zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

I. Grabfunde.

1. Kegelgräber von Schaliß.

(Katalognummer des Großh. Museums Br. 361 - 364.)

In dem zu der Begüterung des Herrn von Treuenfels auf Neuhof gehörenden Tannengehölz nahe bei Zarrentin östlich von dem Ausfluß der Schaale aus dem Schaalsee liegen verstreut eine Anzahl

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

rundlicher Sandhügel, in denen man schon früher Kegelgräber vermuthet hat. Im Sommer 1894 hat Herr A. Bartholdi aus Zarrentin einige Hügel angegraben, welche in der That bronzezeitliche Funde ergeben haben. Diese hat der Finder mit dankenswerther Bereitwilligkeit der Großherzoglichen Sammlung überlassen.

Der erste Hügel war kreisrund, ganz aus Sand aufgeschichtet und hatte etwa 4 Meter Achsenhöhe. Die Ausgrabung hat etwa 1/6

Urne
Figur 1.¼

des Hügels weggenommen und den Grund nicht erreicht. In der Mitte des Hügels, etwa 2,50 Meter über der Grundfläche stieß man auf eine Steinkiste von regelmäßigen großen Platten sechsseitig aufgesetzt, dazu Fußplatte und Deckplatte. In der Mitte stand eine größere Urne, gefüllt mit großen, nicht stark gebrannten Knochen von gelblicher Farbe, zwischen denen drei kleine Bronzen lagen. An der Wand der Urne waren Eindrücke eines Gewebes, und an dem darin liegenden Messer kleben noch kleine Stücke eines weißen Stoffes; nach freundlicher Untersuchung des Herrn Dr. Buschan in Stettin ist das Gewebe Wolle.

Die gefundenen Gegenstände sind:

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1. Urne (abgebildet umstehende Abb. 1). Braun, gut gearbeitet; von einer geraden Standfläche mit schräg ansetzender gerader Wandung ansteigend, dann mit einem nicht scharfen Bauchrande einbiegend zu einem etwas nach innen geneigten Halse, dessen Ansatz durch einen Einschnitt gekennzeichnet ist. Höhe 28 cm (bis zum Bauchrande 18 cm); Höhe des Halses 8,5 cm, oberer Durchmesser 23 cm, Durchmesser des Bodens 12 cm, größter Umfang 1,02 m. Die Form ist bronzezeitlich, aber schlanker als die große Mehrzahl der Urnen aus den Kegelgräbern; auch außerhalb Meklenburgs gehört sie der jüngern Bronzezeit an; vergl. u. a. für Schweden Montelius, Antiquités suédoises, Fig. 258; für Schleswig=Holstein Mestorf, Vorgeschichtliche Alterthümer aus Schleswig=Holstein, Fig. 357.

2. Rasiermesser von Bronze mit dunkler, körniger Patina (abgebildet beistehende Abb. 2). Die Grundform ist ein Trapez, an dem Griffende ornamentale Kreise und Bänder; Länge 6 cm, Breite (in der Mitte) 2 cm. Wir hatten bisher nur ein Exemplar dieser Form, von Spornitz (vergl. Frid. Franc. XVII, Fig. 5 und Text S. 19), ebenfalls aus Kegelgräbern. In Schleswig=Holstein und Dänemark sind gleiche Messer unter denselben Verhältnissen gefunden, vergl. Mestorf a. a. O. Fig. 236 - 238,

Rasiermesser
Figur 2.½.

S. Müller, Ordning-of nordiske oldsager II, Fig. 292 und 293; aus Brandenburg Begemann, Programm des Gymnasiums von Neu=Ruppin 1892, Fig. 282; doch gehören sie auch da zu den selteneren Formen. Ein in Dänemark gefundenes Messer (abg. Undset, Eisen in Nord=Europa XXX, 9) zeigt die Vogelfiguren, welche für die Hallstadtperiode charakteristisch sind und gelegentlich auch im Norden Nachahmung gefunden haben.

3. Pincette aus Bronze von derselbe Beschaffenheit wie Nr. 2; (abgeb. Abb. 3) am Griffende zu einer rundlichen Oeffnung erweitert; die Zwingen schmaler, aber stärker als bei der gewöhnlichen, Jahrb. 51, S. 19 besprochenen Form. Länge 9,5 cm. Auch diese Form ist bei uns selten; vergl. Frid. Franc. Tafel 19, 1 und 2, eins unbekannten Fundorts, eins aus einem niedrigen Grabe von Zölckow; s. auch S. Müller, a. a. O. Fig. 297.

Pincette
Fig. 3.½.

4. Nadel aus Bronze mit gerade ansitzendem schalenförmigem Kopfe, Länge 10 cm. Eine gleiche Nadel aus Sukow s. Jahrb. 51, S. 22. Vergl. Mestorf, Urnenfriedhöfe I. 3; aber auch Naue. l-époque de Hallstadt S. 33. Fig.12, aus der dritten Hallstadtperiode, für welche Naue die Zeit von 400 - 300 ansetzt

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Offenbar stellen Messer und Pincette eine etwas ältere Stufe dar, als die große Mehrzahl der Jahrb. 51 (und im folgenden) besprochenen Funde. Bezeichnend ist der Wechsel des Grabgebrauchs: An Stelle der Waffen, Schmucksachen u. s. w. treten diese kleinen Toilettengegenstände, bei denen der Gedanke nahe liegt, daß sie dem Bestatteten beigegeben sind, nachdem sie vor der Bestattungsfeier dem Todten den letzten Dienst gethan haben. Jedenfalls finden sich Rasiermesser und Pincette sehr oft neben einander; vergl. die Gräber von Bandow, Eikhof, Greven, Klink, Lelkendorf, Plüschower Mühle (unten S. 218), Rehberg (unten S. 219), Spornitz und Sukow, auch Gamehl (unten S. 201).

Ein zweiter Hügel ergab keine Ausbeute, doch ist er auch nicht bis zu dem Grunde ausgegraben.

Außer den Sandhügeln finden sich noch mehrere bis 4 m hohe, die, soweit äußerlich erkennbar, ganz aus Steinen aufgeschichtet sind.

Daß das aufgenommene Grab der jüngeren Bronzezeit angehört, ist unzweifelhaft. Unmöglich ist es ja nicht, daß es sich nur um eine Nachbestattung handelt und die eigentliche Grabkammer in der Tiefe liegt. Vorläufig müssen wir jedenfalls die Schalisser Grabhügel zu der jüngeren Periode rechnen. In der a. a. O. gegebenen Entwickelungsreihe nehmen sie einen hervorragenden Platz ein, indem sie ungewöhnlich hoch sind. Am meisten ähneln sie den Gräbern von Meyersdorf, die auch eine ähnliche Ausbeute gegeben haben (Jahrb. 5 B. S. 45 flgd.).

In der Nähe der besprochenen Gräber ist neuerdings ein weiterer Fund gemacht, über den ich bisher nur durch eine Zeitungsnotiz Kunde habe. Dieselbe lautet (Mecklb. Nachrichten, 25. Dez. 1895):

Zarrentin, 23. December. Ein höchst interessanter Alterthümerfund wurde in voriger Woche auf der Hufe des ritterschaftlichen Hauswirths Heinr. Rump des Jüngeren zu Schaliß, das zur Begüterung des Herrn von Treuenfels=Neuhof gehört, gemacht. Es wurde ein Kegelgrab ohne Kenntniß der Bedeutung desselben geöffnet, um die zahlreichen Felssteine, die unter der Oberfläche verborgen waren, wegzuschaffen. Dabei ergab sich Folgendes: Durch eine kleine Felssteinmauer ist der Kegel unten am Fuße begrenzt gewesen. Im Innern des Kreises war eine große Menge kleinerer Felssteine pyramidal aufgehäuft. Mehr nach unten, etwa auf 1/3 der Höhe, haben sich mehrere Broncesachen, die stark mit Grünspan überzogen waren, gefunden, das werthvollste Stück ist ein gerades zweischneidiges Schwert, dessen Spitze und Handgriff wohl abgebrochen, aber doch meist erhalten sind. Es dürfte dies broncene Schwert, dessen Handgriff wohl mit Holz umkleidet war, eine Länge

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

von 70 cm gehabt haben. Die Stifte für den Griff sind noch vorhanden. Auch kleinere Schmucksachen, z. B. ein Ring von etwa 10 cm Durchmesser, fanden sich dabei vor. An mehreren Stellen, namentlich da, wo sich die Schmucksachen befanden, ist anscheinend noch ein Rest von Asche gewesen. In dem angrenzenden dem Herrn von Treuenfels gehörenden Gehölze finden sich noch mehrere Kegelgräber, die dem Augenschein nach nicht geöffnet sind. Auch in den nahe gelegenen Neuhöfer Tannen sind nahe der Schaale solche Kegelgräber, die schon im 4. Jahrbuche des Vereins für meckl. Geschichte und Alterthumskunde Erwähnung gefunden haben.

Es liegt bei Schaliß noch eine viel versprechende Aufgabe der landeskundlichen Forschung.