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X.

Die neuesten prähistorischen Funde

in Mecklenburg.

(1881. 1882.)

Von

Dr. Robert Beltz.


A. Bronzezeit.

I. Kegelgräber von Friedrichsruhe.

D ie Feldmark des Dorfes Friedrichsruhe (des alten Gömetow) zwischen Crivitz und Parchim bildet einen Theil eines natürlichen Plateaus, welches von allen Seiten von sumpfigen Niederungen umgeben ist. Diese frühere Insel ist außerordentlich reich an Resten der prähistorischen Zeit und seit Jahren eine Fundgrube von Alterthümern unserer ältesten Kulturen. So ist die älteste Steinzeit vertreten durch drei gewaltige Hünengräber ("Riesenbetten") im Osten, von denen leider nur noch das eine seine ursprüngliche Form, die eines sanft gewölbten Hügels von etwa 54 m Länge, 8 m Breite und 1 1/2 m Höhe, einigermaßen bewahrt hat. Die anderen sind zerstört, ohne daß genauere Nachrichten über gefundene Alterthümer erhalten wären (Lisch, Jahrb. XXIV, S. 260). Die jüngste prähistorische Periode, die wendische (jüngere Eisen=) Zeit, hat am westlichen Rande des Plateaus einen Burgwall hinterlassen, den Pastor Willebrand zu Kladow (jetzt zu Zapel) im Jahre 1853 entdeckt und beschrieben hat (Jahrb. XVIII, S. 273). Derselbe war, wie alle Burgwälle dieser Art, im Sumpfe aufgeschichtet und durch einen 373 Schritt langen Damm mit dem Fest=

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lande verbunden. An den zum Theil abgegrabenen Wänden spült der Regen zahllose Thierknochen und Scherben los, welche letztere von Gefäßen herrühren, die aus Thon, mit Sand und Granitgrus geknetet, das charakteristische Ornament der Wendenzeit, Wellenlinien, in meist flüchtiger Zeichnung darbieten. Es sind Anzeichen vorhanden, daß auch ein wendischer Begräbnißplatz in der Nähe gewesen ist; doch muß dies einer genaueren Untersuchung vorbehalten bleiben.

Hauptsächlich aber waren es Kegelgräber, die schon früh die Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Schon im vorigen Jahrhundert sind hier Ausgrabungen gemacht worden, und unsere Sammlung hat aus der alten Ludwigsluster eine Reihe von Bronzen und goldenen Ringen übernommen, die der edlen alten Bronzezeit angehören und die von dem Großherzog Friedrich Franz I. und dem Hauptmann Zinck den dortigen Gräbern entnommen sind (Frider.-Francisc., Text S. 50). Im Laufe der Zeit haben dann die alten Hügel mehr und mehr ihre charakteristische Form verloren. Während sich früher mannigfache Sagen im Munde des Volkes an die mit uralten Steinkreisen umgebenen und mit Dorngestrüpp bewachsenen Male knüpften, begann die intensivere Bodenkultur sie in ihren Bereich zu ziehen; die Steinkreise wurden entfernt, die Wände der Hügel beackert, niedriger und niedriger wurde ihre Gestalt, bis sie nur als leise Erhöhungen über dem Boden hervorragten und allmählich auch die Erinnerung entschwand. Bei der Landvermessung wurden sogar einige Gräber als "Sandgruben" ausgeschlagen. Wohl schalt der Landmann auf die Steine, die ihm die Feldarbeit störten, und wenn er sie entfernt hatte, zerwühlte der Pflug die Stätten, die vor Tausenden von Jahren die Pietät geweiht hatte; aber die Spangen und Diademe, die zum Vorschein kamen, warf er gedankenlos fort oder bewahrte sie doch nicht auf, in dem Aberglauben, daß kein Segen auf diesen fremdartigen unterirdischen Gebilden ruhe. - Es ist das Verdienst eines Mannes, wenn der Zerstörung Einhalt gethan wurde und wenn wir jetzt den Acker von Friedrichsruhe zum Ausplaudern seiner tausendjährigen Geheimnisse genöthigt haben. Der Lehrer von Friedrichsruhe, Herr H. Wildhagen, begann auf Alterthümer zu achten, die sich hier und da in den Händen der Leute erhalten hatten, und sah mit Schrecken, wie viel schon unrettbar verloren und wie viel einem, nahen Untergange geweiht sei. Vor allen schien ein hervorragender Hügel bemerkenswerth, dessen Abtragung vom Besitzer be=

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gonnen war. Wildhagen veranlaßte den Verfasser zu einer Aufnahme des Thatbestandes an Ort und Stelle, in Folge dessen ich mich an Se. Königliche Hoheit den Großherzog wandte mit der Bitte, die Mittel zu der Untersuchung der gefährdeten Gräber zu bewilligen und Herrn Wildhagen zu ermächtigen, daß er für Aufnahme und Bergung der gefundenen Sachen Sorge trage. In huldvoller Bereitwilligkeit ist Se. Königliche Hoheit auf diese Bitte eingegangen und hat den Friedrichsruher Ausgrabungen sein anhaltendes und reges Interesse bis zum heutigen Tage zugewandt, auch selbst in Begleitung der Allerhöchsten Familie am 14. Mai 1881 dieselben mit seiner Gegenwart beehrt. Herr Wildhagen ist seit Beginn der Arbeiten (Weihnachten 1880) nicht müde geworden, die Gegend zu untersuchen; und der treuen Aufmerksamkeit des selbstlosen Mannes verdanken wir neben der Aufnahme sämmtlicher hervorragender Gräber die Entdeckung einer ganzen Reihe ungeahnter Grabstätten, nicht nur aus der Bronzezeit, sondern auch zweier der Eisenzeit angehörigen, zweier Urnenfelder zwischen den Kegelgräbern von Friedrichsruhe und Raduhn. Der Verfasser hat von Schwerin aus die Directiven zur Aufnahme gegeben und ist selbst wiederholt zu der Aufnahme der hervorragendsten Gräber wie zur Recognoscirung neuer Fundstätten in Friedrichsruhe gegenwärtig gewesen.

In der Lage der Kegelgräber zu einander ist leider ein System nicht mehr zu entdecken, da gewiß schon viele zerstört sind. Sie liegen auf ebenem Boden auf der Feldmark von Friedrichsruhe, rechts von der Chaussee von Crivitz nach Parchim zerstreut, ziehen sich dann aber durch ein Tannengehölz auch noch auf die Feldmark von Raduhn hinüber, so daß die Entfernung des östlichsten vom westlichsten etwa 1 Stunde betragen mag. Näher an einander liegend und bisher allein untersucht sind die auf zwei Erbpachthufen und dem Büdneracker in der Nähe des Schulhauses von Friedrichsruhe gelegenen Gräber. Aeußerlich hervorragend war nur der eine Hügel, mit dessen Beschreibung wir beginnen.

1) Der "Kannensberg".

(Grundriß auf der 1. Tafel [Taf. V].)

Bei Beginn der Ausgrabung betrug die Höhe dieses Hügels etwa 4 1/2 m, doch erinnern sich ältere Bewohner des Dorfes, daß er bedeutend höher gewesen sei. Früher mit Buschwerk bestanden, ist er seit einer Reihe von Jahren der

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Ackerkultur unterworfen und hat so seine ursprüngliche Form verloren. Der Durchmesser betrug etwa 26 m, der Umfang etwa 80 m. Um den Hügel lief ein Steinring, der bei der Bearbeitung des Bodens zum Theil verschüttet, zum Theil entfernt ist. Bei den Bewohnern des Dorfes herrschte, wie in ähnlicher Weise bei den meisten hervorragenden alten Denkmalen, der Glaube, daß in dem Hügel eine goldene Kanne verborgen sei, ein Glaube, der auch in unseren Arbeitern lebendig war und ihren Eifer erhöhte. Ausgrabungen sind aber früher nicht vorgenommen, und die ersten Alterthümerfunde sind zwischen den Steinen des umgebenden Ringes (der sog. "Mauer") gemacht worden. Die Wachsamkeit und unermüdliche Sorgfalt des Herrn Wildhagen hat deren Erwerb für die Vereinssammlung herbeigeführt (s. Jahrb. XLIV, S. 81, XLV, S. 267). Es sind folgende Gegenstände:

1) die Nadel einer Heftel. Die Spitze ist verletzt, da die Nadel als Nagel von einem Bauern benutzt war. Wie gewöhnlich sind am oberen Ende 2 Querstangen mit vertiefter Horizontallinie, von der kleine schräge Linien nach den Enden auslaufen. Die Form ist die gewöhnliche, wie wir sie u. a. in den alten Kegelgräbern von Alt=Sammit, Brahlsdorf, Leussow, Vorbeck finden und wie sie mehrmals, z. B. Jahrb. XXX, S. 146, abgebildet ist. Die Patina ist dunkel, geht aber nicht tief.

2) das Ende einer Lanzenspitze, 5 1/2 cm lang. Die Patina ist hellgrün und glänzend.

3) ein vollgegossener Armring, oval, von 5 1/2, resp. 6 1/2 cm Durchmesser; die Verzierungen, bestehend aus schrägen und geraden Linien, sind durch die braungrüne Patina nur schwer erkennbar. Auch diese Form ist häufig abgebildet. Friderico-Francisceum XXII, 4.

Ueber den Verlauf der Ausgrabungen selbst, die am 7. Januar 1881 begannen und nach mehrfachen Unterbrechungen am 6. April beendet sind, hat Herr Wildhagen in den "Mecklenburgischen Landesnachrichten" 1881, No. 109, Bericht erstattet. Ich begnüge mich, im Folgenden die Resultate zusammenzufassen.

A.

Als Hauptgrab erscheint das in jenem Berichte als No. 2 bezeichnete; einmal, weil es ziemlich die Mitte des Hügels einnimmt, sodann, weil hier neben einem unverbrannt beigesetzten Körper ein Schwert lag, eine Er=

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scheinung, die sich in den analogen Gräbern von Dabel, Ruchow, Schwan wiederholt. Wir sehen darin, wie Lisch bei der Besprechung des Grabes von Dabel (Jahrb. XXII, S. 285), die Leiche des Helden, zu dessen Ehren der Hügel errichtet wurde. Von außen erschien das Grab als ovaler Steinkegel, der in der Mitte eingesunken war; der Durchmesser betrug in westöstlicher Richtung 7 m, in nordsüdlicher 3 m. Auf dem Urboden lag eine Steinschicht, auf dieser die Alterthümer neben vergehenden Resten von Knochen und Holz. Letztere scheinen nach ihrer Verbreitung durch das ganze Grab weniger von einem Todtenbaume herzustammen, als von Querhölzern, die den Grabraum nach oben abschlossen, und nach deren Verwesung der Steinkegel zusammensank. Das Grab war durch größere Steine auf dem Steinpflaster in drei Abtheilungen geschieden.

I. In einer südlichen Grabkammer fanden sich Reste von unverbrannten Gebeinen, neben denselben ein Schwert und drei steinerne Pfeilspitzen. Der Leichnam ist nach Osten schauend gelegt worden. Die gefundenen Alterthümer sind:

1) ein Schwert, in 4 Stücken. Die Bruchenden sind frisch, die Oxydation geht tief, wie bei sämmtlichen Alterthümern des Kannensberges. Das Schwert ist 65 cm lang, hat eine ausgeschnittene Griffzunge, starken, flachgewölbten Mittelrücken, Rillen an den Seiten; die Griffzunge hat 4 Löcher, ebenso befinden sich 4 Löcher halbmondförmig am Ansatz der Schneide, in denen die Nieten erhalten sind. Auch ist der hölzerne Griff mit einem Ueberzuge von Leder noch erkennbar. Beim Herausnehmen des Schwertes zeigte sich, daß dasselbe in einer hölzernen Scheide gesteckt hatte, deren eine (untere) Seite erhalten ist. Eigenthümlich und für uns durchaus neu ist, daß dieselbe mit grobem Wollenzeuge gefuttert war, welches vollständig erhalten ist (s. unsere 2. [VI.] Tafel, No. 6). Wir haben gleiche Schwerter aus den Kegelgräbern von Slate, Ruchow, Pölitz, Wohld und Kummer (abgeb. Fr.-Fr. XV, 3). - Dazu gehörig ist ein vierseitiges Ortband mit 1 cm breiter Oeffnung.

2) 3 feingearbeitete Pfeilspitzen von Feuerstein, so geschäftet, daß nur die Spitzen frei blieben, also genau die Erscheinung, wie in Dabel (s. Abbildung und Erörterung Jahrb. XXII, 282), Pölitz (Jahrb. XXXIV, 217) und Slate (Jahrb. XXXIII, 133).

3) eine kleine bronzene Pfeilspitze mit Resten des Schaftes.

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II. In der mittleren Kammer lag neben grün imprägnirten Holztheilen, die auf mehr (vergangene) Bronze weisen:

1) ein kleines Messer, 10 1/2 cm lang, mit stark ausgerosteter Scheide. Der Griff läuft in einen Pferdekopf aus. Es ist dies das vierte so verzierte Messer, welches in Meklenburg gefunden wird; die andern gehören den Kegelgräbern von Sparow (abgeb. Fr.-Fr. T. XVIII, 2) und Dabel und einem Moorfunde von Crivitz (s. Jahrb. XL, 149) an. Im märkischen Museum zu Berlin befindet sich neben mehreren Exemplaren (z. B. aus Schönwerder, Kreis Prenzlau) eine Gußform für diese Messer mit Pferdeköpfen aus Nieder=Landin (Kreis Angermünde), die beweist, daß sie heimisches Fabrikat sind. Sie gehören zu den im Norden häufiger auftretenden Gegenständen und sind in den einschlägigen Werken der schwedischen und dänischen Forscher vielfach abgebildet; im Stralsunder Museum sah ich eines vom Rugard auf Rügen, in der Rosenbergischen Sammlung zu Nürnberg eines aus Pommern. Unser Messer steckte in einem knöchernen Futteral.

2) die Reste von drei kleinen Fibeln von 7 cm Länge; die Grundform ist gleich der oben erwähnten. Die eine lag in einem Futteral von Holz.

3) ein Doppelknopf von 2 1/2 cm Durchmesser; die Zeichnung ist durch die starke Oxydirung zerstört;

4) zwei Stücke eines schmalen Armringes. Diese Alterthümer lagen ohne erkennbare Ordnung in der Grabkammer. Im Osten standen zwischen den Steinen, die den äußeren Mantel des Grabes bildeten, so daß ihre Zugehörigkeit zu dieser oder zur nächsten Kammer nicht zu bestimmen ist, zwei mit Asche und Knochentheilen gefüllte Urnen. Die eine ist 11 1/2 cm hoch und hat einen oberen Durchmesser von 15 cm, einen unteren von 6 cm, die größte Bauchweite (in etwa 2/3 der Höhe) beträgt 49 1/2 cm. Der Rand ist hoch, scharf ansetzend und nach außen sich umbiegend.

Die andere ist schalenförmig, hat 21 1/2 cm oberen Durchmesser, 11 3/4 cm Höhe und 71 cm größte Bauchweite, der Rand ist kurz und nach innen gebogen. Sie ist mit eingedrückten Querstreifen verziert. Beide haben eine glänzend schwarze Oberfläche und sind aus feingeschlemmtem Thone gearbeitet. Sie gleichen völlig den sonst in Kegelgräbern gefundenen Gefäßen (z. B. Peccatel, Dabel, Ruchow).

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III. In der nördlichen Kammer fand sich ein starker gewundener Halsring mit überfassenden Haken in sieben Stücken (der Bruch nicht ursprünglich) von 16 cm Durchmesser, daneben Reste eines kleineren von gleicher Arbeit. Beide lagen am westlichen Ende der Kammer.

Beide Grabkammern (II und III) scheinen Frauen anzugehören; bei der mittleren erhellt dies aus den Funden unmittelbar, bei der nördlichen weniger evident. Den Ring ohne Weiteres als ausschließlich weiblichen Schmuck in Anspruch zu nehmen geht nicht wohlan, wenn man bedenkt, daß ein ganz gleicher, z. B. in Alt=Sammit, neben dem Schwerte gefunden ist. Daß er aber mit Vorliebe weiblichem Grabschmuck beigelegt ist, zeigen u. a. die etwa gleichalterigen Funde von Grabow, Ruchow, Spornitz, Wiek, Zierzow. Bemerkenswerth ist, daß sich in beiden Grabkammern keine Spuren von Knochen zeigten. Es scheint also nur der Mann beerdigt, die Frauen verbrannt, trotzdem aber ihnen eine Grabkammer errichtet zu sein. Auf Analogien ist schon oben hingewiesen worden.

B.

Eng an das vorige Grab sich anschließend erstreckte sich in etwa gleichen Dimensionen das nächste nach Süden hin. Es war hier die Stelle, wo der "Kannensberg" angegraben und bereits Steine entfernt waren, so daß sich die ursprüngliche Gestalt leider nicht mit Evidenz bestimmen läßt. Die Steinsetzung hatte eine Höhe von 8-10 Fuß über dem Urboden und war in der Mitte eingesunken. Es fehlen hier Kriterien, nach denen man mehrere Grabkammern unterscheiden könnte. Auf dem Urboden lag eine Steinschicht, auf dieser Asche und einzelne Knochen. Wir haben also hier Leichenbrand anzunehmen. Beim Abtragen des zusammengesunkenen Steinkegels fand sich zwischen den Steinen:

1) ein Schwert in zwei Stücken, die Spitze nach Norden gerichtet, 36 cm lang, also zu den kleineren gehörig, mit erhabenem Mittelrücken. Eine Griffzunge ist nicht vorhanden, dagegen der Knopf erhalten. Derselbe ist rautenartig, leicht erhaben, mit vertieften Spiralen verziert (s. Montelius, sur les poignées des épées en bronce, Fig. 22). Erhalten ist ein Rest von der hölzernen Scheide.

2) ein goldener gewundener Armring von 6 cm Durchmesser, mit überfassenden Haken, aber ohne die bei diesen Ringen (vergl. die Funde aus den Kegelgräbern von Bekentin, Cremmin, Parchim, Peccatel und dem unten beschriebenen

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"Glockenberge") sonst gewöhnlichen Spiralwindungen am Ende;

3) ein goldener Fingerring von 2 cm Durchmesser in der Art unserer Fingerringe, in der Mitte eine Horizontallinie mit kleinen, unregelmäßigen, nach den Enden auslaufenden Querstrichen. Im Verhältniß zu den Spiralringen sind diese Ringe selten, wir haben sie außer zwei anderen unten zu erwähnenden aus Friedrichsruhe nur aus Cremmin und Ruchow. Besonders interessant ist der Ruchower, der aus zwei geriefelten Golddrahtfäden zusammengehämmert ist. Dieses giebt einen interessanten Einblick in die Entwickelung der Goldringe: erst Golddraht, dann dieser zusammengehämmert (Ruchow), dann die Entstehung wenigstens durch eine Horizontallinie und Querstriche angedeutet (unser Friedrichsruher Ring), dann Vervielfältigung und freiere Benutzung des Strichornaments (Cremmin) bis zur Emancipirung von der alten Ornamentirung (zwei fernere Friedrichsruher Ringe, siehe die Abbildung Tafel VI (2), No. 9).

4) Scherben einer dickwandigen, rothen Urne, die mit Granitgrus durchknetet ist, darin Asche und Knochen.

C.

Während die beschriebenen Gräber die Mitte des Hügels einnahmen, lagen die nun folgenden, im Allgemeinen sich gleichenden an seinem nördlichen, resp. südlichen Ende. Wir besprechen das letztere zuerst, da es mit dem vorhergehenden Zusammenhang hatte. Es liefen nämlich von diesem mauerartig gesetzte Steine aus, die es von zwei Seiten fast bis zum Rande des Hügels einfaßten. Wie das erste Grab, bestand auch dieses aus einem Steinhügel mit ovaler Grundform, der zusammengestürzt war. Der Boden war mit Asche durchsetzt, Knochen wurden nicht gefunden, nur einige Zähne, die beweisen, daß der Todte hier verbrannt ist. Neben einander am südlichen Ende auf einem Steinpflaster und von den herabgestürzten Steinen bedeckt, lagen nun zwei Gruppen von Gegenständen weiblichen Schmuckes, davon getrennt nordöstlich ein paar Handbergen und eine kleine Henkelurne. Da bei den Schmuckgegenständen sich Holzreste zeigten, so will es fast scheinen, als wäre der oder den Bestatteten ihr Schmuck in Holzkästchen mitgegeben. Andererseits freilich scheinen einige Gegenstände dem Brande ausgesetzt gewesen zu sein: sie sind zersplittert und zeigen eine blasige Oberfläche, auch ist der Kern von dem Oxyd unberührt und zeigt eine röthliche Färbung. Beides schließt sich ja nicht aus.

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Der Leichnam wird mit Ringen etc . geschmückt verbrannt und ihm sodann seine Kostbarkeiten an Gold und Perlen unverletzt beigegeben sein.

Um mit der westlichen der beiden Fundstätten (I) anzufangen, so lagen daselbst eng neben einander:

1) ein "Diadem", ziemlich ganz erhalten und an den Enden beschädigt, von der Form wie Frid.-Franc. XXII, 2. Die Ornamente bestehen aus zwei Spiralreihen, die durch zwei bandartige, mit Querstrichen verzierte Erhöhungen getrennt sind; gleiche Bandreihen befinden sind am oberen und unteren Ende. Ganz gleiche Diademe sind unter ähnlichen Umständen in Alt=Sammit, Grabow und dem früher eröffneten Grabe von Friedrichsruhe gefunden worden, wie überhaupt bei uns diese "Diademe" ausschließlich als weiblicher Schmuck gedient zu haben scheinen.

2) zwei große Halsringe von 19 1/2 cm Durchmesser, geöffnet und mit glatten Enden, verziert mit Querstreifen, die durch kleine Parallellinien verbunden sind. Diese Ornamentirung ist selten, da unsere Ringe fast durchgehend gewunden oder mit vertieften Riefeln versehen sind.

3) ein kleinerer gewundener Ring von 15 cm Durchmesser, mit überfassenden Haken;

4) vier Enden gewundenen Golddrahts von verschiedener Stärke und Höhe (die Enden des Fadens sind zusammengehämmert);

5) dreizehn kleine Glasperlen, einfarbig, vom dunkelsten bis zum hellsten Blau, z. Th. grünlich schimmernd (in Folge der Bronze?) (abgebildet Tafel VI (2), No. 5);

6) acht "überfangene, gebänderte" 1 ) Perlen länglicher Form, z. Th. ausgebaucht, mit vielfach verschlungenen Linien aus weißem Thon auf dunkler Grundfläche (abgebildet No. 4);

7) Bernsteinperlen, sowohl kugelige mit breiten, platten Seiten, die größten von 2 cm, die kleinsten von 1/2 cm Durchmesser, 101 an der Zahl - als auch längliche, von oben durchbohrte, die schönste sechsseitig, sonst meist rund, 3 - 3/4 cm hoch, 13 an der Zahl (abgebildet Tafel VI (2), No. 2 und 3).

Die letzten Funde sind besonders eigenartig. Perlen haben in unseren Kegelgräbern stets zu den Seltenheiten gehört und treten erst in den Urnenfeldern der Eisenzeit in Menge auf. Blaue Perlen sind in den Kegelgräbern von


1) Ueber Terminologie und Herstellung vergleiche: Tischler, Ostpreußische Grabfelder I, S. 240.
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Sparow, Lehsen und Peccatel (bei Penzlin), Bernsteinperlen in dem früher aufgenommenen Friedrichsruher, einem Parchimer und dem bekannten Peccatelschen Grabe gefunden. Ganz neu und mir auch aus Analogien anderer Länder nicht bekannt ist das Auftreten von mehrfarbigen Perlen in Gräbern der Bronzezeit. Wir stehen hier vor einem dunklen Punkte, dessen Aufhellung es uns vielleicht einst ermöglichen wird, eine chronologisch sichere Bestimmung unsers Grabes zu gewinnen.

Den aufzählten Gegenständen gleichen die an der zweiten Stelle (II) in kleiner Entfernung gefundenen:

1) ein "Diadem", dessen Enden abgebrochen sind (Tafel VI (2), No. 1). Es ist verziert mit drei Paaren von erhöhten Parallellinien mit Querstrichen. Die zwei dazwischen liegenden glatten Bänder sind mit kleinen Punkten und Dreiecken geschmückt, eine Ornamentirung, wie sie auch an dem Diadem von Pisede sich findet, welches mit ähnlichen Ringen, Handbergen etc ., wie das unsere, dem Bestatteten beigegeben war (s. Jahrb. XXI, 236).

2) eine Nadel in zwei Stücken, 35 cm lang. Der Kopf ist klein, rund, etwas vertieft, darunter laufen bis 7 cm die Nadel hinab fünf große Knoten um dieselbe.

3) eine Nadel in drei Stücken, 18 cm lang. Der Knopf ist kugelig, die Nadel verdickt sich in eigenthümlicher Weise nach der Mitte hin und ist im oberen Theile mit Parallelstrichen verziert. Aehnlich ist die Fr.-Fr. XXIV, 7 abgebildete Nadel unbekannten Fundortes.

4) 11 Reste von Halsringen (von 3 Exemplaren?), gearbeitet wie der oben erwähnte, aber kleiner;

5) vier starke gegossene Handringe, auf einer Seite offen, aber fest anschließend, 6 1/2 cm Durchmesser, wie Fr.-Fr. XXII, 3 (aus Wittenmoor, der alten Bronzezeit angehörig);

6) ein Handring aus starkem Blech, verziert mit Zickzacklinien, 7 1/2 cm Durchmesser, wie Fr.-Fr. XXI, 3;

7) 5 Reste eines starken Fingerringes mit gleichen Ornamenten;

8) zwei Spiralplatten von einem Fingerring oder einer Fibel. Sie sind stark beschädigt und wohl dem Brande ausgesetzt gewesen. Bei ihnen wurden die oben erwähnten Zähne gefunden. Diese sind sehr zart und lassen auf eine junge weibliche Person schließen.

9) ein dolchartiges Instrument nach beiden Seiten spitz zugehend, stark vergangen, 17 cm lang. Auf dem einen

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Ende ist es vertieft und hat 3 1/2 cm von der Spitze ein Nietloch, in dem eine Niete steckt, die wohl zur Befestigung eines hölzernen Griffes gedient hat.

10) ein Stück Golddraht;

11) 73 platte, 8 cylindrische Bernsteinperlen;

12) 5 blaue (z. Th. grünliche, 2 überfangene) Perlen wie oben.

Nordöstlich von diesen Gesammtfunden stand vereinzelt (III) eine kleine, leere Henkelurne, von 36 cm Bauchweite, 9 cm Höhe, 7 cm unterem, 11 cm oberem Durchmesser von der gewöhnlichen Arbeit der Urnen aus den Bronzegräbern.

Nicht weit davon (IV) fanden sich eingepackt in Holz, Leder und Wollenzeug:

1) ein paar Handbergen der gewöhnlichen Form, sehr zerbrochen;

2) zwei Armringe gleich den soeben unter II, 5 erwähnten. Ob wir hierin Reste einer zweiten Bestattung zu sehen haben, oder welchen Zusammenhang sonst diese Funde mit den eben erwähnten haben, ließ sich bei dem Zustande des Grabes nicht ermitteln.

D.

Wie erwähnt, stimmte das 4. Grab mit dem soeben beschriebenen im Allgemeinen überein. Es lag nahe dem nördlichen Rande des Hügels, nicht weit von dem Hauptgrabe entfernt, aber nicht mit ihm verbunden. Wesentlich unterscheidet es sich von diesem dadurch, daß wir in demselben einen begrabenen Leichnam fanden, dessen Haupt im Westen lag und zu dessen Füßen eine Urne stand. Große Stücke des Todtenbaumes sind erhalten. Der Körper selbst war in Wollenzeug gehüllt, von dem ebenfalls Reste bewahrt sind. Deutlich wurde die Lage des Körpers durch die Beigaben bezeichnet, die wir nach ihrer Lage von Westen nach Osten aufzählen:

1) drei gewundene Ringe von 15 cm Durchmesser, zerbrochen, aber vollständig. Als dieselben in Schwerin von den umgebenden Erd= und Holztheilen gelöst wurden, gelang es der geschickten Hand Fräulein Buchheim's, klar zu legen, daß unter diesen Ringen Wollenzeug saß, während in der Erdmasse sich eine Anzahl feiner Zähne fanden. Es erhellt also, daß der Leichnam, wahrscheinlich ein weiblicher, mit einem wollenen Gewande bekleidet war, daß dieses auch den Hals, resp. die Schultern bedeckte, und erst darüber die Ringe angelegt waren.

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2) eine sehr schöne Fibel, leider sehr zerbrochen, 20 1/2 cm lang, die Spiralplatten von 3 cm Durchmesser; der Bügel, 14 cm und in der Mitte 2 cm breit, ist mit Horizontalstrichen, von denen kleine Querstriche auslaufen, verziert, ganz wie der obenerwähnte Goldring; die Nadel hat zwei Querbalken. In des Schweden Hans Hildebrand klassischem Werke über Fibeln (Bidrag til spännets historia) ist diese Form als der zweite Typus der nordischen Gruppe bezeichnet (Figur 3, doch fehlen dort die Querbalken).

3) eine große Anzahl zerbrochener Fingerringe aus Bronze von einfacher Form, in denen zum Theil noch der Knochen steckte, dabei einige kleine Spiralplatten, wohl Reste von Ringen aus gewundenem Draht mit Spiralplatten, wie unsere Großherzogliche Sammlung mehrere enthält und einer Fr.-Fr. XXIII, 16 abgebildet ist (aus Ludwigslust);

4) in der Nähe ein Handring, wie Fr.-Fr. XV, 6, aber reicher verziert, weniger stark als die oben unter 5 erwähnten;

5) 2 kleinere Handringe mit breiterer Oeffnung, mit ungewöhnlich tief einschneidenden Linien verziert;

6) 2 Handbergen der bekannten Form von kleinen Dimensionen. Eigenthümlich ist, daß sowohl die 2 Handringe als die Handbergen am Fußende lagen, also kaum am Körper selbst befestigt gewesen sind. Am östlichen Rande stand eine Urne, die von den Steinen zerdrückt war und deren Form nicht mehr erkennbar ist.

In der Nähe dieses vierten Grabes fanden sich nun im Erdmantel des Kegels einige Steinsetzungen, die Alterthümer bargen.

I. Direct nördlich vom Grabe stand, zwischen Steinen eingepackt, nahe dem Urboden eine Urne von ziemlich bedeutenden Dimensionen, 28 cm Durchmesser an der Oeffnung, 34 cm Bauchweite, 30 cm Höhe. Sie war stark und roh gearbeitet, die Oberfläche schwarz und blasig; die Wände waren gerade. Leider war sie schon zerbrochen und konnte nicht zusammengesetzt werden. In ihr befanden sich dicht zusammengepackt Asche, Knochen und Bronzen. Die Knochen sind außerordentlich zart, die Zähne die einer jungen Person. Die Bronze ist stark zerbrannt, daher nur theilweise die alte Form erkennbar. Wir unterscheiden:

1) ein Blech, vielleicht von einem Gefäße;
2) ein Paar Handbergen;
3) zwei starke Handringe;
4) einen gewundenen Halsring;

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5) zwei Fingerringe von je vier Windungen;
6) Nadel und Bügel einer Fibel.

Neben dieser Urne lag eine kleinere von einfacher, hübscher Form, der Bauch ist kugelig, der Rand scharf ansetzend, etwas nach außen gebogen; sie ist von gleichmäßig rother Farbe und durch schwache Eindrücke auf der Außenseite verziert. Höhe: 13 1/2 cm, oberer Durchmesser 17 1/2, unterer 9 cm, größte Bauchweite (2/3 der Höhe) 59 cm. In dieser Urne befand sich Sand und eine andere Urne, die der in Perdöhl, ebenfalls in einer größeren liegend, gefundenen und Jahrb. XI, S. 362 abgebildeten gleicht. Sie ist weniger gut gearbeitet als die eben erwähnte, hat zwei kleine Henkel und einen hohen, geraden Hals. Höhe 9 3/4 cm, oberer Durchmesser 8, unterer 6 cm, größte Bauchweite (in der Mitte) 31 cm.

II. Zwei Meter von dieser Steinsetzung entfernt stand nach Westen zu eine zweite, etwa 1 Meter über dem Urboden, bestehend aus einem kleinen Steinkegel, in dem eine Urne stand. Sie war schon zerdrückt, wich wesentlich von den anderen ab, indem der Thon viel feiner geschlemmt war und die Oberfläche schwarz glänzte. Asche wurde nicht gefunden.

III. Südwestlich von dem vierten Grabe stand, ebenfalls in Steine eingepackt, eine große Urne mit starker Wand, die zerfiel, ohne daß man ihre Dimensionen bestimmen konnte. Auch sie war völlig angefüllt mit Knochenresten und zerbrannten Bronzegeräthen, außerdem aber mit Scherben von (mindestens vier) Urnen. Letztere sind absichtlich zerbrochen hineingelegt. Es ist gelungen, eine zusammenzusetzen, die viel Interesse darbietet. Sie ist kugelig, hat einen Henkelansatz, eine hellrothe Farbe und ist aus mit Granitgrus durchknetetem Thon ungewöhnlich stark gebrannt. Die Ornamente bestehen aus eingeritzten Perpendiculärstrichen, die sich von dem ähnlichen Ornamente der Urnen aus der Steinzeit durch ihre Unregelmäßigkeit unterscheiden. Höhe etwa 11 cm, untere Weite 7 1/2 cm, größte Bauchweite (in der Mitte) etwa 35 cm. (Reste einer ähnlichen Urne enthält das Kegelgrab von Ruchow.) Obenauf lag ein kleiner gehenkelter Napf von 4 1/2 cm Hohe, 8 1/2 cm oberem Durchmesser, innen schwärzlich; in ihm befand sich ein Stück Bronze (von einem Fingerringe) und etwas Asche. Die Bronzegeräthe, besser erkennbar als die in der unter I erwähnten Urne, waren:

1) ein "Diadem" mit erhabenen Parallelstreifen, eine Form, die häufig ist und nach Lisch (s. Jahrb. XXI, S. 237)

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einer älteren Zeit angehört als die mit Spiralen verzierten. Wir haben demnach drei verschiedene Diademe im "Kannensberg" gefunden.
2) ein paar Handbergen;
3) ein Armring;
4) zwei kleine gewundene Ringe;
5) Reste von (zwei?) gewundenen Halsringen;
6) ein Knopf aus dünnem Blech mit Oese;
7) ein Stück Bronzeblech.

Fassen wir das Gesagte zusammen, so haben wir im "Kannensberg" neben einander von Süden nach Norden vier Gräber, bestehend aus Steinkegeln, auf dem Urboden aufgeschichtet. An diese schließen sich im Norden an Steinsetzungen mit Urnen, die mit zerbrannten Beigaben und Knochen gefüllt sind. Durch einen Erdmantel sind alle zu einem großen Grabe vereinigt. Die Zahl der Bestatteten genau anzugeben ist unmöglich, die geringste Anzahl ist 10, unter denen mit Wahrscheinlichkeit 2 männliche, 8 weibliche sich befinden. Begraben sind mindestens zwei, verbrannt sicher vier, aber auch bei den anderen vier ist die Wahrscheinlichkeit für die Verbrennung größer. Die Beigaben betreffend, ist die Zahl der Waffen sehr gering, gegenüber den Schmuckgegenständen. Außer der Lanzenspitze am äußeren Rande sind nur zwei Schwerter, drei steinerne und eine bronzene Pfeilspitze gefunden, Celte fehlen gänzlich. Dem entgegen ist die Zahl der Diademe, Handbergen, Nadeln, Ringe, Perlen außerordentlich groß. Alle Gegenstände Zeigen den bekannten ernsten und edlen Charakter der reinen Bronzezeit. Vergleichen wir die Typen mit den uns anderweitig bekannten, so zeigen sich zunächst die Armringe in seltener Vollständigkeit. Sämmtliche auf Tafel 22 des Fr.-Fr. abgebildeten Typen sind vertreten mit Ausnahme von 12 und 13, Formen, die der jüngeren Bronzezeit angehören. Wir haben sie vom vollgegossenen Ringe bis zum Bronzeblech, ihre Ornamente, von den tiefen einfachen bis zu den leichten complicirten Linien, können also wohl annehmen, daß die Typen der Armringe zu der Zeit, der unser Grab angehört, ihre Entwickelung vollendet haben, oder anders ausgedrückt, daß dasselbe der letzten Zeit der Periode angehört, in der diese Art Armringe überhaupt erscheinen. Wir setzen dasselbe demnach in die letzte Zeit der älteren Bronzeperiode. Ebenso sind die verschiedenen Typen der Diademe vertreten, und auch die Halsringe zeigen eine große

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Mannigfaltigkeit. Eine relativ junge Zeit wird auch gekennzeichnet durch das häufige Auftreten von Glas und Perlen, die direkt auf eine Kulturperiode hinweisen, welche der reinen Bronzezeit folgt. Zum Beweise dagegen dafür, daß unser Grab in der That der älteren Bronzezeit angehört, mag auf vier Momente hingewiesen werden, die ihre Erläuterung bei Besprechung eines anderen Friedrichsruher Grabhügels finden werden: 1) auf den Umstand, daß wir beerdigte Leichen haben, 2) auf die Form der Fibel, 3) auf das Auftreten steinerner Pfeilspitzen, 4) auf das Fehlen der für die jüngere Bronzezeit bei uns typischen Formen, als der tutuli, der Pincetten, der sogenannten "Scheermesser", Ringe mit Stollen etc .

Noch sind alle unsere Zeitbestimmungen der Bronzezeit durchaus relative. Noch ist es nicht gelungen, den festen Punkt zu finden, an dem die bisher zeitlose nordische Kultur der südeuropäischen, die im Glanze der Geschichte darliegt, die Hand reicht. Wann es geschah, daß das Bronzevolk des zwischen den Sümpfen der Elde und Warnow hervorragenden Plateaus über seine Helden diesen Grabhügel wölbte, wir wissen es nicht. Noch liegt der Reiz des ungelösten Räthsels über der bronzenen Heroenzeit unseres Landes.

2) Der "Glockenberg".

Nicht durch seine Gestalt, aber durch seinen Inhalt reiht sich an den "Kannensberg" ein zweites Kegelgrab, welches im Volksmunde früher der "Glockenberg" hieß, nach dem Glauben, daß, wenn man sein Ohr an den Hügel lege, man eine Glocke darin erklingen höre. Es lag etwa 600 Schritt vom "Kannensberg" direkt östlich. Bei Beginn der Ausgrabungen hatte es noch eine Höhe von 1 1/2 m; der Umfang betrug ca. 70 m, am äußeren Rande lief der übliche Steinkranz hin. Die Ausgrabung erfolgte am 2. bis 4. Mai 1881, konnte aber, da ein Theil damals noch besäet war, erst am 10. und 11. März 1882 beendet werden. In dem Bericht des Herrn Wildhagen ("Meckl. Landesnachrichten" 1881, No. 156) ist dieses Grab als No. 3 bezeichnet. Der Hügel zerfiel in 5 Gräber. Da wir nicht ein einzelnes als Hauptgrab bezeichnen können, beginnen wir mit dem südlichsten.

A.

Die interessantesten Funde lieferte das südlichste Grab, welches unmittelbar am Rande des Hügels begann. Dasselbe

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bildete einen Kegel auf ovaler Grundfläche, der in der Mitte zusammengesunken war. Die Wände waren 1 Meter hoch und aus großen Steinen aufgeschichtet. Eigenthümlich waren zwei Ausläufer, die sich von diesem Grabkegel nach Nordwesten und Nordosten hinzogen, rechteckige Steinsetzungen von etwa 1 Meter Länge, 1/2 Meter Breite und geringer Höhe.

Im Grabe war eine Leiche beerdigt, nach Osten schauend. An Beigaben fanden sich:

1) ein Schwert, auf der Brust liegend, wie in Grab C. Es ist in 5 Stücke zerbrochen, ist 58 cm lang und an der breitesten Stelle 3 1/2 cm breit. Die Klinge ist stark, mit erhabenem Grat, der auf beiden Seiten von 2 feinen Parallellinien begleitet wird. Der 8cm lange Griff ist von großer Schönheit. Er hat den in Montelius oben (S. 263) angeführter Abhandlung unter Figur 7 beschriebenen Typus und ist auf unserer VI. (2.) Tafel unter No. 7 abgebildet. Die schwarze Emaileinlage ist nur theilweise erhalten. Diese Schwerter, die gekennzeichnet werden durch den aus Parallelplatten mit Einlage bestehenden Griff und das halbmondförmige Griffende, bezeichnen den Höhepunkt in der originalen Entwickelung des nordischen Bronzeschwertes und sind daher an das Ende der älteren Bronzezeit zu stellen. Wir haben in unseren Schweriner Sammlungen an Schwertern mit halbmondförmigem Griffende, aber nicht durchbrochenem Griff (ältere Form), eines aus Alt=Sammit, eines unbekannten Fundorts, und ein unten zu erwähnendes aus Friedrichsruhe, dem unseren gleichend solche aus den Kegelgräbern von Dabel, Peccatel und Schwan, ohne nähere Fundnotiz völlig gleiche aus Sternberg und Bockup. Zu dem Schwerte gehört ein vierseitiges Ortband; die Scheide, aus Holz mit Leder bekleidet, ist theilweise erhalten.

2) Neben dem Griff des Schwertes lag eine Nadel von 15 1/2 cm Länge mit eckigem Knopf;

3) unter dem Schwerte lag ein starker Doppelknopf von 4 cm Durchmesser, der offenbar den Gürtel zusammengehalten hatte. Die obere Seite war mit 8 zu einem Stern zusammenlaufenden Einschnitten verziert, die untere glatt. Ein Knopf von ähnlicher Größe und Form ist nur noch in dem schon mehrmals zur Vergleichung herbeigezogenen Grabe von Slate (s. Jahrb. XXXIII, S. 131, mit Abbildung) gefunden worden;

4) in der Nähe ein kleiner (zerbrochener) Doppelknopf, wohl zum Zusammenhalten des Gewandes;

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5) in der Gegend der rechten Hand zwei Fingerringe von Bronze (abgebildet Taf. VI (2), No. 8), an Gestalt völlig gleich den unten beim Grabe C beschriebenen; die Verzierung ist in einfacherer Weise durch vertiefte Horizontallinien hergestellt.

6) in der Gegend der linken Hand ein goldener Armring von vortrefflicher Arbeit. Er ist aus hellem Golde und hat am Ende feine Spiralwindungen, wie der Frid-Franc. XXII, 2 abgebildete aus Bekentin. Aehnliche Ringe sind noch in Parchim und im Hügel bei Peccatel (Jahrb. IX, 376 mit Abbildung) gefunden, im letzteren mit den gleichen Beigaben; siehe auch unten bei Grab D. Das häufige Auftreten von Gold in unseren Friedrichsruher Gräbern giebt einen neuen Beleg zu der Beobachtung von Lisch, daß das südwestliche Meklenburg die meisten und reichsten Goldfunde aufzuweisen hat.

7) Zu Füßen stand ein bronzenes Gefäß, eine der seltensten Erscheinungen in unseren Kegelgräbern. Leider ist dasselbe durch einen Stein zerdrückt und konnte nur theilweise zusammengesetzt werden. Das Gefäß ist aus dünnem Bronzeblech getrieben, hat eine obere Weite von 14 cm Durchmesser und eine Höhe von 8 cm. Die Form siehe auf Taf. VI (2) unter Fig. 10. Der Henkel ist mit 4 starken Nieten befestigt und mit feinen Strichen an den Enden und 10 erhabenen Punkten verziert. Es ist das dritte Mal, daß ein kleineres Bronzegefäß in einem meklenburgischen Grabe gefunden wird. Wir haben ein ähnliches in Ruchow (Frid.-Franc. S. 45, Jahrb. V, S. 33). Form und Arbeit sind gleich, nur ist der Henkel auf dem Ruchower mit einer starken Niete angesetzt. Etwas abweichend ist das von Weisin (Jahrb. V, S. 383); dasselbe ist wesentlich kleiner und aus dünnerem Blech, der Rand ist gerippt. Daneben wurde ein zweites gefunden, dessen Rand durch einen Draht zusammengehalten wurde, wie es bei den unten zu erwähnenden Granziner Kesseleimern der Fall ist. Diese Technik, wie auch die eisernen Geräthe, die in jenem Grabe gefunden sind, weisen dieses Gefäß einer jüngeren Zeit zu. Von besonderem Interesse aber ist ein Vergleich mit dem berühmten Kesselwagen von Peccatel. Wir haben an ihm dieselben eingeschlagenen Ornamente, dieselbe Rundung des Bauches, überhaupt in größeren Dimensionen dieselbe Form, so daß wir nicht anstehen, beide einer Zeit zuzuschreiben, zumal auch andere Geräthe der betreffenden Gräber (Schwert und Goldring) sich genau entsprechen. Aehnliche Näpfe sind in südlichen

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Kulturgebieten vielfach gefunden (s. u. a. Lindenschmit: Alterthümer uns. heidn. Vorzeit II, Heft 3, Taf. V, Fig. 3 aus Mainz, und Verhandlungen der Berliner Anthropol. Gesellsch. 1881, Taf. 3 Fig. 1 aus Rohow bei Ratibor mit der eingehenden Besprechung von A. Voß). Können wir sie also nicht als nordische Erzeugnisse in Anspruch nehmen, so tragen wir doch Bedenken, sie ohne Weiteres mit den gebuckelten Näpfen zusammenzustellen, die in Mooren häufig gefunden werden und von denen wir unten bei Gelegenheit der Granziner Kesseleimer zu sprechen haben. Der Inhalt dieses Gefäßes bestand aus Sand und Asche.

8) Daneben stand eine thönerne Urne von der üblichen Form, ebenfalls mit Sand und Asche gefüllt.

Von den beiden erwähnten Ausläufern war der östliche leer, der westliche enthielt:

1) eine kleine Fibel von seltener Gestalt. Ihre Nadel hat nämlich nicht wie gewöhnlich am Ende Querbalken, sondern eine kleine massive Platte, wie die Fr.-Fr. XI, 6 und 7 abgebildeten unbekannten Fundorts. Eine ähnliche ist noch in einem Kegelgrabe von Krakow gefunden (Jahrb. XII, 416).

2) eine kleine ungehenkelte Urne.

B.

Nördlich von diesem ovalen Grabe lag ein ähnliches von runder Gestalt, welches in der Weise wie die Hügel der Kegelgräber von einem mauerartigen Steinringe eingefaßt war. Auf dem Steinpflaster haben drei Leichen neben einander gelegen, nach Osten schauend. Alle sind vergangen, nur einige Zähne sind erhalten. Die Beigaben sind nicht bedeutend und meist vergangen:

1) bei der östlichen Reste eines massiven bronzenen Fingerringes und einer kleinen Spiralwindung;

2) bei der mittleren ein stark oxydirtes und zerbrochenes Messer. Dasselbe hat eine ähnliche Form wie das im zunächst zu erwähnenden Grabe, ist 18 cm lang in der Klinge, etwa 2 cm breit, leicht gebogen und hat eine völlig gedrehte Griffzunge mit zwei Nieten; am Ende des Griffes befand sich ein Ring, der aber abgebrochen ist. Ein ganz gleiches Messer ist dem Kegelgrabe von Alt=Sammit entnommen (Jahrb. XII, S. 408).

3) bei der westlichen Leiche eine Anzahl Bruchstücke von schwachen Fingerringen.

Zu Füßen stand eine flache, rundliche Urne.

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C.

Dasselbe bestand aus einem Steinkegel auf ovaler Grundfläche, der, wie gewöhnlich, in der Mitte zusammengesunken war. Auf einem Steinpflaster lag in westöstlicher Richtung der Leichnam, bis auf einen kleinen Theil des Kiefers völlig vergangen. Seine Lage wurde genau bezeichnet durch folgende Fundstücke:

1) auf der Brust lag ein Schwert von 62 cm Länge, zerbrochen in 6 Stücke; es ist durch und durch oxydirt, die Bruchenden sind frisch, und der Bruch ist durch die von oben drückenden Erd= und Steinmassen herbeigeführt. Das Schwert hat eine ausgeschweifte Griffzunge von 7 1/2 cm Länge, 2 3/4 cm Breite mit 8 Nietlöchern. Der Griff war aus Holz mit Lederüberzug angesetzt, die Klinge stark und leicht erhaben. Reste der Scheide aus Holz und Leder sind erhalten, auch steckt in dem (4 seitigen, wie ein Pyramidenstumpf gestalteten) Ortband ein Stück Holz. Das Schwert ist also dem im "Kannensberg", Grab I, gefundenen ähnlich, aber stärker, und gleicht völlig denen der alten Heldengräber von Ruchow und Pölitz.

2) neben dem Schwerte ein Messer mit geschweifter Klinge, 10 1/2 cm lang, 2 1/2 cm breit. Der Griff war, wie zwei Nieten zeigen, an eine Griffstange angesetzt, wohl aus Holz, am oberen Ende der Griffstange ist ein Ring von 2 cm Durchmesser. Aehnliche Messer mit z. Th. erhaltener Griffzunge und Ring enthalten die Kegelgräber von Sukow (Frid.-Franc. S. 57 und Tafel XVI, 13), Slate (Jahrb. XXXIII, S. 134 mit Abbildung), Dabel (Jahrb. XXIII, 281 mit Abbildung), Damerow (Jahrb. XII, S. 412), Kläden (Jahrb. XXXVIII, 141) und Zachow. Besonders frappirend ist die Uebereinstimmung dieses Fundes mit dem von Slate, wo auch ein gleiches Schwert, Pfeilspitzen und Knöpfe sich fanden.

3) Auf derselben Seite lagen 9 Pfeilspitzen aus Feuerstein von derselben Form wie die aus den oben aufgezählten Kegelgräbern und aus dem "Kannensberge" (s. auch Frid.-Franc. XXVII, Figur 14- 17, deren Fundort leider nicht angegeben ist).

4) zwei kleine Bronzeknöpfe, verziert durch eingeschnittene Linien.

5) in der Gegend des Gürtels ein größerer Doppelknopf von 2 cm Durchmesser, verziert durch eingekerbte und mit schwarzer Masse gefüllte Linien in Form eines Sternes;

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6) an der linken Seite in der Gegend der Hand eine Pfeilspitze wie oben, mit Spuren der Schaffung, und ein massiver goldener Fingerring von ausgezeichneter Arbeit (s. Abbildung No. 9).

7) an der rechten Seite ein zweiter gleicher Ring und Reste eines dünnen bronzenen Fingerringes mit feinen Parallelstreifen.

8) Zu Füßen stand eine gehenkelte Urne von der in Kegelgräbern gewöhnlichen Form, 10 cm Höhe, 16 cm oberem, 8 cm unterem Durchmesser.

Quer über der Leiche lag ein Stock von "Dicke des Daumens", in dem Herr Wildhagen ein Ueberbleibsel des Bogens vermuthet.

D.

Wesentlich abweichend von den erwähnten ist das sich nördlich an C anschließende Grab, dessen Construction zu den eigenthümlichsten unserer Bronzegräber überhaupt gehört. Dasselbe war nämlich unter der Erde, und zwar lag der Steindamm 2 Meter tief unter dem Urboden. Es war ein Doppelgrab, bestehend aus zwei Rechtecken, einem größeren westlichen und einem kleineren östlichen. Diese beiden Kammern waren durch eine Steinschicht getrennt, die sich noch eine Kleinigkeit über den Urboden erhob. Die Wände der Grabkammer selbst ragten noch etwa 2/3 Meter über den Urboden hervor. Eine fernere Eigenthümlichkeit bestand darin, daß die in den Grabkammern beigesetzten Leichen nicht horizontal lagen, sondern je auf einer Steinschicht, die von den äußeren Wänden bis zur inneren (trennenden) sich bedeutend abschrägte. Der Kopf der Leichen hatte auf dem höheren Ende gelegen, so daß die Leiche der östlichen Kammer nach Westen, die der westlichen nach Osten sah und beide mit den Füßen zusammenstießen. Größere Reste der Leichen sind nicht erhalten.

I. Die westliche (größere) Grabkammer enthielt männliche Utensilien:

1) ein Schwert, sehr stark, 49 cm lang, 4 cm breit, in 4 Stücken, die Griffzunge ist verloren, doch eine Niete erhalten. Reste der hölzernen Scheide lagen daneben. Die Form war dieselbe, wie in dem eben erwähnten Grabe.

2) 7 Pfeilspitzen von derselben Gestalt wie oben;

3) ein goldener Armring von demselben rothen Golde wie die Fingerringe in Grab C. Er ähnelt dem in Grab A gefundenen, doch sind die Spiralwindungen an den Enden

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ungleich plumper, z. Th. nicht ausgeführt, sondern durch Striche angedeutet.

4) eine (zerbrochene) Henkelurne, zu Füßen stehend.

Durch das ganze Grab zerstreut lagen Holzstücke, die hier wohl als Reste des Todtenbaumes zu deuten sind.

II. Die östliche (kleinere) Grabkammer enthielt nur einige dürftige Reste von einer kleinen Fibel und dünnen Fingerringen; wir haben hier also eine ähnliche Ausstattung wie im eben beschriebenen Grabe B.

Neben dem letzten Grabe befand sich auf dem Urboden eine Feuerstelle mit Urnenscherben bedeckt. Hier lag ein räthselhaftes Instrument, ein fast walzenförmiger Kegel mit abgestumpften Enden aus gebranntem Thon.

E.

Das nördlichste Grab lief bis an den Rand des Erdmantels des Gesammtgrabes hinan. Es war ein Rechteck von etwa 2 1/2 m Länge und 1 1/4 m Breite. Hierin fand sich nur eine durch den Druck der Steine zerbrochene Urne von der gewöhnlichen Art.

Wir haben also im Glockenberge in 5 Gräbern 7 beerdigte Leichen, denen 2 verbrannte (in dem einen Ausläufer von A und in E) gegenüberstehen. 3 Gräber gehören offenbar Männern an, die anderen können weibliche sein. Verglichen mit dem Kannensberge fällt die ungemein reichere Ausstattung der männlichen Gräber auf; die weiblichen weisen hier nur dürftige Fibeln und Ringe auf, während die Männer in Waffenrüstung und Goldschmuck bestattet sind. Bei der im Allgemeinen gleichen Anlage beider Grabhügel dürfen wir sie einer Zeit zuschreiben, und es ergiebt sich, daß damals die Beerdigung die vornehmere Form der Bestattung gewesen ist. Wenn sich bei Beginn der Ausgrabungen der Kannensberg als höher und stattlicher präsentirte als der Glockenberg, so haben wir diesen Umstand wohl weniger einer prähistorischen Galanterie den Damen des Kannensberges gegenüber zuzuschreiben, als einer intensiveren Beackerung des Glockenberges, wie sich schon aus dem Umstande ergiebt, daß an einer Stelle die Grabkammer über den supponirten Umfangsring hinaus bis in den umgebenden Acker hineinlief. Bei einem Vergleiche mit anderen Gräbern der Bronzezeit haben wir auf drei Momente zu achten: die Beigaben, die Art der Bestattung und die Anlage des Grabhügels. In erster Beziehung stimmt unser Grab mit den

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benachbarten von Peccatel (s. oben bei A) und Slate (s. oben bei C) überein; Aehnlichkeit bieten auch die von Ruchow, Pölitz, Dabel, Schwan. Charakteristisch ist das Vorkommen derselben steinernen Pfeilspitzen. Dieselben sind allerdings in dem der Steinzeit angehörenden Pfahlbau von Wismar gefunden, sonst aber weder in Gräbern der Steinzeit, noch in Gräbern der jüngeren Bronze= oder Eisenzeit; sie gehören demnach nicht überwiegend der Steinzeit, sondern der älteren Bronzezeit an. Dies beweist z. B. auch die Betrachtung der Collection Pfeilspitzen in der prächtigen Rosenbergischen Sammlung, die jetzt eine Zierde des Germanischen Museums ist 1 ). Die Art der Bestattung ist in den angeführten Gräbern die Beerdigung; auch in Pölitz und Slate, wo die Fundberichte über Leichenreste schweigen, ist eine solche nach der Lage der Beigaben und der Analogie nicht ausgeschlossen. Daß die Beerdigung die ältere Form der Bestattung ist, kann keinem Zweifel unterliegen. Sie erscheint als die vornehmere Form in der entwickelten Bronzezeit, verschwindet dann gänzlich und tritt erst am Ende der heidnischen Periode wieder auf. Eigenartig dagegen ist die Weise, wie eine Reihe von Gräbern durch einen Hügel zu einem Massengrabe verbunden sind. Es ist nicht möglich, zu sagen, welches als Hauptgrab zu betrachten sei. Ein System ist in der Anlage nicht zu erkennen, und es will fast scheinen, als seien die ursprünglich völlig isolirten, in einer Reihe neben einander gelegenen Gräber, etwa nach dem Aussterben des Geschlechtes, durch einen alle umfassenden Hügel zu einer Einheit verbunden, wesentlich anders also als in Ruchow, wo das Mittelgrab den Leib des Helden, die Seitengräber Frauen und Kinder enthielten.

3) Die "Sandgrube".

Die meisten auf der Friedrichsruher Feldmark bekannt gewordenen Gräber liegen zwischen dem Kannensberge und dem Glockenberge. Nur eines lag westlich vom ersteren in geringer Entfernung. Es ist von den Dorfbewohnern als Sandgrube benutzt worden und seine ursprüngliche Form daher nicht mehr festzustellen. Die geretteten Fundgegenstände sind aus den Händen der Bauern in unsere Sammlung gekommen. Es sind dies:

1) ein Schwert mit Griffzunge ohne Nietlöcher, etwa 57 cm lang. Es ist in 9 Stücken allmählich gefunden, stark


1) Für die Steinzeit Ostpreußens siehe dagegen: Tischler, Beiträge zur Kenntniß der Steinzeit. Königsberg 1882, S. 6 u. s.
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oxydirt, auch an den Bruchenden; es war also zerbrochen in das Grab hineingelegt.

2) eine Speerspitze mit starkem Mittelrücken und 2 Nieten, 13 cm lang, völlig übereinstimmend mit der Fr.-Fr. VIII, 3 abgebildeten aus dem Kegelgrabe von Brahlstorf.

3) eine Nadel mit plattem Knopf, am oberen Ende mit herumlaufenden Horizontalstrichen verziert, die an 3 Stellen durch Streifen mit Schrägstrichen unterbrochen werden, ähnlich der im Fr.-Fr. XXIV, 13 abgebildeten. Die Spitze ist abgebrochen, ihre Länge noch 17 cm. Sie hat eine helle Patina, und die Oxydation geht nicht tief, unterscheidet sich also dadurch wesentlich vom Schwerte und von der Speerspitze.

4) zwei Spiralringe von rothem Golde aus ungewöhnlich starkem Drahte.

4 - 12) Die übrigen 9 Grabhügel zu Friedrichsruhe.

Wir zählen die übrigen Gräber in der Reihenfolge auf, wie sie sich östlich an den Kannensberg anschließen, wiederholen aber, daß ein System in ihrer Zusammenstellung nicht aufgefunden ist, ein Umstand, der uns nicht Wunder nimmt, wenn wir bedenken, wie viele schon früher zerstört sind, wie manche auch noch jetzt unerkannt unter der Erddecke liegen mögen.

4. Grabhügel.

Dieses Grab lag etwa 200 Schritt vom Kannensberg östlich, der Hügel war abgepflügt, die umfassenden Steine zum Theil ausgebrochen, so daß die Dimensionen nicht mehr zu bestimmen waren. Die Anlage glich der des ersten Grabes des Kannensberges. Auf einem Steinpflaster waren drei Abtheilungen durch größere Steine geschieden; am westlichen und östlichen Ende erhoben sich Steinkegel, während die Mitte Zusammengestürzt war. Zwei Grabkammern waren leer, die mittlere enthielt die Reste einer männlichen Leiche. Es fanden sich:

1) ein prächtiges Schwert, von dem leider die Spitze verloren gegangen ist. Es wird etwa 55 cm lang gewesen sein; die starke Klinge hat einen erhabenen Mittelrücken, der auf beiden Seiten von 4 feinen Parallelstreifen begrenzt wird; die Griffzunge ist schmal und kurz und enthält 3 größere und 2 kleinere Nieten zur Befestigung des Griffes, der, wie erhaltene Reste zeigen, aus Holz und Leder angesetzt war. Die Griffeinfassung ähnelt der des Schwertes aus dem Glockenberge, Grab A, doch laufen die halbmondförmigen Linien nicht zu einem Kreise zusammen. Aehnliche Schwerter

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sind in einem Kegelgrabe zu Braunsberg gefunden (s. Jahrb. XXXI, S. 59) und bei Montelius a. a. O. Fig. 22 abgebildet. Die Scheide bestand aus Holz und Leder, das Ortband ist oval und ziemlich schmal.

2) ein kleines Stück Bronze mit außerordentlich feiner Verzierung von zwei Reihen kleiner, stumpfwinklig gegen einander gestellter Parallelstriche.

3) eine Urne der gewöhnlichen Form mit etwas gebogenem Rande, ohne Verzierung. Durchmesser: oben 13 1/2, unten 5 cm, Höhe: 41 cm, äußere Bauchweite: 41 cm.

4) eine Kugel aus Diorit, wie solche gelegentlich in Kegelgräbern sich finden.

Durch das ganze Grab waren Holzreste zerstreut, die vom Todtenbaume herzurühren scheinen.

In Anlage und Ausstattung reiht sich also dieses Grab denen der beiden größeren Grabhügel an.

5. Grabhügel.

In geringer Entfernung nordöstlich, sich an das vorige anschließend, fanden sich unter einem Hügel drei Gräber aus bedeutenden Steinmassen aufgeschichtet, deren Ausbeute aber eine sehr geringe war.

A.

Das südliche Grab bildete ein Rechteck von 4 und 3 Metern. Eigenthümlich war, daß es in der Mitte fast 1 Meter tief in die Erde hineinging, also dem Grabe D des Glockenberges ähnlich war. Zwischen den Steinen und von ihnen zerdrückt waren 2 Urnen, eine größere mit Asche, Kohlen und Knochensplittern gefüllt, und eine kleinere, leere. Wir werden bei Gelegenheit des zwölften Grabes darauf zurückkommen.

B.

Das mittlere Grab stellte einen Steinkegel auf unregelmäßiger, im Allgemeinen ovaler Grundfläche dar. Der ostwestliche Durchmesser betrug 7, der nordsüdliche 4 m. Zwischen den Steinen stand eine zerdrückte Urne, unter denselben auf dem Urboden scheint eine (weibliche?) Leiche gelegen zu haben. Es fanden sich:

1) der Griff eines Messers, flach, in der Mitte offen, mit gerade abschneidendem, nicht, wie gewöhnlich, rundem Ende (s. Lindenschmit, Alterth. der heidn. Vorzeit II, Fig. 2644, aus Hannover). Die Patina ist schön, hellgrün, z. Th.

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blau, wie oft bei Gegenständen, die sich in unmittelbarer Nähe einer Leiche befunden haben.

2) ein kleiner Rest einer Pincette.

3) eine Urne mit kleinem, scharf ansetzendem Rande, im Osten, also zu Füßen stehend. Durchmesser: oben 17, unten 8 cm; Höhe: 13 cm; größte äußere Bauchweite: 56 1/2 cm.

C.

Das nördliche Grab, oval, etwas kleiner als das mittlere, enthielt nur eine am östlichen Ende stehende, zerdrückte Urne, wohl die einzige Beigabe eines Beerdigten.

6. Grabhügel.

Nördlich vom vorigen lag ein kleinerer Grabhügel mit zwei ovalen Gräbern. Es fanden sich auf dem Urboden in beiden nur Asche und zerbrannte Knochenreste, keine Spur von Bronze, selbst keine Urne. Wir sehen hierin die Bestattung des geringeren Theiles des Volkes. (Vgl. unten Grab 10.)

7. Grabhügel.

Größeres Interesse bietet der nördlich gelegene Hügel. Derselbe enthielt wiederum zwei Grabstätten.

A.

Die südlichere bestand aus einer ca. 1 Meter in die Erde hineingehenden vierseitigen Grube von etwa 2 Metern Länge und 1 Meter Breite. Auf ihrem Boden war ein Steindamm, an den Wänden waren Steine aufgeschichtet, die bis über den Urboden hinaufgingen. Als man das Grab bis zum Urboden freigelegt hatte, erschien dasselbe als ein Steinring von geringer Höhe. Es ist dieses das dritte unterirdische Grab, welches bei Friedrichsruhe aufgedeckt ist. Auf dem Steindamm lagen, von Steinen überdeckt:

1) eine Pfeilspitze von Feuerstein, am westlichen Ende.
2) ein kleiner Rest eines schmalen Fingerringes.
3) eine kleine, leere Urne am östlichen Ende.

Eigenthümlich und alleinstehend ist nur der Umstand, daß man in der Erde, die die mit Steinen ausgelegte Grube füllte, noch unterhalb des Urbodens auf Knochen stieß, die, nach dem kleinen Platze, den sie einnahmen, und ihrer Lage zu einander, einem kauernden Manne angehören. Die Knochen sind theilweise sehr gut erhalten, ganz im Gegensatze zu den

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anderen Leichen der Friedrichsruher Gräber, die ausnahmslos fast gänzlich vergangen sind. Sie sind sehr stark, genügen aber leider nicht zu einer Herstellung des Skelettes. Zwischen diesen Knochen nun lag ein eisernes Messer mit starkem, hohlem, rundem Griff und geradem Rücken. Der größere Theil der Klinge ist verloren, die Form demnach des Genaueren nicht festzustellen; die ursprüngliche Länge wird etwa 16 cm betragen haben. Es könnte nun scheinen, als sei jetzt endlich einmal das Vorkommen von Eisen in einem Grabe der Bronzezeit konstatirt. Bedenkt man aber, 1) daß die Art der Bestattung dieses eisenkundigen Mannes von der der Bronzeleute völlig abweicht, 2) daß derselbe oberhalb des Begräbnisses der letzteren bestattet ist, 3) daß die bedeutend bessere Erhaltung der Gebeine auf eine jüngere Zeit weist: so kann es keinem Zweifel unterliegen, daß der Mann mit dem Eisenmesser nachträglich, vielleicht nach Jahrhunderten, in dem alten Grabhügel aus der Bronzezeit beigesetzt worden ist. Möglicherweise ist dabei das alte Grab ausgeräumt, und so die geringe Ausbeute zu erklären.

B.

Das nördliche Grab bildete ein Oval wie 6., war aber wie dieses völlig leer.

8. Grabhügel.

Dieser Hügel lag in geringer Entfernung nordwestlich vom vorigen. Er bestand aus drei Gräbern, von denen zwei bereits zerstört waren. Das mittlere, erhaltene glich dem ersten des Kannensberges und dem oben unter Nr. 4 beschriebenen in Form und Ausstattung. Es fanden sich:

1) ein starkes Schwert, ganz wie das erste des Kannensberges, in 4 Stücken mit ursprünglichem Bruche, von 49 cm Länge. Die Griffzunge hat einen erhabenen Rand und, wie gewöhnlich, 8 Nietlöcher; 6 Nieten sind erhalten. Die Scheide bestand aus Holz, mit Leder ausgepolstert; sie ist ungewöhnlich gut erhalten, zeigt z. B. noch die Riemen, die zum Zusammenhalten des oberen Theiles dienten. Das Ortband ist klein, 4seitig und enthält noch ein Stück Holz.

2) Stücke einer kleinen Fibel mit Spiralplatten, ebenfalls gleich der des Kannensberges (Grab A).

3) eine Urne, die aber zerbrach.

Theile des Skelettes und des Todtenbaumes sind erhalten.

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9. Grabhügel.

Durch Lage und Dimensionen viel versprechend war ein Grabhügel, der etwas nordöstlich vom 8. lag. Er bildete die Spitze einer langsamen Erhebung des Terrains von Norden her und war daher weithin sichtbar, obgleich er längst abgepflügt war und sich nur wenig über den umgebenden Ackerboden erhob. Der Umfang scheint 70 Schritt betragen zu haben. Am nördlichen Ende waren früher die beim Ackern hinderlichen Steine ausgebrochen und dabei eine steinerne Pfeilspitze gefunden worden. Die Ausgrabung vom 20. bis 23. März 1882 ergab zwei Steinsetzungen mit mehreren Grabkammern.

A.

Das südliche Grab war durch eine nordsüdliche Wand von größeren Steinen in zwei Hälften geschieden. In der westlichen fand sich auf einem Steinpflaster ein Leichnam, das Haupt im Westen. Die Hirnschale ist erhalten. Auf dem Kopfe hatte derselbe Zierrathen aus aufgewickeltem Bronzedraht, welcher auf einer (erhaltenen) Sehne aufgereiht war und in kleine Kegel endete. Auch daneben lagen Theile desselben. Die Vermuthung, daß der oder wahrscheinlicher die Beerdigte ein mit Bronzedraht verziertes Netz, welches unter dem Kinne zusammengebunden wurde, auf dem Kopfe gehabt habe, wird durch die Analogie ähnlicher Funde zur Gewißheit. Schon die griechischen Frauen scheinen ihre χεχρύφαλοι (Kopfhauben) mit Metallstückchen besetzt zu haben; die Athene im Westgiebel des Tempels von Aegina zeigt auf dem Helme Vertiefungen, von denen man annimmt, daß sie mit Bronze gefüllt waren, welche eine Art Haarnetz (s. Brunn, Glyptothek S. 70) darstellte. Klemm, Handbuch der deutschen Alterthumskunde, bildet Tafel II, Fig. 9 und 10 diese Spiralen als Haarschmuck ab und führt S. 61 Beobachtungen aus Gräbern in Norddeutschland und Kurland, wo "viele solche Gewinde an Wollenfäden hingen, gleichsam eine eherne Perücke bildend", der Gegend von Halle und der Krim an und bezeichnet damit einen Weg in das östliche Europa, der, zumal die angeführten Beispiele aus Griechenland hinzukommen, für das Verständniß unserer Bronzekultur nicht ohne Bedeutung ist. In deutschen Museen stoßen wir häufig auf solche Spiralen, die nicht immer richtig erkannt sind. Ich habe mir notirt: in Jena aus einem Grabe bei Allstedt (aus der 4. Periode von Kopfleisch) und einem "Händlerfunde" bei Dornburg,

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in Würzburg, in Innsbruck aus einem Grabe bei Pfatten etc . Auch bei uns ist aufgereihter Bronzedraht mit erhaltenen Fäden in Kegelgräbern gefunden, z. B. in Sparow (Fr.-Fr., Text S. 60), Kremmin (desgl. S. 49), ferner bei Ludwigslust (abgebildet Fr.-Fr., No. 6).

Neben dem Leichnam und zu Füßen, zwischen Steinen eingepackt und von diesen zerbrochen, standen zwei größere Urnen, grobwandig, mit Querstrichen verziert. Ueber dem Leichnam lag eine Schicht Steine, die Enden des Grabes waren mit mauerartig gesetzten Steinen von z. Th. sehr beträchtlicher Höhe eingefaßt.

Die östliche Grabkammer, ebenso angelegt, enthielt ebenfalls einen Leichnam, ohne andere Beigaben als die zweier Urnen zu Füßen und zwischen den Steinen der umfassenden Mauer.

B.

Die nördliche Grabkammer enthielt ebenfalls zwei Abtheilungen, eine westliche und eine östliche. In der westlichen war der Urboden mit dicker Asche, z. Th. rother, wie sie der Torf giebt, Holzkohle und verbrannten Knochenstücken bedeckt. Dazwischen fanden sich 3 steinerne Pfeilspitzen. Wir haben unzweifelhaft einen Brandplatz für mehrere Personen vor uns, die mit ihren Waffen und Schmuckgegenständen hier verbrannt sind. Die Hoffnung, daß wir letztere an einer andern Stelle des Grabes in eine Urne gesammelt finden würden wie beim Kannensberge, hat sich nicht erfüllt. Und doch scheint eine solche Sammlung stattgefunden zu haben. Ueber der Aschenlage war nämlich ein Steinkegel aufgeschichtet, und in diesem fand sich ziemlich an der Spitze ein Armring von Bronze, sehr verbogen, und an einer andern Stelle eine ebenfalls beschädigte Bernsteinperle - Gegenstände, die sich so isolirt nie finden und als verlorene oder verworfene Theile des Gesammtschmuckes aufzufassen sind.

Im östlichen Theile stieß man auf die Reste einer beerdigten Leiche, die auf einem Steinpflaster liegend nach Osten sah. Zu Füßen stand eine zerdrückte Urne, von andern Beigaben fand sich keine Spur. Ueber sie war eine Schicht Dammsteine gehäuft.

10. Grabhügel.

Grab 9 war das nördlichste der zwischen Kannensberg und Glockenberg gelegenen. Kehren wir zu der westöstlichen Linie zurück, so stoßen wir direkt östlich von 7 nahe bis 6

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auf ein Brandgrab, welches dem letzteren glich. Auf einem kreisrunden Steindamme waren vier Kammern durch größere Steine abgetheilt. Es fand sich nur Asche und zerbrannte Knochen, gar keine Beigaben, also ganz wie bei 6. Ueber der Grundfläche waren Steine zu einem nicht hohen Kegel aufgethürmt. Es folgt nach Südosten:

11. Grabhügel.

Die ursprüngliche Höhe und der Umfang waren nicht mehr zu erkennen, da der Hügel völlig abgepflügt war, so daß die Steine sich nur noch wenig aus dem Ackerboden erhoben. Die Grundform der Steinsetzung war ein Oval von 14 (nordsüdlich) und 8 m (westöstlich) Durchmesser. Dieselbe war in drei Kammern geschieden.

A.

Die südliche zeigte keine Spur von Asche, Kohle oder dergl. Am östlichen Ende stand, zwischen Steinen eingepackt, eine mit Asche und zerbrannten Knochen gefüllte große Urne gewöhnlicher Gestalt.

B.

Die mittlere Kammer ergab beim Wegräumen der oberen Steine eine Lanzenspitze, in der noch Holzreste steckten. Sie ist 14 1/2 cm lang, hat einen starken Mittelrücken und ist hellgrün patinirt. Auf Spuren des Leichnams stieß man erst, als die Steinschichten sämmtlich abgeräumt, und man bis zu dem Urboden vorgedrungen war. Es ist dies das zweite Mal (s. oben bei Hügel 5), daß die Bestattung nicht auf einem Steinpflaster vorgenommen ist. Im Urboden fanden sich Reste einer beerdigten Leiche. Daneben:

1) 26 Bernsteinperlen, rund, geschliffen, mit glatten Seiten und scharfen Rändern, das Loch in der Mitte.

2) viele Reste stark vergangener Bronze, darunter erkennbar Reste einer kleinen Fibel, eines Armringes, eines Fingerringes etc ., also weiblichen Schmuckes. Räthselhaft ist, daß mehrere Stücke Spuren von Brand zeigen; einige sind sogar zusammengeschmolzen. Wir haben also die wunderliche Erscheinung, die wir auch oben beim dritten Grabe des Kannensberges voraussetzten, daß einem beerdigten Leichnam ein Theil seines Schmuckes (von Bernstein) unverändert, ein Theil (von Bronze) verbrannt mitgegeben ist.

3) eine leere zerdrückte Urne zwischen den Steinen des Ostendes.

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C.

Die nördliche Kammer war völlig leer.

12. Grabhügel.

Dieses Grab lag von allen erwähnten isolirt, etwa 500 Schritt vom Glockenberge nördlich, und war schon theilweise zerstört. Dasselbe wies abermals eine Brandstelle auf, und zwar eine unterirdische. Ein Rechteck von 4 m Länge, 2 m Breite ging etwa 1 1/2 m in den Urboden hinein. Hier fand sich auf einem Steinpflaster eine Schicht Asche mit Kohle und zerbrannten Knochen, darauf ein zweites Steinpflaster und eine neue Aschenschicht. Am nordwestlichen Ende stand eine größere Urne, mit Knochensplittern, Kohlen und Asche gefüllt. Außerhalb des Grabes fand sich auf dem Urboden ein Steinkegel wie im Kannensberge, der eine größere Urne enthielt, welche mit Knochensplittern und dürftigen Bronzeresten gefüllt war.

Unterirdische Gräber der Bronzezeit sind eine neue Erscheinung. Nur in dem schon mehrmals zum Vergleiche herangezogenen Pölitz (Jahrb. XXXIV, S. 215) fand sich Aehnliches, doch lag hier die Grabstätte unmittelbar unter der Erdoberfläche. Berücksichtigen wir aber die Beobachtung der sog. "Höhlenwohnungen" der Bronzezeit, wie sie bei Schwerin in Zippendorf und am Ostorfer See angestellt sind (Jahrb. XXXI, S. 60 und 63), wo 40-60 cm unter der Erde sich Steinschichten, Urnenscherben und Gegenstände aus Bronze fanden, so liegt die Vermuthung nahe, daß die unterirdischen Grabkammern von Friedrichsruhe Nachbildungen der Wohnstätten sind, daß sich also auch hier die Erscheinung wiederholt, wie sie für die "Ganggräber" der Steinzeit constatirt ist (s. u. a. Nilsson, das Steinalter S. 110 flgd.), wie sie Lisch bei einer Vergleichung der "Höhlenwohnungen" von Dreweskirchen mit dem unterirdischen Steingrabe von Nesow bemerkte (s. Jahrb. XXX, S. 132), und wie wir sie in geschichtlicher Zeit in den Nekropolen der Etrusker und sonst ausgeprägt finden. Das Grab ist das Haus des Todten 1 ). Derselbe fromme Sinn, der ihm zur Fortsetzung des irdischen Lebens seine Waffen, seinen Schmuck, selbst Gefäße mit Speisen unter die Erde mitgiebt, ist es, der ihm zur ferneren Wohnung den gewohnten Raum anweist; oft wird der ärmere Theil der


1) ώ τύμβος ώ χατασχαφής οϊχησις αεí#966;ρουρος, Sophocl. Antigone 891.
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Bevölkerung, der seinen Dahingeschiedenen nicht mit der kostbaren Bronze ausrüsten konnte, ihm wenigstens durch Bestattung in seiner bescheidenen Wohnstelle selbst die Anknüpfung an das bisherige Leben gesichert haben. Das aber nicht nur das ärmere Volk seine Todten so bestattete, wie es nach Grab 5, 8, 12 mit ihren geringen Beigaben scheinen könnte, zeigt das ebenso angelegte vierte Grab des Glockenberges mit seinem Goldfunde. Letzteres mahnt auch, nicht aus der Verschiedenheit der Anlage der Gräber einen Schluß auf die Verschiedenheit der Zeit zu machen, da es mit anderen wie üblich gestalteten unter einem Hügel gefunden wurde.


Es ist noch ein einzelner Fund zu erwähnen. In dem nördlich vom Kannensberge gelegenen Acker stieß ein Bauer auf eine fast würfelartige Steinsetzung aus 6 mittelgroßen Steinen. Im hohlen Raume lag ein glatter, offener Bronzering, der durch seine leichte Patina und Gestalt wesentlich von allen sonst in Friedrichsruhe gefundenen abweicht. Er hat 6 cm Durchmesser und an den Enden kleine Erhöhungen, unterscheidet sich dadurch von den im Norden gewöhnlichen Ringen, die fast sämmtlich glatt abschließen, und schließt sich Formen an, wie sie unten bei dem Reutershofer Funde zur Besprechung kommen. Offenbar gehört er einer jüngeren Zeit an. Welchen Zweck die eigenthümliche Aufbewahrungsart hatte, entzieht sich natürlich jeder Vermuthung.


Bieten demnach die Friedrichsruher Gräber eine reiche Fülle interessanter Grabformen und Grabfunde dar, so muß doch auch darauf aufmerksam gemacht werden, daß dieselben sonderbarer Weise einige Typen gar nicht enthalten, die wir in gleichzeitigen Kegelgräbern anzutreffen pflegen und die für diese Periode der Vorgeschichte charakteristisch sind. Es sind das zunächst die Celte (Sophus Müller, Die nordische Bronzezeit, S. 22), ferner die fein ornamentirten Schmuckdöschen, wie sie hauptsächlich dem östlichen Meklenburg angehören (S. Müller, a. a. O. S. 27). Einen Zufall in diesem Fehlen zu sehen, geht nicht wohl an, wenn wir an die außerordentlich reiche, ja vollständige Ausstattung einiger Gräber denken; und es ist vielleicht vergönnt, auch dieses Fehlen nordischer Formen als negatives Moment mit heranzuziehen, wenn wir in unseren Gräbern eine größere Hinneigung zu südlichen Culturen zu erkennen glauben, als es im Allgemeinen in Meklenburg der Fall ist.

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II. Kegelgrab von Sarmstorf.

Durch freundliche private Mittheilung erhielten wir im Sommer 1881 Kunde von der Zerstörung eines Kegelgrabes in Sarmstorf, 1 1/2 Meilen nordöstlich von Güstrow. Arbeiter hatten im Suchen nach der unseligen goldenen Wiege, die schon so viel Unheil angerichtet hat, das Grab völlig ausgeräumt, und unter Vermittelung des Herrn Erbpächter Kindt in Sarmstorf gelang es nur noch, einige Reste der gefundenen Gegenstände für die Großherzogliche Alterthümersammlung zu retten Es waren dies:

1) ein Diadem von guter, alter Arbeit mit Spiralen, die, wie stets in Meklenburg, durch punktirte Linien verbunden sind (s. Sophus Müller, a. a. O. S. 51). Der Kern der Bronze ist röthlich, die Oberfläche grün oxydirt und z. Th. blasig und zersprungen.

2) zerbrochene Windungen eines Spiralcylinders aus starkem Bronzedraht (Armring), wie wir ihn in Mooren häufig, in Kegelgräbern selten finden. Der Durchmesser beträgt 7 cm.

3) Reste einer einfachen Henkelurne.

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III. Moorfund von Granzin.

(Abbildung: Tafel VI (2), Figur 11.)

An der Chaussee von Parchim nach Sternberg sind in früheren Jahren eine Reihe von Alterthumsfunden gemacht worden. Dicht bei einander lagen die Kegelgräber von Stralendorf, Darze, Wozinkel, Grebbin, Granzin, etwa 2 Meilen von Friedrichsruhe, 1 1/2 von Ruthen, dem Fundorte der bekannten Gießstätte (Jahrb. XXXIX, S. 127), entfernt. Hier stieß im Jahre 1876 ein Arbeiter in einem kleinen Torfstich bei Granzin, etwa 25 cm. unter der Oberfläche, auf zwei große Bronzegefäße, die er im vorigen Jahre Herrn Kupferschmied Kornehl in Parchim verkaufte, der sie unter freundlicher Vermittelung des Herrn Buchhändlers Wehdemann gegen Erstattung des Metallwerthes der Großherzoglichen Sammlung überließ. Sie sind in unseren Sammlungen die ersten Repräsentanten ihrer Art und eine außerordentlich werthvolle Bereicherung. In Gestalt und Größe sind die Gefäße, die wir als Kesseleimer oder Tragkessel bezeichnen wollen, ziemlich übereinstimmend. Die Höhe des einen beträgt 31 cm, die Oeffnung hat 31 cm,

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der Boden 15 cm Durchmesser, der Bauch in der Mitte einen Umfang von 84 cm; der andere ist ein wenig kleiner. Die Eimer sind aus 3 Stücken gehämmerten Bronzebleches so hergestellt, daß 2 Stücke den Bauch bilden, das dritte den Fuß. Die überfassenden Enden der beiden ersteren sind in dem einen Eimer mit 6, im andern mit 4 großköpfigen, runden, außen platten, innen buckelig hervorstehenden Nieten zusammengehämmert, ebenso ist der Fuß mit 10 Nieten angesetzt. Der Boden ist nach innen etwas eingedrückt, ähnlich wie bei unseren Weinflaschen. Oben biegt sich das Gefäß zu einem 2 1/2 cm breiten Rande um, dessen Kante um einen Bronzedraht herumgeschlagen ist. An beiden Seiten ist ein rechteckiger Henkel, aus einer runden Bronzestange gebogen, mit platten Enden, die mit 3 konischen Nieten auf jeder Seite befestigt sind. Die Ornamente, deren Zeichnung auf der Abbildung zu ersehen ist, bestehen aus punktirten Linien, die mit größeren und kleineren Punzen von innen herausgeschlagen sind. Der abgebildete Eimer ist der kleinere, auf dem andern sind die Henkel wie auch die Punzen wesentlich größer, die Zeichnung einfacher.

Unter den Fragen, die zur Bewältigung des für uns wichtigsten aller Probleme prähistorischer Forschung, des Ursprungs der nordischen Bronzezeit, zuerst beantwortet werden müssen, nimmt die: welche nordischen Funde sind sicher als südlichen Ursprungs nachweisbar? die erste Stelle ein. Lindenschmit hat zuerst den südlichen Ursprung einer Reihe von archaischen Bronzegefäßen constatirt (Beilage zum 1. Heft des 3. Bandes seiner "Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit") und ihre Verbreitung von Italien über Hallstadt bis Schleswig nachgewiesen 1 ). In diese Reihe gehören unsere Eimer hinein. Aber auch hier lehrt ein Gang durch unsere Sammlung, wie fremdartig sich ein solches südliches Produkt neben den dominirenden nordischen Formen ausnimmt, und wie wenig Anhaltspunkte ein solcher einzelner Fund für den Nachweis des Eindringens einer fremdartigen Kultur giebt 2 ). Zur Vergleichung mit unseren Eimern sind besonders heranzuziehen diejenigen Gefäße, die ihnen in Arbeit und Ornamentirung gleichen. Es sind das vornehmlich: 1) ein


1) S. darüber auch Genthe, Tauschhandel der Etrusker, S. 23.
2) S. darüber Engelhard, Influence de l'industrie classique sur le nord in den Mémoires de la société des antiquaires du Nord, Copenhague 1875, und Sophus Müller, Die nordische Bronzezeit, S. 123 i. d. Uebers.
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Kesseleimer aus einem Grabe bei Unterglauheim im Augsburger Museum. Derselbe ist, bis auf einzelne Verschiedenheiten in den Ornamenten, den unseren völlig gleich und besonders dadurch interessant, daß er als Aschenurne benutzt wurde und in sich eine köstliche goldene Schale von der Arbeit des berühmten sog. Hutes von Schifferstadt im Münchn. Nationalmuseum barg - 2) ein Kesseleimer aus einem Grabhügel bei Siem in Schleswig (abgeb. bei Lindenschmit a. a. O. Fig. 1). - 3) eine Bronzevase mit Henkeln aus einem Grabhügel bei Rönning in Schleswig (abgeb. ebenda, Fig. 4). - 4) eine Bronzeschale aus Rossin in Pommern (Lindenschmit, Alterthümer etc III, Heft VII, Taf. 3, Fig. 2). - 5) eine Schüssel aus den Gräbern von Hallstadt (Lindenschmit, Alterthümer etc . II, Heft IV, 5, Fig. 4). - 6) ein flaches Becken mit Bronzegehängen im Germanischen Museum in Nürnberg, dessen Fundort leider nicht zu ermitteln war. - Die Ornamente betreffend, so sind dieselben als Vogelköpfe, nicht Drachen, wie man wohl gemeint hat, aufzufassen. Es lehrt dies unter Anderem ein Vergleich mit dem Erzschilde von Halland in Schweden (Lindenschmit, Alterthümer etc . III, Heft VII, Taf. 2, Fig. 3; Montelius, Führer durch das Museum von Stockholm Fig. 26), auf welchem Vögel in ganzer Figur mit gleichen Köpfen dargestellt sind, und die Betrachtung eines etrurischen Gefäßes im Münchener Antiquarium, an dem sich massiv gegossene entenartige Vögel befinden. Bei der großen Seltenheit von Thiergestalten auf Geräthen der Bronzezeit im Norden mag hervorgehoben werden, daß unter den Bronzen von Vietgest (Jahrb. XV, 265; XXII, 296) eine gegossene Vogelfigur sich befindet, die denen des Stockholmer Schildes sehr ähnelt. Je mehr nach Süden, desto häufiger werden diese Vogelgestalten 1 ), bis wir im alten Etrurien auf die Stätten stoßen, die wir zwar nicht als Heimath dieser Ornamente, aber als Ausgangspunkt des Exportes der mit ihnen verzierten Geräthe ansehen müssen. Mustern wir nun unsere Sammlung auf ähnliche Bronzegefäße hin, so sind die aus Grabhügeln stammenden schon oben (S. 273) besprochen worden. Mehr Aehnlichkeit aber bieten einige Moorfunde dar. Es sind das: 1) eine Bronzeschale, mit Reihen von Buckeln verziert, aus heller Bronze, gefunden in Dahmen in einem Moderloch (abgeb. Jahrb. X, S. 283, auch Lindenschmit, Alterthümer Bd. II, Heft 3, Taf. 5, Fig. 2);


1) S. u. a. Kemble, On some remarkable sepulchral objects. London 1856.
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2) drei ganz gleiche von Kl.=Lukow (Jahrb. XIII, 376); 3) sechs ebenfalls gleiche von Basedow (Jahrb. XXXVI, 135). Die drei Fundorte liegen etwa 3/4 Meilen auseinander, die Fundart war bei allen dieselbe. Solche Schalen nun sind von Hallstadt bis nach der Insel Fühnen gefunden 1 ), zeigen also ein ähnliches Verbreitungsgebiet, wie unsere Kesseleimer. Sophus Müller belegt a. a. Q. S. 99 die Beobachtung, daß "die fremden, nicht im Inlande angefertigten Objekte am häufigsten in Mooren oder Gewässern oder unter einem Steine niedergelegt sind, und verhältnißmäßig selten in Gräbern gefunden werden". Diese eigenthümliche Gewohnheit findet auch in Meklenburg (nicht in Schleswig, s. o.) ihre Bestätigung. Alle die aufgezählten, sicher importirten Gefäße sind Moorfunde. - Treten wir nun der Frage näher, in welche Zeit unsere Gefäße gehören, so enthält dieselbe zweierlei: Wann wurden die Gefäße in meklenburger Boden verborgen? und: wann sind sie in Italien fabricirt? Es ist schon oben hervorgehoben, daß eine jede Zeitbestimmung für die nordische Bronzezeit eine relative ist. Daß wir aber ein Recht haben, die Gefäße in der That der Bronzezeit zuzuschreiben, lehrt neben der Art ihrer Bergung die Analogie der angeführten, durch Beifunde zeitlich genauer bestimmten Gefäße. Da keine Beigaben gefunden sind, müssen wir uns damit begnügen. Hegen wir also die Ueberzeugung, daß ein Volk der Bronzekultur diese Eimer benutzt hat, so sind wir andererseits überzeugt, daß sie von einem Volke angefertigt sind, welches bereits im vollen Eisenalter stand. Daß etwa das Jahr 400 v. Chr. Geburt den Zeitpunkt bezeichnet, an dem die norditalisch=etruskische Kultur von den Galliern vernichtet wurde, daß damit auch die sog. Hallstädter Periode endet, kann nach den sorgfältigen Untersuchungen der letzten Jahre als ausgemacht angesehen werden (s. Tischler in den Verhandlungen der Regensburger Anthropologenversammlung 1881, S. 124). Halten wir diese Zeitbestimmung fest, so ergiebt sich etwa das 5. Jahrh. v. Chr. als dasjenige, in dem unsere Kesseleimer in Meklenburg benutzt sind; eine genaue Zeitbestimmung ist selbstverständlich unmöglich, da wir einerseits nur den terminus ante quem für die Fabrication haben,


1) Nachweise bei Genthe, "Tauschhandel der Etrusker", S. 20; Lindenschmit a. a. O., Beilage [Schalen von Mainz und Wiesbaden]; Friedel, Zeitschrift für Ethnologie, Bericht über die Sitzung vom 20. März 1875 [Schalen von Roitzsch bei Torgau und Staaken bei Spandau]; Correspondenzblatt d. deutsch. Anthrop. Ges. 1881 Bl. IV, 4 [Correlettes]; Madsen, Afbildninger etc . XV, 4 [Insel Fühnen].
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andererseits nicht wissen können, wie lange es gedauert hat, bis die Gefäße den Norden erreicht, oder gar, wie lange sie vor ihrer Versenkung gebraucht sind.

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IV. Urnenfeld von Reutershof.

Bei Stavenhagen sind auf einem Acker des Gutes Reutershof Grabstätten gefunden, die durch Steinsetzungen im Boden, in deren Mitte eine oder mehrere Urnen standen, gebildet wurden. Seit 1876 sind 6 Urnen aufgedeckt; den Inhalt von zweien hat Herr cand. phil. B. Schmidt aus Ivenack dem Verein geschenkt. Diese Urnen standen etwa 70 cm tief im Boden auf einem Steinpflaster, sie hatten eine kugelige Gestalt mit ziemlich hohem geradem Halse, bestehen aus geschlemmtem Thon in ziemlich seiner Mischung und haben eine bräunliche Oberfläche. In der größeren lag ein Bronzering von 2 1/2 cm Durchmesser mit dunkelgrüner, nicht tiefgehender Patina, in der größeren ein offener Armring von seltener Form. Derselbe ist oval, hat 8, resp. 5 cm Durchmesser, wird nach den Enden zu dünner und läuft in eine concave Erhöhung aus. Solche Formen, an die la Tène-Periode erinnernd, sind, wie oben (S. 287) erwähnt, bei uns sehr selten (z. B. in Sukow, Alt=Schwerin, Ruthen ähnliche) gefunden; dagegen werden sie häufiger, je weiter man nach Süden geht, und kommen z. B. in Thüringen (zu Diesburg) und am Rhein (mehrere im Museum zu Darmstadt, einer aus Eisenberg i. d. Pfalz) oft vor.

Je schroffer in Meklenburg der Uebergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit zu sein scheint, desto sorgfältigere Beobachtung erheischen Funde, die der Zeit des Uebergangs zuzuschreiben sind. In Pommern sind Urnenfelder mit "Steinkistengräbern" ungleich häufiger als bei uns und enthalten daselbst Bronzegegenstände, meist einfach gearbeitete Ringe, und Eisen (Kasiski, Beschreibung der vaterländischen Alterthümer im Neu=Stettiner Kreise, S. 35). Desgleichen finden sie sich in den durch Virchow's Untersuchungen bekannt gewordenen Lausitzer Urnenfeldern der Provinz Brandenburg (z. B. zu Guben, s. Jentzsch, Verhandl. der Berliner Anthrop. Gesellsch. 1879, S. 388, und zu Sorau, s. Katal. der Berliner Ausstell., S. 117) und Posen häufig, gehören also dem Osten an. Ich zähle im Folgenden die meklenburgischen Grabstätten auf, die mit der Reutershofer zusammengehören. Es fanden sich Begräbnißplätze bei:

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1) Klink, worüber im Folgenden gesprochen werden wird.

2) Sukow (Jahrb. XIII, 367). Unter kleinen über der Erde befindlichen Steinhügeln waren unter dem Urboden Steinkisten von 2/3 m Breite und 2/3-1 3/4 m Länge. Die zahlreichen Urnen waren mit Asche oder Knochen gefüllt, nur letztere enthielten Alterthümer, und zwar viele oben krumm gebogene Nadeln, Pincetten, Sicheln, Messerklingen und Armringe, von denen der eine nach innen hohl, an den Enden dem Reutershofer völlig gleich war.

3) Karstädt (Jahrb. XXVI, 136). Beim Steinbrechen wurden im Acker sehr viele Urnen gefunden, von denen nur 3 Alterthümer enthielten, und zwar ein einfaches Messer und zwei Ringe, einer mit einer Oese, der andere gleich dem Reutershofer.

4) Dobbin (Jahrb. XI, 377). Auf, zum Theil in der Erdoberfläche standen, von Steinringen umgeben, Steinkisten mit Urnen, in denen "Scheermesser", Stangen mit heller Patina, Pfriemen, Sägen, Doppelknöpfe und Ringe lagen.

5) Rambow (Jahrb. VII, 25), ganz wie bei Dobbin, nur sind die Funde spärlicher.

Charakteristisch für diese der jüngeren Bronzezeit angehörenden Begräbnißplätze ist demnach: es sind Urnenfelder, in denen die Urnen in geringer Tiefe im Boden stehen, oft in Steinkisten und von Steinkreisen umgeben. Ihre Stelle ist gewöhnlich durch einen Steinkegel über dem Boden gekennzeichnet. Die Urnen erscheinen stets in großer Masse und sind mit Asche oder Knochen gefüllt. Neben letzteren finden sich, im Verhältniß zu der Anzahl der Urnen nicht häufig, Alterthümer von Bronze, und zwar Gegenstände des häuslichen Gebrauchs oder der Toilette. Diese sind meist schwach patinirt und zeigen, soweit sie gegossen sind, einen rothen Kern. Diese Form des Begräbnisses schließt sich unmittelbar an die der älteren 1 ) Bronzezeit an, wie das der Umstand beweist, daß auf dem an Kegelgräbern reichen Felde von Retzow (s. Jahrb. IX, 381; X, 278, und besonders XI, 384) neben Kegelgräbern der älteren Zeit eine zweite Gruppe kleinerer mit Steinkisten gefunden wurde, welche die oben angeführten Beigaben enthielten 2 ). Aehnlich verhält es sich mit


1) Ich möchte fast sagen: der reinen Bronzezeit. Denn ich meine, daß wohl auch in Meklenburg der Gebrauch des Eisens in dieser Periode der Urnenfelder mit Steinkistengräbern begonnen hat.
2) Kasiski a. a. O. neigt dazu, für sein Gebiet eine Entstehung der Steinkistengräber aus den freistehenden Steinkammern der Steinzeit anzunehmen.
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Alt=Schwerin (Jahrb. XVII, S. 367). In Liepen (Jahrb. X, S. 294; XI, 395), Lelkendorf (Jahrb. II, S. 43) und Gallentin (Jahrb. II, S. 35) sind kleine Erdhügel geöffnet, die, im Allgemeinen den Kegelgräbern ähnelnd, Sachen der jüngeren Bronzezeit enthielten. Nach der andern Seite führt uns das Reutershofer Grab in die Eisenzeit hinüber, indem bei Dalmien (s. Fr.-Fr., Text S. 100) zwei Ringe gefunden wurden, von denen der eine dem oben beschriebenen genau gleicht, der andere ähnelt.

Die jüngere Bronzezeit bezeichnet bei uns eine Zeit der Erschlaffung und des Rückgangs. Die alten, edlen Formen verschwinden, und es treten einfachere, nüchterne an ihre Stelle. Die Grabformen verlieren ihre Würde, und die reiche Mannigfaltigkeit, die dem individuellen Geschmack vollen Spielraum ließ, wie wir sie oben bei den Friedrichsruher Gräbern bemerkten, macht der ärmlichen Gleichmäßigkeit und dürftigen Ausstattung der Urnenfelder Platz. Daß es nicht möglich ist, in den Urnenfeldern die Begräbnisse des ärmeren Theiles jenes Volkes zu sehen, welches seine Fürsten und Helden in weithin sichtbaren Hügeln barg, ergiebt der Umstand, daß die Beigaben nicht nur durch ihren Stil, sondern auch durch ihre Technik und Erhaltung eine andere, jüngere Zeit verrathen. Es wird natürlich dunkel bleiben, was für Umstände jenem alten Heroengeschlechte auf unserem Boden ein Ende bereitet haben. Ein kulturgeschichtlicher Widerspruch aber liegt jedenfalls nicht in der Annahme, daß auf eine auch technisch hochentwickelte Kultur ein Niedergang auch in dem industriellen Geschick und Geschmack gefolgt ist. Wessen Phantasie eine Stütze braucht, der möge sich etwa denken, daß einerseits das alte Heldengeschlecht, von den Wogen einer Völkerbewegung ergriffen, seine bisherigen Wohnsitze verließ, andererseits die allmählich hereindringende Eisenkultur dem zurückbleibenden Volke seine Lust und Liebe an der Bronzetechnik ebenso nahm, wie wir heute im Osten und Süden Asiens den denkwürdigen Proceß sich vollziehen sehen, daß nicht nur beginnende, viel versprechende Kulturbestrebungen halbwilder Völker, sondern auch uralte reiche Kulturen von der übermächtigen europäischen erdrückt und in einen Zustand der Verkümmerung gebracht werden, der ihr dereinstiges Ende kennzeichnet.

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V. Urnenfeld von Klink.

Herr Gutsbesitzer Kähler auf Klink bei Waren übersandte der Sammlung zwei Urnen mit Inhalt, die er auf

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seinem Gute ausgegraben hatte. Es waren die einzigen erhaltenen von etwa 100 aufgenommenen. Die Urnen fanden sich in einer Tiefe von etwa 50 cm. Rund um dieselben war ein Ring von größeren Feldsteinen, und sie waren mit einer Sandsteinplatte bedeckt. Jede Urne hatte einen überstehenden Deckel. Der Inhalt bestand aus zerbrannten Knochen; Beigaben wurden wenig gefunden. Diese Urnen gehören unzweifelhaft demselben Urnenfelde an, von welchem schon früher (s. Jahrb. III B., S. 66, und XIII, S. 374) Funde in unsere Sammlungen gekommen sind. Es bestanden letztere aus Urnen von der bekannten Form der Gefäße aus den Kegelgräbern, in denen knieförmig gebogene Nadeln, "Scheermesser" und kleine Pincetten lagen, wie sie anderwärts, z. B. in Franken, mit Eisen zusammengefunden werden und bei uns die jüngere Bronzezeit charakterisiren. Dazu kommen nun:

1) eine Urne mit abgerundetem Bauchrande von der für die Bronzezeit eigenthümlichen Form; doch unterscheidet sie sich von den im Fr.-Fr., Tafel V, und im Jahrb. XI, S. 356 flgd., abgebildeten durch einen geraderen Hals und entsprechend größere obere Weite, so daß sie darin den Urnen der Eisenzeit näher kommt. Die Maße betragen: obere Weite 23 cm im Durchmesser, untere 10 cm, größte Bauchweite (in 2/3 Höhe): 78 cm, Höhe: 18 cm.

2) eine Urne von ähnlicher Gestalt mit scharf ansetzendem Halse von 5 1/2 cm Höhe. Maße: obere Weite: 18 cm im Durchmesser, untere: 11 cm, größte Bauchweite (1/2 Höhe): 68 cm, Höhe: 19 cm.

Beide Urnen sind stark gebrannt, schwarz am Bauch und braun an der Oberfläche. Die Mischung ist ziemlich fein, aber noch mit Granitgrus und Sand vermengt.

3) und 4) zwei zarte Nadeln von 9, resp. 6 1/2 cm Länge mit fein profilirtem Kopfe.

5) ein Stück von einem Armringe mit tief gehender Patina.

6) ein kleines Stück Bronzeblech mit zwei Löchern, welches wohl als Beschlag gedient hat.

Es reiht sich demnach das Urnenfeld von Klink den eben aufgezählten Begräbnißstätten der jüngeren Bronzezeit an; besonders mag hier auf die Aehnlichkeit mit den niedrigen Kegelgräbern von Gallentin hingewiesen werden (s. Jahrb. II B., S. 35), wo sich dieselbe gekrümmte und dieselbe zart profilirte Nadel fand, wie in Klink.


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B. Eisenzeit

I. Urnenfeld von Raduhn.

Auf der Feldmark von Raduhn, etwa 3/4 Stunden westlich von Friedrichsruhe, ist ein Urnenfeld gefunden und durch Herrn Wildhagen bekannt geworden, welches auf ebenem, sandigem Boden lag. Die Grabstätten waren durch kein äußerliches Merkmal erkennbar. Dagegen war den Bauern aufgefallen, daß auf einigen Stellen das Korn "verschien", d. h. keine Aehren ansetzte; war man dann in den Boden hineingegangen, so war man auf ein Steinpflaster gestoßen, unter dem Urnen standen. Am 5. October 1881 habe ich mit Herrn Wildhagen das Feld untersucht und 9 Gräber ausgenommen. Dieselben lagen in zwei Reihen neben einander, je 3 m von einander entfernt; einige weiter östlich gelegene sind früher zerstört, andere nach Westen liegende sind noch nicht untersucht worden. Gemeinsam war allen Gräbern, daß sich in der Tiefe von etwa 30 cm ein Steinring zeigte, in dessen Mitte, meist zwischen Steinen verpackt, eine Urne stand, gewöhnlich von den Steinen zerdrückt und durch Pflanzenwurzeln zerstört.

1. Grab.

Der Steinring war leer, eine Urne wurde nicht gefunden.

2. und 3. Grab.

In beiden standen (zerdrückte) Urnen aus sehr feiner Mischung von glänzend schwarzer Oberfläche, wie sie für die erste Eisenzeit (Cammin, Wotenitz) charakteristisch ist. In ihnen war Asche und Knochen.

4. Grab.

Neben einander standen innerhalb des Steinkreises, in Steinen verpackt, zwei Urnen, eine größere rothe von gröberer Mischung und eine kleinere schwarze, sein gearbeitete, mit dünnem Fuße, weiter Oeffnung und schmalem Halse. In beiden war nur Asche und Knochen.

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5. Grab.

Sorgsamer als die übrigen verpackt, aber ebenfalls in Stücken und nur mit Asche und Knochen gefüllt, stand eine schöne schwarze Urne von 14 cm oberer, 8 cm unterer Weite und 88 cm Umfang.

6. Grab.

Dieses war ganz leer, wie das benachbarte 1.

7. Grab.

Dieses gab die reichste Ausbeute. Es fand sich unter dem Steinpflaster:

1) eine starke, rothgebrannte, unverzierte Urne mit Henkeln, von denen der eine abgebrochen ist. Ihre Mischung ist gröber als die der schwarzen Urnen und enthält Granitgrus. Sie ist stark ausgebaucht und hat einen scharf ansetzenden, nach außen gebogenen Rand; ist also ähnlich der im Frid.-Franc. XXXIV, Fig. 1, abgebildeten aus einem sog. "Wendenkirchhofe" 1 ). Die Oeffnung ist schmäler als sonst bei Urnen der Eisenzeit (s. Lisch, Charakteristik dieser Urnen, Jahrb. XII, S. 428 flgd). Obere Weite: 14 1/2 cm, untere: 10 cm im Durchmesser, Bauchweite (2/3 Höhe): 85 cm, Höhe: 22 cm.

In dieser Urne lagen auf Knochen und Asche drei größere und ein kleinerer Ring von Eisen, die größeren von 4 cm Durchmesser, die Oeffnung 1 cm stark.

2) eine kleinere, feiner gearbeitete, glänzend schwarze Urne von gleicher Grundform, verziert mit parallelen Schräglinien in Zickzackform, wie die Urnen aus den "Wendenkirchhöfen" von Pritzier (s. Jahrb. XII, S. 429) und Pogreß (Jahrb. XLI, S. 167) und dem Pfahlbau von Vimfow (Jahrb. XXXII, S. 312). Auch in Sparow sind vorzügliche Repräsentanten dieser Gattung gefunden, leider ungewiß, aus was für Gräbern (s. Frid.-Franc. Text S. 58). In dieser Urne lagen:

a. ein Geräth, welches in seiner Form an die Fibeln der Eisenzeit erinnert (s. unsere Taf. VI (2), Fig. 12), bestehend aus einer bronzenen Stange mit napfförmigen Erhöhungen an beiden Seiten, an die sich ein bronzener, gewölbter Bügel


1) Nach dem bisherigen Sprachgebrauche müßte man auch das Raduhner Urnenfeld als "Wendenkirchhof" bezeichnen. Verfasser mag aber eine Grabstätte nicht "Wendenkirchhof" nennen, die nach dem Stande der heutigen Forschung kein Mensch mehr ernsthaft für wendisch hält.
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in der Mitte ansetzt. Dieser Bügel hat an seinem Ende zwei Löcher (in der Zeichnung, die nach einem andern Exemplar genommen ist, nicht sichtbar) und am Ausgang der Wölbung wiederum eine napfartige Erhöhung. Von dieser aus geht ein spiralig gewickelter Bronzedraht zu den Enden der Stange, welche er ebenfalls umwickelt. In der Mitte der Stange ist durch eine Oese am Bügelkopfe eine eiserne Nadel befestigt, die zum Bügelfuße hinläuft, ganz wie die Fibelnadeln. Leider ist in Folge der starken Verrostung die Art der Befestigung nicht mehr zu erkennen. Man hat früher diese Geräthe, die bei uns nicht gerade selten sind, unbedenklich als Fibeln bezeichnet (s. Jahrb. XVIII, S. 262; XX, S. 294 über die Funde von Turloff und Neuburg). Man muß aber gestehen, daß der querlaufende Bronzedraht einen Gebrauch als Fibel sehr erschweren würde und auch die Fortsetzung des Bügels mit ihrer Durchlöcherung für eine Fibel keinen Sinn hat. Dazu kommt, daß sich ähnliche Formen finden, die entschieden keine Fibeln, sondern Beschläge darstellen, nämlich in den Kegelgräbern von Groß=Methling (s. Jahrb. XXIV, 270), wo das betreffende Geräth massiv gegossen und ohne jede Nadel ist. Aehnliche Beschläge sah ich in den Museen zu Stralsund (aus Möllin bei Bergen und Sämtens) und, ein Mittelding zwischen der Form von Raduhn und der von Groß=Methling, zu Berlin aus Jerichow und in Nürnberg aus Pommern (Rosenbergische Sammlung). Allerdings kommt auch die Verzierung von Fibeln mit Näpfchen in südlicheren Funden nicht selten vor 1 ).

b. ein zerbrochener starker Halsring aus Bronze mit starken Riefeln und einer kolbenartigen Ausladung an den Enden. Die Form ist fremdartig, sie kommt in süddeutschen Reihengräbern (Reinheim und Umstadt im Darmstädter, Islingen im Stuttgarter Museum) vor.

c. 16 Enden dünnen Bronzedrahtes, der als Armring gedient haben mag.

d. 2 starke eiserne Schnallenringe von 3 cm Durchmesser.

e. Reste eines eisernen Gürtelhakens mit bronzenen Nieten.

f. einige unbestimmbare Eisenstücke.


1) Siehe jetzt bes. Undset, Das erste Auftreten des Eisens in Nordeuropa, übers. von J. Mestorf, Hamburg 1882, XXV, 10. Leider habe ich das treffliche, grundlegende Werk nicht mehr benutzen können.
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8. Grab.

Die Anlage war dieselbe; in der schwarzen und zerbrochenen Urne waren die Knochen stark mit Eisenoxyd gefärbt. Erhalten war:

1) ein Geräth, wie das oben unter 7 a. beschriebene;

2) ein eiserner Gürtelhaken;

3) ein Stück Eisen mit einem Knopf von Bronze, möglicherweise noch zum Gürtel gehörig;

4) ein eiserner Ring von 2 cm Durchmesser.

9. Grab.

Abweichend von den übrigen. Es fand sich kein Steinkranz, sondern ein Steinpflaster von 2 m Durchmesser. Zwischen den Steinen lagen Scherben einer grobwandigen, rothen Urne, die zerbrochen hineingelegt, resp. durch Hineinwerfen zertrümmert zu sein scheint. Unter dem Steinpflaster, durch aufgeschichtete Steine, auch einen flachen Deckstein sorgsam geschützt, stand die feinere schwarze Urne, leider durch eine Wurzel zertrümmert. Sie war mit Asche und Knochen vollgepackt, und obenauf lag wieder dasselbe fragwürdige Geräth (es ist dies das Taf. VI (2), Fig. 12 abgebildete), ferner ein eiserner Ring und ein kleines Stück Bronzeblech.


Schon früher waren auf dem Acker von den Bauern Urnen freigelegt, deren eine durch Herrn Wildhagen's Bemühung gerettet ist. Es ist eine starke, rothe Urne, von derselben gröberen Arbeit und Form, wie die oben bei Grab 7 beschriebene. Dieselbe enthielt:

1) zwei der oben besprochenen "Fibeln", aber von kleineren Dimensionen und dadurch interessant, daß die Befestigung des Bügels an der Axe deutlich erkennbar ist. Der Bügel nämlich, aus dünnem Blech bestehend, legt sich um die Axe herum, so daß dieselbe beweglich bleibt.

2) den Rest eines eisernen Ringes.

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II. Urnenfeld von Friedrichsruhe.

Südöstlich von den Kegelgräbern von Friedrichsruhe, nicht weit von dem "Glockenberge", ist durch Herrn Wild=

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hagen und den Verfasser ein Urnenfeld von ähnlicher Beschaffenheit wie das Raduhner aufgedeckt worden. Ein System in der Anordnung der Gräber war nicht zu entdecken. Ihre Gestalt ist folgende: Fast unmittelbar unter der Oberfläche befand sich ein Steindamm von 3-6 m Durchmesser. Die Urnen standen unter diesem Pflaster, meist durch spitze Steine markirt und oft in Steinplatten eingepackt. Die Ausbeute war aber eine außerordentlich geringe. Oft fanden sich gar keine Urnen, sondern Asche und Knochenreste unter den Steinen, also sogenannte Brandgräber, die sich von den sonst bekannten (Bornholm, Neu=Stettin etc ., s. Kasiski a. a. O. S. 36) durch ihre geringe Tiefe und den Mangel an Beigaben unterscheiden. Die Urnen selbst waren sämmtlich zerbrochen, z. Th. schon, wie die zerstreuten Scherben zeigen, zerbrochen hineingelegt. Ihre Form war daher nicht mehr mit Sicherheit zu erkennen, ihre Arbeit war eine eigenthümliche, sie waren nämlich hart gebrannt und hatten eine graue, z. Th. grauschwarze Oberfläche. Sie enthielten Asche und Knochen, wenige Alterthümer. Dieselben lagen meist allein auf der Asche und den Knochen der Urnen. Wir zählen sie einzeln auf:

1) eine Nadel von Bronze, oben erst gekrümmt, dann zu runder Oese umgebogen,

2) ein Gürtelhaken von Eisen mit Loch am Ende.

3) ein eiserner Gürtelhaken mit umgebogenem Ende.

4) und 5) zwei Gürtelhaken, mit anderen Eisentheilen zusammengeschmolzen und =gerostet, verziert mit Bronzebuckeln.

6) ein eiserner Beschlagring von ungewöhnlicher Form (s. uns. Taf. VI (2), Fig. 13).

7) und 8) zwei Nadeln mit einer kleinen Bronzescheibe oben.

9) ein kleiner, oben krummer Eisenstab.

10) zusammengerostete Eisentheile, an denen zwei Näpfchen derselben Art, wie sie die Raduhner "Fibeln" haben, sitzen. Erkennbar sind zwei eiserne Nadeln.

11) desgl.; erkennbar wiederum zwei Näpfchen, die hier offenbar an einer eisernen Nadel sitzen, und ein eiserner Ring.

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Auf eine zeitliche Bestimmung dieses Urnenfeldes muß ich verzichten, möchte aber bemerken, daß die Verzierung von Gürtelhaken mit Bronzebuckeln charakteristisch für die römische und sich daranschließende süd= und westdeutsche Kultur ist und sich z. B. in den Museen zu Mainz, Stuttgart, Augsburg, München, Regensburg außerordentlich zahlreiche und ausgezeichnete Exemplare der erwähnten Art finden (Lindenschmit, Alterthümer etc . I, IV, 8; II, VI, 6 etc ). Ich neige dazu, das Friedrichsruher Urnenfeld ziemlich tief in die christliche Zeitrechnung hinunterzuschieben.


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C. Einzeln gefundene Gegenstände.

1) Axt von Hagenow.

Bei Hagenow wurde auf dem Acker eine keilförmige Axt aus Aphanit gefunden und von Herrn Ingenieur Schäfer der Großherzoglichen Sammlung geschenkt. Dieselbe ist für uns ein Unicum, und ich habe auch in den einschlägigen Werken keine Abbildung oder Erwähnung einer ähnlichen gefunden. Sie ist flach, fast von ovaler Form, an allen Seiten gerundet, 13 1/2 cm lang, 10 cm breit, und hat an beiden Seiten 3 cm vom Bahnende tiefe Einschnitte zur Befestigung mit einem Riemen oder einer Schnur, die deutliche Eindrücke im Gestein hinterlassen hat. Die Spitze ist stark verletzt. Das Gestein ist, nach freundlicher Mittheilung des Herrn Dr. Planeth, in Meklenburg selten, aber doch vorkommend, so daß das Material zu der sonst naheliegenden Annahme eines Importes nicht zwingt.

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2) Streitaxt von Neumühl.

Von einem Arbeitsmanne aus Neumühl beim Ackern im Felde gefunden und für die Großherzogliche Sammlung erworben wurde eine vortrefflich erhaltene Streitaxt aus Diabas von der Grundform Frid -Franc. I, 4 (Lindenschmit, Alterth. uns. heidn. Vorz. I, 1, 14 und 17), mit gerade auslaufendem Bahnende, Ausbauchung am Schaftloch, leichter Aushöhlung des unteren Theiles und Biegung nach unten. Die untere Seite ist mit zwei flüchtig eingeritzten Parallelstrichen verziert, das Schaftloch sehr glatt gebohrt, wohl mit einem Metallbohrer, so daß die Axt der Bronzezeit angehören würde.

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3 und 4) Dolch und Lanzenspitze von Hinrichshagen.

Zu Hinrichshagen bei Waren werden gefunden und von Herrn Förster Dohse in Wredenhagen der Großherzoglichen Sammlung geschenkt:

1) ein Dolch aus bräunlichem Feuerstein, 19 1/2 cm lang, von vorzüglicher Arbeit; der Griff ist rautenförmig mit gekröselten Kanten. (Abbildung: Frid.-Franc. II, Fig. 1; Lindenschmit, Alterth. uns. heidn. Vorz. I, Fig. 1774 und 1782.)

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2) eine muschelig geschlagene Lanzenspitze mit gekröselten Enden aus bräunlichem Feuerstein von 18 1/2 cm Länge. (Abbildung: Frid.-Franc. XXX, Fig. 6)

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5) Schwert von Gnoyen.

Im moorigen Boden östlich von der Stadt Gnoyen stieß ein Arbeitsmann bei Drainagearbeiten auf ein 1/3 m tief liegendes Bronzeschwert von vortrefflicher Erhaltung. Dasselbe ist durch gütige Vermittelung des Herrn Bürgermeisters Freiherrn v. Hammerstein für die Großherzogliche Sammlung erworben. Es ist 66 ein lang, wovon 6 cm auf die Griffstange gehen. An Gestalt ist es außerordentlich schlank und unterscheidet sich dadurch von dem gewöhnlichen Typus der Bronzeschwerter, auch läuft um den Griffansatz herum ein elliptisches Band, sog. Grifffessel. Der starke Mittelrücken wird von zwei zarten, unten glatten, in der Mitte gezahnten, oben geperlten, erhabenen Linien begleitet. An der Griffstange sitzt noch eine schwarze Masse, wohl Kitt zur Befestigung des (hölzernen) Griffes.

In der Vereinssammlung befinden sich eine Lanzenspitze und ein Armring aus einem Moore bei Gnoyen, die von gleicher Erhaltung sind (s. Jahrb. X, 289) und möglicher Weise mit unserem Schwerte zu einem Funde zusammengehören. Schwerter und Armringe bilden einen Hauptbestandtheil der Funde aus schweizer Pfahlbauten.

Unsere Sammlung besitzt drei ähnliche Schwerter, eines aus einem Kegelgrabe von Reckenzin in der Mark (abgebildet Frid.-Franc. XV, Fig. 1), eines aus einem Moore bei Brüel (Jahrb. XIV, S. 319), wo die Grifffessel verloren gegangen ist, und ein dem unsern fast völlig gleichendes aus einem Moore von Neuhof bei Zehna (Jahrb. XL, S. 153). Umgekehrt haben wir Grifffesseln ohne das dazu gehörige Schwert aus Leisten und Ludwigslust. Stücke eines gleichen enthält der bekannte "Gießerfund" von Ruthen. - Nach Sophus Müller stellt dieses Schwert einen jüngeren Typus dar, der auf einer Nachbildung (oder Import) südlicher Formen beruht; es stimmt damit, daß derselbe überwiegend in Mooren gefunden wird. Im Norden ist dieser Typus selten (ein Exemplar enthält die Rosenbergische Sammlung), erst in den dänischen Moorfunden der Eisenzeit tritt er häufiger auf, und sodann gehören ihm im Süden die Schwerter der allerdings bedeutend jüngeren Reihengräber an, wo sich die allmähliche Entwickelung der mit besonderer Vorliebe behandelten Grifffessel zur Parirstange verfolgen läßt.