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B. Eisenzeit

I. Urnenfeld von Raduhn.

Auf der Feldmark von Raduhn, etwa 3/4 Stunden westlich von Friedrichsruhe, ist ein Urnenfeld gefunden und durch Herrn Wildhagen bekannt geworden, welches auf ebenem, sandigem Boden lag. Die Grabstätten waren durch kein äußerliches Merkmal erkennbar. Dagegen war den Bauern aufgefallen, daß auf einigen Stellen das Korn "verschien", d. h. keine Aehren ansetzte; war man dann in den Boden hineingegangen, so war man auf ein Steinpflaster gestoßen, unter dem Urnen standen. Am 5. October 1881 habe ich mit Herrn Wildhagen das Feld untersucht und 9 Gräber ausgenommen. Dieselben lagen in zwei Reihen neben einander, je 3 m von einander entfernt; einige weiter östlich gelegene sind früher zerstört, andere nach Westen liegende sind noch nicht untersucht worden. Gemeinsam war allen Gräbern, daß sich in der Tiefe von etwa 30 cm ein Steinring zeigte, in dessen Mitte, meist zwischen Steinen verpackt, eine Urne stand, gewöhnlich von den Steinen zerdrückt und durch Pflanzenwurzeln zerstört.

1. Grab.

Der Steinring war leer, eine Urne wurde nicht gefunden.

2. und 3. Grab.

In beiden standen (zerdrückte) Urnen aus sehr feiner Mischung von glänzend schwarzer Oberfläche, wie sie für die erste Eisenzeit (Cammin, Wotenitz) charakteristisch ist. In ihnen war Asche und Knochen.

4. Grab.

Neben einander standen innerhalb des Steinkreises, in Steinen verpackt, zwei Urnen, eine größere rothe von gröberer Mischung und eine kleinere schwarze, sein gearbeitete, mit dünnem Fuße, weiter Oeffnung und schmalem Halse. In beiden war nur Asche und Knochen.

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5. Grab.

Sorgsamer als die übrigen verpackt, aber ebenfalls in Stücken und nur mit Asche und Knochen gefüllt, stand eine schöne schwarze Urne von 14 cm oberer, 8 cm unterer Weite und 88 cm Umfang.

6. Grab.

Dieses war ganz leer, wie das benachbarte 1.

7. Grab.

Dieses gab die reichste Ausbeute. Es fand sich unter dem Steinpflaster:

1) eine starke, rothgebrannte, unverzierte Urne mit Henkeln, von denen der eine abgebrochen ist. Ihre Mischung ist gröber als die der schwarzen Urnen und enthält Granitgrus. Sie ist stark ausgebaucht und hat einen scharf ansetzenden, nach außen gebogenen Rand; ist also ähnlich der im Frid.-Franc. XXXIV, Fig. 1, abgebildeten aus einem sog. "Wendenkirchhofe" 1 ). Die Oeffnung ist schmäler als sonst bei Urnen der Eisenzeit (s. Lisch, Charakteristik dieser Urnen, Jahrb. XII, S. 428 flgd). Obere Weite: 14 1/2 cm, untere: 10 cm im Durchmesser, Bauchweite (2/3 Höhe): 85 cm, Höhe: 22 cm.

In dieser Urne lagen auf Knochen und Asche drei größere und ein kleinerer Ring von Eisen, die größeren von 4 cm Durchmesser, die Oeffnung 1 cm stark.

2) eine kleinere, feiner gearbeitete, glänzend schwarze Urne von gleicher Grundform, verziert mit parallelen Schräglinien in Zickzackform, wie die Urnen aus den "Wendenkirchhöfen" von Pritzier (s. Jahrb. XII, S. 429) und Pogreß (Jahrb. XLI, S. 167) und dem Pfahlbau von Vimfow (Jahrb. XXXII, S. 312). Auch in Sparow sind vorzügliche Repräsentanten dieser Gattung gefunden, leider ungewiß, aus was für Gräbern (s. Frid.-Franc. Text S. 58). In dieser Urne lagen:

a. ein Geräth, welches in seiner Form an die Fibeln der Eisenzeit erinnert (s. unsere Taf. VI (2), Fig. 12), bestehend aus einer bronzenen Stange mit napfförmigen Erhöhungen an beiden Seiten, an die sich ein bronzener, gewölbter Bügel


1) Nach dem bisherigen Sprachgebrauche müßte man auch das Raduhner Urnenfeld als "Wendenkirchhof" bezeichnen. Verfasser mag aber eine Grabstätte nicht "Wendenkirchhof" nennen, die nach dem Stande der heutigen Forschung kein Mensch mehr ernsthaft für wendisch hält.
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in der Mitte ansetzt. Dieser Bügel hat an seinem Ende zwei Löcher (in der Zeichnung, die nach einem andern Exemplar genommen ist, nicht sichtbar) und am Ausgang der Wölbung wiederum eine napfartige Erhöhung. Von dieser aus geht ein spiralig gewickelter Bronzedraht zu den Enden der Stange, welche er ebenfalls umwickelt. In der Mitte der Stange ist durch eine Oese am Bügelkopfe eine eiserne Nadel befestigt, die zum Bügelfuße hinläuft, ganz wie die Fibelnadeln. Leider ist in Folge der starken Verrostung die Art der Befestigung nicht mehr zu erkennen. Man hat früher diese Geräthe, die bei uns nicht gerade selten sind, unbedenklich als Fibeln bezeichnet (s. Jahrb. XVIII, S. 262; XX, S. 294 über die Funde von Turloff und Neuburg). Man muß aber gestehen, daß der querlaufende Bronzedraht einen Gebrauch als Fibel sehr erschweren würde und auch die Fortsetzung des Bügels mit ihrer Durchlöcherung für eine Fibel keinen Sinn hat. Dazu kommt, daß sich ähnliche Formen finden, die entschieden keine Fibeln, sondern Beschläge darstellen, nämlich in den Kegelgräbern von Groß=Methling (s. Jahrb. XXIV, 270), wo das betreffende Geräth massiv gegossen und ohne jede Nadel ist. Aehnliche Beschläge sah ich in den Museen zu Stralsund (aus Möllin bei Bergen und Sämtens) und, ein Mittelding zwischen der Form von Raduhn und der von Groß=Methling, zu Berlin aus Jerichow und in Nürnberg aus Pommern (Rosenbergische Sammlung). Allerdings kommt auch die Verzierung von Fibeln mit Näpfchen in südlicheren Funden nicht selten vor 1 ).

b. ein zerbrochener starker Halsring aus Bronze mit starken Riefeln und einer kolbenartigen Ausladung an den Enden. Die Form ist fremdartig, sie kommt in süddeutschen Reihengräbern (Reinheim und Umstadt im Darmstädter, Islingen im Stuttgarter Museum) vor.

c. 16 Enden dünnen Bronzedrahtes, der als Armring gedient haben mag.

d. 2 starke eiserne Schnallenringe von 3 cm Durchmesser.

e. Reste eines eisernen Gürtelhakens mit bronzenen Nieten.

f. einige unbestimmbare Eisenstücke.


1) Siehe jetzt bes. Undset, Das erste Auftreten des Eisens in Nordeuropa, übers. von J. Mestorf, Hamburg 1882, XXV, 10. Leider habe ich das treffliche, grundlegende Werk nicht mehr benutzen können.
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8. Grab.

Die Anlage war dieselbe; in der schwarzen und zerbrochenen Urne waren die Knochen stark mit Eisenoxyd gefärbt. Erhalten war:

1) ein Geräth, wie das oben unter 7 a. beschriebene;

2) ein eiserner Gürtelhaken;

3) ein Stück Eisen mit einem Knopf von Bronze, möglicherweise noch zum Gürtel gehörig;

4) ein eiserner Ring von 2 cm Durchmesser.

9. Grab.

Abweichend von den übrigen. Es fand sich kein Steinkranz, sondern ein Steinpflaster von 2 m Durchmesser. Zwischen den Steinen lagen Scherben einer grobwandigen, rothen Urne, die zerbrochen hineingelegt, resp. durch Hineinwerfen zertrümmert zu sein scheint. Unter dem Steinpflaster, durch aufgeschichtete Steine, auch einen flachen Deckstein sorgsam geschützt, stand die feinere schwarze Urne, leider durch eine Wurzel zertrümmert. Sie war mit Asche und Knochen vollgepackt, und obenauf lag wieder dasselbe fragwürdige Geräth (es ist dies das Taf. VI (2), Fig. 12 abgebildete), ferner ein eiserner Ring und ein kleines Stück Bronzeblech.


Schon früher waren auf dem Acker von den Bauern Urnen freigelegt, deren eine durch Herrn Wildhagen's Bemühung gerettet ist. Es ist eine starke, rothe Urne, von derselben gröberen Arbeit und Form, wie die oben bei Grab 7 beschriebene. Dieselbe enthielt:

1) zwei der oben besprochenen "Fibeln", aber von kleineren Dimensionen und dadurch interessant, daß die Befestigung des Bügels an der Axe deutlich erkennbar ist. Der Bügel nämlich, aus dünnem Blech bestehend, legt sich um die Axe herum, so daß dieselbe beweglich bleibt.

2) den Rest eines eisernen Ringes.