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           LXI, 2.                                                                 Januar 1896.

Quartalbericht

des

Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde.


Inhalt:   I. Geschäftliche Mittheilungen. II. Wissenschaftliche Mittheilungen: 1) Die Wappen in der Kirche zu Sternberg. 2) Der Wiederaufbau des Schweriner Rathhauses nach dem Stadtbrande von 1651. 3) Alterthümer von Sülten bei Stavenhagen. 4) Wie die Rostocker Fischer ihre Privilegien erhielten. 5) Die Statue aus Heiligen Christophorus in der Kirche zu Warnemünde. 6) Hausmarken aus Warnemünde.

I. Geschäftliche Mitteilungen.

U eber die zweite Quartalversammlung, die am 6. Januar stattgefunden hat, ist das Nachfolgende mitzutheilen. Nachmittags 6 Uhr wurde die Sitzung im Lesesaale der Großherzoglichen Regierungs=Bibliothek vom Herrn ersten Präsidenten in Gegenwart der beiden Vereinssekretäre, des Bilderwarts und dreier Repräsentanten eröffnet. Die übrigen Ausschußmitglieder waren behindert, an der Versammlung theilzunehmen.

Im Mitgliederstande haben sich, wie der zweite Sekretär berichtete, nur geringe Veränderungen zugetragen; zwei Mitglieder sind ausgeschieden, zwei sind dem Vereine beigetreten.

Ihren Austritt haben erklärt die Herren:

Kaufmann Staude zu Malchin und
Amtsassessor Freiherr von Meerheimb zu Grabow.

Neu eingetreten sind die Herren:

Lieutenant und Adjutant E. von Holstein zu Schwerin
und Forstmeister Freiherr von Rodde zu Ludwigslust.

Die Gesammtzahl der ordentlichen Mitglieder ist somit unverändert 487 geblieben.

Bei den Ehren= und correspondirenden Mitgliedern sind keine Veränderungen zu verzeichnen gewesen.

Die Bildersammlung unseres Vereins ist im verwichenen Quartal um elf Bilder, vorwiegend ältere meklenburgische Städte=Ansichten, vermehrt worden, die vorgezeigt und mit Interesse besichtigt wurden.

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Weiter wurde der Etat der Urkundenbuch=Kommission für das Jahr vom 1. März 1896 bis zum 1. März 1897 vorgelegt und genehmigt.

~~~~~~~~~

II. Wissenschaftliche Mittheilungen.

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1.

Die Wappen in der Kirche zu Sternberg.

Von Dr. Crull.

Bei Gelegenheit der Neuherstellung der Kirche zu Sternberg fand man beim Säubern derselben von Tünche die schrägen Seiten der achteckigen Pfeiler bis etwa zur halben Höhe hinauf mit einem geometrischen Ornamente in Weiß, Roth und Schwarz bemalt, eine Dekoration, welche mit einer rechteckigen geputzten Fläche abschloß, auf die je ein dreiseitiger Wappenschild gemalt war und zwar so, daß derselbe Schild immer mehrfach vorkam. Da acht freie Pfeiler und vier halbe, an die Ost= und die Westwand sich schließende vorhanden sind, so würden sich demnach 40 Schilde ergeben, doch sind beim Anbringen der neuen Kanzel zwei und durch den Einbau der Orgelempore deren vier zerstört worden, so daß jetzt nur noch 34 oder vielmehr, da ein Rechteck auf der südlichen Seite des ersten Pfeilers der südlichen Reihe nicht mit einem Schilde, sondern mit einer Darstellung aus der Heiligengeschichte bemalt ist, nur 33 erhalten sind.

Es finden sich folgende verschiedene Wappenbilder:

a. Zwei quergelegte Hirschstangen, schwarz in Weiß;

b. eine schrägegelegte gespannte Armbrust, roth, auf einem von Weiß und Schwarz getheilten Felde;

c. von Weiß und Roth getheilt;

d. ein Flügel mit aufwärts gerichteten Schwungfedern, weiß in Roth;

e. ein getreppter Giebel, schwarz in Weiß;

f. ein halber steigender Bock, roth in Weiß;

g. ein getreppter Sparren, weiß in Roth, begleitet von drei blauen Pfeileisen (?), deren obere einander zugeneigt sind;

h. in Roth ein weißes gemeines und Schräg=Kreuz ("Doppelkreuz"), belegt mit grüner Blattranke;

i. ein siebenstrahliger Stern, weiß in Schwarz;

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k. drei Zangen, eine Schmiedezange zwischen zwei anderen, schräge gelegt, roth in Weiß;

l. ein Schrägbalken, weiß in Schwarz, belegt mit einer schwarzen Ranke;

m. vier in der Mitte vereinigte Hahnenfederbüsche, schrägkreuzartig angeordnet, schwarz in Weiß;

n. durch eine (conturirte) weiße Weinranke von Weiß und Schwarz schräge getheilt;

o. ein aufgerichteter Greif, roth in Weiß.

Von diesen bislang völlig unbekannten Wappenschilden fanden sich i fünf Mal, d und g vier Mal, h und m ein Mal, alle übrigen zwei Mal, und zwar in nebenstehender Anordnung, in welcher die Zahlen die Schilde anzeigen, welche zerstört sind, das Kreuz die Stelle, wo statt eines Schildes ein Bild sich findet.

Anordnung der Wappen

Aus dieser Uebersicht ergiebt sich, daß die 14 Schilde nicht etwa aus bloß dekorativen Gründen beliebig durch einander, vielmehr alle paarig oder zweipaarig neben einander wiederholt sind, und daß ohne Zweifel f an Stelle 1, h an 2 sich wiederfand, sowie daß 3 = c, 4 = o, 5 = i und 6 = m gewesen ist, wonach kein Schild für uns verloren sein würde.

Welche Bedeutung haben nun diese Schilde? Die wahrscheinlichste und, wie mich dünkt, allein mögliche Erklärung für das Anbringen derselben wird sie sein, daß sie das Andenken an diejenigen Geschlechter oder Personen erhalten sollten, welche den betreffenden Bautheil, die Pfeiler, haben aufführen lassen, wie ja auch in gleicher Absicht der Schild der v. Bülow am Schweriner Dom und am Umgange der Kirche zu Bützow, derjenige des Bischofs Nicolaus Böddeker an der Burg zu Warin, des Präceptors Kran an Bauten zu Tempzin angebracht ist oder war, oder wie vermuthlich aus demselben Grunde Gewölbescheiben oder Schlußsteine in Lübeck, Stralsund, Rehna, Tarnow, auch Wismar mit Wappenschilden versehen sind.

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So wie diese Gewölbe auf Kosten der Betreffenden hergestellt worden, so sind es auch die Pfeiler zu Sternberg, und würden demnach i die Kosten für 1 1/2 Pfeiler, c und g für je 1, d und f für je 2/2, alle übrigen aber für je einen halben Pfeiler hergegeben haben. 1 )

Nimmt man an, daß die Wappenschilde die vorstehend vermuthete Bedeutung haben, so wird man die Bauherren unter den Mitgliedern der kirchlichen Gemeinde und insbesondere, da das Kirchspiel außer der Stadt selbst nur Stiten, welches im 14. Jahrhunderte wesentlich noch ein herrschaftliches Dorf gewesen sein wird (M. U.=B. 3163, 3468, 3469), sowie Kobrow begreift, wo noch 1333 eine eigene Kirche war (ebd. 5411), unter den Bürgern von Sternberg suchen müssen. Wenn Sternberg mehr als wahrscheinlich von Pribislav von Parchim=Richenberg, und zwar nach Dr. Lischs annehmlicher Vermuthung (Jahrb. XII, S. 189), zwischen 1240 und 1250 gegründet worden ist, so erhielt es selbstverständlich zur selben Zeit auch seine Kirche, die der Heiligen Jungfrau und St. Nicolaus dedicirt wurde (ebd. S. 190, N.) und an welcher schon 1256 ein Vicar angestellt war (M. U.=B. 770), doch ist dieser Bau wahrscheinlich in dem Brande, welcher die Stadt im ersten Decennium des 14. Jahrhunderts heimsuchte (ebd. 3293), mit untergegangen (ebd. 4363, N.) und an seine Stelle die jetzige schöne Hallenkirche getreten, die man ihres Stils wegen in das zweite Jahrzehnt setzen darf und vor 1320 oder 1322 setzen muß, da laut Inschrift (ebd.) derzeit der Thurm der Kirche vorgebaut worden ist. Sind aber die Kirche und insbesondere die Pfeiler auf Kosten Sternberger Bürger aufgeführt, so können diese nur solche gewesen sein, die in besseren Vermögensverhältnissen waren, die sich den Luxus eines Wappens gestatten durften, die Altbürger, die Nachkommen derjenigen, welche Gründung und Einrichtung der Stadt in die Hand genommen hatten, die Patricier, wie Lisch sie nennt und wie man sie wohl der Kürze wegen und um so eher bezeichnen darf, als verschiedentlich Mitglieder dieser Familien in die Mannschaft übergetreten sind. Bei der geringen Zahl der Sternberger Urkunden, die auf uns gekommen ist, kennen wir aber nur zehn oder, falls der Reystuerus der erwähnten Inschrift wirklich ein v. Rüst sein sollte, elf Familien aus der Zeit von 1306 bis 1320, nämlich: Deding, v. Markow (3 Personen), v. Wamekow (7), Alberdes, v. Rosenow, v. Dömelow, v. Zaschendorf, v. Sternberg (9), Trendekopp (5), v. Woserin (4), v. Rüst.


1) Natürlich zeigt nicht jedes in einer Kirche gemaltes oder sonst angebrachtes Wappen die Betheiligung des Eigners am Bau an, sondern ebenso oft die Urheberschaft von frommen Stiftungen. Vgl. Schröder, P. M., S. 2041.
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Die ersten neun hatten Mitglieder im Rath, wie aus den Urkunden sich ergiebt; aus dreien dieser Familien sind Angehörige in die Mannschaft eingetreten, nämlich aus den Wamekow, Sternberg und Trendekopp, und bislang sind allein die Wappen der Wamekow und Trendekopp bekannt geworden (ebd. 4561, 6153). Diese beiden Wappen finden sich nun aber nicht unter den in der Kirche angebrachten, und das scheint in der That ein starkes Argument gegen die Annahme, daß letztere Sternberger Optimaten angehörten. Dennoch wird sie sich aufrecht halten lassen. Im Urkundenbuche der Stadt Lübeck (II, Nr. 949) ist nämlich eine im dortigen Ratsarchive aufbewahrte und in das Meklenburgische Urkundenbuch (Nr. 7032) hinübergenommene Urkunde vom 2. Januar 1350 abgedruckt, an welcher die an beiden Orten nicht beschriebenen Siegel der Aussteller hangen, nämlich das des Berthold Wamekow und das Ludolf Sternbergs. Beide sind nicht scharf ausgedrückt. Ersteres ist rund und enthält den Wamekowschen Schild unverkennbar, doch ist von der Umschrift nichts zu lesen, das zweite aber ist schildförmig und zeigt einen halben steigenden Bock, während die Umschrift, im Vornamen völlig deutlich, im Familiennamen minder klar, lautet: [S] LVDOLF . . . . NEBER. . Daß dies das Ludolf Sternberg zuständige Siegel sei, wird, wie ich denken sollte, nicht in Zweifel zu ziehen sein. Sein Wappenbild ist also dasselbe, welches oben unter f aufgeführt ist, und dieser Umstand dürfte, ist schon sonst ein Zeuge kein Zeuge, ausreichend sein, die oben ausgesprochene Vermuthung, daß die fraglichen Wappen die von Sternberger Patriciern seien, zu stärken und zu stützen. Daß die Schilde der v. Wamekow und der Trendekopp, dieser offenbar sehr hervorragenden Geschlechter, fehlen, ist allerdings auffallend, erklärt sich aber wohl so am Natürlichsten, daß diese Famlien zwar nicht zum Bau der Pfeiler beigetragen, aber durch fromme Stiftungen ihrer Stellung in der Stadt gerecht zu werden gesucht haben, was auch von den Wamekow bezeugt ist (ebd. 3468, 3469), oder in anderer Weise, etwa durch Ausführung von Gewölben, den Bau gefördert haben.

Daß es in der Folge noch gelingen sollte, die übrigen Schilde oder auch nur eines oder das andere zu bestimmen, ist leider aussichtslos, da außer den erwähnten kein anderes Siegel von Sternbergern bis 1375 zum Vorschein gekommen ist.

Schließlich sei noch auf den Umstand hingewiesen, daß Blau und Gelb so gut wie gar nicht auf den Wappen sich finden und nur Weiß, Schwarz und Roth, wie auf dem Teppichmuster, als Tincturen angewendet sind.


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2.

Der Wiederaufbau des Schweriner Rathhauses nach dem Stadtbrande von 1651.

Von Dr. Fr. Stuhr.

Am 18. Juli 1651 wurde ein großer Theil der Stadt Schwerin eingeäschert. Nach einer Bekanntmachung in Nr. 31 der "Ordinari Diengstags=Zeitung Anno 1651" kam das Feuer um 12 Uhr Mittags beim Rathaus aus, wo zum Trocknen ausgebreiteter Flachs durch die Funken einer nahen Schmiede in Brand gerieth. In kurzer Zeit hatten die Flammen die Häuser am Rathhaus und dieses selbst ergriffen. Man versuchte das Rathhaus 1 ) zu retten; aber da der Boden desselben mit Flachs angefüllt war, entwickelte sich ein solcher Qualm, daß Niemand zum Löschen nahe kommen konnte. Brennende dürre Schindeln vom Rathhausthurm verbreiteten das Feuer dann weiter über den Markt und von da nach der Schmiedestraße und Schloßgasse hin, sodaß schließlich 160 Häuser mit dem Rathhause in Asche lagen. Eine schwere Heimsuchung war dieser Brand für die Bürgerschaft. "Gottes lichterloh brennender Zorn" wurde darin erkannt, und bußfertig flehte die Bürgerschaft zu Gott, mit fernerer Strafe innezuhalten, wie es mehrere uns erhaltene Predigten der Zeit erkennen lassen. Gleichzeitig nahm man aber auch thatkräftig den Wiederaufbau der wüsten Stätten in Angriff. Der Herzog erließ Fürschreiben an Städte und Fürsten um Beihülfe, und seine Sendboten, aus den verschiedenen Ständen der Stadt ausgewählt, durchzogen das Land, um die aufgebrachten Hülfsgelder einzusammeln. Wenn auch ein großer Theil dieser Hülfsgelder für Diäten der Boten ausgegeben werden mußte, kamen doch nicht unbeträchtliche Summen den Abgebrannten zu Gute.

Der Magistrat richtete vor allen Dingen sein Augenmerk auf die Wiedererrichtung des Rathhauses. 2 ) Am 21. September 1651 suchte er beim Herzog nach, die in Rostock und Wismar für die abgebrannten Leute gesammelten Gelder zum Rathhausbau verwenden zu dürfen, damit bald wieder Zusammenkünfte zu Rath und Gericht ordentlicher Weise abgehalten werden könnten. Es würde beabsichtigt, die vom Rathhaus stehen gebliebenen Gewölbe, Keller und Mauer=


1) Das damalige Rathhaus war nach dem Brande von 1558 erbaut. S. Fromm, Chronik von Schwerin, Schwerin 1862, S. 131.
2) Acta die Wiedererbauung des abgebrandten Rath=Hauses in Schwerin betreffend, de Annis 1651 et 1652, item 1653 et 1654, im Geheimen und Haupt=Archiv.
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werk noch vor dem Winter zu bedachen, um sie vor weiterem Verfall zu schützen. Diesem Gesuch folgte am 2. October ein zweites um Bewilligung von Eichenholz zu den Balken, denn in der Stadthölzung wäre nur Tannenholz vorhanden, das man lediglich zum Sparrwerk verwenden könne. Trotzdem das erste Gesuch bewilligt wurde, nahm man den Bau vor dem Winter 1651/52 nicht in Angriff. Noch im Frühjahr 1652 war man in Zweifel darüber, wie man das neue Rathhaus anzulegen habe, damit dasselbe eine Zierde der Stadt werde. Wieder nahm man zum Herzog seine Zuflucht und bat um Zuordnung sachverständiger Personen. Darauf verfügte Herzog Adolf Friedrich unterm 28. April 1652, man möge das Rathhaus unter Benutzung der alten Fundamente so, wie das alte gewesen wäre, wiederaufrichten, aber darin abweichen, daß die oberen Räume, besonders der Saal, etwas höher aufgeführt würden. Genau einen Monat später erhielt der Zimmermeister Hans Roepke Befehl, mit der Zimmerarbeit unverzüglich zu beginnen. Ihm wurde nach Ausweis der im Archiv erhaltenen Baurechnungen später der Zimmermeister Claus Bydeck beigegeben. Die Maurerarbeiten leitete der Maurermeister Jochim Stolte. Im Juli 1652 waren die Arbeiten in vollem Gange. Bald trat jedoch wieder Geldmangel ein. Am 30. Juli 1652 dankte der Magistrat für die ihm zum Rathhausbau in zwei Raten von je 600 Thlr. aus den Brandkollekten (incl. Rostock und Wismar) bewilligten 1200 Thlr. und bat den Herzog um fernere Unterstützung, und, als darauf nichts erfolgte, wiederholte der Magistrat seine Bitte unterm 28. August. Er führte in dem zweiten Gesuch aus, daß auf die schon tief verschuldeten Stadtgüter nicht der geringste Heller mehr aufgenommen werden könne, und daß es billig sei, die von der Stadt in den Kriegsjahren 1631 und 1632 über die Gebühr hergegebenen 6493 fl. 20 ßl. nunmehr aus dem Landkasten zurückzuzahlen. Der Herzog mochte der Ansicht sein, daß man für die bewilligten 1200 Thlr. sehr wohl das Rathhaus hätte aufführen können, denn er ordnete am 6. September 1652 eine Revision der Baurechnungen an. Es ergab sich dabei eine Einnahme der Stadt von genau 1216 Thlr. 21 ßl. 6 Pf., die sich folgendermaßen vertheilte:

409 Thlr. 41 ßl. 6 Pf. von der Stadt Rostock,
73 Thlr. 36 ßl. von der dortigen Universität,
132 Thlr. 40 ßl. von der Stadt Wismar,
600 Thlr. von der gemeinen Einnahme aus Brandkollekten.

 
1216 Thlr. 21 ßl. 6 Pf.  
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Davon waren ausgegeben 1192 Thlr. 16 ßl., sodaß ein Vorrath von nur 24 Thlr. 5 ßl. 6 Pf. vorhanden war. Die herzogliche Kommission beanstandete von den Ausgaben zwei Posten:

1) 75 Thlr. 16 ßl. für Entfernung des Schuttes aus dem Rathhaus und Mühlenthor,

2) 47 Thlr. 41 ßl. für Reparirung der Rathsbuden,

und appellirte deswegen an die Entscheidung des Herzogs. Adolf Friedrich ordnete nun unterm 8. September 1652 an, die 75 Thlr. 16 ßl. durch eine Kollekte von den vom Feuer verschonten Bürgern aufzubringen und fügte - was für den Gerechtigkeit liebenden Herzog charakteristisch ist - hinzu, er müsse sich wundern, daß der Magistrat nicht selbst auf eine so billige Anordnung verfallen sei; die 47 Thlr. 41 ßl. sollten aus der Heuer der Bewohner der Buden bezahlt werden. Für die dem Magistrat auf diese Weise noch verbleibenden 147 Thlr. 14 ßl. 6 Pf. (eingeschlossen den obigen Vorrath) sei das Rathhaus noch vor Wintersanbruch unter Dach zu bringen. Letzteres scheint aber doch nicht ausführbar gewesen zu sein. Neue Bittgesuche des Magistrats vom 24. Februar und 28. November 1653 und vom 20. Januar 1654 führen an, daß auch die jährlichen Einkünfte des Weinkellers zum Bau des Rathhauses angegriffen, damit aber auch die letzten Mittel ersschöpft seien; der Magistrat bittet deshalb um die letzthin eingekommene Kopfsteuer von etwa 300 Thlr. auf Abschlag der Forderung an den Landkasten von 6493 fl. 20 ßl. Mit einem befürwortenden Rescript des Herzogs, der sich nun doch von der Nothlage überzeugt haben mochte, an den Engeren Ausschuß der Ritter= und Landschaft vom 6. März 1654 brechen die Archivacten ab. Da auch die im jetzigen Stadthaus aufbewahrten Magistrats=Acten, betreffend die Wiedererrichtung des Rathhauses nach dem Brande von 1651, über das Rescript vom 6. März 1654 nicht hinausgehen, so läßt sich über die Vollendung des Baues etwas Bestimmtes nicht beibringen. Doch kann man mit Fromm, Chronik von Schwerin, 1 ) schließen, daß das Rathhaus im Herbste 1654 fertig gestellt worden ist, da Laetare 1655 zuerst wieder die Bürgersprache der versammelten Bürgerschaft aus dem geöffneten Fenster des Rathhauses vorgelesen wurde.

In der Folgezeit ist das Rathhaus mehrfach durchgebaut und erweitert worden und hat nach der Marktseite zu durch eine neue Fassade ein ganz anderes Aussehen erhalten; auf der Rückseite, nach der Schlachterstraße zu, sind jedoch noch manche Theile des 1652 bis 1654 errichteten Gebäudes unverkennbar.



1) Fromm, Chronik von Schwerin, S. 230 - 231.
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3.

Alterthümer von Sülten bei Stavenhagen.

Von Ludwig Krause in Rostock.

Das Rostocker Alterthumsmuseum bewahrt in seiner prähistorischen Sammlung auch eine Anzahl im Jahre 1889 erworbener Alterthümer von Sülten bei Stavenhagen. Nach dem Fundberichte wurden dieselben früher auf obiger Feldmark beim Ausbrechen von Steinen in zwei Hünengräbern 1 ) gefunden. Wie gewöhnlich, hatten die Arbeiter die von ihnen aufgedeckten Urnen bezw. Urnenreste einfach bei Seite geworfen, und wir verdanken die Erhaltung der hier zu beschreibenden Stücke nur dem Umstande, daß der später hinzukommende Verwalter Alles, was noch zu finden war, aufsammelte. Die so geretteten Gegenstände sind:

1. Die vordere Hälfte eines schön polirten, auf der einen Seite hohlmeißelartig ausgeschliffenen Keiles aus gelbem Feuerstein, 68 mm lang und bis zu 44 mm breit. Die flach concave Ausschleifung nimmt vorne an der Schneide die volle Breite des Keiles ein, verschmälert sich aber nach hinten allmählich, so daß sie an der Bruchstelle nur noch 28 mm breit ist und an beiden Seiten von einem 8 mm breiten erhöhten Rande begrenzt wird. Beide Schmalseiten des Keiles sind abgerundet, bilden also mit den beiden breiten Seitenflächen keine Kanten. Die Ausschleifung ist 1 1/2 - 2 mm tief.

2. Ein Instrument unbekannter Bestimmung aus bräunlichem Gestein. Von der Seite gesehen von fast dreieckiger Form, ist der Stein ringsherum mit einer 21 - 26 mm breiten und 8 - 19 mm tiefen Rinne versehen und hat vielleicht einst als Webergewicht oder dergl. gedient.

3. Ein auf einer Seite etwas abgeplatteter, im Uebrigen runder durchlöcherter Feuerstein von blaugrauer Farbe und 2 - 2 1/2 cm Durchmesser. Da von den beiden Oeffnungen der durch den Stein gehenden Höhlung die kleinere an ihrem Rande mehrfach kleine Bruchflächen aufweist, so ist die Vermuthung nicht ausgeschlossen, daß dies jetzt ziemlich runde Loch einst vielleicht durch vorsichtiges Abschlagen kleiner Splitterchen künstlich etwas erweitert wurde, um den Stein dann als Zierrath, Netzsenker, Spindelstein oder dergl. auf


1) Um "Hünengräber" im eigentlichen Sinne, d. h. megalithische Denkmäler aus der Steinzeit, handelt es sich im vorliegenden Falle schwerlich. Die Scherben weisen nach Technik, Form und Verzierung in eine weit jüngere Zeit; ob der Hohlkeil (Nr. 1), das einzige auf die Steinzeit weisende Stück, wirklich zu den Urnen gehört, wird sich leider nicht mehr sicher bestimmen lassen.
     Beltz.
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eine Schnur ziehen bezw. auf einen Stock stecken zu können. Das an der entgegengesetzten platten Seite befindliche Loch ist länglich. Im Innern zeigt der Stein, der sonst jedenfalls keinerlei Bearbeitung aufweist, einen natürlichen Hohlraum mit unregelmäßigen, mit Kreide überzogenen Wänden, wie man dergl. Hohlräume in Feuersteinen (vergl. z. B. die sog. Klötersteine) ja so häufig findet. 1 )

4. Ein Spinnwirtel aus hart gebranntem, graubraunem, stellenweise röthlichem Thon von doppelkonischer Form, jedoch mit fast völlig abgerundeter Kante in der Mitte, etwas bestoßen, unverziert, 2 cm hoch, oben und unten 22 mm und in der Mitte 32 mm Durchmesser. Das durch die Mitte gehende Loch ist rund und überall gleich weit. Es hält 14 mm Durchmesser im Lichten und hat ringsum glatte Wände.

5. Eine verzierte und elf unverzierte Urnenscherben, darunter drei Randstücke. Dieselben bestehen sämmtlich aus mit Steingrus vermengtem, gebranntem Thon und stammen den verschiedenen Randformen nach von mindestens drei Urnen, über welche sich hiernach noch Folgendes feststellen läßt:

a. Die eine Urne war hart gebrannt, außen und innen theils gut, theils nur mäßig geglättet, 5 - 6 mm dick und von grauer bis röthlichbrauner Farbe. Der auf der Innenseite mit einer Kante absetzende Rand ist nach außen hin abgerundet. Hierher gehören ein Randstück und drei andere Scherben.

b. Die zweite Urne war schlecht gebrannt und roh gearbeitet, innen geglättet, außen zum Theil geglättet, zum Theil rauh. Infolge des schlechten Brennens haben die 5 - 9 mm dicken Scherben stellenweise durch Verwittern gelitten. Der sich etwas verengende Hals schließt oben mit einem abgeplatteten, etwas nach außen hinüberstehenden Rande ab. Farbe: außen röthlich, im Uebrigen grau. Vorhanden sind ein Randstück und vier andere Scherben.

c. Die Reste der dritten Urne zeigen den härtesten Brand und den meisten, zum Theil ziemlich groben Steingruszusatz. Die Urne war innen geglättet, außen theils geglättet, theils künstlich rau gemacht und unter dem aufrechten, 1 cm hohen, etwas verdickten Halse mit 1 - 1 1/2 mm tiefen Horizontalrillen verziert. Vorhanden: ein Randstück und zwei andere Scherben, graubraun, 5 - 8 mm dick.



1) Eine ähnliche durchlöcherte natürliche Feuersteinkugel, die aber an einem Ende durch Abschlagen kleiner Splitter künstlich etwas zugespitzt war, sowie 3 Feuersteinspähne - sämmtlich ebenfalls bei Sülten gesammelt - gelangten leider nicht in das Museum. Vergl. übrigens zu diesen Steinkugeln Jahrb. XIII, S. 361.
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4.

Wie die Rostocker Fischer ihre Privilegien erhielten.

Von Ludwig Krause in Rostock.

Im Herbst 1893 erzählte der Kapitän eines der zwischen Rostock und Warnemünde verkehrenden Flußdampfer über den Ursprung der Rostocker Fischerei=Privilegien folgende Geschichte:

Früher waren die Dünen nur ganz niedrig, so daß bei jedem stärkeren Sturm die Wellen auf der ganzen Strecke von der Rostocker Heide bis zur Stoltera über sie hinwegspülten. Deshalb ging zum Schutze von "De Pogg-" etwa nach Großen=Klein hinüber eine große Steinmauer. Hier nun strandete einstmals Fürst Borwin und wurde von den Rostocker Fischern abgeborgen. Zum Danke verlieh er ihnen das Privileg, für ewige Zeiten die Warnow abgabenfrei auszunutzen. So weist es noch ihr altes Pergament aus, welches aus Borwins Zeiten stammt. -

Der mir anderweitig noch nicht vorgekommene Name "De Pogg-" ist augenscheinlich nur eine abgekürzte Bezeichnung für den sonst sogenannten Pagenwerder, die bei der Neuregulirung des Fahrwassers 1837 - 1838 durchstochene Wieseninsel am Nordrande des Breitlings südöstlich von Warnemünde. Dann würde unter der großen Steinmauer von hier nach Großen=Klein das einst von der Stadt Rostock zum Schutze und zur Bezeichnung des alten Fahrwassers im Breitling unterhaltene Steinkistenbollwerk zu verstehen sein, die aus starken Balken zusammengezimmerten und mit großen Steinblöcken gefüllten mächtigen Breitlingskisten, deren es 1836 noch 112 gab.


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5.

Die Statue des Heiligen Christophorus in der Kirche zu Warnemünde.

Von Ludwig Krause in Rostock.

Aus derselben Quelle, wie die obige Notiz über die Fischerei=Privilegien auf der Warnow, stammt auch die folgende Erzählung:

Noch als die ersten Ansiedler sich in Warnemünde niederließen, war das Land nur ganz flach. Wenn jetzt in den Häusern oben an der Alexandrinenstraße Keller ausgeschlachtet werden, dann stößt man auf die Dächer der damals errichteten Buden.

Die Warnow lief damals als ganz flaches Rinnsal durch die Dünen, so daß man bequem hindurchwaten konnte, was auch immer

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geschah. In der Gegend der heutigen Vogtei aber wohnte ein Mensch, welcher die Leute gegen Bezahlung auf seinem Rücken hindurchtrug. Ihm reichte das Wasser nur etwa bis an die Hüften. Eine Darstellung dieses Mannes findet man noch heute in der Warnemünder Kirche. An die Erhaltung dieser Statue knüpft sich aber zugleich die Zugehörigkeit der anderen Dörfer an Warnemünde. Sowie die Statue beseitigt würde, wurde keine andere Ortschaft mehr Abgaben an die Warnemünder Kirche entrichten. Es würde sich vielmehr jedes Dorf selbst eine Kirche bauen.

Mit der hier erwähnten Statue kann nur diejenige des heiligen Christophorus in der Warnemünder Kirche gemeint sein.


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6.

Hausmarken (?) aus Warnemünde.

Von Ludwig Krause in Rostock.

Im September 1892 sah ich auf einem der als Bootsballast benutzten Steine am Strom zu Warnemünde folgendes, mit schwarzer Farbe oder Theer darauf gemalte Zeichen: Hausmarke . Im letzten Sommer untersuchte ich diese Steine am Strom entlang dann häufiger nach derartigen Marken, fand dabei aber außer der erwähnten nur noch folgende drei: Hausmarke     Hausmarke     Hausmarke und, bereits ziemlich abgescheuert, daher nicht genau mehr erkennbar, auf einem Steine augenscheinlich noch einen unklaren Anker: Hausmarke .Auch diese Zeichen waren sämmtlich mit schwarzer Farbe oder Theer hergestellt. Die übrigen Steine trugen, in gleicher Weise, aufgemalt die Anfangsbuchstaben des Eigenthümers bezw., in neuerer Zeit mehr und mehr zunehmend, die betreffende Jöllennummer.

Ueber Namen und Bedeutung dieser alten Hausmarken war bisher leider weiter nichts zu erfahren, als die echt Warnemünder Auskunft: "Dat sint Teken, wer de makt het, de kennt se wedder."

Zum Schluß mag hier auch noch ein hausmarkenartiges Zeichen mit angeführt werden, das ich im Jahre 1883 auf einem ebenfalls als Bootsballast dienenden Barren von Gußeisen am Fischerhafen zu Rostock sah: Hausmarke . Zeichen, Buchstaben und Ziffern ragten etwa 1/2 cm hoch aus dem Barren hervor und waren mit demselben in einem Stück gegossen.

Vignette

Schwerin, im Januar 1896.

F. v. Meyenn , 2. Sekretär.