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6.
Ueber das rostocker Patriciat,

von
G. C. F. Lisch.

In Jahrb. XI, S. 169 flgd., ist nachgewiesen, daß zu Rostock während des ganzen Mittelalters ein Patriciat bestand. Es kam dort, wenn von Rostock allein die Rede war, darauf an, die Behauptung aus Origina=Urkunden zu beweisen, was mir augenblicklich nur für Rostock möglich war, wiewohl die Nachweisung auch für Wismar und andere Hansestädte ziemlich nahe lag und auch angedeutet ist. Es leidet aber keinen Zweifel, daß alle Städte, nicht allein die Seestädte und Hansestädte, ein Patriciat hatten. Patricier waren die Nachkommen der Gründer (patres) einer Stadt, diejenigen, welche alle oder doch zum größten Theile aus der Mutterstadt kommend, den Stiftungsbrief und das Stadtrecht brachten, die Feldmark und die Stadtgerechtsame entgegennahmen, die Anlage und Einrichtung der Stadt ordneten und den Rath besetzten. Es ist dies in Jahrb. XII, S. 459 bei der Geschichte der Gründung der Stadt Alt=Kalen und S. 197 bei der Geschichte der Stadt Sternberg angedeutet. Mit der Gründung einer Stadt ging nun nicht allein das Recht, sondern auch die Verfassung der Mutterstadt auf die neue Stadt über; daher lag nicht allein das Patriciat in dem Wesen der alten Stadtverfassungen, sondern es galten auch in allen Städten derselben Verfassung die Patricier überall für rechtlich bevorzugte Geschlechter. Das vorzüglichste Recht der Patricier war die ausschließliche Rathsfähigkeit, dann auch die Siegelfähigkeit (das Recht, Schild und Helm zu führen), die Lehnsfähigkeit (das Recht, Lehngüter zu erwerben) und die Turnierfähigkeit.

Die Sache ist ohne Zweifel klar und gewiß. Wenn erst eine Entdeckung gemacht ist, so findet man sie überall bestätigt und überall Zeugnisse für die Richtigkeit. Die sichersten Zeugnisse aber sind die publicirten und rechtsgültigen Verordnungen des

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rostocker Magistrats. Selbst als die meisten alten Geschlechter der Stadt Rostock längst ausgestorben und durch Geschlechter aus andern Hansestädten zum Theil ergänzt waren, erließ der Rath der Stadt Rostock seine Verordnungen noch immer mit Beziehung auf die Geschlechter, welche höher standen, als selbst die Reichen und die Kaufleute.

In der rostocker Kleiderordnung vom J. 1587 werden die Geschlechter oben an und ihnen "die Burgemeister und andere Söhne der Rathsherren" gleich gestellt; dann erst kommen die Kaufleute und reichern Handelsleute und Häuserbesitzer und die vornehmen Bürger, welche nicht von den "Geschlechtern" sind. Eben so ist der Wortlaut in der Polizeiordnung von 1576. In der Hochzeitsordnung von 1591 werden schon die "vornehmen Bürger" mit den Kaufleuten, Brauern etc. . in eine Classe gesetzt. Eben so werden in der revidirten Hochzeitsordnung von 1617 die Geschlechter mit den Kaufleuten, Brauern, Reichen in eine Classe gesetzt, aber beim "Unterschied der Stände" im "ersten Standt" noch voran gsetzt die Burgemeister und Rathsverwandten, die Doctoren, die von Adel, welche zu Bürgrrecht sitzen, und die Geschlechter, und dann erst folgen die "vornehmen Kaufleute" etc. .

Die folgenden Auszüge werden den Beweis für die Behauptung liefern.

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Von kleidung der Bürgermeister, Rhatspersonen, Secretarien und der, so von Geschlechtern sind.

Die Bürgermeister, Rhatsverwandte vnd andere, so von Geschlechtern sein, mügen der Stadt zu Ehren. vnd ihres standes halben kleider mit Mardern, Wölffen, Fuchsen vnd andern Futter gefütert vnd mit Sammitte verbremet tragen vnd gebrauchen.

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Von Todtenbitterschen vnd Stadtdienern.

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Den Stadtdienern, so der Rhatsverwandten vnd der Geschlechter vnd nicht geringer standes leiche, wie von alters gebreuchlich, alleine hinfort zu grabe tragen mügen, soll ein Taler gegeben werden.

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Polizey Ordnug eines Erbarn Rhats der Stadt Rostock.
Publiciret Anno M. D. LXXVI. Den 14 Aprilis.


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Der erste Theil von Kleidung der Manspersonen.
Titulus I.

Von kleidung der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Raths.

I Die Herrn Bürgermeister vnd des Raths, mügen wie von alters alhie gebreuchlich gewesen, jres standes halben vnd der Stadt zum ehren, die besten Röcke mit Mardern gefüttert tragen vnd gebrauchen.

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Titulus II.

Von Kleidung der von den Geschlechtern, vnd der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Raths Söhnen, so eines zimblichen wolhabenden vormügens, aber nicht in den Raht gekoren seindt.

II Weil von alters gebreuchlich gewesen, das die von den Geschlechtern vnd der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Rahts Söhne, deren Vetere vnd Vorelteren Mardern getragen, wan sie sich befreien, zum besten Kleide einen gewandt Rock mit Mardern gefuttert zeugen vnd gebrauchen mügen, So wollen wirs denselben, die je dieser beschwerlichen zeiten halben gutwillig vnd andern jres gleichen zum gutem Exempel dauon nicht abstehen, vnd sich an geringerm Futter genügen lassen wollen, auch hiemit zugelassen haben.

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Titulus III.

Von kleidung der fürnehmen Bürger, als da sind Gewandschneider , Brawr, Kauffleute, Gastgeber, Seidenkramer, vnd dergleichen, die jre eigene Heuser vnd Erbe haben, oder sonsten in zimblicher narung vnd handeln sitzen.

Djese mügen jhre Rocke mit Füchssen, Wülfen, Rummeneien vnd andern geringen futter futtern, auch den besten gefutterten Rock mit einem striche sammit, zum höchsten zwey finger breit, besetzen lassen.

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Titulus IIII.

Von Kleidung der andern gemeinen Brawer, Kauffleute, Notarien, Kramer, Buchführer vnnd Fürnehmer wohlhabender Schipffer vnd anderer.

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Der Ander Theil.
Von der Frawen vnd Jungfrawen Kleidung.
Titulus I.

Von der Herrn Bürgermeister vnd anderer des Rahts, wie dan auch deren von den Geschlechtern Frawen, so mit Parlen vnd hangendem Laub hiebeuor ausgesteuert worden, Kleidung vnd geschmuck.

I Djese mögen wol tragen krause Mützen, Knuptücher vnd Hauben, jedoch das die Hauben vnd Knuptücher nicht vber ein finger breit vorn ausgenehet seindt. Item Sammitten Hüllen mit Seiden frendel besetzet.

II Also auch Sammittenkragen, die gefutterte kragen aber sollen allein mit Mardern vnd keinem tewrbarerm futter ausgebremet oder ausgeschlagen sein.

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Titulus V.

Von kleidung vnd Zierung der furnehmen Bürgerfrawen, so nicht von den Geschlechtern, vnd doch hiebeuor mit hangendem Laube außgesteuret worden.

I Diese mügen mit den krausen Mützen, Knuptüchern, Hauben, Sammittischen Hüllen, Röcken, kurzen vnd langen Hoicken, Item Sammittischen kragen, des ersten standes Frawen sich gleich verhalten, ausserhalb das ihnen Cammertuch zu den Mützen, Knuptüchern vnd Kragen, wie denn auch Schamlot zu Röcken verbotten.

Eines Erbarn Rahts der Stadt Rostock newe Keiderordnung.
Publicirt anno M. D. LXXXVII, VI Juni.


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I Setzen vnnd ordnen darauff vnnd erstlich, das Braut vnnd Breutgam oder derselben Eltern in oder nach den Verlöbnussen jhren beyderseits Freunden einige Collation oder Gasterey zuthun nicht verbunden sein sollen: Da sie aber dieselben gerne thun vnnd sich selbst mit den vnkosten nicht verschonen wollten, dazu furnemen standes Personen nicht vber Viertzigk, des mittelnstandes, als da sind fürneme Handwercker, nicht vber dreissigk vnnd geringern standes nicht vber zwentzigk - - -

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II Vnd sollen die Hochzeit hinfuro des Mittages oder des Abends dem Obern vnd mitteln, dem geringen stande aber nur des Abends allein zu halten frey gelassen sein, Vnd keiner so

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wol vnsers mittels als fürneme Bürger, Gewandschneider, Kauffleute, Brewer vnnd Hendler vber hundert, mittels standes Personen als da sind Becker, Schuster, Wullenweber, Goldt, Grob vnd Kleinschmide, Seidenkramer, Bötticher, Garber, Schneider, Kürssner, Kannen vnd Grappengiesser, Balbierer, Haken, Leingewandsschneider, Buchbinder, Glaser, Reper, Beutler, Hüter vnd Schnitticher oder Discher vber Sechtzig, vnd des geringen standes vber viertzig Personen, - - - - auff seinem Hochzeitlichen Ehrentage haben, vnnd dem Furnembsten stande nicht vber Zwentzigk, dem mitteln Sechszehen, vnd dem geringsten Zwölff fasse zu speisen zugelassen sein. - - - - -

Reuidierte vnd Vorbesserte Hochzeit vnd Kindelbiers Ordnung eines Erbarn Raths zu Rostock.
Publicieret Anno d. M. XCI. XXIX Augusti.


Von Verlöbnussen.
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Vnd damit auch ein jglicher wissen müge, was für ein vnterscheid der Stende von vns gemeinet sey, So werden im ersten Stande gerechnet, die Herrn Bürgermeistere vnd Rathsverwandten, Syndici, Doctores, die von Adel, so zu Bürgerrecht sitzen, die von Geschlechten, des Raths Oberste Secretarij, so mit zu Rath sitzen, Item vornehme Gewandtschneider, Brawer, Kauffleute vnd Gastgeber, vnd die jhre stehende Renten vnd jährliche Einkunfften vnd Hebungen haben.

Zum andern Stande, die vbrige des Raths Secretarij, vnd Ambtschreiber, des Oberngerichts bestalte Prucuratores, die Vier Gewercke, Seiden, Gewürtz vnnd Eisenkramer, Schiffere, Schneider, Garber, Goldtschmiede, Kürsner, Kannen vnd Grapengießer, Gewandbereiter, Kupfferschmiede, Mahler vnd Conterfeyer, Glaser, Buchführer, Balbierer, Hacken, Bötticher, Leinengewandschneider, Reeper, Beutler, Schwerdfeger, Schnitticher vnnd Fleischer. Zum Dritten alle vbrige Handwercke, Item Boßleute, Schopenbrauwer, Fuhrleute, Treger vnd Taglöner.

Eines Erbarn Raths der Statt Rostock Revidirte Verlöbnuß, Hochzeit, Kindtauffs, Begrebnuß vnd Fewr Ordnungen. Rostock 1617.