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Geschichtliche Nachrichten
aus
bei Celle
über
von
G. C. F. Lisch.
I - VI.
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D ie merkwürdigen geschichtlichen Entdeckungen, welche in den neuesten Zeiten in dem bei uns früher kaum dem Namen nach bekannten Jungfrauenkloster Wienhausen bei Celle gemacht sind, veranlaßten mich, sowohl an Ort und Stelle in dem Kloster selbst, als in verschiedenen Archiven umfängliche Forschungen anzustellen, durch welche die sechs Abhandlungen entstanden sind, welche in diesen Jahrbüchern zunächst auf einander folgen. Sie berühren das Leben von fünf meklenburgischen Fürstinnen, welche zu dem Kloster Wienhausen in nähern Beziehungen standen, und werfen nicht allein helle Lichter auf diese Fürstinnen selbst, sondern auch auf die Zustände ihrer Zeiten und der meklenburgischen Fürstenhäuser. Alle diese sechs Abhandlungen stehen durch das Kloster, um das sie sich vorzüglich drehen, in einem gewissen innern Zusammenhange und können nur zusammen und durch einander recht verstanden werden, indem sie sich gegenseitig ergänzen und erläutern. Daher sind diese Forschungen hier auch zusammen mitgetheilt und an einander gereihet. Schwerin, im December 1858.
G. C. F. Lisch.
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:
von
G. C. F. Lisch.
D as Kloster Wienhausen, eine Meile südlich von Celle am Allerflusse gelegen, scheint im Mittelalter ein besonderes Ansehen gehabt und nicht allein den Ruhm einer Lieblingsstiftung des landesherrlichen Hauses Braunschweig=Lüneburg genossen, sondern auch für Meklenburg eine besondere Wichtigkeit gewonnen zu haben. Es besteht noch heute (als weltliches Fräuleinstift für Damen bürgerlicher Herkunft, für Töchter von Staatsdienern,) in seinen alten Gebäuden und bewahrt noch eine große Fülle seltener Kunstschätze aus der katholischen Zeit; außerdem besitzt das Kloster noch einen sehr reichen Schatz alter Urkunden und ein sehr werthvolles Todtenbuch (Nekrologium), welches in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts (bis zum 5. October 1473) aus ältern Nekrologien und andern Nachrichten zusammengetragen und von 9 andern Schreibern bis zum Jahre 1622 fortgesetzt ist, endlich eine Chronik, welche jedoch jünger und bis in das Jahr 1692 von einer und derselben Hand "aus glaubwürdiger Erfahrung" fortgeführt ist, ohne die Quellen anzugeben. Diese vielseitige Wichtigkeit des Klosters hat in den neuesten Zeiten bewährten Forschern Veranlassung gegeben, die Bearbeitung der Schätze desselben anzufassen. Der Kammer=Baumeister Mithoff zu Hannover machte das Studium der Kunstschätze des Klosters zum Gegenstande seiner Forschungen und gab in seinem
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Archiv für Niedersachsens Kunstgeschichte, eine Darstellung mittelalterlicher Kunstwerke in Niedersachsen und nächster Umgebung, bearbeitet und herausgegeben den H. Wilh. H. Mithoff, Zweite Abtheilung: Das Kloster Wienhausen bei Celle, Hannover, Fol.,
eine Beschreibung des Klosters in 4 1/2 Bogen Text und 10 werthvollen Tafeln Abbildungen, von denen 7 sauber und getreu colorirt sind, in Groß=Folio heraus.
Bald darauf gab der Bibliothek=Secretair Dr. H. Böttger zu Hannover, welcher die Urkunden des Klosters in eine ausgezeichnete Ordnung gebracht hat, das Nekrologium des Klosters in der
Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, Jahrgang 1855, Hannover 1857, S. 183-259,
unter dem Titel:
Das Nekrolog und die Verzeichnisse der Pröbste und Aebtissinnen des Klosters Wienhausen, nach den Originalquellen bearbeitet von H. Böttger, in gründlicher und sicherer Bearbeitung heraus.
Angeregt durch Mithoffs Darstellungen und durch Böttgers Forschungen in dem wichtigen Nekrolog, begab auch ich mich im Mai 1858 zu weitern Forschungen persönlich nach dem Kloster Wienhausen 1 ), um in den hier folgenden fünf Darstellungen und Untersuchungen möglichst sicher zu gehen und klare Anschauungen zu gewinnen.
Das Nonnenkloster Wienhausen, Cistercienser=Ordens, war seit dem J. 1216 (vor 28. April 1217) in Nienhagen an der Fuhse, unweit Celle, gestiftet, von wo es nach Wienhausen, früher Huginghusen genannt, verlegt ward. Der Herzog Heinrich der Lange von Sachsen und Pfalzgraf bei Rhein († 28. April 1227), Sohn des Herzogs Heinrich des Löwen, und dessen zweite Gemahlin Agnes, Markgräfin von Landsberg, (1209 † 1. Jan. 1248) gründeten um das Jahr 1226 (vor 28. April 1227) das Kloster zu Wienhausen, welches am 24. April 1233 bestätigt ward (vgl. Böttger a. a. O. Not. 1, 81 und 116). Die Herzogin Agnes ward in der Klosterkirche zu Wienhausen begraben, nachdem sie wahrscheinlich die letzte Zeit ihres Lebens in dem Kloster zugebracht hatte; ihre vortreffliche, lebensgroße, steinerne Bildsäule, wahr=
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scheinlich von ihrem Grabdenkmale, abgebildet bei Mithoff S. 5, steht noch jetzt neben der Thür zum Nonnenchore. Durch diese ungewöhnliche Theilnahme erhielt das Kloster großes Ansehen; daher erklärt es sich, daß viele Jungfrauen aus fürstlichen Geschlechtern in dem Kloster lebten, viele Fürstinnen zu demselben Zuflucht nahmen und mehrere fürstliche Personen hier ihre Ruhestätte fanden, selbst einige, welche der meklenburgischen Geschichte angehören. Schon die große Anzahl fürstlicher Aebtissinnen, so viel deren nach ihrer Herkunft bezeichnet sind, giebt den Beweis, daß das Kloster sehr geachtet und geliebt war. Schon in der Zeit 1241-1265 war Elisabeth von Wenden, aus dem meklenburgischen Fürstenhause, Aebtissin und im 14. Jahrhundert waren unter den Aebtissinnen vier Prinzessinnen aus dem Hause Braunschweig=Lüneburg und eine aus dem Hause Delmenhorst, im 15. Jahrhundert eine Gräfin von Hoya. Daher ist auch das Kloster wohl noch so reich an merkwürdigen Kunstschätzen, so viel deren noch erhalten sind.
Die Kirche besteht aus zwei Teilen. Der östliche Theil, die Pfarrkirche, soll nach Mithoff, S. 6, aus neuern Zeiten stammen und wahrscheinlich an der Stelle der alten Dorfkirche erbauet sein. Gegenwärtig ist von dem Style dieses Theiles nichts mehr zu erkennen, da diese Dorfkirche restaurirt und von innen und außen mit Kalk uberputzt ist. Die Kirche enthält jetzt gar nichts Bemerkenswerthes mehr. Leider sind auch alle Leichensteine, aus weichem Stein von der Deister, so sehr abgetreten, daß auf ihnen nichts mehr zu erkennen ist. Eine weiße Steinplatte vor dem Altare, welche heller und fester ist, als die übrigen, hat Spuren von Buchstaben, wie es scheint aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts, es ist aber davon nichts mehr zu entziffern. Ein anderer Stein vor dem Altare mit dem Reliefbilde eines ritterlichen Mannes soll der Leichenstein des Herzogs Heinrich des mittlern von Lüneburg sein, welcher hier 1532 begraben ward.
Wichtiger ist dagegen der westliche, im Anfange des 14. Jahrhunderts erbauete Theil der Kirche, welcher oben den alten, obern Nonnenchor noch ziemlich in seinem alten Zustande enthält. Dieser Nonnenchor ist im Spitzbogenstyle hoch und weit gebauet und vortrefflich ausgestattet. An den Wänden umher stehen noch die alten Chorstühle aus Eichenholz. Die ganzen Wände, die Gewölberippen und die Gewölbekappen sind mit alten, merkwürdigen Wandmalereien bedeckt. Die Fenster enthalten noch bedeutende Reste von alten, schönen Glasmalereien. Altäre, Leuchter und andere Geräte sind
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kunstreich. Die ganze Ausstattung, welche äußerst selten ist, macht beim Eintreten eine überraschende und große Wirkung und verdient die Teilnahme, welche Mithoff 1 ) ihr geschenkt hat. Daneben wird ein großer Schatz von uralten genäheten und gewirkten Teppichen aufbewahrt, welche von Mithoff zum größten Theile abgebildet sind.
An die Nordseite der Kirche lehnt sich der Kreuzgang, welcher so groß ist, daß er doppelt ist, also zwei Höfe umschließt; einen Grundriß giebt Mithoff S. 5. Sämmtliche Theile des Kreuzganges sind zwei Stock hoch. Der älteste Theil des Kreuzganges ist der aus Ziegeln massiv gebauete Theil, welcher sich an den Nonnenchor, also an das Westende der Kirche, anlegt, und von diesem wiederum der westliche Theil, welcher wahrscheinlich bei der Gründung des Klosters erbauet ward und das älteste Gebäude in Wienhausen ist. Dieser Theil ist im Erdgeschosse noch ganz im romanischen Style gebauet. Das obere Geschoß hat sehr schöne, große Fenster nach dem Klosterhofe hin, welche jedoch aus etwas jüngerer Zeit stammen. Der an der Kirche entlang führende Gang hat noch nicht überkalkte, rothe Gewölberippen. Die Fenster des Kreuzganges waren früher auch mit Glasgemälden geschmückt, welche aber in neuern Zeiten ausgenommen sind, jedoch noch sorgfältig aufbewahrt werden. - Gegen Osten hin werden die einzelnen Theile des Kreuzganges immer jünger und sind zum Theile von Fachwerk 1551 erbauet. Hier befindet sich auch eine große Reihe mit Holz getäfelter Zellen, mit gemalten Wappen in den Fenstern, aus dem Ende des 16. Jahrhunderts.
Mithoff vergleicht Note 1. die von mir in der berliner Zeitschrift für Bauwesen veröffentlichte ältere Gewölbemalerei der Kirche zu Röbel; bedeutender noch ist die Malerei in der Kirche zu Büchen und in der ehemaligen Franziskaner=Kirche zu S. Katharinen (jetzt Bibliothek) in Lübeck."Eine bedeutende Arbeit bildet die auf Kalkputz ausgeführte Wand= und Deckenmalerei des vormaligen Nonnenchors. Es ist wohl selten, daß Kirchen germanischen Styls im nördlichen Deutschland eine so reiche Ausschmückung durch Malerei, namentlich mit figürlichen Darstellungen, erhielten, wie dies hier der Fall ist. Dem Style, den Costümen und lateinischen Inschriften in gothischen Majuskeln nach gehört diese Arbeit der ersten Hälfte des vierzehnten Jahrhunderts an und wird gleich nach der Aufführung des Chors angefertigt sein. Die Malerei, obwohl handwerksmäßig ausgeführt, gewährt in Verbindung mit der Glasmalerei einen prächtigen Anblick. Der Reichthum des Bilderschmucks wird noch mehr gesteigert, wenn der Fußboden des Chors, wie an hohen Festtagen gebräuchlich, mit den merkwürdigen Teppichen belegt wird".
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An Geräten bewahrt das Kloster noch viele alte Schränke und Kisten, von denen einige geschnitzt und mit ausgezeichneten Eisenbeschlägen verziert sind.
An den die beiden Höfe trennenden Mittelgang ist gegen Osten hin, nach dem jüngern Hofe, die Allerheiligenkapelle angebauet, welche auch bemerkenswerth ist. Diese Kapelle ist von einem einzigen Kreuzgewölbe bedeckt und sehr klein, so daß im Ganzen nur ein kleiner Altar und vor demselben drei Leichensteine neben einander Platz haben. Die Wände und das Kreuzgewölbe sind mit Wandmalereien und die kleinen Fenster mit Glasgemälden geschmückt 1 ). Vielleicht ist diese Kapelle von der Aebtissin Katharina I. (1422 † 1474), Gräfin von Hoya, deren Mutter die braunschweig=lüneburgische Prinzessin Mechthild war, erbauet; diese ist so weit die Nachrichten reichen, die erste Aebtissin, welche in der Allerheiligenkapelle 1474 begraben ward. Die Aebtissin Gertrud, welche eine Zeit lang, während Katharine I. von Hoya resignirt hatte, regierte, ward im J. 1439 im Kreuzgange nächst der Allerheiligenkapelle begraben. Im J. 1454 ward das Herz der Herzogin Magdalene von Braunschweig=Lüneburg, des Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg Tochter, welche wahrscheinlich in dem Kloster gestorben war, in der Kapelle niedergelegt, ihr Körper aber in der Kirche zu Scharnebek begraben (Böttger Not. 155). Die auf Katharina I. von Hoya folgende Aebtissin Susanna Pottstock (1470 † 1501) ward auch im Kreuzgange vor der Allerheiligenkapelle begraben. Im J. 1512 fand die Herzogin Margarethe von Meklenburg=Stargard in der Allerheiligenkapelle ihr Grab, wahrscheinlich in der Mitte vor dem Altare. Unter der Aebtissin Katharina II. Remstedt (1501 † 1549) kamen die Kloster Jungfrauen, welche nicht von der papistischen Kirche weichen wollten, heimlich in der Allerheiligenkapelle zum Gottesdienste zusammen. Die Aebtissin Dorothea Spörken (1549 † 1565) ward "zur linken Hand" und die Aebtissin Anna von I. von Langeln (1565 † 1587) "zur rechten Hand" ("ad dextram partem juxta parietem")
"An dem Gewölbe sieht man in dem einen Felde Christus auf dem Throne, segnend und ein aufgeschlagenes Buch mit dem A und Ω haltend. In jedem der übrigen Felder sind drei Engel mit Schriftrollen dargestellt. Die beiden Fenster gegen Osten enthalten im untern Räume die Verkündignug und im obern Theile die Kreuzigung und die Auferstehung Christi. Das Fenster gegen Norden zeigt den Erzengel Michael. Die Wandmalerei ist fast ganz unkenntlich geworden".
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in der Allerheiligenkapelle begraben. Dies scheint darauf hinzudeuten, daß man damals das Grab der Herzogin Margarethe noch nicht berührt hatte. In der Folge wurden gewöhnlich die Aebtissinnen in der Allerheiligenkapelle begraben und zwar in der Weise, daß in der Reihenfolge immer das nächstfolgende von den drei Gräbern wieder aufgebrochen und zum Begräbniß benutzt ward. Dies dauerte bis zum J. 1788. Die Aebtissin Margarethe Dorothea von Taube ward 1793 zuerst auf dem Kirchhofe begraben. - Gegenwärtig ist die Kapelle vernachlässigt, verfallen und dunkel; die Leichensteine sind verwittert und tief versunken, so daß sich auf denselben nichts mehr erkennen läßt.
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Tochter
des Fürsten Borwin I.,
Aebtissin des Klosters Wienhausen,
von
G. C. F. Lisch.
B ei einer Wanderung durch das durch Ansehen und geschichtliche Erinnerungen ausgezeichnete Cistercienser=Nonnenkloster Wienhausen 1 ) an der Aller bei Celle und dessen in neuern Zeiten geöffnetes reiches Quellengebiet begegnen wir einer Aebtissin Elisabeth von Wenden, welche ohne Zweifel dem alten meklenburgischen Fürstengeschlechte angehört, bisher aber gar nicht bekannt gewesen ist. Sie war die vierte Aebtissin des Klosters, nachdem ihr drei Aebtissinnen in einem kurzen Zeiträume vorangegangen waren. Das werthvolle Todtenbuch 2 ) des Klosters sagt, daß "die vierte Aebtissin des Klosters Wienhausen am 10. Februar (1265) gestorben sei, mit dem Nachruhme, daß sie das Gedeihen des Klosters während ihrer Zeit treulich befördert habe":
Februar. | |
SCO | Obiit felicis memorie religiosa domina Elyzabeth de Wenden, quarta abbatissa huius monasterii Wynhusen, cuius promocionem suo tempore fideliter adimplevit. |
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Nach den Urkunden 1 ) des Klosters, in denen sie nur "Aebtissin Elisabeth" genannt wird, war sie sicher Aebtissin in der Zeit 1241-1265. Ihre letzte Urkunde ist vom 3. Januar 1265. Sie starb nach dem alten Todtenbuche am 10. Februar, nach der freilich nicht alten Chronik 2 ) des Klosters im Jahre 1265. Ihre Nachfolgerin in der Würde hieß ebenfalls Elisabeth; diese, welche in Urkunden 1279-1282 vorkommt, wird in dem Todtenbuche ausdrücklich als "fünfte Aebtissin" aufgeführt und starb am 20. Oktober 1286 3 ).
In dem Todtenbuche wird die vierte Aebtissin "Elisabeth von Wenden" genannt. Diese Bezeichnung der Herkunft "von Wenden" ist nun im 13. Jahrhundert in den überelbischen Klöstern eine allgemein übliche Bezeichnung des meklenburgischen oder "wendischen Fürstenhauses", deren Linien damals noch nicht sehr bekannt sein mochten, namentlich um die Mitte des 13. Jahrhunderts, wo sie sich eben erst entwickelt hatten, Pribislav und die Borwine werden noch "Fürsten der Wenden" (Slavorum principes) genannt, und Elisabeth von Wenden gehörte sicher noch nicht zu einer bestimmten Linie unsers Fürstengeschlechtes, sondern stammte unmittelbar von den Stammvätern; Mechthild, die Tochter des Herzogs Johann von Lüneburg und Gemahlin des Fürsten Heinrich I. von Werle, wird in den Todtenbüchern von Wienhausen, Lüneburg und Hildesheim, unter ausführlicher Bezeichnung, noch "Mechthildis de Wenden" oder "de Slavia" und ihr Gemahl Heinrich gar "Hinricus miles de Slavia" (Heinrich, Ritter, von Wenden) genannt.
Die Herkunft der Aebtissin Elisabeth aus dem Wendischen oder meklenburgischen Fürstenhause läßt sich aber gar nicht bezweifeln, da sich dieselbe urkundlich beweisen läßt. Um das Jahr 1226 ward das Kloster, welches schon einige Jahre vorher zu Nienhagen bestanden hatte, von dem Herzoge Heinrich dem Langen, dem Sohne Heinrichs des Löwen, und dessen zweiter Gemahlin Agnes, Markgräfin von Landsberg, zu Wienhausen gegründet und am 24. April 1233 bestätigt. Die Herzogin Agnes, die Hauptwohlthäterin des Klosters bei der Stiftung, war diesem Kloster besonders geneigt, zog sich gegen das Ende ihres Lebens wahrscheinlich in dasselbe zurück 4 ) und
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ward in demselben begraben; noch heute bewahrt das Kloster ihre schöne lebensgroße Bildsäule, wahrscheinlich von ihrem Grabe, und verehrt dankbar ihr Gedächtniß; die Herzogin starb am 1. Januar 1248. Diese Bevorzugung eines jungen Klosters gab demselben ein ungewöhnliches Ansehen, das sich lange erhielt.
Elisabeth von Wenden war also wenigstens sieben Jahre Aebtissin während des Lebens der Herzogin Agnes; sie stellt noch mit der Herzogin Agnes und mit dem Propst Werner, "dem Stifter des Klosters", eine Urkunde 1 ) aus, welche wahrscheinlich im J. 1241 ausgestellt ist. Die Gemahlin des Herzogs Otto des Kindes von Braunschweig, des Enkels Heinrichs des Löwen, die Herzogin Mechthild, eine Tochter des Markgrafen Albrecht von Brandenburg, trat während der Regierung der Aebtissin Elisabeth ebenfalls in ein freundliches und beschützendes Verhältniß zu dem Kloster Wienhausen und nennt in einer Urkunde 2 ) vom J. (1253) "die Aebtissin Elisabeth ihre Blutsverwandte" ("consanguinea"). Elisabeth war also ohne Zweifel fürstlichen Standes und konnte aus keiner andern Fürstenfamilie stammen, als aus der Familie des wendischen, jetzt meklenburgischen Fürstenhauses. In einer nicht datirten Urkunde bestätigt die Herzogin Mechthild von Braunschweig der Aebtissin, "ihrer Blutsverwandtten" (consanguineae suae), und dem Convent in Wienhausen, daß sie ferner ihren Gebrauch, keine Knaben oder Mädchen zur Erziehung aufzunehmen, beibehalten, jedoch mit Fürstentöchtern eine Ausnahme machen können. Da der Gemahl der Herzogin am 7. Junii 1252, die Herzogin aber am 10. Junii 1261 starb, so wird die Urkunde in der Zeit 1253-1260 ausgestellt sein.
Es leidet also keinen Zweifel, daß die Aebtissin Elisabeth von Wenden eine nahe Verwandte der Herzogin Mechthild von Braunschweig, gebornen Markgräfin von Brandenburg, war.
Es steht nun zur Frage, wessen Tochter die Aebtissin Elisabeth von Wenden und wie sie mit der Herzogin Mechthild verwandt war.
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Die Aebtissin Elisabeth kann nur eine Tochter des Fürsten Borwin I. oder des Fürsten Heinrich Borwin II. gewesen sein.
Nimmt man an, daß Elisabeth eine Tochter des Fürsten Heinrich Borwin II. gewesen sei, so scheint Elisabeth etwas jung für eine Aebtissin eines großen Klosters gewesen zu sein. Heinrich Borwin II. starb in jungen Jahren am 4. Junii 1226, vor seinem Vater Borwin I. († 28. Jan. 1227), und hinterließ nach den bisherigen sicheren Ermittelungen 1 ) vier Söhne, welche bei seinem Tode noch minderjährig waren, der älteste von ihnen, Johann von Meklenburg, ward im Anfange des J. 1229 mündig, war also damals wahrscheinlich 18 Jahre alt und um das Jahr 1210 geboren. Nimmt man nun auch an, daß Elisabeth das älteste Kind Borwins II. gewesen, also um das J. 1210 geboren sei, so würde sie bei ihrem Eintritt in das im J. 1226 errichtete Kloster Wienhausen 16 Jahre und bei ihrer Erwählung zur Aebtissin erst 30 Jahre alt gewesen und im Ganzen 55 Jahre alt geworden sein. Da sie aber sehr lange, 25 Jahre, das Kloster als Aebtissin regierte, so ist es wahrscheinlich, daß sie ein hohes Alter erreichte.
Es scheint, daß man sicherer geht anzunehmen, Elisabeth sei eine Tochter des Fürsten Borwin I. gewesen. Borwin I. war zuerst mit Mechthild, des Herzogs Heinrich des Löwen von Braunschweig Tochter, vermählt. Sein Sohn Heinrich Borwin II. war, nach seinem Tode und dem jungen Alter seiner hinterlassenen Söhne zu schließen, vielleicht zwischen 1180-1190 geboren. War nun Elisabeth ein junges Kind Borwins I., wie er auch noch einen jüngern Sohn Nicolaus hatte, so mag sie um das Jahr 1190 geboren sein. Nimmt man dies an, so ward sie ungefähr im 50. Jahre Aebtissin und starb ungefähr im 75. Jahre. - Sie kann aber auch als Tochter Borwins noch jünger gewesen sein, da Borwin I. zwei Male vermählt war und im J. 1219 seine zweite Gemahlin Adelheid 2 ) noch lebte. Elisabeth kann also ein Kind zweiter Ehe Borwins I. gewesen sein. Leider wissen wir nicht, welchem fürstlichen Geschlechte Adelheid entsprossen war, können daher über ihre Verwandtschaft nichts bestimmen.
Es wird also gerathen sein anzunehmen, daß die Aebtissin Elisabeth eine Tochter des Fürsten Borwin I. von Wenden war.
Wann Elisabeth ins Kloster gegangen sei, ist unbestimmt. Es ist möglich, daß sie schon vorher, ehe sie in das Kloster
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Wienhausen ging, dem Klosterleben geweihet und vielleicht im J. 1219 bei der Wiederaufrichtung des "Neuen Klosters" Parkow oder Sonnenkamp, jetzt Neukloster, in Meklenburg, wozu Borwins Gemahlin Adelheid ihre Zustimmung gab, in das Kloster gegeben war. Es ist möglich, ja wahrscheinlich, daß sie schon bei der Errichtung des Klosters Wienhausen im J. 1226 in dieses Kloster ging, ja es vielleicht mit errichten half; es kann selbst sein, daß Nonnen von Neukloster in das Kloster Wienhausen gingen, um demselben zuerst Bewohnerinnen zu geben, da die meklenburgischen Fürstinnen aus dem braunschweig=lüneburgischen Fürstenhause späterhin immer eine besondere Vorliebe für das Kloster Wienhausen hatten. So viel ist gewiß, daß die Errichtung des Klosters Wienhausen in dieselbe Zeit fällt, in welcher Borwin I. und II., Vater und Sohn, starben und die meklenburgischen Fürsten alle minderjährig waren, es also in dem Fürstenhause sehr trübe aussah.
Elisabeth von Wenden ging vielleicht deshalb in das braunschweig=lüneburgische Kloster Wienhausen, theils weil sie mit dem Fürstenhause Braunschweig=Lüneburg nahe verwandt war, theils weil das Kloster Wienhausen im Bisthum Hildesheim lag, welches damals in Meklenburg im besondern Ansehen stehen mußte, da Borwin II. bei seinem Sterben 1226 das Dom=Collegiatstift Güstrow nach dem Muster der hildesheimschen Kirche gestiftet hatte.
Es hat freilich auch manches für sich, daß Elisabeth eine Tochter Borwins II. gewesen sei, da es sich glaublich machen läßt, daß sie nach dem frühen Tode ihres Vaters jung in ein Kloster des Bisthums gegeben worden sei, welches ihr Vater bei seinem Sterben als Muster aufgestellt hatte und dessen Propst der Graf Friedrich von Schwerin 1 ) war; auch läßt sich dafür sagen, daß die Söhne Borwins II. theils um dieselbe Zeit, in welcher Elisabeth starb, oder innerhalb der nächstfolgenden 13 Jahre starben. Dagegen wird aber immer ihr Lebensalter reden, um so mehr da sie mit der Herzogin Mechthild von Braunschweig auf derselben Linie zu stehen scheint.
Die Verwandtschaft mit der Herzogin Mechthild von Braunschweig könnte über ihre Abstammung Auskunft geben, wenn jene nicht selbst dunkel wäre und der Aufklärung bedürfte. Die kurz gefaßten Stammbäume der fürstlichen Häuser Braunschweig und Wenden (Meklenburg) sind folgende:
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Die Herzogin Mechthild nennt die Aebtissin ihre Blutsverwandte ("consanguinea"). Es liegt nun am nächsten, zu glauben, diese Bezeichnung rühre von ihrer Abstammung von Heinrich dem Löwen her; denn Elisabeth war, wenn sie ein Kind erster Ehe Borwins I. war, eine Enkelin Heinrichs des Löwen von dessen Tochter Mechthild, welche an Borwin I. vermählt gewesen war, und die Herzogin Mechthild von Braunschweig war die Gemahlin des Enkels (Otto) Heinrichs des Löwen. Böttger, der Herausgeber des wienhausenschen Todtenbuches a. a. S. 229, bemerkt hierüber ganz richtig, daß der Herzog Otto und die Aebtissin Elisabeth durch gleich weit entfernte Abstammung von Heinrich dem Löwen allerdings Blutsverwandte (consanguinei) waren, daß diese Verwandtschaft aber nicht für Otto's Gemahlin in Anspruch genommen werden könne, vielmehr die Herzogin Mechthild mit der Aebtissin nur verschwägert (consobrina) sei. Im strengen Sinne des Wortes ist dieser Einwand allerdings richtig. Ich möchte es aber doch wagen, den Ausdruck Blutsverwandte (consanguinea) nicht zu sehr zu pressen, sondern annehmen, daß die Herzogin, oder vielmehr ihr Schreiber, den Ausdruck in vertraulicher Wendung nur allgemein für Verwandte genommen habe.
Wollte man dies aber nicht gestatten, so bliebe noch immer übrig anzunehmen, daß die Aebtissin Elisabeth ein Kind Borwins I. von seiner zweiten Gemahlin Adelheid und durch diese mit der Herzogin Mechthild blutsverwandt gewesen sei. Die Herkunft der Fürstin Adelheid ist aber völlig unbekannt,
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und so läßt sich über die Möglichkeit dieser Verwandtschaft bis jetzt gar nichts sagen und vermuthen.
Eben so wenig läßt sich über eine Blutsverwandtschaft zwischen beiden Fürstinnen sagen, wenn Elisabeth eine Tochter Borwins II. sein sollte, wenn sich auch eine Verwandtschaft durch Verschwägerung nachweisen ließe.
Das aber bleibt immer gewiß und mit allen Nebenumständen eine werthvolle Bereicherung der meklenburgischen Geschichte, daß die Aebtissin Elisabeth von Wenden eine wendische oder meklenburgische Fürstentochter aus der Zeit der Borwine war.
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Nr. I.
Die Herzogin Agnes von Braunschweig-Lüneburg und die Aebtissin Elisabeth und der Probst Werner des Klosters Wienhausen beurkunden, dass Johann Oppershausen und seine Frau Ade dem Kloster die jährliche Hebung eines Scheffels Salzes für 70 Mark erworben und zwei Mark zur Verbesserung der (Probstei-) Präbende geschenkt haben, wofür ihnen im Kloster Memorien mit Almosen gestiftet werden sollen.
D. d. (1241).
Nach dem Originale im Archive des Klosters Wienhausen.
Agnes dei gratia ducissa, fundatrix ecclesie in Winhusen, Elizabeth abbatissa et Wernerus prepositus, fundator eiusdem loci, omnibus hoc scriptum intuentibus salutem. Quoniam facta hominum cum tempore transeunt et mutantur, idcirco noticie posterorum per scripta auctentica commendantur: scire itaque uolumus omnium, tam presencium, quam futurorum industriam, quod dominus Johannes Osberneshusen et uxor ipsius Ade Bochorne pro remuneratione diuina ex instinctu spiritus sancti pro se et suoruin antecessorum [remedio] modium salis pro septuaginta marcis comparatum ecclesie nostre contulerunt et in presenti duas marcas communis argenti ad emendationem probende nostre dimiserunt, et
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quod superest, habebunt omnibus diebus uite sue, nullo impediente, et post obitum ipsorum predicta ecclesia eandem pecuniam ex integro possidebit et absolute. Anniuersarii uero ipsorum sollempniter peragentur et in cuiuslibet anniuersario dabuntur decem solidi ad seruicium dominarum et pauperum refectionem. Vt autem hec donacio rata et inconuulsa semper permaneat, rogamus et districte precipimus. Ne igitur aliquis presumat infringere, fecimus conscribi et sigillis nostris communiri.
Nach dem Originale im Archive des Klosters Wienhausen, nach einer Abschrift des Herrn Bibliothek-Secretairs Dr. Böttger zu Hannover, Angehängt sind an grünen seidenen Fäden:
1) das elliptische Siegel des Klosters Wienhausen mit der sitzenden Jungfrau Maria mit dem Christkinde, in der rechten Hand eine Lilie haltend, an jeder Seite mit einem sechsstrahligen Sterne; Umschrift:
2) das Siegel des Propstes Werner, nur noch zur Hälfte vorhanden, mit einem Agnus dei;
3) das Siegel der Herzogin Agnes mit der Umschrift:
zeigt ebenfalls ein Marienbild und zu dessen rechter Seite eine Knieende, über welche Maria einen Lilienstengel hält. Leider fehlt ein Wort in der Umschrift des Siegels, von dem kein zweites Exemplar bekannt ist; da die Herzogin aber in der Urkunde fundatrix genannt wird, so dürfte dieses Wort zu ergänzen sein. Ein anderes, vielleicht älteres Siegel der Herzogin im Archive zu Wienhausen hat die Umschrift:
Die Urkunde wird um das Jahr 1241 ausgestellt sein, da der Propst und Stifter Werner um das Jahr 1241 und die Vorgängerin der Aebtissin Elisabeth ebenfalls wahrscheinlich im J. 1241 starb; die Herzogin Agnes starb am 1. Januar 1248 (vgl. Böttger a. a. O. S. 247 und 252.
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Nr. II.
Die Herzogin Mechthild von Braunschweig und Lüneburg erlaubt dem Kloster Wienhausen, Fürstentöchter zur Erziehung in das Kloster aufzunehmen.
D. d. (1253-1260).
Nach dem Copiarium des Klosters Wienhausen im königlich-hannoverschen Staats-Archive zu Hannover.
Dei gratia M. ducissa de Brunswich ac domina in Luneburg consanguinee sue abbatisse totique conuentui in Winhusen salutem et sincere dilectionis affectum. Loci uestre honestatem conseruare ut decet in omnibus proponentes, vobis presentibus innotescat, quod cum consuetudo uestre ecclesie hactenus non seruauerit, vt inibi pueri aut uirgines recepte sint aut fuerint edocende, illud immutari uolentes aliquatenus aut infringi mediante presentium, vobis uniuersis et singulis inhibemus, ne aliquas decetero uirgines educandas aut etiam instruendas uestrum in cenobium acceptetis, nisi forte principis filia illud requireret sue presencie inpendendum.
Nach dem Copiarium des Klosters Wienhausen Nr. (116) 41 im königlichen Staats-Archive zu Hannover, nach einer Abschrift des Herrn Bibliothek-Secretairs Dr. Böttger zu Hannover.
Die Herzogin M. ist Mechthild, Gemahlin des am 7. Junii 1252 gestorbenen Herzogs Otto puer von Braunschweig-Lüneburg und Tochter des Markgrafen Albrecht II. von Brandenburg, welche am 10. Junii 1261 starb. Während dieser Zeit regierte zu Wienhausen die Aebtissin Elisabeth von Wenden, 1241-1265 welche in dem Nekrologium des Klosters ausdrücklich als die vierte Aebtissin bezeichnet wird, während ihre Nachfolgerin Elisabeth 1279-1282 als fünfte Aebtissin aufgeführt wird. Die Urkunde ist also ungefähr zwischen 1253 und 1261 ausgestellt.
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Nr. III.
Die Aebtissin Elisabeth, der Probst Mathias und der Convent des Klosters Wienhausen beurkunden, dass Johann Vulleman 4 Scheffel Roggen Hebungen aus den Zehnten von Lachtehusen für das Kammeramt des Klosters erworben habe.
D. d. Wienhausen. 1255. Aug. 7.
Nach dem Originale im Archive des Klosters Wienhausen.
In nomine sancte et indiuidue trinitatis.
Elizabet abbatissa, Mathias prepositus totusque
conuentus in Winhusen Christifidelibus
uniuersis. Notum esse volumus, quod Johannes
dictus Wlleman in decima in Lachtehusen ad
officium camure IIII
or
inodios
siliginis cum bonis sibi a deo collatis
comparauit, quos ipse presentabit, quam diu
vixerit, omni anno, post vero mortem ipsius
predicta annona omni anno dabitur ad idem
officium de decima supradicta. Quod ut firmius
seruetur, presentes sigilli muninimine duximus
roborandum. Datum Winhusen, anno domini
°CC°LV°, in die beate Afre.
Nach dem Originale im Archive des Klosters Wienhausen, nach einer Abschrift des Herrn Bibliothek-Secretairs Dr. Böttger zu Hannover. Angehängt ist das zerbrochene Klostersiegel.
Nr. IV.
Der Probst Lambert, die Aebtissin Elisabeth und der Konvent des Klosters Wienhausen beurkunden, dass der Pfarrer Werner zu St. Jacobi in Braunschweig dem Kloster 5 Mark reinen Silbers zur Erwerbung von Gütern in
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Widenfeld geschenkt habe, wofür ihm im Kloster jährlich Memorien gehalten werden sollen.
D. d. 1265. Januar 3.
Nach dem Originale im Archive des Klosters Wienhausen.
Lambertus dei gratia prepositus et Elyzabet
abbatissa totusque conventus sanctimonialium in
Winhusen omnibus, ad quos peruenerit presens
scriptum, orationes in domino Jhesu Christo.
Actiones hominum etiam laudabiles a disculis
sepius reuocantur, nisi testimonio scripturarum
uel lingua testium confirmentur: notum esse
uolumus vniuersis, quod Wernerus, plebanus
sancti Jacobi in Bruneswic, nobis contulit V
marcas puri argenti, quas addidimus ad bona in
Widenueldhe nostro cenobio comparanda, pro
quibus eidem XII solidos Bruneswicensis monete
annis singulis ante festum beati Martini,
quamdiu uixerit, dabimus expedite, in die autem
obitus predicti Werneri prefatos solidos in
album panem et in pisces debemus, secundum quod
nostro conuentui tunc conplacuerit, commutare,
et hoc annis singulis faciemus, ut sepe dicti
Werneri diem anniuersarium in maiori memoria
teneamus. Vt autem hanc ordinationem nostram
nullus ualeat infirmare, presentes litteras
prefati Lamberti sigillo, necnon nostre sigillo
ecclesie firmiter roboramus. Testes huius facti
sunt: Heidenricus filius Timmonis et Godehardus
de Luneburch. Acta sunt hec anno domini
°CC°LXV°, III° nonas Januarii.
Nach dem Originale im Archive des Klosters Wienhausen. An weissen leinenen Fäden hangen 3 sehr gut erhaltene Siegel:
1) ein kleines, rundes Siegel mit einem Kopfe; Umschrift:
2) ein grosses, elliptisches Siegel, mit drei Bogen neben einander quer durch die Mitte des Siegels, unter den Bogen die Aebtissin mit einer Lilie in der rechten und einem becherförmigen Rauchfasse in der linken Hand, über den
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Bogen rechts eine kleine gekrönte Figur, links eine kleine Figur mit einem Heiligenscheine; Umschrift:
3) ein elliptisches Siegel mit der sitzenden Jungfrau Maria mit dem Christkinde, in der rechten Hand eine Lilie haltend, an jeder Seite mit einem sechsstrahligen Sterne; Umschrift:
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:
Gemahlin
des Fürsten Heinrich I. von Werle,
von
G. C. F. Lisch.
E ine Schattenseite in der Geschichte des meklenburgischen Fürstenhauses von der Linie Werle bildet das traurige Ende des Fürsten Heinrich I. zu Güstrow (reg. 1277 † 1291). Heinrich I. von Werle war der älteste Sohn des Fürsten Nicolaus I. (1229 † 1277), des Stammvaters der Linie Werle nach der Landestheilung, dessen ruhmwürdiger Regierung Heinrich I. und dessen beide jüngeren Brüder Johann I. und Bernhard I. folgten. Heinrich I. war zuerst mit der schwedischen Königstochter Rixe vermählt, welche ihm zwei Söhne Heinrich und Nicolaus gebar und vor dem 13. Dec. 1282 starb. In der Folge vermählte sich der alternde Fürst im J. 1291 zum zweiten Male mit der Prinzessin Mechthild von Braunschweig=Lüneburg, einer Tochter des Herzogs Johann und einer Schwester des Herzogs Otto des Strengen zu Lüneburg. Dies kam den Söhnen des Fürsten Heinrich I. von Werle ungelegen, da sie fürchteten, daß dadurch ihr Einfluß auf die Regierung und ihr künftiges Erbtheil geschmälert werden könne; besonders war der ältere Sohn Heinrich, welcher mit des Herzogs Barnim von Pommern Tochter Mechthild vermählt war, über die Wiedervermählung seines Vaters aufgebracht und faßte den Entschluß, mit Hülfe seines Bruders Nicolaus den Vater gefangen zu nehmen und zu halten. Als sie diesen Entschluß
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auf der Jagd im Lande Rügen bei dem Dorfe Sale nicht weit von Damgarten zur Ausführung bringen wollten, geschah es, daß die Söhne ihren Vater, der sich zur Wehre setzte, am 8. Oct. 1291 todt schlugen.
Ausführlich berichtet über diese traurige Begebenheit Ernst von Kirchberg in seiner meklenburgischen Reimchronik folgendermaßen:
Dy czid der alde her Johan Cap. LXXIII.
irstarb vnd quam geyn Dobran,
hern Nyclaws vatir offinbar,
du man schreib czwelfhundirt iar
vnd dry vnd achczig recht gewis
in den achten kalendas Nouembris.
Des selbin bruder wirdiglich
der iungen vettere her Hinrich
der nam ouch eyn wib gar.
Czwene sone dem herren sy gebar:
der eyne hiez iungher Hinrich ia,
der andir iungher Nycola.
Ich kans gesagin hy nycht baz,
van wannen dy frow geborin waz.
Dy selbe frowe iung irstarb;
eyne andere her nach ir irwarb.
dy waz tochtir vngelogin
von Luneborg des herczogin.
Daz waz den sonen beyden leyd,
daz wart sint schyn mit bosheyd.
Der selbe iungher Hinrich
nam im synd zu wybe glich
des herczogin tochter von Stetyn;
eynen son gebar dy frowe syn,
Barnym des selbin name waz,
der starb eyn monich zu Colbaz,
syns aldirvatir nam ward im,
den hiez herczoge Barnym.
Dy czyd da iungher Hinrich Cap. LXXIIII.
gebruchte boses rades sich;
mit synes bruder rade gahin
meynte her synen vatir vahin.
Das brachte yn vngeluckes nod,
sy slugen iren vatir tod
mit hertiglichen vnhoulden,
also sy yn vahen soulden.
Daz geschach in Rugia
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by Zale dem dorfe da,
du man schreyb czwelfhundirt iar
vnd eyn vnd nuynczig offinbar
vnd wart begrabin vm daz virseren
zu Doberan mit groszin eren.
Eben so berichten die zu derselben Zeit, gleich nach dem J. 1370 abgefaßten Genealogien 1 ) von Doberan und Parchim, von denen die letztere am ausführlichsten erzählt:
Hinricus (de Werle) primogenitus duos genuit filios Nicolaum et Hinricum. Sed filiis domini Hinnci predicti, fratris Johannis et Bernardi, patrem suum captiuare volentibus, contigit a casu, ut patricide facti sunt, propter quod scelus patricidii dicti duo filii Nicolaus et Hinricus hereditate paterna sunt privati et a dominio per patruos suos eliminati.
und in der Stammtafel hiezu:
Nicolaus et Hinricus: hii duo interfecerunt patrem corum
und
Hinricus: iste interfecit patrem suum et inde excommunicatur a dominio.
Eben so berichtet der Fortsetzer der Chronik von Albert von Stade:
1201 in vigilia Dionysii occisus est nobilis dominus Henricus de Werle a propriis filiis.
Aehnlich lautet die Angabe in Detmar's lübischer Chronik 2 ), welche wohl mehr nach dem allgemeinen Gerüchte berichtet:
Do wart des iares (1291) in sunte Dyonisius avende (Oct. 8) slagen dot in der iaghet de edele her Hinrik van Wenden, den sloghen twe siner sone Hinrick unde Johann, umme dat se de vader nicht wolde laten raden na ereme modwillen; des wurden se vordreven ut creme lande. Do wart grot orloghe tuschen heren Nicolause van Wenden unde den heren van Mekelenborch umme sin land to hebbende
.
In der Angabe des Todestages stimmt Detmar mit dem doberaner Nekrologium im Kreuzgangsfenster 3 ) überein:
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Hinricus dei gracia dominus in Werle. Hunc filius suus interfecit anno domini MCCXI, octavo idus Octobris (Oct. 8).
Alle einheimischen Quellen berichten also, daß die Söhne keinen Mord, sondern den Vater nur gefangen zu nehmen und zu halten beabsichtigten, aber bei der Gegenwehr desselben das Unglück hatten, ihn zu erschlagen. Nach einer solchen entsetzlichen That erklärte aber ihr Vetter der Fürst Nicolaus von Werle=Parchim sie für unwürdig, weiter zu regieren, und alle Unterthanen der Lande traten diesem wackern Fürsten bei. Da aber die fremden Fürsten, welche die That milder auslegten, den Vatermördern beistanden, so kam es zu einem heftigen, weit ausgedehnten Kriege, aus welchem jedoch Nicolaus von Werle=Parchim endlich als Sieger und Herr des ganzen Landes Werle hervorging. Von den beiden Vatermördern ward der jüngere Nicolaus noch während des Krieges im J. 1293 durch einen frühzeitigen Tod hinweggerafft, ohne Erben zu hinterlassen; der ältere Heinrich mußte sich endlich nach dem durch Vermittelung seines Schwiegervaters nach 11. Aug. 1295 geschlossenen Frieden mit dem Besitze von Penzlin begnügen. Aber auch dieses mußte er im J. 1307 verlassen, als die fremden Fürsten wieder einen Krieg gegen Nicolaus von Parchim führten. Es ist von ihm weiter keine Nachricht vorhanden; wahrscheinlich floh er nach Pommern, dem Vaterlande seiner Gemahlin, und beschloß dort sein Leben unbemerkt.
Heinrich der "Vatermörder hatte einen Sohn, Barnim, nach seinem mütterlichen Großvater so genannt. Diesen gaben die ohne Zweifel tief gebeugten Aeltern in das pommersche Kloster Colbaz, um den Makel im Geschlechte nicht fortzupflanzen. Barnim starb aber nicht als Mönch zu Colbaz, wie E. von Kirchberg berichtet ("der starb eyn monnich zu Colbaz") und die Geschichtschreiber ihm nacherzählen, sondern er stieg noch zu hohen kirchlichen Ehren, da er in den Jahren 1330-1332 als Propst des Dom=Capitels zu Camin und Inhaber der Pfarre zu Gützkow erscheint 1 ).
Mit Theilnahme wird man nach den fernem Schicksalen der Fürstin Mechthild, der Wittwe des erschlagenen Fürsten Heinrich I. fragen, und doch ist bisher noch nichts weiter über sie bekannt geworden, als einige äußere Verhältnisse, welche ich schon früher mitgetheilt 2 ) habe. Neuere Entdeckungen geben über ihr Leben vollkommenen Aufschluß.
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Nach dem beklagenswerten Tode ihres Gemahls nahm Mechthild ihre Zuflucht in ihr Geburtsland und ging hier in das Kloster Wienhausen, das von der edlen Herzogin Agnes von Braunschweig, welche hier auch ihre letzte Ruhestätte im Leben und im Tode suchte, gegründet und einst von der Fürstin Elisabeth von Wenden regiert war. Daher bedachte sie dieses Kloster auch reich mit Geschenken; namentlich schenkte sie demselben ein kleines Landgut oder ein Vorwerk ("allodium minus") in Gakenholt mit mehreren Zehnten, ein silbernes Marienbild und mehrere andere Kleinodien. Das Nekrologium des Klosters Wienhausen, herausgegeben von H. Böttger, S. 191, (vgl. oben S. 8) sagt:
Januar. | Illustris domiua Mechthildis du- |
E. | xissa de Wenden dedit allodium |
Epy. | minus cum toto decima in Gakenholte |
dom. | et minutis decimis in Hauekorst in |
phiph. | noua indagine et duobus eklagis, |
si. |
yniaginem beate virginis
argenteam
et alia plura clenodia. |
Dieses silberne Marienbild blieb in dem Kloster bis zur Reformation in hohem Ansehen. Die Chronik des Klosters Wienhausen sagt 1 ): "Die Aebtissin Katharina Remstede (1501-1549) ließ das Bild der H. Jungfrau Maria, welches Mechthildis von Wenden eine Herzogin an das Kloster verehret, wieder erneuren, und da es vorher mit Silbern Blech überzogen war, nun mit Golde verbeßern vor 40 Gülden."
Auch dem Michaelis=Kloster zu Hildesheim, dem alten Bischofssitze für das Kloster Wienhausen, verlieh sie viele Wohlthaten für die Klosterbewohner und die Armen, zu deren Anerkennung auch ihr Gedächtnißtag in das Todtenbuch 2 ) des Klosters eingetragen ward:
Jan. 8. Illustris domiua Mechthildis, soror incliti ducis ducis Ottonis de Luneborgh et uxor nobilis viri de Slavia nomnie Hinrici, quae multa beneficia contulit ecclesiae nostrae, pro qva dantur X solidi annuatim de uno manso litonico in Hud-
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dense et X solidi pauperibus de duobus mansis in Honeghessem.
Auch für ihren verstorbenen Gemahl hatte sie in diesem Kloster ein Andenken 1 ) gestiftet:
Oct. 9. Hinricus miles de Slavia, pro quo dantur XII solidi annuatim de uno manso litonico in Huddessen.
Endlich verlieh sie auch dem S. Michaelis=Kloster zu Lüneburg, in welchem ihr Bruder Otto der Strenge und dessen Gemahlin sich ihr Begräbniß erwählt hatten, eine Schenkung von Zehnten und ein mit Perlen gesticktes Meßgewand; das Todtenbuch 2 ) des Klosters sagt:
VI Idus Januarii obiit domina Methildis de Slauia, que dedit III partes in decima in Orle . . . . et casulam illam cum margaritis.
Alle diese Aufzeichnungen mit den verschiedenen Angaben lassen keinen Zweifel übrig, daß immer die Gemahlin des erschlagenen Fürsten Heinrich I. gemeint ist. In Meklenburg kommt sie seit dem Tode ihres Gemahles nicht weiter vor.
Es war theils wegen ihres Seelenfriedens, theils wegen ihres Haushalts wohl nöthig, daß sie sich in die Stille des Klosters zurückzog. Denn was früher vielen Wittwen begegnete, welche nach dem Tode des Gemahls das Land desselben verließen, das geschah auch ihr, nämlich daß ihr das ihr zukommende Witthum nicht ausgekehrt ward. Am 14. Aug. 1295 versprach der Markgraf Otto von Brandenburg dem Herzoge Otto dem Strengen von Lüneburg, mit den Fürsten von Werle nicht eher Frieden zu schließen, als bis die "Schwester des Herzogs Otto von Lüneburg, Wittwe des Fürsten Heinrich von Werle wegen ihres Heirathsgutes befriedigt" 3 ) sei. Aber noch im J. 1301 war der Fürstin kein Recht geworden 3 ); denn am 11. Mai 1301 verbürgte sich der tüchtige Graf Nicolaus I. von Schwerin=Wittenburg für den Fürsten Nicolaus II. von Werle gegen den Herzog Otto den Strengen von Lüneburg und dessen Schwester Mechthild, Wittwe des Fürsten Heinrich von Werle, daß der Fürst Nicolaus von Werle der Fürstin Mechthild 1500 Mark reinen Silbers in zwei Terminen, zu Heil. Drei Königen 1302 und 1303, zahle.
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Mechthild starb nach den mitgetheilten Todtenbüchern am 8. Januar nach dem Jahre 1302, in welchem Jahre ist ungewiß. Sie ward in der Kirche des Klosters Wienhausen vor dem Altare begraben. In den Nachrichten über das Kloster heißt es: "Außer der Stifterin ist daselbst in der Nähe des Altares bestattet Mechthilde, Tochter des Herzogs Johann zu Lüneburg", welche im J. 1291 mit Heinrich I. Herrn zu Werle oder Wenden sich vermählt hatte. Auch H. Böttger bemerkt zu dem Nekrologium des Klosters Wienhausen a. a. O. S. 228, Not. 7, daß "Mechthild von Wenden u. s. w. am 8. Januar 1301 gestorben und im Kloster Wienhausen beigesetzt" sei. Der Fürstin wird sicher ein Leichenstein auf das Grab gelegt worden sein, um so mehr da das Grab ihres Bruders so schön und kostbar eingerichtet war. Die Leichensteine in der Kirche zu Wienhausen, welche aus dem grauen, weichen Deister=Sandstein gearbeitet sind, sind jetzt aber sosehr abgetreten, daß sich nichts mehr darauf erkennen läßt. Vor dem Altare liegt jedoch noch ein Stück von einem Weißen Leichensteine, auf welchem noch einige Buchstaben von der Inschrift in schöner, großer Majuskelschrift aus dem Anfange des 14. Jahrhunderts zu erkennen sind. Vielleicht ist dieser Stein der Leichenstein der Fürstin Mechthild gewesen.
1) Vgl. Mithoff Archiv für Niedersachsens Kunstgeschichte a. a. O. S. 6, Not. 1. In den frühern Anführungen: in Historischer Nachricht von dem Jungfernkloster Wienhausen, welche Leuckfeld's Antiquitates Katelenburgenses angehängt ist, in Leibnitz Rer. Brunsv. Praef. T. II, p. 14, und im Neuen Hannoverschen Magazin, 1805, Stück 75, S. 1200, steht nicht mehr, als was das oben erwähnte Nekrologium des Michaelisklosters zu Hildesheim berichtet.
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:
Gemahlin
des Herzogs Heinrich II. von Meklenburg=Stargard,
von
G. C. F. Lisch.
E ine leidende Fürstin des meklenburgischen Fürstenhauses war auch Margarethe von Lüneburg, Gemahlin des Herzogs Heinrich II. oder des ältern von Meklenburg=Stargard (1417 † 1466), der in einer sehr unruhigen Zeit lebte. Herzog Heinrich war drei Male vermählt 1 ); die erste Gemahlin hieß Jutta, die zweite war Ingeburg, des Herzogs Bugislav VIII. von Pommern Tochter. Aus der zweiten Ehe mit Ingeburg hatte der Herzog einen Sohn Ulrich II., seinen einzigen Sohn, mit dem späterhin die fürstliche Linie Meklenburg=Stargard erlosch. Aber auch die zweite Ehe des Herzogs war nicht von langer Dauer; denn schon im J. 1452 vermählte sich derselbe zum dritten Male mit Margarethe, des Herzogs Friedrich des Frommen zu Lüneburg († 1478) und Magdalenen's von Brandenburg Tochter; die Ehepacten sind am 4. Sept. 1452 abgeschlossen und enthalten unter vielen Bestimmungen vorzüglich, daß Margarethe ihrem Gemahle 8000 Mark lübisch als Brautschatz zubrachte, die ihr Gemahl mit einer gleichen Summe verbesserte 2 ). Sie schenkte ihrem Gemahle zwei Töchter, Magdalene und Anna, von denen die ältere, zwei Male vermählt, ihre Mutter überlebte, die jüngere aber ein Jahr vor
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ihres Vaters Tode geboren, ins Kloster gegeben und vor ihrer Mutter begraben ward. Der Herzog Heinrich II. starb im J. 1466 und ward in der Kirche des Kloster Wanzka begraben. Seine Wittwe überlebte ihn noch 46 Jahre lang. Dem Herzoge Heinrich II. folgte in der Regierung sein einziger Sohn Ulrich II. Ulrichs Gemahlin Katharine, der letzte Sproß des im Mannesstamme im J. 1436 ausgestorbenen Fürstenhauses Werle, hatte ihm nur zwei Töchter geboren. Um mit männlichen Erben gesegnet zu werden, unternahm er im J. 1470 bis Februar 1471 eine Wallfahrt nach Jerusalem und nach dem Berge Sinai zum Grabe der heiligen Katharine. Aber seine Gebete wurden nicht erhört; im kräftigsten Mannesalter ereilte ihn der Tod am 13 Julii 1471 und mit ihm erlosch das Fürstenhaus Meklenburg=Stargard in männlicher Linie; seine Leiche ward ebenfalls zu Wanzka begraben. Am 9. März 1477 starb nach vierzigjähriger Regierung auch der Herzog Heinrich IV. von Meklenburg=Schwerin.
Das Fürstenhaus Meklenburg war um diese Zeit schwer mit Schulden belastet, und dazu waren drei fürstliche Wittwen, drei Hofhaltungen und zwei nachgebliebene Prinzessinnen zu erhalten 1 ).
Die verwittwete Herzogin Margarethe mag sich in den ersten Zeiten nach dem Tode ihres Gemahls bei ihrem Stiefsohne Ulrich oder auf ihrem Leibgedinge Plau aufgehalten haben. Nach dem Aussterben der fürstlichen Linie Stargard scheint sie aber Meklenburg, wenigstens hin und wieder auf einige Zeit, verlassen und ihre Heimath zum Aufenthalte gewählt zu haben; im J. 1473 war sie zu Celle, als sie ihre Tochter Anna aus dem Kloster Wienhausen nahm. Diese war im J. 1469 als sie 4 Jahre alt war, in das Kloster Wienhausen gegeben, aus diesem aber herausgenommen und im J. 1473 in das Kloster Ribnitz gebracht, wo sie auch blieb und starb 2 ).
Wie es aber in alten Zeiten oft den fürstlichen Wittwen ging, namentlich wenn sie ausgestorbenen Linien angehörten und ihr Leibgedinge verließen, so konnte auch Margarethe nicht zu ihrer "Leibzucht" gelangen, da die Zeiten schlecht waren. Schon im J. 1473, also sehr bald nach dem Aussterben des Hauses Meklenburg=Stargard, begannen die Verhandlungen über die Leibgedingsforderungen der herzoglichen Wittwe zwischen den herzoglichen Häusern Meklenburg und Lüneburg, bis sich
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die Verhandlungen im J. 1492 zu Streitigkeiten ausbildeten, welche bis zum Tode der Herzogin dauerten und unter denen die Herzogin am meisten zu leiden hatte.
Als nun Margarethe nicht zu ihrem Rechte gelangen und sich ihrem Stande gemäß nicht halten konnte, auch ihre jüngere Tochter Anna im Kloster Ribnitz im J. 1498 gestorben war und ihr Herz sich nach Ruhe sehnte, thaten "die hohen Häupter ihrer Verwandtschaft bei unterschiedlichen Klöstern Ansuchung, daß sie möchte eingenommen werden. Da aber keines dazu geneigt war, so ward sie um das Jahr 1498 in das Kloster Wienhausen 1 ) einlogiret, wider der ganzen Versammlung Willen. Bei ihrem Eintritt wurden ihr zwar große Einkünfte von den fürstlichen Personen versprochen, sie hat aber mit großer Mühe wenig erhalten können. Sie lebte in einer Dürftigkeit, die man von einer solchen Person nicht hätte vermuthen sollen." Es ging ihr so kümmerlich, daß sie ihre Tochter im Kloster Ribnitz nicht unterstützen konnte, indem diese am 7. Aug. 1482 den Herzogen von Meklenburg klagt, daß sie "in großer Armuth und Schulden" lebe und oft "Hunger und Durst leiden" müsse, und dieselben um die nothdürftigste Kleidung bittet. Um die Zeit ihres Eintrittes in das Kloster Wienhausen hatte die Herzogin Margarethe ihre Forderungen an Meklenburg ihrem Neffen Herzog Heinrich d. j. von Lüneburg zur Einforderung übertragen, erhielt aber durch dessen Bemühungen auch nichts, so daß sie von den Almosen ihrer Verwandten lebte.
Margarethe lebte nun vom J. 1498 an bis zu ihrem Tode 1512 ununterbrochen in dem Kloster Wienhausen 2 ), in welchem das Herz ihrer Mutter ruhte (vgl. unten S. 38) und ihre Tochter ihre Kinderjahre verlebt hatte. In der bei ihrem Tode abgefaßten Eintragung in das Todtenbuch 3 ) des Klosters Wienhausen wird ausdrücklich gesagt, daß sie bis zu ihrem Tode 1512 ungefähr 14 Jahre in dem Kloster ununterbrochen gelebt habe ("illustris domina Margareta ducissa de Stergerde annos ferme XIIII in hoc cenobio continuavit"). Eine Chronik des Klosters 4 ) erzählt, "sie habe 13 1/2 Jahr im Kloster zugebracht".
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Ueber ihr Leben giebt eine Chronik des Klosters Wienhausen 1 ), welche durchaus zuverlässig erscheint, indem sie mit allen urkundlichen Angaben übereinstimmt, willkommenen Aufschluß, wie sie auch über die Aufnahme der Herzogin in das Kloster berichtet. "Ihre Kleidung im Kloster war zwar weltlich, ihr Gemüth aber religiös und andächtig, und sie that nichts ohne Vorbewußt der hochwürdigen Frau Aebtissin, nicht anders als wenn sie ihr zum Gehorsam untergeben wäre. Und wenn sie auch für ihre Person es nicht so vollkommen im Leben hatte, so theilte sie doch den Jungfrauen fleißig von dem Wenigen mit, um ihr geneigtes Gemüth zu zeigen", und bedachte am Ende das Kloster reichlich. Die Herzogin Margarethe lebte in dem Kloster Wienhausen unter der Aebtissin Katharine II. Remstede aus Lüneburg (1501- 1543), von welcher noch jetzt mehrere Kunstwerke auf dem Nonnenchore des Klosters zeugen, namentlich der große vortreffliche Altar 2 ) vom J. 1519, welcher Namen und Wappen der Aebtissin trägt.
Am 15. Julii machte die Herzogin Margarethe zu Wienhausen ihr Testament 3 ). Nachdem ihre ältere Tochter, die sie 11 Jahre überlebte, nach dem Tode ihres ersten Gemahls sich zum zweiten Male wieder vermählt hatte und ihre jüngere und unverheirathete Tochter gestorben war, dachte sie nur an das Heil ihrer Seele. Sie verordnete zuerst und vorzüglich, daß ihr Leichnam im Kloster Wienhausen zur Erde bestattet werden solle. Darnach vermachte sie dem Kloster 100 rheinische Gulden, von deren Renten ihr jährlich Gedächtnißfeiern an ihrem Sterbetage sollten gehalten werden, zwei von den Klosterjungfrauen allein auf ihrem Chore, die dritte von den Kapellanen und vier frommen Priestern in der Kirche, wie Fürstinnen=Memorien gehalten zu werden pflegten. Von den Renten sollten ferner die Klosterjungfrauen und Conversen zwei Male im Jahre, in den Advent= und Fastenzeiten, jede ein Viertheil, (vêrndê = 1/4 Pfund?) Mandeln, und die Kinder die Hälfte, haben, um für sie zwei "Seelbäder" zu halten, bei denen jede den Rosenkranz Marien lesen sollte; sie dachte also auch sehr freundlich an das Vergnügen der Jungfrauen.
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ferner vermachte sie der Klosterversammlung 40 rheinische Gulden, von deren Renten jede Klosterjungfrau 1 Elle breiter Leinwand zu ihrer Nothdurft haben sollte. Endlich vermachte sie den Klosterjungfrauen, "ihren lieben Kindern", all ihr Gut, das sie nachlassen würde, ohne Ausnahme, und all ihr Silbergeräth, jedoch unter der Bedingung, daß ihre Tochter oder deren Kinder dieses für baares Geld an sich bringen könnten, wenn sie dazu Neigung haben würden. Hiefür sollten die Nonnen ihrer fleißig in ihren Gebeten gedenken. Alle diese Vermächtnisse kamen nach dem Tode der Herzogin zur Ausführung, wie die Aufzeichnung in dem Todtenbuche 1 ) des Klosters beweiset.
Nachdem Margarethe sich in dem Kloster Wienhausen zur Ruhe gesetzt und eingewohnt hatte, dachte sie mit Ernst daran, ihre meklenburgischen Forderungen einzutreiben. Bei ihrem Eintritt in das Kloster hatte sie ihrem Vetter Herzog Heinrich dem jüngern ihre Forderungen "zur Einmahnung gänzlich aufgetragen"; da er aber ihres Bedünkens "bei der Forderung nicht so stark gewesen war, als wohl von Nöthen, vielleicht um die meklenburgischen Herzoge nicht zu erzürnen, so fand sie sich am 18. April 1507 verursacht 2 ), ihren Auftrag zu widerrufen und ihre Urkunden zurückzufordern, damit sie zum Behuf ihrer Erhaltung andere Wege einschlage, weil sie zu einem paßlichen Handel zu kommen wisse." Alle Wege führten aber zu nichts. Die Verhandlungen zwischen den Herzogen von Lüneburg und Meklenburg dauerten ohne Erfolg bis zu dem Tode der Herzogin und hörten gleich nach ihrem Tode im J. 1512 gänzlich auf; noch zuletzt im J. 1512 bald nach dem Tode der Herzogin bestritten die Herzoge von Meklenburg den Herzogen von Lüneburg die Rechtmäßigkeit ihrer Forderung, und damit verschwindet die ganze Sache aus der Welt.
Nach einem leidenvollen Leben entschlief die Herzogin Margarethe am Stillen Freitage (9. April) des Jahres 1512; in dem Todtenbuche des Klosters Wienhausen 3 ), in welche ihr Andenken und ihre Wohlthaten ungewöhnlich ausführlich eingetragen sind, wird ausdrücklich und besonders gesagt, daß sie am Stillen Freitage ("in die parasceves obiit "Margareta ducissa de Stergerde") gestorben sei, und der Stille Freitag fiel im J. 1512 auf den 9. April. Die Herzoge von Meklenburg verordneten sogleich nach Empfang der Todesnachricht, daß in ihren Landen bis Pfingsten für sie
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Seelenmessen gehalten werden 1 ) sollten. Aus einem Briefe 2 ) des Herzogs Heinrich d. j. von Braunschweig=Lüneburg vom 29. April 1512 geht hervor, daß sie damals todt war.
Am nächsten Tage nach ihrem Tode ward nach ihrem Testament ihr Leichnam in dem Kloster Wienhausen in der Allerheiligen=Kapelle begraben und ein Leichenstein auf ihr Grab nachgelegt. Die Allerheiligen=Kapelle (vgl. oben S. 11) ist eine sehr kleine Kapelle, welche an den Mittelgang zwischen den beiden Kreuzgängen des Klosters angebauet ist, so klein, daß nur ein Altar und drei Leichensteine neben einander darin Platz haben. Wahrscheinlich ist diese Kapelle von der Aebtissin Katharine, Gräfin von Hoya (1422-1474), deren Mutter eine braunschweig=lüneburgische Prinzessin war, erbauet und mit Wandmalereien und Glasgemälden geschmückt. Im J. 1454 ward das Herz der Mutter der Herzogin Margarethe in der Kapelle niedergelegt, deren Leichnam aber im Kloster Scharnebeck begraben; ihre Mutter Magdalene war eine Tochter des Kurfürsten Friedrich I. von Brandenburg und Gemahlin des Herzogs Friedrich des Frommen von Braunschweig=Lüneburg. Die genannte Aebtissin Katharina von Hoya war die erste Aebtissin, welche 1474 in der Kapelle begraben ward; ihre Vorgängerin während der Zeit ihrer Resignirung und ihre Nachfolgerin wurden noch vor der Kapelle begraben. Die Kapelle war daher von ungewöhnlicher geschichtlicher Bedeutung, und späterhin während der Reformation versammelten sich die katholisch gesinnten Nonnen in dieser Kapelle zum Gottesdienste. Wahrscheinlich ward die Herzogin Margarethe in der Mitte der Kapelle vor dem Altare begraben. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurden gewöhnlich die Aebtissinnen in dieser Kapelle begraben. Daher ist das Grab der Herzogin gewiß wiederholt aufgebrochen. Seit einem halben Jahrhundert ist aber die Kapelle ganz vernachlässigt, wüst und dunkel; die weichen Leichensteine sind abgetreten, versunken und mit Staub bedeckt; es ist daher, namentlich bei der Dunkelheit der Kapelle, nicht möglich, auf den Leichensteinen etwas zu erkennen. Es ist jedoch wahrscheinlich, daß der mittlere von den drei Steinen der Leichenstein ist, welcher auf das Grab der Herzogin gelegt ward; in der Mitte scheint dieser Stein kein Bild gehabt zu haben, jedoch umher eine Umschrift in junger Minuskelschrift.
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Margarethens Testament ward nach ihrem Tode, wie das Todtenbuch 1 ) des Klosters berichtet, erfüllt. Außer dem, was sie dem Kloster durch ihr Testament vermacht hatte, hatte sie an dasselbe viel gewandt: sie hatte 70 Mark zur Erhaltung der Klostergebäude, 8 Mark zur Restauration der Uhr, ein Fenster im Nonnenchor ("capitolium"), vielleicht eines der gemalten Fenster, und eines im Fleischhause, eine rothe Casel 2 ) und drei Alben 3 ) zum Meßgewande, einen Leuchter mitten auf dem Nonnenchor, wahrscheinlich den noch stehenden, schön geschnitzten vergoldeten und bemalten Leuchter, 8 silberne Löffel, 5 silberne Becher, 4 große Kessel und 15 kleinere für die Badestube, 23 Zinnerne Krüge, ferner Schüsseln, Töpfe, Becken, Teller, Roste, Mörser, und endlich ihren ganzen Nachlaß an Kleidern und Geräthen aller Art dem Kloster geschenkt.
"Gott erquicke ihre Seele", sagt die Chronik des Klosters zum Schluß.
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Nr. 1.
Chronik des Klosters Wienhausen über die Herzogin Margarethe von Meklenburg=Stargard.
1499 - 1512.
Unterdessen kam es mit der Frau von Stargerd, nachdem ihr Herr gestorben und die fürstlichen Güter in fremde Hände geraten, dahin, daß sie sich ihrem Stande gemäß nicht mehr halten konnte, weshalb die hohen Häupter bei unterschiedlichen Klöstern Ansuchung gethan, daß sie möchte eingenommen werden. Da aber keins dazu geneigt war, ward sie ums Jahr 1499 in das Kloster Wienhausen einlogiret, wider der ganzen Versammlung Willen. Beym Eintritt wurden ihr zwar große Einkünfte von den Fürstlichen Personen versprochen, sie hat aber mit großer Mühe wenig erhalten mögen. Nichts desto weniger, obgleich sie für ihre Person es nicht so vollkommen bekommen, hat sie doch von demselben denen Jungfrauen fleißig mitgetheilt und ihr geneigt Gemüth gezeigt. In solcher Dürftigkeit, die man von solcher Person nicht hatte vermuthen sollen, hat sie 13 Jahr im Kloster zugebracht und ein halb Jahr. Ihr Habit war zwar weltlich, ihr Gemüth aber religiös und andächtig, that nichts ohne Vorbewußt der hochwürdigen Frau Abtissin, nicht anders, als wäre sie ihr zu Gehorsam untergeben. Dann Anno 1512 am Stillen Freitag hat sie dies Zeitliche quitirt, und ist am folgenden Tag in ihre Ruhkammer gesetzt, nämlich in die Capelle Aller Heiligen, und einen Stein zur Decke bekommen.
Was sie an Barschaft gehabt, hat sie alles der jungfräulichen Versammlung vermacht, und ihre Schulden bey Leb=
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zeiten entrichtet. Es stehet aber die Vermächtniß in folgendem: "Einer jedweden Jungfrau jährlich ein gewisser Theil Mandeln. Eine Elle Leinewand, da der eine Theil der Versammlung dieses Jahr solche zu genießen hätte, der andere Theil des folgenden Jahres, jedweden Jungfer 1 Ellen".
Ferner hat sie zum stetswährenden Gedächtniß ein Stück Geld dem Kloster vermacht. Gott erquicke ihre Seele. Item einen Leuchter mitten auf den Chor aufzuhängen. Item ein rothes Meßgewand und etliche Chorröcke. Item silberne Löffel, silberne Becher, zinnen Geschirr und andere Hausgeräthe.
Aus der Chronik des Klosters Wienhausen, nach einem Auszuge von dem königlichen Bibliothekar und Historiographen Hofrath Gebhardi auf der königl. Bibliothek zu Hannover, gedruckt in Spiel und Spangenberg Neuem Vaterländischen Archiv des Königreichs Hannover, Band III, 1823, S. 1 flgd., in dem Aufsatze: "Die Prinzessin von Stargard", vom Regierungsrath Blumenbach in Hannover. "Diese Chronik fand sich auch in dem Volumine Mss. historicorum des Raths Pfeffinger, und ist ihm wahrscheinlich aus dem Kloster mitgetheilt worden. Auch Leuckfeld in seiner historischen Nachricht von dem Jungfrauen=Kloster Wienhausen (hinter seinen Antiquitatibus Katelnburgens.) hat sie benutzt. Sie scheint in einem katholischen Kloster um das Jahr 1512 geschrieben und aus dem Lateinischen oder Plattdeutschen nachmals ins Hochdeutsche übersetzt zu sein". - - "Gebhardi setzt wohl mit Recht die Zeit, in der er schrieb, in die letzten Lebensjahre dieser Fürstin; es scheint, er hat sie gekannt, oder doch viel von ihr gehört".
Nr. 2.
Die Herzogin Margarethe von Meklenburg-Stargard, geborne Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, macht ihr Testament.
D. d. Wienhausen. 1504. Julii 15.
In dem nâmen der hilghen drêuoldicheit, des
vâders vnde des sônes vnde des hilligen geistes.
Wii Margareta, gebôrnne van Brunswick vnde
Luneborch, hertogynne to Mekelenborch vnde
Stargarde
., wedtwe, hebbe mit suntheit
vnses lîues, vornufft vnser synne vnde wol
berâdem môde betrachtet, dat vppe erden
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nicht wissers isz, wan de bittere dodt, vnde nicht vnwissers, wen de stunde des dodes. Deme nha dat nhu forbath neyne erringe noch twîdracht vnses nâgelâten gûdes haluen wii nâlâtende werden irwassen dorffe vnde van kôrnen môge, setthen wii iêgenwardigen vnse vullenkômen testament vnde lâtesten willen vnses nâgelâten gûdes, ôk dat wii bii vnsem leuende alrêde vorgeuen vnde bestediget hebhen, êwichliken to holdende. Int êrste beuelen wii na cristliker wîse vnse armen sêle dem alinechtigen êwigen gode vnde allem hymmelschen hêre. Dâar nha beghêren wii vnsen lîcham alhîre int clôster to Winhusen na gelôffliker vnde landtszetliker wîse myt vigîlien vnde sêlemissen tôre erden môge bestediget werden. Dâr nha geuen wii iêgenwardigen, glîck wii vôrmâls alrêde gedân herben, den werdigenne vnde innigen iunckfrouwen ebdisschen, prîorynnen vnde der gantzen sâmmelinge alhîr to Winhusen, vnsen lênen kinderen, hundert rhînische gulden, dâre vôr vnde vanne schal nien vns iârlikes van holdenn drê êwige memôrien, twê scullen de vpgenanten iuncfrouwen bii sick holden alleyne vpne oreme chore, sunderen de drudden memôrien scal inen holden vppe de iârtiidt, alze vns de almechtige god alhîr vanne dussem iammerdâle hêsschende wert, mit prêsencien vnsen cappellânen vnde veir anderen frommeden prêsteren, de men dâr to iârlikes scal vorbôden vnde hêsschen lâten, na landtszetlicker wîse . . . . to beghânde vnde na ghewônthe des clôsters to Winhusen, alze men alhîr der ffurstynnen memôrien plecht to holdende. To der suluen tiidt scal me lesen den salter In spiritu humilitatis. Ock scal men dâr an geuen vth der ebdye des suluen clôsters den vôrgnanten iuncfrouwen vnde conuerszen to twên tiiden iârlickes, nômptlicken eyns in deme aduente vnde eyns in der hilgen vasten, îsliker persônen eyn vêrndêl mandelen vnde den anderen kinderen dârsulues de glîcken helffte, vnde holden twê sࡖlebâde vôr ore zêle, vnde to den twên tiiden, wen men de twê zêlebâde holth, denne so scal me lesen eyne etlick iuncfrûwe den rôsenkrantz Marien. Ock hebbe wii vpgnante furstynne der vôrgescreuen ebdissche vnd sâmmelinge noch forth gedân XL rhînselie gulden, dâr vôr schal men iârlickes gheuen deme suluen conuente îsliken l brêde eilen lênnewandes, sick to brûkende to syner nôtrofft. Hîr en bôuen geuen wii vîl-
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gnante ffurstinne den îrgedachten ebdisschen, prîorinnen vnde der gantzen sâmmelinge tho Winhusen, vnsen leuen kinderen, alle vnse nâlâten gûd, edt sye bewechlick edder vmbewechlick, grôth edder kleyne, nichtes dâr vanne vthgesunderth, in rêdeschup edder sculden, wo men dat benhômen mach, vnde iô vnse suluerwerck, mit deme vnderschêde, dat edt vnse dochter edder ore kindere weddervmbe vôr rêde golt edder ghelt lôszen môgen, iô twê lôth vôr eynen rhînschen gulden to rekende. Dâr vôre scullen se vnser vnde vnser eruen zêle vnde aller anderen, dâr van wii vnde de van vns gekômen sîn, in orem innigen gebede gedencken vnde flitigen den almechtigen godt vôr vns bidden. Desses to furder ôrkunde der wissenheit vnde ôck vnwedderrôpelich alzo to blînende, wo bôuen screuen, hebben wii vnse ingesegel witlicken vppet spacium dusses brêffes gedrucket hêthen, na Cristi vnses heren gebôrth veffteinhundert ime vîrden iare, ame dâge Diuisionis apostolorum.
Aus dem Archive zu Wienhausen, gedruckt durch H. Böttger zum Nekrolog des Klosters Wienhausen in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, Hannover, 1855, S. 235.
Nr. 3.
Die Herzogin Margarethe von Meklenburg=Stargard widerruft die dem Herzoge Heinrich dem jüngeren von Braunschweig=Lüneburg gegebene Vollmacht zur Einforderung ihrer Leibzucht von den Herzogen von Meklenburg.
D. d. 1507 April 18.
Wat wy ehre, leues vnnd gudes vormogen, myt
angeborner truwe touorn. Hochgebornn furste,
fruntlicke, leue vedder. So wy juwer leue
vormals, ock nu vnlanges in eygener personen,
vnnser lifftucht haluen by den hochgebornn
fursten vnnsen ohmen van Mecklnborg
. vorscreuen to sprake gewest,
welker lifftucht wy j. l. in etliken vorlopen
jaren hadden gentzlick vpgedragen, desuluen by
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den vpgnanten fursten to manende vnd to forderende, so dat j. l. to allen delen wol bewust, so vormerken wy, dat j. l. etlicken flyt, des wy j. l. bedancken, darin angewant hebben vnnd doch, alße wol van noden, so starck in der forderinge nicht gewest synt, villichte dat j. l. de gnanten vnnse ohme nicht gerne darahnn vortornen mogen. Wo dem allen, fruntlicke, leue vedder, vnnd so wy dersuluen lifftucht neynen trost effte forderinge by j. l. befynnden, werden wy vororßaket, sodan vpdracht vnnd vorlatinge j. l., de doch myt sodanen varworden, dat j. l. de ßake ock nicht by syck leggen scholden gescheen, to wedderropende vnnd wedderropen de ock jegenwordigen in dussem vunsem breue vnnd gedenncken (wyl got) darvmme ander wege to gebrukende. Bidden hirvmb daryn j. l. fruntlick, ße willen vnns vunse breue vnnd allerleye vunse gerechticheyt dar vp entfanngen, wedder to vunsen handen kommen laten, dan wy vnns sust eyns drechliken handels wetten to ouerkomen, to behoiff vnnser erholdinge, ock nach vunsem dotlicken affgange to behoiff vnnser zelen salicheyt, dat wy juwer leue allet im besten to erkennende to geuende nicht vorentholden wolden, de wy hirmede gode dem almechtigen alle tydt wolmogende frisk vnnd geßunt beuelhen. Datum Sondags Misericordia domini, Anno eiusdem vefftehnnhundert feptimo.
Van goddes gnadenn Margareta, gebornn
hertogynne to Brunswig vnnd Luneborg,
hertogynne to Mecklnborch vnnd Star=
garde.
Dem hochgebornn fursten, herrnn
Hynricke
dem jungern, to Brunswig
vnnd Luneborg
hertogen
., vnnßem
leuen veddernn.
Nach dem Originale, im großherzogl. meklenb. Geh. und Haupt Archive zu Schwerin. Der Brief ist mit dem Siegel der Herzogin auf grünem Wachs mit Papierdecke besiegelt. Das Siegel zeigt einen Schild, welcher einmal queer getheilt und oben längs getheilt ist. In diesen drei Abtheilungen steht: 1. oben rechts: der meklenburgische Stierkopf; 2. oben links: zwei Leoparden über einander, für Braunschweig; 3. unten: eine Löwe, für Lüneburg. Umhergelegt ist ein faltiges Band mit einer Inschrift, welche jedoch fast unleserlich ist:
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Nr. 4.
Todtenbuch des Klosters Wienhausen über die Herzogin Margarethe von Meklenburg-Stargard.
1512. April 9.
April
fes. |
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† | Anno domini M°. d°. XII° In die parasceues Obiit digne memorie illustris domina Margareta duxissa de stergerde. que annos ferme XIIII in hoc cenobio continuauit. dedit C florenos pro memoria. LXX a pro monasterii sustentacione. VIII pro horologii restauracione. rubeam coccineam casulam. tres albas. VIII argentea coclearia. V e argenteos cyphos. IIII maiora caldaria. et XV cim mediocra pro balneo. XIII a stannea vasa. certos pelues. ollas. lebetas. patellas. craticulas. mortarium. omniaque sua bona tam in vestimentis quam in aliis rebus et vtensilibus. fenestram in capitolio et in domo carnium. V e libros. vnicuique personarum per duorum annorum circulum vlnam linei panni. singulisque annis amigdalorum quartale sollicitauit. |
Aus dem Nekrolog des Klosters Wienhausen, herausgegeben von H. Böttger in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen, Hannover, Jahrgang 1855, S. 202. Die Eintragung ist von der gleichzeitigen Hand 2. Böttger bemerkt dazu:
Note 64. S. 234 flgd. Margarete, eine Tochter des Herzogs Friedrich (des Frommen) von Braunschweig=Lüneburg, war mit dem Herzoge Heinrich II. von Meklenburg=Stargard vermählt. Nach dem Tode desselben nahm sie 1499 Wohnung im Kloster Wienhausen (Chron. S. 99), wo sie am 8. (?) April 1512 starb und Tags darauf in der Kapelle Allerheiligen daselbst beigesetzt wurde (Chron. S. 33). Vgl. über dieselbe das Vaterländische Archiv, Jahrg. 1823, S. 1-9. Ihr im Archive zu Wienhausen aufbewahrtes Testament vom 15. Julii 1504 lautet also:
. - Der Stille Freitag (dies parasceves) fiel im J. 1512 auf den 9. April.
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Nr. 5.
Die Herzoge von Meklenburg=Schwerin verordnen in den Kirchen der Städte und der Klöster der meklenburgischen Lande Vigilien und Seelenmessen für das Seelenheil der verstorbenen Herzogin Margarethe von Meklenburg=Stargard.
D. d. (1512, um Ostern).
Lieben getrewen. Noch deme weylant die hochgeborne furstynne fraw Margarethe geborne von Br. vnd Luneburg, herzogyn zcu Meckelnburg, der Natur mit dem tod ire schult hat bezcalt, der zelen der almechtige got gnedig vnd barmherzig sein wolle, Szo begern wir, wollest verfugen, das in den Steten vnd klostern deynes ampts Jrer lieben zele zum troste zcwischen hir vnd pfingsten mit vigilien vnd zelemissen gedacht, darvnder der almechtige für Jrer selickeit gebeten werde, Dor ane thustu vns gut gefallen, Jn gnaden ken Dir zcu beschulden.
Nach dem undatirten Concepte im großherzogl. meklenburg. Staats=Archive von des Canzlers Caspar v. Schöneich Hand, in dessen Handschrift aus den ersten Zeiten seiner Amtsführung. Die Herzogin Margarethe starb am Stillen Freitage (9. April) des Jahres 1512 im Kloster Wienhausen; der erste Ostertag fiel daher auf den 11. April. Die Nachricht von ihrem Tode wird also gegen das Ende der Osterwoche nach Schwerin gekommen sein. Daher kam die Verordnung, daß die Todtenfeiern bis Pfingsten dauern sollten. Die Verordnung ist zwar nur in einem Concepte von der Hand des Canzlers Caspar von Schöneich vorhanden, also vom schweriner Hofe ausgegangen; es ist aber ohne Zweifel, daß sie für alle Landestheile galt. Der Befehl ist sicher an die Amtshauptleute des Landes erlassen.
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Nr. 6.
Der Herzog Heinrich der jüngere von Braunschweig=Lüneburg erbietet sich gegen die Brüder Friedrich, Kurfürsten, und Johann, Herzoge von Sachsen, den rechtlichen Grund seiner Forderungen an die Herzöge Heinrich und Albrecht von Meklenburg wegen der verstorbenen Herzogin Margarethe von Meklenburg=Stargard zu beweisen, und wünscht gütliche und rechtliche Unterhandlung.
D. d. Wittenberg. 1512. April 29.
Hochgebornne fursten, fruntliche, liebe herrn vnd
schweger. E. l. haben mir gestern ain brif
vorhalten lassen, an e. l. von dem hochgebornnen
fursten, meinem lieben ohem, hertzog Heinrich
von Meckelburg
. ausgangen, darynnen sein lieb
vnder anderm ruren, ich dy vngegrundten
hanndlung vnd anfordrung herkomende von der
hochgebornnen furstin, frawen Marggreten, geborn
von Brunschwig, weyllend hertzogin zu Mekelburg,
in der verfassung, so zwischen dem hochgebornnen
fursten, auch meinem lieben ohem, hertzog
Albrechten von Meckelburg
., vnnd Elsen, meiner tochter,
aufgericht, het fallen lassen; mich nu derhalb
in antwurt zu geben, ist dismals an not; mein
fruntlich bit ist aber, wie vilmaln gescheen, e.
l. wollen sich mit der sach als vil bemuhen, das
genante meine ohem von Mekelnburg vor e. l.
erscheinen mögen, da ich mit meinen briuen vnd
sigeln vnd anderm komen moge. Wo ir liebe den
meine anfordrung vor euer beider liebden, wie
billich, vngegrundt machen, weis ich mich der
anfordrung wol zu enthalten, des mich e. l.
gutlich vnnd rechtlich sollen zu weysen haben;
wo e. l. auch mein sach gegrundt befunden,
zweiuelt mir nit, e. l. werden alsdan zwischen
iren liebden vnnd mir wol zu zcimlichen mitteln
trachten, der ich e. l. auch nit enthoren wil,
dan ich vil bas geneygt, iren liebden fruntlich
dinst zu erzaigen, dan die mit vngegrunten
sachen zu beschwern; hof auch hinwider, ire lieb
mein anfordrung mit solchen antwurten, wie noch
gescheen, nit beylegen konnen. Wen wir aber vor
e. l. zu allen tailen komen, haben e. l. den
grundt der sachen bald vernomen, den e. l. mein
in der
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fach gegen iren liebden zum rechten der gute vnnd
aller billigkait gantz an mitel vnd einrede
macht haben sollen, Darumb werden e. l. mein
hohe erbieten wol behertzigen vnd dy sach zu
furderlichem auftrag bringen, das ich vmb e. l.
in alweg zu uerdinen geneygt. Datum Witenberg
mit meiner handt am Dornstag nach Misericordia
domini, Anno
. XII.
Heinrich der junger, herzog zu Brun=
ßwig vnd Luneburgk.
Den herrn Friderichen, churfursten
.,
vnnd hern Johansen,
gebruder, hertzogen
zu Sachssen
.
Nach einer gleichzeitigen Abschrift im großherzogl. meklenburg. Geh. u. Haupt Archive zu Schwerin.
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:
Tochter
des Herzogs Heinrich II. von Meklenburg-Stargard,
von
G. C. F. Lisch.
W enn auch nicht mit Einfluß eingreifend in das Leben des fürstlichen Hauses und des Landes, ist das Leben der Prinzessin Anna von Meklenburg doch ein Bild des tiefen Leidens in einem heimischen Fürstenhause, und die Erkenntniß dieses stillen, schon öfter besprochenen Lebens ist zur Vervollständigung eines Gesammtbildes jener Zeit nothwendig und von einer gewissen Bedeutung. Anna war die jüngste Tochter des Herzogs Heinrich II. von Meklenburg=Stargard, des vorletzten Regenten dieses Fürstenhauses, aus dessen dritter Ehe mit des Herzogs Friedrich des Frommen von Lüneburg Tochter Margarethe (vgl. oben S. 33). Der Herzog Heinrich II. starb im Sommer des Jahres 1466 und hinterließ seine dritte Gemahlin Margarethe als trauernde Wittwe mit zwei Töchtern; ihr Stiefsohn Herzog Ulrich II. war der einzige und letzte männliche Sproß des Hauses Stargard und Regent des Landes.
Die Prinzessin Anna war im J. 1465, also ein Jahr vor dem Tode ihres Vaters, geboren. Dies wird nicht nur von dem mit ihrem Leben wohl bekannten Slagghert in seiner plattdeutschen Chronik 1 ) des Klosters Ribnitz berichtet, wenn er sagt:
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"Anno MCCCCLXV Hertoch Hinrick, eyn Vorste tho Stergart, van syner Vorstynnen heft entfangen ene schone dochter ghenomet Froychen Anna", sondern auch durch alle folgenden Zeitangaben bestätigt. Ihre Mutter mag sich mit ihren beiden Töchtern in den ersten Zeiten bei ihrem Stiefsohne, dem regierenden Herzoge Ulrich, oder auf ihrem Leibgedinge Plau aufgehalten haben.
Im J. 1469 als Anna vier Jahre alt war, ward sie von ihrer Mutter zur Erziehung in das lüneburgische Kloster Wienhausen 1 ) an der Aller bei Celle gegeben, sei es daß der Mutter die Erziehung der Tochter schwer ward, sei es daß die Aeltern sie in Folge eines Gelübdes diesem Kloster weihten, welches dem lüneburgischen Fürstenhause besonders lieb war und in welchem das Herz der Großmutter der Prinzessin ruhte (vgl. oben S. 11 u. 38). Hier blieb Anna ungefähr vier Jahre, bis sie acht Jahre alt war. Slagghert sagt:
"Deße sulue Anna, do se olt Was IV Jahr, er Here Vader myt erer Moder hebben ße vorantwardet in eyn Juncfrowen Closter ghenomet Winhußen, dar se blef bet dat fe olt was VIII Jar".
Auch das Todtenbuch des Klosters Wienhausen berichtet bei ihrem Tode, daß sie früher in diesem Kloster drei Jahre gelebt habe ("quondam huic monasterio per tres annos associata"). Slagghert irrt jedoch entweder darin, daß ihr Vater und ihre Mutter sie in das Kloster gegeben, da ihr Vater längst gestorben war, oder er will seine Worte so verstanden wissen, daß sie in Folge eines Gelübdes oder Wunsches ihres Vaters, als er noch lebte, und ihrer Mutter in das Kloster gekommen sei.
Ueber den Eintritt der Prinzessin Anna in das Kloster Wienhausen und ihr Leben daselbst giebt die Chronik 2 ) des Klosters Wienhausen folgende Erzählung:
"Nachdem die Abtissin Gertrud Elze 1440 gestorben war, wurde Catharine Gräfin von der Hoia wieder an ihre Stelle gewählt (1440-1469) 3 ). Bei Regierung dieser hochwürdigen Ab=
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tissin ward eine hochadelige Jungfrau, Namens Anna von Stargerd ins Kloster genommen, welche der durchlauchtige Herr, Otto Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, dieser Jungfrau Mutter=Bruder, Gott dem Herrn auf dem Altare der Capelle St. Annen 1 ) darstellte, und verordnete, daß sie wegen ihres Standes keinen Vorzug vor andern haben, sondern den andern Conventualinnen gleich sollte gehalten werden. Drei Jahre hatte sie in dem Kloster zugebracht, und ob sie gleich noch sehr jung, dennoch leuchtete sie an Liebe, Demuth und Freundlichkeit trefflich hervor in aller Gehorsamkeit. Diese stach etliche Mißgünstige gewaltig in die Augen, und besorgten, sie möchte einmal zur Abtissinstelle erhoben werden. Damit sie aber solches hintertreiben möchten, gaben sie dieses Fräulein bei ihren hohen Verwandten fälschlich an (wiewohl unter dem Scheine einer sonderbaren Gunstbezeigung), als verhielte sie sich nicht so, wie ihr zustünde. Wie das die Frau von Stargard, jener Fräulein Mutter, erfahren, hat sie die Abtissin mit ihrer Fräulein Tochter und etlichen Jungfrauen zu sich nach Celle gebeten, und etliche Tage tractirt. Wie nun die Abtissin mit ihrem Fräulein wieder heimreisen wollen, ist ihr das Fräulein mit Gewalt vom Wagen gerissen, und ungeachtet alles Weinens zurückbehalten, da man ihr denn weltliche Kleidung angethan, welche sie zwar wider ihren Willen tragen müssen, jedoch ihre Klosterkleider allemal darunter behalten. Endlich ist sie nach einem Kloster, Ribbenitz genannt, allwo lauter adeliche Jungfrauen, gebracht worden, mit Vorwande, als wenn sie dort zu Wienhausen nicht strenge genug gehalten; mußte
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also wider ihren Willen daselbst leben, und viel Widerwärtigkeit, Verachtung und Noth ausstehen, maaßen das Kloster von ihren hohen Eltern nichts zu genießen hatte und verlassen war".
"Hierüber betrübte sie sich gar sehr, wünschend aller Zeit, dem Kloster Wienhausen wieder einverleibt zu werden, sogar daß sie endlich wegen täglicher Bekümmerniß bettlägerig und sterbend krank ward. Endlich starb sie Anno 1498".
Während die Prinzessin Anna im Kloster Wienhausen lebte, gestalteten sich im Lande Meklenburg die Verhältnisse unerwartet traurig. Am 13. Julii 1471 starb Herzog Ulrich II., der letzte Fürst des Hauses Meklenburg=Stargard, und in diesem fürstlichen Hause waren nun zwei Wittwen und vier Töchter zu erhalten, während das Land an die Herzoge von Meklenburg=Schwerin gefallen war und diese sich um die hinterbliebenen Frauen wenig kümmerten. Die Herzogin Margarethe scheint in ihrem Leibgedinge sehr verkürzt worden zu sein, da sie sich im J. 1473 im Lande Lüneburg aufhielt und seit diesem Jahre die Behandlungen über ihre ihr bestrittenen Forderungen begannen.
In dem J. 1473, als die Herzogin Margarethe zu Celle war, lud sie die Aebtissin Susanne Pottstock (1470-1501) von Wienhausen mit einigen Klosterjungfrauen und ihrer Tochter Anna zu sich nach Celle und behielt diese mit Gewalt zurück, weil sie in Wienhausen, wie die wienhausensche Chronik berichtet, nicht strenge genug gehalten ward.
In demselben Jahre 1473 ward die Prinzessin Anna in das S. Claren=Kloster zu Ribnitz gegeben und für ihr Leben lang dem Klosterleben geweihet. Etwas anders stellt Slagghert die Sache dar, wenn auch in den Hauptsachen übereinstimmend mit der Chronik von Wienhausen. Während die Chronik von Wienhausen darstellt, wie die Prinzessin Anna im Lüneburgischen durch ihre Mutter aus dem lüneburgischen Kloster Wienhausen genommen ward, stellt die Chronik von Ribnitz dar, wie sie im Meklenburgischen durch die Herzoge von Meklenburg=Schwerin in das meklenburgische Kloster Ribnitz gegeben ward; die Veranlassung, wie Anna von Lüneburg nach Meklenburg gekommen sei, ob nach dem Willen ihrer Mutter oder auf Forderung des meklenburgischen Fürstenhauses, bleibt ungewiß. Genug, Anna ward von dem Herzoge Heinrich von Meklenburg=Schwerin und seiner Gemahlin Dorothea von Brandenburg, Mutterschwester der Herzogin Margarethe, mit Zustimmung ihrer Söhne, in das Kloster Ribnitz gegeben, "allwo
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lauter adelige Jungfrauen" waren und welches vorherrschend von Aebtissinnen aus dem fürstlichen Hause Meklenburg, damals von der Aebtissin Prinzessin Elisabeth (1467-1493), der jüngsten Tochter des Herzogs Heinrich und der Herzogin Dorothea, regiert ward. Die Herzogin Dorothea brachte die Prinzessin Anna selbst nach Ribnitz und "opferte sie" am Tage des heiligen Ludwig (19. August) 1473 im Kloster zu Ribnitz der heiligen Clara, "die Tage ihres Lebens daselbst zu bleiben". Anna blieb zuerst in weltlichen Kleidern in dem Kloster Ribnitz zwei Jahre lang. Slagghert berichtet hierüber also:
"Anno MCCCCLXXIII Jn deme dage sunte Ladewyeus des Biscoppes (Aug. 19) de hochghebaren vnd Jrluchtede Vorstynne Froychen Dorothea tho Mekelenborg quam tho Ribbenitz myt deme junghen Froychen Heren Hinrickes tho Stargardt syne dochter Froychen Anna, welcke nu in deme Closter Winhußen, so hir vor ock gesecht ys, hadde ghewest IV Jar lanck, vnd darsuluest, do se olt was VIII Jar, ys vthghenamen van Here vnd Hertich Hinrick vnd siner Vorstynnen Frowe Dorothea, dorch Vulborth ock Hertich Johans, Magnus vnd Balthaßar, syner Kinder, vnd hebben se geoffert tho Ribbenitz in dat Closter, Ordens der hilgen Moder vnd juncfrow sunte Claren, dar suluest tho blyuen, gade tho Leue vnd Salicheyt erer Selen de dage eres Leuendes, vnd also ys Froychen Anna van Stargart dar bleuen in eren werlyken Klederen IIH Jare lanck".
Am achten Tage nach dem Tage des heiligen Ludwig (26. Aug.) des Jahres 1475 ward Anna nach Verlauf von zwei Jahren mit großer Feierlichkeit als Nonne in dem Kloster Ribnitz eingekleidet, als sie in ihrem zehnten Lebensjahre stand. Slagghert sagt:
"Anno MCCCCLXXV in deme achten dage sunte Ladewyges des Byscoppes Froychen Anna, Hertich Hinrickes Dochter tho Stargardt, ys gecledet worden tho Ribbenitze, do se was in crem X Jare, myt groter Werdicheyt".
In dem Verzeichnisse der Wohltäter des Klosters Ribnitz wird von Slagghert auch aufgeführt:
"Froychen Anna, Hertich Hinrickes von Stargardt dochter, hir ghecledet".
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Bald begann die schwere Leidens= und Prüfungszeit für die arme Anna. Mit Recht sagt die Chronik von Wienhausen, die doch nur nach Gerüchten berichtet, sie habe in Ribnitz "wider ihren Willen leben und daselbst viel Widerwärtigkeit Verachtung und Noth ausstehen" müssen, obgleich sie dort unter dem unmittelbaren Schutze des Fürstenhauses lebte. Ihre Mutter konnte ihr auch nicht viel helfen, da sie selbst in der größten Bedrängniß lebte.
Noch lauter als die Beschwerden des Klosters Wienhausen sind die Klagen der Prinzessin Anna selbst. Am 7. August 1482 klagt sie 1 ) den Herzogen von Meklenburg, daß es ihr in allen Dingen sehr nothdürftig gehe und sie große Armuth leiden müsse, da sie mit keiner Geldhebung versorgt sei und oft Mangel an Lebensmitteln habe, vielmehr sich 20 Mark geliehen habe, weil sie sonst hätte Hunger und Durst leiden müssen, daß sie der Kleidung an Kappen (Nonnenkleidern), Decken, Unterröcken, Pelzen, Schuhen und vielen andern Dingen höchst bedürftig sei, und bittet die Herzoge ganz flehentlich, sich ihre Armuth zu Herzen gehen zu lassen und ihr zu ihrer Kleidung mit 16 Ellen schwarzen leidenschen und 20 Ellen weißen englischen Tuches, so wie mit 10 Gulden zu Hülfe zu kommen, damit sie ihre Noth kehren könne. - In Wahrheit ein sehr betrübendes Bild.
Es war also wohl kein Wunder, wenn sie nur Gedanken an ihre Kinderzeit und an das Kloster Wienhausen hatte, wo es ihr Wohl gegangen war, und daß sie in strenger Zucht, Noth und Widerwärtigkeit dahin siechte. "Hierüber", sagt die Chronik von Wienhausen, "betrübte sie sich gar sehr, wünschend alle Zeit, dem Kloster Wienhausen wieder einverleibt zu werden, sogar daß sie endlich wegen täglicher Bekümmerniß bettlägerig und sterbend krank ward. Endlich starb sie Anno 1498."
Zu derselben Zeit, im J. 1498 ward auch ihre Mutter, welche ebenfalls an allem Noth litt und allein nicht anständig mehr leben konnte, in das Kloster Wienhausen "einlogirt", um in stiller Zurückgezogenheit und knapper Beschränkung ihr Leben zu fristen.
Die Prinzessin Anna starb am 7. Januar 1498, erst 33 Jahre alt.
Kurz vor ihrem Tode ereignete sich im Kloster Wienhausen eine Geistererscheinung, welche wohl großes Aufsehen gemacht haben wird, da sie in der oben erwähnten Chronik des Klosters Wienhausen ausführlich also erzählt wird:
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"Nach ihrem (der Prinzessin Anna) Tode hat sichs zugetragen, vielleicht aus göttlicher Schickung, daß sie in dem Kloster Wienhausen erschienen und gesagt: Sie wäre ein Mitglied selbiger Versammlung, man möchte das Gesicht ihrer Frau Mutter, die eben da war, hinterbringen und derselben Namen in ihr Todtenregister eintragen. Zu mehrer Beglaubigmig, daß sie die aus Traurigkeit verstorbene Stargerdin wäre, hat sie einer Jungfrau, die damals Sub=Priorin war, gesagt, ehe vier Wochen zu Ende, würde man sie zu Grabe tragen, wie auch geschehen".
So kam es auch wirklich, wenn man auch an die Geistererscheinung nicht glaubt, und ihr Name ward in das Todtenbuch des Klosters Wienhausen eingetragen. In dem Todtenbuche 1 ) des Klosters Wienhausen ist von gleichzeitiger Hand eingetragen:
Januar. | Anna de Stergerde, nobilis reli- |
E. | giosa in monasterio Ribbenitse, or- |
Epy. | dinis sancte Clare, professa, quon- |
dom. | dam huic monasterio per tres annos |
phiph. | associata. |
Nach dieser Eintragung starb also die Prinzessin Anna am 7. Januar 2 ) und nach der Chronik von Wienhausen im Jahre 1498, in demselben Jahre, in welchem ihre Mutter 3 ) in das Kloster Wienhausen zog, um dort zu leben und zu sterben.
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Die Prinzessin Anna von Meklenburg=Stargard, Nonne im Poster Ribnitz, bittet die Herzoge Magnus und Bthasar von Meklenburg=Schwerin um Unterstützung.
D. d. Ribnitz. 1482. Aug. 7.
Anghebaren leue vnde innich beth an ghod den heren alle tiid tho uoren. Hochghebarnen ffursten, alderleuesten heren vedderen, willet weten, dat wy ghesund vnde wol tho reke syn van den gnaden gades almechtich, desghelyen wy alle tiid begheren van juwen gnaden tho voreschende. Vortmer alderleuesten heren vedderen, willet weten, dat wy ghantz notroftich syn in allen dinghen vnde myt alle groten armut lyden, wente wy nerghen an besorghet syn tho borende vnde dut iar doch ghantz krap is vnde vaken brock hebben an vytallighen vnses klosters, des wy seer myssen moten vnde dut iar bauen twyntich sundessche mark upghelenth hebbe dan anderen iunckfrowen vnses klosters, de ik en schuldich byn, anders hadde ik vaken hungher vnde dorst lyden most. Ok alderleuesten heren vedderen, syn wy ghantz notroftich an vnser kledinghe in kappen, decken, in vnderrocken, in peltzen, in schoyen vnde in velen dinghen notroft lyden, des wy iuwen vedderliken gnaden nicht vterken schryuen konen. Worvmme, hochghebarnen ffursten, alderleuesten heren vedderen, bidde wy ghantz odmodighen, iuwe ffurstlike gnade syk vnsen armut laten tho herten ghan vnde vns tho hulpe kamen tho vnser kledynghe myt sosteyn elen swartes leydeschen wandes vnde twyntich elen wyth enghels, des wy ghantz grot behuff hebben, vnde vns ok mit tehn ghulden tho hulpe kamen, dar wy vnse noet mede keren. Wy
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willen sunder vnderlaet iuwer vedderliken gnade
dach vnde nacht in vnsem innighen bede nicht
vergheten, de wy gade almechtich beuelen ghesund
tho langen vormeerden tiden. Gheschreuen vnder
vnseme secrete, amme auende Ciriaci des
hillighen mertelers, amme iare
. LXXXII.
Anna van gades gnaden amme Klaren=
kloster tho Ribbenitze, iuwer gnade arme
vedderke.
Den eddelen irluchteden hochghebarnen
ffursten vnde heren, heren Magno vnde
Baltasar, hertoghen tho Mekelnborch,
ffursten tho Wenden, greven tho Zwe=
rin,
der lande Rostock vnde Stargharde
heren,
vnsen alderleuesten heren vedd=
eren,
andechtighen screuen.
Nach dem Originale im großherzogl. meklenburg. Geh. u. Haup=Archive zu Schwerin. Das Siegel fehlt.
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:
Gemahlin
des Herzogs Johann IV. von Meklenburg-Schwerin,
von
G. C. F. Lisch.
W enn auch des Herzogs Johann IV. von Meklenburg=Schwerin erste Gemahlin Jutta, des Grafen Otto III. von Hoya ältere Tochter 1 ), nicht in unmittelbaren Beziehungen zu dem Kloster Wienhausen stand, so fühlte sie sich doch zu demselben hingezogen, da ihre Mutter eine Tochter des Herzogs Magnus II. von Braunschweig=Lüneburg und ihre Schwester Katharine Nonne und später Aebtissin dieses Klosters war. Der Graf Otto III. von Hoya hatte drei Töchter 1 ): Jutta, welche an den Herzog Johann IV. von Meklenburg=Schwerin vermählt ward, Ermengard, welche an den Herrn Conrad von Diepholz vermählt ward und, wahrscheinlich vor ihrer älteren Schwester, vor dem 25. Nov. 1416 starb, und Katharine, welche in das Kloster Wienhausen gegeben ward. Katharine erscheint schon 1412 in den Urkunden des Klosters Wienhausen als Klosterjungfrau daselbst; sie war darauf wiederholt Aebtissin daselbst,
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starb am 18. Februar 1474 und ward in der Allerheiligen=Kapelle im Kreuzgange begraben 1 ).
Jutta von Hoya ward im J. 1400 an den Herzog Johann IV. vermählt. Am 15. Dec. 1398 beurkundet der Graf Otto von Hoya und Brokhusen, daß er seine Tochter Jutta dem Herzoge Johann von Meklenburg zur Gemahlin geben wolle und die "Heimfahrt" 14 Tage nach dem nächsten Michaelistage in Schwerin stattfinden solle. Aus der Hochzeit ward aber zu der verabredeten Zeit nichts, da der Graf Otto dem Herzoge seine Tochter am 25. Julii 1399 noch ein Mal zur Ehe verspricht und das Beilager auf den Sonntag vor Fastnacht des nächstkommenden Jahres ansetzt. Ohne Zweifel geschah diese Hinausschiebung wegen der großen Jugend des verlobten Paares, indem der Graf im J. 1384 und des Herzogs Vater im J. 1377 geheiratet hatte. Im J. 1400 wird aber wohl zur festgesetzten Zeit die Vermählung vollzogen sein, da weiter keine Urkunden im schweriner Archive vorhanden sind. Am 24. Febr. 1405 verschrieb der Herzog Johann, mit seinem Oheim Albrecht, seiner Gemahlin Jutte (seiner "Hausfrau Jutte") zum Leibgedinge das Land Grevismühlen 2 ). Jutte ward aber nicht alt. Jm J. 1416 vermählte sich der Herzog Johann zum zweiten Male mit der Prinzessin Katharine von Sachsen=Lauenburg, welche nach dem frühen Tode ihres Gemahls († 1422) lange Zeit als Landesregentin für ihre minderjährigen Söhne bekannt ist; am 19. März 1417 ward sie vorläufig vom Banne dispensirt, in den sie wegen zu naher Verwandtschaft mit ihrem Gemahle gefallen war, und am 19. Novbr. 1417 ward ihr das Leibgedinge mit dem Lande Grevismühlen verschrieben.
In welchem Jahre Jutte gestorben sei, ist nicht bekannt. Als ihren Todestag giebt aber das Todtenbuch des Klosters Wienhausen den 7. October an. Wahrscheinlich wird sie nicht allzulange vor der zweiten Vermählung des Herzogs Johann gestorben sein, vielleicht im J. 1414. Jedenfalls scheint sie gestorben zu sein, nachdem ihre zweite Schwester Ermengard gestorben und ihre jüngste Schwester Katharina ins Kloster gegangen war, in welchem diese schon 1412 lebte. Denn Jutta schenkte bei ihrem Sterben, wohl zu Gunsten ihrer (bei ihrem Tode noch lebenden einzigen) Schwester und
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zum Heil ihrer Seele ihren Schmuck dem Kloster Wienhausen, in welchem ihre Schwester lebte. Das Todtenbuch des Klosters Wienhausen 1 ) sagt:
October
Mar. † |
Nobilis domina Jutta
ducissa de
Mecklingeborch, que dedit nobis sua clenodia pro remedio anime sue. |
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:
Gemahlin
des Fürsten Johann III. von Meklenburg,
von
G. C. F. Lisch.
E ine erschütternde Begebenheit in der Geschichte des meklenburgischen Fürstenhauses ist das traurige Schicksal des Fürsten Johann III., des jüngern Sohnes Heinrich I. des Pilgers, und seiner Gemahlin Helena von Rügen.
Im Jahre 1289, als Heinrich der Pilger in Aegypten gefangen und seine edle Gemahlin Anastasia in Wismar trauernd saß, vermählte sich dessen jüngerer Sohn Johann III. mit Helena, der schönen Tochter des Fürsten Wizlav II. von Rügen († 1302) und der Agnes, Tochter des Herzogs Otto des Kindes von Braunschweig=Lüneburg 1 ). Die Vermählung ward am 3. Novbr. 1289 in der Stadt Sternberg gefeiert; die lübische Chronik von Detmar 2 ) berichtet:
"In dem jare cristi MCCLXXXIX, twe daghe na aller godes hilghen daghe, do untfink in dat echte junchere Johan van Mekelenborch de erlike schone maghet Helena, ene dochter Wentzlavi 3 ) enes vor=
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sten van Ruyen, de oc was van der moder weghen van deme slechte der heren van Brunswic. He vurde ze over unde brachte ze to den Sterneberghe, dar was brutlacht mit groten hove".
Nachdem er nach der Vermählung mit seiner jungen Gemahlin die Residenz Wismar bezogen hatte, wollte er nach einiger Zeit mit seinen Hofleuten zum Vergnügen ("durch tagalt" ), zur Jagd, eine Wasserfahrt den Wismar über den wismarschen Meerbusen (die Golwitz) nach der Insel Pöl machen. Als die Gesellschaft auf der Fahrt war, erhob sich ein strenger Sturm aus Norden, welcher das Fahrzeug umwarf. Die ganze Gesellschaft, der junge Fürst, vierzehn Edelleute und die Diener, fand den Tod in den Wellen; nur ein Jäger, Hans Jube, rettete sein Leben, indem er zwei Hunde umklammerte, die mit ihm ans Land schwammen. Die Leichen des Gefolges wurden nach und nach ans Land geworfen; den Fürsten konnte man lange nicht entdecken, bis ihn endlich die Fischer fanden und nach Wismar brachten. Die schwer geprüfte Fürstin Anastasia begrub ihren Sohn im Chore, die Edelleute im Schiffe der von ihr begünstigten Franziskaner=Mönchs=Kirche oder der Kirche des Grauen=Mönchsklosters zu Wismar. Ernst von Kirchberg Cap. 137 erzählt in seiner meklenburgischen Reimchronik, etwa 80 Jahre nach dem Unglück, die Begebenheit also:
Hinrich der lewe hatte irkant
eynen bruder waz Johan genant,
der nam zu wybe syn tochter da
von Rugyen des fursten Wysla. -
(Von der geborn eyn tochtir wart
dy waz geheiszin Luthgart,
dy gab irs vatir brudir so,
den man hiez Hinrich leo,
dren greuen zu echtir dinge tad
ir eyme nach dem andirn drad:
der erste von der Hoya Gerhard,
greue Adolf von Holtzten der andir wart,
der dritte von Lyndowe Gunther
zu leist do nam dy frowen her.) -
Ir vatir von Mekilnborg Johan
vur van der Wismar sundir wan,
durch den vnmud sparin
wolde her geyn Pole varin
mit syme gesinde durch tagalt;
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eyn strengir storm betrad in balt
vz norden sundir wenken,
der furste muste irtrenken.
Daz schif ging gancz zu grunde
sy irtrunken al dy stunde,
daz ir keyn dar vone quam,
ân eyn iegir: wie waz des nam?
Hans Jube der selbe hiez,
god gab im syns lebens gniez:
czwene hunde hatte her beklummen,
dy mit im vz da swummen.
Daz brachte leyd mit vngevalle.
Dy dyner worden funden alle
nach eyn andir von der nod
by dem ubere nahin tod.
Den herren liez man vaste
suchin sundir raste,
man kunde yn lange vinden nicht;
man dar nach von vngeschicht
so funden yn dy fischir,
dy wann ouch suchins rischer,
vnd furten in zur Wysmar,
da wart her furstenlich virwar
mit groszin vngehabin
zu den minre brudern begrabin,
du man schreib czwelfhundirt iar
vnd nuyn vnd achczig daz ist war.
Dar nach von Habichesborg irstarb
konig Rudolf vnd nach im irwarb
daz rich mit offinbarir schowe
genant greue Adolf von Nassowe.
Eben so berichtet eine Denktafel 1 ), welche einst im Chore der Kirche des Grauen Klosters hing:
"Anno 1289 ist de junge her Johannes, de oldeste szon ern Hinrici des gefangenen in Babilonia, verdruncken in der Goluitze mit 14 edelluden dusses landes. Synen licham leth syn moder frow Anastasia beerdigen im chor des klosters vnd de eddellude in desulue kerke".
Auch die zur Zeit Kirchbergs geschriebenen Genealogien
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von Doberan und Parchim 1 ) sagen, daß der Fürst Johann zwischen Wismar und Pöl ertrunken sei:
"Cujus (Hinrici) filius Johannes accepta uxore, que genuerat sibi tantum vnicam filiam, submersus fuit in mari inter Wismariam et terram Pole remansitque vnicus heres dominii dominus Hinricus, frater ipsius".
Die lübische Chronik von Detmar bemerkt bei der Erzählung über die Heimkehr Heinrichs des Pilgers zum Jahre 1298:
"Do de olde here to lande quam unde horde, dat sin sone junchere Johan in der Lipze by Pole was vordrunken, vil sere he des ghemoyet wart".
Ueber das Jahr des Todes, 1289, stimmen alle Quellen überein 2 ); über den Todestag ist aber keine sichere Angabe 2 ) zu erzielen. In dem doberaner Kreuzgangsfenster 3 ) ist sein Tod auf den 27. Mai 1289 gesetzt:
"Johannes dei gracia magnopolensis domicellus obiit anno domini MCCLXXXIX, VI kalendas Junii".
und in einer Original=Urkunde vom 2. April 1289 wird schon die Wittwe ("relicta quondam Johannis") des Fürsten Johann 2 ) genannt, während der Fürst sich erst am 3. Novbr. 1289 vermählt haben soll. In den bisher bekannt gewordenen Quellen ist keine Aufklärung zu finden; man könnte vielleicht annehmen, daß Johann sich schon im J. 1288 vermählt habe.
Von den ferneren Schicksalen der so jung verwittweten Fürstin Helena ist bis auf die neueren Zeiten nichts weiter bekannt geworden, als daß sie, vielleicht nach dem Tode ihres Gemahls, eine Tochter, Lutgard, gebar, wie es die wismarsche Denktafel und die doberaner und parchimschen Genealogien ausdrücklich angeben. Und doch wünscht man etwas über eine Fürstin zu erfahren, die ein so herbes Schicksal erduldete. Es ist mir endlich mit vieler Mühe gelungen, Nachrichten über sie aufzufinden, welche sicher sind und in den Hauptsachen übereinstimmen.
Die jung verwittwete Fürstin Helena vermählte sich wieder mit dem Fürsten Bernhard II. von Anhalt
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(† 1323) von der ausgestorbenen alten bernburger Linie. Die Nachricht findet sich, wenn auch schwer verständlich, zuerst in einem selten gewordenen "Stammbuch" von Hoppenrod, welches 1570 gedruckt ist. Bestätigt wird diese Nachricht durch das in den neuesten Zeiten gedruckte Testament 1 ) des Fürsten Wizlav II. von Rügen vom 27. Dec. 1302, welcher am 29. Dec. 1302 zu Asloe in Norwegen starb 2 ). Der Fürst nennt diese seine Tochter zwar nicht mit Namen 3 ), bestimmt aber, daß seine "geliebte Tochter die Gräfin von Bernburg sechs kleine silberne Becher erben solle, welche ihm die Königin von Norwegen geschenkt habe":
"Item dilecte filie mee comitisse de Bernaburgh sex minores cratheras argenteas, quas dedit mihi domina regina Norwegie".
Auch des Gemahls seiner Tochter, des Grafen Bernhard von Anhalt=Bernburg, seines Schwiegersohns, gedenkt der Fürst in seinem Testamente, daß er nämlich demselben 100 Mark reinen Silbers schuldig sei:
"Debita vero mea, de quibus recordor, sunt ista: videlicet domino Bernardo, comiti de Bernaburgh, genero meo dilecto, in centum marcas puri argenti, ponderis Coloniensis, pro expensis et debitis teneor obligatus".
Helena, die Gemahlin des Fürsten Bernhard von Anhalt=Bernburg, starb am 9. August (vigilia Laurentii) 1315 und ward in der Kirche des Nonnenklosters Wiederstedt bei Mansfeld begraben. Dieses Kloster stand in der Grafschaft Mansfeld bei der Stadt Hettstedt auf dem Kupferberge, nahe bei Mansfeld und nicht weit von Bernburg. Dieses Kloster soll im J. 1525 von aufrührerischen Bauern gänzlich zerstört worden sein; es wird aber in dem Jahre ein Irrthum obwalten, indem aus Urkunden hervorgeht, daß das Kloster im J. 1528 und nach andern Nachrichten die Kirche noch im J. 1570 stand. Im J. 1570 gab nämlich der Pfarrer Hoppenrod 4 ) zu Hettstedt, also ein wohl unterrichteter Mann, ein umfassendes geschichtliches Werk heraus:
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Stammbuch Oder Erzölung aller namhaffter vnnd inn Teutschen Historien berümpter Fürsten, Graffen vnnd Herren Geschlechter, welche ihre Herrschafften inn den Sächsischen Landen besessen haben. Zusamen bracht durch Andream Hoppenrod, Pfarrhern zu Heckstet, in der Graffschaft Mansfeld. Getruckt zu Straßburg bey Josias Rihel, im Jar 1570 (in fol.).
Dieser giebt S. 20 in der Stammtafel der Fürsten von Bernburg an:
"Bernhart, diser ist Herr zu Bernburg worden, sein gemahel Helena Herzogin zu Pommern vnd Rügen ist gestorben Anno 1315, liegt im Kloster Widerstett begraben, da jetzunder der Tauffstein stehet, mit disen Worten:
"Anno Domini 1315 obiit Helena D. Kuy e uxor illustriss. principis Bernhardi uigilia Laurentii, Cuius anima requiescit. Amen".
Dieser Leichenstein lag also noch im J. 1570; damals war der Taufstein darauf gesetzt. Diese Nachricht übersetzt Sagittarius 1 ) 1686 wörtlich in Latein und giebt Helena für eine Tochter des Herzogs Bugislav von Pommern aus; Lentz 2 ) giebt nach Bekmann und Schwarz dieselbe Nachricht, meint jedoch, daß Helena eine Tochter des Fürsten Wizlav von Rügen gewesen sei.
Um nun möglichst sicher zu gehen, wandte ich mich an den Herrn Pastor Siebold zu Ober=Wiederstedt, welcher mir brieflich folgende Mittheilungen gemacht hat. "Die Mauern der zerstörten Klosterkirche stehen noch, sind aber zu Wirthschaftsgebäuden für das hiesige Rittergut ausgebauet. Von dem Leichensteine der Fürstin Helena ist keine Spur zu finden. Ein früherer Prediger Meineke, welcher historische Nachrichten von dem Dorfe Ober=Wiederstedt und dem daselbst gestifteten Nonnenkloster gesammelt hat, hat auch den Leichenstein nicht finden können. Wahrscheinlich ist dieser Leichenstein von barbarischen Händen mit beim Ausbau verwandt oder versenkt worden. Der jetzige Besitzer, der Herr Kammerherr Frei=
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herr von Hardenberg, welcher sich für die Klostergeschichte interessirt, will den Boden der alten Kirche einmal aufgraben lassen. Jetzt ist es nicht möglich, da eine große Menge von Holz und Wirthschaftsgeräthen an dieser Stelle liegt".
Die einzige Quelle bleibt also die von Hoppenrod im J. 1570 mitgetheilte Nachricht. Dieser giebt die Inschrift des Leichensteins also:
Anno Domini 1315 obiit Helena D. Kuy e uxor illustriss. principis Bernhardt uigilia Laurentii, Cuius anima requiescit. Amen.
Diese Inschrift ist offenbar nicht richtig gelesen, läßt sich aber sehr leicht richtig stellen. Der Hauptfehler steckt in der Bezeichnung der Herkunft der Fürstin D. Kuy e. Dies muß ohne Zweifel D. RVYE (domina Ruye d. i. Rugie, Rugiae) heißen. Sagittarius giebt die Lesart D. Kuye, Lentz lieset und erklärt aber schon D. KVYE, Ducissa Rugie.
Die Inschrift wird also ungefähr so gelautet haben:
d. i.
Anno domini MCCCXV, in vigilia sancti Laurentii (Aug. 9), obiit Helena, domina Ruye, uxor illustrissimi principis Bernhardi, cuius anima requiescat in pace. Amen).
Es ist also nach dem Testamente des Fürsten Wizlav II. von Rügen und dem Leichensteine im Kloster Wiederstedt außer Zweifel, daß sich die Fürstin Helena mit dem Fürsten Bernhard von Anhalt=Bernburg vor dem J. 1302 wieder vermählte, am 9. Aug. 1315 starb und im Kloster Wiederstedt begraben ward.
Es steht nur noch zur Frage, wer der zweite Gemahl dieser Fürstin war. Es war Bernhard II., der Stammvater der bernburger Linie der Fürsten von Anhalt, welcher 1323 starb. Der Herr Oberlandesgerichts=Präsident Dr. Sintenis Vorstand des herzoglich=anhaltischen Gesammt=Archivs, hat die Güte gehabt, mir nach seinen Forschungen folgende Stammtafel mitzutheilen:
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Beiläufig bemerke ich, daß der Fürst Otto II. von Anhalt ("comes Ascharie et princeps de Anahalt") in einer Original=Urkunde 1 ) d. d. Rostock 1315, quarta feria post diem b. Egidii, d. i. 3. Septbr., also 4 Wochen nach dem Tode der Fürstin Helena, den Fürsten Heinrich II. den Löwen von Meklenburg seinen Schwager ("noster sororius") nennt, ein Verwandtschaftsverhältniß, das sich noch nicht aufklären läßt. Otto II. von Anhalt († 1316) war ein Vaterbruder=Enkel des Fürsten Bernhard II. von Anhalt, dessen Gemahlin Helena gewesen war. Das Haus Anhalt war direct auch noch dadurch mit dem meklenburgischen Fürstenhause verwandt, daß Jutta von Anhalt die Gemahlin des Fürsten Nicolaus I. von Werle († 1277) gewesen war.
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Aus ihrer ersten Ehe mit dem Fürsten Johann III. von Meklenburg gebar Helena eine Tochter Luitgard, wahrscheinlich nach ihres Gemahls Tode im J. 1290. Ueber diese hat die Gedenktafel im Grauen=Kloster zu Wismar die Nachricht, daß sie unvermählt gestorben und im Grauen =Kloster begraben sei.
"Anno 1318 frow Metke vth holsten greffynne to Swerin. Froychen Lutgart filia ducis Johannis submersi. Im kor begraben."
Diese Nachricht, welche dadurch, daß sie mit der Nachricht von dem Tode der Gräfin Mechthild von Schwerin zusammengeworfen ifs, an und für sich etwas dunkel erscheint, wird durch die Erzählung Kirchbergs gradezu widerlegt. Es muß hier also irgend ein Versehen obwalten, das sich bis jetzt noch nicht hat aufklären lassen. Nach dem oben S. 62 mitgetheilten Bericht der Chronik des Ernst von Kirchberg starb Luitgard nicht unvermählt im J. 1318, sondern war drei Male, an drei Grafen, verheirathet und starb erst im J. 1352. Dieser Bericht wird um so sicherer sein, als Kirchberg die Fürstin wahrscheinlich noch persönlich gekannt hat, oder doch wenigstens noch zuverlässige Nachrichten über sie hatte, indem er seine Chronik ungefähr 20 Jahre nach ihrem Tode vollendete.
Luitgard's erster Gemahl war der Graf Gerhard II. von Hoya, nach Kirchberg:
"der erste von der Hoya Gerhard",
mit welchem sie nach dem Tode seiner ersten Gemahlin Adelheid vermählt ward. Der Graf Gerhard II. von Hoya starb am 18. Oct. 1311 1 ) hinterließ also die Luitgard als eine junge Wittwe von ungefähr 21 Jahren. Ueber diese Ehe ist nichts weiter bekannt geworden, als die Nachricht von Kirchbergs Chronik 1 ).
Luitgard's zweiter Gemahl war der Graf Adolph VII. von Holstein, nach Kirchberg:
"greue Adolf von Holtzten der andir wart", mit welchem sie frühestens im J. 1312 vermählt sein wird. Der Graf Adolph von Holstein ward aber schon im August 1315 neben seiner Gemahlin in seinem Bette erschlagen. In demselben Monate, am 9. August 1315, starb auch Luit=
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gard's Mutter Helena, welche vielleicht das Schicksal ihrer Tochter nicht mehr erlebte. Die traurigen Geschicke dieser Fürstenlinie sind wahrhaft ergreifend. Daß Luitgard 1 ) wirklich Johanns III. von Meklenburg Tochter war, wird durch mehrere Nachrichten bewiesen. Zuerst tritt das vollgültige Zeugniß Kirchbergs ein; dann berichtet auch Detmar in seiner lübischen Chronik zum J. 1315, daß des Grafen Adolph von Holstein Gemahlin "de brodersdochter was des heren van Mecklenborch" 2 ). Dann aber wird Luitgard in zwei Urkunden des Fürsten Heinrich des Löwen von Meklenburg aus den Jahren 1317 und 1318 ausdrücklich wiederholt eine Brudertochter desselben genannt, und ihr noch erhaltenes Siegel bezeichnet sie durch Umschrift und Wappen als eine Gräfin von Holstein 3 ). Hiernach lebte Luitgard noch sicher am 22. Novbr. 1318. Wenn nun die Denktafel im Grauen=Kloster zu Wismar diese Luitgard beim J. 1318 aufführt, so kann hier nicht ihr Tod, sondern vielleicht ihre dritte Vermählung gemeint sein und diese Nachricht sich nur in die Nachricht von dem Tode der Gräfin Mette oder Mechthild eingeschlichen haben. Uebrigens ist diese Nachricht in mehrfacher Hinsicht dunkel, auch dadurch, daß Luitgard "froychen", d. i. unverheirathetes Fräulein, genannt wird, während sie schon zum zweiten Male Wittwe war; ich muß bei dieser Gelegenheit der Ansicht v. Aspern's a. a. O. S. 189 bestimmt widersprechen, daß man mit dem Worte "froychen" auch ein "verheirathetes Frauenzimmer" bezeichnet habe; verheirathete Frauen werden immer nur "vrouwen" genannt.
Luitgard's dritter Gemahl war der Graf Günther III. von Lindow, nach Kirchberg:
"der dritte von Lyndowe Gunther".
Günther III. war ein Sohn des Grafen Ulrich I., welcher im J. 1316 starb. Da Luitgard im J. 1315 zum zweiten
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Male Wittwe ward, am 22. Nov. 1318 noch als Wittwe in Meklenburg lebte, der Graf Günther im J. 1316 zur Regierung kam, so ist es nicht unwahrscheinlich, daß sie noch am Ende des J. 1318 in ihrem 29. Lebensjahre zum dritten Male vermählt ward. Der Graf Günther III. von Lindow 1 ) starb einige Zeit nach dem J. 1330 ohne Nachkommen; seine letzte Urkunde ist vom J. 1331.
Luitgard aber starb im J. 1352, 62 Jahre alt, nach einem bewegten Leben, und ward im Chore der Dominikaner=Kloster=Kirche zu Neu=Ruppin, der Begräbnißstätte der Grafen von Lindow, begraben; eine Denktafel 2 ) in dieser Kirche sagt:
"Anno MCCCLII obiit domina Lutgardis, uxor domini Guntheri".
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Anlage.
Der Fürst Otto II. von Anhalt-Aschersleben quittirt den Fürsten Heinrich II. von Mehlenburg über 200 Mark reinen Silbers, welche dieser ihm durch geliefertes Tuch entrichtet hat.
D. d. Rostock. 1315. Sept. 3.
Nos Otto dei gracia comes Ascharie et princeps de
Anahalt recognoscimus et presentibus litteris
protestamur, quod nobilis vir dominus Heynricus
Magnipolensis, noster sororius, nobis per
pannos, quos Rudolpho dicto de Warmstorp, nostro
subdito, presentauit, ducentas marcas puri
argenti persoluit integraliter et complete,
ipsum eciam pro predicta pecunia nolumus
aliqualiter commonere. In huius rei euidenciam
presens scriptum dedimus nostro sigillo
communitum. Datum Rodestok anno domini
°CCC°XV°. quarta feria proxima
post diem beati Egidii.
Nach dem Originale auf Pergament im grossherzogl. meklenb. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin. Das Siegel ist abgerissen.
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:
Ueber
den Tod und das Begräbniß
des
des letzten Fürsten von Rostock,
und
die fürstlichen Leichensteine
in der ehemaligen S. Johannis-
Kloster-Kirche zu Rostock,
von
G. C. F. Lisch.
D as Aussterben eines Fürstenhauses ist immer ein Ereigniß von großer Bedeutung für das Land und bedarf einer möglichst sichern Feststellung, so wie seine letzten Reliquien eine sorgsame Beachtung verdienen. Leider hat die Stadt Rostock, wenn ich nicht irre, kein altes fürstliches Denkmal mehr aufzuweisen. In den vier städtischen Pfarrkirchen ist kein altes Denkmal von Bedeutung zu finden; schon bei dem gothischen Umbau der Kirchen im 14. und 15. Jahrhundert ist jede Spur des alten Baustyls zerstört und gewiß manches Denkmal untergegangen. Die Franziskaner=Kirche zu S. Katharinen ist zu weltlichen Zwecken durchgebauet und die Dominikaner=Kirche zu S. Johannis ist in neuern Zeiten abgebrochen 1 ). Und grade die S. Johannis=Kloster=Kirche am Steinthore, zwischen diesem und der Schule, an den ehemaligen Kreuzgängen des Klosters, war diejenige Kirche, welche die Fürsten zu ihrer Ruhestätte
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erwählten, wenn sie nicht an andern Orten begraben wurden. Nach der ersten Hauptlandestheilung vom J. 1229, also seit dem Bestehen des fürstlichen Hauses Rostock, wurden die Fürsten der beiden ersten Generationen, Heinrich Borwin, Waldemar, Heinrich und Erich in der fürstlichen Begräbnißkapelle im nördlichen Kreuzschiffe der ehrwürdigen Klosterkirche zu Doberan begraben, die dritte Generation, mit welcher die fürstliche Linie Rostock ausstarb, ward aber in der Kirche des Dominikaner=Klosters zu Rostock begraben.
Der letzte Fürst des Hauses Rostock war Nicolaus, welcher wegen seiner Willensschwäche, sicher schon in dem Jahrhundert seines Todes "das Kind" genannt ward; er hinterließ nur eine Tochter, Elisabeth, welche mit dem Grafen Christian von Oldenburg vermählt ward.
Nicolaus das Kind starb im J. 1314 und ward in der S. Johannis=Kirche zu Rostock begraben. Hierin stimmen alle glaubwürdigen Nachrichten überein; jedoch bedarf dies noch einer schärfern Feststellung und genauern Kunde, da es augenblicklich noch möglich ist. Wenn auch kein altes Denkmal mehr übrig ist, so haben wir doch noch mehrere genauere und zuverlässige Nachrichten über die Verhältnisse.
Die doberaner und parchimsche Genealogie vom J. 1370 1 ) geben leider grade hier keine bestimmte Nachricht; die parchimsche Genealogie schweigt ganz und die doberaner Genealogie sagt nur, daß "Nicolaus das Kind" ("puerulus") ohne männliche Erben gestorben sei:
"Woldemaro - - successit in dominio domicellus Nicolaus, filius eius; iste est cognominatus puerulus de Rozstok propter fatuitatem suam. - - Post mortem dicti domicelli Nicolai de Rozstok, qui non habnit filium, sed unicam filiam, dominus Hinricus, Magnopolensis et Stargardensis dominus, patruus suus, terram Roztokcensem tanquam ad ipsum iure hereditario devolutam occupavit".
Die Mönche des Johannisklosters berichten aber im J. 1472 an den Rath der Stadt Rostock 2 ):
"de hochgebarne vorste dat Kynd van Rostock de dar lycht gegrauen in unseme kore".
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Hiernächst haben wir verschiedene Nachrichten über seinen Leichenstein in der S. Johannis=Kirche.
Lindenberg in seiner rostocker Chronik, S. 99, giebt an, daß die Inschrift auf seinem Leichensteine laute:
Anno 1314 die Catharine obiit Nicolaus nobilis dominus Rotzstoccensis, orate pro eo.
Grade so, vielleicht nach Lindenberg, giebt Segnitz in seiner handschriftlichen Beschreibung der Stadt Rostock (um 1730) die Inschrift.
Zu derselben Zeit giebt Schröder in seinem Papistischen Mecklenburg, I, S. 954, die Inschrift in derselben Weise, nur daß er MCCCXIIII schreibt und das Wort nobilis wegläßt.
Eine gründliche Untersuchung theilt Nettelbladt in den Rostockischen Nachrichten, 1752, Stück 40, S. 162 flgd., mit. Zu seiner Zeit lag der Leichenstein des Fürsten Nicolaus, welcher nach ihm "der einige mecklenburgische Fürst" sein soll, der "in Rostock begraben ist", "etwas entfernter vom Altar in dem Chor" der S. Johannis=Kirche. Auf demselben war "das Bildniß des Herrn Nicolaus in Lebensgröße, in der rechten Hand ein Schwerdt beym Knopf niederwärts und in der linken ein deutsches Wappenschild vor sich haltend, gehauen". Mehr konnte man "aus den wenigen von diesem Bildniß nur noch übrig gebliebenen Strichen nicht wahrnehmen, da wegen Länge der Zeit der Kopf, der Leib und das Wappen, so auf dem Schilde gestanden, ganz ausgegangen und nicht zu erkennen waren". Dieser Leichenstein, welcher zu den ältesten in Meklenburg gehört hat, ist nach dieser Beschreibung und dem Styl der Zeit wahrscheinlich in vertieften Linien gearbeitet gewesen. Die Inschrift, welche zu beiden Seiten des Steines stand, lautete "zuverlässig" also, daß, wenn "man vor dem Steine stand", rechts: Ano. Dni. MCCCXIIII. In. Die. Katarine. O. und links: Nicolaus. Nobilis. Dns. Rostoccens - zu lesen war. Zu den Füßen war keine Schrift wahrzunehmen; aber "beim Kopf hatten Buchstaben gestanden, welche aber damals" ganz unkennbar waren. Nettelbladt halt es für möglich, daß oben die Worte: Orate pro eo, welche Lindenberg noch anführt, gestanden haben, obgleich es nicht wahrscheinlich sei, daß das Ende der Inschrift oben gesetzt sein sollte, und der Raum auch mehr Buchstaben eingefaßt zu haben scheine. Dagegen läßt sich aber anführen, daß in den ältesten Zeiten die Stellung der Inschriften nicht immer so ganz gleichmäßig ist, wie in den folgenden Zeiten, daß es dagegen wohl schwerlich vorkommt, daß die obere und untere Seite ohne Inschrift
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bleiben und daß der Wunsch: Orate pro eo, wohl nicht gut fehlen kann. Auch vermißt man bei dem Namen die Worte: dei gratia, welche auf fürstlichen Leichensteinen so leicht nicht fehlen und welche nach Nettelbladts Mittheilung "andere rostockische Geschichtschreiber noch anführen".
Die Inschrift lautete daher nach Nettelbladts sicherer Lesung sicher und nach andern Ueberlieferungen muthmaßlich also:
oder in alter Schrift:
(d. i. Anno domini MCCCXIV in die beatae Katharinae (Nov. 25) obiit [dei gratia dominus] Nicolaus nobilis dominus Rostockcensis. [Orate pro eo.]
Beim Abbruch der Nicolai=Kirche in diesem Jahrhundert ist das Grab des Fürsten Nicolaus und der Leichenstein, den der jetzt noch lebende Küster der S. Nicolai=Kirche noch gekannt hat, verschwunden. Der Leichenstein ist 1 ) neben mehrern
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andern beim Abbruch der Kirche von dem rostocker Bürger Ladendorf gekauft, von diesem an den frühern Kaufmann Haak und von diesem auf dessen Schwiegersohn, den Kaufmann Kühl, übergegangen. Der letztere hat die gekauften Leichensteine zur Befriedigung des sehr hoch gelegenen Trottoirs vor seinem auf dem Beguinen=Berge neben der sogenannten Glockengießerei belegenen Hause verwandt, wo sie mit der untern rauhen Seite nach außen nach der Straße hingekehrt wie eine Mauer an 5 Fuß hoch über der Erde hervorragen, während sie an der obern Seite von der aufgefüllten Erde bedeckt sind. Die Steine sind also jetzt ohne große Störungen und Kosten nicht zu benutzen; vielleicht findet sich aber in der Zukunft einmal eine günstige Gelegenheit dazu.
Bekannt ist ein aus Eichenholz geschnitztes, gegen 3 Zoll dickes, ungefähr lebensgroßes, bemaltes Reliefbild eines stehenden Fürsten, mit einem Schwerte in der linken und einem Wappenschilde in der rechten Hand, welches nach der rostocker Sage den Fürsten Nicolaus von Rostock darstellen soll. Segnitz in seiner handschriftlichen Chronik von Rostock sagt:
"De Nicoloto seu Nicolao cognomento puero de Rostochio. Der durchl. Herr Hertzog Hinricus Nicolotus liegt auf dem Althar (d. i. Altarplatz, Chor) begraben und ist lebensgroß nordwärts an der Wand aus einem Stein gehauen".
Dieses "aus Holz gehauene" Bildniß hing auch nach Nettelbladts Bericht im Chor der S. Johannis=Kirche an der nördlichen Seitenwand neben dem Altare. Beim Abbruch der S. Johannis=Kirche ward es in die Nicolai=Kirche versetzt und hier auf einem Chore am Westende des südlichen Seitenschiffes aufgestellt. Das Bild ward zu Nettelbladts Zeiten übermalt. Es ist den aus Holz gehauenen Bildern des Königs Albrecht von Schweden und dessen Gemahlin in der Kirche zu Doberan ähnlich. Das Bild kann zu einem Grabdenkmale gehört haben, da es nicht selten ist, daß Reliefbilder, in nördlichen Gegenden oft aus Eichenholz, auf den Grabdenkmälern liegen; es kann aber auch eine Statue zum Andenken sein sollen. Auf dem Schilde, welches die dargestellte Person in der rechten Hand hält, ist ein Stierkopf ohne Halsfell dargestellt, und die Arbeit scheint nicht sehr alt zu sein. Nettelbladt bezweifelt daher mit Recht, daß dieses Bild den Fürsten Nicolaus von Rostock darstelle. Nach dem Wappen scheint es einen Fürsten von Werle darstellen zu sollen, wie auch Nettelbladt vermuthet. Auf keinen Fall möchte ich es mit dem Grabe des
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Fürsten Nicolaus des Kindes von Rostock in Verbindung bringen, da die Fürsten von Rostock ohne Ausnahme einen Greifen im Schilde führten.
Dies führt zu einem andern fürstlichen Leichensteine in der Johannis=Kirche. Nettelbladt hat a. a. O. S. 166 einen Leichenstein abbilden lassen, welcher "höher hinauf nicht weit von dem Altartisch" lag. In diesem Steine war oben in der Mitte ein rundes Loch, in welchem nach der Tradition alter Leute eine eiserne Stange gesteckt haben soll, welche noch zu Nettelbladts Zeiten bei der Kirche verwahrlich aufgehoben ward; die Stange war rund, beinahe zwei Ellen lang und oben, wo sie mit einem Kreuze bezeichnet war, etwa auf drei Zoll hohl und die Oeffnung so groß, daß ein ziemlich dickes Wachslicht darin stehen konnte. Dieser Leichenstein hatte keine Inschrift, sondern in der Mitte nur das volle Wappen der fürstlichen Linie Meklenburg, einen rechts gelehnten Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe mit Halsfell und über dem Schilde einen rechts gekehrten antiken Helm, auf welchem in Schirmbrettern ein voller, von der Seite zu sehender Pfauenwedel steht, vor welchem der längs halb zu sehende meklenburgische Schild liegt. Dies ist nun offenbar das alte Wappen der fürstlichen Linie Meklenburg. Die ganze Gestaltung trägt den Charakter der Mitte oder der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Das Wappen ist noch einfach, aber der Stierkopf hat schon den ganz eigenthümlich ausgeprägten Charakter des Schildzeichens des Fürsten Albrecht II. von Meklenburg (1329-1379). Der Helm ist noch der einfache Stülphelm in seiner alten Gestalt und die Helmdecke ist noch einfach und ohne moderne heraldische Schnörkelei. Die seitwärts gestellte Helmzierde ist ganz der Helmzierde gleich, welche der Fürst Heinrich der Löwe (1302- 1329) auf seinem kleinen Siegel führt. Man wird nicht sehr fehl greifen, wenn man dieses Wappen etwa um die Zeit 1320-1330 setzt; es ist wahrscheinlich ein wenig jünger, als der Leichenstein auf den Fürsten Nicolaus von Rostock, jedoch nicht "weit jünger", wie Nettelbladt meint.
Es ist nun ganz sicher, daß dieser Leichenstein das Wappen der fürstlichen Linie Meklenburg enthält, und wohl nicht zu bezweifeln, daß unter demselben ein Fürst von Meklenburg begraben lag. Daher ist es ganz bestimmt nicht richtig, wenn Nettelbladt meint, weil nirgends verzeichnet sei, daß ein Herr von Meklenburg oder "Werle in der Stadt Rostock sein Grabmal erhalten, so müsse dieser Stein wohl den Herrn Nicolaus von Rostock angehen, und halte er solchen für den
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eigentlichen Leihenstein des Herrn Nicolai, worunter er begraben worden"; an einer andern Stelle meint er dagegen, daß "dieser Stein des Lichtes halber, so darauf zum Andenken des Herrn Nicolai gebrannt, hingelegt worden" sei. Obgleich Nettelbladt wiederholt mit Recht behauptet und durch die Abbildung klar beweiset, daß dieses Wappen den Fürsten von Meklenburg gehöre, so sucht er doch in seiner vorgefaßten Meinung glaublich zu machen, daß es auch den Fürsten von Rostock gehören könne, "wie es denn, nach seiner Ansicht, auch fast (?) scheinen (?) will (?), als wenn (?) das darauf befindliche Wappen den Greifen vorstellen soll" (?). Dies ist nun nicht der Fall; das Schildzeichen ist ein Stierkopf mit einem abgerissenen Halsfell, und die Fürsten von Rostock haben nie einen Stierkopf, sondern immer nur einen Greifen im Schilde geführt. Die Annahme, daß Nicolaus von Rostock auch ein unbekannt gebliebenes Siegel mit einem Stierkopfe geführt haben könne, ist daher rein willkürlich und durch nichts begründet. Die Stadt Rostock führte freilich bis in die neuern Zeiten im großen Siegel einen Stierkopf und im kleinen Rathssiegel einen Greifen. Daß der auf dem Leichensteine dargestellte Helm den Fürsten von Rostock angehören könne, beruhet auf einer falschen alten Erklärung. Von dem Fürsten Nicolaus von Rostock ist nur ein Siegel, nämlich ein ungewöhnlich großes Secretsiegel bekannt, das einen vorwärts gekehrten Stülphelm enthält, welcher zur Helmzierde eine Stierstirne mit einer Krone und mit zwei Ohren und zwei seitwärts gekehrten, an den äußern Rändern mit Pfauenaugen besteckten Stierhörnern trägt. Grade so ist der rostocker Helm auf dem von dem Fürsten Heinrich dem Löwen angenommenen Wappen mit zwei Schilden und Helmen für Meklenburg und Rostock nach einem Abdruck vom J. 1328 dargestellt. Dieses Siegel des rostocker Fürsten Nicolaus wird in einer alten Beglaubigung (vgl. Nettelbladt a. a. O. S. 166) ziemlich richtig beschrieben, jedoch wird in dieser Beschreibung irrthümlich angenommen, daß der (so oft verkannte) alte Stülphelm ein Stierkopf ("caput bucephali") sei, wovon aber auf den Originalsiegeln nichts zu sehen ist, indem diese ganz klar einen vorwärts gekehrten Helm zeigen, der allerdings von Nichtkennern mit einem Büffelskopfe verglichen werden kann. Aus dieser Beschreibung will nun Nettelbladt schließen, daß der auf dem Leichensteine dargestellte Helm den Fürsten von Rostock angehören könne, da er auch Pfauenfedern habe. Dies ist aber ganz falsch, da die Fürsten von Meklenburg immer einen vollen Pfauenwedel und den Schild im Kleinen, die Fürsten
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von Rostock aber zwei mit Pfauenaugen besteckte Hörner auf dem Helme tragen. Die ganze von Nettelbladt versuchte Deutung beruht daher auf Irrthümern und Schwäche der Kritik.
Es ist also sicher, daß in der S. Johannis=Kloster= Kirche der Dominikaner, außer dem Leichensteine auf den Fürsten Nicolaus von Rostock, noch ein zweiter Leichenstein aus dem 14. Jahrhundert ohne Inschrift mit dem vollen Wappen der Fürsten von Meklenburg lag. Zu wessen Andenken dieser Stein gelegt worden sei, läßt sich jetzt nicht ermitteln, es läßt sich nicht einmal eine irgend wahrscheinliche Vermuthung wagen; die Bestimmung muß daher einer glücklichern Auffindung oder Forschung in künftigen Zeiten aufbewahrt bleiben.
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:
Ueber
die letzten Nachkommen
des Fürsten
von
G. C. F. Lisch.
D as große Dunkel, welches früher auf der Geschichte des unglücklichen Hauses des Fürsten Pribislav I. von Richenberg, des jüngsten Sohnes des Fürsten Heinrich Borwin II. ruhte, ist erst durch die umfassenden Forschungen 1 ) des Vereins für meklenburgische Geschichte aufgehellt worden. Ohne diese hier wieder vortragen zu wollen, können wir jetzt noch einen guten Stritt weiter gelangen, indem ich die letzten, bisher unbekannten Nachkommen dieses Fürstenhauses nachzuweisen im Stande bin.
Pribislav I. war bei seines Vaters frühem Tode minderjährig und gelangte nach der Hauptlandestheilung von 1229 erst um das J. 1238 nach erlangter Volljährigkeit zum Besitze seiner Herrschaft. In einen heftigen Kampf mit dem kriegerischen Bischofe Rudolph I. von Schwerin gerathen, mußte er im J. 1256 sein Land verlassen und sah sich im J. 1270 genöthigt, dasselbe seinen Verwandten ganz abzutreten 2 ). Pribislav I. war zwei Male vermählt: das erste Mal wahrscheinlich mit einer ungenannten Tochter des Herzogs Barnim I. von Pommern (1244), welche vor 1261 gestorben war, das zweite
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Mal, seit 1261, mit des edlen Herrn Richard von Friesack Tochter 1 ). Nachdem er sein Land verlassen hatte, zog er sich nach Pommern zurück und erhielt hier durch den Einfluß der Verwandten seiner Gemahlin die Herrschaft Wollin, welche wahrscheinlich die Brautgabe seiner Gemahlin war, und starb hier nach dem J. 1270 2 ).
Pribislav I. hatte wenigstens drei Kinder, zwei Söhne gleiches Namens Pribislav, wahrscheinlich aus jeder Ehe einen, und eine Tochter.
Von den Schicksalen der in den Urkunden nicht mit Vornamen genannten Tochter 3 ), welche vielleicht das älteste Kind Pribislavs I. war und in jüngern Nachrichten Margarethe genannt wird, ist nichts bekannt geworden.
Der eine von den beiden Söhnen, wahrscheinlich der ältere aus erster Ehe, Pribislav II., erscheint 1273 und 1276 als Herr von Wollin, also als Nachfolger seines Vaters und seiner Mutter im Besitze, und starb vor dem J. 1289 4 ), ohne, wie es scheint, Erben zu hinterlassen.
Der andere von den beiden Söhnen, Pribislav III., wahrscheinlich aus der zweiten Ehe seines Vaters mit der Edlen von Friesack, ward schon im J. 1269 mit des Herzogs Mestwin II. von Hinter=Pommern Tochter Katharina vermählt 5 ). Mestwin II. war ein schwacher Fürst, der mit seinem Bruder Wartislav in verwickelte Streitigkeiten und Kämpfe gerieth und in seiner Noth die Markgrafen von Brandenburg zu Hülfe 5 ) rief, von denen er sich aber nicht leicht befreien konnte. Er sah sich am 1. April 1269 genöthigt, den Markgrafen seine Länder zu übertragen, wogegen diese sich verpflichteten, ihm eine Leibrente zu zahlen und seiner Gemahlin und seinen Kindern die Güter als Lehn zurückzugeben, mit Ausnahme des Landes Belgard, das sich die Markgrafen zur freien Verfügung vorbehielten. Zu gleicher Zeit hatten die Markgrafen eine Tochter des Herzogs verlobt; es leidet keinen Zweifel, daß diese die später mit Vornamen genannte Katharine ist, welche dem wendischen Fürsten Pribislav III. vermählt ward. Wahrscheinlich hatten die Markgrafen von Brandenburg diesem das Land Belgard zum Brautschatze
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seiner Gemahlin übergeben 1 ), da sie zu ihm, als einem Enkel des Edlen Richard von Friesack in der Mark, wahrscheinlich in nähern Verhältnissen standen; denn Pribislav wird in der Folge Edler Herr von Belgard genannt. Es ist oft nicht ganz bestimmt zu ermitteln, welches Belgard gemeint sei, und öfter darüber Bedenken erhoben; es ist aber in der neuesten Zeit ermittelt 2 ), daß Pribislav zuerst Belgard an der Persante in Pommern=Stettin besaß, welches ihm die Herzöge von Westpommern vielleicht als Ersatz für das ihm nach seines Bruders Tode angefallene Wollin gegeben hatten. Gewiß ist, daß er später Herr von Belgard an der Leba in Hinterpommern 2 ) ("einer jetzt verfallenen Burg unweit Lauenburg") war, welches er ohne Zweifel von seinem Schwiegervater Mestwin II. als Brautschatz seiner Gemahlin erhalten hatte. Nach dem Jahre 1284 erscheint Pribislav auch als Herr von Daber ("Pribislav von Wenden, Herr des Landes Daber", nach seinem Siegel). Mestwin II. starb in der Mitte des Jahres (1. Julii ?) 1295 3 ) und sein Land ward nach seinem erblosen Tode der Zankapfel und die Beute der Nachbaren, welche aus verschiedenen Gründen Ansprüche daran machten. Pribislav von Wenden verlor damit als Landesherr alle seine Besitzungen; am 12. Julii 1295 wurden bei einer Ländertheilung die Besitzungen den westpommerschen Herzogen überwiesen, ohne daß von Pribislav die Rede war. Er verschwindet schon seit 1291 aus der Geschichte Pommerns.
Der mächtige deutsche Orden 4 ) rückte immer weiter gegen Westen vor, eroberte im J. 1308 Danzig, Dirschau und Schwetz, fand im J. 1309 die Brandenburger wegen der Erbschaft Mestwins ab, erwarb dadurch das Land Lauenburg und kaufte dazu im J. 1329 von den Söhnen des pommerschen Marschalls Henning Bere das Land Bütow, welches dieser im J. 1321 von dem Herzoge Wartislav IV. von Pommern geschenkt erhalten hatte.
Durch alle diese verwickelten politischen und kriegerischen Begebenheiten verlor Pribislav jeden landesherrlichen Besitz, wenn ihm auch Privatbesitz oder Leibrenten gegönnt wurden.
Ungefähr zwanzig Jahre nach dem Tode seines Schwiegervaters erscheint Pribislav III. plötzlich im Mai des J. 1311
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wieder auf dem Turniere zu Rostock unter den Lebendigen und darauf im Sommer des J. 1316 bei den Fürsten vor den Mauern der empörten Stadt Stralsund 1 ). Dies ist das letzte Mal, daß Pribislav, welcher der letzte seines Stammes gewesen sein soll, genannt wird.
Es ist allgemein angenommen, daß Pribislav im J. 1315 gestorben und mit ihm die Linie Richenberg=Parchim ausgestorben sei. Das doberaner Nekrologium 2 ) sagt:
"Pribizlaus secundus dei gratia dominus in Richenberg obiit anno domini M tricentesimo XV".
Die um das J. 1370 abgefaßten doberaner und parchimschen Genealogien 3 ) sagen ausdrücklich, daß mit dem jüngern Pribislav der Stamm erloschen sei:
"Pribizlauus exul factus in Pomerania cum vnico filio suo, nomine Pribizlauuo, stirps sua deleta est".
und die um dieselbe Zeit verfaßte Reimchronik des E. v. Kirchberg redet eben so: "sy starben also toren da, keynen erben lieszen sy yn na, alsus virstarb ir beider stam, daz von yn nymant vorder quam".
Nicht allein hieraus, sondern auch aus allen andern geschichtlichen Gründen glaubt Beyer 4 ), da die Geschichte nichts von Nachkommen unsers Fürsten wisse, "mit Sicherheit schließen zu dürfen, daß er mindestens keine Söhne hinterlassen habe".
Und doch verhält sich die Sache ganz anders, als bisher berichtet und angenommen ist. Das königsberger Archiv bewahrt eine merkwürdige Urkunde 5 ), welche über die Familie und das Leben des Fürsten Pribislav (II.) III. ein ganz neues Licht verbreitet. In dieser Urkunde tritt noch am 1. Januar 1312 der Fürst über Besitzverhältnisse handelnd in Hinterpommern auf. Er wird in der Urkunde Primico genannt; dies ist ohne Zweifel Pribislav, der schon früher öfter Pribico genannt wird; die Namensform Pribico oder Pribeco ist nämlich eine gewöhnliche Diminutivform des Namens für Knappen oder jüngere Männer des Namens Pribislav. Die Umwandlung der Form Pribico in Primico wird allein Folge einer verschiedenen Aussprache des Namens sein. Denn
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es ist nicht zu bezweifeln, daß die Urkunde unsern Fürsten Pribislav meint, da sie ihn zu genau bezeichnet, als daß man einen andern darunter verstehen könnte.
"Am 1. Januar 1312 verpfändete zu Pelplin der edle Mann Herr Primico , ein hochgeborner Fürst, wenn auch ohne namhaften Titel von einem Lande oder Landestheile, mit Genehmigung seiner Gemahlin Katharine und seiner Kinder, seines Sohnes Mestwin und seiner Tochter Lutgart , dem deutschen Orden den (fischreichen) See Malscha (bei Preuß. Stargard 1 ) südlich von Danzig), so daß dieser Eigenthum des Ordens ward, wenn Primico ihn innerhalb eines Jahres nicht einlösen würde".
("nobilis vir dominus Primico, princeps generosus, licet nullius terre vel provincie celebri nomine tituletur, una cum uxoris sue Katharine ac suorum liberorum, filii sui Mestwini et filie sue Luchardis, consilio et assensu, - - lacum, qui Malsche vulgariter dicitur, situm in terra Pomeranie, - - obligavit" 2 ).
Es gehen aus dieser Urkunde, welche zu einer Zeit ausgestellt ward, als Pribislav III. nach andern Nachrichten noch lebte, folgende geschichtliche Thatsachen hervor.
1) Pribislav lebte nach der Urkunde noch im J. 1312 und hielt sich mit seiner Familie in Hinterpommern auf. Er hatte bis dahin "Land zum Besitze behalten, da er 1312 in dem seit 1309 unter dem Deutschen Orden stehenden Pomerellen noch Besitzungen und Regalien, aber nicht mehr ein geschlossenes Gebiet oder eine bekannte Feste besaß, wovon er sich betiteln konnte. Belgard mag in den Wirren nach Mestwins Tode in die Gewalt des Landesherrn gekommen sein; die Besitzungen werden einzeln, wie jener See, verkauft oder verpfändet sein, um den Unterhalt zu gewinnen; der etwanige Rest fiel 1315 bei seinem erblosen Tode an den Deutschen Orden" 3 ).
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2) Pribislavs Gemahlin Katharine, Mestwins II. Tochter, lebte noch am 1. Januar 1312, indem sie mit ihrem Sohne und ihrer Tochter zu der Verpfändung des Sees Malscha ihre Zustimmung gab, woraus hervorgeht, daß es ihr zugebrachter Besitz oder Erbtheil war, den ihr Gemahl verpfändete.
3) Pribislav hatte am 1. Januar 1312 einen Sohn Mestwin, welcher ohne Zweifel von seinem mütterlichen Großvater Mestwin II. den Namen trug. Von seinen Schicksalen ist bis jetzt gar nichts weiter bekannt geworden.
4) Pribislav hatte am 1. Januar 1312 auch eine Tochter Lutgart, von welcher bis jetzt ebenfalls nichts weiter bekannt geworden ist. Woher diese den Namen Lutgart trug ist nicht zu bestimmen; möglich ist es, daß ihre väterliche Großmutter, die Edle von Friesack, den Vornamen Lutgart hatte, den sie von dieser erhielt. In der meklenburgischen Fürstenfamilie führte des ältesten Bruders Pribislavs, des Fürsten Johann I. des Theologen von Meklenburg, Gemahlin den Namen Lutgart. Von Mestwins II. von Hinterpommern Gemahlinnen konnte Pribislavs III. Tochter nicht ihren Vornamen führen, da diese Euphrosine (1276) und Sulislawa (1293) hießen 1 ).
Der Stammbaum der Familie Richenberg=Parchim gestaltet sich jetzt also folgendermaßen:
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Anlage.
Der Fürst Pribislav, aus dem Hause Richenberg-Parchim, verpfändet dem Deutschen Orden den See Malscha, unter Einwilligung seiner Gemahlin und seiner Kinder, vor dem Abte zu Pelplin.
D. d. Pelplin. 1312. Januar 1.
Nach dem Originale im Archnive zu Königsberg.
Noverint universi presencium inspectores, quod nos frater Gotfridus, abbas de Polplin, per religiosissimum eximiarumque virtutum virum ac dominum nostrum dilectum fratrem Karolum generalem ordinis fratrum domus Theut. hospitalis sancte Marie Jerosolymitani rogati, quatenus, ad maiorem rei memoriam ac noticiam, paginam sigillo nostro signatam conficere ac dare vellemus super obligacione cuiusdam stagni seu laci, qui videlicet lacus Malsche vulgariter dicitur, siti in terra Pomeranie, quem lacum nobilis vir dominus Primico, princeps generosus, licet nullius terre vel provincie celebri nomine titnletur, una cum uxoris sue Katharine ac suorum liberorum, filii sui Mestwini et filie sue Luchardis, consilio et assensu, dicto reverendo viro domino Karolo generali prefati ordinis pro triginta marcis denariorum monete Thorunensis obligavit, sub condicionibus et pactionibus subnotatjs, ita sane, quod si prelibatus dominus
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Primico pecuniam suprascriptam infra anni circulum et diem non exsolverit, qui scilicet annus a tempere date sibi pecunie pretaxate computabitur, videlicet a die circumcisionis nunc preterito, anno incarnacionis inspecto, sicut in datis et actis inferius est subscriptum, extunc predicto domino Primiconi et uxori vel liberis suis prefatum lacum redimere non licebit, sed dictus honorabilis vir dominus Karolus generalis ordinis suprascripti vel alius vices eius gerens, prout sapientibus visum fuerit, quantum predictus lacus carior esse potuerit, eidem domino Primiconi addere tenebitur super pecuniam prenotatam, et sic extunc dictus lacus cum omni iure, quod prefatus dominus Primico in ipso lacu habere potuit vel habere videbatur suique heredes, ad dictum venerabilem virum dominum Karolum suique ordinis professores transibit, cum omnibus utilitatibus proprietatis iure, a dictis fratribus perpetuo possidendus: in huius igitur rei evidenciam ad preces supradicti reverendi viri Karoli generalis ordinis memorati, quia hec omnia et singula erpresse cognovimus, presens scriptum dedimus sigilli nostri ac quorumdam fratrum nostrorum testimonio roboratum. Testes sunt frater Johannes de Dolin, prior, frater Nicolaus de Culmen, frater Wernerus Cancer, frater Hinricus, magister conversorum, frater Gerwinus et alii quam plures fratres nostri. Datum et actum in Polplin, anno domini M. CCC. duodecimo, in die circumcisionis eiusdem domini nostri Jhesu Christi.
Nach dem Originale im k. preußischen Archive zu Königsberg, mit dem wohlerhaltenen Siegel des Abtes, mitgetheilt von dem Herrn Archiv-Director, Prof. Dr. Voigt zu Königsberg.
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:
Ueber
besonders
in demselben,
von
G. C. F. Lisch.
D as meklenburgische Wappen hat sich beinahe seit der Zeit der Bereinigung von fünf Schilden in Einem Schilde, also ungefähr seit 350 Jahren, die größten Willkührlichkeiten gefallen lassen müssen, ohne Zweifel, weil es nicht verstanden ward. Diese Willkührlichkeiten beginnen schon im 16. Jahrhundert, wahrscheinlich durch Rixner veranlaßt, von welchem ein Wappenbuch vom J. 1530 im Archive zu Schwerin handschriftlich vorhanden ist; bekanntlich ist dieser Mann, obgleich er sich an vielen Orten einzudrängen und geltend zu machen verstand, als Heraldiker ohne Werth, und manche neue Erscheinung, z. B. die rothe Krone des Stierkopfes, ist seine Erfindung, indem er es liebte, die Wappen nach seinen von ihm erfundenen Regeln und Ansichten umzugestalten.
In den neuern Zeiten ist, namentlich in den Jahrbüchern und andern Werken, das meklenburgische Wappen im Ganzen und in seinen einzelnen Theilen einer wiederholten kritischen Untersuchung unterworfen und dadurch die wahre Gestalt der Wappenbilder wieder ans Licht gezogen. Es liegt nicht in meiner Absicht, hier eine vollständige kritische Geschichte des Wappens zu geben, sondern ich beabsichtige nur, die frühern Untersuchungen zusammenzufassen, einzelne Gegenstände näher zu beleuchten und die zahlreichen neuesten Erscheinungen in die Geschichte einzuführen.
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Wenn wir bei der folgenden Darstellung zuvörderst die neuere Litteratur in Betrachtung ziehen, so lege ich dabei das jetzige siebenschildige Wappen zum Grunde.
1) Für die Herrschaft Meklenburg hat die eigenthümliche Gestaltung und künstlerische Ausbildung des Stierkopfes und des Helmes in Jahrb. VIIl, S. 7 flgd., und in den dazu gegebenen Abbildungen eine gute und sichere Grundlage erhalten. Damit stimmen viele alte Bildungen überein, namentlich eine alte Glasmalerei in der Kirche zu Doberan.
2) Für die Herrschaft Werle ist der Stierkopf oft mit dem meklenburgischen Stierkopfe, nachdem dieser festgestellt war, zur Vergleichung gezogen. Eine uralte, gemalte Darstellung des werleschen Schildes fand sich in den alten Wandmalereien der Kirche der Altstadt Röbel und ist von mir in der Zeitschrift für Bauwesen, Berlin, 1852, August, in Abbildung mitgetheilt und in Jahrb. XVII, S. 380, beschrieben.
3) Für die Herrschaft Rostock ist die Stellung und Gestaltung des Greifen in Jahrb. X, S. 19, durch Abbildung zur Anschauung gebracht und durch die Abbildungen auf S. 7 und 9 erläutert.
4) Für die Grafschaft Schwerin ist der Schild in Jahrb. VIII, S. 19 flgd. erläutert.
5) Für die Herrschaft Stargard wird der Schild in dieser Abhandlung weiter unten zur Untersuchung gezogen werden.
6) Für das (ehemalige Bisthum) Fürstenthum Ratzeburg isi das Wappen in Jahrb. I, S. 143, und VIII, S. 33 flgd., ausführlich beleuchtet.
7) Für das (ehemalige Bisthum) Fürstenthum Schwerin habe ich in Jahrb. VIII, S. 33 flgd., eine ausführliche, quellenmäßige Darstellung geliefert.
Das Gestaltung des ganzen Wappens ist von nur besprochen in Jahrb. I. S. 141, und VIII, S. 33, vgl. X, S. 15.
Die Grundzüge der Geschichte des meklenburgischen Wappens sind ziemlich eigenthümlich. In den ältesten Zeiten führte jeder Landesfürst nur Einen Schild mit Einem Schildzeichen und einem eigenthümlich gestalteten Helm. Von den ältesten Fürsten Meklenburgs ist nur ein Reitersiegel ohne Wappen erhalten; von dem Stammvater Pribislav ist gar keine Urkunde vorhanden, Pribislav's Sohn Borwin I. führte als Alleinherrscher einen Greifen im Schilde und ebenso die Vormund=
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schaft seiner Enkel. Zu gleicher Zeit läßt es sich aber erkennen, daß die Fürsten des westlichen Landestheiles einen Stierkopf, des östlichen Landestheiles einen Greifen im Schilde führten. Die Heraldik der fürstlichen Siegel beginnt erst nach der Hauptlandestheilung vom J. 1229 und wird vom Ende des 13. Jahrh. bis zur Mitte des 14. Jahrh. fest und kräftig ausgebildet. Bis auf diesen Zeitraum muß man in den Forschungen immer zurückgehen, wenn es irgend möglich ist. Durch die Landestheilung vom J. 1229, von welcher noch so viele und bedeutende Reste übrig 1 ) sind, ward das Land für die vier fürstlichen Brüder in vier Theile getheilt: Meklenburg, Werle, Rostock und Richenberg. Jedes Land bildete nun ein eigenes Schildzeichen und einen eigenen Helm aus. Die drei jüngeren Linien starben nach und nach aus, und ihre Länder und Wappen, als Herrschaftszeichen, gingen auf die älteste Linie Meklenburg über, von welcher das ganze Land den Namen erhalten hat. Von der Herrschaft Richenberg, welche schon in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts vielfach zerstückelt ward und die Herrscher wechselte, ging nach ihrem Aussterben 1315 kein Wappenzeichen in das Wappen anderer Herrscher über, theils vielleicht weil die Herrschaft zerstückelt ward, theils weil das Wappen ein Stierkopf, also den Wappen von Meklenburg und Werle gleich war. Rostock, welches einen Greifen im Schilde führte, starb aber um dieselbe Zeit aus. Der Stierkopf der Fürsten von Richenberg ist nur noch auf einigen alten Siegeln 2 ) derselben und in den Siegeln ihrer Städte Parchim, Plau, Goldberg und Sternberg vorhanden. Um dieselbe Zeit, im J. 1314, starb die Linie Rostock aus. Die Fürsten von Meklenburg nahmen nun einen Schild mit dem rostocker Greifen neben ihrem Schilde, do daß beide Schilde getrennt blieben, in ihr Siegel auf, jedoch nur in das kleine
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Siegel. Sicher führte schon Heinrich H. der Löwe im J. 1327 ein kleines Siegel mit den zwei Schilden und Helmen. Der alte eigenthümliche rostocker Helm kam für die Zukunft nicht zur Geltung; die Fürsten von Meklenburg führten in der alten Zeit nur Einen Helm, wahrscheinlich weil man nur Einen Helm, wohl aber mehrere Schilde führen kann. Mit dem Ankaufe der Grafschaft Schwerin im J. 1358 nahmen die Fürsten von Meklenburg auch den Schild der Grafen von Schwerin neben den Schilden für Meklenburg und Rostock in ihr Siegel auf. Der Helm kam ebenfalls noch lange nicht zur Geltung. Endlich starb im J. 1436 die Linie Werle aus. Von dieser ging aber zuerst gar nichts in das meklenburgische Wappen über, wahrscheinlich weil das Schildzeichen auch ein Stierkopf war. Der eigenthümliche Helm der Fürsten von Werle, wie er noch in den Siegeln der Städte Teterow und Waren zu sehen ist, ist seitdem nie wieder zur Geltung gekommen.
So blieb es lange Zeit. Von der Zeit nach der Mitte des 14. Jahrh. bis gegen das Ende des 15. Jahrh. führen die Herzoge von Meklenburg nur drei Schilde, für die Herrschaft Meklenburg, die Herrschaft Rostock und die Grafschaft Schwerin, verschiedenartig zusammengestellt, im Siegel.
Gegen das Ende des 15. Jahrhunderts trat eine große Veränderung in dem landesherrlichen Wappen ein, indem der kräftige Herzog Magnus II. (1477 † 1503) das fünfschildige Wappen mit drei Helmen schuf. Er behielt die drei Schilde für Meklenburg, Rostock und Schwerin bei, nahm den werleschen Stierkopf dazu auf und führte den stargardischen Arm ein; auf diesen vierfach getheilten und mit einem Mittelschilde gezierten Schild setzte er drei Helme für Meklenburg, Rostock und Schwerin. So ist das meklenburgische Wappen geblieben, bis im J. 1658 das siebenschildige Wappen eingeführt ward 1 ).
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Der stargardische Arm.
Daß der sogenannte "stargardische Arm" durch den Herzog Magnus II. in das meklenburgische Wappen eingeführt worden sei, ist ziemlich allgemein angenommen, jedoch ist es noch nicht ausgemacht, was dieser Arm zu bedeuten habe. Ich will hier nicht auf ältere Annahmen eingehen, z. B. daß der Arm mit dem Ringe zum Andenken an die Erwerbung der Herrschaft Stargard aufgenommen sei, indem die Fürstin Beatrix ihrem Gemahle, dem Fürsten Heinrich II. dem Löwen, das Land zugebracht habe, - sondern gerades Weges in die Sache eingehen. Alte Nachrichten sind über dieses Schildzeichen gar nicht vorhanden, so viel ich auch überall seit einem Vierteljahrhundert darnach geforscht 1 ) habe; es scheint, als wenn sich alle Geschichtschreiber gefürchtet haben, eine Sache zu berühren, die sie nicht aufzuhellen im Stande waren. Die Sache läßt sich also nur auf dem Wege der geschichtlichen Combination erledigen.
Ausgemacht ist es, daß der Herzog Magnus II. (1477 † 1503) das fünfschildige Wappen annahm und namentlich den Arm in dasselbe einführte. Es entstehen nun zwei Fragen: wann der Herzog den Arm aufgenommen und was der Arm zu bedeuten habe.
Die erste Frage ist, wann der Herzog das Wappen aufgenommen habe. Man muß bei Beantwortung dieser Frage bemerken, daß der Herzog mehrere Siegel hatte und diese mit seinen Brüdern, namentlich mit seinem Bruder Balthasar, in gleichen oder ähnlichen Formen führte. Der Herzog Magnus, ein kräftiger Mann, war angehaucht von dem ritterlichen Geiste des Kaisers Maximilian I., welcher äußern ritterlichen Turnierglanz liebte. Daher kam es auch, daß Herzog Magnus mehrere Siegel und namentlich oft ein sehr großes, sogenanntes "größtes" oder "Majestäts=Siegel" führte, welches mit schildhaltenden Engeln, Helmdecken, hohen wallenden Pfauenfedern, geschlungenen Bändern reich verziert ist. Zu bemerken ist jedoch, daß schon sein Vater, der Herzog Heinrich, ein ziemlich großes Siegel mit Schildhaltern und Helm führte und dieses z. B. 1458 sein "majesteten ingesegel" nennt.
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Der Herzog Magnus und sein Bruder Herzog Balthasar führen drei verschiedene Siegel:
1) Ein kleines Siegel (in mehrern, wenigstens zwei Stempeln) mit drei Schilden. Im Jahre 1480 führen z. B. die drei Brüder Albrecht, Magnus und Balthasar jeder ein gleich gestaltetes kleines Siegel mit drei neben einander gestellten Schilden; der Herzog Balthasar hat z. B. 1495 auf einem andern kleinen Siegel die drei Felder in Einem Schilde vereinigt. Diese kleinen dreischildigen Siegel führen die Herzöge zu gewöhnlichen Ausfertigungen noch lange nach der Annahme des fünfschildigen Siegels, z. B. noch häufig im J. 1494 und sicher noch im Januar 1495.
2) Ein mittleres Siegel mit dem fünfschildigen Wappen, welches auf dem Siegel des Herzogs Magnus von einem Engel, auf dem Siegel des Herzogs Balthasar von zwei Greifen gehalten wird. Diese Siegel führen die Herzoge sicher schon an einer Urkunde des rostocker Domstifts vom Andreastage 1483 und an einer Urkunde des Klosters Wanzka vom Johannistage 1488.
3) Ein großes Siegel mit dem fünffchildigen Wappen, welches auf dem Siegel des Herzogs Magnus von zwei Engeln, auf dem Siegel des Herzogs Balthasar von zwei Greifen gehalten wird, mit einem großen Helmschmucke, dem Helme für Meklenburg. Dieses Siegel führen die Herzoge sicher schon an einer Urkunde des Klosters Rehna vom 24. Nov. 1489 und wiederholt an andern Urkunden in den Jahren 1495 und 1496. Die Herzoge nennen dieses Siegel häufig ihr "grotestes ingesegele" (vgl. auch Lisch Maltzan. Urk. IV, S. 214) und auch mitunter ihr "majesteten ingesegele" z. B. am 28. Oct. 1496.
Es ist also erweislich, daß die Herzoge das fünfschildige Siegel schon im J. 1483 angenommen hatten. Hiernach kann also die Nachricht, welche Lambert Slagghert in seiner Chronik des Klosters Ribnitz (1502-1532) giebt, die einzige vorhandene alte Nachricht, nicht richtig sein:
"Anno 1494. Maximilianus de Keyser dorch Vordenst des Herrn Hertich Magnus tho Mekelenborch heft em gegeuen de Hand myt ener Dwelen (Handtuch) ofte den Armen myt enem gulden Vinger in der Hand in sin Wapent, welker nen Vorste ofte Hertoge vor em heft ghevoret, vnd also is vorendert worden der Vorsten tho Mekelenborch er Wapent van Tyden tho Tyden"
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L. Slagghert wird diesen Bericht wohl aus den ältesten Siegeln des Herzogs im Kloster Ribnitz gebildet haben.
Mit der Belehnung des Herzogs Magnus kann die Vermehrung des Siegels auch nicht zusammenhängen, da der Lehnbrief des Kaisers Maximilian I. für die Herzoge Magnus und Balthasar erst am 15. Julii 1495 ausgestellt ist.
Vor dem J. 1483 habe ich aber den stargardischen Arm bisher noch nicht beobachtet; Rudloff 1 ) scheint allerdings fünfschildige Siegel vom J. 1480 gekannt zu haben. Zwar stehen auf dem Leichensteine der Prinzessin Anna 2 ), einer Tochter des Herzogs Heinrich IV , also einer Schwester des Herzogs Magnus, welche am 7. Sept. 1464 starb, die fünf Wappenschilde und unter diesen unten rechts auch der stargardische Arm; aber es ist außer Zweifel, daß dieser Leichenstein von dem Herzoge Magnus während seiner Regierung seiner Schwester nachgelegt ist, da auf demselben der Vater, Herzog Heinrich, als verstorben ("qnondam", d. i. weiland) bezeichnet wird, dieser aber erst am 9. März 1477 starb.
Es ist also Wahrscheinlich, daß der Herzog Magnus nicht sehr lange nach dem Tode seines Vaters das fünfschildige Wappen aus eigener Bewegung angenommen und vom Kaiser bestätigt erhalten hat.
Die Veranlassung der Vermehrung des Wappens war ohne Zweifel das Aussterben des fürstlichen Hauses Meklenburg=Stargard im J. 1471 und der Heimfall des Landes Stargard an die Linie Meklenburg=Schwerin.
Die zweite Frage ist, was der Arm zu bedeuten habe. Nehmen wir an, der Arm sei Anfangs wirklich für die im Wappen bis dahin noch nicht Vertreten gewesene Herrschaft Stargard aufgenommen, so hat die Wahl eines Armes keinen rechten Grund. Das Land Stargard hat kein altes Wappenzeichen, die Stadt Stargard führt seit alter Zeit einen brandenburgschen Adler im Siegel, wie noch mehrere Städte des Landes Stargard, als brandenburgische Colonien, den brandenburgischen Adler oder einen Theil des brandenburgischen Wappens im Siegel führen, und die den meklenburgischen Landesherren voraufgehenden Herren des Landes Stargard stammten aus dem markgräflichen Hause Brandenburg. Ganz willkührlich wird der Arm aber auch nicht gewählt sein. Sehen wir uns im Lande Stargard nach einem Wappen mit einem
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Arme um, so finden wir, daß die Stadt Fürstenberg im Lande Stargard einen weiblich bekleideten Arm mit einem Ringe zwischen den Fingern im Siegel führt. Leider ist trotz der sorgfältigsten, vieljährigen Forschungen kein ganz altes Siegel der Stadt Fürstenberg aufzufinden und die Geschichte der Stadt überhaupt dunkel. Es sind zwei ältere, kleinere Siegel der Stadt bekannt: das eine Siegel ist achteckig, führt auf einem Schilde in Renaissanceform einen rechts gekehrten Arm, ohne alle Bekleidung, mit einem Ringe zwischen den Fingern und einer Binde um den Ellenbogen, und läßt sich 1568-1620 verfolgen; das andere Siegel ist rund, führt einen rechts gekehrten Arm, mit einem runden weiblichen Puffärmel und einer Binde um den untern Saum des Aermels, und kommt gegen das Ende des 17. Jahrhunderts vor. Das erstere Siegel ist ohne Zweifel im 16. Jahrhundert gestochen, da nicht allein Siegel= und Schild=Form, sondern auch die über dem Schilde stehenden rein römischen Buchstaben S C F dafür reden. Die Bildung des Arms auf diesen Siegeln hat also dieselbe Entwickelung in der Form, wie der Arm im landesherrlichen Wappen. Woher die Stadt Fürstenberg dieses Siegel erhalten und seit wann sie es geführt habe, ist nicht zu ermitteln. Möglich ist es, daß die Stiftung der Stadt in den Anfang des 14. Jahrhunderts, in die Zeit Heinrichs II. des Löwen, fällt und die Stadt das Siegel zum Andenken an dessen Gemahlin Beatrix von Brandenburg erhielt; aber mit Sicherheit läßt sich hierüber nichts sagen. Es ist freilich kein fürstenbergisches Stadtsiegel bekannt, welches älter wäre, als der "stargardische Arm" im landesherrlichen Wappen; aber es läßt sich mit Sicherheit annehmen, daß der Arm im Siegel der Stadt so alt ist, als die Stadt Fürstenberg, da die Städte ihre Siegel sehr selten ganz verändern 1 ). Die Stadt Fürstenberg war aber sicher schon im 14. Jahrhundert vorhanden.
Es liegt nun sehr nahe, anzunehmen, daß der Herzog Magnus nach dem Heimfall des Landes Stargard 1471 an sein Haus den Arm der Stadt Fürstenberg als Zeichen für das Land Stargard in das landesherrliche Wappen aufgenommen habe. Und die Veranlassung dazu ist auch nicht weit zu suchen. Bekanntlich ward im Jahre 1349 der Ritter Otto von Dewitz im Lande Stargard zum Grafen von Fürstenberg, also in damaliger Zeit zum regierenden oder Lan=
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desherrn, erhoben, jedoch hörte diese Würde schon im 14. Jahrhundert wieder auf und die Herzoge von Meklenburg betrachteten sich als Nachfolger der Grafen in den landesherrlichen Rechten. Daher nannten sie sich seit dem Aussterben der Grafen von Fürstenberg mitunter auch Grafen zu Fürstenberg, wie sie sich Grafen zu Schwerin nannten. Schon der Herzog Rudolph aus dem Hause Meklenburg=Stargard, Bischof zu Schwerin, nannte sich 1406 auch "Graf zu Fürstenberg" ("comes Forstenbergensis") 1 ) und der Herzog Heinrich von Meklenburg, der Vater des Herzogs Magnus II., titulirte sich im J. 1475, also nach dem Aussterben des Fürstenhauses Meklenburg=Stargard, auch "Graf zu Fürstenberg" 2 ). Die Grafschaft Fürstenberg lebte noch lange im Gedächtniß fort, so daß noch im J. 1505 das Amt Fürstenberg in Amtsregistern eine "Grafschaft" genannt wird.
Es ist also sehr wahrscheinlich, daß in einer glanzliebenden Zeit, in welcher man nach Titeln und Wappen haschte und in welcher die Herzoge von Meklenburg auch mitunter den Titel eines Grafen von Fürstenberg wieder hervorriefen, dieselben auch ihr Wappen mit dem Wappen dieser Grafschaft zu vermehren trachteten; es ist eben so wahrscheinlich, daß die Herzoge das Wappen der Grafschaft Fürstenberg nicht kannten, das Siegel der Stadt Fürstenberg für das Wappen der Grafschaft hielten und daher das Siegelzeichen oder Wappen der Stadt als das Wappen der Grafschaft in das landesherrliche Wappen aufnahmen. Das Wappen der Grafen von Fürstenberg ist aber ein geweckter Schild 3 ), wie noch heute die von ihnen gestiftete Stadt Alt=Strelitz einen solchen halben Schild im Siegel führt; bei der kurzen Dauer der Grafschaft sind die Siegel nicht häufig und können daher sehr leicht nicht erkannt worden sein.
Es scheint mir daher sehr wahrscheinlich,
daß die Herzoge von Meklenburg bald nach dem Jahre 1471 einen Schild mit Arm, welchen die Stadt Fürstenberg im Siegel führte, als Wappen der Grafschaft Fürstenberg zur Vermehrung ihres Wappens für die Herrschaft Stargard aufnahmen.
Von Wichtigkeit ist noch die Geschichte der Darstellung des Armes. Auf den ältesten Siegeln, den Siegeln der Herzoge Magnus und Balthasar, welche den Arm in ihr Wappen
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aufnahmen, ist der Arm ganz unbekleidet und die breite Binde ist um den Unterarm geschlungen; dies ist also die "Dwele" (das Handtuch), von welcher Slagghert redet. Auf dem großen uns Holz geschnittenen und bemalten fünfschildigen Wappen, welches über dem Grabe des Herzogs Magnus II. in der Kirche zu Doberan hängt und gewiß sehr bald nach seinem Tode dort aufgehängt ward, ist der Arm grade so gestaltet. Die alte, erste Färbung, welche ich, vor der Ausführung der von mir geleiteten, nothwendigen Restauration, lange und genau untersucht habe, war naturfarben und die Binde hatte eine sehr helle bräunliche Färbung. Aber schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, unter den Söhnen des Herzogs Magnus, treten merkliche Veränderungen ein, und merkwürdig ist, daß auch das Siegel der Stadt Fürstenberg in seiner Bildung ganz denselben Gang nimmt. Schon die Herzoge Heinrich der Friedfertige und Albrecht der Schöne haben alle neuern Gestaltungen des Wappens und alle Abweichungen von den alten Formen; ohne Zweifel rühren diese Abweichungen, welche sich drei Jahrhunderte aufrecht erhalten haben, von fremden Malern und Heraldikern her. Von dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen sind die meisten Denkmäler erhalten, z. B. eine in Farben gewebte Turnierdecke mit seinem Namen H. H. Z. M. und der Jahreszahl 1523. Sowohl auf den Siegeln, als auf andern heraldischen Denkmälern jener Zeit ist der Arm oben mit einem weiblichen Puffärmel bekleidet, nach der damaligen Mode in vier parallele Wulste unterbunden, die Schleife ist gewöhnlich aber nach vorne um den Unterarm gebunden. - Das Siegel der Stadt Fürstenberg hat sicher bis zum J. 1620 noch keinen Aermel. - Die Färbung des Armes ist bald naturfarben, bald silbern. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, namentlich unter dem Herzoge Ulrich von Güstrow, von welchem sehr viele heraldische Denkmäler vorhanden sind, hat der Arm durchgehends einen weiblichen Puffärmel, welcher ganz rund ohne Teilungen in Wulste gestaltet ist, und die Binde ist um den untern, ausgezackten Saum des Aermels gebunden; jedoch ist die Binde noch in jüngern Zeiten oft um den Unterarm gebunden. - Eben so ist auch ein neues Siegel der Stadt Fürstenberg im 17. Jahrhundert gebildet. - Im 17. Jahrhundert erscheint der Arm mit dem Aermel sehr häufig silbern gefärbt. - So bleibt der Arm bis in den Anfang des 18. Jahrhunderts, wo eine ganz willkührliche Veränderung eintritt. Unter dem Herzoge Carl Leopold ragt der Arm aus einer Wolke, welche den Aermel sehr bald ganz verdrängt. So blieb der Arm bis in das 19. Jahrhundert. Auf neuern strelitzer
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Wappen fehlt in neuern Zeiten auch mitunter die Binde. Die Rückkehr zum richtigen Alten begann mit dem Regierungsantritte des hochseligen Großherzogs Paul Friedrich, jedoch mit Berücksichtigung dessen, was historisch geworden war. Der alte Puffärmel, welcher zwei Jahrhunderte hindurch in Gebrauch gewesen war, ward wieder aufgenommen und die ganz unhistorische Wolke, welche sich über hundert Jahre breit gemacht hatte, immer mehr zurückgedrängt, so daß nur eine kleine Andeutung davon blieb, welche zur Füllung des Schildwinkels ganz Willkommen war. Ganz entfernen wollte man sie nicht, da sie sich allgemein eingedrängt hatte, obgleich sie wohl fehlen könnte.
Die Färbung des Armes mit Silber war zwei bis drei Jahrhunderte hindurch immer mehr zur Geltung gekommen und beliebt, da sie auch zu den heraldischen Regeln der neuern Zeiten (nur Metall auf Farbe zu legen) paßte und den unruhigen Wechsel mehrerer willkürlicher Farben verhinderte.
So ist denn der Arm für die Herrschaft Stargard, mit Berücksichtigung der ältesten Formen und der historischen Entwickelung, bis auf den heutigen Tag also gebildet und bestimmt:
in rothem Felde ein rechts gekehrter, mit der innern Fläche nach vorne gekehrter, weiblicher, mit einem weiblichen Puffärmel bekleideter und mit einer fliegenden Schleife um den untern Saum des Aermels umbundener Arm, alles silbern gefärbt, welcher aus einer kleinen silbernen Wolke ragt und einen goldenen Ring mit einem Diamanten mit dem Daumen und dem Zeigefinger in die Höhe hält.
Die bedeutendste Thätigkeit für die richtige Gestaltung 1 ) und Färbung des meklenburgischen Wappens entfaltete sich unter dem jetzt regierenden Großherzoge Friedrich Franz II. Der große Schloßbau zu Schwerin gab unzählige Male Veranlassung, das Wappen und seine einzelnen Theile zu bilden und gute Vorbilder dazu zu erforschen. Herrschende Ansicht erforderte es, das allgemein Verbreitete und Bestehende nicht ganz zu verwerfen und nichts ganz Neues
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einzuführen, sondern das Bestehende nach seiner geschichtlichen Herleitung und Entwickelung in richtige Formen zu bringen. Am Schlusse des Schloßbaues erforderte es die Nothwendigkeit, zur Herstellung des großen gefärbten Wappens über dem Throne im Thronsaale alle Forschungen zusammenzufassen und nach den ältesten richtigen Bildern und Bestimmungen und der historischen Entwickelung ein großes, vollständiges Wappen herzustellen. Se. Königliche Hoheit der Großherzog gab mir Allergnädigst den Befehl zu dieser Arbeit, zu deren Entwerfung ich den als Künstler und Heraldiker bewährten Maler Milde zu Lübeck wählte, mit welchem ich im engsten Vertrauen mit sorgfältigster Berücksichtigung des sechshundertjährigen Apparats die schwierige Arbeit unternahm. Im Anfange des J. 1857 vollendete Milde nach meinen Angaben und unter meinem Beirath die Zeichnung eines großen Wappens mit Schildhaltern, Krone und Helmzierden, 4 Fuß hoch, und der dirigirende Baumeister, Geheime Oberbaurath Stüler zu Berlin, billigte den Entwurf, nachdem er in der Stellung der Helmzierden und in der Bewegung der Helmdecken und der Schildhalter einige mehr ansprechende Veränderungen vorgenommen hatte. Se. Königliche Hoheit der Großherzog genehmigte schließlich die ganze, auch in Farben ausgeführte Zeichnung. Die Ausführung ward der Sorgfalt des Hauses C. R. Brunnarius (aus Schwaben) zu Paris (maison spéciale pour l'ameublement de palais), welches schon viele Kunstwerke für das Schloß geliefert hatte, anvertraut; dieses hat denn das große Wappen in Gold, Silber und Farben auf eine so prachtvolle und meisterhafte Weise in Paris sticken lassen, daß diese Stickerei zu den ausgezeichnetsten Arbeiten dieser Art gehört. Das Wappen, wie es jetzt im Thronsaale hängt, ward noch im J. 1857 ausgeführt.
Dieses Allerhöchst gebilligte Wappen 1 ) über dem Throne im Thronsaale des Schlosses zu Schwerin ist jetzt zur Richtschnur für das meklenburgische Wappen aufgestellt. Ich gebe daher hier nach demselben, mit Zugabe von geschichtlichen Erläuterungen, eine Blasonirung des meklenburgischen Wappens.
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I. Schild
zwei Mal längs und drei Mal quer getheilt, mit einem Mittelschilde.
A. Hauptschild.
1. Im goldenen Felde ein vor sich gekehrter, aufrecht stehender, schwarzer Stierkopf, mit aufgerissenem rothen Maule, weißen Zähnen und ausgeschlagener rother Zunge, mit herabhangendem, abgerissenem, schwarzem Halsfell, mit einer goldenen Lilienkrone auf der Stirne um die silbernen Hörner, wegen des Herzogthums Meklenburg.
Geschichtliche Erläuterungen 1 ). - Der silberne Nasenring, mit welchem dieses Hauptlandeswappen lange Zeit verunstaltet gewesen ist, ist durchaus ungeschichtlich und nur durch Mangel an Erkenntniß aus dem rundlich aufgerissenen Maule entstanden. In der ältern Zeit, bis zum Tode des Herzogs Magnus († 1503), ist auch nicht die geringste Spur von dieser Entstellung zu finden; jedoch kommt der Nasenring schon in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter dem Herzoge Heinrich dem Friedfertigen vor. Die Hörner sind in alter Zeit immer silbern gewesen und daher allein richtig; silberne Hörner kommen auch, abwechselnd mit schwarzen, immerfort bis auf die neuern Zeiten vor. Die Krone ist in alter Zeit ohne Ausnahme golden; die unsinnige rothe Krone ist nur eine willkürliche Annahme des Heraldikers Rixner in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und bricht sich, neben der goldenen, erst nach und nach im 17. und 18. Jahrhundert Bahn. Die irrtümlich eingeführten schwarzen Hörner und die rothe Krone sind willkürliche Annahmen nach dem für die alten Zeiten falschen Grundsatze, daß Metall nicht auf Metall stehen dürfe.
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2. Im blauen Felde ein rechts gekehrter, schreitender, goldener Greif, mit erhobener rechter Vorderpranke und mit ausgeschlagener rother Zunge, wegen der Herrschaft Rostock.
Gesch. Erl. Der Greif ist auf alten Siegeln immer nur schreitend dargestellt; er wird erst bei der Einführung des fünfschildigen Wappens durch den Herzog Magnus aufgerichtet, indem dabei der Mittelschild in die andern Schilde hineinragte und für die Vorderpranken des Greifes den Platz wegnahm. Mit der Einführung des siebenschildigen Wappens fiel aber die Veranlassung weg und hatte der Greif wieder schreitend dargestellt werden müssen, was auch mitunter vorkommt.
3. Im blauen Felde ein rechts gekehrter, schreitender, goldener Greif, mit erhobener rechter Vorderpranke und mit ausgeschlagener rother Zunge, auf einem viereckigen grünen Plan mit silberner Einfassung stehend, ohne Quertheilung des Schildes, wegen des Fürstenthums (ehemaligen Bisthums) Schwerin.
Gesch. Erl. So ist das Wappen, nach Abschaffung des alten bischöflichen Wappens, durch Regierungsbeschluß im J. 1658 festgestellt (vgl. Jahrb. VIII, S. 33 flgd.) und daher leidet es als ein neu erfundenes Wappen auch keine Abweichung von dieser Bestimmung. Ueber den Greif gilt das zu 2 Gesagte.
4. Im rothen Felde ein schwebendes silbernes Kreuz mit rechtwinkligen Balken, bedeckt mit einer goldenen offenen Fürstenkrone, wegen des Fürstenthums (ehemaligen Bistums) Ratzeburg.
Gesch. Erl. So ist das Wappen, nach Abschaffung des alten bischöflichen Wappens, durch Regierungsbeschluß im J. 1658 festgestellt und daher leidet es als ein neu erfundenes Wappen auch keine Abweichung von dieser Bestimmung. (Vgl. Jahrb. I, S. 149 flgd. und VIII, S. 33 flgd.) Das Kreuz soll das Kreuz Christi und daher muß die Gestaltung auch rechtwinklig sein; aus diesem Grunde nahm auch die Linie Güstrow aus Demuth die Krone über dem Kreuze nicht an und das Kreuz gestaltete sich Anfangs häufig zu der Form des Johanniterkreuzes, bildete sich aber im Laufe der Zeit wieder zu der ursprünglich bestimmten Form heraus.
5. Im rothen Felde ein rechts gekehrter, mit der innern Fläche nach vorne gewandter, weiblicher, mit einem in Wulsten getheilten weiblichen Puffärmel am Oberarme bekleideter und
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mit einer fliegenden Schleife am untern Saume des Aermels umbundener Arm, alles silbern gefärbt, welcher aus einer kleinen silbernen Wolke ragt und einen goldenen Ring mit einem Diamanten mit dem Daumen und dem Zeigefinger hält, wegen der Herrschaft Stargard.
Gesch. Erl. Die Geschichte und Erläuterung dieses Feldes ist oben S. 93 flgd. gegeben.
6. Im goldenen Felde ein vor sich gekehrter, rechts gelehnter, schwarzer Ochsenkopf, mit geschlossenem rothem Maule und ausgeschlagener rother Zunge, mit einer goldenen Lilienkrone auf der Stirne um die silbernen Hörner, (ohne Halsfell und Nasenring), für das Fürstenthum Werle oder Wenden.
Gesch. Erl. Die Färbung ist mit der Färbung des Stierkopfes für Meklenburg, wie sie unter 1 beschrieben ist, gleich. Der Kopf für das Fürstenthum Werle ist immer ein ruhig und zahm aussehender, mehr langgestreckter Ochsenkopf mit geschlossenem Maule und ohne Halsfell gewesen, während der Kopf für das Herzogthum Meklenburg immer ein wild aussehender Stierkopf mit aufgerissenem Maule gewesen und in alten Zeiten oft auch Büffelskopf genannt ist, wie er gewöhnlich noch heute genannt wird. Bis zum Tode des Herzogs Magnus II. († 1503) stand er ohne Ausnahme aufrecht und war vorwärts gekehrt (en face). In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts unter der Regierung des Herzogs Heinrich des Friedfertigen, nachdem das fünfschildige Wappen eingeführt war und man anfing, den Schild an den untern Ecken einwärts zu biegen, kam durch diese Biegung bei geschnitzten Reliefwappen dieser Werlesche Ochsenkopf so zu liegen, daß er eine schräg rechte Lage erhielt und mehr von der Seite zu sehen war; dies war auch die Veranlassung, daß man bald, schon sicher 1523, diesen Kopf auch auf flachen Darstellungen mehr von der Seite darstellte, obgleich er nie ganz von der Seite (en profil) dargestellt ward, sondern gewöhnlich eine halbschräge Lage erhielt, welche nicht vorteilhaft war. Nachdem auf den Siegeln die Biegung der untern Schildecken längst aufgehört hat, ist es rathsam, dem Kopfe seine historisch berechtigte vor sich gekehrte (en face) Lage wieder zu geben, jedoch seine schräge rechte Richtung beizubehalten, welche sich in dem vielschildigen Wappen an 350 Jahre geltend gemacht hat.
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B. Mittelschild.
7. Ein quer getheilter Schild, in der untern Hälfte golden, in der obern Hälfte roth, wegen der Grafschaft Schwerin. Gesch. Erl. Diese Färbung ist die historisch richtige (vgl. Jahrb. VIII, S. 19), wenn auch zuweilen ausnahmsweise die Färbung umgekehrt ist.
II. Helme.
Fünf offene, stählerne, roth gefutterte Turnierhelme mit goldenen Visiren, mit goldenen Fürstenkronen bedeckt.
Gesch. Erl. In alten Zeiten hatte jeder Schild und auch jedes Wappen von mehreren einzelnen Schilden nur einen Helm. Mit der Annahme des fünfschildigen Wappens führte man drei Helme, mit der Annahme des siebenschildigen Wappens fünf Helme ein. Für die beiden untern Felder sind keine Helme vorhanden. Für das Fürstenthum Wenden ist nie ein eigener Helm geführt worden, wahrscheinlich weil man irrthümlich den Helm für Werle für gleich mit dem Helm für Meklenburg hielt, obgleich die Fürsten von Werle einen eigenen Helm mit zwei gekreuzten Pfauenfedern, oder Pfauenrosen, wie sie noch heute in den Siegeln der Städte Teterow und Waren zu sehen sind, führten. Zu dem stargardischen Arme hat man nie einen Helm gekannt.
1 Helm, in der Mitte: fünf aufrecht stehende, zugespitzte Schirmbretter oder Pfähle, von der Rechten zur Linken: schwarz, roth, golden, blau, silbern gefärbt, hinter welchen der nach rechts hin schauende, liegende, halbe meklenburgische Stierkopf, wie im Felde 1, liegt, und hinter welchem ein fünffacher Pfauenwedel hervorragt, wegen des Herzogthums Meklenburg.
Gesch. Erl. Dieser Helm hat im Laufe der Zeit vielfache Veränderungen erlitten. Er kommt in seiner wahren, ursprünglichen Gestalt sicher schon im J. 1300 vor. Auf den ältesten und mehrern alten Helmsiegeln ist der ganze Helm seitwärts, rechtshin schauend gekehrt: auf dem Helme ein Schirm, der ungefähr 9mal gekerbt oder senkrecht geriefelt erscheint, oder eine Reihe von 8 bis 9 zusammenhangenden Pfählen, hinter denen ein liegender, links gekehrter Schild mit dem meklenburgischen Stierkopfe zur Hälfte hervorragt, so daß man annehmen muß, daß der ganze Schild auf
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den Helm hinter die Pfähle gelegt ist, aber nur in der linken Hälfte zur Anschauung kommt; hinter den Pfählen und dem Schilde steht auf dem Helme ein weit ausgebreiteter, wallender Pfauenwedel von 9 Pfauenfedern. Man muß annehmen, daß auf jeder der beiden langen Seiten des Helmes ein Pfauenwedel ausgebreitet und vor jedem der beiden Wedel an jeder Seite des Helmes ein Schild lag, so daß man von jeder Seite die Vorderseite eines Wedels und den Schild sehen konnte. Daher giebt es auch alte Helmsiegel, die von vorne zu sehen sind und zwei Wedel in der schmalen Vorderansicht, welche also zwei Flügeln gleichen, sehen lassen, z. B. auf dem Secretsiegel des Herzogs Heinrich III. vom J. 1384. Dies ist noch eine natürliche Construction. Nach und nach traten aber wesentliche Veränderungen ein. Mit der Einführung des fünfschildigen Wappens und dem Umsichgreifen der Turnierpracht ward dieser Helm mit den übrigen vorwärts gekehrt; die schalenförmige Pfahlkrönung des Helmes, welche zur Aufnahme des Schildes und des Pfauenwedels bestimmt und früher wohl nicht mit verschiedenen Farben bemalt war, ward zu einer Reihe von graden Schirmbrettern oder Pfählen in bestimmter Zahl, der Pfauenwedel ward schmal und steif, der Schild blieb ganz weg und endlich ward der ganze Stierkopf vor dem Pfauenwedel schwebend dargestellt. Der Pfauenwedel bestand in der zweiten Hälfte des 15. Jahrh. und noch lange in den folgenden Zeiten aus zwei Reihen Pfauenfedern hinter einander, bis endlich eine Reihe Pfauenfedern Mode ward; die Schirmbretter wurden auf eine bestimmte Zahl festgesetzt. Die größte Abweichung bestand aber darin, daß in neuern Zeiten der Stierkopf nicht mehr auf dem Helme hinter den Schirmbrettern lag und daher nur zur Hälfte zu sehen war, sondern frei vor den Pfauenfedern schwebte; dadurch verloren die Schirmbretter alle Bedeutung, und die ganze Helmzier ward schmal und steif, um so mehr da sie sich im Raume durch die nebenstehenden Helme beschränken lassen mußte. Im Wappen des Herzogs Magnus ist der Stierkopf, ohne Schild, halb hinter die Schirmbretter gelegt und dies findet sich noch im 16. und 17, Jahrhundert, ja vereinzelt noch im 18. Jahrhundert. Die Zahl der Schirmbretter stellte sich schon früh auf
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fünf fest und hiernach richtete sich schon früh die Zahl der Pfauenfedern; dies ward sicher aus dem fünfschildigen Wappen hergeleitet: man nahm endlich 5 Schirmbretter und 5 Pfauenfedern, weil man im Wappen 5 Felder hatte. So hat sich die Gestaltung des Helmes in den neuern Zeiten festgesetzt und deshalb ist es rathsam, dabei zu bleiben. Der Stierkopf aber muß hinter die Schirmbretter gelegt werden, so daß er zur Hälfte zu sehen ist, wenn die Legung überhaupt Sinn haben soll; den Schild nach vierhundert Jahren wieder zurückzuführen, ist bedenklich, da seit Jahrhunderten nichts mehr für denselben redet. Daß der Stierkopf die Gestaltung und Färbung des meklenburgischen Stierkopfes im Schilde haben muß, versteht sich von selbst. Die Färbung der Schirmbretter hat aber besondere Schwierigkeiten. Da durch die Zahl der Schirmbretter offenbar die Zahl der 5 alten Felder angedeutet werden soll, so folgt selbstverständlich, daß die Schirmbretter auch die Farben der Schilde tragen. Die Schirmbretter finden sich schon auf dem über dem Grabe des Herzogs Magnus II. 1503 aufgehängten Wappen in der Kirche zu Dobern gefärbt. Im 16. und 17. Jahrh. finden sich oft nur die Farben: gold, blau, roth, aber schon im 16. Jahrh. daneben die schwarze Farbe, da die schwarze Farbe wegen des meklenburgischen Stierkopfes neben gold eigentlich die meklenburgische Hauptfarbe ist. Endlich findet sich daneben schon früh die silberne Farbe. Und so sind denn seit längern Zeiten durch die Farben: schwarz, gold, blau, roth und silbern alle Farben des alten fünfschildigen Wappens vertreten und repräsentiren alle Farben der Wappen aller meklenburgischen Landestheile, wie sie überhaupt die heraldischen Farben find; das Grün in dem Wappen für das Fürstenthum Schwerin ist nur eine untergeordnete Farbe für den "Plan" und erst im J. 1658 hineingebracht, hat also keine Berechtigung einen Landestheil zu repräsentiren.
2 Helm, rechts von dem mittlern: zwei gebogene Hörner, unten roth, oben golden, wegen der Grafschaft Schwerin.
Gesch. Erl. So sind die Hörner am häufigsten dargestellt; sie tragen die Farben des Schildes für die Grafschaft Schwerin. Man findet auch mitunter die Farben gewechselt.
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3 Helm, links von dem mittlern: ein Flug, rechts golden, links blau, für die Herrschaft Rostock.
Gesch. Erl. So sind die Flügel sicher seit dem Anfange des 16. Jahrhunderts gestaltet und gefärbt gewesen.
4 Helm, rechts zu äußerst: ein links gekehrter, wachsender, goldener Greif, mit ausgeschlagener rother Zunge, wegen des Fürstenthums Schwerin.
Gesch. Erl. So ist der Helm durch Regierungsbeschluß 1658 bestimmt.
5 Helm, links zu äußerst: sieben rothe Fähnlein an silbernen Stangen, wegen des Fürstenthums Ratzeburg. Gesch. Erl. So ist der Helm durch Regierungsbeschluß 1658 bestimmt.
Die Helmdecken tragen die Farben der zu den Helmen gehörenden Schilde und zwar so, daß die Farbe des Schildes nach außen, das Metall nach innen gekehrt ist, also
1 Helm: außen schwarz, innen golden.
2 Helm: außen roth, innen golden.
3 Helm: außen blau, innen golden.
4 Helm: außen blau, innen golden.
5 Helm: außen roth, innen silbern.
III. Schildhalter.
1) Rechts ein schwarzer Stier mit silbernen Hörnern, wegen des Herzogthums Meklenburg.
Gesch. Erl. Der Stier ist auf guten Bildern nie gekrönt.
2) Links ein goldener Greif mit ausgeschlagener rother Zunge, wegen der Herrschaft Rostock oder des Landes überhaupt.
Gesch. Erl. Der Greif ist das älteste Wappenbild des fürstlichen Hauses überhaupt. Die Fürsten Borwin I. und II. und die Vormundschaft der Söhne Borwins II. führen nur einen Greifen im Siegel; nach der ersten Landestheilung 1229 ward der Greif das Wappen der Linie Rostock.
IV. Krone und Mantel.
Eine Königskrone mit fünf Bügeln in der Vorderansicht, mit dem eingeschlossenen purpurnen Fürstenhut, und ein Purpurmantel mit Hermelin beschlagen.
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Neuere Kunst= und Schriftwerke
über
das meklenburgische Wappen.
Meklenburg hat das Glück gehabt, durch einen ausgebreiteten wissenschaftlichen Verkehr in den neuesten Zeiten eine sehr reiche und glänzende Literatur über das Landeswappen zu gewinnen. Vorher stockte die Thätigkeit fast ganz und das von Gatterer auf dem Standpunkte seiner Zeit 1791 herausgegebene, ganz schlecht gezeichnete und ebenso mangelhaft blasonirte und historisirte Wappen 1 ) welches durch den schon viel früher erschienenen Wappen=Calender 2 ) sehr weit verbreitet ist, blieb fast hundert Jahre lang das Vorbild zu den meisten Zeichnungen. In den neuesten Zeiten sind aber mehrere ausgezeichnete Arbeiten erschienen, welche ich hier, ohne Berücksichtigung der vorher erschienenen großen Wappenwerke, nach ihrem innern Zusammenhange bekannt machen will, da viele Bestrebungen für dieselben mit dem schweriner Schloßbau mehr oder minder Zusammenhangen, ihrem innersten Wesen nach aber mit dem großen Aufschwunge der Studien für Siegel= und Wappenwesen in der neuern Zeit wurzeln. Es läßt sich nicht mehr leugnen und verhehlen, daß für die wissenschaftliche und practische Heraldik eine neue und bedeutsame Zeit angebrochen ist. Von der äußersten Wichtigkeit für diese Bestrebungen ist in neuern Zeiten der erleichterte Zutritt zu den Archiven, das tiefere Studium der Sphragistik und die immer mehr sich verbreitende Abformung alter Siegel geworden. Eine bessere Zeit und die Nothwendigkeit voraussehend, für die Geschichte und die bildende Kunst einen vollständigen, sichern Apparat zu haben, begann ich, unterstützt von gleich gesinnten Freunden, im J. 1848 für Meklenburg die Abformung aller alten Siegel der Lan=
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desherren und der Städte bis ungefähr zum J. 1550, nämlich der Fürsten von Meklenburg, Werle, Rostock und Richenberg, der Grafen von Schwerin und Danneberg, der Bischöfe von Schwerin und Ratzeburg und der Städte, und brachte für die großherzogliche Alterthümersammlung in einigen Jahren eine ziemlich vollständige Sammlung zusammen. Diese nicht unwichtige Sammlung ist die wichtigste Grundlage zu manchen achtungswerthen Erscheinungen geworden.
Die neuesten, wichtigern Erscheinungen für Meklenburg in der Wissenschaft und Kunst sind folgende.
1) Armorial des maisons souveraines, publié par Charles Lawton, chevalier des plusiers ordres. Premier cahier. 1857. Berlin, en commission chez E. S. Mittler et fils. 10 Thaler.
Das erste Heft dieses großen Wappenbuches in größtem Folioformat, von welchem jedes Heft 10 Thaler kostet, enthält die Wappen der drei Fürstenhäuser Portugal, Schweden und Meklenburg. Für jedes Fürstenhaus sind zwei Platten gegeben, die eine mit dem jetzt geltenden Wappen in Farbendruck, die andere mit Abbildungen von alten Siegeln in Tondruck, begleitet von mehreren Bogen historischen Textes in französischer Sprache. Die Technik und die Ausstattung sind sehr glänzend. Was nun die Gaben für Meklenburg betrifft, so ist das jetzt geltende meklenburgische Wappen in Farbendruck in der Technik zwar sehr gut ausgeführt, steht aber in der Heraldik noch ganz auf dem Standpuncte Gatterers, indem der Stierkopf noch mit einer rothen Krone und einem Nasenringe, der Greif springend, das ratzeburgische Kreuz als Johanniterkreuz dargestellt ist u. s. w.; die Zeichnung ist auch nicht besser, als auf den frühern Wappen. Dies stimmt nun wenig zu den beigegebenen historischen Forschungen und alten Siegeln. Die beigegebene Tafel mit alten Siegeln in Tondruck enthält die Abbildungen von 10 ziemlich gut gezeichneten alten Siegeln von 1. Borwin I. 1219, 2. Nicolaus II. 1219 3. Albrechts II. Vormundschaft 1334, 4. Heinrich IV. , großes Siegel, 1452, 5. Magnus II., mittleres Siegel, 1503, 6. Albrecht II., Secretsiegel, 1378, 7. Heinrich II., Secretsiegel, 1300 8. Nicolaus von Rostock, Secretsiegel, 1309, 9. Nicolaus I. von Werle, 1235, 10. Gunzelin III., Graf von Schwerin, 1254. Ich habe Grund zu vermuthen, daß dieses Werk durch Vermittelung des bekannten Numismatikers B. Köhne in Petersburg gearbeitet ist, wohin ich einen Gipsabguß der meklenburgischen Siegelsammlung mitgetheilt habe.
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2) J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch, neu herausgegeben von Dr. Otto Titan von Hefner. Dritten Bandes sechste Abtheilung: Die Wappen des Mecklenburger Adels. Nürnberg. Lief. 45 und 46 = 3
. 10
.
Die Lieferungen 45 und 46 oder Band III, 6, Heft 1 und Band IV, 2, Heft 1 dieser viel besprochenen neuen Ausgabe des großen siebmacherschen Wappenbuches enthält die Wappen des meklenburgischen Adels. Das Werk befriedigt nicht die Anforderungen, welche man auf dem heutigen Standpuncte der Wissenschaft machen muß, und ist, so weit es die Wappen des Adels betrifft, von Masch in einer eigenen Schrift: "Mecklenburger Adel. Von Otto Titan von Hefner. Beurtheilt von G. M. C. Masch, Schwerin 1858", (Separatabdruck aus dem Archiv für mecklenburgische Landeskunde, Schwerin 1858, Heft VIII August, S. 1 flgd.) gebührend und gründlich abgefertigt. Auf dem Titelblatte ist ein colorirtes Wappen der fürstlichen Linie Meklenburg gegeben in der Weise, daß eine Jungfrau den gekrönten meklenburgischen Schild mit der rechten Hand und den meklenburgischen Helm im linken Arme hält. Wie die ganze Darstellung, so ist auch das Wappen etwas phantastisch und in vieler Hinsicht historisch nicht richtig, obwohl Hefner nach historischer Entwickelung strebt. Der stehende Schild ist mit einer Lilienkrone bedeckt, auf welcher ein links gekehrter Greif steht; dies ist nun zwar ein ganz hübsches Phantasiestück, kann aber keinen Anspruch auf ein Wappen machen. Der schlecht gezeichnete Stierkopf hat noch eine rothe enge Krone, das Maul ist nicht aufgerissen und statt der weißen Zähne sieht man weiße Nüstern; der Greif hat einen gespaltenen Schweif, der in Meklenburg ganz unhistorisch ist. Der Helm hat 6 Schirmbretter, indem an jedes Ende ein blaues Brett gesetzt ist, und der Stierkopf in derselben Gestalt und Färbung, wie auf dem Schilde, steht hinter den Schirmbrettern vor dem Pfauenwedel, was nie vorgekommen ist, da er stets liegt. Die ganze Darstellung ist also nicht zu gebrauchen.
3) Sphragistisches Album oder die ältesten Siegel des deutschen hohen Adels, herausgegeben von dem Fürsten Friedrich Karl von Hohenlohe=Waldenburg 1 ) zu Kupferzell. I. Heft.
Dieses mit der größten Mühe und wissenschaftlicher Tiefe angelegte und mit meisterhafter Sorgfalt vorbereitete Werk
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darf auf eine unbedingte, hohe Anerkennung Anspruch machen. Das Werk soll von jeder Familie des lebenden hohen Adels das älteste Siegel desselben mit dem Eingange und Schlusse der Urkunde, an welcher das Siegel hängt in Facsimile, enthalten und in Beiblättern die sonstigen ältesten Siegel der Familie und diejenigen alten Siegel, welche die Geschichte des Wappens erläutern können. In dem ersten Hefte, welches 10 lithographirte Tafeln enthalten soll, ist auch Meklenburg mit zwei Tafeln zur Berücksichtigung gekommen. Die Haupttafel enthält den Eingang und den Schluß der doberaner Urkunde des Fürsten Nicolaus I. vom J. 1190. Die Beilage A enthält folgende 8 Siegel: 1) das Siegel des Fürsten Borwin I., 1219, ältestes, vollständig erhaltenes Siegel des Stammhalters mit dem Greifen; 2) ein Bruchstück eines noch ältern Siegels desselben (1200); 3) das Siegel des Fürsten Nicolaus II., 1219, ältestes Siegel mit dem Stierkopfe; 4) das Siegel des Fürsten Johann I. des Theologen, 1232, ältestes Siegel der Linie Meklenburg mit dem Stierkopfe mit Hauern; 5) das Siegel der Fürstin Luitgart, 1257, ältestes Frauensiegel der Linie Meklenburg; 6) das Siegel des Fürsten Heinrich I. des Pilgers, 1271, ältestes Siegel der Linie Meklenburg mit dem Stierkopfe mit Halsfell; 7) das Secretsiegel desselben, 1300, ältestes Helmsiegel; 8) das Siegel des Fürsten Pribislav I. von Richenberg, 1249 ältestes Portraitsiegel.
Eine zweite Beilage B, welche einem andern Hefte beigegeben werden wird, soll enthalten: 1) das Siegel des Fürsten Johann III. von Werle, 1344, mit dem ausgebildeten Stierkopfe der Linie Werle; 2) das Siegel der Fürstin Sophie von Werle, Gemahlin des Fürsten Johann I. von Werle, gebornen Gräfin von Lindow, 1299 mit dem ältesten und besten Helme der Linie Werle; 3) das Siegel des Fürsten Borwin III. von Rostock, 1247, ältestes Siegel der Linie Rostock mit dem Greifen; 4) das Secretsiegel des Fürsten Nicolaus des Kindes von Rostock, 1309 Helmsiegel der Linie Rostock; 5) das Siegel der Vormundschaft des Fürsten Albrecht II. von Meklenburg, 1334, bestes Siegel mit dem ausgebildeten Stierkopfe der Linie Meklenburg; 6) das Siegel des Herzogs Albrecht II. von Meklenburg, 1358, ältestes herzogliches Siegel der Linie Meklenburg; Siegel des Herzogs Heinrich IV. von Meklenburg, 1452, ältestes dreischildiges "Majestätssiegel" mit Schildhaltern
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und Helm; 8) Siegel des Herzogs Magnus II., 1494 ältestes fünfschildiges "Majestätssiegel", mit Schildhaltern und Helm. Die Zeichnungen sind durch die Beförderung Sr. Königlichen Hoheit des Großherzogs durch Einsendung von Zeichnungen und Siegelabgüssen unterstützt.
4) Zürcher Wappenrolle aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, herausgegeben von der Gesellschaft für vaterländische Alterthümer zu Zürich. 1859. Subscriptions-Preis 9 Fl. 20 Kr.
In der Stadtbibliothek zu Zürich befindet sich eine Pergamentrolle, auf welcher 478 deutsche Wappen ungefähr um die Mitte des 14. Jahrhunderts gemalt sind, zu welchen noch 100 Wappen kommen, welche früher abgeschnitten, aber noch in Copie erhalten sind. Diese merkwürdigen Wappen giebt die Gesellschaft zu Zürich durch lebhafte Beförderung des Fürsten Friedrich Karl von Hohenlohe=Waldenburg in Farbendruck heraus. Ohne Zweifel wird dieselbe auch viele Wappen norddeutscher landesherrlicher Geschlechter, vielleicht auch von ausgestorbenen Geschlechtern, bringen, was von großem Interesse auch für die meklenburgische Geschichte sein würde.
5) Siegel des Mittelalters aus den Archiven der Stadt Lübeck. Herausgegeben von dem Vereine für Lübeckische Geschichte und Alterthumskunde. Lübeck, Heft I, 1856, Heft II, 1857, à Heft 39
.
Dieses Werk, welches der rühmlichst bekannte Maler und Siegelforscher E. J. Milde zu Lübeck selbst bearbeitet und zeichnet und Masch mit beschreibenden und untersuchenden Erläuterungen begleitet, ist, wie das Werk des Fürsten von Hohenlohe=Waldenburg, eine der tüchtigsten Leistungen auf dem Felde der Sphragistik. Das erste Heft enthält die Siegel der Städte von Holstein und Lauenburg, Hamburg und Lübeck. Das zweite Heft enthält meklenburgische Städtesiegel, und zwar Siegel der Städte der Herrschaften Meklenburg, Werle und Rostock; in einem spätem, schon vorbereiteten Hefte werden die übrigen Siegel folgen. Der Verein für meklenburgische Geschichte hatte Gelegenheit, die beiden Hefte durch seine Sammlung von Originalsiegeln zu unterstützen, so wie ich durch die Abformungen der meklenburgischen Siegel das Unternehmen lebhaft zu befördern im Stande war; dadurch ward das Werk über die ursprünglich gezogenen Schranken hinaus, nur Siegel
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"der lübecker Archive" zu geben, bedeutend erweitert und der Weg beschritten, etwas möglichst Vollständiges zu geben. Zu gleicher Zeit fiel diese Unternehmung mit der Ausschmückung des Thronsaales des Schlosses zu Schwerin zusammen, zu welcher Milde nicht allein die landesherrlichen Wappen, sondern auch die Städtewappen gezeichnet hat, und dadurch wurden nicht allein die Sammlungen, sondern auch die Mildeschen Städtesiegel von der größten Wichtigkeit, wie diese vereinten Bestrebungen auch schon zu mehrern neuen Stadtsiegeln Veranlassung gegeben haben, nachdem jede Stadt eine Copie des Wappens im Thronsaale von Sr. Königlichen Hoheit dem Großherzoge zum Geschenke erhalten hat. Ueber die Vortrefflichkeit des Mildeschen Siegelwerkes habe ich mich in der Mecklenburgischen Zeitung, 1856, Nr. 122, und im Norddeutschen Correspondenten, 1857, Nr. 76, ausgesprochen. Daß die meklenburgischen Städtesiegel einen großen Einfluß auf die Erkenntniß des landesherrlichen Wappens haben, ist einleuchtend.
6) Das meklenburgische Wappen, in Farbendruck herausgegeben von der Tiedemannschen Hoflithographie zu Rostock, 1859, Preis 2 Thaler.
Dieses Wappen, in großem Format, in der Zeichnung 1 Fuß hoch, ein wahres Prachtstück und Meisterwerk des vaterländischen Kunstgewerbes, ist bis jetzt das beste und nach den bisherigen Annahmen das richtigste meklenburgische Wappen, welches zur Oeffentlichkeit gekommen ist. Es ist eine möglichst getreue und anständige Copie des großen Wappens im Thronsaale des Schlosses zu Schwerin (vgl. oben S. 100), dessen Originalzeichnungen von Milde ich der rühmlichst bekannten und bewährten Tiedemannschen Anstalt zur Benutzung mitgetheilt und dessen Ausführung ich ununterbrochen berathen und überwacht habe. Die Tiedemannsche Hoflithographie hat aber auch keine Mühe und Kosten gescheuet, um mit ihrer Darstellung Ehre einzulegen. Nicht allein daß die Zeichnung und die Farben nicht anders als richtig sein können, ist der Farbendruck mit 15 Steinplatten so außerordentlich genau und sauber ausgeführt, daß dieses Kunstwerk zu den schönsten und saubersten Farbendrucken gehört, welche man sehen kann. Man muß bekennen, daß die Tiedemannsche Hoflithographie es in dem (grade nicht Gewinn bringenden) Farbendruck als einer Ehrensache zu einer ungewöhnlichen Ausbildung gebracht hat, so daß man dieses Blatt selbst als angenehme Zimmerzierde gebrauchen kann.
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7) Historisch-genealogischer Atlas von Dr. Karl Hopf. Band I, Abtheilung I, Deutschland. Gotha. bei Perthes. 1858. = 28
.
Dieses von dem achtungswerthen Verleger mit großer Aufopferung unternommene großartige Werk erhält im ersten Bande S. 182 auch die Stammtafel des meklenburgischen Fürstenhauses mit den dazu gehörenden Wappen in Holzschnitt. Der Verleger hat die (zum Theil schon durchgeführte) Absicht, den Stammtafeln der regierenden Fürstenhäuser die Wappen in Holzschnitt beizugeben, namentlich das große, das mittlere und das kleine Wappen, wenn ihm dazu die Holzschnitte zu einem billigen Preise geliefert werden. In Folge der Aufforderung des Verlegers sind demselben denn auch auf Allerhöchsten Befehl die Zeichnung zu den Holzschnitten geliefert, welche auf diesseitige Kosten durch die Verlagshandlung hergestellt sind. Die Zeichnungen sind von Milde nach dem Muster des großen Wappens im Thronsaale des schweriner Schlosses entworfen und zwar so, daß auf den Holzschnitten auch die Farben durch Schraffirung angegeben sind. Durch den Anstoß, den der Verleger gegeben hat, sind denn auch die drei verschiedenen Wappen Allerhöchst gebilligt und bestimmt, und der Verleger hat sich bereitwillig finden lassen, mir von den Holzschnitten 1 ) zur Benutzung für unsere Jahrbücher die Metallabgüsse mitzutheilen, welche hier zum Schlusse abgedruckt werden und eine möglichst richtige Darstellung des meklenburgischen Wappens verbreiten helfen können.
Die Gestaltungen des meklenburgischen Wappens sind folgende:
1) das große Wappen, mit dem siebenfeldigen Schilde, mit Krone, Helmen und Schildhaltern.
2) das mittlere Wappen, mit dem siebenfeldigen Schilde unter der Krone (ohne Helme und Schildhalter):
3) das kleine Wappen mit dem Schilde, mit dem Stierkopfe der Herrschaft Meklenburg unter der Krone.
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Nr. 1.
Der Herzog Rudolph von Meklenburg, Bischof zu Schwerin, transsumirt und beglaubigt zwei Urkunden der Kirche zu Sternberg.
D. d. Bützow. 1406. Aug. 23.
Nach einer beglaubigten Abschrift im grossherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt -Arcnive zu Schwerin.
Rodolphus, dei et apostolicae sedis gratia
epscopus Suerinensis, dux Megapolensis ac
Rostock ac Stargardiae terrarum dominus, necnon
comes Forstenbergensis, omnibus et singulis
utriusque status et sexus Christi fidelibus, ad
quos praesentes nostrae literae peruenerint seu
infrascriptum negotium tangere poterit
quomodolibet in futurum, publice cupimus fore
notum, quod honorabilis et circumspectus vir
dominus Gerhardus Wunneke, presbiter, perpetuns
vicarius in ecclesia parrochiali oppidi
Sterneberch ad altare beatae Mariae virginis,
nostrae diocesis, duas literas secundum formam
et modum instrumentoruni publicorum, per manum
propriam ut apparuit honesti viri Martini dicti
de Kiritze, clerici, Hauelbergensis diocesis, in
cartis mundis pergameni conscriptas et
subscriptas ac signo suo solito et consueto
signatas, sanas ac integras et illesas, non
viciatas, neque cancellatas, non abolitas, nec
rasas, sed omni prorsus vitio et suspicione
carentes, coram nobis et testibus infrascriptis
produxit, quas legi, videri et examinari fecit
. - -
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Datum et actum in nostro castro Butzouw, anno domini 1406, die Lunae, 23 mensis Augusti, hora meridiana vel quasi, pontificatus sanctissimi in Christo patris
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et domini nostri domini Innocentii, divina prouidentia papae septime anno eius secundo, indictione 14, praesentibus honestis et circumspectis dominis magistro Tiderico Witten, in decretis baccalanrio, ecclesiarum Suerinensis et Butzouiensis canonico, Henrico Qualtzen et Marco Budeler, Suerinensis ecclesiae diocesis. et aliis pluribus fide dignis testibus, ad praemissa vocatis specialiter et rogatis.
Nach einer beglaubigten Abschrift aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts im grossherzogl. meklenb. Geh. u. H. Archive zu Schwerin.
Nr. 2.
Der Herzog Heinrich von Meklenburg belehnt die Herzogin Katharine, Wittwe des Herzogs Ulrich II. von Meklenburg-Stargard, mit ihrer Leibzucht zu Wesenberg und einigen Dörfern, welche des Herzogs Johann III. jüngst zu Lichen verstorbene Wittwe zu Leibzucht besessen hat.
D. d. Strelitz. 1475. Julii 21.
Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburgischen Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
Wii Hinrick van godes gnaden hertoge to
Mekelnborg, furste to Wennden, greue to Zwerin
vnde Furstenberge, to Werle, Stargarde vnde
Rozstock
. der lande here, bekennen
âpenbâre botûgende vôr vns, vnse sônsz vnde ere
eruen vnde nakômelingen vnd vort vôr alszweme,
dâr des nôth vnde bohûff důnde werdt, dat
wii, mit gûden, wolbedachten môe, vrîggen
willen, tôlâte vnde belêuynge vnser sônsz
obgnant vnde na râde vnser getrûweden
râdtgeuere, der hôchgebôrnnen furstynnen frouwen
Katherinen, hertogynnen to Mekelnborg,
furstynnen to Wenden
., des hôchgebôrnnen fursten
zeligen heren Vlrickes, hertogen to Mekelnborg
etc., vnses lêuen vedderen, deme god gnedich
sii, nagelâatenen
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wedewen, vnser lêuen vedderken, bebben to ereme rechten lyfflêne effte lyfftuchte also frouwen lehnrecht is, gelêgen vnde se mede belehnt, also vnse slot vnde vogedîe to Weszenberge, myt deme stedeken vnd manszchop, myt alle vnde den gantzen tôbebôringhe des vôrgnanten slotes vnde gantzer vogedîe, myt aller herlicheyt, rechticheyt, vrîgheyt, myt mandênste vnde allen lehnen, geystlick vnde werlick, mit deme dênste vnd richte, mit deme hôgesten vnd zydesten gerichte, mit allen plegen vnd vnplegen, mit aller nuth, vrucht, myt alleme vpkôme vnde inkôme, mit gulde, pacht, tynsten, renthe, myt môlen, holten, stûuete, busschen, weyden, wâteren, stânde vnde vlêtende, init invlôten vnde vthvlôten, mit aller heren herlicheyt, nichtes ôuerall vtgenômen, men see schal hebben, besitten vnde brûten sodâns vôrscrenen vnse sloth vnde gantze vogedîe mit aller tônehôringe bânenberôrt, dat clêneste inyt deme grôtesten, wo men dat benômen mach vnde hîr bâuen nicht benômet is, de tiid eres leuendes so denne sodâne slot, gantze vogedîe mit eren tôbehôringen van oldinges hiir vth beth here tho hebben, gelegen in alle eren scheden vnde enden, sunder vnse, vnser sônsz, vnser vnde erer eruen behinderinge effte iêgenseggent, vns, vnsen sônsz vnde vnsen effte eren eruen dâr ane ôuerall nichtes beholdende, men bysundergen effe wii yffte vnse sônsz effte vnse effte ere eruen mit weme krygafftich worden vnd vns behûff were sodâns slotes vôrbenômet, dat yd denne vnse âpen slot môge wesen to vnser nôth behûff vppe vnse kost vnd thêringe vnde sunder alle eren schâden. Vppe desset vôrbenômede sloth schal effte mach de genante vnse vedderke nênen amptmann vôr ênen vâget effte hôuetman vpp setten, bisundern he sy erffsetten in vnsen landen vnde hersschoppen vnde vnse man gebôren. Vnde wii hebben de gnanten vnse vedderken gewîset an de manszchop in der vagedîe to Wesenberge boseten vnde an de borgermeistere, râdmanne. borgere vnd inwânere des stedeken to Wesenberge, by er to blîuende, ere trûwen
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manne vnde borgere to wesende, vnde schal vnde
mach van en huldinge nemen vnde siik de dôen
lathen, alse recht is, vnde belîgen se mit
slote, stedeken, gantzer vogedîe vnde wîsen see
an de manschop vnde inwânere des stedeken in
aller mâthe vnd wiise, also bâuen berôrt is, so
iêgenwardich in krafft desses vnses brêues.
Vortmer hebben wii Hinrick hertoge obgnant der
obgnanten vnser vedderken geleent vnse ôrbâre
vnd vpbôringe an gelde vnd korne, de wii in
vnser stad bii vnseme râde vnde borgeren to
Vredelannde yârlikes hebben, vnde ôck de korne-
vnd geltbêde to Schonefelde vnd ôk de kornebêde
an roggen, ghersten vnde hâueren to Sadelkouwe,
item de kornebêde vnd druttich marck geldes to
Dalym iârlikes, item de halue korne- vnde
pennynghbêde to Jaszke vnde to Brame de gantzen
kornebêde, dârmêde wii se, also bâuenberôrt is
vnd also de zeligen heren Johans, hertogen to
Mekelnborg
., vnses lêuen vedderen, nâlâtene
wedewen, de to Lychen amme nêlikesten is
vorstoruen, to lêne vnde in bosittinge gehad
hefft, ôk so belênen in krafft in krafft desses
vnses brêues. Alle desse vôrscreuen stucke vnd
articule lônen wii here Hinrick obgnant hertoge
to Mekelnborg
. vôr vns, vnse sôns, vnse vnde
ere eruen vnde nâkômelinge in gûden trûwen stede
vnde vast wol to holdende sunder alle argeliist
vnde alle geuêrde, vnde hebhen des to ôrkunde
vôr vns. vnse sônsz vnd nâkômelinge vôrscreuen
vnse ingesegel witlyken vnd mit willen hengen
lâten benedden an dessen vnsen brêff. Geuen vnde
gesehên vppe vnseme slote Strelitze, na der
gebôrt Cristi vnses heren vêrteynghundert iâre
vnd amme vyffvndesôuentigesten iâre, amme
frîgdâge vôr sunte Jacobs dâge des hilligen apostels.
Nach dem Originale, auf Pergament, in einer gedrängten Minuskel. An einem Pergamentstreifen hängt des Herzogs Heinrich grosses Siegel auf eingelegter rother Wachsplatte.
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zu den Urkunden=Anlagen.
Nr. 3.
Der Bischof Rudolph von Schwerin bezeugt, dass die Klosterjungfrau Gese Fleischhauer zu Rühn das Leibgedinge, welches ihre Aeltern für sich und sie in dem Dorfe Warnkenhagen gekauft haben, nach ihrer Aeltern Tode dem Kloster Rühn überlassen will.
D. d. Rühn. 1408. April 19.
Nach dem Originale im königlich dänischen Geheimen Archive zu Kopenhagen.
Rodolphus van ghodes gnaden byschop tho Zwerin vnde hertoghe tho Mekelenborgh, greue tho Forstermbergh, tho Rozstok vnde tho Stargarde here, wy bekennen vnde betůghen ôpenbâre in desser schrift vnde dôn witlik aUen cristenen lůden. de dessen brêf zeen edder hôren lezen, dat vôr vs vnde vzeme ghêstliken râde heft ghewesen de êrlike ghêstlike iunkvrowe Ghezeken, Hans Vleschhowers dochter, klôstervrowe tho Růne, vnde h[e]f[t] na râde vnde vulbôrd vnde ôrlôue erer øuersten vnde na ghûdeme willen al der iênen, der ere râd, vulbôrd, ôrlof vnde willen dâr tho børede, mid êghenem vrîen willen vorlâten vnde vorlet vmme en[k]eder reddeliker zâke willen den ghanzen anval des lîfghedinges iârliker rente vnde ingheldes, dat ere vâder vnde môder vôr zik vnde ôk vôr desse klôstervrowen koft hadden tho erer drîer leuende m desses klôsters ghûde vnde
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dorpe tho deme Wernekenhaghene vôr achtentech mark lubescher penninge, alze de brêue vtwîzet, de dat klôster desser klôstervrowen vâdere vnde môdere dâr vp gheuen vnde bezeghelt heft, alzo dat desse vôrbenômede klôstervrowe nên recht ifte anval edder thôbehøringe in der vôrbenômeden rente lîfghedinges hebben wil ifte schal na erer beyden elderen dôde, men wes er dâr mede van rechte bôren mochte, des heft ze ghantz vorsâket mid ghûden vryen willen. Dâr heft an vnde ôuer wezet de êrbâre in ghode vâder her Hinric byschop van Darien, des zůluen klôsters tho Růne vôrstander, vnde vor Ermegbard Sapekendorp, priôre, vnde vele andere klôstervrowen vnde vrowe Grete, desser klôster vrowen môder, vnde desse êrliken heren, Diderik Witte vnde Gherd Vulf, in vzen kerken tho Zwerin vnde Butzow dômheren, vze leue trůwe râde, vnde mêr anderer êrliker tůghe, de tho desser zâke êschet worden. Alle desser dink tho hôgher bewâringe zo hebbe wy vze ingezeghel henghet lâten vôr vnde an dessen brêf, de screuen vnde gheuen is in desme vôrbenômeden klôstere tho Růne, na godes bôrd vêrteynhundert iâr in deme achteden iâr, dâr na des êrsten donredâghes in den paschen der hilghen bôchthîd.
Nach dem Originale, auf Pergament, im königlich dänischen Geheimen Archive zu Kopenhagen. Das Siegel fehlt. Diese Urkunde habe ich erst nach Vollendung des Druckes der Abhandlung im Mai 1859 im Geheimen Archive zu Kopenhagen entdeckt.
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Nachtrag. 1.
Zu S. 110, Nr. 2. - Bei der Besprechung des siebmacherschen Wappenbuches, neu herausgegeben von Dr. Otto Titan von Hefner, ist von mir das fürstlich meklenbugische Wappen übersehen, welches in Lieferung 12 oder Band I. Heft 4, auf Taf. 64 bis 71 dargestellt und S. 33 bis 36 beschrieben ist. Auf Tafel 64 und 65 sind die beiden großen Wappen der großherzoglichen Häuser Meklenburg=Schwerin und Meklenburg=Strelitz nach den bekannten, in den neuesten Zeiten in Gebrauch gekommenen Darstellungen, Meklenburg=Schwerin unter einem Hermelinmantel, Meklenburg=Strelitz unter den fünf Helmen, abgebildet. Diese Darstellungen sind im Allgemeinen richtig, wenn auch in den einzelnen Linien oft sehr barock und gekünstelt, wie häufig Hefner's Darstellungen. Der Herausgeber bemerkt dazu S. 34, Note, daß er "die meisten Angaben nach den Mittheilungen des Archivars Lisch und des Pastors Masch zum größten Theile wortgetreu wiedergegeben habe". Zu der historischen Untersuchung der Wappen hat er aber Taf. 66-71 auf 6 Tafeln die älteren Wappendarstellungen mitgetheilt, jedoch nicht durch getreue Abbildung alter guter Siegel, wie es die Herausgeber anderer Wappenwerke gethan haben und allein richtig sein kann, sondern durch eigene große Zeichnungen nach alten Siegeln und historischen Abbildungen; auf Taf. 66 sind die 4 alten Schilde mit Helmen, ferner die Wappen Taf. 67 und 68 des 14. Jahrhunderts, Taf. 69 von 1490 und 1550,
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Taf. 70 von 1658-1692 und Taf. 71 von 1730 und 1750 dargestellt. Daß bei solchen Darstellungen viel Unrichtiges und für die angegebenen Zeiten nicht allgemein Gültiges vorkommt, ist nicht zu Bezweifeln, und das ganze Verfahren ist eigentlich ein Luxus, von welchem kein Mensch Vortheil und Genuß hat. Wenn man z. B. auf Taf. 66 die beiden Wappen für die Herrschaft Werle und die Grafschaft Schwerin mit geschichtlichem Auge scharf untersucht, so wird man finden, daß die beiden Helme nicht historisch richtig dargestellt sind. Es ist nun einmal eine Eigenthümlichkeit des werleschen Helmes, daß er immer, so oft er auf alten Siegeln vorkommt, von vorne (en face) dargestellt wird und daß auf ihm sich zwei Stangen (en face) kreuzen, welche an den Enden eine aus Pfauenaugen gebildete Rose tragen; Hefner hat aber den Helm von der Seite (en profil) dargestellt und auf denselben zwei sich kreuzende Stangen mit einem Pfauenauge von vorne (en face) abgebildet, welche, da sie sich nicht gut im Profil darstellen lassen, jetzt eine ganz unrichtige Vorstellung geben. Der schwerinsche Helm ist bei Hefner von vorne (en face) dargestellt und auf denselben sind ebenfalls zwei Flügel von vorne (en face) gesetzt. Dies ist nun wieder nicht richtig; denn auf alten Helmsiegeln zu dem quer getheilten Schilde der Grafen von Schwerin sind an dem Helme zwei Flügel angebracht, welche an beiden Seiten des Helmes sitzen, so daß, wenn man den Helm von vorne (en face) sieht, auch die beiden Flügel von der schmalen vordem Seite (en face), wenn man den Helm von der Seite sieht, die beiden Flügel von der Seite (en profil) gesehen nur als ein Flügel erscheinen.
Hefner sagt S. 34-35 nach meklenburgischen Forschungen von den alten Helmen für Rostock und Schwerin: "Der zum Schilde der Linie Rostock gehörige Helm ist nicht gekrönt mit zwei Büffelshörnern zu jeder Seite mit Pfauenspiegeln besteckt. Da, so viel mir bewußt, die Farbe dieser Hörner noch nicht bestimmt wurde, so habe ich sie der Wappenfigur gemäß golden angegeben. Die Grafen von Schwerin führten nach Masch in ihren Siegeln bald zwei Lindwürmer neben einem Baum, bald ein schreitendes Roß. Erst im J. 1326 kommt zum ersten Mal der getheilte Schild vor und ist mit einem Helm, auf 1 ) dem ein offener Flug sleht, bedeckt. In dieser
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Art ist es hier abgebildet und ich habe nach heraldischen Grundsätzen den rechten Flug roth, den anderen golden tingirt." - Dagegen giebt v. Hefner richtig dem "zweiten Helme zwei von roth und gold getheilte offene Büffelshörner (Grafschaft Schwerin) und dem vierten Helme einen offenen Flug blau und golden (Herrschaft Rostock)".
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Nachtrag 2.
Die Helme
für die herschaft Rostock und die Grafschaft Schwerin.
Bei Gelegenheit der Besprechung des Hefner'schen Wappenbuches will ich auf einen muthmaßlichen Irrthum aufmerksam machen, der seit uralter Zeit in dem meklenburgischen Wappen zu stecken scheint. Dieser muthmaßliche Irrthum liegt in den beiden Helmen, welche zuerst neben dem meklenburgischen Helme aufgenommen wurden, in dem Helme mit den beiden Hörnern und dem Helme mit den beiden Flügeln. So lange die Helme gefärbt erscheinen, also seit beinahe 400 Jahren, sind die Hörner quer getheilt und roth und golden, die Flügel aber blau und golden gefärbt worden. Diese Farben stimmen nun in den Hörnern zu den Farben des Schildes der Grafschaft Schwerin, welcher quer getheilt und roth und golden gefärbt ist, und in den Flügeln zu den Farben des Schildes für die Herrschaft Rostock, welcher im blauen Felde einen goldenen Greifen hat; man hat daher vorherrschend den Helm mit den Hörnern der Grafschaft Schwerin, der Helm mit den Flügeln der Herrschaft Rostock zugetheilt, wenn auch mitunter andere Ansichten aufgetaucht sind, wie z. B. bei Galterer, welcher jedoch fast alle Helme sicher nicht richtig bestimmt. Nun kommen aber diese beiden Helme in ihren Gestaltungen auf alten Siegeln nicht so vor, sondern werden gerade umgekehrt gebraucht: es läßt sich nachweisen, daß die Hörner mehr der Herrschaft Rostock, die Flügel mehr der Grafschaft Schwerin angehören. Auf den Siegeln der Grafen von Schwerin erscheinen nie Hörner als Helmzierde. Die Helme zu den alten Siegeln der Grafen von Schwerin mit den Lindwürmern am Baume und dem schreitenden Pferde sind zwar bis jetzt völlig unbekannt geblieben; dagegen kommt auf den Siegeln der Grafen von Schwerin jüngerer Zeit, welche den quer getheilten Schild führen, öfter ein Helm vor. Dieser Helm hat zwei Flügel, an jeder Seite des Helmes einen, und ist immer vorwärts (en face) gekehrt, um die beiden Flügel zeigen zu können. Solche Helmsiegel führen die Grafen von Schwerin, welche auch Siegel mit dem quer getheilten Schilde führen: Heinrich III. 1330, Nicolaus III. 1345, Otto I. 1345 und
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Nicolaus VI. 1349. Es scheint hiernach keinem Zweifel zu unterliegen, daß die Flügel den Helmschmuck der Grafen von Schwerin bildeten. - Von der anderen Seite scheinen die beiden Hörner der Herrschaft Rostock anzugehören. Es liegt zwar nahe anzunehmen, daß die Flügel diese Herrschaft bezeichnen könnten, da das Schildzeichen für Rostock ein geflügelter Greif ist; aber das Wappen der Herrschaft Rostock hat nie Flügel auf dem Helme gehabt. Die Fürsten den Rostock hatten zur Helmzierde zwei nach vorne gekehrte (en face zu sehende) Stierhörner, welche mit Pfauenaugen besteckt waren. Einen solchen Helm führt z. B. der letzte Fürst von Rostock, Nicolaus das Kind († 1314), in seinem großen Siegel (vgl. oben S. 79) und nach ihm nimmt der Fürst Heinrich der Löwe von Meklenburg nach der Erwerbung der Herrschaft Rostock denselben Helm über dem Schilde mit dem rostocker Greifen in sein Secretsiegel auf, welches z. B. im J. 1328 erscheint. Auch gebraucht die Stadt Rostock noch heute öfter einen Helm mit zwei Hörnern, welche (wohl irrthümlich) mit Fähnlein statt mit Pfauenaugen besteckt sind. Es scheinen also die beiden Hörner der Herrschaft Rostock anzugehören.
Es wird daher wohl richtig sein, daß eigentlich die beiden Hörner der Herrschaft Rostock und die beiden Flügel der Grafschaft Schwerin angehören, und darauf scheint auch die Stellung der beiden Helme zu deuten, indem der Helm mit den beiden Hörnern, der früh in das meklenburgische Wappen kam, rechts von dem meklenburgischen Haupthelme gestellt ist, weil die Herrschaft Rostock zuerst mit der Herrschaft Meklenburg vereinigt ist, der Helm mit den beiden Flügeln aber links von dem meklenburgischen Helme steht, weil die Grafschaft Schwerin zunächst nach Rostock an die Fürsten von Meklenburg fiel. Aber so lange das meklenburgische Wappen mit drei Helmen geziert und gefärbt gewesen ist, sind die Hörner immer roth und golden, die Flügel immer blau und golden gefärbt gewesen.
Als man vor ungefähr 350 Jahren drei Helme einführte, kannte man sicher die Bedeutung der fraglichen Helme nicht mehr genau oder der Heraldiker war mit den Quellen nicht mehr bekannt, und daher kam das Versehen. Das in der fürstlichen Begräbnißkapelle in der Kirche zu Doberan befindliche geschnitzte und bemalte Wappen, welches wahrscheinlich bald nach dem Tode des Herzogs Magnus II., des ersten Trägers des fünfschildigen Wappens, dort aufgehängt ward und vielleicht die älteste Wappendarstellung mit drei Helmen ist, hat diese Helme in der noch heute üblichen Färbung. Man kann aber den drei
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Helmen und ihrer Färbung einen ganz sichern Anfangspunkt geben. Im J. 1530 ließ der Herzog Heinrich der Friedfertige den von dem fürstlichen Rath Marschalk Thurius entworfen, über alle Gebühr ausschweifenden fürstlichen Stammbaum von dem bekannten Heraldiker und sogenannten Wappenkönig Georg Rixner durch gemalte Wappen illustriren; das Original dieses Werkes wird noch im großherzoglichen Staatsarchive zu Schwerin aufbewahrt. In diesem Werke befindet sich auch schon das vollständige fünfschildige Wappen mit drei Helmen, welche grade so gezeichnet und colorirt sind, wie sie noch heute dargestellt werden. Es ist also ohne Zweifel, daß das Wappen mit den drei Helmen schon im J. 1530 unter dem Herzoge Heinrich angenommen war, und sehr wahrscheinlich, daß es auf Empfehlung Rixner's eingeführt ward. Rixner war aber, als Ausländer, den heimischen Archiven fernstehend und aller geschichtlichen Kritik entbehrend, keine Auctorität für die Feststellung und Einführung eines fürstlichen Wappens. So viel ist aber gewiß, daß die drei Helme bis heute so geführt sind, wie Rixner sie 1530 gemalt hat.
Uebrigens sind auch die Schilde in diesem Wappen von 1530 so gemalt, wie sie Jahrhunderte hindurch geblieben sind: bei Rixner haben die Stierköpfe rothe Kronen, der meklenburgische Stierkopf einen Nasenring, der stargardische Arm einen Aermel.
Wenn nun nach dem Mitgetheilten, wie sehr glaublich ist, ein sehr alter Irrthum in diesen beiden Helmen steckt, so ist dieser Irrthum jetzt nicht mehr gut auf geschichtlichem Wege zu verbessern, es sei denn, daß das ganze Wappen amtlich revidirt und neu bestimmt würde.
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:
Die
am linken Elbufer
und
der Ursprung dieser Grafen,
vom
königlich hannoverschen Staatsminister a. D.
Freiherrn von Hammerstein zu Verden.
Auszug aus der Original=Abhandlung.
Mit drei Karten und drei Holzschnitten.
Abtheilung I.
U nter diesem Titel ist vor kurzem in der Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen zu Hannover, Jahrgang 1857 S. 1 bis 190, ein ausführlicher Aufsatz des Berichterstatters, des königlich hannoverschen Staatsministers a. D. Freiherrn v. Hammerstein zu Verden, correspondirenden Mitgliedes des meklenburgischen Vereins, erschienen, welcher auch in Meklenburg volle Aufmerksamkeit verdient.
Für den Gegenstand waren auch in Meklenburg erhebliche Materialien hauptsächlich durch den Archivrath Dr. Lisch gesammelt, welcher im Jahre 1851 längere Zeit die Archive der lüneburgischen Klöster durch Vermittelung des Landschaftsdirectors von Hodenberg zu Celle durchforschte. Der Verein für meklenburgische Geschichte hatte daneben den jetzt verstorbenen Dr. von Duve zu Ratzeburg aufgefordert, weiteres Material zu sammeln und solches neben Herausgabe eines correcten Abdrucks der ältesten Lehnrolle der Grafen von Schwerin zu bearbeiten und zum Druck zu fördern. Dieser hat die Arbeit zwar begonnen, hat sie indessen nie vollenden können.
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Erwünscht war es daher, daß der Freiherr von Hammerstein für denselben Zweck Material gesammelt hatte, und sich erbot, unter Benutzung des in Meklenburg gesammelten Materials den Gegenstand in einem größeren Aufsatze zu behandeln. Es ist demselben dazu dieses Material einschließlich des vom Dr. von Duve gesammelten und von dem meklenburgischen Verein erworbenen zu Gebote gestellt, und es ist der obengedachte Aufsatz die Frucht seiner Arbeiten und des vereinigten Materials.
Die nachfolgende Uebersicht des Aufsatzes wird unsern Lesern gewiß nicht unwillkommen sein, da durch diese Arbeit eine nicht unwesentliche Lücke in der ältesten meklenburgischen Geschichte ausgefüllt wird und zugleich für Aufhellung der Geschichte des großherzoglichen Hauses dadurch interessante Beiträge geliefert sind.
Für die Darstellung der Besitzungen der Grafen von Schwerin am linken Elbufer dient die Lehnrolle der Grafen, welche Masch im Archiv für Niedersachsen, Jahrgang 1838, Heft I, Nr. 5, S. 96-104, nach einer incorrecten Abschrift veröffentlicht hat, und welche der gegenwärtige Aufsatz nach einer correcten, vom Archivrath Lisch nach dem Originale besorgten und corrigirten Abschrift liefert, als Grundlage. Außerdem haben die vom Dr. v. Duve gesammelten Regesten, 98 an der Zahl, welche größten Theils aus der Forschung des Archivraths Lisch hervorgegangen sind, und die von dem Verfasser gesammelten, 76 Urkunden umfassenden Regesten, unter denen 20 noch nicht von Duve und Lisch gekannte sich befinden, dazu die Daten geliefert.
Es enthält, nachdem die Abtheilung I. des Aufsatzes der Einleitung gewidmet ist, die Abtheilung II. den Abdruck der Lehnrolle, begleitet von hinlänglich reichen topographischen und geschichtlichen Nachweisungen; Abtheilung III. enthält die gedachten Regesten von Urkunden, welche die schwerinschen Besitzungen am linken Elbufer nachweisen, Abtheilung IV. eine Zusammenstellung über den Umfang sämmtlicher Besitzungen nach den Gegenden der Belegenheit, so wie über die Zahl der Lehnleute, Zahl der Zehnten und der größern Güter; Abtheilung V. entwickelt den Ursprung der verschiedenen linkselbischen Besitzungen der Grafen; Abtheilung VI. behandelt die Ursache des Verschwindens derselben, und Abtheilung VII. endlich giebt die Ergebnisse, welche sich aus der angestellten Untersuchung für die Herkunft der Grafen von Schwerin herausgestellt haben.
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Hinsichtlich der Lehnrolle ist es dem Verfasser gelungen, den größten Theil der in derselben vorkommenden Ortschaften nach ihrer Belegenheit aufzuhellen und viele der darin genannten Lehnleute festzustellen. Wir lassen hier einen vollständigen Abdruck dieser Rolle nebst den erläuternden Noten des Aufsatzes um so lieber folgen, als sie das Fundament der ganzen Abhandlung bildet, im großherzoglich meklenburgischen Geheimen Archive aufgefunden und in meklenburgischen Schriften bisher nicht gedruckt worden ist.
Die nachstehende Lehnrolle setzt Masch in seinem in der Einleitung erwähnten Aufsatze in die Zeit von 1274-1299, weil der darin vorkommende Hermann Ribe 1290 lebte und weil von den im Eingange vorkommenden Grafen von Schwerin Gunzelin II. 1274 und sein Nachfolger Helmold II. 1299 starben.
Herr v. Duve hat nach seinen hinterlassenen Notizen noch folgende Conjecturen über die Zeit der Abfassung aufgestellt: "Graf Helmold II. zu Boitzenburg trat unterm 5. November 1274 (in die Nonarum Nov.) 8 Mansen in Kl. Hakenstedt ab. Diese Urkunde ist aber älter als die Lehnrolle, wie §. 26 derselben zeigt. - Der Eingang erwähnt nur einer durch den Grafen Helmold bewerkstelligten Belehnung, am Schluß der Lehnrolle aber wird von anderer Hand hinzugefügt: Nos Gunzelius contulimus etc. Dieser Gunzelius kann kein anderer als Graf Gunzelin IV. sein, welcher vor dem 6. December 1284 verstorben sein soll und 1276 regierender Graf zu Schwerin ward, bei welcher Gelegenheit verabredet war, daß die Vasallen die Lehne von beiden Grafen empfangen sollten (vgl. Rudloff Th. II, S. 66, Not. 1.), während Graf Helmold vom Tode seines Vaters an bis zum Vergleich vom 2. August 1276 die Regierung allein geführt hatte."
Da nun der Eingang der Lehnrolle nur von einer vom Grafen Helmold ertheilten Belehnung redet und die Vasallen binnen Jahr und Tag muthen mußten, so hatte Herr v. Duve anfänglich die Ansicht, die Lehnrolle müsse bis zum 6. December 1284 vollendet sein. Er hat diese Ansicht später berichtigt, indem er aus §. 18 der Lehnrolle schließt, daß sie erst nach dem 12. März 1294 vollendet sein könne. Während
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nämlich gewiß ist, daß die Besitzungen zu Veerßen und Brodesende erst 1292 von denen von Hitzacker verkauft wurden, findet sich in der Lehnrolle im §. 18 schon Manegold von Estorf mit Dorf, Mühle und Zehnten von Veerßen nebst Brodesende aufgeführt. Duve nimmt dabei an, daß die Rolle nicht nach der Zeitfolge der Belehnungen, auch nicht mit genauer Beobachtung der Ordnung, worin die Orte neben einander liegen, verfertigt sei, vielmehr ihr Zweck nur eine Zusammenstellung der sämmtlichen Belehnungen gewesen sei, welche der Graf Helmold seit dem Tode des Vaters nach und nach zu verschiedenen Zeiten bewerkstelligt habe. Dazu würden dem Verfasser der Rolle die Namen zugestellt sein; mangelnde Kunde über die Lage der Oertlichkeiten haben dabei gehindert, die Namen in eine gehörige Ordnung zu bringen; er werde die Namen nicht alle haben lesen können, daher hin und wieder die Auslassungen und die oft corrupte Schreibart.
Und in der That bestätigt ein genaues Studium der Rolle in jeder Weise diese Vermuthungen.
Die Lehnrolle der Grafen von Schwerin (1294).
Nach einer Abschrift vom Originale durch den Archivrath Lisch zu Schwerin. * )
Hec sunt bona sita ultra Albiam que comes Helmoldus de Zwerin mortuo patre suo connte Gunzelino in pheodo suis hominibus porrexit.
§. 1. Hermannus Ribe de Thune recepit ab eodem duas villas tantum, videlicet Grabowe et Moyzliz 1 ).
§. 2. Item dominus Olricus de Thune villam Sulendorpe 2 ) et vnam domum et decimam in Bretze 3 ) et decimam in Thodemannesborh et villam Rokestorpe 4 ).
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§. 3. Item Luder de Eueringe 5 ) vnum mansum in Reinestorpe 6 ).
§. 4. Item Hillemarus et Hinricus de Lintlo supra Sultam 7 ) III or marcarum redditus et in Suthdorpe 8 ) decimam.
§ 5. Item Hunerus de Odem IIII or slavos in Redemuzle 9 ) et vnum mansum in Rethmere 10 ) et duas domos in Wesende 11 ) et decimam in Dreinlinge 12 ) et villam Scireneken 13 ) et vnam domum in Hintberge 14 ).
§. 6. Item Hermannus Leo curiam in Reinestorpe 6 ) et duo sunder ibidem.
§. 7. Item Johannes et fratres sui de Lobeke 15 ) III domos in Hobere 16 ) et vnam domum in Jerstorpe 17 )
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et vnam domum in Versene 18 ) et vnam domum in Sustede 19 ) et decimam in Berkewinkele 20 ) et decimam in Solekestorpe 21 ) et dimidiam villam Cholme 22 ).
§. 8. Item Johannes Bintreme IIII or domos in Soreve 23 ) et vnam domum in Hombroke 24 ).
§ 9. Item Bertoldus de Ullesen curiam in Lideren 25 ) cum attinenciis suis omnibus et duas domos in Soltendike 26 ) et duas domos in Hamerstorpe 27 ) inpheodatas et villam Cozebode 28 ).
§. 10. Item Luder Moltzan vnam domum in Berscampe 29 ) que soluit annuatim chorum vnum.
§. 11. Item dominus Jerricus de Berscampe 30 ) villam Geithin 31 ) et villam Riddereschen 32 ).
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§. 12. Item Wipertus de Moldessem duas domos in Hanhusen 33 ) et piscationem ibidem et mast ad LX a porcos.
§. 13. Item Wernerus de Edendorpe decimam in Rodestorpe 34 ).
§ 14. Item Bertoldus de Thodemannesborh III Slavos in Gorenthin 35 ).
§. 15. Item Pridam et Wasmotus de Knesbeke 36 ) decimam in Widdorpe 37 ) prope Bardewic et villam Dolene 38 ) et III viros in Tolzeuanze 39 ).
§. 16. Item Hinricus de Meltzinge III domos ibidem 40 ) ettres domos in Honbenekestorpe 41 ) et tres domos in Bernhusen 42 ) et dominium siluarum per has tres villas.
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§. 17. Item Elyzabeth relicta Frederici Aurifabri 42 ) et filius eius decimam in Melbeke 43 ).
§. 18. Item dominus Manegoldus de Estorpe 44 ) villam et decimam et molendinum in Versene 45 ) et villam Brodesende 46 ) et decimam in Bercdorpe 47 ) et villam Suthdorpe 48 ) et villam Stockem 49 ).
§. 19. Item dominus Hinricus de Dannenberge villam et molendinum in Stretze 50 ).
§. 20. Item Conradus balistarius 51 ) vnum mansum in Eyleslene 52 ).
§. 21. Item Johannes de Brunesrode 53 ) decimam et duas domos in Holecsem 54 ).
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§. 22. Item dominus Ecbertus iunior de Asseborh 55 ) officium in Edemessem 56 ) et VIII mansos in minori Hakenstede 57 ).
§ 23. Item Bertoldus et Arnoldus de Velthem 58 ) villam Swalendorpe 59 ).
§ 24. Item dominus Bertoldus Goz IIII or mansos in Biscopestorpe 60 ) prope palus.
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§. 25. Item Hinricus Perzeuale 61 ) villam Suthene 62 ) et duos viros in Malsleue 63 ).
§. 26. Item Johannes et Aluericus de Donstede
III
mansos in paruo Wanzleue
64
) et I
mansum in Remekeresleue
64
)
et VI areas ibidem quas archiepiscopus
Magdeburgensis comiti porrexit in restaurxuit
VIII mansorum in paruo Hakenstede quos donauit
ecclesie m Helmestede
65
).
§. 27. Item Eckehardus de Boyceneborh 66 ) aduocaciam in Kethelendorpe 67 ) et decimam in Telligmere 68 ) et vnam domum in Slockem 69 ).
§. 28. Item dominus Johannes de Bodendike 69 ) decimam in Holzele 70 ) et decimam in Hasle 71 ) et decimam in Ekkendorpe 72 ).
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§. 29. Item dominus Geuehardus de Bortuelde IIII or curias in Volcquerdessem 73 ).
§. 30. Item Wernerus et frater eius . . . . duas domos in Gruwinge 74 ) et vnam domum in Bodense 75 ) et duarum domorum advocaciam in Morthusen 76 ).
§. 31. Item Conradus de Honekesbutle III mansos in Holdenstede 77 ).
§. 32. Item dominus Hinricus de Widdorpe IIII or mansos in Thomene 78 ) cum omni iure et IIII or Slavorum aduocaciam in Gromazle 79 ) et VI Slavorum aduocaciam in Nendorp 80 ) et vnius uiri aduocaciam in Holekesne 81 ) et vnum uirum in Gruwinge et vnum uirum in Boltesne et II viros in Hanhusen 81 ) et II viros in Meltzinge 82 ) et vnum uirum in Edendorpe 83 ) et vnum uirumin Svnstorpe 84 ) et XVIII uiros in Berme 85 ).
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§ 33. Item Guntherus de Hoya 86 ) dimidiam decimam in Lutthen 87 ) et vnam domum.
§ 34. Item Johannes Balch 88 ) villam Sacheue 89 ).
§ 35. Item Lippoldus de Doren villam Coleve 90 ) et decimam in Merschene 91 ).
§. 36. Item Druthleuus de Benesholte 92 ) decimam in Morschen 91 ).§. 37. Item Johannes Greuing 93 ) decimam in Stendorpe 94 ).
§ 38. Item Bernardus Sprenger
95
) VII
wich. in Suthdorpe
96
).
§. 39. Item Wernerus et Olricus de Dalenborh decimam unius domus in Wichmannestorpe 97 ) et decimam trium domorum in Bonestorpe 98 ).
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§. 40. Item Anthonius de Thune villam Hintberge 99 ) et villam Ayendorpe 100 ) in pignore.
§. 41. Item Hinricus de Borh in Harena vriborh 101 ) XX modios fabarum Stadensis mensure et bona et lithones in Vrentvlethe 102 ) et in Haselwerdere 103 ) et decimam in Dobenvlete 104 ) et decimam in Berge 105 ).
§. 42. Item Segebandus de Elstorpe 106 ) vnum mansum in Luwe 107 ) et vnam domum in Szesenze 108 ).
§. 43. Item Aluericus et Geuehardus Scocke 109 ) decimam in Ozstede 110 ) et dimidiam decimam in Elstorpe 111 ) et decimam in Graft 112 ) et decimam in Horethvlete 113 ) et decimam in Bramhorste 114 ) et decimam in Heinboke 115 ) et decirnam trium mansorum in Querenvlete 116 ) et trium mansorum decirnam in Twilenvlete 117 )
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et decimam in Mothemore 118 ) et decimam in Rimeringe 119 ).
§. 44. Item Wernerus Cuuesten 120 ) decimam m Glindensere 121 ) et decimam in Byhusen 122 ) et Scult supra Teche 123 ) qui soluit annuatim XV wich. siliginis et decimam in Sustede 124 ) curiam ibidem quam ab ipso tenet
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Albertus de Lutthere et medietatem decimarum in Wezstede 125 ) et Suthdorpe 126 ) et decimam in Berenvelde 127 ) et IIII or domos in Hobere 128 ) et vnam domum in Jerstorpe 129 ) et vnam domuni in Vitzendorpe 130 ) et vnam domum in Wezstede 125 ) et duas domos in Coldendorpe 131 ) et vnam domum in Hilderdinge 132 ) et duas domos in Golderdinge 132 ) et vnam curiam in Nordorpe 133 ) quam ab ipso tenetWernerus ibidem manens et vnam curiam in Remestede 134 ) quam ab ipso tenet Helmericus ibidem manens.
§. 45. Item filii Geuehardi de Berenvelde 135 ) aduocaciam V domorum in Bodenhusen 136 ) et duarum domorum in Holthusen et duarum domorum in Boltessen 136 ) et V domorum in Hanhusen 136 ).
§. 46. Item Crucemannus villam Wopoyse 137 ).
§. 47. Item Rudolphus miles de Haren 138 ) villam Gorenthin 35 ).
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§. 48. Item Theodericus de Mimg src="gif_images/symbol_v_ring8x13.gif" alt="v ring" type="float"/>le 139 ) vnam domum in Westerwemede 140 ).
§ 49. Item Borchardus et fratres sui Hermannus et Theodericus de Luchowe 141 ) II villas Cetene et Ketzin 142 )
§. 50. Item Theodericus et Segebandus de Widdorpe dimidiam decimam in Oselerestorpe 143 ) et decimam in Wethelenborstele 144 ) et villam Ganzeve 145 ) et villam Jergevisle 146 ) et decimam et iudicium ibidem et vnam domum in Golderden 147 ) et II as domos in Nendorpe 148 ) et vnam domum in Tangendorpe 149 ) et vnam domum in Wedessem 150 ).
§. 51. Item Christianus de Vllesen villam Moylinge 151 ).
§. 52. Item Johannes de Weya 152 ) curiam in Bodegen 153 ) cum omnibus attinenciis suis et vnam domum ibidem et duas domos in Hemese 153 ) et II as domos in Leslem 153 ).
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§. 53. Item Johannes de Bachtenbroke 154 ) decimam in Edestorpe 155 ) et decimam in Clecke 156 ).
§. 54. Item Dethardus et Bolto et Gerhardus milites de Wozstrove 157 ) et fratrueles ipsornm villas Naulitze 158 ), Zebelin, Kove, Moltzin, et II os mansos in Bernebeke et Hemehuse 158 ) decimam et duos choros siliginis in terra Vllesen 159 ) qui regis tributum nuncupantur.
§ 55. Item Borchardus Lupus de Luchowe 160 ) et fratres sui villam Szweput 161 ).
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§. 56. Item Gerhardus Lupus 160 ) villas Kardizstorp et Nouenthin 162 ).
§. 57. Item Theodericus . . . . decimam in Bodenstede 163 ) et III domos ibidem.
§. 58. Item Theodericus Gir 164 ) decimain in Wenhusen 165 ) et vnam domum in Godingestede 166 ) et molendinum ibidem.
§. 59. Item Gevehardus Magnus decimam in Lu 167 ) et in Rodelemestorpe 168 ).
§. 60. Item fratres de Monte dimidiam decimam m Jefstorp 169 ) et integram decimam et aduocaciam in Cethen 170 ).
§. 61. Item Conradus Lorber 171 ) villam dimidiam in Mankemus 172 ).
§. 62. Item Geuehardus . . . . decimam in Hoseringe 173 ).
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§. 63. Item Theodericus de Hiddesaker 174 ) villam Colderdem 175 ) cum omni iure preter decimam in Tasbroke 176 ) cum omni iure et in Zelus 177 ) IIII or domos que adiacent ville Decusse 177 ) et III Slauos in Guriz 178 ) et II as domos in Eldessem 179 ).
§. 64. Item filius Hinrici de Grabowe
180
) decimam
in Dortm
t
181
) et IIII
or
dommos
ibidem et aduocaciam IIII
or
domorum ibidem.
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§. 65. Item Alart dictus Nagel 182 ) vnam curiam in Masendorpe 183 ).
§. 66. Item dominus Wineke de Br
me villam Witzemer
184
).
§. 67. Item dominus Wedeko de Garsenbutle 185 ) decimam in Cornessen 186 ).
§. 68. Item Clitzing 187 ) IIII or homines in Wetwersen 188 ).
§. 69. Item Ludolfus de Wort 189 ) decimam m Vnderstede 190 ).
§. 70. Item Rodollus Clenkoc 191 ) vnam domum in Stederhusen 192 ).
§. 71. Item Wasmotus Kint 193 ) decimam in Nendorpe iuxta Smalenowe 194 ).
§. 72. Item Albertus de Edessem decimam ibidem 195 ).
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§. 73. Item Segebandus de Widdorpe decimam in Emessem 196 ).
§ 74. Item dominus Daniel de Bliderstorp 197 ) dimidiam decimam in Hamelwo v rde 198 ) et decimam in Etemen 199 ) et decimam in Vsle 200 ).
§. 75. Item Theodericus Perleke decimam in Winerkote 201 ).
§. 76. Item Lambertus de Lideren curiam in Euerlo 202 ) prope Honouere.
§. 77. Item dominus Ludolfus de Merewede decimam
in Hagen
203
) et decimam in Wasselstorpe
204
) et decimam in Etendorpe
205
) et decimam in B
lendorpe
206
).
§. 78. Item Hinricus Weder decimam duarum domorum in Wildestorpe 207 ).
§. 79. Item dominus Conradus de Ost 208 ) XXX a frusta reddituum in Wildestorpe 207 ).
§. 80. Item Hillemer dictus Leveke aduocaciam in Hofstede 209 ).
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§. 81. Item illi de Edzelendorpe 210 ) decimam m Wedele 211 ) et decimam in Heluessen 212 ) et decimam in minori Vredebeke 213 ) et dimidiam decimam in Hamelwerdere 214 ) et deciinam in Wildestorpe 207 ).
§. 82. Item Johannes et Conradus de Wodenswege
215
) X
mansum in Bardeleue
216
).
§. 83. Item dominus Otto de Stendal 217 ) VI mansos in Scinden 218 ) et paruum Swartelose 219 ) villam dimidiam.
§. 84. Item Conradus de Reuelde X mansos in Scinden 218 ) et medietatem ville Swartelosen 219 ).
§ 85. Item Conradus de Elnelinge prope Hild' 220 ) qui adhuc non recepit dimidiam decimam ibidem.
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§. 86. Item Johannes de Plothe Holewege et Gusene et Tessen et Lubechune et Tetershagen et Resene 221 )
§. 87. Item Czabele de Stendale VI mansos in Scinden 218 ).
§. 88. Item Geuehardus de Liderde curiam in Euerlo 222 ).
§. 89. Albertus de Wodenswegene 223 ) in villa Bardeleue 224 ) VII mansos et VII areas.
§ 90. Arnoldus Sack villam Veten 225 ).
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§. 91. Nos Gunzelinus contulimus bona que Hinricus Heymewidhe a nobis tenet filiis sororum suarum 226 ).
Abtheilung III.
Die in der III. Abtheilung enthaltenen 127 Regesten beginnen mit dem Jahre 1174 und schließen mit dem Jahre 1442. Einzelne der wichtigeren Regesten sind von dem Abdruck der Urkunden selbst begleitet. Fast jede Regeste ist mit erläuternden, vielfach den Ursprung der betreffenden Besitzung aufhellenden und oft den Zusammenhang mit der Lehnrolle nachweisenden Anmerkungen des Verfassers begleitet. Für die Ermittelung des Ursprungs der linkselbischen Besitzungen der Grafen und des Ursprungs der Grafen selbst sind besonders folgende Regesten von erheblicher Wichtigkeit:
No. 1. Auszug aus dem Chronicon Stederburgense, wo zum Jahre 1174 erzählt wird: Anno domini 1174 monasterium novum in Stederborch consummatum est - -. Comes Guncelinus de Zwerin, ut saepe ante fecerat, in hac necessitate nobis subvenit. -
No. 2. Urkunde der quedlinburger Aebtissin Adelheid vom J. 1174, in welcher Guncelinus de Zwerin unter den praesentibus magnatibus terrae mit Burchardo burchravio und Burchardo de Valckenstein, auch Odalrico de Amersleve erscheint.
No. 3. Urkunde vom J. 1217 über Güter in Bernebeck unfern des altmärkischen Klosters Diesdorf, über welche die
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Söhne des ersten Grafen von Schwerin, Hermann, Dompropst in Hamburg, Gunzelin (II.) und Heinrich I., verfügen.
No. 4. Urkunde Herzogs Otto von Braunschweig vom J. 1230. Derselbe leistet darnach dem Grafen Gunzelin von Schwerin bei der Entlassung aus der Gefangenschaft Urfehde, bestätigt dem Grafen und dessen Familie die Güter, welche sie von den Herzogen von Braunschweig zu Lehn haben, namentlich einen lüneburgischen Burglehnshof mit 100 Mark Einkünften, und verspricht, dem Könige von Dänemark wider die Grafen von Schwerin keine Hülfe zu leisten, unter Verschreibung hinreichender Bürgen und Verwillkührung der Abtretung des Schlosses Lüneburg. Aus dieser vom Archivrath Lisch im großherzoglichen Geheimen Archive zu Schwerin aufgefundenen Urkunde, welche wegen ihrer Wichtigkeit unten abgedruckt ist, wird bestimmt gemuthmaßt, daß ein sehr großer Theil der im Lüneburgischen vorkommenden, von den Grafen von Schwerin anderweit zu Lehn ausgegebenen vielen Besitzungen von Heinrich dem Löwen und seinen Nachfolgern den Grafen zu Lehn gegeben und ursprünglich Güter der Herzoge von Braunschweig=Lüneburg waren. Es ist in der Urkunde ausdrücklich erwähnt, daß schon Gunzelin's Vater, Graf Heinrich I. von Schwerin, dessen Brüder (patrui) und sein Großvater (Gunzelin I.) diese Güter von den Herzogen gehabt haben. Der Burglehnshof zu Lüneburg mit 100 Mark jährlicher Renten wird als Receptor für alle Einkünfte vermuthet, welche die Grafen aus den von dem Herzoge ihnen verliehenen Lehnen bezogen. Der Burglehnshof selbst ist in Lüneburg nicht mehr aufzufinden; er muß früh verloren gegangen oder an Ministeriale der Grafen, etwa die Groten oder die Ritter Schwerin, verlehnt und mit dem Verkauf von Seiten der letzteren auch dem Bande zu den Grafen enthoben sein.
Die Schwerin und die Groten hatten namentlich Burglehnshöfe in Grimone (im Grimm) nahe bei der Burg, Hr. v. Schwerin auch den Wall bei der Stadtmauer vor dem Grimmen=Thore. Lange waren die Grafen nicht im Besitze der curia castrensis, denn sonst enthielten die Archive des Klosters S. Michaelis und der Stadt davon eine Andeutung, die aber gänzlich fehlt. Nach Nachrichten von Gebhardi (Collect. III, 46 und VI, 442 und 524, wo auch die Abbildung des Wappens sich findet,) enthält die alte Taufe der Kirche zu S. Michaelis, die Gebhardi aus dem Anfange des 14. Jahrh. stammend erklärt, die aber anscheinend älter war, neben den Wappen des Herzogs, der Grafen von Dannenberg und verschiedener Burgmänner auch das Wappen der Grafen von Schwerin, zwei Drachen an einem Baum. Dies scheint zu der curia castrensis der Grafen in Lüneburg in Verbindung zu stehen.
"In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Otto Dei gratia dux de Bruneswic omnibus in perpetuum. Inno-
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tescat vniuersis, tam futuris, quam presentibus, quod nos Guncelino comiti Zwerinensi plenam securitatem fecimus que uulgariter orueide dicitur, pro eo quod nos captiuauerat pater eius. Ad hec sciant omnes, quod nos eidem Guncelino comiti Zwerinensi et matri sue et sorori porreximus ea bona, que pater suus et patrui et auus suus a patre nostro et ab auo de iure tenuerunt, curiam eciam castrensem Luneb'. cum centum marcarum redditibus annuatim, de qua si dissensio aliqua oriatur, isto rum quatuor arbitrio est committendum: T. de Monte, Segebandi, Geuehardi, Ottonis, ut quicquid ipsi de hoc adhibito sacramento protestati fuerint, ratum habeatur. Juravimus eciam et fide data promisimus, quod auxilium nullum prestabimus regi Danorum contra Guncelinum aut suos heredes. Mercatores et homines Guncelini in eundo ea libertate fruantur, qua de iure uti debent. Vt hanc composicionem inconcussam teneamus, quinque nostri nobiles iurauerunt et fide data promiserunt cum XXX ministerialibus nostris, quod si nos contra iuramentum et fidem datam uenerimus, dicti homines Zwerin intrabunt, inde non exituri, nisi de Guncelini comitis iussione, quod et XXX burgenses de Bruneswic promittent et iurabunt, quod et XX ciuitatenses de Luneborg facient. Similiter et hoc iurauerunt castrenses de Luneborg, quod si nos compositionem talem infregerimus, castrum Luneborg in potestatem ducis Saxonie et Guncelini present(abimus). Promissores, qui nunc promiserunt et adhuc promittent, in consummatione istorum denominabinuis, quos, si facere (noluerint), eiceremus et eos a presentatione castri prohiberemus. Idem castrenses Zwerin intrare tenebuntur, inde non exituri, donec emendatio digna fiat. Quam securitatem si usqne ad epyphaniam Domini non fecerimus, nos et nostri compromissores Dannenberg intrare tenebimur, inde non exituri, sicut dictum est."
Mitgetheilt vom Archivrath Dr. Lisch nach dem Originale im großherzogl. meklenb. Geh. und Haupt=Archive zu Schwerin. Das Original ist auf einem kleinen Pergament, in einer kleinen, flüchtigen, undeutlichen, cursivischen Minuskel geschrieben. Das Pergament ist unregelmäßig beschnitten und bis an die Ränder voll geschrieben. Die Schrift ist sehr eilfertig, an einigen Stellen corrigirt und offenbar verschrieben. Das Ganze hat augenscheinlich den Charakter, als wenn die Urkunde sehr eilig oder an einem Orte geschrieben sei, wo man auf Urkundenschreiben nicht vorbereitet war. Angehängt ist ein schmaler Pergamentstreifen, von welchem jedoch das Siegel abgefallen ist.
No. 5. Urkunde aus der Zeit 1231-1236 über Güter des Hildesheimschen Domherrn Friedrich, Bruders des Grafen
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Heinrich von Schwerin, zu Lehmke, Amts Bodenteich, unfern Ulzen. Diese Regeste mit den Regesten No. 14, 32, 33 und 34 spricht von eigenen Gütern des Domherrn Friedrich, welche ihm erblich zugefallen. Hier liegen daher wahrscheinlich Güter vor, welche zu der von Heinrich dem Löwen den Grafen beigelegten Grafschaft nicht gehören.
Von andern anscheinenden Erbgütern des Domherrn Friedrich von Schwerin und des Grafen Gunzelin III. zeugen die Regesten No. 6 und 7 vom J. 1232, nach welchen diese bona in Glusigke (Todt-Glüsingen, unfern Tostedt und Moisburg) dem Kloster Buxtehude schenken. (Die in den Anmerkungen vollständig mitgetheilte Urkunde ist auch deshalb von besonderem Werth, weil sie wohl eines der ältesten Siegel der Grafen von Schwerin, den Baum mit zwei Drachen, nachweiset.)
Güterbesitz im Magdeburgischen, zu Eilsleben, Kl. Hakenstedt, weisen die Regesten No. 16, 23 und 29 nach, Güterbesitz im Wolfenbüttelschen, zu Bischofsdorf bei Gevensleben, die Regesten No. 59 und 60.
Die meisten übrigen Regesten beziehen sich auf Besitz der Grafen im Fürstenthum Lüneburg, und zwar vorzugsweise im Bardengau.
Es sind darunter bis dahin unbekannte Urkunden (No. 53-56), welche nachweisen, daß die Grafen von Schwerin auch die Advocatie von Soltau hatten, welche die Aebtissin von Quedlinburg einst den Billungen übertragen hatte.
Verschiedene Urkunden kommen auch vor, welche Güter der Grafen im Bremischen, besonders im Gohgerichte Achim an der Weser und im Altenlande (jetzt Amt Jork) angeben.
Von besonderem Interesse sind noch die Urkunden No. 120, 121, 122, 123, 124, 125, weil sie die einzigen Urkunden sind, welche nach dem Uebergange der Grafschaft Schwerin an den Herzog Albrecht von Meklenburg Verfügungen des letzteren über transalbinisches Gut der Grafschaft enthalten.
Die Sammlung der Regesten schließt mit einer Urkunde von 1442, der letzten, welche überhaupt noch eine Spur der Besitzungen der Grafen von Schwerin am linken Ufer der Elbe enthält. Sie betrifft ein Paar Hufen Landes vor Sarstedt unfern Hildesheim, welche der Schenk des Stiftes Hildesheim, Ernst von Meyenberg, noch damals von den Herzogen von Meklenburg zu Lehn trug.
Nach so vollständig gegebener Lehnrolle und Regesten konnte in der Abtheilung IV. des Aufsatzes eine Uebersicht der Güter nach ihrem Umfange, nach den Gegenden und nach Zahl
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der Lehnleute, Zehnten und größern Besitzungen gegeben werden. Da diese Uebersicht gewissermaßen das Resultat der Arbeit enthält, so haben wir nicht allein die zu derselben gehörigen drei Karten: eine große, welche mit aufrecht stehenden Schriften die Besitzungen der Grafen, mit schräge stehenden die orientirenden Kirchspiele andeutet, und zwei kleinere hier angefügt, sondern findet auch die Uebersicht selbst hier vollständigen Abdruck:
Abtheilung IV.
Uebersicht der gräflich schwerinschen Güter nach ihrem Umfange, nach den betreffenden Gegenden und nach Zahl der Lehnleute, den Zehnten und der größeren Besitzungen.
Die Lehnrolle und die Urkunden=Regesten zeigen, daß der Besitz der Grafen von Schwerin am linken Ufer der Elbe sich folgendergestalt vertheilte:
a. Im Amte Lüne in 24 Ortschaften.
Zu Volkstorf, Adendorf, Reinstorf, Rohstorf, Heinsen, Billm, Melbeck, Wenthusen, Deutsch=Evern, Wendisch=Evern, Willerdingen, Thomasburg, Rettmer, Brokwinkel, Holzen, Rullstorf, Emsen, Hagen, Vaßdorf, Boltersen, Drögen=Nindorf, Wennekath, Bennerstedt, Radenbeck.
b. Im Amte Ebstorf in 13 Ortschaften.
Wessenstedt, Melzingen, Ebstorf, Eitzen, Velgen, Bode, Dreylingen, Tellmer, Wichmannsdorf, Wettenbostel, Brambostel, Seedorf, Golste.
c. Im Amte Oldenstadt in 33 Ortschaften.
Oldenstadt (früher Ullesen), Bohlsen, Hansen, Kirchweyhe, Westerweyhe, Barnsen, Kl. Süstedt, Hambrock, Gr. und Kl. Liedern, Ripdorf, Hamerstorf, Graulingen, Veerßen mit dem Wald Brunsenne, Süttorf, Jarlitz, Gansau, Katzien, Masendorf, Stöcken, Holxen, Graulingen, Hösseringen, Bahnsen, Bargfeld, Hohenzeten, Böddenstedt, Göddenstedt, Molzen, Wappeus, Dörmte, Holdenstedt, Oitzen.
d. Im Amte Bodenteich in 8 Ortschaften.
Lehmke, Nestau, Grabau, Meusließen, Soltendiek, Növenthien, Suhlendorf, Kahlstorf.
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e. Im Amte Medingen in 25 Ortschaften.
Höver, Solchstorf, Kl. Hesebeck, Haaßel, Barum, Niendorf, Weste, Kollendorf, Kettelsdorf, Nottorf, Römstedt, Gollern, Jastorf, Jelmstorf, Vorwerk, Addenstorf, Edendorf, Hohen=Bünstorf, Vinstedt, Himbergen, Masbrock, Rieste, Eddelstorf, Bargtorf, Steddorf.
f. Im Amte Bleckede in 12 Ortschaften.
Barskamp, Göddingen, Breetze, Seedorf bei Dahlenburg, Süttorf, Boitze, Eichdorf, Moislingen, to dem Berke (jetzt Bargmoor), Köhlingen, Oldendorf bei Nahrendorf, Schieringen.
g. Im Amte Hitzacker in 2 Ortschaften.
Göhrde, Hitzacker.
h. Im Amte Dannenberg in 4 Ortschaften.
Streetz, Gußborn, Pretzetze, Gr. Volksien.
i. Im Amte Klenze zu Lüchow in 18 Ortschaften.
Redemoißel, Serau, Göttien, Reddereitz, Tolstefanz, Süthen, Crummasel, Gr. und Kl. Sachau, Gollau, Lübeln, Zeetze, Naulitz, Zebelin, Köhlen, Molden, Schwiepke, Gureitzen.
k. Im Amte Wustrow in 4 Ortschaften.
Cussebode, Malsleben, Niendorf, Lübbow.
l. Im Amte Artlenburg in 2 Ortschaften.
Brietlingen, Bullendorf.
m. Im Amte Pattensen zu Winsen in 3 Ortschaften.
Wittorf, Maschen, Tangendorf.
n. Im Amte Salzhausen in 11 Ortschaften.
Oehlstorf, Egestorf, Eyendorf, Westergellersen, Wetzen, Döhle, Marxen, Heimbuch, Asendorf, Toppenstedt, Kirchgellersen.
o. Im Amte Hittfeld zu Harburg in 4 Ortschaften.
Sinstorf, Klecken, Wilstorf, Emmelndorf.
p. Im Amte Moisburg in 5 Ortschaften.
Tostedt, Evestorf, Emmen, Todt=Glüsingen, Hertesbüttel (jetzt Itzenbüttel).
q. Im Amte Meinersen in 2 Ortschaften.
Edemissen, Catensen.
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r. Im Amte Soltau in 16 Ortschaften.
Alle Ortschaften der alten Amtsvogtei Soltau (über welche nämlich die Advocatie von Soltau sich ausdehnte), ferner Steinbeck, sonst Amts Winsen a. d. Luhe, Hörpel, desgleichen.
s. Im Amte Fallingbostel in 6 Ortschaften.
Düshorn, Südbostel, Fahrenholz, Klint, Dorfmark, Flottwedel.
t. Im Amte Bergen in 2 Ortschaften.
Widdernhausen und Nindorf.
u. Im Amte Winsen a. d. Aller in 3 Ortschaften.
Meißendorf, Bannetze und Döhren.
v. Stadt Uelzen.
w. Stadt Lüneburg.
x. Stadt Soltau.
Summa im Fürstenthum Lüneburg in 200 Ortschaften.
Hemelingen, Horneburg, Vrentfleth, Hasselwerder, Dobenfleth, Graft, Horethvlete, Querenvlete, Mothemore, Glinstedt, Byhusen, Baden, Lessel, Embsen, Bliederstorf, Hamelwörden, Mittelnkirchen (Media-Lue), Ladekop, Helmste, Wedel, Kl. Fredenbeck.
Luttum, Unterstedt, Reimerdingen, Hillerdingen, Wolterdingen (früher lüneburgisch).
Everloh.
Sarstedt.
Eilsleben, Kl. Hakenstedt, Kl. Wanzleben, Remkersleben, Bardeleben (vielleicht auch in Lobejün).
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Bernebeck, Hilmsen, Breteiche, Schinne, Schwarzlosen, Väthen.
Bischofsdorf, Schwalendorf, Volkersheim, Hötzum (vielleicht auch Eveßen).
Summa am linken Ufer der Elbe überhaupt in 247 Ortschaften.
An Ministerialen und Lehnleuten der Grafen von Schwerin gehen aus dem vorstehenden Besitz nicht weniger als 105 Familien hervor: die Thune, Everingen, Lintlo, Oedeme, Löwen, Lobeck, Bintrem, Uelzen, Moltzan, Berscampe, Moldessem, Edendorpe, Thodemannesborgh, Knesebeck, Meltzing, Aurifaber, Estorff, Dannenberg, Balistarius, Brunesrode, Asseburg, Veltheim, Coz, Perzeval, Donstede, Boizenburg, Bodendieck, Bortvelde, Hankensbüttel, Wittorf, Hoya, Balch, Dören, Benesholte, Greving, Sprenger, Dalenburg, Borg, Schocke, Cuuesten, Bargfeld, Cruzemann, Haren, Mule, Lüchow, Weyhe, Bachtenbrock, Wustrow, Lupus, Gir, Grote, Berge, Lorbere, Hösseringe, Hitzacker, Grabau, Nagel, Brume, Garsenbüttel, Clitzing, Wort, Klencke, Kind, Edessem, Bliderstorp, Perleke, Lideren, Merwede, Weder, Osten, Leveke, Edzelendorpe, Wodenswege, Stendal, Revelde, Elvelinge, Plotho, Sock, Hamwide, Boldensele, Schulenburg, Schwerin, Stade, Seehausen, Melbeck, Emmelndorf, Rida, Hagen, Monnik, Arbergen, Bodinge, Bolland, Harpstedt, Göddingen, Meding, Godenhusen, Aderstede, Dartzow, Pinnow, Brobergen, Zesterfleth, Campe, Hasseken, Vüür, Meyenberg.
Nur die 26 letzten kommen nicht in der Lehnrolle vor, und es ist wenig erklärlich, daß die Ritter von Schwerin, die doch urkundlich viele Güter von den Grafen zu Lehn trugen, gar nicht, und die Groten, welche ebenso vielfach von ihnen belehnt waren, nur einmal (mit zwei Zehnten) in der Lehnrolle vorkommen. Die Meding, die im Lüneburgischen vielfach Besitz hatten, scheinen sich fast ganz frei von schwerinschem Lehnsbande gehalten und fast nur dem Herzoge gedient zu haben.
Zu beachten ist, daß im Lüneburgischen, mit alleiniger Ausnahme der Advocatie über Soltau, welche nach dem späteren Verlauf ohne allen Zweifel sich über den ganzen Bezirk der früheren Amtsvogtei Soltau ausdehnte, die Besitzungen
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fast nur im Bardengau vorkommen, und daß im alten Amte Winsen, mit Ausnahme der Vogtei Bienenbüttel, sehr wenige Besitzungen der Grafen vorkommen, während daselbst eine ganze Reihe von Gütern der Grafen von Wölpe sich zeigen.
Vergleicht man die verlehnten Besitzungen der Grafen von Schwerin mit der ältesten Lehnrolle der Herzoge von Lüneburg, welche eben jetzt, vom Landschafts=Director von Hodenberg mitgetheilt, erscheint, so kann man sich der Verwunderung nicht entschlagen, wie viele Güter und Mannen im alten Stammlande Heinrich der Löwe und seine Nachfolger den Grafen von Schwerin weggegeben * ), und wie wenig sie für sich behalten hatten.
Während die Grafen in 189 Ortschaften des Lüneburgischen, welche sich wesentlich auf 8 Aemter vertheilen, Besitzungen verlehnt hatten und ihnen dort nahe an 80 Mannen zu Gebote standen, finden wir in der ältesten Lehnrolle der Herzoge aus der Zeit von 1339-1352 im ganzen Fürstenthum Lüneburg nur etwa 300 Ortschaften, worin vom Herzog verliehene Lehngüter waren, und nur etwa 125 herzogliche Mannen, wobei noch in Betracht kommt, daß unter den eben gedachten 300 Ortschaften recht viele aus dem nicht zum Bardengau gehörigen Theile des Fürstenthums sind, in welchem schwerinscher Besitz fast gar nicht gefunden wird. Werden den schwerinschen Besitzungen die zahlreichen Besitzungen und Mannen hinzugerechnet, über welche die Grafen von Dannenberg, von Lüchow, von Wölpe und von Osterburg und das Stift Verden verfügte, so entgeht es nicht, daß in jener Zeit die Macht der Herzoge im Fürstenthum Lüneburg auf ein gar geringes Maß zurückgedrängt war, und man kann sich damit einigermaßen die Zustände erklären, welche in den folgenden Jahrhunderten und namentlich zur Zeit der Sate eintraten.
Unter den Gütern der Grafen von Schwerin am linken Ufer der Elbe stehen die Zehnten oben an. Wir finden in der Lehnrolle der Grafen nicht weniger als 72 Zehnten, nämlich zu Breetze, Thomasburg, Süttorf (Amts Bleckede), Dreilingen, Brockwinkel, Solchstorf, Rohrstorf, Wittorf, Melbeck,
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Veerßen, Bergdorf, Hötzum, Tellmer, Holzen, Haaßel, Eichdorf, Luttum, Maschen, Steddorf, Wichmannsdorf, Bünstorf, Dobenfleth, Barge, Oystede, Ebstorf, Graft, Hutfleth, Brambostel, Heimbuch, Quarrenfleth, Twielenfleth, to dem Moor, Rimeringen, Glinstedt, Byhusen, Süstedt, Weste, Süttorf (Amts Oldenstadt), Bargfeld, Ohlendorf, Wettenbostel, Jarlitz, Evestorf, Clecken, Hilmsen, Böddenstedt, Wenthausen, Mittelnkirchen, Rahmstorf, Jastorf, Hohenzeten, Hösseringen, Dörmte, Cornessem, Unterstedt, Nindorf, Eitzen, Embsen, Hamelwörden, Emmen, Assel, Wennekath, Hagen, Vastorf, Edendorf, Bullendorf, Wilstorf, Wedel, Helmste, Kl. Fredebeck, Hamelwerder, Elvelingen.
Die Zahl der Zehnten wird durch die Urkunden=Regesten noch um 33 vermehrt, nämlich:
Adendorf, Vorwerk, Volkstorf, Rohstorf, Emmelndorf, Lehmke, Bohlsen, Hansen, Heinsen, Boltersen, Bennerstedt, Tostedt, Seedorf bei Dahlenburg, Boitze, Radenbeck, Oldendorf, Barnsen, Bilm, Wessenstedt, Velgen, Seedorf bei Medingen, Brietlingen, Hörpel, Reinstorf, Egestorf, Vinstedt, Addenstorf, Rieste, Erbstorf, Kirchgellersen, Ladekop, Oelstorf, Molzen.
Somit besaßen die Grafen urkundlich am linken Elbufer 105 Zehnten.
Auch die Zehnten fallen fast sämmtlich auf das Lüneburgische und zwar fast nur auf den Bardengau. Mit sehr wenigen Ausnahmen gehören sie alle unter den Sprengel des Stifts Verden.
An ganzen Dörfern, welche von den Grafen von Schwerin verlehnt sind, meldet die Lehnrolle 46: Grabau, Meusließen, Suhlendorf, Rohstorf, Schieringen, Köhlingen, Cussebode, Göttien, Reddereitz, Dallahn, Veerßen, Brunsenne, Süttorf, Stöcken, Streetze, Schwalendorf, Süthen, Sachau, Gohlau, Himbergen, Eyendorf, Wappens, Göhrde, Hohenzeten, Ketzien, Gansau, Jarlitz, Moislingen, Naulitz, Zebelin, Köhlen, Molden, Schwiepke, Kahlstorf, Növenthien, Mammoißel, Gollern, Wiswedel, Kl. Schwarzlosen, (Holewege, Gusene, Tessen, Tetershagen, Lubechune, Resene.) Väthen.
Die Regesten weisen noch folgende 4 Dörfer nach: Melzingen, Preteyche), Golste und Nestau, so daß im Ganzen deren 50 erscheinen.
Fast alle übrigen überhaupt vorkommenden Besitzungen sind vereinzelte Hufen oder Höfe, diese aber in großer Zahl. An größeren Besitzungen, welche einen erheblicheren Machtsprengel zu repräsentiren scheinen, fallen jedoch außerdem noch ins Auge folgende:
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1) Die Curia in Liederen (Gr. und Kl. Liederen bei Oldenstadt) cum attinentiis suis omnibus.
2) Das Officium in Edemissen, sofern dasselbe nicht Eveßen bei Lucklum, sondern Edemissen Amts Meinersen ist. Officium wird hier eine Villication (Ambecht, Ambt) bedeuten und daher unter einem Haupthofe in Edemissen als Zubehör einen Umkreis von Höfen haben. Wäre hier wirklich Edemissen bei Meinersen gemeint, so wäre wohl der später im Besitz der Landesherrschaft befindliche nicht unbedeutende Gohgräfenhof, welcher pars salarii des Gohgräfen (spätern Amtsunterbedienten) zu Edemidssen war, dieser Haupthof und die herrschaftlichen Meierhöfe in der Gohgräfschaft Edemissen, einer seit Alters her bestehenden Abtheilung des Amts Meinersen, welche auch ihr besonderes Gohgericht gehabt zu haben scheint, bildeten den Zubehör des Officii. Ist aber Eveßen bei Lucklum gemeint, so wird unter dem Officium die nachherige Vogtei Eveßen erscheinen, zu der auch Hötzum und Volzum gehörten.
3) Die Advocatie in Soltau. Es ist schon in den Anmerkungen zu den Regesten 53- 56 näher dargelegt, wie die Vogtei zu Soltau die Stadt Soltau mit dem aus 16 Dörfern bestehenden Kirchspiel Soltau umfaßte, und außerdem noch verschiedene Einkünfte aus den Parrochien Düshorn, Bergen und Winsen a. d. Aller dazu gehörten.
4) An sonstigen Vogteien über ganze Dörfer finden wir die Vogtei über Kettelsdorf, Crummasel, Nindorf bei Römstedt, Jelmstorf, Vorwerk, Oitzen und Solchstorf.
5) Die curia castrensis zu Lüneburg mit 100 Mark Einkünften, welche die Herzoge von Lüneburg den Grafen geliehen hatten.
6) Die bona in Lehmke, Amts Bodenteich, welche, da sie Zehnten, Mühle und eine Reihe von Höfen umfaßten, jedenfalls bedeutend waren.
7) Die Vogtei über die Güter in Hertesbüttel.
8) Der an Werner von Rida verliehene Hof zu Hemelingen, Amts Achim, dem nach den Urkunden kein geringer Besitz angehörte.
9) Die Besitzungen an Hufen und Zehnten zu Lhu (Mittelnkirchen, Amts Jork).
10) Die Lehnsgerechtigkeit über Ullessen (den Klosterort Oldenstadt) und die Neustadt Ullessen (Stadt Uelzen).
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11) Die 8 Hufen in Kl. Hakenstedt im Magdeburgischen.
12) Die 5 Hufen und 10 Hofstellen zu Bischofsdorf bei Schöningen, nebst dabei belegenem Dorf Schwalendorf.
13) Die Güter zu Gollern, zu denen außer dem Dorf ein Schloß der Herren von Hitzacker mit verschiedenen Waldungen gehörte.
14) Die beiden Elbzölle in Hitzacker.
15) Der Hof Bodwede bei Ebstorf cum omnibus attinentiis.
16) Die zahlreichen Hufen in der Altmark im Kreise Stendal.
Die nun folgende
Abtheilung V.
enthält die Abhandlung über den Ursprung der linkselbischen Besitzungen.
Der Verfasser widerlegt die Ansichten Rudloff's, welcher die linkselbischen Güter durchweg als alte Familiengüter auffaßt, und ebenso die Koch's, der sie für eine besondere, am linken Elbufer den Grafen beigelegte Grafschaft erklärt. Er ist vielmehr durch seine Forschung überzeugt worden, daß der bei weitem größte Theil der fraglichen Güter nur ein Theil der Grafschaft Schwerin selbst waren und daß der Herzog Heinrich der Löwe sie dem Kern nach bei der Errichtung der Grafschaft Schwerin dem ersten Grafen Gunzelin als solchem mit beigelegt hatte, daß aber allerdings unter den Besitzungen einzelne wenige vorkommen, welche die Vermuthung des Hervorgehens aus alten Familienverbindungen des Hauses für sich haben.
Hinsichtlich
A. der Besitzungen im Fürstenthum Lüneburg
wird dieses Verhältniß für die meisten derselben als unzweifelhaft hingestellt.
Die Begründung für dieses fast wichtigste Resultat der Arbeit ist wiederum auch für Meklenburg's Geschichte so sehr von Interesse, daß sie hier vollständig ihren Platz finden mag.
Betrachtet man, welche große Anzahl von Lehnleuten nebst Zehnten, Höfen und sonstigen Besitzungen die Grafen von Schwerin im Fürstenthum Lüneburg hatten, und zwar gerade in den an die Elbe grenzenden Gegenden, soweit nicht
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letztere in den Händen der Grafen von Dannenberg und Lüchow sich befanden; weiß man, daß in diesen Gegenden das Haupt=Patrimonium der lüneburgischen Herzoge (der Billunger) sich befand, daß vor Heinrich dem Löwen hier größere Landeigenthümer außer den Herzogen mit ihren Ministerialen fast gar nicht vorkommen, und findet man, daß nur bei höchst wenigen der fraglichen Besitzungen eine Spur des Hervorgehens aus alten Familienverbindungen sich zeigt; sieht man daneben, wie außer der Wehrkraft der Lehnleute der wichtigere Theil der Besitzungen in einer großen Zahl von Zehnten bestand, welche ursprünglich größtentheils im Eigenthum des Stifts Verden standen, und kennt man keine andere Ursache, welche so zahlreiche und bedeutende Besitzungen aus der Hand der lüneburgischen Herzoge und des Stifts Verden in die Hand der Grafen von Schwerin hätten bringen können: so kann man wohl keinen Zweifel darüber hegen,
daß der Uebergang im Wesentlichen nur durch das Entstehen der Grafschaft Schwerin, durch eine von Heinrich dem Löwen erfolgte Beilegung zu der für Gunzelin errichteten Grafschaft Schwerin, sich erklären läßt.
Die vielfachen Kriege, welche Heinrich der Löwe
zur Unterjochung der slavischen Länder und
besonders Meklenburgs führen mußte, zeigen zur
Genüge, wie die Hinsetzung des Grafen Gunzelin
als Grafen der eroberten Gegend von Schwerin und
damit als Wächter der eroberten Lande gegenüber
den vielfachen Angriffen der meklenburgischen
Völker eines starken Rückhalts bedurfte, der in
den eroberten und dem Grafen beigelegten
meklenburgischen Landestheilen mit Schlössern
und Mannen (Boizenburg, Schwerin, Land Zellesen
.) schon wegen der
Unzuverlässigkeit der eben besiegten
Bevölkerung, dann aber auch wegen der (nach
Helmold) eingetretenen gänzlichen Verwüstung des
eroberten Landes nicht allein gefunden werden
konnte, und zu welchem vielmehr ein stets
parates Kriegsheer, nach damaligen Verhältnissen
aus einer großen Anzahl von Ministerialen mit
ihren Untersassen bestehend, erforderlich war.
Dieses Kriegsheer konnte Heinrich der Löwe dem
Grafen von Schwerin nicht anders schaffen, als
durch Ueberweisung einer großen Anzahl seiner
eigenen Ministerialen in der nächsten
Nachbarschaft diesseit der Elbe und zugleich
durch Ueberweisung einer hinlänglichen Zahl von
Zehnten und anderen Besitzungen, mittelst deren
Einkünfte der Graf von Schwerin die Mittel
erlangen mußte, um durch Verleihung von
Beneficien die noch weiter zur Wahrung seiner
Schlösser und zu seinen
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Kriegszügen nöthigen zuverlässigen Söldner mit ihren Untersassen stets parat zu haben.
Ich glaube nicht zu irren, wenn ich, was die Beilegung der lüneburgischen Ministerialen betrifft, dieses Verhältniß schon in Helmold, chron. Slav. I, cap. 87, § 7 bezeichnet finde: Dux ergo demolitus omnem terram coepit aedificare Zuerin, communire castrum. Et imposuit illic nobilem quendam Gunzelinum, virum bellicosum, cum militia. Diese offenbar als Gefolgschaft dem Gunzelinus beigelegte militia war nichts anders, als die lüneburgische Lehnsmannschaft, welche später die Lehnrolle zur speziellen Erscheinung bringt. Militia war in jener Zeit, wo Helmold schrieb, entschieden die Dienstmannschaft; heißt es doch in Urkunden des Stifts Hildesheim von 1143: militia Hildesheimensis curiae sive libera sive ministerialis existens (Lüntzel's Geschichte der Diöc. Hildesheim II, S. 25).
Was an Zehnten dem Grafen erforderlich war, mochte der Herzog zum Theil aus seinem eignen Zehntbesitz, oft unter Genehmigung des Bischofs von Verden, von dem er viele Zehnten inne hatte, anweisen, zum Theil wird er den Bischof von Verden, welcher Inhaber oder doch Lehnsherr sehr vieler ja der meisten Zehnten im Lüneburgischen, so weit es zu seinem Sprengel gehörte, also namentlich im Bardengau, war * ), und dessen Beistand ihm selten fehlte, vermocht haben, seinerseits einen Theil der Bisthums=Zehnten beizulegen. Dabei mochte die Vorstellung, daß die Kriegszüge in Meklenburg und die Aufrechthaltung des comitatus Suerinensis wegen Erweiterung des christlichen Gebiets ein Gott wohlgefälliges und von der Kirche gebotenes Werk sei, die Geistlichkeit zu gleicher Willfährigkeit, wie bei den Gaben für Kreuzzüge, veranlassen. Was in dieser Beziehung das Stift Verden nicht leistete, das wurde von den ohnehin für ihre Herrschaft wohl nicht haltbaren lüneburgischen Gütern des Klosters Rastedt, den ehemaligen Gütern des Klosters Kemnade und Stifts Northeim daselbst und Gütern des Klosters Oldenstadt angewiesen, wovon wir Spuren sowohl in der Lehnrolle als in den Urkunden finden ** ).
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Aehnlich waren, wie schon Koch in der pragmat. Geschichte des Hauses Braunschweig S. 46 richtig vermuthet, auch manche andere Grafschaften entstanden, die sich nach Heinrichs des Löwen Tode zeigen.
Daß so auch der Hauptbesitz der Grafen am linken Elbufer entstanden sei, darüber sind auch in einzelnen Urkunden Belege anzutreffen.
Ich stelle in dieser Beziehung an die Spitze die auch sonst für die Geschichte des hannoverschen Königshauses wichtige, meines Wissens bisher unbekannte Urkunde Herzogs Otto von Braunschweig von 1230, in den Regesten unter 4 oben mitgetheilt. Hier verleiht bei Gelegenheit der Urfehde, welche Herzog Otto bei Entlassung aus der Gefangenschaft der Grafen von Schwerin schwören mußte, der Herzog dem Grafen, seiner Mutter und seiner Schwester von Neuem die
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Güter, welche des Grafen Vater und Oheime und Großvater von des Herzogs Vater und Großvater rechtmäßig inne hatten, so wie einen lüneburgischen Burghof mit 100 Mark jährlicher Einkünfte:
Ad hec sciant omnes, quod nos eidem Gunzelino comiti Zwerinensi et matri sue et sorori porreximus ea bona, que pater suus et patrui et avus suus a patre nostro et ab avo de jure tenuerunt, curiam eciam castrensem Luneborgensem cum centum marcarum redditibus annuatim.
In den Anmerkungen zu den Regesten ist bereits bemerkt, wie diese Urkunde den Schlüssel dahin giebt, daß die meisten lüneburgischen Besitzungen schon von Heinrich dem Löwen (dem avus des hier urkundenden Herzogs Otto Puer) dem Grafen Gunzelin I. (dem avus des Grafen Gunzelin III.) verliehen sein werden.
Sind die ea bona hier auch nicht näher bezeichnet, so geht ihr Umfang doch wohl aus der Verbindung von 100 Mark Einkünften mit dem lüneburgischen Burghof hervor; ein Burghof an sich konnte so viel Einkünfte nicht haben; dieselben erklären sich nur dahin, daß der Hof, wie schon oben bemerkt, die Receptur für die vom Herzoge verliehenen lüneburgischen Besitzungen bildete.
Es mögen diese Besitzungen noch von Heinrichs des Löwen Nachfolgern bei verschiedenen Aulässen, Bündnissen und Friedensstiftungen mit den Grafen, deren ja mehrere vorkommen und die nie ohne Opfer abgingen, vermehrt worden sein. Vielleicht bezog sich namentlich auch darauf mit die besondere Erwähnung der vom Vater geschehenen Belehnung in der Urkunde Herzogs Otto Puer von 1230. Auch läßt die Confirmations=Urkunde des Sohnes Heinrich des Löwen, Kaisers Otto IV., für das Bisthum Schwerin (Lisch meklenb. Urk. Bd. III, Urk. X.) mit dem Ausdruck:
propter preclara quae nobis dilectns et fidelis noster comes Hinricus de Zwerin exhibuit servitia,
auf eine ähnliche Freigebigkeit Kaisers Otto IV. aus welfischem Eigenthum gegen Graf Heinrich von Schwerin, wie Heinrich der Löwe sie gegen Graf Gunzelin I. bewiesen hatte, in aller Maße schließen.
Von den einzelnen Urkunden, welche die Regesten bieten, weiset eine ganz besonders auf obiges Verhältniß hin. Es ist dies die Urkunde von 1252 wegen des Zehntens zu Adendorf, Amts Lüne, No. 13 der Regesten. Hier resignirt Graf Gunzelin den Zehnten dem Herzog Otto von Braunschweig, weil
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er denselben vom Herzoge zu Lehn trug, und der Herzog resignirt ihn dem Bischofe von Verden, weil er ihn seinerseits wieder vom Bischof zu Lehn trug. Ebenso war der Zehnten von Tellmer, welchen nach §. 27 der Lehnrolle der Graf von Schwerin verlehnte, nach Spilcker's Geschichte der Grafen von Wölpe urkundlich zunächst Eigenthum des Stifts Verden, das ihn seinerseits an die Herzoge von Lüneburg verlehnt hatte, so daß der Graf nur Aftervasall sein konnte. Ist dieses Verhältniß auch nicht bei den übrigen lüneburgischen Zehnten jederzeit in den Urkunden ausgedrückt, oder sonst nachzuweisen, so darf man doch dreist annehmen, daß es in gleicher Weise bei den meisten der Zehnten bestand, und daß es nur nicht allenthalben zur Erscheinung kam, weil sich inmittelst sowohl das Verhältniß zwischen dem Grafen und dem Herzog, als das zwischen dem Herzog und dem Bischof gelockert hatte, und dessen Berücksichtigung bei den Verfügungen über die betreffenden Gegenstände den Betheiligten nicht nöthig schien, zumal dessen Beachtung wohl stets mit Weitläuftigkeiten verbunden war.
Als Zehnten, welche die Grafen urkundlich direct von dem Bischof von Verden zu Lehn trugen und bei der Verfügung dem Bischof erst resignirten, oder bei welchen doch das Zwischenverhältniß des Herzogs, wenn es auch hin und wieder stattgefunden haben mag, nicht beachtet wurde, finden wir die Zehnten zu Molzen (Regeste No. 10), zu Vorwerk und Haaßel (No. 17), zu Emmelndorf (No. 28), zu Lehmke, Bohlsen und Hahnsen (No. 33), Heynsen (No. 47), Süttorf, Boltersen und Bennerstedt (No. 63), Bilm (No. 89), Brietlingen, Hörpel und Egestorf (No. 93), Dreilingen (No. 106). Bei den Zehnten von Süttorf, Boltersen und Bennerstedt ist noch ausgedrückt, daß die Zehnten seit undenklicher Zeit von dem Bischof zu Lehn getragen seien, und bei dem von Bilm ist ausgesprochen, daß der Graf und seine Vorfahren den Zehnten vom Bischof zu Lehn gehabt. Alles darauf hinweisend, daß der Uebergang auf die Grafen von Schwerin schon aus dem Entstehen der Grafschaft Schwerin herstammte. Die obigen Zehnten sind nur die, bei welchen die Urkunden das lehnsherrliche Verhältniß des Bischofs nachweisen; es können aber aus der großen Zahl von Zehnten, die überhaupt als schwerinsches Eigenthum in der Lehnrolle und den Urkunden sich zeigen, noch außerdem manche namhaft gemacht werden, bei welchen der ursprüngliche Besitz des Bischofs aus den Güter=Registern und sonstigen Urkunden des Stifts Verden klar gemacht werden könnte
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Weniger genau kann das Lehnsverhältniß zum Herzoge bei den einzelnen Besitzungen nachgewiesen werden, indem nähere urkundliche Nachrichten über die einzelnen Besitzungen der Herzöge aus der Zeit Heinrichs des Löwen und seiner Vorgänger sehr sparsam sind, und auch die Urkunden dieses Verhältniß, das sich immer mehr lockerte, fast gar nicht beachten. Hier kann nur der aber auch wohl ziemlich sichere Schluß aushelfen, daß nach ganzer Lage der Verhältnisse und besonders bei dem gänzlichen Mangel großer anderer Landbesitze im Bardengau von Heinrich dem Löwen die Grafen nur aus den Händen der Herzoge die meisten Besitzungen erhalten haben konnten.
Uebrigens unterliegt es keinem Zweifel und bestätigt sich auch durch die bekannten Theilungsverträge der Söhne Herzogs Heinrich des Löwen von 1203, daß ungeachtet der Verleihungen das Territorium am ganzen linken Ufer der Elbe im Lüneburgischen den Herzogen von Lüneburg geblieben war und die Grafen von Schwerin nur ein vasallitisches Verhältniß ohne Landeshoheit hatten. Ein solches Verhältniß erhellt auch aus der Confirmation des lüneburger Lehnhofes von 1230 und aus der Urkunde über den Adendorf er Zehnten von 1252, ebenso aus der Urkunde über den Hof zu Bodwede von 1369, wo Herzog Albrecht von Meklenburg ausdrücklich die Belegenheit in ducatu Luneburgensi erwähnt. Hatte doch überhaupt Heinrich der Löwe seine Verleihungen, wie namentlich auch der Verleihungsbrief für das Stift Ratzeburg von 1170 zeigt, immer nur unter Vorbehalt der jura ducatus gemacht.
Daß aber die lüneburgischen Besitzungen der Grafen, übereinstimmend mit obiger Entstehung derselben, keinen besondern Comitat, vielmehr nur einen Theil des schweriner Comitats bildeten, das zeigt sich aus verschiedenen Urkunden. Vorzugsweise kommt in dieser Beziehung die Urkunde Herzogs Albrecht von Meklenburg wegen des Hofes zu Bodwede von 1369 (siehe Anmerkung zu No. 124 der Regesten) in Betracht, in welcher der Herzog geradezu ausspricht, daß er nomine comitatus Zwerinensis handle, als er den Hof an das Kloster Ebstorf überläßt. Aber auch eine zweite Urkunde Herzogs Albrecht von Meklenburg, die von 1369 wegen des Zehntens zu Ladekop (No. 123 der Regesten), giebt in gleicher Maße als Grund der Verfügung die Worte: nomine comitatus, wobei das nachfolgende Wort Zwerinensis leider durch eine Feuerbeschädigung, welche das Pergament erlitten hat, ausgelöscht ist. Gewiß wäre auch, wenn ein besonderes trans=
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albingisches Comitat bestanden hätte, solches im Eingang der Lehnrolle erwähnt, während jetzt dieselbe mit den Worten anfängt: Hec sunt bona sita ultra Albiam etc., Zeichen genug, daß es sich hier nur um Theile des ganzen schwerinschen Comitats handelte.
Der Einwurf, welcher gegen diese Ansicht des Gesammt=Comitats aus der zweifellosen Belehnung von Seiten der sächsischen Herzoge mit der Grafschaft Schwerin herzunehmen ist, beseitigt sich dadurch, daß von welfischer Seite das Belehnungsrecht der Sachsen bekanntlich nie anerkannt ist, und daß, wenn solche Belehnung factisch auch stattfand, dieselbe für den lüneburgischen Theil der Grafschaft doch nie zur Geltung gekommen ist, und es sich wohl denken läßt, daß einzelne Stücke einer bei den Sachsen zu Lehn gehenden Grafschaft zu den lüneburgischen Herzogen im Lehnverbande und unter deren Territorial=Hoheit stehen konnten.
Von Duve in seinen hinterlassenen Notizen und Entwürfen nimmt dagegen dennoch ein besonderes Comitat an, und ich bin es, wenn ich auch seine Ansicht nicht theilen kann, seinem Sammlerfleiße schuldig, seine Argumentation zu weiterer Prüfung hier vollständig mitzutheilen. Nach Anzeige der Regeste No. 22, die Lehns=Gerechtigkeit über Alt= und Neu=Uelzen betreffend, bemerkt er Folgendes:
"Es erhellet folglich hieraus, daß die Grafen von Schwerin die herzogliche Burg und die herzoglichen Gerechtigkeiten über die neue Stadt Uelzen vom Herzoge als Lehn gehabt hatten. Daß zu dergleichen Burgen der umliegende Landdistrict gehörte, zu dessen Schutze die Burg errichtet war, ist eine bekannte Thatsache; einer terrae Ullessen, aus welcher der Graf Helmold (III.) den Rittern Dethard, Bolto und Gerhard v. Wustrow von dem ihm zustehenden regis tributo zwei Chor Roggen als Lehn übertragen habe, erwähnet denn auch der §. 54 der gräflich schwerinschen Lehnrolle ausdrücklich (vgl. unten Abth. 2 und die Bemerkungen deshalb). Es wird in der 3. Abtheilung dieser Darstellung des gräflich schwerinschen Güterbesitzes nachgewiesen werden, wie die Grafen von Schwerin fast in allen Dörfern, welche dem im 10. Jahrhunderte gestifteten Kloster bei Uelzen, so wie dem Kloster Rastedt (im Oldenburgischen) gehörten, und in der Umgegend von Uelzen, namentlich in den jetzigen Bezirken der Aemter Oldenstadt, Ebstorf und Medingen, Zehnten oder einzelne Höfe besaßen, welche sie als Lehn ausgethan hatten. Dieser Besitz war wohl ohne Zweifel eine Folge der Schutzherrlichkeit oder der Gerichtsbarkeit, welche sie vermöge des Grafen=Amts über
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die terra Ullessen vom Herzoge von Braunschweig als Lehn übertragen erhalten hatten, eben so wie die Berechtigung auf den regis tributum, dessen der angeführte §. der Lehnrolle erwähnt. Daß endlich Uelzen in älteren Zeiten auch der Hauptort für das herzogliche Landgericht war, sieht man aus der in Grupen's Discept. for. S. 694, 695 abgedruckten Urkunde vom Jahre 1509. In dergleichen Landgerichten hatte der Graf, statt des Herzoges, den Vorsitz und die mit der Gerichtsbarkeit verknüpften Güter und Einnahmen. - Wenn man alle diese Verhältnisse berücksichtigt, scheint man daher zu dem Schlusse berechtigt zu sein:
"Die Grafschaft der Grafen von Schwerin bestand auf der linken Elbseite aus Uelzen mit der dazu gehörenden terra Ullessen, sie traten in dem Friedensschlusse vom Jahre 1269 zwar die Stadt Uelzen an den Herzog ab, so wie die Gerechtigkeiten in Bezug auf diese Stadt, nicht aber dasjenige, was mit der Grafschaft außerhalb der Stadt verknüpft war, vielmehr behielten sie diese Rechte auch ferner."
Wenn Duve hier von einer herzoglichen Burg redet, so ist zuvörderst zu bemerken, daß solche aus den Regesten nicht hervorgeht; es ist nur von einer Lehnsgerechtigkeit über Uelzen und über die Neustadt zwischen Graben und Planken die Rede. Ob eine herzogliche Burg in jener Zeit zu Uelzen war, ist fraglich. In lüneburgischen Urkunden kommt nichts davon vor, und 1397 mußte in Ermangelung einer solchen vom Herzog in der Noth erst eine Art Veste errichtet werden; das Vorhandensein eines fürstlichen Ablagerhauses beweiset nichts für das Schloß, und wenn auch das im bekannten Theilungsvertrage der Söhne Heinrichs des Löwen als urbs aufgeführte Nienwolde wahrscheinlich das auch Lewenwolde genannte Neu=Uelzen sein soll, so ist damit noch nicht der Beweis einer Burg Uelzen geführt. Am ehesten würden die Oldenstädter Urkunden eine solche erwähnt haben; diese aber schweigen davon. Daß die Grafen von Schwerin aus einer terra Ullessen das regis tributum beziehen, ist gleichfalls wohl nicht entscheidend. Mag unter terra namentlich in slavischen Ländern ein abgeschlossener Landstrich in der Regel verstanden werden, so wird doch hier, wo nicht ein einziger Umstand aus der älteren Geschichte und der neuerlich von mir untersuchten früheren und späteren Gestaltung der Landeintheilung auf einen eignen Landbezirk Uelzen hinweiset, nichts weiter damit gemeint sein, als die Feldmark (Markschedinge in der Urkunde), welche das Kloster Alt=Uelzen und die Stadt Neu=Uelzen um sich hatte.
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Der Bezug des Königszinses läßt auch noch auf keine Grafschaft schließen; dieser kommt an vielen Orten vor, ohne daß er den Sitz einer Grafschaft andeutete, und er konnte vom Herzog eben so gut wie andere Gerechtigkeiten den Grafen von Schwerin ohne Grafenamt verliehen sein.
Das spätere Erscheinen eines herzoglichen Landgerichts zu Uelzen will auch als Zeichen einer für die terra Ullessen bestehenden Grafschaft nicht einleuchten; es kann sein, daß dieses Landgericht Ueberbleibsel des Grafenamts im Bardengau überhaupt war, und mit den späteren Ritter= und Landtagen auf dem Schott=Hössering zusammenhing, welche ja mitunter auch in Oldenstadt abgehalten wurden; aber auf eine specielle Grafschaft Uelzen deutet es nicht hin. Höchstens mögen die Lehns= und Eigenthumsverhältnisse, welche die Grafen von Schwerin zu Alt= und Neu=Uelzen durch Verleihung Heinrichs des Löwen erworben hatten, ausdrücklich oder factisch eine Art Advocatie über die Güter des Klosters Ullessen in sich geschlossen haben, welche sich allerdings in einzelnen Urkunden geltend zu machen scheint und bei dem Verhältniß der Herzoge zu dem aus ihrem Geschlecht und mit ihren Gütern gestifteten Kloster diesen und durch Uebertragung den Grafen zugestanden haben mag.
Von Duve unterstützte nach einer mir von ihm zugekommenen besondern Notiz noch seine Ansicht über das Bestehen einer Grafschaft Uelzen mittelst einer Auslegung der bekannten Urkunde Heinrichs des Löwen von 1162 über den lübecker Zoll (abgedr. in Schröder's pap. Mecklenburg I, 405 und im Urkundenbuch der Stadt Lübeck I, No. 2), indem er aus den Zeugen: "Bruningi abbatis de Ullesen, comitum Henrici ibidem advocati et filii sui Bernhardi", vermittelst Beziehung des ibidem auf Ullesen, den Grafen Heinrich von Badewide (hernach von Ratzeburg) zu einem Grafen und Advocatus zu Uelzen und somit zu einem Vorgänger der Grafen von Schwerin machen will, während doch das ibidem ebenso wie das vorangehende predicto loco nur auf den im Eingang erwähnten Hauptort der Urkunde "Raceburg" bezogen werden kann.
Nach vorstehender Begründung des Ursprungs der meisten lüneburgischen Güter wird näher dargelegt, daß einzelne lüneburgische Güter eine andere Entstehung haben können.
So wird die Advocatie von Soltau von einer Verleihung Seitens des Stifts Quedlinburg abgeleitet, dabei jedoch die Möglichkeit nicht abgewiesen, daß Heinrich der Löwe, der sich als Nachfolger der Billunge wahrscheinlich im Besitz dieser Advocatie befunden habe, dieselbe mit der Grafschaft Schwerin an die Grafen übertragen habe.
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Für die Güter in Lehmke, Amts Bodenteich, wird Herkommen aus den Gütern der Grafen von Lüchow mittelst Verwandtschaft und Abfindung vermuthet, dabei aber auch beachtet, daß die nahe bei Lehmke ihren Sitz habenden Edlen von Boldensen auch in Lehmke begütert waren und auch mit ihnen Verwandtschaft stattgefunden haben kann.
Als Sondergut der Familie werden ferner in Anspruch genommen die Güter in Glüsingen, die Güter in Hertesbüttel. Hinsichtlich beider wird die Vermuthung aufgestellte daß sie Theile der großen Curia Hittfeld gewesen seien, welche dem Kloster Amelungsborn durch Schenkung Siegfrieds von Bomeneburg gehört und welche (nach Albertus Stadensis) Heinrich der Löwe usurpirt hatte.
Eventuell werden auch das officium in Edemissen und die Höfe in Volkse als wahrscheinlich aus Erbgut der Edlen von Hagen hervorgegangen bezeichnet, doch ist der Verfasser weit mehr geneigt, beide Orte gar nicht im Lüneburgischen, vielmehr in der Nähe von Braunschweig zu finden unter den jetzigen Namen Edesen und Volzum.
B. Besitzungen im Herzogthume Bremen.
Hier kommen zunächst die Besitzungen im Gohgerichte Achim in Betracht, welche an Ministerialen des Stifts Bremen verlehnt waren. Es wird gemuthmaßt, daß einer der Erzbischöfe von Bremen, welcher Ursache gehabt habe, die Grafen von Schwerin sich geneigt zu machen, die fraglichen Besitzungen an die Grafen übergab; als eine Gelegenheit dazu wird unter Andern der Auftrag genannt, welchen 1168 Heinrich der Löwe dem Grafen Gunzelin I. von Schwerin wegen der Bischofswahl ertheilt hatte, und in Folge dessen letzterer in Bremen so sehr wüthete, daß der gewählte Siegfried entweichen mußte. Auch wird als vielleicht Anlaß gebend der Verbindung gedacht, nach welcher Erzbischof Gerhard von Bremen die Verhältnisse zwischen dem Stifte Schwerin und den Grafen ordnete.
Für die ziemlich zahlreichen schwerinschen Besitzungen im Altenlande und sonst in der Nähe von Stade wird eine Verleihung durch Heinrich den Löwen zur Zeit, als dieser im Besitz der Grafschaft Stade war, angenommen. Die dabei vorkommenden northeimschen Besitzungen konnten auch vom northeimschen Stift wegen zu großer Entfernung an die Grafen veräußert sein. - Ueber
C. die Besitzungen im engern Stifte Verden
kann ein Entstehungsgrund nicht aufgefunden werden; sie sind aber auch unbedeutend.
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Dagegen wird
D. wegen der einzigen schwerinschen Besitzung im Calenbergschen,
der Curia Everloh, auf mögliche Verwandtschaft der Edlen von Hagen mit den Grafen von Roden hingedeutet, die in der Gegend von Everloh die herrschenden Besitzer waren.
Ebenso wird
E. die einzige hildesheimische Besitzung
welche vorkommt, die zwei Hufen vor Sarstedt, einem Erwerb durch den hildesheimschen Domherrn Friedrich von Schwerin, zu dessen Zeit 1221-1225 der Bischof Gut bei Sarstedt jedenfalls verpfändete, oder aber aus Erbgütern der Edlen von Hagen zugeschrieben.
Von
F. dem Besitz im Magdeburgischen
ist der Ursprung für die Hufen zu Kl. Wanzleben und Remkersleben klar; sie waren zum Ersatz für Hufen zu Kl. Hakenstedt, die dem Stifte in Helmstedt geschenkt waren, vom Erzbischofe von Magdeburg abgetreten. Wegen der Hufen in Kl. Hakenstedt wird darauf aufmerksam gemacht, daß 1174 schon Gunzelin unter dem magnatibns terrae in der quedlinburger Urkunde erscheint, daß ohne Lehnsverbindung zum Erzbischof letzterer die Hufen in Kl. Hakenstedt nicht vergeben und versetzt haben würde. Es wird hier weiter auf altes Familiengut der Edlen von Hagen geschlossen, welche als Advocati majores des Stifts Stederburg urkundlich große Besitzungen im halberstädtischen Sprengel hatten, zu dem die Herrschaft Seehausen mit Kl. Hakenstedt gehörte. Für die Güter zu Bardeleben und Eilsleben wird ähnliche Entstehung gemuthmaßt.
G. Besitzungen in der Altmark.
Hier werden die Güter in Bernebeck und Hilmsen aus einer Verbindung mit den Grafen von Lüchow hergeleitet.
Die Güter zu Väthen, Scinden und Schwarzlosen, Kreises Stendal, werden Lehns=Oblationen zugeschrieben, welche (nach Rudloff) zur Zeit des brandenburgischen Sucessionskrieges von Seiten mehrerer märkischer Vasallen vorgekommen sein sollen. Mit dem Vasallen von Väthen, Arnold Sac, bestand ohnehin schon 1212 urkundlich eine Consacramentalität und Confamiliarität von Seiten des Grafen Heinrich von Schwerin. Auch der Lehnbesitz der Herrschaft Lenzen von Seiten der Grafen bis 1275 wird für den Gewinn von Vasallen in der nahe benachbarten Altmark als wichtig bezeichnet.
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H. Besitzungen im Wolfenbüttelschen.
Hier wird zuvörderst die von Bege in den "Burgen Braunschweigs" gegebene Nachricht, daß Graf Gunzelin von Hagen 1158 eine Hufe Landes an das Hospital zu Braunschweig verkauft habe, als unrichtig nachgewiesen, da die betreffende von Pistorius gegebene Urkunde von Gunzelin von Hagen gar nicht redet.
Dagegen wird vermuthet, daß die schwerinschen Lehen zu Schwalendorf und Bischofsdorf unfern Schöningen zu den Hagenschen Erbgütern gehörten. Auch werden Edemissn (jetzt Evesen bei Lucklum) Volquardessem (jetzt Volzum) und Holecsem (jetzt Hötzum) als solche Erbgüter angesprochen werden müssen.
Abtheilung VI.
behandelt hiernächst die Ursachen des Verschwindens der schwerinschen Besitzungen am linken Elbufer.
Der Verfasser macht zunächst darauf aufmerksam, daß, während gegen Ende des 13. Jahrhundert hier ein großes, wenn auch zerstückeltes Gebiet sich findet, das allein im Lüneburgischen etwa 200 Ortschaften umfaßte, 1359 mit dem Uebergange der Grafschaft Schwerin auf Herzog Albrecht von Meklenburg mit Ausnahme von 5 Urkunden, die dieser ausgestellt hat, und einer einzigen, die eine spätere Zeit betrifft, fast alle Beurkundungen eines schwerinschen Lehnsverhältnisses am linken Elbufer aufhören, ohne daß eine Ursache davon klar vorliegt.
Der Verfasser sucht das Dunkel durch folgende Darstellungen zu erhellen:
Es war am 7. December 1358, als auf dem Hofe zu Plüskow die letzten Grafen von Schwerin, Nicolaus und Otto, dem Herzog Albrecht von Meklenburg die ganze Grafschaft Schwerin, namentlich die Städte, Schlösser, Lande und Mannschaften Schwerin, Wittenburg, Neustadt, Marnitz, das halbe Land Lenzen und die Prätension der Grafen von Tecklenburg an Boizenburg und Crivitz für 20,000 löthige Mark Silbers überließen. 1359, den 31. März, trat eine förmliche Ueberweisung aller Einwohner der Häuser, Städte und Lande Schwerin, Wittenburg und Neustadt ein, und nun nahm auch Herzog Albrecht öffentlich den Titel eines Grafen von Schwerin an, Urkunde von 1359, Sonntags zu Mitfasten.
So berichtet der in der meklenburgischen Geschichte so sehr bewanderte Rudloff Th. II, S. 337 und 338. (Vgl. Jahr=
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bücher XXlV, S. 199 flgd.) Wenn dabei mit keinem Worte in den Urkunden der linkselbischen Besitzungen gedacht ist, so wird dies Rudloff bestimmt haben, anzunehmen, daß sie vom Verkauf ausgeschlossen gewesen seien. Er berichtet Thl. II, S. 346:
"Die gräflich schwerinschen Lehne im Braunschweig=Lüneburgischen blieben, wie es scheint, allen gräflichen Linien gemein; sie wurden aber nicht mit verkauft, sondern gehen nun mit der Grafschaft Tekeneburg aus dem Gesichtskreise unserer Geschichte heraus."
Er hatte offenbar überall keine Urkunden gefunden, welche eine Fortdauer dieses Besitzes bei dem nun meklenburgischen Hause nachwiesen, und so schloß er, zugleich mit Rücksicht auf die Nichterwähnung in dem Kaufvertrage und bei der Ueberweisung, derselbe sei Eigenthum des letzten Grafen von Schwerin, der zugleich Graf von Tecklenburg war, geblieben, und so an die Grafen Tecklenburg gekommen. Diese Ansicht muß ich für irrig halten. Obwohl in neuerer Zeit, namentlich durch Niesert's Sammlungen, viele Urkunden der Grafen von Tecklenburg an's Licht gekommen sind, so habe ich doch nicht eine auffinden können, welche irgend vermuthen ließe, daß dieser linkselbische Besitz an die Grafen von Tecklenburg übergegangen sei; derselbe wird in keiner dieser Urkunden erwähnt. Ebenso kommen unter den Urkunden des Fürstenthums Lüneburg überall keine vor, welche einen tecklenburgischen Besitz im Lüneburgischen ahnen ließen, und das königliche Archiv zu Hannover enthält nach Grotefen's und Sudendorf's Zeugniß nicht die geringste Spur davon.
Dagegen aber ergeben die von mir mitgetheilten Regesten 6 Urkunden von 1359, 1368 und 1369, worin Herzog Albrecht von Meklenburg über ehemals schwerinschen linkselbischen Besitz urkundet, und eine Urkunde von 1442, wornach auch damals noch wegen eines hildesheimschen Lehns die Herzoge Heinrich und Johann von Meklenburg als Lehnsherren anerkannt wurden.
Schließen nun auch mit diesen sporadischen Documenten die Beurkundungen meklenburgischer Herzoge wegen linkselbischen Besitzes, so ist doch so viel daraus sicher, daß die Herzoge als Nachfolger der Grafen von Schwerin anfänglich die Rechte derselben rücksichtlich der linkselbischen Besitzungen der Grafen ausgeübt haben, und da andere Erben dieses Besitzes nicht vorliegen, namentlich keine Spur des Ueberganges auf die Grafen von Tecklenburg vorhanden ist, so darf man mit Bestimmtheit annehmen:
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mit der Grafschaft Schwerin wurden auch diese linkselbischen Besitzungen auf die Herzoge von Meklenburg übertragen.
Betrachtet man den Kaufvertrag von 1358 und
erwägt man daneben, was ich oben näher
ausgeführt habe, daß die linkselbischen
Besitzungen nie eine besondere Grafschaft
gebildet haben, sondern stets nur Theil der
Grafschaft Schwerin gewesen sind, so wird dies
auch ganz erklärlich. Denn es wurde die ganze
Grafschaft Schwerin übertragen; dazu gehörten
aber die linkselbischen Besitzungen, und sie
fielen so, trotz Rudloff's entgegenstehender
Versicherung, durch den Kaufvertrag selbst mit
an das Hans Meklenburg. Es wurden ferner
ausdrücklich die Mannschaften Schwerin,
Wittenburg
. übertragen; in diesen
Mannschaften werden aber wesentlich auch die
Lehnsmannen des linken Elbufers gesteckt haben,
welche einen großen Theil der Mannschaft der
Grafschaft ausmachten und, da im Lüneburgischen
ein schwerinscher Hof derzeit gewiß nicht mehr
bestand, an die Höfe der Grafen zu Schwerin,
Wittenburg
. gewiesen waren.
Erscheint damit die Frage gelöset, an wen nach dem Uebergange der Grafschaft Schwerin die linkselbischen Besitzungen der Grafen zunächst gekommen sind, so bleibt die fernere Frage, was unter den meklenburgischen Herzogen aus denselben geworden, desto dunkler.
Die erwähnten wenigen Urkunden enthalten nur Verfügungen der Herzoge über das Dorf Nestau, den Zehnten zu Tostedt, den Zehnten zu Ladekop, den Zehnten zu Oelstorf, den Hof zu Bode und die Hufen vor Sarstedt. Wo bleiben die übrigen zahlreichen Besitzungen, welche eine reiche Lehnrolle und viele Urkunden nachweisen? und wie kam es, daß das lehnsherrliche Band der Herzoge von Meklenburg von nun an in keiner Weise weiter zur Erscheinung gelangte?
Statt bestimmter Nachweisungen kann man auch hier nur auf Vermuthungen sich beschränken. Zuvörderst muß beachtet werden, daß schon beim Uebergange auf die meklenburgischen Herzoge die Güter am linken Elbufer beträchtlich decimirt waren, theils durch Verleihungen an Klöster und Kirchen, theils durch Verwandlung des Lehns in freies Eigenthum, gewiß aber auch bei dem Mangel einer schützenden Macht vielfach durch Befehdungen, Wegnahme von Seiten der Nachbaren und factische Abwerfung des Lehnbandes, zumal nachdem durch den Vorgang von 1269, die damalige Demüthigung der Grafen mittelst Entziehung eines Theils ihres Besitzes und längere
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Gefangenschaft, ihre Kraft namentlich im Lüneburgishen erst einmal gelockert war.
Von den ersten beiden Arten der Beseitigung schwerinscher Lehnsherrlichkeit enthalten die Urkunden=Regesten zahlreiche Beispiele. Von den 127 Urkunden, welche in den Regesten oben verzeichnet sind, enthalt die große Mehrzahl nur Ueberweisungen an Klöster und Kirchen, vorzugsweise an die Klöster Lüne, Ebstorf, Oldenstadt, Medingen und Scharnebeck, und zwar solche Ueberweisungen, bei welchen das Lehnband zu den Grafen aufhörte. Sie wurden alle, wie eine Urkunde es richtig ausdrückt, vriget uth der herschop tho Zwerin. Verschiedene Urkunden weisen aber auch in den Händen der Vasallen eine Verwandlung des Lehns in freies Eigenthum durch Gewährung der Grafen von Schwerin nach, wie das unter andern bei der von den Groten besessenen Mühle zu Volksien (Regeste No. 118), bei den Zehnten von Tostedt, Seedorf, Boitze, dem Dorfe Golste (Regeste No. 65) und bei mehreren andern Lehnstücken, namentlich der anscheinend von den Grafen vorzugsweise geliebten Ritter Groten und Schwerin der Fall ist. Es ist zu erwarten, daß außer den Fällen, für welche Urkunden vorliegen, noch sonst zahlreiche Lehnstücke auch schon vor 1359 als freie Güter in die Hände der Klöster und Kirchen gewandert sind und zahlreiche Lehnstücke in den Händen der Vasallen zu freiem Eigenthum geworden sind; denn gewiß sind uns nicht alle Urkunden erhalten, welche bis dahin in solcher Weise über schwerinsche Güter verfügten.
Wird damit die Masse der schwerinschen Güter, deren Verbleib nach dem Jahre 1359 zu suchen ist, schon um ein Erhebliches vermindert, so bleibt es dennoch auffallend, daß über diesen immerhin gewiß noch bedeutend genug gebliebenen Rest jede Nachweisung fehlt.
Ich kann hierüber nichts Anderes vermuthen, als daß dieselbe Zerstreuung dieser Güter an Klöster, Kirchen und bisherige Vasallen, welche vor 1359 vielfach beurkundet wird, nach 1359 in gleicher Weise, nur mehr und mehr unter Wegfallen der Beurkundung, fortgedauert hat, bis endlich das letzte Stück den Weg in andere Hände gefunden haben wird. Die immer mehr sinkende Macht der meklenburgischen Herzoge am linken Elbufer, die schon zu Zeiten Herzogs Albrecht von Meklenburg recht gering gewesen sein wird, mag dabei das ihrige dazu beigetragen haben, daß die Fälle, in welchen ohne Beurkundung factisch durch Occupation, durch Nichtbeachtung des alten Lehnbandes der einstige Lehnbesitz in freies Eigenthum in den Händen der bisherigen Vasallen sich verwandelte, sich immer
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mehr vervielfältigten und endlich der letzte Schimmer dieses Bandes verschwand. Dabei braucht man nicht erst anzunehmen, daß die Herzoge von Braunschweig=Lüneburg und die sonstigen Territorialherren sich der Lehnsherrlichkeit bemächtigten, welche die Herzoge von Meklenburg nicht mehr festhalten konnten, wiewohl in einzelnen Fällen, wie im Wolfenbüttelschen, urkundlich mit dem v. Veltheimschen Lehnstück Schwalendorf, auch diese Art der Erlöschung des schwerinschen Lehnbandes eingetreten sein mag. Wenigstens hat eine genaue Vergleichung des lüneburger Lehnregisters, das doch die schwerinschen Lehne hätte aufnehmen müssen, wenn sie auf die lüneburgischen Herzoge übergingen, überall keine Spur eines solchen Ueberganges entdecken lassen, und Verträge über solchen Uebergang sind ganz unbekannt. Man wird daher, wenn man die einstigen schwerinschen Besitzungen im Einzelnen wieder finden will, sie zunächst unter den Güter=Pertinenzien der lüneburgischen und sonstigen Edelleute, welche Nachfolger der einstigen schwerinschen Lehnsmannen geworden sind, und zwar meistens als freies Eigenthum, seltener als später dem Landesherrn offerirtes Lehn, aufsuchen müssen, und wird bei einer näheren Untersuchung der Güter der Klöster und Kirchen auch dort noch viele dieser Besitzungen finden, welche ohne Urkunde diesen Weg gegangen sind. Von den Klöstern sind, was die lüneburgischen Besitzungen betrifft, die meisten inmittelst mit dem im 16. Jahrhundert nach der Reformation erfolgten Uebergang der klösterlichen Propsteien in das Domanium der Herzoge übergegangen und so diese einst unter Heinrich dem Löwen und seinen Vorgängern größtentheils als alt=billungsches Allodium in den Händen der Fürsten befindlichen Besitzungen zu einem bedeutenden Theil in den Stammbesitz der Welfen, das jetzige hannoversche Domanium, zurückgekehrt."
Es wird nach dieser Darstellung auch noch auf die Vorgänge nach 1359 aufmerksam gemacht, die Fehde von 1362 zwischen Herzog Wilhelm von Lüneburg mit Herzog Albrecht von Meklenburg. Letzterer bewog die Pfandbesitzer zu Boizenburg, Johann und Vicke Moltke, und zu Grevismühlen, Heinrich von Bülow, statt seiner den Krieg zu führen, wobei er sie ausdrücklich autorisirte: "dat hertochdom to Lunenborg und sin land antotasten", und ihnen versprach, daß sie alle "name", die sie in dieser Fehde nehmen würden, behalten sollten. Wie dieselben ihrerseits auf "name" bedacht gewesen sein werden, so wird Herzog Wilhelm dafür die schwerinschen Güter in seinem Lande nicht geschont haben. Eine fernere
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Urkunde des Herzogs Albrecht vom 21. Dec. 1362 giebt dem Kloster Scharnebeck zurück: "al dat gut unde tegden unde van tynse also wat de abbet unde de covent vrîget hebben uth der herscop tho Zwerin, dat wy ghegheven unde lênet hadden her Johann unde her Vicken (Moltcken)".
Der Verfasser hält dies für Gut des Klosters, das in Meklenburg lag; denn nach Pfeffinger I, 254 belegte 1369 Herzog Albrecht schon wieder die in Meklenburg liegenden Güter des Klosters Scharnebeck mit Beschlag, und es kam darüber von neuem zur Fehde. Im Successionsstreite standen die Meklenburger auf Seiten der Sachsen; der Verfasser meint, daß dies ihren Besitz im Lüneburgischen nicht gekräftigt haben werde, da die Verfügungen der Sachsen später rückgängig wurden, auch seien ihnen die versprochenen Unterpfänder, Blekede und Dannenberg, nie geliefert.
Solche Verhältnisse werden als geeignet bezeichnet, um die Lehnherrschaft ganz verschwinden zu lassen, zu deren Aufrechthaltung es dem Lehnherrn an allen Mitteln fehlte.
Was die Aebtissin von Quedlinburg wegen der Advocatie von Soltau übte, die sie ohne die Schwerin zu fragen, an das Stift Verden übertrug, das würde sich bei den anderen noch entfernter von Meklenburg belegenen Besitzungen noch viel leichter ereignet haben.
Der Verfasser schließt diesen Abschnitt mit der Bemerkung, daß, wenn auch über einzelne Güter durch sich noch auffindende Urkunden später das Schicksal erhellen sollte, damit doch für das Allgemeine schwerlich ein anderes Resultat gewonnen werde, als das nach dem Obigen als bestimmte Muthmaßung von ihm aufgestellte.
Abtheilung VII.
erörtert sodann den Ursprung des Geschlechts der Grafen von Schwerin. Hier widerlegt Verfasser zunächst die Conjecturen wegen Entspringens aus dem wolfenbüttel=asseburgischen Geschlechte, aus dem Geschlechte der Bartensleben, dem Geschlechte Heinrichs von Bodwede, aus den Rittern Grote und Schwerin, und tritt derselbe sodann der von Westphalen, Masch und Ledebur aufgestellten Ansicht des Herkommens aus den Edlen von Hagen im Braunschweigischen und Hildesheimischen bei.
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Anschließend an den Umstand, daß der erste Graf von Schwerin vor Erwerbung der Grafschaft Schwerin sich von Hagen nannte, werden die einzelnen Geschlechter jener Zeit, welche sich von Hagen nannten, näher untersucht, und kommt darnach der Verfasser zu dem Resultat, daß die Nobilität des Ursprungsgeschlechts urkundlich feststeht, darnach aber nur das edle Geschlecht von Hagen, welches unfern Wolfenbüttel und Hildesheim Sitze hatte, in Betracht kommen kann.
Es wird zwar anerkannt, daß das Wappen der Edlen von Hagen
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mit dem ältesten Wappen der Grafen von Schwerin, dem Baum mit den beiden Lindwürmern,
und eben so auch mit dem späteren Wappen der Grafen, dem anscheinend aus dem von Herzog Heinrich dem Löwen der Stadt Schwerin verliehenen Reitersiegel entnommenen schreitenden Roß und dem quer getheilten Schilde der Linie Boizenburg, keine Aehnlichkeit hat. Dagegen wird bei einer dann folgenden näheren Untersuchung über den Güterbesitz der Edlen von Hagen constatirt, daß der Hauptsitz derselben das castrum Indago oder Hagen im braunschweigischen Amte Salder war, daß die Hauptbesitzungen des Geschlechts zwischen dieser Burg und Braunschweig lagen, daß aber dasselbe, namentlich in Folge der demselben zustehenden Advocatie des Klosters Stederburg zahlreiche Besitzungen am rechten Ufer der Oker in der halberstädtischen Diöcese hatte. Es werden ferner folgende Besitzungen der Grafen von Schwerin als örtlich in der Nähe der hagenschen Besitzungen belegen nachgewiesen:
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1) 5 Hufen und 10 Hofstellen in dem jetzt ausgestorbenen Dorfe Bischofsdorf, auf der Feldmark Gevenleben, Amts Schöningen (siehe auch Meklenb. Jahrbücher VI, S. 206 und 207);
2) eine Dorfstätte zu Schwalendorf, unfern Gevensleben, der Hagen und das Streitholz daselbst;
3) der Zehnten und zwei Häuser zu Holecsem (Hötzum bei Braunschweig);
4) zwei Hufen zu Eilsleben im Kreise Neuhaldensleben;
5) sieben Hufen zu Kl. Hakenstedt bei Erxleben im Magdeburgischen;
6) vier Höfe zu Volquardessem, wahrscheinlich Volzum bei Salzdalum im Braunschweigischen;
7) das Officium zu Edemissen, wahrscheinlich Evessen bei Lucklum unfern Braunschweig.
Dagegen hat eine Gemeinschaftlichkeit des Besitzes der Edlen von Hagen und der Grafen von Schwerin bisher nicht ermittelt werden können; selbst ein Zusammentreffen der beiden seitigen Besitzungen an denselben Orten hat sich bisher nicht gefunden.
Für den Erwerb der Güter Bischofsdorf und Schwalendorf wird die Vermuthung aufgestellt, daß sie durch Verwandtschaft mit den Edlen von Biwende an die Grafen von Schwerin gekommen seien. Dabei wird auf die Nähe der Sitze dieser Edlen, Oster= und Wester=Biwende, bei jenen Gütern aufmerksam gemacht, vor Allem aber auf den merkwürdigen Umstand, daß diese Edlen, während unter den Edlen von Hagen kein Helmold und außer dem bekannten Günzel von Schwerin kein Gunzelinus gefunden wird, fast alle die bekanntlich bei den Grafen von Schwerin erblichen Namen Helmold und Gunzelinus führen (v. Ledebur Märk. Forschungen III, S. 300), ja daß schon 1118 der Name Gunzelin bei diesem Geschlechte vorkommt.
Uebrigens wird in dem Siegel der Edlen von Biwende, welches drei Dudelsäcke (nach Ledebur drei Taschentuchsäcke für Frauen, nach v. Alten drei Pflugschaaren) darstellt und in Abzeichnung dem Aufsatze beigegeben ist, eine Aehnlichkeit mit dem der Grafen von Schwerin nicht angetroffen. Eine solche findet sich desto mehr bei Vergleichung des Siegels der nach des Archivraths Schmidt zu Wolfenbüttel Bezeugung von den Edlen von Biwende völlig verschiedenen Ministerialen von Biwende, welche im 14. Jahrhundert Burgmannen von Horneburg waren, mit dem ältesten Siegel der Grafen von Schwerin; dieses ebenfalls dem Aufsatz in Abzeichnung beigegebene Siegel
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enthält nämlich den schwerinschen Baum mit herzförmigen Blättern, jedoch ohne die Lindwürmer des schwerinschen Wappens. Auch in diesem Geschlecht findet sich ein Helmold, dagegen ist ein Gunzelin darin bis jetzt nicht aufgefunden.
Es wird sodann die Vermuthung geäußert: des ersten Günzels von Schwerin Mutter sei eine Edle von Biwende gewesen, etwa Gunzelinus de Biwende von 1118, Günzels Großvater, und Bischofsdorf und Schwalendorf seien Abfindungen aus den Gütern der Biwende gewesen. Jedoch wird auch hier noch weitere Bestätigung erst von einem ferneren Funde neuer Urkunden gehofft.
Für jetzt wird darauf aufmerksam gemacht, daß die Grafen von Regenstein, hernach von Tättenbach, und dann von Brabeck von der stifthildesheimschen Lehnscurie die Besitzungen der Edlen von Biwende zu Biwende später zu Lehn hatten und unter ihnen auch 7 Höfe und 5 1/2 Hufen Landes zu Gevensleben im Dorfe und Felde gelegen (anscheinend also auch die Hufe des in dieser Feldmark gelegenen ausgegangenen Dorfes Bischofsdorf).
Andererseits wird bemerkt, daß die von Bortfeld, die Nachfolger der Edlen von Hagen auf castrum Hagen bei Salder, auch Hufen zu Biwenden zu Lehn trugen, und die von Walmoden neben Hufen in den alten Orten der Edlen von Hagen, Gebhardshagen und Lobmechtersen, ebenfalls Hufen zu Biwenden.
Der größte Werth für die Verbindung der Grafen von Schwerin mit den Edlen von Hagen wird aber in dem Aufsatze sodann auf den Umstand gelegt, daß Günsel von Schwerin im Jahre 1171, "wie er oft gethan hatte", laut der dem Aufsatze beigegebenen Urkunden=Regesten das Kloster Stederburg bei seinem Bau wesentlich unterstützte. Während die übrigen Wohltäter des Klosters dabei einfach erwähnt werden, wird bei Günzel von Schwerin in der Stederburger Chronik ausdrücklich hervorgehoben: ut saepe ante fecerat". Es wird das als Zeichen eines engeren Verhältnisses zum Kloster aufgefaßt und am einfachsten aus der Vogtei erklärt, welche das Geschlecht der Edlen von Hagen urkundlich über die Güter des Stifts führte. Güter, mit welchen Günzel dem Kloster zu Hülfe gekommen, sind leider nicht zu ermitteln gewesen. Das älteste stederburger Güterverzeichniß weiset so wenig schwerinsche, als hagensche Güter nach. Aber auch Gunzelins Sohn, Fridericus de Suerin, derzeit canonicus in Hildesheim, später Dompropst daselbst und zuletzt Bischof in Schwerin, betheiligt sich schon 1197 bei einer Urkunde über Güter des Stifts Stederbnrg.
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Endlich betrachtet der Aufsatz auch das von besonderem Gewicht, daß Günzel von Schwerin 1174 unter den magnatibus terrae von der Aebtissin von Quedlinburg bezeichnet wird; es weiset das auf erheblichen schwerinschen Besitz im Halberstädtischen hin und kommt dabei in Betracht, daß die Edlen von Hagen in gleicher Gegend (Warsleben) ebenfalls Besitz hatten und die Vogtei über die stifthalberstädtischen Güter des Klosters Stederburg übten.
Eine dann folgende nähere Darstellung der muthmaßlichen Verwandtschaften der Edlen von Hagen und damit auch der Grafen von Schwerin weiset zunächst Verwandtschaft der ersteren mit den Grafen von Woldenberg nach; andererseits wird eine Verwandtschaft der Grafen von Schwerin mit dem Hause Woldenberg daraus gefolgert, daß im Necrologium des Klosters Wöltingerode (das von den Woldenberg gestiftet war und mit ihnen in nächster Verbindung stand) eine Adelheid comitissa de Zuerin erscheint, welche in die Stammfolge der Grafen von Schwerin einzureihen übrigens noch nicht gelungen ist.
Verwandtschaft der Edlen von Hagen mit den Edlen von Meinersen wird sodann aus Gleichheit der Wappen (geschachtes Feld), zusammentreffendem Güterbesitz und Verbürgungen der Meinersen für die Hagen nachgewiesen.
Besonders wird hervorgehoben, daß die Edlen von Hohenbüchen, ein Zweig der Edlen von Homburg, in Barum und Beddingen unfern Wolfenbüttel zusammentreffenden Besitz haben: die Hagen waren Lehnsinhaber der stifthildesheimschen Villicationen daselbst; in Beddingen verkaufen Hoger und Olrich von Hohenbüchen 1274, und Bernhard von Hagen ist Zeuge dabei; auch sind die Hohenbüchen Patrone der Kirche zu Beddingen.
Hiernächst wird darauf aufmerksam gemacht, daß das Wappen der Schwerin mit demjenigen der Edlen von Warberg eine Aehnlichkeit zeigt: dort, wie hier am Baumstamm herzförmige Ausläufer. (Eine Abbildung ist dem Aufsatze beigegeben.) Nimmt man an, daß die Drachen als Zierde hinzukamen, so ist die Aehnlichkeit nicht ohne Bedeutung, zumal die Warberg ganz in der Nähe der erwiesenen schwerinschen Besitzungen Bischofsdorf und Schwalendorf ihren Stammsitz Warberg und in jener Gegend viele Güter hatten, ja in Bischofsdorf, also an demselben Orte mit den Schwerin, eine Hufe, die Conrad von Warberg zu Sommerschenburg 1313 zu gleicher Zeit mit der Uebertragung der 5 Hufen und 10 Hof stellen daselbst von den Grafen von Schwerin dahin, an das Stift
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St. Cyriaci zu Braunschweig schenkte. Dazu kommt noch ein gemeinschaftlicher Besitz der Schwerin und der Warberg zu Hakenstedt und Eilsleben, und daß die Lehnleute der Grafen von Schwerin wegen Eilsleben, die von Seehausen, 1381 auch Mannen der Edlen von Warberg auf der Sommerschenburg waren.
Als Anhang ist sodann dem Aufsatze ein Verzeichniß der Edlen von Hagen, so weit sie bisher ermittelt werden konnten, gegeben.
Endlich giebt ein Schlußsatz des Aufsatzes noch verschiedene Wahrnehmungen, zu denen der Verfasser erst während des Druckes des Aufsatzes gelangte, und welche noch einzelne Angaben des Aufsatzes näher erläutern.
Interessant ist da besonders eine Gütergemeinschaft der Grafen von Schwerin und der Grafen von Osterburg nachgewiesen, und zwar wegen der villa Swartelose in der Altmark, wo villa dimidia den Grafen von Schwerin, die andere dimidia den Grafen von Osterburg zugehörte.
Der ganze Aufsatz endigt mit einem Nachtrage, welcher die Resultate einiger Forschungen enthält, zu welchen der Archivsecretair Dr. Grotefend zu Hannover durch den ihm vor dem Abdruck bekannt gewordenen Aufsatz angeregt ist.
Von besonderem Werth ist hier eine Urkunde von 1150 ex libro copiali monasterii Hujesburg (Kloster Huysburg im Halberstädtischen). Dieselbe lautet nach einer auf der k. Bibliothek zu Hannover vorhandenen Abschrift von Meiboms Hand folgendermaßen:
In nomine sanctae et individuae Trinitatis. Olricus Dei gratia sanctae Halberstad. ecclesiae episcopus. Cum et solicitudo suscepti regiminis nos admonet et hortatur, ut bona, quae in possessionem ecclesiarum venditione seu etiam largitione transferuntur, nostra stabiliantnr auctoritate, innotescat igitur Christi fidelibus universis, tam praesentibus, quam futuris, quod de Suerin dominus Gunzelinus, adhunc uxore carens et liberis, septem mansos et dimidium de patrimonio suo in Hogen-Uplinge sitos fratribus et monachis coenobii s. Mariae in Huysborg vendidit, et de puro argento et examinato sexaginta marcas et tres pro eisdem bonis a praedictis fratribus, sicut
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in contractu venditionis et emptionis hujus ab utraque partium compromissum fuerat, accepit. Hujus rei contractum seu venditionein comes Poppo de Blankenborg sub banno regio stabilivit in judicio, quod tunc temporis habebat ipse in Adorp, ubi dominus Gunzelinus coram omni multitudine populi, quae ibidem confluxerat, praetaxatos mansos cum chirotheca super reliquias b. Mariae positos ecclesiae jam dictae in Huisburg in liberam et stabilem perpetuamque tradidit deinceps possessionem, collaudante hoc et permittente Dodelino ejusdem Gunzelini patruo et s. Mariae canonico in Hildensem, cum omnibus eis, qui ad haec bona aliquem videbantur habere respectum. Ut autem res ista eidem loco et populo stabilis et inconvulsa permaneat, hanc paginam scribi et sigillo nostro cum interminatione banni nostri communiri fecimus. Acta sunt anno domin. incarn. MCL. Cujus rei testes sunt etc.
Zu beachten ist dabei, daß nach einer Vergleichung mit der Erwähnung in Paulini Historia Huyseburgensis und einer Regeste aus dem Diplomatar des Klosters Huysburg, welche Förstemann in den Neuen Mittheilungen IV, I, S. 9 flgd. giebt, die Worte: de Suerin vor dominus Gunzelinus zweifellos bei der Meibomschen Abschrift eingeschoben sind und sich im Original nicht befinden, wie denn auch diese Bezeichnung in einer Urkunde von 1150 nur verfrüht sein konnte. Der Verfasser erkennt jedoch übereinstimmend mit Grotefend dennoch in dem dominus Gunzelinus dieser Urkunde den nachherigen ersten Grafen von Schwerin. Es wird dafür angeführt, daß ein anderer Gunzelin im Jahre 1150 nicht vorkommt. Das "adhuc uxore carens et liberis" deutet hier sehr augenfällig auf Gunzelinus de Zwerin, da 1154 derselbe zuerst als Günzel von Hagen in Urkunden erscheint. Hogen-Uplinge ist als das in pago Norturingen zwischen Schöningen und Seehausen belegene, im Jahre 1048 vom Kaiser Heinrich IV. der halberstädter Kirche geschenkte Dorf Ueplingen erkannt, und es ist zugleich ermittelt, daß hier die Edlen von Warberge, welche mehrfach als die Mit= und Nachbesitzer der Grafen von Schwerin in dieser Gegend erscheinen, einen Theil der Höfe zu Ueplingen vom Bischofe zu Halberstadt zu Lehn trugen, auch die Ministerialen von Seehusen, welche in dem nahen Eilsleben Lehnträger der Grafen von Schwerin waren, hier ebenfalls Lehnbesitz hatten. Später, 1483, wird Besitz der Asseburg in Ueplingen und dem nur eine Viertelstunde entfernten Werdesleben (Warsleben) gefunden. Auch hier hatten
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die Edlen von Warberge Besitz, und es wird besonders hervorgehoben, daß fast zur nämlichen Zeit mit der Urkunde von 1150, durch welche dominus Gunzelinus (de Hagen) in Ueplingen über Besitz verfügte, nämlich im Jahre 1162, der Edle Conrad von Hagen ebenfalls drei Höfe in Warsleben besaß.
Verfasser zweifelt nicht, daß mittelst der Urkunde von 1150 so ein Theil des Patrimoniums Gunzelins von Hagen entdeckt ist.
Die Urkunde zeigt aber auch noch einen älteren Verwandten Gunzelins von Hagen, den patruus Gunzelini Dodelinus, canonicus in Hildesheim, in welchem Grotefend mit Recht den hildesheimschen diaconus Thodelo in dem Chronicon Hildesheimense bei Pertz Monum. VII, p. 849 erkennt.
Grotefend hat außerdem die Regesten=Sammlung über den schwerinschen Güterbesitz im Lüneburgischen noch bereichert durch drei Urkunden aus dem Copiar des Klosters Scharnebeck vom 13. Januar und 25. März 1299, welche die Grafen Nicolaus und Gunzelin als Lehnherren des in den Händen Gebhards von Berge befindlichen Zehntens von Vastorf, Amts Lüne, und wegen dieses Zehntens als Lehnträger des Stifts Verden darstellen; ferner durch eine Urkunde desselben Copiars de dato Boitzenborch 1307 mense Aprilis, wornach dieselben Grafen das jus feodale decime de tota villa Suttorpe (Süttorf bei Neetze, Amts Bleckede,) et de una domo ibidem situata dem Hinricus de Lintlo schenken; endlich durch eine Urkunde des Klosters Oldenstadt von 1346 in die beati Andree apostoli, wornach Friedrich und Johann famuli de Lobeke dem Grafen Otto von Schwerin erklären, daß sie ihren Hof in Hanstedt (Amts Oldenstadt) dem Kloster in Veteri Ulsen verkauft haben und ihr Recht daran dem Grafen zur Uebertragung resigniren.
Endlich wird noch eine von Grotefend im königl. Archiv zu Hannover aufgefundene Urkunde vom 27. Juni 1354 mitgetheilt, welche zur Nachweisung des Verbleibens der Güter der Edlen von Hagen und ihres Stammschlosses Hagen wichtig ist, indem sie ein Abkommen der Nachbesitzer des Schlosses Hagen, Borchard und Gheverd und Johann und Borchard von Bortvelde, mit dem Herzog Wilhelm von Braunschweig=Lüneburg wegen Oeffnung des Schlosses Hagen und wegen sonstigen Fehdedienstes enthält.
Vom Verfasser des Aufsatzes ist nun noch, wie von demselben hieher mitgetheilt ist, nach Vollendung des Abdrucks ein weiterer Fund gemacht worden, welcher die Anfänge der Grafen von Schwerin immer mehr aufhellt. Es ist dies eine
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Urkunde des Klosters Walsrode aus den Jahren 1221 bis 1231, nach welcher ein H. prep. Hamb., der darnach cognatus des Grafen Bernhard von Wölpe ist, über Güter zu Wietze (unfern Celle in der Amtsvogtei Winsen a. d. Aller und wohl nicht Wietzen bei Nienburg, Stammort der Grafen von Stumpenhausen,), welche von seiner Verwandten (patrua, also wohl Schwester des ersten Grafen von Schwerin,) R. von Homboken herrühren, verfügt. Der Verfasser erkennt in diesem H. prep. Hamb. den hamburgischen Dompropst Hermann, Sohn Günzels I. von Schwerin, welcher in den Urkunden=Regesten des Aufsatzes (No. 3, 6 und 7) 1217 mit den Grafen Gunzelin II. und Heinrich I. von Schwerin Güter in Bernebeck an das Kloster Diesdorf giebt und für dessen Seelenheil 1232 schwerinsche Güter in Glüsingen gewidmet werden, und würde damit eine Verwandtschaft der ersten schwerinschen Grafen mit den Grafen von Wölpe und eine sehr nahe Verwandtschaft oder Verschwägerung mit den Edlen von Hohenbüchen constatirt sein. Ob dieser H. prep. Hamb. der nämliche Hermannus in Hamburgh prepositus ist, welcher in dem eben erschienenen Zevener Urkundenbuch in einer Urkunde des Erzbischofs Hartwig II. von Bremen von 1129, oder richtiger 1199, über Zevener Litonen als Zeuge sich zeigt, das läßt der Verfasser dahingestellt. Mit dem bevorstehenden Erscheinen des Walsroder Urkundenbuchs, welches im Druck begriffen ist, wird hoffentlich auch dieser neue Fund noch eine nähere Erforschung und eine Besprechung in diesen Blättern finden.
Jedenfalls zeigen diese ferneren Funde genugsam, daß die Untersuchung über den Ursprung der Grafen von Schwerin noch immer nicht völlig geschlossen ist, und wir können nur den Wunsch aussprechen, daß, auf dem fortbauend, was der Verfasser geliefert hat, auch andere Forscher dem Gegenstande eine rege Beachtung schenken und was sie weiter Auffallendes finden, mittheilen mögen.
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:
Die
durch
Grafen von Nordalbingien,
und
die Besitzungen des Klosters in Meklenburg,
von
G. C. F. Lisch.
B ekannt ist Reinbek in Holstein an der Bille, auf der Grenze von Lauenburg, drei Meilen vor Hamburg an der berlin=hamburger Eisenbahn, durch seine reizende Lage und als Vergnügungsort der Hamburger. Einst war dieser Ort ein Nonnenkloster, gestiftet für die Büßerinnen der Heil. Maria Magdalena, 1 ) später dem großen Cistercienser=Orden zugewandt. Ueber die Gründung dieses Klosters scheint bisher sehr wenig oder vielmehr gar nichts bekannt geworden zu sein. Die älteste Urkunde des Klosters, welche in der schleswig=holstein=lauenburgischen Urkundensammlung I, S. 467 flgd. gedruckt ist, ist vom 25. März 1229 datirt und bezeichnet das Kloster als ein schon bestehendes, und auch v. Westphalen (Mon. ined. IV, p. 3421, vgl. schlesw.=holst.=lauenb. Urkunden=Sammlung I, S. 467,) führt in dem Verzeichnisse der ihm bekannt gewordenen reinbeker Urkimden keine ältere auf.
Im Monat Juni 1859 machte ich in Kopenhagen eine Entdeckung, welche zu den wichtigern für die norddeutsche Ge=
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schichte gehört: ich fand nämlich im Privatbesitze neben mehreren andern sehr vermoderten Urkunden das Original einer Urkunde des Grafen Albert von Orlamünde, welches ich für den eigentlichen Stiftungsbrief des Klosters Reinbek 1 ) halte.
Der Graf Albert von Orlamünde, 2 ) ein Schwestersohn des weit herrschenden Königs Waldemar II. von Dänemark, ward von diesem im J. 1204 zum Statthalter von Nordalbingien oder der nordalbingischen Länder Dänemarks ernannt und führte als solcher auch den Titel eines Grafen von Holstein, Stormarn, Ratzeburg und Wagrien, einmal 1212 auch den Titel eines Grafen der Länder Ratzeburg, Holstein und Dassow (vgl. Jahrb. XIV, S. 193-196, und Leverkus Urkundenbuch des Bisthums Lübeck, I, S. 31). In dieser Stellung war der Graf eine sehr bedeutende Person in der Geschichte Norddeutschlands und ist auch für die Geschichte Meklenburgs nicht unbedeutend. Als der kühne Graf Heinrich I. von Schwerin im J. 1223 den Dänenkönig gefangen genommen hatte, ward der Graf Albert von den dänischen Reichsständen zum Reichsverweser von Dänemark ernannt und begann den Krieg gegen den Grafen von Schwerin und dessen Verbündeten, ward aber im Januar 1225 in der Schlacht bei Mölln geschlagen und gefangen genommen, bis die Schlacht von Bornhövd im J. 1227 die Macht der Dänen in den wendischen Ostseeländern auf immer brach.
Die in Kopenhagen aufgefundene Bewidmungsurkunde des Grafen Albert für das nachmalige Kloster Reinbek vom 12. Nov. 1224 ist eine der letzten Urkunden, welche von dem
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Grafen noch erhalten sind. Nach dieser Urkunde stand am 12. Nov. 1224 zu Hoibek eine "Kapelle der Heil. Maria Magdalena", bei welcher sich schon Diener oder Dienerinnen des Herrn gesammelt hatten; der Ort war von dem "Bruder Lüder" gegründet und bis dahin mit einer Hufe Landes von dem Grafen Albert bewidmet. Das aus dieser kleinen Stiftung hervorgegangene Kloster stand zuerst zu Hoibek, jetzt Mühlenbek genannt, Hof und Papiermühle bei dem Dorfe Ohe im Kirchspiel Steinbek, Amts Reinbek; später (1238) ward das Kloster nach Köthel im Amte Trittau verlegt und Reinbek genannt, endlich unter demselben Namen nach Hinschendorf dahin verlegt, wo noch jetzt der Ort Reinbek liegt (vgl. schlesw.=holst.=lauenb. Urk. I, Register unter den Namen Hoibeke, Reinbek, Cotle und Huncingenthorpe).
Zur Hebung und Kräftigung des Gottesdienstes in diesem neu gestifteten Kloster bei der Kapelle zu Hoibek schenkte der Graf Albert von Orlamünde am 12. Nov. 1224 demselben 1 ) zwei noch zu cultivirende Waldhufen in den Bergen von Schöningstedt an der Grenze von Stormarn, drei Hufen zwischen den Flüssen Hoibek und Lembek, die ganze Haide bis Bünebüttel, den Zehnten von zwei Hufen in Billwerder und den Zehnten von Oldenburg und Steinbek. Diese Urkunde ist ohne Zweifel die eigentliche Gründungsurkunde des Klosters Reinbek. 2 )
Diese Urkunde ist nicht allein durch den Aussteller und den Gegenstand eine merkwürdige Seltenheit, sondern auch durch das an derselben hangende Siegel des Grafen Albert von Orlamünde höchst beachtenswerth. Der Graf Albert führt in früheren Zeiten zwei verschiedene, zusammengehörende, große, runde Siegel von gleicher Größe, von denen das eine auf die Vorderseite, das andere auf die Rückseite gedruckt ist. Von diesen ältern Siegeln sind zwei Abbildungen bekannt gemacht. Das eine Exemplar dieses Doppelsiegels hängt an einer hamburger Urkunde vom Jahre 1212
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(Lappenberg's Hamburg. Urkundenbuch I, S. 342, Nr. 387) und ist zum Hamburgischen Urkundenbuche Taf. III, Nr. 11, in Abbildung mitgetheilt. Das zweite Exemplar ist von Löber (De burggraviis Orlamundanis, 1741, fol. 72 b.) zu einer Urkunde des Vaters des Grafen Albert, ohne Datum, abgebildet. Beide Exemplare dieses Doppelsiegels sind gleich. Das Vordersiegel zeigt den links gekehrten Grafen zu Roß mit Schild und Fahne; auf Schild und Fahne sind zwei Löwen oder Leoparden über einander dargestellt. Das Rücksiegel zeigt eine große Pflanze (Nesselpflanze(?), wie man sagt,), oben mit elf großen Blättern auf elf fächerförmig ausgebreiteten Stengeln und zu den leiten mit zwei mit großen Blättern besetzten Ranken, welche unten aus einem kurzen Stamme hervorwachsen, und auf dem Stamme und zwischen den Ranken und unter dem Stengelfächer einen mit Herren bestreueten Schilde auf welchem zwei Löwen oder Leoparden über einander stehen. Ob die beiden auf beiden Siegeln stehenden Thiere Löwen oder Leoparden sein sollen, läßt sich aus den Abbildungen nicht erkennen. Die Umschriften beider Siegel sind in beiden Exemplaren nicht vollständig, lassen sich aber aus beiden Exemplaren zur Vervollständigung ergänzen. Die Umschrift des Vordersiegels lautet:
Die Umschrift des Rücksiegels lautet:
Das an der reinbeker Urkunde vom 12. Nov. 1224 hangende Doppelsiegel, während welcher Zeit Albert von Orlamünde dänischer Reichsverweser war und der König Waldemar gefangen saß, ist aber ein anderes und nach dem an der datirten Urkunde von 1212 hangenden Siegel jünger, als die bisher bekannten Siegel. Ein zweites Exemplar dieses merkwürdigen Doppelsiegels hat in neuern Zeiten auch Leverkus in seinem Urkundenbuch des Bisthums Lübek, I, 1856, an einer zu Segeberg datirten Original=Urkunde des Grafen Albert vom 11. Jan. 1225 (vgl. Urkundenbuch S. 56, Nr. 52) entdeckt und für wichtig genug gehalten, dasselbe in ein er Abbildung dem Urkundenbuche beizugeben. Dieses Exemplar ist vollständiger als das an der reinbeker Urkunde hangende Exemplar, jedoch nicht klar und kunstgerecht genug wiedergegeben.
Das Vordersiegel zeigt ebenfalls den links gekehrten Grafen zu Roß mit Schild und Fahne; auf Schild und Fahne sind zwei Leoparden über einander dargestellt. Die Umschrift lautet,
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mit den in [ ] gesetzten Ergänzungen nach dem Exemplare im lübeker Urkundenbuche:
Aus den Zeichnungen läßt sich ein Unterschied
zwischen beiden Siegeln in dem Reiterbilde nicht
gut erkennen. Aber die beiden Siegel sind doch
sehr verschieden. Die Umschrift des altern
Siegels beginnt nach beiden Zeichnungen mit dem
voll ausgedrückten Namen
LB
RTVS, das vorliegende jüngere hat
LB
RT' DI (= Albertus dei [gratia]);
die Länderbezeichnungen auf beiden Siegeln sind
verschieden; die Umschrift des ältern
Vordersiegels schließt mit dem Namen STVR
RI
, des jüngern mit dem Namen
hOLTS
CI
. Außerdem sind die Buchstaben der
Umschrift auf dem jüngern Siegel viel kleiner,
als auf dem altern Siegel, und auf dem jüngern
Siegel läuft innerhalb des Inschriftrandes noch
ein eben so breiter (bei Leverkus nicht getreu
wiedergegebener) Verzierungsrand mit kleinen
Kreisen zwischen zwei Linien umher; dieser
Verzierungsrand ist auf den Abbildungen des
ältern Siegels nicht angegeben. Es leidet daher
keinen Zweifel, daß dieses Vordersiegel ein
neues Siegel ist, welches sich der Graf Albert
als Reichsverweser hatte stechen lassen.
Das jüngere Rücksiegel von 1224 und 1225 ist aber augenscheinlich ein ganz anderes, als das ältere, und sehr merkwürdig, da es mit Beziehung auf die Gefangenschaft des Königs und die Reichsverweserschaft des Grafen entworfen und einzig in seiner Art in der Sphragistik zu sein scheint. Dieses Rücksiegel hat folgende Beschaffenheit. In einem mit Herzen bestreueten Felde ist ein umgekehrter oder auf den Kopf gestellter großer Schild zu sehen, so daß die untere Spitze nach oben, gegen den Anfang der Umschrift gerichtet ist; auf dem Schilde stehen zwei Leoparden über einander, so daß diese, da der Schild umgekehrt ist, auf dem Kopfe zu stehen scheinen. Links neben dem umgekehrten Schilde ist ein großes, umgekehrtes Schwert (nach der Abbildung bei Leverkus) gegen die Spitze des Schildes gelehnt. Auf die Spitze des Schildes und des Schwertes ist ein rechts gekehrter Helm gesetzt. Auf dem Helm steht rechts gekehrt ein Leopard. Neben dem Schilde und Schwerte steht links gerade aufgerichtet eine große Fahne mit zwei rechts gekehrten Leoparden über einander, so daß die Fahnenstange fast das Kreuz im Anfange der Umschrift berührt. Die Umschrift lautet mit den ans der Abbildung bei Leverkus entnommenen, in [ ] gesetzten Ergänzungen
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Die auf diesen Siegeln so oft vorkommenden Wappenthiere scheinen sicher Leoparden zu sein, da mehrere derselben offenbar einen nach vorne (en face) gekehrten, dicken Kopf zeigen, gehend dargestellt sind und den auf den Rücken gelegten Schwanz mit dem Ende wieder zurück nach hinten biegen: Eigenthümlichkeiten des heraldischen Leoparden, welche man als Unterscheidungszeichen vom Löwen anzunehmen pflegt.
Dieses neue Siegel mit dem auf den Kopf gestellten Schilde und Schwerte (des Königs?) und der aufgerichteten Fahne und dem auf den Helm gestellten Leoparden scheint eine Anspielung an die Aufforderung zur Befreiung des gefangenen Königs zu sein, da Dänemark drei Leoparden in einem mit Herzen bestreueten Schilde hat. Beide Exemplare kommen nur während der Gefangenschaft des Königs Waldemar und der Statthalterschaft des Grafen Albert vor, am 12. Nov. 1224 und 11. Januar 1225, und beide Urkunden gehören zu den letzten Urkunden, welche der Graf Albert ausgestellt haben wird.
Das Kloster Reinbek hatte auch einige Beziehungen zu Meklenburg. Schon im Jahre 1241 hatte der reinbeker Propst Heinrich von den Brüdern Gottfried, Ritter, und Johann von Bülow und den Söhnen des Ritters Volrath von Rikligstorf die Güter in Rosenow bei Gadebusch, welche ein gewisser Thetmar von diesen zu Lehn besaß, nebst der dazu gehörenden Gerichtsbarkeit und zwei Ackern Dornland, 1 ) für 80 Mark gekauft und am 22. Juni 1241 verlieh der Fürst Johann I. der Theologe diese Güter und Gerechtigkeiten den Nonnen des grauen Ordens im Marien=Magdalenen=Kloster zu Reinbek, 2 ) nachdem die Verkäufer die Güter vor dem Fürsten aufgelassen hatten. Das Geschlecht der Rikligstorp oder Rixdorf, wie es später hieß, war ein ehemaliges holsteinsches adeliges Geschlecht. Um die Zeit der Stiftung des Klosters Reinbek kommt oft ein Ritter Lüder von Rikligstorp mit seinem Bruder Volrath vor, z. B. werden beide im J. 1221 beim Grafen Albert von Orlamünde genannt (vgl. Holstein. Urkundenbuch I, S. 192). Zuletzt kommt
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Volrath, neben seinem Bruder Lüder, im J. 1226 bei dem Grafen Adolph von Holstein vor (vgl. Holstein. Urk. Buch I, S. 199). Vielleicht war eine Schwester der Brüder von Bülow an Volrath von Rixdorf verheirathet gewesen, da seinachgelassenen Söhne Erbrechte an von bülowschen Gütern hatten. Es läßt sich auch vermuthen, daß der Stifter des Klosters Reinbek, welcher auch Lüder hieß, dem Geschlechte der von Rixdorf angehörte, da in diesem der Vorname Lüder vorkommt; jedoch werden um jene Zeit in jenen Gegenden mehrere thätige Geistliche mit demselben Vornamen genannt.
Das Kloster Reinbek behielt aber diese Besitzungen in Meklenburg nicht lange, da es dieselben wegen der weiten Entfernung vom Kloster und anderer Hemmungen nicht vortheilhaft genug benutzen konnte. Im J. 1297 hatte das Kloster diese Güter schon längst verkauft, sich jedoch das Eigenthums= und Verleihungsrecht vorbehalten. Am 13. Mai 1297 übertrug das Kloster Reinbek, schon damals Cistercienser=Ordens, das Eigenthums= und Verleihungsrecht der Besitzungen in Rosenow und Frauenmark auf Verwendung des lübeker Bürgers Johann Kruse, welcher dem Kloster Reinbek nützliche Dienste geleistet hatte, auf das meklenburgische Kloster Rehna, 1 ) im Bisthume Ratzeburg, welches sich ebenfalls der vollen Gunst der reichen Bürger der Stadt Lübek zu erfreuen hatte. - Ueber die Besitzungen des Klosters Reinbek in Frauenmark ist nichts weiter bekannt. Und hiermit hören die Verbindungen des Klosters Reinbek mit Meklenburg auf.
Dies Besitzungen des Klosters Reha in Rosenow werden mit den übrigen Besitzungen dieses Klosters daselbst verschmolzen worden sein. Uebrigens hatten noch andere geistliche Stiftungen Besitzungen in Rosenow. Das Hospital in Schwartow besaß die Bede von zwei Hufen in Rosenow, welche dasselbe im J. 1327 an das Hospital zum Heiligen Geist in Gadebusch verkaufte. 2 ) Im J. 1380 erhielt das Dom=Capitel zu Lübek auch "zwei Hufen in dem Dorfe Rosenow im Lande "Gadebusch."
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Nr. 1.
Der Graf Albert von Orlamünde und Holstein dotirt zuerst das von dem Bruder Lüder gestiftete, später nach Reinbek verlegte Marien-Magdalenen-Kloster bei der Kapelle zu Hoibek mit zwei Waldhufen an der Grenze von Stormarn gegen Schöningstedt, drei Hufen an dem Bache Hoibek, der Haide bis Bünebüttel, den Zehnten von zwei Hufen in Billwerder und den Zehnten von Oldenburg und Steinbek.
D. d. Bergedorf. 1224. Nov. 12.
Nach dem Originale im Privatbesitze zu Kopenhagen.
Albertus dei gratia comes Orlamunde et Holtsacie omnibus, ad quos [presens sc]riptum peruenerit, salutem in perpetuum. Quoniam ea, que fiunt, a memoriis h[om]inum per successus temporum [elabuntur, hu]manum genus sibi scripture remedium adinuenit, ut, si qua dubia de [i]is, que facta sunt, emerser[int, per litterarum t]estimonium eorum neritas elucescat. Nouerint igitur omnes pagine presentis inspectores, quod capelle beate [Ma]rie M[a]gd[al]ene in Hoibeke, ut in ea per successum temporis a domino deseruientibus ibidem congruencius diuina possint officia celebrari, [unum (?) m]ansum, quem in prima fundatione dicte capelle contuleramus eidem, adicientes duos mansos silue contulimus excolendos in term[in]is Stormarie in montibus uersus Sconigstede sitos, contulimus eidem tres [m]ansos ultra riuulum Hoibeke uersus aquilonem sitos et terminos circumiacentes usque in
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riuum, qui dicitur Lembeke, cultos pariter et
incultos, pratis, pascuis, aquis et lignis, cum
omni utilitate sua, deinde mericam integraliter
usque Bunebotle et decima[m] duorum mansorum in
Billenwerthere, cum omni iure maiore uel minore,
insuper decimam in Oldenburg et Stenbeke, et de
uoluntate nostra esse recognoscimus, seu per
fratrem Luderum eiusdem loci primum fundatorem
uel alios eius successores procedente tempore
quanto maiora poterunt in [i]am dicto loco
domino seruicia procurare. Ne autem, quod factum
est a nobis, ab aliquo uel eciam successo[re]
nostro quocumque ualeat irritari, presentem
paginam sigilli nostri appensione fecimus
roborari. Testes sunt: Cůno Raceburgensis
canonicus, Alhardus, Helpradus, Hamenburgenses
canonici, Bernardus pleb[anus] in Luneburg;
laici: Reinvridus de Scurlemer, Conradus de
Louenburg, Heinricus de Belendorp, Nibelungus
niger, Olricus de Munre et alii quam plures.
Data in Bergerthorp, anno incarnationis dominice
°. CC°. XXIIII, indictione XII,
pridie idus Nouembris, per manus notarii nostri Maroldi.
Nach dem Originale, auf Pergament, in einer sehr grossen, schönen, klaren, fetten Minuskel, in 16 Zeilen, im Privatbesitze zu Kopenhagen. Das Pergament ist stark vermodert, lückenhaft und in den Falten ganz zerrissen, so dass die drei Stücke nur noch am untern Rande zusammenhangen. Auf der Rückseite steht in fast gleichzeitiger Schrift die Registratur: Hoybeke. An einer Schnur von geflochtenen, grauen leinenen Fäden hängt ein mit bräunlichem Firniss überzogenes rundes Siegel aus ungeläutertem Wachs, welches noch gut zur Hälfte vorhanden ist. Das Siegel ist doppelt; beide Siegel sind gleich gross. Das Siegel der Vorderseite zeigt einen links hin sprengenden Reiter mit Schild und Fahne; auf dem Schilde und auf der Fahne stehen zwei Leoparden (mit Köpfen en face) über einander. Umschrift:
Das Rücksiegel hat ein mit Herzen bestreuetes Feld. In diesem steht umgekehrt (mit der untern Spitze nach oben) ein Schild mit zwei Leoparden übereinander; auf der Spitze des umgekehrten Schilds und einer Schwertspitze steht aufrecht ein Helm, auf welchem ein rechts gekehrter Leopard steht;
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neben Schild und Helm steht links gekehrt eine grosse Fahne mit zwei rechts gekehrten Leoparden über einander Umschrift:
Die Urkunde hat durch Moder viele Lücken erhalten, welche in dem vorstehenden Abdruck in [ ] durch Conjectur ergänzt sind. Ich bemerke zu dem Texte besonders Folgendes: die Worte: "si qua dubia" stehen in der Originalurkunde ganz klar; an der Stellen [unum m]ansum sind nur noch die Buchstaben . . . ansum mit Sicherheit zu lesen und für das Wort [unum] ist nur Baum für zwei Buchstaben (mit einer Abbreviatur?) vorhanden, man wird jedoch nur das Wort unum conjecturiren können; vor dem Worte "pratis" fehlt in dem Originale das Wort "cum", welches sonst gewöhnlich ist.
Der Name Nibelung oder Nivelung kommt noch öfter vor, z. B. allein im J. 1212 in Lappenbergs hamburger Urkundenbuch No. 387, S. 343, und mit einem Zusatzes "Neuelungus albus" im J. 1211 (vgl. Lappenberg a. a. O. S. 343, Not. 2). Daher ist in der Reinbeker Urkunde der Beisatz "niger" in dem Namen "Nibelungus niger" wohl ein appellatives Beiwort.
Nr. 2.
Der Fürst Johann von Meklenburg verleiht dem Marien-Magdalenen-Kloster zu Reinbek mehrere Güter und Gerechtigkeiten in dem Dorfe Rosenow bei Gadebusch, welche das Kloster von der Familie von Bülow gekauft hat.
D. d. Gadebusch. 1241. Jumi 22.
Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
In nomine sancte et indiuidue trinitatis. Johannes dei gracia Magnopolensis dominus uniuersis hanc litteram inspecturis salutem in uero salutari. Quoniam statuta priorum cum tempore labente labuntur et exfacili ab hominum memoria recedunt, si scriptis non fuerint com-
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mendata, ideo siquidem ea que fecimus huic pagine
dignum duximus intitulari, et ne inposterum
nostra posteritas ausu temerario, que acta sunt,
infringere ualeat, sigilli nostri inpressione
eandem paginam fecimus roborari. Notum sit
igitnr tam presentibus qnam futuris, quod
dominus Godefridus de Bulowe una cum fratre suo
Johanne et pueri domini Wlradi de Rikeligestorpe
bona et iudicium et duos agros, quod dicitur
dorland, in Rosenowe, que Thetmarus ab ipsis
tenuit iure feodali, a domino Heinrico preposito
pro octoginta marcis comparata in manus nostras
libere resignauerunt. Nos itaque in hoc
contractu non solum piam domini prepositi
uoluntatem attendentes, uerum eciam diuinam
retribucionem exspectantes, eadem bona iam
prenominata integraliter cum iuidicio loco in
Reinebeke dominabus grisei ordinis ibidem deo
deseruientibus in honore beatissime Marie
virginis et Marie Magdalene in nostrorum
contulimus peccaminum remissionem. Vt igitur hec
donacio rata permaneat et inconuulsa et ad
maiorem confirmacionem testes subscripti
annotantur: dominus Godefridus de Bulowe,
dominus Godefridus de Britzekowe, dominus
Tessemer, dominus Voltzeke, Gerhardus
camerarius, Godefridus de Vlotowe. Datum in
Godebuz, anno gracie
Kal. Julii.
Nach dem Originale, auf Pergament, in einer weiten, grossen, schönen Minuskel, im grossherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin. An einer Schnur von rother und gelber Seide hängt des Fürsten Johann von Meklenburg bekanntes grosses Siegel mit dem Stierkopfe mit den Hauern; das Siegel ist verkehrt aufgedrückt, mit den Hörnern des Stierkopfes nach unten. Die Zeugen und das Datum, von: dominus Godefridus de Bulowe - bis - anno gracie, sind von einer andern Hand mit dunklerer Dinte nachgetragen; das Jahr und der Tag scheinen von einer dritten Hand, wenigstens schärfer und zierlicher, geschrieben zu sein.
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Nr. 3.
Das Kloster Reinbek überträgt das demselben zustehende Eigenthums- und Verleihungs-Recht über die Güter in Rosenow und Frauenmark auf das Kloster Rehna.
D. d. Reinbek. 1297. Mai 13.
Nach dem Originale im grossherzogl. meklenburg. Geh. und Haupt-Archive zu Schwerin.
In nomine domini Amen. Omnibus, ad quos presens scriptum peruenerit, abbatissa, priorissa totusque conuentus ancillarum Christi monasterii Cisterciensis ordinis in Reinebeke salutem in omniium saluatore. Ad noticiam vniuersorumi, tam presencium, quam futurorum, cunpimus peruenire, quod quondam nobis habentibus bona quedam in villis Rosenowe scilicet et Vruwenmarke, ea dudum vendidimus, cum propter loci distanciam et alias inconueniencias eorum perfrui non possemus, sicut nostris vsibus expediret; fuit tamen nobis hactenus in hiis bonis proprietas et collacionis dominium, cum ea porrigenda fuerunt alicui, reseruatum. Est antem nunc dictorum bonorum medietas in cenobium sanctimonialium in Rene de nostro beneplacito translata; quare nos propter Deum et seruicia fructuosa, que vir honestus dominus Johannes Crispus burgensis Lubicensis nobis et nostro monasterio fideliter et vtiliter dinoscitur impendisse, recedimus ab omni iure, quod in hac medietate bonorum habuimus et habemus, ius proprietatis et dominium collacionis eorum ipsi monasterio Rene, quantum ad eorum medietatem, ut premisimus, resignantes et in hac medietate nichil iuris nobis de cetero reseruantes. Ad premissa nos omnes seniores et iuniores concorditer testes sumus, quare nos in testimonium omnium premissorum presens scriptum sigillo nostro duximus
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muniendum. Datum anno domini M° CC° nonagesimo septimo, in crastino dominice qua cantatur officium Cantate domino.
Auf Pergament in einer geläufigen Minuskel. Das Siegel, welches an roth und schwarz seidenen Fäden hing, ist abgefallen. Auf der Rückseite der Urkunde steht mit gleichzeitiger Schrift die Registratur: De Rosenowe.
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Da in diesem Jahrgänge der Jahrbücher die Urkunden bei den Abhandlungen, zu denen sie gehören, gedruckt sind, so folgt hier nur ein chronologisches Verzeichniss der in diesem Jahrgange enthaltenen Urkunden und eine Nachweisung derselben.
1) D. d. 1150.
Der Bischof Ulrich von Halberstadt bezeugt, dass der Herr Gunzelin (von Schwerin), der noch ohne Frau und Kinder ist, dem Kloster Huysburg (im Halberstädtischen) 7 1/2 Hufen von seinem Erbe in Ueplingen verkauft hat.
2) D. d. Bergedorf. 1224. Nov. 12.
Der Graf Albert von Orlamünde und Holstein dotirt zuerst das von dem Bruder Lüder gesittete, später nach Reinbek verlegte Marien-Magdalenen-Kloster bei der Kapelle zu Hoibek.
3) D. d. (1230).
Der Herzog Otto von Braunschweig leistet dem Grafen Gunzelin von Schwerin bei der Entlassung aus der Gefangenschaft Urfehde, bestätigt den Grafen von Schwerin die Güter, welche sie von den Herzogen von Braunschweig zu Lehn haben, und verspricht, dem Könige von Dänemark wider die Grafen von Schwerin keine Hülfe zu leisten.
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4) D. d. (1241).
Die Herzogin Agnes von Braunschweig-Lüneburg und die Aebtissin Elisabeth und der Propst Werner des Klosters Wienhausen beurkunden, dass Johann Oppershusen und seine Frau Ade dem Kloster die jährliche Hebung eines Scheffels Salzes für 70 Mark erworben und zwei Mark zur Verbesserung der (Propstei-) Präbende geschenkt haben, wofür ihnen im Kloster Memorien mit Almosen gestiftet werden sollen.
5) D. d. Gadebusch. 1241. Junii 22.
Der Fürst Johann von Meklenburg verleiht dem Marien-Magdalenen-Kloster zu Reinbek mehrere Güter und Gerechtigkeiten in dem Dorfe Rosenow bei Gadebusch, welche das Kloster von der Familie von Bülow gekauft hat.
6) D. d. (1253-1260).
Die Herzogin Mechthild von Braunschweig und Lüneburg erlaubt dem Kloster Wienhausen, Fürstentöchter zur Erziehung in das Kloster aufzunehmen.
7) D. d. Wienhausen 1255. Aug. 7.
Die Aebtissin Elisabeth, der Propst Mathias und der Convent des Klosters Wienhausen beurkunden, dass Johann Vulleman 4 Scheffel Roggen Hebungen aus den Zehnten von Lachtehusen für das Kammeramt des Klosters erworben.
8) D. d. Bützow (1264. Febr. 13.).
Der Bischof Hermann von Schwerin bestätigt dem Kloster Rühn das Patronat der Kirche zu Frauenmark und der Kapelle zu Severin, welches dem Kloster von dem Grafen Gunzelin von Schwerin geschenkt ist.
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9) D. d. Bützow. 1264. Oct. 23.
Der Bischof Hermann von Schwerin erlaubt dem Kloster Rühn, die Kirche zu Frauenmark durch einen Vikar verwalten zu lassen.
10) D. d. 1265. Januar 3.
Der Propst Lambert, die Aebtissin Elisabeth und der Convent des Klosters Wienhausen beurkunden, dass der Pfarrer Werner zu St. Jacobi in Braunschweig dem Kloster 5 Mark reinen Silbers zur Erwerbung von Gütern in Widenfeld geschenkt habe, wofür ihm im Kloster jährlich Memorien gehalten werden sollen.
11) D. d. (1265.) Febr. 10.
Die Fürstin Elisabeth von Wenden, Aebtissin des Klosters Wienhansen, stirbt am 10. Februar (1265).
12) D. d. Parchim. 1268. Jan. 23.
Die Herzoge Johann und Albert von Sachsen-Lauenburg lassen die Streitigkeiten über die Grenzen zwischen dem dem Kloster Rühn gehörenden Dorfe Granzin und den Dörfern Stralendorf und Lanken ordnen.
13) D. d. 1277. Febr. 24.
Das Kloster Rühn verkauft zwölf Hufen zu Granzin an Herder von Dämelow zu Lehn.
14) D. d. (1294).
Lehnrolle der Grafen von Schwerin über die linkselbischen Besitzungen derselben.
15) D. d. Plau. 1295. Mai 1.
Der Fürst Nicolaus von Werle bestätigt dem Kloster Rühn das Patronat der Kirchen zu Frauenmark und Severin.
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16) D. d. Reinbek. 1297. Mai 13.
Das Kloster Reinbek überträgt das demselben zustehende Eigenthums- und Verleihungs-Recht über die Güter in Rosenow und Frauenmark auf das Kloster Rehna.
17) Nach 1302. Januar 8.
Die Fürstin Mechthild, Wittwe des Fürsten Heinrich I. von Werle, stirbt am 8. Januar (1302) im Kloster Wienhausen, welchem sie viele Wohlthaten erwiesen hatte.
18) D. d. Pelplin. 1312. Januar 1.
Der Fürst Pribislav, aus dem Hause Richenberg-Parchim, verpfändet dem Deutschen Orden den See Malscha, unter Einwilligung seiner Gemahlin und seiner Kinder, vor dem Abte zu Pelplin.
19) D. d. Parchim. 1312. Sept. 21.
Der Fürst Günther von Werle vermehrt die Hebungen der Kirche, Pfarre und Küsterei zu Frauenmark.
20) D. d. Rostock. 1315. Sept. 3.
Der Fürst Otto II. von Anhalt-Aschersleben quittirt den Fürsten Heinrich II. von Meklenburg über 200 Mark reinen Silbers, welche dieser ihm durch geliefertes Tuch entrichtet hat.
21) D. d. Ludorf. 1346. Mai 8.
Der Bischof Burchard zu Havelberg weihet die Kirche zu Ludorf.
22) D. d. Bützow. 1406. Aug. 23.
Der Herzog Rudolph von Meklenburg, Bischof zu Schwerin, transsumirt und beglaubigt zwei Urkunden der Kirche zu Sternberg.
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23) D. d. Rühn. 1408. April 19.
Der Bischof Rudolph von Schwerin bezeugt, dass die Klosterjungfrau Gese Fleischhauer zu Rühn das Leibgedinge, welches ihre Eltern für sich und sie in dem Dorfe Warnkenhagen gekauft haben, nach ihrer Aeltern Tode dem Kloster Rühn überlassen will.
24) D. d. Dobbertin. 1409. Juni 15.
Jacob von Schönberg zu Frauenmark verkauft an die Pfarre zu Frauenmark die Dornhorst daselbst, welcher von der Landesherrschaft das Asylrecht beigelegt ist.
25) D. d. 1411 flgd.
Aufzeichnungen in dem Messbuche der Kirche zu Frauenmark über die Einkünfte der Pfarre.
26) D. d. 1442. Junii 28.
Nachricht über die Reparatur der Kirche zu Frauenmark und die Hebungen des Pfarrers daselbst.
27) D. d. Wilsnack. 1442.
Der Herzog Heinrich von Meklenburg belehnt den Jaspar Gans Herrn zu Putlitz und dessen Brüder mit den wüsten Dörfern Repzin, Menzendorf und Möllenbek, welche ihr Vater von Hans Bösel gekauft hat.
28) D. d. Witstock. 1446. Januar 17.
Der Herzog Heinrich von Meklenburg vergönnt dem Jaspar Gans Herrn zu Putlitz und dessen Brüdern, die Güter Repzin, Menzendorf und Möllenbek an Claus Knaken zu verpfänden.
29) D. d. 1461. August 15.
Der Herzog Heinrich von Meklenburg lässt mit Vicke v. Koppelow, Vogt zu Marnitz und Neustadt, über die
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dreijährigen Einnahmen und Ausgaben dieser Vogteien abrechnen.
30) D. d. 1468. Jan. 6.
Katharine Frau zu Putlitz, Wittwe des Edlen Joachim Gans, verkauft an Vicke v. Koppelow die wüsten Feldmarken Möllenbek, Repzin und Menzendorf.
31) D. d. 1468. März 3.
Der Herzog Heinrich von Meklenburg belehnt den Vicke v. Koppelow zu Siggelkow mit den Dorfstätten und Feldmarken Möllenbek, Repzin und Menzendorf.
32) D. d. Strelitz. 1475. Julii 21.
Der Herzog Heinrich von Meklenburg belehnt die Herzogin Katharine, Wittwe des Herzogs Ulrich II. von Meklenburg-Stargard, mit ihrer Leibzucht zu Wesenberg und einigen Dörfern, welche des Herzogs Johann III. jüngst zu Lichen verstorbene Wittwe zu Leibzucht besessen hat.
33) D. d. Wienhausen. 1504. Julii 15.
Die Herzogin Margarethe von Meklenburg-Stargard, geb. Herzogin von Braunschweig-Lüneburg, macht ihr Testament.
34) 1512. April 9.
Die Herzogin Margarethe von Meklenburg-Stargard stirbt in Kloster Wienhausen.
35) D. d. Bühn. 1537. März 26.
Das Kloster Rühn präsentirt den Priester Matthäus Blomenberg zur Pfarre zu Frauenmark.