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S. | |||
I. | Die Abtei Alt=Doberan zu Althof und Woizlava, vom Archivar Lisch zu Schwerin | 1 | |
II. | Ueber Bilder meklenburgischer Fürsten in der Kirche zu Doberan, von demselben | 37 | |
III. | Marie oder Marienne von Pommern, Mutter der Fürstin Anastasia von Meklenburg, vom Dr. v. Duve zu Möllen | 41 | |
IV. | Zur Geschichte der Johanniter=Comthurei Mirow, vom Archivar Lisch | ||
A. | Aeltere Geschichte der Comthurei | 51 | |
B. | Ueber das Land Turne | 87 | |
V. | Ueber die niedern Stände auf dem flachen Lande in Meklenburg=Schwerin, vom Pastor Mussäus zu Hansdorf | 107 | |
VI. | Der Bauer im Fürstenthume Ratzeburg, vom Rector Masch zu Schönberg | 141 | |
VII. | Handschriften mittelhochdeutscher Gedichte, vom Archivar Lisch | 154 | |
A. | Das Vater=Unser von Heinrich von Krolewiz aus Meißenland | 156 | |
B. | Die Leidensgeschichte Christi | 166 | |
VIII. | Miscellen und Nachträge | 173 | |
IX. | Briefsammlung | 197 | |
X. | Urkundensammlung | 211 | |
A. | Urkunden der Comthurei Mirow | 213 | |
B. | Vermischte Urkunden | 291 |
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zu Althof
und
Woizlava,
des Obotriten=Königs Pribislav Gemahlin,
von
G. C. F. Lisch.
E ines der ehrwürdigsten historischen Denkmäler Meklenburgs ist ohne Zweifel die Abtei Doberan: vielfach und innig ist ihre Geschichte mit der des Fürstenhauses und des Landes verkettet von den ältesten Zeiten unserer Geschichte bis auf die Säcularisirung der Stiftung und von da herab in neuerer Gestalt bis auf den heutigen Tag. Von hier aus vorzüglich verbreitete sich an dem baltischem Gestade Deutschlands das Licht des Christenthums 1 ) und die Wärme einer mildern Sitte und edlern Bildung, und daher ist es ein schöner Zug in dem Leben unserer Fürsten, daß sie den Ort, wo im Obotritenlande zuerst mit Erfolg die neue Lehre lebendig ward, zu ihrem Freudenorte und ihrer Todtengruft erkoren. Ueber fünf hundert Jahre hindurch ist Doberan Zeuge erquickender und betrübender Ereignisse des Landes gewesen: Veranlassung genug, um dunkle Stellen in der Geschichte dieses Ortes aufzuhellen.
Das Kloster Doberan des meklenburgischen Mittelalters prangte in einer reichgeschmückten Gegend nicht fern vom reizenden Gestade der Ostsee, dort, wo jetzt der liebliche, berühmte
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Badeort steht, neben der schönen und merkwürdigen Kirche. Früher stand es an einem andern Orte, auf dem, eine halbe Stunde von Doberan gelegenen Meierhofe Altenhof. Hier lag in neuern Zeiten ein ehrwürdiges kirchliches Gebäude altdeutschen Styls in Schutt und Staub: es war die erste Kirche der Abtei; darinnen stand noch vor Kurzem ein Backhaus! Unser allerdurchlauchtigster Großherzog Friedrich Franz stellte, in richtiger Würdigung der Landesgeschichte und voll edlen Eifers um die ehrwürdigen Denkmäler des Alterthums, das Gotteshaus nach Jahrhunderten langer Entweihung wieder her, "das Heiligthum, den Ahnherrn und sich selbst ehrend". Bei dieser Gelegenheit wurden durch den Scharfblick unsers Fürsten die meisten derjenigen gebrannten Ziegelsteine mit einer eingegrabenen Inschrift in der Kapelle zu Althof entdeckt, welche die Gunst des erhabenen Protectors unsers Vereins mir zuwandte und welche wir den Mitgliedern des Vereins hier in einer getreuen lithographirten Abbildung mittheilen. Als eines der ältesten Denkmäler unserer Geschichte verdient die Inschrift eine genauere Betrachtung. Wir wagen eine Erklärung derselben, obgleich wir, bei der Vielseitigkeit und Schwierigkeit des Gegenstandes, weit entfernt sind, zu glauben ihn erschöpft zu haben; zu weiterer Forschung mag jedoch unser Versuch anregen.
Nothwendig wird im Anfange der Untersuchung eine Geschichte der neuern Entdeckung der Inschrift, so weit sie sich aus den wenigen hinterlassenen Papieren des Professors Schröter zu Rostock darstellen läßt. Dieser thätige und geistreiche Mann war von des Großherzogs K. H. mit der Entzifferung der Inschrift beauftragt, ward aber leider von einer unheilbaren Krankheit seiner Thätigkeit entrissen, noch ehe er mit seinen Ansichten hierüber ganz im Reinen war. 1 ) Zuerst wurden schon vor dem 11. September 1820, also schon vor der beschlossenen Restaurirung des Gebäudes, drei schwarz glasurte Steine entdeckt: a., c. und f.; diese waren an der äußern Mauer der Kapelle so eingemauert, daß die Schrift auf dem Kopfe stand. Der Stein a. saß Eingangs der Thür links, der Stein c. an dem linken Eckpfeiler Eingangs der Thür und der Stein f. an demselben Eckpfeiler nach der Länge der Kapelle.
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Der Großherzog, welcher hiedurch auf die historische Bedeutsamkeit des Gebäudes noch mehr aufmerksam gemacht ward, theilte die Nachricht dem Professor Schröter mit, welcher die Steine am 11. September 1820 zeichnete. - Ein zerstörendes Naturereigniß beförderte die Erhaltung der Kapelle. Am 9. August 1822 traf ein Blitzstrahl das Gebäude, entzündete das, den Einsturz drohende Dachwerk und beschädigte das Gewölbe. Noch an demselben Tage befahl der Großherzog, welcher zu Doberan Hof hielt:
"die alte Kapelle (jetziges Backhaus) zu Althof wegen ihrer wichtigen Inschrift völlig ins Alterthum wieder herzustellen und dagegen für ein anderes Local zum Backhause zu sorgen."
Am 9. September 1822 schlug Schröter vor, die
zuerst gefundenen Steine herauszunehmen, was
denn auch geschah. Bald wurden die zwei andern
glasurten Steine: b. und e. entdeckt, welche
innerhalb der Kapelle mit der Schrift in die
Wand hineingemauert waren. Bei der Arbeit an der
Kapelle wurden bei sorgfaltiger Säuberung
endlich im Jahre 1823 alle übrigen Steine in den
Mauern innerhalb der Kapelle gefunden; diese
sind nicht glasurt. Sorgfältig von des
Großherzogs K. H. gesammelt und bewahrt, sind
noch alle Steine vorhanden, mit Ausnahme eines
Bruchstücks von dem Steine e., auf welchem nach
einer Handzeichnung Schröters am Ende das F noch
ganz stand, und eines Bruchstücks des Steines
10., welcher am Ende ein
enthielt.
Da der Inhalt der Inschrift zu enge mit ihren eignen und den Schicksalen der Kapelle verbunden ist, so stelle ich, einstweilen ohne historischen Beweis, zum Leitfaden und Zielpunct, das Ergebniß der angestellten Forschungen hier vorauf:
Woizlava, die zweite, von den neuern Geschichtschreibern nicht erwähnte Gemahlin des letzten Obotritenkönigs Pribislav, bekehrte ihren Gemahl zum Christenthum und veranlaßte die Gründung des ersten christlichen Gotteshauses im Obotritenlande zu Althof bei Doberan oder Alt=Doberan.
Schröter meint, daß die Kapelle in dem J. 1637 oder 1638, in welchen Jahren Doberan auf eine empörende Weise von den kaiserlichen und schwedischen Truppen heimgesucht ward, in den unwürdigen Zustand versetzt worden sei, weil Latomus (1610) sie noch die "Kapelle" nenne. Aber wir finden sie schon viel früher in Ruinen liegen. Schon vor dem Jahre 1522 hatte Herzog Heinrich der Friedfertige
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in seiner Vorliebe für das vaterländische Alterthum, 1 ) indem er schon Graburnen 2 ) sammelte, den "wilden Ort im Felde", wo sonst das Kloster Doberan gestanden, aufgesucht, den Schutt des verfallenen Gebäudes selbst "abgeräumt" und eine Inschrift in saubern römischen Unzialen gefunden, welche den Titel des Pribislaus enthielt. Nicolaus Marschalcus Thurius war Begleiter des Fürsten und Zeuge und Mitarbeiter bei dieser Forschung, worüber er folgendes schreibt:
Der Meckelburgischen Chronicken ein kostbarlicher Außzug von Doctore Nicolao Marescalco Thurio, deme Erbarn, Vhesten und Gestrengen, Hern Caspari von Schöneychen, der
. Fürsten, Hern Heinriches und Albrechts Gebrüder, Hertzogen zu Meckelburg
. Cantzler, zugeschrieben [anno 1522].
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Hab ich auß den Chronicken der Fürstenthumb zu Meckelborg durch euwer und des hochberümbten etwan Herrn Brand von Schöneichen euers Vettern, auch Meckelborgischen Canzler Hülf und rath hier und andere ortt befunden, das Herkommen derselbigen Fürsten - -
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zusammenbracht und ein außzug derselbigen Cronicken gemacht. Euch, nicht als wäre das so köstlich von mir geachtet, sonder ein gedächtnus unser freundlichen gemeinschafft in tappfern und etwan in ergötzlichen Handelungen und Geschäfften, so wier viel Jar bey gedachten unsern gnedigen Herrn gehabt, zugeschrieben.
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Pribißlaus - - ist darnach an das reich kommen und gehabt eine Koneginne von Norwegen Voisclauam genannt, welche vff heutigen Tag an einem wilden Ort, da die Zeit das Closter Doberan von ihren Herrn vff gericht, mit viel heiligen Körppern, umb des glaubens willen ertodtet, begraben,
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das dem loblichen Fürsten Hertzogen Heinrichen von Mecklenburg mit einem grabe und Tietell mit alt romischen seuberlichen buchstaben erstlich angezeyget, darzu er selbst abgereumbt und gelesen, das ungeuerlich über vieher hundert Jare anher auffgerichtet.
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Es hat auch der durchleuchtigste Fürst Hertzog Heinrich den Königlichen Tyttel des letzten Königes Pripislai im Feylde in einer Alten Capellen, do desselbigen gemahel ein geborne Königin von Norwegen begraben, wie hievor angezeiget. selbst lateinisch gefunden und so ungeuerlich ich Nicolaus Marschalk dar bey seinen Fürstlicher gnaden was, so ward er fleisig abgeschriben, also lautend: Pribislaus dei gratia Herulorum, Vagiorum, Circipenorum, Polaborum, Obetritarum, Kissinorumque Rex; Und alß sein fürstlich gnade den in deutze Zunge zu brengen begeret, so hab ich den in Massen, wie ich warlich aus der Fürstenthumb alten Cronicken bericht und gelernet, transferiret,.
Genauer beschreibt dieser Gelehrte und Rath des Fürsten die Inschrift in seinen Annal. Herul:
Pribislaus ergo Voisclavam, Noricorum oceani regis filiam, conjugem duxit, a qua fidei devota, christianismi legibus eruditus. - - -
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(Niclotus) - - Doberani - - tumulatus, in curia illa antiqua, ubi et Voisclava, regina, Pribislai regis Herulorum ultimi conjunx, in sacello, id quod saxum ibi litteris insculptum Romanis indicat. Adjiciendus vero coronidis loco titulus regis; nam et illum in sacello eo, monstrante aedituo invenimus, qui Pribislaus dei gratia Herulorum, Vagriorum, Circipoenorum, Polaborum, Obetritarum, Cissinorum Vandalorumque rex.
N. Mareschalci Ann. Her. II, Cap. 40 in Westph Mon. I, p. 247, 250 et 251.
Hiernach waren in der Kapelle (in sacello) zwei Inschriften: eine Grabschrift auf die Fürstin Woizlava
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und im Mauerkranze (coronidis loco) eine Inschrift mit dem Titel des Pribislav. 1 )
In keinem Inventarium, in keinem Visitationsprotocolle des 16. Jahrhunderts, so viel Actenstücke dieser Art auch durchsucht sind, wird der Kapelle gedacht: ein sicherer Beweis dafür, daß sie damals zu keinem kirchlichen Zwecke und im Anfange des 16. Jahrhunderts zu gar keinem Zwecke benutzt ward, weil sie sonst wohl erwähnt wäre. Wahrscheinlich ward mit der Säcularisirung des Klosters, als die geistlichen Gebäude in fürstliche Wohnungen und Hofe umgewandelt wurden, das Backhaus in die Kapelle gebauet; denn in dem Inventarium von 1610 bei Gelegenheit der Landestheilung (fol. 240, b.) heißt es von Althof:
"Die alte Kirche, so gemaurett vnd gewelbett, itzo das Backhaus."
Damals sah Latomus noch eine Inschrift in gebrannten Steinen; er redet darüber also:
ad ann. 1179.
Des folgenden Jahrs (etliche fetzen das vorige) ist der Herr von Mecklenburg Pribislaus am ersten Octobris zu Lüneburg im Turnierspiel durch einen schweren fall aus dem sattel umb sein Leben kommen, und daselbst sein leib auff den Kalckberg zwar begraben, aber nach 35 Jahren ins Kloster Dobran geführet und sol daselbst, wie Reimarus Coch im Lübschen Chronico schreibet, in der Kirchen ins norden unter einen herrlichen mit messing begossenen Grabstein bei seiner Gemahlin Witzlava in gegenwart Wertislai und Jarimari Fürsten aus Pommern und Rügen herlich zur Erden bestetigt worden sein, mit diesen eingehowenen Worten und titui: Pribislaus Dei gratia Herulorum, Wagirorum, Circipenorum, Polaborum, Obetritarum, Kissinorum, Wandalorum Rex. Ob nun wol dieser stein nicht alda wird gefunden, so henget dennoch am pfeil ein bret, darauff des Pribislai Epitaphium geschrieben stehet mit diesen Worten: Epitaphium Pribislai primi, fundatoris hujus Monasterii qui fuit filius Nicloti Wagriorum, Circipanorum, Polaborum, Obetritarum, Kissinorum, Wandalorumque Regis Illustrissimi. - - - - - -
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Dieser Königliche Titul beide Nicioti des Vaters und Pribislav des Sohns ist nicht allein etliche 100 jahr in der finsterlucht daselbst im Kloster gelesen, sondern auch ohngefähr - vor 100 Jahren von Hertzog Heinrichen dem friedmacher in der Capellen zum alten Hofe nahe bey Dobran belegen, gefunden worden, wie solches nicht allein D. Marscalcus, so eben bei J. F. G. gewesen, verzeichnet, sondern ich auch selbst ein theil des tituls auff 12 gebrannten steinen gesehen habe.
(Latomi Genealochron. Megap. in Westph. Mon. IV, p. 194, flgd.)
Ihm folgt Chemnitz in seinem Chroniken I., S. 422, jedoch ohne selbst etwas gesehen zu haben.
Die letzten Zeugnisse sind: ein Inventarium zu einem Pacht=Contracte über Althof vom 30. Junii 1712, in welchem es heißt:
"Das Backhaus, sonsten Kirche genand, Ist gantz umbher gemauret und inwendig mit einem Gewölbe geschlossen. Die steinernen Pfeiler seynd theilß gantz weggebröckelt. Hierin ist ein fertiger Backofen. Im Eingange des Backhauses eine kleine Kammer;"
und das Inventarium zu einem Pacht=Contracte von 1726, welches ungefähr wie die frühern lautet und auch noch die Bemerkung enthält, es seien
"die steinernen Pfeiler zum Theil gantz weggebröckelt".
Diese Pfeiler sind die Stützpfeiler an der äußern Kirchenmauer; diese sind auch erst in neuerer Zeit bei der Restauration der Kirche neu aufgeführt.
Mögen auch die kaiserlichen und schwedischen Truppen in den Jahren 1637 und 1638 und schon früher, 1632, schottische unbewaffnete Hülfsvölker ohne Commando die Verwüstung vollendet haben, indem namentlich die letztern nicht einmal die Gebäude in den Aemtern Bukow und Doberan verschonten, sondern auf den fürstlichen Meierhöfen alle Thüren und Fenster zerschlugen und endlich die Gebäude in Brand steckten, so ist doch gewiß, daß schon während des geistlichen Besitzes, also schon vor der Säcularisirung des Klosters, die Kapelle wüst lag. Und dieser Umstand scheint dafür zu reden, daß das Gotteshaus, da es von der Geistlichkeit unbeachtet und in Schutt lag, schon in ältern Zeiten verlassen worden sei, da der Abt es wohl unterhalten haben würde, wenn es im Anfange des 16ten Jahrh. noch irgend einem bekannten geistlichen Zwecke gedient
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hätte. Wir haben die Verwüstung der Kapelle also in frühern Zeiten zu suchen. Wahrscheinlich litt Althof schon während der Rostocker Fehden im Anfange des 14ten Jahrh., da dem Kloster Doberan in dieser Zeit von mehrern Seiten her Kriegsschäden vergütet werden; bei diesen Vergütungen wird denn auch, nach den bisher bekannten und aufgefundenen Nachrichten, des Alten Hofes unter diesem Namen zuerst, und im Mittelalter urkundlich zuletzt gedacht. In dem großen Verzeichnisse der Kriegsschäden vom J. 1312, welche die Rostocker dem Kloster verursacht hatten, heißt es:
Anno dommi M°CCC°XII° consules simul et vniuersitas ciuitatis Rostock atque eorum complices. Dampna subscripta ecclesie Doberanensi in grangiis suis incendio atque indepredatione rerum multiformiter, inprimis: - - Item magistro antique curie abstulerunt II equos.
Also schon damals ward der Hof nach dem System des Cistercienser=Ordens, abgesondert von einem Klosterbruder, einem Magister verwaltet, wie die übrigen Klosterhöfe; auch 1334 kommt ein Gerhardus magister in antiqua curia vor. Härter, als die Rostocker, muß der Fürst Heinrich der Löwe selbst mit den Höfen des Klosters verfahren haben, indem er verschiedene Male dasselbe durch Bestätigungen und Verleihungen für das von ihm zugefügte Unrecht entschädigt, und zwar zuerst im Allgemeinen im J. 1315
"in recompensam omnis dampni, quod a nobis ecclesia Dobberanensis sustinuit,"
(vgl. auch Lünig's Reichs=Archiv P. spec. Cont. IV., P. II, Forts., S. 683 und Rudloff II. S. 212) und dann besonders im J. 1319
"pro dampnis, que intulimus Abbati et conuentui in antiqua curia Doberan".
Es muß in der Zeit den Klöstern in dieser Gegend übel mitgespielt sein, indem auch das Kloster Sonnenkamp (Neukloster) die bittersten Klagen führt, indem es sich im J. 1328 also vernehmen laßt:
"Nouerit igitur tam presencium etas, quam futurorum posteritas, quod propter aduersitates plures, retroactis temporibus nobis obuias, videlicet vnius anni nostre pachte ablacionem, grangiarum nostrarum violencia euacuacionem, cara tempora, gwerram in terra ac alios infortuitos casus, scilicet incendium, spoliacionem, sicut liquet,
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ad tantam deuenimus inopiam, quod nisi mutuo et concessione transissemus, intus et extra, in grangiis nostris deductio penitus defecisset expensarum."
Dies ist dasjenige, was sich urkundlich und aus der sichern historischen Zeit über die Zerstörung der Kapelle und die Schicksale der Inschrift sagen läßt. Wichtiger noch ist für unsern Zweck die Erbauung der Kapelle und die Gründung des ältesten Klosters Doberan; innig damit verbunden ist die Familiengeschichte des Fürsten Pribislav. Bei der Dunkelheit, welche noch über diese Gegenstände herrscht, und bei der Mangelhaftigkeit der Geschichtsbücher über diese Zeit, wird es am gerathensten sein, rein chronologisch in Chronikform bei der Darstellung zu verfahren. Leider besitzen wir nur sehr wenig Urkunden über die älteste Geschichte von Doberan; dennoch haben wir einen treuen Führer in der Dunkelheit, unsern wackern Kirchberg, der seine für uns unschätzbare Chronik aus dem J. 1378, so viel Doberan betrifft, sicher, wie er sich selbst ausdrückt, von Büchern zu Büchern gehend, aus den besten Quellen schöpfte: aus des Klosters alten Urkunden, Chroniken, Kalendarien und Nekrologien, welche jetzt leider verschwunden, früher aber bei dem Glanz und Reichthum der Abtei und ihrem Verkehr mit dem Fürstenhause sicher reichlich vorhanden gewesen sind, wobei er, nach seiner Einleitung, fleißiges Forschen nach mündlichen Nachrichten nicht verschmähete. Daher läßt es sich auch erklären, daß Kirchberg mit so großer Vorliebe und Ausführlichkeit bei Doberan verweilt. Es ist daher kein Grund vorhanden, weshalb man in die Nachrichten Kirchbergs Zweifel setzen sollte, sobald ihm nicht Urkunden offenbar widersprechen, und wir müssen ihm mehr Glauben schenken, als Männern, welche dem Vaterlande fern standen. Auf spätere Chronisten, wie Marschalk, Mylius, Latomus, u. A., braucht man keine Rücksicht zu nehmen, sobald man auf die ersten Quellen zurückgehen kann und jene aus Kirchberg und vorhandenen Urkunden schöpften.
Nach gänzlicher Vollendung gegenwärtiger Arbeit in der Handschrift, ist dem Verf. im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin ein Diplomatarium des Klosters Doberan nach langer Verborgenheit (im August 1836) zu Händen gekommen. Dieses Diplomatarium scheint sicher in der Mitte des 13ten Jahrhunderts angelegt und immer gleichzeitig mit der Ausstellung neuer Urkunden fortgeführt zu sein. Vor diesem Diplomatarium befindet sich auf vier Blättern eine
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Genealogia principum et dominorum, qui post Pribizlavum in Slavia dominium tenuerunt,
fernerhin von uns Doberaner Genealogie genannt. Die ersten drei Blätter sind von einer Hand aus der Mitte des 14ten Jahrh. geschrieben; dieselbe führt die letzte Nachricht aus dem Jahre 1363 auf und fügt noch eine Urkunde vom J. 1365 ein; das letzte Blatt, die Zeiten des Königs Albrecht von Schweden umfassend, ist von einer andern Hand aus dem Ende des 14ten Jahrh. beschrieben. Der Haupttheil dieser Genealogie, von welcher zu anderer Zeit weitere Nachricht folgen wird, ist also als Quelle älter, als Kirchberg. Die Nachrichten aus dieser Genealogie, welche die gegenwärtigen Forschungen bestätigen, sind in dieser Abhandlung noch nachgetragen. Hiebei ist aber zu bemerken, daß jetzt wohl keine Nachrichten weiter entdeckt werden dürften, da von Pribislav keine Urkunden vorhanden waren. Nach einer Randbemerkung mit rother Dinte in dem Diplomatarium, welche offenbar in der ersten Hälfte des 13ten Jahrhunderts geschrieben ist, hatte das Kloster kein älteres Privilegium, als das vom J. 1192:
"Nullum privilegium reliquid nobis fundator noster Pribizlavs, sed commisit vtile propositum suum ante mortem suam filio suo Henrico Borwen et est primum priuilegium istius ecclesie, quod inuenies in tercio folio" (de anno 1192).
1164 vermählte sich Pribislav mit Woizlava, eines Königs von Norwegen Tochter; dieselbe bekehrte in demselben Jahre ihren Gemahl und dessen Bruders Sohn zum Christenthum.
[D]a man schreib nach godes geburd
eylf hundirt und vier und seszig vurd:
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nach den cziden quam es sus,
daz konig Prybislauus
wolde elichir dinge phlegin.
Der konig von Norwegin
gab ym syne tochter da,
dy waz geheiszin Woyslaua,
dy waz eyne gude cristen.
Mit allen yren listen
dy frowe dar nach dachte,
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wy sy tzum glouben brachte
iren herren Prpbisla;
daz quam von godes genaden da,
daz do Pribizlauus
und syns bruder son alsus,
der waz Nycolaus genant,
dy beyde quamen unvirwant
zu des gloubin warheit
und cristenlichir wirdigheit.
Kirchberg CI. (bei Westph. p. 741.)
Abgesehen davon, daß nach Chemnitz Erzählung aus frühern Chronisten Pribislav drei Mal vermählt gewesen sein soll: zuerst mit Pernille, des Herzogs Canut von Schleswig Tochter, dann mit der Woizlava, und endlich mit Mechthild, des Fürsten Boleslaus von Polen Tochter: abgesehen hieven, da die Erforschung dieser Verhältnisse außer unserm Zweck liegt, so ist doch kein Grund vorhanden, warum man an der ausführlichen Erzählung Kirchbergs zweifeln sollte, um so mehr, da auch andere Chronisten vor der Säcularisirung des Klosters Doberan mit ihm darin übereinstimmen, daß Woizlava Gemahlin des Pribislav und eine Königstochter von Norwegen gewesen sei. So steht z. B. in einer, in gemalten Bildern der meklenburgischen Fürsten und ihrer Gemahlinnen dargestellten Genealogie, welche im J. 1526 vollendet ist, unter den Bildern des Fürsten Pribislav und seiner Gemahlin: Pribisslaus Nicloti Konigs Szonn, und: Woisclaua sein gemahel eine konigin von Norwegenn geborn. - Unsere ältern Historiker, z. B. Schröder, welcher in den Wism. Erstl. S. 310 folg. die älteste Geschichte von Doberan äußerst richtig beurtheilt und darstellt, und Franck, führen diese Ereignisse als historische auf, während sie von den Neuern übersehen werden, z. B. von Rudloff in der von ihm angelegten Genealogie im Staatskalender, wo der Name der Gemahlin Pribislavs mit N. N. bezeichnet ist, wie Rudloff ihn auch in seiner Geschichte ignorirt, ferner von v. Lützow, welcher I, S. 227 auch darstellt, daß Pribislav vor dem J. 1168 zum Christenthum übergetreten sein müsse. - Im Anfange des Jahres 1164 konnte bei dem glücklichen Stande der Dinge für Pribislav (vgl. Rudloff I, 131 folgd.) die Vermählung sehr gut geschehen, um so mehr da Pribislav gleich darauf bei den christlichen Fürsten von Pommern Aufnahme fand, wenn überhaupt religiöse Beweggründe wahre Veranlassung der damaligen politischen Begebenheiten gewesen sind; wahrscheinlich waren sie es nicht. Und für unsere Ge=
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schichte ist es von hohem Interesse, daß Häuslichkeit und Liebe der Friedensreligion bei unserm Fürstenhause Eingang verschafften. Schwieriger ist die Abstammung der Fürstin Woizlava zu erklären. Eine Tochter eines Königs von Norwegen soll sie gewesen sein, und doch trägt sie offenbar einen slavischen Namen. Nach einer gütigen Erklärung des Herrn Wenceslaw Hanka, Bibliothekars am böhmischen National=Museum zu Prag, eines competenten Richters, löset sich die Streitfrage aber sehr leicht; derselbe sagt nämlich in Beziehung auf eine Anfrage, ob Woizlava vielleicht eine Uebersetzung des ursprünglichen Namens der Fürstin sein könne: "Die Königstochter von Norwegen konnte immer den Namen Woislava angenommen haben, ohne ihren ursprünglichen zu übersetzen, denn es war bei den Slaven Sitte, wie wir es bis jetzt bei den russischen Großfürstinnen und Kaiserinnen sahen, und selbst die männliche Jugend bekam in ältesten Zeiten die Namen erst bei dem Tonsurfeste im 10. oder 12. Jahre, und zwar nach der natürlichen Eigenschaft meistens. Woizlava 1 ) heißt: Kriegsruhm oder Heeresruhm, und Pribizlav: der zunehmende Ruhm." - Durch diese Aufklärung werden künftige
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Forschungen über die Abstammung der Fürstin nicht wenig erleichtert.
1164 (am 29. April) zerstörten die Obotritenfürsten Pribislaus und Nicolaus das Heidenthum zu Alt=Doberan 1 ) und dessen Heiligthümer daselbst.
Do man schreib der iare czal
nach godes geburt recht ubir al
eylfhundirt vier vnd seszig bas
yn des meyen dritten kalendas
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der erbar konig pribisla
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durch god greif her es manlich an,
es waz zu Alden Dobran,
dy abtgode warf her hesziich nider,
vnd virhrante sy do sider.
Kirchberg CII. (bei Westph. IV., pag. 742)
Dies geschah zu derselben Zeit, als Pribislav getauft ward, am 29. April 1164. Die Doberaner Genealogie sagt hierüber:
Sciendum quod anno domini MCLXIIII, tercio kal. May, dominus Pribizlawus, Magnopolitanorum et Kissinorum ac tocius Slauie regulus atque nobilis princeps, sacrum baptisma suscepit et ad fidem Christi perfecte conuersus est.
1164 ließ Pribislaus den Anfang zu Erbauung eines Gotteshauses zu Alt=Doberan machen, zu Ehren Gottes, der Jungfrau Maria und des heil. Nicolaus.
In des almechtigen godes here
vnd ouch yn synre mutir ere,
dy an ende ewig vmmer ya
ist genant maria,
vnd ovch yn syne ere so
dem byschofe nycolao
her liez da syne kunster
buwin eyn godes munster.
Kirchberg CII. (bei Westph. IV., pag. 742.)
(Unmittelbare Fortsetzung der zuletzt citirten Stelle.)
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1170 ward das Kloster zu Alt=Doberan gestiftet, zu welchem die Mönche von Amelungsborn kamen; der erste Abt Conrad ward ordinirt und Pribislav dotirte das Kloster.
Dirre erwirdige bischof so
von Mekilnborg her Berno
quam zu huden vnd zu wartin
des gelouben nuwen wyngartin,
den da hatte geplantzit sus
der konig pribislauus.
Her half ym sundir schrantzin
huwin dy ersten plantzin,
dy quamen von Amelungesburn dar,
dar von. wush yn eyn selige schar
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Dy plantzin wushin sunder wan
da zu Alden-Doberan.
Da wart eyn gantz conuente
mit geistlichir presente
in sante marien here
vnd Benedictus ere;
do wart des clostirs appid drad
von Amelungesborn her Cunrad,
der wart geeyschit und getzired
vnd dar zu geordiniret;
her waz der erste appid da
zu Doberan des clostirs ja.
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Der gude konig Pribisla
gab und half dem clostir da,
mit manchir gäbe riche
ted her ym gutliche
und richede ez zu der stunde,
so her beste kunde.
Alsus daz clostir erst ankleib;
daz waz do man dy jarczal schreib
sybenczig und eilfhundirt nach godes geburt gesundirt.
Kirchberg CII. (bei Westph. IV, p. 743.)
Hiemit stimmen auch andere glaubwürdige Nachrichten überein, namentlich: Erici regis hist. gent. Danor. ad a. 1170 in Lindenbrog script. rer. germ. sept. p. 270:
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Anno domini MCLXX. - - Connentus mittitur in Dobrun, kalend. Martii;
fernner Chronik des Lübecker Franziskaner Lesemeisters Detmar, herausgegeben von Grautoff, S. 55,
1170. - - Do quam oc to Doberan dat convent der grawen moneke.
In dasselbe Jahr setzen die Stiftung des Klosters auch: Leuckfeld in seiner Chronologia abbatum Amelunxhornensium, S. 32, und der Disenbergische Abt Gaspar Jongelinus (1644), bei Leuckfeld S. 48; für beide spricht die Wahrscheinlichkeit, daß sie aus Quellen schöpften, jener aus denen des Klosters Amelungsborn, aus welchem das Kloster Doberan hervorging, dieser aus denen des Cistercienser Ordens, zu welchem der Doberaner Convent sich bekannte. Man vgl. auch Schröders Wism. Erstl., S. 309, und v. Lützow's meklenburg. Gesch. I., S. 299. - Andere, weniger glaubwürdige Nachrichten, welche auch bei Schröder und v. Lützow a. a. O. angeführt sind, nehmen das Jahr 1169 als Stiftungsjahr an; dieser Angabe fehlt jedoch jegliche Zuverlässigkeit; möglich ist es indessen, und auch wahrscheinlich, daß der Entschluß zur Gründung des Klosters schon im J. 1169 ausgesprochen ward, die feierliche Installirung des Convents und des Abtes erst im J. 1170 geschah. Uebrigens war dies in demselben Jahre (1170), als, nach Helmold II, c. 14, §. 5., Pribislav die Städte aufbauete und bevölkerte, indem er einsah, daß es nichts helfe, gegen den Stachel zu lecken.
Mit den Zeugnissen über die, im J. 1170 geschehene Stiftung des Klosters Doberan stimmt auch die Dober. Geneal. überein, wenn sie sagt vom
(Pribizlaus), qui ex instinctu et per exhortacionem venerabilis et sanctissimi in Christo patris domini Bernonis episcopi - - claustrum Doberan fundauit et - - conuentum, euocatum de grege dominico in Amelungesborne fratrum ordinis Cysterciensis sub domino Euerhelmo ibidem abbate existente, in possessionem corporalem cum domino Conrado primo abbate anno domini MCLXX introduxit et introductum strennuo defensauit.
Nach diesen einfachen Nachrichten lösen sich nun alle Zweifel in Klarheit auf, sobald man nur Kirche und Kloster von einander scheidet: die Kirche oder Kapelle zu Althof ward im J. 1164, das Kloster daselbst im J. 1170 gestiftet. - Von der Stiftung des Klosters ist ferner die Erbauung desselben zu scheiden:
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1171 begann der Bau des Klosters zu Alt=Doberan,
nach den alten Versen, welche Latomus noch im Kreuzgange des Klosters las:
Annus millenus centenus septuagenus
Et primus colitur, cum Dobran struitur.
1171 und 1172 war Pribislav mit Heinrich dem Löwen auf der Wallfahrt zum heiligen Grabe.
Du man nach godes geburt schreib gar
eylfhundirt eyn und sybenczig jar,
- - - - - - - - - - - - - - -
der herzoge Hinrich Leo
lebte in sulchin frede so,
her gedachte yn gantzin synnen
dinst gode tun zu mynnen,
her dacht um syner sunde urhab
zu iherusalem suchin godes grab.
- - - - - - - - - - - - - - -
Dem herczogen vulgiten dy da:
der Wende konig Prybisla, etc.
Kirchberg CXI. (bei Westph. p. 756.)
Die Wallfahrer kehrten in demselben Jahre 1172 wieder heim, nach Alberti Stad. Chron. am Ende des Jahres
MCCLXXII Heinricus dux per Graeciam iuit Hierosolymam, rediens ipso anno.
Mit diesen Angaben stimmt auch die Dober. Genealogie überein:
Sequenti igitur anno domini LXXI illustris princeps dominus Hinricus dux Saxonie et Bawarie, qui rebellem sibi predictum dominum Pribizlavum multis bellis precipuis perdomuit et subiugauit, dispositis in Slavia episopatibus, - - statuit sanctum domini visitare scpulcrum fecitque socios itineris sui - - sepedictum eciam Pribizlauum regulum sive principem Slauorum, Guncelinum comitem de Zwerin - - et alios multos tam nobiles, quam ministeriales, ut habetur in cronicis Saxonum et Slauorum.
1172 starb Woizlava und ward zu Alt=Doberan begraben.
So sy 1 ) zu lande quamen da
dy konygin Woyslaua
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erbar vnd wol vtrsunnen
dy wile hatte gewunnen
einen son czweynamig 1 ) vnvirwant,
Hinrich Burwy waz der genant;
dy wyle daz Pribislaus
uf sinre verte waz alsus,
also sy dy gebord gebar.
Nicht lange czid dar nach virwar
sy wart mit suchede vnd mit swere
beuallin vnd mit krangheit sere,
daz sy dar von den tod entphing.
Ir bygraft snel dar nach irging
gar wirdiglichen sundir wan;
man grub sy zu Alden Doberan.
Kirchberg CXI. (bei Wesstph., p. 757.)
Nach dieser Darstellung Kirchbergs wäre Heinrich Borwin I. erst im J. 1172 geboren, während er nach Rudloff I., S. 145 sich schon im J. 1166 vermählte. Die Geschichte Borwins bedarf zwar noch durchaus einer kritischen Bearbeitung; aber hier ist bei Kirchberg wahrscheinlich ein Versehen vorgefallen, um so mehr, da er keine Jahreszahl angiebt. Nach Arnold von Lübeck, zu Helmold III., c. 4, §. 8. und 10., ward Borwin schon im J. 1183 gefangen und stellte seinen Sohn als Geißel. Jedoch hat dieses Verhältniß seinen Einfluß auf unsere Untersuchung und die Nachricht Kirchbergs läßt sich augenblicklich nach den übrigen Nachrichten nicht vertheidigen, verdient, als einheimische Quelle, jedoch Beachtung. 2 )
1177 (kal. Febr.) verlieh Bischof Berno 3 ) von Schwerin dem Kloster Doberan die Zehnten aus mehreren Dörfern.
Man vgl. die Verleihungsurkunde in Westphalen Mon. III., Praef. p. 142. Nach dieser Urkunde bestanden Kloster und Convent unter einem Abt. Der erste Abt kommt schon bei der
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Gründung des Klosters Dargun 1173 in einer nicht datirten Urkunde des Bischofs Berno vor, als Zeuge: Conradus abbas de Dodiran, derselbe, welcher 1170 nach den Chroniken den Convent nach Doberan führte.
1178 starb der Fürst Pribislav nach einem unglücklichen Sturze auf einem Turnier zu Lüneburg und ward dort begraben.
Um die selbin czid alsus
der strenge Pribizlauus
wolde suchin kurtzewyle;
her richte sich mit gantzir yle
geyn Luneborg zu synen frunden
und zu syns eben aldirs kunden
- - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -
do sturtzede her und viel sich tod;
vil manchir clagete syne nod.
Mit groszin ungehabin
wart her alda begrabin.
Kirchberg CXIV. (bei Westph., p. 759.)
Eben so, auch in der Jahresbezeichnung unbestimmt, redet die Dober. Geneal.:
Peracto itaque peregrinacionis itinere et voto, cum sepefatus dominus Pribislaws ad terram suam redisset, non longe post Luneborgh proficiscitur, ubi tunc principes curiam sollempne habuerunt, ibique in torneamento lesus heu obiit et ibidem in castro apud Benedictinos sepelitur.
1179 ward das Kloster Alt=Doberan von den Wenden zerstört.
Recht als es sich gefugete sus,
daz tot waz Pribislauus,
den geloubin legeten czitlich sidder
der wentfulg eyn teyl darnidder;
- - - - - - - - - - - - - - - - -
da wurden von den phlagin
Marien rittir irslagin
alle gar uf eynen tag.
daz waz do man schriebens phlag
in dem vierden Idus Nouembris
und nach godes geburt gewis
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nuyn und sybenczig und eylfhundirt
- - - - - - - - - - - - - - - -
ir blieben acht und sybenczig tod
von der grozin martir nod,
dy mit mychelme schalle
geyn hymele vuren alle.
Vurbaz sys ane viengen,
daz clostir sy durch giengen,
waz gudes do dar ynne waz
daz nam enweg der wende haz;
sie wusteden mit roublichir hant
der brudere wonunge unvirwant.
- - - - - - - - - - - - - - - -
daz waz des selbin jaris gewis
in dem dritten Idus Decembris,
daz daz clostir wart virstoret.
Kirchberg CXV. (bei Westph., p. 760 flgd.)
Nach Rudloff und seinen Nachfolgern soll Pribislav im J. 1181 gestorben sein. Als Quellen dieser Angabe führt Rudloff I., 145 die eben angeführten Stellen aus Kirchberg und Arnold von Lübeck II., cap. 33. an. Kirchberg aber nennt ganz klar, wenigstens für die Zerstörung des Klosters nach dem Tode Pribislavs, das Jahr 1179, und Arnod von Lübeck sagt nur, daß Heinrich der Löwe zu Weihnacht 1181 in Lüneburg ein Fest gegeben habe; daß dies dasselbe sei, an welchem Pribislav stürzte, ist nicht angegeben. - Die meklenburgischen Chronisten des 16. und 17. Jahrhunderts, wie Marschalk, Mylius, Lindeberg und Chemnitz, und die Historiker des vorigen Jahrhunderts, wie Franck und Schröder, nehmen alle das Jahr 1178 als das Sterbejahr des Pribislav an. Und alles spricht für diese Annahme. Ueber den Sterbetag des Fürsten haben wir genauere Nachrichten. Pribislav starb zu Lüneburg, ward in der Michaelis =Klosterkirche auf dem Kalkberge beigesetzt und war Wohlthäter dieser Stiftung. In dem gleichzeitigen Necrologium monasterii St. Michaelis Lüneburg., herausgegeben von Wedekind, S. 98, ist der Sterbetag Pribislavs auf III kal. Januarii, d. i. den 30. December 1 ) angezeichnet. Es heißt hier nämlich mit der gleichzeitigen Schrift:
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III kal. Jan. O. Prebeszlauus fr. nr.
IIII or solides de salina. de prebenda.
und mit der Schrift des 13. Jahrhunderts:
III kal. Jan.
O. Prebiszlaus
fr. nr. princeps Slauorum, qui primus procerum Slauie factus est Christianus. pro quo filius Borewinus dedit sancto Michaeli in Slauia uillam Szizzimouwe, que nunc dicitur mons S. Michaelis.
Hiemit stimmt das Doberaner Nekrologium des Kreuzgangsfensters, Jahrbücher I., S. 136, überein, indem dieses ebenfalls den Sterbetag Pribislavs auf denselben Tag setzt, auf:
statt des Sterbejahres hat dieses Denkmal wahrscheinlich das Jahr der Versetzung der fürstlichen Leiche von Lüneburg nach Doberan (1215).
Die Zerstörung des Klosters Doberan setzt Kirchberg mit ausführlicher Beschreibung in das Jahr 1179, auf den 10. November und 11. December, unmittelbar nach dem Tode Pribislavs. Da es im Mittelalter herrschende Sitte war, das Jahr mit Weihnacht anzufangen, so starb Pribislav am 30 December, und zwar nach mittelalterlicher Rechnung im Jahre 1179, d. i. nach jetziger Rechnung im J. 1178. 1 ) Das Todesjahr Pribislavs giebt die Dober. Genealogie nicht an, wohl aber das Jahr der Verwüstung des Klosters:
Porro predicto domino Pribizlao cum patribus dormiente et venerabili patre et episcopo Bernone pre senio deficiente, reliquie Amorreorum 2 ) ydolatre sancte religionis et fidei inimici gregem dominicum et vineam domini sabaoth noviter plantatam armata manu inuadentes peremerunt in veteri Doberan vna die 3 ), scilicet quarto idus Nouembris anno domini MCLXXIX, occisorum animas circiter LXXVIII 3 )
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totamque substantiam monasterii nichilominus depredantes.
Wichtiger als diese Combinaton ist der Umstand, den Chemnitz im Leben Borwins aus einer "Brieflichen Urkunde" mittheilt, daß nämlich H. Borwin I. im J. 1179 die Hälfte des Schlosses Marlow mit neun Dörfern einem Henricus de Bützow übergeben habe, um diese Gegend zu cultiviren. Aus diesem Act läßt sich schon eher schließen, daß Borwin in diesem Jahre die Regierung angetreten habe und Pribislav abgetreten sei. - Daß das älteste Kloster Doberan wirklich von den Wenden verwüstet sei, sagt Borwin selbst, indem er in einer Urkunde von 1192(Westphalen Mon. III., p. 1469) sagt, sein Vater habe das angefangene Werk nicht vollenden können" "per insultum slauorum et per alia multa impediluenta".
1186 stellt Heinrich Borwin das Kloster wieder her.
Do man nach godes geburt schreib gar
eylfhundirt ses und achzig jar
in dem achten Kalendas Junii,
der Croniken schritt lyd mir des bi,
als Alexander babist waz,
und euch daz romische rich besaz
von Swobin Keysir Frederich,
der fürst Hinrich Burwy
mit godes helfe falsches fry
- - - - - - - - - - - - - - - - -
- - - - - - - - - - - - - - - - -
mit truwen des erbeydte sich,
daz her wider uf richte,
daz êr syn vater stichte,
zu Doberan daz convente
nach syner alden rente
undir dem apte sundir haz,
der zu Amelungisbornen waz
dy czid, der hiez appid Johan.
Sus wart irnuwet Doberan
und wart mit groszir andacht
daz conuent zu besitzunge bracht.
Kirchberg CXVI. (bei Westph., u. 761.)
Wann die frühesten Klostergebäude an dem neuen Orte aufgeführt sind, läßt sich nicht erweisen; im J. 1189 scheint jedoch noch kein Gebäude des neuen Klosters aufgeführt gewe=
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sen zu sein, da in einer Bulle des Papstes Clemens von d. J. wohl des Ortes Doberan, aber nicht des Klosters Doberan, dagegen des Klosters Dargun erwähnt wird.
1190 stellt Nicolaus von Rostock zwei Schenkungsbriefe an das Kloster Doberan aus, aus denen die Wiederherstellung des Convents sicher hervorgeht.
Vgl. Westph. Mon. III., p. 1467. Diese beide Urkunden sind die ältesten Urkunden des Klosters Doberan und noch dadurch merkwürdig, daß das anhangende Siegel des Nicolaus ein Reitersiegel ist, wohl des einzigen meklenburgischen Fürsten, der sich eines solchen Siegels bedient hat.
1192 bestätige Borwin I. das Eigenthum des Klosters und verleiht demselben neue Rechte.
Vgl. die Urkunde bei Westph. Mon. III., p. 1469. Diese Urkunde ist nach den vorhandenen Papieren des Klosters und nach dem Bekenntniß des Klosters in dem Diplomatarium das älteste Privilegium der Stiftung, da von Pribislav schon im 13ten Jahrh. keine Urkunden vorhanden waren. - Die Doberaner Genealogie sagt:
Hinricus Burwy nobilis princeps, supradicti domini Pribizlaui filius et heres vnicus, opus, quod pater suus pie inceperat, et inimicus fidei, scilicet gens pagana deuastauerat, plenius per omnia perfectissime restaurauit. Hic enim adiutorio - domini Bernonis - conuentum secundario de Amelungesborn sub domino Johanne ibidem abbate existente in possessionem claustri bene restauratam aduocando introduxit et primum priuilegium super fundacionem abbacie Doberanensis liberaliter donauit.
1193 confirmirte Bischof Brunward dem neuen Kloster Doberan (dem nuwen clostere Doberan) seine Rechte.
Vgl. Kirchberg p. 762.
1218 bestätigte Borwin I. wiederholt die Rechte und Besitzungen des Klosters.
Vgl. Westph. Mon. III., p. 1474.
Seit dieser Zeit, und schon seit dem Jahre 1215, werden beständig Kloster und Convent genannt. 1 ) Auch müssen um
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diese Zeit Kirchen= und Klostergebäude, wenn auch nur interimistisch, vollständig eingerichtet gewesen sein, da der Konvent die Leiche Pribislavs von Lüneburg holte und sie zu Doberan im neuen Kloster beisetzte. Nach den bisherigen historischen Forschungen wird das Jahr 1215 1 ) für diese Handlung allgemein festgesetzt; diese Zeitbestimmung ist wohl aus Kirchberg geschöpft, welcher sagt:
Der des closters stichter was, -
dy brudere holeten yn sundir haz,
mit michelen betrubin
zu Doberan sy yn begrubin.
Alsus was mit arbeyd
daz conuent lange nach ym bereyd.
Syn erben hulfen sunder raste
den munchen ouch dar zu vil vaste,
daz Pribisla der selige man
wart begrabin zu Doberan.
Daz was, du man nach godes geburt
schreib tusent vnde czweihundirt vurt
und funfczehin iar, dy czid gewis
kalendas Octobris,
do wart her dort irhabin
und hy widder begrabin
mit grossin eren wirdiglich,
als es eyme konige vugete sich.
Kirchberg CXIV. (bei Westph., p. 760.)
Dieselbe Angabe hat die Doberaner Genealogie, indem sie, gleich nach Aufführung der Wiederherstellung des Convents, sagt:
Quo facto et conuentu predicto in loco perseuerante ex vehementi ipsius conuentus desiderio et conamine dicti domini Hinrici Burwi principis ossa patris sui domini Pribislaui anno domini MCCXV kal. Octobris de Luneborgh asportantur et in Doberan, vbi nunc est claustrum, honorifice reconduntur.
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Mit diesen, aus den Denkmalen des Klosters Doberan geschöpften Nachrichten scheint eine andere Angabe einer Lüneburger Urkunde, gedruckt in der seltenen Schrift: Gebhardi Diss. secularis de re litteraria Coenobii S. Michaelis in urbe Luneburga, Luneb. ex officina Sterniana, 1755, nicht übereinzustimmen. Nach dieser Urkunde 1 ) vom Jahre 1219 schenkt Heinrich Borwin I.,
"pro remedio anime nostre et parentum nostrorum et precipue domini Pribizlai patris nostri",
das Dorf Cesemone (nach dem Necrol. St. Michaelis: Szizzimouwe) der
"ecclesie beati Michaelis Archangeli in Luneborg, ubi corpus dicti patris nostri quiescit".
Die Urkunde ist datirt: Acta sunt hec anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo XIX. - Diesen Widerspruch weiß ich nicht zu heben; hat das Datum der Urkunde, welche uns der verdienstvolle Wedekind in einem correcten Abdruck schenken möge, seine Richtigkeit, so hat die Nachricht, daß Pribislav noch 1219 zu Lüneburg begraben lag, allerdings den Vorzug.
Uebrigens wird im J. 1218 ein abbas de Doberan uniuersalisque conuentus ibidem genannt, (vergl. Franck A. u. N. M. IV, S. 37.) und in einer Urkunde Heinrich Borwins vom J. 1219 werden schon Kirche und Kloster Doberan aufgeführt.
Aus diesen Zeugnissen geht hervor, daß auf Betrieb des Bischofs Berno durch den Fürsten Pribislav zu Doberan schon im J. 1164 eine Kirche oder Kapelle und 1170 ein Kloster gegründet ward, beide Stiftungen aber, nach dem Tode ihres Schirmherrn, im J. 1179 von den Wenden verwüstet wurden. Dieses Kloster stand nun unbezweifelt zu Althof. Dies beweiset vor allen Dingen die dort noch stehende Kapelle, welche nach allen vorgetragenen schriftlichen Zeugnissen, nach dem Baustyl und den dort aufgefundenen Inschriften unter Pribislav gebauet ward. Die Kapelle zu Althof ist im Gewölbe im Rundbogenstyl, wenn auch aus der Zeit seines Verfalls, erbaut, welcher mit dem Anfange des 13. Jahrhun=
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derts und schon etwas früher durch den deutschen Spitzbogenstyl verdrängt ward. Die Fenster der Kapelle nähern sich von den rundbogigen Fenstern neben dem Eingange nach dem Altare hin immer mehr dem Spitzbogen. Das ganze Innere des Gebäudes, des einzigen dieser Art in Meklenburg=Schwerin, macht einen beruhigenden Eindruck. Die Stelle des Altars ist mit kleinen Ziegeln von ungefähr 2" im Quadrat gepflastert, welche mit Löwen, Greifen, Schwänen, Rosetten und andern Verzierungen in dünner Mosaik oder Glasur belegt sind. Mit ähnlichen Steinen sind mehrere Stellen im hohen Chor der Doberaner Kirche, z. B. die Altarstelle und das Grab Heinrichs des Löwen belegt: ein Beweis, daß im Anfange des 14. Jahrhunderts an der Kapelle gebauet ward. Es werden in den ältesten Urkunden immer mehrere Ortschaften Doberan unterschieden; in der Urkunde des Bischofs Berno von 1177 kommen zwei, oder, wenn man will, drei vor: das praedium in Doberan, in welchem das alte Kloster gegründet war, Doberan (wohl der fürstliche Hof) und villa slauica Doberan; ungefähr so verhält es sich noch 1192 nach der Confirmations=Urkunde Borwins: hier wird noch das Landgut genannt, welches Pribislav dem Kloster zur Erbauung der Abtei geschenkt hatte, und daneben die Stelle des Klosters (praedium in Dobran ad construendam abbatiam und locus in quo monasterium situm est in Dobran) und Dobran (wohl der Ort, der vorher wendisch Doberan genannt wird). Ebenso lautet die Urkunde Borwins von 1218. Der Ort, wo zuerst Kirche und Kloster erbauet wurden, hieß späterhin Alt=Doberan oder Althof; in einer Urkunde des Bischofs Hermann von Schwerin vom 4. October 1273 über die Zehnten des Klosters wird der Zehnten des Ortes, wo das neue Kloster stand (decima loci, in quo ipsum monasterium situm est) neben dem Zehnten von Alt=Doberan (decima antiqui Doberan) aufgeführt; die Urkunden aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts nennen den Ort curia antiqua, Kirchberg nennt ihn Alt=Doberan; in spätem Zeiten heißt er immer Althof. Hier war Woizlava begraben und bei ihr waren, nach Marschalk, die von den Wenden erschlagenen Märtyrer bestattet. - Mit diesen Angaben stimmen denn auch die baulichen Ueberreste zu Althof überein: zuerst die restaurirte Kapelle; dann Reste des Klosters, die Monumente, von welchen der Professor Schröter in einem Berichte an des Großherzogs K. H. vom 9. September 1822 sagt: "Als
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"Reste des ersten Klosters erscheinen: 1) die große Scheure auf dem Hofe, die nicht allein von außen in der schön erhaltenen Fronte nach dem Felde zu, in den Pfeilern und dem gewölbten Thorwege ihre Bestimmung verräth, sondern fast noch mehr von innen durch die vielen massiv aufgemauerten Spitzbogen, welche sie der Länge nach durchziehen 1 ); 2) die Fundamente, welche der jetzige Pächter Vielhaack an mehreren Stellen des Hofes entdeckt hat; 3) die Keller, welche unter dem Teiche auf dem Hofe sich hinziehen und aus welchen die fabelhafte, oft vorkommende Sage eines unterirdischen Ganges bis nach Doberan entstanden zu sein scheint. Daß übrigens Gewölbe hier sein müssen, beweiset die merkwürdige und fast augenblickliche Versiegung des Teiches, als man bei seiner Schlemmung eine Lücke im Gemäuer verursacht hatte."
Diese Gebäude wurden, nach Kirchberg, von den Wenden auch nicht abgebrochen, sondern nur im Innern verwüstet. Dennoch ward bei der Restaurirung des Klosters durch Borwin im J. 1186 das Kloster an den Ort verlegt, wo jetzt noch die schöne Kirche steht, wahrscheinlich um dem ehrwürdigen, merkwürdigen Kloster eine größere Ausdehnung und Schönheit geben zu können, als es die alten Gebäude zu Althof gestatteten. So ward denn seit 1186 die neue Abtei Doberan gegründet, über deren einzelne Hauptgebäude noch Nachrichten vorhanden sind. Die Kapelle zu Althof ist aber das älteste Gotteshaus in Meklenburg=Schwerin.
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Nachdem die Wiederherstellung der Abtei im Jahre 1186 beschlossen war, lebten die Klosterbrüder wahrscheinlich zuerst noch in Althof, wo doch sicher ein Gotteshaus stand. Ohne Zweifel ward bald der Grund zu der Kirche an dem neuen Klosterorte gelegt. Diese ward am 3. October 1232 geweihet; dies geht aus einer Original=Urkunde des Bischofs Brunward von Schwerin hervor, in welcher er des Klosters und der Kirche Privilegien bestätigt:
Doberan die consecrationis eiusdem ecclesie V a nonas Oct., incarnationis dominice anno M°CC°XXX°II°.
Es waren bei dieser Feierlichkeit viele hochgestellte Personen gegenwärtig, welche Zeugen der erwähnten Urkunde sind, z. B. die Fürsten Johann von Meklenburg und Nicolaus und Heinrich von Rostock, ferner vier Bischöfe: Brunward von Schwerin, Balduin von Semgallen, als Legat der römischen Curie, Johann von Lübeck und Gottschalk von Ratzeburg, ferner vier Aebte, drei Präpositen und A. m. Jedoch war der Bau der neuen Kirche gewiß noch nicht ganz vollendet, da im Jahre 1248 1 ) eine Urkunde (gedruckt in Westph. Mon. III, p. 1491) ausgestellt wird, als eine Kapelle an der Kirche geweihet ward:
in festo dedicationis capellule, que ad portam est fundata.
Nach Zeugenaussagen liegen ungefähr östlich von der Doberaner Kirche in der Gegend des Beinhauses im jetzigen Park die Fundamente einer Interimskirche, welche allerdings bis zur Vollendung des Baues der neuen Kirche wohl vorhanden war.
Die massiven Klostergebäude (die "Steinhus", nach Kirchberg) wurden meistentheils unter dem Abte Conrad II. von Lübeck (1283-1293) aufgeführt 2 ): des Abtes Haus, das Schuhhaus und das Gasthaus und außerdem die Mauer um das Kloster. Ueberdieß hinterließ er 11,000 Mark Silbers zur Vollendung des Klosters. - Das
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alte Klostergebäude ("gar schone, ane gebrechin und gehone", nach Kirchberg) war von Fachwerk (daz hulzene munstir). Der Abt Johann (seit 1294) ließ es einreißen und ein neues massives Gebäude von dem, von Conrad hinterlassenen Gelde aufführen; man vgl. Kirchberg in Westph. Mon. p. 778 u. 781. Uebrigens war der neue Bau nothwendig, da ein Blitzstrahl das Kloster angezündet hatte; man vgl. Detmars lübeckische Chronik von Grautoff:
"1291. dat closter to dobran darna vorbrande in unses heren hemelvardes avende van blixsem unde unveder, darumme de monike sere wurden bedrovet."
Am 18. Januar 1302 schenkte der Fürst Heinrich von Meklenburg dem Kloster mehrere Einkünfte von der Insel Pöl, auch zu dem Zwecke, in der fürstlichen Begräbnißkapelle zu Doberan eine brennende Kerze zu unterhalten und lobenswerthe Fenster machen zu lassen; vergl. Westph. Mon. III, pag. 1570.
Aber erst am Trinitatisfeste 1368 waren alle Kirchen= und Klosterbauten so weit fertig, daß sie der Bischof Friederich II. von Schwerin als vollendet einweihen konnte.
Nach dieser zur Erläuterung unserer Inschrift nöthigen Darstellung mag es vielleicht gelingen, sie in Zusammenhang und zum größern Theile in Uebereinstimmung mit der Geschichte zu bringen.
Nach allen Zeugnissen aus dem 16. und 17. Jahrhundert über die Aufräumung der Kapelle waren dort zwei Inschriften: die eine mit dem Titel des Pribislav, die andere auf die Woizlava. Es steht zunächst zur Frage, auf welche von diesen beiden Personen unsere Inschrift gerichtet ist, ob auf Pribislav, ob auf Woizlava, oder ob die allenthalben an der innern und äußern Wand der Kapelle zerstreuet gewesenen Steine zu beiden Inschriften gehören. Hiebei ist vor allen Dingen zu bemerken, daß auf den ersten Blick die Steine sowohl nach der Masse der Ziegel, als auch nach der Form der Buchstaben, der Art der Einschneidung derselben und der Glasur sich in vier verschiedene Arten theilen: a) in die 6 glasurten Ziegel, welche für die äußere Mauerwand bestimmt waren und welche alle von derselben Arbeit sind; b) in die 12 nicht glasurten (mit 1 bis 11 und 0 bezeichneten) Steine aus dem Innern der Kirche, welche die Hauptmasse der Inschrift bilden und welche ebenfalls aus einer und derselben
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Hand hervorgegangen sind; endlich c) aus dem
kleine α mit den Buchstaben
L
US
RIF und d) dem Steine ʆ mit
den Buchstaben
.S
PV, welche offenbar von neuerer
Arbeit sind und von denen jeder allein steht.
Die zwölf Steine, welche den Haupttheil der
Inschrift bilden, haben zu viel Zusammenhang
unter sich, als daß man auf den Gedanken kommen
könnte, sie zu trennen. Der mittlere Theil der
Hauptmasse, Stein 3 bis 7, redet nun offenbar
von der WOIZlaV (Stein 5 und 6); da auch die
meisten der übrigen Steine dieses Haupttheils
durch die weiblichen Endungen der auf ihnen
stehenden Wörter auf eine weibliche Person
deuten, so liegt die Annahme sehr nahe, alle
zwölf Steine als zu der Inschrift auf die
Woizlava gehörig zu betrachten. Die übrigen
Steine, von anderer Arbeit, enthalten aber, mit
Ausnahme der beiden ersten glasurten,
Wiederholungen oder Ergänzungen des Inhalts der
zwölf Hauptsteine und geben dazu in manchen
Fällen, wegen anderer Anordnung der Buchstaben,
den Zusammenhang noch bestimmter, als die zwölf
Hauptsteine. Man wird daher gezwungen,
anzunehmen, daß alle vorhandenen Steine zu
derselben Inschrift gehören, welche aber in
mehrern Exemplaren in den Wänden der Kapelle
gestanden haben muß, um so mehr, da die Steine
an der innern und äußern Mauer der Kapelle
gefunden wurden. Da der glasurte Stein c nun den
Namen WOIZL
U ganz und unversehrt enthält, so
scheint kein Zweifel obwalten zu können, daß
alle vorhandenen Steine zu der Inschrift auf die
Woizlava gehören.
Gehen wir jetzt zur Erläuterung der Inschrift. Der Mitteltheil derselben, die Steine 3, 4, 5, 6 und 7, c und d, und α, geben, sich einander erläuternd und ergänzend. Folgendes:
claustri fundatrix Woizlav, terrae domina, fil(ia etc.) . . . .
(Des Klosters Gründerin Woizlav, des Landes Herrin, Tochter . . . . u. s. w.).
Der Inhalt dieser Worte scheint von den geschichtlichen Angaben abzuweichen. An sehr vielen Stellen sagt Kirchberg, daß Pribislav das Kloster fundirt habe; die Inschrift nennt aber die Woizlava als die Gründerin. Dieser scheinbare Widerspruch hebt sich aber leicht. Nach allen Urkunden schenkte Pribislav der Brüderschaft ein Landgut zur Erbauung einer Abtei; nach Kirchberg ließ derselbe auch das Münster bauen.
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Aber wenn auch Pribislav dies alles that, so bleibt doch noch der Ausweg, daß Woizlava ihren Gemahl zum Christenthum bekehrte und damit die Veranlassung und also wahrhaft die erste Gründerin des Klosters ward; auch ist es nicht unwahrscheinlich, daß Woizlava bei ihrem Eifer für das Christenthum die Mittel zur Erbauung der Kapelle oder des Klosters hergab, und ihr Gemahl die Ausführung und die Dotirung übernahm, und daß deshalb die dankbare Nachwelt ihr Verdienst nicht verschweigen wollte, wenn auch Pribislav als Landesherr zur größern Sicherheit seinen Namen in den Rechtsgeschäften hergeben mußte. - Zu beklagen ist, daß hinter dem Steine d, nach FIL . ., eine Lücke in der Inschrift ist, in welcher offenbar die Abkunft der Woizlava stand.
Etwas mehr zerrissen ist der letzte Theil der
Inschrift, aus den Steinen 8, 9, 10 und 11, e
und f, und β bestehend; jedoch ist der
Zusammenhang der Steine noch klar und auch der
Umstand gewiß, daß diese Parthie das Ende der
Inschrift bildet, indem der Stein f ein
, als Bezeichnung des Endes,
enthält, auch dieser Stein wohl noch an seiner
ursprünglichen Stelle, am Ende der linken
Seitenwand der Kapelle der Fronte zu, also am
Ende der Inschrift eingemauert war, wenn diese
links in der Fronte begann und rings um die
Kapelle lief. - Der Zusammenhang dieses Theils
ist folgender:
Die hier vorhandene Lücke ergänze ich folgendermaßen:
datrix, fulta fide, mortua est et in loco huius ecclesiac sepulta.
(- Geberin, ist, nach Sicherung des Glaubens, gestorben und in dieser Kirche begraben worden.)
Die Buchstaben
I
auf dem Steine 11 halte ich für
eine Abbreviatur des Wortes ecclesie. - Den
Stein 0 mit dem vollen Worte VIR
I
habe ich, trotz aller Bemühungen
und jahrelanger Forschung, nicht in den
Zusammenhang hineinbringen können und ihn
deshalb als zweifelhaft hingestellt; jedoch ist
am Ende dieses Abschnitts ein anderer
Erklärungsversuch gewagt.
Viel schwieriger und unsicherer ist derjenige Theil der Inschrift, aus den Steinen a und b, und 1 und 2 bestehend, welche ich in den Anfang der Darstellung gesetzt habe. Das Schwierigste dabei bleibt die Erklärung des Steins 1 und die
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Anfügung der Steine a und b, welche letztere beiden Doubletten sind. Ich wage es, den Sinn und die Stellung folgendermaßen zu ordnen:
Das Wort nodator (der einen Knoten schürzt) kommt im Mittelalter für: Zeuge, Bekräftiger, Bestätiger, vor (vgl. Du Fresnes. v. nodator und Dreyer Samml. verm. Abh. I. S. 9), wie es noch in spätem Zeiten Ueberlieferung war, daß die Schürzung eines Knotens zur Bekräftigung einer Urkunde in alten Zeiten hinreichend gewesen sei. - Ich leugne nicht, daß diese Deutung der Inschrift etwas ungewöhnlich ist, aber ich wünsche aufrichtig, daß heller Sehende etwas Besseres hiefür geben mögen. - Historisch läßt sich meine Deutung rechtfertigen, wenn man diese Stelle auf Heinrich Borwin I. bezieht und in diesem, was er in der That war, den großen Befestiger der Kirche in unserm Vaterlande erkennt: nach Kirchberg starb Woizlav in dem Jahre oder doch kurz darauf, nachdem sie den Heinrich Borwin geboren hatte. - Wäre diese Erklärung des ersten Theils der Inschrift richtig, so würde dies noch mehr für eine Uebereinstimmung zwischen ihr und Kirchberg sprechen.
Der Stein mit den Buchstaben
I
steht ohne Doublette etwas
isolirt; er könnte in den ersten Theil der
Inschrift gesetzt werden:
Damit würde die, allerdings etwas harte Conjectur der Wörter: in loco, am Ende der Inschrift auch nicht nöthig sein und es wäre einfach zu setzen:
Nach diesen Erklärungsversuchen würde sich die ganze Inschrift folgendermaßen gestalten; (Antiquaschrift ohne Einklammerung bedeutet nothwendige und wahrscheinliche Ergänzung, mit Einklammerung Conjectur:)
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[Anno] quo magn[us] ille nod[ator ecclesie] nascitur, claustri fundatrix Woizlav, terre domina, filia - - - - - - - - datrix, fulta fide mortua est et in loco huius ecclesie sepulta.
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(In dem Jahre, als jener große Befestiger der Kirche geboren wird, ist des Klosters Gründerin Woizlav, des Landes Herrin, die Tochter des - - - - - - - -, die Geberin, nach Sicherung des Glaubens, gestorben und in den Räumen dieser Kirche begraben.)
Es bleibt noch übrig, noch einen
Erklärungsversuch des ersten Theils der
Inschrift hier mitzutheilen, der auf den ersten
Blick sehr nahe zu liegen und richtig zu sein
scheint. Dieser Versuch besteht darin, daß man
den ersten Theil der Inschrift auf die Jahre
Christi bezieht und dann, mit Hineinziehung des
Wortes VIR
I
, abtheilt, ergänzt und liest:
d. i.
(Im Jahr [1172?], als jener große Begründer der Kirche von der Jungfrau geboren ward.
Dies würde zu dem Inschriftenstyl des Klosters Doberan stimmen, indem auch die, noch vorhandene Inschrift auf dem Grabe Heinrichs des Löwen aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts in Ziegelsteinen im hohen Chor die Jahre Christi also umschreibt:
Anno milleno
Tricen. [vicen.] noveno
Natus est ille
Quem predixere Sibille, etc.
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Man könnte auch in dem Steine 1 den Rest von der
Jahrszahl des Sterbjahres der Woizlava finden
und ILL
O für den Rest von milleno
1
) nehmen; aber das auf demselben
Steine am Ende noch befindliche D würde dann auf
ducentesimo hinweisen; die Inschrift aber redet
vom 12. Jahrhundert. An dieser Klippe, diesem D,
scheiterten vorzüglich viele Erklärungsversuche
Schröters. Dennoch bliebe noch der Ausweg,
diesen Theil der Inschrift als zu einer andern
Inschrift auf das Begräbniß Pribislav in Doberan
gehörig zu betrachten.
Die letzte Frage, die wir noch zu berühren haben,
ist die nach dem Alter der Inschrift. Die fünf
glasurten Steine
2
) kündigen sich nach der
Ziegelmasse und der Schrift als die ältesten an.
3
) Die Hauptmasse der zwölf Steine
ist wohl etwas jünger: die ausgezeichnete
Sculptur und die Schriftzüge verrathen das, in
Beziehung auf Meklenburg feinere und gebildetere
vierzehnte Jahrhundert; namentlich möchten die
Schriftzüge entscheiden: hier findet sich ein
elegantes
zugleich neben dem T, und die
zierlichen Schwingungen des
, und
auch die Züge der Buchstaben
, L und S sprechen für eine
jüngere Zeit. Sculptur und Schriftzüge dieses
Theils der Inschrift haben eine auffallende
Aehnlichkeit mit den Umschriften auf den Siegeln
aus dem Anfange des vierzehnten Jahrhunderts in
den Ostseeländern. Die beiden allein stehenden
Steine α und β sind sogleich als
jüngere Arbeit zu erkennen, stimmen auch in Form
und Größe nicht mit den übrigen; das in einer
Ellipse stehende S und die flache, leichtfertige
Sculptur verweiset sie in das 15. Jahrhundert.
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Hieraus ließe sich eine Geschichte der Setzung der Steininschrift entwerfen. Nach dem ganzen Inhalte der Inschrift ward sie nach der Verwüstung des Klosters zu Althof und nach der Gründung des neuen Klosters Doberan gesetzt: der Glaube war herrschend, die Kirche gesichert, das neue Kloster Doberan gewiß blühend, die Heidenbekehrung, Woizlav und Berlin waren noch in lebendigem Andenken. Die Inschrift mag also zuerst im Anfange des 13. Jahrhunderts gesetzt sein; wahrscheinlich vernachlässigte man über den Bau des neuen Klosters die Herstellung der ehrwürdigen alten Kirche nicht, sobald nur das neue Kloster so weit gediehen war, daß man sich auch mit andern Bauten beschäftigen konnte. - Die Hauptmasse der Inschrift in den zwölf Steinen scheint im Anfange des 14. oder in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts gemacht und an die Stelle abgängiger Steine gesetzt worden zu sein; dies ward entweder durch die oben erwähnten Kriegsverheerungen im Anfange des 14. Jahrhunderts oder durch das Alter der ersten Steine veranlaßt. Die beiden allein stehenden Steine α und β sind wohl Ergänzungen bei spätern Reparaturen. Nimmt man an, daß die zwölf Steine nach den Kriegsdrangsalen im Anfange des 14. Jahrhunderts gesetzt wurden. so muß die Verwaisung der Kirche später geschehen sein. Daß Herzog Heinrich der Friedfertige im Anfange des 16. Jahrhunderts noch einen Pförtner vorfand, scheint darauf hinzudeuten, daß die Kapelle nach und nach verfiel.
Aufrichtigkeit fordert, schließlich noch über den Gang der Erklärung der Inschrift durch den Professor Schröter zu berichten. Zuerst war Schröter nur im Besitz der glasurten Steine; was er aus diesen herausbrachte, will ich nicht aufführen, da er es später selbst verwarf. Nachdem er aber alle, jetzt noch vorhandenen Steine benutzen konnte, ließ er im Jahre 1824 dieselben sauber zeichnen. Dieses Blatt ist mit mehreren Entwürfen zur Zusammenstellung und Ergänzung aufgefunden, aus denen sich die letzte Ansicht Schröters klar erkennen läßt. Er stellt die Steine in folgende Ordnung, (die kleinen Kreuze bezeichnen Anfang und Ende der einzelnen Steine, die darüber gesetzten Buchstaben und Zahlen die Stellen unserer Anordnung):
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Hieraus geht hervor, daß Schröter den Stein d verwarf oder noch nicht kannte, oder als Doublette unbenutzt ließ, eben so einen der beiden Steine a und b.
Einzelne, oft mit Bleistift hingeworfene Conjecturen finden sich mehrfach in seinen Papieren; sie sind alle nicht vollständig, finden sich aber alle in einem vollständigen Erklärungsversuche wieder, den Schröter offenbar nach der Zeichnung entworfen hat. Nach der Zeichnung und der Erklärung nahm er drei Inschriften an, in denen er jedoch viel ergänzte. Seine Erklärung ist folgende:
Est sepulcrum claustri fundatoris terre domini Pribislavi.
Hic iacet claustri fun da trix fult rix datrix Woilava terre domina fide moribus specie. Nascitur anno domini - - denascitur anno milleno duceno - - -
Est sepulcrum terre domini pribislavi conjugis Woislaue constructum eo tempere quo magnifice Jesu Christi ecclesia ulta fulta.
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Sowohl aus mündlichen Aeußerungen, als aus schriftlichen Andeutungen geht hervor, daß Schröter die Inschrift auf die Rächung an den abgefallenen Wenden beziehen wollte; daher die Lesung ulta. - Uebrigens zeugt die, bei der Restauration in neueren Zeiten in Althof gesetzte Inschrift, welche, wenn ich nicht irre, der Professor Schröter verfaßt hat, dafür, daß er die urkundliche und allerdings auch richtige Thatsache festhielt, Pribislav sei der Gründer des Klosters. Die Inschrift lautet:
An der Stätte eines heidnischen Heiligthums gründete dies Gotteshaus, den ersten thätigen Beweis seines Christenthums, im Jahre seiner Taufe Pribislav II., letzter König der Obotriten 1166.
Nach Jahrhunderten der Entweihung befahl es herzustellen Sein Enkel im zwanzigsten Geschlechte Friederich Franz, erster Großherzog
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von Meklenburg=Schwerin, im Jahre 1823, das Heiligthum, den Ahnherrn und sich selbst gleich ehrend.
Aus dem Vorgetragenen ergiebt sich nun:
Woizlava, die Gemahlin des letzten Obotritenkönigs Pribislav und die Mutter des Wendenfürsten Heinrich Borwin I., der Ueberlieferung nach eine Königstochter aus Norwegen, bekehrte ihren Gemahl zum Christenthum und veranlaßte, mit Hülfe des Bischofs Berno von Schwerin, die Gründung eines Klosters zu Alt=Doberan, jetzt Althof genannt, wo sie auch begraben ward. Pribislav dotirte und bestätigte als Landesherr die neue Stiftung in dem Jahre, in welchem er sich zum Frieden wandte. Nach dem Tode Pribislavs zerstörten die abgefallenen Wenden das Heiligthum; der Sohn frommer Aeltern, Heinrich Borwin I., stellte das Kloster wieder her, und versetzte es nach dem jetzigen Doberan; Kirche und Klostergebäude zu Althof wurden ebenfalls wieder hergestellt, litten im Anfange des vierzehnten Jahrhunderts in den Kriegsdrangsalen und waren schon im Anfange des sechszehnten Jahrhunderts verfallen.
Und sollte man die Einzelnheiten dieses Berichts nicht annehmen können, so haben wir doch neben dem sorglichen Kirchberg noch eine Quelle mehr gewonnen, die Inschrift, aus der wenigstens die Wirklichkeit der Woizlava unbezweifelt hervorgeht. Und endlich haben wir eine schöne Thatsache mehr gewonnen: daß die Liebe in dem Fürstenhause unsers Vaterlandes dem christlichen Glauben Eingang verschaffte, ihn befestigte und ihm den Sieg verlieh. Seit dieser Zeit ward die neue Lehre schneller und glücklicher verbreitet, als durch alle andern Versuche.
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:
Ueber
in
der Kirche zu Doberan,
so wie
im Schloß zu Neustadt und im Archive zu Schwerin,
von
G. C. F. Lisch.
(Vergl. Jahrbücher I, S. 131 flgd.)
I n dem ersten Jahrgange der Jahrbücher ist die Darstellung des Kreuzgangsfensters aus der ehemaligen Abtei Doberan mitgetheilt. Obgleich dort Alles gegeben ist, was über dies Denkmal redet, so können doch einige spätere Entdeckungen im Großherzogl. Archive, welche von der Wichtigkeit des Denkmals Zeugniß ablegen, nicht unberücksichtigt bleiben, auch schon deshalb, damit sie nicht später außer dem Zusammenhange mitgetheilt werden und zu Irrthümern Veranlassung geben.
Diese Entdeckungen betreffen neuere Restaurationen des Denkmals, welche sicher erst nach der mitgetheilten Abschrift vorgenommen wurden. Innere Gründe sprechen dafür, daß das Fenster unter der Regierung Albrechts, ersten Herzogs von Meklenburg, verfertigt ward: sein Vater, Heinrich der Löwe, ist der letzte meklenburgische Fürst, welcher in dem Nekrologium aufgeführt ist; der letzte Todesfall darin ist der des Herrn Johann II. von Werle (1337); nicht lange darauf ward die völlige Ausstattung der Abtei mit Kirche und Klostergebäuden vollendet, da der Bischof Friederich II. von Schwerin am Trinitatisfeste 1368 Kirche und Kloster als vollendet ein=
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weihete. Zwischen 1337 und 1368 wird also das Fenster gemacht sein. Nicolaus Marschalcus Thurius († 1525) fand dasselbe noch vor, da er Obotritenkönige in "alten" Fenstern aufgeführt fand; er berichtet dies im Jahre 1522. Die im Archive aufbewahrte Abschrift der Inschriften im Kreuzgangsfenster hat noch den Character des fünfzehnten Jahrhunderts.
Die richtige Erkenntniß oder vielmehr die Entdeckung dieses Fensters wird wohl im J. 1515 geschehen sein. In diesem Jahre waren am Sonntage Reminiscere die Herzoge Heinrich und Albrecht in Doberan und unternahmen die Ausbesserung der Fenster im Kloster, indem sie mit dem Fenstermacher, Meister Hans Goltschmidt aus Rostock, am Montage nach Reminiscere einen Contract dahin schlossen, daß dieser für eine "vermalte Tafel" einen halben Gulden und für eine "unvermalte Tafel" sieben Schilling lübisch haben sollte. Der Contract ist allein mit dem Siegel des Herzogs Heinrich besiegelt.
Diese Restauration erstreckte sich aber in der Folge noch weiter, indem der einsichtsvolle Herzog Heinrich wohl die Bedeutsamkeit der alten Denkmäler würdigte. Im Jahre 1533 sandte er dem (letzten) Abt Nicolaus acht Bilder seiner Vorfahren, auf Leinewand gemalt, um diese auf seine Kosten in dem Fenster des Kreuzganges darstellen zu lassen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Bilder die fünf leeren Räume in dem Fenster füllen sollten, da diese, der Chronologie und Genealogie nach, keine Lücken in dem Nekrologium bezeichnen. Der Abt stellte dem Herzoge über den Empfang dieser Bilder nachstehenden Revers aus:
"Nachdem der Durchleuchtig Hochgeborn Furst vnd her, her Heinrich Hertzogk zu Megkelnburgk, Furst zu Whendenn, Graff zu Schwerin, Rostogk vnnd Stargardt der Lande her, Vns Nicolaenn Abt zu Dobberann achte tucher, daruff seiner furstlichen gnadenn vorelterenn gemalet, vberanthworten hat lassenn, So das wir vff seiner furstlichen gnaden belonung und betzalung, vnd vnsernn kosten essens vnd trinkens, dieselbigen seiner voreltern herkommen in vnserm Creutzgange machen lassen sollen, durch die glaser vnd maler, durch sein furstlich gnad dartzu verordent vnd bestelt, das wir verwilligt vnd verheissen habenn, wie wir hiemit thun, ein solchs vff seiner furstlichen Gnaden darlegen trewe=
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lich zuuerfordern, auch die tucher in guther verwarung zubehalten, vnd nach volendung solchs wergks der fenster die berurthen achte tucher vnuerletzt seinen furstlichen gnadenn zuzustellen lassenn. Des zu Vrkhundt haben wir vitser Abteyenn Ingesiegel mit wissen vff dissen brieff drucken lassen nach Allerheyligen tage Im Jar
. XXXIII°.
Unter der Regierung Herzogs Heinrich des Friedfertigen geschah überhaupt viel für die Belebung des Alterthums im Vaterlande. Unter seiner Regierung wurden auch die Bildnisse sämmtlicher meklenburgischer Fürsten und ihrer Gemahlinnen bis auf ihn auf Pergament gemalt, welche, in einem Bande zusammengebunden, noch im Archive aufbewahrt werden, und von denen Westphalen in Mon. ined. T. IV bei Kirchbergs Chronik einige schlechte Abdrücke gegeben hat. Dies Werk ward, nach einer Jahreszahl in dem letzten Bilde, im Jahre 1526 vollendet. Wahrscheinlich leisteten die Doberaner Bilder dazu Hülfe, wie umgekehrt nach gegenwärtiger Mittheilung der Fürst wieder Bilder nach Doberan lieh.
In der Kirche zu Doberan hangen bekanntlich auch viele Gemälde fürstlicher Personen in Lebensgröße. Es ist die Frage, ob diese Bilder Originale sind. In dem Schlosse zu Neustadt hangen 16 kleine fürstliche Bilder, 12 mit männlichen, 4 mit weiblichen Gestalten; diese Bilder sind 16 Zoll hoch und 8 Zoll breit auf Leinewand, welche in manchen Bildern vor der Malerei zusammengenähet ist. Nach der Arbeit, dem Styl der plattdeutschen Inschriften und der Form der Unzialbuchstaben sind sie in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, nach dem fünfschildigen meklenburgischen Wappen, welches sich fast auf allen Bildern findet, aber nicht vor dem letzten Jahrzehend des 15. Jahrhunderts gefertigt. Der letzte der abgebildeten Fürsten ist der Herzog Johann Albrecht I. Die meisten Bilder, namentlich diejenigen, welche Unterschriften haben, sind aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts: des Herzogs Heinrich des Fetten, † 1471, seines Bruders Johann, † 1442, und seiner Söhne Albrecht, † 1483, und Johann, † 1474. Diese können, nach den Wappen, auch keine Originale sein; aber es ist nicht unwahrscheinlich, daß sie zu den acht Tüchern gehörten, welche der Herzog Heinrich der Friedfertige dem Abte nach Doberan schickte und welche dieser copiren ließ. Im Jahre 1521 scheinen die ältern
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dieser Bilder schon gemalt gewesen zu sein, da Nicolaus Marschalcus Thurius am Ende seiner Annales Herulorum einen Holzschnitt von dem, in türkischer oder tatarischer Tracht abgebildeten Fürsten Niclot mittheilt, wie er auch in der Kirche zu Doberan zu sehen ist. Daß der Maler Hermann Niemann am 11. Sept. 1507 fünf Gulden für zwei Bilder erhielt, welche er für Doberan gemalt hatte (ghein Dobran zu molen), ist ein nicht unwichtiger Wink für das Alter der Bilder.
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erste Gemahlin Barnim's II. 1 ) oder des Guten, Herzogs von Vorpommern, Mutter der Fürstin Anastasia, Gemahlin des Fürsten von Meklenburg, Heinrich des Pilgers,
keine Tochter Albrecht I. Herzogs von Sachsen, sondern wahrscheinlich eine Tochter des Pfalzgrafen Heinrich, Herzogs von Sachsen.
Von
A. E. E. L. v. Duve,
Doctor juris und Advocaten in Möllen.
H insichtlich dieser Fürstin sagt der ehemalige Lübecksche Stadt=Syndicus Hermann Georg Krohn in dem (bisjetzt ungedruckten) 2 )
"Versuche einer verbesserten Geschlechts=Historie der Herren Herzoge von Sachsen=Lauenburg aus dem ascanischen Hause":
"sie ward um's Jahr 1247 dem Fürsten Otto, einem Sohne Ottonis pueri, Herzoges zu Braunschweig, verlobt, wie selbiger aber verstarb, dem Kaiser Friedrich II. zugedacht, welches aber der Papst hintertrieb 3 ). Nach=
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"her ist sie mit Herzog Barnim I. in Pommern vermählet" 1 ).
Kanzow's Pommerania (Greifswald, 1816) Th. I. erzählet:
S. 228:
"1225 hat Herzog Barnim genohmen ein Früwlein Marienna, Tochter Herzog Albrecht von Sachsen."
S. 244:
"Unter demselben anstande im J. 1246, am siebenten Januarii, ist Herzog Barnim's in Vorpommern gemahl Marienne gestorben und in das Jungfrowen=Kloster in Stettin begraben worden, da er nur einen Sohn Bugslaff und zwey Töchter mit gehabt, als Hedwig, die Markgraf Hansen krigte, und Anastasia, welche er dem Fürsten Heinrich von Meklenburg gab."
S. 484:
"1243 hat Herzog Barnim das jungfräuwleyn=Kloster von vor Stettin gestiftet; eodem anno ist bereit tott Marienne ducissa in Stettin; uff dem sigel sitzet ein frawenbilde, hat einen habicht auf der Hand; zur rechten hand richtet sich ein greift auf und zur linken ein löwe" 2 ).
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Was nun
1) zuvorderst die angebliche Verlobung der Marie oder Marienne mit dem Prinzen Otto und die nachher beabsichtigte Verheirathung mit dem Kaiser Friederich II. betrifft, so enthalten die von Krohn in Bezug genommenen Geschichtsquellen keine Sylbe davon, daß die Tochter des ungenannten Herzoges von Sachsen, dessen dort erwähnet wird, Marie geheißen habe und diese Tochter nachher mit dem Herzoge Barnim II (I). vermählet sei. Gruber Orig. Livoniae fol. 180. not. w., indem er, gleich den Orig. guelph. T. IV. fol. 82. §. 71. eben jene Stellen anführt, nennt die darin erwähnte Tochter eines nicht näher bezeichneten Herzoges von Sachsen: Mathilde 1 ), und bemerket er dabei, diese Mathilde für die dritte Tochter des Herzoges Albrecht I. ausgebend:
"nomen Mathildis est in Alberti (Stadensis) stemmate Billingano p. 277. Haec forte est, quae postea in thoro fuit Helmoldi, Comitis Suerinensis, quem Johannes filius, anno 1274 sororium suum appellat diplomate Msc."
Allein in der Anmerkung * ) zu dem Abdrucke des, beim Raynaldo ann. eccl. l. c. befindlichen päpstlichen Schreibens, welchen die sylva docuiuentorum hinter den Orig. Livoniae als N. XXV. foI. 225. enthält, berichtiget er selbst seine früher geäußerte Meinung, indem er tagt:
"Rynaldus Ottonem puerum intelligit" (nämlich unter der Bezeichnung eines ducis Saxoniae) "quia 1251, N. 8. Papa Saxoniae ducem sollicitavit, ut filiam electo regi Wilhelmo matrimonio conjnngeret, is autem cujus filiam Wilhelmus duxit, Otto puer fuerit".
Abgesehen hievon, so ergiebt sich aber auch aus der bestimmten Nachricht, welche Kanzow über das Jahr der Verheirathung
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und das Todesjahr der, mit Barnim vermählten Marie mittheilet, mag man in letzter Hinsicht 1243 oder 1246 annehmen, offenbar so viel, daß die ungenannte Tochter des ungenannten Herzoges von Sachsen, deren Albrecht von Stade a. a. O. und der Papst Innocenz a. a. O. erwähnen, nicht jene Gemahlin des Herzoges Barnim sein könne. Freilich verlegt Krohn das Jahr der Verheirathung der Herzogin Marie in eine spätere Zeit, nach dem Jahre 1247; allein
2) diesem stehen die Nachrichten entgegen, welche Kanzow uns in Betreff der zweiten Frau des Herzoges Barnim und deren Nachkommen aufbewahret hat. Nachdem er nämlich (S. 244) den Tod der Herzogin Marie erzählet, fährt er fort:
"So dauerte er (nämlich Barnim) eine kurze Zeit, und nachdem noch Fürst Witzlaff's von Rhügen gemahl Margarethe lebte, welche Herzog Otten von Braunschweig und Lüneburg Tochter was und noch nicht sehr alt was, welcher Schwester Wilhelm der römische König hatte, so dachte er große Verwandschaft der Fürsten damit zu erwerben, und hat er dieselbe wieder zue Ehe ghenomen."
S. 256, 257 aber berichtet er:
"Auf das andre Jar 1263 ist gestorben Herzogs Barnims gemahl Margarethe, damit er keine erben gehabt, allein eine Tochter Elisabeth 1 ), welche hernach herzog Johann von Niedersachsen zue Ehe ghenomen".
Hinsichtlich der frühern Familienverhältnisse dieser Margarethe hatte er bemerket:
S. 229 (beim Jahre 1226): "Witzlaff - der Fürst von
"Rhügen, wie er sahe, daß seine Macht itzund etwas geschwächet was und sorge hatte, er möchte mit der Zeit das andere auch nicht mit frieden erhalten, darum gedachte er, er wollte etwan statliche schwegerschaft erwerben, da=
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mit er an der trost und Zuflucht mochte haben, und hat darum herzog Otten von Braunschweig und Lüneburg Tochter Margarethen zur Ehe ghenomen; denn ihre schwestern waren stattlichen herrn vermählet, als eine: herzog Albrechten von Sachsen, die andere: einem Landgrafen von Doringen, die dritte: fürst Heinrichen von Anhalt, die vierte: dem römischen Könige".
S. 238:
"Hirnach im Jahr 1241 ist der fürst von Rhügen Witzlaus gestorben - und hat mit seinem gemahl, herzog Otten von Braunschweig Tochter, vier Söhne hinterlassen, als Joromar, Witzlaus den andern des Namens und Borislaus und Jaroslaus".
Freilich macht er sich bei diesen Erzählungen, in Betreff der Abkunft der Margarethe, der ärgsten Anachronismen schuldig 1 ), gleich wie er auch das Todesjahr des Fürsten Witzlaus unrichtig angiebt 2 ), allein kein Grund ist vorhanden, um die Wahrheit der Thatsache zu bezweifeln, daß Herzog Barnim nach dem Tode seiner ersten Frau (Marie), der Tochter eines Herzoges von Sachsen, die Wittwe des Fürsten Witzlaus von Rügen, Margarethe 3 ) mit Namen, geheirathet habe und nicht die Nachrichten, welche Kanzow über die Abkunft der Margarethe ertheilet, einer Verwechselung jenes Witzlaus mit seinem Großsohne zuzuschreiben 4 ), der wirklich mit einer Schwester der Gemahlinnen des deutschen Königes Wilhelm, des Herzoges Albrecht I. von Sachsen, des Landgrafen Heinrich von Hessen und Thüringen, so wie des Fürsten Heinrich von Anhalt vermählet war 5 ).
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Keinesweges läßt sich ferner
3) bei genauerer Prüfung der Verhältnisse, die Behauptung vertheidigen, daß die, mit Herzog Barnim in dessen erster Ehe vermählet gewesene Marie oder Marienne eine Tochter des Herzoges von Sachsen Albrecht I. gewesen sei, denn
A. Herzog Albrecht hatte sich erst im Jahre 1222 mit seiner ersten Gemahlin, der. östereichischen Agnes, verheirathet 1 ); Marie würde also im Jahre 1225 höchstens zwei Jahre alt gewesen sein können, wenn sie eine Tochter des Herzoges Albrecht war. Auf der andern Seite ist es urkundlich bewiesen, daß Herzog Barnim damals ebenfalls noch ein Kind war; dem zufolge des dipl. vom Monate Februar 1220 in de Ludewig Script. Rer. Bamberg. T. I. p. 1139, auf welches Gebhardi a. a. O. S. 87. not. g aufmerksam macht, stand Barnim, gleich seinem Bruder Bugislav, im Jahre 1220 nicht allein noch unter Vormundschaft seiner Mutter Mireslawa, sondern er soll sich sogar damals noch mit seinem Bruder "an der Mutterbrust" befunden haben. Mag dieß immerhin vielleicht nicht so wörtlich zu verstehehen sein, da wir den Herzog Barnim bereits im Jahre 1230 als selbstständig regierend finden 2 ), so läßt sich doch gewiß daraus, daß er erst im J. 1278 starb, mit großer Wahrscheinlichkeit muthmaßen, daß er wenigstens im Jahre 1225 noch sehr jung gewesen sein müsse. Die zwischen Barnim und Marie geschlossene Ehe stellt sich daher lediglich als eine, zur Erreichung politischer Zwecke eingegangene Verbindung dar. Zu jener Zeit war die Macht des Her=
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zoges Albrecht I. noch unbedeutend und für den Herzog Barnim wenig zu fürchten, während letzterer, oder seine für ihn als Vormünderin handelnde Mutter, darauf bedacht sein mußte, sich die Freundschaft des Königes von Dänemark, als Lehnsherren, und dessen getreuen Landesgenossen und Vasallen, des Fürsten von Rügen Witzlavs zu bewahren, welcher Kraft genug gehabt hatte, um sich wieder in den Besitz seines Fürstemhums zu setzen 1 ). Es läßt sich daher wohl voraussetzen, daß man pommerscher Seits damals gesucht haben werde, sich durch Heirath mit einer Tochter aus einem mit Dänemark befreundeten Regentenhause, z. B. dem Braunschweigischen, Stärke und Hülfe zu verschaffen, und wäre Marie eine Tochter des Herzoges Albrecht I. gewesen, bei dem ebenfalls nur politische Zwecke zu der Verehelichung jener Tochter mit dem Herzoge Barnim Anlaß gegeben haben können, so würde er, nachdem er zum Besitze des Lauenburgischen gelangt war und die Fürsten von Rügen, so wie die Grafen von Holstein, Schwerin und Dannenberg seiner Lehnshoheit unterworfen hatte, gewiß nicht gelitten haben, daß sein Schwiegersohn Barnim unter Brandenburgische Lehnshoheit gerieth, wie bekanntlich geschah.
B. Herzog Bugislav III. (IV.) war der Sohn des Herzoges Barnim aus der Ehe mit Marie 2 ), und Bugislav's Tochter Elisabeth verheirathete sichern Jahre 1316 mit Erich I. von Sachsen=Lauenburg 3 ), dem Großsohne des Herzoges Albrecht I. Wäre Marie eine Tochter des Herzoges Albrecht I. gewesen, so trat zwischen Marien's Tochter Elisabeth und Albrecht's Enkel Erich, nach canonischer Zählungsart, der zweite, mithin ein die Ehe hindernder Grad der Blutsverwandschaft ein und die Chronisten würden es gewiß nicht unterlassen haben, bei Erzählung der Vermählung des Herzoges Erich mit der Elisabeth, dieses Verhältnisses und der eingeholten oder vernachlässigten päpstlichen Dispensation als einer großen Merkwürdigkeit aus=
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drücklich zu erwähnen, da sie Heirathen selbst im vierten Grade der Verwandschaft als etwas Besonderes anzeigen.
C. Der, wohl als vorzüglicher Beweis zu betrachtende Umstand, daß Kanzow das Siegel der Herzogin Marie beschreibt 1 ). Der Greif zur rechten Hand sollte, nach damaliger Darstellungsweise, das Wappen des Gemahles der Herzogin bezeichnen (bekanntlich ein Greif), der auf der linken Seite befindliche Löwe aber das Familien=Wappen der Herzogin. Weder Herzog Albrecht I., noch irgend einer seiner männlichen Nachkommen haben je einen Löwen im Siegel geführt! Dieser Löwe im Siegel der Herzogin Marie, verglichen mit den sonst vorhandenen Nachrichten, setzen uns dann in den Stand, die Abstammung der Herzogin Marie richtiger ausmitteln zu können, als wie bisher, nach den Angaben der bis jetzt bekannt gewordenen pommerschen Chronisten geschehen ist. Alle diese Chronisten lebten nämlich beträchtliche Zeit später, als die Herzogin Marie, und bei aufmerksamer Prüfung ihrer Erzählungen läßt es sich nicht verkennen, daß sie die, von ihnen benutzten, für uns verlornen alten Nachrichten mit ihren eigenen Meinungen vermischten, dadurch aber sehr oft jene richtigen Nachrichten entstellten. Namentlich ist dieß bei Kanzow der Fall. Wahrscheinlich fanden jene Chronisten in den Quellen, woraus sie schöpften, die Bemerkung, daß Herzog Barnim die Tochter des Herzoges von Sachsen im Jahre 1225 geheirathet habe. Ihnen waren als Herzog von Sachsen nach Heinrich des Löwen Achtserklärung nur die Nachkommen des Herzoges Bernhard I. aus dem Hause Anhalt bekannt, und so bezogen sie denn die Nachricht von der Abstammung der Herzogin Marie auf den im Jahre 1225 gelebt habenden Herzog Albrecht von Sachsen. Wir wissen aber aus den Urkunden und sonstigen Belegen, welche in den Orig. Guelph. bekannt gemacht sind, daß auch Heinrich des Löwen Sohn, der Pfalzgraf Heinrich, sich Herzog von Sachsen nannte und auch von Anderen als ein Herzog von Sachsen bezeichnet ward. Zu jener Zeit war die Macht der Söhne des Herzoges Heinrich des Löwen, der Verbündeten Waldemar's II., Königes von Dänemark, im nördlichen Deutschlande vorherrschend, eine Befreundung mit ihnen folglich für den minderjährigen pommer=
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schen Herzog, wie bereits oben erwähnt worden, aus politischen Gründen sehr wünschenswerth, und wenn es nicht unwahrscheinlich ist, daß Kanzow, bei Erzählung der, gegen das Jahr 1226 (oder 1225) bewerkstelligten Verheirathung der Margarethe (der nachherigen zweiten Frau von Barnim), den Fürsten Witzlaus mit dem Fürsten Barnim und die Margarethe mit der Marie verwechselte 1 ), überdieß aber die Erzählung augenscheinlich mit seinen eignen unrichtigen Ansichten vermehrt hat, so scheint es, als wenn die S. 229 und 244 bei ihm befindliche Nachricht über die Gründe der Heirath auf Barnim's Verehelichung mit der sächsischen Marie aus dem braunschweigischen Hause zu beziehen sind, das Uebrige aber ein Zusatz neuerer Zeit und vielleicht bloß von Kanzow herrührend sei. Pfalzgraf Heinrich, Herzog von Sachsen, führte einen Löwen im Siegel 2 ), gleich wie sich ein Löwe im Siegel der Herzogin Marie von Pommern, Tochter eines Herzoges von Sachsen, findet. Daß Pfalzgraf Heinrich, außer der mit Otto, Herzoge von Baiern, verehelichten Agnes und außer der mit dem Markgrafen Hermann IV. von Baden verheiratheten Irmengard, noch andere Töchter gehabt habe, ist eine bereits ausgemittelte Thatsache 3 ). Albrecht von Stade bezeugt beim Jahre 1202: "Rex Otto duci Danorum (Waldemaro) filiam fratris sui Heinrici in Hamburg desponsavit, et sororem ducis, Helenam, fratri suo Wilhelmo" 4 ); nur ist der Name dieser mit Waldemar II. verheirathet gewesenen, bereits im Jahre 1204 gestorbenen, sehr jungen Tochter des Pfalzgrafen Heinrich ungewiß, und, weil man gefunden hatte, daß eine seiner Töchter Marie geheißen, aber nicht wußte, wo diese Marie geblieben sei, so muthmaßte man, daß sie die Gemahlin Waldemar's II. gewesen, jedoch bald nach der Heirath durch den Tod hinweggerafft sei. Jene Namensungewißheit auf der einen Seite, die Gewißheit auf der andern Seite, daß Barnim die Tochter eines Herzoges von Sachsen im Jahre 1225 geheirathet habe, welche Marie
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hieß, mit dem Pfalzgrafen Heinrich, Herzoge von Sachsen, einerlei Siegel führte, und die übrigen vorstehend entwickelten Gründe, scheinen dann zu dem Schlusse zu berechtigen, daß Heinrichs's Tochter Marie nicht mit Waldemar II. verehelicht gewesen und im Jahre 1204 gestorben. sondern daß sie die, im Jahre 1225 mit Barnim II., Herzoge von Vorpommern, vermählte Marie oder Marienne sei, Waldemars Gemahlinn aber einen ändern Namen gehabt habe.
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Zur Geschichte
der Johanniter=Ordens=Comthurei
von
G. C. F. Lisch.
A. Aeltere Geschichte der Comthurei Mirow 1 ).
D as historische Verhältniß der Comthurei Mirow, so wie das geographische derselben gehörte bisher zu den interessantesten der ältern meklenburgischen Geschichte und Geographie, aber auch zu den schwierigsten: es fehlte an Urkunden. In unsern Archiven war nicht viel zu finden, weil die Behörde, welche die Urkunden in Empfang genommen und bewahrt hatte, die Johanniter=Ritter, nicht mehr als geistliche Ordensbehörde existirt und in ihrer Hauptverwaltung keine meklenburgische war. Der Untergang der Urkunden war bei der Sorglichkeit der geistlichen Corporationen auch nicht anzunehmen; endlich fanden sie sich bei einigen Nachforschungen bald in dem Geheimen=Staats=Archive in Berlin, wo mir, im Sommer 1834, die freundlichste Theilnahme an wissenschaftlichen Forschungen 2 ) die
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Abschrift derselben gestattete. Nach oder noch vor der Auflösung der Comthureien Mirow oder Nemerow durch den Westphälischen Frieden gingen nämlich die Urkunden derselben an das Heermeisterthum Sonnenburg, dessen Archiv, und mit demselben die Urkunden der früher säcularisirten Commenden, nach der Einverleibung des Stifts mit Preußen an die Krone Preußen fiel. Während der Organisation der neuen preußischen Landestheile ward auch das Sonnenburger Archiv in das Königl. Geh. Staatsarchiv zu Berlin versetzt, wo es sich noch in seiner alten Ordnung mit seinen alten Repertorien befindet. Nach den Urkunden dieses Archivs werde ich nun versuchen, die Gründung und Ausdehnung der Commende Mirow darzustellen; diese Darstellung wird dann die Grundlage mancher anderer wichtigen historischen Forschungen werden können.
So große Freude die schöne Erhaltung der großen Masse von Urkunden im Geh Staats=Archive zu Berlin erregt, eben so betrübend ist der Anblick vieler Urkunden, namentlich der meklenburgischen, aus dem ehemaligen Sonnenburger Archive, wahrscheinlich weil sie, sauber eingepackt, vom Westphälischen Frieden an in der feuchten Odergegend unbenutzt geruhet haben, bis eine Preuß. Archiv=Commission sie revidirte und ihnen wieder Licht gönnte. Nun aber sind, wohl durch Nachlässigkeit der jüngern Ritter, die Siegel verwittert, die Schrift ist verblichen, das Pergament ist durch Nässe, Moder und sogenannte Eisenmale durchsichtig und morsch geworden und zerfällt an vielen Stellen bei der geringsten Berührung. Ich habe, die Erlaubniß zur Benutzung dieser Urkunden dankbar ergreifend, alles aufgeboten, sie zu enträthseln, und, oft durch Hülfe kleiner abgefallenen Stücke Pergament, welche gewöhnlich nur einzelne Buchstaben enthielten, herzustellen, wobei mir die Hülfe und Mitarbeit des Hrn. Geh. Archiv=Raths Höfer nicht wenig förderlich gewesen ist, da derselbe alle Urkunden mit mir collationirt hat. Später wird ihre Entzifferung kaum oder doch nicht mehr so gut möglich sein, als bei der ersten sorgsamen Entfaltung derselben durch mich nach langer Zeit; und so hat die Reihe der Urkunden, welche zu dieser Abhandlung mitgetheilt werden, in der Zukunft vielleicht größern Werth, als die Originale. Einige von ihnen sind freilich gedruckt, z. B. in Buchholtz Brandenb. Geschichte, aber nach schlechten z. B. Gundlingschen Abschriften, und so ungenau, daß sie in dieser Gestalt nicht brauchbar und glaubwürdig sind.
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Schon Heinrich Borwin II., Herr zu Rostock, schenkte den Brüdern des Johannis=Hospitals zu Accon, zu ihrer bessern Unterhaltung, sechszig Hufen im Lande Turne. Diese Schenkung wird nur durch spätere Bestätigungen 1 ) zur Gewißheit, da die Schenkungsurkunde noch nicht aufgefunden ist. Aus demselben Grunde ist auch die Zeit der Verleihung nicht mehr auszumitteln; jedoch wird diese vor der Mitte des Jahres 1226 geschehen sein müssen, und fällt vielleicht mit der Fundation anderer Stiftungen, wie z. B. des Doms zu Güstrow, in gleiche Zeit. Eines Dorfes oder Hofes wird in dieser Schenkung noch nicht erwähnt. Aus der Urkunde des Fürsten Nicolaus II. von Werle vom Jahre 1301 2 ) sieht man jedoch, daß die Ritter für die zu verschiedenen Zeiten empfangenen ersten Schenkungen die Summe von hundert Mark reinen Silbers bezahlten.
Nachdem durch den Tod Heinrich Borwins II. (1226) und seines Vaters Heinrich Borwins I. (1227) die vier Söhne des erstem: Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislav "als Herren von Meklenburg" (domini Magnopolenses), das "ganze Erbe ihrer Väter" zur ungetheilten Herrschaft angetreten hatten, bestätigten dieselben am 3. Dec. 1227 zu Güstrow zusammen die Schenkung der sechszig Hufen an die Johanniter=Ritter, und zwar mit dem seit der Erwerbung durch die Ritter wahrscheinlich erst aufgebauten Dorfe Mirow, mit dem Mirowschen See, dem Dam=See und dem Bache, welcher durch den See Mirow fließt; von den sechzig Hufen lagen an jeder Seite der genannten Seen dreißig. Diese sechszig Hufen, welche die Herren von Meklenburg den Rittern "anwiesen", sind nach der ganzen Urkunde keine andern, als die von Borwin geschenkten sechszig 3 ).
Diese Bestätigungsurkunde ist in vieler Hinsicht interessant und wichtig, so daß sie eine genauere Betrachtung verdient. - Mirow lag mit seinen sechszig Hufen im Lande Turne; nicht nur die Lage, sondern auch die Herren dieses Landes sind bisher zweifelhaft gewesen: man schwankte, ob Turne den Herren von Werle als eigne Herrschaft mit Landeshoheit, oder als Lehn von Brandenburg gehöre, oder ob der Besitz des Landes überhaupt streitig gewesen sei. Von der letztern Ansicht ausgehend, hat in neuern Zeiten auch unser Riedel bei seinen
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Untersuchungen über die Länder der Mark Brandenburg das Land Turne in den Kreis seiner Forschungen gezogen und ist 1 ) zu dem Resultate gelangt, daß der Besitz desselben an den brandenburgischen und den meklenburgischen Höfen zweifelhaft gewesen sei, daß die Markgrafen anhaltinischen Stammes ihre Lehnsherrlichkeit geltend zu machen gesucht hätten, es aber unentschieden bleibe, ob und wie sie von den meklenburgischen Fürsten anerkannt worden. - Einstweilen von der Ausdehnung des Landes Turne und davon absehend, ob nicht vielleicht ein Theil desselben zu einer Zeit an Brandenburg gehört habe, ist es am gerathensten, nur die Comthurei Mirow im Auge zu behalten und zu untersuchen, welche Bewandniß es mit der brandenburgischen Lehnsherrlichkeit über diesen Theil des Landes Turne habe. Bisher war über Mirow außer der ersten Bestätigungsurkunde von 1227 nur noch eine Erweiterungsurkunde von 1242 2 ) bekannt. In beiden Urkunden ist keine Spur von Lehnsabhängigkeit meklenburgischer Fürsten zu finden, vielmehr sind sie so abgefaßt, daß sie über ein unbeschränktes Eigenthum verfügen. Betrachtet man nun noch die ganze Reihe der mirowschen Urkunden, so ist in allen diesen keine Spur von einem werleschen Lehnsverhältnisse zu Brandenburg zu erkennen, vielmehr sprechen viele Urkunden die Landesherrlichkeit der werleschen Herren über Mirow aus, welche auch in der Folgezeit nicht angefochten ist 3 ). Das Einzige, was darauf hindeuten könnte, ist eine lehnsherrliche Bestätigungsurkunde der Markgrafen Johann und Otto vom Jahre 1227, durch welche "die Schenkung des Dorfes Mirow und der Seen von Seiten der Söhne Borwins an die Johanniter=Ritter bekräftigt wird " 4 ). Riedel hat mit Recht Anstoß an dem Datum der beiden Urkunden von 1227 genommen 5 ). Die meklenburgische Schenkungsurkunde ist: Actum in Guztrowe anno gratie MCCXXVII°, III° nonas Decembris, indictione prima; datum per manum Conradi scriptoris; - die markgräfliche Bestätigungsurkunde ist: Actum apud oppidum
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nostrum Werben anno gratie MCCXXVII°, nonas Augusti indictione secunda. Riedel meint nun: "es gehe aus dem datum, besonders aus der Indiction hervor, daß die Jahrszahl der meklenburgischen Schenkungsurkunde eine falsche sei; vermuthlich sei die Urk. am 3. Dec. 1226 ausgefertigt". Dies ist offenbar ein Irrthum. Die meklenburgische Schenkungsurkunde kann nicht gut am 3. Dec. 1226 abgefaßt sein, denn Heinrich Borwin II. starb am 4. Jun. 1226 und Heinrich Borwin I. am 28. Jan. 1227 (vgl. Jahrb. I., S. 134); in der Urkunde nennen sich die vier Söhne Heinrich Borwins II. schon Domini Magnopolenses und sagen, ihr Vater Heinrich sei gestorben (bone memoriae pater noster Heinricus) und aus den Worten: "Quia tota jurisdictio ac hereditas progenitorum nostrorum ad nos deuenit, quicquid domino Jhesu Christo a patribus nostris - est impensum", scheint unbestreitbar hervorzugehen, daß auch der alte H. Borwin I. gestorben sei, als die Urkunde ausgestellt ward. Dazu ist die Indiction völlig richtig. Das Jahr 1227 hat die 15. Indiction, d. h. für das ganze Jahr nach jetziger Zeitrechnung, wenn die römische Indiction (vom 1. Januar anfangend) angenommen wird. In Deutschland ward aber im 13. Jahrh. vorherrschend die kaiserliche Indiction, vom 24. Septbr. anfangend, gebraucht 1 ); da nun unsere Urkunde vom 3. Decbr. 1227 datirt ist, so fällt sie natürlich schon in die 1. Indiction 2 ). Das datum der meklenburgischen Schenkungsurkunde hat also aus innern und äußern Gründen seine völlige Richtigkeit. - Nicht so verhält es sich mit der brandenburgischen Bestätigungsurkunde, deren datum vielmehr in allen Theilen offenbar falsch ist. Ist sie im August 1227 ausgestellt, so müßte die Indiction 15 sein, und die Bestätigung wäre dazu früher geschehen, als die Schenkung;- ist die 2. Indiction richtig, dann ist wieder die Jahrszahl falsch und müßte 1229 sein.
Ich halte nun nicht allein das Datum, sondern auch die ganze Bestätigungsurkunde, wenn nicht gerade für falsch, doch für nicht ausgefertigt. Falsche Indiction soll zwar kein Beweis für die Unächtheit einer Urkunde sein 3 ), da sie zu häufig vor=
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kommt; aber neben mehreren Gründen ist sie allerdings ein nicht ganz verwerflicher Beweis. Ueberdies ist, wie gezeigt, nicht sowohl die Indiction, als vielmehr das ganze Datum falsch. Auch manches andere in der Form der Urkunde erregt Verdacht; sie ist nicht besiegelt, hat auch in zwei scharf geschnittenen Löchern keine Siegelbänder, welche doch am häufigsten noch vorhanden sind, wenn auch die Siegel nicht mehr existiren. Ferner sind beide Urkunden von 1227 von derselben Hand geschrieben 1 ), obgleich die brandenburgische, später ausgefertigt, den Schreiber nicht nennt und zu Werben ausgestellt ist; auch scheint die Schrift der brandenburgischen etwas gezwungener. Der Hauptgrund bleibt aber immer der, daß von einer Lehnsherrlichkeit der Markgrafen über das Land Mirow sonst durchaus nicht die Rede ist, obgleich später der Orden viele neue Schenkungen erhält und darüber mancherlei Irrungen, z. B. über die Verjährung, entstehen, wobei eine oberlehnsherrliche Entscheidung oder eine Berufung auf sie von Wichtigkeit gewesen wäre; daß, wie Riedel meint, in dieser ersten Bestätigung gewissermaßen die Bestätigung späterer Schenkungen lag, ist nicht gut anzunehmen, da sogar öftere Wiederholungen der Bestätigung sich fast in allen Lehnsfällen finden. Die Stiftungsurkunden der Comthurei Nemerow, welche wirklich brandenburgisches Lehn war, lauten ganz anders! In der Fassung der Urkunde von 1227 ist es auffallend, daß alle vier meklenburgischen Brüder von den Markgrafen "fideles nostri" genannt werden, wiewohl die Brandenburger wohl nur nach der Lehnsherrlichkeit über Werle strebten; - ferner daß nicht die Schenkung der Ackerhufen, sondern nur des Dorfes Mirow und der Seen bestätigt wird; endlich daß die Urkunde nur ein Actum, aber kein Datum hat; das Datum spricht, wenn auch nicht immer, vorzüglich für die Ausfertigung.
Doch wir kehren wieder zur Geschichte der Comthurei Mirow zurück. Die Schenkung von Mirow hatte wohl ihren Grund in dem Geiste der damaligen Zeit und in dem frommen Sinne der beiden Borwine. Jedoch ist es nicht unwahrscheinlich, daß die Dänenkriege mit der Schlacht von Bornhövd (1227), in welchen auch geistliche Ritter sich Ansprüche auf Dankbarkeit erwarben, Veranlassung der reichern Gunst der
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meklenburgischen Herren gegen die Ritter wurden, wie denn auch die Grafen von Schwerin im Jahr 1227 die Besitzungen des Ordens in ihrer Herrschaft vergrößerten 1 ).
Durch die Theilung der meklenburgischen Lande unter die Söhne Heinrich Borwins II. kam das Land Turne an das Haus Werle, bei dem es auch ferner verblieb. Die meisten Urkunden über Schenkungen an die Johanniter sind von jetzt an zu Güstrow oder Röbel ausgestellt und unter den Zeugen finden sich oft Burgmänner von Güstrow oder Röbel. Nicolaus I. von Werle nennt sich 1241 und 1242 noch Herr zu Rostock, 1270 Herr zu Röbel und seit 1273 nennen sich seine Nachfolger Herren zu Werle.
Die südöstlichen Gegenden Meklenburgs hatten durch die verheerende Eroberung unter Heinrich dem Löwen und durch die anhaltenden Grenzstreitigkeiten sehr gelitten. In der Stiftungsurkunde des Klosters Broda wird von einer ganzen Gegend, welche wahrscheinlich die des jetzigen Amtes Strelitz ist, gesagt, daß die Dörfer verlassen (villae desertae) seien; häufig kommen im 13. Jahrhundert noch Einöden vor; in den Schenkungsurkunden wird es frei gegeben, die Gegenden mit Deutschen oder Slaven, und in Zechlin mit Handwerkern aller Art und jeden Volkes zum Anbau des Bodens 2 ) zu bevölkern; deutsche Cultur war später noch lange nicht durchgeführt, da noch 1256 von lauten Klagen der slavischen Bewohner bei Zechlin die Rede ist 3 ): erst nach den Verleihungen der Ländereien entsteht ein Dorf nach dem andern. Bei solchen Verhältnissen und bei den anhaltenden Irrungen über den Besitz der Länder mußten die meklenburgischen Fürsten vor allen Dingen darauf bedacht sein, hier einen dauernden Zustand zu begründen; und dies konnte nicht besser geschehen, als durch geistliche Stiftungen, die Quellen der Cultur damaliger Zeit, und gewiß vorzüglich durch Heranziehung der geistlichen Ritterorden an gefährliche Stellen. Daher geschah es auch, daß nach und nach die ganze Gegend von Neubrandenburg bis Zechlin und von Strelitz bis an die Müritz der Geistlichkeit zur Cultur hingegeben ward, ein Plan, welchen man als höchst preiswürdig erkennen muß. Hier lagen die Güter der Klöster Broda und Wanzka, der Commenden Nemerow und Mirow, der Klöster Doberan, Dobbertin und Eldena, aber mitten darin die Comthurei Mirow, östlich von der Müritz und an der
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Tollense dicht an einander, wie ein klösterlicher Gürtel zum Schutz und Schirm des Ganzen.
Im Jahre 1241 schenkte Nicolaus I. von Werle dem Jungfrauenkloster Benedictiner=Ordens zu Eldena in Meklenburg dreißig Hufen im Lande Turne zwischen den Seen Viltz und Radatze, so wie den Bach Driculne an den Grenzen dieser Hufen zur Erbauung einer Mühle 1 ). Diese Seen heißen noch jetzt Vieltz= und Raetz=See, an der Südgrenze des Amtes Mirow. Auf den geschenkten Hufen, welche nördlich von diesen Seen lagen, erbaute wohl das Kloster Eldena das Dorf Fleth (Vilet) und an dem Bache Driculne, jetzt Flether=Bach zwischen den beiden Seen, die Flether Mühle. Wie es öfter in dieser Zeit zu geschehen pflegte, verkaufte wegen zu großer Entfernung das Kloster diese Besitzungen noch vor dem 25. Septbr. 1270 an die Comthurei Mirow 2 ), welcher mit der Erwerbung sehr gedient sein mußte.
Wahrscheinlich lagen östlich von Zotzen=See, zwischen den Aeckern der Stifter Mirow und Eldena noch Hufen mit verlassenen Höfen; vielleicht um die Besitzungen beider Stifter in Zusammenhang zu bringen, schenkte Nicolaus I. von Werle 1242 den Johannitern einige Aecker, welche süd=östlich an Mirow grenzten, und bestimmte die Grenzen derselben, nämlich: von Stytna bis nach Wargalitz, von da bis an Zmolnitz und wiederum bis zu den Grenzen von Mirow 3 ). Diese Namen sind geographisch dunkel. Stytna und Wargalitz kommen zuletzt noch in der Urkunde von 1270 4 ) unter den Namen Stitnitz und Worlitz als Südgrenzen von Peetsch vor; Stytna lag wohl im Gebiete des Zotzen=Sees; Wargalitz kommt sonst nicht weiter vor und ist wohl in dem Dorfe Peetsch, welches 1270 zuerst genannt wird, oder auf dessen Feldmark untergegangen. Von Zmolnitz existirt noch der Schmolnitz=See. Diese Schenkung geschieht schon an eine curia fratrum in Mirowe, während früher nur von Hufen, Aeckern und einem Dorfe die Rede ist und die. Schenkungsurkunde noch an die Ritter zu Accon ausgestellt wird. Es ist also wahrscheinlich, daß schon 1242 ein Comthur in Mirow wohnte 5 ).
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Die den Rittern geschenkten Aecker lagen nach allen Anzeichen zum großen Theil wüste und die Dorfstellen waren verödet; die Hufen, welche von den Fürsten verschenkt wurden, waren in den Urkunden wohl der Zahl nach bestimmt, aber keinesweges nach ihrer Lage und ihren Grenzen. Ein Hauptgeschäft bei der Cultivirung und Bevölkerung öder Gegenden war ihre Begrenzung und Vermessung, wie denn auch häufig Handdienste beim Feldmessen als Servitute vorkommen (jura s. servitia mensurationum, agrorum mensura, funiculi mensurationes, dimensio vel funiculi tractio). Nicht allein die Corporationen waren genöthigt, bei Vertheilung der ihnen verliehenen Aecker und bei Anlegung von Hofstellen das Land zu vermessen; auch den Fürsten mußte es nahe liegen, bei der wachsenden Anzahl der Anbauer und Colonisten, welche bei sichererm Rechtsstande herbeikamen und untergebracht sein wollten, die Vermessungen beaufsichtigen zu lassen. Die brandenburgischen Fürsten nahmen, ihrer Geldnoth zu steuern, im 13. Jahrhundert ihre Zuflucht selbst dazu, durch ihre Vögte die Feldmarken durchmessen zu lassen; die über die verliehene Zahl der Hufen gefundenen Aecker wurden dann abgetrennt, und mußten von den bisherigen Besitzern angekauft werden oder wurden auch an Andere verliehen 1 ). War dies freilich auch nicht überall zu besorgen, so war bei der Ordnung der Staaten eine Vermessung doch nothwendig, theils zur Sicherstellung des Besitzes, theils zur Beurtheilung der Größe der Abgaben, welche vom Landbesitz nach Hufen erhoben wurden 2 ).
Die Ritter fürchteten, es möchte ihnen, wenn auch nicht durch Nicolaus von Werle, doch in der Zukunft durch die "um sich greifende Verschlechterung der Menschen" eine gleiche Behandlung widerfahren, oder sie könnten zu größern Abgaben genöthigt werden. Es waren auch wirklich die Ländereien der Comthurei vermessen und mehr Hufen im Besitz der Ritter gefunden, als ihnen geschenkt waren, nach der Urkunde von 1301 Ueberschlag: overslach genannt 3 ). Diese hatte
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der Vogt Heinrich Thakelange (von Röbel?) für seinen Fürsten reclamirt 1 ); die Ritter hatten ihm die Verjährung des Besitzes entgegengestellt. So war eine Rechtsfrage über den Besitz entstanden und noch nicht erledigt, und die Grenzen der Comthurei waren noch immer nicht bestimmt. Deshalb baten die Ritter den Fürsten inständigst, dieser Unsicherheit ein Ende zu machen und ihnen Beruhigung zu geben. Auf diese Bitten bestätigte Nicolaus I. von Werle 1270 den Johannitern die Güter, welche ihnen von seinem Vater, von seinen Brüdern und von ihm zu verschiedenen Zeiten geschenkt waren und auf denen jetzt die Dörfer Mirow, Gramtzow und Peetsch standen. Der Rechtsstreit über die bei der Vermessung zu viel gefundenen Hufen ward dadurch beendigt, daß der Fürst, in Anerkennung des Rechtsgrundsatzes der Verjährung, die Ritter im Besitze ließ, die Ritter ihm dagegen für das Eigenthum hundert Mark Silbers zahlten. Und um aller Besitzstörung für die Zukunft ein Ende zu machen, wurden die Grenzen der Commende neu und fest bestimmt. Mirow, Peetsch und Gramtzow kommen von jetzt als die Dörfer der Commende vor und die alten Namen verschwinden. Zuerst wurden die Grenzen des Dorfes Peetsch noch einmal und zuletzt bestimmt durch Stitnitz, Worlitz und Schmolitz 2 ). Dann sollten die Grenzen der Commende gehen von Schmollnitz nach Lemcule (dem jetzigen Acker Lehm=Kuhle am Raetz=See?), von da bis zu einem Baume an der Grenze zwischen Mirow und Wesenberg, und weiter bis nach Coboloe und zum Witsol (beide Oerter sind jetzt wohl unbekannt); vom Witsol bis zum Wege zwischen Qualsow und Mirow, von diesem Wege grade nach Scirin (wovon jetzt noch der Zerrin=See seinen Namen trägt) und von Scirin nach der alten Brücke (dem Alten=Wall?) auf der Grenze zwischen Gramtzow und Schilderstorp; dann
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ging die Grenze grade mitten durch den (Cotzer) See; gegen Westen sollte Mirow begrenzt sein von Cusowe (Cotzow), Losetz (Laerz) und Starsow. - Endlich bestätigte Nicolaus den Brüdern von Mirow den Besitz des Dorfes Fleth 1 ), welches sie vom Kloster Eldena gekauft hatten. So ward die Comthurei abgerundeter in ihren Grenzen, welche an manchen Stellen noch die des jetzigen Amtes Mirow sind. Zugleich belehnte der Fürst die Ritter mit allen möglichen Herrlichkeiten, Freiheiten und Gerechtigkeiten, auch mit Jagden, Patronatrechten und allen Gerichten, und befreiete sie ohne Beschränkung von allen Diensten und Leistungen. Dem Kloster Eldena war es 1241 so gut nicht geworden, da die Hufen des Klosters nur von den landüblichen Diensten des Städte= und Brückenbaues und vom Zoll befreiet waren, und die Bewohner derselben in Criminalfällen unter dem fürstlichen Vogte standen, welcher auch 2/3 der Bußen bezog. - Solche Gnadenbezeugungen waren der Grund, daß späterhin die Comthurei so mächtig ward und die Ritter vor allen andern Landeseinwohnern bevorzugt waren (speciali prerogatiua gaudent libertatis: Urk. d. d. Malchow 1309).
Im J. 1273 verliehen Nicolaus I. und seine Söhne Heinrich, Johann und Bernhard, Herren von Werle, der Comthurei Mirow das Dorf Zirtow, wie die damaligen Besitzer es inne hatten, und legten dazu 36 Hufen; eben so übertrugen sie auf die Ritter das Dorf Liniz oder Lenst in seinen damaligen Grenzen mit 12 Hufen 2 ). Die Ritter hatten diese Dörfer, wenigstens Zirtow, wahrscheinlich käuflich erworben, weil dieselben durch die Fürsten von den damaligen Besitzern auf die Comthurei übertragen wurden. Auch diese Hufen waren ohne Kenntniß ihrer wirklichen Anzahl verliehen; die Vermessung ward angeordnet und dabei bestimmt, daß die Ritter drei der vermessenen Hufen von den Fürsten zum Geschenk erhalten, die übrigen aber von denselben kaufen sollten; dies ist wohl von den "ouerslachtigen" Hufen zu verstehen, da die Ritter die 36 und 12 Hufen schon erworben und bestätigt erhalten hatten. Das Dorf Zirtow existirt noch; durch die Erwerbung desselben ward die Grenze der Comthurei gegen Wesenberg bestimmt. Aus dieser Erwerbung geht auch hervor, daß die in der vorigen Urkunde erwähnte Lemcule die gemuthmaßte am Raetz=See sei, da Zirtow östlich von derselben liegt. Das
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Dorf Lenst ist unbekannt, wenn es nicht, außerhalb der Commende liegend, die Försterei Lenz, Amts Goldberg bei Malchow am Plauer See ist. - Außerdem schenkten die Fürsten den Rittern gegen Norden hin 2 Hufen in Loyssow und 1 Hufe in Ankershagen; letztere war bis jetzt die nördlichste Besitzung der Ritter. Die Schenkung der Hufe in Ankershagen erhält dadurch Bedeutung, daß sie eine Vermittelung des Landes Turne mit dem Fürstenthum Werle giebt. Freilich ist noch zu untersuchen, wie weit Werle sich gegen SO. erstreckte; aber Ankershagen scheint nicht mehr zum Lande Turne gehört zu haben, und doch werden die Güter in Turne eben so als reines werlesches Eigenthum verliehen, wie die in Ankershagen.
Schon frühe hatten die Ritter einzelne isolirte Besitzungen gegen NW. nach der Müritz hin. - Auch die Ländereien am östlichen Ufer der Müritz gehörten den Herren von Werle; dieselben besaßen hier auch eine Mühle, gewöhnlich Boche oder Boke (die Böker Mühle) genannt. Schon die Vorfahren des Fürsten Nicolaus von Werle hatten diese ihre Mühle 1 ), auf ihrem Gute (wahrscheinlich der Klopzower Feldmark) gelegen, und zwar vermuthlich mit der Gerichtsbarkeit über den Mühlenbezirk und das Mühlenwerk, den Rittern geschenkt, und es war bis 1273 keine Klage über die Verwaltung der Mühle von den Besitzern derselben und gegen sie vorgekommen. Nun hatte aber Nicolaus von Werle
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durch die Besitzungen der Ritter von Havelberg, d. h. durch den südlichen Theil der Feldmark Bök, von der Großen Müritz einen Graben ziehen lassen, welcher auch die genannte Mühle berührte und welcher wahrscheinlich die Müritz mit dem Caap=See in Verbindung brachte; zu welchem Zwecke: ob zur Trockenlegung der Müritz=Ufer, oder zur größern Füllung des Caap=Sees und anderer damit verbundener Gewässer, ob zur Bewässerung angrenzender Aecker, zur Schifffahrt oder zur Beförderung des Mühlenbaues, - ist unbekannt; jedoch kann es bei Kenntniß des dortigen Terrains von Interesse sein, wenn man die alten Spuren zur Cultivirung der Müritz=Ufer einmal wieder genau überlegt. Nicolaus von Werle hatte Befugniß zum Graben und Grund und Boden zu diesem Kanal (magnum fossatum) 1 ) von dem verstorbenen Ritter Johann von Havelberg erkauft, und dieser hatte ihm zugleich die Gerichtsbarkeit über den Kanal und über die, durch Ablassung des Müritz=Wassers in denselben etwa entstehenden Schäden abgetreten. Die Johanniter hatten bis dahin ihren Mühlendamm nicht erhöht, fürchteten aber jetzt, wenn der Fürst das Müritz=Wasser in den Kanal ablasse, so könne durch das Anwachsen des Wassers ihre Besitzung gestört werden. Deshalb versicherte ihnen Nicolaus I. von Werle im J. 1273, daß sie durch das Steigen des Wassers an ihrer Mühle von keiner Seite Schaden leiden sollten 2 ).
Die Herrn von Havelberg scheinen in dieser Gegend der Geistlichkeit den Besitz ihrer Mühlen auf alle Weise gestört zu haben. Schon 1256 hatte sich das Kloster Doberan mit Johann von Havelberg wegen einer Mühle an der Zechlinschen Grenze entzweiet; der Zwist ward durch Schiedsrichter geschlichtet 3 ). - Auch die Mirowschen Ritter waren durch die Entscheidung Nicolaus I. von Werle von 1273 wegen der Böker=Mühle noch nicht zur Sicherheit gelangt. Johannis von Havelberg Erben, Ritter Berthold von Havelberg und seine Brüder, hatten fortwährend Klagen über Beschädigung ihrer Ländereien durch die Mühlenanlage zu Bök und auf Entschädigung erhoben. Zwei Mal waren die Johanniter durch ein Rechtsurtheil des Fürsten Nicolaus freigesprochen; da die Sache aber schwierig war, so untersuchten die Fürsten Heinrich I. und Johann I. von Werle sie umständlich in Gegenwart vieler
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Zeugen 1276 zum dritten Male, was den Erfolg hatte, daß die Herrn von Havelberg ihren Klagen auf immer entsagten. Darauf bestätigten die genannten Herren von Werle im J. 1276 nicht allein die frühere Bestimmung ihres Vaters von 1273, sondern verfügten auch Einrichtungen zum fernem Schutz der Ritter, befreieten diese in Beziehung auf die Mühle von der weltlichen Gerichtsbarkeit und übernahmen die Vertretung der Ritter für jede etwa vorkommende Klage und Rechtskränkung. Die hierüber ausgestellte Urkunde 1 ), welche von der großen Sorgfalt bei der Betreibung der Rechtsgeschäfte im Mittelalter einen lebendigen Beweis giebt, nennt die in Frage stehende Mühle freilich die Mühle in Mirow. Diese kann aber nach dem Gesagten und nach dem Transsumt der Urkunde von 1273 wohl keine andere sein, als die Böker=Mühle.
Auch die Herren von Stargard bedachten die Mirowschen Ritter: Markgraf Albrecht III., der letzte brandenburgische Fürst von Stargard, beschenkte am 13. März 1285 die Comthurei mit dem befreieten Eigenthum des Dorfes Gnewitz (Gnewetitz) 2 ) und am 17. December 1286 mit dem Eigenthumsrecht der Dörfer Dobelow und Kl. Karztauel 3 ), welches bis dahin die Gebrüder Chotemar und Otto in Besitz gehabt hatten, mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten, jedoch unter der Bedingung, daß die Ritter den jedesmaligen Herren von Stargard jährlich zu Martini von jedem Talente 2 Schillinge brandenb. Pf. als Zins geben sollten. 4 )
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Im Jahre 1337, als der Fürst Albrecht II. von Meklenburg die Ritter von dieser Abgabe befreiete, besaßen letztere in der Gegend zwischen Alt=Strelitz und Lychen, wo jetzt noch der Ort Comthurei liegt, die drei Hauptgüter: Wokuhl, Gnewitz und Dabelow.
Bis hierher sehen wir die Comthurei entstehen und sich bilden, durch Schenkungen wachsen und für die Cultur des Landes kämpfen. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts aber wächst das moralische Ansehen der Ritter bedeutend. Von 1296 an wird in den Urkunden das ehelose Leben und der Reichthum der guten Werke der Ritter und die Heiligkeit des Ordens gerühmt, und der Wunsch und die Hoffnung ausgesprochen, daß diese Verdienste auch die Seligkeit der Beschützer des Ordens fördern mögen. Ihr Einfluß auf Sittlichkeit und Religiösität geht unverkennbar aus solchen Zeichen hervor, ein Einfluß, der bei einer Wirksamkeit von etwas mehr als einem halben Jahrhundert in einem wüsten Lande sehr hoch zu schätzen ist. Bei einem solchen Streben mehrt sich denn auch nicht minder der Wohlstand der Brüder. Mit dem Ende dieses Jahrhunderts ist die Comthurei schon so weit gediehen, daß sie schnell hintereinander bedeutende Besitzungen durch Kauf erwerben kann.
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Im Jahre 1296 kaufen die Mirowschen Brüder von Brusekin von Lehsten und dessen Bruder Gerhard für 400 Mark flämischer Münze das nördlich an ihre Besitzungen grenzende Dorf Qualsow mit dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke. Der See Kenhorst ist wohl der Qualsower Schulzen=See, dessen nördliches Moorufer noch Kihnhorst heißt; und der See Gusteke ist vielleicht der Jäthen=See aus dem Grunde, weil er später von den hinzukommenden Besitzungen des Ordens mehr und mehr umschlossen und noch immer als ein nennenswerthes Gewässer aufgeführt wird. - Zugleich kaufen die Ritter zwei Hufen in Loißow. -Nicolaus II. von Werle, seine Mutter Sophia und seine Brüder bestätigen nicht allein den Rittern diese Erwerbungen mit allen Eigenthumsrechten und Freiheiten 1 ), sondern versichern ihnen in einer eignen Urkunde das volle, freie Eigenthumsrecht über die Güter, welche von Brusekin von Lehsten zu Lehnrecht besessen waren, indem sie dieselben feierlichst mit dem höchsten Gerichte und der Freiheit von allen Abgaben beschenken, und sie zu Herren und Patronen mit vollem Recht und allen Freiheiten einsetzen 2 ); die beiden Hufen in Loissow wurden nur von Lasten und Diensten befreiet.
Mit denselben Rechten und Freiheiten werden darauf von Nicolaus II., als er 1298 in Mirow das Fest der Himmelfahrt Mariä feierte, die Brüder mit dem Dorfe Gaarz an der Müritz beschenkt, welches sie von den werleschen Vasallen Otto und Gothmar von Retzow für 400 Mark gekauft hatten; ferner mit zehn Hufen in dem, an Gaarz grenzenden Dorfe Viezen, von denen vier durch Kauf von dem Ritter Conrad Buno für 80 Mark und sechs vielleicht durch Schenkung der Fürsten in ihren Besitz kamen. 3 ) Diese immer sich wiederholenden Erneuerungen der Schenkung des vollen Eigenthumsrechts ist sicher als eine hohe Gunst zu betrachten, indem in andern Fällen sich die Fürsten das Eigenthumsrecht theuer genug bezahlen ließen, wenn sie es überall veräußerten.
Die Regierung der Herren von Werle=Parchim und Röbel war für die Ritter eine höchst günstige gewesen; die Bemühungen der Brüder waren durch glänzenden Erfolg gekrönt. Da traten am Ende des 13. Jahrhunderts für das Haus Werle betrübende Umstände ein. Der werle=güstrowsche Vatermord und die Schwäche des sinkenden Hauses Rostock
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wurden die Veranlassung zu langen Irrungen und verwüstenden Kriegen. Unser Nicolaus II. ging nicht allein siegreich aus ihnen hervor, sondern benutzte auch mit Kraft und Umsicht die Jahre des Friedens, die Spuren der Verheerungen wieder zu verwischen; besonders bedachte er wieder die geistlichen Stiftungen, um die Kräfte der Einzelnen wieder für den Segen des Landes zu stärken. Auch die Brüder von Mirow mochten wohl durch die Fehden gelitten haben, da die Kriegsfackel oft in den südöstlichen Gegenden Meklenburgs wüthete, und besorgt sein, daß die großen Veränderungen in den meklenburgischen Fürstenhäusern auch ihre Freiheiten gefährden könnten. Das Haus Werle=Güstrow war verschwunden, Rostock war kaum mehr vorhanden und das benachbarte Stargard war schon für das Haus Meklenburg dem unruhigen Heinrich bestimmt; Ländertheilungen und Reclamationen waren also leicht möglich, und damit war auch für die Ritter in Mirow die betrübende Aussicht vorhanden, daß sie von ihren bisherigen Schützern und Freunden getrennt werden und das von denselben erworbene Eigenthumsrecht verlieren könnten. Diese waren wiederum den Rittern Dank schuldig, weil sie gewiß immer nicht allem treue und muthige Vertheidigung und Hülfe, sondern auch Rath und Vertrauen bei ihnen gefunden hatten. So geschah es denn, daß Nicolaus II. im Anfange des Jahres 1301 die Brüder in Mirow besuchte und ihnen zur Beruhigung und zur Vermeidung aller Störungen alle ihre Besitzungen in Gramzow, Mirow, Petsch, Lenst und Vleeth, mit allen Rechten und Freiheiten, so wie sie den Rittern von den frühern Herren von Werle verliehen waren, nicht nur bestätigte und die Schenkungen erneuerte, sondern dieselben auch wiederholt von allen Lasten und Diensten befreiete, indem er den Rittern ihre bisherigen Besitzungen mit allen Eigenthumsrechten verlieh, wie er es in den letzten Jahren mit Qualsow und Gaarz gethan hatte. Außerdem bestätigte er ihnen das Eigenthum von Qualsow, dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke, von Gaarz und den zehn Hufen in Viezen, und fügte zu dieser Bestätigung eine Schenkung von dreißig Hufen in Roggentin mit drei Hufen Ueberschlag, dem See Bulgelow (Bullow) (den er den Rittern, nach einem Urkunden=Verzeichnisse, schon am Tage Bartholomäi 1300 in Brandenburg verliehen hatte,) und zwei und dreißig und ein halb Hufen in Loissow mit vollen Rechten und Freiheiten, mit Kirchenlehen und dem höchsten Gericht. Diese bedeutende Schenkung erhielten die Ritter für ihre vielfachen, den Fürsten geleisteten Dienste und für eine Geldsumme von
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nur zweihundert Mark. 1 ) Bedeutungsvoll fügt Nicolaus hinzu, daß alle diese Bestätigungen und Schenkungen nicht allein für ihn und seine Erben rechtskräftig sein sollen, sondern auch für alle, welche ihm an Erben Stelle in der Regierung nachfolgen dürften.
Und um die Ritter bei dem Herrenwechsel in Stargard ganz zu sichern und ihr Gebiet abzurunden, verschrieben und bestätigten Nicolaus und Günther von Werle ihnen zu Güstrow am Georgen=Tage 1304 8 Hufen in Schilderstorff, 9 Hufen zu Roggentin mit Bede und Zins, 22 Hufen zu Quechow, 46 Hufen zu Granzow, 32 Hufen zu Qualtzow, 33 1/2 Hufen zu Loissow mit dem Kirchenlehn daselbst; dazu verlieh ihnen Nicolaus von Werle noch zu Malchin am Tage Simonis und Judä 1306 12 Hufen zu Roggentin, 12 Hufen zu Tziransche (?) und 2 Hufen zu Schilderstorff. Diese Erwerbungen, welche das Eigenthum der Ritter gegen Norden hin ganz abrundeten, ergeben sich aus einem Urkunden=Protocolle im Großherzogl. Geheimen= und Haup=Archive zu. Schwerin.
Die wichtigste Begebenheit für die Ritter in dieser Gegend war demnächst die Erwerbung des Landes Stargard durch Heinrich II. von Meklenburg den Löwen. Die Ritter hatten von Nicolaus II. von Werle nach und nach Befreiung von allen Diensten und Lasten erworben, welche ihnen die Abhängigkeit von einem Oberherrn hatten fühlbar machen können; sie besaßen ihre Güter fast als freies Eigenthum. Sie waren aber noch an Heinrich von Meklenburg verpflichtet, indem sie an denselben jährlich von den Gütern Mirow, Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth und Repent Münzpfennige 2 ) und von vier
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Hufen in Starsow sowohl Münzpfennige, als auch 28 brandenburgische Schillinge Zins 1 ) zu zahlen hatten. Sei es nun, daß Heinrich selbst bei dem Antritt seiner Regierung sich die Ritter verpflichten wollte und ihnen mit der Ablösung dieser Abgabe entgegen kam, sei es daß die Ritter, aus Furcht vor Ansprüchen von seiner Seite, auf die Ablösung angetragen hatten: im Jahre 1303 überließ er ihnen die Erhebung dieser Abgaben. 2 ) Vielleicht hatte er als Herr von Meklenburg die Münzpfennige als alte, "nach Gewohnheit jährlich zu zahlende" Abgabe von den ursprünglichen Gütern der Comthurei zu fordern gehabt, da 1227 die Ritter ihre Besitzungen von allen Herren von Meklenburg erworben, in der Folge das freie Eigenthum derselben aber nur von den Herren von Werle bestätigt erhalten hatten. Auf ein Lehnsverhältniß zu Brandenburg kann sich diese Abgabe wohl nicht gründen, da Heinrich selbst bekennt, daß er kein anderes Recht, und keine Forderung an Diensten, weder geringern, noch höhern (Lehndiensten?) von jenen Gütern habe. Hatte Heinrich nur irgend Ansprüche gehabt, so hatte er sie bei der Besitzergreifung von Stargard nach dem Tode seines Schwiegervaters, des Markgrafen Albrecht III., gewiß geltend gemacht; aber in der ganzen Urkunde ist keine Spur von einer Lehnsherrlichkeit. - In derselben Urkunde überläßt er den Rittern das Eigenthumsrecht von 4 Hufen in Starsow, zugleich mit Münzpfennigen und Zins; es hatten nämlich die Ritter von einem Fürsten von Meklenburg einen Hof in Starsow mit 4 Hufen erhalten 3 ); die Ritter traten dem Fürsten dagegen das Eigenthum über 6 Hufen in Sozen ab, welche bis dahin in ihrem Besitz
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gewesen waren. Dies Setzen ist wahrscheinlich das Dorf in der Mark westlich an Zechlin grenzend. Heinrich machte diesen Tausch wohl zur Abrundung seines neuen Landes; denn bald darauf (1306) erwarb er vom Kloster Doberan auch Zechlin, "weil es mit seinem Lande Stargard grenze". - Aus derselben Urkunde wird es auch klar, daß die Ritter 1303 auch das Dorf Repent, östlich an Zechlin grenzend, besaßen.
Obgleich Heinrich die Ritter von allen Verbindlichkeiten gegen ihn befreit hatte, so nahm er sie dennoch in Anspruch, als er, nach dem Wittmannsdorfer Vertrage vom 15. Januar 1304, den Markgrafen von Brandenburg für das Land Stargard 5000 Mark Silbers zu zahlen übernommen hatte. In seiner Geldnoth (cum in magna necessitate debitorum ex parte illustris principis Marchionis Hermanni essemus positi) nahm er seine Zuflucht wahrscheinlich zu einer außerordentlichen Bede in seinen Besitzungen 1 ); da er diese aber von unsern Rittern nicht fordern konnte, so vermochte er sie zu einem Geschenke von 30 Mark Silbers zur Beihülfe (in subsidium) und zur Steuer seiner Noth. In der darüber ausgestellten Urkunde 2 ) bekennt er, daß die Ritter die Dörfer Zirtow, Peetsch, Lenst, Fleeth, Repent und Mirow bis dahin mit allem Recht und Eigenthum und ohne Verpflichtung zur Bedezahlung besessen hätten; deshalb nehme er das Geld als ein reines Geschenk, als einen Beweis der Freundschaft und des Wohlwollens an, und werde die Erhebung desselben nie als ein Recht von seiner Seite betrachten. Dazu mußte er den Rittern noch einmal versichern, daß sie die genannten Güter auf ewige Zeiten von allen Münzpfennigen und von aller Bede frei besitzen sollten, wie es bis dahin der Fall gewesen sei. - Auch die kleinere Comthurei Nemerow mußte sich zu einer Subsidienzahlung von 40 Mark verstehen; diese gab ihm freilich die Summe auch als ein Geschenk, aber von ihren Gütern (de bonis eorum), welche in des Fürsten Herrschaft (in dominio nostro) lagen.
Mit dem Hause Werle blieben die Ritter fortwährend in dem bisherigen freundlichen Verkehr: noch in demselben Jahre 1304 kauften sie von den Fürsten Nicolaus II., Günther und Johann von Werle für 350 Mark 3 ) das Dorf Schilder=
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storf mit dem Eigenthum, mit allen Einkünsten, Diensten und Rechten, auch mit dem Patronat über die Kirche daselbst. durch diese Erwerbung rundete die Comthurei ihre Besitzungen nach NW. ab; fast rund umher war schon alles verliehen, meistens an geistliche Stiftungen; nur gegen NO. und SW. blieb ihnen noch Aussicht auf unmittelbare Erwerbungen. Durch den Kauf von Schillersdorff konnten sie sich nun auch über den Wotersitz=See und die Böker Mühle mit der Müritz in Verbindung setzen. Diese Urkunde ist dadurch interessant, daß die drei Werleschen Brüder einmal zusammen auftreten, jedoch nur als Eigenthümer des verkauften Gutes. Nicolaus allein nennt sich Herr von Werle; Günther und Johann werden als "domicelli Slauiae" bezeichnet.
Bis die Ritter andere Erwerbungen an der Grenze ihres Gebietes bewerkstelligen konnten, kauften sie sich auch in Gegenden an, welche nicht mit ihren Gütern grenzten. Im Jahre 1305 brachten sie durch Kauf acht Hufen in Dambeck an sich 1 ), welche nur durch die Besitzungen des Klosters Dargun von der Comthurei getrennt waren und welche sich vermittelst des Besitzes in Ankershagen vielleicht an die Güter des Klosters Broda, und zwar zunächst an Vielen lehnten. Diese acht Hufen hatten den "Herren von Schwerin", wahrscheinlich den Rittern von Schwerin, welche schon seit 1273 in Röbelschen Urkunden als Zeugen vorkommen, gehört. Nicolaus II. bestätigte den Johannitern das Eigenthum dieser Hufen, behielt sich hier aber den Genuß der Geldbede und des Roßdienstes von den Bebauern der Hufen vor, bis die Ritter dieselben selbst bewirthschaften würden; dann sollten sie von allen Lasten befreiet sein.
Die Brüder des Fürsten Nicolaus II. von Werle werden zwar nirgends als Mitregenten aufgeführt; aber sie waren doch Fürsten des Hauses Werle und hatten, als solche, Rechte am Lande. Daher ließen sich die Ritter im Jahre 1309 von dem Fürsten Günther, Canonicus in Magdeburg, und dem Prinzen Johann, wenn auch nicht als Herren von Werle, doch als Gliedern des Werleschen Fürstenhauses, alle Besitzungen bestätigen, welche sie von den Herren von Werle geliehen erhalten hatten. 2 )
Durch alle diese Gerechtsame und Freiheiten, welche die Ritter nach und nach erhalten hatten, waren sie so unabhängig
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geworden, daß sie fast als Landesherren erscheinen. Ihre Freiheiten übten sie nicht allein in ihrem Gebiete, sondern sie suchten sie auch außerhalb desselben in dem Lande der Herren von Werle geltend zu machen, wo es ihr Vortheil etwa erheischen konnte. So hatte die Stadt Malchow von den Rittern Brücken= und Wegegeld erhoben und wiederholt gefordert; diese weigerten sich wahrscheinlich, an die Stadtgemeinde Zoll zu zahlen; ja es hatte selbst der Heermeister sich der Sache angenommen und Klage erhoben. Diese ward dann durch einen Vergleich beigelegt 1 ), indem im Jahre 1309 in Malchow die Rathmänner dieser Stadt und der Comthur von Mirow, damals Heinrich von Wesenberg, unter Vermittelung des Fürsten Bernhard von Werle, Bruders des Dominikaner=Ordens, und des Präpositus Gerhard des Jungfrauen=Klosters in Malchow zusammentraten. Die Stadt Malchow befreiete darauf in Folge der Verhandlungen auf immer alle Ritter des Ordens vom Brücken=, Wege= und Durchgangs=Zoll und von jeder andern Art von Abgaben auf dem Stadtgebiete. Diese Urkunde gönnt uns wieder einen Blick in die äußern Verhältnisse des Ordens, indem die Malchower bekennen, da die Brüder überall sich besonderer Vorrechte und Freiheiten erfreuten, so wollten auch sie die Ritter, welche nur Vasallen ihrer Herren von Werle seien, in ihren, vom apostolischen Stuhle ihnen bestätigten Rechten schützen und ehren. - Warum die Ritter darnach trachteten, grade in der Stadt Malchow frei von Abgaben zu sein, ist durchaus dunkel. Vielleicht geschah es deshalb, weil das im Jahre 1273 erworbene Dorf Lenst wirklich das dicht hinter Malchow an der Wasserfahrt liegende Lenz ist.
Im SW. Theile des jetzigen Großherzogthums Strelitz war am wenigsten Zusammenhang und Einheit in den Landestheilen: die Güter des Klosters Dobbertin lagen hier zerrissen; die Comthurei Mirow entbehrte einiger angrenzender Güter, welche ihnen nach dem Zusammenhange des Landes und der Gewässer sehr nützlich sein konnten; dazwischen lagen einige fürstliche Lehngüter, und die Prignitz erstreckte ihre Grenzen fast in das Land hinein. Mitten im Werleschen Gebiete besaß auch Heinrich II. von Meklenburg und Stargard noch das Gut Starsow, von welchem die Ritter schon 1303 vier Hufen eingetauscht hatten, den Mirowschen Holm und den Zotzen=See, welche Besitzungen er zu Lehn ausgegeben
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hatte. Als nun die Brüder durch die Handlungen eines meklenburgischen Ritters, Ebeling von Clepizk, wir wissen nicht wie, Schaden gelitten hatten, schenkte ihnen Heinrich der Löwe, zum Ersatz des schadens, das Eigenthum der genannten . Güter mit unbeschränkten Rechten und Freiheiten 1 ), jedoch sollten die Besitzer der Lehngüter zu ihren neuen Herren in ihren alten Rechten und Gewohnheiten bleiben.
Im Süden war nun gegen die Besitzungen des Klosters Dobbertin hin die Comthurei abgerundet. Nur im Norden fehlte den Rittern noch das Dorf Kakeldütten, um hier Grenznachbaren des Klosters Dargun zu werden. Dieses erreichten sie im Jahre 1342 von den Fürsten Nicolaus III. und Bernhard von Werle=Güstrow, welche ihnen für 45 Mark lübischer Pfennige das Eigenthum des genannten Dorfes mit der ganzen Feldmark desselben und mit unbeschränkten Freiheiten abtraten. 2 )
Vorher, im Jahre 1337, befreiete der Fürst Albrecht II. von Meklenburg noch die Comthureigüter Wokuhl, Gnewitz und Dabelow, zwischen Alt=Strelitz und Lychen im Fürstenthume Stargard liegend, welche seit 1285 und 1286 im Besitz der Ritter gewesen waren, von dem beschwerlichen jährlichen Zins an die Fürsten, der von jeder Hufe einen brandenburgischen Schilling betrug 3 ), und schenkte ihnen das freie Eigenthum der Güter, indem er alle Rechte an denselben aufgab und sie ebenfalls von allen Lasten befreiete. Jedoch ward der Zins von dem Dorfe Dabelow in eine Abgabe an die Pfarre zu Lychen verwandelt. 4 ) In Lychen war im J. 1316: Nycolaus presbyter, rector ecclesie in Lychen ordinis hospitalis sancti Johannis Jherosolimitani.
Schon 1298 hatte Nicolaus II. von Werle die Ritter mit Zehn Hufen in Viezen beschenkt. Im Jahre 1351 erwarben diese daselbst noch sieben Hufen und zwar auf folgende Weise. Die Ritter kauften von den Herren von Werle dem Rechtsgeschäfte nach das Eigenthum, mit Dienst und Gericht über diese Hufen; die Stadt Röbel zahlte den Kaufpreis, und hatte dazu die Geld= und Kornbede, welche die Fürsten bis dahin von den Hufen bezogen hattet, käuflich an sich gebracht. Die Ländereien hatten früher die Brusehaver, und zur
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Zeit des Verkaufes Conrad Freiberg, vermuthlich zu Lehn, besessen und auf zwei Höfen selbst bewohnt; letzterer bezog bis zum Verrauf von denselben Hufen theils Gefälle von den Untersassen, theils Pacht. Da nun die Ritter die Hufen zu reinem Eigenthum und Besitz erwerben wollten, so kauften sie von Conrad Freiberg alle Aufkünfte, die er als Lehnträger von dem Gute noch zu beziehen hatte. 1 ) Die Stadt Röbel aber übertrug ihre Ansprüche an die Hufen auf die Ritter unter der Bedingung, daß damit eine geistliche Stiftung dotirt werde. Die Stadt hatte nämlich in der Kirche zu Mirow zwei Altäre gebauet: einen zu Ehren der Jungfrau Maria und einen zu Ehren des heiligen Kreuzes. Bei dem letztern Altar ward eine Weltpriesterstelle gegründet, welche von der Stadt Röbel besetzt werden sollte und zwar einmal nach Präsentation eines Candidaten von Seiten der Comthurei, und das andere Mal nach dem Willen der Rathmänner, und so abwechselnd immer fort bei Erledigung der Stelle. Dieser Priester nun sollte die Einkünfte von den sieben Hufen genießen, welche jedoch alle in Geldabgaben umgewandelt wurden; ein Theil der Einkünfte ward für die Bedürfnisse beider Altäre verwandt. Viele besondere Umstände des Kaufes und der Dotation werden die Urkunde auch für andere Verhältnisse interessant machen.
Angedeutet wird in dieser Urkunde noch, daß auch der zweite Altar der Jungfrau Maria eben so dotirt, und darüber auch eine Urkunde ausgestellt war. Bestätigung erhält diese Vermuthung durch eine Urkunde vom J. 1352 2 ), in welcher Bernhard von Werle die Ritter mit vierzehn Hufen in dem Dorfe Viezen belehnt, deren neun, mit dem halben Sumpf=See, früher die Brusehaver und damals Conrad Freiburg zu Lehn besessen hatte, die fünf übrigen aber zu dem Hofe gehört hatten, auf welchem ein gewisser Wisseke ebenfalls zu Lehn wohnte. Für diese vierzehn Hufen und dem dazu gehörenden halben Sumpf=See waren den Fürsten, wahrscheinlich von der Stadt Röbel, (gratanter) hundert Mark slavischer Münze ausgezahlt, wofür sie die Ritter mit dem vollen, freien Eigenthum der Güter bewidmeten, jedoch unter der Bedingung, daß sieben von diesen Hufen an den Altar der heiligen Maria und sieben an den Altar des heiligen Kreuzes in der Kirche zu Mirow besonders gehören sollten.
Ferner erwarb durch Kauf, nach einem Urkunden=Ver=
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Zeichnisse, der Comthur Achim Wagenschütte Mittwoch nach Lätare 1470 für den Orden noch 5 Hufen in Viezen.
Endlich versetzte 1387 Wedeghe von Plote der Comthurei zu Händen des Comthurs Dethloff von Walmede für 450 Mark Vinkenaugen das halbe Dorf Loyssow, wiederlöslich nach 3 Jahren. 1 ) Wahrscheinlich blieb dies halbe Dorf, in welchem die Ritter schon 35 1/2 Hufen besaßen und welches also von bedeutendem Umfange war, bei der Comthurei; wenigstens ist von seiner Einlösung keine Spur vorhanden. Im Jahre 1370 hatten die Familien Retzow und Kerkberg (Kirchberg) Besitzungen in Loissow.
Es bleibt für die Geschichte des Besitzes der Comthurei noch zu betrachten übrig: der Antheil an der Müritz und der Erwerb Dargunscher Klostergüter.
Von der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts an brachten die Ritter von Mirow auch den Theil der Müritz an sich, welchen die Urkunden mit dem Namen der Vipperowschen Wasser bezeichnen. Diese Gewässer umfassen im Allgemeinen den Theil des Sees, welcher die Comthureigüter Gaarz und Viezen, Vipperow gegenüber, berührt, und wahrscheinlich auch einige kleinere nahe liegende Seen, da nach einer Urkunde vom 23. April 1361 diese Gewässer "de Vipperoweschen water und de anderen see" genannt werden. Dies läßt sich jedoch wohl nur nach Untersuchungen an Ort und Stelle darthun. Die sogenannten Vipperowschen Wasser waren wohl die Gewässer des ehemaligen Landes Vipporow, welches zur Zeit des Kaufes durch die Ritter aber schon in der Vogtei oder dem Lande Röbel untergegangen war, da die frühern Namen der kleinen "Länder" in dieser Gegend schon im vorigen Jahrhundert theilweise verschwinden.
Das Eigenthum der Müritz gehörte ursprünglich den Herren von Werle, welche aber den nördlichen Theil derselben, die große Müritz, den Städten Röbel und Waren 2 ) und einzelne kleinere Theile und Buchten angrenzenden Vasallen, auch den NW. Theil, an Sietow grenzend, dem Kloster Dobbertin (Schröder P. M. I, 1245 flgd.), unter verschiedenen Bedingungen
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verliehen hatten. Den südlichen, schmalern Theil der Müritz trugen die Herren von Crocher, als werlesche Vasallen, von den Fürsten zu Lehn. Hievon verkauften 1 ) am 20. December 1330 die Gebrüder Johannes und Jordanus von Crocher an den Heermeister Gebhard von Bortvelde und die Ritterconvente von Mirow und Nemerow für 315 Mark wend. Pf. den bezeichneten Theil der Müritz, die Vipperowschen Wasser genannt, in ihren alten Grenzen, mit allen Aufkünften, Freiheiten und Gerechtigkeiten, so wie mit der Gerichtsbarkeit, welche die werleschen Vasallen in ihren Gütern besaßen, und mit der Befreiung von Diensten. Da der Besitz der Müritz aber ein Lehn war, so gaben die von Crocher es in die Hände ihres Lehnherrn zurück, der die Johanniter unter der Bedingung wieder in dasselbe einwies, daß die Herren von Werle es für den Kaufpreis wieder einlösen könnten, wenn sie wollten.
Bald, im Jahre 1361, kauften auf dem Hofe Solzow die Ritter von Mirow diese Gewässer aber noch einmal 2 ), sei es, daß die Herren von Werle den vorbehaltenen Wiederkauf derselben vollzogen hatten, indem diese nach der Urkunde von Johann von Werle auf dessen Sohn Bernhard vererbt waren, - sei es, daß (da das Vererben wohl vom Eigenthumsrecht zu verstehen ist) die Ritter, mit dem bisherigen Lehnsbesitz und der Wiederablöslichkeit nicht zufrieden, ein freies Eigenthum erwerben wollten; auch mochte die Ausdehnung der Gewässer nicht mehr bestimmt und die Lage der alten Grenzen verwischt sein. Genug, die Ritter kauften am 23. April 1361 von dem Fürsten Bernhard von Werle für baare 700 Mark wend. Pf. oder Vinkenaugen die Vipperowschen Wasser, welche in ihren einzelnen Theilen folgende waren: die Vipperowsche Müritz, welche vom Troge (?) und von dem Rothen=Baume bis zu der Schilder Mühle reichte, die Lankow, die Nebel, die Torne, der Mewen=See und der Vipperowsche See, welcher bis nach Buchholz sich erstreckte. 3 ) Diese Gewässer erhielten die Ritter jetzt
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mit allem Rechte, mit der höhern und nieder Gerichtsbarkeit, mit dem Eigenthum und allen Aufkünften, wie die Herren von Werle sie bis dahin besessen hatten, auch mit Ueberlassung aller landesüblichen Abgaben. Ferner erhielten die Ritter oder diejnigen, welche von ihnen die Gewässer in Benutzung haben würden, die Freiheit, die Fische ohne Hinderniß zu verkaufen und sie verfahren zu lassen, wo und wohin sie wollten; der Wademeister sollte (als Bevorzugung oder Beschränkung ?) die Fische nach Röbel zu Markt auf einem Wagen bringen; von Martini bis Petri=Tag in der Fasten (vom 11. November bis 22. Februar) sollten sie aber gesalzene Hechte ausführen können, wohin sie wollten. Ferner wurden alle bisherigen Pächte und Fischereien auf den Gewässern aufgehoben und abgelöset, nur sollten die Herren von Morin aus den verkauften Gewässern eine jährliche Rente von 10 Mark wend. Pf. und einem Drömt Salz und der Hof Solzow die Fischerei mit 24 Wurfnetzen und einem Stocknetze in dem Wasser, der Kessel genannt, an den Grenzen des Hofes behalten. Uebrigens ward es den Fürsten freigestellt, die Gewässer binnen sechs Jahren von den Rittern für den Kaufpreis wiederzukaufen; nach Ablauf dieser sechs Jahre sollte aber der Wiederkauf nicht mehr gestattet sein. sondern das Eigenthum der Gewässer den Rittern auf ewigem Zeiten gehören. Diese Befugniß des Wiederkaufes räumte der Comthur Otto von Stendal den Herren von Werle mittelst einer besondern Urkunde feierlich ein 1 ); jedoch ist es zu einer Einlösung durch die Fürsten nie gekommen, vielmehr ging die Vipperowsche Müritz nach der Aufhebung der Comthurei wieder an die Herzoge von Meklenburg über.
Die genannten Vipperowschen Wasser machten aber nicht den ganzen südlichen Theil der Müritz aus. Dies geht aus einer Urkunde 2 ) hervor, durch welche die Herren Lorenz und Johann von Werle im Jahre 1375 den Gebrüdern Andreas und Heinrich Regedantze die Gewässer verliehen, welche bis dahin die Familie der von Crocheren zu Warne besessen hatte, nämlich die Theile der Müritz vom Böker Mühlengraben am östlichen und von der Kriweser Burg (oder Berg?) am westlichen Ufer bis an das Hofwasser von Solzow und das Dorf Buchholz in den Theilen, welche genannt wurden: der Bodden, die Düpe,
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die Kule, die Verchene mit einem Werder vor Garz, die Klyzige und das Buchholzer Ende. 1 ) Dazu sollten die Regedanze die Freiheit haben, alle Woche zweimal, am Mittwoch und Freitage, Fische auf dem Markt zu Röbel feil zu bieten. Als Recognition für diese Belehnung sollten die Regedanze jährlich 20 Mk. lüb. zahlen und drei Pfund Pfeffer 2 ) am Martinstage auf den Hof Wredenhagen liefern.
Im 16. Jahrhundert entstanden über die Fischerei in der südlichen Müritz große Streitigkeiten und Rechtshändel zwischen den Rittern und den Fürsten (in Beziehung auf das Amt Wredenhagen). Aber schon vorher war manches streitig geworden. Die Urkunde von 1361 3 ) hatte eine Abgabe von 10 Mark wend. Pf. und einem Drömt Salz an die Herren von Morin auf den Besitz der Müritz=Gewässer gelegt. Eine Urkunde von 1482 4 ) sagt, daß die Gebrüder Heinrich (in den rechten doctor), Henneke und Lorenz Morin schon lange mit dem Comthur Achim Wagenschütte von Mirow dieser Abgabe wegen in Streit gelegen hätten, vorzüglich weil dem Comthur die darauf lautende Urkunde abhanden gekommen sei, obgleich nach der Agnitions=Urkunde von 1361 von den Herren von Werle sogar "zwei Briefe" den Rittern ausgestellt waren; das zweite Exemplar, welches hier in Nr. XXVI mitgetheilt ist, mochte wohl im Archive des Heermeisters zu Sonnenburg liegen. Diesen Streit der beiden Partheien schlichteten die Herzoge Magnus und Balthasar in einem Schiedsgerichte dahin, daß die Comthure von Mirow von dem Besitze der Müritz den Morinen jährlich am Martinstage 5 lüb. Mark 5 ) und ein Drömt Salz fernerhin geben sollten, wie diese die Abgabe früher als jährliche Pacht nach urkundlicher Bestimmung genossen hätten; alle Ansprüche aus der ersten Urkunde sollten fortan ruhen.
Einen bedeutenden Zuwachs erhielt im Laufe der Zeiten die Comthurei Mirow durch den Erwerb der Dargunschen
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Klostergüter, welche ihren Hauptbestandtheilen nach gewöhnlich die Heidedörfer genannt werden. Die Güter der Comthurei erstreckten sich gegen Norden nach und nach bis an die Havel bei Kakeldütten und bis an die Seen, welche dieser Fluß durchströmt; unmittelbar daran stießen Besitzungen des Klosters Dargun, und jenseits derselben hatte der Johanniter=Orden noch Eigenthum in Ankershagen und Dambeck. Von der einen Seite mußte es den Rittern wünschenswerth sein, ihre Besitzungen unter einander und mit den Gütern des Stargardschen Klosters Broda in Verbindung zu bringen, und dadurch auch in den Besitz der Straße zu kommen, welche vom Stargardschen in die Herrschaft Werle (über Krazeburg) führt; andererseits konnte auch dem Kloster Dargun eine annehmliche Veräußerung des von ihren Besitzungen abgerissenen Stücks der Haidedörfer, willkommen sein.
Im Jahre 1256 schenkte Nicolaus I. von Werle dem Kloster Dargun das Gut Dalmestorp und den halben See Cobolc (Käbelick); dazu erwarb das Kloster für 500 Mark von dem Fürsten und dessen Vasallen die Dörfer Werder, Techentin, Blankenförde und Granzin mit allem Rechte, wie es die Vasallen Ludewin und Granzov früher von den Herren von Werle besessen hatten. Diese Uebertragung geschah von Seiten der Fürsten einstweilen vielleicht mündlich. Am 14. October 1256 schenkte der Bischof Heinrich von Havelberg dem Kloster den Zehnten aus diesen fünf Gütern 1 ), welche damals zu seinem Sprengel gehörten, in den Verhältnissen, in welchen sie früher zu dem Bischofe von Schwerin gestanden hatten 2 ); sollten die Klosterbrüder die Güter an jemand auf dessen Lebenszeit zum Nießbrauch überlassen, so sollte dieser auch den Zehnten von jenen erwerben können; würde das Kloster aber die Güter auf immer veräußern, so solle der Erwerber den Zehnten wieder vom Bischofe zu Lehn nehmen. Auffallend ist es, daß das Dorf Dalmerstorp in dieser Urkunde Arnoldsdorf genannt wird. - Der Fürst Nicolaus von Werle hatte noch keine Urkunde über die Verleihung ausgestellt; nach den Worten der Schenkungsurkunde hatte er, auf Anmahnung und dringendes Bitten des Abtes, noch am Allerheiligentage (1. Novbr. 1256) die Verleihung in Gegenwart mehrerer werlescher Vasallen am Hauptaltare feierlich bekräftigt, und erst am 6. Januar 1257
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stellte er zu Güstrow die Schenkungsurkunde 1 ) aus, welche aber nur noch in einem Transsumte von 1359 vorhanden ist. In dieser interessanten Urkunde werden die Grenzen dieser Besitzungen genau beschrieben und die Güter von der weltlichen Vogtei und den gewöhnlichen Diensten befreit, überhaupt dem Kloster für diese Güter die Freiheiten ihrer übrigen Besitzungen verliehen. - Die Fürsten Nicolaus II. und Johann II. und der Junker Johann III. von Werle bestätigten am 25. Junius 1314 aus Erkenntlichkeit gegen das Kloster und - für 300 Mark dem Abte Johannes alle Besitzungen 2 ), Rechte und Freiheiten, welche das Kloster von ihrem Großvater Nicolaus und ihren übrigen Vorfahren erworben hatte, namentlich an den Gütern Werder, welches auch Crazeborg genannt werde, Dalmersdorp, Techentin, Blankenvörde und Granzin, und verliehen ihnen dauerndes Eigenthum, höchstes Gericht, Beden und Steuern; namentlich leisteten sie dem Kloster für das Gut Krazeburg auf Jahr und Monat Gewähr, wenn Jemand an dasselbe Anspruch machen sollte. Die 300 Mark Gebühren waren wohl Kaufgelder für Eigenthumsrecht, Abgaben und Dienste, welche das Kloster jetzt erwarb, während es früher die Güter nur zu Vasallenrecht besessen hatte; bloße Consensgebühren, wie Rudloff II. S. 404 will, waren diese Gelder wohl nicht. Nach einem Mirowschen Urkunden=Verzeichnisse hatten die Fürsten Nicolaus und Johann von Werle schon am 23. Junius 1314 zu Gransee den Verkauf dieser Güter im Allgemeinen bewilligt.
Nachdem nun der Heermeister Hermann von Warberg und Otto von Stendal, Comthur von Mirow, für die Comthurei diese Güter von dem Abte Dietrich von Dargun für den Kaufpreis von 3070 Mark wend. Pf. gekauft hatten, bestätigte der Fürst Bernhard von Werle am 19. Jul. 1359, unter Transsumirung der beiden Schenkungs= und Bestätigungs=Urkunden, diesen Kauf 3 ) und übertrug den Rittern, gegen Erlegung von 350 Mark wend. Pf., welche bei der Uebertragung auf andere Besitzer wohl nicht allein Consensgebühren, sondern wohl mehr Entschädigung für dauernde Abgaben= und Dienstfreiheit waren, die fünf Güter auf der Haide mit allen Rechten und Freiheiten, welche dem Kloster in frühern Briefen zugesichert waren. An demselben Tage stellten Comthur und
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Convent von Mirow eine Urkunde 1 ) aus, in welcher sie dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Güter innerhalb zweier Jahre, vom nächsten Martins=Tage an gerechnet, für den Kaufpreis gestatteten; nach Verlauf dieser Frist sollte dieses Wiederkaufsrecht erloschen sein. - Ueber diese Güter finden sich von jetzt an weiter keine urkundliche Nachrichten, als daß, nach einem Urkunden=Inventarium, die Herzoge Magnus und Balthasar am Jacobi=Tage 1472 zu Mirow dem Orden die Dörfer Granzin und Crazeburg mit der Mühle und Mühlenstätte zu Granzin verschrieben und, d. d. Wesenberg am Sonntage nach Vis. Mariae 1491, eine Confirmation über die neue Mühlenstätte zu Granzin ausstellten.
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Ueber die Comthure von Mirow.
D a über die Comthure von Mirow fast nichts bekannt ist, so möchte es hier am Orte sein, die Namen derselben, so viel als möglich, übersichtlich zusammenzustellen.
Im Jahre 1227 wurden 60 Hufen an den Seen Mirow und Dam den Johannis=Hospital=Rittern in Accon geschenkt (qui jugiter ibidem prelia domini preliantur). 1242 kommt zuerst eine curia Myrowe vor. 1249 ist frater Ecbertus de Mirowe Schiedsrichter über Lärz; vgl. Rudloffs Urk.=Lief. XI., S. 35, und Westph. Mon. III., 1492 und 1493; dieser Ecbert ist vielleicht einer der ersten Comthure. Im Jahre 1250 ist auf einem Capitel zu Cölln ein frater H. de Mirowe anwesend; vgl. Schröders P. M. I, 647, wo der Name H(enricus) ausgelassen ist, der in der "Remonstration" (vgl. Jahrb. I. S. 3 u. 9) steht. Derselbe Ordensbruder kommt XVI. kal. Nov. 1251 in einer, zu Werben datirten Urkunde, und zwar als der erste, als Comthur unter den Zeugen vor: frater Heinricus commendator in Mirowe; vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv II. 1, S. 80. Der ermähnte frater Ecbertus de Myrowe ist 1256 Zeuge einer Urkunde in Westph. Mon. III, 1499, und in einer Dargunschen Urkunde von demselben Jahre tritt ein magister Ecbertus auf; (vgl. Jahrb. I. S. 9, flgd.). Hiernach scheint es, als wenn der Bruder Ecbert nach dem Bruder Heinrich Comthur geworden ist. Im Jahre 1270 kommt als Zeuge auch schon vor frater Petrus plebanus in Mirowe; zu dieser Zeit bestand also schon eine Kirche in Mirow; überhaupt standen damals wohl schon die nöthigen Ordensgebäude in Mirow, da in demselben
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Jahre 1270 magister et fratres sacre domus genannt werden und ein frater Ar(noldus) mit dem Titel commendator in Miroe als Zeuge auftritt; von hier an ist auch der Titel commendator durchgehends vorherrschend. Eben so werden 1273 magister et fratres sacre domus in Mirowe erwähnt tempere commendatoris fratris H(enrici) de Honschet in Mirowe existente; wahrscheinlich derselbe frater Heinricus commendator domus hospitalis de Mirowe ist Zeuge einer ungedruckten Urkunde (vom 1. Mai 1272) des Erzbischofs Conrad von Magdeburg, dessen Ministerialis er auch genannt wird. Im Jahre 1296 kommt die erste Nachricht von einem Kloster in Mirow unter dem Comthur Alexander; denn die Brüder handeln als commendator et conuentus fratrum cenobii in Mirowe; auch heißt 1296 die Stiftung domus hospitalis in Mirowe. In einer andern Urkunde von demselben Jahre heißt es zwar: es habe dies frater Alexander suis temporibus geordnet; aber 1298 wird seiner noch erwähnt, also ist der Ausdruck "suis temporibus" wohl von dem noch dauernden Regiment des Comthurs zu verstehen. Im Jahre 1309 ist Hinricus de Wesenberg commendator in Myrowe und in derselben Urkunde ist dominus Henricus prior in Mirowe. 1341 erscheint mit Prior und Convent Rupertus de Mansfeld als Comthur; vgl. v. Raumer Cod. Dipl. Brandenb. contin. I, 26. In den Jahren 1351, 1359 und 1361 ist Otto von Stendal cummendur des huses to Myrowe; jedoch schon im J. 1345 kommt er als solcher in einer Urkunde vor; vgl. v. Ledebur Allgem. Archiv I. 3, S. 243; in den Jahren 1304, 1306, 1307 und sonst kommt ein Otto von Stendal im Gefolge der Markgrafen von Brandenburg vor. Im Jahre 1387 ist Dethlof von Walmede Comthur. -So weit reichen die Nachrichten aus den bisher ungedruckten Urkunden der Comthurei. Aus andern gedruckten und ungedruckten Urkunden und Archivacten läßt sich die Reihe der Comthure bis zu Ende fortführen. - Im J. 1404 ist herr Eggert Freiberg Compter zu Mirow; vgl. Schröders P. M. II. 1724 und Westph. Spec. p. 189. Im Jahre 1447 ist her Hans von der Buke Cumptur to Mirow Richter in einem Streite des Klosters Wanzka. In den Jahren 1455-1468 kommt Berend von Plessen, welcher auch fürstlicher Rath war (vgl. Rudloff II, S. 929) öfter als Comthur vor; vgl. Küsters Opusc. XIII, 108, Schröders
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P. M. II, 2095 und 2208, u. a. O.; B. von Plessen † 1468 in Rostock. Dieses Comthurs unmittelbarer Nachfolger war Achim Wagenschütte, geistlicher Rath der Herzoge (vgl. Rudloff II, S. 933) und 1474 sogar Compter zu Mirow und zu Nemerow; er kommt noch am 3. März 1503 vor als Zeuge einer Urkunde des Grafen von Lindow in Gercken Cod. dipl. Br. I, S. 105. Die darauf folgenden Comthure sind: Melchior Barffus 1514-1527, Liborius von Bredow 1528-1541 und Sigmund von der Marwitz vom 19. bis zum 25. März 1541. Am 19. März 1541 besetzt Herzog Wilhelm von Braunschweig mit Willen der Herzoge die Comthurei und handelt als Comthur bis zum 23. December 1552, wo die Comthurei für den Herzog Christoph von Meklenburg eingenommen wird, welcher dem Herzoge Wilhelm von Braunschweig jedoch den fernern Genuß derselben gestattete. Im Jahre 1564 werden für den Herzog Johann von Meklenburg Unterhandlungen über die Einräumung der Comthurei angeknüpft; in demselben Jahre wird aber Herzog Carl († 1610) von Meklenburg zum Comthur ernannt. Dies sind die drei Herzoge von Meklenburg, welche gewöhnlich als Comthure betrachtet werden (vgl. Schröder P. M. I. 1099). Darauf ward die Comthurei für die Herzoge von Meklenburg verwaltet, bis sie dieselbe durch den westphälischen Frieden einzogen.
Es steht noch zur Frage, ob die Comthurei Mirow eine Ritter=Commende oder Priester=Commende gewesen sei (vgl. Jahrb. I. S. 178). Nach dem vorherrschenden Vorkommen eines Comthurs und dem, von den Rittern geleisteten Kriegsdienste (vgl. Jahrb. I, S. 31) ist die Comthurei wohl eine Ritter=Commende gewesen. Aber eben so wahrscheinlich ist es, daß auch eine Priester=Commende mit derselben verbunden war. Im J. 1309 ist nämlich neben dem Comthur auch ein Prior zu Mirow und im J. 1341 kommt vor: Rupertus de Mansfeld commendator domus Mirow, prior et totus conventus ibidem. Aehnlich scheint es zu Werben gewesen zu sein, wo in einer ungedruckten Urkunde vom Jahre 1238 vorkommen: testes: Reynfridus plebanus de Werbene, Alexander, Johannes, Ludolfus, Gregorius, sacerdotes, Dethmarus, miles sancti Johannis hospitalis in Werbene.
Hiernach gestaltet sich die, gewiß noch lückenhafte Reihe der Comthure folgendermaßen:
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Comthure von Mirow:
1227 | - | (fratres hosp. S. Joh. in Accon). | |
1242 | - | (curia Mirowe). | |
1250 | - | 1251 | frater Henricus commendator in Mirowe. |
1256 | - | frater Ecbertus de Mirowe (magister). | |
1270 | - | Arnoldus Commendator. | |
1272 | - | 1273 | Henricus de Honschet. |
1296 | - | 1298 | Alexander. |
1309 | - | Henricus de Wesenberg. | |
1341 | - | Rupertus de Mansfeld. | |
1345 | - | 1361 | Otto von Stendal. |
1387 | - | Dethlef von Walmede. | |
1404 | - | Eggert Freiberg. | |
1447 | - | Hans von der Buke. | |
1455 | - | 1468 | Berend von Plessen. |
1468 | - | 1503 | Achim Wagenschütte. |
1514 | - | 1527 | Melchior Barffus. |
1528 | - | 1541 | Liborius von Bredow. |
1541 | - | Sigmund von der Marwitz. | |
1541 | - | 1552 | Herzog Wilhelm von Braunschweig. |
1552 | - | 1564 | Herzog Christoph von Meklenburg. |
1564 | - | Herzog Johann von Meklenburg. | |
1564 | - | 1610 | Herzog Carl von Meklenburg. |
Antiquarisch=topographische
Nachrichten
von der Comthurei Mirow
sind nicht mehr zu finden. Der Herr Pastor Giesebrecht zu Mirow berichtet darüber Folgendes:
"Alle Bauten in Mirow sind aus neuerer Zeit. Die 1742 abgebrannte Kirche ist 1744 wieder eingeweihet worden; der älteste Sarg in der herzogl. Gruft ist von 1675 (Herzog Johann Georg). Vom ehemaligen Johanniterthum nirgends die leiseste Spur. Das Schloß ist etwas älter, als die Kirche, aber immer
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ein Gebäude aus neuer Zeit, wie schon der flüchtigste Anblick zeigt. Es ist mir auch schon früher auffallend gewesen, daß weder an dem beim Brande stehen gebliebenen und beim Neubau wieder benutzten Gemäuer, noch auf dem Fußboden der Kirche der allergeringste Fingerzeig auf die alte Zeit zu finden ist. Die frühesten Pfarrschriften gehen nicht weit über den Anfang des vorigen Jahrhunderts hinaus; auch in der Amts=Registratur ist nichts, so weit ich habe erforschen können. Ueber Mirow kann ich nur die Auskunft geben, daß nichts da ist."
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B. Ueber das Land Turne,
auch
über das Land Lieze und die
übrigen alten Gaue des
südöstlichen Meklenburgs.
D ie östlichen und südöstlichen Gegenden Meklenburgs sind nicht allein für die historische Entwickelung meklenburgischer Verhältnisse von Wichtigkeit, sondern haben auch immer die Aufmerksamkeit unserer Nachbaren, der Brandenburger und Pomeraner, ja selbst deutscher Forscher auf sich gezogen und um so mehr zur eifrigen Verfolgung der Wahrheit gereizt, als in diesen Gegenden Alles: Topographie, Besitz, Landeshoheit, Episcopalrechte u. s. w., in den altern Zeiten in Dunkel und Verwirrung zu liegen scheint. Um nun zur Aufklärung zu gelangen, wird es am gerathensten sein, von einem bestimmten Theile dieser Gegenden auszugehen, und, wenn möglich, dessen Grenzen und Eigenthumsverhältnisse zu bestimmen, um damit zugleich nach einer Seite hin Sicherheit für die übrigen Theile zu erhalten. Die ältere Geschichte der Johanniter=Comthurei Mirow giebt die nächste Veranlassung zur Erforschung der Ausdehnung des Landes Turne.
Die wahre Lage und die Herren des Landes Turne sind bis auf die neuesten Zeiten nicht ganz ermittelt. Abgesehen von der völligen Unbekanntschaft vieler älterer Historiker mit der Lage des Landes und von der Verwechslung desselben mit dem westlicher gelegenen Lande Ture 1 ) (dem Amte Lübz),
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haben selbst die gründlichsten Forscher in der alten Geographie dieser Landestheile, Rudloff 1 ) und Riedel 2 ), nicht ganz zum gewünschten Ziele gelangen können. Schwierig bleibt es immer, die Lage der alten "Länder" (terrae oder provinciae) zu begrenzen, da unsere älteren Urkunden aus einer Zeit stammen, in welcher die alten wendischen "Länder" in die Vogteien der neuen christlichen Herrscher umgewandelt wurden, und die alten Namen nur noch als Seltenheiten vorkommen. Jedoch ist es bei dem Lande Turne vielleicht noch möglich, die einzelnen Theile desselben in ihrem unmittelbaren Zusammenhange nachzuweisen. Es folgt hier zunächst eine Aufzählung der Theile des Landes Turne in ihrer Aufeinanderfolge von S. nach N. nach urkundlichen Beweisen.
Im J. 1237 hatte Nicolaus von Werle dem Kloster Doberan 50 Hufen im Lande Turne, beim Orte Zechlin um zwei Seen gelegen, mit diesen Seen und dem aus denselben fließenden Bache geschenkt, und der Bischof Brunward von Schwerin dem Kloster die Zehnten aus diesen Besitzungen verliehen 3 ); im J. 1244 stellte Nicolaus von Werle dem Kloster eine Schenkungs=Urkunde über diese Güter aus 4 ) und gestattete demselben zugleich, das Land durch eigne Leute oder Fremde anzubauen und Leute jeglichen Volks und jeglicher Kunst zu berufen. Nach einer Bestätigungs=Urkunde vom J. 1249 war schon der Ort Zechlin gebauet und der Grundbesitz
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des Klosters daselbst um 25 Hufen vermehrt 1 ); hiezu kamen noch 10 Hufen durch die Schenkung einiger Ritter, worauf Nicolaus dem Kloster in demselben Jahre den Besitz von 86 Hufen des Ortes Zechlin und der Gewässer confirmirte. 2 ) Diese Besitzungen tauschte jedoch der Fürst Heinrich II. von Meklenburg 1306 von dem Kloster ein, weil sie mit seinem neu erworbenen Lande Stargard grenzten und dem Kloster zu entfernt lagen. 3 )
Unmittelbar nördlich an Zechlin grenzten die Besitzungen des Klosters Dobbertin im Lande Turne, welche aus der jetzigen sogenannten hintern Sandprobstei bestehen. Im J. 1257 erließ der Bischof Heinrich von Havelberg diesem Kloster die Zehnten von dessen Besitzungen im Lande Turne, welche damals aus den Dörfern Laerz mit 40 Hufen, Verling mit 30 Hufen, Schwarz mit 30 Hufen und Zetin mit 20 Hufen bestanden 4 ), und welche jetzt die Feldmarken Laerz und Schwarz bilden; von Verling, welches schon im 13. Jahrhundert zu Laerz gelegt ward, zeugt nur noch der Verling=See nördlich und von Zetin der Zetner=See mit der "Dorfstelle" und "wüsten Feldmark Zeten" südlich an der Feldmark Schwarz. Das Kloster muß diese Besitzungen schon früh erhalten haben, da der Besitz von Laerz schon im Jahre 1249 zwischen den Klöstern Krevese und Dobbertin streitig war und von einem Schiedsgericht dem letzern zugesprochen
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ward. 1 ) Solche Vorgänge mochten denn auch wohl die Ursache sein, daß die Fürsten Nicolaus, Heinrich und Johann von Werle bei Gelegenheit der Erneuerung der Privilegien des Klosters besonders die Grenzen seiner Besitzungen im Lande Turne festsetzten. 2 ) - Das südwestlich an Schwarz grenzende, jetzt wüst liegende Dorf Sagewitz erwarb das Kloster im J. 1280 3 ) und das südöstlich grenzende Dorf Dimitz im J. 1282. 4 )
Unmittelbar nördlich von den Gütern des Klosters Dobbertin lagen die Besitzungen des meklenburgischen Jungfrauen=Klosters Eldena. Der Fürst von Werle schenkte nämlich im J. 1241 diesem Kloster im Lande Turne 30 Hufen an den Seen Vieltz und Raetz, so wie zur Erbauung einer Mühle den Bach Driculne an den Grenzen dieser Hufen 5 ); diese Hufen und Gewässer bildeten bald die Feldmark und das Dorf Fleth (oder Vilet oder Viletz) mit der Flether Mühle am Flether Bach, welche Besitzungen das Kloster noch vor 1270 unter Genehmigung des Fürsten Nicolaus an die Johanniter zu Mirow verkaufte. 6 )
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Unmittelbar nördlich an diese Besitzung grenzten die ersten Erwerbungen des Johanniter=Ordens im Lande Turne, indem Heinrich Borwin II. von Rostock den Rittern, wahrscheinlich 1226, 60 Hufen im Lande Turne schenkte, welche Hufen mit dem Dorfe Mirow und den Seen Mirow und Dammene die Herren von Meklenburg im Jahre 1227 dem Orden bestätigten. 1 ) Nachdem Nicolaus von Werle im Jahre 1242 zu diesen Hufen noch einige Aecker hinzugefügt hatte 2 ), bestätigte er im J. 1270 den Rittern den Besitz der Feldmarken der Dörfer Mirow, Gramzow und Peetsch. 3 )
Dies sind sämmtliche, bisher bekannte Zeugnisse des 13. Jahrhunderts über die Ausdehnung des Landes Turne; gegen Ende des 13. Jahrhunderts verschwindet der Name des Landes und an der Stelle desselben werden nur das Kloster Dobbertin, die Comthurei Mirow u. s. w. genannt, während auch umher neue Namen statt der alten entstehen, wie z. B. die Herrschaft Stargard, die Vogtei Röbel u. s. w. Sicher umfaßte aber im 13. Jahrhundert das Land Turne, im engsten Zusammenhange folgende Ortschaften und Gewässer von S. nach N.:
Zechlin mit den Seen Wolewitz und Lubetow, Schwarz mit dem Schwarzer und Zethner See, die Seen Vieltz und Raetz mit dem Flether Bach und der Flether Mühle, das Dorf Fleth, die Dörfer Peetsch, Mirow und Gramzow mit den Seen Mirow und Damm, und das Dorf Lärz.
Wahrscheinlich ist, daß sich das Land Turne nach W., N. und O. hin noch weiter erstreckte; die Wahrscheinlichkeit kann aber beinahe zur Gewißheit erhoben werden, wenn es gelingt, den venachbarten Ländern ihre Grenzen gegen das Land Turne anzuweisen.
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Im Westen grenzten die Gewässer der Müritz. Die Müritz scheidet sich in zwei Theile: in den nördlichen, welcher das Wasserbecken der großen Müritz umfaßt, und in den südlichen, zu welchem die vielen schmalen Theile und kleinen Buchten und Seen gehören und welche noch im Anfange des 14. Jahrhunderts die Vipperowschen Wasser 1 ) genannt werden. Dieser Theil gehörte denn wohl zu dem alten Lande Vipperow, jener zu dem alten Lande Müritz. Diese Gewässer mögen denn auch wohl die Grenze der Länder Vipperow und Müritz gegen das Land Turne gebildet haben, es sei denn, daß die Güter Krümmel, Gaarz, Viezen, Retzow, Roggentin, Rechim, Leppin und Klopzow am östlichen Ufer der Vipperow schen Wasser noch zu dem Lande Vipperow gehörten, da wir über die Lage dieser Güter keine Nachrichten besitzen. 2 )
Im SW. ward Turne unmittelbar von dem kleinen Lande Lieze begrenzt. Dies Ländchen lag zwischen dem Lande Turne und der Dosse, d. h. der Prignitz. Der Name erscheint zuerst in einer Urkunde vom Jahre 1274, "nach welcher die "Dosse das Havelbergische Stiftsland vom Gebiete der Herren von Werle (terra Lieza) schied; nur die Dörfer Babitz und Groß=Haslau am linken Dosse=Ufer gehörten zu Wittstock und zur Prignitz". 3 ) Oefter werden in ungedruckten Archiv=Nachrichten vom 14. bis zum 16. Jahrhundert
"Swinrich, Berlin, Sewikau und Dransee, die vier Dörfer auf der Liezen"
genannt. Diese Güter besaß das Kloster Amelungsborn wohl schon vor 1256 4 ), bis es dieselben im Jahre 1430 an das Bisthum Havelberg verkaufte 5 ); es waren die
"gudere, de - (se) - hadden up der Lytze belegen twischen Wisteke und Myrow, -
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"nomeliken de hoffstede to deme Drantze, dat dorp to deme Dranze und de nagescreven dorpere Swynreke Sevekow, beyde Bale, beyde Roderanke, Zempow, Uchtorpe, Luttiken Berlin unde de zee to groten Berlin, de kulemollen, den schild und schildermollen."
In dieser Urkunde wird klar angegeben, daß das Land Lieze grade zwischen dem Lande Turne und der Prignitz, d. h. nach der Urkunde zwischen der Comthurei Mirow und der Stadt Wittstock, lag. Und dies bestätigt auch die Geographie des Landes Turne, da die östlichsten Dörfer der Lieze, Zempow und Schweinrich, östlich und südöstlich an die dobbertinschen und zechlinschen Güter grenzen, welche schon im Lande Turne lagen. - Diese Güter des Klosters Amelungsborn wurden übrigens nach den Urkunden und einem Heberegister aus dem vierzehnten Jahrhundert 1 ) von dem Haupthofe Dransee verwaltet. 2 )
Die Lieze gehörte in der mittlern Zeit nicht den Herren von Werle, sondern den Herren von Meklenburg. Im J. 1353 verlieh nämlich, nach einer ungedruckten Urkunde 3 ), der Herzog Johann von Meklenburg=Stargard dem Henning Beer erblich das Obermarschallamt und legte dazu alle fürstlichen Gefälle von
Mehr als wahrscheinlich war das Land also mit der Herrschaft Stargard an Meklenburg gekommen. Als im Jahre 1445 dem Capitel von Havelberg der Besitz der ehemaligen Amelungsborner Güter bestätigt ward, behielten sich die Herren von Meklenburg (zu dieser Zeit freilich schon nach dem Aussterben der werleschen Linie) bevor, was sie seit langer Zeit davon besessen:
"besittunge, den dinst, de bede, dat lantding, wes dar van vallen mag, vnde den tollen to dem Dranse".
Südlich gehörte zu dem Liezlande der Besitz des liefländischen Cisterzienserklosters Dünamünde bei Riga, welcher, seit
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1232, aus den Gebieten von Netzeband und Rossow bestand 1 ); denn öfter wird in alten Archivnachrichten
genannt.
Im Norden der Amelungsborner Güter hatte das rheinische Cisterzienserkloster Kampen Besitzungen, deren Haupthof das Gut Kotze (jetzt Mönchhof, südlich von Wredenhagen) 2 ) ward: im J. 1233 3 ) verlieh Nicolaus von Rostock, mit Einwilligung seiner Brüder Johann, Heinrich und Pribislav, dem Kloster 50 Hufen mit dem See Kotze (dem heutigen Mönchsee bei Wredenhagen). Hiernach scheint dieser Besitz uraltes meklenburgisches Eigenthum gewesen zu sein, da es von den Söhnen Heinrich Borwins weggeben wird, also nicht zum Lande Lieze, sondern zum Lande Vipperow gehört zu haben. Diese Besitzungen bestanden 4 ) übrigens aus dem Hofe Kotze (Mönchhof) mit dem See (Mönchsee) und den Dörfern Kiewe, Winterfeld, Wüsterade, Schönefeld, Großen Berlin und Glowen. 5 )
Gegen SO. und O. im S. grenzte an Turne ein Theil des später sogenannten Landes Stargard 6 ), welches seit der Mitte des 13. Jahrhunderts im Besitz der Markgrafen von Brandenburg war 7 ), und zwar derjenige Theil, welcher als ein eigner Landestheil durch das Gebiet des Ortes Wesenberg näher bezeichnet, und öfter in Verbindung mit dem Lande Lieze aufgeführt wird. Daß aber das Gebiet von Wesenberg nicht auf der Lieze lag, geht daraus hervor, daß beide durch das Land Turne von einander getrennt wurden. Im Jahre 1270 wird ausdrücklich gesagt, daß gegen Osten hin das Gebiet von Mirow, welches im Lande Turne lag, bis zu der Grenze
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von Wesenberg gehen solle 1 ); im J. 1295 setzt (nach einer Ungedruckten Urkunde) der Jungher Otto von Brandenburg dem Grafen Helmold von Schwerin "Haus und Stadt Wesenberg, wie es die wendischen Herren seinem Vetter und Vater geliehen", zum Pfande; endlich verleihen die Markgrafen von Brandenburg den Fürsten von Meklenburg im J. 1329 außer dem Lande Stargard auch:
"Wesenberg, hus vnde stat, mit der Lice, welche Ausdrücke in der kaiserlichen Urkunde wörtlich wiederholt werden, durch welche Kaiser Karl IV. im J. 1348 die Fürsten von Meklenburg zu Herzogen erhob. Das Land Wesenberg scheint also mit der Lieze ursprünglich den meklenburgischen Fürsten gehört zu haben und erst später durch Verleihung an Brandenburg gekommen zu sein, von denen es wieder an Meklenburg kam.
Wie weit sich gegen O. und NO. das Land Turne erstreckt habe, ist freilich einstweilen nicht mit Sicherheit anzugeben. Es ist aber mehr als wahrscheinlich, daß noch die Feldmarken Loissow, Roggentin, Kakeldütten und Blankenförde, welche die Comthurei Mirow unmittelbar an ihren Ostgrenzen im Lande Turne erwarb, mit zu demselben gehörten, wenn es auch nicht ausdrücklich gesagt wird, und daß das Land Turne bis an die Havel und die zahlreichen Havelseen, namentlich bis an den Userinschen See reichte. Mit diesen Gewässern begann das Land der Redarier oder Raduir (das jetzige Amt Strelitz). Der urkundliche Beweis dieser Ansicht muß einer folgenden Untersuchung überlassen bleiben, da es gegenwärtig vorzüglich nur Zweck ist, die Ausdehnung des Landes Turne nachzuweisen, um eine Westgrenze des Landes der Redarier zu gewinnen.
Unsicher bleibt aber die Ausdehnung des Landes Turne gegen N. und NW. Außer dem, was nach dem hier Mitgetheilten von den Fürsten an geistliche Stiftungen verliehen war, wird nichts weiter als besonders zum Lande Turne gehörig genannt. Was nördlich und nordwestlich an die ersten Besitzungen der Comthurei Mirow grenzte, war schon früh an Ritter verliehen, von denen in dieser Gegend außer Andern vorzüglich die Retzow, Lehsten, Brusehaver, Buno u. A. vorkommen, welche die Comthurei Mirowo zum Theil auskaufte. Am bemerkenswerthesten aber ist in Beziehung auf das Land Turne das Geschlecht der Ritter von Havelberg,
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deren Besitzungen Riedel mit Geschicklichkeit in die Beschreibung des Landes Turne verwebt 1 ). Der Ritter Johann von Havelberg besaß ein Gut an den Grenzen von Zechlin; im J. 1256 war nämlich durch eine Mühlenanlage des Klosters Doberan der See an der Grenze von Zechlin so hoch gestiegen, daß die benachbarten Ländereien des Johann von Havelberg überschwemmt wurden. Der Streit ward durch ein Schiedsgericht, bei welchem auch ein frater Conradus de Dunemunde gegenwärtig war, im genannten Jahre geschlichtet 2 ). Diese Besitzung lag offenbar an der Südgrenze des Landes Turne.
Außer dieser, dem Namen nach unbekannten Besitzung des Johannes von Havelberg besaß derselbe ein großes Gut in der Nordwestgrenze des Landes Turne oder der Comthurei Mirow, nämlich das Gut Bök. Daß Riedel dieses wichtigen Umstandes nicht erwähnt, hat theils darin seinen Grund, daß die Mirowschen Urkunden unbekannt waren, theils darin, daß er die Urkunde in Rudloff's Urk. Lief. Nr. XXVIII übersehen hatte, weil darin von den Besitzungen eines Berthold von Havelberg die Rede ist.
Da das Geschlecht der Ritter von Havelberg in der Geschichte der Müritz=Gewässer und des Landes Turne eine nicht unwichtige Rolle spielt, so wird es zur Aufklärung der Verhältnisse beitragen, wenn die Genealogie desselben klar ist. Ich theile hier mit, was ich in den Archiven zu Schwerin und Berlin und in gedruckten Urkunden habe auffinden können. Latomus führt in seiner Genealogie nur das Geschlecht auf, ohne einzelne Personen zu nennen und Riedel, welcher so manche Genealogie aufhellt, erwähnt nur des Johannes und seines Bruders.
Die Edlen von Havelberg hatten gewiß ihren Namen von der Stadt Havelberg (vgl. Riedel a. a. O. I., 285), müssen sich aber schon früh aus der Mark nach Meklenburg gewandt haben, indem sie, als Ritter oder Knappen (milites oder famuli), in der meklenburgischen Geschichte beständig im Gefolge der Fürsten von Werle (oder Rostock, Güstrow oder Röbel), am häufigsten zu Güstrow und Röbel, vorkommen, auch unter den Burgmännern (castellanis) von Röbel und unter den Räthen der Fürsten erscheinen und vor andern Lehnsleuten der Herren von Werle ihre Rechtsgeschäfte abmachen (vgl. Mirowsche Urk. von 1276); endlich lagen ihre Besitzun=
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gen in Werleschen Landestheilen. Zuerst kommen vor als Zeugen in einer Mirowschen Urk. v. 1227: Gotimerus (nicht Gotinus, wie Buchholtz und nach ihm Riedel I., 419 haben) et Johannen frater suus de Havelberch milites. Ihren Namen Havelberg mußten sie schon längere Zeit getragen haben, da sie zu derselben Zeit sich nach einem Gute nannten, und den Namen Havelberg als Beinamen zufügten: in einer ungedruckten transsumirten und übersetzten Urkunde des Klosters Broda kommen nämlich 1230 als Zeugen vor: Hans und Gereszlav broder, knapen, vann Wopen, heten Hauelberg; der Ort Wopen ist mir unbekannt. Nach einer Urkunde des Liudgeri=Klosters bei Helmstädt vom J. 1243 war ein Johannes von Havelberg ministerialis dieses Klosters und hatte in Wevensleve, Seilschen, Drugtesberge und Sierslove Besitzungen, von denen das Kloster einige ankaufte (vgl. Neue Mittheil. des thüringisches. Vereins II., 2 u. 3, 1836, S. 489); ob dieser Johannes von Havelberg mit unserm Ritter eine Person ist, vermag ich nicht zu bestimmen. Auch der Johannes de Havelberg, welcher im J. 1237 Zeuge einer Urkunde der Brüder Plothe zu Kyritz war, mag mit dem meklenburg. Ritter dieselbe Person sein; vgl. Gercken Fragm. March. II., S. 19.
Johannes von Havelberg war der Stammhalter des Geschlechts in Meklenburg, und war 1256 im Besitz eines Gutes an der Grenze von Zechlin (Westph. Mon. III., 1499) (vielleicht Repen statt Wopen?) und nach einer Mirowschen Urkunde von 1273 im Besitz von Bök an der Müritz, welches Gut im 13. und 14. Jahrh. das Hauptgut der Familie war. Johannes von Havelberg, miles, kommt als Zeuge von 1227 bis 1273 häufiger vor (vgl. Mirowsche Urk. von 1227, 1241, 1242 u. 1257; Beckmanns Beschr. der M. Br. V., II., S. 174; Westph. Mon. III., 1484, 1486, 1488, 1492, 1493; Schröder P. M. I., 620; Rudloff Urk. Lief. p. 37). Im J. 1273 war nach einer Mirowschen Urk. Johannes von Havelberg schon todt; in demselben Jahre tritt sein Sohn Bertoldus de Hauelberge miles als Zeuge und darauf als Contrahent wegen des Böker Mühlengrabens auf (nach Mirowschen Urkunden). Im J. 1274 ist ein Herrmannus de Hauelberge Zeuge in einer Urk. bei Rudl. Urk. Lief. Nr. XXVIII., in welcher auch des Bertoldus gedacht wird. Im J. 1276 verhandelt Bertoldus miles, filius domini Johannis de Hauelberg für sich und seine Brüder wegen Bök (in einer Mirowschen Urk.) und Zeugen sind: H.(enricus?) de Hauelbergh cum ipso actore fratre suo Ber.
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Dieser H. de Hauelbergh ist wohl Heyne de Hauelberghe miles, im J. 1277 Zeuge einer Urkunde in Rudl. Urk. Lief. S. 97. Darauf kommen 1285 zwei Brüder Johannes und Nicolaus vor (nach ungedruckten Urk. im Schweriner Archiv); Johannes, ritter, 1318, pinguis zubenannt (vgl. Cleemann's Parchimsche Chronik, S. 237), erscheint noch 1307, 1311, 1313 und 1328 als Zeuge (vgl. Schweriner Urk., Schröder P. M. I., 936, Westph. Mon. IV., 935 und ungedr. Urk.) und Nicolaus, ritter, noch 1318 (vgl. Schröder's Wism. Erstl. S. 374). In einer folgenden Generation wird Mathias von Havelberg famulus unter den consiliariis der Werleschen Fürsten genannt 1342, 1346 und 1354 (in 2 Mirowschen Urk., einer Stettiner und einer Schweriner Urk.). Zu gleicher Zeit erscheinen in Urk. des Schweriner Archivs 1356 Henneke Havelberg, und 1375 Kunecke Havelberg, und endlich 1431 Heinrich Havelberg, mit welchen das Geschlecht zu verschwinden scheint. Henneke und Kunecke von Havelberg waren im Besitze von Walow, welches von ihnen auf die von Flotow überging, und Heinrich von Havelberg (1431) besaß Striggow.
Hiernach gestaltet sich folgendermaßen der Stammbaum der
Im J. 1273 hatte Nicolaus von Werle dem Johannes von Havelberg Geld dafür gegeben, daß er durch die Besitzungen desselben einen Kanal (magnum fossatum) graben durfte 1 ), durch welchen das Müritzwasser abgelassen werden konnte. Dieser Kanal berührte die Böker Mühle, welche damals schon
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den Johannitern zu Mirow gehörte 1 ). Im Jahre 1276 bestätigten die Herren von Werle dem Orden den Besitz dieser Mühle und bewirkten, daß die Söhne des Johann von Havelberg, nämlich Berthold und Heinrich (oder Hermann) allen Ansprüchen entsagten, welche sie wegen des Laufes des Mühlwassers haben könnten 2 ). Dieser Böker Mühlengraben oder der Kanal ging durch die Südgrenze des, den Herren von Havelberg gehörigen Gutes Bök. - Nach einer andern Urkunde in Rudloff Urk. Lief. Nr. XXVIII verkaufte der Fürst Nicolaus von Werle am 25. Aug. 1274 der Stadt Röbel die silva tenebrosa (nach der Schmettauschen Charte: den Wahrenschen und Röbelschen Wohld zwischen dem Specker See und der Müritz) an dieser Seite der Müritz und bestimmte zugleich die Grenzen dieses Bruchwaldes, welche von Rudloff nicht ganz richtig andeutet sind (vgl. Rudl. Urk. Lief. a. a. O. und Meklenb. Geschichte I., S. 76, Not. n.). Diese Grenzen der silva tenebrosa sind: gegen NW. der Müritz=Busen Rederank in seinen, sich schlängelnden südöstlichen Ufern von der Müritz gegen Nordosten hin bis zu den Grenzen des Dorfes Jamen, wovon nur noch der Jambker=See seinen Namen trägt; gegen O., so weit der Bruch (palus der silva tenebrosa) den festen Boden der Aecker des Dorfes Palitz berührt (d. i. die westlichen Anhöhen der Pertinenzen des Gutes Federow: Schwarzenhof und Friedrichshof oder Lehmhorst, an welche noch eine "Dorfstelle" beim Hohlbaumsee grenzt), am Lubow=See vorbei, bis zu den Grenzen von Specke, und von dort nach den Grenzen Bertholds von Havelberg, nämlich nach dem Dorfe Seedorf und von da, so wie die Grenzen sich ziehen vom Dorfe Böken bis zur tenebrosa silva des Böker Wohlds und von hier zurück bis zum festen Lande an der Müritz. - Die silva tenebrosa, wohl eine appellative Benennung für: "Bruch" oder "Wohld", so weit sie der Röbelsche Wohld genannt wird, war also die Nordgrenze der Besitzungen der Herren von Havelberg. Da nun die Müritz westlich grenzen mußte und das Mirowsche Comthurei=Gut Schildersdorf die Ostgrenze bildete, so ist es klar, daß die heutige Feldmark des Gutes Bök die nördlichen Besitzungen der Herren von Havelberg bildete.
Da schon Besitzungen der Städte Röbel und Wahren bis an die Güter der Herren von Havelberg reichten, so scheint
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die Annahme nicht gewagt zu sein, daß die Besitzungen der letztern in der nordwestlichen Grenze des Landes Turne lagen.
Hiernach reichte das Land Turne von den Südgrenzen Zechlins gegen W. und NW. bis zur Müritz und gegen N. und NO. bis zu den Havel=Gewässern, und umfaßte ungefähr das jetzige Gebiet von Zechlin, der Dobbertinschen Kloster=Güter in der hintern Probstei und des jetzigen Amtes Mirow, der ehemaligen Comthurei Mirow.
Unsicherer als die Ausdehnung des Landes Turne ist die Oberherrlichkeit über dasselbe; um einigermaßen sicher zu gehen, wird es am gerathensten sein, die einzelnen Theile desselben einer Prüfung zu unterwerfen. Die der Comthurei Mirow gehörenden Güter im Lande Turne erscheinen ohne Ausnahme unter der Oberherrschaft der Herren von Werle; eine markgräfliche Bestätigungsurkunde über die erste Schenkung v. J. 1227 ist in ihrer Form zu unsicher, als daß man sie für ein öffentliches, allgemein gültiges Document sollte halten können 1 ). Außer dieser einzigen Urkunde ist von einem Einflusse der Markgrafen von Brandenburg auf die Comthurei Mirow keine Spur vorhanden, es sei denn, daß man die Abgaben an Zins und Münzpfennigen, welche Heinrich II. von Meklenburg aus den südlichen Comthureidörfern zu erheben hatte und im J. 1303 an die Comthurei überließ 2 ), für eine aus brandenburgischer Oberherrlichkeit herrührende Abgabe halten wollte, welche mit dem Lande Stargard an diesen Fürsten übergegangen war. Aber diese Hebungen konnten auch aus der ehemaligen ungetheilten Landesherrlichreit sämmtlicher meklenburgischer Fürsten nach dem Tode der Borwin herrühren 3 ), da Heinrich bekennt, daß er durchaus kein anderes Recht an diesen Gütern habe, vielmehr in der Urkunde von 1304 4 ) ausspricht, daß er eine Geldunterstützung von Seiten der Ritter für ein reines Geschenk ansehe.
Die Güter Zechlin wurden ebenfalls nur von den Herren von Werle verliehen, und als Heinrich II. von Meklenburg sie von dem Kloster Doberan erwarb, bedurfte dieser Tausch einer Bestätigung des Herrn Nicolaus von Werle 5 ).
Nur die Güter des Klosters Dobbertin, namentlich Sagewitz, Schwarz, Zettin und Dimitz, scheinen in einer ober=
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lehnsherrlichen Abhängigkeit von Brandenburg gestanden zu haben; denn obgleich die Herren von Werle dem Kloster seine Güter im Lande Turne im J. 1274 bestätigten, holte das Kloster dennoch in den Jahren 1280, 1282 und 1285 markgräfliche Bestätigung ein 1 ).
Was die Episcopalherrschaft über das Land Turne betrifft, so stand dasselbe bis zum Jahre 1255 unter dem Bischofe von Schwerin, seit diesem Jahre unter dem Bischofe von Havelberg 2 ). Ueber die Zehnten aus Zechlin verfügt im J. 1237 noch der Bischof Brunward von Schwerin, am VII. Idus März 1255 schon der Bischof Heinrich von Havelberg, bei welchem Zechlin auch noch 1306 war 3 ). Die Zehnten aus den Dobbertinschen Klostergütern verleiht derselbe Bischof von Havelberg am 18. Jan. 1257 dem Kloster 4 ), und eben so verfügt er am 14. Octbr. 1256 über die Zehnten aus den nördlichsten Dörfern der Comthurei Mirow, welche früher dem Bischofe von Schwerin gehört hatten 5 ). Im J. 1341 bekennt der Comthur Rupert von Mansfeld, daß die Kirche zu Starsow dem Bischof von Havelberg unterworfen sei 6 ).
Die schwierigste Frage aber, welche hier endlich berührt werden möge, ist die: ob das Land Turne in den ältesten Zeiten der meklenburgischen Geschichte zu einem großem Landestheile gehört habe, und wenn dies der Fall ist, zu welchem. Vom 12. Jahrhundert bis zur urkundlichen Zeit unserer Geschichte werden alle umherliegenden "Länder" häufig genannt: die Länder Circipene, Tolenze, Raduir, Lieze, Vipperow, Müritz und andere kleinere Länder; nur des Landes Turne geschieht keiner andern Erwähnung, als in den aufgeführten Urkunden des 13. Jahrhunderts, welche in die Zeit der Colonisirung dieses Landes fallen. Gleich darauf verschwindet der slavische Name Turne auf immer.
In den neuesten Zeiten sind die südöstlichen Länder Meklenburgs Gegenstand gründlicher Forschungen v. Raumer's 7 ) und
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v. Ledebur's 1 ) gewesen. In der höchsten Anerkennung der großen Verdienste dieser Forscher um die historische Kritik und Geographie kann ich, ihnen nacheifernd, doch nicht umhin, mich grade in Beziehung auf die hier zur Frage stehenden Länder von ihnen beiden abzuwenden. Die Meinung v. Raumer's 2 ) ist: das Land Müritz sei das spätere Land Turne am östlichen Ufer des Müritzsees und das Land Vipperow, am andern Ufer des Sees, sei das Land, welches später die Lieze genannt sei. v. Ledebur 3 ) behauptet ebenfalls: der Gau Müritz habe "außer Zweifel" am östlichen und südlichen Ufer des Sees gelegen und Vipperow habe sich auch um die südlichen Ufer des Sees erstreckt. So sorgfältig beide Schriftsteller auch ihre Ansichten sonst durch Urkunden vertreten lassen, so haben sie doch für diese Behauptungen keine einzige beweisende oder auch nur hindeutende Stelle beigebracht, wie es auch wohl keinen directen Beweis dafür giebt.
Meine Ansicht geht nun dahin, daß beide Länder, Müritz und Vipperow, am westlichen Ufer des Sees gelegen haben, und zwar Müritz nördlich von Vipperow 4 ). Eine starre Hindeutung für diese Behauptung liegt schon darin, daß das nördliche, große Becken des Sees im ganzen Mittelalter allein die Müritz genannt wird, die südlichen schmalern Gewässer des Sees dagegen mit dem Namen der Vipperowschen Wasser belegt werden, - ferner daß die spätern Länder und Vogteien mit ihren fürstlichen Schlössern und ihren Landdingen: Waren (mit Malchow) und Röbel (mit Wredenhagen 5 ) oder Wenden 6 ) südlich, am westlichen Ufer des Sees gelegen haben, am östlichen Ufer nichts der=
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gleichen vorkommt. Einen Beweis für diese Ansicht geben die verschiedenen Fundations= und Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin, mit welchen die klare Urkundenzeit Meklenburgs beginnt, und welche schon über geordnetere und bekanntere Gegenstände und Gegenden reden, als die havelbergischen. Nach Heinrich des Löwen Fundations=Urkunde vom J. 1170 sollten auch zwei, im Süden des schwerinschen Sprengels gelegene Länder, Warnow und Müritz, zu beiden Seiten der Elde, zum Bisthum Schwerin gehören 1 ). Hiernach ist es schon unwahrscheinlich, daß das Land Müritz am rechten Ufer des Sees gelegen habe, da sonst wohl das große Gewässer als Scheide genannt wäre. Das Land Warnow lag nach des Papstes Cölestin III. Confirmations=Urkunde von 1185 in dem Kniee der Elde südöstlich von den Städten Parchim, Neustadt und Grabow, wo noch, in einer an Alterthümern reichen Gegend, dicht an der meklenburgischen Grenze, südlich von Grabow, der brandenburgische Ort Warnow und nahe dabei in Meklenburg ein Ort Werle liegt : es ging westlich bis an die Burg Grabow 2 ). Einen schwer zu entkräftenden Beweis für die hier angenommene Lage der Länder Warnow und Müritz liefert die erste Confirmations=Urkunde des Kaisers Friederich vom J. 1170 3 ), in welcher statt Warnow und Müritz schon die congruirenden Länder Parchim, Kutin und Malchow aufgeführt werden; das Land Kutin reichte urkundlich von NW. her bis nach Goldberg und vielleicht bis gegen Lübz hinunter, lag also zwischen den Ländern Parchim und Malchow. Unmittelbar hinter Malchow folgt, wie in den übrigen Urkunden unmittelbar hinter Müritz, in dieser Urkunde das Land Tolenze.
Eine Hauptrücksicht ist hiebei auf die Folge der Länder zu nehmen, wie sie in den Schweriner Urkunden beobachtet wird: sie ist immer dieselbe, Land an Land in geographischem Zusammenhange schließend, und ist in umgekehrter Ordnung eben so genau, wenn etwa die Aufzählung von einer andern Welt=
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gegend beginnt. Das Land Müritz stieß also östlich an das Land Warnow (Parchim) 1 ); beide bildeten also zusammen den südlichen Theil des Schweriner Sprengels zwischen der Elde bei Grabow und der Müritz und theilten sich vermuthlich ungefähr in den Raum; denn daß das weniger häufig vorkommende Land Warnow den ganzen südlichen Landstrich, der häufiger als Landestheil vorkommende Gau Müritz aber nur den kleinen Raum der Comthurei Mirow (des Landes Turne) sollte eingenommen haben, ist nicht wahrscheinlich.
Wenn der überall zur Anwendung gebrachte Satz, daß die bischöflichen Archidiakonate den Raum der alten Länder umfaßten, auch hier zur Anwendung gebracht werden soll, so kann noch der Hauptumstand hier zur Bestärkung dienen, daß in den Raum, welcher von mir den Ländern Warnow und Müritz zuertheilt ist, später die bischöflich schwerinschen Archidiakonate Parchim und Waren fallen.
Wichtiger noch ist die Aufzählung der Grenzländer in den Confirmations=Urkunden des Bisthums Schwerin. In der Urkunde von 1170 wird des Landes Vipperow nicht gedacht. In der Confirmations=Urkunde des Papstes Alexanders III. vom J. 1177 2 ) gehen die Grenzen des Sprengels
von Schwerin bis Vipperow, von Vipperow durch (über) Müritz und Tolenze bis Groswin und die Peene 3 ).
Grenzte nun das Land Müritz östlich an das Land Warnow, so konnte Vipperow nicht gut anders als südlich an Müritz grenzen. Hiemit stimmt denn auch die Confirmations=Urkunde des Papstes Urban III. vom J. 1185 4 ) überein, welche die Grenzländer des Bisthums in umgekehrter Ordnung, von Norden her, aufzählt; nach dieser ging die Südostgrenze des Sprengels von Tolenze bis zum Walde Bezunt (Wittstocker Haide) und umfaßte in dieser Linie von NO. gegen SW. die Länder Tolenze, Müritz und Vipperow; vom Walde Bezunt ging die Grenze in das Land Warnow bis Grabow. Der Wald Bezunt schied die Länder Havelliere (das
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Havelland, die Prignitz) und Müritz; bei genauer Ansicht der Charte verhält es sich auch wirklich so, indem die Haiden am linken Ufer der Dosse 1 ) gegen NW. ziehen; dabei lassen sie das kleine Land Vipperow östlich und nordöstlich liegen. Auch die havelbergischen Confirmations=Urkunden von 1150 und 1179 liefern einen Beweis, indem in denselben bei Aufzählung der Länder von W. oder SW. gegen NO. das Land Müritz unmittelbar auf das Land Linagga (in welchem Putlitz lag) folgt.
Mit dieser Ansicht stimmen nun wieder die Archidiakonats=Verhältnisse, mögen auch in der Folge die politischen Verhältnisse geworden sein, welche sie wollen. Nach der Fundations=Urkunde Heinrich des Löwen vom J. 1170 2 ) sollte der schweriner Sprengel gegen Osten und Süden, - gegen Rügen, Pommern und Brandenburg, mit den Grenzen seines Herzogthums zusammenfallen; er rechnet dazu das Land Vipperow nicht. Das Land Vipperow bildete aber das havelbergische Archidiakonat Röbel, welches nördlich noch die Neustadt Röbel umfaßte, während die Altstadt Röbel noch zur Schweriner Diöcese gehörte. Das Land Vipperow gehörte jedoch 1177 schon wieder zum Schweriner Sprengel und war in der Folge wieder an die Herren von Werle gekommen, denen es auch wohl ursprünglich gehört hatte 3 ), während später, in Folge der Fundations=Urkunde von 1170, das Archidiakonat Röbel zu Havelberg gelegt ist.
Bei allen diesen Verhältnissen wird des Landes Turne mit keiner Sylbe gedacht; aber auch in den Beschreibungen des havelbergischen Sprengeis kommt es nicht vor. Es ist daher nicht unwahrscheinlich, daß es einen untergeordneten Gau irgend eines größern Landes bildete, oder daß es auch, als in der Grenze der werleschen (wendischen) und redarischen Länder liegend, während der verheerenden Kriegszüge in seiner Abhängigkeit zweifelhaft geworden war. Da das Land Vipperow und das Land der Redarier im J. 1170 als nicht zur Herrschaft Heinrich des Löwen gehörend erscheinen, das Land Turne aber bis zum Jahre 1255 zur Diöcese des Bischofs von Schwerin gehörte, so möchte sich annehmen lassen, daß das Land Turne den südöstlichsten, über die Müritz hinausreichenden Theil des Landes Müritz bildete, um so mehr, da es der Herrschaft Werle unterworfen war. Daß das Land Turne
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aber noch in der Mitte des 13. Jahrhunderts an den havelberger Sprengel zurückfiel und die Markgrafen mit zweifelhaften Ansprüchen an das Land hin und wieder hervortraten, scheint darauf hinzudeuten, daß man von diesem Grenzlande keine sichere Bestimmung hatte.
Daß das Land Turne ganz an geistliche Corporationen verliehen ward, mag auch vielleicht darauf hindeuten, daß man in solchen Verleihungen Sicherung des zweifelhaften Eigenthums suchte.
Die Resultate dieser Untersuchung möchten nun folgende sein:
Das Land Vipperow lag westlich an den südlichen Theilen der Müritz, den Vipperowschen Wassern, um das jetzige Dorf Vipperow, und bildete kirchlich das Archidiakonat Röbel des havelbergischen Bisthums und politisch die später Vogtei Röbel mit Wredenhagen (Wenden) der werleschen Herrschaft 1 ).
Das Land Müritz lag westlich, nördlich und nordöstlich von dem großen nördlichen Becken des Müritzsees, vorzugsweise Müritz genannt, und bildete kirchlich das Archidiakonat Waren des schwerinschen Bisthums und politisch die spätern Vogteien Waren und Malchow der Herren von Werle.
Das Land Turne lag östlich von den Müritzgewässern, gehörte den Herren von Werle, obgleich auch die Markgrafen von Brandenburg Ansprüche daran machen mochten, bildete politisch in den Haupttheilen die spätere Johanniter=Comthurei Mirow und gehörte früher zum Sprengel des Bisthums Havelberg, dann bis 1255 zum schwerinschen, und darauf wieder zum havelbergischen Sprengel.
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:
auf dem
vom
Pastor Mussäus zu Hansdorf.
D as flache Land in Meklenburg ist theils landesherrliches Eigenthum, theils auch ein Besitz der Ritterschaft (Adel, Klöster, Städte). Auf den Besitzungen beider finden sich große Höfe und Dörfer. Die landesherrlichen Höfe werden meistbietend auf 14 bis 21 Jahre verpachtet (Pächter, Pensionär), die ritterschaftlichen gewöhnlich von den Besitzern bewirthschaftet. Bauern heißen im Allgemeinen die Tagelöhner auf den Höfen und die mit Ackerbau beschäftigten Bewohner der Dörfer. Diese Dorfbewohner sind entweder Hauswirthe (Vollhüfner, Halbhüfner, Viertelhüfner, welche letztern man Kossaten oder Käther heißt), die ein gewisses Ackerwerk für eine Pacht benutzen, und vorzugsweise Bauern genannt werden, oder Büdner, welche ein Haus und etwas Acker als Eigenthum für ein Kaufpretium und einen jährlich zu zahlenden Grundzins erworben haben, oder auch Tagelöhner jener Hauswirthe. Die Wohnungen der Tagelöhner auf Höfen und in Dörfern heißen Kathen, und sie selbst Kathenleute.
Die Kleidung der vornehmern Stände Meklenburgs ist ausländisch; selbst bei den Tagelöhnern und Dienstboten in den großen und kleinen Städten haben fremde Formen den Vorzug gewonnen, und nur bei den Landbewohnern (Bauern) hat sich von jeher viel Eigenthümliches erhalten sowohl in Hinsicht der
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Formen als der Zeuge. Letztere werden theils in
den Städten gekauft, z. B. grobe Tücher, Wand
genannt, Gaschen, Fries, Boi, Kamink
.
., theils auch aus eignem
Gespinnste vom nächsten Weber verfertigt. Solche
Zeuge, die eigengemachte heißen, sind außer
hedener, feinhedener (kleinhedener) und
flächsener Leinwand:
1) Fünfkamm, auch bômsied, Halvsett genannt, mit garnenem Aufzuge und wollenem Einschlage, nach Weise des Atlasses gewebt, d. h. die Fäden des fünften Kammes decken oder fallen über die andern. Zwei Fäden sind in einem Rohre; der Einschlag giebt die rechte Seite. Es ist gemeinhin buntgestreift, zuweilen auch ganz schwarz oder grau, von vorzüglicher Dauerhaftigkeit. Wegen der fünf Kämme wird der Weberbaum niedriger (sied-er) gelegt; daher die Namen.
2) Vierkamm, wovon mehrere Arten, als:
a) Rasch: Aufzug garnen, Einschlag wollen oder garnen; 2 Fäden sind in einem Rohre; die Fäden des vierten Kammes decken, daher ähnlich dem Bomsied, nur wohlfeiler. Man gebraucht den Rasch wie 1 zur Kleidung, besonders zu Beinkleidern;
b) Zôrdauk 1 ) (vielleicht Zarttuch?): garnener Aufzug, 3 Fäden im Rohre, Einschlag von Garn oder Wolle; die Fäden des vierten Kammes decken, und der Einschlag giebt die rechte Seite. Es hat das Ansehen von Barchent nach folgender Façon, und wird zu Oberbetten verwendet.
c) Keperbühre oder Doppelbühre: alle Fäden garnen, 4 in einem Rohre; der Aufzug decket und giebt die rechte Seite; Façon wie in b. Es wird meistentheils zu Oberbetten verarbeitet.
d) Gänseaugen: alle Fäden garnen, 2 in einem Rohre; der vierte Kamm bleibt nach einer gewissen Ordnung stehen und schlägt dann wieder ein; Façon; zu Tisch= und Handtüchern gebraucht 2 ).
3) Flanell, und zwar hedener Flanell, wenn der Aufzug hedenes Garn, flächsener Flanell, wenn der Aufzug flächsenes Garn ist; ein Faden im Rohre; der Einschlag ist
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allemal von Wolle, herrscht vor und macht die rechte Seite. Ziemlich geschmeidig, gemeinhin buntgestreift. Zu Frauenröcken verwendet.
4) In Futtertuch, Fauderdauk, herrscht der
garnene Aufzug mit 2 Fäden im Rohre vor, während
das Uebrige wie beim Flanell ist. Man färbt es
gewöhnlich nach dem Weben schwarz, und es ist
sehr hart und fest. Bei den schwarzen Bauern
(siehe unten) sehr gebräuchlich zu Männerröcken
.
5) Kleiderzeug, 2 Fäden Garn und 1 Faden gedoppelter Wolle im Aufzuge, im Einschlage lauter Wolle; daher feingestreift und meistentheils in zwei Farben. Zur Frauenkleidung gebräuchlich.
In Hinsicht der Wahl der Farben und einzelner
Eigenheiten scheinen die nördlichen Bewohner von
den südlichen sich ziemlich allgemein zu
trennen. Bei Rhena, Zarrentin, Hagenow, am
Schweriner See, bei Krivitz, auch bei
Neukloster, auf der südlichen Seite der Warnow,
bei Lage, Tessin und in allen, von diesen
Ortschaften südlich gelegenen Gegenden ziehen
die Männer ungefärbte Leinwand zu Beinkleidern
und Arbeitsröcken (Kitteln) vor; in den Aemtern
Güstrow, Dargun, Stavenhagen
. wird dieselbe zu diesem
Gebrauche sogar sorgfältig gebleicht. Ein scharf
angezogener, etwa 6 Zoll breiter,
schwarzlederner Gürtel hindert in letzterer
Gegend bei der Arbeit das Aufflattern des
übrigens zugeknöpften, weißen Kittels. So
erscheint der Bauer selbst in den Städten, wohl
gar in der Kirche, aber dann ohne Gürtel. Bei
Stavenhagen ist dieser Kittel vorne ein wenig
nach Weise eines Leibrocks ausgeschnitten. Bei
wichtigen Gelegenheiten bleibt, besonders in den
Aemtern Güstrow und Dargun, selbst im Winter ein
leinenes Beinkleid; aber mehrere Westen
(Brusttücher - Bostdäuker) von gestreifter
Bomsiede
. werden dann angezogen, deren
Klappen am Halse so zurückfallen, daß man das,
mit bleierner Zierrath zugeheftete Hemde und
selbst oft die Brust sehen kann. Darüber kommt
dann ein kurzer, blautuchener Rock (Futterrock -
Fauderrock) ohne Kragen und hinten ohne Knöpfe,
an der Seite mit Taschenlöchern, jedoch ohne
Taschen, und über diesen ein langer,
dunkelblauer, tuchener Rock. Bei Gastmählern
wird der letztere ausgezogen und bei Seite
gelegt. Ein dünnes, gemeinhin schwarzseidenes
Halstuch bedeckt den Hals. - Geht man in
Hemdärmeln (hemdsmaugen, hemdmâgen), so ist
wegen Kürze der Westen und des Beinkleides der
Unterleib oft handbreit bis auf das Hemde
entblößt. Der Hut ist
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zuweilen modern, öfter aber ein kleiner, runder Kopf mit sehr breitem Rande. Dieser Rand pflegt bei den Bauern um Rhena rauh und kastorartig zu sein. Eine gewöhnliche Hausmütze ist, besonders bei Gnoien, Dargun, die Klott oder Puthüll, rund, anschließend, von grünem Zeuge, mit Fell ringsum verbrämt, oben ein kleiner Quast.
Die Hemden der Frauen heißen ziemlich allgemein im ganzen Lande Hemdschürzen. An denselben ist das Leibchen feinere Leinwand und der untere Theil Sacklein. Wollen sie in Hemdsärmeln und doch geschmückt und reinlich erscheinen, so ziehen sie (z. B. bei Kröpelin) ein halbes Hemd (Aewerhemd = Oberhemd) über und heften die Aermel an den Händen mit rothem Bande zusammen. - In der südlichen Hälfte, besonders in der Gegend von Gnoien, tragen sie einen Unterrock (Pie) von gewöhnlich grünem Friese, mehrere Röcke von Flanell (siehe oben Zeuge), ein Mieder (Bindleib) von demselben Zeuge oder von Bomsiede, oder auch an Sonntagen von rothem oder grünem Damast oder Kamink, und eine Jacke (Kamsol oder Jope) von Bomsiede oder Rasch, die vorne Zugehäkelt ist; doch sind sie nicht sehr schüchtern in der Bedeckung ihrer Reize. Zuweilen ist die Jope und der oberste von den Röcken, deren Zahl bei Festlichreiten zu 6 steigt, von Tuch oder Kattun, und der Bindleib von grauer Leinwand oder wohl gar Nanking. Das Halstuch ist zuweilen unter, zuweilen über der Jope, die Schürze von gebleichter oder gedruckter Leinwand, an Feiertagen von Kattun, auch wohl von Seide, und unter dem oberen Rocke eine tüchtige Tasche, zu der eine Schlitze (Schneiderloch - Sniederlock) führt. Blau sind die gezwichelten Strümpfe, mit halbhohen Absätzen die Schuhe, jetzt seltener mit Schnallen. Bei Festlichkeiten lieben sie Pantoffeln, es wäre denn ein Tanz bestimmt, zuweilen aber auch dann. Die Haare sind vorne bald gescheitelt, bald hintenüber geschlagen, die hintern aber stets in einen Knollen (Dutt) aufgelegt, und die Mützen hinten rund, mit einem, wenigstens 3 Zoll breiten Striche. Ungeschwächte und Unverheirathete tragen bei feierlichen Gelegenheiten blanke Mützen, beim Abendmahle und am Charfreitage weiße, krausgelegte (Köppels), die Ränder mit blauem Bande benäht, an Werkeltagen jedoch, wie die Frauen, schwarze oder kattunene.
Nördlich, von Ribnitz an längs der Ostsee, kleiden sich die Männer zur Arbeit und am Sonntage in schwarzgefärbte Leinwand, zuweilen jetzt auch schon in graue. Die bomsiedenen Brusttücher knöpfen sie höher zu und die Beinkleider werden weiter. Das obere Brusttuch ist
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gemeinhin am Sonntage von Tuch, mit Aermeln,
darüber dann ein tuchener Rock von dunkelgrauer
oder blauer Farbe. Bei Klüz findet man schon
andere Zeuge, Manchester
. Die meisten Männer tragen das
Haar hinten rund (über dem Kessel)
abgeschnitten, und das vordere mit einem
bleiernen oder messingenen Kamme hintenüber
gekämmt. Die Frauen gehen fast ganz wie ihre
Nachbarinnen, bedecken aber mehr ihre Reize,
obgleich sie alltäglich die Jope, besonders um
Doberan, geöffnet tragen. Sie tadeln wie die
andern einen schlanken weiblichen Wuchs; daher
ein allgemein bekannter Vers:
lang un schmall
hätt keen Gefall;
kort und dick
giwt keenen Schick;
äwer so van miener Maat,
ach, dat ziert dei ganze Straat.
d. h. lang und schmal hat kein Gefallen; kurz und dick giebt keinen Schick; aber so von meinem Maaße, ach, das ziert die ganze Straße. - Man hat deshalb Beispiele, daß sie 7 Röcke, die vorzüglich hier sehr kurz sind, über einander tragen, deren jeder gewöhnlich unten und oben 6 Ellen weit und aus dem Grunde oben in viele Falten gelegt ist. Das Bindleib ist meistentheils mit einem fingerdicken Wulste an den Hüften versehen, um die Röcke zu tragen. Mit vielem Bande ist Jope und Rock besetzt. Das Haar legen sie hinten aufwärts und scheiteln es gewöhnlich vorne, lassen dann aber gerne auf der Stirne eine kleine Locke frei schweben. Die Mütze ist hinten rund und der Strich hat die verschiedensten Formen, zuweilen in die Höhe gerichtet, nordöstlich (Rövershagen) an der Stirne eingezogen und an den Backen weit herausstehend. Nordöstlich sind auch die Strohhüte häufig hinten offen, und die, überall an der Ostsee kurzen Jacken hinten sehr faltenreich. - Fast überall werden in Nordmeklenburg Schuhe mit hohen, spitzen Absätzen gewählt und blaue, zuweilen auch rothe Strümpfe mit bunten Zwicheln. - Die Schäfer ziehen im ganzen Lande hellblaue Röcke vor.
Außerdem sind noch einzelne Gegenden in Meklenburg, wo die Kleidung mehr und minder abweicht - Poel, die westliche Gegend um Rostock, Warnemünde und Fischland, die Gegend um Bützow und einige Dörfer bei Rhena.
Der Bauer auf Poel wählt einen dunkelgrauen, tuchenen Rock für den Sonntag. Derselbe ist ohne Kragen, bis oben zugeknöpft; er giebt dem Besitzer einen langen Hals und gefälligen Wuchs. Die Beinkleider sind zuweilen man=
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chesterne. - Die Frauen, deren Tracht sich bis Redentin verbreitet, haben an Feiertagen gewöhnlich gaschene, sehr kurze, faltige und dicke, unten mit Band besetzte Röcke, eben solche Jopen, mit krausem Besatze oben geschmückt, das Halstuch im Nacken tief niedergesteckt, daher einen von der Sonne sehr gebräunten Hals, Mützen wie gewöhnlich, den Strich stark geblauet und vorne ganz in die Höhe stehend, einen Hut von gleicher Stellung, damit das Gesicht frei sei, das Haar über der Stirne gekräuselt, blaue Strümpfe mit Zwicheln, Schuhe ohne hohen Absatz, vorne weit ausgeschnitten. Sie gehen gerne auf Pantoffeln.
In den Gemeinden Biestow, Buchholz, und in den Dörfern Sievershagen, Bargeshagen, Wilsen, Stöbelow, Gr. u. Kl. Grenz bei Rostock ist die sogenannte schwarze Tracht gebräuchlich, die sich, aber nicht in ihrer ganzen Eigenthümlichkeit, auch den zunächst liegenden Dorfschaften mittheilt, bis sie sich in die andere, sogenannte bunte Tracht verliert. Die Männer tragen sehr weite, kurze Beinkleider von schwarzer, oft feiner Leinwand (5 Ellen werden zu einem Beinkleide genommen; der große Schulze zu Biestow soll 9 Ellen gebraucht haben), wobei nur 2 große Knöpfe, zuweilen auch nur ein einziger, den Gürtel (Quadder) und die handbreite, an einer Seite angenähte Klappe zugleich befestigen, und an den Seiten sehr große Schlitztaschen (Ficken) sich finden; lederne Senkel und Riemen schnüren das Beinkleid unter den Knieen zu. Die Weste (Krupin) von Bomsied ist gleichfalls schwarz, vorne bis zur Herzgrube mit einer Reihe daumendicker Knöpfe von Prinzmetall geschmückt, und von da an bis zum Beinkleide mit schwarzen Knöpfen besetzt, die nicht knöpfbar sind. Diese untere Hälfte hat ganz das Ansehen eines breiten Gürtels. Die Krupin (d. h. Kriech hinein) wird an der linken Seite zugeheftet. Ein dickes, buntkattunenes Tuch wird um den Hals geschürzt. Ueber die Krupin kommt eine schwarze Jacke (Schwubbjacke und Butrund im Scherze genannt), sehr weit, mit langem, etwas faltigem Schooße, stets vorne geöffnet, und über diese bei Reisen, früher mehr, jetzt seltener, ein langer, schwarzer Talar (Wams) 1 ). Beim höhern Putze wählt man statt der Krupin eine bomsiedene, schwarz-weißgestreifte Jacke, und im Hägerorte 2 ) eine rothgestreifte, oft mit 3 Arten roth, und statt der Schwubbjacke
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einen sehr langen, schwarztuchnen Rock, hinten vom Schooße an mit zahllosen, eingelegten Falten. - Das Haar ist stets gescheitelt und hinten rund abgeschnitten, der Hut mit rundem Kopfe und ziemlich breitem Rande, bei verheiratheten mit einer schwarzen, bei unverheiratheten mit einer kreideweißen Schnur umschürzt.
Aus Furcht vor schlankem, schlotterndem Wuchse
nähen die Frauen um den schwarzen Bindleib über
den Hüften einen armdicken Wulst, auf dem die 5
oder 7, bis zur Wade reichenden, Röcke hangen.
Der enge Bindleib kann nur unten zugeheftet
werden; den leeren Raum füllt ein oft sehr
buntes oder blankes Brüstchen (Böschen, von Bost
= Brust) d. i. Latz, von steifer, überzogener
Pappe bis zum Kinne aus, wo es zuweilen absteht
(Gr. Grenz), zuweilen nicht (Biestow). Die
schwarze Jope, hinten mit langem, sehr breitem
Schooße, steht immer offen Alltäglich ist der
oberste Rock ein rother, in den bei Weibern um
den Nabel der Sparsamkeit wegen ein tellergroßes
Stück Leder (dei Deitsacht - das: Thut wohl)
eingesetzt ist, und die Schürze weißleinen oder
blaugefärbt, sonntäglich aber der oberste ein
schwarzer mit unendlich vielen eingereihten
Falten, und jeder untere etwas länger, damit von
allen die gut besetzten Säume etwas sichtbar
sind; die Schürze dann gemeinhin klar weiß.
Strümpfe stets roth; die hohen Schuhe bei
Feiertagen mit Riemen zugebunden, ohne
Schnallen, an deren Stelle dann ein handgroßes,
buntausgeschlagenes Stück Leder (Pleußen)
schwebt. Die schwarze Mütze mit kleinem
anliegenden Striche, hinten spitz und hoch; dort
hängt eine fußlange, schwarze Schleife (Start -
Schweif) nieder, anstatt daß anderswo die kurze
Schleife aufrecht steht. Um den Hals werden
bunte, seidene Tücher in großer Menge
geschlagen, deren Enden zum Theil vorne
untergesteckt sind, oder unter die Arme
hinlaufend, hinten geknüpft, unter der Jope
herabhangen. - Beim Abendmahl
. tragen die Mädchen weiße,
dichtanliegende Mützen (Köppels); sie und die
Frauen haben dann über die seidenen Tücher noch
ein schmales, eingefaltetes, weißes Tuch lose
gebunden, das sich auf der Brust kreuzet und
sich dann unter die Arme hin verliert. Geputzt
hat jede, auch im heißesten Sommer, einen
kleinen, runden, schwarzen Muff, zu Gr. Grenz
aber größere und schlaffe, die Handschuhe
zuweilen ohne Fingerlinge, über der Hand mit
bunter Klappe. Der von ihnen selber verfertigte
Strohhut ist von seltsamer Form, oben platt, an
den Seiten schmal, mit schwarzem Bande. Bei
Beerdigungen wird in einigen Dörfern um den Hut
ein weißes, zur Hüfte
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hinten herabflatterndes, Tuch (Truerdauk - Trauertuch) gebunden, und in der Gemeinde Biestow gehen sie gewöhnlich mit einem Stücke gebleichter Leinwand (Regendauk - Regentuch) unter dem Arme zur Kirche.
Sie lieben diese Tracht sehr, obgleich sie den Frauen schlecht steht; die der Männer giebt aber wahrlich ein ehrenfestes, mannhaftes Ansehen. - Unter diesen Leuten findet man öfters Haar und Auge dunkel, und meistentheils, wie im Amte Dargun und an der ganzen Seeküste, einen ausgezeichnet starken, hohen Gliederbau.
In Warnemünde, einer Ortschaft, die von Lootsen
und Seeleuten bewohnt wird, tragen die Männer
bei der Arbeit 3 Beinkleider über einander, eine
leinene Unterhose (Unnerbrauk), eine andere von
grünem Manchester (Spitzbüchs), und eine sehr
weite, leinene Oberhose (Brauk). Ein Verlobter
erhält von seiner Braut 2 überaus große,
silberne, mit einer silbernen Kette verbundene
Hosenknöpfe, die an der Klappe der Spitzbüchse
befestigt werden; auf dem einen derselben ist
Adam und Eva, auf dem andern der verbotene Baum
abgebildet. Am Sonntage
. wird die Oberhose weggelassen,
und dann wird die, zur andern Zeit zuknöpfte
Spitzbüchse an den Knien nicht geschlossen. Die
wollenen Strümpfe sind grau oder schwarz,
gesprenkelt, und sehr eng anschließend. Hohe
Stiefeln gewöhnlich, aber auch Schuhe. Die
meistens grauen Westen sind sonn= und alltäglich
von eigengemachtem Zeuge oder Laken. Bei der
Arbeit wollene Jacken, sonst auch kurze Röcke.
Wollene Zeuge halten sie für vornehm;
"fi", sagen sie, "Linnen dregt de
Buer" (pfui, Leinwand trägt der Bauer). Das
Hemde ist am Halse mit daumendicken Knöpfen von
Silber oder Bernstein geschlossen, und die Enden
des Halstuchs (Slippen) hangen im Nacken nieder
wie bei Frauen. Ein dreieckiger Hut, von dem ein
schwarzer Flor fast bis zu den Knien
niederschwebt, schmückt den Begleiter des
Todten; dann ist die Oberjacke (Wams) schwarz,
hinten sehr faltenreich, eben nicht lang, mit
weiten Aermeln. Zur andern Zeit sind andere Hüte gebräuchlich.
Die Frauen tragen alltäglich rothe oder blaue,
wollene Röcke, bunte oder einfache, gaschene
Jopen (Kamisöler) mit langem Schooße, hinten
spitz ausgehende Mützen (Hillen - Hüllen) mit
langen Schleifen, häufig Spanhüte, rothe oder
graue Strümpfe mit bunten Zwicheln, und gehen
auf den Socken (Säcken); nur an Sonntagen
. zeigen sie sich auf schwarzen
oder bemalten Pantoffeln. Dann wird auch anstatt
der Mütze eine glatte, weiße Haube gewählt, die
an den Ohren
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vorsteht, an der Stirne zurücktritt; dann werden 7 Röcke von denen die unteren länger sind, angezogen, der oberste braun oder gestreift, hinten kraus, mit buntem Bande besetzt; dann ist das Kamisol grau, das Halstuch weiß, auf der Brust sich sich kreuzend, hinten zusammenlaufend, die Schürze von Taffet, der kleine, sammetmanchesterne Muff mit etwa 4 Zoll langen, herabhangenden Fransen besetzt, die Handschuhe mit blumichten Klappen. - Die Braut nimmt am Sonntage vor der Trauung, an dem sie zum Abendmahle geht, und am Hochzeittage das Heuken (vielleicht von aufhocken abzuleiten?) um, ein Stück Pappe, mit schwarzem Sammetmanchester oder Laken bezogen, oben mit schwarzen Spitzen besetzt, etwa 1 1/2 Fuß lang und breit, und sehr hart und steif. Es wird auf den Rücken gelegt, umfaßt einen Theil der Arme, und wird vorne zugesteckt. Jede Bewegung der Arme, z. B. beim Essen, wird durch das Heuken behindert. Unter demselben wird um den Hals ein weißer, eingefalteter Kragen (Barthel oder Barthelkragen) gebunden, und das schwarze Kopfzeug ist mit Spitzen besetzt. - Die Fischländer sind den Warnemündern in Hinsicht der Kleidung ziemlich ähnlich.
In den, bei Bützow liegenden Ortschaften, Parkow, Neuendorf, Passin, Zeppelin, Selow, Jürgeshagen, Penzin, Gr. und Kl. Belitz, auch zum Theil zu Bernitt und Wokrent herrscht eine andere Tracht, welche der Tracht der Mönchguther auf Rügen ähnlich ist. Die Mützen der Frauen bedecken alles Haar und gehen über die Ohren an den Backen nieder bis gegen den Hals, hinten etwas gespitzt, mit einer Schnere im Nacken und einer fußlangen, schwarzen Schleife (Sleuje). Eine solche, stets strichlose Mütze besteht aus 2 Stücken, deren Naht quer über den Kopf geht. Bei Verheiratheten ist sie schwarz, das Band rundum festgenäht, und eine kleine Spitze, Haube genannt, guckt strohhalmsbreit an der Schläfe und an der Stirne heraus.
Die Mädchen in den ersten vier Dörfern tragen grüne Mützen mit rothem Bande oder rothe Mützen mit grünem Bande, das 9 Ellen lang um dieselbe gebunden ist; eben Verheirathete (Jungfruhens - junge Frauen) dunkelrothe, damastene Mützen, mit schwarzem Flor überzogen. Frauen haben schwarze Jopen, Mädchen grüne, hinten mit kurzen Schlippen oder Schooßenden, stets vorne zusammengeheftet, oben mit Band besetzt, die Bindleiber von buntgestreiftem Kamink, die eigengemachten Röcke sehr kurz, Strümpfe schwarz, Schuhe mit Spangen und sehr hohen Absätzen. Pantoffeln sind sehr beliebt, doch nicht in der Kirche. Alte
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Frauen tragen Sonntags braune, langzarsete Röcke und Jopen. Die Trauertücher bei Leichenzügen sind zweimal um den Strohhut gebunden und hangen bis zur Erde; dann sind die Schürzen klarweiß, sonst gemeinhin gedruckt. Jede Jahreszeit sieht bei Feierlichkeiten alle mit runden, prallen Muffen, innen von weißem, außen von schwarzem Felle, worin die großgeblümten Schnupftücher stecken, die sie aber nicht benutzen, da sie, wie alle im Lande, sich mit der Hand schnäuzen. - Die schwarzleinenen Beinkleider der Männer sind ziemlich weit, die Jacke dunkelblau, die Hüte rund, alltäglich über der Jacke ein Hemd (Boje), vielleicht weil, z. B. die Zeppeliner seit Menschendenken viel Fracht fahren; sonntäglich vertritt ein schwarzer Rock die Stelle der Boje. Aeltere Männer tragen auch in der Kirche ein grünes Futterhemd, das dann aber nicht Boje heißt, so wie Knaben bis zur Confirmation, zu welcher Zeit sie schwarze Röcke erhalten.
In den übrigen obengenannten Dörfern haben
verheirathete Frauen, außer zu Bernitt, auf der
Mütze noch eine Reihe schwarzes Band,
unverheirathete rings um die Mütze eine Reihe
Band, und die Naht über dem Kopfe mit blanken
Tressen besetzt. Die Mützen der letzteren sind
violett mit rothem Bande, auch roth mit grünem
Bande. Die Jacken (Jopen), von Bomsiede oder
Gaschen in allen Farben, sind hinten mit kurzem
Schooße, ringsum faltig, stets geöffnet, und wie
die Röcke mit buntem
1
) Bande
umgefaßt; die Mieder (Bindleiber), gewöhnlich
von Bomsiede, sehr steif, mit kleinem Wulste an
den Hüften zum Tragen der vielen kurzen Röcke;
hin und wieder Sonntags einen bunten oder
blanken Latz (Böschen); Strümpfe dunkelblau. Die
Männer kleiden sich wie die Zeppeliner, aber
ohne Boje. - Zu Oettelin sind Sonntags für
Frauen blanke Brustlatzen (Bostdauk - Brusttuch,
dasselbe, was Böschen, siehe oben) gebräuchlich.
Die Jope heißt dort Bostliew - Brustleib.
Breitgestreift sind die bomsiedenen Bindleiber.
- Zu Warnow, Zernin und Tarnow trägt das
Frauenzimmer mehrfarbiges Band auf dem Hute, das
zu Baumgarten 3 Reihen grünes Band, das zu
Wendorf 3 Reihen dunkelblaues um den doppelten
Spanhut. In Hinsicht dieser Verzierungen hat
fast jedes Dorf im Lande seine Eigenheit, so wie
in der Form des Mützenstrichs und der Strohhüte,
z. B. Kiepe, Pierkopp - Pferdekopf
. Die Männer zu Tarnow alltäglich
in schwarzen Kitteln, unverheirathete in weißen,
Sonntags alle in dunkelblauen Röcken.
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In den beiden Dörfern Warnekow und Menzendorf bei Rehna zeigt sich ebenfalls eine abweichende Tracht. An beiden Orten sind die Mützen der Frauen von gleicher Form, rund, sehr klein, bei den Ohren etwas herabgehend, von façonnirtem, dunrelroth=seidenem Zeuge, das Hinterstück ein gewirkter oder gestickter Blumenstrauß, die Nähte und der Rand mit hochrothem Bande besetzt, hinten eine hochrothe Schleife. Der Strich, aus feinen, weißen Spitzen, ist am Saume undurchsichtig und ganz anschließend, das Haar straff aufwärts gekämmt, und unter der Mütze zusammengebunden.
Die Röcke der Bäuerinnen zu Warnekow (?) sind von dunkelgrünem Tuche, 7/4 Ellen lang und 5 weit, ringsum eingefaltet außer einem Viertel der Vorbahn. Die etwas kürzere, dunkelblaue oder schwarzbatistene Schürze ist 2 1/2 Elle breit und nicht minder gefaltet. Der kleine Schooß der Jacke ist nicht gekraust. Die, besonders vom Ellbogen an recht anschließenden, Aermel reichen bis zum Handknöchel, wo drei silberne Knöpfe sie schließen. Die stets offene Jacke ist unter der Brust tief ausgeschnitten, oben mit blankem Bande besetzt, ganz so auch das Leibchen von schwarzem Sammet=Manchester, über welches die Schürze mit einer vier Ellen langen Schärpe von hellblauem Gros de Tours (Graditur=) Bande vorne zugebunden wird, die Enden nur wenig länger als die Schleife. Das französische Kattuntuch unter dem Leibchen ist vorne offen, um die silberne Schnalle zu zeigen, welche das feine Quadderhemd am Halse zusammenfaßt. Uebrigens weiße wollene Strümpfe und niedrige Schuhe mit großen, silbernen Schnallen.
Die Röcke der Bäuerinnen zu Menzendorf sind von schwarzer, dunkelgrüner oder dunkelblauer Farbe, sehr kurz und eingefaltet, unten mit breitem Bande besetzt. Das gewöhnlich scharlachrothe Leibchen mit kleinem Schooße, oben mit mehrfarbigem Bande besetzt, ist halbhoch und mit einem Latz (siehe Böschen oben) verbunden, der mit Silberband eingefaßt und durch schmale silberne Tressen eingeschnürt ist; ferner ein Unterhemdchen mit langen, weiten Aermeln (dasselbe, was oben Aewerhemd), an der Hand und am Halse mit buntgenähtem Quadder, statt des Unterhemdchens aber auch häufig nur eine wollene Jacke. Das seidene Tuch, hinten mit eingewirkter Blume, ist vorne lose mit einer Nadel zusammengefaßt, um den Latz nicht zu verbergen. Die sehr weite Schürze ist von klarem, weißem Zeuge und ganz gekräuset, Strümpfe weiß, Schuhe mit Schnallen und hohen, spitzen Absätzen.
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In beiden Dörfern tragen die Männer Beinkleider und Jacken von braunem oder dunkelblauem Tuche, letztere mit kurzem Schooße, sehr kurze Westen von schwarzem Sammet=Manchester mit zwei Reihen silberner Knöpfe, ein französisches Kattuntuch um den Hals, über welches der Hemdekragen etwas überlappt. Die Beinkleider sind oben sehr weit, am Knie vier silberne Knöpfe und eine silberne Schnalle, die Stiefeln kurz, um wenigstens eine Handbreit die weißen Strümpfe zu Zeigen, die Hüte gewöhnlich modern, oder auch mit rundem Kopfe, einem vier Finger breiten Rande, schwarzem Bande und Schnalle.
Die Bauerhäuser in Meklenburg sind meistentheils
ohne Schornsteine, und dann durch das Gatter in
zwei Theile getheilt; der Rauch muß durch Thüren
und Dach ziehen. Im vorderen Hausraume ist eine
lange Hausdiele zum Dröschen und Aufbewahren des
Stadtwagens; die Hühner nisten in aufgehängten
Strohwischen; rechts und links sind Kammern für
Knechte, und Ställe für Pferde, Ochsen
., welche Ställe nach der Diele zu
offen stehen, gemeinhin auch einige Tröge. Im
hinteren Hausraume ist die kleine Diele (buten
in'n Hus - außen im Hause genannt) mit der Küche
und der Hinterthüre (lütt Dhör, Achterdhör -
kleine Thüre, Hinterthüre), die Küchendecke, mit
Schinken, Speck, Würsten des Räucherns wegen
behangen, zu einer Seite die Wohnstube (Dönsk)
mit Kammern, zur andern mehrere Kammern. Der,
mit Schleeten bedeckte Boden über und neben der
langen Hausdiele heißt Hill und wird zum
Aufbewahren des besten Futters benutzt; Hill
heißt auch öfters ein bequemer Sitz hinter dem
Ofen. - Die Wände sind von Lehm aufgeführt, die
Fußböden mit Lehm, auch wohl Steinen und
Brettern gedielet, die Böden über dem hinteren
Hausraume Windelböden, das Dach von Stroh, und
an jedem Giebel (Kühlende) zwei Maulaffen
(Mulapen), aus Holz geschnitzte Pferderöpfe,
kreuzweise angenagelt - eine Erinnerung an die
heiligen Rosse der Alten. Hinter dem Hause
pflegt der Garten zu sein, und vorne der, mit
Scheure und Ställen besetzte, Hof als ein großer
Dungplatz benutzt zu werden. Das Ganze ist von
einem einfachen Zaune oder Doppelzaune
(Hakelwerk) oder einer Steinmauer umschlossen. -
Im Strelitzschen lebt der Bauer vom Vieh
getrennt und sein Hof gleicht einem kleinen Pachthofe.
Die Tagelöhnerwohnungen (Kathen) sind den
Bauerhäusern ziemlich ähnlich, nur ohne den
vorderen Hausraum und in kleinerem Maaßstabe,
oft zwei, drei
. an einander gebauet, daher
zweihischige, dreihischige
. Kathen. Die Kathen=
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leute geben keine baare Miethe, sondern auf den Höfen leistet die Frau für die Benutzung der Wohnung 90 bis 100 Frohntage jährlich, und in den Dörfern muß der Kathenmann mit seiner Frau in der Ernte seinem Bauern helfen.
In den Bauerstuben fehlen nie ein langer, starker Tisch, eine Wanduhr, einige Bänke, auch Stühle, auf welchen letzteren zuweilen Polster liegen, und ein hochaufgethürmtes Ehebette, bei Festlichkeiten mit farbigen Schleifen besteckt, häufig in Alkoven, öfters, besonders südlich, mit Gardinen. Hin und und wieder ist an der Wand ein roth und blau bemaltes Gesimse angebracht für Kalender, Bibel und Gesangbuch, schöne Aepfel und hübsche, auf Jahrmärkten gewonnene, Schüsseln. Jeder Hausgenosse hat an der Wand oder am Tische in ledernen Hefteln seinen hölzernen Löffel, der gemeinhin nie gewaschen, sondern nur abgewischt wird. - In den Kathenstuben finden sich gewöhnlich nur ein kleiner Hängeschrank, einige Brettstühle, statt des Tisches oft nur eine platte Lade. Ein Unter= und ein Oberbette mit Pfühl und blauen Kopfkissen, 2 Paar Betttücher, einige Hemden und Hemdschürzen sind oft alle Wäsche, und doch ist Ungeziefer selten, außer auf dem Kopfe, wo es für ein Zeichen von Gesundheit gilt. Hühner und Gänse mit ihren Jungen pflegen Winters und Frühjahrs hinter dem Ofen zu hausen. Allgemein beliebt sind stark geheizte Zimmer und dennoch warme Kopfbedeckung.
Im Sommer wird fünfmal des Tages gegessen,
Morgenbrod, Kleinmittag (Hochimt), Mittag,
Abendbrod, Nachkost; im Winter nur dreimal.
Schwarzes Roggenbrod, Kartoffeln, Milch= und
Mehlspeisen, Backobst, Kohl, Erbsen, Bohnen,
Saubohnen (grot' Bohnen), Schwein= und
Gänsefleisch, eingepökelt oder geräuchert, sind
gewöhnliche Speisen; daher schlachtet in den
besseren Gegenden auch der Aermste sein Schwein
und einige Gänse. Zweimal in der Woche, Sonntags
und Mittwochs, wird gekocht und Fleisch
gegessen; an den übrigen Tagen wird das Essen
aufgewärmt, und entfernte Arbeiten nöthigen den
Tagelöhner oft wochenlang aus der kalten Kiepe
von Brot und Speck zu leben. Zu Hause wird schon
zum Morgenbrot brauner Kohl, Erbsen in Bier,
Kartoffelsuppe (Suppkartoffel), Graupen
. in Buttermilch, aufgewärmt
verspeiset. Das Gänsefleisch wird von den
Wohlhabenden mit dem Blute sauer eingekocht und
vom Herbste zur kommenden Ernte aufbewahrt.
Lieblingsspeisen sind Semmel (Stuten), Klöße und
Backbirnen (Klümp und Backbeeren), Pfannkuchen,
dicker Reiß, Grapenbraten, d. h. Rindfleisch
. mit allerlei Backobst
(Backbirnen und Backäpfeln - Backbeeren
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un Appelbackbeeren) in eisernen Grapen gebraten. Wie in Walhalla nach der Edda der gebratene Sährimer der Lohn der Enheriar ist, so wird noch jetzt Schweinsbraten jedem andern vorgezogen. Der Bauer sagt: Gausbrad sall de best sien, un Swiensbrad is't. Wasser hält man für ungesund; ick mag't nich in die Schauh hämmen - ich mag's nicht in den Schuhen haben. sagt der Bauer. Jeder sehnt sich nach Bier, das aber süßlich schmecken muß; daher wird es häufig mit gelben Wurzeln (Daucus Carola) versüßt. Das sauer gewordene wird hin und wieder in eine Tonne neben dem Feuerheerde gegossen, um sofort Essig zu den Speisen zu haben. Kaffee trinken nördlich wenige, und diese werden verlacht; doch trauen sie demselben unbegreifliche Kräfte zu; allein südlich, z. B. bei Grabow, ist Cichorien=Kaffee allgemein. Seit der Branntwein wohlfeil ist, trinkt auch der dürftigste ihn; er ist ihnen, wie Scorpionöl, ein Mittel wider alle Krankheiten.
Die gewöhnliche Beschäftigung ist Ackerbau und
der damit verbundene Betrieb. Die Pachthöfe
halten zu dem Zwecke außer den Kathenleuten
mehrere Pferdeknechte, einen Ochsenknecht, einen
Jungen, Haus= und Außenmädchen (Butendierns);
der Bauer nach der Größe seines Ackerwerks einen
oder zwei Kathenleute, einen Großknecht, einen
Halbknecht, Großjange und Kleinjunge (Lüttjung),
Großmädchen und Kleinmädchen, von denen jeder
seinen Rang und sein Geschäft weiß. Pferdeknecht
oder Großknecht zu werden, ist das höchste Ziel
der Jünglinge. - Der Acker ist meistentheils in
7 Schläge getheilet, die zuweilen wie Koppeln
eingehägt sind; 3 werden besäet, 1 als Brache, 3
als Weide benutzt. Die Wintersaat bekommt in
besseren Gegenden 4 Furchen: Dreesch=, Brach=,
Wende=, Saatfurche (Dreisch=, Brak=, Wenn=,
Saatfohr), die erste Sommersaat 3, die zweite 2
Furchen. Gemergelt wird von den Klügern. -
Ziemlich allgemein wird mit Ochsen gepflügt
(gehakt). Der sehr zweckmäßige Pflug (Haken) ist
außer der Schaar ganz von Holz, ebenso die
hölzernen Eggen. 5 Kühe, 6 Pferde und viel
Jungvieh machen mit den 20 Schafen und 4 - 8
Schweinen den gewöhnlichen Viehstand aus. - Zwei
Blockwagen mit geringem Eisenbeschlage und ein
wohlbeschlagener Stadtwagen sind das
kostspieligste Geräthe. -Die Pferdesielen sind
gemeinhin sehr unvollständig, z. B. bei Levin,
Doberan
. oft ohne Söltel
., so daß das Pferd beim
Zurücktreten sich selbst frei machen kann. Des
Sommers werden die Pferde von Knaben gehütet,
die auf dem ersten besten ohne Zaum die übrigen
durchs Dorf treiben. Dann kann der Bauer seine
Kinder nicht täglich zur Schule senden,
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weil er anders keine Hirten hätte. Zur Vorbereitung auf eine weite Reise werden die Pferde die Nacht vorher durchgefüttert; sind sie im Begriff einzuschlafen, so werden sie durch einen Peitschenschlag wieder munter gemacht. Ist ein Pferd dumm, so heißt es: es studird. Die Ernte ist die schwerste, aber liebste Arbeit. Dann wird besser, oft im freien Felde, gegessen und getrunken, und die meisten Geburten dürften sich von dieser Zeit herschreiben. Dann schenkt der Schnitter (Mäher) seiner Binderin eine Harke, in einigen Gegenden mit farbigem Wachse bunt gemacht, sie ihm dagegen zuweilen einen blanken Erntekranz (Austkranz) auf den Hut. Lustig zieht man aus, singend kommt man heim. Lieder und Melodien liefert der Liederhändler auf Jahrmärkten. Müssige Zuschauer oder neckende Reisende werden gestrichen oder gebunden. Ersteres geschieht von den Männern, welche vor den Fremden, die Hüte auf den Sensen, hintreten, diese mit dem Streichholze schärfen und sich in einem Reimel eine Gabe erbitten; letzteres thut ein Mädchen, das um den Arm des Zuschauers ein Strohseil mit den Worten bindet:
hies bring' ich ihn'n ein Kränzelein,
damit soll'n Sie gebunden sein,
und wollen Sie wieder erlöset sein,
so mäuten Sie mi 'n lütt' Bescherung gäwen,
d. h. so müssen Sie mir eine kleine Bescherung geben.
Das Flachsbrechen (Brachen) ist eine Abendparthie der jungen Leute im Herbste. - Im Winter dröscht der Bauer mit seinen Leuten des Morgens frühe sein Korn aus; in neuern Zeiten aber läßt er dies oft durch seinen Kathenmann, etwa um den 16ten Scheffel, thun, während die Tagelöhner auf den Pachthöfen gewöhnlich um den 17ten dröschen. In dieser Jahreszeit spinnen die Frauen, oder weben auch zum Theil, besonders bei Grabow, Stavenhagen. Eine solche Weberin heißt Knäbsch.
Die vielen Flüsse, Seen und Sölle (kleine
stehende Gewässer, vielleicht vom wend. Worte
Sal, Fischteich, herstammend) geben Gelegenheit
zum Fischfange, wobei man sich der Angel, der
Reusen, der Bungen, der Wade, des Kessers (ein
Stangennetz)
. bedienet. Aale fängt man
vornämlich bei Mühlenteichen in den Aalkisten,
und in der Ostsee entweder mit Aalschnüren, oder
mit langen Stangen, an deren Enden Widerhaken
sind, womit man den Wassergrund durchsucht. - Zu
Wasserfahrten bedient man sich häufig schmaler
Kähne ohne Kiele, deren Seitenbretter fast
senkrecht auf dem horizontalen
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Grundbrette stehen, - oder man hat Boote, die
durch Segel und Ruder getrieben werden, und auf
der Ostsee große Boote, Jöllen genannt, vorne
und hinten spitz. Die Ruder heißen Remen, die
Stifte zur Befestigung derselben Dollen. In
großen, viereckigen Fahrzeugen (Prahmen) werden
auf den Füssen
. Holz, Korn, Steine
. verfahren.
Weil der Bauer von früher Jugend an schwere und einförmige Arbeiten treiben muß, so ist er gemeinhin sehr steif, aber oft unerwartet kräftig, ohne sich dessen immer bewußt zu sein. Wer nicht 6 Scheffel Korn Rostocker Maaß, etwa 360 bis 380 Pfund, zu tragen vermag, wird für schwach, und unfähig, ein Pferdeknecht zu werden, gehalten. Brüche sind häufig. Verkrüppelte werden Schneider. - Sehr oft ringen die stärkeren mit einander, indem zwei sich umarmen (faten - fassen) und sich einander niederzuwerfen suchen, wobei besonders das Emporheben (Bostsmät - Brustschmiß) hilft, oder indem zwei sich, an den Kragen fassend (Bostfaten - Brustfassen), mit den Armen niederzureißen bemüht sind. Zuweilen wird auch in die Wette gelaufen, und ein Pägel oder ein Pott Branntwein macht die Wette.
Hauptgelage (Beir - Bier, Köst - Brotrinde, dann
Gastmahl, Häg - Fröhlichkeit, von hägen - lachen
herstammend) sind: Fastelbeir vor den Fasten,
Pingstbeir nach Pfingsten, Austbeir nach
vollbrachter Ernte, oder Fastelköst, Pingstköst,
Austköst. Dann wird getanzt, gescherzt,
getrunken, auch wohl gegessen. Eine Violine,
wenn's hoch kommt, ein Klarinet, und eine uralte
Baßgeige, die jeder streicht (treckt - zieht),
der will, machen die Musik. Sie kreischen laut
auf; wie unwillkührilch bewegen sich die Füße.
Dies Kreischen überwältigt sie mitten im Tanze,
und der Venus wird dann späterhin meistens sehr
reichlich geopfert. Dann und wann entspinnen
sich Schlägereien, nicht grade aus Eifersucht,
sondern aus Uebermuth der Berauschten. Der
Tänzer läßt gemeinhin die Pfeife nicht ausgehen
und den Hut nicht vom Kopfe, um sich recht
würdig zu zeigen. Jeder, auch noch so
beschränkte, Platz genüget. Ihre Tänze werden
jetzt sehr durch Walzer
. verdrängt; sonst wählt man auch
die große und kleine Acht, den Acht=, Vier=,
Drei= und Zweitourigen, den Küssertanz,
Klappertanz, Katz und Maus, sieben Sprünge,
englisch Geck, Schuster=, Schneider=, Weber=,
Scharfrichter=, Barbier=, Großvater=, Schäfer=,
Pfannkuchen=, Gucker= (Kieker=), Windmühlen=,
Küchentanz, Numero 8, preußisch Nummeré,
Puckelkatrell (Rückenquadrille), lang Englisch,
Hanacksch, Russisch
. Beliebte Touren sind: schän dör
und stolz. Bei der ersteren
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Tour tanzen 4 Personen kreuzweise durch einander
hin; bei der letzteren gehen sie, die Hände in
die Seite gesetzt, im Kreise herum. - An
Festtagen, an denen nicht getanzt wird, spielet
man Pfand, Holtendröller mit Nüssen, Mann und
Frau, ick sitt, ick sitt, up wän sien Glid (ich
sitz, ich sitz, auf wessen Glied), jagt den
Dritten
. In den Karten spielt das
ernstere Alter Solo und Scherwenzel, Brausebart,
Schaafskopf und Hund
. Kinderspiele sind im Frühlinge
Kuhlsäg (Grubensau), wobei ein hölzerner Ball
von einem Knaben mit einem Stecken unter dem
Widerstande anderer in eine Grube gehütet wird,
Kliew (bei Brandenburg Kliesk genannt), wobei
ein Stückchen Holz, das auf einem in der Erde
steckenden Stabe ruht, mit einem Stocke in die
Höhe geschlagen und von einem Knaben im Hute
aufgefangen wird
., zur andern Zeit auch Sonn und
Mond, Kükewieh (Küchlein und Weihe),
Westenbrügge, Buck, Boll, Papöken, Ruthen fief
her
. - In Bauerdörfern, die nicht auf
Hufen liegen, d. h. wo der Bauer nicht eine, von
den übrigen abgesonderte, Hufe besitzt, haben
die Pferdehirten Pfingsten ein Fest, dei Gill
(Gilde). Ein Krähennest oder lebendige Krähen
werden an eine Stange gebunden, mit der, wie mit
einer Fahne, sie im Dorfe von Hause zu Hause
ziehen, und in einem Reimel Brot, Milch, Bier
und Branntwein sich bitten. Im Felde wird darauf
Alles verzehrt, wobei sie hin und wieder nach
einem Kranze reiten - Weddbahn jagen.
Nach vollbrachter Ernte ist das Erntebier besonders auf Höfen ein glänzendes Fest, das die Gutsherren oder Pächter ihren Dienstleuten geben. Dann wird auf dem Hofe gegessen, getrunken, getanzt bis in die späte Nacht, wobei zuweilen Verkleidete erscheinen. Das ganze schwere Jahr hindurch freuet sich der gemeine Mann (lütt Mann) zu dieser Feier.
Die größte aller Festlichkeiten ist eine Hochzeit, die auf Höfen gewöhnlich zum Erntebiere aufbewahret wird. Hier sei die Rede von einer Bauerhochzeit. - Nicht leicht verspricht sich ein Bauer mit einer Kathentochter; es ist unter seinem Stande. Nach dem Wunsche der Eltern darf er nur eine solche wählen, deren Bruder seine Schwester nimmt (Tauschfrei). Gewöhnlich macht ein Jahrmarkt das Verlöbniß, und er schenket seiner Künftigen dann bedeutungsvoll ein blankes Gesangbuch. Die Hochzeit pflegt im Herbste zu sein. Einige Tage vorher reitet ein unverheiratheter Freund als Hochzeitenbitter aus. Alles ist mit flatternden Bändern an ihm geschmückt und mit schimmernden Sträußen; selbst die Peitsche über den Schultern, ja den Kopf und den Schweif seines Rosses schmücken tiefrothe Bänder. Langsamer draußen reitend, jagt er jauchzend durch
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die Dörfer. Nicht bloß auf die Diele, auch in das enge Stübchen reitet er hinein und schnattert mit entblößtem Haupte seine Formel her; ein Glas Branntwein ist überall sein Lohn.
- Am Donnerstage Abends wird die Mitgift der
Braut zum künftigen Wohnsitze, wenn möglich,
hingeblasen, und dann wird getanzt. Diese Nacht
gehört dem Bräutigam, aus Furcht, es möchten,
durch Arglist böser Leute (Hexen) während der
Trauung, späterhin Kinder fehlen. Am Freitage
ist die Trauung, in einigen Kirchspielen in der
Kirche, in andern gewöhnlich im Pfarrhause, und
bei großen Hochzeiten im Bauerhause. In den
Domainen muß die Frau des Predigers die Braut
aufputzen. Eine oder zwei Schärpen um den Leib,
ein weißes Kragentuch, mit vielem Grün benäht,
mehrere Halsketten
., und auf dem Haupte gleich einem
Vogelneste die blanke Krone - das ist der
Schmuck der jungfräulichen Braut. Alles Haar
wird so viel als möglich durch blanke Blumen
versteckt, auch ein Theil der Aermel, die Brust;
selbst auf dem Rücken fehlt Flittergold nicht.
In Warnemünde wird der Braut ein blankes, an den
Ohren dicht anschließendes, Kopfzeug aufgesetzt,
und vorne mit einer blanken Nadel befestigt;
obenauf ist die Krone, an deren Vorderseite ein
Spiegel sich findet. - Schwarz ist Rock und
Jope, weiß gewöhnlich die Schürze; an jeder
Seite derselben hängt ein seidenes Tuch nieder,
oft auch mehrere. Ihre Führer sind 1 oder 2
Brautfrauen, 2 Ehemänner, 2, 4, ja 8
Brautjungfern, und bei Trauungen in der Kirche
im Amte Dargun
. außerdem noch 2 unconfirmirte
Mädchen (Nibben), die vor der Braut her um den
Altar gehen, - alle Jungfern auch mit Schärpen
und blankem Putze unter dem Mützenstriche und
auf den Aermeln
. versehen. Den Bräutigam führen
ein oder zwei Ehemänner (Trauführer) und eine
ledige Mannsperson. Die Trauung im Hause
geschieht gewöhnlich auf der großen Hausdiele.
In der Mitte derselben ist (z. B. bei Doberan,
anderswo mit geringen Abweichungen) ein Tisch
mit einer großen Schüssel zum Opfern für den
Prediger, hinter dem Tische zwei Stühle die
Lehne gegen denselben. Vor dem Ringewechseln
steht die Braut zur Rechten des Bräutigams neben
den Stühlen, die Führer um sie her, die Jungfern
. hinter ihr; wenn aber die Ringe
gewechselt werden sollen, tritt sie zur Linken
des ihr sich nähernden Bräutigams. Auf der
andern Tischseite stehen Prediger und Küster,
die Gäste, wo sie wollen. Vor und nach der
Handlung wird gesungen. - In einigen Gegenden,
z. B. bei Bützow, Dargun, wo die Trauung
gewöhnlich in der Kirche geschieht, wird bei der
Rückkehr der Braut unter alle der Brautkuchen,
doch nicht
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immer, vertheilet, von dem die Braut zuerst drei
Stücke abzubeißen und aufzubewahren pflegt, um
bei künftiger Schwangerschaft in der Lüsternheit
daran zu nagen, da es dann den Geschmack des
Gewünschten wundersam an sich hat. Alle küssen
sich darauf (Bützow), da zur andern Zeit Küsse
und Umarmungen (sick in dei Keiwen fallen - sich
in die Kiefern fallen, d. h. sich umarmen)
selten sind. - Nach der Trauung geht es sofort
zu Tische. Die Braut muß mit den jungen Leuten
auf der Diele essen, und der Bräutigam mit dem
Hochzeitenbitter aufwarten. Speisen sind: dicker
Reiß, Fische, Schwarzsauer, d. h.
Schweinefleisch in dem Blute mit Essig gekocht,
und Grapenbraten, hin und wieder auch
Hühnersuppe, Hühnerreiß, Gänsebraten. Zuweilen
wird zur Fischleber gereimt. Während des Essens
bitten die Köchinnen auf einem Teller voll Salz
sich eine Gabe, indem sie vorgeben, es sei die
Schürze verbrannt. Die Braut steckt (bei Dargun)
dem Hochzeitenbitter ein seidenes Tuch heimlich
als Geschenk auf die Schulter, und derselbe
danket nach dem Essen vom Stuhle den Gästen
(ebenda). Beim Aufstehen wünscht man sich
gegenseitig mit Handgeben eine gesegnete
Mahlzeit. Dies Handgeben ist so gebräuchlich,
daß auch zur andern Zeit Niemand kommt oder sich
entfernt, Niemand dem Andern ein Glas zutrinkt,
ohne die Hand zu geben. - Nun wird auf der Diele
wacker getanzt, gewöhnlich auch noch des
Sonnabends bis zum Sonntage. Dann ist Kirchgang,
und zuweilen wird dann noch getanzt bis zum
Montage, ja selbst bis in die folgende Nacht.
Bei Dargun dauert die Hochzeit nur einen Tag. -
Die zahlreichen Gäste quartieren sich in die
Häuser ein; jeder hat ein Geschenk mitgebracht,
z. B. Butter, Milch, ein Huhn, eine Schüssel
.; jeder Arme wird gesättigt. Bei
Bützow muß die Braut bis zum Sonnabend Abend die
Krone aufbehalten und darf so lange nicht zu
Bette; anderswo wird sie schon Freitags
abgetanzt im sogenannten Rückelreih. Zwei junge
Kerle nehmen die Braut in die Mitte; um sie
schließen die Jungfern einen Kreis, um diese
Andere andere Kreise. Im letzten und äußersten
Kreise haben zwei Männer sich einander nicht
angefaßt; er ist also auf dieser Stelle
geöffnet. Der eine von diesen beiden Männern
reitet auf einer Gaffel, und der andere treibt
ihn mit knallender Peitsche. Nun drehen sich
alle Kreise tanzend, der äußere stets nach einer
Richtung; der Bräutigam muß sie mit Gewalt
durchbrechen, um seine Liebste zu gewinnen. Dann
ändert sich plötzlich die Scene; der Bräutigam
schützt die Braut; die Kreise bewegen sich
wieder, und mehrere Weiber drängen an, um die
Braut zu erhaschen, die sie darauf
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in die Kammer schleppen und ihr die Krone abpflücken, von der oft schon ein Theil im Gewirre unter die Füße gekommen ist. Nun erhält die junge Frau die schwarze Mütze. Beim Kirchgang geht die Braut wie eine Sechswöchnerin (siehe unten) um den Altar, aber geputzt mit den Resten der Krone. In einigen Gemeinden bleibt die Krone unversehrt.
Merklich anders ist es in Warnemünde. Am Abende
vor der Hochzeit wird von den Verwandten unter
Musik und Scherz das Brautbette errichtet und
nebenbei geschmauset. Sechs Kopfkissen, mit
buntem Taffet und klarem Zeuge überzogen,
schmücken das hohe Bette. Am Hochzeitstage ist
der Bräutigam des Morgens mit seinen Beiständen
in seinem Hause, die Braut mit den ihrigen im
Hause der Eltern, von der Kronenfrau aufgeputzt.
Darauf trinkt sie eine kräftige Eiersuppe,
während der Bräutigam zur Kirche mit seinen
Führern geht, und dort mit Prediger und Küster
vor dem Altare singet: Wie schön leuchtet der
Morgenstern
. Bei den letzten Versen holen
zwei seiner Führer die Braut unter Musik zur
Kirche; 6 Brautjungfern mit grünen Schürzen,
hochrothen Bändern und schwarzen Kopfzeugen
führen den Zug. - Nach der Trauung gehen alle
dreimal unter Musik um die Kirche und dann zum
Brauthause. Nun werden die, von der Ortsköchin,
zum Theil in dem Ortskessel bereiteten, Speisen
aufgetragen, Rindfleisch mit Senf, Reiß und
Kümmelbrot, Fische, Rindfleisch und Pflaumen,
Butter, Käse, Aepfel, Nüsse. Je sechs Mann haben
eine Schüssel vor sich, die, wenn sie geleert
ist, wieder gefüllt wird, und dann unter die
sechs vertheilt wird, von denen jeder seinen
Theil nach Hause sendet, den Reiß in
ausgehöhltem Kümmelbrote (Rießkniese), selbst
Aepfel und Nüsse. Der Bruder der Braut giebt den
Wein und Zucker und ist Brautdiener, die
Serviette am Knopfe; die Schwester deckt den
Tisch und giebt das Tischtuch her. Nach dem
Essen wird, wie auch an andern Orten geschieht,
gesungen und dann getanzt. Punsch ist das
Getränk des Nachts, nie Bier. Die heimlich sich
wegschleichenden Gäste werden mit der Bahre, auf
der ein Stuhl ist, wieder geholt. Des Morgens
wird der Großvatertanz durch das Fenster
. gemacht, und um 6 Uhr ein
Gericht Fische gegessen.
Dreimal des Jahres haben die Warnemünder außerdem feststehende Schmausereien, das Fastelabendbier, bei dem der Bullenvater, d. h. derjenige gewählt wird, der das Jahr über den Ortsbullen halten muß, das Gräsergeldbier, wann die Herren aus Rostock (das Gewett) der Weide wegen
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kommen, und an dem Tage, an dem des Voigts Heu eingebracht wird, ist das dritte Gelag.
Brunshaupten und Ahrensee i. Amte Neubukow feiern ein eigemhümliches Kirchfest. Vor mehreren 100 Jahren soll dort ein Gewitter über acht Tage lang gestanden und großen Schaden angerichtet haben. Am Tage Urban, dem 25. Mai, wenden sich die geängsteten Einwohner an jenen Heiligen, und sogleich zieht das Gewitter seewärts. An diesem Tage ist Kirche; es wird selbst nicht gefischt.
Bei einer Entbindung bedarf man nicht immer eines
Stuhls, obgleich Stühle gesetzlich eingeführt
sind; der Ehemann nimmt häufig die Kreißende auf
den Schooß. Es wird ihr, um das Gefühl für
Schmerz zu betäuben, Franzbranntwein in Menge
gereicht, und nach der Entbindung Brotbrocken in
Butter gebraten, um die Eingeweide geschmeidig
zu machen. An manchen Orten bestreicht man mit
den Secundinen die Brustwarzen (z. B. bei
Rostock); im Amte Dargun pflegt man damit Brust
und Gesicht der Mutter zu salben, ohne nachher
die Feuchtigkeit abzutrocknen. Auch verbrennt
man hin und wieder die Secundinen, und giebt die
Asche Kranken ein. Wollen sie nach der
Entbindung nicht erfolgen, so muß sich der Mann
den Bart abnehmen und denselben nebst der Seife
der Frau eingeben. Eine Hose, auf das Bette
gelegt, schützt gegen Nachwehen. Von einem
ruhigen Verhalten nach der Entbindung ist gar
nicht die Rede; daher häufig kränkliche Frauen.
- Zwillinge hält man gewöhnlich für ein großes
Unglück. - Das Kind wird, sobald als thunlich,
getauft, aus Furcht, es möchte sterben und dann
als Irrlicht ewig umherhüpfen (bei Neustadt),
und auch aus Sparsamkeit, weil bis zur Taufe des
Nachts die Lampe brennen muß, damit die
Unterirdischen (besonders bei Rostock) es nicht
stehlen und einen Wechselbalg hinlegen. Drei
Gevattern sind gebräuchlich, die am Tauftage bei
den Eltern des Kindes speisen. Bei unehelichen
Kindern Gevatter zu stehen, ist anderswo
zuweilen glückbringend; zu Warnemünde aber
pflegen sie dann, den Kopf mit einer Schürze
verhüllt, über die Straße zu gehen. Das Kind
darf bei der Taufe nicht geschüttelt werden,
weil ihm die Kleidung sonst nachher nicht hält.
Gewöhnliche Namen sind Johann, Jochen, Hinrich,
Carl, Friederich, Niklas, Christoph, Christian,
Dethlof
., zu Warnemünde Jacob, contrahirt
Jap, -Anna, Maria, Sophia, Catharina, Dorothea,
Friederika, Margaretha, Elisabeth
. Häufige Vaternamen sind Möller,
Schmidt, Schneider, Schuhmacher, Weber,
Zimmermann, Vaigt, Jäger, Awe (Ofen), Bär,
Ebert, Hahn, Hase, Roß, Voß, Wolf,
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Düwel, Engel, Radder, Wiegert, Sachse und Sasse, Wendt, Westphahl, seltener Dütschmann. - Nach 6 Wochen geht die Mutter zur Kirche in Begleitung einer oder 6 Frauen um den Altar und opfert; setzt sie sich ohne Weiteres in den Stuhl, so bezahlt sie mehr.
Die Kinder wachsen auf, indem sie Winters und Sommers draußen spielen. Kränkliche sterben wegen Mangel an Aufsicht; nur gesunde werden groß. Bei gelinder Witterung gehen sie baarfuß, oft in Hemden, und schlafen in der Sonne. Das Mädchen unterscheidet man an einer Mütze aus 3 Stücken, den Knaben an einer aus vielen Stücken, deren Keile alle am Hinterkopfe in einen Stern zusammenlaufen. Der Heidendreck (schorfähnliche Schmutz auf dem Vorkopfe) wird gewöhnlich mit Sorgfalt abgemacht. 5 bis 6 Jahre alt, gehen sie Winters in die Schule, während sie Sommers schon die Gänse zu hüten pflegen. Nach vollendetem 14. Jahre werden sie eingesegnet, wenn sie lesen können, den Katechismus wissen und mit der Bibel bekannt sind. Wenige lernen schreiben, und das meistentheils nur Knaben, rechnen noch wenigere. Die Eltern scheinen zuweilen den Töchtern das Schreiben zu verwehren, aus Furcht, sie möchten sonst Liebesbriefe schreiben.
Von einem schweren Kranken sagt man: seit drei
. Nächten habe ich kein Licht bei
ihm ausgehabt. Eine, unter das Bette gesetzte
Schüssel mit kaltem Wasser schützet gegen das
Wundliegen. Phantasirt der Kranke, so legt man
ihm zuweilen einen todten Pferdekopf unter das
Kopfkissen; der Dunst macht ihn sofort ruhig.
Schon vor dem Tode pflegt man das Maaß zum Sarge
und Todtenhemde zu nehmen. Stirbt er, so wird er
sogleich aus dem Bette genommen, gewaschen und
angekleidet, ehe er erstarrt. Den Tod sucht man
ihm zuweilen durch Wegnahme des Kopfkissens zu
erleichtern, besonders deshalb, weil man
fürchtet, es möchten einzelne Federn darin sein,
die den Tod erschweren. Dann werden die Glocken
geläutet (Scheidelklocken). Bei der Beerdigung
am dritten
. Tage wird das ganze Dorf, bei
armen Verstorbenen um Gottes willen, gebeten,
und jedes Haus ist gehalten, einen Folger zu
senden. Im Sterbehause der Wohlhabenden wird
zuvor Branntwein und Semmel (Stuten) gereicht;
zuweilen wird auch nach der Beerdigung den
Freunden ein tüchtiges, aber stilles Gastmahl
gegeben; das nennen sie scherzweise: dei Hut
vertären - die Haut verzehren. - Am Tage der
Beerdigung gehen des Morgens zwei Männer hin,
das Grab zu bereiten, wobei sie zweimal läuten.
Kommt der Leichenzug um Mittag auf die
Feldscheide des Kirchdorfs, so beginnen wieder
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die Glocken, bis derselbe den Kirchhof erreicht. Hier wird der Sarg auf die Bahre gesetzet, ein stilles V. U. gebetet und ein Gesang gesungen. Dann wird die Leiche von verheiratheten oder unverheiratheten Männern, je nachdem der Todte es war, unter Glocken und Gesang einmal um die Kirche getragen, damit er nicht wieder komme. Prediger und Küster gehen vor der Leiche her, die Männer folgen, und hinterher die Frauen, Verwandte zuerst. Zuweilen wird die Leiche in die Kirche gebracht, und eine Rede vom Altar (Sermon, Abdankung) oder von der Kanzel (Leichenpredigt) gehalten. Nach dem Zuwerfen des Grabes (Kuhle) wird wieder still gebetet, worauf Alle weggehen. - Sorgfältig hütet man sich, dem Todten etwas von fremdem Zeuge mit in den Sarg zu geben, aus Furcht, er möchte den, dem es gehört, nachholen. Auch darf ihm kein Zipfel der Bekleidung in den Mund fallen, weil sonst die Seinigen bald folgen; ein Rasenstück pflegt ihm deshalb zur Befestigung des Gewandes auf der nackten Brust zu liegen. Auf die Bahre darf Niemand aus eben dem Grunde sich setzen. Im Sterbehause (bei Dargun) wird gemeiniglich von dem Standorte der Leiche bis zur Thüre nach der Entfernung derselben Asche gestreuet. Zu Warnemünde wird die Leiche die Nacht vor der Beerdigung auf die wohl erleuchtete Diele gestellt, und die Verwandten sitzen als Wache (Wak) in der Stube, suchen die Gesänge zur Beerdigung auf und schmauchen; die jungen Leute machen dann auf der Straße allerlei Kurzweil. Die Todtenfrau ruft dort, die Straßen durchlaufend, die Folger in der Stunde der Beerdigung mit lauter Stimme zusammen.
Der Meklenburger ist zu mechanischen Arbeiten
sehr aufgelegt, ja es ist fast kein Dorf, in dem
nicht mehrere sich finden, die ohne weiteren
Unterricht Haus= und Ackergeräthe zu machen
verstehen, selbst zuweilen Gefäße mit
länglich=rundem Boden. Der Schulze zu Ziegendorf
bei Grabow verfertigt gute Tischuhren. Der
Statthalter Buller, der erst zu Hof Grabow, dann
zu Brusow und endlich zu Kl. Bölkow wohnte,
hatte ohne alle Anleitung sich eine Drehorgel
gemacht und ein Fortepiano fast vollendet, als
er starb. Ein junger Mensch zu Heiligenhagen
spielt auf einer selbstgemachten Flöte zum
Tanze. Ein Pferdehirte zu Rittermannshagen
schnitzte Hunde, Pferde
., selbst Menschenköpfe ganz
leidlich aus Holz. Daß besonders Musiksinn
reichlich vorhanden sei, sieht man an den
gewöhnlichen Spielleuten, die gemeinhin ohne
Beihülfe die Violine erlernen, selbst zuweilen
das Klarinet, und jede vorgesungene Melodie
ungesäumt nachspielen. Bei den Hirten
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hin und wieder um Dargun findet sich auch eine Art Schalmei, etwa 4 Fuß lang, unten sehr weit, von Tannenholze gemacht, mit Pechdraht umwunden, und stets feucht gehalten. Der Ton gleicht dem eines Serpent. Dort gießt mancher Bauer sich die Rockknöpfe aus Blei mit dem Bilde eines Pferdes.
Das Gedächtniß ist bei den meisten sehr stark; es giebt Beispiele, daß ein Bauer eine ganze Predigt herbeten kann, die er so eben hörte. Das Combinations=Vermögen, und mithin Witz und Laune, die freilich zuweilen ins Schmutzige zu streifen liebt, scheint ungleich stärker als Scharfsinn. - Der Kalender ist ihnen das non plus ultra geistiger Arbeiten; daher Kalender machen = im tiefen Nachdenken brüten, sich schweren, unnöthigen Sorgen ergeben. Derselbe und Katechismus, Bibel, Gesangbuch sind fast die einzigen Bücher. Fürs Erste ist noch an nichts weiter zu denken. - - - -
Alte Volkslieder scheinen zu fehlen; aber
zahlreich ist die Menge von Mährchen, Sagen
(Läuschen), z. B. von verwünschten Prinzessinnen
., von den Hünen, welche gewaltig
große und starke Leute gewesen sind, und immer
das Vieh gehütet haben, bis sie am Ende
ausgestorben, oder durch Verheirathung sich
unter dem kleineren Geschlechte verloren haben.
Sie sollen alle Kirchen im Lande (eine Sage bei
Doberan), außer der zu Stäbelow, erbauet haben;
wie wäre es anders möglich gewesen, meinte ein
Bauer, die großen Feldsteine oben ins Gemäuer zu
bringen? - Manche Fabel, worin aber nur Thiere,
niemals Bäume
., reden, geht rund, und noch
jetzt deutet man im Scherze die Töne mancher
Thiere, vielleicht aus Vorliebe für Onomatopoien.
Religiosität ist so ziemlich allgemein vorhanden.
Gewöhnlicher Trost bei den größten
Unglücksfällen ist: es hätte noch schlimmer
werden können; Gott sei Dank! Nur der Arm ist
zerbrochen
. Gott nennt man nie ohne das
Beiwort "lieb" - leiw, ebenso auch oft
Sonne, Mond, Erde, Brot. Mit großer Andacht wird
der Altar zwei= bis viermal jährlich besucht,
und zu dem Krankenbette beständig der Prediger
gefordert. Unter den größten Schmerzen siehet
man oft Menschen dem Tode mit einer erhebenden
Fassung entgegen gehen, die - man nenne sie
nicht Stumpfsinn - nur das Eigenthum einer
hoffenden Seele sein kann, aber leider! oft den
vornehmeren Standen fehlet, die nicht selten
Religion nur für eine Angelegenheit des
einfältigen Pöbels halten. - Redlichkeit und
Treue ist Gewohnheit; nur Holzfrevel und
Entwendung eßbarer Sachen (Mundraub) rechnen die
Bauern nicht immer unter Diebstähle. Der das
Holz aus harter Erde und das
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Obst aus hartem Holze hat wachsen lassen, sprechen sie, der ist so hart nicht; es ist für einen jeden. - Die Tugend der Versöhnlichkeit wird auch ihnen sehr schwer, und einige Gegenden überschreiten in Hinsicht der Keuschheit alle Gränzen der Zucht, besonders auf manchen Höfen, wenn das Beispiel der Vorgesetzten schlecht ist; daher denn zunehmende Armuth, öfterer Familienzwist und Mangel an Segen bei der Kinderzucht; andere freuen sich einer besseren Sitte, z. B. Warnemünde. - Ueber manche schlechte Neigungen belehren herrliche Sprichwörter, z. B. wär ümmer up sienen Kopp besteiht, dei kümt am Ennen ok up den Kopp tau stahn - wer immer auf seinen Kopf besteht, der kommt am Ende auch auf dem Kopf zu stehen.
Obgleich höchst gemüthlich und heiter, scheinen die meklenburger Bauern nicht frei von Mißtrauen zu sein, es möchte denn irgend etwas Wundersames oder Abergläubisches erzählt werden. Aus Mißtrauen behalten sie lieber ihre kleine Baarschaft bei sich, als daß sie dieselbe immer zinsbar belegen sollten. Aus Mißtrauen bleiben sie gerne bei der alten Sitte in der Arbeit und im Hause, und sagen lieber ja zu Allem, was ihnen gesagt und gerathen wird, als daß sie ihre rechte Meinung vorbringen sollten. Aus Mißtrauen gebrauchen sie selten Arznei, sondern lieber Hausmittel und Quacksalbereien, oder sterben elendiglich, indem sie sagen:
wer wol kümt in Docters Hännen,
dei kümt ok bal tom Ennen,
d. h. wer da kommt in Doctors Hände, der kommt auch bald zu Ende, und: wotau hewwen fünst dei Awtheikers das Gift in dei Awtheik? d. h. wozu haben sonst die Apotheker das Gift in der Apotheke? - Der Scharfrichter kennt auch den menschlichen Körper, meinen sie. - Die Gerechtigkeit betrachten sie als ein System von Ungerechtigkeiten, das zuweilen darauf ausgeht, einen Unschuldigen anzufallen, um Geld zu kriegen. Daher der häufige Wechsel der Advocaten bei Processen und die Sprichwörter: dörch Schaden wart man klauk; wo dei Tun am siedsten is, is am lichsten äwerstiegen; ick hört tau, wat der dei Klock slaug; dat Gericht will ok läwen, un jeder helpt sick, fo gaud hei kan - d. h. durch Schaden wird man klug; wo der Zaun am niedrigsten ist, ist am leichtsten überzusteigen; ich hörte zu, was da die Glocke schlug; das Gericht will auch leben, und jeder hilft sich, so gut er kann. Noch immer findet wegen des siebenjährigen Krieges der Preuße kein Zutrauen bei dem Bauer; daher hört man von preußischen Kniffen, preußischer Waare = schlechter Waare.
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Ein hoher Grad von Menschenkenntniß wird dem
meklenb. Bauer durch dieses stete, vorsichtige
Aufmerken eigen, und er dürfte im Handel
. den gewöhnlichen Städtern oft
weit überlegen sein. Auch darf man behaupten,
daß der den Bauer nie ganz kennen lernet, den
derselbe zu fürchten hat. - Hat derselbe aber
irgend Jemanden sein Zutrauen geschenkt, so
verliert er es nicht leicht wieder. -
Unerschrocken, wenn es Noth thut, fürchtet man
dennoch überall das Soldatenleben, weil es dabei
Körperzwang und Schläge giebt.
Allgemein ist der Aberglaube; Spuk, Zauberei und
Sympathie sind ganz gewöhnliche Dinge, und
obwohl viele, sorgfältig beobachtete Beispiele
z. E. das Blutstillen als unnöthig darthun, so
wird es doch gemeinhin nicht unterlassen, weil
bei vielen Wunden das Blut rasch sich ergießt
und dann von selbst steht, dies aber die Leute
täuscht. Nicht anders ist es bei Brandwunden,
der Rose
. Diese Sympathien sind alle von
höchst lächerlichem Inhalte. Es ist jedoch nicht
zu läugnen, daß manche Bauern im Verbinden,
Reinigen der Wunde und Streichen bei
Verrenkungen eine ziemliche Fertigkeit besitzen.
- Ist ein Vieh krank, die Milch blau, das Bier
lang, sterben die jungen Gänse
., so haben es böse Leute gethan.
Diese bösen Leute stehen zum Theil mit dem
Teufel in Verbindung, und dann wird scharf mit
Mohrenpulver
. geräuchert, die Hexe gestäupt,
vernagelt, vergraben, gekocht
., wobei manche Scharfrichter
. sich thätig beweisen; oder diese
Leute haben es als eine Anlage mit auf die Welt
gebracht, daß ihr Ansehen, Wünschen
. schadet, oder sich auch nachher
aus Unvorsichtigkeit erworben, wenn sie z. B.
beim Segensprechen in der Kirche sich umgesehen
haben. Auch kann man sich und den Seinen durch
Verrufen schaden und durch hundert andere
Kleinigkeiten. 1669, den 11. Jun., wurde zu
Gorow Anna Wilden, Hans Holstens Ehefrau, und
den 23. Tieß Wilde wegen Zauberei verbrannt.
1
) 1697, den
28. April, ist zu Haßdorf Trine Tiehlmanns,
seligen Hans Schlorfen Wittwe, wegen Zauberei
verbrannt.
2
) - Feuerbesprechen, Festmachen,
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das Gestohlene wieder schaffen durch Vernageln
oder Räuchern des Fußtapfens, durch Kaffeeaufguß
., dem Dieb ein Auge ausschneiden,
Geldbrennen, Schatzgraben
. sind noch immer Gegenstände des
Aberglaubens, so wie Kreuze in der
Walpurgisnacht an den Thüren
. Geister sind entweder
überirdische, z. B. wilde Jäger, Waud (Wodan?),
an der Elbe Fruh Wod genannt, oder unterirdische
(Unnerirschen, Dümlings, d. h. Däumlinge), die
mit jenem immer Krieg führen und zum Aufziehen
eines größern Geschlechts ungetaufte Säuglinge
stehlen (siehe oben Entbindung
.), nach Einigen aber durch Waud
schon fast ausgerottet sind, oder Wassergeister
(Watermäum, d. h. Wassermutter), welche zuweilen
in Gestalt eines Käfers (Dytiscus marginalis
wird als solcher angeklagt) Kinder und Andere
ins Wasser ziehen. Der wilde Jäger ist ein Mann
auf einem Schimmel mit vielen bellenden Hunden
an einer Kette und vielen Kutschen über und
neben einander, zuweilen auch (an der Elbe) in
Gestalt eines Heuschobers, von Einigen für einen
alten Edelmann gehalten. Er thut denen nichts,
die mitten im Wege bleiben; daher sein Zuruf an
den Wanderer: midden in den Wäg! Als Spuk
erscheint auch der Teufel im langen, rothen
Rocke mit einem Pferde= und einem Hühnerfuße,
welche beide er sorgfältig versteckt, oder mit
rauher Haut, Hörnern und Schwanz und einem
Kuhmaule, oder auch als Meteor (Drak - Drache).
Im letzteren Falle trägt er Schätze, die er
herunterwirft, wenn man ihn bittet; steht man
dann aber nicht unter einem Dache, so wirft er
Koth nieder. In den Volksmärchen zeigt er sich
häufig dumm und leicht zu betriegen. - Auch
erscheinen Verstorbene, die etwa noch einen
Wunsch haben. Als Scheidegänger wandern falsche Zeugen
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einer Gränze mit schrecklichem Weherufen. Fast
kein Landweg ist, auf dem es nicht irgendwo
spuken soll, und mit bedeutungsvollem Lächeln
nennt der Bauer gewöhnlich irgend einen Edelmann
oder Amtmann, der gegen die Unterthanen
ungerecht und grausam verfahren sei und jetzt
keine Ruhe finde -ein Beweis, wie sehr diese
Leute vor der Einführung einer bessern Justiz
gedrückt sind. Gespenster werden von den Bannern
in Säcken gewöhnlich in ein Ellernbruch als den
geheimen Aufenthalt der Kröten und anderer
Wunder getragen, worauf auch ein Sprichwort
hindeuten mag: er ist beim lieben Gott im
Ellernbruch (hei is bi'n leiwen Gott in't
Ellernbrauk) d. h. er ist gestorben. Auch glaubt
man an Doppelgänger, Gedanken genannt. Die
Pferde verrathen sogleich die Nähe eines
Geistes, auch die Hunde durch Bellen und Heulen
.
Im Mai stellt man nicht gerne eine Hochzeit an. Perlen im Schmucke der Braut sind dem Bauer gleichgültig; aber manchem im höheren Stande deuten sie auf künftige Thränen. - In den Zwölfen nach Weihnachten darf man nicht waschen, weil sonst Jemand im Haufe stirbt. In Johannisnacht darf kein Zeug draußen liegen, weil der böse Krebs (Gryllus gryllotalpa) stch darauf setzt. Die Zeichen des Thierkreises im Kalender bestimmen vielfältig das Geschäft des Tages. Junge Gänse werden durch ein Beinkleid gesteckt; dann holt die Krähe sie nicht. Eine Doppeleiche ist von geheimer Kraft, nicht minder eine hohle, in die man hauchen muß. Der Storch, die Schwalbe, die Eule werden gemeinhin als heilig verschont. Der Kukuk, der im Winter Sperber ist, kündigt des Lebens Länge an nach scherzender Sage, der Brustknochen der Gänse die Witterung des nahen Winters, Doppeläpfel Zwillinge der sie essenden Personen, das Heimchen, Maulwurfshaufen im Hause, Eulengeschrei den Tod, Krähenzüge nahe Kriege, flatterndes Spinnegewebe an den Stubendecken eine Hochzeit; Kröten und Katzen deuten auf Hexen; Donnerkeile (Belemniten) kommen mit dem Blitze und schützen gegen denselben. Ueberall sieht man Wunder, überall glaubt man die Nähe der unsichtbaren Welt zu gewahren.
Neben dem Hochdeutschen findet sich auch in Meklenburg das Platte. Ersteres wird fast allgemein in den höheren Ständen gesprochen, wiewohl man auch da hin und wieder das Platte wie einen lieben, bequemen Hausrock nach den Geschäften des Tages im stillen, häuslichen Kreise vorzieht. Reine Betonung, reine Aussprache aller Buchstaben sind die bemerkenswerthen Vorzüge des Hochdeutschen in Meklenburg. Nirgends wird b mit p, d mit t, g mit ch oder k verwechselt,
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nirgends ein Vocal unnöthig und ärgerlich
gedehnt; selbst das ei wird, befonders im
östlichen Meklenburg, von dem ai deutlich genug
unterschieden - eine glückliche Folge der
Verbindung mit dem Platten.- Wie aber jede Sache
ihre Schattenseite hat, so dürfte auch hier zu
tadeln sein, daß man ziemlich allgemein pf wie f
spricht, dem z nicht die gehörige Schärfe giebt,
und das i nicht gespitzt genug, sondern mehr in
ie hinüber tönen läßt. Letzteres erkennt man
besonders beim Aussprechen des Französischen z.
B. la fille
.
Als Eigenthümlichkeit einzelner Gegenden verdient es einer Erwähnung, daß man im Strelitzschen und an der Gränze von Neu=Vorpommern beim Hochdeutschreden j und g häufig verwechselt, im Strelitzschen und an der Elbe öfters scht und schp für st, sp, z. B. Schtein für Stein hören läßt, und in der Umgegend Schwerins das e und a vor rz nicht scheidet, z. B. Herz wie Harz, schwarz wie schwärz spricht. Auch möchte man im Schwerinschen das j richtiger gesprochen wünschen, da es gemeinhin wie dj oder vielmehr wie das g der Italiäner vor e und i tönt. Von dem Platten verleitet, zieht endlich der Halbgebildete das a in gedehnten Sylben gerne in ao hinüber z. B. Wåter für Water, und stößt das ch in schw aus z. B. Schwein - Swein.
Die niedere Volksklasse redet immer platt,
obgleich in verschiedenen Mundarten. Die
südwestlichen Bewohner und die in den Städten
von ganz Meklenburg sprechen das Platte ohne
viele starre Doppellaute aus, z. B. de - die,
een - ein, bleew - blieb, Hö - Heu, Beer - Bier,
höden - hüten, möten - müssen
. Die übrigen Landbewohner
verwenden unzählige Doppellaute z. B. dei, ein,
bleiw, Heu, Beier, häuden, mäuten
. Verschieden von beiden Mundarten
ist die in Warnemünde herrschende. Die Bewohner
dieses Ortes, meistentheils Lootsen und
Seeleute, ziehen alle Vocale, wenn es angeht, in
e und i hinüber z. B. Werneminner, und verwenden
beim Aussprechen der Wörter mehr die Lippen,
während die übrigen Meklenburger mehr die Zunge gebrauchen.
Das Platte mit den vielen Doppellauten wird vorzugsweise das breite genannt. Weil fast alle Vocale irgend einen Doppellaut zu berühren scheinen, so widerstehen sie oft aller Schreibung z. B. schälen-sollen, möten - das Weglaufen hindern. Die Sprechwerkzeuge des Platten werden dadurch auf eine Weise geübt, daß ihm das Aussprechen fremder Zungen, besonders des Schwedischen und Englischen, wenig schwierig ist. - Nicht minder als die Vocale, sind auch manche Consonanten mit Mühe abzusprechen, vorzüglich das r am Ende,
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das d zwischen zwei Vocalen und das n. Weil man
im Schreiben die Radical=Consonanten des Wortes
im Hochdeutschen gerne beibehält, damit das Wort
fürs Auge kenntlich bleibe, weil man aber
dennoch der Aussprache nichts zu vergeben
wünscht, so hat man viele Mühe, das d von r zu
unterscheiden, z. B. in: Fädder - Feder, warren
- werden. Am Ende verhallt das r fast in ä,
jedoch mit einem leisen Anschlage des r z. B.
Füer - Feuer, hür- höre, sprich fast wie füäh,
hüäh. Das n vermischt sich meistentheils so
wunderlich mit j, z. B. Länner - Länder, Hand
. fast wie Länjer, Hajnd, daß man
es keineswegs mouillé nennen möchte und auch das
j zu schreiben, wegen seiner Undeutlichkeit,
nicht für gut finden dürfte. Das h wird in
einigen wenigen Ortschaften (bei Goldberg) nicht
hörbar z. B. dei Und ät bäten - der Hund hat gebissen.
Dies Platte ist mit dem Englischen vielleicht
näher als andere platte Mundarten, die im
Holsteinischen herrschende etwa ausgenommen,
verwandt, wie man aus manchen Formen und Wörtern
z. B. was, black, down, little, girl
.
. im Platten: ick was, Black
(Dinte), duhn (nahebei), lütt, Göhr (Kind, im
westlichen Meklenburg aber wie im Holsteinischen
ein kleines Mädchen) wahrnimmt; es ist zum
Verstehen alter Urkunden und Gedichte so
geeignet, daß man oft nicht bloß einzelne
Wörter, sondern ganze Sätze wieder zu finden
glaubt; es ist von allen platten Mundarten am
wenigsten durch fremden Einfluß geändert -
Gründe, welche zu der Behauptung führen dürften,
als sei diese Mundart dem Urstamme aller
germanischen Sprachen am nächsten, wie auch
Kinderling dasselbe überhaupt schon vom Platten
vermuthet (siehe dessen gekrönte Preisschrift).
Und nur hin und wieder scheint das Slavische
einigem, freilich sehr geringen, Einfluß
zurückgelassen zu haben, eine Vorneigung zu
gewissen Tönen in der Aussprache (man vergleiche
das häufig für g gebrauchte j, das oben erwähnte
unreine n und r, das au, ei
. mit dem böhmischen g, n', r' au,
ey z. B. n'ikdy, r'jpa, gak, saud, meydlo
. Negedlys böhm. Grammatik), und
einige wenige Wörter: Pietsche- peitsche
(bic
c
), Dätz - Kopf, näwrig -
eigennützig (newz
c
ily), Lootse
(Lod'-Schiff), Pracher - Bettler (prach - Staub,
Schmutz), Slaw-großer Mensch, Sood-Brunnen
(sud), Wuhrd - Ackerwerk beim Hause (worati -
ackern) u. s. w.
Zur Uebersicht der Verwandtschaft des Platten mit dem Hochdeutschen in Hinsicht einzelner Wörter mag folgende Tabelle dienen:
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das Hochdeutsche bleibt oder wird im Platten a - - - - ä, o, äu, ö
Beispiele sind: Zahn - Tähn, halten - hollen,
fahren - fäuern, Alter - Oeller, Paar - Poor,
Thräne - Thran, mähen - maihen, Härchen -
Hörken, Gedärme - Gedirm, Baum - Bom, glauben -
glöwen, Haus - Hus, räubern - röwern, Mäuse -
Müs, Flecken - Placken, Leben - Läwen, zehn -
tein, mehr - mihr, Pferd - Pfierd, fremd -
frömd, Heerde - Haud, Heerd - Hierd, geheißen -
häten, Kleid - Kled, dein - dien, heulen -
hulen, Leute - Lüd', geglichen - gläken, Milch -
Melk, glich - gleik, gewinkt - wunken, immer -
ümmer, spielen - spälen, die-dei, Spiel- Spil,
schieben - schuwen, riechen - rüken, soll -
sall, Sohn - Sähn, Wolle - Wull, Loos - Lott,
Moos - Muß, Oefen - Awens, hören - hüren, Nuß -
Nät, gut - gaud, Fuder - Fauder, fluchen -
flöken, Uebel - Aewel, hüten - häuden, betrügen
- bedreigen
.
Was die Consonanten betrifft, so wird b in der
Mitte und am Ende eines Wortes ein w: leben -
läwen, Leib - Liew; ch wird r oder ck: ich-ick,
fällt weg in: Ochs, Wachs, sechs - Oß, Waß, sös
., bleibt vor t: Licht
., und wird zwischen 2 Vocalen
verdoppelt: Leder - Lädder, oder tönt in r über:
Erde - ier, verliert sich nach n und l: Kinder -
Kinner, Felder-Feller; f wird gewöhnlich p:
Flecken - Placken, wird einmal ch: Luft - Lucht;
g bleibt, wird verdoppelt: liegen - liggen; h
und j bleiben; k wird g: Rücken -
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Rüggen, bleibt übrigens; l bleibt, verliert sich
in: sollst -schast oder sast; m, n und p
unveränderlich; pf wird stets p: Pfund-Pund; qu
wird einmal dw: queer-dweer; r bleibt häufig,
wird zuweilen s: verlieren-verleisen, und
verschwindet in: mir-mi
.; s bleibt im Anfange, wird ss:
diese - disse, wird t: das - dat, wird sch:
Wiese-Wisch; ss bleibt zuweilen, wird t: essen -
äten, wird tz: Messer - Metz; sch bleibt
zuweilen, verliert sich vor w: Schwein - Swein,
verändert sich im Munde einiger Menschen in sk:
Fisch - Fisk; st bleibt gewöhnlich, wird s und
ß: ist - is, Mist - Meß; ß wird fast immer t:
reißen - rieten; t bleibt selten, t und dt
werden gewöhnlich d: rathen - radhen, Städte -
Städer, t fällt weg in: nicht- nich
., Alter - Oeller; v und w
unverändert; z bleibt: kratzen, wird d: Zwang -
Dwang, wird ss: hetzen - hissen, wird gewöhnlich
t: zahm - tam
.
Das e kann in den meisten Fällen apostrophirt werden, auch mitunter i, ei, und ie, z. B. wat 's dor? 'n' fruh. -
Genitiv und Dativ fehlen. Ersterer wird
umschrieben, z. B. den Mann sien Fruh, oder dei
Rock van den Mann - beides mit sehr
verschiedener Bedeutung; der Dativ wird durch
den Accusativ oder durch die Präposition: för -
für, ausgedrückt. Die 5 Declinationen
unterschieden sich durch die Bildung der
Mehrzahl. Die erste bildet die Mehrzahl durch
Umlaut: dei Dochter, dei Döchter; die 2te durch
ein angehängtes en oder n: Arft (Erbse), Arften;
die 3te durch ein angehängtes s: Hahn, Hahns,
die 4te durch ein angehängtes er: Dörp (Dorf),
Dörper; die 5te durch Umlaut und ein angehängtes
er: Fat (Faß), Fäter. Als anredendes Pronomen
gebraucht man: du, ji, hei und sei; das
hochdeutsche Sie drängt sich aber immer mehr
ein. Die Verba haben kein Particip. Act., kein
Fut. Conj.; dem Partic. Pass. fehlt die
Vorschlagsylbe ge. Der Conjunctiv wird durch
mögen
. umschrieben, oder auch eigens
gebildet. Es giebt nur 1 Conjugation; aber 155
Verba bilden Imperf. und Partic., zuweilen auch
die 2te und 3te Pers. Sing. Präs. Ind. auf eine
eigene, jedoch nicht immer ganz regellose,
Weise. 105 von diesen irregulairen Verben haben
außer dem gewöhnlichen Imperf. Indic. noch ein
zweites, das gewöhnlich durch Umlaut aus jenem
gebildet wird. Dies Imperf. II. wird gebraucht,
wenn ein relativer Satz mit as, dor, wenn damit
verbunden ist, oder in Gedanken zurückbleibt, z.
B. ick wier in Hamborg (nicht: ick was), as dei
Franzos dor ankeim (nicht ankam), d. h. ich war
in H., als die Franzosen dort ankamen; ick släug
em (nicht: slaug), as hei dor so jäug (nicht:
jaug), d. h. ich schlug ihn, als er dort so
jagte
.
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Sehr erklärlich wird dies Imperf. II. ungleich häufiger gebraucht, als das Imperf. I.
Eine doppelte Verneinung verneint recht kräftig,
z. B. nüms nich - Niemand, narens nich -
nirgends
. Von den Präpositionen sind
achter - hinter (vergl. das engl. after), mang -
unter, jünt und tens - jenseit, bemerkenswerth;
tens bezeichnet, daß der jenseits befindliche
Gegenstand der Länge nach queer vorliege, z. B.
tens dei bäk liggt dat Hus - jenseit des Baches
liegt das Haus der Länge nach queer vor. -
Die Menge der Interjectionen ist zahllos; noch
immer werden neue gebildet. Sie sind zum Theil
Substantiva und Verba geworden, z. B. husch,
haps, dei Husch, dei Haps, huschen, hapsen.
Einen gleichen Ursprung haben ojehen: hei ojehet
so väl (von o Jesus
.), bumsen, dunsen, brummen,
butzen, bullern, ballern, kloppen
. mit ziemlich verschiedener
Bedeutung. Daher die unendlich vielen Onomatopoien.
Was die Stellung der Worte betrifft, so liebt man die Voransetzung des Wortes, welches den stärksten Nachdruck hat. Das veranlaßt häufige und mannigfaltige Inversionen, welche dem Platten eine große Modulation und einen lebhaften Ausdruck geben, aber jedesmal den Sinn der Worte in etwas ändern. Fast kein Gespräch wird unter Bauern geführt, in dem nicht eine Menge Versetzungen vorkommen.
Einzelne Wörter haben im Platten einen andern
Sinn als im Hochdeutschen. So bezeichnet z. B.
Leidenschaft: eine Trübsal, gemein: herablassend
.; Wesen, Natur, Leben haben einen
sehr unanständigen Nebenbegriff; Lebensart
bedeutet hin und wieder Lebensbedürfnisse, und
im östlichen Meklenburg wird nicht selten der
Begriff von hochmüthig und großmüthig vertauscht.
Die unzähligen Apostrophirungen der schon an sich wenigsylbigen Wörter, die weiche Aussprache einzelner Buchstaben, die keine besondere Thätigkeit der Organe erfordert, und die vielen Inversionen machen es begreiflich, daß der Platte das Gedachte mit einer Schnelligkeit hervortreten läßt, wie vielleicht in keiner andern Zunge. Im langsamem Munde eines betagten Bauern scheint es freilich nicht immer diesen Charakter zu haben, wohl aber in dem rascheren Munde besonders der weiblichen Jugend. Der Reichthum an eigenthümlichen, in den übrigen deutschen Dialecten nur zum Theil in der Ableitung gefundenen, oft auch denselben ganz entfremdeten Wörtern, welche eine rechte Vorrathskammer an Terminologien für Kunst und Gewerbe genannt werden können, die tägliche Vermehrung derselben durch Onomatopoien und auf andern Wegen, die
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vielen bildlichen und sprichwörtlichen Reden, welche eine Fülle von Nebenideen hervorrufen, die ganz gewöhnlichen Inversionen der Rede, alle mit ihrer eigenen Deutung, und endlich die Einwirkung des Accents auf Quantität machen das Platte ohne Zweifel zur Poesie ganz passend, und die große Gemüthlichkeit, welche demselben innewohnt, da es im Munde eines gemüthlichen Völkchens angewachsen ist, giebt den platten Versen eine liebenswürdige Naivetät, so daß dieser Dialect, wie unter den griechischen der dorische, sich vorzüglich für Idyllen, für den Komus und für kindlich fromme Lieder eignen dürfte (vergl. Voß und Babst), weniger freilich für den ernstern Kothurn. Vom platten im Allgemeinen hat ein entschiedener Kenner germanischer Mundarten (Adelung, Lehrgebäude der deutschen Sprache, S. 74 und 79) unter andern geurtheilt: es fehlt demselben nichts als eine sorgfältige und verständige Cultur, um sie zu der reichsten, angenehmsten und blühendsten Sprache zu machen.
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|
:
vom
Rector Masch zu Schönberg.
U eber die Verhältnisse der Einwohner des jetzigen Fürstenthums Ratzeburg zu den früheren Landesherren, dem Bischofe und Capitel, enthalten die Urkunden nur vereinzelte Nachweisungen. Aus diesen ergiebt sich nun zuvörderst, daß nie eine Art der Hörigkeit statt fand. ain keinem Kaufbriefe über erlangte Dörfer oder Hufen werden die Bewohner als ein erkaufter Gegenstand bezeichnet; auch läßt sich ein Grund für die persönliche Freiheit derselben aus dem bekannten Umstand ableiten, daß die Mehrzahl der ältesten Bewohner des Bisthums Einwanderer aus Gegenden waren, wo keine Hörigkeit bestand. Daher finden wir denn auch förmliche Verhandlungen, wenn die Kirche wieder Güter einziehen wollte, welche sie zum Bebauen ausgethan hatte, so 1285 in Römnitz 1 ), und wo sie verpflichtet war, Häuser und Gartenmeliorationen nach dem Taxwerth zu vergüten; wir finden, daß Dorfschaften Grundstücke als Eigenthum erkauften, so 1320 in Mahlzow 2 ); oder daß ganze Höfe zu Bauerrecht gelegt und den Bauern eingethan wurden, so Rodenberg 1379 3 ); wir treffen ein Landgericht, wo die Unter=
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thanen unter sich selbst das Urtheil finden 1 ); aus allen diesen Umständen, die sich leicht vermehren ließen, geht eine persönliche Freiheit unwiderleglich hervor, die übrigens auch nie angefochten ward und noch jetzt, wie die Bauern selbst es deuten, durch das Tragen eines Degens bei Vertrauungen angezeigt wird.
Unter welchem Rechtstitel nun die Bauern die von ihnen cultivirten Hufen besaßen, ist vielfältig in neueren Zeiten zur Sprache gekommen; durch eine rechtskräftig gewordene Wetzlarsche Entscheidung vom 23. Jun. 1797 steht jetzt fest, daß das bäuerliche Besitzrecht auf einem erblichen Colonat sich gründe, von einem wahren Eigenthum der Bauern also nicht die Rede sein könne. Wie die Deduction geführt ward, aus welcher diese Entscheidung herfloß, welche jetzt nur noch für die wenigen, nicht regulirten Dorfschaften von Belang ist, ist nicht bekannt. Die Richtigreit derselben zu bestätigen oder anzufechten ist hier nicht der Ort, jedoch drängt es sich auf, daß es natürlicher gewesen wäre, an ein ächt deutsches Erblehn zu denken, als an eine römische Emphyteusis, zumal da einzelne Fälle vorhanden sind, die ganz die Form des Lehnwesens an sich tragen, wie z. B. die Schlagsdorfer Kirche von einem Stücke Land auf dem Riepser Felde nur dann eine Recognition erhielt, wenn der Besitzer der Stelle sich änderte 2 ).
Die Bauerstellen erben, wie es die Constitution vom 30 Jul. 1776 bestimmte, welche alte Gewohnheit und den bisherigen Gerichtsgebrauch gemeinkündig machte, in absteigender Linie mit Ausschluß der Seitenverwandten fort und zwar so, daß vorzüglich auf den ältesten Sohn gesehen werden sollte, jedoch dem Vater die Freiheit zu lassen sei, denjenigen von seinen Söhnen zum Nachfolger im Gehöfte zu erwählen, dem er es, als einem tüchtigen Wirth, am liebsten gönnet, nur soll der Vater es der Amtsobrigreit gehörig anzeigen, und den Amtsconsens darüber erwarten. Tritt der Vater dem Sohne das Gehöft noch nicht ab, so bleibt dieser nebst seiner Frau, als Knecht und Magd, so lange der Vater lebt, bei den Eltern in Lohn und Kost, und muß sich nach des Vaters Tode mit der Mutter wegen des Altentheils, mit den Geschwistern wegen der landüblichen Abfindung vergleichen. Die Brüder bekamen gemeiniglich ein Ehrenkleid und ein Pferd und bei ihrer Verheirathung die halbe Hochzeit; die Schwestern eine Aussteuer, ein aufgemachtes Bette (ohne Bettgestelle), eine
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Lade mit Kleidung und Leinwand, 1 Kuh, Schafe, 2 Schweine und die halbe Hochzeit, dazu 2 Anzüge und ein weißes Halstuch mit Spitzen. Die unverheiratheten Geschwister pflegten gemeiniglich gegen den gewöhnlichen Dienstlohn, der meistens in Erzeugnissen der Landwirthschaft, in Leinwand, Kleidern und einigem Gelde bestand, bei der Stelle zu bleiben. Trat der Vater aber bei seinem Leben noch die Stelle dem Sohne ab und ging aufs Altentheil, so ward dieser nach Dorfgebrauch gerichtlich regulirt, die Eltern blieben am Tische des Hauswirths, erhielten Korn und einige Obstbäume und wurden demnächst von dem Bauern begraben, ohne daß die übrigen Kinder zu den Kosten beitrugen. Der neue Besitzer gelobte mittelst Handschlages: die Stelle als ein guter Hauswirth zu bewirthschaften, der Landesherrschaft und sonsten die schuldigen Leistungen abzutragen, alle Dienste unweigerlich zu beschaffen und sich als getreuer Unterthan zu beweisen. So ward ihm denn die Stelle überlassen, damit er solche nach Landesordnung und Gebrauch nutzen und genießen möge, auch ihm verheißen, daß er und seine ehelichen Leibeserben, wenn er alle Obliegenheiten getreulich erfülle, bei dem Genuß dieser Stelle ungestört erhalten werden, solle, auch ihm aller obrigkeitlicher Schutz zugesichert und ihm über dies Alles unter des Amtes Hand und Siegel ein Hausbrief ertheilt.
Auch die unmündigen Kinder schließen des Vaters Geschwister von der Erbfolge aus; der verwittweten Mutter aber steht es frei, sich zu verheirathen und mit ihrem Manne die Stelle bis zur Mündigkeit der Erben zu bewirthschaften; dann erhält sie und der Stiefvater, der Jahrenbewohner genannt wird, ein Altentheil, konnten aber eben so wenig als die Kinder der zweiten Ehe eine Ansprache an die Stelle machen, es sei denn, daß diese von der Mutter herrührte, denn die Töchter hatten, wenn keine rechtmäßigen Söhne da waren, Erbrecht an die Stelle und soll auch da vorzüglich auf die älteste Tochter Rücksicht genommen werden. Wären aber keine rechtmäßigen Söhne und Töchter vorhanden, so kann der Hauswirth zum Besten einiger Seitenverwandten nicht darüber schalten, sondern das Gehöft fällt, im Stande worin es war, frank und frei an die Landesherrschaft zurück, welche unbeschränkt darüber verfügen, es mit einem neuen Wirthe besetzen konnte, der es beweinkaufte 1 ) und wobei auf die nächsten Verwandten des ab=
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gegangenen Wirthes Rücksicht genommen werden sollte oder die Ländereien vereinzeln und anderen Stellen und Meiereien beilegen. Hinsichtlich der Allodialerbschaft aber, wozu Vieh und Fahrniß, aller Hausrath, auch die Bretter auf dem Balken, das eingeworbene Korn und die Saat auf dem Felde gehörte, traten ganz die Bestimmungen des gemeinen Rechtes ein.
Die landesherrlichen Rechte an diesen Bauerhöfen bestanden und bestehen außer dem erwähnten Heimfall in den Regalien der Forst= und Jagdgerechtigkeit, die erstem in dem Maße, daß keine Eiche oder Buche, sie mochte auf dem Felde stehen wo sie wollte, dem Bauern gehörte; einzelne Dorfschaften, jedoch nicht alle, waren dem Fruchtzehntenzuge unterworfen, den entweder die Landesherrschaft erhob oder der zu den Einkünften des Predigers gehörte; die Naturalien, welche noch in der letzten Zeit des Bisthums und auch später geliefert wurden, als Zehntlämmer (24 ßl.), Schneidelschweine, Gänse (12 ßl.), waren schon längst zu Geld gesetzt, Flachs wird von einigen Dörfern in natura geliefert, in andern das Pfund mit 4 ßl. bezahlt, die Schafabtrift mußten mehrere Feldmarken sich gefallen lassen. Die Hauptaufkunft aber bestand aus der sich schon in den ältesten Zeiten findenden Abgabe, welche mit dem Namen Pacht (pactus) belegt ward und als Recognition der Unterthanen für die innehabenden Ländereien angesehen wurde und in einer bestimmten nicht überall gleichen sehr niedrigen Geldsumme bestand; die Pachthühner, schon längst zu Geld gesetzt (4 ßl.), wurden als Recognition für einzelne Wörden oder Koppeln angesehen. Mit diesen sind die Rauchhühner (4 ßl.) nicht zu verwechseln, welche sich bekanntlich auf die Jurisdiction und das privative dominium beziehen und die daher auch an einigen Orten dem Prediger, z. B. in Herrnburg von den sogenannten Priesterhufen entrichtet wurden. In den frühern Zeiten wurde nach dem Hufenmodus bei außerordentlichen Fällen gesteuert (Bede, precaria), und es scheint, als ob die Anordnung dieser Bede lediglich vom Willen des Bischofs abhing, wo denn auch das Capitel von seinen Unterthanen eine solche erheben konnte; die Quote war in des Bisthums letzten Zeiten ein Gulden. Jedoch die Hufeneinrichtung scheint nach der Säcularisation ganz außer Anwendung gekommen zu sein, und statt der Bede entstand unter dem Namen der Contribution
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eine feste Abgabe, welche auch das Gesinde
ergreift. Von jedem Scheffel Aussaat Land wird 3
., vom Fuder Heu 8
, für den Knecht 30
, für den Halbknecht 15
, für die Dirne und den Jungen 13
., und sind einige von diesen
eigene Kinder des Hauswirths 18
. gezahlt und für jeden Thaler 1
1/2
. Zählgeld entrichtet. Andere
Geldabgaben waren das Monatsgeld, welches zu der
Zeit entstand, als das Fürstenthum den Herzogen
von Schwerin gehörte, zum Unterhalt der
Einspenniger gegeben ward und späterhin zur
Reservaten=Casse kam und nicht überall gleich
ist; das Frachtfuhrengeld, das 1734 statt
gewisser Naturalfuhren, das Landreutergeld,
welches 31. Mai 1774 mit 1 1/2
. von jedem Thaler der
Contribution angeordnet wurde, das Haulohn des
Deputatholzes, das Glockenläutergeld bei
Landestrauer. Außer diesen Geldleistungen
lastete ein sehr beschwerlicher
Naturalhofdienst, der nach den herrschaftlichen
Meiereien geleistet ward, auf den Bauerstellen,
und zwar mußte der Bauer gemeiniglich 8 Stunden
lang Spann= oder Handdienste thun lassen und
darin alle zur Landwirthschaft nothwendigen
Arbeiten ausrichten; in einigen Ortschaften
waren die nicht angesessenen Einwohner zu
Garten= und andere zu Fachdiensten pflichtig, in
einigen zur Probstei ehemals gehörenden Dörfern
mußten sie bestimmte Pfunde Heede spinnen.
Dörfer, die keinen Naturaldienst leisteten,
zahlten Dienstgeld. Außer diesen Hofdiensten
waren sie zu ungemessenen herrschaftlichen
Diensten bei Bauten u. s. w. verpflichtet
(Nebendienst, Capiteldienste), zugleich zur
Anfuhr des Deputatholzes, zur Wegebesserung, zu
Kirchen= und Mühlenfuhren, zur Bewachung und
Transportirung der Gefangenen, zu Briefreisen,
Jagdfrohnden u. s. w. Die Ländereien lagen in Communion.
Wenn nun auch die Geldabgaben verhältnißmäßig sehr geringe waren, die Bauern zur Erhaltung ihrer Wohnhäuser und zum Neubau Bau= und Pfahlholz, zur Erhaltung ihrer Ackergeräthschaften Nutz= und zum Brennen Radeholz aus den herrschaftlichen Forsten erhielten (eine Eiche und eine Buche), so ergiebt sich schon aus der Menge der angegebenen Prästationen, daß es selbst bei angestrengtem Fleiße den Bauern unmöglich sein mußte, ihre Felder, die überdies fast allgemein eine sehr ansehnliche Ausdehnung hatten, gehörig zu bebauen, daß fast der ganze Ertrag, der nur gering ausfallen konnte, von der Menge des Zugviehes, der Knechte, Mägde und Dienstjungen, die zum Hofdienst unentbehrlich waren, verzehrt ward und daß ein wohlhabender Bauernstand nie entstehen konnte. Daher machte man gegen das Ende des vorigen Jahrhunderts Zuerst den Versuch, einige Dörfer zu verkoppeln. Die Com=
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munion der Ländereien ward aufgehoben, es wurden Contracte mit den Bauern auf gewisse Jahre abgeschlossen, während welcher der Naturaldienst und der Zehnten durch Geld vergütet, jedoch das Bau= und Nutzholz verabreicht ward und Heimfall und Erbfolge durch die schon früher angeführte Verordnung bestimmt wurde.
Hieraus ging nun die Regulirung oder gänzliche
Ablösung der Ländereien von dem Nexus mit der
Großherzogl. Kammer hervor, welche, nach den
liberalsten Grundsätzen unternommen und
durchgeführt, den Wohlstand der Bauern dauernd
begründet und eine vollkommnere
landwirthschaftliche Cultur möglich macht. Die
Besitzungen zu separiren und das, was jedem
zufiel, so zu legen, daß es eine
zusammenhangende Fläche bildet, die Lasten, die
darauf ruhen, zu ordnen und aufzuheben, sind die
Zwecke der Regulirung. Nachdem die Dorfschaft
vermessen worden, wird die Größe der Lasten
berechnet, es wird untersucht, wie viel Land
abgetreten werden kann, das entweder zu
herrschaftlichen Zuschlägen oder zu Meiereien
gelegt oder zu Büdnereien verkauft wird, und aus
diesen Ansätzen ergiebt sich die Größe der
jährlichen Abgabe, die nach Scheffel Rocken
bestimmt und nach dem Preise am Martinitage in
Lübeck (mit 2
Zähl= und Procentgeld vom Thaler
für den Einnehmer) abgeführt wird. Wenn dies
Geschäft auf dem Wege der gütlichen Verhandlung
zu Stande gekommen, so erhält das Dorf eine
Regulirungsurkunde. Durch diese wird die Stelle
unwiderrufliches Eigenthum des Bauern, das
Heimfallsrecht hört auf, jedoch der Vorkauf und
Näherrecht wird vorbehalten, der Bauer hat
allein für die Erhaltung der Gebäude zu sorgen,
denn die Holzleistungen hören auf, die Vererbung
kann nur an einen, welchen er willkürlich unter
seinen Söhnen und Töchtern wählen kann,
geschehen, übrigens bleibt es bei der
constitutionsmäßigen Bestimmung wegen des
Vorzugs der Söhne vor den Töchtern und der
Primogenitur; die jungem Kinder werden
dorfüblich aus der Stelle abgefunden, denn jede
Zerstückelung ist untersagt. Die Stelle kann
gültig verhypothecirt und auch verkauft werden,
jedoch letzteres, wegen des vorbehaltenen
Vorkaufsrechts, nicht ohne Consens des
Landesherrn. Von dem Kaufgelde muß der Käufer
den Zehnten (10 pCt.) und den Zahlschilling (6
1/4 pCt.) (ersterer findet sich bereits unter
dem Namen Uplatelgeld zu Anfang des 16.
Jahrhunderts als altherkömmlich angeführt,
letzteren 1
von der
. als Sportel des Amtmanns traf
ich zuerst 1646) erlegen. Alle
Naturalleistungen, welche die Herrschaft zu
fordern hat (nicht aber die, welche den Kirchen
gebühren, die Anfuhr des Deputatholzes und
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die Sorge für die Wege), hören auf und die ungemessenen Nebendienste sind für jeden Vollbauer jährlich auf 8 Spanntage angesetzt. Das Holz wird von den Feldmarken weggenommen; um der Stelle aber den Holzbedarf zu sichern, wird gleich bei der Regulirung ein Theil des Ackers zu Holzkoppeln bestimmt, welche nur zu diesem Zwecke benutzt werden dürfen (Verordnung vom 27. April 1825). Hinsichtlich des Erbrechtes bestimmt die Verordnung vom 26. October 1824, daß, wenn ein Hauswirth verstirbt, ohne den Erben seiner Bauerstelle letztwillig und rechtsgültig ernannt zu haben, die Bestimmungen der römischen Erbfolge=Ordnung in Anwendung kommen. In dem Hausbriefe wird dem Besitzer, mit Bezugnahme auf die Versicherungs=Urkunde, die Bewirthschaftung der Stelle überlassen und ihm aller obrigkeitliche Schutz zugesichert, wogegen er verpflichtet ist, alle Leistungen prompt zu erfüllen und dem Amte den schuldigen Gehorsam zu erweisen.
Die Bewohner des Fürstenthums unterscheiden sich schon seit langen Jahren, ohne daß sich nachweisen ließe seit wann, in die Braunen und Bunten 1 ), Namen, die von der Kleidung hergenommen sind. Letztere richten sich im Allgemeinen nach der Tracht der niedern Stände in den benachbarten Städten; die Handwerker, die eingewanderten Tagelöhner u. s. w. gehören dazu, und sie würden, als ein fremdes Element, hier nicht einmal zu erwähnen sein, wenn nicht ganze Dorfschaften, namentlich Ziethen, Mechow und Lankow, zu ihnen gehörten. (Auffallend ist es, daß gerade diese Dörfer Tafelgüter des Domprobstes waren.) Eine noch jetzt bestehende Trennung fand seit Menschengedenken zwischen ihnen und den Braunen statt; Ehen zwischen beiden gehören im Allgemeinen zu den seltneren Fällen und führen fast immer einen Wechsel der Kleidung herbei; der Bauer selbst heirathet fast nie eine Bunte.
Die Braunen, die Eingebornen, sind ein sehr kräftiger Menschenschlag, der sich aber erst in den Zwanzigen vollkommen auszubilden pflegt, von mittlerer Größe, selten unter 5 Fuß 3 Zoll, selten über 6 Fuß groß, breitschultrig, fast nie bäuchig, von wohlgebildeten Gliedern und ansprechender Gesichtsbildung, mit dunkelblondem oder lichtbraunem Haar und blauen Augen, von frischer Gesichtsfarbe, mit schönen, weißen Zähnen. Ihre Lebensweise bietet wohl eigentlich nichts Eigenthümliches dar; daß aber der Ratzeburger viel ißt und im Ganzen gut ißt,
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zumal viel Fleisch, ist bekannt genug, daher kann er denn auch sehr stark arbeiten, und in der Ernte, wo die Arbeit zum Fest wird, kommen fremde Arbeiter nie mit ihm aus; er übereilt sich nie, aber er ermüdet erst spät, und Ausdauer in jeder Hinsicht, welche wohl oft Hartnäckigkeit genannt werden kann, gehört zum Charakter des Volkes, das sich übrigens durch Treue und Rechtlichkeit und Wohltätigkeit vortheilhaft auszeichnet, fest an dem einmal Bestehenden hält und sich zum Aneignen fremder Ansichten ungern entschließen kann.
Die Wohnungen sind mehr zweckmäßig als bequem eingerichtet; sie sind allerdings bedeutend größer, als man sie gewöhnlich in Meklenburg antrifft, aber für den Bewohner selbst bleibt, da sie zugleich zur Scheure und zum Viehgebäude dienen, doch nur ein geringer Theil des Raumes übrig. Die älteren Häuser sind von Eichenholz gebaut, die Wände sind ausgeflochten und inwendig und auswärts mit Strohlehm beworfen (gekleemt). In der Mitte ist die große Dreschdiele, mit Lehm ausgeschlagen, an den Seiten derselben sind die Ställe für Pferde und Kühe; neben der großen Hauptthür, in die ein Wagen mit Korn hineinfahren kann, sind zwei Schuppen (Vorschup) für die Schafe und Schweine. Am Giebelende ist die Stube (Döns') angehängt, so daß sie drei freie Wände hat und mit der vierten am Hause steht. Die Decke besteht aus darüber gelegten Brettern. Ein großer Ofen, in dem man das Essen zu erwärmen pflegt, nimmt fast die Hälfte der Stube ein, deren Geräthe aus Bänken an den drei Seiten, einem großen eichenen Tisch, einigen selbstverfertigten Lehnstühlen, welche bei Festlichkeiten mit ledernen Kissen belegt werden, besteht. An der Wand stehen auf einer "Bort" die zinnernen Schüsseln und Kannen (die gewöhnlichen Hochzeitsgeschenke) und irdene oder weiße Teller; eine andere, mit einem Vorhang von blauer Leinwand versehen, trägt die Milch; über der Thür findet man Bibel, Gesangbuch, Postille; die hölzernen Löffel stecken an der Wand; von der Decke hängt ein hölzerner Haken mit Zähnen zum Verlängern und Verkürzen herunter, um die Lampe zu tragen. Nur wenige und kleine Kammern sind im Hause. Der Heerd ist offen und frei oder mit einem mächtigen Geländer eingefaßt, der Boden vor ihm mit Kieselsteinen gedämmt, über ihm ein mächtiger "Schwibbogen", von dem der Kesselhaken herunter hängt. Der Schornstein fehlt, der Rauch durchzieht das ganze Haus und hat alles Holz schwarzbraun gefärbt, und räuchert den Speck und die Schinken, die unter der Decke "im Wiem" hangen, vortrefflich. So die alten Häuser; die neueren haben im Ganzen denselben Typus be=
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halten, aber sie sind in allen ihren Theilen viel stattlicher geworden und bequemer eingerichtet: die Wände sind ausgemauert, die Vorschuppen weggeblieben, die Stube ist geräumig und mit Windelböden belegt, alles trägt, bei ländlicher Einfachheit, das Gepräge des Wohlstandes; und während sich früher nur noch ein schuppenähnliches Backhaus, das einige Wohnungen zum Vermiethen enthielt, in der Nähe des Hauses oder in dem mit riesigen Obstbäumen bepflanzten, fast gar nicht bestellten Garten befand, hat die verbesserte Ackercultur fast bei jeder Bauerstelle Scheuren nothwendig gemacht, denn das Haus kann nicht mehr, wie früher, das geworbene Korn fassen.
Seit den frühesten Zeiten fand im ehemaligen Bisthum eine gesonderte Administration statt; während die jetzigen Vogteien Schönberg und Stove zu den Tafelgütern des Bischofs gehörten, besaß die Capitulartafel die Vogteien Schlagsdorf und Rugensdorf. Nach der Säcularisation zerfiel das Land wieder in die Aemter Ratzeburg, Stove (späterhin zum Amte Schlagsdorf vereinigt) und Schönberg; erst seit Errichtung der Landvogtei 1814 hat diese Trennung in der Verwaltung aufgehört, welche eine Trennung unter den Einwohnern herbeiführte. Nur in seiner Vogtei ist der Ratzeburger heimisch, und wenn die Vogtei= und Kirchspielsgrenzen zusammen fielen, so ist die Trennung so groß, daß eine Heirath zwischen diesen Getrennten zu den höchsten Seltenheiten gehört und die oder der Hereingekommene nie recht heimisch wird: "He is nich mit uns' Water döft". Auch in der Kleidung findet, namentlich beim weiblichen Geschlechte, eine solche Abweichung in Einzelnheiten statt, daß man gar leicht die verschiedenen Vogteien und Kirchspiele herauskennen kann.
Die sehr kleidsame Nationaltracht der Männer, an welcher jedoch die Mode in neuerer Zeit einige Veränderungen im Schnitte hervorgebracht hat, besteht aus einer Weste, welche bis an die Hüften reicht; früher war sie länger und von eigengemachtem wollenen Zeuge oder zum Putz von blauem rothgeblümten Camelot, jetzt von andern Westenzeugen; aus einer Jacke von eigengemachtem halbwollenen Zeuge (Beierwand), fast immer braun gefärbt, mit einer Reihe Knöpfe; einer kurzen und engen schwarzen Hose aus Bratt, an den Knien mit ledernen Senkeln zugebunden (jetzt ziemlich von Pantalons verdrängt); aus weißen wollenen Strümpfen und Stiefeln, die bis über die Wade reichen, oder aus Schuhen mit Riemen, selten mit Schnallen. Um den Hals wird ein schwarzes oder buntes seidenes Tuch getragen, über dem die ausgenäheten Querder ein wenig herüber liegen; das Haar ist jetzt überall kurz ver=
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schnitten; früher trug man es länger, gescheitelt, hinter die Ohren gestrichen und durch einen Kamm von Messing gehalten. Der Hut hat einen runden niedrigen Kopf und einen mäßig großen Rand. Zur bequemern Tracht im Hause gehört eine meistens grüne Sammtmütze mit Pelz gefüttert und verbrämt und hölzerne Pantoffeln. Das sonntägliche Feierkleid, welches sich aber erst der Verheirathete zulegte, war ein schwarzer Rock mit rothem Flanelle gefüttert, ohne Kragen, mit ziemlich weiten Aermeln und großen Aufschlägen, mit Falten an der Seite und großen Taschenpatten. Er reichte bis an das Knie, war vorne gerade geschnitten und in seiner ganzen Länge mit Knopflöchern geziert, von denen nur die bis zur Hüfte offen waren; die Knöpfe waren übersponnen und groß. Der Rock hat aber jetzt eine gewöhnliche städtische Form erhalten und man steht den angegebenen nur noch bei alten Leuten, mit denen diese Form aufhören wird; die Pelzmützen sind meistens gegen Kappen von moderner Form vertauscht worden; auch wollen die altväterlichen Bauerhüte (Teulhoot) den modernistrenden Burschen nicht mehr gefallen, welche, wenigstens im Putz, nur Tuchjacken mit zwei Reihen Knöpfen tragen. Ein früherer Putz bestand in silbernen Knöpfen, welche aus den kleinen dänischen Vierschillingsstücken (Kopfvieren) gemacht wurden, an die eine "Oehse" angelöthet ward; diese Knöpfe sind ganz verschwunden, eben so wie auch ungefärbte Jacken bei den Bauern nicht mehr gefunden werden. Bei schlechtem Wetter wird ein schwarzgefärbter linnener Kittel von Oberrocksform getragen.
Die Mädchen tragen Hemdschürze und Oberhemde, über der Brust mit einer silbernen Spange, welche die Form eines Herzens hat, mit einer Krone darüber, zusammengehalten (Brüschen). Die Aermel reichen bis an den Ellenbogen, in einigen Gegenden bis zum Handgelenk, erstere sind offen, letztere aber durch einen Querder geschlossen; dann ein Mieder (Bostlief), welches hinten ziemlich hoch geht, an der Brust aber mehr ausgeschnitten ist. Früher ward dazu der geblümte Camelot und gedruckte Leinewand verwendet, jetzt entweder Cattun, besonders rother, oder Wollensammet u. dgl. Es ist aber breit eingefaßt, wozu man zum Putze seidene, mit Gold und Silber façonnirte Bänder verwendet. Dann kommt eine Jacke, meistens von Tuch, eben so wie das Leibchen verziert, von dunkelblauer oder dunkelgrüner Farbe, mit engen Aermeln, welche zugeknöpft werden, und die unten überschlägt und zugesteckt wird. Das Halstuch, zum Putz ein seidenes mit farbiger Kante und bunter Stickerei, gewöhnlich ein rothes, wird in den verschiedenen Gemeinden verschieden getragen; meistens wird es
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hinten eingesteckt, so daß der Besatz der Jacke zu sehen ist; in Schlagsdorf dagegen hängt es über die Jacke. Hier trägt man noch vor der Brust einen Brustlatz von steifer Leinewand mit Seide überzogen und oben mit Band besetzt (Bostdok, Brüschen), der sich jedoch in den meisten übrigen Gegenden nicht findet. Mehrere Röcke von brauner Farbe, wenn es eigengemachte sind, oder von blauer, wenn man Tuch anwendet, seltener von dunkelgrüner, werden übereinander getragen; alle sind unten mit Band besetzt. Früher waren sie hinten und an den Seiten in enge, steife Falten gelegt, jetzt verschwindet diese Form mehr und mehr. Weiße wollene Strümpfe und Schuhe mit hohen, spitzen Absätzen und Schnallen, meistens großen silbernen, werden stets, auch im heißen Sommer, getragen; barfuß geht niemand. Das Haar wird in einigen Gemeinden von der Stirne zurückgestrichen, in anderen gescheitelt getragen, auf dem Kopfe in einem Neste zusammengewunden und durch ein künstlich geschnitztes Stäbchen (Nestnadel) gehalten. Die Mütze (Hüll) ist in dem größten Theil des Landes eine runde (dreistückige), gemeiniglich mit Band, zum Putz mit Gold= und Silbertressen auf den Nähten besetzt, in vielen Dörfern aber und namentlich in der ganzen Schlagsdorfer Gemeinde wird eine Spundmütze getragen, welche nur aus zwei Stücken besteht, hinten wegsteht, und von ihr hängt langes rothes Band in einer Schleife herunter; mit rothem Bande wird überall die Mütze unter dem Kinn zugebunden. Die Spitze (Strich) vor ihr ist nirgends sehr breit und wird bald aufstehend, bald am Kopfe anliegend gefunden. Der Hut ist aus dünnen weidenen Spänen, zum Bande geflochten (Flechtels), zusammengenäht, nicht überall von gleicher Form, doch immer vom Kopfe abstehend, mit Cattun gefüttert, fast überall mit blauem Bande besteckt, nur in einigen Dörfern stets mit schwarzem; er gehört aber nie zum Putze. Die Schürze ist überall blau, entweder von gedruckter Leinewand oder von baumwollenem Zeuge; eine Schärpe von breitem blauen oder grünem seidenen oder Hamburger Band, vorne zu einer großen Schleife gebunden, bedeckt das Band derselben. Ein Halsband (Krallenband), bald von Glasperlen, bald von buntem Sammtband, mit einer rothen Schleife befestigt, und silberne Ohrringe vollenden den Anzug, der in jedem seinem Theile das Gepräge des Wohlstands und der Tüchtigkeit trägt und dabei höchst decent und sehr kleidsam ist.
Diese Kleidung der Unverheiratheten bleibt auch nach der Verheirathung dieselbe, nur mit dem Unterschiede, daß dabei schwarz die vorherrschende Farbe wird: statt der bunten Mütze
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wird eine schwarze getragen, statt der rothen Bänder kommen schwarze, und Tuch und Schürze ist, zumal beim Anzug in der Kirche, weiß, ersteres mit Spitzen besetzt. Bei Trauer oder bei der Communion und am Charfreitag und Bußtag erscheinen auch die Mädchen im schwarzen und weißen Anzug. - Im Winter tragen ältere Frauen in einigen Gegenden beim Ausgehen eine große schwarze Tuchkappe (Kapp), welche zugleich Hals und Schultern bedeckt, auch wohl Klapphandschuhe ohne Finger, unten dreieckig geschnitten und mit Pelzwerk besetzt, jedoch beides verschwindet mehr und mehr aus dem Gebrauche. Eine nur in der Selmsdorfer Gemeinde sich findende Eigenthümlichkeit ist, daß die nächsten weiblichen Anverwandten bei Leichenbegleitungen ein großes weißes Tuch über die Mütze gesteckt tragen.
Eigenthümlich nationale Belustigungen lassen sich nicht namhaft machen; eine sehr rauschende und, wie die Verbote sagen, durch Gesöff höchst ärgerliche Feier des Pfingstfestes, welche Pfingstgilde genannt ward, wurde 1681, 1688, 1698 und 1734 streng untersagt; das Kranzreiten, das von den Knechten um Pfingsten angestellt wird und mit Tanz endigt, ist ganz neuern Ursprungs. Fastnacht wird von dem Gesinde durch Aussetzen der Nebenarbeit und durch Schmausereien 8 Tage lang in jedem Dorfe begangen; der Weihnachtsabend durch Essen und Trinken gefeiert (Vulbuksabend). Hauptfeste sind die Hochzeiten, welche im Herbste so gestellt werden, daß die Trauung der meisten Paare an demselben Tage statt hat (lange Regh'). Die Braut erscheint dabei im festlichen Nationalanzug, schwarz mit buntem Band besetzt, mit einer Krone von Gold= und Silberlahn geschmückt, Wittwen und Gefallene mit der schwarzen Mütze, in der Hand Spitzentuch und das Brautgeschenk: das Gesangbuch mit silbernem Beschlage; der Bräutigam im Rocke, den Hut mit blankem Kranze und Strauße geziert und unter dem Arm das Zeichen des freien Mannes, einen Degen, von dem ein Tuch und rothes Band herabhangen. Trauführer, Brautjungfern (Bisittersch), Schaffner sind ernannt; der Hirte in festlichem Anzug mit einem Strauße geschmückt und mit einem Queerbeutel versehen, um Geschenke für sich zu sammeln, hat in Versen zierlichst das ganze Dorf und alle Verwandte eingeladen; nur die Unverheiratheten pflegen dem Zuge, der bis zum Kirchhofe von der Musik begleitet wird, in die Kirche zu folgen. Bis gegen Abend verweilt die Gesellschaft im Kirchdorfe (in einigen Gemeinden finden fast nie Haustrauungen statt, welche in anderen häufiger sind), dann kehrt man ins Hochzeitshaus zurück, wo aber die Thür ver=
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schlossen ist und erst geöffnet wird, nachdem das Brautpaar den alten Frauen gelobt hat, Gut zu thun, und eben so, wie die ganze Begleitung vor der Thür mit Semmel von ihnen bewillkommnet wird. Man setzt sich an die langen, schmalen Tische, die mit ungeheuren Massen herkömmlicher Gerichte, als Hühnersuppe, Milchreiß, Rindfleisch mit Pflaumen (Grapenbraad), Schwarzsauer, Kohl und Hammelfleisch, Gänse= und Schweinebraten (Kartoffeln sind als Fremdlinge ganz ausgeschlossen) besetzt sind. Die Schaffner tragen auf; die zinnerne Kanne mit Bier, das Glas mit Schnapps machen die Runde, zwischen den Gängen wird von den Alten auch wohl die kurze, mit Silber beschlagene Pfeife wieder angebrannt, dann wird getanzt, die Braut, nachdem ihr die Krone abgetanzt und sie mit der schwarzen Mütze bekleidet ist, wird von den alten Frauen zu Bette gebracht, und mehrere Tage lang (die Hochzeiten werden gewöhnlich in der Regel am Freitag gefeiert), oft bis in die andere Woche hinein, dauern diese Festlichkeiten, deren Aufwand bereits ältere Gesetze, zuletzt 1787, zu beschränken versuchten. Da, wenn es irgend thunlich ist, Tauschfreien geschlossen werden, so daß Brüder und Schwestern aus zwei Familien sich gegenseitig heirathen, so wird die Hochzeit (Köst) sehr oft in mehreren Dörfern gefeiert. Ueber die Ausrüstung derselben, so wie über das Einzelne der Feierlichkeiten dabei entscheidet der Dorfgebrauch und fest wird am Herkommen gehalten. Kein Armer verläßt ungespeiset und ungetränkt das Hochzeitshaus.
Das Angegebene gilt freilich in seinem ganzen Umfange nur von dem Bauer, jedoch ist es im Allgemeinen auch auf die Classe der eingebornen Tagelöhner anwendbar, welche dieselbe Kleidung tragen und ursprünglich aus Bauerstellen herstammen. Daher ist unter ihnen auch ein verhältnißmäßiger Wohlstand nicht selten.
Die Bauern in Ziethen, Mechow und Lankow, eben so die in der Vogtei Manhagen schließen sich in ihrer Kleidung den ihnen zunächst wohnenden Lauenburgern an; daher kann ihre Tracht hier nicht füglich näher geschildert werden, da das Fremde zu ersichtlich an ihnen hervortritt.
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:
mitgetheilt
von
G. C. F. Lisch.
I m Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin befindet sich eine, bis jetzt unbekannte Handschrift mit zwei mittelhochdeutschen Gedichten. Der Codex ist Pergament in Quartform, jetzt 67 Blätter enthaltend, welche nach Doppelblättern in Quaternionen eingeheftet sind. Dieser Cod. enthält von fol. 1 bis 30 eine Leidensgeschichte Jesu (Passionale) und von fol. 31 bis 67 eine Paraphrase des Vater Unser von Heinrich von Krolewiz aus Meißenland (heinr. v. misen bei Grimm). Das V. U. ist vollständig, das Pass. leider nicht. Im Anfange des Cod. fehlt nämlich etwas, aller Wahrscheinlichkeit nach eine Quaternio, von welcher jedoch noch ein loses beschriebenes Blatt vorhanden ist; ferner bestand die vierte der vorhandenen Lagen, mit welcher das erste Gedicht schließt, ursprünglich nur aus einer Lage von drei Doppelblättern, deren zweites das zweite Blatt (zwischen den jetzigen fol. 29 und 30) durch Ausschneiden verloren hat. - Das zweite Gedicht umfaßt 4 Quaternionen und 5 zusammengeheftete Blätter. Die erste und letzte Seite dieser Abtheilung sind nicht beschrieben. - Aus diesem Zustande der Handschrift scheint hervorzugehen, daß beide Gedichte nur wegen des gleichen Formats des Pergaments zusam=
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mengebunden sind; hiefür scheint auch die Schrift zu sprechen. Beide Gedichte sind im Anfange des 14ten Jahrh., vielleicht am Ende des 13ten Jahrh. geschrieben; die Hand beider hat Aehnlichkeit, jedoch ist die des Pass. stumpfer, als die des V. U., welche auch einen ältern, festern Charakter hat. Auf jeden Fall sind beide Gedichte zu verschiedenen Zeiten geschrieben, wenn sie auch von demselben Schreiber geschrieben sein sollten, wogegen sich jedoch noch sagen läßt, daß das Pass. eine große Menge, dem V. U. unbekannter niederdeutscher Formen hat, von denen viele gewiß dem Abschreiber zugerechnet werden müssen. Der ganze Codex ist in gespaltenen Columnen geschrieben; in jeder Columne stehen, zwischen Linien von Dinte, 34 Zeilen, welche mit Stichen im Pergament bezeichnet sind; der Anfangsbuchstabe eines jeden Verspaares ist im ganzen Codex roth durchstrichen. Die sonstigen Verzierungen des Cod. sind in beiden Gedichten verschieden: in dem ersten Gedichte beginnen die häufigen Abschnitte mit einfachen, großen gothischen Unzialen, regelmäßig in rother und grüner Farbe abwechselnd; im zweiten Gedichte beginnen die Hauptabschnitte mit grünen, in roth verzierten, großen Unzialen, die Unterabschnitte aber alle mit einfachen rothen Unzialen; außerdem sind die Ueberschriften und Nebenschriften mit rother Dinte geschrieben.
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A. Paraphrase des Vater Unser
von
Meister Heinrich von Krolewiz
aus Meißenland.
(heinr. v. mîsen.)
D ies Gedicht ist seinem Inhalte nach bisher unbekannt; die Brüder Grimm kannten es jedoch schon längere Zeit und benutzten es aus einer Papierhandschrift in Gotha, von von welcher W. Grimm 1 ) Abschrift genommen hat; dieser hat es öfter in seiner Ausgabe des Freidank benutzt. Schon früher führte es J. Grimm, unter der Bezeichnung heinr. v. mîsen in der Grammatik an, z. B. I., 387, 413, 931, 933. Das Gedicht umfaßt 4888 Reimzeilen und ist in den gewöhnlichen mittelhochdeutschen Reimpaaren geschrieben; es hat in der Form nur die Eigenthümlichkeit, daß jeder einzelne Abschnitt mit drei Reimzeilen schließt. Der Dichter nennt sich selbst fol. 60, b, 2. heinrich von krolewiz vz missen lant und sagt fol. 31, daß vor ihm keine deutsche dichterische Erklärung des V. U. zu Stande gebracht sei und daß er seine Arbeit Weihnacht 1252 begonnen und nach drei Jahren an demselben Tage vollendet habe. - Zur Kenmniß unserer Handschrift und zur Vergleichung mit andern theile ich hier Anfang und Ende des Gedichts mit, so wie die Stellen, welche über den Dichter und die Zeit der Abfassung reden, endlich einen interessanten Abschnitt über den Magnet; diese Proben werden zugleich von der Poesie 2 ) selbst zeugen: sie gehört zwar nicht zu den
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schönsten des Mittelalters, läßt sich aber recht
gut lesen und enthält manche belehrende und
erwärmende Stelle; sie läuft manchen mhd.
Gedichten den Rang ab. Eine nicht geringere
Wichtigkeit hat das Gedicht von der sprachlichen
Seite. Die Haupteigenthümlichkeit in der Sprache
besteht in dem abgekürzten Infinitiv auf-e
. sowohl außer dem Reim, als in
demselben z. B. zů: tů, ê: verstê,
sache: mache; diese Abkürzung kommt häufig vor
(vgl. Grimm Gr. I, 931 u. 387), nach meiner
Bemerkung aber vorherrschend nach den
Hülfszeitwörtern mögen, wollen, sollen, können.
Eine andere Abkürzung ist die der 2 Pers. Sing.
Praes. z. B. has: las (vgl. Gr. I, 933) und
hieze und spriches außer dem Reim. Auch seltnere
Formen hat das Gedicht, z. B. zwirnt (Gr. III,
228), âteilich (Gr. II. 707) diu luft, der
stange, der saf (Gr. II, 210); eigenthümlich
endlich ist ein Schwanken in Formen, wie kurt:
geburt, bekurten: geborten im Reim, dagegen
kurze und bekurze außer dem Reim. -Die
thüringisch=sächdische Eigenthümlichkeit des
Gedichts ist in der Handschrift ziemlich getreu durchgeführt.
fol. 31,
b, 1. |
G
ot dv richer himel crist,
sint dv in allen steten bist vnde doch deste minner nicht an einer ganzen angesicht. so ist mir von dir daz irkant, daz dv hast in diner hant alle creature von lufte vnde von viure, von wazzer vnde von erden, da von dv hieze gewerden alle lebendinge dincg, vnde bist ir aller vmmerincg. Daz weiz ich wol alsunder wan: ich bin in diner hant betan, vnde ist mir von dir daz irkant, |
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Seite 158 |
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daz mich hat din zesewe
hant
al vz vnde vz gerůret an, rechte als da ein zimmermann ein hus al eine machet gar, da er inne sine iar wesen vnde wonen wil. Endvnket dich herre nicht z ![]() sus hast dv al gemeine gezimmert mich al eine vnde dir ein hvs bereitet; ob dir daz nicht vorleitet der tivuel vnde min bose gir, so hast dv herre hie an mir ein hus, da dv inne wonen wilt. Da gein mir doch min herze spilt, swe groze missetat ich han daz ich habe hoffenlichen wan, kan ichz verdienen vmme dich, daz du will setzen mich |
|
fol.
31,
b, 2. |
mitten an din hertze,
da mich nimmer smertze sint mals mer ger ![]() Wirt daz vollen vůret, so will dv herre dennoch me an mir wnders bege: kan ichz verdienen gegin dir, so will du wonen ovch in mir. Diz sin vremede sinne. Dv bist div ware minne; swer in der minne din enstet, din minne in so z ![]() daz er in dir wonet gar vnde div in ime ovch vur war. Diz sin vremede sache, dar abe man mohte mache |
![]() ![]() |
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g
![]() wen daz ez ist ein anevanch der rede, der ich beginne wil: des wil ich hie von niht z ![]() sagen, wende es ist gen ![]() Wer ich so wis vnde also kl ![]() daz ich die rede mochte vol bringen, so siv tochte, der ich hie beginne wil, dennoch so hete ich wisheit vil. Jedoch ist got also g ![]() swer iht in sime namen t ![]() daz der wol vollenkvmet dar an. Daz weiz ich wol alsunder wan; des laze ich sus die rede stan. Nvtze rede ist vil irdacht; ez ne wart aber nie z ![]() ein so kleine mere, |
|
fol.
32,
a. 1. |
daz ie so nvtze were,
so des ich beginne wil: wen div rede solle alle zil sin vnde alle stunde in aller menschen munde; wende wir horen die wisen lesen, daz ane die rede nicht mvge genesen, wende sie git des lihes not vnde ist g ![]() En truwen swa ein mere also nutze were, daz were ein schone z ![]() vnde swer daz gerne horte nicht, der dvhte mich ein bose man. Ir svlt des haben deheinen wan, daz ichz in dvschen Sachen so g ![]() |
![]() ![]() |
Seite 160 |
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spreche ich daz vnde trvge
die diet,
so tete ich vbel; ez ist gewiet von gote her vor langer stvnt, ez sprach des waren gotes mvnt vnde gab vns diz mere, daz ez ein bete were gein ime vur vnser missetat, dar inne er bevangen hat die rehten e vnde vnser leben: des ich wil vrkvnde geben. |
fol. 42,
a, 1. |
W
ir svlen ovch niht vergezzen
des
der vierde stein magnes, der daz ysen z ![]() ![]() vnde so vil lvte m ![]() die irre varen vffe den seen. Daz svlt ir also versten: der divtet die patriarchen; d[i]v scrift ist so div barken; |
fol. 42,
a, 2. |
als wir ir niht kvnnen
verste,
so vare wir irre vffe dem se. So svle wir t ![]() ![]() als der mernere t ![]() swanne er sich verirt vnde daz ein wider wint im wirt vnde daz div naht ane gat vnde er der sterne niht nehat, er kan sich niht berichten baz: er gvzet wazzer in ein vaz vnde wirfe eine nalden drin vnde wiset ir des mannes schin; der stein daz ysen zvhet z ![]() daz ist zwar harte wnderlich, |
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swen er enzvcket ir den
stein,
so wirt div nalde des in ein, daz siv sich dicke vmme dret vnde danne rehte bestet, z ![]() Sus svle wir t ![]() swanne so wir irre wesen vnde beworrenliche lesen, so rihte wir vnser barken z ![]() vnde an ir wisunge; wande ir iegliches zvnge giht an vnser vrowen, die wir S ![]() wnderlichen gerne glich dem leitesterne, vnde an irn svn crist, die der wäre mittach ist. Div zwei sten gein ein ander; wolle wir danne rehte wander; so svle wir da en zwisschen ge, so nekan daz nimmer gesche, wir negen die rechten straze z ![]() Svs wolle wir diz laze. |
fol. 60,
b, 2. |
W
olt ir die rede vur g
![]() vnde niht z ![]() so wil ich mich des trosten, ob ir die rede merket gar, daz siv ist reht vnde war, welt ir mich aber besweren vnde die rede verkeren, so vindet ir ie wol dar an |
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daz ivch dvnket
missetan,
des weiz ich eine warheit wol, dvrch daz bite ich als ich sol, daz ir sie keret z ![]() Wir sin hie an dem lesten. Des mvz ich iv den nennen, daz ir in mvget irkennen, der dise rede hat geticht vnde in divschen bericht: der ist heinrich genant von krolewiz vz missen lant. Vnde dvrch daz m ![]() hie nennen, daz ist billich, daz man gedenke sin da bi swer dese rede lesende si. |
fol. 65,
b, 1. |
Nu seht, des engegahte ich
niht,
do ich gehorte dise gesciht vnde do mich div rede ane qvam, wande ich sie niht wol vernam. Des begonde ich dar vf denken, waz man mochte schrenken rede her in diz mere, vnde daz siv were z ![]() ![]() vnde daz man sie divten den tvmmen mochte baz dan e Ich vorhte, daz in daz gesche daz ich an mir selben vant, daz in div rede were vnbekant, als mir, er ich gedachte, daz ich die rede vur brachte z ![]() vnde in divsche berichte. |
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Die wisen in latine
ir kunst dar an liezen schine vnde schriben da vone vil, des ich nicht alles sagen wil; in divschen wollen sie es niht t ![]() daz sie sich iht wolten m ![]() sint sie ez alle verswigen vnde die rede liezen ligen: so m ![]() ![]() ine weiz niht, vil lihte bin ich der, |
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fol. 65,
b, 2. |
von dem got daz wolte,
daz er diz reden solte. |
fol. 66,
a, 2. |
H
ete ich nv wol sinne scharf,
da ich niht vil von sagen darf, da von entsagete ich doch niht vil; dvrch daz ich wider keren wil vnde wil ivch des berihte, wenne ich diz mere tihte vnde wenne ich das gedehte, daz ich ez z ![]() Z ![]() begonde ich dar vf trahten, wie diz seihe mere g ![]() ![]() vnde wizzet daz vurwar, nach cristes gebvrt zwelfhundert iar vunfzich vnde zwei dar z ![]() |
fol. 66,
b, 1. |
do begonde ich mine sinne
m
![]() Wie ich also gedehte, daz ich die rede vur brehte z ![]() dar an begonde ich keren beide witze vnde sin |
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vnde entsagete weder me noch
min,
dan als mir got sante in den m ![]() were nv div rede g ![]() des solle ir gote danken; vz minen sinnen kranken enkonde ich nicht gereden baz. Nu svlt ir ovch wizzen daz, wenne div rede wart volbraht: rehte als ir do wart gedaht an vnsers herren gebvrt, die tage waren do kvrt, die nechte lanch waren, hinnen drin iaren brahte ich die rede z ![]() Diz merket g ![]() so mvget ir wizzen svnder wan, der iv die rede hat kvnt getan, daz der ist also genant, als man iv e des tet bekant. Hie mite si div rede volant. |
fol. 67,
a, 1. |
Von disen selben sachen
mohte man wol machen harte lanch ein mere daz g ![]() ![]() nv ne dvrfe wir des niht, |
fol. 67,
a, 2. |
wande ir habet von dirre
gesciht
lange rede gn ![]() des wolle wir lazen sus diz wort vnde biten inneclichen got den lobes richen, daz er vns helfe sende her in diz enlende, daz wir so gewerben, |
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swenne wir irsterben,
daz wir alle geliche kvmen in gotes riche, vnde vnser himmel vrowen ovch m ![]() vnde al daz himelische her, vnde daz wir mvzen immer mer mit in ewicliche leben in gotes riche. Des half vns der himel crist, der ein war helfer ist. Nu leset, leset, leset, leset, also daz ir wnschende weset, daz vns kume der gotes trost, daz wir alle werden irlost von der ewiclichen not, swenne wir gesterben tot. Nu sprechet amen, des helf vns got. |
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B. Leidensgeschichte Christi.
(Passio christi.)
F ür dieses Gedicht weiß ich wegen seiner Unvollständigkeit keinen Verfasser, zumal es viele Passionale giebt. Die vorhandenen Blätter enthalten 4092Verse; das Fehlende, wenn nicht mehr als eine Quaternio verloren ist, mag ungefähr 1080 Verse betragen. Zur Beurtheilung und Vergleichung theile ich den Anfang der ersten vollständigen Quaternio der Handschrift (den zweiten des Gedichts) und den Schluß des Gedichts mit, ferner einige Stellen aus der Mitte. Ich berühre hier nur noch die Frage, ob dieses Gedicht mit der Paraphrase des V. U. denselben Verfasser habe; - selbst nach einer flüchtigen Vergleichung muß die Beantwortung verneinend ausfallen. Die Leidensgeschichte Jesu hat, von der dichterischen Seite betrachtet, einen höhern Schwung, mehr Kraft, mehr Gedrängtheit und Ringen mit der Sprache; sie hat viele Wörter, Redeweisen und Formen, welche dem rein Althochdeutschen nahe stehen, und statt der sprachlichen Verkürzungen vielmehr Verlängerungen, wie die schwäbische, durch - n - verlängerte Form der 2 Pers. Plur. (vgl. Grimm Gr. I, 932); daneben hat das Gedicht aber auch eine große Menge niederdeutscher Sprachformen, welche nicht auf Rechnung des Abschreibers allein kommen, da sie sich auch im Reime finden: die meisten kommen freilich in den Vorsylben vor. - Heinrich von Krolewiz bewegt sich dagegen mit weniger Schwung in einfacherm, verständlicherm, breiterm Gange fort, und zwar in einer Sprache, welche der heutigen hochdeutschen Sprache thüringisch=sächsischen Dialekts näher kommt. Einzelne sprachliche Abweichungen zwischen beiden, z.B. daß die pass. chr. nehein, heinr. v. mîsen aber dehein hat, sind Umstände, welche außerdem zur speciellen Vergleichung dienen können.
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fol. 2,
a, 1. |
si dir des k
![]() so henge dissen als einen dieb. D o diz pylatus vornam, der ivden r ![]() vnde sprah san: ist diz der crist, den herodes suchende ist? Ja sprechen ir wol dri. Do santc er in herodi. Die ivden ihesum viengen, z ![]() da sie herodem vůnden vnde vorten cristen vor en gebunden. Do herodes in gesach, vil liebe im dar an gescach, daz er in hete gesen vnde hofte zeichen da geschen. Er vraget in wider vnde vort; ihesus aber nechein wort heroden geantworte; herodes in bekorte. Jhesum er vorsmete, an pellelen gewete sante er in pylato wider; da mite wart die viedce nider geleget zuschen en zwein, daz sie gehvllen wol in ein vnde wart vers ![]() Die ivden ihesum vorten hin aber wider an pylaten; vil thure sie in baten, daz er in rihten wolte, als er z ![]() Pylatus sprah wider sie: weder herodes noh ich hie an ime nicht schvlt nevinden; |
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ir mvget noch gerne
irwinden
vnde vemet en svs mit cmer veme, da er smerzen noh abe geneme; da mite lazet ine gan. Daz wirt san nimmer getan, sprachen sie alle gemeine. Jhesus aner al eine mit pylato da blieb; die ivden hie da vz trieb. Do ladete er ihesum vor sich: nv ihesus berichte mich, bist dv der ivden k ![]() mit deme hovbete er zer erden neich. |
fol. 3,
a, 2. |
D
ie ivden in aber namen,
z ![]() vnde z ![]() einen geweveten roc ane nat vnde ovh ander sin gewant; dar vf worfen sie z ![]() ir loz, wer iz behete vnde wer iz an sich tete, also der wissage david an sime psalmen dar qvid van vnseme herren ihesu criste, den die ivden durh vnse geniste an daz vrone cruce erh ![]() mine hande sie dvrh gr ![]() |
fol 3,
b, 1. |
vnde mine vůze
beide;
vnde sprichet anderweide: sie zalten min gebeine beide groz vnde cleine vnde marcten vnde sagen mich ane |
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in mortgiriclicher mane
vnde z ![]() vnde vůrphen dar vf leider ir loz, wie sie behielte, daz man sie niht enspielte, noch z ![]() ovch kyndete der diete der g ![]() de ein wissage was, vuses herren cristus kvmft vnde des cruces segenvmft. |
fol. 27,
a,1. |
V
wer nechein newere,
der daz ymmer vorbere, oh ein vng ![]() schulde sine můter vnde vch vbelschal hieze, daz er den lehen lieze, vnde s wer dan diz tete, der vch heschvlden hete, in sineme hvse den hielte vnde v sine hande vielte, vnde lien von v intfienge, vnde die vntruwe begienge die wile er hieze vwer man, daz er vch lieze schelden dan in also getenen steten, da er vch mochte vortreten: sweme des nicht heiratete vnde mich dar vmme vragete, ich teilet im wol die werden, daz man mit wilden perden ime den leben neme. Nv merkent, wie gezeme |
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dese rede gote si
vnde nemet alle bilde bi. Ir leien vnde ir phaffen, got der vch geschaffen z ![]() daz al die werlt an v stat vnde ir da mite stellet allez daz ir wellet z ![]() ![]() ![]() daz merket an vwerm m ![]() durch waz dese ere v si vorlegen, daz ir so hoge sint gestegen |
|
fol. 27,
a. 2. |
vher vwer sippeteile;
got geb ez v z ![]() daz ir herren sint genant vber die lvte vnde vber die lant; der babes hat vnder sime hohe kardenale vnde bischode; die kvninc hat sine vorsten, die mit vrevelichen getorsten vffe desen ertriche leben: wer hat desc ere v gegeben ? went ir, daz von adele dese ere an vch wadele oder von angebornen werden ? Ja sit ir also vůl erden vnde ein wormich as vnde irsterbet also gas also die bittende armen, wie lutzel sie v irbarmen. Werent ir von engelen geboren vnde den z ![]() so mochtet ir vns vorwizen, daz wir den lib svs slizen in vwerem dienste alle tage; |
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des sint wir nv in vnser
clage
vil sat, noch werdent ir sater, wer heten doch al einen vater vnde eine mvter allentsam, da die menscheit abe qvam, vrowen even vnde adamen, von der zwier lichamen so si wir al geliche arme vnde riche z ![]() |
fol. 30,
b, 1. |
D
och pruwe in dime gemerke
die almechtigen gotes sterke, waz er al wnders hat gestift, vnde vornim die waren scrift, vnde pruwe, durch wilche sache er hir die wnder al mache, so vindestu z ![]() daz dvrch nicht wen dvrch den man hat getan al sine zeichen; so macht dw wollen reichen in der wisheite grvnt, da vindest dw den rehten vunt vnde daz ware geleite, gotes heimelicheite. Je mer dv gote dich virres, ie harter dv dih irres |
fol. 30,
b, 2. |
an siner
vornvnfticheit;
wen sin gewalt ist breit vnde ist tief vnde lanc; iz nemah nehein gedanc mit gedanken geroren, noch nehein sin vol vuren in die stat, als er ist. |
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Nu kvs, ob dv wis bist,
vnde kvs daz ewige leben, wen daz ist allen den gegeben, die iz herzlichen geren; vnher, swes got wil vnberen, vnde halt, swaz er ovch halte; getruwe gote al balte: her vorredet dich nicht, er weiz wol alle kvnftige geschicht; deste baz mach er dich leiten, will dw iz ime irbeiten. Nu volge gote an daz zil, daz dv gelovbes, swaz er wil t ![]() vnde wes des sicher ane wan vnde habe dich des gevlitzen, daz dw nicht worder willen geres, dan got gebiete; vnde den rat, den er ri[ete] vor der werlte anegenge, an der wite vnde an der lenge, an der hoe vnde an der niedere, vnde aber hin vf widere, da er sitzet vffe, an der smele vnde an der tvfe, an der lenge vnde an der kvrte vnde sine edelen gehvrte: daz laz stan, als er daz stalte: laz vallen, den er valte, laz irlost, den er irloste, werhost, den hie vorboste, vnde getruwe gote in vollen, so blibest dv vmbewollen. |
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|
:
1.
Zur Gründung des neuen
Klosters Doberan.
I n den Jahrb. II, S. 21, flgd. ist ausgeführt, daß nach der Verwüstung des ersten Klosters Doberan zu Althof das neue Kloster im Jahre 1186 zu Doberan wieder hergestellt worden und sicher seit dem Jahre 1215 die neue Einrichtung vollendet gewesen sei. Bis zu dem Jahre 1215 existiren nur vier Urkunden über das Kloster Doberan, welche jedoch über Verfassung und Bauten nichts melden. Nicht ohne Werth sind Nachrichten über die ältesten Aebte, indem mit der Nachweisung von Aebten auch die Existenz eines Mönchsconvents, also des Klosters, erwiesen ist. - Der erste Abt des Convents zu Althof war Conrad; dieser ward wahrscheinlich bei der Verwüstung des Klosters erschlagen. Der erste Abt des neuen Klosters Doberan wird Gottfried genannt, von Kirchberg in seiner Chronik Cap. CXXI in Westph. Mon. IV, p. 765, indem er die ersten sechs Aebte aufzählt:
Dy des clostirs eppide warin,
dy nenne ich hy by synen jarin.
Der erste waz appid Conrad;
her Godefrid quam nach im drad;
Hugo hiez der dritte;
der vierde sundir mitte
nach ym hiez Eylhart;
Matheus der fünfte wart;
den sestin appid hiez man so
mit namen Segebodo.
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Der zweite Abt Gottfried kommt nun schon im J. 1210 in den Verhandlungen zwischen dem Fürsten Borwin und dem Bischofe von Lübeck über die Zehnten von der Insel Pöl 1 ) in einer Urkunde vor, welche in Schröder P. M. I. S. 513 gedruckt ist. Es ist jedoch bemerkenswerth, daß in dem Originale dieser Urkunde der Name Godefridus in eine Lücke vor seinem Titel: abbas Doberanensis, zwei Mal nachträglich mit schwärzerer Dinte, jedoch mit gleichzeitiger Schrift eingetragen ist; man kannte also zu Lübeck bei der Ausfertigung der Urkunde den Namen des Abtes wohl nicht; an dessen Richtigkeit ist aber wohl nicht zu zweifeln, da auch Kirchberg seiner als des zweiten Abtes gedenkt. Schröder nennt diesen Abt Gottfried I., um ihn von einem später vorkommenden Gottfried, welcher sicher von 1229-1241 Abt war, zu unterscheiden. Während der Zeit des Regiments dieses spätern Abtes Gottfried kommt ein alter Abt Gottfried noch einmal vor, indem im Jahre 1230 Godefridus antiquus abbas de Doberan in einer Doberaner Urkunde als Zeuge auftritt. Dieser spätere siebente Abt Gottfried ist aber derselbe zweite Abt Gottfried, indem Kirchberg sagt, daß Gottfried im Jahre 1242 zum zweiten Male resignirt habe (Kirchberg CXXV).
Die nächstfolgenden Aebte sind: der dritte, nach Kirchberg und nach einer Urkunde von 1218, Hugo; - der vierte, Eilhard, wird nur von Kirchberg genannt; - der fünfte, Mattheus, nach Urkunden 1219-1222 und nach Kirchberg CXXI: 1225; - den sechsten, Segebodo, nennt nur Kirchberg, und zwar im J. 1226 (CXXII) und später seinen Tod im J. 1229 (CXXIII); - Gottfried II., nach Urkunden sicher 1229-1241 Abt, resignirte 1242 zum zweiten Male (Kirchberg CXXV).
Die Reihefolge der ältesten Aebte von Doberan wäre demnach:
1) | 1170 | - | 1179 | Conrad I. |
2) | 1186 | - | 1210 | Gottfried I. (1.) |
3) | - | 1218 | - | Hugo. |
4) | 1218 | - | 1212 | Eilhard. |
5) | 1219 | - | 1225 | Mattheus. |
6) | 1226 | - | 1229 | Segebodo I. |
7) | 1229 | - | 1242 | Gottfried I. (2.) |
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Zur Erläuterung der Althöfer Inschrift diene noch
nachträglich die Bemerkung, daß die Form des
zweiten L in dem Worte ILL
OD auf dem Steine Nr. 1. auch auf
dem ältern großen Siegel der Stadt Wismar,
welches noch im Jahre 1311 in Gebrauch ist, in
dem zweiten L des Wortes SI
ILLV
vorkommt.
G. C. F. Lisch.
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:
2.
Epitaphien in der Kirche zu Doberan.
I n den Jahrb. II, S. 37 flgd. ist von den Bildern und Denkmälern in der Kirche zu Doberan die Rede. In dieser Kirche sind freilich sehr alte Denkmäler, aber die gemalten haben zu verschiedenen Zeiten eine sogenannte Renovirung erleiden müssen. Bekannt ist es, daß im vorigen Jahrhundert mancherlei in der Kirche gebauet und gemalt, d. h. renovirt ward, was sie grade nicht ziert; versteckter ist aber eine Notiz in den fürstlichen Renterei=Rechnungen vom J. 1514, aus welcher hervorgeht, daß schon damals die alten Denkmäler "renovirt" wurden; die Notiz lautet:
1514.
"XVIIIverantwerth er Johann Katthen zu den epitafien zu renofiren, die ghein Dobran hören, am donderstage nach oculi".
Nicht ohne Interesse ist auch folgende Notiz aus den Rechnungen des Jahres:
1516.
"XII. mark meister peter gurtler zu den wapen zu dobran an de Kirche zu machen, des Sunnafendes na letare".
In demselben Jahre verfaßte auch Dr. Nicolaus Marschalk die bekannten metrischen Inschriften (Epitaphien).
Ebenso erhielt der Fenstermacher Hans Goldschmied um Ostern 1516 seine Bezahlung für die "Fensterlucht" (vgl. Jahrb. II, S. 38).
G. C. F. Lisch.
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Seite 176 |
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:
3.
Die Könige der Wenden.
D er Titel eines Königs der Wenden, Obotriten u. s. w. spukt in unserer ältesten Geschichte so unbestimmt umher, daß man ihn bald fast im Uebermaaße im Munde geführt, bald ganz verworfen hat. Einheimische Quellen aus der Wendenzeit besitzen wir nicht; man muß sich also nach unverdächtigen Zeugnissen aus den christlichen Nachbarländern umsehen. Und wirklich giebt es sichere Zeugnisse dafür, daß der Titel eines Königs meklenburgischen Fürsten des zwölften Jahrhunderts beigelegt ward. Bei dem mächtigen und ruhmreichen wendischen Fürsten Heinrich, 1105-1126, ist dies sicher der Fall gewesen. Sein Schützling und Zeitgenosse Helmold sagt nämlich I. cap. 36, §. 6:
"Super omnes hos imperavit Henricus, vocatusque est rex in omni Slavorum et Nordalbingorum provincia".
Vgl. Rudloff I, S. 90. und hiemit stimmt auch eine neu eröffnete Quelle, das von Wedekind herausgegebene Nekrologium Monasterii S. Michaelis, überein, indem dort des Fürsten Todestag, mit der Schrift vor Anfang des 13. Jahrh., eingezeichnet ist mit den Worten:
"Martius. XI kal. (sc. Aprilis). Heinricus rex Sclauorum".
Diese Quellen sind wahrlich unverdächtig und der Titel eines Königs der Slaven scheint außer allen Zweifel gesetzt zu sein. Daß auch Pribislav II. den Königstitel trug, beweiset die mittelalterliche Inschrift, welche der Herzog Heinrich der Friedfertige und sein Rath Nicolaus Marschalk 1522 in der Kapelle zu Althof fanden. Auch Arnold von Lübeck, ein kundiger Zeitgenosse, nennt ihn noch immer "regulum".
G. C. F. Lisch .
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:
4.
Der Dialekt der meklenburger Wenden
war zunächst mit dem niederlausitzer und dem oberlausitzer verwandt; daher sind die Grammatiken genannter Mundarten zu gebrauchen. Mit Lexicis ist es freilich schwer;
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daher ist nichts anderes zu thun, als da der Connex von der einen Seite mittelst des Kassubischen mit dem Polnischen, von der andern Seite aber mittelst des Oberlausitzischen mit dem Böhmischen zusammenhängt, zu diesen die Zuflucht zu nehmen.
W. Hanka.
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:
5.
Die letzten Wenden in Meklenburg
auf der Jabelhaide.
I n den Jahrb. I, S. 6, Note 4, flgd. sind Nachrichten über die letzten Wenden beigebracht. Der Gegenstand ist von hohem Interesse und verdiente eine Erforschung an Ort und Stelle: Sitten und Sagen werden ohne Zweifel noch für eine wendische Bevölkerung sprechen. - An schriftlichen Denkmälern scheint es bisher fast ganz zu fehlen; daher werden seltene Andeutungen als Nachträge nicht unwillkommen sein.
Im Anfange des 16. Jahrhunderts war die wendische Sprache auf der Jabelheide noch nicht verschwunden. Nic. Marschalk Thurius sagt nämlich in seinem Comment. in libr. gest. Obetrit. bei Westph. Mon. II, p. 1510 (ungefähr im J. 1521):
"qui Gabellarum saltus incolunt, tam re, quam sermone adhuc Sarmathae, nihil de moribus mutavere;"
man vgl. noch N. Marschalk Th. in Annal. Herul. cap. IV, 1, in Westph. Mon. II. p. 175.
Außer diesem Ausspruche ist bis jetzt nichts weiter aufgefunden, als eine Andeutung in den Rechnungen der fürstlichen Kammer, wo es unter Ausgaben an das Hofgesinde heißt:
"1512.
"gulden dem Jungenn der die trome sleit der wende".
Im Jahre 1514 wird jedoch Kleidung gegeben
"dem wendt trumsleger".
Ob auf diese Weise aus dem Volksnamen der in Meklenburg oft vorkommende Eigenname Wendt entstanden sein mag?
Ueber die benachbarten Wenden in den Aemtern Danneberg und Lüchow giebt es zur Vergleichung ausführlichere Nachrichten.
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Besonders bemerkenswerth ist ein Brief des Predigers Clemens Wendel zu Hitzacker an den Baumeister Büring zu Boitzenburg vom J. 1536 aus dem Großherzogl. Archive zu Schwerin 1 ), welcher auch einen interessanten Beitrag zur Sittengeschichte giebt.
Eine gründliche Abhandlung über die Lüneburger
Wenden findet sich in Spiel's Neuem
vaterländischen Archiv, 1822, II, S. 217, flgd;
über die Grenzen der überelbischen Wenden vgl.
man v. Wersebe Beschreibung der Gaue zwischen
Elbe, Saale und Unstrut
., 1829, S. 248 und 252 flgd.; die
topographische Eintheilung des wendischen
Bezirks am linken Ufer der Niederelbe ist
behandelt und mit geschichtlichen Angaben
ausgestattet von Wedekind in den Noten zu
einigen Geschichtschreibern des deutschen
Mittelalters, II, s. 176 und 405, flgd.; über
die Sitten der lüneburger Wenden finden sich
neuere Beiträge in Schlegel's Kirchen= und
Reformationsgeschichte von Norddeutschland,
1832, III, S. 144 und 648 flgd., nach welchen
sich noch in unserm Jahrzehend Ueberreste der
wendischen Sprache im Lüneburgischen erhalten haben.
G. C. F. Lisch .
6.
Ueber die Bedeutung des Namens Schwerin
(in frühern Zeiten immer Zuerin geschrieben) ist uns folgende briefliche Mittheilung von W. Hanka in Prag geworden:
"Zuerin heißt: Thiergarten; wir nennen Schwerin noch immer mit diesem alten Laute".
W. Hanka.
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:
7.
Ueber den Ritter Fr. Spedt.
(Vgl. Jahrb. I, 42.)
D ieser Mann ist so merkwürdig, daß er in der Geschichte des 16. Jahrhunderts fortan nicht ignorirt werden kann. Alles
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neu Entdeckte nachträglich mitzutheilen, wäre unmöglich; doch dürfen nothwendige Daten nicht verschwiegen und Mittheilungen aus fremden Archiven nicht bei Seite gelegt werden.
Am 19. Februar 1561 nahm der Kaiser Ferdinand seinen und des Reichs lieben Getreuen Friederich Spedten sampt seiner zukünftigen ehelichen Hausfrau, ihren Kindern, Dienern, Gütern, u. s. w. in des Kaisers und des Reiches besondern Schutz und Schirm". - Am 10. Junius 1573 war er verheirathet; seine Frau hieß Elisabeth. - Fr. Spedt starb 22. Februar 1589; sein Vetter und Erbe war Hans Spedt zu Görlitz.
Außer diesen Nachrichten und dem, was Andreas Mylius in Gerdes Samml. S. 289 über seinen Charakter und Masch im freimüth. Abendbl. 1836, Nr. 935 über seine Herkunft sagt, möge hier noch das willkommen sein, was der Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel dem Vereine aus dem Herzoglich Braunschweigischen Landeshauptarchive mitgetheilt hat.
G. C. F. Lisch.
Der Herr Archivar Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel übergiebt dem Vereine:
"Nachrichten über den diplomatischen Intriguanten Fr. Spedt, in welchen nicht unwichtige Beiträge zur Aufklärung einer so bedeutsamen Parthie der Geschichte des 16. Jahrh. geliefert sind. Durch die Beschreibung der vielseitigen, in die damaligen Zeitverhältnisse tief eingreifenden Thätigkeit jenes Mannes angeregt, habe ich weitere Nachforschungen darnach in dem hiesigen Herzogl. Landeshauptarchive angestellt und bin dabei zu fehr merkwürdigen Aufschlüssen gelangt, deren Mittheilung zu einer höchst wünschenswerthen weitern Ausführung vielleicht nicht unangenehm sein dürfte.
Unter den hier vorhandenen Massen von Acten, die Correspondenz zwischen dem Landgrafen Philipp von Hessen und dem Herzoge Heinrich dem Jüngern von Braunschweig=Lüneburg betreffend, findet sich ein Schreiben vom 9. Januar 1557, in welchem der Landgraf dem Herzoge schreibt:
"daß der bewußte Mann
(am Rande ist von fremder Hand bemerkt: "wird Spett gemeint")
"noch nicht bei ihm angekommen sei, wiewohl demselben das Geleit zum zweiten Male geändert worden, und
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besorge er, der Landgraf, daß jener ihm thun werde, wie hiebevor dem Herzoge".
Worauf dies zielt, ist noch nicht zu ermitteln gewesen.
In einem folgenden Briefe vom 13. desselben Monats meldet der Landgraf:
"daß der am 8. erfolgte Tod des Markgrafen Albrecht von Brandenburg die Ursache sei, weshalb Friedr. Spedt so lange ausgeblieben und bis daher nicht zu ihm gekommen".
Gleich darauf muß indessen Letzterer bei dem Landgrafen angelangt sein, denn dieser meldet schon unterm 24. Januar:
"Fr. Spedt habe ihm allerlei gesagt, was nicht über Land zu schreiben sei; wenn der Herzog es wissen wolle, möge er eine vertraute Person senden, welcher die Dinge im Vertrauen angezeigt werden sollten".
Einem Berichte des, hiernach vom Herzoge, jedoch vornämlich zur Betreibung anderer Angelegenheiten an den Landgrafen gesandten Secretairs Hans Meisen ist nun beigefügt:
"Copia desjenigen, so Fr. Spe an den Landgrafen geworben und was er vor Antwort darauf bekomen hat".
Es beginnt diese Schrift mit mehreren von Fr. Spedt vorgebrachten Rechtfertigungsgründen, unter welchen der erste wörtlich lautet:
"Wer eher komen, wan Gott mir meinen lieben gnedigen Hern (den Markgr. Albrecht) nicht genomen hette".
Der zweite betrifft eine unwichtige Privatsache. In dem dritten entschuldigt er sich damit:
"daß er des, was er der Königinn solle vermeldet haben, böslich "überdicht" werde".
In dem vierten erklärt er:
"daß er der Wolffe Handlung mit Waldeck, die er in ihrem Werth und Unwerth bleiben lasse, ebenfalls schändlich "überdicht" werde, und begehrt gegen beide Verhör und Recht".
In dem fünften beschwert er sich:
"daß der, ihm "alhie" begegenten Verstrickung halber, ihm ungütlich geschehen".
(es ist undeutlich, was hiemit gemeint sein mag; der Satz endigt damit, "daß, weil er nicht gefordert sei, ihn Niemand zu tadeln habe".)
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In dem sechsten weiset er von ihm gemachten Vorwurf:
"daß er sonst gegen den Landgrafen gedient",
mit der Erwiederung zurück:
"daß er gethan habe, wie einem ehrlichen, aufrichtigen (!) Kriegsmann gebühre, damit der Landgraf sehe, daß er demselben dienen könne und einen Herrn zu haben verdiene,
und fügt hinzu:
"auch wo nicht also mir beschehen, hette ich S. F. G., noch derselben Jungen Hern und Sonen nit die Dienst thun können, so itzund thun mag. Gottlob, das Werk wirtt den Meister beweisen".
Hiernach giebt er
"Stück und Mittel an, darin er S. F. G. dienen könne":
"Wenn nämlich sein gnädiger Herr wäre am Leben geblieben, würde er zwischen Brandenburg und Hessen ein hohes, löbliches Werk dadurch zu wege gebracht haben, daß, da Markgraf Albrecht die eine Tochter des Herzogs von Ferrara habe nehmen wollen, der Landgraf Wilhelm entweder die andere, oder des Markgrafen Joachim Tochter geheirathet hätte. Ferner würde vom Markgrafen Albrecht den Churfürsten zu Brandenburg und dem Landgrafen die Macht gegeben sein, zwischen Herzog Heinrich und ihm, dem Markgrafen, zu handeln. Uebrigens sei es noch des Letztern Absicht gewesen, wieder über die Bischöfe und Nürnberg zu ziehen, wozu ihm der reiche Herzog von Ferrara, der, wie gesagt, ihm seine eine Tochter zu geben nicht abgeneigt sich gezeigt, desgleichen der Pabst das Geld verschafft haben würden. Auch habe der Pabst die von den Markgrafen und den Bischöfen geschlossenen Verträge confirmiren wollen. Da nun aber dies Alles nicht geschehen, so wolle er, Spedt, auf folgende Weise dem Landgrafen und seinen Söhnen Glück zuwenden:
1) Sei bei dem jetzigen Papste an Geld zum Kriege, so wie an geistlichen Gütern ein Großes zu erlangen; namentlich würde derselbe dem Landgrafen die ledigen Stifter Fulda und Hersfeld
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vor andern zu guberniren verleihen. Die Mittel und Personen, wodurch dies zu erlangen sei, wisse er.
2) Wenn einer der Söhne des Landgrafen um die 6000 Cronen Dienstgeld, die ""sein gnediger lieber Herr"" von dem Könige von Frankreich gehoben, sich bewürbe, so würde er diese, nebst den sämmtlichen, vom verstorbenen Markgrafen besoldeten Officieren, ferner
3) noch eine namhaft gemachte Anzahl von Rittmeistern und Hauptleuten, und
4) einen so geschickten obersten Banniermeister, wie in Deutschland wenige seien, demselben zubringen, auch
5) Mittel und Wege anzeigen, wie ein solches Heer zu unterhalten sei.
6) Wolle der Landgraf, was ohne einige Beschwerde geschehen könne, den Handel, der dem Markgrafen ""in Reussen"" angeboten, annehmen, und dadurch 400,000 Gulden, jedoch unter der Bedingung, wider den König von Schweden zu kriegen, erlangen, so sei er, Spedt, im Stande, dem Landgrafen die Personen, durch welche dieses zu Verhandeln sei, zuzuführen.
7) Ständen dem Landgrafen für seinen Sohn, den Landgrafen Wilhelm, zwei ""wesentliche"" Heirathen vor: die eine nämlich mit Markgrafen Joachim des Churfürsten Tochter, die andere mit einer der beiden Töchter des, bedeutende Baarschaft habenden Herzogs von Ferrara; durch die erstere sei große Freundschaft, durch die zweite Geld und Freundschaft zu erlangen.
8) Könne durch eine dazu dienliche Person eine Heirath des Landgrafen Ludwig mit der einzigen Tochter des Grafen Pitsch verhandelt werden, wodurch dem Landgrafen an 18 Schlösser zugebracht werden könnten.
9) Wenn diese Mittel und Wege vorgenommen und ihm, Spedt, die Verhandlungen dabei anvertraut werden sollten, wolle er die Nassausche Sache mit einem viel Geringern vertragen.
10) Könne der Landgraf neben den Churfürsten zu Sachsen und Brandenburg die Sachen zwischen Preußen und den Liefländern leichtlich verglei=
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chen, worüber mit dem Landgrafen zu reden ihm befohlen worden".
Es folgen hiernach die von dem Landgrafen auf vorstehende Vorschläge ertheilten Antworten, worin derselbe zuvörderst mit der gegebenen Entschuldigung zufrieden zu sein erklärt, dann die Artikel 1 bis 6, so wie 9 mit angegebenen Gründen ablehnt, dagegen auf den 7ten, 8ten und 10ten näher eingeht, und zwar in der Weise, daß er Spedt beauftragt, über den 7ten Artikel mit dem Landgrafen Wilhelm selbst zu reden, in Ansehung des 8ten aber weiter nachzuforschen, ob die Sache sich wirklich so verhalte, und was in dem Falle, daß der Graf Pitsch, nach dem etwa früher erfolgenden Ableben seiner Gemahlin, sich wieder verheirathen und Kinder erzeugen sollte, dessen erste Tochter von der Erbschaft bekommen würde. In Betreff des 10ten Artikels endlich äußert der Landgraf sich dahin, daß, wenn von Seiten des Reichs keine Schritte in der Sache gethan werden sollten, und die beiden Churfürsten geneigt wären, zwei Räthe zu einer solchen Handlung zu schicken, so wolle er ein Gleiches thun.
Schließlich berichtet der Secretair Meisen noch Nachfolgendes, welches dem Landgrafen von Fr. Spedt weiter mitgetheilt worden:
"Zunächst nämlich habe der Markgraf Albrecht den jungen Herren zu Weimar zur Wiedererlangung ihrer Länder verhelfen wollen;
ferner sei vom Papste beabsichtigt, dem Markgrafen Albrecht 2000 Pferde und 20 Fähnlein Knechte zu verschaffen, womit dieser habe ""an Tirol wehren sollen, daß der König von England keine Hülfe aus Teutschland hätte hineinbekommen sollen"";
"sodann wäre der König von Frankreich bereit gewesen, dem Markgrafen etliches Kriegsvolk unter der Bedingung zu unterhalten, daß derselbe damit, auf Erfordern, binnen Monatsfrist an der Grenze Frankreichs sein wolle."
Wolfenbüttel, den 22. Dec. 1836.
Dr. Schmidt.
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:
8.
Ueber die frühesten
meklenburgischen Hoftheater,
(vgl. Jahrb. I., S. 99)
1
)
haben sich im Großherz. Archive zu Schwerin noch Nachrichten gefunden, welche in folgender Cabinets=Relation zusammengefaßt sind.
Nachricht wegen der Comedianten in Suerin.
"Alß diese trouppe im Decemb. 1712 congedirct ward, wurden daraus conserviret:
"l) Lamartiniere,
2) deßen Frau,
3) Lambert,
4) die Lesseville,
5) Steineck.
Eines jeden appointement war 200Rchtr., und ward von dem hochseeligsten Herren (H. Friederich Wilhelm) resolviret, daß Lamartiniere alß Sprachmeister, Lambert als Fechtmeister bey den pagen gebrauchet, die beyden Frauenzimmer aber, bis man wieder eine neue trouppe formiren köndte, conserviret werden solten".
"Lamartiniere bittet um sein und seiner Frauen restirende gage seit Neujahr 1713, dabeneben um Abfolgung seiner noch arrestirten Schriften; noch um Kleidergelder vor sich und seine Frau, wovon die Umstände dem Herrn Elvers bekant sein werden".
"Lambert bittet auch um seine restirende gage seit weynacht 1713 und dabei umb einen Reisepass nach Franckreich".
"Die Lesseville fordert auch ihre restirende gage seit weynachten 1713".
Im April 1714 baten die genannten Personen den Herzog Carl Leopold noch einmal um Zahlung ihres rückständigen Gehalts in Bittschriften, welche alle französisch abgefaßt sind. Lambert nennt sich: "commedien et maistre d'armes": die Lesseville schreibt sich Lesuille.
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Auch über das spätere Hoftheater und dessen Director, den berühmten Schönemann, haben sich noch bestimmte Nachrichten gefunden. Nach einem gerichtlichen Zeugnisse war Johann Friedrich Schönemann wirklich im J. 1704 zu Crossen geboren (vgl. Jahrb. I., S. 104), da er in dem Zeugnisse vom 5. Nov. 1756 als 52 Jahre alt angegeben wird. Nach dem Aufhören der Hofbühne im J. 1756 (vgl. Jahrb. I., S. 112) gewann Schönemann am 5. Nov. d. J. auf der Neustadt Schwerin das Bürgerrecht und von der Regierung das Privilegium als Gewürz= und Weinhändler; er erbat dies Privilegium von dem Herzoge Friederich in Veranlassung "der ausnehmenden Gnadenbezeugungen, welche er von des Herzogs hochseligem Vater empfangen" und in Folge der "gnädigen Versicherungen", welche Herzog Friederich selbst ihm öfter ertheilt habe. Er hatte sich auf der Schelfe ein Haus gebaut und sich dort ansässig gemacht, "um sich und die Seinigen durch ein bürgerliches Gewerbe zu versorgen". Das Haus hatte er noch bei Lebzeiten des Herzogs Christian Ludwig gebaut, da dieser ihm, besonders für ein demselben präsentirtes Brettspiel, Holz, Kalk und Steine zu dem Hause geschenkt hatte; den taxirten Werth der Materialien erhielt er jedoch lange nicht ausgezahlt. Nachdem auch sein Sohn im siebenjährigen Kriege häufig zu "ihm aufgetragenen gefährlichen Reiten und Kundschaften" sehr stark in Anspruch genommen war, forderte er für beides Entschädigung, da er sich in höchst bedrängten Umständen befand, vorzüglich da man ihn, 73 Jahre alt, wegen einer "übernommenen und erschlichenen Bürgschaft" um sein Haus zu bringen suche; außerdem war er durch die Kriegsverhältnisse und andere Umstände in große Verlegenheiten gerathen. Der Herzog Friederich gewährte ihm die erbetene Entschädigung.
G. C. F. Lisch.
Ueber die ersten Schauspiele in Nord=Deutschland theilt der Herr Canzlei=Rath Thomsen zu Kopenhagen mit:
"Die Sophia von Meklenburg († 1632), Tochter des Herzogs Ulrich, Mutter von Christian IV., steht hier in gesegnetem und mit Recht hochverehrtem Andenken. Bei der Vermählung dieser Princessinn mit Friederich II. König von Dänemark (1572) wurden mehrere Schauspiele aufgeführt 1 ), die zu den
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litterarischen Seltenheiten gehören, aber gedruckt sind. Ich glaube, es sind die ersten dänischen; sie scheinen in Verbindung mit den meklenburgischen zu stehen 1 ). Ich werde gelegentlich eine Notiz über diese, in ihrer Art merkwürdigen Stücke geben, von denen vielleicht nur ein paar Exemplare auf uns gekommen sind".
Thomsen.
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9.
Alte Zauberformeln.
Vgl. Jahrb. II. S. 132.
I n einem Visitations=Protocolle des Amtes Rehna vom J. 1603 heißt es bei der Kirche zu Lübsee:
"Freidagesche gehe mit böten und segnen vmb, vnd wolle sich dauon nicht abmanen lassen. Ist vorbescheiden, vnd ob sie es woll gestanden, daß sie zu dem Schörbuck vnd Vosse rath wüste mitt segnen, vnd vom Herrn Superintendenten ernstlich vnd hartt darumb gestraffet vnd dauon abzustehen ermahnet vnd bedrohet worden, So ist sie doch vest dabei geblieben, daß es eitel gute wortt weren, vnd thete keine sünde damit, sondern hülffe den leuten, hatt auch müssen die wortt, so sie gebrauchete, sagen, wie folget:
Dem leidigen Schörbuck (oder: Vosse) schal so
wehe geschehen,
Wen he dem minschen sin
Flesch freth,
Sine Knaken gnaget, sin blott
sücht,
Alß idt der Jungfern Marien leitt
ist,
Wan de minsche vf enen sonnabent die
scho schmeret,
Vff enen sondach tor möhlen
föhret
Vnd vff enen nachmittagk ton eiden
schweret.
"Es ist aber ihr mit
ernste eingeredet, das sie angelobet hernach
nicht mehr zu thun."
In einem Hexenprocesse vom J. 1630 kommt unter den Bekenntnissen vor, daß ein Mädchen gegen das Zahnweh diese Worte gebraucht habe:
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De hillige S. Jost
Toch äuer dat mehr
vnd wehnede so sehr.
"Jost, wat schad dy?"
""O here mine thenen dohn my we!""
"Jost, ick wil se dy segnen."
Der worme sindt negen:
de söte worm,
de grise worm,
de grawe worm,
de brune worm,
de witte worm,
de rode worm;
alle de ick nicht benömen kan,
de schal de Here Christ benömen.
Nehmet jy water in den Mundt
vnd spyet de worme vp de grundt
im Nahmen
des Vaters, Sohns vnd hilligen Geists
Amen !
Aus dem Vorkommen der Heiligen läßt sich wohl sicher schließen, daß die Zauberformeln und Zaubereien unter dem gemeinen Volke noch Ueberreste des Katholicismus aus dem Mittelalter sind. Eine nähere Beleuchtung des Besprechens möchte nicht ohne Interesse sein, obgleich eine Untersuchung dieser Art bei der verschämten Heimlichkeit der Leute ihre besondern Schwierigkeiten haben mag.
G. C. F. Lisch.
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10.
Zur Mythologie der Zeiten, Tage
und Stunden.
(Vgl. Jahrb. II., S. 132 flgd.)
E in reiches Feld für alterthümliche Forschungen bietet der Aberglaube und der Brauch dar, der an die Zeit geknüpft ist. Allem Anscheine nach ist dieses Feld bisher wenig beachtet; dennoch würde es dem Arbeiter sicher eine eben so reiche Ernte liefern, als den Herren Mussäus und Masch durch ihre Arbeiten über die volksthümlichen Sitten geworden ist; vorzüglich den Herren Geistlichen liegt die Erforschung dieser Art von
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Aberglauben nahe, der viel historischen Keim in sich hat und weiter verbreitet ist, als man glaubt. Referent bringt hier einige Beispiele bei, die ihm in einigen Tagen vor kurzem aufgestoßen sind.
In den "Twelften" kommt das Vieh nicht aus dem Stalle und es wird nicht gewaschen (vgl. Jahrb. II., S. 134), (in den Zwölften, d. h. von Weihnacht bis Heil. Drei Könige: der Zwölfte). Dieter Gebrauch findet sich noch heute in Bauerdörfern dicht bei Schwerin und auf Pachthöfen hat er noch nicht lange, vielleicht noch nicht überall, aufgehört; gewaschen wird noch in dieser Zeit von ungebildetem Leuten in den Städten nicht.
An Mariä Verkündigung (25 März) geht der Pflug zu Felde, daher heißt der Tag: plôgmarien (plôg = pflug).
An allen Marientagen dürfen die Mädchen auf dem Lande nicht nähen; die Sitte war noch seit Menschendenken gebräuchlich.
In der Johannisnacht darf die Leinwand nicht auf der Bleiche liegen (vgl. Jahrb. II., S. 134), aus Furcht, der, welcher die Leinwand trägt, möge Krebsschaden erhalten, denn an diesem Tage geht der große Krebs.
G. C. F. Lisch.
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11.
Die Insel Lieps in der Ostsee.
E s geht bei dem Volke die Sage, daß die Insel Lieps in der Ostsee noch in jüngern Zeiten bewohnt gewesen sei, und namentlich glauben die Bewohner der Insel Poel, daß noch zu ihrer Ureltern Zeiten Bauern auf derselben gewohnt haben. Daß dieser Sage etwas Geschichtliches zum Grunde liegt, läßt sich nicht bezweifeln. Daß die Insel aber um 1600 noch zwei Hufen Landes enthalten, wie Schröder's kurze Beschreibung der Stadt und Herrschaft Wismar, S. 79, meldet, ist unrichtig. Das Citat aus Latomus Genealochronicon ad ann. 1266 lautet ganz anders (Westph. Mon. ined. IV. S. 237): "Es soll aber damals gemelte Insel, dem alten continuirten Bericht nach, zwo Hufen Landes in sich begriffen haben, und einen gemauerten thurm, darnach sich der seefahrende Mann richten können, darauf gestanden sein; ob nun
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wol nicht allein das Land meist verspuelet, also daß nur ein klein stück übrig, sondern auch der thurm bis aufs fundament verfallen ist, wie der augenschein gibt, so wird dennoch vom E. Raht daselbst umb des Seefahrenden Mannes willen, anstat des thurms eine backe oder tonne gehalten". Woher Latomus die Nachricht hat, daß zwei Hufen auf derselben gewesen, ist nicht angegeben. In den ältesten Stadtbüchern, welche mit den Jahren 1243 und 1272 beginnen, habe ich dieselbe nicht erwähnt gefunden. Nur in dem Rathsbuche, worin sich die ältesten Rathsverordnungen befinden, fand ich folgende Nachricht: Insula dicta Lypze ad concordiam nostrorum consulum amplius dimittitur consulibus eam annuatim sortilegiare; haec acta sunt ao. domini MCCCXXVIII. sabbato ante festum sanctae Trinitatis. Es ist möglich, daß Latomus die Angabe von zwei Hufen, als eigne Vermuthung, wie wir es wohl öfter bei alten Schriftstellern antreffen, aufgestellt hat. So viel steht aber sicher, daß ein steinerner Thurm zur Erleichterung der Schifffahrt auf der Jnsel errichtet ward, von dessen Trümmern sich noch jetzt Spuren in ausgewaschenen Mauersteinen vorfinden. Welches die Ursachen der Verspülung gewesen sein mögen, ob der 13. Nov. 1375 furchtbar wüthende Sturm (Lüb. Chronik I., Grautoff I., S. 302) oder die 1396 (ebd. S. 372) große Wasserfluth, welche in Lübeck, Rostock und Stralsund, also auch wahrscheinlich in Wismar stattfand, darüber fehlen geschichtliche Nachrichten.
Wismar.
Dr. C. C. H. Burmeister.
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:
12.
Die alte wismarsche Kirche.
V on der alten wismarschen Kirche, welche im Osten der jetzigen Stadt, in dem ehemaligen Dorfe Wismar, lag, und welche Reimarus Kock, aus Wismar gebürtig, noch als eine Kapelle gekannt hat (Lüb. Chronik Grautoff I., S. 462), findet sich nur geringe Nachricht. Der Herr Rector Masch in Schönberg, den ich über dieselbe zu Rathe zog, versicherte mir, daß außer den Stellen bei Schrödcr P. M. I. 475, und S. 774, besonders aber S. 2868 (val. Lüb. Chron. a. a. O.), welche letzten beiden Nachrichten Masch nur vereinbar hält,
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nichts bekannt sei; daß die Kirche vor dem Thore und vor dem alt=wismarschen Thore lag. scheint dadurch ausgemacht. In einem Testamente, welches zu dem Jahre 1285 im Stadtbuche eingeheftet ist, heißt es: Ego Alkerus cogitans de futuris do sancto Nicholao ad structuram 2 M., minoribus fratribus 2 M., dominae nostrae 3 M., sancto Georgio 2 M., hospitali 1 M., ecclesiae in antiqua Wismaria 2 M. Noch wichtiger aber ist die Nachricht, welche ich als Note in einem alten Copialbuche der St. Nicolai=Kirche fand: Ao. dni. MCCCCLXXXI. martini ep. don wart ghewiget de olde wismersche Kerchoff van bischop Nicolaus Pentze bischop to Zwerin un des andern jares wart ghekoren bischop Conradus Loste in sine stede un makede dat stichte quit un vrig un losede alle de haue un breue wedder, de dar sine vorvare utesettet hadde; na bischop Loste wart ghekoren herr Johann Tun MCCCCC quarto, feria II ante Gregorii. Vgl. Schröder P. M. über die Bischöfe zu J. 1482 n. 1504. Es erhellt daraus, daß diese Kirche zum Sprengel des Bisthums Schwerin gehörte, und die aqua Wisimara, das Mühlenwasser bei Wismar, die Grenze der Bisthümer Ratzeburg und Schwerin war. Schröder P. M., S. 430; Masch Geschichte des Bisthums Ratzeburg S. 49.
Wismar.
Dr. C. C. H. Burmeister.
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13.
Meklenburgische Mitglieder der
fruchtbringenden Gesellschaft.
I m "Etwas von Gelehrten Rostockschen Sachen", 1740, S. 713, heißt es:
"Wir wüßten außer (Wilhelm von) Lohausen und dem Prof. Tscherning niemand, der jemahls aus Mecklenburg in dem Orden sich befunden."
Aus nachstehenden Auszügen aus des bekannten und zuverlässigen Archivars Joh. Schultz Sammlungen im Großherzogl. Archive zu Schwerin ergiebt sich jedoch, daß die beiden Herzoge Adolph Friedrich I. und Johann Albrecht II. während ihres Exils zur wallensteinschen Zeit mit
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ihren vertrautesten Dienern zu Mitgliedern dieser Gesellschaft aufgenommen wurden.
1628.
"In diesem Jahre ist Hertzog Johann Albrecht II. mitt in der Fruchtbringenden Gesellschaft aufgezeichnet worden unter dem Titul der Vollkommene, dessen devise der achtzeilige weitzen in Aehren, und wie sein damaliger mignon Otto von Preen auch mitt darin auffgenommen, ist ihm der Nahme der Verborgene, die Eberwurtzel, in trüben wetter. Diesen ist auch zugefüget worden des Hertzogen Leibmedicus Angelo di Sala, ein Italiano von Gebuhrt, unter dem Titul der Lindernde, Camillenblüet das Wapen, die Schmerzen".
1629.
"Wilhelm von Calchum sonst genand Lohausen war ein membrum der Fruchtbringenden Geselschafft in Teutschland, welcher sonst genand der Fest im Stande, unter dem Brasilienholtz, gratuliret Hertzog Adolph Friedrichen 1 ), daß Er sich auch mitt in der geselschafft einzeichnen lassen, hatt ihm sein ausgegebenes Büchlein zugesand, wogegen der Hertzog sich insonderheit bedanket 1 ), (22 Decbr. 1629) und bey hoffenden besseren Zeiten ferne fürstliche Gnade ihm versprochen. Der Nahme, so dem Herzoge beygeleget, ist gewesen: der Herrliche in Tugenden, mit dem Zeichen Betonienkraut: und da der Herzog Moritz von der Marvitz den ältern, als seinen Hoffmarechall, so trew und fest bey ihm in seinem exilio ausgehalten, seer aestimiret, als ist der auch mitt zum Glied auffgenommen worden unter den Nahmen der wiederbringende Natürliche Wärme unter dem Zeichen der Lavendul. Es ist auch im selbigen Jahr Dr. Johann Cothmann, als Hertzoag Johann Alberti Cancellarius, mitt auffgezeichnet, mit
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dem Nahmen der Beharliche in Hitze und Kälte und ist ihm Wintergrün zum Zeichen zugeeignet".
G. C. F. Lisch.
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14.
Zur Geschichte des
meklenburgischen Lehnrechts.
D er Professor Kämmerer zu Rostock hat in seinen Beiträgen zum gemeinen und meklenburgischen Lehnrecht in den Beilagen zu den wöchentl. Rost. Nachr. und Anzeigen vom J. 1836, vorzüglich durch Mittheilung von Correspondenzen aus dem Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive unterstützt, die Geschichte der vielbesprochenen meklenburgischen Lehnrechts=Projecte, namentlich des Husanschen Entwurfs, endlich ins Klare gebracht. Nur eines ist in der Geschichte der Bemühungen des Herzogs Ulrich für das heimische Lehnrecht noch dunkel.
Der Herzog Ulrich gab am 6 Mai 1579 mehrern Rechtslehrern den Austrag zum Entwurf verschiedener Rechtsbücher; am 20. Mai 1579 übernahm Husan die Abfassung des Lehnrechts und des Criminalrechts und am 3. Junii 1579 ward ihm dazu der specielle fürstliche Auftrag. Am 31. Jan. 1580 war Husan mit der Arbeit fertig, erhielt jedoch noch am 22. März 1580 dazu Acten aus der Hofgerichts=Registratur; am 28. Mai 1580 scheint er den Entwurf ganz vollendet und an den Herzog Ulrich abgeliefert zu haben. Diesen Entwurf wollte der Herzog nach Husan's Schreiben vom 28. Mai 1580 und dem herzoglichen Schreiben vom 5. Junii d. J., "den Landräthen und andern von den ältesten vom Adel, die (der Herzog) derwegen zu Hofe erfordert hätte, noch vor dem schierstkünftigen Rechtstag vorlegen und mit ihnen übersehen". - Diese, bisher unbekannten Umstände gehen aus den Anlagen der oben gedachten Beiträge hervor. - Der Herzog Ulrich legte darauf bekanntlich Einigen aus der Ritterschaft Fragen über einige Lehnrechtsfälle vor, welche von diesen zu Güstrow am 26. Januar 1581 beantwortet wurden. Diese Fragen und Antworten sind in Gerdes Sammlung S. 78-87 abgedruckt; bei den Antworten sind auch die Namen derjenigen mitgetheilt, welche sie gegeben; an welche Personen sie gerichtet worden seien, ist nicht bekannt. - Von Interesse ist es nun, zu erfahren, wann diesen Herren aus der Ritterschaft diese Fragen vorgelegt seien;
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aus der Vergleichung der data der prägen und Antworten ließe sich ein Schluß darauf machen, ob die Befragten Nachforschungen angestellt oder die Fragen nach ihrer Erfahrung ohne viel Vorbereitung beantwortet haben. - Ein anderer, wohl zu beachtender Umstand ist, an wen diese Fragen gerichtet seien; man sollte meinen, daß die Antwortenden auch die Befragten gewesen, und dies scheint bisher angenommen zu sein. Wenn dies aber nicht der Fall wäre. so ließen sich wiederum Schlüsse aus der Vergleichung der befragten und der antwortenden Personen ziehen. Diese Frage nach den Personen der Befragten ist bisher noch nicht aufgeworfen. Den Zeitpunct der Vorlegung der Fragen berührt Kämmerer, indem er S. 56, Not. 27 sagt:
"Untere Rechtslehrer geben immer das Jahr 1581 als die Zeit an, zu welcher Herzog Ulrich den Vasallen die Fragen vorgelegt habe.- Allein theils ist darüber kein Beweis vorhanden, theils spricht dafür auch nicht einmal die Wahrscheinlichkeit. Denn die von Gerdes mitgetheilten Fragen haben weder im Anfang, noch am Schluß ein datum; und nur die Antworten führen ein solches vom 26. Januar 1581. Man schließt daher von der Zeit der Antwort auf die Zeit der Frage. Dieser Schluß ist aber um deßwillen sehr mißlich, weil sonst angenommen werden müßte, daß die 21 befragten Vasallen - - - mit ihren Deliberationen in gar zu kurzer Zeit fertig geworden wären, was jedoch nicht ganz wahrscheinlich ist".
Kämmerer nimmt daher an, daß die Fragen vermuthlich im Jahre 1580 vorgelegt seien.
Etwas anders gestaltet sich jedoch die Sache nach der Vorladung des Herzogs Ulrich, welche sich in Abschrift im Großherzogl. Geh. und Haupt=Archive befindet und also lautet: 1 )
"Verzeichniß derer von Adel und Gelahrten, so zu Berahtschlagung des Mecklenburgischen Lehn=Rechtes auff den 24ten Januarii Anno 1581 gen Güstrow beschrieben".
Unsern gnädigen Gruß zuvorn. Ehrbarer, lieber Getreuer. Nachdem Wir mit Euch etlicher nohtwendigen
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Sachen halber nothwendige Unterredung zu pflegen gemeint, als begehren Wir gnädig, Ihr wollet euer Thun darnach richten, daß Ihr, hindan gesetzt aller andern euren obliegen und sachen, auff den 24 Monats=Tag Januarii schierstens gewiß und unaußbleiblich bey uns zu Güstrow erscheinet und folgents solcher Unterredung gewertig seyn möget, und Euch daran ohne kundbahre Leibes Ehehafften keinerlei Weges verhindern laßen. Daran thut Ihr unsere zuverläßige gnädige und gefällige Meynung. Datum Alten=Stargardt den 23 Decembris Ao. 1580".
An
Jochim Halberstadt zu Lütcken=Brütz Land=Raht.
Werner Hahn zu Baßdau Land=Raht.
Jochim Krauße zu Ferchentihn Land=Raht.
Hanß Linstau zu Bellien Land=Raht.
Hanß von Bülow zu Pockrent Land=Raht.
Johann Carmohn zu Woserihn Land=Raht.
Jürgen von Blanckenburg zu Wolffshagen, Hauptmann zu Wistock und Goldbeck.
Jürgen Wackerbart zum Catelbogen, Hauptmann zu Wahrien.
Jürgen Below zu Carchau.
Jochim von der Lühe, Hauptmann zu Dobbertien..
Jürgen von der Lühe zu Költzow.
Bartelt Lützow zu Lützow.
Jochim Baßewitz zu Levitzow.
Hartwig Preßentihn zu Preßentihn.
Mathias Viereg zu Roßewitz.
Hinrich Moltzan zum Arendshagen.
Clauß Peccatel der Aeltere zu Lütcken=Vielen.
Jochim Koßebade der Aeltere zu Torgelau.
Albrecht von Quitzow zu Stavenvw.
Vicke Jensrow zu Devitz.
Vicke von Bülow zu Harckensee.
Doctor Jochim Möller.
Doctor Hinricus Husanus.
Doctor Laurentius Niebuhr.
Doctor Michael Graßus.
Doctor Johannes Albinus.
Doctor Jacobus Bordingus.
Licentiatus Hubertus Sieben.
Magister Andreas Mylius.
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Aus dieser Ladung geht hervor, daß die Befragten erst am 23sten December 1580 auf den 24 Januar 1581 (wahrscheinlich zum Rechtstage) geladen wurden, ohne daß ihnen irgend etwas über die Veranlassung der Ladung mitgetheilt ward. Sie beantworteten daher die Fragen ohne Vorbereitung nach ihrer Erfahrung innerhalb zweier Tage. Aus den beiden Personenlisten geht hervor, daß die Geladenen alle zur Beantwortung erschienen, mit Ausnahme des Vicke von Genzkow zu Dewitz, statt dessen noch ein Vicke von Bülow von Rensow gegenwärtig war. Aber die acht ausgezeichneten Gelehrten, welche geladen waren, wurden bei der Beantwortung ausgeschieden, mit Ausnahme des Licentiaten Hubertus Sieben, wohl des unbedeutendsten von allen ! 1 )
G. C. F. Lisch.
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Nr. 1.
Handschreiben des Herzogs
Johann Albrecht I. von Meklenburg an den
Herzog Albrecht I. von Preußen
(über das Lochauer Bündniß).
D. d. Rostock 17. October 1551.
Aus dem königl. Geheimen
Archive zu Königsberg
mitgetheilt
vom Herrn Geh.
Archiv=Direktor, Prof. Dr. Voigt zu Königsberg.
U nser freuntlich dinst und was wir mehr liebes und guts vermogen, alzeit zuvorn. Hochgeborner Fürst., freuntlicher lieber herr und vater. Wir zweyffeln gar nicht, e. l. sey des Berichtes, so unser freuntlicher lieber vetter, maragraff Hans zu Brandenburgk und wir hiebeuor e. l. zugeschrieben, welcher gestalt wir uns neben seiner liebden auch von e. l. und unsers freuntlichen lieben vettern Hertzog Heinrichen zu Meckelnburgk wegen auf die vbergebne Volmacht mitt Herzoge Moritzen, dem churfurst zu Sachsen und landtgraff Wilhelmen zu Hessen im Vorein und Bundtnus eingelassenn, noch eingedenk, darauf wir auch als baldt nach dem gehaltenen tage zur Naumburgk vom Torgow abe in unser aller namen den reiffenberger mit gnugsamer Instruction und Credentzen an die konnigliche wirde zu frankreich umb hulf und Beistandt zu solchem hochwichtigem wergke angefertigt. Nhun hat die Konnigliche wirde alsbaldt Jren oratoren Johannem fraxineum Bischoff zu Bariom 1 ) mit Credentzen und Beuelch an uns semptlich in Deuzschland geschigkt, wie wir den e. l. ein sonderlich schreiben, das wir von gemeltem oratorn empfangen, von der Konniglichen Wirde an e. l. ausgangen neben gemelts oratorn beybriefen hiemit vberschigken, vnnd es hat alsbald nach des oratorn ankunfft der churfurst
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Zu Sachsen den marggraffen und uns gegen der Lochow zu sich vorschrieben, da dan auch erstlich der marggraff und volgendes nach wenig tagen wir personlich ankommen sein und haben die hessische gesanten, albereit für uns alda zur stedte gefunden, vnd ob wol allerley disputirliche weitleufftigkeifen, die dan zum theile das alte vorige mistrauen, zum theile auch sonderlich subtile Disputationes erregt, im anfangk sich zugetragen, so ist doch den dritten Octobris die offensis Bundtnus entlich in allen puncten und artikeln von uns allen eintrechtiglich beschlossen und bewilliget, in massen es alles auffs papir zuuor gebracht und uns von verns vorgelesen worden, und hat nichts mehr daran gemangelt, dan das es auffs reyne dieselbige nacht hat umbgeschrieben und vorsiegelt sollen werden. Aber der wein vnd vberige trunck pflegt selten etwas guths auszurichten; daher sich dan vorvrsacht, das der churfurst zu Sachßen und marggraff Hans auf denselben abent nach dem nachtmall mit wortten Jn vneynigkeit mit eynnander gerathen, und also mit czornigem gemuthe aus dem gemache von eynnander gangen sein, und ist der Marggraff, vngeachtet das wir, der Konnigliche Orator und die hessisch rethe bey sein Liebe mith vleyße freuntlich und bithlich angehalden vnnd gebetten, er wolle die gemeine wolfarth des vaterlandes des Kunigs neigunge, die durch solchen misvorstandt gehinderth wurde, mehr gelten lassen, dan die privat affection, tzorn vnd beim wein eingefallene vneinigkeith, die doch one alle beschwerliche ehrenrurige rede sich zugetragen vnd abgangen, frue fur tage vngesegend dauuon getzogen, vnd hat alle hendel stecken lassen. Weil sich dan der Kunig von Frankreich auf vnser aller embsige vleißige bitt vnd antzeigunge, als weren die Dinge zwischen uns den Deutzschen fursten albereidt vorgliechen und zum anzuge, der den ersten octobris geschehen soldt, geschigken vnd gefast, gegen uns gnedig vnd freuntlich erzeigt vnd nicht allein unser bit, andere alle Monat, so lange der Krieg werhen wurdt, einhundert tausent Kronen zu erlegen, sondern auch damith dem Keyser desto meher zu thune gemacht, seine gewalth desto meher getheilt vnd geschwecht worde, dem Keiser albereith vnns zu gute, vnnd Keyner andern vrsach halben, vheintlich abgesagt, auch albereith dem Keyser, wie wir des gewissen berichtet vom Reingraffen fur wenig tagen empfangen, zwo gewaltige Stedte, zwo feste Schlosser vnd viertzehen schieffe mit großem guthe vnd geschutze genhommen hat, So haben wir solches alles vnd zuforderst vnser brieff, siegel vnd
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Jnstruction, dadurch wir den Kunig von Frankreich zu diesem vorhaben bewegt haben, der sich auch sonderlich vorpflichtet hat, keinen frieden one unser aller Bewilligung mit dem Keyser zu machen, noch aufzurichten, betrachtet, vnnd das uns vorweiszlich und an ehren vnd glimpfs nachteillig, Das wir dem, so wir eynmalh bewilliget, nicht nachsetzen sollen, da wir doch lieber noth und thodt leiden wollen, dan das vns solchs mit warheith vnd bestand Je nach gesagt solde werden, Vnd haben Vnß demnach Jm namen des herren mit dem churfursten zu Sachsen, der für sich, seinen Bruder vnd vetter, den Jungen Marggraffen zu Ansbach, sich vorpflichtet, vnd mit dem Landtgraffen zu Hessen in offensiv Bundtnuß eingelassen, solchs auch dem frantzosen zugeschrieben, seind darauf des geltes vnd gisel, so der frantzos schigken werden, Zwen, vnd der ein ein furst vnd der ander ein graff sein wirdt, gewertig, haben auch vnsern Brudern herzogk Cristofern gegen Cassel abgefertigt, vnd wollen seine Liebe neben einen Jungen Landtgraffen für gisel hin wider Jn Frankreich, wie solches hiebeuor zu Torguw von uns semptlich bewilligt vnd dem Kunige vormeldet ist, werden schiaken. Wir haben auch daneben die guthe gelegenheith, so ytzo vorhanden, bewogen, das der Keyser aus Hispangen, desgleichen auch aus Jtalien, da der Babst ytzo selbst gnug zu schaffen, keine hulff haben wirdet, Vnnd das auch der turk in Vngern so viell dem kunige Ferdinando zu schaffen gibt, das er dem keyser wenig hulffe thun khan, vnd das hiruber der Keyser in Meilandt vnd Niderlandt sich selber gegen den franzosen wheren vnd also seine macht theylen musz, welche gelegenheith, da sie dismalh vorseumbt, sich nymer mher so gut zutragen wurde. Alsdan nhun auch E. L. eben so woll, als wir andern Jre volmacht zu diesem handel von sich geben, vnd daraus derselbe vorgenomen, vnd darin so weith vortgefharen, das der handel bey dem Kunige aus Frankreich so fern, wie gemelth, gebracht, vnd volgendts beschlossen vnd von Marggraff Hansen, auch eur L n. halben bewilligt worden, So zweiffeln wir nicht, E. L. werden neben vns in dieser sachen vortschreitten Jn Bewegunge Jrer volmacht, vnd aller handt vmbstende, sonderlich auch das der Keyser ytzo zu Augspurgk vnd in andern oberlendischen Stedten die predicanten ausgejagt, vnd one allen Zweyffel doch entlich wider vns allen, dieweil vnser aller vorhaben nicht gar heimlich, feindtlich nach gelegenheit wirdet handeln, wie vns dan mher dan von eynem orthe gewisser Bericht einkommen ist, Das Lazarus Schwendi sich offentlich gegen etlichen
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hauptleutten vnd Rithmeistern hat vornemen lassen, wan die sache mit Magdeburgk vortragen, so hette er vom Keyser bevelch, reuther vnd Knecht in vnser furstenthumb zu fhuren, welchs er auch gewis thun wurde, wo er die leuthe an der handt behieldte. Demnach gelanget an E. L. vnser gar freunthlich Bith, e. l. wollen sich hir in ires gemuths freuntlich und unvortzüglich gegen vns erkleren, Vnnd da e. l. in diesem wergke neben unns vortzuschreitten geneigt, das wir dan in Bewegung vhoriger handlung in keinen Zweiffell stellen, So bitten wir freuntlich, e. l. wollen vns Jre volmacht dartzu vberschigken, auch beuelichs Brife an Claus Berner vnd andere E. I. bestalte rithmeister, damit die reuther in der Zeith, ehe die vorrucket, nachdem der Keyser auch Jn großer Bewerbunge ist, Jn Bestallung mugen genomen werden, vbersendenn, vnd daneben die vorordnung thun, das so viel gelds als auff sechshundert pherde, (.dan so viel vnd nicht mher wil Eur L. Jn dem offensiv werck zu vnderhalden zukommen.) auf drey Monat vnd den an vnd abtzugk notig, vns E. L. wegen muge behandet werden. Wir mugen E. L. auch nicht verhalden, das wir einen vnsers standes, den wir auch zu vns bracht, also das ehr eigener person bey vns im felde sein wirdet, mit der vorsigelten vnd vntherschriebenen Bundtnus zu dem Konige in Frankreich als bald auff der post abgefertigt, damit der Kunig die Bundtnuß auch vorsiegel vndterschrieben vnd Jn desselben gegenwertigkeith leiblich schwere. So balt derselbe widerkumpt, das dan nicht lange vorbleiben kan, sol der anzugk Jm namen des herrn geschehen, dan des Khonnigs rath vnd hochst anhalten ist, das man die eyl fur die handt nemen vnd mith nichten feiren sol, darumb wollen E. l. vns die schreiben an Claus Berner vnd die andern zuzuschigken nicht seumen. Wir wollen auch E. l. ein Copei der Bestallunge, der wir vns semptlich vorgliechen, auffs furderlichste zuschigken. Mit Magdeburgk stehen dy sachen richtigk, dan sie ergeben sich an herzogk Moritzen den churfursten zu Sachsen, Behalten Jre religion freiheit, festung vnd aue das Jre vnd bleibt die stadt vnd vheste Jn vnser handt, vnnd soll vns zu all vnserm Besten offenstehen; So beheld auch herzog Moritz reuther vnd Knechte beysamen, bis die Post aus frankreich kompt, darmit man ohne alle hindrunge als bald zum anzuge kommen khan. Letzlich bitten wir auch freuntlich, e. l. wolden diese Dinge, nachdem alle gefhar darauf stehet, ganz heimlich halden, Vnnd auch Marggraff Hansen dauon keine Bericht thun, das wir herzog Moritzen also in geheimb zu halten
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zugesagt. Wir wolden E. l. Copien der Bundtnuß, auch allerley notigen bericht haben zugeschigkt, So hat es die eyle nicht leiden wollen. Vnnsern Bruder Hertzog Georgen wil herzog Moritz zu sich nemen, damit er auch auf vnser seytten sei. E. l. wollen sich hier Jn allenthalben freuntlich vnd also wie vnser vortrauen zu derselben stehett erzeigen; Das sein wir Jn allewege widderumb zuuordienen vrbuttigk. Datirt Roztock den XVII Octobris, Anno LI.
Hertzog hans
Albrecht
zu
Meckelburgk
Manu propria.
Nr. 2.
Handschreiben des Herzogs
Johann Albrecht I. von Meklenburg an den
Herzog Albrecht I. von Preußen
(über das Lochauer Bündniß).
D. d. Dresden 21. December 1551.
Aus dem Königl. Geheimen
Archive zu Königsberg
mitgetheilt
vom Hrn. Geh.
Archiv=Director, Professor Dr. Voigt zu Königsberg.
Hochgeborner furst, freundtlicher lieber herr
oheim vnd Vatter. Jch bin ahm tag Luciae bei
Marggraffen Hansen zu Grimnitz gewesen, vnd mich
mitt s. l. dermaßen beredet, das ich mich
gentzlich thue getroßten, s. l. wirdt sich neben
vns wider ihn handel begeben; Dan beide der
Churfurst vnd ehr haben myhr Handlung ihn ihrer
irrung eingerumtt, vnd will sie durch gotliche
verlihung uff den 17 Januarii zu Magdeburgk
wider zusammen bringen, welicher tag mir auch zu
gutlicher handlung zwischen meinem brudern h.
Georgen von den beyden Churfursten Sachsen vnd
Brandenburgk ist angesetzet worden. Ob uns
gelich von vnserm vnd e. l. Vettern M. A. ist
zugeschrieben worden, Desglichen von dem
Reingraffen vnd fraxim, dem ich e. l. briff hab
zugestellt, alhy itzo berichtet, das ehs sich
ahn den vorschlegen gestoßen,
., so habe ich doch gewisse
Zuversicht, der hildebrandt wird ehs, als es
ihme von vns ist vorgeschlagen, annemen. E. l.
schicke ich zu die Nottel der Verein und
auszcugk der bestallung,
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weil dan die Zeitten sehr kurz vnd die Reutter sich bewerben lassen. Dennoch vnd als bitt ich freundlich, wie vor geschehen, e. l. wollen sich mitt ihrer hulffen gefasset machen vnd die Verordenung thun, damitt nits zu schaden verseumett.
E. l. hulffe wolle sein zu disser verein 600 pherde, so behylten e. l. zue andern 200 innen.
Weheme aber e. l. ihr hülffe ahm liebsten will zu
weyssen, stehet zu e. l.
.
Es hatt der Churfurst allein zu wardtgeldt bis uff Estomihi 26000 Thaler gewendett; Mein Vetter H. H. hat auch gewilliget; Straszborch soll auch uff vnser Seytten sein u. s. w. Jch wolle auch e. l. andre Dinge vnd nebenabredungen mitt haben vberschicket, aber ehs halt alhy in der eylle so bald nitt konnen abgeschrieben werden. Jch bitt vleißigk vnd freundlich, e. l. wolten sich in dissen Dingen ye fürderlicher, ye besser vnd gutwilligk erzeygen. Das wirdt dem vatterlande vnd e. l. selbes mitt zum besten gereichen.
E. l. will ich bald, als sie begeren, meiner Theologen iudicium uff des Osiandri Confession zuschicken, das albereidt ahm mehrerem theil vor meinem abreyssen gefertiget gewesen. Jch hab auch dissen tag mitt dem H. Philippe Melanchton davon geredet, der mir sein bedenken daruff gar kurz hatt zugestellet, das e. l. neben dem andern illich bekommen werden.
Gegen mir were auch die angewandte entschuldigung von vnnotten gewesen.
Ich habe e. l. zugesante betlin mitt vlis durchlesen vnd gefeldt mir nur sehr woll, Dan ehs vnserm Christlichen glauben enlich vnd vnstreffllich. Thue hiemitt e. l. Gott dem Hern gesampt den ihren befhelen. Datirt illich Dresen ahm 21 abend vmb 12 Uhr des Monats Decembris, A° 51.
von gotts gnaden I. A. H. z.
M.
Manu propria.
Dem Hochgebornen Fürsten Hern
Albrechten dem
elteren Marggrafen zu
Brandenburg in
Preußen, zu Stetin,
Pommern, der Cassuben
und Wenden,
.
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Nr. 3.
Handschreiben des Herzogs
Albrecht I. von Preußen an den Herzog
Johann Albrecht I. von Meklenburg
(über das Lochauer Bündniß).
D. d. Königsberg 26. Januar 1552.
Aus dem Großherzogl. Geh. und
Haupt=Archive zu Schwerin
mitgetheilt
vom Archivar Lisch.
Hochgeborner furst, freuntlicher fillieber her
oheim vnd sone. E. l. eigen hantschreiben neben
andern mehr schreiben, die mihr e. l.
mitgeteilet vnd ich mich gantz freuntlich
bedanken thu, welcher datum e. l. hantschrift
treffen vmb abent den 21 des vergangen monates
decembris vmb 12 vrn helt, habe ich nit ane
frolocken den 17 ianuarii bekommen, das aber e.
l. so lang mit antwort von mihr verzogen, bitte
ich gar freuntlich, si wolle mich aus denen
vrsachen, das mich der liebe got gnediglich mit
schwacheit daheim gesuchet vnd verhindert, also
das mihr zu schreiben vnmuglich, freuntlich
entschuldigt nemen; Wolte auch e. l. eigen
hantschreiben ich niemandes anders beantworten
lassen, bis mihr, got sei lob, widervmb zu disem
vermogen verholffen. Vnd bin zumb hogsten
erfrewet, das e. l. von beiden teilen, Cur= vnd
fursten, handlung gestatet, zu dem lieben got
hoffent, das e. l. nun mehr auch zu gutem
vertrag solchen gerichtet, des ich auch froliche
antwort erwarte beider handlung, nicht alleine
zwischen den beiden, sunder auch e. l. geliebten
bruder. Vnd ob wol e. l. von vnsserm sone vnd
vettern, desgleichen Reingraffen vnd Frexin
vermeldet, das sichs an den vorschlegen an ienem
ort gestossen u. s. w., so habe doch e. l.
gewise zufersicht, das der Hildeprant werde
alles thun, wy nun vorgeschlagen, annemen. Darzu
wunsche ich gottes gnade vnd segen, auff das
beschehe, wy sich e. l. getrosten. Wil aber doch
e. l. nicht pergen, das gleichwol bey vns hir
allerley erschallet, als sol Hyldeprant mit dem
ich nit nenne in vnterhandlungen stehen; ich wil
aber mit e. l. hoffen,
.
Vnd thue mich kegen e. l. bedanken den zugeschickten nottel, dy mihr alle wol worden, wy e. l. aus andern nebenschreiben zu fernemen vnd wil hoffen, wo e. l. dy personen vertragen, das an dem meinen kein mangel sein werde, den das man bereit alles bey sich vnd ehe di sach vortgehet, ob wue noch hintterstellich auch dar bey sein solle u. s. w., Vnd zweifel nicht, wo sich bede e. l., wer si zu sich nemen werde,
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nicht vertragen, das es noch beschehen werde, den es ist mihr alles eins vnd wo es mar. H. 1 ) e. l. lassen wil, bin ales auch wol zufriden. Das der Churfurst bis auff esto mihi so syl gewant sihet, das er auch leut auspringen werde. so hat mar. Ha. meine Rittmeister alle verzeichent, wy wol ich auch etzlich dem kur. mit Vntterscheid vberlassen, so bin ich auch erfrewet, das e. l. her Vetter mein lieber oheim vnd swager bewilliget, vnd were gut, das fyl auff der seiten weren, wy den e. l. mit der genenten in hofnung stehen, u. s. w.
Das ienige, so nit abgeschriben konnen werden vnd e. l. mihr gern zugeschicket, wil ich noch gewarten.
Wil auch gern erwarten e. l. teologen iudicium, vnd sunderlich weil e. l. mit filippo daruon geredet vnd er sein bedenken dar auff e. l. gar kurcz zugestellet, vnd mich trosten, in kurcz neben andern bekomen werde; sihe auch von mehr orten so fyl, das man oseandri lere nicht abfellet, hof auch, wie filippus dy augen recht aufthun werde, er wege furslagen, damit dy spaltung gestillet, wil es nicht hoffen, das er sich ein part machen werde, dardurch dy spaltung geweitert wert.
Vnd bedanke mich kegen e. l. gancz freuntlich,
das meiner entschuldigung nicht vonnoten
.
Weil ich den in erfarung kumb, wy filippus vnd
sarcerius auff das trientisch concilium
verordent, deuchte mich nit vngeraten sein, das
der artikel justificationis clerer, als in der
confession gestellet, damit den babisteten ire
aristotelische opiniones vnd weis nicht was das
mehr ist. so fyl pus
2
) darnider geleget, sihe
aber wol, ob ich mit der hilffe bey euch andern,
so darff man aber meyn im concilio nicht, das
bin ich auch wol zufriden, darff so fyl weniger
verantworten,
.
Das auch e. l. meine zugesante gebettinge mit
fleis durchlesen vnd e. l. wirt sehr wol
gefallen, auch vnsserm christlichen glauben
enlich vnd vnstrefflich, das danke ich dem
ewigen got vnd e. l. freuntlichem iudicio, bin
auch in disen beswerungen verursacht, ein vater
vnsser mit einer auslegung zu stellen, es ist
aber noch nicht abgeschrieben, vnd dy itzigen
leuft nunmehr also geschickt, das ich mich
besorg, e. l. mit andern gescheften also
beladen, das si solche zu lesen nicht
abzuwarten, warumb ichs auff dy gelegenheit
verzihen wil
.
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Befele hiemit e. l. vnd alle dy ir lieb Got dem
herren in langer gesuntheit, ewiger vnd
zeitlicher wolfart zu erhalten vnd vor allem
vbel zu behuten. Amen. Vnd bitte, e. l. woll
mihr ire swestern sehr grussen, der sachen ich,
wy e. l. bewust, vortgestelt vud weil dy Zeit so
kurcz, in bedencken genomen
.
In eile kunigspergk den 26 January, anno 1552.
Albrecht der elter
.
Dem hochgebornen Fursten vnserm
freuntlichen
lieben Ohaimen vnd Soen
Hrn. Johan
Albrechten, Herzogen zu
Meckelburg,
.
Nr. 4.
Schreiben des Predigers Clemens Wendel zu Hitzacker an den meklenburgischen Baumeister Gabriel Büring zu Boitzenburg.
D. d. Hitzacker 9. Januar 1536.
(Vgl. Jahrb. II, S.
177.)
Aus dem Großherzogl. Geh. und
Haupt=Archive zu Schwerin.
Gnad vnnd frede dorch Jesum Cristum vnszeren Heylanth erworffen, mith erbeding allß frunthlichem willen vnnd alß broderlicher leue. Harth frunthliche leue Gabrigel. Jch do dyr withlich mynen gesunth vnnd myner armen hufzvrowen, welk ick ock stede vann dy vnnd dyner leffen husvrowen, myner leffen lanßmanßchen, bogere tho horenn. Leffe Gabrigel, hartleffe broder, mick is boricht geworden, dath dick myn g. h. van Mecklenborch vor eynen bumeyster tho Boyszenborch heffth gesetteth, vnnd weth ock wol, dath du eyn guth gehor by syner forstelicken g. heffsth, szo wyl ick dy nicht bargen, dath ickV jar lanck byn tho Hyssacker byn eyn predicanth gewesth godes worden; der nach nu tue jar up eynem dorpe by Hyssacker eyn paster gewesth. Nu synth de wendeschen lude szo vnnduorstendich, dath ick weynich fruchth dorch mvne predicacien kan don, des ick denne eyn groth beszuer myner Conciensien drage, wenthe ick weth wol, wat my Cristus myn heylanth heffth beuolen Mathei in dem VII: du schath de perlen nicht vor de suye werpen. Der orsacke nu is myne
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broderlicke leffe tho dyner broderlicken leffe, du muchtesth szo broderlick by my don, szo du kundesth my behannden, dath ick muchte up dusse thokumpsten Paschenn van wegen mynsz g. h. van Mecklenborch dorch synn ouersten dockthores eyne esching godeß worth tho predicken muchte krigen, wenthe du weßt alle myne legelickheyth wol. Ock wil ick dy nicht bargen, dath ick allen misbruck der vorigen suarten kunsth, dar ick mer inne bewanth waß, alße ick in der dath hatte gansz aff gedan vnnd de bocke vnnd alle dath dar tho horth genszlicken vorbranth vnnd in VI jaren ganß nichth, goth geloffeth, dar eyne bockstaff effthe gebruck gehath, wenthe ick hadde dar dorch groten vorsmath, ja noch groter gesuer myner conciencien. Dar vmme, goth geloffeth vnnd Cristus, myn eyniges heylanth, gansz enthleddichget, welszck ick dy allenthalffenn nicht wolth bargen, besunderen alssze mynem besunderen, eynigen, harthleffen, vtherckoren broder kunthmacken vnnd wolde goth, ick muchte eyne stunde by dy syn, wolde ick dy der sacken wol clarlich eyn vunderrichtinge don. Wath du nu hyr in don wilth, szo scriff mick eyn anthwerth tho Hyssacker vnnd szende den breff deme tholner tho Hyssacker, szo wyl ick den wol krigen. Hyr bowissz dy broderlick in, vordenn ick vmme dy in eynem gelicken effthe groteren. Hir Cristo Jesu mede in langer gesunth beuolen dy vnnd alle de dynen. Datum ilende Hyssacker, des sondages nach der hilgen driger konning dage, anno 1536.
Clemens Vendel,
dyn
olde medebroder tho Juterbock
vonn ketter Angermunde.
Dem kunsthrichen Meyster Gabrygel
Burinck,
buwmeyster mynß g. h. vann
mecklenborch
iß tho
Boyssenborch,
mynem harthleffen broder kome
dusse
breff broderlick.
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Nr. 5.
Schreiben des Obristen Wilhelm von Lohausen an den Herzog Adolph Friederich I. von Meklenburg.
D. d. Bremen 6. October 1629.
(Vgl. Jahrb. II, S.
191.)
Aus dem Großherzogl. Geh. und
Haupt=Archive zu Schwerin.
Durchlauchtiger, hochgebohrner fürst,
Gnädiger her.
Ewere fürstliche G. sambt den ihrigen in gueter gesundheit, vnd beßerm, alß leider jetzigem fürstlichen Zustand zu wißen, were mier ein sonderbahre frewde. Habe auch zu bezeugung meiner vnterthänig beharlich trewen neygung mit diesem meinem besuchbriefflein dieselbe vnterthänig anzulangen nicht vmbgehen wollen. Vnd demnach ich erfrewlich vernohmen, daß Ewer fürstliche G., vnlängst nach dem Festen, der fruchtbringenden geselschaft die ehre gethan, sich in dieselbe zu [ge]ben, alß hatt derselbe nicht vnterlaßen sollen, E. f. G. ein abtruck seines ein in teutsch außgegebenen büchleins zuzuschicken, mit vnterthäniger bitt, solches in gnaden auf vnd anzunehmen vnd dero herliches Vrtheil mich nach verlesens würdigung zu verständigen. Ein anderes so von meßlichen 1 ) sachen, welche durch die rechenkunst 1 ) allein erforschet werden können, handelt, sol ehist Ewer furstl. G. auch zugeschicket werden.
Wie nuhn der Feste in keinen Zweiffel zeugt, eß bleibe der Herliche mit furstherlichen Gnaden ihme beygethan, alß bittet er vnterthänig vergewissert zu sein, daß seines wenigen theils er auch ist vnd vnverendert verbleibt
Der Fest im
Stande
Ewer
fürstlichen Gnaden
vnterthänigen
Dieners
Wilhelms von Lohausen.
Eilend,
Bremen den 9 October
1629.
Dem Durchleuchtigen, hochgebornen
Fürsten
vnd herren, herren Adolff Frie=
derichen,
Hertzog zu Mecklenburg,
.
meinem gnädigen Fürsten vnd herren.
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Nr. 6.
Schreiben des Herzogs Adolph Friederich I. von Meklenburg an den Obristen Wilhelm von Lohausen zu Bremen.
D. d. Lübeck 22. December 1629.
(Vgl. Jahrb. II, S.
191.)
Aus dem Großherzogl. Geh. und
Haupt=Archive zu Schwerin.
Adolph Friedrich.
Unsern günstigen gruß vnd gantz wolgeneigten willen zuuor. Edler vnd Vester, lieber besonder.
Wir haben eur angenehmes besuch=briefflein zusampt dem vberschickten, von Euch in teutsch gegebenen büchlein zu vnsern handen wol geliefert empfangen, vnd den Inhalt eures schreibens vnd waß Ihr Euch wegen eines auch obhandenen büchleins darinnen anerbietet, gnugsamb verstanden Daß Jhr nun nicht allein vnsers Zustands (Welcher bei dieser beschwerlichen Zeit, Gott sei danck, noch also beschaffen, daß wir vns bei guter gesundheit befinden vnd an herlicher, fester und bestendiger Hoffnung, mit Gottlicher hülff, frolichere vnd beßere Zeit eins wiedervmb zu erleben vnd zu vorigen wolstande wieder zu gelangen, nichts fallen laßen) auß trewer neigung erkundigen, sondern Vnß auch eurer eignen arbeit des obgenanten schonen buchleins alß eine herliche Frucht der loblichen fruchtbringenden Geselschaft theilhafftig machen wollen, solches gereicht vnß zu sonderbarem angenehmen gefallen. Wir bedanken Vnß dafür billig vnd wollens vmb Euch hin wiedervmb mit erweisung angenehmen willens vnd womit Euch liebs geschehen mag, gunstiglich zu erkennen nicht vnterlaßen, Jnmaßen wir Euch jederzeit mit bestendiger Wolgewogenheit vnd allem guten sonders wol beigethan sein vnd bleiben, deßen sich dan der Veste zum Herlichen veste zu versichern vnd zu verlaßen hat, vnd wir thun Jhn hiemit zu allem selbst erwünschten wolergehen Gottes schutz wol befehlen. Datum Lübeck den 22 Decembris 1629.
An
Wilhelm von Kalchum,
genant Lohausen,
Obristen der Stat Bremen.
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:
A.
der
Johanniter-Comthurei Mirow.
Nr. I.
Johann, Nicolaus, Heinrich und Pribislaus, Herren von Meklenburg, bestätigen ihres Vaters Heinrich Borwins II. Schenkung von sechszig Hufen im Lande Turne mit dem Dorfe Mirow und den Seen Mirow und Damm an die Brüder des Johannis-Hospitals in Accon.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Johannes, ego Nicolaus, ego Heinricus, ego Pribizlaws, fratres, domini Magnopolenses, omnibus in perpetuum. Quoniam hominis generatio preterit et alia subsequitur, plura priorum facta in tempore deperirent cum tempore et obliuionis nubilo tegerentur, sed ad cauendam huiusmodi negligentiam ea, que rationabiliter gesta sunt, solent ad memoriam perpetuam inditio scripti notabilis eternari. Hinc inde uolumus ad uniuersorum tam presentium, quam futurorum notitiam
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deuenire, quod bone memorie pater noster Heinricus. dominus de Roztoch, Deum, quantum humana fragilitas permittebat, pro oculis habend, pro suorum suorumque uenia peccatorum progenitorum, fratribus hospitalis sancti Johannis Baptiste in Accon, qui iugiter ibidem una cum reliquis fidelibus prelia domini preliantur, ad ampliandam ipsorum sustentationem ipsis, ad honorem Dei sanctique Johannis Baptiste, contulit in terra Turne LX ta mansos, spontanee ac libere renuntians iuri suo, quod in eis habuit uel habere aliquatenus uidebatur. Quia vero tota iurisdictio ac hereditas progenitorum nostrorum ad nos deuenit, quicquid domino Jhesu Christo a patribus nostris ad gloriam ipsius laudabiliter est impensum, nos, pari uoto factis eorum consentientes, ratum habemus et incowlsum, quicquid per eos dinoscetur esse factum. Unde supradictis fratribus hospitalis sancti Johannis Baptiste in terra Turne villam Mirowe cum LX ta mansis et stagnum Miro[we et s]tagnum Dammene et riwm, qui fluit per stagnum Mirowe, desupcr et inferius, assignamus cum omni utilitate in agris et siluis, pratis et pascuis, aquis et aquarum decursibus, pet[itioni]bus et exactionibus et seruitiis, que wlgo Borchwerch et Bruggewerch nominantur, quemadmodum pater noster omni iuri nostr libere ac irrefragabiliter renuntiantes. Ex hiis mansis XXX ta erunt in uno latere stagni et ex altero XXX ta . Ut igitur hec omnia rata permaneant et in perpetuum illibata et per omne seculum inconwlsa, dictos fratres presenti scripto cum appensione sigilli nostri et cum subscriptis testibus duximus communire. Nullus ergo hominum hanc nostre donationis paginam audeat uiolare, si diuinam effugere uoluerit ultionem. Testes hii sunt: Thedelinus prepositus fratrum de Dobrotin, Godefridus, Theodericus, Bertoldus, Johannes, canonici de Guztrowe; layci: Zlawotech de Malegowe, Gotimerus et Jo-
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hannes frater suus de Hauelberch, Vnizlauus castellanus de Robole, Heinricus Gamba dapifer, Jordanus, Heinricus Grubo, Baroldus, milites, castell. de Guztrowe. Actum in Guztrowe anno gratie M mo CC mo XX mo VII mo , III° nonas Decembris, indictione prima. Datum per manum Conradi scriptoris.
Charte: Pergament.
Schrift: eine gleichmässige, neugothische Minuskel. Die langen Buchstaben sind nach oben hinaus sehr verlängert und oben alle verziert. Die Eingangsformel istt mit gemischiter verlängerter Schrift geschrieben.
Siegelband: überhaupt ist nur Eine seidene Schnur von rother, grüner und gelber Seide angehängt, mehr Siegel sind auch nicht vorhanden gewesen.
Das Siegel: war in Lein genähet, ist aber darin zerfallen. Der Text hat an einigen Stellen [ ] ergänzt werden müssen. Die Namen der milites cast. de Guztrowe sind in der Urkunde nicht deutlich abgetheilt. Nach einer, klarer interpungirten Urkunde von 1241, in welcher Heinricus Grube vorkommt, ist also zu interpungiren: Jordanus, Heinricus Grubo, Baroldus.
Gedruckt ist die Urk. bei Buchholtz Brandbg. Gesch. IV, Urk. Anh. S. 60 und Lentz Marggräfl. Urk. S. 869, aber mit wesentlichen Fehlern. In der Eingangsformel ist der dritte Name: ego Heinricus ausgelassen, so auch das Wort tegerentur. Ferner steht bei B: depereunt, statt deperirent, dum - pre oculis habens statt: Deum pre oculis habens, pertinet statt petitionibus, Theodorcus de Dobrotin statt Thedelinus, Gotinus statt Gotimerus, Gambera statt Gamba, Bartoldus statt Baroldus, Guzstowe statt Guztrowe, u. A.; ausgelassen ist Bertoldus unter den canonicis von Güstrow. Manche dieser Fehler, z. B. Theodoricus und Gotinus, sind auch in unsere Geschichten übergegeangen. Vgl. Rudloffs Urk. Lief. S. 25.
Anmerkung. Zur Erläuterung des Textes folgt hier die, wahrscheinlich nicht ausgefertigte Bestätigungsurkunde der Markgrafen Johann und Otto von Brandenburg: Actum apud Werben anno gratie M°CC°XX°VII°, nonas Augusti, indictione secunda. Diese Bestätigungsurkunde ist eben so geschrieben, wie die Schenkungsurkunde von demselben Jahre; in zwei eingeschnittenen dreieckigen Löchern hängt kein Siegelband.
In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Johannes et Otto Dei gratia marchiones Brandeburgenses omnibus in
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perpetuum. Christianitatis sue cultum memoriter ostendunt, qui ecclesiam Dei benigno affectu fouent, edificant et tuentur. Unde nouerint uniuersi, tam futuri, quam presentis homines temporis, quod nos bonorum illorum donationem, quam dilecti fideles nostri, filii nobilis uiri domini Burwini circa fratres et ecclesiam hospitalis sancti Johannis baptiste in Accon pro suorum remedio peccatorum fecerunt, villam videlicet Mirowe cum stagno ipsius ville, stagnum Dammene et riuum, qui fluit per stagnum Mirowe, desuper et inferius, perpetualiter confirmamus. et siqua alia bona etiam secundum temporum cursum et ut diuinitus ipsis fuerit inspiratum, eroganda duxerint eisdem. Ut autem hec nostra donatio racionabiliter facta ullatenus valeat immutari, presentem paginam inde conscribi et sigilli nostri appensione iussimus insigniri. Huius rei testes sunt: Henricus pincera, Albertus de Niendorp, Thegenardus aduocatus de Saltwedele, Johannes, Albertus, Fridericus, Hartmannus, Bruniggus, fratres de Redekestorp, Albertus de Lypzeke, Olricus aduocatus de Arneburch et alii quam plures. Actum apud oppidum nostrum Werben. Anno gratie M°CC°XX°VII° nonas Augusti, indictioue seeunda.
Nr. II.
Nicolaus I. von Werle schenkt dem Jungfrauen-Kloster zu Eldena dreissig Hufen in dem Lande Turne an den Seen Viltz und Radatze, und den Bach Driculne zur Anlegung einer Mühle.
D. d. Güstrow 18. Januar 1241.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Nicholaus, dominus de Rozstok, in perpetuum. Notum sit omnibus, tam presentibus, quam futuris, quod nos, pro remedio animarum parentum nostrorum ac pro nostrorum uenia peccatorum, ecclesie Eldene. ad ampliorem sustentationem sanctarum monialium ibi-
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dem deo seruientium, contulimus triginta mansos in terra Turne inter stagna Viltz et Radatze, de bona et libera uoluntate, cum omni iurc et utilitate in pascuis, pratis, siluis, montibus, planiciebus, agris cultis et incultis, perpetuo possidendos. Dedimus insuper eidem ecclesie riuulum Driculne, ad molendinum construendum, predictorum mansorum terminos alluentem. Volumus etiam, ut iidem triginta mansi liberi sint ab omni exactione uectigalium, a constructione urbium et pontium et ab omni inquietatione, qua in eisdem mansis posset supradicta ecclesia molestari. Si vero aliquis cultor mansorum istorum inciderit iudicium et sententiam colli uel manus, ad uocationem prepositi aduocatus noster ucl heredum nostrorum iudicabit eam causam et si uentum fuerit ad satisfactionem, due partes satisfactionis cedent nobis et tercia cedet pars ecclesie. Alia omnia iudicia libera permanebunt ecclesie memorate. Vt autem hoc rationabile factum nostrum a nobis aut heredibus nostris, seu ab aliquibus calumpniam contra uolentibus commentari, non ualeat irritari, sepe fatam ecclesiam presenti scripto cum appensione sigilli nostri ac testium inscriptione duximus roborandum. Testes hii sunt: Heinricus prepositus eiusdem ecclesie, Olricus prepositus de Dobertin, Reinerus decanus de Guztrowe, Gunzelinus comes de Zverin, Everhardvs de Molendino, Luderus de Bluchere, Theodericus Scakmann, milites de Zverin, Vnizlavs, Jerozlavs, Heinricus Dargatz, Johannes de Havelberch, Geroldus de Peccatle aduocatus, milites de Robele, Heinricus Grubo, Bernardus de Wienthorp, Ekkehardvs Gallus, Gerardus Metleke, Heinricus Fulmen, Theodericus de Ganzowe et alii quam plures. Acta sunt hec anno gratie millesimo ducentesimo quadragesimo primo, XV° kal. Februarii. Datum Guztrowe per manum Conradi scriptoris.
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Diese Urkunde ist gewiss eine der schönsten aus dem 13. Jahrh. und ruft lebende das Andenken an die Urkundenausstattung des vorigen Jahrhunderts zurück.
Charte: ein grosses Pergament von quadratischer Form.
Schrift: eine reine, kräftige, schöne neugothische Minuskel. Die Eingangsformel ist in verlängerter Schrift geschrieben. Die Zeilen stehen noch weit auseinander.
Siegelband: eine roth und weiss seidene Schnur.
Siegel: fehlt.
Nr. III.
Nicolaus I. von Werle schenkt dem Hofe zu Mirow einige, (südlich) an die Mirowsche Feldmark liegende, Aecker und bestimmt deren Grenzen.
D. d. Güstrow 17. Junii 1242.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Ego Nicolaus dominus de Roztok in perpetuum. Sciant tam presentes, quam futuri, quod nos, ad honorem Dei et beati Johannis Baptiste, fratribus hospitalis eiusdem sancti Johannis Baptiste in partibus tranmarinis degentibus, ad ampliorem sustentationem fratrum eorundem, curie ipsorum, que in predio nostro sita est, Myrowe nomine, adiecimus de bona uoluntate liberaliter conferendo quosdam agros adiacentes, cum omni iure et utilitate in agris, pratis, pascuis, siluis, super hec bona similiter omni nostro iudicio renunciantes. Decernimus etiam, hec bona esse libera ab omni exactione uectigalium, a constructione urbium et pontium et ab omnibus hiis, que dictam curiam ualeant aliquatenus aggrauare. Agros autem collatos sic circumscribimus disterminando: de Stytna
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usque in Wargalitz, deinde in Zmolnitz, deinde usque in terminos Myrowe. Ne igitur hoc racionabile factum nostrum a nobis uel a successorihus nostris in posterum ualeat irritari, fratres memoratos et curiam suprafatam presenti priuilegio cum appensione sigilli nostri ac testium inscriptione irrefragabiliter communimus. Testes hii sunt: Helyas archidiaconus canonicus de Guztrowe, Reinerus decanus, Theodericus camerarius de Doberan, Vnizlaus, Jarozlaus, Heinricus Dargats, Johannes de Hauelberch, castellani de Robele, Heinricus Fulmen, Albertus de Antiqua Uilla, Johannes de Duzcin, Gerardus Scoke tunc aduocatus, et alii quam plures. Datum Guztrowe per manum Conradi scriptoris, anno gatic M mo CC mo XL mo II, XV, kal. Julii.
Charte: Pergament.
Schrift: Minuskel mit verlängerter Eingangsformel. Die Hand dieser Schrift ist augenscheinlich schon zitternd gewesen.
Siegelband: eine grün seidene Schnur.
Siegel: ist abgefallen.
Gedruckt: ist diese Urkunde bei Buchholtz a. a. O. S. 70. wieder mit vielen Fehlern: z. B. terrae ipsorum statt curie ipsorum, libertatis st. liberaliter, Zmolinz st. Zmolnitz, Heldag st. Helyas, castellanus st. castellani, Scoze st. Scoke; Doberan ist ausgelassen, u. A.
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Nr. IV.
Nicolaus I. von Werle bestätigt den Rittern alle bisherigen Schenkungen, jetzt auf den Feldmarken Mirow, Gramtzow und Peetsch liegend, und bestimmt die Grenzen derselben nach geschehener Vermessung. Zugleich bestätigt er den Kauf des Dorfes Fleth vom Kloster Eldena.
D. d. Roebel, 25. Septbr. 1270.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
(Die Abweichungen der drei vorhandenen Exemplare sind mit A., B. und C. bezeichnet, A. ist Bezeichnung des nachstehenden Drucks.)
N icolaus Dei gratia dominus de Robole 1 ) omnibus Christi fidelibus presencium inspectoribus subscriptorum notici[am cum] salute. Ea que aguntur 2 ) in tempore, ne simul cum tempore in recidiue obliuionis scrupulum dilabantur, solent in scriptis redigi et per ea tenaci memorie commendari. Nouerit igitur presens etas et futura posteritas, quod licet religiosi viri . . magister et fratres sacre domus hospitalis Jerosolomitane diuersa bona in terra districtus seu dominii nostri, videlicet de Mirowe, de Gramsowe et de Pezeke, uillas cum suis pertinentiis, iuribus et utilitatibus, sibi a felicissime recordationis Henrico patre nostro, Johanne, Henrico, Pribizlao, fratribus nostris, et a nobis diuersis temporibus, in subsidium terre sancte ob honorem Dei sanctique Johannis Baptiste, pleno iurc donata, tanto tempore possederint, quod etiam prescriptio legitima sit completa: timent tamen, ne forte, si non ad presens, saltem post hec, malicia hominum succrescente, tam propter incertitudi-
B. 2) geruntur. | C. 1) Werle. 2) geruntur. |
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nem terminorum, quam propter alia, super hiis turbationis et dubietatis scrupulus valeat oboriri; quapropter nobis humiliter supplicarunt, quatinus idemnitati et quieti eorundem perpetuo remedio consulere dignaremur. Ipsorum itaque petitioni rationabili fauorabiliter annuentes, memorata bona ad plenam certitudinem et fratrum eorundem quietem perpetuam certis terminis seu limitibus circumscribenda duximus et lucide designanda. Cum tamen tempore Henrici Thakalange 1 ) advocati nostri questio seu controuersia super dicta donatione suborta fuisset ex parte nostra contra fratres predictos, quod plures agros sev mansos extra donationem predictam fuissent inuenti; cum tamen tempus prescriptionis eorundem agrorum completum fuisset: iidem fratres eorum inquietudine precauentes nobis humiliter supplicarunt, ut nos tam pro Deo, quam pro pecunie summa C m marcarum examinati argenti, eisdem fratribus plenius et expressius omnes terminos 2 ) dictorum agrorum distingueremns et super eosdem perpetuam firmitatem seu libertatem conferremus. Nos vero precibus eorum, consilio 3 ) filiorum nostrorum H. et Jo., fauorabiliter annuentes terminos predicte donationis taliter distinguimus. Primo termini ville Peske 4 ) de Stitnitz in Worlitz, de Worlitz usque Smolnitz, de Smolnitz in Lemcule 5 ) et sic ad arborem signatam in terminis Mirowe et Wesenberghe, de arbore dicta usque in Coboloe 6 ), de Coboloe usque Witsol, de Witsol ad viam inter Qualsoe et Mirowe, directe de dicta uia usque in Scirin, de Scirin 7 ) usque ad pontem antiquum, et est dictus pons terminus inter Scilderstorpe et Gramsowe; item de palude erit diuisio 8 ) per medium secundum quod termini sunt nominati in Mirowe et Leys-
B. 1) Takelange. | C. 1) Tatelange. 2) omnes terminos seu limites. 3) consilio et consensu. 4) Petzeke. 5) Lemekule. 6) Coblowe. 7) Cyrin. 8) diuisiu directe. |
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sowe; item uille Myrowe, secundum quod obtentum est inter Cusowe uersus aquilonem, inter Losetz 1 ) uersus occidentem, inter Starsowe versus meridiem. Item confirmamus et ratificamus emptionem uille Vilet 2 ) cum suis pertinentiis, quam idem fratres emerunt legaliter contra prepositum et moniales ordinis sancti Benedicti in Heldena 3 ), de qua uilla et suis pertinensiis renunciamus omni iure nostro. Omnia vero bona illa, quocunque nomine censeantur, intra eosdem terminos vel limites constituta, cum suis pertinenciis omnibus, pratis, pascuis, campis, siluis, terris cultis et iucultis, prediis vrbanis et rusticis, introitibus et exeitibus 4 ), viis et inuiis, paludibus, stagnis, aquis, aquarum decursibus, molendinis, piscationibus, uenationibus, iudiciis sev iurisdicionibus, iuribus patronatus, et generaliter omnibus iuribus et vtilitatibus, eis rite tam a patre et fratribus nostris predictis, quam a nobis pleno iure donata et ab ipsis magistro et fratribus longo tempore vsque ad preseriptionem legitimam quiete possessa, publice recognoscimus, et ad pleniorem ipsorum fratrum quietem et cautelam, donationem bonorum huiusmodi ex integro renouantes, eis plenam damus facultatem locandi in eisdem bonis Sclauos 5 ) et Teutunicos, et faciendi in ipsis bonis et de ipsis, prout uiderit expedire. Renunciamus insuper omni iuri mensurationum, exactionum, collectarum, angariarum et parangariarum, seruiciorum, expedicionum et generaliter omnium munerum et onerum quacumque occasione ea uniuersaliter vel particulariter inponi contigerit, quod nobis aut heredibus seu successoribus nostris quibuslibet in eisdem bonis aut hominibus ibidem habitantibus uel habitaturis ad prosens competit uel possit competere in futurum. In cuius rei euidentiam et perpetuam firmitatem presens
B. 1)Loscitz. 2)Viletz. 4) exitibus. | C. 1) Lositce. 2) Vlet. 3) Eldena. 5) Slauos. |
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desuper conscribi fecimus instrumentum et ipsum eisdem . . magistro et fratribus tradidimus sigilli nostri 1 ) nostrorumque filiorum munimine roboratum. Nulli ergo 2 ) liceat, hane paginam nostre donationis 3 ) infringere uel ei 4 ) aliqua parte ausu temerario unquam ullo tempore contraire. Si quis autem hoc attemptare presumserit, indignationem 5 ) omnipotentis Dei et beati Johannis baptiste se nouerit incursurum. Actum et datum in Robele de consilio et consensu dilectorum natorum nostrorum H. et Jo., in presencia testium, quorum nomina sunt hec: Stephanus prepositus de Robele, et . . prepositus de Gustroe 6 ), H. plebanus in Campitz, H. advocatus dictus Thakalange 7 ), Remerus de Stocflit 8 ), Jo. de Cropelin, Priscebure et frater suus, Harnet Bere, Wideghe Bere 9 ), Gotemerus de Ritsoe 10 ), Ludekinus de Swerin 11 ), militum, et in presencia fratris VI. de Welleberg 12 ), fratris Petri 13 ), fratris Cesarii 14 ) et fratris Ar. commendatoris in Miroe et 15 ) Ger. 16 ) dicti Sciltcent, G. magistri piscatorum in Miroe 17 ) et 18 ) aliorum quam plurium fide dignorum, sub anno verbi incarnati M°CC°LXX°, feria V a post Mathei apostoli et ewangeliste.
B. 5) indigna. 7) Thakelange. 8)Stakfleit. 9)Wedeghe Bere. 12)Velleberge. 13) fratris Petri plebani in Mirowe. 14)fratris Cesarii commeudatoris in Cuppan. 17) G. magistri piscatorum et Bernardi socii sui. | C. 1) sigilli nostri de consensu ac voluntate, ac cousilio nostrorum filiorum munimiue roboratum. 2) Nulli ergo omnino homiuum. 3) donatiouis, confirmationis ceu renonationis. 4) ei in. 6) et G. prepositus de Gustrowe. 7) Takelange. 8) Stockviet. 9) H. . . . . Bere et dominus Wedekinus. 10)Gotmarus de Retsowe. 11) fehlt in C. 12) Volrici dicti de Wlleberghe cumendatoris in Werben. 13) fratris Petri pl . . . . . owe et fratris Ar. commendatoris ibidem ; fratris Ces . . . . . . . . . . . . . . in Copa; fratris Bertoldi. 15) Item Wluingus et frater suus, Jo. Stange, H. Wangelin, Richardus scutte. 16) Gherardus clippifer. 17)G. et B. magistri piscatorum. 18) et alii quam plures fide digni. Annodomini MCCLXX. feria V post festum beati Mathei a. et e. |
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Von dieser Urkunde haben sich nach einander drei Ausfertigungen gefunden, welche, mit Ausnahme der Varianten und einiger orthographischer Eigenthümlichkeiten, gleich lauten. Auch sind sie an Pergament, Schrift, Siegelbändern, den vielen Abbreviaturen u. s. w. gleich. Ich habe sie hier mit A. B. C. bezeichnet.
Urkunde A., welche als Text zum Grunde gelegt ist, hat durch Moder sehr gelitten und ist zerrissen. Angehängt sind drei seidene Schnüre (roth, grün, gelb). Die Siegel fehlen.
Urkunde B. ist besser erhalten und hat drei gleiche Siegelschnüre, an denen noch die beiden ersten Siegel hangen. Diese sind von dem gewöhnlichen ungeläuterten, zerbrechlichen Wachs, in parabolischer Form. Beide haben den gekrönten Stierkopf. Von den Umschriften sind nur wenige Buchstaben zu lesen.
Urkunde C. ist flüchtig geschrieben und sehr verdorben, zerrissen und voll Löcher und Eisenmale; durch die Entfaltung hat sie noch mehr gelitten, so sorgfältig dieselbe auch geschehen ist. Doch hat sie in der Zeugenreihe einige interessante Abweichungen. Angehängt ist eine gleiche Siegelschnur, von der aber das Siegel verloren ist.
Nr. V.
Nicolaus I. von Werle und seine Söhne Heinrich, Johann und Bernhard verleihen der Comthurei Mirow die Dörfer Zirtow und Lenz, und zwei Hufen in Loyssow und eine Hufe in Ankershagen.
D. d. Roebel, 3. April 1273.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
N icolaus Dei gratia et filii eius dilecti Henricus et Johannes et Bernardus domini de Werte omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Ea que geruntur in tempore, ne simul cum tempore in recidiue obliuionis scrupulum dilabantur, solent in scriptis redigi et per ea tenaci memorie commendari.
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Nouerit igitur presens etas et futura posteritas, quod nos de bona nostra uoluntate et unanimi consensu ad honorem Dei omnipotentis contulimus viris religiosis magistro et fratribus sacre domus hospitalis Jerosolimitane in Mirowe Domino famulantibus villam Cirethowe, sicut nunc possident possessores, sub terminis eisdem, cum XXXVI mansis, et villam Liniz sub suis terminis cum XII mansis, que ville, si mensurarentur, et tres mansi inuenirentur, predictis a nobis fratribus sunt collati. Si uero super predictum numerum excresceret, de nobis emere debent fratres superius nominati. Item duos mansos in Loysowe et unum in Ankershagen contulimus libere et perpetuo possidendos cum omni eodem iure, quo sepedicti fratres bona sua alia in terra nostra constituta possident et hactenus habuerunt, quocunque nomine censentur inter eosdem terminos uel limites ante dictos, cum suis pertinenciis omnibus, pratis, pascuis, siluis, campis, terris cultis et incultis, prediis vrbanis, rusticis, introitibus et exitibus, viis et inviis, paludibus, stagnis, aquis, aquarum decursibus, molendinis, piscacionibus, venacionibus, iudiciis et iurisdicionibus, et iuribus patronatus, et generaliter omnibus iuribus et vtilitatibus in eisdem bonis; damus plenam facultatem locandi Slauos et Theutunicos et in ipsis bonis faciendi et de ipsis, prout viderint expedire. Renunciamus etiam omni iuri exactionum, collectarum, angariarum et parangariarum, seruiciorum, expedicionum et generaliter omnium munerum et honerum, quacunque occasione ea vniuersaliter uel particulariter inponi contigerit, que nobis seu heredibus siue successoribus nostris quibuslibet in eisdem bonis auf hominibus habitantibus ibidem uel habitaturis ad presens competit uel possit competere in futurum. In cuius rei euidentiam et perpetuam firmitatem presens desuper scribi fecimus instrumentum et ipsum magistro et fratribus prefatis tradidimus sigilli nostri nostrorumque filiorum munimine
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roboratum. Testes sunt milites: Henricus de Ulothowe aduocatus in Robele, Nicolaus Gallus aduocatus in Guzstrowe, Johannes Koz aduocatus in Plawe, Misnerus, Fredericus Bruschauere, Bertoldus de Hauelberge, Henricus Kabolt, Ludolphus de Zwerin, Gerardus et Hermannus de Crimun, Bertoldus de Danbeke, Priseburius et Johannes frater suus, et alii quamplures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXX°III°. Datum Robele de manu Godefridi prepositi Guzstroen[sis] tempore commendatoris fratris H. de Honschet in Mirowe existentis, III° kalendas Maij.
Charte: Pergament.
Schrift: eine etwas unregelmässige Minuskel.
Siegelbänder: drei Schnüre von grüner und rother Seide.
Siegel: zwei sind zum Theil erhalten. Auf dem ersten ist noch der gekrönte Stierkopf vollständig. Das zweite Siegel ist noch fast vollständig: es ist von parabolischer Form, mit einem gekrönten Stierkopf und der Umschrift:
Nr. VI.
Nicolaus I. von Werte versichert den Rittern, dass die ihnen von den Werleschen Fürsten geschenkte Mühle durch Anlegung eines Canals aus der Müritz keinen Schaden leiden solle.
D. d. Roebel 12. Septbr. 1273.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
N icolaus, Dei gratia dominus de Werle, omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Notum esse uolumus vniuersis et presentibus protestamur, quod
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nos domino Johanni de Hauelberghe beate memorie dedimus denarios pro eo, quod per agros suos de magno stagno Muriz dicto fossatum facere possemus ad molendinum, quod Boche uulgariter dicitur, relinquens nostre iuridicioni, quid mali per cursum aque Muriz posset inferius et superius euenire. Vnde cum predecessores nostri viris religiosis fratribus in Mirowe sancte domus hospitalis Jerosolomitane sancti Johannis baptiste molendinum eorum in Villa ipsorum dederint, nec ipsi etiam aggerem molendini in aliquo exaltauerint, sicut notorium est et apertum, nec de eorum molendino apud nos est aliqua querimonia recitata, antequam aqua Muriz per nostram licentiam emitteretur: nolumus predictos fratres in molendino suo ab aliquibus seu ab aliquo ab aque crescentia molestari. Vt igitur hec firma sint et ne possint a nostris succesoribus dubitari, sigilli nostri testimonio roboramus. Testes sunt. Stephanus prepositus in Robele; milites: Henricus aduocatus in Robele dictus deVlotowe, Ludolphus de Zwerin; famuli: Olricus de Bardenulet, Willekinus camerarius, Bertrammus de Malechowe minor aduocatus, Hermannus minor aduocatus in Robele, Henricus minor aduocatus in Wesenberge, et alii quam plures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXXIII°. Datum de manu Godefridi prepositi Guzstroensis, pridie idus Septembris, Robele.
Charte: ein kleines
Pergament-Blatt.
Schrift: schlecht und
flüchtig.
Siegelband: eine Schnur von
rother und grüner Seide. Vom
Siegel:
sind noch einige Spuren vorhanden, welche
aber bald ganz verschwinden werden.
Im Texte ist offenbar eine Unrichtigkeit im Namen des miles de Zwerin. Im Originale dieser Urkunde steht ganz klar: Rudolfus de Zwerin; jedoch ist an dem R etwas radirt oder verwischt, ohne dass verbessert wäre. In dem folgenden Transsumt dieser Urkunde, Urk. Nr. VII, steht aber eben so klar Ludolfus statt Rudolfus. Da nun auch unter den Zeugen der
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Urk. Nr. IV von 1270 Ludekinus de Swerin, und den Urkunden Nr. VI von 1273 und Nr. VII von 1276 Ludolfus de Zwerin aufgeführt ist, so ist auch in dieser Urkunde Ludolfus statt des zweifelhaften Rudolfus aufgenommen.
Nr. VII.
Heinrich I. und Johann I. von Werle entscheiden zwischen den Johanniter-Rittern von Mirow und den Herren von Havelberg die Rechtsstreitigkeiten über die Mühle der Ritter und befreien die Comthurei Mirow von allen Ansprüchen, welche wegen des Wasserstandes an die Mühle gemacht werden könnten.
D. d. Roebel 10. Junii 1276.
Nch dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
H enricus et Johannes, Dei gratia filii nobilis viri domini Nicolai de Werle, omnibus hoc scriptum visuiris salutem in domino sempiternam. Ad noticiam vniuersorum volumus peruenire, quod nos litteras patris nostri predicti vidimus non canellatas, non abolitas, nec in aliqua parte uiciatas, in hec verba:
Nicolaus, Dei gratia dominus de Werle, omnibus presens scriptum visuris salutem in perpetuum. Notum esse volumus vniuersis et presentibus protestamur, quod nos domino Johanni de Hauelbergh beate memorie dedimus denarios pro eo, quod per agros suos de magno stagno Muriz dicto fossatum facere possemus ad molendinum, quod Boke wlgariter dicitur, relinquens nostre iuridicioni, quid mali per cursum aque Muriz posset inferius et superius euenire. Unde cum predecessores nostri uiris
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religiosis fratribus in Mirouue sancte domus hospitalis Yerosolimitane sancti Johannis baptiste molendinum eorum in villa ipsorum dederint, nec ipsi eciam aggerem molendini in aliquo exaltauerint, sicut notorium est et apertum, nec de eorum molendino apud nos est aliqua querimonia recitata, antequam aqua Muriz per nostram licenciam emitteretur, nolumus predictos fratres in molendino suo ab aliquibus seu ab aliquo ab aque crescencia molestari. Ut igitur hec firma sint et ne possint a nostris successoribus dubitari, sigilli nostri testimonio roboramus. Testes sunt: Stephanus prepositus in Robele; milites: Henricus aduocatus dictus de Ulotouue, Ludolfus de Zuerin; famuli: Olricus de Bardenulete, Wilhelmus camerarius, Bertrammus de Malchouue minor aduocatus, Hermannus in Robele, Henricus minor aduocatus in Wesenbergh, et alii quam plures prouidi et honesti. Acta sunt hec anno domini M°CC°L°XXIII°, datum de manu Godefridi prepositi Gustrouuensis, pridie idus Septembris, Robele.
Robele hanc litteram seu donationem, predictis fratribus a nostro patre et domino predicto collatam, ratam habemus et approbamus, et ne aliquis hominum cuiuscumque conditionis in posterum hanc donationem rationabiliter factam uiolare valeat, sigillorum nostrorum munimine roboramus.
Ceterum in presenti scripto protestamur, quod Bertoldus miles, filius domini Johannis de Hauelberg, coram nobis et nostris feodalibus quam plurimis abrenuntiauit omni iuri, uel dampno, seu inpetitioni, uel actioni qualicumque, quam se habere dicebat de fratribus predictis uel submersione aque ipsorum molendini in Myrouue, sicut etiam notum est quampluribus et sepius approbatum, eorum aggerem et
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molendinum loco et modo debito positos, sicut etiam nobis innotuit a fide dignis. Nolumus etiam predictos fratres ab aliquibus in predicto molendino uel aggere suo aliquo modo molestari, vel ad iudicium trahi seculare. Si uero aliqui super isto dictos fratres inpetere ac molestar (i?) temptauerint, nos, pro ipsis in tali inuectione responsuri, ab omnibus excipiemus eosdem libere absoluendo. Cum igitur ratio probabilis ac euidens testimonium bonorum ac laudabilium ea, que quandoque confucioni inuoluuntur, inpetitionis ac inuercionis oblique ac indebite inmunia efficiat, consencientes ueritati, scrutati sumus a nostris feodalibus fide dignis, memoratos fratres bis coram dilecto patre nostro ab incusatione aque et molendini se penitus per iuris sentencias, quam plurimis hoc testantibus, de insultu prefati militis domini B. et sibi consencientium excepisse et li[beros] de iudicio euasisse. Quamobrem cum tam euidens causa et actio lucida dubietatis scrupulo cor nostrum nostramque conscienciam non valeat nec debeat obnubilando obfuscare, nec a ueritatis serie segregar(i?), et quod magis est, nunc tertio coram nobis prehabitos fratres ab eadem incusatione [multis] presentibus racionabiliter et libere defensos et dimissos cause memorate et inmunes; insuper et sepe dictus miles suique fratres cum suis parentibus memoratis fratribus omnem actionem quo ad hanc causam, quam ipsi seu heredes eorum habent seu habere possent, perpetuo resignarunt: igitur testamur, et nos cum patre nostro dilecto, necnon ceterorum militum ac famulorum testimonio, commenda[torem fratresque] ipsos utique non debere a dicto domino B., nec suis fratribus, nec a quoque alio hactenus inpetendo perturbari, nec ad eorum proprietatem aliquid de dictis bonis attrahere deposcentes. In cuius testimonium presentem cartulam nostrorum fecimus sigillorum munimine roborari; et quia temporis labilitas et future propaginis ignorancia tutum et cautum edocuit,
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experimento multoruni scripti memoriam in aliquibus necessariis sub notabili testimonio memoriter motando co[n]seruari, hanc cautelam cognoscentes, presentem cartulam subscriptis testibus confirmamus, noibis uidelicet: H. et Joh. dominis de Werle, et domino Her. de Lan[ge]uorde aduocato tunc temporis, et domino H. de Hauelbergh cum ipso actore fratre suo domino Ber., et domino Priscebur, et domino Cummino, et domino Remberto de Stoculete, et domino Ludolfo de Zuerin, et domino Step[hano] cappellano, et domino Johanne aduocati notario, et Ricberto minore aduocato, et Jacobo iuniore, quos in huius cause determinacionem et rei conscriptionem nouimus adiutores. Datum in Robele anno domini M°CC°LXX°VI°, IIII° idus Junii.
Charte: Pergament.
Schrift:
kleine, cursivische, ziemlich undeutliche
Minuskel. Manches hat ergänzt werden
müssen.
Siegelbänder: zwei Schnüre von
rother und grüner Seide. Von den
Siegeln: sind nur noch einzelne Stücke Wachs vorhanden.
Text: diese Urkunde hat auch die Urkunde von 1273 transsumirt. Da das Transsumt aber nur klein ist und in den Namen der Zeugen und den, denselben beigefügten wichtigen Amtstiteln mehrere Abweichungen enthält, so ist das Transsumt hier ganz abgedruckt. Die Abweichungen, über welche zum Theil schon bei der vorigen Urkunde geredet ist, sind auf das genaueste mit den Originalen verglichen. - Als Formel ist in dieser Urkunde bemerkenswerth, dass der Ortsname im Datum des Transsumts (Robele) in der Originalurkunde unmittelbar wiederholt ist.
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Nr. VIII. a.
Albrecht, Markgraf von Brandenburg, verleiht der Comthurei Mirow das befreiete Eigenthumsrecht des Dorfes Gnewitz.
D. d. Lychen 13. März 1285.
Nach dem Original im Königl. Archive zu Berlin gedruckt in Gercken Cod. dipl. III, p. 82.
A lbertus, Dei gratia Marchio Brandenburgensis, uniuersis Cliristi fidelibus presentem paginam inspecturis salutem in domino sempiternam. Ad omnem boni operis consummationem adeo nobis expedit intendere vigilanter, ut, dum districtus iudex in die nouissimo cunetorum examinare venit actiones, non formidanda sint nobis gehenne supplicia pro delictis, sed quomodo eterne beatitudinis premia possimus pro bonis operibus adipisci. Hinc est quod notum esse volumus tam presentibus, quam futuris, quod nos proprietatem ville, que Gnewetiz dicitur, damus liberaliter seu donamus commendatori et fratribus S. domus hospitalis Jerosolimitani b. Johannis baptiste et eorum ordini pro remedio anime nostre et nostrorum progenitorum libere possidendam. Excipimus seu eximimus predictam [villam ?] ab omni exactione seu petitione, angaria, parangaria, constructione urbium, pontium seu munitionum, et generaliter ab omni vexatione et molestia, quibus predicti fratres et eorum homines in predictis bonis a nobis vel a nostris heredibus possent in perpetuum grauari vel aliqualiter impediri. Hec predicta bona cum proprietate et omni libertate et omni iusticia et iudicio et aduocatia et omni illo, quod vulgariter Recht vel Unrecht dicitur, cum omnibus terminis suis hucusque habitis, cum aquis, aquarum decursibus, molendinis, pratis, pascuis, terris cultis et incultis, et omnibus pertinentiis sibi
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adherentibus de consuetudine, gratia vel de iure, damus seu donamus antedictis commendatori et fratribus in Myrou ac eorum ordini perpetuo, quiete ac pacifice possidenda. Preterea excludimus, quod in crastino b. Martini annis singulis nobis de domo villici predicte ville Gnewetiz dno talenta cum dimidio denariorum Brandenb. census nomine omni procul dubio persoluentur. Et ne hec nostra donatio a nostris successoribus vel a quibuslibet aliis in perpetuum valeat irritari, presentem paginam damus memoratis commendatori et fratribus sigilli nostri munimine roboratam. Acta sunt hec in Lychen anno domini M°CC°LXXXV° III idus Martii, presentibus dno. Ludolpho de Plote, dno. Henrico Semeke (?), dno. Friderico et dno. Chotemir Dargaz, dno. J. et dno . . . . de Loweberch, dno. Hermanno et dno . . . . . . . . . . . dno. Friderico de Osterwalde et dno. Wichmanno Glude . . . . . . . . aduocato, dno. Johanne fratre ipsius et quam pluribus . . . 1 ).
Nr. VIII. b.
Albrecht, Markgraf von Brandenburg, verleiht dem Johanniter-Orden das befreiete Eigenthumsrecht der Dörfer Dabelow und Kl. Karzstavel.
D. d. Werbelin 17. Dec. 1286.
Aus einem Diplomatarium auf Papier aus dem 15. Jahrhundert im Grossh. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
I n nomine domini Amen. Nos Albertus Dei gracia Marchio Brandenburgensis omnibus in perpetuum. Humana memoria assidua mortis cogitacione negociorumque ac tractatuum multitudine infirmani mentem habet; ut adiuuetur vocibus testium ac testimonio litte-
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rarum, ad hoc ut acta mortalium robur alicuius obtineant firmitatis: hinc est quod notum esse volumus tam presentibus, quam futuris protestando, quod proprietatem villarum Dobelow et Karztauel minoris, quarum villarum possessio fuerat Chotemar et Ottonis fratrum, damus seu donamus liberaliter Commendatori et fratribus sancte domus hospitalis Jherosolimitani beati Johannis baptiste et eorum ordini libere perpetuo possidendam. Excipimus seu eximimus predicta bona ab omni exactione seu petitione, angaria, parangaria, constructione vrbium, poncium seu municionum, et generaliter ab omni vexacione uel molestia, quibus predicti fratres et eorum homines in predictis bonis a nobis uel a nostris heredibus possent in perpetuum grauari uel aliqualiter impediri. Hec predicta bona cum proprietate et omni libertate et omni iusticia et iudicio et aduocacia et omni illo, quod vulgariter Recht uel Vnrecht dicitur, cum omnibus terminis suis hucusque habitis, cum aquis, aquarum decursibus, molendinis, pratis, pascuis, lignis, terris cultis et incultis, et omnibus pertinenciis, sibi adherentibus de consuetudine, gracia uel de iure, damus seu donamus antedictis Commendatori et fratribus in Mirow et eorum ordini perpetuo, quiete ac pacifice possidenda, illo tamen excluso pariter et excepto, quod de talento quolibet uel frusto duro nobis et nostris heredibus soluentur duo solidi denariorum Brandenb. in crastino beati Martini census nomine annuatim. [Ne] hec nostra donacio a nostris successoribus uel a quibuslibet aliis in perpetuum valeat irritari, presentem paginam damus memoratis Commendatori et fratribus sigilli nostri munimine roboratam. Acta sunt hec in Werbelino anno domini M°CC°LXXXVI°, XV kal. Decembris, presentibus domino Henrico de Wildenhagen, Henrico de Sankow tunc temporis aduocato, et domino Chotemar Dargaz et aliis fide dignis.
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Nr. IX.
Nicolaus II. von Werle mit seinen Brüdern bestätigt den Rittern das Eigenthumsrecht über das Dorf Qualsow mit dem halben See Kenhorst und dem ganzen See Gusteke, welches sie von den Brüdern von Lehsten, und über zwei Hufen in Loissow, welche sie von den Fürsten von Werle gekauft haben.
D. d. 14. Oktober 1296.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staas-Archive zu Berlin.
N os Nycholaus Dei gratia dominus de Werle et sui fratres vniuersis presentia visuris uel audituris salutem in Domino sempiternam. Que geruntur in tempore, ne simul labantur cum lapsu temporis, poni solent in ligwa testium uel scripture memoria perhennari. Hinc est quod notum esse volumus tam presentis, quam futuri temporis hominibus, Commendatorem et con[uen] tum fratrum sancti Johannis Baptiste cenobii in Mirowe, consensu vnanimi manuque communi, villam quandam, que vocatur Qualezowe, cum stagno dimidio, quod vocatur Kenhorst, et stagno integro, quod Gusteke dicitur, erga Brusekinum de Lesten, vasallum nostrum fidelem, et heredes suos rite et rationabiliter emisse et ab aliis suis amicis quibuslibet libere consentieutibus, pro C°C°C°C° [marcis] denariorum slauicalis monete totaliter persolutis, prout infra terminos suos et per terminos suos cum omnibus pertinentiis et finibus suis in latum protenditur et in longum, cum agris cultis et incultis, lignis, siluis, rvbis, aquis, piscationibus, pascuis, pratis, aquarumque decursibus, nemoribus, virgultis, paludibus, montibus, collibus, planis, asperis, viis et inviis ac aliis omnibus locis, infra limites et
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metas dicte ville actenus et adhuc contentis, nostra voluntate legitima et nostrorum fratrum et beneplacito accedente, et generaliter cum vtilitate, libertate omni et ecclesiastico benencio ac pleno iure. Nos igitur intuentes dictorum fratrum vitam celibem, bonorum operum frequentiam, ordinis sanctitatem, sperantes in anima et corpore apud Deum piis ipsorum adiuuari meritis, ad laudem Dei et beate virginis Marie ac sancti Johannis Baptiste, pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum nostrorum ac filiorum, heredum et successorum nostrorum, proprietatem dicte ville Qualezow fratribus in Mirowe et ordini sancti Johannis Baptiste dedimus et presentibus damus, de bona nostre matris dilecte et nostrorum fratrum voluntate, cum omni vtilitate supra scripta, volentes nichilominus, ut ab hominibus eandem villam inhabitantibus ex nunc et deinceps per nos uel per nostros suceessores aut nostros aut ipsorum aduocatos uel bodellos uel ipsorum nuncios numquam precaria, numquam curruum seruicia, numquam denarii monete, numquam agrorum mensura uel aliqua seruicia petitionum requirentur et ad custodiendum castra et propugnacula, uel quod wlgariter landwere dicitur, numquam de cetero tenebuntur; set quicquid dicti fratres ordinis sancti Johannis baptiste cum ipsis hominibus fecerunt uel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum, utpote prenominatus Bruseke et Gerardus frater eius, dicti de Lesten, cum suis heredibus, dictis fratribus de Mirowe eandem villam Qualezowe, ut est superius scriptum, nostra uoluntate accedente, vendiderunt. Damus dicto cenobio et fratribus in Mirowe proprietatem duorum mansorum etiam in Loysowe, ab omni precaria et seru[iciis] iustis et iniustis cum omni vtilitate et fructu liberos et exemptos, ea libertate, qua villa (?) Qualezowe predicta (?), eisdem fratribus pro C° marcis denariorum slauicalis monete condonauimus, cum omni iure prenotato, sine
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aliquo seruicio, propter dilectionem, [quam] ad fratrem Alexandrum Commendatorem habuimus et abemus, integraliter possidendos. Ut igitur dicta nostra donatio firma nostris temporibus et perpetuis in[uiolabilis] permaneat, nos super eo scriptum nostrum sepe dictis fratribus dedimus et sigilli nostri apensione iussimus [commun]iri. Huius rei [testes] sunt: Domina Sophia de Werle, Albertus de Redere, Conradus Buno, Otto de Retzowe et Johannes de Goltstede, milites; Gotmarus de Retzowe famulus, et alii quam plures fide digni. Actum et datum anno domini M°CC°LX°X°VI°, pridie idus Octobris.
Charte: ein quadratisches
Pergamentblatt.
Schrift: eine fette,
deutliche Minuskel, aber sehr verblichen, so
dass die Urkunde sehr schwer zu entziffern
ist.
Siegelband: eine grün und weiss
seidene Schnur.
Siegel: ist bis auf
wenige Spuren verschwunden.
Nr. X.
Nicolaus II. von Werle mit seinen Brüdern belehnt die Ritter mit dem Dorfe Qualsow, so wie mit der Voigtei und dem höchsten Gericht über dieses Gut, und befreit zugleich die Seen Kenhorst und Gusteke und zwei Hufen in Loissow von allen Lasten und Diensten.
D. d. Roebel 1296.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
N icholaus Dei gratia dominus de Werle et sui fratres vniuersis presencia visuris salutem in Domino sempitemam. Que geruntur in tempore, ne simul labantur cum lapsu temporis, poni solent in lingua testium vel scripture memoria perhennari. Hinc est quod tam
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presencium, quam ad futurorum volumus noticiam
peruenire, quod nos de bono matris nostre ac
nostrorum fratrum consensu ville Qualezowe
proprietatem, que fuerat Brusekini et suorum
heredum, qua idem a nobis extiterat inpheodatus,
damus sancte domui hospitalis Jerosolimitani
ordinis beati Johannis baptiste in Mirowe, cum
agris cultis et incultis, pascuis, lignis,
nemoribus, piscationibus, cum [omn]i vtilitate,
libertate, aduocacia ac pleno iure, videlicet
manus et colli, donamus perpetuo possidendam.
Volumus eciam, vt predicta villa ab illo, quod
Vnrecht dicitur, libera maneat et infra Scedhe
siue mensura, qua per nostros grauari poterat,
sit exempta; insuper ab omni exactione precaria
et molestia, qua per nostros officiales grauari
poterat, reddimus absolutam. Constituimus
[etiam] sepedictos fratres a tempore et die
huiusmodi donacionis nostre memoratorum bonorum
cum omni eorum vtilitate dominos et patronos.
Stagnum eciam, quod vocatur Kenhorstesse,
dimidium ad predictam villam sine contradictione
qualibet et stagnum integrum, quod Gusteke
dicitur, sicut idem Bruseke et Gerhardus de
Lesten et eorum heredes antiquitus possederant,
pertinebit; duos eciam mansos in Loysow ab
exactione, precaria, seruiciis iustis et
iniustis donamus liberos et exemptos. Hanc
donacionem frater Allexander suis temporibus
ordinauit. Ne autem hec ab aliquibus valeant
irritari in posterum, presens instrumentum super
hoc confectum damus predictis fratribus sigilli
nostri et matris nostre munimine roboratum.
Actum et datum Robele coram testibus infra
scriptis, videlicet Domina nostra, domina terre
Sophia matre domini Ni., domino Alb. de Redere,
Domino Conr. Bu
., domino Ot. de Rezow et fratre
suo Gotmar, domino Jo. de Goltste de et aliis
fide dignis. Acta sunt hec anno domini M°CC°LXXXX°VI°.
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Charte: Pergament.
Schrift:
flüchtig, verblichen und schadhaft.
Siegelbänder: zwei Schnüre von rother und
gelber Seide.
Siegel: sind abgefallen.
Nr. XI.
Nicolaus II. von Werle belehnt die Ritter zu Mirow mit dem Dorfe Gaarz, welches sie von Otto und Gothmar von Retzow, und mit vier Hufen in Viezen, welche sie von Conrad von Bunow gekauft hatten, ferner mit sechs Hufen in Viezen.
D. d. Mirow 15. August 1298.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Cum rerum gestarum certissima representatio sit scriptura, que de verborum serie redactorum in ipsam nichil minuit neque mutat, sapientum decreuit industria, ut ea, que aguntur debite, litterarum serie et fidelium testimonio roborentur, ne posteris dubium oriatur. Proinde nos Nicolaus Dei gratia dominus de Werle recognoscimus et tenore presentium in publicam notitiam deuenire cupimus singulorum, quibus presentes fuerint recitate, quod noster miles strennuus Otto de Ritzow, necnon Gothmarus suus [frater] villam Gardiz viris religiosis et in Christo reuerendis videlicet fratribus in Myrow ordinis sancti Johannis baptiste hospitalis Jherosolimitani pro quadringentis marcis denariorum vendiderunt ac coram nobis libere resignarunt. Nos igitur intuentes dictorum fratrum vitam celibem, bonorum operum frequentiam, ordinis sanctitatem, sperantesque in anima et corpore apud deum piis ipsorum meritis adiuari, ad laudem Dei
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omnipotentis et beate Marie virginis ac sancti Johannis baptiste, pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum ac filiorum, heredum et successorum nostrorum, proprietatem dicte ville Gardiz fratribus in Myrow et ordini sancti Johannis baptiste dedimus et presentibus damus de bona nostre matris dilecte et nostrorum fratrum voluntate, ita ut ipsam villam iam dicti fratres cum omnibus suis pertinentiis, videlicet agris cultis et incultis, lignis, siluis, rubis, aquis, piscationibus, pascuis, pratis [et] integris distinctionibus et generaliter cum omni vtilitate libertatis, ecclesiastico beneficio ac pleno iure videlicet manus et colli libere perpetuo possidebunt, volentes nichilominus, vt ab hominibus eandem villam inhabitantibus ex nunc et deinceps per nos uel per nostros successores aut nostros aut ipsorum aduocatos vel bodellos vel ipsorum nuncios nunquam precaria, nunquam curruum seruicia, nunquam denarii monete, nunquam agrorum mensura, vel aliqua seruicia petitionum requirantur et ad custodiendum castra et propugnacula, vel quod wlgariter lantwere dicitur, nunquam de cetero tenebuntur; sed quicquit dicti fratres ordinis sancti Johannis baptiste cum ipsis hominibus fecerint vel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum. Verum etiam proprietatem quatuor mansorum in villa Visene, quos iam dicti fratres a nostro milite Con. dicto Buno nobis dilecto pro octoginta marcis denariorum sibi conparauerunt, similiter proprietatem aliorum sex mansorum ibidem, ea libertate, qua villam Gardiz predictam eisdem fratribus condonauimus, cum omni iure prenotato, damus perpetue eosdem decem mansos sine aliquo seruicio propter dilectionem, quam ad fratrem Alexandrum commendatorem habuimus et habemus, integraliter possidendos. Huius rei testes sunt: dominus Johannes de Lewezow miles, dominus Frede(re)ricus Moltheke miles, dominus Conradus dictus Buno miles, dominus Hinricus dictus Vosh miles,
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dominus Johannes de Goltstede miles, dominus Otto et dominus Hinricus fratres dicti de Ritzow milites, Gothmarus de Rithzow marschalcus, Nicolaus Huriz, Bernardus de Hakenstede, Echardus dictus Hane, et alii quam plures, tam clerici, quam laici, fide digni, si necesse fuerit, quod absit, qui perhibebunt testimonium veritatis. Ne autem hec donationis conditio, proprietatis libertatisque, a nobis firmiter et perpetualiter concessa, ad irritum a nostris heredibus siue successoribus reuocetur, in euidens testimonium et cautelam presentem paginam munimine nostri sigilli fecimus communiri. Actum et datum anno incarnationis Domini nostri Jhesu Christi millesimo ducentesimo nonagesimo octauo, in die assumptionis [matris] nostre sancte Marie perpetue virginis, in curia Myrow.
Charte: ein grosses
Pergamentblatt.
Schrift: klein und
weitläuftig, dabei stark verblichen und
beschädigt.
Siegelband: ein
Pergamentstreifen. Vom ehemaligen
Dasein des
Siegels: sind nur geringe
Spuren vorhanden.
Nr. XII.
Nicolaus II. von Werle bestätigt den Johanniter-Rittern alle ihre bisherigen Besitzungen und schenkt ihnen das Eigenthum von Roggentin, Loissow und dem Bullow-See, indem er alle diese Verleihungen mit gleichen vollen Rechten bewidmet.
D. d. Mirow 18. Januar 1301.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
(Die Abweichungen der drei vorhandenen Exemplare sind mit A, B und C bezeichnet, A ist Bezeichnung des nachstehenden Drucks.)
N ycholaus Dei gratia dominus de Werle omnibus Christi fidelibus presens scriptum visuris et audituris
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salutem in domino sempiterno 1 ). Ea que fiunt in tempere, ne simul recedant cum tempere, selent in lingua testium poni et scripture memeria perhennari. Hinc est quod omnibus tam presentibus, quam futuris, ad ques scriptum 2 ) peruenerit, velumus esse notum, presentibus publice pretestantes, quod Hinricus, pater aui nostri karissimi Nycolai de Werle, ex consensu ipsius et ex bona voluntate Johannis, Hinrici, Pribzlay 3 ), fratrum suorum, et Johannis et Hinrici, natorum suorum, virorum nobilium, donauit sacre domui hospitalis Jherosolimitani et fratribus in Mirow in Christo reuerendis diuersis temporibus, in subsidiuni terre sancte, ob honorem Dei sanctique Johannis Baptiste, pariterque in remissionem suorum peccaminum videlicet et progenitorum ac filiorum, heredum ac suorum successorum, proprietatem villarum seu mansorum Granzowe, Mirowe, Petzeke, Lenst ac Vlete 4 ) sub certis terminis suis pleno iure, tam pro Deo, quam pro pecunie summa C marcarum examinati argenti libere et perpetue possidendum 5 ). Que vero proprietas predictarum villarum 6 ), cum suis omnibus pertinenciis, pratis, pascuis, campis, siluis, terris cultis et incultis, prediis vrbanis et rusticis, introeuntibus 7 ) et exeuntibus, viis et inviis, palludibus, stagnis, aquis aquarumque decursibus, molendinis, piscationibus, venationibus, iudiciis seu iurisdictionibus, iuribus patronatus et generaliter omnibus iuribus et vtilitatibus, est a iani dictis nostris progenitoribus karissimis rite et racionabiliter predicte domui et fratribus in Mirow 8 ) elargita 9 ). Preterea nos preces dictorum fratrum intuentes et perturbationes ipsorum precauentes publice recognoscimus et ad pleniorem
B. 2) presens pagina. 3) ct Pribezlai. 5) possidendam. 9) pleno iure elargita. | C. 1) sempiteruam. 2) presens pagina. 3) Pribizlay. 4) Gransow, Mirow, Pezich, Lenste ac Vlete. 5) possidendam. 6) predictarum villarum fehlt. 7) introitibus. 8) Von predicte bis Mirow fehlt. |
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ipsorum fratrum quietem et cautelam donationem
proprietatis villarum huiusmodi predictarum et
mansorum
1
) ex integro renouantes,
eis plenam damus facultatem in eisdem villis
Slauos et Theutonicos
2
) locandi et
faciendi in ipsis bonis et de ipsis
3
), prout ipsis viderit expedire.
Renunciamus insuper omni iuri mensurationum,
exactionum, precariarum, angariarum et
parangariarum, seruitiorum, expeditionum
4
) et generaliter omnium munerum et
onerum, quaeumque occasione ea vniuersaliter vel
particulariter inponi contigerit, quod nobis aut
heredibus aut successoribus nostris, seu
aduocatis nostris aut ipsorum nunciis
quibuslibet in eisdem bonis aut hominibus ibidem
habitantibus aut habitaturis ad presens competit
uel possit competere in futurum. Nos uero eciam,
intuentes dictorum fratrum vitam celibem,
bonorum operum frequenciam, ordinis sanctitatem
5
), speramus in anima et corpore apud
Deum piis ipsorum meritis adiuuari, ad laudem
Dei omnipotentis et beate Marie virginis ac
sancti Johannis baptiste, pro salute animarum
nostrarum videlicet et progenitorum ac filiorum,
heredum et successorum nostrorum, et pro pecunie
summa CC marcarum, ac eciam pro multimodis
seruiciis nobis exhibitis, proprietatem villarum
ac mansorum: Qualezowe
6
) et dimidii
stagni quod dicitur Kenhorst et integri stagni,
quod dicitur Gusteke
7
), et in villa
Roggentin XXX
8
) mansorum, pariterque
trium superfluorum mansorum, qui tres mansi
dicuntur vberslach
9
) ibidem, et
integri stagni, quod dicitur Bulgelove
10
), et in villa Loysowe XXXII
mansorum et proprietatem ville
Gardiz
11
) et X mansorum in villa
B. 1)et mansorum fehlt. 2) Teutonicos. 8) triginta. 9) ouerslagh. 10) Buleglove. 11) ville Queghow XLta mansorum. | C. 2) Teutonicos. 3) de ipsis bonis. 4) petitionum, expeditionum. 5) sanitatem. 6) Qualsow. 7) Custeke. 9) ouerslactich. 10) Bulchelowe. 11) [man]sorum in villa Quechowe ordini S. J. (Urk. C ist hier schadhaft.) |
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Visne 1 ): ordini sancti Johannis baptiste et fratribus in Mirow dedimus et presentibus damus debona nostre matris et nostrorum fratrum voluntate: ita ut ipsas villas seu mansos vel stagna iam dicti fratres cum omnibus suis pertinenciis, videlicet agris cultis et incultis, ligns, siluis 2 ), rubis, aquis, piscationibus, venationibus 3 ), pascuis, pratis et integris distinetionibus, et generaliter cum omni vtilitate et libertate prescripta, ecclesiastico beneficio ac pleno iure, videlicet manus et colli, libere perpetue possidebunt, volentes nichilominus, ut ab hominibus easdem villas inhabitantibus et predictos mansos 4 ) colentibus, et in eisdem stagnis ex iussu fratrum piseantibus, ex nunc et deinceps per nos vel per nostros successores, aut nostros aut ipsorum aduocatos, vel bodellos, vel ipsorum nuncios nunquam precaria, nunquam curruum seruicia, nunquani denarii monete, nunquam agrorum mensura, vel aliqua seruicia petitionum seu expeditionum requirantur, et ad custodiendum castra et propugnacula, vel quod wulgariter lantwere 5 ) dicitur, nunquam de cetero tenebuntur; sed quicquid dicti fratres ordinis saneti Johannis baptiste cum ipsis hominibus, villis, mansis vel stagnis supradictis fecerint vel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum. In cuius rei firmamentum presentem paginam sigillorum nostrorum 6 ) communimus patrocinio, districte mandantes, ne aliqui hominum, siue heredes nostri, vel vice heredum nobis succedentes, hec aliquatenus presumant infringere, que nobis ad utilitatem virorum religiosorum fratrum in Mirow placuit confirmare. Huius donationis testes sunt: Conradus Buno, Nicholaus de Malin, Bernardus de Bellin, Otto de Retzow, Fridericus Brusehauere, Hinricus Wulf 7 ), Nycolaus Hane,
B. 1) in Visne X. 3) venationibus fehlt. 5) landwer. 7) Hinricus Lupus | C. 2) silnis fehlt. 3) venationuibus fehlt. 4) predictas villas. 6) sigillorum nostrorum fehlt. 7) Hinricus Lupus. |
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milites fideles; Gothemarus de Retzowe marschalcus 1 ), Eggehardus 2 ) et Ludekinus Hane et alii quam plures, tam clerici, quam layci, fide digni. Datum et adum in curia Mirow, anno 3 ) domini M°CCC°I° 4 ), in die beate Prisce virginis.
Von dieser Urkunde sind drei Ausfertigungen vorhanden, welche aber alle drei sehr verschieden von einander sind.
Urkunde A, welche als Text zum Grunde gelegt ist, ist eine quadratische Membrane. Die Schrift ist eine kräftige Minuskel, ganz im Charakter des dreizehnten Jahrhunderts, schon mit cursiven Zügen, aber gross, kräftig, gedrängt. Angehängt ist eine Schnur von grüner und weisser Seide, an welcher jedoch das Siegel fehlt. - Dieses Exemplar ist wahrscheinlich die Original-Urkunde.
Urkunde B ist ein oblonges Pergament. Die Schrift ist offenbar von jüngerer Hand und wie die einer schlecht geschriebenen Urkunde aus dem vierzehnten Jahrhundert. Angehängt ist eine roth und gelb seidene Schnur, ohne Siegel.
Urkunde C ist noch schlechter geschrieben, in einer schlechten cursivischen Minuskel des vierzehnten Jahrhunderts. Angehängt ist eine grün und weiss seidene Schnur, ohne Siegel. Dies Exemplar hat durch Moder stark gelitten, namentlich ist an der rechten Seite eine Stelle beinahe von der Grösse einer Hand durch Eisenmale ausgefallen.
Die Schrift der Urkunden A und C steht um ein Jahrhundert auseinander.
Zum Text der drei Urkunden sind einige Bemerkungen nöthig:
1) Zu Not. 5. S. 242. Die Urkunden B u. C haben: "pro pecunie summa C marcarum examinati argenti." In Urk. A hat statt C m marc. offenbar CC marc. gestanden; aber eben so deutlich ist bei den CC radirt, so dass von dem ersten C nur noch wenig zu sehen ist.
2) Zu Not. 11. S. 243. In der Bezeichnung der Verleihungen von Gaarz und Viezen sind in den drei Urkunden Abweichungen, von denen ich einige nicht erklären kann. Es hat nämlich:
A. proprietatem ville Gardiz et X mansorum in villa Visne.
B. 1) Godmer marschalcus. 2) Echardus. 4) M°CCC° primo. | C. 1) Godmer marschalcus. 2) Echardus. 3) Von domini bis virginis fehlt. |
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B. proprietatem ville Queghow XLta. mansorum in Visne X.
C. . . . sorum in villa Quechowe ordini Sci Johannis etc.
Die Urk. A hat Gardiz. - In Urk. B ist mit anderer und schlechterer Schrift, als die der Urkunde, und mit Rasuren der Name Queghow hineingeschrieben, und dahinter XLta, was sich sonst nicht findet; dann folgt eine Lücke, so klar, dass man sieht, die Stelle sei zum nachherigen Hineinschreiben offen gehalten gewesen. Das X hinter Visne ist ebenfalls auf gleiche Art hinterher geschrieben. - In Urk. C scheint gar nicht von den X mansis in Visne die Rede gewesen zu sein; an der gehörigen Stelle findet sich nichts davon, obgleich die Urkunde dort nicht gelitten hat. So viel Pergament als zur Bezeichnung des Eigenthums in "Quechow" nöthig war, ist vor . . . sorum im Pergament vermodert.
3) Ferner haben dann alle drei
Urk. bei dem Dorfe Loyssow klar die Zahl
XXXII
, d. i. 32 1/2, mit der
gewöhnlichen Bezeichnung für 1/2.
4) In Urk. C fehlt das datum; sie schliesst mit: "anno".
Nr. XIII.
Heinrich II. von Meklenburg überlässt den Johanniter-Rittern die Münzpfennige von Mirow, Zirtow, Petsch, Lenst, Fleeth und Repent und die Münzpfennige und den Zins von Starsow. Zugleich tauscht er von den Rittern sechs Hufen in Sozen gegen vier Hufen in Starsow ein.
D. d. Stargard 15. August 1303.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
H ynricus Dei gratia dominus Magnopolensis omnibus presens scriptum visuris et audituris effcetum in domino salutarem. Facta memorie digna scriptis commendare decreuit prudens antiquitas, ne longinqui-
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tate temporis, quod iuste et rationabiliter actum dignoscitur, cuiusquam obliuione uel temeritate contingat in dubium reuocari. Ad noticiam igitur tam presentium, quam futurorum volumus peruenire, quod nos de maturo nostrorum vasallorum consilio et nostra bona voluntate viris religiosis ac in Christo honorandis, fratribus sacre domus hospitalis Jerosolomitani sancti Johannis baptiste in Myrowe, vniuersos denarios monete, quos in villis predictorum fratrum, scilicet Myrowe, Zirtow, Pezich, Lenst, Vlit, Repent et in IIII or mansis Starsow, tam denarios monete, quam XXVIII solidos Brandenburgenses de tributo, quod dicitur Thins, percipere annuatim consuevimus, cum nichil aliud iuris uel seruitii, tam minoris, quam maioris, habuimus in villis prenotatis, predictos denarios contulimus et dimisimus possidendos et perpetuis temporibus donamus libere et quiete percipiendos. Verum eciam proprietatem IIII or mansorum in villa Starsow, quos sibi predicti fratres comparare poterint, contulimus cum omni iure, libertate, vtilitate ac aministratione denariorum monete et Tinsh, sicut ad nos pertinebat, perpetue possidendam fratribus prenominatis. Vnde iam dicti fratres proprietatem sex mansorum in villa Sozene cum redditibus et omni iure, sicut hactenus habuerunt, ad manus nostras in reconpensam integraliter resignarunt. Ne autem in posterum super hoc possit alicilius dubietatis calumpnia suboriri, presentes litteras duximus sigilli nostri munimine roborandas in testimonium veritatis. Huius rei testes sunt: dominus Bosso de Dolla, dominus Wilkinus Sonycken, dominus Conr. Lupus, dominus Fredericus Hasencop, dominus Fredericus Můnt aduocatus, dominus Johannes de Plawe, milites; Gludo et frater suus de Wesenberch, Bosso Wadescenkel, Rudolfus de Dolla, Henricus de Sconenhusen, et alii quam plures, tam clerici, quani layci, fide digni. Datum et actum in Stargart,
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anno domini millesimo trecentesimo tercio, XVIII° kalend. Septembris.
Charte: oblonges Pergament.
Schrift: unregelmässige Minuskel.
Siegelband: roth und gelb seidene
Schnur.
Siegel: verloren, mit Ausnahme
höchst geringer Spuren.
Nr. XIV.
Heinrich II. von Meklenburg bezeugt den Empfang eines Geschenkes von dreissig Mark Silbers von den Rittern und bestätigt ihnen die Befreiung ihrer Güter von allen Abgaben.
D. d. Lychen 3. April 1304.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
H ynricus Dei gratia dominus Magnopolensis omnibus Christi fidelibus presens scriptum visuris seu audituris salutein in Domino sempiternam. Facta mem[orie dig]na scriptis commendare decreuit antiquitas, ne longinquitate temporis, quod iuste ac racionabiliter actum dignoscitur, cuiusquam obliuione contingat [uel temerita]te in dubium reuocari. Nouerit igitur preseus etas fidelium et discat felix successio futurorum, quod prelibati fratres sacre domus hospitalis Jerosolimitani ordinis [sancti] Johannis baptiste de Myrowe omnia bona uillarum seu mansorum eorum, uidelicet Zyrtowe, Peceke, Lenst, Vlethe, Repent et Myrowe, cum omni iure, proprietate et libertate, terris cultis u[el in]cultis, lignis, paludibus, aquis, aquarumque decursibus, molendinis, piscationibus, pratis et pascuis, cum suis pertinentiis, sub certis terminationibus sicut iacent, absque precaria ad nos perduxerunt. Cum autem in magna necessitate debitorum
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ex parte illustris principis Marchionis Hermanni essemus positi, in sub[sidium] iam dicti fratres ordinis sancti Johannis baptiste de bonis eorum predictis triginta marcas argenti nobis animo beniuolo donauerunt. Quam donationem argenti nec modo in presenti pro iure reputamus, nec umquam nos uel nostri heredes siue successores pro iure reputabimus in fut[ur]um, sed pocius pro gracie et beneficii inpensione. P[reterea] nos, dictorum fratrum considerantes uitam celibem, bonorum operum frequentiam, ordinis sanctitatem, sperantes in animo et corpore apud Deum deuotis eorum precibus salubriter adi[uuari, ad] laudem Dei omnipotentis et beate Marie uirginis sanctique Johannis baptiste, pro salute anime nostre et uxoris nostre ac progenitorum nostrorum, necnon successorum, damus e[isuem fratribus] presentibus et futuris eorum bona supradicta, sicut ad nos ea perduxerunt, per nos et nostros heredes seu successores a denariis monete et a precaria in perpetuum libera et exempta. Vt autem omnia predicta a nobis et nostris successoribus perpetua permaneant et inconuulsa, dedimus eisdem fratribus supradictis de Myrowe presentem paginam sigilli nostri patrocinio firmiter communitam. Testes sunt milites nostri: dominus Busso de Dolle, dominus Willekinus Soneke, dominus Rodolfus de Wodensuegen, dominus Hechardus de Dewize, dominus Hinricus Soneke, dominus Ficco Munt, dominus Johannes de Plawe aduocatus, dominus Hinricus Krowel aduocatus, dominus Rodolfus de Dolle, et quam plures alii fide digni. Datum Lychen anno Domini M°CCC°quarto, tertio nonarum Aprilis.
Charte: Pergament von oblonger
Form, an der rechten Seite stark beschädigt
und lückenhaft.
Schrift: klare, grosse,
fette neugothische Minuskel.
Siegelband: ein Pergamentstreifen.
Siegel: ist offenbar abgerissen.
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Der Text hat wegen der grossen Eisenmale und Lücken vielfach ergänzt werden müssen; er wird mit der Zeit immer mehr leiden, da viele einzelne Pergamentstückchen nur noch lose mit der Charte zusammenhangen.
Unter den Zeugen ist der Namen Krowel (Krauel) undeutlich geschrieben. Aber er kommt auch in einer Nemerowschen Urk. d. d. Lychen 3. April 1304 vor: Krowel aduocatus; ferner 1299 Krowel aduocatus in Lychen und 1305 Henricus Krowel miles in schröders P. M. I., 851 und 890.
Nr. XV.
Nicolaus II. von Werle und seine Brüder Günther und Johann verkaufen an die Ritter das Eigenthum des Dorfes Schildersdorf mit allen Rechten und Freiheiten.
D. d. Plau 9 Junii 1304.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
[ I n nomine sancte] et indiuidue trinitatis Amen. Nycolaus Dei gratia dominus de Werle, Guntherus et Johannes eadem gratia domicelli slauie, omnibus presens scriptum cernentibus salutem in domino sempiternam. [Quonia]m prude[ntis es]t consilium, ut acta digna memoria certa scripturarum elucidacione sic seruentur inte(r)gra, quod usque ad cursum futuri temporis circa gesta ueritatis maneant incorrupta: [hinc] [est quod] notum f[aci]mus vniuersis presentibus et futuris, quod, de bona nostra uoluntate, necnon et maturo vasallorum nostrorum fidelium consilio, vendidimus et dimisimus ordini sacre domus hospitalis Jerosolomitani sancti Johannis baptiste et fratribus in Mirow proprietatem bonorum nostrorum et mansorum in villa scilderdorpp cum redditibus singulis et prouentibus, prout nos et mater nostra sophya dilecta [pie] memorie dinoscimur possedisse, terris cultis et
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incultis, lignis, sub intermissione positis(?) que wlgariter dicuntur heynholt, siluis, paludibus, aquis, aquarumque decursibus, stagnis, molendinis, areis, piscacionibus, pratis, pascus campis, et cum omnibus suis attinenciis sub certis metis et terminis, cum omni libertate, vtilitate, cum iudicio maiori et minori, manus et colli, libere perpetuo possidendam. Tradidimus vero eisdem fratribus plenam facultatem, in ipsis bonis et mansis Slauos seu Teutonicos locandi, et faciendi in ipsis bonis, prout memoratis fratribus videbitur expedire. Insuper renunciamus omni exactioni precarie, moncte denariis, expedicionibus, seruiciis castrensibus, funiculi mensurationibus et generaliter singulis aggrauacionibus, in quibus iidem fratres poterunt molestari, nec in ipsis bonis debet per nos aut nostros successores, seu aduocatos calumpnia generari. Pro huiusmodi proprietate ac libertate bonorum et mansorum dictorum in Scilderdorpp sepedicti fratres in Myrow nobis trecentas marcas denariorum cum quinquaginta integraliter donauerunt. Jus etiam patronatus in ecclesia ibidem eisdem fratribus contulimus propter Deum. Vt huiusmodi sollempne factum a nostris successoribus maneat inconcussum, presens scriptum sigillis nostris duximus roborandum. Testes sunt: Conradus Buno, Ludolphus de Oldenborch, Otto de Retzow, Tesmarus, Priscebur, Vicko Vos, Bernardus de Belin, Conradus Vos, Conradus de Lancow, Nicolaus Hane, Yio de Morin, milites; Nicolaus de Ortzin, Jonas de Reberghe, Johannes Parsov coquinarius noster, Ludolfus Halremud, famuli honesti; Stacius de Babeszin, notarius noster. Actum et datum Plawe per manus Johannis de Cene nostri notarii, anno incarnacionis dominice millesimo trecentesimo quarto, feria tercia post octauam corporis Cliristi proxima.
Charte: Pergament von oblonger Form an der linken Seite oben zerstört; daher hier eine Lücke.
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Schrift: feste, grosse, fette Minuskel.
Siegelbänder: Für zwei Bänder sind nur Löcher vorhanden. In dem zweiten allein hängt eine Schnur von rother, grüner und gelber Seide, welche aber meistentheils schwarz und weiss geworden ist.
Vom Siegel: sind nur unbedeutende Spuren vorhanden.
Nr. XVI.
Nicolaus II. bestätigt den Rittern den Besitz von acht Hufen in Dambek, welche sie von den Herren von Schwerin gekauft haben.
D. d. Güstrow 4. Februar 1305.
Nach der auscultirten Copie im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n deme nhamen vnses herrenn A.[me]n. Nicolaus van Gots genadenn, herre van Werle, allen cristenlouigen luden, die desse ieghenwordighe dinge sihen edder horen, ewigen heil in deme herren. Wente dy tid der [pacte 1 )] nicht stede blift, darvmme s[wind]en vnde veruallen in der tid die minschlike [werk]inge: Darvumme is d[at] eine wonheit der eddelen, ere werke vnde ges[chege] dinge to bevestende mit breuen, tugen vnde hantuestungen, dorch welker sie in tokomenden tiden werden to der dechtnisse ghetagen. Hirvmme witlik sy den gegenwordigen vnde tokomenden, dat wy, van vnnserm guden willen, vulbord vnnser brodere vnde eruen, vnser truwen erbar [man], die rad daruff ghehad, to laue deme almechtigen gode vnde syner werden muder, der juncfrowen Marie, vnde tu die eren St. Johannis baptiste, deme hilgen [or]den[sünte] Jo-
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hannis hospitalis JherusaI., den br[oderen] to Myrow [geuen] wy den eygendom vnde friheit achte houen in deme dorpe Dambeke, die emals den [herr]en van [Swe]rin tho horden, dy sie rechtes kopes gekofft hebben: wy geuen den sulften broderen to Mirow in der sulften wise die meynschap vnde [nuth] in eren enden, alse sie liggen in holten, buschen, wolden, wischen, weiden, (lugen), wateren vnde der watere affvlate, ack(eren gheeret vnde [un]ghe[er]et), tu allem nutte vnde affkomende, ane dinst, frigh, to ewigen tiden to [roe]rende, doch darvpp geschen, dat dy vorgesechten houen p[ennik] bede to guende vnde roszdinst to dop[ende] [na] wanheit der houen vnnser erbar manne wanliker wise sin verplichtet, dat sy denn, dat na verlopinge der tid dy vorbenomeden brodere van Mirow die suluen vnder erer eigen p[lu]ch wolden eren, denne so willen wy, die houen wesen vtgenhamen vnde geloset, van aller besweringe vngemaket, bewagen van begerlicheit milder dechtnisse, vppe dat vnnser olderen vnde vnse demedige begher dorch mennigerleie bede vnnde woldat, die die herre geft, stedes to s . . hinde, vormiddelst der vorbenomeden broderen gades desto dehmoger werden beualen. Vppe dat dith milde vnde redelike werk vormiddelst der vormerkinge des twiuels bie etliken vnser nachkamen, also dy anderer guden namen willen nicht moge gebraken werden, hebben wy vnnse ingesegel, alse men sith, an dessen breff gehangen. Tuge die hir bie sinth gewesenn: Konr. Bunow, Ber. van Bellin, Lu. van Oldenborche Heneke Crapelin, Jo. Cabolt, Nortmannus, Hinr. Grubo, Vicko et Conr. Vos, Conr. van Lankow, vnse riddere, vnde vele mehr louewerdige manne. Datum Gustrow anno domini MICCC quinto, feria quinta post purificacionem.
Diese Urkunde ist nur in einer auscultirten Uebersetzung aus dem Lateinischen ins Deutsche vorhanden.
Charte: Pergament, sehr verschimmelt.
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Schrift: wohl scbon aus dem 15. Jahrhundert, ist sehr schlecht und dazu sehr verblichen, so dass der grössere Theil der Urkunde nach einigen durcbscheinenden Zügen und häufig wiederholtem Studium hat conjecturirt werden müssen. Die Entzifferung der Schrift gehört zu den schwersten Arbeiten dieser Art. Bei aller Sorgfalt war es unmöglich, Alles herauszubringen; an den schwierigen Stellen ist aber doch der Buchstabe respectirt.
Siegelband und
Siegel: sind
nicht vorhanden gewesen.
Nr. XVII.
Günther, Canonicus des Doms in Magdeburg, und Junker Johann, Fürsten von Werle, bestätigen der Comthurei alle Güter, welche sie bis dahin von den Herren von Werle erhalten.
D. d. Ruppin 17. Mai 1309.
Auszug aus dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I
n nomine Domini Amen. Gvntherus Canonicus
sancte Magdeborgensis ecclesie et Johannes Dei
gratia domicellus, fratres de Werle, omnibus-
salutem. - - - - - - -
- - - - - - - - - -
- - - - - - -
Notum esse volumus, - quod
nos omnes libertates et immunitates proprietatum
per litteras patentes traditas in villis, - - -
- - - - - - - - - -
- - - - quas
progenitores nostri - ac nobilis vir dominus
Nicholaus de Werle, noster frater, - - fratribus
in Myrowe, - - - libere et perpetuo donauerunt
possidendas - - -
- - - - - - - - - - - - -
- - - -
auctoritate presencium - -
ratificamus, innouamus, approbamus et ex integro
confirmamus. -
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Testes
huius nostre confirmationis, donationis et
renouationis hii sunt: noster awnculus dilectus
comes de Lindowe, dominus Borchardus, et eins
frater dominus Vlricus, dominus Albertus de
Rennebeke et eius frater Conradus, milites
predictorum comitum, Tezmarus, Henr. Grubo,
Vicko Vos, Vicko de Lobeke, Ludolfus et
Hartmannus fratres de Oldenborch, Yo. de Morin,
Otto de Retzowe et Ludolfus de Decin, nostri
milites fideles, et alii quam plures, tam laici,
quam clerici, fide digni. Actum in Růppin
et datum ibidem anno dominice incarnationis
M°CCC°nono, in vigilia [festi] uitatis Pentecostes.
Die Urkunde enthält ausser dem hier Excerpirten nur die gewöhnlichen Formeln und die Namen, welche in allen frühern Urkunden vorkommen.
Charte: Pergament.
Schrift:
klein.
Siegelbänder: zwei Schnüre von
rother und grüner Seide.
Siegel: fehlen.
Nr. XVIII.
Die Stadt Malchow befreiet die Ritter vom Brücken-, Wege- und Durchgangs-Zoll und allen etwanigen andern Abgaben.
D. d. Malchow 24. August 1309.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staate-Archive zu Berlin.
V niuersis et singulis Christi fidelibus in perpetuum presens scriptum visuris Consules Ciuitatis Malchow ceterorumque vniuersitas burgensium ibidem in omnibus causis licitis quicquid poterint et honestis.
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Quoniam in negotiis et tractatibus rite gestis plerumque ad testimonia recurritur scripturarum, ideo tenore presentium litterarum recognoscimus et publice profitemur, quod in causa, quam prelibati Magister [et fratr]es sacre Domus hospitalis sancti Johannis Jerosol. in Alamania, Marchia et Slauia contra nos . . . . . . . do mouerunt dudum, et titulo super theolonio nostrorum pontium et semitarum indebite ab eisdem [Magistro et frat]ribus recepto et sepius requisito, talis est ordinata compositio inter nos ex parte vna, et fratrem Hynricum dictum de Wesenberg, Commendatorem in Myrowe, habentem super eo speciale mandatum a Magistro sui o[dini]s ex altera, religioso viro nobili domino fratre Bernardo de Slauia ordinis fratrum maiorum, nec non honorabili viro domino Gherardo, sanctimonialium in Malchow preposito, mediantibus et ad hoc operam prestantibus studiosam, dimisimus et dimittimus ac nunciamus eosdem Magistrum et fratres per presentes ac omnem eorundem familiam ab omni theolonio nostrorum pontium, semitarum et transitu ciuitatis Malchow in perpetuum liberos et solutos, et aliis generibus molestie quibuscunque. Et quia prefati Magister et fratres ab omni inpetitione theolonii et perturbationum vbique terrarum dinoscuntur verissime fore exempti et speciali prerogatiua gaudeant libertatis, eosdem iure suo, tanquam vasallos nobilium dominorum nostrorum de Werle, fauorabiliter perpetue curabimus promouere et suis libertatibus a sede apostolica indultis perpetuis temporibus summa diligentia honorare. In huius rei obseruantiam et memoriam sempiternam, et ne aliquod dubium in [poste]rum oriatur, ad utilitatem predictorum Magistri et fratrum et cautelam sigillum ciuitatis Malchow super premissis [libertat]ibus duximus apponendum. Datum et actum Malchow, anno dominice incarnationis M°CCC°IX° [in] die beati Bartholomei apostoli, presentibus Consulibus ibidem: Eyler,
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Vicko Roche, Bernardo Ranze, Johanne Dytmari, Hensone pellifice, Lamherto aduocati, nec non Johanne Rus.oe, domino Henrico priore in Mirowe, fratre Henrico dicto de Kyrisz, fratre Johanne de Angermůnde, fratre Bernardo de Regusede, fratre Herburdo de Brandenborg, fratre Hugone et aliis quam pluribus, tam clericis, quam laycis, fide dignis. Datum anno et die predictis.
Charte: Pergament, welchem an
zwei Stellen gelitten hat.
Schrift:
eine kleine, deutliche, feste Minuskel.
Siegelband: ein Pergamentstreifen; vom
Siegel: sind nur noch geringe Spuren vorhanden.
Nr. XIX.
Heinrich. II. von Meklenburg und Stargard schenkt den Rittern das Eigenthum am Dorfe Starsow, am Mirowschen Holm und am Zotze-See.
D. d. Stargard 27. Septemher 1321.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Quoniam ea, que suh spera actiuorum et passiuorum existunt, nunquam fixa permanebunt, sed assiduis fortune ictibus agitantur, eo facilius a memoria hominum elabuntur, nisi codicis serie perhennantur. Hinc est, quod nos Hinricus Dei gratia dominus Magnopolensis et Stargardie dominus vniuersis Christi fidelibus, tam presentibus, quam futuris, presens scriptum uisuris et audituris cupimus esse notum, quod de nostra bona voluntate et nostrorum prudentum vasallorum consilio dimisimus et dimittimus, dedimus presentibus et donamus ordini sacre domus hospitalis sancti Johannis Jerosolimitani et fratrihus eiusdem
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ordinis proprietatem istarum villarum Starzow et Holme et stagni, quod Soten nuncupatur, cum suis omnibus attinenciis, distinctionibus, metis et certis terminis, prout limites ipsarum cum omnibus interpositis sunt distincti, scilicet in lignis et specialibus lignis, aquis et aquarum cursibus, agris cultis et incultis, paludibus, pratis, pascuis, rubetis, venacionibus et cum omni fructu, libertate, vtilitate et consuetudine, cum omni iurc supremo et imo, iusto et iniusto, cum seruicio curruum, cum precaria, angaria et cum omni exaetione, que nos in dictis villarum distinctionibus hucusque dinoscimur habuisse; eciam homines predictas villas inhabitantes a seruiciis propugnaculorum, id est landweren, castrorum et ciuitatum, et a communi terre iudicio, quod dicitur landink, esse debeant exempti, ad que communes homines possunt cohortari; presertim vniuersos ac singulos bona pheodalia in dictis bonis a nobis habentes, cum tali iure et consuetudine, prout hactenus illa possederunt, dimisimus et dimittimus ordini predicto et fratribus eiusdem ordinis memoratis, renunciantes simpliciter omni proprietati, libertati, vtilitati, consuetudini et, omni iuri istorum omni premissorum et singulorum, ita quod neque a nobis aut heredibus nostris sev successoribus, vel nostris aduocatis aut officialibus, uel ipsorum quibuslibet nunciis in premissis omnibus et singulis nulla calumpnia aut molestia penitus debeat generari, quia nos pro dampno, fratribus et ordini predicto ex parte Ebelingi de [C]lepizk nostri militis illato, istorum omnium premissorum et singulorum proprietatem, libertatem, vtilitatem et consuetudinem ipsis dimisimus et pure propter Deum dimittimus perpetuis temporibus habendam et pacifice possidendam. Et vt hec facta sincere subsistant et intacta, litteris nostris munimine nostri sigilli roboratis iussimus perhennari. Testes huius rei sunt: Busso de Dolla, Allebertus de Dewiz, Theod. de Kerkow, Redeko de Rederen, Wedeko de
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Plote, Hinricus Blůchgher, Heningus Scadebak, Rytbrech de Berlin, Otto de Dewiz, milites nostri dilecti, cum aliis quam pluribus fide dignis. Datum et actum in Castro Stargard, anno domini M°CCC.XXI°, die dominico ante diem beati Mychaelis archangeli proximi.
Charte: Oblonges Pergament.
Schrift: unregelmässige Minuskel.
Siegelband: Pergamentstreifen.
Siegel:
ist abgerissen.
Nr. XX.
Albrecht II. von Meklenburg schenkt den Rittern das Eigenthumsrecht und den Zins in ihren Gütern Gnewitz, Wokuhl, Dabelow, verwandelt jedoch den Zins aus Dabelow in eine Abgabe an die Pfarre zu Lychen.
D. d. Stargard 10. October 1337.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
W e Albrecht von der gnade Godes en here tliů Mekelenborch, thů Stargharde vnde thů Rostok, begheren oppenbare thů wesen alle den, dhe nů syn vnd noch thů comen moghen, dat we met rade vser wisen riddere, dorch dhe salicheit vser elderen sele vnd dorch ewighes lones, des we vnd vse erfnamen warden syn, lůterliken dorch dhe leue godes hebben ghegheuen vnd gheuen den erbaren gheistliken lůden den bruderen des ordenes sente Johannes des hospitalis von Jherusalem vnd eren orden den eghendoin vnd den tyns, von jowelker hůue enen Brandeburgeschen scilling, in eren dorpen thů Wůcůlen, thů Gnewize vnd thů Dobelowe,
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dar se inne hebben den eghendům, vnd vortygen al des rechtes, al der plicht vnd al des denestes, den we went an desse tyd dar an hebben ghehat, dat we vnd vse brůder Johannes, de vns lef is in Gode vnd noch vmmundich ist, noch vse erfnamen, dhe na vs comen, noch nenerlege ammachtman von vns nenerleyge plicht, noch recht daran eschen moghe. Vnde dhe tyns, also he hir vore bescreuen ist, von dem dorpe thů Dobelowe, dhe scal bliuen thu der wedemen thů Lychen. Alle desse vorscreuene dinc vnd jowelk stůcke besunderen, de bestede we ewelichenthůbesitten sunder allerleyge hinder vnd allerleyge weddersprake met ganzer macht den vorbenomeden brůderen vnd orden. Dat alle desse dinc, de hir vorebescreuen syn, stede vnde vast bliuen, so hebbe we vse ingheseghel ghehangen an dessen gyghenwordyghen brief. Tughe alle desser vorbescreuen dinge synt: her Gereke von Berthecowe, her Vritze sy[n] sone, her Lyppolt Bere, Vicke Munt, riddere, vnd ander erbare lude ghenůch, de des ghewerdich weren. Desse brief is ghegheuen op dem hus thů Stargharde vnder den jaren godes dusent jar drehundert iar in dem seuenen dritteghesten iare, in dem neysten vridaghe na sente Dyonysius daghe.
Charte: Pergament.
Schrift:
wie gewöhnlich im 14. Jahrh.
Siegelband: ein Pergamentstreifen.
Siegel: von runder Form, noch halb
vorhanden. Auf einem Schilde steht der
gekrönte Stierkopf. Von der Umschrift ist
noch vorhanden:
Das grössere Siegel. hat ein Rücksiegel: ein rundes Feld mit Sternen besäet: in der Mitte ein Helm. Umschrift:
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Nr. XXI.
Nicolaus III. und Bernhard von Werle überlassen den Rittern für 45 Mark lübischer Pfennige das Eigenthum des Dorfes Kakeldütten.
D. d. Güstrow 17. Februar 1342.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis Amen. Nicolaus et Bernardus fratres, Dei gratia domicelli de Werle, omnibus Christi fidelibus, ad quos presens scriptum peruenerit, salutem in Marie virginis filium. Ne de labili memoria hominum euanescant ea, que fiunt in tempore, necesse est, ipsa in ligwa testium poni vel memoria scripture perhennari. Hinc est quod tenore presencium in publicam noticiam deuenire cupimus singulorum, quibus presentes littere fuerint recitate, nos ad laudem Dei et beate Marie virginis ac sancti Johannis baptiste et pro salute animarum nostrarum videlicet et progenitorum, heredum, successorum nostrorum, et pro quadam summa pecunie, scilicet XLV marcis Lubisencium denariorum, proprietatem vniuersorum mansorum adiacentes ville Cakelduttem et integre ville predicte viris religiosis in Christo reuerendis commendatori et fratribus in Mirow, ac ordini sacre domus hospitalis sancti Jonannis Jerosolimitani dedimus et damus in presenti de bona nostra nostrorumque militum ac vasallorum voluntate et consensu, ita ut ipsos mansos iam dictos memorat(i) ville Cakeldutten antedicti fratres [in] Myrow cum proprietate et omnibus suis pertinenciis infra terminos et (pro) terimnos, uidclicet cum agris cultis et incultis, lignis, siluis, pratis, pascuis, paludibus, rubis, nemoribus, viis, inuiis, exitibus, introitibus, aquis, aquarum
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decursibus, stagnis, piscacionibus, venacionibus, et integris distinctionibus et generaliter cum omni vtilitate, libertate ac pleno iure, videlicet maniis et colli, [et si]ne agrorum mensura, libere et quiete perpetuo possidebunt, volentes nichilominus, vt ab hominibus eosdem mansos preno[minatos] colentibus et habentibus et in memorata villa habitantibus ex nunc et deince[ps] per nos, vd nostros successores, aut nostros aut ipsorum aduocatos, vel boddellos, uel ipsorum nuncios nunquam precaria, nunquam curruum uel equorum seruicia et nunquam exactiones alique, uel molestie, vel angarie, uel aliqua seruicia peticionum requirentur; et ad custodiendum castra et propugnacula, uel quod wlgariter dicitur lantwere, et visitare iudicia, que dicuntur lantdig et vochetdig, de cetero nunquam tenebuntur; sed quidquid dicti fratres in Myrow ordinis sancti Johannis Jerosolimitani cum ipsis hominibus et mansis sepe dictis fecerunt uel facere decreuerint, gratum tenebimus atque ratum. Vt igitur nostra donacio rata et inconwlsa permaneat, nec ex diurnitate temporis in dubium deueniat aut errorem, presentem litteram predictis fratribus in Mirow et ordini sancti Johannis Jerosolim. memoriale contulimus nostris sigillis munimine roboratam. Huius donacionis testes sunt dominus Johannes de Gherden marscalcus, dominus Johannes Cos, milites, Andreas Vlotowe, Heine de Gherden, Mattias Hauelberch, famuli et aduocati nostri dilecti, et alii quam plures fide digni. Datum et actum Gustrowe, anno domini M°CCC°XLII°, dominica die qua cantatur Inuocavit me deus.
Charte: oblonges Pergament.
Schrift: cursivische Minuskel.
Siegelbänder: zwei Schnüre von rother und
violetter Seide.
Siegel: sind beide
vorhanden. Das erste ist ein grosses, rundes
Siegel, worauf ein Schild, welches den
gekrönten Stierkopf trägt; die Umschrift ist
abgebrochen. - Das zweite ist ein
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kleines, rundes Siegel im runden Felde der gekrönte Stierkopf; Umschrift:
Nr. XXII.
Die Stadt Röbel schenkt der Comthurei Mirow das Eigenthum von sieben Hufen in Viezen, dotirt jedoch damit zwei Altäre in der Kirche zu Mirow.
D. d. Rorek 18. December 1351.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
W vy ghemeynen Ratmanne der stat to Nyen-Robele den witlik iu erbaren geystliken luden, dem cummendur vnde dem conuente to Myrowe, dat wy hebben twe altar in iuwer kerken ewyliken to verliende, vnde hebben darvp iuwen bref in dissen worden, de hyr na geschreuen stan, vnde betughen dat mit vnseme inghesegele, vp dat dar nen versumnisse ane sche, vnde sus hehbe wi dat mit iu ghededinghet vnde gi weder mit vs:
Wy broder Herman von Werberghe eyn ghemeyne
byedere in Sassen, Marke, Wentlande vnde in
Pomeren des ordens des heylighen huses des
hospitalis sente Johannis von Jerusalem, broder
Adolphus von Swalenberch, Cůmmendůr
to Nemerowe vnde de ghemenen brodere dar selues,
broder Otto von Stendal, Cummendůr vnde de
ghemenen brodere des huses to Myrowe, bekennen
vnde bet
ghen openhare in desseme
ieghenwordighen brefe alle den, de cn sehen,
horen vnde lesen, dat de erbaren ratmanne der
stat to Nyen-Robele hebben gegheuen
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lůtterliken dorch got vnseme orden den
broderen des huses to Myrowe den eghendom vnde
den denst mit deme richte euer seuen houen, de
dar lighen in deme dorpe to der Visne, de wy
gekoft nebben von vnseme herren von Wenden vnde
de se rede betalet hebben; den pacht vnde wat
dar vellet von den vorbenomeden seuen h
uen, hebbe w
gekoft vnde ok betalet von dem
erbaren knechte Coneken Vriberghe mit alleme
rechte, dat de vorbenomede Coneke dar an hadde.
Disse vorbenomden seuen h
uen
1
) ligghen to twen h
nen
2
), dar disse selue
vorbenomde Coneke vppe wonet hadde vnde de
Brusenhaueren vore vppe wonet hadden. Des hebben
disse vorebenomden ratmanne mit vnseme rade
ghemaket vnde mit vnseme willen eyn altar in
vnser kerken to Myrowe vorbenomet in de ere des
hilghen cruces, dat dar licht twischen den doren
des chores; vnde dat vorsprokene altar
schůllen de voreb[on]omeden ratmanne lyen
eneme werliken
3
) prestere, enes deme
dar de Connendůr vnde de brodere to Myrowe
vore bidden vnde jo enes darnegest, wem se
seluen willen; vnde dat schal also ewiliken vmme
gan, dat se dat jo enes lyen schullen deme dar
de Cummendur vnde de brodere vorbenomet vore
bidden vnde dar negest enes wewe se willen, alse
de lenware beschreuen steyt in deme breue, den
se hebben vppe dat altar vnser vr
wen sente Marien, dat se ok in
vnser kerken hebben ghemaket. Vortmer weme dit
altar gheleghen wert, de schal hebben de pacht
ouer de vorbenomden seuen h
uen, de wy ghekoft hebben vnde de
ratmanne betaleden rede, als hyr vore beschreuen
steyt, von isliker hoven twe punt, dat is to
samene achteyndehalue mark wendescher penninghe,
vnde von isliker h
uen ses penninghe to
mvntepenninghen, vnde den smalteghedcn vppe
sente wolborghe dach. Ok kosten de vorbenomden
ratmanne von vnsem
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herren von wenden vppe isliker houen vor vnde
twintich scillinghe to bede vnde dre scheppel
kornes, enen schepel roghen, enen ghersten vnde
enen haueren, de he alle iar plach vp to
borende. Disse vorsprokenen bede, beyde
penninghe vnde korn, hebben se den luden, de
vppe den houen wonen, ghelaten dorch Got vnde on
to ghemake, dat se dar vore gheuen schullen alle
iar von isliker houen ene mark; vnde derseluen
seuen mark bede schal de prester vorbenomet vere
hebben, vnde de anderen dre mark der bede hebben
de vorbenomden ratmanne gheven in vnse goddeshus
to Myrowe vorbenomet to vnser kerken, de
schullen alle iar vpboren de ienne, de de kerken
vorestan, vnde schullen dar von tughen luchte,
oblaten vnde win to den twen altaren des hilghen
crucis vnde vnser vrůwen, also dat me io
vppe den altar twe licht bernen schal to twen
vesperen vnde vnder missen vnde mettene wannet
is duplex festum, vnde tughen dar van wes en not
is. Disse vorebenomde ghulde, de disseme
prestere togeschreuen steyt, dem dyt altar
ghelenet is, de schal he seluen vp boren alle
iar vp sente Michels dach vnde schal des macht
hebben vt to pandende; were dat he des nicht
nevermochte, so schal eme de Cummendůr
darto helpen; were dat de Cummendur dat vers
mede oder des nicht den enwelde,
so schullen de ratmanne vorbenomet des vulle
macht hebben vt to pandende to siner hant. Des
schal disse prester eten vnde drinken mit vnsen
broderen des conuentus vnde schal des war nemen
to rechten tyden; vor de kost schal he gheuen
dem huse to Myrowe alle iar vp sente Mertens
dach dritteyn mark wendescher penninghe, vnde
schal hebben ene kamere, dar he inne slape. Were
dat deine Cummendur vnde den broderen nicht
neluste mit eine vmme to gande der wernisse oder
der krancheyt willen, so schal he wonen in deme
dorpe to Myrowe vnde schal doch warden siner
tyde vnde siner missen, vnde schal holden missen
alle daghe to deme
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vorebenomden altare des morgens na prime oder
vnder homissen, wu dat dem Commendur behaghet,
vnde schal ministreren to der homisscn, wannet
duplex fest is, wannet eme de prior het. Ok so
schal he dyt altar suluen besinghen vnde nement
von siner weghene, vnde schal to kore gan vnde
de tyde helpen holden lik vnsen broderen.
Vortmer were dat he ienighe versumnisse dede in
sinen missen oder in sineme choregande, dat me
eme bewisen mochte, so moghe wi also vele siner
gh
lde vpboren, also sik boret vor de
versumnisse na wekental. Vortmer so ne schulle
wi dissen vorbenomden seuen h
uen ere denst nicht hoghen men
also vnsen anderen houen in deme seluen dorpe.
Vnde wi schullen sy vordedinghen lik vnseme
anderen gůde. Ok wanne disse prester
sterft, vnde de Cummendur vnde de brodere
vorbenomet binnen ver weken den ratmannen nenen
personen nesenden, dar se vore bidden, so moghen
de ratmanne vorebenomet dit altar, wenne de vor
weken vmme komen sint, lyen weme se willen. Were
ok dat dat hus to Myrowe den vorbenomden houen
seluen b
wen wolde, so schullen de
Cummendur vnde de brodere deme vorbenomden
prestere dar von gheuen beyde pacht vnde bede,
also hir vore beschreuen steyt. To ener
betůghinghe disser dingh so hebbe wi
broder Herman an vorbenompt vnse ingheseghel mit
den ingheseghelen der Cummendur vnde conuente
vorebenomet in dissen bref ghehenghet. Disse
bref is ghegheuen na goddes bort dritteynhundert
iar in dem en vnde veftighesten iare, des
sundaghes vor winachten in vnseme houe to Rorek.
Charte: ein grosses Pergament von
ungefähr drei Spannen lang und einer Spanne
breit.
Schrift: eine kräftige
neugothische Minuskel des vierzehnten
Jahrhunderts. Dies Transsumt ist also gewiss
nicht viel älter, als die Original-Urkunde.
Innerhalb des Umschlages, welcher mit dem
untern Rande der Urkunde wie gewöhnlich
gemacht ist, sind die beiden ersten Zeilen
der Urkunde, von: Wy ghemeynen Ratmanne,
bis: Herman von Werberghe
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eyu ghemeyne, wiederholt, jedoch
mit den Varianten: an ne sehe.
Siegelband: eine grüne seidene Schnur,
welche durch den Umschlag durch das Wort
"ingheseghele" gezogen ist.
Siegel: in dreieckiger Form von weissem
Wachs. Darin ist ein dreiseitiger Schild,
welcher von oben nach unten getheilt ist. In
der rechten Hälfte ist ein halber gekrönter
Stierkopf und ein Stern in der Ecke; in der
linken Hälfte steht ein Schlüssel aufrecht. Umschrift:
Nr. XXIII.
Bernhard von Werle belehnt die Ritter mit vierzehn Hufen in Viezen zur Dotation zweier Altäre in der Kirche zu Mirow.
D. d. 1. Februar 1352.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
B ernardus dei gratia dominus de Werle omnibus presentes litteras visuris et audituris salutem in domino sempiternam. Quoniam labilis est memoria hominum et labitur simul cum tempore labente, necesse est, vt ea, que fiunt, scripture testimonio confirmentur. Notum esse volumus tam presentibus, quam futuris, quod nos de bona nostra voluntate et maturo nostro consilio prehabito, ob amorem Dei sueque genitricis Marie et ob salutem anime nostre ac nostrorum progenitorum et pro quadam summa pecunie nobis gratanter persolute, videlicet C. marcarum slauicalis monete, dimisimus et donauimus et presentibus donamus et dimittimus ordini sacre domus hospitalis sancti Johannis Jerosolimitani ac fratribus domus Mirowe proprietatem quatuordecim mansorum sitorum in campis ville Visne, site in territorio nostri dominii; quorum mansorum
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nouem pertinent ad duas curias, in dicta villa Visne sitas, in quibus prius habitabant vasalli nostri dicti Brusehaueren et postea Conradus dictus Vriberch, et habebant predictos nouem mansos cum curiis prefatis a nobis in pheodo. Reliqui quinque mansi spectant ad curiam, in qua habitabat quidam dictus Wesseke, et fuerunt illi quinque mansi nobis in seruicio toracis astricti, cum omnibus suis pertinenciis ac prouentibus, cum omni vtilitate ac libertate, cum omni iure et consuetudine, quas nos ac nostri successores seu heredes in predictis quatuordecim mansis habuimus in precaria, in denariis monete, in canum annona, in iudicio supremo et infimo, manus et colli, in emni seruicio, ad quod populus terre nostre communis est astrictus, vel astringetur, videlicet borchwere, landwere et landdingh et huiusmodi similia, in seruiciis equorum et in aliis scruiciis seu grauaminibus quibuscunque, liberam et exemptam perpetuis temporibus possidendam salubriter et quiete. Insuper donauimus et presentibus donamus predicto ordini et fratribus predicte domus Mirowe proprietatem dimidii stangni, quod dicitur de Trumpf, siti apud dictam villam Visne, que fuit Conradi dicti Vriberch. Hanc etenim proprietatem dictorum quatuordecim mansorum et dimidii stangni predicti contulimus predicto ordini et fratribus domus Mirowe memorate, omni nostro iuri et consuetudini halbtis in eisdem simpliciter renunciantes et nichil in eisdem mansis predictis obtinentes, nec nostri successores seu heredes optinebunt. Horum dictorum quatuordecim mansorum septem pertinent ad altare sancte Marie virginis et septem ad altare sancte crucis constructis in ecclesia dicte domus Mirowe. Ne autem in posterum super hoc possit alicuius dubitacionis calumpnia suboriri, presentem litteram super hoc contextam duximus sigilli nostri munimine roborare in testimonium veritatis. Testes huius rei sunt: dominus T[z]abellus Molenbeke archino-
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tarius, Mathias Hauelberghe, Henncko Moryn, Yo de Grambow, Bernardus [de] Molen, famuli, consiliarii nostri, Nicolaus de Gusterowe notarius et quam plurcs alii fide digni. Datum in nostro castro . . . . hagh[en], anno domini [nostri] trecentesimo quinqnagesimo secundo, in vigilia purificacionis beate Marie virginis.
Charte: Pergament, an einigen
Stellen vermodert.
Schrift: cursivische
Minuskel.
Siegelband und
Siegel:
fehlen.
Im Texte ist der Ort des Datum
zum Theil verblichen. In einem
"Protocolle der Verschreibungen des
Hauses Mirow" ist er angegeben als: Wredenhagen.
Nr. XXIV.
Die Comthurei Mirow empfängt von Wedege von Plote unterpfändlich das halbe Dorf Loissow.
D. d. Mirow 12. Maerz 1387.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu. Schwerin.
I k bruder Deetleph van Walmede Cummeldur to Myrow vnde wy meynen brudere dar sůlues bekennen vor vns vnde vor alle vnsc nokomelinge, dat vns Wedighe van Plote heft gesat dat halue dorp to I.oysow, dat en scal he nicht van vns wedder losen eer alze nům to sůnte Mecheles daghe vort ouer dre iar; dar na bynnen dren iaren so scal dat to syner losinge stan, wen he vns de losinge kůndiget in den lesten dren iaren, so scal he dat vns toseggen in syme opene breue vppe paschen vnd scal vns to sunte Mecheles dage dar ncgest vnsc vcflelialfliundcrt marc an guden vinkenogen edder an guden penningen, alze denne to
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Nygenbrandehorch ghenge vnd ghene is, dar ein yewelik berue 1 ) man dem anderen mach vůl mede důn, wedder gheuen an eyme summen, vnde wen he vns betalet heft, so scole wy alle pacht vnde rente vte deme haluen dorpc to Loysow hören to deme sůluen sůnte Mecheles daghe, wen he vns vnse ghelt betalet heft, vnde wy alle rente geboret hebbcn, so scal dat halue dorp to Loysow van my bruder Deetleue edder we dar kummeldur is vnde van deme orden vnde van den meynen brůderen to Myrow leddich vnde los met aller tobehoringe Wedighen vnde synen eruen wedder wesen vnde we denne kummeldur is to Myrow, de scal id eme edder sinen eruen wedder vorlaten vor den heren. Tu tughe disser ding so hebbe ik bruder Deetlef min ingesegel myt des hůses ingesegele to Myrow vor dissen bref gehangen, de ghegeuen is to Myrow na godis bort dusent iar drehundert iar in deme souen vnde achtigesten iare, in sůnte Gregoriis dage des heyligen paweses.
Charte: oblonges Pergament.
Schrift: gewöhnlich.
Siegelbänder: zwei
Pergamentstreifen.
Siegel: sind beide
vorhanden, rund und von gewöhnlichem
meklenburgischen Siegelwachs.
Der
Wappenschild des erstem, kleinern ist nicht
zu erkennen. Umschrift:
Das zweite, grössere ist gut erhalten und völlig dem Mirowschen Conventssiegel gleich, wie er an der Urkunde von 1359 hängt und dort beschrieben ist.
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Nr. XXV.
Johann und Jordan von Cröchern verkaufen an den Johanniter-Orden, namentlich an die Comthureien Mirow und Nemerow, die Vipperowschen Wasser.
D. d. Mirow 20. December 1330.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
I n nomine domini Amen. Nos frater Gheuehardus de Bortvelde, Saxonie, Marchie et Slauie proceptor generalis domus hospitalis sancti Johannis Jerosolimitani, totusque conuentus domorum Myrowe et Nemrowe hospitalis predicti vniuersis et singulis, ad quos peruenerit presens scriptum, volumus esse notum, quod Johannes miles et Jordanus famulus, fratres dicti de Crocher, vasalli nobilis ac magnifici viri domini nostri, domini Jonannis de Werle, vendiderunt nobis iusto vendicionis tytulo, dicti domini Johannis consensu accedente, aquas dictas vulgariter Vipperowesche water, cum omnibus ipsarum pertinenciis, [a]ppendiciis, vtilitatibus, fructibus, limitilms et distinctionibus, quibus predicte aque antiquitus sunt distincte, cum redditibus suis triginta et vnius cum dimidia marcarum denariorum slauicalium, cum iurisdictione qualibet, sicut vasalli domini Johannis predicti communiter iurisdictione[m] [possi]dent in bonis suis, absque seruitute aliqua liberas et solutas. Quas aquas cum predictis omnibus dicti de Crocher a predicto domino Johanne tytulo tenuerunt pheodali et ad manus nostras dicto domino Johanni liberc ac beniuole resignarunt, vendiderunt inquam noibis pro trecentis marcis et quindecim marcis denariorum slauicalium, communiter in Noua Robbele soluencium, secundum communem terre cursum, terminis
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solucionum inter nos debitis ordinatis. Quas vendicionem et empcionem dictus dominus Johannes ratas et gratas habuit et eas, de consensu et consilio prudentum vasallorum suorum, ipsi tunc assistencium, suarum tenore litterarum confirmauit, volens ut nos dictas aquas possideamus cum pertinenciis suis et eis vtamur, quemadmodum est premissum, sub condicionibus et modis infrascriptis; si dictus dominus Johannes vel heredes sui dictas aquas cum pertinenciis suis premissis et aliis supradictis reemere vellent pro summa trecentarum et quindecim marcarum denariorum predictorum, de hoc liberam habent, quandocumque predicto domino Johanni aut suis heredibus placuerit, facultatem, sicut eis nostris patentibus presentibus litteris, nostris sigillis pendentibus sigillatis est permissum. Qua reemptione per dictum dominum Johannem aut heredes suos facta, ut est dictum, extunc contractus vendicionis et empcionis predicte penitus est rescissus et littere domini Johannis de Werle predicti desuper nobis date omnino sunt extincte. In cuius rei testimonium sigillum nostrum preceptoris predicti cum sigillis domorum Myrowe et Nemrowe predictarum presentibus sunt appensa. Datum Myrowe anno domini millesimo trecentesimo tricesimo, in vigilia beati Thome apostoli.
Charte: oblonges Pergament, an
mehreren kleinen Stellen durchlöchert.
Schrift: cursivische Minuskel, hin und
wieder abgefallen. Ueber die Stelle
[obsi]dent oder [possi]dent lässt sich nach
den Buchstaben nichts entscheiden.
Siegelbänder: drei Pergamentstreifen.
Siegel: sind abgefallen.
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Nr. XXVI.
Bernhard von Werle verkauft an die Ritter zu Mirow die Vipperowschen Gewässer.
D. d. Solzow 13. April 1361.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
W y Bernd von ghodes gnaden here tu Welle bekennen openbar vnde tůghen in desseme breůe vnde wyllen openbar wesen al den ghenen, dy dessen bryf syn vnde horn, dat wy myt ghůden wyllen vnde myt rade vser ratgheuen hebben vorkoft vnde vorkopen in desseme breůe den gestlyken luden des Ordens sůnte Johans des hospitales von Jerusalem vnde den brodereni tů Myrow des suluen ordens vor soůen hundert mark vynkennoghen penninghe, de se hebben alrede betalet, der wy en leddych vnde los laten, de Vypperoweschen watere, de aldus gheheyten vnde ghenůmet syn: en se de Vipperoweschc Můritz, de dar angheyt tu dem troghe vnde dem roden bome vnde hert tů der Schylder molne; en se de het de Lankow, vnde en se de het dy Neuele, vnde en se de het dy Torne 1 ), unde en se de het dy Mewense, vnde dy Vipperowesche se, de geyt wente an Bucholte, myt alme rechte, myt dem hoghesten rychte vnde sydesten, vnde myt alme eyghene, vnde myt aller nůt vnde vrůcht, also se vse vader her Johan von Wenden, deme god gnedych sy, vs gheerůet heft vnde wy na beseten hebben, vnde wy vnde vse erůen schun nenerleyghe bede, noch nůt an den wateren beholden, edder vse anbachtlude; vnde se scolen der gantz weldich wesen vnde brůken na eren wyllen. Vnde wy dy watere heft von erer weghen, dy mach dy vysche vor-
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kopen, vnde de se von en kopen, de moghen dy vische voren, wer se willen in vsen landen vnde in anderen heren landen, sůnder vse weddersprake vnde sunder hynder vser anbachtlude; vnd wy dar wademester is, de scal hebben edder schycken enen waghen, de se vische vore tu Robele tu markede, swen he se veyt, lutteke vnde grote, also he se veyt, sunder von sunte Mertens daghe wente sunte Peters daghe in der vasten, bynner der tyd so moghen se sollen den heket vnde voren, wer se willen. Vnde an dessen vorscreuen watere scole wy noch nemant pacht noch vischerighe anbeholden, sunder Hynrik von Morin vnde syne vedderen, Hennekens synes broder kyndere, vnde here rechten eruen, de beholden in dessen vorscreuene wateren jarlyker ghulde teyn mark wendescher penninghe vnde en dromt soltes; vnde sunder de vischerighe de tu deme houe lycht tu Soltzow, dat is von der vorstad an wente tu Sylow, dat het de ketel, wente an den hof vnde de weren, de dar bynnen lygghen, vnde swe in deme houe is, dy mach vischen myt vor vnde twyntych worpnette vnde en stokenette darsulues. Nů hebben dessen vorscreuen orde vnde brodere van Myrow vs vnde vsen eůen tughegheuen dorch vses dynstes wille vnde vordernisse, dat wy edder vse erůen de vorscreůene watere vnde ghulde moghen wedder kopen von den orden vnde broderen vor souen hůndert mark vynkennoghen edder wendesche tůschen hyr vnde sunte Mertens daghe, de nů neghest tu kůmt vort ouer sozs iar: bynnen desser tyd, swen wy konen, so moghen wy se losen. De souen hundert mark de scole wy en betalen tů Robele vp enen dach, swan wy edder vse eruen yd en kundeghen. Vnde dy plycht dir ghulde, de de bort [in] deme iare na der tyd an der pacht, de scolen de brodere von Myrow vpboren. Weret dat wy vnde vse eruen se wedder kopen wolden edder koften vor wendesche penninghe, so scolen de wendeschen penninghe
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so so ghůt wesen also vinkennoghen penninghe vor souen hundert mark bynnen desser vorscreuenen tyd. Weret dat wy edder vse eruen nicht wedder enkoften de vorscreuene watere vnde ghulde vor souen hundert mark bynnen dessen vorsc[r]euen sozs iaren, so vortmer scole wy, noch vse eruen nenen wederkop mer an den wateren vnde ghulde hebben, wen se scolen se den ewychlyken vnde vredychliken besitten vnde hebben. De deghedynghes lůde desser vorscreuen stucke hebben ghewesen: broder Herman von Werbergh mester des vorscreuen ordens vnde broder Otto von Stendal Cummendur des huses tu Myrow. Tughe desser vorbenomeden stucke synt: Hyuryk von Meryn, Heyne Plote, Tydeke Bruschauere vnde Henningh syn veddere, Tydeke Kozs, knapen, her Johan Rutze vnde Tyderyk. Wozsterode, vse scryuere. Stede vnde vast tu holdende al desse stucke, so hebbe wy vnse grote ingheseghel vor dessen bref ghehenghet, de ghegheuen vnde gescreuen is in dem houe tů Soltzow na der bort vnses heren godes drutteynhundert iar in deme ene vnde sestychghesten iare, in sunte Jurigens daghe des heylyghen martelers.
Charte: ein langes und schmales
Pergament.
Schrift: unregelmässige,
cursiviscbe Minuskel.
Siegelband: eine
Schnur von grüner Seide.
Siegel: ist abgefallen.
Nach der Urkunde von 1482 Nr. XXIX war diese Urkunde 1482 verloren gegangen.
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Nr. XXVII.
Die Comthurei Mirow räumt dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Vipperowschen Wasser ein.
D. d. Solzow 23. April 1361.
Nach dem Originale im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
W y broder Otto van Stendal Commendur des huses to Myrow vnde de gnemenen brodere des conuentes dar sulues bekennen openbar in desme breue vnde tůghen, dat wy hebben wedder ghegheuen vnde gheuen in desser ieghenwerdecheyt deme erlyken vorsten vnseme leuen heren, hern Bernde van Wenden vnde synen rechten erfnamen enen wedderkop der Vipperoweschen watere vnde der anderen see, de to der wade liggen, vor souen hundert mark vynkenoghen edder wendeseher pennynghe to betalende to sunte Mertens daghe, de nu neghest tokumpt vort ouer sozs iar; bynnen desser tyd, swan vnse here wyl edder syne rechten erfnamen, so mach he losen sunder iengherhande weddersprake vor dat vorsproken ghelt, vnde scal vs dat vorkundyghen, wan he edder syne erfnamen dat losen wyllen; vnde wan he loset de vorscreuen watere, so scole wy em vnde synen eruen wedder antwerden twe breue, de he vns ghegheuen heft, beseghelt myt dem groten ingheseghele vppe de watere vorgescreuen. Dyt loue ik broder Otto van Stendal commendur vorghenomet vnde dat mene conuent des huses to Myrow entruwen vnseme leuen eruen heren, hern Bernde van Wenden vnde synen rechten eruen vnde to syner hant: Yon van Grambow, Hynrike van Moryn, Heyne Ploten, Clawese Karghow, Tydeke Brusehaueren stede vnde vast to holdende. To ener grotter tughynge, so hebbe ik myn ingheseghel
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myt des conuentes ingheseghel vor dessen bref ghehenghet, de ghegheuen vnde screuen is in deme houe to Soltzow na godes bort drutteynhundert iar in deme en vnde sosyghesten iare in sunte Jurgens daghe des hylghen mertelers.
Nr. XXVIII.
Laurentius und Johann, Herren von Werle, verleihen den Brüdern Regendantz die Gewässer der Müritz, welche die von Cröchern besessen hatten.
D. d. Malchin 1375.
Nach einer Abschrift aus dem Anfange sec. 16 im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
W y Laurencius vnde Johan broder van gades gnaden heren to Werle bekennen apenbar in dessem breue, dat wy hebben gegeuen vnde iegenwardigen gheuen in kraft vnde macht dusses breues vor alle vns vnde vnsen rechten eruen, dat wy mith witscap vnde wol bedachtem mode na rade vnser truwen rederen hebben gegeuen vnde geuen vnsem leuen getruwen hern Andreas vnde Hinrico broderen, ghenomet de Regedantze, vnde eren rechten eruen de watere, de hir na benometh stan, de de van Krochgeren to Warne beseten hadden, van deme Bocker malen grauen an bette like auer an den Kriweser borch in der lenge vnde brede bette an dat hofwater to Soltzow vnde vort an der anderen siden heth an dat dorp tho Bockholte, so de watere liggen in al eren sceden, enden vnde rumen, alze hir na bescreuen stan: eyn water genomet de boddem, vortmer eyn water genomet de dupe, dar negest dat water genomet de kule, vortmher en water genomet de verchene mith
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deme . . . en [wer]der, dat dar licht iegen Gartze auer vore der reke to Gartze mith den elden togen vnde rorhopen, mith deme watere genomet de klyzige, mith deme Bockholteschen ende, desser water to netende vnde hebben mith aller rechticheit nichtes vtligenamen. Hir vor scolen de vorbenomeden Regedantze mith eren rechten eruen vns vnde vnsen rechten eruen alle iar geuen XX lub. mark stral. vnde griph., so in vnseme lande genge vnde geue sin, vnde dre punt pepers to schikkende to deme Wredenhagen uppe alle sunte Mertensdage. Vortmher scholen se van desseme watere vorbenomet alle weken to twen tiden, alzo middeweken vnde vrigdage viske hebben to kope vppe deme markede to Rabel. Alle dusse vorbenomeden stucke laue wy Laurencius vnde Johan brodere vnde heren to Werle vor vns vnde vnse rechten eruen stede vnde vaste wol to holdende. Dusser stucke vnde articulen scolen vnde willen wy heren mith vnsen rechten eruen en vnde eren rechten eruen ene rechte were wezen. Aller vorgescreuen stukke laue wy Laurencius vnde Johan vor vns vnde vnse nakamelinge stede vnde vast tho holdende. Gegeuen vnde screuen to Malchin in den iaren vnses heren dusent dre hundert in deme vif vnde souentigsten iare. Tho merer warheith vnde sekerheit louen hebbe wy Laurencius vnde Johan wy mith wiscop vnde vulbort vnser truwen rederen hir by an vnde auer sint wezen leuen getruwen alze: Hinrik vnde Gunter Le[m]ewen (?), Hinrik van Bulow, Johan van Grabow, Heyne L[u]ttowen (?) vnde Bernt van Lesten marscalk.
Anmerkung. Die Schrift ist in
mehreren Zügen so unklar, dass sich über
einige Fälle durchaus nichts entscheiden
lässt.
Auf der Rückseite steht als alte
Registratur-Designation: "Wasser den
kumptor van Mirow belangend".
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Nr. XXIX.
Herzog Magnus und Balthasar erneuern die Verpachtung des Comthurs zu Mirow, an die Morin jährlich fünf Mark lübisch und ein Drömt Salz zu entrichten.
D. d. Wredenhagen 25. September 1482.
Nach einer Abschrift im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
W y Magnus vnnd Baltasar gebruder vhan gadesz gnaden hertoghen tho Meckelenborch, fürsten tho Wenden, greuen tho Szweryn, Rostock vnnd Stergerde etc. der lande heren Bekennen myth dissem jegenwerdigen vnszem openen breue vhor vnsz, vnsze eruenn, nhakomelinghe vnnd szus vhor enen idermanne, den disse vnsze jeghenwerdighe breff vorkumpth szen, horen edder leszen, alszo dene de ghestrenghe vnnd wolduchtighe vnsze raedh vnnd leue getruwe Er Achym Wagenschutte Comptor tho Myro ahn enem, vnnd de hoechghelerde Er Hynrick Maryn in den rechten doctor, Henneke vnd Laurens Maryn, bruder, ahn den anderen dele, szus langhe in twedracht gheweszen synt enes vorsegelden breues, ludende vp etlyke rechticheyde des waters vnnd szee de Mortzen ghenoemith, welcker breff dorch dhen ergenanten eren Achim Wagenschutte Comptor den vorscreuen Marynen van affhenden ghekamen vnnd vorloren is gheworden, hebben wy vorgenanten heren dhe beyden parten myth dessen hyr nhagescreuen vnsen leuen ohemen, vnse besunderen heren vnnd frunde vnnd etlyke vnsze Reder entwey dedingeth vnnd euwichlyken vorrichteth, alsze dath dhe comptor edder regerer dhes huszes vnd houes tho Myro, de thor tydth ys, vnnd dhar na alle syne nhakamelinghe, dhen Marynen vnnd eren eruen alle jar vppe sunte mertens daghe vhan dhen rechticheyden des waters
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vnde sehe, Mortz ghenomith, szo im breue vorscreuen vnnd vorszegelth was, vyff lubescke marck vnnd eyn dromith szoltes, szo in vhor tyden de Maryne szyck der jarlyker pechte gebruketh hebben, gheuen vnnd vornughen schall, edder sze vnnd ere eruen ahn dhe enden dar dhen Marynen vnnd eren eruen ane benugheth vorwiszen, dar sze szodane pechte vnvorhindert moghen boren vnd dhar mede schal allerleye thosprake dhes vorlaren breues haluen vhan dhen Marynen tho Ern Achim Wagenschutten Comptor vorbenompt vnnd szynen nhakomelinghen ghestilleth euwichlyken wechgelecht weszen edder vhan dhen Marynen nycht forder mher anghespraketh werden, vnnd dhe Maryne vnnd ere eruen scholen euwichlyken by sulcker jarlyker vpborynghe dher vyff lubiscke marck und eyn dromith szoltes vhan dhem Comptor des huszes Myrow, tho dhen vorbenoemden dagetiden tho borende euwichlyken beszorgeth weszen vnde vnvorhynderth blyuen, in crafft vnnd machth dyszes breues. Hir by ahn vnde auer szynt ghewesth de wolgebaren vnszen besunderen leuen heren vnde frunde: her Jacob graue vhan Lyndow, greue tho Ruppyn vnde Mockeren vnsze leue ohem, her Lodewich graue tho Nowgarden vnnd here tho Euersten, Ludtke Moltszaen de junger, her Nycolaus Hertzberch prawesth to Fredelanth, Eggerth Hane vnnd mher der vnszen liuen getruwen. Des tor bekantnyssze hebben wy vnsze ingeszeghell myth wytschopp heten henghen benedden ahn dessen breff, dhe gegheuen ysz thom. Wredenhagen am negesten middeweken vhor Michaelis archangeli nha dhen jaren vnszes heren, szo men screff duszenth verhunderth vnde twe vnde achtentich.
Nach einer Copei auf Papier. Die in dieser Urkunde als verloren gegangen bezeichnete Original-Urkunde ist diejenige, welche Nr. XXVI d. d. 1361 nach dem Originale im Königl. Preuss. Geh. Staats-Archive abgedruckt ist.
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Nr. XXX.
Der Bischof Heinrich von Havelberg verleihet dem Kloster Dargun die Zehnten aus den Dörfern Werder, Arnoldesdorp, Granzin, Techentin und Blankenvort, welche Nicolaus Herr von Werle dem Kloster verliehen hat.
D. d. Velberg 14. Octobcr 1256.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Amen. Heinricus, Dei gratia Hauelbergensis ecclesie Episcopus, omnibus in perpetuum. Equitati et rationi conuenire uidetur, si ea, que iuste gerimus, perpetua stabilitate firmemus. Cum itaque experimento frequenti instruamur, quantum status presentis seculi sit incertus et hic manens ciuitas non sit nobis, consideremus nichilominus nobis esse summopere necessarium et salubre, ut nobis eternum et felicem statum per hec transitoria comparemus: Inde est quod nosse volumus tam posteros, quam presentes, nos de quinque villis, videlicet de Werdhere, de Arnoldesdhorp, de Grancin, de Techentin et de Blankenvort, quas nobilis vir dominus Nicholaus de Werle monasterio de Dargun, Cisterciensis ordinis, Caminensis dyocesis, in honore sancte Dei genitricis et virginis Marie fundato, cum omni iure liberaliter contulit, decimam ex eisdem villis prouenientem, que ad nostram spectabat iurisdictionem, ad subsidium fratrum in prefato monasterio deuote famulantium, vt per ipsorum, que Domino nocte dieque in orationibus, ieiuniis, vigiliis et aliis diuinis obsequiis offerunt, suffragia eterna gaudia feliciter assequamur, de communi con-
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sensu nostri capituli, prout ipsius probat appensio sigilli, cum omni iure nostro, sicut antea possederant a domino Zuerinensi, libere in donum perpetuum contulisse: sane si fratres dicti monasterii de Dargun possessionem predictarum villarum vendendo siue commutando a se dimiserint, ita videlicet ut eandem aliquis possideat usufructuario quoad viuit, ipsam cum decima tenebit a fratribus memoratis; si vero ita penitus eam a se duxerint alienandam, ut ad ipsos sepe dicta possessio de cetero redire non possit, quicumque eam possederit, ipsius decimam a nobis in feodo recipiet et tenebit. Acta sunt hec anno gratie M°CC°L°Vl°. Testes sunt: dominus Wicbertus prepositus de Hauelberge, magister Ecbertus, dominus Conradus de Brode, magister Johannes de Repin, dominus Stepnanus prepositus de Robele, dominus Hampe miles de Wistohc, dominus Heinricus Dargaz, dominus Otto Bersere, dominus Jeroslaus, dominus Vnslauus, milites de Robele, et alii multi. Vt autem hec nostra donatio in perpetuum maneat inconwlsa, presentem paginam cum testium subarratione conscribi fecimus et nostri ac capituli sigillorum testimonio communiri. Datum in Velberge pridie idus [Oc]tob., pontificatus nostri anno XII°.
Auf einem länglichen Pergament in einer klaren, festen, gefälligen Minuskel; die Siegel sind von den roth und grün seidenen Siegelbändern abgefallen.
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Nr. XXXI.
Nicolaus, Johann und Johann, Herren von Werle, verleihen dem Kloster Dargun Eigenthum, Gerichtsbarkeit, Dienste und Abgaben von den Dörfern Werder oder Crazeburg, Dalmersdorf, Techentin, Blankenvorde und Granzin.
D. d. Güstrow 25. Junii 1314.
Nach dem Originale im Königl. Geh. Staats-Archive zu Berlin.
I n nomine sancte et indiuidue trinitatis. Amen. Nicolaus et Johannes Dei gratia domini de Werle et Johannes eadem gratia domicellus de eodem, vniuersis presentia uisuris uel audituris salutem in Domino sempiternam. Ne acta nobilium a memoria hominum excidant laudabilia, expedit aliquotiens scripturam fieri, que testimonium contineat ueritatis. Noscat igitur reuerenda natio presentium et felix successio futurorum, quod, diuine remunerationis intuitu principaliter, quo fratres in Dargun gratuite semper prosequimur, et in consequenti recepto trecentarum marcarum restauro, prerogatiuas, proprietates et iura singula et indulta domino Johanni Abbati monasterii Dargunensis et fratribus eiusdem, Cysterciensis ordinis, ab auo nostro de Werle domino Nicolao, pie recordationis in Christo, et a nostris progenitoribus ceteris data et concessa, approbando, ratificando in sui robore per presentia confirmamus: utputa uillam Werdere, que alio nomine Crazeborch appellatur, Dalmersdorp, Techentin, Blankenuorde et Granzin per omnes terminos et metas, proprietatem perpetuitatis, cum omni iure, fructu et vtilitate, cum precariis et exactionibus et cum nummismate, confirmatione presentium perpetuo condonamus. Dimittimus insupcr dictarum uillarum incolas ab edificatione urbium,
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positione pontium, exstructione aggerum, extorsione uectigalium liberos et exemptos. Arbitramur etiam in presentibus, quod si aliqui in fuiturum, quod absit, uillam Werdere, que nunc Kraceborch nuncupatur, specialiter inbrigando impeterent, tunc nos, si requisiti fuerimus, euictionem seu warandiam anni et mensis prestabimus, domino Abbati antedicto et fratribus supradictis. Ne igitur hanc donationem et confirmationem nostram, a nobis rite et rationabiliter ordinatam, aliquis de nostris successoribus in posterum infringere ualeat uel presumat, presentem litteram super hoc confectam sigillorum nostrorum munimine duximus roborandam Testes huius donationis et facti sunt nostri milites: Tessemarus, Rodolphus Baroldi, Otto de Rethzowe, Conradus Vos, Conradus de Lankowe, Reymbernus de Malin, Hinricus de Morin, et clerici: decanus Gustrowensis dominus Koz, dominus Woldericus thesaurarius, magister Johannen de Campis et dominus Stacius, canonici Gustrowenses, et ceteri plurimi fide digni. Actum et datum in Gustrowe anno domini M°CCC° XIIII°, in crastino beati Johannis baptiste.
Charte: quadratisches Pergament,
ganz erhalten.
Schrift: grosse, fette
neugothische Minuskel, ganz leserlich.
Siegelbänder: drei, von grüner und rother
Seide.
Siegel: nur das erste ist
vorhanden, mit dem gekrönten Stierkopf. Die
Umschrift ist noch ziemlich zu lesen.
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Nr. XXXII.
Bernhard, Herr von Werle, bestätigt den Verkauf der Dörfer Crazeburg, Dalmerstorf, Techentin, Blankenvorde und Granzin von dem Kloster Dargun an die Comthurei Mirow, unter Transsumirung der dem Kloster Dargun darüber gegebenen Urkunden.
D. d. Gustrow 6. Januar 1257.
D. d.
Güstrow 25. Junii 1314.
D. d. Roebel 19. Julii 1359.
Aus einem Diplomatarium auf Papier aus dem 16. Jahrhundert im Grossh. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
I n nomine domini Amen. Nos Bernardus Dei gratia dominus de Werle vniuersis Christi fidelibus presencia visuris vel audituris salutem in eo, qui omnium est vera salus. Cum ea, que geruntur in tempore, cum lapsu temporis euanescunt, nisi litteris et testibus idoneis fulciuntur: noscat igitur reuerenda nacio presentium et felix successio futurorum, quod litteras patris nostri pie memorie nostrorumque progenitorum, in presencia nostrorum consiliariorum ad hoc requisitorum, Abbati et Monasterio in Darghin Cisterciensis ordinis super quibusdam villis infra scriptis traditas, vidimus integras, nec in aliqua sui parte viciatas, et eas sane intelleximus, in quibus hec verba Prime littere:
In nomine beate et indiuidue trinitatis. Nicolaus Dei gratia dominus de Werle vniuersis sancte matris Ecclesie filiis salutem in vero salutari. Gesta racionabiliter transitu temporis annullantur, nisi fulciantur testibus et serie litterarum. Quapropter nouerint vniuersi presentis pagine inspectores, quod nos ob remedium anime nostre ac parentum nostrorum fratribus
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Cisterciensis ordinis in Darghin, Deo et beate virgini iugiter famulantibus, contulimus villam Dalmestorp cum vniuersis attinenciis suis et dimidietate stagni Cobolc. Preterea comparauerunt a nobis et a nostris feodalibus villas, pro quingentis pene marcis, quorum nomina subsequuntur, videlicet Werdere, Techentin, Blankenuorde et Granzin, cuius proprietatem ad admonicionem et instanciam domini Henrici, dicti loci Abbatis, in maiori altari obtulimus in die omnium sanctorum, cum omni iure, sicut Ludewinus et Granzov a nobis antea possederunt, prosentibus militibus nostris, quibus eadem hora contigit interesse. Volumus igitur, ut hanc, sicut et alias villas superius memoratas, quiete possideant cum omnibus attinenciis earundem, pratis scilicet, pascuis, aquis, molendinis, stagnis et vniuersis terris, quibus taliter supputantur. Incipiunt in stagno, quod Lanckauel dicitur, et ascendunt directe ad austrum perante duas quercus signatas ad montem vnum, in quo stat quercus signata, inde recto cursu procedunt per paludem magnam vsque ad stagnum, quod Thechentin vocatur, quod totum est claustri, a quo videlicet stagno circumflectuntur per ascensum Hobole, usque ad aliud stagnum, quod Stawkow nominatur, vbi in se riuulum recipit ex eodem stagno profluentem; ab inde vero per ascensum eiusdem riuuli et stagni tendunt ad viam, qua de Wesenberghe in Granzin venitur, quae eciam via terminus est inter Granzin et Babic, vsque ad alium quendam torrentem, qui estiuo tempore exsiccatur, per cuius descensum ad predictam Hobolam dirigunt cursum suum; inde per meatum Hobole ascendunt ad stagnum Paule, a cuius aquilonari parte circa medium versus aquilonem vadunt perante quercum ad paludem quandam, vnde directo cursu tenduntur ad quandam quercum, que sita est in orientali parte cuiusdam parui stagni, ex vtraque parte cruce bis signatam, et ab illa vsque ad quoddam stagnum, quod
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dicitur paruum Sciruene, diriguntur, a quo per ascesum parui montis recto tramite ante multas quercus signatas versus orientem veniunt ad quoddam stagnum, quod Cuthimershe nominatur; inde paruo interuallo procedunt ad quandam quercum, quae tres praecipuos habet ramos, et inferius est exusta; inde flectuntur et currunt ad aliam quercum, vbi conterminantur campi illorum de Granzin et de Cutkune et de Dalmerstorpe, a qua procedentes vadunt directo cursu ad quendam valliculum, vbi concurrunt termini illorum de Dalmestorp et illorum de Chutune et de Dannenbeke; inde recto cursu tendunt ante multos valliculos pro terminis factos vsque ad quandam magnam crucem quatuor vicibus signatam; inde vadunt iterum ante tales valliculos et dirigunt gressum suum vsque ad Hobolam fluuium, tenduntque per Hobolam ad castrum Zcarniz, de quo videlicet castro vergunt ad vallem Liperi, a qua veniunt ad quercus, cuius summitas est exusta; exinde recto pergunt tramite ad viam, que ducit Stargard; abinde tenduntur directe vsque ad vallem, que dicitur Margreuenbude; inde protrahuntur per paludem vsque Cobole: hos itaque prescriptos stabiles et inconuulsos volumus perhenniter obseruari. Dimittimus insuper dictarum villarum possessores liberos ab aduocacia, vrbium edificacione, poncium [et] aggerum exstructione, a peticione et vectigalium extorsione et reliquis seruiciis, que nobis hactenus ex debito impenderent, ita sane, ut per omnia ea libertate gaudeant, qua ceteri villarum homines, quas in nostro dominio sepe dicti fratres possident, perfrui comprobantnr. Vt ergo hec nostra donacio et oblacio fidelisque prelibatorum fratrum comparacio inuiolabiliter a posteris conseruetur, presentem paginam cum sigilli nostri appensione porrigimus munimine. Huius rei testes sunt: dominus Theodoricus prepositus de Gusterow, Albertus decanus, Gher. scolasticus, Godefridus canonicus et notarius ibidem,
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dominus Stepbanus prepositus de Robele, Vnizlaus, Jerez[l]aus, Johannes de Hawelberghe, Arnoldus de Nigenkerke, Lodewicus Cabolt, Johannes de Cropelin, Ludolphus Rone, milites, et alii quam plures. Datum Gusterow, anno domini M°CC°LVII°, in epiphania domini:
Secundc littere:
In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Amen. Nicolaus et Johannes, Dei gracia domini de Werle, et Johannes eadem gracia domicellus de eodem. Vniuersis presencia visuris vel audituris salutem in domino sempiternam.
Dann folgt hier die Urkunde, d. d. Gustrow anno domini M°CCC°XIIII° in crastino beati Johannis baptiste, wie sie nach dem Originale in Nr. XXXI abgedruckt ist.
Quibus auditis et sic intellectis idem dominus Thidericus Abbas in Darghin ex parte ipsins suique conuentns nobis instantissime supplicauit, ut ad quendam contractum cum honorabilibus viris fratribus Hermanno de Werberghe magistro ordinis sancti Johannis hospitalis Hierosolimitani et Ottone de Stendal commendatore domus Mirow suisque cum conuentualibus, vendicionem et empciouem dictarum villarum, videlicet Craceborch, Dalmerstorpe, Techentin, Blankenuorde, Granzin, habitum, nostrum concessum apponere dignaremur; nos vero, non solum ob dicti Abbatis suique conuentus instanciam, sed eciam propter quandam pecunie summam, videlicet trecentarum et quinquaginta marcarum denariorum slauicalium, a predicto fratre Ottone commendatore exinde in prompto perceptam, nostrum consensum plenum de nostrorum concilio huiusmodi contractui apposuimus et presentibus adhibemus, prenarratam emptionem predictarum villarum per antedictos fratres Hermannum de Werberghe et Ottonem de Stendal ex parte sui ordinis factam ratificantes et
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certitudinaliter approbantes, itaque quod nec nos, nostri heredes, successores, nes aliquis nostrorum officialium prenarratum ordinem beati Johannis, magistrum ordinis eiusdem, commendatorem et conuentuales domus Mirow predicte in villis prelibatis, videlicet Craceborch, Dalmerstorp, Techentin, Blankenuorde et Granzin et in omnibus suis proprictatibus, libertatibus, juribus, metis atque terminis, prout in premissis nostrorum progenitorum continetur litteris, vllatenus debeant impedire. In huius vero nostri consensus confirmacionem et omnium premissorum pleniorem euidenciam presentes litteras, de certa nostra sciencia conscriptas, sigilli nostri munimine duximus roborandas. Testes huius sunt: Nicolaus de Plasten, Henricus de Morin, Hinricus Campze, Jo. de Grambow, Nicolaus Carghow, nostri consiliarii, Johannes Rutze noster notarius, Tidericus Mirow, Hennigk Brusehauere, et alii plurimi fide digni. Datum et actum Robele, anno domini millesimo trecentesimo quinquagesimo nono, ipso die beate Margarethe.
Nr. XXXIII.
Die Comthurei Mirow verschreibt dem Herrn Bernhard von Werle den Wiederkauf der Haidedörfer Crazeburg, Dalmerstorf, Granzin, Techentin und Blankenvorde.
D. d. 13. Julii 1359.
Nach dem Originale im Grossh. Geh. Haupt.-Archive zu Schwerin.
W y broder Otto van Stendal, Cummendůr tů Myrow, vnde wi ghemeynen brůdere dar sulues bekennen openbar an dessem breue alle den ienen, de en zeen edder horen, dat wi des macht hebben ghegheuen vnde gheuen in dessem breue useme leuen gnedyghen heren Juncher Bernde van Werle vnde synen rechten
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eruen, dat se dat gůt vp der heyde, dorpere
de gheheyten syn: Craseborch, Dalmestorpe,
Grantzyn, Techentyn, Blankenuorde, mit al deme
dat dar tů hort, wedder kopen moghen vor
dre dusent mark vnde souentich mark vinkenoghen
penninghe, nu tů sunte Mertens daghe
neghest kvmt vnde vort ouer eyn iar,
der dar na euer eyn iar tů
sunte Mertens daghe, dat is nu tů sunte
Mertens daghe vort ouer twen iaren; bynnen
desser tit scolen se vns gheuen vnde betalen de
vorscreuenen penninghe dre dusent mark vnde
souentich mark in der stat tů Nyen
Brandenborch, wanneyr en dat euenst is, vnde wi
cummendůr vnde brůdere scholen denne
wedder antworden de breue, de wi hebben vp dat
gůt. Were ok dat vnse here Juncher Bernd
edder syne eruen dat vorsproken gůt nicht
wedder enkoften bynnen desser tit vnde dat
vorsůmeden, so enscal vnse here Juncher
Bernd noch syne eruen nyne wedder kopinghe an
deme gůde meir hebben. Tů eyner
groteren bewaringhe so hebbe wi vnse vnde der
meynen brůdere ingheseghele vor dessen
bref ghehenghet, de gheuen vnde screuen is na
godes bort dusent iar drehundert iare inme
neghen vnde vefteghesten iarc, in sunte
Margreten daghe der hilghen iuncurowen.
Charte: oblonges Pergament.
Schrift: gewöhnlich.
Siegelbänder: zwei
Pergamentstreifen.
Siegel: sind zwei
vorhanden, beide rund und von gewöhnlichem
ungeläuterten Wachs.
Das erste, kleinere hat in rundem Felde auf einem Schilde zwei aufrecht stehende Beile nebeneinander. Umschrift:
Das zweite, grössere hat im runden, mit vier halbbogenförmigen Linien am Rande verzierten Felde einen aufrecht stehenden Heiligen (den St. Johannes d. T.) mit dem Heiligenscheine, mit entblösster rechter Schulter und mit einem runden Schilde in der linken Hand, worauf ein kleines Lamm steht; an jeder Seite lehnt sich ein Blumen- (Rosen ?)-Zweig. - Umschrift:
(Dies Siegel ist abgebildet in Westph. Mon. IV., Tab. 17. Nr. 5.)
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:
B.
Nr. XXXIV.
Borwin, Herr von Meklenburg, verleiht dem Kloster St. Michaelis zu Lüneburg das Dorf Cesemone.
D. d. 1219.
Aus Gebbardi diss. secularis
de re literaria coenobii S. Michaelis in
urbe Luneburga, Luneburg ex off.
Sterniana, 1755, nach dem Originale in
den Kloster-Urkunden.
(Zu Jahrb.
II., S. 21.)
I n nomine sancte et individue trinitatis. Ego Borwinus dei gracia Magnopolitanus dominus omnibus in perpetuum. Cum divina disposicio, cujus nutu subsistunt omnia et ordinantur, nos ad hanc novam christianitatis vineam destinaverit exolendam, necessarium consideravimus personis religiosis tamquam columpnis gubernationem nobis creditam sustentare, ne quod plantavit Dei dextera, nostra negligentia aut trepidare arescat, sed potius vigilum Christi ministrorum frequenti rigatione centuplum sorciatur incrementum. Vt vero nostra deuotio plenius elucescat et exemplo consimili quique fideles accendantur, ad noticiam sacrosancte matris ecclesie etatis scilicet tam futurorum, quam presencium pervenire desideramus, quod nos, pro remedio anime nostre et parentum nostrorum et precipue domini Pribizlai patris nostri, ecclesie beati Michaelis Archangeli in Luneborg, ubi corpus dicti patris nostri quiescit, de consensu et adprobatione filiorum nostrorum Heinrici et Nicolai, villam, que Cesemone dicitur, cum omni vtilitate sua et attinentiis obrulimus, XX et quatuor mansos obtinentem, cum cultis scilicet et incultis agris, sylvis, pratis et pascuis et aquis aquarumque decurs-
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bus et judicio, juri nostro renunciantes; dominum Burchardum predicti cenobii abbatem peticionibus quoque et exactionibus et serviciis, que vulgo burcwerk et brucgenwerk dicuntur, nec non expedicionibus misimus in possessionem. Ut autem hec nostra solempnis donacio robur ohtineat perpetue firmitatis et a nullo heredum nostrorum possit retractari vel irritari, hanc paginam sigilli nostri impressione roboratam eis porreximus, sed et banno domini Brunwardi Zwerinensis episcopi promovimus confirmari, eorumque nomina, sub quorum hec acta presencia consequenter fecimus annotari: dnus Brunwardus Zwerinensis episcopus, Mattheus abbas de Doberan, Johannes abbas de Lubeke, Alvericus prepositus de Sunenvelde, Walterus de Buchowe, Ouo de Lubouue, sacerdotes; de laycis vero: Janick, Stoyzlavitz, Zlauotech, Neopra, Heinricus Jermeriz, Thidericus de Godebuz, Johannes de Snakenborg et alii quamplures, quorum nomina superfluum duximus recitare. Ada sunt hec anno dominice incarnacionis millesimo ducentesimo XIX. Data per manum Eustachii notarii nostri feliciter Amen.
Nr. XXXV.
Herzog Johann von Meklenburg-Stargard verleiht dem Henning Beer 1 ) erblich das Obermarschallamt mit der Litze.
D. d. Lichen 20. Dec. 1353.
Nach einer auscultirten Copie
im Grossherzogl. Geh. und Haupt-Archive
zu Schwerin mitgetheilt vom Archivar
Lisch. (Vgl. Rudlolf M. G. II, S. 368,
370 und 657.)
(Zu Jahrb. II., S. 93.)
W y Johan von der gnade gades hertoge thu Meckelenborg, thu Stargarde vnd thu Rostock ein herre,
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Bokennen vnd botugen in desseme jegenwerdigen breue, dat wy vnsem truwen Henningk Beren hebben gelegen vnd leinen vnnse ouerste Marschalkampt, vnd hebben eme dar thu gelegent alle gebeide vnd alle bede, id sy eigendoem effte welkerleiewis wy se beden, vnd alle vrucht vnd alle angefaell, dat vns mocnte anfallen, vp der gantzen Litze, sunder de manschopp. Hir aff schall vns de vorsprokene Henningk houerechtes plegen, also alse id to vnseme marschalkeampt boreth. Were ock dat de Litze vnnd dat dar thu horeth, Henninge affginge mit rechte, so schale wy Henninge thu vnsem marschalkampte leygen, also vele als eme dar an affginge. Were ock dat Henningk aff ginge, vnd lethe he vnmundige kindere nha, de vnse ampt nicht vorstan konden, so scholden se nemen vth deme slechte heren Lippoldes Beren, de waneth thu Cammin, den oldesten, de ere vormundere were also lange wente se thu eren jaren quemen. Were ock dat de vorbenomede Henningk affginge ane eruen effte de gene, de von em geboren weren, so scholde dat ampt fallen vp den oldesten, de von des vorsprokenen heren Lippoldes Beren von Cammin geboren were, vnnd dat ampt schall so vort eruen von dem einen up den andern alle de wile dat dat slechte waren mach. Thuge desser dingk sint vnse truwen: her Vicke Munth, her Vritze von Berthecow, riddere, Abele Woldenhagen vnd Hinrick Rode vnse schriuere vnd vele andere bederue lude, de se tuge wert sint. Desse breff de is gegeuen nach gades borth dusent drehundert jar in deme dre vnd veftigesten jare thu Lichen in sunte Thomas auende des hilligen appostels. Thu einer groteren betuginge so hebbe wy vnse hemeliche ingesegell vor dessen breff gehangen.
Auschultata et collacionata est presens copia per Hinricum Molitorem Hauelbergensis diocesis, auctoritate imperiali notarius, que cum suo vero origenali de verbo ad verbum concordat, quod protestor manu mea propria.
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Auf der Rückseite steht:
Ein coppie vff de Litze land d. h. Beren marschalken zu gr. marschalk, ampt 1524.
Nr. XXXVI.
Marquard, Bischof von Ratzeburg, verkauft den Bauern in Malzow ein Stück Land, wo das Holz abgetrieben war, für 400 M. Lub. Pfen. und eine jährliche unveränderliche Abgabe von 20 M.
D. d. Ratzeburg 2. Februar 1320.
Nach dem Originale im Besitze
der Dorfschaft Malzow mitgetheilt vom
Rector Masch zu Schönberg.
(Zu
Jahrb. II., S. 141.)
I n nomine Domini, Amen. Marquardus dei gratia Ratzeborgensis ecclesiae episcopus universis Christi fidelibus praesentes literas inspecturis salutem in domino. Cum notitia rei gestae tenore praesentium recognoscimus et notum facimus universis, quod, cum olim gravati essemus immenso onere debitorum partim ab antecessoribus nostris et partim a nobis pro necessitate ac utilitate eeclesiae nostrae successive contractorum, nec habentes in promptu, unde eadem debita persolvere possemus: habita plena et matura deliberatione cum capitulo nostro et cum aliis amicis fidelibus ecclesiae nostrae, silvam nostram, sitam in terra Boitin prope villam nostram Malsowe, nobis et ecclesiae propter diversas et varias infestationes, molestias, perturbationes et injurias, quas a quibusdam vicinis nostris militaribus et aliis, occasione incisionis lignorum quorundam in dicta silva faciebant, sedulo perpessi fuimus, minus utilem, venditioni exposuimus, et tandem ligna ejusdem silvae, praeter
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fundum, quibusdam civibus in Lubeke vendidimus pro trecentis et quinquaginta marcis denarior. lubicens. nobis solutorum et in utilitatem ecclesiae nostrae atque in solutionem praedicti mutui conversorum. Post plures itaque annos nos adtendentes, quod ipse Fundus seu terra ejusdem silvae nondum arabilis facta et ecclesiae nostrae, si sic maneret inculta, nihil penitus commoditatis aut utilitatis afferret, demum matura deliberatione cum capitulo nostro praehabita, eundem fundum, sive terram totam et integralem silvae praedictae infra suos limites diffinitos et notos, sicut ab olim usque in praesentem diem satis noti apparent, colonis nostris omnibus in dicta villa Malsowe morantibus vendidimus pro quadringentis marcis denarior. lubicens. nobis solutorum et in utilitatem ecclesiae nostrae integre conversorum, ea tamen conditione apposita, quod coloni praedicti nunc exstantes et futuri viginti marc. denar. lubic. nomine pensionis de ipsa terra praedicta, sive arabilis facta fuerit, sive non, singulis annis in festo beati Martini nobis et successoribus nostris in perpetuum solvere teneantur, transferentes in eos plene et libere omni solennitate et legalitate, quae in talibus adhiberi solent et debent adhibitis, die tam terram sive fundum cum. suis pertinentiis omnibus, in pascuis, rubetis, rivulis, campis cultis et incultis et generaliter omnibus utilitatibus et appendiciis, nobis et ecclesiae nostrae in dicta terra sive fundo competentibus de consuetudine et de jure. A qua tamen generalitate judicium majus et minus excipiendum duximus, nobis illud specialiter reservantes. In contractu quoque isto hujusmodi inter nos et emtores ipsos conditio intervenit, videlicet quod ipse census praedictus fundo impositus saepedicto per nos vel successores nostros nullo modo ex quacunque causa vel figmento seu quaesito colore augeri debeat in futurum, ita autem, quod iidem coloni de terra sive fundo saepedicto sic vendito et translato neque
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decimas, vel exactiones seu tallias, vel aliud jus quodcunque praeter censum supradictum praestare, nec servitium seu obsequium quodcunque inde facere teneantur. In quorum omnium evidens testimonium praesentem literam inde confectam ipsis tradidimus, sigilli nostri appensione fideliter communitam. Et nos Eccardus dei gratia praepositus, Joannes prior et Capitulum ecclesiae Ratzeburgensis praedictae contractui supradicto, cui, prout humana nosse sinit fragilitas, non est dubium, domino nostro episcopo suisque successoribus et ecclesiae nostrae profuturum, consensum et collaudationem impertientes, praesenti instrumento sigillum nostrum ad preces domini nostri domini Marquardi episcopi praedicti duximus appendendum. Testes autem huius rei sunt discreti viri: Joanes Barnecow canonicus Ratzeburg., magister Pelegrinus Canonic. Hamburg., et Petrus plebanus Sconeberg., clerici nostri, et alii quam plures ad promissa vocati separatim et rogati. Datum Ratzeborg anno domini MCCCXX, in festo purificationis beatae Mariae virginis.
Das Original auf Pergament, im Besitze der Bauerschaft zu Malzow, - eine gewiss sehr seltene Erscheinung -, ist wohl erhalten; die Siegel sind, mit Ausnahme des Capitel-Siegels, ebenfalls fast ganz erhalten, nur dass die Umschriften abgebröckelt sind.