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:
1602.
Mitgetheilt durch
Archivrath Dr. von Bülow in Stettin.
~~~~~~~~~~~~~~
O bgleich mehrere pommersche Fürsten nach der Sitte der Zeit größere Reisen zu ihrer Ausbildung unternommen haben, so ist uns doch von keiner derselben eine so ausführliche Beschreibung hinterblieben, als von derjenigen, welche der junge Herzog Philipp Julius von Pommern=Wolgast 1 ) nach Empfang der Huldigung in den ersten Wochen des Jahres 1602 antrat, und von der er im Herbst des folgenden Jahres wieder in die Heimath zurückkehrte. Die Ursache ist wohl darin zu suchen, daß in der Begleitung des jungen Fürsten sich eine Persönlichkeit befand, die durch hervorragende gelehrte Bildung, sowie durch ausgebreitete Bekanntschaft mit literarischen Berühmtheiten der Zeit ganz besonders geeignet war, bei dieser Gelegenheit bildend und belehrend auf den Prinzen zu wirken, dessen Erziehung und Unterricht er bereits früher geleitet hatte.
Es war dies Dr. Friedrich Gerschow, der Einzige im Gefolge des hohen Reisenden von gelehrter Bildung und daher wohl im Stande, überall auf besondere Merkwürdigkeiten und sonstiges Wissenswerthe hinzuweisen und die nöthigen Erklärungen zu geben. Zugleich machte er sich Notizen über die Erlebnisse des Tages, welche der späteren schriftlichen Schilderung der Reiseerlebnisse zur Grundlage zu dienen hatten. Es ist wohl kein Zweifel, daß mancher im
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Verlauf der Reise einem Gelehrten abgestattete Besuch auf seine Veranlassung geschah, während die persönlichen Neigungen der übrigen Herren sich in anderer Richtung bewegen mochten.
Des jungen Fürsten Vater, Herzog Ernst Ludwig von
Pommern=Wolgast, hatte die testamentarische
Bestimmung hinterlassen,
1
) sein Nachfolger solle, nachdem
er vom neunten Jahre den Studien in Greifswald
obgelegen, wo möglich auf Reisen gehen, um vor
Uebernahme der Regierung durch den Besuch
auswärtiger Hochschulen und den Umgang mit
hervorragenden Männern seiner Zeit sich weiter
zu bilden. Man dachte dabei zunächst an Leipzig
oder Tübingen und entschied sich schließlich für
ersteres. Die verwittwete Herzogin=Mutter Sophie
Hedwig, größere Selbständigkeit von der
Abwesenheit des Sohnes erhoffend, begünstigte
den Plan, und endlich gaben auch die
Vormundschaftsräthe nach. Ueber Meklenburg,
Lübeck, Hamburg, Lüneburg
. ging die Reise nach Leipzig, wo
studirt werden sollte; doch findet sich von
ernster Beschäftigung mit den Wissenschaften
daselbst nichts berichtet, wohl aber nehmen
Festlichkeiten aller Art, wie Uebernahme des
Rectorats am 23. April 1602, Besuch der
befreundeten sächsischen Fürstenfamilie, Ausflug
nach Karlsbad und manches Andere, die Zeit in
Anspruch. Nachdem der junge Herzog am 9. Mai
noch den Besuch seiner Mutter empfangen hatte,
scheint erst der eigentliche Plan zur Ausdehnung
der Reise durch Mittel= und Süddeutschland nach
Frankreich gefaßt zu sein, mit der ein kurzer
Abstecher nach England vom 3. September bis 3.
October verbunden wurde.
2
) Dann ging es
durch die Schweiz nach Italien. Mailand,
Loretto, Rom, Neapel, Florenz, Genua, Venedig
wurden besucht und endlich über Tirol die Reise
nach der Heimath angetreten, welche am 10.
October 1603 wieder erreicht ward.
Das die Reisegesellschaft bildende Gefolge war dem Range des fürstlichen Herrn angemessen und bestand, abgesehen von der Dienerschaft, aus dem fürstlichen Hofmeister Bernhard von Bugenhagen, dem Kämmerer Erasmus von Küssow, Christoph von Trampe, welcher die Aufsicht über die Kasse führte, und Joachim Volrad von Tribsees als Mundschenk. Vielfach wurde zur Ersparung der Kosten unter einem übrigens nicht immer gut gewahrten Incognito gereist, 3 ) auch
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öfters, z. B. während des Besuchs in England, ein Theil des Gefolges mit den Pferden zurückgelassen, um sich später wieder mit demselben zu vereinigen. Steter Begleiter des Herzogs aber während der ganzen Reise war der bereits erwähnte Friedrich Gerschow, 1 ) der von allem Erlebten täglich seine Notizen machte und aus diesen nach der Rückkehr auf seines Herrn Geheiß die vorliegende Reisebeschreibung in Tagebuchform zusammenstellte. Diese Arbeit würde schneller und vollständiger geleistet worden sein, hätte Gerschow nicht einen Theil seiner Notizen vorher verliehen, während ein anderer durch Näße zu Schaden kam. So geschah es, daß das Tagebuch in seiner vorliegenden Form erst im Jahre 1605 vollendet wurde.
Es ist nicht zu bezweifeln, daß Gerschow's Aufzeichnungen, als eine werthvolle Erinnerung an die große Reise des Fürsten geschätzt und geachtet, einen Platz in der herzoglichen Bibliothek gehabt haben werden. Dennoch mangelt es für eine lange Zeit an jeder Nachricht über dieselben, und wir müssen annehmen, daß die Originalhandschrift nach des Herzogs Tode aus der Bibliothek entfernt oder bei der Zerstörung des Wolgaster Schlosses mit anderen Schätzen verstreut worden ist. Erst im 18. Jahrhundert taucht in der Bibliothek des Hof= und Consistorialraths Christian Püttmann in Stargard in Pommern eine Handschrift auf, die für das Original von Gerschow's Tagebuch gehalten werden muß, ohne daß wir wissen, wie dasselbe dorthin gelangte. In einem Protocoll von 1785 wird diese Handschrift als Nr. 169 der Foliobände in Püttmanns Bibliothek aufgeführt, welche später mit der Bibliothek der St. Marienkirche in Stargard verbunden, aber gesondert gehalten wurde. 2 ) Der 1740 von Professor Joh. Daniel Denso nicht sehr musterhaft angefertigte Katalog der Handschriften dieser Bibliothek beschränkt sich leider auf die mittelalterlichen Handschriften, 3 ) giebt also über Gerschow's Tagebuch keine Auskunft; dagegen erwähnt Oelrichs dasselbe a. a. O. Seite 185 und 186 als einen 200 Bogen starken Band. Beklagenswerther Weise ist ein großer Theil der schönen Marienkirchen=Bibliothek im Anfang dieses Jahrhunderts für 500 Thaler öffentlich verkauft worden,
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und da wird der Umstand, daß unsere Handschrift nicht in der vom Verkauf ausgeschlossenen Handschriften=Abtheilung stand, derselben verhängnißvoll geworden und sie allem Anschein mit unter den Hammer gerathen sein. Man bereute zwar alsbald den Verkauf und bemühte sich, alles noch Erreichbare zurückzuerwerben; indessen was man auch sonst etwa erzielt haben mag, Gerschow's Handschrift ist seitdem verschollen.
Da ist es denn noch ein Glück zu nennen, daß im vorigen Jahrhundert in manchen Kreisen des pommerschen Adels ein reges literarisches sowohl wie geschichtliches Interesse vorhanden war, dem wir ansehnliche Sammlungen werthvoller Handschriften, sei es im Original oder in Abschriften verdanken. Einer dieser Sammler, der Stettiner Bürgermeister Matthias Heinrich von Liebeherr auf Woitfick bei Pyritz, 1 ) ließ sich von der Handschrift der Marienkirchen=Bibliothek zu Stargard eine Abschrift anfertigen, und von diesem Exemplar verschaffte sich des Herrn von Liebeherr Schwiegersohn, der Kammerherr Friedrich Wilhelm von der Osten auf Plathe, Begründer der dortigen Bibliothek, im Jahre 1757 eine von ihm selbst sorgfältig collationirte Abschrift, welche als ein Foliant von 446 Seiten noch jetzt der Plather Bibliothek angehört und dem vorliegenden Druck zu Grunde gelegt ist. Der Kammerherr von der Osten hielt die Handschrift der Marienkirchen=Bibliothek für das Original des Gerschow'schen Tagebuchs und beschreibt dasselbe als ein in Pergament gebundenes, mit goldenem Schnitt verziertes Buch in der Handschrift des 17. Jahrhunderts. Wir sind nicht in der Lage, die Richtigkeit dieser Ansicht zu bestreiten und müssen annehmen, daß die Herren von Liebeherr und von der Osten wirklich das Original in Händen gehabt haben. Nach dem oben Gesagten aber ist die Plather Abschrift, welche trotz der darauf verwendeten Sorgfalt besonders in der Schreibung der Namen nicht fehlerfrei erscheint, die einzig bekannte Form, in der uns das Tagebuch erhalten ist; denn auch von der Liebeherrschen Abschrift ist jede Kunde verloren gegangen. 2 )
Ebenso ist von Bearbeitungen der Handschrift nichts bekannt, denn was nach dieser Seite geschehen ist, beschränkt sich auf ein paar dürftige Auszüge, denen nicht minder dürftige Bemerkungen beigefügt sind. Zunächst veröffentlichte Magister David Richter, Rector des Gymnasiums zu Güstrow, im Jahre 1751 ein Programm von
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20 Quartseiten, 1 ) in dem er nach weitschweifiger Einleitung einen Auszug des Anfangs der Reise giebt. Das Ganze ist in Paragraphen eingetheilt, und der Aufenthalt in Meklenburg wird in §. 7 auf knapp einer Seite abgethan. Richter äußert sich da wie folgt:
- - Neminem offendat, hodie post arcem ducalem inclusa vivario desiderari fera animalia. Per hoc enim sesquiseculum ita per Dei gratiam sub mansuetudinis tutela ser. ducum Meklenb. caput suum extulit Gustrovia continuatisque aedificiis aucta exornataque fuit, ut renata videri queat. Per bibliothecae autem colligendae initium transpositio bibliothecae canonicorum extemplo cathedrali in sedem ducalem indicatur, quam ser. duces postea etiam ex reculis laciniisque Heidelbergens. locupletarunt. Aulae Gustroviensi valedicens, Sverinensium arcem et templum cathedrale oculis usurpavit, admiratus magnifica ducum Jo. Alberti I. et Christophori mausolea atque pretiosum ejusdem templi organon pneumaticum, welche mit 7000 Rthlr. der Leute Bericht nach nicht erbauet. Quae deinceps de Wismaria, Lubeca, Hamburgo et Luneburgo refert, satis sunt nota.
Die weitere Reise wird ebenso kurz behandelt, und bei dem Aufenthalt in Hessen bricht Richter überhaupt ab. Ob die ihm vorliegende Handschrift das Original oder, was wahrscheinlicher, nur eine Abschrift war, läßt sich nicht mit Sicherheit bestimmen.
Wenige Jahre später brachte der Greifswalder Professor Joh. Karl Dähnert im vierten Bande seiner "Pommerschen Bibliothek" (1755), S. 30, unter dem Titel: "Proben von des pommerschen Herzogs Philippi Julii Neigung gegen die Gelehrten" einen zwei Seiten langen Auszug aus dem Tagebuch, der mit dem Aufenthalt in Leipzig und der Uebertragung des Rectorats an den Herzog beginnt und dann von der Reise durch England, Frankreich und Italien kurze Nachricht giebt. Dähnert besaß nicht mehr als eben nur diesen, von einer ihm unbekannten Hand geschriebenen Auszug und scheint auch von dem Original keine weitere Kenntniß gehabt zu haben, denn er bittet a. a. O. um Nachricht über Gerschow's Manuscript. Auf Dähnert's Auszug wird schließlich das zurückzuführen sein, was
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Kosegarten in seiner Geschichte der Universität Greifswald, Bd. I, S. 227 über das Tagebuch sagt.
Was nun den Werth des letzteren für die Gegenwart anlangt, so wird Niemand darin wichtige politische Nachrichten oder Aufschlüsse über staatliche Verhältnisse des In= und Auslandes suchen, denn dazu ist ein erstes Heraustreten eines jungen achtzehnjährigen Fürsten aus der heimathlichen Umgebung nicht angethan, und im vorliegenden Fall um so weniger, als der erzieherische Zweck der Reise offen ausgesprochen ist. Anders verhält es sich, wenn man den Inhalt des Tagebuches nach der culturhistorischen Seite hin betrachtet, denn in dieser Hinsicht hält dasselbe den Vergleich mit ähnlichen Schriftstücken der Zeit wohl aus, so daß eine Veröffentlichung der Handschrift als Ganzes wohl gerechtfertigt erscheint. Dazu streift Gerschow's anfänglich wohl etwas schleppende und breite Schreibart im Verlauf der Reise das steife Gelehrtengewand mehr und mehr ab, und die Erzählung ist in einem frischen, den Leser nicht ermüdenden Ton gehalten. Namentlich gilt das, sobald die Reisenden fremden Boden betreten und Personen und Dinge kennen lernen, die ihnen gänzlich neu sind. Da werden die Gewohnheiten der fremden Länder aufmerksam beobachtet, die Sehenswürdigkeiten berühmter Orte pflichtschuldigst betrachtet, auch die oft recht wunderbaren Berichte der Führer werden mit ernsten Mienen angehört, und nur den schweigsamen Blättern des Tagebuchs werden die gerechten Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Erzähler anvertraut. Interessant sind die Schilderungen von Sitten und Gebräuchen in den verschiedenen Ländern, und während manche derselben sich bis in die Gegenwart erhalten haben, so daß wir daran einen Maßstab für die Genauigkeit der Erzählung besitzen, sind andere der Alles verschlingenden Zeit zum Opfer gefallen und vielleicht nur noch in den Aufzeichnungen des Tagebuches erhalten, den Werth desselben erhöhend. Hier und da findet wohl auch eine geschichtliche Begebenheit eine bisher weniger bekannte oder beachtete Erklärung, wenigstens gilt das von dem England behandelnden Theil der Erzählung. Endlich führt das zeitenweis angenommene Incognito allerhand ergötzliche Situationen herbei, und andere kleine Abenteuer bereiten nicht minder anmuthige Abwechselung.
Für die Jahrbücher erschien es angemessen, aus dem Tagebuch nur denjenigen Theil auszuwählen, der dem Leserkreise derselben am nächsten gelegen ist, darum gebe ich auf den folgenden Blättern die Beschreibung der Reise durch Meklenburg, die trotz der kurzen Dauer doch nicht ohne Interesse ist. Nur sechs Tage haben sich die Reisenden auf meklenburgischem Boden aufgehalten: am 5. Februar 1602 verbrachten sie die erste Nacht in Dargun und erreichten am folgenden
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Tag Güstrow, wo sie von Herzog Ulrich und dessen Gemahlin Anna, einer Vaterschwester des Herzogs Philipp Julius, freundlich aufgenommen wurden und allerlei Kurzweil trieben. Nachdem an den folgenden Tagen der Thiergarten, sowie der Dom mit den marmornen Denkmälern, sowie die Bibliothek betrachtet worden und man sich von den fürstlichen Verwandten verabschiedet hatte, gelangte die Reisegesellschaft am 10. Februar nach Schwerin, wo sie von der Festung her durch Abfeuern der Geschütze feierlich begrüßt wurde. Dennoch war der Aufenthalt nur kurz, der Dom mit seinen fürstlichen Begräbnissen und der kostbaren Orgel ward flüchtig betrachtet und noch spät am Abend Wismar erreicht, von wo am nächsten Vormittag, den 11. Februar, bereits wieder aufgebrochen ward, um über Grevismühlen und Dassow, bei dessen lustiger Wirthin das Mittagsmahl eingenommen ward, am Abend desselben Tages nach Lübeck zu gelangen.
Vorangeschickt ist die Einleitung zum Tagebuch mit Gerschow's Widmung an den Herzog, sowie dem Bericht über die der Reise voraufgehenden Verhandlungen. Was die Behandlung des Textes anlangt, so wäre es, da wir es nicht mit einem Original, sondern nur mit der Abschrift einer Abschrift zu thun haben, nicht nöthig gewesen, die Schreibweise der Vorlage so genau, wie geschehen, wiederzugeben; die Interpunction dagegen mußte, weil völlig willkürlich, vielfach geändert werden.
Des
Durchlauchtigen,
Hochgebohrnen Fürsten
und
Herrn, Herrn Philippi Julii,
Hertzogen zu Stettin,
Pommern, der Cassuben und
Wenden,
Fürsten zu Rügen und Graffen zu
Gützkow,
der Lande Lauenburg und
Bütow Herren
.
Reise
durch Teutschland,
Engelland, Frankreich
und Italien.
Dem Durchlauchtigen, Hochgebohrnen F
rsten und Herren, Herren Philipp
Julio, Hertzogen zu Stettin, Pommern, der
Cassuben und Wenden, F
rsten zu R
gen, Graffen zu G
tzkow,
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der Lande Lauenburg und B
tow Herren, Meinem gn
digen F
rsten und Herren.
Durchlauchtiger, Hochgebohrner F
rst, Gn
diger Herr! Mit was reifen Rath
und Bedenken Ew. F
rstl. Gn. Ihre Versuchungsreise
vorgenommen, mit was Ruhm, Ansehen und Nutzen
Sie dieselbe continuiret, auch mit was Gl
ck und Wohlfarth geendiget solches
haben E. F
rstl. Gn. sich erinnerlich wohl zu
bescheiden, die zur Reise mit deputirte Aufw
rter und Diener in Unterth
nigkeit sich zu freuen, und das
gantze geliebte Vaterland daf
r dem gn
digen barmhertzigen Gott h
chlich zu dancken. Und ist anf
nglich zwar E. F
r. Gn. l
bliches F
rstliches Vorhaben billig zu r
hmen, daß Sie als damalen noch ein
junger F
rst dem vortrefflichen Exempel
Ihrer Hochpreißlichen Voreltern und Anherren,
welche sich Besichtigung frembder Lande stets
viel beflißen haben,
1
)
nachfolgen und derselben mannigfaltiges Lob
großm
thig erneuren wollen. Ob nun wohl
solch wichtiges und in etwas gef
hrliches Werk dem F
rstlichen Herrn Vormundt zusambt
den andern Regierungs=Land= und Hofr
then
2
) nicht
weniges tiefes Nachsinnen und schwere
deliberationes verursacht, ist es gleichwol
wegen einst
ndiges anhalten der
Durchlauchtigsten Hochgeb. F
rstin und Frauen, Frauen Sophiae
Hedewig, gebohrnen zu Braunschweig und L
neburg Hertzoginnen zu Stettin,
Pommern, E. F. G. freundlichen hertzlieben Frau
Mutter, welche fast wider die gemeine Art der
kleinm
thigen zarten M
tter ihres Herren Sohns, als
alleinigen Erben dieser Lande, intent zum
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eußersten bef
rdert, endlich communibus votis
approbiret, auch als ratsam und nützlich erkandt
worden. Wie nun solches nicht ohne besondere
Schickung Gottes zugegangen und der Anfang
dieser Reise mit reiflichen Bedenken gemacht,
also ist sie ferner mit E. F. G. großen Ruhm und
Ansehen continuiret worden, daß obwol diese
Jahre her viel vornehme Herren unterschiedliche
Reisen vorgenommen, doch von keiner, wie es die
Erfahrung bezeuget, soviel Sagens und
Praedicirens hin und wieder gewesen als eben von
E. F. G. peregrination, die auch derohalben
keinesweges, wie gern man sonst gewollt hat,
verschwiegen und verborgen bleiben k
nnen, sondern stets wol etliche
Monathe zuvor, ehe E. F. G. an irgend einen
ber
hmten Ohrt gelanget, ist
verkundschaftet und vermeldet worden. Woher aber
solches alles verursachet, geb
hret mir, als der unw
rdig nebst andern mit aufgewartet,
an diesen Ohrt nicht zu gedenken, weil solches
ohne nothwendige Vermeldung E. F. G.
wohlverhaltens und besondern F
rstl. qualitäten, auch der R
the, Aufw
rter und Diener Bescheidenheit,
Glimpff und H
fflichkeit keinesweges geschehen
mag. Es habens bereits schon etliche, die an
selbigen Ohrten nach uns kommen, mit der Pommern
großen Ruhm genungsam vernommen, werden auch
k
nftiger Zeit andere hoffendlich
genießen und derohalben billig zu r
hmen wißen. Wiewohl nun solche
peregrination nicht ohne große Unkosten,
beschwerliche Unlust und sorgliche Gefahr g
ntzlich abgehen k
nnen, so hat es ihr doch wiederum
an geb
rlicher Ergetzlichkeit und
mercklichen großen Nutzen nicht gemangelt. Denn
zu geschweigen, daß E. F. G. fast alle
denckw
rdige Sachen, und was von k
stlichen und künstlichen alten und
neuen Wercken in den ber
hmtesten L
ndern und K
nigreichen Europae, als Teutsland,
Englandt, Frankreich und Italien mag gefunden
werden, mit besonderer Lust und Freuden alles
gesehen, seyn
ber daß E. F. G. mit denen
vornembsten Herren und Potentaten, wo nicht in
Freundschafft, wie sichs denn allenthalben nicht
schicken wollen, doch zum wenigsten in
Kundschafft gerathen, haben mit den
erfahrensten, versuchtesten und gelahrtesten
Leuten in allen St
nden viel Unterredung und
Conversation gepflogen, der K
nige, Chur= und F
rsten, an welche Sie gelanget,
Hoffhaltung und Regiment erkant, was darinnen
l
blich, was strafflich, erforschet,
auch wie es mit privat Persohnen in gemeinen
Handel und b
rgerlichen Leben daher gehe, gantz
unvermerckter Weise erkundet und erlernet.
Dahero den künfftiger Zeit ein großer Nutzen,
sowohl E. F. G. selbsten als Dero Land und
Leuten zweiffelsohne zuwachsen und entstehen
wird; aldieweil
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E. F. G. nicht weniger in Ihrem Regiment als auch
in Ihrem Leben den Exempeln der l
blichsten Potentaten sich zu
conformiren g
ntzlich vorgesetzt. Welchem
trefflichen Vorhaben weiter nachzukommen,
insonderheit aber in Krieges Sachen etwas gr
ndlicher zu vernehmen, E. F. G.
ferner bey sich beschloßen, entweder in Ungern
oder in Niederland zu verreisen,
1
) wan Sie nicht durch
freundliches, getreues und respective
unterth
niges Warnen und Bitten Ihrer
lieben Frau Mutter, des F
rstl. H. Vormundts und etl.
getreuen R
then zur
ck gefordert und von solchen
Vornehmen abgemahnet w
ren. Derohalben I. F. G. Ihrer
Reise ein Ziel setzen und nach Ihrem Land und
Leuten in der Eil verr
cken m
ßen, dahin sie dann mit solchem
Gl
ck und Heil durch Gottes gn
dige Hülffe ankommen, daß
Hochgedachte I. F. G. diese weite Peregrination
fast ohne einige Leibesbeschwerung volbracht,
auch keinen von Ihren Dienern und Gefehrten
hinter sich verlassen und gemißet haben, welches
den der getreuen Unterthanen emsigen und
fleißigen Gebeth vielmehr als E. F. G. oder
deroselben vornehmen Aufw
rter Verstand und Vorsichtigkeit,
wiewohl es Gottlob daran auch nicht gemangelt,
muß zugeschrieben werden. Denn was Gefahr und
Ungl
ck sich zum
fftern erzeiget, in was b
ßen Wege und Wetter, Hitze und
K
lte, man gereiset, auch wie I. F.
G. fast auf die Letzte durch etliche b
se Leute auf den Dienst gewartet
deßen haben dieselben nach entgangner pericul
mehr mit Lust zu erfreuen, als mit Schmertzen zu
bek
mmern. Wann nun, Gn
diger F
rst und H., solche und dergleichen
denckw
rdige Sachen, auf E. F. G.
Peregrination vorgelauffen, habe ich von dem
Tage an, als E. F. G. aus Ihrem Hofflager von
Wolgast aufgebrochen, bis auf die Zeit, da sie
mit Freuden in Ihre Lande und F
rstenthum wieder angekommen, alle
Tagreisen, was auch an jedem Orth zu sehen und
sich sonsten etwa begeben, mehrerer nachrichtung
halber notiren, und wie E. F. G. selbsten
bewust, t
glich aufzeichnen wollen. Welche
Verzeichniß auf E. F. G. gn
diges Begehren in eine richtige
Ordnung zu bringen mir vorl
ngsten gar leicht gewesen w
re, wan nicht ein gut Theil meines
Reiseb
chleins verliehen, ein Theil von
vielen Regen etwas verdorben worden, und
ber das die Schreiber, welchen ich
alles in die Feder dictiren m
ßen, mich zur Ungeb
hr bis dahin aufgehalten. Gelanget
demnach an E. F. G. mein gantz fleiziges
unterth
nigstes Bitten, Sie ob den
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unverhofften Verzug keinen Unmuth tragen, und da
auch etwas außgelaßen oder sonst unf
rmlich gesetzt w
r, solches mir in Gnaden verzeihen
und vielmehr denen exscriptoribus, die currente
calamo nicht alles percipiren und assequiren
k
nnen, als mir, der ich solches zu
revidiren keine Zeit gehabt, beymeßen wollen.
Bin der tr
stlichen unterth
nigen Zuversicht, E. F. G. werden
mit einer schlechten einf
ltigen und wiewohl nicht
zierlichen doch wahren Relation gn
dig zufrieden seyn, wie ich dan
meines Wißens durchaus nichts gesetzt, das
entweder ich selbsten nicht gesehen, oder da sie
zuweilen die Compagnie theilen m
ßen, von E. F. G. und Deroselben
Gefehrten genungsahm w
re berichtet worden.
Daß nun E. F. G. diese geringe Arbeit sich gn
diglich gefallen, und meine
Wenigkeit, als von der es zu E. F. G. Ehren
unterth
niglich, gemeinet, sich in Gnaden
befohlen seyn laßen und mein Gn
digster F. und H. nach wie vor
seyn und bleiben, darum will ich unterth
nigstes Fleißes zum dienstlichen
hiemit gebeten haben, E. F. G in G
ttlichen allm
chtigen Schutz zu langwieriger
guter Gesundheit und gl
cklichen Regierung, mich aber in
E. F. G. gn
dige Wohlgewogenheit treulichst
empfehlend. Datum in E. F. Gn. Universit
t zu Greifswald anno 1605.
E. F. G.
unterth
niger gehorsamer
Fridericus Gerschow.
Personen so mit meinem G. F. und Herren außerhalb Landes gereiset:
1. M. G. F. und Herr, H. Philipp Julius, Hertzog
zu Stettin Pommern.
2. Bernhard Bugenhagen,
Hoffmeister.
3. Erasmus K
ssow, C
mmerierer.
4. Christoph
Trampe, Zahlmeister.
5. Joachim Volradt
Tribsees, Schenke.
6. Claus Buckow,
Tischdiener.
7. Fridericus Gerschow,
Praeceptor.
8. Rikwan von der Lancken, Edelknabe.
Joachim Behre.
Heinrich Gadenstedte, Edelknabe Peter Kemerer, Kellermeister Martinus Sarnow, Silberw ![]() Hans Garner, Laquai. |
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Diese 5 Personen
sind zu Strasburg blieben. |
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9. Joachim Stolte, Kammerknecht.
10.
Michael Bolte, Stalljunge.
11. Hans Blut,
des K
mmerierers Junge.
12. Joachim
Brandenburg, des Hoffmeisters Knecht.
13.
Peter Schwartze, des Hoffmeisters Junge.
14. Andreas Korn, Laquey.
15. Matz
Kappeser, Laquei.
~~~~~~~~~~~~~
Reise in Deutschland.
Anno 1602.
Nachdem der Durchlauchtige, Hochgebohrne F
rst und Herr, Herr Philipp Julius,
Hertzog zu Stettin, Pommern, der Cassuben und
Wenden, F
rst zu R
gen und Graff zu Gützkow, der
Lande Lauenburg und B
tow Herr
anno 1601 im Herbst die
Erbhuldigung von seinen gehorsamen Unterthanen
im gantzen Lande aufgenommen,
1
) und darauf den 18. Novembr. mit
einem k
stlichen und zierlichen
Ritterspiel, Ring und Ballage gerennet, auch
freyen R
st=Thurnier dem gemeinen geliebten
Vaterland und gantzen getreuen Landschafft auf
eine Zeitlang gn
dig valediciret, als haben I. F.
G. aus Rath und Vorwißen des Durchlauchtigsten
Hochgeb. F. und H., H. Bugischlaf, Hertzogen zu
Stettin, Pommern
., Ihres damahligen F
rstl. Vormundts, insonderheit aber
der Durchlauchtigsten und Hochgeb. F
rstin und Frauen, F. Sophie
Hedewig, gebohrnen zu Braunschweig und Lüneburg,
Hertzogin zu Stettin, Pommern
. Ihro F. G. freundtlichen,
hertzlieben Frau Mutter, und der gantzen l
blichen Landschafft, Ritterschafft
und St
dte Mitbeliebung eine
Versuchungsreise vorzunehmen sich entschloßen,
und ist anf
nglichen zwar dieselbe nur auf
Leipzig oder T
bingen gemeinet, welche sich aber
nachmahlen durch gantz Deutsland, Franckreich,
Engeland und Italien erstrecket hatt, und seyn.
I. F. G. den 1. Februarii anno 1602, als sie
zuvor der Edlen und Tugendsamen Frauen Agnes,
welche J. F. G. Frau Mutter lange Jahre f
r eine Hofmeisterin auf=
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gewartet, nebst ihrer Tochter Kind, des
gestrengen Edlen und Ehrenvesten Hans von Hausen
j
ngsten Sohn, die letzte Ehre
erzeiget und das Geleite bis an Ihr Ruhebettlein
gegeben, mit hochgedachter I. F. G. Frau Mutter
und obgesetzten zur Reise deputirten Personen im
Nahmen der heiligen hochgelobten Dreyfaltigkeit
von Wolgast aufgebrochen und nach der Eldenow
fortger
cket, 3 Meile.
Den andern Tag haben I. F. G., weil es ein
heiliger Tag und das Fest der Reinigung Mari
, an welchem auch I. F. G. f
r 16 Jahren die heilige Taufe
empfangen, zuvor Predigt geh
rt und ferner auf Loitze gereiset,
3 Meilen.
Den 3
ten
Tag ist dem gestrengen, Edlen
und Ehrenvesten Berndt Bugenhagen, Landmarschalk
und Erasmo K
ssoen, jetzigen Cantzler, zu der
Zeit aber Cammerierern und F
rstl. Rathe, die Inspection auf I.
F. G. Leib und Gesundheit zufoderst, hernach auf
Deroselben Junckern und Dienern und allen
Gesinde Leben und Verhalten, wie auch die
Direction der gantzen Reise zum treulichsten und
fleißigsten durch den H. Cantzler Burchardt Horn
im Nahmen des F
rstlichen H Vormundts wie auch der
F
rstl. Wittwen anbefohlen, und alle
I. F. G. Aufw
rtern, wes Standes sie w
ren, ihnen zu gehorchen und zu
folgen auferlegt worden.
Den 4
ten
Tag ward ein T
rcke, den weiland der Edle und
Ehrenveste Valentin Horn auß Ungarn mitgebracht
und im Christenthum wohl und fleißig
unterrichten laßen, zu Loitz getaufft. Gevattern
sind gewesen die Durchlauchtigste Hochgeb. F
rstin und Frau Sophia Hedewig
nebst I. F. G. gantzen Frauenzimmer, die
Durchlauchtigen Hochgeb. F. und H. H. Joachim
Carll, Hertzog zu Braunschweig und L
neburg und Herr Philippus Julius
mit Ihro F. G. R
then, Junckern und vornehmsten
Dienern, und ist dem T
uflinge nach denen Herren der
Nahme gegeben Ernst Philipp Carolus, welchem
auch ein ansehnlicher Patenpfennig verehret worden.
Den 5
ten
Tag sind I. F. G. nebst
Deroselben Frau Mutter und Hertzog Joachim
Carolum, welcher bis in Niedersachsen I. F. G.
das Geleite gegeben, gegen Abend zu Dargum (!)
1
) angekommen,
3 Meilen, alda der f
rstl. Wittwen Feuerb
ßer
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oder Stubenhitzer in das Haubt so hart verwundet worden, das er wenig Tage hernach Todes verfahren.
Den sechsten in voller Fr
he von Dargum (!) aufgebrochen,
und ob es wol ziemlich Regenwetter, haben E. F.
G. doch zeitig Gustrow erreichet, 6 Meilen, da
sie den mit dem Geleite ansehnlich angenommen
und von dem hochl
blichen alten F
rsten Ulrich Hertzog zu
Meclenburch
1
) christmildens
angedenckens, auch der durchl. hochgeb. F
rstin und Frauen Anne, gebohrnen
zu Stettin Pommern Hertzoginnen zu Mecklenburg
., I. F. G. freundtlichen lieben
Muhmen, bis in den dritten Tag mit aller f
rstl. Lust und Kurzweile
aufgehalten und gar stattlich tractiret worden.
Den siebenden haben I. F. G. den Thiergarten, so
hinter dem Hause gelegen, darinnen viel Wild,
mit besondrer Lust angesehen, wie auch die
sch
ne marmorsteinerne epitaphia im
Dohm
2
), nebst
den Mecklenburgischen Stam=Linien und den Anfang
einer guten Liberei.
Den achten haben I. F. G. den gantzen Tag wie
auch die folgende nacht, bis man des Morgends zu
Pferde geseßen, mit aller vergn
gter Fr
ligkeit im f
rstlichen Mecklenburgischen
Frauenzimmer zugebracht.
Den neunten nahmen I. F. G. von dem hochseeligen alten Herren und derselben Gemahlin freundlich Uhrlaub und sind mit dem Geleite den Tag zu Crybitz ankommen, 3 Meile.
Den zehnten bis Schwerin, 2 Meile, da I. F. G.
mit dem groben Gesch
tz empfangen, und um die Vestung
gefeuret ist, welche in einem großen See, so in
4 Meilen lang, gelegen ist; ein wohl gebautes
und mit verguldeten Gipsfiguren, k
stlicher Tischlerarbeit und
künstl. Mahlwerck wohl geputztes Haus.
3
) Im Dohm, so noch in der Stadt
beybehalten wird, sind zwo f
rstl. Begr
bniße, ein altes Herzog Johan
Albrechts, und ein neues von schwartzem und
weißen Marmor Hertzog Christophels,
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welches
ber die 2000 Thaler soll gestanden
seyn,
1
) Durch ein Fenster kan man die
Leiche sehen, so mit einem langen schwartzen
Sammet bedecket. Die Orgel im Dohm seyn I. F. G.
selbst angestiegen, war ein großes aber nunmehro
unfertiges Werck, welches mit 7000 Thaler der
Leute Bericht nach nicht erbauet.
2
) Deßelbigen Tages sind I. F. G. im
starcken Regenwetter noch auf die Wismar
gereißet, 4 Meile, und als Christoph Trampe und
Friederich Gerschow auf den Bauerwagen im bösen
Wege so eilend nicht folgen m
gen, sein sie vor dem Stadtthor
verschloßen worden, da sie den die Nacht
ber unter den offenen Himmel wohl
durchgenetzet hatten verharren m
ßen, weil keine Vorstadt des Ohrts
und wohl 5 Thore hinter einander, daß man den
Thorwechter nicht erwecken m
ge, wo nicht endlich zu ihrem
Gl
cke wegen eines Bauren, der sich
in der Stadt verspätet, das Thor w
re ge
fnet worden.
Den eilften haben I. F. G. daß eiserne geschr
nke um den Taufstein zu Wismar
betrachtet, welches ein Rittersch
tze so kunstreich in einander
geflochten, daß weder anfang noch ende zu sp
ren und derohalben insgemein f
r keine menschliche Arbeit
gehalten wird.
3
) Von dannen sind I. F. G.
erstlich auf Gribsmole, 3 Meile, und ferne auf
Dassow, 2 Meile, ger
cket, da sie bey einer alten
lustigen Wirthin das Mittags=Mahl genommen und
also nach L
beck gegen Abend angelanget, 2
Meile. Zu L
beck sind I. F. G. an die Trabe
gegangen, darauf zu der Zeit in die 50 großen
Schiffe gelegen. In Unser Lieben Frauen Kirchen
gesehen die zwo große Pfeiler, so aus einem
gantzen Steine gehauen, und jeder 50 Schuh lang
gewesen, wie auch das kunstreiche Uhrwerck
daselbst. Der Dohm so gantz mit Kupfer gedecket,
ist ein sch
nes langes aber nicht sehr hohes
Geb
ude, dergleichen wir nicht viel
auf der gantzen Reise in solcher L
nge angetroffen. Alter Leute
Bericht nach soll vor Zeiten ein Hirsch, der
einen schweren guldenen Halsband umgehabt, des
Orths geschoßen und von dem Golde die Kirche
gebauet seyn, welche Historia noch jetzo im Dohm
abgemahlet; darinnen man auch eine verguldete
Monstrantz findet, und ein sehr sch
nes geschnittenes Marienbild
welches die schwangeren Weiber zu L
beck anschauens halber offt
besuchen. Endlich seyn I. F. G. in das Rathhaus
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gef
hret worden, des Raths Stuben
nebst den dabey gelegenen Logiamente, in welchen
viele Antiquit
ten der Stadt L
beck auf gut altv
terisches abgemahlet, zum
fleißigsten besichtiget. Der Marckt, welcher
meistens von Handwerckern bewohnet, ist wie
sonsten die gantze Stadt auf den Seehandel ohne
viele Gem
cher gebauet; auch hatt es zu
L
beck eine gute Gewohnheit, daß
keine Schweine in der Stadt geduldet, sondern
f
r dem Thor in besonderen H
usern gehalten werden, aus welchen
auch keiner ein Schwein in die Stadt schleppen
oder trecken muß, er habe denn das B
rgerrecht gewonnen; daher denn
etliche schimpfliche Leute die L
becker Sautrecker nennen.
Während die vorstehenden Blätter gesetzt wurden, erhielt ich auf eine an das Königliche Geheime Staatsarchiv zu Berlin gerichtete Anfrage das vermißte Original des Gerschow'schen Tagebuches zugesandt. Ein glückliches Geschick hat dasselbe vor dem Untergange bewahrt, und ich gebe mich der Hoffnung hin, nunmehr das ganze Tagebuch nach dem Original veröffentlichen zu können.
v. B.