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X.

Miscellen und Nachträge.


1.
Der Bischof Ragibrat von Meklenburg


I n den Jahrbüchern des deutschen Reichs unter der Herrschaft König und Kaiser Otto's III., 983 - 1002, von R. Wilmans, Berlin, 1840, wird Folgendes gesagt (S. 74): Bei der am 16. October 992 erfolgten Einweihung der Stephanskirche zu Halberstadt waren der Kaiser Otto und viele Große und Bischöfe Deutschlands gegenwärtig. "Die Chronik von Quedlinburg gedenkt außerdem noch Ragibrat's, des Bischofes von Meklenburg, und wir dürfen hieraus ohne Zweifel wohl entnehmen, daß, wenn die Landschaften an der Ostsee auch nicht die Oberhoheit des deutschen Reichs anerkannten, sie doch das Christenthum nicht so gänzlich zerstört hatten, als man aus den Berichten vom J. 983 vermuthen sollte." - Wilmans erläutert diese Darstellung in der Note 4 also: "Das Chron. Halberstad ap. Leibn. VI, 117, welches das Quedl. ausschreibt, hat Rembertus Nielemburgensis, die Ausgabe von Schatz p. 18 aber Mikalenburgensis und der Annal. Saxo: Racisburgensis; doch verdient das Quedl., offenbar in dieser Zeit abgefaßt, den Vorzug. Merkwürdig indessen bleibt es, daß Otto in einer Urkunde von diesem Jahre, wo er übereinstimmend mit dem Ouedl. alle um ihn versammelten Bischöfe aufzählt, seiner nicht erwähnt. Diese Urkunde ist zu Hildesheim den 15. März ausgestellt (nicht bei Böhmer), und Eichhorn Episc. Curiens. Prob. 32 glaubt mit Recht, daß statt März ein späterer Monat gesetzt werden müsse".

Ueber den Zug des Kaisers Otto III. durch Meklenburg im K. 995 vergleiche man den folgenden Abschnitt.


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2.
Ueber den Namen Meklenburg.


In den Jahrbüchern I., S. 174 ist zuerst über die Ableitung und die Form des Namens Meklenburg berichtet. Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß diese Schreibweise die allein richtige und daß der Name aus hochd. michil. niedd. mikil= groß, und Burg zusammengesetzt sei, wie Lütgenburg aus niedd. lütge oder lütt=klein, und Burg u. s. w. Ich kenne andere Etymlogien , namentlich die, daß Miklenburg aus Mjuklat, nordische Form für Niclot, und Burg zusammengesetzt sei, also Niclotsburg bezeichne, wobei man denn einräumt, daß man auf einen frühern Niklot, als den letzten Wendenkönig, zurückgehen müsse. Bei dieser Etymologie bleibt dann aber immer noch das zweite, deutsche Wort Burg unberücksichtigt, welches doch ohne Zweifel deutsch ist. Das Wort Meklenburg ganz aus slavischen Wurzeln herzuleiten, wird also nie gelingen. In Jahrb. IX, S. 407, habe ich die Etymologie des erfahrnen posenschen Bischofs Boguphal († 1253) eingeführt, welcher die Herleitung vom Könige Mjuklat oder Miklo zuerst hat. Dieser hätte gerne Lust, die lateinische Uebersetzung des zweiten Wortes der Zusammensetzung: Magnopolis aus dem slavischen pole=Ebene, Feld, abzuleiten. - Alles Etymologisiren, wie jedes Forschen, nimmt aber ein beklagenswerthes Ende, wenn es nicht historisch getrieben wird. Es ist nicht meine Absicht, hier die Geschichte des Namens Meklenburg zu durchforschen; ich will nur ein schlagendes Beispiel dafür geben, daß der Name schon in der ältesten Zeit, im J. 995, urkundlich die hochdeutsche Form Michelenburg hatte, also zu einer Zeit, wo man sich der Worte noch ganz klar bewußt war. Wilmans sagt in den Jahrbüchern des deutschen Reiches unter Otto III. 983 - 1002, Berlin, 1840, S. 82: Der Zug gegen die Slaven wurde gegen Anfang Septembers ausgeführt; er galt vorzüglich den Obodriten und Velotabern. - - Otto verwüstete das Land, zerstörte die Städte und Burgen der Slaven und drang in diesen Gegenden so weit vor, wie kein anderer König seines Stammes. Den 10. September finden wir ihn in Michelenburg - -, den 3. October aber in der Gegend der heutigen Tollense und den 6. desselben Monats in Havelberg". Die Urkunden sind in Böhmer Regesta chron. dipl., Frankf.

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1831, Otto III., Nr. 750 d. d. Michelenburg (in Erath cod. dipl. Ouedlinb., Frankf. 1764), Nr. 751 d. d. in pago Tholensani (in Eccard historia geneal. principum Saxon. sup. Lips. 1722) und Nr. 753 d. d. Hauelinbergae (in Heydenreich Historie der Pfalzgrafen von Sachsen, Erfurt 1740) aufgeführt. Es leidet also keinen Zweifel, daß im J. 995 der Name Meklenburg hochdeutsch als Michelenburg=d. i. Großburg, verstanden ward, da der Kaiser Otto III. den Namen so auf der Burg schreiben ließ. Die Urkunde 1 ) theile ich im Anhange mit.

G. C. F Lisch.     

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3.
Das heilige Blut und dessen Capelle im Dome zu Schwerin.


Der Dom zu Schwerin besaß in einem in einen Jaspis eingeschlossenen Tropfen des heiligen Blutes Christi ein berühmtes Heiligthum, welches der Graf Heinrich I. von Schwerin auf seinem Kreuzzuge nach Jerusalem (1219 - 1222) hier von dem Cardinal=Legaten Pelagius geschenkt erhielt und nach seiner glücklichen Heimkehr am Grünen=Donnerstage 1222 der Domkirche zu Schwerin schenkte 2 ). Die Kirche aber besaß schon vorher ein besonderes Heiligthum: in einem Ablaßbriefe 3 ), welchen der Papst Honorius III. am 29. Junii 1220 auf Bitten des Grafen Heinrich von Schwerin, des tapfern Vertheidigers der römischen Kirche ("Romanae ecclesiae strenui defensoris"), dem Dome zu Schwerin schenkte, wird ausdrücklich gesagt, daß die junge Kirche zu Schwerin das "Sacrament Jesu Christi" besitze ("ecclesia Zwerinensis, noua plantacio, in qua sacramentum domini nostri Jhesu Christi pie creditur esse reconditum"). Das Datum dieses Ablaßbriefes ist durchaus gesichert; die Art und Weise, wie in demselben des Grafen Heinrich gedacht wird, scheint darauf hinzudeuten, daß dieser erst


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. 1.
2) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 72 flgd. und Jahrb. XIII, S. 151.
3) Vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 65 flgd.
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auf seinem Kreuzzuge nach Palästina begriffen und auf dem Zuge nach dem heiligen Lande bei dem Papste gewesen war: denn sonst würde der Schenkung des heil. Blutes ohne Zweifel ausführlicher und bestimmter Erwähnung geschehen sein, wenn die Ablaßbulle nach der Rückkehr des Grafen von dem Kreuzzuge ausgestellt worden wäre. Es ward also schon vor der Darbringung des berühmten Heiligen=Blutes, welches der Graf Heinrich I. von seinem Kreuzzuge aus dem heiligen Lande mitbrachte, ein anderes Heil. Blut im Dome zu Schwerin aufbewahrt. Ich habe diese Ansicht schon in der Geschichte der heil. Bluts=Capelle in Jahrb. XIII, S. 151 - 152 (und in dem Separat=Abdrucke S. 11 - 12) ausgesprochen. Und diese Ansicht wird durch eine alte Nachricht bestätigt. In dem Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, Hannover 1838, VI, S. 653, beschreibt Lappenberg eine alte Handschrift der Bibliothek zu Wolfenbüttel, welche am Ende auch eine

Historia de duce Heinrico Leone et de Heinrico episcopo Lubecensi

enthält. Die 38 ersten Blätter, welche einige Heiligengeschichten enthalten, sind von älterer, vermuthlich der letzten Hälfte des 12. Jahrhunderts angehöriger, etwas erblaßter Schrift. Die Schrift der letzten 20 Blätter ist neuer, weniger reich an Abbreviaturen, mit einfachen rothen Ueberschriften und Anfangsbuchstaben.

Auf den letzten 7 1/2 Blättern steht die oben erwähnte Erzählung vom Herzoge Heinrich dem Löwen und vom lübecker Bischofe Heinrich. Dieser Aufsatz erweiset sich lediglich als ein wirklicher Auszug des letzten Capitels von Helmolds und von Arnolds von Lübek Chronik, so ferne sie die Reise des Herzogs nach dem gelobten Lande und die Lebensverhältnisse des Bischofes betreffen, mit den zu erwähnenden Zusätzen und einigen Urkunden. Der ganze Aufsatz bezweckt zunächst die Geschichte einer vom Herzoge Heinrich angeblich aus dem Morgenlande mitgebrachten Reliquie, dem heil. Blute Chsti. Zu Cap. 7, 8 und 9 ist ein Zusatz eingeschaltet, in welchem erzählt wird: der Herzog Heinrich der Löwe habe an die Stelle des auf dem Zuge nach dem gelobten Lande in seinem Gefolge gestorbenen Bischofs Conrad von Lübek den Abt zu St. Aegidii in Braunschweig wieder zum Bischofe verordnet und diesem und dem Grafen Guncelin von Schwerin sehr viele Geschenke gemacht; so habe er auch das heilige Blut Christi in zwei Theile getheilt und einen Theil dem einen, den andern Theil dem andern (Grafen Guncelin

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von Schwerin) mit nach Hause gegeben. Der Zusatz lautet wörtlich:

"Erantque in comitatu ducis prefati (Heinrici) ad duo milia hominum. - - Nec immemor beneficiorum, in locum Conradi episcopi, qui mortuus fuerat in via, dominum Henricum abbatem sancti Egidii in Brunswik episcopum instituit et promouit, donans ei et Guncelino comiti Suerinensi munera plurima: et sanguinem domini nostri Jhesu Christi, quem in duas particulas cum tremore et amore diuidens: partem uni et partem alteri tribuit, et ad terras proprias tantis muneribus honoratos et onustos remisit".

Es ist also hiernach keinem Zweifel unterworfen, daß sich schon seit dem 12. Jahrh. ein heiliges Blut, vor dem berühmten, im Dome zu Schwerin befand.

G. C. F. Lisch.     

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4.
Die Einweihung des Domes zu Schwerin


wird von Hederich in seiner Chronik von Schwerin auf den St. Vitus=Tag des J. 1248 gesetzt:

"1248. Weihet Wilhelm etc. . den Thumb zu Schwerin am tage Viti in Beyseyn 3 Bischöff Verden, Lübeck und Camin, und stifft zum ewigen Gedächtniß auf den Tag Viti ein Ablass".

Dies ist die bisher bekannte, älteste Quelle. Es ist jetzt jedoch in dem Rudloff'schen Nachlasse eine Urkunde vom 21. August 1249 1 ) entdeckt, in welcher der Einweihung unter den von Hederich angegebenen Umständen gedacht wird, indem der Bischof in derselben sagt, daß,

"als er unter Beistand der Bischöfe von Lübeck, Verden und Camin am Tage des H. Vitus die Kirche zu Schwerin geweihet habe, er zum Gedächtniß dieser Weihung dem Dom=Capitel den Zehnten von 11 Hufen in Robertsdorf geschenkt habe".


1) Vgl.=Samml. Nr.VII.
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Es möchte hiernach nicht nur wahrscheinlich sein, daß der Dom im J. 1249 geweihet sei, da der Bischof als von einer bekannten, vor noch nicht langer Zeit begangenen Feierlichkeit redet und vielleicht eine Andeutung hätte fallen lassen, wenn schon über ein Jahr verstrichen gewesen wäre. Es wäre daher möglich, daß die Angabe des J. 1248 ein Versehen von Hederich wäre, indem er in seinem Index die Erwählung des Bischofs Wilhelm richtig in das Jahr 1248 setzt und darauf alle Handlungen desselben ohne Angabe der Jahre aufführt. Der Bischof Wilhelm ward im J. 1248 gewählt. Am 16. Sept. 1248 datirt er eine Urkunde: "pontificatus nostri anno primo" 1 ). Die hier mitgetheilte Urkunde vom 21. August 1249 ist die letzte des Bischofs, die bekannt geworden ist, und wahrscheinlich ein Theil seines Testamentes.

Dennoch wird die Angabe Hederichs richtig sein, da auch in dem Visitationsprotocolle von 1625 gesagt wird:

"1248 hat Wilhelmus, der V. Bischof von Schwerin im ersten jahre seiner Regierung den Dom zu Schwerin am tage Viti eingeweihet".

Es ist also wahrscheinlich, daß der Bischof in der testamentarischen Urkunde vom 21. August 1249 nur eine frühere Bestimmung wiederholt.

Uebrigens gab auch nach Clandrian's Regesten der Urkunden des Bisthums im J. 1249 auch der Erzbischof von Cölln dem Dome einen Ablaß "für die, welche zum gebew der Kirche geben würden".

G. C. F. Lisch.     



1) Vgl Lisch Mekl. Urk. III, S. 96.
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5.
Der Dom zu Güstrow

und
die Heilige Cecilie


Das Dom=Collegiatstift zu Güstrow ist bekanntlich im J. 1226 gegründet und besonders der Heil. Cecilie geweihet ("ad honorem - - beate Cecilie virginis"), vielleicht die einzige Kirche im Lande, welcher dieser Heiligen geweihet war. Es liegt darin eine alte, tiefe Beziehung. Der Dom zu Güstrow war freilich späterhin eine zu dem Bisthume Camin gehörende Stiftung; bei der Gründung gehörte sie aber noch zum Bisthume Schwerin, wie denn der Dom vorzüglich auf Zureden des zweiten schweriner Bischofs Brunward ("de consilio Brunwardi episcopi Zverinensis") gegründet ward. Die Bischöfe von Schwerin standen nun in ältester Zeit fest zu den Grafen von Schwerin und mußten dies, wenn sie ihr Reich ausbreiten wollten. Die Grafen von Schwerin waren aber mit den weltlichen und geistlichen Würdenträgern jenseit der Elbe innig verbunden. Und so kam es, daß der Dom zu Güstrow unter dem Protectorate des uralten Bisthums Hildesheim, nach dem Muster desselben ("secundum ordinem ecclesie Hildesiensis" ) eingerichtet ward. Zu Hildesheim war damals ein schweriner Graf Friederich, Gunzelin's I. jüngster Sohn, Dompropst; er kommt als solcher 1220 - 1237 oft vor; im J. 1237 ward er nach dem Tode des Bischofs Brunward Bischof von Schwerin (vgl. Rudloff Meklenb. Gesch. I, S. 198, und II, S. 32); daher war auch wohl sein älterer Bruder, der berühmte Graf Heinrich I., bei der Stiftung des güstrower Domes gegenwärtig.

Die Heilige Cecilie aber war eine Hauptheilige des Domes zu Hildesheim seit der Stiftung des Dom=Capitels im J. 872. In einer alten hildesheimer Chronik heißt es:

"Ipse ( Altfridus quartus episcopus: 847 - 874) anno incarnationis domini 872 - - inchoatum Hildeneshem monasterium dei gratia consummavit et divinae maiestati in honore sancte Mariae sub tytulo sanctorum Cosmae et Damiani, Tyburtii et Valeriani et sancte vir-

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ginis Cecilie devotissime dedicavit kal. Novembris".
Chronicon Hildesheimense in Pertz Mon. IX, p. 851.

Noch heute steht ein altes silbernes Brustbild der Heiligen Cecilie, welches ihren Schädel einschließen soll, (heraldisch) rechts auf dem Hochaltare des Domes zu Hildesheim.

G. C. F. Lisch.     

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6.
Der H. Godehard in Kessin.


In Jahrb. VI, S. 70 flgd. ist ausgeführt, daß es einen wendischen Götzen Goderak gab, daß dieser in dem Orte Goderak, im Lande Rostock, verehrt und daß die Warnow früher auch Guderaksaa genannt ward, ferner daß der Heidenbekehrer Bischof Berno von Schwerin den Götzen stürzte, für den Götzen Goderak den Heiligen Godehard substituitte, für sich und seine Nachfolger den Ort Goderak geschenkt erhielt und denselben Godehardsdorf, jetzt Goorstorf, nannte. Von Wichtigkeit ist es nun, daß der Heil. Godehard noch sonst im Lande Rostock und zu Kessin von Bedeutung war. Die Kirche zu Kessin war dem H. Godehard geweihet. Der Herr Senator Dr. Mann theilt aus dem alten rostocker Stadtbuche von 1261 - 1270 ein Testament des rostocker Gärtners Johann Frese mit, welcher unter anderm auch dem H. Godehard zu Kessin 4 Schillinge vermacht:

"Johannes Friso ortulanus - - condidit testamentum suum - - et contulit: -- s. Elisabeth in Butzow XI 1/2 . sol. et b. Marie ibidem XI 1/2 sol;- - s. Paulo in Sywan I mr; - - ad s. Godehardum in Kezcin IIII sol; ad redimendam crucem in Riga X mr."

In der Kirche zu Kessin befindet sich noch eine ziemlich gute, große, hölzerne, geschmackvoll bemalte Bildsäule von ungefähr dreiviertel Lebensgröße, welche einen sitzenden Bischof darstellt, der in der rechten Hand einen Krummstab, auf dem

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linken Arme ein Kirchenmodell hält. Wahrscheinlich stellt sie den H. Godehard vor. Dem Anscheine nach stammt die Bildsäule aus dem 15. Jahrhundert.

Die Kirche hat übrigens nichts Ausgezeichnetes. Der quadratische Chor, ein guter Feldsteinbau, ein Gewölbe groß, welches mit einem großen Kreise geschlossen ist, stammt aus dem zweiten Viertheil des 13. Jahrhunderts und ist ganz gewöhnlich. Das nicht gewölbte Schiff, von zwei Gewölbelängen Größe, ist ein jüngeres Werk, ungefähr aus dem 15. Jahrhundert.

G. C. F. Lisch.     


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7.
Von dem Streite auf dem Jellande.


Der Streit auf dem Jellande (vgl. Jahrb. XVII, S. 118), in welchem der Herzog Erich von Sachsen=Lauenburg im J. 1358 während des schweriner Krieges einen bedeutenden Sieg über den Herzog Albrecht von Meklenburg gewann, ist bisher der Oertlichkeit nach ganz unbekannt gewesen. Ohne Zweifel ist, nach der Mittheilung des Herrn Dr. Techen zu Wismar, das Jelland die Insel Seeland, deren Name eigentlich Sjøland geschrieben, aber noch heute Jelland ausgesprochen und auch geschrieben wird, z. B. bei den Namen von Schiffen. Dies stimmt auch zu dem Verlaufe der Begebenheiten. Der Herzog Albrecht mußte den Grafen von Holstein in der Zeit vom Anfange August bis in den October 1358 gegen Dänemark (nach Fehmern, Seeland und Schonen) folgen; während der Zeit ward am 24. August 1358 Plau eingenommen und vier Wochen darnach gewann der Herzog Erich über den Herzog Albrecht die Schlacht auf dem Jellande, welches nach dem Verlaufe der Begebenheiten nur in Dänemark liegen kann. Die Ereignisse dieses Krieges sind noch sehr dunkel, jedoch werden die in den Jahrb. a. a. O. mitgetheilten Nachrichten dazu dienen können, dieselben bedeutend aufzuklären.

Die Form Jelland kommt sonst noch vor, z. B. in den Verhandlungen über den Krieg der Hansestädte gegen Dänemark in Folge der Cöllner Conföderation vom J. 1367. In dieser Cöllner Conföderation (vgl. Sartorius Urkundl. Geschichte des

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Ursprunges der deutschen Hanse, herausgegeben von Lappenberg II, S. 607) heißt es:

vnde de coggen vnde lude van den steden van de wendeschen siiden vnde van Prussen scholen mit erer ghantzen vlote mit alle den schepen, de dor den Oresund willen, rede wesen, uppe paschen neghest komende to zeghelende vp den Gheland, sik dar to vindende vnde to de vlothe van der Zudersee to zeghelende in den Oressund.

Hier ist offenbar auch nur Seeland zu verstehen: die holländischen Schiffe (aus der Südersee) sollen in den Sund (Oresund) kommen und die Schiffe der wendischen Hanse und von Preußen, also aus der Ostsee, sollen sich bei Seeland (Geland) versammeln, um sich mit den erst genannten Schiffen im Sunde zu vereinigen.

In dem Receß der Abgeordneten der Seestädte zu Rostock am 16. März 1368 (bei Lappenberg a. a. O. S. 620) heißt es:

Item quod quivis debet esse expeditus cum suis armatis in proximo festo pasce, sed omni semoto dubio dominica Quasimodogeniti supra Gelland debent esse congregati.

Es ward also noch einmal bestimmt, daß die Schiffe der wendischen Hanse am Sonntage Quasimodogeniti 1368 auf der Höhe (so muß hier das lateinische "supra" und vorher das plattdeutsche "up" erklärt werden) von Gelland, d. i. Seeland, versammelt sein sollten. Die Ausfertigung im rostocker Archive hat die Form "Gelland", eine kopenhagener Ausfertigung liest "Seland", welches hier zugleich als Erklärung dienen kann. Lappenberg bemerkt dazu, nicht mit Recht:

"Hafn. irrig Seland. Rost. hat de richtige Lesart, S. oben die Cölner Conföderation",

ohne jedoch die Form Gelland zu erklären.

Die Flotte hatte sich demgemäß auch um Ostern im Sunde vereinigt; vgl. Dittmer Geschichte des Krieges der See= oder Wendischen Städte mit Dänemark und Norwegen in Folge der Cöllner Conföderation vom J. 1367, Lübeck 1853, S. 24 und 26. Dittmer erklärt S. 24 den Gelland für einen Ort "bei der Insel Rügen" und versteht darunter ohne Zweifel die schmale und ungünstig gelegene Meerenge Gellen oder Jellen zwischen Festland und Insel Rügen bei Stralsund, welche aber sicher nicht gemeint sein kann, da wohl keine ungünstiger und unbequemer gelegene Stelle hätte ausgesucht werden können, als diese.

G. C. F. Lisch.     


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8.
Ueber die Burg Davermoor.

(Nachtrag zu Jahrbüchern XV, S. 63 flgd.)


In Jahrb. XV, S. 63 flgd., ist durch Urkunden vom 13. bis 16. Jahrhundert nachgewiesen, daß das früher den Preen zuständige Gut Davermoor bei Gr. Brütz, welches den v. Halberstadt gehörte, lag und das Gut sei, welches jetzt Gottesgabe heißt. In der meklenburgischen Zeitung, 1851, Nr. 180, Beilage, ist zwar aus unbegründeten, neuern Sagen Zweifel dagegen erhoben; aber die Urkunden reden zu bestimmt, als daß solche Sagen von irgend einem Gewicht sein könnten. Da aber der Name der Burg selten vorkommt, so theile ich hier nachträglich noch eine später aufgefundene Urkunde 1 ) mit, welche den Namen der Burg wiederum bestätigt und Schlüsse auf die Sage derselben gestattet. Am 13. Januar 1357 verschrieb nämlich der Graf Otto von Schwerin seinem Marschall und Burgmann Henning Halberstadt (ohne Zweifel auf Brüsewitz) für eine Schuld von 125 Mark lüb. Pfen. die Beden aus folgenden in der Grafschaft Schwerin nicht weit von Brüsewitz gelegenen Dörfern: Rüting, Schönfeld, Gr. Eixen, Wendisch=Brüsewitz, Wendisch=Grambow, Davermur, (aus 4 Hufen in) Gr. Rogahn und Gr. Trebbow, zur Erhebung bis zur Tilgung der Schuld,

G. C. F. Lisch.     


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9.
Ueber das Dorf Zweendorf

oder
Wozezekendorf und Albertsdorf.


Wie sich einer an sich interessanten, wenn auch scheinbar geringfügigen Sache fortwährend merkwürdige Eigenthümlichkeiten ablauschen lassen, so auch den in der Ueberschrift genannten Namen. In Jahrb. V, S. 70 flgd., ist die Geschichte dieser Namen ausführlich behandelt.


1) Vgl. Urk.=Samml. Nr. XVIII.
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Die Dörfer gehörten in der ältesten Zeit unserer Geschichte, in der ersten Hälfte des 13. Jahrh., einem Ritter Albert vom Buge. Nach diesem hieß:

Albertsdorf der Ritterhof, und
Wozezekendorf das dazu gehörende Bauerdorf;
Zweendorf oder To den twen dorpen wurden
beide Güter zusammen genannt,

nachdem beide an das Kloster Doberan gekommen waren.

Als dieses Kloster im J. 1257 das Gut Albertsdorf gekauft hatte, ward beschlossen:

Albertsdorf in
Abtsdorf (villa abbatis) umzutaufen,

aber dieser Name erhielt nie allgemeinen Eingang; jedoch kommt in den Klosterrechnungen häufig die Form:

Wo=Absdorf (= zu dem Abtsdorf)

mit der wendischen Präposition Wo= (= zu) vor.

Nun scheint die Entdeckung 1 ) von großem Interesse zu sein, daß Albertsdorf und Wozezekendorf derselbe Name sind. Der polnische heilige Albert, ein geborner Böhme, zuletzt Erzbischof von Gnesen (995), hieß nämlich zuerst Woiciech. Seitdem ist in den slavischen Ländern der Name Woiciech (auch abgekürzt Woytech) für Albert allgemein und der heil. Albert heißt noch heute in Polen: Swente Woiciech.

Nimmt man nun an, daß sich diese Uebersetzung des Namens schon früh über alle slavischen Länder verbreitete, so mag es nicht unwahrscheinlich sein, daß Wozezekendorf oder Wozezkdorf nichts als eine wendische Uebersetzung des deutschen Namens Albertsdorf ist und daß der Ritterhof einen deutschen, das Bauerdorf einen wendischen Namen von gleicher Bedeutung erhielt.

Die erklärende Nachricht steht in Dlugossi Historia Poloniae I, p. 106.

981. Primo episcopo Pragense Dithmaro mortuo, Adalbertus, Bohemus natione et lingua, de nobilibus parentibus ortus (pater eius Slawnik, mater eius Strzezistawa), in Pragensem episcopum acclamatione cleri et populi electus est. - - Hic in baptismo nomen Bohemicum Woiciech, quod significat exercituum consolator, acceperat; sed episcopus Maideburgensis, apud quem exegerat adolescentiam, eum Adalbertum difficultale expressionis originarii nominis motus cognominat.


1) Nach gütiger Mittheilung Sr. Excellenz des Herrn Barons v. Maltzan auf Duchnow etc. . in Polen, zu Weistrup.
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Der Name Wozezekendorf ward übrigens schon früh abgekürzt, indem, wie häufig, die erste Sylbe Wo= abgeworfen ward, während man dieselbe Sylbe, freilich in anderer Bedeutung, dem Namen Abtsdorf vorsetzte. In einer im wismarschen Stadtbuche enthaltenen Urkunde vom J. 1369 (feria III. post Johannis baptiste) werden als Bürgen einer Verschreibung für die Kirche zu Russow unter Andern genannt: "Hermannus de Ortzen de Roggow, Hintzeke Mathei de Russow, Johannes Smale de Tzetzekendorp, Antonius Vten, Conradus Vten de Tzetzekendorp etc."; als Vorsteher der Kirche zu Russow werden genannt: "Hintzeke Mathei, Johannes Smale de Tzeetzekendorp, Johannes Burmester de Alberstorpe".

G. C. F. Lisch.     


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10.
Der Verfasser des Reineke Vos

ist seit der Eröffnung neuer Quellen in meiner ältern Geschichte der Buchdruckerkunst in Meklenburg (in den Jahrbüchern Bd. IV.) wiederholt Gegenstand kritischer Forschungen gewesen. Ich habe a. a. O. S. 204 das Augenmerk auf den von mir entdeckten rostocker Stadtschreiber Hermann Barckhusen, als möglichen Verfasser des Werkes, zu lenken gesucht. In den Jahrbüchern XVIII, 1853, S. 178, hat F. Boll nachgewiesen, daß die protestantische Glosse der ersten in Rostock erschienenen Ausgabe von 1539 nicht von Nicolaus Baumann sein könne, daß vielmehr H. Barckhusen "an der Herausgabe des plattdeutschen Reineke betheiligt gewesen" sein dürfte. Ganz zu demselben Resultate, und gleichzeitig mit Boll, jedoch ganz unabhängig von diesem, gelangt F. Zarncke in seiner scharfsinnigen Abhandlung "Zur Frage nach dem Verfasser des Reineke" in Moriz Haupt's Zeitschrift für deutsches Alterthum, IX, 2, 1853, S. 374 - 388, in welcher er S. 386 annehmen zu müssen glaubt, daß Nicolaus Baumann seinen Theil an der Herausgabe des plattdeutschen Reineke haben könne, daß dagegen "am einfachsten alle Thatsachen und Verhältnisse stimmen, wenn wir Hermann Barckhusen, den als niederdeutschen Uebersetzer bekannten Drucker einer alten Ausgabe des Reineke, vielleicht der princeps desselben, auch für den niederdeutschen Bearbeiter desselben halten dürfen".

G. C. F. Lisch.     


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11.

Des meklenburgischen Canzlers

Heinrich Husan Urtheil über die Polen

aus dem Jahre 1573,

mitgetheilt

von

G. C. F. Lisch.


Auszug eines Schreibens des meklenburgischen Canzlers Dr. Heinrich Husan an den Herzog Johann Albrecht I. von Meklenburg.

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Der Turcke, der Bapst vnd Gaistlichen in Polen haben mit ihrem intercediren vnd votieren durchgedrungen vnd erhalten, das der Hertzogk von Anjou aus nechstvorgangene Pfingsten zum Könige gewehlet worden. Weil nun beide Antichristen vber solcher wahl conspiriert, so haben E. F. G. vornunftiglich zu ermessen, was vor frucht daraus erfolgen werden, vnd ist wol zu glauben, das der Periodus mit dem Kunigkreich Polen herumb vnd aus sey vnd die vilfeltigen sünde der Polen auf einmahl gestraft werden sollen.

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Datum Sontags nach Trinitatis, Wittenbergk, Anno etc. . 73.

Heinrich Husanus D.     

 

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