zurück zur Metadatenansicht auf dem Dokumentenserver
zurück
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen [ Seite 131 ] zur nächsten Seite zur letzen Seite
Dokument dauerhaft verlinken Dokument im gesamten Band öffnen Metadaten auf dem Dokumentenserver anzeigen

III.

Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin.

Von

Prof. Dr. W. Stieda - Leipzig.


1. Die Anfänge der Tabakkultur in Europa.

D er Tabak, dessen Genuß unter den Europäern zuerst Christoph CoIumbus und seine Gefährten bei ihrer Landung an der Insel Guanahani wahrgenommen haben, ist im 16. Jahrhundert nach Europa gelangt, 1 ) Als Heilkraut und wegen seiner schönen Blüten auch als Zierpflanze hielt er in Europa seinen Einzug. Jean Nicot, der französische Gesandte in Portugal, erhielt im Jahre 1560 eine Tabakpflanze von einem Hofbeamten, dem sie aus Florida zugeschickt worden war. 2 ) Und da er gehört hatte, daß sie ein vortreffliches Heilmittel sei, sorgte er für ihre Kultur. Bereits Nicolo Monardes, Lehrer der Heilkunde an der Universität zu Sevilla, hatte den Tabak als Heilkraut gepriesen und ihm die wunderbarsten Wirkungen zugeschrieben. Die grünen Blätter galten, warm aufgelegt, als ein gutes Mittel gegen Kopfschmerz, Magenkrampf, Koliken, Gichtschmerzen und Mutterbeschwerden. Der aus ihnen gepreßte Saft aber sollte Zahnweh beseitigen und Eingeweidewürmer abtreiben. Bei hartnäckiger Verstopfung wirke ein Absud des Tabaks wohltätig als Klystier und in Salben sei er ein sehr wirksames Mittel gegen alle bösartigen Geschwüre. Nicot nahm sogar an, daß Krebs und Flechten durch Tabak geheilt werden könnten. Ihm zu Ehren, der sich um den Bau des Tabaks und seinen Gebrauch verdient machte, nannte man in Frankreich das neue Kraut "Herbe Nicotiane", 3 ) und


1) Tiedemann, Geschichte des Tabaks, 1854, S. 1 ff.
2) J. Micheler, Das Tabakswesen in Bayern, 1887, S. 3.
3) Tiedemann, S. 139.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 132 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Frankreich aus nahm dann die Wunderpflanze ihren Weg schnell in andere Länder. Im Jahre 1565 wurde sie dem Stadtphysikus in Augsburg, Adolph Occo, dem Verfasser der Pharmacopoea Augustana, der auch den Rhabarber zuerst in Ruf gebracht hat, bekannt, und wenig später kam sie durch den Bischof Nicolav Tornaboni, den päpstlichen Legaten und toskanischen Gesandten am französischen Hof, nach Italien. 4 )

Indes die Spanier hatten ihrer Zeit mit Verwunderung gesehen, daß die friedlichen Indianer aus Mund und Nase Rauchwolken gestoßen hatten. Sie hatten bemerkt, daß die Rothäute aus einem trocknen Kraut, in ein Maisblatt gewickelt, zylinderförmige Rollen zu bilden pflegten, deren eines Ende sie in den Mund nahmen, während sie das andere anzündeten, dabei Rauch ausstoßend. Was für eine Genugtuung die Wilden dabei empfanden, konnte man zunächst nicht feststellen, und erst später ermittelte man, daß sie bei ihren Festen sich durch das Einziehen des Rauches berauschten und schließlich schläfrig machten. Die alsdann auftretenden Träume hielten sie für Nachrichten aus einer anderen Welt. 5 ) Der Spanier Oviedo verglich das Vergnügen beim Tabakgenuß mit dem Weintrinken. Die narkotischen Wirkungen betäubten eben den Genießenden. Jedenfalls hatten sie für die Europäer Reiz genug, um die Eingebornen nachzuahmen und die Angewohnheit in Europa fortzusetzen. 6 ) Der den Menschen innewohnende Trieb, Neues und Seltsames sich anzueignen, einerseits und die dem Gebrauche des Tabaks zugeschriebenen wohltätigen geheimnisvollen Wirkungen andererseits bewirkten zweifellos eine rasche Verbreitung der neuen Sitte, 7 ) die nicht nur in Spanien und Portugal bei allen Schichten der Bevölkerung Eingang fand, sondern bald auch in anderen Ländern beliebt wurde.

In Holland und England scheinen die Bevölkerungen gleichzeitig dem seltsamen Gebrauche zu huldigen angefangen zu haben. In ersterem Lande soll nach der Ansicht Einiger bereits um das Jahr 1570 die Gewohnheit, zu rauchen, weit verbreitet gewesen sein. 8 ) In letzterem Lande soll Sir Walter Raleigh, der dem Rauchen leidenschaftlich ergeben war, besonders zu seiner Ausbreitung beigetragen haben. In den Zeiten der Königin Elisabeth


4) Tiedemann, S. 141-143.
5) Tiedemann, S. 3.
6) Tiedemann, S. 6, 146.
7) Tiedemann, S. 287.
8) Ladisl. v. Wagner, Tabakkultur, Tabak- und Zigarrenfabrikation, 1884, S. 4.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 133 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

war es, daß man als Wahrzeichen der Tabakläden die hölzerne Figur eines rauchenden Negers mit einer Rolle Tabak an der Seite zu sehen anfing, ein Zeichen, das in der Folge vor allen Tabakbuden Europas erschien 9 ) Engländer und Franzosen sah der spätere Arzt in Delft, Wilhelm van der Meer, als er in Leiden gegen 1590 studierte, dort rauchen und bemühte sich, es ihnen gleich zu tun, was ihm jedoch schlecht bekam. Die Mißerfolge schreckten indes weder ihn noch seine Landsleute ab, sich zu der neuen Gewohnheit zu bekennen.

In Frankreich hat erst während der Regierung Ludwig XIII. das Tabakrauchen seinen Anfang genommen, und auch in Deutschland lernte man es kaum viel früher kennen. Nach einer Angabe sollen englische Kaufleute das Rauchen nach Zittau gebracht haben; nach einer anderen sei auf deutschem Boden zum ersten Male geraucht worden, als Graf Grey im Jahre 1620 seine englischen Truppen dem Könige Friedrich von Böhmen zuführte. 10 )

Waren es zuerst Soldaten, der vielgeplagte Untertan, der gemeine Mann, die auf das Rauchen erpicht wurden, so verschmähten doch nach und nach auch die Gebildeten und die feinere Herrenwelt den Genuß durchaus nicht. In Schwerin heißt es z. B. in den Gravaminibus zum kommissarischen Bericht in der Sache der Domprediger, mit denen der Superintendent Wetter beständig im Streite lag, von diesem: "Gebraucht in publicis conventibus Tabak und hält sich zu Schössern und Handwerksleuten usw.".

In Preußen machte der Kurfürst Friedrich III. den Tabak hoffähig, indem er Tabakgesellschaften einführte, bei denen das Hofzeremoniell streng beobachtet wurde. Am 28. Dezember 1709 schrieb er an seine Schwiegermutter, die Kurfürstin Sophie von Hannover: "Bey dem toback befinde mich noch sehr wohl und ersehe auß dero Schreiben, daß Sie (ehe)mahls auch die Pfeifen gestopft haben, ich kan aber nicht wissen, führ wehm - -." Und drei Tage später läßt er sich an dieselbe hohe Dame aus: "Es ist mihr recht lieb auß dero Schreiben zu ersehen, daß Sie daß Tabac rochen aprobieren und es mehr den parfeum lieben." Die Kurfürstin aber antwortet, gewandt alle Neckereien parierend, am 1. Januar 1710: "Die pfeiffen toback können E. M. leicht erachten, das ich sie allein leiden konte, weil mein G. L. der selig auch wie E. M. sich tharan gewont hatte; was zur gesundtheit dint, ist


9) Tiedemann, S. 151.
10) Micheler, S. 3.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 134 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

alzeit gutt." Nichtsdestoweniger verhielt sich der König doch gegenüber der ungewohnten Sitte etwas zurückhaltend und wollte sie der weiblichen Welt nicht zugestehen, wenn er sie auch bei Männern billigte. Am 31. März 1710 schrieb er an die Kurfürstin Sophie: "Daß er (sc. Prinz Eugenius, der damals gerade in Berlin weilte) soviel tobac nimbt, ist itzo die mode, also wirdt mir solches nicht befrembden, aber führ eine dame stehet es führ ehrste nicht wol und dan so kan man in allem zu viel thun." 11 )

Wer hätte ferner nicht von dem Tabakkollegium Friedrich Wilhelm I. zu Wusterhausen gehört? Daß in Gelehrtenkreisen die gleiche Vorliebe sich herausbildete, schildert uns an den Zuständen der Universität Erfurt um die Mitte des 18. Jahrhunderts Karl Friedrich Bahrdt. Er nannte die Professoren der dortigen Hochschule, die sich ziemlich regelmäßig und recht zahlreich morgens und abends im Ratskeller zu versammeln pflegten und neben dem Schlunz, einem ansehnlichen Bierkruge, sich den prächtig braun angerauchten Meerschaumpfeifenköpfen angelegentlichst widmeten,

- die tapfersten Raucher des heutigen römischen Reichs deutscher Nation. Wieland brachte etwas später für diese Versammlungen den Ausdruck ".Qualmareopag" auf. 12 ) Freilich konnte ein Hufeland noch in seiner Makrobiotik 13 ) den Rauchgenuß als einen der unbegreiflichsten hinstellen und ein Goethe es aussprechen, daß ein wahrhaft genialer Mann sicherlich nicht Tabak rauchen werde,

- die tatsächliche Entwicklung ist über diese Auffassung zur Tagesordnung übergegangen.

Wohl gleichzeitig mit dem Rauchen ist das Schnupfen von pulverisiertem Tabak aufgekommen. Katarina von Medicis bereits soll ihrem Sohne, dem Könige Karl IX., der oft an heftigen Kopfschmerzen litt, das Schnupfen als Heilmittel angeraten haben. Sicher ist, daß die in vieler Hinsicht belebende Wirkung des Tabakpulvers die Sitte des Schnupfens bald ebenso allgemein beliebt machte. Es deutet auf weite Verbreitung, wenn Papst Urban VIII. im Jahre 1624 eine Bulle erließ, die alle mit dem Kirchenbann bedrohte, die in den Kirchen Tabak schnupfen würden. Das 17. Jahrhundert kann sich rühmen, die Schnupftabakdosen aufgebracht zu haben, die dann im folgenden Jahrhundert eine noch größere Rolle spielten. Daß auch Damen der Sitte huldigten, beweist die Königin Sophie Charlotte von Preußen, die bei ihrer


11) Ernst Berner, Aus dem Briefwechsel König Friedrichs I. von Preußen und seiner Familie, Berlin 1901.
12) Grenzboten, 1894, Nr. 48, S. 405.
13) Jena 1798, S. 192.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 135 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Krönung im Jahre 1701 sich nicht enthalten konnte, die Langeweile, die sie bei der Festlichkeit empfinden mochte, durch eine Prise Spaniol aus diamantbesetzter goldener Dose zu verscheuchen. Wie weit die französische Damenwelt sich das Schnupfen angewöhnt hatte, erzählt in überaus drastischer Weise Elisabeth Charlotte von Orleans in ihren Briefen aus Paris. 14 )

Es ist bekannt, daß man durchaus nicht überall der neuen Sitte mit Gelassenheit und Zustimmung zusah. Vielmehr erhoben sich sehr bald gegen sie eifernde Stimmen. Eine ganze Literatur entstand, in der über Nutzen oder Schaden des Tabaks gelehrte Betrachtungen angestellt wurden. 15 ) Geistliche und Moralisten sprachen ihre Entrüstung über die drohende Verderbtheit der guten Sitten aus, und die weltliche Obrigkeit machte die Feuergefährlichkeit geltend. 16 )

Fruchteten alle Verbote gegen die um sich greifende Gewohnheit nicht, so lag es in der Zeit des Merkantilismus nahe, darauf zu sinnen, ob sich das unvermeidliche Gewächs nicht in den eigenen Grenzen hervorbringen ließ. Hatte die Anpflanzung des Tabaks als Zierpflanze bewiesen, daß er, obwohl einer wärmeren Zone angehörend, doch einen ausgedehnten Verbreitungsbezirk besaß, so strebte man gern dahin, sich von dem Auslande oder der neuen Welt unabhängig zu machen. Längere Zeit hindurch war der Tabak namentlich von den Holländern, die mit seinem Handel ein glänzendes Geschäft machten, aus Venezuela, Guiana, Brasilien, Westindien und Virginien in Europa eingeführt wurden. Nun machte man im Jahre 1615 zu Amersfort in Holland den ersten Versuch, aus dem europäischen Kontingent Tabak zu bauen. Er gelang vollkommen, 17 ) und bis auf den heutigen Tag sind die Niederlande eine nicht unrühmliche Stätte der Tabakproduktion. 18 )

Von dort aus drang wenig später die Kultur des Tabaks in Deutschland ein. Im Jahre 1620 brachte ein Kaufmann, namens Robert Königsmann, Tabaksamen nach Straßburg i. E., wo er auf einem, eine Meile von der Stadt im Bezirk Wachwörth gelegenen, später der "Englische Hof" genannten Grundstück mit Erfolg angepflanzt wurde. Allerdings widersetzte sich der Rat geraume Zeit der Einführung des Tabakbaues in der Besorgnis,


14) K. W. Volz, Beiträge zur Kulturgeschichte, 1852, S. 272-273.
15) Micheler, S. 3-4.
16) Tiedemann, S. 151.
17) Tiedemann, S. 162.
18) Spezialkatalog des Tabakmuseums von Löser & Wolff auf der Berliner Gewerbeausstellung 1896, S. 16.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 136 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Anbau des Getreides möchte beeinträchtigt werden. Indes die Erfahrung lehrte, daß der Tabak sowohl als Rohstoff wie als Gegenstand der Industrie einen für das gesamte Wirtschaftsleben des Elsaß überaus wichtigen Gegenstand bildet. 19 )

In Bayern wurde der Tabakbau durch Hans Johann Schwingshärlein um das Jahr 1630, in Sachsen im nächsten Jahre, 20 ) im Kanton Basel Stadt spätestens in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts versucht. Ein Verbot des Anbaues in allen Ämtern vom 22. Juli 1685 hielt der Rat nicht auf die Dauer aufrecht. 21 ) Um das Jahr 1660 wurde der Tabak im Elsaß, in der oberen Grafschaft Hanau, im Bistum Speyer, in der Markgrafschaft Baden, in der Pfalz und im Breisgau gebaut. 22 ) Am 24. Mai 1676 erhielten zwei Juden in der Mark Brandenburg gegen Zahlung einer jährlichen Pacht auf 12 Jahre das Recht, in der Alt- und Uckermark sowie in den Kreisen Ruppin und Priegnitz ausschließlich Tabak zu pflanzen, zu verarbeiten und mit ihm zu handeln. Doch hatte dieser Vorstoß zunächst keine großen Ergebnisse und erst um das Jahr 1681 erzielte ein erneuter Versuch, die Tabakindustrie in den kurfürstlichen Landen zu heben, bessere Erfolge. Damals wurde "einigen sogenannten Interessenten" das Privileg, in der Kurmark und in Hinterpommern die Tabakspinnerei zu betreiben, auf 20 Jahre zugestanden. 23 ) Unter dem Einflusse der aus Frankreich nach Aufhebung des Edikts von Nantes auswandernden Reformierten, später der Pfälzer, die ihre durch die Franzosen verwüstete Heimat verlassen mußten, sowie der aus den lothringischen Bistümern flüchtigen Protestanten gewann der Tabakbau in der Gegend von Magdeburg, Halle, in Schlesien und in Thüringen immer größere Ausdehnung. 24 ) Gegen den Ausgang des 17. Jahrhunderts wandte man sich in Hessen dem Tabakbau zu. 25 )

Um dieselbe Zeit lassen sich in Mecklenburg die ersten Spuren des beginnenden Tabakbaues nachweisen, zu dem zweifellos die guten Erfahrungen der Nachbarstaaten, insbesondere der Uckermark, die Anregung gegeben haben werden. Wie z. B. Gustav Adolf


19) Herm. Ludwig, Straßburg vor 100 Jahren, 1888, S. 28.
20) K. Volz, S. 275.
21) Geering, Handel und Industrie der Stadt Basel, 1886, S. 579, 624.
22) Tiedemann, S. 175. Gothein, Wirtschaftsgeschichte des Schwarzwaldes, 1893, S. 45 - 54, 681 - 682.
23) Charpentier, Das altpreußische Tabakmonopol, in preuß. Jahrb., Bd. 61.
24) Tiedemann, S. 175.
25) Charpentier, S. 146.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 137 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von Mecklenburg-Güstrow in einem Edikt vom 23. Februar 1692, das die Eröffnung einer Tabakspinnerei in Güstrow anordnet, die "Intention" zum Ausdruck bringt, "den Tabakbau, welchen unsere Benachbarten mit gutem Succeß angefangen", 26 ) auch in Mecklenburg zu befördern. Mit einem Tabakspinner Franz Stötefalck schließt der Herzog Gustav Adolf von Mecklenburg-Güstrow am 13. Februar 1690 einen Vertrag behufs Anlage einer Tabakpflanzung. Stötefalck, dessen Herkunft unbekannt, tritt auf drei Jahre in herzogliche Dienste gegen einen Jahresgehalt von 100 Rtlrn., verbunden mit freier Wohnung, unentgeltlicher Lieferung von Brennholz und verschiedenen Naturalien, freier Weide für vier Kühe und Freiheit von Abgaben. Dafür übernimmt er "untadelichen Tobacks-Saamen" auf seine Kosten zu beschaffen und auf einem ihm dazu anzuweisenden Felde eine Anpflanzung nebst allen erforderlichen Arbeiten vorzunehmen. Ohne Zweifel war er es, der auf der Lehnlust bei Güstrow in den Jahren 1690 und 1691 Tabak baute. Verschiedene Rechnungen über Arbeitslöhne, Fuhrlöhne usw. beweisen, daß die Kultur in der Tat in Gang kam. Wie lange sie dauerte, läßt sich ebensowenig angeben, als die Unvollständigkeit der erhaltenen Papiere erlaubt, über den Erfolg zu urteilen.

War nun dieser ein befriedigender oder war es die Begünstigung, deren sich der Tabakbau allgemein erfreute: genug, bald darauf wurde im Herzogtum Mecklenburg-Schwerin ebenfalls die Lust, ihn in Angriff zu nehmen, rege. Im September 1693 meldeten sich bei der Kammer in Schwerin zwei Männer, die geeignet schienen, ein solches Unternehmen auszuführen. Der eine, dessen Name nicht genannt wird, stammte aus Güstrow oder hatte doch von dort aus seine Bewerbung eingereicht. Er konnte nicht in Betracht kommen, weil seine Kostenanschläge zu hoch befunden wurden. Der andere, ein geborner Schweriner, Gottfried Johann Köppe, hatte in der Wetterau und bei dem brandenburgischen Feldmarschall von Dörffling sich im Tabakbau erprobt. Ihm gelang es, für seine Pläne die Zustimmung der Kammer zu erwirken. Er hoffte, von einem Drommet Acker 100 Zentner Tabak erzielen zu können, den er zu 5 Rtlr. pro Zentner verkaufen wollte. Da er die Unkosten für Bebauung, Gehalt usw. auf 323 Rtlr. 12 Schillinge berechnete, so wäre ein Reingewinn von 176 Rtlrn. 36 Schillingen sicher zu erwarten gewesen. Für sich beanspruchte


26) Schwerin, Archiv, Impressa.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 138 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

er eine Tantieme von1 Rtlr. 16 Schillingen pro Zentner, wobei er jedoch die Saat auf eigene Rechnung lieferte.

Somit eröffnete sich die Aussicht auf ein mit der Zeit sehr lohnendes Geschäft für die Kammer, und da bei der projektierten Anteilwirtschaft von ihrer Seite nichts mehr als der Boden riskiert wurde, so ging man bereitwilligst auf den Vorschlag ein. 27 ) Im Oktober wurde ihm der Hof Gallentin angewiesen, um Probeversuche anzustellen. Jedoch ergab sich bei näherer Besichtigung, daß dort keine Personen waren, die alle Arbeiten, als da sind:

"den Taback pflantzen, höpen, sogenantes gäten oder weden, aufschneiden, binden und zum Trucken im Zimmer aufhengen", ausführen konnten. Daher sollte der Versuch in Dütschow (bei Spornitz im Domanialamt Neustadt) gemacht werden auf "einer Koppel von 7 Scheffel Parchimer Maaß feist landt, worauf im vorigen Jahr Gerste gestanden". Bewährte sich der Anbau, so beabsichtigte man seine Ausdehnung.

In der Tat ist es dort zur Kultur gekommen. Die Beamten wurden angewiesen, den Köppe zu unterstützen, insbesondere, da er zunächst in Mistbeeten den Tabak ziehen wollte, für 12 viereckige Fenster nach den von ihm anzugebenden Größenverhältnissen zu sorgen. Wie die Pflanzung im einzelnen gedacht war, belehrt ein "Entwurff", der sich erhalten hat. Die Koppel von der oben angegebenen Größe sollte von den zum Hofe Dütschow gehörigen Hufenern dreimal gepflügt werden. Für die Mistbeete wurde der Raum in einem Kohlgarten des Meierhofes angewiesen. Das Holzwerk, offenbar zur Einfriedigung, sowie den Pferde- und Schafmist hatten die Gutsuntertanen anzufahren. 28 ) Die spätere Arbeit, die bekanntlich beim Tabak keine geringe ist, fiel zwei Großkossaten und einem Kleinkossaten aus Spornitz und einem Kleinkossaten aus Dütschow zu. Falls deren Kräfte nicht ausreichen würden, die Last zu bewältigen, so war in Aussicht genommen, Einlieger aus der Dütschower Vogtei zu Hilfe zu nehmen. Zum Trocknen des Tabaks wurde ein Schafstall des ebenfalls bei Spornitz gelegenen Hofes Steinbeck eingeräumt, wohin der Tabak in frischem Zustande abgefahren werden sollte. Wohin er im fabrikationsfähigen Zustande alsdann transportiert werden sollte, behielt sich die Kammer des Näheren vor zu bestimmen.


27) Schwerin, Archiv, Acta betr. Betrieb des Tabakbaues zu Dütschow, 1693-95.
28) Im Elsaß hielt man den Schweinemist besonders tauglich zur Düngung der Tabakfelder.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 139 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Mit Köppe wurde außerdem ein Kontrakt gemacht wie mit einem fürstlichen Beamten. Man setzte ihm ein bestimmtes Deputat an Getreide, Fleisch, Stockfisch und Hering, Butter und Salz wie Hopfen aus, wies ihm eine Wohnung im Hause eines in der Nähe der zum Bau des Tabaks bestimmten Koppel wohnenden Bauern an und versprach ihm eine Tantieme von einem Rtlr. pro Zentner des abgelieferten Tabaks. In diesem Punkte war demnach seine Forderung um ein drittel Taler ermäßigt worden.

Derart vorbereitet ist der Bau wirklich vor sich gegangen. Ende April 1694 war man mitten in der Arbeit, und da Köppe mit den bisher geleisteten Handdiensten beim Pflanzen und Jäten nicht reichte, wurde angeordnet, daß sämtliche Einlieger des ganzen Amts, jeder 2 Tage, so oft und wieviele Köppe zur Zeit verlangen würde, mithelfen sollten. 29 ) Der Erfolg muß ein befriedigender gewesen sein, da im nächsten Jahre an den Küchenmeister zu Neustadt die Weisung gelangte, dem Köppe in der Koppel noch für Aussaat zweier Scheffel Tabak Platz zu machen. 30 ) Weitere Nachrichten fehlen.

Vierzig Jahre später wurde noch einmal regierungsseitig in Mecklenburg-Schwerin der Tabakbau in größerem Maßstabe geplant. Darauf mag vielleicht neben den früheren guten Erfolgen im eigenen Lande auch das Beispiel des Bruderstaates mitgewirkt haben. In Mecklenburg-Strelitz hatte nämlich der Herzog Adolf Friedrich II. angefangen, auf verschiedenen Stellen, so namentlich in Zirtow, Mirow und Strelitz, Tabakkulturen anzulegen und das Produkt mit ansehnlichem Gewinne in Hamburg und Lübeck verkaufen lassen. 31 ) Die Bauern hatten dem Fürsten nachgeahmt und, von dem hohen Herrn begünstigt, nicht wenig von dem bisher fremdartigen Gewächs gepflanzt, ja sogar zum Trocknen des Produkts die leeren Kirchenböden, sehr zum Entsetzen der Herren Pastoren, auf fürstliche Erlaubnis benutzen dürfen. 32 )

War nun diese Unternehmung zum Vorteil des gesamten Landes ausgeschlagen und hatten Privatpersonen im Herzogtume Mecklenburg-Schwerin aus eigener Initiative sich der Kultur der lohnenden Pflanze zugewandt, so war es begreiflich, daß Herzog Karl Leopold für das gewinnbringende Geschäft Verständnis zeigte. Zwei französische Refugiés, Jaques Cuny und Jean Elmain, unter=


29) Reskript der Kammer vom 9. Mai 1694.
30) Reskript der Kammer vom 15. Mai 1695.
31) Zu 5 Rtlr. pro Zentner.
32) G. v. Buchwald, Bilder aus der volkswirtschaftlichen und politischen Vergangenheit Mecklenburgs, 1893, S. 111-115.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 140 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

breiteten ihm im Jahre 1731 den Vorschlag, ihnen den Tabakhandel gegen eine Zahlung von 400 Rtlrn. auf 6 Jahre zu verpachten. Dieses Angebot hatte den Herzog dazu veranlaßt, seinerseits die Fremdlinge zur Anlage von Tabakplantagen anzuregen. Zu diesem Zwecke wollte er ihnen Ländereien auf dem Schelfwerder bei Schwerin, wo bereits von zwei Leuten in kleinem Umfange Tabak gebaut wurde, zuweisen. Sie sollten die betreffenden Äcker gepflügt und gedüngt unter der Bedingung bekommen, daß sie sie im brauchbaren Zustande erhielten. Die Kaufleute sollten die Saat liefern und sich verpflichten, bei einer Ernte von drei Zentnern Tabak pro Scheffel Acker die ganze Ernte zu 5 Rtlrn. pro Zentner dem Herzoge abzukaufen. Etwas überschwänglich wohl rechnete man, von den 335 Scheffeln des Schelfackers etwa 250 1/2 mit Tabak bestellen und eine Ernte von 751 1/2 Zentner, jeden zu 5 Rtlr., insgesamt also eine Einnahme von mindestens 3757 Rtlrn. 24 Schill. erwarten zu können. Im ganzen wurde auf eine Einnnahme von 3837 Rtlr. 24 Schill. gerechnet, denen Ausgaben in der Höhe von 2121 Rtlr. 8 Schill. gegenüberstehen würden, sodaß ein Reinertrag von 1716 Rtlr. und 16 Schill. gewiß schien. 33 )

Der eine der beiden Antragsteller, Jacques Euny, war mit den Ideen des Herzogs völlig einverstanden und hatte sich behufs ihrer Ausführung mit Pierre Elmain verbunden. Dieser sollte Inspektor der Plantage werden, in dem Duwenschen Hause auf der Schelfe freie Wohnung, Brennholz zur Haushaltung und 8 Taler monatlich bekommen. Auch ein Platz für die Anlage der unentbehrlichen Mistbeete war bestimmt. So sehr waren die Franzosen davon durchdrungen, ein gutes Geschäft in der Ausführung des Projekts zu machen, daß sie am 10. Oktober 1731 dem Herzog 400 Taler überreichten und in drei Monaten weitere 400 Taler folgen zu lassen versprachen, "que nous prenons la hardiesse de presenter a S.A.S. pour toutes les faveurs et bonté, qu'elle veut bien nous gratifier." Zu Ostern des nächsten Jahres sollte das Privileg seinen Anfang nehmen. Jedoch die Angelegenheit nahm einen anderen Verlauf. Der der Kammer übergebene Betrag war wohl von den Brüdern oder Verwandten des Pierre Elmain - Jacques und Jean Elmain - gemeinsam gegeben worden, und diese erklärten dem Herzoge, als sie von den Abmachungen über die anzulegende Plantage erfuhren, daß sie mit ihr nichts zu tun haben wollten. 34 ) Sie hätten es lediglich


33) Zu den obigen 3757 1/2 Rtlrn. wurde wohl noch ein Teil der für das sechsjährige Privileg gezahlten 400 Rtlr. zugezählt.
34) 21. Januar 1732.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 141 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

auf den Handel mit Tabak abgesehen. Auch Jacques Euny, der von Pierre Elmain beschwatzt gewesen zu sein scheint, kam von seiner Bereitwilligkeit zurück. Er ließ zusammen mit Jean Elmain einige Monate später 35 ) ebenfalls dem Herzoge mitteilen, daß sie von der Tabakpflanzung nichts verständen "S'aurait été," hieß es in dem Schriftstück, "une grande imprudence a nous, puisque nous ne nous sommes jamais melé de la culture des terres, notre fait n'etant que le negoce." Der sachverständige Tabakpflanzer unter ihnen sei Pierre Elmain, der aber habe sich unsichtbar gemacht, angeblich weil man ihn geärgert und ihm zu viel Schwierigkeiten in den Weg gelegt habe.

So fiel denn, zumal die Franzosen auch in bezug auf den Handel vor der Abneigung sich zu fürchten begannen, die die einheimischen Händler unverholen zur Schau trugen, der ganze Vorschlag ins Wasser. Ob in der Zwischenzeit seit den ersten Versuchen am Ende des 17. Jahrhunderts und dem eben erzählten Projekt die Kammer sich noch weiter um den Tabakbau bemühte, entzieht sich unserer Kenntnis.

Tatsache ist jedoch, daß später an verschiedenen Plätzen in Mecklenburg Tabak gebaut wurde und auch heute noch kultiviert wird. Am meisten taten sich dabei die französischen Einwanderer hervor. Im kleinen war schon vor ihnen hier und da Tabak gebaut worden. In Brüel hatte sich ein aus Schlitz in Hessen stammender Glaser, Christian Kircher, niedergelassen, der in seiner freien Zeit dem Tabakbau huldigte. Nach einer im Februar 1695 bei der Kammer eingelaufenen Anzeige pflegte er sein Erzeugnis in Crivitz zu verkaufen. 36 ) Seine Produktion betrug indes nach einer späteren Mitteilung "auffs höchste drei Zentner Tabak jährlich". 37 ) Ebenso ist von einem Bäcker die Rede, der neben seinem Hauptgeschäft einen Tabakgarten betrieb, auf dem er aber namentlich bei nasser Witterung in zwei Jahren kaum einen Zentner Tabak gewonnen haben wollte. 38 ) Einige Jahre darnach, 1702, werden der Kammer zwei Bauern, der eine zu Groß-Vielen im Warenschen Distrikt, der andere im Dorfe Tarnow, genannt, die Tabak bauten und mit ihrem Erzeugnis hausieren gingen. 39 ) Vor


35) 5. Mai 1732.
36) Schwerin, Archiv, Acta betr. den Tabakhandel, 1690-1708, Nr. 29.
37) Reskript der Kammer vom 13. Februar 1699, in den Akten Nr. 44.
38) Reskript der Kammer vom 31. Dezember 1698, in den Akten Nr. 37.
39) Beschwerde des M. Heinrichsen bei der Kammer vom 10. August 1702, in den Akten Nr. 53.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 142 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

allen Dingen aber waren es die Hugenotten in Bützow, 40 ) die dort nach und nach von ihrer industriellen Tätigkeit sich abgewandt und dem Tabakbau ergeben hatten. Im Jahre 1703 hatten 7 Refugiés zusammen 95 1/2 Scheffel Acker mit Tabak und Waid bestellt, wofür sie an Pacht jährlich einen Taler pro Scheffel bezahlten. Offenbar reicht indes ihre Produktion schon in frühere Jahre zurück, da bereits im August 1702 der Jude M. Heinrichsen der Kammer mitteilen konnte, daß er den Hugenotten etwa 25 bis 30 Zentner Tabak abgekauft habe, sie gleichwohl außerdem mit ihrem Erzeugnis hausieren gingen. 41 ) Zu den 7 Kolonisten gesellten sich bis zum Jahre 1706 5 andere Refugiés, die alle zusammen 178 Scheffel Acker in Pacht hatten, wie es scheint, in erster Linie mit Tabak bestellt. Jm Jahre 1707 waren unter 36 selbständigen Gewerbetreibenden der Kolonie nicht weniger als 11 Tabakpflanzer. Ihre Rechnung scheinen Sie dabei freilich nicht ganz gefunden zu haben. Der ursprünglich vielleicht gute Gewinn wurde für viele in Mecklenburg Veranlassung, Tabak zu bauen. Darf man den Angaben der Franzosen Glauben schenken, so hätten damals nicht wenige Adlige, Pastoren und Verwalter sich aus diese Kultur gelegt, die sie durch ihre Gutsuntertänigen und Leibeigenen mit geringen Gestehungskosten betreiben ließen. 42 )

Dadurch wurde die Konkurrenz zu groß, bei der überdies ins Gewicht fiel, daß die in Dömitz, Schwerin, Plau usw. wohnhaften Tabakindustriellen die Verarbeitung fremder Tabake vorzogen. Wohl versuchten die Refugiés, sich die Berechtigung zum freien Handel mit dem von ihnen erzeugten Tabak auszuwirken. Sie hatten im Oktober 1731 bereits 400 Rtlr. für ein derartiges Privileg gezahlt und wollten innerhalb der nächsten drei Monate noch ebensoviel geben. 43 ) Auf die Dauer mochte ein solcher Betrag doch nicht vorteilhaft für sie sein, und so dürfte bis zum Ausgange des 18. Jahrhunderts spätestens dieser Tabakbau in Bützow wohl sein Ende erreicht haben.

Außer an den genannten Orten wurde noch Tabak gebaut:

im Jahre 1738 in Neukalen, 44 ) im Jahre 1747 in Schwaan von einem getauften Juden Jakobi. 45 ) In derselben Zeit bat ein Herr von Sala auf Bellin den Herzog um die Erlaubnis,


40) Wilhelm Stieda, Eine Hugenotten-Kolonie in Mecklenburg, im Jahrbuch d. Ver. f. meckl. Gesch., Bd. 61, S. 112.
41) Wie oben in den Akten Nr. 53.
42) M. Jb. 61, S. 158, Nr. 34.
43) Schwerin, Archiv, Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 13.
44) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 14.
45) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 15.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 143 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in zwei leerstehende Katen zwei Juden aufnehmen zu dürfen, die für ihn dem Tabakbau obliegen wollten. 46 ) Offenbar geben aber diese vielleicht mehr zufällig in den Akten erhaltenen Daten kein deutliches Bild von der Ausdehnung des Tabakbaues in Mecklenburg. Vielmehr hat es den Anschein, als ob namentlich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ganz allgemein in Mecklenburg Neigung bestand, Tabak zu kultivieren, und diese vielfach Ausdruck gefunden hat. Daß es in Güstrow und Umgegend "Tabakplanteurs" gab, zweifellos doch in unmittelbar fortgesetzter Dauer seit den erwähnten ersten Versuchen, wird gelegentlich mitgeteilt. 47 ) In Glocksien, Vielist, Hof Lütgendorf, Klink, Sietow und Jabel bauten die Bauern gegen 1764 Tabak und ließen sich angelegen sein, ihn hausierend zu vertreiben. Die Städte beschwerten sich darüber. 48 ) In der gleichen Zeit beanspruchte ein Herr von Moltke auf Ziddorf, der mit der Kammer in Konflikt geraten war, weil er in Teterow hatte Tabak verkaufen lassen, das Recht, Tabak zu bauen, soviel er wollte. Natürlich konnte die Kammer ihm dieses Recht nicht bestreiten. 49 )

Der amerikanische Bürgerkrieg wurde dann Veranlassung, sich noch mehr auf diese Kultur zu verlegen. Die Verhinderung der Zufuhr brachte die Landwirte auf den Gedanken, Tabak zu bauen. Sie fanden bei diesen Kulturen derart ihren Vorteil, daß selbst, nachdem jene Gründe in Wegfall gekommen waren, dennoch der Anbau nicht aufgegeben wurde. Ein Teil des Rohprodukts wurde nach Hamburg ausgeführt, das meiste im Lande selbstversponnen und verbraucht. Auf eben diese französische Anregung ist es zurückzuführen, wenn noch heute auf den von Riebenschen Gütern Galenbeck, Gehren und Wittenborn in Mecklenburg Tabak gebaut wird. Die beim Tabakbau üblichen Bezeichnungen lassen diesen Zusammenhang deutlich erkennen. Der Pflanzer wird "Planteur", die Schnur aufgereihter Tabakblätter "Bandeliére", das Mistbeet zum Aufziehen der Pflanze "Kutsche" von "la couche" genannt. 50 )


2. Die ältesten Besteuerungversuche des Tabaks.

Konnten alle Verbote den Gebrauch des Tabaks nicht hindern, so ist es höchst charakteristisch, daß man sehr zeitig von fiskalischer


46) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 16.
47) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 19.
48) Acta betr. Tabakhandel, rote Nr. 23.
49) Reskript vom 15. Mai 1764; Acta betr. Tabakhandel, rote, Nr. 23.
50) Theodor Spickermann, Der Teilbau in Theorie und Praxis, 1902, S. 40 ff.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 144 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Seite begriff, eine wie ergiebige Einnahmequelle in der Besteuerung des neuen Genußmittels sich offenbare. Vielleicht regte sich zunächst, wie es wenigstens in England den Anschein hat, der Gedanke, durch hohe Besteuerung den Gebrauch einzuschränken. Man erwog, daß Niemand geschädigt sein würde, wenn er zum Verzicht veranlaßt sei, eher noch in seiner Gesundheit sich gefördert sehen könnte. Da nun aber durch die Erfahrung festgestellt wurde, daß diejenigen, die einmal an Tabak gewöhnt waren, von ihm nicht lassen zu können meinten, so leuchtete die Wichtigkeit und die Möglichkeit einer hohen Besteuerung ein.

Waren derartige Erwägungen maßgebend, so lag es weiter in der Luft, in einer Zeit, die an dem Verpachten indirekter Steuern Gefallen fand, weil sie meinte, daß sie dann weniger der Regierung zur Last gelegt würden, sich an die Form des Monopols, in erster Linie in bezug auf den Handel, zu halten. Den Tabakbau, der auf vielen kleinen Flächen vereinzelt vor sich ging, überließ man sich selbst. Da es ferner lästig sein mochte, den Handel, der sich in zahlreichen Boutiquen und Läden, durch Hausierer und Krämer zu vollziehen pflegte, durch eigene Organe zu überwachen, wurde das Monopol verpachtet. Griff dann gelegentlich Härte gegenüber den Steuerpflichtigen bei unnachsichtiger Handhabung der Steuergesetze ein, so wird eine Regierung, die die Verbreitung des neuen Genußmittels nicht gerade mit freundlichem Auge ansah, darin schwerlich etwas besonderes gefunden haben. Als man dann die Ergiebigkeit der Besteuerung zu erkennen begann, war es wohl natürlich, daß ein Land das andere nachahmte.

Dasjenige Land, in dem man zuerst auf das sinnreiche Verfahren geriet, mit der Besteuerung des Tabaks vernachlässigten und zerrütteten Finanzen aufhelfen zu wollen, ist doch wohl England gewesen. 51 ) Bereits Jakob I. führte eine nicht geringe Abgabe auf den Import von Tabak ein. Seit dem 16. Oktober 1604 wurden von jedem Pfund 6 Schilling und 10 Pence erhoben. 52 ) Karl I. wandelte in denselben Fußtapfen, indem er bald nach seiner Thronbesteigung eine Behörde einsetzte, bei der man die


51) Über die Besteuerung in England siehe Tiedemann, S. 155. -E. Ragosin, Geschichte des Tabaks und seiner Besteuerung, 1871, in russischer Sprache. - Stephen Dowell, History of taxation and taxes, 1886, Vol. IV, S. 245 ff.
52) Tiedemann spricht davon, daß die erwähnte Abgabe von je einem Zentner, Dowell, S. 248, daß sie von einem Pfund erhoben wurde: a special impost of 6 sl. 8 d. the pound. This was in addition to the duty of 2 d., to which the article was liable under the general heading.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 145 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Erlaubnis zum Handeln mit Tabak gegen eine hohe Abgabe erkaufen mußte. Im Jahre 1625 schritt er dann zur Einführung des Monopols. Alle Pflanzer der amerikanischen Kolonien wurden verpflichtet, ihren erzeugten Tabak an königliche Beamte zu einem bestimmten Preise abzuliefern. Der Ertrag der Lizenzen belief sich im Jahre 1634 auf 8699 L., der des Tabakzolls auf 10000 L. Jedoch erfreute sich die Maßregel so allgemeiner Unbeliebtheit, daß schon während des Bürgerkrieges das Parlament sie wieder beseitigte. Seit 1643 wurde nur eine geringe Abgabe vom eingehenden Tabak verlangt, nämlich ein Penny pro Pfund von dem aus den englischen Kolonien und ein Schilling von dem aus andern Gegenden nach England gelangenden. Zehn Jahre später, 1653, verbot man im Interesse der Kolonien die Kultur von Tabak in England selbst, und seit jener Zeit ließ sich die Staatskasse an Tabakzöllen genügen, deren Höhe lediglich von fiskalischen Rücksichten bestimmt wird.

Hatte in England der Monopolgedanke nicht recht gezündet, so war die Republik Venedig glücklicher. Sie gab im Jahre 1657 die Fabrikation und den Verkauf des Tabaks unter für den Fiskus so günstigen Bedingungen in Pacht, daß sie bereits in den ersten fünf Jahren 46000 Dukaten gewann. In 108 Jahren, von 1657 bis 1765, zog die venetianische Regierung 17300000 Dukaten aus der Tabakverpachtung. Ungefähr ein Jahr vor Ablauf der jeweiligen Pachtperiode pflegte ein neuer Verpachtungstermin bekannt gemacht zu werden. Jeder, der pachten wollte, gab dann sein Angebot versiegelt einem Sachwalter. Wenn diese alle im Dogenpalaste versammelt waren, öffnete man die Zettelchen, ohne zu wissen, von wem sie herrührten, und derjenige, der dann das größte Angebot getan hatte, bekam die Pacht. So überboten sich die Pächter im Laufe der Jahre ansehnlich, sehr zum Vorteil des Fiskus. Während in der Periode von 1662 bis 1667 der Ertrag sich auf 85500 Dukaten jährlich belief, zahlte der Pächter Jacob dal Pin in den Jahren 1682 bis 1687 schon 150000 Dukaten; seit 1752 war der Ertrag auf 1115500 gestiegen und in der Periode 1786 bis 1798 auf die Höhe von 7199988 angelangt. Ein solcher Gewinn lockte die päpstliche Regierung, die ebenfalls Fabrikation und Handel für ein Regal erklärte, eine Anordnung, die sich im geeinigten Königreich gehalten hat. 53 )


53) Tiedemann, S. 145. - Die Ephemeriden der Menschheit, 1786, S. 510/512. An letzterem Orte sind die Namen der jeweilig wechselnden Pachtkompanien und die Erträge in Jahrfünften seit 1657 nachgewiesen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 146 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In Frankreich suchte man anfangs der Verbreitung des Tabakgenusses durch einen hohen Eingangszoll Einhalt zu gebieten, indem man seit 1629 30 Sous pro Pfund Tabak forderte, wobei allerdings der aus den französischen Kolonien stammende zollfrei eingeführt werden durfte. Seit 1635 beseitigte man zeitweilig sogar den öffentlichen Verkauf des Tabaks, änderte jedoch dann seine Ansicht. Ludwig XIII., der selbst mit erheblichen Kapitalbeträgen an der Westindischen Kompanie beteiligt war, verlieh dieser das Privileg zur zollfreien Einfuhr von Tabak aus Barbados, St. Christoph und anderen Kolonien. Daran knüpfte sich die Erlaubnis des freien Verkaufs in Frankreich, wodurch die Kompanie reichlich verdiente und Gewinne erzielte, die noch beträchtlichere gewesen wären, wenn man damals nicht angefangen hätte, in der Provence, Languedoc und Artois Tabak zu pflanzen. Dieser Umstand scheint Colbert darauf geführt zu haben, durch Dekret vom 27. September 1674 das Monopol zu verkünden. Fabrikation und Verkauf von Tabak waren von nun an bestimmten Personen, quasi Beamten, vorbehalten, und alle Händler, die Tabak besaßen, wurden verpflichtet, ihre Vorräte im Laufe der nächsten drei Monate jenen abzugeben. Im Falle sie sich aber nicht mit ihnen über die Preise sollten einigen können, so waren sie angehalten, den Tabak nach auswärts zu verführen. Die erste, die ihre Vorräte an Tabak der Regierung auslieferte, war die Westindische Kompanie, die damals gerade in keiner glänzenden Lage war und sich auf diese Weise etwas aufrichtete.

Die Form, die Colbert wählte, war die einer Verpachtung des Monopols an einen Generalpächter, der seinerseits das Recht zur Eintreibung der Steuer in den einzelnen Landesteilen an Unterpächter abgab. Tabak zu bauen wurde nur in 31 Gemeinden unter der Bedingung erlaubt, daß das gesamte Erzeugnis entweder an die Pächter oder ins Ausland abgesetzt wurde. Strenge Strafen standen auf Übertretungen dieser Bestimmungen. Gleichwohl blühte der Schmuggel ganz erheblich.

Der finanzielle Erfolg war für die Staatskasse ein beträchtlicher. Der Reinertrag aus der Pacht war in den Jahren 1674 und 1675 500000 Livres und er stieg auf 600000 Livres in den folgenden vier Jahren. Doch war in diesen Summen auch die Zolleinnahme vom Zinn einbegriffen, und es läßt sich nicht mehr bestimmen, wieviel auf den Tabak und wieviel auf das Zinn zu rechnen sind. Im Jahre 1730 betrug die Einnahme 8 Millionen, im Jahre 1778 22 Millionen und im Jahre 1790 30 Millionen. Heute gibt das Monopol etwa einen Ertrag von

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 147 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

377 Millionen Franken. Es darf nicht übersehen werden, daß das Monopol in Frankreich nicht ununterbrochen geherrscht hat. Es wurde aufgehoben durch das Gesetz vom 24./27. März 1791, das den Tabakbau, die Fabrikation und den Verkauf freigab. Erst durch das kaiserliche Dekret vom 29. Dezember 1810 ist das Fabrikations- und Verkaufsmonopol wieder eingeführt. 54 )

Es ist wohl kaum nötig, anzunehmen, daß der französische Erfolg es war, der andere Länder dazu bewog, in der gleichen Weise vorzugehen, obgleich es ja nicht ausgeschlossen ist, daß Nachrichten über die Vorteilhaftigkeit der neuen Steuer sich schnell verbreiteten. Aber man erwäge, daß Abgaben auf den Tabakgenuß schon vor der Einführung des Monopols in Frankreich wie in anderen Ländern bestanden, sowie daß Verpachtung einzelner Steuern und Privilegierung einzelner wirtschaftlicher Tätigkeiten nicht unbekannt waren. Darin lagen schon die Elemente des Monopols. Man brauchte nur an Vorhandenes anzuknüpfen und hatte nicht erst nötig, sich ausländische Beispiele vor Augen zu halten. Dabei ist es immerhin denkbar, daß eben der überraschende Erfolg, den Colbert erzielte, die Meinung über die Zulässigkeit des Monopols festigte und mehr Mut zu seiner Einführung machte.

In Österreich hatte Kaiser Leopold I. im Jahre 1670 dem Oberstlandjägermeister Grafen von Khevenhüller das ausschließliche Recht der Tabakeinfuhr in Oberösterreich verliehen und im Jahre 1676 wurde einem Handelsmanne Geiger die Erlaubnis zur Errichtung einer Fabrik erteilt. Der Tabakbau blieb frei und Geiger mußte sich verpflichten, den in Ober- und Niederösterreich erzeugten Tabak zu bestimmtem Preise zu erstehen. In Niederösterreich erhielt Graf Königsegg und Rottenfels im Jahre 1678 das Privileg zum Handel mit Tabak auf 15 Jahre, das ihm später bis zum Jahre 1703 verlängert wurde. Diese vornehmen Adligen eingeräumten Vorrechte hatten für die Krone keine finanzielle Bedeutung und brachten ihr nichts ein. Das erfolgte vielmehr erst durch einen Vertrag, den die Regierung im Jahre 1678 mit zwei Handelsleuten abschloß, denen sie das ausschließliche Recht zum Handel mit Tabak in Innerösterreich für die Summe von 2400 Gulden jährlich übertrug. Nach und nach stieg dieser Pachtbetrag auf 7500 Gulden, und als im


54) Forbonnais, Recherches et considérations sur les finances de France, 1758, II, 819 ; III, 221 ff, IV, 219. - Esquirou de Parieu, Traité des impots, 1866, II, 456 ff. - Tiedemann, S. 164. - Ragosin, S. 174-182. - Ad. Wagner, Finanzwissenschaft, 1887, III, 709/710.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 148 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jahre 1694 nach Ablauf des dem Grafen Khevenhüller eingeräumten Privilegs auch der Tabakhandel in Oberösterreich verpachtet werden konnte, vereinnahmte der Fiskus bereits 14700 Gulden jährlich. Dieser Erfolg machte Mut zu weiteren Schritten, und so wurde am 20. Mai 1701 das Dekret veröffentlicht, das das Tabakmonopol in Österreich einführte und der Regierung das Recht vorbehielt, es in Pacht zu vergeben. Im folgenden Jahre dehnte man das Monopol auf Böhmen und im Jahre 1703 auf Niederösterreich aus, wo gerade das Privileg des Grafen Königsegg erlosch. In diesem Augenblick erreichte der Jahresbetrag schon die Höhe von 61000 Gulden und stieg bis zum Jahre 1723 auf 175750 Gulden.

Bis zum Patent vom 8. Mai 1784 war das Monopol verpachtet. Erst seit dieser Zeit datiert die eigene Regie und eine Direktion für deren Leitung. Seitdem haben sich die Reinerträge folgendermaßen entwickelt:

im Jahre 1785 . . . 2 920 822 Gulden,
1850 . . . 15 800 000 "
1865 . . . 33 420 714 "
1890 . . . 56 657 101 "
1895/99 . . . 126 952 689 Kronen,
1906 . . . 157 800 000 "

Durch die Staatsmonopolordnung vom 18. Juli 1835 neu geordnet, beruht das Monopol auf dem allgemeinen Verbote des Tabakbaues ohne behördliche Bewilligung und Kontrolle. Die Verarbeitung des Tabaks besorgt das Aerar und die Regiefabriken, den Import staatliche Behörden, den Handel staatlich bestellte Tabaktrafikanten. In Ungarn ist das Monopol erst im Jahre 1851 eingeführt. 55 )

In Deutschland hat die Vielgestaltigkeit die einheitliche Entwicklung gehindert. Einzelne deutsche Länder kennen früh die Besteuerung des Tabaks und fast alle haben früher oder später Perioden des Monopols erlebt. Der erste deutsche Fürst, der die Fähigkeit des Tabaks, eine Steuer zu ertragen, erkannt hat, dürfte der Landgraf Georg II. von Hessen gewesen sein. Er führte etwa seit der Mitte der 40er Jahre des 17. Jahrhunderts eine Akzise


55) J. v. Retzer, Tabakpachtungen in den österreichischen Ländern, 1670-1783. Wien 1783. - v. Plenker, Das Tabakmonopol in Österreich, 1857. - Frhr. v. Czoernig, Das österreichische Budget für 1862, Wien 1862. - Samuel Morly Wickett, Studien über das österreichische Tabakmonopol, 1890. - Desider Kürti, Betrachtungen über das Staatsmonopol im allgemeinen und das Tabakmonopol im speziellen, 1890, S. 56 ff.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 149 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

von einem viertel Gulden für jedes Pfund Tabak ein. Gegen das Jahr 1654 wurde eine Besteuerung des Tabakbaues und -handels verfügt, die sich als eine zu starke Inanspruchnahme des Genußmittels herausstellte. Demgemäß schritt man am 8. Februar 1665 zu ihrer Herabsetzung, blieb indes bei den bisherigen Grundsätzen, erleichterte jedoch den Handel mit Tabak ins Ausland, indem eine Abgabe lediglich vom ausländischen Käufer, nicht auch vom inländischen Produzenten gefordert wurde. Da sich Hinterziehungen der neuen Steuer in ungeahnter Ausdehnung einschlichen, regelte man im Jahre 1703 die Akzise neu. Nunmehr mußte von jedem Morgen mit Tabak bestellten Landes ein Reichstaler bezahlt werden. Obwohl gegenüber den älteren Sätzen diese Normierung eine beträchtliche Ermäßigung bedeutete, drückte die Steuer doch derart, daß der Bau von Tabak für den Pflanzer einen geringeren Nutzen verhieß als der Bau anderer Pflanzen. Die Folge war ein wesentlicher Rückgang in der Kultur von Tabak.

Unter der Regierung des Landgrafen Ernst Ludwig (1678 bis 1733) kam es dann zur Einführung des Monopols. Mit dem Hoffaktor Isaac Löw in Frankfurt wurde "zur Vermehrung der Kammerrevenuen" im Jahre 1718/19 ein Vertrag abgeschlossen, der diesem für 12 Jahre die "alleinige Aufstell-, Verleg- und Verkauffung des Rauchtabaks und derer Tabakspfeifen" in der ganzen Landgrafschaft Hessen sowohl im großen wie im kleinen in die Hand gab. Die Verordnung vom 30. Dezember 1718 verbot den Gebrauch von anderem als von Löw erkauftem Tabak. Selbst die Fremden sollten während ihres Aufenthalts in Hessen nur Löwschen Tabak rauchen dürfen. Löw hatte auch das Vorkaufsrecht an allem im Lande erzeugten Tabak zu den damals üblichen Preisen. Er selbst zahlte der Regierung für den Zentner fabrizierten Tabaks 1 Fl., so daß das Monopol bei einem mutmaßlichen Konsum von 800 Zentnern dem Lande 800 Fl. einbrachte.

Wie auch in anderen Ländern, veranlaßte die Durchführung des Monopols starke Unzufriedenheit bei der Bevölkerung. Die Pflanzer fühlten sich beeinträchtigt und schickten ihren Tabak, ohne ihn erst Löw anzubieten, ins Ausland. Die Landstände ersuchten den Landgrafen, das höchst schädliche Tabak- und Pfeifenmonopol wieder abzustellen und boten als Entschädigung für den Ausfall an Einnahmen die Summe von 50000 Fl. Infolgedessen ließ der Landgraf mit dem Juden verhandeln, konnte jedoch die Auflösung des Vertrags nicht anders erreichen als indem er 2100 Zentner Tabak an sich nahm und eine Entschädigung von 38000 Fl. bezahlte. An die Stelle des Monopols trat jetzt wieder die frühere

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 150 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Steuer auf das Tabaksfeld und außerdem wurde dem Kleinhandel eine Art Konzessionsgebühr zugemutet.

Einen erneuten Anlauf zur Einführung des Monopols nahm man unter Ludwig VIII. (1739 bis 1768) am 1. April 1765, jedoch nicht eigentlich in der Absicht, die Einkünfte zu vermehren, als vielmehr von dem Wunsche getragen, die heimische Tabakindustrie zu beleben. Der Hofrat Friedrich Ludwig von Schatzmann in Friedberg hatte mit seinen Brüdern ein Gesuch um Erteilung eines Privilegs zur Anlegung einer Tabakfabrik eingereicht und erhielt auf 15 Jahre gegen 1000 Fl. jährlich das ausschließliche Recht zur Fabrikation und zum Vertriebe. Aller im Lande erforderliche Tabak sollte in einheimischen Fabriken erzeugt werden und kein Krämer anderen als von den Schatzmanns erstandenen Tabak führen. Die Rauchtabakrollen und Tabakpakete wurden mit dem fürstlichen Wappen versiegelt, so daß die Krämer in ihren Häusern und Läden bequem daraufhin kontrolliert werden konnten, ob sie den Anforderungen entsprächen. Von Lagerstätten aus, an denen der Faktor auf Grund von Preistaxen das Fabrikat abgab, wurden die Krämer mit dem erforderlichen Tabak versehen. Sehr schnell, schon am 18. Januar 1771, wurde aus unbekannten Gründen auch dieses Monopol wieder aufgehoben.

Noch einmal wurde dann in den Jahren 1810-1812 das Monopol ernstlich in Erwägung gezogen. Der Hofkammerrat Moldenhauer regte zu seiner Einführung an, um die Finanzen zu bessern. Aber obwohl eingehende Pläne ausgearbeitet wurden, eine ausführliche Erörterung stattfand, auch das Beispiel des Herzogtums Nassau verführerisch wirkte, wo man durch das Tabakmonopol sich Einkünfte von 200000 Fl. verschafft hatte, drang die Idee in Hessen nicht durch. Beim Abschluß des Zollvertrages mit Preußen im Jahre 1828 kannte Hessen keine Besteuerung des Tabaks mehr. 56 )

In der Grafschaft Ravensberg 57 ) wo der Tabakhandel und -verbrauch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sich lebhaft entwickelt hatte, kamen zwei kurfürstliche Amtskammerräte auf den Gedanken, ihn zum Gegenstande einer ergiebigen Besteuerung zu machen. Sie setzten sich im Jahre 1674 mit zwei angesehenen Tabakhändlern in Amsterdam in Verbindung, denen


56) Otto Kehm, Die Besteuerung des Tabaks im Großherzogtum Hessen, im Finanzarchiv 1906, S. 42 ff.
57) K. Spannagel, Ein Tabakmonopol für die Grafschaft Ravensberg im Jahre 1682, in "Ravensberger Blätter für Geschichts-, Volks- und Heimatkunde", Jahrgang 1 (1901), Nr. 4, S. 26-28.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 151 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

sie den Alleinverkauf für die Grafschaft auswirken zu wollen versprachen unter der Bedingung, von je 1000 Pfund verkauften Tabaks dem Kurfürsten von Brandenburg eine Abgabe von 3 Talern zu zahlen. Indes der Kurfürst, vermutlich auch durch Interessenten beeinflußt, lehnte die Genehmigung des Vertrages "als eines zu besorgenden Monopolii halber" ab. Einige Jahre später faßte der Präsident der Halberstädter Amtskammer, Philipp von Lüderitz, der mit der Umgestaltung der Ravensberger Steuerverhältnisse betraut worden war, auch den "Impost auf Tabak" unter den geplanten Neuerungen ins Auge. Jedoch mit den besonderen Verhältnissen in Ravensberg allmählich besser bekannt geworden, gab er diesen Gedanken wieder auf. Für Monopolexperimente erschien ihm die Grafschaft Ravensberg wenig geeignet. "Bescheiden an Umfang, an verschiedene Territorien grenzend, die, abgesehen von Minden, alle nicht brandenburgisch waren, in lebhaften Handelsbeziehungen mit ihren Nachbarn und dem Ausland, ließ sie sich schwer als geschlossenes Wirtschaftsgebiet behandeln und gegen außen hin absperren. Die eigenartigen, größtenteils hausindustriellen Verhältnisse der Leinenindustrie und des Leinenhandels, dieser beiden Brennpunkte des gesamten Ravensberger Wirtschaftslebens, verlangten eine aufmerksame Berücksichtigung und verboten ein derb bureaukratisches Zufassen, das sonst im Zeitalter des Absolutismus und Merkantilismus so beliebt war." Aus diesem Grunde glückte auch ein dritter Anlauf, der behufs Einführung des Monopols unternommen wurde, nicht. In Brandenburg war unterdessen zwei jüdischen Geschäftsleuten im Jahre 1676 ein Privileg zum Anbau und zur Verarbeitung von Tabak verliehen worden, das der Kurfürst fünf Jahre darnach wieder aufgehoben hatte, weil die privilegierten dem Vertrage nicht genügend nachgekommen waren. Das sollte indes keinen Bruch mit den bisher beobachteten Grundsätzen bedeuten. Vielmehr erteilte der Kurfürst am 28. Dezember 1681 einer Gruppe von Interessenten ein neues Privileg zur Einführung der Tabakkultur und -Manufaktur in der Mark und in Hinterpommern. Dieses Privileg bewog den Kaufmann Johann Latte in Herford, den Kurfürsten um ein gleiches für die Grafschaft Ravensberg zu ersuchen. Er erbot sich, eine "Pension", die im ersten Jahre 300, im zweiten 400 und in jedem folgenden 500 Taler betragen sollte, für das Recht zu zahlen, die Grafschaft ausschließlich mit Tabak versehen zu dürfen. Selbstredend sollte der Tabak von guter, untadelhafter Beschaffenheit sein, und er wollte ihn zu ähnlich billigen Preisen, wie er in Hamburg, Lübeck oder Amsterdam

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 152 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

feilgeboten wurde, verkaufen. Der Kurfürst ging sogleich auf den Antrag ein, der mit seinen sonstigen Plänen ja völlig übereinstimmte, und erteilte dem Latte am 1. Mai 1682 das Privileg, das mit dem in der Mark Brandenburg im Jahre vorher erteilten wörtlich übereinstimmt. Zu seiner Ausführung ist es jedoch nicht gekommen. Einerseits traute man Latte nicht, den man nicht als den geeigneten Mann ansah, der kein ausreichendes Kapital besaß und in den Händen von Juden war, die in seinem Namen das Werk führten. Andererseits war das Monopol den Reichskonstitutionen, dem gemeinen Rechte, dem kurfürstlichen und dem Interesse des Landes Ravensberg entgegen. Vor allen Dingen fürchtete man sich vor dem Rückgange des Handels mit Holland, von wo viel Tabak im Austausch gegen Leinwand bezogen wurde. "Bürgermeister, Schöffen und Rat von Bielefeld und Herford, die Kaufmannsgilde in Bielefeld, sämtliche Beisteher und Amtsmeister von Herford und auch die Drosten des Landes, die das kurfürstliche Edikt pflichtschuldigst publiziert hatten, erklärten sich einmütig gegen das Monopol."

Unter diesen Umständen, obwohl die Beschwerden und Bedenken als übertriebene sich kenntlich machten, befahl der Kurfürst der Amtskammer in Ravensberg, die Frage noch einmal zu untersuchen. Noch ehe sie indes ein Gutachten hatte abgeben können, wurde es Latte klar, daß er das Privileg gegen den Widerstand der Bevölkerung nicht durchzuführen vermochte, und er begnügte sich daher mit dem Ersatz des umfassenderen Monopols durch ein beschränktes Privileg auf alleinige Tabakspinnerei und alleinigen Handel mit gekerbtem und Brieftabak. Der Kurfürst gestand ihm bereitwilligst am 31. Oktober 1682 diese Konzession zu, für die Latte und seine Gesellschaft 100 Goldgulden jährlich zahlen wollten. Doch auch dieses konnte Latte nicht aufrecht erhalten. Vielfache Übertretungen verleideten ihm sein Privileg derart, daß er gegen eine Entschädigung für seine angewandte Mühe auf dasselbe verzichtete. Am 12. Januar 1685 stimmte der Kurfürst dem zu, und damit war das Tabakmonopol für Ravensberg endgültig aus der Welt geschafft.

In Bayern hatte das Generalmandat vom 28. Juni 1669 auf die Einfuhr von Tabak einen Zoll gelegt im Betrage von 10 Gulden pro Zentner des besseren und 5 Gulden des schlechteren Tabaks. Ausdrücklich war die Absicht ausgesprochen, dem Lande auf diese Weise es zu erleichtern, die aus den letzten Kriegszeiten erwachsenen Bürden zu tragen. Jedoch ein befriedigender finanzieller Ertrag ließ sich nicht erzielen. Unterschleif war die Regel,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 153 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und die erwarteten Einnahmen flossen so schwach, daß eine andere Veranstaltung von unabwendbarer Notwendigkeit erschien. Das war um so auffallender, als die Ergiebigkeit der Steuer gar nicht bezweifelt werden konnte. Wollte doch die Kurfürstin Henriette Adelaide dem Freiherrn von Simeoni "in Ansehung seiner geleisteten Dienste" das Privileg zum Tabakhandel im ganzen Lande Bayern verschaffen. Dazu kam es nun nicht, wohl aber zur Einführung des sogenannten Apalto. Am 2. Dezember 1675 wurde mit einem Italiener Bignami aus Piacenza ein dahingehender Vertrag abgeschlossen, daß ihm gegen Zahlung von 4000 Gulden jährlich der gesamte Handel mit Tabak auf 8 Jahre überlassen wurde. Er allein bekam das Recht, Tabak und Pfeifen einzuführen, und aller im Lande vorhandene oder wachsende Tabak mußte dem Pächter käuflich abgetreten werden.

Auch dieser Versuch mißlang. Von vornherein hatte sich Mißtrauen gegen den Fremdling gezeigt. Trotz Androhung empfindlicher Strafen, mit denen die neue Einrichtung geschützt war, gelang es ihm nicht, der überall sich regenden Konterbande Herr zu werden, und Bignami mußte schon im nächsten Jahre von seinem Vertrage sich zurückziehen und das Geschäft zwei Nürnberger Kaufleuten überlassen. Doch diese reussierten ebenfalls nicht, zur hohen Befriedigung der Handelskreise, die nichts sehnlicher wünschten, als dem Apalto den Garaus gemacht zu sehen. Trotzdem bildete sich ein neues Konsortium unter Führung eines Handelsmannes Johann Senser aus Schrobenhausen, mit dem am 29. Januar 1678 ein Vertrag abgeschlossen wurde. Die Gesellschaft zahlte 8000 Gulden jährlich und erhielt für die nächsten acht Jahre das ausschließliche Recht zum Tabak- und Pfeifenhandel. Der Tabakbau blieb frei, doch war der Pflanzer verpflichtet, die geernteten Blätter an die Apaltatoren abzuliefern oder deren Erlaubnis zur Ausfuhr einzuholen. Unter Senser's Leitung gingen die Geschäfte flott, und als die Pachtzeit ihrem Ende sich näherte, machte die Gesellschaft ein Angebot von 40000 Gulden für die nächsten sechs Jahre und zahlte schließlich nach dem neuen Vertrage von 1686 10000 Gulden jährlich.

So bewährte sich in Bayern das neue System finanziell durchaus. Später wurde sogar der Handel mit Tabak in staatliche Regie genommen und erst im Jahre 1717 wieder völlig freigegeben. 58 )


58) Micheler, Das Tabakwesen in Bayern, im Finanzarchiv, auch als selbständige Schrift erschienen.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 154 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In Württemberg hatte der Fürstadministrator Herzog Friedrich Karl im Jahre 1687 den Plan gefaßt, die Tabakkultur und -fabrikation zu fördern, indem er aus seinen Mitteln Fabriken errichten und auf seine Gefahr und Rechnung dem Handel ausschließlich obliegen wollte. Fiskalische und merkantilistische Ideen leiteten ihn dabei. Aber sein Projekt kam nicht zur Ausführung, und erst im Jahre 1700 wurde ein allerdings beschränktes Handelsmonopol proklamiert. Mit dem Handelsmanne Peter Kornmann aus Straßburg schloß Herzog Eberhard Ludwig einen Vertrag, laut dem sich jener verpflichtete, die Tabakkultur in Württemberg einzuführen, und die Erlaubnis erhielt zur Errichtung einer Fabrik sowie zum Ankauf alles im Lande erzeugten Tabaks. Dieser Vertrag war nicht von fiskalischen Gesichtspunkten diktiert, sondern bezweckte lediglich die Einbürgerung eines neuen Industriezweiges.

Zu einem vollständigen Monopol kam es dann am 7. Mai 1709. In dem damals mit Kornmann und einem Landsmanne desselben abgeschlossenen "Admodiationskontract" wurde beiden das ausschließliche Recht auf die Fabrikation und den Handel mit Tabak zugestanden. Als Entgelt hatten die Pächter von jedem Zentner im Lande verkauften in- oder ausländischen Tabaks einen Gulden zur herzoglichen Kasse und 30 Kreuzer zur Landschaftskasse zu entrichten. Die Einnahmen der Regierung, die anfangs 2316 Gulden waren, stiegen bald auf 6000 Fl. im Jahr. 59 )

Im Markgrafentum Bayreuth hatte Markgraf Christian im Jahre 1654 noch das "schädliche und schändliche Tabaktrinken" verboten, und sein Enkel Christian Ernst (1655 bis 1712) konnte sich zunächst auch nicht entschließen, der ungewohnten Sitte zu huldigen. Er erneuerte das Verbot im Jahre 1670. Dann aber machte sich der Siegeszug des Tabaks geltend, und nun mochte auch Christian Ernst nicht länger widerstreben, wozu er sich um so mehr gedrungen fühlen mochte, als sich der Aufwand am markgräflichen Hofe bedeutend vermehrt hatte und es oft an Geld fehlte. 60 ) So kam er darauf, die an sich ihm unsympathische Neuerung fiskalisch zu fruktifizieren, und schritt am 1. Mai 1701 zur Einführung des Monopols.

Einer Gesellschaft, bestehend aus dem Kammerschreiber Johann Lauterbach sowie den Verwaltern Johann Weinlein und Martin Beuerlein, verlieh der Markgraf das Privileg zur Errichtung einer Tabakfabrik. Auf die Dauer von 10 Jahren schloß er mit ihr


59) Oskar Linckh, Das Tabakmonopol in Württemberg, 1894.
60) Markgrafenbüchlein, Bayreuth 1902, S. 146.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 155 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einen Apalto ab, daß sie allein im Oberlande und in der Residenz Bayreuth mit Tabak handeln durfte "unter Führung gewisser Brandzeichen". Allen Personen, die bisher dem Handel mit Tabak obgelegen hatten, wurde solcher nunmehr verboten und alle Tabakpflanzer angewiesen, ihr Erzeugnis der Fabrik käuflich anzubieten. Würde diese keinen befriedigenden Preis bewilligen und der Pflanzer seine Blätter im Auslande besser unterbringen können, so blieb ihm das unverwehrt. Doch hatte er in diesem Falle einen Ausfuhrzoll von 4 Groschen pro Zentner zu entrichten. Die Händler aber waren gehalten, allen Tabak, den sie fortan vertreiben wollten, aus dem "Hochfürstl. Brandenburg-Bayreuthischen Privilegirten Niederlags-Appalto" zu entnehmen. 61 ) Christian Ernst schuf mithin ein Handelsmonopol und überließ die Tabakpflanzung nach wie vor den Privaten. Leider stieß seine gute Absicht nicht auf Zustimmung, und laute Klagen erhoben sich von Seiten der Pächter, daß nicht gemäß den Vorschriften verfahren würde. Infolgedessen wurden am 11. Dezember 1702 und am 12. November 1703 die Patente aufs neue eingeschärft.

Mit der Zeit muß sich dann das Land wohl an das neue System gewöhnt haben. Zwei Nachfolger kamen und gingen wiederum, ohne daß sie eine andere Regelung des Tabakwesens anstrebten. Dann gelangte im Jahre 1735 Markgraf Friedrich auf den Thron, der auf Hebung von Forst- und Landwirtschaft, Handel und Industrie bedacht war. Sein Charakter neigte zum Prunk, also war auch er geldbedürftig, und wenn er auch nicht selbst Tabak rauchte, so leuchtete ihm doch ein, daß der Staatskasse aus seiner Besteuerung ein Zuschuß erwachsen könnte. Daher verlieh er am 27. November 1737 dem Weimarischen Kammerrat Thomas Ziesich und seiner Kompanie ein Privileg zur Eröffnung einer Fabrik auf die Dauer von 12 Jahren gegen "gewisse jährlich zu entrichtende Praestationes". Ein gedrucktes Avertissement vom 20. Januar 1738 gibt Auskunft über die im Fürstentum Bayreuth etablierte Tabakfabrik. Sie sollte allen Handelsleuten, Krämern, Untertanen und Kaufleuten ohne große Unkosten zu denselben Preisen Tabak von der gleichen Qualität abgeben, als sie ihn von Fremden hätten kaufen können. Ein Dekret vom 3. Dezember 1738 verfügte dann, daß der gesamte Bedarf an Rauch- und Schnupftabak aus ihr genommen werden und Tabak aus dem Auslande überhaupt nicht eingeführt werden durfte. Dieser Zwang war dadurch bedingt, daß kein einziger Handels=


61) Nach Akten im Kgl. Kreisarchiv Bamberg.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 156 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

mann auch nur "das geringste" aus der Ziesichschen Fabrik geholt hatte. Jetzt wurde nun bestimmt, welche Sorten und zu welchen Preisen die Fabrik liefern könnte. Alle Tabakbriefe und -pakete sollten mit einem aparten, die Herkunft sofort erkenntlich machenden Stempel versiegelt sein. Das Hausieren mit Rauch- und Schnupftabak wurde gleichzeitig verboten.

Die Akten melden nicht, ob der Markgraf mit seinen Bestrebungen durchdrang oder nachgeben mußte. Wahrscheinlich war das letztere der Fall. Denn als im Jahre 1806 die Provinz Bayreuth unter französische Herrschaft geriet, war von einer Steuer auf den Tabak nicht die Rede. 62 )

Im Brandenburgischen erhielten am 24. Mai 1676 die Juden David Nathan und Hartwig Daniel vom Großen Kurfürsten auf 12 Jahre das Privileg, in der Alten, Mittel- und Ukermark, in den Ruppinschen und Prignitzschen Kreisen ausschließlich Tabak zu pflanzen, zu verspinnen und zu verkaufen. Ausgenommen blieben die drei Residenzstädte Berlin, Köln und Friedrichswerder, deren Einwohner die Freiheit behielten, sich den Tabak zu verschaffen, von wem und wie sie wollten. Selbstverständlicb hatten die Pächter für die ihnen eingeräumte Vergünstigung jährlich einen bestimmten Betrag zu zahlen. Schon nach fünf Jahren wurde den Juden, weil sie die gegebenen Versprechen nicht erfüllt hatten, die Konzession wieder entzogen und am 28. Dezember 1681 einigen sogenannten Interessenten ein Privileg auf 20 Jahre verliehen, das Tabakspinnerwerk zu treiben. Und weil damals in der Kurmark und Hinterpommern wenig Tabak gewonnen wurde, erlaubte man ihnen den Tabak, von wo sie wollten, einzuführen, mit der Bedingung jedoch, daß künftig, wenn mehr Tabak im Lande gebaut werden sollte, sie wesentlich den einheimischen Rohstoff zur Verarbeitung ankaufen sollten. Trotzdem nun in den folgenden Jahren durch die einwandernden Franzosen der märkische Tabakbau stark entwickelt wurde, wurde einerseits viel fremder Tabak heimlich ins Land gebracht und anderseits den Apothekern und Materialisten, die den Detailverkauf von Tabakfabrikaten hatten, erlaubt, gegen eine Abgabe von einem Groschen pro Pfund fremden Tabak zu importieren. Die Folge davon war, daß viele andere Personen außer den Privilegierten Tabak spinnen ließen. Die Apotheker baten, die "eigennützige und schädliche Monopolia" soviel wie möglich aufzuheben,


62) L. v. Fahrmbacher, Die Provinz Bayreuth unter französischer Herrschaft, Wunsiedel 1900, S. 30/31, 92.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 157 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und so kam es zu dem Erlaß eines weitläufigen Ediktes über den Anbau, die Fabrikation und den Verkauf des Tabaks am 28. November 1687. Es vertrat den Standpunkt, daß es der natürlichen Freiheit, "welche die Aufnahme der Commercien und Fabriquen erfordern", .entgegenliefe, den an verschiedenen Orten gebauten inländischen Tabak nur an wenige Privilegierte zur Verspinnung abliefern zu lassen. Man beabsichtigte demgemäß, an jedem Orte mehreren "wohl possessionirten oder bemittelten und solcher Fabrique erfahrenen Leuten" das Recht zur Tabakverarbeitung zu verleihen. Damit war das ältere Privileg beseitigt und es erhielten nun am 16. Januar 1688 der Apotheker Zorn und Konsorten und am 5. März 1688 der Geheimsekretär Christoph Friedrich Bartoldi sowie der geheime Kammerdiener des Kurfürsten, Johann Senning, ein Privilegium zur Tabakspinnerei. Für die Einfuhr fremder Tabake mußte mit Ausnahme der Hanauer und Thüringer Tabake, die frei blieben, ein Zoll entrichtet werden. Nach der Akziseordnung vom 2. Januar 1681 zahlten Brasilien-Tabak, sogenannter Lottabak (wahrscheinlich geriebener Brasilien- oder anderer Schnupftabak), und Brieftabak 1 Groschen, gemeiner Tabak 6 Pfennige pro Pfund.

Mit dem Regierungsantritte des Kurfürsten Friedrich III. gelangte eine noch größere Freiheit zur Geltung. Am 12./22. Dezember 1688 wurde jener Artikel des Edikts vom 28. November 1687, nach dem jeder Tabakspinner nur in der Provinz, wo er das Privileg besaß, seine Tabake verkaufen durfte, aufgehoben. Man wollte eben gefunden haben, daß die bisherige Praxis "die Freiheit des Commercii etwas gehemmt" habe. Fremde Tabake, wenn es auch immer erwünscht war, die inländische Produktion nach Menge und Feinheit zu verbessern, wurden nach wie vor zugelassen, natürlich gegen Entrichtung eines Zolles. Ein Patent vom 8. November 1701 tritt dann einer übermäßigen Einfuhr von englischen, holländischen, Bremer, Hamburger usw. Tabaken entgegen und untersagt sie in Zukunft allen Einwohnern. Der inländische Rohtabak blieb bis 1717 unversteuert. Erst als man wahrnahm, daß er ins Ausland geführt qurde und die Tabakspinner sich über die Ausfuhr zum Nachteil ihres Gewerbes beschwerten, wurde auf den ins Ausland versandten Blättertabak eine Abgabe von 6 Pfennig pro Taler des Werts gelegt.

Unter den mit der Verarbeitung des Tabaks betrauten Personen ließ nach der Auffassung einiger Spinner die Geschicklichkeit zu wünschen übrig. Friedrich Wilhelm I. hatte bald nach Antritt seiner Regierung den Betrieb der Tabakspinnerei den ge=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 158 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lernten Handwerkern vorbehalten wollen, es jedoch nicht durchsetzen können. Nun trugen die Spinner am 3. Dezember 1714 selbst darauf an, sich zu einer Innung, wie andere Gewerbetreibende, vereinigen zu dürfen. Doch schlug man ihnen die Erfüllung dieses Wunsches ab, weil man fürchtete, daß die Bittsteller sich veranlaßt sehen könnten, den Rohstoff wohlfeil einzukaufen und den daraus gesponnenen Tabak um soviel teurer zu verkaufen, "wobei dem Publikum gar nicht geraten ist". Erst unter dem 15. April 1735 erhielten die Tabakspinner ein Generalprivileg, das ihnen die ersehnte Innung brachte und bestimmte, daß keiner das Geschäft betreiben dürfe, der die Profession nicht ordentlich erlernt hätte. Zum Meisterstück war vorgeschrieben, eine Rolle Tabak auf der Tafel oder Handmühle zu spinnen und ein Pfund Krausgut zu schneiden und zuzurichten. Ferner von dem inländischen Tabak ein Pfund der besten Blätter zu sortieren, auszurippen und nach Art des sogenannten Zapfenberger Blättertabaks zu kerben, daß er in Briefen verpackt werden konnte.

Unter dem 14. August 1719 erhielten dann die Oberhof- und Kriegsfaktoren Moses und Elias Gompert das Recht, auf 12 Jahre ausschließlich diejenigen Sorten Rauchtabak herzustellen, die bisher aus dem Auslande bezogen worden waren. Sie sollten in verschiedenen Städten das Recht haben, dergleichen Etablissements zu eröffnen. Auf den inländischen Tabakbau und seine Verarbeitung, das Spinnen, Schneiden, Verpacken usw., hatte dieses Privileg keinen Einfluß. Die Gomperts hatten sich verpflichtet, jährlich 2000 Taler an die Rekrutenkasse zu zahlen, die Preise der Tabake nicht in die Höhe zu schnellen und die Fabrikate in gleicher Güte wie die ausländischen zu liefern. Außerdem hatten sie einmalig noch einen "Großen Grenadier" stellen müssen, der ihnen 1300 Taler kostete. Sie bewährten sich jedoch nicht, und durch Patent vom 26. November 1724 wurde die Einfuhr der fremden fabrizierten Rauchtabake in den Provinzen, in denen sie zugunsten des Gompertschen Privilegs seither verboten gewesen waren, wieder freigegeben. Viele Jahre hindurch blieben dann Tabakbau und -verarbeitung in Preußen ungehindert. Dem fiskalischen Interesse wurde durch einen Zoll auf das ausländische Erzeugnis und eine Akzise vom einheimischen Fabrikat Rechnung getragen. 63 )


63) Das vorstehende wesentlich nach K. H. S. Rödebeck, Geschichte des Tabakwesens im preußischen Staate und insbesondere der Generale Tabak-Administration unter Friedrich des Großen Regierung in "Beiträge zur Bereicherung und Erläuterung der Lebensbeschreibungen Friedrich (  ...  )
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 159 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Eine nachhaltige Besteuerung des Tabaks kam erst unter Friedrich dem Großen auf, der mit seinem berühmten Edikt vom 17. Juli 1765 das Monopol einführte. 64 ) Zunächst wurde die Administration einem Franzosen Louis Roubaud übergeben, der dafür jährlich 1100000 Rtlr. entrichten sollte. Dieser jedoch überließ seinen auf 15 Jahre lautenden Vertrag noch in demselben Jahre an ein Konsortium von 10 Unternehmern, größtenteils Tuchfabrikanten, die die Pacht vierteljährlich voraus zu zahlen sich verpflichteten. 65 )

Es hat den Anschein, als ob der König, bewogen durch die Unfähigkeit seiner Beamten und den Wunsch, die Staatseinnahmen um ein Beträchtliches erhöht zu sehen, zu diesem Schritte geführt wurde. 66 ) Er hat sich selbst darüber in diesem Sinne ausgesprochen. 67 ) Getragen dabei von der edlen Absicht, die Ärmsten durch die neue Einrichtung nicht zu stark gedrückt zu sehen, wählte er nicht die Generalpacht, sondern die Regie, "weil man auf diese Weise am besten die Beamten hindern konnte, das Volk zu drücken". Mit den Pächtern machte der König ungünstige Erfahrungen. Schon am ersten Termin vermochten sie die Pachtrate nicht zu bezahlen und auch der Tabakabsatz ging schlecht. Daher übertrug Friedrich der Große dem Franzosen le Grand de Crecy die Stellung eines Generaldirektors, und als dieser plötzlich starb, einer neuen Direktion, bestehend aus dem Geheimen Finanzrat de Calzabigi, du Vignon, B. von Schwerin und Oberstleutnant Freiherrn von Wangenheim. Die Geschäfte führte der ehemalige Sekretär der Prinzessin Amalie von Quedlinburg, der Hofrat Flesch. Doch auch auf diesem Wege war noch nicht allen erwünschten Anforderungen genügt, und so erschien am 11. Juli 1766 das Patent


(  ...  ) Wilhelms I. und Friedrich des Großen", Berlin 1836, Band I, S. 222 ff. (leider unvollendet). Auf den Seiten 234-250 ist unter Abdruck offizieller Aktenstücke die Geschichte der Gompertschen Unternehmungen ausführlich erzählt. - Mylius, Corpus sonstitutionum Marchicarum, 5. Teil, 2. Abteilung, 6. Kapitel. - Charpentier, Das altpreußische Tabakmonopol, in Preußischen Jahrbüchern, Band 61, S. 145 ff.
64) Abgedruckt bei Bergius, Sammlung auserlesener teutscher Landesgesetze, 1781, Bd. 1, S. 309 ff.
65) Charpentier, S. 148. - H. Fechner, Wirtschaftsgeschichte der preußischen Provinz Schlesien, 1907, S. 38. - Rödebeck, I, S. 256 ff.
66) Vgl. die Kontroverse zwischen G. Schmoller, Sitzungsberichte der Kgl. Preuß. Akad. d. Wiss. 1888, Sitzung vom 22. Januar, und Walther Schultze, Gesch. d. preuß. Regieverwaltung 1766-1786, Leipzig 1888.
67) Oeuvres de Fedéric le Grand, Bd. 6, S. 77; W. Schultze, S. 350.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 160 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

wegen Errichtung der Generaltabakadministration. 68 ) Sie mußte ein Aktienkapital von 1127000 Talern zur Verzinsung übernehmen, hat aber trotz dieser Schuldenlast einen sehr guten Erfolg gehabt und den Tabakbau wie die Tabakindustrie sicher gefördert. 69 ) Der Reingewinn belief sich im Jahre 1785/86 auf 1624711 Taler, d.h. ein Elftel der Einkünfte des damaligen preußischen Etats. 70 )

Die Kaufleute mußten bis 8 Tage vor dem 1. Januar allen Tabak, den sie vorrätig hatten, abliefern oder aus dem Lande führen, die Tabakfabrikanten ihre Werkzeuge und Geräte zu einem von einer Kommission bestimmten Preise an die Direktion verkaufen, ebenso ihre Etablissements entweder verkaufen oder gegen den Pachtwert abtreten. Anderen Tabak als den von der Administration in den Handel gebrachten zu kaufen, war bei Strafe von 10 Rtlrn. für jedes Pfund verboten, desgleichen das Aufbewahren von solchem. Unberechtigter Handel mit derartigem Tabak war mit einer Strafe von 1000 Talern bedroht. Die Tabakpflanzer mußten im November ihre Ernte abgeben, die ihnen zum Marktpreise mit 5 Prozent Zuschlag abgenommen wurde. Es war vorgeschrieben, den Tabak in Rollen zu spinnen. Geschnittenen oder Blättertabak durfte niemand halten. Reisende durften nur ein Pfund Tabak mit sich führen, welches Quantum seit dem 5. Januar 1766 noch weiter auf ein viertel Pfund herabgesetzt wurde. 71 )

Es ist bei solchen scharfen Anordnungen, die streng durchgeführt worden zu sein scheinen, verständlich, daß die Generaltabakadministration im Publikum nicht gerade sehr beliebt war. Die Tabakpflanzer beklagten sich, daß man im Anbau von Zeit zu Zeit Beschränkungen verfügte, während sie bei dem sicheren Absatze gerne die Kulturen ausgedehnt hätten. 72 ) Die Fabrikanten beschwerten sich über die unzureichende Schätzung der von ihnen abzugebenden Ware, 73 ) die Raucher über die höheren Preise des Monopoltabaks. Das Lästigste aber waren die ausgedehnten Kontrollen, durch die ein stark um sich greifender Schmuggel bedingt war. Kurz, ein allgemeiner Haß richtete sich gegen die Schöpfung des großen Königs. "Zu einer Zeit" sagt Charpentier,


68) Rödebeck, I, S. 281, 286.
69) Charpentier, S. 150.
70) Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Tätigkeit für die Landeskultur, 1885, Bd. 3, S. 99.
71) Fechner, S. 38/39.
72) Charpentier, S. 151.
73) Fechner, S. 39.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 161 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

"wo die aufklärerische Literatur Englands und Frankreichs Mode in Deutschland war, wo man für Freiheit und Menschenwürde im Genusse wohltätigen Friedens in unklare Begeisterung zu geraten begann, wurden die Härten des Monopols doppelt gefühlt." 74 )

Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß die finanziellen Erfolge sehr befriedigende waren, und auch hinsichtlich des Anbaues wie der Fabrikation wurden erhebliche Fortschritte angebahnt. Der König ließ Versuche über die Akklimatisation ausländischer Tabaksorten anstellen, über deren Ausfall zwar hinreichend genaue Angaben nicht vorliegen. Doch muß der König mit den Leistungen des Chemikers Achard, der diese Versuche leitete, zufrieden gewesen sein, da er ihm eine "Prämie von 500 Talern auf Lebenszeit für seine Verdienste um Verbesserung der inländischen Tabakkultur" zuerkannte. 75 )

Unter diesen Umständen war es gewiß kein Glück für Preußen, daß Friedrich Wilhelm II. sofort nach seinem Regierungsantritt die Generaltabakadministration aufhob. Er behauptete, durch die von allen Seiten laut gewordenen Klagen dazu bewogen worden zu sein und brachte als Ersatz für das am 31. Mai 1787 wegfallende Monopol Erhöhungen des Zuckerzolls und einiger Sätze für Stempelbogen und Spielkarten. 76 ) Der Plan zu einer nach Klassen eingeteilten direkten Steuer wurde infolge dringender Vorstellungen des Generaldirektoriums fallen gelassen.

Waren vorher die Klagen über den Druck des Monopols nicht verstummt, so brach sich jetzt die gegenteilige Auffassung Bahn. Eine bald nach Veröffentlichung der Kabinettsordre anonym erschienene Broschüre widerlegte die einzelnen gegen das Monopol vorgebrachten Beschwerden und betonte die Unmöglichkeit, den durch die Aufhebung des Monopols entstehenden Einnahmeausfall in besserer Weise zu decken. 77 ) Der Anonymus schloß mit dem dringenden Appell an den König, die Tabakadministration zu erhalten und den beklagten Übelständen durch Freigebung des Tabakbaues, Herabsetzung der Preise, Aufhebung der Blättermagazingesellschaft, Beschränkung der Visitationen usw., kurz, durch verständige Reformen zu beseitigen.


74) Charpentier, S. 151.
75) Stadelmann, Preußens Könige in ihrer Tätigkeit, 1882, Bd. 2 S.186.
76) Stadelmann, Bd. 3, S. 99. - Charpentier, S. 153.
77) Charpentier, S. 154.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 162 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Auch vom heutigen Standpunkte aus erscheint diese Auffassung als die richtige. Man kann Charpentier nur zustimmen, wenn er das Verhalten Friedrich Wilhelm II. bedauert: "Es war unzweifelhaft ein arger Fehler, ein von dem großen König seit langen Jahren sorgfältig gepflegtes und besonders geschätztes Institut ohne jeden ernsten Grund der wechselnden VoIksgunst zu opfern. Einige verständige Reformen würden die Übelstände desselben beseitigt, das Publikum versöhnt haben. Der preußische Staat hätte damit eine reiche und von Jahr zu Jahr wachsende Quelle sicherer Einkünfte erhalten." 78 )

Die Reue blieb nicht aus. Sehr bald sah man sich genötigt, die Erlaubnis zur Fabrikation wieder einzuschränken, und zwar auf diejenigen Personen - und auch nur in den Städten wohnhafte -, die durch ihre Kenntnisse sich dazu eigneten. Wirklich geriet auf diese Weise die Verarbeitung in die Hände einer Anzahl von Konzessionären, und es entstand somit ein viel schlimmeres Monopol, nämlich das zugunsten einzelner. 79 )

Trotz alledem entwickelte sich die Tabakindustrie; der Bau von Tabak wurde ausgedehnt, der Rohtabak fand guten Absatz in den Fabriken, die Tausende von Arbeitern beschäftigten und Millionen an Kapital in den Betrieb hineinsteckten. Aber man weiß doch nicht, ob dieser Umschwung der veränderten Besteuerungsform oder den allgemeinen Handelskonjunkturen, der Vermehrung der Bevölkerung und der Zunahme des Konsums zuzuschreiben ist. 80 ) Jedenfalls erfolgte nur zu schnell ein Rückschlag. Der Koalitionskrieg hatte die finanziellen Mittel des Staats erschöpft und, obgleich der König die schwierige Lage mit Sparsamkeit zu bessern suchte, so erwies sich eine Vermehrung der Einkünfte als unabweislich. Daher stimmte der König, obwohl schwer erkrankt, als man ihm den Plan zur Wiedereinführung des Tabakmonopols vorlegte, ihm zu. Vergeblich erhob der Minister von Struensee Gegenvorstellungen; am 24. Mai 1797 wurde die Einfuhr fremder Tabake verboten und durch das Deklarationspatent wegen Einführung der Generaltabakadministration vom 18. Juni 1797 die Angelegenheit wie folgt geregelt. Der Anbau des Tabaks sollte auch fernerhin freibleiben, sogar ausgedehnt werden dürfen. Die Ausfuhr rohen Tabaks dagegen wurde zu=


78) Charpentier, S. 163.
79) Stadelmann, Bd. 3, S. 100. - Charpentier, S. 156.
80) Charpentier, S. 157.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 163 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gunsten der einheimischen Fabrikation untersagt. Allen im Lande erzeugten Tabak sollte die Administration zu bestimmten Preisen annehmen, die im voraus bekannt gegeben wurden. Die vorhandenen Fabriken sollten für königliche Rechnung übernommen oder, wo dieses nicht zweckmäßig erschien, auf eine billige Art abgefunden werden. Für Einrichtungskosten, Entschädigungen der Fabrikanten, Erwerb der erforderlichen Gebäude, Übernahme der Bestände war ein Kapital von 2 Millionen Talern bestimmt. Davon sollten 1 1/2 Millionen durch Aktien aufgebracht und 1/2 Million von der preußischen Bank hergegeben werden. Für die Aktien wurde eine Verzinsung von 6 Prozent in Aussicht genommen. Die Tabakspinner sollten fortan nur auf Rechnung der Administration tätig sein und dahin gestrebt werden, die geringen Sorten zum Besten des gemeinen Mannes so wohlfeil wie möglich zu verkaufen. Als man zur Verwirklichung dieser Vorschriften schritt, entstanden Unruhen. In den Kreisen der Produzenten herrschte Verstimmung, weil diese geglaubt hatten, sich auf eine längere Reihe von Jahren einrichten zu dürfen, und unter den Konsumenten entstand Unzufriedenheit, weil die neuen Steuern, die an die Stelle des Monopols getreten waren, fortbestehen sollten, obwohl man das Monopol wieder zu Ehren brachte. Da starb der König, und damit hatte das Monopol ein Ende. Friedrich Wilhelm III. hob das Deklarationspatent am 25. Dezember 1797 wieder auf. 81 )

Einen ebenso geringen Erfolg hatte das Monopol in

Sachsen-Weimar, wo der Herzog Ernst August (1688 bis 1748) 82 ) es im Jahre 1735 einzuführen versuchte. Da die bestehende Akzise wegen der Defrauden und der Einfuhr schlechten Tabaks nicht ergiebig genug war, errichtete das Edikt vom 1. August 1735 in Weimar eine herzogliche Tabakfabrik, aus der sich die Kaufleute zu geringen Preisen mit "tüchtig-untadel-haftem" Tabak sollten versehen können. Es wurde eine General-Inspektion zur Überwachung der Tätigkeit des Etablissements eingesetzt, der unter anderen der Kammerrat Ziesich angehörte, der schon in Bayreuth sich betätigte. Die Direktion wurde dem Ober-Kommerzienrat von Mengershausen übertragen. Nur Brief- und Pakettabak durfte in der Fabrik hergestellt und nur dieser im Lande vertrieben werden. Die Kaufleute sollten 12 1/2 Prozent als ihren Gewinn beim Verkauf genießen und in jedem


81) Stadelmann, Bd. 3, S. 97-107.
82) Karl Freiherr von Beaulieu Marconnay, Ernst August, Leipzig 1872, S. 200-202.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 164 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Amte ein Faktor bestellt werden, bei dem man den Tabak zu Fabrikpreisen beziehen konnte. In Sachsen-Weimar so wenig wie in anderen deutschen Ländern war man mit der Neuerung einverstanden. Man redete von der neu angelegten Fabrik "spöttisch, ja disreputirlich", und das Kommerzkollegium sah sich daher zu einer Verordnung veranlaßt, die derartiges unfreundliches Vorgehen mit 24 Talern Strafe bedrohte. Infolgedessen schwieg man, aber legte sich im Tabakgenuß Rückhaltung auf. Die Gast- und Schankwirte hörten auf, Tabak für ihre Gäste zu halten, und eine andere Verordnung vom 7. November sah sich genötigt, gegen diesen passiven Widerstand einzuschreiten. Jeder Wirt wurde gezwungen, bei dem Faktor seines Amts für 1 Taler Tabak holen zu lassen und seinen Gästen anzubieten. Da trotzdem der in dem herzoglichen Etablissement vorhandene Tabak keinen genügenden Absatz fand, so wurden durch das Zirkular vom 10. Juni 1736 alle Gastgeber verpflichtet, sowohl in den Städten als auch in den Dörfern, je "nach Proportion davon einen Theil zu übernehmen und baar zu bezahlen, und zwar der kleinste und geringste nicht unter 12 Groschen". Nach Ausverkauf des Vorrats hatte das Monopol ein Ende.

Eine sonderbare Besteuerung war in der Grafschaft Hoya eingeführt worden. Dort hatten die älteren Versuche, die Einfuhr des Tabaks mit einem Zoll zu belegen, nicht zu einem für den Fiskus erwünschten Ergebnis geführt. Daher wurde am 18. Januar 1760 ein Tabakgeld angeordnet, das jede Mannsperson über 14 Jahre jährlich zu entrichten hatte, "es möge sich dieselbe des Rauchtabaks bedienen oder nicht". 84 )

In der Kurpfalz wurde der Gedanke an eine Besteuerung des Tabaks zunächst in der Anregung erstickt. Der Kurfürst Karl Ludwig trug sich mit dem Gedanken, sie auf dem Wege der Akzise zu verwirklichen. Aber bei näherer Überlegung sah er davon ab, da auf dem Tabak der Zehnte ruhte und eine neue Abgabe die fleißigen Hugenotten, die wesentlich der Tabakkultur oblagen, zu stark gedrückt hätte, während der Fürst sie gerade zu begünstigen wünschte. 85 )

Hatte nun Karl Ludwig von der Besteuerung absehen zu sollen geglaubt, so entwickelte sich in der Pfalz und besonders in und um Mannheim die Kultur der Tabakpflanze und in Mannheim neben dem Weinhandel gegen Ausgang des 17. Jahr=


84) J. H Bergius, Sammlung auserlesener teutschen Landesgesetze, 1782, Bd. III, 444.
85) August Findeisen, Die Akzise in der Kurpfalz, 1906, S. 21 ff.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 165 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

hunderts der Tabakhandel rasch und verhältnismäßig stark. Die Zubereitung des Tabaks war aber noch immer eine mäßige. Man rauchte grobgeschnittenen Tabak in Tonpfeifen. Der Raucher schnitt sich von den zu spiralförmig gedrehten Wickeln aufgedrehten Blättern seinen Bedarf herunter. Die Händler kauften den Rohtabak ein und ließen ihn in sogenannten Tabakstuben von ärmeren Leuten verspinnen. Mit den hierbei sich zeigenden Abfällen wußte man noch nichts anzufangen. In der Stadt Mannheim war der Stadtrat darauf gekommen, den Export von Tabak mit einer Abgabe von 10 Kreuzern pro Zentner zu belegen, jedoch bestand die Steuer nur ein Jahr. Außerdem mußten alle Tabakhändler ihre Ware auf der städtischen Wage abwiegen lassen und dabei 6 Kreuzer pro Zentner entrichten. Fremde Händler zahlten den doppelten Betrag. Schon 1682 eingeführt, wurde diese Abgabe doch viel umgangen, indem man den Tabak in Privathäusern wiegen ließ. Infolgedessen wurden die Städtischen Pförtner angewiesen, keine Fuhren mit Tabak passieren zu lassen, wenn sie nicht die Entrichtung des vorgeschriebenen Waggeldes nachweisen konnten. Seit dem Jahre 1690 suchte man alsdann, von dem Wunsche geleitet, den Handel mit Tabak in Mannheim zu konzentrieren, zu unterdrücken, daß der Tabak in den Dörfern gewogen wurde, verlangte vielmehr, daß er zu diesem Zwecke nach der Stadt gebracht würde. Doch gelang dieses Bestreben nur unvollkommen. 86 )

Hatte die Stadtverwaltung in Mannheim dahin gestrebt, aus dem Tabakgenuß für sich Vorteile zu ziehen, so gab auch die kurpfälzische Regierung die Absicht, den Tabak fiskalisch zu verwerten, nicht ohne weiteres auf. Im Jahre 1701 unter der Regierung des Kurfürsten Johann Wilhelm (1690 bis 1717) wurde der gesamte Ein- und Verkauf der pfälzischen Tabakernte an eine Gesellschaft von drei französischen Handelsleuten aus Straßburg überlassen. Jedoch der Erfolg entsprach den Erwartungen nicht und die Konzession hörte bald wieder auf. Erst 35 Jahre später unter dem Kurfürsten Karl Philipp (1717 bis 1742) gelang der Wurf, allein keineswegs auf die Dauer.

Durch den Wunsch bewogen, neue ergiebige Einnahmequellen erschIossen zu sehen, übertrug der Kurfürst Karl Philipp im Jahre 1736 einem spanischen Kavalier Pancorbo die Tabakverarbeitung und den gesamten Tabakhandel als Monopol. Schon lange hatte man es als unzweckmäßig empfunden, daß der pfälzische Tabak


86) Walter, Geschichte von Mannheim. Des Jubiläumswerkes "Mannheim in Vergangenheit und Gegenwart" erster Band, 1907, S. 233.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 166 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

das Land unverarbeitet verließ, um in gebrauchsfertigem Zustande als ausländischer Rauch- und Schnupftabak nach einiger Zeit zurückzukehren. Der Stadtrat in Mannheim hatte deshalb in Erwägung gezogen, ob es nicht möglich sei, kapitalkräftige Fabrikanten aus dem Auslande zur Übersiedelung zu bewegen. Den Gewerbszweig wollte man fördern, weil er Hunderte oder gar Tausende von Händen in Bewegung setzen und das ausländische Geld durch den Verkauf ins Ausland herbeiziehen konnte, aber von dem Gedanken an ein Monopol war man dabei durchaus entfernt gewesen. Der Kurfürst, der wohl auf diese Weise schneller und sicherer zum Ziele zu gelangen gedachte, wählte jetzt den Weg des Monopols. Am Wall hinter dem Kapuzinerkloster in Mannheim wurde eine Manufaktur errichtet, Pancorbo zu ihrem Generaldirektor ernannt und ihm ein jährliches Gehalt von 4000 Fl. ausgesetzt. Drei Minister sollten als Inspektoren seine Tätigkeit überwachen.

Pancorbo nahm flugs unter Garantie des Kurfürsten ein Betriebskapital von 100000 Fl. auf und ging an die Arbeit. Ihm allein war das Recht zugesprochen worden, Tabak in der Kurpfalz zu fabrizieren und zu verkaufen. Aller in der Pfalz gewachsener Tabak mußte an ihn abgeliefert werden. Ein kurfürstlicher Erlaß hatte die dafür zu zahlenden Preise festgestellt:

3 1/2 Fl. für den Zentner bester Sorte, für die andern nach Verhältnis. Das erregte die erste Unzufriedenheit, denn die Bauern hatten bisher durchschnittlich bei freihändigem Verkaufe 4 bis 4 1/2 Fl. pro Zentner erhalten. Auch die Tabakwage wurde Pancorbo übertragen, der dafür jährlich an die Stadtkasse 1000 Fl. zu zahlen versprach.

Die Tabakernte in der Pfalz belief sich damals auf ungefähr 60-70000 Zentner im Jahr. So kam nun eine große Menge in den Mannheimer Magazinen zusammen, während der Inlandskonsum auf nicht mehr als 300 Zentner Schnupftabak und 450 Zentner Rauchtabak geschätzt wurde. Daraus erwuchs eine zweite Verlegenheit, nämlich der mangelnde Absatz. Ihn zu vergrößern, bemühte sich Pancorbo in Hessen-Darmstadt, in Württemberg, beim Erzbischof Clemens August von Köln. Doch war trotzdem ein genügendes und geregeltes Abströmen des fabrizierten Vorrats nicht zu erreichen. Infolgedessen gingen die erlösten Summen langsam ein, die Manufaktur wurde gezwungen, ihren Kredit in Anspruch zu nehmen, um die Kosten des Betriebs zu decken, die Tabakbauern wurden nicht bezahlt und die Wechselschulden häuften sich in erschreckender Weise.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 167 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

In wenigen Monaten hatte die Fabrik einen hohen Grad von Unbeliebtheit erreicht. Um die Mitte des Jahres 1737 war sie bereits wegen ihrer mißlichen Finanzverhältnisse ein Gegenstand des Spotts. Im Juli 1737 ergab eine Prüfung der Rechnung Passiva in der Höhe von 318000 Fl. Es war kein Wunder, daß die 4 Faktore in der Fabrik sich gegen den Herrn Generaldirektor auflehnten. Diesen focht das wenig an und er verkaufte, um sich der großen Vorräte zu entledigen, zu Schleuderpreisen.

Endlich im Februar 1738 wurde der Kurfürst gegen den Spanier mißtrauisch und ließ eine Kommission zur Prüfung des Rechnungswesens einsetzen. Sie erklärte alsbald, daß das Tabakwesen in einer solchen Konfusion sich befände, daß die Versendung und der Verkauf eingestellt werden müsse. Die Tabakspinner erhielten keinen Lohn mehr, die Tabakzubereiter beschwerten sich, daß ihnen jede Gehaltszahlung vorenthalten wurde, und die nach Frankfurt, Düsseldorf usw. abgeschickten Sendungen brachten kein Geld. Wie sollte man da den Kurfürsten befriedigen, der einiges von den 150000 Fl. jährlich, die sein Generaldirektor ihm prahlerisch jährlich in Aussicht gestellt hatte, zu sehen wünschte?

Pancorbo war, als man diese Entdeckungen machte, gerade auf einer niederrheinischen Reise, und man benutzte seine Abwesenheit, dem Kurfürsten über die Sachlage reinen Wein einzuschenken. Namentlich wurde hervorgehoben, daß verschiedene Gemeinden für den an Pancorbo gelieferten Tabak noch den Betrag von 38496 Fl. zu bekommen hätten. Der Kurfürst ließ diese Summe bezahlen, aber den Betrieb für Herstellung von Schnupf- und Karottentabak im Juni 1738 einstellen.

Der Herr Generaldirektor kehrte von der Reise zunächst nicht zurück, sondern begab sich über Hamburg nach London und beschwerte sich aus der Ferne beim Kurfürsten über die gegen ihn gerichteten Intriguen. Infolge einer dringlichen Mahnung fand er sich jedoch wieder in Mannheim ein, vermochte sich aber nicht zu entschuldigen, sodaß er im Februar 1739 die Weisung erhielt, das Land zu verlassen. Sein rückständiges Gehalt in der Höhe von 2000 Fl. wurde ihm ausgezahlt und der Kurfürst übernahm die ganze Schuldenmasse der Fabrik, wozu er allerdings moralisch und rechtlich verpflichtet war. Er ließ nun das Etablissement kommissarisch verwalten; allein alle Kommissariatsbeschlüsse und Sachverständigengutachten genügten nicht, das Unternehmen auf einen grünen Zweig zu bringen. Einer Compagnie de régie, die an die Spitze trat und wesentlich aus französischen Interessenten bestand, gelang es ebenfalls nicht, und als man im Jahre 1740

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 168 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

eine Bilanz aufstellte, betrugen die Schulden 645894 Fl. Die Gebäude und Gerätschaften repräsentierten dagegen einen Wert von nur 50095 Fl.

Unter diesen Umständen ging das Etablissement ein und neue Anregungen zur Einführung eines Monopols, die von den Handelsleuten Bosque und Gambert ausgingen, im Jahre 1752 fanden bei dem Kurfürsten Karl Theodor, der unterdessen die Zügel der Regierung ergriffen hatte, keinen Anklang. Die neuen Antragsteller behaupteten zwar, daß Pancorbo an der "füreiligen Beurteilung des Publicums" zugrunde gegangen sei. Es habe ihm auch an Kapital gefehlt und seine Wirtschaft habe nichts getaugt. Nichtsdestoweniger blieb der Kurfürst bei seiner ablehnenden Haltung. 87 )

Von längerer Dauer, aber, wie es scheint, nicht von großem glänzenden Erfolg begleitet, war das Tabakmonopol im Fürstentum Würzburg. Am 17. August 1737 überreichte der italienische Graf Giovanni Battista Celini dem Fürstbischof Karl Friedrich von Würzburg eine Denkschrift über eine Neuregelung des Tabakhandels. Der Graf wollte gefunden haben, daß man in Würzburg einen sehr schlechten, geriebenen oder rappierten Tabak zu hohen Preisen verkaufe und die Hofkammer davon gar keinen Vorteil habe, während man in so vielen Ländern, in Frankreich, Spanien, Welschland usw., bereits angefangen habe, aus dem Handel mit Tabak eine beträchtliche Einnahme zu ziehen. Er wollte keine Fabrik zur Verarbeitung des Tabaks gründen. Sondern verwies in dieser Hinsicht auf die kürzlich eröffnete Manufaktur in Mannheim, von der man allen Tabak, wie man ihn wünsche, werde beziehen können. Er wünschte nur das Recht zum alleinigen Verkaufe des Tabaks von einem in Würzburg und demnächst an anderen Orten ebenfalls zu errichtenden Vorratshause. Er schätzte den jährlichen Verbrauch auf 1000 Zentner Rappé und war bereit, von jedem verkauften Zentner 3 Fl. an die fürstbischöfliche Kammer zu entrichten. Von sich aus wollte er zwei Beamten besolden, die im Interesse der fürstbischöflichen Finanzen die von ihm verkaufte Menge kontrollieren sollten. Vom Rauchtabak, bei dessen Vertrieb der zu erwartende Gewinn nicht so ansehnlich sein würde, behielt er sich vor, die zu zahlende Abgabe nach den einzelnen Sorten zu bestimmen, die durch vorzulegende Muster festgestellt werden könnten.

Wer dieser Graf Celini war, hat sich nicht ermitteln lassen. Jedenfalls war er ebenfalls in Mannheim, vielleicht an der


88) Nach Akten im Kgl. Kreisarchiv Würzburg.


87) Walter, Geschichte von Mannheim, 1907, I S. 466 ff.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 169 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Manufaktur beteiligt, in nächster Nähe des erwähnten Generaldirektors Pancorbo. Der pfälzische Kurfürst schrieb, nachdem er in Erfahrung gebracht, daß der Graf in Würzburg ein Konkurrenzunternehmen in Gang bringen wollte, sehr entrüstet über ihn an den Fürstbischof in Würzburg, daß er "so vielfache Wohlthaten mit schändlichem Laster lohne". 89 )

Am 15. September 1737 ist es dann in der Tat zum Abschluß eines Vertrages zwischen dem Fürstbischof und dem Grafen Celini gekommen, demzufolge in Würzburg ein Vorratshaus eröffnet wurde, aus dem jeder Händler und Tabakkrämer sich mit dem nötigen Fabrikat behufs Verkauf im kleinen versorgen mußte.

Sehr bald regte sich Unzufriedenheit in den Kreisen der Konsumenten und Händler, indem man namentlich beklagte, daß der Graf den Erwartungen insofern nicht entsprach, als er ebenfalls fragwürdige Qualitäten zu hohen Preisen vertrieb. Er suchte sich mit dem Hinweis auf einen Preiskurant der Mannheimer Manufaktur zu rechtfertigen, doch wurde angenommen, daß er als an der Manufaktur Beteiligter die Fabrikate von ihr billiger bezog als fremde Kaufleute.

Aus mündlichen Verhandlungen erwuchs ein neuer Vertrag vom 19. April 1738, der die Position des Grafen festigte. Er setzte höhere Preise als bisher durch und zahlte zum Teil vom Ankaufswert der zu verhandelnden Tabake von je 100 Fl. Wert 8 bis 40 Fl. an die Kammer, zum Teil von je 100 Fl. Erlös 12 Fl. Ob er überhaupt wirklich regelmäßig die vereinbarten Summen der Hofkammer hat zugehen lassen, steht dahin. Jedenfalls wurden durch das Mandat vom 21. April 1738 der Bevölkerung die hauptsächlichsten Bestimmungen des Vertrages mitgeteilt und den Händlern die Preise vorgeschrieben, zu denen sie den eingekauften Tabak, natürlich unverfälscht und unvermischt, en détail abgeben durften. Vom 1. Mai 1738 an durften alle Handelsleute und Krämer nur im würzburgischen Vorratshause ihren Tabak erstehen. Niemand war berechtigt, weder ein Privatmann noch ein Händler, Tabak zu importieren. Strenge Strafen, zunächst in Geld, bei wiederholten Übertretungen neben der Konfiskation der Ware in schärferer Weise, drohten denjenigen, die das Mandat nicht respektieren würden. Die Zollbeamten waren angewiesen, keinen Tabak ohne einen fürstlichen Erlaubnisschein über die Grenze passieren zu lassen.

Die Klagen hörten auch in der Folge keineswegs auf. Man konnte nicht alle Sorten im Vorratshause bekommen, die im Mandat


89) Walter, Geschichte von Mannheim, 1907, S. 477.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 170 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

genannt worden waren, und, was man erhielt, war herzlich schlecht. Miserable Gattungen und in unbefriedigenden Packungsgrößen wurden verabfolgt, und der Händler war mit dem ihm zugebilligten Verdienste keineswegs zufrieden. Es muß wohl möglich gewesen sein, auf alle diese Klagen eine befriedigende Antwort zu finden, denn das Vorratshaus blieb bestehen und der Graf trug sich außerdem mit der Absicht, da in Mannheim die Manufaktur aufgehört hatte, eine eigene Fabrik anzulegen. Die Unterstützung, die er beim Kurfürsten nachsuchte, stieß bei der zur Beaufsichtigung des ganzen Tabakgeschäfts eingesetzten Tabakkommission auf Bedenken, die jedoch der Graf zu entkräften verstanden haben muß. Denn es kam in der Tat zur Eröffnung einer Fabrik, über deren Wirksamkeit sich leider nur nichts näheres ermitteln läßt. Im Juli 1742 gelang es dem Grafen noch einmal, eine Preiserhöhung zu erwirken, und bald darnach scheint er sein Etablissement verkauft und Würzburg den Rücken gekehrt zu haben.

Unter dem neuen Fürstbischof Franz Anselm wurde im Jahre 1748 das Tabakwesen neu geregelt, jedoch an den Grundsätzen des Monopols nichts geändert. Alle Privatpersonen und Händler mußten sich in den Magazinen zu Würzburg und Neustadt a. S. mit Tabak versehen und keiner durfte Tabak einführen, "es seye wenig oder viel, weder in Rollen, Schleifen oder Stangen oder Paqueten, weder gantz, rapirt, gemahlen oder grenirt". Ein neuer Apaltist, d.h. Pächter, der an die Stelle des Grafen Celini trat, taucht ungefähr seit dem Ausgange der 40er Jahre auf. Wie dann die Entwicklung in den nächsten 25 Jahren gewesen ist, kann aus Mangel an Nachrichten nicht verfolgt werden. Erst eine Landesverordnung vom 22. Juni 1779 verfügt das Aufhören des Tabakapalto und führt den freien Tabakhandel wieder ein.

Überblickt man die Reihe dieser vorstehend in Kürze erzählten fruchtlosen Versuche zur Einführung des Monopols auf deutschem Boden, so begreift man wohl die Mißstimmung, die in der Gegenwart sich stets gezeigt hat, sobald der Monopolgedanke auftauchte. Aber man versteht weniger gut, daß in Deutschland nicht hat glücken wollen, was in anderen Ländern, allerdings zum Teil auch unter dem Widerstand der Bevölkerung, schließlich mit ent-schiedenem Erfolge für die Finanzen des Staats durchgesetzt worden ist. Sicher ist in Deutschland, wo man in alter Zeit sich mit dem Monopol beschäftigt hat, mit großem Ungeschick vorgegangen worden. Die übereinstimmenden Züge dieser in ihren Einzelheiten besondere Wege gehenden Entwicklung zeigen Fremde, Abenteurer, häufig jüdische Geldleute, die unter starker Übertreibung der zu

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 171 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

erwartenden hohen Einnahmen die Landesfürsten geneigt zu machen wissen, auf ihre Pläne einzugehen. Nicht die Absicht, einen zu erzielenden Gewinn in die Staatskassen zu leiten, sondern den hohen Gewinn für sich zu erreichen bewegt die Unternehmer. Da sie nun die hohen Pachtsummen, die sie in Unkenntnis der tatsächlichen Dinge angeboten haben, nicht herauszuwirtschaften vermögen. so greifen sie zu dem Mittel der Verschlechterung der Güte der Fabrikate. Damit machen sie natürlich den Monopolgedanken von vornherein unpopulär und erwecken die Vorstellung, als ob mit dem Monopol die geringe Güte des Tabaks in ursächlichem Zusammenhange steht. Vielfach mag die übertriebene Gewinnsucht die Pächter dazu veranlaßt haben, mit unnachsichtlicher Härte gegen die Übertreter der gesetzlichen Bestimmungen vorzugehen und durch Herabminderung der Qualität sich reichlichere Einnahmen zu verschaffen. Gegen das Monopol und die Richtigkeit sprechen diese ergebnislos verlaufenen Versuche nicht. Sie können nur lehren, wie es nicht gemacht werden muß, wenn man die Fabrikation des Tabaks und den Handel mit ihm zum Wohle der Gesamtheit finanziell verwerten will.


3. Die Besteuerung des Tabaks in Mecklenburg unter Herzog Christian Louis I.

Zeitiger als in den genannten Ländern und interessanter Weise sogar früher als in Frankreich ist man in Mecklenburg zur Einführung des Tabakmonopols geschritten. Bereits unter dem 8. Mai 1671 erteilte der Herzog Christian Louis dem Handelsmanne Levin Salomon das Recht, in der Residenz Schwerin und im ganzen Lande Tabak zu verkaufen. In dem Mandat werden alle Amtleute, Küchenmeister, Bürgermeister usw. angewiesen, den Privilegierten in dem Betriebe seines Geschäfts nicht zu hindern. Was er für die Erlaubnis zu zahlen hatte, wird nicht gesagt;

jedenfalls hatte er kein ausschließliches Recht zum Handel. Er wohnte auf der Schelfe in Schwerin, wo er ein der Witwe Mölln gehöriges Haus gemietet hatte. 90 )


90) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 2.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 172 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Unbekümmert um dieses einem einzelnen zugestandene Recht erteilte der Herzog etwa zweieinhalb Jahre später einem anderen, ebenfalls auf der Schelfe in Schwerin wohnenden Handelsmanne Nathan Bendix, das Privilegium exclusivum zum Tabakhandel im ganzen Lande. Unter günstigen Bedingungen übernahm dieser das Geschäft. Er blieb vier Jahre hindurch "von allen Contributionen und Beschwerden, wie sie Nahmen haben mögen, exempt" und zahlte als Pacht die Summe von 130 Rtlr. jährlich. Überall im Lande durfte er sich frei bewegen. Er allein bekam das Recht zur Einfuhr von Tabak und war verpflichtet, allen zu verkaufenden Tabak mit seinem Stempel zu versehen. Daß man ihm das Recht zugestand, seine gestorbenen Familienmitglieder in Schwerin beerdigen zu lassen, und ihm in Aussicht stellte, auch anderen Juden Privilegien zur Niederlassung und zum Handel verleihen zu wollen, ist wohl als ein Beweis besonderer herzoglicher Gnade für den Bewerber anzusehen.

Diese Abmachungen erfolgten am 13. Dezember 1673, 91 ) aber ihre Veröffentlichung scheint nicht früher als im Mai des nächsten Jahres erfolgt zu sein. Denn um diese Zeit bewarb sich Bendix bei der Kammer noch erst um einen Stempel, den der Goldschmied anfertigen sollte, und um Namhaftmachung von ehrbaren und angesehenen Männern in den einzelnen Ämtern, bei denen er zur Bequemlichkeit der Krämer Stapel von seinem Tabak errichten könnte. 92 )

Auf ein Mandat vom 15. Mai 1674 nimmt denn auch das spätere vom 1. Juli desselben Jahres Rücksicht. Und so scheint man die Einführung des Tabakmonopols in Mecklenburg von diesem Tage an datieren zu können. Diese erste Ausfertigung hat sich, wie es scheint, nicht erhalten, und man kann nur aus dem vorangegangenen und dem nachfolgenden schließen, daß es lediglich auf ein Handelsmonopol abgesehen war. Bendix erwarb das Recht zum alleinigen Handel und Import von Tabak. Alle vorhandenen Vorräte mußten die Krämer vor Gericht deklarieren und waren gezwungen, fortan nur von ihm ihren Bedarf zu beziehen.

Aber wie in anderen Ländern machte man die gleichen Erfahrungen mit dem Widerstande der Bevölkerung. Bereits im Juli klagte Bendix darüber, daß die Krämer sich verbunden hätten, keinen Tabak von ihm zu kaufen, und einige ihm mitgeteilt hätten,


91) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien Nr. 3.
92) Ebenda, Akten Nr. 4.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 173 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

daß die Vorräte für ein halbes Jahr besäßen. 93 ) Er suchte darum nach, sämtliche Krämer zu veranlassen, ihre Vorräte genau gerichtlich aufzugeben und ihnen alsdann nach Maßgabe der Mengen einen Termin anzusetzen, bis zu dem sie sich ihrer entledigt haben müßten. In Zukunft sollten sie angehalten werden, ausschließlich von ihm Tabak zu beziehen. Selbst die auf den Jahrmärkten ausstehenden Krämer sollten in Zukunft nur den bei Bendix gekauften Tabak feilbieten dürfen.

An dieses Mandat schloß sich in demselben Monat 94 ) ein anderes, das die ".Kraut-Krämer" aufforderte, ihren Monats- und Jahresbedarf an Tabak anzugeben. Es hatten sich nämlich nach Aussage Bendix viele Krämer damit entschuldigt, daß in ihren Läden keine Nachfrage nach Tabak sei. In der Tat fanden jetzt in Schwerin, Parchim, Dömitz, vermutlich auch an anderen Orten, 95 ) Verhöre der Krämer statt, jedoch ohne den vom Pächter gehofften Erfolg. Die Krämer behaupteten, daß der Handel mit Tabak in den Händen vieler kleiner Leute sich befände. Krüger, Handwerker, selbst Soldaten ließen sich Tabak kommen und vertrieben ihn im Wege des Kleinhandels. Sie, die Krämer, seien nur wenig unter die Leute zu bringen in der Lage und könnten sich daher auch nicht verpflichten, von dem Pächter jährlich eine bestimmte Menge Tabak zu kaufen. Nur dann wäre dieses denkbar, wenn man jenen Kleinhandel ganz verbieten wollte. Dazu gesellten sich Klagen über den Stoff, den Bendix zur Verfügung stellte. Man sei an Brasilien-Kisten oder Preß-Tabak, Knaster- und Brief-Tabak gewölmt, Bendix aber führe vorzugsweise gelben Tabak, der weniger beliebt wäre und sich nicht lange halte.

Immerhin war man in diesen Kreisen gesonnen, sich mit den neuen Verordnungen einzurichten. Die Monopolinhaber - Nathan Bendix hatte mit Erlaubnis des Herzogs seinen Bruder Jakob kommen lassen, der nun in Parchim die Geschäfte führte - sollten nur untadelhaften Tabak liefern, keine höheren Preise als in Hamburg und Lübeck üblich fordern, den Krämern den Tabak auf Kredit geben und einen Abzug (Decort) für Tabak zulassen, der nicht rasch abgesetzt werden konnte und daher verdürbe. Auch sollten sie keine geringeren Mengen als zwei Pfund abgeben und in den Gasthäusern keine Niederlagen ihres Tabaks eröffnen.


93) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 7.
94) Am 27. Juli, Akten Nr. 8.
95) Schwerin, Archiv, Akten Nr. 10-16b, 18.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 174 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Teilweise waren die Pächter geneigt, auf diese keinenfalls unbilligen Wünsche der Krämer einzugehen. 96 ) Indes wie entgegenkommend sie sein mochten, der Zustand wollte sich nicht bessern und die dem Herzoge vorgetragenen Klagen hörten nicht auf. In Bützow, Sternberg, Neubukow, Waren und Malchow hatte Bendix bis zum Januar 1675 noch nichts verkaufen können, obwohl er an diesen Orten Niederlagen ins Leben gerufen hatte. In Schönberg, Dassow, Brüel, Kröpelin, Warin, Hagenow, Parkentin, Klützer Ort, wo er allerdings noch keine Niederlagen eingerichtet hatte, war es ihm ebenso gegangen. 97 ) Er bat daher um strengere Einschärfung der Vorschrift, daß alle Engroshändler lediglich von ihm den Tabak bezögen, und um Anweisung an die Landreiter, auf jeden Unterschleif in Häfen oder Krügen auf dem Lande streng zu achten. 98 )

Das Ende vom Liede war, daß es mit der Zahlungsfähigkeit von Bendix schwach aussah. Noch nicht "seines Leibes Nahrung" wollte er verdient haben. Er mußte viel auf Reisen sein, mit 4 Gehilfen arbeiten und verdiente doch nicht hinreichend. Der allergeringste Tabakspinner in Hamburg verdiente nach seiner Ansicht mehr als er. Unter solchen Umständen konnte er im Januar 1675 die vereinbarte Pachtsumme nicht leisten, bat den Herzog, mit dem, was er seither erhalten, sich zufrieden zu geben und ihm von Ostern ab die Pacht auf 100 Taler zu ermäßigen.

Während solche Verhandlungen im Gange waren, die es dem Nathan Bendix leid machen mochten, sich überhaupt auf das gewagte Geschäft eingelassen zu haben, wußte der allgemeine Unwille in den handeltreibenden Kreisen der Bevölkerung gegen das Monopol sich auch bei den Ständen Beifall zu verschaffen. Auf dem Landtage zu Sternberg baten am 9. September 1674 die Abgeordneten der Städte in Anbetracht der Befürchtung, "daß dies höchst schädtliches Monopolium dem Lande nicht geringen Schaden zufügen und ein mehres nach sich ziehen möchte", daß "dieser praejudicirliche Tobackshandel möge wieder abgethan werden". Die Ritter- und Landschaft aber des Herzogtums Mecklenburg nahm den Gedanken auf und lehnte sich in einer "unterthänigsten Deductionsschrift in puncto gravaminum" vom 11. September 1674 ebenfalls gegen das Tabakmonopol auf, "wodurch die Städte


96) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 14.
97) Ebenda, Akten Nr. 19.
98) Ebenda, Akten Nr. 16d.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 175 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und Ritterschaft mercklich graviret werden dürften". 99 ) Namentlich, daß der Herzog sich mit einem Juden eingelassen hatte, erregte Bedenken, und man schloß daher mit einem Appell an Seine Durchlaucht, er werde nicht wollen, "daß der ohnedem verdorbene freye handel undt Wandel vorauß von einem ungläubigen Juden eingeschrencket werden möge".

Sicher wäre es in hohem Grade bedeutsam, nachweisen zu können, wie der Herzog auf den Monopolgedanken gekommen ist. Am nächsten liegt es natürlich, an eine Beeinflussung von französischer Seite zu denken. Indes abgesehen davon, daß in der herzoglichen Korrespondenz sich keine Anhaltspunkte zu dieser Annahme finden, bleibt auch zu erwägen, daß Colbert's Edikt erst am 17. September 1674 veröffentlicht wurde, während der Herzog, der seit 1663 in Frankreich weilte, 100 ) bereits seit dem Dezember 1673 mit sich im Reinen war und spätestens am 15. Mai 1674 das erste auf das Monopol bezügliche Patent erließ. Unter den deutschen Ländern war zu dieser Zeit noch keins auf den Gedanken geraten, den Tabakhandel als ein Monopol in Anspruch zu nehmen. Auf eine Spur führt ein Bericht, der dem Herzog am 19. Mai 1670 von Schwerin aus gesandt wurde. Es heißt in ihm: "So melden sich auch Juden an in E. F. D. Landen zu handeln, mit denen man unsers unvorgreifflichen Ermessens auff etliche Jahre zu versuchen, doch nach Maßgebung der Reichs-Constitutionen alß welcher sich E. F. D. quatenus status imperii quoad jus recipiendi Judaeos ohn einige Zweiffel zu gebrauchen." Wenn hierin auch nur von der Erlaubnis für Juden, sich in Mecklenburg aufhalten und Handel treiben zu dürfen, die Rede ist, so wäre doch möglich, daß deren Angebot sich auch gerade auf den Tabakhandel erstreckt hätte. Der Herzog, in chronischer Geldverlegenheit, mochte dann im Interesse seiner Kasse zugegriffen haben, obwohl ja schließlich die zu erwartende Einnahme im Hinblick auf den Bedarf nie eine beträchtliche sein konnte. 101 )

Woher nun immer der Herzog sich die Anregung geholt haben mag, auf eine Würdigung des ständischen Einspruchs glaubte er sich nicht einlassen zu sollen. Auf die ihm gewordenen Vorstellungen erteilte er folgende Resolution. Es sei sein Vorsatz


99) Correspondence und Acta des auf den 7. September 1674 nach Sternberg ausgeschriebenen Landtag betreffend. Fasc. 1.2 ex Archiv. Suer. Vol. 16 num. 5.
100) Richard Wagner, Herzog Christian Louis I, 1906, S. 58 ff.
101) Über die Geldnot des Herzogs vgl R. Wagner, Herzog Christian Louis I., an verschiedenen Stellen, besonders S. 112, 75.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 176 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nicht gewesen, die "Commercien" in ihrem Laufe zu hindern. Eine Beeinträchtigung oder Hinderung der Gewürzhändler und Krautkrämer sei nicht zu erwarten, da er die Pächter angewiesen habe, den Tabak an sie zu demselben Preise, wie sie ihn bisher in Lübeck oder Wismar hätten kaufen können, abzulassen. Wenn Bendix den Tabak nicht in der Beschaffenheit, wie ihn die Händler brauchten, besorgen könnte, würde er erlauben, daß sie ihn von anderswo her bezögen. Zunächst aber müsse die erlassene Vorschrift bestehen bleiben. 102 )

Die Stände beruhigten sich bei der ablehnenden Haltung des Herzogs nicht und wandten sich vielmehr an den Kaiser Leopold mit der Bitte um Vermittlung. Am 2. Januar 1675 gebot dieser dem Herzoge von Mecklenburg, bei einer Strafe von 10 Mark lötigen Goldes die Neuerung wieder abzuschaffen. Der Kaiser berief sich darauf, daß in der Reformation- und Polizei-Ordnung sowie den kaiserlichen Kapitulationen derartige Monopole und Verkaufsanmaßungen verboten wären. Dazu rügte er die Vergünstigungen, die der Herzog den Juden eingeräumt hatte. Man habe seither in Mecklenburg nie etwas von Juden gehört, geschweige denn ihnen erlaubt, Handel zu treiben. Nun müsse man fürchten, daß, nachdem sie die Tabakkonzession erschlichen hätten, sie auch für den Vertrieb anderer Waren gleiche Vorteile zu erlangen suchen würden. Das sei um so schlimmer, als die mecklenburgischen Städte "von aller Nahrung bereits entblößet" wären.

Zwei Monate später, am 12. März, wurde dann das Mandatum inhibitorium et cassatorium sine clausula der gesamten Ritter- und Landschaft des Herzogtums Mecklenburg contra Christian Ludwig vom Kammergerichtsnotar Jacobus Michael in Gegenwart zweier Zeugen, nachdem festgestellt worden war, daß der Herzog nicht auf seinem Schlosse in Schwerin anwesend, sondern verreist war, dem Kanzler Wedemann persönlich übergeben. 103 )

Der Herzog beantwortete die kaiserliche Einmischung zunächst damit, daß er am 3. April dem Handelsmanne Bendix sein Privileg erneuerte und die Pacht, wie jener gebeten hatte auf 100 Taler ermäßigte. 104 ) Bald darnach aber ließ er durch seinen Rechtsanwalt Ulrich David Kuehorn dem Kaiser eine Antwort zugehen, 105 )


102) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 22.
103) Ebenda, Akten Nr. 22. Das Original auf Pergament.
104) Ebenda, Akten Nr. 22b.
105) Am 16. April 1775.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 177 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die in dem Gedanken gipfelte, daß bei dem Tabakhandel von einem Vitium monopolii im Sinne der Frankfurter Polizeiordnung von 1577 nicht die Rede sein könne. Nathan Bendix verkaufe nicht zu beliebigen Preisen, sondern das Precium würde nach beiderseitiger Übereinstimmung von Käufer und Verkäufer festgesetzt, und dieses falle erfahrungsmäßig nicht höher als in Lübeck oder Wismar aus. Dabei sei in Betracht zu ziehen, daß der Genuß des Tabaks überhaupt von zweifelhafter Bedeutung und daher seine etwaige Einschränkung durch ein Monopol nicht unstatthaft sei. "Es ist," heißt es in dem Schreiben, "der Taback diesser Eigenschafft und Natur, daß dem gantzen Lande consequenter der Ritter- und Landschafft kein Eintrag geschehen könte noch würde, wann derselbe zu verkauffen oder zu kauffen gäntzlich solte verbotten werden, da man ja dessen entbehren kann, selbiger ad luxum angesehen, denen die sich darzu gewehnen, mehr schädlich als beförderlich, wordurch öfftermahlen viele Ungelegenheiten, incendia und dergleichen excitiret werden."

Diese Argumentation klang nicht sehr überzeugend und vor allen Dingen, sie änderte nichts an der Sachlage. Das Monopol, das nach fürstlicher Auffassung keines war, blieb in Kraft, und da gerade an seiner Aufhebung den Ständen viel gelegen sein mußte, war es nur natürlich, daß die Ritter- und Landschaft noch einen Versuch unternahm, den Herzog zum Widerruf des Monopols zu bewegen. Durch den Mund des Anwalts Friedrich Ploennies trug sie dem Herzog ehrerbietigst vor, daß die "Distinctio inter merces necessarias et non necessarias" im Reichsgesetze nicht zu finden und das Monopol beiden gegenüber verboten wäre. Es seien die Monopolien eben "in allerley Wahren und Kauffmannsgütern" unerlaubt, "von den höchsten bis zu den geringsten", selbst ein Weinmonopol sei nicht zulässig, obwohl der Wein "ad vitae sustentationem" nicht gerade erforderlich sei. Überdies bekämpfte man die Auffassung von der Entbehrlichkeit des Tabaks. Dieser habe vielmehr großen Nutzen, "und nicht wohl entrahten werden kann von denen, die phlegmatischer complexion seyen oder auch sonsten nicht allemahl überflüssig zu essen haben, voraus bey Kriegeszeiten, da mancher Soldat und Musquetirer sich mit einem Stück Tobackern erhalten muß, wan er kein Brod hatt, wie die tägliche Erfahrung lehret". Man schien auch andeuten zu wollen, daß der Tabak auf diesem Wege zu teuer werde, obwohl das nicht direkt ausgesprochen ist. Man wies nur darauf hin, daß in Hamburg der Tabak wohlfeiler als in Lübeck oder Wismar eingekauft werden könne. Demnach bat man also den Herzog in

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 178 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Anbetracht der "augenscheinlichen Noht der hierunter Leidenden in den Landesreversalen undt allen Rechten höchst privilegirten Freyheit der Commercien alß der hier im Lande ohnedem genug beschwerten Landsassen undt Unterthanen mitleidentlich beherzigen" das Monopol aufzuheben.

Diese Replik wegen des Handels mit Tabak, "mercis per se fumosae vilissimae non sustentationem corporis sed beneficium temporis in otio comburendi facillime respicientis", wie es im herzoglichen Reskript heißt, erreichte den Zweck nicht, den sie beabsichtigte. Fast hat es den Anschein, als ob der Herzog geneigt gewesen wäre, dem Drängen nachzugeben. Wenigstens ließ er am 6. Mai 1675 schreiben, "er sei inclinirt gewesen, der Sachen ein Wandel zu schaffen, um sich dadurch des verdrießlichen liederlichen Klagens der Zeit auf Landtagen zu erwehren und die Zeit zu nützlichen Sachen, zu dem gemeinen Besten, zu keinen Extravagantien anzuwenden". Jetzt, nach Empfang der Replik, überwog wohl der Ärger, und er wies das Kammergericht an, wenn die Kläger "dieses geringfügigen Dinges" wegen den Instanzenzug weiter beschreiten wollen, ihnen seine frühere Erklärung, nämlich, daß es sich gar nicht um ein Monopol handele, zu wiederholen.

Es geht aus den Akten nicht hervor, wie die Angelegenheit verlaufen ist. Jedenfalls blieb der Herzog bei seiner Ansicht und erteilte den Pächtern, die nicht aufhörten - Nathan Bendix hatte sich mittlerweile mit Abraham Hagen assoziiert - sich über die Beeinträchtigung ihrer Privilegien und die Verletzung der ihnen ausschließlich zustehenden Einfuhr von Tabak zu beschweren, neue Ausfertigungen. Diese datieren vom 1. Oktober 1678, vom 26. Februar und 1. Juni 1679. Ja, der Herzog hatte nichts dagegen, daß die Einfuhrverbote, wie die Juden der damals üblichen Gewohnheit gemäß nachgesucht hatten, von der Kanzel in den Kirchen herab verkündet wurden. 106 ) Das Patent vom 1.Juni 1679 ist in bekannter Manier gehalten. Die Pächter sollten nur en gros, "weinigst zu Pfunden, gegen billigen leidlichen Preiß", Tabak verkaufen und hatten das alleinige Recht der Einfuhr. Um Unterschleif zu verhüten, sollten die Tabakrollen mit gewissen Stempeln versehen werden. Alle Behörden wurden angewiesen, die Inhaber des Privilegs zu unterstützen. Wie es mit dem im


106) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 26d, e, f, 28a, 26g. Schreiben an den Vizekanzler in Schwerin vom 16. Oktober 1678.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 179 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Lande geernteten Tabak gehalten werden sollte und wie hoch das "Gewisse" war, das die Handelsleute zu zahlen erbötig waren, ist nicht im Patente gesagt.

In den maßgebenden Beamtenkreisen Schwerins war man mit dem Vorgehen des Herzogs gar nicht einverstanden. Seine Geheimräte sandten ihm, der in dieser Zeit in Hamburg weilte. 107 ) im November 1678 ein Schreiben mit dem dringenden Rat, die Sache aufzugeben. Man stellte Seiner Durchlaucht nach reiflicher Erwägung vor, daß die Juden geringen Vorteil böten, während hundertfältiger Schaden, viele Prozesse und große Verantwortung für Mecklenburg daraus erwüchsen. Das Monopol sei doch in den Reichsinstitutionen verboten, "denn es leidet herunter der gemeine nutz, die bürger in den Städten, welche sich und die ihrigen durch Handel und Wandel ernehren." Besser wäre es den Bürgern und Handelsleuten, eine Steuer für den Handel mit Tabak aufzulegen. "Das wahre und richtige Interesse der fürstlichen Durchlaucht liege nicht in Beneficirung dergleichen einzelner Personen, sondern in Vermehrung des Landes Einwohner, Besetz- und Erhaltung der Städte."

Doch auch solchen gewiß treu gemeinten Ratschlägen gegenüber verhielt sich der Herzog ablehnend. Willig gab er den Klagen der Pächter, daß sie durch Unterschleif zu kurz kämen, nach. Unnachsichtig ließ er diejenigen, die Tabak, der nicht von den Pächtern gekauft worden war, verhandelten, verfolgen und lieh den Pächtern gerichtlichen Beistand gegen ihre "morosos debitores". 108 ) Wenn auch der Unwille der Einwohnerschaft gelegentlich stark zum Ausdrucke kam, an der Sache wurde nichts geändert. Der Herzog war nicht im Lande und erfuhr vielleicht gar nicht von den Beschwerden, die gegen das Monopol laut wurden. In Schwerin kam es z. B. bei einem Verhör von drei des Handels mit nicht von Bendix gekauftem Tabak beschuldigten Personen dazu, daß diese in die Worte ausbrachen, "wie das ganze Land sich mit ungleich größerem Fueg über den Kläger zu beschweren mehr den zu viel Ursach haben möge".

Am Ende des Jahres 1680 schien insofern eine Wendung sich anbahnen zu wollen, als Nathan Bendix sich vom Geschäfte


107) Das Schreiben ist unterzeichnet von Dr. V. Garmers, M. P. Burmeister und L. J. Krause. Über den Aufenthalt des Herzogs in Hamburg vgl Wagner, S. 133 ff.
108) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die den Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 31, 32, 36b, 38b.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 180 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zurückzog, angeblich, weil er "so gahr großen und merklichen Schaden gespuret". 109 ) Jedoch war sein bisheriger Kompagnon Abraham Hagen bereit, die Pacht allein zu übernehmen, und war nicht minder hartnäckig in der Geltendmachung seiner Ansprüche wie früher beide gemeinsam. Doch muß der Herzog wohl allmählich anderen Anschauungen sich zugewandt und nach anderen den Mecklenburgern weniger anstößigen Persönlichkeiten umgesehen haben. Wenigstens wurde dem Hagen das Privileg, als es im Jahre 1683 ablief, nur auf ein Jahr verlängert, während er die Prolongation auf 5-6 Jahre nachgesucht hatte, 110 ) doch vermutlich als ein Anzeichen dafür aufzufassen, daß sein Gewinn nicht so klein sein mochte, wie Bendix zu behaupten beliebt hatte. Wenn Hagen selbst erklärte, er verdiene so wenig, daß er sich genötigt gesehen habe, zwei seiner Arbeitsleute zu entlassen, wird man das kaum für bare Münze nehmen können. Endlich war indes auch Hagen so weit, daß er als ein alter schwacher Mann den Handel nicht mehr fortsetzen zu können glaubte und eine Übertragung seines Privilegs auf seine Verwandten erbat. 111 )

Wie die Stände sich während dieser ganzen Zeit mit dem Monopol absanden, ist nicht klar. Höchst wahrscheinlich hatten Sie, wie die Sache einmal in Mecklenburg lag, mit ihrer Opposition Recht. Handel und Verkehr in Tabak waren gelähmt, langwierige Prozesse und Verhandlungen wegen Übertretungen erbitterten die Einwohner, und schließlich war der Gewinn für den Fiskus ein nur bescheidener. Faktisch weisen die Rentereirechnungen nicht mehr als 100 Taler jährlich auf, die die Pächter zahlten. Es müßte wunderbar zugegangen sein, wenn diese dabei nicht reich geworden wären. Angesichts einer so geringfügigen Summe wird man fast zu der Annahme gezwungen, daß es dem Herzog schließlich auf die Einnahme nicht mehr ankam. Er mochte an das Monopol herangegangen sein mit ganz übertriebenen Vorstellungen über seinen fiskalischen Wert. Längst mochte er eingesehen haben, daß diese Hoffnungen sich nicht erfüllen ließen. Wenn er trotzdem an der Einrichtung festhielt, so mochte die Starrheit seiner Ausfassung den Ständen gegenüber daran Schuld haben. Es verstieß wider sein Selbstbewußtsein, nachzugeben und zuzugestehen, daß er sich geirrt habe. Eine Stelle aus einem von Paris an seinen Kanzler


109) Schwerin, Archiv, Akten, betreffend die dem Juden Nathan Bendix erteilten Privilegien, Nr. 34.
110) Ebenda, Akten Nr. 36, 39b.
111) Ebenda, Akten Nr. 42, am 4. Juli 1683.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 181 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

in Schwerin gerichteten Brief 112 ) charakterisiert seine Anschauung. Zwar nicht gerade in bezug auf den Tabakhandel gemeint, kann sie doch als typisch für die Behandlung aller derartiger einschlägiger Fälle gelten. Der Herzog wollte das Salzregal, das er schon im Jahre 1670 vergeblich angestrebt hatte, aufs neue einführen und schrieb deshalb dem Kanzler, daß man sich an die unbefugte Opposition im geringsten nicht kehren solle. "Unsere Authorität und Interesse", fährt das Schreiben fort, "erfordert es, und weiln die Stände sich so gegen ihre Landesherrschaft comportiren, muß man auch weiter keine Mesures mit ihnen in Acht nehmen, sondern sich unser zustehenden Potestät unbeschrenckt gegen Sie und Ihre vermeintliche Reversales gebrauchen." An dieser Unversöhnlichkeit und Unbeugsamkeit der Gesinnung mußte jeder Versuch der Stände, weniger drückende Zustände herbeizuführen, scheitern.


4. Die Besteuerung des Tabaks in Mecklenburg-Güstrow unter dem Herzog Gustav Adolf

Während in Mecklenburg-Schwerin das Monopol auf diese Weise einen harten Stand hatte, ging es dem Herzog Gustav Adolf in Mecklenburg-Güstrow mit seinen Plänen nicht besser. Ein gelehrter, theologisch angeregter Herr, der mehr in geistlichen als in weltlichen Dingen bewandert war, erfuhr er das Mißgeschick, daß seine Finanzwirtschaft in starke Unordnung geriet. 113 ) Dieser Umstand, zusammen mit dem Vorgehen seines Schwagers und dem Beispiele anderer deutscher Fürsten, mag ihn veranlaßt haben, auch seinerseits zur Einführung des Monopols zu schreiten. Wieviel er faktisch für das erteilte Privileg erhielt, ob er überhaupt eine Einnahme bezogen hat, bleibt freilich nach den Akten dunkel.

Herzog Gustav Adolf erteilte im Jahre 1677 seinem Faktor und Diener Christian Wilhelmsen das Privileg, in Boizenburg eine Tabakspinnerei zu eröffnen und im ganzen Lande den Handel mit Tabak betreiben zu dürfen. 114 ) Außer ihm durfte niemand


112) Kopiebücher des Herzogs Christian Louis im Archiv, Schwerin, Schreiben vom 10. März 1684.
113) Ernst Boll, Geschichte Mecklenburgs, 1856, Bd. 2, S. 195.
114) Acta betreffend das von Herzog Gustav Adolf dem Christian Wilhelmsen erteilte Privileg. excl. Schwerin, Archiv.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 182 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Tabak fabrizieren, einführen und mit ihm handeln. Alle Krämer und Gewürzhändler, die unter ihren Artikeln Tabak führten, waren verpflichtet, ihn von Wilhelmsen zu entnehmen. Dieser versprach, den gesuchten Stoff unverfälscht zu Hamburger Preisen zu liefern, und den Beamten wurde befohlen, darauf zu achten, daß kein anderer Tabak ins Land dringe.

Kaum bekannt geworden, rief das Monopol sofort den Unwillen der Stände hervor. Bereits am 7. Januar des folgenden Jahres lief ein Protest der Ritter- und Landschaft gegen das dem Wilhelmsen zugestandene Privileg ein. Man betonte, daß dergleichen Monopole sowohl den gemeinen kaiserlichen Rechten als auch den "constitutionibus imperii" direkt entgegenstünden und die "Libertät der Commercien" nicht beschränkt werden dürfe. Der Vorteil des einen bewirke den Ruin unzähliger anderer. Daher wurde der Herzog um Zurücknahme der Konzession gebeten. Gleichzeitig, jedoch wohl in der Voraussicht, daß der hohe Herr wenig Neigung haben würde, dem Ansinnen nachzugeben, drohte man, beim Kaiser vorstellig zu werden, falls das Monopol bestehen bliebe.

So ging denn das Schicksal in Mecklenburg-Güstrow denselben Gang, und es wiederholten sich die Ereignisse, die wir in dem anderen Teil des Fürstentums festgestellt haben. Am 16. August 1678 erfolgte das kaiserliche Gebot an Gustav Adolf, das Monopol wieder aufzuheben, und am 17. Dezember desselben Jahres wurde das Mandat durch Franziskus Matthiassen, den Notar des Kammergerichts, in Güstrow insinuiert.

ES war hier ausgeführt, daß die Monopole nach den geltenden Reichsgesetzen verboten seien. Man wies auf die schädlichen Wirkungen hin, die Mecklenburg in wirtschaftlicher Hinsicht erfahren würde, falls das Tabakmonpol aufrecht erhalten bliebe. Schon jetzt wären die Städte in bezug auf Handel und Gewerbe schlimm daran. Immerhin hätten die Krämer doch dabei verdient, daß sie in Lübeck und in anderen benachbarten Seestädten Tabak gekauft und verkauft hätten. Das würde in Zukunft aufhören und man werde offenbar den Mecklenburgern untersagen, Tabak zu verkaufen. Das Mandat schloß mit der Behauptung, daß der Herzog im Schwerinschen ebenfalls hätte nachgeben und das seinem Juden erteilte Privileg wieder aufheben müssen.

Dies letztere war, wie wir gesehen haben, allerdings nicht ganz der Wahrheit gemäß, und diese Tatsache der Fortdauer des Monopols im Nachbarstaate hatte dem Herzog Gustav Adolf unmöglich verborgen bleiben können. Indes auch ohne dieses Beispiel, das ihn in seiner Haltung bestärken konnte, vermochte der Herzog

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 183 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gewichtige Gründe für sein Vorgehen anzuführen, die er auch nicht verfehlte, dem Kaiser am 25. Februar 1679 vortragen zu lassen. Der Herzog war der Ansicht, daß das von ihm erteilte Privileg anderer Art sei als die in der Polizeiordnung von 1577 Tit. 18 § 1 ausgesprochenen Verbote. Jene richteten sich gegen diejenigen, "welche allerley wahren und kauffmannsgüther in ihre hand und gewalt allein bringen, auff- und fürkauff damit zu treiben und denselben waaren einen wehrt nach ihrem willen und gefallen zu setzen". Solches aber habe er gar nicht im Sinne. Vielmehr habe der Pächter Wilhelmsen gelobt, den Tabak gut und zu dem mäßigen Preise, wie er in Hamburg gezahlt werde, ohne Aufschlag zu liefern. Das "fürnembste Kennzeichen" eines Monopols fehle mithin. Auch sei es ein Unterschied, ob Privatpersonen sich den Vorteil anmaßten oder von der Landesherrschaft aus bewegenden Ursachen unter bestimmten unschädlichen Bedingungen das ausschließliche Privileg zum Handel an einen einzelnen verliehen werde. Der letztere Ausweg sei das einzige Mittel, Manufakturen in die Höhe zu bringen. Wenn der Unternehmer nicht die Sicherheit habe, eine Zeitlang allein die Vorteile seines Geschäfts zu genießen, so wolle er nichts wagen. Auch die Tabakspinnerei sei eine derartige Manufaktur, die zu befördern man ein Interesse hätte, und Manufakturen auf diesem Wege ins Leben zu rufen, könne keinem Landesherrn verwehrt werden. Der Herzog schloß seine Ausführungen mit der Versicherung, er werde darüber wachen, daß kein Mißbrauch des Monopols stattfinde, und ersuchte daher den Kaiser, sein Mandat rückgängig zu machen.

Wie sicher der Herzog seine Auffassung verteidigt haben mochte, so ist ihm doch offenbar zweifelhaft gewesen, ob man seine Beweisführung allgemein anerkennen würde. Deswegen beauftragte er seinen Anwalt, sich an einen berühmten Rechtskundigen auswärts zu wenden. Als solcher war ihm sein früherer Kanzler und geheimer Rat Johann Schlüter bekannt, der im Jahre 1678 einem Rufe als Syndikus nach Hamburg gefolgt war. Schlüter, der die Akten durchsah, hielt den Fall für bedenklich. Zwar liegt seine Ansicht nicht unmittelbar vor. Allein man erfährt sie aus einem an den Herzog gerichteten Schreiben, dessen Verfasser sich nicht nennt, der aber kaum ein anderer als der herzogliche Anwalt gewesen sein dürfte. Der Schreiber des Briefes meldete von Schlüter, "daß er der Sachen nicht viel getrawet und einen widerwertigen Spruch befürchtet". Als äußerstes Mittel schlug Schlüter die Einreichung einer Duplik beim Kammergerichte

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 184 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

vor, "welches sonsten nicht leichtlich geschiehet", und wovon er sich offenbar wenig Erfolg versprach. Dieser Auffassung trat der Briefschreiber bei. Im Grunde laufe der Vertrag mit Wilhelmsen doch auf ein Monopol hinaus, "wie man es auch beschönigen mag", und er riet daher dem Herzoge, einen neuen Vertrag abzuschließen, in welchem die Klausel der alleinigen Berechtigung zum Handel ausgelassen würde.

Unterdessen erfolgte am 11. April 1679 die Entgegnung der Ritterschaft auf die herzogliche Auslassung. Ihr Verfasser, der Advokat Plönnies, der seine Kunst im Angriff auf das Monopol bereits bewährt hatte, trug folgenden Gedankengang vor. Das Zugeständnis an Wilhelmsen ist und bleibt doch ein "formales unstreitiges Monopolium". Es sei "ad formam monopolii genug, wann Jemandt einige Handlung an sich allein ziehen und andere daran excludiren will". Die Versprechungen, die der Privilegierte gemacht hat, wird er nicht halten. Statt virginischen oder anderen kostbaren Tabaks wird er "schlechten und stinkenden Musquetirer Toback" feilbieten. Ob die Preise, die er fordert, mit den in Hamburg und Lübeck üblichen sich auf dem gleichen Niveau halten werden, wird man schwerlich erfahren können, und wollte man Nachforschungen anstellen, so wird das vielleicht bei Hofe als eine "Violation desPrivilegii" angesehen. Ein Unterschied zwischen dem Monopol Privater und dem einer Staatsregierung ist unzutreffend. Monopole sind eben nirgends im Deutschen Reich "unter keinem Schein" geduldet. Das Gefährlichste an ihnen ist, daß sie immer weiter um sich greifen. Was heute im Tabakhandel geschieht, kann morgen in Wein, Salz, Gewürzen oder anderen Kaufmannswaren verfügt werden. Am wenigsten paßt die Berufung, daß man eine Manufaktur nur durch Schutzmaßregeln emporbringen können. "Denn so weinig andere Kreutter, so auß der Erde wachsen und einiger Zubereitung bedörffen, ehe und bevor sie zu des Menschen Nutzen fueglich gebraucht werden mögen, sub praetextu artis manuariae einem Menschen allein unter die Hand gegeben werden können, ebensowenig bedarf auch der Toback eines Monopolii deßwegen, daß er umb mehrer Bequemlichkeit willen in Rollen zusammengemacht wirdt, das er ohne Gebrauch einiger Manufactur solcher gestalt wie er von Nattur wächst, eben den usum hat, alß wann er commodioris transportationis caisa zusammen gerollet wirdt."

Auf den Herzog machten diese Ausführungen zunächst so wenig Eindruck wie die Ratschläge seines Anwalts. Das Privileg, das er Wilhelmsen erteilt hatte, war er gesonnen zu halten. Wieder=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 185 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

holt hatte er auf dessen Ansuchen Nachforschungen anstellen lassen, ob der von Krämern verkaufte Tabak auch von ihm genommen wäre, und z. B. u. a. einer Frau Apotheker Rugewald in Güstrow nicht weniger als 144 Pfund wegzunehmen angeordnet. So ließ er denn jetzt seine Idee nicht ohne weiteres fahren, sondern hielt sich an den von dem Juristen Schlüter in Hamburg gemachten Vorschlag, es mit einer Duplik beim Kammergericht zu versuchen. Seinem dortigen Anwalt Vergenius ließ er einige von seinen Räten aufgezeichnete Gesichtspunkte zugehen, nach denen er die Verteidigungsschrift ausarbeiten sollte.

Jedoch dieser Wunsch des Herzogs kam zu spät zur Kenntnis Dr. Vergenius. Am 14. Juni 1679 aus Güstrow abgegangen, gelangte das Schreiben erst am 6. Juli nach Speier in dessen Hände, d. h. nachdem am 4. Juli bereits die "ultima juridaca" und tags darauf der letzte Ratgang in "extra judicialibus" vor den Hundstagsferien gehalten worden war. Demgemäß war gegen die am 7. Juli erfolgte "Publicatio Sententiarum" nichts mehr einzuwenden, und dieses Urteil lautete dahin, daß der Herzog aufgefordert wurde, binnen drei Monaten das Privileg aufzuheben, widrigenfalls er zu der im Mandat angegebenen Strafe sich verstehen müßte.

Das Urteil war aber wunderbarerweise nicht gleich in der Kanzlei ausgefertigt worden, so daß Dr. Vergenius es erst am 12. August nach Güstrow zu schicken vermocht hatte. Und hier war unterdessen der Herzog anderen Sinnes geworden. Er war von selbst aus bewegenden Ursachen darauf gekommen, das Privileg dem Wilhelmsen zu kündigen, und man hatte nur "wegen vieler anderer Geschäffte es zu notificiren vergessen". Als jetzt das Urteil des Kammergerichts eintraf, wurde am 24. August 1679 die Unterlassung sofort gut gemacht. Damit war denn das Monopol in Mecklenburg-Güstrow aus der Welt geschafft.

Eine Reihe von Jahren verging, ohne daß man in Güstrow vom Monopol etwas hörte. Aber die Sicherheit, mit der dein fürstlicher Schwager an ihm festhielt, vielleicht auch die Erfahrung anderer Länder und der Wunsch, den geschwächten Finanzen aufzuhelfen, veranlaßten den Herzog Gustav Adolf, nach einem Jahrzehnt das Experiment zu wiederholen. Am 13. September 1689 befahl der Herzog seinen sämtlichen Beamten und insbesondere den Zolleinnehmern, die beiden Tabakhändler Franz Harz und Claus Schröter mit ihren Wagen frei passieren zu lassen, 115 )


115) Acta betreffend das vom Herzog Gustav Adolf dem F. Harz und Cl. Schröter erteilte Privileg. excl. Schwerin, Archiv.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 186 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und am folgenden Tage erhielten die Genannten die Erlaubnis, in Güstrow eine Tabakspinnerei einzurichten und den Tabakhandel "ohn Jemandes Eintrag und Behinderung in unserem Herzogthume zu betreiben". Ausdrücklich wird auf die Konzession Bezug genommen, die der Jude im Schwerinschen erlangt hatte. Harz sollte die Erlaubnis in gleicher Weise wie jener benutzen und Tabak von allem Landzoll frei importieren dürfen. Alle Krämer und Händler sollten künftig nur von ihm den Tabak beziehen und lediglich den mit Harzschem Stempel versehenen Tabak verkaufen dürfen. Andererseits mußte Harz versprechen, guten und unverfälschten Tabak für billigen und gehörigen Preis zu liefern.

Es fehlt leider an Nachrichten, wie man dieses Mal in den ständischen Kreisen das Monopol aufnahm. Die über das zweite Monopol erhaltenen Akten sind sehr dürftig. Nur soviel steht fest, daß am 16. September 1689 die Konzession dem Harz auf 8 Jahre ausgereicht wurde, nach deren Ablauf sie auf seinen Sohn Franz Harz den Jüngeren übergehen sollte. 116 ) Die Rekognition, zu der sich die Händler verpflichteten, bestand in der Zahlung von 130 Speziestalern jährlich während der ersten Hälfte der Pachtperiode und 150 Speziestalern jährlich während der zweiten Hälfte. Im ganzen genommen waren demnach für acht Jahre die Summe von 1120 Talern zu erwarten, wovon 400 sofort "avanciret und ausgezahlet" wurden.

Doch das Monopol war nicht von so langer Dauer, als man geglaubt hatte voraussetzen zu können. Wohl wurden im nächsten Jahre wiederholt an den Stadtrichter in Güstrow und an die Beamten in Neubrandenburg, Malchin, Plau und Friedland Anweisung geschickt, den Schleichhandel mit Tabak zu unterdrücken und alle anzuhalten, ihren Tabak von den privilegierten Händlern zu erstehen. Indes diese hielten nicht, was sie in Aussicht gestellt. Weder lieferten sie guten Tabak noch zu billigem Preis, und außerdem wurden die Absichten des Herzogs nicht erreicht. Diese gingen dahin, "den Tobacksbau, welchen unsere Benachbarten mit guten Succeß angefangen", sowie seine Fabrikation zu befördern. Das gelang nun insofern nicht, als Harz fremden und anderswo gesponnenen Tabak einführte. Daher hob der Herzog am 23. Februar 1692 das Privileg wieder auf 117 ) und entschloß sich, das Monopol in eigene Regie zu nehmen. Er ließ in Güstrow von


116) Universitätsbibliothek in Rostock, Mk. 91, Mappe 14, Verordnungen von 1689/90.
117) Ebenda, Mappe 15, Verordnungen 1691/92.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 187 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der fürstlichen Kammer eine Tabakspinnerei anlegen, die Tabak von gleicher Güte wie in Hamburg und an anderen Orten liefern und en gros abgeben sollte. An ihre Spitze wurde als Inspektor Johann Christoph Ilmer gestellt. Allen Gewürzhändlern und Krautkrämern, die mit Tabak handelten, wurde nun bei Strafe von 20 Talern befohlen, nur aus der herzoglichen Spinnerei den Tabak zu nehmen und keinen fremden, nicht mit dem Fabrikstempel bezeichneten Tabak zu verkaufen, es sei denn Knaster oder brasilischer Tabak.

Über die Schicksale dieser Manufaktur ist nicht viel bekannt. Der Herzog verlor sie bis kurz vor seinem Tode nicht aus den Augen, und noch nach seinem Hinscheiden hat sie eine Zeitlang bestanden. Aus Woldegker Stadtakten ergibt sich daß im Jahre 1694 118 ) der Herzog zwei kleinen Krämern auf die Spur gekommen war, die, wie es schien, den von ihnen zu verhandelnden Tabak nicht aus Güstrow zu beziehen pflegten und nun einen Eid leisten sollten, daß sie in Zukunft keinen fremden Tabak verkaufen würden. Dem einen ging diese Zumutung so nahe, daß er im folgenden Jahre den Handel ganz aufgab und der andere schloß sich ihm nach einiger Zeit an. Bemerkenswert ist in dem herzoglichen Reskript die Wendung, mit der auf die Konkurrenz der Refugiés in Bützow Bezug genommen wird. Es heißt daselbst: "So ist ja auch bekant, das die Wallonen nahe bei unß wohnen, den Toback häuffig bauen und gantz liederlich verkauffen, dahero der Toback alhier gar nicht abgehet und müsse man also großen Schaden leiden, weil der Güstrower Man nicht um den Preis verkauffen konte, alß die Wallonen dieses Ohrts ihren verkauffen. So kauffen auch fast alle diese Einwohner, so sich des Tobacks gebrauchen, ihren Toback von den Wallonen auff die Jahrmarckte, daß also schlechter Abgang desselben ist."

Herzog Friedrich Wilhelm setzte die Traditionen seines Onkels fort. Er bemühte sich, der Fabrik gutes Rohmaterial zu verschaffen und sorgte nach Kräften für guten Absatz im Lande. Im Jahre 1696 erteilte er dem Pächter der Manufaktur einen Paß zu einer Reise nach Straßburg behufs Ankauf von Tabak. Es läßt sich zwar nicht mehr feststellen, ob Strasburg in der Uckermark oder Straßburg in Elsaß gemeint ist. Jedenfalls sollte doch wohl ein edlerer Rohstoff, als er für gewöhnlich nach der Natur der Sache in Mecklenburg erzeugt werden konnte, zur Verarbeitung gelangen.


118) Schwerin, Archiv.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 188 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zur Verstärkung des Absatzes erließ der Herzog eine ganze Reihe von Mandaten, die stets sehr eindringlich gehalten sind. Nur legt allerdings ihre häufige Wiederholung nahe, daß ihre Wirkung eine geringe war. Vermutlich wurde viel Tabak geschmuggelt und man scheute sich nicht, solchen in Läden und Boutiquen feilzubieten. Verordnungen vom 6. März 1697, vom 20. April 1700, vom 29. Mai 1702, vom 11. Januar 1706 ziehen dagegen zu Felde und gebieten allen Bierschenken, Gewürzhändlern, Krautkrämern, lediglich Tabak zu verkaufen, der der Güstrowschen Spinnerei entnommen war.

Im übrigen scheint die Fabrik wohl im Zusammenhange mit dem ungenügenden Absatz keine glänzenden Geschäfte gemacht zu haben und wechselte in kürzeren Zwischenräumen ihre Pächter. Von vornherein zog nämlich die Regierung es vor, statt selbst zu wirtschaften, die Manufaktur zu verpachten. Der Herzog Gustav Adolf hatte den Kammerrat Schuckmann zur Pachtung veranlaßt, der allmählich bis zu 3000 Talern jährlich gezahlt haben soll. Wenigstens wird dieser Betrag in einer späteren Eingabe des Pächters Erasmus Giese vom Jahre 1701 angegeben. Derselben Quelle entstammt die Behauptung, daß Güstrower Kaufleute gegen den Herzog beim Kammergericht einen Prozeß wegen Anlegung der Fabrik angestrengt hätten, indes abgewiesen worden seien. Weder die eine noch die andere Mitteilung findet sich anderweitig bestätigt. Von Schuckmann ging die Pacht auf den Geheimrat von Löw über, der sie jedoch dem Johann Heinrich Leve (Lofe) abtrat. Dieser hatte sich mit dem kürzlich aus Magdeburg nach Güstrow verzogenen Erasmus Giese verbunden, und da im Jahre 1701 der Vertrag zu Ende ging, wandte er sich am 30. Mai an die Kammer mit dem Gesuch, ihm die Anstalt zu überlassen. Leve wollte somit offenbar das Geschäft nicht fortsetzen. Gleichzeitig mit Giese hatte sich der Hofjude Bendix Goldschmidt in Schwerin gemeldet, und ein Refugié, der zur Zeit in Wittstock als Tabakhändler weilte, war ebenfalls nicht abgeneigt, sich auf das Geschäft einzulassen. Giese trug den Sieg davon, obwohl er nicht mehr als 200 Taler Pacht versprochen zu haben scheint. Wenn diese Angabe zutreffend ist, so fällt aus ihr neues Licht auf die etwas sagenhaften 3000 Taler Pacht, die früher gezahlt worden sein sollten. Giese hat sich des Betriebs nicht lange erfreut. Am 11. Januar 1706 wird Jochim Schimmelmann als Arrendator der Tabakspinnerei genannt. Wie lange dieser die Leitung behielt und was aus der Manufaktur schließlich geworden ist, hat sich nicht mehr ermitteln lassen.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 189 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

5. Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin von 1688 bis 1699

Die Verwandten, die Abraham Hagen zur Pachtung des Monopols empfohlen hatte, hießen Michael Hinrichsen und Moses Israel Fürst. Am 14. August 1688 gestand der Herzog ihnen das Privileg zunächst auf ein Jahr zu, 119 ) verlängerte es jedoch am 27. Februar 1690 auf zwei Jahre. 120 ) Alle Ämter und Städte wurden aufgefordert, für die Veröffentlichung des Mandats zu sorgen, es an die "Schultzen- und Krughäuser-Thüren" anschlagen zu lassen und die Landreiter anzuweisen, alle unbefugten Tabakhändler zur Anzeige zu bringen.

Den beiden ersten Ausfertigungen des Privilegs sind im Laufe der Jahre mehrere andere gefolgt. Im Mai 1692 sollte mit den Juden der Vertrag erneuert werden, indes mit einer Einschränkung, sofern in den Ämtern und Städten Rehna, Gadebusch und Grevesmühlen einem anderen Handelsmann Moses Hinrichsen das ausschließliche Recht zum Handel eingeräumt werden sollte. Damit waren die beiden älteren Konzessionäre freilich nicht einverstanden. Sie baten, die dem Moses Hinrichsen einzuräumende Freiheit einstweilen noch für ein Jahr vorzuenthalten. Im übrigen stellten sie ihre pekuniäre Lage als wenig glänzend dar. Sie wollten innerhalb 5 Jahren 2500 Mark Schaden gehabt haben. 121 ) Daher baten sie um eine Ermäßigung der Pachtsumme, deren Betrag sie außerdem nicht in Speziestalern, sondern in Kurantmünzen zu erlegen wünschten. Schlauer aber als sie war der Moses Hinrichsen. Denn er bat nicht nur um die Erlaubnis, einen Bier- und Branntweinausschank sowie eine "Herbergirerey" in Rehna, d. h. in dem Bezirk, in dem man ihm den Handel zu verpachten geneigt war, eröffnen zu dürfen, sondern er stellte auch in Aussicht, zum Christentum übertreten zu wollen. 122 )

Was aus diesen Plänen geworden ist, ist unbekannt. Jedenfalls erwog man sie und beeilte sich nicht mit der Antwort. Im Herbste war eine solche noch nicht ergangen, so daß die Juden ihren Antrag am 10. November erneuerten. 123 ) Sie versprachen dabei die ganze Rekognition in dem Betrage, in dem sie früher


119) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin, 1690-1708, Nr. 1.
120) Gedrucktes Mandat in den Impressa archivi zu Schwerin.
121) Schwerin, Archiv, Akten Nr. 3.
122) Ebenda, Akten Nr. 6.
123) Ebenda, Akten Nr. 9.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 190 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

bezahlt worden war, nämlich 100 Rtlr. zu zahlen. Dafür wünschten sie freilich eine Ausdehnung des Privilegs auch auf den Handel mit anderen Waren. Wirklich bestätigte Herzog Friedrich Wilhelm von Hamburg aus am 16. November 1692 dem Michael Hinrichsen und dem Moses Israel Fürst unter den bisherigen Bedingungen das Privileg. 124 ) Der letztere muß jedoch bald darauf gestorben sein oder sich aus dem Geschäfte zurückgezogen haben, da am 19. Januar 1693 das Privileg auf Bendix Goldschmidt und Michael Hinrichsen übertragen wurde. Moses Hinrichsen - in welchem Verwandtschaftsverhältnis er zu Michael Hinrichsen stand, erhellt aus den Akten nicht - war somit übertrumpft worden. Weder aus dem Gasthaus noch aus dem Branntweinausschank und Tabakhandel war etwas geworden. Aber zum Christentum war er trotzdem übergetreten, und nun schwebte ihm der Gedanke vor, durch seinen Sohn Friedrich Wilhelm etwas zu erreichen. Er ließ diesen sich in Rostock als Tabakspinner etablieren und an den Rat mit der Bitte um ein Privileg sich wenden. Der Rat wollte aber nicht darauf eingehen, "weil man keine Monopolia mehr einzuführen gemeinet sey" und um augenscheinlich die Gewürzhändler, deren Rostock eine gewisse Anzahl besaß, nicht zu schädigen. Friedrich Wilhelm Hinrichsen war indes zähe genug, von seinem Vorhaben nicht ohne weiteres abzustehen, und wandte sich an den Herzog mit dem Gesuch, dem Rate in Rostock die Erteilung des Privilegs vorzuschreiben. 125 ) Gleichzeitig bewarb er sich um das Recht, auf den Jahrmärkten den Tabakhandel betreiben zu dürfen, 126 ) "da nicht zu beschreiben, was schlechte Nahrung in in Rostock sey", und dieses Gesuch befürwortete sogar der Rat beim Herzoge. Wahrscheinlich ist es ihm auch erteilt worden, obwohl Michael Hinrichsen, als er davon hörte, sofort den Herzog bat, die Erlaubnis zu verweigern. Es seien schon Privilegierte (Juden?) genug und die Erteilung des neuen würde sein Geschäft wesentlich beeinträchtigen.

Die aufeinander folgenden Ausfertigungen des Monopols lassen sich nicht alle in den Akten belegen. Am 26. Mai 1697 erfolgte jedenfalls eine Bestätigung, vermutlich auch im Jahre 1695 und im Jahre 1698. Wie es scheint, wurde nunmehr das Privileg auf längere Zeit erteilt.


124) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 7.
125) Ebenda, Akten Nr. 14.
126) Ebenda, Akten Nr. 18.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 191 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zu Beginn des Jahres 1701 machte sich eine Verlegenheit geltend, einen neuen Pächter zu finden. Vermutlich war das Geschäft doch ein mühseliges und verhältnismäßig wenig gewinnreiches. Denn Michael Hinrichsen, der gleichzeitig in Schwerin Hofjuwelier war, bewarb sich nicht um die Erneuerung des Privilegs, und als es ihm von der Kammer nahe gelegt wurde, es zu tun, erklärte er, sich nicht früher entscheiden zu können, als bis er sich mit seinem in Hamburg aufhaltenden Schwager Goldschmidt darüber verständigt hätte. 127 ) Schließlich kam indes doch auf der alten Grundlage der Vertrag zustande. Michael Hinrichsen und Goldschmidt erhielten das Monopol zum alleinigen Handel mit Tabak im Fürstentum Schwerin gegen Zahlung von 100 Talern jährlich, dieses Mal auf die Dauer von 6 Jahren. 128 ) Rechnet man vom Tage der Datierung des Patents, so wäre am 30. August 1707 die Pacht abgelaufen. Doch muß dann noch einmal eine Erneuerung stattgefunden haben, da die Rentereirechnungen, die seit dem Jahre 1683/84 eine Rubrik aufweisen "Von den Juden allhie auff der Schelfe wegen des Tobackhandels", zum letzten Male die Zahlung von 100 Rtlrn. Spezies für die Zeit von Johannis 1707 bis ebendahin 1708 registrieren.

Mit dem Jahre 1708 hört also das Monopol wieder auf, nachdem es unbeschadet des Einspruchs der Stände etwa 35 Jahre bestanden hatte. Der finanzielle Erfolg war kein großer gewesen. Denn vorausgesetzt, daß die Pächter regelmäßig bezahlt haben, was erst seit 1683/84 durch die Rentereirechnungen verbürgt ist, wären in dem genannten Zeitraum nicht mehr als 3500 Taler vereinnahmt worden. Diese verhältnismäßig geringfügige Summe war aufgebracht worden unter allgemeiner Unzufriedenheit der Bevölkerung und entschiedener Abneigung der Stände. Diese hörten nicht auf, über die Beeinträchtigung der Handelsfreiheit sich zu beschweren, und dieser Mißstimmung trug offenbar der Herzog Rechnung, als er schließlich das Monopol fallen ließ. In den Resolutionen vom 19. März 1708, die auf der "gemeinen Städte Angelegenheiten" in Schwerin erteilt wurden, heißt es: "ad 16. Die Monopolia sollen abgestellet und die freye Handlung mit allen Wahren denen Städten gelassen werden, jedoch sollen sie gehalten seyn die Seiffensiederei, wie wohl ohne einige Recognition dafür zu geben, fortzusetzen und den Toback, der alhie im lande


127) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 52.
128) Ebenda, Akten Nr. 58.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 192 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

gebauet wird, zu verarbeiten, damit diese Nahrung nicht aus dem lande gehe und das Geld dafür in die Frembde gebracht werde." Darin darf wohl die offizielle Bestätigung, daß es mit dem Monopol zu Ende war, erblickt werden. Nur die allgemeine Mahnung auf merkantilistischer Grundlage blieb, daß man den einheimischen Rohstoff nicht unbenutzt liegen lassen, sondern an seine Verarbeitung sich machen möge, um Zahlungen ans Ausland zu ersparen.

Die Schwierigkeiten der Durchführung des Monopols hatten sich während dieser ganzen Periode gezeigt. Entweder ließen sich die Pächter Übergriffe zu Schulden kommen und genügten den übernommenen Verpflichtungen nicht, oder es gelang ihnen nicht, den Widerstand der gegen sie voreingenommenen Bevölkerung zu überwinden. Die Krämer in Dömitz klagten z. B., daß die Juden auch den Handel en détail trieben, wodurch sie in ihrem Geschäftsbetrieb beeinträchtigt würden und für ihren von den Pächtern gekauften Tabak keinen Abnehmer fänden. 129 ) In Bützow erhob der Apotheker Clandrian, der früher selbst Tabakhandel getrieben und guten Hamburger Tabak zu 5 Schill. das Pfund abgegeben hatte, den Vorwurf, daß die Pächter "untauglichen Tabak" zu teuer zu verkaufen pflegten. 130 ) Dasselbe behaupteten die Kaufleute in Parchim und, wenn auch der Herzog die Monopolinhaber anwies, ihren Verpflichtungen getreu zu bleiben, 131 ) so hatte das nicht viel Wirkung. Denn die gleiche Anklage wurde bald wieder in Dömitz laut: Tabak im Werte von 4 Schill. das Pfund gäben die Pächter zu 7 Schill., solchen im Werte von 7 Schill. das Pfund zu 10 Schill. usw. Beim Brieftabak enthielten die Pakete statt der herkömmlichen 180 Briefe nur deren 140. Dazu verlangten sie bei der Bezahlung in Talern noch ein Aufgeld von 6 Schill. 132 )

Die Pächter versuchten sich von diesen Anschuldigungen zu reinigen. Doch sind ihre Mitteilungen viel zu undeutlich, als daß man die Überzeugung von ihrer Unschuld gewinnen könnte. Sie kauften angeblich den Tabak zu 2 1/2 bis 3 Schill. das Pfund ein und, indem sie alle Umstände berücksichtigten, als Zoll, Fracht, den Lohn an die Spinner und "Säuberer", die Unkosten für Wagen und Pferd, wenn sie auf die Jahrmärkte zogen, das Manko


129) Schreiben vom 12. Mai 1690. Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 2.
130) Ebenda, Akten Nr. 13.
131) Ebenda, Akten Nr. 23. Schreiben vom August 1694.
132) Ebenda, Akten Nr. 25.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 193 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

(25 Prozent sollten bei einem Zentner auf die Stengel gerechnet werden müssen), das schlechte Geld, das sie in Mecklenburg erhielten, während sie in Hamburg und Lübeck vollwichtiges bezahlen mußten, gelangten sie zu einem durchschnittlichen Einkaufspreis von 4 Schill. das Pfund. Demgemäß glaubten sie beim Verkauf verlangen zu müssen für kleinen Tabak 4 Schill. 6 d., für Mitteltabak 6 Schill., für feinen Tabak 10 Schill. das Pfund, und behaupteten, daß man den Tabak nirgend billiger als bei ihnen erstehen könnte. 133 ) Ein völlig reines Gewissen aber haben die Herren Pächter kaum gehabt. Wenigstens schlossen sie mit den Krämern in Parchim einen Vergleich, laut welchem sie einige Zugeständnisse zu machen für gut befanden. Den feinen Tabak wollten sie zu 9 Schill., den mittleren zu 5 Schill. 6 d., den "Fetten" Tabak zu 4 Schill. 3 d. abgeben. Das Paket Brieftabak sollte für einen Taler 150 Briefe enthalten und bei Barzahlung versprachen sie Drittel- und Zweidrittelstücke für voll anzunehmen. 134 ) Freilich klagten später die Parchimer darüber, daß die Juden sich zu helfen gewußt und schlechteren Tabak geliefert hätten. 135 )

Man glaube nicht, daß die privilegierten Händler gerade in Parchim und Dömitz ihre Künste besonders übten. In Grabow, Neubukow, Warin trieben sie es nicht besser. Aus ersterer Stadt ertönt der Vorwurf, daß die Pächter den Tabak zu feucht verkauften, so daß, wenn er trocken geworden, man am Gewicht eingebüßt habe. In Neubukow wiederum beschwerte man sich, daß man für ein Pfund Rolltabak 11 Schill. habe geben müssen, das man in der gleichen Güte in Wismar für 7 Schill. erstehen könnte, und in Warin endlich empfing man für einen Taler nur 140 Briefe, während man in Wismar für den gleichen Geldbetrag 160 Briefe erhalten konnte. 136 )

Gegenüber diesen Erfahrungen begreift man schwer, daß der Herzog, der allerdings die Pächter stets zur Verantwortung zog, wenn Beschwerden gegen sie eingegangen waren, sehr streng auf Übertretungen des Monopols Acht geben ließ und immer neue Mandate zur Unterstützung der Pächter ausgehen ließ. Das geschah natürlich, um das ihnen einmal erteilte Recht nicht zu kränken. Aber wenn die Anordnungen sich so schwer und nur


133) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg- Schwerin 1690-1708, Nr. 27.
134) Vergleich vom Dezember 1694. Ebenda, Akten Nr. 28.
135) Klage vom August 1697. Ebenda, Akten Nr. 31.
136) Ebenda, Akten Nr. 24, 38, 45.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 194 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

unter Benachteiligung seiner Untertanen durchführen ließen - warum erkannte man dann die Zweckmäßigkeit, das Monopol aufzuheben, nicht schon früher wieder an? Man vergesse nicht, daß der unerlaubte Handel der Krämer, Kaufleute usw. mit dem von anderen Leuten als den Pächtern erkauften Tabak wesentlich darin seine Rechtfertigung hatte, daß sie sich von den Privilegierten übervorteilt fühlten.

Die Klagen und Denunziationen von seiten der Juden über unbefugten Handel rissen nicht ab, und trefflich wußten sie die Leute auszukundschaften, die sich Verfehlungen zu Schulden kommen ließen, indem sie von anderswoher den Tabak bezogen. In Schwerin bot ein Bürger Mönnike fremden gesponnenen Tabak und Brieftabak feil, das Pfund vom ersteren zu 8 Schill. Flugs hatte ihn Hinrichsen erfaßt und einen Befehl vom Stadtvoigt ausgewirkt, den Tabak konfiszieren zu lassen. 137 ) In Dömitz baute die Soldateska innerhalb der Festung das edle Kraut und verkaufte wohl gar davon, führte auch Tabak aus Lüneburgischen Spinnereien ein. 138 ) In Neustadt entdeckten die Pächter einen gewissen Moldenhauer, der Rollentabak verkaufte, der nicht bei ihnen erstanden war. 139 ) Vor allen Dingen aber waren ihnen die Franzosen in Bützow ein Dorn im Auge, die teils mit ihrem Erzeugnis hausieren gingen, teils den Rohstoff selbst verarbeiteten. 140 )

Indes wenn der Herzog geneigt war, sonst auf die Beschwerden der Juden einzugehen, den Franzosen gegenüber übte er Nachsicht. Er ließ den Pächtern antworten, daß er den Hugenotten soviel wie möglich Tabak abnehmen wolle, damit sie zum Verspinnen keinen mehr nachbehielten. Als aber die Pächter nicht müde wurden, um ein Verbot des Tabakhandels der Franzosen nachzusuchen und diese sich in ihrer Not an den Herzog selbst wandten, 141 ) befahl er den Juden, sich nach Bützow zu begeben und dort mit den Leuten "nach Billigkeit" zu verhandeln. Hinrichsen war das offenbar gar nicht nach Sinn, und wenn er auch dem Befehl gehorchen mußte, so fand er den Tabak nicht so gut, wie er ihn gewohnt war und um einen Taler pro Zentner teurer als an anderen Orten. 142 ) Doch dem Herzog kam es darauf an, die


137) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin, 1690-1708, Nr. 4.
138) Ebenda, Akten Nr. 20.
139) Ebenda, Akten Nr. 42.
140) Ebenda, Akten Nr. 53, 59.
141) Ebenda, Akten Nr. 56.
142) Ebenda, Akten Nr. 63.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 195 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

einheimische Industrie zu beleben, und so schritt er auch später nicht gegen seine Schützlinge ein. Die Hugenotten hörten aber später von selbst auf, sich mit dem Tabakbau zu befassen.

Im übrigen erging während der Dauer des Monopols ein Mandat nach dem anderen behufs seiner Aufrechterhaltung. 143 ) Von den Kanzeln in den Kirchen herab wurde auf Wunsch der Pächter die Vorschrift verkündigt. Strenge Strafen drohten dem, der mit fremdem, nicht von dem Pächter bezogenen Tabak handelte. Zwölf Taler waren für jedes Pfund Tabak, zwei Taler für jedes Paket Brieftabak angesetzt, den man derart entdecken würde. Herzogliche Beamte visitierten überall und es war eine Instruktion aufgesetzt, wie dabei zu verfahren war. Alle Krambuden, Böden, Keller, ganze Häuser wurden durchsucht und es kam dabei gelegentlich zu häßlichen Szenen. Wie z. B. in Schwerin, wo ein gewisser Carnatz den Juden bedrohte, ihn einen Betrüger nannte und dergleichen mehr. Die Pächter bedienten sich des schlauen Auskunftsmittels, Soldaten in die Tabakläden zu schicken und auf diese Weise diejenigen zu ermitteln, die unerlaubten Tabak vertrieben. Am 15. April 1699 wurde der Akzise-Inspektor Fritzchen ausdrücklich angewiesen: "Wenn Du in den Städten und auf dem Lande reisest, fleißig Acht zu haben, ob die Tabaksverordnung ausgeführt wird." 144 ) Er konnte denn auch bald melden, daß er in Gadebusch und Rehna Tabak aus Lübeck gefunden hätte, für den er nach den Sätzen des Mandats eine Strafe von 225 Rtlrn. berechnete. 145 )

Bei solcher Sachlage werden gewiß alle Händler wie Konsumenten froh gewesen sein, als endlich das Monopol wieder aufhörte und jeder sich wenigstens im Schwerinschen seinen Tabak holen konnte, wo er wollte. Wie es sich im Güstrowschen verhielt, haben wir im vorhergehenden Abschnitt kennen gelernt.



143) 1690, Febr. 27; 1693, Jan. 19; 1694, Juni 9; 1698, Dez. 1. Impressa archivi in Schwerin, doch auch in der Landesbibliothek und in der Universitätsbibliothek in Rostock.
144) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, Nr. 40a.
145) Ebenda, Akten Nr. 47.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 196 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

6. Der Tabakhandel und die Tabakindustrie unter dem Herzog Karl Leopold.

War nach den bisherigen Erfahrungen, die man mit dem Monopol gemacht hatte, genugsam die Schwierigkeit seiner Durchführung erwiesen, so konnte in der bewegten und unruhigen Regierung Karl Leopolds erst recht nicht daran gedacht werden, es wieder aufleben zu lassen. Wohl aber lag es in dem Charakter jener Zeit, die industrielle Unternehmungen auf dem Wege der Privilegierung gerne begünstigte, einzelnen Anstalten das öffentliche Interesse zuzuwenden. Das war denn auch mehrfach unter der Regierung Karl Leopolds bei der Tabakfabrikation der Fall.

Im Jahre 1713 wurde in Grabow ein gewisser Johann Niemann, ursprünglich seines Zeichens ein Tuchmacher, der unbekannt, von wo in Mecklenburg eingewandert war, als Tabakspinner privilegiert. Ausdrücklich lautete das herzogliche Reskript dahin, daß er unbeschadet des "Krahm- und Haken-Ambts" Tabak fabrizieren und mit fremdem Tabak handeln dürfe. 146 ) Ein entlassener Dragoner, Elert Stahl, der ebenfalls um die Erlaubnis nachsuchte, einen Handel mit Tabak in Grabow eröffnen zu dürfen, wurde abschlägig beschieden. 147 ) Wohl hatte er geltend machen können, daß er nach dem Aufgeben des Militärdienstes keine Unterhaltsmittel besäße und mit den Seinigen zum Bettelstabe greifen müsse, während er auf diesem Wege hoffe, sich anständig ernähren zu können. Aber da nun einmal das Privileg schon vergeben war, wofür vermutlich auch eine Gebühr entrichtet worden sein wird, so war es unmöglich, seine Bitte zu erhören.

In Malchin wollte Johann Heinrich Dannehl, ein geborener Mecklenburger, eine Tabakspinnerei ins Leben rufen und bewarb sich um ein ausschließliches Recht zu ihrer Führung. Er begründete seinen Antrag mit dem Unwesen der Hausiererei. Aus fremden Ländern schliche allerhand Gesindel sich in Mecklenburg ein und bringe Tabak in großer Menge, sogar ganze Wagenladungen, mit. Diesen setze man auf dem platten Lande ab, betrüge die Einwohner mit böser Ware und übersetze sie im Preise. "Nach vielen verübten Diebereyen und anderen Insolentien gingen sie mit dem Profit zum Lande herauß." Er dachte nun gewiß, durch sein gutes das schlechte Fabrikat verdrängen zu können, wünschte indes gleichzeitig den Erlaß eines Verbots der


146) Grabower Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
147) Am 24. November. Akten wie erwähnt.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 197 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Hausiererei. Namentlich aus Pommern, aus der Mark Brandenburg und dem Strelitzschen tauchten die Händler auf. Möglicherweise hätte seine Manufaktur in der Tat dem Lande Mecklenburg nützlich werden können. Jedoch Bürgermeister und Rat in Malchin waren nicht für das Monopol, und so ist offenbar die nützliche Anlage unterblieben. 148 )

Über den Wettbewerb brandenburgischer Händler klagten einige Jahre später Parchimsche Krämer. Auf den Jahrmärkten nicht nur erschienen sie mit Rollen- und Brieftabak, sondern hausierten mit solchem auch außer dieser Zeit. Dagegen durften die Parchimenser, obwohl sie die Tabakblätter aus brandenburgischem Gebiete (Uckermark) holten, doch nicht die dortigen Märkte beziehen, weil sie eine doppelt so hohe Akzise als die Einheimischen zu entrichten gehabt haben würden. Daher baten die Parchimschen Krämer, den Brandenburgern den Handel mit Tabak auf den mecklenburgischen Jahrmärkten zu untersagen und zum Hausieren nur die zuzulassen, die den Rohstoff in mecklenburgischen Städten erworben hatten. Wirklich ging der Herzog auf diesen Wunsch ein und gab am 13. Mai 1720 eine derartige Anweisung, die indes schon im folgenden Jahre wieder zurückgezogen werden mußte, da man preußischerseits mit Repressalien drohte. Trotz der Behauptung der Parchimenser, daß sie auf den brandenburgischen Märkten nicht mit den Einheimischen in Wettbewerb zu treten vermochten, muß das also doch der Fall gewesen sein. 149 )

Dem Gedanken an die Wiedereinführung des Monopols stand übrigens der Herzog nicht durchaus unfreundlich gegenüber. Im Februar 1718 meldete sich Johann Stephan Klein aus Schleswig zur Übernahme des Tabakhandels. Er rühmte sich, alle Sorten, "Vergini, Knaster, Cartuse und anderes mehr präpariren" zu können und der Herzog ließ ihn denn auch auffordern, seine näheren Absichten mitzuteilen. Doch ist aus unbekannten Gründen diese Auseinandersetzung nicht erfolgt. 150 )

In Malchin ließen sich um diese Zeit, im Jahre 1718, drei Fremdlinge nieder: Joachim Dietrich Zog, ein vormaliger Schneider, Peter Coffrie und Hans Wittenburg, den die Furcht, in das lange Regiment Friedrich Wilhelm I. gesteckt zu werden, aus seiner preußischen Heimat vertrieben hatte. Alle drei, von Geburt Brandenburger, hatten in Malchin sich angelegen sein


148) Malchiner Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
149) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 11.
150) Ebenda, rote Akten-Nr. 10.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 198 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

lassen, ihren Unterhalt als Tabakspinner zu gewinnen, wobei es ihnen freilich nicht glänzend gegangen war. Namentlich litten sie durch den Wettbewerb von Pfuschern, die schlechte Tabaksorten "zusammenbrödelten" und mit ihnen die Jahrmärkte besuchten. Handwerker und Tagelöhner, die sich weder auf den Tabakbau noch auf seine Verarbeitung verstanden, drängten sich zu solcher Tätigkeit. Daher baten jene drei um ein Privileg, laut welchem keiner außer ihnen dem Gewerbe obliegen und Rollentabak, es sei denn auf Jahrmärkten, verkaufen dürfe. Den Handel mit fremdem Tabak wollten sie den Krämern überlassen.

In der Tat genehmigte der Herzog am 18. Januar 1725 den Antrag. Der Magistrat von Malchin hatte den dreien ein rühmliches Zeugnis ausgestellt. Gleichwohl zeigte sich nachher in den bürgerlichen Kreisen doch Unzufriedenheit. Man beschwerte sich, daß man seinen selbst gebauten Tabak nicht verarbeiten und verkaufen dürfe. Und die Krämer behaupteten auch, daß die drei Privilegierten nicht fähig und geschickt zu ihrem Gewerbe wären. Doch wird nicht gemeldet, daß man für zweckmäßig erachtet hätte, das ausschließliche Privileg wieder zurückzunehmen. 151 )

Ein bevorzugter Platz der Tabakspinnerei blieb in der ganzen Regierungszeit des Herzogs Karl Leopold Grabow. Hier war, wahrscheinlich nachdem Niemann das Geschäft aufgegeben hatte oder fortgezogen war, am 27. September 1720 Karl Burgau aus Putlitz in der Mark Brandenburg als Tabakfabrikant vom Herzog konzessioniert worden. An ihn hatte sich einige Jahre später Johann Elving aus Perleberg angeschIossen. Der Herzog verlieh diesem am 24. Oktober 1724 das Privileg zur Anlage einer Tabakspinnerei unter der Bedingung, daß er tüchtigen untadelhaften Tabak anschaffen, sich gut führen und seine Abnehmer mit den Preisen nicht übervorteilen würde. 152 )


7. Ein neues Projekt zur Einführung des Tabakmonopols.

Am 1. Oktober 1755 ließ der Herzog Christian Ludwig der Kammer zwei Projekte zur Prüfung zugehen, die ihm ein Franzose Henri de Framicourt unterbreitet hatte. Von ihnen


151) Malchiner Stadtakten im Archiv zu Schwerin, 1724/25.
152) Grabower Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 199 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

betraf das eine die Errichtung einer Lotterie, das andere die Einführung des Tabakmonopols. Schon einige Jahre vorher, 1749, hatte der Hofagent Ruben Michel Hinrichsen sich um die Erneuerung des offenbar einem seiner Vorfahren verliehen gewesenen Privilegs beworben, war aber abschlägig beschieden worden. Nun kam der Stein abermals ins Rollen, da ein abenteuernder Franzose, der in der Fremde sein Glück suchte, aber mit den Verhältnissen des Landes, in dem er sich zeitweilig aufhielt, völlig unbekannt war, Pläne entwickelte, die von vornherein unannehmbar erscheinen mußten. Gewiß bewog diesen dazu der Erfolg, den er in seinem Vaterlande mit dem Monopole hatte wahrnehmen können, und vielleicht drängte sich ihm die Empfindung auf, daß der in der mecklenburgischen Staatskasse oft vorhandenen Ebbe eine regelmäßig und reichlich fließende Einnahme nicht unwillkommen sein konnte.

Die Grundzüge des Framicourtschen Entwurfes waren diese. Er ging davon aus, daß der Tabak in Mecklenburg sehr teuer sei. Hauptsächlich wurden Tauchtabak und Tabac rapé konsumiert, letzterer zu 12 Groschen das Pfund. Mit Hülfe des Monopols könne man den ersteren zu 3, den letzteren zu 8 Groschen absetzen, wodurch man zweifellos den Konsum heben würde. Um die Ermäßigung des Preises wahrscheinlich zu machen, stellte er folgende Erwägungen und Berechnungen an. Durch Agenten müsse in Dünkirchen oder Calais der von St. Vincent, St. Domingo oder St. Omer frisch ankommende Tabak direkt von den Schiffen gekauft werden. Ebensogut ließ er sich auch in den Magazinen erstehen, wobei man ihn gebündelt und geschnürt bekäme, mithin die sonst dafür zu zahlenden Unkosten (les fraix de feuilletage et de ficelage) ersparte.

Ein Ballen von 1000 Pfund Tabac rapé kostete 240 Francs, die Beförderung nach Mecklenburg 60 Francs (6 Francs pro Zentner), im ganzen also 300 Francs oder nach mecklenburgischem Gelde 250 Mark. Ein Zentner Tabac rapé kostete mithin im Einkaufe 25 Mark oder pro Pfund 3 Groschen. Dazu käme ein Zuschlag von einem Groschen für den Kaufmann, der den Tabak verkaufen sollte, und von 5 Groschen für den Herzog. Somit ließe sich für 8 Groschen das Pfund veräußern.

Vom Rauchtabak kaufe man an den gleichen Orten die besten Sorten, wie Morlaix, Scafarlati, Canaesse zu 90 Francs pro 1000 Pfund, so daß mit Einschluß des Transports von 60 Francs der Zentner in Schwerin zu stehen käme auf 12 Mark und 4 Groschen (der ganze Ballen von 1000 Pfund auf 125 Mark)

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 200 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

oder das Pfund auf einen Groschen im Einkauf. Dazu die Zuschläge von 1/2 Groschen für den Detaillisten und von 1 1/2 Groschen für den Herzog ergäbe einen Preis von drei Groschen pro Pfund für den Verkauf.

Ganz außer Ansatz bleiben bei dieser Berechnung die Bearbeitungskosten, denn die Zuschläge für den Herzog sollten doch wohl dessen Gewinn darstellen. Auch ist die Valuta, in der er rechnet, undeutlich, indem die Mark zu 8 Groschen angenommen wurde.

Das Naivste war jedoch seine Berechnung des Konsums. Herr von Framicourt nahm an, daß in Mecklenburg 4 Millionen Menschen lebten. Das weibliche Geschlecht und die im Kindesalter befindlichen Einwohner kamen natürlich nicht in Betracht. Von den männlichen Personen brauchten etwa 30000 mindestens ein Pfund Schnupftabak monatlich, d. h. 360000 Pfund zusammen jährlich, und eine Million anderer Personen würde etwa 12 Mill. Pfund Rauchtabak im Jahr nötig haben. Bei dem ersteren bestand der Gewinn des Herzogs in 5 Groschen pro Pfund, also in 225000 Mark oder 75000 Talern. Bei dem letzteren belief er sich auf 1 1/2 Groschen pro Pfund, also auf 2225000 Mark oder 750000 Taler. Der auf den Herzog entfallende Anteil würde mithin im ganzen 825000 Taler und nach Abzug von 25000 Taler für Einrichtung und Gehälter immer noch 800000 Taler netto sein. Alles übrige war, nachdem einmal ein derartiger Saltomortale gemacht worden war, eine Kleinigkeit. Die Beförderung des Tabaks könnte über Amsterdam nach Hamburg erfolgen und von dort zu Wagen nach Rostock, wo die Administration, an deren Spitze gewiß Herr von Framicourt gestellt zu werden hoffte, ins Leben zu rufen wäre. Wollte man von Calais aus direkt nach Rostock den Tabak bringen lassen, so müsse man mit den Sundzöllen rechnen. Vor Defraude fürchtete sich der kühne Unternehmer nicht. Es würde eben ein Verbot veröffentlicht werden müssen, daß kein anderer als in der herzoglichen Anstalt zubereiteter Tabak geraucht und gebraucht werden dürfte.

Als Vorteile des Monopols stellte Herr von Framicourt hin: 1. die Verminderung der Tabakpreise; dafür würden alle Untertanen den Herzog segnen, 2. die Vergrößerung der Einnahmen für den herzoglichen Säckel.

Man kann nur annehmen, daß der Herzog und seine Umgebung das wunderliche Projekt gar keines Einblicks gewürdigt hatten, sondern es gleich der Kammer zur Begutachtung zuweisen ließen. Das Fadenscheinige der Beweisführung und die Un=

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 201 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

geheuerlichkeit der Voraussetzungen hätten ja sonst von vornherein in die Augen fallen müssen.

Die Kammer hatte daher auch nicht lange Zeit nötig, um ins Klare zu kommen. Schon am 8. Oktober war ihre Antwort fertig. Das Monopol, so führte sie aus, stimmt nicht mit den Grundsätzen des jüngst geschlossenen Erbvergleichs überein. Die früheren Versuche, insbesondere während der Regierung des Herzogs Friedrich Wilhelm, seien, weil sie "schnurstracks der Mecklenburgischen Staatsverfassung zuwiderliefen", nicht von dauerndem Erfolge gewesen. Vor allen Dingen aber sei die Berechnung ganz verkehrt, da die Bevölkerung viel zu groß angenommen wäre. "Vier Millionen Menschen sind in Mecklenburg nicht zu finden, wenn man auch alles was lebendigem Odem hat von der Wiege an 9 bis 10mahl zehlet."

In der Tat mußte mit dieser Kritik der ganze stolze Bau zusammenfallen. Es wäre nicht möglich gewesen, bei der geringen Bevölkerung in Mecklenburg auch nur annähernd die geträumten Einnahmen zu erzielen. Seit dieser Zeit ist der Gedanke an das Monopol nicht wieder ernstlich erwogen worden.


8. Die Versuche zur Einbürgerung der Tabakindustrie unter dem Herzog Friedrich dem Frommen.

In der Regierungszeit des Herzogs Karl Leopold waren es kleine Unternehmer gewesen, die sich mit der Tabakspinnerei befaßten und aus Furcht vor der Konkurrenz ihren Betrieb privilegiert zu sehen wünschten. Viel war dadurch weder für sie noch für das Land gewonnen. Es hatte sich aber doch das für den heutigen Stand der deutschen Tabakindustrie charakteristische Verhältnis herausgebildet, nämlich die Dezentralisation. Gewiß wurde nicht annähernd die Menge von Tabak, die man in Mecklenburg verbrauchte, im Inlande fabriziert, immerhin gab es in mehreren Städten handwerksmäßig betriebene Geschäfte, deren Inhaber von dem Ertrage ihrer Arbeit leben konnten. Vermutlich werden solche Betriebe, außer in Grabow und Malchin, wo wir sie kennen lernten, in anderen Orten bestanden haben. Im Jahre 1768 wenigstens tauchen derartige "Spinnereien" in Malchow, Teterow und Tessin auf. Ihre Inhaber fühlten sich soweit als selbständige Handwerksmeister, daß sie beim Herzog

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 202 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

um die Erlaubnis nachsuchten, ein eigenes Amt errichten zu dürfen. Der Herzog gestand es ihnen gerne zu. Ob indes der von den Interessenten erwartete Erfolg, nämlich die Zurückdrängung der Pfuscher eintrat, ist nicht bekannt. Übrigens war dieses Amt nicht das einzige auf dem Gebiete der Tabakindustrie in Mecklenburg. Schon einige Jahre vorher war im Jahre 1763 in Wittenburg ein Tabakspinner-Amt errichtet worden, zu dem auch die Stadt Hagenow gehörte. Dieses wies im Jahre 1781 10 Meister, 6 in Wittenburg, 4 in Hagenow, auf, und in der ihm verliehenen Ordnung war seinen Mitgliedern ausschließlich das Recht zum Tabakspinnen zuerkannt worden. Allerdings hatte der Herzog sich vorbehalten, jederzeit Freimeister einsetzen zu können, doch für gewöhnlich sollte drei Meilen im Umkreise von Wittenburg niemand der Tabakspinnerei obliegen, der nicht mit einem fürstlichen Privileg begnadet oder Mitglied des Amts war. Auch in Goldberg bestand seit dem Jahre 1768 ein Amt der Tabakspinner. Man hört von ihm gelegentlich einer Beschwerde, die es gegen einen zum Kloster Dobbertin gehörenden Konkurrenten vorbrachte, der, ursprünglich ein Grobschmied, später sich darauf gelegt hatte, Tabak, den er nicht selbst gebaut hatte, zu verarbeiten und hausierend sein Fabrikat zu vertreiben. Der Artikel 7 der Amtsordnung bestimmte, daß allen Pfuschern und Schleichhändlern der bei ihnen vorgefundene Tabak weggenommen werden konnte. 153 )

Neben diesen Kleinbetrieben zeigt nun allmählich das Großkapital das offenkundige Bestreben, sich ebenfalls der Tabakfabrikation zu bemächtigen. Es wird von den kleinen Betrieben berichtet, daß ihre Leistungen weder in Ansehung der Menge noch der Güte von Belang waren. Immerhin beschäftigten sich nahezu 30 Werkstätten mit der Zubereitung von Tabak. 154 ) Sie verteilten sich folgendermaßen auf die einzelnen Orte: 6 in Parchim, 4 in Neustadt, 3 in Waren, je 2 in Grabow und Hagenow, je 1 in Rostock, Neustrelitz, Neubrandenburg, Fürstenberg, Lübz, Boizenburg, Dömitz, Gnoien, Teterow und Wittenburg. 155 )

Es ist nun charakteristisch, daß die geplanten Großbetriebe gleich den kleinen eines ausschließlichen Privilegs nicht glaubten entraten zu können. Dazu wollte man sich jedoch nicht verstehen,


153) Goldberger Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
154) von Langermann, Versuch über die Verbesserung des Nahrungsstandes in Mecklenburg, 1786, S. 55.
155) Die Summierung ergibt nur 27, also war vermutlich die Angabe Langermanns nicht ganz zutreffend. Fabri, Geographie für alle Stände, V. Bd., 1808, S. 550 ff.: Die mecklenburgischen Lande.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 203 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

und so ist schließlich aus allen diesen Eingaben, Entwürfen und Anschlägen nichts geworden.

In Schwerin wandte sich ein Gewürzhändler Jochim Christian Martiensen im August 1762 mit dem Vorschlag an die Kammer, eine Tabakfabrik anzulegen, falls man ihm ein Privilegium exclusivum zugestände. Er hatte bereits einen erfahrenen Meister, der in Hamburg und Altona gearbeitet hatte, nach Schwerin kommen lassen und beschäftigte ihn. Mit der Zeit hoffte er bei Erteilung eines Privilegs soweit gelangen zu können, allen Tabakpflanzern in Güstrow und Bützow ihr Erzeugnis abzunehmen. Indes wie verlockend das sein mochte, so erwiderte die Kammer, daß das nachgesuchte Privileg gegen die Grundsätze des Erbvergleichs verstoße. 156 ) Damit unterblieb dann die weitere Vergrößerung des Betriebs.

Besser glückte es dem Sohne des Hofpredigers der Herzogin in Bützow, Joachim Gabriel Beck, der in Schwerin eine Tabakfabrik anlegen zu dürfen am 12. Januar 1763 nachsuchte. Ihm wurde die Ausführung seines Vorhabens erlaubt, aber wahrscheinlich nicht in dem Sinne, daß kein anderer sich neben ihm niederlassen dürfe. Vielmehr hatte das ihm zugestandene Privileg nur die Bedeutung, daß er vor Angriffen, die das Höker- und Krämeramt gegen ihn etwa wegen seines Handels mit Tabak versuchen würde, zu schützen. 157 )

Weiter ausschauend war der Plan, den der Kaufmann Thomas Conrad Fritz am 4. August 1765 der Kammer unterbreitete. Er wollte nämlich auf ihre Rechnung eine Fabrik errichten und bemühte sich, seine Idee ihr annehmbar zu machen. Conrad Fritz war in Güstrow geboren und in Lübz erzogen, wo sein Vater Einnehmer und Bürgermeister war. Er hatte in Hamburg die Kaufmannschaft erlernt und sich dort auch etabliert. Das mochte ihm indes nicht recht geglückt sein, denn er war später in Rostock, Holstein, Dänemark und Norwegen tätig gewesen, ohne irgendwo rechten Fuß fassen zu können. Was er in den genannten Städten und Ländern getrieben, teilt er nicht mit. Da er aber klagt, daß er durch die Einführung des Tabakmonopols in Dänemark ruiniert worden sei und Kopenhagen, nachdem er alles verzehrt, mit den Seinigen habe verlassen müssen, läßt sich annehmen, daß er dem Tabakhandel obgelegen. Jetzt hatte er die Idee gefaßt, die Fabrikation von Tabak in Mecklenburg in die Höhe bringen zu wollen.


156) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 19.
157) Ebenda, rote Nr. 20.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 204 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Seine Kalkulation gipfelte darin, daß 2100 Pfund Tabak, die nach Abzug des Verlustes an Stengeln 1900 Pfund Fabrikat ergäben, im Einkaufe 650 Mark kosteten und für 900 Mark verkauft werden könnten. Demnach wäre auf je 1900 Pfund Fabrikat ein Gewinn von 250 Mark zu erwarten. Macht diese Aufstellung keinen ungünstigen Eindruck, so kommt die richtige Erwägung dazu, daß man einer schönen Vignette bedürfe, damit der Tabak kenntlich gemacht werde und kein Mißbrauch stattfinden könne. Zu einem solchen Etikett schlug er vor, "eine Positur, vorstellend die Tugend mit einem Lorbercrantz umher seinen gantzen Nahmen und unten Mecklenburg-Güstrausche Tobacksfabrique". Daraus geht hervor, daß er das Etablissement in seiner Vaterstadt eröffnen wollte, wo vielleicht die Erinnerung an jene Manufaktur unter Friedrich Wilhelm noch nicht ganz erloschen sein mochte.

Die Hauptsache war und blieb bei alledem das Geld. Mit einem Betriebskapital von 1000 Talern meinte er zu Anfang ausreichen zu können. Das sollte die Kammer hergeben und als Garantie eines vorzeitigen Todes stellte er die Geschicklichkeit seiner Frau hin, "welche nicht auf ein point mich in der Stärke dieser Afairen weicht". Auch wollte er sofort ein "Subjectum" in Dienst nehmen, das er unterweisen und dem er die "Essentielle Kunst"aufschreiben wollte.

Im Grunde klang das ganze Projekt nicht marktschreierisch und mochte wohl ausführbar erscheinen. Jedoch die Kammer erklärte nach eingehender Prüfung, daß sie weder Vorschuß zu gewähren noch auf ihre Rechnung die Anstalt zu eröffnen in der Lage sei.

Herrn Fritz blieb jetzt nichts anderes übrig als darüber nachzudenken, wie er sein Werk ohne Hülfe der Kammer in Szene setzen könnte. Da scheint er dann in Ribnitz Entgegenkommen gefunden zu haben und wandte sich daher an die Kammer mit der Bitte, ihm die Erlaubnis zur Anlage einer Plantage und Fabrik dortselbst zu geben. Er wünschte ein Privileg auf 10 Jahre, Akzise und Zollfreiheit, das vermutlich leer stehende Zollhaus und die Stadtgüter Borg und Einhusen auf 24 Jahre zu pachten und Buchen- und Eichenholz zu ermäßigten Preisen aus den fürstlichen Forsten. Amtmann Brandt in Hirschburg, der sich über den Antrag äußern sollte, war ihm günstig gesinnt. Er befürwortete eine vierjährige Akzise- und Pachtfreiheit, an deren Ablauf sich eine jährliche Zahlung von 24 Talern meckl. Valeur schließen sollte. Das Privilegium exclusivum wollte er dem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 205 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Bewerber sogar auf 24 Jahre zugestehen, die Stadtgüter freilich nicht überlassen. Statt ihrer sollte man ihm einige Morgen Acker oder eine Meierei in Pacht geben.

So ließ sich alles gut an, und da überdies Bürgermeister Saniter bereit war, bis zum Betrage von 200 Talern eine Bürgschaft zu leisten, so schien der Ausführung nichts entgegenzustehen. Saniter hatte nur verlangt, daß, wenn Fritz auf die Dauer die Fabrik nicht zu halten im Stande wäre, er alsdann in dessen Kontrakt eintreten dürfe. Auf alles das ging der Herzog ein und befahl am 17. März 1766 die Ausfertigung des Privilegs. Trotzdem scheiterte die schon soweit gediehene Angelegenheit noch im letzten Augenblick, da Fritz das erforderliche Kapital nicht aufzutreiben vermochte.

Einige Jahre darauf wiederholte sich der Fritz'sche Vorschlag. Ein Herr Johann Christian Koch aus der Mark Brandenburg wollte eine Tabakplantage und -fabrik anlegen und suchte zu diesem Zwecke um ein Stück Domanialacker bei Güstrow nach. Von der Kammer, vor der er seine Pläne auseinandersetzte, 158 ) wurde er bedeutet, daß bei Güstrow ihm kein geeignetes Land zur Verfügung gestellt werden könnte. Man verwies ihn jedoch auf Bützow, wohin indes Koch nicht wollte. Schließlich bequemte er sich doch dazu, die ihm in Bützow angebotenen Räumlichkeiten in Augenschein zu nehmen. Er fand sie auch ganz passend, aber da Häuser wie Ländereien erst anderen Leuten, die sie zur Zeit bewirtschafteten, hätten fortgenommen werden müssen, erklärte sich der Herzog mit diesem Arrangement nicht einverstanden. 159 ) Koch, der bei seinem Aufenthalte in Bützow sich ordentlich umgesehen hatte, bat nun um Überlassung des alten Stallgebäudes daselbst, das jedoch auf herrschaftliche Kosten hätte ausgebaut werden müssen. Das lehnte der Herzog ab, offenbar weil er für die Belebung der einheimischen Industrie nicht viel davon erwartete. Ausdrücklich ließ er dem Bewerber antworten: "Da seine Absicht dahin gehet vor der Hand mit fremden Blättern die Fabrique zu treiben, so kann ihm vor anderen Landeseinwohnern keine Beneficia angedeien." 160 )

Das gleiche Schicksal, abschlägig beschieden zu werden, erfuhr Johann Christian Spannuth aus Bremen. Dieser war einige


158) Am 31. Juli 1770.
159) Am 11. August 1770.
160) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 25.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 206 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Zeit bei der Tabakmanufaktur in St. Petersburg tätig gewesen und betrieb dann eine Fabrik in Bremen, die er jedoch seinem Sohne zu überlassen wünschte, um in Mecklenburg eine neue eröffnen zu können. Zu deren Begründung forderte er aber 5-6000 Taler Vorschuß, den er freilich zu verzinsen versprach. Die Kammer antwortete ihm umgehend, daß er sich auf eine Anleihe in solcher Höhe keine Hoffnung machen könne. 161 )

Dabei lag indes die Sache so, daß man die Eröffnung einer Tabakfabrik nicht ungern gesehen hätte, wie man überhaupt darauf bedacht war, in Mecklenburg den Industrien Eingang zu verschaffen. Als daher ein Berliner Kaufmann, J. P. Braunwald im Oktober 1779 anfragte, ob er die Räumlichkeiten der früheren Eisenfabrik in Dömitz zur Anlegung einer Tabakfabrik käuflich oder mietweise haben könne, kam man ihm sehr entgegen. In dem genannten alten Gebäude befand sich eine Lohgerberei, Öl- und Walkmühle, die zusammen nicht mehr als 70 Taler jährlich (doch wohl als Pacht für das Gebäude) der Kammer einbrachten. Dabei waren die Gebäude sehr baufällig. So konnte man mehrere Zwecke vereinigen: das alte Haus los werden und die Industrie fördern. Denn wie die Kammer bemerkte: "Bey dem starken Tobacksbau, der jetzt in Mecklenburg betrieben wird, wäre nichts besseres als eine Fabrique zur Verarbeitung dieses Landesproductes." Dazu eröffnete sich die Perspektive, durch den Unternehmer noch andere nützliche Fabriken im Lande angelegt zu sehen, wovon der Bewerber bereits gesprochen hatte. Daher waren der Amtmann Lenthe in Dömitz und die Kammer geneigt, auf den Vorschlag einzugehen, berichteten in diesem Sinne dem Herzog und schlugen als Verkaufspreis die Summe von 1400 bis 1500 Talern vor.

Merkwürdigerweise war jedoch der Herzog Friedrich dem Plane nicht hold. Er wollte weder den Verkauf der Eisenfabrik genehmigen noch die Walkmühle, die an ihre Stelle getreten war, eingehen lassen, meinte auch, daß das Privilegium exclusivum, das Braunwald auf die Dauer von 10 Jahren nachgesucht hatte, nur auf 5 Jahre gewährt werden dürfe.

Wahrscheinlich wird der Herzog für die Gewohnheit des Rauchens und Schnupfens überhaupt nicht eingenommen gewesen sein und somit die Fabrik nicht mit besonders günstigem Auge angesehen haben. Obwohl daher Braunwald sich damit einverstanden erklärte, die Gebäude lediglich mieten zu wollen, scheiterte


161) Im Februar 1771.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 207 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die Angelegenheit daran, daß der Herzog auf mehr als 5 Jahre das Privilegium exclusivum nicht bewilligen mochte. 162 )

Den Zweck, dessen Mangel der Herzog bei dem Gesuche des Kaufmanns Koch gerügt hatte, faßte der Kaufmann Georg Gustav Gertz in Goldberg ins Auge, als er sich im Februar 1779 um die Erlaubnis bewarb, eine Tabakfabrik anlegen zu dürfen. Er wollte nämlich den im Lande gewachsenen Tabak verarbeiten. Es erschien ihm für ein Land unzuträglich, seine Erzeugnisse im rohen Zustande ausführen zu sehen. In Goldberg stand nun aber wieder der Genehmigung des Gesuches das vorhandene Kleingewerbe entgegen. Man fürchtete die dortigen Tabakspinner, deren Existenz keine glänzende war, völlig zu ruinieren. Seine Mitglieder waren bereit, an ihn schon fabrizierten Tabak zu verkaufen und bei den Preisen die Billigkeit zu beobachten. Damit war jedoch dem Fabrikanten natürlich nicht gedient. Es lag im Geiste der Zeit, daß auf derartige Verhältnisse Rücksicht genommen wurde, und so ist offenbar, obwohl in den Akten darüber nichts bemerkt ist, Gertz abschlägig beschieden worden. 163 )

Den gleichen Gesichtspunkt, nämlich den einheimischen Rohstoff verarbeiten zu wollen, betonte der Steuerpächter und Ratmann in Hagenow, Karl Josua Lübbe, als er im Jahre 1781 die Absicht aussprach, dort eine Tabakfabrik zu begründen. Jährlich, führte er in seiner Eingabe aus, werde eine ansehnliche Menge Tabak im Lande gebaut, von der das meiste nach außerhalb verführt werde, um verarbeitet nach Mecklenburg zurückzukehren. Ließe sich der Rohstoff im Lande verarbeiten, so würden viele arme und müssige Menschen Beschäftigung finden. Er wollte nur guten Rauch- und Schnupftabak produzieren, indes den Rolltabak nicht ganz vernachlässigen, zu dem der Abfall und weniger gute Blätter verwandt werden könnten.

In Hagenow sah man Lübbes Projekt mit günstigem Auge an. Ein Gutachten des Magistrats führt treffend aus, daß man von ihm nur Gutes erwarten könne. Lübbe werde eine Reihe von Personen beschäftigen. Die Tabakspinnerei leide so wie sie eben betrieben werde, unter dem Mangel an Betriebskapital. "Der Nahrungszweig", heißt es, "ist jetzt schon von so großem Umfange, daß sich eine beträchtliche Anzahl Menschen darauf legen und dadurch sein brod suchen kann, sobald es ihm nicht an Gelde zu einer ordentlichen Einrichtung fehlet. Hieran gebricht


162) Schwerin, Archiv, Acta, betreffend den Tobakshandel in Mecklenburg-Schwerin 1690-1708, rote Nr. 29.
163) Goldberger Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 208 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

es aber den mehresten Tabaksspinnern und ebendarum können sie auch bey dem besten Willen nicht fortkommen."

Gewinnt es hiernach den Anschein, daß die Eröffnung einer Fabrik nur vorteilhaft hätte sein können, so teilte man diese Auffassung in den zünftlerischen Kreisen der Tabakspinner natürlich nicht. Ihr Amt in Wittenburg, zu dem auch die Hagenower gehörten, protestierte heftig. Die bei solchen Gelegenheiten stets vorgebrachten Einwände, daß Lübbe kein gelernter Tabakspinner sei und nicht auf der Wanderschaft gewesen wäre, fehlten nicht. Man wollte seinen ganzen Anschlag nur auf "Rancünen" eines gewissen wegen schlechter Lebensart arbeitslosen Karl Boltz zurückführen, den Lübbe an die Spitze des Unternehmens zu stellen gedachte. Dazu wies man auf die schon jetzt ganz behaglichen Umstände des Unternehmers hin, der durchaus nicht nötig hätte, einen neuen Geschäftszweig anzufangen, mit dem er andere in ihrer Tätigkeit zurückdrängte - ein unbewußter Protest gegen das Konzentrationsstreben des Großkapitals. "Lübbe", so führten die Kleingewerbetreibenden aus, "sei ein Mann, dem es ohnehin an keiner Nahrung fehlet, der vielmehr in überflüssigem Gewühl steckt, ohne noch mit mehreren Privilegiis versehen zu sein oder ihrer zu bedürfen. Er ist Zoll- und Steuerpächter, Postmeister, Ratsherr im Magistrat, Holzhändler und es wäre doch nicht billig, daß so ein Mann andern, die ihr kümmerliches Auskommen bisher daran gehabt haben, die Nahrung entzöge, vielleicht das meiste daran allein gewönne, wovon sich bisher zehn andere Familien redlich genähret haben."

Es lag viel Wahres in diesen Ausführungen, aber doch muß man gestehen, daß, wenn einmal bei dieser Industrie der Großbetrieb als die zweckmäßigere Form erscheint, es schwer hält, sie anzuerkennen. In Hagenow triumphierte denn auch das Kapital, und am 29. August 1781 erhielt Lübbe das erbetene Privileg. Er durfte "allerley Sorten Rauch- und Schnupf-Toback verfertigen, auch in Rollen spinnen und zu dem Ende die benöthigten Gesellen halten, auch nach und nach einen Jungen lehren und mit seinem Toback die Jahrmärkte beziehen." Nur des "Gebrauches virginischer Rippen" sich bei der Fabrikation gänzlich zu enthalten, wurde ihm ans Herz gelegt. 164 )



164) Hagenower Stadtakten im Archiv zu Schwerin.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 209 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

1. Herzogliches Privileg zum Tabakhandel in Mecklenburg für den Juden Levin Salomon. 1671, Mai 8.

(Großh. Geh. u. Haupt-Archiv Schwerin., Acta, betreffend die dem Juden Nathan Benedix erteilten Privilegien Nr. 9b).

Christian Ludwig von Gottes Gnaden Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin undt Ratzeburg, auch Graff Zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr, Ritter von dem Orden des christlichsten Königs.

Nachdem wir gegenwertigen Juden Levin Salomon in Unser Residentzstadt hieselbsten, und sonsten in Unserm Lande etwas an Toback zu verkauffen gnädigst concediret undt nachgegeben haben.

Alß befehlen wir unsern Haupt- und Ambtleuten, Kuchmeistern, wie auch Burgermeistern, Richtern undt Räthen, daß Sie sich an vorgedachten Juden nicht vergreiffen, sondern demselben ohne eintzige verhinderung biß zu anderwertiger Unser verordnung Toback zu verkauffen verstatten sollen. Wornach sich ein Jeder zu richten. Urkundlich unter unserm Fürstlichen Insiegel, so geben auf Unser Residentz undt Vestung Schwerin, den 8. May anno 1671.


2. Mandat des Herzogs Christian Louis von Mecklenburg über den Tabakhandel. Schwerin 1674, Juli 1.

(Großh. Geh. u. Haupt-Archiv zu Schwerin, Acta, betreffend die dem Juden Nathan Benedix erteilten Privilegien Nr. 7).

Wir Christian Ludwig von Gottes Gnaden Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graf zu Schwerin, der lande Rostock und Stargard Herrn, Ritter vom Orden des christlichsten Königs,

Fügen denen Ehrsamen unsern lieben getrawen Bürgermeistern, Richtern und Räthen in unsern Stätten hiemit zu wissen, welcher gestalt vermöge beygefügter Abschrift der von einem privilegirten Juden, nemblich Nathan Benedix in unterthänigkeit übergebenen Supplic derselbe sich dahero, daß unserm nechsthin sub dato den 15. May dieses lauffenden Jahrs zu fortsetzung des Tobackhandels Ihme in gnaden ertheilten Mandato von einigen bürgern zu wieder gelebet und allerhand unterschleiff eingerucket werden wollen, höchlich beschweret und was hierümb zu verfügen er in unterthänigkeit gebeten hat. Wan nun itzgedachtem unserm Mandato schuldigste parition zu leisten einem

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 210 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Jeden billig gebühret, wir auch allen eingriff abgeschaffet wissen, viel weniger gestatten wollen, als befehlen wir obbemelten Bürgermeistern, Richtern und Räthen in unsern Städten sambt und sonders abermahln gnädigstes ernstes, daß sie jedes orths die Krämer vorladen und den vermeintlich auffgekaufften Toback ohne unterschleiff ihnen gestrax im gerichte vorzeigen lassen und nach befindung eine monathliche frist umb denselben zu verkauffen einräumen, wan aber solche Zeit verflossen jetzgedachte Krämer umb den Toback von Supplicanten auff beederseits beliebigen billigen preiß zu nehmen und zu verkauffen ernstlich anhalten, zu deme in denen Jahrmärcken denen frembden ausstehenden Krämern keinen ändern Toback als sie von Supplicanten gekaufft, feil zu haben, gantz nicht verstatten und in summa dem werck einen solchen nachdruck, damit ein jeder alles unterschleifs zu gebrauchen schew tragen möge, gehorsamblich geben, solches auch bey vermeydung unausbleiblicher Straffe nicht anders halten sollen; urkundlich haben wir dieses mit unserm fürstlichen Insiegel bestärken lassen. So geschehen auff unser residentz und Vestung Schwerin, den 1. July 1674.

Ad Mandatum Serenissimi Celsissimi proprium.

  Fürstlich. Mecklenb. verordnete Cantzler
und Geheime Regierungsräthe.

3. Privileg zum Tabakhandel in Mecklenburg für die Juden Abraham Hagen und Nathan Benedix. Hamburg 1679, Juni 1.

(Geh. u. Haupt-Archiv zu Schwerin, Acta wie oben Nr. 40).

   Wir Christian Ludwig, Tit.,

fuegen hiemit Unsern Haupt- undt Ambtleuten in denen Ämbtern, Bürgermeistern, Richtern und Räthen in den Städten negst Vermeldung Unser gnädigsten grußes zu wissen, was gestalt Unß Abraham Hagen und Nathan Benedix, Juden, in Unterthänigkeit zu erkennen gegeben, wie sie gesonnen, einen Tobackhandell in Unsern landen vorzunehmen, selbigen in grossen Sorten, weinigst zu Pfunden, aller ohrten, gegen billigen leidlichen Preiß zu verkauffen mit unterthänigstem ersuchen zu erfüllung dieser ihrer intention ihnen Unsere gnädigste Concession zu ertheilen, wofür sie unß jährlich ein gewisses zu erlegen erbötig, gleichwoll in dieser nebenhero gefaßter unterthänigsten Hoffnung ihnen und

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 211 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

den ihrigen Schutzes und Schirms, auch befreyung ihrer Güter, so inß land als auß dem lande, an allen ohrten Unsers gebiets, frey sicher und ungehindert pass- und repassiren, auff eine zeit von andern beschwerden genießen zu lassen undt Wir den unter solchem allen das billiche suchen dieser Supplicanten zugleich Unserer Unterthanen bestes, das Commercium in Unsern landen gnädigst angesehen, daß Wir mehrgedachten Abraham Hagen und Nathan Benedix hiemit und von nun an verstattet und erlaubet den Tobackshandell in Unsern landen überall zu exerciren und zu treiben, sich mit den ihrigen in unserer Residentz auff der Schelffe häußlich niederzulassen, benötigte Wohnungen zu mieten, zu kauffen und zu bauwen von allen Contributionen undt beschwerden mit den ihrigen vier Jahr befreyet zu wohnen, da auch Jemand der ihrigen mit tode abginge, soll ihnen in Unser Residentzstadt allein ein bequemer ohrt, den Verstorbenen ihrem gebrauche nach, frey zu beerdigen oder auch zugelassen werden die todten auß Unserm lande nach Hamburg frey zu führen, dahingegen diese, Abraham Hagen und Nathan Benedix mit Verkauffung ihreß Tobacks an großen und kleinen Stücken, auch wegen des Preisses sich also anschicken werden, daß niemand zu klagen vielmehr die Handlung mit ihnen zu treiben Ursache habe, und soll keiner kein guth von Toback alß vorerwehnte Abraham Hagen und Nathan Benedix inß land zu bringen frey haben umb mehrer Sicherheit sie ihren gewissen Stempell auff Tobacksrollen wie gebreuchlich ist, setzen und führen werden. Gebieten darauff vorbemelten Unsern Haupt- und Ambtleuten, Bürgermeistern, Richtern und Räthen sambt undt sonderß auch bey Vermeidung unser willkührlichen straffe ernstlich, daß sie mehrbesagten Abraham Hagen und Nathan Benedix darunter keineswegeß hinderlich sein, sondern alle befoderung zu fortsetzung dieses zugelassenen handelß leisten, keinen eingriff diesen zum praejuditz verstatten, allen frembden Toback so diesem privilegio zu wieder einschleichen mögte, soforth confisciren und vermittelst solcher handhabung sie dieser Unser Concession würcklich genießen lassen sollen. Zu mehrer Versicherung haben wir dieses eigenhändig unterzeichnet und mit Unserm insiegell confirmiret. So geschehen Hamburg, den

1. Juny Anno 1679.
Christian Louis.
(L.S.)
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 212 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

4. Aufsatz nach dessen einhalt bey der hochfürstlichen Cammer wegen Pflantzen und Bauwung des Tobacks bis auff Sr. Durchl. gnädigste ratification mit dem Tobackspinner Frantz Stötefalck gehandelt. 1690, Febr. 13.

Großh. Geh. u. Haupt-Archiv in Schwerin, Acta, betreffend den Tabakbau.

1. Lassen S. Hochfürstl. Durchlaucht gnädigst geschehen und wollen, daß Frantz Stötefalck auff 3 Jahr die Dienste den Toback zu pflantzen und zu bauen annehme, worzu demselben

2. das dazu benötigte Land angewiesen, welches Ihm

3. gepflüget, geegget und gemistet, auch wan er den Toback pflantzet, behacket oder bladet, die betreff dessen erfordernde leute gegeben werden sollen, jedoch daß er

4. den behueff des landes benötigten Tobacks-Saamen auff seinen eigenen Unkosten untadelich an- und herbeyschaffen soll,

5. dahingegen wollen Se. Fürstl. Durchl. Frantz Stötefalcken jährlich 100 Rthlr. besoldung bey freyer wohnung und nohttürftiger Holtzung

2 drommet Rogken,
2      "      Gersten, alles nach hiesiger maaß,
2 feiste Schweine,
2 achttheil [vom Ochsen],
2 Schaffe,
2 Scheffel Salz an Deputat,

auch vor 4 Kühe, so des Sommers auff der bürgerweide gehen sollen, des Winters frey futter vom Hoeffe Rosin reichen lassen.

6. Im übrigen ihm Frantz Stötefalcken alß Dero diener der freyheit von allen contributionen genießen lassen.

Dessen zu Uhrkundt ist dieses in duplo gefasset und von Sr. Durchl. ein Exemplar unter dero hochfürstl. Hand und Siegel dem Tobackspinner Frantz Stötefalcken extrahiret, das andere aber von demselben vollenzogen bey der fürstlichen Kammer verwahrlich beygeleget worden. Geschehen Güstrow, den 13. Febr. anno 1690.

(L.S.) Gustav Adolph, H.z. M.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 213 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

5. Bedingungen
für den (durch den Tabakbauer Gottfried Koppe zu vollziehenden) Tabakbau in Dütschow bei Neustadt in Mecklenburg=Schwerin. 1694, Febr. 22.

Großh. Geh. und Haupt-Archiv in Schwerin. Acta, betreffend den Tabakbau auf der Lehnlust bei Güstrow für herrschaftl. Rechnung.
1690 und 1691.

Dem Tobacksbawer Gottfried Koppen ist auf ein Jahr alß von Lichtmissen anno 1694 biß Lichtmissen 1695 an lohn und Deputat versprochen

1 Drt. 4 [Sch.] Rogken 5 Rthlr. 16
1 Drt. 4 Maltz 5 " 16
2 Gersten 32
2 Erbsen 32
---------------------
12
1 Viertel von Ochsen 3 Rthlr.
1 Schwein 3 "
2 Hamell 2 " 16
1/8 tonne Hering 1 "
1/8    "     Butter 2 " 16
2 liess  Rootscher 1 " 16
1 schiff  32
1 schiff  Hopffen 12
13 Rthlr. 44
---------------------
25 Rthlr 44
---------------------

Dieses erste Jahr soll an staht deß lohns von jedem Zentner Toback, den er liefern wirt, ihm gegeben werden 1 Rthlr. Schwerin d. 22. Februar anno 1694.

Entwurff.
Wie der Tobacksbaw zu Düetzkow im ambte Neustadt zu versuchen, und vor erst einzurichten und zu bearbeiten muß befodert werden.

  1. Erstlich soll eß in einer koppell von 7 Scheffel Parchimer Maaß tuechtes Acker versuchet und wen auf künftigen Herbst solches nutzbahr befunden wirt, mehr Land darzu gebracket und bearbeitet werden.
Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 214 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite
  1. Der Acker soll von den bey Hofe Duetzkow vorhandenen Hufeners dieses Jahr dreymahl gepflüget werden.
  2. Die erforderende Mistbetten sollen in einem Kohlgarten auf dem Meyerhofe gemachet und die darzu benötigte Ellern Bohlen, und der Pferde- und Schaffmist von den Unterthanen daselbst angefahren werden.
  3. Die Handtarbeit bey diesem Tobacksbaw zu verrichten, sollen 2 große und 1 kleiner Cossate auß Spornitz, die bißhero Dienstgeldt geben, und 1 kleiner Cossate auß Duetzkow gebrauchet, und wen die arbeit bey dem weeden oder hoepen etwas schwer fallen möchte, einlieger in selbiger Voigtei mit zuhülffe genommen werden.
  4. Den Toback zu trucknen soll dieses Jahr der eine Schaffstall zu Steinbeck gebrauchet, und der Toback gruen von Duetzkow dahin gefahren werden.
  5. Der Tobacksbawer kan dieses Jahr bey einem Bawren, nahmens Davidt Klüdt, derjeniger, so nahe an der koppell wohnet, seine Wohnung haben.
  6. Und wen der Toback trucken, so muß der fürstlichen Cammer solches angemeldet, und verordnung erwartet, wohin derselbe soll geliefert werden.

Schwerin den 19. February anno 1694.


6) Herzogliches Mandat über die Entnahme von Tabak aus der Güstrowischen Tabakspinnerei. 1697, März 6.

(Geh. u. Haupt-Archiv zu Schwerin. Acta, betreffend Tabakhandel).

Von Gottes Gnaden Wir Friedrich Wilhelm Hertzog zu Mecklenburg tot tit.

Fügen allen unsern Beambten und Unterthanen Unsers Hertzogthumbs Mecklenburg-Güftrow hiemit zu wissen daß nachdem Wir bey antretung dieser Unser Regierung in glaubwürdige erfarung gekommen, welcher gestalt ungeachtet der von Unsers Vettern Herrn Gustaff Adolphs christmildester Gedächtniß hiebevor publicirten poenal-edicten sowoll frembde als Einheimische sich unterstehen, frembden, und in Unser Güftrowischen Tobacks-Spinnerey nicht zubereiteten Toback sowoll in als außerhalb öffentlichen Jahrmärkten feil zu tragen und zu verkauffen; wodurch dann

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 215 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

die gute und hauptsächlich dahin abgezielte Intention, daß der Tobacksbaw als welcher von unsern Benachbarten mit guten Succeß und Nutzen geführet, auch in diesem Unserm Hertzogthumb Güstrow mehr und mehr befordert, und das Geld im Lande verzehret werden möchte, gäntzlich aus den Augen gesetzet und zurückgetrieben wird, Wir solchem Umstande vorzukommen allen und jeden gedachten Unfern Unterthanen und in specie denen Gewürtzhändelern und Krautkramern, auch allen denen, so in Unserm Hertzogthumb und Landen Güstrow mit Toback handelln, durch dieses öffentliche patent kund machen wollen, daß sie hinfüro ihren Toback aus Unser Güftrowischer Spinnerey nehmen, und bey 25 rthlrn, so offt sie darüber betroffen werden, keinen frembden anderswo gesponnenen, und mit Unserm Güstrowischen Stempell nicht gezeichneten feil haben, auch in denen Jahrmarckten niemand, er sey frembd oder einheimisch mit dergleichen frembden Toback auszustehen erlaubet sein soll. Befehlen diesemnach allen Unsern jetzigen und künfftigen Beambten wie auch Burgermeistern, Richtern und Rähten in den Städten hiemit gnädigst und zugleich ernstlich diese Unsere gnädigste Verordnung nicht allein zu jedermännigliches notice zu bringen und an die gewöhnliche örter affigiren zu lassen, sondern auch fleißig darauff acht zu haben, daß dawieder auff keine Art und weise gehandelt oder da Jemand darüber betroffen würde, selbiger so offt er dieser Unserer Verordnung zuwieder lebet mit obbedeuteter Geldstraffe beleget, dieselbe sofort eingetrieben und zu Unser fürstlichen Cammer eingeschicket werden möge. Da Wir ihnen sodann wie auch sonsten einem jeden, der Einen oder mehr wieder dis Edict handlender, entweder bey Unser Cammer oder Vorgedachten Beambten, Burgermeistern, Richtern und Rähten insgeheim, wie dann dessen Nahme verschwiegen gehalten werden soll, erweislich anmelden wird, das vierdte theil von erwehnter straffe allemahl zuwenden lassen wollen. Würde aber dagegen jemand betroffen werden, daß er die wieder dies Unser Edict frevelnde verschwiege oder auch überzuhelfen beflissen were, so soll derselbe nicht minder in gleiche straffe verfallen sein. Wornach sich also ein jeder gehorsambst zu achten und für schaden und ungelegenheit zu hüten wissen wird. Urkundlich unter Unserm Fürstl. Insiegell. Gegeben in Unser Residentzstadt Güstrow den 6. Marty anno 1697.

F.W.


Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 216 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

7. Gesuch der Franzosen, mit dem von ihnen gebauten Tabak freien Handel treiben zu dürfen. 1704, Decbr.

(Großh. Geheimes und Haupt-Archiv in Schwerin. Akta betr. Tabakhandel, Fasc. 7, Nr. 61.)

Son Altesse Sérénissime Monseigneur le Duc
Regnant de Méklenbourg.

Les tabaquiers Francois de Butzeau representent tres humblement à Son Altesse Sérénissime, que sur le pied qu'ils ont quelques unes de ses terres et quelques autres des bourgeois d'ici, il leur est impossible d'y subsister s'ils n'ont la liberté de vendre leur tabac a toutes les foires sans être inquietez par le juif de Swerin; ils suplient S. A. S. d'ordonner que le dit juif n'ait de droit que sur le tabac étranger et non pas sur le leur qui étant du cru et du provenu des états de S. A. S. et le fruit du travail des pauvres Réfugiez, qu'elle a la bonté de favoriser de ses graces, demande nécessairement celle de pouvoir être vendu et débite par eux a leur choix et a leur plus grand advantage. Ils esperent que pour un simple particulier comme ce juif, qui pour le parti du tabac donne d'ailleurs si peu de choses à S. A. S. et qui trouve assez son profit par le tabac de dehors, elle ne voudra pas soufrir que plusieurs familles commec celles des supliants et comme d'autres qui pourront s'y joindre soient traversées dans leur établissement, mais que S. A. S. voudra bien leur accorder

1. Une permission autentique pour la liberté du commerce de leur tabac dans toutes les foires avec main levée sur celui que le dit juif leur fit saisir l'an passé à celles de Sternberg.

2. Toutes les terres qui leur furent promises et assignées l'année passée dans le voisinage de cette ville et dont le bailly leur retint une bonne partie, qu'il fit semer dans les temps, que monsieur le capitaine ingenieur alloit pas leur en faire la repartition.

3. Que saus avoir rien affaire avec le dit bailly pour les dittes terres, ils les tiendront toutes des mains de la chambre, à qui ils en payeront exactement 1 a rente dans les temps et aux conditions les plus raisonnables qu'il lui plaira de leur marquer Moyennant quoy les supliants s'affermiront de plus en plus dans les états de S. A. S. en

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 217 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

y batissant ou y achetcant des maisons comme deux d'entre eux l'ont déjà fait et comme deux autres sont prets a le faire et s'encourageront tous ensemble a rendre de plus en plus le tabac une denrée très considerable soit par la subsistance qu'un grand nombre d'habitants peut tirer de leur travail soit parce que l'argent qu'on employe a cette marchandise sortira moins du pays et y roulera d'avantage. Les supliants en attandant ces graces de S. A. S. continueront leurs voeux les plus ardents pour sa conservation et pour sa prosperité.


8. Confirmatio der Toback-Spinner-Amts-Rolle zu Malchow, Teterow und Tessin.

(Großh. Geh. und Hauptarchiv Schwerin.)

Wir Friederich von Gottes Gnaden Hertzog zu Mecklenburg, Fürst zu Wenden, Schwerin und Ratzeburg, auch Graff zu Schwerin, der Lande Rostock und Stargard Herr pp.

Thun kund und bekennen hiemit für Uns und Unsere Successores, regierender Herzöge zu Mecklenburg und sonst Männiglich. Als Uns Unsere liebe getreue Bürger und Toback-Spinner Peter Reichert zu Malchow, Peter Friese zu Teterow und Friederich Bruggow zu Tessin unterthänigst angelanget, Wir geruheten ihnen so gnädig zu erscheinen, und um den Pfuschereyen so wohl in den Städten selbst als auf dem platten Lande, Einhalt zu thun, und den Verkehr mit dem einländischen Toback zu facilitiren, Sie mit einem eigenen Amts-Privilegio zu versehen, und die des Endes eingereichte Articuln gnädigst zu bestättigen; daß Wir demnach diesem ihren unterthänigsten Petito um so mehr gnädigst deferiret, als Wir je und allewege das Auffnehmen Unserer Städte zu befordern gemeinet sind, und also auch die Unterthänigst übergebene, vorhero aber revidirte und corrigirte Amts-Articel, welche von Wort zu Wort lauten, wie folget

Art. 1.

Daß diejenige, welcher Meister bey dem Gewerck wie Toback-Spinner werden will, muß sich bey dem aus des Magistraths Mittel dem Gewercke angeordneten Beysitzer und dem Gewercks-Alter-Meister melden, und sein Suchen zum Mittmeister angenommen zu werden gebührend anbringen, welche dann sonder Weitläuftigkeit, in kurzer Zeit darauf das Gewerck, oder einen Ausschuß

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 218 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

davon zusammen fordern lassen, bey welchen derjenige so Meister werden will, seinen Lehr-Brieff, nebst denen seines guten Verhaltens wegen erhaltenen Kundschaften oder attestatis vorzeigen, auch daß er wenigstens drey Jahr auf das Haudwerck gewandert (weshalb Wir jedoch in vorkommenden Fällen zu dispensiren Uns vorbehalten) erweisen muß. Mit Vorzeigung des Geburts-Briefes wollen Wir die angehende Meister verschonet wißen, weil der Lehr-Brief selbigen bereits zum voraus setzet: Und da auch der Original-Lehr-Brieff ohne Kosten und Weitläufftigkeit nicht zu haben wären, soll die ihm ertheilte beglaubigte Abschrifft desselben nebst denen nachher auf der Wanderschaft erhaltenen Kundschafften hinreichend seyn, wie dann auch, wann ein wandernder Geselle etwa unter Unserer Soldatesque geräth, daselbst Dienste nimt und Soldat wird, hernach aber seinen erlichen Abschied vom Regiment erhält, oder eine Zeitlanck zu seinem Fortkommen zu dieser oder jener Herrschafft in Römischen Reich vornehmen oder geringen Standes sich in Diensten begeben und von seiner Herrschafft einen ehrlichen Abschied aufzuweisen hätte, solches ihm nicht nur unschädlich seyn sondern auch solche Zeit, da er Soldat gewesen, oder bey Herrschafften gedienet, ihm zu den Wander-Jahren, doch der Gestalt, daß denen Gesellen, so keine Soldaten gewesen zwey Dienst-Jahre für ein Wander-Jahr gerechnet werden soll, wenn er nur Tüchtig das Handwerck gelernet hätte, und mit dem Meister-Stück bestehet.

Art. 2.

Soll Keiner, so Meister werden will, und seines Wohlverhaltens wegen gute Kundschafft oder attestata aufzuweisen hat, schuldig seyn vorhero, noch aufs Jahr, wie sie es nennen, zu arbeiten; derjenige aber, dem es an jetzt gedachten Zeugniß seines Wohlverhaltens fehlet, soll an dem Ort, wo er Meister werden will vorhero noch als Geselle ein halb Jahr arbeiten, damit mann seiner ehrlichen Aufführung halber einiger Maaßen versichert sein könne: Außer diesem Fall aber werden die vorhin übliche Muht-Zeit und Muht-Jahre hiedurch gantzlich abgeschaffet und verbohten.

Art. 3.

Soll der Geselle, so Meister zu werden verlanget, und sich dieserhalb bey der Versamlung des Gewercks gebührend gemeldet, zum Meister-Stück, so woll eine Rolle Toback entweder auf der Tafel, oder Hand-Mühle spinnen, als auch 1  fein Krausgut schneiden und zurichten; Imgleichen von dem Ausländisch und einländischen Toback ein Pfund der besten Blätter Sortiren, dieselbe

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 219 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ausrippiren, und nach Art des sogenannten petum optimum oder Mercur-Tobacks Kerben, daß er in Paquets gepackt werden könne, hernach aber damit frey zu gebähren haben und kann über gedachte Stücke der Geselle unter keinerley Vorwand zu ein mehreres nicht angehalten werden.

Art. 4.

Wann der Meister Geselle solchergestalt zu Verfertigung des Meister-Stücks zugelaßen worden, so soll er solches in eines Meisters Hause in Gegenwarth deßelbigen verfertigen: Daß aber bey Verfertigung dieses Meister-Stücks mehr Meister zugegen seyn, ist keinesweges nöthig; wie dann auch alle bey dieser Gelegenheit sonst gewöhnliche Schmausereyen, sie bestehen, worinn sie wollen, gäntzlich verbothen worden.

Art. 5.

Wann das Meister-Stück fertig, soll der Meister Geselle solches dem Beysitzer und Alt Meister des Gewercks anzeigen und um Beruffung des Gewercks zu deßen Besichtigung ansuchen, welches so dann, so bald es möglich, in Beyseyn des Beysitzers geschehen soll.

Sollten nun an dem verfertigten Meister-Stücke solche Mangel befunden werden, aus welchem abzunehmen, daß der Verfertiger sein Handwerk noch nicht recht verstehe, soll derselbe vor das Mahl ab- und das Handwerck beßer zu lernen angewiesen, sonst aber ihm einiger von denen Amts-Meistern zuweilen mit Fleiß und aus Mißgunst hervorgesuchter Kleinigkeiten und geringer Fehler halber, als welche, weil sie zur Haupt-Sache nichts beytragen können, zu übersehen sind, keine Hinderung gemacht noch die bey einem Meister-Stücke etwa angegebene geringe Fehler mit Gelde abgekauffet, sondern es muß das Meister-Stück schlechterdings angenommen, oder nach Befinden gantz verworfen werden, und wenn darüber Streit entstehet, ist solches allenfals dem Gutachten des Magistrats, auch da es nöhtig, der Beurtheilung anderer unpartheyschen Meister heimzustellen: Maaßen wann sich befinden sollte, daß dem, so Meister werden will, nur aus Muthwillen und ohne gegründete Ursache Schwierigkeiten gemacht werden, diejenige, so es gethan, die Unkosten Tragen sollen.

Uebrigens verordnen Wir hiemit in Gnaden, daß soviel die Verfertigung des Meister-Stücks und was desfalls, imgleichen wegen der Wander-Jahre vestgesetzet worden, anbetrift unter einem Fremden oder Einheimischen und Meisters Sohne, oder der eines Meisters Wittwe oder Tochter heyrathet, gar kein Unterschied gemacht werden, sondern einer wie der andere zu Erlegung des

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 220 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meister-Rechts sich geschickt machen solle. Daferne aber jemand, so bereits in einer andern Stadt, es sey in oder außhalb Landes Meister gewesen, sich alhier zu setzen und die Gülde zu gewinnen beschlosse, soll derselbe ohne Verfertigung eines abermahligen Meister-Stücks gegen Erlegung der im folgenden Articel vestgesetzten Gebühren angenommen werden, jedoch soll er gehalten seyn, vermittelst eines Gezeugnisses von seiner vorigen Obrigkeit dazuthun, daß er von dem Gewerck des Ortes, mittelst Verfertigung des daselbst üblichen Meister-Stücks, zum Mit-Meister angenommen sey und das Handwerck darauf getrieben habe.

Art. 6.

Wer also mit seinem Meister-Stück bestanden, der soll darauf in der Meister-Lade 5 Rthlr. denen gesammten Meistern wegen der zweymahligen Zusammenkunfft 32 ßl. zur Ergötzlichkeit, dem Magistrats-Beysitzer 24 ßl. und den Meister, bey welchen er das Meister-Stück gearbeitet 24 ßl. (welche aber derjenige so vorhin schon an einem andern Orte Meister gewesen, nicht erlegen darf), zur Armen-Kasse des Amts 2 Rthlr., über die auf 8 Rthlr. 32 ßl. zusammen sich belauffende Kosten aber nichts mehr, es sey unter was Vorwand es wolle, Zahlen und darauf ohne fernere Weitläufftigkeit, wann er das Bürger-Recht gewonnen, oder sich wenigstens desfals zu Rath-Hause gemeldet, zum Meister auf und angenommen werden, und aller Vor-Rechte des Gewercks genießen.

Art. 7.

Deswegen laßen Wir auch gnädigst geschehen, daß das Gewerck der Toback-Spinner fernerhin ungeschloßen bleibe, und dabey so viel Meister, alß sich ehrlich ernähren können, angenommen werden;

Es ist aber desto genauer dahin zu sehen, daß Keiner zum Gewerck gelaßen Werde, welcher nicht vorbeschriebener Maaßen sich dazu Tüchtig gemacht, und daß deswegen keinen untüchtigen die Heyrath einer Meister-Wittwe, oder daß er eines Meisters Sohn sey, zu statten komme. Hingegen soll einem jeden Meister erlaubet seyn, einen Jungen und so viel Gesellen zu halten, als er zu Bestreitung seiner Arbeit nöthig hat. Damit aber gleichwohl diejenigen, welche keinen starken Zulauf noch Verlag haben, nicht zu sehr darunter leiden mögen, So soll der Meister, welcher schon ein Gesellen hat, auf der Werck-Stelle von eingewanderten, keinen eher bekommen, biß seine Mittmeister ebenfals mit welchem versehen oder bis sie keine mehr verlangen; wann er aber darauf nicht warten wolle; so stehet ihm frey, sich die übrigen Gesellen zu verschreiben, doch mit Vorbewust des Altermeisters.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 221 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Art. 8.

Wer nun die Toback-Spinner-Innung vorbeschriebener Maaßen nicht gewonnen und obbemeldete Pflichten und Gebühren nicht geleistet oder erleget hat, noch nach Art. 17 declarirter Maaßen dazu qualificiret, dem soll dieses Handwerck so wenig vor sich allein als noch weniger mit Gesellen und Jungen erlaubet seyn zu treiben. Und ob Wir zwar nicht gemeinet sind, dem Gewercke die eigenmächtige Auftreibung der Stöhrer und Pfuscher ferner zu gestatten, so wollen wir doch auf eingebrachte Klage wider die Pfuscher schleunige Justitz durch wegnehmung des Arbeits-Zeugs Geld und andere Strafe demselben jedesmahl vom Magistrat wiederfahren laßen.

Weil auch einige Zeit hero gantz unerfahrene Persohnen des Tobacks-Spinnens und deßen Verkaufs in hiesigen Lande sich nach eigenen Belieben angemaßet und doch ihr besonderes Gewercke oder erlernten Profession dabey treiben, noch auch die Tobacks-Spinner Profession erlernet, so sollen die Amts-Meister dann und wann mit Vorwißen und Einwilligung des Stadt-Magistrats in der Stadt behörige Visitation verrichten, und wann ein Contravenient dieses Amts-Privilegii angetroffen werden solte, berechtigt seyn, ihm die verfertigte Waaren nebst den Arbeitszeug so fort durch des Magistrats und andere Obrigkeitlichen Hülfe und Bediente abnehmen zu laßen, da denn selbige verkaufft und das daraus gelösete Geld halb der Obrigkeit, und halb der Innung zufallen soll.

Wie denn auch auf den platten Lande durchaus keine Tobacks-Spinner, wenn sie es gleich mit dem Gewercke in Städten halten wollen, geduldet, sondern die erbauete und gewonnene Tobacks-Blätter vom Landmann in die Städte zum freyen Kauff gebracht und darin versponnen oder verarbeitet werden solle.

Art. 9.

Wenn ein Geselle in andere einländischen Städten, so keine eigene Innungen haben, Meister zu werden und es mit hiesigen Gewerck zu halten verlangete, so muß er das Meister-Recht auf vorbeschriebene Art und Weise auch alhier gewinnen und das Meister-Stück verordneter Maaßen verfertigen.

Es soll auch ein solcher Meister an Meister-Gelde und allen Kosten überhaupt Acht Rthlr. 32 ßl. erlegen, und mit dem Meister-Stück frey zu gebähren haben, dieses Geld auch nach der im 6ten Art. vorgeschriebener Proportion unter die Participianten vertheilet werden.

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 222 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Ob nun zwar einen solchen Zünftigen Meister in anderen Städten erlaubet ist, Jungens zu lernen, und Gesellen zu halten, so sollen doch die Jungens nicht anders, als bey dem Gewercke alhier Loß gesprochen, noch die Gesellen anderswo zu Meister gemacht werden, zu welchem Ende ein solcher Meister des Gewercks Versammlungen zwar so oft er will, beywohnen kann, sonst aber nicht schuldig ist, bey demselben jährlich mehr als ein mahl einzufinden, da er daß sogenannte Quartal-Geld, so aber nicht über 16 ßl. jährlich seyn soll, zugleich mit abführen muß.

Art. 10.

Wann das Gewerck oder dessen AltMeister nöhtig finden, das Gewerck zum Quartal oder sonsten zusammen zu fodern, soll solches nicht anders, als mit Vorwißen und Erlaubnis des Magistrats Beysitzer, und daß derselbe dabey zu gegegen sey, geschehen. Die Beruffung geschiehet durch den jüngsten Stadt-Meister, welcher die Ansage unweigerlich thun, und was sonst ihm in Gewercks-Sachen mitgegeben wird, verrichten muß, es wäre dann, daß er durch Krankheit oder andere erhebliche Ursachen verhindert würde, welche er anzuzeigen, und daß sein Amt von einem andern Meister versehen werden besorgen muß.

Wann aber jemand, so sich alhier setzet, bereits anders wo Meister gewesen, ist ihm das jüngste Amt nicht zuzumuthen, sondern er bekömt den Platz nach den Jahren seiner Meisterschaft und so muß derjenige solche übernehmen, der sich zu letzt zum Meister-Recht gemeldet. Uebrigens soll der Jüngste zwar zum Verschicken in Gewercks-Angelegenheiten keinesweges aber zum Einschenken und dergleichen Aufwartung bey denen Gewercks-Versamlungen gebrauchet, sondern dieses soll durch die Gewercks-Jungens verrichtet werden.

Art. 11.

Den Beysitzer des Magistrats und den AlterMann sollen die Gewercks-Glieder bey den Versamlungen gebührend respectiren, wiewohl Wir die vorhin gebräuchliche ungereimte Begrüßungs-Worte, und Weise, hiedurch gäntzlich verbiehten, auch die sonst übliche Strafen wegen gar geringer und öfters lächerlichen Verbrechen abgeschaffet wißen wollen, und daß es bei der Zusammenkunft der Tobacks-Spinner anders nicht, alß bey anderer ehrlicher Leute Zusammenkunft gehalten werden solle; Jedoch daß dabey nicht getrunken werde. Welcher Meister auf Erfordern bey des Gewercks Zusammenkunft nicht zu rechter Zeit oder eine Stunde

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 223 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

zu spät erscheinet, der soll Vier Schilling Strafe in der Lade erlegen; Würde er aber ohne hinlängliche Ursachen anzuzeigen, gar wegbleiben, oder da er erschienen, und ehe die Sache, worin sie zusammen kommen, ausgemachet, unangezeiget weggehen, soll er 24 ßl. erlegen, und über dem an das, was beschloßen worden, verbunden seyn.

Art. 12.

Denen Meistern aber wollen Wir eine Lade zu Verwahrung der Briefschaften und Gelder fernerhin gestatten. Jedoch verbiehten Wir aufs Nachdrücklichste alle Altväterische und Theils abergläubische Ceremonien, so mit derselben Theils bey denen Gewercks-Versammlungen, Theils wenn sie von einen AltMeister zum andern gebracht werden müssen, gemacht werden, und wollen dieselbe im geringsten nicht anders als einen andern Kasten oder Laden so zu weiter nichts, als etwas darinnen zu verwahren, verfertiget, angesehen wißen. Diese Lade soll bey dem Alt-Meister im Hause stehen und mit drey Schlößern von unterschiedener Art versehen seyn, zu welchen der Beysitzer, der Alt-Meister und der Jung-Meister, jeder einen Schlüßel, damit Keiner ohne die andere, solche eröfnen könne, haben, und wenn es nöthig, den Alt-Meister eine gewiße Summa daraus zur Berechnung zustellen sollen.

Zum AltMeister muß ohne erhebliche Ursachen kein ander, als der Älteste genommen werden, daferne er Caution, deren Quantum der Beysitzer zu benennen hat, bestellen kann. Wann aber Ursachen vorhanden, worin der Älteste Meister dieses Amt nicht übernehmen könte oder wolte, muß der Beysitzer mit dem Gewercke sich der Wahl wegen vereinigen, allenfalls aber da sie sich nicht einigen könnten, an das Magistrats-Collegium die Sache gelangen laßen, welches so dann einen Altmeister benennen muß.

Art. 13.

Die Rechnung über Einnahme und Ausgabe soll der Alt-Meister in der Woche nach Trinitatis, sowohl über die zur Meister-Lade als Gesellen Armen-Kasse gehörige Geld, alß welche künftig auch von AltMeister und Alt-Gesellen, in einer aparten Rechnung berechnet, und von beyden ein besonder Schloß und Schlüßel dazu gehalten werden sollen, in Gegenwarth des Gewercks-Beysitzer und der Gesellen justificiren, und dieselbe ihn quitiren. Zu dieser Versamlung sollen auch die Mithaltende Meister aus andern Städten gefordert werden, und ihr jährlich Quartal-Geld mit 16 ßl. erlegen. Dem Beysitzer soll 1 Rthl., dem Gewercke

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 224 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

2 Rthlr. und denen Gesellen aus ihren Geldern 1 Rthlr. nach abgenommener Rechnung zur Ergötzlichkeit gereichet werden. Dem Beysitzer befehlen wir insbesondere, keine andere als nötige Ausgaben passiren zu lassen, Wie Wir denn in Spezie nicht wollen, daß wann ein Meister des Gewercks von jemanden geschimpfet worden, das gantze Gewerck desfals Proceß erheben, noch weniger mit andern Gewercken, wie öfters, wenn auch nur ein einziger Toback-Spinner gescholten worden, geschehen ist, gemeine Sache machen, und die Unkosten aus der Kasse nehmen solle, sondern wer von Meister und Gesellen geschimpfet ist, macht auf seine eigene Kosten seine Sachen durch den ordentlichen weg Rechtens aus; Wann aber das gantze Gewerck wäre geschimpfet worden, können die Proceß-Kosten aus der Lade genommen werden. In übrigen wird die bisherige unvernünftige Verfaßung, daß einem Meister, welcher geschimpfet worden, so gar sein Handwerck geleget werden könne, bis er ihm Satisfaction verschaffet, hiedurch aufgehoben und verboten, der Gestalt, daß es einen geschimpften Meister oder Gewercke frey stehen soll, die ihm angethane Injurien, welches dem Christenthum gemäßer ist, gäntzlich zu vergeben.

Art. 1.

Ob nun zwar solchergestalt, da nichts bedeutende Proceße vermieden werden, und die unnütze Schmausereyen und Ausgaben cessiren, zu den Gewercksangelegenheiten die einkommende Gelder hinreichend seyn werden; Wenn aber dennoch wieder vermuthen eine unentbehrliche Ausgabe vorfallen solte und es die Notdurft erfordert, eine Anlage zu machen, soll das Gewerck sich desfals mit den Beysitzer vergleichen, und wann dieser die Collecte approbiret, solche in Gegenwart desselben gemacht, und dabey die Gleichheit in Acht genommen werden, daß nämlich einen Meister so viel, alß nach Proportion seiner Nahrung ihn treffen kann, zugeschrieben werde.

Art. 15.

Wenn das Gewerck sich vereinigen wolle, alle Quartal oder jährlich etwas in ihres Gewercks-Armen-Kasse zu legen, um einen verarmten Meister damit unter die Armen zu greiffen, oder deßen Wittwe zu den Begräbniß-Kosten daraus zu Hülfe zu kommen, wie nicht weniger eine Gesellen-Armen-Kasse anzurichten, (wie Art. 13 gedacht, in des AltMeisters Verwahrung seyn, dieser und ein Alt-Geselle aber jeder einen besondern Schlüßel dazu haben müssen) einen Armen Kranken Gesellen damit zu helffen,

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 225 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

oder zu beerdigung eines in Armuth verstorbenen Gesellen etwas daraus zu nehmen, soll ihnen solches unverwehret seyn, wie dann zu dem Ende die bisher eingeführte gute Ordnung wegen haltung einer Leichen-Kasse, Begleitung der Leichen, und was dem anhängig, wohl behalten werden kann. Einen Wandernden Gesellen aber, welcher seine Kundschaft hat, aber aus Mangel der Arbeit nicht ankommen kann, sollen 8 ßl. aus der Gewercks-Lade gezahlet werden, wenn er aber keine Kundschaft hat, auch sich nicht, wie unten beym 26sten Art. dieses Privilegii vestgesetzet wird, legitimiren kann oder will, so soll er nichts bekommen, und für einen Vaganten geachtet, seinentwegen auch der Obrigkeit Nachricht gegeben werden.

Art. 16.

Soll kein Innungs-Meister befugt seyn, außer seinem Hause und Wohnung mehr als eine Werck-stelle zu halten, bey 2 Gulden Straffe, wovon die Helfte der Lade und die andere Helfte der Armen-Kasse zu erlegen. Wie dann auch kein Meister suchen soll, unter ein oder anderley Preetext seinen Neben-Meister die Nahrung zu entziehen, oder deßen Waare aus Muthwillen zu verachten, und zu Tadeln, noch weniger seinen Mit-Meister die Gesellen abspänstig zu machen bey 1 Rthlr. Straffe, davon die Hälfte der Armen-Kasse, die andere Hälfte aber der Lade.

Art. 17.

Wenn ein Meister oder seine Frau oder eines seiner Kinder verstirbet, und das Gewerck stark genug ist, sollen die jüngsten Meister, so viel deren nöthig, schuldig seyn, die Leiche zu grabe zu tragen und sich bey 16 ßl. Straffe, ohne erhebliche Ursachen, so dem Alt-Meister so fort anzuzeigen, und welcher darauf die folgenden darzu bestellt, Keiner, dem es vom Alt-Meister angesaget worden, deßen entziehen. In gefährlichen Sterbens-Laufften aber wird der Magistrat Anstalt wegen der Begräbniße machen, nach welcher die Tobacks-Spinner, wie jedermänniglich, sich zu achten haben.

Für sothanes Leichen-Tragen sol den Trägern zusammen 1 Rthlr. 16 ßl. aus der Meister-Lade gegeben werden; die übrigen Meister sind schuldig der Leiche zu folgen, wenn es verlanget wird.

Art. 18.

Eines Meisters Wittwe soll berechtiget seyn nach ihres Mannes Tode das Haudwerck mit so viel Gesellen zu treiben, alß ein ander Meister; doch daß sie keine Lehr-Jungen halte, sie auch

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 226 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

derer den übrigen Amts-Meistern zukommenden Rechte und Gerechtigkeiten zu genießen haben, dagegen aber auch für alle Arbeit zu antworten gehalten seyn, in welchen fall ihr jedoch der Regreß gegen den Gesellen, so die Arbeit aus Unfleiß und Nachlässigkeit. verdorben, unbenommen bleibet; Gestalt ihr dann von dem Magistrat die Hand hierunter nachdrücklich gebohten werden soll.

Wenn die Wittwe keinen tüchtigen Gesellen hatte, soll das Gewerck ihr einen zu schaffen schuldig seyn, ihr auch frey stehen, einen auszulesen, welcher ihr gefolget werden soll, daferne nicht erhebliche Ursachen, über welche der Magistrat zu urteilen, solches verhinderten.

Wann aber eines Tobacks-Spinners-Wittwe, außer dem Gewercke wieder heyrathet, so verstehet sich von selbsten, daß sie sich aller Tobacks-Spinner Arbeit enthalten, und sie von ihres andern Mannes Nahrung leben müße.

Art. 19.

Wann ein Knabe bey einem Meister um dieses Handwerck zu erlernen, sich angiebet, so soll er nicht eher angenommen werden, bis er Lesen, Schreiben und wenigstens die 5 Haupt-Stücke aus dem Catechismo Kann, es wäre denn, daß der Meister ihn währender Lehr-Jahren, wöchentlich vier stunden, so lange bis der Junge es gelernet, zur Schulen zu schicken, annehmen wolte, in deßen entstehung der Meister 2 Rthlr. Strafe zum Behuf der Armen Frey-Schulen, oder wo dergleichen nicht vorhanden, zur Armen-Kasse erlegen, auch darüber der Gestalt mit Nachdruck gehalten werden soll, daß der Raths-Beysitzer des Gewercks bey Loßsprechung des Jungens, sich jedesmahl darnach erkundigen, den Jungen in seiner Gegenwarth einen Spruch aus der Bibel schreiben und ein Haupt-Stück aus dem Catechismo hersagen, auch den Jungen nicht eher loßsprechen laßen soll, bis er das Handwerck tüchtig gelernet hat, wann er auch noch ein gantzes Jahr als Junge länger bleiben solle; Jedoch soll ein Meister macht haben, einen Jungen vor sich und ohne Zuziehung seines Mittmeisters auf die Probe anzunehmen, welche Probe aber über Vier Wochen nicht dauern soll, in welcher Zeit der Meister sich mit des Jungen Eltern oder Vormündern wegen des Lehr-Geldes zu vergleichen hat. Wann der Junge dem Meister gefället, soll dieser nach Ablauff Vier Wochen denselben vor das Gewerck stellen, und dessen Geburts-Brief übergeben, welcher so dann zur Lade genommen, und dabey verwahret, die Annehmung aber des Jungens in's Buch eingetragen wird. Für das Einschreiben und aufdingen Bezahlt der Junge weiter

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 227 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

nichts als 12 ßl. Schreib-Gebühr an den Beysitzer und 24 ßl. in die Lade.

Art. 20.

Wenn ein Knabe so arm wäre, daß er das Lehr-Geld füglich nicht so gleich aufbringen könnte, soll er vor dem Magistrat gebracht und von demselben, daß der Meister wegen des Lehr-Geldes, entweder leidliche Termine setzen, oder die Lehr-Jahre weiter extendiren, veranstaltet werden.

Art. 21.

Der Meister soll seinen Lehr-Knaben Gewißenhafft mit allen Fleiß und gründlich unterrichten und mit demselben Christlich und vernünftig umgehen, nicht aber mit unverdienten oder auch übermäßigen Schlägen und andern unchristlichen Bezeigen demselben zusetzen, und dadurch die Lehr-Jahre zu verlauffen gleichsahm nöhtigen, noch auch solche Jungen mit übermäßiger Hauß-Arbeit, also, daß sie dadurch an tüchtiger Erlernung des Handwercks gehindert werden, belegen, noch weniger aber seinen Ehe-Weibe und Gesellen dergleichen zu thun gestatten. Gestalt den der Magistrat, wenn dieser wegen Klage bey ihm geführet wird, darunter gehöriges Einsehen zu haben, und den schuldig befundenen Meister oder Gesellen, gestalten Sachen nach, darüber zu bestraffen, auch da der Junge durch solch allzuhartes Tractament auszutreten genöhtiget seyn solte, der Meister ihn wieder anzunehmen und hinkünftig bescheidentlich zu verfahren, anzuweisen hat. Wenn aber ein Lehr-Junge aus bloßen Muthwillen aus der Lehre entlauft und über 14 Tage wegbleibet, soll er vors Gewerck gestellet und auf diensahme Art gestraffet werden. Bliebe er aber über Vier Wochen oder gar weg, soll er auf den letzten Fall seines bereits entrichteten, und etwa schuldigen Lehr-Geldes verlustig, in dem ersten Fall aber, er begebe sich zu demselben oder einem andern Meister, die Lehr-Jahre wieder anzufangen schuldig seyn. Wenn ein Meister verstirbet und hinterläßet einen Jungen, so noch nicht ausgelernet gegeben, und er darauf von einem andern Meister, wenn derselbe auch schon seinen Jungen hätte, um bey demselben auszulernen, angenommen, ihm auch dieserwegen, keine längere Zeit, als die gesetzten Jahre in der Lehre auszuhalten, aufgebührdet werden.

Art. 22.

Wenn nun ein Junge solchergestalt, seine 3 Lehr-Jahre, als auf so viel selbige hiemit festgesetzet werden, ausgehalten, soll sein

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 228 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Meister ihn wieder vor das Gewerck, wozu die Gesellen mit zu laden, bringen, wie er sich in seinen Lehr-Jahren verhalten und worinn er gefehlet, vorstellen, worauf den der Assessor und Älteste wegen des Lesens, Schreibens und Catechismi, ihn examiniren, und wann er deßen Kundig, sodann ihm vermahnen sollen, daß er Gott fürchten und vor Augen haben und in seinen Gesellen-Stande sich Christlich und Ehrbahr aufführen, vor Liederlicher Gesellschafft, Spielen, Sauffen, Huren, Stehlen und andern Lastern sich hüten, und seinen künftigen Meister Treu und Fleißig dienen und denenselben den gebührenden Respect erweißen solle, wobey ihm anzudeuten, daß er nunmehro Drey Jahre an vornehmen Orte inn- oder außer Landes wandern müße. Wann nun der Lehr-Junge solches nachzuleben versprochen, und den Alt-Meister des Gewercks die Hand darauf gegeben, so soll er sofort, ohne andere Ceremonien loßgesprochen, und ins Protocole als Geselle eingeschrieben, ihm auch ein Lehr-Brief entweder auf Pergament oder ordinair Papier, wie es der künftige Geselle verlanget und bezahlen will oder mag, von dem Beysitzer unter seiner und der Gewercks-Alt-Meister Unterschrift, mit Beydrückung des Gewercks-Siegel gegen Bezahlung 24 ßl. Expeditions-Gebühren, ausgefertiget werden, welcher Lehr-Brief sodann nebst dem Geburts-Brief oder Legitimations-Schein in der Meister-Lade verwahret, und von beyden nach Maaßgebung des General-Handwercks-Patents, dem Wandernden Gesellen eine mit Gewercks-Siegel besiegelte Copey ertheilet werden muß; Vor diese Loßsprechung zahlet der Geselle 1 Rthlr. an die Lade, und dem Beysitzer vor Ausfertigung des Lehr-Briefes und Einschreibung ins Protocole wie vorhin gedacht, für den Lehr-Brieff 1 Rthlr., dem Beysitzern und denen 2 AltMeistern, so den Lehr-Brief mit unterschrieben und besiegeln, in allen auch 24 ßl., wovon der Beysitzer 12 ßl. und die 2 AltMeister jeder 6 ßl. bekommen. Wenn aber der Lehr-Brief auf Pergament mit einer angehängten Kapfel verlanget wird, muß das Pergament, Band und Kapfel besonders noch nebst dem Siegel-Wachs bezahlet werden. Die Kopey von Geburts und Lehr-Brief wird vom Beysitzer und AltMeister ebenfals unterschrieben und untersiegelt, gegen Bezahlung 12 ßl. für jedes Stück, so gleichfals unter diesen Dreyen proportionirlich getheilet werden.

Art. 23.

Die Gesellen sollen sich alles scheltens unter sich enthalten, wenn aber ein Gesell von jemanden geschimpfet worden, sollen die andern Gesellen deswegen keinen Aufstand erregen, oder aus

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 229 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

der Arbeit gehen, sondern wenn die Beschimpfung zwischen den Toback-Spinnern-Gesellen unter sich geschehen, müßen sie solches dem Gewercks-Beysitzer und Alt Meister, sonst aber, wann die Beschimpfung zwischen denen Tobacks-Spinner-Gesellen und denen Gesellen eines andern Handwercks vorgefallen, solches dem Magistrat anzeigen, der den Beleidigten Satisfaction zu schaffen und den Beleidiger, dem Befinden nach, zu bestraffen hat, wann aber die Beschimpfung, sonsten von jemanden geschehen, so muß der Geschimpfte bey derjenigen Obrigkeit, wohin die Iniurin Sachen gehören, und worunter der Beleidiger stehet, seine Denunctiation anbringen.

Art. 24.

Und ob Wir woll hiernächst geschehen laßen, daß die Gesellen des Tobacks-Spinner-Gewercks ihre eigene so genannte Herberge haben, wo die ankommende Gesellen, biß sie bey einen Meister Arbeit bekommen, einkehren, auch sonst zusammen kommen können, so verstehet sich doch solches nicht anders, alß daß sothane Herrberge bloß als ein ander Wirths-Hauß oder Herrberge zu achten, und nur dazu dienen sollen, daß man wißen, wo man die Einwandernden Gesellen suchen könne, dahero Wir die Benennung, des Krug-Vaters, Mutter, Schwester etc. nebst den übrigen abgeschmackten vorigen Gebräuchen, abgeschaffet wißen wollen, der Gestalt, daß die Tobacks-Spinner-Gesellen wie andere ehrliche Leute, daselbst zusammen kommen, zu ihrer Ergötzlichkeit mäßig trinken mögen, dabei sich ehrbahr und Christlich aufführen und keine Narrenspoßen Treiben, oder bestraffet werden sollen. Wie sie sich denn überall ihren Meistern gehorsahm erzeigen, sich nicht einander die Wanderschafft versprechen, oder ein den andern aufreden, keine gute Monntage oder andere Werckel-Tage feyern und dadurch fremde Gesellen verführen, sondern vielmehr des Abends zu rechter Zeit zu Hause sich finden laßen sollen. Immaßen, wenn ein Geselle nach 10 Uhr nach Hause kommen solte, er auf des Meisters Anzeige in 12 ßl. Straffe vom Gewercks-Beysitzer verdammet, und sothane Strafe, bey der Gesellen Armen-Gelder berechnet werden soll.

Art. 25.

Wenn auch unter denen Gesellen, wie bey andern Gewerckern, einige gute Ordnungen als wegen des Kirchen-Gehens, Einlegung in die Klinge-Beutel, Begleitung der Leiche eines Meisters oder Gesellen eingeführet wären, so laßen Wir Gnädigst geschehen, daß solche bey behalten werden, nur daß die deshalb einkommende

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 230 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Geld-Straffen, welche jedoch nicht hoch seyn müßen, dem Gewercks-Meister zur Berechnung in die Gesellen Armen Kasse zugestellet werden, nicht aber zur Disposition der Gesellen selbst bleiben sollen.

Art. 26.

Wenn ein Gesell weiter wandern, oder bey einem andern Meister gehen will, soll er seinem Meister wenigstens 14 Tage vorher, davon Nachricht geben, wie dann auch ein Meister dem Gesellen wenigstens 14 Tage vorhin ankündigen soll, daß er ihm nicht länger behalten wolle. Es soll auch hiebey allemahl dahin gesehen werden, daß kein Meister bey der im General-Reichs-Patent § 2 vestgesetzten Strafe von 20 Rthlr. einen angeordneten Gesellen, unter was Vorwand es auch seyn möge, ohne die geordnete Kundschafft fordern, oder ihm solche heimlich zustecke; solte es sich aber zutragen, daß ein Geselle aus Fremden nicht zum Römischen Reiche gehörigen Reichen und Ländern, wo das General-Reichs-Patent nicht angenommen noch beobachtet wird, alhier einwanderte, soll derselbe zwar, wann er vorbeschriebener Maaßen seinen Lehr-Brief vorzeigen kann, wegen Ermangelung derer in ermelten auswärtigen Orten nicht herrgebrachten Kundschaften von der Arbeits-Forderung nicht abgehalten noch zurücke gewiesen werden. Er muß aber vor dem ordentlichen Magistrat glaubhaft erhärten, daß an den fremden Orte, wo er zuletzt gearbeitet zu haben angegeben, weder das Reichs-Patent noch die nach demselben vorgeschriebene Kundschaft, eingeführet, er auch keines Verbrechens noch üblen Verhaltens wegen, von da weggegangen sey.

Art. 27.

Wir laßen hienächst ebenmäßig geschehen, daß die Gesellen noch fernerhin ein oder zwey Alt-Gesellen, mit wißen des Alt-Meisters unter sich ausmachen, welche in nötigen Fällen für dieselben sprechen, dieselben müßen sich aber bey nahmhafter Strafe alles aufwiegelens enthalten, hingegen aber alle Unordnungen verhindern helfen, und wann sie ungebührliche Dinge und Unternehmungen wahrnehmen, davon dem Altmeister sofort Anzeige thun, und wie Wir es bey dem bißherigen Auflegen der Gesellen a Monath 4 ßl., jedoch da solches in Gegenwarth des Altermeisters jedesmal geschehe, bewenden laßen, Damit ein kleiner Geld-Vorrath vorhanden sey, woraus kranken und nothdürftigen Gesellen unter die Arme gegriffen werden könne, also haben die Alt-Gesellen jedesmahl diese Gelder in Empfang zu nehmen, wie viel es gewesen, auf dem in ihrer Gesellen Büchse befindlichen

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 231 zur ersten Seite zur vorherigen Seite zur nächsten Seite zur letzen Seite

Kassen-Zettel nebst dem Gelde, im beysein des Alt-Meisters wieder in die Gesellen-Büchse zu legen, worauf dieselbe von dem Alt-Meister, und den einen Alt-Gesellen, so den Schlüßel dazu mit hat, wieder zugeschloßen, und vom Alt-Meister in der Meister-Lade mit verwahret wird, welche Gelder auf Trinitatis, jeden Jahres, in Beysein des Gewercks und der Alt-Gesellen in Ausgabe und Einnahme berechnet werden sollen.

Bey diesen Auflagen aber sollen keine Zechen noch Zusammenkünfte der Gesellen auf der Herrberge geduldet, sondern solche bey härter Straffe verboten seyn, denen ordentlichen Auflagen aber sollen sich alle Gesellen gestalt und willig unterziehen, daß auch kein ein- oder auswandernder Geselle Arbeit und Kundschafft erlangen solle, er habe denn das gefällige Auflegen zuvor gethan.

Art. 28.

Alles Brieff-Wechsels mit andern Gesellen oder sogenannten Brüderschaften, haben sie sich bey Vermeidung empfindlicher Straffe zu enthalten; Weshalb ihnen denn auch kein Siegel gestattet wird, wurden sie aber von einer aus- oder einländischen Brüderschaft Schreiben empfangen, so haben sie solche so fort dem Alt- Meister unerbrochen zuzustellen, und wenn dieser es an dem Magistrat gelangen laßen, ferneren Bescheides zu ihren Verhalten zu gewärtigen; Solte sich nun finden, daß von einigen Gesellen aus einer zum Römischen Reiche gehörigen Stadt wieder die Verordnung des General-Patents § 6 Verbotene Schreiben abgelaßen worden, hat Magistratus des Orts, wo solche Brieffe bey denen Gesellen eingelauffen, sofort an des Brief-Steller Obrigkeit solche Contravention, dem befinden nach, zu melden, und die Bestraffung zu urgiren.

Art. 29.

Wegen des Gesellen-Lohns, deren Speisung, auch wenn sie des Morgens zu arbeiten anfangen, und des Abends aufhören müßen, laßen wir es dabey bewenden, wie es vorhin üblich gewesen jedoch, daß einen Meister allemahl frey bleibe, sich mit seinen Gesellen, so gut er kann zu vergleichen.

Gnädigst bestättiget und confirmiret haben Thun auch solches, Kraft dieses, wissend und wohlbedächtlich, der Gestalt und also daß Obbemeldete sämtliche Meister des nunmehrigen Toback-Spinner-Amts, in unsern Städten Malchow, Teterow und Tessin sich sothaner Amts-ordnung, Freyheit und Gerechtigkeit, ohne jemandes Eintrag und Behinderung, jedoch auch nach Maaßgabe Unserer Policey- und anderer Landes-Ordnungen, auch des jüngsten

Seite dauerhaft verlinken Seite als Digitalisat öffnen Seite 232 zur ersten Seite zur vorherigen Seite

Landes Grund gesetzlichen Erbvergleichs, ins besondere aber des Reichs-Schlußes von Abstellung der Mißbräuche bey den Handwerckern, und des zu besserer Beobachtung desselben erneuerten Landesherrlichen Patents dd. Schwerin den 24sten Dec. 1755, gebrauchen mögen, und derselben sich gemäß bezeigen sollen; Immaßen Wir alles dasjenige was darinn disponiret und vorgeschrieben worden, anhero wiederholet, anbey den aus dem Magistrat erwählten Beysitzer dieses Amts, auf genaue Befolgung des angezogenen Patents nochmahlen alles Ernstes, und bey Vermeidung der unabbittlichen Verurtheilung in die darinn auf den Contraventions-Fall gesetzte Straffe, gewiesen haben wollen. Uebrigens aber auch, Uns und Unsern Successoren, an Unserer Landes-Fürstlichen Obrigkeit, Gericht und Gerechtigkeit, unabbrüchig, auch allen und jeden, so hinwieder privilegiret sind, oder solches künftig werden möchten ohnschädlich, wie Wir denn auch Uns und hochermeldeten Unsern Nachkommen, Regierenden Herzögen zu Mecklenburg, hiedurch ausdrücklich vorbehalten haben wollen, diese SuppIicantibus jetzt ertheilte Amts-Ordnung, nach Gelegenheit der Zeit und Laufte, eigenen Gefallens, zu andern, zu verbeßern, zu mindern und zu vermehren, auch wohl gantz wieder aufzuheben, und daneben eine oder mehre Frey-Meister daselbst einzusetzen.

Gebieten und Befehlen darauf Bürgermeistern Gericht und Rath in obbesagten Unsern Städten Malchow, Teterow und Tessin, auch sonsten männiglich hiemit gnädigst und ernstlich, daß sie die Impretanten bey diesen Unsern gnädigst ihnen ertheilten, und revidirten Amts-Privilegio, bis an Uns, wieder Mannliches Eintrag, behinder- oder Stöhrung, gebührend schützen, und vertreten sollen. An dem geschiehet Unser Gnädigster Wille und Meynung.

Urkundlich unter Unserm Insiegel. Gegeben auf Unserer Vestung Schwerin, den 29sten Aug. 1768.

L.S.
Seren.
Ad Mandatum Serenissimum proprium.
Hertzogliche Mecklenburgische zur Regierung Verordnete Geheime=
und Räthe.
G. v. Bassevitz.
Collat. et Vidimat. Concordantiam testor Ego.
Teterow, d. 6. Decbr. 1768. Christian Adolf Reinhard
Notar. immat.
Vignette