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Ueber die Kirchen und andere alte Bauwerke
im südöstlichen Meklenburg,

vom

Archivar Lisch.

So wie im nordwestlichen Meklenburg durch den Einfluß der Bisthümer Ratzeburg und Lübeck der Rundbogenstyl am längsten vorwaltet und im nordöstlichen Meklenburg durch den Einfluß der Klöster Doberan und Dargun der ausgebildete Spitzbogenstyl vorherrschend ist, so schien im südöstlichen Meklenburg bei den alten Residenzen der Fürsten von Werle, von Güstrow und Parchim bis an die Grenze von Meklenburg=Strelitz, der Uebergangsstyl zwischen Rundbogen= und Spitzbogen=Styl nach manchen Anzeichen vorzuwalten. Der Unterzeichnete unternahm es daher im Anfange Septembers 1842, zum Theil in Begleitung des Herrn Baron A. von Maltzahn auf Peutsch und durch dessen liberalste Beförderung unterstützt, eine Reise durch das südöstliche Meklenburg, welche die Vermuthung bestätigte und manches Wichtige in den folgenden Berichten für die Landesgeschichte ans Licht brachte. Es sind freilich nicht alle Kirchen besucht und es mag noch hin und wieder etwas Interessantes verborgen sein, auch sind

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gewöhnliche an Alterthümern arme Spitzbogenkirchen, wie zu Crivitz, Goldberg, Crakow, Penzlin, Stavenhagen, Neukahlden, Malchin u. s. w. mit Stillschweigen übergangen: aber die Bahn mag gebrochen und dadurch Gelegenheit gegeben sein, manche Specialuntersuchung an diese zusammenhangende Forschung zu knüpfen.

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Die Kirchen zu Parchim

sind nach 1218 gebauet, d. h. nach der Gründung der Stadt, welche sich aus diesem Jahre datirt.

a. Die St. Marien=Kirche auf der Neustadt

ist im Ganzen in ihrer jetzigen Gestalt die ältere. Sie ist nur klein und besteht im Grundplane aus einem viereckigen Chore, aus einem oblongen Schiffe und einem Thurmgebäude. Chor und Schiff haben noch eine Friesverzierung von halben Kreisbogen unter einem Gesimse von übereck eingesetzten Ziegeln; die Kirche wird also schon in der ersten Hälfte des 13. Jahrh. vollendet gewesen sein, obgleich im J. 1229 nur Ein Pfarrer von Parchim vorkommt (vgl. Clemann S. 109).

Der Chor ist viereckig, mit rechtwinkelig angesetzter, grader Altarwand, ohne Strebepfeiler, mit dünnen Wandstreifen an den Ecken. Von allen Fenstern der Kirche sind nur die 2 südlichen Fenster des Chors aus der Zeit des Baues: sie sind schmal, ohne gegliederte Wandung, schräge eingehend, oben nur ein wenig spitz gewölbt und mit abwechselnd schwarz glasurten Ziegeln an den Ecken eingefaßt: der Bau der Kirche fällt also in die Uebergangs=Periode. An der Altarwand finden sich noch Reste von Abgrenzung der (jetzt zu Einem großen Fenster umgestalteten) alten Fenster durch säulenförmige Pilaster. Der Styl gleicht in dieser Hinsicht ziemlich dem Styl der Kirche zu Grevismühlen. - Der hausähnliche Giebel über der Altarwand ist wohl im 14. Jahrhundert aufgesetzt.

Im Ganzen ist die Kirche im Aeußern sehr verbaut und hat außer der Friesverzierung und den angedeuteten Ueberresten am Chor keine andere Zeichen des Alterthums mehr.

Das Schiff hat schon weite, große Fenster, erhalten. Im Innern hat es ein Mittelschiff und zwei gleich hohe, schmalere Seitenschiffe, alle im Spitzbogen überwölbt. Die Gewölbe mit ziemlich starken Rippen sind kräftig und alt; jedoch der Länge der Kirche nach viel mehr lang, als breit, was allerdings eigenthümlich ist. Die Kapitäler der Pfeiler und überhaupt die Verbindung zwischen Pfeilern und Gewölben ist überall stark mitgenommen und kaum erkennbar. - An der Nordseite ist, wahr=

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scheinlich im 15. Jahrhundert, ein Raum von 2 großen, weiten Gewölben mit weiten Fenstern zur Vergrößerung des Raumes angesetzt. Am Eingange dieses Anbaues, namentlich an der Schwelle, sind auch einige von den berühmten jüdischen Grabsteinen aus der zweiten Hälfte des 13. und der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts verbauet, aus denen die Fundamente des äußern Kreuzthores aufgeführt sind. Der jüngste jüdische Grabstein ist vom J. 1346, im J. 1435 sollte das neue Kreuzthor gebauet werden, und im J. 1482 hieß der Anbau schon "dat nyghe buwet (das neue Gebäude)" (vgl. Cleeman S. 316). Der Anbau ist also auch nach urkundlichen Zeugnissen im 15. Jahrhundert ausgeführt. - Die alte Südseite des Schiffes hat zwar 2 Strebepfeiler; sie scheinen jedoch zum Nothbehelfe für die jüngere Wölbung angesetzt zu sein.

Die Kirche ist 18 41/42 im Innern renovirt. In ihrer jetzigen Verfassung hat sie fast allen alterthümlichen Schmuck verloren; von alten Bildern ist keine Spur mehr vorhanden. Die Kirche ist mit Ausnahme von Altar, Kanzel, Orgel, Taufkessel, Stühlen und Chören ganz leer.

Die Orgel aber ist ein ausgezeichnetes Kunstwerk von Schnitz= und Tischlerarbeit, (etwa aus dem 17. Jahrh.), mit sehr schönem Laubwerk und trefflichen eingelegten Zeichnungen.

Der Altar ist von leichtem gothischen Schnitzwerk aus der letzten katholischen Zeit. Im Mitteltheil steht ein Marienbild in einer Glorie, von einem Blumenkranze (Rosen und Lilien?) umgeben, auf welchem 2 Hände und 2 Füße mit den Nägelmalen und ein Herz mit dem Lanzenstiche in gleichmäßigen Entfernungen angebracht sind. Die ganze Darstellung ist der am Hauptaltare zu Gadebusch völlig gleich.

Der Taufkessel von Bronzeguß ist alt. Er wird von 4 menschlichen Figuren getragen, hat unten eine Verzierung von Weinlaub, darüber eine Reihe von Heiligenbildern unter Bogenverzierungen und unter dem Rande folgende Inschrift von sehr großen mittelalterlichen Unzialen:

Inschrift

welche, wenn auch keine Abbreviaturenvorhanden sind, wahrscheinlich so abzutheilen und zu lesen ist:

Inschrift

d. h.

Lieben Leute wisset daß Meister Hermen goß dies Vaß.                    (= Hermann)

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Cleeman lieset S. 310 an der schwierigen Stelle der imUebrigen sehr klaren Inschrift:

"mest hermt ud"

und interpretirt:

"Lieben Leute, wisset das meiste hiemit aus diesem Faß".

Unter dieser Inschrift steht neben den Figuren:

Inschrift

(anno domini 1365. Est (?) oder: ecclesia (?) Maria.

Vor dem Altar liegt nach ein alter Leichenstein, dessen innere Fläche zu einer neuen Inschrift benutzt ist, mit der unversehrt erhaltenen Inschrift:

Inschrift

(= Anno domini MDXVII in octava die apostolorum Petri et Pauli obiit dominus et magister Nicolaus Tzolkow, decanus ecclesiae Butzowensis. Orate pro eo.)

b. Die St. Georgen=Kirche

auf der Altstadt ist im Ganzen in ihrer jetzigen Gestalt jünger als die Marienkirche. Das Schiff ist eine große, hübsche Spitzbogenkirche, etwa aus dem 14. Jahrhundert, den wismarschen Kirchen ähnlich.

Die Kirche besteht aus einem Schiffe mit einem Seitenschiffe an jeder Seite, einem Chor mit Umgang und 2 Kreuzflügeln und einem Thurmgebäude.

Die eigentliche Kirche ist das Schiff mit den beiden Seitenschiffen, in dem würdigen Spitzbogenstyl des 14. Jahrhunderts 1 ) erbauet. Das Schiff war früher im Osten geschlossen und hatte sicher eine kleine Altartribune. Im 15. Jahrhundert öffnete man die Ostseite und baute nicht allein einen Chor mit Umgang, sondern auch 2 Kreuzflügel an die Seiten des Chors an. Man sieht diese Erweiterung ganz klar; die Eckwände sind


1) Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß der Bau aus der ersten und bessern Zeit des 14. Jahrhunderts stammt. Unser Freund Dr. Beyer macht auf eine Stelle in Cordesii Chronik (bei Cleemann S. 20) aufmerksam, nach welcher die alte Kirche 1289 durch Brand zerstört ward und neu aufgebauet werden sollte.
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überall abgehauen und die Pfeiler am Ende aus den Wänden modellirt. - Dieser Chor ist in einem sehr schlechten Styl des 15. Jahrhunderts aufgeführt. Der innere Chorraum oder die Altartribune ist eng; die Gewölbe werden von nahe stehenden, vieleckig gestalteten Pfeilern getragen. Der Umgang ist dagegen übermäßig weit, in der buntesten Grundform von vielen Strebepfeilern aller Art aufgeführt und von weiten, unschönen Fenstern durchbrochen; so z. B. bestehen die beiden Fensterpaare neben dem mittlern Fenster hinter dem Altare aus zwei halben Fenstern von großer Dimension, welche durch einen großen dreieckigen Strebepfeiler ganz regelmäßig geteilt sind, u. dgl. mehr. Die an die Seiten des Chors angelehnten Kreuzschiffe sind von gleichem Styl. Die beiden Giebel derselben sind hausähnlich construirt, reich mit Verzierungen aus schwarz glasurten Ziegeln bedeckt und gleichen ganz dem alten Wohnhause am Markte zu Wismar.

In dem Thurmgebäude besitzt die Kirche eine große architectonische Merkwürdigkeit, indem dasselbe ohne Zweifel und klar das älteste Kirchengebäude in sich aufgenommen hat, und dadurch zur Vergleichung ähnlicher Bauten sehr dienlich ist. Das älteste Kirchengebäude war nämlich eine Kirche oder Kapelle von 2 kleinen, niedrigen Gewölben Länge, bestehend aus einem Mittelschiffe, das zwei Stockwerke hoch war und zwei Seitenschiffen von der Höhe eines Stockwerkes. An diesen alten Bau ward das Schiff der eigentlichen Kirche angesetzt und über denselben der Thurm gebauet, und die alten Seitenschiffe gingen in die Seitenschiffe der jüngern Kirche über. Dies alles ist noch klar zu sehen. Der alte Bau war im schönen Uebergangsstyl in den ersten Zeiten der Stadt ausgeführt. Die Gewölbe sind eingeschlagen, aber es sind noch überall die Träger und Anfügungen zu sehen; die Kämpfergesimse aus Granit stehen in den jetzigen Mauern noch klar und kräftig. Man hat die Mauern, wo es nöthig war, verdickt, um den Thurm tragen zu können, und z. B. an der Nordseite (jetzt im Innern) einen gewaltigen Strebepfeiler gegengeschoben. An der südlichen Wand des zweiten Stocks dieses alten Gebäudes steht (jetzt innerhalb des jetzigen südlichen Seitenschiffes) noch der ganze Fries aus halben Kreisbogen. In der äußern, westlichen Wand des Thurms kann man diesen alten Bau klar erkennen, und sehen, wie und wo die jüngern Theile angesetzt sind. Alte Bogenöffnungen sind vermauert; das Fenster über der Thurmpforte ist noch ein schmales, glatt und schräge eingehendes Fenster aus der Uebergangsperiode; ein gleiches, kleineres Fenster steht noch daneben in der Wand des ehemaligen Seitenschiffes, und dar=

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über stehen auf Wandstreifen noch Reste des Rundbogenfrieses. - Dieser Theil der Kirche ist bestimmt noch älter, als der 1289 abgebrannte Theil gewesen sein mag.

Eben so verhält es sich mit dem Dome zu Schwerin 1 ). Dieser ist 1222 - 1248 erbaut; aber in der Westwand des Thurms stehen ebenfalls noch die Reste eines ältern Baues. Zwei schmale Fenster mit leiser Andeutung des Spitzbogens sind hier zu Einem großen Fenster umgeschaffen und über demselben steht noch der Rundbogenfries. Im Innern sind hier ebenfalls noch Spuren alter Gewölbe.

Uebrigens war der Thurm schon früh baufällig. Am 25. Aug. 1473 ertheilte der Bischof Werner von Schwerin allen denen Ablaß, welche zur Besserung des Thurmes (campanile), namentlich der baufälligen Spitze desselben, beitragen würden.

Die St. Georgen=Kirche zu Parchim hat ebenfalls wenig alterthümliches Mobiliar. Der geschnitzte Altar aus der ersten Hälfte des 15. Jahrh. ist bemerkenswerth, aber grade nicht ausgezeichnet. Die Chorschranken sind noch ganz vorhanden, mit vielem Schnitzwerk, welches zwar nicht ausgezeichnet ist, jedoch eine Reihe verschiedener, hübscher, wenn auch nicht überall sehr sauber gearbeiteter Rosetten enthält.

Die Kanzel ist dagegen ein ausgezeichnet schönes Schnitzwerk, das seines gleichen sucht, jedenfalls noch viel schöner ist, als die schöne Kanzel zu Bützow (vgl. Jahresber. III, S. 139). Sie enthält viele biblische Scenen, die in Zeichnung und Ausführung von seltener Vollkommenheit sind. Sie ist im J. 1580 vollendet und trägt die Dedications=Inschrift:

IN . DEI . HONOREM . AC. PATRIAE . SUAE .ORNAMENTUM . D. . D. . JOHANNES . GRANSIN . CIVIS . LUBICENSIS.

Das Crucifix auf dem sogenannten Triumphbogen ist, wie gewöhnlich, sehr mittelmäßig.

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Die Kirchen zu Röbel.

Röbel hat zwei Kirchen, welche aus der Zeit des Uebergangsstyls stammen und einander ähnlich sind. Am besten ist

a. Die St. Nikolai=Kirche zu Neu=Röbel

(Neustadt Röbel) erhalten, daher die Beschreibung hier vorangeht. Die Kirche hat einen Chor von 2 Gewölben, ein Schiff von 3 Gewölben Länge und einen Thurm.


1) Vgl. Jahrb. VIII, S. 29.
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Der Chor hat die Gestalt eines Oblongums mit rechtwinklig angesetzter, grader Altarwand. Die Altarwand hat 3 Fenster, die Seitenwände des Chors an jeder Seite 2 Fensterpaare; die Fenster sind eng, schräge eingehend, ohne weitere Gliederung, als daß die äußere Ecke einen Wulst hat. Der Altargiebel ist sehr gut und besser als gewöhnlich erhalten. Ueber den 3 Fenstern steht im Friese eine Reihe von Halbkreisbogen; in der unteren Hälfte des Giebels sind die Ziegel im Zickzack aufgemauert. Die Seitenwände des Chors haben einen Fries, der aus einer doppelten Reihe von Halbkreisen besteht, was sehr selten ist.

Das Schiff besteht aus einem Mittelschiffe von der Breite des Chors und zwei schmalern Nebenschiffen. Die Gewölbe, welche 44 ' hoch sein sollen, werden von 4 gerippten Säulen getragen. Jede Wand hat 3 Fensterpaare, gleich den Fensterpaaren des Chors, und an jedem Ende der Seitenschiffe ein gleiches Fenster. Die Ostwandecke des Schiffes hat noch einen Fries von einer Reihe von Halbkreisen. Die Friese stehen auf dünnen Wandstreifen; einige Strebepfeiler sind jüngeren Ursprunges und stehen nicht regelmäßig. Das Innere der ganzen Kirche, wie das Aeußere, trägt den Charakter eines sehr strengen Spitzbogenstyls, des Uebergangsstyls.

Der Thurm, der bis zur Spitze an 250' hoch sein soll, ist dem Ganzen angemessen.

An Mobiliar besitzt die Kirche nicht viel. Vor der Kirche liegt ein sehr großer, schön geformter und verzierter Taufstein aus Kalkstein und ein unregelmäßig geformter Weihkessel aus Granit. Einige alte Leichensteine sind abgetreten und in neuern Zeiten wieder benutzt. Auf dem Boden des nördlichen Seitenschiffes stehen die gut geschnitzten, großen Bildsäulen des h. Georg zu Roß mit dem Lindwurme und der Maria mit dem Christkinde auf dem linken Arme der rechte Arm umschlingt eine daneben stehende kleinere weibliche Figur, welche einen gefüllten Korb oder eine Tasche in der Hand empor hält. Der Altar ist ohne Werth. Einige geschnitzte, alte Kirchenstühle sind nicht ganz ohne Werth.

Von hohem Interesse sind die alten Chorstühle, welche aus dem Dominikaner=Kloster hierher versetzt sind und welche die beiden Seiten des Chors füllen. Sie sind aus Eichenholz einfach geschnitzt und haben nur an den äußersten Seitenwänden einige Verzierungen. Sie haben im Ganzen 30 Sitze; an jeder Seite ist ein Sitz etwas schmaler, weil, da es hier bei der Versetzung etwas an Raum fehlte, ein Stück von einigen Zollen Länge herausgenommen ist; da-

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durch haben die unten erwähnten Inschriften an zwei Stellen etwas gelitten.

Jeder Stuhl hat auf der Rückwand ungefähr über dem Haupte des Sitzenden eine erhaben geschnitzte Inschrift; diese Inschriften sind in Schröder's P. B. S. 644, jedoch mit vielen Fehlern und Lücken mitgetheilt.

Sieht man zum Altare hinauf, so haben die Stühle folgende Inschriften:

Der erste Stuhl rechts hat die Inschrift:

Inschrift
(Locus reuerendi patris provincialis.)

Der Stuhl rechts in der Mitte hat mit größeren Buchstaben die Inschrift:

Inschrift
(Hic est sedes cantoris.)

Daneben eine gleiche Inschrift:

Inschrift
(Chorus locus hebdomadarii.)

An der linken Seite steht in der Mitte die Inschrift:

Inschrift
(Chorus sedes succentoris).

Daneben:

Inschrift
(Hic est locus hebdomadarii.)

Ueber den meisten übrigen Stühlen stehen die Nachrichten über die Sitze der Provinzial=Capitel des Dominikaner=Ordens, z. B. die für Norddeutschland interessante Nachricht:

Nachricht

(Provincia Saxoniae habet suos conuentus non in regnis sed in diversis marchionatibus, ducatibus et dominiis diversis.)

An dem kleinen Stuhle rechts steht:

Inschrift

und daneben:

Inschrift
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Am vierten Stuhle links die Nachricht über die Verfertigung der Stühle:

Inschrift

Die Inschriften wurden also im J. 1579 von dem Dominikaner=Mönch Urban Schuman geschnitzt.

Ueber diesen zwei Reihen Stühlen stehen 2 Leisten, auf welchen die Jahre der Stiftung vieler Dominikaner=Klöster ohne Rücksicht auf die Zahl der Stühle in ununterbrochener Folge mit großen Unzialen eingeschnitten stehen. Sie folgen hier unter einander gesetzt von oben nach unten, wie sie an den Stühlen vom Schiffe nach dem Altare hinauf geschrieben sind:

Inschrift

b. Die St. Marien=Kirche zu Alt=Röbel

ist ganz wie die neustädter Kirche gebaut, nur sind die Pforten und Fenstergliederungen mehr mit Kapitälern etc. . verziert und die Wandöffnungen überhaupt mehr gegliedert. In der Altarwand sind schön gebaute Fenster und darüber noch Reste vom Rundbogenfries; sonst ist am Gesimse bei Dachrestaurationen das Alte viel durch Neues verdrängt, auch sind Strebepfeiler angesetzt. Die Kirche ist auch kürzer, als die Neustädter, indem die zwei Fensterpaare des Thurmes nicht zur Kirche genommen sind. Im Thurme hat die Kirche eine sehr hübsche Vorhalle im Spitzbogenstyl, mit Gliederungen und Kapitälern aus gebranntem Thon.

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1) Die Jahrszahl 1228 bei Magdeburgensis hat Schröder; in dem Schnitzwerke fehlt sie jetzt.

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Der Altar ist aus der letzten Zeit des Katholicismus. Im mittlern Altarfenster ist ein kleines Glasgemälde mit einem Marienbilde, jedoch schon etwas beschädigt.

Die Kirche hat noch zwei alte Leichensteine:

a. in einer gothischen Nische steht ein den Kelch consecrirender Geistlicher mit einer zu beiden Seiten herabhängenden schleierartigen Kopfumhüllung, welche im Verein mit dem übrigen weiten Gewande dem Bilde ein weibliches Ansehen giebt, mit der Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCXII [in die . . . . . . . . ] obiit dominus [reuerendus] Yo de Moryn 1 ), [plebanus in Anti]qua Robele. Johannes de Moryn pater ejus et Yda mater ejus. Orate pro eis.)

Zu den Füßen steht der morinsche Wappenschild mit 2 gekrümmten Lanzenspitzen mit einem Widerhaken (Sturmhaken?).

b. in einer gotischen Nische steht ein den Kelch consecrirender Geistlicher mit bloßem Haupte, mit der Umschrift:

Umschrift

(= Anno domini MCCCCXII [in die . . . . . . . .] obiit dominus Petrus Rod[emolner│, perpetuus vicarius in Antiqua Robele. Ejus anima requiescat in pace.)

Zu den Füßen steht ein Wappenschild mit zwei concentrischen Drittheilkreisen (Mühleisen?), mit der Oeffnung nach Außen gekehrt.

Die mittlere Glocke hat die Inschrift:

Inschrift

An einem Pfeiler in der Kirche hängt zum Andenken eins der viel besprochenen Taufbecken. In der Mitte ist der Sündenfall dargestellt. Um diese Darstellung steht im Kreise


1) Die von Morin hatten auch ein Haus oder einen Hof auf der Neustadt neben der Pfarre, die Hausstätte lag im J. 1570 wüste
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die räthselhafte Inschrift. Um diese Inschrift steht, ebenfalls mehrere Male wiederholt, die zweite besprochene Inschrift: REKOR † DE † N S RSE A N .

Auf dem Rande stellt die Inschrift eingegraben:

JOHANNES . BRALLIN . PAST .
ANNA . MARGARETA . HASSEN.


Die kirchlichen Verhältnisse sind für die Geschichte der Stadt und der Gegend von hoher Wichtigkeit.

Die Stadt Röbel wird in die Altstadt gegen Norden und in die Neustadt gegen Süden getheilt. Innerhalb der Stadt lag die Grenze zwischen den Bisthümern Schwerin und Havelberg; die Altstadt gehörte zur schweriner, die Neustadt zur havelberger Diöcese; die nördlichen Grenzen der havelberger Diöcese sind wahrscheinlich die Grenzen des südlich gelegenen Landes Vipperow. - Die altstädter Kirche steht auf einem ziemlich hohen Plateau mit schroffen Abfällen am Nordende der Stadt, und man genießt von dort eine schöne Aussicht; dieses Plateau soll, was auch nicht unwahrscheinlich ist, der alte heidnische Burgwall von Röbel sein.- Die Stiftung der Stadt fällt in die Zeit, als der alternde Fürst Borwin I. gemeinschaftlich mit seinen beiden Söhnen und zuletzt wieder allein regierte (1218 - 1227). Das älteste Stadt=Privilegium ist wahrscheinlich vom J. 1226; die Neustadt Röbel soll der Fürst Nicolaus II. schon im J. 1217 (oder 1227?) angelegt haben, vgl. Schröders P. M. S. 517; in der Confirmation vom J. 1261 wird der Neustadt das schweriner Recht so confirmirt, wie es ihr Heinrich Borwin II. verliehen. Der Styl beider Kirchen, welche der Domkirche in Güstrow ähnlich sind, redet ebenfalls für diese Zeiten. Im 13. Jahrhundert war Röbel auch fürstliche Residenz und seit dem J. 1227 kommen fürstliche Burgmänner zu Röbel vor (vgl. Jahrb. II, S. 215, 217, 219, 226, 227, 231 u. s. w., Rudloff Urk. Lief., S. 37 und Lisch Mekl. Urk. III, S. 98, 107). In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts wird das Land Vipperow, also auch die Neustadt Röbel wohl noch zum Sprengel des Bischofs von Schwerin gehört haben; da die Streitigkeiten des Bischofs von Schwerin mit den Bischöfen von Havelberg und Camin, welche ungefähr, mit dem J. 1252 aufhörten, zum Nachtheil des erstern ausfielen, so wird die Neustadt Röbel in dieser Zeit an das Bisthum Havelberg gekommen sein.

Schon in den frühesten Zeiten der Stadt ward in der Neustadt ein Augustiner=Nonnenkloster (sanctimonia-

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les de ordine poenitentium novae civitatis Robele, 1298) gegründet. Ein Propst Nicolaus (prepositus in Robele) kommt 1239 einige Male, darauf Stephanus (prepositus de Robele) eine lange Zeit hindurch häufig vor, sicher seit 1249, (vgl. Jahrb. II, S. 282, 233, Lisch Mekl. Urk. I, S. 107, 112, 118, Rudloff Urk. Lief. S. 75), und nach demselben 1291 Johannes Stormen prepositus in Robele (vgl. Riedel cod. nov. Brand. I, S. 451). Ob dieser Propst aber ein Klosterpropst und nicht vielmehr einer der unten erwähnten Archidiakone, welche in Röbel auch Pröpste genannt wurden, gewesen sei, steht sehr zur Frage; das Letztere ist wahrscheinlicher, da im J. 1255 Stephanus archidiaconus in Robele beim Bischofe zu Havelberg war. Diese Erwähnung eines Propstes, wenn sie anders aus das Kloster zielt, und die Aufhebungs=Acte sind jedoch die einzigen Nachrichten, welche über dieses Kloster vorhanden sind.

Im J. 1285 ward, nach der Inschrift über dem Kirchenstuhle, in der Altstadt, schweriner Diöcese, ein Dominikaner=Mönchskloster gestiftet. Diesem Kloster waren die werleschen Landesherren, welche häufig in Röbel Hof hielten, sehr gewogen, so daß selbst 2 Prinzen, Bernhard und Heinrich, Johann's I. von Werle Söhne, Mönche dieses Klosters waren (z. B. nobilis dominus frater Bernardus de Slavia ordinis fratrum majorum: Jahrb. II, S. 256). Auch die Fürstin Sophia von Werle († vor 1308), Wittwe des Fürsten Johann I. († 1283) und längere Zeit thätig in der Landesregierung, war häufig in Röbel (vgl. z. B. Jahrb. II, S. 238) und soll (nach Latomus in Schröder P. M. S. 858) in dem Dominikaner=Kloster begraben worden sein.

Zwei Klöster waren aber für die kleine Stadt zu viel, um so mehr, da die bettelnden Dominikaner die Mildthätigkeit in Anspruch nahmen und noch kein anständiges Kloster hatten, und das Nonnenkloster arm war 1 ), vielleicht weil es kein Cistercienser=Kloster war, wie die meisten Klöster Meklenburgs. Daher verlegte der Fürst Nicolaus I. (IV.) um Pfingsten 1298 das Nonnenkloster von der Neustadt Röbel nach dem alten Orte Malchow, um der Armuth des Klosters zu Hülfe zu kommen und überwies den auf der Altstadt wohnenden Dominikanern den Hof der Nonnen, um auf demselben ein Kloster zu bauen 2 ). Seit 1298 war also das Do=


1) Ut pauperum monialium in Robele subueniatur inopie, nach einer Urkunde von 1298.
2) Nicolaus dei gracia dominus de Werle - - tam fratribus ordinis (  ...  )
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minikaner=Kloster auf der Neustadt, havelberger Diöcese, das einzige Kloster in Röbel, an dessen Spitze ein Prior stand. Zu gleicher Zeit ward 1298 das Hospital zum Heil. Geist dotirt (vgl. Mantzel Bütz. Ruhest. St. 23, S. 27) 1 ).

Außerdem war zu Neu=Röbel noch ein Archidiakonus, als Stellvertreter des Bischofes in gewissen Angelegenheiten, zur Verwaltung des Norddistricts des havelberger Bisthums (Vipperow, oder Röbel, oder Wredenhagen); so kommt z. B. 1293, 1298, 1305, 1318 Johannes archidiaconus noue ciuitatis Robele vor (vgl. Mantzel Bütz. Ruhest. St. 23, S. 27 und 29). Wahrscheinlich führte er den Titel eines Propstes und die oben bei dem Nonnenkloster genannten Pröpste sind wahrscheinlich die Archidiakonat=Pröpste.

Vielleicht hatte das Nonnenkloster zu Neu=Röbel noch keine eigene Kirche gehabt, sondern sich an die Pfarrkirche gelehnt, deren Pfarrer zugleich Propst des Klosters war. Daher behielt der Pfarrer von Neu=Röbel die Würde eines Präpositus, dem z. B. die Pfarren von Leitzen, Dambeck und Meltz untergeordnet waren: de provestige to Nigen - Röbel - - als de wendeschen heren de provestige to Nigen Röbel - - bestediget hetten; vgl. Mantzel Bützow. Ruhest. XIX, S. 28 und 38. Jedoch mag die Jurisdictions=Propstei schon seit Alters her von der Kloster=Propstei verschieden und ein Archidiakonat gewesen sein, da der Johannes Stormo prepositus in Robele 1291 (Riedel nov. cod. Brand. I, S. 451) im J. 1294 plebanus nove civitatis Robele (Rudloff Urk, Lief., S. 151) genannt wird. Im J. 1320 erwarben die Fürsten von Werle von dem Bischofe von Havelberg für das Patronat von Cambs die Propstei von Neu=Röbel, so daß sie fortan die Präpositur zugleich mit der Pfarre als Ein Lehn verliehen (vgl. v. Raumer Cod. contin. Brand I, p. 22), und 1330 kommt Arnoldus prepositus in Nouo Robele und


(  ...  ) predicatorum in antiqua ciuitate Robele morantibus, quam sanctimonialibus de ordine poenitentium noue ciuitatis Robele intendentes vtiliter prouidere, - - monialibus - - contulimus, ut se transferentes apud ecclesiam antique Malchow ibidem se lacantes claustrum edificent - - et fratribus prelibati ordinis in Robele ipsam aream, in qua moniales predicte prius habitauerant, cum edificiis eius pro claustro suo ibidem ponendo - - assignauimus. - - Datum MCCLXXXXVIII, feria IV ante Pentecostes. (Urk. in Schröder's P. M. 845.) - Der Ort Alt=Malchow, wo 1298 das Kloster gestiftet ward, wird in dem Privilegium der Vasallen der Länder Röbel, Malchow und Wenden vom J. 1285: "uilla antiqua Malchow" genannt.
1) Außerdem war noch ein St. Georgen=Hospital in Röbel mit einer Kapelle nahe bei der altstädter Kirche. Auch ein Kaland war in Röbel.
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1350 Thydericus dei gracia prepositus in Nova Robele - - in ecclssia parrochiali Nove Robele vor und später: de provestige to Nigen Robele - - in der parkerken to Nigen Robele Havelberger Stiffts (vgl. Mantzel Bütz. Ruhest. XIX, S. 35, 39 - 41). Nach der Visitation von 1534: "Item noch hefft ock dysse prauest "(yn der nygenstath) Jurisdictionem synodalem auer XXXIII parkerken vnder em belegen."

Außerdem wird schon frühe auch noch ein Präpositus von Alt=Röbel genannt, z. B. 1294 Johannes prepositus antique ciuitatis in Robele (Rudloff Urk. Lief., S. 151), 1454 Herman Lotzeke tho olden Röbel prauest (Schröder P. M. S. 2077) und 1447 prepositura Robelensis, Zwe rinensis diocesis, - und sogar auch ein Archidiakonus zu Alt=Röbel als delegirter Richter des Bischofs von Schwerin 1330: Johannes archidiaconus in antiqua Robele (in einer ungedruckten Urkunde). Jedoch sind diese Verhältnisse noch zu dunkel, als daß sie ohne große Studien aufgeklärt werden könnten. In dem Visitations=Protocolle von 1534 heißt es:

"Item noch hefft de pravest (in der oldenstath) auer VI parkerken buten Robell dat geystlyke rychte van olders her".

Mehr als wahrscheinlich hatten beide Bischöfe in Röbel einen Archidiakonus mit dem Titel eines Propstes.

Endlich wohnte in Röbel auch ein Geschäftsführer des Klosters Dobbertin für die im südöstlichen Meklenburg gelegenen, entferntem Güter Laerz, Schwarz und Diemitz (Hinter=Propstei) und Lexow, Roez und Sietow (Vorder=Probstei), welcher deshalb Haus und Speicher in der Stadt hatte; derselbe ward der Sandpropst des Klosters Dobbertin, und davon der ihm anvertrauete District Sandpropstei genannt, vielleicht ursprünglich scherzweise, weil es mehrere Pröpste in Röbel gab und die Güter der Hinter=Propstei sandig sind. Der Dobbertiner Klosterhof lag bis gegen das Ende des 14. Jahrh. neben dem Dominikanerkloster 1 ). Im J. 1389 legte der Rath das Haus zu Bürgerrecht und Stadtpflicht und gab dem Kloster dafür eine Hausstätte neben der von Bune Stätte, der von Morin Stätte gegenüber, zum freien Besitze. Die von Morin hatten ein Haus neben der Pfarre. In dieser Gegend wohnten also die ritterlichen Familien.


1) Nach einer Urkunde des Klosters Dobbertin, d. d. 1389 des dunredaghes vor S. Woltberghe daghe: "dat hus, dat de prouest vnde syn godeshûus hadde bynnen Nygen-Robel vp deme ôrde (Ecke) by den bruderen".
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Das Dominikanerkloster zu Röbel lag in der Neustadt an der Stadtmauer und "des Klosters Balken waren in die Stadtmauer gefaßt." Es bestand aus dem "Mönchhofe" mit Kirche, Kirchhof, Kloster und Baumgarten; vor dem Kloster hatte es eine "Stätte", 3 Buden, an der Ecke der Mühlenstraße eine Bude und außerdem in der Stadt noch 3 Buden, (von denen 5 Buden im J. 1620 abbrannten), einen Teich (Mönchteich) und mehrere Ländereien und Holzungen in der Gegend der Stadt. Wann das Kloster säcularisirt sei, ist ungewiß, wahrscheinlich zwischen 1530 - 40. Als im J. 1558 (nach Latomus in Westph. Mon. ined. IV, 234) der letzte Prior Thomas Lamberti gestorben war, ward das Kloster allmälig abgebrochen und die Steine wurden nach Wredenhagen zum Bau gefahren. Im J. 1568 stand (nach Archiv=Acten) das Kloster wüste, es wurden Steine davon verschenkt und verkauft; 1577 grenzte noch eine Scheure an den Chor der Kirche, 1602 lag auf dem Platze, wo die Kirche gestanden hatte, noch Steingrus. In dieser Zeit werden die Chorstühle in die neustädter Kirche geschafft worden sein. Von Leichensteinen und andern Alterthümern, da das Kloster auch ein fürstlich=werlesches Begräbniß war, ist wohl manches untergegangen; die Urkunden fehlen ganz. Am 17. Mai 1587 schenkte der Herzog Carl seinem Hofprediger Mag. Johannes Andreae zu Mirow aus Dank für seine gute Amtsführung "eine wüste Stätte auf dem Mönchhofe,wo zuvor das Kloster gestanden hatte," zum erblichen Eigenthum. Am 15. April 1589 verkaufte M. Andreae das Haus, welches er auf dem Mönchhofe zu Röbel gebauet hatte, nebst der dazu gehörigen Stätte an den Amtmann Joachim Schröder zu Mirow, und am 24. Febr. 1605 verkauften J. Schröders Erben, zu Röbel wohnhaft, " die wüste Klosterstätte zu Röbel, so weit das ganze Gebäu des Mönchklosters in seiner Circumferenz begriffen gewesen und gestanden, mit aller Gerechtigkeit, ausgenommen den Theil, den der Zimmermann Berend bewohnte", an Joachim von Below auf Hinrichsberg. Die von Below baueten hier einen Hof und besaßen denselben mit alter klösterlicher Freiheit. Gegen die Mitte des 17. Jahrhunderts war Hieronymus Gerlach Sandpropst des Klosters Dobbertin geworden; im dreißigjährigen Kriege war des Klosters Kornhaus ganz "heruntergerissen" und Below's Mönchhof "sehr ruinirt". Weil nun die Below den Hof nicht benutzen konnten und Gerlach gerne seinen Verpflichtungen nachkommen wollte, so verkaufte am 16. April 1651 Igen von Below seinen "in

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Röbel belegenen Klosterhof mit dem Hause mit Kirchstühlen und Begräbniß in der Altstadt und Neustadt, mit allen Freiheiten und Gerechtigkeiten, als eine unstreitige fürstliche Freiheit und Gerechtigkeit" an Hieronymus Gerlach zu einem Erbkaufe. So kam der Hof in bürgerlichen Besitz, wenn auch noch lange über die Freiheiten desselben gestritten ward. Im J. 1702 besaß den Hof noch Gerlachs Sohn, der Burgemeister Hieronymus Christoff Gerlach, und die von Below machten einen vergeblichen Versuch, den Hof zu reluiren.

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Die Kirche zu Plau

ist ein altes, würdiges Gebäude aus der Zeit des Ueberganges vom Rundbogen zum Spitzbogen und schließt sich im Baustyl zunächst an die Domkirche zu Güstrow. Plau erhielt im J. 1228 das erste Stadt=Privilegium.

Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Turmgebäude.

Das Schiff ist ein reines Oblongum ohne Kreuzschiffe und besteht aus einem Mittelschiffe und zwei schmalern Seitenschiffen. Die 9 Gewölbe werden von 4 Pfeilern in strengem, ernstem Style gehalten. Die beiden östlichen Pfeiler sind aus 4 starken, schweren, runden Säulen zusammengesetzt und werden von großen, kräftigen Kapitälern gekrönt, die nach unten zu aus dem Viereck geschnitten sind. Gleiche Kapitäler haben die 2 westlichen Pfeiler, welche aus 4 Pfeilern zusammengesetzt sind, welche die Form der Kapitälerflächen haben, also an jeder Seite gleichmäßig dreiseitig sind. Die Pfeiler sind von abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln aufgeführt, jedoch, wie die ganze Kirche, mit Kalktünch bedeckt. Die Hauptgurtbogen und die Gewölberippen sind in der Wölbung des Uebergangsstyls aufgeführt. Das Schiff hat unter jeder Wölbung 3 Fenster, deren mittleres höher ist, als die beiden andern, also im Ganzen 3mal 3 Fenster. Die Fenster sind hoch, schmal, ohne Gliederung schräge eingehend, fast rundbogig, oben in eine leise Spitze ausgehend., also ganz wie die Fenster und Fensterstellungen der Domkirche zu Güstrow. Drei dieser Fensterstellungen sind in Ein weites Fenster des 15. Jahrh. umgewandelt. An jedem Ende der Seitenschiffe befindet sich Ein Fenster von derselben Construction. Alle Fenster sind mit abwechselnd schwarz glasurten Ziegeln überwölbt. Im Aeußern hat die Kirche keine Strebepfeiler; dagegen einen Fries von halben Kreisbogen, welche an beiden Enden auf dünnen Wandstreifen stehen. An jeder Seite führt eine Pforte ins Schiff; beide sind im Uebergangs=Spitzbogen, die südliche mit abwechselnd schwarz glasurten Ziegeln gewölbt.

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Der Chor im reinen Oblongum von der Breite des Seitenschiffes ist von Feldsteinen aufgeführt. Die Basis, die Fensterwandungen sind von behauenen Granitquadern. Die Altarwand ist grade und rechtwinklig angesetzt und hat ebenfalls drei Fenster. Die Seitenwände des Chors haben 4 Fenster, wie überhaupt alle Fenster des Chors vielfach verändert sind. An der Südseite des Chors ist im Aeußern ein drittes Fenster zugemauert; hiernach scheint der Chor in den Seitenwänden 6 Fenster gehabt zu haben. Die Chorfenster sind jetzt, jedoch wohl aus jüngern Restaurationen, ganz im Rundbogen gewölbt. Der Chor ist im Innern nicht gewölbt, sondern mit Brettern belegt; jedoch sind Ansätze zu den Gewölben im Spitzbogenstyl an den Wänden vorhanden. An der Südseite hat der Chor eine jetzt von einem gewölbten Vorbau verdeckte Pforte im Rundbogenstyl, mit schwer, jedoch schon gegliederten Pfeilern aus behauenem Granit. (vgl. unten Gr. Giewitz.)

Das Interessanteste an der Kirche ist eine colossale, ausgezeichnet schöne und würdige Granitpforte in der Westwand des Thurms, der, im untern Stockwerk aus Granit aufgeführt, im obern Theile aus Ziegeln, etwas verfallen ist. In 5 Gliederungen ist diese ganze, hohe Pforte im Uebergangsstyle aus behauenen Granitquadern auf Granitpfeilern gewölbt. Etwas Aehnliches ist bisher nur von der Kirche zu Dassow bekannt (vgl. unten), deren Wölbungen dieser Pforte sehr gleichen.

An bemerkenswerthem alten Mobiliar besitzt die Kirche nur einen gegossenen Taufkessel (Fünte) aus Bronze vom J. 1570, welcher durch die späte Zeit seiner Entstehung bemerkenswerth ist; er ist von allen bekannten der jüngste im Lande. Er hat noch ziemlich antike Formen und sehr viele Reliefbilder, jedoch ohne Plan und Geist, z. B. mehrere ganz hervorragende Köpfe, das fünfschildige meklenburgische Wappen, ein Crucifix, Marienbilder, Heilige, ein ziemlich gutes Brustbild Johannis d. T. mit dem Lamme auf der Schulter, einen Stierkopf und viele andere Reliefs. Die Inschriften lauten:

oben:

ICK BADEDE DI MIT WATER UND WUSCH DI VAN DINEM BLODE UND SALVEDE DI MIT BALSAM VND KLEDEDE DI MIT GE STICKEDEN KLEDERN.

darunter:

ANNO DOMINI MDLXX. EVERT WICHTENDAL ME FIERI FECIT.

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unten:

GAT HEN UND LERET ALLE VOLKER VND DOPET SE IN DEM NAMEN DES VADERS DES SONS VND DES HILLIGEN GEISTES. MAT. N8 .

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Von dem Schlosse zu Plau

an der Nordseite der Stadt ist nur noch ein ziemlich hoher Wall im Viereck mit einem gewölbten Durchgange und der Rest eines runden Thurmes mit einem anstehenden, langen Stück Mauerwerkes vorhanden. Der Thurm ist rund, noch in 2 Stockwerken und Gewölben vorhanden und jetzt als Ruine oben offen.

Das Schloß zu Plau ist am Ende des 13. Jahrhunderts (1285 - 87) gegründet; in zwei Urkunden der Kirche zu Kuppentin heißt es:

Datum in castro Plawe tempore primae fundacionis eiusdem castri anno domini millesimo ducentesimo octuagesimo quinto, X cal. Marcii,

und

Datum in castro Plawe tempore primae fundacionis eiusdem castri anno MCCLXXXVII, II. non Maii.

Das letzte Schloß, von dem der Thurm mit dem übrigen Mauerwerke noch herstammt, ward um die Mitte des 15. Jahrhunderts von Grund aus neu gebauet.

Der ehemalige Weinberg des 16. Jahrhunderts liegt unter Ackercultur auf einer Höhe südlich von der Stadt.

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Die Kirchen zu Waren.

Die Stadt Waren hat 2 Kirchen:

a. die alte Kirche

oder die Pfarr=Kirche zu St. Georg, welche einen alten viereckigen Chor und ein oblonges Schiff hat, auf dessen Westende der Thurm steht.

Das Schiff ist im ausgebildeten Spitzbogenstyl, wahrscheinlich noch im 14. Jahrhundert, erbauet, denn die Jahrszahl 1414, welche früher auf einem Steine unten am Thurme gelesen ward 1 ), deutet wohl auf die Fundamentlegung


1) Vgl. Warener Wochenblatt, 1841, Nr. 22. Die sehr dankenswerthen Beiträge zur Geschichte der Stadt Waren in dem Warener (  ...  )
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des Thurmes, nachdem die Kirche schon vollendet war. Viel älter als der Thurm wird aber die Kirche nach dem Baustyl nicht sein. Das Schiff hat ein Mittelschiff und zwei Seitenschiffe. Das Mittelschiff ist hoch, jedoch nicht gewölbt, mit reinen Spitzbogenfenstern in der Höhe über den Seitenschiffen. Die Fester sind an der Außenwand gegliedert und mit Sperberköpfen verziert und von kleinen ähnlichen Nischen, als Darstellung einer Gallerie, begleitet. Die Seitenschiffe sind viel niedriger und gewölbt.

Der Chor aus Feldsteinen, im Uebergangsstyle erbauet, also viel älter als die Kirche, bildet ein Quadrat mit grader, rechtwinklig angesetzter Altarwand, welche drei schräge eingehende, schmale Fenster hat, mit 2 gleichen Fenstern in jeder Seitenwand des Chors und mit einem Rundbogenfriese. Der Chor ist im höchsten Grade baufällig und kaum noch durch starke Pfeiler gehalten.

Das Mobiliar der ganzen Kirche ist ohne Bedeutung und ebenfalls sehr verfallen, wie denn die ganze Kirche, aus welcher, mit Ausnahme des Chors, etwas sehr Gutes gemacht werden kann, ein durchaus unerquickliches Ansehen hat.

b. die neue Kirche

oder Marien=Kirche ist der sogenannten alten Kirche ähnlich. Sie hat einen quadratischen Chor aus der Uebergangszeit mit 3 schmalen, schräge eingehenden, leise gespitzten Fenstern in der Altarwand und eben so in jeder Seitenwand. Das Schiff bildet ein Oblongum, ohne Seitenschiffe, aus der Zeit des ausgebildeten Spitzbogenstyls, mit 4 großen Spitzbogenfenstern in jeder Seitenwand.

Die ganze Kirche ist nicht gewölbt, sondern mit einer flachen, gerohrten Decke bedeckt; sie ist mit den Goldleisten etc. auf dem flachen, weißen Grunde einem großen, modernen Gesellschaftszimmer nicht unähnlich. Der Anblick dieser reinlichen Restauration ist eben so unerfreulich, als der moderne "schlafmützenähnliche" Thurm. Die Kirche war schon im J. 1568 bei dem großen Brande ausgebrannt. Bei einem anderen Brande 1637 brannte sie ganz aus und seitdem blieb sie wüste liegen, ward dazu im J. 1671 von einem andern großen Brande wieder ergriffen. Erst gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts dachte man an ihre Wiederherstellung; im J.


(  ...  ) Wochenblatte 1841 und 1842 stammen von dem Herrn Candidaten Danckert, der die werthvollen Sammlungen im Besitze des Herrn Hofraths Schmidt benutzt hat.
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1740 war sie wieder unter Dach gebracht, hatte jedoch noch keine Fenster und Stühle. Erst am Ende des vorigen Jahrhunderts nahm man die oben berührte Restauration vor, welche im J. 1792 vollendet ward (vgl. Warener Wochenblatt, 1841, Nr. 22).

Für die Geschichte der Stadt sind die beiden Kirchen von großer Wichtigkeit. Sämmtliche Urkunden der Stadt sind nämlich verbrannt und es existiren nur einige derselben in alten Abschriften. Die älteste derselben ist vom J. 1271. Aber nach dem Bau der Chöre beider Kirchen ist die Stadt bei weitem älter, als die ältesten vorhandenen Urkunden. Jene quadratischen Chöre mit den schmalen, schräge eingehenden Fenstern, 3 in der Altarwand und 2 in jeder Seitenwand, mit dem Friese aus halben Kreisbogen, mitunter noch mit rundbogigen Pforten zum Chore und zu andern alten Theilen des Baues, wie zu Neukloster (1219), Güstrow (1226), Plau (1228), gehören im südöstlichen Meklenburg ungefähr der Zeit an, als nach der letzten Bezähmung der Wenden der alternde Borwin I. mit seinen Söhnen gemeinschaftlich regierte, also ungefähr der Zeit von 1218 bis 1227 und etwas später.

Auf jeden Fall wird der Chor der St. Georgen=Kirche zu Waren nicht viel jünger sein, als die ebenso consstruirten Chöre der Kirchen zu Parchim, Plau und Röbel welche ohne Zweifel aus der angegebenen Zeitperiode stammen. Die wenigen Ueberreste an diesem baufälligen Chore sind daher von großem Werthe für die Geschichte der Stadt. Die St. Georgen=Kirche war übrigens die einzige Pfarrkirche der Stadt und es stand an ihr allein ein Pleban oder Pfarrherr (rector ecclesiae s. plebanus d. i. Pastor). Das Patronat gehörte dem Kloster Broda (vgl. Jahrb. III, S. 207) und gehörte zu den ältesten Patronaten des Klosters, woraus sich ebenfalls auf das angegebene Alter der Stadt schließen läßt.

Nicht viel jünger wird der Chor der St. Marien= oder Neuen Kirche sein; der Unterschied dürfte nur wenige Jahre betragen. Sie war in ihrer ältesten Gestalt Hofkapelle der Fürsten von Werle, da sie in der Nähe des fürstlichen Schlosses 1 ) lag (unser lieven frowen capelle bynnen Warne up


1) Die fürstliche Burg lag unstreitig in der Neustadt, etwa zwischen der Neuen Kirche und der Wasserpforte. Es finden sich in dieser Gegend allein, hinter der Langen Straße, noch Reste einer stärkeren Stadtmauer und eines Mauerthurmes, und eine Straße in der Nähe heißt die Burgstraße. Im J. 1458 muß die Burg schon unbedeutend gewesen sein, da der Herzog Heinrich d. A. sie der Marienkapelle schenkte.
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der Nienstadt 1458). Das Schiff wird zur Blüthenzeit des werleschen Hauses, als Waren Residenz einer Linie war, also um die Mitte des 14. Jahrhunderts vorgebauet sein.

Ein Kloster hat Waren historisch nie gehabt. Im 15. Jahrhundert hatte es eine Kalandsbrüderschaft; die Kalandsbrüderschaften hatten aber nie eigene Kirchen, sondern nur ein Versammlungshaus, und waren mit ihren religiösen Festen an eine Hauptkirche gebunden. Daß Waren Sitz eines der 5 Archidiakonen des Bisthums Schwerin war, ist bekannt.

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Die Kirche zu Ankershagen 1 )

bei Penzlin ist im hohen Grade interessant, da sie in dem seltenen Style gebauet ist, wie die Kirche zu Schlagsdorf bei Ratzeburg (vgl. Jahresber. VII, S. 63). Die Gewölbe werden nämlich von Pfeilern getragen, welche in der Mitte der Kirche stehen.

Die Kirche besteht aus einem viereckigen Chor und einem breiten, oblongen Schiffe.

Im Schiffe stehen in der Mitte vier Pfeiler, von denen der östlichste zwischen Schiff und Chor, also an der Grenze des Schiffes, steht; diese tragen nach jeder Seite hin 4 Gewölbe, so daß das Schiff mit seinen 8 Gewölben in zwei gleiche Schiffe neben einander getheilt wird.

Es ist aber an der Kirche ein zweifache Bauperiode zu unterscheiden. Der jetzige Zustand ist ohne Zweifel sehr alt; aber es ging diesem offenbar ein älterer vorauf, der noch in die Zeit des Rundbogenstyls fällt. Die eine Hälfte des Pfeilers, welcher zwischen Chor und Schiff steht, ist nämlich ein Säulenbündel, denen in dem Schiffe der Kirche zu Gadebusch (vgl. Jahresber. III, S. 125) ähnlich. Dieses Säulenbündel besteht nämlich aus 4 schlanken Säulen, in deren Zusammenfügungen 4 Säulchen stehen; das ganze Säulenbündel steht auf einer Basis, welche von unten auf aus Platte, Wulst,


1) Das Dorf Ankershagen hat von dem Gründer, dem Ritter von Anker, den Namen. Ein Ritter Eckhart von Anker (Eckhardus de Ankere miles) kommt 1248, 1266, 1282, 1283 im Gefolge der Fürsten von Werle vor. Außerdem kommt im 13. Jahrh. noch ein Otto und im 14. Jahrh. ein jüngerer Eckhart von Anker vor. Im 13. Jahrh. lebte die Familie sicher auf Ankershagen. In spätern Zeiten war Ankershagen ein Lehn der Familie Holstein. - Der Hof von Ankershagen, nahe bei dem Dorfe, heißt Wickenwerder (vgl. Jahrb. V, S. 139). Wickenwerder kommt schon in zwei Urkunden: vom 29. Aug. 1450 (Henneke Holste to Wickenwerdere, und vom 13. Julii 1467 (Clawes Holtste tome Wickenwerdere) vor. - Noch jetzt sind beim Hofe Burgwall, Vorburgplatz etc. . zu sehen.
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Platte, Hohlkehle und Platte besteht und sehr sauber profilirt ist. Diese alten Säulen waren sehr hoch und schlank; der letzte eben beschriebene Rest (der hinter der Kanzel, vor dem Altare steht,) ragt noch mit seinem Schafte weit in die jetzigen Gewölbe hinein. Eben so waren die Fenster nach einigen Resten sehr schön gegliedert; auch sie waren sehr hoch, denn die Anfänge ihrer Wölbung stehen jetzt höher als die Kirchengewölbe.

Dies Alles ist aber vernichtet. Man hat die Säulenbündel zu viereckigen Pfeilern umgeschaffen und nur die dem Chor zugewandte Hälfte des östlichsten Säulenbündels in seiner ursprürglichen Gestalt gelassen, die dem Schiffe zugewandte Hälfte aber zum Viereck umgebauet; man hat auf diese Pfeiler Spitzbogengewölbe gebauet und diese viel tiefer angesetzt; man hat endlich nach Westen hin eine andere Abtheilung der Gewölbe genommen und die Pilaster an den Wänden vor die Thüren und Fenstern gesetzt und diese dadurch mehrere Male zur Hälfte vermauert. Dies alles ist noch im strengen Spitzbogenstyle, also in früher Zeit ausgeführt. Der spitze Scheidebogen des Chors zwischen Chor und Schiff ist ebenfalls östlich vor den ersten Säulenschaft gesetzt. Diese unerhörte, beispiellose Umbauung des Innern der Kirche ähnelt der Verbauung des Aeußern der Kirche zu Klütz (vgl. unten).

Der quadratische Chor ist in sich regelrecht und alt, aus der Zeit des Uebergangsstyls, mit zwei schmalen, schräge eingehenden, leise gespitzten Fenstern in der Altarwand, ist also offensichtlich in sehr früher Zeit vor den Rundbogenbau vorgebauet, da er vor das Säulenbündel gelegt ist. Die Rippen des Chorgewölbes verlaufen sich zur Erde hin in eine mit zwei Flächen eines dreieckigen Prismas hervorstehende Rippe, welche an der Stelle des Kapitals abgekantet und durch einen kleinen Würfel mit den Rippen vermittelt ist (vgl. unten das Schiff der Kirche zu Schlön). Daß nur 2 Fenster in der Altarwand stehen und gestanden haben, beweiset, daß man sich des Styls nicht mehr klar bewußt war.

Unter dem angesetzten Thurmgebäude führt eine halb verbauete, schön geformte Pforte im strengen Spitzbogenstyle mit 3 Ecken und 3 Wulsten in die Kirche.

Der Altar besteht aus ziemlich gutem Schnitzwerk aus dem Ende des 15. Jahrh. In der Mitte steht ein Marienbild in Kranz und Glorie. Unten knieen die Schenker, Mann und Frau, die Frau mit dem Rohrschen oder Kirchbergschen (Karberg) Wappen; der Schild des Mannes, eines Ritters,

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ist nicht mehr erkennbar. Zu den Seiten des Marienbildes stehen Heiligenbilder.

Hinter dem Altare ist der Rest einer Darstellung der Dreieinigkeit von sehr alter und guter Schnitzarbeit angenagelt: Gott der Vater hält Gott den Sohn am Kreuze vor sich. Der obere Theil von Gott dem Vater und die Taube des Heiligen Geistes fehlen jetzt. Gott der Vater sitzt auf einem Stuhle mit graden Seitenlehnen, in dessen Vorderseiten ein schmaler Spitzbogen geschnitzt ist und auf denen 2 Löwen stehen. Auf einem solchen Sessel mit denselben eingeschnitzten Spitzbogennischen sitzen um das Jahr 1300 die Bischöfe auf ihren großen Siegeln, z. B. der schwerinsche Bischof Gottfried von Bülow (1300), in dessen Zeit oder etwas später diese alte Arbeit fallen dürfte.

Außerdem finden sich Epitaphien und Wappen der von Holstein, deren altes Lehn Ankershagen war, in der Kirche.

Der Bau der Kirche wird noch interessanter durch die darüber vorhandenen Urkunden. Die älteste Kirche, von der nur noch ein halber Säulenschaft und ein halbes Fenster vorhanden ist, fällt ohne Zweifel in die ersten Zeiten des Christenthums in Meklenburg und mag eine der frühesten Stiftungen des Klosters Broda (wohl noch aus dem 12. Jahrhundert) gewesen sein, welches das Patronat über diese Kirche hatte. Der Fürst Nicolaus von Werle versicherte nämlich in einer Urkunde vom 23. April 1273 dem Kloster das Patronat der Kirche (mit 4 1/2 Hufen), welche das Kloster seit der Einführung des Christenthums besessen habe (ecclesiam in Ankershagen, quam ecclesia Brodensis a prima plantatione 1 ) tenuit: Jabrb. III, S. 219; vgl. S. 27 u. 32). - Nach einer vom Herrn Pastor Sponholz zu Rülow im Allgem. meklenb. Volksbuch, 1842, S. 13 mitgeteilten Urkunde aus dem Archive des Klosters Broda zu Neu=Strelitz, weihete der Bischof Heinrich von Havelberg am 1. Mai 1266 die "neu gegründete Kirche" zu Ankershagen, welche der Ritter Eckhart von Anker mit 2 Hägerhufen dotirt habe und welche Filial der (nicht mehr existirenden) Pfarre Freidorf sein solle. Diese Bewilligung des competirenden Bischofes: "daß im Dorfe Ankershagen eine Kirche neu gegründet (in der Original=Urkunde wahrscheinlich: "de novo fundanda") werde", deren "Altar" der Bischof geweihet habe, deutet


1) Unter prima plantatio oder novella plantatio ist immer die Einführung des Christenthums und deutscher Ordnung zu verstehen.
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ohne Zweifel auf den innern Umbau der Kirche, wenigstens auf den Anbau des Chors, der auch schon vor das alte Säulenbündel vorgesetzt ist. Die alte Kirche war aber wahrscheinlich nicht so groß, als die jetzt noch stehende, da diese zu den größern Landkirchen Meklenburgs gehört, wie die Pfarre eine der reichsten im Lande ist.

Die Kirche zu Schwinkendorf.

Die Kirche zu Schwinkendorf bei Malchin schließt sich im Baustyl an die Kirche zu Ankershagen, indem sie dieselbe seltene Bauart hat. Sie war schon am Ende des 13. Jahrhunderts eine der älteren Kirchen der Gegend. Die Kirche besteht aus einem oblongen Schiffe und einem quadratischen Chore. Der Chor ist der ältere Theil; er ist mit Einem großen Gewölbe bedeckt. Obgleich die Fenster der Kirche sehr verbaut sind, so ist es doch unbezweifelt, daß jede der drei Seiten 3 schmale Fenster aus dem Uebergangsstyle hatte. Das Schiff ist ebenfalls gewölbt und zwar mit 6 Gewölben, an jeder Seite 3. Das Ausgezeichnete der Kirche besteht nun darin, daß die 2 Säulen, welche die Gewölbe tragen, in der Mitte des Schiffes stehen, wie in der Kirche zu Ankershagen (und zu Schlagsdorf bei Ratzeburg). Die Gewölbe sind sehr scharfe und spitze Sterngewölbe und die Säulen sind den Gewölberippen entsprechend geriefelt.

Die Kirche besitzt zwei Leichensteine:

1) des Dietrich von dem Werder, † 1589, mit dem sehr erhabenen Reliefbilde des Verstorbenen;

2) des Otto Hahn auf Hinrichshagen, † 1596. Sonst hat die Kirche nichts Merkwürdiges.

Die Kirche zu Schlön 1 )

bei Waren, an die Pfarre Ankershagen grenzend, hat, wie diese, ebenfalls einen merkwürdigen Bau. Die Kirche besteht aus Chor, Schiff und Thurm von gleicher Breite.

Der älteste Theil der Kirche ist das Schiff, welches im Uebergangsstyl aufgeführt ist. Das ganze Schiff bildet ein großes Viereck, welches mit einem einzigen hohen und


1) Der Ort Schlön ist sehr alt und war in den frühesten Zeiten der Hauptort einer Provinz, von dem das umherliegende Land den Namen hatte (Land Schlön); im J. 1260 ward vereinbart, daß die Pfarre Rittermannshagen zum Lande Schlön gehören solle (Ridermanshagen ad terram Zlone pertineat): vgl. Lisch Mekl. Urk. III, S. 104.
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schönen Gewölbe bedeckt ist. Dieses Gewölbe wird von einem schlanken, achteckigen Pfeiler getragen, der in der Mitte der Kirche unter dem Schlußstein des Gewölbes steht. Nach dem Ansehen des Ganzen könnte dieser Pfeiler zum Grundplan der Kirche gehören und ursprünglich sein; er erinnert an die Pfeiler der Kirche zu Ankershagen, welche in der Mitte der Kirche stehen und die Gewölbe tragen, und hat zu seinen Umgebungen etwas Eigenthümliches, das keineswegs sehr stört. Dennoch wird der Pfeiler in jüngern Zeiten zur Erhaltung des Gewölbes untergebracht sein. Denn nachdem die Kirche im J. 1628 abgebrannt war, stand sie über 25 Jahr wüste und ward erst um 1662 unter Strohdach gebracht, damit sie nicht ganz untergehe. Dennoch klagte man noch bis 1673 Jahre lang über die Baufälligkeit des "feinen Gewölbes", das den Einsturz drohe. Der Bau stammt ohne Zweifel mit dem Chor der Kirche zu Ankershagen aus derselben Zeit und von demselben Baumeister, denn die Gewölberippen verlaufen sich hier im Schiffe genau so, wie dort im Chor. In der Südwand des Schiffes stehen drei schmale, schräge eingehende Fenster aus der Zeit des Uebergangsstyls, mit einem Wulste in der äußern Ecke, das mittlere ist höher als die beiden andern; alle drei sind im Innern und Aeußern durch schöne Pilaster und Reliefbogen zu einem Ganzen verbunden. Die Fenster an der Nordseite sind vermauert. In gleichem Styl ist die Pforte am Westende der Südwand aufgeführt.

Der viereckige Chor ist im ausgebildeten Spitzbogenstyl erbauet, in jüngern Zeiten vorgesetzt und mit einem rundbogigen Gewölbe, ohne Zweifel einem Werke jüngerer Zeit, bedeckt. In jeder der drei Wände des Chors befindet sich ein dreigetheiltes, weites Spitzbogenfenster. Unten an der östlichen Ecke der Nordwand ist ein großer Mühlstein aus blaugrauem Granit und oben an der östlichen Ecke der Südwand ein kleiner Mühlstein aus röthlichem Granit bei der Aufführung des Gebäudes eingemauert. Nach der Sage soll ein Müller zu Plasten den Chor haben erbauen und diese Mühlsteine zum Andenken mit einmauern lassen.

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Die Kirche zu Groß=Gievitz

bei Waren, an die Pfarre Schlön grenzend, ist im Uebergangsstyle erbauet. Der Chor hat in der graden Altarwand 3 schmale, schräge eingehende Fenster aus der Zeit des Uebergangsstyls und in der Südwand eine Rundbogenpforte aus Granit mit Pilastern, genau so wie die Chorpforte der Kirche zu Plau.

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Die Seitenfenster des Chors, welche jetzt verbauet sind, wurden von großen, weitbogigen Wulsten eingefaßt. Das Schiff hat an jeder Seite 3 Fenster von gleicher Bauart, welche jetzt verbauet sind, und in der Südwand eine gleiche Pforte aus abwechselnd rothen und schwarz glasurten Ziegeln.

Der Chor ist mit einem jüngern rundbogigen Gewölbe ohne Rippen überdeckt, das Schiff, welches durch starke Scheidebogen in zwei Gewölbe geteilt ist, hat ebenfalls rundbogige Gewölbe, wie Tonnengewölbe, mit an die Seitenwände gelehnten Rippen, welche in den Ecken auf ausgehauenen flachen Menschenköpfen stehen.

Das große Thurmgebäude hatte früher auch ein Gewölbe und zwei Fensterpaare von gleicher Construction, wie die Fenster der Kirche. Außerdem hat das Thurmgebäude innerhalb der Ringmauern im Westende noch eine Vorhalle mit einem Sterngewölbe, dessen Rippen sich in der Mitte an einen Kreis setzen (vgl. die Kirche zu Ruchow etc. . Jahresber. VI, S. 88), und eine Eingangspforte mit schön gebildeten Pfeilern an der Seite.

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Die Kirche zu Grubenhagen,

ohne Zweifel eine Stiftung der Familie Grube, und demnächst seit dem 14. Jahrhundert der Familie Maltzahn gehörig, ist ganz von Feldsteinen im Uebergangsstyle gebaut und hat namentlich in der Altarwand die schmalen, leise gespitzten Fenster mit den schräge eingehenden, ungegliederten Wänden.

Die Kirche hat viele maltzahnsche Epitaphien und Wappen und eine maltzahnsche Familiengruft, aber außer dem Folgenden nichts Altes mehr von historischer Bedeutung.

In der Mitte der Kirche liegen zwei Leichensteine, Auf dem einen ist ein Ritter im Harnisch mit Schwert neben einer Frau unter einer Nische dargestellt, mit der Inschrift:

Inschrift

(= Anno domini MCCCCLIX in deme daghe Donati episcopi (Aug. 7) obiit Olricus Moltsan vamme Grubenhaghen, marschalk der heren

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to Mekelenborch, vnle Beate sin husvrowe, de got gnedich si.)

Zu den Füßen des Ritters steht das maltzahnsche Wappen, zu den Füßen der Frau das Wappen der von Viereck (3 Jagdhörner).

Unmittelbar neben diesem Steine liegt ein anderer, ähnlicher, der aber so sehr ausgebrochen ist, daß im Zusammenhange nur der Anfang gelesen werden kann:

Inschrift

Vor dem Altare liegt ein Leichenstein mit dem Relief=Bilde einer Matrone mit der Inschrift:

Inschrift

Ueber dem Haupte des Bildes steht ein Bogen mit der Inschrift:

CHRISTUS IST MEIN LEBEN . STERBEN IST MEIN GEWIN . RO . XI .

An den Ecken stehen vier Wappen und über dem Haupte 3 Wappen mit folgenden Beischriften:

D. V. D. D.
SCHULENBURGK.         VON QUlTZOW.
VICKE CATRINA CHRISTOFFER
V. B. V. D. S. M.
(Wappen der (Wappen der (Wappen der
vom Berge.) v. d. Schulenburg.)     von Maltzahn.)
   D. D.       .
ROHR. V. ARNIM.

Das Wappen des Vicke vom Berge ist ein Schild mit 3 gewässerten Ouerbändern und 2 Hörnern auf dem Helme.

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Die Kirche und das Kloster zu Dobbertin.

Die Kirche zu Dobbertin, deren Aeußeres bekanntlich gegenwärtig in reich verziertem Spitzbogenstyl restaurirt wird und einen ganz neuen Mantel erhält, fordert deshalb zu schärferer Betrachtung auf. Das Aeußere der alten Kirche mit dem grauen Abputz hat nichts Merkwürdiges, sondern die Gestalt des gewöhnlichen, sehr einfachen Spitzbogenstyls. Das Innere ist dagegen merkwürdiger. Die Kirche ist ein sehr langes Ob=

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longum, ohne Seitenschiffe und Kreuzschiffe, mit dreiseitig abgeschnittener Altarnische, wie in der Regel die Spitzbogenkirchen. Die ganze Kirche ist gleichmäßig gewölbt und ziemlich hoch. In der westlichen Hälfte befindet sich in der Höhe seit alter Zeit eine Empore oder ein oberer Nonnenchor, der noch jetzt eingerichtet ist und vor welchem nach der Kirche hin die Kirchenstühle der Conventualinnen angebracht sind. Dieser obere Chor wird von einer Doppelreihe niedriger Gewölbe getragen, welche in der Mitte auf Pfeilern ruhen. Dieses untere Gewölbe in der Kirche, mit seinen Pfeilern in der Mitte, ist in hohem Grade interessant; es erscheint wie eine Krypte oder Gruftkirche, welche freilich mit der Kirche in gleicher Höhe liegt und nach dem Altare hin geöffnet ist. Gegenwärtig ist es 3 Gewölbe lang; früher hatte es eine Länge von 5 Gewölben und war in sich abgeschlossen, wie noch die nach innen hin gerichteten Gewölbeträger, wie am Westende der Kirche, beweisen. In den Seiten=Wänden stehen jetzt 5 niedrige Bogen; diese führten ehemals in Seitenschiffe, wie noch die nach der Nordseite weiter hinausgehenden Fensternischen beweisen, an deren Rückseite man noch die Ansetzung der Gewölbe und die äußern Verzierungen der Hauptgurtbogen erkennt. Das Ganze bildete also einen in sich abgegrenzten Raum von 5 Doppel=Gewölben, an deren Ende noch ein Raum zu einem Gewölbe vorhanden ist, an den sich dann der Chor schließt. Die Pfeiler, welche, in der Mitte stehend, die niedrigen Gewölbe tragen, sind kurze Granitpfeiler mit hohen Basen und Kapitälern. Ausgezeichnet sind die ehemaligen Bogen, die zu den Seitenschiffen führten und welche die Gewölbe an den Seiten tragen. Dies sind sehr starke, sehr niedrige, reich gegliederte und sehr reich mit Laubwerk verzierte Pfeiler, auf denen die alten Hauptgurtbogen in einem sehr ernsten und würdigen Spitzbogen aus der frühesten Zeit desselben stehen. Ohne Zweifel ist dies ein sehr alter Bau, in seiner Art wohl einzig in Meklenburg, und stammt wohl aus der frühesten Zeit des Klosters, welches zur Zeit der Borwine 1 ) ursprünglich für


1) Die Stiftungs=Urkunden sind verloren gegangen. Nach den clandrianschen Regesten der Kloster=Urkunden stiftete noch Borwin I. mit seinen Söhnen Heinrich Borwin II. und Nicolaus zu Dobbertin das Nonnenkloster Benedictiner=Ordens, statt eines Benedictiner=Mönchsklosters, welches früher dort gewesen war. Das Jahr der Stiftung beider Klöster ist nicht angegeben. Am 28. Aug. 1227 bestätigten die Fürsten Johannes und Nicolaus von Meklenburg unter Anführung dieser Begebenheiten das Nonnenkloster. Nach der bischöflichen Confirmation des Nonnenklosters vom 27. October 1238 (gedruckt in Rudloff Urk. Lief. Nr. VIII), in welcher ebenfalls dieser Verhältnisse gedacht wird, hatten noch die Borwine die Verwandlung des (  ...  )
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Mönche gegründet ward; dazu paßt es auch, daß die Südseite der Kirche, so weit dieser Unterbau geht, außen keine Strebepfeiler hat. Wahrscheinlich ist dieser Unterbau die älteste Kirche selbst, welche vielleicht an der Ostseite eine Altarnische hatte, oder der Unterbau mit seinen ehemaligen Seitenschiffen war für eine viel größere, vielleicht für eine große Kreuzkirche angelegt. In spätern Zeiten, etwa im 14. Jahrhundert, bauete man einen großen Chor mit 3 Fenstern an jeder Seite und 1 Fenster hinter dem Altare an, wie es an der Anfügung ziemlich deutlich gesehen werden kann, führte die Seitenwände über den Unterbau auf und überwölbte alles in gleicher Höhe. Dieser ganze neuere Bau der Hochkirche ist überall gleichförmig und im gewöhnlichen Spitzbogenstyl des 14. Jahrhunderts ohne viel Schmuck ausgeführt. - Der Unterbau aber verdient für die Geschichte der Baukunst die höchste Aufmerksamkeit.

Der Kreuzgang, welcher viereckig ist und einen inneren Hof einschließt, ist mit einer Ecke an die Südwestecke der Kirche angebauet, hat also nur Einen Eingang in die Kirche. Die beiden Gänge am Westende der Kirche dem obern Chore zunächst sind im Rundbogenstyl, die beiden andern Gänge im Spitzbogenstyl gewölbt. Der östliche Gang hat runde Gewölbe mit tief herabgehenden Rippen und mit viereckigen Schlußsteinen und eine mit einem Wulst rund gewölbte Pforte, welche in den innern Hof führt. Der nördliche Gang ist ebenfalls rund gewölbt und von runden, auf breiten Pilastern ruhenden Scheibebogen an den Enden begrenzt; die Rippen gehen nicht so tief hinab, wie in dem östlichen Gange. Der südliche Gang ist im hohen, ausgebildeten, schönen Spitzbogenstyl ausgeführt; die Gewölbeträger stehen hoch und sind mit kräftig ausgebildetem, verschiedenartigem Laubwerk, wie Weinlaub, Eichenlaub, Lilien, bedeckt; die runden Schlußsteine sind mit verschiedenartigen Rosetten und mit Laubwerk verziert:


(  ...  ) Klosters in ein Nonnenkloster bestimmt; der Mönchs=Convent (zu Stade) leistete erst im J. 1243 Verzicht. Die Mönche scheinen aber nicht so bald gewichen zu sein; denn noch am 3. Dec. 1227 erscheint; "Thedelinus prepositus fratrum de Dobrotin" (vgl. Jahrb. II, S. 214). In der Urkunde vom 9. Julius 1231 (Rudloff Urk. Lief. Nr. VI), durch welche der Fürst Johannes von Meklenburg dem Kloster das Patronat der Kirche zu Goltz (Goldberg) verleiht, ist noch von Nonnen nicht die Rede; der Fürst sagt nur, daß sein Großvater den "Brüdern " von Dobbertin jährlich 10 Drömt Korn geschenkt habe. Denn in dem Originale steht nicht "filiabus" in Dobertin, wie Rudloff liest, sondern ohne Zweifel ganz klar: "fratribus"  . Das Nonnenkloster scheint also erst durch die Confirmation des Bischofs Brunward vom J. 1238 zur Wirklichkeit gelangt zu sein.
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dieser Gang verdient ebenfalls Beachtung und läßt sich in Meklenburg nur mit dem Kreuzgange von Zarrentin vergleichen (vgl. Jahresber. IV, S. 85). Der westliche Gang ist im gewöhnlichen, nicht kühnen Spitzbogenstyl ausgebildet und hat eine Spitzbogenpforte zum innern Hofe.

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Stadt und Kloster Malchow

besitzen gar nichts von antiquarischem oder artistischem Werthe.

Die Stadtkirche ist ein ganz neues Gebäude.

Die Klosterkirche ist unbedeutend: ein oblonges Schiff mit einem oblongen Chor aus Feldsteinen, ohne Seitenschiffe und Gänge, ohne Pfeiler und Wölbung, ohne architectonischen Schmuck. Das einzige Bemerkenswerthe sind die 3 ohne Gliederung schräge eingehenden schmalen Fenster aus der Zeit des Uebergangsstyls in der graden Altarwand. - Das Innere ist in den letzten Jahrhunderten im Renaissancestyl nicht geschmackvoll aufgeputzt. Von dem Kreuzgange steht ungefähr noch die Hälfte in den Grundmauern, jedoch ohne architectonische Eigenthümlichkeiten, vielmehr schon mit Gebälk überlegt und modernisirt.

Wo die alte wendische Burg Malchow gelegen hat, ob an der Stelle der Stadt oder des Klosters oder anderswo, ist wohl schwer zu bestimmen. Ungefähr eine Viertelstunde östlich von Malchow, auf einem Vorsprunge des laschendorfer Feldes in den malchower See, der Stadt rechts und dem Kloster links grade gegenüber, steht ein mit einem erhöheten Rande umgebener, jedoch nach der Seeseite geöffneter Wall, von der gewöhnlichen Größe und Höhe alter Burgplätze, mit einigen niedrigen Vorplätzen, an einer Seite vom See, sonst rings von Wiese und Moor umgeben. Dieser Wall, der von dem Volke "Wiwerbarg" (Weiberberg), von den Gebildeten Werleburg, auch wohl Pritzburg genannt wird, weil hier der erste Pritzbur mit dem Fürsten Wartislav von Heinrich dem Löwen gehenkt sein soll, könnte noch von der alten Burg Malchow stammen, jedoch finden sich nicht jene zahlreichen Gefäßscherben und Strohlehmstücke, welche sonst die alten Burgwälle erkennen lassen.

Glaublicher ist es, daß das Kloster an der Stelle der ehemaligen Burg steht, wie öfter Klöster auf oder bei alten Burgstellen von den Fürsten errichtet wurden, schon deshalb, weil dieselben disponibles Eigenthum der Fürsten waren, wie z. B. Neukloster und Dargun. Denn als der Fürst Nikolaus von Werle im J. 1298 das Kloster von Röbel nach Malchow verlegte, gestattete er den Nonnen, sich bei der Kirche von Alt=Malchow das neue Kloster

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zu bauen (se transferentes apud ecclesiam antiquae Malchow - se locantes claustrum aedificent). Dieses alte Malchow ist gewiß die alte Burg Malchow und von der Altstadt Malchow neben der Neustadt auf dem gegenüberliegenden Ufer verschieden. Aus dieser Erlaubniß geht aber auch hervor, daß schon vor der Erbauung des Klosters daselbst eine Kirche stand und daß, wenn auch das Schiff später angebauet sein sollte, der jetzt in seinen Gliederungen nicht mehr ganz klare Chor aus einer frühen Zeit, vielleicht noch aus den Zeiten des Uebergangsstyls in Meklenburg stammt, da die Stadt Malchow schon im J. 1235 Stadtrecht erhielt.

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Die Kirche zu Lübz

ist ein großes, regelmäßiges Oblongum, ohne irgend eine Abweichung von dieser Grundform und ohne einen An= oder Ausbau, ohne Strebepfeiler und Gewölbe, mit vier großen, weiten Fenstern an jeder Seite und einem hinter dem Altare. Die Kirche stammt aus dem Ende des 14. Jahrhunderts, da die Stadt erst seit 1370 existirt, und ist in baulicher Hinsicht durchaus nicht der Erwähnung werth.

Die Stadt Lübz hat aber ein geschichtliches Interesse als Wittwensitz zweier ausgezeichneter Fürstinnen: der Herzogin Anna Sophie, Gemahlin des Herzogs Johann Albrecht I., (1576 - 1591), und der Herzogin Sophie, Gemahlin des Herzogs Johann, (1592 - 1634). Und hierauf bezieht sich manches Denkmal in der Kirche. Zu beiden Seiten des Fensters hinter dem Altare stehen in der Höhe über dem Altare an jeder Seite 3 Bilder in Lebensgröße auf Leinewand gemalt: nämlich links (von dem Beschauer) die Bilder des Herzogs Johann Albrecht I. († 1576), seiner Gemahlin Anna Sophia († 1591 zu Lübz) und des Herzogs Johann († 1592), rechts die Bilder der "Fürstin Sophie, geb. von Schleswig=Holstein († 1634 zu Lübz), des Herzogs Adolph von Schleswig=Holstein († 1586) und der geb. Landgräfin Christine von Hessen († 1604)", der Eltern der Herzogin Sophie zu Lübz, Gemahlin des Herzogs Johann. Die Bilder links beziehen sich theilweise auf das Witthum der Herzogin Anna Sophie, die Bilder rechts auf das Witthum der Herzogin Sophie. Die Bilder rechts sind ziemlich gut erhalten; das Bild der Christine ist ohne Namen und Jahrszahl, jedoch durch das darüber stehende Wappen bestimmt. Die Bilder links sind aber sehr mitgenommen. Das Bild des Herzogs Johann Albrecht I., mit der Jahrszahl 1574, hat mehere Risse; von dem Bilde der Horzogin Anna Sophie, mit derselben Jahrszahl, ist nur

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noch ein Fetzen mit Stirn und Augen vorhanden; das seltene Bild des Herzogs Johann ist fast ganz von der Leinewand abgefallen, so daß sich wohl kaum eine Copie davon nehmen läßt.

Ueber diesen Bildern steht an jeder Seite die Abstammung oder "Herkunft" der Fürstinnen, in Schilden aus gebranntem Thon, auf welche die Wappen von 5 Geschlechtern gemalt sind; darunter stehen die Namen. - Das große Fenster hinter dem Altare, zwischen den beiden Genealogien, ist ganz mit ovalen, gemalten Wappen aus der Abkunft der Herzogin Sophie geschmückt.

Hinter dem Altare, unter dem Fenster, steht ein marmornes Monument der Herzogin Sophie. Unter einem von 4 röthlichen Säulen getragenen Gebälk knieet auf einem Unterbau die Herzogin Sophie in Lebensgröße, Kopf und Hände aus weißem, das übrige aus schwarzem Marmor: eine ungemein kräftige, ausdrucksvolle Gestalt, wie das viel bewegte Leben der seltenen Frau. Hinter ihr knieet, in gleicher Ausstattung, ihre unvermählt gestorbene Tochter Anna Sophie ? († 1648). Der Raum zwischen den beiden Säulen vor ihr ist leer und hat eine Inschrift auf ihre während der wallensteinschen Zeit geborne und gestorbene Enkelin, Hedwig (1630 † 1631 zu Lübz), des Herzogs Adolph Friederich Tochter.

Das fürstliche Begräbniß ist wahrscheinlich vor dem Altare und jetzt theilweise von dem Taufsteine bedeckt. Hier ist eine Stelle mit einem weichen, bläulichen Kalkgusse bedeckt, in welchen an der einen Seite das meklenburgische Wappen in farbigen Kalkmassen eingelassen ist; das andere Wappen daneben ist nicht erkennbar. Da die Herzogin Anna Sophie neben ihrem Gemahle im Dome zu Schwerin ruht, so wird dies das Begräbniß der Herzogin Sophie und ihrer Tochter Anna Sophie sein.

Altar, vom J. 1574, Taufstein, Kanzel und Orgel haben keinen architectonischen Werth.

Außerdem hat die Kirche mehrere Epitaphien und Begräbnisse adelicher Familien und von Pfandträgern und Hauptleuten des Amtes Crivitz, z. B. folgende:

a. ein Epitaphium auf Heinrich von Stralendorf auf Goldebee, Hauptmann zu Lübz, von den Brüdern Adolph Joachim von Stralendorf, Kaiser Ferdinands II. Rath und Kämmerer, und Johann Albrecht von Stralendorf gesetzt "anno Christi XXX";

b. ein Epitaphium auf Hans Friederich von Lehsten, Landrath, auf Wardow und Dölitz, 1666 gesetzt, mit den Wappenschilden seiner Ahnen;

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c. ein großes, glänzendes Epitaphium auf Christian von Bülow, königl. dänischen Kammerherrn und General=Adjutanten, Pfandherrn der Aemter Lübz und Crivitz, † 10 Oct 1692 zu Rostock.

Dieser Christian von Bülow ruht in dem von bülowschen Grabgewölbe vor dem Altare in einem sehr reichen zinnernen Sarge; außer diesem stehen in diesem Gewölbe noch viele zinnerne und hölzerne Särge mit Leichen aus der Familie von Bülow.

Auf diese Begräbnisse und die Ehrendienste und Pfandschaften in dem Witthumsamte beziehen sich auch die vielen, kleinen, gemalten Wappen aus dem 17. Jahrhundert, mit denen die großen Fenster gefüllt sind. Die zahlreichen Wappen der Familien von Maltzan, von Bülow, von Stralendorf, von Thun füllen fast ganze Fenster.

Neben dem Altare steht noch ein geschnitztes Chor ohne Zeichen, wahrscheinlich der Kirchenstuhl der Herzoginnen.

Das Amt Lübz

hat manche Ueberreste früherer Anlagen.

Ungefähr tausend Schritte vom Amte stromaufwärts liegt in einer großen Wiesenfläche an jeder Seite der Elde ein nicht sehr ausgedehnter Wallberg von ungefähr 16' Höhe, mit niedrigen Vorburgplätzen an jeder Seite. Dies ist wahrscheinlich die alte Eldenburg, aus welcher Lübz entstand.

Von dem mittelalterlichen Schlosse steht nur noch ein runder Thurm, wahrscheinlich derselbe, den der Herzog Heinrich der Friedfertige im Jahr 1509 durch den Baumeister Andreas Techel bauen ließ; vgl. Anlage und Jahrbücher V, S. 48, Note 4. Das Aeußere hat zwei Stockwerke, von denen das obere von durchschneidenden Halbkreisen, das untere durch treppenförmige Consolen abgegrenzt ist. Das Aeußere ist kräftig und hübsch. Das Innere hat 4 Gewölbe über einander. Das oberste Gemach, welches wohl zu einem Erholungssaale diente und zu welchem von der Höhe eines andern Gebäudes ein Gang führte, hat ein eigenthümliches, sehr schönes und kräftiges Gewölbe, in Form eines Sterns, der ganz aus kräftigen, dreiseitigen Rippen besteht, die noch mit gefälliger Malerei auf Kalkgrund bedeckt sind. Ein Kamin und weitere Fensteröffnungen zeichnen dieses Stockwerk aus.

Die untern Gewölbe sind alle durchbrochen, um das Gewicht der Stadtuhr durchzulassen, welche in diesem Thurme angebracht ist. Die große Glocke ist von der Herzogin Sophie 1602. Die kleinere Glocke hat die Inschrift:

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Inschrift

Zwischen den Worten stehen, wie es scheint, Abdrücke von Münzen, die nicht mehr zu erkennen waren.

Das jetzige, vor ungefähr 100 Jahren aufgeführte Amtshaus steht auf den Fundamenten des alten Schlosses der Herzogin Sophie. Es sind aber alle Gedächtnißtafeln des alten Baues in diesen neuen Bau aufgenommen. An der Vorderseite sind 2 Tafeln mit Inschriften eingemauert; links:

VON GOTTES GNADEN SOPHIA [GEB. ZU] SCHLESWICK HOLSTEIN HER[TZ]OGIN ZU MECKLENBURG, FUR[STIN] ZU WENDEN, GRE[FIN] ZU [SCHWERIN] DER LANDE ROSTOCK UND STARGARD FRAW WITTWE. ANO. 1605.

rechts:

VON GOTTES GNADEN JOHANS HERTZOGK ZU MECKLENBURG, FÜRST ZU WENDEN, GRAF ZU SCHWERIN, DER LANDE ROSTOCK UND STARGART HERR.

An der Hinterseite stehen zweimal, rechts und links, das fünfschildige meklenburgische und das holsteinsche Wappen, und an den Ecken Laubverzierungen, sehr hübsch aus Stein gehauen. Die Wetterfahnen tragen noch dieselben Wappen. Eine eiserne Thür im Thurme hat dasselbe aus Eisenblech auch sehr hübsch getriebene meklenburgische Wappen.

Anlage.

Contract der Herzoge Heinrich und Albrecht mit dem Maurermeister Andreas Techel über den Bau des Thurmes am Schlosse zu Lübz.

D. d. Lübz. 1509. Jan. 30.

Zu wissenn das wir Heinrich vnnd Albrecht gebruder vonn gots gnadenn hertzogenn zu Meckelnborg, Furstenn zu Wendenn, Grauenn zu Swerin etc. . vnns mit Andresen Techell murmeister voreinigt vnnd vordragenn haben, alzo das er auff mitfastenn nestuolgend zu Luptze vff vnsers amptmans daselbst ansukent sol irscheinen vnnd geschickt sein, an gemeltem Sloes einen neuen Thurm anzufahenn, denselbenn zehen fueß dick vnnd dreyer Rutten hoch nach seinem hochstenn vleis den Sumer vber mit einem gewelbe auffzurichtenn vnnd zu mauren, auch

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alle maur vnnd denstknecht, so er darzu bedarff, selbst zu haltenn vnnd zu uorlonen, darkegenn sollen wollen vnnd wir ehme sybentzig guldenn vnd eyn erlich vnnd zymlich kleyt vorreichen vnnd ehme vnnd all sein knechtenn essenn, trincken vnnd freye herberge sampt den betten vorschaffen vnnd das fundament des Thurms auff vnnser kost machenn vnnd alles, was man von kalck vnnd Stein zu solchem Bawe bedorffenn wirt, auffs allernest so es geschen mag zu der Maurstat vnd ehme vnd sin knecht, wen es ehme not ist, hin vnd hir weder bey vnser fur furen vnd schicken lassen, Das ich berurter meister Andreas alle wie berurt ist fur gemelte Sum gelts vnnd ein kleit den Sumer vber alzo zu thun vnnd zu uorbrengen angenomen vnd bewilliget habe, getreulich vnnd vngeferlich, mit vrkunt dis breues, der zwen gleichs lauts gemacht vnd auseinander gesniten vnnd eim itzlichen dheil einer vberandwort vnd geben sint zu Luptze am Dinstag nach Conuersionis Pauli Anno etc. nono.

Nach dem Concept im großherzogl. Archive zu Schwerin.