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IX.

Miscellen und Nachträge.


1.
Der wendische Götze Goderac
und
der Heilige Gotthart.

E s ist in Jahrb. VI, S. 70 flgd. dargelegt, daß der Bischof Berno von Schwerin den neu bekehrten Wenden des Landes Kessin für ihren Götzen Goderac den Heiligen Godehart gab, wie er den Rügianern für ihren Swantevit den Sanct Vit oder Veit unterschob, an dessen Tage auch in Schwerin die Kirchweihe und bis auf unsere Zeit ein Jahrmarkt gehalten ward. Berno ahmte dadurch den Kunstgriff mancher anderer Heidenbekehrer nach, daß er für die gestürzten heidnischen Götzen christliche Heilige mit ähnlich klingenden Namen an die Stelle setzte. Warum führte er hier aber grade den H. Gotthart ein, einen nicht viel bekannten Heiligen, und nicht einen andern Heiligen mit ähnlich klingendem Namen, wie den H. Gerlac, H. Gerhard, H. Gottfried? - Freilich kommt der Name Godehart dem Namen Goderac durch einen merkwürdigen Zufall am nächsten. Aber die Wahl des H. Godehart hat einen ganz besondern Grund: der H. Godehart war ein Heiliger des Stifts Hildesheim. Berno aber war ein Mönch des Klosters Amelungsborn, des Stammhauses der Cistercienser=Mönchsklöster in Meklenburg; das Kloster Amelungsborn lag aber in der Diöcese Hildesheim. Es lag also sehr nahe, daß Berno den Ritus seiner Diöcese in die durch ihn bekehrten Länder einführte. So war auch das Dom=Collegiatstift zu Güstrow nach den Regeln der Kirche Hildesheim gestiftet (vgl. Jahrb. XII, S. 5 flgd.), wenn es auch nicht lange dabei blieb. Ueberhaupt hat das Bisthum Hildesheim seit alten Zeiten immer Einfluß auf die Wendenländer ausgeübt und hier immer in Ansehen gestanden.

Der heilige Gotthart von Bayern ist nicht sehr bekannt. Er ward 1022 Bischof von Hildesheim, starb am 5. Mai 1038

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und ward am 29. Oct. 1132 auf der Synode zu Rheims canonisirt; er war also zu Bernos Zeit am Ende des 12. Jahrh. ein noch junger Heiliger und stand noch in frischem Andenken. Ihm zu Ehren stiftete der Bischof Bernhard (1130 - 1153) zu Hildesheim das ansehnliche S. Godehardi=Kloster, welches jetzt zum Staatsgefängnisse benutzt wird. Godehart's Sarg steht noch als Reliquienschrein in der Kirche zu Hildesheim. Ueber den H. Godehart vgl. Acta Sanctor. Mai (4). T. I, p. 501 - 33; Mabillon Acta sanct. Ord. Bened. T. VI. P. I. p. 395 - 446; Leibnitz Script. Rer. Brunsw. I, p. 482 - 517. Ueber Münzen von ihm vgl. Hannoversche Blätter für Münzkunde III, S. 145.

G. C. F. Lisch.     


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2.
Verleihung der Burg Lenzen an die Grafen von Schwerin.

Die Geschichte des Ortes Lenzen ist häufig Gegenstand der historischen Untersuchung gewesen, namentlich ist dessen Verhältniß zu den Grafen von Schwerin, welche ihn längere Zeit in Besitz hatten, Veranlassung zu angestrengten Forschungen geworden, da dieses Verhältniß die Grundlage der ziemlich bewegten Geschichte des Ortes in seiner Stellung zwischen Brandenburg und Meklenburg bildete. Die Geschichte von Lenzen ist bearbeitet in v. Ledebur Neuem Allgem. Archiv III, S. 206 flgd. und in Riedel Cod dipl. Brand. I, 2, S. 59 flgd.

Nach diesen ziemlich erschöpfenden Forschungen ist die älteste Nachricht über den Ort eine in Gercken Cod. Dipl. Brand. V, S. 78, gedruckte Urkunde vom J. 1252, in welcher von einem Besitze der Stadt Lenzen durch die Grafen von Schwerin die Rede ist, ohne daß man diesen Besitz historisch begründen konnte. In dem im großherzogl. meklenburgischen Geheimen und Haupt=Archive zu Schwerin aufbewahrten sogenannten Repertorium Fabricianum, einem von dem ersten meklenburgischen Archivar Samuel Fabricius im J. 1582 vollendeten Inhaltsverzeichnisse aller Urkunden, welche sich damals im herzoglichen Archive befanden (mit Ausnahme der Urkunden der säcularisirten geistlichen Stiftungen), belehnte der Markgraf Albrecht II. von Brandenburg im J. 1219 den Grafen Heinrich I. von Schwerin mit dem Schlosse Lenzin und allen dessen Zubehörungen, mit der Verpflichtung zum Dienste gegen jedermann, mit Ausnahme gegen den König von Dänmark, dessen gefährlicher Widersacher der berühmte Graf nach

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seinem Kreuzzuge in das Heilige Land (1220 - 1222) ward. Die Urkunde selbst ist nicht zu finden und wahrscheinlich verloren gegangen, da sie nach dem im vorigen Jahrhundert angefertigten Jahresregister des Repertorii Fabriciani damals nicht mehr vorhanden war, jedoch ist die Regeste 1 ) derselben immer noch des Annehmens werth.

G. C. F. Lisch.     


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3.
Ueber das Burglehn zu Lenzen.

Die Schlösser Namens Lenzen oder Lenzke sind von einiger Bedeutung in der vaterländischen Geschichte. Wenn hier auch nur die Erforschung eines bisher unbekannten Burglehns zu Lenzken zur Frage kommen soll, so wird es doch nöthig sein, einige Blicke auf andere Oertlichkeiten gleiches Namens zu werfen.

Bekanntlich hatten die Herzoge von Meklenburg Lenzen mit der Stadt in der Nähe der Elbe im 14.Jahrh., von den Grafen von Schwerin her, zum Pfande und darauf seit 1373 die Prignitz mit Lenzen zu Lehn (vgl. Rudloff M. G. II, S. 489 und 631). Am Ende des 14. und in dem ersten Viertheile des 15. Jahrh. Waren die räuberischen Einfälle aus der nördlichen Mark in Meklenburg an der Tagesordnung und es wurden durch das böse Beispiel selbst viele meklenburgische Vasallen an der südlichen Grenze Meklenburgs von dieser Fehdelust angesteckt. Am Ende des 14. Jahrh. hatten die räuberischen Vasallen der Mark ihr Hauptlager auf der Burg der Stadt Lenzen, welcher die Fürsten eine andere Burg gegenüber gebauet hatten. Im J. 1399 nahmen die Fürsten eine allgemeine Räuberjagd in diesen Gegenden vor und eroberten und zerstörten die Burg Lenzen (vgl. Rudloff M. G. II, S. 545). Noch im J. 1404, Freitag nach divis. apost., vertragen sich die Herzoge von Meklenburg um die Vormark Prignitz und Lenzen.

Wenn man sich auch das ganze Mittelalter nicht als eine einzige, große Raubfehde denken darf, so giebt es doch gewisse Perioden, in denen Selbsthülfe und Gewaltthat überhand nahmen; auch sind nach den Begriffen und Institutionen des Mittelalters angesagte und angenommene Privatfehden nicht als Raubzüge zu betrachten, wenn auch die Hintersassen der Fehdenden deren Streit ausbaden mußten. Als eine Zeit wirklicher Raubfehden ward aber schon früh die Zeit der Raubzüge aus der Prig=


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. XLVI.
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nitz in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. angesehen; und wirklich giebt es aus keiner Zeit mehr Schadensrechnungen über gewaltthätige Beschädigungen, als grade aus dieser Zeit.

Als im Anfange des 16. Jahrh. das Kloster Dargun eine Klage gegen die Maltzan auf Grubenhagen wegen unrechtmäßig von diesen geforderter Dienste und Pächte aus dem Klosterdorfe Gilow durch eine Geschichtserzählung begründete, leitete es diese Darstellung also ein:

Item do men plach to rouende vth der Marcke vnd Priggenitze int lant to Stettin vnd Meckelnborch, ehr die Lentzke gebuwet wart, iss vnse dorp Ghylow gedahn in bescherminge Olrich Moltzane, Wedige Moltzans grotevader, vorschenen by sostich iaren.
Item do die Lentzke gebuwet was vnd dat rouent nableff, wart Olrich Moltzane de bescherminge vorbaden.

In diesen Ausdrücken wird noch fast hundert Jahre später eine Periode der Räuberei als etwas ganz Bekanntes hingestellt. Nach diesen Angaben und vielen andern Zeitbestimmungen in der Klage fällt das Ende der märkischen Raubzeit bis zur Erbauung der ",Lentzke" ungefähr in das Jahr 1445; allerdings ging es damals noch wild her. Mit diesem Bau der Burg Lentzen kann aber die Räuberjagd von 1399 nicht gemeint sein; es bleibt daher die Erbauung dieser Burg zu erforschen.

Die märkischen Raubfehden waren vorzüglich gegen Plau und Röbel hin gerichtet; daher wurden auch die fürstlichen Schlösser in jenen Gegenden in dieser Zeit immer sehr stark befestigt, und manche adelige Geschlechter waren Jahrzehende hindurch im Kampfe begriffen, wie die Linie der Hahn auf Damerow bei Plau. Im J. 1448 ward dem Lüdeke Hahn aus dem bewährten Hause Basedow die Burg Plau anvertrauet; die Hahn auf Basedow spielten zu allen Zeiten des Mittelalters stets eine würdige und große Rolle und verbündeten sich im J. 1467 sogar, von dem Schlosse Basedow nicht zu fehden. Lüdeke Hahn war es, der mit seinem Gelde von 1448 bis 1462 das Schloß Plau aufbauete, von dem noch jetzt sehenswerthe Reste stehen. Er griff den Bau der Burg sogleich an, nachdem ihm im J. 1448 die Vogtei überantwortet war. Zu derselben Zeit baueten die Fürsten die Lenzke. In einer Berechnung der Einnahmen und Ausgaben der Vogtei Plau vom J. 1448 heißt es:

"Item do de heren den Lentzick buweden, do sande ik myneme heren XVI dromet haueren, den schepel vor VIII witte."

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Die um diese Zeit erbauete Burg Lenzke muß also in der Nähe von Plau gelegen haben und wird sicher das Dorf Lenst oder Lenz sein, welches am Einflusse der Elde in den plauer See liegt. Von der Müritz an bieten sich gegen Westen hin durch die große Wasserregion Meklenburgs als Durchgangspuncte von Süden nach Norden hin wohl nur die Eldenburg, Malchow, Lenz und Plau dar. Und grade diese Gegenden waren den märkischen Raubfehden am meisten ausgesetzt.

Ein ganz anderes Lenzen ist aber ohne Zweifel ein Ort, in welchem am Ende des 15. Jahrh. eines Burglehns gedacht wird. Am 28. Mai 1498 hatte ein "Jörg vom Stein von Lyndow" von den Herzogen von Meklenburg ein "Burglehn zu Lenszken" und eine freie Behausung zu Sternberg, welche Henneke Baß (oder Basse oder Bassewitz?) früher gehabt hatte, verliehen erhalten und versprach dafür, die Zeit seines Lebens in den Landen der Herzoge zu bleiben 1 ). Die mit dem Burglehn von Lenzen in Verbindung gebrachte freie Behausung in der Stadt Sternberg deutet darauf hin, daß das Burglehn in der Nähe dieser Stadt lag. Ohne Zweifel ist Lentzke das Dorf Lentzen bei Ruchow, zwischen Sternberg und Güstrow. Dieses Lenzen lag an der Grenze des Landes Sternberg (des nördlichsten Theils des Landes Warnow oder fürstlichrichenbergischen Gebietes), des Landes Werle und des Bisthums Schwerin (Landes Bützow), - oder wenn man alte Völkergrenzen annehmen will, an der Grenze der Länder Warnow und Circipanien (oder Bisdede und Tribedne) und vielleicht des Landes der Kissiner über das Land Bützow her. Im J. 1236 ward als westlichste Grenze des bischoflich=schwerinschen Landes Bützow der See von Lansnizhe, d. i. Lenzen, angegeben (vgl. Mekl. Urk. III, S. 80). Der Name Lenzen für alle Orte gleiches Namens wird vom 14. bis ins 16. Jahrh. gewöhnlich Lentzke geschrieben. Die Fürsten hatten also hier in diesem wichtig gelegenen Dorfe Lenzen in alten Zeiten sicher eine Burg mit Burglehen. Das Dorf Lenzen war von dem Kloster Dobbertin erworben; aber die Landesherren hatten immer besondere Gerechtsame in Lenzen. Die umherliegenden Güter Bolz, Schlowe und Tieplitz gehörten im 15. und 16. Jahrh. den von Restorf. Am 13. Julii 1402 belehnte der Fürst Balthasar von Werle die Brüder Gumpert und Brüning Restorf mit dem Gute Schlowe und mit dem, "was der Fürst hatte an den dorpen Rochow, "Lentzen, Scherbow, idt sy an dem hogesten richte,


1) Vgl Urk. Samml Nr. LVI.
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"bede effte diensthe"; im 16. Jahrh. hatten die von Restorf noch das höchste Gericht in Lenzen.

Es leidet also wohl keinen Zweifel, daß das "Burglehn zu Lentzen" in dem Dorfe Lenzen westlich von Sternberg lag. Eben so hatten die Herzoge von Meklenburg nördlich von Sternberg ein Burglehn zu Sagsdorf an der Grenze zwischen den Ländern Warnow und Meklenburg (Obotritenland?) und in der Nähe der Grenzen des Bisthums Schwerin. Im J. 1506 gaben die Herzoge einem Hans Dhume die Eventualbelehnung mit dem Burglehn zu Sagsdorf (vgl. Jahrb. XII, S. 176 und 384).

Von solchen freien Wohnungen in Sternberg, wie sie nach der hier mitgetheilten Urkunde (anscheinend) mit dem Burglehn zu Lentzen verbunden waren, kamen die auch wohl die Sagen von Wohnhäusern in Sternberg mit landständischen Gerechtsamen (vgl. Jahrb. XII, S. 200 - 203), wie z. B. dem v. pressentinschen Hause) welches früher wahrscheinlich das Haus des Ritterkalandes war (vgl. die folgende Miscelle).

Wer übrigens Jörg vom Stein gewesen sei, ist eben so unbekannt, als wer der andere Burglehnsmann Hans Dhume gewesen sei. Ein Ausländer war er jedenfalls. Er war aus "Lyndow": entweder aus Lindau am Bodensee, da von Lindau, Augsburg und Inspruck aus manche Forderungen an den jungen Herzog Heinrich aus der Zeit, als er in kaiserlichen Diensten stand, gemacht wurden, also ein abgefundener Gläubiger, - oder er war aus dem brandenburgischen Orte Lindow und während der durch das Heilige Blut und die Stiftung des Klosters in Sternberg erregten Bewegung nach Sternberg gekommen.

Noch im J. 1532 verlieh der Herzog Heinrich nach dem Tode des Bürgers Hans Hildebrand zu Schwerin, welcher das Burglehn besessen hatte, die eine Hälfte des "Burglehns zu Lentzken mit allen seinen Pächten, Renten, Fischereien und Zubehörungen" seinem Secretair Caspar Schmidt, Bürger zu Neubrandenburg, namentlich um vor dem Hof= und Landgerichte für die Armen um vermögliche Belohnung und für die Unvermöglichen einstweilen umsonst zu advociren, nachdem der Herzog Albrecht die andere Hälfte seinem Vogte Hans Karsted verliehen hatte.

G. C. F. Lisch.     


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4.
Der Ritterkaland zu Sternberg.

In Jahrb. XII, S. 200 - 203, sind die urkundlichen Hauptangaben zur Geschichte des Ritterkalandes zu Sternberg und die wenigen Nachrichten über ein oft besprochenes Haus in Sternberg, an welchem Landstandsgerechtigkeit geklebt haben soll, mitgetheilt. Der Ursprung sowohl dieser Sage, als der diesem Hause zustehenden Freiheiten war in neuern Zeiten dunkel geworden. Seit der Herausgabe der Jahrbücher XII hat der Herr v. Bülow zu Wahmkow dem Vereine eine Urkunde in deutscher Uebersetzung übergeben, durch welche die Bestimmung dieses Hauses klar wird. Bei nochmaliger Nachforschung findet sich nun aber, daß das lateinische Original dieser Urkunde bereits in Franck A. u. N. M. VII, S. 89 abgedruckt ist. Die von dem Herrn v. Bülow mitgetheilte Uebersetzung, welche sich seit alten Zeiten im Besitze der Familie von Pressentin befunden haben soll, ist augenscheinlich nichts weiter als eine Uebersetzung des Abdrucks bei Franck. Nach dieser Urkunde giebt am 7. Junii 1399 der Dechant Hermann Basepol (nicht Voezdoel, wie bei Franck steht) zu Bützow seine Zustimmung, daß mehrere Vasallen, namentlich die bischöflich=schwerinschen Knappen Nikolaus und Marquard Schade, in Folge der Stiftung des wailand Albert Gägelow, ein Haus in der Ritterstraße zu Sternberg mit gewissem dazu belegenen Acker der Ritter=Kalands=Brüderschaft zu Sternberg zum ewig währenden "Hauptsitze" (caput perpetuum) widmen können. Das fragliche Haus zu Sternberg war also seit 1399 das Ritter=Kalands=Haus.

Hiemit hängt denn auch wohl die in Jahrb. a. a. O. mitgetheilte Nachricht zusammen, daß in demselben J. 1399 die Kalandsherren ihr (bisheriges) Haus an der Ritterstraße an Heinrich Knakenhauer verkauften.

Die Sage von dem landständischen Rechte, welches dieses Haus besessen haben soll, wird wahrscheinlich ganz jung sein, da der sternberger Franck a. a. O. IV, S. 86 nichts davon weiß und nur sagt, daß in der Ritterstraße "die Herren von Pressentin "einen ansehnlichen Platz nächst an dem vormahligen Kloster bis die Straße hinaus haben, welcher keinen Stadtpflichten unterworfen." Franck würde es ohne Zweifel gewußt und gesagt haben, wenn dem Hause noch mehr Rechte zugestanden hätten.

G. C. F. Lisch     


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5.
Ueber die in Folge des Landfriedens vom Jahre 1291
zerstörten lauenburgischen Raubburgen
und
die Burgen Walerow und Neuhaus,
von
G. C. F. Lisch.

Gegen das Ende des 13. Jahrhunderts bewegten außerordentliche politische Ereignisse die ehemaligen Wendenländer. Der Fürst Heinrich I. der Pilger von Meklenburg war seit dem J. 1272 auf einem Kreuzzuge in Egypten gefangen genommen und hatte seine Gemahlin Anastasia als Landesregentin und zwei junge Söhne zurückgelassen; in Rostock saß seitdem J. 1282 der letzte Sproß des rostocker Fürstenhauses, Nikolaus das Kind, schwach, wie sein Name andeutet, unter Curatel auf dem Throne; der Herzog Johann I. von Sachsen=Lauenburg war im J. 1285 gestorben und hatte minderjährige Söhne hinterlassen. Die Hauptstützen waren die Fürsten von Werle und die Grafen von Schwerin, jedoch waren auch hier die Landesherren noch jung, denn vor kurzem waren die alten Herren, der große Fürst Nikolaus I. von Werle im J. 1277 und der edle Graf Gunzelin III. von Schwerin im J. 1274, mit Tode abgegangen und in beiden Ländern herrschte vielfach Landestheilung, Verwirrung und Schwäche. Bei einem solchen Zustande der Dinge waren die Vasallen übermüthig und übermächtig geworden, und wenn auch viele große und edle Männer, wie sie eine neue Staatenbildung zu erzeugen pflegt, in ihren Reihen standen, so gab es doch auch viele, welche, in der Ueberlieferung von alter wendischer Macht und Herrschaft, nach Selbstständigkeit strebten und von ihren festen Burgen die größten Gewaltthaten übten. Dagegen blühte mit unerwarteter Ueppigkeit die frische Kraft der jungen Städte empor, unter denen die Seestädte sehr bald Mächte ersten Ranges wurden. Um der Unsicherheit und dem Unfrieden zu steuern, hatten die Fürsten der Ostseeländer und die Seestädte von Lübeck bis Anklam am 13. Junii 1283 zu Rostock den ersten Landfrieden 1 ) geschlossen, ein für die Stellung der Städte und die ganze Politik Jahrhunderte hindurch wichtiges Bündniß.


1) Gedruckt in Lübeck. Urkundenbuch, I, Nr. 446, S. 403; Lisch Urk. des Geschl. Maltzan I, Nr. 29, S. 65; Lisch Urk. des Geschl. Hahn, I, A, Nr. 44, S. 94.
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Als nun nach vielfachen Beförderungen und Beitritten zu diesem Landfrieden die Fehden und Raubzüge doch nicht aufhören wollten und namentlich in dem Herzogthume Sachsen=Lauenburg, vorzüglich in dem Lande der Passage von der Elbe (Hamburg) nach der Ostsee (Lübeck und Wismar) zwischen den beiden von Norden nach Süden lang hin gestreckten Gewässern des ratzeburger Sees und des Schal=Sees, die Gewaltthaten überhand nahmen, da verbanden sich 1 ) am Neujahrstage 1291 zu Grevismühlen, um den Landfrieden zu stärken, die herangewachsenen Fürsten von Meklenburg, ferner der Fürst Heinrich von Werle, der Graf Helmold von Schwerin und die Stadt Lübeck zur Zerstörung der Burgen: Clokestorpe, Karlowe, Slawekestorpe, Mustin, Borchardestorpe, Linowe und Nannendorpe, an der großen Straße des Verkehrs gelegen, und im Nothfalle gegen die Landesherrschaft von Sachsen=Lauenburg, falls diese sich Repressalien gegen die Vasallen der verbündeten Fürsten und die Bürger der Stadt Lübeck erlauben sollte. Die Verbündeten waren, im Verein mit den Städten Wismar und Rostock, schon im Anzuge: da legte sich der Landesvormund und Statthalter des Herzogthums Sachsen im Norden der Elbe, der Ritter Hermann Ribe, ein ausgezeichneter und gewaltiger Mann, ins Mittel, um das Land der Gefahr zu entreißen; überdies galt der Krieg auch Gliedern und Burgen seines eigenen Geschlechts, welches zu den gefürchtetsten jener Zeit gehörte. Hermann Ribe veranlaßte also den Herzog Otto von Braunschweig, die Grafen Adolph und Gerhard von Holstein und den Grafen Nikolaus von Schwerin=Wittenburg, daß sie mit den verbündeten Fürsten und Städten, zu denen noch die Grafen Bernhard und Nikolaus von Danneberg gekommen waren, am 19. Jan. 1291 zu Dutzow zusammentraten und mit Hermann Ribe, als Repräsentanten des Landes Sachsen=Lauenburg und der lauenburgischen Vasallen, und Reimbern von Karlow, als Bevollmächtigten der bedroheten Burgbesitzer, einen Frieden schlossen, nach welchem die Burgen Clokerstorpe, Karlowe, Slawekstorpe, Mustin, Burchardesdorpe, Linowe und Nannendorpe, ferner Weninghe, Walrowe und Duzowe bis zum 11. Febr., also binnen drei Wochen, von den Besitzern selbst gebrochen und nie wieder aufgebauet, alle Schäden vergütet und alle Gefangenen nach geleisteter Urfehde freigegeben werden sollten. Die Burgen sollten bis auf den Grund abgebrochen und ihre Gräben zugeschüttet und es sollten keine andere Festen an ihrer Stelle wieder aufgeführt


1) Das Bündniß ist gedruckt in Lübeck. Urkundenbuch I, Nr. 571, S. 514.
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werden. Die Erneuerung des wendischen Landfriedens und das Friedensbündniß von Dutzow vom J. 1291 war aber von der allergrößten Wichtigkeit, indem durch diese Verträge das moralische Uebergewicht edlerer Kräfte anerkannt und dem Unwesen im Großen ein Ende gemacht ward. In der That kommt auch ein solches Beispiel in einer so weit verbreiteten, so tief eingerissenen und so mächtigen Fehdeführung und Wegelagerei in der norddeutschen Geschichte nicht wieder vor und der Friede von Dutzow bezeichnet allerdings einen Wendepunct in der norddeutschen Geschichte. Die gefürchteten Burgbesitzer waren vorzüglich aus den weit verzweigten Familiengruppen der Riben, Scharfenberg, Karlow u. a., welche unter sehr verschiedenen Namen vorkommen, z. B. die in diesen Gegenden mächtige Familiengruppe mit dem Stral (Pfeilspitze) im Schilde, unter den Namen: Scharfenberg, Züle, Wolf, Jesow, Zecher, Crumesse, Lasbek, Tralow, Borstel.

Daß in dem dutzower Frieden vom 19. Jan. 1291 die Burgen Weninge und Walrowe mehr genannt werden, als in dem Landfrieden vom 1. Jan. 1291, kam durch den Beitritt der Grafen von Danneberg, in deren Gebiete diesseit der Elbe diese beiden Burgen lagen. Dutzow, die wichtigste von allen Festen dieser Gegend, der Schlüssel der Länder, ward durch den Beitritt mehrerer Landesherren in die Bestimmung hineingezogen, weil das Schloß selbst grade auf der Grenze zwischen dem Herzogthume Sachsen=Lauenburg und dem meklenburgischen Lande Gadebusch lag; die Landeshoheit dieses meklenburgischen Gutes ward daher lange Zeit hindurch angefochten. Eine völlig gleiche Lage und Bedeutung hat das Schloß Wolde an der östlichen Grenze Meklenburgs mit Pommern.

Die Kenntniß der Lage dieser Schlösser, von denen allerdings mehrere mit der Zeit wieder aufgebauet wurden, ist nun begreiflicher Weise von großem Interesse; es ist jetzt möglich, die Lage aller, wenigstens zu großer Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen.

Kloksdorf, Karlow, Schlagsdorf, Mustin und Dutzow bestehen noch heute und sind bekannte Landgüter, zwischen Gadebusch und Rehna, von der einen, und Ratzeburg, von der andern Seite, zwischen dem Südende des ratzeburger und dem Nordende des Schal=Sees.

Burchardesdorf, Linow und Nannendorf lagen westlich von dem Südende des ratzeburger Sees bis an die holsteinsche Grenze, von Mölln bis an die Landstraße von Hamburg nach Lübeck.


1) Gedruckt in Lübeck. Urkundenbuch I, Nr. 572, S 515.

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Borchardesdorf ist das heutige Borstorf, westlich von Mölln, in der alten Parochie Breitenfelde (vgl. Ratzeb. Zehntenregister S. 13).

Linow liegt westlich davon, unter demselben Namen noch heute stehend, früher zur alten Parochie Nusse gehörend (vgl. Zehntenreg. S. 14).

Nannendorf lag wieder westlich von Linow, beide nahe nördlich von Trittau, auf der Grenze zwischen Lauenburg und Holstein, an der Heerstraße von Hamburg nach Lübeck. Die Lage dieser Burg ist in neuern Zeiten genau bezeichnet worden. Als am 8. Nov. 1259 die Grafen Johann und Gerhard von Holstein den Verkauf des Dorfes Elmenhorst an das Dom=Capitel zu Hamburg bestätigten 1 ), beschrieben sie die Grenzen dieses Dorfes also:

Termini uero uille prefate sunt hii: a terminis uille Slamersekede usque ad terminos uille Nannendorp, deinde ad terminos uille Gronewolde, exinde ad terminos ville Luttekense, dehinc ad terminos uille Todendorp,

d. i. also:

von (Slamers) Eichede nach Nannendorp, von hier nach Grünwalde, von dort nach Lüttensee und endlich nach Todendorf.

Die Burg lag daher östlich zwischen Eichede und Grünwalde, also an der Stelle, wo jetzt Gr. und Kl. Schönberg, hart an der holsteinischen Grenze, liegen. Nach dem Landfrieden muß die Burg noch im Lauenburgischen gelegen haben; die im Westen umherliegenden Dörfer gehörten zur lauenburgischen Pfarre Nusse (vgl. Zehntenreg. S. 13-14). Wahrscheinlich gehörte das Schloß der Familiengruppe mit dem Stral im Schilde, da es im J. 1344 dem "Raubritter" Marquard Wulf gehörte, welcher von derselben raubte und fehdete. Später kam das Gut in den Besitz des hamburger Bürgers Dietrich Cosveld, welcher es mit dem Dorfe Schönberg im J. 1391 an den lübecker Bürger Berend Pleskow verkaufte (vgl. Remonstr. Saxo - Lauenb. contra Lubeck in pto. reluit. Mollensis, 1670, append. Litt. N.).

Die Schlösser Wehningen und Walerow lagen in dem Theile der Grafschaft Danneberg diesseit der Elbe, in dem Amte Neuhaus, welches zwar an Meklenburg überlassen, aber nicht abgetreten ist.


1) Gedruckt ist diese Urkunde im Urkundenbuche der Stadt Hamburg, I, Nr. 646, S. 530.
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Die Burg Wehningen, welche erst der Ritter Hermann Ribe gebauet hatte (vgl. Detmar Lüb. Chron. I, S. 165 - 166), ist der bekannte Ort an der Elbe bei Dömitz.

Walerow ist am schwierigsten nachzuweisen. Da sie erst nach dem Beitritt der Grafen von Danneberg zum Landfrieden genannt wird, so wird sie ebenfalls in dem Amte Neuhaus gelegen haben. Wahrscheinlich hatte sie von dem Flusse Walerow, jetzt Rögnitz, welcher das Amt Neuhaus oder die alten Länder Wehningen (Waninke) und Dertzing (Dirtzinke) bespült (vgl. Zehntenreg. S. 25), ihren Namen und lag an diesem Flusse oder nicht weit von demselben. Es ist von dieser Burg unter dem alten Namen nicht weiter die Rede. Es ist aber wahrscheinlich, daß der Ort Neuhaus an der Stelle der alten Burg Walerow liegt. Als nach dem Aussterben der Grafen von Danneberg der Fürst Heinrich von Meklenburg am 1. Aug. 1328 die vier Brüder Sprengel mit dem Dertzing und den Schlössern Zeetze (im A. Neuhaus) und Gresse (nördlich von Boizenburg) in seinen Dienst und Schirm nahm 1 ), versprach er, ihnen eine Burg (Haus=hûs) bei Herzogenfuhrt (hertogenvorde) zu bauen: dieser Name deutet ohne Zweifel auf eine Begebenheit in der Geschichte der Züge des Herzogs Heinrichs des Löwen. Dafür sollten die Sprengel die Schlösser Zeetze und Gresse den Brüdern und Rittern Wipert und Volrath von Lützow zu Handen des Fürsten Heinrich überantworten und das Neue Haus (d. i. die neue Burg) einräumen, so lange bis der Fürst sich mit dem Grafen Johann von Holstein ausgesöhnt habe. Dieses Neue Haus oder neue Schloß (denn Haus [hûs] bedeutet im Mittelalter: Schloß) wird sicher das jetzige Neuhaus sein. Zwar könnte der Ausdruck: neues Schloß, ein neuerbautes Schloß ohne weitere Beziehung bezeichnen; aber es ist wahrscheinlich, daß der Ausdruck, nach der Sprechweise des Mittelalters, im Gegensatze zu einem ältern Schlosse zu verstehen sei. Und daher mag das Neue Haus an der Stelle der alten Burg Walerow aufgeführt sein und den Namen Neuhaus behalten haben. so hätten wir die alte Burg Walerow und den Ursprung des Schlosses Neuhaus an der Herzogenfuhrt im Dertzing zugleich gefunden.

Freilich lag weiter aufwärts, nicht weit von den Quellen der Walerow, bei Picher, auch ein Ort Walerow (jetzt Warlow), nicht weit von der ribenschen Feste Glaisin, und wird in den Urkunden des Kloster Eldena oft genannt (vgl. Rudloff Gesch. der Grafen von Danneberg, S. 38, 32, 42 u. s. w.),


1) Vgl. Urk. Samml. Nr. LI.
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und es wäre möglich, daß das Neue Haus an der Stelle einer alten Burg Dertzing erbauet worden sei; aber es scheint die obige Annahme doch immer beachtenswerth. Jedenfalls werden wir die Burg Walerow in dem Theile der Grafschaft Danneberg diesseit der Elbe und an dem Flusse Walerow zu suchen haben. Vielleicht klären Untersuchungen an Ort und Stelle einmal mehr auf.


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6.
Ueber das rostocker Patriciat,

von
G. C. F. Lisch.

In Jahrb. XI, S. 169 flgd., ist nachgewiesen, daß zu Rostock während des ganzen Mittelalters ein Patriciat bestand. Es kam dort, wenn von Rostock allein die Rede war, darauf an, die Behauptung aus Origina=Urkunden zu beweisen, was mir augenblicklich nur für Rostock möglich war, wiewohl die Nachweisung auch für Wismar und andere Hansestädte ziemlich nahe lag und auch angedeutet ist. Es leidet aber keinen Zweifel, daß alle Städte, nicht allein die Seestädte und Hansestädte, ein Patriciat hatten. Patricier waren die Nachkommen der Gründer (patres) einer Stadt, diejenigen, welche alle oder doch zum größten Theile aus der Mutterstadt kommend, den Stiftungsbrief und das Stadtrecht brachten, die Feldmark und die Stadtgerechtsame entgegennahmen, die Anlage und Einrichtung der Stadt ordneten und den Rath besetzten. Es ist dies in Jahrb. XII, S. 459 bei der Geschichte der Gründung der Stadt Alt=Kalen und S. 197 bei der Geschichte der Stadt Sternberg angedeutet. Mit der Gründung einer Stadt ging nun nicht allein das Recht, sondern auch die Verfassung der Mutterstadt auf die neue Stadt über; daher lag nicht allein das Patriciat in dem Wesen der alten Stadtverfassungen, sondern es galten auch in allen Städten derselben Verfassung die Patricier überall für rechtlich bevorzugte Geschlechter. Das vorzüglichste Recht der Patricier war die ausschließliche Rathsfähigkeit, dann auch die Siegelfähigkeit (das Recht, Schild und Helm zu führen), die Lehnsfähigkeit (das Recht, Lehngüter zu erwerben) und die Turnierfähigkeit.

Die Sache ist ohne Zweifel klar und gewiß. Wenn erst eine Entdeckung gemacht ist, so findet man sie überall bestätigt und überall Zeugnisse für die Richtigkeit. Die sichersten Zeugnisse aber sind die publicirten und rechtsgültigen Verordnungen des

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rostocker Magistrats. Selbst als die meisten alten Geschlechter der Stadt Rostock längst ausgestorben und durch Geschlechter aus andern Hansestädten zum Theil ergänzt waren, erließ der Rath der Stadt Rostock seine Verordnungen noch immer mit Beziehung auf die Geschlechter, welche höher standen, als selbst die Reichen und die Kaufleute.

In der rostocker Kleiderordnung vom J. 1587 werden die Geschlechter oben an und ihnen "die Burgemeister und andere Söhne der Rathsherren" gleich gestellt; dann erst kommen die Kaufleute und reichern Handelsleute und Häuserbesitzer und die vornehmen Bürger, welche nicht von den "Geschlechtern" sind. Eben so ist der Wortlaut in der Polizeiordnung von 1576. In der Hochzeitsordnung von 1591 werden schon die "vornehmen Bürger" mit den Kaufleuten, Brauern etc. . in eine Classe gesetzt. Eben so werden in der revidirten Hochzeitsordnung von 1617 die Geschlechter mit den Kaufleuten, Brauern, Reichen in eine Classe gesetzt, aber beim "Unterschied der Stände" im "ersten Standt" noch voran gsetzt die Burgemeister und Rathsverwandten, die Doctoren, die von Adel, welche zu Bürgrrecht sitzen, und die Geschlechter, und dann erst folgen die "vornehmen Kaufleute" etc. .

Die folgenden Auszüge werden den Beweis für die Behauptung liefern.

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Von kleidung der Bürgermeister, Rhatspersonen, Secretarien und der, so von Geschlechtern sind.

Die Bürgermeister, Rhatsverwandte vnd andere, so von Geschlechtern sein, mügen der Stadt zu Ehren. vnd ihres standes halben kleider mit Mardern, Wölffen, Fuchsen vnd andern Futter gefütert vnd mit Sammitte verbremet tragen vnd gebrauchen.

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Von Todtenbitterschen vnd Stadtdienern.

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Den Stadtdienern, so der Rhatsverwandten vnd der Geschlechter vnd nicht geringer standes leiche, wie von alters gebreuchlich, alleine hinfort zu grabe tragen mügen, soll ein Taler gegeben werden.

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Polizey Ordnug eines Erbarn Rhats der Stadt Rostock.
Publiciret Anno M. D. LXXVI. Den 14 Aprilis.


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Der erste Theil von Kleidung der Manspersonen.
Titulus I.

Von kleidung der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Raths.

I Die Herrn Bürgermeister vnd des Raths, mügen wie von alters alhie gebreuchlich gewesen, jres standes halben vnd der Stadt zum ehren, die besten Röcke mit Mardern gefüttert tragen vnd gebrauchen.

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Titulus II.

Von Kleidung der von den Geschlechtern, vnd der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Raths Söhnen, so eines zimblichen wolhabenden vormügens, aber nicht in den Raht gekoren seindt.

II Weil von alters gebreuchlich gewesen, das die von den Geschlechtern vnd der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Rahts Söhne, deren Vetere vnd Vorelteren Mardern getragen, wan sie sich befreien, zum besten Kleide einen gewandt Rock mit Mardern gefuttert zeugen vnd gebrauchen mügen, So wollen wirs denselben, die je dieser beschwerlichen zeiten halben gutwillig vnd andern jres gleichen zum gutem Exempel dauon nicht abstehen, vnd sich an geringerm Futter genügen lassen wollen, auch hiemit zugelassen haben.

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Titulus III.

Von kleidung der fürnehmen Bürger, als da sind Gewandschneider , Brawr, Kauffleute, Gastgeber, Seidenkramer, vnd dergleichen, die jre eigene Heuser vnd Erbe haben, oder sonsten in zimblicher narung vnd handeln sitzen.

Djese mügen jhre Rocke mit Füchssen, Wülfen, Rummeneien vnd andern geringen futter futtern, auch den besten gefutterten Rock mit einem striche sammit, zum höchsten zwey finger breit, besetzen lassen.

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Titulus IIII.

Von Kleidung der andern gemeinen Brawer, Kauffleute, Notarien, Kramer, Buchführer vnnd Fürnehmer wohlhabender Schipffer vnd anderer.

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Der Ander Theil.
Von der Frawen vnd Jungfrawen Kleidung.
Titulus I.

Von der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Rahts, wie dan auch deren von den Geschlechtern Frawen, so mit Parlen vnd hangendem Laub hiebeuor ausgesteuert worden, Kleidung vnd geschmuck.

I Djese mögen wol tragen krause Mützen, Knuptücher vnd Hauben, jedoch das die Hauben vnd Knuptücher nicht vber ein finger breit vorn ausgenehet seindt. Item Sammitten Hüllen mit Seiden frendel besetzet.

II Also auch Sammittenkragen, die gefutterte kragen aber sollen allein mit Mardern vnd keinem tewrbarerm futter ausgebremet oder ausgeschlagen sein.

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Titulus V.

Von kleidung vnd Zierung der furnehmen Bürgerfrawen, so nicht von den Geschlechtern, vnd doch hiebeuor mit hangendem Laube außgesteuret worden.

I Diese mügen mit den krausen Mützen, Knuptüchern, Hauben, Sammittischen Hüllen, Röcken, kurzen vnd langen Hoicken, Item Sammittischen kragen, des ersten standes Frawen sich gleich verhalten, ausserhalb das ihnen Cammertuch zu den Mützen, Knuptüchern vnd Kragen, wie denn auch Schamlot zu Röcken verbotten.

Eines Erbarn Rahts der Stadt Rostock newe Keiderordnung.
Publicirt anno M. D. LXXXVII, VI Juni.


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I Setzen vnnd ordnen darauff vnnd erstlich, das Braut vnnd Breutgam oder derselben Eltern in oder nach den Verlöbnussen jhren beyderseits Freunden einige Collation oder Gasterey zuthun nicht verbunden sein sollen: Da sie aber dieselben gerne thun vnnd sich selbst mit den vnkosten nicht verschonen wollten, dazu furnemen standes Personen nicht vber Viertzigk, des mittelnstandes, als da sind fürneme Handwercker, nicht vber dreissigk vnnd geringern standes nicht vber zwentzigk - - -

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II Vnd sollen die Hochzeit hinfuro des Mittages oder des Abends dem Obern vnd mitteln, dem geringen stande aber nur des Abends allein zu halten frey gelassen sein, Vnd keiner so

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wol vnsers mittels als fürneme Bürger, Gewandschneider, Kauffleute, Brewer vnnd Hendler vber hundert, mittels standes Personen als da sind Becker, Schuster, Wullenweber, Goldt, Grob vnd Kleinschmide, Seidenkramer, Bötticher, Garber, Schneider, Kürssner, Kannen vnd Grappengiesser, Balbierer, Haken, Leingewandsschneider, Buchbinder, Glaser, Reper, Beutler, Hüter vnd Schnitticher oder Discher vber Sechtzig, vnd des geringen standes vber viertzig Personen, - - - - auff seinem Hochzeitlichen Ehrentage haben, vnnd dem Furnembsten stande nicht vber Zwentzigk, dem mitteln Sechszehen, vnd dem geringsten Zwölff fasse zu speisen zugelassen sein. - - - - -

Reuidierte vnd Vorbesserte Hochzeit vnd Kindelbiers Ordnung eines Erbarn Raths zu Rostock.
Publicieret Anno d. M. XCI. XXIX Augusti.


Von Verlöbnussen.
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Vnd damit auch ein jglicher wissen müge, was für ein vnterscheid der Stende von vns gemeinet sey, So werden im ersten Stande gerechnet, die Herrn Bürgermeistere vnd Rathsverwandten, Syndici, Doctores, die von Adel, so zu Bürgerrecht sitzen, die von Geschlechten, des Raths Oberste Secretarij, so mit zu Rath sitzen, Item vornehme Gewandtschneider, Brawer, Kauffleute vnd Gastgeber, vnd die jhre stehende Renten vnd jährliche Einkunfften vnd Hebungen haben.

Zum andern Stande, die vbrige des Raths Secretarij, vnd Ambtschreiber, des Oberngerichts bestalte Prucuratores, die Vier Gewercke, Seiden, Gewürtz vnnd Eisenkramer, Schiffere, Schneider, Garber, Goldtschmiede, Kürsner, Kannen vnd Grapengießer, Gewandbereiter, Kupfferschmiede, Mahler vnd Conterfeyer, Glaser, Buchführer, Balbierer, Hacken, Bötticher, Leinengewandschneider, Reeper, Beutler, Schwerdfeger, Schnitticher vnnd Fleischer. Zum Dritten alle vbrige Handwercke, Item Boßleute, Schopenbrauwer, Fuhrleute, Treger vnd Taglöner.

Eines Erbarn Raths der Statt Rostock Revidirte Verlöbnuß, Hochzeit, Kindtauffs, Begrebnuß vnd Fewr Ordnungen. Rostock 1617.


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7.
Zur Geschichte der Reformation in Friedland.

Vgl. Jahrb. XII, S. 147 flgd.

In dem letzten Jahrgange der Jahrbücher ist die nicht unwichtige, jedenfalls sehr interessante Geschichte der Reformation in der Stadt Friedland dargestellt. Seitdem sind noch die unten mitgetheilten Actenstücke entdeckt, welche auf die Entwickelung der großen kirchlichen Begebenheit in dem Lande Stargard und überhaupt ein noch helleres Licht werfen und sich enge an die schon mitgetheilten Actenstücke anschließen. Aus diesen Acten, welche in dem ersten Viertheil des Jahres 1526 vor dem competirenden Bischofe von Havelberg verhandelt wurden, ergiebt sich nun Folgendes klarer:

1. Der Aufruhr und die Gewaltthätigkeit gegen die katholische Priesterschaft entstand zunächst durch die lutherische Lehre, welche in Friedland zuerst ein von den Riben zu Galenbek beschützter Augustiner mönch gepredigt hatte.

2. Die weltliche Obrigkeit machte mit den Tumultuanten zuerst gewissermaßen gemeinschaftliche Sache, indem sie auch die Geistlichkeit unter die weltliche Gerichtsbarkeit und zu den weltlichen Stadtlasten zog, ohne der Priesterschaft die Communalvortheile zu gönnen. Dies zeugt für die damals allgemein herrschende Richtung, alle veralteten Institutionen durchaus aufzuheben, oder, wie sich der unten mitgetheilte Bericht ausdrückt, eine "Reformation über den geistlichen und weltlichen Stand zu machen."

3. Man drängte sich in diesem Streben nach Aufhebung der geistlichen Gerichtsbarkeit auch in diese hinein, indem man die Rechte, welche den Geistlichen in Beziehung auf die Errichtung und Ausführung von Testamenten seit alter Zeit zustanden, dadurch zu schmälern suchte, daß man die Testamente und ihre Ausführung in die Willkühr der Laien brachte. Dies gab in Friedland zunächst Veranlassung zur Klage, indem die Riben zu Galenbek das Testament des Pfarrers Arend Tymmermann zu Kosa (und) Broma nicht in Erfüllung brachten, sondern den Nachlaß des Pfarrers mit Gewalt seiner Köchin und deren Kindern zuzuwenden suchten.

4. Jedermann griff zu, wo er der Geistlichkeit Besitz entreißen konnte: Zinsen und Pächte wurden nicht gezahlt und Capitalien und Pachtstücke von den Inhabern als Eigenthum vorenthalten Dies veranlaßte zunächst das Andringen der Geistlichkeit bei dem Bischofe, damit dieser sie auf dem Unterhandlungstage zu Sternberg am 8. April 1526 (vgl. Jahrb. XII,

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S. 242) vertreten könne; hier ward wohl verhandelt und bestimmt, aber nichts erreicht.

G. C. F. Lisch.     


Nr. 1.
Die Testamentsvollstrecker des wail. Pfarrers Arnt Timmermann zu Broma und Kosa beklagen sich über Verletzung der der Priesterschaft in der Propstei Friedland verliehenen Rechte.
D. d.
(1526. Febr.)

Hochwerdige in gotht gnedige furste vnde here. We wol auer velen iaren hir in juwer gestyffte Hauelberch, gelyek we in anderen styfften, yß gewentlyken vnde gebrucklyck, ock recht geholden vnde geweset vnde noch ys, dat en prester heft syn testamente vnde latesten wyllen ordenen vnde setten mogen, alße em des to siner selen selycheit nuttest geducht, welke ordeninge des testamentes ock mydt velen begnadingen der rechte begunstiget vnde sunderlick durch de laueligen heren vnde landesfursten to Megklenborch vnde Stargerde etc. . auer alle prester in der prawestye tho Vredelande begnadet, ock nachgegeuen, dat alle prester yn der prawestie tho Vredelande mogen vnde scholen ere testamente vmbohynderth maken vnde dat iar der gnaden nha deme dode van eren leuen hebben, luth eynes furstlyken breues dem clero yn der prawestye dar auer gegeuen, des hyr by eyne copie ingeslaten yß, alße denne nu ßelege her Arenth Tymmerman, wandages kerckhere to Broma vnde Koße, sin testamente geordenth heft, so kamen de Ryben Hennynck vnde Hinryck tho Galenbeke her vnde steken syck in sodan testamente vnde vorheten vnde reken de nagelatene guder gedachtes hern Arndt Tymmermannes syner kokynnen vnde eren kynderen, dat de dar myth schaffen schollen nha ereme gefalle, vnde leggen dat testamente vnde latesten wyllen gedachtes presters hir hinden, wyllen ock vns testamentarien to der execucion des testamentes nycht gestaden, szo alße se ock wol in mher gesthlyk dynge grypen vnde de heuynghen der ghesthlyken by syck entholden, bydden hyr vmme j. hochwerdyge g., dede aller prester testamente desses styfftes de hogeste executor vnde der geistlyken guder bescharmer yß, j. g. wille vorfogen helpen, dat gedachten Ryben sodan testament vngehinderth laten vnde syck in de dynck der gestliken so wyet alße suste dhon nycht strechken, dar myt eyn ythlike tho deme gennen, dar he to borechtiget ys, mage gestadet werden, dat

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wyllen wy vmme j. hochwerden g. vnses armen vormogens to verdenende stedes wyllen befunden werden.

                              I. g.

vnderdanen            
Testamentarien ßelegen hern
Arnt Tymmermans.     

Nach einer Abschrift im großherzoglich=meklenburg. Geh. u. Haupt=Archive zu Schwerin.

Auf der Rückseite steht von des Canzlers C. v. Schöneich Handt:

Arnt Tymmermans testamentarien 26.

Der in diesem Schreiben angezogene Brief ist eine nicht datirte Urkunde des Fürsten Heinrich von Meklenburg ungefähr vom J. 1325 (1321 - 1328), durch welche dieser der Geistlichkeit der Präpositur Friedland das Gnadenjahr verleiht.


Nr. 2.
Die Priesterschaft der Stadt Friedland beklagt sich bei dem Bischofe Busso von Havelberg wegen der über sie verhängten Behandlung nach weltlichem Rechte und wegen mehrerer ihr zugefügten Gewaltthätigkeiten.
D. d.
(1526. Febr.)

Hochwerdighe in godt gnedighe furste vnnd here. Vnder velen beschwerden vnnd bedrucken, de vns armen juwer g. vnderdanen prestern tho Vredelande dit jar mehr wen ye vorhen weddervaren sint, geuen wy I. g. alse vnsen heren vnnd geistlikenn fursten, deme wy hyr in byllich nytz vorswigen vnnd bergen scollenn, demotichlik etlige dar van tho erkennen, alße:

Dat de wartliken itzunt gherichtewalt auer vns geistlikenn wedder alle rechte vnnd gesette sick vnderstan, ock myt bedellen vor wartlich gerichte heyschen latenn.

Dat wy ock van vnsen geistliken gudern, de wy susth thieggen godt deme hochsten herrn vordienen, ock j. g. alße vnsen geistliken furstenn dar van dhon mothen, hir hen bauen noch wartlike burdenn vndergaen vnnd draghen schollen, neuenst den wartlikenn alle stadtrecht plicht vnnd vnplichte tho dhonde, de wy doch vnser geistlikenn guder, we de wartliken ere, in nodhen tho vorpandende edder tho vorkopende nicht macht hebben; wy warden ock neuenst den wartlikenn tho nuttinghen vnnd ynkamenden der stadt, alße tho vryen holtenn, wyskenn, rorenn vnnd der gelikenn nicht gestadet, vnnd scoldenn dennoch ye likeßere neuenst vnnd mit en alle burdenn vndergann, geduncket gantz beswerlich.

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Die testamentarienn etliker, vorstoruener priester werdenn genottaget, itzunt rekenscop vnnd rede tho geuende den wartlikenn, dy syck vor frunde dar ahn thenn, van den testamenten, dar van alhir tho Wistock, we behorlich, auer velen jarenn rekenscop geschenn vnnd quyttantienn gegeuenn sint, gherade effte die dispositio vnnd executio eynes pristers testaments in andern ordenn wen by deme geistlikenn furstenn tho sokende were, edder eyn testament, dat doch sust vele begnadinghen hefft, nicht macht hebben scolde.

We woll ock vnse g. heren vnnd landesfurstenn tho Megklenburch etc. . alße christlike furstenn vnnd leffhebber der diener gadts tho etlikenn malenn in erer g. stadt Vredelanth der geistlikenn haluenn gescreuenn hebbenn, dat me met en nicht nyges vornhemenn, men vredelich vnnd vnvorweldiget se schale blyuenn lathenn, ßo ys vns doch hyr hen bauenn vele gwalt vnnd vngelymps weddervarenn, alßo dat vnse huser, vynstere vnnd gardenn vns thorethenn sint; wy hebbenn ock, we in andern velen stedenn, eyn gemeyne priesterhuß, de Collation genomet: dat sulffte hebbenn etlike borgere, dede nomlich vnnd deme erßamen rade vormeldet sin, by nachte vns vpgestodt, vnsenn schenkenn dar inne thoslaghenn, vnße byr dar vth getappet vnnd allenn motwillenn dar yn gebruket. Etlike prester sint ock vp dem kerkhaue mit weldigher handt angelopenn, beschympt vnnd vorhonet, dat vnder cristenen ßodans nicht wol themlich were, alle vmme eynes Augustiner monnickes willen der Lutterischen lere anhengych .

Deße vnnd mer beswerdenn, de wy vth erhafftiger noeth vnnd plichte juwer g. nicht berghenn mothenn, wedderfaren vns armenn prester tho Vredelande itzunder mer wen in vhortydenn nicht geschenn, die wyle nu etlike lude hy bynnenn eyne reformation auer geistlich vnde werlich stanth villichte sunder beyderstandes auericheit mytwethenth to makende sick vnderstan, efft de sulfftenn denne wadt gudes vnder sick maken konden, vnd wolde wy woll gedulden, wes ock vor nutticheit dar vth erwasseth muchte, villichte int lichte kamenn, dat me abers vnß alße de diener gades, de godt alleweldig synem gerichte reseruiret, vngemoyet lete, were nicht vmbillich, den wy haddenn gerne vrede, ane welgen wy ock dem almechtighenn nicht woll dienenn konenn, vnnd ys vns sere tho wedderen vnd beswerlich, dat wy alße auer vnße medebroder clagen scollen, yodoch juwer g. vth plichtenn dith nicht vorswigenn mogenn. Bidden j. g. alße vnsen geistlikenn furstenn vnnd herenn, dat de vns hyr ahn vnnd andern bedrucken sthur vnnd gnedichlike hulpe dhon wille.

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Wes ock vnße enthauen tynsere vnnd pechte bedrepet, dar van wy vorhen j. g. ersucht hebbenn, bydden wy gantz demothilick, j. g. vns armenn dar yn by vnsenn landesfurstenn forderinghe don wolle, vnnd so ydt j. g. tho doende were, woldenn vns thon bestenn vppenn mytwekenn in den ostern negest thom Sterneberch vp den vthgescreuenen dach by dem furstenn durch bodescopp effte scriffte gnedichlik hulpe don, dat synt wy alße de gehorßamenn vnderdanen tho vordenende stedes willich.

                               I. g.

Clerus tho Vredenlande.     

Ock g. furste vnnd here vnderstaen sick ethlyke burger, namlich de Kurdeße samp erer moder bynnenn Fredelande, dat se confirmirte benefitia erstorenn vnnd etlike houen, de langest auer genne XX jaren to dem dienste gades gegeuen synt, an sick nemen, vnnd enen her Johan Reberg genomet, vicarien dar tho institueret, entsetten, de wyle de fundation gemeltes beneficii, de se vnderslan vnnd verstoppenn, by en ys etc. .

Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin.


Nr. 3.
Der Bischof Busso von Havelberg beschwert sich bei den Herzogen von Meklenburg über die Bedrückung der fried länder Geistlichkeit.
D. d.
Plattenburg. 1526. März 21.

Vnnßer freuntlich dinst vnd was wir sunst mher leibes vnd guts vermugen zu uorne. Hochgebornen fursten, beßonder lieben heren vnd frunde. Wes sich die priesterschaft zw Vredeland gegen vns Liborius Swichtenberge vnd die testamentarien eyns vicarien zw Fridelandt ßeligen ern Arndt Tymmermans halben thun beclagen, werden Ewr Liebden aws inuerwartten iren clageschrieften vernhemen, derwegen fruntlichs vleisses bittend, das ewr liebden einseheen thun wollen, das die gedachte priesterschaft nicht so gar des iren entzsatzt, vber gewontliche begnadung bedrungen vnd beswerth werden mugen, als wir nicht zweifelen ewr liebden thun werden, das die pillikeit gescheen vnd inen begegnen mugen, Ewr L. sich freuntlich vnd gegen gedachte priestere gnediglichen werdenn ertzeigen, das sein wir in

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allezceit zu uerdienen gewilligt vnd geneigt. Datum Plattenborg, mitwochs nach den sontag Judica, anno etc. . XXVI to .

Busso von gots gnaden bestettigter zu Bischoue
zw Hauelberge.                    

Denn hochgebornen Fursten hernn Henrichen vnd hern Albrecht gebruder hertzogen zw Meklenburg etc. . vnßern besonder lieben heren vnd frunden.

(L. S.)

Nach dem Originale im großherzogl. meklenburgischen Geh. und H. Archive zu Schwerin, besiegelt mit einem kleinen Ringpetschaft mit dem Wappen der v. Alsvenleben.


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8.
Schreiben des meklenburgischen Archivars Johann Friedrich Chemnitz an den Herzog August den Jüngern zu Braunschweig und Lüneburg,

aus dem herzogl. Braunschw. Landes=Hauptarchive zu Wolfenbüttel
mitgetheilt
vom Archivrath Dr. Schmidt zu Wolfenbüttel.


Durchlauchtigster Fürst, gnedigster Herr!

Das E. Hochfürstl. Durchl. ich mit gegenwertiger Supplic behellige, hette ich unterthenigst umb Vergebung zn bitten, wenn zu Deroselben ich nicht das zuverleßige Vertrawen truge, es würde E. Hochfürstl. Durchl. Dero weitbekanten und höchstberumbten Clementz auch mir genießen laßen, und nicht ungnedigst vermercken, da Deroselben ich meinen schlechten Zustand unterthenigst zu entdecken, Sie umb Dero mildreiche Hülffe zu ersuchen, und Ihr meine unterthenigste Dienste anzutragen mich erkuhne: Dan obgleich etliche iahr in des Furstlichen Meckelnburgischen hauses sowol Schwerinischer als Gustrowischer linien Diensten ich gewesen, und die mir anvertrawte bedienungen nach denen von Gott mir verliehenen gaben und Krefften trewfleißig abgewartet, auch daneben auff gnedigstes Begehren des weiland durchleuchtigsten Fursten und Herrn, Herrn Adolff Friedrichen Hertzogen zu Meckelnburg Christmilden angedenckens meines gnedigsten Fürsten und Herrn aus Dero Fürstl. Schwerinischen Archivo und Bibliothec die Meckelnburgische Historien zusammmzutragen angefangen, und durch Gottes gnade mit großer muehe

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auch Zusetzung meines gesichts mehrentheils volnfuhret, in meinung umb hochgemeltes Fürstl. Hauß mich dadurch verdienet zu machen, und ein stucklein brots vor die meinige zu erwerben: So hat dennoch meine muehesame wolgemeinte arbeit hernegst nicht allein nicht angesehen werden wollen, sondern ich habe auch, anderer wieder verschulden mir geschehenen wiederwertigkeiten zu geschweigen, bei diesen Diensten alle meine bahrschafft und was ich sonsten von dem meinigen nur zuwege bringen können, verzehret, und besorge, weil durch itzige schädliche einquartierung das Land zu Meckelnburg gentzlich ruiniret, und dahero von den debitoren nicht zu erzwingen, ich mit den meinigen möchte noth leiden mußen, dahero solches abzuwenden ich gezwungen worden, wiewol die verenderungen allemahl nicht gerathen, Ihr Durchl. zu Gustrow meinen Dienst zu resigniren, und mich umb andere gelegenheit zu bemuehen. Wan dan ich mich gluckselig schätzen möchte, da in dem Lande, darin mein sehl. Groß=Vater D. Martinus Chemnitius Theologus gelebet, ich die ubrige Zeit meiner walfahrt möchte beschließen können, und mich unterthenigst erinnere, das E. Hochfürstl. Durchl. meinen avum maternum D. Henricum Camerarium in Dero angelegenen Sachen als Rath von haus aus gebrauchen gewurdigt, auch meinem Sehl. Vater D. Martino Chemnitio unzehlig viel gnade unverdienter weise erzeiget, Als habe auch in E. Hochfürstl. Durchl. als ohn das der freyen Kunste einigen und höchsten Patronen hulffreiche arme zu senken mich erkuhnet, nicht zweiffelnde, es werden dieselbige gnedigst geruhen, sich der erwehnten leute enckel und Sohns in gnaden anzunehmen, und da bey ihrer Regierung, oder dero Herrn Sohn Hertzog Rudolff Augustus Fürstl. Durchl einige stelle ledig, mir eine geringe Bedienung, und dadurch den meinen ein stucklein brots gnedigst zu gönnen.

Weil auch E. Hochfürstl. Durchl. wegen der meinem sehl. Groß= und Vatern erwiesene hohe gnade ich zum höchsten verbunden, als werden dieselbe vor dießmahl verhoffentlich damit in gnaden friedlich sein, das, da selbige zu ersetzen mir unmuglich, ich dennoch Sie in tieffster unterthenigkeit mit danckbahren gemuete erkennen, und zu deßen bezeigung E. Hochfürstl. Durchl. itzo ein geringfuegiges papiernes werck, nemlich genealogiam Ducum Megapolitanorum eiusque explicationem, nec non affinitates et cognationes eorundem, als einen auszug meiner gantzen Meckelnburgischen historien offerire, der unterthenigsten hoffnung gelebend, es werde E. Hochfürstl. Durchl. als ein sonderbahrer liebhaber der historischen antiquiteten, und die sampt Dero hertzvielgeliebten Gemahlin meiner gnedigsten

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Fürstinnen und Frawen, und dem gantzen Fürstl. Hause Braunschweig und Luneberg aus dem Fürstl. Hause Meckelnburgk von der spielseiten entsproßen, dieses ihr nicht misfallen lassen, sondern in gnaden auff= und annehmen.

Welches, da ich es erfahren werde, wird mir solches anlaß geben, da es E. Hochfürstl. Durchl. gnedigst beliebet, auch das großeWerck, daran ich etliche iahr gearbeitet, und über zwei rieß papier compress geschrieben in sich begreiffend, mundiren zu laßen, und Deroselben unterthenigst zu praesentiren.

E. Hochfürstl. Durchl. neben Dero hertzvielgeliebten Gemahlin, semptlichen jungen Herrschaft und Frewlein, zu langen leben, guter bestendiger gesundheit, friedsamer Furstlicher regierung, und allen selbsterwunschenden wolergehen der starcken obhuet gottes getrewlich, Dero hochfürstl. gnaden aber mich unterthenigst empfehlende, und verbleibe

Ew. Hochfürstl. Durchl.                               
unterthenigst gehorsambster               
Johann Friederich Chemnitius.

Wolffenbuttel den 25. aprilis 1660.

Der Titel des hiemit überreichten, aus einem Foliobande von 92 Blättern und einem großen Stammbaume bestehenden Werkes lautet vollständig so:

"Genealogia ducum Megapolitanorum, eiusque brevis explicatio, nec non affinitates et cognationes eorundem. Das ist Geschlecht=Register der Hertzogen und aller Furstlichen Personen des uhralten Furstl. Hauses zu Meckelnborgh, neben dessen kurtzen erklärung und anziehung, was Sie verrichtet, oder bey ihren lebezeiten sich zugetragen habe. Wie auch kurtze nachrichtung, an waß vor Kayserl. Königl. Fürstl. und Gräfliche persohnen unterschiedliche der Fürstl. Meckelnburgischen Frewlein ausgesteuret, was vor Herrn von ihnen entsproßen, auch wie Sie sich hinwiederumb befreundet und mit einander befreiget haben. Aus alten bewehrten Scribenten und Historicis auch briefllichen urkunden zusammengezogen, und verfertigt durch Johan Friederich Chemnitzen gewesenen Fürstl. Meckelnburgischen Archivarium und Secretarium zu Schwerin."

 

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