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12. Urnenfeld von Stubbendorf.

(Katalog=Nummer Br. 329 - 345.)

Bei dem Dorfe Stubbendorf zwischen Gnoien und Dargun, welches schon früher als Fundort eines der eigenartigsten Depotfunde der Bronzezeit bekannt geworden ist (vergl. Jahrb. 26, S. 138), wurde im Herbst 1892 ein Urnenfeld aufgedeckt und im Winter 1892/93 von Herrn Wildhagen in Stubbendorf im Auftrage der Großherzoglichen Kommission zur Erhaltung der Landesdenkmäler untersucht; auch Verfasser hat im März 1893 mehrere Tage an der Ausgrabung theilgenommen.

Das Grabfeld liegt westlich vom Orte am Wege nach Klein=Methling in sandigem, leicht ansteigendem Acker, dem sog. Ziegenberge, und ist zum Theil Gemeindeland, zum Theil zur Erbpachtstelle des Schulzen Wulf (Nr. 6) gehörig.

Ueber Grabstätte 1 - 13 hat Herr Wildhagen berichtet; 14 - 29 kenne ich durch eigene Untersuchung. 1 - 3 lagen auf Hufe 6, die andern auf Gemeindeacker. Alle Grabstätten lagen in geringer Tiefe, etwa 30 cm. Es lassen sich drei Gruppen scheiden:

I. Auf Hufe 6:

1. Runde Steinsetzung, leer.

2. Desgl., darunter zerbrannte Knochen.

3. Desgl., kleine Gefäßscherben ohne Knochen u. dergl.

II. Gemeindeacker, besonders auf den Abtheilungen 4 - 13.

Die Grabstätten liegen ohne erkennbare Anordnung.

4. Steindamm, schon vom Pfluge zerstört, darunter der untere

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Theil einer größeren braunen Urne und darin eine bronzene Schnalle mit eiserner Zunge (beistehend Abb. 11).

Schnalle
Figur 11. 1 / 1 .

Die Urne hat die von Lisch, Jahrb. 11, S. 356 als Typus 1 abgebildete Grundform, aber stärkere Einziehung am Halse und längeren Hals; die Höhe beträgt etwa 19 cm, der größte Umfang liegt 10 cm von unten. Ganz sonderbar ist die Schnalle, ein länglicher Bügel mit rundem Querschnitt, in der Mitte in einer Kerbe die eiserne Nadel. Schnallen in der Bronzezeit sind sonst nie beobachtet, sie treten zuerst in der la Tène - Zeit auf (s. Mestorf, Ztschr. f. Ethnol. 1884, Verhandlungen S. 27).

5. Unter einem (gestörten) Steinpflaster Asche und Kohlenschicht, dazwischen eine schöne große (in Stücken erhaltene) Urne von derselben Form wie Nr. 4, etwa 22 cm hoch, darüber eine fein gearbeitete Deckelschale von der nach Jahrb. 13, Seite 365 beistehend (Abb. 12) abgebildeten Form.
Urne
Figur 12.

Dieselbe ist flach, schwarzbraun und hat von Rand zu Rand 25 cm Durchmesser. In der Urne eine bronzene Nadel mit Einschnürung am Kopf und feinen Strichverzierungen darunter; 12 cm lang S. über diese Form Jahrb. 51, zu Tafel II, 9.

6. Unter gleichen Verhältnissen eine schwarze, ausgebauchte Urne mit großer Standfläche, oben abgebrochen; Höhe 13,5 cm, Durchmesser oben ?, unten 10 cm, größter Umfang 59 cm (7 cm von unten).

7. Desgleichen eine kleine Schale mit schräg ansteigenden geraden Wänden; 5 cm hoch, mit 7,5 cm unterem und 15 cm oberem Durchmesser, zugedeckt mit einer großen braunen Deckelschale von etwa 25 cm Durchmesser.

8. Desgleichen eine Urne seltener Form, fast ganz geradwandig, an der Oberfläche unregelmäßige Längsfurchen. Höhe 18/5 cm, Durchmesser oben 13 cm, unten 10 cm.

9. Desgleichen eine (in Stücken erhaltene) graubraune Urne, 18 cm hoch; die Wandung ist am unteren Theile rauh gemacht.

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10. Unter einem kleinen Steindamm, in Sand verpackt, eine zierliche Urne mit Henkel, von der Grundform Jahrb. 11, (S. 362,3, aber etwas schlanker (siehe beistehende Abbildung 13). Unten tiefschwarz, nach oben rothbraun; Höhe 16 cm, Durchmesser oben 11,5, unten 8 cm, größter Umfang 54 cm (7 cm von unten).

Urne
Figur 13.

11. Ovale Steinsetzung; 2 m. lang, 1 m breit, darunter keine Urne, sondern Knochen in Asche und Kohle und eine Scherbe von einem kleinen Thongefäß, dünnwandig, mit geschweifter Wandung; eigenartig verziert mit einem leicht eingerissenen Strichornament Lausitz am Ende dieser Periode vorkommt; vgl. Jentsch a. a. O., S. 19.

Strichornament

12. Desgl., nur einige Scherben.

13. Runder Steinkranz; darin eine Steinkiste aus sechs Platten, in der eine größere, ganz zerdrückte Urne.

14. (Nr. 11 des Ausgrabungsprotokolls vom 29. März 1893):

Starke Aschenschicht gleich unter dem Urboden beginnend und etwa 50 cm tief in diesen hineingehend; in derselben einige größere Steine, zwischen denen eine zerdrückte Urne mit wenigen Knochen. Die Urne war rothbraun mit rauher Wandung; der Boden ist erhalten; derselbe hat 7 cm Durchmesser und zeigt auf der Innenfläche in der ganzen Länge zwei rechtwinklig in der Mitte sich schneidende Linien; dazwischen lag eine schwarze Scherbe feinster Arbeit. Ein gleiches Ornament findet sich in dem Lausitzer Formenkreise in dessen zweiter Periode, s. Jentsch a. a. O., S. 16.

15. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 10.) Steindamm aus größeren Steinen; von 1 m Durchmesser. Kein Inhalt.
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III. Die dritte Gruppe lag auf der Höhe des Berges, besonders auf den Ackerstücken 12 - 15, nördlich von den eben aufgezählten; zwischen der zuletzt genannten Stelle und der nächsten ist eine Entfernung von 36 m. Die Grabanlage dieser dritten Gruppe ist regelmäßiger, wenigstens sind zwei genau ostwestlich gerichtete Reihen erkennbar, ähnlich wie in Schwerin oben S. 196.)

16. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 13.) Ovaler Steindamm von 4,50 m ostwestlicher, 2 m nordsüdlicher Ausdehnung. Darunter nahe den vier Enden genau nach den Himmelsrichtungen je eine kleine Urne (alle zerdrückt); in diesen zarte Knochen in geringer Anzahl, wie es scheint, von Kindern. Die eine Urne war derb, sehr dickwandig, schwarz; die zweite mittelstark, braun; die dritte dünnwandig, ganz roth gebrannt; die vierte ganz klein (etwa 6 cm groß), dünnwandig und zart, ganz mit tief eingerissenen Schräglinien bedeckt.

Die folgenden vier bilden eine Linie von West nach Ost und stehen je 5 bis 6 m von einander entfernt.

17. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 12.) Runder Steindamm von 2,30 m Durchmesser; darunter drei Urnen (alle zerdrückt) nahe dem nördlichen, östlichen und südlichen Ende, eingepackt in Schichten von Asche und Kohle; die nördliche war besonders stark und mit derben Knochen gefüllt, darin auch ein kleines zur Unerkenntlichkeit geschmolzenes Bronzestück. Die Urnen hatten dieselbe Grundform wie oben Nr. 4 und waren gut gearbeitet; das Bronzestück scheint von einem gedrehten Ringe zu stammen.

18. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 6.) Ovaler Steindamm von 3,80 m ostwestlicher, 2,50 m nordsüdlicher Ausdehnung. Ganz am östlichen Ende, in Steinen verpackt und von diesen zerdrückt, eine braunschwarze Urne; auch am westlichen Ende eine regelmäßige Steinsetzung mit Grundstein und Deckstein, aber völlig leer.

19. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 5.) Ovaler Steindamm von 2 m ostwestlicher, 1,70 m nordsüdlicher Ausdehnung, die Urne stand nahe dem östlichen Ende in einer Aschenschicht, ein kleines (zerdrücktes) Gefäß. - Auch in der Mitte lagen unter dem Damm Scherben, aber von verschiedenen Gefäßen und ohne Knochen, offenbar als Scherben niedergelegt.

20. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 1.) Ovaler Steindamm, mit größeren Steinen umsetzt, von 2,60 m ostwestlicher, 1,70 m nordsüdlicher Ausdehnung; am östlichen Ende ein Block von 80 cm Länge. In der Mitte eine Aschenschicht von 1 m Durchmesser. Eine Graburne wurde nicht gefunden, nur unter dem Steine einige dickwandige Scherben. Wahrscheinlich war dieses der Verbrennungsplatz (vergl. die ähnliche Beobachtung bei Gamehl, oben S. 202).

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21. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 4.) Steinpackung neben 20; darin eine größere Urne mit starken Knochen, zerdrückt, aber in ihrer Form erkennbar; ausgebaucht mit kurzem Halse und weiter (gegen 22 cm) Oeffnung.

22. (Ausgrabungs=Protokoll Nr. 3.) Ovaler Steinring, nach Südost an 21 anschließend, von 1,80 m nordwestlicher, 1,20 m nordsüdlicher Ausdehnung. In der Mitte unter einem Decksteine einige mittelstarke Scherben, keine Knochen.

Eine zweite, ebenfalls nordöstliche Linie wird durch die Gräber 23 - 27 gebildet, doch verläuft diese nicht so gleichmäßig, wie die erste; die Entfernungen sind schwankender (4 - 7 m), und die Linie ist nicht genau inne gehalten.

23. (Protokoll=Nr. 14.) Ovaler Steindamm, 3,20 m nordsüdlich, 2,20 m ostwestlich, also anders geformt wie die Mehrzahl. Am nördlichen, westlichen und südlichen Ende Aschenschichten mit wenig Knochen; keine Urne.

24. (Protokoll=Nr. 8.) Runder Steinkranz von 2,75 m Durchmesser; darin am östlichen Ende ein kleiner Steindamm. Ganz leer.

25. (Protokoll=Nr. 7.) Nach Norden zu, von der Linie abweichend, unmittelbar an 24 anschließend, runde Steinsetzung von 1,50 m Durchmesser, gebildet von einem bedeutenden Granitblock und kleineren Dammsteinen. Ganz leer.

26. (Protokoll=Nr. 9.) Ovaler Steindamm, 3,30 m nordsüdlich, 2,30 m ostwestlich, also gleich 23. Am südlichen Ende eine Aschenschicht.

27. (Protokoll=Nr. 2.) Angrenzend an 22. Ovaler Steindamm, 1,70 m ostwestlich, 1,20 m nordsüdlich; am nördlichen Ende ein bedeutender Granitblock, von kleineren Steinen in seiner Lage gehalten. In der Mitte eine (zerdrückte) größere schwarzbraune Henkelurne ohne Inhalt.

Von dieser Linie südlich liegen isoliert noch zwei Stellen:

28. (Protokoll=Nr. 15.) Runder Steindamm von 1,5 m Durchmesser. Ganz leer.

29. (Protokoll=Nr. 16.) Granitblock, von kleineren Steinen umgeben. Nichts darunter.

Nachträglich (Winter 1894/95) hat Wildhagen noch eine Urne von größten Dimensionen freigelegt, die umgekehrt (den Boden nach oben) in der Erde steckte und bei der die Knochen oben auf dem Boden lagen.

Das Stubbendorfer Grabfeld darf trotz seiner kümmerlichen Ausstattung ein besonderes Interesse in Anspruch nehmen, denn es ist das erste ausgebeutete bronzezeitliche Urnenfeld im Lande.

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Das Gesammtbild desselben ist sonderbar genug. Eine große Anzahl der Steinsetzungen war leer, andere zeigten nur Asche= und Kohlenschichten, bei denen anzunehmen ist, daß man sich begnügt hat, einem Theile der Scheiterhaufenreste eine feierliche Beisetzung angedeihen zu lassen; auch in den Urnen waren meist sehr wenig Knochen. Die Grabanlagen zeigen die Bronzezeit am Ende. Selbst Steinkisten finden sich nur vereinzelt; die Urnen stehen oft schon ganz frei in der Erde, nur durch einen Steindamm nach oben geschützt. Diese Grabform ist die der unmittelbar daran schließenden Zeit, der älteren la Tène=Periode, wie sie durch eine Reihe neuerer Ausgrabungen, die noch ihrer Publikation harren, so von Krebsförden, Mölln und Brünkendorf, aber auch schon früher bei Raduhn (Jahrb. 47, S. 296, dort nicht richtig aufgefaßt) festgestellt ist. Daß das Stubbendorfer Feld ganz an das Ende unserer Periode gehört, beweisen auch die Urnenformen und die Beigaben; die Urnenformen sind noch bronzezeitlich; nur an der Verzierung des kleinen Bechers aus Grab 11 macht sich der la Tène=Geschmack geltend, indem dieselben Strichornamente ein Lieblingsmotiv dieser Zeit sind. Die Nadel erscheint in süddeutschen Funden in der jüngeren Hallstadtzeit zusammen mit älteren la Tène=Funden (Naues Periode III s. l-époche de Hallstadt, S. 33, Fig. 71). Die Schnalle mit Eisenband würde man, allein gefunden, erst der la Tène=Zeit zuschreiben (s. oben), doch liegt, wie J. Mestorf nachgewiesen hat (a. a. O.), die Entstehung der Schnalle in den bronzezeitlichen Nadeln mit zurückgebogener Oese; sie widerspricht also nicht unserer Ansetzung des Grabfeldes als eines ganz jung bronzezeitlichen, eines derjenigen, wo schon Uebergänge zu la Tène bemerkbar sind.