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Jahrbücher

des

Vereins für meklenburgische Geschichte
und Alterthumskunde,

 

gegründet von                  fortgesetzt von
Geh. Archivrat Dr. Lisch. Geh. Archivrath Dr. Wigger.

 


 

Fünfundsiebzigster Jahrgang.

herausgegeben

von

Geh. Archivrath Dr. H. Grotefend,

als 1. Sekretär des Vereins.

 


Mit angehängtem Jahresberichte.

 

 

Auf Kosten des Vereins.

 

Schwerin, 1910.

Druck und Vertrieb der Bärensprungschen Hofbuchdruckerei.
Kommissionär: K. F. Koehler, Leipzig.

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Inhalt des Jahrbuches.


Seite
I. Scheffel und die Brüder Eggers. Von Johannes Proelß, Stuttgart 1-28
II. Staat und Kirche in Mecklenburg in den letzten Jahrzehnten vor der Reformation. Von Johannes Weißbach, Dr. phil. 29-130
III. Das Tabamonopol in Mecklenburg=Schwerin. Von Professor Dr. W. Stieda, Leipzig 131-232
Vignette
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I.

Scheffel und die Brüder Eggers

Von

Johannes Proeltz = Stuttgart


I.

I n der "Deutschen Rundschau" konnte ich vor kurzem meinen früheren biographischen Arbeiten über den Dichter Joseph Victor Scheffel eine stattliche Reihe von Jugendbriefen des letzteren an einen Mecklenburger, den um die Mitte des vorigen Jahrhunderts als Kunsthistoriker und Herausgeber des "Deutschen Kunstblatts" zu so großer Bedeutung gelangten Rostocker Friedrich Eggers in biographischer Umkleidung folgen lassen. Die Briefe sind ein schönes Denkmal der Freundschaft zwischen einem national gesinnten deutschen Poeten vom Oberrhein und einem solchen vom Ostseestrand in der Zeit jener geistigen Mainüberbrückung, die der Gründung unseres neuen Reiches vorausging, und bilden eine lebensvolle Ergänzung zu dem Bilde, das sich aus Fritz Reuters burschenschaftlichen Beziehungen zu den Musensitzen am Neckar Alt=Heidelberg und Tübingen, aus Kußmauls Erinnerungen an die Heidelberger Studentenzeit des späteren Schweriner Bürgermeisters Karl Westphal und ähnlichen Überlieferungen ergibt. Sie enthalten viele Einzelheiten, die jeden Mecklenburger echt heimatlich berühren müssen, wie sie auch die denkwürdige Zeit der mecklenburgischen Verfassungsreform vom 1848/49 heraufbeschwören, während welcher Friedrich Eggers fast ein Jahr lang in Schwerin als Mitarbeiter des Professors Karl Hegel in der Redaktion der "Mecklenburgischen Zeitung" tätig war. Gestützt auf den der Literaturforschung bisher noch nie erschlossenen Briefwechsel der Brüder Fritz und Karl Eggers, der sich gleich den Briefen Scheffels an ersteren im Besitz von Frau Senator Dr.

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Eggers in Rostock befindet, will ich im Folgenden einiges aus diesen letzteren für die Leser der "Mecklenburgischen Jahrbücher" in eine intimere Beleuchtung bringen. Zur Einleitung empfiehlt es sich, die Bedeutung und Gemeinsamkeit beider Brüder, denen auch als poetischen Wiederbelebern der heimatlichen Mundart unter den Zeitgenossen und Freunden Fritz Reuters ein besonders hoher Rang zukommt, in großen Zügen zu schildern.

Sieben Brüder Eggers sind in den Jahrzehnten nach den Freiheitskriegen als Söhne des Rostocker Kaufmanns Christian Friedrich Eggers in der altberühmten Ostseestadt aufgewachsen, deren berühmtester Sohn der Feldmarschall Blücher ist. In die ersten Jahre der Ehe fiel die Errichtung des noch vor Blüchers Tode - im Jahre 1819 - enthüllten Rostocker Blücherdenkmals, bei dessen Gestaltung dem Meister Gottfried Schadow in Berlin die Ratschläge Goethes und die Büste zugute kamen, die der Arolser Christian Rauch, Schadows größter Schüler, 1815 im Auftrage des Kronprinzen Ludwig von Bayern vom "Marschall Vorwärts" nach dem Leben schuf. Rauch selbst ward dann der Schöpfer der Blücherdenkmäler für Breslau und Berlin.

Von den sieben Söhnen jenes Rostocker Kaufmanns Eggers, deren einzige Schwester Helene die Gattin des späteren Rostocker Landfundikus Dr. Heinrich Pries wurde, sind der zweite und der vierte, der 1819 geborene Friedrich und der 1826 geborene Karl, als Kunsthistoriker zu Ruhm und Ansehen gelangt, und ihre Namen sind für immer verknüpft mit dem Ruhm Christian Rauchs, des großen Meisters, dem Berlin auch das gewaltige Monument Friedrichs des Großen verdankt.

Wenn diesem großen deutschen Bildhauer der Epoche der Freiheitskriege, dem Schöpfer des Grabmals der Königin Luise von Preußen, für die Abgüsse seiner Werke in Berlin jetzt ein Museum eingerichtet ist, so hat dies sein Genius vornehmlich dem Eifer dieser zwei Rostocker Kunstforscher zu danken; ihrem feinen, im Geiste Goethes und Winckelmanns gebildeten Kunstverständnis, ihrer Begeisterung für die patriotische Kunstrichtung Rauchs verdankt die moderne Kunstwissenschaft in der großen fünfbändigen Rauch=Biographie ein Muster umfassender und erschöpfender Darstellung eines für die Geschichte einer ganzen Nation bedeutsamen Künstlerschaffens.

Friedrich Eggers, der schon als Student sich die Kunstgeschichte zum Fachstudium erkor, dessen erste größere biographische

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Arbeit Gottfried Schadow zum Helden hatte, war der Bahnbrecher dieses Wirkens für Rauch. Es entsprang aus seinem allgemeineren Wirken für die Pflege der Kunst in Deutschland, dessen Organ das von ihm in Berlin seit 1850 unter der Aegide seines Lehrers und Freundes Franz Kugler herausgegebene "Deutsche Kunstblatt" wurde, und aus seiner Tätigkeit als Professor der Kunstgeschichte an der Berliner Kunst= und der dortigen Gewerbeakademie, als Festredner und Festdichter zu Ehren Rauchs bei der Enthüllung des Großen Fritz=Denkmals und bei Rauchs Leichenbegängnis. Als er aber selbst, allzufrüh, am 11. August 1872, kaum daß er die Leitung des Kunstwesens im preußischen Kultusministerium von Minister Falk übertragen bekommen hatte, jählings einer Krankheit erlag, da zeigte sich sein jüngerer Bruder, der Jurist und frühere Rostocker Senator Dr. Karl Eggers, imstande, die von ihm wohl längst vorbereitete, aber erst angefangene Rauch=Biographie fortzusetzen und zu vollenden, was 1891 mit dem fünften Bande geschah. Es folgten noch die Schristen "Rauch und Goethe. Urkundliche Mitteilungen", "Briefwechfel zwischen Rauch und Rietschel" und "Das Rauchmuseum in Berlin". Der ähnlich seinem Bruder poetisch und literarisch Begabte konnte auch die Herausgabe der anmutschönen hochdeutschen "Gedichte" Friedrichs, die bisher nur zerstreut in Zeitschriften, Almanachen und Jahrbüchern erschienen waren, übernehmen, wie er - drei Jahre nach Friedrichs Tode - dessen stimmungsvollen plattdeutschen Gedichte mit einer Auswahl seiner eigenen in dem reichen Bande "Tremsen" vereinigt hat. In ihnen trat gar traulich zutage, was für echte Mecklenburger die beiden Brüder waren. Wie tiefste Innigkeit des Gemüts sich hier mit bezauberndem Humor und musterhafter Sicherheit in Form und Mundart verbindet, ist von dem berufensten Kenner, dem größten plattdeutschen Lyriker, Klaus Groth, gleich damals warm anerkannt worden.

Friedrich Eggers, dessen Asche auf dem Rostocker Friedhof ruht, hat der Vaterstadt bis ans Ende treue Anhänglichkeit bewahrt, und wenn sein Wissensdrang und sein starkes Verlangen, durch eigenes Schauen mit den schönsten Werken alter und neuer Kunst vertraut zu werden, ihn früh die heimatliche Universität mit Leipzig, München, Berlin vertauschen ließen, ihn nach Dresden, Nürnberg, Wien, Prag, Basel, Straßburg, Köln usw. führten, so hat er doch in Rostock, wo der Ästhetiker und Germanist Christian Wilbrandt, der Vater seines späteren Freundes Adolf Wilbrandt, sein Hauptlehrer war, dies Studium begonnen und

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auch als Student zum Abschluß gebracht. Die Wahl des Themas für seine Doktorarbeit "Von der erziehenden Macht der Kunst für die Jugend", die er am Schluß des Jahres 1847 einreichte, ist bezeichnend für sein späteres Wirken als Lehrer der Kunstwissenschaft an den Berliner Akademien, das stets von dem Glauben an die zum Guten erziehende Macht der Schönheit getragen war. Bis zu seinem Tode hat er in diesen Ämtern segensreich gewirkt. Sein Zusammenhang mit der mecklenburgischen Heimat, für deren politischen Aufschwung er vom September 1848 bis in den Juni 1849 als Redakteur der "Mecklenburgischen Zeitung" mit hoffnungsvoller Begeisterung gewirkt hat, welcher später fast Jahr für Jahr durch Besuche in der immermehr sich erweiternden Familie aufgefrischt wurde, gelangte im Frühjahr 1870 öffentlich zum Ausdruck, als er dem Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg in Rom und anderen Städten Italiens als Führer durch die Kunststätten dieselben Dienste leistete, die einst Lessing dem Prinzen Leopold von Braunschweig, und Goethe und Herder der Herzogin Anna Amalie von Weimar in Italien geleistet haben. Seinen "großen Tag" erlebte aber der von Jugend auf deutschnational gesinnte Mitgründer der "Verbindung für historische Kunst in Deutschland" nach so manchem Sieg als Poet in den Dichtervereinen "Tunnel" und "Rütli", im Technikerverein "Hütte" und am kronprinzlichen Hofe in Berlin, schließlich am 16. Juni 1871, dem Tage des Einzugs Kaiser Wilhelms I. an der Spitze der heimkehrenden Truppen in die zur deutschen Reichshauptstadt erhobene preußische Königsstadt! Da war die "Siegesstraße", wie es noch heute in dem schönen Prachtwerk des Rud. Hoffmannschen Verlags, das Karl Eggers herausgab, zu sehen ist, von den Künstlern Berlins in monumentalem Stil zur Via triumphalis umgewandelt und inmitten des fahnenumrauschten Lorbeerschmucks prangten die von Friedrich Eggers stammenden poetischen Begrüßungssprüche, darunter der seitdem so oft zitierte Kernspruch zu Ehren Deutschlands

"Nährhaft und wehrhaft,
Voll Korn und Wein,
Voll Stahl und Eisen,
Sangreich, gedankreich,
Dich will ich preisen,
Vaterland mein!"

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Von Friedrich Eggers war auch der Prolog zur Festaufführung im Berliner Schauspielhause am Tage der Enthüllung des Schillerdenkmals von Reinhold Begas, den 10. Oktober 1871, gedichtet.

Damals hatte sich, was der Text zu dem Prachtwerk "Die Siegesstraße in Berlin" von Karl Eggers bestätigt, dieser jüngere der Brüder in den Wirkungskreis des älteren schon völlig eingelebt. Nach Abschluß der juristischen Studien, denen er in Leipzig, Berlin und Rostock oblag, war er 1850 in seiner Vaterstadt zunächst Advokat geworden. Sein Versuch, sich auf Grund einer rechtsphilosophischen Abhandlung an der Rostocker Universität als Dozent zu habilitieren, scheiterte an dem Widerstand des gerade damals sehr reaktionären Schweriner Kultusministeriums. Bald danach - 1854 - wurde er als rechtskundiger Senator in den Rostocker Stadtrat gewählt. Schon 1856 erkrankte er aber schwer an einem Brustleiden und ging mit seiner Gattin Mathilde, einer Tochter des Rostocker Advokaten Dr. Georg Becker, zur Stärkung seiner Gesundheit nach Venedig, wo er die kunstwissenschaftlichen Studien seiner Berliner Universitätszeit wieder aufnahm; bald sah er sich imstande, mit interessanten Beiträgen für's "Deutsche Kunstblatt" seines Bruders Mitarbeiter zu werben. Ein mehrjähriger Aufenthalt in Meran, über dessen künstlerische Altertümer er mit seinem Verständnis und lebendiger Anschaulichkeit einen Vortrag hielt und herausgab, stellte seine Gesundheit wieder her; aber er blieb weiter ein amtsfreier Mann und schloß sich nun - 1862 - unternehmungsfrisch dem ihn mächtig anziehenden Berliner Lebenskreis seines Bruders Fritz an, in welchem er die beste Aufnahme fand. Einige Jahre nach dem Tod seiner zweiten Frau, einer gebornen Brandenburg=Schäffer, aus welcher Ehe die Gattin des Rostocker Stadtarchivars Dr. Ernst Dragendorff stammt, heiratete er 1886 seine Nichte Margarethe, die Tochter des langjährigen Kassen= und Rechnungsführers der Rostocker Sparkasse, Robert Eggers, welche Anstalt der Vater der sieben Brüder schon 1825 ins Leben gerufen hat. Totz der angesehenen Stellung und des anregenden Verkehrs, die er in Berlin als Kurator des Christian Rauch=Museums, als Mitglied des einst von seinem Bruder Fritz mit Franz Kugler, Paul Heyse, Theodor Fontane, Theodor Storm, Adolph Menzel, Moriz Lazarus, seinem Landsmann Carl Zöllner u. a. gegründeten "Rütli" genoß kehrte er doch im Herbst 1895 nach Rostock heim, wo er für sich und die seinen das Haus in der Kaiser Wilhelmstraße erbauen ließ, nachdem er schon vorher in Warnemünde am Strom das

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gastliche Sommerheim "Tweelinden" eingerichtet hatte. Hier ist er am 18. Juli 1900 gestorben.

Zu Denen, die mit beiden Brüdern gleich herzlich befreundet waren, hat auch ein dritter mecklenburgischer Dichter, dem Berlin zur zweiten Heimat wurde, gehört, Heinrich Seidel, der Erbauer der Anhalter Bahnhofhalle daselbst und der Schöpfer des "Leberecht Hühnchen" wie der köstlichen mecklenburgischen Binnensee=Robinsonade von "Reinhard Flemmings Abenteuern zu Wasser und zu Lande."

Der humorvolle Pastorsohn aus Berlin, der in seiner reizenden "Sperlingsgeschichte", ähnlich wie es von Adolf Wilbrandt im Roman "Fridolins heimliche Ehe" geschah, das mit Kunstschätzen und Zierpflanzen überfüllte und doch gemütliche Junggesellenheim von "Friede" Eggers in einem baumbeschatteten Hinterhause der jetzigen Königgrätzer Straße Berlins so anziehend zu schildern wußte, hatte als Student der Berliner Gewerbeakademie zu dessen Schülern und bald auch zu dem engeren Kreise von jüngeren Freunden gehört, die der mitteilsame joviale Kunst=Professor so gern des abends um seinen Tisch versammelt sah. In dem Buch seiner Jugenderinnerungen "Von Perlin nach Berlin" hat seine Dankbarkeit dem von ihm innig Verehrten dann persönlich ein Denkmal gesetzt. "Er war ein geborener Lehrer", heißt es dort, "wie ich wenige kennen gelernt habe. Er ging ganz in dieser Tätigkeit auf und wußte seine Zuhörer anzuregen, zu begeistern und mitzureißen. Seine Vortragskunst war außerordentlich, und lyrische Gedichte, die bekanntlich am schwersten zu rezitieren sind, habe ich von niemand besser gehört. Durch seine Vorträge hat er Tausende von jungen Leuten gefördert und angeregt. so manchem jungen Künstler hat er die Wege geebnet und auch ich kann wohl sagen, daß er mein Leben in eine Bahn geleitet, die meine ganze Zukunft beeinflußte. Durch ihn wurde der junge, obskure Student der Gewerbeakademie und spätere Fabriktechniker in Kreise eingeführt, die ihm sonst wohl verschlossen geblieben wären, durch ihn lernte ich seinen in Berlin lebenden Bruder, den Rostocker Senator a. D. Dr. Karl Eggers kennen, der mir, den gänzlich unbekannten Poeten, den Verlag meiner fünf ersten kleinen Bücher vermittelte, in dessen Familie ich meine zukünftige Frau kennen lernte, und in dessen freundlichem Hause auf dem Karlsbade 11 ich fünfzehn Jahre gewohnt habe. Ich habe nie einen Mann gekannt, der in aller Welt so viele Freunde hatte wie Friedrich Eggers. Und darunter waren viele mit Namen von hohem Klange. Ich will nur von den

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Poeten einige herausgreifen, wie z. B. Storm, Wilbrandt, Geibel, Heyse, Roquette, Fontane und Scheffel. Mit dem letztern, der ihm von der Studienzeit her befreundet war, stand er noch immer im Briefwechsel. An jedem 29. Februar setzten sich beide hin und schrieben einander über die Ereignisse der letzten vier Jahre."

Diese Angabe ist nun freilich etwas ungenau. Der "Anakreon" des Berliner "Tunnel" und der berühmteste Vertreter der Anakreontik echt süddeutscher Prägung, Friedrich Eggers und Joseph Scheffel, haben in der Tat seit ihrer Studentenzeit bis zum Tode des erstern mit einander zahlreiche Briefe vertraulichen Inhalts gewechselt. Sie hatten auch wirklich am 29. Februar 1844 mit noch zwei anderen Freunden verabredet, daß sie einander an jedem künftigen Schalttage, den sie erleben würden, über den Verlauf der letzten vier Jahre schreiben wollten. Doch ist das nur einige Male eingehalten worden, und die 52 bekenntnisreichen Briefe Scheffels an seinen "Fritz", die sich in dessen Nachlaß, samt verschiedenen aus der Feder von Scheffels poesiebegabter Mutter vorfanden, verteilen sich auf den Zeitraum von 1844 bis 1871 so, daß fast kein Jahr eine Lücke aufweist.

Ähnliche Äußerungen der Dankbarkeit wie sie Heinrich Seidel in die obigen Gedächtnisworte flocht, finden sich öfters in Scheffels Briefen an den Freund vom Ostseestrand, mit dem er, der jüngere (Scheffel war wie Karl Eggers 1826 geboren und noch "Fuchs" als er den sechs Jahre älteren Friedrich in München als Kanditaten kennen lernte), hier und in Berlin die Wohnung geteilt hatte. Nach dem Hinscheiden seines getreuen "Mentors" von damals schrieb der nun zu so außerordentlicher Beliebtheit in Nord und Süd des Vaterlandes gelangte Dichter des "Ekkehard" an Anton von Werner, den ihm kongenialen Illustrator seiner Werke aus der Mark Brandenburg: "ES ist mir, als wäre ein Stück von mir selber begraben, denn wir haben unsere Studienjahre in idealer Liebe zur Kunst und idealer persönlicher Freundschaft verlebt, und in München wie Berlin uns Stoffe und Gedanken gesammelt, die weit in das spätere Leben hineinreichten."


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II.

Ich habe an die Spitze dieses Rückblicks die Tatsache gestellt, daß in demselben Jahre 1819, in dem das Denkmal Blüchers von Schadow in Rostock errichtet wurde, hier der spätere Biograph Gottfried Schadows und seines großen Nachfolgers, Christian Rauchs, Friedrich Eggers, zur Welt kam.

Oft mag der heranwachsende Knabe auf seinen Wegen aus der Wokrenterstraße zur Realschule oder auf Besuch zu Verwandten vor dem Blücherdenkmal gestanden haben, vom Gefühle bewegt, daß es ein Herrliches sei, ein Volk in Waffen zum Sieg fürs Vaterland zu führen, aber auch ein Großes, solchem Helden ein ehernes Denkmal zur Bewunderung und Aneiferung für die Nachwelt aufzurichten. Manches altehrwürdige Bauwerk, vor allem die gotische Marienkirche und das gotische Rathaus der Vaterstadt, die Kirche in Doberan mit den alten Fürstengräbern, dann aber auch die Augenweide des vor dem Hafen Rostocks, dem Seebad Warnemünde, so schön umbuchteten und weit ausgebreiteten Meeres mußten gleichfalls anregend und bildend auf den früh geweckten Kunstsinn des Knaben wirken, während das von Linden umschattete Vaterhaus ihm, wie es scheint, solche Anregungen versagte.

Das Hauswesen der Eltern Eggers in der Wokrenterftraße trug einen fast ländlichen Charakter. Der Kaufmann Christian Friedrich Eggers (1788-1858) trieb Handel mit schwedischem Baumaterial, schwedischen Binsenbettstellen usw.; seine Frau, Sophie Lierow, war vom Lande, und so wurde auch in der Stadt etwas Landwirtschaft getrieben. Das ganze Anwesen bestand, wie mir Frau Senator Margarethe Eggers erzählte, aus zwei stattlichen Giebelhäusern mit großem Hof und Garten, mit Bleiche, Schafställen und Federviehhof. Es wurden so viel Schafe gehalten, daß die Mutter für die ganze Familie von der Wolle Strümpfe spinnen und stricken konnte, und die Aussteuer der Tochter Helene, der 1824 geborenen späteren Frau Landsyndikus Dr. Pries, wurde von eigenem Flachs selbst gesponnen und auf der eigenen Bleiche gebleicht. Die äußerst tüchtige Frau, deren warmes Gemüt aus verschiedenen, besonders innigen Gedichten ihres Lieblings "Fritz uns hell entgegenstrahlt, war 25 Jahre alt, als sie ihrem Ältesten, dem späteren Rendanten der Rostocker Bank, Heinrich Eggers, 1818 das Leben gab; 1835 kam der letzte der sieben Brüder, der musikalisch hochbegabte Gustav,

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zur Welt, der leider schon mit 25 Jahren als Komponist in Berlin verstarb.

Gerade als dieser jüngste Bruder die schon kinderreiche Familie ergänzte, mußte sich des zweiten Sohns Friedrich Berufswahl entscheiden. Sein ganzes Wesen drängte zum Studium, ohne ausgesprochene Vorliebe für einen Beruf. Der Vater entschied, er solle Kaufmann werden, und gab ihn in die Eisenwarenhandlung von Schau, die nun auch nicht mehr besteht, in die Lehre. Volle vier Jahre dauerte die Lehrzeit. Aber während derselben begann sich sein poetisches Talent so zu regen, daß noch vor ihrem Abschluß kleinere Dichtungen von ihm in der von Amalie Schoppe in Hamburg herausgegebenen Jugendzeitschrift "Iduna", die auch Hebbels Erstlinge brachte, und in anderen Blättern gedruckt erschienen. Mit großem Eifer vervollkommnete er sich in der Lehrzeit im Englischen und im Französischen und begann Italienisch zu treiben. Diese Kenntnis moderner Sprachen hat er dann als Student beim Erteilen von Privatunterricht, zu dem ihn sein schmaler "Wechsel" nötigte, verwerten können. Als er in München 1844 mit dem frisch vom Pennal gekommenen Studiosus juros Joseph Scheffel aus Karlsruhe befreundet wurde, der mit ihm bei Friedrich Thiersch, dem damals hochberühmten "Philhellenen", die Vorlesungen über griechische und neuere Kunst hörte, gab er ihm englischen Unterricht; auch Italienisch haben Sie zusammen getrieben in der schon damals von ihnen gehegten Hoffnung, einmal zusammen nach Rom, der hehren Kunst=Weltstadt, zu wallfahrten, einer Hoffnung, die sich leider nur jedem einzeln zu auseinanderliegenden Zeiten erfüllt hat.

Als der Entschluß in ihm reiste, trotz aller Bedenken des Vaters doch noch zu studieren - Altertums= und Kunstwissenschaft, die Poesie aller Zeiten, wofür es an der Rostocker Universität damals in Professor Christian Wilbrandt einen sehr anregenden Lehrer gab - war Heinrich Pries, sein späterer Schwager, ihm ein hilfreicher Freund. Nach langem Kampfe erwirkte er vom Vater die Erlaubnis, das Abiturium noch anzustreben. Das dafür erforderliche Griechisch war freilich kein geringes Pensum, aber Pries half ihm dabei und das Ziel wurde erreicht, fast ohne weitere Lehrer. Dieser geistige Krastaufwand, aus eigenem Entschluß und reiner Liebe zur Wissenschaft, trug später goldene Früchte: es war ihm zur Gewohnheit geworden, an jedem Tag ein starkes Arbeitsmaß zu bewältigen und der sichere Besitz der in so vorgeschrittenem Alter, gleichsam in einem Guß, erworbenen klassischen Bildung ist ihm, wie sein Französisch,

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Englisch und Italienisch als Redakteur des Deutschen Kunstblatts und als Biograph verschiedener Romwallfahrer unter den deutschen Künstlern sehr zustatten gekommen.

Jenes Ringen mit dem väterlichen Willen, bei dem die Mutter auf seiner seite stand, hatte aber viel Schmerzliches und Demütigendes für ihn, zumal sein nächstjüngerer Bruder Ernst, an dessen Aufgewecktheit er eine ganz besondere Freude hatte, vom Vater gleichzeitig genötigt ward, ein Handwerk zu ergreifen. Der Vater, ein gediegener, sparsamer Haushalter, als welcher er ja gerade zum erfolgreichen Begründer der Rostocker Sparkasse geworden war, wollte beim dritten Sohn das alte Sprichwort: "Handwerk hat einen goldenen Boden" zu Ehren bringen. Ernst wählte die der geistigen Interessenwelt so nahe stehende Buchbinderei. Merkwürdiger Weise hatte auch er, wie seine Brüder Fritz und Karl, zwischen denen er fröhlich aufwuchs, Talent zur Poesie. Und wenn er dann auch in Wien und während der sieben Jahre langen Wanderzeit es zur kunstgewerblichen Meisterschaft in seinem Handwerk brachte, so hat man doch, liest man die Briefe, die er aus der Fremde in die Heimat schrieb, das bestimmte Gefühl, er war zu etwas Höherem berufen. Auch Scheffel, der ihn durch Fritz persönlich kennen lernte und dem "wackeren Wandersmann" durch diesen manchen Gruß sandte, teilte dies Gefühl. Als der aus Italien heimkehrende Gesell 1847 bei ihm in Karlsruhe vorsprach, schrieb Scheffel dem Freund:

"Deinen wackern Bruder Ernst, der Dir wohl schon Nachricht gegeben hat über die paar Tage, die wir zusammen verlebten, habe ich wahrhaftig beneidet; er hat - in seiner gesunden und kräftigen Weise - ebensoviel von Italien gelernt und heimgetragen, als mancher deutsche Gelehrte." Der dann in Rostock zur Selbständigkeit Gelangte hat sich derselben leider nicht lange erfreuen können. In einer Mondscheinnacht des Winters 1858 stieg er auf den Boden, um eine versehentlich offen stehende Luke zu schließen, damit sein Geselle nicht am andern Morgen hinabfalle, - er tritt fehl, stürzt hinaus und zerschmettert unten auf dem Hofe.

Nach Friedrich Eggers' Tode ist in einzelnen der ihm von der Berliner Presse gewidmeten Nekrologe bedauert worden, daß seine Jugend in Rostock eine so trübe gewesen sei. Man hatte dabei jene inneren Kämpfe im Auge, auf die auch sein schöner "Lobgesang" zum Preise des Alterns zurückweist:

"Nicht mehr quält mich, was meine Jugend mir trübte,
Grausame Wahl des Berufs - nun bin ich berufen
Zu der schönsten Lebensarbeit - zum Lehren!"

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Schmerzlicher tönt die Klage aus dem gleichfalls erst später entstandenen Lied:

"Hinter mir, wie ein böser Traum,
Liegt meine arme Jugendzeit.
Schüttle den Baum, schüttle den Baum!
Kein süß Erinnern Blüten schneit.

Fallen so große Tropfen gleich,
Fallen wohl in das grüne Gras;
Tropfen vom Baum, Tropfen vom Zweig -
O, was sind meine Augen so naß!"

Das war ein Stimmungsbild, und man darf diese Klage nicht verallgemeinern. Sie hält in solchem Umfang nicht stand neben dem anziehenden Bilde, das Karl Eggers in seiner "Zuneignung" der "Tremsen" von der halbländlich behaglichen Häuslichkeit der Eltern gegeben hat:

"Uns Mooder was von'n Lann.
Se hett uns upbörnt mit de Kinnerleder,
De wit torügg gan in plattdütsche Tiden,
Un mit er eegen früntlich frame Red.
Dat Leben in de Stat bröcht dat jo mit sik,
Dat se ok hochdüt'sch spreken ded; doch wenn
Dat Hart mit uns to reden hadd, denn kem
Keen hochdüt'sch Wurt er up de Tung . . . .
Un as er Sprak so was er Doon un Driben."

Dort ist ihr fleißiges Walten in Haus und Hof, im Gemüse= und Blumengarten geschildert und als ihr schönstes Fest ein Gang ins Freie, "na den Pipendik", um nach dem Stand des Korns zu sehen . . .

"De leg in't frige Felt, von Kurn ümgeben,
Un unner hoge Böm in't grööne Gras
Dor lagerten wi uns de Reeg lang hen.
Uns Vater tröck sin korte Feltpip' rut,
Un Mooder mak't den groten Kober apen:
De was vull Semmel, un de Botterdos
Wir en Upeter, 1 ) den se uthölkt hadd


1) Upeter, Aufesser, eine große längliche Semmel im Werte von einem Schilling.
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Un vull mit Botter streken; hollannsch Kes
Un beten Rotwin in de lütte Feltflasch
De böden uns dat schönste Vesperbrot. -
Wo smeckt dat prechtich in de frische Luft! . . .
De Abentsünn vergollt dat ganze Felt,
De Lewark steg in'n roden Abenthimmel,
Heuspringer süng in't Kurn . . ."

Von solchem Ausgang brachte sich die Mutter stets einen vollen großen Strauß von "blage Tremsen" mit nach Haus, und nach diesem Brauche hat die Sammlung der plattdeutschen Gedichte ihrer Söhne Fritz und Karl, die übrigens Dr. Karl Nerger mit vortrefflichen sprachlichen Erläuterungen und einem Wörterbuche versah, ihren schönen Titel "Tremsen" erhalten. Wie ihres Herzens Sprache ihrem Fritz gerade in jenen Jahren der "grausamen Wahl des Berufs" wohltat, das künden uns gleichfalls Verse von ihm. Eins dieser Lieder gewann ihm als Dichter das Herz der Mutter Scheffels, dieser warmherzigen, für die Pflege der Kunst im Haus hochbegabten, echt süddeutschen Dichtermutter, die ihrerseits in der badischen Residenzstadt Karlsruhe als gute schwäbische Schultheißentochter aus der Schwarzwaldstadt Oberndorf den heimischen Dialekt nicht verleugnete und auch das rauhere Alemannisch des Gatten aus dem Kinzigtal in Festgedichten poetisch zu zwingen wußte. Auch Frau Josephine hat viel auszugleichen gehabt, als ihr reichbegabter Joseph, ihr Stolz, von dem der Vater eine Ministerlaufbahn erwartete, Maler werden wollte, aber Jurist werden mußte.

Kurze Zeit nach der Trennung, die dem Münchner Zusammenleben der Scholaren folgte, im Jahre 1845 schrieb Scheffel an seinen "vielgeliebten Friedrich", aus Heidelberg, wo es ihm zunächst nicht behagte: "Du bist freilich jetzt in andern Verhältnissen; Du bist zurückgekehrt in die Heimat und hast all die Plätze und Häuser, die Gegenstände Deiner Jugenderinnerungen und die Eltern und Freunde und das ganze gemütliche Familienleben wieder, nach dem Du Dich so oft gesehnt - und wenn Dich etwas drückt oder Dir fehlt, so machst Du Dir Luft durch Mitteilung an ein treues Herz. Ich hoffe nur, daß Dich mein Brief in voller Gesundheit und fideler Stimmung antrifft, daß Deine Wangen in der sorgsamen Pflege des Mütterleins und der Schwester in der Rostocker Luft wieder rot geworden sind und Du das neue Jahr noch doppelt so angenehm und nützlich zubringen mögest, als Du selber wünschest. Nimm die herzlichsten

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Grüße meiner Eltern und meiner Schwester und grüße ebenso herzlich in meinem Namen Deinen lieben Vater und Deine wackere Mutter und all Deine Angehörigen - und auch Deinen Freund Pries, den ich zwar nur aus Deinen Erzählungen kenne, der's aber nicht verschmähen wird, wenn ich als Unparteiischer ihm gratuliere, daß er Dich wieder hat und somit einen Freund besitzt, wie man ihn nicht leicht wieder findet (oder wie die Heidelberger Redensart heißt): "wie man ihn nicht auf Bildern sieht."

Jofeph Scheffel, der Sohn des badischen Oberbaurats und Genieoffiziers Jakob Scheffel und einer Mutter, die für die badischen Veteranen von 1814 und 1815 bei festlichen Gelegenheiten wiederholt sich als patriotische Dichterin öffentlich bewährte, stammte aus einem Haus, das in Karlsruhe zur Zeit als Architekt Hübsch dort die "Kunsthalle" baute, deren Direktor Maler Trommel wurde und die Moritz von Schwind ausschmücken half, den Mittelpunkt der Geselligkeit unter den Künstlern bildete. Er war, bei aller Sprödigkeit eines echten Jungen ein verwöhnter Muttersohn; nicht ohne Wissensstolz kam er als Erster der Prima vom Lyzeum; daß seine Sehnsucht, Künstler zu werden, in München wenigstens im Studium der vielen Kunstschätze, die König Ludwig I. dort vereinigt hatte, einen Trost finden konnte, war ein Beweggrund mehr, daß sein Herz mit dem des kunstbegeisterten Rostockers dort so innig zusammenwuchs. Die Eltern Scheffels, die mit ihrer Tochter Marie den Joseph in München besuchten, freuten sich seines Verkehrs mit dem älteren gediegenen Kameraden, den sie seinen "Mentor" nannten. Zu Ostern 1845 konnte Scheffel dem fernen Freund schreiben:

"Eine merkwürdige Sympathie herrscht doch, wie zwischen uns selbst, so zwischen unsern Müttern, die uns beiden einen so weiten Platz in ihrem Herzen eingeräumt haben. Wie ich von Heidelberg in die Heimat einrückte, da wartete Dein Brief schon auf mich. Alles wollte wissen, was darin steht; - ich verschob aber das Vorlesen bis nach Tisch, wo gewöhnlich über dies und das geplaudert wird. Mein Vater war diesmal sehr nobel und brachte mir zu Ehren eine kleine Flasche Champagner auf den Tisch und dazu las ich Deinen Brief vor und wir tranken gerührt wieder dazwischen und nach der dritten und vierten seite war das Fläschlein leer. Da sprach meine Mutter, "wenn das Dir zu Ehren geschieht, um wieviel mehr müssen wir jetzt Deinen lieben Freund da oben im Norden und sein ganzes Haus ehren"

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und ließ noch ein Fläschlein aufstellen und die Gläser für Euch Alle klingen - und wir freuten uns recht herzlich, wie ich am Ende Deines Briefes las, daß im Herzen Deiner verehrten Mama am 16. Februar" (das war Josephs Geburtstag) "ungefähr derselbe Gedanke aufgestiegen sei - und mein Vater zitierte nach seiner Weise das alte Sprichwort: Es gibt halt nichts Neues unter der Sonnen. - Und doch solls im Laufe dieses Jahres noch was Neues geben! Ich bin im Laufe der Ferien hie und da mit einer Andeutung herausgerückt und habe bald leis gewinkt, bald - wie unsere Landsleute sagen - mit der Holzart angeklopft, was meine Eltern davon hielten, wenn ich im Herbst mit Sack und Pack abzöge, vom Neckar an die Spree und mein fünftes Semester in Berolin zubringen wollte; und wiewohl meine Leute nicht recht darauf eingehen mochten, so hat mein Vater doch schon gesagt: "Nun denn, am Ende - eigentlich, wenn Du wieder mit Deinem alten Freund Eggers zusammenleben könntest und dieser, wie in München, über Dich leichtsinnigen Kerl sorgte und wachte, - so könnten wir Dirs vielleicht erlauben."

In diesem Zusammenhange ist, was Scheffel dem Freunde, als dieser seine Eltern verlor, zum Troste schrieb, von besonderem Interesse. Die geliebte Mutter verlor Fritz Eggers schon bald nachdem die Gründung des "Deutschen Kunstblatts" ihn in Berlin gegen Ende des Jahrs 1849 glücklich unter Dach und Fach gebracht hatte. Bereits am 20. Dezember 1850 wurden schlimme Nachrichten über das Befinden der wackeren Frau dem Rechtspraktikanten am Säckinger Bezirksamt zum Anlaß, den Freund zu trösten: "Ich weiß gewiß, daß Deine Befürchtungen nicht in Erfüllung gegangen sind, sonst hättest Du mirs mitgeteilt, denn auf Alles, was meinen Fritz tief schmerzlich bewegt, habe ich auch ein Anrecht, so gut wie auf seine Liebe. Und deswegen grüß ich Dich jetzt, und wenn Du beim Flimmern der Weihnachtskerzen im Heimathaus den Christabend feierst und Dich Deiner Mutter freust, wie dereinstmals als Kind, wo das Christkindlein selber den Weihnachtsbaum anzündete, so vermeld ihr auch meinen Gruß. Deine Mutter darf nicht weggehen von hier, bis sie den ersten Sohn meines Fritz auf ihrem Schoß gewiegt und den treuesten ihrer Söhne im Besitz von allem Glück gesehen hat, das ihm das Mutterherz wünscht. Die Familie ist eins der wenigen Dinge, die Einem heutzutag nicht untreu werden. Lebenspläne, Vertrauen auf andere Leute, politische Hoffnungen (daß Gott erbarm!) Alles verfliegt: ein rechtschaffenes Mutterherz fällt nicht vom Sohn ab."

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Leider war jene Hoffnung in doppelter Hinsicht vergeblich. Blieb doch Fritz Eggers zeitlebens unverheiratet. Am 10. Oktober 1851 schrieb Scheffel aus Karlsruhe:

"Liebe Seele - was in Freud und Leid Dir geschieht, das ist auch ein Stück von meinem Leben, und wie oft bin ich bei Dir gewesen, um Dich über den Verlust Deiner unvergeßlichen Mutter zu trösten, aber schreiben konnt' ich nicht - ich versteh' es nicht, einen teilnahmsvollen Zuspruch aufs Papier zu werfen und weiß zu gut, daß, was auch Einer aus der Ferne an wohlgemeintem Trost beibringen mag, es doch nichts zur Ausfüllung solcher Lücken im Herzen ausrichten kann. Du hast Dein Leid getragen als Sohn, als Mann - und wie ich Deinem Schreiben entnahm, in würdigerer Fassung, als ich sie selbst im Wust meiner Amtsgeschäfte und des ordinären Lebens in der Waldstadt Säckingen befaß. Was es heißt, jemanden aus der Familie zu verlieren, hab ich selbst bald darauf erprobt. Meine theure alte Großmutter, die Mutter meiner Mutter, seit den Tagen der Kindheit meine treueste Hüterin und Freundin, ist im Sommer plötzlich - nachdem sie noch des Abends wie sonst im Kreise der Ihrigen heiter und ohne Ahnung und Krankheit sich vergnügt hatte, einem Schlaganfall erlegen. Ich hab' in meiner Ferne nicht einmal an ihrem Totenbett stehen oder ihr die letzte Schaufel Erde als Gruß ihres Enkels ins Grab mitgeben können, zu spät erfuhr ichs. Der einzige Trost ist mir, daß ich wenige Wochen zuvor bei ihr war und mich ihrer alten Liebe erfreuen konnte, so daß ich mich versichert halte, sie hat mir ihren Segen - auch ohne daß ich sie in den letzten Augenblicken sah - dennoch gegeben."

Scheffels Großmutter Katharina Krederer, die Schultheißenwitwe aus Oberndorf am Neckar, war zu Rielasingen am Fuße des Hohentwiel als Tochter des dortigen Posthalters geboren. Von ihr hatte Joseph schon als Knabe die alten Sagen des Hegau erzählt bekommen.

Gegen Ende 1858 starb 70 Jahre alt der Vater unserer Brüder Eggers. Scheffel drückte seine Teilnahme dem Freund in folgenden Worten aus:

"Lieber theurer Fritz! Die heutige Post bringt mir die Kunde von der schweren Trauer, die Dich und Dein Haus betroffen. Ich drücke Dir die Hand; ich weiß aus unserem Zusammenleben in München und Berlin, was Dir Dein Vater war und that und wie hoch Du ihn gehalten. - Sei ihm die Erde leicht! Es ist

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doch nur eine Spanne Zeit mehr oder weniger, daß wir alle den gleichen, schweren, räthselenthüllenden Gang gehen werden. Dein Trost aber ist das rechtschaffene Bewußtsein, dem Vorausgegangenen ein treuer liebevoller Sohn gewesen zu sein."


III.

Herzinnige Freundschaften zwischen norddeutschen und süddeutschen Studenten waren in der Zeit des vormärzlichen Schwärmens für deutsche Einheit und Freiheit keine Seltenheit; das lag im Geiste der von Süddeutschland - Heidelberg - ausgehenden, um Preußens Führung werbenden "deutschen Bewegung" und der neuaufblühenden deutschen Burschenschaft. Die Verschiedenheit der Konsession war für Eggers nicht störend, denn sein Kunstinteresse strebte ja auch, die Stimmungswelt zu erfassen, welche einstmals zuerst die gotischen Dome gen Himmel türmte; da war ihm der vertraute Verkehr mit einem jungen aufgeklärten Katholiken, dessen Urahn ein Klosterstiftsschaffner im Schwarzwald gewesen war, gerade willkommen; während andrerseits der aufgeweckte Scheffel, im Geist des edlen Konstanzer Bischofs Wessenberg erzogen, sich auf Grund von Luthers Bibelübersetzung, der Werke unsrer Klassiker und andrer philosophischer und naturwissenschaftlicher Lektüre eine freiere Weltanschauung schuf. Goethes "Wenn wir in das Freie schreiten, auf den Höhen da ist der Gott!" war beiden, als sie zum erstenmal von München aus selbander in die Berge zogen, aus der Seele gesprochen.

Daß jeder mit ganz besonderem Stolz seiner besonderen Stammesart anhing, seinen heimatlichen Dialekt pflegte, wirkte bei der Anknüpfung der Freundschaft gleichfalls nur anziehend. Ueber die Art, wie sich die beiden in München kennen lernten, hat sich in der Eggerschen Familie eine humoristische Überlieferung erhalten. Die zwei Studenten sollen in einem schauderhaften Regenwetter mit den aufgespannten Schirmen zusammengestoßen sein. Sie drehten sich im gerechten Aerger nacheinander um; ein Wortwechsel entstand, und jeder suchte den andern scheltend zu überbieten. Wahrscheinlich hat der Rostocker sein geliebtes Platt, der Karlsruher das vom Vater ererbte Allemannisch zu Hilfe

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genommen. Dazu stimmt eine Stelle in dem Briefe Scheffels vom 5. Januar 1845 aus Heidelberg, bei der er ein Wiedersehn mit dem Freunde im Auge hatte: "Ich würde gewiß keinen kräftigen Fluch in die Welt schicken, wie damals bei unserer ersten Unterredung." Vorher hat er erwähnt, daß ihm im Colleg ein paar "Vandalen" in der Nähe sitzen, deren feine Sprechweise ihn an die des fernen Freundes erinnert hat. Das Korps "Vandalia" war von Franz Howitz aus Rostock mit einigen anderen Mecklenburgern und Niedersachsen 1841 in Heidelberg gegründet worden, und zu Scheffels Bundesbrüdern in der "Allemannia" gehörte der frühere "Vandale" Karl Westphal aus Schwerin, der später als Bürgermeister seiner Vaterstadt Abgeordneter im Deutschen Reichstag wurde.

Gerade für den Humor derb volkstümlicher Schimpfworte, wie sie in unseren deutschen Mundarten sich oft durch eine grandiose Bildlichkeit auszeichnen, waren Friedrich Eggers wie Scheffel bis an ihr Lebensende ganz besonders empfänglich. Letzterer hat ja, nachdem er als Rechtspraktikant zu Säckingen den "Chrüzdunnerwetter"=Flüchen der Hauensteiner Schwarzwaldbauern ihren komischen Reiz abgelauscht hatte, der Kunst des Schimpfens auch poetische Wirkungen abgewonnen, die, wie im "Ekkehard" Herrn Spazzos dröhnende Rechtsverwahrungen beim Reichenauer Abt und im "Gaudeamus" des Rodensteiners Verwünschungen der von ihm "veritrunkenen" Odenwalddörfer, in "feuchtfröhlichem" Krafthumor funkeln:

"Pfaffenbeerfurt, die duftige Mistfinkenhöhl',
Pfaffenbeerfurt, des Odenwalds Kronjuwel,
Pfaffenbeerfurt ist .... veritrunken!"

Von Friedrich Eggers, dessen ganzes Wesen als lyrischer Poet wie als Kunsthistoriker den Falstaffhumor eigentlich ausschloß, habe ich schon in der "Deutschen Rundschau" erzählt, daß er es vortrefflich verstand, auf die Tonart der verschiedensten Lebenskreise und Persönlichkeiten einzugehen, "Er konnte", wie sein Neffe Pastor Robert Pries in Rostock zu berichten weiß, "mit einer alten Marktfrau so behaglich sprechen, daß sie ganz begeistert von ihm war, und mit gleicher Unbefangenheit und herzlicher Wärme redete er mit seinem Fürsten, den er 1870 wochenlang in Italien begleitete."

Da sich die Freundschaft zwischen Scheffel und seinem Fritz so schön auf die beiderseitigen Familien übertrug, konnte es nicht

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fehlen, daß, gleichwie Bruder Ernst, der "wackere Wandersmann", auch der nächstjüngste Bruder, Karl, davon Vorteil zog, zumal dieser sich demselben Studium wie Scheffel, der Jurisprudenz, zuwandte, als Scheffel noch selbst Student war.

In der Osterzeit vor dem vierten Semester des letzteren (1845) mußte es sich entscheiden, wo Karl sein erstes Semester verbringen sollte. Scheffel, der ein zweites Semester in Alt=Heidelberg vorhatte, das er nun schon ganz als "Stadt fröhlicher Gesellen, an Weisheit schwer und Wein" höchlich zu schätzen wußte, schrieb aus Karlsruhe an den Freund in Rostock: "Wie freue ich mich auf den blütenreichen Mai und den ganzen Sommer am Neckar, in Wald und Gebirg. Da könnten wir aus volleren Zügen Natur kneipen, als im Englischen Garten; Du mußt wenigstens Deinen Bruder Karl nach Heidelberg schicken, daß ders für Dich genießen kann. Ich meinerseits bin fast ein wenig leichtsinnig geworden und werde mir kein großes Gewissen daraus machen, draußen im Freien grad so viel und gern herumzustreifen, als im Hörsaal festgebannt zu sitzen, und mein Skizzenbuch soll dieselbe Achtung genießen wie meine Collegienmappe."

Karl Eggers begann sein Studium in Rostock und blieb auch dort im folgenden Semester, obgleich Scheffel dem Fritz riet:

"Wenn es sich nicht unschwer machen läßt, so bring Deinen Bruder Karl mit nach Berlin. Ich meine, gerade am Anfang des juristischen Studiums bedarf es ausgezeichneter Collegien und anregender Vorträge, um die Luft an dem an sich einem jugendlich frischen Herzen wenig behagenden Stoff zu erregen, und diese mögen in Berlin doch wohl eher zu finden sein, als in Rostock; - abgesehen von den Vortheilen, die das Fernleben aus dem elterlichen Hause und das Umhertreiben in einer ganz neuen Welt für die Bildung des Characters bringt. Was ich Halbjurist ihm rathen und mittheilen kann, steht ihm natürlich zu Gebot."

Für Karl Eggers war es gewiß recht heilsam, daß er als Student der Rechte zunächst in der Vaterstadt heimisch blieb, wie seine spätere Laufbahn bestätigt. Dagegen hätte Fritz seine in so vieler Beziehung, auch für die gesamte Familie, ersprießliche Laufbahn nie gewinnen können, ohne den Studienaufenthalt in den beiden deutschen Kunsthauptstädten München und Berlin, ohne seine Reisen in die übrigen deutschen Museumsstädte und seine Wallfahrten zu berühmten Baudenkmälern kirchlicher und weltlicher Art, wie jene Wanderung durch Böhmen nach Schloß

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Karlstein und Prag, die Scheffel in einem seiner ersten Briefe erwähnt.

Eine Pfingstreise durchs bayrische Hochgebirge bis nach Innsbruck hinein hatten sie von München aus zusammen gemacht, und das gemeinsame Entzücken an der Alpenpracht, an den alten Burgen am Inn, den Kunstschätzen Innsbrucks hatte ihre Freundschaft vertieft. Scheffel hat in seinen Briefen wiederholt an diese Fußreise erinnert, besonders schön, als er im Spätsommer 1851 von Sackingen aus, diesmal mit dem Geschichtsprofessor Ludwig Häuffner, dem Präsidenten des "Engeren" in Heidelberg, wieder in Tirol gewesen war. "Im Tirol", schrieb er am 10. Oktober 1851 aus Karlsruhe an den Freund in Berlin, "ist auch wieder viel alte Liebe und Jugendlust in mir - wie ein Alpenglühen in die Dämmerung des Thals hinein - aufgegangen. Wie ich bei Straß am Eingang ins Zillerthal wieder stand, am Platze, wo wir Pfingsten 1844 uns lagerten und rathschlagten, ob wir hineinziehen wollten: da war mirs, als ob Berg und Felsen ringsum mir Deinen Namen grüßend zurufen sollten, - und bei den Burgen und Schlössern am Inn, an denen wir damals vorübergestreist und im Dom, zu Innsbruck, bei den kräftigen Erzstatuen um Maximilians Grab und bei Alexander Collins unvergleichlich feinen Marmorreliefs - überall bist Du, mein treuester Kamerad, bei mir gestanden." - "Was weiter aus mir wird," fährt er in dem Briefe fort, "ich weiß es nicht. Ich sollte einmal in recht hartes Pech gerathen, um mir selber heraushelfen zu müssen: dann würd ich meine Kräfte zu was Ganzem concentriren. so aber bin ich durch geschichtliche und juristische Studien - durch erlernten Beruf, durch Freude am Malen wahrhaft bei lebendigem Leib geviertheilt."

Ich habe in meinen Scheffelbiographien nachgewiesen, wie gerade aus dieser Zwiespaltigkeit oder vielmehr Vierspältigkeit von Scheffels Begabung der poetische Reichtum der historischen Kulturbilder herstammt, die wir in seinem Gang vom Oberrhein "Der Trompeter von Säkkingen", in dem Roman von der Schwabenherzogin Hadwig auf Hohentwiel mit seiner lebensvollen Schilderung des Lebens in den alten Abteien Sankt Gallen und Reichenau, in den historischen Erzählungen "Juniperus" und "Hugideo", in den historische Landschaft spiegelnden Wanderliedern des Wartburgpsalters "Frau Aventiure" und des "Gaudeamus" besitzen. Hier möchte ich hervorheben, daß er nach Abschluß seines Berliner Studienjahrs auch die vom Freund so gepriesene Ostseeküste aufgesucht und die Insel Rügen mit Wanderstab und

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Skizzenbuch durchzogen hat. Aus einem Brief an den Bundesbruder Schwanitz in Eisenach wissen wir, daß er ohne Begleiter auf der Insel war; aus einem Eintrag in Friedrich Eggers' Notizenbuch von 1845-47 scheint hervorzugehen, daß dieser ihn von Berlin über Stettin nach Stralsund begleitete, dort aber nach Rostock abbog. Näheres über Scheffels Wanderfahrt, die ihn von der Ostsee durch den Harz und den Thüringer Wald mit dem Kyffhäuser und der Wartburg als Stationen heimwärts führte, konnte ich nicht erkunden. Dagegen verdanken die frischesten der "Lieder eines fahrenden Schülers", die er 1847 in den Münchner "Fliegenden Blättern", ohne seinen Namen, erscheinen ließ, dem Nachgenuß seines Aufenthalts auf der Insel Rügen ihr Entstehen. Noch vor ihrem Erscheinen schrieb er an Friedrich Eggers aus Karlsruhe am 17. Oktober genannten Jahres: "Übrigens bin ich keineswegs ganz in Tendenz und Politik aufgegangen. Wenigstens im "wunderschönen Monat Mai", wo die Vögel wieder singen und dem Menschen die Wanderlust in die Glieder fährt, da ist mirs gegangen wie Dir, und weil ich nicht selbst wandern konnte, habe ich wenigstens ein paar Wanderlieder geschrieben, d. h. ich habe meine Erinnerungen von Rügen und vom Harz usw. auf dem Papier fixiert, aber in allgemein fideler Fassung... Wenn also einmal der fahrende Schüler in Holz geschnitten erscheint, so denk dabei an mich; - ich woll Dir hiermit den ganzen Burschen nachträglich dediciren."

In den Band "Scheffels Nachgelassene Dichtungen" habe ich eine Auswahl dieser Gedichte aufgenommen. Charakteristisch für den werdenden Dichter ist vor allem "Die Nacht am Hünengrab", deren Anfang also lautet:

"In wunderschöner Maiennacht
Da brauch' ich kein Wirtshaus;
In freier Luft, in frischem Gras
Da ruh' ich besser aus.

Ein Hügel steht am Meeresstrand,
Ein altes Hünengrab;
In seine heil'ge Erde pflanz'
Ich meinen Wanderstab.

Du grüner Hügel Dubberworth,
Laß ruhen mich auf dir;
Wo ruhig schläft der alte Held,
Da sei auch mein Quartier."

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Das Gespräch zwischen ihm und dem aus dem Grab hervorsteigenden Hünengeist offenbart Scheffels damalige burschenschaftliche Sehnsucht nach einem Mann, der dem deutschen Volke aus seinem politischen Elend ein starker Führer werde. - Der deutsche Burschentag auf der Wartburg im Juni 1848 sah die Freunde dann in der Siegesstimmung nach den "Märzerrungenschaften" wieder vereinigt. Sie haben beide, auch als Redner und Journalisten, einen starken Anteil gehabt an der Bewegung für eine Deutsche Reichsverfassung, Scheffel als "altes Haus" der Heidelberger Burschenschaft "Frankonia", die aus der "Allemannia" und "Teutonia" entstanden war, Friedrich Eggers als Vertreter der Berliner Burschenschaft "Germania". Der junge Doctor jur. Scheffel wurde in Frankfurt a. M. Legationssekretär beim Reichskommissar Welcker und begleitete diesen nach Holstein und Lauenburg; im Frühjahr 1849 redigierte er als Gegner von Hecker und Struve und Anhänger von Gervinus, Bassermann und Mathy in Karlsruhe zugunsten der neuen Reichsverfassung die "Vaterländischen Blätter für Baden". Der junge Dr. phil. Friedrich Eggers hatte in Berlin nach den Märzerrungenschaften als Gehülfe des Geheimrats Franz Kugler, der im Ministerium Ladenburg dem preußischen Kunstwesen vorstand, in volkstümlich liberalem Geist eine Denkschrift über die geplante Reorganisation der Kunstverwaltung im preußischen Staate ausarbeiten dürfen. Die Hoffnungen auf das Reichsverfassungswerk der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche standen in vollem Flor und in Mecklenburg waren auf Grund des neuen provisorischen Wahlgesetzes die Wahlen für den konstituierenden Landtag im Gange, als Friedrich seinen in Rostock schon auf den juristischen "Doktor" zusteuernden Bruder Karl aus Berlin meldete, Professor Hegel, der in Schwerin die Leitung der "Mecklenburgischen Zeitung" übernommen hatte, habe ihn eingeladen, die Stelle eines zweiten Redakteurs an dem Blatte und die Berichterstattung über die Verhandlungen des Landtags für dasselbe zu übernehmen. Karl Hegel, der älteste Sohn des berühmten Philosophen, hatte vorher als Professor in Rostock die Verfassungsgeschichte der Städte Italiens zu seinem Spezialstudium gemacht und war jetzt voll Eifer dabei, an der Gestaltung der im Werden begriffenen neuen Deutschen Reichsverfassung persönlich mitzuwirken. Die Berufung von Friedrich Eggers nach Schwerin vermittelte ihm ein gemeinsamer Freund, der Schweriner Advokat Eduard Hobein, der später mit beiden Brüdern als plattdeutscher Lyriker gewetteifert und in den sechziger Jahren dem von ihm heraus=

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gegebenen "belletristischen Jahrbuch aus Mecklenburg" "Vom Ostseestrand" einige der besten Proben ihrer humoristischen Poesie, wie "Gun Nacht", "Die Schildwach", einverleibt hat. Karl Eggers hatte die Märztage des Jahres 1848 als Student in Berlin mit Friedrich erlebt und gehörte seit seiner Rückkehr nach Rostock dem dortigen Reformverein an. Friedrich folgte dem Rufe Hegels nach Schwerin nur provisorisch; wie er dem Bruder schrieb, fühlte er sich eigentlich zum Politiker nicht berufen und Franz Kugler hatte schon damals vor, ihn an die Spitze eines von ihm zu gründenden Kunstblatts für das einige Deutschland zu stellen. Doch hat er im Dienste der Zeitung, für die er auch die Schauspielkritik übernahm, bis in den Juni 1849 ausgehalten, und als er, von Kugler nach Berlin dringend zurückberufen, aus Schwerin wieder schied, glaubte er noch an den Sieg der guten Sache, für die er sich opfermütig als Redakteur und Journalist eingesetzt hatte. Das bestätigt uns ein Gedicht, das er kurz vor dem Abschied seinem Chef Professor Hegel, am 7. Juni, zu einem Ehrentag zugleich im Namen des gesamten Zeitungspersonals in Prachtdruck, wie er an Karl schrieb, feierlich überreichte. Die ersten zwei Strophen des Gedichts, die auf die damaligen Sammlungen zum Bau einer deutschen Flotte Bezug nahmen, lauteten:

"Das ist des Kampfes Zeit, - zum Schwert! zur Feder!
So klingt der Werberuf durch alle Gauen,
Wenn selbst die zarten Jungfraun Flotten bauen,
Verläßt des Friedens stilles Werk ein Jeder.

Wir haben auch ein wak'res Schiff gezimmert,
Du stehst am Steuer, lenkst es unverdrossen,
Beim Segelwerk und bei den Bleigeschossen
Steht Deine Mannschaft Sturmesunbekümmert."

Wenn das Gedicht dem älteren Freunde zuversichtlich den Sieg in den Kämpfen der Zeit prophezeite, so erwies sich dies leider sehr bald als - verfrüht! Im März 1849 hatte Fritz auch ein Lied an den Großherzog Friedrich Franz II. gerichtet.

Hierüber schrieb er an Bruder Karl am 9. dieses Monats aus Schwerin: "Auch die deutsche Zeitung" - das war die Heidelberger, das Organ der badischen Liberalen - "hat die letzte Strophe aus meinem Liede an den Großherzog abgedruckt. Dagegen erfahre ich, daß die Hof= und Adelspartei hier großen

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Anstand daran genommen hat. Ich habe den festen Glauben, daß Serenissimus anders denkt. (s wär' sonst schad' um ihn!" Scheffel aber hatte Recht, als er gegen Ende dieses für die deutschen Patrioten so enttäuschungsreichen Jahres schrieb: "Ich bin überzeugt, daß Du die Politik schon längst an den Nagel gehängt hast, das ist kein Gebiet für einen objekiven künstlerischen Geist, und die Feuilletonthätigkeit ist zu fragmentarisch. Deßwegen adressir' ich auch diesen Brief nicht nach Schwerin, wo Du mitgezeitungt hast, denn ich habe eine Ahnung, daß Du anderswo hausest." Im "Deutschen Kunstblatt" aber mit seiner nationalen Tendenz hat dann die Schweriner journalistische Schulzeit seines Redakteurs reiche Früchte getragen.

Friedrich Eggers erwarb sich in jenen Jahren der Entwicklung Scheffels zum Dichter aber auch das Verdienst, dessen von ihm gleich anfangs richtig gewürdigtes poetisches Talent von dem verhängnisvollen Hang zur burschikosen Formlosigkeit zu befreien, der von dessen Tätigkeit als Kneipzeitungsredakteur seiner Heidelberger Verbindung herstammte. "Du bist's gewesen", schrieb letzterer nach seinen ersten wohlgelungenen Gedichten an den formgewandteren Freund, "der die feineren Saiten in mir vom Rost und allerlei Umhüllung gereinigt und spielbar gemacht hat, - und das ist mehr werth als aller toller Jubel, den ich sonst auch bei Anderen gefunden und, mehr als gut war, mitgemacht habe. Ohne Dich hätt' ich vielleicht nie einen Vers geschrieben; und wenn sie seither noch alle ziemlich schlecht ausfielen, so ist ein schlechter Vers für den inneren Menschen doch mehr werth als die beste juriatische Relation."

Als dann Scheffel, der nach seiner Dienstzeit am Bezirksamt in Säckingen als Maler jene Reise nach Rom und Capri machen durfte, die über seinen Beruf zum Dichter entschied, 1853 und 1855 mit dem "Trompeter von Säkkingen" und dem "Ekkehard" ins Feld rückte, war Friedrich Eggers derjenige, der diese schönen, so echt deutschen Werke in seinem Deutschen Kunstblatt am eingehendsten und verständnisvollsten besprach.

Ganz ähnlich hat aber auch Scheffel an Fritz Eggers gehandelt. Als kostbarste Gabe, die ihm die Musen mit auf den Weg gegeben, empfand dieser doch auch seine Begabung zum Dichter. Zugleich aber erkannte er früh genug die Schranken, die dieser Begabung gezogen waren, Er hatte als Kaufmannslehrling und als Student das Sichbiegen und Sichfügenmüssen

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gelernt, sich als Privatlehrer, als Kunstkritiker Geld verdienen müssen, um weiter studieren zu können. Als zu Anfang 1850 das Deutsche Kunstblatt von ihm bei T. D. Weigel in Leipzig glücklich gegründet war, unter Mitwirkung von Franz Kugler, Schnaase, Waagen in Berlin, Passavant in Frankfurt a. M., Wiegmann in Düsseldorf, Ernst Förster in München, Schulz in Dresden, Eitelberger in Wien, da begrüßte dies von Säckingen aus der Rechtspraktikant Scheffel wohl freudig: "Wie groß meine Freude war, aus Deinem Brief und dem Prospekt der Kunstzeitung zu ersehen, wie mein alter Fritz sich endlich durchgearbeitet hat zu dem Beruf, den ihm die Götter an seiner Wiege vorzeichneten, darüber sag ich nicht viel; erhole Dich unter dem reinen blauen Himmel der Kunst vom Nebel und Lärm des Tages und sei glücklich, das ist mein Hauptwunsch für Dich." Gleichzeitig mahnte er ihn aber auch an seinen Dichterberuf, indem er den Schlußvers aus dem damals bereits komponierten Liede des Freundes zitierte:

"Wie heißt denn das Lied auf Meer und Höhn,
Das Allen so wohl gefällt?
Der Anfang heißt: Die Welt ist so schön!"
Das Ende: "Du schöne Welt!""

Gegenseitig haben sie auf ihren poetischen Geschmack läuternd eingewirkt. Eggers, der musikalisch war und die Flöte virtuos spielte, hat wesentlich dazu beigetragen, bei dem unmusikalischen Scheffel den Sinn für das Melodische im deutschen Volkslied zu erschließen. Als Eggers auf Grund seiner schönen Übersetzungen von Gedichten Anakreons im Berliner Dichterverein "Der Tunnel über der Spree" den Namen "Anakreon" erhielt, konnte Scheffel die Bemerkung nicht unterdrücken, auch die echte Anakreontik müsse erlebt sein. Bei ihm war dies ja der Fall, und der Erfolg gab ihm Recht! Besonders hoch stellte er die plattdeutschen Gedichte des Freundes. Als 1854 die "Argo", ein von Kugler mit Theodor Fontane, Fritz Eggers, Paul Heyse, Bernhard von Lepel und anderen Dichtern des "Tunnels" herausgegebenes Jahrbuch erschienen war und Scheffel darin einige der plattdeutschen Erstlinge des Freundes entdeckte, schrieb er ihm:

"Dich selber als Poeten drin zu finden, war mir anziehend. Du hast Dein eigen Departement, wo Dir nicht viele beikommen können, das ist die behagliche Ausstaffirung gemüthlichen inneren

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Lebens, mit ein wenig Aengstlichkeit, aber herzgewinnender Feine. Daher haben mich Deine plattdeutschen Gedichte sehr angesprochen - das ist ein dankbarer Ton, der noch viel zu wenig cultivirt ist, - der Verstand wird immer universal, weltstrebend sein, das Herz, je höher es schlägt, desto particularer wirds und schafft sich provinciale Freuden."

Unter diesen Gedichten befand sich "Wedder to Hus".

"Ja, wenn een'n ierst so'n Johrer söß
De Wint üm de Uren pust,
Denn nasten kricht 'n doch so'n Zuch
Na Muddern un na hus."

Es findet sich in der Sammlung "Tremsen" unter dem Titel "Verennerung".

Als Studenten hatten sie sich beide mit jugendfrischer Begeisterung der Bewegung angeschlossen, welche die Einigung des großen Gesamtvaterlands vom Geiste der Freiheit erhoffte; jetzt in den Jahren der trübseligen Reaktion erquickte ihnen zum Troste die Poesie des Heimatlichen das Herz.

Während Fritz und Karl Eggers im Wetteifer mit Fritz Reuter und Klaus Groth sich und ihren Lesern auch jenseits der plattdeutschen Grenzpfähle "provinciale Freuden" schufen, feierte Scheffel "si Heimeth, s'allemannisch Land", wie es in seinem Jubiläumsgedicht auf Johann Peter Hebel im Dialekt der Feldbergtäler heißt, in den heiteren Rheinstrom= und Schwarzwaldidyllen seiner Säkkinger Trompeterdichtung, wie in den ergreifenden Liebesszenen auf den Bergen des Hegau und den Hunnenschlachten am Bodensee, die uns sein "Ekkehard" schildert. Im "Ekkehard" fand Scheffel auch Gelegenheit zu einer Neckerei auf das Obotritenland, das erst vom deutschen Süden her das Christentum und den - Wein empfing. Der Weinhandel, den der unter die Hunnen geratene Wanderschwab Snewelin aus Ellwangen dorthin betreibt, die auf den Bodensee angewandten Vergleiche mit Eindrücken, die Scheffel als Student auf Rügen empfing, sollten seinem Fritz besonderen Spaß bereiten. Sein urkräftiger Humor wahrte bei allem Scherz die freiheitlich nationale Tendenz seines Jugendschwärmens und nach den großen deutschen Errungenschaften des Jahres 1870/71 wurden

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diese echt süddeutschen Dichtungen die Lieblingslektüre der norddeutschen Jugend. Friede Eggers - so nannten ihn in Berlin seine Schüler - führte 1870 einen Sanitätszug ins Feld nach Frankreich. Dort war jetzt Scheffels "Teutoburger Schlacht" ("Als die Römer frech geworden") aus dem Jahr 1848 eins der beliebtesten Soldatenlieder. Als die Mecklenburger Truppen nach Frankreich zogen, da hatte Friede Eggers einen gleichgestimmten Humor gefunden für sein plattdeutsches Soldatenlied mit dem "gooden Rat":

"Sprekt plattdüt'sch mit Bazainen!
Un haut den Schelm von Mexico: -
Denn markt he, wat ji meenen.

Se leegen grof, se leegen fin,
Dat sik de Balken bögen!
Plattdüt'sch sal ok mal Weltsprak sin,
Un Plattdüt'sch kan nich leegen."

Beide Männer, Scheffel und Friedrich Eggers, hatten in ihrer Art eine besondere Gewalt, die gerade auf die Jugend jener großen Zeit des Sieges über Frankreich und der Errichtung des neuen deutschen Reichs bezaubernd wirkte. Eggers freilich vornehmlich als Redner innerhalb der Kreise seines Wirkens, während Scheffels Wirkung als Dichter eine viel weitere war. Theodor Fontane hat in seinem Erinnerungsbuch "Von Zwanzig bis Dreißig" gar ansprechend erzählt, wie sein Freund Friede Eggers während des Kriegs seine im Felde stehenden Schüler, darunter manchen Mecklenburgischen Landsmann, wie ein Vater mit Liebesgaben und Liebesworten versorgte. sein Triumph als Dichter der kunstgeschmückten Siegesstraße beim Einzug der heimkehrenden Truppen in Berlin war ein harmonisch schöner Abschluß seines Lebens.

Zehn Jahre nach seinem am 11. August 1872 erfolgten Tod veranstaltete der Berliner Technikerverein "Hütte" an seinem Geburtstag, den 27. November, ihm zu Ehren eine Gedächtnisfeier, bei welcher Max Krause und Adolf Slaby, Heinrich Seidel, Geh. Oberregierungsrat Duncker, Wilh. Oechelhäuser, C. Arndt, Moritz Lazarus Ansprachen hielten. Unter den Ehrengästen befand sich Dr. Karl Eggers. Max Krause verlas den aus Karlsruhe von Scheffel gesandten schriftlichen Gruß:

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"Wer das Andenken an
Friedrich Eggers

ehrt, der ehrt die Pflege der Künste und aller idealen und humanen Bestrebungen. In harter Jugendarbeit hat er sich auf die Höhe wissenschaftlicher, kunstgeschichtlicher Bildung emporgerungen, ein feines eigenes Empfinden hat ihm die Geheimnisse des Schönen erschlossen; in selbstloser Hingebung hat er seine Kenntnisse und Anschauungen den Schülern und Freunden mitgetheilt. Hochachtungsvollen Gruß daher dem Verein der Technischen Hochschule zum 27. November 1882

von Eggers Jugendfreunde          
Jos. Vict. v. Scheffel."   

Als im ersten Schaltjahr nach Fritz Eggers' Tode die großartige Feier von Scheffels fünfzigstem Geburtstag am 16. Februar, in ganz Deutschland hellen Widerhall gefunden hatte und der Schalttag dann nahte, da fühlte sich ein Sohn jenes Heinrich Pries, welcher einst aus Fritz Eggers Schulfreund dessen Schwager geworden war, der schon erwähnte heute an der Rostocker Heil. Geist=Kirche als Pastor amtierende Robert Pries gedrungen, dem von ihm hochverehrten Dichter in Versen sein Bedauern darüber auszusprechen, daß diesmal der "Schalttagsbrief" von Onkel Friedrich ausbleiben müsse. Zum Dank erhielt er von Scheffel darauf einen Band seines "Juniperus" mit folgender Widmung:

"Dem Neffen meines unvergeßlichen
Freundes Fritz Eggers
ein freundlicher Gruß.
Zum Schalttage 1876
vom
Verfasser und Jubilarius
Joseph Victor von Scheffel."

Wenige Tage später, am 3. März 1876, schrieb der Jubilar an Karl Eggers nach Meran: "(Ihr Herr Neffe Pries hat mir ein schönes Gedicht und A. von Heyden das Bild meines unvergeßlichen Friedrich Eggers gesendet, so daß er wie persönlich an diesen Festtagen bei mir anwesend war. Ich fange langsam an, mich aus einer Lawine von Glückwünschen, Adressen, Festsalamandern, Ehrengaben usw. ins ruhige gewöhnliche Leben zurückzuarbeiten. Freundlichen Gruß nach Meran, auf dessen Bergen und Burgen ich wie daheim bin."

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Ein jüngerer Bruder Friedrichs, der spätere Präpositus Wilhelm Eggers, welcher viele Jahre der Gemeinde Toitenwinkel bei Rostock vorstand, hat ihm bei der Bestattung im heimischen Boden die Grabrede gehalten. 28 Jahre später erfüllte an der Eggersschen Familiengruft den gleichen Liebesdienst sein Neffe Robert Pries dem Onkel Karl. Dieser war, gleich dem jüngsten der Brüder, auch musikalisch beanlagt und als die beste seiner Kompositionen ward in der Rede die schöne Vertonung gerühmt, die durch ihn Klaus Groths "Jck wull wi weern noch kleen, Johann" gefunden hat.

Vignette
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II.

Staat und Kirche in Mecklenburg in den letzten Jahrzehnten vor der Reformation.

Von

Johannes Weißbach , Dr. phil.


Z um richtigen Verständnis des evangelischen Landeskirchentums, wie es uns die Reformation gebracht hat, bedarf es einer näheren Untersuchung des Verhältnisses zwischen den Territorialgewalten und den kirchlichen Faktoren am Ausgange des Mittelalters. 1 ) Es ist die Aufgabe solcher Forschungen, vor allem den Nachweis über die Art und den Erfolg der Versuche der Landesherren zu führen, ihre Gewalt auf kirchliches Gebiet auszudehnen.

Wir können uns nicht der Meinung jener 2 ) anschließen, die in den Bestrebungen dieser Art bereits ein Landeskirchentum erblicken, kann doch von einer Lostrennung der Kirchen einzelner Gebiete aus dem Gefuge der Universalkirche, wie es die nachreformatorischen Landeskirchen voraussetzen, nicht die Rede sein. Wir sehen mit vielen anderen in diesen Anfängen eines landesherrlichen Kirchenregiments nur die Vorbereitung der sich erst infolge der Reformation ausbildenden Landeskirchen. 3 ) Hierbei


1) Vgl. zur allgemeinen Orienterung: Werminghoff, A., Neuere Arbeiten über das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland während des späteren Mittelalters. Hist. Vierteljahrschrift XI (1908) S 153 ff. - Werner, H. Landesherrliche Kirchenpolitik bis zur Zeit der Reformation. Deutsche Geschichtsblätter IX (1908) S. 144 ff.
2) Kahl, W, Lehrsystem des Kirchenrechts und der Kirchenpolitik I (1894) S. 263 ff. - Rieker, H" Die rechtliche Stellung der evangelischen Kirche Deutschlands (1893) S. 37. - Gohm, R, Kirchenrecht I (1892) S. 560. - Wenk, K., Kirche und Staat am Ausgange des Mittelalters. Zeitschr. f. allg. Gesch. I (1884) S. 601 u. a m.
3) Friedberg, F., Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts. 5. Aufl. (1903) S 84. - Werminghoff, A., Neuere Arbeiten . . . S. 175. - Derselbe, Geschichte der Kirchenverfassung Deutschlands im Mittelalter I (1905) S. 249 u. a. m.
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ist jedoch ein inniger Zusammenhang zwischen der Zeit vor und nach der Reformation nicht zu verkennen, ja die Verhältnisse in jener sind als Vorbereitung und notwendige Vorbedingung für die kirchlichen Neueinrichtungen infolge des Auftretens Luthers anzusehen.

In neuerer Zeit sind eine Reihe von Untersuchungen über diesen Gegenstand für verschiedene Territorien erschienen. 4 ) Naturgemäß zeigen sich infolge der Eigenart der lokalen Verhältnisse sehr große Verschiedenheiten in der Stellung der Landesherren zur Kirche ihres Territoriums.

Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, den entsprechenden Verhältnissen in Mecklenburg nachzuforschen. Da eine quellenmäßige Untersuchung des gesamten Zeitraumes etwa vom Sturze Heinrichs des Löwen an zu umfangreich werden würde, haben wir uns auf die letzten Jahrzehnte vor der Reformation beschränkt. Die Wahl gerade dieses Zeitraumes scheint noch dadurch bedingt zu sein, daß unmittelbar zuvor die Konsolidierung des mecklenburgischen Territoriums in der Hauptsache vollendet war.

Bevor wir mit der Ausführung beginnen, müssen wir darauf hinweisen, daß sich für unser Gebiet kein so klar ausgebildetes landesherrliches Kirchenregiment nachweisen läßt, wie wir es etwa in Brandenburg finden. Dies liegt einesteils daran, daß die Kurie dem in der Reihe der deutschen Bistümer nur unbedeutenden Schwerin in den Landesherren keine Macht beschränkend an die seite zu setzen brauchte, um dadurch etwaiger Emanzipationsgelüste Herr zu werden. Andererseits spielten unsere Herzöge im


4) Hädicke, H. Die Reichsunmittelbarkeit und Landsässigkeit der Bistümer Brandenburg und Havelberg (1882). - Hennig, B., Die Kirchenpolitik der älteren Hohenzollern in der Mark Brandenburg und die päpstlichen Privilegien des Jahres 1447. Veröffentl. d. Vereins f. Gesch. d. Mark Brandenburg (1906). - Krabbo, H., Versuche der Babenberger zur Gründung einer Landeskirche in Österreich. Archiv f. österr. Gesch. 93 (1907) S. 1 ff. -Lossen, R., Staat und Kirche in der Pfalz im Ausgang des Mittelalters. Vorreformationsgesch. Forschungen (ed. H. Finke) III (1907). - Priebatsch, F., Staat und Kirche in der Mark Brandenburg am Ende des Mittelalters. Zeitschr. f. Kirchengesch. XIX, XX (1899 f.) - Redlich, D. R. Jülisch-bergische Kirchenpolitik am Ausgang des Mittelalters und in der Reformationszeit I (1907). - Schubert, H. von, Die Entstehung der schleswig-holsteinischen Landeskirche. Zeitschr. d. Gesellsch. f. Schleswig=Holstein=Lauenburgische Geschichte XXIV (1894) S. 93 ff. - Derselbe, Kirchengeschichte Schleswig=Holsteins I. Schristen d. Vereins f. schleswig=holstein. Kirchengesch. I, 3 (1907) S. 217 ff. - Zieschang, R., Die Anfänge eines landesherrlichen Kirchenregiments in Sachsen am Ausgange des Mittelalters. Diss. Leipzig (1909).
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Rate der deutschen Fürsten keine so bedeutende Rolle, daß große Opfer auf kirchlichem Gebiete, wie sie die Kurie zur Gewinnung der Kurfürsten für ihre Zwecke nicht gescheut hatte, entsprechende Gegenleistungen seitens der Landesherren gefunden hätten. Unerwähnt darf ferner nicht bleiben, daß die mecklenburgischen Herzöge lange Zeit hindurch die Kraft ihres Landes in fruchtloser GroßmachtspoIitik vergeudet hatten, die naturgemäß eine Schwächung der fürstlichen Macht nach innen im Gefolge haben mußte.

Trotz der nicht besonders günstigen Verhältnisse erscheint es uns ganz besonders interessant zu sein, an einem kleineren Territorium nachzuweisen, wie die allgemein sich geltend machenden Tendenzen, den landesherrlichen Einfluß auf kirchliches Gebiet auszudehnen, nicht nur in den größten Territorien hervortreten.


I. Die Entwicklung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Mecklenburg bis zum Tode Heinrichs IV.

Eine zeitlich vollständige Betrachtung des Gegenstandes unserer Untersuchung kann erst mit dem Zeitpunkte einsetzen, wo die Umwandlung des slavisch-heidnischen Fürstentums in eine Territorialherrschaft von deutsch- christlicher Art vollendet oder doch wenigstens sehr gefördert war. Dieser Prozeß machte nach den Eroberungen Heinrichs des Löwen von Sachsen große Fortschritte dank des gerade damals überaus lebhaften Ausbreitungsbedürfnisses des deutschen Volkes, mit dessen Hilfe große Gebiete im Osten dem Deutschtum nach Jahrhunderte langem Verluste wiedergewonnen wurden. Hierbei wirkte die Kirche als Trägerin deutscher Kultur außerordentlich mit.

Solange die Wendenfürsten sich nicht in die veränderten Verhältnisse gefunden, sondern in der Kirche, der Bundesgenossin der eindringenden Fremden, nur eine Feindin gesehen hatten, konnte die gegenseitige Stellung keine ersprießliche sein. Erst als die Fürsten nach dem Sturze Heinrichs des Löwen wieder zu selbständigen - wenigstens im großen und ganzen selbständigen - Territorialfürsten geworden waren, machten Sie ihren Frieden mit der Kirche. Sie erkannten ihren und ihres Landes Vorteil darin, sich eines bedeutenden Teiles ihrer früheren weit reichenden landes- und grundherrlichen Rechte zugunsten der einwandernden deutschen, christlichen Ansiedler zu entäußern und dagegen den Ertrag

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deutscher Kultur einzutauschen. Dadurch aber, daß sich die Verhältnisse - auf Kosten des Slaventums - derartig verschoben hatten, bekam die Herrschaft der Wendenfürsten einen anderen Charakter; sie stieg auf gleiche Stufe mit der im deutschen Mutterland im Entstehen begriffenen territorialen Fürstenherrschaft.

Grundlegend für die kirchlichen Zustände Mecklenburgs war die Gestaltung, die sie durch Heinrich den Löwen erfuhren. Bei ihrer Betrachtung dürfen wir uns nicht auf das Bistum Mecklenburg, das spätere Schwerin, beschränken, sondern müssen auch Ratzeburg und Oldenburg, das spätere Lübeck, berücksichtigen. Da die Verhältnisse in den drei Wendenbistümern fast die gleichen waren, können nur nötigenfalls Rückschlüsse auf Schwerin ziehen, von dem oft nichts Genaueres bekannt ist, da ein großer Teil seines Archivs verloren gegangen ist.

Heinrich betrachtete die Kirche als Werkzeug seiner Pläne und wollte sie deshalb bei der Unterwerfung des Ostens als Kulturfaktor verwenden. Zuvor aber mußte er sie ganz seinem Einfluß unterwerfen.

Jm Jahre 1149 5 ) hatte der Erzbischof von Bremen, Hermann von Stade, die Wendenbistümer erneuert und Vicelin für Oldenburg und Emmehard für Mecklenburg geweiht, ohne sich mit Heinrich, von dem in erster Linie die Dotation der genannten Bistümer abhing, in Verbindung gesetzt zu haben. Dieser zwang daher als Landesherr und Markgraf des von ihm eroberten slavischen Gebietes ohne begründeten Rechtsanspruch 1150 den Bischof Vicelin, die Temporalien über das Stift Oldenburg aus seiner Hand entgegenzunehmen und ihm den Eid der Treue zu schwören. Von Emmehard, der wegen der Verhältnisse in seinem Sprengel seine Wirksamkeit noch nicht entfaltet zu haben schien, hören wir nichts Ähnliches.

Das Bistum Ratzeburg, dessen Sprengel schon seit 1142 teilweise in eine deutsche Grafschaft umgewandelt worden war, konnte wegen der Ansprüche des Bistums Verden auf dieses Gebiet nicht erneuert werden.

Den Abschluß des Strebens nach Erlangung des Investiturrechts über die drei Obotritenbistümer bezeichnet der Goslarer Hostag im April 1154. 6 ) Auf diesem trat Friedrich I. Seinem Vetter Heinrich das Recht der Investitur in den drei genannten Bistümern ab. Außerdem ermächtigte er ihn, nach Belieben in


5) Mecklenburgisches Urkundenbuch (M. U.-B.) 49.
6) M. U.-B. 56.
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den schon eroberten oder noch zu erobernden Gebieten jenseits der EIbe, welche der Sachsenherzog zu Lehn hatte, Bistümer und Kirchen zu stiften und mit Reichsgut - als solches galt das Slavenland - auszustatten. Auch in den etwaigen Neugründungen sollte Heinrich das Investiturrecht haben.

Der Erzbischof von Bremen, der durch diese Verleihung seine Metropolitanrechte gefährdet sah und fürchtete, daß Heinrich diese wenig respektieren würde, weigerte sich, Bischöfe, die nicht vom König investiert wären, zu weihen.

Papst Hadrian IV. weihte, obwohl er zuerst schwankte, die vom Sachsenherzog ernannten Bischöfe Gerald von Oldenburg und Berno von Mecklenburg. Dadurch erteilte er seine Einwilligung, vermied aber eine ausdrückliche Willensäußerung.

Als ganz natürliche Folge des Goslarer Tages zeigte sich von nun an eine warme Anteilnahme Heinrichs an allen Fortschritten der Kirche im Wendenland; bedeuteten diese doch zugleich einen Machtzuwachs für ihn selbst.

Noch 1154 7 ) erneuerte er das Bistum Ratzeburg, ohne sich im mindesten um die Ansprüche Verdens zu kümmern. Diese wurden erst später durch einen Vertrag aus der Welt geschafft. 1158 8 ) erkannte der Erzbischof von Bremen das Investiturrecht Heinrichs an; dieser tat dasselbe bezüglich der Metropolitanrechte Bremens über die drei Wendenbistümer. Im selben Jahre 9 ) wies Heinrich dem Bistum Ratzeburg endgültig seinen Sprengel an und ernannte Evermod zum Bischof.

Von vorn herein unterschieden sich die drei Bistümer des Obotritenlandes dadurch von denen im deutschen Mutterland, daß sie bei weitem nicht so reich privilegiert waren, wie jene. Dies lag einerseits daran, daß eine allzugroße Freiheit nicht im Interesse Heinrichs liegen konnte, andererseits hatte es seinen Grund in der Eigenart der Sprengel, die größtenteils dem Heidentum erst abgerungen werden mußten.

Am gefährdetsten war das Bistum Mecklenburg, das deshalb auch bei jedem Kampfe der Slaven mit den Deutschen schwer zu leiden hatte. Besser wurde die Lage erst, als Heinrich das Burggebiet der alten wendischen Feste Schwerin im Jahre 1167 zur Grafschaft unter Gunzelin von Hagen machte. Schon vorher hatte er das Gebiet dieses Ortes aus dem Ratzeburger Sprengel


7) M. U.-B., 59.
8) M. U.-B., 61.
9) M. U.-B., 65.
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ausgeschieden und dorthin den Sitz des Bistums Mecklenburg aus dem Orte gleichen Namens verlegt. Schwerin wurde somit kirchlicher Mittelpunkt des Landes.

Ein völliger Umschwung der Verhältnisse trat ein, als sich Heinrich der Löwe infolge seiner ungünstigen politischen Lage im Reiche veranlaßt sah, den von ihm 1164 gänzlich besiegten und seines Landes beraubten Slavenfürsten Pribislav dadurch aus der Zahl seiner Feinde auszuscheiden, daß er ihm 1167 gegen den Schwur der Treue und des Gehorsams sein väterliches Erbteil zurückgab.

Von nun an bahnte sich zwischen den slavischen Landesfürsten, die sich schon seit einiger Zeit zum Christentum bekannten, und der Kirche in immer steigendem Grade ein freundschaftliches Verhältnis an.

Nach der Wiedereinsetzung Pribislavs schien das Wendenland endgültig zur Ruhe gekommen zu sein. Am 7. November 1169 10 ) hatte Heinrich den Bistümern ihre Privilegien nochmals verbrieft. Am 9. September 1171 11 ) endlich erhielt das Bistum Schwerin an Stelle der früheren allgemeinen Anweisungen aus 300 Hufen unter Mitwirkung Pribislavs und des Pommernherzogs Kasimir, in dessen Gebiet der Schwerinsche Sprengel übergriff, die wirkliche Dotation.

Das Bistum Schwerin umfaßte - weniger wichtige Veränderungen lassen wir unberücksichtigt - die Burgen Mecklenburg, Schwerin, Kutin, Kessin mit allen dazu gehörigen Ortschaften. Davon ausgenommen war die Insel Poel, die zu Lübeck gehörte, und das Land Bresen, welches für das Stadtgebiet Schwerin an Ratzeburg gekommen war. Fernerhin rechnete man dazu die Burgen Parchim und Malchow mit dem umgebenden Gebiet und das zu Pommern gehörige Herzogtum Demmin, mit den Landen Tollense, Plote, Loitz, Tribsees und Circipanien. Im Nordwesten war der Sprengel vom Ratzeburger durch die Gewässer Wissemara, Stivina und Lusnusnitza getrennt. Im Osten bildeten gegen das Bistum Kammin (damals noch in Julin bestehend), der Rieck und die Trebel, im Süden gegen Havelberg die Elde die Grenze. Der Sprengel des Bistums Kamin umfaßte vom mecklenburgischen Territorium Gnoien, Dargun, Neukalen, Teterow, Malchin; nach 1229 auch Güftrow und Krakow, später auch das ehemals pommersche Stavenhagen. Zu Havelberg gehörte das Land


10) M. U.-B., 90.
11) M. U.-B., 100.
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Stargard (damals noch brandenburgisch), das Land um Penzlin und das gesamte linke Ufer der Elde, damit auch die Neustadt Röbel und die links der Elde liegende Georgenkapelle zu Neustadt. Zum Bistum Brandenburg die ursprünglich märkischen Städte Fürstenberg und Feldberg.

Die Ausstattung 12 ) des Bistums Schwerin bestand aus 300 Hufen Grundbesitz und zwei Dörfern und zwei Höfen aus dem Allodium des Sachsenherzogs. Die Hufen waren dem Lehn, dem früheren Allodium, der Herren des Wendenlandes und des Grafen von Schwerin entnommen. Bei weitem die bedeutendsten dieser Stiftsgüter lagen im Lande Pribislavs. so erhielt der Bischof von ihm das Land Bützow, die Insel Lieps im Schweriner See, sechs Dörfer im Lande Ilow und den Ort Goderac im Lande Kessin; dazu noch ein Dorf im Müritzlande und ein weiteres im Lande Warnow. Das Kapitel wurde von Pribislav mit vier Dörfern in Ilow und 30 Hufen im Lande Bresen dotiert. Der Graf von Schwerin überließ dem Bischof den Schelfwerder bei Schwerin, dem Kapitel die Pfarre zu Schwerin und die beiden Dörfer Rampe und Hundorf. Kasimir von Pommern schenkte dem Bischof das Dorf Wotenik im Lande Demmin.

Welche rechtliche Stellung zu dem Sachsenherzog nahmen die Wendenbistümer ein?

Dieser befaß das Investiturrecht, sonst gewährleistete er ihnen die Immunität. Trotzdem mußten die Untertanen der Stifter dem Markding des Herzogs beiwohnen, seinem Aufgebote folgen und mit Ausnahme von je zehn Vorwerken für die Bischöfe Burgdienste leisten. 13 ) Aber bereits 1174 14 ) erließ Heinrich dem Bischof von Ratzeburg die Verpflichtung, seine Untertanen zum herzoglichen Markding zu schicken.

Als Beweis seines Einflusses kann es gelten, daß Heinrich nach dem Tode Evermods im Jahre 1178 dem Domkapitel den ihm genehmen Isfried aufdrang, obwohl damals seine Stellung im Reiche bereits außerordentlich schwierig geworden war. Trotz der kräftigsten Unterstützung des Erzbischofs von Bremen konnte das Kapitel diese Vergewaltigung seines Wahlrechts nicht verhindern.

Von einer reichsunmittelbaren Stellung der Bischöfe kann in der eben besprochenen Periode durchaus nicht die Rede sein.


12) Jahrbücher des Vereins für mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde (M. Jb.) 28, S. 189 ff.
13) M. U.-B., 100.
14) M. U.-B., 113.
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Auch die 1170 15 ) dem Bischof Berno von Schwerin erteilte kaiserliche Bestätigung seines Besitzes darf nicht als Beweis der Unmittelbarkeit aufgefaßt werden.

Der Sturz Heinrichs des Löwen brachte dem Lande und allen Verhältnissen neue Verwirrung und neue Kämpfe. Erst allmählich entwickelte sich eine neue, von der Selbständigkeit der einzelnen Territorialherren getragene Ordnung der Dinge.

Die Lehnsherrlichkeit über die wendischen Bistümer hätte dem Nachfolger Heinrichs in diesen Gebieten, dem Herzog Bernhard von Sachsen, zufallen müssen. Bei der Absetzung Heinrichs war nämlich vom Übergang des Investiturrechts in den überelbischen Gebieten an den Kaiser nicht die Rede gewesen, dieses Recht aber war nach der Urkunde vom Jahre 1154 16 ) nicht nur dem Herzog Heinrich, sondern auch allen seinen Nachfolgern in dieser Provinz verliehen worden. Bernhard übernahm die Lehnshoheit über die wendischen Fürstentümer 17 ) und die Grafschaft Schwerin. Als er aber von dem Bischof Isfried von Ratzeburg, der vor kurzem erst den Bischofsstuhl bestiegen hatte, die Lehnshuldigung verlangte, verweigerte sie dieser 1181 mit Erfolg dem Sachsenherzoge.

Kurze Zeit darauf nahm der Kaiser ohne irgendwelche prinzipielle Erörterung des Rechtsstandes das Investiturrecht für sich in Anspruch, indem er 1183 18 ) den Bischof Konrad von Lübeck und 1186 19 ) dessen Nachfolger, Dietrich, investierte. Die Bischöfe waren also reichsunmittelbar geworden.

Auf kurze Zeit wurde dieses Verhältnis dadurch gestört, daß der König von Dänemark die Bistümer wie das ganze Obotritenland seinem Reiche einverleibte. Bereits am 4. Juli 1224 20 ) wurde jedoch in dem Vertrage mit König Waldemar bestimmt, daß die Bischöfe fernerhin die Regalien vom Reiche, zu dem das ganze vorher in Besitz genommene Gebiet wieder gekommen war, empfangen sollten. Bald darauf verletzte Wilhelm von Holland die unmittelbare Stellung von Ratzeburg und Schwerin dem Reiche gegenüber dadurch, daß er dem Herzog von Sachsen das


15) M. U.-B., 91.
16) M U. B., 56.
17) Erst bei der Erhebung der mecklenburgischen Herren zur Würde reichsunmittelbarer Fürsten und Herzöge am 8. Juli 1348 leisteten die Herzöge von Sachsen ausdrücklich Verzicht auf ihre Lehnshoheit über Mecklenburg. M. U.-B., 6860.
18) M. Jb. 28, S. 266.
19) M. Jb. 28, S. 266.
20) M. U.-B., 305.
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Investiturrecht über diese verleihen wollte. Da baten die drei bedrohten Bischöfe gemeinsam im Jahre 1251 21 ) die übrigen Reichsfürsten, sie als ihresgleichen zu vertreten.

Interessanter für uns ist das Verhältnis der Bistümer zu den Landesherren, deren Stellung nach Heinrichs Sturz fast eine selbständige zu nennen ist. 22 )

Unsere Aufgabe muß es zuerst sein, die rechtliche Grundlage zu dem immer deutlicher zutage tretenden Übergreifen der Fürsten auf kirchliches Gebiet zu untersuchen.

In erster Linie kommt hierbei die Vogtei in Betracht, bei der wir zwischen Stiftsvogtei und Schirmvogtei zu unterscheiden haben.

Die Stiftsvogtei, d. h. die Vogtei, welche in den Gebieten des Stiftes die durch die Immunität gewährleisteten Rechte, besonders den königlichen Blutbann, auszuüben hatte, war nicht in den Händen der wendischen Fürsten.

Bei der Dotierung der Bistümer finden wir von der Bestellung eines Vogtes nur Ratzburg gegenüber in der Urkunde vom Jahre 1158 23 ) etwas näheres. Dort soll die Vogtei dem Grafen von Ratzeburg und seinen Erben als bischöfliches Lehen gegeben werden. In der Urkunde über die Dotierung von Schwerin vom 9. September 1171 24 ) ist von einer Übertragung der Vogtei im Stiftsgebiet an Pribislav nicht die Rede, ja die Verleihungen werden ausdrücklich "cum omni integritate et utilitate nunc et postmodum profutura sine aliqua exceptione" übergeben.

Warum man einen Unterschied zwischen dem deutschen Grafen von Ratzeburg und dem Wendenfürsten Pribislav gemacht hat, erscheint verständlich: Der Bischof Berno von Schwerin fürchtete augenscheinlich, daß der slavische Fürst, der sich bisher als kein allzu getreuer Freund der Kirche und der durch sie betriebenen Germanisation gezeigt hatte, aus der Vogtei allerlei für das Stift unangenehme Rechte ableiten könnte. Dies war um so wahrscheinlicher, als das Stiftsgebiet fast ganz auf Kosten des Allodiums seiner Vorfahren entstanden war. Er selbst, der den Grund und Boden sicher nicht mit großer Bereitwilligkeit dem mächtigen Sachsenherzog zur Verfügung gestellt hatte, mußte nur zu leicht geneigt sein, ein Eigentumsrecht an diesem geltend zu machen.


21) M, U.-B., 694.
22) Von nun an soll hauptsächlich das eigentliche Landesbistum Schwerin berücksichtigt werden.
23) M. U.-B., 65.
24) M. U.-B., 100.
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Ferner kommt hier wohl auch die starke Opposition in Betracht, die sich in ganz Deutschland schon zu jener Zeit auf seiten der Stifter gegen die weltlichen Fürsten als Stiftsvögte geltend machte, da diese oft ihr Amt zu Bedrückungen mißbrauchten. 25 )

Deshalb wollte der Bischof die Vogtgewalt selbst in der Hand behalten und zur Verwaltung der Blutgerichtsbarkeit einen von ihm abhängigen Adeligen einsetzen. 26 )

Diese Annahme wird gestützt durch eine Angabe des Stiftes Schwerin im Jahre 1595 27 ) anläßlich eines Prozesses vor dem Reichskammergericht, die besagt, daß das Schutzrecht der Fürsten von Mecklenburg nicht von einer Vogtei oder Advokatie, sondern von Verträgen infolge der vielen Fehden des 14. und 15. Jahrhunderts herzuleiten sei.

Für die spätere Zeit läßt sich nach dem durchgesehenen Material feststellen, daß die Stiftsvogtei nicht in die Hände der Landesfürsten gekommen ist, so daß diese also irgend welche Rechte zu Übergriffen auf kirchliches Gebiet nicht aus derselben hergeleitet haben können.

Anders steht es mit der Schirmvogtei. Diese hat sich erst im späteren Mittelalter auf dem rechtlichen Grunde der advocatia ecclesiae des Kaisers entwickelt. Als Schutzherr und oberster Vogt der Kirche war dieser zu ihrem Schutze verpflichtet, konnte aber auch als Vormund der Kirche mancherlei Rechte für sich ableiten. 28 ) Wenn es den Landesherren, die infolge der Ent- wicklung und Konsolidierung ihrer Territorien sich Einfluß auf kirchliche Verhältnisse zu verschaffen wußten, an rechtlichen Grundlagen 29 ) dafür fehlte, so bedienten sie sich dieses kaiserlichen Rechtes, das infolge der Schwäche der Macht des Kaisers schon lange nicht mehr von diesem ausgeübt worden war, als eines "aushilflichen Rechtstitels." 30 )


25) Werminghoff, A., Kirchenverfassung ... S. 226 f.
26) so wird schon 1284 ein Stiftsvogt genannt (M. U.-B. 1759), und 1425 wird ein Ritter Matthias von Ayekow als bischöflicher Vogt bezeichnet. Rische, Geschichte Mecklenburgs ... bis zum XVI. Jahrhundert, S. 84. Auch das Bistum Brandenburg hatte das Recht, sich seinen Vogt selbst zu wählen. Hädicke, J., S. 8.
27) Verpoorten, Historische Nachricht von der Verfassung des Fürstentums Schwerin (1741), S. 39.
28) Sohm, R., Kirchenrecht I, S. 560.
29) Das ängstliche Vermeiden jeder prinzipiellen Erörterung der schwebenden Rechtsfragen ist dem ausgehenden Mittelalter charakteristisch.
30) Kahl, Lehrsystem, S. 175.
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Auch für unser Bistum müssen wir eine solche Schirmvogtei als rechtliche Grundlage annehmen. Nach dem Sturze seines mächtigen Beschützers Heinrich war Schwerin vollkommen auf die Landesherren angewiesen. Sein Sprengel befand sich in einem noch nicht völlig dem Christentum gewonnenen, größtenteils von einem fremden, feindseligen Volksstamme bewohnten Lande, das infolge der politischen Ereignisse von Streitigkeiten und Kämpfen erfüllt war. Hülfe beim Kaiser zu finden, war bei dessen Schwäche ausgeschlossen.

Als Zeugnis dieses Schutzbedürfnisses des Stiftes dient uns die wichtige Urkunde vom 18. Juni 1195, 31 ) welche die gegenseitige Stellung zwischen Landesherrn und Bistum rechtlich fixierte und den Abschluß jener großen Zwistigkeiten bildete, die sich nach dem Tode des Bischofs Berno wegen der Wahl eines Nachfolgers entsponnen hatten. Verlangten doch die Fürsten auf Grund der von ihnen hergegebenen Gebiete das Recht, den neuen Bischof jedesmal ernennen zu dürfen. 32 )

In der Urkunde verpflichteten sich die wendischen Fürsten (denn dieses sind die "Wendischen von Adel"), die Dörfer des Bischofs und des Kapitels zu schützen, falls zwischen Deutschen und Wenden Krieg ausbrechen würde.

Natürlich mußte das Stift entsprechende Gegenleistungen versprechen. Im fünften Artikel desselben Vertrages wurde den Fürsten ein gewisses Aufsichtsrecht über das Kirchengut dadurch eingeräumt, daß sich der Bischof verpflichtete, nichts vom Stiftsgut ohne den Rat und die Einwilligung des Kapitels und der Fürsten veräußern zu wollen. Dieses Recht schloß eine Fülle von Möglichkeiten in sich, Einfluß auf das Eigentum und dann auf die Kirche überhaupt zu gewinnen, ja hierin lag schon die erste Veranlassung, in dem Stiftsgebiet einen Landstrich zu sehen, über welchen den Landesfürsten das Obereigentumsrecht zukam. Damit aber war naturgemäß die Reichsunmittelbarkeit des betreffenden Gebietes völlig in Frage gestellt. Als zweites, ebenfalls sehr wichtiges Recht wurde den Fürsten zugestanden, daß die Wahl eines neuen Bischofs dann zu erfolgen hätte, wenn die Kapitelherren von den Fürsten nach Schwerin berufen worden wären. Es liegt klar auf der Hand, daß eine solche Wahl in Gegenwart der Fürsten viele Möglichkeiten bot, ihren Willen geltend zu machen.


31) M. U. B. 158.
32) Näheres über diese Verhältnisse: M. Jb. 28, S. 1 ff.
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Die Entwicklung der rechtlichen Beziehungen zwischen Staat und Kirche ging weiter: Nachdem die Gefahr eines Kampfes zwischen Deutschen und Wenden endgültig beseitigt war, drohten andere Fehden, so daß das Stift stets auf den landesherrlichen Schutz, den es sich durch mehrfache Erneuerung des Schutzverhältnisses zu erhalten trachtete, angewiesen blieb. 33 )

Verstärkt wurden die bestehenden Beziehungen dadurch, daß die Fürsten zum Bischof hier und da in ein Lehnsverhältnis traten. Für die Belehnung mußten jene ihren Schutz zu gewissen 34 ) Zwecken oder auch ganz allgemein 35 ) versprechen.

Die Fürsten blieben aber nicht bei dem Schutzrecht stehen, sondern sie leiteten Rechte daraus ab, die sie immer stärker betonten, besonders als die Konsolidierung des Territoriums vollendet war, und Aufgaben an den werdenden modernen Staat herantraten, die die reichsunmittelbaren Stiftsgebiete als Fremdkörper im Staate empfinden ließen.


II. Das Verhältnis der Herzöge zur Kurie.

Von vornherein müssen wir bei einer Betrachtung der Stellung der Herzöge von Mecklenburg zum Papsttum nochmals betonen, was wir bereits über die besonderen Umstände, die das Verhältnis zur Kurie beeinflußten, ausgeführt haben.

Wenn aber auch die zu unserer Zeit erworbenen Privilegien keine die bestehenden Verhältnisse umwälzende Bedeutung haben, so sind sie trotzdem durchaus nicht gering einzuschätzen. Haben doch die Herzöge dieselben durch energische und lange sich hinziehende Verhandlungen zu erwerben gewußt zu einer Zeit, wo die Kurie durch keinerlei politische Gründe sich zur Verleihung solcher Rechte veranlaßt sah.


33) Z. B. nach der Vereinigung des Herzogtums Mecklenburg mit der Grafschaft Schwerin. M. U.-B. 8610.
34) Z. B. überließ der Bischof von Schwerin 1230 Johann und Pribislav von Mecklenburg den halben Zehnten in den Landen Warnow und Brenz und den ganzen von den Lehngütern ihrer Vasallen, damit er unter dem Schutz der Fürsten den andern Teil einsammeln lassen konnte. M. U.-B., 376.
35) Z. B. Heinrich Borwin II, nahm das Dorf Wokrent und ein anderes bei Rostock vom Bischof von Schwerin zu Lehn (M. U.-B., 257).
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Sehr verständlich ist es, daß unsere Fürsten in ständiger Verbindung mit Rom zu bleiben suchten. Auf ihren Reisen ins heilige Land berührten sie einige Mal selbst die Stadt der Päpste. so erwies Herzog Magnus 11. im Jahre 1471 auf der Rückreise von Palästina dem damaligen Herrn der Christenheit, Sixtus IV., die schuldige Ehre. 1474 unternahm Magnus eine neue Pilgerfahrt, auf der er wahrscheinlich auch Rom berührte. Ob Balthasar auf seinen Reisen 36 ) den Papst aufgesucht hat, ist allerdings zweifelhaft. Von größerer Wichtigkeit als dieses gelegentliche Zusammentreffen war aber die Reise, die Herzog Magnus II. im Anfang des Jahres 1486 eigens wegen seiner Streitsache mit Rostock nach Rom unternahm.

Von außerordentlichem Einfluß für das Verhältnis der Fürsten zur Kurie scheinen uns die Prälaten zu sein, die für mecklenburgische Interessen als herzogliche Geschäftsführer längere Zeit hindurch am päpstlichen Hofe tätig waren. Vor allem ist hier der spätere Bischof Peter Wolkow, Dompropst zu Schwerin und Güstrow, zu nennen, der vom Rapst Julius II. als sein "Schreiber und Freund" am 1. März 1505 37 ) einen Gnadenbrief erhielt. Abgelöst wurde er im Jahre 1508 von dem ebenso tüchtigen Zutfeld Wardenberg, Dekan zu Schwerin und Güstrow und Propst zu Bützow. Dieser wurde vom Papst mit dem Titel eines päpstlichen Protonotarius und Kapellans 38 ) ausgezeichnet. Ferner sind als herzogliche Bevollmächtigte noch Reiner Holloger, Michael Hildebrand und Nikolaus Franke zu nennen.

In erster Linie kommen die überaus reichlichen Privilegienverleihungen privater Natur für das kirchliche Leben der Herzöge und ihrer Familien in Betracht. Die beste Übersicht über alles Erlangte gibt uns eine Urkunde vom Jahre 1516 39 ): Als Beichtvater können die Fürsten einen weltlichen Pater oder einen Ordensgeistlichen wählen, der ihnen aus päpstlicher Zulassung Absolution geben kann von allem Banne und jeder Pein, Verstößen gegen das Herkommen, Übertretung von Gelübden, Verfehlung gegen das Wort Gottes, Meineid, Totschlag - aus Zufall oder mit Absicht geschehen - und vom Brechen der


36) Genaueres über diese teilweise nicht ganz sicher stehenden Pilgerfahrten M. Jb. 61, S. 265 ff.
37) Schröder, Papistisches Mecklenb., S. 2757.
38) Auch für Kaiser Maximilian I. führte er in Rom mehrere wichtige Prozesse. Allgemeine deutsche Biographie (1875 ff.), Band 41 S. 166 ff.
39) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv, Religio Katholica.
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Fasten. Ferner darf der Beichtiger sie von allen Sünden, und mochten diese noch so groß sein, ja sogar von denen, deren Lösung sich der Papst selbst vorbehalten hatte, im Jahr zehn Mal und dann in der Zeit des Todes, auch wenn dieser nicht wirklich eintreten sollte, lossagen; die Herzöge sollten aber alles von Herzen bereut und gebeichtet haben. Von Gelübden, nach Palästina, Rom oder St. Jakob von Kompostella zu wallfahrten, von der Beteiligung an Unternehmungen geistlicher Orden oder Kirchen sind sie befreit, ebenso von allen Eiden, sofern dadurch nicht ein anderer benachteiligt wird. Endlich kann der Beichtvater sie alljährlich einmal, und dann noch zur Zeit des Todes, im allgemeinen freisprechen von aller Sünde, Pein und Schuld.

Weiter dürfen die Herzöge nach derselben Urkunde beständig einen tragbaren Altar mit sich führen auch an ungeweihten Orten, selbst wenn der große Bann und das Interdikt aus päpstlicher oder bischöflicher Macht daraus liegt, es sei denn, daß die Herzöge die Ursache zum Bann gegeben hätten oder ihn verhindern wollten. Ehe der Tag anbricht und nachmittags vor der Vesperpause ist es ihnen erlaubt, für sich, ihre Freunde und Verwandtschaft Gottesdienst halten zu lassen. selbstin der Zeit des Schweriner Bannes darf ihnen - auch zur Osterzeit - ohne irgend einen Nachteil das heilige Sakrament gereicht werden. Tritt ein Todesfall in der herzoglichen Familie ein, so soll ein christliches Begräbnis in aller Feierlichkeit, trotz Bann und Interdikt abgehalten werden. Sind die Fürsten oder Mitglieder ihres Hauses vor dem Bilde der Jungfrau Maria in einer Kapelle, die durch einen Kardinal oder Bischof geweiht ist, andächtig versammelt, so sollen sie denselben Ablaß erhalten, welcher der Kirche der Maria de Populo in Rom verliehen ist. Überhaupt erwerben sie sich dadurch, daß sie Kirchen, Kapellen oder Altäre zur Zeit der Feste oder an anderen Tagen besuchen, wo in Rom der betreffende Heilige Stationen und Prozessionen hat, den Ablaß, der zur selbigen Zeit durch persönlichen Besuch in Rom erlangt werden kann.

Zu Fastenzeiten dürfen sie mit ihrem Gesinde und allen, die an ihrem Tische sitzen, ohne Beschwerung des Gewissens auf den Rat ihres Beichtvaters und Leibarztes Eier, Butter, Käse und Mehlspeisen, ja Freitags sogar Fleisch genießen.

Auf das Gesuch der Herzöge wird diesen weiterhin gestattet, mit ihren Gattinnen und einigen ehelichen Frauen viermal im Jahre allerlei Jungfrauenklöster, auch das zu Ribnitz, mit Erlaubnis der Vorsteher zu besuchen und mit den Klosterjung=

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frauen zu reden, zu essen und zu trinken; nachts jedoch sollen sie die Klöster meiden.

Zuletzt wird jedem Mitgliede der herzoglichen Familie, das ein Fest der heiligen Jungfrau Maria feiert, laufend Jahre Ablaß verliehen.

Wenn auch mancherlei von dem eben Angeführten schon vor unserer Zeit erlangt worden ist, so zeigen uns doch andere Urkunden, 40 ) daß die hauptsächlichsten und richtigsten Privilegien und Indulgenzen von den uns interessierenden Herrschern erworben wurden.

Ungewöhnlicher Art ist die Erlaubnis zum Besuch von Nonnenklöstern. Sie kann deshalb als Beweis des freundschaftlichen Verhältnisses der Herzöge zur Kurie dienen, ebenso wie der Umstand, daß der Papst das im Jahre 1514 erteilte Konfessionale während der Fasten aus besonderer Gnade mit eigener Hand signiert hat.

Wurde in ihrem Territorium Ablaß verkauft, so beeilten sich die damit beauftragten päpstlichen Legaten das Herzogshaus mit reichstem Ablaß auszustatten. 41 )

Den größten Gnadenbeweis jedoch, den der Papst überhaupt verleihen konnte, erhielt Herzog Magnus von Innocenz VIII. Dieser ließ ihm im Jahre 1487 42 ) durch den Prälaten Reimar Hahn die goldene Tugendrose "als einem mächtigen Magnaten und großen Beförderer der römischen Kirche" mit glänzenden Feierlichkeiten überreichen. Den Anlaß zu dieser Verleihung hatte sicherlich die energische Haltung des Herzogs im Streite mit Rostock wegen der Errichtung des dortigen Kollegiatstiftes gegeben.

Derselbe Papst hatte im Jahre zuvor, 43 ) am 3. April, Sophie, die Gattin des Herzogs Magnus, von dem Gelübde ewiger Jungfrauschaft entbunden, das sie als Prinzessin von Pommern-Stettin bei dem 1474 eingetretenen Tode ihres Verlobten Herzogs Erich, des Bruders ihres nunmehrigen Gemahls, abgelegt hatte. Schon seit längerer Zeit war Magnus bemüht gewesen, das Gelübde aus der Welt zu schaffen, aber alle Gelehrten und Geistlichen, die er befragte, rieten ihm ab, sich mit der durch ihren Schwur


40) In Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv, fanden sich Urkunden aus den Jahren 1479, 1499, 1502, 1503, 1509, 1514 und 1515.
41) Z. B. Kardinal Raimund aus Anlaß des päpstlichen Jubiläums 1502 und Legat Arcimboldus zum Bau der Peterskirche 1515. Beide Urkunden in Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv.
42) Schröder, papistisches Mecklenburg S. 2415.
43) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv.
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auf ewig gebundenen Fürstentochter zu vermählen; die Gerechtigkeit und öffentliche Ehrbarkeit litte darunter. Trotzdem verheiratete sich der Herzog mit der Prinzessin am 29. Mai 1478, ohne auf das Gelübde Rücksicht zu nehmen. Erst einige Jahre später wandte er sich an den Papst, der seinem Wunsche sofort nachkam und als Pönitenz der Herzogin auferlegte, jährlich drei Arme um Gottes Willen mit weißwollenen Kleidern zum Gedächtnis an die Jungfrau Maria zu versehen.

Eine andere Herzogin, die 1480 als Tochter des Herzogs Magnus geborene Dorothea, hatte als Nonne im St. Clarenkloster zu Ribnitz die Regel nicht gehörig beobachtet. Deshalb bat sie, in eine Niederlassung der Benediktiner, Zisterzienser oder Prämonstratenser übergehen zu dürfen. Am 13. April 1499 44 ) erhielt sie vom Papst Alexander VI. die Erlaubnis dazu, ohne aber, wie wir später sehen werden, von ihr Gebrauch gemacht zu haben.

In welcher Weise der Papst bei der Postulierung des Herzogs Magnus zum Bischof von Schwerin mitgewirkt hat, werden wir später sehen.

Auf ein engeres persönliches Verhältnis zwischen Heinrich V. und Leo X. lassen zwei Briefe schließen. Am 1. Juni 1515 45 ) bittet der Herzog den Papst, den zwischen den Dominikanern und Franziskanern ausgebrochenen Streit über die Mutter Christi durch ein Konzil entscheiden zu lassen. Das andere Mal, am 27. Dezember 1517, 46 ) erläßt Leo X. ein Breve an den Franzis-kanerminoritenmeister der sächsischen Provinz und bittet diesen, einige Minoritenbrüder in das in der Nähe des herzoglichen Schlosses in Schwerin gelegene FranziskanerkIoster aufzunehmen. Diese sollen nämlich auf die Bitte Heinrichs V. hin den Unterricht, besonders in geistlicher Beziehung, des zum Bischof postulierten Herzogs Magnus leiten. Ob dieser Plan zur Ausführung gelangte, ist sehr zweifelhaft; es finden sich reinerlei weitere Zeugnisse von den Minoritenbrüdern, im Gegenteil, überall wird Magister Konrad Regel aus Rostock als Erzieher des jungen Herzogs genannt.

Größtes Entgegenkommen fanden die Herzöge ferner bei Wünschen, die sich auf die Hebung des geistlichen Lebens ihres Landes bezogen. Zu betonen ist allerdings, daß sie diese Forderungen wohl mehr wegen ihres Seelenheiles als zum Nutzen ihrer Untertanen dem Papst vortragen ließen. so erlangte Peter


44) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv.
45) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv, Religio Katholica.
46) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv.
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Wolkow am 19. September 1500 47 ) die päpstliche Erlaubnis zur Gründung eines Augustinereremitenklosters in Sternberg, der Stadt der geschändeten Hostie, obwohl durch Bonifacius VIII. die Gründung neuer Bettelmönchsklöster verboten worden war.

Als kurz darauf die Lebensfähigkeit dieses Klosters wegen Mangels an Mitteln ernstlich in Frage gestellt war, erlaubte Papst Julius II. am 28. August 1506 48 ) trotz des Widerstandes des Bischofs Johann von Schwerin, einen Teil des bei der Verehrungsstätte des heiligen Blutes in Sternberg einkommenden Geldes für die Zwecke des Klosters zu verwenden. Schon am 19. März 1494 49 ) hatte Bischof Konrad von Schwerin die Verwendung eines gewissen Teiles dieser Einnahmen für eine andere Stiftung der Herzöge, das Rostocker Kollegiatstift, zugestanden und 1504 Papst Julius II. diese Verteilungsart genehmigt. Einige Jahre später, 1515, 50 ) überließ Leo X. wahrscheinlich - ein untrüglicher Beweis ist nicht zu erbringen - auf Bitten des Herzogs Heinrichs V. diesem die Verfügung über das Opfergeld in Sternberg gänzlich zugunsten armer Klöster und armer und verfallener Gotteshäuser.

Einer weiteren Klostergründung unserer Fürsten lieh am 26. Mai 1509 51 ) Papst Julius II. Seine Hilfe. Diese war umso nötiger, weil das Domkapital zu Güstrow, wo die neue Niederlassung des Franziskanerordens ihren Sitz haben sollte, Protest eingelegt hatte. Wie weit die Päpste den Landesherren bei deren Wünschen, die Klöster ihres Territoriums zu visitieren und reformieren, entgegengekommen sind, wird uns ein eigener Teil später zeigen.

Von großer Wichtigkeit sind ferner die Privilegien, welche die Fürsten zum Nutzen für das ganze Land erwarben. Vor allem kommen da die Ablässe in Betracht, welche die Päpste auf Bitten der Landesherren einzelnen Kirchen oder Kapellen verliehen.

Gleich am Anfang unserer Periode, am 16. Juni 1479, 52 ) erlangte Magnus II. von Sixtus IV. einen Ablaß, um dem heiligen Blut im Dome zu Schwerin, dessen Verehrung früher viel stärker gewesen war, zu neuem Ansehen zu verhelfen. Gleiches Interesse hegte der Herzog für das heilige Blut in Güstrow,


47) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv.
48) M. Jb. 12, Urkunde XXXII.
49) Ebenda Urkunde XXIX und XXXI.
50) Schwerin, Geheimes und Haupt-Archiv, Religio Katholica.
51) Thomas, Fr., Analecta Güstroviensia, p. 118 (1706).
52) Schröder, D., Papistisches Mecklenburg, S. 2297.
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dessen wunderbare Geschichte er persönlich dem Papste erzählte. Der Kapelle, in der man das Heiligtum verwahrte, verschaffte er am 31. März 1486 53 ) einen Ablaß von zwei Jahren. Am gleichen Tage 54 ) begabte der Papft die Schloßapelle zu Schwerin mit hunderttägigem Ablaß. Als im Jahre 1503 55 ) die Güstrower Schloßkapelle abgebrannt war, erteilte der Kardinal Raimund ebenfalls einen Ablaß von hundert Tagen, um den Aufbau und die Einrichtung des Gotteshauses nach Möglichkeit zu fördern. Diesen Ablaß dehnte er in derselben Urkunde auf die Kapellen der fürstlichen Schlösser zu Schwerin, Lübz, Schwaan, Stavenhagen, Stargard und Sternberg aus. In der letztgenannten Stadt sollten die Blutskapelle und das neue Kloster eingeschlossen sein, um auch diese mit dem nötigen Gerät zu versehen. Für die Domkirche des Bistums Schwerin erwirkten die Herzöge trotz ihres schon fast überreichen Ablasses durch Peter Wolkow am 29. September 1506 56 ) von Julius II. einen neuen von fünfundzwanzig Jahren. Obwohl, wie wir schon sahen, die heilige Blutskapelle zu Sternberg bereits im Besitz solcher geistlicher Gnadenmittel war, trug doch Heinrich V. in seiner an Heinrich Franke im Jahre 1515 57 ) für seinen Geschäftsführer in Rom gerichtete Instruktion diesem auf, neue Indulgentien, wenn möglich auch von den Kardinalen, zu erwerben.

Ungleich wichtiger als diese Ablässe sind für unsere Betrachtung die Privilegien der Päpste, die die Herzöge in den Stand setzten, ihre Machtbefugnisse über die Kirche ihres Landes auszudehnen.

Wie die Fürsten von Österreich und Brandenburg schon vor längerer Zeit mit päpstlicher Hülfe Erweiterung ihrer Patronatsrechte erlangt hatten, so versuchten im Jahre 1515 58 ) unsere Herzöge durch ihren Geschäftsträger in Rom, die Besetzung der Propsteien und Dekanate zu Schwerin, Güstrow und Rostock und der Archidiakonate zu Rostock und Parchim in ihre Hand zu be- kommen; der Erfolg dieser Bemühungen ist nicht verbürgt.

Gegen die päpstlichen Provisionen nehmen sie energisch Stellung, wie uns ein Brief des Herzogs Magnus H. an seinen Oheim 59 )


53) Schwerin, Archiv.
54) Ebenda.
55) Ebenda.
56) Schröder, D., Papistisches Mecklenburg, S. 2780.
57) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
58) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
59) Unter dem in der Urkunde nicht genannten Oheim haben wir wohl einen Fürsten des Nachbarlandes Brandenburg anzunehmen, da die Mutter Magnus II. aus diesem Herrscherhause stammte.
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vom 9. März 1481 60 ) mögen der Präzeptorei des Antoniushauses zu Tempzin zeigt.

Auf dem Gebiete der Jurisdiktion erlangten die Herzöge am 31. Januar 1510 61 ) durch Michael Hildebrand Briefe über die Befreiung ihrer Untertanen von geistlichen Gerichten wegen weltlicher Sachen. 1515 62 ) erscheint in der Instruktion an Nikolaus Franke die Forderung, die mecklenburgischen Landeskinder von sämtlichen auswärtigen geistlichen Gerichten zu befreien, sogar in den Fällen, die sich Papst Julius II. am 5. November 1909 63 ) allein noch reserviert hatte, als er eine Befreiung der Mecklenburger von auswärtigen Gerichten aussprach.

Um Einfluß auf die kirchliche Strafgewalt zu erhalten, ließen die Herzöge, wie mir aus einem Brief vom 20. Juni 1509 64 ) ersehen, in Rom um das Privilegium nachsuchen, den Bann in ihren Landen kassieren zu dürfen, wie es dem Herzog von Pommern und dem Markgraf von Brandenburg 65 ) erlaubt worden wäre. Der Bischof sollte dann verpflichtet sein, von den vom Landesherrn kassierten Bannsprüchen zu absolvieren. Diese Forderung der Landesherren scheint uns berechtigt, wenn wir in einem undatierten an den Papst 66 ) gerichteten Briefe lesen, daß durch das Verhängen des Bannes nicht nur ihr landesherrliches Gericht geschwächt würde. Sondern auch, daß man sich oft dieses Mittels bediente, um Rache für irgend etwas zu nehmen oder sich zu bereichern.

Wenn auch die Herzöge im allgemeinen die geistliche Gerichtsbarkeit einzuschränken suchten, so bedienten sie sich doch gern bei einzelnen Fällen in kluger Politik des Papstes, um mit dessen geistlschen Waffen Siege zu erringen.

Jm Jahre 1482 war Herzog Albrecht VI. in eine Fehde mit dem Hamburger Domkapitel geraten, weil dessen Domdechant, der zugleich päpstlicher Exekutor war, seinen Hofjunker Benedikt von Ahlefeld in den Bann getan hatte. In dieser Angelegenheit hatte man sich mit Herzog Albrecht in keinerlei Verhandlungen eingelassen, ja das Kapitel hatte sogar dessen Briefe uneröffnet zurückgeschickt. Wegen dieser Beleidigung machte Albrecht einen


60) Schwerin, Archiv.
61) Schwerin, Religio Katholica.
62) Ebenda.
63) Ebenda.
64) Ebenda.
65) Hennig, S. 145 ff.
66) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
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Einfall in die Kapitelgüter. Kurz darauf starb er. Da seine Brüder als Nachfolger sich weigerten, den Entschädigungsansprüchen des Kapitels Folge zu leisten, verhängte dieses im Jahre 1483 über die Fürsten den Bann. Für die geringe Wirkung dieses Bannes spricht der Umstand, daß der herzogliche Prokurator in Rom erst nach längerer Zeit mit der Regelung dieser Angelegenheit beauftragt wurde. Am 19. Januar 1485 67 ) setzte er die Befreiung der Herzöge von der Exkommunikation und den übrigen Kirchenstrafen beim Papste durch, ohne daß die Herzöge für den aus 2000 rh. fl. veranschlagten Schaden des betroffenen Domkapitels im ganzen Umfang aufzukommen brauchten. 68 )

Bedeutend wichtiger war der in Rom Jahrzehnte lang geführte Streit mit den Johanniterkomtureien des Herzogtums; handelte es sich doch um die prinzipielle Frage der Besteuerung geistlichen Besitzes. Wie wir noch sehen werden, verlief er für die Herzöge erfolgreich.

Auch im Kampfe mit ihrer Stadt Rostock, den sie mit klügster Benutzung geistlicher Waffen führten, half der Papst den Herzögen bereitwilligst. so schrieb Innucenz VIII. am 15. April 1486 nicht nur an die Stadt Wismar 69 ) und am gleichen Tage an Herzog Bogislav X. 70 ) von Pommern, um deren Unterstützung den Mecklenburger Fürsten zu sichern, sondern er forderte sogar den Kaiser Maximilian I. auf, seine Autorität zugunsten seiner Schützlinge zu gebrauchen. Dieser schrieb dann am 24. März 1490 71 ) mit Bezugnahme auf den päpstlichen Wunsch an Rostock und stellte ihm eine Frist, innerhalb welcher die Stadt gehorsamen sollte. Handelte es sich auch in diesem ganzen Streite um die Errichtung eines kirchlichen Instituts, wodurch der Papst naturgemäß von vornherein interessiert war, so muß doch die überaus energische Parteinahme der Kurie für die Herzöge betont werden.

Zulegt müssen wir noch die Stellungnahme der Herzöge zum Ablaß betrachten; können wir doch daraus auf ein mehr oder minder freundliches Verhältnis derselben zum Papsttum schließen:

Sie legten den im Namen des Papstes in ihr Land kommenden Ablaßhändlern kein Hindernis in den Weg, ja sie wußten sogar


67) Schwerin, Archiv.
68) Frank, D., Altes und Neues Mecklenburg VIII, S. 188.
69) Schwerin, Archiv.
70) Ebenda.
71) Ebenda.
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den Widerspruch, der sich manchmal bei ihren Räten oder Untertanen zu regen begann, zu unterdrücken. Streng forderten sie jedoch von den Bevollmächtigten Einholung der Erlaubnis und Angabe der Orte, wo das Kreuz errichtet werden sollte.

Besonders interessant ist der Ablaß vom Jahre 1501. 72 ) Da der Ertrag desselben wegen des bevorstehenden Krieges gegen die Türken von Alexander VI. dem Kaiser Maximilian I. überlassen worden war, forderte dieser am 7. November 1502 die Herzöge auf, das Ablaßgeld weder dem Papste noch dessen Legaten auszuliefern, sondern zu arrestieren und bis zum nächsten Reichstag in Truhen wohl zu verwahren. Der dritte Teil der Einnahmen sollte wegen der gehabten Unkosten dem päpstlichen Legaten Kardinal Raimund übergeben werden; deshalb wurde am 6. März 1503 das eingenommene Geld gezählt 73 ) und der dem Kardinal zukommende Teil diesem im Laufe der nächsten Jahre ausgeliefert. 74 ) 1517 scheint, den Quittungen des Kaisers an die Städte zufolge, das Geld endlich an denselben abgeliefert worden zu sein, soweit es nicht wegen früherer Schuldforderungen Heinrichs V. aus dessen Dienstzeit im kaiserlichen Heerlager in Mecklenburg blieb.

Ein anderer Ablaß zugunsten des Baues der Peterskirche in Rom wurde am 2. Dezember 1514 75 ) vom Legaten Arcimboldus angemeldet. Da auch der Papst Leo X. am 5. Dezember 1514 76 ) um Zulassung dieses Ablasses bat, erlaubte Heinrich V. denselben in seinen Landen und gab dem päpstlichen Kommissar Dr. Wildeshusen die von diesem erbetenen Kredenzbriefe für die einzelnen Städte. Im ganzen Herzogtum wurden 2255 fl. rh. 77 ) gesammelt, während sich im Bistum der Ertrag auf 140 Mark lübisch und 16 Goldgulden belief. 78 )

Bald darauf, am 6. Dezember 1517, 79 ) erteilte Herzog Heinrich V. dem päpstlichen Legaten Dr. Dominikus die Erlaubnis,


72) Schwerin, Archiv, Jubelgeld 1501.
73) Dem Herzog wurden 1506 ausgeliefert 1639 Mark 6 Schillinge. Schnell, H., Mecklenburg im Zeitalter der Reformation, S.302,Anm. 5 (1900).
74) Am 28. Juli 1507 bat ein in der Urkunde nicht genannter Kardinal um eine Bescheinigung darüber, daß das dem Papste zukommende Drittel in Mecklenburg dem Bevollmächtigten ausgeliefert worden wäre. Dadurch hoffte er, dasselbe in Pommern, wo man es zurückhielt, zu erlangen. Schwerin, Archiv, Jubelgeld 1501.
75) Schwerin, Archiv.
76) Ebenda.
77) Schwerin, Archiv, Jubelaeld 1501.
78) Ebenda.
79) M. Jb. 4, S. 123.
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drei Monate lang Ablaß zugunsten des Heilig-Geist-Hospitals in Rom im Herzogtum zu verkaufen. Als Vorbedingung aber wurde festgestellt, daß ein Drittel der Reineinnahme den Franziskanerklöstern zu Parchim und Güstrow sowie dem Zisterzienserkloster zu Dargun überwiesen würde zur Vervollkommnung von deren Einrichtung. Rostock, für welches Dominikus am 8. April 1518 80 ) die Erlaubnis zum Verkaufe seiner Ablaßbriefe vom Herzog erhalten hatte, wurde deshalb bei diesem vorstellig: Das Geld, welches besser zu Bauzwecken zu verwenden sei, werde durch den Ablaß aus dem Lande fortgeschafft, zumal da erst vor kurzem ein Ablaßhändler im Herzogtum gewesen sei. 81 ) Die Drohung des Bannes aber für Nichtzulassung sei nur eine leere Formel, da nicht einmal die dazu nötigen Exekutoren ernannt worden seien. Ob diese Beschwerde erfolg gehabt hat, erscheint uns deshalb zweifelhaft, weil Heinrich V. auf die Bitte des Legaten vom 7. Januar 1518 82 ) hin dem Ablaß sogar im Bistum Schwerin, in Bützow, Eingang verschaffte, indem er den Administratoren seinen darauf bezüglichen Wunsch aussprach.

Jm April 83 ) desselben Jahres kam ein anderer Ablaßhändler, um mit päpstlicher Erlaubnis Indulgentien zugunsten des Valentinhospitals zu Pusach zur Beherbergung, Kleidung und Speisung armer Kinder zu verkaufen. Er durfte seine Briefe nicht nur in Mecklenburg selbst verkaufen, sondern der Herzog vermittelte ihm auch nach anfänglichem Zögern die Erlaubnis für das Bistum, obwohl dessen Administrator Heinrich V. aufforderte, sehr vorsichtig zu sein, damit die Leute nicht betrogen würden.

Überblicken wir die eben dargestellten Beziehungen der Herzöge zur Kurie, so müssen wir betonen, daß in erster Linie die Fürsten wegen ihres Seelenheiles päpstliche Privilegien erhielten. Bald aber benutzen sie ihre gute Stellung in Rom dazu, auch Vergünstigungen zu fordern, die geeignet waren, ihre landeshoheitlichen Rechte der Kirche ihres Territoriums gegenüber zu stärken und zu vermehren.



80) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
81) Diese Beschwerde war besonders deshalb berechtigt, weil der eben erst im Lande gewesene Ablaßkrämer Arcimboldus einen großen Teil des gesammelten Geldes in Lübeck in liederlicher Weise durchgebracht hatte. Deshalb wurde er wohl auch, als er in Dänemark und Schweden sein Handwerk fortsetzen wollte, vom König Christian gefangen genommen, seines Geldes beraubt und aus dem Lande entfernt.
82) M. Jb. 4, S 123.
83) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
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III. Die Herzöge und die Bischöfe.

1. Der Einfluß der Landesherren auf die Wahlen der Bischöfe.

Der lebhafteste Wunsch der Herzöge mußte es sein, auf dem Stuhle des Bistums, dessen Sprengel den größten Teil ihres Gebietes umfaßte, stets Männer zu sehen, deren Interessen sich möglichst mit den ihrigen deckten. Sie durften es nicht dulden, als Haupt des einflußreichsten Standes im Lande und Herrscher eines inmitten ihres Territoriums gelegenen, nicht unbeträchtlichen Gebietes persönliche und politische Gegner aus der Wahl hervor gehen zu sehen.

Alles das mußte auch schon vor unserer Zeit die Herzöge dahin bringen, sich einen möglichst weitgehenden Einfluß bei Wahlen im Bistum Schwerin zu sichern. Ratzeburg konnte wegen des relativ geringen Teiles mecklenburgischen Landes, den sein Sprengel umfaßte, nicht allzusehr in Betracht kommen, umsoweniger als sich dort die Herzöge von Lauenburg bemühten, das Bistum unter ihren Einfluß zu bringen. 84 )

In äußeren Verhaltnissen lag es, wie wir schon sahen, begründet, daß unsere Fürsten beim Erreichen ihres Zieles auf eine energische Hülfe der Kurie verzichten mußten, durch welche Österreich und Brandenburg zum Beispiel ein Nominationsrecht für gewisse Bistümer erlangt hatten. Für Schwerin galt rechtlich noch unbeschränkt die Urkunde vom 18 Juni 1195, 85 ) nach welcher die Bischofswahl den Domherren zu Schwerin allein zukam.

Hat den Herzögen also jeder Rechtstitel, ihren Einfluß bei Wahlen direkt geltend zu machen, gefehlt, so darf man doch durchaus nicht annehmen, daß ein solcher überhaupt nicht vorhanden gewesen sei. Schon die Bemerkung in der angeführten Urkunde: Die Kanoniker sollen zu jeder Zeit zu Schwerin, wenn sie die Wendischen vom Adel dahin erfordern, den Bischof erwählen, und sollen die Wenden solche Wahl belieben und gut sein lassen, bedeutet einen Einfluß, wie wir schon in der Einleitung ausführten. Denken wir auch nur an eine Anwesenheit der Fürsten beim Wahlakt,


84) Die Herzöge von Laueuburg verschafften sich dadurch einen sicheren Einfluß auf die Wahlen des Domkapitels zu Ratzeburg, daß sie am 4. Oktober 1504 vier neue Kanonikate gründeten und bewidmeten; das Patronatsrecht darüber behielten sie sich vor. Schröder, Papistisches Mecklenburg, S 2726 ff.
85) M. U.-B., 158.
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so ist wohl anzunehmen, daß schwerlich einer der Kanoniker wagen würde, einem den Fürsten nicht genehmen Kandidaten seine Stimme zu geben.

Ferner blieb den Landesfürsten der indirekte Weg durch das Kapitel. 86 ) Gelang es ihnen, geeignete, in ihrem Sinne handelnde Männer im Kapitel zu gewinnen, so konnten sie durch diese das Ganze beeinflussen. Zwar sind auch hier die rechtlichen Grundlagen der Herzöge sehr schlecht bestellt, bestimmt doch die oben genannte Urkunde, daß die Kanoniker freie Wahl des Dekans und der Domherren haben sollten. Der Ersatz der Kanonikate war also dem Einflusse der Herzöge entzogen. Es findet sich zwar eine Urkunde von 1540 87 ) darüber, daß die Herzöge Patronat und Kollatur über ein Kanonikat, das des Thesaurarius, gehabt haben, jedoch tritt diese wahrscheinlich spätere Fundation nicht besonders in den Vordergrund. Erst im Jahre 1515 88 ) versuchten die Fürsten, die wichtigsten Kanonikate in ihre Hand zu bekommen, indem sie ihren Geschäftsführer Nikolaus Franke dahin informierten, vom Papste das Recht der Besetzung der Propstei und des Dekanats am Kapitel zu Schwerin zu erbitten. Vom Erfolge dieses Gesuches wissen wir nichts; es ist aber anzunehmen, daß Leo X. diesen Wunsch erfüllte, waren doch ähnliche Rechte schon lange vorher, wenn auch für entsprechende Gegenleistungen, anderen Fürsten verliehen worden. Im Gegenfalle aber hätte ein strenges Festhalten aller Rechte durch die Kurie doch keinen Erfolg gehabt;

denn das Stift Schwerin ging unaufhaltsam seiner Bestimmung, der Einverleibung in Mecklenburg, entgegen. Ob es den Landesfürsten im Verlaufe unserer Periode gelungen ist, Kanonikate des Schweriner Kapitels mit Hülfe von päpstlichen Provisionen oder der ersten Bitte des Kaisers durch ihnen ergebene Geistliche zu besetzen, wissen wir nicht.

Wenn auch für die Besetzung von Kanonikaten rechtliche Grundlagen nicht nachzuweisen sind, kann doch kein Zweifel darüber herrschen, daß das Kapitel tatsächlich unter herzoglichem Einflusse stand. Die Kapitulare waren in der überwiegenden Mehrzahl


86) Aus den Verordnungen, die Bischof Konrad Loste im Jahre 1500 für die kirchlichen Verhältnisse in Schwerin gab, ersehen wir, daß das Domkapitel bestand aus dem Propst, 4 Canonici non residentes, 6 Canonici capitulares residentes, 5 Canonici non capitulares, 25 Vicarii residentes, und 9 Vicarii non residentes. Schröder, S. 2636 ff.
87) M. Jb. 13, S. 182.
88) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
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mecklenburgische Landeskinder, die in den Herzögen ihre angestammten Herrscher sahen und bereit waren, deren Wünsche zu erfüllen. Dies war um so leichter, als die Fürsten infolge ihrer kirchlichen Gesinnung und ihrer Mäßigung alle äußeren Zwangsmaßregeln gegen das freie Wahlrecht des Kapitels vermieden. Ferner kam noch dazu, daß die Interessen des Stiftes in dem mächtig herangewachsenen Staatswesen, welches es umschloß, immer mehr aufzugehen begannen, zumal als eine Persönlichkeit wie Magnus II. alle Kräfte seines Landes, auch die der Geistlichkeit, sammelte, um seine Ziele zu erreichen.

Für das Gesagte finden sich bei den Bischofswahlen unserer Periode, besonders des zweiten Teiles, die deutlichsten Beweise. Erleichtert wurde dem Kapitel deshalb seine Stellung zu den Fürsten, weil diese stets die hervorragendsten Geistlichen, wie Johannes Thun, Peter Wolkow oder Zutfeld Wardenberg, an der Spitze des Bistums sehen wollten. Von ihnen mußte auch das Kapitel für sich selbst und das Stift das Beste erwarten; deshalb konnten diese Männer ihm nur willkommen sein.

Zu Anfang des von uns betrachteten Zeitabschnittes war Herzog Balthasar im Besitz der bischöflichen Würde, die er 1479 gegen Wiedererstattung seiner Verwendungen für die Stiftshäuser im Betrage von 600 fl. rh. 89 ) resignierte. Er verpflichtete sich, nach seiner Rückkehr aus dem gelobten Lande alle von ihm gemachten Schulden selbst zu bezahlen, 90 ) dadurch also das Stift wieder frei zu machen, und es allezeit zu beschützen. 91 )


89) Rudloff, F. A., Pragm. Handb d. Mecklb . Gesch. II, S. 823.
90) Am 2. Februar 1480 (Schwerin, Archiv) übernahm Herzog Magnus II. die Schulden seines Bruders Balthasar, die dieser als Bischof gemacht hatte. Das Kapitel verpflichtete sich zu einer Zahlung von 1400 fl. und der Bischof zu einer solchen von jährlich 50 fl. zur Abbürdung der Schulden. Diese hohen Schulden Balthasars sind um so verwunderlicher, als ihm bei seiner Wahl 1475 (Frank VIII, S. 156) vom ganzen Klerus des Bistums eine freiwillige Gabe überreicht worden war, damit er ohne Verpfändung der Stiftshäuser die Bestätigung der Wahl erlangen könnte. Durchaus nicht alle Forderungen an Herzog Balthasar aus dessen Bischofszeit sind wirklich von Magnus II. befriedigt worden. Z. B. auf einer 1477 ausgefertigten Urkunde wegen Versetzung der Bede in Trechow, Steinhagen, Zernin und Boitin für 313 Mark lübisch durch den Bischof Balthasar steht besonders bemerkt, daß erst Bischof Konrad Loste die Bede wieder einlöste. Schwerin, Archiv.
Am 19. November 1493 löste Bischof Konrad Lose ein vn Balthasr der Universität Rostock für 100 rh. fl. versetztes Silbergeschmeide wieder ein. Schröder, Pap. Mecklb., S. 2540.
91) Gerdes, G., Nützliche Sammlung ungedruckter Schristen und Urkunden, S. 457.
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Um das tief verschuldete Stift finanziell etwas zu heben, verfiel man auf den alten, als reich bekannten Schweriner Domherrn Nikolaus Pentz. Dieser stammte aus einem der ältesten und vornehmsten Adelsgeschlechter Mecklenburgs und hatte in engen Beziehungen zu Heinrich IV. gestanden, mußte also den Herzögen ein willkommener Bischof sein. Das Gerücht von seinem Reichtum erwies sich allerdings als falsch; denn nach seiner Wahl gestand er, der Kirche 2000 Mark lübisch schuldig zu sein und von Konrad Loste zur Erlangung der Konfirmation 240 rh. fl. geliehen zu haben. 92 ) Bereits 1482 93 ) starb er.

Aus ähnlichen Nützlichkeitsgründen wie bei der vorigen Wahl lenkten sich die Augen des Kapitels auf den ebenfalls hochbetagten Domherrn und herzoglichen Rat Konrad Loste, einen Patriziersohn aus Wismar, der unter Balthasar Archidiakonus von Tribsees gewesen war. Nach zwanzigjähriger Regierung starb er am 24. Dezember 1503.

Bisher konnte von einer Wahlbeeinflussung durch die Herzöge direkt nichts nachgewiesen werden. Jetzt kamen als Nachfolger zwei Bewerber in Betracht: der mecklenburgische Ritter Reimer Hahn, Domherr zu Schwerin und Archidiakonus in Waren, und der Domdechant in Güstrow. 94 ) Johannes Thun, der schließlich am 7. März 1504 gewählt wurde. 95 ) Auch nach der Wahl blieb Johann H., wie er sich als Bischof nannte, ein treuer Rat der Herzöge. Wie wenig Gutes sich das Kapitel von der Vertraulichkeit des neuen Bischofs mit dem Landesherrn versprach, beweist die Wahlkapitulation, die Johann II. am 25. August desselben Jahres 96 ) beschwören mußte. Darin heißt es mit Hinblick aus die Herzöge: er solle die Stiftsgüter nicht mit ungewöhnlichen Beden und Auflagen weder selbst beschweren noch dieses zulassen, die Kirche zu Schwerin nicht zinsbar machen lassen, noch in den Kirchengütern Ablager aus irgend einer Zuneigung oder Ver=


92) Latomus, B., Historia episcopiae Suerinesis, S. 576. (West-phalen, Bd. IV.) v. Meyenn, Gesch. v. Pentz, l, S. 213 ff.
93) Bei allen Angaben vertreffs der Zeit über die Bischöfe von Schwerin und die Mitglieder des Domkapitels daselbst folge ich: Rische, A., Verzeichnis der Bischöfe und Domherren von Schwerin, 1900.
94) Joh. Thun war früher Klosterpropst zu Rhena, Pfarrer zu St. Petri in Rostock, Kantor am Domstift in Rostock, dann Domdechant zu Güstrow, Klosterpropst zu Dobbertin und noch Domherr zu Schwerin gewesen. Rudloff, II, S. 933.
95) Gerdes, S. 473.
96) Rudloff, III, S. 13.
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günstigung erlauben, überhaupt das ganze Kirchengebiet bei seiner Freiheit erhalten.

Schon nach zwei Jahren war der Bischofsstuhl wieder erledigt. Da vor dem Tode Johanns II. wegen dessen großer Strenge gegen die zuchtlose Geistlichkeit Streit ausgebrochen war, 97 ) konnte sich das Kapitel nicht zu einer neuen Bischofswahl einigen. InfoIgedessen wurde das Stift vom Senior des Kapitels, dem herzoglichen Rat Peter Wolkow, 98 ) administriert. Er, der vorherige geschickte Vertreter herzoglicher Interessen in Rom, wurde endlich am 24. Februar 1508 99 ) Bischof, nachdem er am 20. Februar 100 ) die gleiche Wahlkapitulation wie sein Vorgänger beschworen hatte. Er regierte bis zum 27. Mai 1516.

Kann man auch keine urkundlichen Beweise für die Wahlbeeinflussung der Herzöge erbringen, so stehen diese doch unzweifelhaft fest; die Namen der Gewählten und ihre Stellung zu den Landesfürsten dienen als vollgültiger Beweis.

Bereits vor dem Tode Peter Wolkows hatte Heinrich V., wie aus der schon mehrfach genannten Instruktion an Nikolaus Franke vom Jahre 1515 hervorgeht, den Plan gefaßt, mit Erlaubnis des Papstes seinen ältesten Sohn Magnus zum Bischof postulieren zu lassen. Der Dekan des Domkapitels, Zutfeld Wardenberg, welcher von der ihm selbst zufallenden Rolle beim Zustandekommen des Planes gelockt wurde. 101 ) stand dem Herzog als entschiedener Förderer seiner Absichten in Rom und vor allem auch im Kapitel zu Schwerin zur seite.

Die Domherren befanden sich bei der 1516 eintretenden Erledigung des bischöflichen Stuhles in einer schwierigen Lage. Die vergangenen Jahre hatten ihnen deutlich gezeigt, welche Pläne Heinrich V. gegen die Hoheit des Stiftes hegte. Noch viel gefährdeter mußte diese dadurch werden, daß der Herzog bei der


97) Klüver, H., Beschreibung des Herzogtums Mecklenburg. Teil I, S. 99 (1728).
98) Er hat in seinem Vaterlande viele Ämter verwaltet und in besonderen Gnaden bei den Herzögen von Mecklenburg gestanden. Krantz, A., Metropolis, Appendix, p. 852 ff. (1546).
99) Möglicherweise ist er schon 1507 gewählt worden; denn in einem Privilegium, welches er 1508 der Stadt Bützow gibt, spricht er von diesem Jahre als dem anderen seines Pontifikats.
100) Rudloff, III, S. 15.
101) Man hat Zutfeld Wardenberg sogar den Vorwurf gemacht, durch sein schroffes Verhalten gegen Peter Wolkow in der Erwartung, Administrator des Bistums Schwerin zu werden, dessen Tod beschleunigt zu haben. Allgemeine deutsche Biographie, B. 41, S 166 ff.
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Genehmigung der von ihm gewünschten Wahl für seinen unmündigen Sohn die Regierung führen würde. Dieser selbst aber konnte, da er später als ältester Sohn voraussichtlich auch im Herzogtum zur Regierung kommen würde, leicht das Stiftsgebiet als völlig zum Herzogtum gehörig betrachten. Andererseits lagen gewichtige Gründe dafür vor, dem Herzog zu Willen zu sein. Zunächst versprach man sich von dem freundnachbarlichen Verhältnis zum Herzogtum große Vorteile, während im Falle der Ablehnung die Folgen für das Stift nicht abzusehen gewesen wären. Ferner hoffte man, wie aus dem Empfehlungsbrief des Kaisers Maximilian I. an den Papst Leo X. vom 14. August 1516 102 ) hervorgeht, daß der junge Herzog Magnus, im Falle der Wahl, seinem Versprechen gemäß, die durch verschiedene Gefahren und Übelstände sehr geschwächte Kirche wieder zur vorigen Höhe und Würde emporbringen würde.

In fünftägiger Sitzung entschloß man sich, den siebenjährigen Magnus zu wählen. Dieser hatte am 15. Juni 1516 102 ) zu Lübz durch den Bischof Johannes von Havelberg die vier niederen geistlichen Weihen erhalten. Am 21. Juni 102 ) wurde die Wahl vollzogen und am gleichen Tage die Wahlkapitulation, 103 ) die Magnus, sobald er das gesetzmäßige Alter erreicht haben würde, selbst beschwören sollte, von Heinrich V. "tamquam naturalis et legitimus tuto filii" beschworen und unterschrieben. In ihr steht, daß sich das Kapitel durch gewisse, nicht näher bezeichnete Gründe zur Wahl des Herzogs Magnus veranlaßt gesehen hätte. Als weiterer Grund wird sehr bezeichnend angeführt: "ad complacendum gratiae suae" - des Herzogs nämlich.

Heinrich versprach, das Kapitel wegen dieser unkanonischen Wahl in Rom zu vertreten und selbst die päpstliche Genehmigung durch kaiserliche und reichsfürstliche Verwendungen zu erlangen. Andernfalls verpflichtete er sich, dem Kapitel eine andere, freie Wahl zu sichern und keineswegs aus der seines Sohnes ein Erbrecht für das Herzogshaus abzuleiten. Bis zur Mündigkeit des Postulatus wollte man aus dem Kapitel ein oder zwei Administratoren erwählen mit der Verpflichtung, jährlich dem Postulatus oder besser dessen Vormund Heinrich V. und dem Kapitel von Schwerin Abrechnung zu halten. Die bischöflichen Einkünfte sollten für die Erhaltung der Schlösser und bischöflichen Häuser sowie


102) Stein, F., Herzog Magnus. Osterprogramm, Schwerin 1899, S. 5 ff.
102) Stein, F., Herzog Magnus. Osterprogramm, Schwerin 1899, S. 5 ff.
102) Stein, F., Herzog Magnus. Osterprogramm, Schwerin 1899, S. 5 ff.
103) Schröder, Pap. Mecklb ., S. 2850.
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zur Erziehung des Postulatus und zur Besoldung eines Suffraganbischofs verwendet werden. Dem Stifte aber sollten ebensowenig wie dem Kapitel und dem Klerus seine Privilegien und Einnahmen verkürzt werden.

Nachdem in Schwerin alles nach Wunsch Heinrichs V. verlaufen war, begab sich Zutfeld Wardenberg nach Rom, um die päpstliche Genehmigung einzuholen. Diese wurde ebenfalls vom Kaiser, Kurfürsten Friedrich von Sachsen, Kurfürsten Joachim von Brandenburg, Herzog Bogislav von Pommern, Erzbischof Albrecht von Magdeburg und Mainz und von Christoph, dem Administrator des Erzstiftes Bremen, durch Briefe, die auch an das Kardinalkollegium gerichtet waren, erbeten. 104 ) Es scheint, als ob Geld das seine getan hätte, um zum Ziele zu gelangen: Heinrich V. hatte nach und nach 1200 Dukaten nach Rom geschickt.! 105 ) Am 5. November 1516 106 ) wurde vom Papst Leo X. der Altersdispens erteilt und gleich darauf am 13. des-selben Monats 107 ) die Wahl bestätigt. Außerdem gestaltete der Papst als besonderen Beweis seiner gnädigen Gesinnung, daß Magnus die Bischofsweihe von einem ihm beliebigen Bischof empfangen dürfe, doch ohne Präjudiz für den Metropolitan zu Bremen. Zuvor jedoch sollte er dem Papste den Eid der Treue und Unterwürfigkeit leisten.

Die einstweilige geistliche und weltliche Administration des Stiftes übertrug Leo X., unter Bestätigung der Wahl des Kapitels, dem in Rom zum päpstlichen Protonotarius ernannten und reich beschenkten Zutfeld Wardenberg. Diese Stellung wurde zu unserer Zeit noch vom Probst Heinrich Banzkow und dem Senior Ulrich Malchow bekleidet. 108 ) Zum Weihbischof - vicarius in spiritualibus -, dem die Verrichtung der bischöflichen Amtshandlungen oblag, bestellten die Administratoren und das Kapitel in Gegenwart Heinrichs V. Dietrich Hüls, Titularbischof von Sebaste. 109 )


104) Stein. F., S. 7.
105) Schwerin, Archiv, Rekapitulation der fürstlichen Kämmereisachen.
106) Der Prinz sollte im 21. Jahre die Administration des Stiftes in spititualisbus et temporalibus und im 27. die Bischofsweihe mit der völligen Stiftsregierung erhalten.
107) Verpoorten, Beilage Z.
108) Rudloff, III, S. 75.
109) Schröder, D., Das evangelische Mecklenburg, 1518-1742, S. 2 (1788). Sein Gehalt betrug jährlich 25 fl. rh. nebst 8 fl. rh. Hausmiete, wofür er in Rostock oder Bützow wohnen mußte. 9 Mark fund. für einen Ochsen, 4 fl. rh. für zwei Mastschweine und sechs Schafe, zehn Drömpt (  ...  )
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2. Die Schirmvogtei der Herzöge und deren Entwicklung.

a. Die Schirmvogtei der Herzöge.

Die Anfänge und die Entwicklung des landesherrlichen Schirmrechtes haben wir bereits im einleitenden Teile betrachtet. Daß die Herzöge unserer Periode großes Gewicht auf dieses Recht über das Stiftsgebiet legten, ist schon in ihrer ganzen persönlichen Eigenart begründet.

Ein schriftliches Zeugnis dieses Schutzverhältnisses findet sich erst nach dem Tode Magnus II. Am 14. September 1505 110 ) nämlich nahmen die Herzöge Balthasar, Heinrich, Erich und Albrecht das Stift Schwerin in ihren Schutz und bestätigten seine Privilegien. Der Wortlaut der Ausfertigung ist derselbe, den wir 1453 finden, als Heinrich IV. dem Bistum seinen Schutz zusicherte.

Ein Schutzverhältnis zwischen den Herzögen zu Mecklenburg und dem Bischof zu Ratzeburg hatte schon vorher bestanden. Aus einem Schreiben des Bischofs Johann von Hildesheim, Propst zu Ratzeburg, vom 11. November 1535 111 ) an den mecklenburger Kanzler Kaspar von Schönaich geht hervor, daß das vom Ratzeburger Bischof zu zahlende Schutzgeld zu Bischof Johann Stalkopers Zeit 112 ) erhöht worden, das des Kapitels aber dasselbe geblieben sei. Von mecklenburger seite betrachtete man die Zahlung des Schirmgeldes als ein altes Herkommen, doch wollte dies das Ratzeburger Kapitel nicht zugeben. Da während unserer Periode die Herzöge von Lauenburg in teilweise recht gewalttätiger Art 113 ) versuchten, das Stift gänzlich ihrem Einfluß zu unterwerfen, nahm dieses den Schutz der mächtigen Nachbarfürsten, zu welchen diese verpflichtet waren, in Anspruch.

Im Jahre 1492114) ) wandte sich Bischof Johann Parkentin an Magnus II. und bat ihn, das Stift gegen die ungerechten Steueransprüche des Lauenburgers in Schutz zu nehmen. Dies geschah;


(  ...  ) Roggen, Gerste und Hafer; bei auswärtigen Verrichtungen, außer in Schwerin und Bützow, für die Meile 1 fl. nebst Bewirtung auf zwei Tage mit vier bis fünf Bedienten und Pferden; für die Einweihung einer Kirche oder Kapelle 2 fl., eines Altars oder Kirchhofs 1 fl., für Ordinatiousscheine und Immatrikulierungen die Hälfte der Gebühren.
110) Schröder, Pap. Mecklb , S. 2761.
111) Masch, Gesch. d. Bist. Ratzeburg, S. 452.
112) Er regierte von 1466 bis 1479.
113) Als Beispiel sei erwähnt, daß Herzog Magnus von Sachsen-Lauenburg am 25. März 1517 Bischof und Kapitel von Ratzeburg gefangen nahm, um sie dadurch seinen Forderungen gefügiger zu machen. Näheres siehe Masch, S. 393 ff. u. 421 ff.
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ob aber mit Erfolg, wissen wir nicht. 114 ) Späterhin schien das Verhältnis zwischen den Herzögen von Mecklenburg und den Bischöfen von Ratzeburg etwas gespannt gewesen zu sein; wenigstens könnte man das aus dem rücksichtslosen Benehmen Heinrichs V. - Genaueres folgt später - in der Lübecker Fehde schließen. Deshalb hatte wohl auch Bischof Heinrich den Herzog von Lüneburg zur Abnahme des Lehnseides vom Kaiser bestimmen lassen. 115 ) Bald aber zwangen die Streitigkeiten des Ratzeburger Kapitels mit dem Herzog Magnus von Lauenburg jenes, die mecklenburgische Hülfe wieder in Anspruch zu nehmen. Am 18. April 1517 und am 29. Mai 116 ) desselben Jahres wandte sich Bischof Heinrich, auf das Schutzverhältnis zu Mecklenburg pochend, an dessen Herzöge, die auch die erbetene Hülfe leisteten, zumal sie dazu am 13. Juli 1517 117 ) vom Papste Leo X. aufgefordert worden waren. so nahmen sie am 7. Dezember 1518 118 ) an einer Vergleichsverhandlung in Lüneburg und am 31. März 1519 119 ) an einer solchen in Lenschow teil. In dem endgültigen Vergleich vom 26. November 1519 120 ) wurde das Schutzverhältnis zwischen Mecklenburg und dem Bistum Ratzeburg ausdrücklich erneuert. Nähere Beziehungen, als die durch dieses Verhältnis gegebenen, scheinen nicht bestanden zu haben.

Die Gegenleistungen der Bischöfe für den Schutz der Nachbarherzöge bestanden vor allem in mehr oder minder regelmäßigen Geldzahlungen, welche jene naturgemäß nach Möglichkeit zu vergrößern suchten.

Eine schwere, leider nicht näher zu erklärende Schatzung hatte sich Bischof NikoIaus II. gefallen zu lassen. Mit 1000 fl. mußte er sich der Herzöge verlorene Gunst zurückkaufen, und eine erbitterte Hand schrieb nach Erledigung der Angelegenheit auf den Brief, der auf die Verhandlungen Bezug nahm: Dieser verfluchte Brief. 121 )


114) Masch, S. 393.
115) Masch, S. 449. Derselbe Bischof Heinrich mußte zum zweitenmal den Lehnseid leisten, als Karl V. zur Regierung kam. Dieses Mal wurde nach dem am 17. März 1521 ausgefertigten Lehnbrief Herzog Albrecht von Mecklenburg mit der Entgegennahme des Eides beauftragt. Schröder, D., Evangelisches Mecklenburg, S. 37.
116) Masch, S. 430 ff.
117) Ebenda, S. 437.
118) Ebenda, S. 432.
119) Ebenda, S. 437.
120) Ebenda, S. 441.
121) Eine urkundliche Bestätigung dieser Angabe ließ sich nicht finden, ich gebe deshalb diese Angabe Risches, S. 135, nur mit Vorbehalt wieder.
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Im Jahre 1489 122 ) finden wir eine Quittung über 500 Mark lübisch Kaiserbede aus dem Stift. Als die Herzöge 1494 123 ) wiederum zum selben Zweck einen Beitrag von der Stadt Bützow forderten, widersetzte sich Bischof Konrad energisch, so daß es zum mindesten sehr zweifelhaft ist, ob die Herzöge mit ihrer Forderung durchgedrungen sind. Seines Rechtes nicht mehr so sicher fühlte sich der Bischof Peter von Schwerin, als die Fürstin 1510 und 1511 124 ) Kaiserbede und Fräuleinsteuer verlangten. Sie beriefen sich zur Begründung ihrer Forderung darauf, daß von den Bischöfen des Stiftes halber ihnen und ihren Vorfahren von altersher jedesmal, wenn sie eine Landbede ausgeschrieben hätten, 500 Mark lübisch gezahlt worden wären. 125 ) Der Bischof dagegen behauptete, von einer solchen Verpflichtung des Stiftes nichts zu wissen, er würde sich aber erkundigen; seiner Meinung nach wäre das Bistum von solchen Beden befreit. 126 ) Auch dieses Mal scheinen die Herzöge ihr Ziel nicht erreicht zu haben. 127 )

Am 31. Dezember 1514 128 ) endlich erlangten die Herzöge in einem Vertrage mit Bischof Peter alles, was sie wünschten, ohne sich aber über etwaige Verpflichtungen des Stiftes prinzipiell klar zu werden: Die Fürsten versprechen, solange der Bischof am Leben bleiben würde, das Bistum gleich ihren eigenen Landen zu schützen und bei seinen Privilegien und Freiheiten zu erhalten. Wegen aller Dienste und Abgaben gegen Kaiser und Reich wollten Sie das Stift vertreten und es derselben benehmen. Der Bischof dagegen verpflichtete sich, so oft durch die Stände des Fürstentums den Herzögen eine Steuer bewilligt werden würde, seines Stiftes wegen 500 Mark lübisch zu einem Erkenntnis- und Schutzgeld jedesmal unweigerlich zu entrichten. Zugleich wurde diese Verbindlichkeit auch auf die während seiner Stiftsregierung, also seit 1508, den Herzögen von ihrer Landschaft bereits bezahlten drei allgemeinen Steuern ausgedehnt und dafür von einer Summe,


122) Schwerin, Archiv.
123) ebenda, Kourributionsakten des Stiftes Schwerin.
124) M. Jb. 51, S. 107.
125) Rudloff, F. A., Das ehemalige Verhältnis zwischen dem Herzogtum Mecklenburg und dem Bistum Schwerin, S. 16 (1774).
126) Ebenda, S. 16.
127) Rudloff, F. A., Zur Geschichte der Grafschaft Schwerin, ihrer Grafen, Bischöfe und Administratoren, S. 166. Manuskript in dem Landesarchiv zu Rostock.
128) Spröder. D., Papistisches Mecklenburg, S. 2825 ff., und Rudloff, F. A., Das ehemalige Verhältnis, S. 56-58, Beilage IV.
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die die Herzöge den Bischöfen schuldeten, 1500 Mark lübisch als Schirmgeld abgezogen.

Zwar hatte Bischof Peter den Vertrag nur für die Dauer seines Lebens geschlossen, aber es war sicher vorauszusehen, daß dieser weiter in Geltung bleiben würde, entsprach er doch ganz den Wünschen der Herzöge, während er auf der anderen seite auch eine Bequemlichkeit für das Bistum dem Reiche gegenüber bedeutete. Ein Fortbestehen der Abmachung war umsomehr anzunehmen, als nach Peter ein mecklenburgischer Herzog den Bischofsstuhl einnehmen sollte. Diese Annahme traf nicht nur zu, sondern der stiftische Beitrag wurde später sogar auf 1000 Mark lübisch erhöht. 129 )

Ratzeburg gegenüber konnte sich ein derartiges Besteuerungsrecht natürlich nicht bilden, weil es zu sehr außerhalb der Machtsphäre der mecklenburgischen Herzöge lag. Auf pünktliche Zahlung des Schirmgeldes, zu dem das Bistum verpflichtet war, hielten diese jedoch streng. so sandte am 6. Januar 1483 130 ) Bischof Johann als "demütiger Kaplan" die 40 Mark lübisch, die er jährlich "auf Verlangen" zu geben schuldig sei, und bat, die Herzöge möchten "seine günstigen, gnädigen, lieben Herren" bleiben. Das Kapitel von Ratzeburg erhielt am 12. Dezember 1498 die Quittung über die 1496 und 1497 gezahlten Beiträge in Höhe von je 20 Mark lübisch. In der Folgezeit finden sich noch mancherlei Beweise für die Leistung eines Schirmgeldes, welches also 40 Mark lübisch für den Bischof und 20 Mark lübisch für das Kapitel von Ratzeburg betrug.

Außer den finanziellen Ansprüchen waren es vor allem solche militärischer Natur, welche die Herzöge den Bistümern gegenüber für die Gewährung ihres Schutzes geltend machten. Als bestes Beispiel hierfür - andere lassen sich in unserer Periode nicht finden - kann uns die Fehde Mecklenburgs mit der Stadt Lübeck dienen, die kurz nach dem Tode des Herzogs Magnus II. ausbrach und erst im Jahre 1506 beigelegt wurde. Die Lübecker waren nach verschiedenen Versuchen, den Streitfall friedlich beizulegen, ins mecklenburgische Territorium eingefallen. Darauf erließen die Herzöge, nachdem sie schon 1503 131 ) ein Aufgebotspatent an die Geistlichkeit, ihre Untersassen zu stellen, veröffentlicht hatten,


129) Verpoorten, S. 29, 36, 40.
130) Näheres über das Ratzeburger Schirmgeld vgl. Masch, S. 452 ff.
131) Neue Sammlung Mecklenburgischer Landesgesetze, III, S. 195 1769 ff.).
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im Jahre 1506 132 ) ein allgemeines Aufgebot der "Gemeine von Adel und aller Manne des Landes Mecklenburg". In diesem 133 ) finden wir hinter den 1300 adeligen Ritterpferden unter der Aufschrift: "diese haben Güter im Lande Mecklenburg", 134 ) den Bischof von Schwerin mit den Stiftspferden und denen zu Bützow mit 200 Mann zu Fuß. Weiterhin sind unter "Fußvolk aus den Klostergütern" auch das Kapitel zu Schwerin mit 25, ferner Bützow und Warin "samt den Vogteien" mit 75 Mann zu Fuß angeführt. Der Bischof zu Ratzeburg sollte 20 Mann zu Pferd und sein Kapitel eine nicht näher bezeichnete Anzahl für die in Mecklenburg gelegenen Güter stellen.

Man könnte fragen, warum die Herzöge nicht schon aus Anlaß der Rostocker Fehde die militärische Kraft der Stifter in Anspruch nahmen. Da sich die herzoglichen Vasallen am 4. Februar 1485 135 ) weigerten, ihren Landesherren den schuldigen Lehndienst und Waffenbeistand in dieser Fehde zu leisten, so erscheint es uns selbstverständlich, daß die Herzöge gar nicht erst mit ähnlichen Forderungen an die Bistümer herantraten. In den wenigen Jahren seiner Regierung hatte eben Magnus II. und sein Bruder Balthasar ihrer landesherrlichen Macht noch nicht die gebührende Hochachtung verschaffen können. Deshalb führten sie den Kampf mit Rostock lieber mit Hülfe von geworbenen Truppen. 136 )

In innerem Zusammenhange mit der bewaffneten Hülfe seitens der Stifter steht das von den Herzögen geforderte Öffnungs- und Ablagerrecht. Im Bistum Schwerin befanden sich diese Rechte bereits seit langem im Besitze der Landesherren. 137 ) Zu unserer Zeit werden dieselben, da Sie bei den sich abspielenden Kämpfen nicht besonders in Betracht kommen, nicht besonders erwähnt. Bischof Johann von Ratzeburg dagegen, in dessen unmittelbarer


132) Rudloff, F. A., ehemaliges Verhältnis, S. 50 ff.
133) Es ist uns eine Liste der aufgebotenen Mannschaft, die dem Stellungsbefehl beilag, erhalten. Klüver, I, S. 162 ff.
134) Angeführt sind ferner: Abt zu Himmelpfort, Abtissin zu Stepenitz, Bischof zu Havelberg (20), Kapitel zu Lübeck, Abt zu Reinfeld, Komtur zu Mirow (16 zu Pferd) und Komtur zu Nemerow (5 zu Pferd).
135) Hegel, Gesch. der Mecklb . Landstände, S. 100.
136) Sie ließen 2000 Mann zu Fuß und 200 zu Pferd anwerben.
137) Z. B ist es 1397 in einer Abmachung deutlich ausgesprochen, daß die Stiftsschlösser Bützow und Warin den Herzögen offen stehen sollten. M. U.-B. 13201.
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Nachbarschaft 138 ) der Kampf mit Lübeck ausgetragen werden mußte, stellte den Herzögen von Mecklenburg seine Residenz, das feste Haus Schönberg, zur Verfügung. 139 ) Da dieses noch mehr befestigt werden sollte, vertrieben die Herzöge ihn und sein Gesinde ganz aus dem SchIosse, welches ihm erst nach zwei Jahren wieder überlassen wurde, nachdem er und sein Kapitel den Mecklenburgern das Öffnungs- und Ablagerrecht für künftighin förmlich eingeräumt hatte. 140 ) Ebenso beanspruchten diese das Ablagerrecht zu Demern, das vorher im Besitz des Herzogs von Sachsen-Lauenburg gewesen war. 141 ) Daß die Herzöge von Mecklenburg auf Grund ihres Schutzverhältnisses zu Ratzeburg dort auch schon vorher solche Rechte geltend gemacht hatten, beweist uns ein Brief des Herzogs von Lauenburg an die Mecklenburger Fürsten vom 16. Mai 1492, 142 ) in welchem er erklärt, ihm und seinen Vorgängern sei stets das Ablagerrecht im Bistum Ratzeburg zugekommen, deshalb bitte er, ihn in solchen Rechten nicht zu beeinträchtigen.

b. Übergang der Schirmvogtei der Landesherren zur Landeshoheit.

Nachdem wir bisher die Schirmvogtei und die daraus entspringenden Rechte objektiv betrachtet haben, kommen wir jetzt zur Beantwortung einer der wichtigsten Fragen der ganzen Untersuchung, ob nämlich die Handhabung der Schirmherrschaft und ihrer einzelnen Rechte eine solche war, daß dadurch die reichsunmittelbare Stellung der Stifter beeinträchtigt werden mußte. Hierbei können wir uns auf Schwerin beschränken; denn im Anfang dieses Teiles haben wir bereits zu zeigen versucht, daß in unserer Periode ein größerer Einfluß auf Ratzeburg als der durch das Schutzverhältnis bedingte nicht ausgeübt worden ist. Die im Verlaufe unserer Zeit erfolgte Entwicklung ist um so interessanter, als nach der langen und schwachen Regierung Heinrichs IV. Männer ans Ruder kamen, die mit Energie dem Staatsmaxim ihres Hauses zufolge alles inmitten des Territoriums Liegende nach Möglichkeit aufzusaugen suchten. Wie das auf seine Privi=


138) Das Stift Ratzeburg bezifferte seinen in der Lübecker Fehde erlittenen Schaden auf über 2000 Mark lüb., von dem ihm durch die Herzöge von Mecklenburg 1000 Mark vergütet wurden. Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2752.
139) Ebenda, S. 2294.
140) Rudloff, Handbuch, III, S. 25.
141) Ebenda, S. 54.
142) Masch, S. 393.
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legien pochende Rostock sich dem werdenden modernen Staat einfügen musste, sollte auch das Bistum Schwerin als landsässiger Stand dem Territorium eingeordnet werden.

Von großer Bedeutung dabei ist vor allem die Stellung der Herzöge zu den Bischöfen. Wie jene Einfluß auf die Bischofswahl zu erhalten suchten, haben wir bereits gesehen. Welche Ansichten sie im allgemeinen über die Stellung des Oberhirten des Bistumes hatten, geht am deutlichsten daraus hervor, daß sie im Jahre 1505 143 ) den Bischof Johann Thun aufforderten, ihnen ebenso wie die anderen Stände ihres Landes die Erbhuldigung zu leisten. Zwar finden sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß der Bischof diesem Verlangen nachgekommen ist, aber schon die Forderung spricht für sich: Die Schirmherrschaft beginnt in die Landeshoheit überzugehen. Ob der 1507 gewählte Peter Wolkow einen derartigen Huldigungseid leistete, wissen wir nicht, auch von einer Aufforderung dazu ist nichts nachzuweisen.

Sehr bezeichnend für die Stellung der Bischöfe 144 ) ist ferner der Umstand, daß sie und ihre Domherren sich häufig zu Geschäften im Interesse der Herzöge gebrauchen ließen. Es hing dies wohl auch damit zusammen, daß sich die Geistlichen anfangs im Besitz des römischen und kanonischen Rechtes fast ausschließlich zu erhalten wußten und so den Herzögen unentbehrlich waren; selbst in der Kanzlei arbeiteten unter Aufsicht des Kanzlers, des Siegelbewahrers, nur Geistliche. 145 ) Erst nach dem Tode Magnus II. begannen auch Laien als Räte bei den Herzögen zu fungieren und wie Kaspar von Schönaich die Stellung eines Kanzlers einzunehmen.

Am 15. August 1482 146 ) erscheinen in der Urkunde, die auf einem zwischen den Herzögen und der Stadt Rostock wegen Bedeforderungen vereinbarten Tage zu Bützow ausgefertigt wurde, Bischof Johann von Ratzeburg, Kurt Loste, 147 ) Erwählter zu Schwerin, Dekan Johann Langejohann, Johann Remlin, Thomas Rode, herzoglicher Kanzler, Kantor Heinrich Probst und Johannes Sperling, sämtlich Domherren von Schwerin, unter den Bevoll=


143) Rudloff, Handbuch, III, S. 19; nach einer Urkunde vom 30. März 1505 aus dem Archiv zu Schwerin.
144) Hierbei ist auch der Bischof von Ratzeburg unbedingt zu erwähnen.
145) Rudloff, Handbuch, II, S. 921.
146) Schröder, Pap. Mecklb ., S. 2335.
147) Gewöhnlich wird dieser mit seiner unverkürzten Form Konrad erwähnt.
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mächtigten. Am deutlichsten tritt die Verwendung der Bischöfe im Verlaufe der Rostocker Domfehde hervor. 148 ) Hier möge nur als Beispiel erwähnt sein, daß 1486 der Bischof von Ratzeburg den Herzog Magnus sogar nach Rom begleitete. Bei einem späteren Vergleich mit Rostock im Jahre 1491 149 ) finden wir Bischof Johann von Ratzeburg und Bischof Konrad von Schwerin. Am 13. März 1494 150 ) entscheiden Bischofs Johann von Ratzeburg, Dekan Joh. Langejohann und Nikolaus Speck vom Domkapitel zu Schwerin mit anderen Räten den Streit der Herzöge und der Herren von Flotow wegen der Sommerbede im Lande Malchin. Sehr eifrig in herzoglichen Diensten war der spätere Bischof Johann Thun, der auch als solcher in seinen Funktionen als herzoglicher Rat blieb, wie wir aus zeitgenössischen Berichten entnehmen können. 151 ) so befand er sich im Gefolge des jungen Herzogs Heinrich V., als dieser am 14. November 1495 152 ) an den königlichen Hof reiste. Am 19. Mai 1497 153 ) wirkte er bei einem Kompromiß zwischen den Herzögen Johann zu Sachsen-Engern und Magnus II. von Mecklenburg mit. Mit einigen anderen herzoglichen Räten unterschrieb er am 8. Dezember 1504 154 ) eine Urkunde wegen der Regierungsordnung der Herzoge Balthasar und Heinrich. Als letztes Beispiel seien schließlich die Verhandlungen erwähnt, die er im Auftrage der Landesherren im Jahre 1505 155 ) mit Rostock führte, als dieses die von den Ständen zum Empfang der kaiserlichen Belehnung bewilligte Beisteuer nicht zahlen wollte, Peter Wolkow fühlte sich als Bischof ebenso wie sein Vorgänger stets als herzoglicher Rat und "Hofgenosse des fürstlichen Hofes zu Mecklenburg". 156 ) Wenn auch die Bischöfe und Domherren in den kirchlichen Ämtern ihre Unabhängigkeit von den Herzögen gewahrt haben, so läßt sich doch nicht leugnen, daß die persönliche Unterordnung unter den Willen der Landesherren und das vollkommene Aufgehen in


148) Genaueres über den Gang der Streitigkeiten und die Beteiligung der Bischöfe siehe Koppmann, K., Geschichte der Stadt Rostock, I (1887) S. 35 ff.
149) Schröder, Pap. Mecklb ., S. 2455.
150) Beilage zu den Rostocker Nachrichten 1821, S. 117-118.
151) Kranz, A., Metropolis, Appendix p. 851.
152) Chemnitz, Genealogia da. a. 1495. Westphalen, Bd. IV.
153) Schwerin, Archiv.
154) Versuch über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit landesherrlicher Bedienter bei landständischen Versammlungen, S. 83.
155) Hegel, K., S. 110.
156) Rische, S. 137.
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deren Interessen eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf ihre geistlichen Interessen haben mußte. Andererseits konnten die Prälaten die Herzöge infolge ihres Einflusses auf dieselben von manchem Eingriff in ihre Rechte zurückhalten.

Nachdem wir die persönlichen Beziehungen der Landesherren zu den Bischöfen und Domherren betrachtet haben, wollen wir uns das Verhältnis des Stiftes zum Reiche ansehen. Infolge der Schwäche des Reichs und der Bildung des neuen Staatsbegriffes mit seinen positiven Aufgaben für das öffentliche Wohl hatte sich die Macht der Territorialherrschaften, der Träger der Letzteren, außerordentlich verstärkt. Aus dem Streben der Landesherren heraus, ihr Gebiet möglichst zu konsolidieren, mußten sich Versuche geltend machen, die innerhalb eines Territoriums liegenden geistlichen, bisher unmittelbaren Besitzungen der Landeshoheit der weltlichen Herren zu unterwerfen. Das Reich hatte infolge seiner immer mehr zunehmenden Schwäche den Landesfürsten gewisse Rechte übertragen. so sollten diese seit dem Jahre 1495 157 ) für den allgemeinen Landfrieden und dann seit 1512 158 ) dafür sorgen, "wie die Beschwerungen in der Kirche zum förderlichsten und besten abgewendet, verhütet und zur Besserung gestellt werden möchten". Obwohl die Fürsten aus diesen Renten mancherlei Ansprüche ableiteten, hielt das Reich doch in der Theorie an der Reichsunmittelbarkeit der Bistümer im allgemeinen und Schwerins im besonderen fest. 159 )

Wir aber wollen uns die tatsächlichen Verhältnisse klar machen und beginnen deshalb mit dem Besteuerungsrechte des Reiches. Auf dem Reichstage zu Worms waren im Jahre 1495 160 ) Abgaben von den einzelnen Reichsständen zur Erhaltung des Reichskammergerichtes gefordert worden. Bezeichnenderweise war der Befehl zur Aufbringung der Gelder nicht an den Bischof von Schwerin direkt gerichtet, sondern man hatte Magnus II. beauftragt, mit diesem darüber in Verhandlung zu treten. 161 ) Als keine Zahlung erfolgte, wurde das Bistum vom Reichsregiment zu Nürnberg


157) Neue und vollständige Sammlung der Reichsabschiede, Teil II, S. 22 ff. (1747).
158) Ebenda, Teil II, S. 136 ff.
159) schon durch die im Jahre 1515 erfolgte Bestätigung aller Privilegien und Freiheiten des Stiftes und Aufnahme desselben in des Reiches Schutz, bei 20 Mark lötigen Goldes Strafe für Dawiderhandelnde. Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2827.
160) Sammlung der Reichsabschiede, Teil II, S. 22 ff.
161) Verpoorten, S. 38.
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1501 162 ) gemahnt. Daraufhin verhandelte der Bischof von Schwerin nicht direkt mit dem Reiche wegen dessen Ansprüchen, sondern er wandte sich brieflich an Magnus II. als seinen natürlichen Beschützer und bat ihn, das Stift zu vertreten. Er und seine Vorgänger hätten sich ja stets zur Herrschaft Mecklenburg gehalten und dem Reiche nichts dergleichen, als nun angesonnen würde, bezahlt. 163 )

Noch stärker, als eben erwähnt, tritt das Verlangen des Stiftes, durch die Herzöge wegen der vom Reiche geforderten Abgaben vertreten zu werden, in dem am 31. Dezember 1514 164 ) abgeschlossenen, bereits erwähnten Vertrage hervor. Mochte der Bischof die von ihm bewilligte Steuer nennen, wie er wollte: Landsteuer oder Schutzgeld, 165 ) dadurch, daß er sich seinen finanziellen Verpflichtungen an das Reich entzog, ließ er die Herzöge einen großen Schritt auf dem Wege zur Landeshoheit über das Stift tun. Was die Besteuerung anlangt, unterschied sich diese von 1514 ab in keiner Weise von den anderen Ständen des Herzogtums. Daß das Kapitel seine Einwilligung zu dem Vertrage gegeben hat, ist unwahrscheinlich; schon die gleich darauf von ihm ohne Beteiligung des Bischofs beim Kaiser nachgesuchte Bestätigung der Freiheiten und Privilegien des Bistums spricht dagegen. 166 )

Wie stellte sich nun aber das Reich zu solchen Versuchen, seinem Steuerrechte zu entgehend In den Reichsmatrikeln ist das Stift Schwerin, wie wir aus der S. 68 angeführten Tabelle 167 ) der für uns in Betracht kommenden Reichs-Abschiede ersehen können, außer in der auf dem Reichstag zu Nürnberg im Jahre 1487 aufgestellten Liste niemals vergessen worden, wenn das Herzogtum Mecklenburg angeführt ist. 168 ) Ratzeburg erscheint erst 1507 in den Matrikeln. Veranschlagt worden waren zwar alle Stände, aber nachgekommen waren die unbedeutenderen den Verpflichtungen bisher nicht, Als nun die Unterhaltung des Reichskammergerichtes und die sonstigen Reformen Maximilians I. be=


162) Verpoorten, S. 42.
163) Ebenda.
164) Schröder, Pap. Mecklb ., S. 2825.
165) Ein Schutz- oder Schirmgeld für die unter mecklenburgischer Hoheit gelegenen Güter konnte es nicht sein; schon der Vergleich mit dem Bistum Ratzeburg und mit dem damals in Mecklenburg üblichen Steuersatz: 1 Mark lübisch von der Hufe, ergibt die Unmöglichkeit dieser Annahme; denn 500 Hufen Besitz hat das Stift keinesfalls im Herzogtum gehabt.
166) Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2827.
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deutende Mittel erforderten, drang das Reich bei allen Ständen auf Leistung der Verpflichtungen. Die Folge war, wie wir schon oben bei Schwerin sahen, daß sich die Landesfürsten ihrer inzwischen in Wirklichkeit zu Landständen herabgesunkenen Bistümer und sonstigen Prälaten annahmen. Herzog Georg von Sachsen beschäftigte sich besonders mit diesen Forderungen des Reiches und erließ eine Erklärung an das Reichskammergericht, die sich nicht nur auf die in seinem Territorium in Betracht kommenden Bistümer bezog, sondern die Interessen aller Reichsfürsten wahrnahm. Es heißt da: Die Reichsstandschaft der Bischöfe und Prälaten sei durch die durch lange und stetige Übung und durch den Gebrauch entstandene Verjährung verloren. Sie hätten in der Landesherren Schutz gestanden und in ihrem Fürstentum gelegen; deshalb seien sie bei kaiserlichen Anschlägen immer mit in ihrer Herren Anschläge enthalten und seien vom Reiche auch nicht angezogen oder doch wenigstens nicht zur Leistung gezwungen worden. Der Landesherr sei der unmittelbare, rechte Ober-, Schutz- und Schirmherr, Richter,


(  ...  ) Da alles auf staatsrechtlichem Gebiete zu unserer Zeit schwankend war. so kann uns auch die Anführung in den Reichsmatrikeln nicht als vollgültiger Beweis für die Reichsunmittelbarkeit unseres Stiftes gelten; denn öfters werden unstreitig unmittelbare Reichsstände weggelassen (siehe z. B. in der Tabelle den Reichstag zu Frankfurt 1486, wo das Herzogtum Mecklenburg fehlt), andererseits findet man Stände, die längst mittelbar geworden waren.
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Vogt und Fürsprecher aller in seinem Fürstentum Gesessenen, gleichviel, ob Bischöfe, Äbte oder Prälaten." 169 )

Als Schwerin 1521 wieder mit den übrigen Reichsständen veranschlagt wurde, beantragten die Herzöge im Jahre 1522 170 ) bei dem Reichsregiment in Nürnberg, das Stift in das Auszugsregister zu bringen. Dieser Versuch, einen rechtlichen Ausspruch über die Landsässigkeit des Bistums zu erlangen, mißglückte. Wir finden nämlich das Stift, welches naturgemäß infolge seines Vertrages mit den Herzögen von Mecklenburg seinen Verpflichtungen dem Reiche gegenüber nicht nachkam, in den Jahren 1524, 1526, 1529 in dem Register der restierenden, nicht exemten Reichstände verzeichnet. Der deshalb vom Reichsfiskus gegen das Bistum eröffnete Prozeß endete am 21. Oktober 1561 171 ) damit, daß das Reichskammergericht die Reichsunmittelbarkeit des Stiftes bestätigte. Auch der Kaiser trug der reichsunmittelbaren Stellung des Stiftes im Verlaufe unserer Periode nicht genügend Rechnung. Wir können das aus der Art des Einsammelns des Ertrages des Jubelablasses vom Jahre 1501 ersehen, der dem Kaiser vom Papfte Alexander VI. wegen des bevorstehenden Türkenzuges überlassen worden war. Am 3. November 1506 172 ) forderte Kaiser Maximilian I. Herzog Heinrich V. auf, das gefallene Jubelgeld "ohne Ausflucht und Aufzug" aus dem Stiftsgebiet an sich zu nehmen. Dabei bedrohte er gleichzeitig den Bischof hart, falls dieser sich "ungehorsam erzeigen und bemeldeten Herzog Heinrich in solch kaiserlichem Befehle Irrung tun würde". Darunter, daß sich der Kaiser nicht direkt an den Bischof von Schwerin wandte, sondern selbst dessen Beziehungen zum Reiche der Kontrolle der Herzöge unterstellte, mußte das Ansehen des Bistums schwer leiden.

Die schon betrachtete Mitwirkung des Stiftes Schwerin in der Lübecker Fehde brachte dieses in eine Stellung, welche sich, was die militärischen Forderungen anbetrifft, in nichts Von Landsässigkeit unterschied. In der Liste der Aufgebotenen finden sich der "Bischof zu Schwerin samt seinen Stiftspferden und denen zu Bützow mit zweihundert Mann zu Fuß", ferner "Bützow und Warin samt den Vogteien mit 75 Mann". Unzweifelhaft ist hier vom eigentlichen Stiftsgebiet die Rede, zu dem ja auch Bützow


169) J. H. v. Harpprecht, Staatsarchiv des Kaiserlichen und des Heiligen Römischen Reichs Kammergerichts, Teil III, S. 176 ff. (1757 ff.)
170) Verpoorten, S. 28.
171) Ebenda, S. 29.
172) Schwerin, Archiv, Jubelgeld 1501.
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und Warin gehörten. Klar spricht ferner Heinrich V. von den Stiftspferden, also von den Lehnsleuten des Bischofs. Der Schluß ist nicht abzuweisen, daß das Stift gleich den andern Untertanen der Herzöge Roßdienste und Landfolge leisten mußte. Haben wir aber in den beiden Verpflichtungen die höchsten Merkmale 173 ) der Landeshoheit zu erblicken, so müssen wir aus dem Gehorsam des Stiftes gegen die Herzöge eine stillschweigende Unterwerfung desselben unter deren Hoheit erkennen. Freilich hatten die militärischen Kräfte des Bistums nicht infolge einer Verpflichtung zur Landfolge, sondern auf Grund eines Bündnisses den Herzögen freiwillig zur Verfügung gestellt worden sein können. Diese Annahme ist aber unwahrscheinlich. Erstens wissen wir nichts von einem solchen Vertrage, und dann hatten sich die Verhältnisse so zu Ungunsten des Bistums verschoben, daß die Herzöge wohl kaum im Verlaufe unserer Periode mit diesem als gleichberechtigtem Faktor ein derartiges Bündnis abgeschlossen haben würden. Drittens schließlich spricht die ganze Art der Aufzeichnung dagegen. Das von den Herzögen selbst zahlenmäßig genau festgelegte Aufgebot des Stiftes steht mitten in der Liste der Verpflichteten der Mecklenburger Lande. 174 ) Als letzter Einwand könnte noch gebracht werden, daß die Hilfe wohl gefordert, aber vom Stifte nicht bewilligt worden sei. Zwar können wir das Eingehen auf die Wünsche der Fürsten nicht urkundlich nachweisen, davon aber sind wir überzeugt, daß sich die Spuren einer etwaigen Ablehnung sicher nachweisen lassen würden.

Welche Stellung die Herzöge zur geistlichen Gerichtsbarkeit einnahmen, werden wir im nächsten Teil sehen; hier mögen nur zwei Fälle angeführt sein, die auf eine Gerichtshoheit der Fürsten über das Stift und über den Bischof hinweisen. Am 2. April 1508 175 ) kommen die Herzöge "mit ihren Räten, etliche irrige


173) In den Urkunden, die von Verleihungen an die Kirche sprechen, finden wir auch bei Abtretung aller Rechte nur die Landfolge zurückbehalten als Zeichen der Landeshoheit.
174) Schon vor unserer Zeit findet sich ein Beispiel der Verpflichtung des Stiftes zur Landfolge: 1468 verlangte Heinrich IV. bei Gelegenheit einer Fehde mit Pommern-Stettin die Stellung von Mannschaften, wozu das Stift ja verpflichtet sei. Der damalige Bischof Werner bestritt das Recht dieser Forderung durchaus nicht, sondern bat nur für dieses Mal, weil er für seine Einnahmen aus dem in Pommern gelegenen Teil seines Sprengels fürchtete, um Erlassen der Stellung der Mannen. "Nur aus Gunst und Gnade" gewährte ihm Heinrich IV. diese Bitte. M. Jb. 51, S. 106.
175) Etwas von gelehrten Sachen, Teil I, S. 173 (1737).
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Sachen zu verhören", nach Bützow, nachdem sie sich kurz zuvor, am 16. Mai, 176 ) zwei Doktoren von der Universität zu Rostock zum Anhören und Entscheiden eben dieser Angelegenheiten nach Bützow erbeten hatten. Hieraus könnte man als weiteres Zeichen der Landeshoheit der Herzöge schließen, daß diese zu Bützow, also in der Residenz der Bischöfe, die höchste Gerichtshoheit in Anspruch genommen hätten. Da aber am 11. Dezember 1508 177 ) der Bischof Peter Wolkow als Beweis seiner Obergerichtsgewalt eine neue Gerichtsordnung für Bützvw erließ, die vielleicht teilweise durch den angeführten Fall veranlaßt worden war, dürfen wir diesen wohl nur als Übergriff 178 ) der Landesherren ansehen. Immerhin wirft dieser Vorgang ein bezeichnendes Licht auf deren Stellung zu den Bischöfen Schwerins. Vom 16. Januar 1516 179 ) findet sich eine Urkunde über ein richterliches Erkenntnis der Fürsten zwischen dem Bischof Peter Wolkow und dem Ritter Helmold von Plessen in einem Streite wegen einer Geldsumme, die zu Bützow zu des Stiftes Nutzen verwendet worden war. Zu verwundern ist es, daß der angeklagte Bischof diese Angelegenheit nicht vor das jedem reichsunmittelbaren Prälaten bei solchen weltlichen Händeln zur Verfügung stehende Reichskammergericht brachte, sondern sich unter Ausschaltung des Reichs einem schiedsrichterlichen Spruch der Herzöge fügte.

Äußerst wichtig für unsere Untersuchung ist endlich der Nachweis, daß Bischof und Kapitel von Schwerin an den Landtagen des Herzogtums in der Zahl der Landstände 180 ) mitwirkten. An der Spitze der Prälaten, 181 ) die mit den Mannen und Städten


176) Ebenda, Teil I, S. 133.
177) Es sollte drei Instanzen geben: der Stapel, der Rat der Stadt und zuletzt das bischöfische Gericht vor der bischöflichen Burg in Bützow. Ausnahmsweise konnte noch eine Revision durch den Bischof selbst stattfinden. Schröder, D., Pap. Mecklbg., S 2794.
178) Der von Rudloff in seinem "Ehemaliges Verhältnis", S. 54, angeführte Grund, die Herzöge hätten in Bützow Gericht gehalten, weil ihre Residenz Güstrow von dem vorjährigen Brand noch in Asche lag, erscheint nicht stichhaltig; denn es gab auch andere nicht im Stiftsgebiet gelegene Städte, die die Herzöge hätten aufsuchen können.
179) Schröder, D., Pap. Mecklbg., S. 2844.
180) Näheres über die Entwicklung derselben siehe bei Hegel.
181) Unter den Prälaten sind vorzugsweise gemeint: Der Bischof von Schwerin, die Dompröpste und andere Mitglieder der verschiedenen Domkapitel, die Äbte oder Pröpste der Klöster, die Archidiakonen, einzelne Pfarrer von Hauptkirchen des Landes sowie die Johanniterkomture - Die Prälaten waren als Stand deshalb bei den Landesherren so beliebt, weil Sie infolge ihrer persönlichen Beziehungen zu denselben in Treue zu ihnen Standen, die jene oft im Streite mit ihren aufsässigen Großen nötig hatten.
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die ständische Vertretung des Landes bildeten, stand der Bischof von Schwerin wegen seiner im Lande Mecklenburg gelegenen Güter. Er beteiligte sich entweder selbst oder durch seine Domherren bei Gelegenheiten aller Art an den landständischen Versammlungen. Erwähnt sei da vor allem die Rostocker Fehde, wo er bei Vergleichsversuchen 182 ) zu finden war. Im Verlauf derselben, im Jahre 1495, 183 ) wurde den Prälaten, Mannen und Städten von den Herzögen und der Stadt Rostock der Hafen und die Festung Warnemünde zur zeitweiligen Sequestration übergeben. 1497 184 ) sollten die Vertreter Rostocks vor den Ständen zur Rechtfertigung erscheinen. Auch bei Streitigkeiten der Herzöge untereinander sehen wir Domherren mitwirken: so 1504 185 ) bei der Abfassung des Gemeinschaftsvertrags; ferner im Neubrandenburger Vertrag zwischen Heinrich V. und Albrecht VII. vom Jahre 1520. 186 )

Durch den Steuervertrag des Bischofs Peter Wolkow mit Heinrich V. vom 31. Dezember 1514 187 ) wurde das Interesse des Bischofs und seines Kapitels noch enger mit dem des Landes verknüpft. Durch ihn hatte der Bischof ja Verpflichtungen übernommen, die sich nicht auf die in Mecklenburg liegenden Güter, sondern auf das Stift selbst bezogen. Da aber die Genehmigung der Stände zur Bewilligung von Steuern, wie sie der Vertrag voraussetzte, in jedem Falle nötig war, lag es im Interesse des Bischofs, das Recht zu betonen, an landständischen Versammlungen teilnehmen zu dürfen. Bald begannen sie, nicht nur zum eigenen Nutzen, sondern auch für das allgemeine Wohl des Landes an der positiven Arbeit, wie bei der Abfassung der Polizeiordnung von 1516, 188 ) mitzuarbeiten. Den Abschluß dieser Entwicklung bildete die am 1. August 1523 189 ) abgeschIossene Union. Es in dies eine Vereinigung aller Prälaten, Mannen und Städte "als die gemeinen Stände der Lande und Fürstentümer Mecklenburg, Wenden, Rostock und Stargard", die ohne die Landesherren abgeschIossen wurde, zur Beseitigung der allgemeinen Unsicherheit und Aufrechterhaltung ihrer Privilegien gegen jedermann. In dem


182) Hegel, K., Anhang Nr. 3.
183) Koppmann, K., Geschichte der Stadt Rostock, Teil I, S. 80. Rostock 1887.
184) Hegel, K., Anhang Nr. 3.
185) Ebenda, S. 105.
186) Ebenda, S. 106.
187) Schröder, D., Pap. Mecklbg., S. 2825 ff.
188) M. Jb. 57, S. 151 ff.
189) Ausführliche Betrachtungen über verschiedene Stücke der Gemein-schafts- und Kontributions-Verfassung, Nr. 55 und 56 (1751).
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von den Ständen erwählten Ausschuß befand sich der Bischof 190 ) und der Dompropst von Schwerin. Unterzeichnet wurde die Urkunde, die uns die Prälaten völlig als Landstand mit allen seinen Rechten und Pflichten zeigt, in Vertretung der anwesenden Prälaten vom Administrator des Stifts Ulrich Malchow, dem Senior des Kapitels zu Schwerin Nikolaus Franke, dem Abte zu Doberan Nikolaus, dem Dekan zu Rostock Berthold Möller und dem Propst zu Dobbertin Heinrich Möller.

Es ist zu verstehen, daß die Entwicklung der Verhältnisse, wie Sie in unserer Periode vor sich ging, in kirchlichen Kreisen, besonders im Domkapitel, Widerstand gegen die Bischöfe hervorrief, welche so wenig die Rechte des Stiftes zu schützen wußten. Deshalb ließ das Schweriner Kapitel ohne Mitwirkung des Bischofs im Jahre 1515 191 ) die Privilegien und Freiheiten des Bistums bestätigen und dieses in des Reiches Schutz aufnehmen.

Um dem Kapitel Einfluß auf die wichtigeren Handlungen der Bischöfe zu gewährleisten, mußten diese vor der Wahl Kapitulationen beschwören, die die Wünsche des Kapitels enthielten. Eine Befreiung von diesen Versprechungen sollte nicht möglich sein, selbst durch den Papst nicht. Derartige Wahlkapitulationen finden wir am 25. August 1504, 192 ) am 20. Februar 1508 193 ) und am 21. Juni 1516. 194 ) Daß aber solche dem Bischof aufgelegte Beschränkungen diesen durchaus nicht immer hinderten, den Herzogen zu Willen zu sein, hat uns der Steuervertrag von 1514 deutlich gezeigt.

Aus alledem, was wir bisher gesehen haben, müssen wir schließen, daß das Stift am Ende unserer Periode trotz der Bemühungen des Domkapitels tatsächlich mittelbar geworden war, wenn es auch vom Reiche weiterhin als reichsunmittelbar betrachtet wurde. Dieser Schluß findet seine volle Bestätigung durch das Benehmen des Bischofs Magnus, der in dem am 21. Oktober 1561 195 ) abgeschlossenen Prozeß wegen der Reichsunmittelbarkeit seines Stiftes energisch die Ansicht vertrat, daß es ein dem Herzogtum Mecklenburg inkorporierter Stand sei.


190) Natürlich in der Person seines Vertreters, des Administrators.
191) Schröder, D., Pap. Mecklbg., S. 2827.
192) Schröder, D., Pap. Mecklbg., S. 2716 ff.
193) Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, Teil II, S. 29.
194) Schröder, D., Pap. Mecklbg, S. 2850 ff. vgl. oben S. 56.
195) Verpoorten, S. 29.
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3. Die Stellung der Landesherren zur gistlichen Gerichtsbarkeit.

Ungeheuer groß war die Konkurrenz, welche im Mittelalter dem Laiengericht durch die geistliche Gerichtsbarkeit erwuchs. Diese verlangte nicht nur die Entscheidung über alle Kriminal- und Zivilfälle der Kleriker, die ihm durch das privilegium fori vorbehalten waren, sondern sie mischte sich auch in die Vorkommnisse, die in das weitgesteckte Gebiet der delicta mere ecclisiastica gehörten, wie Ketzerei, Simonie, Meineid, Ehebruch und sonstige Verstöße gegen die christliche Sittenlehre. Ferner zog man Streitfälle wegen Kirchenguts, wegen der der Kirche zukommenden Leistungen, über Patronatsgerechtsame, Testamente, Wucher wie auch über Erb und Eigen 196 ) vor das geistliche Gericht. Auf jede andere nicht unter die erwähnten Fälle zu rechnende Streitsache endlich machte die Kirche im Falle der Rechtsverweigerung oder Verzögerung durch die weltlichen Behörden Anspruch.

Allerdings muß von vornherein betont werden, daß die Kirche diese alles umfassenden Forderungen in der Praxis nie durchzusetzen vermochte. 197 ) Immer wirkte das weltliche Gericht, wenn auch oft ohne Rechtstitel, beschränkend auf die geistlichen Ansprüche. Andererseits aber war den Landesherren das Eingreifen dadurch erschwert, daß sich das geistliche Gericht bei den Laien einer großen Beliebtheit wegen seiner im praktischen Leben


196) Die Geistlichen erwarben deshalb von Laien Schuldfoderungen und machten diese beim geistlichen Gericht anhängig. Ein solches Vorgehen verbot Bischof Konrad von Schwerin in seinen Synodalstatuten vom Jahre 1492, weil es die Laien gegen die Kleriker erbittere. Schröder, D., Pap. Mecklb g., S. 2477.
197) Hier und da hatte das geistliche Gericht Einbuße erlitten, indem es durch offizielle Verträge auf einen Teil seiner Rechte verzichtete. Für unsere Zeit und unser Territorium seien erwähnt: Die Bürger von Rostock durften außer im Falle der Rechtsverweigerung nicht vor das bischöfliche Gericht nach Bützow geladen, sondern mußten in Ermangelung eines bischöflichen Offizials in dieser Stadt vom dortigen Archidiakonus abgeurteilt werden. Ferner wurde zugunsten der Stadt das Asylrecht der Kirchen und Klöster außer bei Verbrechen, die mit Tod oder ewigem Gefängnis zu bestrafen sein würden, aufgehoben. (Wöchentliche Rostocker Nachrichten und Anzeigen 1757 Stück 22, 1757 Stück 13, 14, 18 am 11. Dezember 1477.) - Wismar erreichte mit Hilfe der Herzöge, daß sich weder der Bischof noch dessen Offizial mit weltlichen Sachen abzugeben versprachen. (Schröder, D., Pap. Mecklbg , S. 2711; dies war am 19. November 1504). - Dem Rektor der Universität Rostock wurde nach langen Streitigkeiten die Gerichtsbarkeit über die Glieder der Anstalt und deren Diener sowohl in Zivil- als auch in Kriminalsachen vom Bischof übertragen. (Schröder, D., Pap. Mecklbg., S. 2540, am 19. November 1493.)
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prompt wirkenden Strafmittel und seiner gut geschulten Richter erfreute. Es mußte jedoch im höchsten Interesse der Landesfürsten liegen, die Kompetenz des geistlichen Gerichts nach Möglichkeit zu verringern, um die weltliche Gerichtsbarkeit, eins der deutlichsten Zeichen der Landeshoheit, 198 ) möglichst uneingeschränkt ausüben zu können.

In unserer Periode machte sich dieses Bestreben nach der langen und schwachen Regierung Heinrichs IV. deutlich geltend. Wie überall, so suchten die Herzöge auch hier nach und nach für ihre Gerichte Boden zu gewinnen, indem sie zugleich durch Erlangung päpstlicher Bullen ihrem Streben eine rechtliche Grundlage zu geben bemüht waren.

Zuerst lag unseren Fürsten daran, die auswärtigen geistlichen Gerichte außer Wirkung zu setzen. Durch Berufung vor solche erwuchsen den herzoglichen Untertanen nicht nur große Kosten und neben dem Zeitverlust sonstige Unannehmlichkeiten, sondern es war auch den Landesherren eine Beaufsichtigung der Rechtsprechung unmöglich. Wie es ihnen am 28. Juni 1495 199 ) nach langem Streite gelang, ein kaiserliches Privilegium gegen die auswärtigen weltlichen, besonders westfälischen Gerichte zu erlangen und deren weitere Wirksamkeit zu verhindern, 200 ) so wußten sie sich auch nach längerem Unterhandeln am 5. November 1509 201 ) vom Papste Julius II. eine Bulle zu verschaffen, nach welcher die Lehnsleute, Städte und Untertanen der Herzöge zu Mecklenburg mit keinem auswärtigen geistlichen Gericht beschwert oder sonst aus dem Lande gerufen werden sollten. Von dieser Befreiung nahm der Papst aber ausdrücklich die Fälle aus, die ihm selbst reserviert waren. Um das Privilegium in seinem ganzen Umfange zu erhalten, verlangte Heinrich V. 1515 202 ) von seinem


198) Über landesherrliche Verordnungen gegen Ausübung der geistlichen Gerichtsbarkeit in den einzelnen Territorien siehe: Lossen, R., Anhang I.
199) Schwerin, Archiv. Ebonso erhielten Bauern und Württemberg dasselbe Privilegium.
200) Am 17. Januar 1512 erließen die Herzöge ein Mandat gegen dieselben und stellten auf dem Reichstag zu Trier gleichzeitig den Antrag auf Auflösung. M. Jb. 61, S. 34. Ebenso ein Mandat dagegen am 12. Januar 1512. Schwerin, Archiv. - Ferner finden sich ebenda ohne Daten Konzepte von Klagen an den Bischof von Paderborn und den Erzbischof von Bremen, in deren Gebiet die in Frage kommenden Stühle lagen.
201) Schwein, Archiv, Religio Katholica.
202) Ebenda Religio Katholica. (Instruklion an Magister Nikolaus Franke).
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Geschäftsführer in Rom, Zutfeld Wardenberg, er möchte eine Bulle von Leo X. erwirken, nach der seine Untertanen auch wegen der 1509 noch reservierten Fälle nicht mehr vor auswärtige geistliche Gerichte gezogen werden sollten. Er, der Herzog, würde den Betroffenen, falls diese vor dem gebührlichen und ordentlichen Richter Klage erhöben, gern zu ihrem Recht verhelfen. Dieses Privilegium scheint Heinrich V. sehr wichtig gewesen zu sein; denn es soll sofort in Rom zweimal ausgefertigt werden. Zwar läßt sich nichts Direktes über die Erfüllung dieses Wunsches nachweisen, aber wir können wohl dessen Erfüllung annehmen; schon die Tüchtigkeit und Energie Wardenbergs bürgt dafür.

Ferner wollten die Landesherren das Eingreifen der geistlichen Gerichte wegen weltlicher Angelegenheiten überhaupt unterbinden. Dies erreichten sie ebenfalls am 5. November 1509 203 ) von Julius II., der verfügte, daß die Untertanen in den Staaten der Herzöge von Mecklenburg, sowohl geistliche wie weltliche, nicht wegen weltlicher Sachen vor geistliche Gerichte gebracht werden sollten. Wie aus einem Briefe aus Rom von Michael Hildebrand vom 31. Januar 1510 204 ) hervorgeht, war das Rrivilegium in weitgreifenderer Weise abgefaßt worden, als wie es der Papst früher dem Herzog von Pommern verliehen hatte.

Beschäftigten uns bisher die Versuche der Herzöge, die geistliche Gerichtsbarkeit durch päpstliche Hülfe teilweise auszuschalten, so müssen wir jetzt betrachten, wie die Landesherren indirekt auf die geistliche Rechtsprechung durch Beeinflussung der Archidiaktonen einwirken wollten, denen jene oblag, soweit sie nicht dem Offizial des Bischofs als höherer Instanz zukam. 205 )

Unsere Annahme stützt sich darauf, daß die Archidiakonate, die für uns in Betracht kommen. 206 ) durch Geistliche verwaltet wurden, welche zugleich Räte, ja teilweise Vertraute der Landes=


203) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
204) Ebenda, Religio Katholica.
205) 1352 hatte der Bischof Andreas mit den Dompröpsten von Schwerin und Bützow und den Archidiakonen zu Parchim, Tribsees und Waren einen durch Schiedsgericht beigelegten Streit über die geistliche Jurisdiktion und die davon abfallende Buße. M. U.-B., 7611.
206) Bei uns finden wir, wie in Deutschland öfters, die Archidiakonate mit den Propsteien der verschiedenen Kollegiatstifter und einzelner Klöster verbunden. Richter, A. L., Lehrbuch des katholischen und evangelischen Kirchenrechts, Buch III, S 366 (1867). - Rostock war z. B. mit der Propstei von Bützow, Schwerin mit der Schweriner verbunden. Kröpelin sollte vom Abt von Doberan und Dobbertin vom Propst des dortigen Klosters verwaltet werden.
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herren waren. Als Beispiele hierfür seien aus den durchgesehenen Urkunden nur angeführt: Für Rostock: Heinrich Benzin und Zutfeld Wardenberg; für Tribsees: Konrad Loste, Peter WoIkow und Zutfeld Wardenberg; für Parchim: Peter WoIkow; für Waren: Reimer Hahn und für Dobbertin: Johann Thun. Der Einfluß der Herzöge, dem diese Männer ständig ausgesetzt waren, läßt den Schluß zu, daß Sie ihre Amtsführung kaum ganz rein von fürstlichen Einwirkungen halten konnten. Um ihre Stellung den Archidiakonen gegenüber zu festigen, stellten die Landesherren 1515 207 ) in Rom die Forderung, die Archidiakonate zu Rostock und Parchim, ferner die Propsteien und Dekanate zu Schwerin, Güstrow und Rostock 208 ) besetzen zu dürfen. Von dem Erfolg dieser Forderung läßt sich nichts Genaues finden, aber wir dürfen wohl die Erfüllung durch den Papst annehmen; denn im Gegenfalle würde sicherlich irgendwann die Forderung von neuem erheben worden sein.

Nicht nur auf dem Wege durch den Papst und die Archidiakonen, sondern durch das Volk in seiner Gesamtheit wollten die Fürsten auf die geistliche Gerichtsbarkeit einwirken, indem sie am 25. Januar 1513 209 ) eine Gerichtsordnung an Prälaten, Amtleute, Vögte, Edelleute, Kochmeister, Kirchherren, Vikarien, Bürgermeister, Räte, Stadtvögte, Bürger, Bauern und alle anderen Verwandten und Untertanen geistlichen und weltlichen Standes erließen. Sie richteten sich in ihr gegen das Angehen der einheimischen und auswärtigen geistlichen Gerichte wegen weltlicher Sachen und forderten alle Untertanen auf, bei. Vermeidung von schwerer Strafe und Ungnade, ihre Streitigkeiten vor den gebührlichen Richter zu bringen. Ferner ermahnten sie alle ausübenden Gerichtspersonen, mit Sorgfalt ihr Amt zu erfüllen und Gerechtigkeif, besonders in Schuldsachen, walten zu lassen.

Am 29. Juni 210 ) selbigen Jahres erließen die Herzöge gleichsam als Ergänzung zu den Bestimmungen vom Januar Befehle, die sich auf Verbesserung des weltlichen Gerichts bezogen.


207) Schwerin, Archiv, Religio Katholica (Instruktion an Magister Nikolaus Franke) - Als Grund zu ihrer Bitte gaben die Herzöge an, der Gottesdienst hätte an den betreffenden Orten stark nachgelassen. - Über das mit der dortigen Propstei verbundene Archidiakonat zu Friedland besaßen die Herzöge bereits das Patronatsrecht. M. Jb. 12, S. 142.
208) Damit auch die Propstei von Bützow.
209) Kamptz, Heinrich von, Zivilrecht der Herzogtümer Mecklenburg, Schwerin und Wismar (1806), I, 2, S. 5 ff.
210) Kamptz, H. von, I, 2, S. 3 ff.
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Alle die bisher ausgeführten Versuche der Herzöge waren nicht völlig durchschlagend, beklagte sich doch schon kurz darauf Parchim 211 ) darüber, daß entgegen dem landesherrlichen Verbote ein Weltlicher den anderen vor das geistliche Gericht zöge. Deshalb findet sich in der Polizeiordnung von 1516 212 ) nochmals das Verbot des Angehens geistlicher Gerichte in weltlichen Sachen.

Mit größter Strenge überwachten die Landesherren die Ausübung der kirchlichen Strafgewalt, vor allem das Belegen mit Bann und Interdikt. Schon früher 213 ) sahen wir, wie sie versuchten, mit Hülfe des Papstes das Recht zu erhalten, die Kassation des Bannes anordnen zu dürfen. Aber nicht nur aus diesen Verhandlungen, sondern auch aus einzelnen Fällen vermögen wir die Stellung der Herzöge zur kirchlichen Strafgewalt zu erkennen. Sie griffen nötigenfalls in energischster Weise zum Schutze ihrer Untertanen ein und verlangten kategorisch Zurücknahme der verhängten Strafe. Im Archiv zu Schwerin finden wir zweimal Konzepte ohne Datum von Heinrichs V. eigener Hand. In dem einen beklagte er sich darüber, daß ein Untertan des Amtes Schwaan mit geistlichem Gericht belangt und mit dem Banne belegt worden wäre; 214 ) im zweiten Falle forderte er wie in dem eben erwähnten nicht nur Zurückziehen des Bannes, sondern auch Überlassung der Angelegenheit an ihn; 215 ) er würde nach Recht und Billigkeit urteilen. In einem dritten Konzepte eines an den Bischof von Schwerin 216 ) gerichteten Briefes verlangte Heinrich das Zurückweichen des geistlichen Gerichts in einer unzweifelhaft geistlichen Sache: Ein Bürger zu Schwaan hatte geheiratet und glaubte eine Jungfrau geehelicht zu haben. Durch vorzeitige Geburt eines Kindes aber merkte er, daß er betrogen worden war. Deshalb verstieß er sein Weib, war aber daraufhin vom geistlichen Gerichte belangt worden.

Auch wenn es sich um Angelegenheiten handelte, die nicht vor das herzogliche, sondern vor ein anderes weltliches Gericht, z. B. das einer Stadt gehörten, mischten sich die Landesherren ein, um das Zurücknehmen des zu Unrecht verhängten Bannes zu veranlassen. so forderte Magnus II. am 29. Januar 1484 217 )


211) M. Jb. 57, S. 151 ff.
212) Ebenda.
213) Vgl. II. Teil.
214) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
215) Ebenda.
216) Ebenda.
217) Rostocker Nachrichten 1758, Stück 4.
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den Rat von Rostock auf, einen Bürger, der gebannt worden war, energisch bei der Lösung von dieser Strafe behülflich zu sein. Wismar erhielt am 11. Oktober 1490 218 ) von den Herzogen ebenfalls eine gleiche Aufforderung. Im Jahre 1513 219 ) schrieb Heinrich V. an den Rat von Brandenburg, weil ein Bürger dieser Stadt unrechtmäßigerweise wegen einer Schuld mit geistlichem Gericht und durch dieses mit dem Banne beschwert worden war; die Strafe müßte umgehend zurückgezogen werden.

Recht beachtenswert ist es, daß die Bewohner des Herzogtums die Rechtmämigkeit des vom geistlichen Gericht gegen sie verhängten Urteils anzuzweifeln wagten und im Landesherrn eine über denselben stehende Beschwerdeinstanz erblickten, an die sie sich um Hilfe wenden konnten. 220 ) Wie wir aus den angeführten Beispielen ersehen können, griffen die Herzöge auf solche Beschwerden hin energisch zum Schutze ihrer Untertanen ein.

In immer größerem Umfange gelangten Streitigkeiten zwischen Klerikern und Laien, ja auch zwischen Klerikern untereinander vor das landesherrliche Forum, wenn es sich um liegende Gründe und darauf ruhende Lasten handelte. Während sich für die Pfalz 221 ) z. B. hat nachweisen lassen, daß es schon Grundsatz geworden war, beim Landesherrn in den oben erwähnten Fällen Recht zu suchen, können wir bei uns noch nicht von einer so fortgeschrittenen Entwicklung sprechen. Wie wir sahen, war es dem Landesherrn gelungen, das Einschreiten der geistlichen Gerichtsbarkeit bei Streitigkeiten genannter Art zwischen Laien zurückzuweisen. So erklärten Sie auch in einem Briefe vom Jahre 1513 222 ) an den Rat von Brandenburg das Angehen der geistlichen Gerichte in Schuldsachen für unberechtigt. Bei Zwistigkeiten zwischen Laien und Geistlichen jedoch nahmen die Herzöge teil=


218) Wismar, Stadtarchiv.
219) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
220) Z. B am 25 September 1518 beklagte sich der Magistrat von Friedland für sich und im Namen einiger Bürger über gewalttätige Anwendung der geistlichen Gerichtsbarkeit und des Bannes, über Brandschatzung und Abzwingung großer Strafgelder, unrechtmäßige und kostspielige Vorladungen vor den bischöflich havelbergischen Offizial zu Wittstock durch den Offizial des Archidiakonus zu Friedland. 1519 erneuten sich die Klagen. (M. Jb. 12, S. 145 ff.) - Am 8. September 1500 beschwerten sich zwei Edelleute bei den Herzögen darüber, daß sie auf unerhörte Weise ohne rechtliches Verfahren mit dem Banne beschwert worden seien, ohne gegen das Stift Schwerin gehandelt zu haben. Sie baten, ihnen Absolution zu erwirken. (Schwerin, Archiv.)
221) Lossen, R., S. 89 ff.
222) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
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weise eine andere Stellung ein. 1516 223 ) finden wir in der Polizeiordnung nach der Bestimmung, daß kein Weltlicher einen Weltlichen und kein Geistlicher einen Weltlichen wegen weltlicher Sachen vor geistliches Gericht ziehen sollte, die Einschränkung, daß die Zinsen der von Geistlichen zu geistlichen Renten ausgeliehenen Kapitale, falls sie nicht gütlich gegeben wurden, von geistlichen Gerichten eingefordert werden dürften. In Folge dieser Erlaubnis kauften die Geistlichen schwer einzutreibende Schuldforderungen von den Laien, denen sie dann mit ihren prompt wirkenden Strafmitteln bald Deckung zu verschaffen wußten. Vor dieser Bestimmung von 1516 finden wir im Verlaufe unserer Periode Beispiele dafür, daß die Landesherren derartige Streitfälle auch vor ihr Gericht gezogen haben. So schrieben sie um 1500 224 ) an Kurt Bevernest, daß der Rräzeptor und das ganze Haus St. Antonii zu Tempzin wegen Vorenthalten etlicher Renten Klage erhoben hätten.

Hierher gehört ferner der Streit der Lübecker Geistlichkeit mit dem Adel des Klützer Ortes. 225 ) Die Adeligen dieser Gegend kamen ihren Zinsverpflichtungen an jene nur sehr mangelhaft nach. Um dem bereits wegen dieser Angelegenheit in Rom schwebenden geistlichen Prozeß den Boden zu entziehen, brachten die Herzöge 1503 zu Wismar einen für ihren Adel äußerst günstigen Vertrag zwischen den streitenden Parteien über die nicht bezahlten Zinsen im Betrage von 30000 Mark zustande. Aller Streit sollte niedergeschlagen werden, die Geistlichkeit entsagte allen rückständigen Zinsen in Ansehung der Armut des Adels und setzte den Zinsfuß der Kapitalien auf 5 Prozent herab. Die Fürsten erlaubten dafür der Geistlichkeit Lübecks, in Zukunft ihre Schuldner mit geistlichen Gerichten und Strafen zu verfolgen und sich der herzoglichen Vögte und Knechte zum Beitreiben der Schulden zu bedienen. Trotz dieser Erlaubnis wurde der Prozeß, als der Adel immer noch reine Renten zahlte, wieder vor dessen Landesherren eröffnet, welcher 1511 die in Frage kommende Geistlichkeit Lübecks veranlaßte, die Zinsen nochmals fallen zu lassen. Die Kapitalien sollten dadurch gerettet werden, daß sie innerhalb 15 Jahren an die Eigentümer zurückgezahlt würden. Nach weiteren Verhandlungen, in deren Verlauf sich Heinrich V. die beglaubigten Abschriften der Schuldverschreibungen zur Prüfung hatte schicken


223) M. Jb. 57, S. 151 ff.
224) Schwerin, Archiv.
225) M. Jb. 16, S. 59 ff.
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lassen, wurde 1512 zu Gadebusch ein endgültiger Vergleich dahingehend abgeschlossen, daß die Zinsen fallen gelassen und die Kapitalien ohne weiteren Zinszuschlag in 10 Jahren abgetragen werden sollten. Auch dieser Vertrag wurde vom Adel nicht eingehalten, so daß sich der Streit noch lange vor den Herzögen hinschleppte, bis ihm die Reformation ein Ende machte.

Als natürliche Folge des Umstandes, daß Streitigkeiten wegen liegender Gründe und der darauf ruhenden Lasten und Rechte immer mehr durch das Gericht der Landesherren entschieden wurden, begannen sich diese auch in Testamentsstreitigkeiten einzumischen. So verschaffte Magnus durch Briefe vom 5 Oktober 1495 226 ) und weitere friedliche Verhandlungen mit dem Domkapitel zu Lübeck einigen seiner Diener eine Erbschaft wieder, deren sich ein Priester bemächtigt hatte. Ferner griffen die Fürsten in die Streitigkeiten ein, die zwischen Geistlichen und Weltlichen wegen einiger von den Zechlins nachgelassenen Güter entstanden waren. Sie bestimmten am 11 September 1498, 227 ) daß alle Inhaber von Pächten und Zinsen, deren Verpfändung durch die Herrschaft bereits bewilligt worden wäre, diese ungehindert weiter haben sollten; die aber keinen Willebrief hätten, müßten am Tage nach der Dreikonigsoktave vor den Herzögen Recht nehmen; bis dahin aber könnten sie im Besitz bleiben

Wenn auch die Herzöge sich bemühten, die Tätigkeit der geistlichen Gerichte nach Möglichkeit einzuschränken, so finden wir doch Fälle, daß sie die Kirche bei schwierigeren Angelegenheiten zu interessieren suchten. Die Waffen der geistlichen Gerichtsbarkeit mußten dann die Landesherren zum Ziele führen, wo weltliche Machtentfaltung nur zweifelhaften Erfolg versprach. Am charakterischsten tritt uns dieses Streben in der Fehde der Fürsten mit der Stadt Rostock 228 ) wegen der Errichtung des Domstiftes St Jacobi entgegen. Bei diesem Streite scheute sich Magnus nicht, selbst nach Rom zu reisen, um seiner Sache durch persönliche Führung vor dem Papste zum Siege zu verhelfen

Bei Vergehen von Klerikern mischten sich die Landesherren nur selten ein. Sie ließen lieber die geistlichen Gerichte wirken und griffen erst auf deren Verlangen ein. Dies konnten sie umso eher tun, als die Bischöfe unserer Periode, sicherlich beeinflußt von der Reformfreudigkeit der Landesherren, heiß bemüht waren, die Schäden innerhalb ihres Klerus durch Verordnungen zu be=


226) Schwerin, Archiv.
227) Schwein, Archiv.
228) Die Darstellung der Fehde siehe bei Koppmann, K., S 35 ff.
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kämpfen. 229 ) Ja, als sie in ihrem scharfen Vorgehen vom Erzbischof Johann von Bremen gestört wurden, appellierten sie sofort an den Papst und wahrten sich energisch das Recht, gegen ihre ungehorsamen Priester vorgehen zu dürfen. 230 )

Für das Eingreifen der Landesherren gegen Kleriker mögen folgende Beispiele sprechen: Am 3. Mai 1486 231 ) forderte der päpstliche Kommissar Johann, Bischof von Nicaea, die Herzöge auf, gegen Dekan und Kapitel der Schweriner Kirche einzuschreiten, weil diese dem dortigen Thesaurarius den dritten Teil der aus dem Heiligen Blut in Schwerin fließenden Einnahmen verweigert hatten. - Den Priester Peter Dähne, der am 12. März 1493 232 ) wegen des Verkaufes von geweihten Hostien an einen Juden verbrannt wurde, hatten die Landesherren vor ihrem Gerichte foltern und verurteilen lassen. - 1514 233 ) mischte sich Herzog Heinrich in den Streit, der wegen des Vergehens eines Klerikers zwischen Bischof Peter von Schwerin und dem Kloster von Sternberg entstanden war. - Am 13. September 1523 234 ) endlich beklagten sich die Herzöge beim Bischof Heinrich von Ratzeburg darüber, daß dieser einen Priester aus geringer Ursache gefangen genommen hätte. Der Bischof erklärte darauf, er würde gern der Aufforderung der Herzöge folgen und den Priester freigeben, da aber dieser die Mutter Gottes in der Trunkenheit beschimpft hätte, müßte er bis zum Verhör im Gefängnis bleiben. 235 )


229) Näheres siehe IV. Teil, Abteilung 3.
230) Zwei Priester in Rostock waren wegen Haltens von Konkubinen, die sie nicht abschaffen wollten, 1494 in den Bann getan worden, der 1505 wegen fortgesetzten Ungehorsams verschärft wurde. Auf deren Appellation an den Erzbischof von Bremen nahm sie jener in seinen Schutz und sprach sie vom Banne los. Daraufhin appellierte der Bischof von Schwerin an den Papst. Schröder, D., Pap. Mecklbg., S. 2762 ff.
231) Westphal, G., Diplomatarium Mecklenbugicum miscellum S. 1089 ff. Westphalen, Bd. IV.
232) Frank, D., Buch VIII, S. 255.
233) Kolde, Th., Die deutsche Augustiner-Kongregation und Johannes von Staupitz S. 259 ff. (1879).
234) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
235) Ein Beispiel dafür, daß Magnus II. durchaus nicht immer das Eingreifen seiner Beamten bei Verbrechen von Klerikern guthieß, bietet uns der Brief eines herzoglichen Amtmannes an den Markgrafen Johann von Brandenburg vom 25. Mai 1491: Er hatte zwei Geistliche und einen Küster aus Plau, welche einen Mann sehr geschlagen hatten, mit Hilfe des Rates daselbst in Verwahrung auf die herzogliche Burg gebracht und war deshalb mit den Herzögen und dem Bischof von Schwerin in Schwierigreiten gekommen. Er bat den Markgrafen um Verwendung bei den Herzögen von Mecklenburg. Schwerin, Archiv.
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Durch lange und energische Verhandlungen wußten also unsere Herzöge alle auswärtigen geistlichen Gerichte auszuschalten und ein Übergreifen der geistlichen Gerichtsbarkeit in weltliche Angelegenheiten zu verhindern. Für ihre eigenen Gerichte suchten sie nur in maßvollster Weise eine Erweiterung der Kompetenzen zu erreichen; sie beschränkten sich lieber auf eine überwachende Tätigkeit über die anderen Gerichte, besonders über deren Strafmittel!


IV. Die Herzöge und der Klerus ihres Territroriums.

1. Das Patronatsrecht der Herzöge.

Eines der vornehmsten Rechte, durch welches die Herzöge den Klerus ihres Territoriums beeinflussen konnten, war das Patronatsrecht. Zwar wissen wir die Anzahl der herzoglichen Patronate zu unserer Zeit nicht genau, 236 ) aber wir müssen annehmen, daß deren Anzahl nicht gering gewesen ist. Im Gegensatz zu anderen Territorien nämlich hatte sich bei uns die Kirche erst entwickelt, als das Staatswesen schon bestand, 237 ) so daß die neugegründeten Pfarren 238 ) großenteils von den Landesherren dotiert wurden, die sich natürlich dafür das Patronatsrecht vorbehielten. 239 ) Ferner wußten sie durch das Bewidmen von Vikarien 240 ) die Rechte dieser Art zu erweitern. Mochten auch im Laufe der Zeit solche


236) 1534 zählte man 83 Kirchen mit 36 Kapellen, die herzoglichen Patronates waren. Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, Teil III, S. 252.
237) In der Pfalz z. B. war beim Entstehen der Pfalzgrafschaft als Territorium die Pfarrorganisation schon beendet. Lossen, R., S. 98 ff.
238) Die Ausstattung der Pfarren bestand gewöhnlich aus vier Hufen Landes. Rudloff, A., Die Germanisierung Mecklenburgs, S. 63 (1900). Mecklenburg in Einzeldarstellungen.
239) Bei der Bewidmung der Domkapitel zu Schwerin und Güstrow allerdings hatten sich die Herzöge keine Patronatsrechte vorbehalten, sondern die Kapitulare hatten das Recht, alle freiwerdenden Stellen durch Wahl selbst zu ergänzen. Wiggers, I, S. 54 ff.
240) Z. B. in Rostock besaßen die Herzöge das Patronat zu St. Petri an einer, zu St. Marien an zweien und zu St. Jakob an sechs Vikarien. Mann, Verzeichnis der geistlichen Lehen in Rostock, ihre Hebungen und Patrone, nebst einem Anhang. Beiträge zur Geschichte der Stadt Rostock, 1. Heft.
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verschleudert worden sein, 241 ) in unserer Periode finden wir ein zähes Festhalten 242 ) an diesen Rechten, ja, man bemühte sich sogar, auf Pfarrstellen Einfluß zu erhalten, die nicht herzoglichen Patronats waren 243 ) Die Landesherren hatten erkannt, daß sich


241) Z. B. die Patronatsrechte in dem gesamten zur Bewidmung des Klosters Doberan dienenden Gebiet wurden diesem übertragen. M. U-B. 258 vom 1. August 1219 - Das Kloster Broda hatte außer in Waren und Penzlin in 14 Kirchdörfern das Patronat M. Jb 3 Urkunde XIII - Die Pfarrkirche zu Goldberg gehörte zum Kloster Dobbertin M. U.-B. 5332 Rudloff, F. A., Pragm. Handbuch, II, S 705 - Die drei Pfarrkirchen zu Wismar und die zu Grevesmühlen waren dem Kapitel zu Ratzeburg inkorporiert, das sich von den Vikaren, welche die Kirche zu Wismar verwalteten, jährlich 100 Mark lüb. Pacht zahlen ließ. M. U.-B. 8394. 12963. 13228. 13237. Schröder, D., Pap. Mecklbg., S 1748. - Die Pfarrkirchen zu Ribnitz, Schwaan und Marlow waren dem Kloster Ribnitz inkorporiert M. U.-B. 12377. 12787. 12842. 12905. Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, II, S 705.
242) In wieweit die Landesherren durch ihr kirchliches Bedürfnis daran gehindert wurden, werden wir später sehen.
243) Die Besetzung der Pfarrstellen erfolgte auf dem Wege der Präsentation durch die Kirchenpatrone. Dieser ging sehr oft ein bischöflicher Precesbrief voraus. Z. B. der Hauptmann des Schlosses Stove als Patron der Georgenkirche zu Wismar mußte denjenigen Ratzeburger Domherrn präsentieren, der vom Bischof und Dompropst zu Ratzeburg mit einem Precesbrief versehen worden war. Mecklenburgisches Urkundenbuch 13237. 13239. - Noch öfters ging der Präsentation seitens des Patrons eine Nomination durch die Herzöge voraus, die natürlich mit Energie ihre Kandidaten durchzudrücken wußten. Z. B. bei den drei Wismarschen Pfarrkirchen wurde vom Domkapitel zu Ratzeburg derjenige als Vikar präsentiert, der vorher vom Herzog nominiert worden war. Schröder, D., Pap. Mecklbg., S 1748. - Die Besetzung der Dignitäten des neuen Rostocker Stiftes, deren Patronat beim Papst und dem Bischof von Schwerin war, leiteten die Fürsten wahrscheinlich auch durch Nomination nach ihrem Wunsche; wenigstens lassen die Namen der Inhaber auf eine solche Annahme schließen. Näheres später - 1504 setzten die Herzöge durch, daß die Komturei Kraak mit dem von ihnen nominierten Kandidaten besetzt würde, obwohl derselbe nicht einmal Mitglied des Johanniterordens war. Vergeblich protestierte der Heermeister des Ordens M. Jb. I, S 17 ff. - Aus einer Verhandlung des Jahres 1534 in Sachen des Johanniterordens ersehen wir, daß es ein alter Gebrauch gewesen wäre, so oft eine Komturei oder ein Priorat erledigt war, auf der Fürsten Vorschlag und Ersuchen die Würde immer einer tauglichen in Mecklenburg geborenen und erzogenen Person zu geben, damit der Adel erhalten bliebe und sich die Füsten desselben als eines Rates bedienen könnten; dazu wären die Komtureien gegründet worden M. Jb. I, S 31 - Von einem direkten Eingriff in fremde Patronatsrechte erzählt eine Urkunde vom 6. Mai 1496. Ein Geistlicher appellierte an Heinrich, den Administrator des Erzstiftes Bremen, weil eine Vikarie zu Zurow durch unrechtmäßige Präsentation seitens der Herzöge besetzt worden war. Schwerin, Archiv.
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infolge ihres direkten Einflusses auf die Besetzung der Stellen ein Netz von persönlichen Beziehungen zwischen ihnen und dem Klerus ihres Territoriums bildete, das naturgemäß das Ansehen und den Einfluß der Herzöge auf kirchlichem Gebiete stärken mußte. Aus diesem Grunde verstanden es auch unsere Fürsten trotz ihres guten Verhältnisses zu den Päpsten, Provisionen der-selben auf kirchliche Stellen in Mecklenburg zu verhindern. 244 )

Eine gute Gelegenheit, die herzoglichen Patronatsrechte zu vermehren, 245 ) bot die Umwandlung der St. Jacobikirche in Rostock zu einem Kollegiatstift 246 ) mit - wenigstens im Anfange - 12 Präbenden, von denen 8 durch die Herzöge besetzt werden sollten. Das Patronat über die Propstei hatte sich der Papst vorbehalten, und die Stellen des Dekans, Kantors und Scholastikers sollten vom Bischof von Schwerin vergeben werden. Bei der ungünstigen finanziellen Lage der Herzöge konnte von einer größeren Aufwendung zur Bewidmung der Präbenden nicht die Rede sein. Deshalb wurden die Bezüge für 8 Kanonikate dadurch geschaffen, daß die Pfarrherren der 4 Hauptkirchen der Stadt in Zukunft die Dignitäten am neuen Stifte bekleideten, sich aber wegen Erhöhung ihres Ranges einen Abzug von je 20 fl. von ihren Bezügen zur Dotierung von 4 weiteren Präbenden gefallen lassen mußten. Außerdem hatten sie noch einen Kaplan und einen Schulmeister zu erhalten. Nach der Stiftungsurkunde wollten die Herzöge die letzten 4 Kanonikate selbst dotieren, 247 ) aber am 14. Mai 1494 248 ) bewidmeten Rektor und Universität die 4 Präbenden von ihren Gütern mit je 24 Mark Rente zur Unterhaltung alter Professoren. Die Nominationen behielten sie


244) Papst Sixtus IV. hatte am 11. Juli 1480 Magnus II. brieflich gebeten, den durch päpstliche Provision zum Besitz des Antoniterhauses zu Tempzin gekommenen Gerhard Martin zur Erlangung desselben behilflich zu sein. Da schreibt der Herzog am 9. März 1481 an seinen Oheim, wahrscheinlich einen Brandenburger, der des Papstes Bitte unterstützt hatte, er habe, um den von dem Welschen zu befürchtenden Schaden abzuwenden, die Präzeptorei einem deutschen Ordensherrn übergeben. Das Haus zu Tempzin läge in seinem Lande, und er hätte deshalb die Präzeptorei einem Manne nach seinem Willen übergeben. Beide Urkunden in Schwerin, Archiv. Vgl auch Teil II.
245) In wieweit die herzoglichen Patronatsrechte selbst durch diese Gründung geschmälert wurden, werden wir noch sehen.
246) Koppmann, K., S. 68 ff.
247) In den Friedensverhandlungen zu Wismar hatten sich die Herzöge vergeblich bemüht, die Dotation der vier letzten Kanonikate mit 40 fl. durch die Stadt zu erlangen.
248) Schwerin, Archiv.
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sich selbst vor, die Präsentation und das Patronat kam an die Herzöge. Veranlaßt sah sich die Universität zu dieser Datierung, wie man aus einer Verhandlung mit dem Rat von Rostock während der Reformationszeit ersehen kann, 249 ) dadurch, daß die Fürsten dies als Sühne für ihr Verhalten während der Stiftsfehde 250 ) verlangt hatten.

Eine Erweiterung der Patronatsrechte versuchten unsere Herzöge ferner in ähnlicher Weise wie Brandenburg, Östereich, Cleve usw. mit Hilfe des Papstes herbeizuführen. So lesen wir 1515 251 ) in der Instruktion an Magister NikoIaus Franke, in Rom sollte das Recht erwirkt werden, die Propsteien und Dekanate der Kapitel zu Schwerin, Güstrow und Rostock und die Archi-diakonate zu Rostock - dieses war mit der Propstei zu Bützow verbunden - und Parchim besetzen zu dürfen. Als Grund zu dieser Bitte, von deren Genehmigung wir nichts Genaueres nachweisen können, wäre der Verfall des Gottesdienstes an diesen Orten anzugeben.

Weitere Erwerbungen von Patronatsrechten oder wenigstens die Anwartschaft auf solche datieren daher, daß diese Rechte von Privatleuten bei Stiftungen von Präbenden und Vikarien den Landesherren eingeräumt 252 ) oder in Aussicht 253 ) gestellt wurden.

Außerordentlich interessant ist es, die Gesichtspunkte zu betrachten, von welchen die Herzöge bei Vergebung der Pfarrstellen und sonstigen Pfründen ausgingen. Dem Zeitcharakter nach ist es wohl zu verstehen, daß unsere Fürsten wie auch andere Territorialherren, das Patronatsrecht als nutzbares Herrschaftsrecht betrachteten, welches nur zu oft dazu dienen mußte, ihre


249) Krabbe, D., S. 219.
250) Die Herzöge behaupteten, die Universität hätte den Professor Berchmann, der sich in Rom in Wort und Schrift ihnen gegenüber ungebührlich benommen hatte, dorthin geschickt, um gegen sie zu agitieren. Berchmann aber war bereit, den Fürsten seine Unschuld mündlich auseinanderzusetzen; ferner wäre er auch nicht von der Universität, sondern vom Rat der Stadt Rostock gesandt worden. Die Universität hätte sich nur aus Furcht vor Strafe zu ihrem Benehmen während der Fehde bestimmen lassen.
251) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
252) Z. B. die Herzöge erhielten das Patronat über eine am 14. September 1494 gestiftete Vikarie am Kollegiatstift zu Rostock. Schwerin, Archiv.
253) Z. B. nach dem Tode des Stifters sollten die Herzöge das Patronat über eine am 12. März 1495 am Stift zu Rostock gegründete neue Präbende erhalten. Ebenda.
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geistlichen Räte - weltliche, besoldete Räte gab es erst nach 1503 - für die im Dienst der Landesherren geleistete Arbeit zu entschädigen. Dabei ließ sich natürlich öfters eine Häufung von Pfründen bei einer Person nicht vermeiden. 254 ) Ein schwerer Nachteil für die Seelsorge bestand bei diesem Verfahren darin, daß die mit Pfründen Bedachten die gottesdienstlichen Handlungen durch sehr gering bezahlte Vikare versehen ließen, die sich ihrer-seits natürlich ihrer Verpflichtungen möglichst rasch zu entledigen strebten.

Als Beispiel für diese Verwendung von Pfründen möge zunächst das Kollegiatstift von Rostock dienen. 255 ) Von herzoglichen Sekretären, Geschäftsträgern, Kanzlern und sonstigen Beamten finden wir als Pröpste: Thomas Rode (1487), Reiner Holloger (1491-1499) und NikoIaus Franke; als Dekan: Heinrich Bentzin (1487), Johannes Tegeler (1491-1499), Johann von Greben (1499-1501), Dr. Heinrich Böger (1501 bis 1506); als Kantoren: Johann Thun (1487-1504), Brand von Schönaich (1504-1507), Heinrich Bergmeier (1507 bis 1515). 256 ) Von den Domherren seien nur genannt: Johann Mielke und Peter Bentzin.

Weitere Beispiele: 1514 257 ) erhielt Dr. Levin von Velten, Propst von Hildesheim, der bis 1480 Administrator von Hildesheim gewesen war und als solcher die Verhandlungen für Herzog Balthasar wegen Abtretung des Bistums Halberstadt geführt hatte, die Propstei von Friedland. 1511 258 ) wurde Michael Hildebrand, der Kapellan und Sekretär Herzog Albrechts VII., welcher 1509 bis 1513 im Dienste der Herzöge in Rom geweilt hatte, Pfarrherr


254) Z. B. Zutfeld Wardenberg, Dr. jur. can. päpstlicher Protonotar und capellanus acolutus, Dekan zu Schwerin, Propst zu Güstrow und Bützow, Archidiakonus zu Rostock und Tribsees, befaß als geistliche Lehen außerdem noch solche in der Heilig.-Geist-Kirche zu Rostock, drei Vikarien in der St. Georgskirche in Wismar und ebendort je eine in der St. Marien- und St. Nikolaikirche u. a. m. Rische, A., Verzeichnis der Bischöfe, S. 27.
255) Koppmann, K., S. 87 ff.
256) Dieser, der spätere Bischof von Ratzeburg, sollte der Nachfolger des herzoglichen Kanzlers Brand von Schönaich werden. Er weigerte sich jedoch, diese Stellung anzunehmen und entschuldigte sich mit seinem großen Bauche. Trotzdem war er im herzoglichen Dienste beschäftigt, machte er doch 1510 mit Steffen von Bülow eine Gesandtschaftsreise nach Kassel. M. Jb. 3, 85 ff.
257) M. Jb. 12, S. 143.
258) Ebenda, 12, S. 236 f.
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von Sternberg. Bis 1501 259 ) hatte der Kanzler Antonius Gronewald eine Präbende in Güstrow, die dann Boger, der spätere Begleiter Herzog Erichs nach Italien, erhielt. 1503 260 ) wurde der Kanzler Brand von Schönaich ebenfalls daselbst Kanoniker. Der bei der Aufstellung der Polizeiordnung von 1516 tätige Johannes Monnick war Pfarrer in Stargard. 261 ) Endlich sei der Arzt Rhembertus Giltzheim erwähnt, der 1515, 262 ) obwohl er überhaupt noch keine Priesterweihe erhalten hatte, mit päpstlichem Konsens die St. Petripfarre in Rostock gegen die Verpflichtung erhielt, den Fürsten, ihrem Hause nnd ihren Erben mit seiner Kunst ohne andere Vergütung als die seiner Auslagen und Reisespesen 263 ) zu helfen.

Dadurch, daß die Fürsten über eine Fülle von Kirchen das Patronat besaßen, entwickelte sich nach und nach bei ihnen die Anschauung, daß der Landesherr der natürliche Patron der gesamten Kirche seines Territoriums sei; sie leiteten also aus den vorherigen Privatrechten ein öffentliches ab. Da man die zur Dotation der Pfarren gemachten Aufwendungen nicht wie in Italien als wirkliches Eigentum der Kirche, sondern nur als ein zum Nutzen derselben festgelegtes Gut ansah, konnte der Patron einen Anspruch auf ein Aufsichtsrecht über das Pfarrgut sehr wohl ableiten. Nach der oben erwähnten Entwicklung aber nahm der Landesherr dieses Recht für sich in Anspruch.

Aus dieser Erwägung heraus erließen die Herzöge im Jahre 1515 264 ) eine Verordnung, die sich einerseits gegen das Eindringen Fremder in herzogliche Patronate wandte, andererseits aber das landesherrliche Oberaufsichtsrecht über das Kirchengut betonte. Summen, welche zu kirchlichen Zwecken festgelegt worden waren, hatte man vernachlässigt, indem man sie ihrer Bestimmung nicht zugeführt, ja teilweise nicht einmal sicher angelegt hatte. 265 )


259) Ebenda, 47, S. 120.
260) Ebenda, 12, Urkunde XVIII.
261) Ebenda, 57, S. 317.
262) M. Jb. 3, S. 86 ff.
263) Am 30. November 1522 beklagte sich Giltzheim darüber, daß ihm trotz seiner fortwährenden Inanspruchnahme durch die Landesherren nicht einmal seine Ausgaben zurückerstattet würden. Jene hätten ihn sogar nicht einmal mit dem versprochenen Gewände versorgt. Er bat deswegen die Herzöge, sich einen andern Arzt zu suchen; denn er wollte auf die Stellung und damit auf die Petripfarre, die ihm durch bauliche Veränderung nur große Kosten verursacht hätte, verzichten. M. Jb 3, S. 172.
264) Wiechmann, C. M., Mecklenburgs altniedersächsische Literatur, III, S. 55 (1885)
265) Kardinal Raimund beklagte sich über die Verminderung der Benefizien zweier Priester zu Parchim am 9. Mai 1503 und bat die (  ...  )
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Infolgedessen war ein Teil der Kirchen nicht bestellt, sondern verlassen und verwüstet. Um in diese mißlichen Verhältnisse Ordnung zu bringen, befahlen die Herzöge allen Geistlichen, die Stiftungsurkunden zur Prüfung einzuschicken und über alle Stiftungen, Pfründen und sonstige Einnahmen zu berichten. In der Polizeiordnung von 1516 266 ) findet sich dann das Resultat dieser Untersuchung. Die Herzöge bestimmten, daß die Gotteshausvorsteher und Kirchgeschworenen jährlich mindestens einmal über die geistlichen Kassen der Obrigkeit Rechenschaft abzulegen hätten, wozu die Landesherren nach Möglichkeit Räte abordnen wollten. Diese Verordnung bezog sich natürlich auch auf die Dörfer.

Als Beispiel für das Eingreifen der Herzöge zur Abstellung solcher Unordnung kann uns die St. Petripfarre in Rostock dienen, welche Bischof Heinrich von Ratzeburg in Besitz hatte. Diesem warf Herzog Heinrich V. in schärfster Weise vor, er habe die Pfarrgebäude verfallen lassen; dies geschah im Jahre 1516. 267 ) Ferner nahmen die Landesherren am 25. September 1518 268 ) und später nochmals im Jahre 1519 269 ) die Beschwerden des Magistrats von Friedland über den dortigen Offizial des Archidiakonus entgegen. Dieser hatte Begräbnisgelder, die den Baukassen der einzelnen Kirchen zugute kommen sollten, zur Propsteitafel gezogen und sich noch anderer Einkünfte bemächtigt, ohne die entsprechenden Gegenleistungen zu erfüllen.

Auf Grund ihres Patronatsrechtes beanspruchten die Herzöge ein Verfügungsrecht über die reichen in Sternberg beim heiligen Blut einkommenden Gaben. Durch Vertrag vom 19. März 1494 270 ) wurde ein Drittel des Opfergeldes dem Sternberger Kirchherrn, das zweite dem Kollegiatstift zu Rostock und der Rest zur Erbauung der Blutskapelle und Bewidmung einer Meßpriesterstelle daselbft zur Verfügung gestellt. Das letzte Drittel füllte nach Vollendung des Baues - das war 1506 der Fall - dem Bischof und dem Kapitel zu Schwerin gehören. Aber schon


(  ...  ) Herzöge, daß denen, die doch vom Altar, welchem sie dienten, leben müßten, kein Abbruch in ihrer Gerechtigkeit Gütern und Besitzungen getan würde, sondern die Herzöge sollten mit Sorge darüber wachen. Schwerin, Archiv, Jubelgeld 1501.
266) M. Jb. 57, S. 151 ff.
267) M. Jb. 3, S. 85 f.
268) Ebenda, 12, S. 145 ff.
269) Ebenda, 12, S. 145 ff.
270) Ebenda, 12, S. 218 f. Der Papst Julius II. genehmigte diese Verteilung im Jahre 1504.
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am 28. August 1506 271 ) erwirkten die Herzöge vom Bischof Johann von Schwerin eine neue Verteilungsweise des Opfergeldes. Mit Ausnahme des dem Kirchherrn zukommenden Teiles sollte es auf ein Jahr den Mönchen zu Sternberg zum Klosterbau, das folgende Jahr aber eine gleichgroße Summe der Einnahmen dem Stifte in Rostock zur Verfügung gestellt werden. Da sich der Ertrag immer mehr steigerte, ersuchten die Fürsten 1515 272 ) den Papst, das aus dem Opferstock fließende Geld, abgesehen von dem dem Kirchherrn zu Sternberg zustehenden Teile, für arme Klöster, besonders für die zahlreich vorhandenen Nonnenkloster sowie für arme und zerfallene Gotteshäuser zu deren Erhaltung verwenden zu dürfen. Der Herzog Heinrich V., das Kapitel zu Rostock und das zu Schwerin, welche jenen bei der Verteilung beratend zu unterstützen hatten, sollten, wie auch der Sternberger Kirchherr, je einen Schlüssel haben, damit nur gemeinsam jährlich einmal die das Opfergeld enthaltende Truhe geöffnet werden könnte. Bei Stellung dieses Antrages in Rom berief sich der Herzog auf sein Recht als Landesherr und Patron.

Wie die Herzöge die ebenfalls auf Grund des Patronatsrechts ausgeübte Aufsicht über die Seelsorge gehandhabt haben, werden wir erst später sehen. 273 ) Weiterhin kann es uns nach der eben betrachteten Ausdehnung des landesherrlichen Aufsichtsrechts nicht wundernehmen, daß sich die Herzöge in alle die Streitigkeiten mischten, die mit dem Patronate zusammenhingen, seien es nun solche, die sich auf das Patronatsrecht 274 ) selbst bezogen, oder


271) M. Jb. 12, S. 361 f.
272) Ebenda, 12, S. 265 ff. (Instruktion an Magister Nikolaus Franke.)
273) Siehe Teil IV, Abt. 3.
274) Z. B. 1484 entschieden die Herzöge einen Streit über den Besitz des Patronatsrechtes an der Kirche zu Recknitz zwischen Ewald von Viereck und dem Rat zu Güstrow zu des letzteren Gunsten. Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2365. Am 16. September 1488 beklagten sich die Herzöge dem Bischof Buffo von Havelberg gegenüber über einen Kaplan, der ein schon mit Recht belehntes Lehn zu Schönwald erlangt und den andern Geistlichen davongejagt hatte. Schwerin, Archiv. - Am 2. März 1489 erklärte Dietrich von Bülow, der mit dem Schweriner Dekan Langejohann wegen der Rostocker Propstei in Streit geraten war, ausdrücklich, die Sache gänzlich auf der Herzöge Gnaden stellen zu wollen, Ebenda. - Am 4. Februar 1517 verglich Heinrich V. das Kloster zu Dobbertin mit dem Rate zu Goldberg wegen eines geistlichen Lehns in der Kirche dieser Stadt; der Rat sollte hinfort die Konfirmation, das Kloster die Nomination haben. Ebenda, Chemnitz, Chronicon Megapolense Msc., S. 1581.
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solche, die mit den Pfründen und deren Einnahmen 275 ) zu- sammenhingen.

Nicht auf eigene Faust, sondern im Zusammenarbeiten mit den kirchlichen Mächten 276 ) bewirkten die Herzöge Verlegungen von Pfründen an andere Orte und Inkorporationen von solchen in Kollegiatstifter. Die Fürsten taten das Letztere deshalb sehr gern, um ohne große eigene Kosten die Mittel zur Dotierung von Neugründungen zu erlangen. Herbei kamen die kleineren Vikarien wegen der Schmalheit ihrer Einkünfte weniger als die reichen Pfarreien in Betracht. Naturgemäß suchten die mit den Pfründen belehnten Geistlichen der Verpflichtung, einen amtierenden Stellvertreter zu unterhalten, möglichst billig nachzukommen, was bei der großen Menge von armen Klerikern auch nicht schwer fiel. Diese nahmen es dann oft nicht sehr genau mit ihren Pflichten und vernachlässigten den Gottesdienst.

Vom Verlegen einer Präbende finden wir am 25 August 1484 277 ) ein Bespiel, wo Bischof Johann von Ratzeburg eine


275) Am 4 März 1493 schieb Magnus an den Rat von Wismar, er hätte gehört, etliche Geistliche aus Wismar wollten die Leute um die jährliche Pacht pfänden lassen, obwohl die armen Leute wegen Dürre selbft nichts zu essen hätten. Das müßte unterbleiben; die Bauern sollten später in einem guten Jahre jeden gütlich bezahlen. Wismar, Stadtarchiv. - Am 20 Juni 1500 machten die Herzöge einen Priester aus Lenzen darüber Vorwürfe, daß er wegen verweigerter Pächte vor dem päpstlichen Konservator und Richter der Universität Erfurt Anklage erhoben hatte. Der Priester wollte darauf seine Klage zurückziehen und hoffte, bald bei den Herzögen Gerechtigkeit zu finden. Schwerin, Archiv. - Am 28 Februar 1505 verlangten die Herzöge von einem Manne aus Gnemern, daß er den Vorstehern von St. Gertrud in Rostock die diesen aus den Ayekowschen Gütern zukommende Rente bezahlte. Rostock, Ratsarchiv. - Am 5 März 1516 verurteilten sie Heinrich Matthias von Dertzen zur Wiedererstattung der einem Kapellan zukommenden 10 Drömpt Korn, die jener sich angemaßt hatte. - Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1571 - Sogar Streitigkeiten zwischen Inhabern von Pfründen und deren Stellvertretern entschieden die Landesherren: so wurde Magnus II am 11 August 1497 aufgefordert, einen Entschluß darüber herbeizuführen, welche Entschädigung einem Kapellan zukäme. Ebenda.
276) Wie hier, so mußte der Bischof auch bei Veräußerungen oder Vertauschungen von Patronatsrechten seine Einwilligung geben: Herzog Heinrich IV. verlieh das jus patronatus der Kirche zu Thelkow am 6. Januar 1475 dem Otto Moltke von Strietfeld zum Erbe auf ewige Zeiten und bat den Bischof von Kamin um Bestätigung dieser Verleihung. Schwerin, Archiv - Am 10 März 1517 vertauschte Heinrich V. mit Einwilligung des Administrators des Stiftes Schwerin das ihm zustehende jus präsentandi einer Vikarie in der Gertrudenkapelle zu Laage mit dem bisher vom Rate dieser Stadt innegehabten jus confirmandi. Ebenda, Chemnitz, S 1581
277) Wismar, Stadtarchiv.
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Vikarie der St. Nikolaikirche zu Wismar auf Antrag der Herzöge nach einer Kirche - der Name ist nicht genannt - verlegte, die außer den Oblationen und Mortuarien fast keine Einnahmen hatte. Um 1490 278 ) ließen die Fürsten eine bisher der Kirche zu Sanitz zu leistende Abgabe der Kapelle zum Heiligen Moor wegen deren Mittellosigkeit zugutekommen. Ferner hatten die Herzöge am 11. Februar 1516 279 ) ein altes Lehn restauriert und der Kirche zu Wesenberg angegliedert; vorher gehörte es zur Kirche von Ahrensberg. Aus einem Briefe von 1522 280 ) endlich geht hervor, daß eine Hebung, die dem Priester am Bethlehem-KIoster von Bützow aus Rosenthal (bei Mecklenburg) zustand, zur ersten Messe nach Sternberg gekommen war.

Von Inkorporationen in Kollegiatstifter ist zuerst am 6. März 1489 281 ) die Einfügung der Kirche zu Teterow in das Güstrower Domstift zu nennen, und zwar in eine Kotekendorf genannte Präbende, zu der schon die Pfarre von Malchin gehörte. Das typischste Beispiel dieser Art sehen wir bei der Umwandlung der St. Jakobikirche in Rostock in ein Kollegiatstift. Wie wir schon erwähnten, wurden die 4 städtischen Pfarrkirchen dem Stifte als Dignitäten eingegliedert und aus deren Einkünften die Dotation von vier weiteren Präbenden beatritten; die 4 anderen dotierte die Univeraität. Bereits am 20. Oktvber 1491 282 ) wurden auf Bitten des neuen Stiftes wegen Knappheit seiner Einkünfte von den Herzögen ein Benefizium zu Bukow, eine Vikarie in der Pfarrkirche zu Sternberg, ferner Einkünfte aus den Pfarrkirchen in Kabelsdorf, Sprenz, Laage, Dölitz und von der Kapelle St. Katharinä im Heiligen Moor dem Kapitel inkorporiert. Die Herzöge verzichteten zugleich auf alle darin eingeschlossenen Patronatsrechte. Nicht lange darnach, am 17. August 1495, 283 ) wurde eine Vikarie zu Wiendorf an das Stift gebracht und am gleichen Tage zu einer Präbende umgestaltet. 284 ) Am 21. Dezember 1496 285 ) inkorporierten die Herzöge dem Stift eine früher


278) Schwerin, Archiv. Gedruckt M. Jb. 59, Quartalb. S. 7.
279) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1571.
280) Ebenda, Religio Katholica. In dieser Urkunde erklärte der Priester, er müßte, wenn die Einnahme nicht wieder an ihn komme, den Ort verlassen, da er große Not litte.
281) Schwerin, Archiv.
282) Ebenda.
283) Ebenda.
284) Ebenda.
285) Ebenda.
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in die Marienkirche zu Polchow gehörige Vikarie, und schließlich sei erwähnt, daß die Herzöge am 23. Mai 1501 286 ) aus der Pfarre zu Dölitz eine neue Präbende für das Kollegiatstift machten.

Dem Beispiele ihrer Landesherren folgten vielfach die Adeligen zum Schaden für die Seelsorge des platten Landes, auf dem sie durch Inkorporation der besseren Pfründen an die Stifter in den Städten das geistliche Proletariat verstärkten.

Als letzter aus dem Patronat abgeleiteter Anspruch der Landesherren ist der auf Verpflegung auf Reise und Jagd 287 ) und sonstige Leistungen zu betrachten. Naturgemäß konnten für die Aufnahme der Herzöge und ihres Gefolges nur reichere geistliche Gemeinschaften in Betracht kommen. Deshalb besuchten jene außer den Klöstern 288 ) besonders die Johanniterkomtureien, und wir finden heftige Klagen derselben über die beschwerlichen Ablager. 289 ) Die davon verschonten Pfarreien hatten teilweise sehr beträchtliche Naturallieferungen und sonstige Dienste an die Herzöge zu leisten. So erfahren wir von der Malchiner Pfarre, daß sie nach ihrer Inkorporation in eine Güstrower Präbende wöchentlich an die Güstrower Domherren und ebenso an die Landesherren 14 feine Weizenbrote oder Semmeln aus einem Scheffel Weizenmehl zu liefern hatte. 290 ) - Nach längerem Streite über die Leistungen der Vikarien zu Sternberg und deren Bauern vertrugen sich die Herzöge am 9. Februar 1509 291 ) mit diesen dahin, daß sie jährlich mit 8 Wagen eine Fuhre Korn oder Malz nach Schwerin fahren sollten. Würde es die Not erfordern, so hätten sie Mühlsteine in die Obermühle zu Sternberg zu führen, sonst aber wären sie davon befreit. Auch die Pfarre zu St. Petri in Rostock hatte schwer zu leiden, wie aus einem Briefe des derzeitigen Inhabers Giltzheim vom 30. November 1522 292 ) hervorgeht, der heftig über Lasten und Inanspruchnahme seiner Bauern durch die herzoglichen Amtleute klagte. Dem Domkapitel zu Schwerin erließen die Herzöge im Jahre 1495 293 ) auf dessen Ansuchen die Kollation oder Bewirtung, zu der es von jeher zu Fastnacht oder sonst verpflichtet war. Für diese Befreiung versprachen die Dom=


286) M. Jb. 12, Urkunde XLIV.
287) Die Entwicklung dieses Rechts siehe Teil V, Abteilung l.
288) Über das Ablagerrecht in den Klöstern siehe Teil V, Abteilung l.
289) M. Jb. 9, S. 49 ff.
290) Ebenda 31, S. 84 ff.
291) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1528.
292) M. Jb. 3, S. 173 ff.
293) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2556.
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herren, jährlich zweimal das Gedächtnis der Herzöge und ihrer Vorfahren begehen zu wollen. Die Fürsten schienen aber diesen Vergleich nicht sehr ernst genommen zu haben; denn am 14. September 1505 294 ) wiederholten sie ihren Verzicht, ja schränkten ihn sogar wieder ein, indem sie sich das Ablager bei dem Vorsteher der Kathedrale und bei seinen Nachfolgern vorbehielten. Ebenso erließ Magnus am 16. Dezember 1501 295 ) dem Domkapitel zu Güstrow die Kollationen und Gastereien, welche es jährlich zu Fastnacht den Herzögen auszurichten verpflichtet war.

Wir sehen also, daß es unsere Herzöge verstanden, sich des Patronatsrechts als eines nutzbaren Herrschaftsrechts und eines wesentlichen Mittels, ihren Einfluß auf kirchlichem Gebiete zu erweitern, in jeder Weise bedienten.

2. Die Steueransprüche der Herzöge an den Klerus und die Beaufsichtigung seines Gütererwerbs.

a. Steueransprüche.

Infolge des kanonischen Rechts war das gesamte Kirchengut steuerfrei. 296 ) Wir haben keinen Grund, anzunehmen, daß unsere Herzöge in bezug auf die ordentliche Bede 297 ) von diesem Grundsatz abgegangen sind, wenn sie sich auch in steigendem Maße bei Verleihungen von Grundbesitz an die Kirche die Bede vorbehielten.

Die Schwäche der vor unserer Periode regierenden Herzöge hatte es einzelnen geistlichen Korporationen gelingen lassen, ihre Güter von den durch die Landesherren vorbehaltenen Bedeverpflichtungen zu befreien. Es war deshalb das eifrigste Bestreben unserer Herzöge, diese abhanden gekommenen Rechte wieder zu erlangen. Vor allem kamen sie dabei in Streitigkeiten mit dem Bischof von Havelberg wegen der im Lande Lieze 298 ) gelegenen Dörfer: Sevekow, Dranse, Berlinchen und Schweinrich, welche dem


294) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2756.
295) Ebenda, S. 2661.
296) Vgl. über die kirchliche Immunität: Werminghoff, A., Geschichte der Kirchenverfassung, S. 278. - Hinschius, P., Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland, I, S. 123 ff. (1869-97).
297) Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, die Stellung der Geistlichkeit zur ordentlichen Bede ausführlich zu behandeln, zumal der Gegenstand ausgeführt wird bei Hegel. - Für gewöhnliche Beden betrug die Steuer 1 Mark lüb. für die Hufe auf dem Lande, ein Gulden für das Haus in der Stadt und 1/2 Gulden für das halbe Haus oder die Bude. Brennecke, A., S. 108 ff.
298) Näheres siehe M. Jb. 13, S. 139 ff.
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Kloster Amelungsborn gehörten und zum Havelberger Sprengel gerechnet wurden. Den mecklenburger Fürsten war in ihnen 1445 Dienst, Bede und höchste Gerichtsbarkeit zugesprochen worden; Heinrich IV. jedoch machte keinen Gebrauch davon. Als Maguns II. die Ansprüche seines Hauses wieder nachdrücklich geltend machte, wurden diese Verpflichtungen geleugnet. Nach längeren Verhandlungen gelang es unserem Herzoge 1492, sein Besteuerungs-recht vom Bischof von Havelberg, Busso I. von Alvensleben, bestätigt zu erhalten; aber bereits dessen Nachfolger, Otto von Königsmark, bestritt von neuem dieses Recht der Mecklenburger. Unterstützt wurde er von Kurfürst Johann von Brandenburg, der diese ursprünglich rein innerliche Angelegenheit seines Nachbarn auf das politische Gebiet zog, indem er am 26. November 1495 in scharfem Tone erklärte, daß die in Frage stehenden 4 Dörfer in seinem Kurfürstentume lägen, und er nicht dulden würde, daß die armen Leute des Stiftes von des Herzogs Vögten mit Steuern belegt würden. Auch hätten es seine Untertanen nicht nötig, irgend jemandem für Schutz und Schirm Steuern zu zahlen. Damit war der Streit zu Ungunsten der Mecklenburger entschieden. Nach einem letzten vergeblichen Versuche verzichteten Sie gänzlich auf ihr Besteuerungsrecht und damit auf die Zugehörigkeit dieser Dörfer zu ihrem Territorium.

In ähnlicher Weise mußten die Herzöge das unter Heinrich IV. nicht verwertete Steuerrecht und somit die Landeshoheit über das dem Kloster Arendsee gehörige Dorf Rägelin im Lande Lieze auf Betreiben des Kurfürsten Johann am 17. April 1494 299 ) aufgeben.

Daß unsere Herzöge in den beiden letzten Fällen mit ihren Ansprüchen nicht durchdrangen, lag an ihrer Mäßigung. Sie wollten wegen der durch die Schuld ihrer Vorfahren schon fast verlorenen Steuerrechte keinen Krieg mit dem mächtigen Nachbar Brandenburg beginnen, der nur deshalb den Bischof von Havelberg unterstützt hatte, weil er dadurch eine Ausdehnung seines Territoriums nach Norden hin zu erlangen hoffte. Unseren Herzögen dürfen wir ihr Verhalten durchaus nicht als Schwäche auslegen; sie hatten erkannt, daß ihre wichtigsten Aufgaben für längere Zeit im Innern ihres eigenen Territoriums lagen und sie wollten diese wegen des geringen Verlustes an Land und Rechten nicht in den Hintergrund schieben.


299) Riedel, A. Fr., Codex diplomaticus Brandenburgensis, I, 25 Nr. 73 (1838 ff).
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Vereinzelt versuchten die Herzöge auch Rechte auf früher an geistliche Korporationen abgetretene Bede geltend zu machen. Diefe Annahme läßt wenigstens die Beschwerde des Lübecker JohanniskIosters vom Jahre 1501 300 ) über mecklenburgische Beamte zu, die es in dem Besitz der Bede zu Rankendorf zu beeinträchtigen suchten. Aus gleichem Anlaß entstand auch der Streit der Herzöge mit dem Johanniterorden, 301 ) der sich fast durch die ganze von uns betrachtete Zeit hindurchzog. Die Ritter dieses geistlichen Ordens hatten bisher wie die andern herzoglichen Lehnsleute nur Landfolge und Roßdienste 302 ) geleistet. Nur hin und wieder hatten sie kurz vor unserer Zeit außerordentliche und allgemeine Lasten, Ablager, Naturallieferungen und andere Dienste, ja auch teilweise die ordentliche Bede 303 ) freiwillig auf ihre Güter übernommen. Herzog Magnus II. jedoch verlangte alles das als Pflichtleistung und vermehrte die Lasten des Ordens - es kommen besonders die Komtureien Eixen, Remerow und Kraak in Betracht - durch häufige Ablager so bedeutend, daß der Balleier Georg Schlaberndorf zu Sonnenburg, Meister des Ordens in der Mark Brandenburg und Pommern, zu vermitteln suchte. Nach langen erfolglosen Verhandlungen, im Verlaufe derer Magnus II. seine Forderungen immer mehr steigerte, spielte dieser den Streit auf das Gebiet der geistlichen Gerichtsbarkeit hinüber und ließ durch Reiner Holloger 1496 in Rom den Prozeß gegen den Orden eröffnen. Er behauptete nämlich, das von ihm den Johannitergütern gegenüber in Anspruch genommene Besteuerungsrecht hätte infolge alter Privilegien seine volle Berechtigung, die vom Orden natürlich energisch bestritten wurde. Die folgenden Jahre hindurch wurde der Streit in Rom durch Peter Wolkow und später Zutfeld Wardenberg mit Zuhilfenahme aller Mittel geführt, so daß der schließliche Erfolg der Herzöge im Jahre 1515 zu erwarten war. Das Besteuerungsrecht der Landesfürsten über die dem geistlichen Orden der Johanniter gehörigen Güter wurde ausdrücklich anerkannt.

Von dem Grundsatz der Steuerfreiheit kirchlichen Besitzes gingen die Landesherren nur ab in Zeiten der Not und dann,


300) Schwerin, Archiv, Chemnitz III, S. 1375, zum 18. März 1501.
301) Näheres siehe M. Jb. l, S. 17 ff.
302) Ebenda 9, S. 49.
303) Man kann das daraus schließen, daß am 5. Januar 1474 der herzogliche Rat Wagenschütte, Komtur zu Mirow und Nemerow, 100 Mark Vinkenaugen Bede aus seinem freien Dorfe Groß-Nemerow vom Herzog Heinrich IV. als Pfand annahm. M. Jb. 9, Urkunde XIX.
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wenn größere Aufwendungen wie bei Ausstattung von Töchtern des herzoglichen Hauses, Beihilfen zu Reichssteuern und Reisen der Fürsten zu Reichstagen nötig waren. Die bei solchen Gelegenheiten gezahlten Steuern hatten den Charakter freiwilliger Abgaben; denn sie wurden, wie aus den Urkunden zu ersehen ist, den Fürsten von ihren Landständen (Prälaten, Lehnmannen und Städten) bewilligt. Auf der anderen Seite ist wohl zu bemerken, daß niemals eine solche außerordentliche Steuer, so oft die Herzöge sie auch forderten, von den Landständen abgelehnt wurde. Ferner duldeten die Herzöge niemals, daß irgend ein Stand oder ein Teil ihres Territoriums sich von der Teilnahme an diesen Leistungen ausschloß. 304 ) Als Beispiele solcher Extrabeden seien erwähnt: Im Jahre 1482 305 ) wurde eine solche erhoben für die Reise Magnus II. zum Reichstag nach Nürnberg, 1489 306 ) ohne Angabe des Zweckes, 1491 307 ) und 1492 308 ) für die Maximilian I. zu Nürnberg und Koblenz bewilligte Reichshilfe gegen Frankreich und 1494 309 ) für die Kaiserbede. In den Jahren 1500 310 ) und 1501 311 ) wurde von Prälaten, Mannen und Städten eine Fräuleinsteuer aufgebracht, doch schon im selben Jahre, 1501 in den Fasten, 312 ) forderten die Herzöge von neuem eine solche, 1505 313 ) bewilligte man eine Steuer zu den Kosten der am 24. Juni 1505 erfolgten Reichsbelehnung der Herzöge und


304) Z. B. als sich die Stadt Rostock 1505 von einer Extrabede in Hinweis auf ihre eben erst bestätigte Bedefreiheit freimachen wollte, erklärten die Herzöge, es handle sich überhaupt um keine Bede, sondern nur um eine Steuer für einen bestimmten Zweck. Die weiteren Verhandlungen übergaben sie am 6. Dezember 1505 dem Bischof von Schwerin und dem Ritter von Plessen. Hegel, K., S. 110.
305) Schwerin, Archiv.
306) Hegel, K., Anhang Nr. 7.
307) Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, Teil II, S. 877.
308) Schwerin, Archiv. Zu Anmerkung 307 und 308 sei gesagt, daß die Freiwilligkeit der Landstände bei Steuern für Reichshilfen nur eine sehr bedingte war; denn Reichstagsabschiede von 1471, 1489, 1492 usw. bestimmten zur Unterstützung der Landesherren, daß kein Untertan geistlichen und weltlichen Standes von den Kaiser- oder Königsbeden befreit sein sollte. Sammlung der Reichsabschiede, Teil I, S. 230, 289, 295 usw.
309) M. Jb. 51, S. 107.
310) Raabe, W., Mecklenb. Vaterlandskunde, Teil III, S. 200 (1894 ff.).
311) Hegel, K., Anh. Nr. 12 und 13. - In der zweiten Urkunde findet sich der sehr bezeichnende Passus: da Prälaten, Mannen und Städte uns in allen ehrlichen und rechtfertigen Dingen verpflichtet sind.
312) Latomus, B., Liber 3, S. 435. Vielleicht ist dieses die in Anm. 311 erwähnte Steuer.
313) Schwerin, Archiv.
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1510 314 ) eine solche vom Betrag der halben gewöhnlichen Bede zur Reichssteuer.

b. Beaufsichtigung des Gütererwerbs wie des Besitzstandes der Kirche.

Die Ländereien, die sich in den Händen der Geistlichkeit befanden, nahmen im Wirtschaftsleben des Volkes eine Sonderstellung ein. Nach dem kanonischen Rechte durften sie nicht wieder verkauft werden, waren also dem Güterverkehr entzogen. Andererseits war die Erwerbsfähigkeit der Kirche eine sehr große. Mit Notwendigkeit mußten sich daraus ungesunde ökonomische Verhältnisse ergeben, die dem Landesherrn umso eher zum Bewußtsein kamen, als sie durch das Anwachsen des Besitzes in toter Hand eine deutliche Minderung der Steuerkraft ihres Landes verspürten. Volks- und staatswirtschaftliche Interessen waren es also, die die Herzöge zur Einschränkung des Gütererwerbes durch die Geistlichkeit zwangen.

Unsere Fürsten gingen nicht in der gleichen schroffen Weise wie die Städte 315 ) vor, die kurzerhand Neuerwerbungen durch die Geistlichen verboten oder deren Besitz dem städtischen Rechte unterwarfen. Dadurch aber, daß sie die durch Vermächtnisse an die Kirche gekommenen Güter für wiederkäuflich erklärten und andere Erwerbungen derselben, sei es durch Stiftungen oder Kauf, ihrer Kontrolle unterstellten, suchten sie dasselbe zu erreichen. Zwar hatten die Herzöge zur Einschränkung testamentarischer Erwerbungen durch den Klerus schon früher 316 ) Verordnungen


314) Die Erhebung dieser Steuer geht aus einem Streite wegen des Besteuerungsrechtes der Herzöge über das Kloster Doberan hervor. Näheres Teil V, Abteilung 1.
315) In Wismar finden sich schon vor unserer Zeit mehrfache Verbote, Häuser und liegende Gründe der Geistlichkeit zu verkaufen oder durch Vermächtnis zuzuwenden. M. U.-B. 4465. Schröder, D., P. M., S. 1107, Techen, Bürgersprachen, S. 324 - 1504 vermittelten die Herzöge selbst einen Streit zwischen Wismar und Bischof Johann von Ratzeburg, wobei sich dieser verpflichten mußte, in der Stadt keine liegenden Gründe an sich zu bringen. Ebenda, S. 2711 ff. - In Rostock lagen alle Grundstücke der Brüder vom gemeinsamen Leben zu Stadtrecht. Dieselben verpflichteten sich am 13. April 1519, keine Häuser in der Stadt mehr erwerben zu wollen. M. Jb. 4, S. 254, Urkunde IV, XVIII, XXV, XVI.
316) 1460 erließ Heinrich IV. für Malchin ein Verbot, den Geistlichen etwas zu vermachen oder zu verkaufen außer bei vollem Einverständnis des Magistrats; auch dann sollte noch jederzeit eine Wiedereinlösung mit barem Gelde möglich sein. Schlie, Fr., Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin, 5. Bd., S. 90 (1902).
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erlassen, aber eine umfassende Regelung der Frage fand erst in dem Polizeigesetz von 1516 317 ) statt. Es heißt da: "Wenn von weltlichen Personen geistlichen Personen oder Gotteshäusern in Testamenten Häuser oder liegende Gründe, im Stadtrecht gelegen, gegeben werden, auf daß dadurch die Obrigkeit, Stadt und das gemeine Beste an ihrer Gerechtigkeit nicht geschädigt werden solle, so sollen sie solches zu tun nicht anders Macht haben, als daß die Geistlichen oder Vorsteher der Gotteshäuser, denen solche Häuser, stehende oder liegende Guter vermacht werden, in Jahresfrist darnach wiederum ins Stadtrecht zu verkaufen schuldig sein, und nichts destoweniger während derselben Zeit gebührliche Pflicht und gemeines Stadtrecht daran tun sollen." Durch diese Verordnung also verlangten die Herzöge den Verkauf neu erworbener Güter nach Jahresfrist; unter Stadtrecht sollten sie sogar schon vorher stehen. Vermächtnisse von barem Gelde oder Renten an die Kirche waren nach einer Urkunde vom Jahre 1507 318 ) ebenfalls verboten. Einem Ordensgeistlichen Hennig war von einer Anna Prilock Geld hinterlassen worden; er erklärte nun, daß ihm Herzog Heinrich V. aus sonderlicher Gnade 4 fl. rh. von dem Erbteil gegeben hätte. Er verpflichtete sich eigenhändig, den Herzog wegen des Restes mit keinem Rechte zu belangen. Hier also hatte der Herzog, um seinem Verbote Geltung zu verschaffen, eingegriffen, indem er das Vermächtnis an sich zog.

So groß auch die Zahl der Urkunden ist, die sich auf den Güterverkehr beziehen, fast jede bietet uns einen Beweis dafür, daß die Landesherren äußerst streng auf ihr Recht hielten, daß Verkäufe oder Stiftungen wie auch Verpfändungen 319 ) von ihrer


317) M Jb 57, S 282 Der angeführte Paragraph ist in dem Original durchgestrichen, also vielleicht nicht mit Gesetzeskraft versehen worden, trotzdem ist er hochinteressant für unsere Betrachtung. Die Verkaufsverpflichtung war bereis im 14 Jahrhundert in Übung.
318) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
319) Einige Urkunden seien als Beispiele angeführt: 1480 bis 1503. Die Herzöge Magnus und Balthasar gaben ihre Einwilligung dazu, daß ihr Rat Heinrich von Plessen 70 gute Mark jährlich zu des Heiligen Kreuzes Zeiten, die täglich in der Kirche zu Brüel gesungen werden sollten, gestiftet hatte. Ferner erlaubten Sie, daß die Kirchherren und die Vikarien daselbst 1000 Gulden in ihrem Fürstentume zur Wahrung des Gottesdienstes dieser Zeiten anlegten. Schwerin, Archiv. - Am 2 September 1506 erlaubten die Herzöge, daß Kurt Bevernest das Dorf Büschow, in welchem sie sich aber die Roßdienste vorbehielten, dem >Bischof Johann von Schwerin verkaufte. Ebenda, Chemnitz, S 1472. - Am 4 Januar 1517 gaben die Herzöge ihren Konsens zum Erbkauf von Groß-Stove, behielten sich aber die allgemeine Landfolge und Bede darin vor. Ebenda, (  ...  )
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Genehmigung abhängig seien. Nur bei gewissen Stiftungen brauchte dieselbe aus besonderer Gnade nicht eingeholt zu werden. 320 ) Die ausgestellten Willebriefe galten bei Streitigkeiten ohne weiteres für beweiskräftig, während diejenigen, welche sich früher keine solche hatten ausstellen lassen, ihr Recht vor dem Herzog suchen mußten. 321 ) In den Städten wurde naturgemäß die Erlaubnis zum Gütererwerb seitens des Klerus vom Magistrate abhängig gemacht. 322 )

Durch alle Urkunden hindurch kann man ferner das Bemühen der Landesfürsten erkennen, dem Verkäufer von Gütern ein Rückkaufsrecht zu sichern, um die Verkaufsobjekte nicht auf immer in den Besitz der toten Hand übergehen zu lassen. 323 ) Sie selbst


(  ...  ) Chemnitz, S. 1579. - In der zuletzt anzuführenden Urkunde ist es ein Geistlicher, der um Erlaubnis nachsuchte: 1500 erlaubte Magnus dem Offizial zu Güstrow, ein Haus für eine Vikarie in der Güstrowschen Heiligen Geistkapelle zu geben. Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2607.
320) Z. B. am 18. April 1481 bestätigte Herzog Magnus den Vorstehern der Marienzeiten, welche täglich zu Ehren Jesu und seiner Mutter in der Marienkirche zu Wismar gesungen werden sollten, die in seinen Landen schon abgeschlossenen, wie im voraus die noch abzuschließenden Käufe. Schwerin, Archiv.
321) Z. B. die Herzöge und ihre Räte erkannten am 11. September 1498 in Zwistigkeiten zwischen Geistlichen und Weltlichen wegen der von den Zechlins nachgelassenen Güter dahin, daß alle Inhaber von Pächten und Zinsen, deren Verpfändung durch die Herrschaft bewilligt worden war, sie ungehindert weiter haben sollten; die aber keinen Willebrief hätten, sollten am Tage nach der Heiligen Drei-Königs-Oklave Recht nehmen, bis dahin aber im Besitz bleiben. Ebenda.
322) Siehe S. 98 Anm. 315 und 316; ferner: Als Güstrow 1512 in neun Jahren zum drittenmal abgebrannt war und die Geistlichkeit die zum Wiederaufbau nötigen Kapitalien den Bedürftigen nicht vorschießen, sondern deren liegende Gründe käuflich erwerben wollte, bestimmte Heinrich V., daß solche Verkäufe nur mit Einwilliguug des Magistrats, der natürlich das größte Interesse daran hatte, daß möglichst wenig Grundstücke dem Stadtrecht entzogen würden, abgeschlossen werden dürften; widrigenfalls wäre die Kauffumme verloren. Thomas, Fr., S. 116.
323) Z. B. um 1493 hatten die Herzöge dem Prior zu Eixen den dortigen See, den sie früher für 100 Mark nur verpfändet, nicht aber verkauft haben wollten, nach Bezahlung der Pfandsumme weggenommen trotz des Widerstandes des Johanniterpriors, der ihn zu einem Erbkaufe erworben zu haben behauptete. M. Jb. l, S. 17 ff. - Im Jahre 1508 verkauften die Herzöge den See wieder an den Prior für 400 Mark mit Vorbehalt des Vorkaufsrechts, was dieser am 28. Mai 1508 anerkannte. Ebenda.
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machten sogar als Landesherren mehrfach solche Rechte bei Grundbesitz, den sie garnicht besessen hatten, geltend. 324 )

Abgeschwächt wurde das Bestreben der Herzöge, eine allzu starke Vermehrung des geistlichen Grundbesitzes wie eine übermäßige Verpfändung der liegenden Gründe zu verhindern, durch ihr starkes kirchliches Bedürfnis, dem sie durch reiche Stiftungen oder wenigstens durch weitgehende Unterstützung solcher zu genügen suchten.

So machte naturgemäß das neue Kollegiatstift zu Rostock bedeutende Erwerbungen an Grundbesitz und Renten, wobei es sichtlich von seinen Gründern unterstützt wurde; gaben diese doch nicht nur von vornherein ihre Einwilligung zu allen Erwerbungen, sondern sie waren sogar selbst zur Unterbringung des flüssigen Kapitals behülflich. 325 ) Außerdem finden wir noch mancherlei Schenkungen ihrerseits. 326 )

Ihre Schloßkapelle zu Güstrow versahen die Herzöge 1483 327 ) mit drei Altären und bewidmeten diese mit 75 Mark lübisch aus der Orbör zu Teterow. Am 4. Februar 1510 328 ) gründeten sie in derselben Kapelle die 7 großen Zeiten mit 17 fl. 16 ß jährlicher Hebung aus dem Amte Güstrow. Dieselbe gottesdienstliche Einrichtung trafen sie am 11. November 1515 329 ) in der


324) Herzog Magnus hatte im Jahre 1497 das dem Ritter Heinrich von Plessen gehörige und von diesem an Berthold Ponnik, Meister des Antoniterhauses zu Tempzin, teilweise verpfändete Zurow wieder frei gemacht durch Bezahlung der Pfandsumme. Schwerin, Archiv. - Am 13. Juli 1513 verpflichtete sich Johannes Kran, Meister zu Tempzin, den Herzögen, daß er den Keetzersee, wenn die darauf liegenden 400 Mark entweder von den Herzögen oder von Klaus Lützow ihm wieder erlegt worden wären, abtreten würde. Ebenda, Chemnitz, S. 1566.
325) Z. B. Kurt von Restorf bekannte am 19 November 1494, vom Dekan des Stiftes in Rostock, Johann Tegeler, auf Befehl der Herzöge 500 fl. rh. empfangen zu haben, wofür er binnen vier Wochen gewisse Renten zu versetzen sich verpflichtete. Schwerin, Archiv.
326) Z. B. die Herzöge schenkten dem Stift zu Rostock am 11. November 1494 10 fl.rh. ewige Rente aus dem Dorfe Krempin für Konsolationen am Tage der Geburt Christi usw. Ebenda. - Am 28. Oktober 1496 begabten die Landesherren das Stift mit einer Last Roggen ewiger Hebung aus der Kornpacht des Dorfes Riendorf zu einer alsonntäglichen Station nach der Prozession de profundis. Ebenda. - Ferner überlassen die Herzöge dem Kapitel vor dem 31. März 1497 alle Pacht und Zinsen aus dem Dorfe Pölchow für eine jährlich viermal abzuhaltende Memorie mit Verteilung von Almosen an die Armen. Ebenda.
327) Schwerin, Archiv.
328) Ebenda, Chemnitz, S. 1535.
329) Ebenda, Chemnitz, S. 1569.
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Schloßkapelle zu Schwerin und legten 25 Mark lübisch jährliche Hebung aus der Orbör zu Crivitz dazu.

Erwähnten wir bisher Fälle, wo Renten und sonstige Leistungen durch fürstliche Freigebigkeit für längere Zeit der Kirche zur Verfügung gestellt wurden, so wollen wir nunmehr einige Beispiele für Geschenke betrachten, die nur einmalige Ausgaben hervorriefen. 1505, 330 ) nach dem Tode ihrer Mutter Sophia, schenkten die Landesherren der Domkirche zu Schwerin eine mit Gold und Perlen gestickte Tafel im Werte von 1500 fl., wofür sich die Domherren verpflichteten, das Gedächtnis der Herzogin jeden Freitag zu begehen. Als Patrone der Blutskapelle zu Sternberg schmückten die Fürsten dieselbe mit schönen Glasfenstern, einem reich bemalten und vergoldeten Tabernakel und einem kostbaren, mit ihren Bildern versehenen Altarbild, welches laut des am 29. März 1516 331 ) abgeschlossenen Kontraktes 150 fl. kostete. Die Verleihung von Renten und sonstigen Geschenken an die Klöster des Landes durch die Herzöge werden wir später 332 ) betrachten.

Lähmend auf das Vorgehen der Landesherren gegen den geistlichen Gütererwerb mußte auch ihre Geldnot wirken; denn infolge augenblicklicher Verlegenheiten sahen sich die Herzöge öfter gezwungen, immer mehr von ihren schon außerordentlich zusammengeschrumpften Rechten und Einkünften 333 ) zu verpfänden. Wenn wir aber auch öfter von Entleihungen 334 ) oder Verpfändungen 335 )


330) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1469 ff.
331) M. Jb. 12, S. 286.
332) Näheres siehe Teil V, Abt. 1.
333) Magnus II. und Balthasar erließen bei Beginn ihrer Regierung, um alles nicht auf rechtmäßige Weise verloren Gegangene wieder an sich zu bringen und die verschiedenen an sie gestellten Ansprüche zu prüfen, ein Gebot an Ritterschaft und Mannschaft, Geistliche und Weltliche, daß alle ihre Pfandrechte an herzoglichem Besitze urkundlich beweisen sollten. - Das Gebot als solches ist nicht erhalten. Daß es aber ergangen ist, steht unzweifelhaft fest; denn die jahrhundertelangen Händel mit den Flotows finden in ihm ihren Ausgangspunkt; auch ist das Gebot in den Protokoll-büchern dieses Streites mehrfach erwähnt. Witte, Geschichte I, S. 279.
334) Z. B. die Herzöge bekannten am 12. April 1493, Berthold Ponnik, Meister zu Tempzin, 400 fl. rh. schuldig zu sein; Rückzahlung am 10. November 1493. Schwerin, Archiv. - Am 23. Juni 1495 bekannten die Herzöge, demselben 283 fl. rh. zu schulden, Rückzahlung in den nächsten Fasten, Ebenda.
335) Z. B. die Herzöge verpfändeten am 6. Februar 1492 zur Stiftung einer Präbende am Domstift zu Rostock an den Domherrn daselbst, Johann von Greben, 60 Mark fund. Rente jährlich von der Ribnitzer Orbör für 800 Mark. Ebenda. - Um 1516 verpfändeten die Fürsten 6 fl. rh Rente für 100 fl. Kapital, die sie dem Rat zu Crivitz zu erlegen versprochen hatten. Ebenda (Kirche Crivitz).
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durch die Fürsten hören, so ist doch deutlich das Bestreben erkennbar, die Schuldenlast zu vermindern, 336 ) um dadurch von der Kirche finanziell unabhängig zu werden.

Das Aufsichtsrecht der Landesherren bezog sich nicht nur auf das Erwerben von Grundbesitz durch die Kirche, sondern auch auf die Bedingungen, unter welchen der Kauf oder die Verpfändung stattgefunden hatte. Ja schließlich ging es in ein Überwachungsrecht über den geistlichen Besitz überhaupt über.

Vor allem war es das Streben der Herzöge, die Bedrückung ihrer Untertanen durch deren geistliche Gläubiger zu mildern. Deshalb bestimmten sie, als am 28. Juni 1508 337 ) Güstrow zum zweiten Male abgebrannt war und die Geistlichen die armen Leute mit der Bezahlung der fälligen Renten bedrängten, ohne weiteres, die zweimal Abgebrannten sollten von ihren Häusern acht Jahre lang, von ihren Äckern, Wiesen, Kohl- und Hopfengärten vier Jahre, die aber nur einmal abgebrannt wären, von ihren Häusern und Hofstätten fünf Jahre, von ihren Gärten drei Jahre lang keinen Zins geben. Ferner setzten sie für künftig den Zinfuß auf 6 vom Hundert fest. Die vor dem Brande fällig gewordenen Gelder jedoch sollten bezahlt werden.

Einige Zeit später wollten die Fürsten in der Polizeiordnung von 1516 338 ) eine Regelung des Schuldenwesens für das ganze Territorium herbeiführen. In den Jahren zuvor sollten die Städte alle Schuldenlasten ihrer Bewohner aufzeichnen und die Berichte darüber an die Herzöge einschicken, damit diese und deren Räte


336) Am 15 April 1477 schrieben die Herzöge an das Domkapitel zu Lübeck und versprachen, in kurzem wegen der rückständigen Renten Heinrichs IV. gütlich verhandeln zu wollen. Ebenda. - Bei einem Aufenthalt in Wismar verwandten die Fürsten 4453 Mark zur Auslösung einer Menge verpfändeter Beden, Pächte, Gerichte und Dienste im umliegenden Lande. Im Schweriner Archiv ist über diesen Akt ein Bericht vom 6. Februar 1492 erhalten, in welchem bloß fünfmal klar angegeben ist, daß die wiedereingelösten Einkünfte an Kirchen verpfändet waren. Da aber fast immer nur angegeben ist, aus welchem Dorfe resp. Stadt die Zahlung der verpfändeten Renten zu bestreiten war, ist wohl anzunehmen, daß sich unter den abgelösten Renten eine größere Anzahl von solchen befand, die in den Händen des Klerus gewesen waren. - Im Jahre 1497 machte Magnus Zurow frei indem er die darauf liegenden Schulden bezahlte; so mußte er an verschiedene Geistliche über 600 Mark und an den Kaland zu Zurow 50 Mark erlegen. Ebenda.
337) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2788 f., 2793 f.
338) M. Jb. 57, S. 151 ff.
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die Schulden prüfen und ermäßigen könnten. 339 ) Da aber in den Magistraten der Städte, die die Schuldenaufzeichnung ausführen sollten, die wohlhabendsten Leute saßen, denen nicht daran liegen konnte, die Vermögensverhältnisse der städtischen Bewohner, die teilweise auch ihnen verschuldet sein mochten, darzulegen, scheiterte dieser ganze, großangelegte Plan. Zwar hätte sich diese Regelung nicht direkt gegen die Geistlichkeit gerichtet, aber diese wäre bei ihrem großen Reichtum doch am empfindlichsten getroffen worden. Jedenfalls können wir aus dem Plan der Fürsten ersehen, wie diese ohne weiteres auch über geistliches Gut verfügen zu können glaubten. Infolge dieses Mißerfolges sind in der Polizeiordnung nur allgemeine Verfügungen über das Schuldenwesen zu finden. Das Nehmen von Darlehen auf Häuser und Gärten sollte nur mit Erlaubnis der Obrigkeit gestattet sein, da die Güter dadurch merklich geschädigt würden. Ferner müßten die Pfändungen eingeschränkt und die Schuldhaft verkürzt werden. Weiterhin wurde bestimmt, die hohen Zinsen zu ermäßigen. Diese letzte Verordnung kann uns nicht verwundern, sahen wir doch die Herzöge schon im Streit der Klützer Ritterschaft mit der Lübecker Geistlichkeit und bei ihren Befehlen an den Klerus von Güstrow in dieser Richtung wirken. Daß die Landesherren erreichten, was sie wünschten, zeigen uns die Urkunden jener Zeit über Verpfändung und Verleihungen. Im Anfange betrug der Zinsfuß 10 auf das Hundert, dann aber erniedrigte er sich in den folgenden 30 Jahren auf 6 Prozent und bald auf 5 Prozent.

Eine tiefgehende Überwachung des geistlichen Vermögens verfolgte die Polizeiordnung dadurch, daß jährlich mindestens einmal alle kirchlichen Kassen in Städten und Dörfern von den Obrigkeiten in Beisein von herzoglichen Räten revidiert werden sollten.

Daß sich die weltliche Aufsicht überhaupt auf jede beliebige Veränderung durch Vermögenserwerb erstrecken konnte, ersehen wir aus einer Urkunde vom 3. Juli 1491, 340 ) durch welche die Herzöge dem Johanniterkomtur zu Mirow, Herrn Achim Wagenschütte, die Erlaubnis gaben, zum Nutzen seines Hauses in Granzin, wo dieses bereits eine Mühle besaß, noch eine zweite zu bauen.


339) Diese Absicht hing wohl damit zusammen, daß man, wie schon Magnus II. veabsichtigte, eine Münzverbesserung am Ende unserer Periode dadurch herbeiführen wollte, daß man den angegebenen Wert der kursierenden Münzen auf den wahren inneren Gehalt zu reduzieren beabsichtigte. Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, Teil II, S. 897.
340) Geheimes Staatsarchiv zu Berlin.
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Noch deutlicher spricht eine Urkunde vom 15. August 1498. 341 ) Darin wird nämlich berichtet, daß die Nonnen von Ribnitz gezwungen werden, das aus dem infolge eines Sturmes außerordentlich reichen Strandgut geborgene Wachs dem Eigentümer zurückzugeben, obwohl sie sich auf das Energischste widersetzen.

Verständlich muß es uns ferner erscheinen, daß die Landesherren in ähnlicher Weise wie beim Ablaß Sammlungen zu kirchlichen Zwecken von ihrer Erlaubnis abhängig machten. So gestattete Magnus II. am 25. Juli 1488 342 ) der Jakobs-Brüderschaft zu Wittenburg, einen Sammelbrief zur Unterhaltung einer Messe im Herzogtum herumgehen zu lassen.

3. Das Verhältnis der Landesherren zum Innerkirchlichen.

Ehe wir die direkte Stellung der Landesherren nach der Seite des Spirituellen hin betrachten, müssen wir einen Blick auf den inneren Zustand der Kirche in Mecklenburg während unserer Periode werfen. Beachtenswert sind da vor allem die Reformbestrebungen, die sich in außerordentlich starkem Maße in kirchlichen Kreisen selbst bemerkbar machten, und die sicherlich nicht ganz unbeeinflußt von den weltlichen Fürsten waren. Zuerst haben wir die Synodalstatuten des Bischofs Konrad Loste vom 3. April 1492 343 ) zu erwähnen. Er erließ ferner im Jahre 1500 344 ) für die inneren kirchlichen Verhältnisse seiner Domkirche Verfügungen. Einige Jahre später, am 11. Dezember 1508, 345 ) suchte Bischof Peter Wolkow durch seine Polizeiordnung für die Stadt Bützow auf verschiedene Auswüchse, wie Überhandnehmen von geistlichen Brüderschaften und deren Luxus, einzuwirken, 1512 346 ) worden ebenfalls durch ihn die kirchlichen Beziehungen zum Erzbischof von Bremen als dem Metropolitan Schwerins geregelt. Die umfassendste Reformtätigkeit jener Zeit eröffnete gegen deren Schluß Zutfeld Wardenberg, der Administrator des Stiftes Schwerin. Er erließ im Jahre 1519 347 ) Verfügungen


341) Frank, D., Liber VIII, S. 277. - Dieser Widerstand des Klosters ist umso verwunderlicher, als bereits am 2. Januar 1266 der Kardinallegat Guido das Strandrecht an der Ostsee verboten hatte. M. U.-B. 1061.
342) Schwerin, Archiv.
343) Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2477 n.
344) Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2645 ff.
345) Ebenda S. 2794 f.
346) Westphal, G., S. 1103. Westphalen, Tom. IV.
347) Ebenda S. 1112 ff.
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über Gleichmäßigkeit der Gottesdienste und Amtshandlungen, 1520 348 ) über Beseitigung von Mißbräuchen in der Beichtpraxis und endlich 1521 349 ) führte er eine ganz neue Agende ein. Die alten, oft sinnlosen Agenden schaffte er ab. Ein näheres Eingehen auf alle diese Verordnungen, welche uns ein hochinteressantes Bild vom Zustand der Kirche und des Klerus jener Zeiten bieten, kann nicht in unserer Aufgabe liegen; wir wollen uns vielmehr wieder den Herzögen zuwenden.

Das geistliche Institut, welches sich fortdauernd des größten Entgegenkommens der Landesherren zu erfreuen hatte, war die Universität zu Rostock, deren Bedeutung für die Kirche, zumal für die Verkündigung der Lehre, die Herzöge wohl erkannt hatten. Deshalb bemühten sie sich, die wissenschaftlichen Studien an ihr zu beleben und zu fördern. Im Jahre 1520 350 ) bewirkten sie die Herausgabe der Oberservantia lectionum in Universitati Rostochiensi. Unter dieser Veröffentlichung haben wir uns keineswegs ein gewöhnliches Lektionsverzeichnis vorzustellen, sondern das Schriftstück verbreitet sich über den Zustand der Universität und der Wissenschaft, vor allem über den der kirchlichen Lehre. Mehr als Phrase scheint es zu sein, wenn in ihm die Jünglinge glücklich gepriesen werden, deren Studium in eine Zeit fällt, wo die Wissenschaften, wenngleich jahrelang gedrückt und beengt, unter dem Schutze und der unmittelbaren Fürsorge und Teilnahme der Herzöge emporblühen. Eine direktere Einwirkung auf die Verkündigung der kirchlichen Lehre an der Universität sehen wir in der Verfügung Heinrichs V. vom Jahre 1522 351 ) an den Professor Nikolaus Marschalk, über das neue Testament VorIesungen zu halten und die Studenten zu deren Besuch aufzufordern. Der Herzog selbst nämlich war durch den Erzieher seines Sohnes Magnus, Konrad Pegel, welcher mit seiner Erlaubnis die neue Lehre in Wittenberg studiert hatte, mit dieser vertraut geworden und wollte für sein Land Nutzen daraus ziehen. Andererseits aber wünschte er infolge seiner kirchlichen Gesinnung nicht, daß die katholische Lehrmeinung erschüttert würde. Dies geht aus einem Briefe vom 1 Juni


348) Ebenda S. 1122 ff.
349) Schnell, H , Mecklenburg im Zeitalter der Reformation, S. 61 (1900) Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen.
350) Krabbe, D., Die Universität Rostock im 15. und 16. Jahrhundert, S. 318 ff. (1854).
351) Schnell, H., Die Einführung der Reformation in Mecklenburg, S. 25. Schriften für das deutsche Volk.
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1515 352 ) an den Papst Leo X. hervor, in welchem er diesen bat, den zwischen den Franziskanern und Dominikanern überall, auch in Rostock, leidenschaftlich geführten Streit über die unbefleckte Empfängnis der Jungfrau Maria zum Heile der Kirche durch ein Konzil zu beseitigen. Er selbst nahm zu dem Streite keinerlei Stellung.

Aber auch auf die praktische Ausführung der Seelsorge richteten die Herzöge ihr Augenmerk, obwohl dies in erster Linie Sache der kirchlichen Faktoren sein mußte. Vor allem boten sie immer zu einer Vermehrung des Gottesdienstes die Hand. So überließ Magnus II. am 9. Juni 1488 353 ) der Brüderschaft zum Rosenkranz Maria zwei Hufen vor der Stadt Friedland für 50 fl., damit der Gottesdienst in der Stadt verbessert und gestärkt würde. Im selben Jahre 1488, am 25. Juli. 354 ) ermöglichte Magnus II. der St. Jakobs-Brüderschaft zu Wittenburg dadurch das Unterhalten einer eigenen Messe, daß er ihr das Herumtragen eines Almosensammelbriefes erlaubte. 355 ) Am 4. Juli 1499 356 ) gaben die Herzöge ihre Genehmigung zu dem Vertrage zwischen der Jakobipfarre und den Brüdern vom gemeinsamen Leben in Rostock, nach welchem diese zu Michaelis, Kirchweihe, Ostern, Pfingsten, Stiftungstag und Bettagen vor Personen beiderlei Geschlechts öffentlich, jedoch ohne Predigt, Gottesdienst halten und milde Gaben einsammeln durften. Dafür mußte die Brüderschaft der Pfarre ein im Dorfe Biestow fundiertes Kapital von 100 Mark fundisch abgeben. Bei dem Streben nach Besserung des Gottes-dienstes sind hier auch die Beispiele für Inkorporationen 357 ) zu nennen, soweit diese eine Verbesserung gottesdienstlicher Hand=


352) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
353) Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2420.
354) Schwerin, Archiv.
355) Die Bemühungen der Herzöge um die Brüderschaften sind insofern verwunderlich, als sie in der Polizeiordnung von 1516 eine starke Einschränkung der religiösen Brüderschaften und Gilden, die nach und nach ausgeartet waren, verfügten. Wo es mehrere solcher gab, sollten sie in eine zusammengezogen werden und nur zu Pfingsten ohne große Kosten 2 oder 3 Tage lang feiern. Die durch diese Verfügung freiwerdenden Überschüsse aus den Renten sollten von den Stadtverwaltungen für das allgemeine Wohl verwendet werden. M. Jb. 57, S. 151 ff. - Herzog Magnus II. bat sogar am 30. März 1489 den Bischof Busso von Havelberg um Bestätigung der oben genannten Brüderschaft zu Friedland. Schröder, D., Pap Mecklb ., S. 2432 - Herzog Balthasar war selbst Mitglied der St. Jakobsbrüderschaft zu Güstrow. M. Jb. 44, S. 6.
356) M. Jb. 4, Urkunde XVI.
357) Siehe Näheres Teil IV, Abt. 1.
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lungen herbeiführen sollten. Ferner bemühten sich, wie wir schon erwähnten, 358 ) die Herzöge, vom Papste Ablaßbriefe zur Vermehrung von gottesdienstlichen Handlungen zu erhalten.

Eine besondere Beachtung verdient die Gründung des Rostocker Kollegiatstiftes 359 ) durch die Herzöge. Auf den ersten Blick scheint es, als ob diese ihren Willen nur ihrem religiösen Gefühle zu Liebe durchgesetzt hätten, um eine Vermehrung des Gottesdienstes in Rostock herbeizuführen. Betrachtet man aber die Gründung im Zusammenhang mit den zur Zeit herrschenden Verhältnissen, so kann man die religiösen Beweggründe der Fürsten erst in letzter Linie nennen. Die Herzöge wollten durch die Umwandlung der St. Jakobskirche in ein Kollegiatstift, welches, wie sie wußten, von der Stadt energisch bekämpft werden würde, den immer stärker sich bemerkbar machenden Konflikt zwischen ihrer Fürstenmacht und der infolge ihrer früheren Privilegien fast unabhängigen Stadt auf das geistige Gebiet hinüberleiten. Mit Hilfe der Kirche sollte dann die Macht der widerstrebenden Stadt gebrochen und diese dem Staate als ein den andern Gliedern an Rechten aber auch an Pflichten gleichstehender Bestandteil eingeordnet werden. Das Domstift hatte also als Mittel zum Zweck zu dienen.

Eine Verbesserung der Seelsorge erstrebten die Fürsten durch Aufsicht über die Pflichterfüllung des Klerus, die eigentlich dem Bischof und seinen Beamten allein zukam. Veranlaßt zum Eingreifen wurden sie meistenteils von ihren Untertanen, die in den Landesherren die natürlichen Anwälte ihrer Beschwerden sahen. Die Herzöge gaben diese mit energischer Bitte um Abhilfe an den Bischofs weiter. So geschah es am 19. Juli 1500 360 ) wegen eines lässigen Priesters in Plau und am 25. September 1518 361 ) wegen des Offizials des Archidiakonus zu Friedland, der im Gottesdienst Unordnung hatte einreißen lassen. Manchmal wandten sich die Landesherren auch direkt an den Beklagten. Dies taten Sie am Montag nach Ostern 1516 362 ) dem Bischof Heinrich von Ratzeburg gegenüber, der zugleich Pfarrer von St. Petri in Rostock war und diese Pfründe durch einen Kaplan nur unzureichend ver-sehen ließ. Als im Jahre 1495 363 ) Bischof Johann von Ratzeburg


358) Siehe Näheres Teil II.
359) Die Darstellung der Fehde siehe bei Koppmann, K., S. 35 ff.
360) Schwerin, Archiv.
361) M. Jb. 12, S. 145 ff.
362) Ebenda 3, S. 85 ff.
363) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2556.
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bestimmt hatte, daß die Priester seines im Lande Mecklenburg gelegenen Sprengels die Messe nicht mit Wein, sondern mit Malvaster halten sollten, wandten sich die Herzöge auf die Klage der Geistlichen hin an ihn, er solle angeben, ob er die neue Ordnung zur Störung des Gottesdienstes oder zu dessen Verbesserung gemacht hätte. Der Bischof erklärte darauf, dadurch, daß die Priester mit einer Mischung von Wein und Bier konfetriert hätten, wäre bei den Christen Ärgernis entstanden; deshalb möchte er seine Bestimmung aufrecht erhalten wissen.

Diefe Bemühungen der Herzöge, den Gottesdienst zu heben, wurden dadurch abgeschwächt, daß sie beim Verleihen von Pfründen sehr oft mehr auf die Ergebenheit der dabei in Betracht kommenden Männer als auf deren kirchliche Tüchtigkeit sahen. Außerdem konnten diese Geistlichen wegen ihrer häufigen Verwendung in herzoglichen Diensten ihrer seelsorgerischen Pflicht nur sehr ungenügend gerecht werden. Auch die Inkorporation reicher Pfarren in Kollegiatstifte konnte deshalb von keinem guten Einfluß sein, weil dann an den betreffenden Orten schlecht bezahlte und deshalb oft nachlässige Kapellane oder Vikare die Pflichten der abwesenden Pfründeninhaber verwalten mußten. Selbst direkte Übergriffe gegen einzelne Kirchen, wie Störungen von Gottesdiensten, wurden bisweilen von seiten der Herrscher nicht mit der nötigen Energie zurückgewiesen, wenn sie von deren Freunden ausgeführt wurden. Deshalb bat Zutfeld Wardenberg in einem Briefe aus Rom vom 18. August 1514, 364 ) dem Treiben derer von Lühe gegen die Kirche Einhalt zu gebieten, da sonst des Papstes Fiskal den Bann über das Herzogtum verhängen würde.

Nicht immer beschränkten sich die Herzöge nur darauf, gottesdienstliche Handlungen selbst einzurichten und zu bewidmen 365 ) oder ihnen Vorschub zu leisten; sie selbst trafen hie und da Bestimmung über Abhaltung und Art von Gottesdiensten. Schon Herzog Albrecht VI. verfaßte im Jahre 1485 366 ) zugleich im Namen seiner drei Brüder eine genaue Ordnung über den Gottesdienst in der neuerbauten Schloßkapelle zu Güstrow. Bei Todesfällen in der Familie 367 ) verlangten die Herzöge als Landesherren, nicht aber auf Grund bestimmter Stiftungen oder späterer finan=


364) M. Jb. l, S. 182 ff.
365) Näheres Siehe Teil IV, Abt. 2, Abschnitt b.
366) Schwerin, Archiv.
367) Z. B. beim Tode der Herzogin Margarete im Jahre 1512. M. Jb. 25, S. 46.
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zieller Entschädigungen, daß in allen Kirchen des Landes längere Zeit hindurch Vigilien und Seelenmessen für die Verstorbenen gelesen würden. Bemerkenswert hierbei ist, daß diese Weisung nicht durch Vermittlung des Bischofs erfolgte, sondern direkt durch die herzoglichen Beamten den Pfarrern mitgeteilt werden sollte. Am 24. Juni 1523 368 ) befahl Heinrich V. seinen Beamten, ein gewisses Gebet gegen die Türken allsonntäglich durch die Prediger ihres Amtes vom Predigtstuhl aus verlesen zu lassen. Hierbei könnte noch angeführt werden, obwohl sich die Verordnung nur auf eine Äußerlichkeit des Gottesdienstes bezog, daß Magnus II. in den großen Fasten des Jahres 1501 369 ) für die Stadt Boizenburg bestimmte, es sollten für das Sterbegeläut 4 ß gegeben werden. Wäre jemand aber so unvermögend, daß er diesen Betrag nicht bezahlen könnte, so müßten die Glocken umsonst geläutet werden.

Zum Schluß sei noch die Polizeiordnung von 1516 erwähnt, die auch viele spirituelles Gebiet berührende Verordnungen enthält. Im allgemeinen wurde der Luxus bei kirchlichen Familienfeiern, wie Hochzeiten, Kindtaufen und Begräbnissen, stark eingeschränkt; die Zahl der Personen, die Zeitdauer, die Zahl der Mahlzeiten, der Verbrauch des Bieres, der Wert und die Zahl der Geschenke wurden genau festgelegt. 370 ) Zwar scheinen diese Bestimmungen auf den ersten Blick nichts mit kirchlichem zu tun zu haben, aber gerade der Klerus war es, der fest an den alten verschwenderischen Festen hing, die nicht ohne materiellen Vorteil für ihn waren. 371 )



368) Wiechmann, C. M., S. 78.
369) Schröder, D., Pap. Mecklb ., S. 2658.
370) In den Städten war man schon vor unserer Zeit mit Verboten gegen den allzugroßen Luxus vorgegangen; es wurde z. B. in Wismar untersagt, übermäßges Patengeld zu geben und zu schwelgerische Gelage zu veranstalten. Sogar Wallfahrten verbot man. M. U.-B. 6004, 7947. Schröder, D, Pap. Mecklb ., S. 1829, 1845, 1829.
371) Als Beweis für die Gesinnung der Geistlichen möge dienen: Im Jahre 1313 schränkte der Magistrat von Güstrow die Anzahl der Gäste bei Kirchgangsschmäusen nach der Geburt eines Kindes ein, darauf wurde die Stadtbehörde von der Geistlichkeit zum Widerruf und zum Versprechen gezwungen, niemals wieder zum Nachteil der Geistlichen Statuten abzufassen. M. U.-B. 3636.
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V. Die Herzöge und die Klöster ihres Territoriums.

1. Allgemeines.

Seit ihrem Bestehen standen die Klöster unseres Gebietes mit den Herzögen, denen sie größtenteils ihre ursprüngliche Fundation und Dotation wie auch ihre allmähliche Bereicherung verdankten, in engen persönlichen Beziehungen. Nicht nur nach dem Tode nahmen sie fast immer die Fürsten in ihren Frieden auf. 372 ) sondern schon zu Lebzeiten boten Sie vielfach den unverheirateten Töchtern der herzoglichen Familie einen standesgemäßen Aufenthaltsort.

Hierbei kam vor allem Ribnitz 373 ) in Betracht. Von 1467 bis 1492 374 ) bekleidete Elisabeth, die Tochter Heinrichs des Dicken, die Würde einer Äbtissin, die sie aus noch zu erwähnenden Gründen niederlegen mußte. Gestorben ist sie im Jahre 1506 im Kloster. 1488 375 ) wurde die 1480 geborene Dorothea, die Tochter Magnus II, dem Kloster übergeben; sie wurde 1498 zur Äbtissin erwählt. Von 1492 bis zu diesem Zeitpunkt war das Kloster von einer Vikaria regiert worden, 376 ) um die Fürstentochter, sobald sie das nötige Alter erreicht hatte, in die Würde einer Äbtissin einweisen zu können. Zwar erlaubte ihr, wie wir schon sahen, Papst Alexander VI. am 13. April 1499 377 ) auf ihren Wunsch, in eine Niederlassung des Benediktiner-, Cister- zienser- oder Prämonstratenserordens 378 ) überzugehen, weil sie die Regeln ihres Ordens nicht genau befolgt hatte; sie scheint


372) Genaueres über die Grabstätten der herzoglichen Familie siehe M. Jb. 50, S. 327 ff. - Auch die Herzoginnen wurden vereinzelt in Klöstern begraben. Z. B. die Herzogin Ursula, Heinrichs V. Gemahlin, die am 18. September 1510 starb, wurde trotz des großen Wierstandes der Mönche im Kloster Doberan beigesetzt. Techen, F., Die Chroniken des Klosters Ribnitz, S. 126.
373) Natürlich war deshalb der Einfluß der Herzöge auf das Kloster Ribnitz besonders groß. - Z. B. am 9 Januar 1480 vertauschten die Herzöge gewisse Güter gegen Briefe auf Anteile an Mühlen in und außerhalb Rostocks, die dem Kloster Ribnitz bisher gehört hatten, um dadurch einen Druck auf die Stadt Rostock ausüben zu können. Schröder, D. , Pap. Mecklb, S. 2303.
374) Bei diesen Angaben richten wir uns nach der dem M. Jb. 50 beigegebenen Stammtafel des herzoglichen Hauses.
375) Techen, S. 51 f.
376) Techen, S. 52.
377) Schwerin, Archiv.
378) Der St. Clarenorden, dem Ribnitz angehörte, ist ein weiblicher Zweig des Franziskanerordens.
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jedoch keinen Gebrauch davon gemacht zu haben. Im Jahre 1514 379 ) ist sie noch Äbtissin, als ihr die Tochter ihres Bruders, Heinrichs V., die 1510 geborene Ursula, präsentiert wurde. Diese kleidete man 1522 ein; 1528 wurde sie Vikaria und 1538 nach dem Tode Dorotheas Äbtissin. Bei Ribnitz müssen wir noch Anna 380 ) erwähnten, die 1498 als Nonne starb. Von den andern Nonnenklöstern ist nur noch Rehna als Aufenthaltsort eines Gliedes der fürstlichen Familie zu nennen. 1490 wurde die 1470 geborene Tochter des letzten Stargarder Herzogs Ulrich II. mit Namen Elisabeth Priorin daselbst.

In unserer Periode zeigte sich das Interesse der Landesherren für die Klöster vor allem in zwei Neugründungen.

Infolge der Hostienschändung zu Sternberg 381 ) sah sich Magnus II. veranlaßt, auf dem verödeten Schlosshof, wo man die vergrabenen Hostien gefunden hatte, ein Kloster zu bauen, welches er mit Augustinermönchen besetzen wollte. Obwohl Bonifacius VIII. die Gründung neuer Bettelmönchklöster verboten hatte, verstand es Magnus dennoch mit Hilfe von befürwortenden Briefen des Kurfürsten Friedrich von Sachsen 382 ) durch seinen Geschäftsträger in Rom, Peter Wolkow, von Alexander VI. am 19. September 1500 383 ) die Bestätigung seiner Gründung zu erlangen. Am 1. Juni 1501 wurde die päpstliche Bulle veröffentlicht und im Jahre 1502 schloß Magnus mit dem Maurermeister Andreas Techel einen Baukontrakt ab. Die Kosten sollten von den bei der Fronleichnamskapelle in Sternberg eingehenden Opfergeldern bestritten werden, von denen drei Viertel für diesen


379) Techen, F., S. 55.
380) Daß die finanzielle Lage der in den Klöstern untergebrachten Herzoginnen durchaus nicht immer günstig war, beweist uns eine Bitte der Herzogin Anna vom 7. August 1482 um ordentlichen Unterhalt und Kleidung; sie müßte ohne Unterstützung Hunger und Durst leiden. M. Jb.25, S.56.
381) Der Priester Peter Dähne aus Sternberg hatte dem Juden Eleazar zwei geweihte Hostien verkauft, die von den zur Feier der Hochzeit dessen Tochter versammelten Juden durchstochen wurden, worauf Blut aus den Öffnungen floß. Dadurch erschreckt, gaben die .Juden die Hostien dem Priester zurück, der sie auf dem Schloßplatz zu Sternberg vergrub und dem Kapitel von Schwerin, ohne seine Schuld zu verraten, davon Mitteilung machte. Man fand die Hostien, die nun weiterhin als großes Heiligtum verehrt wurden. Die Juden und auch der Priester, deren Schuld infolge des energischen Eingreifens der Herzöge bald ans Tageslicht kam, wurden verbrannt. - Wiggers, J., S. 87 ff. M. Jb. 12, S. 211 ff.
382) Schmidt, K., Das heilige Blut von Sternberg, S. 34 ff. Verein für Reformationsgeschichte (1892).
383) Schwerin, Archiv.
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Zweck bestimmt waren; das Fehlende wollte der Herzog selbst dazutun. 1503 wurde das Schlafhaus vollendet und bereits 1504 nahmen etliche Augustinermönche das Kloster in Besitz. Nach dem Tode Magnus II. jedoch geriet der Bau ins Stocken, hauptsächlich deshalb, weil der Bischof Johann von Schwerin der Gründung aus irgend welchen, uns unbekannten Gründen mißgünstig gegenüberstand. Dies können wir aus einem Briefe des Generalvikars Johannes von Staupitz vom 24. April 1505 384 ) an Heinrich V.

ersehen, in welchem jener um eine Visitation des jungen Klosters und gleichzeitig um dessen Weiterbau bat. Das letztere hatte am 3. Februar 1505 385 ) bereits ein anderer Augustinerpater, Johannes von Paltz, getan. Diese Bitten wirkten. Am 28. August 1506 386 ) setzten die Herzöge gegen den Willen des Bischofs von Schwerin durch, daß auch von den bei der neuen Blutskapelle einkommenden Opfern zwei Drittel auf ein Jahr dem Kloster überwiesen werden sollten. 1510 endlich scheint der Bau zu einem gewissen Abschluß gekommen zu sein; denn in diesem Jahre 387 ) stellten die Herzöge die dauernde Dotation des Klosters fest.

In der von unseren Herzögen sehr bevorzugten Stadt Güstrow war die Kapelle des Heiligen Bluts verschiedenen Bränden zum Opfer gefallen. Um dem dortigen heiligen Blute durch eine würdige Verehrungsstätte zu ähnlichem Ansehen wie dem in Sternberg zu verhelfen, 388 ) wollten die Landesherren ein Franziskanerkloster daselbst gründen, wozu am 16. Mai 1509 389 ) Julius II. seine Erlaubnis gab. Da widersetzte sich plötzlich am 22. September


384) M. Jb. 12, IX. Anhang Nr 5. - Überhaupt zeigte Johann von Staupe ein lebhaftes Interesse für diese Klostergründung. Er ließ am 22. Mai 1503 durch die an den Kurfürsten Johann von Sachsen verheiratete Tochter Sophie ihrem Vater Magnus II. anbieten, er wolle selbst nach Sternberg kommen und seinen Rat geben, wie ein solches Kloster zu bauen und zu erhalten wäre M. Jb. 12, S. 228.
385) Ebenda, 12, IX, Anhang Nr. 4.
386) Ebenda, 12, Urkunde XXII.
387) Schröder, D., Pap. Mecklb, S. 2809 f. - Raum und Platz des Klosters sind befreit von Schoß und Heerfahrt, Herrenbede, Wache und übrigen Diensten. Die Mönche haben freien Markt, Wasser, Weide und alle Freiheiten wie die Bürger von Sternberg. Sie erhalten den Mühlenkamp vor der Stadt mit allen seinen Ackern, ausgenommen die Wiese neben der Mühle am Mühlenbach, und alle Grafung längs des Radener Sees.
388) Wir können wohl annehmen, daß nicht nur Gründe kirchlicher, sondern auch volkswirtschaftlicher Art die Herzöge veranlagten, in ihrem Lande einen zweiten Mittelpunkt religiöser Verehrung zu begründen; denn die von überall herkommenden Wallfahrer brachten viel Geld ins Land.
389) Thomas, Fr., S. 118.
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desselben Jahres 390 ) das Kapitel des Kollegiatstiftes zu Güstrow und forderte durch Abgesandte an die Fürsten Einstellung des Baues, da derselbe ihren Privilegien zuwiderginge; fürchteten sie doch durch Verlegen des Heiligen Blutes ins Kloster Einbuße an Einnahmen. Die Herzöge verzichteten deshalb auf ihre ursprüngliche Absicht und erlaubten dem Kapitel, das Heiligtum aus der Schloßkapelle, wo es einstweilen untergebracht worden war, in ihren Dom zu bringen. Dort sollte es solange bleiben, bis von den eingegangenen Opfergaben eine eigene Blutskapelle an die Kirche angebaut werden könnte. Das Kloster aber, welches die Herzöge ruhig hatten weiter bauen lassen, sollte ihren Privilegien in keiner Weise nachteilig sein. 391 ) Trotzdem aber erlosch der Streit zwischen den Landesherren und dem Kapitel nicht ganz; denn noch am 18. August 1514 392 ) schrieb Zutfeld Wardenberg aus Rom an Heinrich V., der Papst hätte dem Kapitel die Translation des Heiligen Blutes genehmigt; weiterhin bat er in dem Schreiben in demütigsten Ausdrücken die Herzöge, das Kapitel wieder in ihren Schutz zu nehmen, gern wolle es wieder jederzeit tun, was die Herzöge wünschten.

Den schon bestehenden Klöstern bewiesen die Herzöge ihre Gunst durch reiche Verleihungen, um mittels derselben den Gottesdienst zu bessern und ihrem eigenen kirchlichen Bedürfnis nachzukommen.

So schenkte Magnus II. dem Kloster Doberan am 18. März 1498 393 ) eine unablösliche jährliche Rente von 15 Mark zur Einführung bestimmter gottesdienstlicher Handlungen an gewissen Tagen. Ein Jahr darauf, am 2. März 394 ) stiftete und bewidmete er in der Klosterkirche daselbst eine Messe mit 15 rh. fl. Am 5. März 1515 395 ) ließen Heinrich und Albrecht in ihr durch einen Glasermeister aus Rostock die bemalten Fenster, auf welchen teilweise die verstorbenen Herzöge verewigt waren, erneuern. Weiterhin schenkten sie am 22. März 1517 396 ) Abt und Konvent ohne jede Gegenleistung eine jährliche Rente von 5 Gulden. Zuletzt sei noch erwähnt, daß Magnus II. den Bischof Konrad am 4. Oktober 1500 397 )


390) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1534.
391) Ebenda, Chemnitz, S. 1534.
392) M. Jb. l, S. 182.
393) Schwerin, Archiv.
394) Ebenda, Chemnitz, S. 1571.
395) M. Jb. 2, S. 38.
396) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1581.
397) Ebenda.
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bewog, zugunsten des vor dem Kloster errichteten Kreuzes einen Ablaß von 40 Tagen zu erteilen, um dadurch den Besuch des Klosters zu heben.

Dem Karthäuserkloster zu Marienehe, zu dessen Abt Vicke Dessin Herzog Magnus II. in besonders freundschaftlichen Beziehungen stand, schenkten die Herzöge 50 rh. fl. für Vigilien und Seelenmessen zu Ehren ihres Vaters Heinrich IV. 398 )

Am 17. März 1516 399 ) stifteten die Fürsten im Kloster Röbel eine Messe und bewidmeten sie mit 4 rh. fl.

Ihrer Schwester Elisabeth, Äbtissin zu Ribnitz, setzten die Herzöge am 14. Dezember 1478 400 ) eine jährliche Rente von 100 Mark fundisch aus, die diese teilweise zu des Klosters Nutzen verwendete. Demselben Kloster vermachte im Jahre 1504 401 ) Herzogin Sophie mehrere kostbare Gewänder. Ferner erhielt Ribnitz nach und nach von den Herzögen das Dorf Freudenberg mit dem höchsten Gericht, nämlich 1507 einen Teil von Balthasar, dann einen von Erich, den Rest schließlich 1516 von Heinrich V. 402 ) Im Jahre darauf 403 ) endlich verliehen die Fürsten ihm einen ganzen Hof gegen die Verpflichtung, Seelenmessen für Glieder des herzoglichen Hauses abzuhalten.

Wieweit die Sorge der Herzöge für die Klöster ihres Territoriums ging, möchten wir noch an zwei Beispielen zeigen. Als "Landesherr und Patron" verlangte Heinrich V. im Jahre 1515 404 ) vom Papste die Erlaubnis, das in Sternberg einkommende Opfergeld mit Ausnahme des dem dortigen Kirchherrn zukommenden dritten Teils für arme Klöster, besonders für die reichlich vorhandenen Jungfrauenklöster verwenden zu dürfen. Ferner gab Heinrich V. dem Ablaßhändler Dominikus erst unter der Bedingung am 6. Dezember 1517 405 ) die Erlaubnis, Ablaßbriefe in


398) Ebenda. Ohne Angabe des Datums. Im Jahre 1493 machte der Orden der Karthäuser die Herzöge wegen ihrer Ergebenheit gegen den Orden und besonders gegen das Kloster Marienehe aller guten Werke des Ordens teilhaftig. Ebenda. - 1497 wurde Magnus II. und seine Gattin und Kinder vom Kloster Zwolle in Holland wie von dessen Orden aller guten Werke teilhaftig gemacht. Ebenda.
399) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1572.
400) Schwerin, Archiv.
401) Techen, F., Chroniken des Kl. Ribnitz, S. 53.
402) Ebenda, S. 54.
403) Schnell, H., Einführung, S. 12.
404) Schwerin, Archiv, Religio Katholica (Instruktion an Nik. Franke). Dieser Teil gedruckt M. Jb. 12, S. 265 ff.
405) M. Jb. 4, S. 123.
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Mecklenburg zu verkaufen, daß er ein Drittel seiner Reineinnahme den Klöstern Güstrow, Parchim und Dargun übergäbe.

Zu unserer Zeit betrug die Zahl der Klöster in Mecklenburg 27 mit 700 männlichen und weiblichen Insasen. 406 ) Nach ungefährer Schätzung dehnte sich der Grundbesitz derselben über 63 Quadratmeilen aus; also fast ein Viertel des gesamten Grundbesitzes befand sich in der Hand der Klöfter. 407 ) Da diese ihre ursprüngliche Fundation und Dotation wie auch ihre allmähliche Bereicherung zum größten Teil den Landesfürsten verdankten, so hatten diese sich immer großen Einfluß auf dieselben zu bewahren gewußt. Es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, zu untersuchen, ob Sie diesen aus Vogtei-, Patronats- oder bloßen landesherrlichen Rechten herleiteten, jedenfalls übten sie solche aus, auch wenn ihnen Rechte privatrechtlicher Natur 408 ) nicht zur Seite standen. Der Höhepunkt, bis zu dem die aus dieser Schirmvogtei abgeleiteten Ansprüche gingen, ist sicherlich das noch zu erwähnende Recht, den Klöstern Provisoren beizugeben.

Aber auch die Klöster legten großen Wert auf die Verbindung mit den Landesherren, die ihnen zwar oft unbequem wurden, ihnen aber andererseits Schutz gewährleisteten. Deshalb ließen sie sich Schutzbriefe ausstellen, wie wir solche vom 2. Juni 1480 409 ) für Rehna, vom 22. Dezember 1483 410 ) für Marienehe und vom 7. April 1485 411 ) für Templin anführen wollen. Auch auswärtige Klöster, welche Güter in Mecklenburg besaßen, ließen dieselben in Schutz nehmen und entrichteten dafür ein Schutzgeld, von welchem bei den oben genannten Versicherungen nicht die Rede ist. So schickte am 29. Februar 1508 412 ) der Abt des Klosters zu Reinfeld an Herzog Heinrich V. nach altem Gebrauche zwei Ochsen und bat um Schutz für die Güter seines Klosters im Lande Mecklenburg.


407) Pentz, A., Mecklenburgs Reformation im Lichte römischer Geschichts-schreibung. Mecklenburger Kirchen- und Zeitblatt Nr. 4-6 (1881). Noch jetzt beträgt der Besitz der Landesklöster Dobbertin, Malchow und Ribnitz zusammen sieben Quadratmeilen. Ebenda.
408) Z. B. über Malchow besaßen die Flotows die plena advocatia und über das Kloster zum Heilgen Kreuz zu Rostock die Stadt Rostock. Viereck, G., Die Rechtsverhältnisse der vier mecklenburgischen Jungfrauenklöster, nach ihrer geschichtlichen Entwicklung dargestellt, S. 30 ff. (1875).
409) Schwerin, Archiv.
410) Rostock, Ratsarchiv.
411) Schwerin, Archiv.
412) Ebenda, Chemnitz, S. 1512.
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Dafür, daß die Herzöge die übernommenen Schutzverpflichtungen wirklich durchführten, finden sich mehrfach Beispiele. Am 11 März 1484 413 ) beschwerte sich Herzog Magnus II auf die Bitte des Abtes von Doberan beim Rat von Rostock darüber, daß Kaufleute der Stadt am Kloster mit geladenem Gewehr vorbeiritten. Den Rat von Wismar forderte derselbe Herzog am 6. Dezember 1492 414 ) auf, den Klöstern Neukloster und Doberan, welchen nachts ihr Korn vom Felde gestohlen worden war, zur Wiedererstattung des Verlustes zu helfen. Beim Kurfürsten von Brandenburg beklagte sich Magnus II am 20. August 1499 415 ) darüber, daß bei einem Raubeinfall aus dem Nachbarlande das dem Kloster Wanzka gehörige Dorf Grünow verbrannt worden wäre; er bat um Vermittlung der Ersatzleistung. Am 18 Juli 1507 416 ) schrieben die Herzöge wegen einer ähnlichen Schädigung des KIosters Jvenack an Herzog Bogislaf von Pommern-Stettin. Als letzter Fall sei der Streit zwischen dem Kloster zu Sternberg und dem Bischof von Schwerin erwähnt 417 ) Das junge Kloster war wegen reicher Schenkungen rasch aufgeblüht und hatte sich infolge seines Rechts, überall Beichte zu hören und zu predigen, in die Seelsorge stark eingemischt; dadurch erregte es natürlich den Neid des Weltklerus. Als Werkzeug seiner Rache für dieses vermeintliche Unrecht bediente sich dieser des Schulmeisters Andreas Windbeck, der Prior und Mönche beschimpfte, ja sogar mit Waffen bedrohte. Da er deshalb zur Rechenschaft gezogen worden war, drang er betrunken und bewaffnet in die Klosterkirche ein und störte den Gottesdienst. Bei dieser Gelegenheit fesselten ihn die Mönche, ließen ihn aber bald nach Leistung der Urfehde wieder frei. Jetzt mischte sich der Bischof von Schwerin, der, wie wir schon sahen, dem Kloster nicht wohl gesinnt war, in den Handel und verhing am 15. Juni 1514 ohne irgend welche Untersuchung über dasselbe den Bann wegen Gewalt gegen einen Geistlichen. Der Generalvikar Staupitz protestierte gegen dieses Verfahren und appellierte nach Rom. Nunmehr griff Heinrich V. ein, ermahnte die Bürger von Sternberg, die Augustinernmönche weiter zu achten und forderte den Konservator des Ordens und seiner Rechte in Deutschland, den Erzbischof von Magdeburg, auf, den Prozeß zu kassieren. Den Bischof von


413) Wöchentliche Rostocker Nachrichten und Anzeigen 1758, Stück 3.
414) Wismar, Stadtarchiv.
415) Schwerin, Archiv.
416) Ebenda Chemnitz, S 1504.
417) Kolde, Th., Die deutsche Augustiner-Kongregation und Johann von Staupitz, S. 259 ff. (Gotha 1879).
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Schwerin, der vielleicht "aus einem verhetzten oder hitzigen Gemüte" gehandelt hätte, sollte er auf dem Wege des geistlichen Rechts belangen.

Welche Gegenleistungen die Klöster den Landesherren für die Schutzgewährung in Kriegszeiten zu leisten hatten, sahen wir bereits bei der Lübecker Fehde, 418 ) wo sie ihre Mannen ebenso zur Verfügung zu stellen hatten wie der Bischof von Schwerin.

In finanzieller Beziehung mußten die Klöster ihren Verpflichtungen streng nachkommen. Zwar waren ihre Güter meistens von der Bede ausdrücklich befreit, andererseits aber können wir in unserer Periode kein Beispiel dafür angeben, daß sich ein Kloster geweigert hätte, dieselbe zu entrichten, wenn es dazu verpflichtet war. Die Herzöge versuchten sogar früher abgetretene Bedeverpflichtungen wieder für sich selbst nutzbar zu machen. Dies können wir aus einer Klage des Lübecker Johannisklosters vom 18. März 1501 419 ) darüber entnehmen, daß es von mecklenburger Beamten im Genusse der ihm eigenen Bede zu Rankendorf gestört wurde.

Die Verpflichtung zu außerordentlichen Beden bestand selbstverständlich, genehmigten doch die unter die Prälaten zu rechnenden Klostervorstände dieselbe selbst mit bei den landständischen Versammlungen. Mit welcher Energie die Herzöge Weigerungen, zu zahlen, entgegenzutreten wußten, zeigt uns Doberan, das sich am 25. November 1510 420 ) unter Berufung auf seine Privilegien weigerte, die von ihm verlangte, von den Ständen in der Höhe einer halben Landbede bewilligte Reichssteuer zu entrichten. Am 27. November 1510 421 ) gaben die Herzöge den Bescheid, daß sie sich solcher Privilegien ebensowenig zu erinnern wüßten, als sie ihrerseits gesonnen wären, sich des ihnen zustehenden Besteuerungsrechtes zu begeben; etwaigen Widerstand des Klosters würden sie mit Auspfändung der Klosterleute beantworten.

In ähnlicher Weise, wie das im Territorium liegende Stift Schwerin für den Schutz der Landesherren kein besonderes Schirmgeld bezahlte, findet sich ein solches auch für die inländischen Klöster nicht, während auswärtige, wie Reinfeld, ein solches, parallel zum Bistum Ratzeburg, erlegen mußten.

Außerordentlich drückend empfanden die Klöster das Recht des Landesherrn, auf ihren Gütern mit ihrem Gefolge und aller


418) Teil III, 2. Abteilung.
419) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1375.
420) Hegel, K., Anhang Nr. 25.
421) Ebenda, Anhang Nr. 26.
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Dienerschaft bei Reisen, Jagden oder sonstigen Anlässen Ablager 422 ) zu halten. Wie aus einem 1528 423 ) vom Abt Nikolaus von Doberan abgefaßten Bericht hervorgeht, waren die Fürsten zuerst des Gottesdienstes wegen mit wenigen Begleitern in die Klöster gekommen, dann aber hatten sie, um sich deren Reichtum wenigstens in Etwas dienstbar zu machen, bei ihren häufigen Besuchen die Jagd vorgegeben. In großer Zahl und für lange Zeit hatten sie Aufenthalt genommen, so daß den betroffenen geistlichen Anstalten große Ausgaben erwachsen waren. Schließlich war noch, wenn die Herzöge selbst verhindert waren, das Ablager der Jagdbediensteten mit ihren Pferden und Hunden dazugekommen, welches man wegen des Schikanierens durch die herzoglichen Diener am meisten haßte. Die zuerst mehr oder minder freiwilligen, in ihrem Umfange unbestimmten Ablager wurden also nach und nach kraft Rechtens von den Fürsten gefordert. Teilweise entwickelte sich bei Verhinderung der Herzöge, selbst zu kommen, die Verpflichtung, alles zum Ablager Notwendige auf die fürstlichen Häuser zu schaffen. 424 ) Dadurch war aber das Jagdablager 425 ) nicht abgelöst, sondern beide Leistungen wurden nun unabhängig voneinander gefordert. Welche Wichtigkeit die Herzöge diesem Rechte zumaßen, sehen wir am besten aus den Erbteilungsverträgen, wo z. B. am 7. Mai 1520 426 ) die Ablagergerechtigkeit von Doberan, Dobbertin, Dargun, Eldena, Rehna, Zarrentin, Wanzka, Broda und Jvenack ausdrücklich erwähnt wird. Die ungünstige finanzielle Lage der Herzöge wies diese nur zu oft darauf hin, auf dem eben beschriebenen Wege den Reichtum der Klöster für sich nutzbar zu machen. Daß die Ansprüche der Herzöge bei ihren Klösterbesuchen nicht geringe waren, zeigt ein Brief Magnus II. vom 10. November 1495 427 ) an den Kurfürsten Johann von Brandenburg. Er beklagte sich in diesem darüber,


422) Im zweiten Teile haben wir gesehen, daß die Herzöge viermal im Jahre mit ihren Gemahlinnen und anderen ehelichen Frauen die Jungfrauenklöster besuchen und mit den Jungfrauen reden, essen und trinken, also die sonst so streng gehandhabte Klausur brechen durften.
423) Frank, D., Buch IX, S. 34.
424) Greverus, E., Zur Geschichte des mecklenburgischen Jagdrechts, S. 55 ff. (1906).
425) Am 12. Januar 1492 schrieben die Herzöge Magnus und Balthasar an Prior und Konvent des Klosters Marienehe, daß ihnen einige Schweine um Pastow herum nach Wunsch lägen und baten, ihnen für den folgenden Abend in dem eben genannten Dorfe ein Ablager zu bereiten. Rostock, Ratsarchiv.
426) Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, Teil III, S. 54.
427) Schwerin, Archiv.
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daß er auf einer Reise in einem märkischen Jungfrauenkloster nicht nach Wunsch aufgenommen worden wäre, und fügte hinzu, er würde in einem solchen Falle streng einschreiten.

Die Folgen von alledem waren schwere Klagen der am härtesten betroffenen Klöster. Schon am 20. Juni 1478 428 ) beklagten sich die Äbte der Klöster an der Ostsee über ihre materielle Notlage und über die Ausbeutung durch die Fürsten. Doberan schrieb, es hätte in wenigen Jahren viele tausende Goldgulden für seine Fürsten gebraucht und verbrauchte sie noch. Am 12. März 1509 429 ) schlossen nach langen Verhandlungen die Herzöge mit Abt und Konvent von Doberan wegen deren beständigen Klagen einen Vertrag: Das Kloster sollte fernerhin den Jägern für 2 Tage und 2 Nächte Speise, aber nicht mehr als 2 Tonnen Bier geben. Die Ablager der Herzöge - 6 Wochen in den Fasten und 14 Tage im Herbst - sollten dadurch abgelöst werden, daß drei Jahre lang vom Kloster in drei Terminen 500 Mark gezahlt würden; anstatt des Geldes könnte dieses Korn liefern, jedoch dürfte der Scheffel Hafer nicht höher als mit 2 ß angeschlagen werden.

Befreiungen von Ablagerverpflichtungen verliehen die Herzöge nur sehr selten. So verzichteten sie, um das einzige Beispiel unserer Periode anzuführen, am 27. Februar 1505 430 ) dem Kloster Marienehe gegenüber auf das Ablager im Dorfe Peez und die von ihren dortigen Vögten den Bauern in jedem Jahre abgezwungene Last Hafer.

Im Verhältnis zu diesen Leistungen konnten andere Dienste, wie die Stellung von Bauern zur Arbeit, nicht allzuschwer fallen. Wir finden in unserer Zeit keine weitere Klage darüber als die von Doberan, welches ebenfalls am 12. März 1509 431 ) deshalb, weil seine Untertanen in mehreren Dörfern von den fürstlichen Beamten zu Schwaan allzusehr beschwert würden, sich mit den Herzögen einigte. Künftighin sollte ein jeder Bauer jährlich nicht mehr als 28 Tage zu Hofe dienen, wobei die Dienste dergestalt zu verteilen wären, daß sie nach ihrer Wahl zwei Tage, und


428) Schwerin, Archiv, Kloster Doberan. Wahrscheinlich stammt die Angabe aus einem Berichte an einen Ordensoberen der Zisterzienser.
429) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2800.
430) Rostock, Ratsarchiv.
431) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1527 ff. - Das Amtsbuch des Klosters Doberan im Schweriner Archiv enthält Hinweise aus dem Jahre 1552 darauf, daß Pflug- und Fußdienste, die eigentlich zum Kloster gehörten, schon seit langer Zeit nach dem Amt Schwaan geleistet worden seien.
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sonst in der Woche nur einen dienen müßten; darüber hinaus dürften sie nicht in Anspruch genommen werden. Die andern Untertanen des Klosters aber sollten nicht mehr, als von Alters gebräuchlich, mit Diensten belegt werden.

Außerordentlich streng hielten die Herzöge ferner an dem Aufsichtsrecht über die Vermögensverwaltung der Klöster und vor allem über Besitzveränderungen fest. Um dieses Recht für sich wahrzunehmen, gaben sie dem Jungfrauenkloster Ribnitz einen landesherrlichen Beamten bei, den sogenannten Provisor, 432 ) der sich bald auf die ganze Verwaltung einen großen Einfluß zu verschaffen wußte.

Als den Herzögen zu Ohren gekommen war, daß sich die finanzielle Lage des KIosters Rühn immer mehr verschlimmert hatte, ließen sie am 30. Oktober 1495 433 ) durch ihre Räte gemeinsam mit Bischof Konrad von Schwerin und dessen Kapitel die Einnahmen des KIosters überrechnen, damit die darin befindlichen 35 Insassen ihre Nahrung und Notdurft haben möchten. Genau wurde bestimmt, wieviel der Propst von den Gütern der Propstei der Priorin und deren Verweserin für das Kloster geben sollte, ferner, daß die Güter als gemeinsam zu betrachten wären und den Nonnen ein Hof mit 30 Kühen, aber nicht darunter, zur Verfügung gestellt werden müßte.

Vor allem richteten die Landesherren ihre Aufmerksamkeit auf das Anwachsen des KIosterbesitzes, wie sie dies beim geistlichen Besitz im allgemeinen taten. Von ihrer Zustimmung machten sie alle Erwerbungen, sei es durch Schenkung, 434 ) Kauf 435 ) oder Verpfändung 436 ) abhängig, ja sie wollten sogar bei Trans=


432) Wiggers, J., S. 75. - Brandenburg hatte 1447 das Recht erhalten, den märkischen Jungfrauenklöstern landesherrliche Provisoren beizugeben. Hennig, B., S. 120 ff.
433) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2561.
434) Z. B. Nikolaus Kerkow stiftete am 26. Juli 1477 mit Einwilligung der Herzöge sowie der Äbtissin, Priorin und Nonnen von Wanzka einen Altar im Chor der Kirche des Klosters und bewidmete ihn mit 50 Mark jährlicher Rente; das Patronat war bei der Äbtissin und dem Konvent. Schwerin, Archiv.
435) Z. B. 1493 kauften Propst und Kapitel zu Broda zu einem ewigen Erbkaufe vier Hufen Landes zu Zirzow nach Ausweis der Briefe der Landesherren. Ebenda.
436) Z. B. die Herzöge bewilligten am 31. März 1496, daß Cyriakus von Bischwang zu Körchow der Priorin und dem Konvente des Klosters Rehna 12 Mark jährliche Pacht im Dorfe Zühr für 200 Mark lüb. verpfändet. Ebenda.
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sumtionen 437 ) früher erlassener Verkaufsbriefe ihre Einwilligung eingeholt wissen. Deshalb ließen sich auch die Klöster ihren gesamten Besitzstand und ihre Wiederkaufsrechte von den Herzögen bestätigen. 438 ) Als besonderer Gnadenerweis mußte es wegen dieser Strenge gelten, wenn die Herzöge am 24. Oktober 1484 439 ) das Kloster Marienehe ermächtigten, in allen ihren Landen von Adeligen und Anderen Grundbesitz wiederkäuflich zu erwerben, ohne bei ihnen und ihren Nachfolgern um Erlaubnis nachsuchen zu müssen. Die Erbkäufe jedoch behielten Sie ihrem Konsense vor.

Auf jede andere Änderung des Besitzstandes richteten die Landesherren ebenfalls ihr Augenmerk. So schrieb Magnus II. am 27. Mai 1493 440 ) an den Rat von Wismar, er hätte erfahren, daß die grauen Mönche daselbst etliche Kleinodien aus dem Gotteshause wegbringen wollten. Er forderte den Rat auf, das zu hintertreiben und dafür Sorge zu tragen, daß alles etwa dritten Personen Anvertraute aufgezeichnet würde. 1510 441 ) gaben die Herzöge ihre Einwilligung dazu, daß Äbtissin und Konvent von Ribnitz, um den ungünstigen Vermögensstand des Klosters zu heben, alle unnötigen goldenen Gefäße verkauften und für den Erlös, zu welchem die Äbtissin noch einen größeren Betrag legen wollte, ein größeres Stück Land erwarben. Wieweit die Beaufsichtigung manchmal ging, zeigt die am 25. Juni 1498 442 ) dem Kloster Broda gegebene Erlaubnis der Herzöge, das Anerbieten zweier Edelleute anzunehmen, in deren Kalkberg frei zur Besserung der Kirche und der Klostergebäude Kalk zu brechen. Ebenso bat im Jahre 1502 443 ) das Kloster Jvenack erst um Erlaubnis, als es infolge des ermäßigten Zinsfußes in Zukunft seine Kapitalien schon zu 6 Prozent ausleihen wollte.


437) Z. B. die Herzöge bestätigten am 30. Mai 1483 dem Kloster Marienehe den transsumierten Verkaufsbrief der Herzogin Katharina vom 14. Januar 1436. Rostock, Ratsarchiv. - Daß die Herzöge hierbei genau die Besitzrechte prüften, zeigt uns eine Urkunde vom 23. November 1481. Wir ersehen aus ihr, daß die Landesherren vom Kloster St. Johannis in Lübeck Beweise über einige von diesem im Dorfe Drieberg in Besitz gehaltenen Rechte verlangten, ja darüber sogar eine gerichtliche Entscheidung herbeiführen wollten. Schwerin, Archiv.
438) Z. B. am 2. April 1484 das Kloster zum Heiligen Kreuz zu Rostock. Ebenda. - Am 24. Juni 1488 das Kloster zu Wanzka. Ebenda. - Am 25. Oktober 1493 das Kloster Ribnitz. Rostock, Ratsarchiv.
439) Ebenda.
440) Wismar, Stadtarchiv.
441) Techen, F., S. 54.
442) Schwerin, Archiv.
443) Ebenda, Chemnitz, S. 1432.
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Bei dieser scharfen Kontrolle kam es wohl mehr als einmal vor, daß die Herzöge bei Eingehen auf irgend welche Wünsche des Klosters für sich selbst Vorteile zu erreichen wußten. So verpflichtete sich z. B. Doberan in dem schon mehrfach erwähnten Vertrage vom 12. März 1509, 444 ) den ihm früher von den Fürsten verliehenen Heringsfang nur noch 3 Jahre frei genießen, dann aber jenen für die weitere Überlassung desselben eine gebührende Entschädigung zahlen zu wollen.

Überhaupt griffen die Landesfürsten in ihren finanziellen Nöten gern auf die Klöster zurück, um sich deren Kapitalien nutzbar zu machen. So verpfändeten sie z. B. am 6. Dezember 1492 445 ) für 200 Mark fund. 14 Mark fund. Pacht und am 21. März 1514 446 ) für 500 fl. 25 fl. jährliche Hebung aus dem Amte Gnoien an Abt und Konvent von Dargun.

2. Die Reformation der Klöster.

Den stärksten Eingriff in Innerkirchliches und das deutlichste Zeichen eines sich entwickelnden Kirchenregiments mit seiner positiven Arbeit bezeichnet das Bemühen der Landesherren, die einzelnen Klöster ihres Territoriums zu reformieren. Wie überall, so zeigte sich auch bei uns in Mecklenburg eine tiefeingerissene Zerrüttung des klösterlichen Lebens. Es darf aber nicht unerwähnt bleiben, daß sich hier schon früher die Neigung zur Annahme strengerer Vorschriften zeigte; gehörten doch die Franziskaner und Dominikaner der strengeren Observanz an. Auch das neugegründete Augustinerkloster zu Sternberg muß der Windsheimer Kongregation zugerechnet werden; denn sonst wäre das lebhafte Interesse des Johannes von Staupitz, welcher dessen begeisterter Förderer war, unerklärlich. Von geistlicher Seite machte man zu unserer Zeit energische Versuche, das Klosterleben zu reformieren und neu zu beleben. So verschärfte die Synodale von 1492 447 ) die Klausur und regelte die Zahl der Insassen nach den zur Verfügung stehenden Einkünften. Dort wurde zum Beispiel für das Kloster zum Heiligen Kreuz 448 ) in Rostock die Zahl der


444) Schwerin, Archiv, Chemnitz, S. 1527 f.
445) Ebenda.
446) Ebenda, Chemnitz, S. 1562.
447) Koppmann, K., S. 102, und Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2477 ff.
448) Schon 1453 hatte Bischof Nikolaus Bodiker eine Visitation dieses Klosters ins Werk gesetzt und ein Reformstatut über klösterliches Leben erlassen. Westphal, G. (Westphalen IV, S. 1074 ff).
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geistlichen Schwestern auf 40 festgesetzt. Trotz des guten Willens konnten diese Verordnungen der geistlichen Faktoren nicht genügen.

Schon vor unserer Zeit hatten die Landesherren ihre Aufgabe darin erkannt, derartige Reformationen selbst in die Hand zu nehmen oder wenigstens die kirchlichen Mächte dazu zu veranlassen. Da Magnus II., wie wir aus den Urkunden ersehen können, bereits zu Lebzeiten seines Vaters an der Regierung teilnahm, trat er wohl schon damals dieser Aufgabe näher, wenigstens folgten damals in kurzen Zwischenräumen Reformationen oder Visitationen verschiedener Klöster aufeinander. So wurde 1467 449 ) Ribnitz vom sächsischen Provinzialminister der Franziskaner visitiert und eine Ordnung über die Äbtissinwahl erlassen. 1468 450 ) erlaubte Heinrich IV. zwei Dominikanermönchen als Bevollmächtigten des Generalvikars der holländischen Kongregation, der die Dominikanerklöster in Mecklenburg angehörten, die Reformation der beiden Klöster zu Rostock und Wismar in Gegenwart des Herzogs ins Werk zu setzen. Am 4. Oktober 1475 451 ) endlich wurde das Fraterhaus zu Rostock vom Rektor des Fraterhauses zum Springborn in Münster visitiert, und es wurde ihm eine neue Regel gegeben.

Nach dem Tode seines Vaters wurde Magnus II. in seinem Bemühen, neues Leben in die Klöster zu bringen, außerordentlich durch den Beifall bestärkt, den er auf geistlicher Seite erntete. Der Karthäusermönch Vicke Dessin ermahnte ihn im Jahre 1477, 452 ) die Klöster zu reformieren; "denn diese ließen sich dünken, sie lebten in der Wahrheit und seien doch in großer Fährlichkeit". Die Pflichten des Landesherrn zur Beihilfe bei Visitationen führte er darauf zurück, daß die Fürsten Gott für ihre Untertanen verantwortlich wären. 453 ) Dadurch beeinflußt, erließ Magnus, wie wir aus dem Visitationsbericht ersehen können, im Jahre 1485 454 ) den Befehl, alle Kollegiatkirchen und Klöster - Namen sind nicht genannt -, sowohl die von Mönchen als auch von Nonnen bewohnten, zu visitieren. Gäbe es Mißbräuche, so wären diese zu beseitigen. Im selben Bericht finden wir für die Nonnenklöster Rehna und Zarrentin, Zisterzienserordens, eine


449) Techen, F., S. 47.
450) Koppmann, K., S. 97.
451) M. Jb. 4, Urkunde IX.
452) Ebenda, 16, S. 7.
453) Zur Zeit der Reformation wurde diese Begründung stets zur Rechtfertigung des Staatskirchentums angewendet.
454) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2383.
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äußerst bemerkenswerte Verfügung: Die daselbst in Menge angetroffenen, nicht in Mecklenburg geborenen Kinder, welche den Klosterjungfrauen zur Erziehung übergeben worden waren, sollten unnachsichtlich vertrieben werden. Vor allem kamen dabei die Töchter der Lübecker Patrizierfamilien, die von den Nonnenklöstern zur Erhöhung der knappen Einnahmen aufgenommen worden waren, in Betracht. Weil aber etliche dieser Familien mit mecklenburger Adeligen verwandt waren, widersetzten sich diese, zumal sie außer dem von dieser Verfügung Weiterungen mit Lübeck und den Seestädten befürchteten. Dieses Mal bestand Magnus II. nicht auf der Durchführung seines Befehles, 455 ) zumal sogar die benachbarten Staaten bei ihm Einspruch erhoben zu haben scheinen. 456 ) Fallen ließ er jedoch seinen Plan keineswegs, sondern als sich seine Macht gestärkt hatte und er keinen Widerstand seines Adels mehr zu fürchten brauchte, bestimmte er im Jahre 1501, 457 ) als er die Privilegien der Jungfrauenklöster Rehna und Zarrentin konfirmierte, daß lübische Kinder darin nicht mehr erzogen werden sollten. Dieses Mal ließ er sogar deutlich merken, gegen wen sich seine erste Verordnung hauptsächlich gerichtet hatte.

Am 2 Juni 1493 458 ) wurde auf Veranlassung der Herzöge Magnus II. und Balthasar das St. Klaren-Nonnenkloster zu Ribnitz durch den sächsischen Provinzialminister der Franziskaner, Ludwig von Sygen, auf Grund einer vorher veröffentlichten strengeren Regel in Gegenwart der Herzöge visitiert und reformiert. Eine hohe Meinung von deren Rechtlichkeitsgefühl müssen wir bekommen, wenn wir sie ihre Genehmigung dazu geben sehen, daß ihre eigene Schwester, die Herzogin Elisabeth, die durch ihren unkeuschen Lebenswandel das Aergernis der Nonnen erregt hatte, so daß diese ferner nur der Vikaria gehorchen wollten, veranlaßt wurde, ihre Würde als Äbtissin niederzulegen; sie selbst blieb bis zu ihrem Lebensende im Kloster.

Gemeinsam mit Bischof und Kapitel von Schwerin, die das höchste Gericht und die Ablagergerechtigkeit in den fast ganz im stiftischen Gebiet liegenden Klosterdörfern besaßen, wurde am


455) Frank, D., Buch VIII, S 210.
456) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2383.
457) Ebenda, S 2661. Wegen dieser Verordnung wurde 1502, um die lübeckschen Kinder auch fernerhin gut erziehen lassen zu können, in der Stadt selbst das St. Annenkloster gegründet und mit Regulissen-Nonnen aus Braunschweig besetzt. Bonn, H., Chronicon Lubecense, Buch III (1634).
458) Techen, F., S. 51.
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28. Oktober 1495 459 ) das Nonnenkloster des Zisterzienserordens Rühn von den Herzögen visitiert und mit einer neuen Ordnung versehen.

Bisher konnten wir das Einholen der päpstlichen Erlaubnis zur Reformation der Klöster nicht nachweisen; in der nun folgenden Zeit jedoch finden wir das fast immer. So wandte sich Magnus II. im Jahre 1501 460 ) direkt nach Rom, um die Reformation der beiden Prediger-Orden, welche sehr nötig sei, zu erbitten. Es handelte sich höchstwahrscheinlich - nähere Angaben fehlen gänzlich - um die Klöster des Dominikaner- und Franziskanerordens; auch die kurz nach dieser Zeit erfolgte Reformation des Dominikanerklosters Röbel scheint unsere Annahme zu bestätigen. Um dessen Visitation durch den Vikar der reformierten Klöster in Sachsen und Livland zu erreichen, hatten die Herzöge am 24. Juni 1502 461 ) an den Kardinal Raimund geschrieben. Am 19. Dezember 1502 462 ) befahl Papst Alexander VI. die Visitation, Korrektion und Reformation der Klöster verschiedener Orden in Deutschland und Dänemark. Am gleichen Tage 463 ) beauftragte Raimund gemäß dem Wunsche der Herzöge den Vikar oder dessen Stellvertreter mit der Reformation Röbels und noch anderer, leider nicht genannter Klöster.

Mit Hilfe des ebengenannten Raimund erhielten die Fürsten am 9. Dezember 1504 464 ) vom Papste Julius II. fernerhin die Erlaubnis, die Reformation des Klosters Doberan durch die Äbte von Adward und Marienfelde trotz des großen Widerstandes Doberans vornehmen zu lassen. Dieses Kloster hatten die Herzöge, laut Bruchstücken eines Briefes, 465 ) schon 1502 visitieren lassen wollen, aber am 21. Juni 1502 466 ) hatte der Abt von Amelungsborn feierlich gegen diese Absichten mit Bitten und Drohungen protestiert; denn nur seinem Kloster als Gründer von Doberan, das dessen Aufsicht und Regierung noch unterstünde, käme die Visitation zu. In fünf Jahren wäre der Abt viermal mit großer Aufopferung in Doberan gewesen, um alle Dinge mit eigenen Augen zu erkennen, und er hoffte, nichts versäumt zu haben.


459) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2561.
460) Schwerin, Archiv, ReIigio Katholica.
461) Rostock, Ratsarchiv.
462) Ebenda.
463) Ebenda.
464) Ebenda.
465) Ebenda.
466) M. Jb. 13, S. 120.
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Verständlich ist es, daß die Herzöge die inneren Verhältnisse ihrer Lieblingsschöpfung, des KIosters zu Sternberg, durch Visitationen zu bessern strebten. Schon 1505, als das Kloster noch gar nicht vollendet war, wurde es durch zwei von Johann von Staupitz gesandte Doktoren, Johann Vogt und Johann von Paltz, visitiert. Staupitz bat zuvor in einem Briefe vom 24. April 1505 467 ) die Herzöge um Beihilfe und Rat zur Visitation. Eine weitere Revision fand am 25. November 1520 468 ) durch den Ordensvikar Wenzeslav Linck statt, der die Herzöge aufforderte, ihm etwaige Mängel in Zukunft immer anzuzeigen;

er bestätigte also dadurch seinerseits das Oberaufsichtsrecht der Landesherren über dieses Kloster.

Endlich ließ Heinrich V. durch den Kaplan Michael Hildebrand, wie wir aus dessen Brief vom 20. Juni 1509 469 ) ersehen können, in Rom um die Erlaubnis zur Reformation zweier Klöster bitten. Leider findet sich keine Angabe über den Namen oder über die Ordensangehörigkeit dieser Klöster, so daß die Namen unmöglich sicher bestimmt werden können. Erst nach hartem Bemühen gelang es Hildebrand unter Zuhilfenahme einer Kaiserlichen Empfehlung vom Papste, die Erlaubnis zur Visitation zu erhalten. In den Klöstern sollte aber nichts von den Zierden Gottes verloren gehen. Auch in dem Brief vom 31. Januar 1510, 470 ) in dem Hildebrand den Herzögen den Erfolg seiner Bemühungen mitteilte, werden die Namen und die Zugehörigkeit der Klöster nicht erwähnt.

In den bisher erwähnten Fällen von Visitationen war die Teilnahme der Landesherren klar nachzuweisen. In unsere Periode fallen aber auch noch andere Visitationen, bei welchen die Landesherren in den Berichten nicht besonders erwähnt sind. Daraus aber dürfen wir keineswegs schließen, daß die Fürsten überhaupt nicht beteiligt waren; denn wir finden in den Anzeigen selten eine Angabe darüber, durch wen die Revision ausgeübt wurde, nie aber den Namen dessen, welcher sie veranlaßte. So wurde 1491 471 ) die Karthause zu Marienehe vom Visitator der Provinz Sachsen visitiert. Von der 1492 472 ) stattfindenden Festsetzung der Zahl der geistlichen Schwestern im Zisterzienserkloster zum


467) M. Jb. 12, IX, Anhang Nr. 5.
468) M. Jb. 12, IX, Anhang Nr. 9.
469) Schwerin, Archiv, Religio Katholica.
470) Ebenda, Religio Katholica.
471) Koppmann, K., S. 104.
472) Ebenda, S. 102.
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Heiligen Kreuz in Rostock haben wir schon gesprochen. 1498 473 ) wurde auf päpstlichen Befehl durch den Abt von Cismar, den Abt von Marienehe, den Güstrower Domdechant Johann Thun und zwei Bützower Domherren das Benediktinerkloster Dobbertin visitiert und ihm eine verbesserte Klosterregel gegeben. 1501 474 ) fand auf Befehl des Bischofs von Schwerin die Reformation des Klosters Rühn durch den Prior der Karthause zu Marienehe und andere statt. 1516 475 ) können wir dasselbe von Neukloster annehmen; denn von diesem Jahre ist die Anzahl der Nonnen überliefert worden.


Schlußbetrachtung.

Unsere Betrachtung des Verhältnisses von Staat und Kirche in Mecklenburg zeigte uns, daß sich im Verlaufe unserer Periode die landesherrliche Macht entschieden im Vorwärtsschreiten gegenüber der kirchlichen befand. Das Charakteristische bei diesem Vorgange war einerseits das maßvolle Verhalten unserer Herzöge. Diese gingen nicht rücksichtslos und gewalttätig vor, sondern suchten Schritt für Schritt unter möglichster Schonung geistlicher Interessen ihren Einfluß zu erweitern. Besonders befleißigten sie sich eines möglichst engen Zusammengehens mit den kirchlichen Faktoren, vor allem dem Papste. Dadurch wollten sie nicht nur eine rechtliche Bestätigung verschiedener in der Praxis schon länger bestehender Verhältnisse erlangen, sondern sie glaubten sich auf diesem Wege in ihrer inneren Politik um so mehr der geistlichen Macht- und Strafmittel zu eigenem Nutzen bedienen zu können.

Über das Stift Schwerin als selbständiges, inmitten des mecklenburgischen Gebietes gelegenes Territorium bildete sich in der von uns betrachteten Zeit eine klare Landeshoheit der Herzöge heraus. Diese verstanden es, auf die Wahl der Bischöfe, der Landesherren des ursprünglich reichsunmittelbaren und völlig unabhängigen Stiftsgebietes, Einfluß zu gewinnen und schließlich einem Gliede ihres Hauses zur bischöflichen Würde zu verhelfen. Die Bewohner des Stiftsgebietes mußten den mecklenburger Fürsten


473) Rudloff, F. A., Pragmatisches Handbuch, Teil II, S. 970 ff.
474) Ebenda, Teil II, S. 971.
475) Schröder, D., Pap. Mecklb., S. 2841.
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Landfolge leisten und Steuern zahlen, unterschieden sich also in keiner Weise in den Verpflichtungen von den direkten Untertanen der Herzöge. Das Stift war auf die Stufe der Landsässigkeit herabgesunken. Dies trat dadurch noch deutlicher zutage, daß es freiwillig auf den Genuß seiner unmittelbaren Stellung verzichtete, indem es seine direkten Beziehungen zum Reiche löste und diese der Kontrolle der Mecklenburger unterstellte, welche es jenem gegenüber in allem vertreten sollten.

Nicht minder wichtig ist das Verhältnis der Herzöge zu den kirchlichen Faktoren überhaupt. Wie in allen Staaten, so war es auch bei uns ihr vornehmstes Bestreben, die Kompetenzen der geistlichen Gerichtsbarkeit einzuschränken. Durch teilweise sehr lange und sehr energisch geführte Unterhandlungen mit Rom gelang es ihnen nicht nur, die auswärtigen geistlichen Gerichte auszuschalten, sondern auch den einheimischen alle weltlichen Angelegenheiten zu entziehen. Soweit sie aber keinen Einfluß - auch indirekt durch Beeinflussung der Archidiakone - gewinnen konnten, bemühten sie sich wenigstens, ihre Untertanen vor zu schroffer Anwendung der geistlichen Strafmittel zu schützen, indem sie vor allem die Banngewalt durch Anordnung von Kassation der gefällten Sprüche zu beeinträchtigen suchten.

Der Ausfall an Steuern, wie ihn das steuerfreie Kirchengut bedingte, führte in unserer Periode, wo dem Staate ganz besonders schwere und kostspielige Aufgaben infolge der Schwäche der vorhergehenden Herrscher und der fortschreitenden Bildung des modernen Staatswesens mit seinen Aufgaben und Pflichten erwuchsen, unsere Herzöge dazu, mit Energie einen Einfluß auf das Kirchengut zu fordern und ihre Wünsche auch in Wirklichkeit umzusetzen. Sie wußten nicht nur den geistlichen Besitz zu größeren allgemeinen Steuern heranzuziehen und ihn durch Ablager und sonstige Forderungen auszunützen, sondern sie verwendeten das von ihnen in Anspruch genommene Oberaufsichtsrecht, welches sich nach und nach in ein Obereigentumsrecht verwandelt hatte, dazu, alle Veränderungen des geistlichen Besitzes sowie dessen Verwaltung bis ins Einzelne zu überwachen. Das Ziel dieser Bestrebungen war natürlich eine Einschränkung des in der toten Hand befindlichen und damit für den Staat fast nutzlosen Besitzes.

Nicht nur auf diese mehr äußerlichen Verhältnisse der Kirche suchten die Herzöge ihren Einfluß geltend zu machen, sondern sie glaubten auch ein Recht zu besitzen, eine Kontrolle über das Innerkirchliche auszuüben, wobei sie besonders auf den Klerus einwirken wollten. Besonders hoben sie gottesdienstliche Ein=

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richtungen, wie es ihnen ihr reges kirchliches Bedürfnis vorschrieb, durch finanzielle Sicherstellungen und sonstige Stiftungen. Den Weltklerus hielten sie zu strenger Pflichterfüllung an. Energischer gingen die Landesherren gegen den in den Klöstern lebenden Ordensklerus und die Nonnen vor, wie uns die große Menge von Klostervisitationen und -Reformationen jener Zeit beweist, die sie meistens in Verbindung mit den betreffenden kirchlichen Behörden selbst ausführten oder doch wenigstens veranlaßten.

Aus alledem können wir den Schluß ziehen, daß der Boden in Mecklenburg durch unsere Herzöge in bester Weise für die kommende Reformation vorbereitet worden war. Die sich in dieser bildende Landeskirche brauchte nur überall an die schon vorhandenen Verhältnisse anzuknüpfen und sie auszubauen.

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III.

Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin.

Von

Prof. Dr. W. Stieda - Leipzig.


1. Die Anfänge der Tabakkultur in Europa.

D er Tabak, dessen Genuß unter den Europäern zuerst Christoph CoIumbus und seine Gefährten bei ihrer Landung an der Insel Guanahani wahrgenommen haben, ist im 16. Jahrhundert nach Europa gelangt, 1 ) Als Heilkraut und wegen seiner schönen Blüten auch als Zierpflanze hielt er in Europa seinen Einzug. Jean Nicot, der französische Gesandte in Portugal, erhielt im Jahre 1560 eine Tabakpflanze von einem Hofbeamten, dem sie aus Florida zugeschickt worden war. 2 ) Und da er gehört hatte, daß sie ein vortreffliches Heilmittel sei, sorgte er für ihre Kultur. Bereits Nicolo Monardes, Lehrer der Heilkunde an der Universität zu Sevilla, hatte den Tabak als Heilkraut gepriesen und ihm die wunderbarsten Wirkungen zugeschrieben. Die grünen Blätter galten, warm aufgelegt, als ein gutes Mittel gegen Kopfschmerz, Magenkrampf, Koliken, Gichtschmerzen und Mutterbeschwerden. Der aus ihnen gepreßte Saft aber sollte Zahnweh beseitigen und Eingeweidewürmer abtreiben. Bei hartnäckiger Verstopfung wirke ein Absud des Tabaks wohltätig als Klystier und in Salben sei er ein sehr wirksames Mittel gegen alle bösartigen Geschwüre. Nicot nahm sogar an, daß Krebs und Flechten durch Tabak geheilt werden könnten. Ihm zu Ehren, der sich um den Bau des Tabaks und seinen Gebrauch verdient machte, nannte man in Frankreich das neue Kraut "Herbe Nicotiane", 3 ) und


1) Tiedemann, Geschichte des Tabaks, 1854, S. 1 ff.
2) J. Micheler, Das Tabakswesen in Bayern, 1887, S. 3.
3) Tiedemann, S. 139.
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von Frankreich aus nahm dann die Wunderpflanze ihren Weg schnell in andere Länder. Im Jahre 1565 wurde sie dem Stadtphysikus in Augsburg, Adolph Occo, dem Verfasser der Pharmacopoea Augustana, der auch den Rhabarber zuerst in Ruf gebracht hat, bekannt, und wenig später kam sie durch den Bischof Nicolav Tornaboni, den päpstlichen Legaten und toskanischen Gesandten am französischen Hof, nach Italien. 4 )

Indes die Spanier hatten ihrer Zeit mit Verwunderung gesehen, daß die friedlichen Indianer aus Mund und Nase Rauchwolken gestoßen hatten. Sie hatten bemerkt, daß die Rothäute aus einem trocknen Kraut, in ein Maisblatt gewickelt, zylinderförmige Rollen zu bilden pflegten, deren eines Ende sie in den Mund nahmen, während sie das andere anzündeten, dabei Rauch ausstoßend. Was für eine Genugtuung die Wilden dabei empfanden, konnte man zunächst nicht feststellen, und erst später ermittelte man, daß sie bei ihren Festen sich durch das Einziehen des Rauches berauschten und schließlich schläfrig machten. Die alsdann auftretenden Träume hielten sie für Nachrichten aus einer anderen Welt. 5 ) Der Spanier Oviedo verglich das Vergnügen beim Tabakgenuß mit dem Weintrinken. Die narkotischen Wirkungen betäubten eben den Genießenden. Jedenfalls hatten sie für die Europäer Reiz genug, um die Eingebornen nachzuahmen und die Angewohnheit in Europa fortzusetzen. 6 ) Der den Menschen innewohnende Trieb, Neues und Seltsames sich anzueignen, einerseits und die dem Gebrauche des Tabaks zugeschriebenen wohltätigen geheimnisvollen Wirkungen andererseits bewirkten zweifellos eine rasche Verbreitung der neuen Sitte, 7 ) die nicht nur in Spanien und Portugal bei allen Schichten der Bevölkerung Eingang fand, sondern bald auch in anderen Ländern beliebt wurde.

In Holland und England scheinen die Bevölkerungen gleichzeitig dem seltsamen Gebrauche zu huldigen angefangen zu haben. In ersterem Lande soll nach der Ansicht Einiger bereits um das Jahr 1570 die Gewohnheit, zu rauchen, weit verbreitet gewesen sein. 8 ) In letzterem Lande soll Sir Walter Raleigh, der dem Rauchen leidenschaftlich ergeben war, besonders zu seiner Ausbreitung beigetragen haben. In den Zeiten der Königin Elisabeth


4) Tiedemann, S. 141-143.
5) Tiedemann, S. 3.
6) Tiedemann, S. 6, 146.
7) Tiedemann, S. 287.
8) Ladisl. v. Wagner, Tabakkultur, Tabak- und Zigarrenfabrikation, 1884, S. 4.
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war es, daß man als Wahrzeichen der Tabakläden die hölzerne Figur eines rauchenden Negers mit einer Rolle Tabak an der Seite zu sehen anfing, ein Zeichen, das in der Folge vor allen Tabakbuden Europas erschien 9 ) Engländer und Franzosen sah der spätere Arzt in Delft, Wilhelm van der Meer, als er in Leiden gegen 1590 studierte, dort rauchen und bemühte sich, es ihnen gleich zu tun, was ihm jedoch schlecht bekam. Die Mißerfolge schreckten indes weder ihn noch seine Landsleute ab, sich zu der neuen Gewohnheit zu bekennen.

In Frankreich hat erst während der Regierung Ludwig XIII. das Tabakrauchen seinen Anfang genommen, und auch in Deutschland lernte man es kaum viel früher kennen. Nach einer Angabe sollen englische Kaufleute das Rauchen nach Zittau gebracht haben; nach einer anderen sei auf deutschem Boden zum ersten Male geraucht worden, als Graf Grey im Jahre 1620 seine englischen Truppen dem Könige Friedrich von Böhmen zuführte. 10 )

Waren es zuerst Soldaten, der vielgeplagte Untertan, der gemeine Mann, die auf das Rauchen erpicht wurden, so verschmähten doch nach und nach auch die Gebildeten und die feinere Herrenwelt den Genuß durchaus nicht. In Schwerin heißt es z. B. in den Gravaminibus zum kommissarischen Bericht in der Sache der Domprediger, mit denen der Superintendent Wetter beständig im Streite lag, von diesem: "Gebraucht in publicis conventibus Tabak und hält sich zu Schössern und Handwerksleuten usw.".

In Preußen machte der Kurfürst Friedrich III. den Tabak hoffähig, indem er Tabakgesellschaften einführte, bei denen das Hofzeremoniell streng beobachtet wurde. Am 28. Dezember 1709 schrieb er an seine Schwiegermutter, die Kurfürstin Sophie von Hannover: "Bey dem toback befinde mich noch sehr wohl und ersehe auß dero Schreiben, daß Sie (ehe)mahls auch die Pfeifen gestopft haben, ich kan aber nicht wissen, führ wehm - -." Und drei Tage später läßt er sich an dieselbe hohe Dame aus: "Es ist mihr recht lieb auß dero Schreiben zu ersehen, daß Sie daß Tabac rochen aprobieren und es mehr den parfeum lieben." Die Kurfürstin aber antwortet, gewandt alle Neckereien parierend, am 1. Januar 1710: "Die pfeiffen toback können E. M. leicht erachten, das ich sie allein leiden konte, weil mein G. L. der selig auch wie E. M. sich tharan gewont hatte; was zur gesundtheit dint, ist


9) Tiedemann, S. 151.
10) Micheler, S. 3.
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alzeit gutt." Nichtsdestoweniger verhielt sich der König doch gegenüber der ungewohnten Sitte etwas zurückhaltend und wollte sie der weiblichen Welt nicht zugestehen, wenn er sie auch bei Männern billigte. Am 31. März 1710 schrieb er an die Kurfürstin Sophie: "Daß er (sc. Prinz Eugenius, der damals gerade in Berlin weilte) soviel tobac nimbt, ist itzo die mode, also wirdt mir solches nicht befrembden, aber führ eine dame stehet es führ ehrste nicht wol und dan so kan man in allem zu viel thun." 11 )

Wer hätte ferner nicht von dem Tabakkollegium Friedrich Wilhelm I. zu Wusterhausen gehört? Daß in Gelehrtenkreisen die gleiche Vorliebe sich herausbildete, schildert uns an den Zuständen der Universität Erfurt um die Mitte des 18. Jahrhunderts Karl Friedrich Bahrdt. Er nannte die Professoren der dortigen Hochschule, die sich ziemlich regelmäßig und recht zahlreich morgens und abends im Ratskeller zu versammeln pflegten und neben dem Schlunz, einem ansehnlichen Bierkruge, sich den prächtig braun angerauchten Meerschaumpfeifenköpfen angelegentlichst widmeten,

- die tapfersten Raucher des heutigen römischen Reichs deutscher Nation. Wieland brachte etwas später für diese Versammlungen den Ausdruck ".Qualmareopag" auf. 12 ) Freilich konnte ein Hufeland noch in seiner Makrobiotik 13 ) den Rauchgenuß als einen der unbegreiflichsten hinstellen und ein Goethe es aussprechen, daß ein wahrhaft genialer Mann sicherlich nicht Tabak rauchen werde,

- die tatsächliche Entwicklung ist über diese Auffassung zur Tagesordnung übergegangen.

Wohl gleichzeitig mit dem Rauchen ist das Schnupfen von pulverisiertem Tabak aufgekommen. Katarina von Medicis bereits soll ihrem Sohne, dem Könige Karl IX., der oft an heftigen Kopfschmerzen litt, das Schnupfen als Heilmittel angeraten haben. Sicher ist, daß die in vieler Hinsicht belebende Wirkung des Tabakpulvers die Sitte des Schnupfens bald ebenso allgemein beliebt machte. Es deutet auf weite Verbreitung, wenn Papst Urban VIII. im Jahre 1624 eine Bulle erließ, die alle mit dem Kirchenbann bedrohte, die in den Kirchen Tabak schnupfen würden. Das 17. Jahrhundert kann sich rühmen, die Schnupftabakdosen aufgebracht zu haben, die dann im folgenden Jahrhundert eine noch größere Rolle spielten. Daß auch Damen der Sitte huldigten, beweist die Königin Sophie Charlotte von Preußen, die bei ihrer


11) Ernst Berner, Aus dem Briefwechsel König Friedrichs I. von Preußen und seiner Familie, Berlin 1901.
12) Grenzboten, 1894, Nr. 48, S. 405.
13) Jena 1798, S. 192.
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Krönung im Jahre 1701 sich nicht enthalten konnte, die Langeweile, die sie bei der Festlichkeit empfinden mochte, durch eine Prise Spaniol aus diamantbesetzter goldener Dose zu verscheuchen. Wie weit die französische Damenwelt sich das Schnupfen angewöhnt hatte, erzählt in überaus drastischer Weise Elisabeth Charlotte von Orleans in ihren Briefen aus Paris. 14 )

Es ist bekannt, daß man durchaus nicht überall der neuen Sitte mit Gelassenheit und Zustimmung zusah. Vielmehr erhoben sich sehr bald gegen sie eifernde Stimmen. Eine ganze Literatur entstand, in der über Nutzen oder Schaden des Tabaks gelehrte Betrachtungen angestellt wurden. 15 ) Geistliche und Moralisten sprachen ihre Entrüstung über die drohende Verderbtheit der guten Sitten aus, und die weltliche Obrigkeit machte die Feuergefährlichkeit geltend. 16 )

Fruchteten alle Verbote gegen die um sich greifende Gewohnheit nicht, so lag es in der Zeit des Merkantilismus nahe, darauf zu sinnen, ob sich das unvermeidliche Gewächs nicht in den eigenen Grenzen hervorbringen ließ. Hatte die Anpflanzung des Tabaks als Zierpflanze bewiesen, daß er, obwohl einer wärmeren Zone angehörend, doch einen ausgedehnten Verbreitungsbezirk besaß, so strebte man gern dahin, sich von dem Auslande oder der neuen Welt unabhängig zu machen. Längere Zeit hindurch war der Tabak namentlich von den Holländern, die mit seinem Handel ein glänzendes Geschäft machten, aus Venezuela, Guiana, Brasilien, Westindien und Virginien in Europa eingeführt wurden. Nun machte man im Jahre 1615 zu Amersfort in Holland den ersten Versuch, aus dem europäischen Kontingent Tabak zu bauen. Er gelang vollkommen, 17 ) und bis auf den heutigen Tag sind die Niederlande eine nicht unrühmliche Stätte der Tabakproduktion. 18 )

Von dort aus drang wenig später die Kultur des Tabaks in Deutschland ein. Im Jahre 1620 brachte ein Kaufmann, namens Robert Königsmann, Tabaksamen nach Straßburg i. E., wo er auf einem, eine Meile von der Stadt im Bezirk Wachwörth gelegenen, später der "Englische Hof" genannten Grundstück mit Erfolg angepflanzt wurde. Allerdings widersetzte sich der Rat geraume Zeit der Einführung des Tabakbaues in der Besorgnis,


14) K. W. Volz, Beiträge zur Kulturgeschichte, 1852, S. 272-273.
15) Micheler, S. 3-4.
16) Tiedemann, S. 151.
17) Tiedemann, S. 162.
18) Spezialkatalog des Tabakmuseums von Löser & Wolff auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896, S. 16.
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der Anbau des Getreides möchte beeinträchtigt werden. Indes die Erfahrung lehrte, daß der Tabak sowohl als Rohstoff wie als Gegenstand der Industrie einen für das gesamte Wirtschaftsleben des Elsaß überaus wichtigen Gegenstand bildet. 19 )

In Bayern wurde der Tabakbau durch Hans Johann Schwingshärlein um das Jahr 1630, in Sachsen im nächsten Jahre, 20 ) im Kanton Basel Stadt spätestens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts versucht. Ein Verbot des Anbaues in allen Ämtern vom 22. Juli 1685 hielt der Rat nicht auf die Dauer aufrecht. 21 ) Um das Jahr 1660 wurde der Tabak im Elsaß, in der oberen Grafschaft Hanau, im Bistum Speyer, in der Markgrafschaft Baden, in der Pfalz und im Breisgau gebaut. 22 ) Am 24. Mai 1676 erhielten zwei Juden in der Mark Brandenburg gegen Zahlung einer jährlichen Pacht auf 12 Jahre das Recht, in der Alt- und Uckermark sowie in den Kreisen Ruppin und Priegnitz ausschließlich Tabak zu pflanzen, zu verarbeiten und mit ihm zu handeln. Doch hatte dieser Vorstoß zunächst keine großen Ergebnisse und erst um das Jahr 1681 erzielte ein erneuter Versuch, die Tabakindustrie in den kurfürstlichen Landen zu heben, bessere Erfolge. Damals wurde "einigen sogenannten Interessenten" das Privileg, in der Kurmark und in Hinterpommern die Tabakspinnerei zu betreiben, auf 20 Jahre zugestanden. 23 ) Unter dem Einflusse der aus Frankreich nach Aufhebung des Edikts von Nantes auswandernden Reformierten, später der Pfälzer, die ihre durch die Franzosen verwüstete Heimat verlassen mußten, sowie der aus den lothringischen Bistümern flüchtigen Protestanten gewann der Tabakbau in der Gegend von Magdeburg, Halle, in Schlesien und in Thüringen immer größere Ausdehnung. 24 ) Gegen den Ausgang des 17. Jahrhunderts wandte man sich in Hessen dem Tabakbau zu. 25 )

Um dieselbe Zeit lassen sich in Mecklenburg die ersten Spuren des beginnenden Tabakbaues nachweisen, zu dem zweifellos die guten Erfahrungen der Nachbarstaaten, insbesondere der Uckermark, die Anregung gegeben haben werden. Wie z. B. Gustav Adolf


19) Herm. Ludwig, Straßburg vor 100 Jahren, 1888, S. 28.
20) K. Volz, S. 275.
21) Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel, 1886, S. 579, 624.
22) Tiedemann, S. 175. Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes, 1893, S. 45 - 54, 681 - 682.
23) Charpentier, Das altpreußische Tabakmonopol, in preuß. Jahrb., Bd. 61.
24) Tiedemann, S. 175.
25) Charpentier, S. 146.
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von Mecklenburg-Güstrow in einem Edikt vom 23. Februar 1692, das die Eröffnung einer Tabakspinnerei in Güstrow anordnet, die "Intention" zum Ausdruck bringt, "den Tabakbau, welchen unsere Benachbarten mit gutem Succeß angefangen", 26 ) auch in Mecklenburg zu befördern. Mit einem Tabakspinner Franz Stötefalck schließt der Herzog Gustav Adolf von Mecklenburg-Güstrow am 13. Februar 1690 einen Vertrag behufs Anlage einer Tabakpflanzung. Stötefalck, dessen Herkunft unbekannt, tritt auf drei Jahre in herzogliche Dienste gegen einen Jahresgehalt von 100 Rtlrn., verbunden mit freier Wohnung, unentgeltlicher Lieferung von Brennholz und verschiedenen Naturalien, freier Weide für vier Kühe und Freiheit von Abgaben. Dafür übernimmt er "untadelichen Tobacks-Saamen" auf seine Kosten zu beschaffen und auf einem ihm dazu anzuweisenden Felde eine Anpflanzung nebst allen erforderlichen Arbeiten vorzunehmen. Ohne Zweifel war er es, der auf der Lehnlust bei Güstrow in den Jahren 1690 und 1691 Tabak baute. Verschiedene Rechnungen über Arbeitslöhne, Fuhrlöhne usw. beweisen, daß die Kultur in der Tat in Gang kam. Wie lange sie dauerte, läßt sich ebensowenig angeben, als die Unvollständigkeit der erhaltenen Papiere erlaubt, über den Erfolg zu urteilen.

War nun dieser ein befriedigender oder war es die Begünstigung, deren sich der Tabakbau allgemein erfreute: genug, bald darauf wurde im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin ebenfalls die Lust, ihn in Angriff zu nehmen, rege. Im September 1693 meldeten sich bei der Kammer in Schwerin zwei Männer, die geeignet schienen, ein solches Unternehmen auszuführen. Der eine, dessen Name nicht genannt wird, stammte aus Güstrow oder hatte doch von dort aus seine Bewerbung eingereicht. Er konnte nicht in Betracht kommen, weil seine Kostenanschläge zu hoch befunden wurden. Der andere, ein geborner Schweriner, Gottfried Johann Köppe, hatte in der Wetterau und bei dem brandenburgischen Feldmarschall von Dörffling sich im Tabakbau erprobt. Ihm gelang es, für seine Pläne die Zustimmung der Kammer zu erwirken. Er hoffte, von einem Drommet Acker 100 Zentner Tabak erzielen zu können, den er zu 5 Rtlr. pro Zentner verkaufen wollte. Da er die Unkosten für Bebauung, Gehalt usw. auf 323 Rtlr. 12 Schillinge berechnete, so wäre ein Reingewinn von 176 Rtlrn. 36 Schillingen sicher zu erwarten gewesen. Für sich beanspruchte


26) Schwerin, Archiv, Impressa.
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er eine Tantieme von1 Rtlr. 16 Schillingen pro Zentner, wobei er jedoch die Saat auf eigene Rechnung lieferte.

Somit eröffnete sich die Aussicht auf ein mit der Zeit sehr lohnendes Geschäft für die Kammer, und da bei der projektierten Anteilwirtschaft von ihrer Seite nichts mehr als der Boden riskiert wurde, so ging man bereitwilligst auf den Vorschlag ein. 27 ) Im Oktober wurde ihm der Hof Gallentin angewiesen, um Probeversuche anzustellen. Jedoch ergab sich bei näherer Besichtigung, daß dort keine Personen waren, die alle Arbeiten, als da sind:

"den Taback pflantzen, höpen, sogenantes gäten oder weden, aufschneiden, binden und zum Trucken im Zimmer aufhengen", ausführen konnten. Daher sollte der Versuch in Dütschow (bei Spornitz im Domanialamt Neustadt) gemacht werden auf "einer Koppel von 7 Scheffel Parchimer Maaß feist landt, worauf im vorigen Jahr Gerste gestanden". Bewährte sich der Anbau, so beabsichtigte man seine Ausdehnung.

In der Tat ist es dort zur Kultur gekommen. Die Beamten wurden angewiesen, den Köppe zu unterstützen, insbesondere, da er zunächst in Mistbeeten den Tabak ziehen wollte, für 12 viereckige Fenster nach den von ihm anzugebenden Größenverhältnissen zu sorgen. Wie die Pflanzung im einzelnen gedacht war, belehrt ein "Entwurff", der sich erhalten hat. Die Koppel von der oben angegebenen Größe sollte von den zum Hofe Dütschow gehörigen Hufenern dreimal gepflügt werden. Für die Mistbeete wurde der Raum in einem Kohlgarten des Meierhofes angewiesen. Das Holzwerk, offenbar zur Einfriedigung, sowie den Pferde- und Schafmist hatten die Gutsuntertanen anzufahren. 28 ) Die spätere Arbeit, die bekanntlich beim Tabak keine geringe ist, fiel zwei Großkossaten und einem Kleinkossaten aus Spornitz und einem Kleinkossaten aus Dütschow zu. Falls deren Kräfte nicht ausreichen würden, die Last zu bewältigen, so war in Aussicht genommen, Einlieger aus der Dütschower Vogtei zu Hilfe zu nehmen. Zum Trocknen des Tabaks wurde ein Schafstall des ebenfalls bei Spornitz gelegenen Hofes Steinbeck eingeräumt, wohin der Tabak in frischem Zustande abgefahren werden sollte. Wohin er im fabrikationsfähigen Zustande alsdann transportiert werden sollte, behielt sich die Kammer des Näheren vor zu bestimmen.


27) Schwerin, Archiv, Acta betr. Betrieb des Tabakbaues zu Dütschow, 1693-95.
28) Im Elsaß hielt man den Schweinemist besonders tauglich zur Düngung der Tabakfelder.
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Mit Köppe wurde außerdem ein Kontrakt gemacht wie mit einem fürstlichen Beamten. Man setzte ihm ein bestimmtes Deputat an Getreide, Fleisch, Stockfisch und Hering, Butter und Salz wie Hopfen aus, wies ihm eine Wohnung im Hause eines in der Nähe der zum Bau des Tabaks bestimmten Koppel wohnenden Bauern an und versprach ihm eine Tantieme von einem Rtlr. pro Zentner des abgelieferten Tabaks. In diesem Punkte war demnach seine Forderung um ein drittel Taler ermäßigt worden.

Derart vorbereitet ist der Bau wirklich vor sich gegangen. Ende April 1694 war man mitten in der Arbeit, und da Köppe mit den bisher geleisteten Handdiensten beim Pflanzen und Jäten nicht reichte, wurde angeordnet, daß sämtliche Einlieger des ganzen Amts, jeder 2 Tage, so oft und wieviele Köppe zur Zeit verlangen würde, mithelfen sollten. 29 ) Der Erfolg muß ein befriedigender gewesen sein, da im nächsten Jahre an den Küchenmeister zu Neustadt die Weisung gelangte, dem Köppe in der Koppel noch für Aussaat zweier Scheffel Tabak Platz zu machen. 30 ) Weitere Nachrichten fehlen.

Vierzig Jahre später wurde noch einmal regierungsseitig in Mecklenburg-Schwerin der Tabakbau in größerem Maßstabe geplant. Darauf mag vielleicht neben den früheren guten Erfolgen im eigenen Lande auch das Beispiel des Bruderstaates mitgewirkt haben. In Mecklenburg-Strelitz hatte nämlich der Herzog Adolf Friedrich II. angefangen, auf verschiedenen Stellen, so namentlich in Zirtow, Mirow und Strelitz, Tabakkulturen anzulegen und das Produkt mit ansehnlichem Gewinne in Hamburg und Lübeck verkaufen lassen. 31 ) Die Bauern hatten dem Fürsten nachgeahmt und, von dem hohen Herrn begünstigt, nicht wenig von dem bisher fremdartigen Gewächs gepflanzt, ja sogar zum Trocknen des Produkts die leeren Kirchenböden, sehr zum Entsetzen der Herren Pastoren, auf fürstliche Erlaubnis benutzen dürfen. 32 )

War nun diese Unternehmung zum Vorteil des gesamten Landes ausgeschlagen und hatten Privatpersonen im Herzogtume Mecklenburg-Schwerin aus eigener Initiative sich der Kultur der lohnenden Pflanze zugewandt, so war es begreiflich, daß Herzog Karl Leopold für das gewinnbringende Geschäft Verständnis zeigte. Zwei französische Refugiés, Jaques Cuny und Jean Elmain, unter=


29) Reskript der Kammer vom 9. Mai 1694.
30) Reskript der Kammer vom 15. Mai 1695.
31) Zu 5 Rtlr. pro Zentner.
32) G. v. Buchwald, Bilder aus der volkswirtschaftlichen und politischen Vergangenheit Mecklenburgs, 1893, S. 111-115.
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breiteten ihm im Jahre 1731 den Vorschlag, ihnen den Tabakhandel gegen eine Zahlung von 400 Rtlrn. auf 6 Jahre zu verpachten. Dieses Angebot hatte den Herzog dazu veranlaßt, seinerseits die Fremdlinge zur Anlage von Tabakplantagen anzuregen. Zu diesem Zwecke wollte er ihnen Ländereien auf dem Schelfwerder bei Schwerin, wo bereits von zwei Leuten in kleinem Umfange Tabak gebaut wurde, zuweisen. Sie sollten die betreffenden Äcker gepflügt und gedüngt unter der Bedingung bekommen, daß sie sie im brauchbaren Zustande erhielten. Die Kaufleute sollten die Saat liefern und sich verpflichten, bei einer Ernte von drei Zentnern Tabak pro Scheffel Acker die ganze Ernte zu 5 Rtlrn. pro Zentner dem Herzoge abzukaufen. Etwas überschwänglich wohl rechnete man, von den 335 Scheffeln des Schelfackers etwa 250 1/2 mit Tabak bestellen und eine Ernte von 751 1/2 Zentner, jeden zu 5 Rtlr., insgesamt also eine Einnahme von mindestens 3757 Rtlrn. 24 Schill. erwarten zu können. Im ganzen wurde auf eine Einnnahme von 3837 Rtlr. 24 Schill. gerechnet, denen Ausgaben in der Höhe von 2121 Rtlr. 8 Schill. gegenüberstehen würden, sodaß ein Reinertrag von 1716 Rtlr. und 16 Schill. gewiß schien. 33 )

Der eine der beiden Antragsteller, Jacques Euny, war mit den Ideen des Herzogs völlig einverstanden und hatte sich behufs ihrer Ausführung mit Pierre Elmain verbunden. Dieser sollte Inspektor der Plantage werden, in dem Duwenschen Hause auf der Schelfe freie Wohnung, Brennholz zur Haushaltung und 8 Taler monatlich bekommen. Auch ein Platz für die Anlage der unentbehrlichen Mistbeete war bestimmt. So sehr waren die Franzosen davon durchdrungen, ein gutes Geschäft in der Ausführung des Projekts zu machen, daß sie am 10. Oktober 1731 dem Herzog 400 Taler überreichten und in drei Monaten weitere 400 Taler folgen zu lassen versprachen, "que nous prenons la hardiesse de presenter a S.A.S. pour toutes les faveurs et bonté, qu'elle veut bien nous gratifier." Zu Ostern des nächsten Jahres sollte das Privileg seinen Anfang nehmen. Jedoch die Angelegenheit nahm einen anderen Verlauf. Der der Kammer übergebene Betrag war wohl von den Brüdern oder Verwandten des Pierre Elmain - Jacques und Jean Elmain - gemeinsam gegeben worden, und diese erklärten dem Herzoge, als sie von den Abmachungen über die anzulegende Plantage erfuhren, daß sie mit ihr nichts zu tun haben wollten. 34 ) Sie hätten es lediglich


33) Zu den obigen 3757 1/2 Rtlrn. wurde wohl noch ein Teil der für das sechsjährige Privileg gezahlten 400 Rtlr. zugezählt.
34) 21. Januar 1732.
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auf den Handel mit Tabak abgesehen. Auch Jacques Euny, der von Pierre Elmain beschwatzt gewesen zu sein scheint, kam von seiner Bereitwilligkeit zurück. Er ließ zusammen mit Jean Elmain einige Monate später 35 ) ebenfalls dem Herzoge mitteilen, daß sie von der Tabakpflanzung nichts verständen "S'aurait été," hieß es in dem Schriftstück, "une grande imprudence a nous, puisque nous ne nous sommes jamais melé de la culture des terres, notre fait n'etant que le negoce." Der sachverständige Tabakpflanzer unter ihnen sei Pierre Elmain, der aber habe sich unsichtbar gemacht, angeblich weil man ihn geärgert und ihm zu viel Schwierigkeiten in den Weg gelegt habe.

So fiel denn, zumal die Franzosen auch in bezug auf den Handel vor der Abneigung sich zu fürchten begannen, die die einheimischen Händler unverholen zur Schau trugen, der ganze Vorschlag ins Wasser. Ob in der Zwischenzeit seit den ersten Versuchen am Ende des 17. Jahrhunderts und dem eben erzählten Projekt die Kammer sich noch weiter um den Tabakbau bemühte, entzieht sich unserer Kenntnis.

Tatsache ist jedoch, daß später an verschiedenen Plätzen in Mecklenburg Tabak gebaut wurde und auch heute noch kultiviert wird. Am meisten taten sich dabei die französischen Einwanderer hervor. Im kleinen war schon vor ihnen hier und da Tabak gebaut worden. In Brüel hatte sich ein aus Schlitz in Hessen stammender Glaser, Christian Kircher, niedergelassen, der in seiner freien Zeit dem Tabakbau huldigte. Nach einer im Februar 1695 bei der Kammer eingelaufenen Anzeige pflegte er sein Erzeugnis in Crivitz zu verkaufen. 36 ) Seine Produktion betrug indes nach einer späteren Mitteilung "auffs höchste drei Zentner Tabak jährlich". 37 ) Ebenso ist von einem Bäcker die Rede, der neben seinem Hauptgeschäft einen Tabakgarten betrieb, auf dem er aber namentlich bei nasser Witterung in zwei Jahren kaum einen Zentner Tabak gewonnen haben wollte. 38 ) Einige Jahre darnach, 1702, werden der Kammer zwei Bauern, der eine zu Groß-Vielen im Warenschen Distrikt, der andere im Dorfe Tarnow, genannt, die Tabak bauten und mit ihrem Erzeugnis hausieren gingen. 39 ) Vor


35) 5. Mai 1732.
36) Schwerin, Archiv, Acta betr. den Tabakhandel, 1690-1708, Nr. 29.
37) Reskript der Kammer vom 13. Februar 1699, in den Akten Nr. 44.
38) Reskript der Kammer vom 31. Dezember 1698, in den Akten Nr. 37.
39) Beschwerde des M. Heinrichsen bei der Kammer vom 10. August 1702, in den Akten Nr. 53.
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allen Dingen aber waren es die Hugenotten in Bützow, 40 ) die dort nach und nach von ihrer industriellen Tätigkeit sich abgewandt und dem Tabakbau ergeben hatten. Im Jahre 1703 hatten 7 Refugiés zusammen 95 1/2 Scheffel Acker mit Tabak und Waid bestellt, wofür sie an Pacht jährlich einen Taler pro Scheffel bezahlten. Offenbar reicht indes ihre Produktion schon in frühere Jahre zurück, da bereits im August 1702 der Jude M. Heinrichsen der Kammer mitteilen konnte, daß er den Hugenotten etwa 25 bis 30 Zentner Tabak abgekauft habe, sie gleichwohl außerdem mit ihrem Erzeugnis hausieren gingen. 41 ) Zu den 7 Kolonisten gesellten sich bis zum Jahre 1706 5 andere Refugiés, die alle zusammen 178 Scheffel Acker in Pacht hatten, wie es scheint, in erster Linie mit Tabak bestellt. Jm Jahre 1707 waren unter 36 selbständigen Gewerbetreibenden der Kolonie nicht weniger als 11 Tabakpflanzer. Ihre Rechnung scheinen Sie dabei freilich nicht ganz gefunden zu haben. Der ursprünglich vielleicht gute Gewinn wurde für viele in Mecklenburg Veranlassung, Tabak zu bauen. Darf man den Angaben der Franzosen Glauben schenken, so hätten damals nicht wenige Adlige, Pastoren und Verwalter sich aus diese Kultur gelegt, die sie durch ihre Gutsuntertänigen und Leibeigenen mit geringen Gestehungskosten betreiben ließen. 42 )

Dadurch wurde die Konkurrenz zu groß, bei der überdies ins Gewicht fiel, daß die in Dömitz, Schwerin, Plau usw. wohnhaften Tabakindustriellen die Verarbeitung fremder Tabake vorzogen. Wohl versuchten die Refugiés, sich die Berechtigung zum freien Handel mit dem von ihnen erzeugten Tabak auszuwirken. Sie hatten im Oktober 1731 bereits 400 Rtlr. für ein derartiges Privileg gezahlt und wollten innerhalb der nächsten drei Monate noch ebensoviel geben. 43 ) Auf die Dauer mochte ein solcher Betrag doch nicht vorteilhaft für sie sein, und so dürfte bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts spätestens dieser Tabakbau in Bützow wohl sein Ende erreicht haben.

Außer an den genannten Orten wurde noch Tabak gebaut:

im Jahre 1738 in Neukalen, 44 ) im Jahre 1747 in Schwaan von einem getauften Juden Jakobi. 45 ) In derselben Zeit bat ein Herr von Sala auf Bellin den Herzog um die Erlaubnis,


40) Wilhelm Stieda, Eine Hugenotten-Kolonie in Mecklenburg, im Jahrbuch d. Ver. f. meckl. Gesch., Bd. 61, S. 112.
41) Wie oben in den Akten Nr. 53.
42) M. Jb. 61, S. 158, Nr. 34.
43) Schwerin, Archiv, Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 13.
44) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 14.
45) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 15.
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in zwei leerstehende Katen zwei Juden aufnehmen zu dürfen, die für ihn dem Tabakbau obliegen wollten. 46 ) Offenbar geben aber diese vielleicht mehr zufällig in den Akten erhaltenen Daten kein deutliches Bild von der Ausdehnung des Tabakbaues in Mecklenburg. Vielmehr hat es den Anschein, als ob namentlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ganz allgemein in Mecklenburg Neigung bestand, Tabak zu kultivieren, und diese vielfach Ausdruck gefunden hat. Daß es in Güstrow und Umgegend "Tabakplanteurs" gab, zweifellos doch in unmittelbar fortgesetzter Dauer seit den erwähnten ersten Versuchen, wird gelegentlich mitgeteilt. 47 ) In Glocksien, Vielist, Hof Lütgendorf, Klink, Sietow und Jabel bauten die Bauern gegen 1764 Tabak und ließen sich angelegen sein, ihn hausierend zu vertreiben. Die Städte beschwerten sich darüber. 48 ) In der gleichen Zeit beanspruchte ein Herr von Moltke auf Ziddorf, der mit der Kammer in Konflikt geraten war, weil er in Teterow hatte Tabak verkaufen lassen, das Recht, Tabak zu bauen, soviel er wollte. Natürlich konnte die Kammer ihm dieses Recht nicht bestreiten. 49 )

Der amerikanische Bürgerkrieg wurde dann Veranlassung, sich noch mehr auf diese Kultur zu verlegen. Die Verhinderung der Zufuhr brachte die Landwirte auf den Gedanken, Tabak zu bauen. Sie fanden bei diesen Kulturen derart ihren Vorteil, daß selbst, nachdem jene Gründe in Wegfall gekommen waren, dennoch der Anbau nicht aufgegeben wurde. Ein Teil des Rohprodukts wurde nach Hamburg ausgeführt, das meiste im Lande selbstversponnen und verbraucht. Auf eben diese französische Anregung ist es zurückzuführen, wenn noch heute auf den von Riebenschen Gütern Galenbeck, Gehren und Wittenborn in Mecklenburg Tabak gebaut wird. Die beim Tabakbau üblichen Bezeichnungen lassen diesen Zusammenhang deutlich erkennen. Der Pflanzer wird "Planteur", die Schnur aufgereihter Tabakblätter "Bandeliére", das Mistbeet zum Aufziehen der Pflanze "Kutsche" von "la couche" genannt. 50 )


2. Die ältesten Besteuerungversuche des Tabaks.

Konnten alle Verbote den Gebrauch des Tabaks nicht hindern, so ist es höchst charakteristisch, daß man sehr zeitig von fiskalischer


46) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 16.
47) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 19.
48) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 23.
49) Reskript vom 15. Mai 1764; Acta betr. Tabakhandel, rote, Nr. 23.
50) Theodor Spickermann, Der Teilbau in Theorie und Praxis, 1902, S. 40 ff.
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Seite begriff, eine wie ergiebige Einnahmequelle in der Besteuerung des neuen Genußmittels sich offenbare. Vielleicht regte sich zunächst, wie es wenigstens in England den Anschein hat, der Gedanke, durch hohe Besteuerung den Gebrauch einzuschränken. Man erwog, daß Niemand geschädigt sein würde, wenn er zum Verzicht veranlaßt sei, eher noch in seiner Gesundheit sich gefördert sehen könnte. Da nun aber durch die Erfahrung festgestellt wurde, daß diejenigen, die einmal an Tabak gewöhnt waren, von ihm nicht lassen zu können meinten, so leuchtete die Wichtigkeit und die Möglichkeit einer hohen Besteuerung ein.

Waren derartige Erwägungen maßgebend, so lag es weiter in der Luft, in einer Zeit, die an dem Verpachten indirekter Steuern Gefallen fand, weil sie meinte, daß sie dann weniger der Regierung zur Last gelegt würden, sich an die Form des Monopols, in erster Linie in bezug auf den Handel, zu halten. Den Tabakbau, der auf vielen kleinen Flächen vereinzelt vor sich ging, überließ man sich selbst. Da es ferner lästig sein mochte, den Handel, der sich in zahlreichen Boutiquen und Läden, durch Hausierer und Krämer zu vollziehen pflegte, durch eigene Organe zu überwachen, wurde das Monopol verpachtet. Griff dann gelegentlich Härte gegenüber den Steuerpflichtigen bei unnachsichtiger Handhabung der Steuergesetze ein, so wird eine Regierung, die die Verbreitung des neuen Genußmittels nicht gerade mit freundlichem Auge ansah, darin schwerlich etwas besonderes gefunden haben. Als man dann die Ergiebigkeit der Besteuerung zu erkennen begann, war es wohl natürlich, daß ein Land das andere nachahmte.

Dasjenige Land, in dem man zuerst auf das sinnreiche Verfahren geriet, mit der Besteuerung des Tabaks vernachlässigten und zerrütteten Finanzen aufhelfen zu wollen, ist doch wohl England gewesen. 51 ) Bereits Jakob I. führte eine nicht geringe Abgabe auf den Import von Tabak ein. Seit dem 16. Oktober 1604 wurden von jedem Pfund 6 Schilling und 10 Pence erhoben. 52 ) Karl I. wandelte in denselben Fußtapfen, indem er bald nach seiner Thronbesteigung eine Behörde einsetzte, bei der man die


51) Über die Besteuerung in England siehe Tiedemann, S. 155. -E. Ragosin, Geschichte des Tabaks und seiner Besteuerung, 1871, in russischer Sprache. - Stephen Dowell, History of taxation and taxes, 1886, Vol. IV, S. 245 ff.
52) Tiedemann spricht davon, daß die erwähnte Abgabe von je einem Zentner, Dowell, S. 248, daß sie von einem Pfund erhoben wurde: a special impost of 6 sl. 8 d. the pound. This was in addition to the duty of 2 d., to which the article was liable under the general heading.
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Erlaubnis zum Handeln mit Tabak gegen eine hohe Abgabe erkaufen mußte. Im Jahre 1625 schritt er dann zur Einführung des Monopols. Alle Pflanzer der amerikanischen Kolonien wurden verpflichtet, ihren erzeugten Tabak an königliche Beamte zu einem bestimmten Preise abzuliefern. Der Ertrag der Lizenzen belief sich im Jahre 1634 auf 8699 L., der des Tabakzolls auf 10000 L. Jedoch erfreute sich die Maßregel so allgemeiner Unbeliebtheit, daß schon während des Bürgerkrieges das Parlament sie wieder beseitigte. Seit 1643 wurde nur eine geringe Abgabe vom eingehenden Tabak verlangt, nämlich ein Penny pro Pfund von dem aus den englischen Kolonien und ein Schilling von dem aus andern Gegenden nach England gelangenden. Zehn Jahre später, 1653, verbot man im Interesse der Kolonien die Kultur von Tabak in England selbst, und seit jener Zeit ließ sich die Staatskasse an Tabakzöllen genügen, deren Höhe lediglich von fiskalischen Rücksichten bestimmt wird.

Hatte in England der Monopolgedanke nicht recht gezündet, so war die Republik Venedig glücklicher. Sie gab im Jahre 1657 die Fabrikation und den Verkauf des Tabaks unter für den Fiskus so günstigen Bedingungen in Pacht, daß sie bereits in den ersten fünf Jahren 46000 Dukaten gewann. In 108 Jahren, von 1657 bis 1765, zog die venetianische Regierung 17300000 Dukaten aus der Tabakverpachtung. Ungefähr ein Jahr vor Ablauf der jeweiligen Pachtperiode pflegte ein neuer Verpachtungstermin bekannt gemacht zu werden. Jeder, der pachten wollte, gab dann sein Angebot versiegelt einem Sachwalter. Wenn diese alle im Dogenpalaste versammelt waren, öffnete man die Zettelchen, ohne zu wissen, von wem sie herrührten, und derjenige, der dann das größte Angebot getan hatte, bekam die Pacht. So überboten sich die Pächter im Laufe der Jahre ansehnlich, sehr zum Vorteil des Fiskus. Während in der Periode von 1662 bis 1667 der Ertrag sich auf 85500 Dukaten jährlich belief, zahlte der Pächter Jacob dal Pin in den Jahren 1682 bis 1687 schon 150000 Dukaten; seit 1752 war der Ertrag auf 1115500 gestiegen und in der Periode 1786 bis 1798 auf die Höhe von 7199988 angelangt. Ein solcher Gewinn lockte die päpstliche Regierung, die ebenfalls Fabrikation und Handel für ein Regal erklärte, eine Anordnung, die sich im geeinigten Königreich gehalten hat. 53 )


53) Tiedemann, S. 145. - Die Ephemeriden der Menschheit, 1786, S. 510/512. An letzterem Orte sind die Namen der jeweilig wechselnden Pachtkompanien und die Erträge in Jahrfünften seit 1657 nachgewiesen.
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In Frankreich suchte man anfangs der Verbreitung des Tabakgenusses durch einen hohen Eingangszoll Einhalt zu gebieten, indem man seit 1629 30 Sous pro Pfund Tabak forderte, wobei allerdings der aus den französischen Kolonien stammende zollfrei eingeführt werden durfte. Seit 1635 beseitigte man zeitweilig sogar den öffentlichen Verkauf des Tabaks, änderte jedoch dann seine Ansicht. Ludwig XIII., der selbst mit erheblichen Kapitalbeträgen an der Westindischen Kompanie beteiligt war, verlieh dieser das Privileg zur zollfreien Einfuhr von Tabak aus Barbados, St. Christoph und anderen Kolonien. Daran knüpfte sich die Erlaubnis des freien Verkaufs in Frankreich, wodurch die Kompanie reichlich verdiente und Gewinne erzielte, die noch beträchtlichere gewesen wären, wenn man damals nicht angefangen hätte, in der Provence, Languedoc und Artois Tabak zu pflanzen. Dieser Umstand scheint Colbert darauf geführt zu haben, durch Dekret vom 27. September 1674 das Monopol zu verkünden. Fabrikation und Verkauf von Tabak waren von nun an bestimmten Personen, quasi Beamten, vorbehalten, und alle Händler, die Tabak besaßen, wurden verpflichtet, ihre Vorräte im Laufe der nächsten drei Monate jenen abzugeben. Im Falle sie sich aber nicht mit ihnen über die Preise sollten einigen können, so waren sie angehalten, den Tabak nach auswärts zu verführen. Die erste, die ihre Vorräte an Tabak der Regierung auslieferte, war die Westindische Kompanie, die damals gerade in keiner glänzenden Lage war und sich auf diese Weise etwas aufrichtete.

Die Form, die Colbert wählte, war die einer Verpachtung des Monopols an einen Generalpächter, der seinerseits das Recht zur Eintreibung der Steuer in den einzelnen Landesteilen an Unterpächter abgab. Tabak zu bauen wurde nur in 31 Gemeinden unter der Bedingung erlaubt, daß das gesamte Erzeugnis entweder an die Pächter oder ins Ausland abgesetzt wurde. Strenge Strafen standen auf Übertretungen dieser Bestimmungen. Gleichwohl blühte der Schmuggel ganz erheblich.

Der finanzielle Erfolg war für die Staatskasse ein beträchtlicher. Der Reinertrag aus der Pacht war in den Jahren 1674 und 1675 500000 Livres und er stieg auf 600000 Livres in den folgenden vier Jahren. Doch war in diesen Summen auch die Zolleinnahme vom Zinn einbegriffen, und es läßt sich nicht mehr bestimmen, wieviel auf den Tabak und wieviel auf das Zinn zu rechnen sind. Im Jahre 1730 betrug die Einnahme 8 Millionen, im Jahre 1778 22 Millionen und im Jahre 1790 30 Millionen. Heute gibt das Monopol etwa einen Ertrag von

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377 Millionen Franken. Es darf nicht übersehen werden, daß das Monopol in Frankreich nicht ununterbrochen geherrscht hat. Es wurde aufgehoben durch das Gesetz vom 24./27. März 1791, das den Tabakbau, die Fabrikation und den Verkauf freigab. Erst durch das kaiserliche Dekret vom 29. Dezember 1810 ist das Fabrikations- und Verkaufsmonopol wieder eingeführt. 54 )

Es ist wohl kaum nötig, anzunehmen, daß der französische Erfolg es war, der andere Länder dazu bewog, in der gleichen Weise vorzugehen, obgleich es ja nicht ausgeschlossen ist, daß Nachrichten über die Vorteilhaftigkeit der neuen Steuer sich schnell verbreiteten. Aber man erwäge, daß Abgaben auf den Tabakgenuß schon vor der Einführung des Monopols in Frankreich wie in anderen Ländern bestanden, sowie daß Verpachtung einzelner Steuern und Privilegierung einzelner wirtschaftlicher Tätigkeiten nicht unbekannt waren. Darin lagen schon die Elemente des Monopols. Man brauchte nur an Vorhandenes anzuknüpfen und hatte nicht erst nötig, sich ausländische Beispiele vor Augen zu halten. Dabei ist es immerhin denkbar, daß eben der überraschende Erfolg, den Colbert erzielte, die Meinung über die Zulässigkeit des Monopols festigte und mehr Mut zu seiner Einführung machte.

In Österreich hatte Kaiser Leopold I. im Jahre 1670 dem Oberstlandjägermeister Grafen von Khevenhüller das ausschließliche Recht der Tabakeinfuhr in Oberösterreich verliehen und im Jahre 1676 wurde einem Handelsmanne Geiger die Erlaubnis zur Errichtung einer Fabrik erteilt. Der Tabakbau blieb frei und Geiger mußte sich verpflichten, den in Ober- und Niederösterreich erzeugten Tabak zu bestimmtem Preise zu erstehen. In Niederösterreich erhielt Graf Königsegg und Rottenfels im Jahre 1678 das Privileg zum Handel mit Tabak auf 15 Jahre, das ihm später bis zum Jahre 1703 verlängert wurde. Diese vornehmen Adligen eingeräumten Vorrechte hatten für die Krone keine finanzielle Bedeutung und brachten ihr nichts ein. Das erfolgte vielmehr erst durch einen Vertrag, den die Regierung im Jahre 1678 mit zwei Handelsleuten abschloß, denen sie das ausschließliche Recht zum Handel mit Tabak in Innerösterreich für die Summe von 2400 Gulden jährlich übertrug. Nach und nach stieg dieser Pachtbetrag auf 7500 Gulden, und als im


54) Forbonnais, Recherches et considérations sur les finances de France, 1758, II, 819 ; III, 221 ff, IV, 219. - Esquirou de Parieu, Traité des impots, 1866, II, 456 ff. - Tiedemann, S. 164. - Ragosin, S. 174-182. - Ad. Wagner, Finanzwissenschaft, 1887, III, 709/710.
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Jahre 1694 nach Ablauf des dem Grafen Khevenhüller eingeräumten Privilegs auch der Tabakhandel in Oberösterreich verpachtet werden konnte, vereinnahmte der Fiskus bereits 14700 Gulden jährlich. Dieser Erfolg machte Mut zu weiteren Schritten, und so wurde am 20. Mai 1701 das Dekret veröffentlicht, das das Tabakmonopol in Österreich einführte und der Regierung das Recht vorbehielt, es in Pacht zu vergeben. Im folgenden Jahre dehnte man das Monopol auf Böhmen und im Jahre 1703 auf Niederösterreich aus, wo gerade das Privileg des Grafen Königsegg erlosch. In diesem Augenblick erreichte der Jahresbetrag schon die Höhe von 61000 Gulden und stieg bis zum Jahre 1723 auf 175750 Gulden.

Bis zum Patent vom 8. Mai 1784 war das Monopol verpachtet. Erst seit dieser Zeit datiert die eigene Regie und eine Direktion für deren Leitung. Seitdem haben sich die Reinerträge folgendermaßen entwickelt:

im Jahre 1785 . . . 2 920 822 Gulden,
1850 . . . 15 800 000 "
1865 . . . 33 420 714 "
1890 . . . 56 657 101 "
1895/99 . . . 126 952 689 Kronen,
1906 . . . 157 800 000 "

Durch die Staatsmonopolordnung vom 18. Juli 1835 neu geordnet, beruht das Monopol auf dem allgemeinen Verbote des Tabakbaues ohne behördliche Bewilligung und Kontrolle. Die Verarbeitung des Tabaks besorgt das Aerar und die Regiefabriken, den Import staatliche Behörden, den Handel staatlich bestellte Tabaktrafikanten. In Ungarn ist das Monopol erst im Jahre 1851 eingeführt. 55 )

In Deutschland hat die Vielgestaltigkeit die einheitliche Entwicklung gehindert. Einzelne deutsche Länder kennen früh die Besteuerung des Tabaks und fast alle haben früher oder später Perioden des Monopols erlebt. Der erste deutsche Fürst, der die Fähigkeit des Tabaks, eine Steuer zu ertragen, erkannt hat, dürfte der Landgraf Georg II. von Hessen gewesen sein. Er führte etwa seit der Mitte der 40er Jahre des 17. Jahrhunderts eine Akzise


55) J. v. Retzer, Tabakpachtungen in den österreichischen Ländern, 1670-1783. Wien 1783. - v. Plenker, Das Tabakmonopol in Österreich, 1857. - Frhr. v. Czoernig, Das österreichische Budget für 1862, Wien 1862. - Samuel Morly Wickett, Studien über das österreichische Tabakmonopol, 1890. - Desider Kürti, Betrachtungen über das Staatsmonopol im allgemeinen und das Tabakmonopol im speziellen, 1890, S. 56 ff.
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von einem viertel Gulden für jedes Pfund Tabak ein. Gegen das Jahr 1654 wurde eine Besteuerung des Tabakbaues und -handels verfügt, die sich als eine zu starke Inanspruchnahme des Genußmittels herausstellte. Demgemäß schritt man am 8. Februar 1665 zu ihrer Herabsetzung, blieb indes bei den bisherigen Grundsätzen, erleichterte jedoch den Handel mit Tabak ins Ausland, indem eine Abgabe lediglich vom ausländischen Käufer, nicht auch vom inländischen Produzenten gefordert wurde. Da sich Hinterziehungen der neuen Steuer in ungeahnter Ausdehnung einschlichen, regelte man im Jahre 1703 die Akzise neu. Nunmehr mußte von jedem Morgen mit Tabak bestellten Landes ein Reichstaler bezahlt werden. Obwohl gegenüber den älteren Sätzen diese Normierung eine beträchtliche Ermäßigung bedeutete, drückte die Steuer doch derart, daß der Bau von Tabak für den Pflanzer einen geringeren Nutzen verhieß als der Bau anderer Pflanzen. Die Folge war ein wesentlicher Rückgang in der Kultur von Tabak.

Unter der Regierung des Landgrafen Ernst Ludwig (1678 bis 1733) kam es dann zur Einführung des Monopols. Mit dem Hoffaktor Isaac Löw in Frankfurt wurde "zur Vermehrung der Kammerrevenuen" im Jahre 1718/19 ein Vertrag abgeschlossen, der diesem für 12 Jahre die "alleinige Aufstell-, Verleg- und Verkauffung des Rauchtabaks und derer Tabakspfeifen" in der ganzen Landgrafschaft Hessen sowohl im großen wie im kleinen in die Hand gab. Die Verordnung vom 30. Dezember 1718 verbot den Gebrauch von anderem als von Löw erkauftem Tabak. Selbst die Fremden sollten während ihres Aufenthalts in Hessen nur Löwschen Tabak rauchen dürfen. Löw hatte auch das Vorkaufsrecht an allem im Lande erzeugten Tabak zu den damals üblichen Preisen. Er selbst zahlte der Regierung für den Zentner fabrizierten Tabaks 1 Fl., so daß das Monopol bei einem mutmaßlichen Konsum von 800 Zentnern dem Lande 800 Fl. einbrachte.

Wie auch in anderen Ländern, veranlaßte die Durchführung des Monopols starke Unzufriedenheit bei der Bevölkerung. Die Pflanzer fühlten sich beeinträchtigt und schickten ihren Tabak, ohne ihn erst Löw anzubieten, ins Ausland. Die Landstände ersuchten den Landgrafen, das höchst schädliche Tabak- und Pfeifenmonopol wieder abzustellen und boten als Entschädigung für den Ausfall an Einnahmen die Summe von 50000 Fl. Infolgedessen ließ der Landgraf mit dem Juden verhandeln, konnte jedoch die Auflösung des Vertrags nicht anders erreichen als indem er 2100 Zentner Tabak an sich nahm und eine Entschädigung von 38000 Fl. bezahlte. An die Stelle des Monopols trat jetzt wieder die frühere

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Steuer auf das Tabaksfeld und außerdem wurde dem Kleinhandel eine Art Konzessionsgebühr zugemutet.

Einen erneuten Anlauf zur Einführung des Monopols nahm man unter Ludwig VIII. (1739 bis 1768) am 1. April 1765, jedoch nicht eigentlich in der Absicht, die Einkünfte zu vermehren, als vielmehr von dem Wunsche getragen, die heimische Tabakindustrie zu beleben. Der Hofrat Friedrich Ludwig von Schatzmann in Friedberg hatte mit seinen Brüdern ein Gesuch um Erteilung eines Privilegs zur Anlegung einer Tabakfabrik eingereicht und erhielt auf 15 Jahre gegen 1000 Fl. jährlich das ausschließliche Recht zur Fabrikation und zum Vertriebe. Aller im Lande erforderliche Tabak sollte in einheimischen Fabriken erzeugt werden und kein Krämer anderen als von den Schatzmanns erstandenen Tabak führen. Die Rauchtabakrollen und Tabakpakete wurden mit dem fürstlichen Wappen versiegelt, so daß die Krämer in ihren Häusern und Läden bequem daraufhin kontrolliert werden konnten, ob sie den Anforderungen entsprächen. Von Lagerstätten aus, an denen der Faktor auf Grund von Preistaxen das Fabrikat abgab, wurden die Krämer mit dem erforderlichen Tabak versehen. Sehr schnell, schon am 18. Januar 1771, wurde aus unbekannten Gründen auch dieses Monopol wieder aufgehoben.

Noch einmal wurde dann in den Jahren 1810-1812 das Monopol ernstlich in Erwägung gezogen. Der Hofkammerrat Moldenhauer regte zu seiner Einführung an, um die Finanzen zu bessern. Aber obwohl eingehende Pläne ausgearbeitet wurden, eine ausführliche Erörterung stattfand, auch das Beispiel des Herzogtums Nassau verführerisch wirkte, wo man durch das Tabakmonopol sich Einkünfte von 200000 Fl. verschafft hatte, drang die Idee in Hessen nicht durch. Beim Abschluß des Zollvertrages mit Preußen im Jahre 1828 kannte Hessen keine Besteuerung des Tabaks mehr. 56 )

In der Grafschaft Ravensberg 57 ) wo der Tabakhandel und -verbrauch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sich lebhaft entwickelt hatte, kamen zwei kurfürstliche Amtskammerräte auf den Gedanken, ihn zum Gegenstande einer ergiebigen Besteuerung zu machen. Sie setzten sich im Jahre 1674 mit zwei angesehenen Tabakhändlern in Amsterdam in Verbindung, denen


56) Otto Kehm, Die Besteuerung des Tabaks im Großherzogtum Hessen, im Finanzarchiv 1906, S. 42 ff.
57) K. Spannagel, Ein Tabakmonopol für die Grafschaft Ravensberg im Jahre 1682, in "Ravensberger Blätter für Geschichts-, Volks- und Heimatkunde", Jahrgang 1 (1901), Nr. 4, S. 26-28.
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sie den Alleinverkauf für die Grafschaft auswirken zu wollen versprachen unter der Bedingung, von je 1000 Pfund verkauften Tabaks dem Kurfürsten von Brandenburg eine Abgabe von 3 Talern zu zahlen. Indes der Kurfürst, vermutlich auch durch Interessenten beeinflußt, lehnte die Genehmigung des Vertrages "als eines zu besorgenden Monopolii halber" ab. Einige Jahre später faßte der Präsident der Halberstädter Amtskammer, Philipp von Lüderitz, der mit der Umgestaltung der Ravensberger Steuerverhältnisse betraut worden war, auch den "Impost auf Tabak" unter den geplanten Neuerungen ins Auge. Jedoch mit den besonderen Verhältnissen in Ravensberg allmählich besser bekannt geworden, gab er diesen Gedanken wieder auf. Für Monopolexperimente erschien ihm die Grafschaft Ravensberg wenig geeignet. "Bescheiden an Umfang, an verschiedene Territorien grenzend, die, abgesehen von Minden, alle nicht brandenburgisch waren, in lebhaften Handelsbeziehungen mit ihren Nachbarn und dem Ausland, ließ sie sich schwer als geschlossenes Wirtschaftsgebiet behandeln und gegen außen hin absperren. Die eigenartigen, größtenteils hausindustriellen Verhältnisse der Leinenindustrie und des Leinenhandels, dieser beiden Brennpunkte des gesamten Ravensberger Wirtschaftslebens, verlangten eine aufmerksame Berücksichtigung und verboten ein derb bureaukratisches Zufassen, das sonst im Zeitalter des Absolutismus und Merkantilismus so beliebt war." Aus diesem Grunde glückte auch ein dritter Anlauf, der behufs Einführung des Monopols unternommen wurde, nicht. In Brandenburg war unterdessen zwei jüdischen Geschäftsleuten im Jahre 1676 ein Privileg zum Anbau und zur Verarbeitung von Tabak verliehen worden, das der Kurfürst fünf Jahre darnach wieder aufgehoben hatte, weil die privilegierten dem Vertrage nicht genügend nachgekommen waren. Das sollte indes keinen Bruch mit den bisher beobachteten Grundsätzen bedeuten. Vielmehr erteilte der Kurfürst am 28. Dezember 1681 einer Gruppe von Interessenten ein neues Privileg zur Einführung der Tabakkultur und -Manufaktur in der Mark und in Hinterpommern. Dieses Privileg bewog den Kaufmann Johann Latte in Herford, den Kurfürsten um ein gleiches für die Grafschaft Ravensberg zu ersuchen. Er erbot sich, eine "Pension", die im ersten Jahre 300, im zweiten 400 und in jedem folgenden 500 Taler betragen sollte, für das Recht zu zahlen, die Grafschaft ausschließlich mit Tabak versehen zu dürfen. Selbstredend sollte der Tabak von guter, untadelhafter Beschaffenheit sein, und er wollte ihn zu ähnlich billigen Preisen, wie er in Hamburg, Lübeck oder Amsterdam

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feilgeboten wurde, verkaufen. Der Kurfürst ging sogleich auf den Antrag ein, der mit seinen sonstigen Plänen ja völlig übereinstimmte, und erteilte dem Latte am 1. Mai 1682 das Privileg, das mit dem in der Mark Brandenburg im Jahre vorher erteilten wörtlich übereinstimmt. Zu seiner Ausführung ist es jedoch nicht gekommen. Einerseits traute man Latte nicht, den man nicht als den geeigneten Mann ansah, der kein ausreichendes Kapital besaß und in den Händen von Juden war, die in seinem Namen das Werk führten. Andererseits war das Monopol den Reichskonstitutionen, dem gemeinen Rechte, dem kurfürstlichen und dem Interesse des Landes Ravensberg entgegen. Vor allen Dingen fürchtete man sich vor dem Rückgange des Handels mit Holland, von wo viel Tabak im Austausch gegen Leinwand bezogen wurde. "Bürgermeister, Schöffen und Rat von Bielefeld und Herford, die Kaufmannsgilde in Bielefeld, sämtliche Beisteher und Amtsmeister von Herford und auch die Drosten des Landes, die das kurfürstliche Edikt pflichtschuldigst publiziert hatten, erklärten sich einmütig gegen das Monopol."

Unter diesen Umständen, obwohl die Beschwerden und Bedenken als übertriebene sich kenntlich machten, befahl der Kurfürst der Amtskammer in Ravensberg, die Frage noch einmal zu untersuchen. Noch ehe sie indes ein Gutachten hatte abgeben können, wurde es Latte klar, daß er das Privileg gegen den Widerstand der Bevölkerung nicht durchzuführen vermochte, und er begnügte sich daher mit dem Ersatz des umfassenderen Monopols durch ein beschränktes Privileg auf alleinige Tabakspinnerei und alleinigen Handel mit gekerbtem und Brieftabak. Der Kurfürst gestand ihm bereitwilligst am 31. Oktober 1682 diese Konzession zu, für die Latte und seine Gesellschaft 100 Goldgulden jährlich zahlen wollten. Doch auch dieses konnte Latte nicht aufrecht erhalten. Vielfache Übertretungen verleideten ihm sein Privileg derart, daß er gegen eine Entschädigung für seine angewandte Mühe auf dasselbe verzichtete. Am 12. Januar 1685 stimmte der Kurfürst dem zu, und damit war das Tabakmonopol für Ravensberg endgültig aus der Welt geschafft.

In Bayern hatte das Generalmandat vom 28. Juni 1669 auf die Einfuhr von Tabak einen Zoll gelegt im Betrage von 10 Gulden pro Zentner des besseren und 5 Gulden des schlechteren Tabaks. Ausdrücklich war die Absicht ausgesprochen, dem Lande auf diese Weise es zu erleichtern, die aus den letzten Kriegszeiten erwachsenen Bürden zu tragen. Jedoch ein befriedigender finanzieller Ertrag ließ sich nicht erzielen. Unterschleif war die Regel,

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und die erwarteten Einnahmen flossen so schwach, daß eine andere Veranstaltung von unabwendbarer Notwendigkeit erschien. Das war um so auffallender, als die Ergiebigkeit der Steuer gar nicht bezweifelt werden konnte. Wollte doch die Kurfürstin Henriette Adelaide dem Freiherrn von Simeoni "in Ansehung seiner geleisteten Dienste" das Privileg zum Tabakhandel im ganzen Lande Bayern verschaffen. Dazu kam es nun nicht, wohl aber zur Einführung des sogenannten Apalto. Am 2. Dezember 1675 wurde mit einem Italiener Bignami aus Piacenza ein dahingehender Vertrag abgeschlossen, daß ihm gegen Zahlung von 4000 Gulden jährlich der gesamte Handel mit Tabak auf 8 Jahre überlassen wurde. Er allein bekam das Recht, Tabak und Pfeifen einzuführen, und aller im Lande vorhandene oder wachsende Tabak mußte dem Pächter käuflich abgetreten werden.

Auch dieser Versuch mißlang. Von vornherein hatte sich Mißtrauen gegen den Fremdling gezeigt. Trotz Androhung empfindlicher Strafen, mit denen die neue Einrichtung geschützt war, gelang es ihm nicht, der überall sich regenden Konterbande Herr zu werden, und Bignami mußte schon im nächsten Jahre von seinem Vertrage sich zurückziehen und das Geschäft zwei Nürnberger Kaufleuten überlassen. Doch diese reussierten ebenfalls nicht, zur hohen Befriedigung der Handelskreise, die nichts sehnlicher wünschten, als dem Apalto den Garaus gemacht zu sehen. Trotzdem bildete sich ein neues Konsortium unter Führung eines Handelsmannes Johann Senser aus Schrobenhausen, mit dem am 29. Januar 1678 ein Vertrag abgeschlossen wurde. Die Gesellschaft zahlte 8000 Gulden jährlich und erhielt für die nächsten acht Jahre das ausschließliche Recht zum Tabak- und Pfeifenhandel. Der Tabakbau blieb frei, doch war der Pflanzer verpflichtet, die geernteten Blätter an die Apaltatoren abzuliefern oder deren Erlaubnis zur Ausfuhr einzuholen. Unter Senser's Leitung gingen die Geschäfte flott, und als die Pachtzeit ihrem Ende sich näherte, machte die Gesellschaft ein Angebot von 40000 Gulden für die nächsten sechs Jahre und zahlte schließlich nach dem neuen Vertrage von 1686 10000 Gulden jährlich.

So bewährte sich in Bayern das neue System finanziell durchaus. Später wurde sogar der Handel mit Tabak in staatliche Regie genommen und erst im Jahre 1717 wieder völlig freigegeben. 58 )


58) Micheler, Das Tabakwesen in Bayern, im Finanzarchiv, auch als selbständige Schrift erschienen.
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In Württemberg hatte der Fürstadministrator Herzog Friedrich Karl im Jahre 1687 den Plan gefaßt, die Tabakkultur und -fabrikation zu fördern, indem er aus seinen Mitteln Fabriken errichten und auf seine Gefahr und Rechnung dem Handel ausschließlich obliegen wollte. Fiskalische und merkantilistische Ideen leiteten ihn dabei. Aber sein Projekt kam nicht zur Ausführung, und erst im Jahre 1700 wurde ein allerdings beschränktes Handelsmonopol proklamiert. Mit dem Handelsmanne Peter Kornmann aus Straßburg schloß Herzog Eberhard Ludwig einen Vertrag, laut dem sich jener verpflichtete, die Tabakkultur in Württemberg einzuführen, und die Erlaubnis erhielt zur Errichtung einer Fabrik sowie zum Ankauf alles im Lande erzeugten Tabaks. Dieser Vertrag war nicht von fiskalischen Gesichtspunkten diktiert, sondern bezweckte lediglich die Einbürgerung eines neuen Industriezweiges.

Zu einem vollständigen Monopol kam es dann am 7. Mai 1709. In dem damals mit Kornmann und einem Landsmanne desselben abgeschlossenen "Admodiationskontract" wurde beiden das ausschließliche Recht auf die Fabrikation und den Handel mit Tabak zugestanden. Als Entgelt hatten die Pächter von jedem Zentner im Lande verkauften in- oder ausländischen Tabaks einen Gulden zur herzoglichen Kasse und 30 Kreuzer zur Landschaftskasse zu entrichten. Die Einnahmen der Regierung, die anfangs 2316 Gulden waren, stiegen bald auf 6000 Fl. im Jahr. 59 )

Im Markgrafentum Bayreuth hatte Markgraf Christian im Jahre 1654 noch das "schädliche und schändliche Tabaktrinken" verboten, und sein Enkel Christian Ernst (1655 bis 1712) konnte sich zunächst auch nicht entschließen, der ungewohnten Sitte zu huldigen. Er erneuerte das Verbot im Jahre 1670. Dann aber machte sich der Siegeszug des Tabaks geltend, und nun mochte auch Christian Ernst nicht länger widerstreben, wozu er sich um so mehr gedrungen fühlen mochte, als sich der Aufwand am markgräflichen Hofe bedeutend vermehrt hatte und es oft an Geld fehlte. 60 ) So kam er darauf, die an sich ihm unsympathische Neuerung fiskalisch zu fruktifizieren, und schritt am 1. Mai 1701 zur Einführung des Monopols.

Einer Gesellschaft, bestehend aus dem Kammerschreiber Johann Lauterbach sowie den Verwaltern Johann Weinlein und Martin Beuerlein, verlieh der Markgraf das Privileg zur Errichtung einer Tabakfabrik. Auf die Dauer von 10 Jahren schloß er mit ihr


59) Oskar Linckh, Das Tabakmonopol in Württemberg, 1894.
60) Markgrafenbüchlein, Bayreuth 1902, S. 146.
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einen Apalto ab, daß sie allein im Oberlande und in der Residenz Bayreuth mit Tabak handeln durfte "unter Führung gewisser Brandzeichen". Allen Personen, die bisher dem Handel mit Tabak obgelegen hatten, wurde solcher nunmehr verboten und alle Tabakpflanzer angewiesen, ihr Erzeugnis der Fabrik käuflich anzubieten. Würde diese keinen befriedigenden Preis bewilligen und der Pflanzer seine Blätter im Auslande besser unterbringen können, so blieb ihm das unverwehrt. Doch hatte er in diesem Falle einen Ausfuhrzoll von 4 Groschen pro Zentner zu entrichten. Die Händler aber waren gehalten, allen Tabak, den sie fortan vertreiben wollten, aus dem "Hochfürstl. Brandenburg-Bayreuthischen Privilegirten Niederlags-Appalto" zu entnehmen. 61 ) Christian Ernst schuf mithin ein Handelsmonopol und überließ die Tabakpflanzung nach wie vor den Privaten. Leider stieß seine gute Absicht nicht auf Zustimmung, und laute Klagen erhoben sich von Seiten der Pächter, daß nicht gemäß den Vorschriften verfahren würde. Infolgedessen wurden am 11. Dezember 1702 und am 12. November 1703 die Patente aufs neue eingeschärft.

Mit der Zeit muß sich dann das Land wohl an das neue System gewöhnt haben. Zwei Nachfolger kamen und gingen wiederum, ohne daß sie eine andere Regelung des Tabakwesens anstrebten. Dann gelangte im Jahre 1735 Markgraf Friedrich auf den Thron, der auf Hebung von Forst- und Landwirtschaft, Handel und Industrie bedacht war. Sein Charakter neigte zum Prunk, also war auch er geldbedürftig, und wenn er auch nicht selbst Tabak rauchte, so leuchtete ihm doch ein, daß der Staatskasse aus seiner Besteuerung ein Zuschuß erwachsen könnte. Daher verlieh er am 27. November 1737 dem Weimarischen Kammerrat Thomas Ziesich und seiner Kompanie ein Privileg zur Eröffnung einer Fabrik auf die Dauer von 12 Jahren gegen "gewisse jährlich zu entrichtende Praestationes". Ein gedrucktes Avertissement vom 20. Januar 1738 gibt Auskunft über die im Fürstentum Bayreuth etablierte Tabakfabrik. Sie sollte allen Handelsleuten, Krämern, Untertanen und Kaufleuten ohne große Unkosten zu denselben Preisen Tabak von der gleichen Qualität abgeben, als sie ihn von Fremden hätten kaufen können. Ein Dekret vom 3. Dezember 1738 verfügte dann, daß der gesamte Bedarf an Rauch- und Schnupftabak aus ihr genommen werden und Tabak aus dem Auslande überhaupt nicht eingeführt werden durfte. Dieser Zwang war dadurch bedingt, daß kein einziger Handels=


61) Nach Akten im Kgl. Kreisarchiv Bamberg.
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mann auch nur "das geringste" aus der Ziesichschen Fabrik geholt hatte. Jetzt wurde nun bestimmt, welche Sorten und zu welchen Preisen die Fabrik liefern könnte. Alle Tabakbriefe und -pakete sollten mit einem aparten, die Herkunft sofort erkenntlich machenden Stempel versiegelt sein. Das Hausieren mit Rauch- und Schnupftabak wurde gleichzeitig verboten.

Die Akten melden nicht, ob der Markgraf mit seinen Bestrebungen durchdrang oder nachgeben mußte. Wahrscheinlich war das letztere der Fall. Denn als im Jahre 1806 die Provinz Bayreuth unter französische Herrschaft geriet, war von einer Steuer auf den Tabak nicht die Rede. 62 )

Im Brandenburgischen erhielten am 24. Mai 1676 die Juden David Nathan und Hartwig Daniel vom Großen Kurfürsten auf 12 Jahre das Privileg, in der Alten, Mittel- und Ukermark, in den Ruppinschen und Prignitzschen Kreisen ausschließlich Tabak zu pflanzen, zu verspinnen und zu verkaufen. Ausgenommen blieben die drei Residenzstädte Berlin, Köln und Friedrichswerder, deren Einwohner die Freiheit behielten, sich den Tabak zu verschaffen, von wem und wie sie wollten. Selbstverständlicb hatten die Pächter für die ihnen eingeräumte Vergünstigung jährlich einen bestimmten Betrag zu zahlen. Schon nach fünf Jahren wurde den Juden, weil sie die gegebenen Versprechen nicht erfüllt hatten, die Konzession wieder entzogen und am 28. Dezember 1681 einigen sogenannten Interessenten ein Privileg auf 20 Jahre verliehen, das Tabakspinnerwerk zu treiben. Und weil damals in der Kurmark und Hinterpommern wenig Tabak gewonnen wurde, erlaubte man ihnen den Tabak, von wo sie wollten, einzuführen, mit der Bedingung jedoch, daß künftig, wenn mehr Tabak im Lande gebaut werden sollte, sie wesentlich den einheimischen Rohstoff zur Verarbeitung ankaufen sollten. Trotzdem nun in den folgenden Jahren durch die einwandernden Franzosen der märkische Tabakbau stark entwickelt wurde, wurde einerseits viel fremder Tabak heimlich ins Land gebracht und anderseits den Apothekern und Materialisten, die den Detailverkauf von Tabakfabrikaten hatten, erlaubt, gegen eine Abgabe von einem Groschen pro Pfund fremden Tabak zu importieren. Die Folge davon war, daß viele andere Personen außer den Privilegierten Tabak spinnen ließen. Die Apotheker baten, die "eigennützige und schädliche Monopolia" soviel wie möglich aufzuheben,


62) L. v. Fahrmbacher, Die Provinz Bayreuth unter französischer Herrschaft, Wunsiedel 1900, S. 30/31, 92.
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und so kam es zu dem Erlaß eines weitläufigen Ediktes über den Anbau, die Fabrikation und den Verkauf des Tabaks am 28. November 1687. Es vertrat den Standpunkt, daß es der natürlichen Freiheit, "welche die Aufnahme der Commercien und Fabriquen erfordern", .entgegenliefe, den an verschiedenen Orten gebauten inländischen Tabak nur an wenige Privilegierte zur Verspinnung abliefern zu lassen. Man beabsichtigte demgemäß, an jedem Orte mehreren "wohl possessionirten oder bemittelten und solcher Fabrique erfahrenen Leuten" das Recht zur Tabakverarbeitung zu verleihen. Damit war das ältere Privileg beseitigt und es erhielten nun am 16. Januar 1688 der Apotheker Zorn und Konsorten und am 5. März 1688 der Geheimsekretär Christoph Friedrich Bartoldi sowie der geheime Kammerdiener des Kurfürsten, Johann Senning, ein Privilegium zur Tabakspinnerei. Für die Einfuhr fremder Tabake mußte mit Ausnahme der Hanauer und Thüringer Tabake, die frei blieben, ein Zoll entrichtet werden. Nach der Akziseordnung vom 2. Januar 1681 zahlten Brasilien-Tabak, sogenannter Lottabak (wahrscheinlich geriebener Brasilien- oder anderer Schnupftabak), und Brieftabak 1 Groschen, gemeiner Tabak 6 Pfennige pro Pfund.

Mit dem Regierungsantritte des Kurfürsten Friedrich III. gelangte eine noch größere Freiheit zur Geltung. Am 12./22. Dezember 1688 wurde jener Artikel des Edikts vom 28. November 1687, nach dem jeder Tabakspinner nur in der Provinz, wo er das Privileg besaß, seine Tabake verkaufen durfte, aufgehoben. Man wollte eben gefunden haben, daß die bisherige Praxis "die Freiheit des Commercii etwas gehemmt" habe. Fremde Tabake, wenn es auch immer erwünscht war, die inländische Produktion nach Menge und Feinheit zu verbessern, wurden nach wie vor zugelassen, natürlich gegen Entrichtung eines Zolles. Ein Patent vom 8. November 1701 tritt dann einer übermäßigen Einfuhr von englischen, holländischen, Bremer, Hamburger usw. Tabaken entgegen und untersagt sie in Zukunft allen Einwohnern. Der inländische Rohtabak blieb bis 1717 unversteuert. Erst als man wahrnahm, daß er ins Ausland geführt qurde und die Tabakspinner sich über die Ausfuhr zum Nachteil ihres Gewerbes beschwerten, wurde auf den ins Ausland versandten Blättertabak eine Abgabe von 6 Pfennig pro Taler des Werts gelegt.

Unter den mit der Verarbeitung des Tabaks betrauten Personen ließ nach der Auffassung einiger Spinner die Geschicklichkeit zu wünschen übrig. Friedrich Wilhelm I. hatte bald nach Antritt seiner Regierung den Betrieb der Tabakspinnerei den ge=

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lernten Handwerkern vorbehalten wollen, es jedoch nicht durchsetzen können. Nun trugen die Spinner am 3. Dezember 1714 selbst darauf an, sich zu einer Innung, wie andere Gewerbetreibende, vereinigen zu dürfen. Doch schlug man ihnen die Erfüllung dieses Wunsches ab, weil man fürchtete, daß die Bittsteller sich veranlaßt sehen könnten, den Rohstoff wohlfeil einzukaufen und den daraus gesponnenen Tabak um soviel teurer zu verkaufen, "wobei dem Publikum gar nicht geraten ist". Erst unter dem 15. April 1735 erhielten die Tabakspinner ein Generalprivileg, das ihnen die ersehnte Innung brachte und bestimmte, daß keiner das Geschäft betreiben dürfe, der die Profession nicht ordentlich erlernt hätte. Zum Meisterstück war vorgeschrieben, eine Rolle Tabak auf der Tafel oder Handmühle zu spinnen und ein Pfund Krausgut zu schneiden und zuzurichten. Ferner von dem inländischen Tabak ein Pfund der besten Blätter zu sortieren, auszurippen und nach Art des sogenannten Zapfenberger Blättertabaks zu kerben, daß er in Briefen verpackt werden konnte.

Unter dem 14. August 1719 erhielten dann die Oberhof- und Kriegsfaktoren Moses und Elias Gompert das Recht, auf 12 Jahre ausschließlich diejenigen Sorten Rauchtabak herzustellen, die bisher aus dem Auslande bezogen worden waren. Sie sollten in verschiedenen Städten das Recht haben, dergleichen Etablissements zu eröffnen. Auf den inländischen Tabakbau und seine Verarbeitung, das Spinnen, Schneiden, Verpacken usw., hatte dieses Privileg keinen Einfluß. Die Gomperts hatten sich verpflichtet, jährlich 2000 Taler an die Rekrutenkasse zu zahlen, die Preise der Tabake nicht in die Höhe zu schnellen und die Fabrikate in gleicher Güte wie die ausländischen zu liefern. Außerdem hatten sie einmalig noch einen "Großen Grenadier" stellen müssen, der ihnen 1300 Taler kostete. Sie bewährten sich jedoch nicht, und durch Patent vom 26. November 1724 wurde die Einfuhr der fremden fabrizierten Rauchtabake in den Provinzen, in denen sie zugunsten des Gompertschen Privilegs seither verboten gewesen waren, wieder freigegeben. Viele Jahre hindurch blieben dann Tabakbau und -verarbeitung in Preußen ungehindert. Dem fiskalischen Interesse wurde durch einen Zoll auf das ausländische Erzeugnis und eine Akzise vom einheimischen Fabrikat Rechnung getragen. 63 )


63) Das vorstehende wesentlich nach K. H. S. Rödebeck, Geschichte des Tabakwesens im preußischen Staate und insbesondere der Generale Tabak-Administration unter Friedrich des Großen Regierung in "Beiträge zur Bereicherung und Erläuterung der Lebensbeschreibungen Friedrich (  ...  )
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Eine nachhaltige Besteuerung des Tabaks kam erst unter Friedrich dem Großen auf, der mit seinem berühmten Edikt vom 17. Juli 1765 das Monopol einführte. 64 ) Zunächst wurde die Administration einem Franzosen Louis Roubaud übergeben, der dafür jährlich 1100000 Rtlr. entrichten sollte. Dieser jedoch überließ seinen auf 15 Jahre lautenden Vertrag noch in demselben Jahre an ein Konsortium von 10 Unternehmern, größtenteils Tuchfabrikanten, die die Pacht vierteljährlich voraus zu zahlen sich verpflichteten. 65 )

Es hat den Anschein, als ob der König, bewogen durch die Unfähigkeit seiner Beamten und den Wunsch, die Staatseinnahmen um ein Beträchtliches erhöht zu sehen, zu diesem Schritte geführt wurde. 66 ) Er hat sich selbst darüber in diesem Sinne ausgesprochen. 67 ) Getragen dabei von der edlen Absicht, die Ärmsten durch die neue Einrichtung nicht zu stark gedrückt zu sehen, wählte er nicht die Generalpacht, sondern die Regie, "weil man auf diese Weise am besten die Beamten hindern konnte, das Volk zu drücken". Mit den Pächtern machte der König ungünstige Erfahrungen. Schon am ersten Termin vermochten sie die Pachtrate nicht zu bezahlen und auch der Tabakabsatz ging schlecht. Daher übertrug Friedrich der Große dem Franzosen le Grand de Crecy die Stellung eines Generaldirektors, und als dieser plötzlich starb, einer neuen Direktion, bestehend aus dem Geheimen Finanzrat de Calzabigi, du Vignon, B. von Schwerin und Oberstleutnant Freiherrn von Wangenheim. Die Geschäfte führte der ehemalige Sekretär der Prinzessin Amalie von Quedlinburg, der Hofrat Flesch. Doch auch auf diesem Wege war noch nicht allen erwünschten Anforderungen genügt, und so erschien am 11. Juli 1766 das Patent


(  ...  ) Wilhelms I. und Friedrich des Großen", Berlin 1836, Band I, S. 222 ff. (leider unvollendet). Auf den Seiten 234-250 ist unter Abdruck offizieller Aktenstücke die Geschichte der Gompertschen Unternehmungen ausführlich erzählt. - Mylius, Corpus sonstitutionum Marchicarum, 5. Teil, 2. Abteilung, 6. Kapitel. - Charpentier, Das altpreußische Tabakmonopol, in Preußischen Jahrbüchern, Band 61, S. 145 ff.
64) Abgedruckt bei Bergius, Sammlung auserlesener teutscher Landesgesetze, 1781, Bd. 1, S. 309 ff.
65) Charpentier, S. 148. - H. Fechner, Wirtschaftsgeschichte der preußischen Provinz Schlesien, 1907, S. 38. - Rödebeck, I, S. 256 ff.
66) Vgl. die Kontroverse zwischen G. Schmoller, Sitzungsberichte der Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. 1888, Sitzung vom 22. Januar, und Walther Schultze, Gesch. d. preuß. Regieverwaltung 1766-1786, Leipzig 1888.
67) Oeuvres de Fedéric le Grand, Bd. 6, S. 77; W. Schultze, S. 350.
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wegen Errichtung der Generaltabakadministration. 68 ) Sie mußte ein Aktienkapital von 1127000 Talern zur Verzinsung übernehmen, hat aber trotz dieser Schuldenlast einen sehr guten Erfolg gehabt und den Tabakbau wie die Tabakindustrie sicher gefördert. 69 ) Der Reingewinn belief sich im Jahre 1785/86 auf 1624711 Taler, d.h. ein Elftel der Einkünfte des damaligen preußischen Etats. 70 )

Die Kaufleute mußten bis 8 Tage vor dem 1. Januar allen Tabak, den sie vorrätig hatten, abliefern oder aus dem Lande führen, die Tabakfabrikanten ihre Werkzeuge und Geräte zu einem von einer Kommission bestimmten Preise an die Direktion verkaufen, ebenso ihre Etablissements entweder verkaufen oder gegen den Pachtwert abtreten. Anderen Tabak als den von der Administration in den Handel gebrachten zu kaufen, war bei Strafe von 10 Rtlrn. für jedes Pfund verboten, desgleichen das Aufbewahren von solchem. Unberechtigter Handel mit derartigem Tabak war mit einer Strafe von 1000 Talern bedroht. Die Tabakpflanzer mußten im November ihre Ernte abgeben, die ihnen zum Marktpreise mit 5 Prozent Zuschlag abgenommen wurde. Es war vorgeschrieben, den Tabak in Rollen zu spinnen. Geschnittenen oder Blättertabak durfte niemand halten. Reisende durften nur ein Pfund Tabak mit sich führen, welches Quantum seit dem 5. Januar 1766 noch weiter auf ein viertel Pfund herabgesetzt wurde. 71 )

Es ist bei solchen scharfen Anordnungen, die streng durchgeführt worden zu sein scheinen, verständlich, daß die Generaltabakadministration im Publikum nicht gerade sehr beliebt war. Die Tabakpflanzer beklagten sich, daß man im Anbau von Zeit zu Zeit Beschränkungen verfügte, während sie bei dem sicheren Absatze gerne die Kulturen ausgedehnt hätten. 72 ) Die Fabrikanten beschwerten sich über die unzureichende Schätzung der von ihnen abzugebenden Ware, 73 ) die Raucher über die höheren Preise des Monopoltabaks. Das Lästigste aber waren die ausgedehnten Kontrollen, durch die ein stark um sich greifender Schmuggel bedingt war. Kurz, ein allgemeiner Haß richtete sich gegen die Schöpfung des großen Königs. "Zu einer Zeit" sagt Charpentier,


68) Rödebeck, I, S. 281, 286.
69) Charpentier, S. 150.
70) Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Tätigkeit für die Landeskultur, 1885, Bd. 3, S. 99.
71) Fechner, S. 38/39.
72) Charpentier, S. 151.
73) Fechner, S. 39.
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"wo die aufklärerische Literatur Englands und Frankreichs Mode in Deutschland war, wo man für Freiheit und Menschenwürde im Genusse wohltätigen Friedens in unklare Begeisterung zu geraten begann, wurden die Härten des Monopols doppelt gefühlt." 74 )

Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß die finanziellen Erfolge sehr befriedigende waren, und auch hinsichtlich des Anbaues wie der Fabrikation wurden erhebliche Fortschritte angebahnt. Der König ließ Versuche über die Akklimatisation ausländischer Tabaksorten anstellen, über deren Ausfall zwar hinreichend genaue Angaben nicht vorliegen. Doch muß der König mit den Leistungen des Chemikers Achard, der diese Versuche leitete, zufrieden gewesen sein, da er ihm eine "Prämie von 500 Talern auf Lebenszeit für seine Verdienste um Verbesserung der inländischen Tabakkultur" zuerkannte. 75 )

Unter diesen Umständen war es gewiß kein Glück für Preußen, daß Friedrich Wilhelm II. sofort nach seinem Regierungsantritt die Generaltabakadministration aufhob. Er behauptete, durch die von allen Seiten laut gewordenen Klagen dazu bewogen worden zu sein und brachte als Ersatz für das am 31. Mai 1787 wegfallende Monopol Erhöhungen des Zuckerzolls und einiger Sätze für Stempelbogen und Spielkarten. 76 ) Der Plan zu einer nach Klassen eingeteilten direkten Steuer wurde infolge dringender Vorstellungen des Generaldirektoriums fallen gelassen.

Waren vorher die Klagen über den Druck des Monopols nicht verstummt, so brach sich jetzt die gegenteilige Auffassung Bahn. Eine bald nach Veröffentlichung der Kabinettsordre anonym erschienene Broschüre widerlegte die einzelnen gegen das Monopol vorgebrachten Beschwerden und betonte die Unmöglichkeit, den durch die Aufhebung des Monopols entstehenden Einnahmeausfall in besserer Weise zu decken. 77 ) Der Anonymus schloß mit dem dringenden Appell an den König, die Tabakadministration zu erhalten und den beklagten Übelständen durch Freigebung des Tabakbaues, Herabsetzung der Preise, Aufhebung der Blättermagazingesellschaft, Beschränkung der Visitationen usw., kurz, durch verständige Reformen zu beseitigen.


74) Charpentier, S. 151.
75) Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Tätigkeit, 1882, Bd. 2 S.186.
76) Stadelmann, Bd. 3, S. 99. - Charpentier, S. 153.
77) Charpentier, S. 154.
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Auch vom heutigen Standpunkte aus erscheint diese Auffassung als die richtige. Man kann Charpentier nur zustimmen, wenn er das Verhalten Friedrich Wilhelm II. bedauert: "Es war unzweifelhaft ein arger Fehler, ein von dem großen König seit langen Jahren sorgfältig gepflegtes und besonders geschätztes Institut ohne jeden ernsten Grund der wechselnden VoIksgunst zu opfern. Einige verständige Reformen würden die Übelstände desselben beseitigt, das Publikum versöhnt haben. Der preußische Staat hätte damit eine reiche und von Jahr zu Jahr wachsende Quelle sicherer Einkünfte erhalten." 78 )

Die Reue blieb nicht aus. Sehr bald sah man sich genötigt, die Erlaubnis zur Fabrikation wieder einzuschränken, und zwar auf diejenigen Personen - und auch nur in den Städten wohnhafte -, die durch ihre Kenntnisse sich dazu eigneten. Wirklich geriet auf diese Weise die Verarbeitung in die Hände einer Anzahl von Konzessionären, und es entstand somit ein viel schlimmeres Monopol, nämlich das zugunsten einzelner. 79 )

Trotz alledem entwickelte sich die Tabakindustrie; der Bau von Tabak wurde ausgedehnt, der Rohtabak fand guten Absatz in den Fabriken, die Tausende von Arbeitern beschäftigten und Millionen an Kapital in den Betrieb hineinsteckten. Aber man weiß doch nicht, ob dieser Umschwung der veränderten Besteuerungsform oder den allgemeinen Handelskonjunkturen, der Vermehrung der Bevölkerung und der Zunahme des Konsums zuzuschreiben ist. 80 ) Jedenfalls erfolgte nur zu schnell ein Rückschlag. Der Koalitionskrieg hatte die finanziellen Mittel des Staats erschöpft und, obgleich der König die schwierige Lage mit Sparsamkeit zu bessern suchte, so erwies sich eine Vermehrung der Einkünfte als unabweislich. Daher stimmte der König, obwohl schwer erkrankt, als man ihm den Plan zur Wiedereinführung des Tabakmonopols vorlegte, ihm zu. Vergeblich erhob der Minister von Struensee Gegenvorstellungen; am 24. Mai 1797 wurde die Einfuhr fremder Tabake verboten und durch das Deklarationspatent wegen Einführung der Generaltabakadministration vom 18. Juni 1797 die Angelegenheit wie folgt geregelt. Der Anbau des Tabaks sollte auch fernerhin freibleiben, sogar ausgedehnt werden dürfen. Die Ausfuhr rohen Tabaks dagegen wurde zu=


78) Charpentier, S. 163.
79) Stadelmann, Bd. 3, S. 100. - Charpentier, S. 156.
80) Charpentier, S. 157.
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gunsten der einheimischen Fabrikation untersagt. Allen im Lande erzeugten Tabak sollte die Administration zu bestimmten Preisen annehmen, die im voraus bekannt gegeben wurden. Die vorhandenen Fabriken sollten für königliche Rechnung übernommen oder, wo dieses nicht zweckmäßig erschien, auf eine billige Art abgefunden werden. Für Einrichtungskosten, Entschädigungen der Fabrikanten, Erwerb der erforderlichen Gebäude, Übernahme der Bestände war ein Kapital von 2 Millionen Talern bestimmt. Davon sollten 1 1/2 Millionen durch Aktien aufgebracht und 1/2 Million von der preußischen Bank hergegeben werden. Für die Aktien wurde eine Verzinsung von 6 Prozent in Aussicht genommen. Die Tabakspinner sollten fortan nur auf Rechnung der Administration tätig sein und dahin gestrebt werden, die geringen Sorten zum Besten des gemeinen Mannes so wohlfeil wie möglich zu verkaufen. Als man zur Verwirklichung dieser Vorschriften schritt, entstanden Unruhen. In den Kreisen der Produzenten herrschte Verstimmung, weil diese geglaubt hatten, sich auf eine längere Reihe von Jahren einrichten zu dürfen, und unter den Konsumenten entstand Unzufriedenheit, weil die neuen Steuern, die an die Stelle des Monopols getreten waren, fortbestehen sollten, obwohl man das Monopol wieder zu Ehren brachte. Da starb der König, und damit hatte das Monopol ein Ende. Friedrich Wilhelm III. hob das Deklarationspatent am 25. Dezember 1797 wieder auf. 81 )

Einen ebenso geringen Erfolg hatte das Monopol in

Sachsen-Weimar, wo der Herzog Ernst August (1688 bis 1748) 82 ) es im Jahre 1735 einzuführen versuchte. Da die bestehende Akzise wegen der Defrauden und der Einfuhr schlechten Tabaks nicht ergiebig genug war, errichtete das Edikt vom 1. August 1735 in Weimar eine herzogliche Tabakfabrik, aus der sich die Kaufleute zu geringen Preisen mit "tüchtig-untadel-haftem" Tabak sollten versehen können. Es wurde eine General-Inspektion zur Überwachung der Tätigkeit des Etablissements eingesetzt, der unter anderen der Kammerrat Ziesich angehörte, der schon in Bayreuth sich betätigte. Die Direktion wurde dem Ober-Kommerzienrat von Mengershausen übertragen. Nur Brief- und Pakettabak durfte in der Fabrik hergestellt und nur dieser im Lande vertrieben werden. Die Kaufleute sollten 12 1/2 Prozent als ihren Gewinn beim Verkauf genießen und in jedem


81) Stadelmann, Bd. 3, S. 97-107.
82) Karl Freiherr von Beaulieu Marconnay, Ernst August, Leipzig 1872, S. 200-202.
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Amte ein Faktor bestellt werden, bei dem man den Tabak zu Fabrikpreisen beziehen konnte. In Sachsen-Weimar so wenig wie in anderen deutschen Ländern war man mit der Neuerung einverstanden. Man redete von der neu angelegten Fabrik "spöttisch, ja disreputirlich", und das Kommerzkollegium sah sich daher zu einer Verordnung veranlaßt, die derartiges unfreundliches Vorgehen mit 24 Talern Strafe bedrohte. Infolgedessen schwieg man, aber legte sich im Tabakgenuß Rückhaltung auf. Die Gast- und Schankwirte hörten auf, Tabak für ihre Gäste zu halten, und eine andere Verordnung vom 7. November sah sich genötigt, gegen diesen passiven Widerstand einzuschreiten. Jeder Wirt wurde gezwungen, bei dem Faktor seines Amts für 1 Taler Tabak holen zu lassen und seinen Gästen anzubieten. Da trotzdem der in dem herzoglichen Etablissement vorhandene Tabak keinen genügenden Absatz fand, so wurden durch das Zirkular vom 10. Juni 1736 alle Gastgeber verpflichtet, sowohl in den Städten als auch in den Dörfern, je "nach Proportion davon einen Theil zu übernehmen und baar zu bezahlen, und zwar der kleinste und geringste nicht unter 12 Groschen". Nach Ausverkauf des Vorrats hatte das Monopol ein Ende.

Eine sonderbare Besteuerung war in der Grafschaft Hoya eingeführt worden. Dort hatten die älteren Versuche, die Einfuhr des Tabaks mit einem Zoll zu belegen, nicht zu einem für den Fiskus erwünschten Ergebnis geführt. Daher wurde am 18. Januar 1760 ein Tabakgeld angeordnet, das jede Mannsperson über 14 Jahre jährlich zu entrichten hatte, "es möge sich dieselbe des Rauchtabaks bedienen oder nicht". 84 )

In der Kurpfalz wurde der Gedanke an eine Besteuerung des Tabaks zunächst in der Anregung erstickt. Der Kurfürst Karl Ludwig trug sich mit dem Gedanken, sie auf dem Wege der Akzise zu verwirklichen. Aber bei näherer Überlegung sah er davon ab, da auf dem Tabak der Zehnte ruhte und eine neue Abgabe die fleißigen Hugenotten, die wesentlich der Tabakkultur oblagen, zu stark gedrückt hätte, während der Fürst sie gerade zu begünstigen wünschte. 85 )

Hatte nun Karl Ludwig von der Besteuerung absehen zu sollen geglaubt, so entwickelte sich in der Pfalz und besonders in und um Mannheim die Kultur der Tabakpflanze und in Mannheim neben dem Weinhandel gegen Ausgang des 17. Jahr=


84) J. H Bergius, Sammlung auserlesener teutschen Landesgesetze, 1782, Bd. III, 444.
85) August Findeisen, Die Akzise in der Kurpfalz, 1906, S. 21 ff.
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hunderts der Tabakhandel rasch und verhältnismäßig stark. Die Zubereitung des Tabaks war aber noch immer eine mäßige. Man rauchte grobgeschnittenen Tabak in Tonpfeifen. Der Raucher schnitt sich von den zu spiralförmig gedrehten Wickeln aufgedrehten Blättern seinen Bedarf herunter. Die Händler kauften den Rohtabak ein und ließen ihn in sogenannten Tabakstuben von ärmeren Leuten verspinnen. Mit den hierbei sich zeigenden Abfällen wußte man noch nichts anzufangen. In der Stadt Mannheim war der Stadtrat darauf gekommen, den Export von Tabak mit einer Abgabe von 10 Kreuzern pro Zentner zu belegen, jedoch bestand die Steuer nur ein Jahr. Außerdem mußten alle Tabakhändler ihre Ware auf der städtischen Wage abwiegen lassen und dabei 6 Kreuzer pro Zentner entrichten. Fremde Händler zahlten den doppelten Betrag. Schon 1682 eingeführt, wurde diese Abgabe doch viel umgangen, indem man den Tabak in Privathäusern wiegen ließ. Infolgedessen wurden die Städtischen Pförtner angewiesen, keine Fuhren mit Tabak passieren zu lassen, wenn sie nicht die Entrichtung des vorgeschriebenen Waggeldes nachweisen konnten. Seit dem Jahre 1690 suchte man alsdann, von dem Wunsche geleitet, den Handel mit Tabak in Mannheim zu konzentrieren, zu unterdrücken, daß der Tabak in den Dörfern gewogen wurde, verlangte vielmehr, daß er zu diesem Zwecke nach der Stadt gebracht würde. Doch gelang dieses Bestreben nur unvollkommen. 86 )

Hatte die Stadtverwaltung in Mannheim dahin gestrebt, aus dem Tabakgenuß für sich Vorteile zu ziehen, so gab auch die kurpfälzische Regierung die Absicht, den Tabak fiskalisch zu verwerten, nicht ohne weiteres auf. Im Jahre 1701 unter der Regierung des Kurfürsten Johann Wilhelm (1690 bis 1717) wurde der gesamte Ein- und Verkauf der pfälzischen Tabakernte an eine Gesellschaft von drei französischen Handelsleuten aus Straßburg überlassen. Jedoch der Erfolg entsprach den Erwartungen nicht und die Konzession hörte bald wieder auf. Erst 35 Jahre später unter dem Kurfürsten Karl Philipp (1717 bis 1742) gelang der Wurf, allein keineswegs auf die Dauer.

Durch den Wunsch bewogen, neue ergiebige Einnahmequellen erschIossen zu sehen, übertrug der Kurfürst Karl Philipp im Jahre 1736 einem spanischen Kavalier Pancorbo die Tabakverarbeitung und den gesamten Tabakhandel als Monopol. Schon lange hatte man es als unzweckmäßig empfunden, daß der pfälzische Tabak


86) Walter, Geschichte von Mannheim. Des Jubiläumswerkes "Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart" erster Band, 1907, S. 233.
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das Land unverarbeitet verließ, um in gebrauchsfertigem Zustande als ausländischer Rauch- und Schnupftabak nach einiger Zeit zurückzukehren. Der Stadtrat in Mannheim hatte deshalb in Erwägung gezogen, ob es nicht möglich sei, kapitalkräftige Fabrikanten aus dem Auslande zur Übersiedelung zu bewegen. Den Gewerbszweig wollte man fördern, weil er Hunderte oder gar Tausende von Händen in Bewegung setzen und das ausländische Geld durch den Verkauf ins Ausland herbeiziehen konnte, aber von dem Gedanken an ein Monopol war man dabei durchaus entfernt gewesen. Der Kurfürst, der wohl auf diese Weise schneller und sicherer zum Ziele zu gelangen gedachte, wählte jetzt den Weg des Monopols. Am Wall hinter dem Kapuzinerkloster in Mannheim wurde eine Manufaktur errichtet, Pancorbo zu ihrem Generaldirektor ernannt und ihm ein jährliches Gehalt von 4000 Fl. ausgesetzt. Drei Minister sollten als Inspektoren seine Tätigkeit überwachen.

Pancorbo nahm flugs unter Garantie des Kurfürsten ein Betriebskapital von 100000 Fl. auf und ging an die Arbeit. Ihm allein war das Recht zugesprochen worden, Tabak in der Kurpfalz zu fabrizieren und zu verkaufen. Aller in der Pfalz gewachsener Tabak mußte an ihn abgeliefert werden. Ein kurfürstlicher Erlaß hatte die dafür zu zahlenden Preise festgestellt:

3 1/2 Fl. für den Zentner bester Sorte, für die andern nach Verhältnis. Das erregte die erste Unzufriedenheit, denn die Bauern hatten bisher durchschnittlich bei freihändigem Verkaufe 4 bis 4 1/2 Fl. pro Zentner erhalten. Auch die Tabakwage wurde Pancorbo übertragen, der dafür jährlich an die Stadtkasse 1000 Fl. zu zahlen versprach.

Die Tabakernte in der Pfalz belief sich damals auf ungefähr 60-70000 Zentner im Jahr. So kam nun eine große Menge in den Mannheimer Magazinen zusammen, während der Inlandskonsum auf nicht mehr als 300 Zentner Schnupftabak und 450 Zentner Rauchtabak geschätzt wurde. Daraus erwuchs eine zweite Verlegenheit, nämlich der mangelnde Absatz. Ihn zu vergrößern, bemühte sich Pancorbo in Hessen-Darmstadt, in Württemberg, beim Erzbischof Clemens August von Köln. Doch war trotzdem ein genügendes und geregeltes Abströmen des fabrizierten Vorrats nicht zu erreichen. Infolgedessen gingen die erlösten Summen langsam ein, die Manufaktur wurde gezwungen, ihren Kredit in Anspruch zu nehmen, um die Kosten des Betriebs zu decken, die Tabakbauern wurden nicht bezahlt und die Wechselschulden häuften sich in erschreckender Weise.

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In wenigen Monaten hatte die Fabrik einen hohen Grad von Unbeliebtheit erreicht. Um die Mitte des Jahres 1737 war sie bereits wegen ihrer mißlichen Finanzverhältnisse ein Gegenstand des Spotts. Im Juli 1737 ergab eine Prüfung der Rechnung Passiva in der Höhe von 318000 Fl. Es war kein Wunder, daß die 4 Faktore in der Fabrik sich gegen den Herrn Generaldirektor auflehnten. Diesen focht das wenig an und er verkaufte, um sich der großen Vorräte zu entledigen, zu Schleuderpreisen.

Endlich im Februar 1738 wurde der Kurfürst gegen den Spanier mißtrauisch und ließ eine Kommission zur Prüfung des Rechnungswesens einsetzen. Sie erklärte alsbald, daß das Tabakwesen in einer solchen Konfusion sich befände, daß die Versendung und der Verkauf eingestellt werden müsse. Die Tabakspinner erhielten keinen Lohn mehr, die Tabakzubereiter beschwerten sich, daß ihnen jede Gehaltszahlung vorenthalten wurde, und die nach Frankfurt, Düsseldorf usw. abgeschickten Sendungen brachten kein Geld. Wie sollte man da den Kurfürsten befriedigen, der einiges von den 150000 Fl. jährlich, die sein Generaldirektor ihm prahlerisch jährlich in Aussicht gestellt hatte, zu sehen wünschte?

Pancorbo war, als man diese Entdeckungen machte, gerade auf einer niederrheinischen Reise, und man benutzte seine Abwesenheit, dem Kurfürsten über die Sachlage reinen Wein einzuschenken. Namentlich wurde hervorgehoben, daß verschiedene Gemeinden für den an Pancorbo gelieferten Tabak noch den Betrag von 38496 Fl. zu bekommen hätten. Der Kurfürst ließ diese Summe bezahlen, aber den Betrieb für Herstellung von Schnupf- und Karottentabak im Juni 1738 einstellen.

Der Herr Generaldirektor kehrte von der Reise zunächst nicht zurück, sondern begab sich über Hamburg nach London und beschwerte sich aus der Ferne beim Kurfürsten über die gegen ihn gerichteten Intriguen. Infolge einer dringlichen Mahnung fand er sich jedoch wieder in Mannheim ein, vermochte sich aber nicht zu entschuldigen, sodaß er im Februar 1739 die Weisung erhielt, das Land zu verlassen. Sein rückständiges Gehalt in der Höhe von 2000 Fl. wurde ihm ausgezahlt und der Kurfürst übernahm die ganze Schuldenmasse der Fabrik, wozu er allerdings moralisch und rechtlich verpflichtet war. Er ließ nun das Etablissement kommissarisch verwalten; allein alle Kommissariatsbeschlüsse und Sachverständigengutachten genügten nicht, das Unternehmen auf einen grünen Zweig zu bringen. Einer Compagnie de régie, die an die Spitze trat und wesentlich aus französischen Interessenten bestand, gelang es ebenfalls nicht, und als man im Jahre 1740

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eine Bilanz aufstellte, betrugen die Schulden 645894 Fl. Die Gebäude und Gerätschaften repräsentierten dagegen einen Wert von nur 50095 Fl.

Unter diesen Umständen ging das Etablissement ein und neue Anregungen zur Einführung eines Monopols, die von den Handelsleuten Bosque und Gambert ausgingen, im Jahre 1752 fanden bei dem Kurfürsten Karl Theodor, der unterdessen die Zügel der Regierung ergriffen hatte, keinen Anklang. Die neuen Antragsteller behaupteten zwar, daß Pancorbo an der "füreiligen Beurteilung des Publicums" zugrunde gegangen sei. Es habe ihm auch an Kapital gefehlt und seine Wirtschaft habe nichts getaugt. Nichtsdestoweniger blieb der Kurfürst bei seiner ablehnenden Haltung. 87 )

Von längerer Dauer, aber, wie es scheint, nicht von großem glänzenden Erfolg begleitet, war das Tabakmonopol im Fürstentum Würzburg. Am 17. August 1737 überreichte der italienische Graf Giovanni Battista Celini dem Fürstbischof Karl Friedrich von Würzburg eine Denkschrift über eine Neuregelung des Tabakhandels. Der Graf wollte gefunden haben, daß man in Würzburg einen sehr schlechten, geriebenen oder rappierten Tabak zu hohen Preisen verkaufe und die Hofkammer davon gar keinen Vorteil habe, während man in so vielen Ländern, in Frankreich, Spanien, Welschland usw., bereits angefangen habe, aus dem Handel mit Tabak eine beträchtliche Einnahme zu ziehen. Er wollte keine Fabrik zur Verarbeitung des Tabaks gründen. Sondern verwies in dieser Hinsicht auf die kürzlich eröffnete Manufaktur in Mannheim, von der man allen Tabak, wie man ihn wünsche, werde beziehen können. Er wünschte nur das Recht zum alleinigen Verkaufe des Tabaks von einem in Würzburg und demnächst an anderen Orten ebenfalls zu errichtenden Vorratshause. Er schätzte den jährlichen Verbrauch auf 1000 Zentner Rappé und war bereit, von jedem verkauften Zentner 3 Fl. an die fürstbischöfliche Kammer zu entrichten. Von sich aus wollte er zwei Beamten besolden, die im Interesse der fürstbischöflichen Finanzen die von ihm verkaufte Menge kontrollieren sollten. Vom Rauchtabak, bei dessen Vertrieb der zu erwartende Gewinn nicht so ansehnlich sein würde, behielt er sich vor, die zu zahlende Abgabe nach den einzelnen Sorten zu bestimmen, die durch vorzulegende Muster festgestellt werden könnten.

Wer dieser Graf Celini war, hat sich nicht ermitteln lassen. Jedenfalls war er ebenfalls in Mannheim, vielleicht an der


88) Nach Akten im Kgl. Kreisarchiv Würzburg.


87) Walter, Geschichte von Mannheim, 1907, I S. 466 ff.
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Manufaktur beteiligt, in nächster Nähe des erwähnten Generaldirektors Pancorbo. Der pfälzische Kurfürst schrieb, nachdem er in Erfahrung gebracht, daß der Graf in Würzburg ein Konkurrenzunternehmen in Gang bringen wollte, sehr entrüstet über ihn an den Fürstbischof in Würzburg, daß er "so vielfache Wohlthaten mit schändlichem Laster lohne". 89 )

Am 15. September 1737 ist es dann in der Tat zum Abschluß eines Vertrages zwischen dem Fürstbischof und dem Grafen Celini gekommen, demzufolge in Würzburg ein Vorratshaus eröffnet wurde, aus dem jeder Händler und Tabakkrämer sich mit dem nötigen Fabrikat behufs Verkauf im kleinen versorgen mußte.

Sehr bald regte sich Unzufriedenheit in den Kreisen der Konsumenten und Händler, indem man namentlich beklagte, daß der Graf den Erwartungen insofern nicht entsprach, als er ebenfalls fragwürdige Qualitäten zu hohen Preisen vertrieb. Er suchte sich mit dem Hinweis auf einen Preiskurant der Mannheimer Manufaktur zu rechtfertigen, doch wurde angenommen, daß er als an der Manufaktur Beteiligter die Fabrikate von ihr billiger bezog als fremde Kaufleute.

Aus mündlichen Verhandlungen erwuchs ein neuer Vertrag vom 19. April 1738, der die Position des Grafen festigte. Er setzte höhere Preise als bisher durch und zahlte zum Teil vom Ankaufswert der zu verhandelnden Tabake von je 100 Fl. Wert 8 bis 40 Fl. an die Kammer, zum Teil von je 100 Fl. Erlös 12 Fl. Ob er überhaupt wirklich regelmäßig die vereinbarten Summen der Hofkammer hat zugehen lassen, steht dahin. Jedenfalls wurden durch das Mandat vom 21. April 1738 der Bevölkerung die hauptsächlichsten Bestimmungen des Vertrages mitgeteilt und den Händlern die Preise vorgeschrieben, zu denen sie den eingekauften Tabak, natürlich unverfälscht und unvermischt, en détail abgeben durften. Vom 1. Mai 1738 an durften alle Handelsleute und Krämer nur im würzburgischen Vorratshause ihren Tabak erstehen. Niemand war berechtigt, weder ein Privatmann noch ein Händler, Tabak zu importieren. Strenge Strafen, zunächst in Geld, bei wiederholten Übertretungen neben der Konfiskation der Ware in schärferer Weise, drohten denjenigen, die das Mandat nicht respektieren würden. Die Zollbeamten waren angewiesen, keinen Tabak ohne einen fürstlichen Erlaubnisschein über die Grenze passieren zu lassen.

Die Klagen hörten auch in der Folge keineswegs auf. Man konnte nicht alle Sorten im Vorratshause bekommen, die im Mandat


89) Walter, Geschichte von Mannheim, 1907, S. 477.
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genannt worden waren, und, was man erhielt, war herzlich schlecht. Miserable Gattungen und in unbefriedigenden Packungsgrößen wurden verabfolgt, und der Händler war mit dem ihm zugebilligten Verdienste keineswegs zufrieden. Es muß wohl möglich gewesen sein, auf alle diese Klagen eine befriedigende Antwort zu finden, denn das Vorratshaus blieb bestehen und der Graf trug sich außerdem mit der Absicht, da in Mannheim die Manufaktur aufgehört hatte, eine eigene Fabrik anzulegen. Die Unterstützung, die er beim Kurfürsten nachsuchte, stieß bei der zur Beaufsichtigung des ganzen Tabakgeschäfts eingesetzten Tabakkommission auf Bedenken, die jedoch der Graf zu entkräften verstanden haben muß. Denn es kam in der Tat zur Eröffnung einer Fabrik, über deren Wirksamkeit sich leider nur nichts näheres ermitteln läßt. Im Juli 1742 gelang es dem Grafen noch einmal, eine Preiserhöhung zu erwirken, und bald darnach scheint er sein Etablissement verkauft und Würzburg den Rücken gekehrt zu haben.

Unter dem neuen Fürstbischof Franz Anselm wurde im Jahre 1748 das Tabakwesen neu geregelt, jedoch an den Grundsätzen des Monopols nichts geändert. Alle Privatpersonen und Händler mußten sich in den Magazinen zu Würzburg und Neustadt a. S. mit Tabak versehen und keiner durfte Tabak einführen, "es seye wenig oder viel, weder in Rollen, Schleifen oder Stangen oder Paqueten, weder gantz, rapirt, gemahlen oder grenirt". Ein neuer Apaltist, d.h. Pächter, der an die Stelle des Grafen Celini trat, taucht ungefähr seit dem Ausgange der 40er Jahre auf. Wie dann die Entwicklung in den nächsten 25 Jahren gewesen ist, kann aus Mangel an Nachrichten nicht verfolgt werden. Erst eine Landesverordnung vom 22. Juni 1779 verfügt das Aufhören des Tabakapalto und führt den freien Tabakhandel wieder ein.

Überblickt man die Reihe dieser vorstehend in Kürze erzählten fruchtlosen Versuche zur Einführung des Monopols auf deutschem Boden, so begreift man wohl die Mißstimmung, die in der Gegenwart sich stets gezeigt hat, sobald der Monopolgedanke auftauchte. Aber man versteht weniger gut, daß in Deutschland nicht hat glücken wollen, was in anderen Ländern, allerdings zum Teil auch unter dem Widerstand der Bevölkerung, schließlich mit ent-schiedenem Erfolge für die Finanzen des Staats durchgesetzt worden ist. Sicher ist in Deutschland, wo man in alter Zeit sich mit dem Monopol beschäftigt hat, mit großem Ungeschick vorgegangen worden. Die übereinstimmenden Züge dieser in ihren Einzelheiten besondere Wege gehenden Entwicklung zeigen Fremde, Abenteurer, häufig jüdische Geldleute, die unter starker Übertreibung der zu

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erwartenden hohen Einnahmen die Landesfürsten geneigt zu machen wissen, auf ihre Pläne einzugehen. Nicht die Absicht, einen zu erzielenden Gewinn in die Staatskassen zu leiten, sondern den hohen Gewinn für sich zu erreichen bewegt die Unternehmer. Da sie nun die hohen Pachtsummen, die sie in Unkenntnis der tatsächlichen Dinge angeboten haben, nicht herauszuwirtschaften vermögen. so greifen sie zu dem Mittel der Verschlechterung der Güte der Fabrikate. Damit machen sie natürlich den Monopolgedanken von vornherein unpopulär und erwecken die Vorstellung, als ob mit dem Monopol die geringe Güte des Tabaks in ursächlichem Zusammenhange steht. Vielfach mag die übertriebene Gewinnsucht die Pächter dazu veranlaßt haben, mit unnachsichtlicher Härte gegen die Übertreter der gesetzlichen Bestimmungen vorzugehen und durch Herabminderung der Qualität sich reichlichere Einnahmen zu verschaffen. Gegen das Monopol und die Richtigkeit sprechen diese ergebnislos verlaufenen Versuche nicht. Sie können nur lehren, wie es nicht gemacht werden muß, wenn man die Fabrikation des Tabaks und den Handel mit ihm zum Wohle der Gesamtheit finanziell verwerten will.


3. Die Besteuerung des Tabaks in Mecklenburg unter Herzog Christian Louis I.

Zeitiger als in den genannten Ländern und interessanter Weise sogar früher als in Frankreich ist man in Mecklenburg zur Einführung des Tabakmonopols geschritten. Bereits unter dem 8. Mai 1671 erteilte der Herzog Christian Louis dem Handelsmanne Levin Salomon das Recht, in der Residenz Schwerin und im ganzen Lande Tabak zu verkaufen. In dem Mandat werden alle Amtleute, Küchenmeister, Bürgermeister usw. angewiesen, den Privilegierten in dem Betriebe seines Geschäfts nicht zu hindern. Was er für die Erlaubnis zu zahlen hatte, wird nicht gesagt;

jedenfalls hatte er kein ausschließliches Recht zum Handel. Er wohnte auf der Schelfe in Schwerin, wo er ein der Witwe Mölln gehöriges Haus gemietet hatte. 90 )


90) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 2.
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Unbekümmert um dieses einem einzelnen zugestandene Recht erteilte der Herzog etwa zweieinhalb Jahre später einem anderen, ebenfalls auf der Schelfe in Schwerin wohnenden Handelsmanne Nathan Bendix, das Privilegium exclusivum zum Tabakhandel im ganzen Lande. Unter günstigen Bedingungen übernahm dieser das Geschäft. Er blieb vier Jahre hindurch "von allen Contributionen und Beschwerden, wie sie Nahmen haben mögen, exempt" und zahlte als Pacht die Summe von 130 Rtlr. jährlich. Überall im Lande durfte er sich frei bewegen. Er allein bekam das Recht zur Einfuhr von Tabak und war verpflichtet, allen zu verkaufenden Tabak mit seinem Stempel zu versehen. Daß man ihm das Recht zugestand, seine gestorbenen Familienmitglieder in Schwerin beerdigen zu lassen, und ihm in Aussicht stellte, auch anderen Juden Privilegien zur Niederlassung und zum Handel verleihen zu wollen, ist wohl als ein Beweis besonderer herzoglicher Gnade für den Bewerber anzusehen.

Diese Abmachungen erfolgten am 13. Dezember 1673, 91 ) aber ihre Veröffentlichung scheint nicht früher als im Mai des nächsten Jahres erfolgt zu sein. Denn um diese Zeit bewarb sich Bendix bei der Kammer noch erst um einen Stempel, den der Goldschmied anfertigen sollte, und um Namhaftmachung von ehrbaren und angesehenen Männern in den einzelnen Ämtern, bei denen er zur Bequemlichkeit der Krämer Stapel von seinem Tabak errichten könnte. 92 )

Auf ein Mandat vom 15. Mai 1674 nimmt denn auch das spätere vom 1. Juli desselben Jahres Rücksicht. Und so scheint man die Einführung des Tabakmonopols in Mecklenburg von diesem Tage an datieren zu können. Diese erste Ausfertigung hat sich, wie es scheint, nicht erhalten, und man kann nur aus dem vorangegangenen und dem nachfolgenden schließen, daß es lediglich auf ein Handelsmonopol abgesehen war. Bendix erwarb das Recht zum alleinigen Handel und Import von Tabak. Alle vorhandenen Vorräte mußten die Krämer vor Gericht deklarieren und waren gezwungen, fortan nur von ihm ihren Bedarf zu beziehen.

Aber wie in anderen Ländern machte man die gleichen Erfahrungen mit dem Widerstande der Bevölkerung. Bereits im Juli klagte Bendix darüber, daß die Krämer sich verbunden hätten, keinen Tabak von ihm zu kaufen, und einige ihm mitgeteilt hätten,


91) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien Nr. 3.
92) Ebenda, Akten Nr. 4.
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daß die Vorräte für ein halbes Jahr besäßen. 93 ) Er suchte darum nach, sämtliche Krämer zu veranlassen, ihre Vorräte genau gerichtlich aufzugeben und ihnen alsdann nach Maßgabe der Mengen einen Termin anzusetzen, bis zu dem sie sich ihrer entledigt haben müßten. In Zukunft sollten sie angehalten werden, ausschließlich von ihm Tabak zu beziehen. Selbst die auf den Jahrmärkten ausstehenden Krämer sollten in Zukunft nur den bei Bendix gekauften Tabak feilbieten dürfen.

An dieses Mandat schloß sich in demselben Monat 94 ) ein anderes, das die ".Kraut-Krämer" aufforderte, ihren Monats- und Jahresbedarf an Tabak anzugeben. Es hatten sich nämlich nach Aussage Bendix viele Krämer damit entschuldigt, daß in ihren Läden keine Nachfrage nach Tabak sei. In der Tat fanden jetzt in Schwerin, Parchim, Dömitz, vermutlich auch an anderen Orten, 95 ) Verhöre der Krämer statt, jedoch ohne den vom Pächter gehofften Erfolg. Die Krämer behaupteten, daß der Handel mit Tabak in den Händen vieler kleiner Leute sich befände. Krüger, Handwerker, selbst Soldaten ließen sich Tabak kommen und vertrieben ihn im Wege des Kleinhandels. Sie, die Krämer, seien nur wenig unter die Leute zu bringen in der Lage und könnten sich daher auch nicht verpflichten, von dem Pächter jährlich eine bestimmte Menge Tabak zu kaufen. Nur dann wäre dieses denkbar, wenn man jenen Kleinhandel ganz verbieten wollte. Dazu gesellten sich Klagen über den Stoff, den Bendix zur Verfügung stellte. Man sei an Brasilien-Kisten oder Preß-Tabak, Knaster- und Brief-Tabak gewölmt, Bendix aber führe vorzugsweise gelben Tabak, der weniger beliebt wäre und sich nicht lange halte.

Immerhin war man in diesen Kreisen gesonnen, sich mit den neuen Verordnungen einzurichten. Die Monopolinhaber - Nathan Bendix hatte mit Erlaubnis des Herzogs seinen Bruder Jakob kommen lassen, der nun in Parchim die Geschäfte führte - sollten nur untadelhaften Tabak liefern, keine höheren Preise als in Hamburg und Lübeck üblich fordern, den Krämern den Tabak auf Kredit geben und einen Abzug (Decort) für Tabak zulassen, der nicht rasch abgesetzt werden konnte und daher verdürbe. Auch sollten sie keine geringeren Mengen als zwei Pfund abgeben und in den Gasthäusern keine Niederlagen ihres Tabaks eröffnen.


93) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 7.
94) Am 27. Juli, Akten Nr. 8.
95) Schwerin, Archiv, Akten Nr. 10-16b, 18.
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Teilweise waren die Pächter geneigt, auf diese keinenfalls unbilligen Wünsche der Krämer einzugehen. 96 ) Indes wie entgegenkommend sie sein mochten, der Zustand wollte sich nicht bessern und die dem Herzoge vorgetragenen Klagen hörten nicht auf. In Bützow, Sternberg, Neubukow, Waren und Malchow hatte Bendix bis zum Januar 1675 noch nichts verkaufen können, obwohl er an diesen Orten Niederlagen ins Leben gerufen hatte. In Schönberg, Dassow, Brüel, Kröpelin, Warin, Hagenow, Parkentin, Klützer Ort, wo er allerdings noch keine Niederlagen eingerichtet hatte, war es ihm ebenso gegangen. 97 ) Er bat daher um strengere Einschärfung der Vorschrift, daß alle Engroshändler lediglich von ihm den Tabak bezögen, und um Anweisung an die Landreiter, auf jeden Unterschleif in Häfen oder Krügen auf dem Lande streng zu achten. 98 )

Das Ende vom Liede war, daß es mit der Zahlungsfähigkeit von Bendix schwach aussah. Noch nicht "seines Leibes Nahrung" wollte er verdient haben. Er mußte viel auf Reisen sein, mit 4 Gehilfen arbeiten und verdiente doch nicht hinreichend. Der allergeringste Tabakspinner in Hamburg verdiente nach seiner Ansicht mehr als er. Unter solchen Umständen konnte er im Januar 1675 die vereinbarte Pachtsumme nicht leisten, bat den Herzog, mit dem, was er seither erhalten, sich zufrieden zu geben und ihm von Ostern ab die Pacht auf 100 Taler zu ermäßigen.

Während solche Verhandlungen im Gange waren, die es dem Nathan Bendix leid machen mochten, sich überhaupt auf das gewagte Geschäft eingelassen zu haben, wußte der allgemeine Unwille in den handeltreibenden Kreisen der Bevölkerung gegen das Monopol sich auch bei den Ständen Beifall zu verschaffen. Auf dem Landtage zu Sternberg baten am 9. September 1674 die Abgeordneten der Städte in Anbetracht der Befürchtung, "daß dies höchst schädtliches Monopolium dem Lande nicht geringen Schaden zufügen und ein mehres nach sich ziehen möchte", daß "dieser praejudicirliche Tobackshandel möge wieder abgethan werden". Die Ritter- und Landschaft aber des Herzogtums Mecklenburg nahm den Gedanken auf und lehnte sich in einer "unterthänigsten Deductionsschrift in puncto gravaminum" vom 11. September 1674 ebenfalls gegen das Tabakmonopol auf, "wodurch die Städte


96) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 14.
97) Ebenda, Akten Nr. 19.
98) Ebenda, Akten Nr. 16d.
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und Ritterschaft mercklich graviret werden dürften". 99 ) Namentlich, daß der Herzog sich mit einem Juden eingelassen hatte, erregte Bedenken, und man schloß daher mit einem Appell an Seine Durchlaucht, er werde nicht wollen, "daß der ohnedem verdorbene freye handel undt Wandel vorauß von einem ungläubigen Juden eingeschrencket werden möge".

Sicher wäre es in hohem Grade bedeutsam, nachweisen zu können, wie der Herzog auf den Monopolgedanken gekommen ist. Am nächsten liegt es natürlich, an eine Beeinflussung von französischer Seite zu denken. Indes abgesehen davon, daß in der herzoglichen Korrespondenz sich keine Anhaltspunkte zu dieser Annahme finden, bleibt auch zu erwägen, daß Colbert's Edikt erst am 17. September 1674 veröffentlicht wurde, während der Herzog, der seit 1663 in Frankreich weilte, 100 ) bereits seit dem Dezember 1673 mit sich im Reinen war und spätestens am 15. Mai 1674 das erste auf das Monopol bezügliche Patent erließ. Unter den deutschen Ländern war zu dieser Zeit noch keins auf den Gedanken geraten, den Tabakhandel als ein Monopol in Anspruch zu nehmen. Auf eine Spur führt ein Bericht, der dem Herzog am 19. Mai 1670 von Schwerin aus gesandt wurde. Es heißt in ihm: "So melden sich auch Juden an in E. F. D. Landen zu handeln, mit denen man unsers unvorgreifflichen Ermessens auff etliche Jahre zu versuchen, doch nach Maßgebung der Reichs-Constitutionen alß welcher sich E. F. D. quatenus status imperii quoad jus recipiendi Judaeos ohn einige Zweiffel zu gebrauchen." Wenn hierin auch nur von der Erlaubnis für Juden, sich in Mecklenburg aufhalten und Handel treiben zu dürfen, die Rede ist, so wäre doch möglich, daß deren Angebot sich auch gerade auf den Tabakhandel erstreckt hätte. Der Herzog, in chronischer Geldverlegenheit, mochte dann im Interesse seiner Kasse zugegriffen haben, obwohl ja schließlich die zu erwartende Einnahme im Hinblick auf den Bedarf nie eine beträchtliche sein konnte. 101 )

Woher nun immer der Herzog sich die Anregung geholt haben mag, auf eine Würdigung des ständischen Einspruchs glaubte er sich nicht einlassen zu sollen. Auf die ihm gewordenen Vorstellungen erteilte er folgende Resolution. Es sei sein Vorsatz


99) Correspondence und Acta des auf den 7. September 1674 nach Sternberg ausgeschriebenen Landtag betreffend. Fasc. 1.2 ex Archiv. Suer. Vol. 16 num. 5.
100) Richard Wagner, Herzog Christian Louis I, 1906, S. 58 ff.
101) Über die Geldnot des Herzogs vgl R. Wagner, Herzog Christian Louis I., an verschiedenen Stellen, besonders S. 112, 75.
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nicht gewesen, die "Commercien" in ihrem Laufe zu hindern. Eine Beeinträchtigung oder Hinderung der Gewürzhändler und Krautkrämer sei nicht zu erwarten, da er die Pächter angewiesen habe, den Tabak an sie zu demselben Preise, wie sie ihn bisher in Lübeck oder Wismar hätten kaufen können, abzulassen. Wenn Bendix den Tabak nicht in der Beschaffenheit, wie ihn die Händler brauchten, besorgen könnte, würde er erlauben, daß sie ihn von anderswo her bezögen. Zunächst aber müsse die erlassene Vorschrift bestehen bleiben. 102 )

Die Stände beruhigten sich bei der ablehnenden Haltung des Herzogs nicht und wandten sich vielmehr an den Kaiser Leopold mit der Bitte um Vermittlung. Am 2. Januar 1675 gebot dieser dem Herzoge von Mecklenburg, bei einer Strafe von 10 Mark lötigen Goldes die Neuerung wieder abzuschaffen. Der Kaiser berief sich darauf, daß in der Reformation- und Polizei-Ordnung sowie den kaiserlichen Kapitulationen derartige Monopole und Verkaufsanmaßungen verboten wären. Dazu rügte er die Vergünstigungen, die der Herzog den Juden eingeräumt hatte. Man habe seither in Mecklenburg nie etwas von Juden gehört, geschweige denn ihnen erlaubt, Handel zu treiben. Nun müsse man fürchten, daß, nachdem sie die Tabakkonzession erschlichen hätten, sie auch für den Vertrieb anderer Waren gleiche Vorteile zu erlangen suchen würden. Das sei um so schlimmer, als die mecklenburgischen Städte "von aller Nahrung bereits entblößet" wären.

Zwei Monate später, am 12. März, wurde dann das Mandatum inhibitorium et cassatorium sine clausula der gesamten Ritter- und Landschaft des Herzogtums Mecklenburg contra Christian Ludwig vom Kammergerichtsnotar Jacobus Michael in Gegenwart zweier Zeugen, nachdem festgestellt worden war, daß der Herzog nicht auf seinem Schlosse in Schwerin anwesend, sondern verreist war, dem Kanzler Wedemann persönlich übergeben. 103 )

Der Herzog beantwortete die kaiserliche Einmischung zunächst damit, daß er am 3. April dem Handelsmanne Bendix sein Privileg erneuerte und die Pacht, wie jener gebeten hatte auf 100 Taler ermäßigte. 104 ) Bald darnach aber ließ er durch seinen Rechtsanwalt Ulrich David Kuehorn dem Kaiser eine Antwort zugehen, 105 )


102) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 22.
103) Ebenda, Akten Nr. 22. Das Original auf Pergament.
104) Ebenda, Akten Nr. 22b.
105) Am 16. April 1775.
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die in dem Gedanken gipfelte, daß bei dem Tabakhandel von einem Vitium monopolii im Sinne der Frankfurter Polizeiordnung von 1577 nicht die Rede sein könne. Nathan Bendix verkaufe nicht zu beliebigen Preisen, sondern das Precium würde nach beiderseitiger Übereinstimmung von Käufer und Verkäufer festgesetzt, und dieses falle erfahrungsmäßig nicht höher als in Lübeck oder Wismar aus. Dabei sei in Betracht zu ziehen, daß der Genuß des Tabaks überhaupt von zweifelhafter Bedeutung und daher seine etwaige Einschränkung durch ein Monopol nicht unstatthaft sei. "Es ist," heißt es in dem Schreiben, "der Taback diesser Eigenschafft und Natur, daß dem gantzen Lande consequenter der Ritter- und Landschafft kein Eintrag geschehen könte noch würde, wann derselbe zu verkauffen oder zu kauffen gäntzlich solte verbotten werden, da man ja dessen entbehren kann, selbiger ad luxum angesehen, denen die sich darzu gewehnen, mehr schädlich als beförderlich, wordurch öfftermahlen viele Ungelegenheiten, incendia und dergleichen excitiret werden."

Diese Argumentation klang nicht sehr überzeugend und vor allen Dingen, sie änderte nichts an der Sachlage. Das Monopol, das nach fürstlicher Auffassung keines war, blieb in Kraft, und da gerade an seiner Aufhebung den Ständen viel gelegen sein mußte, war es nur natürlich, daß die Ritter- und Landschaft noch einen Versuch unternahm, den Herzog zum Widerruf des Monopols zu bewegen. Durch den Mund des Anwalts Friedrich Ploennies trug sie dem Herzog ehrerbietigst vor, daß die "Distinctio inter merces necessarias et non necessarias" im Reichsgesetze nicht zu finden und das Monopol beiden gegenüber verboten wäre. Es seien die Monopolien eben "in allerley Wahren und Kauffmannsgütern" unerlaubt, "von den höchsten bis zu den geringsten", selbst ein Weinmonopol sei nicht zulässig, obwohl der Wein "ad vitae sustentationem" nicht gerade erforderlich sei. Überdies bekämpfte man die Auffassung von der Entbehrlichkeit des Tabaks. Dieser habe vielmehr großen Nutzen, "und nicht wohl entrahten werden kann von denen, die phlegmatischer complexion seyen oder auch sonsten nicht allemahl überflüssig zu essen haben, voraus bey Kriegeszeiten, da mancher Soldat und Musquetirer sich mit einem Stück Tobackern erhalten muß, wan er kein Brod hatt, wie die tägliche Erfahrung lehret". Man schien auch andeuten zu wollen, daß der Tabak auf diesem Wege zu teuer werde, obwohl das nicht direkt ausgesprochen ist. Man wies nur darauf hin, daß in Hamburg der Tabak wohlfeiler als in Lübeck oder Wismar eingekauft werden könne. Demnach bat man also den Herzog in

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Anbetracht der "augenscheinlichen Noht der hierunter Leidenden in den Landesreversalen undt allen Rechten höchst privilegirten Freyheit der Commercien alß der hier im Lande ohnedem genug beschwerten Landsassen undt Unterthanen mitleidentlich beherzigen" das Monopol aufzuheben.

Diese Replik wegen des Handels mit Tabak, "mercis per se fumosae vilissimae non sustentationem corporis sed beneficium temporis in otio comburendi facillime respicientis", wie es im herzoglichen Reskript heißt, erreichte den Zweck nicht, den sie beabsichtigte. Fast hat es den Anschein, als ob der Herzog geneigt gewesen wäre, dem Drängen nachzugeben. Wenigstens ließ er am 6. Mai 1675 schreiben, "er sei inclinirt gewesen, der Sachen ein Wandel zu schaffen, um sich dadurch des verdrießlichen liederlichen Klagens der Zeit auf Landtagen zu erwehren und die Zeit zu nützlichen Sachen, zu dem gemeinen Besten, zu keinen Extravagantien anzuwenden". Jetzt, nach Empfang der Replik, überwog wohl der Ärger, und er wies das Kammergericht an, wenn die Kläger "dieses geringfügigen Dinges" wegen den Instanzenzug weiter beschreiten wollen, ihnen seine frühere Erklärung, nämlich, daß es sich gar nicht um ein Monopol handele, zu wiederholen.

Es geht aus den Akten nicht hervor, wie die Angelegenheit verlaufen ist. Jedenfalls blieb der Herzog bei seiner Ansicht und erteilte den Pächtern, die nicht aufhörten - Nathan Bendix hatte sich mittlerweile mit Abraham Hagen assoziiert - sich über die Beeinträchtigung ihrer Privilegien und die Verletzung der ihnen ausschließlich zustehenden Einfuhr von Tabak zu beschweren, neue Ausfertigungen. Diese datieren vom 1. Oktober 1678, vom 26. Februar und 1. Juni 1679. Ja, der Herzog hatte nichts dagegen, daß die Einfuhrverbote, wie die Juden der damals üblichen Gewohnheit gemäß nachgesucht hatten, von der Kanzel in den Kirchen herab verkündet wurden. 106 ) Das Patent vom 1.Juni 1679 ist in bekannter Manier gehalten. Die Pächter sollten nur en gros, "weinigst zu Pfunden, gegen billigen leidlichen Preiß", Tabak verkaufen und hatten das alleinige Recht der Einfuhr. Um Unterschleif zu verhüten, sollten die Tabakrollen mit gewissen Stempeln versehen werden. Alle Behörden wurden angewiesen, die Inhaber des Privilegs zu unterstützen. Wie es mit dem im


106) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 26d, e, f, 28a, 26g. Schreiben an den Vizekanzler in Schwerin vom 16. Oktober 1678.
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Lande geernteten Tabak gehalten werden sollte und wie hoch das "Gewisse" war, das die Handelsleute zu zahlen erbötig waren, ist nicht im Patente gesagt.

In den maßgebenden Beamtenkreisen Schwerins war man mit dem Vorgehen des Herzogs gar nicht einverstanden. Seine Geheimräte sandten ihm, der in dieser Zeit in Hamburg weilte. 107 ) im November 1678 ein Schreiben mit dem dringenden Rat, die Sache aufzugeben. Man stellte Seiner Durchlaucht nach reiflicher Erwägung vor, daß die Juden geringen Vorteil böten, während hundertfältiger Schaden, viele Prozesse und große Verantwortung für Mecklenburg daraus erwüchsen. Das Monopol sei doch in den Reichsinstitutionen verboten, "denn es leidet herunter der gemeine nutz, die bürger in den Städten, welche sich und die ihrigen durch Handel und Wandel ernehren." Besser wäre es den Bürgern und Handelsleuten, eine Steuer für den Handel mit Tabak aufzulegen. "Das wahre und richtige Interesse der fürstlichen Durchlaucht liege nicht in Beneficirung dergleichen einzelner Personen, sondern in Vermehrung des Landes Einwohner, Besetz- und Erhaltung der Städte."

Doch auch solchen gewiß treu gemeinten Ratschlägen gegenüber verhielt sich der Herzog ablehnend. Willig gab er den Klagen der Pächter, daß sie durch Unterschleif zu kurz kämen, nach. Unnachsichtig ließ er diejenigen, die Tabak, der nicht von den Pächtern gekauft worden war, verhandelten, verfolgen und lieh den Pächtern gerichtlichen Beistand gegen ihre "morosos debitores". 108 ) Wenn auch der Unwille der Einwohnerschaft gelegentlich stark zum Ausdrucke kam, an der Sache wurde nichts geändert. Der Herzog war nicht im Lande und erfuhr vielleicht gar nicht von den Beschwerden, die gegen das Monopol laut wurden. In Schwerin kam es z. B. bei einem Verhör von drei des Handels mit nicht von Bendix gekauftem Tabak beschuldigten Personen dazu, daß diese in die Worte ausbrachen, "wie das ganze Land sich mit ungleich größerem Fueg über den Kläger zu beschweren mehr den zu viel Ursach haben möge".

Am Ende des Jahres 1680 schien insofern eine Wendung sich anbahnen zu wollen, als Nathan Bendix sich vom Geschäfte


107) Das Schreiben ist unterzeichnet von Dr. V. Garmers, M. P. Burmeister und L. J. Krause. Über den Aufenthalt des Herzogs in Hamburg vgl Wagner, S. 133 ff.
108) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die den Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 31, 32, 36b, 38b.
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zurückzog, angeblich, weil er "so gahr großen und merklichen Schaden gespuret". 109 ) Jedoch war sein bisheriger Kompagnon Abraham Hagen bereit, die Pacht allein zu übernehmen, und war nicht minder hartnäckig in der Geltendmachung seiner Ansprüche wie früher beide gemeinsam. Doch muß der Herzog wohl allmählich anderen Anschauungen sich zugewandt und nach anderen den Mecklenburgern weniger anstößigen Persönlichkeiten umgesehen haben. Wenigstens wurde dem Hagen das Privileg, als es im Jahre 1683 ablief, nur auf ein Jahr verlängert, während er die Prolongation auf 5-6 Jahre nachgesucht hatte, 110 ) doch vermutlich als ein Anzeichen dafür aufzufassen, daß sein Gewinn nicht so klein sein mochte, wie Bendix zu behaupten beliebt hatte. Wenn Hagen selbst erklärte, er verdiene so wenig, daß er sich genötigt gesehen habe, zwei seiner Arbeitsleute zu entlassen, wird man das kaum für bare Münze nehmen können. Endlich war indes auch Hagen so weit, daß er als ein alter schwacher Mann den Handel nicht mehr fortsetzen zu können glaubte und eine Übertragung seines Privilegs auf seine Verwandten erbat. 111 )

Wie die Stände sich während dieser ganzen Zeit mit dem Monopol absanden, ist nicht klar. Höchst wahrscheinlich hatten Sie, wie die Sache einmal in Mecklenburg lag, mit ihrer Opposition Recht. Handel und Verkehr in Tabak waren gelähmt, langwierige Prozesse und Verhandlungen wegen Übertretungen erbitterten die Einwohner, und schließlich war der Gewinn für den Fiskus ein nur bescheidener. Faktisch weisen die Rentereirechnungen nicht mehr als 100 Taler jährlich auf, die die Pächter zahlten. Es müßte wunderbar zugegangen sein, wenn diese dabei nicht reich geworden wären. Angesichts einer so geringfügigen Summe wird man fast zu der Annahme gezwungen, daß es dem Herzog schließlich auf die Einnahme nicht mehr ankam. Er mochte an das Monopol herangegangen sein mit ganz übertriebenen Vorstellungen über seinen fiskalischen Wert. Längst mochte er eingesehen haben, daß diese Hoffnungen sich nicht erfüllen ließen. Wenn er trotzdem an der Einrichtung festhielt, so mochte die Starrheit seiner Ausfassung den Ständen gegenüber daran Schuld haben. Es verstieß wider sein Selbstbewußtsein, nachzugeben und zuzugestehen, daß er sich geirrt habe. Eine Stelle aus einem von Paris an seinen Kanzler


109) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 34.
110) Ebenda, Akten Nr. 36, 39b.
111) Ebenda, Akten Nr. 42, am 4. Juli 1683.
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in Schwerin gerichteten Brief 112 ) charakterisiert seine Anschauung. Zwar nicht gerade in bezug auf den Tabakhandel gemeint, kann sie doch als typisch für die Behandlung aller derartiger einschlägiger Fälle gelten. Der Herzog wollte das Salzregal, das er schon im Jahre 1670 vergeblich angestrebt hatte, aufs neue einführen und schrieb deshalb dem Kanzler, daß man sich an die unbefugte Opposition im geringsten nicht kehren solle. "Unsere Authorität und Interesse", fährt das Schreiben fort, "erfordert es, und weiln die Stände sich so gegen ihre Landesherrschaft comportiren, muß man auch weiter keine Mesures mit ihnen in Acht nehmen, sondern sich unser zustehenden Potestät unbeschrenckt gegen Sie und Ihre vermeintliche Reversales gebrauchen." An dieser Unversöhnlichkeit und Unbeugsamkeit der Gesinnung mußte jeder Versuch der Stände, weniger drückende Zustände herbeizuführen, scheitern.


4. Die Besteuerung des Tabaks in Mecklenburg-Güstrow unter dem Herzog Gustav Adolf

Während in Mecklenburg-Schwerin das Monopol auf diese Weise einen harten Stand hatte, ging es dem Herzog Gustav Adolf in Mecklenburg-Güstrow mit seinen Plänen nicht besser. Ein gelehrter, theologisch angeregter Herr, der mehr in geistlichen als in weltlichen Dingen bewandert war, erfuhr er das Mißgeschick, daß seine Finanzwirtschaft in starke Unordnung geriet. 113 ) Dieser Umstand, zusammen mit dem Vorgehen seines Schwagers und dem Beispiele anderer deutscher Fürsten, mag ihn veranlaßt haben, auch seinerseits zur Einführung des Monopols zu schreiten. Wieviel er faktisch für das erteilte Privileg erhielt, ob er überhaupt eine Einnahme bezogen hat, bleibt freilich nach den Akten dunkel.

Herzog Gustav Adolf erteilte im Jahre 1677 seinem Faktor und Diener Christian Wilhelmsen das Privileg, in Boizenburg eine Tabakspinnerei zu eröffnen und im ganzen Lande den Handel mit Tabak betreiben zu dürfen. 114 ) Außer ihm durfte niemand


112) Kopiebücher des Herzogs Christian Louis im Archiv, Schwerin, Schreiben vom 10. März 1684.
113) Ernst Boll, Geschichte Mecklenburgs, 1856, Bd. 2, S. 195.
114) Acta betreffend das von Herzog Gustav Adolf dem Christian Wilhelmsen erteilte Privileg. excl. Schwerin, Archiv.
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Tabak fabrizieren, einführen und mit ihm handeln. Alle Krämer und Gewürzhändler, die unter ihren Artikeln Tabak führten, waren verpflichtet, ihn von Wilhelmsen zu entnehmen. Dieser versprach, den gesuchten Stoff unverfälscht zu Hamburger Preisen zu liefern, und den Beamten wurde befohlen, darauf zu achten, daß kein anderer Tabak ins Land dringe.

Kaum bekannt geworden, rief das Monopol sofort den Unwillen der Stände hervor. Bereits am 7. Januar des folgenden Jahres lief ein Protest der Ritter- und Landschaft gegen das dem Wilhelmsen zugestandene Privileg ein. Man betonte, daß dergleichen Monopole sowohl den gemeinen kaiserlichen Rechten als auch den "constitutionibus imperii" direkt entgegenstünden und die "Libertät der Commercien" nicht beschränkt werden dürfe. Der Vorteil des einen bewirke den Ruin unzähliger anderer. Daher wurde der Herzog um Zurücknahme der Konzession gebeten. Gleichzeitig, jedoch wohl in der Voraussicht, daß der hohe Herr wenig Neigung haben würde, dem Ansinnen nachzugeben, drohte man, beim Kaiser vorstellig zu werden, falls das Monopol bestehen bliebe.

So ging denn das Schicksal in Mecklenburg-Güstrow denselben Gang, und es wiederholten sich die Ereignisse, die wir in dem anderen Teil des Fürstentums festgestellt haben. Am 16. August 1678 erfolgte das kaiserliche Gebot an Gustav Adolf, das Monopol wieder aufzuheben, und am 17. Dezember desselben Jahres wurde das Mandat durch Franziskus Matthiassen, den Notar des Kammergerichts, in Güstrow insinuiert.

ES war hier ausgeführt, daß die Monopole nach den geltenden Reichsgesetzen verboten seien. Man wies auf die schädlichen Wirkungen hin, die Mecklenburg in wirtschaftlicher Hinsicht erfahren würde, falls das Tabakmonpol aufrecht erhalten bliebe. Schon jetzt wären die Städte in bezug auf Handel und Gewerbe schlimm daran. Immerhin hätten die Krämer doch dabei verdient, daß sie in Lübeck und in anderen benachbarten Seestädten Tabak gekauft und verkauft hätten. Das würde in Zukunft aufhören und man werde offenbar den Mecklenburgern untersagen, Tabak zu verkaufen. Das Mandat schloß mit der Behauptung, daß der Herzog im Schwerinschen ebenfalls hätte nachgeben und das seinem Juden erteilte Privileg wieder aufheben müssen.

Dies letztere war, wie wir gesehen haben, allerdings nicht ganz der Wahrheit gemäß, und diese Tatsache der Fortdauer des Monopols im Nachbarstaate hatte dem Herzog Gustav Adolf unmöglich verborgen bleiben können. Indes auch ohne dieses Beispiel, das ihn in seiner Haltung bestärken konnte, vermochte der Herzog

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gewichtige Gründe für sein Vorgehen anzuführen, die er auch nicht verfehlte, dem Kaiser am 25. Februar 1679 vortragen zu lassen. Der Herzog war der Ansicht, daß das von ihm erteilte Privileg anderer Art sei als die in der Polizeiordnung von 1577 Tit. 18 § 1 ausgesprochenen Verbote. Jene richteten sich gegen diejenigen, "welche allerley wahren und kauffmannsgüther in ihre hand und gewalt allein bringen, auff- und fürkauff damit zu treiben und denselben waaren einen wehrt nach ihrem willen und gefallen zu setzen". Solches aber habe er gar nicht im Sinne. Vielmehr habe der Pächter Wilhelmsen gelobt, den Tabak gut und zu dem mäßigen Preise, wie er in Hamburg gezahlt werde, ohne Aufschlag zu liefern. Das "fürnembste Kennzeichen" eines Monopols fehle mithin. Auch sei es ein Unterschied, ob Privatpersonen sich den Vorteil anmaßten oder von der Landesherrschaft aus bewegenden Ursachen unter bestimmten unschädlichen Bedingungen das ausschließliche Privileg zum Handel an einen einzelnen verliehen werde. Der letztere Ausweg sei das einzige Mittel, Manufakturen in die Höhe zu bringen. Wenn der Unternehmer nicht die Sicherheit habe, eine Zeitlang allein die Vorteile seines Geschäfts zu genießen, so wolle er nichts wagen. Auch die Tabakspinnerei sei eine derartige Manufaktur, die zu befördern man ein Interesse hätte, und Manufakturen auf diesem Wege ins Leben zu rufen, könne keinem Landesherrn verwehrt werden. Der Herzog schloß seine Ausführungen mit der Versicherung, er werde darüber wachen, daß kein Mißbrauch des Monopols stattfinde, und ersuchte daher den Kaiser, sein Mandat rückgängig zu machen.

Wie sicher der Herzog seine Auffassung verteidigt haben mochte, so ist ihm doch offenbar zweifelhaft gewesen, ob man seine Beweisführung allgemein anerkennen würde. Deswegen beauftragte er seinen Anwalt, sich an einen berühmten Rechtskundigen auswärts zu wenden. Als solcher war ihm sein früherer Kanzler und geheimer Rat Johann Schlüter bekannt, der im Jahre 1678 einem Rufe als Syndikus nach Hamburg gefolgt war. Schlüter, der die Akten durchsah, hielt den Fall für bedenklich. Zwar liegt seine Ansicht nicht unmittelbar vor. Allein man erfährt sie aus einem an den Herzog gerichteten Schreiben, dessen Verfasser sich nicht nennt, der aber kaum ein anderer als der herzogliche Anwalt gewesen sein dürfte. Der Schreiber des Briefes meldete von Schlüter, "daß er der Sachen nicht viel getrawet und einen widerwertigen Spruch befürchtet". Als äußerstes Mittel schlug Schlüter die Einreichung einer Duplik beim Kammergerichte

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vor, "welches sonsten nicht leichtlich geschiehet", und wovon er sich offenbar wenig Erfolg versprach. Dieser Auffassung trat der Briefschreiber bei. Im Grunde laufe der Vertrag mit Wilhelmsen doch auf ein Monopol hinaus, "wie man es auch beschönigen mag", und er riet daher dem Herzoge, einen neuen Vertrag abzuschließen, in welchem die Klausel der alleinigen Berechtigung zum Handel ausgelassen würde.

Unterdessen erfolgte am 11. April 1679 die Entgegnung der Ritterschaft auf die herzogliche Auslassung. Ihr Verfasser, der Advokat Plönnies, der seine Kunst im Angriff auf das Monopol bereits bewährt hatte, trug folgenden Gedankengang vor. Das Zugeständnis an Wilhelmsen ist und bleibt doch ein "formales unstreitiges Monopolium". Es sei "ad formam monopolii genug, wann Jemandt einige Handlung an sich allein ziehen und andere daran excludiren will". Die Versprechungen, die der Privilegierte gemacht hat, wird er nicht halten. Statt virginischen oder anderen kostbaren Tabaks wird er "schlechten und stinkenden Musquetirer Toback" feilbieten. Ob die Preise, die er fordert, mit den in Hamburg und Lübeck üblichen sich auf dem gleichen Niveau halten werden, wird man schwerlich erfahren können, und wollte man Nachforschungen anstellen, so wird das vielleicht bei Hofe als eine "Violation desPrivilegii" angesehen. Ein Unterschied zwischen dem Monopol Privater und dem einer Staatsregierung ist unzutreffend. Monopole sind eben nirgends im Deutschen Reich "unter keinem Schein" geduldet. Das Gefährlichste an ihnen ist, daß sie immer weiter um sich greifen. Was heute im Tabakhandel geschieht, kann morgen in Wein, Salz, Gewürzen oder anderen Kaufmannswaren verfügt werden. Am wenigsten paßt die Berufung, daß man eine Manufaktur nur durch Schutzmaßregeln emporbringen können. "Denn so weinig andere Kreutter, so auß der Erde wachsen und einiger Zubereitung bedörffen, ehe und bevor sie zu des Menschen Nutzen fueglich gebraucht werden mögen, sub praetextu artis manuariae einem Menschen allein unter die Hand gegeben werden können, ebensowenig bedarf auch der Toback eines Monopolii deßwegen, daß er umb mehrer Bequemlichkeit willen in Rollen zusammengemacht wirdt, das er ohne Gebrauch einiger Manufactur solcher gestalt wie er von Nattur wächst, eben den usum hat, alß wann er commodioris transportationis caisa zusammen gerollet wirdt."

Auf den Herzog machten diese Ausführungen zunächst so wenig Eindruck wie die Ratschläge seines Anwalts. Das Privileg, das er Wilhelmsen erteilt hatte, war er gesonnen zu halten. Wieder=

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holt hatte er auf dessen Ansuchen Nachforschungen anstellen lassen, ob der von Krämern verkaufte Tabak auch von ihm genommen wäre, und z. B. u. a. einer Frau Apotheker Rugewald in Güstrow nicht weniger als 144 Pfund wegzunehmen angeordnet. So ließ er denn jetzt seine Idee nicht ohne weiteres fahren, sondern hielt sich an den von dem Juristen Schlüter in Hamburg gemachten Vorschlag, es mit einer Duplik beim Kammergericht zu versuchen. Seinem dortigen Anwalt Vergenius ließ er einige von seinen Räten aufgezeichnete Gesichtspunkte zugehen, nach denen er die Verteidigungsschrift ausarbeiten sollte.

Jedoch dieser Wunsch des Herzogs kam zu spät zur Kenntnis Dr. Vergenius. Am 14. Juni 1679 aus Güstrow abgegangen, gelangte das Schreiben erst am 6. Juli nach Speier in dessen Hände, d. h. nachdem am 4. Juli bereits die "ultima juridaca" und tags darauf der letzte Ratgang in "extra judicialibus" vor den Hundstagsferien gehalten worden war. Demgemäß war gegen die am 7. Juli erfolgte "Publicatio Sententiarum" nichts mehr einzuwenden, und dieses Urteil lautete dahin, daß der Herzog aufgefordert wurde, binnen drei Monaten das Privileg aufzuheben, widrigenfalls er zu der im Mandat angegebenen Strafe sich verstehen müßte.

Das Urteil war aber wunderbarerweise nicht gleich in der Kanzlei ausgefertigt worden, so daß Dr. Vergenius es erst am 12. August nach Güstrow zu schicken vermocht hatte. Und hier war unterdessen der Herzog anderen Sinnes geworden. Er war von selbst aus bewegenden Ursachen darauf gekommen, das Privileg dem Wilhelmsen zu kündigen, und man hatte nur "wegen vieler anderer Geschäffte es zu notificiren vergessen". Als jetzt das Urteil des Kammergerichts eintraf, wurde am 24. August 1679 die Unterlassung sofort gut gemacht. Damit war denn das Monopol in Mecklenburg-Güstrow aus der Welt geschafft.

Eine Reihe von Jahren verging, ohne daß man in Güstrow vom Monopol etwas hörte. Aber die Sicherheit, mit der dein fürstlicher Schwager an ihm festhielt, vielleicht auch die Erfahrung anderer Länder und der Wunsch, den geschwächten Finanzen aufzuhelfen, veranlaßten den Herzog Gustav Adolf, nach einem Jahrzehnt das Experiment zu wiederholen. Am 13. September 1689 befahl der Herzog seinen sämtlichen Beamten und insbesondere den Zolleinnehmern, die beiden Tabakhändler Franz Harz und Claus Schröter mit ihren Wagen frei passieren zu lassen, 115 )


115) Acta betreffend das vom Herzog Gustav Adolf dem F. Harz und Cl. Schröter erteilte Privileg. excl. Schwerin, Archiv.
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und am folgenden Tage erhielten die Genannten die Erlaubnis, in Güstrow eine Tabakspinnerei einzurichten und den Tabakhandel "ohn Jemandes Eintrag und Behinderung in unserem Herzogthume zu betreiben". Ausdrücklich wird auf die Konzession Bezug genommen, die der Jude im Schwerinschen erlangt hatte. Harz sollte die Erlaubnis in gleicher Weise wie jener benutzen und Tabak von allem Landzoll frei importieren dürfen. Alle Krämer und Händler sollten künftig nur von ihm den Tabak beziehen und lediglich den mit Harzschem Stempel versehenen Tabak verkaufen dürfen. Andererseits mußte Harz versprechen, guten und unverfälschten Tabak für billigen und gehörigen Preis zu liefern.

Es fehlt leider an Nachrichten, wie man dieses Mal in den ständischen Kreisen das Monopol aufnahm. Die über das zweite Monopol erhaltenen Akten sind sehr dürftig. Nur soviel steht fest, daß am 16. September 1689 die Konzession dem Harz auf 8 Jahre ausgereicht wurde, nach deren Ablauf sie auf seinen Sohn Franz Harz den Jüngeren übergehen sollte. 116 ) Die Rekognition, zu der sich die Händler verpflichteten, bestand in der Zahlung von 130 Speziestalern jährlich während der ersten Hälfte der Pachtperiode und 150 Speziestalern jährlich während der zweiten Hälfte. Im ganzen genommen waren demnach für acht Jahre die Summe von 1120 Talern zu erwarten, wovon 400 sofort "avanciret und ausgezahlet" wurden.

Doch das Monopol war nicht von so langer Dauer, als man geglaubt hatte voraussetzen zu können. Wohl wurden im nächsten Jahre wiederholt an den Stadtrichter in Güstrow und an die Beamten in Neubrandenburg, Malchin, Plau und Friedland Anweisung geschickt, den Schleichhandel mit Tabak zu unterdrücken und alle anzuhalten, ihren Tabak von den privilegierten Händlern zu erstehen. Indes diese hielten nicht, was sie in Aussicht gestellt. Weder lieferten sie guten Tabak noch zu billigem Preis, und außerdem wurden die Absichten des Herzogs nicht erreicht. Diese gingen dahin, "den Tobacksbau, welchen unsere Benachbarten mit guten Succeß angefangen", sowie seine Fabrikation zu befördern. Das gelang nun insofern nicht, als Harz fremden und anderswo gesponnenen Tabak einführte. Daher hob der Herzog am 23. Februar 1692 das Privileg wieder auf 117 ) und entschloß sich, das Monopol in eigene Regie zu nehmen. Er ließ in Güstrow von


116) Universitätsbibliothek in Rostock, Mk. 91, Mappe 14, Verordnungen von 1689/90.
117) Ebenda, Mappe 15, Verordnungen 1691/92.
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der fürstlichen Kammer eine Tabakspinnerei anlegen, die Tabak von gleicher Güte wie in Hamburg und an anderen Orten liefern und en gros abgeben sollte. An ihre Spitze wurde als Inspektor Johann Christoph Ilmer gestellt. Allen Gewürzhändlern und Krautkrämern, die mit Tabak handelten, wurde nun bei Strafe von 20 Talern befohlen, nur aus der herzoglichen Spinnerei den Tabak zu nehmen und keinen fremden, nicht mit dem Fabrikstempel bezeichneten Tabak zu verkaufen, es sei denn Knaster oder brasilischer Tabak.

Über die Schicksale dieser Manufaktur ist nicht viel bekannt. Der Herzog verlor sie bis kurz vor seinem Tode nicht aus den Augen, und noch nach seinem Hinscheiden hat sie eine Zeitlang bestanden. Aus Woldegker Stadtakten ergibt sich daß im Jahre 1694 118 ) der Herzog zwei kleinen Krämern auf die Spur gekommen war, die, wie es schien, den von ihnen zu verhandelnden Tabak nicht aus Güstrow zu beziehen pflegten und nun einen Eid leisten sollten, daß sie in Zukunft keinen fremden Tabak verkaufen würden. Dem einen ging diese Zumutung so nahe, daß er im folgenden Jahre den Handel ganz aufgab und der andere schloß sich ihm nach einiger Zeit an. Bemerkenswert ist in dem herzoglichen Reskript die Wendung, mit der auf die Konkurrenz der Refugiés in Bützow Bezug genommen wird. Es heißt daselbst: "So ist ja auch bekant, das die Wallonen nahe bei unß wohnen, den Toback häuffig bauen und gantz liederlich verkauffen, dahero der Toback alhier gar nicht abgehet und müsse man also großen Schaden leiden, weil der Güstrower Man nicht um den Preis verkauffen konte, alß die Wallonen dieses Ohrts ihren verkauffen. So kauffen auch fast alle diese Einwohner, so sich des Tobacks gebrauchen, ihren Toback von den Wallonen auff die Jahrmarckte, daß also schlechter Abgang desselben ist."

Herzog Friedrich Wilhelm setzte die Traditionen seines Onkels fort. Er bemühte sich, der Fabrik gutes Rohmaterial zu verschaffen und sorgte nach Kräften für guten Absatz im Lande. Im Jahre 1696 erteilte er dem Pächter der Manufaktur einen Paß zu einer Reise nach Straßburg behufs Ankauf von Tabak. Es läßt sich zwar nicht mehr feststellen, ob Strasburg in der Uckermark oder Straßburg in Elsaß gemeint ist. Jedenfalls sollte doch wohl ein edlerer Rohstoff, als er für gewöhnlich nach der Natur der Sache in Mecklenburg erzeugt werden konnte, zur Verarbeitung gelangen.


118) Schwerin, Archiv.
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Zur Verstärkung des Absatzes erließ der Herzog eine ganze Reihe von Mandaten, die stets sehr eindringlich gehalten sind. Nur legt allerdings ihre häufige Wiederholung nahe, daß ihre Wirkung eine geringe war. Vermutlich wurde viel Tabak geschmuggelt und man scheute sich nicht, solchen in Läden und Boutiquen feilzubieten. Verordnungen vom 6. März 1697, vom 20. April 1700, vom 29. Mai 1702, vom 11. Januar 1706 ziehen dagegen zu Felde und gebieten allen Bierschenken, Gewürzhändlern, Krautkrämern, lediglich Tabak zu verkaufen, der der Güstrowschen Spinnerei entnommen war.

Im übrigen scheint die Fabrik wohl im Zusammenhange mit dem ungenügenden Absatz keine glänzenden Geschäfte gemacht zu haben und wechselte in kürzeren Zwischenräumen ihre Pächter. Von vornherein zog nämlich die Regierung es vor, statt selbst zu wirtschaften, die Manufaktur zu verpachten. Der Herzog Gustav Adolf hatte den Kammerrat Schuckmann zur Pachtung veranlaßt, der allmählich bis zu 3000 Talern jährlich gezahlt haben soll. Wenigstens wird dieser Betrag in einer späteren Eingabe des Pächters Erasmus Giese vom Jahre 1701 angegeben. Derselben Quelle entstammt die Behauptung, daß Güstrower Kaufleute gegen den Herzog beim Kammergericht einen Prozeß wegen Anlegung der Fabrik angestrengt hätten, indes abgewiesen worden seien. Weder die eine noch die andere Mitteilung findet sich anderweitig bestätigt. Von Schuckmann ging die Pacht auf den Geheimrat von Löw über, der sie jedoch dem Johann Heinrich Leve (Lofe) abtrat. Dieser hatte sich mit dem kürzlich aus Magdeburg nach Güstrow verzogenen Erasmus Giese verbunden, und da im Jahre 1701 der Vertrag zu Ende ging, wandte er sich am 30. Mai an die Kammer mit dem Gesuch, ihm die Anstalt zu überlassen. Leve wollte somit offenbar das Geschäft nicht fortsetzen. Gleichzeitig mit Giese hatte sich der Hofjude Bendix Goldschmidt in Schwerin gemeldet, und ein Refugié, der zur Zeit in Wittstock als Tabakhändler weilte, war ebenfalls nicht abgeneigt, sich auf das Geschäft einzulassen. Giese trug den Sieg davon, obwohl er nicht mehr als 200 Taler Pacht versprochen zu haben scheint. Wenn diese Angabe zutreffend ist, so fällt aus ihr neues Licht auf die etwas sagenhaften 3000 Taler Pacht, die früher gezahlt worden sein sollten. Giese hat sich des Betriebs nicht lange erfreut. Am 11. Januar 1706 wird Jochim Schimmelmann als Arrendator der Tabakspinnerei genannt. Wie lange dieser die Leitung behielt und was aus der Manufaktur schließlich geworden ist, hat sich nicht mehr ermitteln lassen.


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5. Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin von 1688 bis 1699

Die Verwandten, die Abraham Hagen zur Pachtung des Monopols empfohlen hatte, hießen Michael Hinrichsen und Moses Israel Fürst. Am 14. August 1688 gestand der Herzog ihnen das Privileg zunächst auf ein Jahr zu, 119 ) verlängerte es jedoch am 27. Februar 1690 auf zwei Jahre. 120 ) Alle Ämter und Städte wurden aufgefordert, für die Veröffentlichung des Mandats zu sorgen, es an die "Schultzen- und Krughäuser-Thüren" anschlagen zu lassen und die Landreiter anzuweisen, alle unbefugten Tabakhändler zur Anzeige zu bringen.

Den beiden ersten Ausfertigungen des Privilegs sind im Laufe der Jahre mehrere andere gefolgt. Im Mai 1692 sollte mit den Juden der Vertrag erneuert werden, indes mit einer Einschränkung, sofern in den Ämtern und Städten Rehna, Gadebusch und Grevesmühlen einem anderen Handelsmann Moses Hinrichsen das ausschließliche Recht zum Handel eingeräumt werden sollte. Damit waren die beiden älteren Konzessionäre freilich nicht einverstanden. Sie baten, die dem Moses Hinrichsen einzuräumende Freiheit einstweilen noch für ein Jahr vorzuenthalten. Im übrigen stellten sie ihre pekuniäre Lage als wenig glänzend dar. Sie wollten innerhalb 5 Jahren 2500 Mark Schaden gehabt haben. 121 ) Daher baten sie um eine Ermäßigung der Pachtsumme, deren Betrag sie außerdem nicht in Speziestalern, sondern in Kurantmünzen zu erlegen wünschten. Schlauer aber als sie war der Moses Hinrichsen. Denn er bat nicht nur um die Erlaubnis, einen Bier- und Branntweinausschank sowie eine "Herbergirerey" in Rehna, d. h. in dem Bezirk, in dem man ihm den Handel zu verpachten geneigt war, eröffnen zu dürfen, sondern er stellte auch in Aussicht, zum Christentum übertreten zu wollen. 122 )

Was aus diesen Plänen geworden ist, ist unbekannt. Jedenfalls erwog man sie und beeilte sich nicht mit der Antwort. Im Herbste war eine solche noch nicht ergangen, so daß die Juden ihren Antrag am 10. November erneuerten. 123 ) Sie versprachen dabei die ganze Rekognition in dem Betrage, in dem sie früher


119) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin, 1690-1708, Nr. 1.
120) Gedrucktes Mandat in den Impressa archivi zu Schwerin.
121) Schwerin, Archiv, Akten Nr. 3.
122) Ebenda, Akten Nr. 6.
123) Ebenda, Akten Nr. 9.
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bezahlt worden war, nämlich 100 Rtlr. zu zahlen. Dafür wünschten sie freilich eine Ausdehnung des Privilegs auch auf den Handel mit anderen Waren. Wirklich bestätigte Herzog Friedrich Wilhelm von Hamburg aus am 16. November 1692 dem Michael Hinrichsen und dem Moses Israel Fürst unter den bisherigen Bedingungen das Privileg. 124 ) Der letztere muß jedoch bald darauf gestorben sein oder sich aus dem Geschäfte zurückgezogen haben, da am 19. Januar 1693 das Privileg auf Bendix Goldschmidt und Michael Hinrichsen übertragen wurde. Moses Hinrichsen - in welchem Verwandtschaftsverhältnis er zu Michael Hinrichsen stand, erhellt aus den Akten nicht - war somit übertrumpft worden. Weder aus dem Gasthaus noch aus dem Branntweinausschank und Tabakhandel war etwas geworden. Aber zum Christentum war er trotzdem übergetreten, und nun schwebte ihm der Gedanke vor, durch seinen Sohn Friedrich Wilhelm etwas zu erreichen. Er ließ diesen sich in Rostock als Tabakspinner etablieren und an den Rat mit der Bitte um ein Privileg sich wenden. Der Rat wollte aber nicht darauf eingehen, "weil man keine Monopolia mehr einzuführen gemeinet sey" und um augenscheinlich die Gewürzhändler, deren Rostock eine gewisse Anzahl besaß, nicht zu schädigen. Friedrich Wilhelm Hinrichsen war indes zähe genug, von seinem Vorhaben nicht ohne weiteres abzustehen, und wandte sich an den Herzog mit dem Gesuch, dem Rate in Rostock die Erteilung des Privilegs vorzuschreiben. 125 ) Gleichzeitig bewarb er sich um das Recht, auf den Jahrmärkten den Tabakhandel betreiben zu dürfen, 126 ) "da nicht zu beschreiben, was schlechte Nahrung in in Rostock sey", und dieses Gesuch befürwortete sogar der Rat beim Herzoge. Wahrscheinlich ist es ihm auch erteilt worden, obwohl Michael Hinrichsen, als er davon hörte, sofort den Herzog bat, die Erlaubnis zu verweigern. Es seien schon Privilegierte (Juden?) genug und die Erteilung des neuen würde sein Geschäft wesentlich beeinträchtigen.

Die aufeinander folgenden Ausfertigungen des Monopols lassen sich nicht alle in den Akten belegen. Am 26. Mai 1697 erfolgte jedenfalls eine Bestätigung, vermutlich auch im Jahre 1695 und im Jahre 1698. Wie es scheint, wurde nunmehr das Privileg auf längere Zeit erteilt.


124) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 7.
125) Ebenda, Akten Nr. 14.
126) Ebenda, Akten Nr. 18.
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Zu Beginn des Jahres 1701 machte sich eine Verlegenheit geltend, einen neuen Pächter zu finden. Vermutlich war das Geschäft doch ein mühseliges und verhältnismäßig wenig gewinnreiches. Denn Michael Hinrichsen, der gleichzeitig in Schwerin Hofjuwelier war, bewarb sich nicht um die Erneuerung des Privilegs, und als es ihm von der Kammer nahe gelegt wurde, es zu tun, erklärte er, sich nicht früher entscheiden zu können, als bis er sich mit seinem in Hamburg aufhaltenden Schwager Goldschmidt darüber verständigt hätte. 127 ) Schließlich kam indes doch auf der alten Grundlage der Vertrag zustande. Michael Hinrichsen und Goldschmidt erhielten das Monopol zum alleinigen Handel mit Tabak im Fürstentum Schwerin gegen Zahlung von 100 Talern jährlich, dieses Mal auf die Dauer von 6 Jahren. 128 ) Rechnet man vom Tage der Datierung des Patents, so wäre am 30. August 1707 die Pacht abgelaufen. Doch muß dann noch einmal eine Erneuerung stattgefunden haben, da die Rentereirechnungen, die seit dem Jahre 1683/84 eine Rubrik aufweisen "Von den Juden allhie auff der Schelfe wegen des Tobackhandels", zum letzten Male die Zahlung von 100 Rtlrn. Spezies für die Zeit von Johannis 1707 bis ebendahin 1708 registrieren.

Mit dem Jahre 1708 hört also das Monopol wieder auf, nachdem es unbeschadet des Einspruchs der Stände etwa 35 Jahre bestanden hatte. Der finanzielle Erfolg war kein großer gewesen. Denn vorausgesetzt, daß die Pächter regelmäßig bezahlt haben, was erst seit 1683/84 durch die Rentereirechnungen verbürgt ist, wären in dem genannten Zeitraum nicht mehr als 3500 Taler vereinnahmt worden. Diese verhältnismäßig geringfügige Summe war aufgebracht worden unter allgemeiner Unzufriedenheit der Bevölkerung und entschiedener Abneigung der Stände. Diese hörten nicht auf, über die Beeinträchtigung der Handelsfreiheit sich zu beschweren, und dieser Mißstimmung trug offenbar der Herzog Rechnung, als er schließlich das Monopol fallen ließ. In den Resolutionen vom 19. März 1708, die auf der "gemeinen Städte Angelegenheiten" in Schwerin erteilt wurden, heißt es: "ad 16. Die Monopolia sollen abgestellet und die freye Handlung mit allen Wahren denen Städten gelassen werden, jedoch sollen sie gehalten seyn die Seiffensiederei, wie wohl ohne einige Recognition dafür zu geben, fortzusetzen und den Toback, der alhie im lande


127) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 52.
128) Ebenda, Akten Nr. 58.
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gebauet wird, zu verarbeiten, damit diese Nahrung nicht aus dem lande gehe und das Geld dafür in die Frembde gebracht werde." Darin darf wohl die offizielle Bestätigung, daß es mit dem Monopol zu Ende war, erblickt werden. Nur die allgemeine Mahnung auf merkantilistischer Grundlage blieb, daß man den einheimischen Rohstoff nicht unbenutzt liegen lassen, sondern an seine Verarbeitung sich machen möge, um Zahlungen ans Ausland zu ersparen.

Die Schwierigkeiten der Durchführung des Monopols hatten sich während dieser ganzen Periode gezeigt. Entweder ließen sich die Pächter Übergriffe zu Schulden kommen und genügten den übernommenen Verpflichtungen nicht, oder es gelang ihnen nicht, den Widerstand der gegen sie voreingenommenen Bevölkerung zu überwinden. Die Krämer in Dömitz klagten z. B., daß die Juden auch den Handel en détail trieben, wodurch sie in ihrem Geschäftsbetrieb beeinträchtigt würden und für ihren von den Pächtern gekauften Tabak keinen Abnehmer fänden. 129 ) In Bützow erhob der Apotheker Clandrian, der früher selbst Tabakhandel getrieben und guten Hamburger Tabak zu 5 Schill. das Pfund abgegeben hatte, den Vorwurf, daß die Pächter "untauglichen Tabak" zu teuer zu verkaufen pflegten. 130 ) Dasselbe behaupteten die Kaufleute in Parchim und, wenn auch der Herzog die Monopolinhaber anwies, ihren Verpflichtungen getreu zu bleiben, 131 ) so hatte das nicht viel Wirkung. Denn die gleiche Anklage wurde bald wieder in Dömitz laut: Tabak im Werte von 4 Schill. das Pfund gäben die Pächter zu 7 Schill., solchen im Werte von 7 Schill. das Pfund zu 10 Schill. usw. Beim Brieftabak enthielten die Pakete statt der herkömmlichen 180 Briefe nur deren 140. Dazu verlangten sie bei der Bezahlung in Talern noch ein Aufgeld von 6 Schill. 132 )

Die Pächter versuchten sich von diesen Anschuldigungen zu reinigen. Doch sind ihre Mitteilungen viel zu undeutlich, als daß man die Überzeugung von ihrer Unschuld gewinnen könnte. Sie kauften angeblich den Tabak zu 2 1/2 bis 3 Schill. das Pfund ein und, indem sie alle Umstände berücksichtigten, als Zoll, Fracht, den Lohn an die Spinner und "Säuberer", die Unkosten für Wagen und Pferd, wenn sie auf die Jahrmärkte zogen, das Manko


129) Schreiben vom 12. Mai 1690. Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 2.
130) Ebenda, Akten Nr. 13.
131) Ebenda, Akten Nr. 23. Schreiben vom August 1694.
132) Ebenda, Akten Nr. 25.
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(25 Prozent sollten bei einem Zentner auf die Stengel gerechnet werden müssen), das schlechte Geld, das sie in Mecklenburg erhielten, während sie in Hamburg und Lübeck vollwichtiges bezahlen mußten, gelangten sie zu einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 4 Schill. das Pfund. Demgemäß glaubten sie beim Verkauf verlangen zu müssen für kleinen Tabak 4 Schill. 6 d., für Mitteltabak 6 Schill., für feinen Tabak 10 Schill. das Pfund, und behaupteten, daß man den Tabak nirgend billiger als bei ihnen erstehen könnte. 133 ) Ein völlig reines Gewissen aber haben die Herren Pächter kaum gehabt. Wenigstens schlossen sie mit den Krämern in Parchim einen Vergleich, laut welchem sie einige Zugeständnisse zu machen für gut befanden. Den feinen Tabak wollten sie zu 9 Schill., den mittleren zu 5 Schill. 6 d., den "Fetten" Tabak zu 4 Schill. 3 d. abgeben. Das Paket Brieftabak sollte für einen Taler 150 Briefe enthalten und bei Barzahlung versprachen sie Drittel- und Zweidrittelstücke für voll anzunehmen. 134 ) Freilich klagten später die Parchimer darüber, daß die Juden sich zu helfen gewußt und schlechteren Tabak geliefert hätten. 135 )

Man glaube nicht, daß die privilegierten Händler gerade in Parchim und Dömitz ihre Künste besonders übten. In Grabow, Neubukow, Warin trieben sie es nicht besser. Aus ersterer Stadt ertönt der Vorwurf, daß die Pächter den Tabak zu feucht verkauften, so daß, wenn er trocken geworden, man am Gewicht eingebüßt habe. In Neubukow wiederum beschwerte man sich, daß man für ein Pfund Rolltabak 11 Schill. habe geben müssen, das man in der gleichen Güte in Wismar für 7 Schill. erstehen könnte, und in Warin endlich empfing man für einen Taler nur 140 Briefe, während man in Wismar für den gleichen Geldbetrag 160 Briefe erhalten konnte. 136 )

Gegenüber diesen Erfahrungen begreift man schwer, daß der Herzog, der allerdings die Pächter stets zur Verantwortung zog, wenn Beschwerden gegen sie eingegangen waren, sehr streng auf Übertretungen des Monopols Acht geben ließ und immer neue Mandate zur Unterstützung der Pächter ausgehen ließ. Das geschah natürlich, um das ihnen einmal erteilte Recht nicht zu kränken. Aber wenn die Anordnungen sich so schwer und nur


133) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg- Schwerin 1690-1708, Nr. 27.
134) Vergleich vom Dezember 1694. Ebenda, Akten Nr. 28.
135) Klage vom August 1697. Ebenda, Akten Nr. 31.
136) Ebenda, Akten Nr. 24, 38, 45.
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unter Benachteiligung seiner Untertanen durchführen ließen - warum erkannte man dann die Zweckmäßigkeit, das Monopol aufzuheben, nicht schon früher wieder an? Man vergesse nicht, daß der unerlaubte Handel der Krämer, Kaufleute usw. mit dem von anderen Leuten als den Pächtern erkauften Tabak wesentlich darin seine Rechtfertigung hatte, daß sie sich von den Privilegierten übervorteilt fühlten.

Die Klagen und Denunziationen von seiten der Juden über unbefugten Handel rissen nicht ab, und trefflich wußten sie die Leute auszukundschaften, die sich Verfehlungen zu Schulden kommen ließen, indem sie von anderswoher den Tabak bezogen. In Schwerin bot ein Bürger Mönnike fremden gesponnenen Tabak und Brieftabak feil, das Pfund vom ersteren zu 8 Schill. Flugs hatte ihn Hinrichsen erfaßt und einen Befehl vom Stadtvoigt ausgewirkt, den Tabak konfiszieren zu lassen. 137 ) In Dömitz baute die Soldateska innerhalb der Festung das edle Kraut und verkaufte wohl gar davon, führte auch Tabak aus Lüneburgischen Spinnereien ein. 138 ) In Neustadt entdeckten die Pächter einen gewissen Moldenhauer, der Rollentabak verkaufte, der nicht bei ihnen erstanden war. 139 ) Vor allen Dingen aber waren ihnen die Franzosen in Bützow ein Dorn im Auge, die teils mit ihrem Erzeugnis hausieren gingen, teils den Rohstoff selbst verarbeiteten. 140 )

Indes wenn der Herzog geneigt war, sonst auf die Beschwerden der Juden einzugehen, den Franzosen gegenüber übte er Nachsicht. Er ließ den Pächtern antworten, daß er den Hugenotten soviel wie möglich Tabak abnehmen wolle, damit sie zum Verspinnen keinen mehr nachbehielten. Als aber die Pächter nicht müde wurden, um ein Verbot des Tabakhandels der Franzosen nachzusuchen und diese sich in ihrer Not an den Herzog selbst wandten, 141 ) befahl er den Juden, sich nach Bützow zu begeben und dort mit den Leuten "nach Billigkeit" zu verhandeln. Hinrichsen war das offenbar gar nicht nach Sinn, und wenn er auch dem Befehl gehorchen mußte, so fand er den Tabak nicht so gut, wie er ihn gewohnt war und um einen Taler pro Zentner teurer als an anderen Orten. 142 ) Doch dem Herzog kam es darauf an, die


137) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin, 1690-1708, Nr. 4.
138) Ebenda, Akten Nr. 20.
139) Ebenda, Akten Nr. 42.
140) Ebenda, Akten Nr. 53, 59.
141) Ebenda, Akten Nr. 56.
142) Ebenda, Akten Nr. 63.
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einheimische Industrie zu beleben, und so schritt er auch später nicht gegen seine Schützlinge ein. Die Hugenotten hörten aber später von selbst auf, sich mit dem Tabakbau zu befassen.

Im übrigen erging während der Dauer des Monopols ein Mandat nach dem anderen behufs seiner Aufrechterhaltung. 143 ) Von den Kanzeln in den Kirchen herab wurde auf Wunsch der Pächter die Vorschrift verkündigt. Strenge Strafen drohten dem, der mit fremdem, nicht von dem Pächter bezogenen Tabak handelte. Zwölf Taler waren für jedes Pfund Tabak, zwei Taler für jedes Paket Brieftabak angesetzt, den man derart entdecken würde. Herzogliche Beamte visitierten überall und es war eine Instruktion aufgesetzt, wie dabei zu verfahren war. Alle Krambuden, Böden, Keller, ganze Häuser wurden durchsucht und es kam dabei gelegentlich zu häßlichen Szenen. Wie z. B. in Schwerin, wo ein gewisser Carnatz den Juden bedrohte, ihn einen Betrüger nannte und dergleichen mehr. Die Pächter bedienten sich des schlauen Auskunftsmittels, Soldaten in die Tabakläden zu schicken und auf diese Weise diejenigen zu ermitteln, die unerlaubten Tabak vertrieben. Am 15. April 1699 wurde der Akzise-Inspektor Fritzchen ausdrücklich angewiesen: "Wenn Du in den Städten und auf dem Lande reisest, fleißig Acht zu haben, ob die Tabaksverordnung ausgeführt wird." 144 ) Er konnte denn auch bald melden, daß er in Gadebusch und Rehna Tabak aus Lübeck gefunden hätte, für den er nach den Sätzen des Mandats eine Strafe von 225 Rtlrn. berechnete. 145 )

Bei solcher Sachlage werden gewiß alle Händler wie Konsumenten froh gewesen sein, als endlich das Monopol wieder aufhörte und jeder sich wenigstens im Schwerinschen seinen Tabak holen konnte, wo er wollte. Wie es sich im Güstrowschen verhielt, haben wir im vorhergehenden Abschnitt kennen gelernt.



143) 1690, Febr. 27; 1693, Jan. 19; 1694, Juni 9; 1698, Dez. 1. Impressa archivi in Schwerin, doch auch in der Landesbibliothek und in der Universitätsbibliothek in Rostock.
144) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 40a.
145) Ebenda, Akten Nr. 47.
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6. Der Tabakhandel und die Tabakindustrie unter dem Herzog Karl Leopold.

War nach den bisherigen Erfahrungen, die man mit dem Monopol gemacht hatte, genugsam die Schwierigkeit seiner Durchführung erwiesen, so konnte in der bewegten und unruhigen Regierung Karl Leopolds erst recht nicht daran gedacht werden, es wieder aufleben zu lassen. Wohl aber lag es in dem Charakter jener Zeit, die industrielle Unternehmungen auf dem Wege der Privilegierung gerne begünstigte, einzelnen Anstalten das öffentliche Interesse zuzuwenden. Das war denn auch mehrfach unter der Regierung Karl Leopolds bei der Tabakfabrikation der Fall.

Im Jahre 1713 wurde in Grabow ein gewisser Johann Niemann, ursprünglich seines Zeichens ein Tuchmacher, der unbekannt, von wo in Mecklenburg eingewandert war, als Tabakspinner privilegiert. Ausdrücklich lautete das herzogliche Reskript dahin, daß er unbeschadet des "Krahm- und Haken-Ambts" Tabak fabrizieren und mit fremdem Tabak handeln dürfe. 146 ) Ein entlassener Dragoner, Elert Stahl, der ebenfalls um die Erlaubnis nachsuchte, einen Handel mit Tabak in Grabow eröffnen zu dürfen, wurde abschlägig beschieden. 147 ) Wohl hatte er geltend machen können, daß er nach dem Aufgeben des Militärdienstes keine Unterhaltsmittel besäße und mit den Seinigen zum Bettelstabe greifen müsse, während er auf diesem Wege hoffe, sich anständig ernähren zu können. Aber da nun einmal das Privileg schon vergeben war, wofür vermutlich auch eine Gebühr entrichtet worden sein wird, so war es unmöglich, seine Bitte zu erhören.

In Malchin wollte Johann Heinrich Dannehl, ein geborener Mecklenburger, eine Tabakspinnerei ins Leben rufen und bewarb sich um ein ausschließliches Recht zu ihrer Führung. Er begründete seinen Antrag mit dem Unwesen der Hausiererei. Aus fremden Ländern schliche allerhand Gesindel sich in Mecklenburg ein und bringe Tabak in großer Menge, sogar ganze Wagenladungen, mit. Diesen setze man auf dem platten Lande ab, betrüge die Einwohner mit böser Ware und übersetze sie im Preise. "Nach vielen verübten Diebereyen und anderen Insolentien gingen sie mit dem Profit zum Lande herauß." Er dachte nun gewiß, durch sein gutes das schlechte Fabrikat verdrängen zu können, wünschte indes gleichzeitig den Erlaß eines Verbots der


146) Grabower Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
147) Am 24. November. Akten wie erwähnt.
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Hausiererei. Namentlich aus Pommern, aus der Mark Brandenburg und dem Strelitzschen tauchten die Händler auf. Möglicherweise hätte seine Manufaktur in der Tat dem Lande Mecklenburg nützlich werden können. Jedoch Bürgermeister und Rat in Malchin waren nicht für das Monopol, und so ist offenbar die nützliche Anlage unterblieben. 148 )

Über den Wettbewerb brandenburgischer Händler klagten einige Jahre später Parchimsche Krämer. Auf den Jahrmärkten nicht nur erschienen sie mit Rollen- und Brieftabak, sondern hausierten mit solchem auch außer dieser Zeit. Dagegen durften die Parchimenser, obwohl sie die Tabakblätter aus brandenburgischem Gebiete (Uckermark) holten, doch nicht die dortigen Märkte beziehen, weil sie eine doppelt so hohe Akzise als die Einheimischen zu entrichten gehabt haben würden. Daher baten die Parchimschen Krämer, den Brandenburgern den Handel mit Tabak auf den mecklenburgischen Jahrmärkten zu untersagen und zum Hausieren nur die zuzulassen, die den Rohstoff in mecklenburgischen Städten erworben hatten. Wirklich ging der Herzog auf diesen Wunsch ein und gab am 13. Mai 1720 eine derartige Anweisung, die indes schon im folgenden Jahre wieder zurückgezogen werden mußte, da man preußischerseits mit Repressalien drohte. Trotz der Behauptung der Parchimenser, daß sie auf den brandenburgischen Märkten nicht mit den Einheimischen in Wettbewerb zu treten vermochten, muß das also doch der Fall gewesen sein. 149 )

Dem Gedanken an die Wiedereinführung des Monopols stand übrigens der Herzog nicht durchaus unfreundlich gegenüber. Im Februar 1718 meldete sich Johann Stephan Klein aus Schleswig zur Übernahme des Tabakhandels. Er rühmte sich, alle Sorten, "Vergini, Knaster, Cartuse und anderes mehr präpariren" zu können und der Herzog ließ ihn denn auch auffordern, seine näheren Absichten mitzuteilen. Doch ist aus unbekannten Gründen diese Auseinandersetzung nicht erfolgt. 150 )

In Malchin ließen sich um diese Zeit, im Jahre 1718, drei Fremdlinge nieder: Joachim Dietrich Zog, ein vormaliger Schneider, Peter Coffrie und Hans Wittenburg, den die Furcht, in das lange Regiment Friedrich Wilhelm I. gesteckt zu werden, aus seiner preußischen Heimat vertrieben hatte. Alle drei, von Geburt Brandenburger, hatten in Malchin sich angelegen sein


148) Malchiner Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
149) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 11.
150) Ebenda, rote Akten-Nr. 10.
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lassen, ihren Unterhalt als Tabakspinner zu gewinnen, wobei es ihnen freilich nicht glänzend gegangen war. Namentlich litten sie durch den Wettbewerb von Pfuschern, die schlechte Tabaksorten "zusammenbrödelten" und mit ihnen die Jahrmärkte besuchten. Handwerker und Tagelöhner, die sich weder auf den Tabakbau noch auf seine Verarbeitung verstanden, drängten sich zu solcher Tätigkeit. Daher baten jene drei um ein Privileg, laut welchem keiner außer ihnen dem Gewerbe obliegen und Rollentabak, es sei denn auf Jahrmärkten, verkaufen dürfe. Den Handel mit fremdem Tabak wollten sie den Krämern überlassen.

In der Tat genehmigte der Herzog am 18. Januar 1725 den Antrag. Der Magistrat von Malchin hatte den dreien ein rühmliches Zeugnis ausgestellt. Gleichwohl zeigte sich nachher in den bürgerlichen Kreisen doch Unzufriedenheit. Man beschwerte sich, daß man seinen selbst gebauten Tabak nicht verarbeiten und verkaufen dürfe. Und die Krämer behaupteten auch, daß die drei Privilegierten nicht fähig und geschickt zu ihrem Gewerbe wären. Doch wird nicht gemeldet, daß man für zweckmäßig erachtet hätte, das ausschließliche Privileg wieder zurückzunehmen. 151 )

Ein bevorzugter Platz der Tabakspinnerei blieb in der ganzen Regierungszeit des Herzogs Karl Leopold Grabow. Hier war, wahrscheinlich nachdem Niemann das Geschäft aufgegeben hatte oder fortgezogen war, am 27. September 1720 Karl Burgau aus Putlitz in der Mark Brandenburg als Tabakfabrikant vom Herzog konzessioniert worden. An ihn hatte sich einige Jahre später Johann Elving aus Perleberg angeschIossen. Der Herzog verlieh diesem am 24. Oktober 1724 das Privileg zur Anlage einer Tabakspinnerei unter der Bedingung, daß er tüchtigen untadelhaften Tabak anschaffen, sich gut führen und seine Abnehmer mit den Preisen nicht übervorteilen würde. 152 )


7. Ein neues Projekt zur Einführung des Tabakmonopols.

Am 1. Oktober 1755 ließ der Herzog Christian Ludwig der Kammer zwei Projekte zur Prüfung zugehen, die ihm ein Franzose Henri de Framicourt unterbreitet hatte. Von ihnen


151) Malchiner Stadtakten im Archiv zu Schwerin, 1724/25.
152) Grabower Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
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betraf das eine die Errichtung einer Lotterie, das andere die Einführung des Tabakmonopols. Schon einige Jahre vorher, 1749, hatte der Hofagent Ruben Michel Hinrichsen sich um die Erneuerung des offenbar einem seiner Vorfahren verliehen gewesenen Privilegs beworben, war aber abschlägig beschieden worden. Nun kam der Stein abermals ins Rollen, da ein abenteuernder Franzose, der in der Fremde sein Glück suchte, aber mit den Verhältnissen des Landes, in dem er sich zeitweilig aufhielt, völlig unbekannt war, Pläne entwickelte, die von vornherein unannehmbar erscheinen mußten. Gewiß bewog diesen dazu der Erfolg, den er in seinem Vaterlande mit dem Monopole hatte wahrnehmen können, und vielleicht drängte sich ihm die Empfindung auf, daß der in der mecklenburgischen Staatskasse oft vorhandenen Ebbe eine regelmäßig und reichlich fließende Einnahme nicht unwillkommen sein konnte.

Die Grundzüge des Framicourtschen Entwurfes waren diese. Er ging davon aus, daß der Tabak in Mecklenburg sehr teuer sei. Hauptsächlich wurden Tauchtabak und Tabac rapé konsumiert, letzterer zu 12 Groschen das Pfund. Mit Hülfe des Monopols könne man den ersteren zu 3, den letzteren zu 8 Groschen absetzen, wodurch man zweifellos den Konsum heben würde. Um die Ermäßigung des Preises wahrscheinlich zu machen, stellte er folgende Erwägungen und Berechnungen an. Durch Agenten müsse in Dünkirchen oder Calais der von St. Vincent, St. Domingo oder St. Omer frisch ankommende Tabak direkt von den Schiffen gekauft werden. Ebensogut ließ er sich auch in den Magazinen erstehen, wobei man ihn gebündelt und geschnürt bekäme, mithin die sonst dafür zu zahlenden Unkosten (les fraix de feuilletage et de ficelage) ersparte.

Ein Ballen von 1000 Pfund Tabac rapé kostete 240 Francs, die Beförderung nach Mecklenburg 60 Francs (6 Francs pro Zentner), im ganzen also 300 Francs oder nach mecklenburgischem Gelde 250 Mark. Ein Zentner Tabac rapé kostete mithin im Einkaufe 25 Mark oder pro Pfund 3 Groschen. Dazu käme ein Zuschlag von einem Groschen für den Kaufmann, der den Tabak verkaufen sollte, und von 5 Groschen für den Herzog. Somit ließe sich für 8 Groschen das Pfund veräußern.

Vom Rauchtabak kaufe man an den gleichen Orten die besten Sorten, wie Morlaix, Scafarlati, Canaesse zu 90 Francs pro 1000 Pfund, so daß mit Einschluß des Transports von 60 Francs der Zentner in Schwerin zu stehen käme auf 12 Mark und 4 Groschen (der ganze Ballen von 1000 Pfund auf 125 Mark)

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oder das Pfund auf einen Groschen im Einkauf. Dazu die Zuschläge von 1/2 Groschen für den Detaillisten und von 1 1/2 Groschen für den Herzog ergäbe einen Preis von drei Groschen pro Pfund für den Verkauf.

Ganz außer Ansatz bleiben bei dieser Berechnung die Bearbeitungskosten, denn die Zuschläge für den Herzog sollten doch wohl dessen Gewinn darstellen. Auch ist die Valuta, in der er rechnet, undeutlich, indem die Mark zu 8 Groschen angenommen wurde.

Das Naivste war jedoch seine Berechnung des Konsums. Herr von Framicourt nahm an, daß in Mecklenburg 4 Millionen Menschen lebten. Das weibliche Geschlecht und die im Kindesalter befindlichen Einwohner kamen natürlich nicht in Betracht. Von den männlichen Personen brauchten etwa 30000 mindestens ein Pfund Schnupftabak monatlich, d. h. 360000 Pfund zusammen jährlich, und eine Million anderer Personen würde etwa 12 Mill. Pfund Rauchtabak im Jahr nötig haben. Bei dem ersteren bestand der Gewinn des Herzogs in 5 Groschen pro Pfund, also in 225000 Mark oder 75000 Talern. Bei dem letzteren belief er sich auf 1 1/2 Groschen pro Pfund, also auf 2225000 Mark oder 750000 Taler. Der auf den Herzog entfallende Anteil würde mithin im ganzen 825000 Taler und nach Abzug von 25000 Taler für Einrichtung und Gehälter immer noch 800000 Taler netto sein. Alles übrige war, nachdem einmal ein derartiger Saltomortale gemacht worden war, eine Kleinigkeit. Die Beförderung des Tabaks könnte über Amsterdam nach Hamburg erfolgen und von dort zu Wagen nach Rostock, wo die Administration, an deren Spitze gewiß Herr von Framicourt gestellt zu werden hoffte, ins Leben zu rufen wäre. Wollte man von Calais aus direkt nach Rostock den Tabak bringen lassen, so müsse man mit den Sundzöllen rechnen. Vor Defraude fürchtete sich der kühne Unternehmer nicht. Es würde eben ein Verbot veröffentlicht werden müssen, daß kein anderer als in der herzoglichen Anstalt zubereiteter Tabak geraucht und gebraucht werden dürfte.

Als Vorteile des Monopols stellte Herr von Framicourt hin: 1. die Verminderung der Tabakpreise; dafür würden alle Untertanen den Herzog segnen, 2. die Vergrößerung der Einnahmen für den herzoglichen Säckel.

Man kann nur annehmen, daß der Herzog und seine Umgebung das wunderliche Projekt gar keines Einblicks gewürdigt hatten, sondern es gleich der Kammer zur Begutachtung zuweisen ließen. Das Fadenscheinige der Beweisführung und die Un=

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geheuerlichkeit der Voraussetzungen hätten ja sonst von vornherein in die Augen fallen müssen.

Die Kammer hatte daher auch nicht lange Zeit nötig, um ins Klare zu kommen. Schon am 8. Oktober war ihre Antwort fertig. Das Monopol, so führte sie aus, stimmt nicht mit den Grundsätzen des jüngst geschlossenen Erbvergleichs überein. Die früheren Versuche, insbesondere während der Regierung des Herzogs Friedrich Wilhelm, seien, weil sie "schnurstracks der Mecklenburgischen Staatsverfassung zuwiderliefen", nicht von dauerndem Erfolge gewesen. Vor allen Dingen aber sei die Berechnung ganz verkehrt, da die Bevölkerung viel zu groß angenommen wäre. "Vier Millionen Menschen sind in Mecklenburg nicht zu finden, wenn man auch alles was lebendigem Odem hat von der Wiege an 9 bis 10mahl zehlet."

In der Tat mußte mit dieser Kritik der ganze stolze Bau zusammenfallen. Es wäre nicht möglich gewesen, bei der geringen Bevölkerung in Mecklenburg auch nur annähernd die geträumten Einnahmen zu erzielen. Seit dieser Zeit ist der Gedanke an das Monopol nicht wieder ernstlich erwogen worden.


8. Die Versuche zur Einbürgerung der Tabakindustrie unter dem Herzog Friedrich dem Frommen.

In der Regierungszeit des Herzogs Karl Leopold waren es kleine Unternehmer gewesen, die sich mit der Tabakspinnerei befaßten und aus Furcht vor der Konkurrenz ihren Betrieb privilegiert zu sehen wünschten. Viel war dadurch weder für sie noch für das Land gewonnen. Es hatte sich aber doch das für den heutigen Stand der deutschen Tabakindustrie charakteristische Verhältnis herausgebildet, nämlich die Dezentralisation. Gewiß wurde nicht annähernd die Menge von Tabak, die man in Mecklenburg verbrauchte, im Inlande fabriziert, immerhin gab es in mehreren Städten handwerksmäßig betriebene Geschäfte, deren Inhaber von dem Ertrage ihrer Arbeit leben konnten. Vermutlich werden solche Betriebe, außer in Grabow und Malchin, wo wir sie kennen lernten, in anderen Orten bestanden haben. Im Jahre 1768 wenigstens tauchen derartige "Spinnereien" in Malchow, Teterow und Tessin auf. Ihre Inhaber fühlten sich soweit als selbständige Handwerksmeister, daß sie beim Herzog

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um die Erlaubnis nachsuchten, ein eigenes Amt errichten zu dürfen. Der Herzog gestand es ihnen gerne zu. Ob indes der von den Interessenten erwartete Erfolg, nämlich die Zurückdrängung der Pfuscher eintrat, ist nicht bekannt. Übrigens war dieses Amt nicht das einzige auf dem Gebiete der Tabakindustrie in Mecklenburg. Schon einige Jahre vorher war im Jahre 1763 in Wittenburg ein Tabakspinner-Amt errichtet worden, zu dem auch die Stadt Hagenow gehörte. Dieses wies im Jahre 1781 10 Meister, 6 in Wittenburg, 4 in Hagenow, auf, und in der ihm verliehenen Ordnung war seinen Mitgliedern ausschließlich das Recht zum Tabakspinnen zuerkannt worden. Allerdings hatte der Herzog sich vorbehalten, jederzeit Freimeister einsetzen zu können, doch für gewöhnlich sollte drei Meilen im Umkreise von Wittenburg niemand der Tabakspinnerei obliegen, der nicht mit einem fürstlichen Privileg begnadet oder Mitglied des Amts war. Auch in Goldberg bestand seit dem Jahre 1768 ein Amt der Tabakspinner. Man hört von ihm gelegentlich einer Beschwerde, die es gegen einen zum Kloster Dobbertin gehörenden Konkurrenten vorbrachte, der, ursprünglich ein Grobschmied, später sich darauf gelegt hatte, Tabak, den er nicht selbst gebaut hatte, zu verarbeiten und hausierend sein Fabrikat zu vertreiben. Der Artikel 7 der Amtsordnung bestimmte, daß allen Pfuschern und Schleichhändlern der bei ihnen vorgefundene Tabak weggenommen werden konnte. 153 )

Neben diesen Kleinbetrieben zeigt nun allmählich das Großkapital das offenkundige Bestreben, sich ebenfalls der Tabakfabrikation zu bemächtigen. Es wird von den kleinen Betrieben berichtet, daß ihre Leistungen weder in Ansehung der Menge noch der Güte von Belang waren. Immerhin beschäftigten sich nahezu 30 Werkstätten mit der Zubereitung von Tabak. 154 ) Sie verteilten sich folgendermaßen auf die einzelnen Orte: 6 in Parchim, 4 in Neustadt, 3 in Waren, je 2 in Grabow und Hagenow, je 1 in Rostock, Neustrelitz, Neubrandenburg, Fürstenberg, Lübz, Boizenburg, Dömitz, Gnoien, Teterow und Wittenburg. 155 )

Es ist nun charakteristisch, daß die geplanten Großbetriebe gleich den kleinen eines ausschließlichen Privilegs nicht glaubten entraten zu können. Dazu wollte man sich jedoch nicht verstehen,


153) Goldberger Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
154) von Langermann, Versuch über die Verbesserung des Nahrungsstandes in Mecklenburg, 1786, S. 55.
155) Die Summierung ergibt nur 27, also war vermutlich die Angabe Langermanns nicht ganz zutreffend. Fabri, Geographie für alle Stände, V. Bd., 1808, S. 550 ff.: Die mecklenburgischen Lande.
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und so ist schließlich aus allen diesen Eingaben, Entwürfen und Anschlägen nichts geworden.

In Schwerin wandte sich ein Gewürzhändler Jochim Christian Martiensen im August 1762 mit dem Vorschlag an die Kammer, eine Tabakfabrik anzulegen, falls man ihm ein Privilegium exclusivum zugestände. Er hatte bereits einen erfahrenen Meister, der in Hamburg und Altona gearbeitet hatte, nach Schwerin kommen lassen und beschäftigte ihn. Mit der Zeit hoffte er bei Erteilung eines Privilegs soweit gelangen zu können, allen Tabakpflanzern in Güstrow und Bützow ihr Erzeugnis abzunehmen. Indes wie verlockend das sein mochte, so erwiderte die Kammer, daß das nachgesuchte Privileg gegen die Grundsätze des Erbvergleichs verstoße. 156 ) Damit unterblieb dann die weitere Vergrößerung des Betriebs.

Besser glückte es dem Sohne des Hofpredigers der Herzogin in Bützow, Joachim Gabriel Beck, der in Schwerin eine Tabakfabrik anlegen zu dürfen am 12. Januar 1763 nachsuchte. Ihm wurde die Ausführung seines Vorhabens erlaubt, aber wahrscheinlich nicht in dem Sinne, daß kein anderer sich neben ihm niederlassen dürfe. Vielmehr hatte das ihm zugestandene Privileg nur die Bedeutung, daß er vor Angriffen, die das Höker- und Krämeramt gegen ihn etwa wegen seines Handels mit Tabak versuchen würde, zu schützen. 157 )

Weiter ausschauend war der Plan, den der Kaufmann Thomas Conrad Fritz am 4. August 1765 der Kammer unterbreitete. Er wollte nämlich auf ihre Rechnung eine Fabrik errichten und bemühte sich, seine Idee ihr annehmbar zu machen. Conrad Fritz war in Güstrow geboren und in Lübz erzogen, wo sein Vater Einnehmer und Bürgermeister war. Er hatte in Hamburg die Kaufmannschaft erlernt und sich dort auch etabliert. Das mochte ihm indes nicht recht geglückt sein, denn er war später in Rostock, Holstein, Dänemark und Norwegen tätig gewesen, ohne irgendwo rechten Fuß fassen zu können. Was er in den genannten Städten und Ländern getrieben, teilt er nicht mit. Da er aber klagt, daß er durch die Einführung des Tabakmonopols in Dänemark ruiniert worden sei und Kopenhagen, nachdem er alles verzehrt, mit den Seinigen habe verlassen müssen, läßt sich annehmen, daß er dem Tabakhandel obgelegen. Jetzt hatte er die Idee gefaßt, die Fabrikation von Tabak in Mecklenburg in die Höhe bringen zu wollen.


156) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 19.
157) Ebenda, rote Nr. 20.
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Seine Kalkulation gipfelte darin, daß 2100 Pfund Tabak, die nach Abzug des Verlustes an Stengeln 1900 Pfund Fabrikat ergäben, im Einkaufe 650 Mark kosteten und für 900 Mark verkauft werden könnten. Demnach wäre auf je 1900 Pfund Fabrikat ein Gewinn von 250 Mark zu erwarten. Macht diese Aufstellung keinen ungünstigen Eindruck, so kommt die richtige Erwägung dazu, daß man einer schönen Vignette bedürfe, damit der Tabak kenntlich gemacht werde und kein Mißbrauch stattfinden könne. Zu einem solchen Etikett schlug er vor, "eine Positur, vorstellend die Tugend mit einem Lorbercrantz umher seinen gantzen Nahmen und unten Mecklenburg-Güstrausche Tobacksfabrique". Daraus geht hervor, daß er das Etablissement in seiner Vaterstadt eröffnen wollte, wo vielleicht die Erinnerung an jene Manufaktur unter Friedrich Wilhelm noch nicht ganz erloschen sein mochte.

Die Hauptsache war und blieb bei alledem das Geld. Mit einem Betriebskapital von 1000 Talern meinte er zu Anfang ausreichen zu können. Das sollte die Kammer hergeben und als Garantie eines vorzeitigen Todes stellte er die Geschicklichkeit seiner Frau hin, "welche nicht auf ein point mich in der Stärke dieser Afairen weicht". Auch wollte er sofort ein "Subjectum" in Dienst nehmen, das er unterweisen und dem er die "Essentielle Kunst"aufschreiben wollte.

Im Grunde klang das ganze Projekt nicht marktschreierisch und mochte wohl ausführbar erscheinen. Jedoch die Kammer erklärte nach eingehender Prüfung, daß sie weder Vorschuß zu gewähren noch auf ihre Rechnung die Anstalt zu eröffnen in der Lage sei.

Herrn Fritz blieb jetzt nichts anderes übrig als darüber nachzudenken, wie er sein Werk ohne Hülfe der Kammer in Szene setzen könnte. Da scheint er dann in Ribnitz Entgegenkommen gefunden zu haben und wandte sich daher an die Kammer mit der Bitte, ihm die Erlaubnis zur Anlage einer Plantage und Fabrik dortselbst zu geben. Er wünschte ein Privileg auf 10 Jahre, Akzise und Zollfreiheit, das vermutlich leer stehende Zollhaus und die Stadtgüter Borg und Einhusen auf 24 Jahre zu pachten und Buchen- und Eichenholz zu ermäßigten Preisen aus den fürstlichen Forsten. Amtmann Brandt in Hirschburg, der sich über den Antrag äußern sollte, war ihm günstig gesinnt. Er befürwortete eine vierjährige Akzise- und Pachtfreiheit, an deren Ablauf sich eine jährliche Zahlung von 24 Talern meckl. Valeur schließen sollte. Das Privilegium exclusivum wollte er dem

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Bewerber sogar auf 24 Jahre zugestehen, die Stadtgüter freilich nicht überlassen. Statt ihrer sollte man ihm einige Morgen Acker oder eine Meierei in Pacht geben.

So ließ sich alles gut an, und da überdies Bürgermeister Saniter bereit war, bis zum Betrage von 200 Talern eine Bürgschaft zu leisten, so schien der Ausführung nichts entgegenzustehen. Saniter hatte nur verlangt, daß, wenn Fritz auf die Dauer die Fabrik nicht zu halten im Stande wäre, er alsdann in dessen Kontrakt eintreten dürfe. Auf alles das ging der Herzog ein und befahl am 17. März 1766 die Ausfertigung des Privilegs. Trotzdem scheiterte die schon soweit gediehene Angelegenheit noch im letzten Augenblick, da Fritz das erforderliche Kapital nicht aufzutreiben vermochte.

Einige Jahre darauf wiederholte sich der Fritz'sche Vorschlag. Ein Herr Johann Christian Koch aus der Mark Brandenburg wollte eine Tabakplantage und -fabrik anlegen und suchte zu diesem Zwecke um ein Stück Domanialacker bei Güstrow nach. Von der Kammer, vor der er seine Pläne auseinandersetzte, 158 ) wurde er bedeutet, daß bei Güstrow ihm kein geeignetes Land zur Verfügung gestellt werden könnte. Man verwies ihn jedoch auf Bützow, wohin indes Koch nicht wollte. Schließlich bequemte er sich doch dazu, die ihm in Bützow angebotenen Räumlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Er fand sie auch ganz passend, aber da Häuser wie Ländereien erst anderen Leuten, die sie zur Zeit bewirtschafteten, hätten fortgenommen werden müssen, erklärte sich der Herzog mit diesem Arrangement nicht einverstanden. 159 ) Koch, der bei seinem Aufenthalte in Bützow sich ordentlich umgesehen hatte, bat nun um Überlassung des alten Stallgebäudes daselbst, das jedoch auf herrschaftliche Kosten hätte ausgebaut werden müssen. Das lehnte der Herzog ab, offenbar weil er für die Belebung der einheimischen Industrie nicht viel davon erwartete. Ausdrücklich ließ er dem Bewerber antworten: "Da seine Absicht dahin gehet vor der Hand mit fremden Blättern die Fabrique zu treiben, so kann ihm vor anderen Landeseinwohnern keine Beneficia angedeien." 160 )

Das gleiche Schicksal, abschlägig beschieden zu werden, erfuhr Johann Christian Spannuth aus Bremen. Dieser war einige


158) Am 31. Juli 1770.
159) Am 11. August 1770.
160) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 25.
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Zeit bei der Tabakmanufaktur in St. Petersburg tätig gewesen und betrieb dann eine Fabrik in Bremen, die er jedoch seinem Sohne zu überlassen wünschte, um in Mecklenburg eine neue eröffnen zu können. Zu deren Begründung forderte er aber 5-6000 Taler Vorschuß, den er freilich zu verzinsen versprach. Die Kammer antwortete ihm umgehend, daß er sich auf eine Anleihe in solcher Höhe keine Hoffnung machen könne. 161 )

Dabei lag indes die Sache so, daß man die Eröffnung einer Tabakfabrik nicht ungern gesehen hätte, wie man überhaupt darauf bedacht war, in Mecklenburg den Industrien Eingang zu verschaffen. Als daher ein Berliner Kaufmann, J. P. Braunwald im Oktober 1779 anfragte, ob er die Räumlichkeiten der früheren Eisenfabrik in Dömitz zur Anlegung einer Tabakfabrik käuflich oder mietweise haben könne, kam man ihm sehr entgegen. In dem genannten alten Gebäude befand sich eine Lohgerberei, Öl- und Walkmühle, die zusammen nicht mehr als 70 Taler jährlich (doch wohl als Pacht für das Gebäude) der Kammer einbrachten. Dabei waren die Gebäude sehr baufällig. So konnte man mehrere Zwecke vereinigen: das alte Haus los werden und die Industrie fördern. Denn wie die Kammer bemerkte: "Bey dem starken Tobacksbau, der jetzt in Mecklenburg betrieben wird, wäre nichts besseres als eine Fabrique zur Verarbeitung dieses Landesproductes." Dazu eröffnete sich die Perspektive, durch den Unternehmer noch andere nützliche Fabriken im Lande angelegt zu sehen, wovon der Bewerber bereits gesprochen hatte. Daher waren der Amtmann Lenthe in Dömitz und die Kammer geneigt, auf den Vorschlag einzugehen, berichteten in diesem Sinne dem Herzog und schlugen als Verkaufspreis die Summe von 1400 bis 1500 Talern vor.

Merkwürdigerweise war jedoch der Herzog Friedrich dem Plane nicht hold. Er wollte weder den Verkauf der Eisenfabrik genehmigen noch die Walkmühle, die an ihre Stelle getreten war, eingehen lassen, meinte auch, daß das Privilegium exclusivum, das Braunwald auf die Dauer von 10 Jahren nachgesucht hatte, nur auf 5 Jahre gewährt werden dürfe.

Wahrscheinlich wird der Herzog für die Gewohnheit des Rauchens und Schnupfens überhaupt nicht eingenommen gewesen sein und somit die Fabrik nicht mit besonders günstigem Auge angesehen haben. Obwohl daher Braunwald sich damit einverstanden erklärte, die Gebäude lediglich mieten zu wollen, scheiterte


161) Im Februar 1771.
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die Angelegenheit daran, daß der Herzog auf mehr als 5 Jahre das Privilegium exclusivum nicht bewilligen mochte. 162 )

Den Zweck, dessen Mangel der Herzog bei dem Gesuche des Kaufmanns Koch gerügt hatte, faßte der Kaufmann Georg Gustav Gertz in Goldberg ins Auge, als er sich im Februar 1779 um die Erlaubnis bewarb, eine Tabakfabrik anlegen zu dürfen. Er wollte nämlich den im Lande gewachsenen Tabak verarbeiten. Es erschien ihm für ein Land unzuträglich, seine Erzeugnisse im rohen Zustande ausführen zu sehen. In Goldberg stand nun aber wieder der Genehmigung des Gesuches das vorhandene Kleingewerbe entgegen. Man fürchtete die dortigen Tabakspinner, deren Existenz keine glänzende war, völlig zu ruinieren. Seine Mitglieder waren bereit, an ihn schon fabrizierten Tabak zu verkaufen und bei den Preisen die Billigkeit zu beobachten. Damit war jedoch dem Fabrikanten natürlich nicht gedient. Es lag im Geiste der Zeit, daß auf derartige Verhältnisse Rücksicht genommen wurde, und so ist offenbar, obwohl in den Akten darüber nichts bemerkt ist, Gertz abschlägig beschieden worden. 163 )

Den gleichen Gesichtspunkt, nämlich den einheimischen Rohstoff verarbeiten zu wollen, betonte der Steuerpächter und Ratmann in Hagenow, Karl Josua Lübbe, als er im Jahre 1781 die Absicht aussprach, dort eine Tabakfabrik zu begründen. Jährlich, führte er in seiner Eingabe aus, werde eine ansehnliche Menge Tabak im Lande gebaut, von der das meiste nach außerhalb verführt werde, um verarbeitet nach Mecklenburg zurückzukehren. Ließe sich der Rohstoff im Lande verarbeiten, so würden viele arme und müssige Menschen Beschäftigung finden. Er wollte nur guten Rauch- und Schnupftabak produzieren, indes den Rolltabak nicht ganz vernachlässigen, zu dem der Abfall und weniger gute Blätter verwandt werden könnten.

In Hagenow sah man Lübbes Projekt mit günstigem Auge an. Ein Gutachten des Magistrats führt treffend aus, daß man von ihm nur Gutes erwarten könne. Lübbe werde eine Reihe von Personen beschäftigen. Die Tabakspinnerei leide so wie sie eben betrieben werde, unter dem Mangel an Betriebskapital. "Der Nahrungszweig", heißt es, "ist jetzt schon von so großem Umfange, daß sich eine beträchtliche Anzahl Menschen darauf legen und dadurch sein brod suchen kann, sobald es ihm nicht an Gelde zu einer ordentlichen Einrichtung fehlet. Hieran gebricht


162) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 29.
163) Goldberger Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
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es aber den mehresten Tabaksspinnern und ebendarum können sie auch bey dem besten Willen nicht fortkommen."

Gewinnt es hiernach den Anschein, daß die Eröffnung einer Fabrik nur vorteilhaft hätte sein können, so teilte man diese Auffassung in den zünftlerischen Kreisen der Tabakspinner natürlich nicht. Ihr Amt in Wittenburg, zu dem auch die Hagenower gehörten, protestierte heftig. Die bei solchen Gelegenheiten stets vorgebrachten Einwände, daß Lübbe kein gelernter Tabakspinner sei und nicht auf der Wanderschaft gewesen wäre, fehlten nicht. Man wollte seinen ganzen Anschlag nur auf "Rancünen" eines gewissen wegen schlechter Lebensart arbeitslosen Karl Boltz zurückführen, den Lübbe an die Spitze des Unternehmens zu stellen gedachte. Dazu wies man auf die schon jetzt ganz behaglichen Umstände des Unternehmers hin, der durchaus nicht nötig hätte, einen neuen Geschäftszweig anzufangen, mit dem er andere in ihrer Tätigkeit zurückdrängte - ein unbewußter Protest gegen das Konzentrationsstreben des Großkapitals. "Lübbe", so führten die Kleingewerbetreibenden aus, "sei ein Mann, dem es ohnehin an keiner Nahrung fehlet, der vielmehr in überflüssigem Gewühl steckt, ohne noch mit mehreren Privilegiis versehen zu sein oder ihrer zu bedürfen. Er ist Zoll- und Steuerpächter, Postmeister, Ratsherr im Magistrat, Holzhändler und es wäre doch nicht billig, daß so ein Mann andern, die ihr kümmerliches Auskommen bisher daran gehabt haben, die Nahrung entzöge, vielleicht das meiste daran allein gewönne, wovon sich bisher zehn andere Familien redlich genähret haben."

Es lag viel Wahres in diesen Ausführungen, aber doch muß man gestehen, daß, wenn einmal bei dieser Industrie der Großbetrieb als die zweckmäßigere Form erscheint, es schwer hält, sie anzuerkennen. In Hagenow triumphierte denn auch das Kapital, und am 29. August 1781 erhielt Lübbe das erbetene Privileg. Er durfte "allerley Sorten Rauch- und Schnupf-Toback verfertigen, auch in Rollen spinnen und zu dem Ende die benöthigten Gesellen halten, auch nach und nach einen Jungen lehren und mit seinem Toback die Jahrmärkte beziehen." Nur des "Gebrauches virginischer Rippen" sich bei der Fabrikation gänzlich zu enthalten, wurde ihm ans Herz gelegt. 164 )



164) Hagenower Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
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1. Herzogliches Privileg zum Tabakhandel in Mecklenburg für den Juden Levin Salomon. 1671, Mai 8.

(Großh. Geh. u. Haupt-Archiv Schwerin., Acta, betreffend die dem Juden Nathan Benedix erteilten Privilegien Nr. 9b).

Christian Ludwig von Gottes Gnaden Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin undt Ratzeburg, auch Graff Zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr, Ritter von dem Orden des christlichsten Königs.

Nachdem wir gegenwertigen Juden Levin Salomon in Unser Residentzstadt hieselbsten, und sonsten in Unserm Lande etwas an Toback zu verkauffen gnädigst concediret undt nachgegeben haben.

Alß befehlen wir unsern Haupt- und Ambtleuten, Kuchmeistern, wie auch Burgermeistern, Richtern undt Räthen, daß Sie sich an vorgedachten Juden nicht vergreiffen, sondern demselben ohne eintzige verhinderung biß zu anderwertiger Unser verordnung Toback zu verkauffen verstatten sollen. Wornach sich ein Jeder zu richten. Urkundlich unter unserm Fürstlichen Insiegel, so geben auf Unser Residentz undt Vestung Schwerin, den 8. May anno 1671.


2. Mandat des Herzogs Christian Louis von Mecklenburg über den Tabakhandel. Schwerin 1674, Juli 1.

(Großh. Geh. u. Haupt-Archiv zu Schwerin, Acta, betreffend die dem Juden Nathan Benedix erteilten Privilegien Nr. 7).

Wir Christian Ludwig von Gottes Gnaden Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der lande Rostock und Stargard Herrn, Ritter vom Orden des christlichsten Königs,

Fügen denen Ehrsamen unsern lieben getrawen Bürgermeistern, Richtern und Räthen in unsern Stätten hiemit zu wissen, welcher gestalt vermöge beygefügter Abschrift der von einem privilegirten Juden, nemblich Nathan Benedix in unterthänigkeit übergebenen Supplic derselbe sich dahero, daß unserm nechsthin sub dato den 15. May dieses lauffenden Jahrs zu fortsetzung des Tobackhandels Ihme in gnaden ertheilten Mandato von einigen bürgern zu wieder gelebet und allerhand unterschleiff eingerucket werden wollen, höchlich beschweret und was hierümb zu verfügen er in unterthänigkeit gebeten hat. Wan nun itzgedachtem unserm Mandato schuldigste parition zu leisten einem

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Jeden billig gebühret, wir auch allen eingriff abgeschaffet wissen, viel weniger gestatten wollen, als befehlen wir obbemelten Bürgermeistern, Richtern und Räthen in unsern Städten sambt und sonders abermahln gnädigstes ernstes, daß sie jedes orths die Krämer vorladen und den vermeintlich auffgekaufften Toback ohne unterschleiff ihnen gestrax im gerichte vorzeigen lassen und nach befindung eine monathliche frist umb denselben zu verkauffen einräumen, wan aber solche Zeit verflossen jetzgedachte Krämer umb den Toback von Supplicanten auff beederseits beliebigen billigen preiß zu nehmen und zu verkauffen ernstlich anhalten, zu deme in denen Jahrmärcken denen frembden ausstehenden Krämern keinen ändern Toback als sie von Supplicanten gekaufft, feil zu haben, gantz nicht verstatten und in summa dem werck einen solchen nachdruck, damit ein jeder alles unterschleifs zu gebrauchen schew tragen möge, gehorsamblich geben, solches auch bey vermeydung unausbleiblicher Straffe nicht anders halten sollen; urkundlich haben wir dieses mit unserm fürstlichen Insiegel bestärken lassen. So geschehen auff unser residentz und Vestung Schwerin, den 1. July 1674.

Ad Mandatum Serenissimi Celsissimi proprium.

  Fürstlich. Mecklenb. verordnete Cantzler
und Geheime Regierungsräthe.

3. Privileg zum Tabakhandel in Mecklenburg für die Juden Abraham Hagen und Nathan Benedix. Hamburg 1679, Juni 1.

(Geh. u. Haupt-Archiv zu Schwerin, Acta wie oben Nr. 40).

   Wir Christian Ludwig, Tit.,

fuegen hiemit Unsern Haupt- undt Ambtleuten in denen Ämbtern, Bürgermeistern, Richtern und Räthen in den Städten negst Vermeldung Unser gnädigsten grußes zu wissen, was gestalt Unß Abraham Hagen und Nathan Benedix, Juden, in Unterthänigkeit zu erkennen gegeben, wie sie gesonnen, einen Tobackhandell in Unsern landen vorzunehmen, selbigen in grossen Sorten, weinigst zu Pfunden, aller ohrten, gegen billigen leidlichen Preiß zu verkauffen mit unterthänigstem ersuchen zu erfüllung dieser ihrer intention ihnen Unsere gnädigste Concession zu ertheilen, wofür sie unß jährlich ein gewisses zu erlegen erbötig, gleichwoll in dieser nebenhero gefaßter unterthänigsten Hoffnung ihnen und

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den ihrigen Schutzes und Schirms, auch befreyung ihrer Güter, so inß land als auß dem lande, an allen ohrten Unsers gebiets, frey sicher und ungehindert pass- und repassiren, auff eine zeit von andern beschwerden genießen zu lassen undt Wir den unter solchem allen das billiche suchen dieser Supplicanten zugleich Unserer Unterthanen bestes, das Commercium in Unsern landen gnädigst angesehen, daß Wir mehrgedachten Abraham Hagen und Nathan Benedix hiemit und von nun an verstattet und erlaubet den Tobackshandell in Unsern landen überall zu exerciren und zu treiben, sich mit den ihrigen in unserer Residentz auff der Schelffe häußlich niederzulassen, benötigte Wohnungen zu mieten, zu kauffen und zu bauwen von allen Contributionen undt beschwerden mit den ihrigen vier Jahr befreyet zu wohnen, da auch Jemand der ihrigen mit tode abginge, soll ihnen in Unser Residentzstadt allein ein bequemer ohrt, den Verstorbenen ihrem gebrauche nach, frey zu beerdigen oder auch zugelassen werden die todten auß Unserm lande nach Hamburg frey zu führen, dahingegen diese, Abraham Hagen und Nathan Benedix mit Verkauffung ihreß Tobacks an großen und kleinen Stücken, auch wegen des Preisses sich also anschicken werden, daß niemand zu klagen vielmehr die Handlung mit ihnen zu treiben Ursache habe, und soll keiner kein guth von Toback alß vorerwehnte Abraham Hagen und Nathan Benedix inß land zu bringen frey haben umb mehrer Sicherheit sie ihren gewissen Stempell auff Tobacksrollen wie gebreuchlich ist, setzen und führen werden. Gebieten darauff vorbemelten Unsern Haupt- und Ambtleuten, Bürgermeistern, Richtern und Räthen sambt undt sonderß auch bey Vermeidung unser willkührlichen straffe ernstlich, daß sie mehrbesagten Abraham Hagen und Nathan Benedix darunter keineswegeß hinderlich sein, sondern alle befoderung zu fortsetzung dieses zugelassenen handelß leisten, keinen eingriff diesen zum praejuditz verstatten, allen frembden Toback so diesem privilegio zu wieder einschleichen mögte, soforth confisciren und vermittelst solcher handhabung sie dieser Unser Concession würcklich genießen lassen sollen. Zu mehrer Versicherung haben wir dieses eigenhändig unterzeichnet und mit Unserm insiegell confirmiret. So geschehen Hamburg, den

1. Juny Anno 1679.
Christian Louis.
(L.S.)
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4. Aufsatz nach dessen einhalt bey der hochfürstlichen Cammer wegen Pflantzen und Bauwung des Tobacks bis auff Sr. Durchl. gnädigste ratification mit dem Tobackspinner Frantz Stötefalck gehandelt. 1690, Febr. 13.

Großh. Geh. u. Haupt-Archiv in Schwerin, Acta, betreffend den Tabakbau.

1. Lassen S. Hochfürstl. Durchlaucht gnädigst geschehen und wollen, daß Frantz Stötefalck auff 3 Jahr die Dienste den Toback zu pflantzen und zu bauen annehme, worzu demselben

2. das dazu benötigte Land angewiesen, welches Ihm

3. gepflüget, geegget und gemistet, auch wan er den Toback pflantzet, behacket oder bladet, die betreff dessen erfordernde leute gegeben werden sollen, jedoch daß er

4. den behueff des landes benötigten Tobacks-Saamen auff seinen eigenen Unkosten untadelich an- und herbeyschaffen soll,

5. dahingegen wollen Se. Fürstl. Durchl. Frantz Stötefalcken jährlich 100 Rthlr. besoldung bey freyer wohnung und nohttürftiger Holtzung

2 drommet Rogken,
2      "      Gersten, alles nach hiesiger maaß,
2 feiste Schweine,
2 achttheil [vom Ochsen],
2 Schaffe,
2 Scheffel Salz an Deputat,

auch vor 4 Kühe, so des Sommers auff der bürgerweide gehen sollen, des Winters frey futter vom Hoeffe Rosin reichen lassen.

6. Im übrigen ihm Frantz Stötefalcken alß Dero diener der freyheit von allen contributionen genießen lassen.

Dessen zu Uhrkundt ist dieses in duplo gefasset und von Sr. Durchl. ein Exemplar unter dero hochfürstl. Hand und Siegel dem Tobackspinner Frantz Stötefalcken extrahiret, das andere aber von demselben vollenzogen bey der fürstlichen Kammer verwahrlich beygeleget worden. Geschehen Güstrow, den 13. Febr. anno 1690.

(L.S.) Gustav Adolph, H.z. M.

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5. Bedingungen
für den (durch den Tabakbauer Gottfried Koppe zu vollziehenden) Tabakbau in Dütschow bei Neustadt in Mecklenburg=Schwerin. 1694, Febr. 22.

Großh. Geh. und Haupt-Archiv in Schwerin. Acta, betreffend den Tabakbau auf der Lehnlust bei Güstrow für herrschaftl. Rechnung.
1690 und 1691.

Dem Tobacksbawer Gottfried Koppen ist auf ein Jahr alß von Lichtmissen anno 1694 biß Lichtmissen 1695 an lohn und Deputat versprochen

1 Drt. 4 [Sch.] Rogken 5 Rthlr. 16
1 Drt. 4 Maltz 5 " 16
2 Gersten 32
2 Erbsen 32
---------------------
12
1 Viertel von Ochsen 3 Rthlr.
1 Schwein 3 "
2 Hamell 2 " 16
1/8 tonne Hering 1 "
1/8    "     Butter 2 " 16
2 liess  Rootscher 1 " 16
1 schiff  32
1 schiff  Hopffen 12
13 Rthlr. 44
---------------------
25 Rthlr 44
---------------------

Dieses erste Jahr soll an staht deß lohns von jedem Zentner Toback, den er liefern wirt, ihm gegeben werden 1 Rthlr. Schwerin d. 22. Februar anno 1694.

Entwurff.
Wie der Tobacksbaw zu Düetzkow im ambte Neustadt zu versuchen, und vor erst einzurichten und zu bearbeiten muß befodert werden.

  1. Erstlich soll eß in einer koppell von 7 Scheffel Parchimer Maaß tuechtes Acker versuchet und wen auf künftigen Herbst solches nutzbahr befunden wirt, mehr Land darzu gebracket und bearbeitet werden.
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  1. Der Acker soll von den bey Hofe Duetzkow vorhandenen Hufeners dieses Jahr dreymahl gepflüget werden.
  2. Die erforderende Mistbetten sollen in einem Kohlgarten auf dem Meyerhofe gemachet und die darzu benötigte Ellern Bohlen, und der Pferde- und Schaffmist von den Unterthanen daselbst angefahren werden.
  3. Die Handtarbeit bey diesem Tobacksbaw zu verrichten, sollen 2 große und 1 kleiner Cossate auß Spornitz, die bißhero Dienstgeldt geben, und 1 kleiner Cossate auß Duetzkow gebrauchet, und wen die arbeit bey dem weeden oder hoepen etwas schwer fallen möchte, einlieger in selbiger Voigtei mit zuhülffe genommen werden.
  4. Den Toback zu trucknen soll dieses Jahr der eine Schaffstall zu Steinbeck gebrauchet, und der Toback gruen von Duetzkow dahin gefahren werden.
  5. Der Tobacksbawer kan dieses Jahr bey einem Bawren, nahmens Davidt Klüdt, derjeniger, so nahe an der koppell wohnet, seine Wohnung haben.
  6. Und wen der Toback trucken, so muß der fürstlichen Cammer solches angemeldet, und verordnung erwartet, wohin derselbe soll geliefert werden.

Schwerin den 19. February anno 1694.


6) Herzogliches Mandat über die Entnahme von Tabak aus der Güstrowischen Tabakspinnerei. 1697, März 6.

(Geh. u. Haupt-Archiv zu Schwerin. Acta, betreffend Tabakhandel).

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm Hertzog zu Mecklenburg tot tit.

Fügen allen unsern Beambten und Unterthanen Unsers Hertzogthumbs Mecklenburg-Güftrow hiemit zu wissen daß nachdem Wir bey antretung dieser Unser Regierung in glaubwürdige erfarung gekommen, welcher gestalt ungeachtet der von Unsers Vettern Herrn Gustaff Adolphs christmildester Gedächtniß hiebevor publicirten poenal-edicten sowoll frembde als Einheimische sich unterstehen, frembden, und in Unser Güftrowischen Tobacks-Spinnerey nicht zubereiteten Toback sowoll in als außerhalb öffentlichen Jahrmärkten feil zu tragen und zu verkauffen; wodurch dann

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die gute und hauptsächlich dahin abgezielte Intention, daß der Tobacksbaw als welcher von unsern Benachbarten mit guten Succeß und Nutzen geführet, auch in diesem Unserm Hertzogthumb Güstrow mehr und mehr befordert, und das Geld im Lande verzehret werden möchte, gäntzlich aus den Augen gesetzet und zurückgetrieben wird, Wir solchem Umstande vorzukommen allen und jeden gedachten Unfern Unterthanen und in specie denen Gewürtzhändelern und Krautkramern, auch allen denen, so in Unserm Hertzogthumb und Landen Güstrow mit Toback handelln, durch dieses öffentliche patent kund machen wollen, daß sie hinfüro ihren Toback aus Unser Güftrowischer Spinnerey nehmen, und bey 25 rthlrn, so offt sie darüber betroffen werden, keinen frembden anderswo gesponnenen, und mit Unserm Güstrowischen Stempell nicht gezeichneten feil haben, auch in denen Jahrmarckten niemand, er sey frembd oder einheimisch mit dergleichen frembden Toback auszustehen erlaubet sein soll. Befehlen diesemnach allen Unsern jetzigen und künfftigen Beambten wie auch Burgermeistern, Richtern und Rähten in den Städten hiemit gnädigst und zugleich ernstlich diese Unsere gnädigste Verordnung nicht allein zu jedermännigliches notice zu bringen und an die gewöhnliche örter affigiren zu lassen, sondern auch fleißig darauff acht zu haben, daß dawieder auff keine Art und weise gehandelt oder da Jemand darüber betroffen würde, selbiger so offt er dieser Unserer Verordnung zuwieder lebet mit obbedeuteter Geldstraffe beleget, dieselbe sofort eingetrieben und zu Unser fürstlichen Cammer eingeschicket werden möge. Da Wir ihnen sodann wie auch sonsten einem jeden, der Einen oder mehr wieder dis Edict handlender, entweder bey Unser Cammer oder Vorgedachten Beambten, Burgermeistern, Richtern und Rähten insgeheim, wie dann dessen Nahme verschwiegen gehalten werden soll, erweislich anmelden wird, das vierdte theil von erwehnter straffe allemahl zuwenden lassen wollen. Würde aber dagegen jemand betroffen werden, daß er die wieder dies Unser Edict frevelnde verschwiege oder auch überzuhelfen beflissen were, so soll derselbe nicht minder in gleiche straffe verfallen sein. Wornach sich also ein jeder gehorsambst zu achten und für schaden und ungelegenheit zu hüten wissen wird. Urkundlich unter Unserm Fürstl. Insiegell. Gegeben in Unser Residentzstadt Güstrow den 6. Marty anno 1697.

F.W.


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7. Gesuch der Franzosen, mit dem von ihnen gebauten Tabak freien Handel treiben zu dürfen. 1704, Decbr.

(Großh. Geheimes und Haupt-Archiv in Schwerin. Akta betr. Tabakhandel, Fasc. 7, Nr. 61.)

Son Altesse Sérénissime Monseigneur le Duc
Regnant de Méklenbourg.

Les tabaquiers Francois de Butzeau representent tres humblement à Son Altesse Sérénissime, que sur le pied qu'ils ont quelques unes de ses terres et quelques autres des bourgeois d'ici, il leur est impossible d'y subsister s'ils n'ont la liberté de vendre leur tabac a toutes les foires sans être inquietez par le juif de Swerin; ils suplient S. A. S. d'ordonner que le dit juif n'ait de droit que sur le tabac étranger et non pas sur le leur qui étant du cru et du provenu des états de S. A. S. et le fruit du travail des pauvres Réfugiez, qu'elle a la bonté de favoriser de ses graces, demande nécessairement celle de pouvoir être vendu et débite par eux a leur choix et a leur plus grand advantage. Ils esperent que pour un simple particulier comme ce juif, qui pour le parti du tabac donne d'ailleurs si peu de choses à S. A. S. et qui trouve assez son profit par le tabac de dehors, elle ne voudra pas soufrir que plusieurs familles commec celles des supliants et comme d'autres qui pourront s'y joindre soient traversées dans leur établissement, mais que S. A. S. voudra bien leur accorder

1. Une permission autentique pour la liberté du commerce de leur tabac dans toutes les foires avec main levée sur celui que le dit juif leur fit saisir l'an passé à celles de Sternberg.

2. Toutes les terres qui leur furent promises et assignées l'année passée dans le voisinage de cette ville et dont le bailly leur retint une bonne partie, qu'il fit semer dans les temps, que monsieur le capitaine ingenieur alloit pas leur en faire la repartition.

3. Que saus avoir rien affaire avec le dit bailly pour les dittes terres, ils les tiendront toutes des mains de la chambre, à qui ils en payeront exactement 1 a rente dans les temps et aux conditions les plus raisonnables qu'il lui plaira de leur marquer Moyennant quoy les supliants s'affermiront de plus en plus dans les états de S. A. S. en

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y batissant ou y achetcant des maisons comme deux d'entre eux l'ont déjà fait et comme deux autres sont prets a le faire et s'encourageront tous ensemble a rendre de plus en plus le tabac une denrée très considerable soit par la subsistance qu'un grand nombre d'habitants peut tirer de leur travail soit parce que l'argent qu'on employe a cette marchandise sortira moins du pays et y roulera d'avantage. Les supliants en attandant ces graces de S. A. S. continueront leurs voeux les plus ardents pour sa conservation et pour sa prosperité.


8. Confirmatio der Toback-Spinner-Amts-Rolle zu Malchow, Teterow und Tessin.

(Großh. Geh. und Hauptarchiv Schwerin.)

Wir Friederich von Gottes Gnaden Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graff zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr pp.

Thun kund und bekennen hiemit für Uns und Unsere Successores, regierender Herzöge zu Mecklenburg und sonst Männiglich. Als Uns Unsere liebe getreue Bürger und Toback-Spinner Peter Reichert zu Malchow, Peter Friese zu Teterow und Friederich Bruggow zu Tessin unterthänigst angelanget, Wir geruheten ihnen so gnädig zu erscheinen, und um den Pfuschereyen so wohl in den Städten selbst als auf dem platten Lande, Einhalt zu thun, und den Verkehr mit dem einländischen Toback zu facilitiren, Sie mit einem eigenen Amts-Privilegio zu versehen, und die des Endes eingereichte Articuln gnädigst zu bestättigen; daß Wir demnach diesem ihren unterthänigsten Petito um so mehr gnädigst deferiret, als Wir je und allewege das Auffnehmen Unserer Städte zu befordern gemeinet sind, und also auch die Unterthänigst übergebene, vorhero aber revidirte und corrigirte Amts-Articel, welche von Wort zu Wort lauten, wie folget

Art. 1.

Daß diejenige, welcher Meister bey dem Gewerck wie Toback-Spinner werden will, muß sich bey dem aus des Magistraths Mittel dem Gewercke angeordneten Beysitzer und dem Gewercks-Alter-Meister melden, und sein Suchen zum Mittmeister angenommen zu werden gebührend anbringen, welche dann sonder Weitläuftigkeit, in kurzer Zeit darauf das Gewerck, oder einen Ausschuß

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davon zusammen fordern lassen, bey welchen derjenige so Meister werden will, seinen Lehr-Brieff, nebst denen seines guten Verhaltens wegen erhaltenen Kundschaften oder attestatis vorzeigen, auch daß er wenigstens drey Jahr auf das Haudwerck gewandert (weshalb Wir jedoch in vorkommenden Fällen zu dispensiren Uns vorbehalten) erweisen muß. Mit Vorzeigung des Geburts-Briefes wollen Wir die angehende Meister verschonet wißen, weil der Lehr-Brief selbigen bereits zum voraus setzet: Und da auch der Original-Lehr-Brieff ohne Kosten und Weitläufftigkeit nicht zu haben wären, soll die ihm ertheilte beglaubigte Abschrifft desselben nebst denen nachher auf der Wanderschaft erhaltenen Kundschafften hinreichend seyn, wie dann auch, wann ein wandernder Geselle etwa unter Unserer Soldatesque geräth, daselbst Dienste nimt und Soldat wird, hernach aber seinen erlichen Abschied vom Regiment erhält, oder eine Zeitlanck zu seinem Fortkommen zu dieser oder jener Herrschafft in Römischen Reich vornehmen oder geringen Standes sich in Diensten begeben und von seiner Herrschafft einen ehrlichen Abschied aufzuweisen hätte, solches ihm nicht nur unschädlich seyn sondern auch solche Zeit, da er Soldat gewesen, oder bey Herrschafften gedienet, ihm zu den Wander-Jahren, doch der Gestalt, daß denen Gesellen, so keine Soldaten gewesen zwey Dienst-Jahre für ein Wander-Jahr gerechnet werden soll, wenn er nur Tüchtig das Handwerck gelernet hätte, und mit dem Meister-Stück bestehet.

Art. 2.

Soll Keiner, so Meister werden will, und seines Wohlverhaltens wegen gute Kundschafft oder attestata aufzuweisen hat, schuldig seyn vorhero, noch aufs Jahr, wie sie es nennen, zu arbeiten; derjenige aber, dem es an jetzt gedachten Zeugniß seines Wohlverhaltens fehlet, soll an dem Ort, wo er Meister werden will vorhero noch als Geselle ein halb Jahr arbeiten, damit mann seiner ehrlichen Aufführung halber einiger Maaßen versichert sein könne: Außer diesem Fall aber werden die vorhin übliche Muht-Zeit und Muht-Jahre hiedurch gantzlich abgeschaffet und verbohten.

Art. 3.

Soll der Geselle, so Meister zu werden verlanget, und sich dieserhalb bey der Versamlung des Gewercks gebührend gemeldet, zum Meister-Stück, so woll eine Rolle Toback entweder auf der Tafel, oder Hand-Mühle spinnen, als auch 1  fein Krausgut schneiden und zurichten; Imgleichen von dem Ausländisch und einländischen Toback ein Pfund der besten Blätter Sortiren, dieselbe

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Ausrippiren, und nach Art des sogenannten petum optimum oder Mercur-Tobacks Kerben, daß er in Paquets gepackt werden könne, hernach aber damit frey zu gebähren haben und kann über gedachte Stücke der Geselle unter keinerley Vorwand zu ein mehreres nicht angehalten werden.

Art. 4.

Wann der Meister Geselle solchergestalt zu Verfertigung des Meister-Stücks zugelaßen worden, so soll er solches in eines Meisters Hause in Gegenwarth deßelbigen verfertigen: Daß aber bey Verfertigung dieses Meister-Stücks mehr Meister zugegen seyn, ist keinesweges nöthig; wie dann auch alle bey dieser Gelegenheit sonst gewöhnliche Schmausereyen, sie bestehen, worinn sie wollen, gäntzlich verbothen worden.

Art. 5.

Wann das Meister-Stück fertig, soll der Meister Geselle solches dem Beysitzer und Alt Meister des Gewercks anzeigen und um Beruffung des Gewercks zu deßen Besichtigung ansuchen, welches so dann, so bald es möglich, in Beyseyn des Beysitzers geschehen soll.

Sollten nun an dem verfertigten Meister-Stücke solche Mangel befunden werden, aus welchem abzunehmen, daß der Verfertiger sein Handwerk noch nicht recht verstehe, soll derselbe vor das Mahl ab- und das Handwerck beßer zu lernen angewiesen, sonst aber ihm einiger von denen Amts-Meistern zuweilen mit Fleiß und aus Mißgunst hervorgesuchter Kleinigkeiten und geringer Fehler halber, als welche, weil sie zur Haupt-Sache nichts beytragen können, zu übersehen sind, keine Hinderung gemacht noch die bey einem Meister-Stücke etwa angegebene geringe Fehler mit Gelde abgekauffet, sondern es muß das Meister-Stück schlechterdings angenommen, oder nach Befinden gantz verworfen werden, und wenn darüber Streit entstehet, ist solches allenfals dem Gutachten des Magistrats, auch da es nöhtig, der Beurtheilung anderer unpartheyschen Meister heimzustellen: Maaßen wann sich befinden sollte, daß dem, so Meister werden will, nur aus Muthwillen und ohne gegründete Ursache Schwierigkeiten gemacht werden, diejenige, so es gethan, die Unkosten Tragen sollen.

Uebrigens verordnen Wir hiemit in Gnaden, daß soviel die Verfertigung des Meister-Stücks und was desfalls, imgleichen wegen der Wander-Jahre vestgesetzet worden, anbetrift unter einem Fremden oder Einheimischen und Meisters Sohne, oder der eines Meisters Wittwe oder Tochter heyrathet, gar kein Unterschied gemacht werden, sondern einer wie der andere zu Erlegung des

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Meister-Rechts sich geschickt machen solle. Daferne aber jemand, so bereits in einer andern Stadt, es sey in oder außhalb Landes Meister gewesen, sich alhier zu setzen und die Gülde zu gewinnen beschlosse, soll derselbe ohne Verfertigung eines abermahligen Meister-Stücks gegen Erlegung der im folgenden Articel vestgesetzten Gebühren angenommen werden, jedoch soll er gehalten seyn, vermittelst eines Gezeugnisses von seiner vorigen Obrigkeit dazuthun, daß er von dem Gewerck des Ortes, mittelst Verfertigung des daselbst üblichen Meister-Stücks, zum Mit-Meister angenommen sey und das Handwerck darauf getrieben habe.

Art. 6.

Wer also mit seinem Meister-Stück bestanden, der soll darauf in der Meister-Lade 5 Rthlr. denen gesammten Meistern wegen der zweymahligen Zusammenkunfft 32 ßl. zur Ergötzlichkeit, dem Magistrats-Beysitzer 24 ßl. und den Meister, bey welchen er das Meister-Stück gearbeitet 24 ßl. (welche aber derjenige so vorhin schon an einem andern Orte Meister gewesen, nicht erlegen darf), zur Armen-Kasse des Amts 2 Rthlr., über die auf 8 Rthlr. 32 ßl. zusammen sich belauffende Kosten aber nichts mehr, es sey unter was Vorwand es wolle, Zahlen und darauf ohne fernere Weitläufftigkeit, wann er das Bürger-Recht gewonnen, oder sich wenigstens desfals zu Rath-Hause gemeldet, zum Meister auf und angenommen werden, und aller Vor-Rechte des Gewercks genießen.

Art. 7.

Deswegen laßen Wir auch gnädigst geschehen, daß das Gewerck der Toback-Spinner fernerhin ungeschloßen bleibe, und dabey so viel Meister, alß sich ehrlich ernähren können, angenommen werden;

Es ist aber desto genauer dahin zu sehen, daß Keiner zum Gewerck gelaßen Werde, welcher nicht vorbeschriebener Maaßen sich dazu Tüchtig gemacht, und daß deswegen keinen untüchtigen die Heyrath einer Meister-Wittwe, oder daß er eines Meisters Sohn sey, zu statten komme. Hingegen soll einem jeden Meister erlaubet seyn, einen Jungen und so viel Gesellen zu halten, als er zu Bestreitung seiner Arbeit nöthig hat. Damit aber gleichwohl diejenigen, welche keinen starken Zulauf noch Verlag haben, nicht zu sehr darunter leiden mögen, So soll der Meister, welcher schon ein Gesellen hat, auf der Werck-Stelle von eingewanderten, keinen eher bekommen, biß seine Mittmeister ebenfals mit welchem versehen oder bis sie keine mehr verlangen; wann er aber darauf nicht warten wolle; so stehet ihm frey, sich die übrigen Gesellen zu verschreiben, doch mit Vorbewust des Altermeisters.

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Art. 8.

Wer nun die Toback-Spinner-Innung vorbeschriebener Maaßen nicht gewonnen und obbemeldete Pflichten und Gebühren nicht geleistet oder erleget hat, noch nach Art. 17 declarirter Maaßen dazu qualificiret, dem soll dieses Handwerck so wenig vor sich allein als noch weniger mit Gesellen und Jungen erlaubet seyn zu treiben. Und ob Wir zwar nicht gemeinet sind, dem Gewercke die eigenmächtige Auftreibung der Stöhrer und Pfuscher ferner zu gestatten, so wollen wir doch auf eingebrachte Klage wider die Pfuscher schleunige Justitz durch wegnehmung des Arbeits-Zeugs Geld und andere Strafe demselben jedesmahl vom Magistrat wiederfahren laßen.

Weil auch einige Zeit hero gantz unerfahrene Persohnen des Tobacks-Spinnens und deßen Verkaufs in hiesigen Lande sich nach eigenen Belieben angemaßet und doch ihr besonderes Gewercke oder erlernten Profession dabey treiben, noch auch die Tobacks-Spinner Profession erlernet, so sollen die Amts-Meister dann und wann mit Vorwißen und Einwilligung des Stadt-Magistrats in der Stadt behörige Visitation verrichten, und wann ein Contravenient dieses Amts-Privilegii angetroffen werden solte, berechtigt seyn, ihm die verfertigte Waaren nebst den Arbeitszeug so fort durch des Magistrats und andere Obrigkeitlichen Hülfe und Bediente abnehmen zu laßen, da denn selbige verkaufft und das daraus gelösete Geld halb der Obrigkeit, und halb der Innung zufallen soll.

Wie denn auch auf den platten Lande durchaus keine Tobacks-Spinner, wenn sie es gleich mit dem Gewercke in Städten halten wollen, geduldet, sondern die erbauete und gewonnene Tobacks-Blätter vom Landmann in die Städte zum freyen Kauff gebracht und darin versponnen oder verarbeitet werden solle.

Art. 9.

Wenn ein Geselle in andere einländischen Städten, so keine eigene Innungen haben, Meister zu werden und es mit hiesigen Gewerck zu halten verlangete, so muß er das Meister-Recht auf vorbeschriebene Art und Weise auch alhier gewinnen und das Meister-Stück verordneter Maaßen verfertigen.

Es soll auch ein solcher Meister an Meister-Gelde und allen Kosten überhaupt Acht Rthlr. 32 ßl. erlegen, und mit dem Meister-Stück frey zu gebähren haben, dieses Geld auch nach der im 6ten Art. vorgeschriebener Proportion unter die Participianten vertheilet werden.

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Ob nun zwar einen solchen Zünftigen Meister in anderen Städten erlaubet ist, Jungens zu lernen, und Gesellen zu halten, so sollen doch die Jungens nicht anders, als bey dem Gewercke alhier Loß gesprochen, noch die Gesellen anderswo zu Meister gemacht werden, zu welchem Ende ein solcher Meister des Gewercks Versammlungen zwar so oft er will, beywohnen kann, sonst aber nicht schuldig ist, bey demselben jährlich mehr als ein mahl einzufinden, da er daß sogenannte Quartal-Geld, so aber nicht über 16 ßl. jährlich seyn soll, zugleich mit abführen muß.

Art. 10.

Wann das Gewerck oder dessen AltMeister nöhtig finden, das Gewerck zum Quartal oder sonsten zusammen zu fodern, soll solches nicht anders, als mit Vorwißen und Erlaubnis des Magistrats Beysitzer, und daß derselbe dabey zu gegegen sey, geschehen. Die Beruffung geschiehet durch den jüngsten Stadt-Meister, welcher die Ansage unweigerlich thun, und was sonst ihm in Gewercks-Sachen mitgegeben wird, verrichten muß, es wäre dann, daß er durch Krankheit oder andere erhebliche Ursachen verhindert würde, welche er anzuzeigen, und daß sein Amt von einem andern Meister versehen werden besorgen muß.

Wann aber jemand, so sich alhier setzet, bereits anders wo Meister gewesen, ist ihm das jüngste Amt nicht zuzumuthen, sondern er bekömt den Platz nach den Jahren seiner Meisterschaft und so muß derjenige solche übernehmen, der sich zu letzt zum Meister-Recht gemeldet. Uebrigens soll der Jüngste zwar zum Verschicken in Gewercks-Angelegenheiten keinesweges aber zum Einschenken und dergleichen Aufwartung bey denen Gewercks-Versamlungen gebrauchet, sondern dieses soll durch die Gewercks-Jungens verrichtet werden.

Art. 11.

Den Beysitzer des Magistrats und den AlterMann sollen die Gewercks-Glieder bey den Versamlungen gebührend respectiren, wiewohl Wir die vorhin gebräuchliche ungereimte Begrüßungs-Worte, und Weise, hiedurch gäntzlich verbiehten, auch die sonst übliche Strafen wegen gar geringer und öfters lächerlichen Verbrechen abgeschaffet wißen wollen, und daß es bei der Zusammenkunft der Tobacks-Spinner anders nicht, alß bey anderer ehrlicher Leute Zusammenkunft gehalten werden solle; Jedoch daß dabey nicht getrunken werde. Welcher Meister auf Erfordern bey des Gewercks Zusammenkunft nicht zu rechter Zeit oder eine Stunde

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zu spät erscheinet, der soll Vier Schilling Strafe in der Lade erlegen; Würde er aber ohne hinlängliche Ursachen anzuzeigen, gar wegbleiben, oder da er erschienen, und ehe die Sache, worin sie zusammen kommen, ausgemachet, unangezeiget weggehen, soll er 24 ßl. erlegen, und über dem an das, was beschloßen worden, verbunden seyn.

Art. 12.

Denen Meistern aber wollen Wir eine Lade zu Verwahrung der Briefschaften und Gelder fernerhin gestatten. Jedoch verbiehten Wir aufs Nachdrücklichste alle Altväterische und Theils abergläubische Ceremonien, so mit derselben Theils bey denen Gewercks-Versammlungen, Theils wenn sie von einen AltMeister zum andern gebracht werden müssen, gemacht werden, und wollen dieselbe im geringsten nicht anders als einen andern Kasten oder Laden so zu weiter nichts, als etwas darinnen zu verwahren, verfertiget, angesehen wißen. Diese Lade soll bey dem Alt-Meister im Hause stehen und mit drey Schlößern von unterschiedener Art versehen seyn, zu welchen der Beysitzer, der Alt-Meister und der Jung-Meister, jeder einen Schlüßel, damit Keiner ohne die andere, solche eröfnen könne, haben, und wenn es nöthig, den Alt-Meister eine gewiße Summa daraus zur Berechnung zustellen sollen.

Zum AltMeister muß ohne erhebliche Ursachen kein ander, als der Älteste genommen werden, daferne er Caution, deren Quantum der Beysitzer zu benennen hat, bestellen kann. Wann aber Ursachen vorhanden, worin der Älteste Meister dieses Amt nicht übernehmen könte oder wolte, muß der Beysitzer mit dem Gewercke sich der Wahl wegen vereinigen, allenfalls aber da sie sich nicht einigen könnten, an das Magistrats-Collegium die Sache gelangen laßen, welches so dann einen Altmeister benennen muß.

Art. 13.

Die Rechnung über Einnahme und Ausgabe soll der Alt-Meister in der Woche nach Trinitatis, sowohl über die zur Meister-Lade als Gesellen Armen-Kasse gehörige Geld, alß welche künftig auch von AltMeister und Alt-Gesellen, in einer aparten Rechnung berechnet, und von beyden ein besonder Schloß und Schlüßel dazu gehalten werden sollen, in Gegenwarth des Gewercks-Beysitzer und der Gesellen justificiren, und dieselbe ihn quitiren. Zu dieser Versamlung sollen auch die Mithaltende Meister aus andern Städten gefordert werden, und ihr jährlich Quartal-Geld mit 16 ßl. erlegen. Dem Beysitzer soll 1 Rthl., dem Gewercke

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2 Rthlr. und denen Gesellen aus ihren Geldern 1 Rthlr. nach abgenommener Rechnung zur Ergötzlichkeit gereichet werden. Dem Beysitzer befehlen wir insbesondere, keine andere als nötige Ausgaben passiren zu lassen, Wie Wir denn in Spezie nicht wollen, daß wann ein Meister des Gewercks von jemanden geschimpfet worden, das gantze Gewerck desfals Proceß erheben, noch weniger mit andern Gewercken, wie öfters, wenn auch nur ein einziger Toback-Spinner gescholten worden, geschehen ist, gemeine Sache machen, und die Unkosten aus der Kasse nehmen solle, sondern wer von Meister und Gesellen geschimpfet ist, macht auf seine eigene Kosten seine Sachen durch den ordentlichen weg Rechtens aus; Wann aber das gantze Gewerck wäre geschimpfet worden, können die Proceß-Kosten aus der Lade genommen werden. In übrigen wird die bisherige unvernünftige Verfaßung, daß einem Meister, welcher geschimpfet worden, so gar sein Handwerck geleget werden könne, bis er ihm Satisfaction verschaffet, hiedurch aufgehoben und verboten, der Gestalt, daß es einen geschimpften Meister oder Gewercke frey stehen soll, die ihm angethane Injurien, welches dem Christenthum gemäßer ist, gäntzlich zu vergeben.

Art. 1.

Ob nun zwar solchergestalt, da nichts bedeutende Proceße vermieden werden, und die unnütze Schmausereyen und Ausgaben cessiren, zu den Gewercksangelegenheiten die einkommende Gelder hinreichend seyn werden; Wenn aber dennoch wieder vermuthen eine unentbehrliche Ausgabe vorfallen solte und es die Notdurft erfordert, eine Anlage zu machen, soll das Gewerck sich desfals mit den Beysitzer vergleichen, und wann dieser die Collecte approbiret, solche in Gegenwart desselben gemacht, und dabey die Gleichheit in Acht genommen werden, daß nämlich einen Meister so viel, alß nach Proportion seiner Nahrung ihn treffen kann, zugeschrieben werde.

Art. 15.

Wenn das Gewerck sich vereinigen wolle, alle Quartal oder jährlich etwas in ihres Gewercks-Armen-Kasse zu legen, um einen verarmten Meister damit unter die Armen zu greiffen, oder deßen Wittwe zu den Begräbniß-Kosten daraus zu Hülfe zu kommen, wie nicht weniger eine Gesellen-Armen-Kasse anzurichten, (wie Art. 13 gedacht, in des AltMeisters Verwahrung seyn, dieser und ein Alt-Geselle aber jeder einen besondern Schlüßel dazu haben müssen) einen Armen Kranken Gesellen damit zu helffen,

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oder zu beerdigung eines in Armuth verstorbenen Gesellen etwas daraus zu nehmen, soll ihnen solches unverwehret seyn, wie dann zu dem Ende die bisher eingeführte gute Ordnung wegen haltung einer Leichen-Kasse, Begleitung der Leichen, und was dem anhängig, wohl behalten werden kann. Einen Wandernden Gesellen aber, welcher seine Kundschaft hat, aber aus Mangel der Arbeit nicht ankommen kann, sollen 8 ßl. aus der Gewercks-Lade gezahlet werden, wenn er aber keine Kundschaft hat, auch sich nicht, wie unten beym 26sten Art. dieses Privilegii vestgesetzet wird, legitimiren kann oder will, so soll er nichts bekommen, und für einen Vaganten geachtet, seinentwegen auch der Obrigkeit Nachricht gegeben werden.

Art. 16.

Soll kein Innungs-Meister befugt seyn, außer seinem Hause und Wohnung mehr als eine Werck-stelle zu halten, bey 2 Gulden Straffe, wovon die Helfte der Lade und die andere Helfte der Armen-Kasse zu erlegen. Wie dann auch kein Meister suchen soll, unter ein oder anderley Preetext seinen Neben-Meister die Nahrung zu entziehen, oder deßen Waare aus Muthwillen zu verachten, und zu Tadeln, noch weniger seinen Mit-Meister die Gesellen abspänstig zu machen bey 1 Rthlr. Straffe, davon die Hälfte der Armen-Kasse, die andere Hälfte aber der Lade.

Art. 17.

Wenn ein Meister oder seine Frau oder eines seiner Kinder verstirbet, und das Gewerck stark genug ist, sollen die jüngsten Meister, so viel deren nöthig, schuldig seyn, die Leiche zu grabe zu tragen und sich bey 16 ßl. Straffe, ohne erhebliche Ursachen, so dem Alt-Meister so fort anzuzeigen, und welcher darauf die folgenden darzu bestellt, Keiner, dem es vom Alt-Meister angesaget worden, deßen entziehen. In gefährlichen Sterbens-Laufften aber wird der Magistrat Anstalt wegen der Begräbniße machen, nach welcher die Tobacks-Spinner, wie jedermänniglich, sich zu achten haben.

Für sothanes Leichen-Tragen sol den Trägern zusammen 1 Rthlr. 16 ßl. aus der Meister-Lade gegeben werden; die übrigen Meister sind schuldig der Leiche zu folgen, wenn es verlanget wird.

Art. 18.

Eines Meisters Wittwe soll berechtiget seyn nach ihres Mannes Tode das Haudwerck mit so viel Gesellen zu treiben, alß ein ander Meister; doch daß sie keine Lehr-Jungen halte, sie auch

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derer den übrigen Amts-Meistern zukommenden Rechte und Gerechtigkeiten zu genießen haben, dagegen aber auch für alle Arbeit zu antworten gehalten seyn, in welchen fall ihr jedoch der Regreß gegen den Gesellen, so die Arbeit aus Unfleiß und Nachlässigkeit. verdorben, unbenommen bleibet; Gestalt ihr dann von dem Magistrat die Hand hierunter nachdrücklich gebohten werden soll.

Wenn die Wittwe keinen tüchtigen Gesellen hatte, soll das Gewerck ihr einen zu schaffen schuldig seyn, ihr auch frey stehen, einen auszulesen, welcher ihr gefolget werden soll, daferne nicht erhebliche Ursachen, über welche der Magistrat zu urteilen, solches verhinderten.

Wann aber eines Tobacks-Spinners-Wittwe, außer dem Gewercke wieder heyrathet, so verstehet sich von selbsten, daß sie sich aller Tobacks-Spinner Arbeit enthalten, und sie von ihres andern Mannes Nahrung leben müße.

Art. 19.

Wann ein Knabe bey einem Meister um dieses Handwerck zu erlernen, sich angiebet, so soll er nicht eher angenommen werden, bis er Lesen, Schreiben und wenigstens die 5 Haupt-Stücke aus dem Catechismo Kann, es wäre denn, daß der Meister ihn währender Lehr-Jahren, wöchentlich vier stunden, so lange bis der Junge es gelernet, zur Schulen zu schicken, annehmen wolte, in deßen entstehung der Meister 2 Rthlr. Strafe zum Behuf der Armen Frey-Schulen, oder wo dergleichen nicht vorhanden, zur Armen-Kasse erlegen, auch darüber der Gestalt mit Nachdruck gehalten werden soll, daß der Raths-Beysitzer des Gewercks bey Loßsprechung des Jungens, sich jedesmahl darnach erkundigen, den Jungen in seiner Gegenwarth einen Spruch aus der Bibel schreiben und ein Haupt-Stück aus dem Catechismo hersagen, auch den Jungen nicht eher loßsprechen laßen soll, bis er das Handwerck tüchtig gelernet hat, wann er auch noch ein gantzes Jahr als Junge länger bleiben solle; Jedoch soll ein Meister macht haben, einen Jungen vor sich und ohne Zuziehung seines Mittmeisters auf die Probe anzunehmen, welche Probe aber über Vier Wochen nicht dauern soll, in welcher Zeit der Meister sich mit des Jungen Eltern oder Vormündern wegen des Lehr-Geldes zu vergleichen hat. Wann der Junge dem Meister gefället, soll dieser nach Ablauff Vier Wochen denselben vor das Gewerck stellen, und dessen Geburts-Brief übergeben, welcher so dann zur Lade genommen, und dabey verwahret, die Annehmung aber des Jungens in's Buch eingetragen wird. Für das Einschreiben und aufdingen Bezahlt der Junge weiter

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nichts als 12 ßl. Schreib-Gebühr an den Beysitzer und 24 ßl. in die Lade.

Art. 20.

Wenn ein Knabe so arm wäre, daß er das Lehr-Geld füglich nicht so gleich aufbringen könnte, soll er vor dem Magistrat gebracht und von demselben, daß der Meister wegen des Lehr-Geldes, entweder leidliche Termine setzen, oder die Lehr-Jahre weiter extendiren, veranstaltet werden.

Art. 21.

Der Meister soll seinen Lehr-Knaben Gewißenhafft mit allen Fleiß und gründlich unterrichten und mit demselben Christlich und vernünftig umgehen, nicht aber mit unverdienten oder auch übermäßigen Schlägen und andern unchristlichen Bezeigen demselben zusetzen, und dadurch die Lehr-Jahre zu verlauffen gleichsahm nöhtigen, noch auch solche Jungen mit übermäßiger Hauß-Arbeit, also, daß sie dadurch an tüchtiger Erlernung des Handwercks gehindert werden, belegen, noch weniger aber seinen Ehe-Weibe und Gesellen dergleichen zu thun gestatten. Gestalt den der Magistrat, wenn dieser wegen Klage bey ihm geführet wird, darunter gehöriges Einsehen zu haben, und den schuldig befundenen Meister oder Gesellen, gestalten Sachen nach, darüber zu bestraffen, auch da der Junge durch solch allzuhartes Tractament auszutreten genöhtiget seyn solte, der Meister ihn wieder anzunehmen und hinkünftig bescheidentlich zu verfahren, anzuweisen hat. Wenn aber ein Lehr-Junge aus bloßen Muthwillen aus der Lehre entlauft und über 14 Tage wegbleibet, soll er vors Gewerck gestellet und auf diensahme Art gestraffet werden. Bliebe er aber über Vier Wochen oder gar weg, soll er auf den letzten Fall seines bereits entrichteten, und etwa schuldigen Lehr-Geldes verlustig, in dem ersten Fall aber, er begebe sich zu demselben oder einem andern Meister, die Lehr-Jahre wieder anzufangen schuldig seyn. Wenn ein Meister verstirbet und hinterläßet einen Jungen, so noch nicht ausgelernet gegeben, und er darauf von einem andern Meister, wenn derselbe auch schon seinen Jungen hätte, um bey demselben auszulernen, angenommen, ihm auch dieserwegen, keine längere Zeit, als die gesetzten Jahre in der Lehre auszuhalten, aufgebührdet werden.

Art. 22.

Wenn nun ein Junge solchergestalt, seine 3 Lehr-Jahre, als auf so viel selbige hiemit festgesetzet werden, ausgehalten, soll sein

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Meister ihn wieder vor das Gewerck, wozu die Gesellen mit zu laden, bringen, wie er sich in seinen Lehr-Jahren verhalten und worinn er gefehlet, vorstellen, worauf den der Assessor und Älteste wegen des Lesens, Schreibens und Catechismi, ihn examiniren, und wann er deßen Kundig, sodann ihm vermahnen sollen, daß er Gott fürchten und vor Augen haben und in seinen Gesellen-Stande sich Christlich und Ehrbahr aufführen, vor Liederlicher Gesellschafft, Spielen, Sauffen, Huren, Stehlen und andern Lastern sich hüten, und seinen künftigen Meister Treu und Fleißig dienen und denenselben den gebührenden Respect erweißen solle, wobey ihm anzudeuten, daß er nunmehro Drey Jahre an vornehmen Orte inn- oder außer Landes wandern müße. Wann nun der Lehr-Junge solches nachzuleben versprochen, und den Alt-Meister des Gewercks die Hand darauf gegeben, so soll er sofort, ohne andere Ceremonien loßgesprochen, und ins Protocole als Geselle eingeschrieben, ihm auch ein Lehr-Brief entweder auf Pergament oder ordinair Papier, wie es der künftige Geselle verlanget und bezahlen will oder mag, von dem Beysitzer unter seiner und der Gewercks-Alt-Meister Unterschrift, mit Beydrückung des Gewercks-Siegel gegen Bezahlung 24 ßl. Expeditions-Gebühren, ausgefertiget werden, welcher Lehr-Brief sodann nebst dem Geburts-Brief oder Legitimations-Schein in der Meister-Lade verwahret, und von beyden nach Maaßgebung des General-Handwercks-Patents, dem Wandernden Gesellen eine mit Gewercks-Siegel besiegelte Copey ertheilet werden muß; Vor diese Loßsprechung zahlet der Geselle 1 Rthlr. an die Lade, und dem Beysitzer vor Ausfertigung des Lehr-Briefes und Einschreibung ins Protocole wie vorhin gedacht, für den Lehr-Brieff 1 Rthlr., dem Beysitzern und denen 2 AltMeistern, so den Lehr-Brief mit unterschrieben und besiegeln, in allen auch 24 ßl., wovon der Beysitzer 12 ßl. und die 2 AltMeister jeder 6 ßl. bekommen. Wenn aber der Lehr-Brief auf Pergament mit einer angehängten Kapfel verlanget wird, muß das Pergament, Band und Kapfel besonders noch nebst dem Siegel-Wachs bezahlet werden. Die Kopey von Geburts und Lehr-Brief wird vom Beysitzer und AltMeister ebenfals unterschrieben und untersiegelt, gegen Bezahlung 12 ßl. für jedes Stück, so gleichfals unter diesen Dreyen proportionirlich getheilet werden.

Art. 23.

Die Gesellen sollen sich alles scheltens unter sich enthalten, wenn aber ein Gesell von jemanden geschimpfet worden, sollen die andern Gesellen deswegen keinen Aufstand erregen, oder aus

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der Arbeit gehen, sondern wenn die Beschimpfung zwischen den Toback-Spinnern-Gesellen unter sich geschehen, müßen sie solches dem Gewercks-Beysitzer und Alt Meister, sonst aber, wann die Beschimpfung zwischen denen Tobacks-Spinner-Gesellen und denen Gesellen eines andern Handwercks vorgefallen, solches dem Magistrat anzeigen, der den Beleidigten Satisfaction zu schaffen und den Beleidiger, dem Befinden nach, zu bestraffen hat, wann aber die Beschimpfung, sonsten von jemanden geschehen, so muß der Geschimpfte bey derjenigen Obrigkeit, wohin die Iniurin Sachen gehören, und worunter der Beleidiger stehet, seine Denunctiation anbringen.

Art. 24.

Und ob Wir woll hiernächst geschehen laßen, daß die Gesellen des Tobacks-Spinner-Gewercks ihre eigene so genannte Herberge haben, wo die ankommende Gesellen, biß sie bey einen Meister Arbeit bekommen, einkehren, auch sonst zusammen kommen können, so verstehet sich doch solches nicht anders, alß daß sothane Herrberge bloß als ein ander Wirths-Hauß oder Herrberge zu achten, und nur dazu dienen sollen, daß man wißen, wo man die Einwandernden Gesellen suchen könne, dahero Wir die Benennung, des Krug-Vaters, Mutter, Schwester etc. nebst den übrigen abgeschmackten vorigen Gebräuchen, abgeschaffet wißen wollen, der Gestalt, daß die Tobacks-Spinner-Gesellen wie andere ehrliche Leute, daselbst zusammen kommen, zu ihrer Ergötzlichkeit mäßig trinken mögen, dabei sich ehrbahr und Christlich aufführen und keine Narrenspoßen Treiben, oder bestraffet werden sollen. Wie sie sich denn überall ihren Meistern gehorsahm erzeigen, sich nicht einander die Wanderschafft versprechen, oder ein den andern aufreden, keine gute Monntage oder andere Werckel-Tage feyern und dadurch fremde Gesellen verführen, sondern vielmehr des Abends zu rechter Zeit zu Hause sich finden laßen sollen. Immaßen, wenn ein Geselle nach 10 Uhr nach Hause kommen solte, er auf des Meisters Anzeige in 12 ßl. Straffe vom Gewercks-Beysitzer verdammet, und sothane Strafe, bey der Gesellen Armen-Gelder berechnet werden soll.

Art. 25.

Wenn auch unter denen Gesellen, wie bey andern Gewerckern, einige gute Ordnungen als wegen des Kirchen-Gehens, Einlegung in die Klinge-Beutel, Begleitung der Leiche eines Meisters oder Gesellen eingeführet wären, so laßen Wir Gnädigst geschehen, daß solche bey behalten werden, nur daß die deshalb einkommende

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Geld-Straffen, welche jedoch nicht hoch seyn müßen, dem Gewercks-Meister zur Berechnung in die Gesellen Armen Kasse zugestellet werden, nicht aber zur Disposition der Gesellen selbst bleiben sollen.

Art. 26.

Wenn ein Gesell weiter wandern, oder bey einem andern Meister gehen will, soll er seinem Meister wenigstens 14 Tage vorher, davon Nachricht geben, wie dann auch ein Meister dem Gesellen wenigstens 14 Tage vorhin ankündigen soll, daß er ihm nicht länger behalten wolle. Es soll auch hiebey allemahl dahin gesehen werden, daß kein Meister bey der im General-Reichs-Patent § 2 vestgesetzten Strafe von 20 Rthlr. einen angeordneten Gesellen, unter was Vorwand es auch seyn möge, ohne die geordnete Kundschafft fordern, oder ihm solche heimlich zustecke; solte es sich aber zutragen, daß ein Geselle aus Fremden nicht zum Römischen Reiche gehörigen Reichen und Ländern, wo das General-Reichs-Patent nicht angenommen noch beobachtet wird, alhier einwanderte, soll derselbe zwar, wann er vorbeschriebener Maaßen seinen Lehr-Brief vorzeigen kann, wegen Ermangelung derer in ermelten auswärtigen Orten nicht herrgebrachten Kundschaften von der Arbeits-Forderung nicht abgehalten noch zurücke gewiesen werden. Er muß aber vor dem ordentlichen Magistrat glaubhaft erhärten, daß an den fremden Orte, wo er zuletzt gearbeitet zu haben angegeben, weder das Reichs-Patent noch die nach demselben vorgeschriebene Kundschaft, eingeführet, er auch keines Verbrechens noch üblen Verhaltens wegen, von da weggegangen sey.

Art. 27.

Wir laßen hienächst ebenmäßig geschehen, daß die Gesellen noch fernerhin ein oder zwey Alt-Gesellen, mit wißen des Alt-Meisters unter sich ausmachen, welche in nötigen Fällen für dieselben sprechen, dieselben müßen sich aber bey nahmhafter Strafe alles aufwiegelens enthalten, hingegen aber alle Unordnungen verhindern helfen, und wann sie ungebührliche Dinge und Unternehmungen wahrnehmen, davon dem Altmeister sofort Anzeige thun, und wie Wir es bey dem bißherigen Auflegen der Gesellen a Monath 4 ßl., jedoch da solches in Gegenwarth des Altermeisters jedesmal geschehe, bewenden laßen, Damit ein kleiner Geld-Vorrath vorhanden sey, woraus kranken und nothdürftigen Gesellen unter die Arme gegriffen werden könne, also haben die Alt-Gesellen jedesmahl diese Gelder in Empfang zu nehmen, wie viel es gewesen, auf dem in ihrer Gesellen Büchse befindlichen

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Kassen-Zettel nebst dem Gelde, im beysein des Alt-Meisters wieder in die Gesellen-Büchse zu legen, worauf dieselbe von dem Alt-Meister, und den einen Alt-Gesellen, so den Schlüßel dazu mit hat, wieder zugeschloßen, und vom Alt-Meister in der Meister-Lade mit verwahret wird, welche Gelder auf Trinitatis, jeden Jahres, in Beysein des Gewercks und der Alt-Gesellen in Ausgabe und Einnahme berechnet werden sollen.

Bey diesen Auflagen aber sollen keine Zechen noch Zusammenkünfte der Gesellen auf der Herrberge geduldet, sondern solche bey härter Straffe verboten seyn, denen ordentlichen Auflagen aber sollen sich alle Gesellen gestalt und willig unterziehen, daß auch kein ein- oder auswandernder Geselle Arbeit und Kundschafft erlangen solle, er habe denn das gefällige Auflegen zuvor gethan.

Art. 28.

Alles Brieff-Wechsels mit andern Gesellen oder sogenannten Brüderschaften, haben sie sich bey Vermeidung empfindlicher Straffe zu enthalten; Weshalb ihnen denn auch kein Siegel gestattet wird, wurden sie aber von einer aus- oder einländischen Brüderschaft Schreiben empfangen, so haben sie solche so fort dem Alt- Meister unerbrochen zuzustellen, und wenn dieser es an dem Magistrat gelangen laßen, ferneren Bescheides zu ihren Verhalten zu gewärtigen; Solte sich nun finden, daß von einigen Gesellen aus einer zum Römischen Reiche gehörigen Stadt wieder die Verordnung des General-Patents § 6 Verbotene Schreiben abgelaßen worden, hat Magistratus des Orts, wo solche Brieffe bey denen Gesellen eingelauffen, sofort an des Brief-Steller Obrigkeit solche Contravention, dem befinden nach, zu melden, und die Bestraffung zu urgiren.

Art. 29.

Wegen des Gesellen-Lohns, deren Speisung, auch wenn sie des Morgens zu arbeiten anfangen, und des Abends aufhören müßen, laßen wir es dabey bewenden, wie es vorhin üblich gewesen jedoch, daß einen Meister allemahl frey bleibe, sich mit seinen Gesellen, so gut er kann zu vergleichen.

Gnädigst bestättiget und confirmiret haben Thun auch solches, Kraft dieses, wissend und wohlbedächtlich, der Gestalt und also daß Obbemeldete sämtliche Meister des nunmehrigen Toback-Spinner-Amts, in unsern Städten Malchow, Teterow und Tessin sich sothaner Amts-ordnung, Freyheit und Gerechtigkeit, ohne jemandes Eintrag und Behinderung, jedoch auch nach Maaßgabe Unserer Policey- und anderer Landes-Ordnungen, auch des jüngsten

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Landes Grund gesetzlichen Erbvergleichs, ins besondere aber des Reichs-Schlußes von Abstellung der Mißbräuche bey den Handwerckern, und des zu besserer Beobachtung desselben erneuerten Landesherrlichen Patents dd. Schwerin den 24sten Dec. 1755, gebrauchen mögen, und derselben sich gemäß bezeigen sollen; Immaßen Wir alles dasjenige was darinn disponiret und vorgeschrieben worden, anhero wiederholet, anbey den aus dem Magistrat erwählten Beysitzer dieses Amts, auf genaue Befolgung des angezogenen Patents nochmahlen alles Ernstes, und bey Vermeidung der unabbittlichen Verurtheilung in die darinn auf den Contraventions-Fall gesetzte Straffe, gewiesen haben wollen. Uebrigens aber auch, Uns und Unsern Successoren, an Unserer Landes-Fürstlichen Obrigkeit, Gericht und Gerechtigkeit, unabbrüchig, auch allen und jeden, so hinwieder privilegiret sind, oder solches künftig werden möchten ohnschädlich, wie Wir denn auch Uns und hochermeldeten Unsern Nachkommen, Regierenden Herzögen zu Mecklenburg, hiedurch ausdrücklich vorbehalten haben wollen, diese SuppIicantibus jetzt ertheilte Amts-Ordnung, nach Gelegenheit der Zeit und Laufte, eigenen Gefallens, zu andern, zu verbeßern, zu mindern und zu vermehren, auch wohl gantz wieder aufzuheben, und daneben eine oder mehre Frey-Meister daselbst einzusetzen.

Gebieten und Befehlen darauf Bürgermeistern Gericht und Rath in obbesagten Unsern Städten Malchow, Teterow und Tessin, auch sonsten männiglich hiemit gnädigst und ernstlich, daß sie die Impretanten bey diesen Unsern gnädigst ihnen ertheilten, und revidirten Amts-Privilegio, bis an Uns, wieder Mannliches Eintrag, behinder- oder Stöhrung, gebührend schützen, und vertreten sollen. An dem geschiehet Unser Gnädigster Wille und Meynung.

Urkundlich unter Unserm Insiegel. Gegeben auf Unserer Vestung Schwerin, den 29sten Aug. 1768.

L.S.
Seren.
Ad Mandatum Serenissimum proprium.
Hertzogliche Mecklenburgische zur Regierung Verordnete Geheime=
und Räthe.
G. v. Bassevitz.
Collat. et Vidimat. Concordantiam testor Ego.
Teterow, d. 6. Decbr. 1768. Christian Adolf Reinhard
Notar. immat.
Vignette
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Dr. Fr. Schildt, 2. Secretär des Vereins
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LXXV. Schwerin, 1. Juli 1910.

Jahresbericht

des

Vereins für Mecklenburgische Geschichte und
Altertumskunde


Inhalt:   Geschäftliche Mitteilungen. Literaturbericht. Anl. A: Veränderungen des Mitgliederbestandes im letzten Vereinsjahr. Anl. B: Zuwachs der Vereinsbibliothek. Anl. C: Zuwachs der Bildersammlung. Anl. D: Auszug aus der Rechnung für den Jahrgang 1908/09.

Geschäftliche Mitteilungen.

Im Laufe dieses Vereinsjahres, am 24. April 1910, sind drei Vierteljahrhunderte seit der denkwürdigen Feier der 50 jährigen segensreichen Regierung des Großherzogs Friedrich Franz I. und seit der Stiftung des Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde verflossen. Von einer besonderen Feier dieses Gedenktages ist abgesehen worden, weil in kurzem die Einweihung des stattlichen neuen Archivgebäudes stattfinden und mancherlei Festlichkeiten im Gefolge haben wird, an denen sich auch unser Verein bei seinen nahen Beziehungen zum Archiv gewiß gern beteiligt. Um so mehr wird es sich ziemen, an dieser Stelle einen Rückblick auf die vergangenen Jahrzehnte zu werfen. Aufstieg und Niedergang, Zeiten begeisterter Teilnahme weiter Volkskreise an den Bestrebungen des Vereins und Zeiten der Lauheit haben gewechselt, aber man wird anerkennen müssen, daß der Verein sich allezeit redlich bemüht hat, in ernster Forscherarbeit die Kenntnis der vaterländischen Geschichte und Altertumskunde zu vertiefen, auf diesem Grunde die Anhänglichkeit und Liebe zur Heimat weiter zu tragen und Angehörige der verschiedenen Stände in der gemeinsamen Freude an einer edlen und guten Sache und zu gegenseitigem Verstehen zusammenzuführen. Von den Vereinsaufgaben steht noch immer das Jahrbuch an erster Stelle, das seit der Gründung des Vereins in ununterbrochener Folge alljährlich in das Land hinausgeht und Anregung und Belehrung in manches Mecklenburger Haus trägt. Daran

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schließt sich das Urkundenbuch an, von dem seit 1863 nun schon 22 starke Bände vorliegen und das in kurzem um einen 23. Band bereichert wird. Es macht in drei Abteilungen den reichen Inhalt der Mecklenburgischen Urkunden aus der Zeit von 768 bis 1399 der Allgemeinheit zugänglich und bewahrt ihn vor dem Untergang. Und die Fortführung dieses Werkes in einer vierten Abteilung wird durch die Sammlung von Regesten des 15. Jahrhunderts vorbereitet. Manche Aufgaben hat der Verein in richtiger Erkenntnis der Zeiterfordernisse fallen lassen. So hat er seine einst sorgsam gepflegten Sammlungen von Altertümern und Münzen mit dem Großherzoglichen Museum, seine reiche Sammlung von Zeitschriften, die ihm im Tauschverkehr mit anderen wissenschaftlichen Vereinen und Instituten erwuchs, mit der Großherzoglichen Regierungsbibliothek vereinigt und nur die Sammlung von Bildern zur Mecklenburgischen Geschichte in eigener Verwaltung behalten. An die Stelle dieser früheren Aufgaben sind dann andere, wie mir scheint, nicht weniger wichtige getreten. Dahin sind vor allem die monatlichen Wintervorträge zu rechnen, die seit 1891 nun schon die Zahl 88 erreicht haben und die regste Beteiligung finden. Dann die Mecklenburgischen Geschichtsquellen, eine Sammlung chronikalischer Aufzeichnungen zur Landesgeschichte, wovon 1909 der erste Band erschienen ist. Und schließlich werden anstatt der früheren Quartalberichte, deren Nutzen nicht mehr im Verhältnis zu den Kosten stand und die sich seit der Gründung des Heimatbundes völlig überlebt haben, seit einer Reihe von Jahren den Jahrbüchern Literaturberichte angefügt, die auf die außerhalb des Vereins erschienenen neuen historischen Werke aufmerksam machen. So ist der Verein wohl alt geworden, aber nicht veraltet. Er hat aus dem Boden Mecklenburgischen Volkstums stets neue Kraft geschöpft und, wie ein gesunder Baum, immer wieder neue schmackhafte Früchte getragen, so daß er getrosten Mutes in das letzte Viertel des ersten Jahrhunderts seines Bestehens eintreten kann. Möge dem Verein auch künftig das Wohlwollen der Landesherren, das ihm nun schon 75 Jahre unverändert und unvermindert zuteil geworden ist, erhalten bleiben, wie im letzten Geschäftsjahr die engen Beziehungen des Vereins zu unserm Fürstenhaus in der herzlichsten Anteilnahme bei der Vermählung S. H. des Herzogs Johann Albrecht mit I. D. der Prinzessin Elisabeth zu Stolberg-Roßla und in dem Jubel über die Geburt des Erbgroßherzogs beredten Ausdruck gefunden haben.

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Die Personalverhältnisse des Vereins während des letzten Geschäftsjahrs sind als befriedigend zu bezeichnen. Unter unseren 4 Ehrenmitgliedern sind Veränderungen nicht eingetreten. Zu den bisherigen 18 korrespondierenden Mitgliedern ist der Staatsarchivar Archivrat Dr. Kretzschmar in Lübeck hinzugekommen und hat die Wahl in einem Schreiben dankend angenommen. Der Vereinsausschuß hat durch diese Ernennung die Verdienste anerkennen wollen, die sich Archivrat Kretzschmar durch Auskunftserteilung aus den Beständen des Lübecker Staatsarchivs um das Mecklenburgische Urkundenbuch erworben hat. Die Zahl der ordentlichen Mitglieder, die ja vorzüglich erkennen läßt, ob ein Verein im Volke Boden gefaßt hat und in seinen Zielen und Leistungen geschätzt wird, hat sich mit 557 ziemlich auf der Höhe gehalten, die wir nun schon eine Reihe von Jahren behaupten. Ein geringer Rückgang von 22 Mitgliedern seit dem Vorjahr beruht auf den gewöhnlichen und unvermeidlichen Schwankungen der Mitgliederzahl und wird hoffentlich in kurzem durch Gewinnung neuer Freunde wieder ausgeglichen werden.

Von den heimgegangenen Mitgliedern verdient vor allem der .Geh. Regierungsrat Dr. Franz Schildt (gest. 24. Okt. 1909) an dieser Stelle erwähnt zu werden. Seine wissenschaftliche Tätigkeit sei hier nur gestreift, und es sei daran erinnert, daß er uns mit seiner Geschichte des Bistums Schwerin in evangelischer Zeit ein wenn auch nicht erschöpfendes, so doch sehr übersichtliches und klares Bild von einer bisher ziemlich dunklen Zeitepoche der Heimatsgeschichte entworfen hat. Und diesem seinem Hauptwerke reihen sich manche andere beachtenswerte Aufsätze an. Mit Vorliebe vertiefte er sich in die bäuerlichen Verhältnisse Mecklenburgs während des vorigen Jahrhunderts, wie er sie in seinem Heimatdorf Büschow und später auf seinen Reisen für das Denkmälerwerk auch sonst im Lande zu beobachten Gelegenheit hatte. Seine letzte Arbeit über das Mecklenburgische Bauerndorf in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts wird für den Kulturhistoriker eine Fundgrube bilden und wird um so wertvoller werden, je mehr wir uns von den patriarchalischen Zuständen jener Zeit entfernen und je mehr die nahe Berührung von Stadt und Land in unsern Tagen auch auf die ländlichen Verhältnisse ihre zerstörende und gleichmachende Wirkung ausübt. Manche Vereinsmitglieder werden sich noch gern der Unterstützung erinnern, die er in seiner freundlichen Weise jedem Archivbenutzer angedeihen ließ. Von 1880 bis 1886 verwaltete Geh. Regierungsrat Schildt das zweite Vereins-

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sekretariat und hat auch später noch zweimal aushülfsweise dem Verein Sekretärdienste geleistet: als vor der Berufung des Geh. Archivrats Dr. Grotefend an das Schweriner Archiv eine Vakanz im ersten Sekretariat eingetreten war (1886 bis 1887) und als Archivar Dr. Saß von seinem Vereinsamt als zweiter Sekretär zurücktrat (1890 bis 1891).

Durch den Tod ist auch der Kammerherr Ulrich Graf von Oeynhausen (gest. 19. Aug. 1909) aus unserer Mitte geschieden. Was er dem Verein gewesen ist, wurde bereits auf der Generalversammlung von 1909 hervorgehoben, als längere Krankheit ihn gezwungen hatte, das Amt eines Vereinsrepräsentanten niederzulegen. Hier sei nur noch hinzugefügt, daß er auch als Forscher auf dem Gebiete der Gutsgeschichten und des Glashüttenwesens erfolgreich tätig gewesen ist, wie es eine Reihe tüchtiger Monographien bezeugt.

Und schließlich gedenken wir schmerzlich des Heimgangs zweier Veteranen unsers Vereins, des Gutsbesitzers Friedrich Pogge auf Gevezin (gest. 8. Juli 1909) und des Wirkl. Geheimen Rats Dr. Julius v. Amsberg in Schwerin (gest. 28. Mai 1910), von denen Pogge über 50 Jahre, Exz. v. Amsberg 46 Jahre zu den Unsern zählte. Die treffliche Sammlung von Meclenburgica, die letzterer in seiner Privatbibliothek besaß und unermüdlich zu vermehren suchte, brachte ihn auch zu unserm Verein in nähere Beziehungen.

Der Verein wird diesen und allen übrigen verstorbenen Mitgliedern ein ehrenvolles Andenken bewahren. Die Veränderungen, die die Matrikel im einzelnen während des abgelaufenen Geschäftsjahrs erfahren hat, sind aus Anlage A zu ersehen. Gegenwärtig zählt der Verein 4 Ehren-, 19 korrespondierende und 557 ordentliche Mitglieder.

Was dieTauschvereine anbetrifft, so nimmt das Museum für Völkerkunde zu Berlin seit dem Oktober 1907 an einer neuen wertvollen Publikation: "Amtliche Berichte aus den königlichen Kunstsammlungen", einem monatlich erscheinenden Beiblatt zum Jahrbuch der Kgl. Preußischen Kunstsammlungen, teil, worin die Neuerwerbungen des Museums mit knappen, treffenden Worten von berufener Seite beschrieben und in guten Abbildungen dem Leser vorgeführt werden. Die Publikation, die wir im Tauschverkehr erhalten, bietet in ihren diesjährigen Nummern amtliche Äußerungen zum Streit um die Flora-Büste und wird deshalb gegenwärtig für unsere Mitglieder von erhöhtem Interesse sein.

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Der Verein für Geschichte und Altertumskunde zu Frankfurt a. M. gibt gemeinsam mit zwei anderen dortigen Vereinen eine neue illustrierte Vierteljahrsschrift für Geschichte und Kunst unter dem Titel "Alt-Frankfurt" heraus, die uns der Verein im Schriftenaustausch nicht liefern kann, aber zu einem Vorzugspreis angeboten hat. Der Ausschuß hat zum Besten unserer Mitglieder das Anerbieten annehmen zu sollen geglaubt und auf die Hefte abonniert, so daß sie künftig, ebenso wie die Tauschschriften, von der Regierungsbibliothek entliehen werden können.

Ein Schriftenaustausch ist neu verabredet mit

  1. der Abteilung Paderborn des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens (Nr. 282), am 24. Sept. 1909,
  2. der Biblioteca apostolica Vaticana zu Rom (Nr. 283), am 8. Juni 1910.

Die Abteilung Paderborn veröffentlicht gemeinsam mit der Abteilung Münster jährlich einen Band der "Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde" Westfalens, deren beide Abschnitte früher gemeinsam, seit einiger Zeit aber getrennt voneinander von den Abteilungen verschickt werden. Die Paderborner Abteilung wird uns künftig den von ihr bearbeiteten Abschnitt gegen ein Jahrbuch liefern.

Die Vatikanische Bibliothek hat im Jahre 1894 auf Veranlassung des Archivars Dr. Arnold vom Kgl. Preußischen Historischen Institut in Rom die Jahrbücher bis Band 57 und die Urkundenbücher bis Band 16 von unserm Verein erhalten, die späteren Bände der beiden Veröffentlichungen aber nicht bekommen. Da nun die Sammlungen der Vatikanischen Bibliothek unzweifelhaft für jeden Forscher im Vatikanischen Archiv ein unentbehrliches Hülfsmittel bilden und die Unvollständigkeit der Mecklenburgischen Publikationen, wie der Bibliothekspräfekt F. Ehrle dem Unterzeichneten bei seiner Anwesenheit in Rom im April dieses Jahres mitteilte, dort schon mehrfach unangenehm empfunden ist, so haben wir jetzt die Jahrbücher 58 bis 73 und die Urkundenbücher 17 bis 22 nachgeliefert und eine Fortsetzung des Tauschverkehrs verabredet. Die Vatikanische Bibliothek hat uns eine Liste ihrer Veröffentlichungen zur Auswahl einer entsprechenden Gegengabe übermittelt.

Gekündigt hat den Schriftenaustausch die "Kon. Nederl. Genootschap voor Munt- en Penningkunde" zu Amsterdam (Nr. 275) am 8. Dez. 1909, wohl weil unser Jahrbuch in den letzten während des Tauschverkehrs erschienenen Bänden einen Aufsatz über Münzkunde nicht gebracht hat. Wir unsererseits haben

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die Versendung unseres Jahrbuchs an die Provinzialdenkmälerkommission für die Provinz Sachsen zu Magdeburg (Nr. 238) eingestellt und die Kommission am 12. Nov. 1909 aus der Vereinsliste gestrichen, weil mangelndes Interesse auf jener Seite deutlich zu Tage getreten ist.

Wir stehen bei zwei Zugängen und zwei Verlusten nach wie vor mit 280 Tausch-Vereinen und -Instituten in Verbindung. Die von diesen zur Vereinsbibliothek im verflossenen Geschäftsjahr eingesandten Schriften sind in Anlage B zusammengestellt.

Die Bildersammlung hat Bilder des Erbgroßh. Friedr. Wilh. v. M.-Strelitz, des Großh. Friedr. Franz II., der Herzogin von Orléans, Wallensteins u. a. gekauft. Photogr. der Mitarbeiter am Urkb. von 1860/82 schenkte Dr. Crull. Vgl. Anlage C.

Von den Arbeiten, deren Forderung der Gesamtverein der Geschichtsvereine in sein Programm aufgenommen hat, beschäftigte unsern Verein im letzten Geschäftsjahr noch weiter die Sammlung von Nachrichten über Elementarereignisse und physisch-geographische Verhältnisse. Es handelte sich zunächst um die Durchforschung der mittelalterlichen Geschichtsquellen durch junge Historiker, und mußte für diese das Honorar, zunächst auf 5 Jahre, vom Beginn der Arbeit an gerechnet, durch die vereinigten Geschichtsvereine sichergestellt werden. Überzeugt von dem Wert der geplanten Arbeit hat auch unser Verein sich von den Beiträgen nicht ausgeschlossen und hat 1907 zunächst 20 Mk. auf 5 Jahre bewilligt und 1908 diesen Beitrag auf 30 Mk. erhöht. Vielleicht genügt aber auch das noch nicht. Der Vereinsausschuß hat sich daher bereit erklärt, den Beitrag für die fünf Jahre auf je 50 Mk. zu erhöhen, wenn dies in einem demnächst ergehenden Rundschreiben vom Gesamtverein gewünscht würde. Die Durchforschung der territorialen und lokalen Geschichtsquellen wird Aufgabe einer späteren Zeit sein und für Mecklenburg von unserm Geschichtsverein aus organisiert werden.

Zu der gemeinsamen Tagung des Südwestdeutschen und des Nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung in Bonn (sowie in Xanten und Mayen) vom 29. März bis 1. April 1910 war Professor Dr. Beltz als Vertreter von unserm Verein abgeordnet. Er hat mitgeteilt, daß die Vorführung der bedeutungsvollen, vom Bonner Museum ausgehenden Ausgrabungen mit Besprechung ihrer Ergebnisse in der Bonner Sammlung und eine Aussprache über Organisation und Tätigkeit aus dem gemeinsamen Arbeitsgebiete die wesentlichen Punkte der Tagung bildeten. "Die vorgeführten Bodenunter-

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suchungen, so fährt Professor Beltz wörtlich fort, "sind auch für unsern Betrieb der Altertumspflege von großem Interesse. Es ist ja bekannt, wie die Ausgrabungsmethode in den Kreisen, aus denen die betreffenden Verbände bestehen, eine bisher unerhörte Virtuosität erreicht hat. Diese hat sich in erster Linie den römischen Anlagen zugewandt, in jüngster Zeit neben den Kastellen an der Lippe bei Oberaden und Haltern besonders dem ältesten und geschichtlich bedeutendsten der Vetera castra auf dem Fürstenberge bei Xanten. Es ist gelungen, in einem Gelände, welches äußerlich auch nicht die geringsten Spuren alter Anlagen aufwies, das ganze Kastell (Erdkastell) zu rekonstruieren und nach den Funden, besonders keramischer Art, zeitlich festzulegen. Neu ist, daß diese an den römischen Bauten erprobte Behandlung nunmehr auch prähistorischen Stellen zugewandt ist und bei Mayen (in der Voreifel) sogar eine neolithische Umwallung bis auf alle Details hinein bestimmt werden konnte; mit Analogieerscheinungen werden wir auch hier zu Lande zu rechnen haben."

Der nordwestdeutscheVerband, dem bekanntlich auch unser Geschichtsverein angehört, hat die Zusammenstellung der römischen Münzfunde durch Dr. Willers-Bonn für Hannover beschafft; Dr. Willers hat sich nunmehr Westfalen zugewandt und wird sich alsbald auch mit Mecklenburg beschäftigen. Das Werk über Urnenfriedhöfe in Niedersachsen, das von dem Historischen Verein für Niedersachsen herausgegeben wird, ist durch Bewilligung der erforderlichen Mittel und Gewinnung der Arbeitskräfte gesichert und auf vier Bände zu je 40 Mk. veranschlagt. Von der "prähistorischen Zeitschrift", in deren Redaktionsausschuß auf der Bonner Tagung u. a. auch Professor Beltz gewählt wurde, ist im Mai der erste Band vollendet. Leider hat diese nach ihren Darbietungen außerordentlich wertvolle Zeitschrift noch nicht die wünschenswerte Beachtung in unserem Mitgliederkreise gefunden, wie denn bisher erst 7 Abonnenten aus unserm Verein angemeldet sind. Wir möchten daher nochmals empfehlend auf die Zeitschrift hinweisen, die jährlich in 4 Heften von zusammen 30 bis 40 Bogen erscheint und unsern Mitgliedern zum Vorzugspreis von 6 Mk. (statt 12 Mk.) geliefert wird. Näheres über die Ziele und den Inhalt der Zeitschrift im Jahresbericht 74, S. 4.

Übrigens konnte Professor Dr. Beltz der Bonner Versammlung sein mustergültiges Katalogwerk über die prähistorischen Sammlungen des Großherzoglichen Museums vorlegen, das das erste Unternehmen ist, die Bestände eines größeren Landesinstituts zu veröffentlichen.

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Der 23. Band des Mecklenburgischen Urkundenbuchs, der vorletzte der 3. Abteilung dieses Werkes, ist seit dem 1. Juli 1909 um 30 Bogen gefördert worden, so daß jetzt 83 Bögen im Druck vorliegen und der Band seinem Abschluß nahe ist. Der letzte gedruckte Bogen führt die Urkundensammlung bis zum Nov. 1399 und schließt mit der 13541. Urkunde des ganzen Werkes ab. Da inzwischen auch die Register von den verschiedenen Bearbeitern vorbereitet sind, so kann der Band wohl Anfang 1911 zur Ausgabe gelangen.

Die hohe Politik war in und um Mecklenburg während der Jahre 1398 und 1399 noch mit der Lösung der mecklenburgischen Beziehungen zu Schweden beschäftigt. Die im Pfandbesitz der Hansestädte befindliche Stadt Stockholm wurde an die Königin Margarete ausgeliefert, da König Albrecht zur Zahlung der hohen Auslösungssumme für seine Person weder bereit, noch imstande war und auch keine Lust hatte, in schwedische Gefangenschaft zurückzukehren. Aus der Insel Gotland suchte er und sein Neffe, Herzog Johann IV., durch Verpfändung an den Deutschorden noch einigen Nutzen herauszuschlagen, doch war auch dieses letzte Stück schwedischen Landes in fremdem Besitz nicht mehr lange der Königin Margarete vorzuenthalten. In den letzten gedruckten Bogen treten die Verhandlungen Mecklenburgs mit dem Hochmeister über die Verpfändung Gotlands und die von Schweden dagegen erhobenen Proteste in den Vordergrund. Zum erstenmal in vollem Wortlaut werden die beiden Urkunden geboten, die Graf Otto von Hoya-Bruchhausen 1398 über die Verlobung seiner Tochter Jutta mit dem Herzog Johann IV. von Mecklenburg und 1399 über die Aufschiebung der Hochzeit bis Fastnacht 1400 ausstellte.

Für die Regesten des 15. Jahrhunderts sind im letzten Vereinsjahr eine ganze Reihe von Aktenabteilungen des Großherzoglichen Archivs durchforscht worden, die im einzeln aufzuzählen hier nicht möglich ist. Eine Vorstellung von der reichen Ausbeute gewähren aber mehrere mit Regestenzetteln dicht angefüllte Kästen, die dem alten Bestände angereiht und den Forschern zu bequemer Benutzung im Archiv zugänglich gemacht sind. Im ganzen sind jetzt 20 solcher Kästen mit Regestenzetteln vorhanden. Für unser Archiv nähert sich die Regestenarbeit ebenfalls allmählich ihrem Ende. Nach ihrem Abschluß erübrigt es sich, noch, einige auswärtige Landes- und Stadt-Archive zu durchforschen, von denen bisher nur das Wismarsche Archiv systematisch und vollständig verwertet ist. Wenn uns dann künftig das Wohlwollen der Groß-herzoglichen Regierungen und der Stände erhalten bleibt, die uns

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vor kurzem in dankenswerter Weise den jährlichen Zuschuß von zusammen 4200 Mk. für 1910 bis 1915 bewilligt haben, so werden wir daran denken können, auch das wichtige Urkundenmaterial des 15. Jahrhunderts für die allgemeine Benutzung durch den Druck der Regesten zu erschließen.

Für das Register zu den Jahrbüchern 61 bis 70 sind von Dr. Walter Müller die beiden ersten Bände bearbeitet worden.

Der Sommerausflug am 7. Juli 1909 hatte die fürstliche Nebenresidenz Ludwigslust und die Festungsstadt Dömitz, in die vor 100 Jahren Schill mit seiner Schar eingezogen war, zum Ziel und fand eine rege Beteiligung. Auf dem Bahnhof Ludwigslust konnten die Teilnehmer den von unserm Mitglied Hofbuchhändler Kober herausgegebenen neuen Führer durch Ludwigslust erwerben, der dort zum erstenmal ausgegeben wurde und ein treffliches Nachschlagebuch für die Sehenswürdigkeiten der Stadt bildet. Im Großherzoglichen Schloß, dessen Besichtigung uns von S. K. H. dem Großherzoge allergnädigst gestattet war, bewunderten wir die zahlreichen Kunstschätze und Erinnerungsstücke an die fürstliche Familie, besichtigten dann die Stadtkirche mit dem Sarkophag des Herzogs Friedrich, des Schöpfers des Ludwigsluster Schlosses, und weilten schließlich nach einer kurzen Wanderung durch den Schloßgarten in stiller Andacht im Mausoleum des Großherzogs Friedrich Franz III., an dessen Gruft wir namens des Vereins in dankbarer Erinnerung an die uns unter dem Protektorat des hochseligen Fürsten gewährte Förderung einen Lorbeerkranz niederlegten. In Dömitz setzte leider ein Landregen ein, der auch nach dem gemeinsamen Mittagessen im Gesellschaftshause noch anhielt und die Besichtigung der Festung und den Spaziergang auf dem Stadtwall längs der Elbe etwas beeinträchtigte. Besonders konnte die schöne Aussicht vom Festungsturm und vom Festungswall auf den majestätischen Elbstrom und die weite Elbniederung nicht recht genossen werden. Die fröhliche Stimmung der Teilnehmer blieb aber durch die Ungunst der Witterung unberührt, so daß auch dieser Ausflug allen in guter Erinnerung bleiben wird.

Im Winter sind wir viermal an gewohnter Stätte im Hotel Luisenhof zusammengekommen. Es trugen vor Geh. Regierungsrat Dr. Schröder am 9. Nov. 1909 über "Die Anfänge der Regierung Friedrich Franz I.", Archivrat Dr. Witte am 14. Dez. 1909 über "Urbevölkerungsfragen des deutschen Nordens", Geh. Archivrat Dr. Grotefend am 11. Jan. 1910 über "Die ältesten

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Zeiten der Luftschiffahrt" und Professor Dr. Bloch-Rostock am 8. März 1910 über "Die deutsche Verfassungsfrage nach 1815". An die Vorträge schloß sich wie üblich, ein gemeinsames Abendessen, das zu regem Gedankenaustausch Gelegenheit bot. Im Februar 1910 ist der geplante Vortrag ausgefallen, weil die Museumsdirektion am 9. Febr. im Perzinasaal einen Lichtbildervortrag des Dr. Erwin Hensler über "Matthias Grünwald und seine Kunst" veranstaltete und dazu auch an unsere Mitglieder Einladungen ergehen ließ. Es hat eine große Anzahl von diesen mit ihren Damen von der Einladung Gebrauch gemacht.

Die Generalversammlung wurde am 23. April 1910 in Sterns Hotel abgehalten und durch die Anwesenheit S. K. H. des Großherzogs, S. K. H. des Herzogs von Cumberland und S. H. des Herzogs Paul Friedrich ausgezeichnet. Nach begrüßenden Worten an die fürstlichen Herrschaften hob der Präsident des Vereins, Staatsminister Graf v. Bassewitz-Levetzow, Exz., hervor, daß die gestrige Geburt des Erbgroßherzogs wie in der Stadt und im ganzen Lande, so auch ganz besonders in unserm Verein Freude und Jubel geweckt habe. Am 24. April könne der Verein, dem die besondere Gunst und das lebhafteste Interesse des Landesherrn allezeit zuteil geworden sei, auf 75 Jahre seines Bestehens zurückblicken. Was der Verein in dieser Zeit für die mecklenburgische Geschichtsforschung geleistet habe, das bekunde die stattliche Reihe seiner Werke; daß dieser Erfolg aber möglich gewesen sei, das wäre vor allem der Kontinuität in der Führung des ersten Sekretariats zu danken, das 46 Jahre von Lisch, 6 Jahre von Wigger und nun schon 23 Jahre von dem Geh. Archivrat Dr. Grotefend verwaltet sei.

Diesen einleitenden Worten folgte ein Vortrag des Professors Dr. Beltz über "Die vorgeschichtliche Forschung in Mecklenburg". An der Hand seines eben vollendeten Werkes "Die vorgeschichtlichen Altertümer des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin" und mehrerer ausgestellter Karten gab Redner einen Überblick über die mecklenburgische Altertumsforschung. Anfänge von Sammlungen finden sich schon unter der Regierung Heinrichs des Friedfertigen, stärker setzt die Sammeltätigkeit unter Friedrich Franz I. ein. Dann begann 1835 Lischens bahnbrechende Tätigkeit. Er unterschied die Zeiträume der Hünen- und Kegelgräber und der wendischen Urnenfelder, die Stein-, Bronze- und Eisenzeit, die Periode des Urvolkes, der Germanen und Wenden und erkannte klar die Kulturabhängigkeit Mecklenburgs in vorge-

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schichtlicher Zeit von dem benachbarten Dänemark. Die Lischschen Aufstellungen blieben eine brauchbare Grundlage für die Systematik auch nach ihm, aber die spätere Forschung hat die drei Perioden doch noch richtiger und schärfer gegeneinander abgegrenzt, hat mit Hülfe der Statistik und Kartierung der vorgeschichtlichen Denkmäler wichtige Ergebnisse für die Siedelungsgeschichte gewonnen, hat die Einflüsse, die Mitteldeutschland auf unser Heimatland in vorgeschichtlicher Zeit ausübte, verfolgt und hat neben den Funden auch den Fundstellen eine erhöhte Aufmerksamkeit zugewandt. Das Ergebnis der bisherigen Forschung zeigt das neue Katalogwerk.

Der Geschäftsbericht verbreitete sich über die im vorstehenden schon dargelegten Verhältnisse und Arbeiten des Vereins und wurde, da der Unterzeichnete auf einer Urlaubsreise abwesend war, vom Geh. Archivrat Dr. Grotefend zur Verlesung gebracht. Es folgte der Kassenbericht des Hofrats Schwerdtfeger für das Geschäftsjahr 1. Juli 1908/09 (s. Anlage D). Die Einnahmen betrugen 4983 Mk. 69 Pf., einschl. 3534 Mk. Mitgliederbeiträge, die Ausgaben 3976 Mk. 94 Pf., darunter 1919 Mk. 40 Pf. für den Druck des Jahrbuchs 73. Das am 1. Juli 1909 vorhandene Vereinsvermögen betrug 5506 Mk. 75 Pf., was eine Abminderung von 119 Mk. 89 Pf. gegen das vorausgehende Jahr ausmacht. Zur Bielschen Legatenkasse sind 135 Mk. 35 Pf. Zinsen vereinnahmt, dagegen 740 Mk. 70 Pf. Honorar und Expeditionskosten für die Ribnitzer Chronik verausgabt. Am 1. Juli 1909 belief sich das Vermögen dieser Kasse auf 3925 Mk. 95 Pf.; es ist im letzten Geschäftsjahr also um 615 Mk. 35 Pf. zurückgegangen. Die Rechnung hatte den Revisoren zur Prüfung vorgelegen und wurde von der Versammlung vollinhaltlich genehmigt, auch dem Rechnungsführer Entlastung erteilt. Bei der Beratung über den nächsten Sommerausflug entschied man sich für einen Besuch Lübecks. Die Vereinsbeamten wurden durch Akklamation wiedergewählt, so daß sich der Vereinsausschuß auch für das Jahr 1910/11 folgendermaßen zusammensetzt:

Präsident: Staatsminister Graf v. Bassewitz=Levetzow, Exz.
Vizepräsident: Staatsrat v. Pressentin, Exz.
Erster Sekretär: Geh. Archivrat Dr. Grotefend.
Zweiter Sekretär: Archivrat Dr. Stuhr.
Rechnungsführer:   Hofrat Schwerdtfeger.
Bibliothekar: Geh. Regierungsrat Dr. Schröder.
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Bilderwart: Ober=Bibliothekar Dr. Voß.
Repräsentanten: Geh. Ober=Finanzrat Dr. Balck.
Geh. Hofrat Dr. Piper.
Geh. Ministerialrat v. Prollius.
Geh. Ministerialrat Krause.
Landgerichtspräsident Brückner.

Der Literaturbericht für 1909/10 wird mit dem für 1910/11 zusammengefaßt und dem nächsten Jahrbuch beigegeben werden.

Der zweite Vereinssekretär:     
Dr. Stuhr.                  


Anlage A.

Veränderungen des Mitgliederbestandes

im Vereinsjahr 1909- 1910.

 

Ehren= und Korrespondierende Mitglieder.

Ernannt ist:

  1. Staatsarchivar Archivrat Dr. Johannes Kretzschmar, 5. April 1910. Nr. 158.

Ordentliche Mitglieder.

a) Eingetreten sind:

  1. Landschaftsmaler Hermann Koenemann - Schwerin, 7. Juli 1909. Nr. 2000.
  2. Kreisbauinspektor Rudolf Fust - Konitz, Wpr., 21. Juli 1909. Nr. 2001.
  3. Hofphotograph Karl Wolff - Neustrelitz, 29. Juli 1909. Nr. 2002.
  4. Kandidat des höh. Schulamts Johannes Beltz - Schwerin, 21. Aug. 1909. Nr. 2003.
  5. Die Universitätsbibliothek zu Leipzig, 26. Aug. 1909. Nr. 2004.
  6. cand. phil. Wilhelm Lesenberg - Schwerin, 25. Sept. 1909. Nr. 2005.
  7. Kaufmann Paul Reichert - Dömitz, 4. Okt. 1909. Nr. 2006.
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  1. Kaufmann Karl Grimm - Dömitz, 4. Okt. 1909. Nr. 2007.
  2. Dr. med. August Blanck - Schwerin, 25. Okt. 1909. Nr. 2008.
  3. Direktor des Städtischen Brauhauses Ernst Koscky - Schwerin, 25. Okt. 1909. Nr. 2009.
  4. Rechtsanwalt Dr. Hans Neubeck - Schwerin, 15. Nov. 1909. Nr. 2010.
  5. Hofkapellmeister Willibald Kaehler - Schwerin, 1. Dez. 1909. Nr. 2011.
  6. Rentner Eduard Rudloff - Schwerin, 14. Dez. 1909. Nr. 2012.
  7. Rentner Egon Hundeiker - Schwerin, 1. Jan. 1910. Nr. 2013.
  8. Gutsbesitzer Karl Pogge auf Möderitz, 4. April 1910. Nr. 2014.
  9. Dr. jur. Leopold v. Holst-Tillendorf in Schlesien, 18. April 1910. Nr. 2015.
  10. Stadtschuldirektor Albert Pecht - Schwerin, 4. Mai 1910. Nr. 2016.

b. Ihren Austritt haben erklärt:

  1. Pastor Theodor Schmidt - Gr.-Trebbow, 12. Aug. 1909. Nr. 1220.
  2. Pastor Otto Eberhard-Kotelow, 29. Sept. 1909. Nr. 1968.
  3. Schuldirektor Adolf Sellschopp - Rostock, 20. Okt. 1909. Nr. 1735.
  4. Oberlehrer Wilhelm Meyer - Lübeck, 20. Nov. 1909. Nr. 1837.
  5. Großh. Baumeister Ernst Weißbach - Stargard, 4. Dez. 1909. Nr. 1883.
  6. Pastor Karl Ritter - Kirch-Mummendorf, 6. Dez. 1909. Nr. 1898.
  7. Kommerzienrat Erich Heucke - Parchim, 15. Dez. 1909. Nr. 1573.
  8. Amtshauptmann Max Peeck - Neubukow, 31. Dez. 1909. Nr. 1654.
  9. 10. Gutsadministrator Hugo Lauterbach - Neuburg, 18. März 1910. Nr. 1914.
  10. Kaufmann Wilhelm Lammers - Schwerin, 18. Jan. 1910. Nr. 1817.
  11. Landwirt Duve - Altbauhof b. Dargun, 23. März 1910. Nr. 1964.
  12. Hofdekorationsmaler Wilhelm Greve - Malchin, 26. März 1910. Nr. 757 b.
  13. Steuerrat Rudolf Jahn - Wismar, 1. April 1910. Nr. 1647.
  14. Senator Franz Wegener - Schwerin, 2. April 1910. Nr. 1856.
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  1. Medizinalrat Dr. Johannes Stephan - Güstrow, 11. April 1910. Nr. 1498.
  2. Pastor Paul Sarnighausen - Retgendorf, 23. April 1910. Nr. 1744.
  3. Kreistierarzt Wilhelm Porath - Parchim, 27. Mai 1910. Nr. 1926.
  4. Realschuldirektor Theodor Schulenburg - Rostock, 10. Juni 1910. Nr. 1687.
  5. Rechtsanwalt Wilhelm Schlottmann - Wismar, 21. Juni 1910. Nr. 1746.
  6. Rentner Egon Hundeiker - Schwerin, 21. Juni 1910. Nr. 2013.
  7. Gymn.-Professor Fritz Stein - Schwerin, 30. Juni 1910. Nr. 1602.
  8. Geh. Kommerzienrat Fritz Lenz - Berlin, 30. Juni 1910. Nr. 1297.
  9. Distriktsbaumeister Paul Schondorf - Dargun, 30. Juni 1910. Nr. 1961.

c. Verstorben sind:

  1. Gutsbesitzer Friedrich Pogge auf Gevezin, 8. Juli 1909. Nr. 665.
  2. Kammerherr Ulrich Graf v. Oeynhausen - Schwerin, 19. Aug. 1909. Vereinsrepräsentant 1905-1909. Nr. 1397.
  3. Landbaumeister Karl Raspe - Güstrow, gest. in Tirol 23. Aug. 1909. Nr. 1261.
  4. Sanitätsrat Dr. Hermann Degen - Rehna, gest. Schwerin 12 Sept. 1909. Nr. 1674.
  5. Adolf Frhr. v. Maltzahn Graf v. Plessen-Jvenack, Erblandmarschall von Alt-Vorpommern, 18. Sept. 1909. Nr. 1459.
  6. Geh. Regierungsrat Dr. Franz Schildt - Schwerin, 24. Okt. 1909. Zweiter Vereinssekretär 1880-1886, verwaltete aushülflich das erste Vereinssekretariat 1886-1887, das zweite 1890-1891. Nr. 828.
  7. Kommerzienrat Karl Mencke - Parchim, 14. Nov. 1909. Nr. 1916.
  8. Pastor Johannes Bahlcke - Stuer, 17. Nov. 1909. Nr. 1927.
  9. Rittergutsbesitzer Eduard Knebusch auf Greven, 8. Jan. 1910. Nr. 1408.
  10. Oberlanddrost a. D. Wilhelm Zarneckow - Schwerin, 20. Jan. 1910. Nr. 1094.
  11. Rentner Fritz Herr - Schwerin, 6. März 1910. Nr. 1854.
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  1. Landdrost Ludwig v. Lehsten - Hagenow, 17. März 1910. Nr. 1813.
  2. Medizinalrat Dr. Alexander Mozer - Malchin, 26. März 1910. Nr. 1347.
  3. Bezirkstierarzt Paul Metelmann - Wismar, 29. März 1910. Nr 1696.
  4. Amtsgerichtsrat Wilhelm Rosenow - Rostock, 22. April 1910. Nr. 1279.
  5. Wirkl. Geheimer Rat Dr. Julius v. Amsberg, Exz., zu Schwerin, 28. Mai 1910. Nr. 728.

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Anlage B.

Zuwachs der Vereins-Bibliothek.

I. Mecklenburg.

1) Archiv des Vereins der Freunde der Naturgeschichte in Mecklenburg. 62 Jahrg. 2.Abt.- 63. Jahrg. 1. Abt. Güstrow 1908/09.

2) Beltz (Rob.), Die vorgeschichtlichen Altertümer des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. Schwerin i. M. 1910.

3) Großherzogliches Gymnasium Carolinum zu Neustrelitz. Bericht über das Schuljahr 1909/10 von Th. Becker. Neustrelitz 1910

4) Großherzogliches Hoftheater zu Schwerin. Übersicht der während der Spielzeit 1909/10 gegebenen Vorstellungen und Konzerte. Nebst Theaterzetteln.

II. Allgemeine Geschichts-, Sprach-, Natur-, Kunst- und Altertumskunde

1) Analecta Bollandiana. Tom. XXVIII Fasc. 4. - Tom. XXIX. Fasc. 1/2. 3. Paris-Bruxelles 1909/10.

2) Anzeiger des Germanischen Nationalmuseums. Jahrg 1909, Nürnberg 1909.

3) Bericht über den X. Verbandstag der west- und süddeutschen Vereine für römisch-germanische Altertumsforschung zu Worms 9. bis 12. September 1909. Berlin 1910.

4) Familiengeschichtliche Blätter. VIII Jahrg. Nr. 1-7. Leipzig 1910.

5) Heraldisch-genealogische Blätter für adelige und bürgerliche Geschlechter Jahrg. 7. 1910. Nr. 1-8 Pforzheim.

6) Der Burgwart. Zeitschrift für Burgenkunde etc 10. Jahrg. Nr. 6. - 11. Jahrgang Nr. 1-5. Berlin 1909/10.

7) Der Cicerone. Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers. II. Jahrg. 1910. Heft I. Leipzig.

8) Drucke des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. V. Laurembergs Scherzgedichte in handschriftlicher Fassung. Norden und Leipzig 1909.

9) Deutsche Erde. Beiträge zur Kenntnis deutschen Volkstums allerorten und allerzeiten. Herausgeg. von P. Langhans. 8. Jahrg. 1909. Heft 5-8. -9. Jahrg. 1910. Heft 1-3. Gotha 1909/10.

10) Der deutsche Herold. 40. Jahrg. Berlin 1909.

11) Kaiserliches Archäologisches Institut. Jahresbericht für 1908. - IV. Bericht der römisch-germanischen Kommission 1908. Frankfurt a. M. 1910.

12) Jahrbuch des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1909. XXXV. Norden u. Leipzig 1909.

13) Neue Heidelberger Jahrbücher. Bd. 16 Heft 2. Heidelberg 1910.

14) Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. 57. Jahrg. 1909. Nr. 9-12. - 58. Jahrg. 1910. Nr. 1-8.

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15) Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung. Jahrg. 1909. Heft XXX. Nr. 3-6. - Jahrg. 1910. Heft XXXI. Nr. 1/2. Hamburg.

16) Römisch-germanisches Korrespondenzblatt. Jahrg. II. 1909. Trier.

17) Heraldische Mitteilungen. XX. Jahrg. Nr. 8-12. - XXI. Jahrg. Nr. 1-7. Hannover 1909/10.

18) Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum. Jahrg. 1909. Nürnberg.

19) Protokolle der Generalversammlung des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine zu Worms 1909. Berlin 1910.

20) Steitz (W.), Friedrich v. Uechtritz als dramatischer Dichter. Görlitz 1909.

21) Studien und Mitteilungen aus dem Benedictiner- und dem Cistercienser-Orden. 30. Jahrg. (1909) Heft 3. 4. - 31. Jahrg. (1910) Heft 1/2.

22) Zeitschrift für Ethnologie. 41. Jahrg. (1909) 2. 5. 6. Heft. - 42. Jahrg. (1910) 1. 2. 3. 4. Heft Berlin.

23) Prähistorische Zeitschrift, 1. Bd. 1909/10 2.-4. Heft. Südende-Berlin.

III. Preußen und Hohenzollern.

1) Alt-Berlin. Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins. 1909. Nr. 9-12. - 1910. Nr. 1-8.

2) Alt-Frankfurt. 1909. Jahrg. I. Heft 1-4. - 1910. Jahrg. II. Heft 1. 2. Frankfurt a. M.

3) Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein. Heft 87. Köln 1909.

4) Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst. 3. Folge. 10. Bd. Frankfurt a. M. 1910.

5) Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogtums Lauenburg. 9. Bd. Heft 2. Mölln 1909.

6) Beiträge zur Geschichte Dortmunds und der Grafschaft Mark. XVIII. XIX. Dortmund 1910.

7) Beiträge zur Geschichte, Landes- und Volkskunde der Altmark. Bd. III. Heft 1. Stendal 1910.

8) Beiträge zur Geschichte von Stadt und Stift Essen. Heft 30. 31. Essen 1909.

9) Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. 22. Bd. Düsseldorf 1909.

10) Bericht II über die Tätigkeit des Vereins zur Erhaltung der Kunstdenkmäler in Hildesheim. Von 1903 bis 1906. Hildesheim.

11) Amtliche Berichte aus den Königlichen Kunstsammlungen. Jahrg. 29. 30. 31 Nr. 1-10. Berlin 1909/10.

12) Mansfelder Blätter. 23. Jahrg. 1909. Eisleben 1909.

13) "Brandenburgia". XVIII. Jahrg. Nr. 1-12. Berlin 1910.

14) Codex diplomaticus Lusatiae superioris III. 5. Heft. Görlitz 1909.

15) Codex diplomaticus Silesiae. 25. Bd. Breslau 1909.

16) Darstellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte, Bd. 8/9. Breslau 1909.

17) Doehler (R), Geschichte der Rittergüter und Dörfer Lomnitz und Bohra im Görlitzer und Laubaner Kreise. (Selbstverlag der Oberlausischen Gesellschaft der Wissenschaften.)

18) Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte. 22. Bd. 2. Hälfte. - 23. Bd. 1. Hälfte. Leipzig 1909/10.

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19) Forschungen zur Geschichte des Harzgebietes. Bd. I. Wernigerode 1909.

20) Führer durch das Märkische Museum. 7. Aufl. Berlin 1910.

21) Fuldaer Geschichtsblätter. 8. Jahrg. Fulda 1909.

22) Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg. 44. Jahrg. 1909. Magdeburg 1909.

23) Hannoversche Geschichtsblätter. 12. Jahrg. (1909). Heft 4.- 13. Jahrg. (1910). Heft 1-3. Hannover.

24) Mühlhäuser Geschichtsblätter. 10. Jahrg. 1909/10. Mühlhausen i. Thüringen 1909.

25) Schlesische Geschichtsblätter. 1909. Nr. 1-3. Breslau.

26) Die Heimat. 19. Jahrg. Nr. 9-12. - 20. Jahrg. Nr. 1-8. Kiel 1909/10.

27) Oberschlesische Heimat. Bd. V. Heft 3. 4. - Bd. VI. Heft 1-3. Oppeln 1909/10.

28) Henderhoff (Jul.), Johann Friedrich Benzenberg der erste Rheinische liberale. Düsseldorf 1909.

29) Pommersche Jahrbücher. 10. Bd. Greifswald 1909.

30) Jahrbuch der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer in Emden. 17. Bd. Heft 1. 2. Emden 1910.

31) Bonner Jahrbücher. Beilage zu Bd. 118: Bericht der Provinzialkommission für Denkmalpflege und der Altertums- und Geschichtsvereine innerhalb der Rheinprovinz vom 1. April 1907 bis 31. März 1908.

32) Jahrbücher der Königlichen Akademie gemeinnütziger Wissenschaft zu Erfurt. N. F. Heft XXXV. Erfurt 1909.

33) Jahresbericht der Königlichen Bibliothek zu Berlin für die Jahre 1908/09. 1909/10. Berlin.

34) 36. 37. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel Magdeburg 1909/10.

35) Jahresbericht des Vereins für Geschichte und Altertümer der Stadt Einbeck und Umgegend für das Jahr 1908.

36) Jahresbericht des Thüringisch-Sächsischen Vereins für Erforschung des vaterländischen Altertums und Erhaltung seiner Denkmale in Halle a. S. für 1908/1909, 1909/10. Halle 1909/10.

37) Trierer Jahresberichte. I. 1908. Trier 1909.

38) Jahreshefte der Gesellschaft für Anthropologie und Urgeschichte der Oberlausitz. Bd. II. Heft 3 u. 4. Jahrg. 1907 u. 1908. Görlitz 1909.

39) Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thüringischen Länder. 8. Bd. Halle 1909.

40) Kayser (K.), Die Kelten des Bardengaus. Hannover-Berlin 1909.

41) Knorr (Fr.), Friedhöfe der älteren Eisenzeit in Schleswig-Holstein. Kiel 1910.

42) Neues Lausitzisches Magazin. 85. Bd. Görlitz 1909.

43) Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins. Register zu den Jahrgängen 1884-1908.

44) Mitteilungen der Literarischen Gesellschaft Masovia. 15. Heft. Lötzen 1910.

45) Mitteilungen des Westpreußischen Geschichtsvereins. 8. Jahrg. 1909. - 9. Jahrg. 1910. Nr. 1. 2. Danzig.

46) Neue Mitteilungen aus dem Gebiet historisch-antiquarischer Forschungen. Bd. XXIV. Heft 2. Halle a. S. 1910.

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47) Mitteilungen des Coppernicus-Vereins für Wissenschaft und Kunst zu Thorn. 17. Heft Thorn 1909.

48) Mitteilungen des Vereins für die Geschichte und Altertumskunde von Erfurt. 30./31. Heft. Erfurt 1909/10

49) Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde in Hohenzollern. 42 Jahrg. 1908-1909. - 43. Jahrg. 1909/10. Sigmaringen

50) Mitteilungen des Vereins für Heimatkunde zu Eberswalde 2. u. 3. Jahrg. 1907 u. 1908. Heft 2-4 Eberswalde.

51) Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Naturwissenschaft in Sangerhausen und Umgegend. 7. Heft. Sangerhausen 1910.

52) Monatsblätter. Herausgeg. von der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Altertumskunde. Jahrg. 1909. Stettin.

53) Historische Monatsblätter für die Provinz Posen. X. Jahrg. (1909) Posen.

54) Altpreußische Monatsschrift, neue Folge. 46. Bd. 4. Heft. - 47. Bd. 1-3. Heft. Königsberg i. Pr. 1909/10.

55) Lüneburger Museumsblätter. Heft 7. Lüneburg 1910.

56) Die Saalburg. Mitteilungen der Vereinigung der Saalburgfreunde. Nr. 20/21. 22/23. Berlin 1909/10.

57) Schneider (Rud), Antike Geschütze aus der Saalburg. Homburg v. d. H. 1908.

58) Schriften des Vereins für Geschichte der Neumark. Heft XXIII. XXIV. Landsberg a. W. 1909/10.

59) Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins. Nr. 35 Verzeichnis der Mitglieder. Mai 1910.

60) Baltische Studien. N. F. 13. Bd. Stettin 1909.

61) Touristenklub für die Mark Brandenburg. Monatsblätter. 18. Jahrg. Nr. 9-12. - 19. Jahrg. Nr. 1-8. Berlin 1909/10.

62) Verein für Geschichte und Altertumskunde zu Homburg v. d. Höhe. 10. Heft der Mitteilungen. Homburg v. d. H. 1910.

63) Veröffentlichungen des Altertumsvereins zu Torgau für das Vereinsjahr 1909. Heft XXI. Torgau 1909.

64) 7. 8. Veröffentlichung des Fuldaer Geschichtsvereins. Fulda 1909.

65) Zeitschrift des Vereins für rheinische und westfälische Volkskunde. 6. Jahrg. 1909. Heft 3. 4.-7. Jahrg. 1910. Heft 1. 2. Elberfeld.

66) Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte in der Provinz Sachsen. VI. Jahrg. Heft 1. 2. - VII. Jahrg. Heft 1. Magdeburg 1909/10.

67) Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins. 31. Bd. Aachen 1909.

68) Zeitschrift des Harz Vereins für Geschichte und Altertumskunde. 42. Jahrg. 1909. 2.-4. Heft. 43. Jahrg. 1910. 1. 2. 3. Heft. Wernigerode 1909/10.

69) Zeitschrift des historischen Vereins für den Regierungsbezirk Marienwerder. 48. Heft. Marienwerder 1910.

70) Zeitschrift des historischen Vereins für Niedersachsen. Jahrg. 1909. Hannover 1909.

71) Zeitschrift der historischen Gesellschaft für die Provinz Posen. 24. Jahrg. Posen 1909.

72) Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins. Bd. 42. Jahrg. 1909. Elberfeld 1909.

73) Zeitschrift des Vereins für die Geschichte von Soest und der Börde Vereinsjahr 1908/09. 26. Heft. Soest 1909.

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74) Zeitschrift für vaterländische Geschichte und Altertumskunde. 63. Bd. 2. Abt. - 64. Bd. 2. Abt. - 65. Bd. 2. Abt. - 67. Bd. 1. 2. Abt. Münster 1905 ff.

75) Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde. 43. Bd. Kassel 1909.

76) Zeitschrift des Westpreußischen Geschichtsvereins. Heft 52. Danzig 1910.

77) Vestische Zeitschrift. Zeitschrift der Vereine für Orts- und Heimatkunde im Veste und Kreise Recklinghausen. Jahrg. 1909. 19. Bd. Münster i. W.

78) Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte. 38. 39 Bd. Leipzig 1908/09.

79) Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens. 43. Bd. Breslau 1909.

IV. Die übrigen deutschen Staaten.

Hansestädte.

1) Bruns (F.), Lübeck. Ein Führer durch die Freie und Hanse-Stadt und ihre nähere Umgebung. Lübeck.

2) Mitteilungen des Vereins für Hamburgische Geschichte. 29. Jahrg. 1909. Hamburg 1910.

3) Rathaus und Ratskeller zu Lübeck. Herausgeg. vom Verein zur Hebung des Fremdenverkehrs in Lübeck.

4) Voigt (F.), Barmbeck. Hamburg 1910.

5) Zeitschrift des Vereins für Lübeckische Geschichte und Altertumskunde. Bd. 11 Heft 3. - Bd. 12. Heft 1. Lübeck 1909/10.

6) Zeitschrift des Vereins für Hamburgische Geschichte. Bd. XIV 2. Heft. - Bd. XV 1. Heft. Hamburg 1909/10.

Oldenburg.

1) Jahrbuch für die Geschichte des Herzogtums Oldenburg. 18. Bd. Oldenburg 1910.

Anhalt.

1) Mitteilungen des Vereins für Anhaltische Geschichte und Altertumskunde. 11. Bd. Heft 2. 3. Dessau 1909/10.

Sachsen.

1) Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde. 30. Bd. Dresden 1909.

2) Dresdner Bilderchronik. Herausgeg. von O. Richter. II. Teil. Dresden 1910.

3) Dresdner Geschichtsblätter. 18. Jahrg. 1909. Dresden.

4) Mitteilungen vom Freiberger Altertumsverein. 45. Heft. 1909. Freiberg i. S. 1910.

5) Mitteilungen des Altertumsvereins zu Plauen i. V. 20. Jahresschrift auf das Jahr 1910. Plauen i. V. 1909.

6) Mitteilungen des Vereins für Sächsische Volkskunde. 5. Bd. (1909/1910) Heft 3-6. - XII. Jahresbericht auf das Vereinsjahr 1909. Dresden.

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7) Neupert sen. (A.), Kleine Chronik der Stadt Plauen i. Vogtl. von 1122 bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Plauen i. V. 1908. - N. F. 1901 bis 1908. ebd. 1909.

8) Pfau (W. Cl.), der Rochlitzer Berg und sein Friedrich-August-Turm. Rochlitz 1910.

9) Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs. 9. Bd. Leipzig 1909.

Thüringen.

1) Reußische Forschungen. Herrn Archivrat Berthold Schmidt in Schleiz zu seinem 25jähr. Jubiläum als reußischer Geschichtsforscher.

2) 78., 79. und 80. Jahresbericht des Vogtländischen altertumsforschenden Vereins zu Hohenleuben. Hohenleuben 1910.

3) Thüringische Geschichtsquellen. N. F. 6. Bd. Jena 1909.

4) Das Mareile. Bote des Rennsteigvereins. 6. Reihe 1909. Nr. 11. 12. - 7. Reihe 1910. Nr. 1-4. Hildurghausen.

5) Mitteilungen des Vereins für Geschichts- und Altertumskunde von Kahla und Roda. 7. Bd. 1. Heft. Kahla 1909.

6) Mitteilungen der Geschichts- und Altertumsforschenden Gesellschaft des Osterlandes. XII. Bd. 1. Heft. Altenburg 1909.

7) Mitteilungen der Vereinigung für Gothaische Geschichte und Altertumsforschung. Jahrgang 1908/1909. Gotha 1909.

8) Schmidt, Geschichte der Stadt Schleiz. Bd. II. Schleiz 1909.

9) Schriften des Vereins für Sachsen-Meiningische Geschichte und Landeskunde. 58. 60. 61. 62. Heft. Hildburghausen 1909/10.

10) Voretzsch (M.) Aus der Vergangenheit der Mühle in Kotteritz. Altenburg 1908.

11) Zeitschrift des Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde. N. F. 19. Bd. Heft 2. - 20. Bd. Heft 1. Jena 1909/10.

Braunschweig.

1) Jahrbuch des Geschichtsvereins für das Herzogtum Braunschweig. 8. Jahrg. Wolfenbüttel 1909.

2) Braunschweigisches Magazin. 15. Bd. Jahrg. 1909. Wolfenbüttel 1909.

Lippe.

1) Mitteilungen aus der lippischen Geschichte und Landeskunde VII. Detmold 1909.

Waldeck.

1) Geschichtsblätter für Waldeck und Pyrmont. Bd 9. Mengeringhausen 1909.

Hessen.

1) Archiv für hessische Geschichte und Altertumskunde. N. F. VI. Bd. Darmstadt 1909.

2) Beträge zur Hessischen Kirchengeschichte. IV. Bd. 1. 2. 3. Heft. Darmstadt 1909/10

3) Friedberger Geschichtsblätter. Heft 2. Friedberg 1910.

4) Quartalblätter des Historischen Vereins für das Großherzogtum Hessen. N. F. IV. Bd. Nr. 12-15. 1909

5) Vom Rhein. Monatsschrift des Altertums-Vereins für die Stadt Worms. 8. Jahrg. 1909. Worms.

6) Mainzer Zeitschrift, Jahrg. II. (1907). - Jahrg. V. (1910). Mainz.

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Bayern.

1) Abhandlungen der historischen Classe der königlich bayrischen Akademie der Wissenschaften. 24. Bd. 3. Abh. München 1909.

2) Archiv des Historischen Vereins von Unterfranken und Aschaffenburg. 51. Bd. Würzburg 1909.

3) Oberbayrisches Archiv für vaterländische Geschichte. 54. Bd. 3. Heft. München 1909.

4) Bauman (J.), Zur Geschichte von Hördt. Speyer 1909.

5) 67. Bericht des Historischen Vereins zu Bamberg 1909.

6) V. Bericht des nordoberfränkischen Vereins für Natur-, Geschichts-und Landeskunde in Hof, erstattet im Mai 1909.

7) 57. Jahresbericht des Historischen Vereins für Mittelfranken. Ansbach 1910.

8) Jahres-Bericht des Historischen Vereins für Unterfranken und Aschaffenburg für 1908. Würzburg 1909.

9) Kollektaneen-Blatt für die Geschichte Bayerns, insbesondere des ehemaligen Herzogtums Neuburg. 71. und 72. Jahrgang 1907/08. Neuburg a D.

10) Mitteilungen und Umfragen zur bayrischen Volkskunde. N. F. Nr. 18-21. Augsburg und München 1909/10.

11) Altbayrische Monatsschrift. 9. Jahrgang 1909. Heft 3-6. München.

12) Monatsschrift des Frankenthaler Altertums-Vereins. 17. Jahrg. Nr. 9-12. - 18. Jahrg. Nr. 1. Frankenthal 1909.

13) Sammelblatt des historischen Vereins Eichstätt. 23. Jahrg. 1908. Eichstätt 1909.

14) Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung. 38. Heft. Lindau i. B. 1909.

15) Sitzungsberichte der Königlich Bayrischen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-philologische und historische Klasse. Jahrg. 1909. 5.-9. Abhandlung. - Jahrg. 1910. 1. 2. Abhandlung. München 1909/10.

16) Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg. Jahresbericht über das 32. Vereinsjahr 1909. Nürnberg 1910.

17) Verhandlungen des Historischen Vereins für Niederbayern. 45. Bd. Landshut 1909.

18) Verhandlungen des historischen Vereins von Oberpfalz und Regensburg. 60. Bd. Regensburg 1909.

19) Volkslieder aus der Rheinpfalz. Herausgeg. von G. Heeger und W. Wüst. Bd. II. Kaiserslautern 1909.

20) Wolters (P.), Adolf Furtwängler. (Gedächnisrede.) München 1910.

21) Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg. 1909. 35. Jahrg. Augsburg.

Württemberg.

1) Schwäbisches Archiv. 27. Jahrg. Ravensburg 1909.

2) Blätter des Schwäbischen Albvereins. 21. Jahrg. 1909. Nr. 9-12. - 22. Jahrg. 1910. Nr. 1-8. Tübingen.

3) Reutlinger Geschichtsblätter. 19. Jahrg. (1908) Nr. 2. 5/6. - 20. Jahrg. (1909.) Nr. 1-4. Reutlingen.

4) Mitteilungen des Vereins für Kunst und Altertum in Ulm und Oberschwaben. Heft 16 Ulm 1909.

5) Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. N. F. XVIII. Jahrg. 1909. - XIX. Jahrg. 1910, Heft 1/2. Stuttgart.

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Baden.

1) Freiburger Diöcesan-Archiv. N. F. Bd. X. Freiburg i. B. 1909.

2) Mannheimer Geschichtsblätter. 10. Jahrg. Nr. 10-12. - 11. Jahrg. Nr. 1-8. Mannheim 1909/10.

3) Schau in's Land. A0. 1909. 36. Jahrlauf. - A0. 1910. 37. Jahrlauf. Freiburg i. B.

4) Zeitschrift der Gesellschaft zur Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften. 25. Bd. Freiburg in Br. 1909.

Elsaß-Lothringen.

1) Jahrbuch für Geschichte, Sprache und Litteratur Elsaß-Lothringens. 25. Jahrg. Straßburg 1909.

2) Jahrbuch der Gesellschaft für lothringische Geschichte und Altertumskunde. 21. Jahrg. 1. 2. Hälfte 1909/10. Leipzig.

V. Österreich-Ungarn.

1) Magyar Tud. Akadémiai Ahnanach. 1909. 1910. Budapest.

2) Anzeiger der Akademie der Wissenschaften in Krakau. 1909 Nr. 4-10. - 1910 Nr. 1. 2. Krakau.

3) Archiv für österreichische Geschichte, Bd. 97. 98, 2. Hälfte. - 100, 1. Hälfte. Wien 1909.

4) Archiv des Vereins für siebenbürgische Landeskunde. N. F. 36. Bd. Heft 3. - 37. Bd. Heft 1. Hermannstadt 1909/10. - Jahresbericht für das Vereinsjahr 1909. ebd. 1910.

5) Bericht über das Museum des Königreichs Böhmen für das Jahr 1909. Prag 1910.

6) Bidlo (Jar.), Jednota bratrská v prunim vyhnanstvi. Cast III. (1572-1586.) V Praze 1910.

7) Bullettino de Archeologia e Storia Dalmata. Anno XXXI. Spalato 1908.

8) Carinthia I. 99. Jahrg. Klagenfurt 1909.

9) Carniola. 2. Jahrg. Laibach 1909. - N. F. Letnik 1. 2. Zvezek 1. 2. V Ljubljani 1910.

10) Casopis Musea Královstvi Ceského. 1909. R. 83 S 4. - 1910 R. 84 S. 1. 2. V. Praze.

11) Unser Egerland. 13. Jahrg. Heft 9-12. - 14. Jahrg. Heft 1-8. (Eger 1909/10.

12) Archaeologiai Ertesitö. Uj Folyam. XXVIII. Kötet 3-5. Szám. - XXIX. K. 1-5. Sz. - XXX K. 1. 2. Sz. Budapest 1908/10.

13) Fontes rerum Austriacarum. II. Abt.: Diplomata et acta Bd. 62. Wien 1909.

14) Jzvestja muzejskega drustva za Kranjsko. Letnik XIX. V Ljubljani 1909.

15) Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich. N. F. 6. Jahrg. 1907. - 7. Jahrg. 1908. Wien 1908/09.

16) Jahrbuch der k. k. Heraldischen Gesellschaft "Adler". N. F. 20. Bd. Wien 1910.

17) 68. Jahres-Bericht des Museums Francisco-Carolinum. Linz 1910.

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18) Jahres-Bericht des Geschichtsvereines für Kärnten in Klagenfurt über 1908. Klagenfurt 1909.

19) Jahresbericht der Königl. Böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften für das Jahr 1909. Prag 1910.

20) Jahresbericht des Museal-Vereines für Waidhofen a. d. Ybbs und Umgebung, 1. Jahrg. 1910. Waidhofen.

21) Katalog literatury naukowej Polskiej. Tom. VIII. Rok 1908. Zeszyt 3., 4. - Tom. IX. Rok 1909. Z. 1/2. Kraków 1909.

22) Kybal (VI.), Jindrich IV. a Europa v létech 1609 a 1610. V Praze 1909.

23) Mitteilungen des nordböhmischen Excursions-Clubs. 32. Jahrg. (1909) 4. Heft. - 33. Jahrg. (1910) 1. 2. 3. Heft. Leipa 1909/10.

24) Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde. XLIX. Vereinsjahr 1909. Salzburg.

25) Wissenschaftliche Mitteilungen aus Bosnien und der Herzegowina. 11. Bd. Wien 1909.

26) Mitteilungen der k. k. Zentralkommission für (Erforschung und Erhaltung der Kunst- und Historischen Denkmale. 3. Folge. VIII. Bd. Nr. 4 -12. - IX. Bd. Nr. 1-3. Wien 1909/10.

27) Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien. 39. Bd. Heft 5/6. - 40. Bd. Heft 1/2. 3/4. Wien 1909/10.

28) Monatsblatt des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich. VII. VIII. Jahrg. Wien 1908/09.

29) Monatsblatt der Kaiserl. Königl. Heraldischen Gesellschaft "Adler". Nr. 345-356.

30) Kaiser Franz Josef-Museum für Kunst und Gewerbe in Troppau (schles. Landesmuseum). Jahres-Bericht für das Jahr 1909. Troppau.

31) Památki archaeologické a mistopisné. Dil XXIII. Sesit 7. 8. V Praze 1909.

32) Rapport sur les travaux de l'Académie Hongroise des Sciences en 1908. 1909. Budapest 1909/10.

33) Sitzungsberichte der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. 160. Bd. 4. 5. Abh. - 161. Bd. 3. 4. 7. 9. Abh. - 162. Bd. 1.-6. Abh. - 163. Bd. 1. 2. 4. 5. 6. Abh. - 164 Bd. 1.-4. Abh. Wien 1908/10. - Register zu den Bänden 141-150. Wien 1906.

34) Sitzungsberichte der kgl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften, Klasse für Philosophie, Geschichte und Philologie. Jahrg. 1909. Prag 1910.

35) Topographie von Niederösterreich. VI. Bd. Heft 15-17. - VII. Bd. Heft 1/2. Wien 1908/09.

36) Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. 3. Folge. 53. Heft. Innsbruck 1909.

37) Zeitschrift des deutschen Vereines für die Geschichte Mährens und Schlesiens 13. Jahrg. Heft 3. 4. - 14. Jahrg. Heft 1/2. Brünn 1909/10.

38) Zeitschrift des historischen Vereines für Steiermark. VI. Jahrg. 4. Heft. -VII. Jahrg. (Jubiläums-Festschrift.) Graz 1909.

39) Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Österreich-Schlesiens. 1908/09 Heft 3. 4. - 1909/10 Heft 1. 2. Troppau.

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VI. Italien.

1) Bullettino di Paletnologia Italiana. Serie IV. Tomo V. Anno XXXV. Nr. 5 12. - Tomo VI. Anno XXXVI. Nr. l-5. Parma 1909/10.

VII. Schweiz.

1) Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde. N. F- XI. Bd. 1909. Heft 2-4. - XII. Bd. 1910. Heft 1. Zürich 1909/10.

2) Argovia. 33. Bd. Aarau 1909.

3) Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte. Heft 49. Frauenfeld 1909.

4) Freiburger Geschichtsblätter. 16. Jahrg. Freiburg i. Ue. 1909.

5) Der Geschichtsfreund. 64. Bd. Stans 1909.

6) Jahrbuch für Schweizerische Geschichte. 34. Bd. Zürich 1909.

7) 39. Jahresbericht der Histor.-antiquar. Gesellschaft von Graubünden. Jahrg. 1909. Thur 1910.

8) Schweizerisches Landesmuseum in Zürich. 18. Jahresbericht 1909. Zürich 1910.

9) Mitteilungen der antiquarischen Gesellschaft in Zürich. LXXIV. Heft. Zürich 1910.

10) Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur 1910. Winterthur 1909.

11) Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde IX. Bd. 1. 2. Heft. Basel 1910.

VIII. Luxemburg.

1) Publications de la Section Historique de l'lnstitut G.-D. de Luxembourg. Vol. LIV. LVI. LVII. Luxembourg 1909.

IX. Belgien.

1) Annales de la Sociéte Archéologique de Namur. Tome 28. Livr. 1. 2. Namur 1909. - Rapport sur la situation de la Société en 1908.

2) Bulletin de la Société Scientifique et Littéraire du Limbourg. T. 27. Tongres 1909.

3) Bulletin de l'lnstitut Archéologique Liégeois. T. 38. 1908 Liége.

X. Niederlande.

1) Bijdragen en Mededeelingen van het Historisch Genootschap (gevestigt te Utrecht). 30. Deel. Amsterdam 1909.

2) Brieven van Johan de Wit. II. Deel. Amsterdam 1909.

3) Catalogus codicum manu scriptorum bibliothecae Universitatis Rheno-Traiectinae. II. Traiecti ad Rhenum 1909.

4) Handelingen en Mededeelingen van de Maatschappij der Nederlandsche Letterkunde te Leiden over het Jaar 1908/09. Leiden 1909. - Bijlage: Levensberichten der afgestorven Medeleden etc. ib. 1909.

5) Koninklijk Oudheidkundig Genootschap te Amsterdam. - Jaarverslag in de 51. algemeene Vergadering 1909. - J. F. M. Sterck, Dirk van Rijswijck, een amsterdamsch goudsmid en mozaickwerker. Amsterdam 1909.

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6) Maandblad van het genealogisch-heraldisch Genootschap "De Neederlandsche Leeuw". 27. Jaargang Nr. 9-12. - 28. Jaargang Nr. 1-6. s'Gravenhage 1909.

7) Tijdschrift van het koninklijk Nederlandsch Genootschap voor Munt- en Penningkunde te Amsterdam. 17. Jaargang 4. Afl. Amsterdam 1909.

8) Vereeniging tot Beoefening van Overijsselsch Regt en Geschiedenis. Verslagen en Mededeelingen. 26. Stuk. Zwolle 1910.

9) 81. Verslag van het Friesch Genootschap van Geschied-, Oudheid- en Taalkunde te Leeuwarden. 1908/09. Leeuwarden 1910.

10) Werken uitgegeven door het Historisch Genootschap (gevestigd te Utrecht). III. Serie Nr. 26. Amsterdam 1908.

XI. Dänemark.

1) Elvius, Slaegd Register over Familien Engelsen. o. O. 1908.

2) Foss (Jul.), Organist- og Kantor-Embederne. I. Kobenhavn 1906.

3) Mémoires de la Société des Antiquaires du Nord. N. S. 1908/09. Copenhague.

XII. Schweden.

1) Göteborgs Högskolas Arsskritt. Band XI. 1905. Göteborg.

2) Finnische Altertumsgesellschaft. Ailio (Jul.), Die steinzeitlichen Wohnplatzfunde in Finland. I. II. Helsingfors 1909.

3) Collijn (J.), Katalog öfver Linköpings stifts- ochl äroverksbiblioteks inkunabler. Upsala-Leipzig s. a.

4) Fornvännen. Meddelanden fran K. Vitterhets Historie och Antikvitets Akademien 1908. Häftet 5. - 1909. Häftet 2. 3. 4. 5. - 1910. Häftet 1/2. Stockholm.

5) Meddelanden fran Svenska Riksarkivet. N. F. I. 19.-21. - II 3. Stockholm 1909.

6) Nordiska Museet. Fataburen. 1909. Stockholm.

7) Suomen Museo. Finsk Museum. XVI. Helsinki 1909.

8) Universitati Lipsiensi saecularia quinta ... celebranti gratulantur Universitatis Upsaliensis Rector et Senatus. Upsaliae 1909.

XIII. Norwegen.

1) Bergens Museums Aarbog 1909. Hefte 2. 3. - 1910. Hefte 1. Bergen 1909/10. - Aarsberetning for 1909. Bergen 1910.

2) Norsk Folkemuseum. Saerudstilling Nr. l-4. Kristiania 1903/07.

3) Foreningen for Norsk Folkemuseum. Aarsberetning 1906/09. Kristiania 1907/10.

4) Forhandlinger i Videnskabs-Selscabet i Christiania. Aar 1908. Christiania 1909.

5) Stavanger Museum. Aarsberetning for 1890-1899. - Aarshefte tor 1900-1908. 1.-19. Aargang. Stavanger.

6) Skrifter udgivne af Videnskabs-Selskabet i Christiania 1908. Christiania 1909.

7) Stadholderskabets Extraprotokol af Supplicationer og Resolutioner 1662-1669. 2. Hefte. Christiania 1910.

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XIV. Rußland.

1) Mitteilungen aus der livländischen Geschichte. Bd. 20 Heft 3. Riga 1910.

2) Sitzungsberichte der Gelehrten Estnischen Gesellschaft 1908. 1909. Jurjew-Dorpat 1909/10.

3) Sitzungsberichte der Gesellschaft für Geschichte und Altertumskunde der Ostseeprovinzen Rußlands aus dem Jahre 1909. Riga 1910.

4) Verhandlungen der Gelehrten Estnischen Gesellschaft. XXII. Bd. 2. 3. Heft. Dorpat 1910.

Der Bibliothekar:
Dr. Schröder .   


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Anlage C.

Zuwachs der Bildersammlung 1909/10.

  1. Friedrich Wilhelm, Erbgroßherzog v. Meckl -Strelitz. Lith., gez. v. C. l'Allemand, lith. v. J. Giere, Hannover.
  2. Auguste Karoline, Erbgroßherzogin v. Meckl.-Strelitz. Lith., gez. v. C. l'Allemand, lith. v. J. Giere, Hannover.
  3. Großherz. Friedr. Franz II. Lith., auf ovalem getönt. Grunde, unbez. 4. Helene, Hgin. v. Orléans, Prinzeß. v. Meckl.-Schwerin. Lith.
  4. (Héléne) Madme. la Duchesse d'Orléans. Luth. C. Julien.
  5. [Luise Köster, geb. Schlegel?]. Lith. auf chines. Papier, gez. v. G. v. Boddien, lith. v. Funke, Berlin.
  6. Altartafeln der Kirche zu Prillwitz. Photographien.
  7. Das Großherzogl. Schloß zu Schwerin von d. Seeseite (Passows Badeanstalt). Lith., lith. v. Theod. Boehden, Verl. v. S. L. König in Schwerin.
  8. Herzog Wallenstein (Albert. dvx Fritland. com. Wallest. etc.) Rpf., Ant. van Dyck, pinx., Pet. de Jode sculp.
  9. Carl Gustav Schröder, Pastor zu Melz und Buchholtzbei Röbel. Lith. auf chines. Papier, Steindr. von C. Herold in Wismar.
  10. Dömitz, das Haus, in dem Fritz Reuter während seiner Haft wohnte. Photogr. 1909.
  11. Güstrow, Postamtsgebäude. Lith.
  12. Die Mitarbeiter des Meckl. Urkundenbuches 1860/82. Album mit 9 Photographien.

Der Bilderwart:
Dr. Voß .     

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Anlage D.

Auszug

aus der Rechnung der Kasse des Vereins
für Mecklenburgische Geschichte undAltertumskunde
für den Jahrgang 1. Juli 1908/09

A. Erste Abteilung .
Einnahme.
1. Kassenvorrat aus voriger Rechnung   1126 Mk. 64 Pf.
2. Rückständige Beiträge aus früheren Rechnungsjahren   240 " "
3. Beiträge für 1. Juli 1908/09   3294 " "
4. Erlös aus dem Verkauf von Druckschriften   123 " 20 "
5. Zinsen   195 " 70 "
6. Verschiedenes   4 " 15 "
-----------------------------
  Summe 4983 Mk. 69 Pf.
Ausgabe.
1. Porto und Expeditionskosten   471 Mk. 30 Pf.
2. Abschriften   21 " 05 "
3. Papier und sonstige Bureaugegenstände   168 " 05 "
4. Druckkosten (Jahrbuch)   1919 " 40 "
5. Buchbinderarbeiten (Jahrbuch und Vereinsbibliothek)   373 " 98 "
6. Bibliothek und Bildersammlung   123 " 45 "
7. Reisekosten   195 " 26 "
8. Vergütungen für Beiträge zum Jahrbuch   422 " "
9. Verschiedenes, Insertionen, Feuerversicherung, Festschrift für den Hansischen Geschichtsverein, Sommerausflug usw.   282 " 45 "
----------------------------
  Summe 3976 Mk. 94 Pf.
Abschluß
Einnahme   4983 Mk. 69 Pf.
Ausgabe   3976 " 94 "
----------------------------
Kassenbestand (einschl. Kontokorrent) 1006 Mk. 75 Pf.
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B. Zweite Abteilung .
(Verwendung des Vermächtnisses des wailand Freiherrn von Biel auf Kalkhorst zur Herausgabe von Chroniken.)
Einnahme.
1. Kassenvorrat aus voriger Rechnung   2131 Mk. 30 Pf.
2. Zinsen   135 " 35 "
-------------------------------
  Summe 2266 Mk. 65 Pf.
Ausgabe.
1. Vergütung für die Bearbeitung der Ribnitzer Chronik   608 Mk. Pf.
2. Porto und Expeditionskosten   132 " 70 "
-------------------------------
  Summe 740 Mk. 70 Pf.
Abschluß.
Einnahme   2266 Mk. 65 Pf.
Ausgabe   740 " 70 "
-------------------------------
Kassenbestand (einschließlich Kontokorrent) 1525 Mk. 95 Pf.
Vermögensübersicht.

Das Vermögen des Vereins besteht am Schluß der Rechnung für den Jahrgang 1. Juli 1908/09

zur ersten Abteilung:
1. aus dem bei der Renterei belegten Kapital von 4500 Mk. Pf.      
2.  aus dem Kassenbestand von 1006 " 75 "        
-----------------------------------
zusammen 5506 Mk. 75 Pf.
zur zweiten Abteilung:
1. aus dem bei der Mecklenbg. Hypotheken= u. Wechselbank belegten Kapital von 2400 Mk. Pf.        
2. aus dem Kassenbestand von 1525 " 95 "        
-----------------------------------
zusammen 3925 Mk. 95 Pf.
-----------------------------------
Summe 9432 Mk. 70 Pf.

Der Rechnungsführer: Schwerdtfeger.

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An die Mitglieder:

N ach dem Beschlusse einer früheren General-Versammlung sollen an die Mitglieder des Vereins die vor ihrem Eintritt erschienenen Vereinsschriften zu bedeutend ermäßigten Preisen abgegeben werden.

1. Jahrbücher und Jahresberichte des Vereins usw.

  1. bei Bezug mehrerer aufeinander folgender Bände: Bd. 18-46, 53-72 je 1 Mk.,
  2. einzelne Jahrgänge (soweit vorhanden und stets die jeweiligen letzten zwei Jahrgänge) statt 8 Mk. je 3 Mk.

2. Sonder-Abzüge aus den Jahrbüchern:

  1. Wigger, Stammtafel des Großherzoglichen Hauses (zum Aufziehen), aus Bd. 50, (statt 1,50 Mk.) 1 Mk.,
  2. Crull, Die Wappen der Geschlechter der Mannschaft, aus Bd. 52, (statt 3 Mk.) 1 Mk.,
  3. Stuhr, Die Kirchenbücher in Mecklenburg-Schwerin, aus Bd. 60, (statt 2 Mk.) 50 Pf.,
  4. Krieg, Die Kirchenbücher in Mecklenburg-Strelitz, aus Bd. 68, (statt 1 Mk.) 50 Pf.,
  5. Moeller, Geschichte des Landespostwesens in Mecklenburg, aus Bd. 62, (statt 5 Mk.) 1,50 Mk.,
  6. Stuhr, Der Elbe-Ostsee-Kanal zwischen Dömitz und Wismar. Mit 2 Karten, aus Bd. 64, 1 Mk.

3. Register  über die Jahrbücher Bd. 31-40 (statt 5 Mk.) 1 Mk.

-          "      "          "          "    41-50 (statt 5 Mk.) 1 Mk.

-          "      "          "          "    51-60 (statt 5 Mk.) 1 Mk.

4. Mecklenburgisches Urkundenbuch , Bd. 1-22, (statt je 15 resp. 16 Mk.) je 3 Mk.

5. daraus: Mecklenburgische Siegel , 2 Hefte, (statt je 4,50 Mk.) je 1 Mk.

6. Crull, Nachricht von einem Todtentanze zu Wismar. 1877. 1 Mk.

Die Bestellungen auf diese Bücher sind direkt an die Vereins-Sekretäre zu richten.

Sonderabzüge des Aufsatzes im Jahrbuch 69 über die Pastoren im Lande Stargard seit der Reformation können die Mitglieder für 3,50 Mk. von dem Verfasser, Pastor Krüger in Stargard M., beziehen.


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Wir bringen unseren Mitgliedern die folgenden Schriften aus dem Gebiete der Mecklenburgischen Geschichte, Altertums- und Landeskunde, die ein allgemeineres Interesse beanspruchen können, in empfehlende Erinnerung:

Beltz, Die vorgeschichtlichen Altertümer des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. Schwerin (Bärensprung) 1910.
Ein Text- und ein Tafelband.

Geinitz, Landeskunde von Mecklenburg. Güstrow (Opitz) 1907.

Mecklenburgische Geschichte in Einzeldarstellungen:

I. Beltz und Wagner, Vorgeschichte; Wagner, Die Wendenzeit; Rudloff, Germanisieruug. II. Rische, Zeit der Hansa; Schnell, Reformationszeit. III. Beyer, Kulturgeschichtliche Bilder. IV. Schnell, Der große Krieg; Wagner, Christian Louis I. V. Schröder, Mecklenburg und Mecklenburger in der schönen Literatur. Berlin (Süsserott) 1899-1909.

Schlie, Die Kunst- und Geschichtsdenkmäler des Großherzogtums Mecklenburg-Schwerin. Schwerin (Bärensprung) Band I-V, 2. Aufl.

Schwarz, Landeskunde der Großherzogtümer Mecklenburg und der Freien und Hansestadt Lübeck. Leipzig (Göschen) 1910.

Ule, Geographie von Mecklenburg. Stuttgart (Strecker & Schröder) 1909.

Witte, Mecklenburgische Geschichte. Bd. I. Von der Urzeit bis zum ausgehenden Mittelalter. Wismar (Hinstorff) 1909.

Die Schriften sind durch den Buchhandel zu beziehen.