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gegründet von | fortgesetzt von | |
Geh. Archivrath Dr. Lisch. | Geh. Archivrath Dr. F. Wigger. |
von
Auf Kosten des Vereins.
Druck und Vertrieb der
Bärensprung'schen
Hofbuchdruckerei.
Kommissionär: K. F.
Koehler, Leipzig.
I. | Zur Topographie der Länder Schwaan und Laage. Von Oberlehrer Dr. Rudloff | S. | 1 |
II. | Rostocker Tonnen=Ausfuhr= und Einfuhr=Verbote. Von Professor Dr. Wilh. Stieda in Rostock | S. | 23 |
III. | Aus dem Amtszeugebuche der Wismarschen Wollenweber.Von Dr. F. Techen in Wismar | S. | 31 |
IV. | Hinrich Stenmetz, Capellan zu St. Marien zu Wismar. Von Dr. Crull in Wismar | S. | 50 |
V. | Meklenburger auf dem Pädagogium in Stettin. Von Dr. M. Wehrmann in Stettin | S. | 59 |
VI. | Aus dem Reisetagebuch des Herzogs Philipp Julius von Pommern=Wolgast. 1602. Mitgetheilt durch Archivrath Dr. von Bülow in Stettin | S. | 73 |
VII. | Zur Baugeschichte des Schlosses zu Rossewitz. Mit 3 Abbildungen. Von Dr. / F. E. Koch, Oberlandbaumeister in Güstrow | S. | 89 |
VIII. | Ein Giebelhaus der Frührenaissance in Güstrow. Mit 2 Abbildungen. Von Dr. / F. E. Koch, Oberlandbaumeister in Güstrow | S. | 97 |
IX. | Versuche zur Einbürgerung der Seidenindustrie und des Seidenbaues in Meklenburg. Von Professor Dr. Wilh. Stieda in Rostock | S. | 101 |
X. | Der Münzfund von Ganzlin, Dom.=Amts Lübz. Beschrieben vom Revisionsrath E. Wunderlich | S. | 126 |
XI. | Wendische Alterthümer. Mit Abbildungen. Von Gymnasiallehrer Dr. Robert Beltz | S. | 173 |
XII. | Die Bevölkerung Meklenburgs am Ausgang des Mittelalters. Von Dr. Friedrich Stuhr | S. | 232 |
XIII. | >Der Goldschmied zu Grabow. Von Professor Dr. Wilh. Stieda in Rostock | S. | 279 |
Die Havelquellen | I, | 2 |
Götke, Herrn Johann Bantzkows Tochtermann | I, | 4 |
Das Haus des Bürgermeisters Bantzkow und der Bantzkowsche Hof | I, | 7 |
Die Altartafel im h. Geiste zu Wismar | II, | 10 |
Zwei Projecte zur Stiftung meklenburgischer Orden | II, | 15 |
Hans Wilmsen Laurembergs Abgangszeugniß von der Universität | II, | 17 |
Urkundenfälschung | II, | 18 |
Teutsche Constitution in vierzehn Paragraphen | II, | 19 |
Zur Geschichte der Familie v. Behr | II, | 22 |
Gehren | II, | 23 |
Mittheilungen über den hochseligen Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg=Schwerin | II, | 24 |
III, | 25 | |
Meklenburgische Litteratur : Juli 1892 bis 1893 | IV, | 72 |
S. 39, Z. 2: hec statt he.
S. 37, Nr. 1: Vergl.
Meckl. Urk.=Buch 8637.
S. 77, Z. 11: ex
templo.
S. 80, Anm. 1, Z. 9 lies
Wartislav.
S. 238, Z. 1 lies
Geistlichkeit.
Quartalbericht S. 6, Z. 7:
begegnet statt begegnete.
S. 6, Z. 26: Mane
statt Masse.
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:
Von
Oberlehrer Dr. Rudloff zu Schwerin.
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G egenstand der folgenden Untersuchung ist derjenige Theil der Herrschaft Werle, welcher sich zwischen Warnow und Augraben=Recknitzthal ausbreitete und im Norden von der Herrschaft Rostock, im Süden vom Stiftslande Bützow und der Nebel begrenzt wurde. 1 )
Von den Kirchspielen dieses Gebietes hat immer Schwaan das meiste Interesse erregt, weil dasselbe am rechten Warnow=Ufer den Burgwall Werle und das Dorf Wiek mit umfaßt. Eine Pfarre in Schwaan bestand schon 1232 2 ), und den Bau der jetzigen Kirche schreibt Lisch 3 ) noch dem dreizehnten Jahrhundert zu. In Bezug auf die Filialverhältnisse ist noch eine Berichtigung nöthig, welche meines Wissens bisher nicht erfolgt ist. Nach einer Urkunde von 1249 (jetzt im U.=B. Nr. 622) nahm Lisch 4 ) an, daß Mistorf bei Werle in früherer Zeit Mutterkirche gewesen und erst später Filial von Schwaan geworden sei. Der in der Urkunde genannte Johannes plebanus de Mistisdorph, capellanus domini Burivini, befindet sich aber beim Bischof von Kamin zugleich mit anderen Geistlichen der Kaminer Diöcese; es ist daher an Mistorf im Lande Kalen zu denken, welches damals im Besitz der Rostocker Fürsten war. - Soweit die Nachrichten zurückreichen, war vielmehr Schwaan Mutterkirche für Dörfer
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auf beiden Warnowseiten. Am rechten Ufer wurden 1342 propter distantiam locorum etc. vom Schweriner Bischof Mistorf mit Wiek, Goldenitz und Rukieten als Filial abgezweigt und zugleich der Bau einer Kapelle gestattet. Schon vorher finden wir Goldenitze in parrochia Sywan (1336), und später wurde auch hier eine Kapelle gebaut, deren Verhältniß zu Schwaan eine Urkunde von 1360 ordnet. 1 ) Die Visitationsprotocolle (1552) nennen im öftlichen Theile des Kirchspiels außer den erwähnten Dörfern noch: Zeetz (auch schon in einem Heberegister von 1526), Wiendorf und Niendorf 2 ). - Ebenso wie Schwaan gehört auch Laage nur mit einem Theile seines Pfarrgebiets hierher, mit den westlich von der Recknitz gelegenen Ortschaften Kronskamp, Groß= und Klein=Lantow (so auch 1552).
An die Nordgrenze des Landes führt uns das im Osten vom Recknitzthal abgeschlossene Kirchspiel Cammin, wo in Uebereinstimmung mit den späteren, vollständigeren Angaben 1462 3 ) Weitendorf (Amts Gnoien) und Wohrenstorf, 1526 Kossow und Kätwin namhaft gemacht werden. Obwohl es an älteren Urkunden in dieser Gegend nicht fehlt, begegnet doch ein Pfarrer von Cammin nicht vor 1339 4 ). Indessen kann gegen ein höheres Alter der Kirche dies nicht geltend gemacht werden, da auch Geistliche von benachbarten Kirchspielen, zu denen Cammin damals gehört haben könnte, in den betreffenden Urkunden nicht genannt werden. Das westlich sich anschließende Kavelstorf erscheint ebenfalls als Pfarre erst 1334 5 ), während der Umfang des Kirchspiels bis 1365 garnicht nachgewiesen wird (später 1526 durch Dummerstorf und Scharstorf, 1552 durch die meisten übrigen Dörfer). Trotzdem aber bestand hier schon in sehr früher Zeit die Kirche, deren Chor (mit deutlichen Merkmalen des romanischen Stils) Lisch für das älteste Gebäude der ganzen Gegend hielt. 6 )
Ebenfalls als altes Bauwerk giebt sich die Kirche in Lüssow zu erkennen, für welche übrigens schon 1226 ein Geistlicher erwähnt wird. 7 ) Wegen der dazu gehörigen Dörfer vermag ich auch hier nur auf die Visitationsprotocolle zu verweisen, welche von der heutigen Anordnung keine Abweichung zeigen. Die Ortschaften aber, welche
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außerhalb unseres Gebietes im Süden an das Kirchspiel grenzen, erscheinen, sobald sie in den Urkunden vorkommen, im Besitz des Bischofs von Schwerin: Wolken und Zeppelin (Kirchspiel Bützow) 1178 und 1246, Gülzow (Kirchspiel Parum) und Parum 1333 1 ). Von den Feldmarken der beiden letzteren wird das Pfarrgebiet von Lüssow durch die Nebel getrennt, welche weiterhin auch die Grenze bildete zwischen der Alt= und Neustadt Güstrow. Zu der Kirche von antiquum Gustrowe am nördlichen Ufer, welche im Schweriner Sprengel lag 2 ), wird das Dorf Suckow (jetzt zur Pfarrkirche Güstrow) gehört haben; am anderen Ufer war der Dom in der Neustadt zwar 1229 noch vom Schweriner, aber 1235 schon vom Kaminer Bischof abhängig. 3 )
Genau an der Ostgrenze der Kirchspiele Alt=Güstrow und Lüssow fließt der Augraben, den wir weiter aufwärts auch noch für die Pfarre Kritzkow als kirchliche Grenze betrachten können. In derselben finden wir 1552 nur angeführt: Kuhs, Zehlendorf (auch schon 1526) und Dudinghausen, aber nicht Weitendorf (Amts Güstrow). Dagegen heißt es bei der Pfarre Hohen=Sprenz, nachdem Klein=Sprenz, Sabel, Kankel, Dolgen, Striesdorf und Siemitz als Kirchspieldörfer aufgezählt sind: "Item zu Weitendorf hat er (der Pfarrer) eine Kapelle von den Vieregge," und zu dieser Kapelle gehörte auch Levekendorf, durch welches die Verbindung mit den übrigen Ortschaften der Kirche Hohen=Sprenz vermittelt wird. Beide Dörfer erreichen mit ihren Feldmarken die Recknitz, welche etwa vom gleichnamigen Orte an nach Norden abfließt, ohne von dem Thale des Augrabens, das sich zur Nebel hinabsenkt, durch eine bemerkbare Wasserscheide getrennt zu sein 4 ) Die Pfarre Weitendorf, welche bei ihrem geringen Umfange wohl niemals selbstständig gewesen war 5 ), wird 1603 (mit Levekendorf)
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schon als Filial von Kritzkow genannt. Die Kirchen von Hohen=Spren, und Kritzkow finden wir 1270 zuerst erwähnt, und die Grenze der beiden Pfarrgebiete (zwischen Siemitz und Kritzkow) tritt 1342 hervor, wie auch schon 1335 Cymace in parrochia - Sprentze nachgewiesen wird 1 ) In baugeschichtlicher Beziehung steht mit der Kirche in Lüssow der Chor des Gotteshauses zu Hohen=Sprenz nach Lisch 2 ) auf ganz gleicher Stufe (Anfang des dreizehnten Jahrhunderts).
In politischer Hinsicht wird das Land, ohne mit einem Namen bezeichnet zu werden, in seiner ganzen Ausdehnung urkundlich erwähnt im Jahre 1294, als Nicolaus II. von Werle dem Fürsten von Rostock und der Stadt Rostock verpfändete totam terram nostram sitam infra fluvios Warnoviam ac Rekenitzam usque ad agros et metas seu terminos civitati Guzstrow pertinentes protendentem 3 ). Der Pfandbesitz äußert sich später nur einmal, indem Nicolaus von Rostock 1295 (1. Juni) einem Rostocker Bürger das Dorf Dolgen mit der Erlaubniß verlieh, es einer Kirche oder einem Kloster zu übertragen, worauf 1298 Nicolaus von Werle, ohne des Pfandverhältnisses zu gedenken, villam Dolghen, sitam inter duo fluenta Warnowe - et Rekeniz dem Kloster zum heiligen Kreuz in Rostock überließ. 4 ) Auf dieselbe Verpfändung deutet auch wohl noch die Urkunde hin (1301), in welcher Nicolaus II. den kurz vorher mit dem König Erich von Dänemark geschlossenen Frieden zu halten verspricht. 5 ) Diesem zufolge leistete der Fürfs zu Gunsten des Königs Verzicht auf munitio Sywan cum medietate totius terre que eidem ab antiquo adjacuerat, behält dagegen für sich terram - Werle in suis terminis, sicut fuisse dinoscitur, cum domino de Rozstoc inpignorata fuerat - excepio solummodo campo Sywan adjacente. Indem ich von der terra Werle vorläufig absehe, wende ich mich zu einer Besprechung der Vogteiverhältnisse, wie sie sich im Lande zwischen Warnow und Recknitz gestalteten.
Daß, wie nach den Friedensbestimmungen anzunehmen ist, das Land Schwaan sich ehemals auch am rechten Warnow=Ufer ausbreitete,
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bestätigt uns schon eine Urkunde Nicolaus II. von 1272. Dieser gestattet hier den Bewohnern des Dorfes Suckow pro munere speciali, daß sie (propter distantiam locorum) nicht wie bisher in Schwaan, sondern in Güstrow die judicia und den praeco aufsuchen und bezahlen dürfen. Die Verlegung von einer Vogtei zur anderen 1 ), welche hier als einzelne Ausnahme zugestanden wird und vielleicht auch für andere in der Nähe von Güstrow gelegene Dörfer vorgenommen wurde, sehen wir später, nach dem Verluste der Stadt Schwaan und des linken Warnow=Ufers, auf einem größeren Gebiete durchgeführt: Caboldestorp in dem lande to Guzstrowe 1347, Minor Sprenz 1365 und Nikesse 1359 in advocacia Guzstrowe 2 ); daß aber diese Umlegung nicht das ganze Gebiet bis zur Recknitz betraf, zeigt die Grenzlinie der Vogteien Güstrow und Laage, welche, soweit das vorliegende Material es gestattet, im Folgenden aufgesucht werden soll.
Da im Theilungsvertrage über die Werleschen Lande 3 ) (1316), in welchem die Namen Schwaan und Werle nicht mehr vorkommen, die Vogteien Güstrow und Laage verschiedenen Linien zugetheilt wurden, so können zur Grenzbestimmung zunächst die Verleihungs=Urkunden herangezogen werden.
Von den Dörfern der Pfarre Kavelstorf ist die Abhängigkeit von Güstrow nachzuweisen für das Kirchdorf selbst und Niex (s. oben), ferner für Damm, über welches 1353 Nicolaus III., und Klingendorf, über welches 1361 Lorenz von Werle=Güstrow Bestimmungen traf. 4 )
Aus dem Kirchspiel Hohen=Sprenz liegen unzweideutige Nachrichten vor über Kankel 1319 und die Mühle zu Klein=Sprens 1336, da die Urkunden über beide Ortschaften unzweifelhaft von dem älteren Johann (von Güstrow) herrühren; ebenso über Sabel und Groß=Sprenz, da in beiden Dörfern Nicolaus III. 1353 Eigenthum und Rechte verlieh. Ferner wurden von Johann dem Aelteren Einkünfte in Siemitz aufgelassen, welche er von seinen Vasallen daselbst gekauft hatte (1335). 5 )
Dagegen fehlt es für das Kirchspiel Kritzkow im U.=B. (bis 1365) an Angaben, welche für den politischen Connex desselben mit Sicherheit verwerthet werden können. 1342 erscheinen zwar die Herren Nicolaus und Bernhard (von Güstrow) als Lehnherren über 3 1/2 Hufen,
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von welchen 1 1/2 zu Siemitz in der Pfarre Sprenz, 2 zum Kirchdorfe Kritzkow gehörten; aber wir erfahren nicht, zu welchem der beiden Pfarrgebiete der "Vrienhof" gehörte, dessen Feldmark um jene Hufen verkleinert oder mit deren Auftheilung ganz eingegangen war. An einer politischen Grenze wird indessen der Vrienhof auch damals nicht gelegen haben, 1 ) da später nach dem Erlöschen der Goldberger Linie Zehlendorf im Kirchspiel Kritzkow, welches noch weiter nach Osten hin sich erstreckt, vom Fürsten Lorenz verliehen wurde, 2 ) also im Güstrow'schen, nicht im Waren'schen Landestheile zu suchen ist.
Daß das Gebiet der Pfarre Lüssow in seiner ganzen Ausdehnung der Vogtei Güstrow zuzuweisen ist, zeigen die Urkunden der Fürsten Nicolaus und Bernhard über Besitzungen in Oettelin 1339, über Hufen in Goldewin 1341 und Hebungen aus Sarmstorf 1345; ferner des Fürsten Nicolaus III. über Schwiesow und die Mühle zu Lüssow 1353. 3 ) Endlich gehört noch hierher die Pfarre Alt=Güstrow mit dem schon 1272 zu Güstrow gezogenen Suckow.
An die zuletzt genannten Kirchspiele grenzt östlich vom Augraben das Pfarrgebiet von Recknitz. Daß dasselbe in der Herrschaft Werle=Goldberg lag, kann nicht zweifelhaft sein, da u. a. das castrum Rossevitz dazu gehörte und es 1365 heißt: Glasevitzhe - in advocacia Lawis (mit "Pruzsekendorpe" in eadem advocacia). 4 )
Schwierigkeiten bereitet hingegen derjenige Theil der Vogtei Laage, welcher zwischen Warnow und Recknitz sich mit dem Lande Güstrow berührte, da das Urkundenbuch über diese Gegend für die Zeit von 1316 - 1365 überaus dürftig ist. Dennoch reichen die wenigen Nachrichten wohl aus, um wahrscheinlich zu machen, daß die Grenze schon damals einen ähnlichen Verlauf nahm, wie wir ihn aus späteren Mittheilungen nachweisen können.
Da die Herren von Werle=Goldberg über drei Dörfer des Namens Weitendorf zu verfügen hatten, so entsteht die Frage,
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welches derselben in der Urkunde gemeint ist, wo (1360) Nicolaus III. als Vormund Johannis domicelli de Werle (von Goldberg) zur Stiftung einer Vicarei dem Pastor und dem Bürgermeister in Laage außer 7 Hufen in Deutsch=Kobrow und einem dortigen Ackerstücke auch noch verleiht unam kotam in villa Weytendorp 1 ). Die Güter in Deutsch=Kobrow waren schon 1346 und 1356 vom Knappen Heinrich Schönfeld an dieselben Personen verkauft worden, und in der Folge bildeten die 7 Hufen das Heiligen Dreikönige=Lehen in der Kirche zu Laage, für welches auch jener geringfügige Besitz, den ich später 2 ) nicht besonders erwähnt finde, bestimmt gewesen sein mag. Am nächsten liegt es, an das jetzige Kirchdorf Weitendorf (bei Laage) zu denken, während der gleichnamige Ort bei Tessin schon weiter entfernt liegt und das Dorf im Amte Ivenack wohl kaum in Betracht kommen kann. Dazu kommt, daß das Werle=Goldberger Geschlecht der Nortman damals schon in Weitendorf bei Laage begütert war: Gherardus Nortman in Weytendorpe 1354, und zwar ist Joachim Nortman famulus (derselbe, welcher schon 1356 unter den Compromissores bei dem Knappen Schönfeld erscheint) Zeuge in der Urkunde von 1360 und wird als Gherardi Nortman filius bezeichnet 1365. 3 )
Es kann dagegen nicht eingewandt werden, daß 1358 Johan Zasse zu Lutken Weytendorpe 4 ) "vor seinem Lehnherrn gewesen und ihm aufgelassen sein gudt zu Weytendorpe und Zelendorpe" (Clandrian), so daß beide Dörfer zu einer Herrschaft (Werle=Güstrow) gehört hätten. Denn damals stand Johann IV. von Goldberg unter Vormundschaft seiner Vettern Nicolaus von Güstrow und Bernhard von Waren, und 1357 hatten sich diese beiden über die gemeinschaftliche Verwaltung der Länder ihres Vetters dahin geeinigt, daß "alle werlike leen in des kindes lande scole wy Clawes lenen, also wy dar vormunder to sin," und vom Lande Malchin heißt es einige Monate früher, daß "de man, borghere und lude yn deme lande ere lengud scolen untfan bynnen den jaren, dat juncher Henneke, unse veddern unmundych is, van deme eldesten - Clawese, unde deme scolen se ere plycht don." 5 )
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Innerhalb des Kirchspiels Hohen=Sprenz läßt sich über Weitendorf hinaus, welches 1552 dazu gerechnet wird, die Grenze nach den älteren Urkunden nicht mehr verfolgen. Denn wenn 1326 Johann der Jüngere vor Johann dem Aelteren (coram patruo nostro) über streitige Ansprüche auf Hölzung und Schweinemast in Dolgen entscheidet, so ist daraus für unsere Zwecke wohl nichts zu folgern. Auch daß Denekinus de Oldenstad famulus, welcher 1362 Zeuge bei Lorenz von Güstrow ist, bei einer anderen Gelegenheit mit dem Zusatze morans in Strisdorpe bezeichnet wird, erwähne ich nur. 1 ) - Ebensowenig erhalten wir über das Vogteiverhältniß der sich östlich anschließenden Dörfer des Kirchspiels Laage in der älteren Zeit Aufschlüsse. Dieselben können indessen hier wohl am ehesten entbehrt werden, zumal ein Bürger in Laage 1330 in der dortigen Kirche aus Einkünften in "grossen Lankow u. kleinen Lankow" (Groß= und Klein=Lantow) eine Vicarei stiftete, 2 ) was wenigstens dafür spricht, daß diese Dörfer in kirchlicher Beziehung schon damals zu Laage gehörten.
Im Gebiete der Pfarre Cammin finden wir seit etwa 1276 das Geschlecht der Koß mit Besitz in Kossow und Teschow. 3 ) Der hier angesessenen Familie wird Johannes Coz de Tessecowe (miles) angehört haben, welcher 1336 in Laage bei Ankauf des halben Dorfes Vippernitz durch das Kloster Dargun als Zeuge gegenwärtig war. 4 ) In den folgenden Jahren begegnen wir dem Ritter Johann Koß in der ständigen Umgebung der Herren Nicolaus und Bernhard, und zwar häufig als miles noster bezeichnet, 5 ) nie dagegen, soweit das Personenregister des U.=B. Auskunft giebt, bei den Goldberger Herrschern. Nach der Landestheilung innerhalb der Güstrower Linie (1347) kommt Johannes Koss miles noch zweimal vor, 1349 und 1358, aber nicht bei dem älteren Bruder, sondern bei dem jüngeren Bernhard von Waren, zu dessen Gebiet weder das Land Güstrow, noch die Vogtei Laage gehörte. 6 ) Falls wir es daher in allen diesen Urkunden
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mit derselben Person zu thun haben, läßt sich annehmen, daß Johann Koß von Teschow in die Dienste der Güstrower Fürsten trat und im südlichen, später Warenschen Theil ihres Landes Besitzungen erwarb. Jedenfalls darf trotz des Beinamens Teschow (1336) aus dem Vasallenverhältniß zu den Güstrower Fürsten nicht auf den politischen Zusammenhang der Stammgüter des Geschlechtes geschlossen werden. - Andererseits begegnet 1353 Hinric Kosse in der Zeugenreihe der Goldberger Linie, aber wieder bei Bernhard von Waren der Knappe Tydeke Cozs 1 ). - Mehr Werth für Ortsbestimmung ist der Urkunde beizulegen, welche 1339 Johann der Jüngere in Goldberg über eine Verleihung an Parchimsche Bürger ausstellte presentibus - plebano in Theterowe, Marquardo de Buren in Cammyn et Johanne Rochowen in Borborleve notariis nostris. Ein Ort "Borborleve" ist bisher in Meklenburg nicht nachzuweisen. Aber die Kirche des plebanus in Cammin wird im Goldberger Landestheile zu suchen sein. Denn 1346 werden in Goldberg bei Johann von Werle, welcher das Dorf Pinnow der Stadt Laage verlieh, unter den Zeugen (nostri fideles et dilecti) zuerst die drei Pröpste von Dobbertin, Malchow und Ivenack angeführt, hierauf die ecclesiarum rectores, und zwar Marquardus in Gamyn neben den Pfarrern von Parchim, Laage, Stavenhagen, Belitz und dem Vicar von Recknitz. Da sämmtliche andere hier genannten Orte im Goldberger Lande lagen, wird man kaum umhin können, auch Cammin dort zu vermuthen. 2 )
Den spärlichen aus den Urkunden bis 1365 gewonnenen Andeutungen entsprechen nun aber durchaus die bestimmten Angaben aus der späteren Werleschen Zeit. Die Linie Goldberg erlosch mit Johann IV., welcher vor dem 14. December 1374 starb. Nach Wigger traten die Regierung seines Landes "zunächst" Lorenz und Johann V. von Güstrow und Bernhard von Waren gemeinsam an. 3 ) Nachher müssen aber bald genauere Bestimmungen getroffen sein.
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Da Johann V. von Güstrow nach 1377 nicht mehr vorkommt, hält Wigger (S. 245) den Fürsten Johann, welcher 1382 einen Vergleich mit dem Kloster Ivenack abschloß, für Johann VI. von Waren. Wie hiernach das Land Stavenhagen an Waren gekommen zu sein scheint, so wird auch die Vogtei Laage in den ausschließlichen Besitz der jüngeren Linie gelangt sein. 1 ) Denn in demselben Jahre verfügte Johann von Werle über den Roßdienst zu Rossewitz, Zapkendorf und Groß=Weitendorf 2 ); ferner verpfändete er 1383 höchstes Gericht und 1 1/2 Hufen zu Deperstorf (Dobistorp 1301) und 3 Hufen zu Weitendorf (wohl bei Cammin) an Henneke Moltke von Tessin. 1402 verkauften Claus und Christoph, Gebrüder zu Werle (Johanns VI. Söhne), an Claus Bassewitz alle Rechte in Lütten=Weitendorf 3 ) und Wohrenstorf, nachdem schon 1401 beide Fürsten an Curd Bützow "Wordelstorpe 4 ) und Plaweze (Plaatz, Kirchspiel Recknitz) in der Vogtei Lage" verpfändet hatten (Lehnacten).
Zur Ritterschaft "in deme lande tor Lawe" werden um 1425 gerechnet u. a.: Hermann und Clawes Cosse, Clawes und Vicke Nortmann, Hinrik Butzouwe. 5 )
Wir kommen zu dem Resultate, daß das Kirchspiel Cammin, soweit sich erkennen läßt, ganz, von Hohen=Sprenz wenigstens Weitendorf Bestandtheile der Vogtei Laage waren, ein Verhältniß, welches allem Anscheine nach zur Zeit der Landestheilung (1316) schon bestand.
Als nach dem Erlöschen des Werleschen Hauses (1436) die Länder desselben an Meklenburg fielen, blieben die Vogteien Güstrow imd Laage noch geraume Zeit hindurch neben einander bestehen. Für die Ausdehnung der letzteren unter meklenburgischer Herrschaft stehen verschiedene Quellen zu Gebote.
Einige Heberegister des Stiftes Schwerin (von 1535) zählen die Dörfer nach Vogteien geordnet auf. In einem derselben finden wir unter Laage folgende Ortschaften: Gr.=Wardow, Kl.=Wardow, Bresen, Gr.= und Kl.=Lantow, Gr.=Ridsenow, "der Hanen Güter zu Basedow": Kl.=Ridsenow, Wozeten, Kronskamp.
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Ein zweites Verzeichniß fügt noch Subsin hinzu. - Zur Vogtei Güstrow werden dagegen am linken Recknitz=Ufer angeführt: Damm, Cammin, Kankel, Siemitz, Kritzkow, Niendorf, Zeetz, Scharstorf 1 ), Dolgen; dazu Kossow, Kätwin, Weitendorf bei Cammin, Deperstorf, Zehlendorf.
Hiernach würde das ganze Land von der Warnow bis Recknitz und Augraben zu Güstrow gehört haben, mit Ausnahme der Dörfer des Kirchspiels Laage. Diese Angaben stehen aber nicht nur mit den älteren Nachrichten, sondern auch mit den von mir eingesehenen Roßdienstregistern in Widerspruch. In dem ältesten derselben ("Anschlag der Roßdienste im Lande zu Meklenburg, Wenden und Stargard wegen der Lübecker Händel errichtet 1506) 2 ) werden in der Vogtei Laage genannt die Besitzer von: Potrems (Johan Bülow), Zapkendorf, Gottin, Rensow, Wüstenfelde, Weitendorf (Friedrich Viereggen - nachgelaßene Wittewe), Teschow (Hermann und Achim Kosse), Cammin (Martin Kosse). - Zur Vogtei Güstrow finden wir angeführt u. a. die von Kl.=Sprenz, Oettelin, Karow, Zehlendorf und Dudinghausen. Die späteren Verzeichnisse (von 1521, 1535 und 1545) zeigen in den uns interessirenden Partieen keine wesentlichen Abweichungen. Derartige Register sind nun freilich für Ortsbestimmungen nicht ohne Weiteres zu verwerthen, da die in den einzelnen Vogteien genannten Vasallen außerhalb denselben ihren Wohnsitz haben konnten. In diesem Falle wird man indessen doch den Eindruck gewinnen, daß zu Anfang des 16. Jahrhunderts die Vogtei Laage im Westen noch den alten Umfang hatte.
Der Ungewißheit hierüber machen übrigens die Bedenregister im Großherzoglichen Geheimen und Haupt =Archive ein Ende. Dieselben bestätigen und ergänzen die früheren Nachrichten und sind für die Topographie dieser Gegend von um so größerer Bedeutung, als sie bis zu den ersten Jahren der meklenburgischen Herrschaft zurückreichen. Das älteste der Verzeichnisse (1442) nennt "to der Lawe" u. a. folgende Dörfer: Striesdorf 3 ), Kätwin, Cammin, Weitendorf, Prangendorf, Kl.=Lantow.
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In einem zweiten Register (1445) kommen hinzu: "Dolghin" (Dolgen), Potrems, Teschow, Wohrenstorf, Deperstorf, "Borrentin".
1495 werden noch beigefügt: Levekendorf und Kossow. - Alle sonst noch erwähnten Ortschaften liegen weiter östlich (u. a. Recknitz, Spotendorf 1 ) und Glasewitz); westlich vom Augraben aber, in den Kirchspielen Alt=Güstrow, Lüssow und Kritzkow, werden keine mehr genannt.
Die Abweichung der geistlichen Verzeichnisse (1535) von den weltlichen kann so erklärt werden, daß im Laufe des 16. Jahrhunderts das Gebiet von Laage eingeschränkt, das von Güstrow hingegen erweitert ward, während die späteren Roßdienstregister (1535 und 1545) noch nach dem alten Schema weitergeführt wurden. Wenigstens müßten die Heberegister schon auf sehr alter Vorlage beruhen, um ihnen für die frühere Topographie einen Werth beimessen zu können.
Von etwaigen Verschiebungen der einzelnen Feldmarkscheiden abgesehen, war demnach die alte Grenzlinie folgende:
Im Süden kann wohl unbedenklich der Augraben als solche betrachtet werden; es lagen daher in der
Vogtei
Güstrow
Feldmark Güstrow, Sukow, Sarm= storf, Kuhs, Zehlendorf. |
Vogtei
Laage
Glasewitz, Spotendorf, Recknitz. |
Dann folgt sie aber nicht der Recknitz, sondern verläuft in nordwestlicher Richtung bis in die Nähe des Sees von Hohen=Sprenz, indem Weitendorf 2 ) dem Gebiet von Laage, ein Theil von Zehlendorf, sowie Kritzkow und Dudinghausen noch dem von Güstrow zugewiesen werden. Von hier an lassen uns aber die kirchlichen Grenzen im Stich; innerhalb des Kirchspiels Hohen=Sprenz waren das Pfarrdorf selbst, Klein=Sprenz, Sabel und Kankel von jeher Bestandtheile des Güstrower Landes (früher Schwaan); dagegen standen Weitendorf und, wenn die Angaben des Bedenregisters schon für die ältere Zeit als gültig betrachtet werden dürfen, 3 ) nicht nur Levekendorf, sondern auch Striesdorf und Dolgen mit Laage in alter
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politischer Verbindung 1 ); so daß das Pfarrgebiet entweder auf beide Vogteien seit dem Bestehen derselben vertheilt war, oder in seiner Zusammensetzung eine uns unbekannte Veränderung erlitten hat.
Kankel berührt sich schon zum Theil mit Klein=Potrems im Kirchspiel Cammin, welches weiterhin mit Kirchspiel Kavelstorf grenzt. Hier fehlen nur für die Grenzdörfer selbst Nachweise aus der Werleschen Zeit, während wir die meisten übrigen Dörfer zu beiden Seiten der kirchlichen Scheidelinie schon damals in verschiedenen politischen Gebieten finden. Wir sind daher wohl zu der Annahme berechtigt, daß die Grenze weiter ihren Verlauf nahm zwischen
Vogtei
Güstrow
(Kirchspiel Kavelstorf) Scharstorf, Prisannewitz, Dummer= storf. |
Vogtei
Laage
(Kirchspiel Cammin) Klein=Potrems, Groß=Potrems. |
Prisannewitz wird von Groß=Potrems durch ein Moor und einen See getrennt. Die Dörfer beider Landestheile berühren sich am See von Dolgen 2 ); vom Hohen=Sprenzer See (majus stagnum Majoris Sprenz) scheint aber das jetzige Kirchspiel Weitendorf durch ein Stück der Feldmark von Dudinghusen geschieden zu sein. 3 ) An dieser Stelle muß das untergegangene "Dechow" gelegen haben, wenn die Nachricht auf Wahrheit beruht, daß mit diesem Namen ein Theil der Dudinghausener Feldmark zwischen dem Hofe, Striesdorf und Friedrichshof bezeichnet wurde. 4 )
Von sonstigen im Grenzgebiete untergegangenen Dörfern 5 ) würden in der Vogtei Laage Klein=Weitendorf und Borrentin zu suchen sein. An ersteres mag noch das "Lüttendorfer Holz" nördlich vom Hofe Weitendorf erinnern. Das Feld zu "Bartin" gehörte 1466 zu Levkendorf, dessen Bauern es in der Folge bewirthschafteten, und lag
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nach Angabe von 1485 in der Vogtei Laage. 1574 war es noch wüst, wurde aber nachher wieder aufgebaut. 1630 wird es mit Kronskamp zusammen genannt (als dessen Hauptgut es 1708 erscheint), im Laufe des 18. Jahrhunderts ist es zum zweiten Male untergegangen. 1 ) (Lehnacten.) Vom Hofe Levekendorf in nordöstlicher Richtung, nach Kronskamp hin, liegt nach Schmettau (Brouillon) das "Borrentin=Holz", am Recknitz=Ufer südlich von Kronskamp die "Borrentin'sche Wisch". Dagegen müssen Groß=Sprenz (ehemals zwischen Hohen= und Klein=Sprenz), sowie die benachbarte Feldmark des untergegangenen Osterfelde zur Vogtei Güstrow gehört haben. 2 )
Hoffentlich gelingt es noch, die Grenze genauer und mit größerer Sicherheit festzustellen, als es hier geschehen konnte. In ein zweifelhafteres Gebiet führt uns die Frage, in welchem Verhältniß zu dem Districte zwischen Warnow und Recknitz das Land Werle stand. Dasselbe ist in den früheren Bänden der Jahrbücher 3 ) häufiger behandelt worden, ohne daß über seine Ausdehnung sich sichere Resultate gewinnen ließen. Ob das Land, wie Wigger annahm, ursprünglich auf das rechte Warnow=Ufer beschränkt war oder von vorneherein Landstriche auf beiden Seiten des Flusses umfaßte, kann hier unberücksichtigt bleiben. Jedenfalls muß wenigstens später der Name in letzterem Sinne gebraucht worden sein, da in einer Fälschung der Bewidmungsurkunde Heinrichs des Löwen (1171ß) dem Bisthum Schwerin verliehen wird castrum Werle dictum cum terra attinenti etiam Werle dicta ex utraque parte aque Warnowe. 4 ) Dies schließt nicht aus, daß die Bezeichnung doch vorzugsweise an dem Theile des Landes haftete, in welchem das alte castrum 5 ) lag, so auch in dem
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Rostocker Vertrage (1301) über die Schwaaner Friedensbestimmungen, welche das Werlesche Land am linken Fluß=Ufer von dem am rechten unterscheiden wollen. Zum letzten Male wird der Name 1302 von Nicolaus II. für den ihm verbliebenen Theil des Landes Schwaan angewandt: Nyendorp in terra nostra Werle (M. U.=B. Nr. 2831), um sodann als Benennung eines Bezirkes aus unseren Urkunden für immer zu verschwinden.
Wenn die von König Erich an Nicolaus II. zurückgegebene terra Werle sich mit dem 1294 verpfändeten Lande bis zur Recknitz völlig deckte, so liegt die Annahme nahe, daß auch das ehemalige Land Schwaan im Osten die Recknitz erreichte; es würde dann das Gebiet zwischen beiden Flüssen noch vor 1316 (Landestheilung) mit seinem nordöstlichen Theile der Vogtei Laage (wie mit seinem südwestlichen der Vogtei Güstrow) zugelegt sein, so daß die Grenze erst aus dieser Zeit datiren würde. Sollte aber nicht ebensogut die Auslegung zulässig sein, daß es sich in dem Rostocker Vertrage nur um einen Theil des 1294 dem Fürsten von Rostock überlassenen Gebietes handelte, so daß der Hinweis auf die Verpfändung nur den Zweck hatte, die zurückgegebene Hälfte des Landes Schwaan im Gegensatz zu dem an König Erich abgetretenen Theil deutlicher hervorzuheben? Es fällt auf, daß nicht schon 1294 statt der etwas umständlichen Beschreibung des Landes die Bezeichnung Werle gewählt wurde.
Die Vogtei Laage wird zuerst 1297 genannt: Vippernitz - in advocacia Lawis (M. U.=B. Nr. 2429), wird aber schon früher bestanden haben. Die Herrschaft der Pommerschen Herzöge läßt sich im Urkundenbuche über Polchow hinaus nicht nachweisen. Die Orte westlich davon bis zur Recknitz erscheinen, sobald ihr politischer Zusammenhang hervortritt, im Besitz der Herren von Werle: zuerst 1253 Vippernitz, bei dessen Verleihung durch Nicolaus II. Hartvicus plebanus de Lawe Zeuge ist. 1 ) Gelegentlich der Schilderung des durch den Werleschen Vatermord verursachten Krieges erzählt Kirchberg (c. 172), Heinrich von Meklenburg habe gewonnen zu der Lawe - hus und stad. Das zur Burg gehörige Gebiet müßte, falls es vom linken Recknitz=Ufer damals ganz ausgeschlossen war, ein Landstrich von zum Theil sehr geringer Breite gewesen sein. Denn östlich von Laage werden um 1314 schon Polchow und Jahmen zum Lande
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Kalen gerechnet (letzteres 1235 zur Caminer Diöcese, 1255 zu Circipanien, dagegen Vippernitz 1288 zum Schweriner Sprengel). 1 ) Im Norden war das untergegangene Depzow 1302 in Werleschem Besitz und gehörte nach einer Urkunde von 1304 u. a. mit Vippernitz und Klein=Wardow zu einem Kirchspiel des Schweriner Bisthums; über das benachbarte Goritz hingegen wurde schon 1262 von Borwin von Rostock verfügt. 2 ) - Im Rostocker Vertrage wird unter den zu brechenden Festungen auch Dobistorp (Deperstorf) neben Law genannt, aber nicht in Zusammenhang mit den Bestimmungen über die terra Werle. Da ferner bei Laage die Recknitz keine Kirchspielgrenze bildet, möchte ich trotz der ungenügend erklärten terra Werle vorläufig für wahrscheinlich halten, daß der 1294 verpfändete District zwischen beiden Flüssen das halbe Land Schwaan (resp. Güstrow) und die halbe Vogtei Laage umfaßte.
Das Haus Werle war schon in früherer Zeit (nach Nicolaus I. Tode, im Mai 1277 und bis zu Heinrichs Ermordung, 8. October 1291) in mehreren Zweigen vertreten. Da indessen die Urkunden jener Zeit eine bestimmte Theilung nach verschiedenen Herrscherlinien in der uns interessirenden Gegend nicht klar genug erkennen lassen, so können von ihnen genügende Aufschlüsse über die damaligen Vogteigrenzen kaum erwartet werden. 3 )
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Um so weniger wage ich zu entscheiden, ob die nachgewiesene Scheidelnie mit Grenzverhältnissen schon der wendischen Zeit irgendwie in Zusammenhang stand. Doch mögen einige Thatsachen bemerkt werden, welche für die Beurtheilung dieser Angelegenheit zu berücksichtigen sind.
An drei Stellen des Grenzgebietes sind Erhöhungen (nicht Burgwälle) aufgefunden worden, welche sich als wendische Ansiedelungen characterisiren, ohne daß bisher der Zweck derselben genügend aufgeklärt wäre: zwei künstliche Aufschüttungen, die eine auf einem Moore von Dummerstorf zwischen den Höfen von Groß=Potrems und Prisannewitz, die andere im nördlichen Theile des Sees von Hohen=Sprenz; dazu kommt eine von den Wenden für ihre Zwecke benutzte künstliche Erhebung ähnlicher Art, die sogenannte "Dorfstelle" (mit zahlreichen Burgwallscherben) auf der Feldmark von Zehlendorf, ganz nahe dem Augraben, also hart an der Grenze. 1 ) Auch auf der Fischer=Insel bei Wustrow, an der Grenze des Tollenser Landes, wurden 1887 wendische Ueberreste ausgegraben, welche, nach der Beschreibung zu urtheilen, vielleicht einer Anlage ähnlicher Art entstammen. 2 ) Da anderswo, soweit mir bekannt ist, derartige Werke noch nicht näher beachtet sind, die bisher aufgefundenen aber alle an der Scheide ehemaliger Länder liegen, so muß es weiteren Nachforschungen überlassen bleiben, zu entscheiden, ob hier ein Zufall obwaltet, oder ob wir es in der That mit Vertheidigungsanstalten an wendischen Landesgrenzen zu thun haben.
Der sogenannte Burgwall von Dudinghausen in der Nähe des Sees von Hohen=Sprenz (nach Pastor Thiems Beschreibung in Jahrb. 13, S. 401) ist nach Ansicht des Herrn Dr. Beltz eine neuere, vielleicht erst aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges herrührende Umwallung. Eine "alte Burg" findet sich ferner auf dem Brouillon der Schmettauschen Karte südlich vom Hofe Dolgen.
Im Süden unseres Gebietes kann mit dem Stiftslande Bützow und dem alten Lande Güstrow nur die Vogtei Schwaan, nicht auch Laage, gegrenzt haben, da zu ersterer bis 1272 Sukow gerechnet wurde, dessen Feldmark im Osten den Augraben erreicht. Die Grenzen des alten Landes Werle, welches in Urbans III. Urkunde für das Bisthum Schwerin (1186) zugleich mit der auf beiden Seiten der
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Nebel und bis zum Lande Tribeden sich erstreckenden terra nova genannt wird, scheinen hier infolge der Vergrößerung des Stiftslandes Bützow verwischt zu sein 1 )
Im Norden war die Herrschaft Werle bis zum Aussterben des Werleschen Hauses dem Lande Rostock benachbart. Die in hinreichender Anzahl vorhandenen Verleihungs=Urkunden von beiden Seiten (bis 1436) genügen für eine vorläufige Feststellung der Grenzlinie. In demselben berührten sich die Feldmarken folgender Ortschaften:
Herrschaft Werle
Vogtei Laage |
Herrschaft Rostock
Vogtei Tessin |
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Wohrenstorf, Weitendorf, Prangendorf, Cammin (Forst Cammin), Teschow, Kossow, Groß=Potrems. | Tessin, Klein=Tessin (Kirchspiel=Tessin), Horst und Vietow (Kirchspiel Sanitz), | |
Hohen=Gubkow, Neu=Kokendorf, Lieblingshof, Göldenitz, Schlage, Pankelow, | ||
Vogtei Güstrow | ||
Dummerstorf (mit Klein=Dummerstorf und Waldeck), Kavelstorf. Niex, Damm. | Pankelow, Bandelstorf (Kirchspiel Petschow), | |
Beselin, Hohen=Schwaß (Kirchspiel Kessin). |
Ueber die Kirche zu Kessin führen die Nachrichten weiter zurück als über fast alle anderen Kirchen dieser Gegend, da schon bei dem älteren Nicolaus von Rostock (1189?) Hinricus capellanus de Goderac erwähnt wird, wie auch die Bezeichnung des Dorfes als villa Sancti Godehardi 1171 in der echten Urkunde Heinrichs des Löwen für das Bisthum=Schwerin auf das Vorhandensein eines Gotteshauses schließen läßt. 2 ) (1219 ecclesia in Kizsin.) Von der Ausdehnung des Pfarrgebietes geben aber ältere Urkunden ebensowenig Kunde 3 ), wie von dem benachbarten Petschow. Dieses Dorf kommt erst seit 1327 vor, ein plebanus in Petzekowe zuerst 1347. 4 ) Dagegen erscheint die Pfarre von Sanitz, deren Kirche noch bedeutende
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Ueberreste des romanischen Stils enthält, schon 1248, und als Dörfer derselben werden 1256 Dänschenburg, "Utessendorp", Freienholz und Wendisch=Reppelin, 1340 Teutendorf genannt. 1 ) Oestlich bis zur Recknitz erstreckt sich das Kirchspiel Tessin, dessen Existenz im Anfange des 14. Jahrhunderts bezeugt ist. 2 ) Mögen daher die Pfarren von Petschow und Tessin auch vielleicht erst später ins Leben gerufen sein, so wird doch die südliche Grenze der ältesten Circumscription der Kirchspiele entstammen und war wohl schon zur Zeit der Hauptlandestheilung vorhanden; denn die politische Grenze zeigt, soweit sie sich nach dem Urkundenbuche verfolgen läßt, keinerlei Abweichung.
Ueber Beselin verfügte Heinrich von Meklenburg 1321, über Hohen=Schwaß (Zweruisse) Erich von Dänemark 1305. 3 ) - Bandelstorf gehörte dem oft als meklenburgischen Vasallen genannten Preen von Bandelstorp (zuerst bei König Erich 1302). 4 ) Pankelow wurde 1328 von Heinrich von Meklenburg, Göldenitz 1332 von Erich verliehen. 5 ) In Kokendorf (an dessen Stelle jetzt Neu=Kokendorf und Lieblingshof) hatte 1344 Fürst Albrecht Bede und Gericht verpfändet, und über Schlage (dorp to der Slawe) entschied 1391 das Hofgericht des Herzogs Albrecht. 6 ) Mit Vietow belehnte letzterer nach einer allerdings gefälschten Urkunde 1418 Henneke von Kardorf, welcher das Gut von den Jork gekauft haben sollte. Schon 1362 hatte Heinrich von Jork Hebungen aus Vitecowe dem Pastor zu Sanitz überlassen, und zur Pfarre Sanitz wird auch 1534 die Kirche gerechnet, welche beim "hilligen Moore" auf der Feldmark Vietow stand. 7 ) - Tessin begegnet zuerst in Boguphals Chronik (nach Wigger um die Mitte des 13. Jahrhunderts geschrieben) unter den castra des Wendenlandes und kommt urkundlich als munitio vor seit 1301, als terra (neben den Ländern Ribnitz, Marlow, Sülz) zuerst 1322, als Stadt des dominii Rostokcensis 1323, als Name einer meklenburgischen Vogtei seit 1333. 8 ) In derselben liegen 1350 Kescyn,
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1309 außerdem Vynkenberch und Dudeschen Kusseuitze (beide damals im Kirchspiel Volkenshagen). 1 ) Hiernach zu urtheilen, muß die Herrschaft Werle an ihrer ganzen Nordgrenze von der Recknitz bis zur Warnow sich mit der Vogtei Tessin berührt haben.
Aelter sind die Nachrichten, welche über die meisten Werleschen Grenzdörfer zu Gebote stehen. Kavelstorf verdankt seinen Namen dem Werleschen Vasallengeschlechte der Cabold, welche sich zuerst 1272 wieder nach dem Dorfe nennen (Johannes et Hinricus de Kaboldisdhorpe famuli bei Heinrich von Werle. 2 ) Verleihungs=Urkunden sind vorhanden für Damm (von Johann und Heinrich, 1277), Prangendorf (von Nicolaus I., 1262ß), für Niex, welches 1304 von Heinrich Grube, einem Vasallen Nicolaus II., verkauft worden war 3 ); ferner für Kossow und Teschow, wie oben erwähnt, schon 1276. Daß Major Wethendorpe, welchem Heinrich von Werle 1287 Freiheit von Nachmessung zusicherte, Weitendorf bei Tessin sei, wird im Register des Urkundenbuches angenommen, kann aber wohl nicht mit Sicherheit behauptet werden. Auch über Wohrenstorf und Groß=Potrems fehlen ältere Belege als die oben bereits angegebenen.
Auf die Grenze der Herrschaften Rostock und Werle wird hingewiesen 1347, als Nicolaus et Stanghe fratres dicti de Gubecowe dem Doberaner Klosterdorf Prangendorf ein Torfmoor zur Ausnutzung überließen, unter der Bedingung, daß jener Verkauf non debet - dominis terrarum in suis distinctionibus seu metis esse impedimentum aliquale. Unter den Compromissores wird in dieser Urkunde noch Henninghus Svetzin de Hoghen Gubekowe genannt. Prangendorf grenzt noch jetzt mit der Feldmark Hohen=Gubkow, auf deren westlichem Theile früher Sieden=Gubkow lag. 4 ) - Um die Werle=Rostocker Grenze muß es sich auch in einer Streitigkeit zwischen den Besitzern von Hohen=Schwaß und dem Kloster Doberan als Eigenthümer von Niex gehandelt haben. Dieselbe wurde 1326 beendigt, indem die ersteren erklärten, aus Unkunde sich einer Gebietsverletzung
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schuldig gemacht zu haben; jetzt aber, eines Besseren belehrt, versprächen sie, daß villa Nikez in suis terminis et limitibus maneat quos adhuc possidet et ab antiquis temporibus dinoscitur possedisse. 1 ) - Von allgemeinerem Interesse dürfte eine in Proceß=Acten von 1570 aufgefundene Nachricht sein, auf welche mich Herr Archivar Dr. Saß aufmerksam machte:
"- Landwehr 2 ) das das landt zu Wenden und den erwenten Potrembser Feltmark vonn dem Lande zu Rostock und den Goldenitzer Felde 3 ) mit grosen scheinlichenn alten Landgreintzen und mahlen vonn alters abgesondert und gescheiden."
Sämmtliche Grenzdörfer des Kirchspiels Cammin liegen jetzt im Amte Güstrow, bis auf Wohrenstorf und Weitendorf im Amte Gnoien (so auch 1792). Die des Kirchspiels Kavelstorf gehören sonst alle zu Güstrow, wohin auch Niex und Damm (jetzt Amts Schwaan) noch in neuerer Zeit gerechnet wurden. Eine Ausnahme macht nur Dummerstorf (mit Klein=Dummerstorf und Waldeck), welches schon im 16. Jahrhundert in der Vogtei Ribnitz lag. 4 ) Gerade für diese Ortschaft, welche ich im Urkundenbuche nur einmal genannt finde, fehlt bisher der Nachweis des politischen Verbandes. Vielleicht kann aber das spätere Vogteiverhältniß daraus erklärt werden, daß das Dorf, in welchem noch 1378 die Moltke von Strietfeld Gericht und Bede besaßen, später an das Geschlecht der Preen kam, welche vorzugsweise im alten Rostocker Lande begütert waren. 1492 wurde den von Preen zu Bandelstorf, Dummerstorf, Gubkow und Wehnendorf ein Lehnbrief über ihre gesammten Güter ertheilt.
Das Gebiet zu beiden Seiten der Grenze ist großentheils von Mooren und Sümpfen durchzogen: "Gubekower Torff - Mohr", bei Dummerstorf "grosses Mohr" und östlich davon "schwartze See" nach Schmettau; Teufelsmoor, Groß= und Klein=Teufelssee auf den Feldmarken von Horst und Vietow u. a. m. Von einer angeblichen Burgstelle bei Göldenitz (die "Borg" in der Nähe eines Sees), welche Jahrb. 5 b, S. 120 erwähnt wird, ist, soviel ich weiß, seitdem nicht wieder die Rede gewesen. 5 ) Nach Krause (Alterthümer in der Umgegend von Rostock, Jahrb. 48, S. 292) soll sich in den Warnow=
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Wiesen bei Hohen=Schwaß ein alter wendischer Burgwall (?) befinden, und an der Zarnow in der Nähe des Hofes Reez liegt ein jetzt beackerter wendischer Burgwall von der Höhe desjenigen zu Teutenwinkel. Die Gegend bedürfte wohl noch näherer Untersuchung.
Wie weit nach Norden bei Beginn der christlichen Zeit sich das Land Werle erstreckte, wird nirgends bestimmt angegeben. Die Zarnow, bis zu welcher es nach Urbans III. Urkunde (1186) dem Bischof von Schwerin gehören soll, fließt, von der Kirchspielscheibe ziemlich weit nach Süden entfernt, in ihrem unteren Laufe quer über die Feldmarken Klingendorf und Reez in die Warnow 1 ), würde also, falls damit 1186 die Nordgrenze bezeichnet sein soll, den größten Theil des Kirchspiels Kavelstorf vom Lande Werle ausschließen. Diejenigen Bewidmungs=Urkunden, welche castrum Werle cum terra attinenti Werle, also jedenfalls das ganze Land, dem Bischof verliehen wissen wollen, geben eine Grenze nicht an.
Da auch den Archidiakonatsverhältnissen vielfach Werth für die ältere Topographie beigemessen wird, so sei auf Jahrb. 21, S. 21, verwiesen, wo ein Verzeichniß (aller?) Pfarren des Archidiakonates Rostock mitgetheilt wird (1471). Zwischen Warnow und Rostock werden auf Werleschem Gebiete nur Kavelstorf und Cammin, östlich vom Augraben und Recknitz überhaupt nur Laage und Recknitz genannt (vergl. auch M. U.=B. Nr. 1178). Hiernach gehörten die in der ehemals Werle=Goldbergischen, später Warenschen Vogtei Laage befindlichen Kirchen, soweit hier die Schweriner Diöcese reichte, sämmtlich damals zum Archidiakonat Rostock. Für Kavelstorf ist zu bemerken, daß im Theilungsvertrage von 1347 das Verleihungsrecht der dortigen Kirche von dem Güstrower Antheil ausdrücklich ausgenommen und der Warenschen Linie zugewiesen wurde.
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Von
Professor Dr. Wilh. Stieda zu Rostock.
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Z u den Grundsätzen einer verständigen hansestädtischen Politik gehörte es, die einheimische Böttcherei gegen auswärtige Concurrenz zu schützen. Durch den Bedarf des Binnen=wie des Außenhandels an Tonnen und Fässern hatte dieses Gewerbe sich mächtig entwickelt und zählte überall zu den angesehensten und stark besetzten Aemtern. Insbesondere der von den Seestädten aus eifrig betriebene Heringsfang setzte viele fleißige Böttcher behufs Beschaffung der zur Verpackung des gesalzenen Fisches erforderlichen Tonnen in Bewegung, die in den Städten des Landes ansässig waren und nur zeitweilig "vp de Schonesche reyse" sich von ihrem Wohnsitze entfernten oder ihre Gesellen den Kaufleuten als sog. "Zuschläger" mitgaben. Die Anfertigung dieser Tonnen als einen sehr einträglichen Nahrungszweig den Städten vorbehalten zu sehen, wurde schon im Jahre 1342 beschlossen, daß in Skanör, dem Hauptplatz für den Fischfang auf Schonen, keine neuen Tonnen angefertigt und keine alten ausgebessert werden sollten. Gegen das Ende des 14. Jahrhunderts scheint das Verbot des Böttcherei=Betriebes dahin umgewandelt worden zu sein, daß nicht schlechthin die Anfertigung von Tonnen untersagt wurde, sondern die Arbeit auf die dazu Berechtigten beschränkt blieb. Wenigstens wurden im Jahre 1389 die schonenschen Vögte von den wendischen Städten angewiesen, nur denen die Böttcherei zu gestatten, die sich als hansestädtische Bürger oder als Knechte hansestädtischer Meister auswiesen. Und ähnlich forderten die preußischen Städte im folgenden Jahre ihren Vogt in Schonen auf, darauf zu achten, daß nur Bürger oder Einwohner einer Hansestadt zur Herstellung von Tonnen zugelassen würden. 1 )
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War es in diesem Falle darauf abgesehen, sich vor der dänischen Concurrenz zu schützen oder wollte man vielleicht vermeiden, daß deutsche Geschicklichkeit zur Entfaltung eines blühenden Erwerbszweiges im Auslande Veranlassung wurde, indem hansische Böttcher sich auf Schonen niederließen, so wurde in späterer Zeit, als der Bund zerfallen war, es üblich, daß die einzelnen Städte sich gegen einander abschlossen und ihren Handwerkern den örtlichen Absatzkreis zu erhalten bemüht waren. So erklärt die Rostocker Polizei=Ordnung von 1576 ausdrücklich, es nicht "vor unbillich zu erachten, dass unsere Bürger und Einwohner den einwonenden Böttichern vor auslendischen das Gelt gönnen" und verbietet daher, "bei den Auslendischen" Tonnen oder Fässer zu bestellen, machen zu lassen und in die Stadt zu bringen. Die "Auslendischen" waren jetzt nicht mehr Personen, die nicht zum Hansebunde gehörten, sondern das Interesse verlangte, sich Jeden, der nicht auf dem einheimischen engen Gebiete ansässig war, vom Halse zu halten.
Indeß scheint in Rostock die Aufrechterhaltung dieses schutzzöllnerischen Grundsatzes auf die Dauer nicht möglich gewesen oder, was wahrscheinlicher ist, mit anderen mächtigeren Interessen in Collision gerathen zu sein. Es ist möglich, wenn auch keine Anzeichen dafür vorliegen, daß die Rostocker Böttcherei gegen Ende des 16. Jahrhunderts zurückging. Jedenfalls gab es eine Zeit, wo bei dem lebhaften Betriebe der Brauerei diese nicht genug Tonnen oder nicht zu ansprechenden Preisen geliefert bekommen konnte und daher Fässer von auswärts bezog. Insbesondere ließ man sich von Lübeck Gebinde schicken und schien die dagegen sprechende Vorschrift der Polizei=Ordnung vergessen zu haben. Gegen das Jahr 1597 hatte diese Einfuhr so starken Umfang gewonnen, daß, wie ein Eintrag in ein auf dem Rostocker Stadtarchiv aufbewahrtes Rollenbuch besagt, die Aelterleute des Böttcheramts dem Rath die Bitte um ein Einfuhrverbot unterbreiteten. Indeß wurde ihnen bedeutet, daß ohne Vorwissen der Brauer ein solches nicht erlassen werden könnte, und es ist nicht anzunehmen, daß die Brauer zu ihrem eigenen Nachtheil darin gewilligt haben werden.
Später kam aus zur Zeit nicht erklärbaren Ursachen das alte Einfuhrverbot der Polizei=Ordnung von 1576 wieder zur Geltung. Nach einem Rathsdecret vom 7. Juli 1610 1 ) soll kein Schiffer, weder aus Lübeck, noch aus Wismar, neue Tonnen in Rostock einbringen,
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und wurden auf Ansuchen der Böttcher diverse "frembde" auf der Ober=Warnow befindliche Biertonnen confiscirt. Dieser Beschluß wurde drei Jahre später, am 9. April 1613, erneuert und im Jahre 1618 ein großer Feldzug gegen "alle frembde tunnen, so zu Warnemünde in heusern, buden und schuten vorhanden sein" eröffnet. Der uns über die Ausführung des Auftrages erhaltene Bericht des Vogtes Peter Lange zu Warnemünde giebt an, daß bei dieser Gelegenheit 57 Last und 3 Tonnen, d. h. 687 Tonnen, weggenommen wurden. Davon gehörten 133 Tonnen dem Schiffer Peter Witte aus Lübeck, 144 einem Brauer in Rostock, die anderen zwei Schiffern in Rostock. Alle solche Maßregeln verhinderten nicht, daß immer wieder von Neuem auswärts gemachte Tonnen in Rostock Eingang fanden.
Im Mai des Jahres 1632 brachten die Aelterleute des Böttcheramts beim Gewett zur Anzeige, daß aus dem Keller eines gewissen Hans Behrens Bier in lübeckischen Tonnen ausgeführt sei. Man könnte die Tonnen noch in der im Hafen vor Anker liegenden Schute sehen. Im November desselben Jahres aber verklagten sie wieder einen Schiffer, der Tonnen aus Wismar mitgebracht hatte und sich damit auszureden suchte, daß er sie als Ballast ins Schiff genommen und in Rostock den Böttchern zum Kaufe angeboten hätte, die sie aber nicht gewollt hätten. Wie die Obrigkeit sich in diesen Fällen stellte und ob sie wirklich den Import gemäß der alten Polizei=Ordnung bestrafte, wissen wir nicht. Erst gegen Ausgang des 17. Jahrhunderts hören wir von einem Kaufmanne Reinhold Zander, der dafür, daß er in Lübeck Tonnen eingekauft und nach Rostock gebracht hatte, mit drei Thalern bestraft wurde. 1 ) Die Tonnen erlaubte man ihm zu behalten und zu gebrauchen.
Wie es nach diesen Mittheilungen den Anschein hat, verfuhr der Rath mit den Böttchern nach Gutdünken mit einer gewissen Willkür. Hatten die Brauer und Kaufleute starken Bedarf an Tonnen, so gestattete man trotz der Einsprache der Böttcher, die in solchem Falle viel zu verdienen hofften, die Zufuhr von auswärts. In anderen Jahren aber ging man auf die Klagen der Handwerker ein und berücksichtigte ihre berechtigten Beschwerden. Von einer festen Verfolgung des ursprünglichen Schutzgedankens hatte man sich allmählig entfernt. Schlimmer aber als dieses Vorgehen - und von unserem heutigen Standpunkte aus ganz unverständlich - war, daß der Rostocker Rath im Jahre 1652 ein Verbot der Ausfuhr von Tonnen erließ. Der hierüber zwischen den Böttchern, dem Rathe und dem
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Herzog Adolph Friedrich von Meklenburg=Schwerin, an den sich die ersteren hülfesuchend gewandt hatten, vom 16. Juli 1652 bis 9. October 1653 vor sich gegangene Schriftenwechsel läßt folgende Zustände erkennen.
Die Brauerei war zu jener Zeit, vielleicht durch den 30 jährigen Krieg mitgenommen, speciell durch ein dänisches Biereinfuhrverbot arg getroffen, tief gesunken. Wohl bestanden noch 249 Brauhäuser, aber nur 25 waren regelmäßig "im Gebrauche des Biers", und selbst diese thätigen Brauer führten den kleinsten Theil ihres Erzeugnisses aus, waren vielmehr froh, im Ausschank "bey Kannen vnd Stübichen" ihren Absatz am Orte zu finden. Daraus folgte für die Böttcherei eine sehr gedrückte Lage, der die Handwerker in vermuthlich übertreibender Weise wiederholt kräftigen Ausdruck verliehen. In normalen Verhältnissen, wenn von den 249 Brauberechtigten auch nur 200 brauten, hatten sie alle Hände voll zu thun. Denn für jedes Gebräu wurden 4 Last Tonnen gebraucht; jetzt aber wurde dieselbe Tonne 3, 4, auch 5 Mal benutzt. Dazu sank bei mangelnder Nachfrage der Preis auf 3 bis 4 Gulden pro Last. Unter diesen Umständen konnten die Böttcher nichts verdienen - einige von ihnen hatten sich bereits als Hirten aufs Land hinaus verdungen, um nicht Hungers zu sterben - und versuchten vernünftiger Weise einen Absatz ins Innere des Landes nach anderen meklenburgischen Städten zu organisiren. Insbesondere legten sie sich auf die Fabrikation von Fässern zur Aufnahme von Mumme und sandten sie nach Wismar, wo man sie mit 6, 7, auch 8 Gulden pro Last bezahlte. Theils vermittelten Schiffer diesen Verkehr, theils waren sie direct im Auftrag Wismarscher Kaufleute und Brauer thätig.
Hätte man nun eigentlich in Rostock hiermit nur zufrieden sein können, denn die Allgemeinheit zog von einem blühenden Gewerbe immer Vortheil, so wußten doch die sich beeinträchtigt fühlenden Brauer beim Rathe ein Verbot der Ausfuhr von Tonnen durchzusetzen. Die Brauer behaupteten, daß für sie bei solcher Sachlage nicht genug Tonnen vorhanden wären, daß aller verfügbare Holzvorrath aufgebraucht werden würde und sie dann zu hohe Preise für das Fabrikat zahlen müßten. Gleichzeitig wiesen sie darauf hin, daß auf diese Weise fremdes Bier in Rostocker Band (d. h. Tonnen) geriethe und dadurch der Ruf des Rostocker Bieres zu Schaden käme. Die Wahrheit war, daß man Wismar, wo die Bereitung von Mumme einen erfreulichen Aufschwung genommen hatte und von wo insbesondere nach Kopenhagen eine schwungvolle Ausfuhr stattfand, beneidete und, indem man dieser Stadt den Export erschwerte, die Dänen zwingen wollte, wieder auf das Rostocker Bier zurückzugreifen.
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Die Böttcher waren unglücklich; sie beschworen den Rath, das Ausfuhrverbot zurückzunehmen und wandten sich, als sie nicht einmal eine Antwort erhielten, an den Herzog Adolph Friedrich. Vermittelnd schlug dieser vor, den Böttchern die Ausfuhr zu gestatten, wenn 100 Last Tonnen in Vorrath wären, wovon der Rath sich durch Abgesandte jeweilig überzeugen sollte. Dann könnten die einheimischen Brauer nicht leicht in Verlegenheit gerathen und alles, was sie über 100 Last Tonnen erzeugten, würde auswärts vortheilhaft zu Gunsten der Böttcher Absatz finden. Es war vergeblich. Das Einzige, wozu sich der Rath am 27. Juli 1653 schließlich verstand, war, den Böttchern die Ausfuhr von 40 Last Tonnen zu gestatten, auch dieses nur ein Mal - "diese vergönstigung nicht in consequentz ziehen sollen" - und erst nachdem 8 Tage vorher sie den Brauern zum Ankauf angeboten waren.
Wir wissen leider nicht den officiellen Schluß der Uneinigkeit. Augenscheinlich ist es beim Ausfuhrverbot geblieben. Wenigstens hebt ein Gesuch der Böttcher an den Rath von 1687, sie mit städtischen Oneribus und Contributionen so lange zu verschonen, bis es ihnen ein wenig besser gehe, unter den Ursachen ihrer Armuth den Umstand hervor, daß sie in die Fremde keine Tonnen ausführen dürften. Es ist kein freundliches Bild, das sich auf diese Weise von den damaligen Zuständen offenbart. Eine gewisse Interessenpolitik ist unverkennbar, und Herzog Adolph Friedrich dürfte Recht gehabt haben, wenn er in einem Rescript zu Anfang des Jahres 1653 1 ) an den Rath diesem vorhält, "es entstehen fast viele unordnungen und Misstrawen daher, daß der Rath gutentheilss mit Brawern besetzt und wan andere Zunffte und Aempter etwas anzutrawen haben, so wider die Brawer und deroselben Vorteil lauffen möchte, sie eben dieselbe, die in effectu ihr contrepart sein, zu Richtern im Rhat haben müssen." Er meinte daher, daß wenn Bürgermeister und Rathsherren das Brauwerk betrieben, sie sich in dergleichen Fällen des Votirens enthalten sollten.
Im 18. Jahrhundert ist von Ausfuhrverboten nicht mehr die Rede. Wahrscheinlich legten die Brauer und Kaufleute in dem Maße, als die Brauerei mehr und mehr einschrumpfte und der Handel sich verringerte, selbst kein Gewicht darauf. Dafür aber waren es jetzt die Böttcher, die unter Berufung auf die Polizei=Ordnung von 1576 sich jede Concurrenz fern zu halten suchten und verschiedene Male sich beim Gewett über die nach ihrer Ansicht widerrechtliche Einfuhr auswärts hergestellter Tonnen beschwerten. Nicht immer fanden ihre
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Klagen hier geneigtes Gehör. Eine 1736 gegen den Kammerjunker von der Lühe angestrengte Klage wegen der Einfuhr neuer Tonnen wurde zwar dahin beschieden, daß dieser sich in Zukunft des Imports enthalten sollte. Aber bei einem 1762 mit der Kaufmannscompagnie begonnenen Streit, der zu einem mehrjährigen Proceß führte, zogen sie den Kürzeren. Die Böttcher hatten sich in diesem Falle zur Selbsthülfe verleiten lassen, von den Kaufleuten eingeführte leere Tonnen an sich genommen und verweigerten ihre Herausgabe. Daraufhin veranlaßte dann ein von der Leipziger Juristenfacultät erbetenes Gutachten den Rath, die Angelegenheit zu Ungunsten der Böttcher zu entscheiden. Er verurtheilte die Ruhestörer zur Herausgabe der Tonnen, zur Bezahlung aller aufgelaufenen Unkosten und untersagte ihnen "alle ferneren tarbationen bey zwanzig Thaler Strafe." Wie es scheint, beruhigten sich die Handwerker bei diesem Urtheil nicht und wenn ein aus dem Jahre 1773 herrührendes Schriftstück, in dem der Rath für die Kaufleute und Böttcher einen "Termin zum Versuch der Güte" anberaumt, sich auf diesen Vorfall bezieht, was bei der Lückenhaftigkeit der Acten nicht mit Sicherheit festzustellen ist, so hatte sich ein langjähriger Proceß abgewickelt.
In einem anderen Falle nahm sich der Rath der bedrängten Böttcher besser an. Ein Schiffer Fredland hatte im Jahre 1780 von Stettin 96 leere Apfeltonnen eingeführt, die von Rostock wohlgefüllt die Reise nach Rußland antreten sollten. Auf die Beschwerde der Böttcher verurtheilte ihn das Gewett zu einer Zahlung von 2 Schillingen pro Tonne an die Böttcher "als eine Ergötzlichkeit statt des entzogenen Verdienstes" und untersagte ihm bei 25 Thaler Strafe in Zukunft die weitere Einfuhr. Auch nachdem der Beklagte appellirte, blieb der Rath in seinem Erkenntniß vom 9. Februar 1784 dabei, daß "in erster Instanz wohl gesprochen und übel appelliret worden."
Hatten die Böttcher in diesem Falle gesiegt, so war es bei dem Wechsel der Grundsätze, die ihnen gegenüber zur Anwendung kamen und da sie zur Wahrung ihrer Rechte auch zu Processen hatten schreiten müssen, erklärlich, daß sie eine neuerliche endgültige Regelung der Angelegenheit wünschten. Noch im Jahre 1795 hatte ihnen ein Schiffer Engelhard, der aus Helsingör leere Tonnen mitbrachte, in der Absicht, sie mit Branntwein gefüllt wieder mitzunehmen, Verdrießlichkeiten und Schreibereien verursacht, und ehe der Proceß entschieden, war der Schiffer wieder weggegangen. So unterbreiteten sie denn am 9. December 1795 dem Rathe ein Gesuch, öffentlich bekannt machen zu lassen, "dass sich Niemand, wer er auch sey, und unter keinem Vorgeben unterstehen solle, neue Tonnen oder
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sonstige Gefässe, deren Fertigung dem Amte der Böttcher zustehet, anhero zu bringen, unter dem unausbleiblichen Nachtheil der Confiscation und anderen scharffen Einsehens." Indeß lehnte der Rath dieses Ansinnen ab. Unter dem 13. Januar des nächsten Jahres ertheilte er den Bescheid, "dass die Einbringung der ledigen Tonnen und Gefässe von auswärts, um selbige gefüllt wieder mit sich zu nehmen, als eine Beeinträchtigung ihrer Amtsbefugnisse, wobey man belobtes Amt sonst gerne zu schützen geneigt sey, füglich nicht möge geachtet werden, mithin die Beschränkung dieser Freiheit durch Erlassung eines allgemeinen Verboths deren Ein - und Abführung billiges Bedenken finde."
Diese ablehnende Haltung des Rathes stand im Einklang mit der schon einige Jahrzehnte früher im Landtage gegen ähnliche schutzzöllnerische Tendenzen der herzoglichen Regierung zu Tage getretenen Opposition. Man hielt damals allgemein in Meklenburg an dem Grundsatze der Handelsfreiheit fest. Wenn auch im Laufe der Jahrhunderte das Handwerk hier und da Schutz erfahren hatte, im Ganzen überwogen in der städtischen Politik doch die Interessen des Handels.
Anhang.
Herzog Adolph Friedrich zu Mecklenburg an Bürgermeister und Rhat der Stadt Rostock; 1653, Febr. 7.
Nach einer Abschrift in der Amtslade der Böttcher zu Rostock. 1 )
Von Gottes Gnaden Adolph Friedrich, Hertzog zu Meckelnburg u. s. w.
Unsern gnedigen gruess zuvor, Ersahme liebe getrewe, Wass auf Euren den 1 Septembris abgewichenen Jahrs eingegebenen Jegenbericht, Aelterleute und semptlicher Ampts - Brüder der Bötticher in Rostogk replicando sub dato Rostogk den 28 Octobris selbigen Jahrs wider eingewand, Solches habt ihr hierbey gnedig zu empfangen. Und alss wir dann auss allen hinc inde ergangenen Actis fast So viel ersehen, dass Ihr einem stand vor dem andern in etwas mehr gratificirt │: da man doch in allen wolbestaltem Regiment dahin alles
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absehen billig richten muss, dass dem einen Orden Zwar geholffen, Aber doch der ander nicht gahr unterdrücket werde :│ Maassen es wol scheinet, dass ihr hierin den Brawern, alss dem mehrentheil Eurer Rhatsfreunde, etwas beifelliger, alss den Armen Böttichern gewesen, So haben wir diese nachfolgende rechtmessige Verordnung gemacht, Dass so lang Hundert last Tüchtiger Tonnen beim Ampt der Bötticher Vorhanden │: welche dan zu besehen Ihr Zwey aussm Ampt der Bötticher Verordnen, und dass Sie in estimirunge des holtzes und der Arbeit auch der Tonnen unparteilich, weder ihren Amptsbrüdern zu lieb, noch den Brawern zu leide Verfahren sollen mit sonderbahren Special Eiden belegen möget : │, Ihr dem Bötticher - Ampt Unser Erbunterthenigen Statt Rostogk nicht Verweigern sollet, entweder Wissmarsche Mummenfesser, oder anderer Reich und Stette wie auch Rostogker Band zu verfertigen und selbige in quantitate Verschiffen, Verführen und Verkauffen zu lassen, Dahingegen dass Bötticher Ampt gehalten sein soll, bey noch Zur Zeit befindlichen biers abgangk Vorbesagte 100 last guter mit Wraker Marck gezeichneter Tonnen allezeit in Vorrhat zu haben und selbigen Vorrhat allewege Volzuhalten, auch von sölchen mit dem Wraker Marck approbirten Tonnen die last nicht teuerer alss Sechs gulden zu geben. Und weil wir in vielen sachen befinden, dass bei unser Erbunterthenigen Statt Rostogk Regiment fast Viele unordnungen und Misstrawen daher entstehen, dass der Rhat gutentheilss mit Brawern besetzt und wan andere Zunffte und Aempter etwas anzutrawen haben, so wider die Brawer und deroselben Vorteil lauffen möchte, Sie ebendieselbe, die in effectu ihr contrepart sein, zu Richtern im Rhat haben müssen, Alss wollen wir Euch Burgermeister und Rhatmänner Unser Erbunterthenigen Statt Rostogk, die ihr dass Brawwerk zugleich mittreibet, hiemit erinnert haben, daß bey solchen Vorfallenheiten Ihr von selbsten aufstehen und Euch allen Votirens in solcher Sachen enthalten sollet, Euch andern auch, die Ihr Euch keiner Brawerey gebrauchet, aufn fall Sie nicht von sich selbsten Euch entweichen wollen, Selbige aufzustehen und dieser Unser Rechtmessigen Verordnung sich gemeess zu verhalten, ernstlich zu vermahnen, hiemit gnedigen ernstes anbefohlen haben, Wornach Ihr Euch zu richten. Und sind Euch mit gnaden gewogen. Datum Schwerin den 7 Febr. a. 1653.
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:
Von
Dr. F. Techen zu Wismar.
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D as Wismarsche Rathsarchiv bewahrt bei den Acten des Wollenweberamtes zwei in grobes Pergament geheftete Bücher in kleinem Quart, deren eins aus achtzehn, das andere aus zwölf Lagen von meist drei Bogen besteht. Beide sind 1481 in Gebrauch genommen. Das stärkere ist bis auf wenige Seiten zumeist mit den im Anfange ausführlicheren, seit Michaelis 1489 eng zusammengezogenen vierteljährlichen Abrechnungen der Werkmeister, die bis 1582 Michaelis reichen, gefüllt. Das dünnere bietet zuerst Abrechnungen, wie sie in jenem seit 1489 Michaelis erscheinen, bis Johannis dieses Jahres reichend, sodann aber Aufzeichnungen über des Amtes Recht und Brauch, wichtigere im Amte vorgefallene Sachen, Inventare und Listen. Die letzte Einzeichnung stammt aus dem Jahre 1580, obwohl es an unbeschriebenem Papiere nicht gebrach. Im 16. Jahrhunderte wird es öfter des Amts tugebok genannt.
Aus diesem Buche sollen hier einige Stücke mitgetheilt werden, die in einer Sammlung der Amtsrollen nicht wohl einen Platz finden könnten, aber, weil sie einen selten vergönnten Einblick in das Leben und Denken der Handwerker gewähren, mich der Veröffentlichung nicht unwerth dünken.
Das Amt der Wollenweber, dem auch Nicolaus Jesup 1 ), der bekannte Führer der Handwerker gegen den Rath, angehörte, war im 15. und noch im 16. Jahrhunderte eins der bedeutendsten in Wismar.
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Es zählte 1481 dreißig Selbstherren 1 ) (Meister), die vorwiegend an der Faulen Grube (früher Vogtsgrube, jetzt Wilhelmsstraße), in der Baustraße und den angrenzenden Theilen der Lübschen Straße ansässig waren. Dem Amte standen zwei auf seine Bitte vom Rathe auf Lebenszeit eingesetzte Werkmeister vor. Diese hatten die im Amte verfertigte Arbeit auf ihre Güte zu prüfen und je nach Befunde unter Beihülfe der jährlich vor Pfingsten erwählten Siegler zu siegeln. Ihnen unterstand die Walkmühle (jetzt Papiermühle), für die das Amt dem Rathe jährlich in vier Raten 80 Mark (seit 1538 Weihnachten 60 Mark) Heuer zahlte, dergestalt daß sie Walker und Fuhrleute annahmen und bezahlten und daß sie die nothwendigen Bauten anordneten. Alle Vierteljahre hielten sie Abrechnung, bis 1489 Ostern, wie es scheint, unter einander, 2 ) und zwar abwechselnd ein Jahr - von Johannis bis Ostern - im Hause des einen, das andere im Hause des andern 3 ), und sie scheinen auch den Betrag festgesetzt zu haben, der für das Walken des Lakens zu zahlen war. In den Amtsversammlungen führten sie den Vorsitz und hatten die Leitung. Um ihre Vorschläge zu besprechen trat das Amt ab und erklärte danach durch einen Wortführer seinen Entschluß. Die kirchlichen Lehen des Amts hatten sie außer der eigentlichen Wollenweber=Vicarei, zu der auf ihren Vorschlag das Amt den Vicar präsentirte, zu vergeben, eins im Wechsel mit dem Pfarrer von St. Jürgen.
Ihnen zur Seite stand ein Ausschuß von vier Meistern, die bald die Aeltesten 4 ), bald Vorsteher, bald Mühlenherren genannt werden. Sie scheinen auf Zeit gewählt zu sein 5 ) und über ihre Befugnisse ist
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wenig bekannt. Der letzte Name deutet auf Beziehungen zur Walkmühle, wie sie auch im 16. Jahrhunderte im Verein mit den Werkmeistern Walker angenommen und abgesetzt haben. Wir werden in ihnen wohl die eigentlichen Vorsteher der Wollenweberbrüderschaft, in die auch andere als Wollenweber aufgenommen wurden, zu erblicken haben. Sicher haben sie eine Kasse verwaltet, aus der Gelder an die Werkmeister für Zwecke des Amts gegeben wurden. Ob sie auch bei der Annahme von Lehrjungen und der Aufnahme neuer Selbstherren hervorragend mitgewirkt haben? Bezeugt ist, daß sie zusammen mit den Werkmeistern in Gesellensachen zuständig waren und insbesondere mit jenen die Buße auszusprechen hatten, wo die Strafgewalt der Gesellenschaft nicht ausreichte, während allerdings bei wichtigen Sachen das Amt berufen werden mußte. Mit ihnen pflegten die Werkmeister sich ins Einvernehmen zu setzen, bevor sie ihre Vorschläge an das Amt brachten. Einer der vier war der Worthalter des Amts.
1489 Johannis erlangte das Amt außerdem zwei Beisitzer, die die Vierteljahresrechnung der Werkmeister entgegennehmen sollten. Von diesen sollte, wie es bei den Rathsämtern üblich war, jährlich einer zurücktreten, der bleibende aufrücken und ein neuer eintreten. In der That aber blieben der Regel nach die einmal erwählten Beisitzer in ihrem Amte, bis sie zu Werkmeistern berufen wurden oder starben. Häufig scheinen übrigens die Beisitzer zugleich auch Mühlenherren oder Aelterleute gewesen zu sein. Hatte das Amt zeitweilig nur Einen Werkmeister, so begegnen wohl drei Beisitzer, oder es wurden sonst noch ein oder zwei Meister zur Rechnungsablage zugezogen. Nicht ersichtlich ist der Grund, weshalb dasselbe 1531 Johannis bis 1533 Weihnachten geschehen sein mag.
Der Ort, wo das Amt sich zu den Morgensprachen und andern wichtigen Verhandlungen vereinigte, war seine Kapelle in S. Jürgens=Kirche auf der Südseite neben dem Thurme. 1448 hatte das Amt sie käuflich erworben (S. P. M. S. 2049) und wohl selbst ausschmücken lassen. Erneuert sehen wir noch jetzt an der Thurmwand Maria mit dem Christkinde zwischen den Heiligen Barbara und Dorothea. Die Flächen der breiten Pfeiler am Eingange aber bedeckt ein weitverzweigtes, von zwei Männern mit gewöhnlichen Zügen getragenes Rankenwerk, das links vom Eintretenden durch Bischof Sever, den Schutzheiligen des Amtes, mit dem Wollbogen, rechts durch Christophorus abgeschlossen wird. 1492 veranstalteten die Werkmeister zu ihrem Altare eine
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neue Tafel 1 ), worauf die Passion des St. Sever gemalt ward; sie ist verloren, ebenso wie das Gestühl 2 ), das man 1482 beschaffte. Dagegen hat sich ein vom Amte unter den Werkmeistern Jürgen (Georg) Peters und Jochim Gammelkern (das bedeuten die Buchstaben G. P., J. G. K.) 1581 gestifteter Arm erhalten, ist aber jetzt hinter dem Chore befestigt. 3 ) Alle Sonn= und Festtage war der Vicar des Amts verpflichtet, dort eine Messe zu halten, und jeden Mittwoch ward eine Messe zu Ehren der heiligen Jungfrau gesungen. Daß damit der in dieser Kapelle regelmäßig gefeierte Gottesdienst sich nicht erschöpfte, ist zwar sicher, doch ist Genaueres nicht bekannt 4 ) Von der kirchlichen Feier des Festes des heiligen Sever wird nachher zu reden sein. Den ausgiebigen durch Reimar Gartman in Rom von sechs Kardinälen erlangten Ablaß kennen wir leider nur durch eine dürftige Nachricht. 5 ) In der schönen Kapelle Marien zur Weiden auf dem Marienkirchhofe unterhielt das Amt nach mehrfachen Zeugnissen in seinem Rechnungsbuche jedesfalls ein Licht.
Mit jeder Rechnungsablage verband sich ein Schmaus, hauptsächlich für die Werkmeister und diejenigen, mit denen sie abrechneten; für die Amtsbrüder waren nur die Reste, und diese setzten 1489 eine
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starke Einschränkung durch. Größere Festlichkeiten fielen am Tage des heiligen Sever, zu Fastnacht und Pfingsten vor. Der Schwerpunkt des ersten Festes lag, nach Ausweis eines Protokolls im Zeugebuche, in der Kirche 1 ); vom andern wissen wir nur, daß das Amt regelmäßig vorher zusammenkam, um zu berathen, wie man es mit Fastnacht halten wollte, über das dritte gibt ein, sagen wir Denkzettel von 1492, im Zeugebuche fol. 21 einige Auskunft:
Item des pynxste dages, wen dar in dem gilde sint vrowen vnde man, so plegen de werkmester af to seggende, dat sik ieder man war vor broke.
Item in dat erste, we olt hat myt dem anderen heft, de schal dat nicht reppen, it sy vrowe edder man; de dat deyt, wer[t] dar hadder af, dat schal de dat reppet heft wedden myt I tunt bers. Item dat ander. Dar schal numment nene poke edder ander wer in den gylde dregen by I tunt bers. Item dat III stukke. Dar schal numment dem anderen to drinken mer wen he mach by I tunt bers. Item schal hiir numment nene geste in dessen gilde bringen, he hebbe orlof van den schafferen.
Item queme dar wol, dede werf hadde to eme, deme mach me wol ens schenken; men let he ene sitte[n] gan, so schal he var em betalen vor I dach.
Item ok schal numment nene beruchte personen hiir inbringen by enre tunnt bers.
Item ok schal malk den sinen sturen, dat dem werde nen vngevoch sche in sime krude oft in sime glasewerke oft glese oft in anderen kannen edder wat dat were by I tunnt bers.
Item vortmer bede wy, dat gy sin horsam vnsen schafferen, it sy noch vrowe edder man, by enre tunnt bers.
Item dar mede maket iw guden hagen, vnde wat hiir na mal mer to seggend[e] wert, dat werdet iwe schaffer wol seggende.
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1491 ward dies Fest in des Werkmeisters Hause gefeiert, und geräumig genug wird bei den Wollenwebern Haus und Hofplatz 1 ) gewesen sein. 1480 besaß das Amt übrigens ein Haus in der Lübschen Straße auf der Nordseite zwischen der Faulen Grube und der Neustadt, das, nachdem viel Geld darin verbaut war, 1482 verkauft ward 2 ); und ob der Krug in der Hege, der in den achtziger Jahren desselben Säculums mehrfach erwähnt wird, nicht vielleicht auch zu den Amtsfestlichkeiten benutzt ist, läßt sich nicht sagen. Im folgenden Jahrhunderte hatte das Amt seinen Krug erst in der Lübschen Straße (1543), dann sicher seit 1546, wie vorher schon erwähnt ist, in der Papenstraße.
Daß die Gesellen (Knappen, Knechte) Pfingsten bis 1489 zusammen mit den Selbstherren feierten, ist bezeugt. Sonst wissen wir wenig von ihnen. Auch sie hatten ihren Verband, an dessen Spitze die mesterknapen standen, die die Gesellschaft zu berufen und ihr Anliegen beim Amte anzubringen und zu vertreten hatten. Das eigene Strafrecht der Gesellenschaft scheint bis zu 1 ß. Buße sich erstreckt zu haben. Der Altar der Gesellen befand sich an der Südseite von St. Jürgens=Kirche, aber nicht in oder neben der Kapelle des Amtes.
Unzufriedenheit herrschte gegen das Ende der achtziger Jahre des funfzehnten Jahrhunderts im Amte gegen die Werkmeister, deren Rechnungen man beargwöhnte und über die man sich beklagte, weil der Satz des Walkgeldes immer höher, die Kosten der Rechnungsablage immer größer und der Antheil des Amts an den Rechnungskösten immer geringer ward. Mißgestimmt war man daneben, weil die Gesellen manchem feiner empfindenden Meister die Pfingstfreude durch unanständiges Betragen verderbten. Beides löste ein Vorfall aus, der an sich unbedeutender als unbebeutend war. Zwei Gesellen beschuldigen einen Kumpan, er habe Bier übergeschüttet. Das ist verpönt, aber sie können ihre Behauptung micht erweisen: so werden sie selbst straffällig, und die Gesellenschaft verhängt über beide eine Strafe von 3 Schillingen. Sie weigern sich zu zahlen - doch wozu das im Einzelnen erzählen? Man lese den gleichzeitigen niederdeutschen Bericht. Es kommt zu einem allgemeinen Zwiste zwischen Meistern und Gesellen, und als diese zum Nachgeben sich genöthigt sehen, wollen jene, voran der Werkmeister Reimar Gartman, die Gelegenheit benutzen, die Gesellen von ihrer Pfingstfeier auszuschließen. Da die
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Gesellen dagegen sich sträuben, ändert Reimar Gartman seine Meinung und gibt sich dabei eine Blöße, die geschickt benutzt wird. Man weiß den Bürgermeistern die Nothwendigkeit einer besseren Rechnungsablage einleuchtend zu machen und erlangt die Einsetzung von Beisitzern. Der zweite, ältere Werkmeister tritt zurück und Reimar Gartman vollendet nach zwei Jahren seinen Sturz bei dem Versuche, die Beisitzer abzuschütteln.
Wer diesen Bericht, der im Zeugebuche fol. 23 r - 28 r füllt, verfaßt und geschrieben hat, ist unbekannt. Man vermuthet natürlich des Amtes Vicar, Herr Hinrik Hurße. Doch bleibt die Sache aus dem Grunde äußerst zweifelhaft, weil offenbar gleichzeitig zwei Hände in des Amtes Büchern damals thätig waren.
Durch einige Anmerkungen bemühe ich mich, Einzelnheiten zu erklären und das Verständniß zu erleichtern. Die übrigen Stücke, weit unbedeutender dem Inhalte nach, erheischen keine weiteren einleitenden Bemerkungen. Ich bemerke schließlich, daß ich nur Ein den hier gebotenen gleichartiges Protokoll zurückhalte, einmal weil es gar zu langweilig abgefaßt ist, dann aber, weil das Wesentliche daraus bei einer Zusammenstellung der Amtsrollen und Statuten seinen Platz finden muß. Zwei Stücke sind endlich in den Anmerkungen S. 45 verarbeitet.
Die Zerwürfnisse des Jahres 1489.
fol. 23.
Item. En(en) ghes[c]hechte dat schach in den iaren vnses [heren] MCCCCLXXXIX. Do weren de wullenweuer twedrachtich. Dat quam tho van knapen, sunderghen van den mesterknapen. Also weren dar II knapen de wolden tughen, dat dar en knape wesen hadde, de dar hadde enen pot bers | 5 |
gheghaten. Dat konden se nicht vullenbringhen. Do mosten se darvor boten. So worden dar IIII vmme tghesant. De makeden, dat se scholden gheuen III ß. Dat wolden se nicht don, se wolden bliuen by des amptes ghesette. Dat ampt hadde ghesettet, dat de knapen nicht richten scholden hogher wen | 10 |
I ß. eneme iewelken, dede gote I p t bers vnvorwa[re]ndes vnde ock dede spigede, wen dar nen tunnenber 1 ) wer. Weret dat |
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dar hogher brake ville, dat
scholden de mesterknapen soken vor den
warckmesteren vnde vor den oldesten in
deme ampte, de scholden dat vinden also,
dat it reddeliken thoghinghe.
Do dyt schach, dat se de III ß. nicht tgheuen wolden, do vordrunken de mesterknapen der beyden knapen hoyken 1 ) |
5 |
vor VI ß. Do ghinghen │ de mester der beyden knapen tho | 23 v |
vnde klagheden dat den werckmesteren vnde den oldesten in deme ampte. Do worden de mesterknapen vorbadet, vnde de werckmester vnde de molenheren makeden, dat de twe knapen scholden tlegghen de III ß., de em de IIII knapen hadden | 10 |
thodeghedinghet. Dat wolden
de mesterknapen nicht don.
2
)
Do quam dat ampt dar vmme thohope vnde worden des ens, dat de mesterknapen nicht arbeyden scholden so langhe, wente se wedder horsam weren den werckmesteren, den molenheren vnde deme gansen ampte. Done ghinghen de mester- |
15 |
knapen tho vnde vorbadeden thohope de gantsen selschop vnde vorbunden dat vnder sick thohope ieghen dat ampt, dat dar numment scholde arbeyden in deme ampte, men scholden tho ber ghan myt den mesterknapen. Dat warde man I dach, do hadde de hupe nen ghelt mer vnde de mester wolden en nicht | 15 |
don.
3
) Do ghinghen de
knapen wedder tho arbeyde, vnde de
mesterknapen de ghinghen noch leddich.
So sunnen
4
) se
gnade.
Do quam dat ampt darvmme thohope. Er dat ampt darvmme sprack, do nam Gartman 5 ) │ de oldesten des amptes in de |
24 r |
cappelle vnde gaf em dat vor, dat se de knapen nicht wolden | 25 |
manck sick hebben in deme pinxsten. Des worden de IIII oldesten des amptes ens. Dar vochaftich 6 ) dat ampt in de |
11 de: ursprünglich den.
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cappellen esket wart, do gaf Gartman deme ampte dyt vor, dat he vnde syn kumpen des ens weren myt den oldesten vnde wisede done dat ampt af, dat se darvmme spreken scholden. Do worden dat gantse ampt ens myt den warckmesteren. Do leten se de mesterknapen in de cappellen kamen vnde makeden | 5 |
ene soninghe, vnde Gartman sede em dat af, dat de knapen scholden bliuen in ereme ghilde vnde de amptbroder wolden bliuen in ereme ghilde. Des weren de mesterknapen wol thovreden vnde seden, se wolden dat der selschop segghen des neghesten sondaghes darna. Des weren de mesterknapen ens | 10 |
myt Gartmanne vnde myt
syneme kumpen vnde myt deme gantzen
ampte.
Item. Do wart dat vmmedreget 1 ) myt Grartmanne, dat syne eghenen knapen des sundaghes quemen myt den mesterknapen vnde beden wedder. Do ginck Gartman tho vnde sede |
15 |
em dat wedder tho myt syneme kumpen, dat se scholden kamen wedder in der mester ghilde na also vor, synen willen scholden │ se hebben vnde sines kumpens vnde hee wolde em | 24v |
der oldesten 2 ) thoentbeden in eren kroch. Do wolden de oldesten dat nicht ghunnen sunder des amptes willen. | 20 |
Do dat ampt wedder thohope quam, do spreken se alle, se wolden dat holden, also it afghespraken was, vnde ghinghen vt de[r] kappellen vnde leten dar Gartmanne vnde sinen kumpen thohope allene stan. Done ghinck Gartman tho vnde reysede 3 ) de mesterknapen dartho, dat se de oldesten scholden | 25 |
vor den borghermesteren
vorclaghen.
Done de oldesten dat vorvoren, dat se vor den bormesteren vorklaghet weren, do ghinghen de oldesten tho den bormesteren in er hus, getselick 4 ) by sick, vnde leten em de saken vorstan, wo Gartman hadde ghedan, wo hee de oldesten darby hadde |
30 |
ghebracht vnde dat ampt so hadde bedraghen. Done de bormester thohope quemen, do makeden se, dat de knapen scholden gan in den pinxsten in der mester ghilde noch in deme iar, |
11 syneme: Handschrift synene │ 29 vor dem er ist dat getilgt .
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vnde wen de pinxsten vorby wer, so scholden de oldesten wedderkamen vor de bormester myt deme ampte, so wolden se dat en segghen, wo it des anderen iares stan scholde. Do blef de sake stande. |
Item. Myt den knapen des anderen iares │ XC iar. Do |
25r
5 |
quemen dat ampt thohope, done se de schaffer karen, vnde worden des ens, dat se de knapen wolden van sick hebben. Dat quam sus tho. Hans Yserberner was done Gartmans kumpen worden. 1 ) Deme was dyt mede, dat wusten de ampt - broder wol, dat de knapen van en bliuen scholden in deme | 10 |
pinxsten. Do spreken de warckmester tho deme ampte, wer 2 ) se den ghilde ock holden wolden, also dat oldinghes wesen hadde, dar scholden se vmme spreken. Do vraghede Clawes Rike, de helt des amptes wort, wer den werckmesteren dar ock wat anders ane schade. 3 ) Do sede Gartman: nen, se wusten nicht | 15 |
sunderghes. Dat [was] en teken, dat Gartman echter wolde schiuelen. Do sprack dai ampt darvmme. Do weren dar welke in deme ampte, de ock schiuelden. Do sprack Clawes Rike: Gy 4 ) weten wol, wo de sake myt den knapen stande blef. Wy willen myt den werckmesteren spreken vmme de | 20 |
sake van den knapen, Do sprack Clawes Rike tho den werckmesteren: Gy weten wol, wo it stande blef myt den knapen, dat vns de bormester wolden afsegghen, wo it iarlinck stan scholde myt den knapen. So wil dat ampt, dat de knapen scholen │ van vns bliuen, edder se willen den ghilde dalelegghen. |
25v
25 |
So begheren se van iw, wo iw darvmme is, war gy dat ock willen holden myt deme ampte, efte wat iw got dunket, nademe dat gy sunt vnse warckmester, vnde ghelt iw so vele alse vns vnde vns so uele alse iw, dat wy auer en kamen vnde vns nicht enttwegeren. So wil wy wol mede vortkamen. Wente | 30 |
dar grote vele sunde kamen. Se gat van vns vnde spigen, dat vnschickkelick ys, vnde kamet wedder vor vns tho stande vnde drinket wedder an vnde don vele ander quat, dat daraf kumpt. |
18 de: ursprünglich der. │ 28 so vele: Handschrift so wele. ( 29 alse: Handschrift asse. │ 33 don: Handschrift den.
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Do worden de werckmester des ens myt deme ampte myt endracht vnde seden dat den mesterknapen vnde de[n] schafferen, dat dat ampt des ens gheworden were[n), se scholden bliuen in ereme ghilde, vnde de mester wolden bliuen in ereme ghilde. | 5 |
Des weren se nicht thovreden, men se scholden spreken myt den oldesten knapen vnde myt der gansen selschop. Des wart en ghegunt, men dat moste nicht schen. Tho den lesten beden [se], dat se mochten vor dat gantse ampt kamen. Dat wart en gheghunt. Done beden se noch, dat se mochten by | 10 |
erer olden rechticheit bliuen. Do wart em ghevraghet, oft se dar ock schrift │ up hadden. Tho deme lesten beden se, dat | 26 r |
me se io so nicht van sick wisen scholde, me moste em io ene vruntschop don. Done sprack dat ampt darvmme myt den werckmesteren vnde worden des ens, dat se en II. tunne | 15 |
bers wolden gheuen dyt iar,
men nycht tho eneme pleghe alle iar; we
tho deme anderen iar leuede, de mochte
denne raden. Des weren de mesterknapen
vnde de schaffer wol thovreden. Dar wart
dat mede sleten tho eneme gantsen
ende.
Jar LXXXIX. 1 ) Item. Do sick dyt vorlep, dat do de |
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oldesten des amptes vor de bormester quemen van desser sake weghen, also hir vorgheschreuen steit, do nemen se dat ghemene beste des amptes vor, dat langhe wraket 2 ) hadde in deme ampte, also dat de beyden warckmester nene rekenschop pleghen tho dunde deme ampte van al deme ghelde, dat se van deme ampt | 25 |
upnemen, vnde vorhogheden dat upnement van iaren tho iaren. Se pleghen van deme lakene tho nemende X , do wart it I ß. Do des paskens also dit schach, nemen se IIII witte van deme lakene. 3 ) Vnde ock makeden de warckmester de rekenschop alle verdendel │ [iares] swarer. Des sundaghes rekenden |
26 v
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14 vor myt ursprünglich dat. │ 23 vor des ursprünglich dat.
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se myt deme ampte, so drunken se I tunne bers vnde so eten de oldesten myt den werkmesteren. Dat darauer lep, dat setteden de werckmester in er beholt, dar krech de mene hupe nicht af. Item so kakeden se des mandaghes wedder tho vnde hadden denne tho gaste de II welker, den vorman vnde den | 5 |
timmerman vnde den smyt 1 ) den dach t. Wat darauer lep, dat brochten se in den kroch 2 ), braden vnde saden. Dat eten de menen amptbroder up. Dar gheuen se em tho I ß. vor ber. Item do worden se de bouerye an, de werckmester, vnde bohelden de spise tho hus vnde quemen des dinxstedaghes wedder | 10 |
thohope vnde eten de koste up vnde enttoghen dat deme ampte. Dat deden ere vorvarden nicht. Al sulke vnkoste leden se up, de vnwanlick weren. Dat vordr t den oldesten vnde deme gantsen ampte, men se konden myt boschedenheit nicht bykamen. Sunder done dyt vorghescheghen schechte schach myt | 15 |
den knapen, do klagheden de oldesten des amptes den bormesteren vnde beden darvmme, dat se em dar wolden ane bystendich wesen vmme des ghemenen bestes! willen des amptes. Dat was in deme iarmarkede 3 ) vnde warde │ III wekene na sunte Johannese, vnde deden dar grot arbeyt vmme - dat |
237 r
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louet numment - er se dat
dahenne bringhen konden, dat it
richteghen tho stande quam. Dat was
Clawes Rike, Hans Yserberner, Hans Bolte
vnde Clawes Domelow.
Item do brochten se it so verne myt der bormester willen, men it wart en sur noch, dat se kreghen I nigen werckmester |
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vnde hete Hans Yserberne[r] 4 ) vnde kreghen II by de rekenschop vnde scholden mede insegghen 5 ) laten, dat de koste ock schickeliken tho stande quemen. Do wart dat so ghemaket, dat de[s] mandaghes kost vnde des dinxstedaghes kost worden reyne afghelecht, vnde des sundaghes wen se rekenschop myt | 32 |
deme ampte holden, de spise de darauer lopt, de van der |
8 vor de ursprünglich dat. │ 15 vorghescheghen: vorgheschreuen ?
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warckmester tafelen, de settet me up de tafele up der dele 1 ) vnde let it den menen broderen upeten, vnde lont vort af den welkeren vnde deme vormanne. Des mandaghes kamen de bysitter dar wedder vnde tellen dat ghelt af, dat de r t hebben schal, XX mark, vnde alle vnghelt dat dar ghegheuen is | 5 |
nemen de warckmester wedder des ver[d]endel iares vnde drinken nicht mer wen IIII kanne bers vnde gheuen den knapen ock I ß. in dat hus tho dranckghelde vnde gan │ in de | 27 v |
Heghe, de warckmester vnde
de bisitter. Dar kamen [de] timmerlude
vnde de smyt, den wart dar aflont,
hebben se arbeydet. Dar wart kaket vor I
ß. viske vnde wart anders nene vnkost
tho dan, men IIII edder V
. tholaghe. Dar ys alle
rekenschop mede tho ende.
Item dit st t so wol, dat it deme ampte wol haghede. Men Gartman dorch syne olde nuckke, do is sus st t hadde in |
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dat ander iar, do nam he dat wedder vor vnde wolde de bisitter wedder afhebben vnde dat sl t van der laden, dar de bisitter den slatel tho hadden, vnde ghinck vor de bormester vnde berde 2 ) vor deme ampte, alse gift 3 ) he afwolde van der werckmesterschop. Do he vor de bormester quam, do vorklaghede | 20 |
he synen kumpen Hans Yserberner vnde sede den bormesteren, he hadde nene macht, dat sl t wer vor de laden ghekamen ane synen danck. Do sede Hans Yserberner wedder, dat dat were schen myt willen Gartmans vnde sines! willen vnde des gantsen amptes, vnde se hadden nicht myn macht, wen se tho | 25 |
varen hadden; dar wer numment, de em enieghen weren in deme gantzen ampte. Item do villen de bormester wat by Gartmanne vnde spreken, dat scholde stan wente │ na deme | 28 r |
pinxsten - wente Gartman scholde den ghilde hebben in sin hus - wen de pinxsten vorby were, so scholden se wedder | 30 |
vor en kamen de beyden
warckmester, so wolden em de bormester
segghen, wo it stan scholde.
Item do de pinxsten vorby was, do ghinck Gartman wedder vor de bormester vnde let nicht af van siner vorrederye (vnde let) vnde wolde noch afhebben dat sl t van der laden, edder |
35 |
he wolde nen werckmester wesen. Do dat de oldesten in deme |
14 it: Handschrift ick.
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ampte vornemen vnde syn kumpen, do ghinghen se ock vor de bormester vnde deden dar vele vmme des ghemenen besten willen des amptes vnde brochten dat so verne, dat Gartman afghesettet wart vnde Clawes Rike wedder tho wart ghesettet in syne stede. 1 ) Do krech dat gantse ampt vrede. Do weren | 5 |
Hans Yserberner vnde Clawes Rike erlike vrame lude vnde helden dat, dat [dat] gantse ampt en danket, vnde dat sl t blef vor der lade, de II bysittere bleuen vnde setteden alle iar I af vnde enen wedder tho vnde reyerden 2 ) also erlike vrame lude. Biddet got vor de beyden vnde vor al de anderen, de | 10 |
dartho hulpen, vor dat mene beste des amptes. Et sic est finis. |
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Die Gewaltthätigkeiten Jaspar Gammelkerns des Jüngeren.
Nachdem der 1543 zu Fastnacht gefaßte Amtsbeschluß berichtet worden, daß Jaspar Gammelkern 3 ), weil er im Amtskruge in der Lübschen Straße den Wollenweber Jochim Frame 4 ) gluplings vnder | 15 |
der tauelen willen ersteken
hebben vnd blotwundede, nicht mehr bei
den Zusammenkünften des Amts mit den
übrigen zu Biere sitzen solle, heißt es
im Zeugebuche fol. 37
r
- 39
r
weiter:
Item nochmal vann dem suluen Jasper Gammelkern ist ein vnwil geschen in dem kramerschuttinkg 5 ). Dar hefft hee |
20 |
tho ber geseten, szo sint er twe van synen amptbrodern dar ock henneghan vnd hebben vor sick willen ock drincken, sint sitten gan in ein sundrich lach nomiliken! Jurgen Petersen 6 ) |
4 wart: Handschrift vart, davor wedder getilgt. │ 20 ein: andschrift : er.
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vnd Pawl Prawst 1 ), hefft dusse Jasper Gammelkern sick by en genalt 2 ) vnd willen hebben se ock doth steken in dem schuttinge. Dusse sulueste vnwil is geschen darumme, dat Hans Ratke 3 ) Jasper Gammelkerne hedde gesecht, wat dat ampt in der kapellen boslaten hedden vnder sick thohope. | 5 |
Darvth hefft sick bogeuen, dat dat ampt thohope geeschet offt vorbadet [wart] in der capellen vnd hebben disse beiden tho sick vorbaden [laten], nomeliken Jasper Gammelkerne vnd Hans Ratke. Hebben dat ampt Jasper Gammelkern gefraget, wol ehm dat gesecht hedde. Hefft Jasper Gammelkerne wedder | 10 |
geantwardet: dat hefft my Hans Ratke gesecht. Dar hefft dusse Hans Ratke vp geantwordt: dat huchstu Gammelkern alls ein erloszer deff, alsze du bisst. Dar swech Jasper Gammelkern stil tho. Darvp hefft ein ampt den beiden van sick gewiset, dat se scholen van en beiden eynen man maken. 4 ) | 15 |
Item noch heft de suluige Jasper Gammelkern syn vnnutte munth gebruket vp der frigen straten auer dem boscheden Marten Jurden 5 ) vnd syne kynder, hefft de wordt gesecht, de he edder de synen nummer kan warmaken. Szo is de suluige Jasper Gammelkern nha syneme husze gan vnd hefft gebaldert | 20 |
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vnd geflocket vnd hefft gedrowet tho barnen. 1 ) So is syn naber Laurens Gronewynkel 2 ) boangest geworden, wuste nicht, weme idt gelden scholde dat barnent vnd dat drowent, wer idt syneme husz scholde gelden, offt wer idt vp de walckmole scholde, gelden. Szo is auer Jasper Gammelkern noch thogegan vnd | 5 |
hefft hupen stene thohope gesammelt vnd is vp synen ramen gestegen vnd hefft dussen synen naber Laurens Gronewinckel vp gelouen vthegeeschet. Szo heft disse Laurens Gronewinckel nicht doren 3 ) louen vnd hefft syne frowe vthgeschunt vnd hefft gesecht: hor to, wat will Jasper Gamelkern? Szo is se in | 10 |
den hoff gegan. Szo is Jasper Gamelkern vp synem ramen stan (vnd) vnd hefft Gronewynckels syne frow gefraget: wor is iw werdt? lat ene hir in den hoff kamen, ick wil ehm wat seggen. Als nu Laurens Gronewynckel is in synen hoff getreden, hefft dusse Jasper Gammelkern van bauen heraff | 15 |
gesmeten, wat he vth synem lyue smyten konde, dat Gronewynckel gade danckede, dat he wedder in syne hofdor qwam. Szo is Gronewynckel thogegan tho synen werckmestern 4 ) vnd hefft ehm dat geclaget, szo hebben de werckmestern! tho demsuluen Jasper Gammelkern twe bosetene borger gesant alse eyn | 20 |
olderman der schomaker Hinrick Burmester vnd ein kleinsmyt Sander Wulff vnd hebben ehn gefragen laten, wat he mit dem barnen vnd ander vndogede mende? Szo hefft Gammelkern geantwardet, he wer van Marten Jordens wegen vth dem ampt gewiset, dat doch nicht war sy. Ock hefft Jasper Gammelkern | 25 |
gesecht, dat vor ehme de poth ber vorauer gedan is in dem kroge. Noch hefft Jasper Gammelkern gesecht tho den twen bosetenen borgeren, he hefft noch nicht qwat gedan, men he dachte noch qwath tho donde. Duth synt de antworde, de he den beiden bose[te]nen borgern hefft gesecht, vnd scholdent den | 30 |
werckmestern der wullenweuern wedder seggen. |
5 thogegen in der Handschrift. │ 26 gedan ist ebensowohl möglich wie gegan, an das man leicht denkt.
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Kleinere Stücke.
1567 Weihnachten muß der 1543 Meister gewordene Jochim Gammelkern, der, nachdem er schon 1559 Ostern der Rechnungsablage zugeordnet gewesen war, seit 1562 Ostern das Amt eines Beisitzers bekleidete, seinen Bruch zahlen, um Verzeihung bitten imd eine Ehrenerklärung ausstellen, weil er bei der Rechnungsablage die Aelterleute Jürgen Peters ) und Joachim Jeetze 2 ) Diebe gescholten hatte. Er blieb Beisitzer, bis er 1579 Johannis Aeltermann ward. Ob er späterhin, wie er es damals forderte, von jedem Pfenninge Rechnung abgelegt hat, wird nicht berichtet.
Zeugebuch fol. 42 v - 44 r .
1568 Johannis weigerte sich der jüngste Amtsbruder Clawes Rosendahl 3 ), altem Gebrauche gemäß dem versammelten Amte das Bier einzuschenken und redete von Niederlegen des Amts. Nachher erklärte er auf die Frage, ob er das Amt noch haben wollte oder nicht: neyn, were he neyn droch [h]4) 4 ), so wurde he noch woll eyn droch, so he dat lenger gebruchede, adjungirte sich einigen Landsknechten und ging mit ihnen vp de garde. Nicht lange so kam er zurück und begann sich mit seiner Frau durch Spinnen zu ernähren und erlangte endlich, nachdem Jochim Tidemann [h]5) 5 ) ihn durch Rückzahlung des halben Thalers Handgeld von seinem Hauptmanne frei gemacht hatte, nach wiederholter Fürbitte, namentlich in Rücksicht auf seine Frau, das Amt wieder. Die angebotene Strafe ward nicht angenommen, dagegen mußte er sich verpflichten, allen Amtsbrauch und Amtsgerechtigkeit nach alter, wohl hergebrachter Gewohnheit zu thun, widrigenfalls ihn das Amt ausstoßen wollte.
Zeugebuch fol. 44 r - 46 v .
Seite 48 |
1569 leistete Joachim Warneke 1 ), nachdem er "deß ampts vnnd der mollenherschup" entsetzt war, weil er im Kruge sechs Wollenweber "villers" (Schinder) gescholten hatte, dem Amte Genugthuung (affdracht) und verwillkürte für jeden Fall der Wiederholung solcher unnützer Worte sich in die Strafe von einer Tonne Bier, obwohl ihm nur eine halbe angedroht ward. Eine neue Verunwilligung mit dem Aeltermann Joachim Jeetße 2 ) ward vom Amte verglichen, und diesmal that der Aeltermann affdracht.
Zeugebuch fol. 46 v - 48 r .
Ein schlimmes Versehen kam 1572 bei Jürgen Wessel 3 ) vor, indem er ein Laken des Joachim Hardenacke 4 ), das seine Leute ihm anstatt seines eigenen von der Walkmühle geholt hatten, anschlug, ausnahm, bereitete (towen), versiegelte und nach Schwerin verkaufte. Als nun des Sonnabends der Fuhrmann ihm sein eigenes brachte, muß er wohl geglaubt haben, daß durch eine besondere Gnade seine Arbeit sich verdoppelt habe, denn er nahm es ruhig an und rührte sich nicht und hielt, da der Geschädigte Lärm schlug, es erst noch für nöthig, nach Schwerin zu gehn, um das Zeichen zu besehen. Da mußte er freilich seine "misshandelinge" zugeben und bekennen. Trotz "geluerns" und Bittens und des angebotenen Eides, "dat he solcks nicht mit weten vnd willen gedan hedde", ward er ausgestoßen. Erst durch viele Fürbitte anderer Bürger sindt de werckmester alse Jurgen Peterss 5 ) vnd Jochim Jetze 6 ) vororsakett mit den amptbroedern in de kapelle tho gande vnd darsuluest disse dath vor de handt genamen vnde also gentzlick vordragen dorch fromder luede vorbede, he scholde arbeiden vnd sin ampt bruken vnd vor solck dondt sick mer waren vnde scholde bliuen de he were, ein ampt begerde nicht van eme heller edder penninck 7 ), ia he scholde ock affgesneden sin dess ampts empter, alse dath he nicht scholde gekaren werden to einen segelhern, moelenhern edder werckmester, vnd so Jurgen Wessel worde mit vnstumicheit vthfarn iegen einem amptbroeder vnd de
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suluige eme solcks! eine dath vorlede, dar schal Jurgen mede thofreden sin, vnd de amtbroeder schal dar nicht vor geuen.
Zeugebuch 48 v - 50 r .
1579 mußte Jochim Wulf 1 ) auf Klage der Witwe des Aeltermanns Jochim Jetze 2 ), den er trunkener Weise einen Schelm gescholten hatte, eine Ehrenerklärung abgeben und dem Amte genugthun (affdracht don).
Zeugebuch fol. 50 v - 51 r .
Int iar 1580 den mandach vor fastelauendt hefft ein ampt tosamende gewesen in der kerken vnde van dem fastelauendt geredet, effte se wolden fastelauendt holden edder nicht, vnd ock dem welcker sinen fastelauendess ß. to geuen edder nicht. Na solck einem affgenamen beschede iss Hermen Koepke 3 ) vnser amptbroeder ein thogegan vnd den olderlueden geklagett ouer Jochim Tideman 4 ), wo he eme noch I laken tho doende schuldig were. De wile den Jochim Tideman wat drunken wass, hefft idt eme sere vordraten vnd iss do fort gegan tho em in den kroch ock angespraken vnd gedrowet to slande. Do iss eme Hermen entweken. Do iss Jochim Tideman togefarn vnd gesecht: ick wil noch II laken tho deme wagen vnd, so din frow ein touererske were, darinne bernen laten. Dar den Hermen Koepke vnd sin frow ouel mede thofreden weren vnd vorklageden dit vor dem ampte, dar idt den ock gentzliken vordragen wardt, dat Jochim Tidemann dem ampte moste affdracht daruor doen vnd wolde Hermen Koepken vnd siner frowen dit schriuen laten in dess ampts tuegebock, dath he van ehr nicht wuste alse ehr vnd godt vnd wath thon eren hort, vnd so faken alse he dit suluige disser frowen worde auerseggen, so schal he dem ampte II daler thor straffe geuen. Ock so schal sick vorbedachte Koepsche entholden vnd hir nicht van seggen bi dem suluigen broeke. Dit hefft em ein ampt vnd werckmester thogefunden. Actum vt supra.
Zeugebuch fol. 51 v - 52 r .
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|
:
Von
Dr. Crull zu Wismar.
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V on den Documenten, mit Hülfe deren M. Schröder das Springinsgut'sche Verzeichniß der Wismarschen Prediger vervollständigte und berichtigte und seine "Wismarische Prediger=Historie" herstellen konnte, ist seither das Meiste untergegangen, dagegen wiederum Manches aufgefunden, was nicht zu seiner Kenntniß kam und die Möglichkeit gewährt, seine Mittheilungen theils zu ergänzen, theils richtig zu stellen. Beides ist der Fall bei den Angaben, welche Schröder über Hinrich Stenmetz 1 ), Capellan an St. Marien=Kirche, macht.
Hinrich Stenmetz oder Stenmetzer, auch Platensleger in den Rechnungen genannt, war um 1533 in Rostock geboren, da er 1562 sein Alter auf etwa 29 Jahre angab. Im Juni 1547, also im Alter von 14 oder 15 Jahren, ist er in Rostock immatriculirt worden. 2 ) Wie lange er dort blieb und ob er auch andere Universitäten besucht
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hat, ist nicht bekannt; die Balck'schen Matrikel=Auszüge enthalten seinen Namen nicht. Nach Beendigung seiner Studien ist er im fernen Osten, und zwar in Reval, als Prediger thätig gewesen und dann Johannis 1560 als Capellan zu Unser Lieben Frauen zu Wismar angenommen worden. Ueber sein Leben in Wismar berichtet Schröder Folgendes: "Ein jeder war anfänglich mit Latomo wohl zufrieden, aber er fing nach und nach in seinen Predigten an solche Worte zu gebrauchen, die vielen zu harte schienen. Man ersuchete ihn, er möchte sich doch mässigen, aber vergebens. Man drohete mit der Demission, aber er achtete es so wenig, dass er diejenigen, die ihm zuwidern waren, weder zum Abendmahl lassen, noch beym Tauffen wissen wolte. Er ward demnach würcklich entuhrlaubet, insonderheit da seinetwegen fast Weitläufftigkeiten in der Stadt zu besorgen waren."
Daß man anfänglich mit Stenmetz in Wismar wohl zufrieden war, mag richtig sein, aber die übrigen Angaben Schröders sind theils auf Irrthum beruhend, theils ungenau, wie es auch nicht unmöglich ist, daß er den Sachverhalt, der ihm bekannt war, aus irgendwelchem Grunde verschwiegen hat. Nach den Acten von Prozessen, welche Stenmetz und die Wittwe des Capellans an St. Jürgen, Johann Sastede, 1563 gegen den Wismarschen Rath anstrengten, ergiebt sich, daß Stenmetz' Abschied von Wismar ganz andere Ursachen hatte, als Predigten, "die vielen zu harte schienen". Freilich wohl kam im Laufe des Prozesses zur Sprache, daß Stenmetz auf der Kanzel Beleidigungen gegen den Rath ausgestoßen habe, wie: "Ein Rath hatt nicht ein erlichen, bedechtigen Bluttstroffen im Leib" oder "Ein Rath were nitt werdt, dass sie vber ein Schweinkauen regiren solten, ehr geschweig solche Gemeine", so daß schon der Superintendent M. Johannes Freder († 1562, Januar 25.) ihn durch einen Zettel von der Kanzel habe abfordern lassen und geäußert: "weill Her Heinrich so heraußgefahren, so wiße er ime nicht zu helffen; kompt ime daß zu gutt, thet eß mich wundern", aber Stenmetz leugnete jene Aeußerungen und diese Thatsache durchaus, und der Rath hat von denselben auch keine Veranlassung genommen, jenem den Abschied zu geben.
Der gedachte Prozeß entspann sich folgendermaßen: Erasmus Veddermann, Pfarrherr zum Heiligen Geiste, welcher 1548 zuletzt begegnet und 1550 todt gewesen sein wird, 1 ) hinterließ vier Kinder, Elisabeth, Hans, Asmus und Anna, und eine Wittwe, welche sich mit Jochim Levenow wieder verheirathete. Die Tochter Elisabeth
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wurde von dem bereits erwähnten Johann Sastede von St. Jürgen geehelicht, welcher 1560 starb, und zwar nach dem 4. April, da er an diesem Tage den beiden jüngeren Kindern seines Schwiegervaters Vormünder bestellen ließ. Elisabeth Sastede erfreute sich keines besonderen Rufes, und, wie der Rath angab, hatte nicht allein der Superintendent Freder sammt den übrigen Predigern sie eines unzüchtigen Lebens überhaupt verdächtig gehalten, sondern munkelte man auch insbesondere, daß sie einen sträflichen Verkehr mit Herrn Hinrich Stenmetz unterhalten habe, bevor dieser sich verehelichte, ja, nach Aussage M. Jürgen Windts von St. Nicolai hatte Sastede letzterem schon geklagt, daß er seine Frau im Ehebruche betroffen habe. Mindestens drei junge Gesellen aus namhaften Familien wurden als solche genannt, mit denen die Wittwe zu thun gehabt haben sollte. Die Eltern, welche ihr wegen ihres Lebenswandels Vorstellungen machten, wurden von ihr mit einem obscönen Witze abgefertigt und wußten keinen anderen Rath, als daß sie ihr durch eine angesehene Person, dann durch die Gerichtsherren Vorstellungen machen ließen. Das half aber natürlich auch nichts und kam es so weit, daß das Gericht im April 1563 Nachts bei der Wittwe visitiren ließ, wobei allerdings Niemand gefunden wurde.
Nun war von einem Vorsteher zu St. Marien ein dicht vor dem Meklenburger Thore neben dem Ziegelhofe der Kirche und nahe dem Schuhmacher=Gerhofe gelegener, der Kirche gehöriger Garten Stenmetz zu beschränkter Benutzung eingeräumt, und auf diesen begab sich letzterer am Nachmittage des 23. Juli 1563 in Gesellschaft der Wittwe. Schon am Abend desselben Tages verbreitete sich das Gerücht, der Ziegelmeister und zwei auf dem Hofe beschäftigte Frauen seien in der an den Garten stoßenden Ziegelscheune Zeugen eines sträflichen Verkehrs zwischen jenen beiden gewesen, und da dies bald in der ganzen Stadt ruchbar wurde und vielleicht schon damals Pasquille hervorgerufen hat, 1 ) so glaubte der Rath, welcher von allen Kanzeln zum Einschreiten gegen die überhand nehmende Zuchtlosigkeit ermahnt und der Lässigkeit geziehen wurde, von der Sache nicht Umgang nehmen zu dürfen und beauftragte das Gericht mit einer Untersuchung mindestens wider die seiner Jurisdiction unterstehende Elisabeth Sastede. Neun Tage nach dem angegebenen Vorfalle wurden die Hauptzeugen zunächst vorläufig und sodann nach Verwarnung gegen Meineid in Beisein der Wittwe, ihres (älteren) Bruders und mehrerer Bürger eidlich vernommen und, da dieselben auf ihrer Aussage beharrten, die Sastede am 3. August, weil sie keine Bürgen bekommen
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konnte, in die Büttelei geschickt; erst am 18. desselben Monats gelang es ihr, solche zu stellen und auf freien Fuß zu kommen. Stenmetz soll über die Verhaftung ganz perplex geworden sein, am Sonntage darauf (August 8.) aber sich so weit gefaßt haben, daß er die Zeugen bedrohte und der Wittwe auf ihre Anfrage aus der Haft, was sie machen solle, sagen ließ, sie möge nur standhaft beim Nein verharren, dann habe es keine Noth. Ihn ließ das Gericht aber, da er dessen Gewalt nicht unterworfen war, durchaus unbehelligt und wurde in der Untersuchung nicht einmal sein Name genannt; es war immer nur die Rede von einem schwarzbärtigen kräftigen Manne in langem, schwarzen Mantel und mit einem Hute - Banit -, wie solche die Prädicanten zu tragen pflegten. Allerdings aber machte der Rath Anzeige von dem Vorfalle sowohl bei dem Superintendenten Wigand, welcher seit dem Herbste 1562 amtirte, als auch, wie es scheint, bei der Landesherrschaft und ließ Stenmetz den besagten Garten schließen. Daraufhin ergriff letzterer die Offensive gegen den Rath, indem er diesen bei den Herzogen wegen Injurien anklagte und eine Commission zur Untersuchung und Aburtheilung erbat, die bereitwilligst am 4. September zugestanden wurde. Nicht minder klagte nun auch die Sastede wegen Injurien.
Die verordnete Commission, bestehend aus Simon Musäus. David Chyträus - scheint nicht an den Sitzungen theilgenommen zu haben - und Konrad Becker, ferner Cord v. d. Lühe von Panzow, Hans Sperling zum Rüting und Lüdeke v. Bassewitz zu Lühburg, sowie D. Johann Boucke und L. Hubert Siben, lud am 18. October die Parteien auf den 29. desselben Monats vor, verschob demnächst aber eingetretener Hindernisse wegen den Termin auf den 12. Januar 1564. Der Rath protestirte Anfangs gegen dies Ausnahmsgericht, gegen das Verfahren als der Stadt Recht und ihren Privilegien zuwider, auch weil das Commissorium nicht vorgelegt wurde u. s. w., aber die Commissarien, allen voran, wie es scheint, D. Boucke, gebärdeten sich äußerst herrisch und nöthigten schließlich den Rath durch die Drohung, ihn beim Herzoge (Johann Albrecht) als aufsäßig angeben zu wollen, daß er sich, wenn auch unter aller Rechtsverwahrung, auf die Klagen einließ. Letztere, wurde festgesetzt, sollten am folgenden Tage schriftlich übergeben werden, und der weitere Schriftwechsel in sechswöchentlichen Fristen erfolgen. Die Conclusionsschriften der Kläger wurden am 29. October producirt und am 7. Januar 1565 reichten Beklagte "repetirte gravamina cum conclusione" ein. Erkenntnisse finden sich bei den Acten nicht. Allem Ansehen nach ist es zu solchen auch gar nicht gekommen, und wenn der Rechtsbeistand des Rathes, D. Laurentz Kirchhof in Rostock, welchem übrigens bei diesen Geschichten
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etwas unheimlich zu Muthe gewesen zu sein scheint, am 11. März dem Rathe empfahl, die Acten an den städtischen Procurator in Speier zu schicken, so dürfte er nur eine Begutachtung im Auge gehabt haben, ob im widrigen Falle eine Appellation Aussicht auf günstigen Erfolg habe. Aber es wird eben kein Urtheil gesprochen, mithin auch keine Appellation von Nöthen gewesen sein, denn inzwischen waren so böse Dinge eingezeugt worden, daß die Commissarien es vorgezogen haben werden, ihren Auftrag nicht weiter zu verfolgen. Hinrich Stenmetz galt schon in Reval für einen Buhler und mußte deshalb von dort entweichen, die Wittwe war dem Conrector Matthäus Piscatorius, dem Collegen Jochim (Hane) und dem Rechenmeister Johann in das Haus einer stadtkundigen Hure nachgegangen und hatte sich mit den Genannten dort "fröhlich gemacht", 1 ) und endlich wollte der Hauptzeuge, der Ziegelmeister, als er 1565 am 9. Juli in Todesnöthen lag, auf Andringen der Prediger von St. Jürgens schlechterdings seine Aussagen nicht widerrufen und lieber unberichtet sterben, als mit einer Unwahrheit aus der Welt gehen. Anfangs hatte der "schneidige" Superintendent Wigand sich Stenmetz' Sache angenommen, 2 ) aber da man anßer dieser verdrossenen Aeußerung nichts weiter über dieselbe von ihm hört, so läßt sich vermuthen, daß sie ihm verdächtig war; und als die eben berichteten Geschichten zum Vorschein kamen, dürfte Wigand mit seinen Collegen Stenmetz haben fallen lassen. Damit fiel auch die Aufgabe der Commissarien, und brauchte der Rath nicht weiter zu fürchten, daß der Herzog einer Entlassung entgegentreten werde. Solche wird Stenmetz noch im Sommer erhalten haben, da allem Anscheine nach schon 1565 M. Andreas Corvinus, ein Verwandter Wigands, Capellan war; sicher ist er es 1566 gewesen, und zwar schon Neujahr. 3 )
Schröders Berichte nach ging Stenmetz 1566 nach Rostock, "ward aber daselbsten von Hertzog Ulrich schlecht bewillkommnet." Am 4. Mai 1568 ist er dort zum Magister promovirt. 4 ) Im Jahre 1570 wollte er Pastor in Kiel werden und bewarb sich deswegen um Zeugnisse über Leben und Wandel bei Herzog Ulrich.
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Mit fünf Anderen ist er dann 1581 nach Antwerpen gegangen, da aber das dortige Lutherische Kirchenwesen nach Gryse 1 ) schon 1582, nach Schröder 1583 ein Ende nahm, mußte er von da wieder fort. Als Gryse schrieb (die Vorrede hat mit dem Drucke das gleiche Jahr, 1593), war M. Stenmetz Pastor zu Bersebeke, einem in Schonen zwischen Malmö und Landskrona belegenen Orte. 2 )
Die Geschichte des Hinrich Stenmetz interessirt zunächst seines Sohnes, des meklenburgischen Annalisten M. Bernhard Latomus, willen, doch läßt sich aus derselben das Geburtsjahr des letzteren leider auch nicht abnehmen, und man findet nur bestätigt, was man schon wußte, daß nämlich M. Bernhard zwar zu Wismar geboren ist, aber in zartem Alter wieder fortgekommen sein wird. Zur Zeit des Delictes war gemäß dem Klaglibell der Elisabeth Sastede der Vater allerdings schon verheirathet und zwar, wie dieselbe an anderer Stelle sagt, mit einem jungen, schönen, ehrbaren und tugendhaften Weibe, mit welcher er friedlich und freundlich lebe, während der Rath die Einträchtigkeit dieser Ehe, welche ohne der Mutter, Agnaten und Freundschaft Zustimmung geschlossen sein sollte, dahin gestellt sein läßt. Bernhards Geburt mag demnach zwischen 1563 und 1565 fallen. 3 ) Außerdem giebt Hinrich Stenmetz' Geschichte aber auch ein concretes Beispiel des wüsten Lebens und Treibens, welches derzeit neben peinlicher Strenge und leidenschaftlicher Parteinahme in Sachen des Glaubens wie allermeist in Deutschland, so auch nach Ausweis u. a. der Polizei=Ordnung von 1562 in Meklenburg herrschte. Vielleicht, daß dies in den größeren Orten besonders hervortrat, denn schon 1541 erließ der Rostocker Rath eine Verordnung wider Ehebruch und Hurerei, 4 ) und in Wismar wurde eine solche 1566 promulgirt 5 ) möglicherweise aus Anlaß des Falles Stenmetz. Das Mittelalter hatte einfache Unzucht nicht als von Obrigkeitswegen strafbar, die gewohnheits= oder erwerbsmäßige aber freilich als unehrenhaft angesehen, und sind insbesondere in Wismar demgemäß mehrfach Willküren, durch welche losen Weibsbildern angemessene Schranken gesetzt wurden, gemacht und in den Bürgersprachen verkündet, wie gleicherweise der wesentliche Inhalt der eben erwähnten Verordnung in die
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Bürgersprachen von 1572 f. aufgenommen worden ist. Was aber Ehebruch anlangt, so wird die Strafe für solchen, welche das alte Lübische Recht ausspricht, 1 )bei der zunehmenden Milderung der Sitten nicht mehr leidlich erschienen sein, und sind in der Folge an deren Statt Ausstellung am Kaak, mit oder ohne Auspeitschen, und Verweisung getreten. Die Meklenburgische Polizei=Ordnung von 1562 sowohl wie die beregte Wismarsche Verordnung haben dann die von der Kaiserlichen peinlichen Halsgerichts=Ordnung festgesetzte Strafe adoptirt, während das revidirte Lübische Recht die ältere mildere Ahndung beibehalten hat.
Der Rath zu Wismar erläßt eine Verordnung wider Unzucht und Ehebruch und betreffs Zuzuges vom Lande.
1566, August 15.
Dewile dat laster der megedeschenderie vnde sunst alle laster der horerie auerhand nimpt, so hefft Ein Rath sampt den predygern, alß Tomas Holzhuter, pastor zu sunte Niclas, Henricus Myddendorp, pastor tho sunte Jurgen, Johannes Jsenße, pastor thom hyllygen Geyste, m. Henricus Ruge, Matthias Koene, Andreas Koruinus, vor guth angesehen dyße nageschreuen ordeninge nach mit allem eruste tho straffende vorgenhamen, wye folgeth.
1. So eyne mageth edder junckfruwe geschendeth wert, so schollen beide pe[r]sonen, alse der deder vnd dath wyuesbilde beyde, gefencklyck ingetagen werden, dem wyue de har affgesneden vnde gedoket werden, vnde dewyle hyr beuor vth hogen, wychtygen vnde erheblychen vrsachen statuereth vnde geordenet, dat dat wyuesbylde von dem deder nicht mer den achte schillinge vnde einen witten sampt eyner mutzen hebben schole tho gewarten, darmit keine van junckfrouwen vnde megeden sulnest vrsache tho erer schwekinge geuenn, sondern vele mher darvor ein affschuwes hebben.
2. Vnde schole ferner dat wiuesbilde in der gefenckniße syck vorwilligen in dren tagen de stadt tho rumen vnde nicht wedder darin tho kamende. idt were den, dath se sych in den estandt bogene vnde mit ehrem echten manne darin qweme
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vnde gudt bowiß vor eren estande brochte. vnde; ßo se wedderumb darin gefunden werth buten der ehe, dat man se als den ahm kake strychen solle.
3. Vnde so [se] bauen solchenn ehrem welckor vnde vorlope dryer dage buten der ehe in der stadt gefunden wurde, ßo schole(nn) se durch den fronhen ingethagen werden, wor he se antryfft, vnde schole se darna vth bouele der heren rychteuoegede an den kack bringen, darsuluest thor stupe schlan vnde der stadt wedder vorwysen. De manspersone ouerst schal nach gelegenheyt gestrafet werden synes vormoegens an gelde tom ersten male.
4. Were eth auerst eyne persone gudes ansehendes, so schole he myt der fhronerie verschonet vnde darvor in den torn gebracht werden.
5. Im falle den ock dersulue thom anderen male befunden wurde, dat he jemandes geswecket hedde, ßo schole he nicht mher am gelde sondern am lyue mit rhoden gestraffet werden.
6. Wurde ock jemande mith einem gemeinen wyue befunden, idt were by dage edder by nacht, so scholen se gelykes fals ingetagen werden. Were ouerst de manspersone eine nahmhafftyge persone, so schole he mith der frohnerie vorschonet vnde in den thornn gebracht werdenn, dath gemeine wyf ouerst in de fronerie,
7. vnd schole sych ock dat wyf in vorgemelter condition verwilligenn inn dren dagen dye stadt tho rhumen, vnd de manßpersone nach gelegenheyth vnde vormoegen in de straffe genhamen werden.
8. Ock scholen de jennen, de also in de fronerie gebracht werden, dewyle se dar synt, nicht anders den water vnde brodt geneten. Gyfft en den de ffrone wath mher, dath schal ehme nicht bethalt werden.
9. Wen ock de heren rychteuoegede vormarcken, dath jenige lose wyue edder ander vntuchtyge loße gesynde vorhanden, so scholen se den hußheren by straffe eynes jares huer gebeden, dath he desuluen loßen wyuere in dren dagen daruth schaffe.
[10.] Wert denne de sulue hußhere sumich, ßo scholen de heren richteuogede dat wyff inthenn vnde, wo vorgemeldeth, mith ehr vmbgan laten, dartho ock van dem hußheren vmb synes vngehorsams willen so hoge pande, also eins jhars huer thosecht, halen laten.
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11. Ehebruck vnde andernn nodttdwanck schall vormoege des hyllygen rykes halsgerichtes ordening gestraffeth werdenn.
12. Ock schal nemandt den jennen, de vormals vnder den eddelluden ghewaneth vnde syck hyr in de stadt tho wanende bogeuen, syne boden edder keller vorhuren ane vorwetent der cemerheren. Dan so de suluen van den eddelluden ahngesp[r]oeken werden, so wyl eyn radt de suluen ynkamelinge durch den fronen vth der stadt buten der stadt gebede bringen laten vnde den eddelluden wedder dorch vnse dener thostellen. Wath ouers den deners vnde ßunft de vnkost belopen warth, schal dorch de eddellude alse den kleger erlecht werden.
Actum des frygdages nha Aßump[sy]tionis Marie, was de 15. Augusti, anno 1566 van E. R. entslaten vnde van allen cancelen tho publycerende gesinneth.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift. Dem Absatze, den Ehebruch betreffend, sind am Rande die später wieder durchstrichenen Worte beigesetzt: Wor late wy denne so lange dat Lubsche Recht? Legge wy achter de banck. Vergl. Berckmanns Stralsunder Chronik, S. 121.
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|
:
Von
Dr. M. Wehrmann in Stettin.
~~~~~~~~~~~~~~~
A m 25. October 1543 gründeten die beiden Herzoge Barnim IX. und Philipp I. von Pommern das Pädagogium in Stettin zunächst als ein Alumnat für 24 Zöglinge. Bald aber erweiterte sich die Anstalt; neben den hauptsächlich aus pommerschen Adelsfamilien stammenden beneficiariis wurden auch immer zahlreicher andere Schüler aufgenommen, welche nicht in dem Pädagogium wohnten, sondern nur am Unterrichte Theil nahmen. Als Ziel der Schule wurde bei Gelegenheit einer 1565 vollzogenen Revision bezeichnet: Die Grundlage für eine wissenschaftliche und theologische Bildung, damit die aus dem Pädagogium hervorgehende Jugend auf Universitäten schneller ihre Laufbahn vollenden könne. Häufig ersetzte der Besuch des Pädagogiums überhaupt den einer Universität, ja es wird bei der genannten Gelegenheit erwähnt, daß die meisten Trivialschulen und Dorfkirchen Stettinischen Ortes von ehemaligen Zöglingen lediglich dieser Anstalt geleitet wurden. Die Statuten von 1593 weisen darauf hin, daß auch viele Richter nur in dieser Schule vorgebildet seien und dem Staate nützlich dienten. 1 )
Diesem Ziele, unter Umständen auch die Universität zu ersetzen, ist die Schule zweiundeinhalbes Jahrhundert treu geblieben. Eine Folge davon war, daß die Frequenz der Anstalt meist recht stark war, da auch aus entlegeneren Ländern Schüler nach Stettin wanderten,
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nicht selten nachdem sie schon eine oder mehrere. Hochschulen besucht hatten.
Ueber die Schüler, welche jährlich aufgenommen wurden, belehrt uns das älteste Album der Schule, welches allerdings erst mit dem Jahre 1576 beginnt und nicht im Original, sondern in einer Abschrift vom Jahre 1699 vorliegt. Der erste Band reicht bis 1666. Aus diesem Theile sind unten die als Meklenburger bezeichneten Schüler zusammengestellt. Die Zahl derselben ist naturgemäß groß, 274 haben in den Jahren 1576 - 1666 das Pädagogium in Stettin besucht. Am zahlreichsten sind Rostocker (49), Wismarer (46), Neubrandenburger (42) und Friedlander (33) vertreten, aber auch aus anderen Meklenburgischen Städten finden wir Schüler. Am beliebtesten scheint in Meklenburg das Pädagogium gewesen zu sein im Anfange des 17. Jahrhunderts und dann noch einmal in den fünfziger Jahren, als der tüchtige Schulmann, Philosoph und Historiker Johannes Mikrälius Rector des Pädagogiums war. Die höchste Zahl von Meklenburgern finden wir im Jahre 1609.
In dem folgenden Verzeichnisse sind die Namen der Schüler und ihrer Heimath genau nach dem Album wiedergegeben. Die zahlreichen Fehler, welche in diesem enthalten sind, zu verbessern, schien nicht angezeigt Unter den ersten Schülern sind sehr viele in der Matrikel der Universität Rostock wiederzufinden; es ist bei ihnen die Zeit ihrer Immatriculation und die betreffende Seite der von A. Hofmeister herausgegebenen Matrikel beigefügt.
1578.
1) Joannes Starcke, Strelensis.
1
)
2) Christianus Bart,
Rostochien. 1577 August. S. 193, 97.
3)
Joannes Detius, Rostochien.
4) Henricus
Gerdes, Rostochien. 1585 October. S. 216,
117.
5) Joannes Kirchnerus, Rostochien.
1579.
6) Georgius Dabelow, Neobrandenburg. 1579. Mai.
S. 199, 16.
7) Magnus Hübnerus, Wismarien. Meg.
1580.
8) Jacobus Henningus, Neobrandenburg.
9)
Balthasar Kegler, Rostochien. 1582 April. S.
206, 44.
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10) Matthias Papenhagen, Neobrandenburg.
11)
Johannes Cancer, Rostochien.
12) Daniel Dornwechter, Güstrovien.
13) Joachimus Barsius, Neobrandenburg. 1592 Mai.
S. 240, 12.
14) Joachimus Warborchius,
Neobrandenburg. 1592 Januar. S. 238, 28.
15) Joachimus Werdt, Röbelensis. 1589 Januar. S.
228, 30.
16) Thomas Kröger, Röbelensis.
1596 Juli. S. 253, 50.
17) Adamus Graverus, Neobrandenburg.
18) Joachimus Quilitz, Neobrandenburg. 1591 September. S. 236, 71.
19) Balthasar Wunne, Malchinensis.
20) Christianus Sledanus, Rostochien. 1594 März. S. 244, 41. (non iuravit.)
21) Petrus Trendlenburgius, Wismarien.
22)
Johannes Pauli, Wismarien. 1594 März. S. 244,
38. (non iuravit.)
23) Nicolaus Duncker, Rostochien. 1594 April. S.
244, 48.
24) Heinricus von Husen,
Neobrandenburg.
25) Georgius de Moltzan,
Baro de Pentzlin. Megap. 1595 August S. 251,
95.
26) Bernhardus Lutichius de Moltzan,
Baro de Pentzlin. Megap.
27) Johannes
Flatovius, Fridlandens. Megap.
28) Petrus
Fabricius, Rostochien. 1594 April. S. 245, 51.
29) Jacobus Zirichman, Rostochiens. 1595 April.
S. 249, 36.
30) Christianus Tetenbornius,
Wismarien.
31) Christopherus Rumschagen,
Neobrandenburg.
32) Joachimus Albertus,
Gnoiensis. 1599 März. S. 262, 28.
33) David
Wale, Röbenensis. 1592 Mai. S. 240, 11.
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34) Johannes Cnopius, Gnoiensis. 1602 Juni. S.
273, 23.
35) David Jordanus, Sternbergen.
Megap. 1595 Juni. S. 250, 59.
36)
Franziscus Bokerberch, Rostochien. 1598 März. S.
258, 25.
37) Hinricus Cramerus, Rostochien.
1596 October. S. 254, 94.
38) Andreas Mesterknecht, Stargard. Megap. 1596
Juni. S. 253, 26.
39) Georgius Troja,
Neobrand. Megap. 1599 September. S. 264,
118.
40) Jacobus Isermenger,
Neobrandenburg. 1595 Juni 19. S. 250, 58.
41) Andreas Caelius, Pentzlinen. 1596 Juni S.
253, 36.
42) Philippus Jentzkovius, Frideland. Megap. 1595
August. S. 251, 102.
43) Matthias Menius,
Frideland. Megap. 1595 August. S. 251, 109. 44)
Joannes Neovinus, Rostochiens. 1600 Sommer -
Semester. S. 267, 101.
45) Caspar
Pippovius, Wesenberg. 1604 April. S. S. 278,
24.
46) Adamus Techenius, Wesenberg.
47) Daniel Fabricius, Fridelanden. 1598 Juni. S.
260, 28.
48) Joachimus Frideborn, Frideland. Megap.
49) Johannes Caelius, Frideland. Megap. 1598
Juni. S. 260, 24. (non iuravit.)
50)
Heinricus Caelius, Frideland. Megap. 1598 Juni.
S. 260, 25. (non iuravit.)
51) Jacobus
Lorichius, Frideland.
52) Joachimus Julius, Wismarien. Megap.
53)
Joachimus Grunovius, Fridland. Megap. 1603
April. S. 278, 43.
54) Johannes Christiani,
Boddi. (!) Megapol.
55) Casparus
Batzevitzius, Nobil. Megapol. 1602 Mai. S. 272,
95.
56) Matthias Börte, Wismarien.
Megapol.
57) Bartholomaeus Megatopaeus,
Wesenberg. Meg.
Seite 63 |
58) Jacobus Magirus, Pentzlinen. Megap.
59)
Joachimus Bohle, Rostochien. 1602 December. S.
274, 15.
60) Fridericus Wilhelmus Krauss, Wismarien.
61) Casparus a Thschanwitz, Sternbergen.
62)
Ernestus Trutman, Nob. Megapol.
63)
Heinricus Bacmeisterus, Rostochien. 1601
September. S. 270, 114.
64) Martinus
Cleopellus, Fridl. Megap.
65) Petrus Bruno, Wesenbergen. Meg. 1609
September. S. 298, 131.
66) Petrus
Wasmundius, Brand. Megap. 1609 Juli. S. 297,
102.
67) Georgius Holstenius, Rostoch.
68) Petrus Bambamius, Malchin. Megap.
69)
Andreas Ilenfeldt, Fridland. Megap.
70) Simon Clouse, Güstrovien. 1602 März. S. 274,
31. (non iuravit.)
71) Christophorus
Kirchdorff, Nob. Megap.
72) Jacobus Rossovius, Neobrand. Megap.
73)
Laurentius Langclaus, Güstrovien Megap. 1602
Mai. S. 273, 11.
74) Paulus Rossovius, Neobranden. Megap. 1603 Juni. S. 276, 66.
75) Gregorius Cassubius, Strelicen. Megap.
76) Joachimus Wegenerus, Fridl. Megap.
77)
Paschasius Vulpius, Neobrandenb. Meg.
78)
Jacobus Petrae, Neobrandenb. Meg.
79)
Michael Gervenius, Wald. Megapol.
80)
Johannes Dabelovius, Neobrandenb.
81)
Valentinus Sperlingus, Rubovien. Nob. Megapol.
82) Petrus Wustenbergius, Neobranden.
Megapol.
83) Jacobus Splerberus,
Neobranden. Megap.
Seite 64 |
84) Paulus Segerius, Rostoch. Meg. 1606 April. S.
288, 80.
85) Valentinus Legedius, Suerin.
Meg. 1606 Juni. S. 285, 38. (non iuravit.)
86) Gabriel Pauli, Wismarien. 1606 Juni. S. 285,
31.
87) Joachimus Praetorius, Neobrandenbg,
1608 Mai. S. 292, 4. (non iuravit.)
88)
Joachimus Bumannus,Wismar. Meg. 1605 April. S.
284, 52.
89) Uldaricus Grisenhagius,
Grabov. Meg.
90) Samuel Lanchals,
Strelicen. Meg.
91) Laurentius Reventlow,
Megapolit. a Zisendorff.
92) Petrus
Lobechius, Rostochien. 1600 November. S. 268, 6.
93) Nicolaus Gisenhagius, Megapol. Gustrov.
94) Laurentius Rumschagius, Neobrand. Meg.
95) Andreas Rumschagius, Neobrand. Meg.
96)
Martinus Thuringus, Fürstenbergen. Megalburg.
97) Martinus Chemnitius, Rostoch. 1607 Juni. S.
290, 52. (non iuravit.)
98) Jacobus
Bitcovius, Neobrand. Meg. 1609 Juli. S. 297,
53.
99) Thomas Thuringus, Fürstenberg. Meg.
1610 Mai. S. 300, 11. (non iuravit.)
100)
Heinricus Rekantrochius, Rostoch. 1606 Apr. S.
288, 59. (non iuravit.)
101) Henning
Warburg, Megapol. Schonselen.
102) Jacobus Westphalus, Neobrand. 1609 Mai. S.
296, 20.
103) Fridericus Praetorius,
Grabovien. Megapol. 1607 September. S. 290,
92.
104) Joachimus Zachovius, Wismarien.
Meg.
105) Nicolaus Stubbaeus, Rostochien.
1610 Juni. S. 301, 54. (non iuravit.)
106)
Johannes Bischopf, Rostochien.
107)
Matthaeus Calander, Megapol. Plavien.
108)
Jacobus Klokovius, Frideland. Megap.
109) Matthaeus Reutzius, Megapol.
Güstrovien.
110) Laurentius Dinthen,
Malchinen. Megapol.
111) Bartholomaeus
Westphalus, Frideland. Megapol.
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112) Johannes Babbatzius, Megapol. Varnens.
113) David Schroderus, Grevismolen. Meg.
114) Georgius Völcenerus, Rostochien.
115)
Bernhardus Schlorphius, Rostochien. Megap.
116) Wilhelmus Laurenbergius, Rostochien.
117) Michael Damius, Neobrandenb. Meg.
118)
Joachimus Fabricius, Fridl. Meg.
119)
Joachimus Crusius, Fridl. Meg.
120)
Sigismundus Weyerus, Neobrandenburg. Meg.
121) Laurentius Bucholdus, Gadebuscens. Megap.
122) Paulus Pulserus, Rostoch. Meg.
123)
Joachimus Nese, Gustrovien. Megap.
124)
Matthias Berens, Rostochien.
125) Daniel
Eggebrecht, Wismarien. Megap.
126)
Zacharias Giselerus. Neocal. Meg.
127)
Joachimus Schukirchius, Neobrand. Megap.
128) Bernhardus Gotthunius, Neobrand.
129) Martinus Schönefeld, Neocalen. Mega.
130) Christophorus Gallus, Neobrandenburg.
Meg.
131) Johannes Eberhardi,
Neobranden.
132) Ulricus Prenger,
Rostochien. Mega.
133) Paulus a Campen,
Warden. Meg.
134) Sigismundus Grassus, Strelicen.
Megapol.
135) Albertus Sledanus, Wismarien.
Meg.
136) Wernerus Caloander, Sternberg.
Meg.
137) Andreas Gotthan,
Neobrandenb.
138) David Ranitzius,
Wismarien. Meg.
139) Johannes Schumeister, Gustrovien.
140) Johannes Guthanus, Fridland.
141)
Johannes Gnanenius, Röbellen. Meg.
142)
Gelmerus Neomorimontius, Warnen. Meg.
143)
Christianus Zinckius, Grabovien. Meg.
144)
Otto Hoppe, Sverinen. Meg.
145) Joachimus
Gervenius, Fridland. Meg.
146) David
Macenius, Wismar. Meg.
147) Johannes
Schumacherus, Wismar. Meg.
Seite 66 |
148) Andreas Stalius, Wismar. Meg.
149)
Hartwigius Perlerus, Fürstenberg. Megalburgicus.
150) Johannes Fridericus, Bützovien.
Megapol.
151) Cordt Josua Barner, Neomegap.
1
) in Zaschendorff.
152)
Rudolphus Steinius, Fürstenberg. Meg.
153)
Garolus vom Hagen, Hustrovien. Meg.
154)
Joachimus Möllendorph, Warna - Megap.
155) Joachimus Pieslerus, Fridland. Meg.
156) Georgius Deutsch, Rostochien.
157)
Levinus Mummius, Neobranden. Megapol.
158)
Johannes Toppius, Neobranden. Megapol.
159) Johannes Jungilaus, Gustr. Meg.
160)
Balthasar Jungilaus, Gustr. Meg.
161) Joachimus Damman, Wismarien.
162)
Ulricus Reutzius, Rostochien. Megap.
163)
Ulricus Hintzman, Gadebuscen.
164) Georgius
Schönenbeccius, Nbrandenburg. Meg.
165)
Daniel Oberbergius, Sverinen. Meg.
166)
Joachimus Bannehr, Bützovien. Megap.
167)
Johannes Senstius, Sverinen. Megap.
168)
Petrus Rumphius, Waldeccen. Meg.
169) Joachimus Heinrici, Neobrandenburg.
170) Carolus Hammerus, Gadebusco - Mega.
171) Petrus Tileus, Friedl. Meg.
172)
Joachimus Hopfnerus, Penklinen. Meg.
173) Valentimus Voitus, Neosald. Meg.
174) Johannes Sassius, Waldeciens. Megap.
175) Christianus Fridekindt, Warnen. Megap.
176) Casparus Marterus, Wismar. Megap.
Seite 67 |
177) Daniel Mantzel, Warnen. Megap.
178)
Casparus Mandeisius, Warnen.
179) Joachimus
Sassius, Woldecca - Meg.
180) David Vatkius, Neobrand. Meg.
181) Ernestus Grantzovius, Neobrand.
182)
Michael Grassus, Gustrovien. Megap.
183)
Christianus Gelbius, Warnô - Meg.
184) Heinricus Bartoldi, Fridland. Meg.
185)
Fridericus Böclerus, Fridl. Meg.
186)
Christophorus Wunne, Warnens. Megalburg.
187) Elias Weinholdus, Malchinen. Megap.
188) Johannes Costerus, Gadeb. Megap.
189)
Joachimus Schawkirch, Neob. Meg.
190)
Johannes Georgius, Rostoch. Megap.
191) Jacobus Islebius, Friedl. Meg.
192)
Johannes Jacobus von Basern, Rostoch.
193) Matthaeus Bilangius, Fridlanden. Megap.
194) Heinricus Böclerus, Fridl. Meg.
195)
Martinus Gottschalkius, Fridl. Meg.
196)
Joachimus Fabricius, Fridl. Meg.
197) Albertus Praetorius, Fridl. Meg.
198) Hartovicus Bambamius, Wismariensis. Megapol.
199) Andreas Crusius, Rostochien.
200)
Johannes Corvinus, Rostochien. Megap.
201)
Gabriel Nerenstius, Woldega - Meg.
202)
Franciscus Wilhelmus Finxius, Sverinen. Meg.
203) Joachimus Spiegelbergius, Frideland. Meg.
204) Vincentius Mass, Rostoch. Megap. März
30.
205) Christophorus Hübner, Rostochien.
März 30.
Seite 68 |
206) Andreas Pauli, Wismar. Meg. April 6.
207) Ulricus Henricus Lochmannus, Wismar. Meg.
April 6.
208) Laurentius Schnitter, Rostoch. Juni 12.
209) Elias Dithmar, Woldega - Megap. Januar
8.
210) Joachimus Schwartzkopf, Rostoch.
Meg. Juli 23.
211) Caspar Voigt, Wismar. Meg. April 9.
212) Joachimus Seekius, Rostoch. Meg. März
31.
213) Valentinus Bilang, Fridland. Meg.
Mai 5.
214) Christiaus Nerenst, Woldega -
Meg. Mai 22.
215) Cornelius Pittelius, Garzia - Megap. April
25.
216) Joachimus Parisius, Wismarien.
April 25.
217) Matthias Meden, Rostoch.
Juli 4.
218) Henningus Rhodius, Wismar.
Juli 4.
219) David Randovius, Wismar.
October 10.
220) Mathias Petersen, Rostochien. Juli 9.
221) Dietericus Jensenius, Wismarien. März
18.
222) Martinus Parisius, Wismarien. März
18.
223) Heinricus Dingravius, Wismarien.
März 20.
224) Johannes Daniel Bruninus,
Wismarien, März 20.
225) Johannes Bueck,
Rostochien. März 26.
226) Jacobus
Balthasar, Wismarien. Megap. April 12.
227)
Johannes Frisius, Rostoch. September 16.
228) Johannes Foemur, Malchino - Mecklenburg.
December 14.
229) Otto Hertzberg, Wismarien. März 17.
230) Antonius Schepel, Wismarien. März 17.
231) Joachimus Rantzenius, Wismarien. März
19.
232) Johann Albertus Müllerus, Myr.
Meg. April 18.
233) Zacharias Grapius,
Tetrovio - Meklen. April 18.
234) Johannes
Ohristophorus Baumannus, Röbel. Meg. Juni
27.
235) Hermannus Tanck, Wismar. October
7.
236) Christianus Heinrici, NBrand. Meg.
November 8.
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237) Bernhardus Christianus Wangelin, Nob. Meg.
März 14.
238) Heinricus Koeperus,
Wismarien. März 16.
239) Martinus
Hertzberg, Wismarien. April 26.
240) David Friderich Wachenhausen, Parch. Megap.
Februar 24.
241) Daniel Koeper, Wismar.
Meg. März 17.
242) Daniel Georgius Morhoff,
Wism. März 17.
243) Lucas Seibertus,
Gudrow.
1
) Meg. März 27.
244) Hermannus Wernerus, Wismar. Meckl. April
9.
245) David Chelius, Wismar. Meg. April
30.
246) Petrus Gammelkern, Wismar. April 30.
247) Hinricus Eggebrecht, Rostochien. April
19.
248) Paulus Backe, Wismarien. Meg.
April 27.
249) Johannes Adolphus a
Barstorff, Nob. Meclenburg. April 30.
250)
Joachimus Christophorus Schmidius, Wismarien.
Megap. Mai 17.
251) Michael Casparus
Schmidius, Wismarien. Megap. Mai 17.
252)
Michael Schmied, Sternberga - Megapol. Juni 12.
253) Christophorus Isermengeri, Neo - Brand.
Megapol. März 28.
254) Joachimus Hertzberg,
Wismarien. Mai 16.
255) Joachimus
Siggelkovius, Neustadio - Megapol. Juni 26.
256) Andreas Taubmannus, Megapol. Lupzens.
257) Joachimus Friedericus Schnobel, Rostoch.
258) Johannes Petrus Lembke, Döm. Megapol.
259) Fridericus Böclerus, Fridl. Magapol.
260) Heinricus Böclerus, Fridl. Megapol.
~~~~~~~~~~~~
Nachtrag.
261) Joachimus Schultetus, Neobrandenburgensis.
262) Johannes Corfinius, Rostochiensis.
Seite 70 |
263) Joachimus Bunsonius, Rostochien.
264) Rudolphus Henneke, Rostochien.
265) Joachimus Swartekop, Wismarien.
266) Jacobus Petra, Meckelburgen. Neobranden.
267) Joachimus Dabelovius, Neobrandenburg. Meg.
268) Fridericus Helvigius, Frid. Megap.
269) Heinricus Prengerus, Rostochien. Megap.
270) Joachimus a Luho, Nob. Megap. in Bantzow.
271) Bartholdus Hövisse, Rhenen. Megap.
272)
Michael Warckentin, Gustrov. Megap.
273)
Volradus Zegelin, N. Megap.
274) Augustinus Ackermann, Wism.
~~~~~~~~~~~~
Register.
Von F. v. Meyenn.
Ackermann, 274.
Albertus, 32. Babbatzius, 112. Backe, 248. Bacmeisterus, 63. Balthasar, 226. Bambamius, 68, 198. Bannehr, 166. Barner, 151. Barsius, 13. Barstorf a., 249. Bart, 2. Bartoldi, 184. Basern, v., 192. |
Batzevitzius, 55.
Baumannus, 234. Berens, 124. Bilang[ius], 193, 213. Bischopf, 106. Bitcovius, 98. Böclerus, 185, 194, 259. 260. Bohle, 59. Bokerberch, 36. Börte, 56. Bruninus, 224. Bruno, 65. Bucholdus, 121. Bueck, 225. |
Seite 71 |
Bumannus, 88.
Bunsonius, 263. Caelius, 41, 49, 50. Calander, 107. Caloander, 136. Campen, a, 128. Cancer, 11. Cassubius, 75. Chelius, 245. Chemnitius 97. Christiani, 54. Cleopellus, 64. Clouse, 70. Cnopius, 34. Corfinius, 262. Corvinus, 200. Costerus, 188. Cramerus, 37. Crusius, 119, 199. Dabelovius, 80, 267. Dabelow, 6. Damius, 117. Damman, 161. Detius, 3. Deutsch, 156. Dingravius, 223. Dinthen, 110. Dithmar, 209. Dornwechter, 12. Duncker, 23. Eberhardi, 131. Eggebrecht, 125, 247. Fabricius, 28, 74, 118, 196. Fluxius, 202. Fiatovius, 27. Foemur, 228. Frideborn, 48. Fridekindt, 175. Fridericus, 150. Frisius. 227. Gallus, 130. Gammelkern, 246. Gelbius, 183. Gerdes, 4. Georgius, 190. Gervenius, 79, 145. Giselerus, 126. Gisenhagius, 93. Gnanenius, 141. Gotthan, 137. Gotthunius, 128. Gottschalkius, 195. Grantzovius, 181. |
Grapius, 233.
Grassus, 134, 182. Graverus, 17. Grisenhagius, 93. Grunovius, 53, Guthanus, 140. Hagen, vom, 153. Hammerus, 170. Heinrici, 169, 236. Helvigius, 268. Hennecke, 264. Henningus, 8. Hertzberg, 229, 239, 254. Hintzmann, 163. Holstenius, 67. Hopfnerus, 172. Hoppe, 144. Hövisse, 271. Hübner[us], 7, 205. Husen, von, 24. Jensenius, 221. Jentzkovius, 42. Ilenfeldt, 69. Jordanus, 35. Isermenger[i], 40, 253. Islebius, 191. Julius, 52. Jungilaus, 159, 160. Kegler, 9. Kirchdorff, 71. Kirchnerus, 5. Klokovius, 108. Koeper[us] 238, 241. Krauss, 60. Kröger, 16. Lanchals, 90. Langclaus, 73. Laurenbergius, 116. Legedius, 85. Lembke, 258. Lobechius, 92. Lochmannus, 207. Lorichius, 51. Luhe, a, 270. Macenius, 146. Magirus, 58. Mandeisius, 178. Mantzel, 177. Marterus, 176. Mass, 204. Meden, 217. Megatopaeus, 57. Menius, 43. |
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Mesterknecht, 38.
Möllendorph, 154. Moltzan, de, 25, 26. Morhoff, 242. Müllerus, 232. Mummius, 157. Neomorimontius, 142. Neovinus, 44. Nerenst[ius], 201, 214. Nese, 123. Oberbergius, 165. Papenhagen, 10. Parisius, 216, 222. Pauli, 22, 86, 206. Perlerus, 149. Petersen, 220. Petrae, 78, 266. Pieslerus, 155. Pippovius, 45. Pittelius, 215. Praetorius, 87, 103, 197. Prenger, 131, 269. Pulserus, 122. Quilitz, 18. Randovius, 219. Ranitzius, 138. Rantzenius, 231. Rekantrochius, 100. Reutzius, 109, 162. Reventlow, 91. Rhodius, 218. Rossovius, 72, 74. Rumphius, 168. Rumschagen, 31, 94, 95. Sassius, 174, 179. Schawkirch, 189. Schepel, 230. Schlorphius, 115. Schmidius, 250, 251. Schmied, 252. Schnitter, 208. Schnobel, 257. Schönefeld, 129. Schönenbeccius, 164. Schroderus, 113. Schukirchius, 127. Schultetus, 261. Schumacherus, 147. Schumeister, 139. Schwartzkopf, 210 |
Seekius, 212.
Segerius, 84. Seibertus, 243. Senstius, 167. Siggelkovius, 255. Sledanus, 20, 135. Sperlingus, 81. Spiegelbergius, 203. Splerberus, 83. Stalius, 148. Starcke, 1. Steinius, 152. Stubbaeus, 105. Swartekop, 265. Tanck, 235. Taubmannus, 256. Techenius, 46. Tetenbornius, 30. Thschanwitz, 61. Thuringus, 96, 99. Tileus, 171. Toppius, 158. Trendlenburgius, 21. Troja, 39. Trutman, 62. Vatkius, 180. Voigt, 211. Voitus, 173. Völcenerus, 114. Vulpius, 77. Wachenhausen, 240. Wale, 33. Wangelin, 237. Wanne, 19. Warborchius. 14. Warburg, 101. Warckentin, 272. Wasmundius. 66. Wegenerus, 76. Weinholdus, 187. Werdt, 15. Wernerus, 244. Westphalus, 102, 111. Weyerus. 120. Wunne, 19, 186. Wustenbergius, 82. Zachovius, 104. Zegelin, 273. Zinckius, 143. Zirichman, 29. |
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:
1602.
Mitgetheilt durch
Archivrath Dr. von Bülow in Stettin.
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O bgleich mehrere pommersche Fürsten nach der Sitte der Zeit größere Reisen zu ihrer Ausbildung unternommen haben, so ist uns doch von keiner derselben eine so ausführliche Beschreibung hinterblieben, als von derjenigen, welche der junge Herzog Philipp Julius von Pommern=Wolgast 1 ) nach Empfang der Huldigung in den ersten Wochen des Jahres 1602 antrat, und von der er im Herbst des folgenden Jahres wieder in die Heimath zurückkehrte. Die Ursache ist wohl darin zu suchen, daß in der Begleitung des jungen Fürsten sich eine Persönlichkeit befand, die durch hervorragende gelehrte Bildung, sowie durch ausgebreitete Bekanntschaft mit literarischen Berühmtheiten der Zeit ganz besonders geeignet war, bei dieser Gelegenheit bildend und belehrend auf den Prinzen zu wirken, dessen Erziehung und Unterricht er bereits früher geleitet hatte.
Es war dies Dr. Friedrich Gerschow, der Einzige im Gefolge des hohen Reisenden von gelehrter Bildung und daher wohl im Stande, überall auf besondere Merkwürdigkeiten und sonstiges Wissenswerthe hinzuweisen und die nöthigen Erklärungen zu geben. Zugleich machte er sich Notizen über die Erlebnisse des Tages, welche der späteren schriftlichen Schilderung der Reiseerlebnisse zur Grundlage zu dienen hatten. Es ist wohl kein Zweifel, daß mancher im
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Verlauf der Reise einem Gelehrten abgestattete Besuch auf seine Veranlassung geschah, während die persönlichen Neigungen der übrigen Herren sich in anderer Richtung bewegen mochten.
Des jungen Fürsten Vater, Herzog Ernst Ludwig von Pommern=Wolgast, hatte die testamentarische Bestimmung hinterlassen, 1 ) sein Nachfolger solle, nachdem er vom neunten Jahre den Studien in Greifswald obgelegen, wo möglich auf Reisen gehen, um vor Uebernahme der Regierung durch den Besuch auswärtiger Hochschulen und den Umgang mit hervorragenden Männern seiner Zeit sich weiter zu bilden. Man dachte dabei zunächst an Leipzig oder Tübingen und entschied sich schließlich für ersteres. Die verwittwete Herzogin=Mutter Sophie Hedwig, größere Selbständigkeit von der Abwesenheit des Sohnes erhoffend, begünstigte den Plan, und endlich gaben auch die Vormundschaftsräthe nach. Ueber Meklenburg, Lübeck, Hamburg, Lüneburg . ging die Reise nach Leipzig, wo studirt werden sollte; doch findet sich von ernster Beschäftigung mit den Wissenschaften daselbst nichts berichtet, wohl aber nehmen Festlichkeiten aller Art, wie Uebernahme des Rectorats am 23. April 1602, Besuch der befreundeten sächsischen Fürstenfamilie, Ausflug nach Karlsbad und manches Andere, die Zeit in Anspruch. Nachdem der junge Herzog am 9. Mai noch den Besuch seiner Mutter empfangen hatte, scheint erst der eigentliche Plan zur Ausdehnung der Reise durch Mittel= und Süddeutschland nach Frankreich gefaßt zu sein, mit der ein kurzer Abstecher nach England vom 3. September bis 3. October verbunden wurde. 2 ) Dann ging es durch die Schweiz nach Italien. Mailand, Loretto, Rom, Neapel, Florenz, Genua, Venedig wurden besucht und endlich über Tirol die Reise nach der Heimath angetreten, welche am 10. October 1603 wieder erreicht ward.
Das die Reisegesellschaft bildende Gefolge war dem Range des fürstlichen Herrn angemessen und bestand, abgesehen von der Dienerschaft, aus dem fürstlichen Hofmeister Bernhard von Bugenhagen, dem Kämmerer Erasmus von Küssow, Christoph von Trampe, welcher die Aufsicht über die Kasse führte, und Joachim Volrad von Tribsees als Mundschenk. Vielfach wurde zur Ersparung der Kosten unter einem übrigens nicht immer gut gewahrten Incognito gereist, 3 ) auch
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öfters, z. B. während des Besuchs in England, ein Theil des Gefolges mit den Pferden zurückgelassen, um sich später wieder mit demselben zu vereinigen. Steter Begleiter des Herzogs aber während der ganzen Reise war der bereits erwähnte Friedrich Gerschow, 1 ) der von allem Erlebten täglich seine Notizen machte und aus diesen nach der Rückkehr auf seines Herrn Geheiß die vorliegende Reisebeschreibung in Tagebuchform zusammenstellte. Diese Arbeit würde schneller und vollständiger geleistet worden sein, hätte Gerschow nicht einen Theil seiner Notizen vorher verliehen, während ein anderer durch Näße zu Schaden kam. So geschah es, daß das Tagebuch in seiner vorliegenden Form erst im Jahre 1605 vollendet wurde.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß Gerschow's Aufzeichnungen, als eine werthvolle Erinnerung an die große Reise des Fürsten geschätzt und geachtet, einen Platz in der herzoglichen Bibliothek gehabt haben werden. Dennoch mangelt es für eine lange Zeit an jeder Nachricht über dieselben, und wir müssen annehmen, daß die Originalhandschrift nach des Herzogs Tode aus der Bibliothek entfernt oder bei der Zerstörung des Wolgaster Schlosses mit anderen Schätzen verstreut worden ist. Erst im 18. Jahrhundert taucht in der Bibliothek des Hof= und Consistorialraths Christian Püttmann in Stargard in Pommern eine Handschrift auf, die für das Original von Gerschow's Tagebuch gehalten werden muß, ohne daß wir wissen, wie dasselbe dorthin gelangte. In einem Protocoll von 1785 wird diese Handschrift als Nr. 169 der Foliobände in Püttmanns Bibliothek aufgeführt, welche später mit der Bibliothek der St. Marienkirche in Stargard verbunden, aber gesondert gehalten wurde. 2 ) Der 1740 von Professor Joh. Daniel Denso nicht sehr musterhaft angefertigte Katalog der Handschriften dieser Bibliothek beschränkt sich leider auf die mittelalterlichen Handschriften, 3 ) giebt also über Gerschow's Tagebuch keine Auskunft; dagegen erwähnt Oelrichs dasselbe a. a. O. Seite 185 und 186 als einen 200 Bogen starken Band. Beklagenswerther Weise ist ein großer Theil der schönen Marienkirchen=Bibliothek im Anfang dieses Jahrhunderts für 500 Thaler öffentlich verkauft worden,
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und da wird der Umstand, daß unsere Handschrift nicht in der vom Verkauf ausgeschlossenen Handschriften=Abtheilung stand, derselben verhängnißvoll geworden und sie allem Anschein mit unter den Hammer gerathen sein. Man bereute zwar alsbald den Verkauf und bemühte sich, alles noch Erreichbare zurückzuerwerben; indessen was man auch sonst etwa erzielt haben mag, Gerschow's Handschrift ist seitdem verschollen.
Da ist es denn noch ein Glück zu nennen, daß im vorigen Jahrhundert in manchen Kreisen des pommerschen Adels ein reges literarisches sowohl wie geschichtliches Interesse vorhanden war, dem wir ansehnliche Sammlungen werthvoller Handschriften, sei es im Original oder in Abschriften verdanken. Einer dieser Sammler, der Stettiner Bürgermeister Matthias Heinrich von Liebeherr auf Woitfick bei Pyritz, 1 ) ließ sich von der Handschrift der Marienkirchen=Bibliothek zu Stargard eine Abschrift anfertigen, und von diesem Exemplar verschaffte sich des Herrn von Liebeherr Schwiegersohn, der Kammerherr Friedrich Wilhelm von der Osten auf Plathe, Begründer der dortigen Bibliothek, im Jahre 1757 eine von ihm selbst sorgfältig collationirte Abschrift, welche als ein Foliant von 446 Seiten noch jetzt der Plather Bibliothek angehört und dem vorliegenden Druck zu Grunde gelegt ist. Der Kammerherr von der Osten hielt die Handschrift der Marienkirchen=Bibliothek für das Original des Gerschow'schen Tagebuchs und beschreibt dasselbe als ein in Pergament gebundenes, mit goldenem Schnitt verziertes Buch in der Handschrift des 17. Jahrhunderts. Wir sind nicht in der Lage, die Richtigkeit dieser Ansicht zu bestreiten und müssen annehmen, daß die Herren von Liebeherr und von der Osten wirklich das Original in Händen gehabt haben. Nach dem oben Gesagten aber ist die Plather Abschrift, welche trotz der darauf verwendeten Sorgfalt besonders in der Schreibung der Namen nicht fehlerfrei erscheint, die einzig bekannte Form, in der uns das Tagebuch erhalten ist; denn auch von der Liebeherrschen Abschrift ist jede Kunde verloren gegangen. 2 )
Ebenso ist von Bearbeitungen der Handschrift nichts bekannt, denn was nach dieser Seite geschehen ist, beschränkt sich auf ein paar dürftige Auszüge, denen nicht minder dürftige Bemerkungen beigefügt sind. Zunächst veröffentlichte Magister David Richter, Rector des Gymnasiums zu Güstrow, im Jahre 1751 ein Programm von
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20 Quartseiten, 1 ) in dem er nach weitschweifiger Einleitung einen Auszug des Anfangs der Reise giebt. Das Ganze ist in Paragraphen eingetheilt, und der Aufenthalt in Meklenburg wird in §. 7 auf knapp einer Seite abgethan. Richter äußert sich da wie folgt:
- - Neminem offendat, hodie post arcem ducalem inclusa vivario desiderari fera animalia. Per hoc enim sesquiseculum ita per Dei gratiam sub mansuetudinis tutela ser. ducum Meklenb. caput suum extulit Gustrovia continuatisque aedificiis aucta exornataque fuit, ut renata videri queat. Per bibliothecae autem colligendae initium transpositio bibliothecae canonicorum extemplo cathedrali in sedem ducalem indicatur, quam ser. duces postea etiam ex reculis laciniisque Heidelbergens. locupletarunt. Aulae Gustroviensi valedicens, Sverinensium arcem et templum cathedrale oculis usurpavit, admiratus magnifica ducum Jo. Alberti I. et Christophori mausolea atque pretiosum ejusdem templi organon pneumaticum, welche mit 7000 Rthlr. der Leute Bericht nach nicht erbauet. Quae deinceps de Wismaria, Lubeca, Hamburgo et Luneburgo refert, satis sunt nota.
Die weitere Reise wird ebenso kurz behandelt, und bei dem Aufenthalt in Hessen bricht Richter überhaupt ab. Ob die ihm vorliegende Handschrift das Original oder, was wahrscheinlicher, nur eine Abschrift war, läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen.
Wenige Jahre später brachte der Greifswalder Professor Joh. Karl Dähnert im vierten Bande seiner "Pommerschen Bibliothek" (1755), S. 30, unter dem Titel: "Proben von des pommerschen Herzogs Philippi Julii Neigung gegen die Gelehrten" einen zwei Seiten langen Auszug aus dem Tagebuch, der mit dem Aufenthalt in Leipzig und der Uebertragung des Rectorats an den Herzog beginnt und dann von der Reise durch England, Frankreich und Italien kurze Nachricht giebt. Dähnert besaß nicht mehr als eben nur diesen, von einer ihm unbekannten Hand geschriebenen Auszug und scheint auch von dem Original keine weitere Kenntniß gehabt zu haben, denn er bittet a. a. O. um Nachricht über Gerschow's Manuscript. Auf Dähnert's Auszug wird schließlich das zurückzuführen sein, was
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Kosegarten in seiner Geschichte der Universität Greifswald, Bd. I, S. 227 über das Tagebuch sagt.
Was nun den Werth des letzteren für die Gegenwart anlangt, so wird Niemand darin wichtige politische Nachrichten oder Aufschlüsse über staatliche Verhältnisse des In= und Auslandes suchen, denn dazu ist ein erstes Heraustreten eines jungen achtzehnjährigen Fürsten aus der heimathlichen Umgebung nicht angethan, und im vorliegenden Fall um so weniger, als der erzieherische Zweck der Reise offen ausgesprochen ist. Anders verhält es sich, wenn man den Inhalt des Tagebuches nach der culturhistorischen Seite hin betrachtet, denn in dieser Hinsicht hält dasselbe den Vergleich mit ähnlichen Schriftstücken der Zeit wohl aus, so daß eine Veröffentlichung der Handschrift als Ganzes wohl gerechtfertigt erscheint. Dazu streift Gerschow's anfänglich wohl etwas schleppende und breite Schreibart im Verlauf der Reise das steife Gelehrtengewand mehr und mehr ab, und die Erzählung ist in einem frischen, den Leser nicht ermüdenden Ton gehalten. Namentlich gilt das, sobald die Reisenden fremden Boden betreten und Personen und Dinge kennen lernen, die ihnen gänzlich neu sind. Da werden die Gewohnheiten der fremden Länder aufmerksam beobachtet, die Sehenswürdigkeiten berühmter Orte pflichtschuldigst betrachtet, auch die oft recht wunderbaren Berichte der Führer werden mit ernsten Mienen angehört, und nur den schweigsamen Blättern des Tagebuchs werden die gerechten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Erzähler anvertraut. Interessant sind die Schilderungen von Sitten und Gebräuchen in den verschiedenen Ländern, und während manche derselben sich bis in die Gegenwart erhalten haben, so daß wir daran einen Maßstab für die Genauigkeit der Erzählung besitzen, sind andere der Alles verschlingenden Zeit zum Opfer gefallen und vielleicht nur noch in den Aufzeichnungen des Tagebuches erhalten, den Werth desselben erhöhend. Hier und da findet wohl auch eine geschichtliche Begebenheit eine bisher weniger bekannte oder beachtete Erklärung, wenigstens gilt das von dem England behandelnden Theil der Erzählung. Endlich führt das zeitenweis angenommene Incognito allerhand ergötzliche Situationen herbei, und andere kleine Abenteuer bereiten nicht minder anmuthige Abwechselung.
Für die Jahrbücher erschien es angemessen, aus dem Tagebuch nur denjenigen Theil auszuwählen, der dem Leserkreise derselben am nächsten gelegen ist, darum gebe ich auf den folgenden Blättern die Beschreibung der Reise durch Meklenburg, die trotz der kurzen Dauer doch nicht ohne Interesse ist. Nur sechs Tage haben sich die Reisenden auf meklenburgischem Boden aufgehalten: am 5. Februar 1602 verbrachten sie die erste Nacht in Dargun und erreichten am folgenden
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Tag Güstrow, wo sie von Herzog Ulrich und dessen Gemahlin Anna, einer Vaterschwester des Herzogs Philipp Julius, freundlich aufgenommen wurden und allerlei Kurzweil trieben. Nachdem an den folgenden Tagen der Thiergarten, sowie der Dom mit den marmornen Denkmälern, sowie die Bibliothek betrachtet worden und man sich von den fürstlichen Verwandten verabschiedet hatte, gelangte die Reisegesellschaft am 10. Februar nach Schwerin, wo sie von der Festung her durch Abfeuern der Geschütze feierlich begrüßt wurde. Dennoch war der Aufenthalt nur kurz, der Dom mit seinen fürstlichen Begräbnissen und der kostbaren Orgel ward flüchtig betrachtet und noch spät am Abend Wismar erreicht, von wo am nächsten Vormittag, den 11. Februar, bereits wieder aufgebrochen ward, um über Grevismühlen und Dassow, bei dessen lustiger Wirthin das Mittagsmahl eingenommen ward, am Abend desselben Tages nach Lübeck zu gelangen.
Vorangeschickt ist die Einleitung zum Tagebuch mit Gerschow's Widmung an den Herzog, sowie dem Bericht über die der Reise voraufgehenden Verhandlungen. Was die Behandlung des Textes anlangt, so wäre es, da wir es nicht mit einem Original, sondern nur mit der Abschrift einer Abschrift zu thun haben, nicht nöthig gewesen, die Schreibweise der Vorlage so genau, wie geschehen, wiederzugeben; die Interpunction dagegen mußte, weil völlig willkürlich, vielfach geändert werden.
Des
Durchlauchtigen,
Hochgebohrnen Fürsten
und
Herrn, Herrn Philippi Julii,
Hertzogen zu Stettin,
Pommern, der Cassuben und
Wenden,
Fürsten zu Rügen und Graffen zu
Gützkow,
der Lande Lauenburg und
Bütow Herren
.
Reise
durch Teutschland,
Engelland, Frankreich
und Italien.
Dem Durchlauchtigen, Hochgebohrnen F rsten und Herren, Herren Philipp Julio, Hertzogen zu Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, F rsten zu R gen, Graffen zu G tzkow,
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der Lande Lauenburg und B tow Herren, Meinem gn digen F rsten und Herren.
Durchlauchtiger, Hochgebohrner F rst, Gn diger Herr! Mit was reifen Rath und Bedenken Ew. F rstl. Gn. Ihre Versuchungsreise vorgenommen, mit was Ruhm, Ansehen und Nutzen Sie dieselbe continuiret, auch mit was Gl ck und Wohlfarth geendiget solches haben E. F rstl. Gn. sich erinnerlich wohl zu bescheiden, die zur Reise mit deputirte Aufw rter und Diener in Unterth nigkeit sich zu freuen, und das gantze geliebte Vaterland daf r dem gn digen barmhertzigen Gott h chlich zu dancken. Und ist anf nglich zwar E. F r. Gn. l bliches F rstliches Vorhaben billig zu r hmen, daß Sie als damalen noch ein junger F rst dem vortrefflichen Exempel Ihrer Hochpreißlichen Voreltern und Anherren, welche sich Besichtigung frembder Lande stets viel beflißen haben, 1 ) nachfolgen und derselben mannigfaltiges Lob großm thig erneuren wollen. Ob nun wohl solch wichtiges und in etwas gef hrliches Werk dem F rstlichen Herrn Vormundt zusambt den andern Regierungs=Land= und Hofr then 2 ) nicht weniges tiefes Nachsinnen und schwere deliberationes verursacht, ist es gleichwol wegen einst ndiges anhalten der Durchlauchtigsten Hochgeb. F rstin und Frauen, Frauen Sophiae Hedewig, gebohrnen zu Braunschweig und L neburg Hertzoginnen zu Stettin, Pommern, E. F. G. freundlichen hertzlieben Frau Mutter, welche fast wider die gemeine Art der kleinm thigen zarten M tter ihres Herren Sohns, als alleinigen Erben dieser Lande, intent zum
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eußersten bef rdert, endlich communibus votis approbiret, auch als ratsam und nützlich erkandt worden. Wie nun solches nicht ohne besondere Schickung Gottes zugegangen und der Anfang dieser Reise mit reiflichen Bedenken gemacht, also ist sie ferner mit E. F. G. großen Ruhm und Ansehen continuiret worden, daß obwol diese Jahre her viel vornehme Herren unterschiedliche Reisen vorgenommen, doch von keiner, wie es die Erfahrung bezeuget, soviel Sagens und Praedicirens hin und wieder gewesen als eben von E. F. G. peregrination, die auch derohalben keinesweges, wie gern man sonst gewollt hat, verschwiegen und verborgen bleiben k nnen, sondern stets wol etliche Monathe zuvor, ehe E. F. G. an irgend einen ber hmten Ohrt gelanget, ist verkundschaftet und vermeldet worden. Woher aber solches alles verursachet, geb hret mir, als der unw rdig nebst andern mit aufgewartet, an diesen Ohrt nicht zu gedenken, weil solches ohne nothwendige Vermeldung E. F. G. wohlverhaltens und besondern F rstl. qualitäten, auch der R the, Aufw rter und Diener Bescheidenheit, Glimpff und H fflichkeit keinesweges geschehen mag. Es habens bereits schon etliche, die an selbigen Ohrten nach uns kommen, mit der Pommern großen Ruhm genungsam vernommen, werden auch k nftiger Zeit andere hoffendlich genießen und derohalben billig zu r hmen wißen. Wiewohl nun solche peregrination nicht ohne große Unkosten, beschwerliche Unlust und sorgliche Gefahr g ntzlich abgehen k nnen, so hat es ihr doch wiederum an geb rlicher Ergetzlichkeit und mercklichen großen Nutzen nicht gemangelt. Denn zu geschweigen, daß E. F. G. fast alle denckw rdige Sachen, und was von k stlichen und künstlichen alten und neuen Wercken in den ber hmtesten L ndern und K nigreichen Europae, als Teutsland, Englandt, Frankreich und Italien mag gefunden werden, mit besonderer Lust und Freuden alles gesehen, seyn ber daß E. F. G. mit denen vornembsten Herren und Potentaten, wo nicht in Freundschafft, wie sichs denn allenthalben nicht schicken wollen, doch zum wenigsten in Kundschafft gerathen, haben mit den erfahrensten, versuchtesten und gelahrtesten Leuten in allen St nden viel Unterredung und Conversation gepflogen, der K nige, Chur= und F rsten, an welche Sie gelanget, Hoffhaltung und Regiment erkant, was darinnen l blich, was strafflich, erforschet, auch wie es mit privat Persohnen in gemeinen Handel und b rgerlichen Leben daher gehe, gantz unvermerckter Weise erkundet und erlernet. Dahero den künfftiger Zeit ein großer Nutzen, sowohl E. F. G. selbsten als Dero Land und Leuten zweiffelsohne zuwachsen und entstehen wird; aldieweil
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E. F. G. nicht weniger in Ihrem Regiment als auch in Ihrem Leben den Exempeln der l blichsten Potentaten sich zu conformiren g ntzlich vorgesetzt. Welchem trefflichen Vorhaben weiter nachzukommen, insonderheit aber in Krieges Sachen etwas gr ndlicher zu vernehmen, E. F. G. ferner bey sich beschloßen, entweder in Ungern oder in Niederland zu verreisen, 1 ) wan Sie nicht durch freundliches, getreues und respective unterth niges Warnen und Bitten Ihrer lieben Frau Mutter, des F rstl. H. Vormundts und etl. getreuen R then zur ck gefordert und von solchen Vornehmen abgemahnet w ren. Derohalben I. F. G. Ihrer Reise ein Ziel setzen und nach Ihrem Land und Leuten in der Eil verr cken m ßen, dahin sie dann mit solchem Gl ck und Heil durch Gottes gn dige Hülffe ankommen, daß Hochgedachte I. F. G. diese weite Peregrination fast ohne einige Leibesbeschwerung volbracht, auch keinen von Ihren Dienern und Gefehrten hinter sich verlassen und gemißet haben, welches den der getreuen Unterthanen emsigen und fleißigen Gebeth vielmehr als E. F. G. oder deroselben vornehmen Aufw rter Verstand und Vorsichtigkeit, wiewohl es Gottlob daran auch nicht gemangelt, muß zugeschrieben werden. Denn was Gefahr und Ungl ck sich zum fftern erzeiget, in was b ßen Wege und Wetter, Hitze und K lte, man gereiset, auch wie I. F. G. fast auf die Letzte durch etliche b se Leute auf den Dienst gewartet deßen haben dieselben nach entgangner pericul mehr mit Lust zu erfreuen, als mit Schmertzen zu bek mmern. Wann nun, Gn diger F rst und H., solche und dergleichen denckw rdige Sachen, auf E. F. G. Peregrination vorgelauffen, habe ich von dem Tage an, als E. F. G. aus Ihrem Hofflager von Wolgast aufgebrochen, bis auf die Zeit, da sie mit Freuden in Ihre Lande und F rstenthum wieder angekommen, alle Tagreisen, was auch an jedem Orth zu sehen und sich sonsten etwa begeben, mehrerer nachrichtung halber notiren, und wie E. F. G. selbsten bewust, t glich aufzeichnen wollen. Welche Verzeichniß auf E. F. G. gn diges Begehren in eine richtige Ordnung zu bringen mir vorl ngsten gar leicht gewesen w re, wan nicht ein gut Theil meines Reiseb chleins verliehen, ein Theil von vielen Regen etwas verdorben worden, und ber das die Schreiber, welchen ich alles in die Feder dictiren m ßen, mich zur Ungeb hr bis dahin aufgehalten. Gelanget demnach an E. F. G. mein gantz fleiziges unterth nigstes Bitten, Sie ob den
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unverhofften Verzug keinen Unmuth tragen, und da auch etwas außgelaßen oder sonst unf rmlich gesetzt w r, solches mir in Gnaden verzeihen und vielmehr denen exscriptoribus, die currente calamo nicht alles percipiren und assequiren k nnen, als mir, der ich solches zu revidiren keine Zeit gehabt, beymeßen wollen. Bin der tr stlichen unterth nigen Zuversicht, E. F. G. werden mit einer schlechten einf ltigen und wiewohl nicht zierlichen doch wahren Relation gn dig zufrieden seyn, wie ich dan meines Wißens durchaus nichts gesetzt, das entweder ich selbsten nicht gesehen, oder da sie zuweilen die Compagnie theilen m ßen, von E. F. G. und Deroselben Gefehrten genungsahm w re berichtet worden.
Daß nun E. F. G. diese geringe Arbeit sich gn diglich gefallen, und meine Wenigkeit, als von der es zu E. F. G. Ehren unterth niglich, gemeinet, sich in Gnaden befohlen seyn laßen und mein Gn digster F. und H. nach wie vor seyn und bleiben, darum will ich unterth nigstes Fleißes zum dienstlichen hiemit gebeten haben, E. F. G in G ttlichen allm chtigen Schutz zu langwieriger guter Gesundheit und gl cklichen Regierung, mich aber in E. F. G. gn dige Wohlgewogenheit treulichst empfehlend. Datum in E. F. Gn. Universit t zu Greifswald anno 1605.
E. F. G.
unterth
niger gehorsamer
Fridericus Gerschow.
Personen so mit meinem G. F. und Herren außerhalb Landes gereiset:
1. M. G. F. und Herr, H. Philipp Julius, Hertzog
zu Stettin Pommern.
2. Bernhard Bugenhagen,
Hoffmeister.
3. Erasmus K
ssow, C
mmerierer.
4. Christoph
Trampe, Zahlmeister.
5. Joachim Volradt
Tribsees, Schenke.
6. Claus Buckow,
Tischdiener.
7. Fridericus Gerschow,
Praeceptor.
8. Rikwan von der Lancken, Edelknabe.
Joachim Behre.
Heinrich Gadenstedte, Edelknabe Peter Kemerer, Kellermeister Martinus Sarnow, Silberw rter Hans Garner, Laquai. |
Diese 5 Personen
sind zu Strasburg blieben. |
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9. Joachim Stolte, Kammerknecht.
10.
Michael Bolte, Stalljunge.
11. Hans Blut,
des K
mmerierers Junge.
12. Joachim
Brandenburg, des Hoffmeisters Knecht.
13.
Peter Schwartze, des Hoffmeisters Junge.
14. Andreas Korn, Laquey.
15. Matz
Kappeser, Laquei.
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Reise in Deutschland.
Anno 1602.
Nachdem der Durchlauchtige, Hochgebohrne F rst und Herr, Herr Philipp Julius, Hertzog zu Stettin, Pommern, der Cassuben und Wenden, F rst zu R gen und Graff zu Gützkow, der Lande Lauenburg und B tow Herr anno 1601 im Herbst die Erbhuldigung von seinen gehorsamen Unterthanen im gantzen Lande aufgenommen, 1 ) und darauf den 18. Novembr. mit einem k stlichen und zierlichen Ritterspiel, Ring und Ballage gerennet, auch freyen R st=Thurnier dem gemeinen geliebten Vaterland und gantzen getreuen Landschafft auf eine Zeitlang gn dig valediciret, als haben I. F. G. aus Rath und Vorwißen des Durchlauchtigsten Hochgeb. F. und H., H. Bugischlaf, Hertzogen zu Stettin, Pommern ., Ihres damahligen F rstl. Vormundts, insonderheit aber der Durchlauchtigsten und Hochgeb. F rstin und Frauen, F. Sophie Hedewig, gebohrnen zu Braunschweig und Lüneburg, Hertzogin zu Stettin, Pommern . Ihro F. G. freundtlichen, hertzlieben Frau Mutter, und der gantzen l blichen Landschafft, Ritterschafft und St dte Mitbeliebung eine Versuchungsreise vorzunehmen sich entschloßen, und ist anf nglichen zwar dieselbe nur auf Leipzig oder T bingen gemeinet, welche sich aber nachmahlen durch gantz Deutsland, Franckreich, Engeland und Italien erstrecket hatt, und seyn. I. F. G. den 1. Februarii anno 1602, als sie zuvor der Edlen und Tugendsamen Frauen Agnes, welche J. F. G. Frau Mutter lange Jahre f r eine Hofmeisterin auf=
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gewartet, nebst ihrer Tochter Kind, des gestrengen Edlen und Ehrenvesten Hans von Hausen j ngsten Sohn, die letzte Ehre erzeiget und das Geleite bis an Ihr Ruhebettlein gegeben, mit hochgedachter I. F. G. Frau Mutter und obgesetzten zur Reise deputirten Personen im Nahmen der heiligen hochgelobten Dreyfaltigkeit von Wolgast aufgebrochen und nach der Eldenow fortger cket, 3 Meile.
Den andern Tag haben I. F. G., weil es ein heiliger Tag und das Fest der Reinigung Mari , an welchem auch I. F. G. f r 16 Jahren die heilige Taufe empfangen, zuvor Predigt geh rt und ferner auf Loitze gereiset, 3 Meilen.
Den 3 ten Tag ist dem gestrengen, Edlen und Ehrenvesten Berndt Bugenhagen, Landmarschalk und Erasmo K ssoen, jetzigen Cantzler, zu der Zeit aber Cammerierern und F rstl. Rathe, die Inspection auf I. F. G. Leib und Gesundheit zufoderst, hernach auf Deroselben Junckern und Dienern und allen Gesinde Leben und Verhalten, wie auch die Direction der gantzen Reise zum treulichsten und fleißigsten durch den H. Cantzler Burchardt Horn im Nahmen des F rstlichen H Vormundts wie auch der F rstl. Wittwen anbefohlen, und alle I. F. G. Aufw rtern, wes Standes sie w ren, ihnen zu gehorchen und zu folgen auferlegt worden.
Den 4 ten Tag ward ein T rcke, den weiland der Edle und Ehrenveste Valentin Horn auß Ungarn mitgebracht und im Christenthum wohl und fleißig unterrichten laßen, zu Loitz getaufft. Gevattern sind gewesen die Durchlauchtigste Hochgeb. F rstin und Frau Sophia Hedewig nebst I. F. G. gantzen Frauenzimmer, die Durchlauchtigen Hochgeb. F. und H. H. Joachim Carll, Hertzog zu Braunschweig und L neburg und Herr Philippus Julius mit Ihro F. G. R then, Junckern und vornehmsten Dienern, und ist dem T uflinge nach denen Herren der Nahme gegeben Ernst Philipp Carolus, welchem auch ein ansehnlicher Patenpfennig verehret worden.
Den 5 ten Tag sind I. F. G. nebst Deroselben Frau Mutter und Hertzog Joachim Carolum, welcher bis in Niedersachsen I. F. G. das Geleite gegeben, gegen Abend zu Dargum (!) 1 ) angekommen, 3 Meilen, alda der f rstl. Wittwen Feuerb ßer
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oder Stubenhitzer in das Haubt so hart verwundet worden, das er wenig Tage hernach Todes verfahren.
Den sechsten in voller Fr he von Dargum (!) aufgebrochen, und ob es wol ziemlich Regenwetter, haben E. F. G. doch zeitig Gustrow erreichet, 6 Meilen, da sie den mit dem Geleite ansehnlich angenommen und von dem hochl blichen alten F rsten Ulrich Hertzog zu Meclenburch 1 ) christmildens angedenckens, auch der durchl. hochgeb. F rstin und Frauen Anne, gebohrnen zu Stettin Pommern Hertzoginnen zu Mecklenburg ., I. F. G. freundtlichen lieben Muhmen, bis in den dritten Tag mit aller f rstl. Lust und Kurzweile aufgehalten und gar stattlich tractiret worden.
Den siebenden haben I. F. G. den Thiergarten, so hinter dem Hause gelegen, darinnen viel Wild, mit besondrer Lust angesehen, wie auch die sch ne marmorsteinerne epitaphia im Dohm 2 ), nebst den Mecklenburgischen Stam=Linien und den Anfang einer guten Liberei.
Den achten haben I. F. G. den gantzen Tag wie auch die folgende nacht, bis man des Morgends zu Pferde geseßen, mit aller vergn gter Fr ligkeit im f rstlichen Mecklenburgischen Frauenzimmer zugebracht.
Den neunten nahmen I. F. G. von dem hochseeligen alten Herren und derselben Gemahlin freundlich Uhrlaub und sind mit dem Geleite den Tag zu Crybitz ankommen, 3 Meile.
Den zehnten bis Schwerin, 2 Meile, da I. F. G. mit dem groben Gesch tz empfangen, und um die Vestung gefeuret ist, welche in einem großen See, so in 4 Meilen lang, gelegen ist; ein wohl gebautes und mit verguldeten Gipsfiguren, k stlicher Tischlerarbeit und künstl. Mahlwerck wohl geputztes Haus. 3 ) Im Dohm, so noch in der Stadt beybehalten wird, sind zwo f rstl. Begr bniße, ein altes Herzog Johan Albrechts, und ein neues von schwartzem und weißen Marmor Hertzog Christophels,
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welches ber die 2000 Thaler soll gestanden seyn, 1 ) Durch ein Fenster kan man die Leiche sehen, so mit einem langen schwartzen Sammet bedecket. Die Orgel im Dohm seyn I. F. G. selbst angestiegen, war ein großes aber nunmehro unfertiges Werck, welches mit 7000 Thaler der Leute Bericht nach nicht erbauet. 2 ) Deßelbigen Tages sind I. F. G. im starcken Regenwetter noch auf die Wismar gereißet, 4 Meile, und als Christoph Trampe und Friederich Gerschow auf den Bauerwagen im bösen Wege so eilend nicht folgen m gen, sein sie vor dem Stadtthor verschloßen worden, da sie den die Nacht ber unter den offenen Himmel wohl durchgenetzet hatten verharren m ßen, weil keine Vorstadt des Ohrts und wohl 5 Thore hinter einander, daß man den Thorwechter nicht erwecken m ge, wo nicht endlich zu ihrem Gl cke wegen eines Bauren, der sich in der Stadt verspätet, das Thor w re ge fnet worden.
Den eilften haben I. F. G. daß eiserne geschr nke um den Taufstein zu Wismar betrachtet, welches ein Rittersch tze so kunstreich in einander geflochten, daß weder anfang noch ende zu sp ren und derohalben insgemein f r keine menschliche Arbeit gehalten wird. 3 ) Von dannen sind I. F. G. erstlich auf Gribsmole, 3 Meile, und ferne auf Dassow, 2 Meile, ger cket, da sie bey einer alten lustigen Wirthin das Mittags=Mahl genommen und also nach L beck gegen Abend angelanget, 2 Meile. Zu L beck sind I. F. G. an die Trabe gegangen, darauf zu der Zeit in die 50 großen Schiffe gelegen. In Unser Lieben Frauen Kirchen gesehen die zwo große Pfeiler, so aus einem gantzen Steine gehauen, und jeder 50 Schuh lang gewesen, wie auch das kunstreiche Uhrwerck daselbst. Der Dohm so gantz mit Kupfer gedecket, ist ein sch nes langes aber nicht sehr hohes Geb ude, dergleichen wir nicht viel auf der gantzen Reise in solcher L nge angetroffen. Alter Leute Bericht nach soll vor Zeiten ein Hirsch, der einen schweren guldenen Halsband umgehabt, des Orths geschoßen und von dem Golde die Kirche gebauet seyn, welche Historia noch jetzo im Dohm abgemahlet; darinnen man auch eine verguldete Monstrantz findet, und ein sehr sch nes geschnittenes Marienbild welches die schwangeren Weiber zu L beck anschauens halber offt besuchen. Endlich seyn I. F. G. in das Rathhaus
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gef hret worden, des Raths Stuben nebst den dabey gelegenen Logiamente, in welchen viele Antiquit ten der Stadt L beck auf gut altv terisches abgemahlet, zum fleißigsten besichtiget. Der Marckt, welcher meistens von Handwerckern bewohnet, ist wie sonsten die gantze Stadt auf den Seehandel ohne viele Gem cher gebauet; auch hatt es zu L beck eine gute Gewohnheit, daß keine Schweine in der Stadt geduldet, sondern f r dem Thor in besonderen H usern gehalten werden, aus welchen auch keiner ein Schwein in die Stadt schleppen oder trecken muß, er habe denn das B rgerrecht gewonnen; daher denn etliche schimpfliche Leute die L becker Sautrecker nennen.
Während die vorstehenden Blätter gesetzt wurden, erhielt ich auf eine an das Königliche Geheime Staatsarchiv zu Berlin gerichtete Anfrage das vermißte Original des Gerschow'schen Tagebuches zugesandt. Ein glückliches Geschick hat dasselbe vor dem Untergange bewahrt, und ich gebe mich der Hoffnung hin, nunmehr das ganze Tagebuch nach dem Original veröffentlichen zu können.
v. B.
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Mit 3 Abbildungen.
Von
Dr.
F. E. Koch,
Oberlandbaumeister in Güstrow.
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S ehr berechtigt ist die Beachtung, die in neuerer Zeit die Bauwerke der Barockzeit auf sich gezogen haben; und je mehr man sich in den Geist dieser Bauten hineinstudirt, desto mehr gewinnen sie an Interesse. Denn es ist nicht zu leugnen, daß dieser Stil Gelegenheit zu einem Reichthum der Façadenausbildung bietet, wie die nach klassischen Vorbildern entworfenen Bauwerke dies nicht zu leisten vermögen.
In Norddeutschland stoßen wir im Allgemeinen nur auf spärliche Beispiele der Barockzeit. Dies hat seinen Grund in den politischen Verhältnissen; hier wirkte die Kalamität, die der dreißigjährige Krieg über uns gebracht hatte, zu mächtig nach; und als endlich der westphälische Friede diesem mörderischen Kriege ein Ende machte, da begannen die Kämpfe des großen Kurfürsten. Und so ist es erklärlich, daß überall in Norddeutschland während des 17. Jahrhunderts eine geringe Bauthätigkeit herrschte, daß das Kunsthandwerk den Bewohnern abhanden gekommen war, und daß wir vom Auslande her uns die Kräfte verschaffen mußten, die erst allmählich wieder deutsche Künstler heranbildeten.
Von tief eingreifendem Einfluß für Deutschland war in dieser Beziehung die Aufhebung des Edicts von Nantes, durch die 400 000 gewerbfleißige Protestanten aus Frankreich vertrieben wurden. Dieser Strom ergoß sich zunächst nach dem der protestantischen Lehre anhängenden Theil der Niederlande, nach Holland, und verbreitete sich von dort über das nordwestliche Deutschland. Ueberall ließen diese "Refugiés"
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die noch heute erkennbaren Spuren ihrer Thätigkeit zurück und wurden gleichzeitig die Lehrmeister unserer Landsleute.
Daher stoßen wir vielfach auf französische Künstlernamen im 17. und 18. Jahrhundert, und so erscheint es sehr im kunsthistorischen Interesse, den Leistungen dieser Ausländer nachzuspüren da, wo sich die Gelegenheit dazu findet.
Solche Gelegenheit aber bietet das Schloß zu Rossewitz, indem wir es einem glücklichen Zufall verdanken, daß der Architekt dieses interessanten Bauwerks bekannt geworden ist. - Durch C. Gurlitt's Geschichte des Barockstils in Deutschland auf die Wirksamkeit Charles Philippe Dieussart's in Meklenburg aufmerksam gemacht, war es mir gelungen, das von diesem herausgegebene und in Güstrow 1679 gedruckte Werk: Theatrum architecturae civilis, wie schon an anderer Stelle mitgetheilt, 1 ) aus der Universitätsbibliothek zu Rostock zu erhalten, nur zu dem Zweck, um dies vaterländische Werk kennen zu lernen. Das Interesse für dasselbe wurde aber in ungeahnter Weise belohnt durch den Umstand, daß die letzte der Foliotafeln dieses Werkes, Tafel 65, das Hauptgesims des Schlosses zu Rossewitz darstellt, sowohl in einer perspectivischen Ansicht, wie in den geometrischen Verhältnissen, während der Text pag. 93 in Cap. XVIII keinen Zweifel darüber läßt, daß Charles Philippe Dieussart die Architektur zu diesem Schloß für den Generalmajor von Vieregge entworfen hat.
Ich gebe hierbei in Figur 1 eine photographisch dem Werk entnommene Copie des betreffenden Blattes und bemerke, daß das Hauptgesims des Schlosses noch heute genau mit dieser Zeichnung stimmt. Die triglyphenartig ausgebildeten mächtigen Consolen mit den Metopen des Untergesimses sind in Terracotta ausgeführt, während die Sima und die Hängeplatte mit den kleinen oberen Consolen, wahrscheinlich zwecks Kostenersparung und wohl in Abweichung von der ursprünglichen Absicht, in Holz construirt sind, wobei jedoch zu bemerken ist, daß die kleinen als Wasserspeier gedachten Köpfe der Sima fortgelassen sind.
Das Schloß ist im Jahre 1657 vollendet und unter Dieussart's Leitung für den Generalmajor von Vieregge, der Besitzer mehrerer der umliegenden Güter war, erbaut worden. Es erhebt sich über einem hohen Kellergeschoß, in dem die massiv gewölbten Wirthschaftsräume liegen, in zwei hohen Haupt=Etagen, über deren jeder ein Mezzaningeschoß ausgebildet ist, so daß zwei volle und zwei halbe Etagen vorhanden sind. Der reich ausgebildete Mittelbau nimmt die geräumige, durch 1 1/2 Etagen reichende Vorhalle auf, während die
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1 1/2 darüber liegenden Etagen des Mittelbaues von dem durch die ganze Tiefe des Gebäudes gehenden Gesellschafts=Saal eingenommen werden. Zu beiden Seiten dieses Saales liegt eine Reihe von Gesellschaftsräumen, deren theilweise noch gut erhaltene Parkettfußböden, reich getäfelte eichene Thüren und Paneelungen, alte Kaminanlagen sichere Schlüsse auf die einstige Pracht dieser Räume gestatten. Dieselben nehmen die obere Haupt=Etage ein, während die untere Haupt=Etage rechts vom Flur einen die drei Fenster der Façade umfassenden Empfangssaal, der jetzt in zwei Wohnräume durchgetheilt ist, enthalten hat, und die linke Seite die
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eigentlichen Wohnräume gebildet haben wird, von denen das erste zweifenstrige Zimmer noch eine sehr reich in Barock ausgebildete Stuckdecke aufweist.
Die beiden über diesen Haupt=Etagen befindlichen Halbgeschosse haben jedenfalls die Schlafräume, Fremdenzimmer u. s. w. enthalten.
Die hohe Vorhalle zeigt als Wanddekoration jederseits drei Rundbogenarkaden, von Pilastern der toskanischen Ordnung getragen, über denen im strengen Stil ein toskanisches Gebälk mit Triglyphen und Stierköpfen in den Metopen fortläuft. Der darüber liegende, gleichfalls 1 1/2 Etage hohe Saal, dessen Decke leider zerstört ist, zeigt dagegen eine höchst interessante Wanddekoration: reiche korinthische Säulenstellungen mit Gebälk, im Geiste der damaligen Zeit plastische Ausbildung in Malerei imitirend, Supraporten über den Flügelthüren in den vier Ecken des Saales, Landschaften in Farbe darstellend; und darüber vier in guter perspectivischer Malerei imitirte Loggien. In gleicher Ausführung ist der Haupteingangsthür gegenüber eine scheinbar weithin verlaufende Säulenhalle dargestellt, eine Dekorationsweise, die nicht ohne Interesse ist, da sie an die in Italien zu dieser Zeit vorkommenden perspectivischen Architekturmalereien des Pozzo u. s. w. erinnert, und die sicher einst bei guter Erhaltung der jetzt verblichenen Farben prächtig gewirkt haben dürfte.
Erhellt wird der durch die ganze Tiefe des Gebäudes gehende Saal auf jeder Schmalseite durch die drei Fenster, die der Mittelbau (Figur 3) zeigt, und die sich in der Gartenfronte wiederholen, nebst dem über jedem befindlichen oeil de boeuf. Diese Fenster sind im Innern durch gemalte Barock=Ornamente umrahmt und mit einander verbunden, wiederum plastische Stuckdekoration nachahmend.
Der Grundriß des ganzen Gebäudes bildet ein Oblong mit zwei nach hinten vorspringenden kurzen Seitenflügeln. Zwischen diesen Flügeln hat in früherer Zeit eine Terrasse bestanden, von der aus eine Freitreppe in den hier anschließenden Park hinuntergeführt hat. Diese Terrasse ist leider vor etwa 40 Jahren wegen Baufälligkeit abgebrochen und durch eine einfache Freitreppe ersetzt worden, zu der die alten Sandstein=Balustern verwandt sind.
Man erkennt noch die reiche Anlage des einstigen Parks, an den sich unmittelbar ein freundliches, mit Fußwegen durchschnittenes Gehölz anschließt. Auch war offenbar das Schloß einst durch einen Wallgraben abgeschlossen, der allerdings wohl gleich wie bei den gleichalterigen französischen Schlössen nur einen dekorativen Zweck hatte. Reste dieses Wallgrabens finden sich sowohl vor wie hinter dem Schlosse, und erst vor etwa 20 Jahren wurde ein Theil des Wallgrabens hinter dem Schlosse zugeschüttet wegen der üblen Ausdünstungen,
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die er verbreitete. Noch jetzt ist die Brücke, die über ihn in den Park führte und die sich offenbar der Freitreppe unmittelbar anschloß, vorhanden und giebt mit ihrem kräftigen Geländer von Sandstein=Valustern Kunde von der monumentalen Ausbildung früherer Zeit.
Die Façaden des Schlosses, von denen Figur 2 die Totalansicht in Perspective und Figur 3 den Mittelbau im größeren Maßstabe nach photographischen Aufnahmen darstellen, machen einen großartigen
Eindruck; vor Allem ist der Mittelbau in edlen, noch der Renaissance nahestehenden Verhältnissen und mit einem gewissen Prunke ausgeführt, indem alle Architekturtheile in nordischem Marmor (Gothländischem Kalkstein), zum Theil geschliffen und polirt, gearbeitet, während die Wandflächen geputzt und abgetüncht sind.
Oberhalb eines durch eine zweiarmige Freitreppe zu begehenden Podestes mit gutem, schmiedeeisernem Geländer erhebt sich das wie gesagt noch an die gute Renaissance=Zeit erinnernde Hauptportal; über dem gebrochenen Giebel in hübscher Stilbildung das
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combinirte Wappen des Herrn von Vieregge und seiner Gemahlin, einer Gräfin Hahn, mit der Jahreszahl 1657.
Eingerahmt wird der Mittelbau in der untern Etage durch gequaderte Pilaster aus nordischem Marmor mit toskanischem Kapitäl und Gebälk, mit einem durch ein Tropfenband getragenen Gesims, welches in kräftigen Formen aus dem Abakus und Echinus des dorischen Kapitäls gebildet ist, und unter Fortfall des Tropfenbandes als mächtiges Gurtgesims sich um das ganze Gebäude fortsetzt und würdig die Parterre=Etage abschließt.
Die die obere Haupt=Etage des Mittelbaues einrahmenden, gleichfalls gequaderten Pilaster von gleichem Material sind mit reichen Kompositen=Kapitälen gekrönt, die das in Figur 1 dargestellte Gebälk mit höchst interessant zusammengesetztem Hauptgesims tragen. Ueber dem gegliederten, dem Stil entsprechend niedrigen Architrav ist ein Fries aus Terracotten gebildet, der in höchst eigenthümlicher Weise triglyphenartig ausgebildete, mächtige Consolen aufweist, zwischen denen Metopen eingesetzt sind, die in kräftigem Relief Embleme des Krieges darstellen. Die Consolen stützen eine kräftig vorliegende Platte, die den Reliefs der Metopen als Schutz gegen Witterungseinflüsse gedient hat, so daß diese wohl erhalten sind; und aus dieser Platte entwickeln sich zierliche korinthische Consolen, die die Hängeplatte des kräftig ausladenden Hauptgesimses tragen. Diese Consolen mit den darunter liegenden Theilen des Gebälks sind, der Zeichnung Figur 1 entsprechend, nach Dieussarts Entwurf ausgeführt, während die eigentliche Hängeplatte und die Sima, die ursprünglich auch wohl auf Steinconstruction berechnet waren, wahrscheinlich der Kostenersparung wegen, aus Holz gebildet sind.
Dies Hauptgesims umzieht das ganze Gebäude und verleiht demselben einen kräftig monumentalen Charakter.
Die Wandfläche des Mittelbaues wird durch die drei großen Fenster des Saales mit den darüber befindlichen Ochsenaugen belebt, die, wie die Abbildung zeigt, in zierlicher Weise umrahmt und durch Festons verziert sind. Oberhalb des mittleren Fensters ist ein Spruchband mit der Inschrift: "Semper idem" angebracht. Der Mittelbau findet seinen Abschluß durch einen hübschen flachen Giebel, in dem das Zifferblatt einer Uhr, getragen von Barock=Ornamenten, angebracht ist.
In dem breiten Fries des Hauptportals finden sich die Inschriften: einerseits
"Joachim Heinrich Vieregge, Generalmajor, auf Rossewitz, Sibsin!, Zapkendorf und Mierendorf erbgesessen;" andererseits
"Anna Margaretha Hanen vom Hause Basedow."
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Die Architektur der übrigen Gebäudetheile schließt sich der des Mittelbaues an; doch ist eine einfachere Ausführung, wahrscheinlich durch Rücksicht auf Kostenersparung herbeigeführt, unverkennbar. Denn die Kosten dieses in solidester Weise angelegten Bauwerks mit seinem durchweg gewölbten hohen Kellergeschoß und den in dem Erdgeschoß 1,25 m starken Mauern müssen ungemein hohe gewesen sein. Hierauf lassen auch so manche Details des inneren Ausbaues schließen, wie z. B. die von polirtem Marmor in den Seitenwänden der Haupttreppe eingemauerten Handläufer, die außer dieser Treppe durch alle Etagen hindurchführende Wendeltreppe, die früher in verschiedenen Sälen vorhanden gewesenen Gobelins, die Anlage alter Kamine, geheimer Treppen in den Wänden u. s. w.
An alten losen Bautheilen finden sich noch in dem Schlosse: ein mächtiger, ovaler, in Holz geschnittener Blumenkranz, der als Deckendekoration in dem ursprünglich dreifenstrigen Saal rechts der Vorhalle gedient haben soll,
ein kleiner, zierlicher Majolika=Ofen, leider sehr defect, und
ein gußeiserner Ofen auf hohen Füßen aus dem 17. Jahrhundert, dänische Arbeit, mit Medaillonköpfen.
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Mit 2 Abbildungen.
Von
Dr.
F. E Koch,
Oberlandbaumeister in Güstrow
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I n Band 12, 1847, der Jahrbücher für Meklenburgische Geschichte und Alterthumskunde, pag. 4 . giebt der Geh. Archivrath Dr. Lisch eine ausführliche historische Darstellung über einen Hof mit Haus am Ziegenmarkt in Güstrow und spricht pag. 478 in fine desselben Jahrgangs die Vermuthung aus, daß das jetzt noch in Güstrow an der Mühlenstraße stehende schöne Giebelhaus, das jetzt dem Brauereibesitzer Herrn Fr. Hansen gehört, dasselbe ist, auf welches jene historische Darstellung sich bezieht.
In Jahrgang 21 der Jahrbücher wiederholt Lisch pag. 295 seine Vermuthung und führt noch einige Daten für die Bestätigung seiner Ansicht an, an deren Richtigkeit nach Ansicht des Berichterstatters nicht zu zweifeln ist.
Nach Lisch's Darstellung ist der in Rede stehende Hof im Jahre 1433 aus dem Besitz der Mönche des Klosters Michaelstein bei Halberstadt in den der Mönche des Klosters Doberan übergegangen, die schon im Besitz der Mühle am Mühlenthor in Güstrow waren und die nun die Gebäude dieses Hofes als Stapelplatz für die Erzeugnisse der Mühle und die Produkte des in ihren Händen befindlichen sonstigen Grundbesitzes benutzen wollten.
Der Umstand, daß das jetzige Giebelhaus nicht unmittelbar am Ziegenmarkt, sondern nahe bei diesem liegt, kann kein Hinderniß für die Identificirung sein; denn das jetzige Gebäude ist augenscheinlich nicht mehr das im 15. Jahrhundert existirende. Wie Lisch richtig
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angiebt, stammt das jetzige Giebelhaus aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, und es ist wahrscheinlich, daß bei den im ersten Decennium des 16. Jahrhunderts stattgehabten Bränden die alten Gebäude zerstört
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und dann das jetzige Giebelhaus etwas abweichend von der ursprünglichen Baustelle wieder aufgeführt worden ist.
Jedenfalls ist das in Rede stehende Giebelhaus von hohem kunsthistorischen Interesse, weil die reiche architectonische Gliederung der beiden Giebelfronten mit ihren zinnenartigen Bekrönungen deutlich den Uebergang aus der Gothik in die Renaissance und den Kampf der beiderseitigen Formbildungen zeigt.
Die in einem Mauersteine eingekratzte Jahreszahl 1539, deren auch Lisch erwähnt, stimmt sehr gut zu der Stilbildung der Giebel. Denn bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts finden wir Mischformen der erwähnten beiden Baustile in Deutschland. - Auch Lisch hat die Stilbildung richtig erkannt, indem er sie "Gothische Renaissance" nennt, eine Bezeichnung, die nicht zu empfehlen ist, während sie wohl richtiger "Frührenaissance" zu nennen ist.
Auffallend ist es, daß Scheffers in seinem schönen Werke über deutsche Renaissance keine Abbildung dieses Giebels giebt, um so mehr als er sonstige Renaissancegiebel aus Güstrow zur Genüge abbildet. Wahrscheinlich haben ihn die gothischen Anklänge davon abgehalten. Aber gerade aus dieser Uebergangszeit haben wir nicht viele Beispiele mehr, wie z. B. das schöne Gewandhaus in Braunschweig; und daher giebt der Berichterstatter hierbei gute photographische Aufnahmen des hofwärts gelegenen Giebels, der deshalb gewählt ist, weil er noch sehr rein die alte Architectur zeigt, sowie des straßenwärts befindlichen Giebels, der schon sehr "von der Cultur beleckt" 1 ) und durch nicht sehr passend gewählte Farbenanstriche übertüncht ist.
Die inneren Räume haben leider im Lauf der Jahre viele Umwandlungen erlitten, so daß sogar ein unteres Zimmer, welches noch Reste gut geformter Rococo=Sculptur zeigt, als Vorraum für den Eiskeller dient.
Die Treppe und ein Kamin zeigen Barockformen, gleich wie die Hausthür, an der aber ein kleiner, sehr schön geformter, als Thürklopfer dienender Löwe von Bronce bemerkenswerth ist.
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zur
Von
Professor Dr. Wilh. Stieda zu Rostock.
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D ie ersten Schritte zur Einführung der Seidenindustrie und zur eigenen Erzeugung der Seide geschahen in Deutschland während des 16. Jahrhunderts. Zwei intelligenten Ulmer Bürgern Scheller und Marteller wird nachgerühmt, daß sie im Jahre 1525 die Sammetweberei in Como erlernt hätten, um die dort erworbenen Kenntnisse in der Heimath verwerthen zu können. 1 ) Indeß dieser Versuch so wenig, wie der später - 1545 - in Augsburg von Andreas Schultz unternommene, der Goldspinnerei und Brocatweberei Eingang zu verschaffen, hatten dauernden Erfolg. 2 )
Mit demselben Mißgeschick hatten die von hoher Hand begünstigten Bestrebungen zu kämpfen. Kurfürst August von Sachsen (1553 - 86), der den Wohlstand seines Volkes überhaupt durch Pflege des Landbaues, Beförderung der Industrie und Belebung des Handels zu heben bemüht war, ließ durch den Locarner Giacomo Duno aus Zürich eine Sammetweberei ins Leben rufen. In Brandenburg aber folgte Kurfürst Joachim II. diesem Beispiel, indem er den Locarner Bartolommeo Robasciotto aus Basel zu gleichem Zwecke berief. 3 ) Der Brandenburgische Fürst übertrug seine Liebhaberei auch auf seine
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Tochter Elisabeth Magdalene, die an den Herzog von Braunschweig=Lüneburg verheirathet war. Sie scheint die erste gewesen zu sein - sie starb 1595 -, die sich in Deutschland mit der Seidenraupenzucht befaßte. 1 ) Auch ein Privatmann, Dr. Andreas Libarius zu Rothenburg an der Tauber, im Jahre 1599 wird als einer der ersten Züchter der Seidenraupe genannt. 2 ) In Württemberg interessirte sich der Herzog Friedrich I. für den Seidenbau, errichtete 1601 eine Seidenzucht und Seidenspinnerei in Stuttgart und soll es sogar so weit gebracht haben, daß er im Jahre 1603 drei Pfund im Lande erzeugte Seide nach Frankreich schicken konnte. 3 )
Aber von allen diesen Unternehmungen hat sich nicht mehr als die Erinnerung erhalten. Nicht einmal über die jeweilige Entwickelung und die Dauer dieser Betriebe ist Näheres bekannt geworden. Immerhin waren auf diese Weise um die Wende des 16. und 17. Jahrhunderts Anfänge der Seidenraupenzucht und der Seidenindustrie in verschiedenen deutschen Gebieten vorhanden, 4 ) und es handelte sich nur um eine Wiederbelebung dieser Anstalten, als durch die in der Mitte des 16. Jahrhunderts beginnende Gegenreformation ein Strom gewerbfleißiger Niederländer und Franzosen sich in Deutschland ergoß. Die fremden Flüchtlinge, die überhaupt auf die Verbreitung und Hebung der Industrie in Deutschland bestimmenden Einfluß gewannen, die einer neuen Unternehmungsform, der Fabrik, Anerkennung verschafften - sie waren auch die Träger und Verbreiter der Seidenindustrie. Sie führten neue Artikel ein, sie brachten einen besseren Geschmack, eine vollkommenere Technik mit sich. 5 )
Der erste deutsche Staat, der davon Vortheil zog, war Hamburg. Hier entwickelte sich seit dem Ende des 16. Jahrhunderts eine rege Seidenindustrie, in der insbesondere die Sammet= und Kaffaweberei entwickelt waren. Daneben aber gediehen auch die Fabrikation von seidenen und goldgewirkten Zeugen und Bändern, die Zwirnerei und die Färberei. 6 ) Wie leistungsfähig dieser Gewerbezweig, begünstigt
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merkwürdiger Weise durch den dreißigjährigen Krieg, der sonst überall tiefe Wunden schlug, auch in Hamburg wurde, zum Anbau von Maulbeerbäumen und zur Zucht von Seidenraupen entschloß man sich noch nicht. Diesen Gedanken angeregt und ihn mit allem Nachdruck vertreten zu haben, ist das Verdienst von Johann Joachim Becher.
Becher, im Jahre 1625 in Speyer als der Sohn eines protestantischen Geistlichen geboren, legte in seinen Studien eine staunenswerthe Vielseitigkeit an den Tag. Mathematik, Physik und Medizin, aber auch Theologie, Jurisprudenz, Linguistik und Kameralistik beschäftigten ihn. Professor der Medizin an der Universität Mainz, trat er bis zu den sechsziger Jahren litterarisch fast ausschließlich auf dem Gebiete der Physik, Chemie und Linguistik hervor, wandte sich dann aber der Kameralistik zu und hat hier wohl größere Bedeutung gewonnen, als in den anderen Wissenschaften. Er bekannte sich als Nationalökonom zu merkantilistischen Ideen, und wie es mit diesem System zusammenhängt, erwärmte er sich aufs Lebhafteste für Beförderung des Handwerks und die Einrichtung von Manufakturen. Unter diesen aber richtete er sein Augenmerk namentlich auf Einführung des Seidenbaues und der Seidenindustrie. 1 ) Gerade dieser Zweig spielt in seinen Projekten eine hervorragende Rolle. Er bewies, daß das Klima der meisten Gegenden Deutschlands der Seidenraupenzucht nicht entgegen sei, "ist nicht zu zweiflen, dass wo guter Wein - Wachss, auch gut Maulbeerlaub wachse, der Baum ist leicht zu handhaben, dann weil er am langsamsten seine Blätter gibt. leydet er vom Frost keine Gefahr." Besonders empfahl er zur Anpflanzung die untere "Pfalz, um Heidelberg und in der Bergstraß, angesehen das Seidenwesen allda so gut thut, als immermehr in Frankreich." Selbst wenn es aber nicht gelänge, den Rohstoff selbst im eigenen Lande zu erzeugen, so könnte man ihn bequem aus dem Auslande beziehen und hätte dann den Vortheil seiner Bearbeitung, "wodurch nicht allein ein guter Theil des Gelds im Land bliebe, sondern auch viel tausend Menschen, die nun betteln gehen, ihr Brod dadurch gewinnen könnten." Wirklich wußte er nach einander mehrere deutsche Fürsten für seine Pläne zu gewinnen. Mit dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz schloß er im Jahre 1664 einen Vertrag, laut welchem er in Mannheim und Heidelberg eine Anzahl von Manufakturen, darunter vornehmlich eine Seidenweberei, begründen sollte und zum Seidenbau Ländereien angewiesen erhielt, auf denen er 6000 Bäume
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pflanzte, nach Schreber sogar 20000. 1 ) Das Werk wurde auch in Gang gebracht, gerieth aber später in Stocken. Der Kurfürst Johann Philipp von Mainz ließ sich ebenfalls dazu bereit finden, in Vagts, Hochem und bei Würzburg Maulbeerpflanzungen anzulegen und betrieb die Aufzucht von Raupen mit Erfolg. Ob es in München auch schon zum Seidenbau kam, ist nicht ganz sicher. Groth behauptet allerdings, daß im Jahre 1670 in Baiern der erste Verein zur Seidenzucht gegründet wurde. 2 ) Jedenfalls kam im Jahre 1666 eine Seidencompagnie mit Hülfe holländischer und brabantischer Geschäftsleute zu Stande. Indeß alle diese Manufacturen wollten nicht recht gedeihen. Der Mangel an Betriebsmitteln, die Unerfahrenheit und Unzuverlässigkeit der aus der Fremde herbeigeholten Directoren und Arbeiter, der übertriebene Umfang des Unternehmens, die Mißgunst der einheimischen Kaufleute, die sich der Neuerung gegenüber sehr ablehnend verhielten, brachten die neuen Anstalten bald zum Scheitern. 3 )
Immerhin war durch Becher die Ueberzeugung aufgekommen, daß der Seidenbau den wirthschaftlichen und klimatischen Verhältnissen Deutschlands nicht widerspräche, und diese Ansicht wurde nun litterarisch mehr bethätigt.
Bereits Marta Baesia hatte über die Fütterung der Seidenraupen und die für sie erforderliche Temperatur Versuche angestellt, die Baesius in seinem Werke "De re vestitiaria" beschrieb. Später war in einem Werke, das Maria Sybilla Graefia über die Raupen veröffentlichte, auch der Seidenraupen gedacht worden. 4 ) Dann war im Jahre 1603 eine Schrift von Olivier de Serres über den Seidenwurm durch den Württembergischen Kammersecretair Jacob Rathgeb ins Deutsche übertragen worden, wahrscheinlich die erste in deutscher Sprache erscheinende Schrift über diesen Gegenstand. Nun mehrten sich die Anleitungen, ein Zeichen des wachsenden Interesses. Im Jahre 1668 verfaßte der Bürgermeister von Cremmen in Brandenburg, Johann Grüwel, ein Büchlein über den Seidenbau. 5 ) Im folgenden Jahre wurde die gründliche Anweisung des Franzosen Christoph Isnard, "wie die weissen Maulbeerbäume sollen gebauet werden", in Wien ins Deutsche übersetzt, und 1693 erschien in Leipzig die "Neue Seiden - Manufaktur, das ist: Ausführliche Erzehlung wie Maulbeerbäume und Seidenwürme gepfleget, gewartet, fortgepflantzet und die darzu bereitete Seide recht
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zugerichtet und genutzet werten könne." Der Verfasser, der sich auf dem Titelblatt als der "Kunstliebende" bezeichnet und die Vorrede an den Leser mit den Initialen J. J. W. unterschreibt, gab vor, daß er viele Jahre in Manufacturen thätig gewesen und "seine eigene langjährige Erfahrung" mittheile; doch lassen die Bemerkungen am Schlusse des Büchleins darauf schließen, daß es sich nur um eine neue Uebersetzung des Isnard'schen Werkes handelte.
Wenn es trotzdem noch einige Zeit dauerte, bis man sich dazu entschloß, die Theorie in Wirklichkeit umzusetzen und den Rath zur Anpflanzung von Maulbeerbäumen zu befolgen, so war das bei der Neuheit der Projecte wohl natürlich. Zunächst strebte man an, die Industrie festen Fuß fassen zu lassen und verschaffte ihr den Rohstoff von auswärts. In Langensalza hatten sich am Ende der 60er Jahre des 17. Jahrhunderts ein paar von dort gebürtige Weber, die in der Schweiz das Gewerbe erlernt hatten, niedergelassen und eine Weberei leichter, aus Seide und Baumwolle gemischter Stoffe in Gang gebracht, die nachher, als sich kapitalkräftige Unternehmer an dem Geschäft betheiligten, einen bedeutenden Umfang gewann. Im Kurfürstenthum Sachsen, wo der Fabrikant und Commerzienrath Johann Daniel Krafft und die Gebrüder Span thätig waren, kam 1676 eine Seiden= und Wollenmanufactur in Neuostra ganz gut in Gang. Die Regierung selbst unterstützte den eifrigen Unternehmer mit Geldern, die sie aus einer neu eingeführten Tabaksteuer vereinnahmte. 1 )
Der große Kurfürst Friedrich Wilhelm bediente sich ebenfalls der Hülfe des Commerzienraths Krafft, um in Berlin eine ähnliche Manufactur zu eröffnen, doch führten die Verhandlungen zunächst nicht zum Ziele. Indeß der weitblickende Herrscher verzagte nicht. Am 6. Mai 1676 wurde durch Reichsbeschluß die Einfuhr und der Verbrauch aller französischen Luxuswaaren, namentlich von Seidenzeugen, verboten und am 18. Juli desselben Jahres das betreffende Edict für Brandenburg wiederholt. Strebte man mit ihm darnach, sich von der wirthschaftlichen Ausbeutung durch den mächtigeren Nachbar zu befreien, so ließ sich nichts dagegen einwenden, da der Luxus nun einmal nicht ganz zu unterdrücken war, die Anfertigung der kostbaren Stoffe, bei der sich viel Geld verdienen ließ, im Lande selbst in Angriff zu nehmen. So gewann denn der Kurfürst einen Nürnberger, Friedrich Pilgram, der in der sächsischen Manufactur Erfahrungen gesammelt haben wollte, zur Anlage einer Fabrik in Berlin. Aber der Mann erwies sich bei näherem Zusehen als ein
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"unzuverlässiges Subject," und die Sache unterblieb. 1 ) Erst mit der Einwanderung der Refugiés sah der Kurfürst sich der Verwirklichung seiner Ideale nähergerückt. Ein Jahr vor seinem Tode hatte er die Freude, eine wirkliche Seidenmanufactur - im Packhaus auf dem Friedrichsgraben in Berlin - in Betrieb kommen zu sehen. Ein Pariser, Jean Biet, der daheim in seiner Fabrik 20 Arbeiter beschäftigt hatte, während er die Wolle, die er zu seinen halbseidenen Geweben brauchte, auf hausindustriellem Wege von etwa 100 Personen in einigen Dörfern der Picardie herstellen ließ, also ein gewiegter Unternehmer, stand an der Spitze des Geschäfts. Er hatte einen Vorschuß von 5000 Thalern erhalten unter der Bedingung, 18 Stühle in Gang zu bringen. Seine Arbeiter, vorzugsweise Franzosen, mußte er aus Holland verschreiben. 2 )
Die Versuche, die zur Verarbeitung nöthige Seide in Preußen selbst zu erzeugen, begannen erst nach dem Tode des großen Kurfürsten. Im Jahre 1690 wurde der Anfang gemacht, indem der Amtskammer befohlen wurde, auf den Domänen Maulbeerbäume anzupflanzen. Das Ergebniß muß zunächst kein unbefriedigendes gewesen sein und zu weiterer Ausdehnung angeregt haben. Denn kein Geringerer als Leibniz griff die Idee auf, den Seidenbau in Deutschland heimisch zu machen und wirkte dafür bei dem Kurfürsten von Mainz und Hannover. 3 ) Er glaubte am schnellsten durch ein Monopol seinen Zweck, nämlich "den ansehnlichen Nutzen des Landes und des gemeinen Wesens und der hohen Herrschaft" erreichen zu können und hatte sich im Jahre 1707 bei dem Könige dafür verwandt, daß der neu errichteten Societät der Wissenschaften ein "Privilegium privativum generale perpetuum zur Erzielung der weißen Maulbeer=Bäume und der Seide" ertheilt würde. 4 ) Leibniz glaubte, daß die weißen Maulbeerbäume so gut wie Linden in unserem nordischen Klima würden gedeihen, "mithin sowohl Schatten als Nutzen geben," und demgemäß überall an bequemen Orten, auf Wällen, Straßen und "wo es sonst anständig" einzeln und in Alleen würden gepflanzt werden können. Und eine so große Vorstellung hatte er von dem Erfolge der beabsichtigten Anpflanzung, daß er für jene Societät, der er augenscheinlich wünschte thunlichst große Einnahmen zu verschaffen, nicht allein die Kultur der Bäume, sondern auch die Verarbeitung und den Vertrieb der einheimischen Seide ausschließlich in
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Anspruch nahm, sowie sich als Gnade ausbat, die Seide und die Waare nicht zu hoch mit Zöllen und Accisen beschweren zu wollen.
Wirklich ging der König auf die Wünsche des hervorragenden Philosophen ein und bewilligte der Societät ein ausschließliches Privileg zur Anpflanzung von Maulbeerbäumen. Leibnitz that auch Schritte, es zu verwirklichen und setzte sich zu diesem Zwecke mit dem Conrector Frisch vom Berlinischen Gymnasium zum grauen Kloster in Briefwechsel. Dieser erwarb sich in der That große Verdienste um die Beförderung des Anbaues von Maulbeerbäumen, pflanzte sie in Spandau, Köpenick, in Berlin selbst und hatte die Freude, daß ungeachtet des harten Winters von 1709 der weiße Maulbeerbaum doch erhalten blieb. 1 ) Trotz alledem schlief die Lust zur Fortsetzung des Werkes allmählig wieder ein, und erst Friedrich Wilhelm I. belebte das Interesse für den Seidenbau aufs Neue. Zwei Broschüren des Conrectors Frisch: "Der Seidenbau, nach seiner Möglichkeit und Nutzbarkeit," im Jahre 1713 und "Der Seidenbau in seiner nöthigen Vorbereitung, nöthigen Bestellung und endlichen Gewinnung," im Jahre 1714 erschienen, setzten dem Publikum den Nutzen des Seidenbaues auseinander und gaben Anleitung zu seiner Inangriffnahme. Dann verwiesen die beiden Verordnungen vom 5. März 1714 und 12. September 1716 darauf, mit welchen beträchtlichen Summen Geldes das Land dem Auslande für Seide tributair sei. Dies könne man größtentheils erhalten, wenn man sich des Seidenbaues befleißigen wolle. Die Unterthanen möchten doch ihren eigenen Vortheil erkennen und Maulbeerbäume in Menge anpflanzen. Auch die Magistrate in den Städten sollten dafür eintreten, indem sie "an gemeinen Orten, an denen Mauern, Gräben, Wegen, Triften oder wo es sonst bequem und schicklich sei, von Jahr zu Jahr eine Anzahl junger Maulbeerbäume versetzen, solche gehörig warten und so zu dem Seidenbau Grund legen."
Man sieht, es war dem König voller Ernst damit und kein bloßer Scherz, wenn er durch Kabinetsordre von 1718 befahl, den gelehrten und närrischen Gundling als Geheimen Rath bei dem neu organisirten General=Commissariat einzuführen und ihm "das Departement aller Seidenwürme im ganzen Lande" zu übertragen. 2 ) Im nächsten Jahre - am 9. Januar 1719 - folgte eine Verordnung, in der die Geistlichen aufgefordert wurden, die Kirchhöfe mit Maulbeerbäumen zu bepflanzen, eine sicherlich angemessenere Verwendung des Platzes, als wenn man noch heute z. B. in manchen meklenburgischen Kirchdörfern Pflaumenbäume auf diesen Stätten des Friedens gedeihen sieht.
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Ungeduldig erwartete der König den Erfolg dieser Maßregel, wiederholte sie am Ende des Jahres - am 20. December - und verlangte binnen 8 Tagen genauere statistische Angaben von jedem Prediger, wie viel Bäume bereits gepflanzt wären. Die renitenten Prediger sollten die höchste Ungnade zu erwarten haben, "gestalt Wir keine Entschuldigung, dass der Kirchenpatron der Sache zuwider wäre oder dergleichen werden gelten lassen."
Im Thiergarten zu Berlin wurden wüste Plätze, die der König selbst bezeichnete, von Refugiés mit Maulbeerbäumen bepflanzt. Aus ihrer Ansiedelung erwuchs der später Moabit genannte Stadttheil. In Wusterhausen ließ der König ebenfalls eine Plantage anlegen, und so waren bis 1732 in und um Berlin allmählig 2000 Bäume vorhanden, deren Seidenertrag sich auf 115 Pfund belief. Der königlichen Societät war das Privileg nicht mehr erneuert worden, sondern dieses hatte, wie es scheint, der Domänenfiscal Pfeiffer erhalten, der, nächst Frisch der eifrigste Beförderer des Werkes, eine Baumschule angelegt hatte, um die ganze Kurmark mit Bäumen zu versorgen. 1 )
Gleichzeitig ließ sich der König angelegen sein, die Seidenindustrie zu entwickeln, indem er sie namentlich durch eine seit 1713 überlegtere und kräftigere Schutzzollpolitik förderte. Bei alledem war trotz hübscher Ergebnisse im Einzelnen beim Regierungsantritt Friedrich des Großen für das ganze Land noch nicht viel erreicht. In einer Instruction des gleich in den ersten Wochen der Regierung dieses Monarchen ins Leben getretenen fünften Departements, einer Abtheilung im General=Directorium, der die Sorge für Handel und Industrie im ganzen Gebiete der Monarchie übertragen wurde, bezeichnete man die Seiden=Industrie schlechtweg als eine im Lande noch fehlende Manufactur. Friedrich der Große nahm sich ihrer jetzt aufs Lebhafteste an. Wiederholt hat er erklärt, daß sie zunächst sein vornehmstes Augenmerk auf gewerblichem Gebiete sei. 2 )
In einer 1750 an den Minister von Danckelmann gerichteten Ordre bezeichnete er den Seidenbau als einen Gegenstand, "den er unter den übrigen Aufgaben für das Beste des Landes und seiner Unterthanen für einen der hauptsächlichsten halte." 3 )
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Alle bisher in Preußen bestehenden Fabriken gebrauchten italienische Seide. Der Ertrag des eigenen Seidenbaues kam nicht in Betracht. Hier setzte nun Friedrich der Große ein. Er gab die Hoffnung, einen beträchtlichen Theil des für die Manufacturen erforderlichen Rohstoffes im Lande selbst hervorbringen zu können, keineswegs auf und wandte sich zu diesem Zwecke an die französische Kolonie, bei der er das meiste Verständniß für seine Ziele voraussetzte. In den Jahren 1741 und 1742 ergingen Edicte, die das Publikum zum Pflanzen von Maulbeerbäumen und zur Zucht von Seidenwürmern aufforderten. Samen für die Bäume, Eier für die Raupenzucht wurden unentgeltlich vertheilt und für die Anlegung von Plantagen eine Geldprämie von 50 Thalern für je 1000 Stämme verhießen. Später erneuerte man die Verfügungen, Kirchhöfe und Stadtwälle mit Maulbeerbäumen zu bepflanzen, verbot die Ausfuhr von Maulbeerbäumen und ihre Aufkäuferei, bedrohte ihre Beschädigung mit strenger Strafe. Dann wurden die geistlichen Stiftungen, namentlich die Waisenhäuser, zu Pflanzschulen des Seidenbaues gemacht. Die verschiedenen Berliner Waisenhäuser, die Charité, die Francke'sche Stiftung in Halle, das Waisenhaus in Züllichau haben auch in der That unter der Führung des Potsdamer Waisenhauses auf den Appell geantwortet und sich zu wahren Musteranstalten für den Seidenbau entwickelt. 1 ) Den Geheimrath de Cognary schickte er (Anfangs der 50er Jahre) nach Genf, um 200 Familien zu engagiren, "welche mit dem ganzen Seidenbau, wie solcher von Anfang bis zum Ende traktiret werden muss, wohl umzugehen wissen." 2 )
Bei Neuverpachtungen von Domänen wurde der Pächter contractlich verpflichtet, Maulbeerbäume zu pflanzen, in manchen Fällen bis zu 1000 und mehr Bäumen. Auf seinen Reisen besichtigte dann der König die Pflanzungen, war aber selten mit ihren Ergebnissen zufrieden. Es geschieht ihm zu wenig, und die Kammern werden immer wieder angewiesen, "die Amtleute ernstlichst zur Befolgung ihrer Pflicht anzuhalten." "Es seindt Faule Esels," fügt der König in einer seiner bekannten anzüglichen Randbemerkungen hinzu. 2 )
Von der Kurmark aus verbreitete sich der Seidenbau in die benachbarten Provinzen. Man dehnte die zunächst auf die Kurmark berechneten Maßregeln seit 1750 auf Pommern, die Neumark, Magdeburg, Halberstadt aus. Geistliche und Schulmänner waren es auch hier, an deren thätige Hülfe man sich wandte. Der König setzte im Jahre 1750 für denjenigen Landgeistlichen oder Schullehrer, der
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10 Meilen um Berlin herum die meiste Seide - 6 Pfund Seide im Jahr - gewonnen haben würde, eine Belohnung von 100 Thalern aus. Die nächstfolgenden Drei sollten 50, 25 und 10 Thaler erhalten. Der Erfolg dieser Prämien, für die jährlich im Ganzen 240 - 280 Thaler verwandt wurden, war ein sehr guter. In der Kurmark stiegen die Erträge an Seide, die die Geistlichen und Schullehrer aufbrachten, von 50 auf 700 Pfund. - Privatleute wurden zum Seidenbau angeregt, indem man ihnen königliche Grundstücke zur Anlage von Plantagen anwies. Der Adel ging ebenfalls auf die Wünsche des Königs ein. Der Minister von Bodin in Charlottenburg, die Arnims auf Boytzenburg zeichneten sich durch eifrigen Betrieb des Seidenbaues aus.
Eine hervorragende Musteranstalt für den Seidenbau wurde die in Berlin gegründete königliche Realschule, die der Pastor Hecker von der Dreifaltigkeitskirche leitete. Viele ihrer Zöglinge wurden nachher Schullehrer auf dem Lande und wirkten dann als Apostel des Seidenbaues. Die technische Aufsicht war seit den 50er Jahren besonderen Plantagen=Inspectoren übertragen, die für einzelne Provinzen und Landestheile angestellt wurden. Ihnen waren an wichtigen Plätzen sogenannte Planteurs, später die Kreisgärtner untergeordnet. Sie reisten im Lande umher und ertheilten practischen Unterricht. Einer von ihnen, der kurmärkische Inspector Johann Friedrich Thym, verfaßte auch eine Schrift "Practik des Seidenbaues," die 1750 zum ersten Male erschien und nachher noch oft aufgelegt wurde.
Unter solchen Umständen stieg bis zum Anfang des 7jährigen Krieges die Zahl aller Bäume auf gegen 500 000, darunter 100 000 laubbare. Der Ertrag an Seide betrug im Jahre 1754 2637 Pfund, war freilich durch einen Kostenaufwand von mehr als 10 000 Thalern herbeigeführt. 1 ) Bis zum Jahre 1771 waren in den Provinzen Kurmark und Neumark, Pommern, Magdeburg=Halberstadt die Zahl aller Bäume auf 1 090 621, der Ertrag der Seide auf 4 704 Pfund gestiegen. Sechs Jahre später - 1777 - war die Zahl der Bäume 1 268 105, der Ertrag an Seide 10 039 Pfund; im Jahre 1782 betrug die Zahl der Maulbeerbäume über 3 Millionen und die Seidenproduction über 14 000 Pfund. Die letztere wuchs bis 1785 auf 17 000 Pfund. 2 )
Außerhalb Preußens war man nicht weniger bestrebt, den Seidenbau zu begünstigen. Es mag sein, daß für die Staaten, die gegen Ende des vorigen Jahrhunderts dazu schritten, die sichtbaren Erfolge
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der friedericianischen Bestrebungen maßgebend wurden. Im Ganzen aber lag die Idee sozusagen in der Luft. Die Lehren der merkantilistischen Politik beherrschten damals die Köpfe, und sie gingen dahin, daß man möglichst die Industrie entfalten müsse, um das Geld für ihre Erzeugnisse im Lande zu behalten. Gerade ein so kostbarer Artikel, wie Seide, seidene und halbseidene Stoffe und was mit deren Fabrikation zusammenhing, erforderte die regelmäßige Sendung von viel Geld ins Ausland. Diese Summen glaubte man sparen zu können, und es schien dazu um so mehr Hoffnung, als in der That das Klima von Deutschland dem Wachsthum des Maulbeerbaumes kein Hinderniß in den Weg legte.
Im Kurfürstenthum Sachsen soll schon im Jahre 1700 von einem gewissen Kretschmar die erste regelrechte Plantage von Maulbeerbäumen angelegt worden sein. Besonders lebhaft entwickelte sich der Seidenbau seit 1744. Im Zeitraum von elf Jahren, von 1744 bis 1755, wurden über 35 000 Maulbeerbäume gepflanzt, und im Jahre 1753 gewann man bereits 150 Pfund Seide. Am 6. August 1754 wurde in einem besonderen Mandat dazu ermuntert, das zu ähnlichen Maßregeln griff wie in Preußen, Betheiligung der Geistlichen und Lehrer, Bepflanzung der Kirchhöfe u. s. w., später auch Prämien anordnete. 1 )
Weniger Erfolg erzielte man in Württemberg. Dort gründete im Jahre 1735 ein Seidenfabrikant aus den Niederlanden, Johann Rigol, eine von der Regierung angelegentlichst unterstützte Seidenbau= und Manufactur=Gesellschaft. Allein es stellte sich bald heraus, daß Rigol und Genossen von der Aufzucht der Seidenraupen nichts verstanden. Der Unternehmer selbst flüchtete, und seine Arbeiter wanderten aus. 2 ) Spätere unter Herzog Karl Eugen angelegte Plantagen (1744 - 93) sollen sich besser bewährt haben. 3 )
In Braunschweig, in Hannover, in der Pfalz wandte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts das öffentliche Interesse ebenfalls dem Seidenbau zu, indeß trotz achtbarer Leistungen im Einzelnen gelangte man nirgends zu ähnlich günstigen Gesammtergebnissen wie in Preußen.
In diese Zeit fallen nun auch in Meklenburg die ersten Bestrebungen, der Zucht der Seidenraupen Eingang zu verschaffen, freilich ohne daß sie zu irgend einem Ergebniß führten.
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Im April des Jahres 1753 wandte sich der Gärtner Carl Ludewig Schmidt in Stettin 1 ) an den Herzog mit dem Vorschlage, Pflanzungen von Maulbeerbäumen anzulegen. Er behauptete, von dem Wunsche des Herzogs, Maulbeerbäume in seinem Lande zu besitzen, gehört zu haben und erklärte sich bereit, wenn man ihm Reisegeld und hinlänglichen Gehalt, dessen Höhe er aber nicht bestimmte, bewilligen wollte, im nächsten Frühjahr nach Meklenburg zu kommen und mit Anpflanzungen zu beginnen. Zum Beweise seiner Fähigkeit, das fragliche Werk in Scene zu setzen, berief er sich darauf, daß die königliche Kriegs= und Domänenkammer in Stettin ihm den Auftrag ertheilt habe, überall in Pommern auf den Kirchhöfen Maulbeerbäume zu setzen, was "er sonder Ruhm sehr wohl zu Stande gebracht" hätte. Alle Bäume gingen gut vorwärts, und er zweifle nicht, daß man in neun Jahren einen vollkommenen Seidenbau entwickeln könne.
Christian Ludwig, obgleich in hohem Alter zur Regierung kommend, hatte doch schon bei den Vorverhandlungen zum Erbvergleich bewiesen, daß er die neueren Ideen seiner Zeit, die überall dahin drängten, industrielle Anlagen emporzubringen, verständnißvoll in sich aufgenommen hatte. Um heilsame Maßregeln "zum besseren Schutz und Verschleis der in unsern Landen sich ergebenden einheimischen Produkten" treffen zu können, hatte er damals vorgeschlagen, die Einfuhr von kupfernen Kesseln, von Sensen und von Salz zu verbieten, da die einheimischen Fabriken und Bergwerke diese Gegenstände ausreichend lieferten. Aber er hatte die Stände, die an dem freien und ungezwungenen Commercium festhielten, nicht davon überzeugen können, daß aus der gelegentlichen Beschränkung der Freiheit für das Land etwas Ersprießliches erwachsen würde. Es ist demnach wohl glaublich, daß auch die Beförderung des Seidenbaues zu seinen Wünschen gehörte, und er sich vielleicht in Brandenburg nach Persönlichkeiten umgesehen hatte, die geeignet waren, diese auszuführen.
Große pekuniäre Opfer war man nicht in der Lage, für beregten Zweck zu bringen, und so antwortete die Kammer, 2 ) daß wenn Schmidt sein Vorhaben auf eigene Kosten ausführen wolle, ein Revier Landes ihm dazu angewiesen werden würde. Gärtner Schmidt, dem vermuthlich die Mittel gefehlt haben werden, verband sich mit einem Genossen Johann David Gercke, um gemeinsam den Versuch zu wagen. Gercke war ebenfalls ein bewährter Pflanzer, dem Pastor Georg Christian Mayer in Stargard bescheinigen konnte, 3 ) daß er
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seit 12 Jahren mit der Kultur von Maulbeerbäumen vertraut sei, seine Bäume in Hinter= und Vor=Pommern wie in der Mark abzusetzen pflege und eben auf seiner Plantage auf dem Stuhthoffe 14 000 Stämme in Flor habe.
Diese beiden Männer erschienen im August 1753 in Schwerin und legten der Kammer die Bedingungen vor, unter denen sie bereit waren, Plantagen anzulegen. Sie forderten zunächst Tagegelder von 32 Schillingen und Reisegeld, um im Lande die für ihre Zwecke passendste Gegend aufzusuchen. Ein Grundstück, groß genug, um 1 000 Bäume darauf zu pflanzen, sowie ein Haus, in dem sie wohnen und gleichzeitig die Fabrik betreiben könnten, wünschte Jeder von ihnen für seine Bemühungen unentgeltlich als erbliches Eigenthum. Das für die Plantage nöthige Holz sollte ihnen unentgeltlich geliefert, der Transport der Bäume von Rostock bis an die Plantage aus Staatsmitteln bestritten werden. Ferner sollte die Regierung für die Verbreitung der Bäume bei Pächtern, Beamten und den Einwohnern Sorge tragen und diese veranlassen, sie zum Preise von 6 Schill. 6 Pfen. pro Stück von ihnen zu kaufen. Der Herzog seinerseits sollte ihnen 10 Pfund Saat zu Maulbeerbäumen, die sie mitbringen würden, zu 10 Thaler das Pfund abnehmen. Sie würden den Samen dann dort einstreuen, wo der Herzog es wünschte, behielten sich aber vor, die entstehenden Bäume für Plantagenzwecke zu benutzen. Endlich wollten sie sich zu einer Art Inspectoren gemacht wissen und versprachen gegen Diäten von 32 Schillingen und freie Fahrt zweimal jährlich Revisionsreisen im Lande zu machen.
Man sieht, daß beide Gärtner ihren Vortheil wahrzunehmen wußten. Sie mochten ja in der That auf dem Standpunkt stehen, wie sie versprachen, daß die Plantagen zum "Wachsthum des Landescommercii" gedeihen würden; auffällig blieb es immer, daß sie der Kammer nicht unbeträchtliche Kosten zumutheten, ohne irgend eine Gewähr für das Gelingen des Werkes bieten zu können. Man war daher in Schwerin auch nicht im Geringsten geneigt, ihnen mehr entgegen zu kommen, als indem man ihnen ein Grundstück frei und ohne Abgabe überwies. Alle Unkosten sollten die "Planteurs" selber tragen, da sie nicht "die geringste, auch nicht einmal wahrscheinlichste Vermuthung eines künftigen Profits" bieten könnten. Allenfalls war man noch bereit, ihnen Bauholz zu liefern.
Auf solchen Bescheid mochten die beiden Bewerber nicht gefaßt gewesen sein; nachdem sie ihn erhielten, baten sie wenigstens um Ersatz ihrer Reisekosten; aber unter dem Hinweis darauf, daß Niemand sie geheißen hätte, zu kommen, wurde ihnen diese, ja übrigens auch wenig begründete Bitte abgeschlagen.
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Daß es sich bei dieser Entscheidung um eine grundsätzliche Auffassung der Kammer handelte, beweist ein anderer fast gleichzeitig sich abspielender Fall. Am 14. Mai desselben Jahres bot der Kaufmann David Dinter aus Stargard in Pommern dem Herzog einen Maubeerbaum=Planteur, Friedrich Vanselow, an, der seit sieben Jahren mit dem Seidenbau sich beschäftigt habe und ein guter Oeconom, Gärtner und Jäger sei. Auch diesem wurde von der Kammer der Bescheid zu Theil, daß wenn das vorgeschlagene Subject auf seine Kosten Plantagen errichten wolle, man ihm die dazu erforderlichen Terrains einräumen werde. Auf mehr könne man sich nicht einlassen.
Mit dem Regierungsantritt Herzog Friedrichs im Jahre 1756 scheint der Gedanke, die Industrie zu beleben, mehr als in früheren Jahren allgemein erörtert worden zu sein. Es war einer der ersten herzoglichen Landtagsvorschläge gewesen, zu überlegen, wie man "nach dem Exempel anderer wohleingerichteter Staaten die einheimische Wolle in einheimischen Manufakturen zum Aufnehmen des Landes" am zweckmäßigsten verwenden könne. Allerdings kam bei dieser Ueberlegung nichts heraus, denn die Stände wollten von dem Vorschlage, einen Zoll auf die Ausfuhr roher Wolle zu legen, nichts wissen. Jedoch zeigt diese Thatsache, daß der Herzog wie sein Vater die Hebung des Gewerbes in Meklenburg für nothwendig und vortheilhaft ansah. So hatte er denn auch gegenüber der Meldung eines gewissen Antoine Verdier aus Berlin, der bereit war, Plantagen von Maulbeerbäumen anzulegen und Seidenfabriken zu begründen, den leicht begreiflichen Wunsch, daß die Kammer die Angelegenheit ernstlich prüfen möge. Die Bedingungen, wie sie Verdier aufgezeichnet haben wird, liegen leider nicht vor. Nur aus dem Bericht, den die Kammer am 15. October 1760 dem Herzog abstattete, können wir entnehmen, daß er freie Wohnung, Materialien, 20jährige Abgabenfreiheit u. s. w. verlangt hatte. Er selbst war mittellos.
Wie es scheint, stammte Verdier aus einer Seidenfärber=Familie dieses Namens, die aus Genf im Jahre 1752 in Berlin eingewandert war. Offenbar hatte man ihn dorthin berufen, denn eine Kabinetsordre vom 2. Juli 1752 bewilligte ihm Reisegeld von 200 Rthlr. und eine jährliche Pension von 300 Rthlr. Zwei Jahr später kam ein anderer Verdier - sein Vorname war Marc, während der Vorname des ersten unbekannt geblieben ist - mit seiner Familie nach Berlin, der ebenfalls als ein gewandter Färber gerühmt wird und dem Pension, sowie Umzugskosten in edictmäßiger Höhe zugestanden wurden. Dem 1752 eingewanderten Verdier scheint Berlin nicht auf die Dauer zugesagt zu haben, so daß er 1763 oder 1764 nach
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Rußland ging. 1 ) Es wäre nicht unmöglich, daß er mit dem in Meklenburg sich meldenden Antoine Verdier identisch ist.
Aus der Niederlassung des Herrn Verdier wurde nichts. Die Kammer benutzte die Gelegenheit, um ihre principielle Stellung zu den auf die Hebung der Industrie bezüglichen Maßregeln kundzuthun. Sie meinte, daß es bei dem bisherigen Mangel an Fabriken und Manufacturen in Meklenburg in erster Linie darauf ankäme, Industrieen einzubürgern, die die schon längst vorhandenen Landesproducte verarbeiten könnten. Wenn aber des Herzogs specieller Wunsch auf die Seidenindustrie gerichtet sei, so möge er bestimmen, wie weit man dem Verdier entgegenkommen solle und ob Ludwigslust, wo der Petent sich niederlassen wolle, wohl der passendste Ort für die Anlegung einer Plantage sei.
Wahrscheinlich hat der Herzog Friedrich bei näherer Prüfung der Verdier'schen Projecte selbst gefunden, daß der Standpunkt der Kammer nicht unberechtigt war. Wenigstens wird uns nichts von weiteren Verhandlungen mit dem Franzosen gemeldet und ist auch nicht bekannt geworden, daß in den folgenden Jahren neue Seidenbauprojecte erörtert worden sind.
Zahlreicher als diese vereinzelten Versuche zur Einführung des Seidenbaues sind die Bestrebungen zur Einführung der Seidenindustrie, von denen sich Kunde erhalten hat. Sie führen uns zuerst in das Herzogthum Meklenburg=Güstrow, dessen Regierung seit dem Jahre 1654 der kaum erst 21jährige Herzog Gustav Adolf führte.
Bereits im Jahre 1675 war man in Meklenburg soweit, seidene Strümpfe, die ein begehrter Artikel waren, selbst anfertigen zu können. In einer Aufzeichnung aus diesem Jahr über allerlei Handwerksgeräth, das fremde Tuchmacher in Güstrow, die daselbst auf Barkentien's Hofe wohnten, zurückgelassen hatten, wird neben Webstühlen, Farbkesseln u. s. w. auch aufgeführt "ein neuer Stuhl nebst allem Zubehör, worauff Seydenstrümpfe gemachet werden." Es stellte sich heraus, daß dieser Stuhl von einem Graf von Ranow für 200 Rthlr. gekauft und einem der betreffenden Gewerbetreibenden, die sich, wie es scheint, heimlich davon gemacht hatten, zur Benutzung überlassen worden war. Der Graf nahm den Stuhl nun wieder an sich und vertraute ihn einem anderen Industriellen an, dessen gewerbliche Eigenschaft weiter nicht characterisirt wird und der seinem Namen nach - Pillon - vielleicht ein eingewanderter Franzose oder Schweizer gewesen sein könnte.
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Die Thätigkeit eines anderen, seinem Namen nach unverkennbar eines Franzosen, - Johann de Marne - können wir in Neustadt verfolgen. Er übte hier die Kunst eines Schönfärbers, unterstützt von zwei Söhnen, Lucas und Jaques, aus, die gleichzeitig auch der Webekunst oblagen. Sie konnten alle damaligen seidenen, sammetnen, halbseidenen und wollenen Modenstoffe und Gaze, als Grosgrain 1 ), Taffet 2 ), Damast 3 ), Dobbin 4 ), Brüsch=Atlas 5 ), Kaffa 6 ), Triep 7 ), Poliamieth 8 ), Barath 9 ) u. s w. herstellen. Offenbar war für die Arbeitsamkeit dieser drei Männer Neustadt ein zu geringes Feld, und sie sehnten sich darnach, in größere Verhältnisse zu kommen. Demgemäß wandten sie sich im Jahre 1680 an den Herzog Gustav Adolf mit der Bitte, sich in Güstrow niederlassen zu dürfen. Sie begehrten einen Vorschuß von 200 Rthlr., den sie zu verzinsen bereit waren und für die ihr Vater in Neustadt mit seinem Hause Bürgschaft leistete, sowie Contributionsfreiheit für einige Jahre, bis sie sich eingerichtet hätten. Bereitwilligst ging der Herzog auf diese nicht unbescheidenen Forderungen ein, gestand ihnen 6 Freijahre zu, während welcher Zeit sie weder Stadt=noch Landcontribution zahlen sollten und erlaubte ihnen, "ihr Handwerk in Verfertigung allerhand seidenarbeit sowie sie es erlernt und davon wissenschaft haben, frey und ungehindert treiben und ihre verfertigte wahren in und ausserhalb unsern landen verhandeln zu dürfen." Am 19. Mai 1680 hatten die Gebrüder de Marne das Kapital von
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200 Rthlr. aus der fürstlichen Kammer erhalten, das sie mit 10 Thlr. jährlich verzinsten und nach zwei Jahren zurückzuerstatten versprachen. Ueber ihr weiteres Schicksal wissen wir leider nichts. Hoffentlich haben sie das in sie gesetzte Vertrauen gerechtfertigt.
Der Neffe Gustav Adolfs, Herzog Friedrich Wilhelm, der 1692 in Schwerin, 1695 in Güstrow zur Regierung kam, hatte von vornherein sein Augenmerk auf die Hebung der Industrie gerichtet. Er bethätigte u. A. sein Interesse durch Einladung der aus Frankreich vertriebenen Protestanten, denen er in Bützow eine willkommene Unterkunft bot, und scheint seinen Agenten im Auslande Befehl ertheilt zu haben, fähige Gewerbetreibende verschiedener Branchen zur Uebersiedelung nach Meklenburg unter angemessenen Bedingungen aufzufordern. Demgemäß schrieb unter dem 26. Juni 1706 der Agent, Secretair Schlei aus Kopenhagen an den Landrentmeister Storm in Schwerin wegen vier geschickter Seidenweber, die geneigt waren, sich in Schwerin niederzulassen.
Die vier Weber waren Brüder, aus Hamburg gebürtig, wo ihr Vater ebenfalls sich mit Seidenweberei beschäftigte. Zwei waren bereits Meister, die beiden anderen, also wohl in jüngerem Alter, arbeiteten als Gesellen bei ihnen. Sie waren einem Rufe nach Stockholm gefolgt, wo man damals seit 1648 sich bemühte, Manufacturen, insbesondere Seidenwebereien, anzulegen, 1 ) und hatten sich von dort, als sie sich in ihren Erwartungen getäuscht sahen, nach Kopenhagen begeben, wo sie aber leider auch erleben mußten, daß das Commerzkollegium, das ihre Reise veranlaßt hatte, ihnen nicht alle gemachten Versprechungen hielt. In Folge dessen war einer von ihnen aufs Neue nach Stockholm zurückgegangen, die anderen drei aber zeigten die größte Neigung, sich wieder in Deutschland ansässig zu machen und hatten sich gerade Meklenburg ausgesucht, "weillen Ihro Durchlaucht dergleichen Leuten so herrliche Privilegia geniessen liessen," zweifellos eine Anspielung auf die Privilegien der damals kürzlich ins Leben getretenen französischen Kolonie, deren Ruf bis in den Norden gedrungen sein mußte. Ueber 3 Webstühle nebst dem dazu gehörigen Geräth verfügten unsere Hamburger, aber es fehlte das Reisegeld, und sie wünschten außerdem einige Hundert Thaler Vorschuß. Im Besitz dieses Kapitals wollten sie die Manufactur großartig einrichten, noch drei Kollegen aus Hamburg kommen lassen und 4 meklenburgische Jungen in die Lehre nehmen.
Der Fall lag augenscheinlich nicht ganz ungünstig, aber man scheute sich doch vor dem Risiko. Man war damals gerade darauf
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bedacht gewesen, die solidere Schwester der Seidenweberei, die Wollenweberei, wieder in Gang zu bringen, hatte eben - 1705 - eine neue Schauordnung für die Tuchmacherei erlassen und hierbei, sowie vielleicht zur Unterstützung der Refugiés alle zur Zeit verfügbaren Mittel aufgebraucht. Daher antwortete am 3. Juli 1706 die Kammer dem Herrn Agenten, daß bei den ziemlichen Kosten, die die Beförderung der Wollenmanufactur verursache, es bedenklich scheine, "sich auch noch mit den Seidenmanufacturen zu meliren." Sie erklärte daher, von seinem Anerbieten keinen Gebrauch machen zu wollen.
Eine lange Zeit - beinahe 30 Jahre - vergeht, ohne daß wir etwas von unserer Seidenindustrie hören. Aber mittlerweile war in Warin von zwei Seidenhändlern, Johann Oswald Zeuner, der gleichzeitig Besitzer eines Gasthofs in Langensalza war, und Jochim Thomas Hartung, eine Seidenfabrik eingerichtet worden. Diese war - wenigstens nach dem Berichte der beiden genannten Unternehmer - einige Zeit ganz gut gegangen. Die Stadt sollte sich dabei nicht schlecht befunden und sie selbst ebenfalls ihren Vortheil gehabt haben. Aber nun war ein Moment gekommen, wo ihnen das Betriebskapital ausging, und sie wandten sich daher am 6. April 1734 an Herzog Carl Leopold mit der Bitte um eine Audienz, in der sie ihre Wünsche bezüglich eines Darlehns begründen könnten. Wohl sei ihnen - bemerkten sie etwas ruhmredig - von einigen Mitgliedern der Ritterschaft und einigen Herren aus Lüneburg Geld zur Fortsetzung ihres Geschäfts angeboten worden; aber sie hätten doch mehr Vertrauen zu ihrem Landesherrn.
Bei der in Schwerin stattfindenden Kammerverhandlung, der der Kammerrath Faber präsidirte, handelte es sich im Wesentlichen darum, ob der Betrieb einem herzoglichen Wunsche gemäß nach Schwerin verlegt werden könne oder nicht. Die Unternehmer machten Schwierigkeiten. In Warin hätten sie gute Arbeiter, in Schwerin müßten sie erst einige anlernen. Der Transport ihrer Geräthschaften verursache Zeit= und Geldaufwand und schließe die Gefahr, daß unterwegs etwas zerbrechen könne, in sich ein. Auch seien die Kaufleute in Rostock, Güstrow, Wismar und Bützow, die für den Vertrieb ihrer Erzeugnisse sorgten, an ihren Wohnsitz in Warin gewöhnt. Sie wollten weiter nichts als einen Vorschuß von 160 Thalern, um eine Parthie Seide von Johann Heinrich Basch in Hamburg einkaufen zu können. Diesen Betrag wollten sie verzinsen und stellten ihr Geschäft als Caution. Da sie gefürchtet zu haben scheinen, daß man ihnen trotz des vielen Guten, das sie von ihrem Betrieb zu rühmen wußten, nicht recht trauen würde, schlugen sie vor, die betreffende Summe dem Bürgermeister Franck in Warin zu übergeben, durch
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dessen Vermittelung sie sich die Seide aus Hamburg kommen lassen wollten, um sie je nach Bedarf in Beträgen von je 10 Pfund von ihm abzuheben. Dem Herzog suchten sie das ganze nicht sehr lockende Geschäft dadurch annehmbar zu machen, daß sie vorstellten, wie der Betrieb ihres Geschäftes Nahrung in die Stadt Warin brächte.
Indeß es wird sich kaum in Wirklichkeit mit der Blüthe des Geschäfts so verhalten haben, wie die beiden Unternehmer sie schilderten. Noch ehe die Entscheidung der Kammer ergangen war, hatten sich die Compagnons entzweit, und am 15. Mai 1734 reichte Herr Hartung allein dem Herzog eine Eingabe ein, in der er um ein Darlehn von 50 Thalern zum Ankaufe von Seide bat. Gleichzeitig ersuchte er den Herzog, ihn vor den Verwandten seines früheren Compagnons schützen zu wollen; er sei vor ihnen nicht auf der Landstraße sicher. Man wird es wohl als selbstverständlich ansehen müssen, daß der Herzog verschmähte, mit Hülfe solcher etwas eigenartiger Männer Industrieen in Meklenburg groß zu ziehen.
Mittlerweile geschah in Preußen unter Friedrich dem Großen außerordentlich viel für die Entwickelung der Seidenindustrie. Im Jahre 1746 wurde von der kurmärkischen Landschaft ein Kapital von 100 000 Thalern aufgenommen, die zur Beförderung des Seidenbaues und der Seidenmanufacturen verwandt werden sollten. Man zog aus aller Herren Ländern, aus Italien und Oesterreich, aus Leipzig und Dresden, aus Hamburg, Amsterdam und Kopenhagen, aus Basel und Zürich, namentlich aber aus Frankreich, und zwar ganz vorzugsweise aus Lyon, Meister und Gesellen heran und unterstützte sie mit Privilegien. Einzelnen größeren Unternehmungen wurden Monopole und Exportprämien zugestanden und Vorschüsse gewährt; durch Einführung einer regelmäßigen Waarenschau strebte man die Güte der Fabrikate an. Die Eröffnung eines Seidenmagazins ermöglichte, namentlich vortheilhaft für die kleineren Fabrikanten, die Beschaffung des Fabrikationsmateriales besser und billiger, als es der Einzelne vermochte. Eine Reihe von Maßregeln endlich bezog sich auf die Erleichterung des Absatzes zunächst auf dem inländischen Markte, dann aber auch im Ausland. Durch Norddeutschland ging der große Zug der westeuropäischen, namentlich der französischen, Luxuswaaren nach dem Osten und Norden, wo die Prunksucht der polnischen und russischen Edelleute einen immer aufnahmebereiten Markt bot. Daher wurde bereits 1746 sämmtlichen Berliner Seidenzeugfabrikanten eine Export=Prämie von 4 Procent aus der Accisekasse bewilligt, die einige Jahre später auf das Doppelte erhöht wurde.
Unter diesen günstigen Verhältnissen war bis zum Ausbruch des siebenjährigen Krieges der Gesammtbetrieb in allen Zweigen der
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Industrie, mit Einschluß der Halbseiden =, Seidenstrumpf= und Seidenbandfabrikation, in Berlin auf 900 bis 1000 Stühle gebracht worden, wovon 4 - 500 auf Sammet= und Seidenzeugmanufacturen - kamen. Auch in Potsdam waren ungefähr 100 bis 200 Stühle im Gange. Die Zahl aller in Berlin und Potsdam in der Seidenindustrie beschäftigten Personen mag sich auf gegen 4000 belaufen haben, der Werth der Production auf ca. 300000 Thaler jährlich. 1 )
Wie glänzend mithin die Industrie sich entwickelt hatte, so gab es natürlich immer einige Individuen, die es nicht gut getroffen hatten und die aus Preußen wieder fortstrebten in der Hoffnung, an einem anderen Platze mehr Glück zu haben. Waren es bisher in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts unternehmende Deutsche gewesen, die sich nach Meklenburg wandten, so hören wir nun von einigen Franzosen.
Im Jahre 1751 meldet Isaac Jeremias de Roche aus der Mark seine Bereitwilligkeit, eine Tapetenfabrik anzulegen. Er war ein Meister der Gobelinsweberei und konnte gewirkte Tapeten von Wolle und Seide, auch von Gold und Silber herstellen. Aber er besaß nicht einmal einen Webstuhl und scheint überhaupt gänzlich mittellos gewesen zu sein. Er wollte auch gar kein selbstständiges Geschäft eröffnen, sondern gegen einen Wochenlohn von 4 Thalern die ihm übergebenen wollenen und seidenen Garne verweben, so daß die Fabrikate nach ihrer Fertigstellung dem Herzog gehört haben würden. Den erforderlichen großen Webstuhl und das übrige Geräth, einen geräumigen Keller zu dessen Aufstellung, sowie eine Wohnung sollte der Hof außerdem stellen. Nach der Berechnung, die dem Angebot beilag, würde der Herzog die zum Bezuge von Möbeln, wie für die Rücklehne von Stühlen, für Tabourets und Seitenstücke 2 ) nöthigen Stoffe auf diese Weise viel wohlfeiler erhalten haben, als wenn er sie von auswärts hätte kommen lassen. Eine Resolution liegt den Acten nicht bei. Augenscheinlich war von einer derartigen Luxusindustrie bei dem verhältnißmäßig geringen Bedarf des Hofes für das Land kein erheblicher Vortheil zu erwarten.
Sehr viel zweckmäßiger wäre es gewesen, den Vorschlag der Fabrikanten Carl Heinrich Hobeck und Isaac Duscheer zu berücksichtigen. Diese beiden hatten in Berlin eine Fabrik besessen, in der Kattune, baumwollene und halbseidene Zeuge angefertigt wurden und waren aus unbekannten Gründen mit ihrem Etablissement nach Parchim übergesiedelt. Von dort wandten sie sich am 16. August 1762
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an die herzogliche Regierung mit der Bitte, ihnen ihr Vorhaben zu erleichtern und sie mit baarem Gelde zu unterstützen. Accise=, Personal=, Contributions= und Einquartirungsfreiheit, Freiheit von der Jurisdiction des Magistrats zu Parchim, Holz zum Bau des Fabrikgebäudes unentgeltlich oder zur halben Forsttaxe, freien Absatz ihrer Erzeugnisse und jährliche Zuschüsse von 10 Thalern pro Webstuhl, sowie von 20 Thalern für Unterweisung eines inländischen Lehrjungen - das waren ihre Forderungen. In der Zeit, während welcher sie bauen und Vorbereitungen zum Betriebe der Fabrik treffen, die sie auf etwa 1 - 1 1/2 Jahre schätzen, wünschten sie ihre in Berlin hergestellten Zeuge frei in Meklenburg verkaufen zu können.
Die letztere Bedingung ruft den Eindruck hervor, als ob es hauptsächlich auf den Absatz von in Berlin nicht verkäuflichen Stoffen abgesehen war. Die dortigen Fabrikanten klagten beständig über den Mangel an Absatz und die Ueberschwemmung des Landes mit fremden Waaren. 1 ) Es wäre also denkbar, daß ein paar findige Köpfe auf diesen nicht unschlauen Ausweg gekommen wären, unter Vermeidung der Acciseabgaben ihre Fabrikate in Meklenburg an den Mann zu bringen. Uebrigens lassen sich beide Namen nicht unter den Berliner Seiden=Industriellen nachweisen, wenn man nicht eine Entstellung derselben, etwa aus Hubert und Duchesne, annehmen will, was immerhin nicht ganz ausgeschlossen ist.
Wie dem gewesen sein mag, Herzog Friedrich jedenfalls faßte den Antrag ganz ernsthaft und beauftragte seine geheimen Räthe, ihn in sorgfältige Erwägung zu ziehen. Diese aber benutzten die Veranlassung, um, wie schon vor zwei Jahren im Fall Verdier, als es sich um die Anlage von Maulbeerbaum=Plantagen gehandelt hatte, sich dahin auszusprechen, daß es richtiger wäre, die Verarbeitung einheimischer Rohstoffe zu begünstigen. Die Kammer fand es höchst bedenklich, die "cruda" aus dem Auslande einzuführen und dafur "einen Theil des nervi gerendarum rerum hinauszuschaffen." Die Schweizer holten die meklenburgische Wolle durch die dritte Hand und brächten "zu unserer Schande" später schöne Zeuge mit ansehnlichem Gewinne zu uns zurück. Immerhin mochte die Kammer nicht in Abrede nehmen, daß auch durch Import der Rohstoffe, wenn man ihn klüglich anfange, ein Vortheil für das Land erzielt werden könne, "wie solches die nahe Erfahrung in den churmärkischen Landen gelehret hat." Sie brachte daher in Vorschlag, den Petenten ähnliche Privilegien zu bewilligen, wie sie der jüngst in Doberan angelegten Wollenmanufactur eingeräumt seien.
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Der Herzog erklärte sich mit dieser Auffassung einverstanden und ließ beide Männer zu weiteren Verhandlungen vor der Kammer nach Schwerin rufen. Ob sie der Einladung gefolgt sind und was aus der Angelegenheit wurde, entzieht sich unserer Kenntniß.
Kurze Zeit nach dieser Affaire erklärte 1 ) durch Vermittelung des Hofraths Blume in Güstrow ein aus Berlin gekommener Seidenweber Johann Babtist Monet seine Bereitwilligkeit zur Anlegung einer Seidenfabrik. Aus Lyon gebürtig, hatte sein in Güstrow bereits ansässiger Landsmann Soucard ihn wohl zu einer Reise dahin bewogen. Monet wollte, indem er in ähnlicher Weise, wie in den früher betrachteten Fällen, Steuerfreiheiten, Vorschüsse, freie Wohnung, Lieferung des Webstuhles u. dgl. m. verlangte, nicht nur die Fabrikation von seidenen Bändern, rothen und schwarzen Atlassen, allen Arten von Taffet, Gold= und Silberbrocaten in Gang bringen, sondern auch eine Saffiangerberei eröffnen. Er verstand die Kunst, "das Kalbfell weich zu machen, die veritable Saffiansbereitkunst." Die Kammer, die diese Vorschläge vom Herzog zum Erachten zugewiesen erhielt, wiederholte ihre frühere Ansicht über die Begünstigung der Industrieen. Da indeß gegenüber der Gerberei ihre Bedenken nicht zutrafen, so meinte sie, könne man mit dem Petenten immerhin verhandeln, den Hauptnachdruck aber dann jedenfalls auf seine Geschicklichkeit in der Herstellung des Saffians legen. Es scheint, als ob Monet, der sich unterdessen mit einem Kollegen, Namens Giroud, verbunden hatte, um die Unternehmung gemeinsam auszuführen, wirklich in Schwerin auftrat. Aber man konnte von seinen Anerbietungen keinen rechten Gebrauch machen. Die Kammer rieth dem Herzog nach genauer Erwägung ab, die Fabrik auf seine Kosten eröffnen zu lassen. Wenn die Bewerber auf eigenes Risiko den Betrieb in Gang bringen wollten, so ließe sich nichts dagegen sagen.
So sind denn beide Franzosen in Berlin geblieben. Im Jahre 1783 findet sich unter den dortigen Seidenwebern ein Monet und im Jahre vorher unter den kleineren Seidenfabrikanten ein Giroud sen. und ein Giroud jun. erwähnt. Seidenweber mit dem Namen Giroud kommen in Berlin schon seit 1749 vor. 2 )
Alle diese abschlägigen Bescheide vermochten nicht immer, wieder neue Meldungen zu hindern. Am 10. September 1773 machen Johann Michael Weiß und Frans Michael Weiß dem Herzog den Vorschlag, in Güstrow, wo sie sich bereits seit März aufhielten, eine Seidenfabrik zu etabliren. Wieder handelte es sich um Vorschüsse,
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die gewährt werden sollten und nicht gegeben werden konnten. So zerschlug sich auch dieses Project.
Erwägt man alle diese fruchtlosen Versuche, dem Lande zu einer eigenartigen Industrie zu verhelfen, so kann man ein leises Bedauern nicht ganz unterdrücken, daß die Mittel fehlten, das Werk zu fördern. Zwar hatte die Kammer mit ihrem Standpunkte recht, wenn sie lieber die Verarbeitung einheimischer Rohstoffe in Angriff genommen wissen wollte. Indeß ist die Kultur der Maulbeerbäume in der That nicht so aussichtslos, wie man damals in gewissen Kreisen angenommen zu haben scheint. Es ist richtig, wenn Becher seiner Zeit betonte, daß der Baum in klimatischer Beziehung für Deutschland passe. Er verträgt bei richtiger Behandlung ziemlich hohe Kälte und kommt auf sandigem Boden gut fort. Der Satz, daß je kühler das Klima, je feiner das Haar wird, welches das Thier erzeugt und schützt, gilt auch für den Seidenfaden. Dazu kommt, daß zum gewöhnlichen Betriebe der Zucht von Seidenraupen kein besonderes Gebäude erforderlich ist sondern, da sie ja nur 5 Wochen in jedem Jahre dauert, leicht in Räumlichkeiten, wie Stuben und Hausböden, vorgenommen werden kann, die sonst anderen Zwecken dienen. Endlich kann das Holz des Baumes oder, wenn er alle vier Jahre, ähnlich den Weiden, gekröpft wird, seine Zweige und seine Rinde gewerblich vielfach ausgenutzt werden. Demgemäß bietet auch heute noch die Kultur der Seidenraupe ein dankenswerthes Object, das man regierungsseitig nicht so ganz außer Acht lassen sollte.
Jene älteren Bestrebungen sind aber auch deshalb interessant, weil sie uns Meklenburg immer im engen Zusammenhang mit den Kulturfortschritten der Zeit zeigen. Die Landesfürsten verschließen ihr Auge keineswegs den Vorgängen in ihrer Nähe. Sie sind stets darauf bedacht, die Gesammtwirthschaft des Landes zu heben, indem sie eine bisher vernachlässigte Seite derselben besonders begünstigen. Wenn es ihnen wenig, in diesem Falle gar nicht gelang, den Widerstand ihrer Umgebung zu besiegen, so muß man erwägen, wie langsam sich gleichzeitig in dem viel größeren Brandenburg die Neuerung einbürgerte und welche erhebliche Summen dort geopfert wurden, die in Meklenburg nicht zur Verfügung standen.
Seltsam uns anmuthende Verhältnisse treten uns aus den Acten entgegen. Auf der Seite der Gewerbetreibenden eine gewisse Naivetät, die vom Landesfürsten die größten materiellen Opfer ohne Zaudern erwartet für Zwecke, die nicht immer ganz klar sind, für Ziele, die keineswegs leicht zu erreichen waren; ein unverwüstlicher Optimismus, der trotz durchgängig ablehnender Haltung es nicht verschmäht, sich stets wieder der Regierung zu nähern, um vielleicht doch in einem
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günstigen Momente etwas zu erreichen. Auf der anderen Seite sind die Geduld der Herzöge, die Pflichttreue der Kammerbeamten bewunderungswürdig, die nicht ermüden, die merkwürdigsten Projecte, deren Kernpunkt die Bewilligung von Vorschüssen bleibt, sich aufs Neue vortragen zu lassen und zu prüfen. Man kann diese Erscheinung nur erklären durch die geringe Unternehmungslust und die große Mittellosigkeit der einheimischen Gewerbetreibenden und Geschäftsleute, die, in den Fesseln des Zunftwesens befangen, für die Regungen der neueren Zeit kein Ohr hatten. Der Ruf von dem Interesse und Verständniß, das unsere Landesherren der aufkeimenden Industrie schenkten, mußte weit gedrungen sein, wenn beständig Fremdlinge mit ihren Projecten auftauchten.
Was das vorige Jahrhundert uns versagte, das laufende brachte es. Als in den zwanziger Jahren allmählig sich in Deutschland erneutes lebhaftes Interesse für den Seidenbau zeigte, in Bayern, in Baden, in Preußen erfolgreiche Versuche gemacht und Vereine zu seiner Beförderung gegründet wurden, da hat man auch in Meklenburg erreicht, was man so lange vergeblich anstrebte. Die erste Anpflanzung von Maulbeerbäumen geschah zu Dabelow im Strelitzschen im Jahre 1832 auf einer vom Kammer= und Forstcollegium zu diesem Zwecke hergegebenen Forstackerfläche von ungefähr 200 Quadratruthen. Aber die Bäumchen wollten hier nicht gedeihen. Einige Jahre später - 1837 - pachtete der Lehrer Barteld in dem genannten Orte eine Kirchenwörde von derselben Größe mit sehr gutem schwarzlehmigen Boden, und hier gelang die Anpflanzung vollkommen, die einen sehr lohnenden Betrieb des Seidenbaues ermöglichte. 1 ) In Ludwigslust interessirte sich die Erbgroßherzogin Alexandrine für das Aufkommen dieses Industriezweiges und veranlaßte, daß der Gärtner Benque nach Klein=Glienike bei Potsdam geschickt wurde, um sich dort unter der Leitung des Regierungs= und Schulraths von Türck in dem Seidenbau unterrichten zu lassen. Nach der Rückkehr von dort veröffentlichte der junge Mann 1834 im Freimüthigen Abendblatt 2 ) einen Aufsatz, in dem er die zu erwartenden Vortheile der neuen Kultur auseinandersetzte und trieb die Seidenraupenzucht, wenn auch in bescheidenem Umfange, mit dem Laube von Bäumen, die im Seminargarten zu Ludwigslust standen. 3 )
In größerem Maßstabe - soviel bekannt ebenfalls seit 1832 - machte Herr Behm in Boizenburg Anpflanzungen von weißen Maulbeer=
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bäumen und Maulbeerbuschbäumen und legte 1835, 1838 und 1839 große Schulen von Maulbeerbäumen an, die sämmtlich auf das Erfreulichste gediehen. 1 )
Ihm folgten bald andere - 1839 Graf von der Osten=Sacken auf Marienhof, von Blücher auf Lüdershagen, Pogge auf Bartelshagen und Engel auf Gr.=Grabow -, sodaß im Jahre 1851 nach dem Muster des 1843 für die Mark Brandenburg gestifteten Seidenbau=Vereins der Seidenbau=Verein für beide Meklenburg gegründet werden konnte.
Die weitere Entwickelung desselben gehört nicht mehr hierher. Unter allen Umständen sind seine Bestrebungen höchst erfreulich; noch die letzte Landes=Ausstellung von 1892 in Rostock hat die Lebensfähigkeit des Industriezweiges aufs Deutlichste erwiesen.
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Beschrieben vom
Revisionsrath E. Wunderlich,
Conservator des Großherzoglichen
Münzcabinets zu Schwerin.
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B eim Ausgraben der Fundamente zu einem neuzuerbauenden Pferde= und Schweinestalle auf der Erbpachthufe Nr. V zu Ganzlin, Domanial=Amtes Lübz, wurde von dem Schulzen Meyer daselbst am 5. April 1889 ein Topf mit Silbermünzen gefunden. Der irdene Topf, in welchem die Münzen vergraben gewesen, ist beim Auffinden vollständig zertrümmert. Die gefundenen Münzen sind durch die Vermittelung des Großherzoglichen Amtes Lübz an die Großherzogliche Museumsdirection hieselbst eingesandt, und ist demnächst der ganze Fund vom hohen Großherzoglichen Ministerium des Inneren angekauft und dem Großherzoglichen Münzcabinet überwiesen.
Die Münzen, deren Gesammtgewicht 2,320 Kilogr. betrug, waren durchweg recht gut erhalten, aber sehr stark mit Grünspan bedeckt, theilweise, und zwar zum größeren Theile, so arg, daß ganze Partien - oft bis zu 10 Stück - eine feste Masse bildeten. Die Anzahl der Münzen beträgt 1705, von denen ihrer Landsmannschaft nach entfallen
auf | die Stadt Eimbeck | 1 | Stück |
" | " " Lüneburg | 1 | " |
" | " Göttingen | 5 | " |
" | Herzogthum Holstein | 13 | " |
" | Markgrafschaft Brandenburg | 4 | " |
" | Königthum Polen (Lemberg) | 1 | " |
" | Stettin | 492 | " |
" | Damm | 307 | " |
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auf | Garz | 144 | Stück |
" | Stralsund | 80 | " |
" | Rostock | 553 | " |
" | Mecklenburg | 104 | " |
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Sa. | 1705 | Stück |
Sämmtliche im Funde enthaltenen
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Die jüngsten Münzen des Fundes würden danach die schönen Stettiner Schillinge der Herzöge Georg und Barnim von Pommern aus dem Jahre 1524 sein, die Vergrabung des Fundes mithin in die zweite Hälfte der zwanziger Jahre des XVI. Jahrhunderts gesetzt werden müssen. Wesentlich gleichalterig ist somit der Ganzliner Münzfund mit dem Münzfunde von Suckow (cfr. Jahrbuch IX, Jahrgang 1844, pag. 467 flgde.) und etwas jünger als der im Jahre 1886 in Groß=Lantow, Domanial=Amts Güstrow, gemachte Münzfund (cfr. Jahrbuch LIV, pag. 225 flgde.), in welchen beiden Funden sich einige gleiche Prägen der Rostocker Wittenpfennige finden. In der ganzen Zusammensetzung weichen aber der Groß=Lantower und der Ganzliner Fund wesentlich von einander ab, da der erstere Fund ausschließlich Münzen der Städte Anclam, Demmin, Greifswald, Stralsund und Rostock enthält.
I. Mecklenburg=Güstrow.
A. Doppelschillinge der Herzöge Magnus und Balthasar. Nach der Verordnung vom 24. Juli 1497 sollte der Münzmeister Jacob Brasche in Güstrow prägen 1) Schillinge, 24 Stück auf einen Gulden gerechnet und 111 Stück aus der Mark, 2) Sechslinge, 48 Stück auf einen Gulden und 3) Witten, 4 Stück auf einen Schilling gerechnet. Es sind daher diese von Evers II., pag. 43 und 44 theilweise beschriebenen und als Doppelschillinge bezeichneten Münzen ursprünglich wohl nur Schillinge und die von ihm Bd. II, pag. 44 und folgende beschriebenen und als Schillinge bezeichneten Münzen nur Sechslinge gewesen.
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II. Rostock.
A. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem sechsstrahligen Sterne im linken unteren Kreuzeswinkel des Revers.
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B. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem sechsstrahligen Sterne im rechten unteren Kreuzeswinkel.
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C. Wittenpfennige ohne Jahr mit einer Lilie im linken unteren Kreuzeswinkel.
D. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem Kleeblatt im linken unteren Kreuzeswinkel.
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E. Wittenpfennige ohne Jahr und ohne Beizeichen.
F. Wittenpfennige ohne Jahr mit einem kleinen Hunde im linken unteren Kreuzeswinkel. (Münzmeisterzeichen des Münzmeisters Johann Hund in Rostock, 1512 - 1526.)
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G. Sechslinge ohne Jahr.
III. Stettin.
A. Schillinge des Herzogs Bogislav X. von Pommern.
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B. Schillinge der Herzöge Jürgen und Barnim von Pommern.
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IV. Damm.
Schillinge des Herzogs Bogislav X. von Pommern.
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V. Garz.
Schillinge des Herzogs Bogislav X. von Pommern.
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VI. Stralsund.
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VII. Einbeck.
VIII. Stadt Lüneburg.
IX. Göttingen.
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X. Holstein.
Schillinge des Herzogs Friedrich I. von Holstein (1490 bis 1523, König von Dänemark 1523 bis 1533).
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XI. Brandenburg.
XII. Polen.
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XIII. Fehlprägen der Stadt Garz.
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Von
Dr. Robert Beltz.
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E in gemeinsamer Grundzug beherrscht die Geschichte der slavischen Völker im Osten unseres Welttheils von ihrem ersten Auftreten bis zur Gegenwart: das ist der Kampf westlicher europäischer Kultur und asiatischer Barbarei, der auf slavischem Boden sich abspielt. Schon wo der Name Wenden zum ersten Male genannt wird, wird auch dieser Gegensatz erkannt; mit feiner Beobachtung skizzirt Tacitus die Zwischenstellung, welche die slavischen Stämme zwischen den Germanen und den dunklen rohen Nomadenschwärmen des äußersten Ostens, Finnen und Sarmaten, einnehmen: neben deutlichen Zügen der Stammes= und Kulturgemeinschaft mit den Germanen, unter denen er feste Wohnsitze hervorhebt, findet er eine Beeinflussung sarmatischer Barbarei in der Neigung zu räuberischem Umherschweifen und der allgemein herrschenden Unreinlichkeit. Auch die Kultur der Wenden an der Ostsee, des am weitesten nach Westen vorgeschobenen Postens des großen Slavenstammes steht unter dem Einflusse dieser Doppelströmung; und die Aufgabe des Alterthumsforschers, wenn er von "wendischen Alterthümern" spricht, ist es, nachzuweisen, wie diese verschiedenartigen Kulturbeziehungen auf dem betreffenden Gebiete sich geltend machen.
Und da kann es heute keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Wenden von ihrem ersten Erscheinen an in dem größten Gegensatze zu ihren germanischen Nachbarn sich befinden, daß von einer Uebernahme einer germanischen Kultur garnicht die Rede sein kann
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und daß erst allmählich die Uebertragung einzelner deutscher Produkte stattgefunden hat.
Der Stammesunterschied germanischer und slavischer Stämme hat sich in der Zeit des selbstständigen Wendenthums nicht ausgeglichen, sondern immer mehr verschärft bis zu jenem furchtbaren Nationalhasse, z. B. zwischen Sachsen und Wenden, welcher den Kämpfen auf unserem Boden seinen unversöhnlichen Charakter gegeben hat. Anderseits erscheinen die Wenden immer in engster Kulturbeziehung mit ihren slavischen Stammesverwandten, und trotz der sehr verschiedenartigen Geschichte der slavischen Stämme ist das Kulturbild derselben bis zu Ende fast ganz gleich.
So weisen auch in der älteren Zeit fast alle Handelsbeziehungen unserer Wenden in das östliche Europa, und die islamitische orientalische Kultur erstreckt ihren Einfluß bis in unsere Gegenden und über dieselben hinaus. Aus den ersten Jahrhunderten der wendischen Herrschaft ist bei uns, wie es scheint, nichts erhalten; das erste Licht kommt weit her; die ältesten sicheren Daten giebt erst der arabische Handel, der damals seinen glänzenden Aufschwung nahm. Die Wege dieses Handels lassen sich ziemlich genau verfolgen; von der Wolga bis nach Skandinavien sind zahlreiche Funde gleichen Charakters gemacht von arabischen Münzen und Schmuckgegenständen, meist absichtlich zerstört, sodaß diese sog. Hacksilberfunde als ein Import, der im wesentlichen den slavischen Stämmen ihr Werthmetall zuführte, gesichert sind. Der Weg ging vom kaspischen Meere erst die Wolga aufwärts zu der altberühmten Handelsstadt Bulgar, von der Ruinen noch heute bei Kasan vorhanden sind, wo arabische Händler die Producte der nordischen Völker in Empfang nahmen, und dann durch Rußland und Polen nach unserer Ostseeküste. Der Hauptstapelplatz der westlicheren Slaven muß Prag gewesen sein, mit welcher Stadt die baltischen Wenden auf dem Oderwege, der schon in der jüngeren Broncezeit an Stelle des uralten Bernsteinweges an der Elbe getreten ist, verkehrt haben mögen. Die ältesten hier gefundenen arabischen Münzen gehören noch dem siebenten Jahrhundert an, doch scheinen die ältesten datirbaren Funde einige aus dem Beginn des neunten Jahrhunderts, der Zeit Karl d. Großen, zu sein. 1 )
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Der Handel hat zwei Jahrhunderte gedauert; die jüngsten arabischen Münzen 1 ) kommen dem Jahre 1000 nahe. Mit dem Beginn des elften Jahrhunderts zerstörte das Vordringen türkischer Horden den arabischen Einfluß in Rußland. 2 ) In diesem Handel sind die ersten Emporien an der Ostsee, die Vorläufer der Hansastädte, entstanden; und die älteste, die erwähnt wird, lag auf unserem Boden; von ihrem einheimischen Namen und ihrer Lage wird nichts berichtet; die Dänen nannten sie Rerik und bezeichneten nach ihr das ganze Obotritenvolk als Rereger; sie vermittelte den Handel mit den Dänen, welche aus den Zöllen große Einnahmen hatten, doch verwüstete sie deren König Gottfried schon im Jahre 808, 3 ) um sich an dem Obotritenfürsten Thrasiko für dessen Bündniß mit Karl d. Gr. zu rächen, und ließ in ihr 810 Thrasiko erschlagen; seitdem ist die Stadt verschwunden, ihr Handel ging auf Schleswig über, und ihre Stätte kennen wir nicht; doch ist die Wahl zwischen den möglichen Punkten an unserer Küste nur eine beschränkte, und die Wismarsche Bucht bietet die meiste Wahrscheinlichkeit. Wer weiß, ob nicht eine der Pfahlbauten, an denen die Gegend bei Wismar so reich ist, uns doch noch einmal den Nachlaß der ehrwürdigen verschollenen Ahnfrau
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der Hansa an das Tageslicht bringt? Wir wünschen für "Rerik", was unseren Nachbaren in Pommern für ihr Gebiet geglückt ist, denn dort ist es gelungen die Stätte des wendisch=arabischen Handels aufzudecken und archäologisch auszubeuten: das ist Julin, die allbekannte Jomsburg, die sagenverherrlichte Vineta, von deren Handelsblüthe im elften Jahrhundert der Bremer Domherr Adam, der schon genannte berühmte Geograph und Geschichtsschreiber dieser Zeit, eine so überschwängliche Schilderung giebt als der größten Stadt Europas, wo Griechen und Barbaren ihre Waren austauschten und alle Herrlichkeiten der Welt aufgespeichert lagen. Wir wissen heute, daß das jetzige Wollin die alte Jomsburg ist und können die Spuren dieses Handels in unseren Funden verfolgen.
Daß Jumne und Jomsburg skandinavische Namen für das wendische Julin, später Wollin, sind und der Name Vineta nur auf einem Lesefehler für Jumneta (wie Helmold Jumne latinisirt) beruht, kann nach den scharfsinnigen Untersuchungen von R. Klempin (Baltische Studien 13. S. 1 flgd.) nicht zweifelhaft sein. Neben der wendischen Stadt Julin lag die dänische Freibeuterfeste, die Jomsburg, deren romantische Geschichte gegen 950 (vergl. Giesebrecht, W. G. I, 210) beginnt, die aber ihr Ende, wie ich glaube, schon vor 1036 gefunden haben muß, denn nach diesem Jahre, dem Todesjahre Kanut des Großen, werden hier nur noch Slaven als Seeräuber genannt, und der von der nordischen Sagenpo?sie so hoch gefeierte Rachezug Magnus des Guten von 1043 gilt nur der slavischen Stadt (vgl. die Quellen bei Wigger, M. A. S. 71). Trotz dieser Kämpfe erscheint die Stadt einige Jahzehnte später in der berühmten Schilderung Adams (II, 18) als das Hauptemporium der Ostseeländer: Oddera, - in cujus ostio - nobilissima civitas Jumne celeberrimam praestat stationem Graecis et barbaris, qui sunt in circuitu. De cujus praeconio urbis, quia magna quaedam et vix credibilia recitantur, volupe arbitror pauca inserere digna relatu. Est sane maxima omnium quas Europe claudit civitatum, quam incolunt Slavi cum aliis gentibus, Graecis et barbaris. Nam et advenae Saxones parem cohabitandi legem acceperunt, si tamen christianitatis titulum ibi morantes non publicaverint. Omnes enim adhuc paganicis ritibus oberrant, ceterum moribus et hospitalitate nulla gens honestior aut benignior poterit inveniri. Urbs illa mercibus omnium septentrionalium nationium locuples, nihil non habet jucundi aut rari. Ibi est . . . . Ab illa civitate breviremigio trajicitur hinc ad Dyminem urbem, quae sita est in ostio Peanis fluvii (sic!), ubi et Rugi habitant; inde ad Sam-
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land. Iter ejus modi est, ut ab Hammaburc vel ab Albia flumine septimo die percurras ad Jumne civitatem per terram; nam per mare navem ingrederis ab Sliaswig vel Aldinburc, ut pervenias ad Jumne. Auf eine Kritik Adams einzugehen, ist hier nicht der Ort, es würde sich dieselbe Neigung zu rhetorischer Uebertreibung und unzeitigen klassischen Reminiscenzen, welche seine Rethraschilderung entstellt (s. Grotefend, Jahrb. 54, S. 180) auch hier nachweisen lassen. Doch wird dadurch das Wesentliche seiner Darstellung nicht berührt; für Meklenburg ergiebt sich aus Adam: 1) daß eine Seestadt an unserer Küste an dem Juliner Handel nicht theilgenommen hat; nach Demmin (welches Adam als Seestadt erscheint, ohne Zweifel weil bis dahin Schiffsverkehr möglich war) nennt er gleich Oldenburg und Schleswig; 2) daß mindestens eine Handelsstraße von Hamburg nach Julin durch Meklenburg führte; die Zahl der sieben Tagereisen stimmt zu den vier Tagereisen von Hamburg nach Rethra vollständig und ist meines Erachtens ganz unverdächtig; die Stationen mögen Ratzeburg, Schwerin, Malchow, Rethra (später Kloster Broda), Pasewalk, Stettin gewesen sein (vgl. Brückner, Jahrb. 55, S. 272 nach Virchow, Vhdl. der Berliner Gesellschaft für Ethnologie u. s. w. 1881, S. 272). - Daß auch von Demmin aus eine Straße durch Meklenburg geführt hat, ist längst urkundlich bekannt, ja, sie wird als via regia bezeichnet und ihre Stationen Dargon, Lucho, Lavena genannt (s. Wigger, Jahrb. 28, S. 27 Anm.); bei Dargun und Laage sind Burgwälle bekannt geworden, und es liegt die Vermuthung nahe, daß der weitere Gang der Straße durch den bekannten Burgwall von Werle gekennzeichnet wird; halbswegs zwischen Laage und Werle ist neuerdings eine wendische Ansiedelung auf einer Insel des Hohen=Sprenzer Sees bekannt geworden, welche sich diesem Gange vortrefflich anschließt und über welche unten berichtet werden soll; wird nun noch bei Lüchow (bei Alt=Kalen) ein wendischer Wohnplatz gefunden, so ist die Kette der Stationen der via regia durch das Circipaner= und Kizinerland geschlossen. Durch Funde ist keine der beiden Straßen bisher gesichert, doch will ich nicht unerwähnt lassen, daß der einzige größere Silberfund, den wir bisher haben, der von Schwaan, gerade in der Gegend gemacht ist, wo die vorausgesetzte Straße durch die wilzischen Länder in das Obotritengebiet eintritt. Ueber den weiteren Verlauf der Straße nach "Dobin" (über Bützow=Neukloster?) wird an anderer Stelle gesprochen werden. Nach Adam war also um die Mitte des elften Jahrhunderts Julin die Haupthandelsstadt der Ostseegegenden; es muß aber bald darauf ein Niedergang eingetreten sein, denn zur Zeit der Mission Ottos von Bamberg 1124 ist bereits
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Stettin die anerkannte Hauptstadt, neben der Julin aber immer noch die zweite Stelle einnimmt.
Das letzte Ziel dieser Handelsstraßen waren die skandinavischen Völker, welche damals den Weltmarkt versahen mit den Rohproducten des ganzen Nordens, besonders dem kostbaren Pelzwerk, und dafür außer Silber in Barren, Münzen und Schmucksachen, auch damascirte Klingen, ja selbst Harpunen ( Jacob, ein arabischer Berichterstatter aus dem 10. oder 11. Jahrhundert über Fulda, Schleswig u. s. w.) wieder erhielten. Unter dem Einfluß dieser massenhaft zuströmenden orientalischen Sachen, besonders der Schmuckgegenstände, hat sich im Norden der wunderbare phantastische Stil der Vikingerzeit entwickelt, welcher eine Verschmelzung altgermanischer Ornamentmotive, besonders jener verschlungenen Drachen oder Schlangenbiber mit der orientalischen Technik, besonders dem Filigran ist und auf der Insel Gotland seine reichste Entfaltung gefunden hat, ja in der norwegischen nationalen Silberindustrie noch heute fortlebt.
Davon haben wir in unserem Lande nur wenig. Die Stellung der Wenden in diesem Handel war im Wesentlichen nur die der Zwischenhändler; von Rerik gingen die Waaren über Schleswig nach Jütland, von Julin über Bornholm nach Schonen. Was wir an Funden, welche mit diesem Handel zusammenhängen, haben, sind in erster Linie die Hacksilberfunde, welche schon oben kurz erwähnt sind. Von den Ländern an der Ostsee ist Pommern am reichsten daran, wohl begreiflich bei der Stellung von Julin. Durch die Zerstörung von Rerik wurde das Lutizer= und Obotritenland aus diesem Zwischenhandel herausgedrängt, und der Hauptverkehr zwischen Julin und Dänemark geschah direct über Schleswig; so kommt es, daß die Zahl der arabischen Silberfunde auf unserem Boden keine bedeutende ist. Der bei weitem wichtigste ist der große Fund von Schwaan. Hier, auf dem linken Warnowufer, dem berühmten Burgwall von Werle schräg gegenüber, wurde im Jahre 1859 eine Urne ausgepflügt, welche unter einem Granitblocke gestanden hatte und nicht weniger als 3240 Münzen enthielt, dazu eine Anzahl von Kopf= und Armringen, Breloques und Ohrgehängen, Silberbarren u. s. w., fast alles zerhackt. Die Ringe bestehen meist aus Silberdraht, welcher zu starken Ketten zusammengewunden ist, oft durchflochten mit dünnem Perldrath, die Ohrgehänge sind korbartig aus Filigran und gekörntem Silberblech, die Münzen sind nicht überwiegend arabische, sondern meist deutsche, und durch die Zusammenstellung der Münztypen läßt sich das Jahr, in welchem der Schatz geborgen sein muß, ziemlich genau bestimmen, es ergiebt sich die Zeit gegen 1030. Aus der Zusammensetzung des Fundes geht hervor, daß damals schon die
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deutschen Münzen, im Obotritenlande wenigstens, die arabischen verdrängen, daß aber bei der Münze noch nicht das Gepräge, sondern nur das Gewicht maßgebend war, denn von den 3240 Münzen sind nur 850 nicht zerschnitten oder zerhackt. Leider steht dieser Fund ziemlich allein. Wir haben nur noch einige kleinere Funde, von Remlm (bei Gnoien) und Schwerin mit allerliebsten kleinen Schmucksachen und entsprechenden Münzen. 1 )
Fragen wir nun aber nach dem Einflusse, welchen diese orientalischen Schmucksachen auf den Geschmack und die Industrie der Wenden oder der Slaven überhaupt ausgeübt haben, so ist davon nur wenig zu spüren. Von einer Weiterbildung nationaler Motive wie in Schweden kann nicht die Rede sein, da wir von wendischem Ornarmentstil an Schmuckgegenständen absolut nichts wissen, aber auch eine spontane Weiterbildung orientalischer Motive zeigt sich, wenigstens nach unserer Auffassung, nur an einem einzigen Typus, den wir als slavisch und zwar, wie es scheint, als Gemeingut aller uns bekannter Slavenstämme ansprechen müssen; das ist der sog. Schläfenring.
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Der Name "Schläfenring" hat sich in der Alterthumsforschung für eine eigenartige Ringform eingebürgert, nämlich für Ringe, "an den Enden offen und an einem Ende stumpf geschlossen, am anderen Ende auf die Außenseite in einer doppelten Windung zurückgebogen" (Lisch, Jahrb. 29, S. 180). Nach dieser "S=förmigen Schlinge" findet man sie, besonders bei österreichischen Forschern, gelegentlich auch als "S=förmig endende Ringe" bezeichnet.
Die große archäologische Bedeutung dieser Form besteht darin, daß sie eine specifisch slavische und neben den Töpfereiproducten das Haupt=Kriterium für slavische Funde geworden ist. In dieser Bedeutung hat sie schon 1863 unser Lisch erkannt (a. a. O.), der sie allerdings damals noch für Armbänder hielt. Das gesammte Material hat dann Sophus Müller, der bekannte dänische Alterthumsforscher, in einer klassisch gewordenen Abhandlung "Ueber slavische Schläfenringe" in "Schlesiens Vorzeit in Wort und Bild" 1877, S. 189 behandelt. Seitdem hat natürlich die Zahl der Funde sich bedeutend gemehrt, doch ist man nicht wesentlich weiter gekommen. Von Müller stammt auch der Name, indem die Ringe meist bei Skeletten an beiden Seiten des Kopfes in der Schläfengegend gefunden werden. Die Ringe haben 1 1/2 bis 8 Centimeter Durchmesser und sind massiv oder hohl aus Bronce, Silber oder Gold oder aus Bronce mit Silber oder Gold überzogen. Die große Mehrzahl ist aus Bronce, goldene sind sehr selten. Man findet sie bis zu 8 Stück bei einem Skelett. Sie wurden an einem Riemen, der durch die Oese gezogen wurde, befestigt am Kopfe getragen, sicherlich ein eigenartiger Kopfschmuck; in einigen polnischen Funden ist der Riemen erhalten (vgl. Compte rendu du congrès de Stockholm 1876, S. 672). Ich vermuthe, daß sie auch als Schmuck der Mütze getragen wurden. Darauf weist eine Beobachtung in Böhmen (Woldrich in den Mittheilungen der Wiener anthropologischen Gesellschaft 1886, S. 90), wo dieselben in einem Knäuel mit "Haaren zusammen gefunden wurde, "jedenfalls war diese Stelle des Kopfes vor der Verbrennung durch irgend eine Kopfbedeckung . . . . . . geschützt". Spitze Filz= oder Pelzmützen gehörten zur slavischen Tracht. Dieselben bildeten sogar einen beliebten Gegenstand des nordisch=arabischen Handels und waren im Orient im zehnten und elften Jahrhundert als "bulgarische Mützen" allgemein bekannt (G. Jacob, Correspondenzblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1891, S. 146), ja, in den wenigen Resten slavischer
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Bildnerei, die uns jetzt durch die sehr verdienstliche Abhandlung von M. Weigel "Bildwerke aus altslavischer Zeit" im "Archiv für Anthropologie" XXI, 1 näher gerückt sind, finden wir mehrmals diese konischen Mützen, so bei dem berühmten "Swantewit" von Altenkirchen auf Rügen, Fig. 10, und dem "Mönch von Bergen, Fig. 11. (Auch der spitze Kopf der Figur von Rosenberg in West=Preußen, Fig. 4, erklärt sich wohl am besten so, daß derselbe mit Mütze dargestellt sein soll.)
Was die Herkunft der "Schläfenringe" betrifft, so hat Lissauer in einem Vortrage auf der Anthropologen=Versammlung in Danzig (s. Correspondensblatt der deutschen anthropologischen Gesellschaft 1891, S. 138) zu begründen gesucht, daß dieselben ihre Entwickelung in der "Völkerwanderungszeit" auf österreich=ungarischem Boden gefunden und "von dort aus mit den vordringenden Slaven überallhin verbreitet seien, wohin diese vordrangen". Er beruft sich auf die Funde eines großen Gräberfeldes bei Keßthely in Ungarn (vgl. Archäologi Esercitö 1881, XIV, S. 121), welches dem fünften Jahrhundert, also der altgermanischen Zeit, angehört und wo verschiedene Varietäten einer Ringform (offene Ringe, das eine Ende mehr oder minder spitz, das andere zurückgebogen) auftreten, in der er das Urbild des Schläfenringes sieht. Ich kann mich dieser Begründung nicht anschließen. Der Umbiegung der Keßthelyer=Ringe fehlt (ebenso wie dem a. a. O. meines Erachtens fälschlich in den Formenkreis der Schläfenringe gezogenen noch viel älteren Ringe von St. Michael, Abb. 10) gerade das Wesentliche der Schläfenringe, die offene Oese, ohne die doch eine Befestigung als "Schläfenring" nur gezwungen denkbar ist; die Art der Endigung ist so verschiedenartig, daß man es offenbar mit Modelaunen zu thun hat und hier nur eine zufällige Aehnlichkeit vorliegt. Der älteste datirbare Fund mit Schläfenringen, denen ich den Namen zugestehen möchte, ist, soweit ich sehen kann, der von Lissauer a. a. O. angeführte von Sos Harthyan, welcher durch eine Goldmünze von Theodosius II. (408 bis 450) bestimmt wird (Archäologi Esercitö 1882, N. F. II, S. 144). Dieser Ring weist schon durch sein Material (Elektron!) seine orientalische Herkunft an, doch steht der Ring nach Form und Zeit allein. In Masse treten die Schläfenringe erst am Ende des ersten Jahrtausends auf und sind gleichzeitig mit den arabischen Schmuckgegenständen, die die slavischen Lande überschwemmten.
Demnach scheint es doch wahrscheinlicher die Entstehung der Form der Schläfenringe durch die arabischen oder wenigstens byzantinischen Handelsbeziehungen zu erklären. Lissauer bildet Fig. 2
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einen echten Schläfenring aus Ungarn ab, der aus dickem gedrehtem Golddraht mit Filigraneinlage besteht. Das ist genau die Technik zahlreicher Ringe aus Hacksilberfunden in ihrem ganzen Gebiete (für Meklenburg s. Jahrb. 9, S. 391 und 49, S. 25 den Fingerring von Schwerin), das ist doch unzweifelhaft ein Importgegenstand.
Ferner ist die Aehnlichkeit der Umbiegung an arabischen Ringen z. B. bei beistehendem aus dem Silberfunde von Schwerin, Jahrb. 9, S. 390, doch eine frappante. 1 ) Auch stimmt der Zweck der Schläfenringe vortrefflich zu den andern arabischen Schmuckgegenständen, die ja zum großen Theil aus Hängeschmuck bestehen; und als solcher sind die Schläfenringe doch auch aufzufassen. Eine endgültige Entscheidung der Frage wird natürlich erst möglich sein, wenn sie von dem anderen Ende her angefaßt wird, das heißt die Erzeugnisse des älteren orientalischen Kunstgewerbes auf Herkunft und Charakter bestimmt sind, wozu bisher kaum der Anfang gemacht ist.
Wie dem aber auch sei, ob altgermanischen oder orientalischen Ursprungs, der Schläfenring ist zum specifisch slavischen Zierstück geworden 2 ) und selbstverständlich auch durch einheimische Arbeiter gefertigt und modificirt. Das Gesammtmaterial ist noch nicht hinreichend bekannt gemacht, um locale Unterschiede begründen zu können. Es scheint, daß die silbernen überwiegend dem Weichselgebiete angehören, die hohlen Bronceringe dem Gebiete der unteren Oder u. ä. (s. Lissauer in den Verhandlungen der Berliner anthrop.
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Gesellschaft 1892, S. 475.) Die große Masse derselben ist aus Bronce, zum Theil versilbert. Ist unsere Herleitung aus dem arabischen Handel richtig, so sind die letzteren minderwerthige Nachahmungen der silbernen Originale und es würde die zeitliche Reihenfolge der Typpen sein: 1. silberne massive; 2. a. silberne hohle, b. broncene mit Silberbelag, 3. a. broncene massive, b. broncene hohle; daneben solche aus Broncedraht.
Wir geben beistehend ein Verzeichniß der in Schwerin aufbewahrten Schläfenringe.
Schläfenringe.
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1) Ein ähnliches Exemplar mit einer menschlichen Figur aus Horst bei Pyritz s. Lissauer a. a. O., Tafel 9, 4.
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Damit ist aber auch erschöpft, was wir über den Einfluß des slavischen Zwischenhandels nachweisen können. Von den Damascener=klingen, welche als viel begehrtes Gut der Vikinger ihren Weg durch unsere Slavenländer nahmen, ist keine hier erhalten geblieben. In keinem slavischen Grabe ist meines Wissens je eine Waffe gefunden. Daß aber das Schwert, am Ende der Wendenzeit wenigstens, die nationale Waffe gewesen ist, dafür genügt der Umstand, daß der Kriegsgötze der Rugier, der Rugiävit in Garz, acht Schwerter an der Seite und eins in der Hand trug und auch zu den heiligen Emblemen des Svantevit ein Schwert gehörte. Sonst ist uns über die Bewaffnung der Wenden wenig bekannt. 1 )
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