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VI.

Neue Funde aus der jüngeren Bronzezeit in Meklenburg.

Von
Dr. R. Beltz.
~~~~~~~~

D ie archäologischen Erscheinungen, unter denen das Ende der Bronzezeit in Meklenburg eintrat, klar zu legen, ist im Jahrb. 51, S. 4 flgd., versucht worden. Die Schwierigkeiten lagen besonders in der Kümmerlichkeit der Beigaben in den Grabstätten, welche nach ihrer äußeren Gestalt auch chronologisch zu scheiden bisher nicht gelungen ist. In den seitdem verflossenen zehn Jahren ist eine Fülle neuen Materials aufgetreten, welches zur Klärung der schwebenden Fragen beitragen kann. Verfasser hat, Dank besonders dem Entgegenkommen der Großherzoglichen Kommission zur Erhaltung der Denkmäler, eine Anzahl von Fundstellen untersucht und besonders auch auf die Feststellung der Formen ein größeres Gewicht legen können. Schärfer als es a. a. O. geschehen ist, lassen sich vier Gruppen scheiden: 1. Größere aufgeschichtete Hügel von Kegelform. 2. Kleinere flache Hügel aus Erde oder Steinen errichtet. 3. Natürliche Hügel, meist langgestreckt. 4. Bestattungen unter der Erde. In allen vier Fällen findet die Bestattung durch Bergung der gebrannten Gebeine in einer Urne, welche durch eine Steinsetzung geschützt wird, statt. Daß diese vier Formen im allgemeinen auch die zeitliche Entwickelung darstellen, ist unzweifelhaft, aber noch nicht bis in das Einzelne durchführbar. Seit jener Veröffentlichung ist ferner das grundlegende Werk von Montelius, Om tidsbestämming u. s. w. erschienen. In diesem wird das gesammte nordische Material in sechs Perioden

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getheilt. Unsere Funde gehören dem seiner 4 ten , 5 ten und 6 ten an. Ich habe an anderer Stelle nachzuweisen gesucht, daß in Meklenburg die zweite und dritte Periode kaum zu trennen und ebenso die vierte und fünfte zusammenzuschließen sind; es würde sich demnach bei den folgenden Funden um unsere dritte (jüngere) und vierte (jüngste) handeln, und es sei gleich hier vorausgenommen, daß wir eine Scheidung der Grabstätten nach diesen Perioden nur im allgemeinen so machen können, daß wir die Hügel unserer dritten, die Beisetzungen in natürlichem Boden der vierten zuschreiben. Daß in der jüngeren Bronzezeit die schönsten und größten Funde nicht in den Gräbern, sondern in gewissen Moor= und Erdfunden gemacht werden, ist bekannt. Man hat also kein Recht, aus dem kümmerlichen Gesammteindruck der Gräber ohne weiteres auf einen Niedergang der Kultur im allgemeinen gegenüber der älteren Periode zu schließen; gerade mit den ärmlichen Grabfunden sind die am meisten in die Augen fallenden Erzeugnisse unserer Bronzekunst, die Hängebecken, gleichzeitig. Der Hauptunterschied zwischen der älteren (Montelius II - III) und jüngeren (Montelius IV - V) Bronzezeit liegt in einem durchgängigen Wechsel der Grabgebräuche: die Bestattungsgebräuche wurden einfacher, die Grabformen unscheinbarer; dem Todten wurden nur geringfügige, oft, wie es scheint, nur zu diesem Zwecke angefertigte Gegenstände mitgegeben, die selbstverständlich kein Bild von der technischen Leistungsfähigkeit jener Zeit geben können. Die besseren Sachen wurden an entlegenen Stellen, in Seen oder unter Steinen, geborgen; es ist eine durchaus annehmbare Vermuthung, daß sie auch dort als Ausstattung für ein künftiges Leben dienen sollten, wie früher die Beigaben in den Gräbern. Ein zweiter durchgehender Unterschied ist die stärkere Beeinflussung durch südöstliche Bronzegebiete, besonders durch den Hallstädter Formenkreis. Es ist heute wohl allgemein anerkannt, daß in älterer Zeit der Elbeweg die Kulturstraße der Bronzeperiode gewesen ist, während in der jüngeren östliche Wege dafür eintreten und eine Verschiebung des ganzen Gebietes der jüngeren Bronzezeit nach Osten eintritt. Jene Hallstädter Produkte aber haben hier zu Lande keine Hallstadtperiode herbeigeführt: die getriebenen Gefäße und dergleichen, die hierher verschlagen sind, haben vielmehr zu einer Weiterentwickelung der einheimischen Kunstthätigkeit geführt, indem man einmal dieselben in der einheimischen Technik des Gusses nachahmte, sodann Ornamentmotive aus ihnen entnahm. Die Nachweise werden unten, besonders bei Gelegenheit der Becken und der Schale von Brook, gegeben werden. Man braucht nur das Gesammtbild der Meklenburgischen Bronzekultur etwa mit dem der West=Preußischen, wie sie in den schönen Publikationen von Lissauer "Prähistorische Denkmäler" und "Alter=

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thümer der Bronzezeit in West=Preußen" vorliegt, zu vergleichen, um den durchgreifenden Unterschied zu beobachten, der zwischen der hiesigen wohl gefestigten und darum zur Aufnahme und Weiterbildung fremder Elemente fähigen Bronzekultur und der dortigen schwach entwickelten, welche fast widerstandslos den fremden Einflüssen verfiel, bestanden hat. Kräftiges Festhalten am erworbenen Besitz scheint auch in archäologischen Dingen ein Merkmal des Meklenburgischen Bodens zu sein; die Bronzezeit hat sich hier länger und lebendiger gehalten als in anderen Ländern, ebenso wie auch die Funde der älteren Eisenzeit tiefer in die Völkerwanderungsperiode hineingreifen und das Wendenthum am zähesten behauptet ist. Mit dem Gesagten berichtigen sich einige Aufstellungen, welche Verfasser an anderen Stellen, besonders Jahrb. 51, S. 30, nach dem damaligen Stande der Forschung gegeben hat; dazu kommt, daß wir damals über die Einflüsse der la Tène - Periode, der Zwischenzeit zwischen der Bronze= und römischen Eisenzeit in Meklenburg noch fast gar nichts wußten, während jetzt eine Anzahl neuerer Funde, welche ich demnächst veröffentlichen zu können hoffe, auch hier diese eigenartige Uebergangsperiode scharf hervortreten lassen. So ist das a. a. O. Gesagte im wesentlichen auf die jüngste (Montelius VI) Periode einzuschränken; und dementsprechend sind auch zeitlich die Funde der jüngeren Bronzezeit höher hinaufzuschieben. Montelius glaubt für seine vierte Periode die Zeit von 900 bis 750, für seine fünfte 750 bis 550 ansetzen zu dürfen. Ich halte die Grundlagen dieser Bestimmung bisher noch für zu schwankend, besonders auch den Zeitraum von 450 Jahren für sehr unwahrscheinlich bei einer Kultur, welche, wie die besprochene, auf einem stetigen Kampfe zwischen verschiedenen Formenkreisen beruht; daß sie aber in ihren Anfängen ein gutes Stück vor die Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends zurückgehen muß, scheint auch mir unzweifelhaft.


Wir behandeln im Folgenden zunächst die durch neuere Ausgrabungen bekannt gewordenen Grabfunde, sodann die Depotfunde und die Einzelfunde.

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I. Grabfunde.

1. Kegelgräber von Schaliß.

(Katalognummer des Großh. Museums Br. 361 - 364.)

In dem zu der Begüterung des Herrn von Treuenfels auf Neuhof gehörenden Tannengehölz nahe bei Zarrentin östlich von dem Ausfluß der Schaale aus dem Schaalsee liegen verstreut eine Anzahl

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rundlicher Sandhügel, in denen man schon früher Kegelgräber vermuthet hat. Im Sommer 1894 hat Herr A. Bartholdi aus Zarrentin einige Hügel angegraben, welche in der That bronzezeitliche Funde ergeben haben. Diese hat der Finder mit dankenswerther Bereitwilligkeit der Großherzoglichen Sammlung überlassen.

Der erste Hügel war kreisrund, ganz aus Sand aufgeschichtet und hatte etwa 4 Meter Achsenhöhe. Die Ausgrabung hat etwa 1/6

Urne
Figur 1.¼

des Hügels weggenommen und den Grund nicht erreicht. In der Mitte des Hügels, etwa 2,50 Meter über der Grundfläche stieß man auf eine Steinkiste von regelmäßigen großen Platten sechsseitig aufgesetzt, dazu Fußplatte und Deckplatte. In der Mitte stand eine größere Urne, gefüllt mit großen, nicht stark gebrannten Knochen von gelblicher Farbe, zwischen denen drei kleine Bronzen lagen. An der Wand der Urne waren Eindrücke eines Gewebes, und an dem darin liegenden Messer kleben noch kleine Stücke eines weißen Stoffes; nach freundlicher Untersuchung des Herrn Dr. Buschan in Stettin ist das Gewebe Wolle.

Die gefundenen Gegenstände sind:

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1. Urne (abgebildet umstehende Abb. 1). Braun, gut gearbeitet; von einer geraden Standfläche mit schräg ansetzender gerader Wandung ansteigend, dann mit einem nicht scharfen Bauchrande einbiegend zu einem etwas nach innen geneigten Halse, dessen Ansatz durch einen Einschnitt gekennzeichnet ist. Höhe 28 cm (bis zum Bauchrande 18 cm); Höhe des Halses 8,5 cm, oberer Durchmesser 23 cm, Durchmesser des Bodens 12 cm, größter Umfang 1,02 m. Die Form ist bronzezeitlich, aber schlanker als die große Mehrzahl der Urnen aus den Kegelgräbern; auch außerhalb Meklenburgs gehört sie der jüngern Bronzezeit an; vergl. u. a. für Schweden Montelius, Antiquités suédoises, Fig. 258; für Schleswig=Holstein Mestorf, Vorgeschichtliche Alterthümer aus Schleswig=Holstein, Fig. 357.

2. Rasiermesser von Bronze mit dunkler, körniger Patina (abgebildet beistehende Abb. 2). Die Grundform ist ein Trapez, an dem Griffende ornamentale Kreise und Bänder; Länge 6 cm, Breite (in der Mitte) 2 cm. Wir hatten bisher nur ein Exemplar dieser Form, von Spornitz (vergl. Frid. Franc. XVII, Fig. 5 und Text S. 19), ebenfalls aus Kegelgräbern. In Schleswig=Holstein und Dänemark sind gleiche Messer unter denselben Verhältnissen gefunden, vergl. Mestorf a. a. O. Fig. 236 - 238,

Rasiermesser
Figur 2.½.

S. Müller, Ordning-of nordiske oldsager II, Fig. 292 und 293; aus Brandenburg Begemann, Programm des Gymnasiums von Neu=Ruppin 1892, Fig. 282; doch gehören sie auch da zu den selteneren Formen. Ein in Dänemark gefundenes Messer (abg. Undset, Eisen in Nord=Europa XXX, 9) zeigt die Vogelfiguren, welche für die Hallstadtperiode charakteristisch sind und gelegentlich auch im Norden Nachahmung gefunden haben.

3. Pincette aus Bronze von derselbe Beschaffenheit wie Nr. 2; (abgeb. Abb. 3) am Griffende zu einer rundlichen Oeffnung erweitert; die Zwingen schmaler, aber stärker als bei der gewöhnlichen, Jahrb. 51, S. 19 besprochenen Form. Länge 9,5 cm. Auch diese Form ist bei uns selten; vergl. Frid. Franc. Tafel 19, 1 und 2, eins unbekannten Fundorts, eins aus einem niedrigen Grabe von Zölckow; s. auch S. Müller, a. a. O. Fig. 297.

Pincette
Fig. 3.½.

4. Nadel aus Bronze mit gerade ansitzendem schalenförmigem Kopfe, Länge 10 cm. Eine gleiche Nadel aus Sukow s. Jahrb. 51, S. 22. Vergl. Mestorf, Urnenfriedhöfe I. 3; aber auch Naue. l-époque de Hallstadt S. 33. Fig.12, aus der dritten Hallstadtperiode, für welche Naue die Zeit von 400 - 300 ansetzt

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Offenbar stellen Messer und Pincette eine etwas ältere Stufe dar, als die große Mehrzahl der Jahrb. 51 (und im folgenden) besprochenen Funde. Bezeichnend ist der Wechsel des Grabgebrauchs: An Stelle der Waffen, Schmucksachen u. s. w. treten diese kleinen Toilettengegenstände, bei denen der Gedanke nahe liegt, daß sie dem Bestatteten beigegeben sind, nachdem sie vor der Bestattungsfeier dem Todten den letzten Dienst gethan haben. Jedenfalls finden sich Rasiermesser und Pincette sehr oft neben einander; vergl. die Gräber von Bandow, Eikhof, Greven, Klink, Lelkendorf, Plüschower Mühle (unten S. 218), Rehberg (unten S. 219), Spornitz und Sukow, auch Gamehl (unten S. 201).

Ein zweiter Hügel ergab keine Ausbeute, doch ist er auch nicht bis zu dem Grunde ausgegraben.

Außer den Sandhügeln finden sich noch mehrere bis 4 m hohe, die, soweit äußerlich erkennbar, ganz aus Steinen aufgeschichtet sind.

Daß das aufgenommene Grab der jüngeren Bronzezeit angehört, ist unzweifelhaft. Unmöglich ist es ja nicht, daß es sich nur um eine Nachbestattung handelt und die eigentliche Grabkammer in der Tiefe liegt. Vorläufig müssen wir jedenfalls die Schalisser Grabhügel zu der jüngeren Periode rechnen. In der a. a. O. gegebenen Entwickelungsreihe nehmen sie einen hervorragenden Platz ein, indem sie ungewöhnlich hoch sind. Am meisten ähneln sie den Gräbern von Meyersdorf, die auch eine ähnliche Ausbeute gegeben haben (Jahrb. 5 B. S. 45 flgd.).

In der Nähe der besprochenen Gräber ist neuerdings ein weiterer Fund gemacht, über den ich bisher nur durch eine Zeitungsnotiz Kunde habe. Dieselbe lautet (Mecklb. Nachrichten, 25. Dez. 1895):

Zarrentin, 23. December. Ein höchst interessanter Alterthümerfund wurde in voriger Woche auf der Hufe des ritterschaftlichen Hauswirths Heinr. Rump des Jüngeren zu Schaliß, das zur Begüterung des Herrn von Treuenfels=Neuhof gehört, gemacht. Es wurde ein Kegelgrab ohne Kenntniß der Bedeutung desselben geöffnet, um die zahlreichen Felssteine, die unter der Oberfläche verborgen waren, wegzuschaffen. Dabei ergab sich Folgendes: Durch eine kleine Felssteinmauer ist der Kegel unten am Fuße begrenzt gewesen. Im Innern des Kreises war eine große Menge kleinerer Felssteine pyramidal aufgehäuft. Mehr nach unten, etwa auf 1/3 der Höhe, haben sich mehrere Broncesachen, die stark mit Grünspan überzogen waren, gefunden, das werthvollste Stück ist ein gerades zweischneidiges Schwert, dessen Spitze und Handgriff wohl abgebrochen, aber doch meist erhalten sind. Es dürfte dies broncene Schwert, dessen Handgriff wohl mit Holz umkleidet war, eine Länge

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von 70 cm gehabt haben. Die Stifte für den Griff sind noch vorhanden. Auch kleinere Schmucksachen, z. B. ein Ring von etwa 10 cm Durchmesser, fanden sich dabei vor. An mehreren Stellen, namentlich da, wo sich die Schmucksachen befanden, ist anscheinend noch ein Rest von Asche gewesen. In dem angrenzenden dem Herrn von Treuenfels gehörenden Gehölze finden sich noch mehrere Kegelgräber, die dem Augenschein nach nicht geöffnet sind. Auch in den nahe gelegenen Neuhöfer Tannen sind nahe der Schaale solche Kegelgräber, die schon im 4. Jahrbuche des Vereins für meckl. Geschichte und Alterthumskunde Erwähnung gefunden haben.

Es liegt bei Schaliß noch eine viel versprechende Aufgabe der landeskundlichen Forschung.


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2. Hügelgräber von Sietow.

Auf dem Gebiete des (Dobbertiner) Klostergutes Sietow an der Müritz zwischen Röbel und Waren hat der Pächter, Herr Hamann, seit langen Jahren ein aufmerksames Auge auf die vorkommenden vorgeschichtlichen Erscheinungen gehabt und nicht nur eine stattliche Anzahl hübscher Fundstücke zu einer kleinen Sammlung vereinigt, sondern auch Fundstätten aus fast allen vorgeschichtlichen Perioden (steinzeitliche Hünengräber, Feuersteinwerkstätten, Moorfunde, jungbronzezeitliche Grabhügel, ein Urnenfeld frührömischer Zeit, wendische Brandgruben) aufgefunden. Für uns sind an dieser Stelle die bronzezeitlichen Sachen von Interesse. Etwa ein Kilometer nordwestlich vom Hofe, links von dem Wege zur Chaussee sind schon 1867 eine Anzahl kleinerer Steinhügel entfernt, deren Inhalt von den Herren Struck in Waren und Hamann untersucht wurde. Von den gefundenen Sachen sind einige Urnen in die Vereinssammlung gekommen, die Bronzen u. s. w. befinden sich in Sietow (danach ist die Angabe Jahrb. 33 b, S. 9 zu berichtigen).

Die Urnen zeigen recht verschiedene Formen; neben den bekannteren Formen, wie Abb. 4, findet sich eine mit ganz flacher Standfläche und weit ausbiegender Wandung, die mit scharfem Bauchrande in eine weite Oeffnung mit Steilrändern übergeht. Diese Form ist wichtig als Uebergangsform der bronzezeitlichen Keramik zu der la Tène - Zeit und war bisher in Meklenburg wenig vertreten. Vergl. darüber Undset, Eisen u. s. w., S. 394, wo Fig. 79 eine gleichgeformte Urne aus Bornholmer Gräbern der ältesten Eisenzeit abgebildet ist. In den größeren Urnen lagen kleine Gefäße mit den bekannten Schrägkerben auf der Wandung. Eins hatte das Ornament der Wellenlinie, deren vereinzeltes Vorkommen in dieser Periode auch

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sonst festgestellt ist (vergl. Beispiele aus dem Depotfund von Schwennenz in Pommern bei Schumann, Ztschr. f. Ethnol. 1894, Vhdl. S. 437; aus einem "lausitzer" Urnenfeld von Finsterwalde bei Stephan, Niederlausitzer Mittheilungen III, 1894, S. 400; aus Gräbern von Seddin in der Priegnitz, die wir noch mehrmals als verwandt heranziehen werden, bei Goetze in den Nachr. über deutsche Alterthumsfunde, 1894, S. 88; aus der la Tène - Zeit z. B. bei Mölln bei Stavenhagen, Altenrath an der Wupper, s. Nachr. üb. d. A. 1893, S. 56).

In den Urnen lagen unter zerbrannten Knochen die Beigaben, oft mehrere Stücke in einer Urne. Erhalten sind:

A. Aus Bronze:

1. Messerklinge von der Jahrb. 51, Tafel II, 4, abgebildeten, S. 18 besprochenen Form, aber ohne Griff.

2. Messerklinge einfacherer Form, aus vierseitigem Bronzeblech.

3. Eine größere Pincette mit drei Buckeln von der a. a. O. Fig. 6 abgebildeten Grundform.

4. Eine kleinere Pincette mit breiten Zangen; eine bisher hier unvertretene Form, die in anderen Gegenden schon der la Tène - Zeit angehört; s. z. B. Schumann, Baltische Studien 38, Tafel 11, 10 und 13, 1 aus dem Urnenfelde von Butzke (Kr. Belgard.

5. Nadel von 13 cm Länge mit geriefeltem kolbenförmigem Ende im Charakter älterer Bronzezeit.

6. Nadel mit zurückgebogener Oese von der bekannten Form wie Jahrb. a. a. O. S. 22, 5 (vergl. unten Schwerin S. 197).

7. 8. Zwei kleine (zerbrochene) Pfriemen; vergl. a. a. O. S. 23.

9. Handring von schöner Arbeit von der a. a. O. S. 26, 4 besprochenen Grundform mit Endstollen. Das vorliegende Exemplar ist interessant dadurch, daß es einen alten Bruch hat, der durch Löthung mit Zinn repariert ist. Reparaturen mit Kupfer kommen häufiger vor (s. unter anderm unten S. 210), solche mit Zinn sind mir aus Meklenburg bisher nicht bekannt gewesen.

10. Handring mit glatt abschneidenden Enden, einfach und unverziert.

11. Handring aus gebogenem Bronzeblech, innen hohl und gewölbt; ähnlich der Ring von Neu=Stuer unten S. 192.

12. Kleiner tordierter Handring mit spitzen Enden, ganz gleich den Ringen von Grabow u. s. w., a. a. O. S. 26, 4.

13. Reste mehrerer gerundeter Fingerringe in der Art der a. a. O. S. 26, c besprochenen.

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14. Bronzefibel von seltener und bisher in Meklenburg nicht vertretener Form. Der Bügel ist rhombisch, daran schließen sich zwei massive flache Scheiben (keine Spiralplatten), die Nadel hängt vermöge eines flachen Ringes am Bügel und endet in einer kleiner dreieckigen Platte. Der Bügel ist mit vier kleinen concentrischen Doppelkreisen mit Mittelpunkt verziert, die Scheiben mit gestrichelten Säumen und kleinen Halbkreisen.

Diese Fibelform ist der nordischen Bronzezeit fremd. Wir haben in Schwerin ein, leider nur theilweise erhaltenes, Exemplar aus einem Grabe von Goldenbow bei Crivitz (Jahrb. 26, S. 136); sonst ist mir ein gleiches Stück nicht bekannt. Aus der Mark Brandenburg bildet Voß=Stimming, Altert. II, 1, I B ähnliche Exemplare ab, an denen die Platte noch durch Spiralen gebildet ist und der Uebergang der Raute aus dem ovalen Bügel deutlich erscheint. Die Fibelform wird eine Weiterbildung jener von Undset, études sur l-age de bronze de la Hongrie S. 65 flgd. besprochenen Grundform mit länglich ovalem Bügel sein, die sich unter Hallstädter Einfluß aus einem nordischen Typus entwickelt hat

B. Aus Eisen:

15. Fibel, 6 cm lang; jüngere la Tène - Form, mit oberer Sehne (5 Windungen), lang gestrecktem Bügel mit rechtwinkeliger Einknickung, geschlossenem Fuß; die Form, aus der die ältere provinzialrömische Fibel hervorgegangen ist. Vergl. darüber Schumann a. a. O. S. 126 mit Abb. Tafel 10, 5 aus dem schon oben angeführten Funde von Butzke, wo der Uebergang zu den provinzialrömischen Formen besonders deutlich ist.

Dieser Fibelfund ist von großer Bedeutung für die zeitliche Bestimmung unserer jüngeren Bronzezeit. Es geht aus ihm hervor, daß diese noch gleichzeitig ist mit der jüngeren la Tène - Zeit anderer Länder. So erklärt sich der Mangel an älteren la Tène-Sachen hier im Lande. Weitere Ausführungen kann erst eine zusammenhängende Bearbeitung unserer la Tène-Funde geben. Jedenfalls haben wir hier in Sietow eine Annäherung an la Tène - Formen (Urne, Pincette, Fibel), wie sie sonst im Lande ungewöhnlich ist. Wie Sietow die erste la Tène - Fibel in einem bronzezeitlichen Begräbnisse, so hat das Nachbargut Sembzin die einzige Hallstadtfibel geliefert (s. unten S. 213). Aus diesen beiden Vorkommnissen etwas über den Weg der Hallstadt= und la Tène - Kultur nach Meklenburg schließen zu wollen, ist verfrüht; doch sei das Augenmerk künftiger Forscher auf dieses merkwürdige Zusammentreffen gerichtet.


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3. Hügelgrab von Spornitz.

(Katalog=Nummer Br. 324.)

In der sog. "Streithorst" bei Kiekindemark bei Parchim fanden sich früher eine Menge niedriger Hügel, meist aus Steinen errichtet, Kegelgräber, welche als der Fundort der einzigen bisher in Meklenburg bekannt gewordenen Hausurne eine weitgehende Bedeutung erhalten haben (vergl. Jahrb. 3 B, S. 57 flgd.). Leider ist dieses Grabfeld später ohne ausreichende Untersuchung zerstört (Jahrb. 11, S. 388). Dagegen scheinen in den anstoßenden zu dem Spornitzer Revier gehörenden "Oberstücken" noch Gräber vorhanden zu sein. Wenigstens sind hier beim Wegräumen von Steinhügeln Scherben beobachtet und auch eine bronzene Lanzenspitze bewahrt. Diese ist durch die Gefälligkeit des Herrn Revierförsters Mühlenbruch in Spornitz in die Großherzogliche Sammlung gekommen. Es ist ein einfaches Exemplar, im allgemeinen von dem Typus der unten S. 210 abgegebildeten von Demzin, mit Schafttülle, zwei seitlichen Löchern, hochsitzenden rundlichen Flügeln. Die Patina ist tief und dunkel. Länge 13 cm, Durchmesser der Schaftöffnung 2 cm, größte Breite 3 cm. Diese Art Lanzenspitzen finden sich in Meklenburg im allgemeinen in Moorfunden der jüngeren Bronzezeit (s. unten S. 211).

Ob die Jahrb. 11, S. 388 erwähnten Altsachen von Spornitz aus diesen Gräbergruppen stammen, ist nicht mehr zu bestimmen, ebenso ob die Frid. Franc. S. 49 beschriebenen, schon im vorigen Jahrhundert ausgebeuteten Gräber hierher gehören; der Beschaffenheit der Funde nach ist es sehr wohl möglich.


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4. Hügelgräber von Neu=Stuer.

(Katalog=Nummer Br. 266.)

In dem Tannengehölze zwischen der Chaussee und dem Hofe Neu=Stuer liegt noch eine große Anzahl flacher niedriger Steinhügel, welche ohne Zweifel sämmtlich Grabstätten sind. Ob auch einige größere Sandhügel nach Dorf Stuer zu Gräber sind, ist durch den Augenschein allein nicht zu bestimmen. Von den Steinhügeln wurden sechs der Steingewinnung wegen 1889 und 1890 entfernt, und es ergab sich stets eine aus Platten regelrecht aufgesetzte Steinkiste über dem Urboden, darin zwischen Sand und Branderde eine Urne mit zerbrannten Knochen und je einem bronzenen Gegenstande. Die Urnen waren von kräftiger Arbeit, ziemlich hoch, braun, rundlich; leider ist

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keine erhalten geblieben. Die Beigaben, soweit erhalten, hat Herr von Storch auf Neu=Stuer der Großherzoglichen Sammlung übergeben. (Eine bronzene Nadel war zerbrochen und ist nicht aufbewahrt.) Es sind:

1. Eine Lanzenspitze aus Kupfer, ähnlich der eben beschriebenen von Spornitz, aber kürzer und gedrungener. Die Patina ist schwach und läßt einen braunrothen Kern sehen. Am Ansatz der Flügel ein längliches Loch, offenbar ein Gußfehler. Länge 10 cm, Durchmesser der Schaftöffnung 2 cm, größte Breite 3 cm.

2. Ein Ring, geschlossen, mit scharfen Kanten, Querschnitt rhombisch. Durchmesser 3 cm, Dicke ungefähr 0,25 cm. Aehnliche Ringe sind in den zeitlich verwandten Gräbern von Ludwigslust, Reutershof und Stolpe gefunden.

3. und 4. Zwei kleine Ringe, sehr einfach; der Ansatz des Gußzapfens ist nicht abgeputzt, sodaß sie an einer Stelle dicker erscheinen. Durchmesser 2 resp. 1,25 cm, Dicke 0,1 resp. 0,2 cm. Diese kleinen Ringe gehören zu den häufigsten Funden der besprochenen Gräbergruppe, vergl. Jahrb. 51, S. 26. Auch in dem Depotfunde von Hökendorf (Pommern) kommen sie vor; s. Schumann, Fund von Hökendorf, und über entsprechende Handringe Ztschr. f. Ethn. 1894, Vhdlg. S. 440. Einen praktischen Zweck können sie kaum gehabt haben; ob sie aber, wie a. a. O. vermuthet, als Geldringe dienten, ist doch zweifelhaft; vielleicht wurden sie als Beigaben für den Bestatteten besonders angefertigt; dafür spricht wenigstens, daß sie keine Spur des Gebrauches aufweisen.

5. Ein Handring aus gebogenem Bronzeblech, mit leichter Erhöhung der Ränder, zerbrochen und unvollständig, am Rande mit längslaufenden Punkten verziert. Analoga s. Jahrb. 51, S. 26, Nr. 4.

Besonders merkwürdig ist das Vorkommen eines kupfernen Gegenstandes. Daß gelegentlich noch in der jüngeren Bronzezeit im Norden Kupfer in Anwendung gekommen ist, ist auch sonst bekannt (vergl. Protokolle der Generalversammlung der Geschichtsvereine in Schwerin 1890, S. 112) und beweist jedenfalls, daß das Material zu den Bronzesachen nicht nur als Legierung ins Land gekommen ist sondern auch in seinen Bestandtheilen. Kupferne Lanzenspitzen sind mir sonst nicht bekannt, doch ist eine kupferne Reparatur an einer bronzenen schon beachtet (s. unten S. 210); auch hier liegt die Vermuthung nahe, daß unser Stück nur für den Grabgebrauch angefertigt ist.


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5. Urnenfund von Grünenhof.

(Katalog=Nummer Br. 203 - 207.)

In einem kleinen Steinkegel, der als kaum merkliche Erhöhung im Acker auftrat, wurde bei Grünenhof bei Hagenow eine Urne mit kleinen Bronzen gefunden, deren Inhalt von Herrn Domänenpächter Vesper 1886 der Großherzoglichen Sammlung eingereicht ist. Weder über die Form der Urne, noch ob weitere Gräber beobachtet sind, ist etwas bekannt geworden.

Die Fundstücke sind:

1. Eine Nadel von 8 cm Länge mit großem schalenförmigem Kopfe (2 cm Durchmesser) und Einbiegung unter dem Halse. Die Nadel gehört zu dem Jahrb. 51, S. 21, Nr. 4 besprochenen Typus der "Schwanenhalsnadeln", unterscheidet sich aber von allen anderen Exemplaren durch die Größe der Schale. Sie bildet die Grundform zu der kurzen und dicken Nadel mit massivem Kopfe, welche eine Charakterform der ältesten Eisenzeit (la Tène) ist.

2. Ein spiraliger Armring aus Bronzedraht von etwa 5 cm Durchmesser, verbogen und zerbrochen. Gleiche oder ähnliche Handringe sind nicht selten; vergl. unten die Funde von Kritzkow und Retzow, S. 208 und 233, aber auch vom Urnenfelde von Raduhn (Jahr. 47, S. 298), letzteres wichtig, weil jenes Feld schon ganz der Eisenzeit angehört, also auch hier der Typenübergang wie bei 1 bemerkbar ist.

3. Ein unverzierter Halsring (zerbrochen und unvollständig), von rundem Querschnitt, in der Mitte 0,5 cm stark; die Enden erweitern sich blattförmig und zeigen ein Loch, doch läßt sich der Abschluß leider nicht mehr bestimmen.

4. Zwei Stücke eines runden glatten Hals= (oder Hand=?) rings mit blaugrüner heller Patina.

5. Reste einer kleinen Bronzekette, genau gleichend der unten (S. 212) zu besprechenden von Sembzin.


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6. Urnenhügel von Ludwigslust.

(Katalog=Nummer Br. 165 - 171.)

Bei einer Straßenanlage südlich vom Bahnhofe in Ludwigslust in dem früheren Kleinow wurde 1884 ein Sandhügel abgetragen, der eine Menge Urnen barg. Eine größere Anzahl ist in die Hände von Privaten gekommen, einige auch in die Rostocker Universitätssammlung, einige konnte Verfasser noch bei einer Untersuchung des

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Fundplatzes für die Großherzogliche Sammlung erwerben. Die Urnen standen in geringer Tiefe (30 - 75 cm) theils frei im Sande, theils durch Steine geschützt; auch einige Steinkisten sollen beobachtet sein. Die Urnen sind gut gearbeitet, braun, meist groß; alle waren mit Knochen gefüllt, meist ohne weiteren Inhalt, nur einige enthielten Beigaben an Bronzen. Die im Großherzoglichen Museum befindlichen sind:

1. Urne mit scharfem Bauchrande, von der beistehend (Abb. 4)

Urne
Figur 4.

nach Jahrb. 11, S. 357 abgebildeten Grundform, die Lisch dort mit Recht als ein Kennzeichen jüngerer Zeit ansah; unser Exemplar ist 14,5 cm hoch und hat einen oberen Durchmesser von 21,5 cm. In derselben lag:

a) eine etwas gebogene bronzene Nadel von 10 cm Länge mit zurückgebogener kleiner Oese von der Jahrb. 51, S. 22, Nr. 5 besprochenen Form. Für die zeitliche Stellung dieser Nadeln sind wichtig einige Holsteinische Funde (s. Mestorf, Urnenfriedhöhe Tafel I, 13 und III, 15), wo sie in reinen la Tène - Grabfeldern auftreten, vergl. außerdem über diese "Rollennadeln mit gebogenem Hals" O. Tischler, "Ostpreußische Grabhügel" II, S. 10, wo nachgewiesen wird, daß sie in das fünfte Jahrhundert v. Chr. gehören.

b) ein glatter Handring mit rundem Querschnitt (von 2 mm), leider sind die Enden abgebrochen. Durchmesser 5 cm.

2. Große schlanke Urne ohne Bauchabsatz mit hohem, sich etwas nach innen verengerndem Halse. Höhe 26 cm, oberer Durchmesser 22 cm.

3. Henkelurne von der nach Jahrb. 11, S. 359 nebenstehend (Abb. 5) abgebildeten Grundform. Höhe 26 cm, oberer Durchmesser 14,5 cm. Darin lag ein kleines (zerbrochenes) Thongefäß von seiner Arbeit.

4. Reste einer größeren Urne im Charakter von Nr. 2, gedeckt mit einer breiten und flachen Thonschale.

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5. Reste einer größeren Urne im Charakter von Nr. 1. Darin lag ein verbogenes Stück Bronzering, sichtlich zerbrochen hineingelegt, der Rest eines einfachen Fingerrings.

6. Reste mehrerer Urnen, darunter zwei mit Henkeln; aus einer ein gewundener Handring, zerbrochen, ursprünglich 5 - 6 cm Durchmesser, vergl. über die Form Jahrb. 51, S. 26, Nr. 3.

Diese Ludwigsluster Grabstätte gehört zu der Gruppe der Urnenfelder, welche ihre Entstehung aus den Hügelgräbern durch ihre Anlage in natürlichen Sandhügeln andeuten (vergl. unten Barendorf, Moltzow, Polchower Heide). Es ist nicht das erste Mal, daß an dieser Stelle Funde gemacht sind. Schon Frid. Franc. S. 63 (vergl. Jahrb. 2 B, S. 45) ist ein solcher beschrieben. Nach jenem Berichte sind 1810 eine Anzahl Urnen "bei Ludwigslust hinter dem englischen Garten in einer Erhöhung aus Sand aufgedeckt.

Urne
Figur 5.

Die Grabstätte ist eine ziemlich bedeutende Erhebung aus Sand vor dem jetzigen [1836] Schulzenhause von Kleinow, jetzt mit Tannen bewachsen . . . . . Die Urnen standen in dem natürlichen Hügel zwischen Steinen verpackt." Es ist das unser nunmehr verschwundener Hügel. Auch die a. a. O. besprochenen Urnen stimmen mit den unseren völlig überein. Sonderbar ist nur, daß jene Funde von 1810, meist Ringe, sich durch eine außerordentlich schöne glänzende Patina auszeichnen (es sind die schönsten Ringe unserer Sammlung), während die von 1884 eine rauhe, ungleichmäßige haben. Ob der Unterschied auf eine andere Legierung zurückzuführen ist, oder der Boden des neueren Theils des Grabfeldes weniger günstige Bedingungen der Erhaltung darbot, bleibe dahingestellt.


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7. Urnenfeld von Gr.=Laasch.

(Katalog=Nummer Br. 296, 297.)

An dem Wege von Neustadt nach Grabow liegt an der Gr.=Laasch=Grabower Scheide in den Tannen eine Strecke, die den Namen "Todter Mann" führt. Hier ist man schon vor Jahren auf ein ausgedehntes Urnenfeld gestoßen. Die Urnen standen 30 cm tief im Sande in Steinkisten; in ihnen war Asche, Knochen und bronzenes Kleingeräth. Urnen sind in Massen zerstört. Herr Markwardt, jetzt Lehrer in Wittenförden bei Schwerin, hat einige Sachen aufbewahrt und der Großherzoglichen Sammlung als Geschenk übergeben. Es sind:

1. Ein Bronzeknopf von unregelmäßig runder Form, auf der Unterseite seitlich durchbohrt; Durchmesser ungefähr 1,5 cm.

2. Eine Pincette aus dünner Bronze, von der Jahrb. 51, II, Fig. 6 abgebildeten Grundform, doch ist das Griffende tordiert. Länge 6 cm.


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8. Urnenfeld von Schwerin.

(Katalog=Nummer Br. 314.)
Bei einem Erweiterungsbau der Idiotenanstalt bei Schwerin stieß man im Herbst 1886 hinter derselben nicht weit von der Chaussee nach Wismar auf einUrnenfeld. Beobachtet sind 14 Grabstellen, die in unregelmäßigen Reihen 0,60 bis 1 m entfernt von einander lagen.
Urne
Figur 6.

Die Urnen standen alle etwa 1 m tief frei in festem Lehm und waren zu 3/4 mit einer versinterten Knochenmasse gefüllt, daher haben sie nur in Stücken geborgen werden können; an zwei Stellen fand sich keine Urne, sondern die Knochen lagen zu kleinen Haufen geschichtet in dem Boden. Ueber den Urnen und Knochenhäufungen

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war ein Steinpflaster. Die Urnen waren sämmtlich hellbraun, gut geglättet und ziemlich groß.

1. Urne von 21 cm Höhe, 98 cm größtem Umfang (in halber Höhe), Grundform fast kugelig rund mit eingezogenem Halse; von der Grundform Lisch a. a. O. Nr. 1 (nebenstehend Abb. 6), aber mit stärkerer Einziehung und höherem Halse. Ueber diese Urnenform im allgemeinen vergl. Jahrb. 51, S. 9.

2. Urne von 24 cm Höhe, 89 cm größtem Umfang (in halber Höhe), sonst gleich 1.

3. Schale von etwa 12 cm Höhe mit schmaler Standfläche, der obere Theil leider abgebrochen. Grundform Lisch a. a O. S. 365.

4. Urne mit hohem, verhältnißmäßig schmalem Halse. Höhe 30 cm, oberer Durchmesser 11 cm, größter Umfang 92 cm (1/3 von unten). Grundform gleich der von Schaliß oben S.185.

5. Urne von 22 cm Höhe und 98 cm größtem Umfang (1/3 von unten). Grundform gleich 4. In ihr zwischen den Knochen eine eiserne Nadel mit Einbiegung unter dem Halse, von 9,5 cm Länge (s. beistehend Abb. 7).

eiserne Nadel
Fig. 7.½.

Die andern sieben Urnen waren zur Unkenntlichkeit zerdrückt.

Das Schweriner Grabfeld gehört ganz an das Ende der Bronzezeit. Die anderen bronzezeitlichen Urnenfelder zeigen ihre Entstehung aus den großen Grabanlagen der Kegelgräber doch noch durch beträchtlichere Steinsetzungen an, während hier die Urnen schon frei im Boden stehen und der einzige Schutz ein über ihnen befindlicher Steindamm ist. Dieses ist die typische Grabform der nächstfolgenden, der älteren la Tène - Periode. Immerhin gehört unser Feld noch der Bronzezeit an; das beweist die Urnenform und die Form der Nadel. Dieselbe schließt sich genau den Jahrb. 51, S. 29 besprochenen Formen an; ebendort ist die fast ganz gleiche eiserne Nadel aus dem Ludwigsluster Bronzefunde und zahlreiche Analogien in den Nachbarländern herangezogen. Vergl. auch unten das in Anlage und Ausstattung genau übereinstimmende Urnenfeld von Stubbendorf.


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9. Urnenfeld von Loiz.

(Katalog=Nummer Br. 348 - 350.)

An dem Wege von Loiz (bei Sternberg) nach Gr.=Raden links, auf dem sog. Kirchhofsschlage, einem sandigen vom See aus ansteigenden Ackerstücke hat der Besitzer, Erbpächter Ahrens in Loiz, beim Pflügen mit dem Rajolpflug eine größere Anzahl Grabstätten frei gelegt. Nach den Angaben desselben waren es etwa 30 meist unmittel=

eiserne Nadel
Figur 8. 1 / 5 .

bar unter dem Boden liegende Steinsetzungen, welche 1 bis 1 1/2 m tief in den Boden hineingingen; ein Steindamm ist nur einmal beobachtet, ebenso eine kleine aus Sandsteinplatten gebildete Kiste; die meisten waren Steinkegel, oben etwas abgeflacht, in deren Mitte je eine Urne stand; einige waren leer. Die Urnen waren große braune Gefäße mit rundlicher Wandung und weitem Halse, alle bis etwa zur Hälfte mit Knochen gefüllt; in einer lag ein bronzener Handring mit einfachen Strichverzierungen.

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Im Auftrage der Großherzoglichen Kommission zur Erhaltung der Denkmäler hat Verfasser im Juni 1893 die Stelle besucht und mit Unterstützung des Herrn Ahrens, eines für derartige Dinge interessierten und verständnißvollen Mannes, drei Stellen freigelegt:

1. Unmittelbar unter der Oberfläche, so nahe, daß die Steine früher frei gelegen haben müssen und nur der Flugsand sie überdeckt hat, fand sich ein ovaler Steindamm von 2 m nordsüdlicher und 2,30 m ostwestlicher Länge, darunter am westlichen Ende ein kleiner Steinkegel, in dessen Mitte zwischen Steinen sorgsamst verpackt eine Urne, rothbraun, rundlich, mit eingezogenem Halse. Höhe 20 cm, größter Umfang (10 cm von unten) 87 cm, Durchmesser der Oeffnung 20, der Standfläche 10 cm.

Der Inhalt war nur Knochen.

2. Ein großer Granitblock, von kleineren Steinen regelmäßig umgeben. Altsachen wurden weder darunter, noch in der Nähe gefunden; ähnliches ist bei Gamehl (s. unten S. 202) beobachtet; an einem derartigen Block fand sich die Lanzenspitze von Demzin (s. unten S. 210) und der Goldring von Baumgarten (s. unten S. 237).

3. Ein Steinkegel mit einer Grundfläche von 1 m Durchmesser und ebenso hoch; die Spitze reichte bis unmittelbar unter die Oberfläche. Inmitten desselben stand, von einer Steinplatte bedeckt, umsetzt von einigen platten Steinen und durch Keilsteine in ihrer Lage gehalten, eine Urne von beträchtlichen Dimensionen, deren Bergung geglückt und die jetzt die größte in Meklenburg gefundene Urne der Schweriner Sammlung ist (s. nebenstehende Abb. 8). Ihre Grundform ist die erwähnte, doch ist die Ausbauchung ungewöhnlich stark und der Hals kurz und eng. Höhe 39 cm, größter Umfang (22 cm von unten) 158 cm, Weite 25 cm, Durchmesser der Standfläche 12 cm, Höhe des Halses 9,5 cm. Die Form der Urne gehört noch in die ältere Bronzezeit, wie auch auf demjenigen norddeutschen Gebiete, welches die reichst entwickelte Keramik hat, der Lausitz, sie in die ältere Periode gehört, vergl. Jentsch, Niederlausitzer Mittheilungen II, S. 6. Interessante Vergleichspunkte bietet u. a. das Urnenfeld von Libochowan in Böhmen, wo unsere Form, aber in stärkerer Hindeutung auf verwandte Hallstadtformen auftritt; s. Heger, Mitth. d. anthrop. Ges. in Wien, Band XIII, Tafel 16, Fig. 13 b, Tafel 18, Fig. 23 a. Auch sie war mit Knochen etwa bis 1/3 Höhe gefüllt; zwischen diesen lag ein kleiner goldener Ring aus spiralig gewundenem Draht

spiraliger goldener Ring
Figur 9.
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von umstehender Grundform (Abb. 9). Gold wird im Allgemeinen in Gräbern der jüngeren Bronzezeit nicht gefunden; wir haben nur ein Beispiel von Grabow, wo ein ähnlicher Ring unter gleichen Verhältnissen beigegeben war (vergl. Jahrb. 18, S. 250).

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10. Urnenfeld von Krusenhagen.

(Katalog=Nummer T I A I α 22.)

Bei Krusenhagen bei Wismar wurde 1889 auf der Hufe des Schulzen Havemann, etwa 200 m nördlich vom Dorfe auf sandigem Boden nahe der Redentiner Scheide zwischen den Wegen nach Redentin und Gagzow, eine Urne gefunden und von Herrn Wachtmeister Cords in Wismar für die Großherzogliche Sammlung eingeliefert. Die Urne ist beim Pflügen in ebenem Boden etwa 35 cm tief gefunden und zwar von Steinen umgeben, auch von einem Steine überdeckt, auf einem Fundament von etwa 1 m Durchmesser. Es ist ein Krug von der beistehend (Abb. 10) nach Jahrb.11, S. 361 abgebildeten Form.

Krug
Figur 10.

Höhe 24 cm, Durchmesser oben 14,5, unten 10 cm, größter Umfang (in halber Höhe) 76 cm. Der Henkel ist abgebrochen. Unter demselben sind seichte Hohlkehlen als Verzierung. In der Urne fanden sich nur gebrannte Knochen. Ihrer Form nach gehört sie in die jüngere Bronzezeit, wie gleiche Gefäße von Gallentin, Ludwigslust, Perdöhl u. s. w. beweisen. Schon früher sind Urnenfunde an der genannten Stelle gemacht, alle unter denselben Verhältnissen. Also liegt offenbar auch hier ein Urnenfeld vor. Ob die Jahrb. 40 a, S. 4 erwähnte Urne von hier stammt, geht aus dem Bericht nicht hervor. Der Jahrb. 37, S. 206 beschriebene Moorfund von Krusenhagen ist älteren

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Ursprungs, mag aber immerhin ebenso wie der schöne Moorfund in dem benachbarten Redentin und das großartige Kegelgrab von Gagzow (der "Trüllingsberg") als Zeichen einer starken Besiedelung jener Gegend in der Bronzezeit hier erwähnt werden.


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11. Urnenfeld von Gamehl.

(Katalog=Nummer Br. 375 - 377.)

Jahrb. 58, S. 226 ist ein Skelettgräberfeld von Gamehl bei Wismar besprochen, dessen wendischer Ursprung vermuthet wurde. Ausgrabungen im October 1894 und April 1895, welche Verfasser Dank dem regen Interesse des Herrn A. von Stralendorff auf Gamehl vornehmen konnte, haben in der That wendische Grabstätten von größter Wichtigkeit zu Tage gefördert, über welche demnächst näher berichtet werden soll. Zugleich fiel aber auch Licht auf die a. a. O. erwähnten Urnenfunde. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß das wendische Grabfeld auf der Stätte eines bronzezeitlichen angelegt ist, daß also hier eine ähnliche Erscheinung vorliegt, wie sie das Bild des Grabfeldes von Bartelsdorf (s. Jahrb. 58, S. 218) in Verwirrung gebracht hat, nur mit dem Unterschiede, daß dort eine räumliche Trennung vorzuliegen scheint, während die beiden Gamehler Grabstätten ohne räumliche Scheidung auf demselben Terrain liegen. Unmittelbar neben einem wendischen Skelett fand sich nämlich dicht unter der Erdoberfläche eine kleine Steinsetzung, in der eine Urne stand. Sie ist leider zerdrückt, aber ihre Grundform unverkennbar: von einer schmalen Standfläche weitet sie sich in schräg ansteigender Wandung weit aus und zieht sich dann zusammen, um in einem niedrigen Halse zu endigen, also die Form der großen Urne von Loiz (s. oben S. 198).

In der Urne lagen zwischen zerbrannten Knochen:

1. Eine bronzene Pincette von feinster Arbeit, an den Rändern verziert mit einem schmalen Saume von Schrägstricheln, an der Endfläche mit drei im Dreieck gestellten Punkten, fast ganz gleich dem Jahrb. 51, II, 6 abgebildeten Exemplare (s. dort weitere Nachweise). Länge 4,25 cm.

2. Ein kleiner Pfriemen mit plattem Ende von 4 cm Länge.

Ist durch diese Urne einmal das Vorhandensein einer bronzezeitlichen Grabstätte erwiesen, so erklären sich zwanglos einige andere Vorkommnisse, die auf dem wendischen Grabfelde befremden mußten. Dahin gehören eine Anzahl Urnenscherben, die regellos sich in der

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bei der Oeffnung der Skelettgräber aufgeworfenen Erde fanden und die nunmehr als Reste des Urnenfeldes, welches durch die Anlegung des wendischen Grabfeldes zerstört wurde, aufzufassen sind; dahin gehört wohl auch die a. a. O. angeführte Urne, ferner eine große Steinsetzung von südwest= nordöstlicher Richtung, 1,70 m lang, 0,85 m breit, aus bedeutenden Granitblöcken aufgeschichtet, zwischen denen unter Aschenschichten Urnenscherben lagen, wahrscheinlich der Verbrennungsplatz. In geringer Entfernung davon lag eine andere Aschenschicht von etwa 15 cm Stärke und 2 m Ausdehnung, ebenfalls mit Scherben im bronzezeitlichen Charakter. Alle diese Funde lagen auf der Höhe der Ackerfläche unmittelbar unter dem Boden; wenn, wie als wahrscheinlich anzunehmen, noch mehr Urnen hier gestanden haben, so hat auch die Ackerkultur zu ihrer Zerstörung mitgewirkt.


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12. Urnenfeld von Stubbendorf.

(Katalog=Nummer Br. 329 - 345.)

Bei dem Dorfe Stubbendorf zwischen Gnoien und Dargun, welches schon früher als Fundort eines der eigenartigsten Depotfunde der Bronzezeit bekannt geworden ist (vergl. Jahrb. 26, S. 138), wurde im Herbst 1892 ein Urnenfeld aufgedeckt und im Winter 1892/93 von Herrn Wildhagen in Stubbendorf im Auftrage der Großherzoglichen Kommission zur Erhaltung der Landesdenkmäler untersucht; auch Verfasser hat im März 1893 mehrere Tage an der Ausgrabung theilgenommen.

Das Grabfeld liegt westlich vom Orte am Wege nach Klein=Methling in sandigem, leicht ansteigendem Acker, dem sog. Ziegenberge, und ist zum Theil Gemeindeland, zum Theil zur Erbpachtstelle des Schulzen Wulf (Nr. 6) gehörig.

Ueber Grabstätte 1 - 13 hat Herr Wildhagen berichtet; 14 - 29 kenne ich durch eigene Untersuchung. 1 - 3 lagen auf Hufe 6, die andern auf Gemeindeacker. Alle Grabstätten lagen in geringer Tiefe, etwa 30 cm. Es lassen sich drei Gruppen scheiden:

I. Auf Hufe 6:

1. Runde Steinsetzung, leer.

2. Desgl., darunter zerbrannte Knochen.

3. Desgl., kleine Gefäßscherben ohne Knochen u. dergl.

II. Gemeindeacker, besonders auf den Abtheilungen 4 - 13.

Die Grabstätten liegen ohne erkennbare Anordnung.

4. Steindamm, schon vom Pfluge zerstört, darunter der untere

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Theil einer größeren braunen Urne und darin eine bronzene Schnalle mit eiserner Zunge (beistehend Abb. 11).

Schnalle
Figur 11. 1 / 1 .

Die Urne hat die von Lisch, Jahrb. 11, S. 356 als Typus 1 abgebildete Grundform, aber stärkere Einziehung am Halse und längeren Hals; die Höhe beträgt etwa 19 cm, der größte Umfang liegt 10 cm von unten. Ganz sonderbar ist die Schnalle, ein länglicher Bügel mit rundem Querschnitt, in der Mitte in einer Kerbe die eiserne Nadel. Schnallen in der Bronzezeit sind sonst nie beobachtet, sie treten zuerst in der la Tène - Zeit auf (s. Mestorf, Ztschr. f. Ethnol. 1884, Verhandlungen S. 27).

5. Unter einem (gestörten) Steinpflaster Asche und Kohlenschicht, dazwischen eine schöne große (in Stücken erhaltene) Urne von derselben Form wie Nr. 4, etwa 22 cm hoch, darüber eine fein gearbeitete Deckelschale von der nach Jahrb. 13, Seite 365 beistehend (Abb. 12) abgebildeten Form.
Urne
Figur 12.

Dieselbe ist flach, schwarzbraun und hat von Rand zu Rand 25 cm Durchmesser. In der Urne eine bronzene Nadel mit Einschnürung am Kopf und feinen Strichverzierungen darunter; 12 cm lang S. über diese Form Jahrb. 51, zu Tafel II, 9.

6. Unter gleichen Verhältnissen eine schwarze, ausgebauchte Urne mit großer Standfläche, oben abgebrochen; Höhe 13,5 cm, Durchmesser oben ?, unten 10 cm, größter Umfang 59 cm (7 cm von unten).

7. Desgleichen eine kleine Schale mit schräg ansteigenden geraden Wänden; 5 cm hoch, mit 7,5 cm unterem und 15 cm oberem Durchmesser, zugedeckt mit einer großen braunen Deckelschale von etwa 25 cm Durchmesser.

8. Desgleichen eine Urne seltener Form, fast ganz geradwandig, an der Oberfläche unregelmäßige Längsfurchen. Höhe 18/5 cm, Durchmesser oben 13 cm, unten 10 cm.

9. Desgleichen eine (in Stücken erhaltene) graubraune Urne, 18 cm hoch; die Wandung ist am unteren Theile rauh gemacht.

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10. Unter einem kleinen Steindamm, in Sand verpackt, eine zierliche Urne mit Henkel, von der Grundform Jahrb. 11, (S. 362,3, aber etwas schlanker (siehe beistehende Abbildung 13). Unten tiefschwarz, nach oben rothbraun; Höhe 16 cm, Durchmesser oben 11,5, unten 8 cm, größter Umfang 54 cm (7 cm von unten).

Urne
Figur 13.

11. Ovale Steinsetzung; 2 m. lang, 1 m breit, darunter keine Urne, sondern Knochen in Asche und Kohle und eine Scherbe von einem kleinen Thongefäß, dünnwandig, mit geschweifter Wandung; eigenartig verziert mit einem leicht eingerissenen Strichornament Lausitz am Ende dieser Periode vorkommt; vgl. Jentsch a. a. O., S. 19.

Strichornament

12. Desgl., nur einige Scherben.

13. Runder Steinkranz; darin eine Steinkiste aus sechs Platten, in der eine größere, ganz zerdrückte Urne.

14. (Nr. 11 des Ausgrabungsprotokolls vom 29. März 1893):

Starke Aschenschicht gleich unter dem Urboden beginnend und etwa 50 cm tief in diesen hineingehend; in derselben einige größere Steine, zwischen denen eine zerdrückte Urne mit wenigen Knochen. Die Urne war rothbraun mit rauher Wandung; der Boden ist erhalten; derselbe hat 7 cm Durchmesser und zeigt auf der Innenfläche in der ganzen Länge zwei rechtwinklig in der Mitte sich schneidende Linien; dazwischen lag eine schwarze Scherbe feinster Arbeit. Ein gleiches Ornament findet sich in dem Lausitzer Formenkreise in dessen zweiter Periode, s. Jentsch a. a. O., S. 16.

15. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 10.) Steindamm aus größeren Steinen; von 1 m Durchmesser. Kein Inhalt.
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III. Die dritte Gruppe lag auf der Höhe des Berges, besonders auf den Ackerstücken 12 - 15, nördlich von den eben aufgezählten; zwischen der zuletzt genannten Stelle und der nächsten ist eine Entfernung von 36 m. Die Grabanlage dieser dritten Gruppe ist regelmäßiger, wenigstens sind zwei genau ostwestlich gerichtete Reihen erkennbar, ähnlich wie in Schwerin oben S. 196.)

16. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 13.) Ovaler Steindamm von 4,50 m ostwestlicher, 2 m nordsüdlicher Ausdehnung. Darunter nahe den vier Enden genau nach den Himmelsrichtungen je eine kleine Urne (alle zerdrückt); in diesen zarte Knochen in geringer Anzahl, wie es scheint, von Kindern. Die eine Urne war derb, sehr dickwandig, schwarz; die zweite mittelstark, braun; die dritte dünnwandig, ganz roth gebrannt; die vierte ganz klein (etwa 6 cm groß), dünnwandig und zart, ganz mit tief eingerissenen Schräglinien bedeckt.

Die folgenden vier bilden eine Linie von West nach Ost und stehen je 5 bis 6 m von einander entfernt.

17. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 12.) Runder Steindamm von 2,30 m Durchmesser; darunter drei Urnen (alle zerdrückt) nahe dem nördlichen, östlichen und südlichen Ende, eingepackt in Schichten von Asche und Kohle; die nördliche war besonders stark und mit derben Knochen gefüllt, darin auch ein kleines zur Unerkenntlichkeit geschmolzenes Bronzestück. Die Urnen hatten dieselbe Grundform wie oben Nr. 4 und waren gut gearbeitet; das Bronzestück scheint von einem gedrehten Ringe zu stammen.

18. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 6.) Ovaler Steindamm von 3,80 m ostwestlicher, 2,50 m nordsüdlicher Ausdehnung. Ganz am östlichen Ende, in Steinen verpackt und von diesen zerdrückt, eine braunschwarze Urne; auch am westlichen Ende eine regelmäßige Steinsetzung mit Grundstein und Deckstein, aber völlig leer.

19. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 5.) Ovaler Steindamm von 2 m ostwestlicher, 1,70 m nordsüdlicher Ausdehnung, die Urne stand nahe dem östlichen Ende in einer Aschenschicht, ein kleines (zerdrücktes) Gefäß. - Auch in der Mitte lagen unter dem Damm Scherben, aber von verschiedenen Gefäßen und ohne Knochen, offenbar als Scherben niedergelegt.

20. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 1.) Ovaler Steindamm, mit größeren Steinen umsetzt, von 2,60 m ostwestlicher, 1,70 m nordsüdlicher Ausdehnung; am östlichen Ende ein Block von 80 cm Länge. In der Mitte eine Aschenschicht von 1 m Durchmesser. Eine Graburne wurde nicht gefunden, nur unter dem Steine einige dickwandige Scherben. Wahrscheinlich war dieses der Verbrennungsplatz (vergl. die ähnliche Beobachtung bei Gamehl, oben S. 202).

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21. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 4.) Steinpackung neben 20; darin eine größere Urne mit starken Knochen, zerdrückt, aber in ihrer Form erkennbar; ausgebaucht mit kurzem Halse und weiter (gegen 22 cm) Oeffnung.

22. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 3.) Ovaler Steinring, nach Südost an 21 anschließend, von 1,80 m nordwestlicher, 1,20 m nordsüdlicher Ausdehnung. In der Mitte unter einem Decksteine einige mittelstarke Scherben, keine Knochen.

Eine zweite, ebenfalls nordöstliche Linie wird durch die Gräber 23 - 27 gebildet, doch verläuft diese nicht so gleichmäßig, wie die erste; die Entfernungen sind schwankender (4 - 7 m), und die Linie ist nicht genau inne gehalten.

23. (Protokoll=Nr. 14.) Ovaler Steindamm, 3,20 m nordsüdlich, 2,20 m ostwestlich, also anders geformt wie die Mehrzahl. Am nördlichen, westlichen und südlichen Ende Aschenschichten mit wenig Knochen; keine Urne.

24. (Protokoll=Nr. 8.) Runder Steinkranz von 2,75 m Durchmesser; darin am östlichen Ende ein kleiner Steindamm. Ganz leer.

25. (Protokoll=Nr. 7.) Nach Norden zu, von der Linie abweichend, unmittelbar an 24 anschließend, runde Steinsetzung von 1,50 m Durchmesser, gebildet von einem bedeutenden Granitblock und kleineren Dammsteinen. Ganz leer.

26. (Protokoll=Nr. 9.) Ovaler Steindamm, 3,30 m nordsüdlich, 2,30 m ostwestlich, also gleich 23. Am südlichen Ende eine Aschenschicht.

27. (Protokoll=Nr. 2.) Angrenzend an 22. Ovaler Steindamm, 1,70 m ostwestlich, 1,20 m nordsüdlich; am nördlichen Ende ein bedeutender Granitblock, von kleineren Steinen in seiner Lage gehalten. In der Mitte eine (zerdrückte) größere schwarzbraune Henkelurne ohne Inhalt.

Von dieser Linie südlich liegen isoliert noch zwei Stellen:

28. (Protokoll=Nr. 15.) Runder Steindamm von 1,5 m Durchmesser. Ganz leer.

29. (Protokoll=Nr. 16.) Granitblock, von kleineren Steinen umgeben. Nichts darunter.

Nachträglich (Winter 1894/95) hat Wildhagen noch eine Urne von größten Dimensionen freigelegt, die umgekehrt (den Boden nach oben) in der Erde steckte und bei der die Knochen oben auf dem Boden lagen.

Das Stubbendorfer Grabfeld darf trotz seiner kümmerlichen Ausstattung ein besonderes Interesse in Anspruch nehmen, denn es ist das erste ausgebeutete bronzezeitliche Urnenfeld im Lande.

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Das Gesammtbild desselben ist sonderbar genug. Eine große Anzahl der Steinsetzungen war leer, andere zeigten nur Asche= und Kohlenschichten, bei denen anzunehmen ist, daß man sich begnügt hat, einem Theile der Scheiterhaufenreste eine feierliche Beisetzung angedeihen zu lassen; auch in den Urnen waren meist sehr wenig Knochen. Die Grabanlagen zeigen die Bronzezeit am Ende. Selbst Steinkisten finden sich nur vereinzelt; die Urnen stehen oft schon ganz frei in der Erde, nur durch einen Steindamm nach oben geschützt. Diese Grabform ist die der unmittelbar daran schließenden Zeit, der älteren la Tène=Periode, wie sie durch eine Reihe neuerer Ausgrabungen, die noch ihrer Publikation harren, so von Krebsförden, Mölln und Brünkendorf, aber auch schon früher bei Raduhn (Jahrb. 47, S. 296, dort nicht richtig aufgefaßt) festgestellt ist. Daß das Stubbendorfer Feld ganz an das Ende unserer Periode gehört, beweisen auch die Urnenformen und die Beigaben; die Urnenformen sind noch bronzezeitlich; nur an der Verzierung des kleinen Bechers aus Grab 11 macht sich der la Tène=Geschmack geltend, indem dieselben Strichornamente ein Lieblingsmotiv dieser Zeit sind. Die Nadel erscheint in süddeutschen Funden in der jüngeren Hallstadtzeit zusammen mit älteren la Tène=Funden (Naues Periode III s. l-époche de Hallstadt, S. 33, Fig. 71). Die Schnalle mit Eisenband würde man, allein gefunden, erst der la Tène=Zeit zuschreiben (s. oben), doch liegt, wie J. Mestorf nachgewiesen hat (a. a. O.), die Entstehung der Schnalle in den bronzezeitlichen Nadeln mit zurückgebogener Oese; sie widerspricht also nicht unserer Ansetzung des Grabfeldes als eines ganz jung bronzezeitlichen, eines derjenigen, wo schon Uebergänge zu la Tène bemerkbar sind.


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13. Urnenfeld von Kritzkow.

(Katalog=Nummer Br. 261, 262.)

Auf dem Pfarracker von Kritzkow bei Güstrow, der an den Büdner Karsten verpachtet war, hat man 1889 zwischen Steinen verstreut an mehreren Stellen Urnenscherben und Bronzestücke gefunden. Die Herren Pastor Beyer in Laage und Postagent Siegmund in Kritzkow haben die Stelle sachgemäß untersucht und die Fundstücke eingeliefert. Nach dem Berichte des Herrn Pastor Beyer an die Großherzogliche Kommission zur Erhaltung der Denkmäler vom 23. November 1889 liegt die Fundstelle etwa 2 km von Kritzkow südwestlich, östlich von der Chaussee auf langsam ansteigendem Terrain. Ausgegraben ist:

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1. Ein Steindamm von 2,20 m Länge und 1,20 m Breite, 40 cm unter der Erdoberfläche. Unter dem Damm fand sich nichts.

2. Eine größere Fläche mit unregelmäßig durcheinander liegenden Steinen und Knochen.

3. Ein Steinkreis von 50 cm Durchmesser, in dem 36 cm tief eine Urne stand. Dieselbe ist zerdrückt; es war ein großes Gefäß mit rauh gemachter Wandung.

Die zerstreut gesammelten Gegenstände sind:

1. Reste eines bronzenen spiraligen Armrings aus dünnen (2 mm breiten) Streifen, ganz ähnlich dem von Grünenhof (oben S. 193), wo analoge Funde angeführt sind.

2. Reste eines Fingerrings gleicher Art wie 1.

3. Urnenscherben im Charakter der Bronzezeit, und zwar

a. dünnwandige, fein geschlemmte, zum Theil mit einfachen Strichverzierungen,

b. dickwandige, mit rauher Oberfläche, grob geknetet.

4. Gefäßscherben im Charakter der wendischen Zeit, wie sie Jahrb. 58, S. 197 ff. besprochen sind; mit Horizontalriefeln und Wellenornament.

Diese wendischen Scherben beweisen, daß das Kritzkower Feld verschiedene vorgeschichtliche Stätten birgt; wahrscheinlich ein Urnenfeld der jüngeren Bronzezeit und eine jener wendischen Ansiedelungen in Gruben, wie sie uns jetzt hinreichend bekannt sind. Daß wendische Grab= oder Wohnstätten entsprechende Anlagen früherer Kulturperioden einnahmen und natürlich zum Theil zerstört haben, ist gerade in der letzten Zeit häufig beobachtet; vergl. den besonders instructiven Fall von Gamehl, oben S. 201. Im Herbst 1893 sah ich bei Lübz kurz vor der Stadt auf dem Gebiete des Herrn Dampfziegeleibesitzers Voß wendische Wohngruben, neben denen die durch ihr Mäanderornament unverkennbar charakterisierten Scherben der frührömichen Provinzialperiode lagen, wo also höchst wahrscheinlich ein altgermanisches Grabfeld schon in wendischer Zeit zerstört ist.


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14. Urnenfeld von Möllenbeck.

(Katalog=Nummer T I H 1 d α 23.)

Bei Möllenbeck bei Zierzow (Amtsgerichtsbezirk Grabow) wurde 1892 in einer Sandgrube, 60 cm unter der Oberfläche, eine braune Urne im Charakter der jüngeren Bronzezeit gefunden und von Herrn von Treuenfels auf Möllenbeck der Großherzoglichen Sammlung

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eingesandt. Ihre Grundform ist die oben S. 196 abgebildete, doch hat sie eine stärkere Standfläche; auch ist ihre Farbe heller (fast roth) und der untere Theil der Wandung rauh gemacht. Höhe 16,5 cm, Durchmesser oben 17 cm, größter Umfang (5,5 cm von unten) 61,5 cm. In derselben lagen nur Knochen. Da dabei noch weitere Scherben, so der Rest einer Henkelurne von ähnlicher Gestalt, gefunden sind, handelt es sich auch hier sehr wahrscheinlich um ein zu der von uns besprochenen Gruppe gehöriges jungbronzezeitliches Urnenfeld, welches genauere Untersuchung verdiente.


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15. Urnenfeld von Stavenhagen (Reutershof).

Jahrb. 47, S. 292 ist ein Urnenfeld bei Stavenhagen (Reutershof) beschrieben. Seitdem hat Verf. die Stelle einmal besucht, und es sind auch eine Anzahl neuer Funde gemacht, welche in den Händen des Besitzers von Reutershof, Herrn Scheibel, geblieben sind.

Das Grabfeld liegt auf dem nordwestlichen Abfall eines Höhenrückens, ungefähr 15 Minuten westlich der Stadt. Der Abfall besteht aus zwei Kuppen, einer größeren, von etwa 300 []m Umfang (A) und einer kleineren (B); letztere bildet das Ende. Auf dem Hügel A sind beim Pflügen etwa 60 Urnen freigelegt, besonders an dem westlichen und östlichen Abhange; doch scheinen Urnen ziemlich gleichmäßig über die ganze Fläche vertheilt gewesen zu sein. Sie standen in Entfernung von 6 bis 10 Schritten ungefähr 50 cm unter der Oberfläche, alle in unregelmäßig geformten Steinkisten mit Fußstein und Deckstein. Auf dem Hügel B sind verstreut, sonst unter gleichen Verhältnissen wie auf A, 10 Urnen gefunden; außerdem an drei Stellen ovale Flächen von 3 bis 4 und 1,5 m Durchmesser. Die Steine waren durch Brand geschwärzt, und auf ihnen lagen Kohlen und Brandschichten. Wahrscheinlich sind dieses die Stätten der Leichenverbrennung.

Die Urnen waren alle vollgepackt mit zerbrannten Knochenstücken und Asche. Die Form der Urnen ist verschieden, doch lassen sie sich auf die beiden von Lisch a. a. O. beschriebenen Grundformen zurückführen, nur daß auch hier wie an allen bisher besprochenen Grabstätten die erste Form schlanker ist und einen höheren Hals hat. Verzierungen sind häufig: flüchtige Einritzungen am unteren Theile der Wandung, meist einfache Vertikalstriche, einige Mal schräg gitterförmig.

Geringfügig sind auch hier die Beigaben, nämlich:

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1. ein flaches Messer mit zurückgebogenem Griff, 11,5 cm lang, genau von der Jahrb. 51, Tafel 6, Fig. 1 abgebildeten Form, aber unverziert.

2. Reste eines spiraligen Fingerrings.

3. Ein schön verzierter Spindelstein aus Sandstein, flach, von 1,25 cm Durchmesser. Die Verzierungen werden gebildet durch radspeichenartige Linien, dazwischen je ein Punkt; die Schmalseite ist mit Längsstreifen versehen. Dieser Fund ist interessant; es ist das erste Mal, daß ein Spindelstein in der jüngeren Bronzezeit gefunden ist, und seine Form ermächtigt uns, mehreren bisher zeitlosen Einzelfunden ihre Stelle anzuweisen.

Im Uebrigen stimmen diese neueren Funde zu der a. a. O. gemachten Ansetzung.


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16. Bronzefund von Demzin.

(Katalog=Nummer B. L. I. D. 1α 37.)

Auf der Feldmark von Demzin bei Malchin wurde südlich der sogen. Gielower Benz (Waldung) beim Steinbrechen eine Lanzenspitze gefunden. Herr Pastor Walter in Malchin hat dieselbe freundlichst der Großherzoglichen Sammlung übergeben. Sie lag 70 cm unter der Bodenfläche unmittelbar neben einem gewaltigen Steinblock. Es ist ein sehr schön erhaltenes Exemplar mit hellgrüner, glänzender Patina (abgeb. nebenstehend, Fig. 14).

Lanzenspitze
Fig. 14.½.

Die Flügel sind leicht nach außen geschweift, die Schaftrinne geht bis zur Spitze, an der Schaftöffnung verziert mit drei Streifen aus tieferen Parallellinien; kein seitliches Loch zur Befestigung des Schaftes, Länge 15 cm, bis zum Ansatz der Flügel 7,25 cm, größte Breite 3 cm, Durchmesser des Schaftloches 1,5 cm.

Lanzenspitzen von gleichem Typus, d. h. mit Schaftloch und hochsitzenden Flügeln, sind hier mehrmals in Gräbern der jüngeren Bronzezeit gefunden, z. B. bei Alt=Schwerin (Jahrb. 20, S. 286), Boizenburg (Jahrb. 20, S. 383), Spornitz (s. o. S. 191), Sukow (Frid. Franc., S. 57), Neu=Stuer (s. o. S. 192). Häufig sind sie auch in Gießerfunden, so dem von Ruthen (Jahrb. 39, S. 135); ein Stück aus einem Moorfunde unbekannten Fundorts zeigt Reparaturen mit Kupfer (abg. Frid. Franc. VIII, Fig. 4). Funde von Glasin (23 Stück, Jahrb. 10, S. 288) und Kl.=Warin (2 Stück auf einem

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Bronzeband) weisen auf Gießerfunde hin. Andere sind zusammen gefunden mit "Kronenreifen" (torques) der jüngsten Metallzeit, so bei Lübtheen, Kolbow bei Zierzow, Kreien bei Lübz. Zahlreich sind auch die Einzelfunde aus Mooren. Kurz: Lanzenspitzen der angegebenen Art gehören ganz überwiegend den jüngeren Perioden der Bronzezeit an. Auch Montelius (Om tidsbestämming Tafel 5) rechnet sie in seine fünfte Periode. Unser Exemplar zeichnet sich durch seine feine Verzierungsart aus, die für Meklenburg neu ist, aber anderwärts häufig beobachtet: ein sehr ähnliches Exemplar vgl. J. Mestorf a. a. O., Fig. 227, ein anderes bei Schumann, der Fund von Hoekendorf (in Pommern) Fig. 5; dieser Fund gehört inhaltlich und zeitlich zu unseren Depotfunden von Ruthen u. s. w. und giebt also eine sichere Zeitbestimmung. Auch in Süddeutschland gehört diese Form der jüngeren Bronzezeit an; vgl. Naue, Bronzezeit in Oberbaiern, S. 95.

Wir haben den Demziner Fund nur vermuthungsweise zu den Grabfunden gezählt, da von Urnenfunden, regelrechten Steinsetzungen u. s. w. nichts berichtet wird. Doch kann es bei der tiefen Lage ein zufällig verlorenes Stück nicht sein; und da ist immerhin mit Rücksicht auf die Anlage anderer Grabfelder, wie z. B. das von Stubbendorf, eine Grabanlage das wahrscheinlichste.


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17. Grabfund (?) von Woez.

(Katalog=Nummer L. II. U. 2 c 7 und 8.)

Bei Woez bei Wittenburg wurden Anfangs der achtziger Jahre zwei Bronzeringe gefunden, angeblich "mit Urnenscherben unter Steinen"; näheres ist nicht bekannt geworden, doch liegt auch hier die Wahrscheinlichkeit vor, daß sie einer Grabstätte entstammen. Die Ringe kamen in den Besitz des Herrn Karl Peitzner in Pogreß, eines eifrigen und erfolgreichen Alterthumssammlers, welcher den einen Ring der Großherzoglichen Sammlung schenkte, während der andere nach dem Tode des Besitzers (1893) erworben wurde. Die Ringe (abgeb. beistehend, Abbildung 15) sind eigenthümlich;

Bronzering
Fig. 15.½.

sie haben eine schöne, glänzende, helle Patina, sind nach innen hohl, nach außen halbrund gewölbt, doch so, daß die Kante nach oben gerade abschneidet; auf der einen Seite schließen sie leicht gerundet glatt ab, auf der andern haben sie nach einer Einschnürung eine kleine stollenartige Erhöhung, letzteres wie die Jahrb. 51, S. 26, Nr. 4 besprochenen

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Ringe, während der spitze Abschluß z. B. an dem Ringe von Vielist (Jahrb. 52, Tafel I, Fig. 3) vorkommt; Durchmesser 5 cm, größte Breite 1 cm. Ringe der Bronzezeit mit verschiedenartigen Endungen kommen sonst, so weit ich sehe, nicht vor.


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18. Grab von Sembzin.

(Katalog=Nummer 2042 - 2046, 2980 - 2982.)

An diese neueren Funde sei ein alter Fund gereiht, dessen Bedeutung bisher nicht richtig gewürdigt ist. Bei Sembzin (an der Müritz zwischen Röbel und Waren) ist gegen 1850 ein kleines Kegelgrab aus Sand entfernt und dabei eine kleine Urne und ein kleiner Ring gefunden, ganz im Charakter der oben beschriebenen Funde, z. B. von Neu=Stuer (Jahrb. 19, S. 311). Schon früher war auf dem Felde von Sembzin in einer Sandgrube eine Urne mit Knochen und kleinen Bronze= und Eisenspuren gefunden (Jahrb. 10, S. 290); leider ist nicht klar, ob die beiden Funde an einer Stelle gemacht sind. Die letztgenannten Funde sind:

1. Eine Kette aus Bronze mit blauen Glasperlen (abgeb. beistehend, Abb. 16, vergl. auch oben Grünenhof).
Kette
Fig. 16.½.

Derartige Ketten sind der nordischen Bronzezeit fremd, kommen aber in Süddeutschland in der jüngeren Hallstadtzeit vor (z. B. Naue, l-époche de Hallstadt, IX, S. 77 zur Verbindung zweier Paukenfibeln) und in Norddeutschland in der älteren la Tène=Zeit (vergl. J. Mestorf, Urnenfriedhöfe III, Fig. 15 aus dem Urnenfelde von Dockenhuden an zwei Nadeln, in denen J. M. den Ursprung der Schnalle sieht). Vielleicht dienten sie auch bei uns zur Verbindung der beiden Bronzenadeln. Die blauen Glasperlen treten schon in der Bronzezeit auf (z. B. Friedrichsruhe, Jahrb. 47, S. 265).

2. Zwei Bronzenadeln (abgeb. beistehend, Abb. 17),

Bronzenadel
Fig. 17.½.

endigend in einem Kopfe von zwei nach außen gebogenen Spiralen, darunter eine Einbiegung. Länge 10 cm. Diese Form scheint süddeutsch zu sein, vergl. v. Tröltsch, Fundstatistik S. 32, Nr. 68, findet sich aber auch in Italien (Peschiera am Gardasee). - Aehnliche, aber oft bedeutend größere Nadeln kommen

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auch in Dänemark (vergl. S. Müller a. a. O., S. 413), Bornholm (s. Undset Eisen, S. 394), Posen (a. a. O., S. 15) und sonst vor.

3. Eine "Paukenfibel" einfachster Form (abgeb. beistehend, Fig. 18);

Paukenfibel
Fig. 18.½.

der Bügel von Bronze, die (leider abgebrochene) Nadel war aus Eisen. Vergl. über diese in Süddeutschland weit verbreitete, im Norden, soweit ich sehe, hier zuerst vorkommende Form v. Tröltsch, Fundstatistik, Fig. 7, für Baden Wagner, Hügelgräber u. s. w., Tafel 5, für Baiern Naue, Hügelgräber 25, 1 und Text, bes. S. 119.

4. Ein starker Armring (zerbrochen), bestehend aus einer starken, innen offenen, elliptischen Röhre, aber gegossen, an den Enden verziert mit zwei Streifen von Längslinien (abgeb. beistehend. Abbildung 19).

Armring
Fig. 19.

Derartige "Wulste" kommen am Ende der Bronzezeit besonders im östlichen Deutschland häufiger vor (vergl. z. B. die Nachweise bei Lissauer, Alterthümer der Bronzezeit in Westpreußen, S. 15), Wir haben in Schwerin emen ähnlichen, aus einem Depotfunde jüngster Bronzezeit von Kreien (Jahrb. 14, S. 318), aber auch, und das ist für die Zeitbestimmung wichtig, aus einem Funde der ältesten la Tène=Zeit von Pogreß (Jahrb. 41, S. 167; Undset, Erstes Auftreten des Eisens, S. 260 ff.) Undset sah in diesen norddeutschen gegossenen Ringen mit Recht Nachbildungen der getriebenen Hallstadtringe gleicher Form.

Der Sembziner Fund gehört demnach an das Ende unserer Bronzezeit, welche gleichzeitig ist mit der älteren la Tène=Zeit westlicher und der jüngeren Hallstadtperiode südlicher Gebiete.

Besonders nach der letzten Seite sind die Anknüpfungen fruchtbar. In der trefflichen Abhandlung von Naue, l-époche de Hallstadt en Bavière (Revue archéologique, Paris 1895) hat der Verfasser die Ergebnisse seiner Forschungen in Oberbaiern und der Oberpfalz in vier Perioden geschieden. Vergleichen wir diese Perioden mit den gleichzeitigen der Meklenburgischen Vorgeschichte, so ergiebt sich: während die älteren nur geringe Beziehungen zu dem Norden zeigen, treten mit der dritten, für welche Naue den Zeitraum von 400 bis 300 annimmt, starke Analogien hervor, weniger in Oberbaiern, als in der Oberpfalz. Dies ist die Zeit, in der das Eisen bei uns zuerst erscheint, wesentlich später als in Baiern, wo

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es schon in Naues zweiter Periode (700 bis 400), die nur theilweise mit unserer vierten bronzezeitlichen zusammenfällt, erscheint. Die Bronzezeit hat sich im Norden viel länger gehalten als im Süden. Das Eisen erscheint hier erst gleichzeitig mit der Beeinflussung durch eine Hallstadtkultur gegen 400 - 300 und gelangt zum Siege mit der der la Tène=Kultur entsprechenden Naueschen Periode IV. (300 bis zur christlichen Aera). Hier zeigt sich auf den so entfernten Gebieten eine völlig gleiche Keramik. Die hohen, leicht gerundeten Urnen, wie Naue VI, Fig. 55, und die breiten, fast kugeligen mit den leicht eingeritzten Verzierungen, wie Naue VI, Fig. 54, sind identisch mit den Urnen unserer Grabfelder der ältesten Eisenzeit (la Tène), z. B. VI, Fig. 54 gleich solchen von Krebsförden und Püttelkow, VI, Fig. 55 gleich solchen aus Mölln und Zweedorf; diese Aehnlichkeit beschränkt sich nicht auf die Form, auch die Farbe ist dieselbe: tiefschwarz oder thonbraun. In Baiern verschwinden die graphitierten und farbigen Gefäße, die bei uns niemals aufgetreten sind. Diese Aehnlichkeit ist kein Zufall; auch die Grabausstattung mit kümmerlichen Kleinigkeiten stimmt; soweit ich sehen kann, finden sich in einem großen Theile von Deutschland dieselben Erscheinungen, eine Gleichheit, die sehr von der Buntheit der früheren Perioden absticht. Auf die verschiedenen Möglichkeiten, Völkerbewegungen als Erklärung heranzuziehen, kann ich hier nicht eingehen; das ist eine Aufgabe geschichtlicher Untersuchungen, wie sie im Anschluß an Müllenhoffs Betrachtungsweise neuerdings von berufener Seite (Much, Kossinna 1 )) mit Glück in Angriff genommen sind. Daß Meklenburg damals eine germanische Bevölkerung gehabt hat, ist ebenso unzweifelhaft, wie daß die reine la Tène=Kultur von keltischen Stämmen ausgegangen ist. Aber die Wege und die Gründe dieser sehr starken Beeinflussung Germaniens durch keltische Einflüsse in jener Zeit anzugeben, bleibt weiterer Forschung vorbehalten. Doch sei noch ein anderer Punkt erwähnt: soweit bisher erkennbar, lassen sich in Meklenburg zwei la Tène=Perioden scheiden, und die oben genannten Urnen gehören der zweiten Periode an; sie finden sich oft in Grabfeldern, wo schon provinzial=römisches Inventar auftritt (z. B. Körchow und Püttelkow). So tritt nicht unsere ganze, sondern nur unsere jüngere la Tène=Periode mit Naues Hallstadtperiode IV in Parallele.

Nordische Forscher, besonders Montelius, pflegen derartige Synchronismen tabellarisch darzustellen. Wenden wir das hier an, so ergiebt sich für Meklenburg folgendes Schema (die Begründung


1) Siehe besonders G. Kossinna, Die vorgeschichtliche Ausbreitung der Germanen in Deutschland. Zeitschr. des Vereins f. Volkskunde 1896, S. 1.
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meiner Eintheilung der hiesigen Bronzezeit habe ich an anderen Stelle schon mehrfach gegeben, zuletzt in Raabe-s Vaterlandskunde, bearbeitet von Quade, 1895, Bd. III):

Baiern. Meklenburg.
Bronzezeit Bronzezeit, Periode II,
erste Hallstadtperiode 800 v. Chr. bis 700 Klammer Bronzezeit, Periode III,
zweite Hallstadtperiode 700 - 400 ) (erstes Auftreten des Eisens) Klammer Bronzezeit, Periode IV (erstes Auftreten des Eisens),
dritte Hallstadtperiode 400 - 300 la Tène=Periode I,
vierte Hallstadtperiode 300-Ch. G. la Tène=Periode II,
römische Zeit provinzial=römische Periode.

Zu einem Ausbau dieses Schemas fehlt noch sehr viel, besonders ausgedehnte und systematische Ausgrabungen unserer Urnenfelder, die drängendste und in weiten Kreisen leider nicht genügend gewürdigte Aufgabe der heimischen Alterthumsforschung.


Diesen durch systematische Ausgrabung oder sichere Funde festgestellten Grabstätten seien eine Anzahl anderer angeschlossen, die seit der früheren Aufzählung im Jahrb. 51 bekannt geworden oder erst seitdem richtig erkannt sind. Ich führe sie alphabetisch an:

1. Barendorf bei Grevesmühlen. Auf einem Hügelrücken eine große Anzahl Urnen in Steinkisten (Jahrb. 39, S. 125); also genau dieselbe Erscheinung wie in Ludwigslust, oben S. 193. Leider sind die gefundenen Urnen nicht bewahrt worden.

2. Barnin bei Crivitz. In der Sammlung des Herrn Uhrmachers Schröder in Crivitz befindet sich eine Urne im Charakter der Bronzezeit und eine darin gefundene "Schwanenhalsnadel". Näheres über die Art der Grabstätte ist nicht bekannt geworden.

3. Dargun. In dem Gehölz nahe dem Judenkirchhof liegen eine Anzahl niedriger kegelförmiger Gräber, die anscheinend ganz aus Steinen aufgeschichtet sind, äußerlich noch wohl erhalten. Nach Analogie der a. a. O., S. 7 oben angeführten Gräber von Gallentin u. s. w. werden auch die von Dargun hierhin zu zählen sein.

4. Dobbin bei Dobbertin. In den Tannen am Nordende des Dobbertiner Sees und dem westlich daran angrenzenden Felde sind beim Steinbrechen eine Anzahl Urnen gefunden. Dieselben standen fast unmittelbar unter der Erdoberfäche unter Steinen und in Steine verpackt; mehrmals war eine als Deckel über eine andere gestülpt.

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Herr Präpositus Pleßmann in Dobbertin hat einige Reste bewahrt. Es sind breitausgebauchte braune Gefäße, etwa wie die von Loiz; einige verziert mit Perpendikulär= oder sich kreuzenden Strichen.

5. Federow bei Waren. In der Sammlung des Herrn Erblandmarschalls Freiherrn von Maltzan auf Burg Penzlin befinden sich eine Anzahl kleiner Bronzen von Federow, die einer nicht näher bekannten Grabstätte entstammen.

6. Goldenbow bei Wittenburg. Die Jahrb. 5 B, S. 44 aufgezählten niedrigen Grabhügel gehören ohne Zweifel hierher und schließen sich denen von Neu=Stuer u. s. w. an.

7. Gramnitz bei Hagenow. Auf einem, dem Schulzen Niemann gehörigen Felde nordöstlich vom Dorfe an dem Wege von Toddin nach Pätow, etwas südlich von der Stelle, wo ein Feldweg von Gramnitz aus diesen trifft, sind 1892 und 1893 beim Steinbrechen eine Anzahl Urnen gefunden, aber nicht bewahrt. Ich habe im Mai 1893 die Stelle besucht und mehrere Sondierungsgräben ziehen lassen. Die Steinsetzungen lagen etwa 30 cm unter der Oberfläche. Es waren sehr bedeutende Schichtungen, zum Theil Blöcke von 60 cm Durchmesser; die Urnen hatten in Steinplatten eingeschlossen gestanden. Gefunden waren an die 100, aber alle zerstört; an Metallbeigaben ist nur ein Stück Bronze beobachtet. Die Urnen waren groß, topfartig, zum Theil mit flüchtigen Strichen verziert. Also ein echtes Urnenfeld in der Art des von Stubbendorf und sehr wahrscheinlich auch derselben Zeit angehörig.

8. Hallalit bei Kirch=Grubenhagen. Anfang der 80 er Jahre sind mehrere niedrige Erdhügel entfernt, in denen sich in der Mitte Steinsetzungen mit Urnen befanden. Die Urnen waren groß, bauchig, gleich der oben S. 196 abgebildeten, und zum Theil mit anderen flacheren Urnen zugedeckt. In der einen soll ein Bronzedolch gefunden worden sein.

9. Jabel bei Malchow. An dem Kanal zwischen Kölpin= und Fleesensee liegt zwischen sumpfigen Wiesen eine sandige Erhöhung, auf der zahlreiche Hügel sichtbar sind. Die Formen sind ungleich; einige mögen natürliche Dünen sein, bei anderen ist die Kegelform unverkennbar. Auch sind durch private Ausgrabungen denselben bronzene Schwerter entnommen. Einige im Schweriner Museum befindliche Bronzen aus Jabel ohne weitere Fundangaben (vergl. Jahrb. 13, S. 375) mögen auch von hier stammen. Die ganze Stelle heißt in der Gegend der "Heidenkirchhof," und man sucht dort den in einem goldenen Sarge beigesetzten "Heidenkönig." Die Form und Lage der Gräber erinnert an die Grabfelder jüngerer Bronzezeit von Dobbin bei Krakow, Klink, Alt=Schwerin, Sukow, die alle nicht

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weit entfernt liegen, aber auch Retzow. Neu und eigenartig ist nur, daß dieses Grabfeld eine Landstrecke einnimmt, die früher ganz von Wasser umgeben gewesen sein muß, wir also hier den interessanten Fall einer bronzezeitlichen "Todteninsel" beobachten können.

10. Kargow bei Waren. Beim Abräumen eines Steinhügels im Acker ist im Sommer 1896 ein Urnenbegräbniß gefunden. Der, wie es scheint, künstliche Hügel war 1 1/2 m hoch und bestand aus Kies. Die Urne stand in der Mitte, in Steine verpackt und mit einem Deckelsteine geschützt; sie besteht aus grauem Thon, ist 21 cm hoch und oben 24 cm breit, ein einfach rundliches Gefäß mit leichter Ausbauchung. Ein zweites (zerdrücktes) Gefäß bildete wohl den Deckel. In der Urne waren zerbrannte Knochen, um einen Fingerknochen saß ein Ring von rundem Durchschnitt und ca. 1,30 cm innerer Weite. Die Gegenstände befinden sich im Besitz des Herrn Neumann auf Kargow, dessen Gefälligkeit wir obigen Fundbericht verdanken. Da sich noch mehrere Hügel auf dem Felde befinden, haben wir auch hier wohl eine größere Begräbnißstätte vor uns. Die schon durch andere Fundstellen (Sietow, Sembzin, Klink, Federow, Jabel) bewiesene starke Besiedelung der Warener Gegend in der jüngeren Bronzezeit erhält hiermit einen neuen Beleg.

11. Kreien bei Lübz. Das Jahrb. 10, S. 278 von Ritter beschriebene Kegelgrab gehört hierher. Es zeigte die seltene Erscheinung, daß in einer Steinkiste oberhalb des Urbodens eine größere Anzahl Urnen (zwei Reihen über einander) sich fanden.

12. Leezen bei Schwerin. In niedrigen Steinhügeln sind eine Anzahl schöner Bronzen gefunden, welche in das Völker=Museum in Berlin gekommen sind, nämlich: eine Pincette, eine Nadel mit Krümmung und rundlichem, mit Buckeln versehenen Kopfe = Jahrb. 51, Tafel II, Figur 10, ein Messer = Jahrb. 51, Tafel VI, Figur 1, aber unverziert und besonders ein ausgezeichnet schönes Messer von der a. a. O., S. 17 besprochenen, besonders in Schweizer Pfahlbauten vertretenen Form. Zu den dort gegebenen Nachweisungen ist noch ein Fund von Toddin (Frid. Franc., S. 54) zu rechnen, wo jüngere Bronzen, wahrscheinlich als Nachbestattung, in einem Hügel mit älteren zusammen sich fanden, und von auswärts jetzt ein interessanter Fund von Seddin (West=Priegnitz), den A. Goetze in den Nachrichten über Deutsche Alterthumsfunde 1895, S. 74 besprochen hat. (Für Leezen ist dort Lenzen gedruckt; Zülow ist das bei Sternberg gelegene [Frid. Franc., S. 130]; der Rekenziner Fund im Schweriner Museum stammt aus Rekenzin in der Priegnitz.) Die Seddiner Funde erinnern sehr z. B. an die von Sukow, besonders auch durch die "Schachtelurne" (vergl. Jahrb. 13, S. 367).

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13. Moltzow bei Malchin. Zwei verschiedenartige Gruppen von Grabstätten: Kegelgräber mit Steinkisten und flache Erhebungen mit Steinkisten sind schon früher bekannt geworden (vergl. Jahrb. 6 B, S. 136; 7 B, S. 22; 16, S. 259). In der Sammlung des Herrn Erblandmarschall von Maltzan auf Burg Penzlin befinden sich einige kleine Sachen aus Gräbern von Moltzow, darunter eine Fibel mit massiver Platte und eine Vogelfigur aus Thon, wohl ein Kinderspielzeug; das erste Mal, daß etwas derartiges in Meklenburg bekannt wird, während es in den sog. "Lausitzer" Gräbern in Brandenburg, Schlesien u. s. w. zu den gewönlichen Fundstücken gehört (vergl. Undset, das erste Auftreten des Eisens, Tafel IX u. s. ) S. darüber die Aufzählung von Jentsch, Niederlaus. Mittheilungen I, S. 536; II, S. 116; über die zahlreichen schlesischen Funde derart vergl. Söhnel in "Schlesiens Vorzeit in Wort und Bild," Bd. VI (1896), S. 462; aus Baiern: Hallstadtperiode III, Naue a. a. O., S. 35, Fig. 84.

14. Plüschower Mühle bei Grevesmühlen. Beim Steinbrechen 1846 gefunden und eingesandt sind ein Scheermesser und eine Pincette. Nach einer Mittheilung des Herrn Lehrer Linshöft in Rutenbeck, des Sohnes des damaligen Schenkers, waren die Grabstätten niedrige, jetzt längst verschwundene Steinkegel.

15. Pokrent bei Gadebusch. Bei den Akten der Großherzoglichen Kommission zur Erhaltung der Landesdenkmäler befinden sich einige hübsche Tuschzeichnungen mit der Unterschrift: Zink 1806, darstellend niedrige, aus Steinen aufgeschichtete Hügel bei Pokrent, in deren Mitte zwischen Steinplatten eine oder mehrere Urnen stehen. Hauptmann Zink wurde von dem Großherzog Friedrich Franz I. viel mit Ausgrabungen beauftragt, deren Resultate im Friderico - Francisceum beschrieben sind. Altsachen von Pokrent finden sich in der Großherzoglichen Sammlung nicht, also wird die Ausbeute nicht groß gewesen sein. Das Pokrenter Grabfeld scheint noch nicht erschöpft zu sein; wenigstens sind im Mai 1893 nach einer gefälligen Mittheilung des Herrn Howitz auf Pokrent "am Sonnenberge nahe der Funkenkuhle auf Pokrenter Meierei" alte Urnen und Scherben gefunden. Näheres über die Form dieser Gräber und der Urnen ist nicht bekannt geworden.

16. Polchower Heide bei Laage. Nördlich von Polchower Heide in der Gabelung der Wege nach Ridsenow und Alt=Polchow liegt ein unbebauter, langgestreckter Hügel, der sog. Galgenberg, gehörig zu der Hufe des Erbpächters J. Borgwardt. Hier befinden sich nach gefälligen Mittheilungen der Herren Pastor Beyer in Laage und Lehrer Kliehm in Polchow zahlreiche Steinlager, zum

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Theil aus sehr bedeutenden Blöcken bestehend, zwischen denen Urnen mit Knochen und geringfügigen Beigaben standen. Erhalten ist nichts, doch kann nach den oben angeführten Analogien (vergl. Barendorf, Moltzow) die Zuweisung in die von uns besprochene Periode keinem Zweifel unterliegen. Das Feld ist noch zum großen Theile unberührt und verdient eine genauere Untersuchung. In der Vereinssammlung befinden sich einige kleine Bronzen, die im Jahre 1836 von Neu=Polchow eingeliefert sind (vergl. Jahrb. 2 B, S. 47); ob hier eine Verwechselung von Polchower Heide und Neu=Polchow vorliegt und diese von unserem Grabplatze stammen, ist nicht mehr zu bestimmen.

17. Poltnitz (ritterschaftlich) bei Marnitz. Jahrb. 51, Tafel II, 12 ist eine bei Poltnitz gefundene schöne Schwanenhalsnadel abgebildet, welche mit der Sammlung des weiland Herrn von Voß auf Tessenow in die Großherzogliche Sammlung gelangt ist. Nach späteren Erkundigungen an Ort und Stelle sind bei Poltnitz "kleine Steinhügel" in größerer Anzahl weggeräumt und dabei Urnen mit Inhalt gefunden. Es handelt sich also um niedrige Gräber im Charakter derer von Neu=Stuer u. s. w.

18. Rehberg bei Krakow. Nach Jahrb. 6, S. 70 sollten sich bei Rehberg viele alte Gräber befinden, sodaß "die Feldmark fast ganz wie ein Grabfeld erscheint". Eingesandt sind später eine kleine Henkelurne und ein "Scheermesser", ohne weiteren Fundbericht (vergl. Jahrb. 18, S. 253). Sehr wahrscheinlich bilden auch in diesem Falle niedrige Erd= oder Steinhügel die Grabstätte.

19. Varchentin bei Stavenhagen. Nach Jahrb. 10, S. 286 wurde hier "gegen 1840 beim Mergelgraben in einer kleinen Steinkiste zwischen den Scherben einer zertrümmerten Urne" ein kleines bronzenes Pferdebild gefunden. Wahrscheinlich ist damals ein Urnenfeld zerstört. Das höchst primitive Pferdebild ist die einzige bildliche Darstellung aus der Bronzezeit geblieben, die wir besitzen und die wir nunmehr bestimmter der jüngeren Bronzezeit zurechnen können. Pferdebilder sind sonst auf unserem Gebiete aus dieser Zeit nicht bekannt, aber die Verwandschaft in der Formengebung mit den üblichen Vogelbildern, wie z. B. Undset, Eisen V, 5, XIX, 9 liegt auf der Hand.

20. Wildkuhl bei Röbel. Auf dem Felde nahe der Kambser Scheide sind etwa 1 Meter tief im Boden Urnen gefunden. Erhalten ist ein braunes Gefäß von ziemlich breiter Grundfläche mit gleichmäßig in langsamer Erweiterung aufsteigender Wandung und glattem Rande; darin lag ein kleines zierliches Gefäß mit flachen Schrägkerben; beide befinden sich im Besitz des Herrn Gymnasiallehrers Struck in Waren.

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Alle in dem Bisherigen erwähnten Grabanlagen (40) zusammengestellt, ergeben sich folgende Gruppen:

I. Größere künstliche Hügel, meist "Kegelgräber": Jabel, Kreien, Moltzow (a), Schaliß 4
II. Kleinere künstliche Hügel aus Erde oder Steinen: Dargun, Goldenbow, Grünenhof, Hallalit, Kargow, Leezen, Plüschower Mühle, Pokrent, Poltnitz, Rehberg, Sembzin (a), Sietow, Spornitz, Neu=Stuer 14
III. Steinsetzungen in natürlichen Hügeln: Barendorf, Ludwigslust Moltzow (b), Polchower Heide 4
IV. Steinsetzungen auf ebenem Terrain unter dem Boden (Urnenfelder): Dobbin, Gamehl, Gramnitz, Kritzkow, Krusenhagen, Gr.=Laasch, Loiz, Möllenbeck, Reutershof, Schwerin, Stubbendorf, Varchentin (?), Wildkuhl, Demzin (??) 14
Unbestimmt: Barnin, Federow, Sembzin (b), Woez 4

Sa. 40

Alle gemeinsam haben die Bestattungsform (ausschließlich Leichenbrand) und die Ausstattung (bronzenes Kleingeräth). Auch in den Urnenformen ist kein wesentlicher Unterschied. Durchgehende zeitliche Unterschiede lassen sich bisher nicht machen, doch ist Eisen mit einer Ausnahme nur in Gruppe III und IV beobachtet, und in IV ist der Uebergang zu der folgenden Periode (ältere Eisenzeit, la Tène) erkennbar.


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II. Depotfunde.

1. Fund von Brook.

(Katalog=Nummer Br. 301 - 313.)

Juli 1890 stieß der Erbpächter Fehmerling in Brook bei Lübz beim Beackern seiner Hufe auf ein Bronzebecken, in welchem eine Anzahl Bronzegegenstände lagen. Die Fundstelle liegt 450 Schritt von dem Gehöfte des Finders, 250 Schritt von der Chaussee nach Plau, 4 Kilometer von Lübz, 2 Kilometer von Brook entfernt. Der Boden ist leicht ansteigend, sandig und trocken. Steine sind nicht gefunden; die Sachen lagen frei im Boden. Der Fund ist durch das Großherzogliche Amt in Lübz eingeliefert und bildet seitdem einen der bedeutendsten Gesammtfunde unserer Sammlung. Die Patina, der Bronzen ist hell, glänzend und nicht tief. Es sind:

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1. Ein größeres Hängebecken (abgeb. beistehend, Abb. 20). Der halbkugelige Körper zieht sich mit scharfem Rande nach innen, dann setzt, durch ein rundliches Band verbunden, der leicht nach innen geneigte Hals an; die obere Kante biegt sich zu einer schmalen

Hängebecken
Fig. 20. 1 / 3 .

Randleiste nach innen, letztere ist durchlocht; auf der Kante stehen zwei längliche gerade Henkel. Das Stück ist beim Finden an der Standfläche beschädigt, eine alte Verletzung ist durch einen innen aufgelötheten Bronzeklumpen verklebt; ebenso ist an einer Stelle, wo der scharfe Bauchrand ansetzt, innen eine größere Löthstelle (mehrere Schichten über einander) und eine andere an der inneren Einbiegung des Randes. Das Innere ist nach dem Gusse nicht abgeputzt, die Fläche ist daher hier rau, kleine Erhöhungen und Gußnähte sind stehen geblieben. Unter der einen Löthstelle befinden sich zwei kleine Löcher, die wohl zu einem technischen Zwecke (bei der Reparatur?) eingeschlagen sind.

Die Maaße betragen: Höhe bis zur Kante 16 cm; Höhe bis zum Bauchrande 4,75 cm; Höhe des Halses 4 cm; Breite der Einziehung vom Bauchrande 1 cm, der inneren Einziehung 1,75 cm; Länge der Henkel 4,75 cm; Oeffnung der Henkel 0,75 cm, 0,86 cm; Durchmesser der oberen Oeffnung (incl. Einbiegung) 23 cm.

Die runde Standfläche ist verziert (s. umstehend Abb. 21) mit einem spitz in Spiralen auslaufenden Triskeles 1 ) aus fünf neben=


1) Daß das gewöhnlich Triquetrum genannte Zeichen so, nicht Triskele zu benennen ist, hat Olshausen, Zeitsch. f. Ethnol., Vhdl. 1886, S. 283 überzeugend nachgewiesen.
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einandergesetzten Linien, umgeben von einem gleichartigen Ornamentbande im Charakter des "laufenden Hundes", sodann einem Bande von [Symbol S spiegel]=förmig verschlungenen Linien, welches wir der Kürze halber als S Spiegelbild =förmige Welle bezeichnen wollen, dazwischen kleine S Spiegelbild =förmige Ornamente. An diese runde Standfläche schließen sich bis zum Bauchrande drei Ornamentstreifen, getrennt durch schmale Streifen mit gemusterten Punktverzierungen.

Ornament
Fig. 21. 1 / 3 .

Die Streifen wiederholen das Ornament der Standfläche: der erste (unterste) des "laufenden Hundes", die beiden anderen der S Spiegelbild =förmigen Welle. Der Hals ist bedeckt mit einem mäanderartigen Ornament, doch auch hier die Ecken gerundet, in regelmäßigen Abständen unterbrochen durch verschiedenartige Vertikalstreifen, theils solche, um die sich wellenförmig die fünf Linien herumziehen, theils solche mit kleinen Halbkreisen zur Seite. Die Ornamente sind kräftig und tief, offenbar eingraviert.

Von den Hängebecken unserer Sammlung sind mit den beschriebenen in Beziehung zu stellen die von Lübbersdorf bei Friedland und Roga (Einbiegung nach innen, aufstehender Henkel; in Beziehung auf das Ornament das Stück von Düssin, welches dieselben tiefgeschnittenen Linien zeigt, während die anderen Exemplare viel weniger kräftige Ornamente haben. Aus anderen Ländern vergl. z. B. über Dänemark S. Müller, Ordning of Danmarks Oldsager II, 388. Daß der Formenunterschied der Hängebecken in der That einen Zeitunterschied einschließt, hat Montelius nachgewiesen (Om tidsbestämming S. 239 flgd.) Unser Exemplar gehört unzweifelhaft zu den jüngsten in der ganzen Reihe. Es schließt sich am engsten den drei Neubrandenburger Gefäßen (im Museum von Neustrelitz, abg. Baltische Studien II, Tafel 4, Fig. 4 - 6) an, von denen das eine ebenfalls den Mäander, ein anderes das Triskeles hat.

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In diesem Gefäße befanden sich alle übrigen Gegenstände, nämlich:

2. Ein kleineres Hängefaß, am Rande mehrfach beschädigt.

Eine Grundform ist dieselbe, wie des ersten, zeigt aber einige wichtige Abweichungen: der Bauchrand ist nicht scharf, sondern abgerundet; die Kante ist scharf und biegt nicht ein; Henkel fehlen, dafür finden sich längliche, rechteckige Einschnitte unter der Kante. Die Maaße sind: Höhe 9,5 cm, größter Umfang 62 cm, Höhe bis zum Bauchrande 6,4 cm, Breite der Einziehung 1,1 cm, Höhe des Halses 2,5 cm, Henkelöffnungen 2,35 und 0,5 cm, Durchmesser 16,25 cm.

Besonders auffallend ist der Unterschied in der Ornamentierung (s. beistehend, Abb, 22):
Ornament
Fig. 22.½.

Die Standfläche bildet eine runde knopfartige Erhöhung von 2,25 cm Durchmesser, verziert mit einem Kreise aus kleinen Punkten; dann folgen drei ungleiche Streifen: der erste mit dem "laufenden Hund," der zweite, getrennt durch ein schmales Band mit Tannennadelornament, aufgelöste Spiralen, deren Enden spitz auslaufen und mit einseitigen Schrägstricheln versehen sind, darunter ein Punkt; der dritte Streifen wird durch zwei aufgehöhte Linien mit Schrägstricheln getrennt und hat dieselbe breitgezogene [SymbolS spiegel]=Welle, wie das erste Gefäß, aber mit Punkten umsäumt. Der Hals hat in der Mitte und am Ansatz aufgehöhte Linien mit Schrägsticheln, der wulstige Bauchrand in gleichmäßigen Abständen 1,5 cm lange Streifen mit Längsstrichen. Die Linien der eingravierten Ornamente sind ganz zart, bestehen meist aus drei Parallellinien und werden von parallelgehenden Punktlinien begleitet.

Verglichen mit dem ersten Gefäße, stellt dieses zweite offenbar eine ältere Stufe dar: die schärferen Kanten, der Mangel an aufgehöhten Linien kennzeichnen die Nachahmung getriebener Gefäße. Das Ornament ist bei 1 reines Flächenornament geworden und wird tiefer und kräftiger gestaltet, während bei 2 die Wellenlinien u. s. w.

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sehr zart behandelt sind und die aufgehöhten Linien dominieren. Deutlich ist bei 2 zu sehen, wie das Drachen=Ornament aus der Linie sich entwickelt (vergl. auch Jahrb. 52, Taf. I, 6b); die Ornamentierung von 2 beruht noch durchaus auf der älteren Bronzezeit (vergl. auch den sternartigen Abschluß der Standfläche und das "Tannenwedelband"), während in 1 schon ganz neue Motive, so das für die la Tène=Zeit so wichtige Triskeles (auf der Standfläche) und der Mäander am Halse auftreten.

Aehnliche Exemplare wie unsere Nr. 2 vergl. Montelius, Antiquités suédoises, Fig. 248 und 251; aus Meklenburg das größere von Lübbersdorf bei Neukloster. Es ist der Typus E von Montelius, der (Om tidsbestämming, S. 239 ff.) im Ganzen 130 bekannt gewordene Exemplare dieses Typus aufzählt, während von dem vorigen Exemplar (Typus F) nur 25 bekannt waren, davon allein 5 aus Meklenburg.

Ueber Hängegefäße im Allgemeinen ist zuletzt in den Jahrb. 52, S. 8 gesprochen. Dort konnten aus Meklenburg=Schwerin nur vier Exemplare und ein Fragment aufgezählt werden, während Meklenburg=Strelitz allein acht geliefert hat; mit den Brookern kommen wir nun auf sechs, von denen dem ältesten Typus (Montelius D) nur das kleinere von Lübbersdorf, dem folgenden (Montelius E) außer dem kleineren von Brook das größere von Lübbersdorf, das von Basedow (beistehend nach Jahrb. 14, S. 320 abgebildet, Abb. 23, s. auch unten S. 228) und das von Düssin, dem jüngsten (Montelius F) nur das größere von Brook angehören.

Ornament
Fig. 23. 1 / 5 .

Ein erkennbarer zeitlicher Unterschied findet zwischen den letzten beiden Typen nicht statt. Den Zweck betreffend werden diese Hängebecken, ebenso wie die "Schmuckdosen" der älteren bronzezeitlichen Perioden, aus denen sie sich entwickelt haben, zur Aufbewahrung von Kostbarkeiten gedient haben. Die Frage ihrer Herkunft wird gelegentlich immer wieder berührt, trotzdem es für keinen auch nur oberflächlichen Kenner der bronzezeitlichen Entwickelung in den verschiedenen Ländern zweifelhaft sein kann, daß sie durchaus der nordischen Bronzezeit angehören, nicht nur durch ihre Formensprache, sondern auch ihre Verbreitung. Da die betreffenden Ausführungen des besten Kenners der europäischen Bronzezeit, Montelius, in der deutschen Litteratur nicht die gebührende Berücksichtigung gefunden haben, sei hier auf dessen Aufzählung a. a. O., S. 239 hingewiesen,

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aus der hervorgeht, daß auf 136 in den drei nordischen Reichen gefundene Becken vom Typus D, E, F für ganz Deutschland nur 52 kommen, während außerdem nur ein Exemplar (in der Schweiz, Pfahlbau von Corcelettes, s. Montelius, Månadsblad 1879, S. 141) zu Tage getreten ist, offenbar ein versprengtes Stück. In Deutschland ist das südlichste bei Frankenhausen, das westlichste bei Münster und das östlichste bei Stargard (Pommern) gefunden. Nach Südosten gehen sie über Berlin nicht hinaus; daß ihre südlichsten Ausläufer sich in der Richtung der Provinz Sachsen bewegen, entspricht völlig dem alten Gang der Handelswege in der Bronzezeit. Seit dieser Aufzählung (1885) sind eine Anzahl neuer Stücke aufgefunden, die Grenzlinien aber dadurch nicht verrückt. Das Verbreitungsgebiet ist also das der nordischen Bronzezeit. Nordisch ist auch die Form als eine Entwickelung der auf ein noch engeres Gebiet beschränkten "Schmuckdosen." Und nordisch ist meines Erachtens auch die Ornamentik. Dies ist der bestrittenste Punkt. Eine Uebersicht über die einschlägigen Motive giebt Montelius im Månadsblad 1881, S. 17. Bei den Hängegefäßen kommen besonders in Frage: ein Bogenornament, der "laufende Hund", die S Spiegelbild =förmige Welle, der Mäander und der Drachenkopf. Die Entstehung des Bogenornamentes auf dem älteren Typus (D) aus dem Sternenornament der Schmuckdosen stellen die Abbildungen a. a. O., S. 43 - 57, überzeugend dar; man braucht aber nur die eine Bogenendung wegzulassen, um zu dem "laufenden Hunde" in der Form, wie sie Abb. 62 z. B. zeigt, zu kommen, ein Uebergang, den ein Vergleich der beiden Lübbersdorfer Gefäße, Jahrb. 52, Tafel I, besonders klarlegt. Aus der Spirale ist dieses Ornament auf nordischem Boden nicht entstanden und unterscheidet sich dadurch von dem klassischen "laufenden Hunde", der unmittelbar aus der Spirale entwickelt ist. (Mycenä, a. a. O. S. 27 u. flgd.) 1 ) Das Spiralornament gehört im Norden durchaus der älteren Bronzezeit an und ist der jüngeren fremd. Komplizierter ist die Entstehung der S Spiegelbild =förmigen Welle (vergl. umstehendes Detail Abb. 24 von dem einen Lübbersdorfer Hängebecken nach Jahrb. 14, S. 26). Montelius hat geglaubt, ein bekanntes altorientalisches, dann in etrurischen und römischen Funden häufiges Ornament des verschlungenen Doppelseils (das "Flechtband" s. A. Riegl, Stilfragen S. 87) zur Erklärung heranziehen zu sollen; er hebt aber selbst hervor, daß keinerlei Bindeglieder mit dem Norden vorliegen (a. a. O. S. 42). Ich glaube, daß die S Spiegelbild =förmige Welle


1) Zur Geschichte der Spiralornamentik vergl. Naue, Bronzgezeit in Oberbaiern, S. 142 ff., auch A. Riegl, Stilfragen, S. 71 u. S. 135; Andêl, Jahresbericht der K. K. Unterrealschule in Graz 1892.
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Ornament
Fig. 24.
sehr wohl aus den anderen beiden Motiven zu erklären ist, man braucht nur das Bogenornament oder den "laufenden Hund" in der Form von Montelius, Abb. 67 oder 74, seitlich zu verschieben, und die Welle ist fertig, Auch an dem Holsteinischen Gefäße bei Hagen, Holsteinische Hängegefäße, IV 1, ist dieser Uebergang sehr deutlich. Sei die Entstehung aber, wie sie wolle, auf jeden Fall sind S Spiegelbild =Wellen, und ebenso die zwei vorher besprochenen, der nordischen Bronzezeit eigenthümliche Ornamente, die sich in dieser Form und Vereinigung nirgends wiederfinden. Anders ist es mit den beiden folgenden, dem Mäander und dem Drachenornament. Der Mäander, entstanden auf griechischem Boden als "geometrische" eckige Gestaltung der Spirale, ist zu Beginn der Eisenzeit in Italien dort übernommen und weitergebildet, resp. verunstaltet (vergl. J. Böhlau, Kasseler Festschrift 1895, Seite 91 ff.); ebenso tritt er auf Urnen in Hallstadt und in Hallstädter Gräbern in Baden auf (vergl. Wagner, Hügelgräber u.s. w., Tafel III, 8); ferner auf (zeitlich vielleicht etwas älteren) Urnen in Schweizer, Pfahlbauten (vergl. Ulrich; Katalog der Züricher Samm=
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lungen I, 1535). Beide Fundgruppen, die Schweizer und die Hallstädter, haben lebhafte Beziehungen zu der nordischen Bronzezeit (vergl. nur die Messer des Pfahlbaues Haumesser, in dem die betreffende Urne gefunden ist, mit den Jahrb. 51, S. 17 besprochenen); und so, ob mit Schweizer, ob mit Hallstädter Sachen, bleibe vorläufig dahingestellt, ist der Mäander auch in die nordische Bronzezeit gekommen, aber erst an ihrem Ende und ohne eine weitere Bedeutung zu erhalten. Er tritt nur an den Hängebecken jüngster Form (Typus F) auf und ist auch da durch Biegung der Ecken dem nordischen Geschmack konform gemacht.

Aehnlich ist es mit dem Drachenornament. Die Ornamentik der Bronzezeit im Allgemeinen ist bildlos; erst auf den Hängebecken bekommen die sich umbiegenden Linien gelegentlich am Ende einen Punkt, dann aufrecht stehende Strichel; und der Drache mit Kamm ist da; ganz aus der Ornamentik herausgelöst zu einem selbstständigen Gebilde hat er sich aber nirgends. (Am weitgehendsten in Formen, wie an beistehendem Boden, Abbildung 25, des Kessels von Roga nach Jahrb. 14, S. 327).

Drachenornament
Fig. 25.

Auch hier glaube ich eine Beeinflussung durch südliche Ornamentik annehmen zu dürfen: der nordische Drache ist der umgestaltete schwimmende Hallstadtvogel 1 ), wie er in Meklenburg z. B. auf den Trageimern von Granzin (Jahrb. 47, Tafel VI, Fig. 11) auftritt. Auf das verwandte Schiffsornament gehe ich hier nicht ein, da es auf Hängebecken nicht vorkommt; ebenso wenig wie auf das Vorkommen der Hängebeckenornamentik auf anderen echt nordischen Geräthen, z. B. Messern, welche die Vertreter einer südlichen Herkunft der Hängegefäße konsequenterweise auch als Import bezeichnen müßten 2 ) Wir


1) Vergl. darüber Hörnes, die Verwendung der Thiergestalt in der prähist. Kunst in den Mittheilungen der anthrop. Ges. in Wien, XXII (1892), S. 111; auch Naue, Prähist. Blätter 1891, (III) S. 21.
2) Vergl. z. B. den schönen Fund von Katerbow bei Ruppin im Berliner Museum für Völkerkunde, wo die Hängebeckenornamente sich auf einem Halsringe, wie unten Nr. 7, und einer Fibel mit gewölbter Platte finden; ferner die wundervollen dänischen Messer mit Triskeles, Drachen und Schiffen z. B. bei von den Steinen, Präh. Zeichen und Ornamente S. 36. S. auch unten S. 231.
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halten die besprochene Ornamentik für eine auf nordischem Boden überwiegend aus alten einheimischen Formen, aber unter dem Einfluß südlicher, speziell ungarischer und Hallstädter Motive entwickelte.

3. Eine glockenförmige "" (abg. beistehend, Abb. 26),
Handhabe
Fig. 26.½.

darin ein T=förmiger und ein rechteckiger "Stuhl". Höhe 6 cm, Höhe der Spitze 1 cm, Durchmesser 9 cm. Die Ornamente bestehen aus einer Reihe von in Guß hergestellten concentrischen Kreisen mit Punkten und einer Reihe Punkterhöhungen, dazwischen gestrichelte Bänder; die Spitze hat horizontale Einkerbungen. Der Zweck dieser "Handhaben" ist viel umstritten; da sie fast stets mit den Hängebecken zusammen gefunden werden, glaube ich doch, daß sie als Griffe gedient haben. Sonderbar ist allerdings, daß hier wie auch sonst die Ornamentierung der Handhaben nicht dieselbe ist wie die der mit ihnen gefundenen Becken. Doch kommt die vorliegende Verzierung auch sonst auf Hängebecken vor, vergl. beistehend (Abb. 27)

Ornament
Fig. 27.

den Boden des (nicht in den Schweriner Sammlungen befindlichen) Exemplars von Basedow, ferner S. Müller a. a. O., Nr. 389; Mestorf a. a. O., Fig. 351, mit einer Handhabe in der Ornamentation unseres zweiten Hängebeckens; dieselben Ornamente auf einer Fibel mit gewölbter Platte v. Buchwald, Jahrb. 51, VIII.

4. Eine kleine Schale aus Bronzeblech, (abg. beisteh. Abb. 28)
Schale
Fig. 28.½

getrieben, fast ganz ohne Patina, am Boden beschädigt. Der Henkel ist mit länglichen Streifen befestigt. Höhe 6 cm, Durchmesser 11,5 cm. Verziert mit drei Reihen; concentrischer Kreise mit Mittelpunkt, dazwischen Punktreihen.

Die Schale hat also dieselben Ornamente wie die Handhabe, aber bei jener sind sie gegossen, hier getrieben. Daß in der jüngeren Bronze=

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zeit ein starker Import getriebener Bronzegeräthe aus dem Gebiete der Hallstadtperiode stattgefunden hat, ist bekannt (vergl. u. a. Jahrb. 47, S. 288); unzweifelhaft auch, daß diese südlichen Bronzen im Norden in der hier heimischen Technik (dem Guß) nachgebildet sind. Es dürfte aber wenig Beispiele geben, wo so offenkundig, wie in unserem Falle, Vorbild und Nachbildung neben einander gefunden sind.

Tassenförmige Bronzeschalen sind auch sonst gefunden, aber abweichend in den Verzierungen; so auf nahe benachbarten Fundplätzen bei Dahmen (vergl. beistehende Abb. 29 nach Jahrb. 10, S. 283),

Schale
Fig. 29.

Basedow und Kl.=Lukow (vergl. Jahrb. 35, S. 135) in Funden, deren zeitliche Zusammengehörigkeit mit dem unseren sicher ist. Vergl. zu den Jahrb. 47, S. 290 gegebenen Nachweisen O. Mertins in Schlesiens Vorzeit in Wort und Bild, 1896 (VI).

5. und 6. Zwei Spiral=Armbänder aus Bronzedraht von 39 Windungen, noch stark federnd; zusammengedrückt 16,5 cm lang, auf der einen Seite 8, der andern 6,5 cm breit. Der Bronzedraht ist an den Enden rund und glatt, nach der Mitte zu mit scharfem Außengrat; an den Enden ist der Draht zu einer Oese zurückgebogen.

Aehnliche Armringe sind in der Bronzezeit nicht selten, vergl. für Schweden Montelius a. a. O., Fig. 234; für Dänemark S. Müller a. a. O., Fig. 55; für Schleswig=Holstein Mestorf a. a. O., Fig. 323. Aber Exemplare von der vortrefflichen Erhaltung und ungeheuerlichen Größe der unseren stehen vielleicht einzig da. In den Schweriner Sammlungen sind die nächststehenden die aus den Moorfunden von Lübbersdorf bei Friedland (vergl. beistehende Abbildung 30 nach Jahrb. 14, S. 332),
Spiralarmband
Fig. 30. 1 / 3 .

Redentin, Meteln und Barnekow; ferner ein bisher nicht

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publiciertes, welches 1894 als Schenkung des Herrn Architecten Thormann in Wismar in die Großherzogliche Sammlung gekommen ist; näheres über die Fundverhältnisse dieses Exemplars ist nicht bekannt geworden, doch wird der Fundort in der Gegend von Wismar liegen.

7. Ein Halsring 1 ) (abgebildet beistehend Abb. 31.). Der Reif ist rund und mit gleichlaufenden Schrägkerben verziert (imitierte

Armband
Fig. 31. 1 / 3 .

Torsion); er verbreitert sich vor dem Schlußstück zu einem länglichen Oval und schließt in ineinander fassenden spitzen Enden ab. Ob diese, wie in verwandten Exemplaren, ursprünglich in Spiralen endeten, bleibe dahingestellt Durchmesser 21 cm, Dicke 1 cm, das ovale Band 8 und 3 cm. Am Schlußstück eine rohe Reparatur. Das ovale Band ist reich verziert im Geschmack der Hängebecken mit dem "Schiffsornament" (vergl. die Abbildung). Auch diese Art Halsringe sind im Gebiete der nordischen Bronzekultur nicht gerade selten: vergl. Montelius a. a. O., Fig. 230 - 232, S. Müller a. a. O., Fig. 410, 411 und Nordiske fortidsminder I, S. 21, Mestorf a. a. O., Fig. 276, 277. Interessant ist es, daß sie in Süddeutschland schon in einer älteren Periode der Bronzezeit auftreten (s. Naue, Bronzezeit in Oberbaiern, S. 120). Aus Meklenburg war bisher nur ein Exemplar bekannt: dasselbe ist in Brahlstorf in einem Grabe gefunden (ein seltener Fall, indem diese Ringe sonst fast ausschließlich Moor= und Erbfunden angehören), s. Lisch, Frid. Franc., Taf. 10, Fig. 1 und Text S. 55. Doch ist jenes Stück unverziert; das unsere zeigt dagegen jene eigenthümliche "schiffsornamentartige" Verzierung, die hier bisher nur auf einem Messer (von Meyersdorf, Jahrb. 51, Tafel II, Fig. 2) bekannt war. Verwandt sind zwei


1) Von Lindenschmit, Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit, Bd. II zu Heft III. 1, wo auch unsere Meklenburger Funde abgebildet sind, für Kopfzierden erklärt; ebenso von Naue, Bronzezeit in Baiern, (S. 120; die-im Norden gefundenen erklärt S. Müller a. a. O., S. 22 unzweifelhaft mit Recht für Halsringe,
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Ringe aus einem Funde von Turloff, die, in einem Stück gefertigt, den Verschluß als Verzierung haben (s. Lindenschmit a. a. O.). Das "Schiffsornament" ist nahe verwandt dem "Wellenornament" der Hängebecken und im Gebiet der nordischen Bronzezeit, besonders in Schleswig=Holstein und Dänemark, in dieser Periode nicht selten;

vergl. Montelius, Månadsblad 1881, Fig. 104 und besonders Mestorf, Bronzemesser mit figürlichen Darstellungen, S. 10 (aus Holstein), v. Buchwald, Jahrb. 51, Tafel VI, 2 (aus Strelitz), Lindenschmit, Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit II, III, 3 (aus verschiedenen Gegenden). Ein Exemplar, wie das von Brahlstorf, bildet Hagen a. a. O., Tafel II, 3 ab aus dem Funde von Kronshagen, der mit unserem Brooker viel Aehnlichkeit hat.

8. Ein gewundener Halsring mit in der Mitte wechselnder Torsion, hergestellt aus einer vierseitigen Bronzestange, die an beiden Enden zu einer Oese zurückgebogen ist. Durchmesser 20 und 18,5 cm, größte Dicke der Stange 0,5 cm. Vortrefflich erhalten, mit wenig Patina.

Tordierte Ringe mit umgebogener Oese sind bei uns nicht häufig; wir haben gleiche nur in dem großen Ringfund von Ludwigslust (vergl. Jahrb. 2 B, S. 44), in dem Moorfund von Groß=Dratow (vergl. Jahrb. 54, S. 105) und einem Grabfunde von Grabow. Häufiger sind die glatten Ringe mit zurückgebogener Oese, z. B. in dem Funde von Vielist (vergl. Jahrb. 52, S. 5, wo die analogen Funde aufgezählt sind). Ein Depotfund aus Posen mit solchen Ringen ist dadurch interessant, daß er eine Nadel mit doppelseitiger Spirale, ähnlich der von Sembzin (s. oben S. 212), enthält; s. Album der Posener Gesellschaft, Tafel 15, Fig. 1. In Brandenburg: aus einem Urnenfelde Voß und Stimming, Vorgeschichtliche Alterthümer II, 1; aus dem auch sonst verwandten Depotfunde von Schwachenwalde (Kreis Arnswalde) im Berliner Völkermuseum. Häufig sind sie in Oesterreich: s. M. Much, Mitth. d. K. K. Centralkommission z. E. d. D. Wien 1888, S. 11, bei der Besprechung des mit unsern Depotfunden verwandten Fundes von Grehin=Gradac in der Herzegowina. Auch in der Schweiz kommen sie in der beginnenden Eisenzeit vor, s. Heierli, Anzeiger für Schweizerische Alterthumskunde 1893, 1, 6. Aehnlich gehören sie in Italien, wo sie häufig sind, an das Ende der reinen Bronzezeit; s. Chierici bei Besprechung der wichtigen Gräber von Bismantova im Bullettino di paletnologia Italiana, VIII, S. 5; und daran anschließend erklärt sie Helbig, Das homerische Epos u. s. w., S. 270 für den bei Homer ϊσδμιον genannten Halsschmuck.

9. Ein gewundener Halsring mit dreimal wechselnder Torsion, aus einer runden Bronzestange, deren Spitzen zurückgebogen sind und

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in einander greifen. Durchmesser 16,5, gr. D. 0,25 cm, Erhaltungszustand wie von 8.

Diese Form der Halsringe ist die häufigere. Sie tritt, allerdings nicht mit wechselnder Torsion, schon in den Gräbern der reisen Bronzezeit auf, z. B. Peccatel, Ruchow, Friedrichsruhe, auch in Moorfunden dieser Periode, z. B. Barnekow und Vogelsang; schöne, dem unsern ganz gleiche Exemplare haben die verwandten Funde von Roga, Lübbersdorf bei Friedland (beistehend nach Jahrb. 14, S. 332 abgebildet, Abb. 32)

Halsring
Fig. 32.

und Ruthen. Vergl. Montelius, a. a. O., Fig. 227; S. Müller, a. a. O., Fig. 102, auch Hagen, a. a. O., Tafel II, 2, aus dem Funde von Kronshagen.

10. Die Nadel einer "Platten"=oder "Brillen"=Fibel, genau gleich der Jahrb. 54, Tafel II, Fig. 7, abgebildeten, S. 103 besprochenen, aus dem Funde von Gr.=Dratow; vergl. auch den Fund von Schwennenz in Pommern, Abb. 5.

11. Ein Doppel=Knopf mit flachen Scheiben, deren eine eine kleine Spitze hat, während die andere glatt ist. Durchmesser 3 und 1 cm. Aehnliche Knöpfe sind in dem Gießerfunde von Holzendorf (Jahrb. 34, S. 223 ff.) gefunden.

12. Drei längliche Stücke Bronzeblech, verziert mit eingeschlagenen Buckeln und Punktlinien, zusammengebogen zu einer länglichen, offenen Röhre. Länge 9,5 cm.

13. Ein Hohlcelt, das einzige Nutzgeräth des Fundes, kräftig und ungewöhnich schwer, mit Oese, ornamentalen Schaftlappen und einer punktartigen Erhöhung dazwischen; ohne Mittelgrat. Länge 13,5 cm, Durchmesser der Oeffnung 4 und 3 cm, Breite der Schneide 5 cm, größte Dicke (unter dem Rande) 3,5 cm.

In der Aufzählung Jahrb. 52, S. 20 ff. schließt er sich am meisten den Celten von Barnekow u. s. w., Nr. 7 bis 10, an.

Der Fund als Ganzes ist offenbar als Depotfund zu bezeichnen; er ist der größte und schönste auf meklenburgischem Boden gefundene. Der Fundort liegt in einer Gegend, die durch derartige Funde besonders ausgezeichnet ist (vergl. Jahrb. 52, S. 11 den Fund von Karbow und unten S. 233 den von Retzow). In Charakter und zeitlicher Stellung schließt er sich am meisten den Depotfunden von Roga und Lübbersdorf bei Friedland, ferner den Gießerfunden von Groß=Dratow u. s. w. an. Außerhalb Meklenburgs sind zu den schon

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früher erwähnten hinzugekommen resp. neu publiciert besonders zwei pommersche Funde: Hoekendorf bei Greifenhagen (vergl. H. Schumann, Stettiner Gratulationsschrift 1894), ein Gießerfund im Charakter des von Ruthen, der fast alle in unseren entsprechenden Funden vereinzelt vorkommenden Typen vereinigt, und Schwennenz bei Löcknitz (vergl. Schumann in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie, Verhandlungen 1894, S. 435), ebenfalls ein Depotfund mit einem schönen Hängebecken älterer Form (Typus D) und entsprechendem Inventar. Aus Holstein ein schöner Fund von Kronshagen bei Kiel, der in das Hamburger Museum gekommen und von Hagen, Jahrbuch der Hamburger wissenschaftlichen Anstalten, XII, S. 1 ff. veröffentlicht ist: drei Hängegefäße vom Typus E und Hals= und Armringe, zum Theil genau mit unserem Brooker Funde übereinstimmend.


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2. Moorfund von Retzow.

(Katalog=Nummer Br. 264, 265.)

Auf dem Domanialpachtgute Retzow bei Plau wurde beim Torfstechen ein Bronzefund gemacht und 1890 an die Großherzogliche Sammlung eingeliefert. Näheres über die Fundverhältnisse ist nicht bekannt geworden.

Es sind:

1. und 2. Zwei spiralige Armringe aus 2 cm breiten Streifen mit Mittelgrat, an den Enden in Spiralen von 4 cm Durchmesser auslaufend. Keine Patina. Das eine Exemplar hat 3 1/2 Windungen (die eine Spirale ist abgebrochen), das andere 3 Windungen; das letztere ist verziert mit eingeschlagenen Punkten, auf der einen Seite des Mittelgrates geradlinig, auf der anderen in Dreiecksform.

Ornament

Diese Ringe sind in Meklenburg selten; wir haben zwei Exemplare aus Schwasdorf bei Neukalen, abgeb, Frid. Franc. 21, 5, und zwei aus Klink bei Waren (s. Lisch, Jahrb. 19, S. 316), beides keine Moorfunde.

Ueberhaupt kommen sie in dem Gebiete der nordischen Bronzezeit nur vereinzelt vor. Ihre Heimath liegt im Südosten, wahrscheinlich in Ungarn. Vergl. darüber S. Müller, die nordische Bronzezeit, S. 65, auch Virchow, Koban, S. 40. Ueber Oestreich, Much a. a. O., Fig. 8 (Schatzfund von Grehin=Gradac) und Kunsthistorischer Atlas der K. K. Centralkommission, Tafel 24, Fig. 15, und

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eine Anzahl Gürtel in demselben Charakter aus Ungarn; vereinzelt aus Nieder=Oesterreich, F. Heger, Mitth. der prähist. Kommission der K. Akad. der Wiss., Wien 1893, Band I, Fig. 23 und Nachweisungen, S. 28. Im Berliner Völkermuseum liegt ein Depotfund von Lichterfelde, wo diese Armspiralen mit "Diademen" und Lanzenspitzen gleich den oben S. 191 erwähnten gefunden sind. In Pommern sind mehrere Stücke gefunden, z. B. eins vermuthlich bei Bruchhausen (Kreis Saatzig), wo ein großer Depotfund von Bronzen alter Form gemacht ist, doch ist die Zugehörigkeit nicht so sicher, daß man weitere Schlüsse über die relative Chronologie der Fundstücke daran knüpfen dürfte (vergl. Pommersche Monatshefte 1892, S. 17); eins aus Westpreußen s. Lissauer a. a. O. IV, S. 6, mit Nachweisen S. 12.

3. und 4. Zwei Spiralcylinder von etwa 6 cm Durchmesser, der eine mit 14, der andere mit 8 1/ 2 Windungen; der Draht ist flach von D=förmigem Querschnitt und 2 mm Stärke. Die Enden schneiden gerade ab. Keine Patina. Sie gleichen sehr denen von Vielist und Gr.=Dratow (Jahrb. 52, S. 4 und 54, S. 106), wo weitere Analoga angegeben sind; vergl. auch Hagen, a. a. O., II, Fig. 2, aus dem Funde von Kronshagen, wichtig für die relative Zeitbestimmung, und gleiche Spiralcylinder mit Spiralendungen aus Posen im Album des Posener Museum 11, 1; aus Westpreußen Lissauer a. a. O., 7, IV, Fig. 7, zusammen mit einem Armring = 1. und 2.

Auch der vorliegende Fund ist offenbar als Depotfund aufzufassen. Hof und Dorf Retzow sind seit Jahren als ergiebige Fundstätten bekannt (vergl. Frid. Franc., S. 56 [bei Damerow]; Jahrb. 3 B, S. 64; 5 B, S. 64; 9, S. 381; 10, S. 278; 11, S. 384). Aus jenen Funden geht hervor, daß bei Damerow und Retzow zwei Gruppen von Gräbern zu scheiden sind: größere kegelförmige mit alten Bronzen und kleinere mit Steinkisten und jüngeren Bronzen, letztere also dem Moorfunde gleichzeitig. Ueberhaupt ist jene Gegend des südlichen Meklenburg und der angrenzenden Prignitz an bronzezeitlichen Gräbern besonders reich: fast alle Retzow benachbarten Orte haben solche geliefert (Ganzlin, Damerow, Vietlübbe, Karbow, Sandkrug, Kreien). Mit unserem Funde erweitert sich auch das Gebiet, wo die meisten unserer Depotfunde gemacht sind, etwas nach Süden; der nächste ist der von Karbow (Jahrb. 52, S. 11), dann kommt der von Brook (oben S. 220 ff.), weiterhin Ruthen und Granzin. Alle diese Funde sind gleichzeitig und ergänzen sich gegenseitig zu einem vollen Bilde der archäologischen Verhältnisse der jüngeren Bronzezeit.


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III. Einzelfunde.

Hohlcelte.

Jahrb. 52, S. 20 ist ein Verzeichniß der damals bekannten Hohlcelte gegeben. Seitdem sind eine Anzahl neuer Stücke bekannt geworden, nämlich:

1. Aus dem Funde von Brook (s. oben S. 232); das Exemplar würde in dem Verzeichniß nach Nr. 9 (Barnekow) einzureihen sein.

2. Von Neu=Steinhorst bei Ribnitz; auf dem Felde gefunden und der Großherzoglichen Sammlung geschenkt von Herrn Grafen A. Bernstorff auf Ankershagen 1892. Es ist ein Stück ohne jede Patina, also wahrscheinlich aus einem Moore stammend. Das Schaftloch ist rundlich, daran ein Oehr, der Rand wulstartig, darunter drei Längsrippen mit Punkten am Ende. Länge 7,5 cm, Durchmesser des Schaftloches 2,5 und 2 cm, Breite der Schneide 4,5 cm. Das Stück erinnert an das a. a. O., Tafel II, Fig. 8 abgebildete aus Hagenow, doch ist die Verzierung mit Punkten neu; am ähnlichsten das Exemplar von Molzow; einzureihen a. a. O. vor Nr. 19 (Molzow). Katalog=Nummer L. I. E. 1 13.

3. Von Upahl bei Grevesmühlen; gefunden beim Stämmeroden auf sumpfigem Terrain am Schulzenacker und der Großherzoglichen Sammlung geschenkt von Herrn Lehrer Däbler in Upahl 1894. Die Patina ist ganz leicht grünlich. Das Schaftloch ist rund, daran ein kleines Oehr. Der Rand schwach wulstig; darunter eine Längsrippe mit zwei schräge nach unten gerichteten Seitenrippen. Länge 7 cm, Durchmesser des Schaftloches 2 cm, Breite der Schneide 4,5 cm. Fast genau dem a. a. O. II, Fig. 8 abgebildeten gleichend; einzureihen dort nach Nr. 21 (Hagenow). Katalog=Nummer L. I. E. 1 14.

4. Von Wittenförden bei Schwerin. Gefunden 1887 "im Walde unter einem großen Steine." Patina grün, mehlig. Die Form ist die a. a. O. als Typus E. beschriebene mit Oehr, ohne Abweichung. Länge 7,5 cm, Durchmesser des Schaftloches 2,5 cm, Breite der Schneide 3,25 cm. Einzureihen a. a. O. nach Nr. 24 (Sternberg), dem es genau gleicht. Katalog=Nummer L. I. E. 1 10.

5. Von Pogreß bei Wittenburg. Nähere Fundverhältnisse sind nicht bekannt geworden; erworben 1893. Dunkelgrüne Patina; erhalten nur die Schneide, sodaß die Grundform nicht mehr bestimmbar ist. Katalog=Nummer Br. 356.

6. und 7. Von Eldena. Zwei Exemplare, gefunden und erworben 1889. Patina hellgrün, glänzend. Die Form ist sehr

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interessant und von der gewöhnlichen abweichend. Die ovale Schaftöffnung ist nach innen geschweift, der Rand ist klein, daran ansitzend ein Oehr; das eine kleinere Exemplar (vergl. beistehende Abbildung 33)

Hohlcelt
Fig. 33.½.

hat unter dem Rande zwei der Schaftöffnung parallele Erhöhungen. Länge 8 resp. 6,5 cm, Durchmesser der Schaftöffnung 4 und 2,5 resp. 3 und 2,5 cm, Breite der Schneide 4,25 resp. 5 cm. Katalog=Nummer L. I. E. 1 11 und 12.

Diese Form kommt auf dem Gebiete der nordischen Bronzezeit nicht vor und ist, soweit ich sehen kann, auch der entsprechenden süddeutschen Periode fremd. Ihre Heimath ist Zweifellos Ungarn. Vergl. J. Hampel, Alterthümer der Bronzezeit in Ungarn, Tafel 12 und Tafel 120 ff., wo eine große Anzahl solcher Celte aus Gesammtfunden abgebildet sind.

Ungarische Bronzen sind auch sonst nach Meklenburg gedrungen. Die Großherzogliche Sammlung besitzt drei Schwerter dortiger Herkunft: 1. gefunden bei Brüel, abgebildet Frid. Franc. 14, 4 (im Text mit dem folgenden verwechselt); in Ungarn ist die Form häufig, vergl. Hampel a. a. O., Tafel 21 ff. und 120, 1 - 3 aus einem Schatzfunde mit genau denselben Celten, welche uns zu dieser Besprechung veranlassen. 2. gefunden bei Doberan "neben dem Predigerhause" 1798. Vergl. Hampel a. a. O., Tafel 21 ff., einige mit genau demselben Ornament, z. B. 25, 4; auch 91, 9 - 12 aus einem Gesammtfunde. 3. unbekannten Fundorts, abgeb. Frid. Franc. 14, 3, von derselben Form wie Nr. 2. Ungarisch ist ferner der bekannte Helm von Sehlsdorf bei Dobbertin, Jahrb. 2 B, S. 77 und 3 B, S. 77, vergl. die Funde bei Hampel a. a. O., 33, 1 und 2. Wenn auch diese ungarischen Funde auf unserem Boden Einzelfunde sind, so kann doch ihre Einreihung in unsere Bronzezeit nicht zweifelhaft sein: die Beziehungen zu Ungarn gehören in unsere jüngere Bronzezeit. Ein Helm der besprochenen Art z. B. ist in Ungarn mit Schalen gefunden, die den unseren von Brook u. a. genau gleichen, das Ornament des Schwertes von Brüel ist dem der Hängebecken nahe verwandt u. s. w. Daraus ergiebt sich eine Gleichzeitigkeit der entsprechenden Funde; ja noch mehr eine Verwandtschaft zwischen Formen und Ornamenten, welche die Gleichartigkeit der Entwickelung der Bronzezeit in den verschiedenen Ländern beweist.


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Ringe.

1. "Eidring" von Baumgarten.

(Katalog=Nummer Gl. I a, 5.)

Bei Baumgarten bei Waren wurde Mai 1895 ein goldener Ring gefunden und durch die Gnade Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs für das Großherzogliche Museum erworben. Der Ring, abgeb. beistehend Abb. 34,

Ring
Fig. 34.½.

lag 1 Meter tief allein und wurde beim Herausgraben eines großen Steines, neben dem er gelegen hatte, gefunden. Das betreffende Ackerstück liegt tief und an einer Wiese, weder Urnenscherben, noch Kohlen oder Knochen u. dergl. sind beobachtet. Es ist ein vortrefflich erhaltener offener Goldring von 65,5 Gramm Gewicht, fast halbrund von etwa 6,25 cm Durchmesser, gebildet aus einer ovalen Bronzestange, die nach den Enden zu dünner wird und in zwei schalenförmige Enden von 1 cm Durchmesser schließt; an dem spitzen Ende ist er verziert mit senkrechten Einkerbungen, welche durch vier Paare flacher mit Schrägstricheln verzierter kleiner Erhebungen unterbrochen werden. Ursprünglich hat die offene Schale wohl zur Aufnahme einer Füllmasse (Bernstein, (Glasemail oder dergl.) gedient.

Die Schweriner Sammlung besitzt noch drei ähnliche Ringe: 1. von Woosten (bei Goldberg), gefunden 1850 und beschrieben Jahrb. 16, S. 268, 75,5 Gramm schwer, von 7 und 5,5cmDurchmesser; 2. von Wohlenhagen (bei Wismar), gefunden um 1860 unter einem Steine und beschrieben Jahrb. 30, S. 142, 126,5 Gramm schwer, von 7,25 und 6 cm Durchmesser; 3. von Granzin (bei Lübz), gefunden 1867 "neben einem großen Steine" und beschrieben Jahrb. 33, S. 144, 103,5 Gramm schwer, von 7,5 und 5 cm Durchmesser. Zwei andere Ringe sind nur durch Nachbildungen resp. Beschreibungen bekannt, einer von Bresegard bei Eldena (Jahrb. 9, S. 383) und einer von Jülchendorf bei Sternberg (Jahrb. 19, S. 314). Die vier erhaltenen Ringe sind also Einzelfunde, drei davon sind an oder unter einem Steine geborgen, wie oft die Schatzfunde der Bronzezeit. Daß Granzin in jenes Gebiet gehört, welches die reichsten Depotfunde gebracht hat, ist schon oben S. 234 erwähnt; der von Jülchendorf ist in einer Steinkiste gefunden, also in einer der jüngeren Bronzezeit eigenthümlichen Bestattung. Auch abgesehen davon ist die zeitliche Stellung dieser Ringe unzweifelhaft, sie gehören in die jüngere

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Bronzezeit, speziell Montelius, Periode 5. Vergl. darüber Olshausen in der Berliner Zeitschrift für Ethnologie 1890, Verhandlungen S. 294; dort ist auch das Verbreitungsgebiet angegeben: ihre Hauptfundstätte ist Dänemark; in Deutschland finden sie sich nur in Westpreußen, Pommern, Brandenburg, Meklenburg und Schleswig=Holstein, der südlichste Fund ist bei Landsberg a. d. Warthe gemacht. Es ist genau das Gebiet, in dem die jüngere Bronzezeit ihre Hauptentwickelung gefunden hat. Man bezeichnet diese Ringe gewöhnlich als "Eidringe", weil man in einer Periode vorgeschichtlicher Forschung, welche es mit chronologischen Bestimmungen noch weniger genau nahm, eine Darstellung in alten nordischen Sagen, nach welcher der Schwörende einen auf dem Altar liegenden Ring in die Hand nehmen mußte, auf diese Ringe beziehen zu dürfen glaubte. Da wir heute wissen, daß zwischen diesen sagas und dem Gebrauch der Ringe ein Zeitraum von etwa 1700 Jahren liegt, müssen wir selbstverständlich auf solche Deutung verzichten und gebrauchen den Namen nur, weil er einmal der herkömmliche ist.


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2. Ring von Gr.-Medewege.

(Katalog=Nummer L II, U 2 b, bb 6.)

Sommer 1893 wurde zwischen Gr.=Medewege und Karlshöhe bei Schwerin etwa 250 Meter von der Chaussee auf dem Acker frei aufliegend ein Handring gefunden und von Herrn Hauptmann Graf Bernstorff der Großherzoglichen Sammlung geschenkt. Der Ring besteht aus einer aus Bronzeblech gebogenen elliptischen Röhre, die an den Enden glatt abschneidet und hat eine helle leichte Patina. Der Durchmesser beträgt 5,5 cm, die Oeffnung 1 resp. 0,75 cm. Ganz gleiche Ringe sind mir sonst nicht bekannt. Die zeitliche Stellung kann dem vorliegenden Exemplar daher nur vermuthungsweise zugeschrieben werden; ja, es kann zweifelhaft erscheinen, ob derselbe überhaupt ein Alterthumsfund ist.

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