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3.
Das heilige Blut und dessen
Capelle im Dome zu Schwerin.
Der Dom zu Schwerin besaß in einem in einen Jaspis eingeschlossenen Tropfen des heiligen Blutes Christi ein berühmtes Heiligthum, welches der Graf Heinrich I. von Schwerin auf seinem Kreuzzuge nach Jerusalem (1219 - 1222) hier von dem Cardinal=Legaten Pelagius geschenkt erhielt und nach seiner glücklichen Heimkehr am Grünen=Donnerstage 1222 der Domkirche zu Schwerin schenkte 2 ). Die Kirche aber besaß schon vorher ein besonderes Heiligthum: in einem Ablaßbriefe 3 ), welchen der Papst Honorius III. am 29. Junii 1220 auf Bitten des Grafen Heinrich von Schwerin, des tapfern Vertheidigers der römischen Kirche ("Romanae ecclesiae strenui defensoris"), dem Dome zu Schwerin schenkte, wird ausdrücklich gesagt, daß die junge Kirche zu Schwerin das "Sacrament Jesu Christi" besitze ("ecclesia Zwerinensis, noua plantacio, in qua sacramentum domini nostri Jhesu Christi pie creditur esse reconditum"). Das Datum dieses Ablaßbriefes ist durchaus gesichert; die Art und Weise, wie in demselben des Grafen Heinrich gedacht wird, scheint darauf hinzudeuten, daß dieser erst
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auf seinem Kreuzzuge nach Palästina begriffen und auf dem Zuge nach dem heiligen Lande bei dem Papste gewesen war: denn sonst würde der Schenkung des heil. Blutes ohne Zweifel ausführlicher und bestimmter Erwähnung geschehen sein, wenn die Ablaßbulle nach der Rückkehr des Grafen von dem Kreuzzuge ausgestellt worden wäre. Es ward also schon vor der Darbringung des berühmten Heiligen=Blutes, welches der Graf Heinrich I. von seinem Kreuzzuge aus dem heiligen Lande mitbrachte, ein anderes Heil. Blut im Dome zu Schwerin aufbewahrt. Ich habe diese Ansicht schon in der Geschichte der heil. Bluts=Capelle in Jahrb. XIII, S. 151 - 152 (und in dem Separat=Abdrucke S. 11 - 12) ausgesprochen. Und diese Ansicht wird durch eine alte Nachricht bestätigt. In dem Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, Hannover 1838, VI, S. 653, beschreibt Lappenberg eine alte Handschrift der Bibliothek zu Wolfenbüttel, welche am Ende auch eine
Historia de duce Heinrico Leone et de Heinrico episcopo Lubecensi
enthält. Die 38 ersten Blätter, welche einige Heiligengeschichten enthalten, sind von älterer, vermuthlich der letzten Hälfte des 12. Jahrhunderts angehöriger, etwas erblaßter Schrift. Die Schrift der letzten 20 Blätter ist neuer, weniger reich an Abbreviaturen, mit einfachen rothen Ueberschriften und Anfangsbuchstaben.
Auf den letzten 7 1/2 Blättern steht die oben erwähnte Erzählung vom Herzoge Heinrich dem Löwen und vom lübecker Bischofe Heinrich. Dieser Aufsatz erweiset sich lediglich als ein wirklicher Auszug des letzten Capitels von Helmolds und von Arnolds von Lübek Chronik, so ferne sie die Reise des Herzogs nach dem gelobten Lande und die Lebensverhältnisse des Bischofes betreffen, mit den zu erwähnenden Zusätzen und einigen Urkunden. Der ganze Aufsatz bezweckt zunächst die Geschichte einer vom Herzoge Heinrich angeblich aus dem Morgenlande mitgebrachten Reliquie, dem heil. Blute Chsti. Zu Cap. 7, 8 und 9 ist ein Zusatz eingeschaltet, in welchem erzählt wird: der Herzog Heinrich der Löwe habe an die Stelle des auf dem Zuge nach dem gelobten Lande in seinem Gefolge gestorbenen Bischofs Conrad von Lübek den Abt zu St. Aegidii in Braunschweig wieder zum Bischofe verordnet und diesem und dem Grafen Guncelin von Schwerin sehr viele Geschenke gemacht; so habe er auch das heilige Blut Christi in zwei Theile getheilt und einen Theil dem einen, den andern Theil dem andern (Grafen Guncelin
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von Schwerin) mit nach Hause gegeben. Der Zusatz lautet wörtlich:
"Erantque in comitatu ducis prefati (Heinrici) ad duo milia hominum. - - Nec immemor beneficiorum, in locum Conradi episcopi, qui mortuus fuerat in via, dominum Henricum abbatem sancti Egidii in Brunswik episcopum instituit et promouit, donans ei et Guncelino comiti Suerinensi munera plurima: et sanguinem domini nostri Jhesu Christi, quem in duas particulas cum tremore et amore diuidens: partem uni et partem alteri tribuit, et ad terras proprias tantis muneribus honoratos et onustos remisit".
Es ist also hiernach keinem Zweifel unterworfen, daß sich schon seit dem 12. Jahrh. ein heiliges Blut, vor dem berühmten, im Dome zu Schwerin befand.
G. C. F. Lisch.