b) Ob ganz aus Feldsteinen?

c) Ob aus Erde mit einzelnen Steingewölben im Innern zum Schutz des Inhalts des Grabes?

d) Ob mit einzelnen, regelmäßig gesetzten Kisten aus platten Steinen zum Schutz der Urnen?

e) Ob das Grab im Innern durch Queerreihen von Steinen in Abtheilungen geschieden?

f) Ob die Urnen ohne Hügelaufwurf unter die Erdbodenfläche eingegraben, und wie tief, und in welcher Umkleidung?

16) Von welcher Art die Erde des aufgeschütteten Hügels? Ob sie der Erdart des Grundbodens gleich, oder gemischt?

17) Ob die Steine im Innern und Aeußern des Grabes von einer Bearbeitung zeugen, ob sie gespalten oder behauen sind? Und im Falle der Bearbeitung: von welcher Steinart, und ob sie vielleicht ausländischen Ursprungs sind, z. B. von Marmor? Ob in die Steine Umrisse von Gestalten, Schriftzeichen oder andere Linien und Zeichen eingegraben sind ? (solche Steine sind vor allen andern Dingen zu retten und einzusenden, jedoch auch gleich zu zeichnen, damit jedenfalls die Züge nicht verloren geben.)

18) Richtung des Grabes und seines Hauptinhalts nach der Himmelsgegend?

19) Lage einzelner Alterthümer nach der Himmelsgegend und Richtung derselben, ob ganz horizontal, ob halb aufgerichtet, ob ganz senkrecht, wie z. B. oft die Steinkeile?

20) Ob die etwa gefundenen Skelette eine ausgestreckte, eine sitzende oder kauernde Stellung haben; ob bei den liegenden das Gesicht nach oben oder unten gekehrt ist; ob die Arme ausgestreckt am Leibe liegen oder nach oben gelegt sind; ob Beschädigungen oder Verwundungen am Skelette, namentlich am Schädel, zu erkennen sind; ob der Schädel eine auffallende Bildung hat; wie lang das Skelett, wie stark die Knochen sind; ob Anzeichen vorhanden sind, daß einzelne Körpertheile, z. B. Kopf und Arme, getrennt und besonders begraben, und ob dabei Anzeichen von Verbrennung des Rumpfes vorhanden sind?

21) Lage der Alterthümer im Grabe nach dem Umfange des Grabringes und der Höhe des Grabes?

22) Ob Spuren von Brandstätten, oder ob Bestattung des Leichnams ohne Leichenbrand?

23) Wenn sich Skelette finden, an oder bei welchen Gliedern derselben sich Alterthümer finden?

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24) Ort der Brandstätte im Grabe und Beschaffenheit derselben ?

25) Ob mehrere Brandstätten oder Kohlenschichten neben oder über einander im Grabe?

26) Ob Kohlen vorhanden, und von welcher Holzart?

27) Genaue Beschreibung der Lage der Alterthümer zu einander, wobei Mittelpunkt, Ring und Richtung des Grabes zu Anhaltspunkten genommen werden können? (Wo möglich mit Federzeichnung des Grundrisses von der Lage der Alterthümer.)

28) Genaue Beschreibung und Messung der Alterthümer?

29) Genaue Beschreibung und Messung der Spuren von Alterthümern, z. B. von Eindrücken, Rost und Scherben, wenn die Alterthümer nicht gerettet werden können? (Wo möglich mit Federzeichnung der Alterthümer und der Spuren derselben.)

30) Beobachtung verschiedener Umstände, namentlich wenn die Alterthümer vergangen und zertrümmert sind, z. B.

a) ob Urnen vorhanden gewesen: wie viel, von welcher Art und Beschaffenheit?

b) Ob die Urnen aufrecht standen, ob sie umgestürzt lagen, ob sie auf der Mündung umgekehrt standen, ob sie zugedeckt waren?

c) Ob die Ueberbleibsel des verbrannten Leichnams in einer Höhle im Grabe ohne Urne gesammelt sind?

d) Ob die Urnen vielleicht in eine besondere Erdart eingesetzt waren?

e) Ob allein Sachen und Spuren von Kupfererz, - ob Gold dabei, - ob auch Silber, und bei welchen andern Metallen dasselbe?

f) Ob steinerne Werkzeuge, und ob diese allein oder mit Metallen zusammen? überhaupt welche Mineralien in Verbindung?

g) Ob Spuren von Holz oder Leder zu finden, z. B. an Speerschaften, Schwertgriffen und Scheiden, Riemen, Schildbedeckungen u. s. w.? wie lang die hölzernen Schafte, besonders an den Wurf= und Stoßwaffen, und die Griffe gewesen sind?

h) Ob Spuren von Glas, Bernstein, gebrannter Erde, Knochen, Elfenbein u. s. w.?

i) Ob Spuren von andern Knochen, als Menschenknochen, im Grabe, z. B. Knochen von Pferden, Hunden, Vögeln, von Hirschgeweihen und Eberzähnen? (Alle Knochenreste sind sorgfältig zu sammeln.)

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k) Von welcher Gestalt die etwanigen Verzierungen an den Alterthümern und den Urnen, wenn sie auch zertrümmert sind? ob sie mit Instrumenten regelmäßig gemacht sind? (Wo möglich mit Federzeichnung.)

l) Wie die Urnen oder die Scherben davon beschaffen sind, aus welcher Masse, ob feinkörnig oder grobkörnig, von welcher Größe und Gestalt, von welcher Farbe, ob mit eingesprengten Glimmerpünktchen, ob mit Ueberzug von Erdharz oder Bleierz, ob mit Verzierungen? (Letztere in Federzeichnung.)

31) Ob außer Urnen noch Gefäße im Grabe?

32) Welche Gefäße mit Asche und Knochen gefüllt sind?

33) Ob männliche Werkzeuge, z. B. Waffen, vorherrschend sind, oder ob sich auch weibliche finden, z. B. Nähnadeln?

34) Ob die beigesetzten Sachen auf dem Urboden unter einem aufgeschütteten Hügel standen, oder ob sie unter der Oberfläche des Urbodens lagen?

2. Bearbeitung des historischen Stoffes.

A. Gelieferte Arbeiten.

I. Abhandlungen. 1 )

Vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar:

1) Wismarsche Chronik während der Regentschaft der Fürstin Anastasia, vom J. 1275 bis zum J. 1278, aus dem wismarschen Stadtbuche.

2) Erklärung meklenburgischer Volksnamen aus den slavischen Mundarten.

Vom Herrn Archivar Groth zu Schwerin:

3) Alphabetisches Namensverzeichniß derjenigen Personen, deren aus allen, größtentheils adeligen Familien vor dem Anfang des XIV. Jahrhunderts, laut der bisherigen Nachforschungen, in den Urkunden des großherzogl. Archivs zu Schwerin zuerst erwähnt wird.

Vom Herrn Oberlehrer Dr. Hering zu Stettin:

4) Urkundliche und heraldische Beiträge zur Geschichte des Fürsten Pribislav von Belgart, früher Pribislav II. (IV.) von Richenberg (=Parchim).


1) Mit Ausschluß der schon (oben) in diesem Jahresbericht abgedruckten.
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Aus der Feder des jetzigen Herrn Justizministers v. Kamptz Exc. zu Berlin, abschriftlich mitgetheilt vom Herrn Rector Masch zu Schönberg:

5) Chronologisches Verzeichniß der seit dem Jahre 1622 bei dem HoF= und Landgerichte zu Güstrow angestellten Präsidenten, Vicepräsidenten und Assessoren. Aus der Feder des Herrn Professors Levetzow zu Berlin, aus dessen Nachlaß von seiner Wittwe geschenkt: 1 )

6) Ueber die Runendenkmäler zu Neustrelitz, dritte und vierte Abtheilung, fast vollendet, mit vielen Entwürfen, Excerpten, Zeichnungen u. s. w.

Vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

7) Biographie des fürstlich meklenburgischen Secretärs Simon Leupold (1539-1579).

8) Ueber die rostocker Chroniken.

9) Ueber die Stiftung des Klosters Broda und das Land der Redarier.

Vom Herrn Rector Masch zu Schönberg.

10) Der Bauer im Fürstenthum Ratzeburg. Vom Herrn Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel:

11) Beiträge zur Geschichte des Ritters Friedrich Spedt (Vgl. Jahrbücher I. S. 33 ff.)

Vom Herrn Geheimen Archiv=Director Dr.Voigt zu Königsberg und Herrn Archivar Lisch zu Schwerin:

12) Briefsammlung zum II. Jahrgange der Jahrbücher.

Vom Herrn Ober=Zollinspector, Hauptmann Zinck zu Dömitz:

13) Berichte über die von demselben auf großherzoglichen Befehl geleiteten Aufgrabungen vorchristlicher Grabdenkmäler, die letzten fünf Lieferungen.

II. Kleinere Mittheilungen.

Sehr lebhaft ist auch in diesem Jahre der wissenschaftliche briefliche Verkehr besonders mit den auswärtigen Mitgliedern gewesen, welche, abgesehen von ihren Geschenken zu den Sammlungen und von ihren größern Beiträgen zu den Schriften des Vereins, auch durch Rath und Fingerzeige, durch Erörterungen,


1) Der Verein rechnet dieses durch freundliche Vermittelung des Herrn Archivraths Klaatsch zu Berlin von der Frau Professorin Levetzow ihm zu Theil gewordene Geschenk, die letzten, bedeutenden Forschungen eines auf diesem Gebiete so heimischen Gelehrten über einen höchst interessanten Gegenstand, unter seine kostbarsten Erwerbungen, und wie der Ausschuß schon privatim der Geberin seinen wärmsten Dank dafür abgestattet hat, so hält er es für Pflicht, den Ausdruck seiner Erkenntlichkeit hiemit öffentlich zu wiederholen.
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Nachforschungen und Mittheilungen aller Art vielfach genützt und so dem Vereine als wahrhaft correspondirende Mitglieder höchst freundlich sich bewährt haben. Namentlich ist die eifrige Mithülfe der Herren Danneil zu Salzwedel, Deecke zu Lübeck, von Duve zu Mölln, Friedländer zu Berlin, von Hagenow zu Greifswald, Hanka zu Prag, Hering zu Stettin, Höfer und Klaatsch zu Berlin, Lappenberg zu Hamburg, von Medem zu Stettin, Schmidt zu Wolfenbüttel, Thomsen zu Kopenhagen u. a. m. dankbar und rühmend anzuerkennen. Insbesondere ertheilte, um nur Einiges hervorzuheben, Herr Bibliothekar Hanka zu Prag Rathschläge über die Betreibung des slavischen Sprachstudiums innerhalb des Vereins. Herr Dr. Friedländer zu Berlin hatte die Güte, die in dem römischen Grabe von Bibow gefundenen römischen Münzen zu erklären. Herr Archivar von Medem zu Stettin gab für den Herrn Dr. von Duve zu Mölln Nachrichten über die Herzogin Jutta, Gemahlin des Herzogs Bugeslav VI. von Pommern=Wolgast, und über die Herzogin Elisabeth von Pommern, Gemahlin des Herzogs Erich I. von Sachsen=Lauenburg. Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel verfolgte im braunschweigischen Archive die Geschichte des Ritters Fr. Spedt. Herr Geheime Archivrath Höfer zu Berlin gab diplomatische Forschungen über zwei in Gercken Codex diplom. abgedruckte Urkunden der Herren Pribislav von Richenberg, und zwar: 1) von der Urkunde Pribislavs I. vom J. 1261 in Gercken Cod. dipl. Brand. I. p. 77, welche mit Einwilligung seines "soceri Richardi domini de Frisach" ausgestellt ist und von beiden besiegelt gewesen sein soll, sind die Siegel von dem, im königlichen Archive zu Berlin befindlichen Originale leider gänzlich abgefallen; 2) die Urkunde Pribislavs II. und der Herren H. und Richard de Vrysach vom J. 1287 in Gercken Cod. dipl. Brand. I, p. 244, befindet sich nicht im königl. Archive zu Berlin. - Mehreres aus diesen "kleineren Mittheilungen" geben die Miscellen des II. Jahrgangs der Jahrbücher.

III. Druckschriften des Vereins.

Bald nach der vorigjährigen General=Versammlung ist der erste Jahrgang der Jahrbücher auch an die auswärtigen und der erste Jahresbericht an sämmtliche Mitglieder versandt worden. Gleichzeitig gelangten beide Schriften in den Buchhandel und fanden in öffentlichen Blättern (so im Freim. Abendbl. 1836, Nr. 935.) eine beifällige Beurtheilung. Mit diesem

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zweiten Jahresbericht wird nun auch der zweite Jahrgang der Jahrbücher, noch umfänglicher und reicher ausgestattet als der erste, seinen Weg machen, auf welchem er hoffentlich ebenfalls Nutzen bringen und Beifall finden wird.

B. Angeregte und vorbereitete Arbeiten.

I. Die meklenburgischen Regesten.

(Vgl. Jahresber. I, S. 91 f. und 97 ff.)

Ueber den gegenwärtigen Stand dieses Unternehmens hat der Leiter desselben, Herr Rector Masch zu Schönberg, den folgenden Bericht eingesandt.

"Schon im Julius des vorigen Jahres erhielt ich vom Herrn Archivar Lisch die gedruckten Schemata zu den von mir übernommenen Regesten; ich legte sofort Hand ans Werk und übersandte zugleich den Herren, welche dem Ausschuß ihre Mitwirkung verheißen hatten, eine Anzahl Zettel. Ich habe mich der freundlichsten Antworten, welche das bereits gegebene Versprechen wiederholten, zu erfreuen gehabt. Herr Archivar Lisch und Herr Dr. von Duve haben die Arbeit bereits mit zahlreichen, schätzbaren Beiträgen unterstützt, was ich mit dem lebhaftesten Danke erkenne.

Bei der eingeleiteten Bearbeitungsweise, wo stets der in einem Werke enthaltene Vorrath von Urkunden ganz ausgebeutet ward, kann von der Vollendung eines Zeitabschnittes vorläufig nicht die Rede sein und ich muß mich darauf beschränken, die Zahl der ausgezogenen Urkunden anzugeben. So gaben denn:

Herr Archivar Lisch aus

v. Ledebur, Archiv 5
Albrecht II. und die nord. Landfrieden. 5
Jahrbücher des Vereins I. 14
Lenz, Markgräfl. Brandenb. Geschichte 23
Küster, Collectio Opusc. 19
   ej. Nachtrag zu Opusc. II. 1
v. Ledebur, Neues Archiv 5
E. W. Gercken, Fragmenta Marchica . 9
   ej. Codex diplomat. 93
G. W. v. Raumer, Codex diplom. 33
----- 207

Herr Dr. v. Duve aus

Boehmer, observat. jur. Feud. 2
Suhm, Historie af Danmark IX - XI 18
Dreier, monumenta anecdota 1
Pistorii Amoenitates 2
---- 23
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Ich selbst aus

Diariuni Vozstenense 2
Harenberg, Hist. eccl. Gandersh. 18
Sartorius=Lappenberg, Gesch. der Hanse 157
Pistorius, Das Geschlecht v. Warburg 18
Scheidt, Nachricht v. Adel 6
v. Kamptz, Beiträge zum Staats= und Civil=Recht 45
   ej. Civilrecht 21
Schröder, Papistisches Meklenburg 869
   ej. Wismarsche Erstlinge 44
   ej. Prediger=Historie 6
   ej. Evangelisches Meklenburg 75
---- 1270
-- ----
Summa 1500

und mögen diese Urkunden etwa 1/6 des vorhandenen Vorraths ausmachen.

Auf die bisherige Weise das vorhandene Material herbeizuschaffen scheint sich bei der Bearbeitung durchaus zu empfehlen, weil dadurch viel doppelte Arbeit erspart wird. Beim Revidiren für den dereinstigen Abdruck werden sich einzelne Ungleichheiten, die freilich auf diese Weise unvermeidlich sind, leicht ausglätten lassen.

Damit aber das bereits Bearbeitete gewissermaßen vollständig sei, habe ich jede Urkunde im Hempel und im Meklenb. Urkundenverzeichmß nachgeschlagen und die Literatur, so weit sie darin verzeichnet ist, beigesetzt, und zugleich auf eine sehr einfache Art bemerkt, ob das Citat nachgesehen ward oder nicht, über die benutzten Werke aber ein Verzeichniß angefertigt. So wird es, wie ich hoffe, möglich werden, daß, wenn ich selbst dies Werk nicht vollenden könnte, ein Fortsetzer leicht sich in das Vorhandene hineinfinden kann, da der Plan, wie er dem Jahresbericht beigefügt ist, mit Berücksichtigung der Raumersparniß, genau befolgt ward.

Schönberg, den 30. Junius 1837.

G. M. C. Masch."     

II. Die Sammlung meklenburgischer ungedruckter Urkunden.

(Vgl. Jahresber. I, S. 93.)

Der Herausgeber derselben, Herr Archivar Lisch, berichtet hierüber, daß bereits der zehnte Bogen des ersten Bandes im Druck vollendet sei und daß dieser erste Band im Laufe des nächsten Vereinsjahres erscheinen werde.

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III.Chroniken.

Schon im Quartalbericht 3. des ersten Jahres ward, auf den Vorschlag der Herren Archivar Lisch und Revisionsrath Schumacher zu Schwerin, den Mitgliedern die Wiederaufnahme der alten Sitte des Chronikenschreibens dringend empfohlen. Da der Gegenstand von großer Wichtigkeit und neuerdings auch in andern Staaten, zum Theil auf officiellem Wege, wieder in Anregung gebracht worden ist 1 ), und da andrerseits in dem vorigen Jahresberichte (S. 46) nur leicht darauf hingedeutet ward: so scheint es angemessen, den erwähnten Vorschlag, wie er in jenem Quartalberichte ausgeführt worden ist, hier zu wiederholen.

Auch neben Urkunden gestellt, behalten Chroniken immer einen eigenthümlichen Werth, da sie die Ereignisse mehr ,im Zusammenhang darstellen und vorzugsweise das Volksleben schildern; und auch die Buchdruckerkunst vermag ihren Werth nicht zu verdunkeln, weil den für die Oeffentlichkeit und die Gegenwart bestimmten Druckschriften gewöhnlich jener Reiz der Individualität mangelt, durch welchen Chroniken sich auszuzeichnen pflegen, letztere überdies, ihrer Natur und Bestimmung nach, manches speciellere, manche Local= und Personalnotizen aufnehmen, welche von jenen als unwesentlich und unerheblich oder aus andern Gründen verschmäht werden, wiewohl eben sie für die Nachwelt von großer Bedeutung sein oder werden können. Da überdies das Chronikenschreiben dem Schreiber selbst eine angenehme Beschäftigung gewährt, so hält der Ausschuß seinen Wunsch, daß Mitglieder des Vereins diesem Geschäfte sich unterziehen mögen, für hinlänglich gerechtfertigt und empfohlen. Die Hauptgesichtspunkte für die Abfassung von Chroniken möchten folgende sein: 1) daß der Schreiber nur eigene Erfahrungen berichte; 2) daß er sie nach seiner eigenen Auffassung darstelle; 3) daß er nichts weiter als Erfahrungen darstelle und die Begebenheiten nicht durch Reflexionen verdunkele. Die Chroniken, welche etwa angelegt werden möchten, sind für die Zukunft bestimmt. Die Schreiber mögen daher in denselben bemerken, für welche öffentliche Anstalt oder für


1) Ein Artikel aus Stuttgart im hamb. Corresp. vom 23. Januar 1837 sagt darüber Folgendes: "Ein wesentlicher Dienst wird der Kenntniß und Geschichte des Vaterlandes, so wie der Verwaltung selbst, durch die Wiedereinführung von Orts=Chroniken geleistet werden, welche dermalen im Werke sein soll. In Anerkennung ihrer vielfachen Nützlichkeit sind dergleichen Chroniken neuerdings in mehreren deutschen Staaten eingeführt worden; in Würtemberg bedarf es nur der Erneuerung bestehender Verordnungen, welche im Laufe der letzten wechselvollen Zeiten in Vergessenheit gekommen sind".
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welche Person sie dieselben nach ihrem Ableben bestimmt haben und von welchem Zeitpunkte an ihre Benutzung erlaubt sein soll. Zur Beförderung des dereinstigen historischen Verkehrs wünscht der Verein aber, daß ihm Kunde über die Anlegung von Chroniken zugehe: er wird bis zu bestimmten Zeitpunkten, wenn es verlangt wird, diese Notiz verschwiegen halten und versiegelt in sein Archiv niederlegen. - Auch Darstellungen einzelner Begebenheiten durch Gleichzeitige wünscht der Verein unter gleichen Bedingungen in sein Archiv aufzunehmen.

Es ist Grund vorhanden anzunehmen, daß jener Vorschlag bereits Anklang und Beachtung gefunden hat und daß schon von mehreren Mitgliedern an einer Chronik ihres Wohnortes gearbeitet wird; nicht minder steht zu hoffen, daß auf diese erneuerte Aufforderung noch mehrere einem eben so angenehmen wie nützlichen Geschäfte einen Theil ihrer Mußestunden widmen werden.

IV. Sammlung und Erläuterung der slavischen Ortsnamen Meklenburgs.

Als Frucht seiner slavischen Sprachstudien beabsichtigt der Herr Dr. Burmeister zu Wismar, unter Mitwirkung des Vereins, ein Werk des bezeichneten Inhalts zu bearbeiten und herauszugeben, und hat über dieses Unternehmen folgenden Plan vorgelegt, bei dessen Kundmachung der Ausschuß dasselbe den Mitgliedern zur Unterstützung angelegentlich empfiehlt.

"Die Mehrzahl der Ortsnamen unsers Vaterlandes ist slavischen Ursprungs. Es wäre wohl an der Zeit, die Erklärung dieser Ortsnamen zu versuchen und dadurch den geschichtlich nur geahnten Zusammenhang mit andern slavischen Volksstämmen in ein helleres Licht zu stellen. Nun ist aber sicher nothwendiges Erforderniß, daß die Namen diplomatisch genau ermittelt werden. Denn nur zu oft sind slavische Namen im 13ten und 14ten Jahrhunderte, als die slavische Sprache als Volkssprache aufhörte, in deutsche Formen umgewandelt. Man könnte, um sicher zu gehen, ein alphabetisches Verzeichniß der jetzigen Ortsnamen beider Großherzogthümer zum Grunde legen und dann die früheren Formen möglichst genau aus Urkunden festgestellt eintragen. Dann erst dürfte die Erklärung und diese so vollständig als möglich aus sämmtlichen Mundarten aller slavischen Volksstämme versucht werden, bei welcher auch die früheren Erklärungsversuche von Freneel (Westphalen II, pag. 2413 f.) Mussaeus, Siemssen (letztere nur in Handschriften) erwähnt werden müßten.

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§. 1.

Die Sammlung slavischer Ortsnamen Meklenburgs soll aus einem möglichst vollständigen Verzeichniß sämmtlicher ausgestorbenen und lebendigen Namen der Ortschaften beider Großherzogthümer bestehen, in allen ihren Formen von ihrem ersten Vorkommen in Urkunden und Chroniken alle Jahrhunderte hindurch bis auf die heutige Zeit. Jeder Name soll daneben aus den slavischen Mundarten sprachlich und fachlich erklärt werden.

§. 2.

Die Sammlung wird nach einer gewissen Form geschehen, zu welcher folgendes Schema festgesetzt ist.

Schema für die Sammlung
§. 3.

Der Dr. C. C. H. Burmeister zu Wismar übernimmt die Arbeit der Sammlung und Erläuterung der Namen nach dem angeführten Schema in alphabetischer Ordnung u. s. w.

§. 4.

Indem der Verein für meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde dieses Werk in den Kreis seiner Bestrebungen zieht, fordert der Ausschuß des Vereins alle Mitglieder, welche diese Angelegenheit zu befördern suchen, auf, Beiträge unter der Adresse des Vereins nach Schwerin einzusenden. Die Beiträge werden dann dem Dr. Burmeister übermittelt werden. Die Mitarbeiter werden auch ersucht, sich unmittelbar mit dem Dr. Burmeister oder mit dem Ausschusse in Verbindung zu setzen

§. 5.

Da der Dr. Burmeister dieses Werk dem Vaterlande zu weihen gedenkt, so wird er dasselbe so anlegen, daß dem Kundigen die Fortsetzung leicht möglich ist; im Fall der Unterbrechung wird er die sämmtlichen Vorarbeiten und Correspondenzen dem Verein übergeben, bei Vollendung des Werkes dasselbe dem Vereine zur etwanigen Veröffentlichung vorlegen; bis dahin wird er dem Ausschusse die möglichen Mittheilungen zu wissenschaftlichen Zwecken für die Druckschriften des Vereins aus der Handschrift machen. Gegenwärtig hat der Verein

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das Unternehmen durch Ankauf der größern Wörterbücher der slavischen Sprachen, welche dem Dr. Burmeister zur Verfügung gestellt sind, bereits gefördert und wird demselben auch ferner, den Umständen nach, die nöthige Unterstützung angedeihen lassen."

V. Bearbeitung der Levetzowschen nachgelassenen Materialien über die Runendenkmäler zu Neustrelitz.

Die oben erwähnten, aus dem Nachlasse des Professors Levetzow zu Berlin in den Besitz des Vereins gelangten handschriftlichen Materialien zu der dritten und vierten Abtheilung seiner Untersuchungen über die Runendenkmäler zu Neustrelitz sind treffliche, aber noch der vollendenden Hand harrende Vorarbeiten. Bei der großen Wichtigkeit des Gegenstandes und um endlich ein sicheres Urtheil 1 ) über die Aechtheit und Bedeutung jener merkwürdigen Sammlung zu begründen, wozu, wenn nicht alles täuscht, eben dieser Levetzowsche Nachlaß den Weg bedeutend angebahnt hat, zugleich um das Andenken des zu frühe geschiedenen gelehrten Forschers zu ehren, hält der Ausschuß es für angemessen, zur Bearbeitung jenes Nachlasses hiemit aufzufordern, und wird er demjenigen, der sich diesem verdienstlichen Geschäfte untergehen will, denselben zu solchem Zwecke gern übergeben.

C. Unterstützte und empfohlene Arbeiten außerhalb des Vereins.

I. Codex diplom. Pomeran.

(Vgl. Jahresber. I., S. 47.)

Die neue Auflage und Fortsetzung des Dregerschen Codex diplomaticus Pomeraniae, welche Herr Professor Kosegarten zu Greifswald besorgt, ist in der Bearbeitung so weit vorgeschritten, daß die erste Abtheilung bald zu erwarten steht. Dieses Werk wird von unsrer Seite durch den Herrn Archivar Lisch fortwährend unterstützt und auch den übrigen Mitgliedern zur Förderung ferner empfohlen.


1) Unter den bisherigen Urtheilen über diese Angelegenheit sind manche mindestens wohl als voreilig zu bezeichnen. So werden in dem Berichte der deutschen Gesellschaft in Leipzig 1830, S. 82 ff. nicht nur die prillwitzer Götzenbilder, sondern auch die neubrandenburgischen Runensteine in der neustrelitzer Sammlung für unächt erklärt, da doch die Akten dieser Untersuchung noch lange nicht geschlossen sind, und die Aechtheit eines Theils der Sammlung sonst noch nie bestritten ist.
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II. Meklenburgische Wappensammlung.

In der Tiedemannschen Offizin zu Rostock erscheint demnächst eine vom Herrn Rector Masch zu Schönberg bearbeitete, meklenburgische Wappensammlung. Der Name des Herrn Bearbeiters und die vorgelegten Steindruckproben haben dem Ausschusse hinlängliche Veranlassung geschienen, die Aufmerksamkeit der Mitglieder auf dieses Unternehmen empfehlend hinzulenken.

III. Geschichte der Apotheken in Meklenburg.

Ein solches Werk beabsichtigt der Herr Dr. Schmidt sen. zu Sonderburg, ein geborner Meklenburger, zu bearbeiten. Auf seinen Wunsch fordert der Ausschuß zur Mittheilung von angemessenen Beiträgen und Notizen für dasselbe auf.

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Anhang.

Erklärung der am Ende des Berichts befindlichen lithographirten Tafel.


Diese Lithographie ward von dem Herrn Grafen von Bernstorff auf Wedendorf, Mitgliede des Vereins, dem Ausschusse zur Mitgabe für den Jahresbericht in einer beliebigen Anzahl von Abdrücken angeboten. Der Ausschuß nahm dieses freundliche erbieten gern und dankbar an, und empfing nun von dem Herrn Grafen die erforderliche Quantität von Exemplaren ohne alle Kosten, zugleich mit der folgenden Erläuterung.

Die Abbildung zeigt beide Seiten eines gegenwärtig unweit des Hofes Bernstorff aufgestellten Leichensteins. Der auf beiden Seiten desselben knieend dargestellte Werner Bernstorp (aus dem Hause Teschow, ehemals dem Hauptgute der Bernstorff in Meklenburg) soll 1351 von Detlev von Gadenstedt im Zweikampfe getödtet sein; er war Besitzer von Schmachthagen, welches zu Börzow bei Grevismühlen eingepfarrt ist.

Dieser Leichenstein, auf dessen Hauptseite die Figur, das Wappen und die Schrift in ziemlich hohem Relief erscheinen, während auf der Hinterseite fast nur Contoure eingegraben sind, ist 5-6 Fuß hoch, von grobkörnigem, durch Alter und Witterung theilweise verwittertem Sandstein, und keineswegs ein Kunstwerk, für die betreffende Familie aber von Werth, namentlich auch wegen des darauf befindlichen Wappens aus so alter Zeit. Er stand früher zu Börzow, bis im Jahre 1829 der hochselige Großherzog Friederich Franz die Versetzung desselben nach Bernstorff gestattete. Bis in das 17. Jahrhundert soll er in einer der Bernstorffschen Familie zu Teschow gehörig gewesenen Grabcapelle an der Kirche zu Börzow gestanden haben, nach deren Verfall aber ins Freie gestellt worden sein.

 

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Druckfehler im I. Jahrgange des Jahresberichts:

S. 7. Z. 12 v. u. statt: überlassen lies: überlassend.

S. 30 Z. 12 v. u. st. Dreyers's l. Dreyer's

S. 61. No. 32 st. Pentz l. Pertz.

S. 63. No. 62 ist hinzuzufügen: zu Warsow.

S. 64. No. 98 st. Hoffmann l. Volckmann.

S. 76. No. 66-81 und S. 81 No. 136. 137 sind Geschenke des Herrn Dr. Friedländer zu Berlin.

S. 80. Z. 5 u. st. Manasse l. Manesse.

 

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Leichenstein des Werner Bernstorp
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II. 1.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 4. October 1836.

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A n den Jahresbericht, * ) welcher die ausführliche Geschichte des Vereins bis zum Schlusse der diesjährigen Generalversammlung lieferte und nebst den Jahrbüchern nunmehr in den Händen aller Mitglieder sich befinden wird, wie denn auch beide Schriften vereint den Weg des Buchhandels schon betreten haben, knüpfen sich die folgenden kurzen Mittheilungen über dasjenige an, was bis zur gestrigen Quartalversammlung Neues erlebt, erworben und geleistet worden ist. Der Personalbestand zunächst erhielt wiederum einen nicht unerheblichen Zuwachs: zwar ist ein ordentliches Mitglied, Herr Geheime Medicinalrath Dr. von Hieronymi zu Neustrelitz, gestorben (am 3. August); dagegen aber hat der Verein in Sr. Durchlaucht dem regierenden Fürsten zu Schaumburg-Lippe einen hohen Beförderer und fünf andere Männer als ordentliche Mitglieder gewonnen. - Auch die Verbindung mit auswärtigen Vereinen hat sich neuerdings erweitert und verstärkt. Namentlich ist von dem thüringisch-sächsischen Verein für Erforschung des vaterländischen Alterthums der diesseits gewünschte Briefwechsel und Schriftenaustausch angenommen und der eben vollendete zweite Band seiner "Neuen Mittheilungen" eingesandt worden. Da dieser Verein zum Zweck hat, Mittelpunct für die geschichtlichen und antiquarischen Forschungen Deutschlands zu. sein, so hat derselbe um häufige und schnelle Zusendung von Nachrichten gebeten, um sie möglichst bald veröffentlichen zu können, und wird diesem Wunsche von Seiten unseres Vereins gern gewillfahret werden. Die schleswig-holstein-lauenburgische Gesellschaft ist, obwohl der Schriftentausch schon früher von beiden Seiten bestimmt und begonnen ward, so freundlich gewesen, ihre Tendenz unserem Vereine näher auseinanderzusetzen und um freundnachbarlichen Verkehr zu bitten, unter Beifügung von 6 Exemplaren der Schrift: "Ueber Alterthumsgegenstände von F. v. Warnstedt", welche zur Instruction der Dirigenten von Aufgrabungen. höchst zweckmässig verwandt


*) Es haben sich in denselben leider mehrere Druckfehler eingeschlichen, von denen vorzüglich folgende eine Berichtigung verlangen:

S. 61 im Verzeichnisse der correspondirenden Mitglieder zu Hannover ist statt Pentz zu lesen Pertz.

S. 80 im Bibliothekverzeichnisse Nro. 127. 128. steht Manasse falsch st. Manesse.

Die Bibliotheknummern 66 - 88 und 136, 137 sind nicht vom Herrn Regierungsrath v. Lützow, sondern vom Herrn Dr. Friedländer zu Berlin geschenkt worden.
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werden können. Endlich hat auch der voigtländische alterthumsforschende Verein, unter Mitteilung seiner Zeitschrift, der "Variscia", den unsrigen freundlich begrüsst und um rege wissenschaftliche Verbindung gebeten, zu welcher der meklenburgische Verein mit Freuden die Hände bieten wird.

- - Sammlungen. Ausser den erwähnten Geschenken von Vereinen, zu welchen noch "Achter und Neunter Jahresbericht der Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde", nebst den "Baltischen Studien, Jahrgang 3. Heft 2.", kommen, erhielt die Bibliothek sehr zahlreiche und werthvolle Gaben an Büchern und Schriften von den Herren Geh. Archivrath Hoefer in Berlin, Dr. Friedländer daselbst, Consistorialrath Dr. Mohnicke in Stralsund, Landrath von Oertzen auf Kittendorf, Advocat Diederichs in Güstrow, Dr. Karsten in Rostock, Professor Homeyer in Berlin, Rector Masch in Schönberg und Archivar Lisch in Schwerin.

Die Alterthümersammlung empfing

I. an vorchristlichen Alterthümern:

1) vom Herrn Oberbaurath Wünsch zu Schwerin: zwei Keile aus Feuerstein, gefunden bei der Regulirung der Elde-Stör-Schifffahrt.
2) von der Frau Professorin Schröter zu Langensee: den bleiernen Abguss eines menschlichen knieenden Bildes aus Erz, welches im Original in der Grossherzogl. Alterthumssammlung zu Ludwigslust befindlich (vgl. Friderico -Francisceum Tab. XXXI. Fig. 1) und in einer Urne bei Kl. Schmölen, Amts Dömitz, gefunden ist.
3) vom Herrn Archivar Lisch in Schwerin: Urnenscherben, von demselben im Pfarrgarten zu Prillwitz bei Strelitz aufgesammelt. Der Boden des Dorfes Prillwitz, namentlich des fürstlichen und des Pfarrgartens, ist dadurch im hohen Grade merkwürdig, dass sich fast keine Stelle findet, wo man nicht mit geringer Mühe Urnenscherben entdeckte, so viel die Gärten auch bearbeitet und gereinigt sind.. Herr Archivar Lisch fand gleich an der ersten besten Stelle die eingereichten Scherben. Es ist dringend zu wünschen, dass der Herr Pastor Horn zu Prillwitz alle Scherben sorgsam sammle und insbesondere die mit Verzierungen versehenen, so wie Stücke vom Boden und von den Ausbauchungen und solche, welche Ränder zeigen, dem Verein einliefere, indem sich durch Vergleichung derselben allerdings wohl ein Resultat gewinnen liesse.
4) vom Herrn Landrath von Levetzow auf Lelkendorff: den Inhalt von drei auf der Feldmark Lelkendorff bei Neukalden aufgedeckten Gräbern, bestehend aus 1 Scheermesser, 1 Haarpincette, 1 Armring, 1 langen Nadel und 3 kleinen Ringen, Alles aus Erzcomposition und oxydirt. Die ausführlicheren, gleichfalls von Herrn von Levetzow mitgetheilten Nachrichten über den Fund müssen einem andern Orte vorbehalten bleiben.

II. an mittelalterlichem Geräth:

1) vom Herrn Maler Langschmidt zu Schwerin: 1 Degen mit schmaler Klinge ganz von Eisen, an der Stelle des Schlosses zu Grabow gefunden.
2) vom Herrn Oberbaurath Wünsch zu Schwerin: 1 Schlachtschwert von Eisen mit breiter Klinge, welche halb abgebrochen ist, gefunden bei Vertiefung des Eldeflusses zwischen Plau und Lübz.
3) von einem ungenannten Geber: 2 verschiedene Sporen von Eisen mit grossen Rädern.

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4) vom Herrn Pastor Hörn zu Prillwitz: ein schaufelartiges räthselhaftes Werkzeug von Eisen, gefunden zu Prillwitz.
5) vom Herrn Archivar Lisch in Schwerin: Scherben von dicken Glasgefässen, von demselben im J. 1830 auf der Burgstätte zu Prillwitz gesammelt. (Ein kleines Gefäss von derselben Art, wie diese Scherben, ist vor einiger Zeit beim Schlosse zu Güstrow in der Wiese gefunden und im Besitze der dortigen Domschule.)

III. an Zeichnungen: durch Herrn Dr. Friedländer zu Berlin (von dessen Vater) Arnold's Originalzeichnung des Brustbildes der hochseligen Erbprinzessin Helena Paulowna für seinen Kupferstich, nach dem Pastellgemälde von Schröder.

IV. an seltenen Naturalien:

1) vom Herrn Oberbaurath Wünsch zu Schwerin: ein Geweih von einem Elenthier, im Störflusse bei der Schiffbarmachung desselben gefunden.
2) vom Herrn Amtshauptmann Ratich zu Wittenburg: einen Feuerstein mit einer wohl erhaltenen seltenen Muschelversteinerung, gefunden auf der Feldmark des Dorfes Salem, Amts Neukalden.

An die Münzen-Sammlung des Vereins schenkten: Herr Cand. theol. Dethloff zu Schwerin 5 Silbermünzen und 1 Kupfermünze; Herr Maler Langschmidt zu Schwerin eine Kupfermünze des römischen Kaisers Alexander Severus (etwa vom J. 227 p. C.), auf dem Felde von Cremmin bei Grabow ausgepflügt. Herr Ober-Medicinalrath Dr. Flemming zu Sachsenberg 13 Münzen und Medaillen, Herr Regierungsrath von Oertzen zu Schwerin 4 alte Münzen, und Herr Landrath von Oertzen auf Lelkendorff 10 Münzen; welche unter dem Fundamente eines alten Bauerhauses gefunden worden sind.

Nach dem von der General-Versammlung gefassten Beschlusse hat der Ausschuß nunmehr die Deputation für Aufgrabungen durch die Ernennung folgender Mitglieder constituirt: Pastor Bartsch, Archivar Lisch und Geschichtsmaler Schumacher. Die Deputation hat bereits die Vorarbeiten für ihre demnächstige Wirksamkeit begonnen, und der Ausschuss fordert in ihrem Namen und im Interesse des Vereins alle Mitglieder auf: dass sie Nachrichten über das Vorhandensein von Grabhügeln in irgend einer Gegend Meklenburgs, Mittheilungen über frühere Auffindungen von Gräbern und Ausgrabungen derselben, Vorschläge und Andeutungen aller Art, welche das Feld dieser Deputation berühren und ihre Zwecke fördern können, derselben nichts vorenthalten wollen.

Auf den Vortrag des Herrn Archivars Lisch macht der Ausschuss den Mitgliedern bekannt, dass derselbe von Serenissimo zum Aufseher der meklenburgischen Alterthumssammlung zu Ludwigslust bestellt ist und dabei die Vollendung und die Erläuterung des Friderico-Franciscei übernommen hat welches von Professor Schröter angelegt worden. Das Werk nähert sich seiner Vollendung und wird hoffentlich im nächsten Jahre vollständig erscheinen. Beim Mangel aller Vorarbeiten der früheren Bearbeiter, des Prof. Schröter zu Rostock und des Prof. Grautoff zu Lübeck, wünscht Herr Archivar Lisch dringend, dass sämmtliche Mitglieder, welche mit jener Sammlung durch Aufgrabungen und Einsendungen einmal in Berührung gestanden, alles, was sie an Nachrichten, über einzelne Alterthümer derselben besitzen, ihm mittheilen mögen (von Herrn Hauptmann Zinck ist diess bereits geschehen), und der Ausschuss empfiehlt diese Bitte aufs angelegentlichste zu recht vielseitiger und baldiger Berücksichtigung. Ueberhaupt legt der Ausschuss es allen Mitgliedern

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dringend ans Herz, alle noch etwa zerstreut aufbewahrten Alterthümer nach ihrer Neigung entweder an die Grossherzogl. Sammlung zu Ludwigslust, oder an die Sammlung des Vereins einzusenden, da unzählige Erfahrungen es beweisen , dass alle zerstreut und isolirt gehegten Alterthümer über kurz oder lang, bei aller Liebe des Besitzers zu denselben, dennoch dem gewissen Untergange entgegengehen.

- - Für die Vereinsschriften gingen folgende urkundliche Beiträge ein:

1) vom Herrn Archivar Dr. Lappenberg zu Hamburg: Abschrift von 16 Urkunden aus den Jahren 1299 - 1447 aus dem Hamburger Archive mit Bewilligung eines hohen Senates mitgetheilt;
2) vom Herrn Dr. Dittmer zu Lübeck: Regesten von 47 Urkunden aus dem Archiv des St. Johannisklosters und des heil. Geist-Hospitals zu Lübeck, meklenburgische Güter betreffend.

Ausserdem lieferte Herr Elbzoll-Verwalter Hauptmann Zinck zu Dömitz: Fortgesetzte Nachrichten über die von demselben für Serenissimum geleiteten Aufgrabungen von Grabhügeln. - Verheissen ist vom Herrn Consistorialrath Dr. Mohnicke zu Stralsund eine Abhandlung über die vormaligen Tribseeschen Archidiaconen des Bisthums Schwerin. - Gewünscht wird Nachricht über

ein Remissorium über den Sachsenspiegel in niederdeutscher Sprache,

welches nach Homeyer's Verzeichniss deutscher Rechtsbücher Nr. 375 im Stadtarchive zu Röbel befindlich sein soll.

A. Bartsch.                
als zweiter Secretär des Vereins.

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II. 2.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 2. Januar 1837.

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D er Verein erhielt während des letztverflossenen Vierteljahrs einen Zuwachs von 18 ordentlichen Mitgliedern. Ausserdem sind in der gestrigen Quartalversammlung die Herren: Referendar Alexander von Minutoli zu Berlin (welcher durch den Herrn Justizminister von Kamptz seine "Denkmäler mittelalterlicher Baukunst in den brandenburgischen Marken Th. I. Lief. 1" als ein höchst werthvolles Geschenk einsandte und später auch Meklenburgs mittelalterliche Baudenkmäler zu beschreiben gedenkt), Canzleirath Thomsen, Aufseher des Alterthümer-Cabinets zu Kopenhagen, M. J. H. Schröder, Oberbibliothekar zu Upsala, und Professor Barthold zu Greifswald zu correspondirenden Mitgliedern ernannt worden.

Die Bibliothek ward durch Geschenke der Herren: Bibliothekar Hanka zu Prag, Canzleirath Liljegren zu Stockholm, Director von Ledebur zu Berlin, Regierungsrath von Oertzen zu Schwerin und Professor W. Grimm zu Göttingen, so wie durch sehr vortheilhafte Erwerbungen in der Doubletten-Auction zu Kopenhagen, wo 5 alte Drucke aus der Druckerei des Marschalk Thurius aus den Jahren 1521 und 1522 erstanden wurden) und in der Versteigerung der Bibliothek des Professors Levetzow zu Berlin, endlich durch anderweitige Ankäufe stark vermehrt. Unter den Erwerbungen der letzten Art heben wir eine Anzahl slavischer Wörterbücher hervor, deren Anschauung das Studium der slavischen Sprachen innerhalb des Vereins erleichtern soll und die zunächst zur Disposition eines verehrlichen Mitgliedes gestellt worden sind, welches bereits im Interesse des Vereins dieses Studium betreibt.

An alterthümlichen Bildwerken empfing der Verein:

I. Vorchristliches:

1) vom Herrn Hofrath Engel zu Röbel:

a) eine bronzene framea mit Schaftkerbe, gefunden in der Bruchholzung des röbelschen Woolds;
b) einen eisernen Schildnabel und drei eiserne Schildbuckeln, gefunden in dem alt-röbelschen Kirchenholze in einer Graburne, welche beim Ausgraben zerfallen ist;
c) einen geschliffenen Keil von grauem Feuerstein, gefunden zu Gneve unweit der Müritz;

2) vom Herrn Geh. Hofrath Lüders zu Malchin:

eine Graburne aus bräunlich gebranntem, mit Kies und Glimmerblättchen vermengtem Thon, mit Zickzacklinien verziert, ganz voll angebrannter, zersprungener Knochen, unter denen nebst vielem Sande ein sogenannter Spindelstein, mehrere Fragmente eines knöchernen Kammes, Fragmente einer Heftel etc. sich fanden, gefunden im malchiner Hainholze bei Aufräumung des Weges von Basedow nach Malchin,

3) vom Herrn von Bassewitz auf Neu-Wangelin:

zwei Keile aus Feuerstein, nur zugehauen und nirgends geschliffen, im J. 1830 zu Neu-Wangelin gefunden.

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Herr Geschichtsmaler Schumacher zu Schwerin lieferte eine Zeichnung des Inhalts des bei Ruchow 1819-1821 aufgedeckten grossen Kegelgrabes, wie die Stücke auf dem fürstlich bückeburgischen Gute Boldebuck aufbewahrt werden. Vgl. Freimüth. Abendbl. 1821 No. 139.

Vom Herrn Oberlandforstmeister Eggerss zu Schwerin sind dem Verein mehrere interessante Grabalterthümer verheissen, welche auf dessen Gute Borkow ausgegraben und aufgestellt sind.

II. Aus unbestimmter, wahrscheinlich vorchristlicher Zeit:

Vom Herrn Canzleirath von Bülow zu Bützow eine Handmühle aus Granit, bestehend aus zwei, äusserlich abgerundeten und in der Mitte durchbohrten Platten von 1 1/2 Fuss im Durchmesser und zusammen 1/2 Fuss Höhe, gefunden von dem Herrn Geber im J. 1831 in einer Höhle im hohen Seeufer zu Wahmkow.

III. Mittelalterliches:

A. Gottesdienstliches Geräth:

1) vom Herrn Kaufmann Dalitz in Stadt-Malchow (durch den Herrn Schulrath Meyer zu Schwerin):

a) einen in zwei Stücke zerbrochenen Löffel von Messing mit Traubenverzierung am Stielende, ganz wie Frid. Francisc. Tab. XXXI. Fig. 4, und wie der zu Alt-Kalden gefundene, Jahresber. I. S. 15 beschriebene;
b) einen ähnlichen Löffel von sehr gelbem Messing, am Stielende mit dem gegossenen Bilde eines Heiligen und der Inschrift: S. IACOBVS.
Beide Löffel sind gefunden bei Grabung eines Fundamentes in der Stadt Malchow;

2) vom Herrn Bataillons-Auditeur Grimm zu Wismar:

ein dünn geschlagenes, rundes Becken von Kupfer, wahrscheinlich ein Weihwasser- oder Taufbecken, gefunden im Sommer 1835 bei Aufräumung des Karpfenteiches zu Krassow bei Wismar;

3) vom Herrn Landrath von Schack auf Rey:

ein Taufbecken von Messing mit getriebener Arbeit, gefunden auf dem Gute Rey, 10 Fuss tief in einem morastigen, aus dem Garten in eine Lache führenden Graben bei Aufräumung desselben.

B. Weltliches Geräth.

1) vom Herrn Hofrath Engel zu Röbel:

eine lange eiserne Lanzenspitze, gefunden unter tiefen Fundamenten eines Theils der alten Stadtmauer zu Röbel.

2) vom Herrn von Stern auf Gr. Welzin, Erbherrn auf Tuschow:

einen eisernen Sporn mit langer Radstange, gefunden zu Vogtshagen bei Dassow;

3) vom Herrn Bataillons-Auditeur Grimm zu Wismar:

einen grossen vergoldeten Fingerring von Kupfer, mit eingesetztem Schilde von Glas, gefunden von einem Landmädchen zu Masslow.

Auch Nachrichten und Beschreibungen von Alterthümern sind mehrere eingegangen, unter andern die Beschreibung eines unter dem Portale der Schlosskirche zu Schwerin befindlichen, dessen Pilaster und Schwelle tragenden grossen Leichensteins, soweit derselbe bei der vor kurzem vorgenommenen Legung einer neuen Schwelle zu Tage kam, vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin. Diese aber, so wie ausführliche Beschreibungen und Erörterungen von einigen der oben angeführten Alterthümer, namentlich von I. 2. und III. A. 2. u. 3., müssen dem Jahresberichte vorbehalten bleiben.

Die Aufgrabungs-Deputation hat eine Anweisung zu Aufgrabungen vorchristlicher Grabdenkmaler und eine Reihe von Fragen, deren Berücksichtigung und Beantwortung bei jeder Aufgrabung gewünscht wird, entworfen. Diese Schriften sind an kundige Mitglieder im In- und Auslande und an benachbarte Vereine zur Begutachtung abschriftlich versandt. Mit den Ergebnissen dieser Gutachten bereichert und vollständig redigirt werden sie im nächsten Jahresbericht erscheinen, bis dahin aber abschriftlich den Leitern etwaniger Aufgrabungen mitgetheilt werden. Nächstens wird auch eine Abhandlung über altgermanische und slavische Grabdenkmäler vom Herrn Archivar Lisch im freim. Abendbl. und im Separatabdruck erscheinen: der Ausschuss hat zur Be-

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nutzung für den Verein eine Anzahl Exemplare derselben bestellt. - Da also jetzt die nöthigen wissenschaftlichen Vorbereitungen getroffen sind, so sieht der Ausschuß baldigen Anmeldungen und Nachrichten von Grabdenkmälern entgegen, welche zur Aufgrabung dringend sich empfehlen oder als interessant dem Ausschusse zur Aufgrabung freigestellt werden, auch wird er solchen Personen, die selber eine Aufgrabung zu unternehmen gesonnen sein sollten, gern nicht bloss die oben abgeführten Schriften mittheilen, sondern auch jede andere ihm zu Gebote stehende und gewünschte Unterstützung des Unternehmens angedeihen lassen.

An Münzen schenkten dem Vereine:

1) Herr Advocat Dr. Beyer zu Parchim:

a) 14 Münzen aus dem Anfange des 17. Jahrhunderts nebst einem brakteatenartigen Silberbleche, beim Aufgraben eines Kellers auf der Altstadt Parchim unter altem Brandschutte vor kurzem gefunden,

b) 1 Dütchen von Herzog Adolph Friedrich v. J. 1633, auf dem parchimschen Stadtfelde gefunden;

2) Herr Pensionär Drenkhahn zu Boddin:

eine Thalermünze der Niederlande vom J. 1619, aufgepflügt auf dem Felde von Boddin.

3) Herr Gutsbesitzer Jahn auf Adamsdorff:

a) zwei Stücke von altspanisch-mexikanischen Piastern (1/8 und 1/6 Piaster);

b) eine arabische Münze, welche wegen Krankheit eines kundigen Mitgliedes, dem dieselbe zugesandt worden ist, noch nicht hat entziffert werden können.

Für die Siegel-Sammlung gingen ein:

1) ein Lack-Abguss des grossen Siegels des Fürsten Pribislav IV. (II.) von Richenberg-Parchim, nach einem Original-Siegel, vom Herrn Oberlehrer Dr. Hering zu Stettin;

2) ein Abdruck des auf dem ratzeburger Stadtfelde gefundenen Siegels des Friederich Hasenkop aus dem 13. Jahrhundert, vom Herrn Rector Masch zu Schönberg. Eine Abhandlung ebendesselben über dieses Siegel wird der Jahresbericht geben.

Ausser der eben genannten sind noch folgende schriftliche Abhandlungen bei dem Ausschusse eingereicht worden:

1) Nachrichten über vorgenommene Aufgrabungen, letzte Lieferungen, vom Herrn Hauptmann Zink zu Dömitz.

2) Chronologisches Verzeichniss der seit dem J. 1622 bei dem Hof- und Landgerichte zu Güstrow angestellten Präsidenten, Vice-Präsidenten und Assessoren, verfasst von dem Herrn Justizminister von Kamptz zu Berlin, geschenkt vom Herrn Rector Masch zu Schönberg.

3) Urkundliche und heraldische Beiträge zur Geschichte des Fürsten Pribislav IV. (II.) von Richenberg-Parchim, vom Herrn Oberlehrer Dr. Hering zu Stettin.

4) Biographie des fürstlich meklenburgischen Secretärs Simon Leupold zur Zeit der Kirchen-Reformation und Kirchen-Visitation, vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin.

5) Ueber die alten rostocker Chroniken, von demselben.

6) Vom Herrn Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel:

a) Abschrift zweier ungedruckter Urkunden

α. des Grafen Guncelin von Schwerin von 1312, und
β. der Grafen Nicolaus und Heinrich von Schwerin von 1313.

b) Aktenmässige Beiträge zur Geschichte des Ritters Friedrich Spedt (Jahrbuch. I. S. 33 folgg.).

Ausserdem hat auch in diesem Zeiträume die Correspondenz einheimischer und auswärtiger Mitglieder manche interessante Miszellen geliefert.

Der zweite Band der Jahrbücher liegt zum Druck bereit. Der Ausschuss hat, um den mit Versendung der Druckschriften beauftragten Beamten Mühe und den Mitgliedern Porto zu ersparen, den Beschluss gefasst, dass künftighin die Jahrbücher auch an die inländischen Mitglieder erst nach dem Erscheinen des Jahresberichts, also nach der jedesmaligen General-Versammlung, und mit dem Jahresberichte zusammengeheftet übersandt werden sollen. Uebrigens versteht es sich aber von selbst, dass der jedesmalige Jahrgang der Jahrbücher und Jahresberichte unentgeldlich nur an diejenigen Mitglieder abgegeben werden kann, welche den Geldbeitrag für das Jahr, auf welches jener lautet, als schon ältere oder innerhalb dieses Jahres beigetretene Mitglieder, geleistet

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haben; später eintretende können die früheren Jahrgange, so weit der Vorrath reicht, nur für den Ladenpreis von 1 Rthlr. 32 ssl. erwerben. - Da von dem Herrn Advocaten Dr. Beyer zu Parchim der Wunsch ausgesprochen worden ist, dass der neuesten Literatur der meklenburgischen Geschichte ein eigener Abschnitt in den Jahrbüchern gewidmet werde, welcher vorzüglich solche für die Geschichte Meklenburgs interessante Abbandlungen und Notizen nachweise, die in den Mittheilungen auswärtiger historischer Vereine und sonstigen Schriften vermischten Inhalts, wo sie dem einheimischen Forscher leicht entgehen, sich niedergelegt finden möchten, und da der Ausschuss in der Erfüllung diesem Wunsches ein Mittel zur Erhöhung des Werthes und der Brauchbarkeit der Jahrbücher erkennen muss: so fordert er alle Mitglieder, welche Notizen der bezeichneten Art zu sammeln Gelegenheit finden sollten, zu tempestiver Mittheilung derselben hiemit auf.

In Bezug auf die im Quartalber. II. 1. enthaltene Erkundigung nach einem handschriftlichen niedersächsischen Remissorium über den Sachsenspiegel, welches nach einer aus Dreyer's Beiträgen zur Literatur entlehnten Angabe in Homeyer's Verzeichn. deutsch. Rechtsbücher des Mittelalters im Stadtarchive zu Röbel sich befinden sollte, hat Herr Hofrath Engel daselbst folgende gefällige Mittheilung gemacht:

"Das niedersächsische Remissorium über den Sachsenspiegel, welches sich im hiesigen Stadtarchive befinden soll, ist mir darin nie zu Gesichte gekommen, wenngleich ich selbst während meiner Amtsführung die hiesige Registratur geordnet habe. Fände ich dasselbe, so würde ich solches mit Vergnügen mittheilen".

Gewünscht werden:

1) möglichst zahlreiche Nachrichten durch die Herren Gutsbesitzer, Prediger und Ingenieure, ob sich auf den einzelnen Feldmarken noch Stellen finden, welche von dem Volke Blocksberg genannt werden;

2) von dem Herrn Adv. Dr. Beyer zu Parchim: Nachrichten darüber,

a) ob der Brief Herzog Heinrich's, in welchem derselbe nach Cordesii Chron. Parch. cap. VI. von Luther einen Prediger für die 7000 Seelen starke lutherische Gemeinde in Parchim erbeten haben soll, und die Antwort Luthers noch vorhanden und wo beide zu finden seien,
b) ob das von Nettelbladt succincta notitia pag. 103 angeführte Manuscript Joachim Mantzel's : manipulus rerum Parchim., s. analecta ad M. Cordesii chron. Parchim., colligi coepta 1711, noch irgendwo vorhanden sei. Der Professor Mantzel zu Bützow, ein Vetter des Verf., bemerkt gelegentlich (Bützowsche Ruhestunden Th. XIX. Nr. 6), dass dieses Manuscript sich derzeit (1765) in seinen Händen befinde.

Hr. Tiedemann zu Rostock, Besitzer des bekannten lithographischen Instituts, hat dem Ausschusse Plan und Druckproben des von ihm in Steindruck herauszugebenden meklenburgischen Wappenbuchs vorgelegt und um Empfehlung dieses Unternehmens gebeten. Da ein solches Werk von vielseitigem Interesse und für historisch-heraldische Untersuchungen von der grössten Wichtigkeit ist, da der als tüchtiger Heraldiker bekannte Herr Rector Masch zu Schönberg die Leitung desselben übernommen hat und die vorgelegten Druckproben eine ausgezeichnete technische Ausführung erwarten lassen: so werden die Mitglieder des Vereins auf dieses Unternehmen aufmerksam gemacht.

A. Bartsch.                
als zweiter Secretär des Vereins.

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II. 3.

Quartalbericht

des

Vereins für meklenburgische Geschichte und
Alterthumskunde.


Schwerin, den 3. April 1837.

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D urch den Todesfall, welcher vor kurzem ganz Meklenburg in die tiefste Trauer versetzte, hat auch der Verein einen schweren Verlust erlitten: er ward eines Protectors beraubt, dessen Wohlwollen und Wohlthaten einen sehr grossen Antheil. an dem Bestehen und an dem gegenwärtigen blühenden Zustande des Vereins haben. Doch ist dieser Verlust nicht ohne Ersatz geblieben:

Se. königliche Hoheit der jetzt regierende Grossherzog von Meklenburg-Schwerin sind auch in Bezug auf den Verein an die Stelle des Heimgegangenen getreten, indem Allerhöchstdieselben das Protectorat des Vereins zu übernehmen, die ehrendste Anerkennung seiner Wirksamkeit auszusprechen und bereitwillige Mitwirkung für seine Zwecke zuzusichern geruhten. - Auch von einem der hohen Beförderer, Sr. Durchlaucht dem regierenden Fürsten von Schaumburg-Lippe, ist dem Ausschusse ein sehr huldvolles Schreiben, begleitet von einem ansehnlichen Geldgeschenke, zugegangen. - Die Verbindung des Vereins mit dem Auslande hat sich dahin erweitert, dass mit der Königlichen schleswig-holstein-lauenburgischen Gesellschaft für Sammlung und Erhaltung vaterländischer Alterthümer zu Kiel Correspondenz und Schriftenwechsel angeknüpft, und dass Herr Etatsrath und Professor Dr. Falck zu Kiel zum correspondirenden Mitgliede ernannt worden ist. - Von seinen bisherigen ordentlichen Mitgliedern hat der Verein 4 verloren (darunter Hofrath und Professor Dr. Norrmann in Rostock, gestorben am 13. Januar); dagegen sind 6 neue hinzugekommen, so dass ein reiner Zuwachs von 2 ordentlichen Mitgliedern für das verflossene Quartal sich ergiebt.

- Die Sammlungen erhielten folgende Bereicherungen:

I. zur Bibliothek wurden geschenkt:

1) vom Herrn Dr. von Hagenow zu Greifswald: dessen Schrift über die Runensteine zu Neustrelitz (in mehreren Exemplaren);
2) von demselben: dessen grosse Special- und Gräbercharte von Rügen. Beide Geschenke sind schon vor längerer Zeit eingesandt, aber versehentlich in keinem der früheren Quartalberichte aufgeführt worden.
3) vom Herrn Dr. von Duve zu Möllen: Hempel, inventarium diplomaticum historiae Saxoniae inferioris;
4) vom Herrn Freiherrn von Gloeden zu Bützow: Latomi Genealo-Chronicon Megapolitanum, eine alte Handschrift;
5) vom Herrn Professor Dr. Bachmann zu Rostock: Erster Bericht an die Mitglieder des sächsischen alterthumsforschenden Vereins zu Leipzig, 1825;
6) vom Herrn Dr. Schmidt d. A. zu Sonderburg in Holstein: Historisches Taschenbuch über die Entstehung der Apotheken sowohl im Allgemeinen, als in Dänemark (auch in Meklenburg), Flensburg, 1835.

Der Herr Verfasser, ein geborner Meklenburger, bittet zugleich um Beiträge zur Geschichte der Apotheken in Mecklenburg.

7) vom Herrn Syndikus Dr. Brandenburg zu Stralsund: dessen Geschichte des Magistrates der Stadt Stralsund, daselbst 1837;

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8) vom Herrn Hofbuchdrucker Bärensprung zu. Schwerin: dessen Versuch einer Geschichte des Theaters in Meklenburg, Schwerin 1837;
9) vom Herrn Archivar Lisch zu Schwerin: Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabalterthümer Meklenburgs etc , Schwerin 1837.

Von dieser auch im freim. Abendblatt 1837 No. 943 und 944 abgedruckten Schrift hat der Ausschuss überdies noch 50 Exemplare zur Benutzung bei Aufgrabungen angekauft.

Ferner schenkte Herr Dr. Deecke zu Lübeck einen auf Pergament gedruckten Ablassbrief der Michaelisbrüder zu Rostock. Ausserdem wird sich der Verein durch die freundliche Vermittelung des Herrn Professors Dr. Bachmann zu Rostock demnächst um einen sehr mässigen Preis in den Besitz zweier sehr werthvoller und seltener alter Drucke (Lactantii Firmiani opera, Rostoch. 1476, und Sti. Bernhardi, abbatis Claraevallensis, Sermones super Cantica Canticorum, Rostoch. 1481) gesetzt sehen. Der Ausschuss hofft, dass seine dringend und mehrfach ausgesprochene Bitte um Einsendung oder Nachweisung vaterländischer typographischer Alterthümer auch nach andern Seiten hin einen so günstigen Erfolg haben werde. Schon durch die blosse Angabe. wo sich Exemplare derselben befinden, noch mehr durch Beschreibung des Anfanges, des Endes, der Buchdruckerzeichen, Holzschnitte, Wasserzeichen u. dgl. wird man sich den Ausschuss zum Danke verpflichten, zumal da eben jetzt ein geehrtes Mitglied mit einer Abhandlung über alte rostocker Drucke beschäftigt ist und es höchst wünschenswerth erscheinen muss, demselben möglichst vollständige Materialien für diese Arbeit zu Gebote gestellt zu sehen.

II. Zur Urkundensammlung schenkten:

1) Herr Geh. Archiv-Rath Hoefer zu Berlin: Abschrift einer Urkunde der Gräfin Adelheyd von Ratzeburg über eine Schenkung an das Kloster Riddagshusen;
2) Herr Dr. Deecke zu Lübeck: Abschrift einer Urkunde der Grafen von Danneberg und zweier Urkunden der Grafen von Schwerin aus dem 13. Jahrhundert über Freiheiten der Lübecker in Meklenburg;
3) Herr Dr. Burmeister zu Wismar: eine neu entdeckte Chronik aus den Jahren 1275 - 1277 über die Vormundschaftsführung der Fürstin Anastasia während der Abwesenheit ihres Gemahls Heinrichs des Pilgers. (Dieselbe ist in einer ausführlichen Bearbeitung für die Jahrbucher verheissen.)

III. Die Alterthümersammlung empfing:

A. Vorchristliches:

1) vom Herrn Pastor Loeper zu Kirch-Mulsow: ein Messer mit Griff aus Feuerstein geschlagen, gefunden i. J. 1836 auf dem dortigen Pfarracker an dem "Heidenholze" an einem Hügel unter einem grossen Steine;
2) vom Herrn Oberförster Hennemann auf dem Schelfwerder bei Schwerin: einen grossen Keil aus grauem Feuerstein, roh, aber sehr regelmässig geschlagen, und noch nicht geschliffen, gefunden beim Aufräumen eines Grabens auf dem Forstgehöfte daselbst;
3) vom Herrn Hofrath Dr. Crull zu Rostock: einen grossen, gehenkelten bräunlichen Aschenkrug, mit Kiessand und Glimmerfünkchen, gefunden voll Knochen bei Neu-Polchow unweit Laage, dabei eine zum Theil oxydirte Speerklinge von Erz und eine nicht durchbohrte Scheibe von Stein von ungefähr 1" Durchmesser.

B. Aus unbestimmter Zeit:

4) vom Herrn Bürgermeister Pries zu Waren: ein Beil aus Knochen, vorn ungefähr 5 Zoll lang, gefunden in einer Rumpelkammer auf einem ritterschaftlichen Gute;
5) von den Herren Klostervorstehern zu Dobbertin: einen Helm aus Bronze, unstreitig von hohem Alter, gefunden 8 Fuss tief unter der Oberfläche eines Moors auf der Feldmark Seelsdorf.

C. Mittelalterliches:

6) vom Herrn Oberbaurath Wünsch zu Schwerin: einen Steigbügel und eine Lanzenspitze aus Eisen, gefunden an der Fuhrt zwischen Kölpin- und Flesen-See bei Göhren;
7) vom Herrn Bürgermeister Pries zu Waren: ein grosses eisernes Spornrad, gefunden auf einer angeblichen Lagerstätte wallensteinscher Truppen;

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8) vom Herrn Plattirer Behrens zu Schwerin: ein Siegel Friderici dicti Egen, gefunden unter altem angekauften Metall.

Nachträglich ist hier noch ein schon früher gemachtes Geschenk des Herrn von Jasmund (durch Herrn Obermedicinalrath Dr. Brückner zu Ludwigslust) zu erwähnen, bestehend in der Zeichnung eines im Besitze des Ersteren befindlichen Gefässes von Bronze.

Der Ausschuss ist ferner durch mehrere Erörterungen und Nachrichten über Alterthümer erfreut worden, welche zum Theil im nächster Jahresberichte abgedruckt erscheinen sollen: namentlich lieferten

1) Herr Archivar Lisch: Beiträge zur Begräbnissurne von Malchin (vgl. Quartalber. II. 2);
2) Derselbe: Ueber das römische Grab von Hasenwinkel (vgl. Jahresb. I. S. 93 und 94);
3) Herr Dr. von Hagenow zu Greifswald: Ueber die verschiedenen Arten von vorchristlichen Gräbern in Vorpommern;
4) Herr Gerichtsrath Ahrens zu Schwaan: Ueber Alterthümer in der Gegend von Schwaan;
5) Herr Auditeur Grimm zu Wismar: Nachricht über einen Blocksberg zu Wietow bei Wismar;
6) Herr Rector Masch zu Schönberg: Ueber das Siegel des Jachgim Holloger (vgl. Jahresber. I. S. 16).

Weitere zahlreiche Unterstützungen und Mittheilungen sind insbesondere noch der Aufgrabungs-Deputation zu Theil geworden. Nicht nur haben diejenigen Vereine und Mitglieder, welche die von ihr entworfenen, bei Aufgrabungen von Seiten des Vereins zu berücksichtigenden "Andeutungen" und "Fragen" zur Begutachtung zugesandt waren, diesem Wunsche nunmehr alle und zum grossen Nutzen dieser Schriften entsprochen, so dass dieselben jetzt vollständig redigirt sind und, bis zu ihrem Abdruck in dem Jahresberichte abschriftlich, den Leitern von Aufgrabungen übergeben werden können, sondern es ist auch, in Folge früherer Aufforderungen (Quartalber. II. 2 .und freim. Abendbl. No. 941), die Aufmerksamkeit der Deputation auf einzelne zur näheren Untersuchung stark sich empfehlende Localitäten hingelenkt und mehr als ein freundliches Anerbieten, welches theils einen Ausbeute verheissenden Boden, theils die zur Ausbeutung erforderlichen Kräfte zur Disposition des Vereins stellt, gemacht worden. Von diesen Mittheilungen und Anerbietungen wird der am angemessensten und vortheilhaftesten erscheinende Gebrauch gemacht, und über den Erfolg zu seiner Zeit das Nähere berichtet werden. Die wirksamste Unterstützung aber für diesen Zweig seiner Bestrebungen hat der Verein durch ein allerhöchstes Rescript d. d. Schwerin am 31. März erhalten, wodurch dem Ausschuss die nachgesuchte Erlaubniss zur Veranstaltung von Aufgrabungen im Grossherzogl. Domanium huldreichst ertheilt und, mittelst eines angeschlossenen offenen Befehls an die Grossherzoglichen Beamten, den zu solchem Unternehmen vom Ausschuss Deputirten aller erforderliche Schutz zugesichert wird. - Folgende, durch den pommerschen Verein mitgetheilte Notiz des Herrn von Suckow zu Stralsund:

"In meinem Vaterlande Meklenburg-Schwerin finden sich die grossartigsten aller Heidendenkmäler, die ich gesehen habe: es sind dies ungeheure Steinkisten, kleine Pagoden; die ansehnlichsten sah ich auf dem Wege von Meyenburg in der Prignitz nach Plau",

stehe hier mit der Bitte an die in der bezeichneten Gegend wohnenden Mitglieder des Vereins, dass sie den genannten Denkmälern ihre besondere Aufmerksamkeit schenken, über das Vorhandensein derselben an einzelnen Orten, ihre Beschaffenheit und Gestalt etc. dem Ausschusse genaue Nachricht geben und diesen Bericht, wo möglich, mit Zeichnungen begleiten wollen.

IV. Die Münzensammlung erhielt:

1) einen Rosenobel (von 15 47/53) König Eduard's VI. von England, im Mai 1836 auf dem Kaltenhöfer Acker der Feldmark Prislich bei Grabow ausgepflügt, welcher Acker seit Jahrhunderten als Viehweide gelegen hatte, (durch Vermittelung des Herrn Gerichtsraths Stolberg zu Grabow angekauft);
2) 2 grosse silberne römische Münzen und 1 satyrische alte Denkmünze gegen das Papstthum (Geschenk des Herrn Gutsbesitzers Jahn auf Adamsdorff);

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3) 1 grosse silberne Denkmünze des Herzogs Adolph Friedrich I. von Meklenburg vom Jahre 1613 (Geschenk des Herrn Postsecretärs Krüger zu Hamburg);
4) 4 Münzen, gefunden unter dem Steinpflaster auf dem Hofe zu Redderstorf, (Geschenk des Herrn Majors von der Lühe auf Redderstorf);
5) 1 meklenburgischen Gulden: Dem Vaterlande, 1813 (angekauft);
6) 1 meklenb. Schilling von 1624, gefunden zu Zarrentin (Geschenk des Herrn Apothekers Stockfisch daselbst),
7) 1 alten güstrowschen Sechsling der Herzoge Magnus und Balthasar, 1477-1503 (Geschenk des Herrn Bauconducteurs Hermes zu Sachsenberg);
8) 1 alten güstrowschen Scharf (Geschenk des Herrn Schulraths Meyer zu Schwerin);
9) 15 verschiedene Münzen, unter denen die kleinere Begräbnissmünze auf den Herzog Augustus von Braunschweig-Lüneburg, postulirten Bischof von Ratzeburg, vom J. 1636, eine alte Münze der Herren von Werle, mehrere Bracteaten, (Geschenk des Herrn Obermünzmeisters Nübell zu Schwerin),
10) 1 Achtgroschenstück von 1754 (Geschenk des Herrn Superintendenten Eyller zu Wismar);
11) 3 Münzen, vom Herrn Bürgermeister Pries zu Waren;
12) 66 verschiedene Kupfer- und Silbermünzen aus Meklenburg und den angrenzenden Ländern (Geschenk des Herrn Dr. med. Reder zu Rostock).

- An schriftlichen Beiträgen zur Benutzung für die Jahrbucher wurden eingesandt:

1) Der Bauer im Fürstenthum Ratzeburg, vom Herrn Rector Masch zu Schönberg;
2) Miscellen zum II. Jahrgange der Jahrbücher, von den Herren Dr. Burmeister zu Wismar, Bibliothekar Hanka zu Prag, Archivar Lisch zu Schwerin und Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel;
3) Briefsammlung zu demselben, vom Geh. Archiv-Director Voigt zu Königsberg und Archivar Lisch;
4) Erklärung meklenburgischer Volksnamen aus den slavischen Mundarten, vom Herrn Dr. Burmeister zu Wismar.

Von dem letztgenannten Mitgliede ist auch der Prospectus einer "Sammlung und Erläuterung der slavischen Ortsnamen Meklenburgs", welche derselbe unter Mitwirkung des Vereins zu bearbeiten und herauszugeben wünscht, dem Ausschusse vorgelegt worden. Nähere Verhandlungen über diesen Gegenstand sollen der Generalversammlung vorbehalten bleiben.

Gewünscht werden:

1) eine Nachweisung über die in Rudloff Meckl. Gesch. II. S. 281 not. r. citirte Schutz- und Entschädigungs-Versicherung für die Stadt Wismar vom Jahre 1337, und wo möglich eine Abschrift derselben: wahrscheinlich hatte Rudloff eine Abschrift und Beschreibung im Privatbesitze;
2) von correspondirenden Mitgliedern des altmärkischen Vereins für vaterl. Geschichte und Industrie: Nachrichten über Gegenstände aller Art, welche die historischen Verhältnisse der Altmark betreffen, für diesen Verein.

Herr Archivar Lisch hat angezeigt, dass sowohl die Lithographieen des Friderico-Francisceum, als auch die Erläuterungen dazu nunmehr ganz vollendet seien und in der diessjährigen Ostermesse ausgegeben werden. Er fordert zur weitern Unterzeichnung für dieses kostspielige Unternehmen der Buchhandlung Breitkopf und Härtel zu Leipzig auf und erbietet sich zur Annahme von Subscriptionen.

A. Bartsch.                
als zweiter Secretär des Vereins.

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