![]() ![]() |
Seite 119 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
![]() ![]() ![]() |
|
:
3. Die Glocke von Camin.
"Die größere Glocke zu Camin bei Wittenburg ist viel besprochen. Nach der Sage in dortiger Gegend soll sie eine Inschrift tragen, welche Niemand habe enträthseln können, selbst, was jedoch kaum glaublich ist, der gelehrte Tychsen nicht. Nach brieflichen Mittheilungen (vgl. Jahresber. I, S. 35) des Herrn Pastors Bruger zu Warsow hätten "weder die berühmtesten Kenner, selbst Tychsen und Arendt, noch das großherzogliche Archiv zu Schwerin Aufschluß geben können;
![]() ![]() |
Seite 120 |
![]() ![]() ![]() ![]() |
eine weitläuftige Correspondenz, welche sein seel. Großvater, wailand Prediger zu Camin, mit einer Menge auswärtiger Gelehrten darüber geführt, sei leider nach dessen Tode nicht aufzufinden gewesen". - Die Inschrift, welche ich bei Gelegenheit der Aufgrabungen zu Camin persönlich untersuchte, ist aber in großen, schönen Zügen auf den ersten Blick völlig klar und lautet einfach:
d. i.
O . rex. gloriae . Jhesu . Christe . veni . cum . pace.
(O König der Ehren, Jesu Christ, komm mit Frieden.)
Es ist also die so häufig vorkommende
Glockeninschrift. Was dieselbe jedoch merkwürdig
macht, ist, daß sie in den bekannten römischen
großen Unzialen aus dem Anfange des vierzehnten
oder Ende des dreizehnten Jahrhunderts
ausgeprägt ist, während die meisten übrigen
Glockeninschriften derselben Art im Lande die
gothische Schrift des fünfzehnten Jahrhunderts
zeigen (vgl. Jahrbücher I, S. 65 und 68). - Die
angebliche Schwierigkeit der Erklärung dieser
Inschrift liegt wahrscheinlich darin, daß sie
nach schlechten und vielleicht immerfort
tradirten Abschriften vorgenommen ist. Nach der
vom Hrn. Pastor Bruger mitgetheilten Abschrift
zu urtheilen, ist freilich eine Erklärung nach
Abschriften wohl schwerlich möglich, da die
klaren Züge kaum wiederzuerkennen sind, selbst
wenn man die Glocke gesehen hat, und die
Abschrift mit dem letzten Buchstaben
des Wortes P
anfängt, also mit
O, und nicht mit dem
. Nach einer Mittheilung des Herrn
von Bülow auf Camin, noch ehe ich die Inschrift
untersucht hatte, hatte auch wohl der bekannte
"nordische Alterthumsforscher" Arendt,
der die Glocke mit eignen Augen gesehen, richtig
gelesen, indem er es für eine Anrufung Christi
erklärt habe.
G. C. F. Lisch.