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3. aus dem Mittelalter.

a. Gottesdienstliches Geräth.

Taufbecken:

1) Auf dem Gute Rey ward 10 Fuß tief in einem morastigen, aus dem Garten in einen Soll führenden Graben bei Aufräumung desselben ein Taufbecken von Mefsing mit getriebener Arbeit gefunden. Der Besitzer, Herr Landrath von Schack auf Rey, hatte die Güte, dasselbe dem Vereine zu schenken, und Herr Archivar Lisch hat sich darüber im Folgenden näher ausgesprochen.

Diese Taufbecken gehören nach der in ihnen befindlichen Inschrift noch zu den räthselhaften, obgleich sie häufig Gegenstand der Untersuchung gewesen sind. Zusammengedrängt sind diese Untersuchungen in Kruse's deutschen Alterthümern, 1825, B. I, H. 4, S. 56-85; hiezu kommen noch einzelne Nachweisungen in Bd. II, H. 1, S. 79, und im Zweiten Jahresber. des thüring.=sächs. Vereins, 1822, S. 34.

Diese Taufbecken sind weit verbreitet; sie sind bisher beobachtet in Deutschland, Frankreich, Holland, Dänemark, Schweden, Norwegen und Island. Ihr übereinstimmendes Kennzeichen besteht darin, daß in der Mitte im runden Felde der Gegenstand einer biblischen Geschichte in getriebener Arbeit erhaben dargestellt ist; um dieses runde Feld läuft im Kreise eine erhaben gepreßte oder geschlagene Inschrift, deren geschnörkelte gothische Buchstaben, 7 an der Zahl, sich 5 Mal wiederholen.

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Um diese dunkle Inschrift läuft zuweilen noch eine zweite, welche, klarer an Sinn, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Skandinavien aus einem deutschen Spruche besteht. Die innere Inschrift ist auf allen Becken gleich und scheint nach einem bestimmten katholischen Ritus gefertigt zu sein. Einige haben sie für gnostische Zeichen, andere für chaldäische Buchstaben gehalten; die besonnensten Erklärer finden darin eine abgekürzte, lateinische gottesdienstliche Formel.

Unser Becken, aus Messing geschlagen, mißt ungefähr 2 Fuß im Durchmesser und 3 Zoll in der Hohe; der Rand ist 3 1/2 Zoll breit. In der Mitte des Beckens ist in einem Kreise von 7 Zoll im Durchmesser von außen nach innen die Geschichte des Sündenfalls in erhabener Arbeit ausgetrieben: an einem Baume, um welchen sich die Schlange windet, stehen in einem Garten Adam und Eva, deren Gesichter entweder gar nicht ausgetrieben oder schon rund abgescheuert sind. Um dies Medaillon läuft in einem Kreise in einer Hohe von 1 Zoll eine von der innern Fläche des Beckens eingepreßte oder mit einem Stempel eingeschlagene Inschrift, welche, über dem Gipfel des Baumes mit der Schlange anfangend und von der Linken zur Rechten fortlaufend, sich fünf Mal in dem Kreise wiederholt. Diese auf allen bekannten Becken in derselben Form immer wiederkehrende Inschrift von sieben gothischen Buchstaben ist im zweiten Jahresber. des thüring.=sächs. Vereins Tab. VIII in der zweiten Stelle nach unserm Becken am getreuesten und klarsten dargestellt, auch in Kruse's deutschen Alterth. Bd. I, H. 4, Tab. 3, Fig. 1 a und Fig. 2 b und Tab. 4, Fig. 3 und Fig. 4 b finden sich getreue Abbildungen derselben. Die im dritten Jahresber. des thüring.=sächs. Vereins Tab. VIII abgebildete Inschrift fehlt jedoch darin, daß der erste Buchstabe nur zwei senkrechte Linien hat; auf unserm Becken sind drei Linien ganz deutlich, obgleich es sich nicht läugnen läßt, daß dieser Buchstabe an den verschiedenen Stellen nicht immer gleich ist, indem die erste Linie eine verschiedene Richtung oder Neigung hat. Außerdem beginnt jede Abtheilung eben so klar mit zwei kleinen Rosen über einander, wie in Kruse a. a. O. I, 4, Tab. 3, Fig. 1 a und Tab. 4, Fig. 3. Von allen Erklärungsversuchen scheint mir die von Thorlacius bei Kruse a. a. O. I, 4, S. 72 den Vorzug zu verdienen; derselbe liest nämlich:

Inschrift

Auf jüngern Taufbecken findet sich unzweifelhaft häufig die ähnliche Inschrift:

Inschrift
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Becken, welche in dem mittlern Medaillon mit der Vorstellung des Sündenfalles und in der ersten Umschrift mit dem unsrigen übereinstimmen, finden sich in der Kirche zu Tönningen, in der Kirche zu Giebichenstein, in dem Stifte Steterburg, zu Kopenhagen und Wien (welches aus Italien stammen soll); man vgl. Kruse a. a. O. S. 59, 72, 80 und 81; nach Thorlacius a. a. O. bei Kruse findet sich in Skandinavien die Darstellung des Sündenfalles am häufigsten.

Von der Inschrift bis zum Rande des Bodens ist in unserm Becken, von außen nach innen getrieben, noch eine bildliche Darstellung in einem Ringe von 2 1/2 Zoll Breite: diese zeigt einen laufenden Hirsch, der von einem kleinem Thiere, einem Windspiel am ähnlichsten, begleitet wird; diese Darstellung wiederholt sich sechs Mal. Zwischen den Hirschen steht an 5 Stellen ein Stumpf eines Baumstammes mit einer Eichel und Eichenlaub, an der sechsten Stelle stehen zwei solcher Eichenstumpfe. Die getriebenen Reliefs des Sündenfalles und der Hirsche zeigen nicht allein gute Zeichnung, sondern auch eine große Geschicklichkeit und eine ausgezeichnete Berechnung der Wirkung des Treibens, nach den eingeschlagenen Vertiefungen auf der untern Seite zu urtheilen. - In den äußersten Rand des Bodens ist ein Kreis von kleinen Verzierungen mit einem scharfen Stempel eingeschlagen, welche, dicht an einander schließend, abwechselnd aus einer kleinen Rose und einem kleinen Blatte bestehen. Auf dem ausgebogenen Rande des Beckens ist ebenfalls mit Stempeln eine Verzierung eingeschlagen; diese besteht aus 70, nach dem Innern des Beckens geöffneten, aus zwei concentrischen Punktlinien gebildeten Rundbogen von ungefähr 1 Zoll Spannung, welche durch eine Rose in den Stützpunkten verbunden sind; unter jedem Bogen ist ein kleines Lamm mit einem Stempel eingeschlagen.

Die Darstellung des Sündenfalles hat bekannte Gründe; die Darstellung der Hirsche bezieht sich wohl auf Psalm 42, 1: "Wie ein Hirsch schreiet nach frischem Wasser, so schreiet meine Seele, Gott, nach Dir". Daher ist auch in dem Mittelschilde des Beckens zu Glaucha statt des Sündenfalles ein Hirsch dargestellt; vgl. Kruse a. a. O. S. 83. Außerdem findet sich im Mittelschilde auch öfter die Geschichte von Josua und Caleb mit den Weintrauben (IV Mos. 13), wie in der Kirche zu Träden und an andern Orten (vgl. Kruse a. a. O. S. 59); außerdem ist auch die Verkündigung Mariä öfter dargestellt, wie in dem Becken der Moritzkirche zu Halle (vgl. Kruse a. a. O. S. 78). In dem Becken einer Dorfkirche bei Naumburg findet sich im Mittelschilde ein Kranz von

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Granatäpfeln (vgl. Dritten Jahresber. des thüring.=sächs. Ver. S. 35), und in dem Becken der Kirche zu Punschrau bei Naumburg ist der große Christoph mit Christus in Kindesgestalt auf der Achsel dargestellt (vgl. Kruse a. a. O. III. 1, S. 79).

Die Erklärer scheinen diese Becken in das 12. und 13. Jahrhundert, in die Zeit der Heidenbekehrung und Kirchenerbauung zu setzen. Die Buchstaben der Inschrift scheinen jedoch einer jüngern Zeit anzugehören und mit den Buchstaben der Inschriften auf den Leichensteinen aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts Aehnlichkeit zu haben; auch der Styl der zweiten deutschen Inschrift auf einigen Becken deutet auf diese Zeit.

Auf der äußern Seite des Randes sind zwei Wappen eingravirt. Links an der ersten Stelle steht das Wappen der von Köllen und darüber die Buchstaben

C. V. K.

Rechts daneben steht das Wappen der von Bülow, darüber die Buchstaben:

A. V. B.

und unter diesem letztern Wappen:

ANNE. VAN. KOLLEN.

Diese Inschriften sind, wie hier gedruckt, in den lateinischen Capitalen des 16. Jahrhunderts gravirt. Das Becken war demnach Besitz oder Geschenk einer Anna von Bülow, verehelichten von Köllen, deren Gemahl ein E. v. Köllen war. Die von Köllen (de Colonia), eine meklenburgische Familie des Mittelalters, starben im 17. Jahrhundert aus und besaßen als altväterliches Lehn= und Haupt=Gut noch zuletzt Gr. Grabow und Cölln. Sie waren mehrfach mit dem Hause von Bülow verwandt; diese Vermählung ist aber bis jetzt unbekannt. Am wahrscheinlichsten ist dieser C. v. K. der Christoph von Köllen, welcher 1596 starb. Im J. 1624 lebten zu Gr. Grabow zwei Vettern Christoph und Caspar von Köllen, (Gerds und Adams von Köllen Söhne). Einer von diesen wird der in Frage stehende C. v. K. sein.

Nach Rey mag das Becken in Kriegszeiten gekommen sein. Rey war ein altes Gut der von Kalden, deren Name und Wappen aber von denen der von Kollen verschieden ist. Diese Bemerkung zur Abwehr von Vermuthungen auf die von Kalden, welche hier nicht möglich sind. 1 )


1) Ueber die räthselhaften Taufbecken sind in neuern Zeiten wiederholt Untersuchungen angestellt in den Jahresberichten des historischen Vereins im Rezat=Kreise V, 1835, S. 35 und VI, 1836, S. 12, und in (  ...  )
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2) Bei Aufräumung des Karpfenteiches zu Krassow bei Wismar ward im Sommer 1835 gefunden und durch den Herrn Bataillons=Auditeur Grimm zu Wismar dem Vereine geschenkt ein dünne geschlagenes, rundes Becken von Kupfer, wahrscheinlich ein Tauf= oder Weihbecken. Im Innern sind zur Verzierung an der Wand vier schmale Kupferstreifen aufgekittet, auf deren jedem ein ausgepreßtes Bild des heil. Petrus mit den Schlüsseln in der Hand steht. In der Mitte auf dem Boden hat auf einer aufgetriebenen runden Erhöhung ein ähnliches, rundes Blech gesessen, auf welchem, nach dem Berichte der Finder, ein Frauenbild mit einem Kinde auf dem Arme zu selben gewesen ist.


(  ...  ) des Hennebergischen alterthumsforschenden Vereine zu Meiningen Beiträgen, erster Liefer. 1834, ohne daß durch diese wiederholten Versuche das Räthsel gelöst wäre. Fernere Berichte über dieselben (Exemplare zu Hundeshübel und in Besitz der leipziger Gesellschaft) finden sich in den Berichten dieser Gesellsch. von 1829, S. 25 flgdd. und 1830, S. 108, mit neuen, abweichenden Erklärungsversuchen. Auch von Minutoliin den Denkmälern mittelalterl. Baukunst in den brandenburg. Marken Th. I, Liefer. 2, S. 30, sagt: "An merkwürdigen Taufschüsseln, ganz ähnlich den durch Herrn von Hammer berühmt gewordenen, sind die vaterländischen Kirchen reich; von den uns bis jetzt bekannt gewordenen sechszehn befinden sich zwei in der Marienkirche zu Berlin, etc. . - - Nähere Beschreibung und Abbildung werden unten folgen". Auch in Pommern finden sich mehrere Taufbecken dieser Art, vgl. Vierter Jahresber. der pommerschen Gesellsch. S. 72 flgd. (Hier werden die letzten Buchstaben ebenfalls AVE gelesen.)
Sollten sich nicht auch in Meklenburg noch mehrere finden? Diese Frage empfiehlt sich der Aufmerksamkeit vorzüglich der Herren Prediger.