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3.
Ueber das Burglehn zu Lenzen.
Die Schlösser Namens Lenzen oder Lenzke sind von einiger Bedeutung in der vaterländischen Geschichte. Wenn hier auch nur die Erforschung eines bisher unbekannten Burglehns zu Lenzken zur Frage kommen soll, so wird es doch nöthig sein, einige Blicke auf andere Oertlichkeiten gleiches Namens zu werfen.
Bekanntlich hatten die Herzoge von Meklenburg Lenzen mit der Stadt in der Nähe der Elbe im 14.Jahrh., von den Grafen von Schwerin her, zum Pfande und darauf seit 1373 die Prignitz mit Lenzen zu Lehn (vgl. Rudloff M. G. II, S. 489 und 631). Am Ende des 14. und in dem ersten Viertheile des 15. Jahrh. Waren die räuberischen Einfälle aus der nördlichen Mark in Meklenburg an der Tagesordnung und es wurden durch das böse Beispiel selbst viele meklenburgische Vasallen an der südlichen Grenze Meklenburgs von dieser Fehdelust angesteckt. Am Ende des 14. Jahrh. hatten die räuberischen Vasallen der Mark ihr Hauptlager auf der Burg der Stadt Lenzen, welcher die Fürsten eine andere Burg gegenüber gebauet hatten. Im J. 1399 nahmen die Fürsten eine allgemeine Räuberjagd in diesen Gegenden vor und eroberten und zerstörten die Burg Lenzen (vgl. Rudloff M. G. II, S. 545). Noch im J. 1404, Freitag nach divis. apost., vertragen sich die Herzoge von Meklenburg um die Vormark Prignitz und Lenzen.
Wenn man sich auch das ganze Mittelalter nicht als eine einzige, große Raubfehde denken darf, so giebt es doch gewisse Perioden, in denen Selbsthülfe und Gewaltthat überhand nahmen; auch sind nach den Begriffen und Institutionen des Mittelalters angesagte und angenommene Privatfehden nicht als Raubzüge zu betrachten, wenn auch die Hintersassen der Fehdenden deren Streit ausbaden mußten. Als eine Zeit wirklicher Raubfehden ward aber schon früh die Zeit der Raubzüge aus der Prig=
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nitz in der ersten Hälfte des 15. Jahrh. angesehen; und wirklich giebt es aus keiner Zeit mehr Schadensrechnungen über gewaltthätige Beschädigungen, als grade aus dieser Zeit.
Als im Anfange des 16. Jahrh. das Kloster Dargun eine Klage gegen die Maltzan auf Grubenhagen wegen unrechtmäßig von diesen geforderter Dienste und Pächte aus dem Klosterdorfe Gilow durch eine Geschichtserzählung begründete, leitete es diese Darstellung also ein:
Item do men plach to rouende vth der Marcke vnd Priggenitze int lant to Stettin vnd Meckelnborch, ehr die Lentzke gebuwet wart, iss vnse dorp Ghylow gedahn in bescherminge Olrich Moltzane, Wedige Moltzans grotevader, vorschenen by sostich iaren.
Item do die Lentzke gebuwet was vnd dat rouent nableff, wart Olrich Moltzane de bescherminge vorbaden.
In diesen Ausdrücken wird noch fast hundert Jahre später eine Periode der Räuberei als etwas ganz Bekanntes hingestellt. Nach diesen Angaben und vielen andern Zeitbestimmungen in der Klage fällt das Ende der märkischen Raubzeit bis zur Erbauung der ",Lentzke" ungefähr in das Jahr 1445; allerdings ging es damals noch wild her. Mit diesem Bau der Burg Lentzen kann aber die Räuberjagd von 1399 nicht gemeint sein; es bleibt daher die Erbauung dieser Burg zu erforschen.
Die märkischen Raubfehden waren vorzüglich gegen Plau und Röbel hin gerichtet; daher wurden auch die fürstlichen Schlösser in jenen Gegenden in dieser Zeit immer sehr stark befestigt, und manche adelige Geschlechter waren Jahrzehende hindurch im Kampfe begriffen, wie die Linie der Hahn auf Damerow bei Plau. Im J. 1448 ward dem Lüdeke Hahn aus dem bewährten Hause Basedow die Burg Plau anvertrauet; die Hahn auf Basedow spielten zu allen Zeiten des Mittelalters stets eine würdige und große Rolle und verbündeten sich im J. 1467 sogar, von dem Schlosse Basedow nicht zu fehden. Lüdeke Hahn war es, der mit seinem Gelde von 1448 bis 1462 das Schloß Plau aufbauete, von dem noch jetzt sehenswerthe Reste stehen. Er griff den Bau der Burg sogleich an, nachdem ihm im J. 1448 die Vogtei überantwortet war. Zu derselben Zeit baueten die Fürsten die Lenzke. In einer Berechnung der Einnahmen und Ausgaben der Vogtei Plau vom J. 1448 heißt es:
"Item do de heren den Lentzick buweden, do sande ik myneme heren XVI dromet haueren, den schepel vor VIII witte."
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Die um diese Zeit erbauete Burg Lenzke muß also in der Nähe von Plau gelegen haben und wird sicher das Dorf Lenst oder Lenz sein, welches am Einflusse der Elde in den plauer See liegt. Von der Müritz an bieten sich gegen Westen hin durch die große Wasserregion Meklenburgs als Durchgangspuncte von Süden nach Norden hin wohl nur die Eldenburg, Malchow, Lenz und Plau dar. Und grade diese Gegenden waren den märkischen Raubfehden am meisten ausgesetzt.
Ein ganz anderes Lenzen ist aber ohne Zweifel ein Ort, in welchem am Ende des 15. Jahrh. eines Burglehns gedacht wird. Am 28. Mai 1498 hatte ein "Jörg vom Stein von Lyndow" von den Herzogen von Meklenburg ein "Burglehn zu Lenszken" und eine freie Behausung zu Sternberg, welche Henneke Baß (oder Basse oder Bassewitz?) früher gehabt hatte, verliehen erhalten und versprach dafür, die Zeit seines Lebens in den Landen der Herzoge zu bleiben 1 ). Die mit dem Burglehn von Lenzen in Verbindung gebrachte freie Behausung in der Stadt Sternberg deutet darauf hin, daß das Burglehn in der Nähe dieser Stadt lag. Ohne Zweifel ist Lentzke das Dorf Lentzen bei Ruchow, zwischen Sternberg und Güstrow. Dieses Lenzen lag an der Grenze des Landes Sternberg (des nördlichsten Theils des Landes Warnow oder fürstlichrichenbergischen Gebietes), des Landes Werle und des Bisthums Schwerin (Landes Bützow), - oder wenn man alte Völkergrenzen annehmen will, an der Grenze der Länder Warnow und Circipanien (oder Bisdede und Tribedne) und vielleicht des Landes der Kissiner über das Land Bützow her. Im J. 1236 ward als westlichste Grenze des bischoflich=schwerinschen Landes Bützow der See von Lansnizhe, d. i. Lenzen, angegeben (vgl. Mekl. Urk. III, S. 80). Der Name Lenzen für alle Orte gleiches Namens wird vom 14. bis ins 16. Jahrh. gewöhnlich Lentzke geschrieben. Die Fürsten hatten also hier in diesem wichtig gelegenen Dorfe Lenzen in alten Zeiten sicher eine Burg mit Burglehen. Das Dorf Lenzen war von dem Kloster Dobbertin erworben; aber die Landesherren hatten immer besondere Gerechtsame in Lenzen. Die umherliegenden Güter Bolz, Schlowe und Tieplitz gehörten im 15. und 16. Jahrh. den von Restorf. Am 13. Julii 1402 belehnte der Fürst Balthasar von Werle die Brüder Gumpert und Brüning Restorf mit dem Gute Schlowe und mit dem, "was der Fürst hatte an den dorpen Rochow, "Lentzen, Scherbow, idt sy an dem hogesten richte,
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"bede effte diensthe"; im 16. Jahrh. hatten die von Restorf noch das höchste Gericht in Lenzen.
Es leidet also wohl keinen Zweifel, daß das "Burglehn zu Lentzen" in dem Dorfe Lenzen westlich von Sternberg lag. Eben so hatten die Herzoge von Meklenburg nördlich von Sternberg ein Burglehn zu Sagsdorf an der Grenze zwischen den Ländern Warnow und Meklenburg (Obotritenland?) und in der Nähe der Grenzen des Bisthums Schwerin. Im J. 1506 gaben die Herzoge einem Hans Dhume die Eventualbelehnung mit dem Burglehn zu Sagsdorf (vgl. Jahrb. XII, S. 176 und 384).
Von solchen freien Wohnungen in Sternberg, wie sie nach der hier mitgetheilten Urkunde (anscheinend) mit dem Burglehn zu Lentzen verbunden waren, kamen die auch wohl die Sagen von Wohnhäusern in Sternberg mit landständischen Gerechtsamen (vgl. Jahrb. XII, S. 200 - 203), wie z. B. dem v. pressentinschen Hause) welches früher wahrscheinlich das Haus des Ritterkalandes war (vgl. die folgende Miscelle).
Wer übrigens Jörg vom Stein gewesen sei, ist eben so unbekannt, als wer der andere Burglehnsmann Hans Dhume gewesen sei. Ein Ausländer war er jedenfalls. Er war aus "Lyndow": entweder aus Lindau am Bodensee, da von Lindau, Augsburg und Inspruck aus manche Forderungen an den jungen Herzog Heinrich aus der Zeit, als er in kaiserlichen Diensten stand, gemacht wurden, also ein abgefundener Gläubiger, - oder er war aus dem brandenburgischen Orte Lindow und während der durch das Heilige Blut und die Stiftung des Klosters in Sternberg erregten Bewegung nach Sternberg gekommen.
Noch im J. 1532 verlieh der Herzog Heinrich nach dem Tode des Bürgers Hans Hildebrand zu Schwerin, welcher das Burglehn besessen hatte, die eine Hälfte des "Burglehns zu Lentzken mit allen seinen Pächten, Renten, Fischereien und Zubehörungen" seinem Secretair Caspar Schmidt, Bürger zu Neubrandenburg, namentlich um vor dem Hof= und Landgerichte für die Armen um vermögliche Belohnung und für die Unvermöglichen einstweilen umsonst zu advociren, nachdem der Herzog Albrecht die andere Hälfte seinem Vogte Hans Karsted verliehen hatte.
G. C. F. Lisch.