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Die Kirchen zu Waren.

Die Stadt Waren hat 2 Kirchen:

a. die alte Kirche

oder die Pfarr=Kirche zu St. Georg, welche einen alten viereckigen Chor und ein oblonges Schiff hat, auf dessen Westende der Thurm steht.

Das Schiff ist im ausgebildeten Spitzbogenstyl, wahrscheinlich noch im 14. Jahrhundert, erbauet, denn die Jahrszahl 1414, welche früher auf einem Steine unten am Thurme gelesen ward 1 ), deutet wohl auf die Fundamentlegung


1) Vgl. Warener Wochenblatt, 1841, Nr. 22. Die sehr dankenswerthen Beiträge zur Geschichte der Stadt Waren in dem Warener (  ...  )
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des Thurmes, nachdem die Kirche schon vollendet war. Viel älter als der Thurm wird aber die Kirche nach dem Baustyl nicht sein. Das Schiff hat ein Mittelschiff und zwei Seitenschiffe. Das Mittelschiff ist hoch, jedoch nicht gewölbt, mit reinen Spitzbogenfenstern in der Höhe über den Seitenschiffen. Die Fester sind an der Außenwand gegliedert und mit Sperberköpfen verziert und von kleinen ähnlichen Nischen, als Darstellung einer Gallerie, begleitet. Die Seitenschiffe sind viel niedriger und gewölbt.

Der Chor aus Feldsteinen, im Uebergangsstyle erbauet, also viel älter als die Kirche, bildet ein Quadrat mit grader, rechtwinklig angesetzter Altarwand, welche drei schräge eingehende, schmale Fenster hat, mit 2 gleichen Fenstern in jeder Seitenwand des Chors und mit einem Rundbogenfriese. Der Chor ist im höchsten Grade baufällig und kaum noch durch starke Pfeiler gehalten.

Das Mobiliar der ganzen Kirche ist ohne Bedeutung und ebenfalls sehr verfallen, wie denn die ganze Kirche, aus welcher, mit Ausnahme des Chors, etwas sehr Gutes gemacht werden kann, ein durchaus unerquickliches Ansehen hat.

b. die neue Kirche

oder Marien=Kirche ist der sogenannten alten Kirche ähnlich. Sie hat einen quadratischen Chor aus der Uebergangszeit mit 3 schmalen, schräge eingehenden, leise gespitzten Fenstern in der Altarwand und eben so in jeder Seitenwand. Das Schiff bildet ein Oblongum, ohne Seitenschiffe, aus der Zeit des ausgebildeten Spitzbogenstyls, mit 4 großen Spitzbogenfenstern in jeder Seitenwand.

Die ganze Kirche ist nicht gewölbt, sondern mit einer flachen, gerohrten Decke bedeckt; sie ist mit den Goldleisten etc. auf dem flachen, weißen Grunde einem großen, modernen Gesellschaftszimmer nicht unähnlich. Der Anblick dieser reinlichen Restauration ist eben so unerfreulich, als der moderne "schlafmützenähnliche" Thurm. Die Kirche war schon im J. 1568 bei dem großen Brande ausgebrannt. Bei einem anderen Brande 1637 brannte sie ganz aus und seitdem blieb sie wüste liegen, ward dazu im J. 1671 von einem andern großen Brande wieder ergriffen. Erst gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts dachte man an ihre Wiederherstellung; im J.


(  ...  ) Wochenblatte 1841 und 1842 stammen von dem Herrn Candidaten Danckert, der die werthvollen Sammlungen im Besitze des Herrn Hofraths Schmidt benutzt hat.
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1740 war sie wieder unter Dach gebracht, hatte jedoch noch keine Fenster und Stühle. Erst am Ende des vorigen Jahrhunderts nahm man die oben berührte Restauration vor, welche im J. 1792 vollendet ward (vgl. Warener Wochenblatt, 1841, Nr. 22).

Für die Geschichte der Stadt sind die beiden Kirchen von großer Wichtigkeit. Sämmtliche Urkunden der Stadt sind nämlich verbrannt und es existiren nur einige derselben in alten Abschriften. Die älteste derselben ist vom J. 1271. Aber nach dem Bau der Chöre beider Kirchen ist die Stadt bei weitem älter, als die ältesten vorhandenen Urkunden. Jene quadratischen Chöre mit den schmalen, schräge eingehenden Fenstern, 3 in der Altarwand und 2 in jeder Seitenwand, mit dem Friese aus halben Kreisbogen, mitunter noch mit rundbogigen Pforten zum Chore und zu andern alten Theilen des Baues, wie zu Neukloster (1219), Güstrow (1226), Plau (1228), gehören im südöstlichen Meklenburg ungefähr der Zeit an, als nach der letzten Bezähmung der Wenden der alternde Borwin I. mit seinen Söhnen gemeinschaftlich regierte, also ungefähr der Zeit von 1218 bis 1227 und etwas später.

Auf jeden Fall wird der Chor der St. Georgen=Kirche zu Waren nicht viel jünger sein, als die ebenso consstruirten Chöre der Kirchen zu Parchim, Plau und Röbel welche ohne Zweifel aus der angegebenen Zeitperiode stammen. Die wenigen Ueberreste an diesem baufälligen Chore sind daher von großem Werthe für die Geschichte der Stadt. Die St. Georgen=Kirche war übrigens die einzige Pfarrkirche der Stadt und es stand an ihr allein ein Pleban oder Pfarrherr (rector ecclesiae s. plebanus d. i. Pastor). Das Patronat gehörte dem Kloster Broda (vgl. Jahrb. III, S. 207) und gehörte zu den ältesten Patronaten des Klosters, woraus sich ebenfalls auf das angegebene Alter der Stadt schließen läßt.

Nicht viel jünger wird der Chor der St. Marien= oder Neuen Kirche sein; der Unterschied dürfte nur wenige Jahre betragen. Sie war in ihrer ältesten Gestalt Hofkapelle der Fürsten von Werle, da sie in der Nähe des fürstlichen Schlosses 1 ) lag (unser lieven frowen capelle bynnen Warne up


1) Die fürstliche Burg lag unstreitig in der Neustadt, etwa zwischen der Neuen Kirche und der Wasserpforte. Es finden sich in dieser Gegend allein, hinter der Langen Straße, noch Reste einer stärkeren Stadtmauer und eines Mauerthurmes, und eine Straße in der Nähe heißt die Burgstraße. Im J. 1458 muß die Burg schon unbedeutend gewesen sein, da der Herzog Heinrich d. A. sie der Marienkapelle schenkte.
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der Nienstadt 1458). Das Schiff wird zur Blüthenzeit des werleschen Hauses, als Waren Residenz einer Linie war, also um die Mitte des 14. Jahrhunderts vorgebauet sein.

Ein Kloster hat Waren historisch nie gehabt. Im 15. Jahrhundert hatte es eine Kalandsbrüderschaft; die Kalandsbrüderschaften hatten aber nie eigene Kirchen, sondern nur ein Versammlungshaus, und waren mit ihren religiösen Festen an eine Hauptkirche gebunden. Daß Waren Sitz eines der 5 Archidiakonen des Bisthums Schwerin war, ist bekannt.